Medialität als Grenzerfahrung: Futurische Medien im Kino der 80er und 90er Jahre [1. Aufl.] 9783839408230

Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts lässt sich in Filmen wie »Matrix«, »Strange Days« oder »Videodrome« ein neues,

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German Pages 374 Year 2015

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Table of contents :
Inhalt
Vorbemerkung
Einleitung
Aufbau der Arbeit
Übersicht über die zentral diskutierten Filme
TEIL I
Kapitel 1. Wunschmedien im Kino
Die Matrix als Wunschmedium
Die kinematographische Projektion neuer Medien
Inszenierungsanalyse als mediologische Methode
Kapitel 2. Medialität als Dysfunktion
Analogien zu Medientheorien
Medialität als Dysfunktion
Zur Inszenierung von Dysfunktionen
Kapitel 3. Die Dramaturgie des subjektiven Zweifels
Die Inszenierung der Dysfunktion für das Wahrnehmungssubjekt oder die Innenansicht der futurischen Medien
Die Darstellung von Subjektivität im Film
Unterschiedliche Interpretationsmodelle
Exkurs I. Lost Highway oder Interpreten auf verlorenem Weg
Exkurs II. Das Phantastische im Sinne Todorovs oder die medialen Strukturen des subjektiven Zweifels
Medialität als Krise des Mediums
TEIL II
Kapitel 4. Intimität zwischen Schaulust und Verlust
La mort en direct
Videodrome
Bis ans Ende der Welt
Kapitel 5. Erinnerung versus Gedächtnis
Medien als Speicher- und Gedächtnismetapher
Total Recall
Johnny Mnemonic
Strange Days
Kapitel 6. Immersion als Strategie
Nirvana
eXistenZ
The 13th Floor
Matrix
ANHANG
Bibliographie
Presseartikel zu einzelnen Filmen
Filmographie
Recommend Papers

Medialität als Grenzerfahrung: Futurische Medien im Kino der 80er und 90er Jahre [1. Aufl.]
 9783839408230

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Thomas Weber Medialität als Grenzerfahrung

2008-01-15 14-24-26 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 031a168362926320|(S.

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Thomas Weber (Dr. habil.) arbeitet seit 1998 als Medienwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, zuvor war er mehrere Jahre als DAAD-Lektor an einer Grande École in Paris tätig. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen Medienästhetik und Medialitätsforschung, interkulturelle Kommunikation sowie französische Mediologie.

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Thomas Weber Medialität als Grenzerfahrung. Futurische Medien im Kino der 80er und 90er Jahre

2008-01-15 14-24-27 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 031a168362926320|(S.

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© 2008 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Lektorat & Satz: Thomas Weber Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-823-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

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) T00_04 impressum - 823.p 168362926368

INHALT Vorbemerkung 9

Einleitung 13

Aufbau der Arbeit 21

Übersicht über die zentral diskutierten Filme 25

TEIL I Kapitel 1 Wunschmedien im Kino 29

Die Matrix als Wunschmedium 29

Die kinematographische Projektion neuer Medien 33

Inszenierungsanalyse als mediologische Methode 54

Kapitel 2 Medialität als Dysfunktion 65

Analogien zu Medientheorien 65

Medialität als Dysfunktion 84

Zur Inszenierung von Dysfunktionen 102

Kapitel 3 Die Dramaturgie des subjektiven Zweifels 113

Die Inszenierung der Dysfunktion für das Wahrnehmungssubjekt oder die Innenansicht der futurischen Medien 113

Die Darstellung von Subjektivität im Film 114

Unterschiedliche Interpretationsmodelle 123

Exkurs I Lost Highway oder Interpreten auf verlorenem Weg 132

Exkurs II Das Phantastische im Sinne Todorovs oder die medialen Strukturen des subjektiven Zweifels 143

Medialität als Krise des Mediums 153

TEIL II Kapitel 4 Intimität zwischen Schaulust und Verlust 165

La mort en direct 171

Videodrome 183

Bis ans Ende der Welt 192

Kapitel 5 Erinnerung versus Gedächtnis 213

Medien als Speicher- und Gedächtnismetapher 213

Total Recall 219

Johnny Mnemonic 229

Strange Days 239

Kapitel 6 Immersion als Strategie 251

Nirvana 261

eXistenZ 273

The 13th Floor 283

Matrix 292

ANHANG Bibliographie 305

Presseartikel zu einzelnen Filmen 327

Filmographie 335

VORBEMERKUNG Das vorliegende Buch über „Medialität als Grenzerfahrung“ entstand über mehrere Jahre hinweg und wurde im Sommer 2005 abgeschlossen, konnte aber auf Grund äußerer Umstände nicht sofort publiziert werden. Nicht zuletzt deswegen konnten z. T. parallel verlaufende Entwicklungen einer Reihe von Diskussionen über das Kino, des Kinos selbst und nicht zuletzt auch des Standes der medientheoretischen und medienwissenschaftlichen Diskussion nicht immer angemessen in das vorliegende Manuskript eingearbeitet werden (von einigen wenigen ergänzenden Anmerkungen abgesehen, wurden sie zumindest in die Literaturliste aufgenommen). Ohne darauf hier detailliert eingehen zu wollen, seien doch kurz einige Tendenzen erwähnt, die auch nach Abschluss der Arbeit noch richtungsweisend sein könnten: 1. Das Thema „Wunschmedien im Kino“ – das in dieser Arbeit in der neuen Science-Fiction-Produktion entdeckt wurde – setzt sich auch im 21. Jahrhundert fort, mit Filmen wie z. B. Abre los ojos bzw. Vanilla Sky, den beiden Fortsetzungen von Matrix, Minority Report, The Final Cut, The Ring usw. Dies hängt zum einen mit der sicher gewachsenen Bedeutung medialer Veränderungen zusammen, zum anderen aber auch mit den Medienerfahrungen des Publikums, die im Kino aufgegriffen und die damit verbundenen Wünsche und Ängste in phantastischer Form verarbeitet werden. 2. Insbesondere die im letzten Teil der Arbeit beschriebene Problematik der Immersion gewinnt an Bedeutung, wobei – anders als in diesem Buch beschrieben – nicht nur die dramaturgische Dimension von Immersion zu analysieren wäre, sondern die damit verbundene tatsächliche Absorption von Lebenszeit durch Mediendispositive, die den Zuschauer unentrinnbar umschließen und sich von seiner Aufmerksamkeit nähren. 3. Die in diesem Buch vorgeschlagene mediologische Methode hat inzwischen auch in Deutschland eine Reihe von Anhängern gefunden,

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die sich in verschiedenen expliziten mediologischen Arbeiten1 oder in einer Fülle von in die gleiche Richtung weisenden Diskussionen niederschlägt. Insbesondere die hier vorgeschlagene Inszenierungsanalyse wird derzeit viel diskutiert, wenngleich vielfach unter anderen Begriffen wie z. B. Präsentierungen oder dem Erscheinen (Seel, Mersch) oder der Produktion (Gumbrecht) einer Präsenz, von Umschreibungen oder Transkriptionen (Jäger) o. Ä., die im Ergebnis auf die spezielle Formatierungsarbeit bei kulturellen Übermittlungsprozessen abheben. 4. Auch der in dieser Arbeit eingeführte Begriff der inszenierten medialen Dysfunktion ist trotz oder wegen seines paradoxalen Charakters immer wichtiger, um das Phänomen der problematischen Referenz medialer Produkte zu charakterisieren, was weniger im fiktionalen, als vielmehr im Bereich der Produktion des „Dokumentarischen“ eine gewichtige Rolle spielt. Gerade die hier aus mediologischer Sicht vorgeschlagene Perspektive, Medialität aus der Sicht ihrer inszenierte Dysfunktion zu beobachten, ist dabei nicht nur mediologisch relevant, sondern trifft im Kern die Problematik von Medien, die sich bislang durch eine wie auch immer zu definierende Referenz auf Wirklichkeit definierten. Damit lässt sich nicht nur eine in den letzten Jahren vielfach beschriebene Grenzlinie zwischen analogen und digitalen Medien ziehen, denn es geht nicht nur um die eher offensichtliche Tatsache, dass analoge Medien eine indizielle Verbindung zur Wirklichkeit haben, also dass sich die äußere Realität durch welche mechanischen oder chemischen Reaktionen auch immer vermittelt noch in das Endmaterial einschreibt, während die digitalen Medien sich von diesem materialen Realitätsbezug befreien können und zum freien Spiel mit der Mathematik einladen. Vielmehr dissimulieren gerade jene von indiziellen Realitätsspuren potenziell unabhängigen Medien gerade wieder die Materialität oder genauer gesagt, den Widerstand, den die materielle äußere Realität der medialen Vermittlung bei den analogen Medien entgegensetzt, indem mediale Dysfunktionen ästhetisch inszeniert werden.

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Beispielsweise Mersmann, Birgit/Weber, Thomas (Hrsg.): Mediologie als Methode. Berlin 2008; Meyer, Torsten u. a. (Hrsg.): Bildung im Neuen Medium. Wissensformation und digitale Infrastruktur. Münster/New York/ München/Berlin 2007; Niemeyer, Katharina: Die Mediasphären des Terrorismus. Eine mediologische Betrachtung des 11. September. Berlin 2006; Frank Hartmann: Mediologie. Wien 2003 10

VORBEMERKUNG

Editorische Anmerkung Die zitierte Literatur wurde in der Regel als Erstbeleg vollständig, im Folgenden dann nur noch als Kurzbeleg aufgeführt; alle Literaturangaben finden sich in der Bibliographie als vollständige Angabe. Vollständige Angaben zu den Filmen finden sich in der alphabetisch geordneten (Artikel werden als Bestandteile des Titels aufgefasst), ausführlichen Filmographie. Wurde im Text Bezug auf konkrete Filmszenen genommen, werden diese in der Regel durch in Klammern gesetzte Angaben gekennzeichnet, z. B. Matrix (0.25) – die erste Ziffer vor dem Punkt bezeichnet die jeweils abgelaufene Stunde, die zweite die Minuten (in einigen wenigen Fällen wurden auch Sekunden angegeben). Da keine technische Ausstattung zur Verfügung stand, die einen präzisen Timecode generierte bzw. verschiedene technische Systeme z. T. leicht abweichende Zeitangaben ausweisen, sind diese Angaben als Näherungswerte zu verstehen, die dem Leser das Auffinden der entsprechenden Szenen erleichtern sollen, nicht aber als absolute Werte.

Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei zahlreichen Kollegen und Freunden bedanken, die mit ihren Anregungen und Ratschlägen zur Seite standen. Insbesondere erwähnen möchte ich Prof. Dr. Wolfgang Mühl-Benninghaus, Dr. Peter Hoff (†), Prof. Dr. Eleonore Kalisch und Dr. Christa Hasche vom Seminar für Theaterwissenschaft und Kulturelle Kommunikation der Humboldt-Universität zu Berlin, die die Arbeit während ihres Entstehens begleiteten, sowie in der Endphase Prof. Dr. Wolfgang Ernst vom Seminar für Medienwissenschaft (HU), der Teile der Arbeit in seinem Forschungskolloquium diskutieren ließ, ebenso wie Prof. Dr. Thomas Macho und Prof. Dr. Helene Harth, die dem Autor in der Nachbetreuung so einige Sorgen abnahmen, sowie Prof. Dr. Burkhardt Lindner von der Universität Frankfurt am Main, der schon Ende der 1990er Jahre eine Vorstudie für diese Arbeit zur medienspezifischen Modalität des Phantastischen anregte (was sich unter der Hand allerdings zu etwas anderem weiterentwickelte); nicht zuletzt Marc-Pawel Halatsch, Sascha Klepzig und Linda Stanke und vielen anderen Kollegen von AVINUS, die mir bei der Überprüfung zahlloser Details zur Seite standen. Und ganz besonders möchte ich mich bei Anja Sieber bedanken, die diese Arbeit nicht nur mit kritischer Lektüre bereicherte, sondern

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auch den Autor mit viel Geduld und Verständnis begleitete und so entscheidend zum Gelingen des Projekts beitrug. Berlin, September 2007 Thomas Weber

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EINLEITUNG Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung von Wunschmedien in den Medien, genauer im populären Kino der 80er und 90er Jahre. Es handelt sich dabei um eines der wenigen originär neuen, im Kino dieser Zeit behandelten Themen, die ganz allgemein als Reaktion auf die Herausbildung eines differenzierten Mediensystems aufgefasst werden können. Wunschmedien1 sind Medien, die es noch nicht gibt. Es sind Medien, die man sich vielleicht vorstellen kann, vielleicht wünscht oder deren Entstehung man vielleicht fürchtet (insofern wäre der Wunschbegriff hier im Sinne der Psychoanalyse aufzufassen, nach der eine Angst immer auch eine kaschierte Wunschvorstellung ist). Es handelt sich also um futurische Medien, die nur lose mit der Gegenwart oder der Vergangenheit verbunden sind. Betrachtet werden Beispiele aus dem populären Kino, auch wenn die Filme im Einzelnen nicht immer bei einem Massenpublikum großen Erfolg verzeichnen konnten. So finden sich Filme wie La mort en direct von Bertrand Tavernier aus dem Jahr 1980 oder Videodrome von Cronenberg ebenso wie kommerzielle Produktionen wie Total Recall, Überraschungserfolge wie Matrix oder The 13th Floor, mit dem diese Untersuchung schließt – also im Jahr 1999. Konzentriert man sich tatsächlich nur auf jene Filme, die die Darstellung futurischer Medien zum Hauptthema haben, dann wird in diesen 20 Jahren eine überschaubare Produktion von einem knappen Dutzend Filmen deutlich, die bisher weder filmhistorisch noch medientheoretisch systematisch gewürdigt wurde. Die Arbeit setzt an bei der Analyse der Darstellung von Medien durch die Medien, d. h. bei der Frage, wie Medialität überhaupt inszeniert werden kann. Geht man davon aus, dass ein funktionierendes Medium per se unsichtbar ist, d. h. hinter seinem Funktionieren verschwindet, dann ist auch Medialität zunächst dem Blick des Zuschauers entzogen.

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Vgl. dazu Winkler, Hartmut: Docuverse. Zur Medientheorie der Computer. Regensburg 1997, insbesondere S. 11 und S. 331–338. 13

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Bolter und Grusin beispielsweise haben in ihrer Theorie der Remediation2 dieses Phänomen als Transparency and Immediacy bezeichnet, also als Transparenz- und Unmittelbarkeitseindruck eines Mediums, der dem Wahrnehmungssubjekt die Existenz eines Trägermediums im Sinne von Groys3 oder, anders gesagt, die Tatsache der medialen Übermittlung verbirgt. Andere Autoren sprechen etwa mit Bezug auf das klassische Hollywood-Kino von der Illusion einer narrativen Kontinuität, bei der das Medium durch unsichtbare Schnitte, durch konventionelle Kameraperspektiven usw. das Geschehen unmittelbar aus der Sicht des Betrachters zu zeigen scheint.4 Solange ein Medium keine Störung aufweist, solange es also funktioniert, lässt seine Konstruktion den Nutzer vergessen, dass er es mit einem Medium zu tun hat. Wer einen Text mit einem Computer schreibt oder eine E-Mail liest, denkt nicht in jedem Moment über die Rechnerarchitektur nach. Wie kann man nun also die Darstellung, die Inszenierung von Medien in den Medien analysieren? Oder anders gefragt: Wie kann etwas, das unsichtbar ist, etwas anderes, das auch unsichtbar ist, überhaupt darstellen? Oder noch weiter auf Wunschmedien zugespitzt: Wie kann ein Medium ein anderes Medium darstellen, das es überhaupt nicht gibt? Wie kann also etwas, das unsichtbar ist, etwas anderes, das auch unsichtbar wäre, aber gar nicht existiert, repräsentieren? Anstelle einer umfassenden Methodendiskussion, die die Beantwortung dieser Frage zu provozieren scheint, und die den Rahmen einer Arbeit sprengen würde, die nicht den Anspruch erhebt, Diskursanalyse zu betreiben, soll hier vielmehr der Versuch stehen, eine Perspektive und damit verbundene Begriffe zu entwickeln, die sich für eine Analyse der Darstellung von Medien in den Medien eignen. Nicht zuletzt muss in diesem Zusammenhang auch auf die in Frankreich in den 90er Jahren von Régis Debray u. v. a. entwickelte Mediologie5 verwiesen werden, die in diesem Kontext als ein in Deutschland 2 3 4

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Bolter, Jay David/Grusin, Richard: Remediation. Understanding New Media. Cambridge (Mass., USA)/London 2001. Groys, Boris: Unter Verdacht. Eine Phänomenologie der Medien. München/Wien 2000. Vgl. Bordwell, David/Staiger, Janet/Thompson, Kristin: The Classical Hollywood Cinema. Film Style and Mode of Production to 1960. London 1985. Es seien hier nur einige Werke von Régis Debray in Auswahl genannt: Debray, Régis: Le pouvoir intellectuel en France. Paris 1979 (Deutsch: Voltaire verhaftet man nicht! Die Intellektuellen und die Macht in Frankreich. Köln-Lövenich 1981); Debray, Régis: Cours de médiologie générale. Paris 1991; Debray, Régis: Vie et mort de l’image. Une histoire 14

EINLEITUNG

lange geforderter, integrativer medienwissenschaftlicher Ansatz gelesen wird.6 Darin werden die Aspekte von Technik, Organisation und Ästhetik in ihrer Korrelation untersucht im Hinblick auf die von den Medien organisierten Übermittlungsprozesse,7 ihre Wirkungsweisen und Strategien der Glaubwürdigkeit und Plausibilität.8 Dabei bleibt das mensch-

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du regard en Occident. Paris 1992 (Deutsch: Jenseits der Bilder. Eine Geschichte der Bildbetrachtung im Abendland. Rodenbach 1999); Debray, Régis: Manifestes médiologiques. Paris 1994 (Deutsche Teilübersetzung in: Engell, Lorenz/Fahle, Oliver/Neitzel, Britta/Pias, Claus/Vogl, Joseph (Hrsg.): Kursbuch Medienkultur. Die maßgeblichen Theorien von Brecht bis Baudrillard. Stuttgart 1999 (2. Aufl.), S. 67–75); Debray, Régis: Transmettre. Paris 1997; Debray, Régis: Introduction à la médiologie. Paris 2000 (Deutsch: Einführung in die Mediologie. Bern/Stuttgart/Wien 2003). Des Weiteren wäre die seit 1996 in einer Startauflage von 7.000 Exemplaren herausgegebene, graphisch aufwendig gestaltete, zweimal im Jahr erscheinende Zeitschrift Cahiers de Médiologie (n°1–n°17) zu erwähnen sowie eine Vielzahl von weiteren Autoren wie Daniel Bougnoux, Louise Merzeau, Maurice Sachot, Jean-Michel Frodon, Pierre Lévy, Catherine Bertho-Lavenir u. v. a. mit jeweils eigenen zahlreichen Publikationen. Vgl. dazu die Website von Frank Hartmann http://science.orf.at/science/ news/96759, 22.06.2005 Hartmann sieht in der Mediologie Ansätze zu einer Medientheorie der Kulturwissenschaften; vgl. dazu auch: Hartmann, Frank: Mediologie. Wien 2003. Verschiedene Lesarten und Interpretation der Mediologie sind in der Diskussion. Siehe dazu auch die Einträge zu Mediologie unter http://www.avinus-magazin.de/html/mediologie.html, 01.03.05, die eine begonnene Debatte über Lesarten und Modifikationen von Mediologie anzeigt. Die vom Kölner Dumont Verlag seit 2001 begonnene „Forschungsreihe Mediologie“ lässt dagegen keinen Bezug auf die französische Mediologie erkennen. Vgl. dazu Weber, Thomas: „Nachwort. Zur mediologischen Konzeption von Jenseits der Bilder“, in: Debray, Régis: Jenseits der Bilder. Eine Geschichte der Bildbetrachtung im Abendland. Rodenbach 1999, S. 403– 411 (Original: Vie et mort de l’image. Une histoire du regard en Occident. Paris 1992). Vgl. „La médiologie n’est pas une doctrine, ni une morale. Encore moins une ‚nouvelle science‘. C’est avant tout une méthode d’analyse, pour comprendre le transfert dans la durée d’une information (transmission). Non un domaine spécial de connaissance (comme l’est la sociologie des médias) mais, plus largement, un mode original de connaissance, consistant à rapporter un phénomène historique aux médiations, institutionnelles et pratiques, qui l’ont rendu possible. On se conduit en médiologue chaque fois qu’on tire au jour les corrélations unissant un corpus symbolique (une religion, une doctrine, un genre artistique, une discipline, etc.), une forme d’organisation collective (une église, un parti, une école, une académie) et 15

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

liche Subjekt als Bezugspunkt unverzichtbar, sei es im Sinne einer auf deutscher Seite auch von Hans Belting vertretenen Anthropologie von Kulturtechniken, die den Menschen als Benutzer und nicht nur als Erfinder neuer Techniken miteinbegreift,9 oder sei es als konkreter Nutzer von neuen Medientechniken, der sowohl allgemein kulturhistorisch oder eben auch als fragmentiertes Subjekt in der Mediendarstellung selbst beschrieben werden kann und somit Teil einer ästhetischen Analyse der Medialitätsdarstellung ist, wie sie in dieser Arbeit angestrebt wird. Damit schreibt sich die Reflexion über Medialität ein in eine in den letzten Jahren in verschiedenen Debatten zu beobachtenden Tendenz einer Retour zum Subjektbegriff, die sich bei Autoren wie Slavoj Žižek, Boris Groys und Judith Butler, der „Wiederentdeckung“ der Schriften von Maurice Merleau-Ponty oder in den Arbeiten von Alan Badiou zeigt. Allen diesen Autoren gemeinsam ist der Bezug auf einen Subjektbegriff, der Abschied genommen hat von der Vorstellung eines autonomen Subjekts, ohne das menschliche Subjekt als Fluchtpunkt der Reflexion aufzugeben: Es ist das Subjekt des beschädigten Alltagslebens,10 un système technique de communication (saisie, archivage et circulation des traces). Ou, plus simplement, quand on met en ligne un dire, la façon de le dire et qui tient à le redire.“ http://www.mediologie.org/, 15.02.05, vgl. auch: „Die Mediologie definiert sich nicht durch den Gegenstand ‚Medien‘, sondern durch ihre Methode. Das Wort ‚Medio‘ steht nicht für Medium, sondern bezeichnet ein Ensemble von technisch und sozial bestimmten Mitteln der symbolischen Übermittlung. Als Analysemethoden schlägt die Mediologie die Untersuchung der komplexen Korrelation zwischen einem symbolischen Körper (z. B. einer ästhetischen Form), einer Form der kollektiven Organisation (z. B. ein Wirtschaftssystem) und einem technischen System der Kommunikation vor. Damit konzentriert sich die Mediologie nicht auf einzelne Aspekte von Medien, sondern auf den Zusammenhang von Medientechnik, Medienorganisation und Medienästhetik und somit auch auf deren Wirkungskraft oder Macht.“ http:// www.avinus.de/html/mediologie.html, 15.02.05. 9 Belting, Hans: Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft. München 2002, S. 14 (2. Aufl.). 10 Insofern würde man sich vom Adorno der Massenmediensoziologie (Prolog zum Fernsehen, Fernsehen als Ideologie etc.) entfernen, nur um an den Adorno der Minima Moralia näher heranzurücken. Es kann hier allerdings nicht darum gehen, den weiten (und breit diskutierten) Themenkomplex einer Medientheorie der Kritischen Theorie zu beleuchten, die letzthin fragmentarisch blieb; unausgeführt bleibt vor allem die Dimension von Medientechnik, die nur in den Schriften von Benjamin – und in anderem Kontext auch bei Kracauer – angesprochen und von anderen Autoren vielfach weitergedacht wurde; vgl. dazu beispielsweise Lindner, 16

EINLEITUNG

das Wahrnehmungssubjekt, das Rezipientensubjekt, das leidende Subjekt, das hier seine Rechte einklagt, weil es von seiner Subjektivität nicht absehen kann. Auch wenn im Folgenden explizit auf Mediologie nur an wenigen Stellen eingegangen wird, da eine direkte, unmodifizierte Übernahme von Methoden kaum möglich erscheint, bildet sie jedoch einen gewichtigen intellektuellen Horizont, an dem sich diese Arbeit orientiert. Sie ist implizite Voraussetzung, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll, da dies auf Grund der Komplexität und Ausdifferenzierung der mediologischen Debatte in Frankreich und der hier notwendigen Modifikationen für eine konkrete Medienanalyse über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen würde. Bei der Analyse von Inszenierungsstrategien von Wunschmedien in den Medien wären nun Begriffe in Anschlag zu bringen, die den Einfluss von Organisation und Technik sichtbar machen, ohne die ästhetische Dimension der Inszenierung als zentralen Analysepart aufzugeben. Bisher für die Medienanalyse verwendete Begriffe wie etwa „Inhalt“ (im Gegensatz zur „Form“), „Story“, „Stoff“, „Mythos“, „Mythologie“ oder „Ideengeschichte“ scheinen ausgesprochen untauglich, um die Inszenierung von Medialität zu beschreiben, da sie nur auf ein allgemeines Erzählkontinuum verweisen, das die Besonderheiten der Inszenierung außer acht zu lassen droht. Es wird das von der vorgeführten Handlung Gemeinte für bare Münze genommen, obwohl die materiale und mediale Organisation der Filme die vordergründigen Behauptungen der Handlung teilweise unterläuft – vielleicht sogar notwendigerweise unterlaufen muss, um Medialität überhaupt inszenieren zu können. Wenn beispielsweise ein futurisches, avanciertes Medium behauptet wird, auf der Leinwand dann aber nur ein qualitativ minderwertiges, gestörtes Bild zu sehen ist, dann ist von einem inszenierten Bruch zwischen der behaupteten Handlung und der materialen Darstellung auszugehen, der sich eben nicht mehr allein auf der Ebene einer symbolischen Ordnung von Zeichen, d. h. mit den oben genannten Begriffen verhandeln lässt. Es scheint notwendig, auch eine technisch-materiale Dimension von Mediendarstellung zu beschreiben. Technik wäre hier vor allem als Inszenierungstechnik aufzufassen, die sich sowohl mit technischen als Burkhardt: „Technische Reproduzierbarkeit und Kulturindustrie. ‚Positives Barbarentum‘ im Kontext“, in: Lindner, Burkhardt (Hrsg.): „Links hatte noch alles sich zu enträtseln…“ Walter Benjamin im Kontext. Frankfurt am Main 1978, S. 180–223 und Lindner, Burkhardt: „Les médias, l’art et la crise de la tradition. Pour une théorie de la reproductibilité“, in: Merzeau, Louise/Weber, Thomas (Hrsg.): Mémoire et Médias. Paris 2001, S. 13–25. 17

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

auch ästhetischen Begriffen fassen ließe. Da jedoch die beobachteten Filme sich letzthin auf etablierte Darstellungstechniken verlassen und nicht wirklich neue, innovative Techniken einsetzen (auch Wenders Bis ans Ende der Welt greift nur vorhandene Techniken auf und führt sie erstmals im Kino vor), scheint eine technische Analyse der verwendeten Techniken in diesem Kontext kaum weiterführend, da sie keine zentrale Neuerungen bieten und in der Literatur an anderer Stelle bereits hinreichend beschrieben wurden.11 Es geht in dieser Arbeit nun nicht allein nur um eine Aufzählung von Darstellungstechniken, mit denen futurische Medien inszeniert werden, sondern um die Plausibilitäts- und Glaubwürdigkeitskriterien, auf die sich die Inszenierung beruft. Es fragt sich also nicht nur, mit welchen Mitteln Medien in den Medien inszeniert werden, sondern auch, ob der Einsatz dieser Mittel etwas über die Wertmaßstäbe der Inszenierung verrät. Wie überzeugen Kinofilme die Zuschauer davon, dass sie ein anderes Medium vorgeführt bekommen und gar eines, das es noch gar nicht gibt? Und wie wird dies im Kontext einer Filmhandlung eines populären Kinofilms12 vermittelt? Gerade der Umstand, dass es tatsäch-

11 Es macht in dieser Arbeit keinen Sinn, beispielsweise den Einzug der Digitaltechnologien ins Kino allgemein zu beschreiben, d. h. die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung, der special effects wie z. B. des Morphings etc., da diese Technologien jeweils in anderem Kontext bereits diskutiert wurden: Die Herstellung von einzelnen computeranimierten Szenen wurde etwa schon 1996 debattiert, als mit Toy Story ein komplett computeranimierter abendfüllender Spielfilm auf den Markt gebracht wurde; letzthin lässt sich die Debatte noch weiter zurückdatieren, da sich schon in den 80er Jahren computeranimierte Kurzfilme finden, die die Möglichkeiten der neuen Technik vorführten (wie z. B. die Filme der Firma Pixar). Vgl. dazu beispielsweise Hiebel, Hans H. (Hrsg.): Kleine Medienchronik. Von den ersten Schriftzeichen zum Mikrochip. München 1997; Hoberg, Almuth: Film und Computer. Wie digitale Bilder den Spielfilm verändern. Frankfurt am Main/New York 1999; Polzer, Joachim (Hrsg.): Weltwunder der Kinematographie. Beiträge zu einer Kulturgeschichte der Filmtechnik. Potsdam 2002 oder auch Manthey, Dirk (Hrsg.): Making of... Wie ein Film entsteht; Bd. 2: Set-Team – Effekte & Tricks – Maske – Stop motion / Animation – Digitale Effekte – Schnitt – Ton & Musik – Synchronisation – Zukunft des Kinos. Reinbek bei Hamburg 1998 (2. Aufl., 1. Aufl. 1996). 12 Bei Produktionen der künstlerischen Avantgarden gehört der Verweis auf die Materialität der künstlerischen Produktion im 20. Jahrhundert zum „Standardrepertoire“; die Frage stellt sich im populären Kino insofern anders, als dass hier eine konventionelle Erwartungshaltung des Publikums 18

EINLEITUNG

lich populäre Kinofilme sind, lässt Genre- und Programmgeschichte ebenso wenig aus dem Blick geraten wie produktions- und rezeptionsökonomische Faktoren. Die hier skizzierte Fragestellung fällt nun aus dem Blickwinkel von bisher bekannten Verfahrensweisen heraus: die Diskursanalyse wie auch andere gängige hermeneutische Vorgehensweisen lassen den materialtechnischen Aspekt der Konstruktion allzu sehr außer Acht, und eine Beschreibung von Technik allein ist blind gegenüber dem Fluchtpunkt der Inszenierung. Die Arbeit sucht nun einen neuen Weg, der jenseits der Diskursanalyse das Material selbst zum Reden bringt und die materialtechnische Konstruktion als Teil einer durchaus auch sinnverstehenden Interpretation auffasst. Damit schreibt sich diese Arbeit ein in eine Reihe von theoretischen Diskursen, die hier selbst nicht oder nur am Rande thematisiert werden und die die Ausdifferenzierung von Medientheorien im Allgemeinen und die der deutschen Medienwissenschaft im Besonderen betreffen.13 Ausgangspunkt ist dafür der Begriff der Inszenierung, wie er in den letzten Jahren in ganz unterschiedlichen Kontexten in Anschlag gebracht wurde und – wie Früchtl und Zimmermann anmerken – eine gewisse Konjunktur erlebte.14 Dabei scheint der Begriff aller Kritik zum Trotz etwas zu treffen, das in bisherigen Medienanalysen nicht hinreichend wahrgenommen wurde. Früchtl und Zimmermann, die von einer allgemeinen Begriffspaarung Medien und Inszenierung ausgehen, merken an: „Unter dem Aspekt der Inszenierung ist das Augenmerk [...] nicht auf den institutionellen und weniger auf den rezeptiven Kontext der Medien zu richten, nicht auf das Problem der ökonomischen Machtverhältnisse und weniger auf die Interpretationshaltung der Zuschauer, sondern auf

und d. h. auch ein narratives Kontinuum nicht per se völlig aufgesprengt oder ganz ignoriert werden kann. 13 Über den Sonderweg der deutschen Medienwissenschaft im Vergleich auch zu den in Frankreich sogenannten „Infocoms“, vgl. Weber, Thomas: „Medien und Philosophie. Anmerkungen zu einem schwierigen Verhältnis und zur Entwicklungslogik von Medientheorien“, in: Viallon, Philippe/ Weiland, Ute (Hrsg.): Kommunikation, Medien, Gesellschaft. Eine Bestandsaufnahme deutscher und französischer Wissenschaftler. Berlin 2002, S. 365–379. 14 Früchtl, Josef/Zimmermann, Jörg (2001a): „Ästhetik der Inszenierung. Dimensionen eines gesellschaftlichen, individuellen und kulturellen Phänomens“, in: Früchtl, Josef/Zimmermann, Jörg (Hrsg.): Ästhetik der Inszenierung. Frankfurt am Main 2001, S. 9–47, hier S. 9. 19

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

die Produkte selbst, auf die Analyse der strukturierenden Prinzipien [...].“15 Derart allgemein formuliert trifft dies sicher den Schwerpunkt einer Inszenierungsanalyse; allerdings wären aus einer mediologischen Perspektive ökonomische, institutionelle und auch technische Aspekte von Medien kaum auszuklammern; sie sind, wenn schon nicht zentrales Thema, so doch als Leerstellen mitzudenken, da sie die Rahmenbedingungen der Inszenierung und damit die Inszenierung selbst mitprägen. Unter Inszenierung16 wird dabei im Folgenden nicht nur ein integraler Akt von Bühnenbildnerei, Maske, Kostüm, Lichtregie, Choreographie etc. verstanden,17 nicht nur In-Szene-Setzen (Mise-en-Scène), nicht nur Realisierung und auch nicht allein Zur-Erscheinung-Bringen (einer verborgenen inhaltlichen Dimension z. B. eines Textes), sondern als Prozess, der im Sinne von Martin Seel Präsenz präsentiert und insofern nicht nur „vordergründige Inhalte“ überträgt, sondern eine eigene Qualität besitzt, die im Übermittlungsprozess zum Ausdruck kommt. Seel versteht unter Inszenierung: „Inszenierungen [...] sind absichtsvoll eingeleitete oder ausgeführte sinnliche Prozesse, die [...] vor einem Publikum dargeboten werden und zwar [...] so, dass sich eine auffällige spatiale und temporale Anordnung von Elementen ergibt, die auch ganz anders hätte ausfallen können.“18 Die Inszenierung als öffentliches Erscheinen von Gegenwart19 im Sinne von Seel ist jedoch mehr als bloße Präsenz, sie ist vor allem auch Aufmerksamkeitssteuerung,20 bei der nicht nur das zu analysieren wäre, 15 Früchtl/Zimmermann 2001a, S. 26. 16 Anzumerken wäre auch, dass der hier im Folgenden verwendete Inszenierungsbegriff im Einzelnen abzugrenzen wäre von dem der Darstellung und dem der Konstruktion (die beide umfassender und damit deutlich unspezifischer wären, nichtsdestotrotz aber durchaus auch in dieser Arbeit verwendet werden) oder dem der Dramaturgie (der wichtige Teilsaspekte der Inszenierung abdeckt und der zur Analyse einzelner Wirkungsmechanismen herangezogen wird). 17 Vgl. Früchtl/Zimmermann 2001a, S. 35. 18 Seel, Martin: „Inszenieren als Erscheinenlassen. Thesen über die Reichweite eines Begriffs“, in: Früchtl/Zimmermann 2001, S. 48–62, hier S. 49. 19 Ebd., S. 56. 20 Vgl. dazu auch Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt am Main 2004. Fischer-Lichte billigt der Inszenierung zwar auch eine aufmerksamkeitslenkende Funktion zu, unterscheidet aber zwischen Inszenierung und Aufführung: „Die Inszenierung mag es zwar darauf anlegen, die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf ein spezielles Element zu lenken. Sie ist jedoch nicht in der Lage zu steuern und zu kontrollieren, dass der Zuschauer sie tatsächlich auf dieses Element richtet. Was die Inszen20

EINLEITUNG

worauf gezeigt wird, sondern auch die Geste des Zeigens selbst, mit der zugleich auch Glaubwürdigkeits- und Plausibilitätskriterien vermittelt werden, kurzum Wertmaßstäbe, mit denen Realität beschrieben wird und an denen auch Machtverhältnisse zum Vorschein kommen.21

Aufbau der Arbeit Die Arbeit besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen mit jeweils drei Kapiteln die fortlaufend von 1 bis 6 durchnummeriert wurden. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Darstellung des Gegenstands und der Entwicklung von Begriffen und Perspektiven, um ihn zu beschreiben; der zweite Teil widmet sich einer konkreten Analyse der Filme, die Inszenierungsstrategien nicht nur beschreibt, sondern ihre Fluchtpunkte aufzudecken versucht.

Teil I Kapitel 1 „Wunschmedien im Kino“ zeigt zunächst, wie futurische Medien vom Kino in den 80er und 90er Jahren als Thema entdeckt und als Wunschmedien dargestellt werden. Der Begriff des „Wunschmediums“ ist dabei nicht unproblematisch, doch umreißt er treffender als andere Begriffe, dass die beschriebenen Medien tatsächlich eine Wunschdimension haben, die ebenso auch Ängste oder erfahrene Verletzungen um-

ierung intendiert und was sich in der Aufführung tatsächlich ereignet, stimmt häufig nicht überein.“ Fischer-Lichte 2004, S. 330. Der Begriff der Aufführung bezeichnet in der Konzeption von Fischer-Lichte die tatsächliche Realisierung, der der Inszenierung den Vorgang der Planung, Erprobung und Festlegung von Strategien der Aufführung. Diese Unterscheidung scheint vor allem dort wichtig, wo zufällige, nicht-planbare Ereignisse in die Aufführung integriert werden (evtl. sogar zum Konzept der Inszenierung gehören), da der Inszenierungsbegriff unter Umständen blind ist gegen diese zufälligen Ereignisse. Allerdings spielen im Kontext der hier beobachteten Filme zufällige Ereignisse keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Der hier im Folgenden verwendete Inszenierungsbegriff scheint daher angebrachter, wobei zwischen Aufführung und Inszenierung im Einzelnen nicht unterschieden wird. 21 Vgl.: „Der Mediologe ist somit jener Dummkopf, der, wenn man ihm den Mond zeigt, auf den Finger achtet. Anstelle den Pfeilen [Anm. des Autors: im Sinne von „Verweisen“] blind zu folgen, folgt er dem Arm, um den oder die Körper zu sehen, die auf etwas zeigen.“ Debray 1999, S. 142. 21

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

fasst. Es geht in diesem Kapitel zunächst darum, die Filme, die sich mit futurischen Medien beschäftigen, überhaupt zu erfassen und ihren filmhistorischen und filmästhetischen Ort zu bestimmen. Sie werden verglichen mit Filmen, die sich gleichfalls mit Medien befassen, aber nur marginal, in einer satirischen oder grotesken Form, oder die die Medienproblematik in einer Weise zeigen, die jener der Wunschmedien zwar ähnlich, letzthin aber davon abzugrenzen ist, wie etwa in Filmen, die sich mit Künstlicher Intelligenz oder albtraumhaften Visionen des radikalen Zweifels beschäftigen. In bisherigen filmhistorischen Darstellungen werden Filme über futurische Medien zwar aufgeführt, aber ihre grundlegende Problematik nicht systematisch aufgearbeitet. Es wird daher auch auf die Besonderheit dieser Filme hingewiesen, d. h. auf ihre Hybridität, dass sie also zugleich Medien als Thema haben und Medialität mit Mitteln des Mediums Kino darzustellen versuchen. Kapitel 2 „Medialität als Dysfunktion“ setzt sich zunächst mit bekannten medientheoretischen und metaphorischen Zugängen zu Medientechnik auseinander und beschreibt verschiedene Modi, sich einer Interpretation von Medientechnik zu nähern. Im Anschluss wird dazu der Begriff der Dysfunktion eingeführt und als Inszenierungstechnik beschrieben. Dies ist jedoch nur sinnvoll vor dem Hintergrund eines ausdifferenzierten Mediensystems, das nicht automatisch als konvergent, sondern zugleich auch als konkurrentiell beschrieben wird, wie neuere Arbeiten etwa der französischen Mediologie oder die Theorie der Remediation nahelegen und die eine Theorie der Dysfunktion zwar nicht ausführen, aber umschreiben. Im Einzelnen werden dann verschiedene Kategorien der Dysfunktion voneinander unterschieden: 1. Der Defekt, 2. Die Deformation, 3. Die Dekontextualisierung. Kapitel 3 „Dramaturgie des subjektiven Zweifels“ geht den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten von medialen Dysfunktionen nach. Während die Konstruktion von medialen Dysfunktionen ein eher technisch-ästhetisches Problem darstellt, weist die Dramaturgie des subjektiven Zweifels auf ein grundlegendes Problem beim Umgang mit Medien hin. Dabei werden zunächst die am meisten verbreiteten psychologischen Interpretationsmuster vorgestellt, die die medialen Dysfunktionen als psychische Dysfunktionen deuten, die jedoch – wie am Beispiel eines Exkurses über Lost Highway von David Lynch gezeigt wird – keineswegs zwingend sind; vielmehr scheinen die gleichen Darstellungstechniken unterschiedliche Interpretationen zu ermöglichen. Im Grunde ist – worauf Brinckmann22 schon hinwies – die ästhetische Darstellung von

22 Brinckmann, Christine N.: Die anthropomorphe Kamera – Und andere Schriften zur filmischen Narration. Zürich 1997. 22

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Subjektivität im Film ein grundlegendes Paradoxon, das sich medienontologisch nicht auflösen lässt. Das „Ich“ auf der Leinwand ist immer „der Andere“ für den Zuschauer.23 Es gibt allerdings eine Reihe von Tricks, mit denen Subjektivität inszeniert werden kann, wie etwa die erwähnten Dysfunktionen. Sie müssen aber – wie schon gesagt – nicht zwingend „psychologisch“ interpretiert werden, sondern können ebenso gut als grundlegende Muster zur Darstellung z. B. des Phantastischen im Sinne Todorovs24 oder von Medialitätserfahrungen aufgefasst werden. Die gleichen materialen Darstellungsstrategien können also eingesetzt werden, um ganz unterschiedlich zu interpretierende Sachverhalte zu inszenieren. Bei näherer Beobachtung fällt dabei auf, dass die auf der Ebene der Zeichenoberfläche im Sinne von Groys, also der Handlungsebene des Films ganz unterschiedliche Grenzerfahrungen durch inszenierte materiale und mediale Dysfunktionen dargestellt werden. Grenzerfahrungen, also Erfahrungen von Krankheit, psychischen Störungen, Drogen, Träumen oder anderen Situationen, in denen Menschen nicht mehr genau zwischen Sein und Schein unterscheiden können, an die Grenzen ihrer bisherigen Existenz gelangen, einen endgültigen Abschied nehmen, eine unumkehrbare, tief greifende Transformation ihres bisherigen Lebens erfahren, werden auch als Metaphern verwendet für Erfahrungen, die man ontologisch gesehen nicht kommunizieren kann, wie die des Todes, da sich der Tod der Erfahrung verschließt.25 Die Unsagbarkeit dieses „leeren Begriffs des Todes“26 entspricht im Hinblick auf das Problem der Darstellung jenem der Unsichtbarkeit von Medialität. Tatsächlich werden sowohl zur Inszenierung von Grenz- als auch von Medialitätserfahrungen die gleichen inszenierten Dysfunktionen benutzt.

23 Vgl. dazu auch Weber, Thomas: „Cinéma comme lieu de mémoire“ in: Merzeau, Louise/Weber, Thomas (Hrsg.): Mémoire et Médias. Paris 2001, S. 38–50. 24 Todorov, Tzvetan: Einführung in die fantastische Literatur. Frankfurt am Main 1992 (Orginal: Introduction à la littérature fantastique. Paris 1970). 25 „Der Tod ist die Grenze alles Verstehens und aller Rationalität; und deshalb müssen wir nach den Erfahrungen fragen, welche das Sprachspiel und die Logizität unseres Lebens transzendieren: nach den Grenzerfahrungen als den Erfahrungen des ‚sozialen Sterbens‘ [...]“ Macho, Thomas H.: Todesmetaphern. Zur Logik der Grenzerfahrung. Frankfurt am Main 1987, S. 189; vgl. auch ebd., S. 26 u. 80. 26 „Grenzerfahrung und Tod. In dieser Spannung sprechen wir auch über den Tod. Wir verwenden Bilder und Symbole, ‚absolute Metaphern‘, um die Unsagbarkeit dieses leeren Begriffs, dem keine Anschauung korrespondiert, auszufüllen.“ Ebd., S. 187. 23

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Teil II In den drei Kapiteln von Teil II geht es um eine konkrete Analyse und Interpretation der kinematographischen Inszenierung von futurischen Medien, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Erfahrungen mit Medialität behandeln. Kapitel 4 „Intimität zwischen Schaulust und Verlust“ untersucht die Filme La mort en direct, Videodrome und Bis ans Ende der Welt. Allen diesen Filmen gemeinsam ist, dass sie Medialität als finale Grenze darstellen. In allen beobachteten Filmen geht es um die Logik der Schaulust, die immer weiter intime Lebensbereiche der Protagonisten zu durchdringen versucht und damit zerstört. Dabei kommt es zu einer Reihe von Grenzüberschreitungen hin zu immer größerer Intimität: In La mort en direct ist es die mediale Aufzeichnung des Sterbens der Protagonistin, das diese der Öffentlichkeit nicht preisgeben möchte, in Videodrome treibt die eigene Schaulust den Protagonisten über das Sexuelle und das Perverse hinaus in einen Zustand psychischer Gestörtheit, und in Bis ans Ende der Welt werden letzthin Träume aufgezeichnet, die die Protagonisten in einen apathisch-narzistischen Zustand bannen. Kapitel 5 „Kontrolle versus Erinnerung“ untersucht die Filme Total Recall, Johnny Mnemonic und Strange Days. Zwar findet sich in gewisser Hinsicht auch hier wieder das Thema Medialität als finale Grenze, der Tod als absolute Grenzerfahrung, doch die Akzentuierung hat sich verschoben. Stärker als zuvor wird nun ein Thema in den Vordergrund gestellt, das sich mit der Kontrolle über Erinnerungen beschäftigt. Technische Apparaturen zur Manipulation, Verbesserung oder Erweiterung des menschlichen Gedächtnisses drohen unter die Kontrolle von finsteren Mächten zu geraten und damit dem Individuum zu entgleiten. Was vorher als lebendige, persönliche Erinnerung konnotiert wurde, erstarrt in maschinellen Gedächtnisspeichern und führt zu einem Verlust der eigenen Identität, die an das persönliche, subjektive Erinnern gebunden scheint und damit eben auch an die subjektive Auswahl der Erinnerungen, d. h. das Vergessen. Kapitel 6 „Immersion als Strategie“ untersucht die Filme Nirvana, eXistenZ, 13th Floor und Matrix. In allen vier Filmen wird zentral das Medium Computer beschrieben aus der Perspektive von scheinbar bekannten Diskursmustern des Virtuellen, der Simulation und der Interaktion, die zu einem hollywoodtauglichen Spektakel verdichtet wurden. Die Welt erscheint als gigantische Computersimulation, als Spiel, bei dem nicht nur die moralischen Maßstäbe durch den Simulationscharakter fraglich werden, sondern das sich von der Realität selbst kaum mehr

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unterscheiden lässt.27 Dabei zeigt sich, dass das vordergründige Spiel mit dem Zweifel an der Differenz von Sein und Schein eine Strategie ist, die vor allem auf die Immersion der Protagonisten und d. h. auch der Zuschauer zielt. Die Protagonisten werden durch diesen Zweifel in das Spiel selbst hineingezogen; der Zweifel ist Teil der Konstruktion und nicht mehr deren Infragestellung.

Übersicht über die zentral diskutierten Filme

Titel La mort en direct Videodrome Total Recall Bis ans Ende der Welt Johnny Mnemonic Strange Days Nirvana The 13th Floor eXistenZ Matrix

Deutscher Start 1980 1983 1990 1991 1995 1996 1997 1999 1999 1999

Regie Bertrand Tavernier David Cronenberg Paul Verhoeven Wim Wenders Robert Longo Kathryn Bigelow Gabriele Salvatores Josef Rusnak David Cronenberg Brüder Wachowski

27 Dabei sei angemerkt, dass auch die Materialität des Virtuellen eine Dialektik freisetzt, die das wirkliche materielle Sein einerseits negiert und im Virtuellen aufhebt, andererseits jedoch gerade dadurch die Aufmerksamkeit wieder auf die Körperlichkeit zentriert. 25

T EIL I

KAPITEL 1 WUNSCHMEDIEN

IM

KINO

Die Matrix als Wunschmedium Die Analyse von Wunschmedien setzt dort an, wo sie beginnen im Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit anzukommen, also am Ende des hier vorgestellten Untersuchungszeitraums. Dabei scheint zunächst ein Blick in die Pressereaktionen aufschlussreich, die zwar analytisch wenig ergiebig sind, bei aller Heterogenität der individuellen Sichtweisen der Annäherung jedoch das Bild eines Gegenstandsbereichs aufscheinen lassen, an dem eine wissenschaftliche Reflexion ansetzen kann. Als der Film The Matrix von den Brüdern Wachowski 1999 in den deutschen Kinos1 gestartet wurde, schlug er nicht nur ein unerwartet großes Massenpublikum in den Bann, das mit zehn Millionen Eintritten innerhalb weniger Wochen für den Spitzenplatz der Box-Office-Zählung sorgte, sondern löste auch eine Vielzahl von Reaktionen in Presse und Fachzeitschriften und selbst in akademischen Kreisen aus. Dabei wurde nie recht klar, womit der Film den Nerv der Zuschauer eigentlich getroffen hatte. Erzählt wird die Geschichte von Neo, der aus seinem Leben erwacht wie aus einem Traum und bemerkt, dass er nur Teil eines gigantischen Computerprogramms, Matrix genannt, ist. Fortan schließt er sich einer kleinen Widerstandsbewegung von wirklichen Menschen an, die gegen die denkenden Maschinen agieren, die die Gedanken der Menschen in der Matrix gefangen halten, um ihre Körper als Energiequellen auszubeuten. Der etwas krude als Erlöser-Geschichte erzählte Plot zeichnet sich von anderen Filmen vor allem dadurch aus, dass er seine Story zu komplex und zu intellektuell anlegte, sodass er schließlich gar nicht anders konnte, als dem Zuschauer mitten im Film die Vorgeschichte explizit von Neos Mentor Morpheus erklären zu lassen, was seltsam unfilmisch anmutete. 1

Hier, wie auch im Folgenden, soll vor allem die deutsche Debatte rekonstruiert werden, die prinzipiell aber ähnlich auch in den USA und Frankreich geführt wurde. Ein Blick auf diese beiden Länder soll in dieser Arbeit nur in Ausnahmefällen erfolgen, um die Debatte nicht unnötig zu beschweren. 29

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Zwar gibt es in Matrix auch zahlreiche, spektakulär inszenierte Actionsequenzen und eine eigenwillige und zugleich an bekannte filmische Vorbilder erinnernde Ästhetik, die jedoch kaum erklären können, warum das Publikum sich von diesem gegen alle Regeln des gängigen Hollywood-Films verstoßenden „intellektuellen Actionfilms“2, wie die Regisseure ihre Arbeit – so Tilman Baumgärtel im Freitag – selbst nannten, faszinieren konnte und die Kritik sich überwiegend zu Elogen hinreißen ließ.3 So schrieb beispielsweise Heike Kühn: „Von allem ein wenig, aber verblüffend originell in der Amalgamierung populärer Mythen und religiöser Überlieferung, offenbart sich der Film der Gebrüder Wachowski als tiefgründigster Science-Fiction-Film seit Blade Runner.“4 Auch andere Kritiker loben die intellektuellen Qualitäten des Films und rücken ihn in die Nähe philosophischer Reflexionen. Thomas Klingenmaier schwärmt, dass die Brüder Wachowski zeigen würden, „wozu Filmtricks dasein sollten, um uns nämlich die Vision vor Augen zu stellen, nicht um ein paar Monster herumrappeln zu lassen. Platons Höhlengleichnis wird hier als SF-Thriller abgehandelt, und dabei geht es einerseits nicht um eine Handlung, sondern um einen Zustand der Welt.“5 Ähnlich argumentiert auch Verena Veihl: „Schon Platon wußte es und nach ‚Matrix‘ wissen wir es auch wieder: Die Welt, wie wir sie kennen, existiert nicht! Oder nur vielleicht, zumindest nicht mit Sicherheit. Daß der Film mit Keanu Reeves in der Hauptrolle es schafft, dem Zuschauer die oft genug inszenierte Verunsicherung über Schein und Sein noch einmal so packend vor Augen zu führen, grenzt an ein Wunder.“6 Ariane Heimbach erblickt in Matrix eine „effektvolle MainstreamVersion der Erkenntnistheorien des ausgehenden Jahrhunderts.“7

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Baumgärtel, Tilman: „Digitale Erlösungsphantasie“, in: Freitag, 25.06.1999. Eine der wenigen ablehnenden Kritiken stammt von Ronald Bluhm von der Berliner Morgenpost; bei ihm heißt es: „Trotz der gelegentlich bleiernen Bedeutungsschwere ist ‚Matrix‘ eben doch nur den Regeln eines leicht verständlichen Computerspiels verpflichtet.“ Bluhm, Ronald: „Sein oder Design“, in: Berliner Morgenpost, 17.06.1999. Kühn, Heike: „Der Restwelt-Retter“, in: Frankfurter Rundschau, 16.06.1999. Klingenmaier, Thomas: „Das Kino läuft Amok“, in: Stuttgarter Zeitung, 17.06.1999. Veihl, Verena: „Die Welt als böser Scherz“, in: Märkische Allgemeine, 17.06.1999. Heimbach, Ariane: „Schöne falsche Welt“, in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 18.06.1999. 30

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Über diese rein philosophische Spekulation hinaus weisen einige Kritiker auf die medientheoretische Relevanz von Matrix hin. Tilman Baumgärtel vermutet, dass es den Machern des Films darum gegangen zu sein scheint, „die Weltsicht des französischen Medienphilosophen Jean Baudrillard zu einem Film zu verarbeiten. Dessen Buch Simulation und Simulakrum ist im Film in einer Nahaufnahme zu sehen. Nach Baudrillard leben wir bereits in einer ‚Simulationsgesellschaft, die durch die totale Medialisierung des Alltags den Wirklichkeitsbezug verloren hat und in einem Universum von referenzlos gewordenen Bildern existiert.‘“8 Christian Jürgens weist auch auf diese Verbindung von Philosphie und Cyberkultur hin. So fällt ihm ein, dass der Rationalist Descartes noch glaubte, „den Zweifel bannen zu können. Auch wenn alle Welt Blendwerk eines trügerischen Gottes sei, meinte Descartes, ist doch eines sicher: dass wir es sind, die das denken. Im Zeitalter Künstlicher Intelligenzen aber ist längst nicht mehr klar, wer da denkt. Und in CyberZeiten muss man Anderswelten nicht mehr träumen oder fantasieren. Man kann sie errechnen.“9 Wenige Wochen nach dem deutschen Filmstart wurde in Karlsruhe im ZKM eine Konferenz international bekannter Philosophen bzw. Intellektueller zu diesem Film organisiert, darunter Slavoj Žižek, Boris Groys, Elisabeth Bronfen, Peter Weibel und Peter Sloterdijk. Während Elisabeth Bronfen noch recht konkret auf den Film selbst einging, Boris Groys sich immerhin mit dem Phänomen Hollywoodfilm auseinandersetzte und „nun am liebsten selber ins philosophische Filmgeschäft einsteigen“10 möchte, wie Carl Hegemann in der FAZ bemerkte, gelangte Peter Sloterdijk letzthin nur bei seinen ohnehin bekannten Überlegungen an. „Den Film ‚Matrix‘ brauchte er dazu nicht mehr“, wie Bernd Graff dazu spitz kommentierte. Die „Akrobaten des Diskurses“ absolvierten ihr „Schauturnen“11. In gewisser Hinsicht stellte der Film Matrix selbst eine Art Matrix dar, also eine Projektionsfläche, die Raum für ganz unterschiedliche Reflexionen bot. Es würde jedoch zu weit gehen, den Interpreten Beliebigkeit zu unterstellen. Der Diskurs über den Film entspringt vielmehr dem – bei allen Interpreten mehr oder weniger ähnlichen – Bedürfnis, die veränderte Medienrealität in den westlichen Gesellschaften zu reflekBaumgärtel, Tilman: „Digitale Erlösungsphantasie“, in: Freitag, 25.06.1999. 9 Jürgens, Christian: „Keanu im Wunderland“, in: Die Zeit, 17.06.1999. 10 Hegemann, Carl: „Matrix oder Gibt es eine digitale Erlösung?“, in: Frankfurter Allgemeine, 13.11.1999. 11 Vgl. Graff, Bernd: „Das Subjekt flackert“, in: Süddeutsche Zeitung, 02.11.1999. 8

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tieren; insofern fallen die in Matrix angesprochenen Fragen mit denen der „Akrobaten“ des medientheoretischen Diskurses zusammen. Ohne an dieser Stelle über den philosophischen Gehalt von Matrix weiter spekulieren zu wollen (was unter anderem eine eingehende Analyse des Films voraussetzen würde), sei mit dem Blick auf die hier skizzierte Rezeption nur festgestellt, dass der Film offensichtlich nicht nur den Nerv der Zeit im Allgemeinen, sondern auch den der Intellektuellen im Besonderen getroffen hatte. Dabei spielen gewisse Parallelen eine besondere Rolle, die von der Kritik zwischen der Mediendarstellung im Film und dem theoretischen Diskurs über Medien immer wieder gezogen wurden: Zu nennen ist beispielsweise das von der Kritik herausgedeutete platonische Höhlengleichnis, das als Gedankenspiel sowohl die EndzeitVision der Gebrüder Wachowski als auch einige Medientheoretiker wie etwa Jean Baudrillard inspirierte und mit einer bildhaft anschaulichen Inszenierung der Infragestellung der Realität die unüberlegte Selbstgewissheit erschüttern möchte, mit der wir unsere medial vermittelte Wirklichkeit für wirklich erachten. Immer wieder wurde in der Geschichte des europäischen Denkens der Gegensatz von Sein und Schein, von Wirklichkeit und Traum aufgegriffen und variiert und dabei zugleich auf die Tendenz des Menschen verwiesen, sich in Wunschwelten vor der harten Realität zu flüchten. Ging es bei Platon noch um die Inszenierung eines spekulativen philosophischen Fragespiels, packen uns der Film Matrix und auch gewisse Medientheorien bei einer von den Zeitgenossen höchst real empfundenen Angst vor einer Medienrealität, die dem einzelnen Individuum unübersichtlich und von ihm unkontrollierbar gegenübertritt. In dieser Hinsicht zielen sowohl Matrix als auch die Medientheorien auf das Unbehagen an einer von Medien geprägten Realität, die den Einzelnen überfordert. Zugleich sind die Medien auch „Wunschmaschinen“, die den Menschen Information, Unterhaltung und nicht zuletzt auch Orientierung verheißen. Sie schaffen durch ihre Wirkung eine Wirklichkeit, die auch von dieser Wunschdynamik geprägt wird. Ihre Infragestellung kann nur als Bruch mit der Realität oder vielmehr mit der Wahrnehmung von Realität inszeniert werden. Die Matrix, die innerhalb des Films eine solche Wunschstruktur bildet, ist eine Projektion von Medientechnik. Sie hebt sich ab von den heutigen konkreten Realisierungsmöglichkeiten von Medien und knüpft an am utopischen Potenzial von Medien, das futurisch erweitert wird. Die Matrix ist insofern eine Projektion der digitalen Möglichkeiten virtueller Welten, die den Menschen in zunehmendem Maße umschließen. Sie verspricht ihm dabei mehr als das aktuelle Interface – der Computer: nicht nur Information, Orientierung und Unterhaltung, sondern das Ver-

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schwinden des Interfaces selbst. Die Matrix erweist ihre Stärken gerade dort, wo sie nicht wahrgenommen wird, wo sie die Menschen in ihrem künstlichen Traum gefangen hält und ihnen die Aufhebung der Differenz zwischen Medium und Welt vorgaukelt. Bedürfnis und Befriedigung könnten in einer solchen Konstellation zusammenfallen, so wie es die Maschinen in der ersten Version der Matrix konzipiert hatten, was sich aber als untauglich erwies. Tatsächlich ist es nicht so sehr die Befriedigung von Bedürfnissen als vielmehr die Verheißung dieser Befriedigung, die den Menschen motiviert und ihm einen Lebensgrund gibt. Darum haben die Maschinen die zweite Matrix geschaffen, die unserer heutigen Welt verblüffend ähnelt. Wie bei einem guten Computerspiel ist die Balance zwischen Frustration und Erfolg sorgsam ausgeklügelt. Wenn die Menschen sich dem System anpassen, werden sie belohnt; leisten sie Widerstand, wie Neo, rücken ihnen die Agenten auf den Leib. Und selbst obwohl ihm bewusst ist, dass es sich bei der Matrix nur um eine simulierte, virtuelle Welt handelt, genügt ihre Verheißung, alle materiellen Bedürfnissen zu befriedigen, um Cypher, ein Mitglied der Widerstandsgruppe, dazu zu bewegen, Neo und damit die Realität zu verraten. Doch auch die Widerstandsgruppe nutzt die Technik der Matrix, allerdings in einer anderen Form. Ihr geht es nicht um die Befriedigung von unmittelbaren Bedürfnissen, sondern um eine Technologie der Befreiung. Sie ist der Form des Wünschens am nächsten, setzt die Figuren aber existenziellen Grenzerfahrungen aus. Insofern ist die Matrix ein Wunschmedium, in dem trotz der dystopischen Rahmenhandlung Wunschvorstellungen zum Ausdruck kommen.

Die kinematographische Projektion neuer Medien Der Begriff des Wunsches soll dabei nun nicht vorschnell psychoanalytisch im Freud’schen oder Lacan’schen Sinne ausgeleuchtet werden. Der Wunsch wird hier zunächst nur verstanden als Ausdruck der Phantasie, der das Bestehende übersteigt. Ähnlich wie Hartmut Winkler in Docuverse in Bezug auf die Debatte über den Computer feststellte, geht es bei der aktuellen Diskussion über Neue Medien keineswegs nur um Fakten, sondern um Wunschkonstellationen.12 Dabei scheinen diese Wünsche – im Sinne Dietmar Kampers – beschränkt, denn die Gesellschaft hat das

12 Vgl. Winkler 1997, insbesondere S. 11, 12 u. 331. So gerät die Rekonstruktion von Wunschkonstellationen zum eigentlichen Hauptthema seiner Arbeit. 33

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Wünschen in die Technik verbannt, deren Möglichkeiten scheinbar realisierbare Bedürfnisse befriedigen sollen.13 Mittels der Technik werden Wünsche auf Bedürfnisse verkleinert und verschwinden damit aus der öffentlichen Rede. In einem Film wie Matrix lassen sich nun nicht nur philosophische Anspielungen entdecken oder die Darstellung von kollektiven Visionen von neuen Medien, sondern auch medientechnisch verkleinerte, kinematographische Projektionen von Wünschen. Der Begriff der Projektion geht nun über den des Wunsches hinaus, der eine psychoanalytische Interpretation nahelegen würde. Der Begriff der Projektion umfasst sowohl die gedankliche Vision, die durchaus Wunschcharakter haben kann, als auch den technischen Vorgang der Projektion, die auf den materialen, technischen Charakter des projizierenden Mediums verweist. Diese technisch-materiale Dimension ist aus einer mediologischen Perspektive nicht wegzudenken, da sie mehr über die Visionen von Medialität verrät als ihr vordergründiger Anspruch. Das populäre Kino hat als massenwirksames Medium immer wieder ästhetische Ideen, das Design, die Wirklichkeit von neuen Medien nicht in explizite Diskurse, wohl aber in bildzentrierte Visionen umgesetzt. Durch seine besondere mediale Struktur, seine Einbindung in eine spezifische kulturelle Praxis, die auch eine spezifische Form der Öffentlichkeit schafft, bildet das Kino damit nicht nur einen Ort des spielerischen Umgangs mit Ideen und Wünschen, sondern steht auch als Medium selbst in einem Verhältnis zu anderen Medien. Theoretische Diskurse über Neue Medien und ihre kinematographische Projektionen haben

13 „Schon in den Märchen konnten die Menschen es [Anm. des Autors: d. h. das Wünschen] kaum noch. Heute wagen sie es nicht mehr, selbst Wünsche zu haben. Bestenfalls gestatten sie sich eine Utopie oder Formen des Wunschersatzes: Bedürfnisse, d. h. Wünsche, die erlaubt, opportun und realisierbar sind.“ Kamper, Dietmar: Über die Wünsche. Ein Versuch zur Archäologie der Subjektivität. München 1977, S. 7. Kamper führt an anderer Stelle aus: „Nicht also das Bedürfnis mit seiner Zweckrationalität ist die Grundlage der menschlichen Naturgeschichte, sondern der jede zweckmäßige Logik transzendierende Wunsch, der als Wunsch (wie das Spiel) keinen Zweck hat. Eine direkte Subsumtion der Wünsche unter einen wunschfremden Zweck ist deshalb unmöglich. Das mag nur gelingen, wenn Wünsche zu Bedürfnissen verzerrt, verschoben, verkleinert sind. Erst dann ist es einer beschränkten Ökonomie möglich, sich von einer Sphäre der Lebensmittel zum Zweck des Lebens zu stilisieren und von den Wünschen zu leben. Der Wunsch muß in das Bedürfnis schon eingegangen sein, ehe er für eine rationale Organisation des Gesellschaftlichen brauchbar werden kann.“ Kamper 1977, S. 23. 34

WUNSCHMEDIEN IM KINO

zahlreiche Gemeinsamkeiten, allerdings ohne dass das Kino sich dabei als Illustration der Diskurse lesen ließe. Die Gemeinsamkeiten haben ichren Ursprung im Bezug auf den gemeinsamen Gegenstand und in der z. T. futurischen Form ihrer Szenarien. Auch konvergieren Medientheorie und Kinofilme in spezifischen Fragestellungen, die zwischen Erkenntnistheorie und Ontologie zu verorten sind. Während Medientheorien jedoch in den letzten Jahren in einem poststrukturalistischen Vexierspiel von der Frage nach dem Subjekt und seiner Stellung in der Welt abzurücken und sich der Frage nach objektivierbaren Strukturen der Wahrnehmung zuzuwenden scheinen, werden im Kino beinah banale Fragen gestellt: „Wer bin ich?“ und „Was kann ich erkennen?“. Der Film Matrix bildet 1999 den vorläufigen Höhepunkt einer Entwicklung, die in den 70er Jahren ihren Ausgangspunkt hat: Im populären Kino der 80er und 90er Jahre scheint die kinematographische Projektion von neuen bzw. neuartigen Medien zur Obsession geworden zu sein. Hintergrund ist dabei sicher eine Medienentwicklung, die in den 70er Jahren auch für breite Teile der Gesellschaft erkennbar systemische Ausmaße annimmt. Verschafft man sich zunächst einen Überblick über die relativ große Anzahl von Kinofilmen, in denen ganz allgemein andere Medien dargestellt werden, ist festzustellen, dass die meisten dieser Filme keinen futurischen Charakter haben und Medien auch nur in einer banalen Form darstellen: Protagonisten, die nicht mehr mit dem herkömmlichen Telefon mit Kabel, sondern mit einem schnurlosen Apparat oder gar mit einem Handy telefonieren, sind allerorten anzutreffen – ebenso wie Fernsehgeräte, Videorekorder oder Computer, die im Hintergrund ihre Arbeit verrichten ohne ins Zentrum der Handlung zu rücken. Die Neuen Medien dringen in die Kinofilme ein, wie sie in den Alltag der Menschen eindringen. Sie führen stumm und selbstverständlich ihre Arbeit aus und werden auf diese Weise zum Bestandteil der Kulisse. Aus einer – hier nicht weiter verfolgten – medienarchäologischen Perspektive ergeben diese Filme eine Fundgrube, in der sich zahlreiche Belege für den Medienwandel finden ließen, denn die Darstellung von Medien im Kino der 80er und 90er Jahre erfolgt vor dem Hintergrund eines ausdifferenzierten Mediensystems, das als Dispositiv gleichsam die technische, organisatorische und logische Voraussetzung für eine Beschäftigung mit Neuen Medien bildet. Doch die Darstellung von Medien bleibt in diesen Filmen an der Oberfläche. In Assasins (1995) mit Sylvestor Stallone und Antonio Banderas z. B. erhält der Killer seine Aufträge via Internet. Man sieht ihn vor seinem Laptop sitzen, es erscheint eine Mail mit einem Bild der Zielperson. Man erfährt aus dieser Szene, dass der Killer technisch mit dem Internet umzugehen vermag, dass also auch das Verbrechen techno-

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logisch hochgerüstet hat. Man erfährt, wie praktisch das Internet für die Erteilung von Mordaufträgen ist, weil der Auftraggeber auf diese Weise anonym bleibt (wobei genau dieser Punkt eigentlich nicht eindeutig geklärt wird), und man die via Internet versandten Daten so praktisch, weil auf den ersten Blick spurlos, wieder löschen kann. Tatsächlich erfährt man kaum etwas über die Funktionsweise des Internets, über seine spezifischen Eigenheiten. Auch ein Brief könnte anonym zugestellt werden. Versucht man sich nun auf jene Filme zu konzentrieren, die das Thema Medien in einer expliziten Form angehen, dann ist zunächst vorauszuschicken, dass hier immer das populäre Kino visiert wird – also nicht der Experimentalfilm oder andere avantgardistisch-künstlerische Experimente, die sich von vorneherein nur an einen beschränkten Zuschauerkreis wenden und über Ausstellungen oder Filmfestivals hinaus nur selten bekannt werden. Eine Ausnahme bilden hier die Filme von Peter Greenaway (z. B. Prosperos Books) und Darren Aronofsky (z. B. Requiem for a Dream), in deren Arbeiten sich zwar phantastische Momente finden, die letzthin aber keine futurischen Visionen neuartiger Medien darstellen, sondern künstlerische Verfremdungen der bekannten Medienrealität. Es geht um populäre Filme, die ein Massenpublikum erreichen und nicht um künstlerisch anspruchsvolle Experimentalfilme wie etwa Arbeiten eines Nam June Paik oder Bruce Naumann. Jene Filme des populären Kinos nun, die Medien explizit zu ihrem Thema machen, lassen sich in drei Gruppen unterscheiden, die in aufsteigender Folge an den eigentlichen Gegenstand heranführen.

Satiren und Grotesken Unter den populären Filmen, die sich mit neuen Medien beschäftigen, findet sich eine breite Gruppe, die trotz z. T. futurisch anmutender Szenarien letzthin nicht das visionäre Wunschpotenzial von Medien auszuloten versucht (oder nur in rudimentärer Form), sondern stattdessen in nostalgischer, satirischer oder grotesk-überspitzter Form den Medienalltag karikiert. Sieht man einmal von Filmen ab wie z. B. The Purple Rose of Cairo und Radio Days von Woody Allen, die nicht wirklich eine Auseinandersetzung mit der Medialität des Mediums suchen, schon gar nicht neue Medien inszenieren, sondern sich nostalgisch älteren Medien zuwenden, dann sind es vor allem gesellschaftskritische Satiren, die im Laufe der 70er Jahre die Leinwand dominieren.

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Mitte der 70er Jahre kommen gleich drei Filme ins Kino, die jeder auf ihre Art die Auswüchse eines übermächtigen Mediensystems anprangern, Medien, deren Sensationsgier menschenverachtende Formen annimmt und zugleich die Medien auch politisch korrumpierbar macht. Dies sind 1975 Die verlorene Ehre der Katharina Blum von Volker Schlöndorff nach dem Roman von Heinrich Böll, der die Praktiken der Bildzeitung angreift und 1976 Die Unbestechlichen von Alan J. Pakula, ein Film, in dem unschwer Parallelen zur Watergate-Affäre zu entdecken sind. Waren diese beiden noch als Kritik an der journalistischen Deontologie oder – durchaus mit dem Instrumentarium politischer Kritik – an den Auswüchsen des Mediensystem angelegt, geht der 1976 in den Kinos gestartete Film Network von Sidney Lumet deutlich darüber hinaus. Ein älterer Nachrichtensprecher eines kommerziellen Fernsehsenders verliert seinen Job wegen sinkender Einschaltquoten. Als er nichts mehr zu verlieren hat, macht er seiner Wut über die Gesellschaft Luft und sagt in seiner letzten Sendung den Zuschauern einfach die Meinung, was die Einschaltquoten nach oben treibt und seinen Arbeitsplatz zunächst sichert. Doch er wird dem Sender rasch unbequem, der ihn daraufhin von einer Terroristengruppe vor laufenden Kameras erschießen lässt. Die satirische Überspitzung der Handlung, die Fixierung auf Einschaltquoten, der nichts heilig ist, die Unverfrorenheit, mit der Kapitalinteressen durchgesetzt werden, gehen über eine Kritik der Deontologie hinaus und trägt Züge eines kulturkritischen Rundumschlags. Die Satire bleibt daher trotz der überdrehten Handlungskonstruktion immer der Realität verhaftet. Waren diese Filme nun in erster Linie als Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Medien konzipiert, folgten rasch Filme, die einen deutlich futurischeren Charakter annehmen. Dieser bezieht sich jedoch weniger auf die Medien selbst als vielmehr auf die Rahmenhandlung. Einer der ersten Filme, der das visionäre Potenzial von Raketentechnik und Medientechnik kombiniert, ist das 1978 gedrehte Unternehmen Capricorn, in dem die Amerikaner einen bemannten Flug zum Mars lediglich in einem geheimen Fernsehstudio simulieren. Als ein Journalist dem Schwindel auf die Spur kommt, beginnt eine mörderische Hetzjagd auf ihn und die versteckten Astronauten. Was einerseits als Kritik an den immensen Kosten des Apolloprogramms interpretiert werden kann, ist andererseits Kulturkritik an der von den Medien geprägten Realität, an einer Medienrealität, deren Funktionieren im Baudrillard’schen Sinne nicht mehr von einer Referenz auf eine ohnehin nicht mehr auszumachende „wirkliche“ Realität abhängt.

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Trotz des Science-Fiction-Szenarios bleiben die dargestellten Medien als Karikatur des realen Mediensystems erkennbar. Dies gilt auch für einen Film wie den 1997 in die Kinos gekommenen Wag the Dog von Barry Levinson. Der Film schildert den aberwitzigen Versuch eines amtierenden amerikanischen Präsidenten, einen Krieg mit Albanien zu beginnen, um aus wahltaktischen Gründen von einer Sexaffäre abzulenken. Da dieser Krieg aber zu kostspielig und nur schwer zu kontrollieren wäre, beauftragt er kurzerhand einen Hollywood-Produzenten mit der Produktion der entsprechenden Kriegsbilder, die, der Öffentlichkeit unter strenger Pressekontrolle präsentiert, einen wirklichen Krieg vorgaukeln sollen. Wag the Dog nimmt umstrittene Maßnahmen zur Einschränkung der Presseberichterstattung, wie etwa die Bildung von sogenannten Journalistenpools während des Golfkriegs, ebenso aufs Korn wie den bereits im Unternehmen Capricorn angesprochenen Verdacht gegen die Medien, dass sie im Grunde kaum mehr überprüfbare Referenzen auf die Realität haben. In ED.TV dagegen wird versucht, Realität pur zu zeigen. In einer Art Reality Show soll die Kamera den Protagonisten 24 Stunden lang begleiten über eine vom Sender bestimmte Dauer von Wochen hinweg, die sich nach der Einschaltquote bemisst. Dabei gerät das Privatleben des Protagonisten völlig aus den Fugen. Noch vor Big Brother gedreht, zeigt der Film die Folgen der Auflösung von Intimität in der Medienöffentlichkeit. Die Mediendarstellung von Unternehmen Capricorn, Wag the Dog und ED.TV weist trotz der futurischen Dimension der Filme letzthin keinen „Wunschcharakter“ auf, da sich die Mediendarstellung unmittelbar auf real existierende Medien bezieht und entsprechend als Satire lesen lässt. Einen Grenzfall bildet die Truman Show, in der der grimassierende Komiker Jim Carrey den Helden einer täglich ausgestrahlten Reality-TVShow spielt, ohne zu ahnen, dass diese Fernsehshow überhaupt existiert. Um ihn herum wurde von seiner Geburt an eine ganze Stadt errichtet, alles dreht sich nur um ihn und dies allein zu Unterhaltungszwecken für das Publikum außerhalb dieser nur für ihn geschaffenen Welt. Erst als eines Tages ein schwerer Scheinwerfer vom künstlichen Himmel fällt, beginnt er, langsam die Wahrheit zu begreifen. Auch die Truman Show schafft durch die Übertreibung real existierender Tendenzen einen satirischen Bezug, der jedoch deutlich phantastische Züge trägt. In Satiren und Grotesken werden Medien auf ihre gesellschaftliche Funktion reduziert, d. h. auf die Frage, wie die Medien das Verhalten der Menschen beeinflussen. Dabei scheinen die Medien eigenartig austauschbar und werden kaum in ihrer Eigenart greifbar. Zwar wird das soziale Milieu, in denen die entsprechenden Medien verankert sind, meist

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eindeutig geschildert, also Radiomacher, Fernsehleute usw., die auch alle ihren spezifischen sozialen Codes folgen, doch bleibt die Medientechnik seltsam blass im Hintergrund. In Network verrichtet sie ihre Arbeit, doch der dargestellte Studiobetrieb bleibt stumme Kulisse. Die Manipulierbarkeit von Menschen steht im Vordergrund, und die Technik ist dafür nur ein Mittel zum Zweck. Der Protest des Nachrichtensprechers richtet sich nicht gegen die Technik, sondern gegen die Menschen, die sich ihrer bedienen, sie beherrschen. So greifbar der Manipulationsverdacht gegen die Medien in Filmen wie Network und Wag the Dog auch liegt, so wenig wird er vor dem Hintergrund einer allgemeinen Kulturkritik konkretisiert und medienspezifisch zugespitzt.

Das Problem der künstlichen Menschen oder die ontologische Frage des Roboters Das technische Dispositiv der Medien wurde in den bisher beschriebenen Filmen weitgehend ignoriert. Es scheint, als seien Medien reduziert auf einen Ausdruck einer gesellschaftlichen Realität. Medien definieren sich zwar nicht ausschließlich, so doch aber immer auch über Technik. Technik wird in den meisten gesellschaftskritischen Filmen ausgeblendet bzw. ihre Eigenheiten werden nicht thematisiert. In der Logik dieser Filme wird die Technik als Thema abgetrennt und einem anderen Ressort zugewiesen – wie auch in den meisten geistes- und kulturwissenschaftlichen Diskursen. Es scheint, als folge man der abendländischen Tradition der Trennung von Technik und Kultur, von Hand- und Kopfarbeit, von Ingenieurskunst und Genie. Damit wurde über lange Zeit hinweg die Technizität der Kultur ignoriert. Tatsächlich würde man es sich aber zu leicht machen, wollte man mit Blick auf die sogenannte Hochkultur und ihren Diskurs behaupten, die Technik wäre grundsätzlich nicht zum Thema geworden. Technik wurde immer wieder thematisiert, wenn auch in einer untergründigen, banalen, trivialen, populären und bisweilen auch anrüchigen Form. Im Bereich der Literatur und des Kinos ist es das Genre der Science-Fiction, das die Technik zu ihrem Thema macht, und in einer unterhaltsamen, fiktionalen, also nicht apodiktischen Form vor allem die „mythologische“ Dimension der Technik (wie sie etwa Georg Seeßlen beschreibt), ihre imaginäre Dimension (im Sinne Lacans), ihr Wunschpotenzial, das Wünsche und Ängste gleichermaßen umfasst, auszuloten versucht. Ihren Vorläufer fand die Science-Fiction zunächst in der Reiseliteratur. „In der Reiseliteratur der Spätaufklärung in der zweiten Hälfte des 39

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achtzehnten Jahrhunderts tobte der Kampf zwischen Nutzen und Sinnlichkeit und trieb die Helden in der Welt und in der Heimat umher. Das Problem der Vermittlung zwischen persönlicher Erfahrung und allgemeiner Erkenntnis, zwischen individueller Praxis und gesellschaftlicher Theorie löste sich am ehesten noch in der Reise, auf welcher Erfahrungen gesammelt werden konnten“14, schreibt Georg Seeßlen und führt weiter aus: „Die Vernunft hatte dabei einen Kampf mit der Natur begonnen, der bis in unsere Gegenwart reicht und der die endgültige Niederlage der Natur als negative Utopie produziert hat. Dieser lange, damals begonnene ‚Krieg‘ ist das Thema der Science-Fiction geworden.“15 Die ersten auch bei einem breiteren Publikum durchschlagenden Erfolge16 von Science-Fiction-Geschichten finden sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der Autoren wie Edgar Allan Poe, Jules Verne und H. G. Wells ihre Arbeiten publizierten. Dabei ist es „weniger die Entwicklung bestimmter Themen, von der Raumfahrt bis zum utopischen Entwurf, was das Genre initiiert hätte (diese lassen sich im Einzelfall zurückverfolgen bis in die Antike, ins Mittelalter, im Grunde in jede menschliche Kultur), es ist vielmehr die Entstehung eines kulturellen, psychischen Klimas, das mit ganz bestimmten dichterischen Techniken verarbeitet wird.“17 Nicht zuletzt ist es der Fortschrittsglaube selbst, der – wie auch immer gebrochen – die Wünsche der Gesellschaft auf die Technik projiziert. Seeßlen merkt dazu an: „Als schließlich die Industrielle Revolution die Technologie in den Stand unbegrenzter zukünftiger Möglichkeiten zu versetzen schien und sich das Bürgertum als Klasse in der Metaphysik ihrer Maschinen die ausbeuterische, elende Praxis vernebelte, da war es nicht nur möglich, sondern auch notwendig geworden, daß man sich eine Literaturform schuf, welche sowohl die Perspektiven als auch die Metaphysik der Technik ästhetisch umzusetzen und massenhaft zu verbreiten imstande war. Die Verbindung von Technik und Abenteuer folgte der kolonialen Mythologie, und nachdem man die Spekulation mit gesellschaftlicher Utopie unterbinden wollte, lag nichts näher, als an die Stelle der sozialen die naturwissenschaftlich-technischen Utopien zu stellen.“18 14 Seeßlen, Georg/Roloff, Bernard: Kino des Utopischen. Geschichte und Mythologie des Science-Fiction-Films. Grundlagen des populären Films, Bd. 4. Reinbek bei Hamburg 1980, S. 15. 15 Ebd., S. 15. 16 Vgl. Schulz, Hans-Joachim: Science Fiction. Stuttgart 1986 (Schriftenreihe Realien zu Literatur, Sammlung Metzler, Bd. 226), S. 10. 17 Seeßlen/Roloff 1980, S. 23. 18 Seeßlen/Roloff 1980, S. 24. 40

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Der erste Science-Fiction-Film, Voyage dans la Lune von Georges Méliès, der das Thema zunächst noch poetisch-naiv angeht, findet sich 1902 im Kino. Zugleich ist die Thematisierung der Technik verbunden mit der Entwicklung avancierter Darstellungstechniken und hier insbesondere von special effects. Ohne die Kinogeschichte der ScienceFiction hier rekonstruieren zu wollen, sei angemerkt, dass es die Verbindung von dargestellter futurischer Technik und von avancierter Darstellungstechnik nun gerade in diesem Genre reich an signifikanten Beispielen ist, wie etwa der Einsatz des Schüftan-Verfahrens in Metropolis oder des Dykstraflex-Apparats19 bei Stars Wars zeigt. So häufig die Technik in futurischer Form zum Gegenstand von Kinofilmen wird, so selten sind Filme, die futurisch avancierte Medientechniken darstellen. Es scheint, als hätte die Medientechnik über lange Zeit hinweg anders als etwa die Raketentechnik nicht das gleiche visionäre Potenzial aufzuweisen. Sieht man von wenigen, historischen Ausnahmen wie z. B. den von René Clair20 1924 gedrehten Film Paris, qui dort, in dem ein teuflischer Radiosender, auf dem Eiffelturm installiert, die ganze Stadt in Tiefschlaf versetzt, einmal ab, dann hat das Science-Fiction-Genre das Thema Medien – und d. h. auch Medientechnik – schlicht als Thema nicht entdeckt und erst in den 80er und 90er Jahren finden sich einige Filme, auf die gleich noch näher einzugehen sein wird. Man mag nun einwenden, dass es doch schon sehr früh ein Thema der Science-Fiction gegeben hat, das mit dem Medienthema vielleicht nicht identisch, so doch aber eng verwandt sei und man hierin zumindest eine Art Vorläufer sehen müsse. Tatsächlich ist das Thema des „künstlichen Menschen“ eines der zentralen Themen des ScienceFiction-Films, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Kinos zieht, wie schon Filme wie Der Golem (1914) von Henrik Galeen, Homunculus (1916) von Otto Rippert oder Metropolis (1927) von Fritz Lang zeigen, um nur einige Filme aus der Stummfilm-Ära zu nennen. Ich 19 Mit Hilfe des Dykstraflex-Apparates gelang es die Bewegungen der bei den aufwendig inszenierten Weltraumschlachten eingesetzten Raumschiffmodelle exakt zu speichern und deren spätere Positionen im Film zu errechnen und zu koordinieren; insofern bildete diese Technologie eine Art Vorläufer der späteren Digital-Techniken. 20 Von René Clair stammt übrigens auch der niemals verfilmte Filmroman Adams, in dem ein Schauspieler-Star letzthin größenwahnsinnig wird, Gott zu spielen wünscht und dabei einen neuartigen Projektionsapparat konstruieren lässt, der sein Spiel weltweit an den Himmel projiziert. Clair, René: Adams. Paris 1926. 41

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möchte hier nicht auf die umfangreiche Genealogie des Themas eingehen, die Georg Seeßlen in seinem Aufsatz Traumreplikanten des Kinos21 skizziert hat über den Homunculus-Mythos, Frankensteins Kreaturen, den Golem-Stoff, Roboter, Androiden, und Cyborgs bis hin zu Hologrammen, die nur noch virtuelle Welten bevölkern. Es scheint eine direkte Entwicklungslinie von mythisch-religiösen Vorstellungen des künstlichen Menschen zu menschlichen Maschinen zu führen, also Robotern und Androiden, die schließlich ihren Höhepunkt in der Entwicklung des Computers findet, der uns heute als Medium gilt. Über lange Zeit hinweg wurde der Computer jedoch allein im Kontext der Debatte um Künstliche Intelligenz (K.I.) dargestellt. Als Medium gilt er erst seit der massenwirksamen Ausbreitung des Internets in den 80er Jahren.22 Zunächst wurden in der Computertechnologien vor allem neue Möglichkeiten gesehen, die Erschaffung von künstlicher Intelligenz zu erweitern; entsprechend mit Wunschpotenzial aufgeladen waren auch die Filme, die sich dieser Thematik zuwenden. Die neue, computergenerierte K.I. stand jedoch sogleich unter dem Verdacht, den Menschen nicht nur dienstbar zu sein, sondern sich gegen ihre Schöpfer zu wenden. Computer verwandeln sich unversehens zu Wesen mit einem eigenen Bewusstsein. In 2001 – Odyssee im Weltraum gerät H.A.L., der Bordcomputer des Raumschiffs, außer Kontrolle und verdächtigt die Crew, ihn abschalten zu wollen. Um dem vorzubeugen, bringt er kurzerhand die Crew um. In Des Teufels Saat gerät ein Computer völlig außer Kontrolle, schafft sich einen eigenen Metallkörper und vergewaltigt eine menschliche Frau, um sich mit ihr fortzupflanzen und eine neue Spezies zu erschaffen.23 In

21 Seeßlen, Georg (2000b): „Traumreplikanten des Kinos. Passagen durch alte und neue Bewegungsbilder“, in: Aurich, Rolf/Jacobsen, Wolfgang/ Jatho, Gabriele: Künstliche Menschen. Manische Maschinen. Kontrollierte Körper. Berlin 2000, S. 13 seltsam unfilmisch 42. 22 Vgl. dazu Bolz, Norbert/Kittler, Friedrich/Tholen, Christoph: Computer als Medium. Paderborn 1999 (2. Aufl.). 23 Der Computer oder die von ihm generierte Virtuelle Realität wurde auch in der Folge immer wieder als Vorwand für mit sexuellen oder erotischen Konnotationen aufgeladene Filme genutzt wie z. B. Saturn 3, Regie: Stanley Donen, GB 1980, Electric Dreams, Regie: Steve Barron, USA/GB 1984, Regie Steve Barron, Nightmare Weekend, Regie: Henry Sala, GB/ USA/F 1986 oder Virtual Sexuality, Regie: Nick Hurran, GB 1999, um nur einige der einschlägigen, wenn auch weniger bekannten Filme zu nennen; vgl. dazu auch Seeßlen, Georg/Jung, Fernand: Science Fiction. Grundlagen des populären Films, Bd. 1 u. 2. Marburg 2003, S. 566–568. 42

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Westworld24 drehen die Cyborgs durch und gehen auf die Menschen los. Die Rebellion gegen ihre Schöpfer lässt die intelligenten Maschinen aus ihrem Status als Objekt heraustreten und eine eigene Subjektivität entwickeln, die den menschlichen Subjekten gegenübertritt. Der künstliche Mensch ist das durch Technik verzerrte Ebenbild des Menschen, das unter Verdacht gestellt wird, weil es eine eigene Subjektivität entwickelt. Es ist nicht nur eine dienende Maschine, sondern sie wird sich ihres eigenen Ichs bewusst. Paradigmatisch wird dies in einem Film dargestellt, dessen stilbildender Einfluss auf das Kino der 80er und 90er Jahre kaum überschätzt werden kann. In Ridley Scotts Blade Runner wird diese Rebellion zum konstitutiven Moment der Dramaturgie. Der Film spielt in einem Smog verhangenen, von Nieselregen geplagten Los Angeles im Jahr 2019, in dem es niemals Tag zu werden scheint. In einem atmosphärisch dicht geschilderten Stadtmoloch, der mit seiner Hochhausarchitektur und den fliegenden Gleitern an Metropolis erinnert, sucht der ehemalige Polizist Rick Deckard nach vier außer Kontrolle geratenen Cyborgs, die zum Abschuss freigegeben wurden. Diese im Film Replikanten genannten Maschinen haben eine Lebensspanne von nur vier Jahren – eine Begrenzung, die vom Hersteller eingebaut wurde, um emotionalen Kontrollverlust zu verhindern. Medien sind im Blade Runner kein zentrales Thema. Dennoch werden in dem Film Fragen aufgeworfen, die einer vom Medienskeptizismus generierten Subjektivität ähnlich sind. Die Replikanten zweifeln nicht an dem von den Medien vermittelten Bild der Welt, aber an sich selbst. Rachel, die Sekretärin des Konzernbosses, der die Replikanten herstellt, ist selbst eine Replikantin, ohne es zu wissen. Erst als Deckard sie testet, zweifelt sie an ihrer Identität. Deckard stürzt sie in eine tiefe

24 Westworld ist nur einer der ersten Filme, die auch im Kontext mit der ludischen Dimension des Computers genannt werden könnten. Dass der Computer hervorragend dazu geeignet ist, ein (oft tödliches) Spiel zu inszenieren, zeigt sich – nach Ebd., S. 568–572 – in Filmen wie Futureworld, War Games, Superman III, Star Wars, Tron, Super Mario Bros, Final Mission oder Brainscan. Dazu ist anzumerken, dass hier z. T. erhebliche qualitative Differenzen bestehen. Allenfalls der von Seeßlen und Jung gleichfalls angeführte Film Level Five von Chris Marker besitzt von den genannten Filmen ästhetische Qualitäten, die Potenzial zur medialen Selbstreflexion zeigen. Andererseits entzieht sich Level Five durch seine anspruchsvolle, komplexe Machart den üblichen Kriterien des populären Kinos, das in dieser Arbeit fokussiert werden soll. Anzuführen wären gleichfalls noch Nirvana und eXistenZ, auf die aber im nächsten Abschnitt noch näher eingegangen wird. 43

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Identitätskrise, da alles, woran sie bisher glaubte, keine Geltung mehr zu haben scheint. Das Foto, das sie als Kind zusammen mit ihrer Mutter vor ihrem Häuschen zeigt, ist nichts als eine geschickte Fälschung, ebenso wie ihre ganze Erinnerung, ihre Fähigkeiten wie z. B. das Klavierspielen, die ihr einprogrammiert wurden. Selbst die Maschinen, die wissen, dass sie Maschinen sind, haben Probleme ihre Existenz zu akzeptieren. Sie suchen nach einer Identität, die ihre maschinelle Existenz übersteigt. Einer der von Deckard gejagten Replikanten hat sich mittels gefundener und gesammelter Fotos anderer Menschen, vermischt mit Schnappschüssen aus dem eigenen Leben, eine eigene Vergangenheit zu schaffen versucht. Er weiß, dass diese Fotos nicht wirklich sein Leben dokumentieren, doch repräsentieren sie eine emotionale Realität, die für ihn wahrhaftiger ist als eine faktische. Das Problem der Cyborgs ist nicht die Medienrealität. Sie haben ein Grundvertrauen in die Medien, das unerschütterlich scheint. Sie akzeptieren Medienrepräsentationen auch dann noch, wenn längst klar ist, dass sie eine Fälschung sind. Sie haben eine tiefe emotionale Bindung an die technischen Medien. (Nur Rachel lässt ihr Foto fallen.) Das Problem der Cyborgs ist nicht der Verdacht gegen die Medien, sondern der Zweifel an sich selbst, an ihrer eigenen Identität. Es ist – wenn man so will – ein Verdacht, der sich gegen sie selbst richtet. Auch Deckard hat Grund an sich selbst zu zweifeln und ist sich keineswegs sicher, ob er nicht selbst auch ein Replikant ist. Ähnlich wie der Verdacht gegen die Medien immer nur als subjektiver Eindruck inszeniert wird, werden auch die Cyborgs mit ihrer eigenen Subjektivität konfrontiert. Daher ist die Dramaturgie von Filmen, die sich mit K.I. beschäftigen und solchen, in denen Medien in Frage stehen, ähnlich. Was Filme über Medien und über K.I. letzthin trennt, sind unterschiedliche Grundfragen: Die K.I. erfährt sich als Subjekt und ist dabei auf der Suche nach sich selbst; sie muss sich der Frage stellen: Wer bin ich? Filme über Medien gehen zwar auch von einem Subjekt aus, dieses ist sich hingegen selbst gewiss, nicht aber der Welt. Die zentrale Frage für das Subjekt ist in diesen Filmen: Was ist die Welt, und wie kann ich sie erkennen? In den 80er Jahren nun entstehen Filme, die den Computer als Medium wahrnehmen. Einer der ersten Filme, in denen der Computer als Medium dargestellt wird, ist Tron von 1982 von Steven Lisberger. Lisberger, bis dahin als Regisseur des Zeichentrickfilms DschungelOlympiade (1979) bekannt geworden, versammelte eine Crew von Trickexperten (darunter Syd Mead, der schon beim Blade Runner für die visuelle Konzeption verantwortlich war und Harrison Ellenshaw, der bei Das Imperium schlägt zurück mitwirkte). Tron erzählt in einem wüsten

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Genre-Mix25 die Geschichte des Computerspezialisten und Spieleprogrammierers Flynn, der versucht, dem Master Control Programm seines früheren Arbeitsgebers Direktor Dillinger den Beweis zu entreißen, dass dieser ihm Programme für Videospiele gestohlen hat. Bei dem Kampf gegen den fiesen Direktor wird Flynn nun vom manipulierten und größenwahnsinnig gewordenen Computer selbst, der davon träumt, die Weltherrschaft an sich zu reißen, mittels eines Laserstrahls dematerialisiert und in den Computer hineinversetzt. Dort trifft er auf verschiedene Programmeinheiten, die in Gestalt von neonfarben gekleideten Männlein die Computerwelt bevölkern. Mit einigen von ihnen schließt sich Flynn zusammen, tritt gegen die Willkürherrschaft des Rechners an und nach einer Reihe von actiongeladenen Abenteuern kann er sein Ziel erreichen und am Ende den Computer wieder als Mensch verlassen. Das eigentlich Interessante bei dieser bewusst naiv gehaltenen Vision eines anderen Mediums ist nicht die triviale Handlung, sondern die visuelle Gestaltung, die erstmals versucht, das Innenleben eines Computers im Kino zu visualisieren. Ohne digitale Effekte wird mit dem Stand der damaligen Tricktechnik die Innenarchitektur eines Rechners als Stadtlandschaft entworfen; das wirkt spektakulär, da sich hieran bisher noch niemand versucht hatte. Doch das visuelle Repertoire kann sich nicht von bekannten Vorbildern lösen, die Genreverhaftung bleibt auch in der visuellen Gestaltung sichtbar, die Anleihen bei Rollerball und Star Wars versucht. Durch die anthropomorphe Darstellung von Bits und Bytes löst sich die Dramaturgie nicht von gängigen Genrevorbildern. Der Computer wurde als Medium zwar entdeckt, doch war es dringend geboten, der Mediendarstellung nicht nur eine angemessene visuelle Gestalt zu geben, sondern auch eine Dramaturgie, die der Funktionsweise des anderen Mediums auch gerecht wird. Dabei kann die Darstellung eines einzelnen Mediums nur misslingen, da die mediale Funktionsweise eines Mediums erst durch seine Einbettung in ein System verschiedener Medien überhaupt zum Ausdruck kommen kann.26 Bezeichnenderweise geht es in diesen Filmen nicht mehr im strikten Sinne um die K.I.-Problematik, sondern darum, wie sich ein Mensch in 25 Vgl. Volksblatt Berlin, 11.12.1982 „Der Autor und Regisseur Steven Lisberger mixt schlankweg den Mythos von heute, die Computergläubigkeit, mit den Mythen von einst; er spielt Ritter- und Gladiatorenkämpfe auf dem Video-Raster.“ 26 Tatsächlich hat es immer wieder Filme gegeben, die neue Medien nur als Setting, als Kulisse oder Vorwand nutzen, um im Grunde recht konventionelle Geschichte zu erzählen. Dazu zählen z. B. Filme wie Möbius, Hostile Intend, Hackers, Hungry for you, Hologram Man oder Circuitry Man. 45

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eine Maschine verwandelt.27 Das Problem der künstlichen Intelligenz, ihrem menschlichen Schöpfer ebenbürtig sein zu wollen und damit eine fundamentale Identitätskrise herauszubeschwören, wird hier gerade umgekehrt: Von keinen Selbstzweifeln geplagt entdecken die Menschen eine Maschinenexistenz, die sie befreit und mit der sie Probleme zu lösen im Stande sind, an denen sie mit ihrem realen menschlichen Körper zu scheitern drohten. Das Medium ist ein Werkzeug, das den menschlichen Körper erweitert, ihm neue Möglichkeiten erschließt. Entsprechend selbstbewusst werden diese Werkzeuge auch eingesetzt. Wird dieses Thema in Tron nur unterschwellig angerissen, wird es explizit in dem Film Der Rasenmähermann behandelt. Ein geistig minderbemittelter Aushilfsarbeiter, der sich als Gärtner verdingt, wird von einem Wissenschaftler als ideales Versuchsobjekt entdeckt. Er erweitert seine Intelligenz und nutzt den Computer, um sein intellektuelles Potenzial weiter zu steigern. Schließlich wird der Rasenmähermann immer selbstbewusster und versucht, sich von seinem „Schöpfer“ zu emanzipieren. Er verlässt seinen realen Körper und schafft sich im Internet eine virtuelle Gestalt, die sich dem Zugriff des Wissenschaftlers entzieht. Diese Geschichte des „Rasenmähermanns“28 bildet nur den Auftakt zu weiteren Filmen, die unter der Regie von Brett Leonard entstanden29 und sich eher im Rahmen konventioneller Dramaturgien mit dem Thema Cyberspace beschäftigen. Dazu zählt insbesondere Virtuosity, der die Geschichte des Ex-Polizisten Parker Barner erzählt, der einen künstlich geschaffenen Massenmörder jagt, der aus dem Cyberspace in die Wirklichkeit gelangt ist und dort sein Unwesen treibt. Barnes kann ihn schließlich stoppen und wird wieder in den Polizeidienst übernommen. In beiden Filmen wird das Medium zur Prothese für den fehlenden oder gestorbenen Körper oder zum neuen Organ, das den bestehenden Körper erweitert und ihm neue, ungeahnte Kräfte verleiht. Die Medialität des anderen Mediums bleibt dabei aber nur Werkzeug. Der Protagonist setzt sich mit der Funktionsweise des anderen Mediums nur insoweit 27 Das trifft natürlich auch auf einen Film wie Robocop zu, in dem es allerdings nicht um die Medienthematik geht. 28 Zu erwähnen ist sicher noch die Fortsetzung Der Rasenmähermann II, die jedoch nicht von Brett Leonard, sondern 1996 von Farhad Mann gedreht wurde. 29 Vgl. Seeßlen/Jung 2003. Seeßlen und Jung nennen hier auch noch Hideaway von 1995. Hier wird aber weder ein Cyberspacebezug im Besonderen noch eine Medienthematik im Allgemeinen deutlich, es sei denn man könnte den Protagonisten, der Nahtodeserfahrungen macht und im Jenseits einem Killer begegnet, als „Medium“ in einem ganz anderen Sinne auffassen. 46

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auseinander, wie er es im Hinblick auf seine – meist kriegerischen – Zwecke benötigt. Medien bleiben dabei singulär. Sie werden nicht vernetzt und erzeugen auch keine komplexe Realitätswahrnehmung. Medialität wird so nicht zu einer Grenzerfahrung, sondern zu einer – niemals reflektierten – Grenzverschiebung. Der menschliche Körper erfährt nicht seine Grenzen, sondern erweitert sie ganz einfach. Entsprechend oberflächlich ist auch die Dramaturgie der Filme aufgebaut, die den gängigen Genreregeln grundsätzlich verhaftet bleiben: Die guten jagen die bösen Buben. Erst in den 90er Jahren begegnet man einem neuen Typus von Film, der wirkliche Übergangsformen generiert zwischen K.I.-Diskussion und Medienthematik. Sie finden sich dort, wo die K.I. ihre physische Gestalt aufgibt und sich als virtuelle Form ins Medium selbst einschreibt. In Filmen wie etwa The 13th Floor begegnet man letzthin einer weit fortgeschrittenen K.I., die mit dem Medium selbst identisch ist, wie später noch zu zeigen sein wird.

Albtraumhafte Visionen des radikalen Zweifels Eine besondere Gruppe von Filmen hat mit Medien auf den ersten Blick nicht viel zu tun, da sie sich vor allem auf die Träume und albtraumhaften Visionen ihrer Protagonisten konzentriert. Es sind Filme wie z. B. The Game (1997) und Fight Club (1999) von David Fincher, Dark City (1998) von Alex Proyas oder The Cell (2000) von Tarem Singh oder – auf andere Art – auch Lost Highway von David Lynch.30 Ihnen gemein ist die Inszenierung eines grundlegenden, elementaren, ontologischen Zweifels an der Welt: In The Game bekommt Nicholas van Orten, ein reicher Geschäftsmann, von seinem Bruder zum Geburtstag die Teilnahme an einem geheimnisvollen Spiel geschenkt. „Niemand kennt das Spiel, wir teilen Ihnen nicht einmal mit, ob es bereits begonnen hat. Wir garantieren Ihnen lediglich, dass wir noch nie einen Kunden hatten, der nicht mit uns zufrieden gewesen wäre“, erklären ihm die Veranstalter des Spiels, doch er hält dies alles zunächst nur für einen schlechten Scherz. Doch dann verändern sich plötzlich Dinge in seinem Leben: Der Nachrichtensprecher im Fernsehen redet persönlich zu ihm, sein Haus wird verwüstet, er wird von Terroristen gejagt, verliert all seinen Besitz und wird auch noch lebendig begraben. Er fühlt sich als manipuliertes Objekt in

30 Zu nennen wären auch Naked Lunch, Alphaville, 1984 oder – ins Komödiantische gewendet – Being John Malkovich. 47

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einem Spiel, das von einer dunklen Verschwörung gegen ihn gesteuert scheint. Mit den Zweifeln an der Realität wachsen jedoch auch die Zweifel an sich selbst, an seinem bisherigen Lebensstil, der ihn zu einem einsamen, zynischen Mann gemacht hat. Erst als er wirklich bereit ist, sich von seinem alten Leben zu verabschieden, geben sich die Manipulateure zu erkennen und alles scheint sich zum Guten zu wenden. Auch in Fight Club wählt David Fincher eine Konstruktion, die letzthin mit extremer Subjektivität spielt. Ein namenloser Ich-Erzähler (gespielt von Edward Norton) hat sein bisheriges Leben als kleiner Angestellter mit sicherem Job satt – zivilisationsmüde leidet er unter Schlaflosigkeit und sucht verzweifelt nach dem Sinn des Lebens. Dabei schleicht er sich unter einem Vorwand in verschiedene Selbsthilfegruppen für Menschen mit tödlichen oder aussichtlosen Krankheiten ein und findet im emotionalen Austausch mit ihnen einen gewissen Trost. Eines Tages lernt er zufällig Tyler Durden kennen, der von einer ähnlichen Sehnsucht getrieben scheint. Er lässt seinen Job sausen, zieht mit Durden in ein abbruchreifes Haus und gründet mit ihm zusammen den „Fight Club“, einen Geheimbund, bei dem allabendlich nach strengen Regeln harte Faustkämpfe ausgetragen werden. Ziel ist es, durch die Besinnung auf Gewalt, dem Ursprung der menschlichen Instinkte näher zu kommen und sich von den zahlreichen Zwängen der Gesellschaft zu befreien. Einer Sekte gleich scharen sich immer mehr Jünger um die Gründer. Doch die Verschwörung und die mit ihr verbundene Gewalt eskaliert immer weiter, scheint nicht mehr kontrollierbar zu sein und führt schließlich zur Zerstörung der ganzen Stadt. In der Schlusssequenz muss sich der Ich-Erzähler seinem eigenen Alter-Ego Durden stellen und sich symbolisch selbst töten, um sich von sich zu befreien. In dem bildermächtigen Film Dark City von Alex Proyas begegnet man einer albtraumhaften Welt, die wie eine bizarre Mischung eines Stadt-Molochs im Stile von Metropolis und der düsteren Stadt-Vision des Blade Runners anmutet. In dieser düsteren Welt ohne Sonnenschein wacht John Murdoch eines Tages ohne sein Gedächtnis auf und glaubt, dem Wahnsinn verfallen zu sein. Er entdeckt, dass die Welt nicht so ist, wie er und die anderen Menschen glauben. Nacht für Nacht wird die ganze Stadt vollkommen umgestaltet. Häuser, ganze Straßenzüge ändern sich, gelenkt von bleichen Wesen, Außerirdischen, die die ganze Stadt als großangelegtes Experimentierfeld nutzen. Nacht für Nacht injizieren sie den Menschen eine neue Identität, um ihr Verhalten zu studieren. Der Zweifel beginnt an sich selbst und endet mit dem Zweifel an der Welt. Streng genommen haben diese hier paradigmatisch angeführten Filme mit der kinematographischen Projektion von neuen Medien nichts zu tun, da keine neuen Medien explizit gezeigt werden. Sie folgen – so

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könnte man einwenden – einer mehr oder weniger konventionellen Thriller-Dramaturgie, die effizient immer am Anfang der Filme damit beginnt, dass den Protagonisten der Boden unter den Füßen weggezogen wird und nichts mehr so scheint, wie es vorher war. Tatsächlich gehen die Filme aber über die üblichen Thriller hinaus. Während das Moment des Zweifels im Thriller ein dramaturgischer Kniff ist, aber kein konstitutives Element, steht er in den genannten Filmen im Mittelpunkt. Im Thriller erlangt der Protagonist nach seiner ersten Erschütterung seiner Welt oder Weltsicht rasch die Selbstsicherheit zurück und konzentriert sich auf die Lösung seines Problems, d. h. die Kriminalgeschichte, die Agenten-Story oder Ähnliches. Für The Game und Dark City ist der Zweifel das eigentliche Thema des Films. Der Unterschied wird vielleicht deutlich, wenn man einen Film wie The Cell dagegen hält. In The Cell wird weniger der Zweifel inszeniert, die Verunsicherung der Protagonisten erfolgt eher dadurch, dass sie sich auf unsicherem Terrain bewegen. Die Protagonistin dringt direkt in den nicht enden wollenden Albtraum eines ins Koma gefallenen Serienkillers ein. Mittels einer nicht näher erläuterten Apparatur kann die Psychologin sich in die Träume der Patienten einschalten, ist dort aber realen Gefahren ausgesetzt. Sie muss nun im Hirn des Killers nach der Spur seines letztes Opfers suchen, das dieser in einer hermetischen Zelle gefangen hält, die über eine Zeitautomatik mit Wasser volläuft, wenn sie nicht vor Ablauf von 40 Stunden befreit wird. Trotz der subjektiven Präsenz des Anderen bleibt das Eindringen in die Psyche des Täters für die Protagonistin letzthin folgenlos. Sie zweifelt nicht an sich selbst oder an ihrer Welt. In Lost Highway verschärft sich die Inszenierung des Zweifels. Lost Highway ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Zweifel ein Individuum nicht nur innerlich zerreißt. Durch die Wandlung und Aufteilung in verschiedene Personen erfährt der Protagonist eine Subjektivität, die nicht mehr von der körperlichen, physischen Identität des Individuums mit sich selbst ausgeht. David Lynch inszeniert eine Art von rückwärts erzählter, konventionellen Vorstellungen von Logik und Kausalität nicht folgender Geschichte: Es klingelt. Fred, ein Musiker, geht zur Gegensprechanlage und hört, wie jemand zu ihm sagt: „Dick Laurent ist tot.“ Als er öffnet, ist draußen niemand mehr. Fred lebt mit seiner Frau kinderlos in einem Mittelklassehäuschen in der Vorstadt. Fortan fühlen sie sich von einem Unbekannten bedroht, der Videoaufnahmen aus dem Inneren ihres Hauses an sie sendet. Schließlich wird die Frau getötet, Fred dafür festgenommen und zum Tode verurteilt. In der Todeszelle verwandelt er sich jedoch in einen anderen Mann – Pete, einen Automechaniker. Dieser lernt eine Frau kennen, die der getöteten Frau wie ein

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Ebenbild gleicht, nur eine andere Haarfarbe hat. Sie ist die Geliebte des zwielichtigen Gangsters Dick Laurent. Sie bringt Pete dazu, Dick Laurent zu töten, um dann mit ihm zusammen wegzugehen. Doch nach dem Tod von Laurent verwandelt sich Pete wieder in Fred, fährt zu seinem Haus, klingelt und spricht in die Gegensprechanlage: „Dick Laurent ist tot.“ Die – hier verkürzt wiedergegebene – Handlung ist letzthin nicht eindeutig aufzulösen und hat den Interpreten immer wieder Rätsel aufgegeben. Sie konstruiert damit eine besonders radikale Form der Subjektivität, auf die später noch im Kapitel „Dramaturgie des subjektiven Zweifels“ näher eingegangen wird.

Wunschmedien unter Verdacht Hatten Filme mit albtraumhaften Visionen den Verdacht zum Thema der Handlung gemacht, werden in einer Reihe von Filmen, die in den 80er und 90er Jahren gedreht wurden, die Medien selbst unter Verdacht gestellt.31 Matrix markiert hier nur den Höhepunkt einer Entwicklung, mit der sich das Kino der 80er und 90er Jahre obsessiv beschäftigt hat: 1980 dreht Bertrand Tavernier seinen Film La mort en direct, eine futurische Vision über ein avanciertes Fernsehsystem, das mittels Miniaturkamera in die letzten Intimbereiche der Menschen vordringt. La mort en direct ist einer der ersten Filme, die hier zu nennen sind. Der Film erzählt die Geschichte des von Harvey Keitel gespielten Kameramanns Roddy, der sich eine Miniaturkamera in den Kopf einpflanzen lässt, die alle Bilder, die er mit seinen Augen sieht, live in ein Fernsehstudio überträgt. Mit dieser Technik wird es ihm möglich, sich in die Privatsphäre der todkranken Katherine, gespielt von Romy Schneider, einzuschleichen 31 Schon in den 70er Jahren gab es mit Welt am Draht von Rainer Werner Fassbinder einen Vorläufer, der 1999 mit 13th Floor neu verfilmt wurde. Zu erwähnen wäre sich auch der Film Project Brainstorm, der zwar 1983 gestartet, einer Ästhetik der 70er Jahre verpflichtet bleibt und sein Thema letzthin verschenkt, da der Film allzu rasch in triviale Darstellungsklischees abgleitet: dazu zählt die aus anderen Filmen bekannte Problematik des genialen Wissenschaftlers, dessen Erfindung vom Militär vereinnahmt wird (und was sich in diesem Film als handlungsleitendes Motiv zeigt und nicht etwa das des Mediums selbst) als auch die letzthin triviale Darstellung der Innensicht der Medien, die sich fast naiv an aus religiösen Kontexten gemahnende Bildklischees von Todesnaherlebnissen orientiert.

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und ihre intimsten Stunden zu begleiten. Das hierbei visionär skizzierte Fernsehsystem wird als neuartiges Medium vorgestellt, das zwar noch Züge des heutigen Fernsehens erkennen lässt, aber sowohl technisch als auch ethisch anderen Standards folgt. 1983 kommt Videodrome von David Cronenberg in die Kinos – wiederum ein futurischer Film über den vom Fernsehen generierten Voyeurismus, der die Zuschauer auf ihre niedrigsten Bedürfnisse reduziert. Max Renn, der Mitbesitzer eines kleinen Privatsenders ist ständig auf der Suche nach neuem pornographischem Material. Dabei stößt er auf den geheimnisvollen Sender Videodrome, der nicht nur ungewöhnliche S/M-Praktiken zeigt, sondern beim Betrachter auch eine physischpsychische Reaktion auslöst. Das Medium verursacht bei Max Renn das Wuchern eines Hirntumors, der halluzinogene Wirkungen hat und zugleich eine neue Ebene der Realität zeigt, die ihn schließlich mit dem von Videodrome repräsentierten „neuen Fleisch“ verschmelzen lässt. Cronenbergs mit Anleihen beim Horrorfilm ausgestatteter Film beschreibt ein eigenartig organisch wirkendes neues Medium, das in den Zuschauer hineinwächst und umgekehrt zur organischen Erweiterung des Betrachters wird. Die pathologische Dimension dieses symbiotischen Verhältnisses erwächst dabei aus der Gier nach immer sensationelleren Bildern. 1990 bietet Paul Verhoeven mit Total Recall den ersten Versuch, in einem vordergründig kommerziellen SF-Film mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle, eine Reflexion über ein futurisches Medium einzubringen, das Erinnerungen manipuliert. Die Recall-Technologie dient als billiges Surrogat, um Urlaubsreisen und die damit verbundenen Erlebnisse vorzugaukeln, die der Betroffene sich in Wirklichkeit gar nicht leisten kann. Doch die Technologie scheint außer Kontrolle zu geraten und ein Abenteuer-Trip zu beginnen. Wirklichkeit und manipulierte Erinnerung verschwimmen. Die Identität des Protagonisten wird ebenso in Frage gestellt wie seine Wahrnehmungsfähigkeit der Außenwelt. 1991 unternimmt Wim Wenders mit seinem Film Bis ans Ende der Welt eine Reise, die im ersten Teil des Films zur Bestandsaufnahme der aktuellen Medientechnologie gerät, die sich mit dem Schlagwort Digitalisierung zusammenfassen lässt, und im zweiten Teil die zukünftigen Grenzen der Darstellbarkeit von audiovisuellen Bildern auslotet. Im Mittelpunkt steht dabei ein neues Mediensystem, das Blinden einen visuellen Eindruck von der Welt vermitteln kann. Mittels einer Kopfkamera können die visuellen Eindrücke eines Sehenden aufgezeichnet und die dabei auftretenden Hirnströme des Kameramanns so wiedergegeben werden, dass der Blinde daraus ein eigenes Bild erhält. Schließlich

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wird dieses Gerät weiterentwickelt zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Träumen. 1995 kommt mit Johnny Memnonic eine erste cybertronische Zukunftsversion ins Kino, die vor allem auf die Speicherkapazität der digitalen Technologie und ihre netzartige Struktur abhebt. Der Datenkurier Johnny übernimmt den Auftrag, ein illegales Datenpaket in seinem Gehirn zu speichern, das seine Speicherkapazität übersteigt. Unmittelbar nachdem der Ladevorgang abgeschlossen ist, stürmt ein Greiftrupp des Konzerns den Ort des Geschehens. Johnny kann fliehen, wird aber von den Schergen des Konzerns verfolgt. Er hat nicht viel Zeit, da die Datenüberladung droht, ihn zu töten. Er flieht in den Untergrund und findet dort Verbündete bei den sogenannten LoTeks, Untergrundgruppen, die sich gegen die Macht der Konzerne zusammengeschlossen haben. Es gelingt ihnen, die Daten aus Johnnys Kopf herauszuladen und sie der Allgemeinheit im Kampf gegen die Konzerne zur Verfügung zu stellen. 1996 startet Strange Days von Kathryn Bigelow in den Kinos – eine um wenige Jahre in die Zukunft verschobene Filmhandlung über die Aufzeichnung von Erinnerungen mittels einer SQUID genannten Technologie, die alle unmittelbaren sensorischen Eindrücke des Aufzeichnenden festhält. Die Hauptfigur Lenny ist von den Aufzeichnungen an seine Ex-Geliebte Faith derart besessen, dass er erst spät erkennt, dass eine mörderische Intrige um ihn herum gestrickt wurde, die alte und neuartige Medien für die Manipulation der Wahrheit einsetzt. 1997 legt der Italiener Salvatore Gabriel mit Nirvana seine Zukunftsversion von Cybernauten vor, die im Gegensatz zu Johnny Mnemonic bereits den Akzent auf das Ludische setzt. Ein Entwickler von Computerspielen entdeckt, dass eine seiner Figuren lebendig geworden ist und um Löschung bittet. Um diesen Wunsch zu erfüllen, unternimmt er eine Reise durch düstere Stadtviertel seiner Welt und kämpft gegen einen mächtigen Softwarekonzern. 1999 starten in den deutschen Kinos gleich drei Filme, die Medien zum Thema von futurischen Visionen haben: In eXistenZ von David Cronenberg begegnet man einer avancierten Form des Computerspiels, dessen Simulation von virtuellen Welten so perfekt erscheint, dass am Ende unklar bleibt, ob das Spiel nicht selbst Teil einer noch perfekteren Simulation ist. Eine ähnliche Problematik findet sich auch in The 13th Floor von Josef Rusnak, in dem die Protagonisten entdecken, dass sie nur Figuren innerhalb einer gigantischen Computersimulation sind. Als sie in die Realität auszubrechen versuchen, müssen sie feststellen, dass auch die „wirkliche“ Welt nur eine weitere Simulation auf höherer Ebene ist. Dieser Zweifel an der eigenen Realität steigert sich in Matrix von den Brüdern Wachowski zum Misstrauen gegenüber einer Maschinenver-

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schwörung in welthistorischem Maßstab. Die Maschinen haben die Weltherrschaft an sich gerissen und brauchen die Menschen nur noch als organische Energielieferanten. Um die Menschheit ruhig zu stellen, wird sie in einen künstlichen Dämmerzustand versetzt, in der man ihr mittels Computersimulation ein Leben in einer wirklichen Welt vorgaukelt – die sogenannte Matrix. In allen drei Filmen geht es um das Thema der Simulation virtueller Welten, die von einem digitalen Trägermedium generiert werden und insofern Wunschmedium sind. Die Aufzählung der in dieser Arbeit besonders beobachteten Filme verdeutlicht bereits die Brisanz des Themas Medien, das im populären Kino der 80er und 90er Jahre pointiert in Form von futurischen Visionen behandelt wird. Die chronologische Aufzählung dieser Arbeiten soll nun keine lineare, historische Entwicklung eines Genres vorspiegeln, die es in dieser Form ebenso wenig gibt wie ein Genre oder Subgenre von „Kinofilmen, das neuartige Medien darstellt“. Tatsächlich sind die erwähnten Filme allzu disparat und entziehen sich z. T. ganz gezielt gängigen Erwartungshaltungen, um wirklich eine stabile Genredefinition vorzunehmen. Überwiegend als ökonomisch nur mäßig erfolgreiche Einzelstücke von mehr oder weniger unabhängigen Autorenfilmern oder Outsidern des Mainstream-Kinos für einen Kreis von cinephilen Zuschauern gedreht, weisen sie einen hohen Grad an individueller Gestaltung auf, die ihre Betrachtung zu einer Konzentration auf ihre jeweiligen Besonderheiten nahelegt. Dennoch lassen sich einige Gemeinsamkeiten benennen, die sie von anderen Kinofilmen, die sich mit Medien beschäftigen, unterscheiden:

   

Die von ihnen vorgestellten Medien haben eine futurische Form, d. h. sie zeigen Medien, die es in dieser Form noch nicht gibt. Die vorgestellten Medien stehen im Mittelpunkt der Handlung, bilden ihr eigentliches Thema, indem sie den Handlungsraum der Figuren prägen und nicht nur den Hintergrund, die Kulisse stellen. Die einzelnen Medien oder Medientechniken sind Teil eines umfassenderen Mediensystems. Die Filme zeigen nicht nur eine andere, neuartige Medientechnik, sondern nutzen auch verschiedene mediale Darstellungstechniken, um ihr Thema zu gestalten; die Darstellungstechnik ist dabei mithin konstitutiv für die Bedeutung der Filme. Vor allem diese seltsame Hybridität von Thematisierung der Medien und medientechnischer Darstellung verleiht den hier erwähnten Filmen einen besonderen

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Charakter, der auf das Problem der Medien-Technik verweist, die im Sinne von Boris Groys grundsätzlich unter Verdacht steht. Stehen die Filme als Ganzes für ein gewandeltes Bewusstsein von Medien in der Gesellschaft, zeigen sich bei näherer Betrachtung jedoch zahlreiche Unterschiede, die, trotz des dystopischen Argwohns und der damit häufig verbundenen vergröberten Darstellung, differenzierte Aspekte der Medienentwicklung ansprechen. So geht es weit weniger um die Frage, ob die Medien nun eine Revolution, also einen von den Medien bewirkten Umbruch der Gesellschaft oder zumindest der kollektiven Denkweise herbeiführen, sondern sehr viel stärker um die Konsequenzen von neuartigen Medien für das einzelne Individuum, das in praktisch allen Filmen im Mittelpunkt steht und sich mit der Medialität seiner Wirklichkeit auseinandersetzen muss. Der Frage nach der Medienrevolution stehen so die Visionen von Innenwelten entgegen, die Zweifel der Gesellschaft an sich selbst oder an den von ihren Medien generierten Wirklichkeiten aufkommen lassen und selbst vielleicht Ausdruck eines Rückzugs in neue Formen von Innerlichkeit sind. Die einzelnen Filme entwickeln dabei höchst unterschiedliche Projektionen. Daher ist bei diesen kinematographischen Projektionen neuartiger Medien die spannende Frage auch nicht, warum sie im Kino der 80er und 90er Jahre entstehen, sondern vielmehr die Frage, wie sie inszeniert werden. Denn die Inszenierung eines Mediums durch ein anderes Medium folgt keineswegs der gleichen Diskurslogik wie die theoretischen Diskurse über Medien, sondern wird vom darstellenden Medium geprägt. Erst die Analyse der besonderen Form der Inszenierung sagt etwas aus über die Stellung der Medien zueinander, über ihre unterschiedlichen Machtansprüche und damit auch ihren Anspruch, die Wirklichkeit zu repräsentieren.

Inszenierungsanalyse als mediologische Methode Eine solche mediologische Untersuchung zielt auf die Relation der Medien untereinander, die sich keineswegs – wie im Zuge der Debatte über Digitalisierung immer wieder behauptet – nur als eine Form der allgemeinen Konvergenz von Medien beschreiben lässt, sondern ebenso auch als Konkurrenz. Medien vermitteln nicht nur „Inhalte“, sondern auch Wertmaßstäbe, denn jede mediale Darstellung ist von Konventionen und Regeln geprägt, die diese Darstellung organisieren. Jedes Medium prägt eine bestimmte Sicht auf die Welt, eine eigene Vorstellung von Wirklichkeit, die mit den Inhalten immer zugleich auch Maßstäbe und 54

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Wertvorstellungen übermittelt. Die Analyse der medialen Übermittlungsund Übertragungsprozesse gibt nicht allein nur Aufschluss über die mit ihnen verbundenen Machtverhältnisse, sondern auch über ihre Effizienz bzw. Wirkungskraft. Es ist zu vermuten, dass die Inszenierung eines Mediums durch ein anderes keineswegs selbstverständlich ist und diverser Kunstgriffe bedarf, um letzthin die Illusion eines anderen Mediums zu schaffen. Die Ästhetik der Filme, ihre konkrete, materiale Darstellung eines anderen Mediums kann nun zum Ausgangspunkt einer mediologischen Fragestellung werden, die auf die Besonderheiten der Inszenierung zielt. Die Inszenierungsanalyse als solche gehört insofern zum mediologischen Instrumentarium, als sie in der Lage ist, die Bedingtheit eines Mediums aufzuzeigen, d. h. die Grenzen eines Mediums, das Verhältnis zu anderen Medien, die konkreten materialen Mittel, mit denen eine Inszenierung arbeitet, um bestimmte Effekte zu erreichen. Sowohl der Begriff der Inszenierung als auch der der Dramaturgie wird im Kontext einer mediologischen Analyse von Inszenierungsstrategien jedoch anders als im konventionellen Sinne gebraucht. Mit dem Begriff „Inszenierung“ wird in dieser Arbeit nicht allein nur das „In-Szene-Setzen“ (la „mise-enscène) einer „Geschichte“ oder „Handlung“ bezeichnet, sondern die Gesamtheit der hierfür eingesetzten Mittel, die im Rahmen einer spezifischen medialen Bearbeitung von materialen und technischen Bedingungen ebenso geprägt werden wie von ästhetischen Konventionen. Entsprechend wird auch der aus dem Bereich des Theaters entlehnte Begriff „Dramaturgie“ in einem weiteren Sinne verwendet als nur in Bezug auf das Arrangement dramatischer Effekte. Im Grunde ist eine solche weitergehende Definition bereits im Begriff des Dramatischen angelegt, so wie Aristoteles, Lessing oder Gustav Freytag ihn verstanden, weitet ihn aber auf die Kunst und Ästhetik des Einsatzes medialer Mittel zur Erzielung von bestimmten Effekten und Wirkungen aus und d. h. insbesondere auf die Konzeption von Glaubwürdigkeits- und Plausibilitätsstrategien. Bei Freytag heißt es zunächst mit Blick auf das Theater: „Dramatisch sind diejenigen starken Seelenbewegungen, die sich bis zum Willen und zum Tun verhärten, und diejenigen Seelenbewegungen, die durch ein Tun aufgeregt werden; also die inneren Vorgänge, die der Mensch vom Aufleuchten einer Empfindung bis zu leidenschaftlichem Begehren und Handeln durchmacht, sowie die Einwirkungen, die eigenes und fremdes Handeln in der Seele hervorbringt; also das Ausströmen der Willenskraft aus dem tiefen Gemüt nach der Außenwelt in das Innere des

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Gemüts; also das Werden einer Tat und ihre Folgen auf das Gemüt.“32 So wie das Dramatische nun gerade in den Seelenbewegungen und Motiven zu finden ist, so liegt die daraus ableitbare Kunst der Dramaturgie darin, diese Motive dem Betrachter glaubwürdig und plausibel darzustellen, d. h. entsprechende Techniken und Mittel zu wählen, die geeignet sind, ihm diese Motive zu vermitteln. Bei Freytag heißt dies: „Da die dramatische Kunst Menschen darstellt, wie ihr Inneres nach außen wirkt oder durch Einwirkungen von außen ergriffen wird, so muss sie folgerichtig die Mittel benutzen, durch die sie den Zuschauern diese Vorgänge der Menschennatur verständlich machen kann. Diese Mittel sind Rede, Ton, Gebärde.“33 Diese Mittel sind nun in den technisch geprägten audiovisuellen Medien wie Film und Fernsehen weit vielfältiger als im Theater, da hier noch durch die Montage, durch die Kamera, durch die Nachbearbeitung etc. eine Vielzahl von erzielbaren Wirkungen hinzukommt. Für eine mediologische Interpretation werden diese Mittel zum Ausgangspunkt einer Analyse des Prozesses des Übermittelns selbst, also der Dramaturgie oder der Inszenierungsanalyse wie sie in dieser Arbeit verstanden werden. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie diese Mittel eingesetzt werden, um die Zuschauer von etwas zu überzeugen, das sie unmittelbar weder sehen noch hören können, etwas, das ebenso wenig wie „Seelenbewegungen“ direkt darzustellen ist: ein Medium. Auch wenn man mit Bolter und Grusin – wie später noch dargelegt wird – davon ausgehen kann, dass ein Medium andere Medien immer remediatisiert, insofern also der Inhalt eines Mediums immer ein anderes Medium ist, so ist doch die sichtbare, explizite Darstellung eines Mediums durch ein anderes Medium keineswegs selbstverständlich und in einem strikten ontologischen Sinne anders als repräsentativ unmöglich. Die Fernsehfassung eines Theaterstücks wird immer eine Fernsehsendung sein, die Kinoverfilmung eines Romans immer ein Kinofilm. Ganz gleich also, welches andere Medium behauptet wird, es ist immer das behauptende Medium, das sich an den Betrachter wendet. Ein Medium kann sozusagen niemals aus sich selbst heraustreten, um ein anderes Medium zu verkörpern. Nur in einer symbolischen Form ist eine Repräsentation, eine Darstellung möglich. Diese wird jedoch von dem Umstand erschwert, dass jedes Medium die Tendenz hat, unsichtbar zu sein. Bolter und Grusin nennen dieses Phänomen Immediacy und meinen damit, dass jedes Medium versucht, die Illusion der eigenen Abwesenheit zu erzeugen. Es versucht, die von ihm zeichenhaft bearbeiteten Inhalte in 32 Freytag, Gustav: Die Technik des Dramas. Stuttgart 1983 (Erstausgabe 1886), S. 25. 33 Ebd., S. 26. 56

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den Vordergrund zu stellen, nicht seine eigene Technik. Die Darstellung eines anderen Mediums steht nun also vor dem Problem, dessen Unsichtbarkeit sichtbar zu machen. Wenn man einen Kinofilm betrachtet, dann folgt man der Handlung oder den präsentierten Bildern, denkt aber nicht in jedem Augenblick an die für die sichtbaren Bilder notwendige Aufnahme- und Projektionstechnik: angefangen von der ersten Konzeption des Drehbuchs über die notwendige Suche nach Geldgebern, über das Casting, die verschiedenen Kameraaufnahmen, aus denen ausgewählt und montiert wird, das Kopiewerk bis hin zum Vorführraum des Kinos mit den Projektionsapparaten. All das vergisst man, wenn man einen Kinofilm betrachtet. Jede künstlerisch gestaltete Illusion basiert darauf, dass man sich auf ihr Spiel mit Zeichen einlässt und für einen Moment bereit ist zu vergessen, woraus sie besteht, d. h. ihren materialen Träger. Ein Buch ist material betrachtet nur mit Farbe bedrucktes Papier, und doch kann es in eine andere Welt einführen. Ein Kinofilm ist letzthin nur ein belichtetes Stück Zelluloid, durch das mittels eines Projektors Lichtstrahlen auf eine Leinwand geworfen werden. Dennoch können wir darin Figuren, eine Handlung, Landschaften, Räume usw. erkennen. Ähnlich wie ein Buch lesen wir das Gesehene als Zeichen in einer bestimmten Weise, die für uns einen Sinn ergibt. Dabei übersehen wir den materialen Träger dieser Zeichen. Sobald wir ihn wahrnehmen, wird die von den Zeichen generierte Illusion zerstört. Ein Medium wird immer dann wahrgenommen, wenn der Fluss der Zeichen ins Stocken gerät. Ein Filmriss im Kino macht die Existenz des materialen Zeichenträgers bewusst. Die technische Struktur des Mediums tritt immer dann hervor, wenn es nicht funktioniert, wenn eine Dysfunktion ein konventionelles Lesen der Zeichen unmöglich macht. Wird aber unter den an der Oberfläche liegenden Zeichen eine weitere Bedeutungsebene sichtbar, die sich nicht mehr auf die Zeichen, sondern den Zeichenträger bezieht, oder wird diese Bedeutung auch nur vermutet, dann geraten die vordergründig sichtbaren Zeichen unter Verdacht. Vor allem Boris Groys hat dieses Phänomen des Verdachts gegen den „submedialen Raum“, wie er es nennt, systematisch beschrieben. Er entwickelte eine „Ökonomie des Verdachts“, die den Bereich des Imaginären mit seinen Phantasien, fiktionalen Ideen, Tag- und Albträumen oder paranoiden Wahnvorstellungen übersteigt. Die Ursache hierfür liegt in der technischen Struktur der Medien selbst, die auf eine paradoxale Weise den Argwohn des Betrachters herausfordert. Ausgehend von der Vorstellung eines kulturellen Archivs, das einen vom profanen Raum abgesonderten Bereich bildet, in dem selektiv kulturell bedeutende Zeichen versammelt werden, geht er zunächst von der

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Frage aus, was die Dauer, die Kontinuität eines Archivs garantiert. Diese hängt nun in erster Linie von der technischen Struktur der Zeichenträger ab, also des technisch-materialen Dispositivs der Medien. Zeichen, die in Stein gehauen wurden, haben in der Regel eine längere Lebensdauer als Zeichen auf Papier oder auf Zelluloid. Die Betrachter des Archivs nun interessieren sich in der Regel nicht für die Zeichenträger, sondern für die Zeichen. Sie nehmen die Zeichenträger als solche nicht wahr.34 „Der Betrachter sieht nur die mediale Zeichenoberfläche des Archivs – den medialen Träger dahinter kann er nur vermuten. Das Verhältnis des Betrachters zum submedialen Trägerraum ist deswegen seinem Wesen nach ein Verhältnis des Verdachts – ein notwendigerweise paranoides Verhältnis“35, schreibt Groys und nennt dies ein medienontologisches Problem.36 Folgt man Groys weiter, dann gibt es für den Betrachter nur eine einzige Möglichkeit der Betrachtung: Entweder er betrachtet die Oberfläche des Bildes oder den materialen Zeichenträger. Beides zugleich schließt sich gegenseitig aus. „Die mediale Wahrheit des Zeichens zeigt sich daher erst dann, wenn dieses Zeichen eliminiert, entfernt wird – und auf diese Weise ein Einblick in die Beschaffenheit des Trägers möglich wird. Die mediale Wahrheit des Zeichens zu erfahren bedeutet, dieses Zeichen abzuschaffen, wegzutragen – es wie ein Stück Schmutz von der medialen Oberfläche wegzuwischen.“37 Der Betrachter steht also nach Groys vor der Entscheidung, entweder das Zeichen zu betrachten oder den Zeichenträger. Es ist so, als wollte man sich eine Fernsehsendung

34 Groys geht von der Vorstellung des Archivs aus, das allgemein für einen spezifische Auswahl von kulturell bedeutenden Zeichen steht, d. h. das Archiv kann ein Museum ebenso sein wie ein Kinofilm. Das Archiv konstituiert einen eigenen Raum, der von der Außenwelt abgrenzt wird, die ein profanes Anderes zum Archiv bildet. Groys beobachtet nun, dass im Gegensatz zu den für das Archiv ausgewählten Zeichen die Zeichenträger des Archivs keineswegs zum Archiv selbst gehören, „denn sie bleiben hinter der medialen Zeichenoberfläche verborgen, die sie dem Betrachter des Archivs bieten.“ Groys, Boris: Unter Verdacht. Eine Phänomenologie der Medien. München/Wien 2000, S. 19. Als Zeichenträger kann man nun die technischen Mittel der Datenspeicherung wie z. B. Papier, Film oder Computer verstehen. Vgl. ebd., S. 18. Dieser Zeichen- bzw. „Archivträger ist dem Blick des Betrachters konstitutiv entzogen.“ Ebd., S. 19. Tatsächlich interessiert sich der Betrachter in der Regel in einer Galerie für das Gemälde und nicht für die gespannte Leinwand oder die Rahmung. 35 Ebd., S. 19/20. 36 Vgl. ebd., S. 20. 37 Ebd., S. 22. 58

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anschauen, dann ist der Fernseher eingeschaltet, oder den Fernseher als Apparatur, dann ist der Apparat ausgeschaltet. Tatsächlich trifft Groys’ Bemerkung über die Notwendigkeit einer Entscheidung wohl für die große Masse der von ihm sogenannten kulturellen „Archive“ zu. Allerdings gibt es eine Gruppe von „Archiven“, die gerade das von ihm skizzierte medienontologische Problem zum Thema gemacht hat und darüberhinaus eventuell auch medienspezifische Darstellungstechniken hierfür einsetzt. Übertragen auf das Bild mit dem Fernseher hieße dies, dass es Fernsehsendungen gibt, die gerade den Fernseher als Apparatur und Dispositiv zum Thema haben und dazu auch fernsehspezifische Darstellungstechniken einsetzen. Es ist ein wenig wie mit dem Tromp d’oeil, das von uns eine Entscheidung für eine bestimmte Sichtweise verlangt: Es zeigt entweder eine Vase oder zwei einander zugewandte Gesichter. Beides lässt sich nicht zugleich erkennen und fordert vom Betrachter eine Entscheidung. Doch ganz gleich welche Sichtweise der Betrachter wählt, in der Form des einen Bildes ist immer auch die Form des anderen Bildes enthalten. Eine Analyse eines solchen Vexierbildes kommt nicht umhin, zugleich die inhaltlichen Implikationen des Themas mit jenen einer Analyse der materialen Konstruktion zu verbinden. Bisherige Interpretationsansätze wie Ideen- und Motivgeschichte, Genretheorie und -geschichte liefern hier ein ebenso unzureichendes Bild wie die Diskursanalyse im engeren Sinne (die mangels eines „Diskurses“ zum Teil ins Leere läuft) oder rein ästhetische Reflexionen, die das Phänomen mit dem aus anderem Kontext bekannten Begriffen wie „Spiel im Spiel“ oder „mediale Selbstreflexion“ zu erklären versuchen, was aber insofern nicht ganz stimmig ist, weil in den beobachteten Filmen keineswegs ein Medium über sich selbst reflektiert, sondern über andere Medien, das Kino sich also nicht selbst beobachtet wie etwa in Peeping Tom oder Fellinis 8 1/2. Im Rahmen einer mediologischen Analyse von Inszenierungsstrategien soll nun ein anderer, zunächst vielleicht paradox anmutender Weg gewählt werden, der das Vexierbild in seiner Hybridität zu fassen versucht. Ohne den in jüngeren Publikationen häufig verwendeten Begriff des Hybriden hier überstrapazieren zu wollen, der meist eine Vermischung von verschiedenen Stilen oder Genres oder auch Medien bezeichnet38, lässt sich doch unschwer feststellen, dass die Darstellung von

38 Die Verwendung des Begriffs des Hybriden kann je nach Kontext variieren. So wird er etwa im Rahmen der Diskussion über Genres als Synonym für Genremischungen verwendet. Vgl. dazu etwa Schweinitz, Jörg: „Von Filmgenres, Hybridformen und goldenen Nägeln“, in: Sellmer, Jan/ Wulff, Hans J. (Hrsg.): Film und Psychologie – nach der kognitiven Pha59

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Neuen Medien einerseits Fragen nach der thematischen Behandlung und andererseits nach der technischen und ästhetischen Organisation des Materials aufwirft. Beide Fragekomplexe haben eine unterschiedliche Forschungstradition, was sich z. T. innerhalb der gleichen Disziplin zeigt. So hat es beispielsweise in der Literaturwissenschaft anlässlich der von den Avantgarde-Bewegungen eingeleiteten literarischen Umbrüche vor allem in den 20er Jahren eine breite, hinlänglich bekannte Diskussion darüber gegeben, inwiefern Literatur auf angemessene Weise die Veränderung der Wahrnehmung durch Großstadterfahrung und Neue Medien, allen voran das Kino, aufnehmen und repräsentieren könne. Mithin wurde eine Veränderung der Schreibweise selbst konstatiert, die sozusagen „filmischer“ wurde, die sich verschiedener Collage- und Montagetechniken bediente und – wie später dann in der sogenannten Expressionismusdebatte thematisiert – sich von der Idee des „organischen Kunstwerks“ verabschiedete und damit auch vom traditionellen Erzählen.39 Die Diskussion kreiste dabei um das Problem, dass Literatur zwar die Medien nicht zum Gegenstand, zum Thema erhob, wohl aber in der ästhetischen Organisation ihres Materials von anderen Medien beeinflusst wurde. Romane von Joyce, Dos Passos oder Döblin stehen exemplarisch für eine neue Literatur als Ausdruck der Moderne. Demgegenüber stehen künstlerisch weniger anspruchsvolle, populäre Romane, die sich mit dem Kino, dem Film als Thema beschäftigen. Diese sogenannten Filmromane, von denen allein in Deutschland in den 20er Jahren rund 150 publiziert wurden, sind heute von der Literaturwissenschaft fast vergessen. Bücher wie Die Films der Prinzessin Fantoche40, Film und Leben Barbara La Marr41, Aufstieg der Begabten42 oder Adams43 erzählen Geschichten, die im Filmmilieu spielen und die Aufbruchstimmung und Arbeitsweise dieses noch jungen Mediums schildern. Dagegen ist ihre literarische Erzähltechnik trotz des Themas keineswegs innovativ vom Medium Film geprägt und bleibt eher klassischen Erzähltraditionen verpflichtet. Eine Untersuchung der behandelten Themen und der Frage, inwiefern sie ein eigenes Genre bilden, wäre

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se? Marburg 2002, S. 79–92 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Medienwissenschaft). Vgl. Benjamin, Walter: „Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Leskows“, in: Gesammelte Schriften. Bd. II-2. Frankfurt am Main 1980, S. 438–465. Höllriegel, Arnold: Die Films der Prinzessin Fantoche. Wien 1921. Bronnen, Arnolt: Film und Leben Barbara La Marr. Berlin 1928. Barthel, Max: Aufstieg einer Begabten. Berlin 1929. Clair 1926. 60

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daher gegenüber Fragen nach der formalen Gestaltung wesentlich spannender. Die Hybridität der Inszenierung von futurischen Medien im Kino der 80er und 90er Jahre erfordert nicht nur auf einer allgemeinen Ebenen eine Unterscheidung zwischen den Medien als Thema und der materialtechnischen Darstellung, um Medialität zum Ausdruck zu bringen, sondern auch eine Unterscheidung innerhalb der Filme selbst, die im Folgenden bezeichnet werden sollen 1. als Ebene der behaupteten Handlung und 2. als Ebene der materialen Darstellung. Beide Ebenen überschneiden sich, sind aber nicht unbedingt deckungsgleich. Auf der Ebene der Thematisierung von neuen Medien findet sich eine Handlungskonstruktion, die das Vorhandensein und die Funktionsweise von Medien behauptet, die es noch gar nicht gibt. Wenn in Strange Days etwa davon gesprochen wird, dass mit Hilfe der SQUIDTechnologie die sensorischen Eindrücke des Gehirns aufgezeichnet werden sollen, so ist das zunächst eine Behauptung, die man als Voraussetzung des Plots akzeptieren muss. Dagegen steht die materiale Darstellung einer solchen Behauptung. Sie kommentiert die behauptete Handlung durch die konkrete materiale Gestaltung, die – in einem mediologischen Sinne – Fragen nach den Wertmaßstäben und Glaubwürdigkeitskriterien aufwirft. Wenn z. B. die behauptete Handlung lediglich von einer in der Handlung auftretenden Figur erzählt wird, wirkt sie weniger glaubwürdig als durch einen OFF-Erzähler geschildert. Szenen, die die Funktionsweise eines anderen Mediums (audio)visuell vorführen, wirken wiederum glaubwürdiger als ein OFF-Erzähler. Dabei stellt sich bei der szenischen Darstellung eines Mediums durch ein anderes die Wahl der Mittel, da das darstellende Medium ja innerhalb seiner Darstellungsgrenzen befangen bleibt. In Strange Days wird beispielsweise zur szenischen Darstellung der SQUID-Technologie auf zwei verschiedene Medien zurückgegriffen: zum einen auf pixelig wirkende, sich langsam am Computer aufbauende erinnernde Bilder, die am Beginn einer SQUID-Aufzeichnung stehen und sozusagen den Übergang von einem Medium in ein anderes darstellen sollen; zum anderen auf Bilder, die an S/W-Videobilder erinnern, was noch durch die Handkameraführung verstärkt wird. Zur Darstellung einer neuen oder neuartigen Technologie wird also durchaus auch auf ältere Technologien zurückgegriffen. Die materiale Darstellung steht insofern bisweilen quer zur behaupteten Handlung. Eine Untersuchung von kinematographischen Projektionen neuartiger Medien kann sich nicht auf eine Rekonstruktion der narrativen

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Konstruktion – also des narrativen Kontinuums44 – des Themas beschränken, sondern wird sich auch auf seine materiale und technische Organisation einzulassen haben. Technik wird dabei in einem doppelten Sinne aufgefasst: zum einen als Technologie, die die technischen Medien material und strukturell prägt, zum anderen als Darstellungstechnik, also die konkrete Applikation von Technologien zu ästhetischen Zwecken; beide Aspekte fallen im Begriff der Medientechnik zusammen, die allerdings im Kontext dieser Arbeit vor allem aus der Perspektive der Inszenierung betrachtet wird. Die materiale Darstellung ist nun geprägt von der ästhetischen Organisation des Materials, von der technisch-materialen Beschaffenheit des Materials (digitale Aufzeichnung, Magnetband, 35mm-Aufnahme auf Celluloid, konventionelle special effects oder digitale Nachbearbeitung etc.) und von der materialen Organisation des Mediums, das wie das Kino in eine ökonomische Verwertungskette eingebettet ist, in eine bestimmte kulturelle Praxis, d. h. auch in bestimmte Rezeptionsroutinen.45 Technik prägt die Medien. Sie kann jedoch nicht umstandslos für die Entwicklungsdynamik der Medien schlechthin verantwortlich gemacht werden, sondern weist ein „mythologisches“ Potenzial, ein Wunschpotenzial auf, das keineswegs mit ihrer faktischen Struktur übereinstimmt. Dieses Wunschpotenzial verweist häufig in einer alten, konventionellen Form auf die Idee von etwas völlig Neuem. „Apparate [...] effektivieren nicht einfach das, was Menschen auch ohne Apparate schon tun, sondern erschließen etwas, für das es im menschlichen Tun kein Vorbild gibt

44 Der Begriff des narrativen Kontinuums wird in dieser Arbeit gegenüber dem der Konstruktion vorgezogen, da in den beobachteten Filmen auf der Ebene der Montage und der damit erzeugten assoziativen Bildeindrücke das narrative Kontinuum zeitweise unterbrochen wird, Kontinuität zumindest für Momente in Diskontinuität umschlägt, bevor das narrative Kontinuum auch diese Bilder wieder in sich aufnimmt. Das Erählerische selbst wird in diesen Augenblicken des Diskontinuums ausgesetzt. 45 Film wird im Kino angeschaut oder einige Zeit nach dem Kinostart dann auf dem heimischen Bildschirm, nicht aber z. B. in öffentlichen Videoclubs, in denen man sich gemeinsam um einen Bildschirm versammelt (wie z. B. in einigen studentischen Filmclubs üblich). Würde sich tatsächlich eine solche veränderte Rezeptionspraxis massenwirksam durchsetzen, wäre eine andere materiale Darstellung möglich, die eben nicht mehr vom 35mm Celluloid-Streifen als Basismaterial ausgehen müsste. Im Hinblick auf die Digitalisierungstendenzen des Kinos wird hier in den nächsten Jahren tatsächlich eine Veränderung der medientechnischen Voraussetzungen dieses Mediums stattfinden, die sich auch auf die materiale Darstellung auswirken wird. 62

WUNSCHMEDIEN IM KINO

[...]“46, merkt etwa Sybille Krämer an, und weiter heißt es bei ihr: „Die Technik als Werkzeug erspart Arbeit; die Technik als Apparat bringt künstliche Welten hervor, sie eröffnet Erfahrungen und ermöglicht Verfahren, die es ohne Apparaturen nicht etwa abgeschwächt, sondern überhaupt nicht gibt. Nicht Leistungssteigerung, sondern Welterzeugung ist der produktive Sinn von Medientechnologie.“47 Medientechnik effektiviert insofern also nicht einfach nur die bereits vorhandenen Medien, sondern schafft eine neue Qualität von Medien, die zugleich auch eine neue Sicht auf die Welt generieren. Eine Analyse von Medientechnik zielt daher – durchaus auch in einem hermeneutischen Sinn – auf eine Analyse von technisch generierten „Weltbildern“. Die in der abendländischen Tradition wurzelnde Trennung von Geist und Körper, von Kopf- und Handarbeit, von Schöngeistigem und Ingenieurhandwerk, von humanistischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen erwies sich dabei als Blockade, die, wie Régis Debray anmerkt, dazu führte, dass eine qualitative Auseinandersetzung über die kulturellen Folgen von Technologien unterblieb48 oder zu einem antitechnischen Spiritualismus führte49, der sich immer wieder an der leidenschaftlichen Verdammung der Technik zeigte, und zwar gerade dort, wo sie sich mit der Moderne verbindet.50

46 Krämer, Sybille (2000b): „Das Medium als Spur und als Apparat“, in: Krämer, Sybille (Hrsg.): Medien – Computer – Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien. Frankfurt am Main 2000, S. 73–94 (2. Aufl.), hier S. 83. 47 Ebd., S. 84. 48 Vgl. Debray 1991, S. 66–69. 49 „Depuis à peu près un siècle, le discours des hommes de culture face à ‚la‘ technique paraît osciller entre deux mythes contraires, Faust et Promethée, et deux tonalités de pathétique : catastrophes ou rédemption.“ Ebd., S. 70. 50 „Technique et Modernité, couple maudit, s’assoient ensemble au banc des accusés, pour répondre de leurs méfaits devant le Tribunal de l’Esprit. N’entrons pas dans le détail de ces diatribes à majuscules que nous connaissons et goûtons tous. Contre la civilisation mécanique, la société industrielle, l’américanistion de la vie, la massification de l’individu, la culture de masse, l’uniformisation de la société, l’homme unidemnsionnel, la société de consommation, la fabrication en série, la Technostructure totalitaire, ‚les aristocrates de la Techno-science‘, etc. Avec la technè cp, e arraisonnement de la nature, provocation et réduction de l’Être, le contraire donc de la poièsis, Heidegger a redoré le blason metaphysique de cette tradition de pensée aux résonances chagrines ou réactivistes ; Marcuse et l’école de Francfort, avec la dénonciation de la technique comme ruse de la domination capitaliste et, plus largement, la notion dépréciative de ‚Raison in63

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Erst im Kontext von neueren Medientheorien wurde über das Verhältnis von Medien und ihre technischen Voraussetzungen eine Debatte angestoßen, die zu einer – keineswegs einheitlichen – Neubewertung von Technik führte.51

strumentale‘, lui ont donné aux alentours de 68 et du côté gauche des barricades ses lettres de créance progressiste [...].“ Ebd., S. 70. 51 Vgl. dazu z. B. Flusser, Virilio, Lévy, Tholen, Kittler, Bougnoux, Debray, die jeweils ganz unterschiedliche Aspekte von Medien und Medialität visieren und so entsprechend unterschiedliche Arbeitsbereiche konstituieren. 64

KAPITEL 2 MEDIALITÄT ALS DYSFUNKTION Analogien zu Medientheorien Die Diskussion der hier beobachteten Filme in der Presse oder in intellektuellen Foren legt die Vermutung nahe, dass es einen hohen Grad von Übereinstimmung zwischen filmischer Darstellung futurischer Medien und medientheoretischer Postulate zu geben scheint, so wie sie vor allem von den sogenannten kulturanthropologischen und technikzentrierten Medientheorien vertreten werden. Dies führt zu der vor allem für die weitere methodische Vorgehensweise wichtigen Frage, ob die Filme Medientheorien letzthin nur illustrieren, ob sich Theorie und Kino auf eine gemeinsam beobachtete Entwicklung beziehen, die objektivierbaren Gesetzen folgt und darum auch in der Darstellung notwendig Ähnlichkeiten und Parallelen aufweisen, oder ob in den beobachteten Filmen nicht eine ganz andere Dramaturgie zu erkennen ist, die über die bekannten medientheoretischen Reflexionen hinausweist. Würden die Filme Medientheorien illustrieren, fiele die Analyse der kinematographischen Darstellung von Medien letzhin mit einer Diskursanalyse von Medientheorien zusammen. Würden sich Filme und Medientheorien gemeinsam auf eine tatsächliche Medienentwicklung beziehen, so müsste eine Analyse der Filme deutlich machen können, inwieweit die aufgefallenen Analogien konkrete Verweise auf tatsächlich existierende Medien wären.1 Bevor ich nun im weiteren Verlauf der Argumentation 1

Dabei soll gar nicht bestritten werden, dass die Filme und ihre Produktion ein bestimmtes mediales Dispositiv überhaupt erst zur Voraussetzung haben, wie schon im vorherigen Kapitel dargelegt wurde. Insofern ließe sich aus diesem Dispositiv etwas über die Produktionsbedingungen der Filme ableiten, was aber nicht Thema dieser Arbeit ist. Umgekehrt muss davor gewarnt werden, aus der Mediendarstellung im Film auf real existierende Medien zu schließen. Gerade im Fall von futurischen Medien lässt sich, wie gezeigt wird, ein konkreter Zusammenhang zwischen dargestelltem Medium und tatsächlichem medialen Dispositiv nicht hinreichend aufzeigen. Allenfalls ist eine Analogie von Wünschen auszumachen, die aber über den konkreten Stand der Technik weit hinausweist. Um methodisch 65

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darlege, warum ich beide Hypothesen nicht für zutreffend halte, möchte ich zunächst jene Indizien zusammentragen, die sie zu stützen scheinen.

Die medientechnischen Gadgets auf der Ebene der behaupteten Handlung Betrachtet man die konkrete Darstellung von neuartigen, futurischen Medien, den Wunschmedien im Kino, dann scheint es, als beschreibe die kinematographische Projektion ausdrücklich Medien als Techniken, genauer gesagt als apparatives Dispositiv, das sich in einzelne Geräte auflösen lässt oder aber dessen einzelne, apparative Bestandteile ein umfassenderes Mediensystem bilden. Damit scheint nicht nur implizit ein technisch strukturierter Medienbegriff unterstellt, sondern die Filme scheinen in ihrer Darstellung von Medien bekannten Medientheorien und hier vor allem den sogenannten kulturanthropologischen und technikzentrierten Ansätzen zu folgen, die im Gegensatz etwa zu soziologischen oder kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten2 explizit die Medientechnik als Gegenstand der Reflexion herausgestellt haben. So werden in allen beobachteten Filmen Medien auf der Ebene der Handlung ausnahmslos als Techniken in einer apparativen Gestalt vorgeführt: In La mort en direct ist es eine winzige Miniaturkamera, die in den Kopf des Protagonisten eingebaut wird, in Videodrome führt das technische Dispositiv des gleichnamigen Videosenders, das in etwa dem heutigen Fernseh-, Video- und Satellitenequipement gleicht, zu einer organischen Erweiterung in Form eines Hirntumors, mit der eine andere Wahrnehmung von Realität möglich sein soll. In Total Recall erinnert die apparative Gestalt des Mediums an eine Mischung von medizinischer Untersuchungsapparatur und Simulationsgerät aus einer Spielhalle, das letzthin eingebettet ist in eine Reihe von anderen Computern. In Bis ans Ende der Welt ist es eine Fülle von einzelnen Gadgets, angefangen bei neuartigen öffentlichen Bildtelefonen, über die Bordcomputer von Autos, bis hin zu einer Kamera, die Aufnahmen für Blinde aufzeichnet. Auch in Johnny Mnemonic wird der Zuschauer mit einer Reihe von Gadgets konfrontiert: etwa mit (lediglich im Vorspann erwähnten, im Film selbst nicht sichtbaren) Gehirn-Implantaten, die große Datenmengen speichern können, über sogenannte Memory-Doppler, mit denen die Gedächtnisleistung erhöht werden soll, bis hin zu einem „Ladegerät“, das einem

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Spekulation weitgehend auszuschließen, wird im Folgenden eine Konzentration der Analyse auf die tatsächliche Darstellung angestrebt. Zur Entwicklungslogik von Medientheorien und ihre Fokussierung auf bestimmte Aspekte von Medien siehe auch Weber 2002. 66

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Abspielgerät für Mini-Discs ähnelt und mittels eines Cinchanschlusses direkt mit dem Kopf des mnemonischen Kuriers verbunden wird; andere technische Devices, wie riesige Fernsehbildschirme oder omnipräsente Bildtelefone verschwinden schon fast wieder im Alltagsleben der neuen medientechnischen Umgebung. In Strange Days steht das sogenannte SQUID im Mittelpunkt: ein kleines Kästchen, nicht größer als ein Walkman, das mit einer Art Haarnetz verbunden wird und sowohl zur Aufzeichnung als auch zum Abspielen von Sinneseindrücken taugt. In Nirvana erinnert das Equipment an zeitgenössische Datenhelme und Computerkonsolen, die ähnlich omnipräsent scheinen wie in Johnny Mnemonic. In The 13th Floor begegnet man der Medientechnik nur in Form einer gigantischen Computerhalle, in der die Rechner einzeln aufgestellt leise ihre Arbeit verrichten. In eXistenZ steht das sogenannte Biopod im Mittelpunkt – eine organisch wirkende, fleischfarbene Masse in der Größe eines Laptops aber flexibel und beweglich, die mit einer Nabelschnur mit einem Bioport an der Wirbelsäule des Spielers verbunden wird. In Matrix begegnet man wieder einer Fülle von medientechnischen Dispositiven: von den Computern in der Simulation am Arbeitsplatz von Neo bis hin zu jenen in der Nebukadnezar, von Festnetz- bis hin zu Mobiltelefonen, deren Leitungen in eine andere Welt führen. Diese Momentaufnahmen von medientechnischen Apparaturen verraten nun aber insgesamt wenig über ihre Funktion. Zwar mag das Design, die Größe oder die Beschaffenheit gewisse Hinweise auf die Arbeitsweise oder die Nutzung geben, doch ist der Betrachter hier auf spekulative Analogieschlüsse zu Vorbildern aus der real existierenden Medienwelt angewiesen, die leicht zu Trugschlüssen werden können. Das in Größe und Design an einen Walkman erinnernde SQUID-Gerät z. B. lässt nicht per se darauf schließen, dass es zur Aufnahme und Wiedergabe von sensorischen Eindrücken seiner Träger bestimmt ist. Sicher gibt es in allen Filmen eine entsprechende verbale Erläuterung durch explizite Dialoge oder OFF-Kommentare, die über die bloße äußere Form der Apparate ihre Funktionsweise erkennen lassen. Doch das narrative Kontinuum, in das die Apparauren eingebettet werden, ist immer eine Projektion, die über die tatsächlichen Darstellungsmöglichkeiten hinausweist. Durch Lennys Erläuterungen zum SQUID erfährt man zumindest andeutungsweise, wie die Technologie funktioniert: dass sie also sensorische und emotionale Eindrücke, nicht aber Gedanken aufzeichnen und wiedergeben kann. Die ganze weitere Handlung des Films baut nun auf dieser Behauptung auf, die aber auf der Ebene der Narration nicht „bewiesen“ oder zumindest „plausibel“ gemacht werden kann. Insofern wird auf der Ebene der behaupteten Handlung auch im

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Kino auf eine verbal vermittelte Medienmetaphorik zurückgegriffen, die zahlreiche Analogien zu den kulturanthropologischen und technikzentrierten Medientheorien aufweist.

Medienmetaphern Gemeinsamer Schnittpunkt von kinematographischer Projektion und theoretischer Reflexion sind bildhaft plastische Vorstellungen von der Funktionsweise von Medien, die sich als Metaphern etabliert haben und, wie Lorenz Engell herausstellt, einer bestimmten Logik folgen, die zugleich auch die drei wichtigsten Dimensionen von medialen Funktionsweisen beschreiben.3 Tatsächlich legt die technisch-apparative Darstellung der Medien im Kino ihre Funktionsweise letzthin nicht offen, was auch durch Dialoge mit expliziten Erläuterungen innerhalb des Filmes nicht hinreichend kompensiert werden kann. Vielmehr scheinen metaphorische Konstruktionen zwingend notwendig, die eine Vielzahl von Analogien zu den in medientheoretischen Ansätzen gebrauchten Metaphern aufweisen. „Kursorisch gerafft“ – heißt es bei Engell – „können in der Entwicklung des modernen Medienbegriffs drei Schichten unterschieden werden, in denen jeweils verschiedene Grundordnungen medialer Kommunikation als herrschend angesetzt wurden. Diese drei Schichten bilden keine echte Chronologie aus; sie folgen einander weniger historisch als logisch.“4 Dabei ist die erste Schicht von Metaphern – wie man sie bei den frühen Informations- und Kommunikationstheorien findet – zunächst von der Ordnung des Transports geprägt. „Medien, so die Annahme, dienen dem Transport von etwas (der Nachricht) von einem Sender zu einem Empfänger.“5 In der Folge entdeckt man, dass die Transportmittel auf das Transportierte zurückwirken, dass sie z. B. allein schon durch die Auswahl von Nachrichten Informationen nicht einfach objektiv nur weitertransportieren. In der zweiten Schicht nun, der der eigentlichen Medientheorien, werden die Medien als „Erweiterungen und Externalisierungen des menschlichen Körpers und seiner Funktionen“6 begriffen, so wie sie sich als Organmetapher etwa in den Schriften von Marshall McLuhan oder Paul Virilio finden. In der dritten Schicht trifft man auf die 3 4 5 6

Vgl. Engell, Lorenz: „Das Amedium. Grundbegriffe des Fernsehens in Auflösung: Ereignis, Erzählung“, in: montage/av, 05.01.1996, S. 129–153. Ebd., S. 132. Ebd., S. 132. Ebd., S. 134. 68

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Vorstellung von „Medien als Wirklichkeiten mit eigenem Status“7, als einer eigenständigen Realität, wie sie etwa bei Baudrillard oder neuerdings in einigen systemtheoretischen, konstruktivistischen Ansätzen wie z. B. bei Niklas Luhmann auftaucht. Die sprachlichen Metaphern werden nun nicht ganz einfach in audiovisuelle Bilder umgesetzt, sondern sind auf der Ebene der Funktionszuweisung für die dargestellten Medien gleichermaßen präsent. Das heißt, die drei verschiedenen Schichten der Transport-, der Extensionsund der Systemmetapher finden sich in der Mediendarstellung der Filme parallel und z. T. gleichzeitig im gleichen Film das gleiche Medium betreffend: So transportiert oder übermittelt z. B. die Kopfkamera in La mort en direct Bilder, sie ist zugleich eine organische Erweiterung des menschlichen Kameramanns und eingebunden in ein umfassenderes Mediensystem, das die Menschen fest umschlossen hält und dem sie sich letzthin nur durch Selbstmord entziehen können. Die Mediendarstellungen der Filme repräsentieren somit drei verschiedene Dimensionen, die die Funktion von Medientechnik theoretisch aufweisen kann: erstens den Transport und die Übermittlung von Informationen, zweitens die Erweiterung der menschlichen Sinne und drittens der Zusammenschluss zu einem komplexen System, das auf die Wirklichkeit einwirkt oder eine Art eigener Wirklichkeit ausbildet. Alle diese Dimensionen sind gleichzeitig präsent, auch wenn sie jeweils anders akzentuiert werden. In Johnny Mnemonic z. B. steht mit den mnemonischen Kurieren die Transportmetapher im Vordergrund, in Bis ans Ende der Welt die Erweiterung der sinnlichen Wahrnehmung, in Matrix der Aspekt des Systems usw., auch wenn die anderen Dimensionen immer mit präsent sind. Verblüffend ist nun auf einen ersten Blick, dass die kinematographische Darstellung von futurischen Medien eine ganze Reihe der von Medientheorien entwickelten metaphorischen Funktionsbeschreibungen von Medien aufgreift und in Bilder zu übertragen scheint. Die Filme folgen dabei weniger einzelnen Theorien als vielmehr jenen Medienmetaphern, in denen diese übereinzustimmen scheinen. Die beschriebenen Medienmetaphern bilden somit zugleich einen gemeinsamen Schnittpunkt ganz unterschiedlicher medientheoretischer Entwürfe, die einander teilweise widersprechen und völlig unterschiedliche Intentionen verfolgen. Es scheint sich dabei um Vorstellungen zu handeln, die eine Art von kleinsten gemeinsamem Nenner bilden, auch wenn sie in der theoretischen Einschätzung unterschiedlich, ja konträr bewertet werden. Ohne hier nun im Einzelnen auf konkrete Medientheorien eingehen zu wollen, die nicht Thema und Gegenstand dieser Arbeit sind, ist es im Hinblick

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Engell 1996, S. 134. 69

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auf ihre Bedeutung für den Diskurs über Medien und über die beobachteten Filmen sinnvoll, pointiert und zumindest kursorisch gerafft vor allem zwei Vorstellungen näher zu betrachten, die eine besonders hervorgehobene Rolle spielen:

Medien als Extensionen des menschlichen Körpers In den meisten sogenannten kulturanthropologischen Medientheorien findet sich die im Einzelnen ambivalent bewertete Vorstellung, dass Medien Extensionen des menschlichen Körpers sind. Mittels des Fernsehens können wir in die Ferne sehen, mittels Telefon über große Entfernungen miteinander sprechen, mittels des Computers unser Gedächtnis erweitern etc. Anders als in den Filmen ist das Bild einer organischen Erweiterung nicht immer wörtlich aufzufassen, sondern in einem übertragenem bzw. in einem weiteren, abstrakten Sinn. Schon bei McLuhan findet sich eine Vorstellung von Medien, dass sie allesamt und grundsätzlich „Ausweitungen des Menschen“8 und seiner Sinne seien; auch Vilém Flusser9 geht davon aus, dass alle Technologien – und damit auch Medientechnologien – menschlichen Bedürfnissen und Wünschen entspringen, sich ihnen anpassen und sie insofern auch spiegeln. So ist für ihn insbesondere die Arbeitsweise des Computers ein Abbild der menschlichen Hirnfunktion. In Die Schrift heißt es: „Die Apparate sind nach der ‚O-I‘-Struktur gebaut, weil sie die Bauart unseres Nervensystems simulieren. Auch dort geht es um ein mechanisches (und chemisches) Ein- und Abstellen von Elektronenströmen zwischen den Nervensynapsen.“10 Die digitale Technologie ist für Flusser also eine Simulation unserer eigenen Gehirnfunktion. Doch hegt Flusser die Befürchtung, dass die Entwicklung der Maschinen sich von der der Menschen loslösen könnte. Pierre Lévy entwirft in Arbeiten wie L’intelligence collective die Vorstellung einer durch die Computertechnologie möglich gemachten kollektiven Organisation der Menschheit, die innerhalb der Menschheitsgeschichte eine neue Ära markiert, ein neues goldenes „noolithisches“ Zeitalter. Die digitalen Technologien erlauben es den Menschen, durch McLuhan, Marshall: Die magischen Kanäle. Understanding Media. Düsseldorf/Wien 1968 (Original: Understanding Media. Toronto 1964), S. 9 u. 63. Vgl. auch Bolz/Kittler/Tholen 1999, S. 114. 9 Vgl. Flusser, Vilém: „Alle Revolutionen sind technische Revolutionen. Vilém Flusser im Gespräch mit Florian Rötzer“, in: Kunstforum, Bd. 97, November/Dezember 1988, S. 128–130. 10 Flusser, Vilém: Die Schrift. Hat Schreiben Zukunft? Göttingen 1987, S. 142/143. 8

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Vernetzung ihre Fähigkeiten, Talente und Kompetenzen optimal zusammenzuschalten, wodurch eine „kollektive Intelligenz“ entsteht – kein Organismus im wörtlichen Sinne, aber eine Organisation, die durchaus als Superorganismus verstanden werden kann. Stehen im Zentrum von Lévys Überlegungen immer die Menschen bzw. der Nutzen für die Menschheit, entwirft Paul Virilio eher ein dystopisches Szenario, in dem die Maschinen einer eigenen Entwicklungsdynamik folgen. Im Zentrum von Virilios Überlegungen steht dabei seine Beobachtung, dass die Entwicklung von Technologien – vereinfacht gesagt – vor allem von dem Prinzip einer immer größeren Beschleunigung getragen wird, die zu einer allgemeinen Beschleunigung der menschlichen Lebenswelt führt. Technologien sind insofern eine Extension des menschlichen Körpers, weil sie ihm eine schnellere Fortbewegung oder eine schnellere Reaktion ermöglichen. Virilio behält bei seiner dromologischen Diagnose die technologische Entwicklung im Ganzen im Blick und versteht seine Arbeiten eher als Mahnung, dass die Technologie eines Tages die Menschen überfordern könnten. Dabei vertritt Virilio ein teleologisches Modell, indem die Technik einer Eigendynamik unterworfen scheint, die vom Menschen nicht kontrolliert wird, die eine Entwicklungsgeschichte konstituiert, die an ein Hegel’sches Fortschreiten des absoluten Geistes erinnert. Virilio fokussiert dabei immer wieder die Nutzung der Technik in Kriegszeiten, in denen sie kristallisiert oder pointiert zu sich selbst zu finden scheint. Doch auch die am weitesten entwickelte Waffentechnik stößt bei Lichtgeschwindigkeit an ihre natürliche Grenze.11 Medien erscheinen darin nur als Spezialfall von Technologien, die sich soweit beschleunigen, dass sie eines Tages der Kontrolle der Menschen entgleiten und eine Apokalypse herbeiführen werden. Für ihn sind die aktuellen Technologien und Medientechniken „rasende Extensionen des Menschen, seine Ersatzorgane.“12 Menschen werden umgekehrt proportional zur Beschleunigung der Technologie immer weiter immobilisiert und finden zu einer in sich ruhenden, sitzenden Position. Die neuesten bio-technologischen Entwicklungen führen ihn zu der Erkenntnis: „Die Masse des Lebendigen mit Mikromaschinen auszurüsten, mit deren Hilfe unsere Fähigkeiten wirkungsvoll zu stimulieren sind: Der Invalide, der dank seiner Aus-

11 Vgl. Weber, Thomas/Sieber, Anja: „,Phänomenologie‘ der Beschleunigung. Rezension zu Paul Virilios ,Rasender Stillstand‘“, in: medium 2/93, April–Juni 1993. 12 Virilio, Paul: Rasender Stillstand. Frankfurt am Main 1992, S. 115 (Original: L’inertie polaire. Paris 1990). 71

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rüstung seine Behinderung überwinden kann, wird plötzlich zum Vorbild für den mit Prothesen jeder Art überrüsteten Gesunden ...“13 Die Organmetaphern kommen bei Virilio an einen Punkt, an dem das menschliche Subjekt von der Technologie selbst aufgehoben zu werden scheint. Die Organmetaphorik gelangt damit auch an ihre eigene Grenze, da sie die Entwicklung der Technik nicht mehr beschreibt, sondern nur noch die Gefahr des physischen Verschwindens des Subjekts konstatieren kann. Interessant ist nun, dass die Vertreter von kulturanthropologischen Medientheorien – trotz z. T. verblüffend ähnlicher Beschreibungen der Phänomene – zu gänzlich unterschiedlichen Einschätzungen der Konsequenzen neuer Medientechnologien gelangen. Was beispielsweise im Falle von Lévy Anlass zu einem utopischen Szenario bietet, veranlasst Virilio zu apokalyptischen Spekulationen. Die gleiche Ambivalenz, mit der kulturanthropologische Medientheorien Medien als Extensionen des menschlichen Körpers beschreiben, findet sich auch in den Filmen wieder. Einerseits bieten die neuen Medien als organische Erweiterungen neue Möglichkeiten der Wahrnehmung und der Sinneseindrücke, nach denen die Menschen geradezu süchtig zu werden scheinen wie Roddy in La mort en direct, der erfolgssüchtig mit seiner Miniaturkamera in die Intimsphäre von Katherine eindringt, wie Max Renn, der auf der Suche nach immer extremeren Bildern in den Bann von Videodrome gerät, wie Doug Quaid in Total Recall, der die Aufzeichnung der Gedächtnismanipulation seines Reiseabenteuers nicht abbrechen möchte, obwohl sie ihm das Gehirn zu verbrennen droht, wie Trevor und Claire in Bis ans Ende der Welt, die sich vom Anblick der Aufzeichnung ihrer eigenen Träume nicht lösen können, wie Johnny und Jane in Johnny Mnemonic, die sich ihrer technologischen Implantate bedienen, um um ihre Identität zu kämpfen, wie Lenny in Strange Days, der den Aufzeichnungen seiner eigenen Erinnerungen verfällt, wie Jimi in Nirvana, der auf der Suche nach seiner Geliebten immer weiter in das Chaos einer Datenwelt gerät, die von großen Konzernen beherrscht wird, wie Douglas Hall, der in The 13th Floor durch den Computer eine neue Welt betritt, wie Ted und Allegra die in eXistenZ spielsüchtig von einer Realitätsebene des Spiels auf eine andere geraten und schließlich die Menschheit selbst, die in Matrix der Faszination der Matrix erliegen. Die Menschen sind fasziniert von den Möglichkeiten der neuen Medien. Andererseits geraten die Protagonisten in Abhängigkeit von ihren medientechnischen Gadgets, ohne die sie nicht mehr leben zu können

13 Virilio 1992, S. 110. 72

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glauben und die zugleich über ihr Leben bestimmen: Roddy erblindet, Max Renn halluziniert, dreht völlig durch und erschießt sich schließlich selbst, Doug lobotomisiert sich vermutlich selbst, Trevor und Claire wären vor den Bildschirmen verhungert, wenn sie nicht auf wundersame Weise errettet worden wären, Johnny ist seinen eigenen Implantaten ausgeliefert, die er nur loswerden kann, wenn er mit ihnen arbeitet, Lenny ist den eigenen Erinnerungsbildern derart verfallen, dass er ohne die Hilfe von Mace einem Mordkomplott zum Opfer fallen würde, Jimi gelingt es zwar, seine Kreatur Solo zu löschen, kann sich aber von dem Datenuniversum nicht wirklich lösen und opfert sich schließlich selbst, da er in seiner physischen Existenz niemals seiner Geliebten begegnen kann, die nur noch eine Art elektronisches Dasein hat, Douglas Hall verliert sich in immer neuen Realitätsebenen genauso wie Ted und Allegra, und die Protagonisten in Matrix bekämpfen zwar das System der Maschinen, sind aber gezwungen, dafür immer wieder in die Matrix zurückzukehren. All diese Szenarien haben eines gemeinsam: Überall dort, wo die Technik der Kontrolle der Menschen entgleitet, wo die Menschen zu Objekten der Maschinen werden, droht der Menschheit oder zumindest dem einzelnen Individuum eine Katastrophe. Was in Filmen wie La mort en direct und Videodrome den menschlichen Körper einerseits um neue Wahrnehmungserfahrungen bereichert, schlägt andererseits auf ihn zurück und macht den Körper abhängig, krank oder droht ihn zu zerstören. Es scheint, als hätten kulturanthropologische und kinematographische Projektion von Medien auch die Ambivalenz ihrer Beurteilung gemeinsam. Christoph Tholen merkt gegenüber den kulturanthropologischen Ansätzen kritisch an: „Droht sich die Technik von dem ihr unterliegenden Subjekt zu entfernen oder zu entfremden, antwortet ihr ein apokalyptischer Diskurs und nicht selten manichäische Moral. Technische Medien zu fingieren als prothetische Ordnungen eines Selbst oder Wir, d. h. als ureigensten Bestand des Menschen, verdoppelt den anthropomorphen Narzissmus noch dort, wo sein – erträumtes oder beklagtes – Ende beschworen wird.“14

14 Tholen, Georg Christoph: „Platzverweis. Umögliche Zwischenspiele von Mensch und Maschine“, in: Bolz/Kittler/Tholen 1999, S. 116. 73

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Medien als System oder das Verschwinden des Subjekts Medien schließen sich in den 70er Jahren zu einem System, von Oskar Negt und Alexander Kluge Medienverbund genannt15, zusammen. Zwar bilden Medien schon zuvor ein System, doch tritt in den 70er Jahren der systematische ökonomische Zusammenhang verschiedener, bislang organisatorisch und wirtschaftlich getrennter Medien deutlicher als bisher hervor. Verlags- und Pressewesen, Kino, Musikindustrie, Radio und Fernsehen reagieren aufeinander wie einander abfolgende Glieder einer Distributionskette, die sich in den darauffolgenden Jahren durch Pay-TV, Video- und DVD-Verleih noch weiter verlängert. Die Herausbildung eines Mediensystems hat jedoch nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine technologische Dimension: Mit der Etablierung des Computers als Medium wird erstmals eine allgemeine Konvergenz von Medien vorstellbar, die allenfalls vergleichbar ist mit der Omnipräsenz des Trägermediums Papier. Die Möglichkeit, alle Daten zu digitalisieren und damit für alle elektronischen Geräte mit entsprechenden Mikrochips kompatibel zu machen, eröffnet eine neue Perspektive auf die Entwicklung von Medien. So wird mit dem Konvergenzgedanken die Idee einer Medienabfolge verbunden, bei der jeweils ältere Medien von neueren Medien abgelöst und verdrängt oder zumindest aber von den jeweils neuen Leitmedien marginalisiert werden.16 15 Vgl. Negt, Oskar/Kluge, Alexander: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit. Frankfurt am Main 1986 (8. Aufl., 1. Aufl. 1972). 16 Beinahe idealtypisch findet sich ein solches Modell der Medienabfolge etwa bei Peter Ludes, der, Harry Pross folgend, in primäre, sekundäre und tertiäre Medien unterscheidet. Unter primären Medien versteht Ludes Medien, die ohne technische Hilfmittel eingesetzt werden können, „wie z. B. mündliche Rede und nonverbale Kommunikation.“ Ludes, Peter: Einführung in die Medienwissenschaft. Entwicklungen und Theorien. Berlin 1998, S. 69. Weiter hießt es erläuternd bei ihm: „Sowohl in der Entwicklung der Menschheit als auch in der Entwicklung jedes einzelnen heranwachsenden Kindes sind die primären Medien tatsächlich die ersten in der zeitlichen Reihenfolge und zunächst auch gemessen an ihrem quantitativen Anteil an Kommunikationsprozessen überhaupt.“ Ebd., S. 69. Sekundäre Medien, „erfordern bei ihrer Produktion technische Hilfsmittel, wie Zeitungen oder Zeitschriften.“ Ebd., S.69. Und tertiäre Medien sind solche, die „sowohl bei der Herstellung, als auch beim Empfang technische Einrichtungen, wie Film, Radio und Fernsehen“ erfordern. Ebd., S. 69. Ludes behauptet nun keine strikte zeitliche Abfolge dieser Medien, d. h. dass mit dem Aufkommen des neuen das ältere Medium verschwindet oder in den Hintergrund tritt. Auch wird bei ihm sogar die Möglichkeit einer Medien74

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Aus einer kulturanthropologischen Sicht wird meist weniger die Konvergenz selbst beschrieben als vielmehr die damit einhergehende, teleologisch gesehene historische Abfolge von Medien und Technologien. So setzt sich z. B. in Virilios dromologischem Ansatz die Videotechnik gegenüber der analogen Filmtechnik wesentlich deshalb durch, weil sie eine schnellere Bildübertragung ermöglicht. Bei Pierre Lévy beginnt mit dem Computer ein neues Zeitalter, da er alle anderen Technologien ablösen und in alle Lebensbereiche vordringen wird. Auch bei den sogenannten technikzentrierten Medientheorien gibt es eine ähnliche Vorstellung von Medienabfolge und Medienkonvergenz. Im Gegensatz zu den kulturanthropologischen Ansätzen wird jedoch der „anthropologische“ Bezugsrahmen aufgegeben. Was die technikzentrierten Medientheorien von den kulturanthropologischen trennt, ist nicht allein die von Ersteren stärker akzentuierte Einsicht, dass Medien komplexe Systeme bilden, die in einem digitalen Leit- und Supermedium konvergieren, sondern vor allem die Vorstellung, dass die Eigendynamik der Medien den Menschen als Subjekt der Geschichte zum Verschwinden bringt. Norbert Bolz formuliert zugespitzt: „Die Erde ist nicht der Mittelpunkt der Welt; der Mensch ist auch nur ein Tier; das Ich ist nicht der Herr im eigenen Haus – es ist uns einigermaßen gelungen, mit diesen narzisstischen Kränkungen umzugehen. Nun schicken sich künstliche Intelligenzen an, uns auch noch die letzte stolze Domäne streitig zu machen: das Denken.“17 In der Bolz’schen Perspektive führt die Weiterentwicklung der Maschinen zu einer immer weiteren Marginalisierung des Menschen. Die bisherigen geistes- und kulturwissenschaftlichen (oder auch kulturanthropologischen) Modelle beschreiben kaum mehr angemessen diesen grundlegenden Wandel, der einen anderen Standpunkt des Betrachters erfordert. Bei Bolz heißt es weiter: „Die Heraus-

konkurrenz eingeräumt: „Verschiedene Medien sind in zeitgenössischen Gesellschaften aufeinander angewiesen. Ein Fernsehprogramm könnte z. B. weder produziert noch rezipiert werden, ohne unmittelbare menschliche Kommunikation oder die Unterstützung von Druckmedien.“ Ebd., S. 75. Die jeweils neuen, technisch avancierteren, meist auch komplexeren Medien lassen sich aus dieser Sicht immer nur als Verbesserung der bestehenden Medien beschreiben. Ludes etwa beobachtet am Beispiel Fernsehen, dass dieses Medium überlieferte primäre Ausdrucksformen „standardisiert, differenziert, teilweise idealisiert und diskriminiert“, „ihre Benutzung und Verbreitung“ verstärkt „oder zur ihrer Beurteilung als ‚nicht mehr zeitgemäß‘ bzw. ‚nicht in‘“ beiträgt. Ebd., S. 75/76. 17 Bolz, Norbert: „Einleitung“, in: Bolz/Kittler/Tholen 1999, S. 9–16, hier S. 9. 75

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forderung der humanistischen Kultur durch die technische Wirklichkeit der neuen Medien hat Marshall McLuhan schon 1962 als Interface zweier Großstrukturen – heute würde man sagen: als Paradigmenwechsel – beschrieben. Dieser Wandel der kulturellen Grundbegriffe lässt sich genauer angeben. Die Welt der neuen Medien hat von Subjekt auf System und von Subjekt-Objekt-Beziehungen auf den Regelkreis Mensch-Welt umgestellt. Was einmal Geist hieß, schreibt sich heute im Klartext von Programmen an.“18 Der Mensch ist nach Bolz nur noch ein Schaltmoment im Medienverbund.19 Die provokative Tonlage der Bolz’schen Thesen mag zunächst verschrecken und lässt bisweilen an ein SF-Szenario denken, wie man es z. B. aus Matrix kennt: Das System der Medien hat sich derart weit entwickelt, dass vom menschlichen Subjekt nichts mehr übrig bleibt. Es dient – in seinen Träumen gefangen – den Maschinen nur noch als Energielieferant. Einwände gegen dieses Szenario sind schnell bei der Hand: So erscheint mit Blick auf den heutigen Stand der Medienentwicklung das menschliche Subjekt keineswegs verschwunden, sondern setzt sich gerade in der Verlängerung der medialen Ästhetik als Rezipient als treibendes Moment der Medienentwicklung selbst. Auch ist ganz offensichtlich ein Verschwinden des menschlichen Subjekts nicht zu erkennen, da über sechs Milliarden menschliche Subjekte physisch weiterhin präsent sind, von denen die Mehrheit ohne Zugang zu technisch avancierten Medien ist. Doch der gegen die technikzentrierten Medientheorien vorgebrachte Einwand, dass weder die menschlichen Subjekte verschwinden noch die Körperlichkeit des menschlichen Seins, verkennt die Dialektik von Subjekt und Technik, die immer zugleich Verdinglichung wie auch Erweiterung des menschlichen Subjekts bedeutet. a) Ambivalenz von Körperkult und Negation der Körperlichkeit Aus der Perspektive der kulturanthropologischen Theorien lässt sich dieses Verhältnis von Technik und menschlichem Subjekt, wie oben aufgeführt, nur ambivalent beschreiben: Bodybuilding und Virtuelle Realität, Schönheitschirurgie und Kommunikation mittels Avataren, Körperkult und Negation der Körperlichkeit sind jeweils zwei Seiten der gleichen Medaille.

18 Bolz 1999, S. 9. 19 Vgl. Bolz, Norbert: Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. München 1993. 76

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Auch in einem Film wie Matrix ist dieses Wechselspiel der Bedeutungen zu erkennen. Einerseits wird auf der Ebene der behaupteten Handlung die Geschichte der absoluten Verdinglichung des menschlichen Subjekts erzählt; das menschliche Subjekt selbst scheint prekär geworden zu sein in einer Welt, die von Maschinen beherrscht wird. Zum anderen konzentriert sich der Film gerade auf die Körperlichkeit des menschlichen Subjekts, was sich etwa in der ästhetisierten Darstellung der Protagonisten oder der Konzentration auf Martial-Art-Szenen ausdrückt. Es würde hier sicher zu weit führen, auf einer Analogie zwischen Film und Theorie auch noch in Details insistieren zu wollen, da sich die Dramaturgie des Films ebensowenig auf den beschriebenen Antagonismus reduzieren lässt wie auf die üblichen Konventionen des SF-Genres. So weist allein schon der für die Presse z. T. irritierende Genremix auf eine komplexere Dramaturgie hin, die Raum lässt für die Darstellung des einzelnen Individuums und dessen Introspektion – ein für das SF-Genre eher untypischer Handlungsraum, doch davon später mehr. An dieser Stelle wäre vor allem hervorzuheben, dass die Darstellung der medientechnischen Gadgets im Film gewisse medientheoretische Argumentationsmuster widerzuspiegeln scheint, deren Aussagen sich jedoch nicht klar determinieren lassen. Das Insistieren auf der Körperlichkeit der Subjekte ist insofern nicht unbedingt ein Argument gegen die Entfremdung und Entwirklichung der menschlichen Subjekte durch Technik, da diese nicht nur Grenze, Restriktion oder Substitution des Subjekts bildet, sondern immer auch Hilfsmittel, Extension oder Emanzipation des menschlichen Körpers von natürlichen Gegebenheiten bedeutet. b) Wissenschaftstheoretischer Paradigmenwechsel Aus der Perspektive der technikzentrierten Medientheorien ist diese Problematik eher anthropozentrische Spiegelfechterei. Denn ihr Thema ist nicht mehr das menschliche Subjekt, also insofern auch nicht die Frage, ob Medien Restriktion oder Extension des menschlichen Subjekts sind, sondern die Technik selbst. Dieser Perspektivenwechsel akzentuiert nun die These vom Verschwinden des Subjekts auf neue Weise: Was auf der Ebene der pointierten Thesen z. B. eines Norbert Bolz als utopisches oder dystopisches SF-Szenario anmutet, liest sich im Kontext des seit den 70er Jahren sich vollziehenden Paradigmenwechsels in den Geistesund Kulturwissenschaften beinahe als Illustration des Standardrepertoires: Die Aufgabe der Vorstellung eines autonomen Autorensubjekts, der Kontrollverlust des Individuums über die Sinnproduktion und die Auflösung des Subjekts bzw. seiner Identität im Kontext von komplexen

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gesellschaftlichen und technischen Dispositiven ist in den letzten Jahrzehnten in der postmodernen Theorie von Foucault bis Derrida, von Lyotard zu Lacan immer wieder beschrieben worden. Gerade differenzierter argumentierende Vertreter der technikzentrierten Medientheorien haben nun ihrerseits immer wieder diesen theoretischen Paradigmenwechsel in den Geistes- und Kulturwissenschaften vor Augen, wenn sie Technik und ihre Entwicklung skizzieren. Wenn Friedrich Kittler in seinem Aufsatz „Protected Mode“ etwa feststellt, dass sich Kultur heute nur noch im Kontext von Programmen einschreibt und er damit eine Vision einer von sprach- und zum symbolischen Austausch begabten Maschinen gesteuerten Technikkultur entwirft, so zielt dieses Szenario dennoch weniger auf die theoretische Ausschmückung eines apokalyptischen Technikszenarios als vielmehr auf einen Perspektivenwechsel in der akademischen Diskussion.20 Schon Ende der 70er Jahre ging es Kittler in Schriften wie Die Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften um die Skizze einer Geisteswissenschaft, die die allzu lange ignorierte Technik als für das Denken selbst konstitutiven Faktor einklagt und zum Thema macht. Das Denken der Menschen wird von (Medien-)Maschinen prädeterminiert. Sie schreiben ihre Regeln unausdrücklich in jeden Diskurs ein und insofern ist auch jede Art von Wissen relativ bezogen auf seine medialen Voraussetzungen. Die Analyse von Medientechnik wird von Kittler fruchtbar gemacht für eine Diskursanalyse im Foucault’schen Sinne, deren anderes Ende, die Archäologie, nun auf die Medien selbst angewandt wird. Die spezielle Diskursarchäologie des Medienwissenschaftlers konzentriert sich auf die Rekonstruktion von Mediengeschichte als Technikgeschichte, die in Form einer umgekehrten Teleologie ausgehend vom Computer als Medium die ephemere Vorgeschichte zum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung macht und die Geschichtsmächtigkeit der Technik selbst unter Beweis zu stellen versucht.

20 Vgl. Kittler, Friedrich (1993a): „Protected Mode“, in: Kittler, Friedrich: Draculas Vermächtnis. Technische Schriften. Leipzig 1993, S. 208–224. 78

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Jenseits der Metaphern Medienmetaphern, wie sie von unterschiedlichen Medientheorien verwendet werden, veranschaulichen die Funktionsweise von Medien. Sie stellen in einer prägnanten, wenn auch verkürzten Form wichtige Charakteristika von Medien vor. Das Kino verzichtet ebensowenig wie Medientheorien auf die metaphorische Dimension der Medienbeschreibung. Allerdings lässt sich diese Analogie nicht umstandslos als Beleg für die eingangs skizzierten Hypothesen nehmen. Denn sowohl zahlreiche Medientheorien als auch die kinematographische Darstellung von Medien verfolgen letzthin komplexere Argumentationen, die über die Metaphorik hinausweisen. Auch ist eine konkrete Zuordnung von Anspielungen oder Verweisen auf tatsächlich existierende Medien nur auf einer oberflächlichen Ebene zu erkennen, die die Eigendynamik der Mediendarstellung ignorieren würde. Funktionszuschreibungen von futurischen Medien scheinen sich von realem Funktionieren von Medien zu lösen und eher eine Wunschdimension darzustellen als eine Auseinandersetzung mit tatsächlich existierenden Medien (auch wenn diese Wünsche sich an realen Medien inspirieren sollten). Mithin kommt die metaphorische Beschreibung der futurischen Medien in einer technisch-apparativen Gestalt zuallererst der Besonderheit des Mediums Film entgegen, das eine audiovisuell konkret fassbare Präsentation seines Themas benötigt. Kino kann von der audiovisuellen Darstellung von Medien auch dann nicht absehen, wenn diese Medien, wie z. B. bei dem erwähnten SQUID, überhaupt nicht allein auf audiovisuelle Signale eingeschränkt sind. Die einzige Möglichkeit, die an der Oberfläche der Apparate verweilende Darstellung von Medien aufzubrechen ist die Darstellung einer „Innensicht“ der Medien, d. h. eine vom Kino generierte, filmische Vision, die dem Zuschauer eine „Innensicht“ des neuen Mediums suggerieren soll. Die hierfür gewählten Bilder ließen sich zwar auch wieder als metaphorisch bezeichnen, fixierte man sich allein wieder auf das von ihnen Gemeinte. Doch jenseits einer vorschnellen Zuweisung von Bedeutung zeigen sich in ihnen immer auch die Grenzen des Mediums und somit die Medialität des Kinos selbst. Die Darstellung, also genauer gesagt die Darstellungstechnik, die Art und Weise der Darstellung bildet eine andere Ebene von Sinnkonstruktion, die sich mit Metaphern nicht mehr fassen lässt. Am Ende der Eingangssequenz zu Strange Days findet sich beispielsweise die aus der „Innensicht“ aufgenommene Erfahrung des eigenen Todes einer der Figuren: Es sind Bilder, die sich völlig aus dem narrativen Kontinuum lösen und ohne konkreten „Inhalt“ auf sich selbst zu verweisen scheinen.

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Die drei Dimensionen der Funktionsweise von Medien – also Transport oder Übermittlung von Informationen, Extension des menschlichen Körpers und Herausbildung eines Systems mit eigener „Wirklichkeit“ – werden weder in der kinematographischen noch in der medientheoretischen Reflexion einfach nur beschrieben, sondern ihre Darstellung schreibt sich ein in einen argumentativen Kontext, der bestimmten dramaturgischen Mustern folgt. In Kinofilmen wirkt dies selbstverständlich: Filme bescheiden sich nicht mit einer nüchternen, metaphorischen Funktionsbeschreibung von Medien. Sie konfrontieren die Protagonisten mit einem Problem, das im beobachteten Fall seine Ursache in Medien und ihrer Technik hat. Die Filme folgen auf der Ebene der behaupteten Handlung einer Inszenierungsstrategie, in denen Medien einerseits neue bisher ungekannte Möglichkeiten für die Menschen bieten und damit die utopische Erfüllung von Wünschen verheißen, andererseits aber immer auch dystopisch eine Katastrophe herbeizuführen drohen, die erst in letzter Minute durch die Protagonisten abgewendet werden kann – oder auch nicht, wie in La mort en direct, Videodrome oder Total Recall, die de facto mit dem Tod oder der Zerstörung des Bewusstseins der Protagonisten enden. Medientheorien personalisieren zwar ihre Thesen nicht, betten sie aber gleichfalls ein in eine Art Meta-Erzählung, die keineswegs nur dem objektiven Zusammenhang der Fakten geschuldet ist. Wenn man bei den Kinofilmen dramaturgische Muster ausmacht, die für SF-Szenarien typisch sind (auch wenn sie die SF-Genrekonventionen, wie später noch gezeigt wird, gerade unterlaufen), dann gilt dies in ähnlichem Maße auch für eine Reihe von Medientheorien, deren eigentlicher Movens in der Antizipation zukünftiger Entwicklungen zu bestehen scheint. Bisher wurde vor allem die Darstellung der Technik auf der Ebene der behaupteten Handlung beobachtet, wobei sich gewisse Diskrepanzen zwischen medientheoretischen Postulaten und kinematographischer Projektion bereits andeuteten. Diese sind nun keineswegs allein der unterschiedlichen Medialität von Theorie und Kino geschuldet (wenngleich hier sicher eine gewichtige und offensichtliche Ursache gesehen werden muss), sondern auch in unterschiedlichen Motiven, sich überhaupt mit Technik im Allgemeinen und Medientechnik im Besonderen zu beschäftigen. Ohne hier eine ausführliche Diskursanalyse beginnen zu wollen, fällt doch auf, dass sowohl die kinematographische Projektion von Wunschmedien als auch die im kulturwissenschaftlichen Feld geführten theoretischen Diskurse über die jeweiligen neuen Medien zumindest auf der Ebene der phänomenologischen Beschreibung gewisse Parallelen hinsichtlich der ihnen eigenen Dramaturgie aufweisen, oder anders gesagt: Im Fluchtpunkt der Beschäftigung mit Medientechnik scheinen

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drei verschiedene und voneinander zu unterscheidende dramaturgische Muster auf, die sich zwar überlagern und wechselseitig durchdringen können, die aber letzthin jeweils eine eigene Sicht auf Medien generieren.

Perspektiven der Reflexion von (Medien-)Technik 1. Die Technik als Utopie Neuartige Techniken, die noch relativ unbekannt sind, die noch nicht in einen etablierten gesellschaftlichen Gebrauch umgesetzt wurden oder aber am Anfang einer solchen Etablierung stehen, deren Funktionsweise in der Verschränkung mit einer Vielzahl anderer komplexer technischer oder gesellschaftlicher Teilsysteme im Einzelnen noch nicht absehbar ist, regt in der Regel zu einer utopischen Attribuierung der Technik an: Die Technik wird als Wunschmaschine begriffen, die in der Lage sein soll, Probleme der Gegenwart in der Zukunft zu lösen – und zwar unabhängig davon, ob das tatsächliche Funktionieren einer solchen Technik überhaupt zur Lösung dieser Problem geeignet ist. Entsprechend einer psychoanalytischen Auffassung von Wünschen fallen auch entsprechende Dystopien in die Kategorie der Wunschmaschinen. Technikfolgen, die als apokalyptische oder zumindest katastrophale Szenarien beschrieben werden, projizieren Technikängste aus der Gegenwart in die Zukunft. Dabei wird gerade jener Aspekt des Unabsehbaren der Funktionsweise von neuen Techniken als Kontrollverlust – und dementsprechend als Bedrohung aufgefasst. Umgekehrt stecken aber in der dystopischen Umschreibung von Technik immer auch visionäre Potenziale, die der Technik Möglichkeiten zubilligen, die über ihr reales Funktionieren hinausschießen. 2. Die Archäologie der Technik Eine Archäologie der Technik setzt vor allem dort ein, wo die Technik selbst zu verschwinden droht. Sie richtet sich insofern auf eine vergangene, ephemere, verschüttete oder überlagerte Technik. Dabei interessiert sie sich ebenso für eine historische wie verstehende Rekonstruktion von Apparaten, für die Analyse ihrer technischen Funktionsweise (die orientiert an den Mess- und Zählidealen des 19. Jahrhunderts beschrieben wird) wie auch für die darüber hinausweisende Einbettung in gesellschaftliche Diskurse (insofern überhaupt Diskursivität entsteht, wäre auch Diskursanalyse mit Bezug auf Foucault eines der Instrumente einer

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Archäologie des Wissens, dessen Struktur auch von technischen Dispositiven bestimmt wird). Eine gegenwartsbezogene Archäologie von Technik, die durchaus auch mit einem Bezug auf neuartige Techniken vorstellbar ist, bezieht sich stärker auf ephemere Techniken, also auf solche, die verschwunden, verschüttet oder von anderen Techniken überlagert sein werden. Das Ephemere ist dementsprechend auch noch in zeitgenössischen Techniken im Diskurs als Gestus des vollendeten Futurs präsent, der die gegenwartsbezogene Archäologie beherrscht: Es ist – zugespitzt gesagt – die Technik, die verschwunden sein wird, auch wenn in den vordergründigen Postulaten zunächst teleologisch die entsprechende Technologie als vorläufiger Endpunkt einer Entwicklung erscheint. 3. Das Technische als Dysfunktion Der Kühlschrank summt unbeachtet in der Küchenecke, solange er seine Funktion erfüllt. Sobald er ausfällt, rückt er in den Mittelpunkt des Geschehens; er füllt die Aufmerksamkeit, führt zu einer intensiven Abschätzung seiner technischen Funktionsweise und sei es nur im Hinblick darauf, ob man die Dysfunktion selbst mit einfachen Mitteln beseitigen kann (den Stecker in die Steckdose stecken), einen Reparaturdienst engagiert (zum Austausch defekter Teile) oder eine Neuanschaffung des Geräts in Erwägung zieht. Die Dysfunktion rückt das Technische radikal in den Blick und macht es sinnfällig. Sie zeigt die Grenzen der Technik auf und enthüllt so ihre etablierte Funktion. Die Analyse der technischen Dysfunktion ist darum ein Blick auf zeitgenössische etablierte Techniken, deren Funktionieren so selbstverständlich erscheint, dass sie aus dem alltäglichen Blickfeld verschwinden. Entsprechend den verschiedenen Zugängen zu Technik finden sich sowohl im Kino als auch in Medientheorien analoge Annäherungen. Die Utopie bzw. Dystopie als Genrethema der Science Fiction findet sich theoretisch vermittelt z. B. in den Ansätzen von Virilio, Flusser, Lévy oder Bolz. Gerade Medientheorien waren nie frei von prospektiven Reflexionen, die das Terrain der unbekannten Zukunft ausloten, deren Erkenntnis in der Gegenwart sie sich verschrieben und hieraus ihre Legitimität bezogen haben. Das Erkenntnisinteresse einer Archäologie der Medien(-technik) ist komplexer und lässt sich nicht mit einer platten Analogie zu Filmdramaturgien beschreiben. Die Suche der Protagonisten etwa nach dem zentralen medientechnischen Gadget, seine historische wie funktionelle Freilegung können zwar durchaus einen archäologischen Gestus annehmen (wie z. B. die Suche nach der Vorgeschichte der technischen Umwelt in Matrix), haben aber – anders als bei einer utopi-

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schen/dystopischen Konstruktion – nur wenig mit dem theoretischen Anspruch zu tun. Das Programm einer Medienarchäologie richtete ihre Aufmerksamkeit weniger auf die konkreten Medienprodukte und ihre Gestaltung als vielmehr auf die Analogien zu zeitgenössischen Techniken, die als Dispositiv diese Produkte erst ermöglichen oder auf jene Darstellungstechniken, die zur technischen Darstellung der Gadgets notwendig sind: special effects also und die seit den 80er Jahren damit verbundene digitale Technologie.21 Die Dysfunktion hingegen ist die Störung einer Konvention und führt nicht selten dramaturgisch im Kino zu einer Grenzerfahrung des Protagonisten, von der dieser nicht abstrahieren kann. In der medien- und kulturtheoretischen Reflexion gibt es zur Beschreibung von Dysfunktionen nur erste Ansätze (medizinische Handbücher oder solche zur technischen Fehlerdiagnose zählen hier kaum). Sie bildet einen blinden Fleck, für den die Theorie die Geste des Visionären nicht in Anspruch nehmen kann. Es riecht nach Ölflecken, Lötkolben und verstopftem Abfluss. Nichts, mit dem man Paradiese oder Apokalypsen verkünden kann – nicht einmal ein neues Zeitalter. Doch nicht der Klempner avanciert zum Helden (das mag nur Supermario gelingen), sondern der von der Dysfunktion geschlagene Protagonist (von dem in Kapitel III noch mehr die Rede sein wird). Die Differenz zwischen Kino und Theorie ist dabei nicht nur eine mediale, sondern bedingt auch argumentative Verschiebungen, die in der „Dramaturgie“ beider Medien begründet liegt. Es soll in dieser Arbeit nun weniger um das utopische bzw. dystopische Potenzial der Darstellung neuartiger Medien gehen, wie in Kapitel I dargelegt, und auch nicht um eine medienarchäologische Analyse des ästhetischen Materials. Das heißt, es wird nicht um eine Rekonstruktion von zeitgenössischen medientechnischen Dispositiven gehen, die von der futurischen Projektion neuer Medien vielleicht gemeint sein könnten (das wäre pure Spekulation) und auch nicht um die Rekonstruktion jener Medientechniken, die zur Darstellung dieser neuartigen Medien eingesetzt werden (das wäre trivial und identisch mit einer Auflistung von „Tricktechniken“, die dem zeitgenössischen populären Kino ihr Gesicht geben und die keineswegs prägnant an den hier zur Debatte stehenden 21 Tatsächlich haben sich durch den Einsatz von digitalen Technologien auch die Dramaturgien der Filme verändert, wie neuere Arbeiten etwa von Almuth Hoberg nachweisen, doch geht es im Rahmen des hier gewählten Themas nicht um eine Veränderung der Dramaturgie von Kinofilmen im Allgemeinen im Zeichen der Digitalisierung, sondern um die Darstellung von neuartigen Medien im Besonderen. Vgl. dazu auch Hoberg 1999. 83

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Filmen festzumachen wären). Entsprechend macht es auch keinen Sinn, auf einen Vergleich zwischen filmischer Darstellung von Medientechnik und realer Entwicklung von Medientechniken zu insistieren. Dagegen ist die Frage durchaus spannend, in welcher Form Technik nun in den Filmen – vielleicht abweichend vom theoretischen Diskurs – behandelt oder, genauer gesagt, inszeniert wird.

Medialität als Dysfunktion Technische Dysfunktionen Wie oben schon beschrieben wurde, sind Medien tendenziell unsichtbar. Doch wie nun lässt sich etwas Unsichtbares darstellen? Die Darstellung eines Mediums in einem anderen Medium, also von etwas Unsichtbarem in etwas Unsichtbarem, wird als Konstruktion erst recht nicht fassbarer, wenn es um Medien geht, die es noch gar nicht gibt, die als Wunschmedien nur als Projektion, als Vorstellung existieren und insofern in hohem Maße der Anschauung entzogen wurden. Tatsächlich haben sich nun aber in den letzten 20 Jahren eine Reihe von Inszenierungsstrategien von neuen und neuartigen Medien etabliert, die sowohl in der kinematographischen wie auch in der diskurstheoretischen Projektion eine Reihe von verblüffenden Parallelen aufweisen. Ohne diese im Folgenden in eins setzen zu wollen, werden zunächst einige dieser Parallelen beschrieben, um dann die Eigendynamik der kinematographischen Projektion genauer zu untersuchen. Wer in der Matrix lebt, kann und soll die Matrix nicht wahrnehmen. Wenn die Matrix perfekt arbeitet, ist sie für die menschlichen Subjekte unsichtbar, d. h. sie bildet ihre Realität. Als Medium verschwindet die Matrix hinter ihrem Funktionieren. Medien verschwinden – wie viele Techniken – im alltäglichen Gebrauch; sie werden, wenn sie gut funktionieren – und dies gilt vor allem für Kommunikationstechniken – unsichtbar. Oft bleiben nur noch die apparativen Oberflächen sichtbar: von Kühlschränken, die in der Küche leise vor sich hinschmatzen, von Autos, die gebrauchsfertig am Straßenrand parken, von Staubsaugern, die verschämt in der Rumpelkammer stehen, vom Telefon, das omnipräsent als Mobiliar unsichtbar wird. Wer weiß genau, wie die Geräte funktionieren? Solange sie ihren Dienst verrichten, möchte es eigentlich niemand wissen. Auch der klassische Hollywoodfilm ist ein gutes Beispiel für einen solchen Unsichtbarkeitseindruck: Im Bemühen, dem Zuschauer den Eindruck zu geben, er könnte das Geschehen gleichsam aus der Perspektive 84

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einer durchsichtigen vierten Wand verfolgen, tritt das Medium völlig hinter das Dargestellte zurück. Es entsteht eine Transparenz-Illusion, die das Medium und damit die Medialität zum Verschwinden bringt. Dieser Illusionismus ist jedoch niemals vollkommen. Immer wieder schleichen sich kleine Störungen oder Ungereimtheiten ein, die dem Medium irdisches Gewicht verleihen, die Transparenz-Illusion für Momente aufheben und die Medialität – also die Grenzen des Mediums – sichtbar werden lassen. Dabei müssen nicht erst Scheinwerfer vom Himmel fallen wie in der Truman Show. Dysfunktionale Bilder begegnen uns im Alltag auf Schritt und Tritt: Es sind keine Besonderheiten, sondern ein verdrängter Regelfall. Jeder kennt das: falsch belichtete, unscharfe, verwackelte Bilder mit Fingern vor dem Objektiv, unfreiwilligen Doppelbelichtungen, falschen Farben, falscher Beleuchtung etc. Dysfunktionale Bilder werden nicht beobachtet, sondern nur als Störung der „eigentlichen“ Inhalte empfunden. Die Ignoranz gegenüber Dysfunktionen wird uns systematisch anerzogen. Von klein auf lernen wir, Zeichen in einen bestimmten Zusammenhang zu bringen, sie in einer bestimmten Weise zu lesen, deren Bedeutungsrichtung mehr oder weniger von kulturellen Programmen vorgegeben ist: Buchstaben werden zu Wörtern gruppiert, die sich zu Sätzen anordnen: von oben nach unten, von links nach rechts. Wenn z. B. in Schule oder Universität eine „schlechte“ Fotokopie verteilt wird, werden alle Schüler oder Studenten angehalten, über den technischen Mangel hinwegzusehen, ihn systematisch zu ignorieren und sich auf den „eigentlichen Sinn“ des Textes zu konzentrieren. Es soll nun keineswegs bestritten werden, dass die meisten kulturellen Interpretationsprogramme durchaus sinnvoll sind, wohl aber darauf hingewiesen, dass es neben den konventionellen Lesarten immer auch andere, alternative Betrachtungsweisen gibt, die zu einer ganz anderen Wahrnehmung von Realität führen können. Häufig werden solche veränderten Sichtweisen im Kontext mit psychischen Störungen oder mit wissenschaftlichen Echtheits- oder Authentizitätsanalysen genannt. So kommt es z. B. im Kontext von Kriegsberichterstattungen des Fernsehens immer wieder zur Übertragung von dysfunktionalen, d. h. plötzlich abbrechenden, pixelig verzerrten oder durch Nachtsichtgeräte verfremdeten Bildern. Eine Analyse ihrer Authentizität kommt um die Beachtung dieser Dysfunktionen kaum herum, weil sie Aufschluss geben kann über die technische Konstruktion und damit die Bedingungen, unter denen die Aufnahmen entstanden sind. Zugleich sind jene Dysfunktionen auch Teil des Rituals der Nachrichtenübermittlung geworden, d. h. sie sind fester Bestandteil der Nachrichten-Inszenierung,

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da sie als Authentizitätssignale gleichsam mitübertragen werden (also Manipulationsmöglichkeiten miteinschließen). Das zeigte sich beispielsweise bei Bildern der letzten Golf-Kriegsberichterstattung im Irak, die plötzlich pixelig werden, mitten im Wüstensand nur noch Schemen erkennen lassen, schließlich in einzelne, quer über den Bildschirm hüpfende Bildquadrate übergehen, bevor die Leitung zusammenbricht und der Bildschirm schwarz wird. „Können Sie mich hören?“, lautet die nächste Frage des Moderators im Studio, die ungehört verhallt und auch durch eine Wiederholung das Ergebnis nicht verändert. Andere Bilder werden als spektakuläre Aufnahmen angekündigt: Die Bilder sind so dunkel, dass man fast nichts erkennt. Alles ist in ein grünliches Licht getaucht Der Zuschauer weiß: So sieht die Sicht aus Nachtsichtgeräten, sogenannten Restlichtverstärkern aus. Wieder huschen irgendwelche Schemen durchs wackelnde Bild; die Kamera schwankt hektisch, unvermittelte Schnitte machen jede räumliche Zuordnung unmöglich. Dann erklärt der Moderator die Handlung: Befreiungsaktion der verletzten amerikanischen Soldatin Jessica Lynch, die als Geisel hinter den Linien in einem irakischen Krankenhaus festgehalten wurde.22 Dysfunktionale, also defekte Bilder wie diese begegnen uns immer wieder in der alltäglichen Berichterstattung. Sie scheinen Teil eines Rituals, das keineswegs nur aus unvermeidlichen Fehlern besteht, sondern durch diese vermeintlichen Defekte ein Authentizitätssignal generiert. Sie sind Teil einer Glaubwürdigkeitsstrategie, die umso wichtiger wird, je mehr die Massenmedien in der Lage sind, Bilder von allem und jedem in technischer Perfektion zu generieren in einer beliebigen Anzahl von Kopien. Die Fehler selbst scheinen im Gegensatz zu den perfekten Manipulationen letztes Indiz für eine verloren zu gehende Authentizität zu sein, die einer Gesellschaft wichtig ist, die dem Bild eine größere Plausibilität zubilligt als dem Wort: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, heißt die Devise, obwohl wir es eigentlich besser wissen müssten. Bevor nun weitere Überlegungen zur Analyse der Dysfunktion angestellt werden, scheint es zunächst notwendig, noch einmal den Begriff der Dysfunktion näher zu erläutern bzw. zu präzisieren, in welchem Sinn er im Kontext dieser Arbeit verwendet wird. 22 Auch die erwähnte Befreiungsaktion verlief keineswegs derart dramatisch wie auf den Bildern zu sehen war, da die Iraker von sich aus, die Freilassung und Übergabe der verletzten Soldatin angeboten hatten; mithin erscheint die angebliche Befreiungsaktion als unnötig martialisch, da keineswegs eine unmittelbare Bedrohung weder der Geisel noch der daran beteiligten Soldaten gegeben war. 86

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Zum Begriff der Dysfunktion Der Begriff ist gekennzeichnet durch die Vorsilbe „Dys“, die aus dem Griechischen stammt und zunächst nur bedeutet: „von der Norm abweichend“ und in einem engeren Sinne „krankhaft, schlecht“ oder „gestört“. Entsprechend könnte man unter Dysfunktionalität oder Dysfunktion etwas verstehen, dessen Funktionsweise von der Norm abweicht, krankhaft oder gestört erscheint. Dabei geht der Begriff der Dysfunktionalität über den der Dysfunktion hinaus. Während die Dysfunktion nur eine einzelne, singuläre Dysfunktion beschreibt, bezeichnet Dysfunktionalität eine prinzipielle Dysfunktion, die sozusagen bereits kategorial angelegt ist. In Bezug auf mediale Bilder macht es nun weder Sinn, den Begriff der Dysfunktionalität allzu eng zu fassen, also ihn etwa nur auf „krankhafte“ Bilder zu beziehen noch allzu weit, also auf alle von der Norm abweichende Bilder. Im ersten Falle steht man unweigerlich vor dem Problem, definieren zu müssen, was denn nun ein krankhaftes Bild sei, was allenfalls assoziativ als psychopathologische Interpretation gelingen mag. Im zweiten Fall würde man alle künstlerisch bearbeiteten Bilder aufführen müssen, da praktisch jede künstlerische Bearbeitung sich durch die Abweichung von einer Norm konstituiert. Zwischen beiden Bedeutungspolen nun schwankt der hier gemeinte Begriff des Dysfunktionalen. In Bezug auf die Analyse von Inszenierungsstrategien des Dysfunktionalen erscheint der Begriff des Dysfunktionalen paradox, da er offensichtlich im Kontext der Inszenierung eine neue Funktion erfüllt, insofern also nicht „dys-funktional“ ist. Tatsächlich handelt es sich natürlich um eine neue Funktion, die aber vorgibt, dysfunktional zu sein und sich ästhetisch dysfunktionaler Formen bedient. Von daher macht es durchaus Sinn, von inszenierten Dysfunktionen zu sprechen. Dysfunktionalen Bildern begegnet man im Kontext von Information, Unterhaltung, Kunst und Werbung, wo sie jedoch jeweils unterschiedliche Funktionen erfüllen können bzw. verschiedene Bedeutung haben. Im Kontext von Unterhaltungsfilmen z. B. scheinen Dysfunktionen eine etablierte Erwartungshaltung zu durchbrechen, da hier prinzipiell – anders als bei Nachrichtensendungen – die Möglichkeit einer technisch optimalen Präsentation besteht. Tritt eine technische Dysfunktion auf, hat sie meist eine besondere Bedeutung für die Dramaturgie. Als z. B. in Alien von Ridley Scott die Crew mit einem Shuttle zu dem unbekannten, unwirtlichen Planeten hinabfliegt, von dem sie einen Notruf empfangen hat, kommt es zu einer ganzen Serie von Dysfunktionen: Der Planet ist menschenfeindlich. Er hat eine giftige Atmosphäre,

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die Menschen müssen Sauerstoffmasken tragen. Ein ständiger Sturm erschwert die Sicht; er legt sich wie Nebel über die Szene, kaum zu durchdringen von den schwachen Helmscheinwerfern. Dann stoßen sie auf das fremde Raumschiff, das sich in der dicken Atmosphäre nur schemenhaft abzeichnet. Sie dringen in das Schiff ein. Das von dem Schweizer Hans Giger gestaltete Innere liegt im Dunkeln und lässt sich im Licht der spärlichen Scheinwerferkegel kaum ausmachen. Zu diesen Schwierigkeiten kommt, dass der Funkkontakt gestört ist. Die Bilder, die im Shuttle von den auf Erkundung ausgeschwärmten Astronauten empfangen werden, sind von besonders schlechter Qualität. Obwohl der Film in der behaupteten Handlung weit in die Zukunft vorverlegt ist, zeigen die Monitore im Shuttle Videobilder, die an die unausgereifte Technik der 70er und 80er Jahre des 20. Jahrhunderts erinnert: Quer über den Bildschirm laufende Streifen, flimmernde oder durch atmosphärische Störungen verzerrte oder plötzlich abbrechende Bilder weisen auf die schlechten technischen Konditionen der Übertragung hin. Im Kontext dieser Szene dient die dargestellte mediale Dysfunktion natürlich der Steigerung der Spannung, da die Fragilität der Bilder jene der Astronauten unterstreicht. Trotz der genretypischen Zurichtung kommt in dieser kurzen Szene – zumindest marginal – durch die dysfunktionalen Bilder eine Art von medialer Selbstreflexion in Gang, die durch die Fehler die tendenzielle Unsichtbarkeit des Mediums aufhebt und so auf die Medialität des dargestellten Mediums verweist.

Dysfunktion und künstlerische Avantgarden Medialität tritt erst durch eine Störung hervor, einen Defekt, der das reibungslose Funktionieren des Mediums aussetzt und so dessen Funktion durch ihre Abwesenheit dem Betrachter schockartig bewusst macht. Dieser Schock findet sich insbesondere bei den meisten von den künstlerischen Avantgarden seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zur Anwendung gebrachten Verfahren. Im Gegensatz zu Abweichungen von Normen im Allgemeinen, die für alle künstlerischen Verfahren schlechthin charakteristisch sind, muss die Dysfunktion vor allem in Abgrenzung zu den „kompositorischen“ Gestaltungsmitteln gesehen werden. Das heißt, die Wahl von ungewöhnlichen Perspektiven, Formen oder Farben allein konstituiert noch keine Dysfunktion. Es muss der Eindruck einer Störung oder eines Defekts hinzukommen. Vor allem mit der Etablierung von indiziellen Medien wie der Fotographie und dem Film ist die Bedeutung von dysfunktionalen Ausdrucksmitteln gewachsen, da Mimesis nicht mehr länger Hauptziel der Gestaltung ist. Vielmehr geht es darum, den

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Blick auf das künstlerische Material selbst, auf seinen Entstehungs- und Bearbeitungsprozess zu lenken. Boris Groys merkt dazu an: „Der Kubismus“, den er stellvertretend für andere künstlerische Avantgarden nennt, „hat das Bild nicht bloß als eine Botschaft des Mediums interpretiert, sondern das Geständnis seiner Medialität regelrecht erzwungen – unter Anwendung rigoroser Methoden, die durchaus an traditionelle Foltermethoden erinnern: Reduktion, Fragmentiertung, Zerschneidung, Collagierung. Der Kubismus hat das Medium zur Botschaft gemacht.“23 Nun soll hier mit der Einführung des Begriffs der Dysfunktion keine neue Theorie der künstlerischen Avantgarden geschrieben werden. Auffällig ist aber, dass sich vom Pointillismus über den Impressionismus, den Kubismus, den Futurismus, den Dadaismus bis hin zum Surrealismus immer wieder Ausdrucksformen finden, die sich mit dem Begriff des Dysfunktionalen treffend beschreiben lassen. So ist allen Avantgarden gemein, dass sie gezielte „Wahrnehmungsstörungen konstruieren, um die Bearbeitung des Materials, d. h. die künstlerische Verfahrensweise selbst gegenüber dem Gegenstand der Darstellung hervorzuheben, also gegenüber dem, was man unter Thema oder Sujet verstehen würde. So zeigt z. B. Monets bekanntes Bild der Pont de l’Europe vor dem Bahnhof St. Lazare eben nicht nur eine Brücke in Bahnhofsnähe, sondern vor allem eine Maltechnik, die den Gegenstand im wörtlichen Sinn auflöst in einzelne Punkte und Striche, die erst durch die „Mitarbeit“ des Betrachters ein Bild ergeben. Mit der von ihm konstruierten Wahrnehmungsstörung gelingt es jedoch, zugleich auch den Eindruck der – für das Selbstverständnis der Moderne seit Marey so wichtig gewordenen – Bewegung einer sich ins Bild schiebenden Lokomotive zu erfassen, die in einer traditionellen Darstellungstechnik nicht hätte zum Ausdruck gebracht werden können. Doch die durch den Einsatz von dysfunktionalen Gestaltungsmitteln erzeugten Wahrnehmungsstörungen haben nicht bei allen Künstlern die gleiche Funktion. Vielmehr hängt es vom jeweiligen Kontext und der Künstlerpersönlichkeit ab, welche Bedeutung sie annehmen. Ein Maler wie Edvard Munch verfolgt in seinem Bild Rue Lafayette eine andere Intention als Marcel Duchamps in Werken wie Akt eine Treppe hinabsteigend oder Trauriger junger Mann im Zug24. Von Max Ernst bis 23 Groys 2000, S. 98. 24 „In diesem Bild geht es um zweierlei: einmal um die Bewegung des Zuges und zum anderen um den traurigen jungen Mann, der im Gang steht und seinen Standort beständig wechselt, so dass wir es also mit zwei parallelen, miteinander korrespondierenden Bewegungen zu tun haben. Dazu kam die Deformation der Gestalt des jungen Mannes, die ich damals als ele89

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Robert Rauschenberg, von Salvador Dalí bis Gerhard Richter zeigt sich eine reiche Palette von Ausdrucks- und Bedeutungsmöglichkeiten, die im Einzelnen so verschieden sind, wie die jeweiligen Künstler. Der Bruch mit der Tradition und der Konvention, der von den künstlerischen Avantgarden gesucht wurde und mithin ein Charakteristikum der Dysfunktion selbst ist, hebt diese in jenem Maße auf, wie er selbst zur neuen Konvention wird. Der Begriff der Dysfunktion lässt sich also nur dialektisch fassen, insofern er immer eine Form der Negation darstellt. Bei den künstlerischen Avantgarden bezieht sich diese Negation immer auf einen außerhalb des Bildes vorhandenen Diskurs über Kunst. Der eigentliche Bruch findet dabei im Sinne Barthes hors cadre statt. Im populären Kino nun – und hier liegt bezüglich der Dysfunktion die wohl entscheidende Differenz – wird der Bruch immer innerhalb des Werkes inszeniert: Die Filme konstruieren ein narratives Kontinuum, das an bestimmten Stellen durch den Einsatz von dysfunktionalen Gestaltungsmitteln durchbrochen wird.

Theorien der medialen Dysfunktion Dysfunktionen wurden bisher in der theoretischen Auseinandersetzung um Medien nur wenig beachtet. Erst in den letzten Jahren hat es einige Arbeiten gegeben, die zumindest eine Annäherung an Dysfunktionen zulassen oder, genauer gesagt, von denen aus Dysfunktionen beschreibbar erscheinen, auch wenn sie selbst explizit auf dieses Thema nicht eingehen.

Die französische Mediologie Die in den 90er Jahren in Frankreich entwickelte Mediologie ist keine neue Medientheorie, sondern ein interdisziplinärer, wissenschaftlicher Ansatz, der versucht, Medien differenzierter zu beschreiben als bekannte soziologische und kommunikationswissenschaftliche Arbeiten zur Analyse von Massenmedien. Die Sicht der Mediologie auf Medien ist vor allem geprägt durch die Konzentration auf die Bruch- und Wendepunkte in der Geschichte, an denen ein grundlegender Paradigmenwechsel, d. h. mentaren Parallelismus bezeichnete. Es handelt sich dabei um eine formale Dekomposition, d. h. eine Auffächerung in lineare Lamellen, die parallel zueinander verlaufen und den Gegenstand verformen.“ Cabanne, Pierre: Gespräche mit Marcel Duchamp. Köln 1973, S. 43. 90

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eine bedeutende Veränderung der kulturellen Denkweise, der „Weltanschauung“, durch ein mediales Dispositiv eingeleitet wird. Die mediologische Problematik erwächst dabei aus einem differenzierten Mediensystem. Das heißt, es geht nicht mehr um die Eigenheiten eines bestimmten Einzelmediums, sondern um das Verhältnis verschiedener Medien zueinander. Mediologische Analysen machen nur dort einen Sinn, wo es mediale Differenzen gibt, mithin also mediale Brüche, an denen Medialität hervortreten kann. Dabei spielt der Gedanke einer absoluten teleologischen Entwicklung von Medien gegenüber der Vorstellung eines konkurrentiellen und subsidiären Verhältnisses von Medien nur eine untergeordnete Rolle. Bei der Untersuchung von Medienverhältnissen richtet sich der Blick vor allem auf die Übermittlungsprozesse selbst, d. h. auf den Prozess der Transmission. Untersucht wird, wie ein Medium bestimmte Ideen zu übermitteln versucht. Dabei spielen mediale Brüche eine besondere Rolle, da an ihnen die Grenzen eines Mediums deutlich werden. Diese Brüche werden nun einerseits deutlich im Rahmen von großen historischen, d. h. epochalen Abschnitten (vgl. dazu Debray) wie sie etwa die Einführung des Buchdrucks oder die Etablierung des Mediums Film bedeuteten. Andererseits werden aber auch innerhalb von kleineren historischen Phasen immer wieder Brüche sichtbar, die weniger historische Zäsuren der Medienentwicklung auf einer zeitlichen Längsachse markieren als vielmehr in Form eines Querschnitts innerhalb eines zeitgenössischen Rahmens die Verhältnisse von Medien untereinander. In Jenseits der Bilder von Régis Debray finden sich zahlreiche Beispiele, die die Gleichzeitigkeit von ungleichzeitig entstandenen Medien beschreiben, obwohl das Buch von seiner Anlage her von einer Abfolge verschiedener Zeitalter ausgeht. Diesen „Zeitaltern“, von Debray Logosphäre, Graphosphäre und Videosphäre genannt, lässt sich zwar jeweils ein spezifisches Leitmedium zuordnen, doch dieses Medium allein reicht nicht aus, um das Ensemble eines Mediensystems neu auszurichten und auch die gesellschaftlichen und kulturellen Maßstäbe der Wahrnehmung zu verändern. Erst ein Zusammenspiel von mehreren Medien, von technischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen führt zu einem wirklichen Paradigmenwechsel. Debrays Einteilung in verschiedene Zeitalter ist nicht apodiktisch und strikt chronologisch aufzufassen25, auch wenn sie historisch situiert wird. „Die Kirchenikone oder das Kunstwerk verschwinden ja nicht, nur weil es seit ein paar Jahrzehnten das Farbfernsehen gibt. Lediglich der hegemoniale Anspruch hat

25 Vgl. Debray 1999, S. 286. 91

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sich verschoben. Nach wie vor durchdringen sich die verschiedenen Zeitalter gegenseitig.“26 Auch Louise Merzeau beschreibt in ihrem Aufsatz „Ceci ne tuera cela“ in Anspielung auf die Überschrift „Ceci tuera cela“ eines Kapitels aus Victor Hugos Glöckner von Notre Dame, in der Hugo über die Folgen des Buchdrucks reflektierte, die Aufgabe der Mediologie als ein Ausmachen „von Tendenzen, von Bruchpunkten, von Grenzen, aber auch von Ungleichgewichten, von Widerständen, von Wiederkehr und von Verflechtung.“27 Zwar ist für den Mediologen unstrittig, dass ohne den Buchdruck als Voraussetzung, d. h. die Möglichkeit der Verbreitung, die Reformation ein kircheninterner Glaubensstreit unter anderen geblieben wäre, doch allein die Erfindung des Buchdrucks führt noch nicht in ein neues mediologisches Zeitalter. Die Aufgabe des Mediologen ist es, gerade auch die Ungleichzeitigkeit von Prozessen herauszustellen. So hält die institutionelle Organisation von Medien nicht immer mit ihrer technischen Evolution Schritt; Medien entwickeln sich in gesellschaftlichen Kontexten, die ihren eigenen Rhythmus haben.28 So versucht die Mediologie gerade den Mythos zu widerlegen, dass ein neues technisches Medium automatisch auch eine Veränderung der Wahrnehmung zur Folge habe. „Die Fotografie hat beispielsweise Mitte des letzten Jahrhunderts die Malerei keineswegs ausgelöscht, sondern sie lediglich von ihrer Abbildfunktion befreit, die sie zur realistischen Nachahmung und zur Ähnlichkeit als ästhetischem Maßstab verpflichtete. Umgekehrt hat die Fotografie in ihren Anfängen gerade jenes Repertoire an ästhetischen Formen wiederholt, das die Malerei dieser Zeit abzulegen begann, genannt sei hier nur das Genre-Bild oder die Porträtfotografie in steifen Posen.“29 Die Konkurrenz von zwei gleichzeitig auftretenden Medien, deren Entstehungsursprung verschiedenen Zeitaltern zuzurechnen ist, folgt dabei einem bestimmten Schema, in dem Debray zwei Phasen unterscheidet: „[…] zuerst die Huldigung, dann die Vertreibung. Die schwere Staffelei hat lange Zeit den bescheidenen Dreifuß verdeckt wie die Theaterbühne die Kinoleinwand und dann die Filmleinwand den Fernsehbildschirm. Der Sprössling beginnt mit der Nachahmung des Älteren – noblesse oblige. Er wächst heran und stellt sein Vorbild in den Schatten. Daraufhin stellt der primus inter pares seine Originalität gekränkt zur Schau und versucht, seinen Zögling auf Distanz zu halten

26 Weber 1999, S. 408. 27 Merzeau, Louise: „Ceci ne tuera cela“, in: Les Cahiers de médiologie, n° 6, 1998, S. 32 [Übersetzung des Autors]. 28 Vgl. dazu ebd., S. 38. 29 Weber 1999, S. 408. 92

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[...].“30 Die von Debray hier umschriebenen mediologischen Übergänge betreffen bereits im Ansatz auch inhaltliche ästhetische Auswirkungen von Medienkonkurrenz.

Remediation Unter dem Titel Remediation. Understanding New Media31 nähern sich die beiden Amerikaner Bolter und Grusin dem Thema Medienkonkurrenz und legen zugleich den bisher wohl weitgefasstesten Ansatz zu dieser Problematik vor. Anders als die Mediologie konzentrieren sie sich aber von vorneherein auf eine ästhetische Perspektive, auch wenn sie einräumen, dass Medienentwicklung für sie – ähnlich wie für die Mediologen – immer von mehreren Faktoren geprägt wird.32 Ihre Arbeit „richtet sich auf der einen Seite gegen einen linear-evolutiven technologischen Determinismus, nach dessen Prämissen die neuen Medien jeweils die alten ablösen und deren Funktionen übernehmen. Zugleich wenden sich Bolter und Grusin gegen jeglichen Medienpurismus. Ausgehend von McLuhans Bemerkung, dass „the ‘content’ of any medium is always another medium“33 entwickeln Bolter und Grusin ihr Konzept der Remediation, das davon ausgeht, dass jede Form von medialer Darstellung nur die Inhalte anderer Medien bearbeitet. „No medium, it seems, can now fonction independently and establish its own separate and purified space of cultural meaning.“34 Medien werden von ihnen nicht als isolierte35 Entitäten untersucht, sondern als ein interdependentes Geflecht oder System, in dem jedes Medium andere Medien remediatisiert. Allerdings reduzieren Bolter und Grusin ihren Medien-

30 Debray 1999, S. 285. 31 Bolter/Grusin 2001. 32 So sehen Bolter und Grusin Medien immer in einem komplexen Netzwerk von Funktionen; mit einem Blick auf die Cultural Studies heißt es: „The cultural studies of popular media (for example, Media Culture by Douglas Keller) have been right to insist on close ties between the formal and material characteristics of media, their ‘content’ and their economic and social functions.“ Ebd., S. 67. 33 Bolter/Grusin 2000, S. 45. Sie beziehen sich auf den Beginn von McLuhans Buch Understanding Media von 1964. Vgl. McLuhan 1968. 34 Ebd., S. 55. 35 Vgl. dazu Winklers Erläuterung zum Begriff der Isolation. Winkler 1997, S. 223 ff. 93

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begriff ganz auf den Aspekt der Remediation.36 „A medium is that which remediates.“37 Mit dieser Mediendefinition blenden sie technische, ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte von Medien gerade wieder aus ihrer Argumentation aus, die sie zuvor allgemein eingeklagt hatten und konzentrieren sich allein auf den „Inhalt“ der Remediation. Remediation erfolgt nun keineswegs nur in der chronologischen Abfolge von Medien, bei der die jeweils neueren Medien die älteren Medien remediatisieren würden, sondern ältere Medien können durchaus auch neuere Medien zum Inhalt haben. Beispiele hierfür sind aus der Medienpraxis hinreichend bekannt: Romane, die nach erfolgreichen Fernsehserien wie z. B. bei Star Trek verfasst oder nach denen gar Kinofilme gedreht werden wie z. B. bei den X-Files. Auch die kinematographischen Projektionen neuer Medien müssten streng genommen zu jener Form der Remediation gezählt werden, bei der ein älteres Medium neuere Medien remediatisiert. Allerdings ergeben sich dabei mehrere Schwierigkeiten, auf die im nächsten Abschnitt noch eingegangen werden soll. Die Vorstellung von Remediation wird nun von Bolter und Grusin weiter differenziert. Sie arbeiten dabei zwei Grundprinzipien heraus, denen jede Remediatisierung folgt: Immediacy und Hypermediacy. Unter Immediacy verstehen sie ein unstillbares Bedürfnis nach Unmittelbarkeit, die den illusionistischen Eindruck erweckt, dass das Medium selbst verschwunden wäre, durch das man etwas betrachtet. „Filmmakers routinely spend tens of millions of dollars to film on location or to recreate period costumes and places in order to make their viewers feel as if they were ‘really’ there.“38 Immediacy ist dabei nicht zu verwechseln mit einem naturalistischen Realismusbegriff, sondern stellt eher eine Form von Medientransparenz dar, bei der das Medium versucht, den Eindruck seines Verschwindens zu erwecken und damit den Eindruck von Unmittelbarkeit zu erzeugen. Dieses Bedürfnis nach Immediacy findet sich auch in den digitalen Medientechnologien wieder, insbesondere auf dem

36 Dazu ist anzumerken, dass es wenig Sinn macht von Remediatisierung zu sprechen, wenn alle Mediatisierungen Remediatisierungen sind. Der Begriff der Mediatisierung würde vollkommen genügen, da er den der Remediatisierung per definitionem bereits enthält. Bolter und Grusin wollen aber wohl mit dem Begriff Remediation eine bestimmte Akzentuierung vornehmen, die sich bewusst anlehnt an Derridas Vorstellung von ReInterpretation. Vgl. dazu Bolter/Grusin 2000, S. 56. 37 Ebd., S. 65. 38 Bolter/Grusin 2000, S. 5. 94

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Monitor als Computerinterface. „Immediacy is supposed to make this computer interface ‘natural’ rather than arbitrary.“39 Das Gegenteil von Immediacy ist Hypermediacy. Hypermediacy ist eine Tendenz der Mediengestaltung, die gerade die Präsenz des Mediums dem Betrachter zu Bewusstsein bringen soll. „The multiplicity of windows and the heterogeneity of their contents mean that the user is repeatedly brought into contact with the interface, which she learns to read just as she would read any hypertext.“40 Hypermediacy kann sich auf verschiedene Weise ausdrücken. „In digital technology, as often in the earlier history of Western representation, hypermediacy expresses itself as multiplicity. If the logic of immediacy acknowledges multiple acts of representation and makes them visible. Where immediacy suggests a unified visual space, contemporary hypermediacy offers a heterogeneous space, in which representation is conceived of not as a window on to the world, but rather as ‘windowed’ itself – with window that open on to other representations or other media. The logic of hypermediacy multiplies the signs of mediation and in this way tries to reproduce the rich sensorium of human experience.“41 Remediation im Kino zeigt sich für Bolter und Grusin vor allem bei der Integration von digitaler Grafik in den Film42, wie es etwa im Animationsfilm zu beobachten ist – es ist eine Art von „retrograder Remediation“43. Animationsfilme kannibalisieren dabei praktisch alle Arten von Geschichten, Mythen und Legenden. Immediacy heißt in diesen Filmen, dass sie eine einheitliche Erzählhaltung einnehmen und die Handlung möglichst bruchlos konstruieren, d. h. ohne Stil- oder Genrewechsel und auch ohne Multiplikation von Medien. Beispiele hierfür sind etwas Pinocchio (1940), Dumbo (1941) oder Bambi (1942).44 Hypermediacy findet sich im Kino vor allem dort, wo entweder Genrewechsel innerhalb eines Films erfolgen wie z. B. in Aladdin (1992) oder Real-Film mit Trick-Film-Aufnahmen kombiniert werden wie in Who Framed Roger Rabbit (1988) oder Space Jam (1996). Auch wenn der klassische Hollywoodfilm eher als Beispiel für Immediacy angeführt werden kann, finden sich einige Filme, die dem Prinzip der Hypermediacy folgen. „The Hitchcock film Vertigo (1958) predates the computer revolution in film by two decades – if we take the beginning of the revolution to be Star Wars (1977) – and yet it offers a 39 40 41 42 43 44

Ebd., S. 23. Ebd., S. 33. Ebd., S. 33/34. Ebd., S. 147. Ebd., S. 147. Vgl. Bolter/Grusin 2000, S. 148/149. 95

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perfect example of the techniques of representation that computer graphics animators and designers are now both imitating and changing.“45 Vertigo ist für Bolter und Grusin auch deshalb interessant, weil sie an diesem Film erstmals eine historische Bedeutung von Hypermediacy festmachen. Durch den Zoom und einer entgegengesetzten Kamerabewegung wird die Konvention der Transparenz von Hollywood-Filmen durchbrochen. „In Vertigo, as in other Hollywood films such as Spellbound (1945), hypermediacy is equated with dreams, mental disorder, or insanity. When characters are in mental balance, the camera is a transparent lens on the world; when something is wrong (when they are drunk or physically or mentally ill), the subjective camera offers a distorted view that makes us aware of the film as medium and often incorporates or refers to other media.“46 Die inhaltliche Verbindung von Hypermediacy mit dem Verlust des seelischen Gleichgewichts ist, wie Bolter und Grusin einräumen, allerdings nur auf das klassische Hollywood-Kino beschränkt. In Filmen wie z. B. Peter Greenaways Prospero’s Book gelten ganz andere Konventionen, die Hypermediacy in einen anderen Kontext stellen. Von dieser Differenz ausgehend könnte man nun Mediengeschichte auch als eine Geschichte des Stils schreiben, also als einen Wechsel von Ausdrucksformen, die jeweils in ihrem spezifischen historischen Kontext eine spezifische Aussagekraft entwickeln. Bolter und Grusin verstehen Ihre Arbeit aber nicht als einen Beitrag zur Stilgeschichte der Medien, sondern sehen in Immediacy und Hypermediacy zwei dialektische Kräfte wirken, die die Mediengeschichte selbst vorantreiben. Auch wenn die Autoren selbst einräumen, dass Medien in einem komplexen Feld von technischen, ökonomischen und sozialen Faktoren zu betrachten sind47, erwecken Sie durch die Auswahl ihrer Beispiele und durch die Fokussierung allein auf den Aspekt der Remediation den Eindruck, dass sie als überzeitlich wirksame Kraft die historische Entwicklung der Medien selbst modelliert. So wird Remediation im Falle eines neuen Mediums meist mit Wunschvorstellungen aufgeladen, so dass sie Reformcharakter annimmt. „They tell us, for example, that when broadcast television becomes interactive digital television, it will motivate and liberate viewers as never before; that electronic mail is more convenient and reliable than physical mail; that hypertext brings interactivity to the novel; and that virtual reality is a more ‘natural’ environment for computing that a conventional video screen. The assumption of reform is so strong that a new medium 45 Ebd., S. 150. 46 Ebd., S. 152. 47 Vgl. ebd., S. 67–69 . 96

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is now expected to justify itself by improving on a predecessor […].“48 Und an anderer Stelle heißt es: „Each new medium is justified because it fills a lack or repairs a fault in its predecessor, because it fulfils the unkept promise of an older medium.“49 Die Bedeutung von Bolter und Grusin liegt nun nicht darin, die Medienentwicklung selbst zu erklären, sondern ein Modell vorzuschlagen, dass zuallererst für eine differenziertere Beschreibung der Beziehung von verschiedenen Medien innerhalb eines Mediensystems sensibilisiert.

Medienkonkurrenz im Kino Medienkonkurrenz im Kino hat nun ganz unterschiedliche Dimensionen, die sich nach dem Blickwinkel der Betrachtung richten. Am naheliegendsten ist sicher die ökonomische, auf deren Feld sich auch der Ausdruck Konkurrenz letzthin bezieht. Das Kino steht ökonomisch in Konkurrenz zu anderen Medien wie dem Fernseh-, Video-, DVD- oder Spiele-Markt um die Freizeit, die Aufmerksamkeit und d. h. nicht zuletzt auch die Kaufkraft der Zuschauer. In Europa hat das Kino dabei den Kampf verloren, da es ohne staatliche Zuschüsse weitgehend defizitär wäre, oder, wie in den USA, in seiner ökonomischen Bedeutung auf die hinteren Ränge abgerutscht ist. Ohne hier auf die von Majors seit Ende der 70er Jahre gewandelte Strategie im Einzelnen eingehen zu wollen50, lässt sich unschwer eine Ökonomisierung des Kinos ausmachen, die dadurch, dass die Produktionsbudgets steigen, zugleich den Amortisierungsdruck auf die Produktion erhöhen, damit aber der Zwang, Gewinn zu machen, ungleich stärker auf die Auswahl und die Gestaltung der Stoffe drückt. Die Kommerzialität, also die Marktgängigkeit, eines Filmes wird dabei weniger an seinem tatsächlichen kommerziellen Erfolg gemessen, sondern an die im Vorfeld seiner Entstehung durch den Erfolg anderer Filme aufgebaute Erwartungshaltung. Ein kommerzieller Film ist also nicht unbedingt ein kommerziell erfolgreicher Film, sondern ein Film, der sich nach der Erwartungshaltung und d. h. den Vorgaben der Produzenten richtet. Seit dem Ende der 70er Jahre ist eine vor allem von den USA forcierte Strategie zu beobachten, einerseits die Produktionsbudget zu 48 Bolter/Grusin 2000, S. 59. 49 Ebd., S. 60. 50 Vgl. dazu Weber, Thomas/Woltersdorff, Stefan (Hrsg.): Wegweiser durch die französische Medienlandschaft. Marburg 2001. Dort wurden die Auswirkungen dieser Strategie auf die wichtigste europäische, d. h. die französische Filmindustrie untersucht. 97

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erweitern, um die technischen Standards so weit zu erhöhen, dass die Konkurrenz mit niedrigeren Budgets nicht mehr mithalten kann, andererseits eine Konzentration der Mittel auf Prestigeobjekte, auf Superproduktionen, mit denen auch im öffentlichen Bewusstsein Kinokultur neue Maßstäbe setzen soll. Mit der ökonomischen Dimension von Konkurrenz verknüpft ist auch die Rolle, die die Medien im öffentlichen Raum spielen, ohne dass diese jedoch mit ihrer ökonomischen Bedeutung zusammenfiele. Die Ausdifferenzierung der von den Medien übernommenen Funktionen folgt dabei einer eigenen Dynamik, die sich nur teilweise mit der von Niklas Luhmann51 beschriebenen Organisation von Anschlussdiskursen erklären lässt. Ohne Luhmanns Befunde über das Funktionieren der Massenmedien als autopoeitisches System grundlegend in Frage stellen zu wollen, muss dennoch darauf hingewiesen werden, dass in seiner Theorie ein technischer Medienbegriff fehlt. Das heißt, er kennt keine qualitativen Differenzen zwischen den verschiedenen Medien und kann ihre besonderen, historisch veränderlichen Funktionen auch nicht relational zu anderen Medien innerhalb eines Mediensystems bestimmen. Luhmann beschreibt die Funktion von Massenmedien aus einer gesamtgesellschaftlichen Sicht, bei der Phänomene der Medienkonkurrenz außerhalb des Blickwinkels liegen. Betrachtet man z. B. die Visualisierung von Nachrichten, so ist – nachdem das Kino als Medium der Aktualitätenschau seit den 60er Jahren ausgefallen ist – eine Konkurrenz zwischen Presse, Fernsehen und inzwischen auch dem Internet zu beobachten. Während das Internet Fotos von aktuellen Ereignissen in nie gekannter Geschwindigkeit verbreitet, liefert die Presse ausgesucht spektakuläre und künstlerisch anspruchsvolle Fotos, während das Fernsehen vor allem durch das ereignisnahe, bewegte Bild den sicher dominanten Part bei der Visualisierung spielt. Die unterschiedlichen Medien konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Zuschauer, sprechen sie aber auf unterschiedliche Weise an. Es wäre ineffizient, wollte das Internet nicht seine Schnelligkeit ausnutzen und stattdessen auf hochwertige Fotos setzen, deren Bildqualität sich allein schon durch die bei der Übertragung auftretenden Mängel kaum an die Rezipienten vermitteln ließe. Die Konkurrenz der Medien um Aufmerksamkeit führt zu Ausdifferenzierung von Funktionen und Aufgaben, die aus einer jeweils aktuellen aktuellen Perspektive durchaus als komplementäre Ergänzungen erscheinen können.

51 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Realität der Massenmedien. Opladen 1996, S. 169 ff. (2. erweiterte Aufl.). 98

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Das Kino ist im Bereich Unterhaltung in Konkurrenz zum Theater (oder anderen, ähnlich perfomativen Medien), der Belletristik, dem Fernsehen und Computerspielen zu verorten. Es profiliert sich gegenüber dem Theater durch seinen massenmedialen Charakter und gegenüber anderen Medien durch den öffentlichen Charakter des Veranstaltungsorts, der für das Publikum einen eigenen öffentlichen Raum konstituiert. Die spezifische Form der Unterhaltung, die das Kino bietet, richtet sich an ein überwiegend jüngeres Publikum52, hat Erlebnis-Charakter (was besonders in den Multiplex-Kinos verstärkt wird), bietet mindestens ebenso komplexe Erzählstrukturen wie Fernsehen oder Computerspiele und sticht gegen die anderen technischen audiovisuellen Medien vor allem durch seine hervorragende Bild- und Ton-Qualität hervor. Gerade diese besondere ästhetische Qualität des Kinofilms führt dazu, dass Filmproduzenten immer wieder Anstrengungen unternehmen, um Bilder zu generieren, die über die unmittelbare Ausstrahlung des Spektakulären hinaus die Kraft haben, sich in das visuelle Gedächtnis eines Kollektivs einzuprägen. Der Aufwand bei der Produktion von Kinofilmen lässt sich dabei nicht allein nur mit einer ökonomischen Strategie erklären, also dem Versuch, die Konkurrenz innerhalb des eigenen Mediums auszustechen, da die Wirkung der Bilder weit über das ökonomische Kalkül hinausgeht. Der Aufwand bei der Produktion von Kinofilmen – und hier greift Luhmanns Vorstellung von selbstreferentieller Dynamik der Medien – dient vor allem dazu, die Konkurrenz innerhalb des eigenen Mediums auszustechen. Noch immer investieren vor allem die amerikanischen Majors bis zu zweistellige Millionen-Dollar-Beträge, um ihren Produkten einen bestimmten Look, ein ausgefeiltes Design oder eine ausgefallene Ästhetik zu verleihen, bei einigen Superproduktionen wie Titanic überschreiten die Budgets auch die Summe von 100 Mio. Dollar. Doch die Wirkung der Bilder schießt längst über die Konkurrenz im eigenen Lager hinaus: Das Kino setzt immer wieder neue ästhetische Maßstäbe, die zwar von den anderen Medien zwar nicht übernommen, aber für sie zur Referenz werden. Ein x-beliebiger Fernsehkrimi ist nichts im Vergleich zu einem L.A. Confidential oder einem James-Bond-Film. Ein Tomb Raider wird erst im Kino ästhetisch überhöht. Es scheint, als würden sie erst durch die Projektion im populären Kino in die kollektive Vorstellungswelt der Gesellschaft eindringen. Seit Star Wars nun hat das Kino die ästhetische Gestaltung unserer Vorstellung von Zukunft übernommen.

52 Vgl. Beer, Carolin: Die Kinogeher. Eine Untersuchung des Kinopublikums in Deutschland. Berlin 2000. 99

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Die kinematographischen Projektionen neuer Medien gehören praktisch ausnahmslos nicht in die Kategorie von kommerziellen Filmen (allenfalls Total Recall könnte als kommerzieller Film angesehen werden), da sie inhaltlich querstehen zu den Kriterien, die die Majors an kommerzielle Erfolge anlegen. Dass Matrix ein kommerzieller Erfolg war, macht ihn noch nicht zu einem kommerziellen Film. Filme wie La mort en direct, Strange Days oder eXistenZ werden daher auch eher von unabhängigen, kleineren Produktionsgesellschaften entwickelt und zumeist auch mit wesentlich kleineren Budgets ausgestattet (das gilt letzthin auch für Matrix). Dabei entstehen – häufig sogar gegen die Intention der Produktionsgesellschaften – Filme, die sich nur bedingt kommerziell überhaupt verwerten lassen. So entstanden immer wieder Bilder, die sich unabhängig von hohen Budgets in die kollektive Vorstellungswelt gebohrt haben und dazu verdammt scheinen, traumatisch immerzu wiederholt zu werden. Die düstere Endzeitversion eines Blade Runner, der sich als erster von lichten, glückversprechenden Utopien im Kino verabschiedete, findet sein Wiederbild im Alien-Zyklus, im Terminator oder zahllosen B-Movies im Stil von Moon 44 und selbst Total Recall von Paul Verhoeven atmet noch den dystopischen Geist des ausgebeuteten kleinen Arbeiters, der um sein Leben betrogen wird. So wie die Bilder aus seiner wirklichen oder nur imaginierten Vergangenheit sich ins Bewusstsein von Doug, Verhoevens Protagonist, drängen, so bleiben auch die Bilder der organischen Medien-Mutationen eines David Cronenbergs den Zuschauern ebenso unvergesslich wie die pointillistisch anmutenden Traumaufzeichnungen aus Wenders Bis ans Ende der Welt. Doch gerade dort, wo die Bilder der neuen Medien innerhalb der Kinofilme in ästhetische Konkurrenz zum Kinobild selbst geraten, wird das von Bolter und Grusin proklamierte Konzept der Remediation problematisch und lässt sich nicht umstandslos auf kinematographische Projektionen von neuartigen Medien übertragen. Denn die von ihnen beschriebene Remediation kann sich immer nur auf vorhandene, existierende Medien beziehen, nicht auf zukünftige, noch nicht existierende Medien, wie sie von Kinofilmen von La mort en direct bis Matrix thematisch dargestellt werden. Es findet zwar auch in diesen Filmen eine Form von Remediation statt, doch – wie die genauere Analyse noch zeigen wird – eine Remediation von älteren Medien. So werden die direkten Aufzeichnungen der physiologischen Wahrnehmung durch das SQUID in Bigelows Strange Days letzthin ästhetisch mit Hilfe von S/WVideobildern dargestellt, z. B. als der farbenblinde Killer Iris in ihrem Hotelzimmer überfällt, vergewaltigt und erwürgt. Und auch die gerade erwähnten Traumbilder aus Bis ans der Welt machen ihre Anleihen in der Malerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts, dem Pointillismus und dem

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Impressionismus. Dieser Rückgriff aufs Erprobte und in seiner Ästhetik kollektiv bekannte Medium zur Darstellung von neuen Medien ist nicht nur durch seine verkürzte typisierende Darstellung eine Reduktion: Denn das neue Medium erscheint so immer ärmer als die Ausdrucksmöglichkeiten des Kinos, das sich im Gegenzug gegen das neue Medium ästhetisch profiliert. Durch diese Form der Remediation verlieren sich auch die von den neuartigen Medien versprochenen Qualitäten, die in der Verheißung von größerer Unmittelbarkeit, von Immediacy, konvergieren. Denn in der Darstellung des neuen Mediums im Kinofilm, der einen medialen Bruch zu den eigenen Kinobildern inszeniert, wird statt Immediacy Hypermediacy konstruiert. Auch wenn dies vor allem mit den Sachzwängen zu erklären ist, die sich – wie im Folgenden gezeigt wird – aus der Dramaturgie dieser Filme ergibt, zeigt sich hierin eine Paradoxie, die die behauptete, vordergründige Handlung der Filme unterläuft und sich aus der Perspektive des Kinos wie ein Kommentar zu neuen Medien lesen lässt. Die Vorstellung einer Hierarchie der Medien, wie sie im theoretischen Diskurs über Medien in der Idee der Medienabfolge zu Tage trat, kehrt hier durchaus wieder, allerdings mit verschobener Perspektive. Die Filmautoren heben den Zeitpfeil auf und ignorieren die chronologische Entwicklung der Medien. Weit wichtiger sind ihnen die mit den Medien verbundenen Wertmaßstäbe und die aus ihrer Konkurrenz sich ergebenden Machtverhältnisse. In Bis ans Ende der Welt unternimmt Wenders eine Tour de force rund um die Welt, die im ersten Teil des Films zu einer Bestandsaufnahme der neuesten projektierten AV-Technologien der damaligen Zeit – also Ende der 80er Jahre – gerät. Vom Bildtelefon bis zum Internet (das bis dahin in Europa privat kaum genutzt wurde), vom Satellitennavigationsgerät bis zur Kamera, deren Bilder von Blinden gesehen werden können, schreitet Wenders einen Kreis von zumindest rudimentär bereits entwickelten Technologien ab und entwirft ihr imaginiertes Bild. Dabei geraten seine Imaginationen zu einer Bestandsaufnahme einer Welt der falschen Bilder, die die Menschen gegen die Welt und schließlich gegen sich selbst stumpf machen. In La mort en direct gibt es einen direkten Kontrast zwischen den Nah-Aufnahmen der verhuschten Fernsehbilder der Kopfkamera und den weiten, kontrastreichen Landschaftsaufnahmen des Films selbst, in denen sich die Figuren fast verlieren. Und in Matrix finden sich Kontraste zwischen der Darstellung der Matrix als Extension im Bewusstsein der Menschen und als Codefolge auf den Bildschirmen der Nebukadnezar oder beim Durchbrechen der Matrix durch die erwor-

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benen mentalen Fähigkeiten von Neo, die das Kino visuell als ästhetische Differenz inszeniert. Die Frage nach der Medienkonkurrenz gerät bei einer ästhetischen Betrachtung der Kinofilme zur Frage nach dem Umgang mit dem Material.

Zur Inszenierung von Dysfunktionen Wie wird ein Medium überhaupt inszeniert, da es doch die Tendenz hat, unsichtbar zu sein? Und woran wird die Medialität eines Mediums deutlich? Die Fragen lassen sich nicht einfach beantworten, da man – folgt man Groys – eine Entscheidung zu treffen hat zwischen der Zeichenoberfläche und dem Zeichenmaterial. Oder anders ausgedrückt: zwischen dem Inhalt eines Mediums und seiner kulturell konnotierten Bedeutung einerseits und andererseits seiner technischen Konstruktion, seinem Entstehungsprozess, der als Reflexion eine eigene Bedeutung annimmt. Wollte man dies auf den populären Film übertragen, so hätte man dann eine Entscheidung zu treffen zwischen der thematischen Darstellung von Medien, d. h. zukünftige Medien als Spezialthema der Science Fiction, und der Superposition der technisch-materialen Konstruktion, wie sie von den künstlerischen Avantgardebewegungen der Moderne vorgenommen wurde. Beide Aspekte scheinen tatsächlich auseinanderzufallen und einander in der Betrachtung auszuschließen. Der populäre Film bringt nun mit der Projektion von Wunschmedien das Kunststück fertig, zwischen beiden Aspekten zu vermitteln: also gewissermaßen den Fernseher im ausgeschalteten Zustand als technische Apparatur und zugleich im eingeschalteten Zustand als Programmmaschine zu inszenieren. Medialität wird insofern gleich doppelt dargestellt: zum einen auf der Ebene der behaupteten Handlung, zum anderen auf jener der materialen Konstruktion. Bei dieser doppelten Inszenierung spielen Dysfunktionen eine besondere Rolle, weil sie im Rahmen eines narrativen Kontinuums eine Dissoziation bewirken, die auf die materiale Ebene des Mediums und damit seine Medialität verweist. Grundlegend lassen sich dabei folgende Kategorien der Dysfunktion voneinander unterscheiden:

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Defekte Defekte oder allgemeine Störungen des Bildes betreffen in der Regel seine Übermittlung, also den Übertragungsweg bzw. seine materiale Struktur. Wenn z. B. das Ausgangsmaterial, sei es nun Magnetband oder Zelluloid, beschädigt ist, dann wird auch das Bild Spuren dieses Defekts zeigen. Oder aber die Übertragungswege sind gestört, z. B. das Sendesignal eines Fernsehsenders oder eines Satelliten. Das Ergebnis ist ähnlich, wenn auch im Einzelnen der Charakter des Defekts unterschiedlich ist und auf die spezifische Art der Störung verweist. In La mort en direct z. B. gibt es eine Szene, in der Roddy erstmals die Kopfkamera ausprobiert (0.10). Er verlässt die Praxis des Augenarztes, tritt aus dem Haus heraus und wird von einer Krankenschwester, die ihn von vorherigen Besuchen kennt, angesprochen. Bis dahin sieht man ein feinkörniges, perfekt ausgeleuchtetes Kinobild ohne jegliche erkennbare Verzerrung. Danach ist die Krankenschwester zu sehen auf zwei verschiedene Weisen: 1. in Großaufnahme, grobkörnig, fast kann man die einzelnen Bildzeilen erkennen, wie bei einem schlecht eingestellten Fernsehbild. 2. Sie ist nun gleichzeitig in der Halbtotalen auf vier verschiedenen Monitoren eines Fernsehstudios zu sehen; durch die konkave Wölbung der Bildröhren wirkt das Bild noch weiter verzerrt. Kurz darauf bummelt Roddy durch die Stadt und probiert die neu eingebaute Kamera aus. An einer belebten Straßenkreuzung lässt er den Blick hin und her schweifen. Man sieht die von ihm aufgenommenen Bilder verzerrt auf einem Monitor im Fernsehstudio, wo sie wie ein nervöser Reißschwenk wirken. Defekte dieser Art finden sich auch in Wenders Bis ans Ende der Welt. Dazu gehören etwa die Aufnahmen mit der Spezialkamera, die Trevor und Claire in San Francisco von Trevors Schwester anfertigen (01.13.43 ff.). Das Bild ist zwar klar und deutlich, eingeteilt jedoch in große rechteckige Rasterflächen, von denen einzelne ihre Farbwerte willkürlich verändern. Auch die Aufzeichnungen der Traumsequenzen im australischen Labor zeigen ähnliche Defekte. Nicht zuletzt seien hier noch die „defekten“ Bilder aus Strange Days erwähnt. Sieht man einmal von der Eingangssequenz ab, die beim „Hochfahren“ durch den „pixelig“

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„Defekte“ Bilder: Auswertung von Trevors Aufzeichnungen im australischen Labor (Bis ans Ende der Welt, Wim Wenders) wirkenden Übergang auf die materiale Struktur der Aufnahme verweist, sind es vor allem die von dem kühl kalkulierenden Killer gedrehten SQUID-Clips, die gewisse Dysfunktionen aufweisen: Am offensichtlichsten ist das Fehlfarbenbild, das eine Art Schwarzweißbild erzeugt. Obwohl weiter avanciert, entspricht die Darstellungsqualität der SQUIDTechnologie einem verwackelten, unterbelichteten Videobild.

Deformationen Deformationen bilden eine Kategorie, die sich nicht eindeutig dem Dysfunktionalen zuordnen lässt, da die Deformation in unterschiedlichen Kontexten je eine andere Funktion und Bedeutung annimmt. Die Darstellung eines deformierten menschlichen Körpers kann z. B. im Kontext einer Kriegsberichterstattung auf die verheerende Wirkung von Waffen hinweisen, im Kontext eines Spielfilms das Monster (z. B. Frankensteins Kreatur) charakterisieren oder im Rahmen einer symbolischen Darstellung groteske, karnevaleske Zügen annehmen (wie z. B. der Bauchschlitz von Max Renn in Videodrome). Allgemein lassen sich zwei unterschiedliche Arten der Deformation auszumachen: Deformationen von Körpern und Deformationen von Räumen.

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Deformationen von Körpern (insbesondere menschlichen Körpern) Die Darstellung der Deformation von menschlichen Körpern hat eine lange Tradition, die sich über verschiedene Medien hinweg von den Halbwesen der Antike über die Bilder eines Hieronymus Bosch bis hin zu neuesten Science-Fiction oder Horrorfilmen verfolgen lässt. Im Medium Film erfolgt die Darstellung meist mit Maske und Schminke, auch wenn seit einigen Jahren neuere, computergestützte Verfahren hinzugekommen sind, wie z. B. das sogenannte Morphing. Die Deformation kann dabei ganz unterschiedliche Bedeutungen annehmen, die vom jeweiligen (Diskurs-)Kontext abhängig ist. Im Kontext von medialen Selbstreflexionen sind körperliche Deformationen zunächst als Ausdrucksmittel nicht evident, d. h. ein direkter Zusammenhang von Deformation und dem Hervortreten von Medialität ist nicht auf den ersten Blick auszumachen. Denn die Deformation scheint sich zunächst bruchlos in das vom Film aufgebaute narrative Kontinuum einzufügen. Ein Körper, wie der des buckligen Glöckners von Nôtre Dame z. B. ist zwar deformiert, er findet aber seinen Platz innerhalb der Erzählung, d. h. er ist zu jedem Zeitpunkt motiviert und in die aufgebauten Kausalzusammenhänge eingebunden. Das ändert sich, wenn die Deformationen einen Grad erreichen, der sie aus den Kausalzusammenhängen herausreißt, wie z. B. in Videodrome (0.58): Als Max Renn sich im Technikraum des Fernsehsenders mit dem Haustechniker und Convex trifft, wird ihm schlagartig klar, dass er Opfer einer Verschwörung ist. Doch bevor er sich zur Wehr setzen kann, hält ihm Convex eine Videokassette hin, die Max hypnotisch in ihren Bann zieht. Die Kassette beginnt zu „atmen“. Dann befiehlt Convex: „Öffnen Sie sich mir!“ Das Hemd von Max öffnet sich und legt einen vertikalen Bauchschlitz frei, der wie eine gigantische Vagina wirkt. In diesen Schlitz legt Convex nun die Kassette ein. Max ist entsetzt und stürzt nach draußen, krümmt sich auf dem Boden und versucht den Gegenstand wieder aus seinem Bauch herauszubekommen. Doch stattdessen zieht er daraus eine Pistole hervor, aus der Kabelstränge wuchern; die Kabelstränge durchbohren seine Handflächen, und die Pistole verwächst schließlich mit seiner Hand. Halluziniert er dies alles nur, oder befindet er sich in einer neuen Dimension der Realität? Beide Möglichkeiten klingen im Film an, doch wird der Zuschauer darüber letzthin im Unklaren gelassen. Allein schon die Möglichkeit, dass die dargestellte Deformation sich nicht logisch erklären lässt, führt zu einem Bruch mit dem narrativen Kontinuum. Denn wenn die Deformation nicht mehr den Gesetzen der 105

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Körperliche Deformation: Bildfolge aus Videodrome (David Cronenberg) bekannten Realität folgt oder, genauer gesagt, auch nicht mit den von der narrativen, fiktionalen Konstruktion selbst aufgestellten Regeln zu vereinbaren ist, verweist die dargestellte Deformation auf eine andere 106

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Bedeutungsebene, die sich weder mit Genrekonventionen noch innerhalb des von der Fiktion behaupteten narrativen Kontinuums erklären lässt. Auch in Matrix gibt es eine Szene der körperlichen Deformation (0.16), die zumindest zu jenem Zeitpunkt das narrative Kontinuum zu durchbrechen scheint, da sie den Gesetzen der bis dahin gezeigten Welt widerspricht. Neo wird zu einem Verhör mit den Agenten in einen Verhörraum gebracht. Man sieht eine Monitorwand mit diversen kleinen Monitoren, die alle das gleiche Bild zeigen. Neo in einem Verhörraum alleine an einem Tisch. Die Überwachungskamera in dem Raum, muss hin und her schwenken, da das Bild sich bewegt. Gleichzeitig fährt die Filmkamera immer dichter an einen Bildschirm heran, bis sie diesen quasi ersetzt. (Ein leichtes Flackern ist bei dieser Überblendung sichtbar.) Drei Agenten betreten den Raum. Der eine knallt eine Akte auf den Tisch und setzt sich Neo gegenüber. Er durchblättert diese kurz und klärt Neo darüber auf, dass sie bestens über sein Doppelleben als Thomas A. Anderson, treuer Bürger und Softwareprogrammierer sowie Neo, Hacker, der sich diverser „Computerverbrechen“ schuldig gemacht hat, informiert sind. Nur eines dieser Leben hat eine Zukunft. Sie wollen seine Hilfe bei der Aufspürung von Morpheus, dem „gefährlichsten Menschen der Welt“, einem „Terroristen“. Neo versucht, sein Recht auf ein Telefonat einzufordern. Der Agent fragt ihn, was ihm ein Telefonat nützen würde, wenn man nicht sprechen könne. Neo versteht nicht. Schnitt auf den Agenten. Schnitt auf Neo: Dieser will etwas sagen, doch sein Mund ist zugewachsen. Als er diesen öffnen will, reißt die Haut, die sich darüber gebildet hat, ein, doch er kann nur Gestöhne von sich geben. Er springt vom Tisch auf und hält sich seinen Mund. Die zwei anderen Agenten halten ihn fest. Sie öffnen sein Hemd und legen ihn auf den Tisch. Der erste Agent holt ein silbernes Etui heraus und nimmt daraus einen kleinen silbernen Apparat. Neo wird ihnen helfen, ob er will oder nicht. Er aktiviert den Apparat, eine kleine rote Lampe leuchtet in dem Röhrchen. Darin befindet sich ein gewundener Draht, an dem der Agent den Apparat über Neos Bauch baumeln lässt. Die Spirale dreht sich, und das Röhrchen verwandelt sich in ein amorphes, an eine riesige Kaulquappe erinnerndes Wesen. Es schüttelt sich zwei Mal und legt dann die kokonartige Hülle ab. Jetzt sieht es aus wie ein technisches Insekt mit sehr langen fragilen Antennen. Der Agent setzt es auf Neos Bauch ab. Dieser windet sich und versucht zu schreien, sein Mund ist jedoch nach wie vor verwachsen. Das „Tier“ benutzt seine Antennen, um durch den Bauchnabel in Neo einzudringen. Großaufnahme, wie der Schwanz darin langsam verschwindet.

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Auch wenn sich die Szene im weiteren Laufe des Films erklären lässt als eine Abwehrstrategie innerhalb der Matrix, in der körperliche Deformationen softwarebedingt möglich sind, konstituiert sie zunächst einen Bruch mit dem narrativen Kontinuum, da der Zuschauer von der Beschaffenheit der Matrix erst später erfährt.

Deformationen von Räumen Eine andere Art der Deformation ist die des Raumes. Das Medium Film scheint in besonderem Maße dazu geeignet zu sein, einen illusionären Raumeindruck zu konstruieren, da durch die Montage in der Realität getrennte Räume so miteinander verknüpft werden können, dass ein neuer, künstlicher Raum entsteht. Die hier gemeinte räumliche Deformation zielt nun allerdings nicht auf die Konstruktion der Illusion eines einheitlichen neuen Raumes, sondern auf die des Eindrucks einer räumlichen Störung. Die hierfür verwendeten Mittel gehören zu den klassischen filmischen Tricktechniken angefangen bei Kulissenmalerei und Bauten wie im Kabinett des Dr. Caligari über das Schüftan-Verfahren wie in Metropolis, die Blue-Screen-Technik, besondere Objektive wie in den Schlusssequenzen von 2001 – A space Odyssee bis hin zu neuesten digitalen Animationstricks. Auch bei den hier im Besonderen beobachteten Filmen gibt es eine Reihe von Beispielen für räumliche Deformationen. Am offensichtlichsten ist die Deformation des Raumes in einer Szene (1.10) von The 13th Floor. Der Protagonist Douglas Hall hat bereits die Vermutung, dass er nur in einer gigantischen Computersimulation lebt und will nun an die Grenze dieser virtuellen Welt gelangen, von der er sich Aufschluss und Gewissheit über den wahren Charakter seiner Wirklichkeit verspricht. Er fährt mit dem Wagen immer weiter raus aus der Stadt, ignoriert Warnschilder von gesperrten Straßen und steht irgendwann am Ende der Welt: Die natürlich Umgebung ist aufgelöst in digitale, grün leuchtende Gitternetze, die kaum mehr eine Silhouette, einen schemenhaften Umriss der Landschaft bilden. Die Berge bestehen nur noch aus fluoreszierenden Linien am Horizont und auch am Himmel zeichnet sich ein etwas schwächer leuchtendes Liniennetz ab, dessen Fluchtpunkt sich in weiter Ferne verliert. Sogar die Vögel haben ihre Gestalt verloren und bestehen nur noch aus zwei geschwungenen, sich gegeneinander bewegenden Linien. Der Rand der Welt zeigt den Raum nicht nur deformiert, sondern aufgelöst im Digitalen. Weitaus subtiler wird eine räumliche Deformation in einer Szene aus David Cronenbergs Film eXistenZ dargestellt (1.34). Allegra Geller und

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Räumliche Deformation: „Am Ende der Welt“ aus The 13th Floor ihr Begleiter Ted Pikul haben schon so einige Abenteuer bestanden. Als sie sich um das verletzte Biopod kümmern wollen, erfolgt eine Detonation, und einer der bewaffneten Rebellen dringt in ihr Gebäude ein, schiebt sie nach draußen und will sie dort erschießen. In letzter Sekunde, bevor er abdrückt, wird er von Allegras väterlichem Freund erschossen, der jedoch ihr Projekt an die Konkurrenz verkauft hat, wie er im Gespräch freimütig zugibt. Allegra erschießt ihn daraufhin und tötet auch ihren Begleiter per Fernzündung. Nur sie allein bleibt auf dem „Spielfeld“ zurück. Plötzlich sieht man sie mit einem vorher nicht vorhandenen Headset und Datenhandschuh. Dann taucht auf der freien Wiese mehrere Reihen von Kirchenbänken auf, die dort ganz offensichtlich nicht hingehören! In der nächsten Einstellung ist der Innenraum einer Kirche zu sehen; vorne auf dem Podium ist eine Gruppe von mit Headset und Datenhandschuh ausgestatteten Spielern zu erkennen, die der Zuschauer in Variationen aus der Eingangssequenz kennt. Diese Verschachtelung der Räume ist einerseits einer Form der räumlichen Deformation, durch den eine Verschiebung deutlich gemacht werden soll, andererseits verweist sie noch auf eine andere Form der Dysfunktion, die auf eine Herauslösung aus dem bisherigen Kontext zielt.

De-Kontextualisierung Eine dritte Art von Dysfunktionen ergibt sich aus den Auswirkungen einer Montage, die eine Auflösung des Eindrucks eines zeitlichen Kontinuums bewirkt und damit auch die Aufhebung von Kausalität. In der von Méliès begründeten illusionistischen Tradition des Kinos finden sich zahlreiche Beispiele für das Zusammenfügen disparater Momente, aus denen plötzlich etwas Neues entspringt. Die Experimente von Kuleschow mögen hier pars pro toto für viele andere stehen, die sich im Sinne Eisen-

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steins unter dem Begriff der synthetischen Montage zusammenfassen ließen. Im Gegensatz dazu geht es hier nun aber nicht um die eindimensionale Konstruktion einer Bedeutung durch das Zusammenfügen disparater Szenen, sondern um den Eindruck der Auflösung eines zeitlichen bzw. kausalen Zusammenhangs; d. h. um eine Montage, die – ähnlich wie die surrealistischen Collagen eines Max Ernst – gerade gewohnte Sinnzusammenhänge aufbrechen und den Zuschauer zunächst ratlos lassen. Es soll gar nicht bestritten werden, dass der Eindruck der Dysfunktion ein vorübergehender ist, der allmählich im Laufe des Films vom narrativen Kontinuum eingebunden und ihr damit eine bestimmte, wenn auch nicht eindeutige Bedeutung zugewiesen wird. Tatsächlich ergeben auch dysfunktionale Montagen, die einen Zusammenhang auflösen, natürlich wieder einen neuen Zusammenhang. Dieser aber umfasst eine andere zeitliche Dimension und fordert eine andere Art der kausalen Erklärung ein als die kurzschlüssige Montage von Bildfolgen, die sich nur in einer konventionellen Sehweise erschließen. Die Wut der Surrealisten richtete sich gerade gegen jene etablierten Konventionen und Ein andalusischer Hund atmet noch jenen Geist einer umfassenden Rebellion gegen eine konventionelle Weltsicht, der wenig später mit Filmen wie L’âge d’or eine politische, gesellschaftskritische und damit in ihrer Bedeutung ausgerichtete Wendung erfährt. Das Aufbrechen der Kausalität, die a-logische Wirkung, die von den Surrealisten gesucht wurde, verweist nicht zwingend nur auf das „Unbewusste“ oder eine „sur-reale“ Wirklichkeit. Der Bruch ist zunächst ein ganz allgemeiner mit dem „Gewohnten“ und kann – je nach Kontext – unterschiedliche Bedeutung bekommen. In Hiroshima mon amour von Alain Resnais z. B. werden die dysfunktional inszenierten Bilder in den Kontext subjektiver Erinnerung gestellt.53 Während Riva, eine französische Schauspielerin, die in den 50er Jahren in Japan einen Dokumentarfilm über die Anti-Atom-Bewegung dreht, mit dem japanischen Architekten Okada, ihrem heimlichen Geliebten bei ihrem Japanaufenthalt in Hiroshima in einer Kneipe sitzt, drängen sich plötzlich Bilder in ihr Gespräch, die völlig aus dem Zusammenhang gerissen scheinen. Es sind – wie man im Laufe des Films erfährt – Erinnerungen von Riva an ihre Zeit in Nevers, wo sie bei ihren Eltern aufwuchs und sich im Alter von 17 Jahren, mitten im Zweiten Weltkrieg, in einen deutschen Soldaten verliebte. Nach der Befreiung wird der Soldat erschossen, Riva unter den Beschimpfungen der Bevölkerung kahl geschoren und von ihren Eltern eingesperrt; zunächst in ihrem Zimmer,

53 Vgl. dazu Weber 2001. 110

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dann im Keller, damit die Nachbarn ihre Schreie nicht mehr hören. Sie ist traumatisiert. Entsprechend wird die Erinnerung an dieses Trauma auch nicht konventionell, d. h. linear erzählt, sondern sie kommt stoßweise, assoziativ zum Vorschein. Die einzelnen Elemente – die Muschel, der Kamm, die Katze, die Wand – scheinen de-kontextualisiert, entraten für Momente dem narrativen Zusammenhang, bevor sie durch die Kommentierung wieder ins narrative Kontinuum eingeordnet werden. Damit einher geht eine Psychologisierung des Dargestellten, d. h. es wird eine Interpretation nahegelegt, die die einzelnen, dekontextualisierten Elemente als Ausdruck einer psychischen Störung der Protagonisten auffasst, sie also in einen neuen Bedeutungszusammenhang bringt – doch davon mehr im nächsten Abschnitt. In den beobachteten Filmen zeigt sich die dysfunktionale Dekontextualisierung von einzelnen Szenen mehrfach. Als Beispiel seien hier zunächst einige kurze Sequenzen aus Johnny Mnemonic genannt. Selten aufblitzende Bilder zeigen Spuren dessen, was vielleicht Erinnerungen sein könnten. (0.41.27) Die Bilder sind kaum zu erkennen, da sie jeweils kürzer als eine Sekunde, z. T. unscharf, verwackelt oder falsch belichtet sind. Bei genauerem Hinsehen sind folgende Szenen zu erkennen: 1. Zwei kleine Mädchen spielen im Garten, doch ein Teil des Bildes ist undeutlich. 2. Ein Teil eines Kinderfahrrads. 3. Die Silhouette eines Kindes in einem lichtdurchfluteten Gang. 4. Eine angemalte Soldatenfigur. 5. Das Ziffernblatt einer Uhr, in der sich eine Frau spiegelt. 6. Ein Zimmer mit zwei Erwachsenen, deren Gesichter nicht zu erkennen sind; sie ziehen die Tür zu. 7. Eine weiße Villa. 8. Laufende Kinderbeine. 9. Die Silhouette einer anderen Person in dem lichtdurchfluteten Gang. Dies wiederholt sich später noch einmal kurz, als Johnny bereits bei den LoTeks ist. Die Sequenz (1.19.51–1.19.56) dauert im Ganzen nur fünf Sekunden und ist ebenso nur undeutlich zu erkennen. Dennoch lassen sich einige Bildelemente identifizieren: 1. Ein mächtiger Kronleuchter in einem großen Haus. 2. Wieder der lichtdurchflutete Gang und eine Kindersilhouette auf einem Fahrrad. 3. Eine Geburtstagstorte mit einem Schriftzug, der jedoch nicht zu erkennen ist. 4. Freifliegende Luftballons vor einem blauen Himmel. 5. Die Silhouette einer Frau. Eine weitere ähnliche Sequenz findet sich am Ende des Films als der Delphin Jones den Code knackt und Johnnys Hirn von der Datenlast befreit; der Delphin schenkt ihm mit einer Art Augenzwinkern auf wundersame, nicht weiter erklärte Weise (und ohne aufwendige Gehirnrekonstruktion) die Erinnerung an seine Kindheit. Die Sequenz (1.40.011.40.21) dauert diesmal mit 20 Sekunden etwas länger und ist damit besser zu erkennen: 1. Ein kleiner Junge auf dem Fahrrad mit dunklen schwarzen Haaren – vermutlich der kleine Johnny. 2. Der lichtdurchflu-

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De-Kontextualisierung: Fetzen einer Kindheitserinnerung aus Johnny Mnemonic (Robert Longo) tete Gang, der diesmal in allen Einzelheiten zu ekennen ist. 3. Eine Frau von hinten angeschnitten, die eine Treppe hinunterschreitet, die auf diesen Gang führt. 4. Wieder der Junge im Gang. 5. Die spielenden Mädchen im Garten – doch diesmal ist das ganze Bild zu sehen: Zwei weitere Jungs, einer davon Johnny, spielen mit ihnen. 6. Die Geburtstagstorte mit sieben Kerzen und dem Schriftzug „Happy Birthday Johnny, 7“. 7. Das Gesicht einer Frau, zu der der Junge aufschaut, wahrscheinlich seine Mutter. 8. Der Junge mit anderen Kindern, die Luftballons frei fliegen lassen. Während die zweite Sequenz wie eine Verstärkung der ersten wirkt und durch ihre Kürze die einzelnen Bilder noch unverständlicher und rätselhafter erscheinen lässt, stellt die letzte, die dritte Bildsequenz eine Art persönlicher Erlösung von Johnny dar: Jones schenkt ihm das, was ihm Motiv und Antrieb für hochriskante Aufträge war: die Erinnerung an die Kindheit. Die Bilder wirken wie die Komplettierung der vorangegangenen Fragmente und fügen sich damit in einen Kontext, der zugleich auch Anschluss findet an das narrative Kontinuum des Films.

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KAPITEL 3 DIE DRAMATURGIE

DES SUBJEKTIVEN

ZWEIFELS

Die Inszenierung der Dysfunktion für das Wahrnehmungssubjekt oder die Innenansicht der futurischen Medien Es fragt sich nun, welche Funktion die beschriebene Inszenierung von medialen Dysfunktionen hat, welche Effekte mit ihr generiert werden, inwiefern Medialität damit zum Ausdruck gebracht wird und welche Bedeutung dem berechtigterweise zugeschrieben werden kann. Diese Fragen lassen sich nicht beantworten, ohne auf jenen bisher ausgeblendeten Aspekt der Innenansicht der dargestellten Medien einzugehen. Denn die Inszenierung von Dysfunktionen ist nicht nur eine Frage allein der technischen Konstruktion, sondern auch der erzeugten Effekte und der damit einhergehenden Wirkungen auf die Wahrnehmungssubjekte. In allen beobachteten Filmen werden Medien nicht nur äußerlich dargestellt, sondern die Filme versuchen immer auch eine Innenansicht der futurischen Medien zu vermitteln. In La mort en direct ist es der Blick durch die Kopfkamera von Roddy, in Videodrome sind es die Visionen von Max, in Total Recall sind es die implantierten Erinnerungen von Doug, in Bis ans Ende der Welt vor allem die Aufzeichnungen der Träume von Trevor und Claire, in Johnny Mnemonic die Auseinandersetzung von Johnny mit eigenen Erinnerungen und gespeicherten technischen Daten, in Strange Days die aufgezeichneten Erinnerungen von Lenny und seinem Gegenspieler Max, in Nirvana das Eintauchen in die Datenwelt von Jimi und in The 13th Floor, eXistenZ und Matrix werden begehbare Innenwelten der virtuellen Simulation vorgeführt, die für die Protagonisten die Realität selbst zu sein scheinen. Immer wieder sind es vor allem die zentralen Figuren, die auf der Ebene der behaupteten Handlung stellvertretend als Wahrnehmungssubjekte ihre eigenen ästhetischen Erfahrungen mit den futurischen Medien machen, die im doppelten Sinne zu Grenzerfahrungen werden: Zum einen sind es Grenzerfahrungen des Protagonisten auf der Ebene der behaupteten Handlung, d. h. es sind Erfahrungen, die die Protagonisten 113

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in einer besonderen Lebenssituation – meist in Todesnähe – machen. Zum anderen wird Erfahrung vor allem dort besonders wahrgenommen, wo sie an ihre Grenzen stößt, also an die Grenzen von Erfahrbarkeit. Diese wird markiert von den Bedingungen der Apperzeption, d. h. dem physischen Vermögen der Wahrnehmung. Ein Blinder wird Formen und Farben nicht wahrnehmen können, ein Tauber keine Töne und ein Toter überhaupt nichts mehr. Die ontologischen Bedingungen der Wahrnehmung, d. h. des Erkenntnisvermögens, sind absolute Schranken, die nicht überschritten werden können. Die Medien versuchen nun so dicht wie möglich an diese Schranken heranzugehen. Sie loten aus, inwiefern Erfahrungen überhaupt medial vermittelt werden können – knapp unterhalb der ontologischen Erfahrbarkeitsgrenze, die zugleich auf die Körperlichkeit von Erfahrung verweist. Die inszenierten Dysfunktionen stehen in allen beobachteten Filmen immer wieder in diesem Kontext. Die Krise des Mediums, die sich in der inszenierten Dysfunktion zeigt, bringt seine Medialität zum Vorschein, so wie die Krise des Subjekts seine Subjektivität aufscheinen lässt. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen Medialität und Subjektivität, der im Folgenden genauer zu untersuchen ist, um die Art und Weise der Medialitätsdarstellung und ihrer Bedeutung präziser beschreiben zu können.

Die Darstellung von Subjektivität im Film Die Darstellung des subjektiven Zweifels, der in der skeptischen bzw. antiskeptischen Theorie Methode hat, steht in filmischen Medien vor Konstruktionsproblemen, die in der Struktur des Mediums selbst begründet sind. Die Inszenierung eines subjektiven Zweifels hat nicht allein eine andere Funktion, da Theorie und Kino offensichtlich unterschiedliche Ziele verfolgen, sondern auch die Konstruktion ist eine andere. Dem subjektiven Zweifel ist in beiden Medien immerhin gemein, dass er einen Zweifel an der eigenen Wahrnehmung mithin an der Einschätzung von dem, was die Welt ist, zum Ausdruck bringt. Während nun in der Theorie der subjektive Zweifel als sachlicher Einwand gegen vordergründige Gewissheiten ins Feld geführt und damit als Gegenstand einer kühl kalkulierten Debatte über die richtige Sichtweise dargestellt wird, kann im Kino die Inszenierung des subjektiven Zweifels nicht von Subjektivität absehen. Das Kino steht vor dem Problem, von der eigenen Darstellung nicht abstrahieren zu können. Es kann zu dem von ihm gezeigten nicht einen anderen, abgehobenen Standpunkt einnehmen und bleibt damit immer auf der Augenhöhe der eigenen Dar-

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stellung. Zwar hat es immer wieder Filme gegeben, die versucht haben, den eigenen Standpunkt zu relativieren. In Kurosawas Rashomon beispielsweise streiten die Figuren über das, was bei dem Tod eines Reisenden wirklich passiert ist: Wurde er von einem Räuber getötet, hat er sich gar selbst umgebracht? Der Film nimmt nacheinander jeweils nur die subjektiven Standpunkte der verschiedenen Protagonisten ein und stellt sie gegeneinander; es gelingt ihm nicht, von der eigenen Darstellung zu abstrahieren, auch wenn das Ganze letzthin mehr als die Summe der verschiedenen Teile ergibt und sich die Unerkennbarkeit einer „objektiven Wahrheit“ als Ergebnis andeutet. Der subjektive Zweifel setzt in der fiktionalen Inszenierung, ganz gleich ob in der Literatur oder in filmischen Medien, immer Subjektivität voraus, d. h. die Krise eines Subjekts, das an der eigenen Wahrnehmung zweifelt. Diese wirkt vor allem dann plausibel und glaubwürdig, wenn auf eine Objektivierung, d. h. auf eine Außenperspektive verzichtet wird. Ein Beispiel für Plausibilität und Effizienz der Inszenierung eines subjektiven Zweifels ist etwa Guy de Montpassants Novelle Le Horla, die vom Autor in zwei verschiedenen Fassungen geschrieben wurde. In der ersten Fassung berichtet er auktorial vom Geschehen, wie der Protagonisten dem „Horla“, einem unheimlichen Wesen, begegnet, wobei der Erzähler offen lässt, ob der Protagonist sich dies nicht alles nur einbildet und vielleicht dem Wahnsinn verfallen ist. In der zweiten Fassung, die Montpassant letzthin publizierte, folgt der Leser den (fiktionalen) Tagebuchaufzeichnungen des Protagonisten selbst. Der Leser hat keine andere Möglichkeit, als sich den Zweifeln des Protagonisten auszusetzen. Es gibt keinen vermittelnden Erzähler, der ihm die Situation erklären, sie durch sein Urteil gleichsam abstrahieren und damit objektivieren könnte. Der Leser folgt dem Geschehen auf Augenhöhe mit dem Protagonisten und Ich-Erzähler, und seine Zweifel sind notwendig auch die des Protagonisten.1 In filmischen Medien ist nun die Darstellung eines subjektiven Zweifels keineswegs derart einfach zu konstruieren wie durch einen IchErzähler in der Literatur. Vor allem die Arbeiten von Christine N. Brinckmann haben sich in den letzten Jahren mit diesem Problem ausein1

Zwar gibt es auch literarische Erzählungen, die einen subjektiven Zweifel inszenieren und dabei auf die Innenperspektive des Protagonisten verzichten; doch meist geht es den Autoren dabei nicht wirklich um den subjektiven Zweifel selbst. Bei der Wahl der Außenperspektive wird der subjektive Zweifel des Protagonisten immer nur vom auktorialen oder personalen Erzähler behauptet und damit eine andere Art des Zweifels eingeführt: Es ist nicht der Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, sondern am Zustand des Protagonisten, der damit als unzuverlässige Person inszeniert wird. 115

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andergesetzt.2 Nach Brinckmann hat die Literatur bei der Darstellung von Subjektivität die Möglichkeit, auf authentische Formen von subjektiven Texten zurückzugreifen wie Tagebuch, Autobiographie, Erlebnisbericht etc., die in den fiktionalen Kontext integriert werden können. So ist es für Brinckmann „unabweisbar, daß die meisten Ichromane sich an nichtfiktionalen Textsorten orientieren: Sie geben sich als Tagebücher, Autobiographien, Lebensbeichten, lange Briefe, Geständnisse, als Kaminfeuer-Erzählungen oder andere monologhafte Erlebnisberichte eines gesprächigen Menschen.“3 Brinckmann weist hier bereits auf die Spannung zwischen fiktionalen und nicht-fiktionalen Texten hin. Der Ich-Roman kann sich nur auf der Basis von nicht-fiktionalen Texten entwickeln. Durch diesen Rückgriff auf fingierte Authentizität und einen durch sprachliche Mittel etablierten Ich-Erzähler gibt es in der Literatur bei der Darstellung von Subjektivität kein Plausibilitätsproblem. „Ein Ichroman ist ein Roman, der vorgibt, von einer der Personen generiert zu sein, die in ihm vorkommen. [...] Daß eine solche Konstruktion überhaupt möglich ist und von den Lesern akzeptiert wird, hat seinen Grund in der Sprachlichkeit von Literatur. Die Erzählung oder Niederschrift eigener Erlebnisse ist übliche Lebenspraxis und deshalb eine geeignete Basis für ihre illusionäre Nachahmung.“4 Subjektivierung der Erzählweise und subjektive Perspektive fallen dabei häufig (allerdings nicht immer) zusammen. In filmischen Medien nun fehlen zum einen derartige subjektive authentische Formen, und zum anderen ist das Zusammengehen von Subjektivierung und subjektiver Perspektive keineswegs selbstverständlich, da eine Reihe von z. T. paradox anmutenden Besonderheiten zu beachten sind. Brinckmann weist in ihrem Aufsatz „Ichfilm und Ichroman“ darauf hin, dass die Ichperspektive im Film meist unauffällig ist, „weniger ausschlaggebend, weniger umfassend, weniger konsequent als im Roman und sie ist formal viel uneinheitlicher.“5 Bei der Konstruktion von Subjektivität ist im Film zu unterscheiden – wie Christine Brinckmann nahe legt – zwischen einer konsequent umgesetzten subjektiven Perspektive und einer allgemeineren Subjektivierung der Erzählweise, die keineswegs stringent durchgehalten werden muss und sich subtilerer Mittel bedienen kann.6 Während sich bei der 2 3 4 5 6

Vgl. hier vor allem Brinckmann, Christine N. (1997c): „Ichfilm und Ichroman“, in: Brinckmann 1997, S. 83–112. Ebd., S. 85. Ebd., S. 84. Ebd., S. 83. „,Subjektiv‘ kann in diesem Zusammenhang Verschiedenes bedeuten, je nachdem, ob das Phänomen im Rahmen der Erzählperspektive, des Stils, 116

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Ersteren ein medienontologisches Paradoxon stellt, kommt Letztere mit subtilen, wenn auch uneinheitlichen Mitteln aus.7 Das grundlegende Problem einer Konstruktion von Subjektivität in filmischen Medien, das medienontologische Paradoxon, besteht vereinfacht gesagt darin, dass dann, wenn im Film jemand „Ich“ sagt, dieses Ich für den Zuschauer immer ein anderer ist.8 Eine subjektive Perspektive lässt sich nun – wie schon erwähnt – nur mit Hilfe einer Reihe von „Tricks“ darstellen, deren bekanntester zweifellos die subjektive Kamera ist. 9 Die subjektive Kamera versucht, dem Zuschauer den Eindruck zu vermitteln, dass das Geschehen konsequent aus der Perspektive einer der an der Handlung beteiligten Personen gesehen wird, dass er gleichsam durch dessen Augen die Ereignisse

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8 9

des Wahrheitsgehalts oder der Realitätsebene auftritt.“ Brinckmann, Christine N. (1997b): „Der Voice-Over als subjektivierende Erzählstruktur des Film Noir“, in: Brinckmann 1997, S. 115–129 hier S. 115. Brinckmann sieht in der Darstellung von subjektiven Wahrnehmungen, für die es keine objektiven Entsprechungen gibt, keine wirkliche Subjektivierung, sie führt insofern noch ein weiteres, mögliches Kriterium zur Definition von Subjektivität, indem sie empfiehlt, „von einer ‚Subjektivierung‘ der fiktionalen Darstellung nur dann zu sprechen, wenn entweder ein objektives Korrektiv für die subjektive Sicht angeboten wird oder jedenfalls außer Frage steht, daß die Realitätswahrnehmung persönlich verzerrt ist. Nur in den Fällen also, wo die subjektive Abweichung von der Norm, von der tatsächlichen Gegebenheit thematisiert wird, ist eine Subjektivierung gegeben, nicht aber bei der Darstellung von Träumen oder Gedanken, für die es gar keine objektive Entsprechung gibt.“ Ebd., S. 115/116. Wie stringent Brinckmann diesen Maßstab anlegt, bleibt aber unklar; zumal eine Akzentuierung der Darstellung von Träumen und Gedanken nach den anderen von ihr entwickelten Kriterien in jedem Fall zu einer Subjektivierung beitragen. Tatsächlich sind auch subjektive Wahrnehmungen Indiz für eine subjektive Perspektive, auch wenn keine Point-of-View-Technik zum Einsatz kommt. Eine subjektive Perspektive kann sich eben nicht nur über die subjektive Kamera ausdrücken, sondern auch durch bestimmte Formen von Hypermedialität im Sinne von Bolter und Grusin sowie durch die Auflösung des narrativen Kontinuums in einen assoziativen Bilderstrom (was zum Teil mit einer Auflösung des Zeitkontinuums einhergeht). Vgl. Weber 2001. Brinckmanns geht bei ihrer Analyse der subjektiven Perspektive zunächst von der Differenz von Roman und Film aus. Die subjektive Kamera ist keine wirkliche Lösung für das Konstruktionsproblem einer subjektiven Perspektive, wie etwa an dem bekannten Beispiel Lady in the Lake mit einer konsequent durchgehaltenen subjektiven Kamera deutlich wird. 117

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wahrnimmt. Dazu wird in der Regel eine bewegliche Kamera eingesetzt, die sich ähnlich wie der Protagonist bewegt.10 Nun gibt es eine Differenz zwischen dem physiologischen Vorgang der Betrachtung, der aus einer Vielzahl von raschen Augenbewegungen (REM) besteht, deren Fokus beständig hin- und herspringt. Würde die Kamera die tatsächlichen Augenbewegungen imitieren, käme ein gänzlich verwackeltes, kaum mehr zu erkennendes Bild zustande, das den Zuschauer überforderte. Tatsächlich wird die Anzahl der Bewegungen reduziert, sodass der Zuschauer selbst Gelegenheit hat, das gezeigte Bild in Ruhe anzusehen, also seinerseits mit rasch hin- und herspringenden Augenbewegungen zu betrachten. Dabei stellt sich jedoch der Eindruck einer klaustrophobisch wirkenden Einengung ein, da das Blickfeld der Kamera im Vergleich zum natürlichen Gesichtsfeld beschränkt ist. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum es in der Filmgeschichte nur relativ wenig Versuche gegeben hat, eine subjektive Perspektive konsequent über eine volle Spielfilmlänge mittels einer subjektiven Kamera durchzuhalten. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür ist Lady in the Lake von Robert Montgomery aus dem Jahr 1947 – ein film noir, in dem das Geschehen strikt aus der Perspektive des Protagonisten betrachtet wird, der selbst nur dann kurz im Bild zu sehen ist, wenn er sich im Spiegel betrachtet.11 Von derartigen Experimenten abgesehen, findet sich die subjektive Kamera jedoch recht häufig in einzelnen Filmsequenzen insbesondere in Horrorfilmen und Thrillern, die den klaustrophischen Eindruck geradezu für effekthascherische Szenen ausbeuten: Der Zuschauer folgt dem Geschehen mit den Augen des ihm noch unbekannten Monsters oder Verbrechers (seltener auch des Opfers) vor allem in jenen Momenten, in denen sich dieses unbekannte Wesen seinem nächsten Opfer nähert. Der Zuschauer fühlt sich in diesen Moment in einen fremden Körper eingesperrt, dessen Identität er nicht kennt. Dadurch wird eine Emotionalisierung des Geschehen erreicht und eine suggestive Spannung aufgebaut, die nicht auf Identifikation mit dem Protagonisten basiert, sondern gerade die Präsenz eines anderen nahelegt, dessen Taten man umso mehr fürchten muss, desto ohnmächtiger man in dessen Wahrnehmung eingeschlossen bleibt. Hinzukommt noch ein weiteres Phänomen, dass dem für das klassische Hollywood-Erzählkino typischen Illusionismus zuwiderläuft: „Wie 10 Vgl. dazu die entfesselte Kamera von Karl Freund. Point-of-View-Aufnahmen sind in der Regel nur möglich durch leichtere Hand-Kameras. 11 Vgl. Roloff, Bernhard/Seeßlen, Georg: Mord im Kino. Geschichte und Mythologie des Detektiv-Films. Reinbek bei Hamburg 1981 (Reihe: Grundlagen des populären Films 8), S. 234. Vgl. auch Weber 2001, S. 44. 118

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weiter oben schon erwähnt, verfolgt der Hollywoodfilm ja weitestmöglich das Konzept, die Handlung als selbstätig ablaufendes Ereignis erscheinen zu lassen. Der direkte Blick einer Person in die Kamera wird vermieden, um dem Publikum nicht das Gefühl zu geben, mitgedacht zu sein – die theatralische Konvention der unsichtbaren vierten Wand, die Guckkastenbühne und Zuschauerraum trennt, ist hier weitergeführt. Selbst im Schuß/Gegenschuß-Verfahren, also bei abwechselnder Einstellung auf zwei sich unterhaltende Personen, ist der Blick der Dialogpartner grundsätzlich neben das Kameraobjektiv gerichtet. Wenn nun Montgomery dieses Prinzip durchbricht, macht er schockhaft darauf aufmerksam, dass der Film ein künstlich gestaltetes Produkt ist. Er stört die Illusion.“12 Die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird durch diese „Störung“ von der erzählten Handlung abgelenkt und richtet sich unversehends auf das Medium selbst, in dem – im Sinne von Groys – plötzlich die Präsenz eines Anderen bewusst würde. Ein anderes wichtiges Mittel zur Konstruktion einer subjektiven Perspektive, das jedoch praktisch nie konsequent durchgehalten wird, ist die sogenannte Voice Over bzw. der OFF-Kommentar eines Ich-Erzählers. Diese Konstruktion, die einem Ich-Erzähler eines Romans am nächsten kommt, setzt voraus, dass der Ich-Erzähler die dargestellten Szenen selbst erlebt hat, dass sie gleichsam eine Bebilderung seiner Erinnerungen sind. Dies ermöglicht das Auftauchens des Protagonisten im Bild selbst, d. h. auf der Ebene der behaupteten Handlung ist jenes Bild, das er sich von sich selbst macht, als Figur unter anderen zu sehen, was dem Zuschauer eine entspanntere, da konventionellere Rezeption ermöglicht. Doch nur selten wird eine solche Konstruktion stringent durchgehalten. Immer wieder finden sich Einstellungen, die etwas zeigen, was der Erzähler gar nicht wissen kann (!), da er nach eigenen Angaben bereits den Ort des Geschehens verlassen hat. In einem Film wie z. B. Eine Liebe von Swann von Volker Schlöndorff begegnet man gleich in der Eröffnungssequenz dem Ich-Erzähler Swann, der sowohl aus dem OFF spricht als auch im Bild im Bett liegend zu sehen ist. Swann greift zum Schreibzeug und bringt die Erinnerungen an seine Geliebte zu Papier, die in die Szene kurz eingeblendet werden. Dann kleidet er sich mit Hilfe seines Dieners an und macht sich zum Ausgehen fertig. Schließlich nimmt er noch eine Banknote aus einem Schrank. Nachdem (!) er die Wohnung verlassen hat, sieht man jedoch, wie der Diener die noch offene Schranktür wieder schließt. Derartige Brüche mit der Perspektive eines Ich-Erzählers, der mittels OFF-Stimme konstituiert, scheinen in filmischen Medien unvermeidlich,

12 Brinckmann 1997c, S.98. 119

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da sie immer mehr von der aufgenommenen Wirklichkeit zeigen als intentional arrangiert werden kann.13 Dadurch bleiben immer „szenische Reste“, die sich nicht stringent in die subjektive Perspektive eines IchErzählers einfügen. Selbst wenn man annähme, dass es sich um ein Erinnerungsbild aus der Vorstellung des Erzählers handelte, verwunderte die seltsame Fixierung auf Nebensächlichkeiten, die einem normalen Beobachter oder Berichterstatter entgangen wären, da nicht zur Geschichte gehörend. Die Voice Over hat also, wenn man sie unter dem Aspekt der Stringenz betrachtet, ein Plausibilitätsproblem: Ein Ich-Erzähler, der letzthin allwissend scheint, verwandelt sich unversehens in einen auktorialen Erzähler. Doch warum sollte sich ein auktorialer Erzähler mit dem Schließen einer Schranktür oder anderen „szenischen Resten“ befassen, die im Bild stehen bleiben, nachdem der Protagonist es verlassen hat? Beispiele für eine Voice Over finden sich unter den beobachteten Filmen nur in La mort en direct und Bis ans Ende der Welt. In beiden Filmen leitet sie eine auktoriale Konstruktion ein. In La mort en direct wird die Geschichte aus der Sicht einer Nebenfigur erzählt, die nur in einer einzigen Szene im Bild zu sehen ist: Roddys Ex-Frau. Sie berichtet über Ereignisse, die sie aus eigener Anschauung nicht kennen kann. Auch in Bis ans Ende der Welt wird die Geschichte von einer – allerdings wichtigen – Nebenfigur erzählt: dem Ex-Freund von Claire, dem Schriftsteller Eugene. Dabei gewinnt seine Erzählung für die Geschichte selbst an Bedeutung, da sie für die Figuren, d. h. Claire, zur heilenden Kraft wird. Die Erzählung wird von Wenders gegen die „falschen“ technischen Bilder gesetzt und kann so ihre heilende Wirkung entfalten (Trevor wird erst von den Aborigines geheilt). Wie die Beispiele zeigen – und auch Brinckmann darlegt –, dient die Voice Over weniger zur Konstruktion einer subjektiven Perspektive als vielmehr einer Subjektivierung.14 Die Erzähler aus dem OFF sind auf Grund der „szenischen Reste“ weniger stringent konstruierte Ich-Erzähler als vielmehr auktoriale Erzähler, auch wenn sie selbst als Figuren im Geschehen auftauchen. Durch die Subjektivierung der Perspektive wird nun ein Zweifel am Erzählten zum Ausdruck gebracht. Die Subjektivierung der filmischen Perspektive kann nun auch jenseits von Methoden erfolgen, die auf eine stringente narrative Struktur setzen. Zu nennen sind dabei eine Vielzahl vor allem visueller Effekte, die darin übereinstimmen, dass sie eine Art von „Seh-Störung“ konstruieren, d. h. 13 Vgl. Kracauer, Siegfried: Theorie des Films. Die Errettung der äußeren Wirklichkeit. Frankfurt am Main 1985 (Original: Theory of Film. The Redemption of Physical Reality. New York 1960). 14 Vgl. Brinckmann 1997b. 120

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die konventionelle Wahrnehmung irritieren. Dazu zählt z. B. die Wahl von ungewöhnlichen Kameraperspektiven (Untersicht, Vogelperspektive o. Ä.), das Spiel mit Zoom und Kamerafahrten, die einen diffusen Eindruck der Haltlosigkeit – wie in Vertigo – erzeugen, unscharfe Einstellungen, der Einsatz von Filtern und Kameraaufsätzen (um das Blickfeld künstlich zu begrenzen oder zu verfremden) oder auch schiefe Kulissen wie in das Kabinett des Dr. Caligari. Daneben werden zur Subjektivierung auch eine Reihe von Mitteln eingesetzt, die meist – so Brinckmann – als subtiler empfunden werden. Dazu zählt z. B. die angeschnittene Rückenansicht oder das Halbprofil des Protagonisten, wobei die Kamera seinem Blick folgt; anders als bei einer „subjektiven Kamera“ ist die Figur selbst im Bild sichtbar, wie z. B. der recherchierende Reproter in Citizen Kane, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird. Eine subjektive Stimmung wird auch durch die Häufung von Groß- und Nahaufnahmen geschaffen, die zu einer Art inneren Landschaft des aufgenommenen Protagonisten werden, in dessen Gesicht noch der Nachklang von Gesprächen zu lesen ist. Eine besondere Rolle kommt der Rückblende bzw. dem Flashback zu, der von Brinckmann gleichfalls den Subjektivierungstechniken zugerechnet wird. Seine Konstruktion weist einige Besonderheiten auf, die mit der besonderen filmischen Aussagestruktur zusammenhängen. Der Flashback15 kann – stark vereinfacht gesagt – auf zwei unterschiedliche Arten eingeleitet werden: zum einen durch eine künstlich erzeugte Unschärfe, die nun den Übergang von einer Ebene des Erzählkontinuums zu einer anderen ankündigt. Diese Form des Übergangs wird im Kino der 80er und 90er Jahre nur noch selten verwendet. Bevorzugt werden direkte Übergänge, häufig unterstützt durch computergenerierte Bilder. Zum anderen durch eine assoziative Montage, die einen Wechsel der Zeitebenen allein durch die unterschiedliche Kontextualisierung ankündigt. Anders als die Literatur kennen filmische Medien keine grammatische Unterscheidung von verschiedenen Zeiten. Es gibt weder eine filmische Zukunfts- noch eine Vergangenheitsform. Das ganze Geschehen, dass im Bild zu sehen ist, geschieht in der Gegenwart des Zuschauers. Die verschiedenen Zeitebenen fallen in filmischen Medien letzthin in der Gegenwart zusammen. Vergangenheit und Zukunft lassen sich nur mittels Kontextualisierung, d. h. von Symbolen, die eine hinreichende Zeitordnung ermöglichen, darstellen: Datierte Zeitungen, historische Kostüme, Bauten oder futurische Designs und selbstverständlich Dia-

15 Vgl. dazu auch Turim, Maureen: Flashbacks in Film. New York/London 1989. 121

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loge, die eine explizite zeitliche Zuordnung vornehmen, sind typische Formen der Kontextualisierung einer Handlung. Das Problem der Zeitebenen kann vom Film nicht strukturell gelöst werden. Es entsteht ein Assoziationsstrom, der einer aktiven Erinnerung gleicht; d. h. assoziative Rückblenden in die Vergangenheit wirken wie Erinnerungen, genauer gesagt wie der Prozess des Erinnerns, der sich immer in der Gegenwart abspielt und dabei immer eine präsentische Konstruktion ist. Ein bekanntes Beispiel für eine derartige Darstellung ist etwa Hiroshima mon amour von Alain Resnais, in der in der Erinnerung von Riva die Zeitebenen ineinanderfließen: ihr Zusammensein mit ihrem Geliebten Okada im Japan der 50er Jahre, ihr Geliebter, ein deutscher Soldat in Nevers, Frankreich, während des Zweiten Weltkriegs und schließlich ihr Eingesperrtsein im Haus der Eltern kurz nach der Libération. Die Ebenen springen wie Gedanken, der Handlungsverlauf ist asynchron, folgt den Emotionen, die Riva bewegen und sprengen dabei das narrative Kontinuum. Die assoziative Montage und das damit verbundene Sprengen des narrativen Erzählkontinuums, das jedem Bild eine klare Bedeutung für die Erzählung zuordnet, findet sich nicht nur im Kontext einer Differenzierung von Zeitebenen, sondern auch um die Verunsicherung von Wahrnehmung zu illustrieren. In den Filmen, die sich mit neuartigen Medien befassen, fehlen derartige assoziative Montagen, mit denen Zeitsprünge angedeutet werden sollen, weitgehend. Auch andere von Brinckmann skizzierte Mittel der Subjektivierung werden in den beoachteten Filmen nur in begrenztem Maße eingesetzt. Stattdessen finden sich stärker inszenierte Dysfunktionen, die gleichfalls einen Eindruck von Subjektivität vermitteln. Tatsächlich liegt die Vermutung nahe, dass die filmischen Mittel zur Subjektivierung in jeweils unterschiedlichen historischen und thematischen Kontexten verschiedene Bedeutungen annehmen und entsprechend abgewandelt werden müssen, um Subjektivität plausibel inszenieren zu können. Subjektivierung drückt nicht allein nur eine Verunsicherung der Protagonisten aus, wie Brinckmann für den film noir der 40er Jahre konstatierte, sondern Subjektivierung wird zur Voraussetzung der Darstellung von Medialität, die sich nur anhand einer Verunsicherung von Wahrnehmung überhaupt darstellen läßt. Die dabei eingesetzten Mittel lassen sich unterschiedlich interpretieren. Sie sind keineswegs eindeutig und können in unterschiedliche argumentative Zusammenhänge gestellt werden. Wie oben schon erwähnt kann eine Subjektivierung zunächst ganz einfach nur die Befindlichkeit eines Protagonisten zum Ausdruck bringen, seine existenzielle Verunsicherung in einer Krisensituation etwa

122

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oder ganz trivial seinen Zustand nach der Einnahme von Drogen. Die Darstellung von Drogenerfahrungen aus der Sicht des Protagonisten lassen sich nun aber formal nicht von anderen Darstellungen von subjektiven Erfahrungen unterscheiden, da die Konstruktionsmittel die Gleichen sind. Lediglich auf Grund des unterschiedlichen Kontextes ist eine inhaltliche Zuordnung der entsprechenden Stilmittel möglich.

Unterschiedliche Interpretationsmodelle Mediale Dysfunktionen lassen sich nicht sofort eindeutig dem narrativen Kontinuum zuordnen. Sie konstituieren, zumindest für einen Moment, einen Bruch mit der erzählbaren Ordnung des Films. In diesen Momenten der assoziativen Diskontinuität oder der Dissoziation, verweist der Film noch auf eine andere Dimension der Betrachtung, in der das Subjekt gleichsam zu sich selbst kommt. Diese Konstruktion von Subjektivität erfährt jedoch ganz unterschiedliche Interpretationen, die sich beinahe zu Konventionen verfestigt haben. Zunächst ist festzustellen, dass in den meisten Fällen die Konstruktion von Subjektivität nicht nur als eine Frage der Perspektive gedeutet wird, sondern als Ausdruck eines psychologischen Prozesses. Ganz allgemein hat etwa Heike Klippel darauf in ihrer Arbeit über Gedächtnis und Kino16 hingewiesen, in der sie Parallelen zwischen frühen psychologischen Gedächtnistheorien (von James, Freud) und der Funktionsweise von Kino analysiert. „Nimmt man die bisher vorgestellten gedächtnistheoretischen Überlegungen aus der Perspektive des Kinos in den Blick, so fällt auf, dass es zwar explizit kaum genannt wird, aber zumindest untergründig die Texte durchzieht – angefangen von den unterschiedlichsten kinematographischen-ähnlichen Apparaturen, die bei den Experimenten Verwendung finden, bis hin zu den sporadischen Technikmetaphern Bergsons und Freuds. Ganz ähnlich wie heute der Computer sozusagen die Gedächtnis-Vergleichs-Maschine schlechthin ist, sind um 1900 für diesen Vergleich in erster Linie die optischen Projektionstechniken geeignet.“17 Im Einzelnen sieht Klippel die Parallelen vor allem zu Freuds Theorie der assoziativen Verknüpfungen: „Frühere Erinnerungsbilder können ebenso spätere Erlebnisse vertreten wie umgekehrt, einzelne Elemente sind nicht isolierbar, sondern finden sich in immer neuen Verdichtungen und Dissoziationen. Wichtig ist die Visualität der Komplexe und ihre

16 Klippel, Heike: Gedächtnis und Kino. Basel/Frankfurt am Main 1997. 17 Ebd., S. 158. 123

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jeweilige Kontextualisierung; ob das Material aus dem eigenen Erleben im strengen Sinn stammt, ist gleichgültig. Genau diese Eigenarten lassen Film zum paradigmatischen ,Außen‘ für das ,Innere‘ dieses Gedächtnisses werden. Seine Visualität und die von Münzenberg hervorgehobene partielle Überwindung der Gesetze von Raum und Zeit ermöglichen, daß er besonders leicht in das Bewußtsein/das Vorbewußte des Zuschauers hinein aufgelöst werden kann. Damit wird ein Subjekteffekt erzeugt [...]. Es handelt sich weniger um die Simulation eines grandiosen, einheitlichen Subjekts als vielmehr um eine gefräßige subjektive Überformung kontingenten Materials. Indem das Gedächtnis die Überwindung der Entfremdung zum ehemals Eigenen leistet, wird die Erinnerung zu einem Gedenken an Nie-Dagewesenes; das inzwischen fremd Gewordene wird zur Erscheinung des Bekannten umgeformt und mit zusätzlich von außen bezogenen Elementen angereichert.“18 Diese von Klippel beschriebene Überformung des Materials durch Subjektivität ist zunächst nichts anderes als ein hinlänglich bekannter psychologischer Vorgang, der die Konstruktion einer subjektiven Perspektive umreißt, wie er nicht nur bei lebendigem Erinnern, sondern bei den meisten Formen kinematographischer Rezeption typisch ist.19 Derartig als Subjektivierungen aufgefasste ästhetische Konstruktionen finden sich im Kino in ganz unterschiedlichen historischen und thematischen Konstellationen und drücken je nach Zusammenhang etwas anderes aus. Es verwundert daher auch nicht, dass es immer schon unterschiedliche Interpretationen von Subjektivierung gegeben hat. Während sich für Brinckmann die diskrete Inszenierung von Subjektivierung im film noir ausdrücklich von der Darstellung psychischer Störungen abgrenzt, ist z. B. für Bolter und Grusin die mit Hilfe von hypermediacy erreichte Konstruktion von Subjektivität im Hollywoodfilm der 50er Jahre (z. B. Vertigo) gerade Ausdrucksmittel dafür, dass mit dem Protagonisten psychisch etwas nicht stimmt. Nun hat sich im populären Kino der 80er und 90er Jahre die Inszenierung von medialen Dysfunktionen offensichtlich gehäuft, entsprechend aber auch die Interpretation als Subjektivierung verändert. Es geht jetzt nicht mehr um eine Subjektivierung der Perspektive, die den Einzelnen, das Individuum und sein Schicksal gegenüber der Gesellschaft in den Vordergrund rückte – wie etwa im film noir – und auch nicht mehr um einen gestörten Geisteszustand wie z. B. bei Hitchcock.

18 Ebd., S. 171. 19 Vgl. dazu Weber 2001. 124

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Vielmehr finden sich neben effekthascherischen Spielen mit der subjektiven Kamera (wie z. B. in Alien) vor allem ein postmodernes Spiel mit Identitätsentwürfen (z. B. Being John Malkovitch) oder eine Verunsicherung der Realitätswahrnehmung (wie z. B. in Memento oder The Sixth Sense usw.). Zu diesen neuen Varianten der Subjektivierung treten eine Reihe von unterschiedlichen Interpretationsmodellen, zu deren hervorstechendsten psychoanalytische Deutungsansätze gehören. Doch ist die psychologische Interpretation keineswegs zwingend, sondern nur eine der am weitesten verbreiteten Interpretationskonventionen von medialen Dysfunktionen.20 Auch lassen sich psychische Störungen auf verschiedene Arten darstellen, die keineswegs der medialen Dysfunktion als Ausdrucksmittel bedürfen.21 Dies sei im Folgenden am Beispiel einiger Arbeiten von Bronfen22, Žižek23 und Riepe24 erläutert, die sich explizit als psychoanalytische Interpretationen verstehen und auch auf in dieser Arbeit thematisierte Filme eingehen. Žižek etwa räumt ein: „Matrix ist einer dieser Filme, die wie ein Rorschach-Test funktionieren und einen universellen Wiedererkennungs20 Vgl. dazu Sellmer, Jan/Wulff, Hans J. (Hrsg.): Film und Psychologie – nach der kognitiven Phase? Marburg 2002 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Medienwissenschaft). Vgl. dazu auch Kracauer, Siegfried: Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Frankfurt am Main 1984 (Erstausgabe 1947). Schon im Kabinett des Dr. Caligari wurden die schiefen Kulissen wahlweise als Ausdruck eines schwankenden, unruhigen seelischen Untergrunds der in einer Umbruchsituation sich befindenden Gesellschaft interpretiert bzw. als Ausgeburt der kranken Phantasie des Insassen einer Irrenanstalt. 21 Eine Möglichkeit ist etwa die direkte Darstellung der äußerlich erkennbaren Symptome einer Störung wie etwa in Rainman, als der von Dustin Hoffman gespielte Autist am Flughafen völlig „ausrastet“, als er gegen seinen Willen in ein Flugzeug steigen soll: Er führt zunächst manisch alle Flugzugabstürze auf, von denen er je gehört hat, führt eine statistische Auswertung an, über die Fluggesellschaft, die weniger Abstürze als andere hatten und brüllt dann hysterisch herum, als sein Bruder immer noch darauf besteht, ein Flugzeug zu besteigen. Diese Art von verrücktem Verhalten lässt sich allein mit schauspielerischen Mitteln vorführen und bedarf nicht der medialen Dysfunktion als Darstellungstechnik. 22 Bronfen, Elisabeth: Heimweh: Illusionsspiele in Hollywood. Berlin 1999. 23 Žižek, Slavoj: Die Tücke des Subjekts. Frankfurt am Main 2001 (Original: The Ticklish Subject. The Absent Centre of Political Ontology. London/ New York 1999). 24 Riepe, Manfred: Bildgeschwüre. Körper und Fremdkörper im Kino David Cronenbergs. Bielefeld 2002. 125

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prozeß in Gang setzen, so wie das sprichwörtliche Bild Gottes, das einen immer direkt anzustarren scheint, egal von wo aus man es betrachtet – fast jede Glaubensrichtung scheint sich darin wiederzuerkennen. Meine ,Lacanianischen‘ Freunde versichern mir, die Drehbuchautoren müßten Lacan gelesen haben, die Verfechter der Frankfurter Schule sehen in der Matrix die Verkörperung der Kulturindustrie, die unser Seelenleben kolonisiert und uns als Energiequelle nutzt, New Age-Gläubige finden eine Quelle der Spekulationen darüber, daß unsere Welt nur ein Trugbild ist, erschaffen von einem globalen, im World Wide Web verkörperten Bewußtsein.“25 Dieses Vexierspiel der Interpretationen lässt sich nun in verschiedene Richtungen hin auflösen. Im Zentrum steht bei den meisten Interpreten der Rückgriff auf das Werk von Jacques Lacan, das in besonderem Maße dazu geeignet scheint, Verschiebungen und Brüche in der Realitätswahrnehmung zu beschreiben, so wie sie für den Traum, Halluzinationen, krankhafte Wahnvorstellungen oder Drogenerfahrungen typisch sind. Tatsächlich gibt es in den beobachteten Filmen immer wieder Szenen, die eigenwillig quer stehen zu ihrem narrativen Kontinuum und sich einer eindeutigen Zuordnung von Sinn und Bedeutung entziehen. Technische Störungen und Verfremdungen des visuellen Eindrucks, künstlich gestaltete Wahrnehmungsstörungen, körperliche Deformationen, Metamorphosen und assoziative Bildmontagen, die einem ungerichteten Bewusstseinsstrom simulieren, sorgen für Irritationen, die sich der Erzählstruktur zumindest für Momente entziehen. Folgt man den psychoanalytischen Interpretationen, dann stehen technische Dysfunktionen, Wahrnehmungsstörungen, deformierte Körper und assoziative Montage, die das Erzählkontinuum aufsprengen, vor allem für die Inszenierung von psychischen Problemen, die sich an den Protagonisten festmachen lassen. Sie sind gleichsam filmsprachlicher Ausdruck von psychischen Störungen oder in jenen Fällen, in denen die Filme selbst als Beleg angeführt werden, sogar Illustrationen von psychischen Vorgängen selbst. Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie Lacans Modell konkret auf die Filme appliziert wird? Die Lacan’sche Interpretation beschreibt den Prozess einer Projektion, d. h. genauer, die Konstituierung eines Ichs beim Anblick des großen Anderen durch dessen symbolische Vermittlung. Die Partialobjekte, die für die fragmentierte Wahrnehmung des moi, des kindlichen Selbst, typisch war, werden in einer imaginären Dimension im großen Anderen

25 Žižek, Slavoj: „Die zwei Seiten der Perversion. Die Philosophie der Matrix“, in: Schnitt 17, 2000. 126

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aufgehoben. Das Imaginäre ist aber niemals mit dem Symbolischen identisch. Zwischen dem Imaginären und dem Symbolischen gibt es immer wieder Verschiebungen und Brüche, wie sie gerade etwa in jenen scheinbar sinnleeren Szenen zum Ausdruck kommen, in denen die Integrität der körperlichen Einheit wieder in Frage gestellt wird. Das Imaginäre bricht sich dort Bahn, wo der große Andere versagt. Das Imaginäre ist jene unerreichbare, nur im Spiegel sichtbare Einheit, die sich nie vollständig ins Symbolische übertragen lässt. Der Raum zwischen dem Symbolischen und dem Imaginären ist der des Verdachts im Groys’schen Sinne, wobei der Lacan’sche Zweifel niemals zur Ver-Zweiflung geraten kann. Es ist ein unbestimmter, genereller Zweifel, der sich nicht spezifizieren lässt.26 Als Beispiel für eine konkrete Applikation von Lacans Ansatz sei hier die Interpretation von Cronenbergs Videodrome von Manfred Riepe genannt, die sich explizit auf Lacan stützt; ihm geht es um eine an Freud und insbesondere an Lacan orientierte Lektüre von Cronenbergs Filmen.27 In Videodrome durchläuft der Protagonist mehrere Phasen, in denen sich seine Realitätswahrnehmung sukzessive verändert. In der ersten Phase wird der Zuschauer in das subjektive Universum von Max Renn eingeführt, d. h. es wird ihm mittels einer subjektiven Perspektive vermittelt, ohne dass eine subjektive Kamera zum Einsatz kommt. Man sieht die Welt, in der Max Renn lebt, nicht durch aber mit dessen Augen. Dieses subjektive Universum erhält jedoch bald kleine Risse. Es drängen sich Bilder auf, die nicht in diese Welt hinein zu passen scheinen: Wenn z. B. das Fernsehgerät zu atmen beginnt (0.53) oder Max Renn eine Videokassette in seinen blutigen, vaginaähnlichen Bauchschlitz einlegt (0.48), lässt sich nicht klar entscheiden, ob dies alles nur eine Halluzination des Protagonisten ist, eine Vision eines kranken, tumorzerfressenen Gehirns, oder die Wahrnehmung einer neuen, von Videodrome evozierten Realität. Die verstörenden Szenen von Videodrome sind alles andere als eindeutig zu interpretieren und vor allem die tricktechnisch dargestellte biologische Deformation von Körpern hat von Ekel bis hin zum Faschismusvorwurf recht unterschiedliche Reaktionen provoziert. Riepe nun versucht Videodrome zuallererst vor allzu platten Interpretationsansätzen zu schützen, die die verstörenden Szenen zu satirischen Elementen erklären, um sie in den Dienst einer umfassenden Medienkritik zu stellen: „Nicht um Medienkritik geht es aber“, wie Riepe schreibt, „sondern um

26 Vgl. Groys 2000, S. 21–25. 27 Vgl. Riepe 2002, S. 12. 127

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paranoide Phantasien über Medien und ihre Wirkung.“28 Videodrome kritisiert also nicht, dass Video und Fernsehen das Bewusstsein der Menschen krankhaft verändern, in dem dies nun gleichsam bildhaft dargestellt wird, sondern es geht eher um eine Karikatur jener Phantasien, die den Massenmedien solche krankmachende Wirkung unterstellen. Riepe setzt nun dagegen ein psychoanalytisches Interpretationsmodell: „Die Vorstellung eines karzinogenen Fernsehstrahls und die Idee, eine Person über Videokassetten am Leben zu halten, spielen dabei die gleiche Rolle wie die formale Denkstörung in der Paranoia.“29 Riepe sieht in Videodrome entsprechend vor allem eine Auseinandersetzung mit paranoiden Vorstellungen, die sich ein unaufgeklärtes Bewusstsein vom Fernsehen macht. Nicht das Fernsehen selbst steht – nach Riepe – bei Videodrome zur Disposition, sondern die Alltagskritik daran. Die paranoiden Vorstellungen von der Wirkungsweise des Fernsehens wären also in der Lesart von Riepe satirisch inszenierte Bilder, die ihre eigene Unsinnigkeit zum Ausdruck brächten. Tatsächlich aber will Riepe nicht auf diese satirische Dimension hinaus, sondern er nimmt die Inszenierung der Paranoia als solche ernst. So heißt es bei ihm: „Das Videodrome-Signal ist daher keine Metapher für die Entfremdung des Subjekts durch moderne Technologien. Cronenberg beschreibt keine gesellschaftskritischen Modellsituationen. Das Böse kommt nicht aus dem Fernseher. Video ist in diesem Sinne nicht die Ursache der Halluzination, sondern ein Teil ihres Inhalts.“30 Dieser Inhalt weist spezifische Strukturen auf, die sich mittels psychoanalytischer Deutungsmuster leicht identifizieren lassen: So sieht Riepe den Kern-Konflikt zwischen Max Renn und Brian O’Oblivion als Vatersubstitut an.31 Renn ist insofern auf der Suche nach einer väterlichen Ordnung im Sinne von Lacan (fast mehr noch im Sinne von Žižek, den Riepe aber zu ignorieren scheint, d. h. also nach einer verlorenen väterlichen Ordnung). Der Aufbau, die Struktur des Films ist Ausdruck dieser Suche. So „entspricht die narrative Abfolge nicht zufällig einer Suchbewegung: die paradoxe Suche nach etwas, das, im Fernsehen, selbst nicht Fernsehen sein soll, führt – so weit wir dem Film bis jetzt gefolgt sind – zur Vaterfigur.“32 Die Suche nach der Vaterfigur bildet nun in der Interpretation von Riepe das zentrale Motiv des Films, von dem aus alle anderen Szenen gedeutet werden. Dabei sieht Riepe zum einen besonderen Erklärungs28 29 30 31 32

Riepe 2002, S. 95. Ebd., S. 95. Ebd., S. 95. Ebd., S. 96. Riepe 2002, S. 95/96. 128

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bedarf für die wörtlich genommenen Metaphern, die als Teil der Halluzination aufgefasst werden33, zum anderen für die Konstruktion als „FirstPerson-Film“34, die als Besonderheit dargestellt und als Beleg für die Verschiebung der Realitätswahrnehmung des Protagonisten dient. Dabei wird eine Parallele zwischen der Struktur des Films und der des Traums gezogen. „Obwohl die Struktur des Traums mit dem Film nicht einfach kurzgeschlossen werden kann, fallen im Hinblick auf die solipsistische Perspektive doch Gemeinsamkeiten ins Auge.“35 Entsprechend werden alle „Halluzinationen“ des Films als Teil der oben skizzierten Suchbewegung interpretiert, wobei in besonderem Maße noch einmal auf das Reale im Sinne Lacans abgehoben wird: „Wenn Max unter der Chiffre Videodrome etwas sucht, das im Fernsehen zugleich nicht Fernsehen ist, sucht er das, was Lacan in seinem Seminar über die Objektbeziehung als ‚das Reale im Symbolischen‘ bezeichnet.“36 Anders ausgedrückt: In einer Lacan’schen Lesart ließen sich derartige Szenen interpretieren als Stellen, in denen die symbolische Vermittlung ausfällt und das Reale – was immer dies auch bei Lacan sein mag (die Lacan-Interpreten haben auf diese Schwierigkeit immer wieder hingewiesen)37 – zum Vorschein kommt. Gerade die scheinbare Sinnwidrigkeit der Szenen lässt auf die Lücken im Großen Anderen schließen, also auf die Lücken innerhalb eines Symbolsystems, das dem Imaginären eine vermittelnde Bedeutung zuschreibt. Grundlegend für diese Vorstellung ist das von zahlreichen Lacan-Interpreten hinreichend beschriebene Modell des Spiegelstadiums, wie es von Lacan für die frühkindliche Phase skizziert wurde. In diesem Stadium erfährt sich das noch ungewisse kindliche Ich erst durch die Betrachtung von sich selbst in einem Spiegel als körperliche Einheit, die über die tatsächliche Entwicklung der motorischen Fähigkeiten zu diesem Zeitpunk hinausreicht. Durch die Spiegelung wird die Selbstbetrachtung zu einer Projektion eines vergrößerten Selbst. Diese Imagi-

33 „Vor diesem Hintergrund ist ‚Videodrome‘ insofern ein Sonderfall, als hier die gesamte Narration die Struktur einer wörtlich genommenen Metapher nachbildet.“ Ebd., S. 112. 34 Riepe verwendet viel Mühe darauf zu zeigen, warum es sich bei Videodrome um einen Film mit subjektiver Perspektive handelt, obwohl praktisch keine subjektive Kamera zum Einsatz kommt; ich verweise hier auf die eingangs zu diesem Thema gemachten Ausführungen und insbesondere auf die Arbeiten von Brinckmann. 35 Riepe 2002, S. 100. 36 Ebd., S. 96. 37 Vgl. dazu z. B. Bowie, Malcom: Lacan. Göttingen 1994, S. 92 ff. 129

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nation ist der Beginn eines Verschiebungsprozesses, der erst durch das Symbolische, den großen Anderen, vermittelt wird. Lacans Interpretationsmodell besitzt eine hinreichende Allgemeinheit, um ganz unterschiedliche Mechanismen der Verschiebung zu erklären, die keineswegs nur einen pathologischen Charakter haben. Doch so überzeugend ein lacanistisches Interpretationsmodell auch sein mag, um die Gesamtheit von Verschiebungsprozessen innerhalb eines Films zu verdeutlichen, so sehr verdeckt es jedoch mit seinen rein psychoanalytischen Bedeutungszuweisungen den Blick auf die mediale Struktur des Films. Tatsächlich werden alle verstörenden Elemente sofort als interpretationsbedürftige Irritationen aufgefasst, ohne dass ihre materiale Präsentation als solche erfasst und gewürdigt würde. Die psychoanalytische Interpretation erweist sich insofern als blind gegen die Inszenierung von subjektiven Zweifeln; es ist aus der Sicht einer psychoanalytischen Deutung praktisch unmöglich, psychische Störungen als Inszenierung, als Ausdrucksmittel aufzufassen und die irritierenden Momente als nichts anderes als Symptome für eben diese Störungen. Es soll in dieser Arbeit nicht darum gehen, das Lacan’sche Modell zu widerlegen, das, wie oben schon dargelegt, Verschiebungsprozesse durchaus schlüssig erklären kann, wie dies etwa in den Arbeiten von Žižek deutlich wird. Obwohl Žižek sich dabei auf eine Vielzahl von Filmen stützt, die auch in dieser Arbeit diskutiert werden, gerät Žižeks Filmbeobachtung eher zum Beispiel für die Analyse der Psycho-Pathologie des Alltagslebens als zu einer Analyse von Medialität. Tatsächlich geht es in dieser Arbeit um eine andere Perspektive, die nicht die psychischen Prozesse als solche visiert, sondern eine Ästhetik, die keineswegs nur ihr Reflex ist, sondern eine eigene Struktur und Aussage hat. Die Eigendynamik des Ästhetischen lässt dabei an den konstruierten Brüchen und Verschiebungen Bedeutung erkennen, d. h. die hier beobachteten Verschiebungen und Brüche entstehen nicht aus einem inneren, psychischen Zwang heraus, sind also auch keineswegs zwangsläufig, sondern Teil einer kalkulierten ästhetischen Konstruktion. Die gleichen Phänomene können unter Umständen, je nachdem, aus welcher Perspektive man sie betrachtet, ganz unterschiedliche Bedeutung bekommen.38 Während Lacans Modell in erster Linie psychische Prozesse erklärt, erklärt das gleiche Modell bei Žižek wie gesagt die psychopathologischen Aspekte des Alltagslebens; bei Piaget die Kindheitserfah38 Damit soll keineswegs gesagt werden, dass es sich bei all diesen Phänomenen im Grunde um das Gleiche handelte. Die Unterschiede sind erstens offensichtlich, zweitens im Kontext begründet. 130

DIE DRAMATURGIE DES SUBJEKTIVEN ZWEIFELS

rungen, bei den Surrealisten die Traum- und Drogenerfahrungen und bei Todorov die ästhetische Konstruktion des Phantastischen – und im Kontext eines mediologischen Ansatzes mediale Grenzerfahrungen als Teil einer ästhetischen Darstellungsstrategie wie im Folgenden noch weiter ausgeführt wird.

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Exkurs I Lost Highway o d e r I n t e r p r e te n a u f v e r l o r e n e m W e g

Lost Highway (David Lynch): Fred und Renée schauen sich eines der zugesendeten Videos an

Enigmatische Konstruktion Im Folgenden soll das Problem von ins Leere zu laufen drohenden Interpretationen an einem Film untersucht werden, der auf den ersten Blick nichts mit der Darstellung von futurischen Medien zu tun hat, bei dem aber genau jene dramaturgischen Muster beinahe idealtypisch zu beobachten sind, die auch die Inszenierung von Wunschmedien prägen. Als Lost Highway von David Lynch 1997 in die Kinos kam, löste seine enigmatische Konstruktion in der Presse eine Vielzahl von kontroversen Reaktionen aus, die alle darin übereinstimmen, letzthin eine stimmige Interpretation nicht mehr leisten zu können. Pia Horlacher meint etwa in der Neuen Züricher Zeitung: „Jedenfalls übersteigt (oder unterfordert?) der Rest des Films jedes durchschnittliche Interpretationsvermögen, indem er sich vollständig in sich selbst verliert. Raum, Zeit und Grenzen zwischen den möglichen Traum-, Bewusstseins- und Realitätsebenen sind aufgelöst ohne ersichtliches Prinzip; ein ziel- und wahlloser Eklektizismus von Motiven und Metaphern besticht zwar im ästhetischen Einsatz (Kamera von Peter Deming), entbehrt aber jeder inhaltlichen Aussagekraft.“39 Für Tobias Kniebe von der Süddeutschen Zeitung „funktionieren Lynch-Filme nur so: als undurchschaubare Ordnungen privater Erlebnisse, die an eine Aufzählung von Borges erin-

39 Horlacher, Pia: „Irrfahrten eines genialischen Wirrkopfes“, in: Neue Züricher Zeitung, 21.03.1997. 132

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nert. [...] Die Geschichten, die daraus entstehen können, laufen quer zu allen bekannten Bezugssystemen – und zeigen am Ende auch, wie willkürlich und diktatorisch jene mächtige Ordnung des Schauens ist, der wir uns so gern unterwerfen.“40 Und Peter Körte stellt fest: „Lynch läßt das Rätsel ungelöst, nicht nur dieses, und daher muß jeder Satz, den man über den Film schreibt, sich selbst suspekt sein, weil er voraussetzt, was der Film, wenn nicht bestreitet, dann doch in Frage stellt: die knappe Ressource Sinn. Schlechte Karten also für Hermeneutiker, die sinnhafte Gebilde brauchen, aber auch für die Dekonstruktivisten-Brigaden, die sich bei ihren Bergungsarbeiten auf dem Lost Highway leicht verirren können.“41 Auch jene Autoren, die sich intensiver mit dem Werk von Lynch beschäftigt haben, wie etwa Georg Seeßlen, kommen nicht umhin, eine Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten konstatieren zu müssen. Seeßlen, der das Werk von Lynch aus der Perspektive einer „magischen Autobiographie“ begreift, schlägt für Lost Highway allein fünf verschiedene, mögliche Deutungsmuster vor42, die letzthin noch um weitere Interpretationsmodelle ergänzt werden könnten. Es macht nun wenig Sinn die verschiedenen Varianten en détail durchzuspielen, deren Palette von der religiösen Interpretation43, die vor allem im Mystery Man durch seine mephistophelesartige Erscheinung eine Art Teufel sieht, der die Menschen zu verführen versucht, über den Vorschlag, Lost Highway auf Grund der vertauschten Identitäten als eine Art mysteriöser Genrevariation von Hitchcocks Strangers on a Train zu sehen44, bis hin zu der Idee reicht, dass im Grunde die Handlung in Lost Highway verkehrt herum

40 Kniebe, Tobias: „Straße ins Nichts“, in: Süddeutsche Zeitung, 10.04.1997. 41 Körte, Peter: „Stop Making Sense“, in: Frankfurter Rundschau, 09.04.1997. 42 Seeßlen, Georg (2000a): David Lynch und seine Filme. Marburg 2000 (4. erweiterte u. überarbeitete Auflage, 1. Auflage 1994), S. 168–176. 43 Bei Seeßlen findet sich noch der Vorschlag (vgl. Seeßlen 2000a, S. 170), dies als phantastische Erzählung zu sehen; dabei wird der Begriff des Phantastischen bei Seeßlen in diesem Kontext allein auf gängige Genremuster des Phantastischen bezogen, d. h. auf bestimmte Motive, die dem Horrorund Mystery-Film zuzuordnen wären. Diese Interpretationsvariante, die Seeßlen selbst nicht weiter verfolgt, geht von einer Vorstellung des Phantastischen aus, die auf eine strenge Definition des Begriffs verzichtet und darum strikt von dem von Todorov entwickelten Begriff des Phantastischen, um den es im nächsten Abschnitt gehen wird, zu unterscheiden ist. 44 Seeßlen 2000a, S. 176. 133

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erzählt werden, es sich um eine Art Rückwärtserzählung handele45, die den zweiten Teil sozusagen vor den ersten setzt. All diese Interpretationsmöglichkeiten machen zwar plausible Interpretationsangebote, blenden aber immer wieder eine Fülle von – gerade auch verstörenden – Details aus und können kaum mit dem Anspruch auftreten, den Film als Ganzes wirklich schlüssig zu interpretieren. Um die nachfolgende Auseinandersetzung mit verschiedenen Interpretationsmustern besser nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll, an dieser Stelle eine ausführlichere Rekonstruktion des Films zu versuchen. Diese lässt sich allerdings nicht als Nacherzählung organisieren, da die narrative Wiedergabe der Filmhandlung zu widersinnigen oder unverständlichen Aussagen führen würde. Es wurde daher eine Abfolge von Szenenbeschreibungen gewählt, die dem nicht linear aufgebauten Charakter des Films eher gerecht wird und auch jene Szenen nicht unerwähnt lässt, die sich einer eindeutigen Zuordnung von Bedeutung entziehen:

Szenische Abfolge Lost Highway lässt sich in drei Abschnitte einteilen, die wenig miteinander zu tun haben scheinen: Im Mittelpunkt des ersten Abschnitts steht Fred Madison, ein Saxophonist, der in einem Mittelklasse-Haus in der Vorstadt lebt. Das Interieur ist betont kühl und sachlich gehalten. Es scheint überhaupt keine persönlichen Gegenstände zu geben, nicht einmal Bücher. Er lebt zusammen mit seiner gelangweilt wirkenden Frau Renée. Ihre Beziehung scheint schon etwas abgenutzt zu sein, Fred hat Probleme beim Sex (0.12) und Albträume, Renée ihrerseits könnte einen Liebhaber, Andy, haben, der vielleicht auch nur ein guter Freund ist (man erfährt es nicht genauer). Als Fred abends in einem Club spielt, bleibt sie lieber allein zu Hause. „Was hast du vor?“ fragt Fred sie. Sie antwortet gelangweilt: „Hierbleiben, lesen.“ „Lesen?“ fragt Fred verwundert, geht zu ihr hin und betrachtet sie genauer; dann wiederholt er: „Lesen? Und was liest du?“ Sie kichert nur. Der Film beginnt damit, dass jemand an der Haustür klingelt. Durch die Gegensprechanlage hört Fred: „Dick Laurent ist tot“. Als Fred nach draußen schaut, ist niemand mehr zu sehen. Er versteht den Satz nicht und kennt auch niemanden, der Dick Laurent heißt. In den nächsten

45 „Verhält sich also die Geschichte von Pete wie die Vorgeschichte der Geschichte von Fred?“ Seeßlen 2000a, S.175. 134

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Tagen liegt immer wieder ein unbeschrifteter Umschlag mit einer Videokassette vor der Haustür. Fred und Renée schauen sich die Kassetten an. Das erste Video zeigt das Haus von außen, das zweite nähert sich wieder dem Haus, dringt dann aber ins Haus ein und zeigt Fred und Renée schlafend im Schlafzimmer. Die daraufhin alarmierte Polizei (0.18) kann aber keine Einbruchsspuren entdecken. Renée und Fred besuchen eine Party im Haus von Andy. Dort trifft Fred auf einen mysteriösen Mann mit hell geschminktem Gesicht (0.24). Er sagt, dass er Fred kenne, schon bei ihm gewesen sei, gerade jetzt bei ihm sei. Fred glaubt ihm nicht: „Wie meinen Sie das, ‚Sie sind jetzt gerade dort?‘“ „Ich bin bei Ihnen zu Hause.“ „Das ist der totale Schwachsinn, Mann.“ Der Mann reicht Fred ein mobiles Telefon und sagt: „Rufen Sie mich an. Wählen Sie Ihre Nummer. Nur zu.“ Fred wählt und schaut ungläubig als sich die Stimme des Mannes am Telefon meldet: „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich hier bin.“ Fred hält es für einen Trick und will wissen, wer der Mann ist. Doch der lacht nur, fordert sein Telefon zurück und verschwindet in der Menge. Auf ihn angesprochen erklärt Andy Fred, er kenne den Mann auch nicht, es müsse ein Freund von Dick Laurent sein. Als Fred und Renée nach Hause zurückkommen, erscheint das Haus seltsam (0.30). Fred schaut sich um und kommt schließlich mit einer weiteren Videokassette zurück. Das Band zeigt zunächst gestörte Bilder in Schwarzweiß wie schon zuvor. Die Kamera dringt wieder von außen nach innen ein, kommt ins Schlafzimmer, doch diesmal liegt Renée ermordet neben dem Bett und Fred wühlt verstört in ihrem Blut. Es folgt eine Serie von harten Schnitten. Fred wird auf dem Polizeirevier verhört, aus dem OFF hört man das Todesurteil, Fred wird in eine Zelle eingeschlossen. Stoßweise drängen sich wieder unscharfe Farbbilder von der ermordeten Renée auf (0.40). Fred klagt über starke Kopfschmerzen, doch ein Arzt kann nichts finden. Wieder in der Zelle hat er seltsame Visionen: An der Zellentür erscheint die rückwärts ablaufende Bildfolge einer brennenden Hütte. Als sie wieder heil ist (0.44), tritt aus ihr der Mystery Man heraus. Dann eine Veränderung des Lichts. Der Mittelstreifen einer Straße, von den Scheinwerfern eines fahrenden Wagens beleuchtet. Bilder von unbekannten Menschen, die im Vorgarten eines Einfamilienhauses stehen. Das Licht flackert, Fred schüttelt wahnsinnig schnell den Kopf hin und her. Es folgen Bilder wie aus dem Inneren eines Körpers (0.46). Als die Wärter das nächste Mal in die Zelle schauen, sehen sie darin einen völlig anderen Menschen: Pete Dayton. Hier beginnt der zweite Abschnitt des Films, der mit dem ersten scheinbar nichts zu tun hat. Pete, offensichtlich unschuldig, wird aus dem Gefängnis entlassen, von seinen Eltern abgeholt, von seiner Clique

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begrüßt und seiner Freundin Sheila umschwärmt. Doch er hat Mühe, sich in sein früheres Leben einzufügen. In den nächsten Tagen zieht Pete sich von ihnen zurück. Seine Eltern wollen nicht über die Nacht sprechen (1.18), in der er „verschwand“. Mit Sheila schläft er zwar noch, ist aber mit den Gedanken woanders (1.15); Sheila macht wenig später mit ihm Schluss (1.29). Pete geht wieder an seine gewohnte Arbeitsstelle in einer Autowerkstatt (0.54). Er begrüßt die Kollegen und erfährt, dass Mister Eddie, der Spitzname von Dick Laurent, mit seinem Wagen vorbeikomme, damit Pete ihn sich anschaue. Pete kann das Problem beheben und wird von Eddie auf eine Probefahrt mitgenommen. Dabei drängt Eddie einen anderen Autofahrer (0.58) von der Straße und schlägt ihn zusammen, weil dieser zu dicht an seinen Wagen herangefahren war. Pete wird deutlich, dass Eddie ein stadtbekannter Gauner ist. Am nächsten Tag lernt er Alice kennen, die Freundin von Eddie (1.08). Er ist fasziniert von ihr und geht bereitwillig mit ihr ins Bett, als sie ihn in einem Hotelzimmer verführt (1.12). Doch Alice hat Angst vor Eddie, der tatsächlich schon etwas zu ahnen scheint und Pete unmissverständlich gedroht hat. In einer Rückblende (1.24) sieht man, wie Alice sich wegen eines Jobs bei Eddie vorstellte. Sie wurde in einen großen Raum geführt, in dem mehrere Männer standen; man zwang sie mit Gewalt, sich auszuziehen. Nun will sie Pete dazu überreden, Andy, einen Pornoproduzenten, zu überfallen und auszurauben, damit sie genug Geld haben, um gemeinsam abhauen zu können. Die beiden schleichen sich ins Haus von Andy ein, doch es gibt einen Unfall, bei dem Andy unglücklich stürzt und stirbt. Sie nehmen die Wertsachen an sich (1.38). Dabei entdeckt Pete auf einem Sideboard ein Foto, das von links nach rechts Dick Laurent, Renée, Alice und Andy zeigt. „Bist du das? Bist du alle beide?“ will Pete von Alice wissen. Pete geht es plötzlich nicht sehr gut. Ein Lichtgewitter durchflutet den Raum, die Perspektiven verzerren sich, der Gang dehnt sich. Pete ist jetzt in einem Hotel und klopft an die Zimmertür mit der Nummer 26; im Hintergrund dröhnt Musik von Rammstein; in grelles Rot gekleidet macht sich eine Frau über ihn lustig. Es beginnt nun der dritte und letzte Abschnitt des Films, der wieder an den ersten anknüpft. Alice und Pete fliehen mit dem Wagen in die Wüste zu einem Hehler. Wieder sieht man die Straße, deren Mittelstreifen erleuchtet wird (1.43). Wieder sieht man auch die Szene mit der brennenden Hütte, die rückwärts abläuft. Doch diesmal tritt der Mystery Man nicht heraus. Der Wagen hält, die beiden steigen aus, klopfen und öffnen die Tür der Hütte. Doch niemand scheint anwesend. Sie warten, machen das Autoradio an. Dann lieben sie sich im Sand im Licht der Autoscheinwerfer. Pete mur-

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melt zu ihr wiederholt: „Ich will dich.“ „Du wirst mich niemals kriegen“, antwortet sie und verschwindet in der Hütte. Als Pete aufsteht, hat er sich in Fred Madison verwandelt. Wieder ein Lichtgewitter. Im Wagen sitzt nun der Mystery Man. „Hier bin ich“, ruft er, doch von der Hütte her. Der Mystery Man geht hinein, Fred folgt ihm (1.50). Dort wird ihm gesagt, dass Alice Renée heiße. Dann richtet der Mystery Man eine Videokamera auf Fred, der zum Wagen geht und davon fährt zum „Lost Highway Hotel“. Im Zimmer 25 schlafen Eddie und Renée miteinander. Danach fährt Renée mit dem Wagen davon. Fred stürmt – in der Kleidung von Pete – ins Zimmer, schlägt Eddie zusammen und sperrt ihn in den Kofferraum seines Wagens (1.54). Der Mystery Man schaut aus einem der Hotelfenster zu. Fred fährt wieder zur Hütte. Als er den Kofferraum öffnet, wird er sofort von Eddie attackiert. Sie kämpfen miteinander. Plötzlich drückt jemand Fred ein Messer in die Hand, mit dem dieser Eddie die Kehle durchschneidet. Der Mystery Man steht daneben und reicht Eddie ein kleines mobiles Fernsehgerät (1.56). Das Display zeigt Renée, Andy und Eddie, die sich gemeinsam einen Pornofilm anschauen; dann sieht man, wie Fred und der Mystery Man neben dem Auto stehen. „Geben Sie es mir wieder zurück“, fordert der Mystery Man Eddie auf, und dann erschießt er Dick Laurent. Er flüstert Fred, der jetzt die Pistole in der Hand hält, etwas ins Ohr. Der Mystery Man ist verschwunden. Die Polizei untersucht unterdessen die Wohnung von Andy (1.58). Die Polizisten beugen sich über das Foto, das Dick Laurent, Renée und Andy zeigt mit den Fingerabdrücken von Pete Dayton (Alice ist darauf nicht mehr zu sehen). Fred fährt vor das Haus von Fred und klingelt (2.00). Er sagt durch die Gegensprechanlage: „Dick Laurent ist tot.“ Dann springt er zurück in den Wagen und flieht von der Polizei verfolgt aus der Stadt auf eine einsame Wüstenstraße. Allmählich senkt sich die Nacht, hinter ihm folgt eine ganze Kolonne von Polizeiwagen. Fred fängt immer schneller an zu blinzeln; es folgt ein Lichtgewitter und ein heftiges Schütteln des Kopfes. Dann zeigt sich wieder der Mittelstreifen der Fahrbahn im Scheinwerferlicht.

Brüche, verstörende Elemente, Zuordnungen Schon die Genrezuordnung des Films erweist sich als problematisch, da zwar auf Konventionen des populären Kinos rekurriert wird, diese letzthin aber unterminiert und für die Darstellung einer Geschichte verwendet werden, die sich den gängigen Genrespielregeln entzieht. Was wie ein düsterer Thriller über eine gestörte Paarbeziehung beginnt, geht mit der

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Verwandlung von Fred Madison in Pete Dayton in einen Horrorfilm über, der durch das Auftauchen von Dick Laurent zu einem GangsterFilm wird, der mit der Flucht von Alice und Pete wieder in einem mysteriös-brutalen Thriller endet. Die paradoxale, letzthin in ihren Bedeutungen changierende Struktur lässt nun ganz unterschiedliche Interpretationsansätze zu, deren zentrale Elemente jeweils von rätselhaften, scheinbar sinnwidrigen, verstörenden Szenen gebildet werden. Es sind Szenen, deren Bedeutung ungewiss bleibt und die sich einer klaren Zuordnung in ein Erzählkontinuum verweigern.









Es beginnt mit der merkwürdigen Videokassette, deren Herkunft und Entstehungsprozess mysteriös bleiben, da offensichtlich niemand hätte ins Haus eindringen können ohne Einbruchsspuren zu hinterlassen. Es ist ein verstörendes Element in einer scheinbar geordneten, farblich klar aufgeteilten und bis zur De-Personalisierung aufgeräumten Welt: Eine amateurhaft wirkende S/W-Aufnahme, deren Perspektive nicht aus ästhetischen Gesichtspunkten gewählt wurde, die immer wieder von harten, mit „Bildrauschen“ begleiteten Schnitten unterbrochen wird, im Stil einer verwackelten Handkamera aufgenommen, die auch unscharfe Bilder riskiert. Das Auftauchen des Mystery Man konstruiert eine paradoxale Situation, in dem er Fred bittet, bei sich selbst anzurufen, wo er höchstpersönlich das Telefon abnimmt. Darüberhinaus taucht er geisterhaft immer wieder auf und erweist sich als luzider Einflüsterer, der alle Medien zu beherrschen scheint. Er gibt Fred das Telefon und nimmt es ihm wieder. Auch später meldet er sich bei Pete per Telefon. In der Hütte in der Wüste trägt er eine Videokamera auf der Schulter. Und er gibt dem sterbenden Dick Laurent einen Fernseher, auf dem der sein eigenes Sterben beobachten kann, und nimmt ihn ihm wieder ab. Szenen, die sich assoziativ immer wieder aufdrängen, wenn der Protagonist nachdenklich erscheint. Das beginnt bereits im Haus von Fred, als er Renée von seinem Traum erzählt und Renée plötzlich ein anderes Gesicht hat. Oder als Pete immer wieder die Bilder seiner „Verwandlung“ sieht. Die Einbettung von anderen Medien in die Erzählung verunsichert den Protagonisten und scheint geradezu dessen Misstrauen herauszufordern: Das beginnt mit den beschriebenen Szenen mit der Videokassette und dem Telefonat mit dem Mystery Man, geht dann aber weiter mit der betont harmlosen Fernsehsendung, die sich Petes Eltern anschauen, mit der Radiosendung, die Pete Kopfschmerzen verursacht, bis hin zu den privaten Pornofilmen und der Fotografie

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im Haus von Andy, die einmal Renée und Alice, ein andermal nur Renée zeigt. Scheinbar widersinnige Szenen, in denen zeitliche Abläufe umgekehrt werden, wie etwa die brennende Hütte in der Wüste, oder in denen sich der Kopf des Protagonisten derart rasch hin und her bewegt, bis er sich in eine andere Person verwandelt hat oder als Fred am Ende des Films bei sich selbst klingelt. Verzerrte Bilder: Die Bilder im Lost Highway Hotel. Die Szenen, in denen Fred neben der Leiche von Renée hockt. Die Bilder, die die Verwandlung des Protagonisten einleiten: Es beginnt mit einer Veränderung des Lichts, einer Art Lichtblitz. Es folgt die Nachtaufnahme des Mittelstreifens einer Fahrbahn, der von den Scheinwerfern eines fahrenden Autos beleuchtet wird. Anschließend ist ein rasend schnelles Kopfschütteln des Protagonisten zu beobachten, das durch Überblendungen noch verstärkt scheint und Gesichtszüge zur Unkenntlichkeit entstellt. Abschließend sieht man ein fast abstrakt anmutendes Bild, das an eine Aufnahme des Körperinneren denken lässt (0.45). Nach dieser ersten Verwandlung werden diese Elemente später nur noch kurz angespielt – entweder als kurzer Einschub (1.20) oder als Einleitung der zweiten Rückverwandlung von Pete in Fred, die nur noch mit einem Lichtgewitter eingeleitet wird (1.50) und schließlich bei der letzten, nicht mehr ausgeführten Verwandlung, als Fred vor der Polizei in die Wüste flieht (2.00).

Die Brüche und Widersprüche lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass sie die zeitliche Abfolge durcheinander bringen, dass sie räumliche Paradoxien erzeugen, dass jede Kleinigkeit eine scheinbar verborgene, aber für das Ganze hohe Bedeutung zu haben scheint (Pan-Signifikation/ Pan-Determinismus: Jedes Wort, jede Geste scheint eine untergründige, geheimnisvolle Bedeutung zu besitzen.), dass die kausale Ordnung aufgehoben wird, dass die Realität nur schwer und undeutlich zu erkennen und mit Wahrnehmungsstörungen und Kopfschmerzen verbunden ist, dass es zu einem Wechsel und zu Metamorphosen von Persönlichkeiten kommt, die zudem durch die Konstruktion des Films in Form eines Möbius-Bandes mit einem Verwischen der Grenze zwischen Subjekt und Objekt verbunden ist. Von besonderem Interesse sind nun vor allem die von der Mehrzahl der Interpreten verfolgten psychologischen Interpretationen, da sie immerhin versuchen, die beschriebenen, verstörenden Elemente sinnvoll in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. Dabei sind prinzipiell drei verschiedene Modelle denkbar (oder erkennbar):

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1. Lost Highway wird – wie Seeßlen vorschlägt – als die Inszenierung einer sogenannten „Entfremdungsphantasie“ gesehen, d. h. alles spielt sich nur in der Phantasie, in der Vorstellung des Protagonisten ab: „ein Mann, der um seine sexuelle Potenz fürchten muß, wird von seiner Frau betrogen und ermordet sie (oder: ein Mann träumt, wie ihn seine Frau betrügt, wie er sie dafür ermordet und wie er dafür bestraft wird).“46 In dieser Interpretationsrichtung weiter gedacht sieht Seeßlen in Lost Highway die „folgerichtige Fortschreibung der magischen Biographie jenes Mannes, den wir als ‚nicht zu Ende geborenen‘ immer näher kennengelernt haben.“47 „Und um die eigene Entfremdung und die eigene Schuld zu verstehen, muß der nicht zu Ende geborene Held noch einmal in seine Vergangenheit reisen. Dort versucht er, so verzweifelt wie vergebens, alle seine Erfahrungen umzukehren (der zweite Teil ist demnach nichts anderes als eine Reise durch die Alpträume der LynchFilme, die sich um so mehr beschleunigt, je mehr ihr Protagonist sie zu revidieren versucht).“48 Folgt man diesem Interpretationsansatz, kann man den ganzen Film kurzerhand als Albtraum oder tagtraumartiges Gedankenspiel bezeichnen, wobei allerdings darüber zu streiten wäre, was die „realistischen“ Teile im Vergleich zu den traumhaften wären. Was also geschieht wirklich in Lost Highway, und was entspringt nur der Phantasie des Protagonisten? 2. Man könnte Lost Highway auch interpretieren als „Genese einer Schizophrenie, deren jeweilige Schübe stets ausgelöst werden durch das Verhalten der Partnerin“49, wie Seeßlen schreibt. Man würde als einer Art von Persönlichkeitsspaltung beiwohnen, der inneren „Schilderung einer Auflösung von Person, Perspektive und Wahrnehmung. Für diese Perspektive ist möglicherweise die ‚Geburt‘ der einen aus der anderen Figur auch auf einer sozusagen grammatischen Ebene von Bedeutung.“50 Und Seeßlen fährt fort: „Die Schizophrenie des Mörders breitet sich über seiner Erzählung aus; es ist, als verwandle sich stets eben jener abgespaltene Teil der Person in den Erzähler, der als Fremder zum Wesen außerhalb seiner werden musste. (Das heißt auch: jeder schizophrene Schub produziert auch einen neuen Autor, der mit den wenigen konstanten Größen immer neue Geschichten erzählen kann, deren Antriebskraft nichts anderes ist als der doppelte Wunsch, seinen mörderischen Impulsen zu folgen und sie zugleich nicht wahrzunehmen.“51 46 47 48 49 50 51

Seeßlen 2000a, S. 170. Ebd., S. 170. Ebd., S. 170. Ebd., S. 171. Ebd., S. 171. Ebd., S. 171. 140

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3. Last but not least könnte man auch Žižek folgen, der in Lost Highway die Entwicklung einer Psychoanalyse sieht, dass also der ganze Film dem Prozess einer Psychoanalyse gleicht. In der Bewertung von Lacans Meinung bezüglich des Triebs stellt Žižek fest, dass zum Trieb eine Art „selbstreflexive Wende“ gehört, „die keine simple Umkehrung des aktiven in einen passiven Modus ist: So wird etwa beim Schautrieb das Begehren, ‚alles sehen zu wollen‘, nicht einfach in die Vorliebe verkehrt, vom Anderen gesehen zu werden, sondern in den zweideutigeren Mittelweg des se faire voire, des ‚Sich-selbst-gesehen-Machens‘.“52 Für dieses Paradox sieht Zizek nun u. a. in der Zeitschleife eine kinematographische Entsprechung, wie sie etwa die Konstruktion von Lost Highway zu prägen scheint: „Zu den entscheidenden Bestandteilen von Lynchs Universum gehört immer ein Satz, eine Signifikantenkette, die als ein Reales, das fortbesteht und immer wiederkehrt, mitschwingt – eine Art elementare Formel, die den linearen Fluß der Zeit außer Kraft setzt und ihm widerspricht: In Dune [Der Wüstenplanet] ist es: ‚Der Schläfer muss erwachen‘, in Twin Peaks: ‚Die Eulen sind nicht, was sie scheinen‘, bei Blue Velvet: ‚Daddy will ficken‘, und in Lost Highway ist es natürlich jener Satz, der die ersten und letzten gesprochenen Worte des Films enthält, ‚Dick Laurent ist tot‘, und den Tod der obszönen Vater-Figur (Mr. Eddy) verkündet; die gesamte Erzählhandlung des Films spielt sich in der ausgesetzten Zeit zwischen diesen beiden Momenten ab. Am Anfang hört Fred, der Held des Films, in seinem Haus diese Worte über die Gegensprechanlage; am Ende des Films, bevor er seine Flucht antritt, spricht er sie selbst in diese Gegensprechanlage, so dass wir es mit einer zirkulären Situation zu tun haben – zuerst mit einer Nachricht, die vom Helden zwar gehört, aber nicht verstanden wird, dann mit einem Helden, der diese Nachricht selbst spricht. Der ganze Film basiert, kurz gesagt, auf der Unmöglichkeit des Helden, sich selbst zu begegnen, genau wie im Fall der berühmten Zeitsprungszenen in Science-Fiction-Romanen, in der der Held, indem er in die Zeit zurück reist, sich selbst in einer früheren Zeit begegnet ...“53 Es würde hier zu weit führen, weiter darüber zu spekulieren, inwieweit nun Lost Highway die bei Zeitreisen auftretenden Paradoxien in einer psychologisierenden Form behandelt. Zentral scheint dagegen in Žižeks Interpretation, dass im Vorgang der Verkehrung (und der damit verbundenen Widersinnigkeit) eine ähnliche Situation wie in der Psychoanalyse beschrieben wird, „in der der Patient anfangs von einer obskuren, nicht entzifferbaren, aber hartnäckigen Nachricht – dem Symptom – in

52 Žižek 2001, S. 416/417. 53 Ebd., S. 417/418. 141

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Schwierigkeiten gebracht wird, die ihn sozusagen von außen unter Beschuß hält; dann, am Ende der Behandlung, ist der Patient in der Lage, die Nachricht als seine eigene anzunehmen und sie in der ersten Person Singular auszusprechen. Die Zeitschleife, die Lost Highway strukturiert, ist somit nichts anderes als die Schleife der psychoanalytischen Kur, in deren Verlauf wir, nach einem langen Umweg, aus einer anderen Perspektive zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren.“54 Alle drei psychologischen Interpretationen scheinen schlüssig, auch wenn sie sich nicht eindeutig determinieren lassen. Die gleichen Phänomene lassen sich auf unterschiedliche Weise deuten und können einmal für Traum- oder Phantasievorstellungen stehen, ein andermal für die Beschreibung einer Krankheit oder gar – wie von Žižek vorgeschlagen – für deren Behandlung. Die Schwierigkeit, die verstörenden Elemente zu vereindeutigen, lassen sich offenbar mit einer vereinheitlichenden Interpretation nicht beheben. Die Parallelisierung von möglichen Interpretationsansätzen führt nun zu der Frage, ob nicht eine andere Lesart möglich ist, die nicht allein nur vorschnell auf eine Bedeutung des Dargestellten abhebt, sondern die Strukturen des Dargestellten selbst in den Blick nimmt. Mithin wäre eine solche Perspektive gerade auch mediologisch interessant, da sie die Medialität der Inszenierung untersuchen müsste, mithin also die medialen Strukturen, die zur Inszenierung des Dargestellten genutzt werden. Bevor nun eine solche mediologische Sicht auf Lost Highway vorgestellt werden soll, lohnt sich ein weiterer Exkurs über eine Betrachtungsweise, die die bereits beschriebenen psychologischen Interpretationsmuster noch einmal anders kontextualisiert.

54 Žižek 2001, S. 418. 142

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Exkurs II D a s P h a n t a s ti sc he i m S i n n e T o d o r o v s o d e r d i e m e d i al e n S t r u k tu r e n d e s s u b j e k ti v e n Z w e i f el s Das Phantastische in der Definition von Todorov bildet einen interessanten Sonderfall von medialen Dysfunktionen, der auch für die Dramaturgie des subjektiven Zweifels von entscheidender Bedeutung ist, da hier genau jene Strukturen sichtbar werden, die das Medium brüchig und den Zweifel transparent werden lassen. Das Kernstück der psychologischen Interpretation, die Metamorphose bzw. der Wechsel der Persönlichkeit, kann auch in einen ganz anderen Interpretationskontext gestellt werden und lässt sich auch dort schlüssig beschreiben. Betrachtet man die entsprechenden Szenen als ästhetische Konstruktion, also explizit als Inszenierung, dann liegt ein aus der Literaturtheorie bekannter Begriff nahe, der die gleiche Art von Phänomenen in literarischen Texten umschreibt: der des Phantastischen. Denn die ästhetische Konstruktion des Phantastischen bedient sich strukturell der gleichen Strukturen, die auch die psychologische Interpretation als Ausgangsmaterial nutzt; sie zielt aber auf einen völlig anderen Effekt. „Die Vervielfältigung der Person ist, wörtlich genommen, eine Konsequenz des möglichen Übergangs zwischen Materie und Geist: man ist geistig mehrere Personen, man wird es physisch.“55 schreibt Todorov und beschreibt damit eines der Charakteristika des Phantastischen, das im Folgenden näher untersucht werden soll.

55 Todorov 1992, S. 105. 143

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Der hier verwendete Begriff des Phantastischen56 lehnt sich nun eng an die Definition von Todorov an, die jedoch der Erläuterung bedarf, um gerade auch seine medientheoretische Relevanz zu verdeutlichen. 56 Es soll hier im Folgenden nicht darum gehen, den Begriff des Phantastischen zur Definition eines Genres zu gebrauchen, da die hier näher beobachteten Filme – wie oben bereits erläutert wurde – kein eigenes Genre bilden. Zwar wurde der Begriff des Phantastischen ursprünglich eingeführt, um bestimmte ästhetische Merkmale der Science-Fiction-, Horror-, Fantasy- oder Mystery-Romane bzw. -Filme zu beschreiben, doch soll es hier um eine andere Lektüre des Phantastischen gehen, die den Begriff strukturell als alternatives Interpretationskonzept zum Psychologischen aufscheinen lässt und in seiner Verlängerung auch für eine mediologische Interpretation der beobachteten Filme relevant erscheint. Um diese Lesart des Phantastischen im Sinne Todorovs zu verdeutlichen, ist es zunächst notwendig, sie vom gängigen literatur- bzw. auch filmtheoretischen Verständnis des Phantastischen abzugrenzen. Hierbei lassen sich – ohne die Debatte im Einzelnen darstellen zu wollen – grob gesagt zwei Gruppen von Ansätzen unterscheiden: 1. Die weitaus meisten Autoren halten sich mit Definitionsproblemen des Phantastischen nicht weiter auf, sondern verwenden den Begriff pragmatisch als Etikett, mit dem – auf eine Erwartungshaltung der Rezipienten reagierend – vor allem im Kontext der einschlägigen Presse ein Überbegriff für diverse Subgenres wie SF, Horror, Fantasy oder Mystery geprägt wurde. Analog zur Literaturkritik haben sich auch in der Filmpublizistik parallele Benennungen durchgesetzt, deren Nutzen vor allem in einer pragmatischen Katalogisierbarkeit einer erdrückenden Materialfülle liegt (deren Adressat häufig eine breite Leserschaft ist). Es wären hier zahlreiche Arbeiten zu nennen, die das vorhandene Material nach jeweils unterschiedlichen als zentral erachteten Motiven und Themenkomplexen des Phantastischen ordnen. Genannt seien hier pars pro toto nur: Giesen Rolf: Lexikon des phantastischen Films 1. Horror – Science Fiction – Fantasy. Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1984; Stresau, Norbert: Der Horror-Film. Von Dracula zum Zombie-Schocker. München 1987 (3. Aufl.); Seeßlen, Georg/Weill, Claudius: Kino des Phantastischen. Eine Einführung in die Mythologie und die Geschichte des Horror-Films. München 1986; L’alterité dans le cinéma américain de science-fiction: Relevé et étude des représentations et des significations de l’Autre dans le cinéma américain de science-fiction de 1925–1995. 2 Bde. Paris 1996; Pelosato, Alain: Le cinéma fantastique. Pantin 1998; Hahn, Ronald/ Jansen, Volker: Lexikon des Science-Fiction-Films. 1000 Filme von 1902 bis 1987. München 1987; Senn, Bryan/Johnson, John: Fantastic Cinema subject Guide. A Topical Index to 2500 Horror, Science Fiction an Fantasy Films. Jefferson (North Carolina)/London 1992; Stresau, Norbert/Wimmer, Heinrich: Enzyklopädie des Phantastischen Films. Meitingen 1986 ff. 144

DIE DRAMATURGIE DES SUBJEKTIVEN ZWEIFELS

Todorovs Definition des Phantastischen Todorovs Ansatz soll hier weniger als Genredefinition eingeführt werden57, sondern daraufhin, wie seine Definition des Phantastischen die Fiktionalität von fiktionaler Literatur und – weiter gedacht – die Medialität des Mediums berührt. Todorovs Definition des Phantastischen geht aus von zwei notwendigen Bedingungen, die das Phantastische zwingend erfüllen muss: 1. Das Phantastische konstituiert immer einen Bruch mit der geltenden Ordnung.58 2. Das Phantastische liegt immer im Moment der Ungewissheit, des Zweifels.59 Wenn beides nicht zutrifft, haben wir es im strengen Sinne nicht mit dem Phantastischen zu tun. Während das

Es gilt vielmehr, eine ästhetische Besonderheit zu beschreiben, für die vor allem auf literaturtheoretischer Seite eine Reihe von Definitionsversuchen unternommen wurden. Dabei interessiert mich vor allem jene von Todorov entwickelte Sicht des Phantastischen, da aus ihrer Perspektive die medientheoretische Dimension des Begriffs deutlich wird – mithin also alternative Interpretationskonzepte zum Psychologischen aufscheinen, die in ihrer Verlängerung zu einer mediologischen Interpretation des Materials taugen. 2. Die zweite Gruppe von Autoren versucht, sich dem Phantastischen selbst anzunähern. Bei ihr ist zu unterscheiden zwischen Autoren, die das Phantastische eher allgemein definieren wie z. B. Schmied, Wieland: Zweihundert Jahre phantastische Malerei. Berlin 1973; Wünsch, Marianne: Die fantastische Literatur der Frühen Moderne (1890–1930). Definition – Denkgeschichtlicher Kontext – Strukturen. München 1991; Krichbaum, Jörg/Zondergeld, Rein A.: DuMonts kleines Lexikon der phantastischen Malerei. Köln 1977 um seine kunst-, literatur- oder kulturhistorisch zu verortenden Phänomene zu bestimmen und zwischen Autoren wie Lovecroft, Finné, Vax und Caillois, die sich an einer engeren Definition des Phantastischen versuchen. Auch Todorovs Ansatz wäre hier aufzuführen, ist aber in der literaturtheoretischen Diskussion nicht unumstritten, da ihm vorgeworfen wurde, seine Definition auf zu wenige und auch nur hochkulturell anerkannte Beispiele zu stützen. 57 In Todorovs Text selbst ist eine solche medientheoretische Lesart angelegt, aber offenbar verstellt durch den Blick allein auf die Literatur, genauer gesagt: auf eine sehr spezielle Auswahl von Einzelwerken, die seinen Versuch als Genredefinition auch angreifbar macht. Vgl. auch Brittnacher, Hans Richard: Ästhetik des Horrors. Frankfurt am Main 1994. 58 Vgl. Todorov 1992, S. 27. 59 Ebd., S. 26. 145

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

erste Kriterium auch bei anderen Autoren zu finden ist60 steht das zweite Kriterium im Mittelpunkt von Todorovs Überlegungen. Todorov definiert das Phantastische als Unschlüssigkeit, „die ein Mensch empfindet, der nur die natürlichen Gesetze kennt und sich einem Ereignis gegenübersieht, das den Anschein des Übernatürlichen hat.“61 Der Leser, der dieses „Ereignis wahrnimmt, muß sich für eine der zwei möglichen Lösungen entscheiden: entweder handelt es sich um eine Sinnestäuschung, ein Produkt der Einbildungskraft, und die Gesetze der Welt bleiben, was sie sind, oder das Ereignis hat wirklich stattgefunden, ist integrierender Bestandteil der Realität. Dann aber wird diese Realität von Gesetzen beherrscht, die uns unbekannt sind. [...] Das Fantastische liegt im Moment dieser Unschlüssigkeit; sobald man sich für die eine oder andere Antwort entscheidet, verläßt man das Fantastische und tritt in ein benachbartes Genre ein, in das des Unheimlichen oder das des Wunderbaren.“62 Anders als Lovecraft, dessen Definition des Phantastischen die Leserreaktion entscheidend miteinbezieht63, schreibt sich Todorovs Kriterium der Unschlüssigkeit, der Ungewissheit bzw. des Zweifels nicht ohne weiteres in eine Rezeptionsästhetik ein, sondern hebt auf die ästhetische Konstruktion des Materials ab. Voraussetzung für die Konstruktion des Zweifels ist zunächst der inhaltliche Bruch mit der herrschenden Ordnung: „In einer Welt, die durchaus die unsere ist, die, die wir kennen, eine Welt ohne Teufel, Sylphiden oder Vampire, geschieht ein Ereignis, das sich aus den Gesetzen eben dieser vertrauten Welt nicht erklären läßt. Der, der das Ereignis wahrnimmt, muß sich für eine der zwei möglichen Lösungen entscheiden: entweder handelt es sich um eine Sinnestäuschung, ein Produkt der Einbildungskraft, und die Gesetze der Welt bleiben, was sie sind, oder das Ereignis hat wirklich stattgefunden, ist integrierender Bestandteil der Realität. Dann aber wird diese Realität von Gesetzen beherrscht, die uns unbekannt sind.“64 Der Zweifel eröffnet immer mehr als eine Möglichkeit: Er ist das Moment zwischen der Entscheidung für eine Alternative. Das Phantastische als Negation der herrschenden Ordnung, d. h. als etwas, dass sich mit den Gesetzen der herrschenden Ordnung nicht erklären lässt, zwingt zu einer Entscheidung: Entweder die eigene Wahrnehmung ist gestört, 60 Hier sind unter vielen anderen vor allem Schmied, Krichbaum und Zondergeld zu nennen. 61 Todorov 1992, S. 26. 62 Todorov 1992, S. 25/26. 63 Vgl. dazu Lovecraft, Howard Phillips: Die Literatur der Angst. Zur Geschichte der Phantastik. Frankfurt am Main 1995. 64 Todorov 1992, S. 25/26. 146

DIE DRAMATURGIE DES SUBJEKTIVEN ZWEIFELS

das Produkt einer Einbildung, einer Täuschung oder einer gewissen Fehlsichtigkeit und die Gesetze der herrschenden Ordnung bleiben intakt. Dann haben wir es nach Todorov mit dem Unheimlichen zu tun. Oder aber die Welt, die wir zu kennen glauben, funktioniert in Wahrheit nach ganz anderen Gesetzen, als wir bisher für möglich gehalten haben. Dann befinden wir uns – nach Todorov – im Bereich des Wunderbaren. „Das Wunderbare entspricht einem unbekannten, nie gesehenen, kommenden, also zukünftigen Phänomen.“65 Das Wunderbare ist also der Bereich des Übernatürlichen, wie man ihn etwa im Märchen oder den meisten Science-Fiction-, Horror-, Fantasy- oder Mystery-Romanen oder -Filmen antreffen würde. Denn alles Wunderbare, was in dieser Welt geschieht, funktioniert nach Gesetzen, die in dieser Welt völlig normal sind: Hexen, die Zauberkräfte haben; Raumschiffe, die schneller als Lichtgeschwindigkeit fliegen können; Vampire, die vor Kreuzzeichen zurückschrecken; Elfen oder Trolle, die die Natur beleben. Dies alles steht im Einklang mit den Gesetzen, der Ordnung, die auf der fiktionalen Ebene geschildert wird. Die jeweiligen Phänomene des Wunderbaren sind aber auch an diese Gesetze gebunden, d. h. sie sind nicht allmächtig, sondern wird von diesen Gesetzen auch eingeschränkt. „Wenn er [Anm. des Autors: der Leser] sich im Gegenteil dafür entscheidet, daß man neue Naturgesetze anerkennen muß, aus denen das Phänomen dann erklärt werden kann, so treten wir in die Gattung des Wunderbaren ein.“66 Beim „Unheimlichen dagegen führt man das Unerklärliche auf bekannte Fakten, auf eine vorgängige Erfahrung und damit auf die Vergangenheit zurück.“67 Dieses Kriterium wird beispielsweise von zahlreichen Kriminalromanen erfüllt, etwa Arthur Conan Doyles „SherlockHolmes-Geschichte“ The Hound of Baskerville, in der gezielt mit unerklärlichen, zunächst phantastisch anmutenden Umständen gespielt wird, die dann aber am Ende von dem Meisterdetektiv als geschickte Manipulation entlarvt und auf rational erklärbare Fakten zurückgeführt werden. „Wenn er [der Leser] sich dafür entscheidet, daß die Gesetze der Realität intakt bleiben und eine Erklärung der beschriebenen Phänomene zulassen, dann sagen wir, daß dieses Werk einer anderen Gattung zugehört: dem Unheimlichen.“68 Nun schränkt Todorov selbst ein, dass es häufig Stoffe gibt, die weder rein dem Wunderbaren noch dem Unheimlichen zuzurechnen sind. Vielmehr gibt es eine Reihe von Mischformen, die Todorov das Phantastisch-Wunderbare bzw. das Phantastisch-Unheimliche nennt. So ist 65 66 67 68

Ebd., S. 41. Todorov 1992, S. 40. Ebd., S. 41. Ebd., S. 40. 147

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

z. B. in einigen Science-Fiction-Geschichten der Versuch zu erkennen, zunächst unerklärliche Phänomene mit naturwissenschaftlich anmutenden Erklärungen rational zu begründen, die aber in der Regel vom heutigen Standpunkt der Naturwissenschaften noch nicht anerkannt werden. Das Phantastische liegt nun genau zwischen dem Unheimlichen und dem Wunderbaren: „die fantastische Erzählung enthält zwei mögliche Lösungen, die eine wahrscheinlich und übernatürlich, die andere unwahrscheinlich und rational.“69 Genau in diesem Moment des „Dazwischen“ liegt der Zweifel, der das Phantastische ausmacht. Die Unschlüssigkeit – der Zweifel –, die von Todorov beschrieben wird, ist zwar zunächst die des Lesers. Doch anders als die rezeptionsästhetische Bestimmung des Phantastischen von Lovecraft70, setzt Todorov keineswegs einen physischen Leser voraus, über dessen Reaktionen zu spekulieren wäre. An der ästhetischen Konstruktion selbst lassen sich Indizien erkennen, die auf eine material zu verortende Konstruktion des Phantastischen schließen lassen. Todorov selbst benennt hierfür eine Reihe von Kriterien. So nennt Todorov z. B. die Mittel Imperfekt und Modalisation. „Die letztere besteht, wie wir uns erinnern, darin, gewisse einführende Wendungen zu gebrauchen, die, ohne den Sinn des Satzes zu ändern, die Beziehung zwischen dem Subjekt des Aussagens und der Aussage modifzieren. So bezeihen sich beispielsweise die beiden Sätze ‚es regnet draußen‘ und ‚vielleicht regnet es draußen‘ auf denselben Sachverhalt, der zweite zeigt jedoch darüber hinaus die Unsicherheit an, in der sich das sprechende Subjekt in bezug auf die Wahrheit des von ihm ausgesagten Satzes befindet. Eine ähnliche Bedeutung hat das Imperfekt. Wenn ich sage ‚ich liebte Aurélia‘, so sage ich damit nicht genau, ob ich sie jetzt immer noch liebe oder nicht.“71 Andere materiale Mittel, um das Phantastische zum Ausdruck zu bringen, ist etwa der wörtliche Gebrauch von bildhaften, metaphorischen Redewendungen72 oder die Übertreibung73. Torodov nennt darüber hinaus als strukturelles Merkmal von phantastischen Erzählungen den Ich-Erzähler: „In fantastischen Geschichten sagt der Erzähler gewöhnlich ‚ich‘ (‚je‘).“74 Dies hat etwas mit der Plau-

69 70 71 72 73 74

Ebd., S. 41. Vgl. Lovecroft 1995. Todorov 1992, S. 37. Ebd., S. 70. Ebd., S. 71. Ebd., S. 75. 148

DIE DRAMATURGIE DES SUBJEKTIVEN ZWEIFELS

sibilität, der „Kohärenz“ oder „Stimmigkeit“75 einer Erzählung zu tun. „Obgleich die Sätze des literarischen Textes zumeist eine behauptete Form haben, so sind sie doch keine wirklichen Behauptungen, denn sie genügen einer wesentlichen Bedingung nicht: dem Wahrheitsbeweis. Mit anderen Worten, wenn ein Buch mit dem Satz beginnt: ‚Jean lag in seinem Zimmer ausgestreckt auf dem Bett‘, so haben wir nicht das Recht uns zu fragen, ob das wahr sei oder falsch; eine solche Frage hat keinen Sinn. [...] Wenn man uns auf der nächsten Seite desselben imaginären Buchs mitteilt, daß es in Jeans Zimmer überhaupt kein Bett gibt, dann entspricht der Text nicht der Forderung nach Kohärenz und macht eben dadurch aus dieser ein Problem, d. h. er thematisiert sie.“76 Anders stellt sich das Problem dar, wenn ein Ich-Erzähler auftritt.77 „Insofern er Erzähler ist, darf sein Diskurs nicht dem Wahrheitsbeweis unterzogen werden, als handelnde Person aber kann er lügen.“78 Todorov unterscheidet nun zwei Themenkreise, die strukturell nach anderen Kriterien funktionieren: 1. die sogenannten Du-Themen (von Todorov auch „Diskurs-Themen“ genannt), die im weitesten Sinne um Sexualität (oder um ihre Verdrängung oder Tabuisierung) kreisen79 und 2. die sogenannten Ich-Themen (von Todorov auch „Blick-Themen“ genannt), die Beziehung zwischen Mensch und Welt bzw. das System Wahrnehmung-Bewusstsein zum Gegenstand haben80 und das im Folgenden gleich noch genauer beschrieben wird, da dieser Bereich die Medialität der literarischen Fiktion selbst berührt.

Das Phantastische an den Grenzen des Mediums Todorovs Bestimmung des Phantastischen führt ihn nun an die medialen Grenzen des Phantastischen. Das Phantastische ist bei Todorov durch das Medium, durch ganz bestimmte mediale Strukturen geprägt, die seine Stimmigkeit, die Kohärenz bzw. die Plausibilität des Phantastischen garantieren.

75 Ebd., S. 75. 76 Ebd., S. 75. 77 Umgekehrt gilt: „Es ist kein Zufall, daß in wunderbaren Geschichten selten die erste Person verwendet wird [...]: sie bedürfen dessen nicht, kein Zweifel soll ihr übernatürliches Universum aufhorchen lassen.“ Todorov 1992, S. 76. 78 Ebd., S. 76. 79 Vgl. ebd., S. 112 ff. 80 Vgl. ebd., S. 125. 149

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Todorovs Definition des Phantastischen ist in letzter Konsequenz eine Reflexion über die Medialität der literarischen Fiktion selbst. (Todorov selbst räumt ein, dass die Literatur des 20. Jahrhunderts letzthin keine phantastischen Erzählungen mehr kenne.) Die von Todorov genannten Kriterien für das Phantastische lassen sich daher auch nicht umstandslos auf andere Medien übertragen. Das Phantastische ist insofern immer an ein bestimmtes Medium gebunden, es kann nicht, wie eine Liebes- oder Kriminalgeschichte einfach als Stoff in ein anderes Medium übertragen werden. Gerade filmische Medien weisen völlig andere Strukturen auf als fitkionale Literatur: Nicht nur ist eine Modalisation durch die faktische Mächtigkeit der Bildaussagen schwer (ob es regnet oder nicht ist unschwer im Bild zu erkennen), auch fehlt eine ähnliches temporär differenziertes grammatisches Gefüge wie der gesprochenen oder geschriebenen Sprache – wie oben gezeigt wurde, kennt der Film im Prinzip nur das Präsenz; die wörtliche Umsetzung von Metaphern oder Übertreibungen hingegen weisen im Film gleichfalls durch die Bildmächtigkeit ein Plausibilitätsproblem auf, das anders motiviert ist als in der Literatur. Wenn in der Literatur von einem Riesen gesprochen wird, dann ist dem Erzähler prinzipiell Glauben zu schenken. Wenn im Film ein Riese auftritt, dann hängt es von der Bildgestaltung im Einzelnen ab, ob ein solcher Riese auf den Betrachter glaubwürdig wirkt. Am ehesten wird die Problematik von Todorovs Ansatz vielleicht deutlich, wenn man zunächst ein Medium betrachtet, in dem narrative Strukturen weitgehend fehlen, das aber gleichwohl auch für die Analyse des visuellen Mediums Film bedeutend ist: die Malerei. Nahezu alle von Todorov eingeführten strukturellen Merkmale des Narrativen versagen zur Beschreibung des Phantastischen in der Malerei, was nun umgekehrt nicht heißen kann, dass das Phantastische in der Malerei fehlen würde: Maler wie Max Ernst, Salvador Dali oder René Magritte seien hier stellvertretend für viele andere genannt, die allein im 20. Jahrhundert das Phantastische als Ausdrucksmittel genutzt haben. Doch obwohl eine Vielzahl von künstlerischen Strömungen wie die Surrealisten, der Magische Realismus oder die Wiener Schule sich des Phantastischen bedienten, ist das Phantastische selbst nicht zu einem fest umrissenen Begriff geworden. Ja es ist auffällig, dass Autoren, die sich mit dem Phantastischen in der Malerei beschäftigten81, eine ähnlich präzise, strukturelle Definition wie die von Todorov geradezu vermeiden. Stattdessen werden von ihnen übereinstimmend folgende Merkmale des Phantastischen hervorgehoben:

81 Das sind unter anderem die bereits erwähnten Autoren Krichbaum, Zondergeld und Schmied. 150

DIE DRAMATURGIE DES SUBJEKTIVEN ZWEIFELS





Das Phantastische kann sich im Bereich der Bildenden Kunst nur als Darstellung von Gegenständlichem entfalten. So wird etwa darauf hingewiesen, dass das „Phantastische in der Kunst immer nur vor dem Hintergrund des Realistischen entstehen und seine Wirkung entfalten kann. Ohne ein festgefügtes Realitätsbild, auch wenn es brüchig geworden ist, gibt es das Phantastische nicht: Ohne Realismus gibt es keine phantastische Kunst, denn nur in der Konfrontation mit dem davon Abwiechenden, in der Gegenüberstellung geläufiger und befremdender Seh-Weisen, kann die letztlich positive Beunruhigung hervorgerufen werden, welche alle phantastische Kunst kennzeichnet. Aus diesem Grund reduziert sich die phantastische Dimension, je abstrakter ein Kusntwerk wird: Reine abstrakte Phantastik ist deshalb in der Bildenden Kunst kaum möglich.“82 Das Phantastische ist abhängig von der Vorstellung dessen, was realistisch ist; es ist also zeitgebunden. „Erschien das Phantastische im Mittelalter als eine Welt der Monstren, der Dämonen, Lemuren und Chimären, der Zwischen- und Zwitterwesen [...] äußerte es sich dann in der manieristischen Kunst eines Monsù Desiderio als Wirkung rätselhafter chtonischer Mächte, die festgefügte Architekturen erschüttern und bersten lassen, so erfährt es nun [d. h. bei Piranesi] eine Wendung von der Verkörperung in greifbaren Figuren oder in ungreifbaren Mächten hin zu Projektionen des Bewußtseins und des Unbewußten, die mit formalen Mitteln erzielt werden.“83 In dieser Weise wechselte das Phantastische häufig die Maske: Waren die Dämonen z. B. im 19. Jahrhundert anachronistisch geworden84, übersiedelten sie nach innen, „nisteten in Winkeln des Unbewußten, versteckten sich in vielerlei Komplexen, Traumata, Trieben und Tabus.“85

Die beschriebenen „Merkmale“ ergeben keine präzise Definition (wie man sie im literaturtheoretischen Bereich antraf). Sie verweisen aber darauf, dass die Definitionsschwierigkeiten mit dem Charakter des Phantastischen selbst zusammenzuhängen scheinen: Die Entwicklung des Phantastischen richtet sich nicht nach einer theoretischen Definition, sondern ist mithin als Reaktion auf Realität zu begreifen. Die Vielfalt der 82 Krichbaum, Jörg/Zondergeld, Rein A.: DuMonts kleines Lexikon der phantastischen Malerei. Köln 1977, S. 8. 83 Schmied, Wieland: Zweihundert Jahre phantastische Malerei. Berlin 1973, S. 5. 84 Vgl. ebd., S. 5. 85 Ebd., S. 5. 151

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

phantastischen Ausdrucksformen und ihr historischer Wandel verweisen vielmehr darauf, dass das Phantastische eine bestimmte Haltung gegenüber der Realität ausdrückt, eine Haltung, die man sowohl „negierend“ als auch in einem fundamentalen Sinne „skeptisch“ nennen könnte und die immer von einem „Bruch“ mit der Realität gekennzeichnet ist, der zu einer Form des radikalen Zweifels führt. ` Das Phantastische ist in der Definition von Todorov der Medialität eines Mediums deshalb so nahe, weil es gleichermaßen auf Grenzerfahrungen abhebt: Auch die Medialität eines Mediums lässt sich nur anhand seiner Grenzen aufzeigen. Das Phantastische wird zur Grenzerfahrung vor allem dort, wo es zur Erfahrung der Erfahrbarkeitsgrenze wird: Die Wahrnehmung wird zu ihrer eigenen Grenze. Der eigene Blick, die eigene Erinnerung, der man nicht mehr traut. Ein Bildschirm, der nicht das zeigt, was man erwarten würde. Das Gefühl, das Medium betrüge einen um die Realität. Und nicht zuletzt: Die Medialität kommt immer dort zum Vorschein, wo es zu einem „Bruch“ kommt, wo das Medium dysfunktional wird oder zwei Medien miteinander konkurrieren. Der mediale Bruch ist immer auch eine Infragestellung der medialen Ordnung. Tatsächlich deuten auch Todorovs eigene Bestimmungen der sogenannten Ich-Themen auf einen solchen Bruch, auf eine fundamentale Form der Skepsis hin. Sie sind nach Todorov vor allem gekennzeichnet durch eine Infragestellung der Grenze zwischen Materie und Geist, wie sie etwa in körperlichen Verwandlungen, Metamorphosen, zum Ausdruck kommt, und durch eine spezielle Form der Kausalität, den sogenannten Pan-Determinismus, in dem jede Einzelheit eine verborgene Bedeutung für das Ganze zu besitzen scheint.86 Hinzukommt noch die Verwischung der Grenze zwischen Subjekt und Objekt.87 Diese Merkmale wurden im 19. Jahrhundert noch als erstes Kennzeichen des Wahnsinns angesehen.88 Und Todorov stellt ferner fest:

86 „In dieser Welt will jedes Objekt, jedes Wesen etwas besagen.“ „Anders ausgedrückt, auf dem abstraktesten Niveau bedeutet der Pan-Determinismus, daß die Grenze zwischem Physischem und Geistigem, zwischen Materie und Geist, zwischen dem Ding und dem Wort aufhört, undurchlässig zu sein.“ Todorov 1992, S. 102. Vgl. dazu auch Todorov 1992, S. 101–103. 87 Vgl. ebd., S. 105. 88 „Es ist seltsam, hier zu beobachten, daß, besonders im 19. Jahrhundert, dieselbe Durchbrechung der Grenze zwischen Materie und Geist als erstes Kennzeichen des Wahnsinns angesehen wurde. Die Psychiater stellten es im allgemeinen als gegeben hin, daß der ‚normale‘ Mensch über mehrere Bezugsrahmen verfüge und jedes Faktum nur auf jeweils einen von ihnen bezöge. Der Psychotiker hingegen sei nicht fähig, diese verschiedenen 152

DIE DRAMATURGIE DES SUBJEKTIVEN ZWEIFELS

„Dieselbe Verwischung der Grenzen liegt der Drogen-Erfahrung zugrunde.“89 Und: Die gleiche strukturelle Verwischung von Grenzen sieht er auch bei der frühkindlichen Wahrnehmung, so wie sie von Piaget beschrieben wurde. „Piaget meint“, schreibt Todorov: „... zu Beginn seiner Entwicklung unterscheidet das Kind nicht zwischen dem Bereich des Psychischen und dem des Physischen.“90 Anders gesagt: Der Erfahrung des Phantastischen liegen die gleichen oder zumindest vergleichbaren strukturellen Merkmale zugrunde wie sie auch für die Wahrnehmung des Psychotikers, des Kleinkindes oder des Drogenberauschten typisch sind und je nach Kontext unterschiedlich interpretiert werden können. Die gleiche ästhetische Konstruktion kann also abhängig von ihrem jeweiligen Kontext jeweils andere Sinnzuschreibungen erfahren. Dies gilt letzthin auch für die von Lacan beschriebenen Mechanismen, die, sofern sie nicht in einem psychopathologischen, sondern insbesondere im Kontext von ästhetischen Konstruktionen bemerkt werden, keineswegs zwingend auf psychische Krankheiten oder den Versuch, sie zu bewältigen, hinweisen müssen. Gerade der Spezialfall des Phantastischen zeigt vielmehr, dass die Inszenierung von Grenzerfahrungen auch als Spiel mit Medialität interpretiert werden kann.

M e d i a l i t ä t a l s K r i se d e s M e d i u m s Das Phantastische ist nun nicht nur ein für sich selbst stehendes ästhetisches Phänomen, sondern auch eine Ausdrucksform, die für die Inszenierung von Medialität genutzt wird. Zentral ist dabei das Moment des subjektiven Zweifels, der die Eindeutigkeit von Wahrnehmung und Realitätskonstruktion in Frage stellt und damit das Subjekt dezentriert, also dessen eigene Identität einer Krisen- oder Grenzerfahrung aussetzt. So wie aus dieser Krise des Subjekts die Subjektivität entspringt, so entspringt auch aus der Krise des Mediums die Medialität.

Rahmen voneinander zu unterscheiden und vermenge Wahrgenommenes und Imaginäres.“ Ebd., S. 104 89 Ebd., S. 104. 90 Piaget zitiert nach ebd., S. 104. 153

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Lost Highway als mediale Konstruktion Die gleichen ästhetischen Phänomene drücken Unterschiedliches aus – je nach dem unterschiedlichen Kontext, in dem sie stehen. Entsprechend öffnet sich ein Film wie Lost Highway für eine Vielzahl von Interpretationen, da er offensichtlich einer der wenigen Filme ist, die nach Todorovs strengen Kriterien wohl wirklich phantastisch zu nennen wären, weil hier von Anfang bis Ende der Zweifel erhalten bleibt, also keine Entscheidung darüber getroffen wird, ob das Dargestellte nur eine Wahrnehmungsstörung des Protagonisten ist oder aber sich nur mit Gesetzmäßigkeiten erklären lässt, die nicht von dieser Welt sind. Mit diesem inszenierten Zweifel öffnet Lost Highway darüber hinaus den Blick auf die Inszenierung von Medialität, d. h. auf ein System von Medien, die miteinander interagieren, obwohl es in diesem Film vordergründig nicht um die Darstellung von Medien geht. Tatsächlich werden alle existenziellen Krisen und Metamorphosen des Protagonisten von der Inszenierung medialer Brüche begleitet. Die Darstellung menschlicher Grenzerfahrungen ist insofern strukturell mit der Darstellung medialer Grenzen verknüpft. Ausgehend von den medialen Brüchen und Widersprüchen ist noch eine andere Interpretation von Lost Highway denkbar, die sich vor allem auf das mediologische Verhältnis der verschiedenen dargestellten Medien konzentriert. Es geht dabei nicht um den Anspruch, die Filmhandlung als Ganzes eindeutig interpretieren zu wollen, was auf Grund der oben skizzierten Mehrdeutigkeiten wohl ins Leere laufen würde. Setzt man noch einmal bei der oben vorgestellten psychologischen Interpretation an, dann lässt sich der vorgestellte Prozess eben nicht nur psychologisch deuten, sondern auch als Auseinandersetzung mit Medialität. Da Medien die Tendenz haben, unsichtbar zu sein, lässt sich die Darstellung von Medien vor allem in jenen Szenen untersuchen, in denen ein konkurrentielles Verhältnis oder aber mediale Brüche durch die Konstruktion medialer Dysfunktionen sichtbar werden. So erscheint bei näherer Betrachtung der ganze Film aufgebaut wie eine Recherche der medialen Perturbation: Immer wieder greifen Medien in das Leben des Protagonisten ein und bringen es durcheinander. Es beginnt mit den Videoaufnahmen, die Renée und Fred zugespielt werden, die sie verunsichern, aber ihr Leben zunächst noch nicht aus den Fugen bringen. Es ist das Gefühl eines allgemeinen Verdachts, das sich immer dann aufdrängt, wenn man ungewollt eine Art Spiegel vorgehalten bekommt. Es ist ein Spiegel, der die im Kinofilm dargestellte, ästhetisierte Lebenswelt in schlechten Schwarz-Weiß-Videobildern unter Verzicht des Designs

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remediatisiert, das die Leere dieses Lebens zu überspielen versucht: Farblos, verwackelt und in harten Schnitten wird das Haus vorgeführt. Die Kamera dringt dabei aggressiv wie ein Eindringling auf der Suche nach den Bewohnern in das Zuhause des Protagonisten ein. Die nächste Erfahrung, die beginnt, Freds Existenz in Frage zu stellen, ist die Begegnung mit dem Mystery Man. Dabei ist er weniger über das merkwürdige Aussehen des Mannes beunruhigt, auch nicht darüber, dass dieser steif und fest behauptet, er sei Fred bereits einmal in seinem Haus begegnet, woran sich Fred überhaupt nicht erinnern kann, sondern erst über ein eigenartiges Telefonat, das ein räumliches Paradoxon impliziert, nämlich, dass der Mystery Man zugleich auf der Party im Raum anwesend ist und mit Fred spricht, während Fred mit dem Mystery Man in seinem eigenen Haus telefoniert. Fred glaubt zunächst ja noch an einen technischen Trick und merkt nicht, wie sehr er bereits von dem mysteriösen Fremden manipuliert wird. Je weiter Fred in dieses mediale System hineingezogen wird, umso weniger helfen ihm Objektivierungen: Auch das Sichten der Videokassette zusammen mit den Polizeibeamten erbringt kein Ergebnis, da sich nur seine Realität verändert. Als die Kassette zum letzten Mal anschaut, endet dies allein mit der Gewissheit, dass etwas Schreckliches geschehen ist, die zugleich verbunden ist mit der völligen Ungewissheit darüber, ob dies wirklich Realität sei und welche Rolle ihm selbst in diesem Spiel zukomme. Als er sich selbst blutverschmiert neben der Leiche von Renée sieht, ist seine Wahrnehmung gleichsam verdoppelt und damit seine Wahrnehmung auch verunsichert: Man sieht Fred in Schwarzweiß in einer amateurhaft wirkenden Videoaufnahme und kurz darauf in Farbe aber unscharf. Es ist ein seltsam verschwommenes, irreales Bild, das das narrative Kontinuum zunächst aufsprengt, wie bei einer assoziativen Montage. Ähnlich assoziativ montierte Bildfolgen finden sich auch, als Fred in der Zelle sitzt und eine nun rückwärtslaufende Filmsequenz den linearen Erzählfluß unterminiert. Der Mystery Man tritt schließlich als eine Art Master of Ceremony auf, der die absolute Kontrolle über die Medien ausübt. Alle technischen Medien werden von ihm nur leihweise aus der Hand gegeben. Und er scheint von den physischen Begrenzungen der Medien unberührt. Er ist der eigentliche Gegenspieler von Fred/Pete. Er steht für mediale Dominanz, der die Individuen relativ hilflos ausgesetzt sind. Medien dringen in den Alltag der Menschen ein und bestimmen die Art der Kommunikation. Nicht das, was der Mystery Man sagt, ist dabei von Bedeutung, sondern die Art, wie er es sagt: Er gleicht dem Weisen, der dem Tor mit seinem Finger den Mond zeigt. Doch anstatt seinem Finger zu folgen und den Mond zu schauen, betrachtet der Tor nur den Finger und die Geste

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dieses Zeigens. Der Mystery Man verkörpert die Dominanz eines medialen Machtsystems, das den Alltag der Menschen bestimmt. Gerade Medien, die alltäglich scheinen und deren Glaubwürdigkeit im Alltag darum auch nicht in Frage steht, werden dem Protagonisten entfremdet: Die gleiche Fotografie, die einmal eine Person und ein anderes Mal noch eine weitere Person zeigt, widerspricht der allgemeinen Vorstellung, dass die Fotografie unveränderlichen, dokumentarischen Charakter hat und gleichsam die Realität abbildet. Ein Telefon überbrückt normalerweise die Entfernung zu einer räumlich nicht anwesenden Person; wenn der Protagonist nun aber mit einer Person telefoniert, die am Telefon entfernt und abwesend, zugleich aber auch im Raum anwesend ist, entsteht ein Paradoxon, dass einen tiefgehenden Verdacht gegen das Medium erzeugt. Nicht anders geschieht es auch mit einer scheinbar harmlosen Videoaufnahme, die durch ihre Perpetuierung und das langsame Eindringen in den Intimbereich des Protagonisten unvermittelt als Bedrohung empfunden wird. Im Zentrum dieses Verdachts steht der Mystery Man, der gleichsam als Urheber der Entfremdung eingeführt wird, der nicht an die Bedingtheit der Medien gebunden ist und mit den Medien die Menschen beherrscht. Er ist es, der die Geräte verteilt und wieder einsammelt und mit ihnen die Menschen manipuliert. Er ist zugleich eine Figur, die außerhalb der Medien steht. Während der Verdacht nun die Aufmerksamkeit auf einen bösen Manipulator lenkt, steht doch zugleich auch die technische Struktur der Medien in Frage. Denn es geht nicht unbedingt um eine persönliche Form der Manipulation, d. h. um eine Manipulation, die von einer konkreten Person betrieben wird, sondern vielmehr um die Beschaffenheit der Medien selbst. Hinter ihnen scheint sich unter vermeintlicher, vordergründiger Normalität noch etwas anderes zu verbergen. Als Petes Eltern eine betont harmlose Fernsehsendung schauen, scheint gerade dies bei Pete Verdacht zu erregen. Es geht in Lost Highway nicht um die Darstellung eines „neuen“ oder „neuartigen“ Mediums, wohl aber um die Infragestellung von medialen Konventionen. Dies bezieht sich nicht allein auf die Genrekonventionen des populären Hollywoodkinos im allgemeinen – was von verschiedenen Interpreten schon angemerkt wurde –, sondern insbesondere auf die verschiedenen Medien des alltäglichen Lebens, die auf ungewöhnliche Weise in den Kinofilm integriert werden, wie auch auf die kinematographische Darstellung selbst. Nicht zuletzt ist Lost Highway eine multimediale Collage, die ganz unterschiedliche Medien miteinander konfrontiert: Video, Telefon, Radio, Fernseher, Amateurfilm, Fotografie und Kino selbst. All diese Medien erfüllen im Film ganz unterschiedliche, wenn auch nicht immer

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klar umrissene Funktionen, die von ihren im Alltag etablierten Gebrauchswert abweichen – zumindest aus der Perspektive des Protagonisten: Die Fotografie ist kein Erinnerungs-, sondern ein Verwirrstück, das Radio unterhält nicht, sondern verursacht Kopfschmerzen, der Fernseher unterhält mit einer provokativen Harmlosigkeit, die an geistige Ruhigstellung denken lässt, die Amateurfilmaufnahmen zeigen keine heimeligen Familienausflüge, sondern Sex-Orgien, das Telefon ist kein Kommunikations-, sondern Terrormittel, und die Videoaufnahmen dringen in einer Weise in die Intimsphäre der Protagonisten ein, dass sie nicht nur als bedrohlich empfunden werden, sondern jeweils auch mit dem Tod einer der Figuren enden. Dabei passt es auch ins Bild, dass die konventionellen Strukturen von Raum und Zeit und mithin von Kausalität selbst in dieser medialen Collage aufgehoben scheinen. Denn es geht nicht um die Exploration eines festgefügten Systems, sondern darum, dem Protagonisten – und damit auch dem Zuschauer – die scheinbar vertrauten Medien fremd zu machen. Lost Highway generiert einen spezifischen Verdacht gegen die Medien, indem er ihre Medialität zum Vorschein bringt. Dazu gehört auch die Inszenierung von Brüchen und Übergängen im Medium Kino selbst, die jeweils mit scheinbar wirren und nur schwer auszudeutenden Bildern dargestellt werden: etwa als Fred in der Zelle sitzt und sich plötzlich vor ihm die Szene mit der brennenden Hütte wie ein Theatervorhang aufrollt und rückwärts abläuft, wenn er in Lichtgewitter blickt, sein Kopf übermenschlich hin und her schüttelt oder eine anscheinend inwendige Aufnahme eines Körpers sich einschiebt. Der assoziative Bilderstrom bricht nicht nur mit der Logik des Erzählkinos, die diese Bilder durchaus als Darstellung von Traum, Halluzination oder Wahnsinn zu integrieren weiß, sondern sprengt auch diesen Bezugsrahmen und lässt einen ratlos zurück.

Die Krise des Subjekts und die Inszenierung von Subjektivität So wie die Krise des Mediums in den medialen Dysfunktionen seine Medialität aufscheinen lässt, rückt die Krise des Subjekts seine Subjektivität in den Vordergrund. Darunter sind nun nicht allein die oben beschriebenen psychologischen Modelle zu verstehen, sondern der Begriff der Subjektivität umfasst mehr als nur die pathologischen Formen. Subjektivität wird zum grundlegenden Problem einer Inszenierung, die eine subjektive Perspektive im strikten Sinne überhaupt nicht kennt. Auffällig ist nun, dass in allen bisher angesprochenen Filmen das Subjekt, die Subjektivierung der Perspektive oder gar eine subjektive Per157

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spektive eine besondere Rolle spielt; umgekehrt wurden die Filme nun zum Paradigma einer ganzen Reihe neuerer theoretischer Reflexionen, wie etwa von Groys und Žižek, die gegen die poststrukturalistische bzw. postmoderne Ablehnung des Subjekts für eine vorsichtige Rückkehr zum Subjekt plädieren. Ohne nun hier in den Parallelen zwischen Theorie und Kino mehr als eine Koinzidenz sehen zu wollen, die vor allem darin besteht, dass beide sich auf ähnliche Phänomene einer veränderten Wirklichkeit beziehen und sich wechselseitig als Paradigmen anführen, wird es nun vor allem darum gehen, diese Grenzen von Erfahrbarkeit, d. h. auch die Grenzen von Wahrnehmung, von Vermittlung und damit weithin von Medien auszuloten. Der Schlüssel hierfür liegt im Begriff der Subjektivität, die sich immer gerade dort bestätigt, wo das Subjekt zu verschwinden droht. Alle Programme, die ihr Verschwinden zum Ziele haben, bestätigen sie nun geradezu in einer eindrucksvollen Weise. Das menschliche Subjekt als Schaltmoment im Medienverbund verfügt nach wie vor über eine Erfahrungsmächtigkeit, die es als erfahrungsfähiges Subjekt ausweist und desto mehr in den Mittelpunkt der Reflexion stellt, je stärker es Krisenerfahrungen ausgesetzt ist. Dass der Mensch als Produzent von Sinn und Bedeutung und somit als autonomes Subjekt der Medien ausgedient hat, sollte dabei unstrittig bleiben, da sonst ein Rückfall in Debatten vor der poststrukturalistischen Wende in den Geisteswissenschaften droht. Der einzelne Mensch ist gewiss als autonomes Subjekt nicht der einzige Schöpfer des Sinnes des von ihm geschaffenen und verwendeten Zeichensystems, dessen Interpretation nun darin bestünde, sozusagen den ursprünglichen, vom Schöpfer-Subjekt intendierten Sinn zu rekonstruieren. Auch würde es wenig bringen, wenn man vom Schöpfer-Subjekt absieht und sich stattdessen einem vordergründigen Rezipienten-Subjekt zuwendet und nun über dessen individuelle Sinnkonstruktionen spekulieren würde. Doch auch wenn ein derartiger Subjektbegriff heute obsolet erscheint, stellt sich die Frage, ob das Subjekt als Kategorie vollkommen fallengelassen werden kann, da es untergründig die Medienentwicklung immer mitbestimmt hat und gerade dort wieder zum Vorschein kommt, wo sein völliges Verschwinden theoretisch bereits postuliert worden war. In einem Film wie Matrix, in dem das Subjekt nur noch in einem künstlichen Traum gefangen gehalten wird, droht das Subjekt, das Individuum als Batterie für Maschinen restlos objektiviert und damit aufgelöst zu werden. Je mehr der Einzelne zu verschwinden droht, desto stärker steht nun aber der Eine im Mittelpunkt, der zum Retter der Welt avanciert. In der Figur des Einen, the One, dem Anagramm von Neo, spiegelt sich das Drama der menschlichen Existenz. Alle Konflikte schei-

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nen in den Protagonisten hineinprojiziert: der Zweifel an dem Sinn des eigenen Lebens, der Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, der Zweifel an der Welt und nicht zuletzt der Zweifel an sich selbst. Der Zweifel, in welcher Gestalt auch immer, ist dort eindringlich, wo er subjektiv ist und radikal dort, wo das Subjekt an sich selbst zu verzweifeln droht. Doch ist der subjektive Zweifel wirklich aufrichtig oder Teil einer Inszenierung? Der Extremfall des Subjekts ist seine radikale Infragestellung. Sie findet sich überall dort, wo das Subjekt seiner eigenen Wahrnehmung und damit seiner Existenz nicht mehr sicher sein kann. Die Auseinandersetzung mit dem Subjekt erfolgt im Kino nun gerade dort, wo es in Frage gestellt wird bzw. sich selbst in Frage stellt. Immer dann, wenn in einem Film der Protagonist an die Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit gelangt, wenn er an seiner eigenen Wahrnehmung zweifelt und schließlich an sich selbst als Subjekt, findet eine Subjektivierung der Erzählung statt, die gerade wieder ein Subjekt zum Inhalt hat. Dieses fragmentierte Subjekt, das sich gerade aus seiner Infragestellung ableitet, hat nichts mehr gemein mit dem sich selbst gewissen cartesianischen Subjekt, das vielleicht den Zweifel kannte, aber nicht die Verzweiflung. Nicht erst seit dem Aufkommen von hochtechnischen Medien ist das Subjekt durch die Annahme einer Störung seiner Erfahrungsfähigkeit immer wieder in Frage gestellt werden. Angefangen bei Platons Höhlengleichnis, das eine virtuelle Wahrnehmungsstörung konstruiert, um die Vorstellung von potentiell irregeleiteten Subjekten zu entwickeln, die sich in der wirklichen Welt kaum zurechtfinden können, bis hin zum systematischen Zweifel, der von Descartes beschrieben wurde, spannt sich eine lange Tradition der philosophischen Skepsis, die sich bis heute – wenn auch z. T. unter anderen Begriffen wie Erkenntnistheorie, Wahrnehmungsphilosophie oder Phänomenologie – fortsetzt.91 91 In neuerer Zeit haben vor allem konstruktivistische Ansätze das menschliche Subjekt wieder ins Zentrum der Diskussion gerückt, da (mediale) Kommunikation in hohem Maße als eine vom Subjekt vorgenommene Konstruktion gilt. Neben solipsistischen und radikal- oder gemäßigt-konstruktivistischen Positionen stehen ganz unterschiedliche Ansätze, die in unterschiedlichem Maße das Subjekt ins Zentrum der Kommunikationsund Wahrnehmungsprozesse rücken. Auch Bolter und Grusin haben sich auf ihre Weise mit der Subjektkonstruktion durch Medien beschäftigt. In ihrer Perspektive ist das durch Medien konstituierte Subjekt allerdings nur eine Verlängerung der Medientechnik. Das Subjekt schnurrt auf den Kamerastandpunkt zusammen. 159

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Die Spannung zwischen Subjekt und Skepsis lässt sich auch im Bereich des Fiktionalen festmachen, die pointiert in den Grundfragen ihrer jeweiligen Dramaturgie zum Ausdruck kommen. Nicht die Identität des Subjekts ist das Problem der Krisenerfahrung, die im Thriller durch die Frage „Wer bin ich?“ zum Ausdruck kommt, sondern durch die elementarere, d. h. dieser vorgelagerten Frage: „Was kann ich erkennen?“ Die Ratlosigkeit der Interpreten bei Lost Highway ist dabei nicht nur ein intellektuelles Vexierspiel, sondern Reaktion auf eine explizite Konstruktion von subjektiven Zweifeln. Zwar scheint Lost Highway vordergründig auf eine subjektive Perspektive zu verzichten. Doch bei näherer Betrachtung erweist sich der ganze Film als subjektive Konstruktion. Seine formale erzählerische Konstruktion als Möbius-Band ermöglicht gerade den Übergang von außen nach innen: Fred, den wir am Anfang in seiner Innenwelt des Hauses durch die Nachricht von Dick Laurents Tod verstört sehen, ist am Ende derjenige, der von außen die Nachricht von Dick Laurents Tod bringt. Doch auch innerhalb einzelner Szenen finden sich eine Fülle von Subjektivierungen durch atmosphärische Aufnahmen bzw. durch Nahund Großeinstellungen der Protagonisten. Bereits die erste Einstellung im Haus von Fred, als Fred noch halb verschlafen im Halbdunkel des Raumes steht, erzeugt eine subjektiv aufgeladene Atmosphäre, die im Laufe des Films immer dann wiederholt wird, wenn der Protagonist sich ins Halbdunkel des Hauses zurückzieht (Fred kurz vor dem Mord an Renée, später dann auch Pete). Auch die Nahaufnahmen von Freds Augen tragen ebenso zu einer Subjektivierung der Perspektive bei wie assoziative Bilder, die sich einer eindeutigen Zuordnung innerhalb des narrativen Kontinuums verweigern (z. B. die Verwandlung von Fred in Pete bzw. die Erinnerungsspuren daran, die während des Films immer wieder aufblitzen und kurz einmontiert werden). Dagegen ist eine explizite subjektive Kamera beschränkt auf die suggestiven Videosequenzen, die scheinbar aus der Perspektive des Mystery Man aufgenommen wurden und zugleich den Protagonisten eine Art Zerrspiegel vorhalten. Die Funktion von Medien lässt sich nur dann glaubhaft in Frage stellen, wenn zugleich auch die Wahrnehmung der Protagonisten glaubhaft, d. h. durch die Konstruktion von subjektiven Zweifeln dargestellt wird. Die Darstellung von subjektiven Zweifeln entspricht insofern einer Mediendramaturgie, die auf die Medialität der Medien selbst zielt. Der subjektive Zweifel ist dabei Teil der Inszenierungsstrategie und zwar sowohl auf der Ebene der behaupteten Handlung als auch auf der der tatsächlichen Darstellung. Mediale Grenzerfahrungen, also Wahrnehmungsstörungen, sind dabei immer auch existenzielle Grenzerfahrungen.

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Ein Video, das in einen Kinofilm integriert ist, reicht allein nicht aus, um innerhalb des populären Erzählkinos eine mediale Grenzerfahrung darzustellen. Die darin aufscheinende ästhetische Differenz stellt zwar auch einen Bruch dar, glaubwürdig wird dieser Bruch aber erst, wenn er mit einer persönlichen Krise, einer persönlichen Grenzerfahrung des Protagonisten zusammentrifft. Tatsächlich ist Lost Highway aufgebaut wie eine Recherche der medialen Grenzüberschreitungen. Merkte Seeßlen noch angesichts der zahlreichen Interpretationsmöglichkeiten an: „So läßt sich nicht einmal die Frage beantworten, ob dies nichts ist als selbstverliebtes, schizophrenes Spiel, in der radikalen Absage an die Interpretation auch beliebig und folgenlos, oder ob David Lynchs Film ein Schritt in eine Zukunft des Kinos bedeutet, mit dem dieser cinematographische Horizont überschritten wird, der die Welt des Kinos nicht nur ordnet, sondern auch begrenzt.“92 So wird die Grenzüberschreitung nicht nur auf die Genrekonventionen bezogen, die durch – und dies ein Kennzeichen fast aller Filme, die neue Medien darstellen – den Genremix unterlaufen werden, sondern auch die Darstellungsgrenzen des Mediums ausgelotet. Der Film verknüpft mediale Erfahrungen mit existenziellen Grenzerfahrungen. Dabei ist wohl der Schluss unzulässig, dass existenzielle Grenzerfahrungen im Alltag einer hochtechnisierten Gesellschaft nur noch als mediale Erfahrungen möglich sind. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass sich mediale Grenzerfahrungen im populären Kino nur dann glaubwürdig darstellen lassen, wenn sie auf der Ebene der behaupteten Handlung gekoppelt werden mit existenziellen Grenzerfahrungen der Protagonisten. Hierin liegt mithin eine Darstellungsstrategie, mit der weniger allein psychologische Abgründe vorgeführt als vielmehr auch ein differenziertes Mediensystem visiert werden soll, dessen Etablierung die Erfahrungswelt der Menschen dominiert, ihre Vorstellung von Realität und eigenen Handlungsmöglichkeiten. David Lynch bricht in Lost Highway normierte Vorstellungen vom Funktionieren der Medien auf. Dies verunsichert die Wahrnehmung und bietet damit aber zugleich die Chance für eine Reflexion über einen anderen Umgang mit Medien. Lynch zeigt, wie Medien den Alltag der Menschen verändern, wie mediale Verhältnisse zugleich auch Machtverhältnisse sind (das ist nicht nur der Mystery Man, sondern auch die Sexfilme), wie der Film sich gegen Hollywood richtet. Stärker und deutlicher kommt dies in Filmen zum Ausdruck, die sich explizit mit der Darstellung von neuartigen Medien beschäftigen – wie im Folgenden dargelegt.

92 Seeßlen, Georg: „Ein endlos geflochtenes Band“, in: Freitag, 11.04.1997. 161

T E I L II

INTIMITÄT

KAPITEL 4 ZWISCHEN SCHAULUST

UND

VERLUST

Die Darstellung von futurischen Medien bezieht immer auch die Wünsche mit ein, die sich in der Gegenwart als nicht erfüllt oder unerfüllbar herausbilden; insofern ist die Darstellung von futurischen Medien immer auch eine Projektion der auf Medien gerichteten Wünsche. Selbst dort, wo sie sich kritisch mit diesen Wünschen auseinandersetzt und sich von ihnen distanziert, wird die zeitgenössische Problemstellung mittransportiert. Dabei wird nicht ein bestimmtes Medium der Gegenwart aufgegriffen und einfach in die Zukunft fortgeschrieben, sondern eher das daran gefesselte Wunschpotenzial. Das Medium, das in den 70er Jahren das größte Wunschpotenzial an sich band, war das Fernsehen. Mit der Sättigung des Marktes bei einem Nutzungsanteil von weit über 90 % der Bevölkerung1 und der Etablierung von Farbe, einer Senderauswahl und einem Vollprogramm änderte sich der Charakter des auf das Fernsehen gerichteten Wünschens. Bezog sich das Wunschpotenzial des Fernsehens in den 50er und 60er Jahren noch auf den Apparat als Statussymbol wirtschaftlichen Wohlstands, dem der Kühlschrank, die Waschmaschine und das Auto zur Seite standen, rückte das Fernsehen in den 70er Jahren nun als Maschine ins Bewusstsein, die den Tages- und Wochenablauf strukturierte: Es wurde zum Programm2. Der Übergang vom Abend- zum Ganztags- und 1

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„Die Durchsetzung des Medienbegriffs innerhalb der Gesellschaft Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre steht im engen Zusammenhang damit, dass sich das Fernsehen als Instanz von Öffentlichkeit immer deutlicher ins gesellschaftliche Bewusstsein schob: mit der wachsenden Verbreitungsdichte in den sechziger Jahren (1960: 4,6 Mio. angemeldete Geräte; 1970 16,6 Mio. Geräte) ging die Vervielfachung der Programme in Umfang und Zahl und vor allem eine Zunahme der gesellschaftlichen Konflikte um das Fernsehen einher.“ Hickethier, Knut: „Das ,Medium‘, die ‚Medien‘ und die Medienwissenschaft“, in: Bohn, Rainer/Müller, Eggo/Ruppert, Rainer (Hrsg.): Ansichten einer künftigen Medienwissenschaft. Berlin 1988, S. 51–74, hier S. 57/58. In den 60er Jahren erfährt das Fernsehen einen grundlegenden Bedeutungswandel für die Rezipienten, d. h. sein Wunschcharakter änderte sich. „Der 165

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schließlich zum 24-Stunden-Programm auf mehreren Kanälen ändert die Mediennutzung insofern, als dass das Fernsehgerät zur Maschine zur Strukturierung des Alltags wird. Auch wenn sie gar nicht immer eingeschaltet ist, genügt doch das Bewusstsein ihres Vorhandenseins und ihrer permanenten Verfügbarkeit, um diese Strukturierung zu bewirken. Hinzukommen ökonomische Veränderungen, insbesondere der Zusammenschluss verschiedener Medien zu einem System, zu einem Medienverbund, also, wie etwa Alexander Kluge und Oskar Negt schrieben, „[...] fortgeschrittene, überwiegend privatwirtschaftlich organisierte Medien wie Kassettenindustrie, Bildplatte, Drahtfunk, Satellitenfunk, Datenbank [...]“3 mit traditionellen Medien (z. B. Presse, Verlagswesen, Film, Volkshochschule, Rundfunk, Fernsehen. Diese zeitgenössische Diagnose bezog sich auf eine Entwicklung, die sich in den 70er Jahren in Deutschland zunächst nur zögerlich vollzog, deren Richtung allerdings vorgegeben schien, wenn man auf die andere

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Kinobesuch der Westdeutschen wird im selben Zeitraum zum ersten Mal in der Nachkriegszeit markant rückläufig, als die Verbreitung des Fernsehens die Millionengrenze überspringt, nämlich 1957/1958. Zweifellos haben beide Phänomene miteinander zu tun. Aber sie sind in erster Linie Erscheinungen eines gemeinsamen Bedingungszusammenhangs: der erfolgreichen Strategie des nationalen wie internationalen Nachkriegskapitalismus, die zunehmend technisierten Produktivkräfte marktwirtschaftlich zu entfalten in enger Verbindung mit der von den meisten Subjekten internalisierten Perspektive, daß Freiheit und Glück nicht im Gesellschaftlichen, sondern primär im Privaten zu realisieren wären, im konkurrierenden Neben- wie Gegeneinander der Indidviduen und Familien, die ihre Identität nach innen und außer durch den jeweiligen Anteil am gesellschaftlichen Reichtum repräsentieren, den sie erheischen könnten. Dieser Anteil musste sich vergegenständlichen in Konsumgütern, die selbst wiederum repräsentativen Charakter tragen.“ Zielinski, Siegfried: Audiovisionen. Kino und Fernsehen als Zwischenspiele in der Geschichte. Reinbek bei Hamburg 1994 (Erstausgabe 1989), S. 196/197. „Kühlschrank, Waschmaschine, Photoapparat oder Stereoanlage waren geeignete Objekte für derartige Konsumbegierden.“ Zielinski 1994, S. 197. „Herausragende Bedeutung erhielten jedoch diejenigen beiden Artefakte, die zu besitzen in den dreißiger Jahren schon massiv als Wunschziel aufgebaut worden war und die mit übertriebenen Gebrauchswertversprechen vielfach überhöht wurden: das Auto und der Fernseher. Garant für die unbegrenzte individuelle und familiäre Mobilität, Ware und informationstechnischer Anschluß an inszenierte wie nicht-inszenierte Weltpartikel, Garant für das permanente kulturelle Erlebnis in den eigenen vier Wänden [...]“ Zielinski 1994, S. 197. Negt/Kluge 1986, S. 233. 166

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Seite des Atlantiks blickte: „In den USA ist der Medienverbund eine der am schnellsten wachsenden Branchen der Industrie überhaupt. Der Grund für diese Charaktereigenschaft der Anfangsentwicklung dieser Medien liegt darin, daß die publizistischen Unternehmen zwar als Protagonisten dieser Industrie erscheinen, daß aber das wichtigste Investitionsinteresse das der Elektronikindustrie ist, die die Informationsträger produziert.“4 Die ökonomische Entwicklung geht einher mit technischen Entwicklungen, angefangen vom Farbfernsehen bis hin zur Serienfertigung erster Konsumer-Videogeräte, mit einer Veränderung des Freizeitverhaltens bzw. auch des vermehrten Vorhandenseins von freier Zeit und nicht zuletzt mit einer Veränderung der Medienästhetik selbst, die sich nicht nur auf der Ebene der einzelnen Produkte, sondern auch auf der Ebene der Programmstruktur festmachen lässt. Dazu zählt auch die Herausbildung fernsehspezifischer Formate wie der Live-Sportübertragung, den Nachrichten, Quiz-Sendungen, Kriminalfernsehfilmen und Fernsehspielen, Serien, Spiel- und Talkshows. Während nun in der zeitgenössischen öffentlichen Debatte die sich vollziehenden Entwicklungen unter einem generellen Manipulationsverdacht standen5, erscheint heute im Rückblick aus einer übergreifenden,

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Negt/Kluge 1986, S. 234. Die öffentliche, d. h. politische und intellektuelle Debatte des Mediums war allerdings zunächst vor allem geprägt von einem umfassenden Manipulationsverdacht. Dabei wurden dem Fernsehen von verschiedenen Seiten vor allem politische Indoktrination vorgeworfen. Friedrich Knilli, der hier stellvertretend für viele andere, sogenannte ideologiekritische Ansätze steht, kritisierte beispielsweise, dass das Fernsehen mit schlechter Unterhaltung durch die verzerrte Darstellung der Wirklichkeit die Hegemonie der Bourgeoisie sichern wollte. Vgl. Knilli, Friedrich: Die Unterhaltung der deutschen Fernsehfamilie. Ideologische Kurzanalysen von Serien. München 1971, S. 11. Ähnlich argumentierte auch Hans Magnus Enzensberger in seinem bekannten Baukasten-Essay, in dem über eine andere, emanzipatorische Nutzung des Mediums durch die Rezipienten und eine politische Besetzung der Schlüsselfunktionen in den Sendeanstalten nachgedacht wurde, die als Aufruf zum Marsch durch die Institutionen aufgefasst werden konnte. Vgl. Enzensberger, Hans Magnus: Baukasten zu einer Theorie der Medien. Kritische Diskurse zur Pressefreiheit. München 1997. Von kulturkonservativer Seite dagegen wurde vor allem der durch das Fernsehen ausgelöste Kulturverfall beklagt. Dabei wurde einmal die angebliche Niveaulosigkeit der Programminhalte kritisiert, ein andermal die Gewaltdarstellung, die die Zuschauer zur Nachahmung animieren könnten oder aber, dass die Art der audiovisuellen Präsentation selbst die 167

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kulturhistorischen Perspektive vor allem das mit ihnen einhergehende veränderte Nutzungsverhalten von Bedeutung, das zugleich auf ein verändertes Wunschpotenzial schließen lässt. So stellt z. B. Siegfried Zielinski Ende der 80er Jahre in seiner kulturhistorischen Analyse von Kino und Fernsehen fest, dass das Fernsehen im Gegensatz zum Kino vor allem auf die Industrialisierung der Privatsphäre ziele, also auf die Ausbeutung jener Bereiche, die durch eine veränderte Freizeitkultur entstanden. Dieser Prozess verlief parallel zur Entwicklung in den USA, aber zeitversetzt um ca. 20 Jahre. Schon Adorno hatte in seinem Prolog zum Fernsehen in den frühen fünfziger Jahren festgestellt, dass „die Lücke, welche die Privatexistenz vor der Kulturindustrie noch geblieben war, verstopft“6 wird. „Er hatte dabei“, wie Zielinski anmerkt, „den ‚Goldrausch‘ vor Augen, in dem USamerikanische Gerätehersteller und die Verkäufer von Publikum an die werbetreibende Industrie sich seit 1948 befanden. In großer Geschwindigkeit und mit aggressiver Expansion besetzten diese die Wohnbereiche der Nordamerikaner mit dem neuen Möbelstück und machten es binnen weniger Jahre zum Zentrum kommerzieller Massenkultur.“7 Tatsächlich lag die Bedeutung des Fernsehens mithin darin, dass das verstärkt vorhandene Freizeitpotenzial der Rezipienten mittels des neuen Mediums strukturiert werden, also eine Industrialisierung des Bewusstseins – wie Negt und Kluge es nennen – stattfinden konnte. In den ersten Jahrzehnten ging es vor allem darum, das Öffentliche ins Private zu holen.8 Gesellschaftlich oder politisch bedeutende Ereig-

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Lesefähigkeit und damit verbunden das rationale Denken der Rezipienten stören würde. Entsprechend waren auch erste kinematographische Darstellungen des neuen Medienalltags wie Die verlorene Ehre der Katharina Blum von Volker Schlöndorff, Das Millionspiel oder Network von Sidney Lumet vor allem an der manipulativen Dimension oder der Sensationsgeilheit des Fernsehens interessiert. Adorno, Theodor W.: „Prolog zum Fernsehen“, in: Adorno, Theodor: Gesammelte Schriften. Band X-2. Frankfurt am Main 1996, S. 507 (Zuerst in: Rundfunk und Fernsehen, Heft 2, 1953). Zielinski 1994, S. 175. In Deutschland verlief dieser Prozess langsamer. Nicht zuletzt durch die Kriegsfolgen hatte sich hierzulande eine andere soziokulturelle Prädisposition etabliert, die dem Öffentlichen mit Misstrauen begegnete und stattdessen „das Private, im Konsum vereinigbare und stützbare Familiäre in den Mittelpunkt schob [...]. Der Faschismus hatte das Öffentliche durch Repräsentationsgewalt und Terror okkupiert. [...] Als verbindliche Orientierungen für die Subjekte verblieben in erster Linie die im Raum zwischen 168

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nisse wurden aufgezeichnet und via Fernsehen in die privaten Haushalte versendet. Was sich vormals im öffentlichen Raum in Wochenschauen oder später dann in den Fernsehecken der Gaststuben abspielte, wurde immer weiter ins familiäre Wohnzimmer geholt und wanderte später in andere Räume wie Küche oder Schlafzimmer. Desto privater der Empfang wurde, desto mehr richtete sich das Interesse der Zuschauer jedoch nicht allein nur auf öffentlich relevante Ereignisse, sondern auch auf Inhalte, die mit der Intimität der Rezeptionssituation korrespondierte. Der Zuschauer, der allein vor dem Fernseher sitzt, hat sich nicht mehr vor der Familie oder gar den Nachbarn für seine Sehgewohnheiten zu rechtfertigen. Immer stärker wird das Interesse an Sendungen, die elementare Schaulust befriedigen: „Sex and Crime“ ist der erste Teil der repetierten Formel für diese auf simple Stimulanzen gerichtete Produktion, die mit der Einführung von privaten Fernsehsendern Anfang der 80er Jahre auch hemmungslos ausgenutzt wurde, um höhere Anteile an der Einschaltquote zu erobern. Der zweite Teil bestand darin, die Welt auf Wohn- und Schlafzimmerformat zu verkleinern, sie auf ein Niveau zu reduzieren, das sich bruchlos in den Alltag der Rezipienten einfügte: Der serielle Charakter der Produktionen bot Wiedererkennungseffekte an und Figuren, die dem Zuschauer auf beinahe familiäre Weise vertraut wurden. Je weiter die Unmittelbarkeit der medialen Erfahrung fortschreitet, desto größer ist das Bedürfnis nach Umweltkontrolle durch die Medien. Das Fernsehen ersetzt nicht nur den SmallTalk oder den Klatsch, sondern auch die Sozialkontrolle. Dabei geht es nicht allein um die Errichtung eines Orwell’schen Überwachungsstaates, sondern um auch um individuelle Selbstvergewisserung. Zum einen wird der kontrollierende Blick vom Fernsehen selbst als Monitoring gefördert. Es ist der über die Bildschirme gleitende Blick, der sich nur vergewissert, dass es nichts Neues, dass es keine Veränderung des Status quo gibt. Diese Kontrolle dient der Beruhigung des Rezipienten-Subjekts. Zum anderen besteht die Selbstvergewisserung darin, sich im Spiegel des anderen selbst zu entdecken. Das Fernsehen ist zwar ein Medium, mit dem man in die Ferne sehen kann, das aber als Vermittlungsleistung im Fernsehalltag nicht nur die Überführung des Öffentlichen ins Private leisten muss, sondern auch des Private ins „Fernseh-Öffentliche“9. Dabei prägt die Situation der Rezep-

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dem Gesellschaftlichen und Privaten angesiedelten Institutionen Familie und Kirche.“ Zielinski 1994, S. 195. „Es geht darum, wie die elektronischen Medien viele – früher getrennte – soziale Situationen miteinander vermischen, die Trennungslinien zwischen privatem und öffentlichem Verhalten verwischen [...]“ Meyrowitz, Joshua: 169

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tion auch die damit gekoppelten Wünsche: Je weiter das Fernsehen zu einem Akt des individuellen Sehens wird, desto mehr soll es auch intime Erfahrungen vermitteln. Die Suche nach dem anderen gerade in Bereichen, die sich im sozialen Umgang der unmittelbaren Vermittelbarkeit entziehen, wird darum zur Obsession einer von Schaulust geprägten Mediengesellschaft und insofern die Sucht nach der Intimität mit dem Anderen zur Sucht nach sich selbst. Dabei scheinen die Medien die Grenzen immer weiter verschieben zu wollen: Sex und Gewalt, Tod und die Banalität des Alltäglichen (bis hin zum Gang zur Toilette im Big Brother Container) lassen Medien- zu Grenzerfahrungen des Tabuisierten, des Privaten, des Intimen werden. In den Filmen La mort en direct, Videodrome und Bis ans Ende der Welt werden diese Grenz- und Medienerfahrungen nun auf unterschiedliche Weise thematisiert. Während Tavernier vor allem den Zusammenhang von menschlicher Einsamkeit und Sucht nach Nähe behandelt, die gerade in der Todesbegleitung den ultimativen „Kick“ sieht, geht es Cronenberg vor allem um die Verbindung von Sex und Gewalt, so wie sie der Zensurdebatte gerade enträt und sie geradezu zu karikieren scheint. Wenders dagegen konzentriert sich auf eine „verbesserte Vision“ des Fernsehens, die in den 80er Jahren mit der Entwicklung des HDTVFormats einherging. Doch Wenders geht es nicht allein nur um eine technische Verbesserung, um ein technisch „besseres Sehen“, sondern auch um die unheilvolle Tendenz, dass dieses Sehen immer weiter in Intimbereiche des Menschen vordringt, dass es keine Hemmschwelle mehr gibt, zwischen dem, was ein Mensch sehen, aufzeichnen und wiedergeben kann.

Überall und nirgends dabei. Die Fernseh-Gesellschaft. Weinheim 1987, S. 61. 170

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La mort en direct (Deathwatch/Der gekaufte Tod 1980, Regie: Bertrand Tavernier)

La mort en direct (Bertrand Tavernier): Auf dem Weg nach Land’s End Einer der ersten Filme, der sich mit der Problematik von neuen Medien befasste, war La mort en direct von Bertrand Tavernier, der 1980 in den deutschen Kinos anlief. Der Film erscheint aus heutiger Sicht seltsam unspektakulär und steht aber auch quer zur zeitgenössischen Erwartungshaltung, die auf eine vordergründige Auseinandersetzung mit dem Manipulationscharakter der Massenmedien ausgerichtet war bzw. auf die Entlarvung der Machtstrukturen, die diese Manipulationen unterstellte. Dabei wurde der öffentliche Diskurs über Medien immer auch in ein politisches Rechts-Links-Schema eingeordnet, das dazu benutzt wurde, entweder dem jeweiligen politischen Gegner eine personelle Unterwanderung der Entscheidungsgremien zu unterstellen oder aber eine Kritik am System, vornehmlich dem Kapitalismus, vorzutragen. Auch Taverniers Film La mort en direct lässt deutlich systemkritische Züge erkennen, doch passt die Argumentation des Films nicht recht ins plakative Diskursschema der Zeit. Im Mittelpunkt von Taverniers Film steht nicht ein neues Medium, sondern die Auswirkungen, die die Medienrealität auf konkrete Individuen hat. Er konzentriert das Spiel auf zwei Protagonisten, die einander umkreisen, belauern, Gefühle füreinander entwickeln: Eine todkranke Frau, deren Sterben ein Fernsehsender vermarkten möchte, wird von einem ehrgeizigen Kameramann mit einer in seinen Kopf eingebauten Kamera heimlich und gegen ihren Willen beobachtet. Hauptthema von La Mort en direct ist die Zerstörung der Privat- und Intimsphäre durch die Massenmedien. Tavernier zeigt eine Welt, in der alle menschlichen Beziehungen, ja alle menschlichen Regungen restlos den kapitalistischen Verwertungsinteressen unterworfen scheinen. Das Sterben selbst gilt als TV-Knüller, der als Live-Übertragung ein Millionenpublikum vor den Bildschirm lockt. Die offenbar todkranke Katherine Mortenhoe wird schonungslos von der Kamera verfolgt, jeder Ge171

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fühlsausbruch wird begeistert registriert und vermarktet. Der voyeuristische Blick des Zuschauers, in unserer Zeit auf „Sex and Crime“ gerichtet, wird hier auf das letzte, noch nicht restlos zur Ware gewordene Sujet gelenkt, den individuellen Tod. Wo nackte Körper bei einem bildersatten Publikum weder Schamgrenzen verletzen noch Neugier wecken können, bedarf es immer größerer Sensationen, um die Menschen an den Fernseher zu fesseln. Im Namen der Einschaltquote beutet ein Fernsehproduzent sogar das Sterben eines Menschen für die Fernsehgemeinde aus.

Produktions- und Rezeptionsbedingungen: Die Klischees formen die Wahrnehmung Tavernier drehte La mort en direct mit internationaler Star-Besetzung – Romy Schneider, Harvey Keitel, Max von Sydow und Bernard Wicki – in englischer Sprache nach einem Roman von David G. Compton. Das Drehbuch stammte von David Rayfiel, der schon für Sydney Pollack gearbeitet hatte. Doch trotz dieser Vorgaben brauchte er mehr als zwei Jahre, um den Film zu realisieren. Seine ersten Versuche, Produzenten in den USA zu finden, verliefen ohne greifbare Ergebnisse. Die amerikanischen Produzenten störten sich vor allem an dem jungen, noch relativ unbekannten Harvey Keitel und an Romy Schneider, deren letzter Film Portrait de groupe avec dame (Gruppenbild mit Dame) ein Misserfolg war. Sie wollten stattdessen bekannte Serienstars wie Jane Fonda und Robert de Niro, um auch den amerikanischen Fernsehmarkt für sich gewinnen zu können. Aber Tavernier bestand auf den beiden Darstellern und auf den „ungewöhnlichen“ Drehort Glasgow. Er fand dort die Gleichzeitigkeit von „Altem“ und „Neuem“, die seine Zukunftsversion glaubwürdiger macht, als eine völlig abstrahierte Phantasiewelt aus Hollywoodstudios. Hinzukam ein sozialer Gegensatz, der sich im Unterschied von viktorianisch geprägter, bürgerlicher Architektur der Innenstadt und den verödeten Außenbezirken verdeutlicht. In der relativ wohlhabenden Innenstadt leben Bürger in geordneten Verhältnissen. Je weiter sich jedoch Roddy und Katherine auf ihrem Weg aus dem Zentrum entfernen, desto proletarischer, desto chaotischer werden die Wohnverhältnisse. Industrielandschaften dominieren Wohnbezirke, die oft nur noch aus abbruchreifen Häuserblöcken bestehen. Tavernier übertreibt die bereits in Ansätzen erkennbaren Tendenzen der Kulturindustrie und führt sie dem Zuschauer so deutlicher vor Augen. Kritiker warfen Tavernier vor: „Le film reste fondamentalement ‘intellectuel’, et l’on ne sent jamais où son sujet brûle le réalisateur qui le 172

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porte.“ 10 Tatsächlich hatte die Presse Probleme, zu einer einheitlichen Einschätzung des Films zu gelangen. Betrachtet man die Rezeption von La mort en direct, zeigen sich typische Strukturen, die auch bei den später gedrehten Filmen mit Medien als Sujet wieder auftauchen: Publikum und Presse fühlen sich von der komplexen, uneinheitlichen Handlung überfordert, die sich gängigen Klassifizierungen entzieht. Das eigentliche Sujet, also „Neue Medien“ und seine spezifische Dramaturgie werden nur zögerlich überhaupt wahrgenommen und dies meist nur in Relation zu anderen, zeitnah gestarteten Filmen, die vordergründige Ähnlichkeiten aufweisen. In La mort en direct nun inszenierte der französische Regisseur eine bizarre Geschichte über einen Kameramann, der sich eine Miniaturkamera hinter die Netzhaut einpflanzen lässt, um direkt Bilder von den letzten Tagen einer Sterbenden in ein Fernsehstudio zu übertragen – eine technologische Projektion, die lange vor der Erfindung des Camcorders und der Ausbreitung des Reality TV11 noch als dystopisches SF-Szenario anmutet. Trotz des emotional intensiven, fast intimen Spiels der beiden Protagonisten Keitel und Schneider, auf das sich die Handlung konzentriert, was Tavernier 1980 immerhin den internationalen Kritikerpreis einbrachte, fiel der Film beim Publikum und auch in den meisten Pressereaktionen durch, da er gleich mehrfach mit den gängigen Erwartungshaltungen kollidierte.12

10 Cahier du cinéma, n° 310, avril 1980. 11 „Death Watch came before the invention of the miniature camcorder, and 20 years on, the proliferation of ‘real life’ televion across every major western television network has rendered the film more chilling than ever.“ Hay, Stephen: Bertrand Tavernier. The Film-Maker of Lyon. London/New York 2000, S. 77. 12 In Frankreich war die Wahrnehmung des Film deutlich positiver. So schreibt z. B. Jacques Siclier: „Comme Tavernier a engagé, dans ce film – son plus ambitieux et son meilleur, – une reflexion morale sur la manipulation de l’individu par les mass media, de l’acteur par l’homme de spectacle et, donc, sur la responsabilité des réalisateurs, sa mise en scène ne peut que se heurter à tout l’appareil des ‘jeux du cirque’ et refuser d’être ‘voyeuse’. […] Dans la position morale qu’il a choisie, notre cinéaste a été diriger à contre-courant ces grands comédiens étrangers que sont Harvey Keitel et Max von Sydow. Il y quelque chose de magique dans leur interprétation et tous les acteurs prennent une dimension singulière.“ Siclier, Jacques: „‘La mort en direct’, de Bertrand Tavernier“, in: Le Monde, 25.01.1980. 173

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Gegen den Film wurde von Kritikern geltend gemacht, dass sich zwar gegen die Darstellung nichts einwenden ließe, „wohl aber gegen die Konstruktion der Fabel, die das Utopische mit dem Sentimentalen zu verbinden sucht, wodurch weder ein reiner Science-fiction-Film noch eine Liebesgeschichte entstehen wollte.“13 „Das war zu befürchten“, sagte der ZDF-Redakteur Martin Büttner, „da bei einem Science-fiction-Film die Erwartungshaltung von spektakulären Weltraumbildern geprägt ist.“14 Tatsächlich finden sich in La mort en direct keine spektakulären special effects und die Story entschwindet auch nicht zu fernen Sternen. Da sich auch die sensibel dargestellte Beziehung der beiden Protagonisten nicht zur Lovestory entwickelt, konnte ein Teil der Presse mit der ganzen Geschichte nicht viel anfangen. So sah z. B. Helmut W. Banz in der Zeit in Taverniers Film zwar den „Bösen Blick auf die Macht der Medien“, bemängelt zugleich jedoch die „irritierende Mischung aus Thriller, Utopie und Romanze“15. Die Kritiker nun, die das Thema Medienkritik als das eigentliche Sujet des Films entdecken, werfen ihm zugleich vor, dass es verschenkt worden sei, da die Geschichte allzu sehr in private und sentimentale Verwicklungen abgleite. Bei diesem Vorwurf orientierte man sich vor allem an einem wenige Jahre zuvor herausgebrachten Film von Sidney Lumet Network, der Taverniers Werk immer wieder entgegengehalten wird; so moniert z. B. die Süddeutsche Zeitung: „Taverniers Hauptinteresse gehört der Todeskandidatin, die das Spiel nicht ahnt, das man mit ihr treibt. Damit verspielt er die Chance, seinen Film als Kritik an unserer elektronischen Zukunft gleichberechtigt neben Lumets Network zu stellen.“16 Dass es Tavernier vielleicht um etwas anderes gehen könnte, als um eine Kritik an der institutionellen Logik des Fernsehens, wird in den Kritiker erst gar nicht in Erwägung gezogen. Tatsächlich erinnert die Medienkritik von La mort en direct bei näherer Analyse viel eher an die der Verlorenen Ehre der Katharina Blum eines Heinrich Böll bzw. an der von Taverniers Schulfreund Volker Schlöndorff verfilmten Fassung als an Sidney Lumets Network.

13 14 15 16

„Erinnerungen an Romy Schneider“, in: Tagesspiegel, 11.06.1982. Büttner, Martin: „Auf der Flucht“, in: Frankfurter Rundschau, 18.07.1983. Banz, Helmut W.: „Beachtlich“, in: Die Zeit, 23.05.1980. Bauer, Christian: „Medienmelodram“, in: Süddeutsche Zeitung, 16.07.1980. 174

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Der Erzähler Tavernier oder die Dramaturgie der Handlung Der Filmemacher Betrand Tavernier folgt bei der Konstruktion der Handlung nicht den bekannten Rezepten amerikanischer Drehbuchschulen, sondern lässt der Entwicklung der Figuren und der Handlung größeren Spielraum. „Sein Kino ist ohne System, ohne Regeln, organisch, widersprüchlich und lebendig, manchmal hemmungslos, immer geduldig vorbereitet und treffend“, bemerkte Volker Schlöndorff17 einmal zur Arbeit seines alten Schulfreundes Tavernier. Die Dramaturgie seiner Filme ist nicht stringent auf Plot Points ausgerichtet, sondern gleicht eher einem Musikstück, einer offenen Jazzkomposition.18 Schon in seinem ersten Film L’Horloger de Saint Paul entwickelt Tavernier ein Konzept als Erzähler, das mit der Wahl der Drehbuchautoren Jean Aurenche und Pierre Bost bewusst anknüpfte an die sogenannte „Qualité française“, die nach dem 2. Weltkrieg in Frankreich von den Regisseuren der Nouvelle Vague bekämpft und vehement abgelehnt wurde, die aber zugleich für eine politische und moralische Tradition standen, wie sie von Persönlichkeiten wie Jean Renoir und Jacques Prévert geprägt war. So sind die Arbeiten von Tavernier von einer Moral des Blickens19 geprägt, die sich stärker interessiert zeigt am einzelnen Individuum als an der Gesellschaft im Ganzen. Dabei lässt er – häufig durch einen OFF-Erzähler – erkennen, dass seine Filme Erzählungen sind; in La mort en direct ist dies Roddys Ex-Frau, aus deren Perspektive die Handlung letzthin erzählt wird. Taverniers Film beginnt auf einem alten Friedhof, auf dem unbekümmert ein Kind spielt. Die Kamera schwenkt hoch und rückt die Silhouette von Glasgow ins Bild – eine erste Einstellung, die einführt in Ort und Thema von La mort en direct – einem Science-Fiction-Film wohlgemerkt. 17 Zitiert nach Bion, Danielle: Bertrand Tavernier. Cineaste de l’emotion. Renens 1984, S. 7. 18 Tavernier hat diesen Vergleich selbst einmal in einem Interview nahegelegt. „La mise en scène, c’est une sorte de dynamique interne, c’est quelque chose qui oblige un plan à en précéder un autre, et l’on en vient alors à un rapprochement avec la musique : la comparaison s’impose d’une phrase musicale et d’un rapport d’image, une sequence. Je n’ai jamais commencé un scénario sans avoir dans la tête un musicien ou une musique, une ou plusieurs musique, qui pour moi, colorent l’ecriture du scénario.“ Ebd., S. 69 19 Douin, Jean-Luc: Bertrand Tavernier. Paris 1997, S. 36. 175

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Technik und Medizin und natürlich auch die Massenmedien haben sich weiterentwickelt. Computer schreiben Romane und Schriftsteller suchen nur noch nach neuen Variationen. An Krankheiten stirbt niemand mehr, nur noch an Altersschwäche, und die Medien sind auf der Suche nach immer neuen Sensationen. Der Hit im Kampf um Einschaltquoten ist die Sendereihe Death Watch mit Direkt-Übertragungen von Sterbenden, die sich bereit erklärt haben, ihre letzten Stunden vor der Kamera zu verbringen. Als Katherine Mortenhoe (Romy Schneider), eine Schriftstellerin, von ihrem Arzt gesagt bekommt, sie leide an einer seltenen, unheilbaren Krankheit und habe nur noch wenige Wochen zu leben, stürzen sich die Medien sofort auf sie. Schon kurz nach der Hiobsbotschaft meldet sich der Fernsehproduzent Vincent bei ihr. Er möchte für Death Watch die Übertragungsrechte ihrer letzten Tage kaufen. Katherine weigert sich und besteht auf ihrem privaten Tod. Aber nach einem Besuch bei ihrem alten Vater (Bernard Vicki), der völlig senil, jedoch durch Drogen glücklich gespritzt, allein in seinem Zimmer eines Seniorenheims „spielt“, ändert sie ihre Meinung. Sie will zum Schein auf Vincents Angebot eingehen, das Geld kassieren und dann untertauchen. Doch Vincent ahnt, was sie vorhat. Er heuert Roddy (Harvey Keitel) an, einen Kameramann, der noch auf seine große Chance hofft und sich deswegen auf ein Experiment einlässt: Eine Kamera soll hinter seinen Augen direkt ins Gehirn gesetzt werden und all das live ins Fernsehstudio übertragen, was Roddy sieht. Allerdings ist die Kamera technisch noch nicht ausgereift. Roddy muss die Augen Tag und Nacht offen halten, immer mit einer ausreichenden Lichtquelle in der Nähe, weil er sonst erblinden könnte. Nach der Operation macht Roddy erste Erfahrungen mit dem neuen Instrument in seinem Kopf, von dem außer ihm selbst und dem Regieraum niemand etwas ahnt. Er läuft durch die Straßen, beobachtet spielende Kinder, besucht seine Ex-Frau, zu der er noch immer guten Kontakt hat. Als sie ihm zu verstehen gibt, dass sie mit ihm schlafen möchte, wird ihm plötzlich bewusst, dass man im Fernsehstudio alles registriert, was er sehen und hören kann, und er verabschiedet sich eilig von ihr. Als Katherine sich bei Vincent das Geld abholt, folgt Roddy ihr bereits unauffällig. Katherine gibt ihrem Geliebten das Geld, eine hohe Summe in bar. Bei einem Bummel durch die Stadt, stülpt sie sich in einem kleinen Ladengeschäft eine Perücke über, flüchtet durch den Hinterausgang ohne ihren Geliebten und taucht allein in einem Obdachlosenasyl unter. Roddy hat sie beobachtet. Er verkleidet sich als Penner und übernachtet gleichfalls dort. Unter der Bettdecke bemüht er sich die

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Augen offen zu halten, und leuchtet sich mit einer Taschenlampe ins Gesicht. Katherine ist unruhig und wälzt sich hin und her. Die Tabletten gegen die Schmerzen, die ihr der Arzt mitgegeben hat, scheinen immer schlechter zu wirken. Roddy geht zu ihr hinüber und bietet ihr einen Schluck aus seinem Flachmann an. Am nächsten Morgen frühstücken die beiden zusammen und beschließen, gemeinsam weiterzuziehen. In einem der heruntergekommenen Außenbezirke der Stadt geraten sie in eine Schlägerei zwischen Demonstranten und der Polizei. Roddy wird für eine Nacht festgenommen. Katherine, die nichts von Roddys wirklichem Auftrag ahnt, wartet vor dem Gefängnis auf ihn. Nachdem Roddy wieder raus ist, verlassen sie Glasgow. Sie wandern durch öde Industrielandschaften und übernachten in leerstehenden Häusern. Katherine geht es zusehends schlechter. Einmal pinkelt sie sich voll und will sich deshalb von Roddy trennen. Aber er nimmt sie in den Arm und tröstet sie. Sie ziehen weiter. Katherines Ziel ist „Land’s End“ an der SüdwestSpitze von England, wo ihr Ex-Mann, Gerard Mortenhoe, lebt. Mit einem gestohlenen Wagen, per Anhalter und schließlich zu Fuß erreichen sie das Meer und schlafen am Ufer eines nahegelegenen Sees in einer verlassenen Hütte. Katherine hat Gelegenheit, sich im See zu waschen, und Roddy läuft ins nächste Dorf, um ihr ein neues Kleid zu kaufen. In der Dorfkneipe sieht er seine Aufnahmen von Katherine in der Sendung Death Watch. Er kehrt rasch zu ihr zurück. Als es dunkel wird, bemerkt er, dass er die Taschenlampe im Wasser verloren hat. Sie können sie nicht wieder finden, und er erblindet. Am nächsten Tag nimmt Katherine Roddy zu Gerard (Max von Sydow) mit, der zurückgezogen in seinem Haus lebt. Unterdessen setzt Vincent alles daran, Katherine wiederzufinden. Er versucht nicht nur den seit der Erblindung von Roddy abgerissenen Kontakt zu ihr wiederaufzubauen, sondern will ihr auch mitteilen, dass sie gar nicht todkrank sei, dass alles nur ein Irrtum gewesen wäre. Er ruft bei Gerard an, um sie zu warnen. Doch Katherine kann sich über diese Nachricht nicht freuen. Sie begreift, dass sie von Anfang an manipuliert wurde, dass Vincent den Arzt bestochen hat, um am Schluss ein HappyEnd zu bekommen – die wundersame Errettung vor dem Tod als Fernsehsensation. Katherine besteht auf ihrem persönlichen Tod – die einzige Möglichkeit, um über ihren „Gegenspieler“ Vincent zu triumphieren. Sie tötet sich mit einer Überdosis der von ihrem Arzt verabreichten, krankmachenden Tabletten.

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Die Protagonisten als Opfer des öffentlichen Voyeurismus Das Leben von Roddy und Katherine wird durch die Berührung mit der neuen Technologie völlig aus der Bahn geworfen. Ihr ganzer Handlungsraum, das ganze Universum an Möglichkeiten scheint mit einem Mal von dem Medium Fernsehen begrenzt und bestimmt. Dabei scheinen ihre Rollen zunächst klar verteilt: Katherine als Opfer des Systems und Roddy als Profiteur, der sich das System geschickt zunutze macht. Doch noch während Roddy seine Hoffnungen auf die neue Kopf-Kamera setzt, um als Kameramann berühmt zu werden, beginnt der neue Apparat, seinen Sehnerv unaufhaltsam zu schädigen, bis er schließlich erblindet. Katherines Leben wird von Anfang an von Medien bestimmt. Sie arbeitet als Schriftstellerin, d. h. sie verfasst mit Hilfe eines Schreibcomputers Romane, wobei es ihr vor allem darum geht, Varianten zu erfinden, die vom Computer noch nicht verfasst wurden. Die eigentliche Schreibarbeit wird vom Computer übernommen, der Katherine zudem akkurat darüber informiert, welche Variationen eines Stoffes bereits existieren. Schließlich gelingt es ihr, den Computer zu „schlagen“, und eine Stoffvariante vorzuschlagen, die noch nicht existierte. Sie sitzt vor dem Apparat im Computerdesign der 70er Jahre, auf dessen Monitor nackte, d. h. noch von keiner graphischen Benutzeroberfläche verzierte Sätze erscheinen, die die Fragen von Katherine beantworten. Das ändert sich schlagartig, als ihr der Arzt eröffnet, dass sie an einer unheilbaren tödlichen Krankheit leidet. Nicht die Krankheit selbst, deren Symptome eher diffus mit Schwindelgefühlen und Vergesslichkeit beschrieben werden, sondern die Tatsache, dass sie in jungen Jahren zu sterben droht, rücken sie plötzlich ins öffentliche Interesse. In einer Welt, in der unheilbare tödliche Krankheiten praktisch verschwunden sind, werden sterbende junge Erwachsene zur Sensation. Sofort wird sie von Journalisten verschiedener Medien umlagert. War die Arbeit am Schreibcomputer noch eine Art Spiel oder Wette gegen sich selbst, ahnt sie plötzlich, dass die Medien sie nun völlig zum Gegenstand des öffentlichen Interesse zu machen drohen und sie damit nicht mehr über ihr eigenes, verbleibendes Leben bestimmen kann. Das Angebot des Fernsehsenders, in „Death Watch“ mitzuwirken ist dabei letzthin nur die konsequente Steigerung des öffentlichen Voyeurismus. Ihr Entschluss, zum Schein auf dieses Angebot einzugehen, um dann aus der Stadt zu fliehen, ist der Versuch, sich einen Rest von Intimsphäre zu bewahren und das Recht auf einen individuell erlebten Tod. Sie verweigert sich damit dem Verwertungsinteresse der Medien, das gerade durch das Eindringen in die Privatsphäre von anderen Menschen seine 178

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Spekularität und damit die profitbringende Aufmerksamkeit des Massenpublikums sichert. Dabei ist das pekunäre Interesse so groß, dass vor allen Arten der Lüge und der Manipulation nicht zurückgeschreckt wird. Als Katherine schließlich erfährt, dass sie auch von Roddy getäuscht wurde, muss sie erkennen, dass sie die Situation keineswegs kontrolliert und den Medien ausgeliefert ist. Sie kann sich der Logik dieses Systems letzthin nur durch ihren Selbstmord entziehen. Roddy weiß um die Skrupellosigkeit des Systems, er lässt sich aber darauf ein, weil er glaubt, selbst davon profitieren zu können. Sein Leben wird völlig von seinem Beruf geprägt; die Beziehung zu seiner Ex-Frau ist zerrüttet. Da er weiß, dass alles, was er sieht, auch im Fernsehstudio zu empfangen ist und er sicher ist, dass Vincent entgegen seiner Beteuerung auch bei diesen privaten Momenten zuschauen wird, bricht er einen Versöhnungsversuch bei seiner Frau ab, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen. Roddy ist nicht nur Kameramann, sondern sein Ehrgeiz besteht darin, selbst zur Kamera zu werden. Eine gute Kameraarbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie unsichtbar hinter das Aufgezeichnete zurücktritt. Genauso versucht Roddy seine Persönlichkeit hinter seiner Arbeit völlig zurücktreten zu lassen. Er versucht völlig mit der Apparatur zu verschmelzen und wird dabei blind gegen die Gewalt, die er sich damit selbst antut. Roddys Motivation, sich auf das Kameraexperiment einzulassen, wird im Film selbst nicht explizit gezeigt. Es steht aber zu vermuten, dass Roddys Interesse über einen finanziellen Gewinn hinausgeht und sich auch nicht allein in der Sucht nach Anerkennung als Kameramann erschöpft. Roddy ist ein Besessener der – wie man bereits in der ersten Szene erfährt – nachts nur wenig schläft, weil er Angst hat, etwas zu verpassen, etwas nicht sehen zu können. Die Unannehmlichkeit, die mit dem Tragen der Kopf-Kamera verbunden ist, d. h. die Augen immer geöffnet lassen zu müssen, stört ihn zu Beginn nur wenig, weil er denkt, dass dies mit seinem natürlichen Bedürfnis nach Seherfahrungen zusammengeht. Es ist fasst so, als könne Roddy sich selbst einreden, er sei eine perfekte Kamera. Im Laufe des Films hält jedoch die physische Kondition von Roddy diese erzwungene Einheit von Kamera und Person nicht durch. Roddy erblindet desto stärker, je mehr er Katherine verrät. Als er seine Aufnahmen von ihr in einer Kneipe in einem ihrem Versteck nahegelegenem Dorf im Fernsehen sieht, ist der Verrat an Katherine perfekt; nach seiner Rückkehr erblindet er. Sein Sehsinn stumpft gegen das Gesehene ab. Erst als er nichts mehr sieht, erhält er die Chance, ein neues Leben zu beginnen, bei dem seine eigene Identität jenseits der Kamera sich entwickeln kann.

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Der distanzierte Blick des Moralisten Tavernier Obwohl es in La mort en direct vor allem um die intimen Gefühle zweier Individuen geht, hält Tavernier sie als Subjekte auf Distanz. Tavernier verzichtet – anders als spätere Filme, die sich mit Neuen Medien beschäftigen – auf ein spektakuläres Spiel mit einer subjektiven Sicht der Handlung. Sieht man einmal davon ab, dass die ganze Handlung aus dem OFF von Roddys Ex-Frau erzählt wird (und insofern ein subjektives Erzähler-Ich zumindest im OFF vorhanden ist) sowie von wenigen kurzen Aufnahmen abgesehen, die Roddy beim Ausprobieren seiner neuimplantierten Kamera zeigen und die fast augenblicklich ins Fernsehstudio umgeschaltet werden, fehlen subjektive Perspektiven völlig.20 Auch sind sich die Protagonisten immer ihrer Wahrnehmung sicher. Selbst als Roddy erblindet, wird dies rasch zu einer eindeutigen Gewissheit. Die Protagonisten zweifeln nicht an dem, was sie sehen oder nicht sehen. Damit hält Tavernier auch in La mort en direct eine gewisse Distanz zum Geschehen und zu seinen Figuren. Als Filmemacher konzentriert er sich immer wieder auf Individuen (wie z. B. in L’Horloger de Saint Paul), die sich gegen ihre Umwelt, gegen gesellschaftliche Konventionen behaupten, indem sie eigene, ganz individuelle Lösungen für ihr Leben suchen. Dabei behandelt Tavernier seine Figuren immer mit einem gewissen Respekt, lässt ihnen Raum für eine innere Entwicklung, ohne sich mit der Kamera auszudrängen. Diese Distanz wird in La mort en direct selbst zum Gegenstand der Reflexion. Der in Frankreich als „Moralist“ geltende Tavernier überlegt genau, wie er als Filmemacher die Kamera einsetzt und welche Perspektiven er wählt. Tavernier geht sparsam mit Nahaufnahmen um und bevorzugt stattdessen die Halbtotale. Er respektiert damit den Intimbereich seiner Figuren: Obwohl in all seinen Filmen Menschen sterben, zeigt er niemals das Sterben, genauer den Augenblick des Todes, auf spektakuläre Weise. Er blendet diskret ab, verlegt das Geschehen außerhalb des Kamerablickwinkels oder lässt nur eine der Figuren davon berichten. So wird auch der Tod von Katherine am Ende des Films nicht direkt gezeigt. Durch diese von Tavernier konstruierte Distanz, mit der er das Sterben – oder in anderen Filmen auch Sexualität (wie schamhaft auch

20 Vgl. Midding, S. 28. Eine Ausnahme ist die OFF-Erzählung von Roddys Ex-Frau, die letzthin den ganzen Film als Erzählung aus ihrer subjektiven Sicht erscheinen lässt. 180

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immer)21 – darstellt, werden tiefe Brüche innerhalb der Gesellschaft deutlich. Sexualität und Tod brechen sich Bahn in einer Welt, deren Ordnung für alle spontanen Lebensäußerungen und aufrichtigen Gefühle keinen Platz lässt, ja die in ihnen sogar eine Bedrohung sieht. Tavernier inszeniert dieses voyeuristische Spiel auf mehreren Bildebenen: Zum einen hält er oben beschriebene Distanz, die sich nach der Flucht von Katherine und Roddy aus Glasgow perspektivisch in weite, menschenleere Landschaftsaufnahmen umsetzt, in denen sich seine Figuren im Raum zu verlieren scheinen. Zum anderen setzt er dagegen die Perspektive des Kameramanns Roddy bzw. auch des Fernsehproduzenten Vincent, der sensationslüstern all jene Ausschnitte von Roddys Liveaufzeichnungen auswählt, die ihm besonders einschaltquotenträchtig erscheinen. Es sind besonders Bilder, die durch Nahaufnahmen emotionale Nähe zu suggerieren versuchen und so eine Art „künstlicher Intimität“ schaffen. Die Aufnahmen von Roddy werden immer nur kurz eingeblendet und sind dann anschließend auf einem oder mehreren Monitoren zu sehen im Regieraum eines Fernsehstudios. Roddys Perspektive ist insofern immer schon gebrochen. Die erste Aufnahme ist nur zwei Sekunden lang zu sehen: Roddy kommt gerade aus der Praxis des Augenarztes und trifft draußen eine Krankenschwester, mit der er sich kurz unterhält. Die Bildfolge mit der Krankenschwester ist relativ unscharf, verschwommen und erinnert an eine Aufnahme mit einer Amateur-Videokamera. Danach ist das gleiche Bild auf vier Monitoren im Regieraum eines Fernsehstudios zu sehen. Nur wenig später ist das nächste Experiment von Roddy mit der neuen Kamera zu sehen, das diesmal vier Sekunden lang eingeblendet wird: Roddy betrachtet den Straßenverkehr, dabei vollziehen seine Augen gut sichtbare Schwenks von unten nach oben, von links nach rechts usw. Neben der oben beschriebenen Unschärfe kommt hier noch das Gefühl von dilettantischen Kamerabewegungen hinzu. Danach wird

21 Christine Pascal sagte dazu in einen Interview, „daß Tavernier Angst davor hat, Sexualität zu filmen, genauso wie er Angst hat, Tote zu filmen. [...] Bei Nacktheit und Sexualität in allen Variationen hat Bertrand eine Blockade. Er ist ein großer Cinéast, aber das ist nicht seine Sache. Er ist besser mit dem Kopf als mit seinem Körper. Tavernier ist ein Intellektueller.“ [Anmerkung: Übersetzung des Autors] („Disons d’abord que Tavernier a horreur de filmer la sexualité, autant qu’il a horreur de films les morts. [...] De toutes façon sur la nudité et le sexe, Bertrand a un bloquage. C’est un très grand cinéaste, mais ce n’est pas son truc. Il est mieux avec sa tête qu’avec son corps. Tavernier est un intellectuel.“) Ecran, n° 62, 15 oct. 1977, propos recueillis par Claire Clouzot, p. 32. 181

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wieder das gleiche Bild auf den Monitoren in der Fernsehzentrale sichtbar. Auch die Aufnahmen Roddys von Katherine sind von keiner guten Qualität. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass Nahaufnahmen dominieren und Roddy auch physisch Katherine sehr nahe ist. Dazu gehören gerade Szenen von größter Intimität – z. B. als Roddy die vollgepinkelte Katherine in den Arm nimmt, um sie zu trösten. Die Fernsehbilder dokumentieren die restlose Verdinglichung von Katherine. Der subjektive Blick von Roddy vermag sich nicht restlos der Verdinglichungslogik von Vincent anzupassen. Es bleibt ein emotionaler „Rest“, der Vincents Pläne durchkreuzt. Roddy ist keine perfekte Kamera, sondern ein Mensch, der ein Verhältnis zu der von ihm aufgenommenen Katherine entwickelt. Das zeigt sich in den Szenen in ihrem Versteck in der Fischerhütte und findet seinen Höhepunkt, als Roddy in einer Dorfkneipe seine eigenen Aufnahmen als Fernsehsendung sieht und kurz darauf erblindet. Der Gegensatz zwischen den verschiedenen Darstellungsebenen verdeutlicht die radikale Verdinglichung des Subjekts, des Individuums, dem in dieser Welt keine Intimsphäre mehr zugestanden wird. Wie auch in anderen Filmen Taverniers dokumentiert sich hier die Zerstörung des Subjekts, das durch einen Zufall aus seiner gewohnten Umgebung gerissen wird, und nun mit „neuen Augen“ die destruktiven Alltags-Verhältnisse erkennt, die es bisher unhinterfragt akzeptiert hat. Die Kopf-Kamera wird in La mort en direct zu einem utopischen Fluchtpunkt der Medienindustrie, der höhere Einschaltquoten und damit steigende Profite verspricht. Das übersättigte Fernsehpublikum verlangt nach immer neuen Sensationen, d. h. sensorischen Eindrücken, die das noch nie Dagewesene zeigen, die die Grenzen der Seh-Routine überschreiten. Tavernier entwirft eine negative Utopie, die dicht an den zeitgenössischen Möglichkeiten bleibt und daher eher diskret und unspektakulär wirkt. Ins Zentrum dieser Utopie tritt ein avanciertes Fernsehsystem, das immer weitere Bereiche des Privatlebens dem Zugriff der öffentlichen Beobachtung auszusetzen versucht, um die allgemeine Schaulust gewinnbringend zu befriedigen. Damit greift Tavernier die bereits in den 70er Jahren sichtbare Entwicklungslogik des Fernsehens auf und verlängert sie utopisch in die nahe Zukunft.

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V i de o d r o m e ( 1 9 8 3 , Re g i e : D av i d C r o n e n b e r g )

Videodrome (David Cronenberg): Max Renn auf dem Weg, die Direktoren von Kanal 83 zu töten Ein Film mit dem Titel Videodrome lässt sogleich an die Videotechnologie denken, die als Medium in dieser Form bis in die 70er Jahre hinein gar nicht in Betracht gezogen wurde. „Denn obwohl die Videotechnik, d. h. die Aufzeichnung audiovisueller Informationen auf Magnetband, bereits in den 30er Jahren entwickelt worden war, wurde ein in Serie hergestelltes Video-‚Konsumergerät‘ auf dem amerikanischen Markt erst 1975 angeboten. Der im Film angezeigte VHS-Rekorder, dessen Norm noch heute gültig ist, war sogar erst ab 1977 erhältlich. So erklärt sich auch die für den heutigen Zuschauer unverständliche Frage der Filmfigur Bianca O’Blivion, ‚in welchem Format‘ sie dem Helden Max Renn die Videobänder zusenden soll. Tatsächlich gab es seinerzeit auf dem Markt noch mehrere konkurrierende Videoformate. Erst der Siesgeszug des (technisch schlechtesten) VHS-Systems führte zu jenem sprunghaften Anstieg von Video-Abspiel-und Aufnahmegeräten, um den es in ‚Videodrome‘ indirekt geht.“22 Die Videotechnologie erscheint als heimliche Verlängerung der Tendenz des Fernsehens zu immer intimeren Darstellungen. Video führt – in Deutschland klar zu verorten – Anfang der 80er Jahre zu einem dramatischen Niedergang der Pornokinos, die einen erheblichen Anteil am filmindustriellen Umsatz stellten. Mit der massenhaften Verbreitung von Videorekordern ging auch eine freie Verfügbarkeit u. a. von HardcoreFilmen einher, die zu einer neuen Zensurdebatte führte, „die, mit der

22 Riepe 2002, S. 87. 183

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üblichen Verspätung, in Deutschland ihren Höhepunkt 1985 erreichte“23, wie Manfred Riepe zu berichten weiß.

Kritik am pervertieren Fernsehen oder an der Perversität seiner Kritiker? Die Geschichte eines Missverständnisses Thema der meisten Filme des Kanadiers David Cronenberg ist die Symbiose von Technik und menschlichem Körper. In Filmen wie Shivers, Rabid, The Brood, Scanners, Videodrome, The Fly, Dead Ringers, Naked Lunch, Crash oder eXistenZ – um nur die bekanntesten zu nennen – werden Parasiten, übersinnliche Fähigkeiten, neuartige Organe, Halluzinationen und Realitätsverlust zum Gegenstand kinematographischer Exkursionen, bei denen Krankheit und Veränderung mit Sexualität und Tod zusammenfallen. Auch Videodrome schreibt sich in dieses Programm ein, verbindet dies aber mit einer Medienkritik, die durch groteske Übertreibungen einen ironischen Zug erkennen lässt, der jedoch nicht von allen Zuschauern und Kritikern geschätzt oder gar erkannt worden wäre. Cronenbergs vielzitierter Satz: „Mit VIDEODROME wollte ich zeigen, daß ein Mann, der gewalttätigen Bildern ausgesetzt ist, zu halluzinieren beginnen kann. Ich wollte sehen, wie es ist, wenn sich das, was die Zensoren sagen, tatsächlich ereignet.“24 hat in der Folge entsprechend immer wieder zu Missverständnissen geführt, die gerade die Ironie in den Splatterszenen, die im Grunde nicht der Logik eines Horrorfilms folgen, nicht erkennen konnten oder wollten. Die Handlung ist linear aufgebaut, spielt aber auf verschiedenen „Realitätsebenen“. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Max Renn, einer der Direktoren des kleinen privaten Fernsehsenders Kanal 83, der die Einschaltquoten mit Porno- und Gewaltfilmen aufbessern möchte. Immer auf der Suche nach neuem Material stößt er mit Hilfe seines Haustechnikers Harlan auf die Produktionen von „Videodrome“, die gewalttätige Sexspiele, Folterungen und Hinrichtungen zeigen, die er nicht nur für den eigenen Sender akquirieren möchte, sondern denen er 23 Riepe 2002, S. 88. Vgl. dazu auch Riepe, Manfred: „Das Gespenst der Gewalt. Was Sie schon immer über Gewaltdarstellung wissen wollten, sich aber bislang nicht zusammenzureimen trauten“, in: Rötzer, Florian (Hrsg.): Das Böse. Göttingen 1995, S. 290–328. 24 Zitiert nach Oetjen, Almut/Wacker, Holger: Organischer Horror. Die Filme des David Cronenberg. Meitingen 1993, S. 99. 184

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nach und nach obsessiv verfällt. Zunächst fühlt sich seine neue Freundin Nicki Brand, eine Radiomoderatorin, spontan von den Sendungen angemacht, überredet Max zu sadomasochistischen Sexspielen und stellt sich schließlich „Videodrome“ freiwillig als „Opfer“ zur Verfügung. Da die Sendungen angeblich von einem Piratensender ausgestrahlt werden, ist das Signal nur schlecht zu empfangen und die Produktionsfirma schwer zu ermitteln. Max beauftragt Masha, eine ältere Softporno-Produzentin, mit den Machern von Videodrome Kontakt aufzunehmen. Sie nennt ihm auf sein Drängen hin schließlich Professor Brian O’Blivion, den Betreiber der Cathode Ray Mission, also der Kathodenstrahl-Mission, in der gesellschaftliche Außenseiter mittels Fernsehkonsum resozialisiert werden sollen. Die Spur führt Max nach Pittsburgh, wo er aber nur Bianca, die Tochter von O’Blivion trifft, die ihm sagt, dass ihr Vater schon Monate zuvor an einem Hirntumor starb. Sie erklärt Max, dass auch er sterben werde, da das Signal von Videodrome bei den Zuschauern einen Hirntumor wuchern lasse, was zu Halluzinationen führe. Tatsächlich hat Max damit begonnen, immer wieder zu halluzinieren. Mal sieht er, wie eine Videokassette „atmet“, mal öffnet sich in seinem Bauch ein riesiger Schlitz, in dem die Pistole, die er spielerisch darüber gleiten ließ, verschwindet. Als Max auf den zwielichtigen Brillenfabrikanten Convex trifft, glaubt er zunächst, dem Geheimnis von Videodrome besser auf die Spur kommen zu können. Max lässt sich von ihm überreden, einen Datenhelm aufzusetzen, mit dem sich Halluzinationen aufzeichnen lassen, die bei Max alsbald einsetzen: Er peitscht einen Fernsehapparat aus, auf dessen Bildschirm Nicki zu sehen ist; Nicki verwandelt sich in Masha, die, als Max in seinem Bett aufwacht, plötzlich tot neben ihm liegt. Als Max Harlan anruft, um ihn um Hilfe zu bitten, ist von Masha nichts mehr zu sehen. Max muss erkennen, dass er Opfer einer Verschwörung von Convex ist, der Harlan benutzte, um Max zu manipulieren: Die Videodrome-Produktionen wurden nie ausgestrahlt, die Kassetten wurden nur Max zugespielt, damit er sie für den Sender akquiriert. Über Kanal 83 soll das Signal von Videodrome ausgestrahlt und damit die Zuschauer von Porno- und Gewaltfilmen mit einem Hirntumor infiziert werden, mit dem Ziel, das Land von Konsumenten solcher Filme zu befreien. Bevor Max sich jedoch gegen die Verschwörung zur Wehr setzen kann, schiebt ihm Convex eine Videokassette in seinen „Bauchschlitz“, um ihn zu programmieren. Als Max die Kassette herausholen will, hält er wieder seine Pistole in der Hand, die mit seinem Arm verwächst. Damit erschießt er die beiden anderen Direktoren von Kanal 83 und soll auch Bianca O’Blivion töten. Doch als er in die Kathodenstrahl-Mission einbricht, gelingt es Bianca, Max „umzuprogrammieren“.

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Max sieht auf einem Bildschirm, wie Nicki in einer VideodromeSendung getötet wird und wie er anschließend auf sein eigenes „Videoselbst“ schießt. Danach erklärt ihm Bianca, er sei das zu Fleisch gewordene Video. Daraufhin zieht Max los, um Harlan und Convex zu töten. Als der Techniker seine Hand in den in den Schlitz von Max’ Bauch steckt, um ihn erneut zu programmieren, wird sein Unterarm abgefräst und bekommt die Form einer Handgranate, die explodiert und ein Loch in die Wand reißt. Convex wird von Max auf einem Optikerkongress auf offener Bühne erschossen, wobei aus der Leiche ein riesiges wucherndes Geschwür hervorbricht. Nach der Tat zieht sich Max in ein Schiffswrack in einem verlassenen Hafengelände zurück. Im Bauch des Schiffes trifft er auf einen Fernsehapparat. Nicki erscheint auf dem Bildschirm und sagt ihm, er solle sich erschießen, damit er ein neues Leben mit ihr beginnen kann – und Max folgt ihrem Vorschlag. Videodrome war einer der umstrittensten Filme von David Cronenberg.25 Schon im Vorfeld gab es Zensurauflagen, denen vor allem eine Szene mit Gewalt gegen Männer im Folterraum von Videodrome zum Opfer fiel26, und bei einer Probevorführung in Boston im April 1982 war die Reaktion des Publikums negativ.27 Auch die Kritik reagierte geteilt auf den Film. Einige sahen in Videodrome den bis dahin besten Film von Cronenberg28 – wie der Regisseur 25 Cronenberg wurde oft der Vorwurf gemacht, er mache frauenfeindliche Filme. Das macht sich fest an den zahlreichen Gewaltdarstellungen mit Frauen und seiner Tendenz, Frauen als das „Andere“ zu zeigen. Cronenberg hat sich immer damit verteidigt, dass seine Filme sexuell, aber nicht sexistisch seien. Ihm ginge es eher um eine Omni-Sexualität, bei der alles möglich sei. Außerdem habe er als Mann eben Phantasien von Frauen. Dem ist hinzuzufügen, dass auch die späteren Filme wie The Fly, Dead Ringers oder Naked Lunch männliche Albträume, Wünsche und Ängste darstellen. 26 „Anfang 1983 sollte VIDEODROME auf den Markt kommen. Doch Ende November 1982 erfuhr Cronenberg, daß VIDEODROME das gefürchtete X-Rating bekommen hatte. [...] Es genügte, eine knappe Minute herauszuschneiden, die teilweise ersetzt wurde durch alternative Aufnahmen der gleichen Szene. So ersetzte er die für den Zuschauer nicht sichtbare Elektroschockbehandlung der Genitalien eines männlichen VideodromeOpfers durch eine explizite Schockbehandlung der Ohren.“ Oetjen/Wacker 1993, S. 117 ff. 27 Vgl. Oetjen und Wacker 1993, S. 117. 28 „Videodrome was released early in 1983, and the reviews were almost uniformly favourable: even critics who disliked it saw it as maturation of 186

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übrigens selbst auch.29 Diejenigen, die den Film ablehnten, hatten entweder einen philosophischen Essay erwartet und wurden von den Splatterszenen verschreckt, oder aber sie erwarteten einen Horrorfilm und waren von der anspielungsreichen, eher emotionslosen, intellektuellen Konstruktion des Filmes enttäuscht.30 Zu Letzterem gehören insbesondere auch die sprechenden Namen der Protagonisten (Renn, Brand, Convex etc.), auf die in der Literatur über Cronenberg ausführlich eingegangen wird.31 An der Kinokasse war Videodrome ein Flop. In fast allen Ländern lief er nur zwei Wochen und wurde dann wieder vom Markt genommen. Nach zehn Tagen spielte der Film in Kanada nur 2,1 Mio. Dollar ein. Die Produktionskosten lagen bei sechs Mio. Dollar. Dieser Misserfolg lag zum einen an einer falschen Marketingstrategie von Universal und zum anderen am Filmkonzept, das dem Publikum zu viel abverlangte.32

Die subjektive Perspektive Zu den Besonderheiten von Videodrome gehört, dass die Handlung – wie schon erwähnt – auf verschiedenen Realitätsebenen spielt. Genauer ge-

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Cronenberg’s earlier work. Some even suggested that it would reach a wider audience, given what Carrie Rickey called its ‘Orwellian 1984 blueprint’ of a video future manipulated by media totalitarians. Unfortunately, the film died at the box office, taking barely half of what Shivers hat grossed.“ Morris, Peter: David Cronenberg. A Delicate Balance. Toronto 1994, S. 98. „In seiner persönlichen Einschätzung dürfte Cronenberg zuzustimmen sein. VIDEODROME ist sein komplexester Film, vielleicht auch sein bester überhaupt.“ Oetjen/Wacker 1993, S. 118. Vgl. auch ebd., S. 118. Vgl. dazu z. B. ebd., S. 110. Vgl. auch Dreibrodt, Thomas J.: Lang lebe das Neue Fleisch. Die Filme von David Cronenberg. Bochum 2000 (Erstausgabe 1998), S. 94 u. 96/97. „They ended up releasing 900 prints, which is not massive: 1100 or 1200 were certainly not unknown then. But 900 was a lot for a movie like this. It played for a week and was gone. They spend the money on it, as much as they were supposed to. But it didn’t reach anyone. It didn’t reach the horror fans, and it didn’t satisfy them when it did. It wasn’t long enough for any criticism to generate. It was just a down-the-middle strange campaign. Sccanners had a very hardcore sell, which I wasn’t crazy about, but I sure had to admit it worked. Videodrome wasn’t an exploitation sell and it wasn’t an art sell. I don’t know what it was.“ Rodley, Chris (Hrsg.): Cronenberg on Cronenberg. London 1997, S. 102. 187

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sagt, oszilliert sie zwischen einer „normalen“ Realität und einer „halluzinierten“. Was anfangs mit einzelnen Halluzinationen beginnt, führt zu immer länger andauernden Visionen, die schließlich kaum mehr von „normalen“ Wahrnehmungen unterbrochen werden. Alle Realitätsebenen werden aus der Sicht des Protagonisten Max Renn geschildert. Thomas Dreibrodt nennt Videodrome einen „First-Person-Film“ und erläutert: „Im Gegensatz zum Blickwinkel der ‚subjektiven Kamera‘, mit der der Zuschauer die Handlung aus der Sicht des/der Handelnden verfolgt, sieht man den Handelnden im Cronenberg’schen ‚first-person-film‘ in seiner ihm eigenen Umwelt stehen.“33 Dadurch entsteht ein Effekt, den Dreibrodt folgendermaßen beschreibt: „Die subjektive Wahrnehmung der Filmrealität durch die betrachtete Figur läßt somit den Protagonisten zur einzigen Informationsquelle des Zuschauers werden, der sich seiner schützenden Differenzierungsfähigkeit zwischen Realität und Fiktion innerhalb des filmischen Textes zu unterscheiden, beraubt sieht.“34 Der von Dreibrodt beschriebene First-Person-Film entspricht nun weitgehend der von Brinckmann beschriebenen Subjektivierung der Perspektive, die keineswegs mit der subjektiven Kamera identisch ist.35 Interessant ist an dieser Perspektive nicht allein der Umstand der Subjektivierung selbst, sondern die Art der Konstruktion von Dysfunktionen, mit denen diese Subjektivierung erreicht wird; neben der Inszenierung von Defekten und Dekontextualisierung setzt Cronenberg vor allem biologische Deformationen ein, um Medialität als Grenzerfahrung darzustellen. Dabei lassen sich die dargestellten Dysfunktionen einerseits sicher als Ausdruck psychischer Störungen auffassen, wie Riepe dies in seiner von Lacan inspirierten Lektüre von Videodrome vorgeschlagen hat und die der vordergründigen Erklärung, es handele sich um Halluzinationen, ein hintergründiges psychoanalytisches Interpretationskonzept zur Seite stellt. Andererseits ironisieren sie doch zugleich auch diese Art der psychologischen oder psychoanalytischen Interpretation Die Darstellung von defekten Fernseh- und Videobildern scheint in Videodrome allgegenwärtig, insbesondere die von dem Sender Videodrome empfangenen Bilder haben eine schlechte Qualität. Das Signal scheint gestört. Doch zugleich ist dieses Signal Teil einer umfassenderen 33 Dreibrodt 2000, S. 63. 34 Ebd., S. 64. 35 Tatsächlich sind Dreibrodt die Arbeiten von Brinckmann wohl unbekannt, sonst hätte hier eine differenziertere Argumentation aufgebaut werden können. Gleiches gilt auch für Manfred Riepe, der gleichfalls auf den Begriff des First-Person-Film von Dreibrodt rekurriert, nicht aber auf die Arbeiten von Brinckmann. 188

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biologischen Störung, wie sich später herausstellen wird, da es die Wucherung eines Hirntumors auslöst. Schon als Max Renn das erste Mal einen Ausschnitt sieht (0.06 ff.), erscheinen auf dem Bild Störstreifen bevor es dann zusammenbricht. Dies wiederholt sich mehrfach (etwa 0.10 ff.). Selbst eine Videoaufnahme von Videodrome wirkt technisch so, als sei sie gestört (0.12). Die biologische Deformation wird zunächst auf einer metaphorischen Ebene eingeführt: Im Fernsehstudio erzählt der auf einem Bildschirm zugeschaltete O’Blivion: „Also der Fernsehbildschirm ist so etwas geworden wie eine zweite Netzhaut.“ (0.10) Im Bild wird die Deformation erstmals gezeigt, als eine Videokassette beginnt zu „atmen“. Kurz darauf ist es der Fernseher selbst, der atmet und an dessen apparativer Oberfläche Adern hervortreten. (0.31 ff.) Danach wiederholt und verstärkt sich die Darstellung biologisch-körperlicher Deformationen: Etwa als Max eine Videoaufnahme von O’Blivion bei sich zu Hause anschaut und sich bei ihm plötzlich ein riesiger Schlitz im Bauch öffnet (0.41). Er steckt seine Pistole hinein, kann sie aber nicht mehr herausziehen. Der Schlitz schließt sich wieder. Später bei der Begegnung mit Convex öffnet sich der Schlitz erneut. Als Max hineinfasst, holt er die Pistole heraus, die nun mit seiner Hand „verwächst“ (0.59 ff.). Ähnliche Szenen zeigen sich auch als der Techniker die Hand in Max’ Bauchschlitz steckt, sein Unterarm „abgefräst“ wird und die Form einer Handgranate annimmt, die schließlich explodiert (1.09 ff.) oder als Max Convex erschießt und aus dem Körper des Getroffenen ein wucherndes Geschwür hervorbricht (1.13 ff.). Neben Defekt und Deformation tritt die dritte Form der Dysfunktion: die Dekontextualisierung. Schon in der ersten Nacht mit Nicki in Max’ Wohnung steht plötzlich das Bett, in dem sie sich geliebt haben, in einem völlig anderen Raum, der dem aus dem Videodrome-Band gleicht (0.14 ff.). Als Max’ Sekretärin ihm ein Videoband in die Wohnung bringt, schreit er sie an, dass sie das Band nicht berühren soll. Er ohrfeigt sie sogar, aber es ist Nicki, die er schlägt. Er entschuldigt sich bei seiner Sekretärin, dass er sie geschlagen habe, doch sie weiß von nichts. Später wiederholt sich ein derartiger Austausch von Personen als Nicki Max eine Peitsche in die Hand drückt, damit er sie schlägt (0.48 ff.). Max schlägt auf sie ein, doch er peitscht den Fernseher aus, der dazu stöhnt. Statt Nicki ist nun Masha gefesselt und wird ausgepeitscht. Als Max zu Hause in seinem Bett aufwacht, liegt die gefesselte Leiche von Masha neben ihm. Der von ihm zu Hilfe gerufene Techniker kann jedoch keine Leiche entdecken. Alle drei Formen der Dysfunktion dienen nun nicht allein dazu, die Perspektive zu subjektivieren, sondern sind zugleich verbunden mit einer

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Reflexion des neuen Mediums, also des Fernsehsystems im Zeitalter der Videotechnik. Dabei wird die Diskussion über den schädlichen Einfluss des Fernsehens auf die Rezipienten aufgenommen und zum Ausgangspunkt gemacht für eine wörtlich oder genauer gesagt bildlich genommene Umsetzung der Vorwürfe, das Fernsehen würde das Denken der Menschen derart beeinflussen, dass sie nicht mehr zwischen Fernsehdarstellung und Realität unterscheiden könnten. Der vorgeführte Voyeurismus, der sich an sadomasochistischen Sexspielchen, Folterungen, Hinrichtungen usw. aufgeilt, kurzum an allem, was im bestehenden Fernsehsystem hohe Einschaltquoten verspricht, führt unmittelbar zu psychischen Dysfunktionen. Und genau hierin liegt nun die Ironie des Films: Die Inszenierung der psychischen Folgen wird ins Groteske übertrieben.

Die Sucht nach Intimität Vergleicht man Videodrome mit La mort en direct, dann fällt auf, dass Cronenberg anders als Tavernier mit plakativen Bildern arbeitet, d. h. er inszeniert ästhetische Schocks, die als Anleihen des Horrorfilms unschwer zu verorten sind. Dabei wird vor allem das Repertoire des Körperlichen genutzt. Der menschliche Körper verliert seine Integrität, seine normative Einheit. Er verändert sich entsprechend den Phantasmen der Protagonisten. Das Videosignal schreibt sich nicht nur in den Kopf, sondern auch in die Körper der Protagonisten ein. Der Sender Videodrome ist insofern ein Wunschmedium, als dass es verspricht, die Grenze zwischen Beschauer und Beschautem aufzuheben. Sex, Gewalt und Tod werden zum Ersatz für Intimität. Die Suche nach absoluter Nähe, die in einer weiteren Steigerung von voyeuristisch beschauten sexuellen Phantasien ihre Befriedigung zu finden versucht, verändert den Voyeur selbst. Das Schauen ist nicht mehr folgenlos, sondern setzt einen Suchtmechanismus in Gang, der vom Protagonisten nicht mehr willentlich kontrolliert wird. Diese Sucht zielt darauf, das Medium letzthin ganz aufzuheben, d. h. den Protagonisten ganz mit den von ihm betrachteten sexuellen Phantasien zu verschmelzen und damit zu dem im Film postulierten „New Flesh“ zu werden. Dieses „Neue Fleisch“ negiert seine mediale Herkunft; es ist die unmittelbare Verschmelzung der physischen Realität mit den eigenen Bedürfnissen. Die Sucht nach Intimität, nach unmittelbarer Erfahrung kann letzthin nur in der Aufhebung des Medialen bestehen. Die Suche von Max Renn nach immer neuem Material, seine Sucht nach Videodrome, ist damit auch der Versuch, die Beziehungslosigkeit des atomisierten Individuums zu über-

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winden und Teil einer Gemeinschaft zu werden, die er im wirklichen Leben nicht mehr zu finden scheint. Das Fernsehen ist ein Medium, das in gewisser Hinsicht die Umkehrung von Benjamins am klassischen Kunstwerk gewonnenen Aurabegriff bewirkt: die Erscheinung einer Nähe, so fern die Ereignisse tatsächlich auch sein mögen. Das Fernsehen ist kein Medium, um in die Ferne zu sehen, sondern es bringt das Ferne in unsere unmittelbare Nähe. Das Trennende, die Entfernung, die Distanz, die dem Fernen und dem Fremden innewohnt, versucht, das Fernsehen zum Verschwinden zu bringen entweder durch die technische Illusion der Unmittelbarkeit oder durch intellektuelle Nivellierung. Das Fern-Sehen ist darum eigentlich ein Medium zum Nah-Sehen.

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Bis ans Ende der Welt (1990, Regie: Wim Wenders)

§1 Man wohnt irgendwo, man macht irgendeine Arbeit, man redet irgendwas daher man ernährt sich irgendwie, man zieht sich irgendetwas an, man sieht wahllos irgendwelche Bilder, MAN LEBT IRGENDWIE, MAN IST IRGENDWER. „Identität“ ... einer Person, eines Dinges, eines Ortes. „Identität“. Bei dem Wort allein wird es mir schon warm ums Herz: Es hat einen Geschmack von Ruhe, Zufriedenheit, Gelassenheit ... Was ist das, Identität? Zu wissen, wo man hingehört, seine Mitte kennen, seinen Eigenwert? Zu wissen, wer man ist? Woran erkennt man eine Identität? Wir machen uns ein Bild von uns selbst, [S. 103] Wir versuchen, diesem Bild ähnlich zu sehen ... Ist es das? Der Einklang zwischen dem Bild, das wir uns von uns machen und ja, ... uns selbst? Wer ist das, „wir selbst“?

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Wir leben in den Städten, die Städte leben in uns ... die Zeit vergeht. Wir ziehen von einer Stadt in die andere, von einem Land in ein anderes, wir wechseln die Sprache, wir wechseln die Gewohnheiten, wir wechseln die Meinungen, wir wechseln die Kleidung, wir verändern uns. Alles verändert sich. Und zwar schnell. Vor allem die Bilder, die Bilder um uns herum verändern und vervielfältigen sich mit rasender Geschwindigkeit, seit jener Explosion, die die elektronischen Bilder freigesetzt hat, die nun allüberall die Fotografie ersetzen. Wir haben gelernt, dem fotografischen Bild zu vertrauen, können wir dem elektronischen Bild trauen? Mit der Malerei war alles noch einfach: Das Original war einzigartig, und jede Kopie daher eine Kopie, eine Fälschung. Mit der Fotografie und dann dem Film wurde alles schon komplizierter: „Das Original“ war ein Negativ, ohne Kopie existierte es gar nicht, im Gegenteil: jede Kopie war ein Original. Jetzt, mit dem elektronischen Bild, und bald dem digitalen, gibt es kein Negativ mehr, genauso wenig wie ein Positiv, die Idee selbst vom Original ist hinfällig. Alles ist Kopie. Jede Unterscheidung scheint reine Willkür. Aus dem deutschen Kommentar zu Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten 36

36 Wenders, Wim: The Act of Seeing. Essays, Reden und Gespräche. Frankfurt am Main 1991, S. 103/104. 193

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Bis ans Ende der Welt (Wim Wenders): Bilderfolge aus dem Wüstenlabor Die Auseinandersetzung mit Medien ist in Bis ans Ende der Welt zwar nicht das einzige Thema, aber eines, das die anderen Themen allein schon durch die Wirkung der filmischen Inszenierung bestimmt. Wenders erzählt eine bildmächtige Geschichte, die von einigen Kritikern als sein bisher ambitioniertestes Werk überhaupt geschildert wird. Auf vier verschiedenen Kontinenten, in 18 verschiedenen Ländern mit rund 23 Mio. Dollar als deutsch-französisch-australische Ko-Produktion gedreht, entspinnt sich zugleich eine Liebesgeschichte, eine Gaunerkomödie, ein Road-Movie und ein Medien-Science-Fiction-Film. Im Zentrum des Films steht die Auseinandersetzung um das richtige Sehen, den „Akt des Sehens“ wie Wenders ihn nennt, der im zweiten Teil des Films in den „Akt des Erinnerns“ übergeht. Wenders interessiert sich für die Bilder hinter den Bildern, die die Menschen zu sich selber bringen, die jenseits der alltäglichen Bilderflut im Wahrnehmen eine Wahrheit bereithalten.

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Wenders bemerkte dazu: „Als Filmemacher und Fotograf ist das Sehen mein Beruf, sozusagen mein Handwerk. Und da ich mit dem fotografischen Bild groß geworden bin, konnten mir Video – das elektronische Aufzeichnen von Bildern – und Television – das Senden oder Empfangen von elektronischen Bildern – im Vergleich zur Fotografie und zum Film nicht viel bieten. Um ehrlich zu sein: Video bedeutete für mich nicht ‚ich sehe‘, sondern eher ‚ich sehe nicht‘ oder zumindest ‚ich sehe nicht gut‘. Natürlich ermöglichte Video preiswertere und schnellere Produktionsverfahren; doch sind beides Vorzüge, denen ich nicht besonders viel Vertrauen schenke. Ich bevorzuge besseres Sehen anstelle von schnellerem oder billigerem. Vor allem heutzutage, da wir alle rund um die Uhr und von allen Seiten mit Bildern überschwemmt werden, ziehe ich es vor, weniger und dafür richtiger zu sehen. In meinen Augen zählen einige klare und präzise, vielleicht sogar wahrhaftige Bilder mehr als unzählige mittelmäßige.“37 Wenders sagte außerdem: „Beim Sehen ist für mich toll, daß es anders als das Denken nicht eine Meinung von den Dingen beinhalten muß. Im Denken ist eigentlich in jedem Gedanken auch gleich die Meinung zu einem Ding, einem Menschen, einer Stadt, einer Landschaft immer mit enthalten. Das Sehen ist meinungsfrei, im Sehen kann man eine Einstellung finden zu einer anderen Person, zu einem Gegenstand, zur Welt, die meinungsfrei ist, wo man einer Sache oder einer Person gegenübersteht, ein Verhältnis dazu hat, wahrnimmt. Das ist ein schönes Wort für Sehen; das schönere Wort für Sehen ist Wahrnehmen, weil da das Wort wahr drin ist. Das heißt, im Sehen ist für mich Wahrheit latent möglich. Viel mehr als im Denken, wo man sich viel mehr verirren kann, wo man sich entfernen kann von der Welt. Für mich ist das Sehen ein Indie-Welt-Eintauchen und das Denken immer ein Abstand-Nehmen.“38

37 Wim Wenders (1991b), „High Definition“, in: Wenders 1991, S. 94–99, hier S. 94/95. 38 Wenders, Wim (1991a): „Die Wahrheit der Bilder. Zwei Gespräche mit Peter W. Jansen“, in: Wenders 1991, S. 57–87 hier S. 59/60. 195

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Jenseits der Genrekonventionen Die Geschichte von Bis ans Ende der Welt von Wim Wenders folgt zunächst einem komplexen Plot, der jede Genregrenze zu sprengen scheint. Wenders selbst fasst die Story in Act of Seeing als Liebesgeschichte zusammen: „Eine junge Frau folgt dem Mann, den sie liebt, aber der vor ihr, aus guten Gründen, wie er meint, davonläuft, rund um die Welt. Sie ihrerseits wird verfolgt von einem anderen, der SIE liebt, den sie aber nicht mehr liebt. Alle drei werden verfolgt von 2 Ganoven, die ihr Geld wiederwollen. (Sie haben es von einer Bank geklaut, und die junge Frau, um ihrem Geliebten folgen zu können, hat es von ihnen geklaut.) Und dann gibt es noch einen Detektiv, der erst von der Frau, dann nacheinander von allen anderen handelnden Personen angestellt wird, um den oder die jeweils anderen verfolgen zu können, oder auch um sie abzuschütteln. Es ist also alles doch nicht so einfach, zumal sich dies alles auf einer recht atemberaubenden Reise abspielen wird. Am Schluß wird jedenfalls unser Detektiv von niemandem mehr angestellt sein und auf eigene Faust in dieser Geschichte weiterbohren, wohl hauptsächlich, weil er sich inzwischen auch unsterblich in die Frau verliebt hat. Und ganz am Schluß wird sich herausstellen, dass es unter all diesem Hin- und Her-Geliebe doch nur eine einzige wirkliche Liebe gegeben hat.“39 Was Wenders hier als Liebesgeschichte erzählt, ist jedoch nur ein Erzählstrang. Zugleich ist der Film auch Road-Movie: „DAS REISEN fängt in Venedig an, führt über Südfrankreich nach Paris, von da nach Frankfurt und Berlin, von dort über Lissabon und London abrupt aus Europa hinaus, und zwar nach Tokyo. Von Tokyo geht es über eine Insel in der Südsee nach San Francisco, von dort über Kuba nach Rio de Janeiro und von dort nach Dakar. Dann geht es durch die Sahara nach Casablanca und schließlich mit dem Schiff dorthin zurück, wo dieses ganze verrückte Reisen angefangen hat, nach Venedig.“40 So Wenders Plan für den Film, der dann einige überraschende Wendungen erfährt. Doch auch wenn die von Wenders geschilderte Liebesgeschichte, die Gaunerkomödie und das weltumspannende Road-Movie durch eine futurische Welt vor allem den ersten Teil des Films dominieren, liegt diesem Plot von Anfang an noch eine vierte Geschichte zugrunde, die dann den zweiten Teil des Films beherrscht: Es ist die Geschichte von dem Forscher, der eine Technologie entwickelt, mit der es Blinden möglich wird zu sehen.

39 Wenders 1991, S. 13. 40 Ebd., S. 14. 196

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Auf die Reise schickt Wenders Claire Tourner, eine junge Frau auf der Suche nach sich selbst. Ausgangspunkt ist eine Party in Venedig, auf der Claire erwacht, ohne recht zu wissen, was sie dort zu suchen hat. Sie fährt mit dem Wagen nach Südfrankreich, stößt unterwegs auf ein Gaunerduo, das gerade eine Bank überfallen hat, transportiert für sie die Beute, bedient sich selbst auch ein wenig, trifft zufällig in Paris auf den Mann ihres Lebens, wie sie glaubt, und beschließt ihm überall hin zu folgen bis ans Ende der Welt, wenn es sein muss. Doch der Geliebte, Trevor, der eigentlich Sam heißt, ist ein Getriebener, der anderes als nur die Liebe im Sinn hat. Auch er liebt sie, aber noch mehr muss er sich und sich seinem Vater beweisen. Von Geheimdiensten und gierigen Gaunern gehetzt, versucht er, in einer Tour de Force um die Welt zu reisen, um mit einer neuartigen Spezialkamera Bilder von seiner weit verstreut lebenden Familie einzufangen. Verfolgt werden Claire und Trevor bzw. Sam dabei von einem Detektiv, der anfangs von Claire engagiert wird, den Auftraggeber wechselt und schließlich auf eigene Faust nach den beiden sucht – vielleicht selbst in Liebe Claire verfallen. Das sich selbst und andere hetzende Personal der Geschichte macht nur selten länger Station: Paris, Berlin, Lissabon, Moskau, Tokio. Von dort folgt ein kleiner Abstecher ins japanische Hinterland. Sams Augen sind von den Aufnahmen mit der neuen Kamera geschädigt. Heilung findet er erst in einer Herberge bei Herrn Mori – „einem Mann, der in der ganzen Gegend für sein Wissen um die Kraft der Heilkräuter bekannt war“, hört man aus dem OFF. Doch kaum genesen werden – diesmal mit Claires Hilfe – die letzten Aufnahmen von Sams Schwester bei San Francisco aufgezeichnet, bevor es nach Australien geht, zurück zu Sams Eltern. Über alldem schwebt ein außer Kontrolle geratener Satellit. Schließlich heißt es aus dem OFF: „Eine nukleare Explosion. Wenn die Amerikaner also tatsächlich den indischen Satelliten abgeschossen hatten, und wenn dies wirklich zur Folge gehabt hatte, dass damit die Zündmechanismen anderer atomarer Satelliten ausgelöst worden waren, dann hieße das, dass die Erde höchsten Strahlendosen ausgesetzt war in diesen Dezembertagen des Jahres 1999. [...] Das Einzige, das noch funktionierte, waren alte Dieselmaschinen, die noch von Hand angekurbelt werden konnten.“ Die Explosion ereilt die Figuren auf dem Weg zu Dr. Henry Farber, Sams Vater, mitten in der australischen Wüste. Und so wie die Maschinen ausgebremst werden, ändert sich jetzt auch der Rhythmus der Geschichte. Nach und nach treffen sie alle bei Dr. Farber zusammen, der vorläufigen Endstation ihrer Reise. In einer großen Höhle hat dort der Wissenschaftler ein Labor eingerichtet. Er hat ein Verfahren entwickelt, mit dem man Blinden Bilder zeigen kann. Seine Testperson: seine Frau, Sams Mutter. Sam reiste um die Welt, um mit der Spezialkamera die ent-

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sprechenden Bilder aufzuzeichnen. Doch es genügt nicht, sie einfach nur abzuspielen. Auch die Erinnerungen des Aufzeichnenden müssen mitübertragen werden, damit die Bildaufzeichnung von der Blinden interpretiert werden kann. Dr. Farber erklärt: „Mein System übernimmt nun die Informationen, die Sam in Berlin aufgezeichnet hat. Dann muss sich Sam alles noch einmal ansehen. Und der Computer vergleicht dabei die Gehirnströme mit denen bei der ersten Wahrnehmung. Dabei filtert er alles heraus, was für die Abbildung relevant ist und gibt es dann, wie ich hoffe, an das empfangsbereite Gehirn weiter.“ Und die OFF-Stimme kommentiert: „Es war nicht damit getan, Sams Aufzeichnungen einzulegen und einfach abzuspielen wie ein Videoband. Wer immer die Bilder aufgenommen hatte, musste sie nun ein zweites Mal anschauen. Das erste Mal hatte der Computer den Akt des Sehens aufgezeichnet. Jetzt entschlüsselte er den Akt der Erinnerung. Diese beiden Datenraster gemeinsam mit dem eigentlichen Videobild der Aufzeichnung ermöglichten es nun dem Rechner, die Bilder wieder in Gehirnströme zurück zu verwandeln und sie in die Sehrinde des blinden Menschen zu senden.“ Kurz nachdem das Experiment gelingt, stirbt Sams Mutter von langer Krankheit gezeichnet. Die neue Technologie birgt jedoch noch eine andere Möglichkeit: Man kann mit ihr auch Träume aufzeichnen. Henry, Sam und Claire zeichnen also ihre Träume auf und betrachten sie sich am nächsten Tag. Sie werden süchtig nach ihren eigenen Traumbildern und vergessen die Welt um sich herum. Henry wird an die CIA verraten, Sam wird von den Aborigines geheilt und Claire bleibt in ihren Träumen verloren, bis Eugene ihr seinen Roman zu lesen gibt. Eugene, der Erzähler, der mit seinen OFF-Kommentaren die Handlung des Films zusammenhält, der Ex-Freund von Claire, liebt sie noch immer und folgte ihr ebenso wie Winter, der Detektiv. Eugene ist Schriftsteller und um sie zu retten, schreibt er ihre Geschichte auf. Erst als Claire sie liest, ist sie geheilt, und es kann weitergehen mit ihrem Leben, wie man aus dem OFF erfährt: „Das nächste Mal, das ich von Claire hörte, war ein ganzes Jahr später. Sie arbeitete jetzt für ‚Greenspace‘. Bei ihrer Bewerbung hatte sie den höchsten Testquotienten erhalten, der je vergeben wurde. Claire hatte wirklich eine außerordentliche visuelle Begabung. Und so kreisten sie für ein halbes Jahr mit den anderen freiwilligen Mitarbeitern der Beobachtungsstation über der Erde. [...]“ Die Zuschauer und die Kritik reagierten sehr unterschiedlich auf diese „Geschichte“. Man war von Wenders bis dahin vor allem bildmächtige Filme gewohnt. Hier aber erzählte Wenders nicht nur eine, sondern gleich vier atemlose Geschichten, die weniger auf die Kraft des kinematographischen Bildes vertrauten als vielmehr auf eine Ausein-

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andersetzung mit „schlechten Bildern“, die den Alltag überfluten. Entsprechend reagierte die Presse sehr zwiespältig. Volker Baier vom Tagesspiegel bemängelt etwa den sprunghaften Rhythmus der Inszenierung und beklagt sich über den „Irrgarten der Intentionen“, „[...] man kann sich auch den phantastischen Vorstellungen ausliefern – bildersüchtig wie die Hauptgestalten wird man wohl kaum in diesem Wechselbad der Bilder und Gedanken, der Mutmaßungen und Möglichkeiten.“41 Und Thierry Chervel beklagt sich in der taz unter der Überschrift „Augenweh“ gleichfalls über die Konstruktion des „Plots“: „Nun: Es ist nicht einfach einen Film nachzuerzählen, der sich beim Erzählen selber schon zu verhaspeln droht.“42 Peter Buchka dagegen lobt den Film in der Süddeutschen Zeitung. Er stellt dabei besonders heraus, dass es Wenders gelungen sei, den Gegensatz zwischen omnipräsenten Bildern und der Blindheit der Menschen, die sie nutzen, herauszuarbeiten: „Obwohl es soviel zu sehen gibt wie nie zuvor, weil überall Bildtelephone, Videowände, Computerschirme und elektronische Verkehrsleitsysteme herumstehen, sind die Menschen, die all das so selbstverständlich benutzen, eigentlich längst blind. Das Wesentliche ist ihnen abhanden gekommen. Sie hetzen, strampeln, fahren, fliegen hinter Äußerlichkeiten her und sind unempfindlich geworden für ihre Gefühle und Sehnsüchte. Doch je deutlicher den Menschen die Wahrnehmung schwindet, desto mehr Bilder müssen sie sich machen. Im Kuddelmuddel der Bilder und Zeichen, in dem einem jedes Hören und Sehen vergeht, schrumpft die Erde zur Größe eines Abenteuerspielplatzes. [...] dieser Film setzt die für ihn selber ungewöhnlich riskante Bereitschaft voraus, ihm nicht zu trauen, zumindest skeptisch zu bleiben gegenüber den vielen Geschichten, die er erzählt, und den vielen Bildern, die er grandios und keineswegs gleichmütig ausbreitet. Wenders misstraut der bloßen Aufnahme von Bildern, Erinnerungen und Träumen, und er geht dabei so weit, dasselbe vom Zuschauer zu fordern. Insofern breitet er ein riesiges Paradoxon aus, das seine Kraft erst dann entfaltet, wenn man es als solchen akzeptiert.“43 Buchka spricht damit eines der zentralen Themen des Filmes an, das im mediologischen Spannungsfeld der Kollision verschiedener vorgeführter Medien resultiert: Alle Medien scheinen daraufhin angelegt, Distanzen zu überbrücken und die Menschen einander und sich selbst näher zu bringen. Während es im ersten Teil des Films vor allem um 41 Baier, Volker: „Eine lange Reise durch den Irrgarten der Bilder“, in: Tagesspiegel, 10.09.1991. 42 Chervel, Thierry: „Augenweh“, in: die tageszeitung, 12.09.1991. 43 Buchka, Peter: „Die Augen sehen anders als das Herz“, in: Süddeutsche Zeitung, 12.09.1991. 199

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Kommunikationsmedien geht, die die räumlichen Entfernungen verkürzen sollen, geht es im zweiten, in Australien spielenden Teil des Films stärker um die Suche der Protagonisten nach sich selbst. Das neue Medium, mit dem Träume aufgezeichnet werden, verschiebt dabei die Grenze des Intimbereichs so weit, dass zwischen dem eigenen Erleben, Fühlen und Denken, kurz dem Bereich persönlichster Intimität, und der Aufzeichnung dieses Erlebens letzthin nur noch eine technische Apparatur steht.

Die Protagonisten und ihre Suche nach sich selbst Die Dramaturgie der Bilder wird in den Protagonisten gespiegelt. Sie verkörpern gleichsam die verschiedenen Sichtweisen der Welt und drohen, sich darüber zu verlieren. Die Grenzerfahrungen der Protagonisten, gehetzt von der Polizei, den Geheimdiensten, dem Privatdetektiv, sind immer gekoppelt mit medialen Grenzüberschreitungen. Die Bilderflut der Welt wird mit der Spezialkamera vergrößert. Sie schwillt an zu einem Strom der schlechten Bilder, die zu schmerzhaftem, schlechtem Sehen führt. Erst fangen die Augen an zu schmerzen, schließlich droht Sam zu erblinden und braucht die Hilfe eines japanischen Meisters der Heilkunst. Wenders steht vor dem Paradoxon, dass er die schlechten Bilder zeigen muss, von denen er sich abzugrenzen bemüht. Es gelingt ihm nicht, wie ihm auch die Kritik vorwarf, Bilder einer beeindruckenden Stille vorzuführen, sondern er hat sich entschieden für eine Auseinandersetzung mit den schlechten Bildern der „redenden Köpfe“. So bemängelt etwa Thierry Chervel in der taz: „Die Ausgangssituationen und Plots seiner Filme waren manchmal ein bisschen konstruiert, dafür aber waren die Bilder gesehen – gefunden, nicht gesucht. Es fiel ihm schwer, etwas geschehen zu lassen in seinen Filmen, und so filmte er, wie etwas nicht geschah.“44 Und er fährt fort: „Sein Gestus war ein rettender. Er wählte kurze Brennweiten, lange Einstellungen und Fahrten, um möglichst viel von diesen Landschaften und Schauplätzen ins Bild zu lassen, und offene Schlüsse. Nun also gleich bis ans Ende der Welt. Aber Wenders’ Gestus, der einmal zärtlich war, ist summarisch geworden. Die Welt schnurrt ihm darunter zusammen.“45 Selbst dort noch, wo es Wenders um die Darstellung von Träumen geht, zeigt er „schlechte“, d. h. in diesem Falle allerdings gezielt „defekt“ konstruierte Bilder.

44 Chervel, Thierry: „Augenweh“, in: die tageszeitung, 12.09.1991. 45 Ebd. 200

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Die Erlebniswelt der Protagonisten wird von den Medien bestimmt, genauer von den von ihnen generierten Bildern. Beginnt man bei den Nebenfiguren, dann fallen vor allem die Detektive als komische Figuren auf, deren Leben und deren konkrete Reiseziele von den Benutzeroberflächen ihrer Computersuchprogramme bestimmt wird, mit denen sie nach den gesuchten Personen fahnden. Sie können sich nicht wirklich von diesen Bildern distanzieren und reagieren hilflos, so wie Winter in Moskau, als die technischen Gadgets ihren Dienst versagen. Auch das Leben von Dr. Henry Farber und seiner Frau Edith wird von der Jagd nach Bildern bestimmt: Henry wird von der Sucht nach Ruhm angetrieben. Edith, die Blinde, die seit ihrer Kindheit bilderlos lebt, kann die für sie generierten Bilder letzthin nicht ertragen und stirbt. Die Berührung mit dem neuen Medium endet für sie tödlich. Konzentriert man sich auf die drei Protagonisten des Films, Claire, Sam und Eugene, dann begegnet man in ihnen den zentralen Problemen: Die Protagonisten sind in Bis ans der Ende Welt unablässig auf der Suche nach sich selbst. Die Protagonisten, die sich in der neuen schönen Bilderwelt zu verlieren drohen, suchen nach immer größerer Nähe und Intimität. Je mehr die Entfernungen durch die modernen Transportmittel auf unbedeutende Differenzen zusammenschnurren, die austauschbare Stadtlandschaften eher verbinden als trennen, desto größer wird die Bedeutung von Medientechnologien, die den Menschen ein Gefühl von Nähe vermitteln, so groß die reale Entfernung zwischen ihnen auch sein mag. In jedem sprechenden Kopf steckt noch der Versuch einer Vermittlung von Nähe und Intimität, die eine persönliche Distanz jedoch letzthin nicht zu überbrücken versteht. „Die wahre Distanz zwischen Orten mißt sich nicht mehr nach Kilometern, sondern nach dem Grad der Gefühle, die zwischen den jeweiligen Personen bestehen. Das ist die Ebene, auf der die wirkliche Wahrnehmung stattfindet; das, was Wim Wenders den ‚Akt des Sehens‘ nennt.“46 Die Ort- und Rastlosigkeit der Protagonisten wird von einem Medienalltag eingerahmt, der sie als atomisierte Individuen hinterlässt, die zu einer persönlichen Beziehung kaum mehr in der Lage sind. Claire fährt ziellos durch Europa, wacht schließlich auf einer Party in Venedig auf, die trotz persönlicher Einladung wirkt, wie jene Hotelhalle, die Siegfried Kracauer einst beschrieb.47

46 Buchka, Peter: „Die Augen sehen anders als das Herz“, in: Süddeutsche Zeitung, 12.09.1991. 47 Kracauer, Siegfried (1986b): „Die Hotelhalle“, in: Kracauer, Siegfried: Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt am Main 1986, S. 157–172 (3. Aufl., Erstausgabe 1929). 201

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Sam ist der besessene Medienarbeiter, immer auf der Suche nach dem ultimativen „Shot“. Er setzt Medien sehr bewusst ein. Das beginnt mit der Musik-CD, die er im Auto einlegt, bis hin zur Verwendung der Spezialkamera, die er auch dann noch einsetzt, als ihm längst klar ist, dass sie seine Augen zu zerstören droht. Zugleich ist Sam trotz seiner Medienbegeisterung auch ein Opfer: Als Winter ihm in Lissabon eröffnet, dass seine Datenspur leicht zu verfolgen sei, ist er zunächst verblüfft. Auch später im Labor des Vaters zeigt er sich unfähig, seine Emotionen zu kontrollieren. Sams Medienbegeisterung ist zugleich der Versuch, sich gegenüber seinem Vater zu beweisen. Seine Arbeit mit Medien wird motiviert durch den Kampf um die Liebe des Vaters, der sich nur für seine Arbeit zu interessieren scheint und seine Familie nur benutzt, um sie für seine Arbeit einzuspannen – was etwa deutlich wird im Labor (1.52 ff.) als Sam Henry dies explizit vorwirft. Entsprechend gelingt es Sam nicht, sich während des „Akts der Erinnerung“ auf die Aufzeichnung zu konzentrieren. Doch als sein Vater eine weitere Testperson benötigt, um bei den Traumaufzeichnungen weiterzukommen, ist er der erste, der sich freiwillig meldet. Wie sein Vater und später auch Claire kann sich Sam nicht der Suggestivkraft der Traumaufzeichnungen entziehen und wird süchtig nach ihnen. Erst als er eine Nacht schlafend zwischen zwei Aborigines verbringt, ist er von seiner Sucht befreit. Wenders merkte in einem Gespräch mit Hanns Zischler zu den Protagonisten an: „[...] sie werden zu Narzissten, und genau das sind ja die Aborigines nicht. Die beiden Liebenden sind im Akt der simulierten Selbstwahrnehmung autistisch gefangen – und der Film macht dies alles mit, insofern er ‚von etwas erzählt‘ – wie auch jeder Kriegsfilm in dem Dilemma ist ‚den Krieg‘ erzählen zu wollen. Den Narzissmus zu erzählen geht eigentlich nicht, außer wenn der Film sich selbst in einen Akt von Narzissmus stürzt. Und in der Art, wie der Film am Schluß von den Bildern als einer Krankheit handelt, wird er selbst auf eine gewisse Art krank. [...] In letzter Sekunde habe ich den Erzählstrang mit reingenommen, in dem von der Krankheit der Bilder berichtet wird und daß der Erzähler kein anderes Heilmittel weiß als sein Handwerk, nämlich zu schreiben und zu beschreiben.“48 Sobald Claire auf der Party in Venedig erwacht, findet sie sich selbstverloren in einer beziehungslosen Gesellschaft wieder, in der sie niemanden zu kennen scheint. Die Videowand spiegelt nur das interesselose Sein der anderen Anwesenden. Sie kann sich auf die Bilder nicht 48 Zischler, Hans: „Kino als Blindenschule. Ein Gespräch mit Wim Wenders über seinen neuen Film ,Bis ans Ende der Welt’“, in: die tageszeitung, 12.09.1991. 202

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einlassen, die auf sie einströmen, zuerst auf der Party in Venedig, bei der sie als Schattenwurf in ein Video der Talking Heads hineinstolpert, aber auch später immer wieder. Ihre Fahrt nach Südfrankreich ist zugleich eine Flucht vor ihrem bisherigen Leben. Auch das Autonavigationssystem hilft ihr wenig, da sie sich nicht auf den Stau einlassen will und lieber einen ungewöhnlichen Weg wählt. Sie interessiert sich nicht für die Apparate und lässt auch ihre Handlungen davon nicht oder nur wenig beeinflussen. Sie sind Teil ihrer Alltagswelt, unhinterfragt, als redende Köpfe. Claire hat keine emotionale Bindung zu den Medien, die sie benutzt. Sie interessiert sich nicht für deren Darstellung; die „schlechten“ Bilder der elektronischen Apparaturen werden somit zum Abbild einer inneren Zerrissenheit, einer Orientierungslosigkeit, die kein wirkliches Interesse kennt. Auch die Aufnahmen, die sie selbst immer wieder (z. B. 0.27 oder 0.51) mit der Handycam macht, sind wahllos. Weder dem dilettantisch gewählten Bildausschnitt noch dem Farbabgleich scheint sie besondere Aufmerksamkeit zu schenken; selbst das aufgenommene Motiv scheint sie nicht sonderlich zu interessieren. Erst nachdem sie Sam kennen gelernt hat, merkt Claire, dass sie etwas sucht, was sie in ihrer Alltagswelt nicht finden kann. Sie ist auf der Suche nach etwas, das die Oberfläche der Bildwelt transzendiert. Sie findet schließlich unerwartet in der Musik einen Anstoß, die Sam bei der Autofahrt nach Paris abspielt: Der Gesang der Pygmäen-Kinder scheint eine Ahnung von etwas anderem zu wecken; Claire lauscht immer wieder diesem Gesang in sich hinein (0.27), der sie wie ein Leitmotiv zu Sam führt. Für Claire ist es kein Problem, von Sam die Kamera zu übernehmen, da sie emotional nicht an Medien gebunden ist. Sie ist auch – anders als Sam – besser geeignet, um beim „Akt der Erinnerung“ die aufgenommenen Bilder an Edith zu übermitteln (1.56). Doch allmählich findet sie Gefallen an den Bildern. Als sie sich selbst als kleines Mädchen sieht (2.29), beginnt sie ihren eigenen Träumen zu verfallen. Wie Sam und Henry kann sie sich nicht mehr von ihren Traumaufzeichnungen losreißen. Als die Batterien für ihr Abspielgerät zur Neige gehen, reagiert sie hysterisch, findet sich in der Welt nicht mehr zurecht. Eugene sperrt sie in ein Gehege ein und gibt ihr seinen Roman zu lesen, durch den sie wieder in die Realität zurückfindet. Claire gewinnt schließlich Abstand zur Welt. Auf der internationalen Raumstation von „Greenspace“ findet sie zu einem distanzierten Blick, bei dem die ganze Welt zur Kugel schrumpft. Eugène ist Schriftsteller, der zunächst mit einem avancierten Laptop versucht, einen Roman zu schreiben; doch erst in der australischen Wüste

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gelingt ihm das Werk „Ein Tanz um die Welt“ an einer altmodischen Schreibmaschine. Eugène ist als Nebenfigur immer wieder präsent, treibt die Handlung aber nicht wirklich voran. Er ist ein Beobachter, der sich im Hintergrund hält. Zugleich scheint er der Einzige zu sein, der die zentralen Fäden der Erzählung in den Händen hält. Er ist von der ersten Szene an als OFFStimme präsent. Er ist es, der die verschiedenen Erzähltstränge zusammenführt und vermittelt. Er ist es auch, der wohl die größte Distanz zu den „schlechten“ Bildern hat. In Australien konzentriert er sich auf die Arbeit mit einer alten mechanischen Schreibmaschine und hält sich von dem Labor weitgehend fern. Während er Claire im Gehege eingesperrt hat, sagt seine Stimme aus dem OFF: „Gegen die Krankheit der Bilder wusste ich kein Heilmittel. So tat ich das Einzige, was ich konnte. Ich schrieb. Ich schrieb, weil ich an die Wahrheit glaubte. Und an die heilende Kraft von Worten und Geschichten.“ Doch statt in der OFF-Erzählung eine geniale Konstruktion der Geschichte zu sehen, kritisiert die Presse wie etwa Thierry Chervel: „Der Film kommt [...] nicht ohne Erzähler aus. Schon am Anfang hatte sich eine Stimme aus dem Off gemeldet, um die nötigen Vorab-Informationen zu geben.“49 Es scheint, als gelänge es dem Film nicht sich durch seine Bilder allein mitzuteilen und eines Erzählers zu bedürfen, um die Schwächen der Bilddramaturgie auszugleichen: „Eugene baut dem irritierten Zuschauer aus dem Off Verständnisbrücken.“50 Entsprechend urteilt Chervel: „So stolpert der Film dahin, von private joke zu private joke, von product placement zu product placement, von Venedig über Paris, Berlin, Lissabon, Moskau, China, Tokyo, San Francisco zu den australischen Aborigines, von Off-Geraune zu Off-Geraune, von Gadget zu Gadget, kompliziert und überladen, ein Tausendfüßler auf Krücken.“51 Wenders selbst dagegen scheint es gerade um die Kollision verschiedener Medien zu gehen. Was von ihm intendiert ist, ist keine reine Kinoästhetik, sondern die Auseinandersetzung mit einer Bilderwelt, die von verschiedenen, in Konkurrenz zu einander stehenden Medien geprägt ist. „Als Filmemacher habe ich herausgefunden, dass es für mich nur eine Möglichkeit gab, zu verhindern, daß meine Bilder von der Flut all der anderen mitgerissen wurden, daß sie den Konkurrenzkampf und dem

49 Chervel, Thierry: „Augenweh“, in: die tageszeitung, 12.09.1991. 50 Ebd. 51 Ebd. 204

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übermächtigen Geist der Kommerzialisierung zum Opfer fielen: Ich mußte EINE GESCHICHTE ERZÄHLEN.“52

Die Darstellung der Medien in Bis ans Ende der Welt Betrachtet man nun die Darstellung von Medientechnik bei Wenders genauer, dann fällt zunächst das Prinzip der Bestandsaufnahme auf. Wenders geht es um ein umfassendes Porträt neuer Medientechniken, die zugleich Quelle einer neuen Bilderflut sind. Wenders hat, wie in der Presse berichtet wird, viel Zeit in die Recherche investiert, um reale Entwicklungstendenzen aus den Labors der großen Elektronikkonzerne zu dokumentieren. Dabei mischen sich bereits existierende, tatsächliche geplante und spekulativ präsentierte Medien. Schon in der ersten Sequenz auf der Party in Venedig (0.02) werden Videoclips auf Videowänden und Monitoren vorgestellt sowie Bildtelefone, die im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder auftauchen als Gegenstände des alltäglichen Lebens. Auf der Fahrt nach Frankreich führt Wenders ein neuartiges Autonavigationssystem vor (0.04), das sich dadurch auszeichnet, dass es ausfällt. Daran schließt sich eine Handycam an, mit der Claire sich selbst filmt und die zu dieser Zeit in dieser Qualität noch nicht auf dem Markt war. Es folgen eine Fülle von einzelnen technischen Apparaturen, die Martin Baier in einer Übersicht zusammengestellt hat:53 Ein elektronischer Mini-Sender, ein Demoband im Kreditkartenformat, eine elektronische Leuchttafel, eine öffentliche Bildtelefonzelle, eine elektronische Werbetafel, ein avanciertes Laptop, eine Spezialkamera, mit der Sam die Aufnahmen für seine blinde Mutter macht, ein PersonenSuch-Programm, d. h. genauer eine Benutzeroberfläche, die anzeigt, wie Personen im weltweiten Datennetz gesucht und aufgespürt werden, eine elektronische Videoabhörvorrichtung, ein Geldautomat (genauer dessen Benutzeroberfläche), ein Videofax, ein herkömmliches Fernsehgerät, das Labor von Dr. Henry Faber, in dem eine Vielzahl nicht näher erläuterter Apparate steht, ein digitales Radio, ein Kristallempfänger, der auch nach der atomaren Explosion noch funktioniert, ein „nicht näher identifizierbarer Computer“, an dem Henry Farber von der Bettkante aus an seinem Projekt arbeitet, eine Polaroidkamera, ein hochtechnisiertes Raumschiff mit vielen Monitoren sowie zahlreiche von Baier nicht

52 Wenders, Wim (1991d): „The Urban Landscape“, in: Wenders 1991, S. 116–128, hier S. 121. 53 Die Aufzählung folgt Baier, Martin: Film, Video und HDTV. Die Audiovisionen des Wim Wenders. Berlin 1996, 92–94. 205

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weiter erwähnte technische Geräte, des alltäglichen Lebens, die im Film zwar präsent sind, aber keine besondere Rolle spielen. Dieses Universum der technischen Apparaturen ist zunächst nur ein Signal für eine futurische Welt, die in besonderem Maße von Medientechnologien geprägt zu sein scheint. Die Apparate bestimmen den Alltag und damit den Handlungsraum der Protagonisten, bleiben ihnen jedoch seltsam fremd. Bei aller Alltäglichkeit der neuen Kommunikationsmittel scheinen sie außer Stande, die menschliche Distanz zwischen den Figuren zu überbrücken, auch wenn sie die räumlichen Entfernungen aufzuheben vermögen. Sie sind Teil eines SF-Ambientes, das über die Möglichkeiten des Designs hinaus auch jene der technischen Realisierbarkeit und alltagspraktischen Umsetzung auslotet. Dabei interessiert sich Wenders vor allem für die von ihnen generierten neuen Bilder und die damit verbundene Bilderflut. Auf Videowänden und LCD-Bildschirmen tauchen Bilder auf, die für den schnellen Gebrauch bestimmt sind: Musikvideos, als belanglose Illustrationen der Musik, Bildzugaben für die Bildtelefone oder Benutzeroberflächen von Computerprogrammen. Die Bilder verweisen immer auf etwas anderes, stehen nicht für sich selbst, sondern sind Teil eines Funktionszusammenhangs. Sie sind nicht zur Betrachtung bestimmt, laden nicht zum Verweilen ein, sondern fordern den flüchtigen, zerstreuten oder kontrollierenden Blick; Blicke, die rasch vorübergleiten, sich amüsieren ohne sich zu konzentrieren oder nur prüfen, ob alles in Ordnung ist. Inflationäre Bilder verstellen den Blick, lenken vom wirklichen Sehen ab. Zugleich ist die Präsentation der Bilder eine Leistungsschau konkurrierender Medien, die untereinander interagieren. Sie bilden ein komplexes Mediensystem ab, das die ganze Welt und alle Bereiche des Alltags zu umspannen scheint. Wenders beobachtet: „Was sich rückblickend aber am meisten verändert hat, von den 60er über die 70er Jahre bis heute, das ist eine Einstellung zum Umgang mit Bildern. Völlig undenkbar war noch vor gar nicht einmal so langer Zeit, mit welcher Bilderfülle wir heute umgehen, undenkbar vor 20 Jahren die winzigen handlichen Videogeräte, die Handycams und Watchmans und wie sie alle heißen, mit denen heute jedes Kind umgehen kann, völlig undenkbar noch diese freie Verfügbarkeit jeglicher Bilder. Dazu kommt ein immer vertrauterer Umgang mit Computern und der damit verbundenen Bilderwelt, mit Videospielen etc. Die nächste Phase ‚virtual reality‘ ist schon ganz nah, und auch der Schritt zur digitalen Bildspeicherung steht unmittelbar bevor. Und selbst

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High Definition ist schon eine Realität, wenn auch noch nicht allgemein verfügbar.“54 Wenders setzt sich in Bis ans Ende der Welt mit HDTV auseinander, das sich als neue Technologie Ende 80er Jahre unmittelbar durchzusetzen schien und dessen technische Performanz selbst ihn beginnt zu überzeugen; er schreibt: „Die Erfahrungen dieses Jahres haben meine Einstellung Video gegenüber verändert. Ich bin nun bereit zu glauben, dass das elektronische Medium ein adäquateres Werkzeug zum Sehen und Zeigen werden kann. Das elektronische Bild ist endlich in der Lage, ein Objekt naturgetreu darzustellen, ohne immer gleich an die Grenzen einer deutlich sichtbaren Struktur von vier- oder fünfhundert Bildzeilen zu stoßen. Hier wurde eindeutig ein Quantensprung vollzogen, der, so nehme ich an, zur Ausgereiftheit von Video und Fernsehen führen wird.“55 Doch bei Wenders bleiben Zweifel, ob die technische Innovation tatsächlich auch zu einer Verbesserung der Bilder führen wird. Denn es haben sich bestimmte ästhetische Konventionen herausgebildet, die ein Beharrungsvermögen besitzen, das verhindert, dass die neuen technischen Möglichkeiten überhaupt genutzt werden. Wenders führt dazu aus: „Das elektronische Bild hat seine eigene Sprache entwickelt; eine bei weitem simplere und primitivere als die organisch gewachsene elegante Sprache des Kinos. Hauptsächlich aus Gründen der eigenen Beschränkung, zum Beispiel im Bereich der Bildschärfe und Auflösung, hat das Fernsehen z. B. der dem menschlichen Auge so entsprechenden Schönheit der Totalen den Garaus gemacht und sie stattdessen durch die Einfalt von Großaufnahmen ersetzt. Der ‚sprechende Kopf‘ (talking head) ist das elektronische Standardbild geworden. [...] Ich sage gewiß nicht als erster: das Fernsehen hat das Kino durch etwas minderwertiges ersetzt; es hat das Kino zu schnell ersetzt, zu gefräßig; und es war zu schlecht ausgerüstet, um ihm im ersten Anlauf den Platz streitig zu machen. Wenn dem so ist, ersetzt dann das neue elektronische Medium High Definition nur die alten elektronischen Bilder unter Beibehaltung derselben Sprache, oder wird ‚Elektronische Kino‘ versuchen, den Schaden und die Ungerechtigkeit zu korrigieren, die einer älteren Kultur der Bilder angetan wurde – dem Kino?“56 Wenders inszeniert diese Bilder einerseits mit großer Neugier und Lust am technischen Spiel – andererseits führt er durch ihre Omnipräsenz vor, wie sehr sie die Sichtweise der Menschen beherrschen. Obwohl die 54 Wenders, Wim (1991c): „The Act of Seeing“, in: Wenders 1991, S. 28–34, hier S. 30. 55 Wenders 1991b, S. 95. 56 Ebd., S. 96. 207

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Bilder der hochtechnischen Mediensysteme beständig auf etwas anderes verweisen, führen sie die Menschen nicht weiter; so wie Claire, die seltsam orientierungslos durch die schöne neue Medienwelt irrt. Wenders inszeniert jedoch nicht nur die apparativen Oberflächen, sondern auch die Innenansicht der Bilder. Schon in der ersten Sequenz begegnet Claire in Venedig auf einer Videoleinwand den omnipräsenten technischen Bildern: Sie selbst fällt als Schatten in ein Musikvideo, das einen singenden Kopf losgelöst vom Körper in einen virtuellen Raum stellt (bezeichnenderweise stammt die Musik von der Gruppe „Talking Heads“). Gleich darauf erscheint am Bildtelefon herbeigerufen von einem der anwesenden Kinder der Kopf von Dr. Fabrini, einem Arzt, der wohl nicht das erste Mal auf derartige Parties gerufen wird. Und kaum in Paris angelangt telefoniert Claire selbst an einem öffentlichen Bildtelefon mit einer Freundin, die gleichfalls als sprechender Kopf erscheint. Die Bilder, die eigentlich nichts mehr zeigen, sondern nur noch auf etwas verweisen, multiplizieren sich im Laufe der Geschichte. Immer wieder werden Benutzeroberflächen eingeblendet von speziellen Computersuchprogrammen, Geldautomaten oder ähnlichem, die als elektronisch generierte Bilder sogar den Bezug zu etwas Realem völlig aufgeben. Wenders inszeniert auch die Innenansicht des neuen Mediums, das Blinden das Sehen ermöglichen soll, nach ersten unvollkommenen Versuchen an der blinden Mutter von Sam vor allem als Traum der Protagonisten. Dabei wird der Traum selbst bebildert. Was sonst auf der Ebene des Films durch die assoziative Montage selbst als Traumsequenz funktioniert, wird nun von Wenders auf einer anderen medialen Ebene dargestellt: Die impressionistisch wirkenden Bilder durchbrechen das narrative Kontinuum des Films nicht. Sie werden schon vorab als Traumbilder angekündigt und wirken entsprechend als Illustration der Erzählung. Diese Art der Traumdarstellung wirkt auf den Zuschauer nicht so, als könnte sie süchtig machen, da sie nicht der Logik, d. h. genauer der alogischen assoziativen Diskontinuität folgt, die den Film zum Abbild des Traums macht, da jeder gute Film – wie John Berger einmal bemerkte57 – wie ein Traum funktioniert. Sieht man sich im Traum träumen, wirkt dies ähnlich ernüchternd wie die bearbeiteten Videobilder, die Wenders als Traumdarstellung inszeniert.58 Stefan Kolditz merkt dazu an: „An den Traumbildern im letzten Drittel hat er mit dem amerikanischen Video-Designer Sean Naughton ein 57 Vgl. Baier 1996, S. 79/80. 58 Auch die Kritik hat diesen Aspekt an Wenders Filmen kritisiert. Vgl. dazu ebd., S. 79/80. 208

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Jahr lang gearbeitet, wobei sie die neuen digitalen Möglichkeiten der HDTV erstmals für den Film nutzten. Die so entstandenen Sequenzen, von denen Wenders wollte, daß sie weniger an Film als an Malerei erinnern, zeigen zwar verblüffende Effekte, wirken jedoch nicht wie Träume, sondern wie ans Licht gezerrte Geister aus einem Totenreich.“59 Zur Inszenierung der Traumaufzeichnungen setzt Wenders ganz auf die neue HDTV-Technologie. Dabei bleibt jedoch zweifelhaft, wie der Realitätsbezug des neuen Mediums einzuschätzen ist. „Dies könnte sich ein weiteres Mal als eine Frage der Moral herausstellen“, merkt Wenders an, denn wir wissen alle, „wie sehr das Zeitalter der digitalen Datenspeicherung die Begriffe von ‚Original‘ und ‚Realität‘ verändert hat. Und nachdem ich einige Zeit bei NHK an meinen ‚Traumsequenzen‘ gearbeitet habe, weiß ich, wie sehr die elektronischen Bilder, allen voran die digital gespeicherten, manipuliert werden können. Das ist keine neue Erkenntnis. Sie alle wissen das. Das elektronische Bild, und speziell das High Definition Bild, ist von Haus aus bereits eine Abstraktion der Realität. Das einzelne Bild existiert von vorneherein nicht, und es bedarf eines enormen Aufwands an Technik zwischen dem Auge, das durch die Kamera schaut, und der Welt vor der Kamera. Es gibt kein dauerhaftes, anfaßbares Bild mehr.“60 Wenders nutzt dennoch HDTV, weil, wie er sagt, „mein neuer Film mit Träumen zu tun hat. Ich habe mir im Vorfeld meiner Arbeit sämtliche Traumsequenzen der Filmgeschichte angeschaut und fand, daß keine von ihnen Träumen ähnelten; sie sahen allesamt aus wie Filme. Und während ich über das Aussehen von Träumen nachdachte, stolperte ich über die Idee, High Vision Technologie zu verwenden. Ich war verblüfft über die große Bandbreite kreativer Möglichkeiten. Ich war dadurch in der Lage, eine Bildsprache zu entwerfen (und wir haben die Arbeit daran noch nicht beendet), die ich mit filmischen Mitteln niemals hätte herstellen können.“61 Die neue Technik eröffnet Wenders zunächst die Möglichkeit, Bilder übereinander zu kopieren und damit bei jedem Schritt Veränderungen einzufügen. Er schreibt: „Einige unserer High Vision Traumbilder bestehen aus fast 100 übereinandergelagerten Schichten, ein Bild über dem anderen, was, wie Sie wahrscheinlich wissen, mit Filmmaterial un-

59 Kolditz, Stefan: „Bis ans Ende der Welt. 1990/1991“, in: Jansen, Peter W./Schütte, Wolfram (Hrsg.): Wim Wenders. München/Wien 1992, S. 291–304, hier S. 300. 60 Wenders 1991b, S. 97/98. 61 Ebd., S. 99. 209

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denkbar wäre. Wenn man sich nur durch 10 Dupnegative hintereinander arbeiten würde, gäbe es schon kein akzeptables Bild mehr.“62 Die von Wenders konstruierten Traumbilder weisen eine eigenwillige Ästhetik auf, die auf der Ebene der behaupteten Handlung eine Innenansicht des neuen Mediums vorstellt. Die Ebene der behaupteten Handlung und der tatsächlichen Darstellung scheinen dabei durch den beschriebenen Einsatz der HDTV-Technologie zusammenzufallen, da zur Beschreibung eines neuen Mediums tatsächlich ein neues Medium eingesetzt wurde. Die Ästhetik der neuen Bilder spricht jedoch eine andere Sprache. So sehr Wenders darum bemüht ist, eine andere Bildsprache zu entwerfen, die jener der sprechenden Köpfe enträt, so sehr verweisen die tatsächlichen Bilder auf andere, ältere Medien. Das zeigt sich schon in der ersten Szene, in der dem Zuschauer ein Blick durch die Spezialkamera dargestellt wird. Da Sams Augen schmerzen, hat sich Claire bereiterklärt, die Kamera aufzusetzen, um Sams Schwester in deren Haus bei San Francisco aufzuzeichnen (1.13). Man sieht das Bild nun mit Claires Augen: Sams Schwester sitzt in auf einem Stuhl in der Nähe des Fensters. Sie trägt ein gelbes Kleid und ein blaues Haarband. Aber das Bild ist stark verzerrt: Die einzelnen Bildpunkte sind stark vergrößert und an einem quadratisches Raster ausgerichtet; das Ensemble der Bildpunkte ergibt kein scharfes Bild. Die gleiche Szene zeigt sich wieder, als sie Edith die Aufnahme abspielen (2.00 ff.). Das Bild wirkt jetzt noch stärker verzerrt. Edith kommentiert: „Farben. Blau. Gelb. Rot. Eine Frau sitzt an einem Fenster. Blaues Haarband. Gelbes Kleid. Sie hat die Hände gefaltet. Ist das vielleicht unsere Tochter, Henry? Sind das Schatten an der Wand?“ Genauer ist das Bild nicht zu erkennen. Es löst sich beinahe pointillistisch in einzelne, diesmal deutlich kleinere Bildpunkte auf, die einander dynamisch überlagern, so dass der Eindruck eines Bild-Flackerns entsteht. Die Bewegungen der aufgenommenen Personen wirken abgehackt. Die Gesichter sind nur schemenhaft zu sehen. Auch die später aufgenommenen Traumsequenzen zeigen eine ähnlich schlechte Bildqualität. Der OFF-Erzähler kommentiert (2.24 ff.): „Obwohl er mit Karl Tag und Nacht arbeitete, erschien auf den Bildschirmen nicht viel mehr als ein chaotisches digitales Spiel von Licht und Farben. [...] Aber nach wochenlangen Misserfolgen tauchten schließlich doch erkennbare Formen auf. Die ersten verschwommenen Schattenfiguren aus dem Reich der Träume.“ Es folgt ein schneller Wechsel von einzelnen Bildern, die wie Standbilder erscheinen und sich nur durch den

62 Wenders 1991b, S. 99. 210

INITIMITÄT ZWISCHEN SCHAULUST UND VERLUST

Wechsel selbst verändern. Schwarzweißes Rauschen, das in Schwarz übergeht. Streifen in Lila und Orange schieben sich vertikal durch das Schwarz. Auf schwarzer Fläche erscheinen immer mehr orangefarbene Bildpunkte, die langsam Formen erahnen lassen. Dann ein Gesicht wie aus einem Gemälde. Grüne Streifen durchziehen das Bild und Bildpunkte in Orange, die andere Bilder erahnen lassen. Schließlich wird der Bildfluss ruhiger. Es erscheint eine Art Zeichnung an einer Wand. Auch spätere Traumaufzeichnungen weisen eine nur unwesentlich verbesserte Qualität auf. Die Auflösung der Figuren wird besser (2.27) als Henry Claire die Fehlfarbenaufnahme eines schemenhaft, nur verschwommen zu erkennenden Mannes zeigt, der am Strand spazieren geht, zu dem sich eine andere schemenhafte Figur gesellt; sie laufen gemeinsam am Strand entlang. Oder später (2.29) als Claire sich selbst als kleines Mädchen in einem Traum sieht; wieder nur schemenhaft zu erkennen: ein Haus, ein kleines Mädchen davor. Wenders wollte für die Darstellung der Träume eine neue Bildsprache entwerfen. Dabei orientiert sich diese neue Ästhetik nicht an filmischen Vorbildern, sondern an der Malerei. Nicht zufällig wirken die Bilder pointillistisch oder impressionistisch, sind in Fehlfarben getaucht und lassen Personen nur schemenhaft erkennen. „Sein Vorbild für die Experimente sei der Maler Vermeer gewesen“63, stellt Baier fest und weiß über Wenders und seine Crew zu berichten: „daß sie langsam und nach vielen Frustrationen, Fehlschlägen und Enttäuschungen den inneren Mechanismus des digitalen Prozesses verstanden hätten und sich ein Erfolg eingestellt habe, der ihn an die Malerei Turners, Renoirs, Seurats, Degas’, Picassos, Kandinskys oder gar eines da Vinci erinnere [...].“64 Die von Wenders dargestellten, an der Malerei orientierten Bilder wirken jedoch weniger gestaltet als vielmehr defekt, bedient sich also insofern wieder der Dysfunktion zur Inszenierung der Innenansicht des neuen Mediums. Eine wirklich neue Bildsprache findet Wenders jedoch nicht, sondern bleibt dem Vorbild der Malerei verhaftet. Die Darstellung eines neuen Mediums greift insofern wieder auf die Ästhetik von älteren Medien zurück. Die Grenzerfahrungen der Protagonisten werden zu einer Medienerfahrung, die mehrere Medien umfasst und gegeneinander profiliert.

63 Baier 1996, S. 77. 64 Ebd., S. 78. 211

KAPITEL 5 ERINNERUNG VERSUS GEDÄCHTNIS Medien als Speicher und Gedächtnismetapher Die Debatte über Medien wird in den 90er Jahren in zunehmendem Maße vom Computer geprägt, der mit der Etablierung des Internets nunmehr auch als Kommunikationsmedium wahrgenommen wird. Mit der gesteigerten öffentlichen Wahrnehmung des Computers bei breiten Schichten der Bevölkerung gingen bestimmte Erwartungshaltungen und Ängste einher, die sich auch im Kino wiederfinden. Bis dahin wurde der Computer eher debattiert im Kontext der Visionen von künstlicher Intelligenz. Zugleich wurde der Computer bedingt mithin durch seine Abkunft von datenverarbeitenden Maschinen immer auch wahrgenommen als Technologie zur Speicherung und Verarbeitung von Daten, als Kernstück einer neuen Informationstechnologie, die ihrerseits Anlass zu Projektionen gibt: eine Informationsgesellschaft, die über ein umfassendes, jedermann, jederzeit und an jedem Ort zugängliches Wissen verfügt, über ein gigantisches, computergestütztes Archiv also, das als Docuverse1 Vision ist und Utopie zu bleiben scheint. Mithin stößt die Debatte über den Computer die Frage an, inwieweit Medien überhaupt dazu beitragen, ein kollektives Gedächtnis herauszubilden oder eine kollektive Erinnerungskultur. Dabei ist das Verhältnis von Medien zu Gedächtnis und Erinnerung immer auf einer metaphorischen Ebene diskutiert worden. Nach Aleida Assmann kann man über Erinnerung nur sprechen, wenn man sich Metaphern bedient.2 Tatsächlich haben sich im Diskurs über Gedächtnis und Erinnerung eine Reihe von solchen Metaphern etabliert, die nicht zufällig in einer Korrelation zu jeweils zeitgenössischen Medien standen. Das Gedächtnis als Bibliothek, als Buch, als Schrift, als

1 2

Vgl. dazu auch Winkler 1997. Vgl. Assmann, Aleida: „Zur Metaphorik der Erinnerung.“ In: Assmann, Aleida/Harth, Dietrich (Hrsg.): Mnemosyne. Formen und Funktionen der kulturellen Erinnerung. Frankfurt am Main 1988, S. 13–35, hier S. 13. 213

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Wachstafel, als Palimpsest, als Fotografie oder als Computer sind dabei immer wieder gebräuchliche Bilder gewesen, die einander nicht nur folgten, sondern sich bis heute z. B. überlagern und ergänzen. Einige Medienwissenschaftler, wie etwa Friedrich Kittler, gehen sogar soweit, in der Speicherung und Verarbeitung von Information das wesentliche Definitionsmerkmal von Medien überhaupt zu sehen.3

Die Ähnlichkeit von Erinnerungsarbeit und Medienfunktion Doch schon der Blick auf ein Medium wie das Kino4, das bisher kaum Eingang in die Gedächtnis- und Erinnerungsmetaphorik gefunden hat, zeigt, dass die Metaphorik vom jeweiligen Blickwinkel des Betrachters geprägt ist, dass das jeweilige Erkenntnisinteresse auch die Metaphernbildung strukturiert. Gerade der Blick auf das Kino offenbart dass unterschiedliche Medienmetaphern für Gedächtnis und Erinnerung auch auf Differenzen von Medien hinweist. Dabei stehen in den beobachteten Filmen vor allem die Medien Computer und Kino antagonistisch gegenüber. Heike Klippel hatte in ihrem Buch Gedächtnis und Kino schon darauf hingewiesen, dass sich das Kino eigenartigerweise als Gedächtnismetapher nicht etablierte, obwohl es zur Entstehungszeit des neuen Mediums eine Reihe von Theorien gegeben hat, die implizit auf die Funktionsweise des Films abhoben, wie etwa die Arbeiten von William James, Sigmund Freud oder Henri Bergson. Dabei stellt Klippel vor allem die Gemeinsamkeiten dieser psychologischen, psychoanalytischen und philosophischen Annäherungen heraus, obwohl diese jeweils ein anderes Erkenntnisinteresse verfolgen: sie sieht die Besonderheit des Kinos gerade darin, eine lebendige, assoziative Form der Erinnerung zu generieren. Es kann hier nicht darum gehen, auf die Unterschiede zwischen psychoanalytischen und philosophischen Ansätzen zur metaphorischen Beschreibung von Gedächtnis und Erinnerung im Einzelnen einzugehen.5 Festzuhalten bleibt, dass es sich letzthin um modellhafte Vorstellungen 3

4 5

Vgl. Kittler, Friedrich: Aufschreibesysteme. 1800–1900. München 1987 (2. Aufl.), S. 429. Vgl. auch Klippel 1997, S. 8. Vgl. auch Kloock, Daniela/Spahr, Angela: Medientheorien. Eine Einführung. München 2000 (2. korrigierte und erweiterte Aufl.). Von anderen Medien wie dem Fernsehen, dem Telefon usw. ganz zu schweigen. Vgl. dazu auch Schmidt, Stefanie: Film und Erinnerung. Berlin 2005. 214

ERINNERUNG VERSUS GEDÄCHTNIS

handelt, die Erklärungsmächtigkeit nur in jenen Bereichen entwickeln, für die sie auch konzipiert und entworfen wurden. Die Unterschiede zwischen psychoanalytischen, philosophischen oder anderen Ansätzen zur metaphorischen Beschreibung von Gedächtnis und Erinnerung sollen hier im Einzelnen nicht weiter erläutert werden; ihre Modellhaftigkeit muss jedoch hervorgehoben werden. Bis heute ist nicht exakt bekannt, wie sich die Vorgänge Gedächtnis und Erinnerung physiologisch oder neurologisch im Einzelnen abspielen. Entsprechend ist davon auszugehen, das ein Neurochirurg etwas anderes unter Gedächtnis oder Erinnerung versteht als ein Philosoph, ein Psychoanalytiker, ein Historiker oder ein Filmtheoretiker. Die Debatte um Gedächtnis und Erinnerung soll hier nicht um eine neue Variante bereichert werden.6 Vielmehr geht es darum, grundlegende, in den meisten Modellen vorzufindende Muster herauszustellen, die auch in den beobachteten Filmen eine Rolle spielen. Dabei fällt immer wieder die antagonistische Stellung von Gedächtnis und Erinnerung auf.

Der Antagonismus von Gedächtnis und Erinnerung als dramaturgisches Muster Benjamin nannte dies einmal in Anlehnung an Reik den zerstörerischen und den konstruktiven Aspekt. „‚Die Funktion des Gedächtnisses‘, heißt es bei Reik, ‚ist der Schutz der Eindrücke; die Erinnerung zielt auf ihre Zersetzung. Das Gedächtnis ist im Wesentlichen konservativ, die Erinnerung ist destruktiv.‘“7 Auch Aleida Assmann unterscheidet zwischen zwei Aspekten von Gedächtnis und Erinnerung, sie fasst sie allerdings nicht als oppositionell, sondern als komplementär auf; ihr „erscheint Gedächtnis als virtuelle Fähigkeit und organisches Substrat neben Erinnerung als aktuellem Vorgang des Einprägens und Rückrufens spezifischer Inhalte.“8

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Auch der Verfasser organisierte hierzu zusammen mit Louise Merzeau 1998 in der Maison Heine in Paris ein deutsch-französisches Kolloquium mit dem Titel Mémoire et Médias u. a. mit den Referenten Bernard Stiegler, Régis Debray, Freimut Duve, Martin Loiperdinger, Burkhardt Lindner u. v. a., von denen ein Teil in dem Band Mémoire et Médias dokumentiert wurde. Vgl. Merzeau/Weber 2001. Benjamin, Walter: „Über einige Motive bei Baudelaire“, in: Benjamin, Walter: Gesammelte Schriften. Bd. I–2. Frankfurt am Main 1980 (Erstausgabe 1939), S. 605–653, hier S. 612. Assmann 1988, S. 14. 215

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Assmann differenziert in ihrem komplementären Modell zwischen Speicher- und Funktionsgedächtnis. Während das Speichergedächtnis im Kontext von historischen Debatten eher mit der Geschichtsschreibung vergleichbar wäre, würde das Funktionsgedächtnis eher dem Moment des kulturellen Erinnerns entsprechen. Während das eine Speicherung nach objektivierbaren Kriterien darstellt, bedeutet das andere lebendiges Abrufen und Interpretation von Gedächtnisinhalten. An anderer Stelle spricht Assmann auch von unbewohntem und bewohntem Gedächtnis.9 Bei der metaphorischen Beschreibung von Erinnerungen, die sich der Medien als Vorbild bedient, weist Assmanns Differenzierung auf grundlegende Oppositionen zwischen verschiedenen Medien hin. Es geht dabei weniger darum, die Qualität von Gedächtnis und Erinnerung selbst gegeneinander zu stellen, als vielmehr unterschiedliche Qualitäten von Medien. Das Kino „argumentiert“ als Medium anders als der Computer. Während der Computer sich vor allem zur technisch präzisen Speicherung eignet, organisiert das Kino lebendige Erinnerung. Bei den beobachteten Filmen scheint es nun also, als insistiere das Medium Kino auf seiner hervorragenden Eigenschaft, den Prozess des Erinnerns selbst darzustellen, um ihn anderen Medien entgegenzuhalten. Es wird auf der Ebene der behaupteten Handlung ein Gegensatz konstruiert zwischen Gedächtnis und Erinnerung, zwischen digitaler, maschineller Speicherung und menschlichem Erinnern (so bedauert Johnny Mnemonic immer wieder, dass er seine Kindheitserinnerung gegen digitale Speicherkapazität eingetauscht hat). In den beobachteten Filmen werden Medien und insbesondere der Computer nicht als Bereicherung des menschlichen Gedächtnisses verstanden, nicht als Möglichkeit, das menschliche Gehirn von seiner Speicherfunktion zu entlasten, obwohl in der öffentlichen Diskussion von neuen Medien in den 80er und 90er Jahren dieser Aspekt eine besondere Rolle spielte. Medien stehen in den Filmen den Menschen gegenüber als Herrschaftsinstrumente, die gerade die lebendige Erinnerung des Menschen bedrohen, mithin also jene Möglichkeit des menschlichen Denkens, die dem Menschen seine Identität verleiht. Tatsächlich wird der Antagonismus von Gedächtnis und Erinnerung eingebettet in einen weiteren Konflikt, in dem dieser Antagonismus sich zwar auch wiederfindet, der aber direkter auf Machtverhältnisse verweist: Die Frage nach Erinnerung, dem Funktionsgedächtnis, das Aus-

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Vgl. Assmann, Aleida, „Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis – Zwei Modi der Erinnerung“, in: Platt, Kristin/Dabag, Mihran (Hrsg.): Generation und Gedächtnis. Erinnerung und kollektive Identitäten. Opladen 1995, S. 169–185, hier S. 181 ff. 216

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lesen der Daten ist auch eine nach der Macht. Die Kontrolle über die Interpretation der Daten wird zum zentralen Konflikt der Dramaturgie: In Total Recall geht es um das technisch perfektionierte Einschreiben von künstlich generierten Inhalten in das menschliche Gedächtnis, was aber zu gewissen Pannen führt. Die präzise Speicherung kann gerade nicht durchgeführt werden, überlagert offenbar frühere Speicherfunktionen und kollidiert mit Resten von Unbewussten, von Traumbildern, die sich vor allem beim Auslesen, bei der Interpretation von Gedächtnisinhalten störend bemerkbar machen. Die Rekall-Maschinen, mit denen sich die Menschen eine Erinnerung an eine Urlaubsreise billig implantieren lassen können, funktioniert keineswegs wie erhofft und kollidiert mit den Absichten des allmächtig scheinenden Konzernbosses, seinen ehemaligen Agenten mittels Gehirnwäsche durch eine Rekall-Maschine völlig zu kontrollieren: Ihm soll eine andere Identität mittels anderer Erinnerungen implantiert werden. Dagegen rebelliert jedoch dessen Unterbewusstsein, das offenbar Reste seiner wahren Identität zu bewahren vermochte und sei es nur als Vision, die sich aus Traumbildern speist. Auch das von den Außerirdischen angelegte planetare System von gigantischen technischen Anlagen, mit deren Hilfe sich für den Mars eine Atmosphäre erzeugen lässt, ist ein Informationsspeicher, ein Archiv, das ohne menschliche Akteure nur erstarrtes Speichergedächtnis ist. Doch die Erinnerung, diesen Mechanismus in Gang zu setzen, ist verloren gegangen. Sie hat sich nicht in ein kollektives Gedächtnis eingeschrieben und die gigantischen Maschinen bedürfen eines (menschlichen) Subjekts, um wieder in Gang gesetzt zu werden. Insofern dreht sich die Dramaturgie des Films um die Kontrolle und die Deutungshoheit über dieses Archiv. In Johnny Mnemonic begegnet man zunächst wieder dem Antagonismus von destruktivem und konstruktivem Aspekt der Erinnerung. Der Protagonist hat seine lebendigen Kindheitserinnerungen gegen ein technisches Dispositiv zur Datenspeicherung eingetauscht, das nur unpersönliche Informationen aufzunehmen vermag, zu denen Johnny keinen persönlichen Bezug hat und die er größtenteils nicht einmal selbst versteht. Dieses Speicherpotenzial geht einher mit dem Verlust seiner Kindheitserinnerungen, die durch die Implantation zerstört worden scheinen. Johnny ist über diesen Verlust tief betrübt. Er spürt, dass seine eigene Existenz, seine Identität durch den Verlust der Erinnerung beschädigt ist. Man sieht ihn am Anfang des Films bindungs- und beziehungsunfähig mit einer Frau, die ihn ohne Rührung verlässt. Sein Antrieb besteht darin, sich gegen die ökonomischen Zwänge zu behaupten, den „letzten großen Auftrag“ zu erledigen, um genug Geld zu haben, um seine Erinnerungen wieder herstellen zu lassen. Doch dabei geht

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etwas schief. Die Datenmasse kann ohne entsprechenden Code nicht mehr abgerufen werden. Es sind zusammenhanglose Daten, die Johnny auch physisch zu zerstören drohen: ein einseitiges Aufblähen des Speichergedächtnisses, und ein Mangel an Funktionsgedächtnis werden zur lebensbedrohlichen Ausgangskonstellation, in der sich der Protagonist behaupten muss. Einmal aufgespielt, dreht sich im Film fortan alles um die Kontrolle über dieses künstliche Gedächtnis. Der Protagonist muss sich behaupten gegen die Schergen eines übermächtigen Konzerns, der die Informationen um jeden Preis zurück haben möchte; er wird unterstützt von Rebellen, die alles daran setzen, die Informationen aus dem Kopf von Johnny wieder auszulesen, bevor diese ihn physisch zerstören. Auch in Strange Days droht der Konflikt zwischen Gedächtnis und Erinnerung den Protagonisten zu zerstören: Lenny kommt über den Verlust seiner Geliebten, die ihn verlassen hat, nicht hinweg. Er bleibt emotional gefangen in der Betrachtung von Erinnerungs-Aufzeichnungen, die ihm die sogenannte SQUID-Technologie ermöglicht. Diese speichert präzise alle Empfindungen und Wahrnehmungseindrücke desjenigen, der die Aufzeichnung ausführt. Beim Abspielen wird die Vergangenheit immer wieder gegenwärtig und zwar genauso wie sie aufgezeichnet wurde. Damit wird ein ähnlicher Konflikt aufgebaut wie in Johnny Mnemonic: Das technische Speichergedächtnis steht dem Prozess des Erinnerns entgegen; das Verharren des Protagonisten bei den Erinnerungen an vergangene Tage verhindert eine Neuinterpretation des Geschehenen und nimmt ihm als Individuum die Möglichkeit der Neuorientierung. Er bleibt emotional gefangen und wird in dieser Situation leicht das Opfer von böswilliger Manipulation. Dabei ist die SQUIDTechnologie der Aufzeichnung von sensorischen Eindrücken in Strange Days allein schon durch ihre behauptete Abkunft aus den Arsenalen polizeilicher Ermittlungsarbeit unter einem Kontroll-Aspekt konnotiert. Eingeführt, um Zeugenaussagen von Undercoveragenten zu überprüfen, diente die SQUID-Technologie der staatlichen Überwachung und der Kontrolle von Bürgern; ihr privater Gebrauch ist untersagt und entwickelt subversive Züge einer Underground-Kultur.

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Total Recall (1990, Regie: Paul Verhoeven)

Total Recall (Paul Verhoeven): Douglas Quaid wehrt sich dagegen, dass ihm seine angeblich ursprünglichen Erinnerungen wieder eingepflanzt werden Der Film Total Recall ist der einzige beobachtete Film, der von vornherein als kommerzieller Film konzipiert wurde. Paul Verhoeven, ein in Hollywood etablierter niederländischer Regisseur, der sich auf eine Mischung von Action- und Science-Fiction spezialisiert hat, realisierte den Film mit prominenten Hauptdarstellern wie Arnold Schwarzenegger und Sharon Stone. Verhoeven, der schon vor Total Recall einem breiten Publikum durch den Film Robocop bekannt wurde (und später Basic Instinct, Showgirls, Starship Troopers und Hollow Man drehte), greift als Sujet die literarische Vorlage We Can Remember It For You Wholesale von Philip K. Dick auf, die allerdings im Verlauf einer 14-jährigen Vorbereitungszeit für den Film, in der verschiedene Produzenten und Regisseure mit der Realisierung des Stoffes beauftragt waren, aber letzthin abgelehnt oder aufgegeben hatten, mehrfach umgeschrieben wurde. Die taz weiß von mehr als zwölf Drehbuchautoren und 40 verschiedenen Drehbuchfassungen zu berichten.10 Auch Jean-Michel Frodon von LeMonde konzentriert sich in seiner Kritik auf diesen Aspekt und nennt die Vorgeschichte zu den Dreharbeiten kurz „une caricature du système hollywoodien“11. 10 Midding, Gerhard: „Metaphysik Schwarzenegger“, in: die tageszeitung, 02.08.1990. 11 Frodon, Jean-Michel: „L’homme transatlantique“, in: Le Monde, 18.10.1990. 219

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Als Verhoeven die Regiearbeit für das Projekt übernahm, hatte er ein beachtliches Budget für seinen Film zur Verfügung, das in der Presse mit 50 bis 65 Millionen Dollar angegeben wird. Tatsächlich wird die handwerkliche Qualität des Films von der Rezensenten weithin gelobt wie z. B. vom Kölner Stadt-Anzeiger, der die „überdurchschnittliche Qualität von Design, Makeup und Nebenrollen“12 hervorhebt und die wohl auch dazu führte, dass der Film einen Oscar for Special Achievements in visual effects verliehen bekam. Dennoch wurde der Film eher zwiespältig aufgenommen. Einige Rezensenten störten sich an dem Hauptdarsteller Arnold Schwarzenegger und die auf diesen Protagonisten offenbar zugeschnittenen Gewaltszenen. So schreibt etwa die Neue Züricher Zeitung: „‚Total Recall‘ ist nicht der erste Film, der vor Gewalttätigkeit genauso strotzt wie vor Dummheit, und er ist ebenfalls kein besonders gut gemachter.“13 Allerdings ist die Kritik in ihrem Gesamturteil eher geteilt. Während die einen sich an der Kommerzialität des Produkts und den zahlreichen gewalttätigen Actionszenen störten, loben die anderen eher Verhoevens Kunst, seine Geschichte mit vielen kleinen visuellen Details zu erzählen, und sein Thema konsequent umzusetzen, wobei er auch dem Zuschauer letzthin keine vereinfachenden Lösungen anbietet mit einem Happy-End, das vielleicht gar keines ist.14 Der Film erzählt die Geschichte von Douglas Quaid, einem einfachen Bauarbeiter, wie es scheint, dessen größter Wunsch eine Reise zum Mars ist. Doch da sich die meisten Menschen keine wirklichen Raumflüge leisten können, hat die Firma REKALL ein weitaus günstigeres Angebot entwickelt, das fast den gleichen Effekt hat: Man kann sich die Erinnerungen an einen Urlaub auf dem Mars einfach implantieren lassen. Darüber hinaus biete, so die Firma, dieses Verfahren den Vorteil, noch Abenteuer einbauen zu lassen, die man ebenso nach eigenem Geschmack vorab zusammenstellen und auswählen könne, wie eine fremde Wunschidentität. Der Film beginnt mit einer Sequenz, die zunächst etwas rätselhaft bleibt: Eine Frau und ein Mann stehen händehaltend in Raumanzügen in der roten Gebirgslandschaft des Mars und betrachten einen Mond. Plötzlich rutscht der Mann aus und fällt einen Abhang hinunter. Sein 12 Desalm, Brigitte: „Ein Schizo auf dem Mars“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 28.07.1990. 13 Neue Züricher Zeitung: „Total Recall“, 01.08.1990. 14 Vgl. Desalm, Brigitte: „Ein Schizo auf dem Mars“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 28.07.1990. Vgl. auch Hanck, Frauke: „Alpträume vom Mars“, in: Die Welt, 31.07.1990. 220

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Visier schlägt auf einen Stein auf und zerbricht. Verzweifelt um Luft ringend, treten seine Augen aus den Höhlen. Quaid erwacht schweißgebadet. „Doug, träumst du vom Mars?“ fragt ihn seine Frau Lori, als ob es nicht das erste Mal gewesen sei und versucht ihn von seiner Marsobsession abzubringen. In den darauf folgenden Tagen geht Quaid regelmäßig zur Arbeit. Doch die Gedanken an den Mars lassen ihn nicht mehr los. Als er eine Anzeige der Firma REKALL sieht, fasst er den Entschluss, sich diese Erinnerungsreise zu gönnen, ohne seiner Frau Bescheid zu sagen. Er lässt sich die Prozedur erklären und setzt sich in eine der Rekall-Maschinen, die aussehen wie eine Mischung aus einem Kernspintomographen, einem Spielautomaten und einem Zahnarztstuhl. Nachdem er seinen Wunsch, er wolle als Geheimagent auf den Mars reisen und dort – auch erotische – Abenteuer erleben, angegeben hat, wird er festgeschnallt und das Programm gestartet. Doch es scheint etwas schief zu gehen; ein Techniker sagt, sie hätten mit einer schizoiden Embolie zu kämpfen. Die Prozedur muss abgebrochen werden. Quaid reißt sich aus dem Sessel los und geht auf die Leute von REKALL los, die ihn mit Spritzen wieder beruhigen können. Sie streiten darüber, ob er zuvor schon einmal auf dem Mars gewesen war oder ob es sich um das von ihm ausgewählte Mars-Implantat handele, das aber noch gar nicht eingesetzt worden ist. Sie beschließen, bei Quaid jede Erinnerung an REKALL zu löschen und setzen ihn in ein Taxi. Doch danach ist für Quaid nichts mehr wie zuvor. Plötzlich gehen fremde Männer mit Waffen auf ihn los, behaupten, er hätte über den Mars geplappert und wollen ihn erledigen; aber Quaid kann sie niederschlagen und erschießt sie mit ihren eigenen Waffen. Zu Hause angekommen, sieht er Lori Tennis üben. Als er ihr erzählt, was vorgefallen ist, glaubt sie ihm nicht, hält es für paranoides Gerede, auch dann noch, als sie Blut an seinen Händen sieht. Unter dem Vorwand einen Arzt anzurufen, meldet sie sich bei Richter, der sie offenbar auf Quaid angesetzt hat. Gleich nach dem Gespräch, versucht sie, Quaid zu erschießen. Es kommt zum Zweikampf zwischen den beiden, bei dem sie zugeben muss, dass sie in Wahrheit nicht seine Frau sei. Ihre Ehe sei nur ein Gedächtnisimplantat. Quaid flieht vor den herannahenden Häschern, die von Richter angeführt werden. Als er sich in ein Hotelzimmer nimmt, bekommt er einen Anruf von einem ihm unbekannten Mann, der ihm einen Koffer übergibt. Doch er muss weiter vor Richter und seinen Leuten fliehen, die ihn mit Hilfe einer in seinem Körper implantierten Wanze immer wieder aufspüren. Als er den Koffer in einer abgelegenen Fabrikhalle öffnet, sieht

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er zu seiner Überraschung eine von ihm selbst aufgezeichnete Videobotschaft: Er begrüßt sich, behauptet, er heiße in Wahrheit Hauser, sei Geheimagent auf dem Mars und müsse dem dortigen Widerstand helfen und deshalb sofort zurück zum Mars fliegen. Im Koffer findet Quaid noch eine Reihe Ausrüstungsgegenständen, die ihm helfen sollen, seine Mission zu vollenden: einen Hologrammgenerator, der sein eigenes Abbild einige Meter entfernt projiziert, ein Gerät, mit dem er die Wanze aus seinem Kopf holen kann, einen Ausweis und Geld. Mit Hilfe einer spektakulären elektronischen 3-D-Maske gelingt ihm die Reise zum Mars. Doch noch am Einreiseschalter versagt die Maske; es kommt zu einer wilden Schießerei, in deren Verlauf Quaid fliehen kann. Er besorgt sich ein Hotelzimmer und sucht einen Nachtclub auf, um eine gewisse Melina zu treffen. Unterwegs dorthin wird ihm noch mal die besondere Situation auf dem Mars vor Augen geführt: Der Mars wird beherrscht von dem Unternehmensführer Cohagen, der den nördlichen Block der Staaten auf der Erde mit dem Rohstoff Turbinium versorgt, der nur in Bergwerken auf dem Mars zu gewinnen ist. Cohagen hat einen eigenen Geheimdienst und verhält sich wie ein kleiner Diktator. Seine Macht basiert darauf, dass er die Bergwerke ebenso kontrolliert wie die knappe Atemluft in den Wohnanlagen, für die die Bewohner zahlen müssen. Ihm gegenüber steht der Wiederstand, der sich vor allem aus Mutanten zusammensetzt. Durch unzureichende Sicherheitsvorkehrungen der Bergwerksgesellschaft ist es in den zurückliegenden Jahren immer wieder zu Strahlenschäden bei der Bevölkerung gekommen. Dieser Widerstand versucht sich an einer bewaffneten Rebellion gegen Cohagen. Als Quaid nun auf Melina trifft, seine frühere Geliebte, wie sie sagt, kann er sich an sie auf Grund seines manipulierten Gedächtnisses nicht mehr erinnern. Sie hält ihn für einen Doppelagenten von Cohagen und wirft ihn raus. In seinem Hotelzimmer zurück erhält Quaid Besuch von Dr. Edgemar, der sich als künstlich von REKALL implantierte Notmaßnahme vorstellt, um Quaid vor seiner schizoiden Embolie zu warnen. Er soll eine Pille schlucken und sich mit seiner gleichfalls eintretenden Frau Lori wieder versöhnen. Doch Quaid ist sich nicht sicher, ob Dr. Edgemar die Wahrheit sagt oder ob er es nur mit einem weiteren Manipulationsversuch seiner Gegner zu tun hat. Als er Dr. Edgemar mit der Waffe bedroht, beginnt dieser zu schwitzen, obwohl ihn die Bedrohung als Figur eines Gedächtnisimplantats gleichgültig sein könnte. Quaid erschießt ihn und prompt stürmt ein Überfallkommando das Zimmer. Es kommt zum Kampf, in den sich auch die nun herbeigeeilte Melina einschaltet. Sie töten Lori, können die Männer überwältigen und entkommen. Melina führt Quaid direkt ins Lager der Rebellen zu Kuato, dem

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Anführer der Mutanten, der Quaid einen Teil seiner Erinnerungen zurückbringt an das, was er in einem in der Nähe befindlichen pyramidenförmigen Berg gesehen hat. Doch wieder stürmen Truppen das Lager und töten Kuato. Melina und Quaid werden in ein REKALL-Labor gebracht. Sie sollen neue Erinnerungen implantiert bekommen, damit sie weiterhin für Cohagen arbeiten können. Doch Quaid wehrt sich erneut gegen die Prozedur und es gelingt ihm diesmal sogar, Stahlfesseln auszuhebeln. Er tötet die Techniker und stürmt mit Melina in den nahegelegenen Berg. Dort versuchen sie, den von Außerirdischen angelegten Reaktor zu starten, der eine Kernschmelze in Gang bringen soll, deren Hitze ausreichen würde, um die gigantischen Wasservorräte des Mars derart zu behandeln, dass er eine dichte Atmosphäre generieren könnte. Doch Richter und Cohagen stellen sich diesem Plan entgegen, da sie den Verlust ihrer Macht auf dem Mars befürchten. Den beiden gelingt es schließlich Cohagen und Richter zu töten, den Reaktor in Gang zu setzen, damit den Planeten zu retten und sie stehen glücklich vereint auf der Bergspitze und betrachten den blau strahlenden Marshimmel im Gegenlicht der fernen Sonne, die das Bild ausfüllt bis zur Weißblende.

Medien als technische Gadgets Medien werden in Total Recall zunächst als bunte Ansammlung zahlreicher medialer Apparaturen präsentiert, die zwar gegenwartsnah sind, im Einzelnen aber vorhandene Technologien transzendieren. Das beginnt z. B. mit dem Flachbildschirm im Apartment von Quaid (0.06), der eine Nachrichtensendungen über Terrorismus auf dem Mars zeigt; als Lori hinzukommt, schaltet sie um auf eine Landschaftsaufnahme, die nun die ganze Wand ausfüllt; offenbar besteht die Wand aus speziellem Material, das sich so ausrichten lässt, dass sie bewegte Bilder in perfekter Qualität zeigt. Auf dem Weg zur Metro muss Quaid einen gleichfalls wandgroßen Röntgenschirm passieren, der ihn auf Waffen untersucht (0.09). Als Quaid REKALL besucht (0.11 ff.), gibt es keinen Pförtner und er muss sich mit einem Computer in der Empfangshalle arrangieren. In den Büroräumen der Firma sind dann Bildtelefone zu sehen, die allerdings eine eingeschränkte Bildqualität aufweisen, sowie auf zahlreichen Monitoren Werbespots. Schließlich gelangt er in den Raum mit der RekallMaschine (0.15) – eine Mischung zwischen Kernspintomographen, Zahnarztstuhl und Spielautomaten –, von der aus er Sicht auf konventio-

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nelle Röhrenmonitore hat, auf denen er bestimmte Computerprogrammmodule zur Auswahl gezeigt bekommt. Kleine Monitore kommen auch zum Einsatz als Quaid vor seinen Verfolgern flieht. In den Konsolen der Wagen der Verfolger sind kleine Monitore eingebaut, die Navigations- und Personensuchsystem kombinieren (0.34). Auch finden sich immer wieder kleine Monitore in Bildtelefonen (z. B. 0.32) oder als Überwachungsmonitore (z. B. 0.26). Nach seinem Besuch bei REKALL und dem Kampf gegen die Unbekannten wieder nach Hause gelangt, sieht er, wie Lori ein holographisches Trainingsprogramm für Tennis aktiviert hat (0.22). Das Programm zeigt einen halbdurchsichtigen, dreidimensional wirkenden menschlichen Körper in Bewegung, der jedoch durch kleine Verzerrungen geprägt ist. Auch später spielen Hologramme immer wieder eine Rolle: etwa als er das erste Mal den holographischen Selbstbildprojektor bedient (0.36), der fotorealistisch ein Abbild von sich erzeugt, das sich erst bei direkter Berührung durch kleine Bilddefekte als Projektion zu erkennen gibt und das auch später beim Kampf um den Reaktor eingesetzt wird (1.32). Immer wieder wird Quaid mit Videoaufzeichnungen von sich selbst konfrontiert als er noch Hauser war. Als er den ihm übergebenen Koffer öffnet, begrüßt er sich selbst (0.36), ebenso später im Büro von Cohagen (1.19), zur Bestätigung von Cohagens Aussage, dass er dies alles geplant habe. Die Darstellung der Medien als Apparate integriert diese meist in den Alltag der Protagonisten und lässt sie hinter die vordergründige Handlung zurücktreten. Eine Ausnahme bildet die Inszenierung der Medien als Schauobjekte, wie etwa die Röntgenwand vor dem Eingang zur Metro, die Rekall-Maschine oder der holographische Selbstbildprojektor. Ihre Funktionsweise bleibt letzthin unklar, ihre apparative Oberfläche und die von ihnen generierten Bilder werden in die kinematographische Projektion integriert. Ihre differente Medialität wird durch die Konstruktion von Dysfunktionen sichtbar, was vor allem beim holographischen Selbstbildprojektor durch die Inszenierung kleiner Störungen verdeutlicht werden soll.

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Medialität als Lobotomierung Eine ausführliche Innensicht der Medien, wie sie etwa in Bis ans Ende der Welt inszeniert wurde, scheint in Total Recall zu fehlen. Sogar das zentral das Geschehen prägende Medium, die Rekall-Maschine, scheint in ihren Auswirkungen nur auf der Ebene der behaupteten Handlung beschrieben zu werden. Sie ist somit nur ein Gadget unter anderen und Teil einer perfiden Intrige, zu der sich die Dramaturgie des Films hin auflöst – sofern man der behaupteten Handlung folgt und davon ausgeht, dass die erste Rekall-Behandlung von Quaid tatsächlich erfolglos abgebrochen wurde und das Auftreten von Dr. Edgemar eine Intrige von Cohagen war. Doch es gibt auch noch eine andere Lesart des Films, für die es gleichermaßen Indizien gibt: Es könnte auch sein, dass bei der Behandlung von Quaid tatsächlich etwas schief gegangen ist und der weitere Filmverlauf nur weitere Stufen des fehlschlagenden Rekall-Prozesses darstellt. Tatsächlich hat Quaid alle zentralen Elemente des weiteren Handlungsverlaufs skizzenhaft auf dem Auswahlmonitor bei Rekall gesehen, bevor die Rekall-Maschine eingeschaltet wurde. Dazu zählt das Spiel mit der anderen Identität als Geheimagent, die Ankündigung, er werde Abenteuer bestehen und den Planeten retten, die Erwähnung der außerirdischen Artefakte sowie die Vorstellung seiner Traumfrau. Andere Elemente, wie z. B. der Konflikt mit Cohagen, könnten aus Tagesresten wie der am Morgen von Quaid gesehenen Nachrichtensendung in die Prozedur eingegangen sein. Die angebliche Panne, bei der sich Quaid aus der Maschine losreist, ist Teil gleichfalls ein solcher von außen kommender Impuls, der bruchstückhaft, ähnlich wie ein Tagesrest, noch mit in die Prozedur eingeht, gleichsam also als Startsequenz für die neue Identität von Quaid dient. Doch Quaid verarbeitet dies nur in seiner Phantasie. Auf der Ebene der behaupteten Handlung stellte sich dies dann folgendermaßen dar: Die Rekall-Maschine spult ihr Programm ab, dabei läuft etwas schief. Tagesreste mischen sich mit ein. Es kommt zu Störungen. Die wichtigste Dysfunktion für die Handlung ist aus dieser Sicht das Auftauchen von Dr. Edgemar (0.57). Zwar hat Quaid durchaus Recht, wenn er annimmt, das ein implantiertes Notprogramm, also ein Computerprogramm, keinen vernünftigen Grund hat, ins Schwitzen zu kommen. Doch ist das Rekall-Programm daraufhin eingestellt, ein Happy-End herbeizuführen. Alle störenden Momente werden so zugerichtet, dass sie sich stimmig in das von Quaid zusammenphantasierte Handlungsmuster einfügen. Die einzige Möglichkeit, Dr. Edgemar loszuwerden, der sich als massive Bedrohung für die zusammenphantasierte Wunschhandlung erweist, ist, ihn zu eliminieren. Obwohl er Quaid überhaupt nicht

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bedroht, sieht sich Quaid veranlasst, ihn zu erschießen. Der Schweiß auf Dr. Edgemars Stirn scheint wie ein von Quaid selbst in letzter Sekunde verzweifelt herbeiphantasiertes Phänomen, um aufkommende Schuldgefühle abblocken zu können. Auch der weitere Verlauf der Handlung nimmt immer irrealere Züge an: das Katz-und-Maus-Spiel mit Richter und Cohagen, die Begegnung mit Kuato, die Inbetriebnahme des Reaktors, der innerhalb von Minuten dem Planeten eine Atmosphäre beschert – all dies geht Quaid mit einer gewissen übernatürlichen Leichtigkeit von der Hand. Hatte Quaid im Rekall-Labor noch Mühe, sich von den Klettverschlüssen loszureißen, gelingt es ihm nun auf dem Mars, von Cohagen zu einer erneuten Manipulation seiner Persönlichkeit in ein ähnliches Labor gebracht, selbst schwere Stahlverschlüsse aus der Verankerung zu zerren (1.22). Die Schlussszene (1.42) wirkt denn auch merkwürdig genug: Melina und Quaid stehen auf einem Berg vor strahlend blauem Himmel, an dem eine gleißend helle Sonne erstrahlt. Doch statt der sonst üblichen HappyEnd-Einstellung, die allmählich verblasst, mit Weichzeichner ausgeblendet oder mit Schwarzblende abgebrochen wird, wirkt das Bild durch das Gegenlicht immer stärker fehlbelichtet, überstrahlt die Figuren und endet mit einer Weißblende. Ganz ähnlich, als habe jemand zu lange in ein gleißend helles Licht gestarrt und sich damit den Sehnerv verbrannt – oder das Gehirn? Das Happy End wäre aus dieser Sicht gleichzusetzen mit der Lobotomisierung des Protagonisten. Eindeutige Indizien indes, die diese Lesart nahelegen, gibt es nicht. Der Film bietet bis zum Ende zwei Sichtweisen an, für die sich der Zuschauer entscheiden muss (ähnlich wie im phantastischen Film im engeren Sinne): in der einen ist Douglas Quaid wirklich ein Superagent, der den Planeten Mars rettet und der Besuch bei Rekall nur eine kurze aber gescheiterte Episode, die nur dazu führte, dass er sein ursprüngliches Ich rascher wiederentdeckte; in der anderen ist der ganze Film eine inszenierte Innensicht des Rekall-Mediums. Betrachtet die Filmhandlung aus dieser Perspektive, dann fallen Prägung des Gedächtnisses, Erinnerungsarbeit und Phantasietätigkeit zusammen. Es handelt sich bei der Rekall-Prozedur nicht einfach nur um eine Abspeicherung von Gedächtnisinhalten, sondern um einen lebendigen Prozess der Evokation und Zerstörung zugleich bedeutet.

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Medientechnik als Herrschaftsinstrument Betrachtet man die Konstellation der Figuren, dann weist die Darstellung der Medien noch auf einen anderen Fluchtpunkt der Dramaturgie hin: Technik und Medientechnik dient im Besonderen zur Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen. Es wird eine Welt vorgeführt, die den großen Minenkonzernen zu gehören scheint, die sich beinahe aufführen wie Kolonialherren und ihre Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern und den anderen Bewohnern des Planeten Mars vernachlässigen. Im Gegenteil: Nicht nur, dass sie durch mangelnden Strahlenschutz aus Gründen der Kostenersparnis schwere genetische Defekte bei der Bevölkerung in Kauf nehmen, sie lassen sich auch noch die Befriedigung elementarer Bedürfnisse, wie das Recht zu atmen, teuer bezahlen und drehen den Aufständigen rücksichtlos die Luft ab, wenn sie den Anordnungen der Obrigkeit nicht gehorchen. Diesen repressiven Strukturen steht die Widerstandsbewegung des Mars gegenüber, die sich neben Überzeugungstätern vor allem aus Mutanten rekrutiert. Ihre physische Deformation stigmatisiert die Mutanten weithin sichtbar für ihre Außenwelt, von der sie auch räumlich abgetrennt werden in einem ghettoartigen Wohnbezirk, der sich leicht abriegeln lässt. So wie sich die brutalen Herrschaftsverhältnisse auf die Kontrolle des Sauerstoffs stützen, so sehr wären sie in ihrer Willkür eingeschränkt, sobald auf dem Planeten eine atembare Atmosphäre existieren würde. Technik und insbesondere Medientechnik dienen nun in erster Linie der Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen: Das beginnt mit den Nachrichten, die die Verhältnisse auf dem Mars aus der Sicht von Cohagen schildern, mit gigantischen Detektoren am Metro-Eingang, die die Passanten nach Waffen abtasten, mit Überwachungskameras in den Appartments, mit Suchgeräten, die den Standort der markierten Zielpersonen auf kleinen Monitoren anzeigt usw. Mithin dient auch das zentral beschriebene Medium der RekallMaschine repressiven Zwecken. Offensichtlich lebt auch die Bevölkerung der Erde in Verhältnissen des relativen Wohlstands, die keineswegs derart angelegt ist, dass sich ein Bauarbeiter, als der Douglas Quaid zunächst vorgestellt wird, eine reale Reise zum Mars überhaupt leisten könnte, obwohl Reisen zu anderen Planeten in omnipräsenten Werbepräsentationen auf Monitoren etwa in der Metro der Bevölkerung angepriesen werden. Als Alternative zu einer wirklichen Reise präsentiert sich nun die Firma REKALL, die lediglich Erinnerungen an eine Reise zu auch für einen Bauarbeiter offenbar erschwinglichen Preisen anbietet.

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Die Manipulation von Erinnerungen dient also der Befriedigung eines zuvor durch die Werbung künstlich geweckten Bedürfnisses, zur Ruhigstellung jener inneren Unruhe, die Quaid befällt und die sich in einem weiteren, über den unmittelbaren Kontext hinausgehenden Sinne auch als Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen deuten ließe. Die Rekall-Maschine ermöglicht als durch Manipulation von Erinnerung eine Versöhnung mit herrschenden Verhältnissen. Dieser Aspekt wird noch verstärkt durch die Option, auch Urlaub vom Ich zu nehmen. Dabei ist auch diese Form der Evasion noch eingebunden in ein Herrschaftssystem. Die totale Erinnerung ist nichts anderes als der Versuch der totalen Kontrolle. In Total Recall scheint Auflehnung gegen die Herrschaft aussichtlos und nur als Evasion möglich. Das System ist derart total, dass es sogar noch die Evasion in der Erinnerung, die Auslöschung der eigenen Persönlichkeit zur eigenen Stützung einkalkulieren kann. Die einzige Flucht, die wirklich Erfolg verspricht, ist die in die absolute Erinnerungslosigkeit, in die weiße Wüste der Lobotomie.

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Johnny Mnemonic ( 1 9 9 5 , Re g i e: R o b e r t L o n g o )

Johnny Mnemonic (Robert Longo): Johnny auf dem Weg zur Datenübertragung

Cyberpunk Johnny Mnemonic geht zurück auf die Kurzgeschichte Der Mnemonische Johnny von dem kanadischen Schriftsteller William Gibson, der in seinen Arbeiten als einer der ersten den Begriff „Cyberspace“ einführte und mit Romanen wie Neuromancer Weltruhm erlangte. Robert Longo hat die Story, die 1980 entstand, als es noch keinen PC gab, 1995 aufgegriffen und in einem düsteren Design erzählt, das deutlich Anleihen bei Ridley Scotts Filmen Blade Runner und Alien erkennen lässt: In Scotts Filmen wurde Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre erstmals Science Fiction aus der Sicht von Lohnabhängigen erzählt, die sich in heruntergekommenen Industriewelten ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, weil es für keine lukrativen Alternativen der Existenzsicherung zu geben scheint. Die Raumschiffbesatzung in Alien heuert nicht aus Begeisterung für den Weltraum oder für die Technik an, sondern weil sie dort angemessen bezahlt werden. Und der Replikantenjäger in Blade Runner hat nichts anderes gelernt und kann daher andere Jobs kaum in Erwägung ziehen. Technik erscheint in Scotts Filmen nicht als Universum neuer Möglichkeiten, sondern als erstarrtes Kapital, das dem Weltraum- oder Cyberarbeiter einerseits als Werkzeug dient, das ihn andererseits auch

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wie ein Gefängnis umschließt oder ihn sogar bedroht, wenn seine Interessen dem des Kapitals entgegengesetzt sind.15 Auch Johnny Mnemonic entwirft ein solches Szenario, in dem der Protagonist nicht nur der Technik, sondern auch jenem kapitalistischen System getragen von multinationalen Großkonzernen ausgeliefert ist, das sich der Technik als Mittel der Ausbeutung und sozialen Kontrolle bedient. Im Vorspann wird folgender Text eingeblendet: „Zweite Dekade des 21. Jahrhunderts. Multi-Konzerne regieren. Die Welt wird von neuen Seuche bedroht: das Nerve Attenuation Syndrome, tödlich, hochansteckend, Herkunft und Behandlungsmöglichkeiten unbekannt. Die Gegner der Multis sind die LoTeks, eine Widerstandsbewegung aus dem Untergrund. Hacker, Daten-Piraten, Guerillakämpfer in den Informationskriegen. Die Multis verteidigen sich selbst. Sie heuern dafür die Yakuza an, das mächtigste aller Verbrecher-Syndikate. Sie verkleiden ihre Daten in Black Ice, tödliche Viren, die nur darauf warten, die Gehirne von Eindringlingen zu verbrennen. Aber die LoTeks warten in ihren Festungen, in den alten Stadtkernen, wie Ratten in den Mauerlöchern der Welt. Die wertvollsten Informationen müssen manchmal mnemonischen Kurieren anvertraut werden. Eliteagenten, die in vernetzten GehirnImplantaten Daten schmuggeln.“ In der im Film dargestellten Gesellschaft scheinen staatliche Strukturen aufgelöst zu sein und das Recht in den Händen derer zu liegen, die es durchsetzen können, oft genug mit roher Gewalt. Überall sind Maschinen präsent, die den Alltag der Menschen bestimmen: Computerterminals, Telefone, Fernsehbildschirme, die miteinander vernetzt sind, oder Implantate, die die Leistungsfähigkeit der Menschen steigern sollen. Doch die Menschen sind von ihren Maschinen zugleich auch abhängig, da sie nicht mehr auf sie verzichten können. Dabei ist der Elektrosmog der überall präsenten elektronischen Geräte wahrscheinliche Ursache für das sogenannte NAS (Nerve Attenuation Syndrome), das die Nerven der Menschen angreift und zu einer Art von epileptischen Zuckungen führt. Dieses global auftretende Phönomen, soll – wie man später erfährt – die Hälfte der Menschheit befallen haben. Die Technik, die den Menschen helfen und ihre Körper verbessen soll, droht die menschlichen Körper zugleich auch zu zerstören. Die Konzerne versuchen auch noch die Dysfunktion auszunutzen, indem sie die Behandlung verkaufen für eine Krankheit, die sie selbst mitverursacht haben.

15 Vgl. die Rolle des Androiden in Alien. 230

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Medien sind in dieser Welt Teil einer umfassenden Technik, die nicht nur in alle Bereiche des Alltagslebens vorgedrungen ist und die Umwelt strukturiert, sondern auch den menschlichen Körper selbst. Waffentechnik, Medientechnik und Biotechnik bilden eine Einheit. Der Gegensatz zwischen LoTeks und multinationalen Konzernen folgt ästhetisch dem zwischen arm und reich. Die LoTeks bedienen sich im Prinzip der gleichen Technik wie die Konzerne. Die Differenz besteht darin, dass sie sich unterschiedliche Qualitäten leisten können. Die LoTeks sind gezwungen zu improvisieren, d. h. aus minderwertigem oder recyceltem Material Geräte selbst zusammenbauen zu müssen. Widerstand kann nur funktionieren mit selbstgebauten Apparaten, die der Kontrolle der Konzerne entkommen. „Nur im Schrott entkommt das menschliche Sein dem Design der Maschinen“, schrieb Michael Althen.16 Tatsächlich ist Design und Antidesign das wichtigste Ausdrucksmittel, mit dem Longo den sozialen Antagonismus seiner Geschichte zum Ausdruck bringt.17 Gegen die luxuriöse, durchgestylte, cleane Welt der Konzerne wird die zugemüllte, schmutzige Welt der LoTeks gesetzt. Das Design entspringt dabei der Ideenwelt des Cyberpunks, also einer aus der Hackermythologie hervorgegangenen Vorstellung von hochgebildeten Underdogs und Außenseitern, die mittels ihrer speziellen Computer- und Netzkenntnisse den etablierten Angestellten der großen Konzerne Paroli bieten, die selbst beinahe gesichtslos bleiben und sich nur in Form der Yakuza und eines frustrierten Managers zeigen, der alsbald jedoch aus der Geschichte eliminiert wird. Johnny Mnemonic, gespielt von Keanu Reeves, ist ein sogenannter mnemonischer Kurier – ein Datenkurier, der die Daten in einem Gehirnimplantat speichert, das eine höhere Speicherkapazität hat, als bis dahin bekannte tragbare Speichermedien und das darüber hinaus den Vorteil bietet, sehr diskret zu sein, d. h. zugleich auch als Datenversteck fungiert. Er wacht auf in einem Hotelzimmer. Eine junge Frau verlässt ihn gerade nach einer Liebesnacht. Er bleibt allein zurück und wählt per Bildtelefon einen Mann namens Ralphi an. Man erfährt, dass Johnny für sein Gehirnimplantat, einen Teil seiner Erinnerungen geopfert hat und dass er gerne sein wirkliches Gedächtnis wieder haben möchte, wofür er aber viel Geld zu zahlen hat, da eine vollständige Rekonstruktion sehr teuer ist. Um die Summe zusammenzubringen, muss er für Ralphi einen weiteren, letzten großen Daten-Schmuggelauftrag erledigen.

16 Althen, Michael in: Süddeutsche Zeitung, 18.10.1995. 17 Seeßlen merkt dazu spitz an, dass Longo keine angemesse Umsetzung für die Vorlage findet und den Faden in seiner Bildwelt verliere. Vgl. Seeßlen 2003, S. 577. 231

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Widerwillig akzeptiert Johnny und begibt sich nach Zentral-Beijing in die Suite eines luxuriösen Hotels. Dort wird er von den nervösen Auftraggebern empfangen, die die Daten so rasch wie möglich loswerden wollen. Es sind Wissenschaftler aus dem Forschungslabor von PharmaKom, einem multinationalen Konzern, der eine Behandlungsmethode gegen NAS – das sogenannte „Schwarze Zittern“ – entdeckt hat. Obwohl die Datenmenge die Speicherkapazität von Johnny übersteigt, lädt er sich die Daten und riskiert dabei, dass seine Nervenbahnen zerstört werden, wenn die Daten nicht innerhalb von 24 Stunden entladen werden. Zur Verschlüsselung der Daten bittet Johnny die Auftraggeber, drei Zufallsbilder aus dem Fernsehprogramm auszuwählen und auf getrenntem Weg an den Abnehmer der Daten zu senden.

Der Wettlauf gegen die menschenfeindliche Technik Doch die Schergen des Konzerns, der durch den Manager Takahashi repräsentiert wird, sind ihnen bereits auf der Spur. Brutal dringen sie in das Hotelzimmer ein und töten alle Anwesenden. Nur Johnny kann entkommen. Allerdings ist das letzte Bild zur Decodierung zerstört worden. Johnny muss fürchten, dass die Überlast der Daten sein Gehirn zerstören wird, wenn er nicht binnen 24 Stunden die Daten entladen kann. Johnny gelangt nach Newark, wo er die Daten abliefern soll. Er sucht Hilfe bei Ralphi, der sagt, dass die Extraktion der Daten die einzige Möglichkeit sei, um ihn zu retten. Er meint, er solle dem Fahrer vertrauen, den er ihm schicken wird. Ralphi residiert in einem futuristisch gestylten Club. Bei ihm stellt sich gerade Jane vor, die sich als Bodyguard bei ihm bewerben will. Doch er macht sich über sie lustig, weil sie technisch mit Implantaten „überfrisiert“ sei und sich nicht unter Kontrolle habe, vielleicht sogar das Schwarze Zittern hat. Gedemütigt verlässt Jane den Ort und hofft, es Ralphi eines Tages heimzahlen zu können.

Die Philosophie des Schrotts Johnny findet Aufnahme und Erlösung bei den LoTeks-Außenseitern und Rebellen gegen die Gesellschaft, die sich aus Schrott ihr eigenes Universum geschaffen haben. Das erste Mal trifft Johnny auf die LoTeks, als er von dem skrupellosen und geldgierigen Ralphi an PharmaKom verraten wird. Der von Ralphi instruierte Fahrer setzt Johnny auf einem Schrottplatz ab, wo er in 232

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einen Hinterhalt gelockt werden soll. Zwei LoTeks, die die Szene beobachten, helfen Johnny, die Widersacher zu erledigen. Der ältere der beiden stellt sich als J-Bone vor. Johnny will zunächst mit Ralphi abrechnen. Er fährt in dessen Club, doch als Johnny ihn bedroht, wird er von Ralphis Bodyguards bewusstlos geschlagen. Als er wieder zu sich kommt, liegt er gefesselt auf einem Tisch. Ralphi stellt ihm einen der angeheuerten Auftragskiller vor. Sie wollen ihm den Kopf mit den Daten absägen. Jane, die sich an Ralphi rächen will, hat die Szene heimlich beobachtet und greift nun in das Geschehen ein. Sie schlägt die Gegner aus dem Feld, befreit Johnny und flieht mit ihm aus dem Gebäude. Der Auftragskiller und die Bodyguards verfolgen die beiden, doch in den düsteren Straßen von Newark zwischen brennenden Tonnen und Müllbergen werden sie unter der Führung von J-Bone von einer Meute in Lumpen geleideter LoTeks mit High-Tech-Waffen gestoppt. Jane und Johnny setzen sich ab und brechen in eine Lagerhalle ein, wo sich Computerequipment befindet. Johnny wählt sich in ins Datennetz ein und versucht herauszufinden, an wen er die Daten ursprünglich liefern sollte. Er stößt auf den Namen „Dr. Allcom“. Jane, die plötzlich in einer Art epileptischem Anfall zusammenbricht, da sie tatsächlich am Schwarzen Zittern erkrankt ist, bringt Johnny zu Spider, ihrem „Arzt“. Von ihm erfährt Johnny, dass es eine Widerstandsbewegung gegen das NAS gibt und sie sein Auftraggeber sei.

Christliche Motive Der Film folgt keinem spezifischen Genremuster. Seine dramaturgischen Grundschemata schwanken zwischen einem Thriller, der vom Kampf gegen die Uhr lebt, der Geschichte des Widerstands der LoTeks gegen die mächtigen Konzerne und einer Erlösergeschichte, bei der sich Johnny unfreiwillig in der Rolle des Erlösers wiederfindet. Letzteres wird von einer Reihe von Motiven aus der christlichen Mythologie begleitet, die jedoch dekontextualisiert und z. T. einfach auf visuelle Staffage reduziert werden. So taucht z. B., noch bevor Spider Johnny helfen kann, der sogenannte „Priester“ auf, ein von Takahashi angeheuerter Auftragskiller. Er scheint von der Idee besessen, die von ihm getöteten Opfer mit Jesus vereinigen zu wollen. Bevorzugt kreuzigt er seine Opfer sadistisch und tötet sie mit einem Messer, auf dessen Knauf ein gekreuzigter Jesus zu sehen ist. In seinem Körper sind eine Vielzahl von Implantaten eingebaut und einige biochemische Verbesserungen vorgenommen worden, um ihn zur

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Kampfmaschine zu machen. Sein äußeres, „biblisches“ Erscheinungsbild mit Vollbart und langen wallenden Haaren hebt ihn deutlich von den Yakuza ab und flößt auch seinen Gegnern Respekt ein. Von Menschen scheint er nicht besiegt werden zu können. (Tatsächlich kommt er am Ende des Films auf ungewöhnliche Weise zu Tode.) Ein anderes Motiv, dass sich untergründig durch den ganzen Film zieht, ist der Geist in der Maschine: Anna Kalmann, die Gründerin von PharmaKom. Gegen die Gadgets der behaupteten Handlung stehen immer wieder Sequenzen von entfesselten Bildern, die die Innenwelt der Datenströme verdeutlichen sollen und die tatsächlich genau jenes Rätsel bergen, dessen Lösung schließlich auch Auflösung der Filmhandlung und Erlösung der Filmwelt bedeutet. Bei der Eingabe der Codes zur Verschlüsselung der Daten in Johnnys Hirn taucht auf dem Fernsehbildschirm kurz ein Bild auf, das kaum zu erkennen ist – ein ätherisches Gesicht einer Frau. Dieses Gesicht erscheint dem Protagonisten (0.47.23 ff.; das Gesicht warnt ihn davor, aufgespürt zu werden) wie auch seinem Antagonisten Takahashi (0.40.34; das Gesicht warnt ihn vor seinem eigenen YakuzaAuftragskiller) während des Films immer wieder (1.27.40 ff. als Takahashi bei den LoTeks auftaucht, um Johnny den Kopf abzuschlagen, erscheint das Gesicht auf zahlreichen Monitoren gleichzeitig, d. h. sie bilden ein riesiges Gesicht ab.). Es versucht, die Akteure dazu zu bringen, die Handlung zum Guten zu wenden. Es wirkt wie ein guter Geist, der warnt, doch zeigt sich unfähig, in das Geschehen einzugreifen. Die Assistentin von Takahashi findet heraus, dass es sich um das Gesicht von Anna Kalmann handelt, eine Gründerin von PharmaKom, die vor einigen Jahren gestorben ist, deren Geist aber als neutrale Netzpersönlichkeit digitalisiert worden sei und in diesem Seinszustand dem Aufsichtsrat von PharmaKom weiterhin als Beraterin diene (1.01.24). Tatsächlich bildet ihr Gesicht das dritte Fernsehbild, das notwendig ist, um die Daten aus Johnnys Kopf zu decodieren und ihn damit zu entlasten. Möglich wird dies durch den Delphin Jones, einen Kampffisch, der ausgebildet und mit Implantaten präpariert wurde, um Codes zu knacken. Jones gelingt es am Ende den falschen Priester mittels hochfrequenten Ultraschallwellen zu verletzen, sodass er stürzend in ein Starkstromkabel greift und verbrennt. Und der Delphin findet durch Umgehung der Sperren im Datenuniversum das fehlende dritte Code-Bild und erlöst Johnny nicht nur von der Datenlast, sondern auch von seiner persönlichen Obsession, wie gleich noch gezeigt werden wird. Johnny selbst ist die durch die Ereignisse die Erlöserrolle zugedacht, doch er zweifelt, ob er sie annehmen soll. Er zögert immer dann, wenn es

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ein Risiko für ihn gibt – er möchte nicht als Märtyrer sterben. Im Grunde hat er aber bei der temporeichen Handlung überhaupt keine Zeit darüber nachzudenken. Er ist in die Situation geworfen und durch Zufall, nicht durch Überzeugung oder eigene Wahl, zum Erlöser geworden. Eine Rolle, in die er durch die Ereignisse, genauer gesagt, durch viele kleine Helfer gedrängt wird: Jane, Spider, J-Bone, das Gesicht von Anna Kalmann und nicht zuletzt den Fisch Jones. Keanu Reeves erscheint bereits in der Rolle des Johnny Mnemonic als Erlöserfigur, die er als Neo schließlich auch in Matrix ausfüllen wird.

Die Angst vor dem Verlust der Erinnerung In Johnny Mnemonic geht es jedoch noch stärker um den Verlust der eigenen Erinnerung. Anders als im Blade Runner, in der die Erinnerungen der Androiden an ihre Kindheit nur geschickte Manipulationen sind, fehlen Johnny jegliche Erinnerungen an seine Kindheit. Ohne Erinnerung wirkt er als Person farblos. Als seine nächtliche Geliebte vom Anfang des Films ihn fragt, wo er zu Hause sei, überlegt er kurz und stellt dann eine Gegenfrage: „Würdest Du mir glauben, wenn ich dir sage, ich weiß es nicht?“ Sie nickt und geht. Johnny bleibt allein im Hotelzimmer, und man merkt, dass es ihm wohl nicht das erste Mal so gegangen ist. Seine Hoffnung richtet sich ganz auf die Wiederherstellung seiner Erinnerungen, die er beim Einbau des mnemonischen Implantats opfern musste. Wie schon im Abschnitt „De-Kontextualisierung“ beschrieben, blitzen mehrfach kurz Erinnerungsbilder auf (0.41.27), deren Bedeutung sich dem Betrachter (und auch dem Protagonisten) zunächst nicht erschließt und die in in ihrer Zusammenhanglosigkeit bedrohlich wirken, auch wenn es, wie sich später herausstellt, um Fragmente einer Erinnerung an einen Kindergeburtstag handelt. Das Motiv der Kinderfeier wiederholt sich später noch einmal als Johnny bei den LoTeks ist (1.19.51 – 1.19.56) und am Ende des Films, als der Delphin Jones den Code geknackt und Johnny von der Datenlast befreit hat; auf unerklärliche Weise gibt der Delphin Johnny seine Kindheitserinnerung zurück: die bisher nur fragmentiert zu sehenden Szenen werden nur als zusammenhängende Sequenz präsentiert (1.40.01-1.40.21), die seinen eigenen 7. Geburtstag beschreibt. Die Bilder der letzten Sequenz komplettieren die vorausgegangen Fragmente und stellen den Kontext wieder her, mit dem sie sich ins narrative Kontinuum des Films einfügen lassen und damit wie eine persönliche Erlösung des Protagonisten funktionieren. In Johnny Mnemonic wird eine Technik der Datenspeicherung vorgestellt und in den Mittelpunkt der Handlung gerückt, die biologisch mit

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dem Menschen verknüpft wird. Sie kann präzise gewaltige Datenmengen speichern und wieder abgeben und hat den sogenannten mnemonischen Kurieren ihren Namen gegeben. Doch diese Form der Erinnerung steht dem lebendigen menschlichen Erinnerungsvermögen entgegen. Aus dem Gegensatz zwischen den beiden verschiedenen Formen der Datenspeicherung, also dem menschlichen Gedächtnis und der digitalen Aufzeichnung, entspinnt sich der dramaturgische Aufbau der Handlung.

Die Innenwelten des Datenstroms Wie schon in Tron sehen sich alle Filme, die den Computer bzw. vernetzte digitale Medien zum Thema haben, veranlasst, auch die Innenansicht der Medienmaschinen zu zeigen. Bei Tron dringen die Protagonisten in Form von konvertierten Datenpaketen in die Maschinen ein – blau oder rot verkleidete Männlein, deren Staffage ein wenig blinkt. Sie hüpfen dann in den virtuellen Welten auf und ab, die wie die Innenstadt einer großen Metropolen wirken, jedoch delokalisiert, d. h. ohne einen konkreten Raumzusammenhang und lassen sich mittels merkwürdiger, an Motorräder erinnernde Fahrzeuge auf die „Datenautobahn“ schießen. In Johnny Mnemonic ist dies ähnlich, aber technisch und ästhetisch avancierter. Es gibt insgesamt vier Sequenzen, in denen ein Eindringen ins Innere des Datenstroms dargestellt wird. Schon in der Anfangssequenz – noch bevor der Protagonist ins Bild kommt – wird der Zuschauer mit der Darstellung eines solchen virtuellen Datenraums konfrontiert: Zwischen Formen, die an Hochäuser erinnern, zucken kleine Lichter hindurch, die wie die Autos auf beleuchteten Straßen wirken. All dies gleicht fast einer Luftaufnahme einer Stadt aus großer Höhe. Doch bei näherer Betrachtung erkennt man, dass die Formen geometrisch abstrakt sind, dass die Lichter sich lösen können aus dem Strom, dass sie bisweilen nur als Lichtblitz durch dieses Datenuniversum zucken. Doch auch der Ton erinnert noch an die Herkunft dieser bebilderten Metapher. Das Ganze ist unterlegt mit einem Soundteppich aus Piepsen, schwirrenden Geräuschen, tiefem Brummen und Geräuschen wie von vorbeifahrenden Autos. Dann formt sich ein Tunnelsystem, an deren Wänden einzelne Zeichen, Zahlen und Schriftzeichen in verschiedenen Sprachen erscheinen. „INTERNET 2021“ ist als Information zu lesen. Dann beschleunigt sich die Kamerafahrt und zoomt auf einen Schriftzug, der eine tickende digitale Uhr darstellt: „10:29“, jedoch spiegelverkehrt. Dann spiegelt sich der Schriftzug wiederum seitenverkehrt im Auge des Protagonisten.

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Die virtuelle Welt als Welt hinter dem Spiegel, eine invertierte Welt, eine Welt, die zwar mit der bekannten Realität verbunden ist, aber ins Virtuelle verschoben.18 Die zweite Sequenz beginnt, als Johnny sich die Daten seiner Auftraggeber in seinen aufgerüsteten Datenspeicher hineinlädt. Die Kamera zoomt dicht an Johnnys Gesicht heran, der sich eine Datenmaske vor die Augen gezogen hat. Dann sieht man einen Zoom, der durch eine virtuelle „Häuserschlucht“ aus Lichtsignalen abwärts führt. Während dieser Zoom immer weiter nach unten zu stürzen scheint und dabei einige ätherische virtuelle Bilder und Datenansammlungen durchdringt, gibt es eine Reihe von kurzen Schnitten, die Johnnys Gesicht in Großaufnahme zeigen, einmal sogar sein Auge, wodurch eine gewisse Subjektivierung der Perspektive erreicht wird. Im Hintergrund ist übrigens auf einer Großleinwand ein Fernsehprogramm zu sehen, dessen Bildästhetik sich klar von dem Design der virtuellen Datenwelt absetzt. Die dritte Sequenz beginnt in der Lagerhalle, als sich Johnny heimlich ins Netz hineinhackt, um herauszufinden, wer der mysteriöse Auftraggeber ist. Johnny hat entsprechendes Computerequipement zusammengestellt, mit dem er sich ins Netz einwählen kann: eine Datenmaske und Datenhandschuhe. Er loggt sich ein. Wieder ist die bekannte virtuelle Stadt-Architektur zu erkennen. Diesmal geht die Subjektivierung in der virtuellen Welt in eine subjektive Perspektive über, angedeutet durch die beiden Datenhandschuhe, die auch im Bild der virtuellen Welt zu sehen sind (ähnlich wie die Mündung der Waffe in Egoshooterspielen). Die vierte Sequenz spielt in der Zentrale der LoTeks auf bzw. in der Brücke. Johnny versucht, sich mit Hilfe des Delphins in den Datenspeicher seines eigenen Gehirn zu hacken, um den Code zu finden, mit der er die gespeicherten Daten entladen kann, bevor sie seine Nervenbahnen zerstören. Johnny taucht dabei in zwei Wellen in diesen Datenspeicher ein. Zuerst zusammen mit Jones, der als Avatar im Bild sichtbar ist. Die bekannte Stadtansicht wird dabei um eine zurückweichende Flüssigkeit bereichert – ein optisches Eintauchen in ein Datenmeer. Das zweite Mal hat Johnny selbst eine Präsenz als Avatar, taucht ein und fliegt durch einen langen Tunnel mit Lichtgeschwindigkeit in eine unterirdische Stadt, wo er sich mit einem „Virus“ auseinandersetzen muss, der die Aufgabe hat, fremde Eindringlinge zu zerstören. Er überlistet diesen Wächter dadurch, dass er seinen Avatar verdoppelt, sozusagen ein Double von sich selbst erzeugt, das dann von dem Wächter zerstört wird. Anschließend gelingt es ihm mit Hilfe von Jones, der wieder als Avatar 18 Vgl. dazu Faßler, Manfred (2000a): „Im künstlichen Gegenüber/Ohne Spiegel leben“, in: Faßler, Manfred (Hrsg.): Ohne Spiegel leben: Sichtbarkeiten und posthumane Menschenbilder. München 2000. S. 11–120. 237

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auftaucht, den Code zu knacken und die Daten freizugeben. Der herausgeladene Datenstrom aus seinem Gehirn erscheint zweidimensional im Klartext, d. h. die Datenrepräsentation orientiert sich an bekannten Benutzeroberflächen von Bildschirmen, die Zahlen, Tabellen, Text, Grafiken, Videosequenzen etc. hypermedial darstellen.

Das kalte Subjekt Trotz der gerade in der Darstellung der Dateninnenwelt festzustellenden Subjektivierungstendenz wird eine Dramaturgie des subjektiven Zweifels in Johnny Mnemonic – anders als später in Matrix – nur in rudimentären Ansätzen entwickelt. So nimmt während Johnnys Reise in die virtuelle Welt der Grad an Subjektivität zu. Was anfangs als Spiegelung in seinen Pupillen beginnt und durch Schnitt und Großaufnahme subjektiviert erscheint, wird schließlich mit den Datenhandschuhen zu einer subjektiven Perspektive und mit dem Avatar zu einer Verdopplung der Persönlichkeit in der virtuellen Welt. Es scheint, als müsse diese Art der Subjektivierung vorgenommen werden, um das Subjekt wieder zu sich selbst, d. h. zu seinen eigenen Erinnerungen zu bringen. Die Erinnerungssequenzen, die einzig rätselhaft in das narrative Kontinuum des Films hineinragen, bleiben allzu kurz und werden letzthin soweit aufgelöst, dass kaum ein Rest für den Zweifel bleibt. Der Protagonist durchläuft während der Filmhandlung keine Veränderung. Er ist von Anfang bis Ende auf der Suche nach seiner genommenen Erinnerung. Das biologische Dispositiv ist dem apparativ-digitalen Dispositiv der mnemonischen Speicherung unterlegen, es „leidet“ unter der technologischen Zurichtung. Doch Johnny zweifelt nicht an sich und der Welt und beharrt auf seinen egoistischen Zielen. Erst durch den Zwang der äußeren Verhältnisse und die Zuschreibung seiner Mitschreiber nimmt er die ihm zugedachte Rolle als „Erlöser“ an. Seine eigene Erlösung, d. h. die Rückkehr seiner Kindheitserinnerung, wird ihm erst durch das Augenzwinkern von Jones gewährt.

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Strange Days (1995, Regie: Kathryn Bigelow)

Strange Days (Kathryn Bigelow): Lenny im Streit mit Mace Strange Days von Kathryn Bigelow spielt – wie bereits die bisher diskutierten Filme – mit einer vordergründigen Ausrichtung auf gängige Genremuster: ein Arbeitsstil, der sich schon in ihren vorhergehenden Filmen Point Break (1991), Blue Steel (1990) oder Near Dark (1987) gezeigt hatte. Strange Days ist Bigelows sechster und zugleich ihr atmosphärisch und erzählerisch dichtester Film. Doch obwohl als „Hollywoodfilm“ und d. h. nach kommerziellen Spielregeln gedreht, trägt Strange Days mehr als die früheren Arbeiten eine eigene Handschrift, die die eigene Arbeitsweise hintergründig selbstreflexiv in Frage stellt. Die Medialitätsthematik wird dabei von der Regisseurin einerseits plakativ ins Bild gerückt, andererseits aber zugleich auch differenziert und damit letzthin subtiler dargestellt als viele Kritiker erkennen und ihr zugestehen wollten. Tatsächlich nahm die Presse Strange Days sehr unterschiedlich auf. Einige Kritiker werfen Bigelow eine exzessive Gewaltdarstellung vor, andere loben den bewussten Bildaufbau19 oder sehen in Strange Days ein Meisterstück20 oder gar einen Thriller-Klassiker21. Dass Strange Days die Problematik der Darstellung von Medien behandelt, wird von der Presse beim Start des Films kaum beachtet, vielleicht auch deshalb, weil der Film ein finanzieller Flop war. Von den 19 Vgl. Kirste, Katja: „Körpereinsatz. Gewalt als Grenze des Mediums in Strange Days“, in: Kienast, Welf/Struck, Wolfgang (Hrsg.): Körpereinsatz. Das Kino der Kathryn Bigelow. Marburg 1999, S. 124–154 20 Vgl. Peuckert, Tom: „Die magische Maschine“, in: Tagesspiegel, 01.02.1996. 21 Vgl. Wehrstedt, Norbert: „Träume aus der High-Tech-Droge“, in: Leipziger Volkszeitung, 08.02.1996. 239

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20 bis 40 Mio. Dollar Produktionskosten brachte er nicht einmal zehn Mio. wieder ein.22 Erst einige Jahre später, im Jahr 2000, als der Film auf Grund der am Rande behandelten Jahrtausendwendethematik noch einmal in die Kinos kam, fällt einigen Kritikern die Verknüpfung der Medialitätsproblematik mit Aspekten wie „Endzeitstimmung, virtuelle Realitäten, epistemologische Spielereien und Selbstreflexivität“23 auf, aber auch erst, nachdem Filme wie Matrix, Fight Club, The 13th Floor und eXistenZ sie dafür sensibilisiert hatten.24

Das Spiel mit den Genremustern Strange Days ist eine düstere Vision einer im Vergleich zum Entstehungszeitpunkt 1995 nur um wenige Jahre in die Zukunft verschobenen Gesellschaft. Die Handlung setzt ein am 31. Dezember 1999, kurz vor dem Jahreswechsel zum neuen Jahrtausend. Der in Los Angeles spielende Film zeigt eine aus den Fugen geratene Welt: Auf den Straßen patrouillieren Polizei und Nationalgarde. Passanten werden auf offener Straße von Plünderern überfallen. In den Medien ist von Rassenunruhen die Rede, die jeden Augenblick eskalieren könnten. Und fast alle Szenen wurden nur nachts gedreht, wodurch die dunkle Atmosphäre des Films unterstrichen wird. Was auf den ersten Blick wie eine apokalyptische Vision anmutet, die man seit Blade Runner oder Alien aus gängigen Science-Fiction-Filmen kennt, folgt letzthin aber einer Dramaturgie, die sie nicht umstandslos ins Genre einreiht. Bereits die Komplexität der erzählten Geschichte lässt vermuten, dass es Bigelow trotz der kommerziellen Produktionsweise nicht darum ging, Strange Days als glatt inszenierten Hollywood-Blockbuster zu drehen. Der Film hat vier, nahezu unverbundene Anfänge, die jeweils für andere Genrezuordnungen stehen. Die erste, in der Presse viel beschriebene Eröffnungssequenz beginnt mit einem menschlichen Auge in Großaufnahme. Aus dem OFF hört man den Dialog: „Bist du soweit?“ „Ja, schmeiß’ es an!“ Dann folgt ein pixelig verzerrtes Bild, das Sekunden später scharf wird. Man sieht im Inneren eines fahrenden Autos die Hände eines Mannes, der auf der Rückbank sitzt. Er hält ein Gerät in den Händen, das an einen Walkman erinnert. Aus seiner Sicht erkennt man zwei weitere Männer auf den Vorder22 Vgl. Körte, Peter: „Neujahr in Armageddon“, in: Frankfurter Rundschau, 06.02.1996 23 Diestelmeyer, Jan: „Blick zurück in die Gegenwart“, in: epd-film, 1/2000, S. 47. 24 Vgl. ebd., S. 47. 240

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sitzen. Der eine stülpt sich einen Damenstrumpf über den Kopf und reicht dem Dritten auf der Rückbank einen Revolver. Als der Wagen hält, springen die Männer heraus und überfallen ein Restaurant. Sie sind aufgeregt und schubsen Personal und Gäste brutal vor sich her. Sie kassieren das Geld, sperren Mitarbeiter und Gäste in die Kühlkammer und wollen abhauen. Doch vor dem Ausgang steht ein Polizeiwagen. Einer läuft raus und den Polizisten direkt in die Arme. Die beiden anderen stürmen die Treppe hinauf. Der erste feuert mit dem Revolver und springt über die Dächer. Der andere – aus dessen Perspektive man das Geschehen sieht – folgt dem ersten. Doch sein Sprung ist zu kurz. Er versucht, sich zunächst am Dachrand festzuhalten. Sein Kumpel will ihm helfen. Aber er rutscht ab und stürzt nach unten. Man sieht den Sturz, der in einem abstrakten Fehlfarbenbild endet. Was wie ein Thriller beginnt, endet abrupt nach etwa dreieinhalb Minuten. Der Protagonist, aus dessen Sicht der Zuschauer das Geschehen verfolgte, scheint tot und aus dem Spiel genommen. Das zweite Mal beginnt der Film als Science Fiction. Das wird gleich deutlich, wenn Lenny ins Bild kommt, der eigentliche Protagonist des Films. Er reißt sich einen Apparat, eine Art Headset, vom Kopf und brüllt einen zweiten Mann, seinen Geschäftsfreund Tick, an: „Ich hasse diesen Filmriss, wenn sie abtreten; das versaut einem den ganzen Tag.“ Lennys ganze Existenz scheint von der SQUID-Technologie geprägt: „Ich bin ein Priester. Ich bin dein Psychiater. Ich bin der direkte Draht zur Seele. Ich bin der Magic Man. Der Weihnachtsmann des Unbewussten. Es gibt ´ne Menge Geld zu machen, ´ne Menge Träume zu verkaufen“, sagt Lenny. Der Zuschauer wird mit der Wendung der Geschichte unvermittelt konfrontiert; er erfährt im Folgenden etwas über die SQUID-Technologie, die zur Aufzeichnung von Erlebnissen unmittelbar in ihrer Verarbeitung durch das Hirn geeignet ist, die man an anderer Stelle wieder abspielen kann. Das neue Medium verheißt, an den körperlichen Erfahrungen anderer Personen teilhaben zu können, ohne sich selbst in die entsprechende Situation bringen zu müssen. Lenny, der ehemalige Polizist, schlägt sich als Dealer von sogenannten SQUID-Clips durch, immer auf der Suche nach neuen Kunden und neuem Material. Doch auch diese Sequenz endet nach wenigen Minuten. Der dritte Anfang des Films startet, als Lenny spät nachts von der Arbeit nach Hause zurückkehrt. Er gießt sich einen Drink ein, lässt sich aufs Bett fallen, kramt darunter einen Karton voller Clips hervor, die mit „Faith“ beschriftet sind. Einer wurde nur durch ein Augenpaar gekennzeichnet. Er legt ihn ein und nach einem kurzen, pixeligen Übergang erlebt er sich selbst bei strahlendem Sonnenschein mit seiner Ex-Freundin Faith. Sie

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albern auf Inline-Skatern auf einem Strandboulevard herum. Lenny ist unsicher auf den Rollen, Faith nimmt ihn bei der Hand, lächelt ihn und damit das Aufzeichnungsgerät an. Schnitt. Lenny und Faith in ihrem Appartement. Faith legt ihr Bikini-Oberteil ab, posiert für Lenny und dann gehen die beiden miteinander ins Bett, wobei die Aufzeichnung abbricht. Das vierte Mal beginnt der Film mit einem Handlungsstrang, der mit Lenny zunächst gar nichts zu tun hat. Er wird durch Iris, eine junge Frau, eingeleitet, die panisch in die U-Bahn flüchtet aus Furcht vor zwei Polizisten, die rücksichtslos um sich schießend alles daran setzen, sie tot oder lebendig zu fangen. Sie kann ihnen zunächst knapp entkommen. Im wieteren Verlauf der Handlung erfährt man, dass Iris eine Freundin von Faith war und für Philo Gent, einen Musikproduzenten, gearbeitet hat. Sie sollte einen seiner Musiker, Jeriko One, mittels eines SQUID-Headsets heimlich überwachen, da Gent befürchtete, dass er zu einem anderen Produzenten wechseln könnte. Nun war Jeriko One einem breiten Publikum durch die Medien nicht nur als schwarzer Musiker, sondern auch für sein öffentliches Engagement gegen Rassismus bekannt. Die Ermordung von Jeriko One findet daher ein breites öffentliches Echo in den Medien, wobei die konkreten Umstände der Tat zunächst rätselhaft bleiben. Offensichtlich hat Iris etwas damit zu tun, vielleicht durch eine SQUID-Aufzeichnung der Tat. In ihrer Angst versucht sie sich an Lenny zu wenden, den sie durch Faith kennt. Sie verpasst ihn jedoch knapp, wirft ein SQUID-Tape in Lennys Wagen und taucht unter. Mit dieser vierfachen Exposition wurden nun vier Handlungsstränge eingeführt, die ganz unterschiedlichen Genremustern entsprechen. Deutete der erste auf einen actiongeladenen Reißer hin, führte der zweite in ein düsteres SF-Szenario ein, der dritte in eine Liebesgeschichte, deren Scheitern wie im film noir bereits in der Luft liegt, und der vierte in einen Polit-Thriller mit gesellschaftspolitischer Relevanz. Bigelow bedient sich dieser Muster, verknüpft sie aber zu etwas Neuem. Während das SF-Szenario und die eingestreuten Action-Szenen den sorgsam inszenierten Hintergrund des Films bilden, prägen die politisch-brisante Ermordung Jeriko Ones einerseits und die privaten Probleme von Lenny andererseits den weiteren Verlauf der Handlung. Letztere stehen dabei im Vordergrund, da das Geschehen überwiegend aus Lennys Perspektive geschildert wird. Lenny, durch die SQUID-Aufzeichnungen in seinen Erinnerungen an Faith gefangen und selbst – wie ein Drogensüchtiger – abhängig von den Aufzeichnungen der eigenen Erlebnisse, glaubt, dass Faith ihn noch immer liebt, obwohl sie ihn schon vor langer Zeit verlassen hat. Doch Faith

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ist inzwischen die Geliebte von Philo Gent, der für ihre Karriere als Sängerin nützlich ist. Lenny versucht immer wieder, Faith zu treffen in dem Club, in dem sie auftritt, oder dringt gar bis in Philos Appartement vor. Er versucht sie – trotz Prügeleien mit Philos Schlägern – dazu zu bringen, Philo zu verlassen, was diese aber ablehnt. Faith ihrerseits ist eine Figur, die sich vor allem durch den Blick von anderen konstituiert. Auf den SQUID-Clips von Lenny blickt Faith ihm zwar in die Augen, aber wohl nur, weil sie weiß, dass sie wie eine Kamera funktionieren. Im Badezimmer wäscht sie sich nicht richtig, sondern kokettiert gleich mit Lennys Augen-Kamera. Faith: „Willst du mal zusehen oder mitmachen?“ „Mitmachen und zusehen.“ Das Bild wird in der gewohnten Weise verzerrt, dann scharf. Faith: „Ich liebe deine Augen, Lenny. Ich liebe die Art, wie sie sehen“, sagt Faith und konstituiert sich damit als Blickobjekt. Lenny, der sich Sorgen um Faith macht, bittet Max, einen Freund und ehemaligen Polizei-Kollegen, der jetzt als Privatdetektiv arbeitet, auf sie aufzupassen, was Max Lenny gerne vespricht. Lenny kommt von Faith einfach nicht los. Mace, eine alte Freundin von Lenny, will ihm helfen, indem sie ihm klarzumachen versucht, dass Faith ihn wirklich verlassen hat und er sein Leben ruiniert, wenn er weiter in der Scheinwelt der SQUID-Clips lebt, die Mace vehement ablehnt. Lenny hört zunächst nicht auf sie. Mace ist eine vom Leben gestählte Frau. Als Lenny noch bei der Polizei war, verhaftete er einst ihren prügelnden Mann, einen Drogendealer. Seither lebt sie als allein erziehende Mutter mit ihrem kleinen Sohn und verdient ihren Lebensunterhalt als Chauffeuse für einen Verleih von Luxuslimousinen und weiß, sich kampfsporterfahren ihrer Haut zu wehren. Als Lennys Wagen – mit dem Tape von Iris darin – wegen Falschparkens abgeschleppt wird, braucht er Mace als Fahrerin, um seine Geschäfte abzuwickeln und um zu Faith zu gelangen. Unterdessen findet Lenny zwei spektakuläre Tapes. Das eine zeigt die Vergewaltigung und Ermordung von Iris: Ein Killer, der seine eigene Aktion mit einem SQUID aufzeichnet, wobei er seine Identität sorgsam verdeckt, bricht in das Hotelzimmer von Iris ein. Auffällig ist dabei eine Art Farbfilter, der die Aufzeichnung beinahe monochrom wirken lässt und an s/w-Videos der 70er Jahre erinnert. Der Killer lähmt Iris mit einem Elektroschocker, schleift sie ins Bad und kettet sie an einen Handtuchhalter. Er verbindet ihr die Augen, legt ihr ein SQUID-Headset über den Kopf und verbindet es mit seinem eigenen Signalausgang. Iris sieht sich nun selbst aus der Perspektive des Killers. Dieser vergewaltigt sie

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nun, würgt sie dabei mit ihrem eigenen T-Shirt bis sie tot ist. Er öffnet ihr abschließend die Augen, zeichnet sich selbst im Spiegel ihrer Pupillen auf und zeigt mit den Händen ein Bildschirmsymbol. Lenny glaubt zunächst an einen perversen Einzeltäter und hofft insgeheim, dass es sich um Philo Gent handeln könnte. Das andere Tape zeigt die Ermordung von Jeriko One und seiner Freunde: Jeriko One ist in einem Cabrio mit einem Freund und zwei Frauen unterwegs. Sie werden von einer Polizeistreife angehalten. Die beiden weißen Polizisten zwingen die schwarzen Männer, sich hinzuknien. Es kommt zum Streit, der eskaliert. Die Polizisten, offensichtlich Rassisten, erschießen Jeriko One, seinen Freund und eine der Frauen; Iris, die die ganze Szene mit einem verdeckten SQUID aufzeichnet, kann entkommen. Mace, die die öffentliche Brisanz des Tapes erkennt, will es an die Medien weitergeben, doch Lenny will auch diese Aufzeichnung nur dazu benutzen, um Philo zur Rede zu stellen. Zu seiner Überraschung trifft er aber in dessen Appartment niemanden an und findet nur einen an ihn selbst adressierten Umschlag, der ein weiteres Tape enthält: Es zeigt offensichtlich die Vergewaltigung von Faith durch den unbekannten Killer, die genauso arrangiert ist wie die Ermordung von Iris: die Fehlfarben, das Anketten, das Überstülpeln des Headsets. Doch plötzlich ändert sich alles: Faith genießt den brutalen Akt und der vermeintliche Vergewaltiger ist sein Freund Max. Lenny ist wie elektrisiert. In einem anderen Zimmer entdeckt er Philo, der mit einem durch ein manipuliertes Headset verbranntem Gehirn geistesabwesend vor sich hinstiert. In dem Moment kommt Max mit vorgehaltener Pistole ins Zimmer und erklärt, dass er Lenny von Anfang nur benutzt habe, um Philo zu töten. Er habe ihn als Sündenbock gebraucht, weil die Ermordung von Philo aufgefallen wäre; dabei erschießt er Philo mit Lennys Waffe. Iris habe er nur getötet, um den Verdacht auf Lenny zu lenken. Faith sei schon lange mit ihm zusammen, erklärt er Lenny. Als Max Lenny erschießen will, geht Faith dazwischen. Max und Lenny ringen miteinander und Max stürzt dabei aus dem Fenster in die Tiefe und stirbt. Doch kaum ist er tot, rücken in der langen, atemlos inszenierten Schlusssequenz die beiden Polizisten wieder ins Bild – noch immer auf der Jagd nach dem Tape. Inmitten eines gigantischen Straßenfests zum Jahrtausendwechsel gelingt es schließlich Lenny und Mace, die beiden zu überwältigen. Danach liegen sie sich auch zum ersten Mal leidenschaftlich in den Armen.

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ERINNERUNG VERSUS GEDÄCHTNIS

Die SQUID-Technologie im Mediensystem einer apokalyptischen Welt In Strange Days wird der Alltag der Figuren von zahlreichen Medien bestimmt, die dem Stand unserer heutigen Medientechnologie entsprechen. Es sind dezente Technologien, die sich unauffällig in den Alltag integrieren und auch im Film beiläufig inszeniert werden, wenn z. B. Lenny auf der Suche nach Kunden mit dem Wagen durch die Stadt fährt und dabei Radio hört oder er morgens von einem Fernsehwecker mit den neuesten Nachrichten geweckt wird. Ganz anders verhält es sich mit der SQUID-Technologie, die allein schon durch die beschriebene Anfangssequenz spektakulär ins Zentrum des Films gerückt wird. Das SQUID tritt als Medium in Konkurrenz zu anderen Medien, es schiebt sich in den Vordergrund und scheint die anderen Medien in ihrer Bedeutung zu verdrängen. Die Menschen leben in einer albtraumhaften Welt, gegen die sie abgestumpft scheinen. Erst die SQUID-Technologie scheint die Protagonisten auch emotional zu berühren. Auf der Ebene der behaupteten Handlung wird die neue SQUIDTechnologie als Aufzeichnung sensorischer Wahrnehmungen präsentiert. SQUID steht als Kürzel für Super Conducting Interference Device – eine Technologie, die wie der Zuschauer erfährt ursprünglich vom FBI entwickelt wurde, um Zeugenaussagen besser überprüfen zu können. Die apparative Oberfläche der neuen Technologie ist unspektakulär. Ein menschlicher Träger kann sich ein dünnes Drahtgeflecht in Form eines Headsets auf den Kopf legen und dann mit Hilfe eines Zusatzgeräts, das von ähnlicher Größe wie ein Walkman in Körpernähe gehalten werden muss, Aufzeichnungen seiner sensorischen Wahrnehmung anfertigen oder aber die Aufzeichnungen anderer Personen abspielen und wie eigene erleben. Diese Clips oder Tapes genannten Aufzeichnungen vermitteln das Körpergefühl der aufzeichnenden Person. Ganz offensichtlich vermag das SQUID keine Gedanken aufzunehmen. Nur „reale“ Eindrücke werden gespeichert. Und diese sind vor allem visueller Art, wie in den inszenierten Innenansichten deutlich wird. Aus nicht näher geklärten Gründen ist der private Gebrach der SQUID-Technologie verboten und wird im Film ähnlich behandelt wie Drogenkonsum. Dabei bleibt unklar, warum dieses Verbot erlassen wurde. Ist es die Furcht vor Missbrauch? Hat man Angst davor, unbemerkt in die Initimsphäre anderer Menschen einzudringen und dort heimlich Aufzeichnungen anzufertigen? Oder ist es die moralische Anrüchigkeit, die der geliehenen Körpererfahrung einer anderen Person anhaftet,

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

vor allem, wenn es um gesellschaftlich tabuisierte Erfahrungen von Sex und Gewalt geht? Die SQUID-Technologie verheißt die Teilhabe an Erfahrungen, die man sich im wirklichen Leben versagt, weil sie mit Risiken verbunden sind: Gewalt gegen andere Menschen kann eigene Verletzungen oder gar den Tod zur Folge haben, Sex mit Fremden Krankheiten oder Streit mit dem festen Partner. Und voyeuristisch in die Intimsphäre anderer Menschen einzudringen ist nicht nur verboten, sondern auch technisch schwierig. „‚Streets are a warzone, Sex can kill you‘, sagt Lenny und artikuliert damit die Angst des (gehobenen) Mittelstandes, der lieber über das Internet kommuniziert, als sich ‚nach draußen‘ zu begeben.“25 Die SQUID-Technologie scheint in einer Welt, die von sozialer Ungleichheit und Rassendiskriminierung geprägt wird, die sich immer wieder in Straßenschlachten, Unruhen und Plünderungen entladen, wie das Versprechen einer zwar nicht erlösten, aber doch besseren, wenn auch nur imaginierten Welt.

Die SQUID-Clips – Innenansichten von technisch gespeicherter Erinnerung Obwohl behauptet wird, dass grundsätzlich alle sensorischen Wahrnehmungen aufgezeichnet werden, also das Sehen ebenso wie das Hören, Schmecken, Fühlen und Riechen, ist die Inszenierung dieser Technologie eindeutig auf das Sehen ausgerichtet. Das wird etwa in den Szenen deutlich (0.07), in denen Lenny neue Kandidaten für eine Aufzeichnung zu gewinnen versucht. Man sieht zunächst einen Clip: Eine nackte Blondine rückt ins Bild; erst dann erkennt man, dass sie sich zu einer zweiten Frau legt. In der Kneipe während der Nachbesprechung sagt Lenny: „Du musst deine Augen langsamer bewegen, viel viel langsamer, so als ob du mit deinen Augen Liebe machen würdest.“26 Die SQUID-Clips enthalten nicht nur immer wieder Schlüsselszenen, die die Handlung vorantreiben und besitzen also ein dramaturgisch hohes Gewicht, sondern sie dienen zugleich immer auch der Verdeutlichung der verschiedenen Facetten der SQUID-Technologie. Auffällig ist, dass sie jeweils Menschen in Grenzsituationen zeigen. Sie führen damit die

25 Kirste, Katja: „Körpereinzsatz. Gewalt als Grenze des Mediums in Strange Days“, in: Kienast, Welf/Struck, Wolfgang (Hrsg.): Körpereinsatz. Das Kino der Kathryn Bigelow. Marburg 1999, S. 124–154 hier S. 127. 26 „You got to move your eyes slower next time, honey, much slower, like you’re making love with your eyes.“ Zitiert nach ebd., S. 130. 246

ERINNERUNG VERSUS GEDÄCHTNIS

Möglichkeit des medialen Schauens an eine Grenze, die nicht mehr allein durch die Technik definiert wird. Allen Clips gemeinsam ist die Einleitung durch eine inszenierte Bildstörung, d. h. die Bilder sind am Anfang in pixelige Quadrate aufgelöst, die erst allmählich verschwinden und ein scharfes Bild ergeben. Gemeinsam ist ihnen auch die subjektive Perspektive, die mittels einer „subjektiven Kamera“ dargestellt wird. Es gibt insgesamt acht Clips: 1. Die bereits beschriebene Eingangssequenz mit dem Überfall auf das Restaurant, der mit dem Tod des Aufzeichnenden endet (0.00–0.03). Die Todesszene verdient eine genauere Betrachtung: Nach dem ersten Eindruck einer zerstörten Bildsequenz werden bei hinreichender Verlangsamung in der Einzelbildschaltung Bildkonstruktionen sichtbar, die an abstrakte Malerei erinnern und dann hin zu computergenerierten, fraktalen Grafiken aufgelöst werden. 2. Ein lesbischer Akt (0.07) wie oben erwähnt. Er dient der Demonstration der technischen Möglichkeiten des SQUID, in dem die Klischees pornographischer Darstellung aufgebrochen werden. 3. Der Clip zeigt Lenny und Faith beim Inline-Skating auf einem Strandboulevard, anschließend im Zimmer und beim Sex wie oben beschrieben (0.12–0.16). 4. Lenny schenkt einem befreundeten Diskjockey, der an den Rollstuhl gefesselt ist, einen Clip, der laufende Beine am Strand zeigt – das Gefühl des Laufens (0.42). 5. Die Vergewaltigung und Ermordung von Iris (0.51–0.56). 6. Aufnahme vom schlafenden Lenny. Wieder ein Farbfilter, der auf den Killer hindeutet, der nun in Lennys Appartment eindringt, den schlafenden Lenny beobachtet, ihn mit einem Messer leicht am Hals ritzt – als Warnung – und dann wieder verschwindet (1.09–1.11). 7. Die Ermordung von Jeriko One (1.24–1.27). 8. Die scheinbare „Vergewaltigung“ von Faith (1.51–1.56). Darüber hinaus gibt es drei Szenen, die aus dem normalen Erzählfluss herausspringen, d. h. keine SQUID-Clips darstellen, wohl aber subjektive Sichtweisen von Protagonisten: 1. Die Erinnerung von Mace an die Verhaftung ihres Mannes (1.08); auch diese Sequenz wird durch Bildstörungen eingeleitet, die sich aber von denen der SQUID-Clips unterscheiden: Die Figuren scheinen sich schneller als normal zu bewegen und ihre Bewegung „Schlieren“ zu hinterlassen.

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

2. Die subjektive Sicht des lobotomisierten Tick (1.31), die in einem hier nicht näher erläuterten Seitenstrang der erzählten Handlung kurz dargestellt wird und die aus einer Flut von grell farbigen, undeutlichen Bildern besteht, ebenso wie: 3. Die subjektive Sicht des lobotomisierten Philo (1.56).

Kontrolltechnologie außer Kontrolle Die Errettung der äußeren Wirklichkeit, wie sie Kracauer im Film erblicken mochte, wäre mit der SQUID-Technologie in Perfektion möglich, doch wird die Intention dabei auf den Kopf gestellt: Die technischsensorische, perfektionierte Kopie der Welt führt dazu, dass man sich immer vollkommener vor ihr verschließt. Lenny nimmt die Welt so hin, wie sie ist. Sie berührt ihn nicht mehr. Und selbst der Kontakt mit der wirklichen Faith ist nur noch traurig und kann mit der digitalen Kopie nicht mithalten. Die Welt wird durch die SQUID-Technologie ausgeblendet und auf eine sensorische Nervenstimulation reduziert. Für die Polizei hat diese Technologie nur begrenzten Wert: Sie ist damit zwar als Beobachter omnipräsent, aber als Akteur ohnmächtig, da sie kaum mehr einzugreifen vermag. Sie ist zur quasi militärischen Präsenz gezwungen und verliert in zunehmendem Maße das Interesse an den Details der Überwachung, verhüllt schließlich sogar das eigene Tun, das Partei nimmt im schwelenden Rassenkonflikt. Bigelow überspitzt hier nur die bekannten Szenen, in denen Rodney King von Polizisten zusammengeschlagen und dabei von einem Amateur auf Video aufgenommen wurde. Die Dramaturgie der SQUID-Technologie zeigt somit eine letzthin außer Kontrolle geratene Überwachungstechnologie. Machtverhältnisse können mit dieser Technologie ebenso verstärkt wie unterminiert werden. Einerseits: Wer schützt die Bürger davor, illegal ausspioniert zu werden? Andererseits: Was nutzen ausgefeilte Technologien in einer Welt, in der die staatliche Autorität auf dem Rückzug ist und in der die Polizei gegen die Gewalt auf der Straße machtlos scheint? Der Wunsch nach umfassender Überwachung und nach dem Eindringen in die Intimsphäre der Mitmenschen entspringt dem gleichen voyeuristischen Begehren. Es ist der Wunsch mit Blicken das Gesehene beherrschen und kontrollieren zu können. Voyeurismus ist also nicht nur ein Spiel mit der Macht, mit den Opfern des Blickterrors oder mit Manipulationen, die von den Angesehenen selbst ausgehen. Vielmehr ist Voyeurismus und Exhibitionismus in diesem Kontext ein Instrument der Selbstvergewisserung. Sieht man von den besonders pervertierten, kriminellen 248

ERINNERUNG VERSUS GEDÄCHTNIS

Formen zunächst ab, dann zeigt der alltägliche Voyeurismus der SQUIDClips nur eine Form, sich der eigenen Erfahrungswelt zu vergewissern: Es gibt nichts Neues, Unbekanntes, was in die eigene Erfahrungswelt nicht integriert werden könnte. Je unsicherer gesellschaftliche Zustände sind, desto wichtiger wird das Gefühl, alles schon einmal erlebt zu haben. Die dysfunktionale Darstellung der SQUID-Clips ist mit einer radikalen subjektiven Perspektive verbunden, d. h. einer subjektiven Kamera, die eine Abstraktion vom Subjekt eigentlich unmöglich macht. In Strange Days ist die subjektive Sicht jedoch nicht allein auf die Hauptfigur konzentriert; der SQUID-Technologie geschuldet, die gerade die Aufzeichnung und Weitergabe von subjektiven Erfahrungen ermöglicht, gibt es eine Vielzahl von verschiedenen subjektiven Perspektiven, die jeweils anderen Figuren zugeordnet sind bzw. durch die Sichtung fremder Aufzeichnungen jeweils eine andere geliehene subjektive Perspektive darstellen. Eine Dramaturgie des subjektiven Zweifels wird damit ad absurdum geführt: Je perfekter die technische Aufzeichnung von Subjektivität, desto austauschbarer ist das Subjekt, was den Zweifel letzthin irrelevant werden lässt und damit das Subjekt zum Verschwinden bringt. Dabei stellt sich im Kontext der technisch perfekten Bilder die Frage nach Authentizität und Manipulierbarkeit. Obwohl Bigelow – ausdrücklich, wie es beinahe scheint – die Frage nach der technischen Manipulation von Aufzeichnungen ausgrenzt, stellt sich die Frage vielleicht gerade deswegen um so radikaler: In einer Welt, in der das Bild nicht in Frage gestellt, ja sogar zum polizeilichen Beweis aufgewertet wird, wirken sich Manipulationen umso verheerender aus. Gerade die geschickt von Max eingefädelte Intrige zeigt, dass es nicht nur um technische Manipulation geht, sondern auch um die Ausnutzung eines Kontextes. Jede Form der Aufzeichnung zeigt nur einen Ausschnitt von Wirklichkeit, so authentisch diese Aufzeichnung auch sein mag. Was dieser Ausschnitt zeigt, wird erst klar, wenn man den Kontext kennt. Lenny arbeitet so unversehens nicht allein nur als Detektiv in eigener Sache, sondern wird zum Hermeneutiker, der den Kontext rekonstruieren muss, um die Bilder zu verstehen. Die Kriterien für die Plausibilität der Bilder erschließen sich dabei über die inszenierten Dysfunktionen. In Strange Days wird zur Vergewisserung jedes Tape auch angeschaut – nur die Rede darüber reicht nicht aus; so zwingt Lenny Mace, sich den Clip über die Ermordung von Jeriko One anzuschauen. Indizien für Authentizität sind Dysfunktionen: Die Todesszene vom Anfang wird durch den Sturm von defekten Bildern beglaubigt – ebenso wie die Lobotomisierung von Tick und Philo. Auch der Killer hinterlässt seine Signatur in Form einer Störung: Alle von ihm

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

aufgezeichneten Clips weisen einen monochromatisch wirkenden Fehlfarben-Defekt auf, der – wie man später erfährt – auf dessen Farbenblindheit zurückzuführen ist. Die neue Technologie ist auch mit einer veränderten „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ verbunden, die sich nunmehr auf Sex und Gewalt jeweils in Todesnähe richtet – der einfache Gewalt- oder Sexclip interessiert kaum noch. Wie Miniaturkameras gelingt es der neuen Technologie unbemerkt in die Privat- und Intimsphäre der Menschen einzudringen und zu deren heimlichen Zeugen zu werden. Damit erhält der Aspekte der Überwachung und Kontrolle einen privaten, fast intimen Zug. Kontrolle ist auch das Thema des Protagonisten. Er versucht sein Leben dadurch zu steuern, dass er kontrolliert seine aufgezeichneten Erinnerungen abspielt und damit an einer Art geborgter Wirklichkeit teilhaben kann, die in dieser Form längst vergangen ist. Die digital gespeicherte Erinnerung ist zwar kontrolliert verfügbar, dennoch bringt sie das Leben des Protagonisten aus der Bahn, weil sie einer lebendigen, dynamischen Auseinandersetzung mit der Realität entgegensteht und damit auch Veränderung und Vergessen. Je perfekter das festgehaltene Bild, desto mehr wird die „errettete“ äußere Wirklichkeit zu einer technisch erstarrten Erinnerung, die aus dem Wahrnehmungshorizont ausgesperrt bleibt.

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KAPITEL 6 IMMERSION ALS STRATEGIE Betrachtet man sich die Entwicklung der internationalen Medienindustrie seit den 80er Jahren, dann fällt mit fortschreitender Zeit ein Phänomen immer stärker auf, das bis dahin nur eine marginale Rolle spielte: Die Produktion von Video- und PC-Spielen, im Folgenden kurz Computerspiele genannt, die sich neben Medien wie Kino und Fernsehen als eigenständiger Branchenbereich etablieren und in den 90er Jahren schließlich ein Umsatzvolumen erreichten, das jenes der Spielfilmproduktion übertrifft. Diese Entwicklung lässt sich jedoch nicht als isoliertes Phänomen beschreiben, sondern fügt sich ein in eine immer weiter fortschreitende Ausdifferenzierung und Verlängerung von Distributionsketten, die eine transmediale Auswertung von Stoffen und damit auch von Urheberrechten betreiben. Die von Oskar Negt und Alexander Kluge einst in den 70er Jahren beschriebene Industrialisierung des Kopfes, also der gezielten Ausbeutung des Freizeitverhaltens der Konsumenten, hat in den 80er und 90er Jahren eine Dimension erreicht, die sich mit der von Negt und Kluge gewählten Formulierung des Medienverbunds kaum mehr hinreichend beschreiben lässt. Vielmehr scheint es, als seien Medien zu einem System zusammengeschlossen, das einer eigenen Dynamik folgt, die jener eines globalisierten Wirtschaftssystems in nichts nachsteht und den Alltag der jeweiligen nationalen Gesellschaften überformt. Dieses System wird von zahlreichen, unterschiedlichen Medien getragen, vom Kino über das Fernsehen (um nur einige wenige zu nennen) bis hin zum Computer, der seit den 80er Jahren tatsächlich in der öffentlichen Debatte auch als Medium aufgefasst wird. Bis dahin wurde der Computer vor allem im Kontext der Diskussion über künstliche Intelligenz verortet, was aber im Zuge seiner Etablierung im Alltag breiter Bevölkerungsschichten in den Hintergrund tritt.1 Das massenhafte Vordringen des Computers ins Alltagsleben wird deutlich etwa an der Entwicklung des PCs Anfang der 80er Jahre, an der Etablierung des

1

Erst in jüngster Zeit wird das K.I.-Thema wieder aufgegriffen von Filmen wie A.I. oder I, robot. 251

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Internets als Kommunikationsmittel in den 90er Jahren und nicht zuletzt durch die Verbreitung von Computerspielen. In der Diskussion über den Computer werden unterschiedliche Aspekte betont wie etwa die Vernetzung, die Möglichkeit, der Konstruktion virtueller Welten, der Simulation, Interaktion und Partizipation, die Omnipräsenz der Technologie, die neuen Kommunikationsmöglichkeiten etc. Entsprechend entwickeln sich dystopische und utopische Vorstellungen vom Funktionieren des Computers, die einige Autoren dazu veranlassen, neue Möglichkeiten des menschlichen Miteinanders und eine Weiterentwicklung der Demokratie zu sehen2 oder aber ein Ende der von Menschen kontrollierten Zivilisation, die Negation des menschlichen Körpers und die Etablierung einer Maschinenkultur zu befürchten. Von besonderer Prägnanz erweisen sich Debatten, die sich auf den Aspekt des Spielens konzentrieren. „Es ist das Phänomen des Spiels, welches unseren Umgang mit der neuen Technologie bestimmt. Die neuen medientechnisch generierten Räume bzw. virtuellen Welten sind mediale Festbühnen, die sich als potentielle Spielräume anbieten; ihre Spezifik nimmt mit der Art und Weise ludischer Gestaltungsmuster ihren Anfang. Den Ausgangspunkt dieser Betrachtung bilden die aktuellen Erscheinungsformen der Computertechnik als Medien, als Wunsch- und Simulationsmaschinen sowie als Apparate zur Erzeugung virtueller Szenarien. Der interaktive Umgang, zu dem sie einladen, wird von Zügen des Spiels bestimmt und bestärkt die Annahme, daß das Spiel die Handlungsweise schlechthin sei, sich in Simulationen zu bewegen.“3 Tatsächlich liegen diesen Debatten – wie Winkler in Docuverse zeigt4 – immer wieder Wunschvorstellungen zu Grunde. Ganz gleich, ob in einer dystopischen oder utopischen Form, immer steckt hinter dem visionären Szenario eine Wunschvorstellung eines Mediums, das mit seinem tatsächlichen Funktionieren keineswegs identisch ist. Die Wunschkonstellation, die sich hier zunächst zeigt, ist das Spiel als Fluchtpunkt, als eine Art Zwischensphäre, in der sich der Mensch ausprobieren kann. Auffällig ist nun bei der Debatte um Computerspiele, dass sie diskursiv zunächst im Kontext von militärischen Simulationen verortet

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Vgl. Lévy, Pierre: L’intelligence collective. Pour une anthropologie du cyberspace. Paris 1994 (Deutsch: Die kollektive Intelligenz. Für eine Anthropologie des Cyberspace. Köln 2000). Adamowsky, Natascha: Spielfiguren in virtuellen Welten. Frankfurt am Main 2000, S. 18. Vgl. Winkler 1997. 252

IMMERSION ALS STRATEGIE

werden.5 Entsprechend der Analyse der besonderen Qualitäten des Computers werden auch sie unter den Begriffen Virtualität und Simulation konnotiert und analysiert. Das Spiel steht damit auf einer Stufe mit konsequenzvermindertem Probehandeln wie es aus militärischen Planspielen (Manövern, Simulationen) oder industriellen Kontexten (Konstruktionsstudien) bekannt ist. Militärische Aspekte spielen jedoch bei den beobachteten Kinofilmen ebenso wenig eine zentrale Rolle wie andere in der öffentlichen Debatte über Computerspiele favorisierte Themen wie die exzessive Gewaltdarstellung, Jugendschutz etc.6 Anstatt auf die Motive, Geschichten oder Genrekonventionen (die in Computerspielen und im populären Kino oft austauschbar sind) einzugehen,7 visieren die Filme eher die spezifische Funktionsweise der Computerspiele, d. h. ihre Eigenschaft, den User zu fesseln und oft über Stunden an das Spiel zu binden. Damit fassen sie nicht allein nur eine technische, sondern auch eine ökonomische Funktion der Spiele. Zielten Computerspiele zunächst auf juvenile Randgruppen, die sich als Avantgarden am Test von technischen Fertigkeiten versuchten, verbreiteten sie sich in den 80er und 90er Jahren jedoch rasch bei einem Massenpublikum durch ein aufgepepptes audiovisuelles Design, das hinreichenden Spiel-Komfort zur Verfügung stellt, um auch breitere Mainstream-Gruppen erreichen zu können.8 Dabei spielt die Einbindung, die Immersion von Usern eine große Rolle, d. h. die Fähigkeit, sich über Stunden dem Spiel zu widmen, gegebenenfalls – so die neueren Tendenzen – über Online-Gaming sich in virtuellen Welten möglichst lange zu bewegen, wobei die verbrauchte Online-Zeit letzthin in Rechnung gestellt wird.9

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Vgl. Pias, Claus: Computer Spiel Welten. München 2002. Vgl. Fritz, Jürgen/Fehr, Wolfgang (Hrsg): Handbuch Medien: Computerspiele. Theorie. Forschung. Praxis. Bonn 1999. Vgl. auch Krambrock, Ursula: Computerspiel und jugendliche Nutzer. Hermeneutische Deutungsversuches des Adventure-Computerspiels und seiner jugendlichen Nutzer und Nutzerinnen. Frankfurt am Main 1998. Tatsächlich wurde und wird die Diskussion über Computerspiele häufig von diesen eher literaturwissenschaftlich konnotierten Kategorien bestimmt. Vgl. dazu auch Ästhetik & Kommunikation, Heft 115, 2001 (Thema: Computerspiele). Vgl. Walter, Klaus: Grenzen spielerischen Erzählens. Spiel- und Erzählstrukturen in graphischen Adventure Games. Siegen 2001. Vgl. z. B. das Spiel WarCraft. 253

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Im Kampf um das knappe Freizeitpotenzial von Konsumenten stellen Computerspiele inzwischen eine ernsthafte Konkurrenz zum Kino dar, zumal sich Zielgruppen teilweise direkt überschneiden. Die Reaktionen des Kinos auf Computerspiele sind differenziert und sollen hier auch nicht im Einzelnen rekonstruiert werden. Drei Modelle sind dabei leitend: 1. Computerspiele greifen Vorlagen aus dem Kino auf, modizifieren oder entwickeln diese weiter zu eigenständigen Computerspielen wie dies etwa bei Star Trek oder Star Wars der Fall war. 2. Computerspiele werden zu Vorlagen für Kinofilme wie etwa im Fall von Tomb Raider oder Blade. 3. In einigen seltenen Fällen versuchen Kinofilme auch, sich mit der Problematik des Computerspiels als solchem auseinandersetzen; dazu zählen auch die hier beobachteten Filme: Nirvana, eXistenZ, The 13th Floor und Matrix, auf die gleich noch näher eingegangen wird. Die Mediendarstellung der in den 90er Jahren gedrehten Filme haben eines gemeinsam: Sie projizieren computergenerierte virtuelle Welten, Realitätssimulationen, in denen sich die Protagonisten zu verlieren drohen. Damit rücken sie ab von einer Mediendarstellung, die auf bestimmte Funktionen hin betrachtet wurde. Die Filme argumentieren umfassender, philosophischer, wenn man so will. Epistemologische Fragen stellen sich in größerer Schärfe als je zuvor. Sie weisen damit auf eine Reihe von Entwicklungen hin, die sich im Zuge der Perfektionierung digitaler Technologien vollzogen haben: insbesondere die Weiterentwicklung von Computerspielen und netzbasierten simulierten Welten bilden dabei den Projektionshorizont der kinematographischen Darstellung von futurischen Medien. Von Nirvana abgesehen, wird in den Filmen kein konkretes Medium mehr dargestellt, sondern die dargestellte Realität selbst ist das Medium oder zumindest dessen Innensicht. Nirvana thematisiert diesen Übergang zu einer totalen Immersion mit konventionellen Mitteln: Man sieht, in welche Konflikte der Entwickler von Computerspielen gerät, aber auch, welche Eigendynamik Computerspiele zu entfalten scheinen.

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IMMERSION ALS STRATEGIE

Innenansichten des neuen Mediums In den beobachteten Filmen findet ein Ausbruch der Figuren der virtuellen Welt in die Realität wie in Virtuosity nicht statt. Auch dringen die Figuren der „Realitätsebene“ nicht direkt in das Spiel ein (wie in Tron), können es aber durch Anweisungen teilweise beeinflussen. Ihre Immersion in den Computer nimmt andere Formen an, die ästhetisch zwar denen der Spielebene angenähert sind, sich aber signifikant davon unterscheiden (dabei jedoch auf konventionelle Muster zurückgreifen). Die Darstellung von futurischen Medien ist immer eine kinematographische Projektion. Die Darstellung des Mediums erfolgt dabei immer in Bezug auf die handelnden Protagonisten, die Subjekte des Films. Erst in der Darstellung ihres Erfahrungshorizonts erschließen sich wesentliche Dimensionen futurischer Medien, die einer Darstellung allein der apparativen Oberfläche verschlossen bliebe. Die Grenzerfahrungen der Protagonisten sind somit das zentrale Moment, an dem die Wirkungs- und Funktionsweise von Medien deutlich, genauer gesagt überhaupt darstellbar werden. Die Grenzerfahrungen der Protagonisten kreisen um völlige Immersion, d. h. ihre gesamte Realitätswahrnehmung wird von Medien geprägt. Ihre Realität ist das Medium (d. h. die vom Medium generierte Realitätssimulation). Die Darstellung der Medien im Film erfolgt meist aus einer Innensicht. Apparative Oberflächen werden zwar in Ausnahmefällen dargestellt, erweisen sich jedoch auf einer weiteren Ebene gleichfalls als Innensicht und somit als Konstruktion (eXistenZ, The 13th Floor auch Matrix). In Nirvana liegt der Fall komplexer, letzthin ist es aber auch eine Innensicht. Die beobachteten Filme zeichnen sich durch die Projektion eines Supermediums aus, das nicht nur alle anderen Medien umfasst, sondern die gesamte Realität. Es gibt praktisch nichts mehr, was von diesem Supermedium nicht eingeschlossen würde, also nicht – zumindest nicht mit Sicherheit – eine Außenwelt; entsprechend konsequent kann der Film immer nur Innenansichten dieses Supermediums darstellen. Außer in Nirvana findet sich diese Art der Konstruktion in eXistenZ, Matrix und The 13th Floor. Nirvana differenziert zwar noch zwischen einer Innenund einer Außenwelt, allerdings werden auch hier die Übergänge fließend. Dabei verblüfft an der Projektion ein durchgehendes Interpretationsraster, das mit der Allumfassendheit des Supermediums auch eine gewisse Allmacht oder zumindest eine sehr umfassende Machtfülle postuliert.

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Das Supermedium ist Teil einer Herrschaftsstrategie, wobei allerdings nicht allein die Allmacht seiner Einflusssphäre entscheidend ist, sondern die Fähigkeit zur Immersion, und d. h. auch zur Integration von immer neuen und weiteren Bereichen der Wirklichkeit, die zuvor als Kritik an Realität, als kritische oder andere Realität konzipiert wurden. Eine zentrale Stellung kommt dabei dem inszenierten Widerspruch zwischen Sein und Schein zu.

Der Widerspruch zwischen Sein und Schein als dramaturgische Strategie der Immersion In allen Filmen geht es um den Widerspruch zwischen Sein und Schein, zwischen Traum und Realität, zwischen (Wunsch-)Denken und Wirklichkeit, zwischen sicherem Wissen und unsicheren menschlichen Erkenntnismöglichkeiten. Der Diskurs darüber (z. T. unter verschiedenen Bezeichnungen geführt wie Skeptizismus, Anti-Skeptizismus, Epistemologie, Erkenntnistheorie etc.) ist so alt wie die Geschichte des Denkens selbst. Schon seit dem fünften vorchristlichen Jahrhundert finden sich Überlieferungen der griechischen Skeptiker wie Pyrrhon von Elis, Arkesilaos, Karneades und Kleitomachos, die grundlegende Zweifel an sicherem Wissen und den menschlichen Erkenntnismöglichkeiten formulierten, die zugleich auch das Fundament der Überlegungen der Anti-Skeptiker bildeten wie etwa von Platon, der im Höhlen- und Liniengleichnis die Problematik aufnimmt, ihr aber eine andere Wendung gibt, wie auch von René Descartes und Hilary Putnam in ihren Gedankenspielen, um nur einige wenige hier zu nennen.

Putnams Bezugnahme-Problem Putnam ist insofern auch erwähnenswert, da er noch eine Variante des Problems mit ins Spiel bringt, die man verkürzt das Bezugnahme-Problem nennen könnte. Putnam reformuliert damit nicht allein ein erkenntnistheoretisches Problem, sondern denkt es auch neu im Hinblick auf datenverarbeitende Maschinen. Dabei bezieht er sich auf den sogenannten Turing-Test, der, so Putnam, als Nachweis für ein eigenständiges Bewusstsein einer künstlichen Intelligenz gilt. Dieser Nachweis sei erbracht, wenn man in einem Gespräch mit einem Computer und einer menschlichen Person, die man nicht kennt, nicht unterscheiden könne, welcher der Gesprächspartner die Person und welcher der Computer ist.

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IMMERSION ALS STRATEGIE

Einem Computer, der diesen Test besteht, könne Bewusstsein zugesprochen werden.10 Diesem Test hält nun Putnam den sogenannten „Turing-Bezugnahme-Test“11 entgegen – ein letzthin erkenntnistheoretisches Problem, das darin besteht, nicht nur eine ontologische Differenz zwischen Mensch und Maschine zu behaupten (es wäre trivial zu begründen, warum ein Mensch Erdbeeren mit Schlagsahne mag, eine Maschine dagegen nicht), sondern deren unterschiedliche Art der Bezugnahme genauer zu untersuchen. Es geht dabei nicht um die Frage, ob der Computer ein eigenständiges Bewusstsein hat oder nicht, sondern darum, ob für einen menschlichen oder einen maschinellen Gesprächspartner die bei der Konversation verwendeten Begriffe die gleiche Bedeutung haben, ob sich die Begriffe auf die gleiche Vorstellung beziehen, mithin also eine vergleichbare Bezugnahme vorliegt. Selbst wenn der Computer den Turing-Test bestehen würde, könnte es immer noch ein Apparat sein, der nichts anderes gelernt hat, als mit Sätzen derart geschickt umzugehen, dass wir denken, es handele sich um einen Menschen. Doch: „Was wir vor uns haben, ist ein Apparat zur Erzeugung von Sätzen in Reaktion auf Sätze. Doch keiner dieser Sätze ist überhaupt mit der wirklichen Welt verbunden.“12 Dieses Bezugnahme-Problem lässt sich nun nicht nur – wie Putnam weiter ausführt – am Beispiel des Computers aufzeigen, sondern etwa auch an dem einer Ameise, die zufällig das Porträt von Winston Churchill in den Sand zeichnet oder an dem einer außerirdischen Zivilisation, die zufällig in den Besitz eines Fotos von irdischen Bäumen gelangt, obwohl auf deren Planeten so etwas wie Bäume völlig unbekannt sind. Es kommt also nicht darauf an, ob so etwas wie Bewusstsein oder Intelligenz vorhanden ist oder nicht. Das von Putnam aufgeworfene Turing-Bezugnahme-Problem stellt sich im Kontext der beobachteten Filme vor allem im Hinblick auf computergenerierte Figuren, die von den Protagonisten „gespielt“ werden, sogenannte Avatare. Anders als von einigen Medientheorien postuliert, 10 Vgl. Putnam, Hilary: „Gehirne im Tank“, in: Grundmann, Thomas/Stüber Karsten (Hrsg.): Philosophie der Skepsis. Paderborn, München/Wien/Zürich 1996, S. 227–250 hier S. 236 (Deutsche Teilübersetzung vom Original: „Brains in a Vat“, in: Putnam, Hilary: Reason, Truth and History. Cambridge 1981). Putnam bezieht sich dabei auf: Turing, Alan M.: „Kann eine Maschine denken?“, in: Zimmerli, Walter Ch. (Hrsg.): Künstliche Intelligenz. St. Wolf/Stuttgart 1994, S. 39–78 (Original: „Computing Machinery and Intelligence“, in: Mind. 1950). 11 Putnam 1996, S. 237. 12 Ebd., S. 238. 257

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

geht es dabei nicht um das Verschwinden des Körpers (die mit einer Betonung der Körperlichkeit einhergeht), sondern darum, inwiefern eine Figur, die „Ich“ sagt, als eigenständiges und darum auch als wirkliches Wesen aufzufassen ist wie etwa Solo in Nirvana oder die Protagonisten von The 13th Floor.

Zur Organisation von Immersion In den Filmen Nirvana, eXistenZ, The 13th Floor und Matrix werden Fragen nach dem Sein und dem Schein der Welt ins Zentrum der Dramaturgie gerückt. Nicht allein die Identität der Protagonisten wird fraglich, sondern die Gültigkeit jeder Form der Wahrnehmung. Dabei wird die Frage nach Sein und Schein jedoch nicht ernsthaft auf einer philosophischen Ebene verhandelt, sondern dient als Mittel der Dramaturgie um Immersion zu organisieren, also ein Eintauchen in die fiktive Welt der kinematographischen Projektion. Der Zweifel an der Realität, an der Wahrnehmung und mithin an der eigenen Identität sind dramaturgische Mittel, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers fesseln und in das Geschehen hineinziehen. In Nirvana werden epistemologische Fragen eher pragmatisch verhandelt und treten hinter die Fragen nach der Identität zurück: Joystick braucht neue Augen, um besser sehen zu können, Naima braucht Erinnerungen, Solo jemanden, der ihn abschaltet etc. Der Zweifel an der eigenen Identität ist jedoch zugleich immer auch technisch generiert und ist damit auch einer an Medientechnik. Insofern konfrontiert Nirvana die Protagonisten mit der technischen Bedingtheit der eigenen Existenz. Nirvana fragt nicht nach dem Problem der Simulation und ob diese sich von der Wirklichkeit unterscheidet, sondern es geht darum, welcher Art der Existenz Wirklichkeit zugesprochen werden muss: Man begegnet in Nirvana verschiedenen Seinsformen menschlicher Existenz: a) dem Protagonisten Jimi, der als normaler Mensch vorgestellt wird und als Hacker in Programmwelten mittels eines Avatars vordringen kann b) Naima, die jegliche Erinnerung verloren hat, sich aber mit elektronischen Erinnerungen von anderen Personen eine Vergangenheit leihen kann, c) Lisa, die ihre körperliche menschliche Existenz aufgegeben und ihre Erinnerungen und ihre Persönlichkeitsstruktur digital abgespeichert hat, d) Solo, ein Avatar, der eine Art Selbstbewusstsein entwickelt (was vom Programm nur als Störung interpretiert werden kann). In eXistenZ wird die Frage nach einem Traum, aus dem man nicht mehr erwacht, nach der Ununterscheidbarkeit von Sein und Schein, von

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Wirklichkeit und Simulation als blutiges Spiels inszeniert, das sich durch eine kunstvoll geschachtelte Erzählkonstruktion über mehrere Ebenen erstreckt, von denen jede eine tiefgründigere Form der Realität oder eben eine weitere Ebene des Spiels zu sein scheint. Je mehr die Protagonisten an ihrer Realität zweifeln, je mehr sie also davon überzeugt sind, nur Teile eines perfiden Spiels zu sein bzw. dass ihre Spielebene nur Teil eines weiteres Spiels ist, desto mehr verstricken sie sich in das Spiel selbst. In The 13th Floor stellt Josef Rusnak nicht nur die Frage nach Sein und Schein, wie die anderen Filme, sondern es geht ihm um die Frage nach der Moral. Nicht Epistemologie ist das Ziel, sondern die Frage nach dem richtigen Handeln. Darf man töten, was man erschaffen hat, obwohl die Kreaturen eine gewisse Selbständigkeit, gar ein eigenes Selbstbewusstsein zu haben scheinen? Damit berührt Rusnak durchaus eine ähnliche Frage wie in Nirvana – denkt man an die Figur des Solo –, doch zugleich wird Identität hier nicht nur als epistemologisches Problem verstanden, sondern eben als moralisches. Je mehr die Figuren über die Grenzen ihrer (jeweils medial generierten) Realität nachdenken, desto stärker werden sie in Fragen nach dem richtigen Handeln verstrickt. Auch hier dient der Zweifel an medial generierten Wirklichkeitsentwürfen der Immersion, die im Kern auf moralische Fragen verweist. In Matrix gibt es zahlreiche Anspielungen auf philosophische, literarische und religiöse Vorbilder, die – so sie einander nicht sogar widersprechen – zumindest auf eine gewisse Beliebigkeit bei ihrer Zusammenstellung schließen lassen. So als bemühe man sich in einem postmodernen Bauchladen für den Massengeschmack jedem irgendetwas zu bieten, finden sich Hinweise auf Baudrillard, auf Alice in Wonderland, das platonische Höhlengleichnis (als Metapher), die christliche Erlösungsgeschichte oder das griechische Orakel. Entsprechend bot sich den verschiedenen Interpreten des Films reichhaltiges Material, um Matrix in die eine oder andere Richtung auszulegen. Rückt man jedoch von der inhaltlichen Konnotation der erwähnten Anspielungen ab und betrachtet ihre dramaturgische Qualität, dann zeigt sich indes durchaus ein gemeinsamer Nenner: der Zweifel an der Realität (Baudrillard, Alice in Wonderland), an den eigenen Erkenntnismöglichkeiten (Höhlengleichnis) oder auch an sich selbst (Orakel und christliche Erlösungsgeschichte). Die Thematisierung des Zweifels selbst bildet eine Art Leitmotiv, dem die Dramaturgie des Films folgt. Nicht der Widerspruch zwischen Sein und Schein ist dabei letzthin das Thema, sondern die Immersion, das Hineingezogenwerden des Zuschauers (und auch des Protagonisten) in eine Geschichte, die ihn jäh aus dem Alltag reißt. Je mehr der Protagonist sich aus der

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völligen, hier wörtlich zu verstehenden Immersion als Körper (und Hirn) im Tank löst, je mehr er zweifelt, desto mehr wird er dramaturgisch in eine Geschichte hineingezogen, aus der es für ihn kein Zurück mehr gibt.13

13 In den Fortsetzungen zu Matrix funktioniert diese Dramaturgie übrigens nicht mehr, da der Zweifel restlos getilgt und damit zur Gewissheit geworden ist. 260

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N i r v an a ( 1 9 9 7 , Re g i e : G a b r i e l e S al v ato r e s )

Nirvana (Gabriele Salvatores) Jimi entdeckt einen „Programmfehler“

Das Spiel mit den Regeln Auf den ersten Blick wirkt Nirvana wie der etwas verdrehte Versuch eines italienischen Regisseurs, einen martkgerechten Hollywood-Film nach bekannten Rezepten zu drehen. Ein mit Christopher Lambert hochkarätig besetzter Hauptdarsteller stolpert durch eine düstere futurische Welt, die trotz aller neuartigen Technologien kaum fortschrittlich zu nennen ist: Das Elend wurde in bestimmten Städten konzentriert, über allem herrschen mächtige Konzerne. Die Technik ist allgegenwärtig, dominiert den Alltag der Menschen und nur wenige haben den Mut und das Talent, sich ihr zu widersetzen. Dies alles erinnert nicht zufällig an bekannte Vorbilder – an William Gibsons Neuromancer, an dessen CyberpunkIdeen, an denen sich Filme wie Blade Runner, Total Recall oder Johnny Mnenomic inspirierten. Genau auf diesen Aspekt hat sich auch die Pressekritik konzentriert. Sieht man von der überwiegenden Anzahl von eher zurückhaltend formulierten Kritiken ab, die sich eher auf sachliche Filmbeschreibungen beschränken, dann fallen die wenigen polarisierenden Kritiken dadurch auf, dass sie gerade an diesem Punkt ansetzen: Während die einen den Film kritisieren, weil er sich an bekannten Vorbildern anlehnt, loben ihn die anderen gerade hierfür. Im Folgenden seien nur zwei besonders zugespitzte Reaktionen zitiert: So kritisiert Christina Tilmann den Film im Tagesspiegel als „epigonalen Möchtegern-Science-Fiction mit deutlichen Anleihen in Hollywood (‚Blade Runner‘, ‚12 Monkeys‘) und bei Truffauts ‚Fahrenheit 461‘. Nichts Neues unter der Sonne. Nichts Neues im Schnee. Sollte die Zukunft in der zitathaften Verwurstung von Vergangenheit liegen?“14 14 Tilmann, Christina: „Ach Jimmy, bitte lösch mich!“, in: Tagesspiegel, 21.08.1997. 261

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Myra Çakan dagegen lobt den Film in der Woche, gerade weil er auf vorhandene Vorbilder zurückgreift: „Der stark visuell geprägte Stil des Cyberpunk bot sich für Filmadaptionen geradezu an. [...] Ein Italiener zeigt den Amerikanern nun, wie es geht. Dabei gibt er sich keine Mühe, seine Vorbilder geheim zu halten [...]“15 Bei näherem Hinsehen fallen jedoch eine Reihe von Besonderheiten auf, die den Film von seinen Vorbildern unterscheiden und im Rahmen dieser Untersuchung interessant erscheinen lassen: Dazu zählt, neben dem subjektiven Standpunkt eines OFF-Erzählers, vor allem die dramaturgisch eigenwillige Konstruktion der Geschichte: Die Handlung vollzieht sich auf vier verschiedenen Ebenen, die miteinander vermischt werden: 1. Die Ebene der Gegenwart des Erzählers Jimi, der in einem Hotelzimmer sitzt – und wie man später erfährt – Vorbereitungen trifft, um sich in das Computersystem des Konzerns Okosama Starr einzuhacken. 2. Die Ebene der eigentlichen Spielhandlung, in der Jimi einer der Protagonisten ist. 3. Die Ebene des Computerspiels, in dem Solo, der Protagonist dieses Spiels, ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Und 4. Die Ebene der Erinnerungen von Lisa, die mal Video-Aufzeichnungen, mal als kurze Bildsequenzen (etwa wenn Naima sich den Speicherchip mit ihren Erinnerungen eingeführt hat) einmontiert werden. Schon in der ersten Einstellung begegnet man dem OFF-Erzähler: Zunächst ein pixeliges Bild, das sich allmählich zu dem Gesicht von Lisa formt. Sie spricht über ihre Gefühle zu Jimi. Das Bild geht über in einen undefinierbaren, undurchdringlichen wolkigen Nebel, durch den die Kamera zu gleiten scheint. Darüber gelegt hört man eine körperlose OFF-Stimme, die aus der Ich-Perspektive in ihre Geschichte einführt. „Es ist schon ein Jahr her, dass Lisa gegangen ist. Und ich segelte wieder in dunklen Gewässern. Ich hatte so was schon mal überwunden. Aber dieses Mal hatte ich keine Sterne mehr, die mir den Weg zeigten. Ich weiß nicht, ob euch auch schon mal so etwas passiert ist. Du wachst morgens auf und dein einziger Wunsch ist, sofort wieder ins Dunkel zu versinken. Auf keinen Fall erneut beginnen zu leben. Ich weiß nicht, wo ihr in diesem Moment seid, aber versucht euch Folgendes vorzustellen. Euer Blut ist dickflüssig wie Teer geworden. Die Gedanken liegen am Boden wie tote Vögel. Die Atmung ist eingestellt. Okosama Starr kann mich am Arsch lecken. Es hat keinen Sinn, es zu leugnen. Ich hatte mich verirrt.“ Dann erscheint das NIRVANA-Logo und der Vorspann ist beendet. Die Kamera zeigt ein Fenster aus einer schiefen Perspektive. Schneeflocken treiben vorbei. Allmählich gleitet die Kamera in eine konventionelle Position und zeigt den Erzähler, den Programmierer Jimi, im Halb-

15 Çakan, Myra: „Der Fall der Mauer“, in: Die Woche, 22.08.1997. 262

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profil, mit einer Datenmaske über dem Kopf. Er erzählt seine Geschichte im Rückblick: „Jetzt gleite ich ab. Die Daten des Programms rasen an der Grenze meines Sehfelds vorüber. Ich sitze hier, in diesem Hotelzimmer, und warte. Das indische Virus wurde noch nicht eingegeben. Und obwohl ich weiß, dass all das mich töten kann, fühle ich mich ruhig und gelassen. Außerdem sind wir noch auf der Startbahn. Wir haben noch nicht abgehoben.“ Jimi ist ein Entwickler von Computerspielen für den Konzern Okosama Starr und hat gerade sein neuestes Spiel NIRVANA fertig gestellt. Er sitzt zu Hause, trauert seiner Ex-Freundin Lisa nach, die ihn unter mysteriösen Umständen verlassen hat, als er einen vermeintlichen Fehler in der Spiel-Software bemerkt: Solo, die Hauptfigur des Spiels meldet sich selbsttätig auf seinem Monitor und begehrt gelöscht zu werden. Solo hat ein eigenes Bewusstsein entwickelt und will nicht mehr andere Figuren erschießen oder von ihnen erschossen werden. Er überredet Jimi, ihn zu löschen, doch eine Kopie des Spiels ist bereits im Hauptcomputer des Konzerns abgespeichert worden. Jimi begibt sich nun auf eine Reise, um einerseits seine Ex-Freundin wiederzufinden, andererseits um Verbündete zu suchen, um in den Hauptcomputer von Okosama Starr einzudringen, wo er sein Spiel löschen will. Zunächst fährt Jimi nach Marrakesch, wo er nach dem Hacker Joystick sucht, der gerade die Augen ausgewechselt bekommt (0.28 ff.), die er bei einem Hack verloren hat. Joystick gehörte zu den Menschen, mit denen Lisa vor ihrem Verschwinden zusammengearbeitet hat. Jimi überredet ihn, ihm zu helfen, bei Okosama Starr einzudringen. Unterdessen nimmt Jimi immer wieder Kontakt mit Solo auf, der seine eigenen Probleme hat. Er muss sich gegen eine Bande von Mafiosi wehren, mit der er sich blutige Schießereien liefert, die immer wieder auch mit seinem Tod enden, was ein Re-Start des Spiels zur Folge hat. Dabei versucht er sein neues Bewusstsein über seine Existenz als Spielfigur im Dialog mit Maria, einer anderen Spielfigur zu verarbeiten, die jedoch nichts begreift. Immer drängender bittet er Jimi um Löschung. Doch Jimi und Joystick benötigen noch die Hilfe von Naima, einer erfahrenen Hackerin, die jedoch ihre Erinnerungen an ihr früheres Leben verloren hat. Um für den Einbruch ins Datensystem bei Okosama Starr eine entsprechende Ablenkung parat zu haben, benötigen sie einen Computervirus, den sie nur in Bombay City erhalten können. Unterdessen werden sie verfolgt von den Schergen des Okosama Starr Konzerns, die ahnen, dass Jimi gegen sie arbeitet; es gelingt ihnen aber immer wieder, die Verfolger abzuschütteln. In Bombay City angelangt, steigen sie in einen düsteren unterirdischen Stadtteil hinab, in dem sich eine Art Aschram gebildet hat. Dort

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erfährt Jimi überraschend, dass Lisa eine Weile hier lebte, bevor sie starb und sich in einen Speicherchip entmaterialisierte, den der Swami nun Jimi überreicht. Dieser Chip kann aber nur von jemandem gelesen werden, der über einen direkten Gehirnanschluss verfügt – wie Naima, die sich bereit erklärt, ihn auszuprobieren. Sie verfügt nun über Lisas Erinnerungen, die sie assoziativ im Gespräch mit Jimi abrufen kann, wobei sich die beiden näher kommen. Joystick, Jimi und Naima hocken in einem Hotelzimmer und hacken sich in die Datenbank von Okosama Starr ein. Sie geben vor, ein Fax zu sein, um sich einzuschleusen. Joystick ist als „Engel“, d. h. als „Pilot“ ausgefallen, da seine Augenprothesen nach einem Angriff der Okosama Starr – Schergen nicht mehr richtig funktionieren, und steht nur beratend zur Seite. Naima hat die „Bodenkontrolle“ übernommen, während Jimi selbst den Hack ausführt. Während Jimi in das System einbricht, trifft er auf seinen Vater und dann auf Lisa. Doch all dies sind nur Illusionen, die ihn von seinem eigentlichen Ziel ablenken sollen. Schließlich gelingt es ihm, das Programm NIRVANA zu löschen und das gehortete Schwarzgeld des Konzerns zu verteilen. Am Ende sieht man, wie sich die Tür des Hotelzimmers öffnet. Es sind bewaffnete Männer zu sehen, die ins Zimmer eindringen wollen. Jimi schießt auf sie. Der Film endet mit einer Bilderflut aus Erinnerungssequenzen, die nahelegen, dass Jimi erschossen wurde.

Komplexe Mediendarstellung auf verschiedenen Ebenen Die Mediendarstellung in Nirvana ist ähnlich komplex verschachtelt wie die verschiedenen Handlungsebenen. Auf allen Ebenen finden sich sowohl Darstellungen apparativer Oberflächen als auch von Innensichten. Die Innensicht der Medien ist insofern aufschlussreich, da hier wieder eine ästhetische Differenz inszeniert wird. Dabei sind, analog zu den Handlungsebenen, verschiedene Zugänge zu unterscheiden. Zum einen die Ebene des Spiels, zum anderen die Ebene der kurzen Einschübe von Innensichten der alltäglichen Apparaturen und schließlich die Ebene der Hacks. Die Apparaturen, insbesondere die Computertechnologie, erscheint auf der Ebene der Spielhandlung als Herrschaftsinstrument, mit dem die Bevölkerung verwaltet, kontrolliert und ruhig gestellt wird. Die Technologie bringt den Menschen in der vorgestellten Welt keinen wirklichen Fortschritt: Sie leben in großer Abhängigkeit, wobei ihr besonderes Augenmerk Drogen und Spielen gilt. Während Jimi und Joystick über die Straßen von Marrakesch gehen (0.22 ff.), läuft im Hinter-

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grund auf einer riesigen Videoleinwand ein Spott für die aktuellen, legal zu erwerbenden Drogen in Marrakesch. Während des Spotts werden sie von einem Dealer von der Seite angesprochen, der ihnen Computerspiele verkaufen will. Drogen und Spiele scheinen Ablenkungs- und Zerstreuungsmittel der ersten Wahl, um die bittere Realität besser ertragen zu können bzw. um die Bevölkerung ruhig zu stellen. Die Darstellung von Medien in Nirvana ist auf der Ebene apparativer Oberflächen jener der zeitgenössischen Medien ähnlich. Auf Grund der Fülle der Apparate seien hier nur einige zentrale Gadgets erwähnt: Schon zu Beginn des Films (0.01) sieht man eine Art Datenhelm, der mit einem Schlauch mit dem Computer verbunden ist und vermutlich eine 3-D-Sicht ermöglichen soll (die aber im Kino nur unzureichend wiedergegeben werden kann); parallel dazu gibt es traditionelle Computermonitore. Diese Art der Datenhelme finden sich mit geringen Abwandlungen immer wieder im Film, etwa als Jimi das Duell von zwei Hackern besucht (0.39) oder als Joystick, Naima und Jimi im Hotelzimmer das Eindringen in den Computer von Okosama Starr vorbereiten. Obwohl Sprachbefehle möglich sind (vgl. 0.10) arbeiten die Hacker noch mit Tastaturen. Auf der Ebene des Spiels ist ein Bildtelefon zu sehen, mit dem Solo telefoniert (0.02). Im Wohnzimmer von Jimi füllt ein Bildschirm die ganze Wand (0.05). Er trägt ein einfaches Headset mit Augenbildschirmen (einer Sonnenbrille nicht unähnlich). Die Steuerung der Spiel-Figuren erfolgt durch Sprachbefehle (0.10). Eine kleine avancierte Neuerung bilden die Chipkarten zur persönlichen Identifizierung, die das Videobild der betreffenden Person speichern und auf einem Lesegerät dreidimensional sichtbar macht (0.15). Das Hotel in Marrakesch scheint dagegen nur mit Computern ausgestattet zu sein, deren Röhrenmonitore zum Zeitpunkt des Filmdrehs bereits veraltet waren (0.16 ff.). Im Straßenbild von Marrakesch begegnet Jimi verschiedenen digitalen Projektionen, insbesondere Videoreklametafeln (0.26 ff.) und Hologrammen (0.22 ff). Als Joystick und Jimi einen LKW stehlen, werden sie mit einem elektronischen Abwehrsystem konfrontiert (0.44), das vorgibt, eine automatische Selbstzerstörung auszulösen (was sich aber als Bluff herausstellt). Auf einem Monitor im Wagen erscheint ein automatisches Navigationssystem (0.46); auch Naimas LKW wird automatisch von einem Autopiloten gesteuert (0.54). An einer Tankstelle werden die Protagonisten von einem Monitor begrüßt (0.51), genauer gesagt von einem Lingubot mit menschlichen Gesichtszügen (0.51); in Bombbay City kommt kurz ein Übersetzungscomputer zum Einsatz (1.14). Im LKW von Naima ist ein digitales Labor untergebracht (0.46), mit dem sie eine Fernsehsendung manipuliert. Der Sprecher, der Präsident eines Konzerns, wird verzerrt

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dargestellt, d. h. Naima lässt ihn auf dem Bildschirm schrumpfen, ihm Haare wachsen etc. Die Übertragung wird schließlich abgebrochen, wegen Übertragungsstörungen, wie die Ansagerin sagt. Naima hat, wie sie Jimi erklärt, für dieses Spiel verschiedene Satelliten umprogrammiert. Auffällig viele Personen tragen apparative Prothesen, insbesondere Joystick, der verschiedene Augenprothesen trägt. Die Darstellung der Innensicht der Medien erfolgt auf mehreren Ebenen: 1. Die Innensicht der Medien wird als Verlängerung der apparativen Darstellung inszeniert, d. h. sie hat nur eine illustrative Funktion. Dies führt vor allem bei audiovisuellen Medien, deren Bildgebungsverfahren nicht grundsätzlich von der 2-D-Darstellung des Kinos abweicht, zu unauffälligen Bildern, die sich bruchlos in das Geschehen einfügen, wie z. B. die Ausweiskontrolle am Eingang zu Marrakesch, wo ein bewegtes Bild von Jimi durch den Polizisten abgerufen wird16, oder die Videoreklametafel, auf der ein sprechender Kopf für die aktuell erhältlichen Drogen wirbt (0.22 ff.) 2. Bei Medien, die strukturell andere Signale generieren, erfolgt die Inszenierung durch eine ästhetische Differenz, die durch die Konstruktion von Dysfunktionen zum Ausdruck gebracht wird: Ein Hologramm, dem Jimi und Joystick beim Gang durch Marrakesch auf der Straße begegnen, zeigt eine schematisierte 3-D-Figur eines Mannes, die halb durchsichtig, unscharf und nicht sehr detailgenau wirkt, und sich in pixelige Rechtecke auflöst, als Joystick sie leicht mit dem Ellenbogen berührt. Auch Joysticks Augenprothesen sind immer wieder Anlass für dysfunktionale Medieninszenierungen. Die Bilder wirken wie defekte s/w-Videoaufnahmen (z. B. 0.27, 0.35 oder 1.27). Ähnliches gilt auch für die Innensicht des Nachtsichtgeräts, die als grobkörniges Fehlfarbenbild dargestellt wird. 3. Auf der Ebene des Eindringens in Programme: Mehrfach wird in dem Film gezeigt, wie die Protagonisten sich in Computersysteme hineinhacken. Bedeutung kommt dabei vor allem dem Eindringen in den Computer von Okosama Starr zu, das von Jimi, Naima und Joystick vom Hotelzimmer aus unternommen wird. Einzelne Szenen dieser Aktion werden während des Films immer wieder eingeblendet, die zentrale und längste Sequenz findet sich am Ende des Films und scheint – wie in den anderen Hacks – bestimmten ästhetischen Codes zu folgen: Dazu zählt z. B. die Analogie der Computerinnenansicht 16 Ein kurzes „Flackern“ des Bildes könnte jedoch auch hier auf inszenierte Dysfunktionalität hindeuten. 266

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mit der Silhouette einer Großstadt bei Nacht mit erleuchteten hellen Straßen, auf denen Autoverkehr zu fließen scheint und die Jimi zuerst bei seinem Eindringen sieht. Joystick kommentiert diese Vision: „Das ist das Netz; da du, was du siehst, nicht sofort entziffern kannst, setzt es dein Gehirn in Bilder um. Und so wird aus dem Netz eine Stadt bei Nacht“. Ein simulierter Extremzoom, der aus drei Bildern besteht: Stadt bei Nacht, unscharf, geht über in ein Bild, bei dem von einem Punkt aus sich strahlenförmig Lichtlinien nach vorn auszubreiten scheinen und endet mit der Rückenansicht von Jimi vor dem Waschsalon. Man sieht ihn zugleich auch auf einem Monitor von hinten angeschnitten. Jimi betritt die Wäscherei, dann geht er durch eine Tür. Im Hintergrund hört man die Modemgeräusche. Auf dem Bildschirm ist zu lesen „ACCESSING EXTERNAL SYSTEM: OKOSAMA STARR“. Doppelbelichtungen, die die Gestalt für kurze Momente verdoppeln. Damit wird angezeigt, dass er nicht in der normalen Realität ist. Die Perspektive von Jimi wird mehrfach gebrochen mit raschen Schnitten: Man sieht ihn von hinten, wie er einen langen Gang mit vielen Türen entlang geht. Man sieht dies aus seiner Sicht mittels einer subjektiven Kamera. Man sieht ihn von vorne, wie er den Gang entlang geht, wobei sich die Kamera auf sein Gesicht konzentriert. 4. Auf der Ebene des Spiels NIRVANA: Die Darstellung der Spielebene zeigt eine zeitgenössische Welt, die kaum futurische Elemente enthält: zu den wenigen zählen omnipräsente Bildtelefone oder eine fiese Bande von Organjägern, die allerdings ihr Vorbild in der Rahmenhandlung des Films haben. Solo, der Protagonist des Spiels, hat die Aufgabe, sich gegen eine Bande von Mafiosi zu wehren, die ihn töten wollen. Immer wenn Solo einen Fehler macht, wird er von Verbrechern erschossen. Dann färbt sich das ganze Bild mit roten Bläschen, bis nichts mehr zu sehen ist – kein Drama, denn Solo hat als Spielfigur „mehrere Leben“. Ihm zur Seite steht die gelangweilte Maria, die er als Verbündete zu gewinnen versucht. Als er das erste Mal mit ihr spricht, glaubt er, die gleiche Situation schon einmal erlebt zu haben, was ihm merkwürdig vorkommt, doch sie kann sich nur daran erinnern, dass sie ihn am Vortag kurz in einem italienischen Restaurant gesehen hat. Im Gegensatz zu Solo verfügt sie über keine Erinnerung und insofern auch nicht über ein Bewusstsein darüber, dass etwas „merkwürdig“ sei. Die Innensicht in das Spiel NIRVANA zeigt eine Welt voller Menschen, aus denen die Farbe gewichen scheint, die offensichtlich entsprechend herausgefiltert wurde. Die wenigen sichtbaren Farben setzen Akzente: Dazu 267

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zählt insbesondere die wechselnden Farben von Marias Kleid und Marias Lippenstift, die jeweils aufeinander abgestimmt sind und sich im Takt von wenigen Sekunden verändern. 5. Auf der Ebene des Eindringens in das Programm auf der Ebene des Spiels NIRVANA: Solo zeigt Maria seinen Wandschrank (1.07 ff.). Wie durch ein Fenster in eine andere Welt blicken sie auf eine weite unwirkliche Landschaft in Rot und Blau. Darunter bewegen sich Lichtimpulse auf Bahnen wie die Scheinwerfer von Autos auf Autobahnen (auch ähnliche Geräusche). Dazwischen befinden sich grüne Erhebungen wie Hochhäuser. Die Konstruktionsebene des Spiels scheint ähnlich visualisiert wie schon in Tron oder Johnny Mnemonic. Die bekannte und vertraute Welt des Spiels scheint im Wandschrank ihre perfekte Konstruktion aufzugeben.

Das Digitale und das Biologische Die Mediendarstellung in Nirvana ist relativ differenziert, da ganz unterschiedliche Medien dargestellt werden. Im Film scheinen unterschiedliche Medien miteinander in Konkurrenz zu treten. Das Digitale ist mit dem Organischen verwoben. Die Software steuert nicht mehr allein die Computer, sondern auch die Menschen. In Bombay City z. B. begegnet Jimi einem von der Polizei gesuchten Hacker, dem ein Sender ins Hirn gepflanzt wurde, der seinen Standort sofort der Polizei verraten würde; er wird jedoch erst aktiv, wenn die Person beginnt zu denken. Also versuchen die Mitglieder des Ashram, den Betroffenen mit einer speziellen Software am Denken zu hindern. Auch die Entmaterialisierung von Lisa und die Direktverbindung zu Naimas Gehirn lässt sich mit zeitgenössischen Techniken nicht erklären. Die Erinnerungen von Lisa und ein Teil der damit verbundenen Persönlichkeitsstruktur scheinen gespeichert in einer Art Kristall; wenn Naima sich diesen Kristall in ihre Direktverbindung einführt, kann sie die Erinnerungen wieder abrufen. Aber es bedarf dazu offenbar eines assoziativen Schlüsselreizes, der dazu führt, dass sie die Erinnerungen neu erlebt. Auch können die gespeicherten „Daten“ offenbar nur von einem anderen Menschen abgerufen werden, d. h. sie sind nicht maschinenlesbar. Diese Art der Speicherung und Wiedergabe hat mit der zeitgenössischen digitalen Speichertechnologie letzthin nur äußerliche Gemeinsamkeiten und basiert auf noch unbekannten biologisch-medizinischen Technologien. Die Kopplung von Biologie und Computertechnologie ist auch bei der Debatte um die Hacks präsent. Denn die Hacker riskieren nicht nur, 268

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entdeckt zu werden, sondern dass ihr Hirninhalt, ihre ganze Persönlichkeit, in der Datenbank des gehackten Unternehmens abgespeichert wird, während das dazugehörige biologische Dispositiv verbrennt. Schon bei der Reparatur von Joysticks Augen wird deutlich, dass das Biologische unter dem Druck ökonomischer Verhältnisse gegen das Mechanisch-Digitale ausgetauscht wird, auch wenn es keineswegs gleichwertig funktioniert (und in der Folge immer wieder ausfällt; Joysticks Augen haben ständig Pannen). Das Subjekt ist nur noch als Konsument relevant und wird umworben oder, es hat Geltung als hochbezahlter Spezialist, wie der Programmierer Jimi. Ansonsten ist das menschliche Subjekt restlos verdinglicht. An jeder Ecke lauern Organjäger, die jederzeit bereit sind, über geschwächte menschliche Subjekte herzufallen und sie auszuschlachten. Tatsächlich kämpfen die Protagonisten während des ganzen Films um ihre körperliche Integrität: Naima hat ihre eigenen, lebensgeschichtlich erworbenen Erinnerungen verloren, Joystick seine Augen; Jimi droht, alles zu verlieren, als er schließlich den Hack selbst übernimmt. Und als es ihm gelingt, die Digitaltechnologie auszutricksen, wird er auf altmodisch biologisch-brachiale Weise durch Gewehrkugeln getötet (was der Film aber nicht mehr zeigt).

Die Avatare oder der verdoppelte Verdacht Die Figuren des Computerspiels NIRVANA existieren physisch nur in einer elektronischen Form als Programmfiguration, die im Rechner des Konzerns von Okosama Starr abgespeichert wurde bzw. auf der DatenKopie, die Jimi bei sich trägt. (Es scheint im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit keine Rolle mehr zu spielen, wo die Speicherung physisch erfolgt, was also als „Original“ bezeichnet werden könnte). Das Computerspiel scheint auf den ersten Blick wie eine Art von konzentrierter und klischeehafter Verdopplung der Realität der Spielhandlung des Films. Der Protagonist Solo hat die Aufgabe, sich gegen eine Mafia-Bande zu verteidigen Er kommt dabei mit Maria zusammen, die die Eigenheit hat, die Farbe von Kleid und Lippenstift alle paar Sekunden zu wechseln. Doch obwohl der Spielplan es wohl vorsieht, dass aus den beiden ein Paar wird, ist Solo vor allem damit beschäftigt, über die Natur seiner Existenz nachzudenken. Ihm erscheint einiges in seiner Welt „komisch“. Er hat das Gefühl, sich an frühere Leben erinnern zu können. Er versucht Maria davon zu überzeugen, dass sie nur Figuren eines Spiels sind. „Hör mir gut zu, Maria. Wir beide, du und ich, wir existieren

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überhaupt nicht. Alles was uns umgibt existiert nicht. Ob Nicola, die Pizza, der Wein, das Haus – sind alles Illusionen. Du und ich, wir sind Figuren in einem Spiel.“ Doch sie begreift ihn nicht. „Willst du vögeln?“ ist ihre verständnislose Antwort. Die Einführung des Spiels beginnt damit, dass sich Jimi ein Headset aufsetzt (0.08 ff.). Als er die Augenbildschirme überstülpt, schwankt das Logo von NIRVANA, bevor es ruhig fixiert wird. Man sieht die Hand von Jimi, die eine Bewegung in der Luft ausführt, so als könnte sie damit das Spiel bewegen. Dann sieht man wieder Solo allein in seinem Raum. Zusätzlich zum Headset hat Jimi zwei Kontrollmonitore vor sich auf dem Schreibtisch. Es scheint als könne Jimi mit seinen Handbewegungen Solo führen wie eine Spielfigur. Dann gibt Jimi ihm den Sprachbefehl: „Mach das Fenster auf!“ Solo macht das Fenster auf. „Fass mit deiner Hand in die rechte Tasche.“ Solo fasst in die rechte Tasche. Er schaut sich aber um, als habe er irgendwen bemerkt. „Lies, was drauf steht.“ Doch Solo schaut sich um, und sagt: „Nein. Wer ist da?“ Er vermutet die Präsenz eines anderen, schaut sich um, und kann doch niemanden entdecken. Schließlich blickt er direkt in die Kamera, und Jimi setzt erschrocken das Headset ab. Er schaltet den Computer und damit das Spiel aus und riecht am Headset, so als habe es einen technischen Defekt. Er setzt sich auf die Couch und versucht seine Gedanken zu ordnen. Doch plötzlich schaltet sich der Computer von selbst wieder ein und Solo erscheint auf dem Monitor und spricht direkt in die Kamera. „Du musst mir sagen, wer du bist. Ich weiß, was gespielt wird. Sprich mit mir.“ Jimi spricht mit ihm. Solo erkennt, dass er eine Figur in einem Spiel und Jimi der Schöpfer des Spiels ist. Der Hauscomputer wirft ein, dass er einen Virus im Spiel gefunden hat. Dann bittet Solo Jimi darum, gelöscht zu werden. Das Bewusstsein des Avatars erscheint zunächst als Funktionsstörung (0.10 ff.) und wird entsprechend vom Hauscomputer kommentiert. Jimi fragt den Computer: „Was hat das Virus angerichtet?“ Und der Computer antwortet: „Es hat den Protagonisten deines Spiels infiziert. Es hat ihm so etwas Ähnliches wie ein Bewusstsein verschafft. Er gehorcht Befehlen nicht mehr. Es ist, als hätte er ein eigenständiges Leben bekommen.“ „Eigenständig am Arsch. Weißt du, was es heißt, eine Figur in einem beschissenen Videospiel zu sein?“, wirft Solo wütend ein. Der Dialog der beiden ist also von einem doppelten Verdacht im Sinne von Groys geprägt. Zunächst ist es der Verdacht von Jimi, dass mit seinem Spiel irgendetwas nicht stimmt, weil es sich nicht mehr wie gewohnt steuern lässt. Tatsächlich interpretiert der Computer die Abweichung von der Norm als Virus.

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Die Protagonisten und ihr Handlungsraum: Das Problem der virtuellen Existenz Solo versucht, Maria davon zu überzeugen, dass ihre Welt nur eine Simulation ist, dass sie selbst nur Figuren eines Spiels sind. Aber Maria glaubt ihm nicht nur nicht, sondern sie kann sich nicht einmal vorstellen, was er ihr überhaupt sagen will. Seine Fähigkeit sich zu erinnern, verschafft ihm ein (Selbst-)Bewusstsein, das von Jimis Computer als Dysfunktion interpretiert wird. Solo ist in der Lage, seine eigene Situation zu erkennen und sich dafür zu entscheiden, seine Existenz freiwillig zu beenden. Er kann darüber auf Grund der technischen Bedingungen zwar nicht frei entscheiden, er ist also ein Gefangener des Systems, erfüllt aber ansonsten alle Kriterien, mit denen man gemeinhin ein Individuum, ein menschliches Subjekt charakterisiert. Es stellt sich für Nirvana also ein ähnliches Problem wie für Putnams Gehirne im Tank: Stellt man die Frage, ob wir jemals erkennen könnten, nur ein Gehirn im Tank zu sein, wenn wir Gehirne in einem Tank wären, so könnte man sie – so Putnam – immer nur mit nein beantworten. Denn wären wir tatsächlich Gehirne im Tank, dann könnten wir uns diese Frage sinnvoll niemals stellen und sie schon gar nicht beantworten, da uns ein externer Beobachterstandpunkt fehlt. Die Reaktion von Maria ist insofern typisch. Sie kann sich nicht einmal vorstellen, nur eine Figur in einem Spiel zu sein, gerade weil sie nur eine Spielfigur ist. Als Solo sie zum Wandschrank führt, um ihr einen Blick in die technische Konstruktion ihrer simulierten Welt zu gewähren, verstummt sie angesichts der Zeichen, die sie nicht zu deuten vermag. Die Reaktion von Solo dagegen wäre aus dieser Sicht höchst zweifelhaft, da unklar ist, worauf sich Solos Zweifel überhaupt beziehen. Denn seine Reaktion zeigt, dass es sich gerade nicht um einen Turing-Test handelt: Auch bei dem Dialog mit der virtuellen Figur Solo, mit der Jimi spricht, stellt sich dieses von Putnam beschriebene Bezugnahme-Problem. Selbst wenn wir annehmen würden, Solo hätte wirklich ein eigenes Bewusstsein, so bleibt es fraglich, worauf sich seine Reaktion überhaupt bezieht. Für einen Menschen wäre es vielleicht wirklich unerträglich, zu wissen, er führe nur in einer eigens für ihn von gottgleichen Menschen geschaffenen Welt eine absurde Existenz, die darin bestünde, eine Aufgabe zu erfüllen, die immer dann, wenn er sich kurz vor dem Ziel glaubt, von neuem beginnt. Doch der digitale Sisyphos ist nicht aus Fleisch und Blut. Seine Existenz kennt unter Umständen gar nicht das Gefühl der Vergeblichkeit. Die Bitte um Löschung zielt daher vielleicht gar nicht 271

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auf die Beendigung des psychischen Leids der Hoffnungslosigkeit (Können Computerprogramme Hoffnung haben?), sondern ist völlig anders motiviert – wobei über die Motive im Einzelnen nur zu spekulieren wäre. Würde man von einer mediologischen Analyse und insofern von der medialen Konstruktion dieses existenziellen Problems absehen, wäre Putnam hier sicher zuzustimmen. Doch Nirvana ist ein Spiel im Spiel. Es ist eine mediale Inszenierung innerhalb einer Filmhandlung und insofern ein reflexives mediales Konstrukt. Als solches ist die Art und Weise der Mediendarstellung immer eine Relativierung dessen, was auf der inhaltlichen Ebene der behaupteten Handlung gezeigt wird. Zwischen dem Spiel NIRVANA und der filmischen Rahmenhandlung gibt es – sieht man von herausgefilterten Farben einmal ab – keine nennenswerten Differenzen: Das Spiel ist eine Nebenoder Parallelhandlung der Haupthandlung. Beide Handlungsstränge konvergieren in verschiedenen Punkten, auch wenn sie einer jeweils anderen Logik folgen. Betrachtet man das Spiel NIRVANA, dann fällt auf, dass ein durchgehender Handlungsstrang nicht dargestellt wird. Dies lässt sich zwar damit erklären, dass Handlung auf der Ebene des Spiels immer nur dann voranschreitet, wenn Jimi sich eingeloggt hat, bzw. sie entsprechend unterbrochen wird, wenn er das Spiel wieder verlässt. Doch auch bei diesen punktuellen „Besichtigungen“ von Jimi wäre immer noch eine motivierte, kohärente Handlung erzählbar. Im Grunde wird dem Zuschauer über den Blick von Jimis Schulter nur ein kurzer Eindruck in die Welt des Spiels gewährt, dessen Spielregeln sich ihm aber entziehen. Stattdessen werden nur gewisse, besonders klischeehaft inszenierte Höhepunkte aneinandergereiht, die für sich genommen aber noch keine Handlung ergeben: Solo muss sich in seiner Wohnung mit einem Auftragskiller auseinandersetzen, Solo wird von Organjägern getötet, Solo wird in einer Yakuza-Bar erschossen, Solo erschießt versehentlich einen Unbeteiligten etc. Diese Handlungsschnipsel ergeben jedoch keine Geschichte; allein der Prozess der Bewusstseinsveränderung von Solo verweist auf eine kohärente Dramaturgie, deren Fluchtpunkt ein submediales Geschehen ist. Das Submediale ergibt sich aus einem Verdacht, aus einem tiefgründigen Zweifel gegenüber der medialen Oberfläche. Solo misstraut seiner eigenen Wirklichkeit. Er zweifelt daran, dass seine Wirklichkeit die wirkliche Wirklichkeit ist und vermutet hinter der anschaulichen Oberfläche seiner Welt eine andere Weltkonstruktion, die er später dann tatsächlich in seinem Wandschrank findet.

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eXistenZ ( 1 9 9 9 , Re g i e : D av i d C r o n e n b e r g )

eXistenZ (David Cronenberg): Versammlungsort der Spielergemeinde Mit eXistenZ kehrt Cronenberg 1999 noch einmal zum Thema einer selbstreflexiven Mediendarstellung zurück, das er seit Videodrome zum ersten Mal wieder nach einem selbstverfassten Drehbuch inszeniert. Wie schon in Videodrome greift er aktuelle, auf Medien gerichtete Wunschphantasien auf, wobei diesmal das Medium Computerspiel im Vordergrund steht. eXistenZ entwirft dabei eine Handlungskonstruktion, die verschiedene Realitätsebenen miteinander verschachtelt. Jede weitere Ebene scheint wie ein Puppe in der Puppe zu stecken, wobei unklar bleibt, was die kleinste und was die größte Puppe ist. Insgesamt lassen sich vier Realitäts- oder Spielebenen konstatieren: 1. die umfassendste Ebene, die man die der fiktionalen Realität nennen könnte (die aber vielleicht nur eine weitere Ebene des Spielgeschehens ist); 2. die Ebene, auf der das Spiel tranCendenZ gespielt wird; 3. die Ebene des Spiels tranCendenZ, in dem das Spiel eXistenZ eine Funktion ist; 4. innerhalb von eXistenZ gibt es ein weiteres Spiel, das durch das Einsetzen von sogenannten Mikro-Pods eingeleitet wird. Jede Realitäts- oder Spielebene trägt gewisse Züge der Realitätskonstruktion, in die sie eingebettet ist, folgt jedoch eigenen Gesetzen und repräsentiert eine eigene Wirklichkeit. „Realität“ ist eine Funktion des Mediums Spiel, d. h. es geht nicht um eine wie auch immer zu definierende „tatsächliche Realität“, sondern um konstruierte Realitäten verschiedener Spielebenen.

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Dabei stellt der Film – wie Manfred Riepe dazu treffend anmerkte – nicht den Verlust der Realität dar, sondern illustriert vielmehr die offenbar unlösbare Frage, was Realität eigentlich ist.17 Damit stellt er sich gegen die Auffassung zahlreicher Filmkritiker, Kulturanthropologen und Medienwissenschaftler, die Cronenbergs Film „als realistische Reflexion über den Realitätsverlust durch moderne Medientechnologie“ sehen.18 eXistenZ spielt – wie schon Videodrome – auf mehreren Realitätsebenen. Es ist ein traumhaftes Geschehen, das von einer Ebene auf die nächste gleitet, ohne dass dies auch für den Zuschauer immer erkennbar wäre. Cronenberg erzählt in eXistenZ die komplexe Geschichte eines Verdachts: Die beiden Hauptfiguren sind Allegra Geller, eine berühmte Spieledesignerin, und Ted Pikul, ein Marketing-Student, der aushilfsweise als Wachmann jobbt, um sich etwas dazu zu verdienen. Der Film beginnt in einer Kirche, in der die Firma „Antenna“ zusammen mit Allegra einem ausgewählten Publikum ein neues Computerspiel vorstellt, „eXistenZ“. Während nun einige Zuschauer als Testpersonen auf die Bühne gebeten werden, zieht ein junger Mann aus dem Publikum eine Waffe und schießt auf Allegra. Ted Pikul geht als Wachmann sofort dazwischen und bringt in dem ausbrechenden Tumult die Spieleentwicklerin in Sicherheit. Die beiden fliehen mit einem Jeep aufs Land, wo er zunächst ihre leicht verwundete Schulter versorgt, in dem er einen Zahn, der offensichtlich als Geschoss diente, herauszieht. Sie gelangen zu einem abgelegenen Motel, wo Allegra Ted gerne in das Spiel einführen würde, auch um zu sehen, ob ihr Gamepod genanntes Gerät noch funktioniert. Doch Ted benötigt dafür einen sogenannten Bioport, einen Anschluss für das Gerät, der direkt ins Rückenmark „geschossen“ werden muss. An einer heruntergekommenen Tankstelle finden sie den Tankwart Gas, einen Bewunderer von Allegra, wie er zunächst sagt, der dem Wachmann – trotz der Zweifel, die Ted inzwischen kommen – einen Bioport schießt. Als Allegra ihr Gamepod daran anschließt, sackt es wie von einem Virus infiziert zusammen. Gas lässt die Maske fallen und gibt sich nun als erbitterter Feind von Allegra zu erkennen, der die beiden töten will. Doch Ted tötet ihn, bevor er weiteren Schaden anrichten kann. Spätestens jetzt ist unklar, auf welcher Realitätsebene Allegra und Ted sich bewegen. Während Ted immer wieder seinen Zweifeln Ausdruck verleiht und große Skepsis gegenüber dem Spiel offenbart, versucht Allegra, ihn immer wieder dazu zu überreden, mit ihr gemeinsam

17 Riepe 2002, S. 174. 18 Ebd., S. 174. 274

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ins Spiel zu gelangen. Die beiden suchen nun Kiri Vinokur auf, einen Spezialisten für Gamepods, der auch das kranke Gerät von Allegra sowie den infizierten Bioport von Ted behandelt. Dies gibt ihnen endlich die Möglichkeit, das Spiel eXistenZ zu spielen. Das Chalet, in dem die beiden innerhalb eines Ski-Ressorts untergebracht sind, transformiert sich in einen Spieleladen. Die beiden finden dort in den Auslagen eine Spielekonsole „The Mikro-Pod“, der an das Gamepod erinnert, aber viel kleiner ist. Bevor sie zu spielen beginnen, sprechen sie mit dem Verkäufer D’Arcy Nader. Dabei stellt Ted mit Verwunderung fest, dass er im Gespräch mit ihm Dinge sagt, die er gar nicht sagen wollte, die aber der Figur entsprechen, die er spielt. Ted und Allegra führen sich die Mikro-Pods ein, womit ein Spiel im Spiel beginnt. Sie fühlen sich nun auch als Spielfiguren voneinander angezogen und beginnen mit einem Sexspielchen. Doch beide finden sich plötzlich in einer Fabrik für Gamepods wieder, in der Amphibien industriell geschlachtet und als Rohstoff weiterverarbeitet werden. Teds Kollege am Fließband, Yevgeni Nourish, empfiehlt ihnen, in der Mittagspause ein Chinarestaurant im Wald aufzusuchen. Im Restaurant bestellt sich Ted die Spezialität des Hauses, die etwas seltsam aussieht und die anderen Gäste so anwidert, dass sie sich von Ted wegsetzen. Widerwillig, aber einem inneren Zwang folgend, verspeist Ted das aufgetischte Mahl. Dabei formt er aus den Knochen eine Pistole, die er mit Zähnen lädt. Der freundliche Kellner des Restaurants wird zu seinem Opfer, das er mit zwei Schüssen ins Gesicht niederstreckt. Die anderen Gäste reagieren gelassen. Nourish, der auch als Koch im Restaurant arbeitet, führt die beiden zu einer „Fisch-Zucht“, in der mutierte Fabelwesen heranreifen, die zur Herstellung von Gamepods dienen und aus deren Knochen Waffen gefertigt werden, die Detektoren nicht entdecken können. Nourish instruiert Allegra, dass sie als Agentin weiterhin in der Fabrik arbeiten soll, um eines Tages alle Gamepods zu zerstören. Ted und Allegra befinden sich nun wieder im Spieleladen, um mit D’Arcy Nader zu sprechen, der jedoch erwürgt im Regal liegt. Der Kassierer, Hugo Carlaw, sagt ihnen, es sei ein Fehler gewesen, den Kellner umzubringen, der ihr Kontaktmann gewesen sei. Stattdessen hätten sie Nourish töten sollen, der als Doppelagent arbeite. Die beiden kehren zur Fabrik zurück. Allegra entdeckt an ihrem Arbeitsplatz ein von Viren befallenes Gamepod; sie möchte die Krankheit verbreiten und schließt sich daher an das Gerät an. Doch ihr Zustand verschlechtert sich schlagartig. Ted schneidet sie los, doch sie droht zu verbluten. Nourish taucht auf und beschießt das Gamepod mit einem Flammenwerfer, bis es sich aufbläht, platzt und eine Unmenge von Sporen freisetzt, die sich in der ganzen Halle verteilen. Allegra schneidet nun

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Nourish die Kehle durch, er lässt sterbend den Flammenwerfer fallen und setzt damit die Fabrik in Brand. Ted und Allegra befinden sich nun wieder im Chalet; Allegra muss feststellen, dass ihr Gamepod sich mit den Sporen aus dem Spiel infiziert hat und setzt ihm eine Spritze mit Gegengift, die jedoch keine Wirkung hat. Während das Gamepod stirbt, erschüttert eine Explosion das Haus. Der Kassierer aus dem Spieleladen kommt nun als schwer bewaffneter Guerilla-Kämpfer angestürmt; er schießt auf das Gamepod und läuft dann mit Ted und Allegra nach draußen. Überall gibt es Schießereien, Hütten stehen in Flammen, das ganze Ski-Ressort ist ein großes Schlachtfeld. Es scheint, als hätten jene gewonnen, die das Spiel zerstören wollen. Doch in diesem Moment wird der Guerilla-Kämpfer von Vinokur erschossen, der als Doppelagent für die Firma Cortical Systematics arbeitet, um Allegra dazu zu bewegen, für diese Firma tätig zu werden. Doch Allegra misstraut ihm und erschießt ihn mit Carlaws Maschinengewehr. Ted seinerseits redet nun auf Allegra ein, richtet die Waffe auf sie. Ist auch er ein Agent des realistischen Untergrunds, der das Spiel zerstören will? Ohne zu zögern zündet Allegra per Fernbedienung jedoch eine Sprengladung, die sie zuvor in Teds Bioport platziert hatte. Während Ted stirbt, ruft sie: „Habe ich gewonnen?“ Allegra hat nun eine Art blaues Headset auf dem Kopf. Kirchenbänke tauchen auf, sie ist wieder in der Kapelle aus der Anfangsszene. Alle Spieler erwachen aus ihrem tranceartigen Zustand. Der Testlauf des Spiels eXistenZ erweist sich als Bestandteil des Spiels tranCendenZ, das von den Spielern getestet wurde. Alle vorher eingeführten Personen tauchen hier als Mitspieler auf. Nourish ist der tatsächliche Spieledesigner; er wundert sich über die – wie er sagt – von ihm selbst nicht programmierten Spielelemente, die auf eine Zerstörung des Spiels zielten. Allegra und Ted lassen nun anscheinend eine weitere Maske fallen, greifen sich zwei Pistolen und erschießen Nourish und seine Kollegen, um sie für die Erschaffung solcher Spiele zu bestrafen. Beim Verlassen der Kapelle treffen sie auf den Chinesen, der ihnen schon als Kellner im Restaurant begegnet war. Sie richten die Waffen auf ihn, doch er fleht sie an: „Bitte erschießt mich nicht! Sagt mir die Wahrheit, sind wir immer noch im Spiel?“ Allegra und Ted zögern ...

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Das biologische Design Hervorstechend an Cronenbergs Film ist nicht die (Trick-)Technik der Inszenierung, sondern das Design der Medientechnik, das auf biologischen Dispositiven aufbaut. Die medientechnischen Apparate, allen voran das Gamepod, sehen aus wie mutierte oder gentechnisch veränderte Lebewesen, die mit einer Art Nabelschnur mit den Bioports der Spieler verbunden werden. Tatsächlich scheinen sie eine Art Eigenleben zu besitzen, reagieren sensibel auf Störungen, „erkranken“ mithin und können „sterben“. Die Gamepods verschmelzen Digitales und Biologisches in der futurischen Vision zu etwas Neuem, das dem Wunsch nach Unmittelbarkeit entgegenkommt und zugleich sexuell konnotierten haptischen Bedürfnissen, die eine Form der völligen Immersion implizieren, so wie ein Kind im Mutterbauch völlig von der Fruchtblase umhüllt und geschützt wird. Dabei fällt ein Abhängigkeitsverhältnis auf, das chiastisch exponiert wird: Allegra kümmert sich wie eine Mutter um ihr Gamepod; umgekehrt ist es gerade das Gamepod, das das Programm enthält, das sie umfängt, in das sie eintaucht und das auch sie beschützt. Die Programmierung der Gamepods lässt sich nun nicht in jenem Maße offen legen, wie es für ein Computerprogramm üblich wäre. Monitore und Programmcodes scheinen unbekannt. Man muss das Spiel spielen, um herauszufinden, ob es noch funktioniert, wie Allegra zu Ted im Motel sagt. Fehler machen sich nun auch nicht an einem Programmabsturz fest, sondern an dem Auftauchen des Motivs der Krankheit, was schließlich über die Infektion zum Tod des Gamepods führt. Dabei ist der Tod des Gamepods auf einer Spielebene wiederum nur ein Zeichen auf der anderen Spielebene, dass mit dem Spiel irgendetwas nicht stimmt. Im Unterschied zum Digitalen ist in der Welt von eXistenZ keine Information eindeutig. Alles kann eine ganz andere Bedeutung annehmen, je nachdem, aus welchem Blickwinkel es betrachtet wird. Die Beschreibung der apparativen Oberfläche der Medienapparaturen läuft nun bei diesem Film ins Leere, da sie sich von Realitätsebene zu Realitätsebene mit nur leichten Variationen wiederholen und sich letzthin allesamt nur als Innensichten eines umfassenderen Mediums herausstellen. Das Gamepod der ersten Ebene spiegelt sich im Mikro-Pod der zweiten Ebene wieder. Das Mikro-Pod sieht aus wie ein verkleinertes Gamepod, wird jedoch nicht mit einer Nabelschnur mit dem Bioport verbunden, sondern direkt in diesen eingesetzt. Auf der dritten Ebene, der des Spiels transCendenZ, wandelt sich die Apparatur in eine Art Headset mit Datenhandschuhen. Doch es bleibt – vom Ende des Films her betrachtet – fraglich, ob man es wirklich mit der Darstellung der apparativen Oberfläche von

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Medien zu tun hat, wie es im Rahmen der behaupteten Handlung bei den anderen, bisher beobachteten Filmen üblich war. Tatsächlich legt das Ende des Films einen anderen Schluss nahe: Der ganze Film von der ersten bis zu letzten Sequenz ist eine einzige inszenierte Innensicht des beschriebenen Mediums. Dessen apparative Oberfläche entzieht sich der Darstellung – vielleicht auch der Darstellbarkeit – und wäre im Fluchtpunkt ein anderes, unsichtbares Medium, vielleicht identisch mit dem technischen Dispositiv der Kinovorführung: Es gibt jedoch keine Indizien, die auf dieses Medium im Handlungskontext verweisen. Auch alle inszenierten Dysfunktionen – worauf gleich noch eingegangen wird – beziehen sich auf die Übergänge zwischen den verschiedenen Realitätsebenen des Spiels. Riepe lässt sich in diesem Zusammenhang zu der Feststellung inspirieren, dass der ganze Film letzthin Inszenierung einer Dysfunktion, genauer eines Systemabsturzes sei.19 Aber zugleich ist die Dysfunktion Teil des Spiels, das seine Spannungsmomente gerade aus den vermeintlichen Dysfunktionen bezieht, die jeweils eine neue, bisher verborgene Ebene des Spiels enthüllen. Die Dysfunktionen sind insofern nicht einfach nur als Leitmotiv aufzufassen, das assoziativ – wie etwa die Erkrankung und Zerstörung des Gamepods – auf den verschiedenen Spielebenen wiederholt und als Hinweis auf die destruktiven Absichten der Realisten gedeutet wird, sondern als strukturelles Mittel einer Dramaturgie des Verdachts.

Die Dramaturgie des Verdachts Die Dramaturgie von eXistenZ folgt daher der Konstruktion eines doppelten, vielleicht sogar dreifachen Verdachts: Die erste Ebene des Verdachts ist die von Ted Pikul gegen das Medium. Er ist ein Neuling, der noch keine Erfahrung mit dieser Art von Spielen gesammelt hat; er verfügt nicht einmal über einen Bioport. Ted ist 19 „Die erogene Löcherung des Körpers, die zugleich eine Art Durchlöcherung der ‚Benutzeroberfläche‘ darstellt, wird von Cronenberg als dramaturgisches Mittel eingesetzt, um das zu bebildern, was im Rahmen eines funktionierenden Systems eigentlich nicht abgebildet werden kann: die Dysfunktion des Systems, der Absturz. [...] So beginnt der Film mit nichts anderem als der Darstellung eines Systemabsturzes.“ Riepe 2002, S. 175. Und weiter heißt es bei Riepe: „Das Loch ist, wie oben gezeigt wurde, ein Symbol für das nicht Symbolisierbare der Dysfunktion des Systems.“ Ebd., S. 188. Die Fixierung Riepes auf das Loch-Thema verstellt dabei aber vielleicht gerade den Blick auf die Dramaturgie. 278

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misstrauisch gegenüber dem neuen Medium. Er möchte alles genau erklärt bekommen. Er zögert, sich einen Bioport „schießen“ zu lassen, und ist auch während des Spiels immer wieder unsicher, wie er sich verhalten soll. Als er mit Allegra den Spieleladen betritt, ist er ganz erstaunt darüber, wie „echt“ sich alles anfühlt. Als er Nader anbrüllt, ist er über sich selbst erstaunt, weil er ihn eigentlich gar nicht anschreien wollte. Die zweite Ebene des Verdachts richtet sich gegen die fremde Absicht, die das Medium nur benutzt, um die Spieler zu manipulieren. Diesen Verdacht hegt vor allem Allegra gegenüber allen Mitspielern. Auf ihrer Flucht ist sie zunächst nur davon überrascht, dass es Menschen gibt, die sie töten wollen. Doch nachdem sich Gas, der Tankwart, als ihr Feind zu erkennen gegeben hat, reagiert sie misstrauisch. Das gipfelt dann in der Szene, in der sie Vinokur erschießt und Ted mit der Zündung einer Sprengladung in seinem Rücken tötet. Eine dritte Ebene des Verdachts liegt darin, dass sich bei allen Verdächtigungen gegenüber den Mitspielern letzthin der Verdacht aufdrängt, dass auch die Verdächtigungen nur eine Funktion des Spiels sind und dass der umfassende Verdacht nur Teil der Rolle der Figuren ist, die letzthin nicht mehr sicher unterscheiden können, was nun Spiel und was Realität sein soll. Insofern wäre diese dritte Ebene des Verdachts wieder ein Verdacht gegen das Medium.

Mediale Übergänge Die Übergänge von einer medialen Ebene auf die nächste geschehen in eXistenZ sehr subtil und werden z. T. bewusst verwischt. Die wenigen sichtbaren Übergänge oder medialen Kollisionen werden als Dysfunktionen konstruiert. Dabei sind wieder alle drei Formen der Dysfunktion zu beobachten: 1. Der Defekt wird von Cronenberg fasst ironisch inszeniert. Er kommt ohne sichtbare technische (Bild-)Störung aus, sondern lässt seine Schauspieler eine Störung einfach spielen. Dies zeigt sich etwa, als D’Arcy Nader in der Spielschlaufe hängen bleibt und den Kopf kreisen lässt wie eine defekte Maschine (0.42 ff.) oder später auch Nourish, der den gleichen Satz mehrfach wiederholt (0.50 ff.). Eine andere Art der „Störung“ ist unmotiviertes Verhalten, dass zum Charakter der Figur nicht zu passen scheint, das aber die spezifische Rolle als Spielfigur verlangt – z. B. als Ted D’Arcy Nader anbrüllt (0.42 ff.). Durch die inszenierte Störung wird deutlich, dass sich die

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Spieler als Figuren in einem Spiel befinden, also auf einer anderen Realitätsebene. 2. Die körperliche Deformation ist beinahe omnipräsent: Als Allegra und Ted an der Tankstelle ankommen, ist dort ein kleines zweiköpfiges Amphibienwesen zu sehen (0.23 ff.), das auch später im SkiRessort wieder auftaucht (0.33 ff.). Mithin erweist sich auch das Gamepod von Allegra selbst als eine Art deformiertes Lebewesen, das zudem noch „erkrankt“. Auch die verschiedenen Formen der körperlichen Deformation weisen auf verschiedene Realitätsebenen hin, also auf verschiedene Ebenen des Spiels im Spiel, wobei es Überschneidungen gibt, die – wie das Amphibienwesen oder das Design der Gamepods – darauf hinweisen, dass auch eXistenZ nur ein Spiel im Spiel ist. 3. Dekontextualisierung wird in eXistenZ ebenso subtil inszeniert wie Defekte: Als Allegra und Ted das erste Mal das Spiel im Chalet spielen, verwandelt sich der Raum bruchlos in einen Spieleladen (0.46 ff.). Auch nachdem Allegra Ted getötet hat, gibt es wieder einen Übergang zwischen verschiedenen „Realitätsebenen“, der durch Dekontextualisierung dargestellt wird: Mitten auf der Wiese steht plötzlich eine Kirchenbank, kurz darauf hat sich der gesamte Raum wieder in die Kirche verwandelt (1.33). Die Übergänge sind zugleich verbunden mit einem umfassenden Verdacht gegen die mediale Struktur des Geschehens. Die Dramaturgie des subjektiven Zweifels erhält in eXistenZ eine weitere Komponente dadurch, dass das Subjekt im Rahmen der konsequenz-verminderten Probehandlungen des Spiels seine Identität verliert. Der Verdacht der Protagonisten richtet sich daher immer auch auf sich selbst, mithin auf die Figuren, in die dieses Selbst schlüpft und die Handlungen ausführt, zu denen dieses Selbst als AVATAR gezwungen scheint. Die Erinnerung, die in Filmen wie Total Recall, Johnny Mnemonic oder Strange Days prekär und darum Thema war, scheint hier eine jederzeit abrufbare, aber korrumpierte Funktion, die unter den ludischen Bedingungen simulierter Realität zu parasitärer Dysfunktion neigt, also zum Selbstbetrug der Testspieler.

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Die Grenzerfahrung der Avatare Die Protagonisten von eXistenZ sind auf allen Ebenen des Spiels Avatare, d. h. künstliche Figuren, die stellvertretend für den menschlichen Spieler auftreten. In eXistenZ haben die Avatare eine gewisse Ähnlichkeit mit jenen Vorbildern, von denen sie auf der jeweils umfassenderen Ebene „gespielt“ werden. Das heißt, es gibt nur kleine Variationen der Körperbilder, also der äußeren Erscheinung der Figuren. Größere Abweichungen der Figuren von Ebene zu Ebene zeigen sich in ihrem Verhalten: Ted verhält sich gegenüber D’Arcy Nader aggressiv, er stopft im chinesischen Restaurant die Spezialität des Hauses in sich hinein, obwohl er sie selbst ekelhaft findet und erschießt den freundlichen Kellner, obwohl er sich seiner Sache gar nicht sicher ist. Auch Allegra weist Züge von rollenhaftem Verhalten auf, z. B. als sie im Hinterzimmer des Spieleladens Ted sexuell anmacht. Auch ist zu fragen, ob der spätere Mord an Ted nicht ihrer Rolle geschuldet ist, da sie eigentlich Verbündete sind, wie sich nach der Rückkehr in die Kapelle zeigt. Es stellt sich die Frage, inwieweit das spielerische, also konsequenzverminderte Probehandeln in eXistenZ zu einer Auflösung der Identität der Protagonisten führt, mithin von einer originären Identität gar nicht mehr gesprochen werden kann, da unklar bleibt, ob es noch eine weitere, allen gezeigten Ebenen übergeordnete Ebene gibt, auf der eine solche originäre Identität zu verorten wäre. Zugleich generiert diese Aufhebung von Identität in der Probe-Identität der Avatare Verhaltensweisen, die sich eher an der vorgegebenen Dramaturgie des Spiels denn an moralischen Maßstäben orientieren: Im Zweifelsfall werden auch Unschuldige erschossen wie z. B. der chinesische Kellner oder Vinokur, dessen Rolle genauso wenig eindeutig geklärt ist wie die von Ted. Die in den anderen Filmen beobachtete subjektive Perspektive ist in eXistenZ fragmentiert. Die Frage nach der subjektiven Perspektive stellt sich in eXistenZ insofern anders als in den bisher beobachteten Filmen, als dass der Film nur eine bestimmte Innensicht eines Mediums darstellt. Der Film ist als solcher ganz subjektive Perspektive, ohne dass sich dabei das Subjekt eindeutig zu erkennen gäbe, da es nur außerhalb des filmischen Geschehens zu verorten wäre. eXistenZ ist insofern wie ein inszenierter Albtraum, ohne dass man erfährt, wer der Träumer ist. Man begegnet dem Subjekt weder als Erzähler noch als Protagonist, der durch Kameraführung oder Montage als Fluchtpunkt der Darstellung zu erkennen wäre. Nichtsdestotrotz ist das Subjekt präsent, was sich anhand einer Reihe von Stilmitteln zeigt, die auf eine Subjektivierung der filmischen Erzählung hindeuten. Dazu zählen die phantastisch deformierten Körper eben-

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so wie Übergänge von einer zur anderen Ebene und Figuren, die sich ihres früheren Kontexts beraubt, in der neuen Situation nur schwer zurechtfinden. Dies zeigt sich nun vor allem anhand der beiden Protagonisten Allegra und Ted, die auf je unterschiedliche Weise Grenzerfahrungen in dem neuen Medium machen. Während Allegra versucht, das Spiel zu „gewinnen“, in dem sie ihren Mitspielern misstraut, versucht Ted die Struktur, die Beschaffenheit des Mediums zu erkunden. Dabei können sich beide ihrer Erfahrungen nicht sicher sein, denn diese sind immer relational zu der Spielebene, auf der sie sich gerade bewegen. Insofern generiert die Relativität der Welterfahrungen auf den verschiedenen Ebenen einen radikalen Zweifel, der jeden der Protagonisten auf seine Subjektivität zurückwirft. Eine mediologische Analyse von eXistenZ könnte keinen Widerspruch zwischen behaupteter Handlung und d. h. auch behauptetem Medium und tatsächlicher Mediendarstellung feststellen, da die ganze Handlungskonstruktion des Films sich auf die Innensicht des Mediums konzentriert. Cronenberg inszeniert insofern die totale Immersion, der die Protagonisten nicht mehr entfliehen können, denn ein Ausbruch in die Realität endet nur in einer weiteren Realitätsebene des Spiels.

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The 13th Floor (1999, Regie: Josef Rusnak)

13th Floor (Josef Rusnak): Douglas Hall auf der Suche nach dem Geheimnis seiner Existenz Der von Josef Rusnak inszenierte Film The 13th Floor wurde von Centropolis, der Firma von Roland Emmerich und seiner Schwester Ute Emmerich, mit einem Budget von 16 Mio. Dollar produziert. Emmerich hatte dafür gesorgt, dass ein Teil der Finanzierung aus Deutschland von der Filmstiftung NRW stammte, wobei im Gegenzug z. B. die Spezialeffekte in Oberhausen im HDO-Werk hergestellt wurden.20 Mit dem Schauspieler Armin Müller-Stahl und dem Kameramann Michael Ballhaus, gab es weitere prominente Deutsche, die sich an dem Projekt beteiligten. Ballhaus hatte schon 1973 bei Rainer Werner Fassbinders Film Welt am Draht die Kameraarbeit übernommen und daraufhin die Filmrechte an Daniel F. Galouyes 1964 erschienenem Roman Simulacron – 3 erworben, auf dem sowohl die Geschichte von Welt am Draht als auch von The 13th Floor basierte. Der Film hatte das Pech, 1999 in Deutschland erst nach Matrix und eXistenZ gestartet zu werden. Dadurch konstruierte die Presse rasch Vergleiche, die die besonderen Eigenheiten des Filmes bisweilen außer Acht ließen. Die taz brachte es kurz und bündig auf den Punkt: „‚Matrix‘ ist um Längen besser.“ Die Berliner Zeitung urteilt: „‚The 13th Floor‘ zeigt, dass mehr Geld und bessere Produktionsstandards auch nur erfolglosen Schrott ergeben, sofern sie nicht mit handwerklichem – und wenn schon nicht mit künstlerischem – Talent gehandhabt werden. Billige Spezialeffekte, schlechte Schauspielerei und ein holpriger Erzählfluss bieten dem Kinogänger nur wenig Vergnügen [...].“ Die Stuttgarter Zeitung schrieb: „[...] manche Holodeck-Episode aus ‚Star Trek‘ handelt das Thema der allzu glaubhaften Scheinwelt mittlerweile flotter ab.“ 20 Desalm, Brigitte: „Die total verdrahtete Welt“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 27.11.1999. 283

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Der Film erzählt die Ende des 20. Jahrhunderts spielende Geschichte einer kleinen Gruppe von Computerspezialisten, denen es gelungen ist, eine perfekte Simulation von Los Angeles im Jahr 1937 zu generieren, einer Stadt, die von „selbständig lernenden Cyberwesen“ bevölkert wird, künstlichen Intelligenzen mit einem Selbstbewusstsein, die in ihrer Programmierung nichts mehr von einem realen Menschen unterscheidet. Dabei haben sie nun einen Weg gefunden, um sich mit ihrem Bewusstsein in der Simulation zu bewegen, in dem sie es in den Körper eines dieser Cyberwesen transferieren, die nach ihrem Vorbild geschaffen wurden, d. h. das gleiche Aussehen haben wie ihre „User“. Doch irgendetwas scheint schief zu laufen. Der Film beginnt mit einer stilisierten, in den 30er Jahren spielgenden Sequenz, die in braunstichigen Fehlfarben gehalten ist. Ein Brief wird von Hannon Fuller mit einer Feder geschrieben, verschlossen, an Douglas Hall adressiert und in der mondänen Nachtbar des Wilshire Grand Hotel an den Barkeeper Ashton übergeben, der ihn, kurz nach dem der Überbringer den Raum verlassen hat, heimlich öffnet. Es ist die Auftaktsequenz zu einem Spiel, das auf mehreren zeitlichen Ebenen zu spielen scheint. Fuller, der Briefeschreiber, der sich auf der Ebene der 30er Jahre im Körper des Antiquitätenhändlers Grierson bewegt, verlässt das Hotel, in dem er sich mit einer jungen Geliebten getroffen hat, kehrt zurück in sein Haus und legt sich zu seiner Ehefrau ins Bett. In seinen Augen beginnt ein eigenartiges Farbenspiel, es entsteht ein Feld von bläulich leuchtenden Lichtblitzen das schließlich in einem anderen Raum endet, in dem Fuller erwacht. „Download abgeschlossen. Verbindung zur Simulation beendet“, sagt eine Stimme. Fuller ist nun in einem Großcomputerraum, der sich im 13. Stock eines modernen Bürogebäudes des Jahres 1999 befindet. Fuller verlässt das Gebäude und geht in eine Bar, von der aus er Douglas Hall anruft und ihm etwas auf den Anrufbeantworter spricht. Danach trifft er einen, ihm offenbar bekannten Mann, der dem Zuschauer aber nur von hinten gezeigt wird und der ihn plötzlich niedersticht. Douglas Hall wacht in seinem Appartment auf, geweckt durch den Anrufbeantworter, der ihm die neuesten Nachrichten durchgibt (Doch die Nachricht von Fuller fehlt!). Er tappt noch leicht schlaftrunken ins Bad, wo er Blutstropfen am Waschbeckenrand und ein blutverschmiertes Hemd entdeckt – hat er etwas mit der Ermordung von Fuller zu tun? Er wird von Detektiv McBain zur Identifizierung der Leiche von Fuller ins Polizeipräsidium gebeten, da dieser angeblich keine Verwandten hatte. McBain begleitet ihn auch zurück in sein Appartment, das sich im Gebäude der Firma befindet.

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Dort wartet eine Jane Fuller, die sich als Tochter des getöteten Hannon Fuller vorstellt, obwohl Hall nichts von einer Tochter weiß. Hall versucht Nachforschungen über sie anzustellen; als sie sagt, dass ihr Vater die Firma verkaufen wollte und sich darüber beschwert, dass sie im Testament nicht bedacht wurde, wachsen die Zweifel an ihrer Identität. Zugleich verkündet man Hall, dass Fuller ihn als Alleinerben der Firma eingesetzt hat, was allerdings als Tatmotiv bewertet werden kann. Auch findet sich jetzt die Nachricht von Fuller auf Halls Anrufbeantworter wieder – wer hat die Maschine manipuliert? Unterdessen spricht der Polizeidetektiv mit Whitney, einem Computertechniker, der genauso aussieht wie der Barkeeper Ashton in der Bar aus den 30er Jahren. Er erklärt McBain die Funktionsweise der Computersimulation und die Firma von Fuller, für die er arbeitet. Unterdessen begibt sich Hall erstmals in die Simulation in den Körper des Bankangestellten Ferguson. Er fühlt sich wie ein Besucher auf einem fremden Planeten, tastet die Umgebung ab und ist erstaunt darüber, dass alles so „echt“ wirkt. Er trifft sich mit dem Barkeeper Ashton, der jedoch vorgibt, von dem Brief nichts zu wissen. Bei diesem ersten Besuch trifft er auf alle zentralen Figuren der Simulation, mit denen Fuller in Kontakt kam: Grierson, die jungen Mädchen, Ashton, jedoch ohne etwas über die von Fuller versteckte Botschaft zu erfahren. Wieder aus der Simulation zurück, wird Hall von Tom Jones angesprochen, dem Barkeeper, der Fuller zuletzt vor seinem Tod gesehen hat, angeblich, wie er sagt mit Hall; er versucht, Hall zu erpressen, worauf der sich aber nicht einlässt. Wenig später wird seine Leiche gefunden; der Tatverdacht fällt wieder auf Douglas Hall, dem allerdings Jane Fuller, die sich in Hall verliebt zu haben scheint, ein Alibi gibt. Um den Mordverdacht gegen sich zu entkräften, besucht Douglas Hall ein zweites Mal die Simulation und geht dabei gezielter vor. Zusammen mit Grierson fährt er zum Wilshire Grand Hotel. Grierson kann sich plötzlich an vieles erinnern, was Fuller in seinem Körper erlebte. Schließlich stellt Hall Ashton zur Rede. Der gibt zu, den Brief geöffnet zu haben und alarmiert vom Inhalt mit Auto aus der Stadt gefahren zu sein, an die Grenze der Welt. Es kommt zum Zweikampf zwischen den beiden, aus dem Hall von Whitney zurückgeholt wird. Er ist nun davon überzeugt, dass die simulierten Personen ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben und will die komplette Simulation beenden. Als er sich am nächsten Tag auf die Suche nach Jane Fuller macht, trifft er nur auf Natascha Molinaro, eine Kassiererin in einem Supermarkt. Auch sie scheint von einer anderen Person benutzt worden zu sein, die sich von einer anderen Realitätsebene in die der eigenen Realität

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eingeloggt hat. Um sich zu vergewissern, verlässt Douglas Hall die Stadt und fährt mit dem Wagen, bis die Welt aufhört: Sie geht über in ein konzeptionelles Computergebilde. Whitney, der Computerspezialist, möchte die Simulation jedoch vor ihrem Abbruch kennenlernen und bricht gleichfalls zu einer Reise auf. Er schlüpft in den Körper von Ashton, der gerade den gefesselten, im Kofferraum liegenden Ferguson transportiert. Als sie von einem Polizisten bei einer Routinekontrolle angehalten werden, kommt es zu einem Unfall: Der Körper von Ashton mit dem Bewusstsein von Whitney wird von einem Lastwagen überrollt. Daraufhin erwacht der Körper von Whitney mit dem Bewusstsein von Ashton im 13. Stock. Doch Ashton hat Mühe, sich in der für ihn unbekannten Umgebung zu orientieren. Als Douglas Hall zu Ashton im Körper von Whitney ins Gebäude der Firma kommt, ist einer der Wachleute des Gebäudes getötet worden und Whitney sitzt verzweifelt vor einer Fernsehwand aus zehn TV-Geräten, auf denen jeweils eine andere Sendung läuft. Er hält die Emissionen zunächst für die Welt selbst, bevor ihm Hall bei einem Blick durchs Fenster erklärt, dass dies seine Welt sei und dass es sich dabei auch nur um eine Simulation handele. Als er Ashton den Computer zeigen will, mit dem die Welt der 30er Jahre generiert wurde, übernimmt Daniel, der Mann von Jane Fuller, den Körper von Douglas Hall und erschießt Ashton. Als David das Schlafzimmer von Douglas betritt, kommt er nicht umhin, sich Jane zu erkennen zu geben, die dort auf Douglas wartete. Sie streiten sich, wobei er versucht, Jane zu erwürgen. Während des Zweikampfs kommt McBain hinzu und erschießt David im Körper von Douglas. Es scheint allerdings, als habe Jane David eine Falle gestellt, da sie wusste, wann er auftauchen würde und hatte den Detective, der begriffen hat, dass seine Welt nur eine Simulation ist, selbst zuvor angerufen. Douglas erwacht im Körper von David. Er ist in einer anderen, futurisch aussehenden Welt, deren Kolorierung mit einem leichten Gelbstich „unnatürlich“ wirkt. Als Douglas sich umschaut, findet er eine Zeitung, die das Datum des 21.06.2024 trägt, er trifft auf Jane und sieht von Ferne Janes Vater, der offensichtlich das Vorbild für Hannon Fuller ist. Dabei bleibt offen, ob diese Welt nicht nur eine weitere Simulation ist.

Innenansichten eines Supermediums Medien werden in The 13th Floor nur marginal dargestellt: Auf der Ebene der Simulation des Jahres 1999 werden einige apparative Oberflächen von Telefonen, Fernsehbildschirmen und Computerräumen ins Bild gerückt, die den zeitgenössischen Darstellungskonventionen entsprechen.

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Allerdings ist einzuräumen, dass auf der Ebene der behaupteten Handlung das gesamte Geschehen – also auch die wenigen explizit dargestellten Medien – Innenansichten eines Supermediums sein sollen, d. h. dass die filmische Weltdarstellung als Innensicht der Simulation eines digital konnotierten Mediums behauptet wird. Wie schon in eXistenZ ist diese Simulation weltumspannend, d. h. es gibt keine inhärenten Anzeichen dafür, dass es sich um ein Medium handelt, da das Medium die ganze Welt generiert. Filmische Weltdarstellung und behauptetes Supermedium sind insofern identisch. Es gibt jedoch Momente, in denen eine ästhetische Differenz inszeniert wird: 1. Die verschiedenen Ebenen der Simulation werden in verschiedenen Farbtönen dargestellt. Während die Welt der 30er Jahre in SepiaTönen präsentiert wird, entspricht die der 90er Jahre den zeitgenössischen Darstellungskonventionen und die der 20er Jahre des 21. Jahrhunderts ist gelblich verfärbt. Diese Konstruktion mit Fehlfarben ist keine ästhetische Differenz zu einem anderen Medium, sondern ein inszenierter Defekt des Mediums Films. 2. Bei den Übergängen zwischen den verschiedenen Simulationsebenen werden zwei Effekte inszeniert, die über das Medium Film hinausweisen: a) eine Art Lasershow mit einem grünen Strahlenfächer, der sich um den Körper desjenigen legt, der im Jahr 1999 die Simulation des Jahres 1937 betritt oder aus ihr zurückkehrt. (0.00) b) Begleitet wird dies mit einer Lichtspiegelung in den Pupillen des Körpers, der im Jahr 1937 bezogen oder verlassen wird (0.00). Diese Reflexion besteht aus bläulichen Lichtblitzen, die sich zu einem tunnelartigen Gebilde erweitern, ähnlich dem, was in zeitgenössischen SF-Filmen zur Darstellung von „Wurmlöchern“ dient. Diese Effekte sind computergeneriert, werden aber ins Medium Film integriert. Es entsteht keine ästhetische Differenz, die auf die Medialität des Mediums verweisen würde. 3. Anders verhält es sich mit Halls Exkursion ans Ende der Welt.Weit außerhalb der Stadt trifft er auf ein ästhetisches Phänomen, das die filmischen Landschaftsaufnahmen auflöst in computergenerierte Rasterlinien, denen eine materiale Oberfläche fehlt. Selbst Vögel werden nur als bewegliche Linien oberen Teil des Blickfeldes dargestellt. Diese Grenze der Welt, die zugleich die Grenze der Innensicht des Mediums bedeutet, spielt mit der medialen Differenz zwischen Computer und Kino und lässt zumindest für Augenblicke behauptetes und dargestelltes Medium zusammenfallen, wenn auch

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das avancierte Medium wieder durch ästhetische Reduktion auffällt. Medialität wird durch eine inszenierte Dysfunktion zum Ausdruck gebracht, die auf eine wörtlich zu nehmende Auflösung des Raums setzt. 4. Zahlreiche Indizien dafür, dass es sich bei der filmischen Weltdarstellung um die Innensicht eines Mediums handeln soll, ergeben sich aus dem Verhalten der Protagonisten. So gibt es immer wieder Szenen, in denen die Figuren derangiert wirken. Als sich z. B. Douglas Hall das erste Mal in die Simulation einloggt, sieht man aus subjektiver Kamera eine Frau vor einem vergitterten Schalter, die Geld ausgezahlt haben möchte. Erst dann sieht man im Gegenschuss den verdutzten Körper von Ferguson, dem sich gerade das Bewusstsein von Hall hineinversetzt hat und sich zunächst mit der Situation nicht zurechtfindet. Ihm scheint schwindelig zu sein, er stürzt zur Toilette. Als er den Wasserhahn aufdreht und das Wasser an den Händen spürt, ist er überrascht, wie „echt“ sich die Simulation anfühlt. (0.00) Die subjektivierte Perspektive weist auf die Medialität des Geschehens hin: Hall im Körper von Ferguson muss sich erst seiner Wahrnehmung versichern, die durch den Wechsel der Simulationsebene verändert scheint. Eine ähnliche Szene findet sich auch als auf die Ebene des Jahres 2024 wechselt (0.00). Unter ähnlichen Adaptionsproblemen leidet auch Ashton im Körper von Whitney, als er im 13. Stock aufwacht. Die Umgebung ist ihm völlig fremd, und er schafft es nicht einmal, mit den automatisch sich öffnenden Glastüren zurechtzukommen. Er hält – eine ironische Medienreflexion des Films – die verschiedenen Fernsehprogramme im Wachraum für die wirkliche Realität, bevor Hall die Fernseher ausschaltet und ihn zum Fenster führt. Eine besondere Rolle spielen Erinnerungslücken, die die Protagonisten immer wieder befällt, beispielsweise als Douglas Hall in seinem Appartment erwacht und im Bad Blutstropfen auf dem Rand des Waschbeckens sieht oder als Hall Grierson aufsucht in der Hoffnung, durch ihn mehr über Fullers Aktivitäten in der Simulation zu erfahren. Doch Grierson scheint sich an die Zeit, in der Fullers Bewusstsein sich bei ihm eingeloggt hat, nicht erinnern zu können. Er registriert – wie er Hall im Körper von Ferguson später erzählt – lediglich unerklärliche Aussetzer und räumt auf Halls Drängen auch eigenartige Phantasien von Sex mit jungen Mädchen ein. Als Hall ihn dann mit ins Wilshire Grand Hotel nimmt, kann sich Grierson allmählich bruchstückhaft an Erlebnisse und insbesondere Personen erinnern, die er als Fuller in der Gestalt von Grierson kennengelernt hatte. Der unstete Blick des sich erinnernden 288

IMMERSION ALS STRATEGIE

Grierson durch die Masse der Hotelgäste und der Barbesucher geht einher mit einer subjektivierten Perspektive (0.00). Nicht zuletzt sollte auch erwähnt werden, dass die Personen, die der Simulation eine andere Identität annahmen, nach der Rückkehr in ihre Welt gewisse Gewohnheiten ihrer Figuren übernommen haben: Hall z. B., eigentlich Nicht-Raucher, beginnt zu rauchen.

Die Simulation als moralische Anstalt Vergleicht man The 13th Floor mit den anderen, bisher diskutierten Filmen, dann fällt ganz besonders die moralische Dimension der Dramaturgie auf. Obwohl die Simulation die Möglichkeit eines konsequenzverminderten Probehandelns eröffnen würde, vergnügen sich die Protagonisten nicht mit den von ihnen angenommenen Identitäten in der Simulation. Für sie ist der Trip in eine andere Welte mit großer Ernsthaftigkeit verbunden: Hall sucht nach der geheimen Nachricht, die ihm Fuller hinterlassen hat, Jane verliebt sich in Hall, Ashton und Whitney finden sich in der jeweils anderen Welt nicht zurecht usw. Für sie bedeutet das Bewusstsein, dass sie sich nur in einer Simulation bewegen, nicht nur eine mediale, sondern auch eine existenzielle Grenzerfahrung. Zwar gibt es auch Figuren, die die Simulation dazu nutzen wollen, ihre geheimen Leidenschaften und Perversionen auszuleben. Doch schlägt dieser persönliche Genuss bald um in bitteren Ernst, der mit ihrem Tod endet. Fuller etwa benutzt die Figur des biederen Grierson, um regelmäßig den Nachtclub eines luxuriösen Hotels aufzusuchen und sich dort mit jungen Mädchen aufs Zimmer zurückzuziehen. Diese erotischen Abenteuer finden jedoch ein Ende in dem Augenblick, als ihm bewusst wird, dass die Figuren der Simulation eigenständige, intelligente Wesen sind und seine eigene Welt, die er bisher für real hielt, gleichfalls nur eine Simulation ist. Die von ihm generierte Welt der Simulation hat existenziell den gleichen Status wie seine eigene Welt, auch wenn er der Schöpfer dieser Simulation ist. Die Konsequenz dieser Einsicht ist für ihn, dass die Simulation beendet werden muss, da sie zum leichtfertigen Umgang mit Wesen animiert, die ein eigenes Bewusstsein haben. Diese moralische Idee wird schließlich durch ihr negatives Zerrbild noch stärker akzentuiert: David nutzt die Simulation, um seinen Aggressionen freie Bahn zu lassen. Wer sich ihm in den Weg stellt, wird brutal und hemmungslos ermordet, wie Fuller, wie Jones oder Ashton. Der Täter braucht dabei weder Strafe noch Gewissensbisse zu fürchten, da er sich jederzeit aus der Simulation in seine Realität zurückziehen kann und aus seiner Sicht keine menschlichen Wesen, sondern nur technisch generierte Datenmuster zerstört. 289

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Allerdings bleiben seine Motive seltsam dunkel. Jeder Mord scheint kühl berechnet, d. h. ein Ziel zu verfolgen, das darin besteht, seine eigene Existenz vor den Figuren der Simulation zu verbergen und deren Realitätsillusion aufrechtzuerhalten. Warum er dieses Ziel verfolgt, bleibt unklar. Insofern ist David eine eindimensionale Figur, die einseitig als hemmungsloser Killer präsentiert wird, der schließlich auch nicht davor zurückschreckt, auf seine eigene Frau loszugehen, obwohl er weiß, dass es sich bei ihr in diesem Augenblick nicht um Natascha Molinaro, also um eine Figur der Simulation, sondern um Jane handelt. Sein Verhalten nutzt die Simulation konsequent als Simulation – es unterscheidet sich insofern von den anderen Protagonisten, die vor der Simulation in Ehrfurcht erstarren und in dem Moment, wo sich Probleme ergeben, fürs Abschalten plädieren wie Fuller, Jane oder Hall. Für sie wird die Simulation zur moralischen Anstalt. Anstatt die Möglichkeit zum konsequenzverminderten Probehandeln zu nutzen, werden die eigenen Taten an moralischen Maßstäben gemessen, die über die verschiedenen Realitäts- und Simulationsebenen hinweg Gültigkeit beanspruchen. Die Erkenntnis, dass es sich bei jeder Simulationsebene um die Innensicht eines Mediums handelt, führt dazu, dass die Vorstellung eines Medium völlig negiert wird: wo vorher Medium war, ist nun Realität. Das Medium selbst wird zur Realität: Wenn alles Medium ist, gibt es kein Medium. Das Medium, so wie es in der Projektion der behaupteten Handlung von The 13th Floor dargestellt wird, ist nicht Mittler, sondern ein Verführer, der die Menschen dazu verleitet, die eigene Existenz nicht nur zu transzendieren, sondern auch „unmoralische“ Lebensentwürfe zu testen. Der Avatar, d. h. die in der Simulation benutzte Spielfigur, wird zum alter ego in dem Sinne, dass sie das Andere der eigenen Existenz hervorbringt. Offensichtlich ist dies bei Fuller und David, doch auch allein schon der Besuch in der Simulation in Gestalt des Bankangestellten Ferguson genügt, um Hall dazu zu bringen, schlechte Gewohnheiten anzunehmen, da immer etwas vom Persönlichkeitsprofil der gespielten Person an der spielenden Person haften bleibt. Zugleich arrangieren sich die Protagonisten mit der Situation. Während die Figuren in Fassbinders Welt am Draht noch gegen die Zwänge ihrer Existenz rebellierten oder zumindest daran verzweifelten, neigen die Protagonisten von The 13th Floor zur Einsicht in die Notwendigkeit. Sie arrangieren sich in privatem Glück durch den Tod von David, durch den Hall auf die nächsthöhere Ebene der Simulation gelangt. Dabei entwickelt ein Gedankenspiel einen gewissen Reiz, das im Film angelegt und durch die „ungewöhnliche“ Farbgebung der Welt von 2024 auch nahezuliegen scheint: dass es sich auch bei dieser Realitäts-

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ebene um eine weitere Simulation handelt, dass also letzthin alle Protagonisten maschinengenerierte Wesen sind. Damit wird eine posthumane Dimension des Geschehens behauptet, das in seiner Gesamtheit als Innenansicht eines Supermediums anzusehen wäre, in dem Menschen nur noch elektronische Anteile wäre – ein Spiel der Maschine mit sich selbst sozusagen. Tatsächlich begegnet der Zuschauer aber menschlichen Darstellern und ihren menschlichen Schwächen; ihre Handlungen sind von moralischen Überlegungen motiviert. Insofern ist auch die in The 13th Floor zu beobachtende Dramaturgie des Verdachts aufzufassen nicht als Verdacht gegen das Medium oder als Verdacht des fragmentierten Subjekts gegen sich selbst – was beides durchaus anklingt –, sondern als Dramaturgie einer Kriminalgeschichte, die vor dem Genreklischee keineswegs zurückschreckt. Wo die Darsteller mit Medien in Berührung kommen, entwickeln sie keinen barbarischen Umgang – wie noch in Matrix –, sondern sie erstarren mit beinahe religiösem Charakter in Ehrfurcht vor ihnen wie etwa Ashton bei der Betrachtung der Fernsehwand oder als er den Computerraum betritt. Das Posthumane geht im allzu Menschlichen auf. Medien werden allein behauptet und beanspruchen nicht einmal durch Diskretion Aufmerksamkeit. Sie konstituieren keine Widersprüche, sind allein Film und gehen einer Auseinandersetzung mit Medialität konsequent aus dem Weg. „Cogito ergo sum“, Descartes’ bekannter Satz, dient als Einstimmung auf die platte Botschaft, dass auch Maschinen Menschen sein können. Erkenntniskritik wird konsequent verweigert und tritt hinter der Affirmation von moralischen Maßstäben zurück, die von Medien definitiv nichts wissen wollen.

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Matrix (1999, Regie: Andy und Larry Wachowski)

Matrix (Andy und Larry Wachowski): Neo nach dem Showdown Das Bemerkenswerteste an Matrix ist, dass der Film es schaffte, eine bis dahin nur in Low Budget-Produktionen behandelte Fragestellung nun im großen Format umzusetzen, mit zahlreichen Special Effects und einem Design, das Maßstäbe setzte. Der Film konnte es sich sogar leisten, seltsam unfilmische Sequenzen zu zeigen, die nicht in einen konventionellen Aufbau einer „Hollywood“ Produktion zu erwarten sind, wie z. B. die langen OFF-Kommentare, mit denen die Geschichte der Matrix erzählt wird. Es macht nun im Folgenden wenig Sinn, den zahlreichen MatrixInterpretationen eine weitere hinzuzufügen. Es sollen hier lediglich einige mediologische Anmerkungen zur futurischen Mediendarstellung gemacht werden. Matrix ist der Film, der in den letzten Jahren vielleicht am meisten von sich reden machte. Nicht zuletzt deshalb möchte ich ihn deswegen hier nur kurz besprechen. Eingangs wurden ja schon eine Reihe von Reaktionen dargestellt.

Die anspielungsreiche Geschichte Es wurde viel geschrieben über die zahlreichen Anspielungen in Matrix, die sowohl durch den Storyverlauf, durch Dialoge, durch sprechende Namen oder visuelle Gestaltung deutlich werden. So wundert sich etwa Kathleen Ann Goonan darüber, dass Matrix nicht unter dem Gewicht seiner Anspielungen zusammenbricht: „Wie Elstern haben sie lauter kleine Glanzfolienstücke aus der Philosophie, dem Zen-Buddhismus, der Literatur, alten Cartoons, Comics, den Werken von Jung, Spielen, dem Rastafarianismus, der Hacker-Kultur, Goth, Animé, Kung-Fu-Filmen aus 292

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Hongkong, der Mythologie, dem Gnostizismus und Judaismus zusammengeklaubt und mit zahllosen visuellen Zitaten aus Film und Kunst vermischt.“21 Bruce Sterling stellt fest: „Es gibt christliche Exegese, einen ErlöserMythos, Tod und Wiedergeburt, einen Helden, der sich erst selbst entdecken muss, die Odyssee, Jean Baudrillard (viel Baudrillard, die besten Teile des Films), ontologische SF-Versatzstücke der Philipp-K.-DickSchule, Nebukadnezar, den Buddha, Taoismus, Martial-Arts-Mystik, dunkle Prophezeiungen, telekinetische Löffelbiegereien, Houdini-Bühnenzauber, Joseph Campbell und mathematische Metaphysik à la Gödel.“22 Und Shirley konzentriert sich eher auf die visuellen Zitate „Cronenberg-Bilder – wie der silberfischchenartige Roboter, der sich in Neos Bauch gräbt – gibt es in Matrix zuhauf; die teuflischen Künstlichen Intelligenzen der Terminator-Filme, Diener, die sich in grausame Herren verwandeln, sind die Ahnen der Matrix-Agenten; Philip K. Dicks Geschichten sind thematische Vorläufer [...]“23 Shirley sieht auch Parallelen zu den Filmen: American Beauty, Fight Club, Dark City, eXistenZ, Mulholland Drive, Die Truman Show, Vanilla Sky, Waking Life und Simone.24 Besonders aufgefallen sind den Interpreten wie etwa Karen Haber auch die zahlreichen selbstreflexiven Images in „Rückspiegeln, Türknäufen, Löffeln, Spiegelungen aller Art und multiplen Bildern auf Fernsehschirmen“25 Nicht zu vergessen selbstverständlich die immer wieder auch gerne erwähnten literarischen Vorbilder William Gibson und Lewis Carroll oder auch in Europa weniger bekannte Traditionen wie der Wuxia Pian, also der Heldenfilme, die Yuen Woo-Ping fortführte.26 Es ist scheint nun völlig sinnlos, diese Vielzahl von Anspielungen und Zitaten im Einzelnen untersuchen zu wollen, zumal sie auch mit der Mediendarstellung selbst allenfalls indirekt in einem Zusammenhang 21 Goonan, Kathleen Ann: „Mehr als man jemals erfahren wird: Im Kaninchenbau von Matrix“, in: Haber, Karen (Hrsg.): Das Geheimnis der Matrix. München 2003 (2. Aufl.), S. 81–92, hier S. 81. 22 Sterling, Bruce: „Jeder andere Film ist die blaue Kapsel“, in: Haber 2003, S. 12–22, hier S. 17. 23 Shirley, John: „Die Matrix: Erkenne dich selbst“, in: Haber 2003, S. 38–51, hier S. 44. 24 Vgl. ebd., S. 45. 25 Haber 2003, S. 181. 26 Williams, Walter J.: „Yuen Woo-Ping und die Kunst des Fliegens“, in: Haber 2003, S. 100–111, hier S. 100 ff. 293

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steht. Allgemein lässt sich festhalten, dass die Vielzahl der Anspielungen vor allem um das Problem der Erkenntnis, der Selbsterkenntnis (bzw. der Erkenntnis des richtigen Lebens) und der Erkennbarkeit von Realität kreisen. Matrix ist ein Film, der sich wieder mit der virtuellen Realität beschäftigt, genauer gesagt, mit der Differenz zwischen Traum und Wirklichkeit, die hier auf eine innovative Weise als Medienthema eingeführt wird. Die behauptete Handlung geht davon aus, wie der Zuschauer aus dem OFF erfährt, dass die Menschen Maschinen geschaffen haben, die sich verselbstständigten und fortan beschlossen, die Menschheit abzuschaffen oder genauer: sie nur noch als Bio-Batterien zu gebrauchen. Um die Menschen ruhig zu stellen, schließen die Maschinen die Menschen in einer Art künstlich generierter, von den Maschinen kontrollierten Traumwelt ein, der sogenannten Matrix, die den Menschen ein wirkliches Leben vorgaukelt, während ihre Körper in Wirklichkeit in einer Nährstoffblase schwimmen, darauf wartend, von den Maschinen abgeerntet zu werden. Eine dieser menschlichen Batterien, Neo, erlebt nun in seinem Traum einige merkwürdige Begebenheiten, die ihn an der Beschaffenheit der von ihm erlebten Welt zweifeln lassen. Dies erregt die Aufmerksamkeit der menschlichen Besatzung der Nebukadnezar, eines futurischen Fahrzeugs, das eine Mischung zwischen U-Boot, Flugzeug und Raumschiff zu sein scheint und durch eine Welt fährt, die von omnipräsenten Maschinen beherrscht wird. Die Besatzung besteht aus Menschen, die nicht in der Matrix gefangen sind, die sich als Widerstandskämpfer gegen die Allmacht der Maschinen versteht. Sie beschließt, Neo zu helfen, sich aus der Matrix zu befreien. Ihr Anführer, Morpheus, nimmt telefonisch Kontakt mit Neo auf und warnt ihn davor, dass er durch sein auffälliges Verhalten Reaktionen des Systems gegen ihn provoziert habe und versucht, ihn vor den Häschern in Sicherheit zu bringen. Doch die Flucht misslingt. Neo wird in einen Verhörraum gebracht. Dort beschuldigt man ihn, diverser Computerverbrechen. Als Neo den Anschuldigungen entgegentreten will, wächst ihm der Mund zu und die Agenten pflanzen ihm eine Art überdimensionierter biomechanischer Wanze in den Bauch. Am nächsten Morgen wacht Neo in seinem Bett auf und weiß nicht, ob dies wirklich geschehen oder nur ein Traum gewesen ist. Morpheus ruft erneut an und schlägt ihm ein Treffen vor. Neo muss sich dabei entscheiden zwischen zwei Pillen, die Morpheus ihm anbietet: Schluckt er die blaue Pille, wird alles sein, wie zuvor; schluckt er die rote Pille, wird er die Welt mit anderen Augen sehen. Neo schluckt die rote.

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Man sieht nun ein gigantisches Feld mit organischen Tanks, in denen in Nährflüssigkeit menschliche Körper schwimmen. Neo „erwacht“ in einem solchen Tank und wird von den Maschinenwächtern als unbrauchbares Teil aussortiert und weggekippt, aufgefangen allerdings von Greifarmen, die ihn an Bord der Nebukadnezar holen. Er erwacht an Bord des Hovercrafts, wo ihm Morpheus die von den Maschinen beherrschte Weltordnung erklärt. Neo wird von der Besatzung der Nebukadnezar trainiert, um in der Matrix überleben zu können, denn wer in der Matrix, also der Computersimulation, stirbt, stirbt auch in der Realität. Dabei wird er insbesondere vor den Agenten gewarnt, die nach den Maßstäben der Matrix über übernatürliche Fähigkeiten verfügen. Dabei stellt sich Morpheus und den anderen Besatzungsmitglieder der Nebukadnezar die Frage, ob Neo der Auserwählte ist, der der Prophezeiung nach kommen soll. Die Frage kann vielleicht vom Orakel beantwortet werden, das Neo zusammen mit Morpheus aufsucht. Doch die Antwort weist Neo auf sich selbst zurück. Als sie zurückwollen zur Nebukadnezar kommt es zum Gegenschlag: Sie werden von Polizisten umstellt, von denen einige sich in Agenten umwandeln. Auch wird die Matrix so manipuliert, dass Neo und die anderen den Weg nicht mehr finden. Zudem hat Cypher mit den Agenten der Matrix arrangiert, die ihm eine glorreiche Rückkehr versprochen haben, wenn er die anderen verrät. Es kommt zum Gemetzel, bei dem die Gefährten nur mit großen Verlusten an Bord des Schiffes zurückkehren können. Morpheus wurde von den Agenten gefangengenommen; er soll gefoltert werden, um die Zugangscodes für Zion, die unterirdische Stadt des menschlichen Widerstands, zu erfahren. Neo und Trinity beschließen, ihn zu befreien. Sie besorgen sich im Ladeprogramm Waffen, lassen sich in die Matrix transferieren und attackieren das Gebäude, in dem Morpheus gefoltert wird. Nach einer furiosen Schießerei im Foyer gelangen sie im Aufzug auf das Dach des Hochhauses, erobern einen Helikopter und nutzen diesen, um Morpheus in einem der oberen Stockwerke freizuschießen. Dabei wird der Helikopter getroffen. Während er in ein benachbartes Gebäude stürzt und explodiert, springen die drei ab. Es kommt zu immer neuen Kämpfen gegen die Agenten. Morpheus und Trinity gelingt die Flucht zur Nebukadnezar, die ihrerseits von sogenannten Wächtern – tintenfischartigen Maschinen – gejagt wird. Neo bleibt zurück und wird in einen Kampf mit einem Agenten verstrickt, bei dem er von dem Agenten erschossen wird. Trinitiy küsst den leblosen Körper von Neo in der Nebukadnezar, was dazu führt, dass er in der Matrix wieder aufersteht. Er besitzt nun Kräfte, die über die der Agenten hinausgehen. Die Agenten fliehen, die Nebukadnezar kann die Wächter ausschalten, und Neo kann sich fortan völlig frei in der Matrix bewegen.

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Mediendarstellung im Wechsel zwischen Außen- und Innensicht Die Mediendarstellung in Matrix beginnt zunächt mit völliger Immersion. Sogar der Zuschauer wird mit einem „gefaketen“ Vorwärtszoom direkt in die simulierte Welt hineingesaugt: Nachdem zunächst Zahlenund Buchstabenkombinationen hellgrün über einen dunkelgrünen Bildschirm wandern und damit an die Frühzeit des PC erinnern, bleibt der Bildausschnitt auf einer „Null“ stehen, die in eine dritte Dimension führt: Wie durch eine Telefonleitung dringt der Blick in die Zahl ein, die sich tunnelartig verlängert, und endet in der Matrix, in der Trinity sich gerade gegen das System in Gestalt einer Gruppe von Polizisten zur Wehr setzt. Die Darstellung von Medien erfolgt in Matrix auf verschiedenen Ebenen: 1. Auf der Ebene der Wirklichkeit der Nebukadnezar. Das Hovercraft ist mit Technik und Medientechnik vollgestopft. Es gibt kaum einen Raum, in dem nicht irgendein Computermonitor blinken würde. Dabei beharrt die Mediendarstellung auf dieser Ebene dezidiert auf der apparativen Oberfläche. Dabei leuchten die Computerbildschirme gleichfalls monochrom, jedoch bläulich-weiß schimmernd, so etwa der medizinische Überwachungsmonitor, der Bilder der inneren Organe zeigt (0.33). Dagegen stehen die Monitore, mit denen die Mannschaft die Matrix beobachtet. Sie verzichten auf Bildgebung und stellen allein die Codes der Matrix dar – bestehend aus Buchstaben- und Zahlenreihen, die unablässig über den Bildschirm laufen, der gleichfalls monochrom leuchtet, jedoch grünlich schimmernd wie jene Monitore in der Matrix auch. 2. Auf der Ebene des Konstrukts. Die Darstellung von Medien auf der Ebene des im Film sogenannten Konstrukts, also der Lade-, Lernoder Trainingsprogramme, ist marginal. Nur als Morpheus Neo das erste Mal in ein Konstrukt mitnimmt (0.38), erwartet die beiden dort ein Fernseher im Retrodesign der 50er Jahre (obwohl er mit Fernbedienung ausgestattet ist). Er dient dazu, die Ausführungen von Neo über die Matrix und ihre Funktionsweise mit entsprechenden Bildsequenzen zu illustrieren: Sie zeigen Felder mit Menschen in Nährblasen, die von den Maschinen bearbeitet und abgeerntet werden. Dabei ist die Bildsequenz farbig gehalten und offenbar computeranimiert. Das Konstrukt selbst ist allerdings bereits – zumindest auf der Ebene der behaupteten Handlung – die Innenansicht eines

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Mediums, d. h. des Computerprogramms, das es animiert. Als solche lässt sie sich allerdings in der materialen Darstellung nur erkennen durch kleine Dysfunktionen: So beginnt die Szene im Konstrukt in einem absoluten weißen Raum, in dem es keine Dimensionen zu geben scheint. Der Raum wird aufgelöst. Auch in der Folgeszene sitzen Neo und Morpheus noch immer in den gleichen Stühlen, die Landschaft um sie herum hat sich aber abrupt verändert: Statt eines weißen Raumes umgibt sie nun eine düstere, öde Landschaft wie aus einer apokalyptischen Endzeitvision des Planeten. Auch der nächste Auftritt im Konstrukt, in dem Neo gegen Morpheus einen Kung-FuKampf führt (0.47), beginnt zunächst mit einer weißen Überblendung und endet schließlich damit, dass Neo und Morpheus über ihre natürlichen Kräfte und Fähigkeiten weit hinaus wachsen. Sie schweben durch den Raum, sie bewegen sich mit übermenschlicher Schnelligkeit und ihre Schläge haben eine überdimensionierte Wirkung. Dies ist zum einen sicher dem Genre geschuldet, in dem gerade die aufgezählten Merkmale üblich sind, zum anderen unterstreicht es jedoch die ästhetische Differenz zur Ebene der „Wirklichkeit“ der Nebukadnezar, in dem die physischen Kämpfe der Protagonisten etwa gegen Cypher weitaus nicht die gleiche Eleganz aufweisen. 3. Auf der Ebene der Wirklichkeit der Matrix. Die Mediendarstellung in der Matrix entspricht dem Stand der Technik am Ende des 20. Jahrhunderts. Man sieht Fernseher, Computermonitore, Telefone, Überwachungsmonitore. Dabei fällt jedoch auf, dass die apparative Oberfläche dieser Medien eine Art Retrodesign aufweist: Computermonitore haben eine monochrome, grünlich schimmernde Benutzeroberfläche, Neben modernen Handys finden sich altmodische Kabinentelefonzellen oder Apparate in veraltetem Design in schwerem Plastik mit Tasten oder Wählscheibe. Ansonsten entspricht die Medien- und Weltdarstellung der Matrix der aktuellen Welt. Tatsächlich ist die Matrix die Inszenierung einer Innenansicht eines gigantischen Supermediums. Die Innenansicht eines Mediums ist als solche auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Zwar wird im Verlauf der behaupteten Handlung darauf hingewiesen, dass es sich um eine Computersimulation handelt, so sagt z. B. Morpheus: „Möchtest du wissen, was genau sie ist? Die Matrix ist allgegenwärtig. Sie umgibt uns. Selbst hier ist sie in diesem Zimmer. Du siehst sie, wenn du aus dem Fenster guckst oder den Fernseher anmachst. Du kannst sie spüren, wenn du zur Arbeit gehst oder in die Kirche. Und wenn du deine Steuern zahlst. Es ist eine Scheinwelt, die man dir vorgaukelt, um dich von der Wahrheit abzulenken.“ (0.24) Doch die von Neo 297

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selbst formulierte Ausgangsfrage (0.09) ist zunächst: Was ist die Matrix? Da sie mit der Realität der Fiktion identisch zu sein scheint und auch den visuellen Konventionen der kinematographischen Realitätsdarstellung weitgehend entspricht, ist sie als von der Realität zu unterscheidendes Medium nicht zu erkennen. Es müsste sozusagen ein Standpunkt außerhalb des Mediums eingenommen werden, um das Medium erkennen zu können – ein Problem, ähnlich dem der Gehirne im Tank von Putnam. Tatsächlich ergeben sich auf der visuellen Ebene jedoch eine Reihe von Anhaltspunkten, die den Realitätscharakter der Matrix in Frage stellen: Dysfunktionen, die auf die Medialität des Mediums verweisen. Zu nennen sind dabei vor allem räumliche und körperliche Deformationen. Dies beginnt im Verhörraum, als Neo plötzlich der Mund zuwächst und ihm eine überdimensionierte, biomechanische Wanze in den Bauch eingepflanzt wird (0.23). Und es endet nicht zuletzt mit der sichtbaren Deformation des Raumes in der Matrix, als z. B. der Helikopter in das Hochhaus stürzt und zunächst das Haus wellenartig verformt, bevor es zur Explosion kommt oder als die Agenten oder Neo den Kugeln ausweichen, die auf sie abgefeuert werden, wobei Geschossspuren sichtbar werden (also entgegen unseren Wahrnehmungskonventionen durch optische Tricks inszeniert werden).

Das Subjekt als Restselbstbild Die Menschen sind nur noch passive Körper in einer Nährblase, ruhiggestellt durch eine künstlich erzeugte Traumwelt, die den Maschinen als Energielieferanten dienen. Sie haben kein wirkliches Leben mehr, sondern bleiben in der Matrix gefangen, ja würden diese sogar verteidigen, wenn man sie vor die Wahl stellte. Das menschliche Subjekt wird durch die Maschinen, die die Matrix erzeugt haben und den Planeten beherrschen, bis zur völligen Entwirklichung verdinglicht. Vom Subjekt bleibt unter diesen Bedingungen nichts mehr übrig als der Eigensinn, nicht in einer idealen Welt leben zu können, die die Maschinen den Menschen im ersten Entwurf der Matrix anboten, und das sogenannte Restselbstbild. Als Neo und Morpheus das Konstrukt erstmals betreten, ist Neo davon überrascht, dass er fast genauso aussieht, wie in der Wirklichkeit der Matrix und der Nebukadnezar. Morpheus erklärt ihm: „Die Anschlüsse an deinem Körper sind weg, du trägst andere Kleidung. Diene Frisur ist ganz anders. Deine momentane Erscheinung nennen wir das Restselbstbild. Die mentale Projektion deines digitalen Selbst.“ (0.37) 298

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Dieses Restselbstbild ist aber nun keineswegs der Rückzugsort des Subjekts, sondern unzweifelhafte Repräsentation, eine Zuweisung, um überhaupt an der Welt partizipieren zu können. In Matrix geht es den Protagonisten darum, sich von einem Medium in ein anderes zu transportieren. Sie fliehen vor dem einen wie dem anderen. Wie beim Zapping werden sie keineswegs nur von immer neuen Attraktionen angezogen und zum Zappen motiviert, sondern zugleich auch von der verblassten Attraktivität des Gesehenen abgestoßen. Ihr Umgang mit dem Medium ist ein permanenter Übergang von einem Medium in ein anderes. Dabei wird jedoch eines deutlich: das Subjekt erstarrt nicht vor Respekt vor dem Medium oder der Medientechnik. Immersion geht einher mit Partizipation und Interaktion und zugleich auch mit einem positiven Barbarentum, dass die Technik und das Medium Matrix radikal anders nutzt: Das Individuum macht sich die Technik wieder dienstbar und lässt sich gerade eben nicht von der Technik vereinnahmen. So sehr das Posthumane an Macht, an Wirkungsmächtigkeit gewonnen hat, insbesondere durch die Techniken des Virtuellen, der Simulation, so sehr scheitert es daran, dass es das menschliche Individuum nicht restlos zu verdinglichen vermag. Selbst dort, wo die Technik perfekt ist und eine ideale Welt zu kreieren vermag, scheitert sie am menschlichen Eigensinn. Die Besatzung der Nebukadnezar ist ein Beispiel dafür, wie Technik umfunktioniert wird. Sie können die Maschinen zwar nicht beherrschen, sie arrangieren sich aber mit der Technik; es gelingt ihnen nicht nur, die Lücken des Systems aufzunutzen, sondern auch das System für ihre Zwecke zu nutzen. Je radikaler das Subjekt sich auf sich selbst bezieht, desto stärker gelingt es ihm die Technik umzufunktionieren.

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Epistemologie als dramaturgische Strategie der Immersion Die Dramaturgie von Matrix scheint vor allem dadurch ausgezeichnet, die völlig Immersion der verdinglichten menschlichen Subjekte als Körper in der Nährblase und simulierte Restbilder in der Matrix zu durchbrechen. Immersion scheint gerade nicht als Fluchtpunkt, sondern allenfalls in ironischer Sprachverdrehung als Punkt, von dem aus man flüchtet. Tatsächlich bietet die Matrix keine Perspektive. Zwar gibt es eine Art von retardierendem Moment, eine Art Gegenbewegung als Cypher beschließt, seine Kameraden zu verraten und in die Matrix zurückzukehren, obwohl er weiß, dass es nur eine Simulation ist. Doch läuft die dramaturgische Bewegung genau auf die Flucht aus der Matrix hinaus, auf ihre Überwindung. Dies lässt sich innerhalb des Films an zwei hinlänglich bekannten Fragen festmachen, die die Dramaturgie prägen: 1. Wer bin ich? Und 2. Was kann ich erkennen? War die erste Frage konstitutiv für jene des filmischen Diskurses über das Posthumane in Gestalt von Robotern und Cyborgs, so ist die Inszenierung von erkenntnistheoretischen Fragestellungen vor allem jenen Filmen vorbehalten gewesen, die sich mit futurischen Medien beschäftigen. Dabei geht es nicht allein um das epistemologische Problem selbst, sondern um die Inszenierung dieses epistemologischen Problems. Ginge es nur um die Frage danach, was man erkennen kann, wäre die aufwendige Inszenierung nur Verpackung. Die Frage selbst wird dabei in Matrix nicht einmal sonderlich originell gestellt, sondern die zahlreichen Anspielungen verweisen hier auf bekannte Klischees. Die Frage, die sich tatsächlich stellt, ist vielmehr, wie Matrix das Problem der Epistomologie inszeniert? Wie also kann man einen Film inszenieren, der die Erschütterung der Gewissheit unserer Erkenntnis zum Thema hat. Das Thema Epistemologie ist dabei ein dramaturgisches Mittel für Immersion. Die Verunsicherung unserer Wahrnehmung führt uns als Thema mitten hinein in epistomologischen Diskurs, der keine Trennung mehr zwischen Innen- und Außenwelt kennt und insofern dramaturgisch völlige Immersion bedeutet. Denn jeder Zweifel an einer einmal gewonnenen Erkenntnis und auch der Zweifel an diesem Zweifel führen immer nur weiter zu einem neuen „Level“ des Spiels. Wie sieht das genau aus? Immersion heißt immer Immersion der Protagonisten der Handlung (nicht zwangsläufig Immersion der Zuschauer). Medialität kommt an den Bruchstellen zum Ausdruck. Indem die Protagonisten an ihrer Weltsicht zweifeln, bewegen sie sich von einer 300

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Ebene des Mediums auf eine andere. Sie verlassen jedoch dieses Medium (des Films) letzthin nie, und sie können sich nie sicher sein, ob sie jemals eine Ebene erreichen, die außerhalb des Mediums liegen wird und die sie somit in den Stand versetzt, die anderen Ebenen von einem außerhalb liegenden, überlegenen oder umfassenderen Standpunkt aus zu betrachten, den man vielleicht die „wirkliche“ Realität nennen könnte. Tatsächlich kann sich Neo niemals sicher sein, ob nicht auch die Wirklichkeitsebene der Nebukadnezar nicht nur eine weitere Ebene der Matrix, also eines Supermediums ist, eine Form der Hypersimulation, die auch noch die Aufhebung der Simulation simuliert. Die Immersion ist insofern total, als sie auch noch die Aufhebung der Immersion umfasst. Es scheint keine Möglichkeit zu geben, der völligen Mediatisierung zu entkommen, d. h. eine Realität zu erkennen, die nicht durch Medien geformt und d. h. simuliert werden könnte.

301

A NHANG

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Aurich, Rolf/Jacobsen, Wolfgang/Jatho, Gabriele: Künstliche Menschen. Manische Maschinen. Kontrollierte Körper. Berlin 2000 Baer, Harry: Schlafen kann ich, wenn ich tot bin. Das atemlose Leben des Rainer Werner Fassbinder. Köln 1990 Baier, Lothar: „Ist phantastische Literatur reaktionär? Zu den Thesen Lars Gustafsson“, in: Akzente 16, 1969, 3, S. 276–287 Baier, Martin: Film, Video und HDTV. Die Audiovisionen des Wim Wenders. Berlin 1996 Baltrušaitis, Jurgis. Der Spiegel. Entdeckungen, Täuschungen, Phantasien. Gießen 1986 (Original: Essais sur une légende scientifique. Le miroir. Rélévations, science-fiction et fallacies. Paris 1978) Bammé, Arno u. a.: Maschinen – Menschen, Mensch – Maschinen. Grundrisse einer sozialen Beziehung. Reinbek bei Hamburg 1983 Barthel, Max: Aufstieg einer Begabten. Berlin 1929 Barthes, Roland: Die helle Kammer. Frankfurt am Main 1989 (Original: La chambre claire, Paris 1980) Bateson, Gregory: Geist und Natur. Frankfurt am Main 1992 (Original: Mind and Nature: A Necessary Unity. New York 1979) Baudrillard, Jean: Agonie des Realen. Berlin 1978 (L’agonie du réel. Paris 1978) Baudrillard, Jean: Der Tod der Moderne. Eine Diskussion mit Beiträgen von Baudrillard, Berfleth u. a. Tübingen 1983 Baudrillard, Jean: Die Illusion des Endes. Oder der Streik der Ereignisse. Berlin 1994 (Original: L’illusion de la fin ou La grève des événements. Paris 1992) Baudrillard, Jean: Die Illusion und die Virtualität. Bern 1994 Baudrillard, Jean: Kool Killer oder Der Aufstand der Zeichen. Berlin 1978 (Original: „Kool Killer ou l’insurrection par les signes“, in: L’échange symbolique ou la mort. Paris 1976, S. 128–138) Baudry, Jean-Louis: „Ideological Effects of the Basis Cinematographic Apparatus“, in: Film Quaterly, nr. 2, Winter 1974/1975, S. 39–47 (Original: „Effects idéologiques produits par l’appareil de base“, in: Cinétique, Nr. 7/8, 1970, S. 1–8) Beer, Carolin: Die Kinogeher. Eine Untersuchung des Kinopublikums in Deutschland. Berlin 2000 Belgrad, Jürgen: Identität als Spiel. Eine Kritik des Identitätskonzepts von Jürgen Habermas. Opladen 1992 Belting, Hans: Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft. München 2002 (2. Aufl.) Benjamin, Walter: Berliner Chronik. Frankfurt am Main 1988 (Erstausgabe 1932)

306

ANHANG

Benjamin, Walter: „Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik“, in: Gesammelte Schriften. Bd. I-2. Frankfurt am Main 1980 Benjamin, Walter: „Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Leskows“, in: Gesammelte Schriften. Bd. II-2. Frankfurt am Main 1980, S. 438– 465 Benjamin, Walter: „Der Sürrealimus“, in: Gesammelte Schriften. Bd. II1. Frankfurt am Main 1980, S. 295–310 Benjamin, Walter: Ursprung des deutschen Trauerspiels. Frankfurt am Main 1982 (2. Aufl.) Benjamin, Walter: „Über einige Motive bei Baudelaire“, in: Benjamin, Walter: Gesammelte Schriften. Bd. I-2. Frankfurt am Main 1980, S. 605–653 (Erstausgabe 1939) Bergson, Henri: Materie und Gedächtnis. Frankfurt am Main/Berlin/ Wien 1982 (Original: Matière et mémoire. 1896) Bion, Danielle: Bertrand Tavernier. Cineaste de l’emotion. Renens 1984 Blask, Falko: Jean Baudrillard zur Einführung. Hamburg 2002 (2. erweiterte Aufl., 1. Aufl. Hamburg 1995) Boehm, Gottfried (Hrsg.): Was ist ein Bild? München 1995 (1. Aufl. München 1994) Bohn, Volker (Hrsg.): Bildlichkeit. Frankfurt am Main 1990 Bohn, Rainer/Müller, Eggo/Ruppert, Rainer (Hrsg.): Ansichten einer künftigen Medienwissenschaft. Berlin 1988 Bohrer, Karl Heinz (Hrsg.): Mythos und Moderne. Frankfurt am Main 1983 Bohrer, Karl Heinz: Die Kritik der Romantik. Der Verdacht der Philosophie gegen die literarische Moderne. Frankfurt am Main 1989 Bolter, Jay David/Grusin, Richard: Remediation. Understanding New Media. Cambridge/Mass.(USA)/London 2001 Bolz, Norbert: Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. München 1993 Bolz, Norbert: „Ästhetik als neue Leitwissenschaft. Kommunikationsdesign und neue Medien“, in: Hammel, Eckhard (Hrsg.): Synthetische Welten. Kunst, Künstlichkeit und Kommunikationsmedien. Essen 1996, S. 9–20 Bolz, Norbert: „Einleitung“, in: Bolz, Norbert/Kittler, Friedrich/Tholen, Christoph: Computer als Medium. Paderborn 1999 (2. Aufl.), S. 9–16 Bolz, Norbert: Theorie der neuen Medien. München 1990 Bolz, Norbert/Kittler, Friedrich/Tholen, Christoph (Hrsg.): Computer als Medium. Paderborn 1999 (2. Aufl.)

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Bordwell, David/Staiger, Janet/Thompson, Kristin: The Classical Hollywood Cinema. Film Style and Mode of Production to 1960. London 1985 Bounoure, Gaston (Hrsg): Alain Resnais. Paris 1962 Bowie, Malcom: Lacan. Göttingen 1994 Brauer, Jörg/Dobrovka, Peter/Mühlbacher, Daniel (Hrsg.): Computerspiele. Design und Programmierung. Paderborn 2003 (2. überarbeitete und erweiterte Aufl.) Brinckmann, Christine N.: Die anthropomorphe Kamera und andere Schriften zur filmischen Narration. Zürich 1997 Brinckmann, Christine N. (1997a): „Die anthropomorphe Kamera“, in: Brinckmann, Christine N.: Die anthropomorphe Kamera und andere Schriften zur filmischen Narration. Zürich 1997. S. 277–301 Brinckmann, Christine N. (1997b): „Der Voice-Over als subjektivierende Erzählstruktur des Film Noir“, in: Brinckmann, Christine N.: Die anthropomorphe Kamera und andere Schriften zur filmischen Narration. Zürich 1997. S. 115–129 Brinckmann, Christine N. (1997c): „Ichfilm und Ichroman“, in: Brinckmann, Christine N.: Die anthropomorphe Kamera und andere Schriften zur filmischen Narration. Zürich 1997. S. 83–112 Brittnacher, Hans Richard: Ästhetik des Horrors. Frankfurt am Main 1994 Brodersen, Hans/Weber, Thomas: „Entre Neue Innerlichkeit et Shareholder Value. Un bilan du cinéma allemand des années quatre-vingtdix“, in: Allemagne d’aujourd’hui, n° 145, Juillet-Septembre 1998, S. 118–144 Bronfen, Elisabeth: Heimweh: Illusionsspiele in Hollywood. Berlin 1999 Bronnen, Arnolt: Film und Leben Barbara La Marr. Berlin 1928 Brunkhorst, Hauke: „Das Subjekt. Die Tücke des Knechts. Die Philosophin Judith Butler und das Subjekt nach der Postmoderne“, in: Die Zeit – Zeit Literatur, 04.10.2001, S. 93–94 Buddecke, Wolfram/Hienger, Jörg: Phantastik in Literatur und Film. Ein internationales Symposion des Fachbereiches Germanistik der Gesamthochschule – Universität Kassel. Frankfurt am Main/Bern/ New York/Paris 1997 Bürger, Peter/Bürger, Christa: Das Verschwinden des Subjekts. Das Denken des Lebens. Fragmente einer Geschichte der Subjektivität. Frankfurt am Main 2001 Bürger, Peter: Der Französische Surrealismus. Studien zum Problem der avantgardistischen Literatur. Frankfurt am Main 1971 Cabanne, Pierre: Gespräche mit Marcel Duchamp. Köln 1973, S. 43

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ANHANG

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Deleuze, Gilles/Guattari, Felix: Rhizom. Berlin 1977 Derrida, Jacques/Stiegler, Bernard: Échographies de la télévision. Entretiens filmés. Paris 1996 Dery, Mark: Cyber. Die Kultur der Zukunft. Berlin 1997 Didi-Huberman, Georges: Erfindung der Hysterie. München 1997 Dod, Elmar: Die Vernünftigkeit der Imagination in Aufklärung und Romantik. Eine komparatistische Studie zu Schillers und Shelleys ästhetischen Theorien in ihrem europäischen Kontext. Tübingen 1985 Douin, Jean-Luc: Bertrand Tavernier. Paris 1997 Dreibrodt, Thomas J.: Lang lebe das Neue Fleisch. Die Filme von David Cronenberg. Bochum 2000 (Erstausgabe 1998) Dyson, Esther u. a.: Cyberspace and the American Dream: A Magna Charta for the Knowledge Age, Release 1.2, 22. August 1994, im Internet unter: http://www.unikoeln.de/themen/texte/dyson94a.txt Ebeling, Hans (Hrsg.): Subjektivität und Selbsterhaltung. Beiträge zur Diagnose der Moderne. Frankfurt am Main 1996 Eichhorn, Erik: „Virtuelle Realität – Medientechnologie der Zukunft“, in: Bollmann, Stefan (Hrsg.): Kursbuch Neue Medien. Mannheim 1995, S. 207–225 Eisner, Lotte: Die dämonische Leinwand. Frankfurt am Main 1980 (Erstauflage 1955) Ellrich, Lutz: „Tricks in der Matrix oder der abgefilmte Cyberspace“, in: Liebrand, Claudia/Schneider, Irmela (Hrsg.): Medien in Medien. Köln 2002, S. 251–275 Engell, Lorenz/Fahle, Oliver/Neitzel, Britta/Pias, Claus/Vogl, Joseph (Hrsg.): Kursbuch Medienkultur. Die maßgeblichen Theorien von Brecht bis Baudrillard. Stuttgart 1999 Engell, Lorenz: „Das Amedium. Grundbegriffe des Fernsehens in Auflösung: Ereignis, Erzählung“, in: montage/av, 05.01.1996, S. 129–153 Enzensberger, Hans Magnus: Baukasten zu einer Theorie der Medien. Kritische Diskurse zur Pressefreiheit. München 1997 Enzensberger: Das digitale Evangelium. Propheten, Nutznießer, Verächter. Erfurt 2000 Enzensberger: „Das Nullmedium oder Warum alle Klagen über das Fernsehen gegenstandslos sind“, in: Der Spiegel, Heft 20, 1988, S. 234– 244 Enzensberger, Hans Magnus (Hrsg.): Kursbuch 20/1970. Über ästhetische Fragen. Frankfurt am Main 1970 Enzensberger, Hans Magnus: Mittelmaß und Wahn. Frankfurt am Main 1988 Erikson, Erik H.: Identität und Lebenszyklus. Frankfurt am Main 1997

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Kittler, Friedrich: Draculas Vermächtnis. Technische Schriften. Leipzig 1993 Kittler, Friedrich (1993a): „Protected Mode“, in: Kittler, Friedrich: Draculas Vermächtnis. Technische Schriften. Leipzig 1993, S. 208–224 Klippel, Heike: Gedächtnis und Kino. Basel/Frankfurt am Main 1997 Kloock, Daniela/Spahr, Angela: Medientheorien. Eine Einführung. München 2000 (2. korrigierte und erweiterte Aufl.) Kneer, Georg/Nassehi, Armin: Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme. München 1994 (2. Aufl.) Knilli, Friedrich: Die Unterhaltung der deutschen Fernsehfamilie. Ideologische Kurzanalysen von Serien. München 1971. Koch, Gertrud: Kracauer zur Einführung. Hamburg 1996 Kolditz, Stefan: „Bis ans Ende der Welt. 1990/1991“, in: Jansen, Peter W./Schütte, Wolfram (Hrsg.): Wim Wenders. München/Wien 1992, S. 291–304 König, Wolfgang (Hrsg.): Wissenschaft, Technik und Gesellschaft im Wandel. Frankfurt am Main/Bern/New York/Paris/Wien 1994 König, Wolfgang/Ludwig, Karl-Heinz (Hrsg.): Technikgeschichte in Schule und Hochschule. Köln 1987 König, Wolfgang: „Didaktische Möglichkeiten und Grenzen der Technikgeschichte. Frühere and heutige Ansätze“, in: König, Wolfgang/ Ludwig, Karl-Heinz (Hrsg.): Technikgeschichte in Schule und Hochschule. Köln 1987. S. 9–38 König, Wolfgang: „Umbrüche und Umorientierungen – Kontinuität und Diskontinuität – Evolution und Revolution. Zur Theorie historischer Zeitverläufe in der Wissenschafts- und Technikgeschichte“, in: König, Wolfgang (Hrsg.): Wissenschaft, Technik und Gesellschaft im Wandel. Frankfurt am Main/Bern/New York/Paris/Wien 1994. S. 9–32 Kracauer, Siegfried: „Das Ornament der Masse“, in: Kracauer, Siegfried: Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt am Main 1986 (3. Aufl., Erstausgabe 1929), S. 50–63 Kracauer, Siegfried (1986a): „Der Detektiv-Roman. Ein philosophischer Traktat“, in: Kracauer, Sigfried: Schriften. Bd. 1. Frankfurt am Main 1978 (4. Aufl.), S. 103–204 Kracauer, Siegfried (1986b): „Die Hotelhalle“, in: Kracauer, Siegfried: Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt am Main 1986 (3. Aufl., Erstausgabe 1929), S. 157–172 Kracauer, Siegfried: Theorie des Films. Die Errettung der äußeren Wirklichkeit. Frankfurt am Main 1985 (Original: Theory of Film. The Redemption of Physical Reality. New York 1960)

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ANHANG

Kracauer, Siegfried: Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Frankfurt am Main 1984 (Erstausgabe 1947) Krambrock, Ursula: Computerspiel und jugendliche Nutzer. Hermeneutische Deutungsversuches des Adventure-Computerspiels und seiner jugendlichen Nutzer und Nutzerinnen. Frankfurt am Main 1998 Krämer, Sybille: „Künstliche Intelligenz. Eine ,kopernikanische Wende‘ in den Theorien vom Geist?“, in: König, Wolfgang (Hrsg.): Wissenschaft, Technik und Gesellschaft im Wandel. Frankfurt am Main/ Bern/New York/Paris/Wien 1994. S. 155-166 Krämer, Sybille (Hrsg.): Medien – Computer – Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien. Frankfurt am Main 2000 (2. Aufl.) Krämer, Sybille (2000a): „Was haben die Medien, der Computer und die Realität miteinander zu tun? Zur Einleitung in diesen Band“, in: Krämer, Sybille (Hrsg.): Medien – Computer – Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien. Frankfurt am Main 2000 (2. Aufl.), S. 9–26 Krämer, Sybille (2000b): „Das Medium als Spur und als Apparat“, in: Krämer, Sybille (Hrsg.): Medien – Computer – Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien. Frankfurt am Main 2000 (2. Aufl.), S. 73–94 Krämer, Sybille (Hrsg.): Performativität und Medialität. München 2004 Kreuzer, Helmut/Prümm, Karl: Fernsehsendungen und ihre Formen. Typologie, Geschichte und Kritik des Programms in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1979 Krichbaum, Jörg/Zondergeld, Rein A.: DuMonts kleines Lexikon der phantastischen Malerei. Köln 1977 Lacan, Jacques: Das Seminar. Buch II (1954–1955). Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse. Weinheim/Berlin 1991 (2. Aufl.; Original: Le séminaire de Jacques Lacan. Livre II. Le moi dans la théorie de Freud et dans la technique de la psychoanalyse, 1954–1955. Paris 1978) Lacan, Jacques: Das Seminar. Buch III (1955–1956). Die Psychosen. Weinheim/Berlin 1981 (Original: Le séminaire de Jacques Lacan. Livre III. Les psychoses, 1955–1956. Paris 1981) Lacan, Jacques: Schriften I. Berlin 1996 (1. Aufl. der deutschen Fassung in: Haas, Norbert/Metzger, Hans-Joachim (Hrsg.): Das Werk von Jacques Lacan. Berlin 1973; original: Ecrits. Paris 1966) Lange, Ulrich/Beck, Klaus: „Telefonieren“, in: Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung, Neue Folge 24/1989 Lange-Fuchs, Hauke: Ingmar Bergman. Sein Filme – sein Leben. München 1988

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Latour, Bruno: Die Hoffnung der Pandora. Frankfurt am Main 2002 Leschke, Rainer: Einführung in die Medientheorie. München 2003 Les Cahiers de médiologie, n°1–n°17, 1996–2004 Lévy, Pierre: „Cyberkultur“, in: Telepolis. Die Zeitschrift der Netzkultur. 23.7.1996, www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/ca/2044/l.html Lévy, Pierre: La machine univers. Création, cognition et culture informatique. Paris 1987 Lévy, Pierre: Les Technologies de l’intelligence. L’avenir de la pensée à l’ère informatique. Paris 1990 Lévy, Pierre: L’intelligence collective. Pour une anthropologie du cyberspace. Paris 1994 (Deutsch: Die kollektive Intelligenz. Für eine Anthropologie des Cyberspace. Köln 2000.) Lévy, Pierre: World philosophie. Le marché, le cyberespace et la conscience. Paris 2000 Liebrand, Claudia/Schneider, Irmela (Hrsg.): Medien in Medien. Köln 2002 Lindner, Burkhardt (Hrsg.): „Links hatte noch alles sich zu enträtseln…“ Walter Benjamin im Kontext. Frankfurt am Main 1978 Lindner, Burkhardt: „Technische Reproduzierbarkeit und Kulturindustrie. ‚Positives Barbarentum‘ im Kontext“, in: Lindner, Burkhardt (Hrsg.): „Links hatte noch alles sich zu enträtseln…“ Walter Benjamin im Kontext. Frankfurt am Main 1978, S. 180–223 Lindner, Burkhardt: „Les médias, l’art et la crise de la tradition. Pour une théorie de la reproductibilité“, in: Merzeau, Louise/Weber, Thomas (Hrsg.): Mémoire et Médias. Paris 2001, S. 13–25 Lindner, Burkhardt/Lüdke, Martin W. (Hrsg.): Materialien zur ästhetischen Theorie. Th. W. Adornos Konstruktion der Moderne. Frankfurt am Main 1980 Lovecroft, Howard Phillips: Die Literatur der Angst. Zur Geschichte der Phantastik. Frankfurt am Main 1995 Ludes, Peter: Einführung in die Medienwissenschaft. Entwicklungen und Theorien. Berlin 1998 Luhmann, Niklas: Die Realität der Massenmedien. Opladen 1996 (2. erweiterte Aufl.) Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main 1984 Lyotard, Jean-François: Das Grabmal des Intellektuellen. Graz/Wien 1985 Macho, Thomas H.: Todesmetaphern. Zur Logik der Grenzerfahrung. Frankfurt am Main 1987

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ANHANG

Manthey, Dirk (Hrsg.): Making of... Wie ein Film entsteht; Bd. 2: SetTeam – Effekte & Tricks – Maske – Stop motion/Animation – Digitale Effekte – Schnitt – Ton & Musik – Synchronisation – Zukunft des Kinos. Reinbek bei Hamburg 1998 (2. Aufl., 1. Aufl. 1996) Mattelart, Armand: Kommunikation ohne Grenzen? Geschichte der Ideen und Strategien globaler Vernetzung. Rodenbach 1999 Matzker, Reiner: Das Medium der Phänomenalität. Wahrnehmungs- und erkenntnistheoretische Aspekte der Medientheorie und Filmgeschichte. München 1993 Maureen, Turim: Flashbacks in film: memory and history. London 1989 McLuhan, Marshall: Die magischen Kanäle. Understanding Media. Düsseldorf/Wien 1968 (Original: Understanding Media. Toronto 1964) Médium, n°1–n°12 ff., 2004–2007 ff. Mersch, Dieter: Was sich zeigt. Materialität, Präsenz, Ereignis. München 2002 Mersmann, Birgit/Weber, Thomas (Hrsg.): Mediologie als Methode. Berlin 2008 Merten, Klaus/Schmidt, Siegfried, J./Weischenberg, Siegfried (Hrsg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Opladen 1994 Merzeau, Louise: „Ceci ne tuera cela“, in: Les Cahiers de médiologie, n° 6, 1998, S. 27–39 Merzeau, Louise/Weber, Thomas (Hrsg.): Mémoire et Médias. Paris 2001 Meteling, Arno: Monster. Zur Körperlichkeit im modernen Horrorfilm. Bielefeld 2006 Meyer, Torsten u.a. (Hrsg.): Bildung im Neuen Medium. Wissensformation und digitale Infrastruktur. Münster/New York/München/ Berlin 2007 Meyn, Hermann: Massenmedien in Deutschland. Konstanz 2004 (3. Neuaufl.) Meyrowitz, Joshua: Die Fernseh-Gesellschaft. Wirklichkeit und Identität im Medienzeitalter Weinheim 1987 (Original: No Sense of Place. Oxford 1985) Minsky, Marvin: „Alles ist mechanisierbar. Ein Gespräch mit Florian Rötzer“, in: Rötzer, Florian/Weibel, Peter (Hrsg.): Cyberspace. Zum medialen Gesamtkunstwerk. München 1993, S. 127–132 Mitry, Jean: René Clair. Paris 1960 Monaco, James: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films. Reinbek bei Hamburg 1982 (2. erweiterte Aufl.) Morris, Peter: David Cronenberg. A Delicate Balance. Toronto 1994

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Mühl-Benninghaus, Wolfgang: Das Ringen um den Tonfilm. Strategien der Elektro- und der Filmindustrie in den 20er und 30er Jahren. Düsseldorf 1999 Mühl-Benninghaus, Wolfgang: Vom Augusterlebnis zur Ufa-Gründung. Der deutsche Film im 1. Weltkrieg. Berlin 2004 Müller, Corinna/Scheidgen, Irina (Hrsg.): Mediale Ordnungen. Erzählen, Archivieren, Beschreiben. Marburg 2007 Münker, Stefan/Roesler, Alexander (Hrsg.): Mythos Internet. Frankfurt am Main 1997 Niemeyer, Katharina: Die Mediasphären des Terrorismus. Eine mediologische Betrachtung des 11. September. Berlin 2006 Negt, Oskar/Kluge, Alexander: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit. Frankfurt am Main 1986 (8. Aufl., 1. Aufl. 1972) Oetjen, Almut/Wacker, Holger: Organischer Horror. Die Filme des David Cronenberg. Meitingen 1993 Oger, Erik: „Einleitung“, in: Bergson, Henri: Materie und Gedächtnis. Eine Abhandlung über die Beziehung von Körper und Geist. Hamburg 1991, S. XVII Olms, Marcel: Alain Resnais. Paris 1988 Paech, Anne/Paech, Joachim. Menschen im Kino. Film und Literatur erzählen. Stuttgart 2000 Paech, Joachim: „Das Bild zwischen den Bildern“, in: Paech, Joachim: Film, Fernsehen, Video und die Künste. Strategien der Intermedialität. Stuttgart/Weimar 1994, S. 163–178 Paech, Joachim: Literatur und Film. Stuttgart/Weimar 1997 (2. überarbeitete Aufl.) Paech, Joachim (Hrsg.): Film, Fernsehen, Video und Künste. Strategien der Intermedialität. Stuttgart/Weimar 1994 Paech, Joachim/Ziemer, Albrecht: Digitales Fernsehen – eine neue Welt? Interdisziplinäre Tagung an der Universität Konstanz 1993. Mainz 1994 (Schriftenreihe ZDF, Heft 50, Technik) Panofsky, Erwin: Sinn und Deutung in der bildenden Kunst. Köln 1978 (Original: Meaning in the Visual Arts. New York 1955) Paygnard, Philippe: Dracula. Montpellier 1995 Pelosato, Alain: Le cinéma fantastique. Pantin 1998 Perivolaropoulou, Nia/Despoix, Philippe (Hrsg.): Culture de masse et modernité. Siegfried Kracauer sociologue, critique, écrivain. Paris 2001 Pias, Claus: Computer Spiel Welten. München 2002 Platt, Kristin/Dabag, Mihran (Hrsg.): Generation und Gedächtnis. Erinnerung und kollektive Identitäten. Opladen 1995

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ANHANG

Polzer, Joachim (Hrsg.): Weltwunder der Kinematographie. Beiträge zu einer Kulturgeschichte der Filmtechnik. Potsdam 2002 Poser, Hans: „Evolution – ein neues disziplinübergreifendes Paradigma?“, in: König, Wolfgang (Hrsg.): Wissenschaft, Technik und Gesellschaft im Wandel. Frankfurt am Main/Bern/New York/Paris/ Wien 1994, S. 167–184 Postman, Neil: Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie. Frankfurt am Main 2003 (16. Aufl.) Prager, Gerhard (Hrsg.): Fernseh-Kritik. Unterhaltung und Unterhaltendes im Fernsehen. Mainz 1971 (Schriftenreihe Mainzer Tage der Fernseh-Kritik, Bd. III) Prédal, Réne: L’itineraire d’Alain Resnais. Paris 1996 Prokop, Dieter: Faszination und Langeweile. Stuttgart 1979 Prüßmann, Karsten: Die Dracula-Filme. Von Friedrich Wilhelm Murnau bis Francis Ford Coppola. München 1993 Putnam, Hilary: „Gehirne im Tank“, in: Grundmann, Thomas/Stüber Karsten (Hrsg.): Philosophie der Skepsis. Paderborn, München/ Wien/Zürich 1996, S. 227-250 (Deutsche Teilübersetzung vom Original: „Brains in a Vat“, in: Putnam, Hilary: Reason, Truth and History. Cambridge 1981) Putnam, Hilary: Repräsentation und Realität. Frankfurt am Main 1999 (Original: Representation and Reality. Massachusetts 1988) Pühler, Simon: Metaflesh. Cronenberg mit Lacan. Körpertechnologien in Shivers und eXistenZ. Berlin 2007 Reck, Hans Ulrich: „Kritik des Sehens – Denken und Kunst – Durch den Spiegel hindurch“, in: Faßler, Manfred: Ohne Spiegel Leben: Sichtbarkeiten und posthumane Menschenbilder. München 2000, S. 237– 270 Reck, Hans-Ulrich: Zugeschriebene Wirklichkeit. Alltagskultur, Design, Kunst, Film und Werbung im Brennpunkt von Medientheorie. Würzburg 1994 Riepe, Manfred: Bildgeschwüre. Körper und Fremdkörper im Kino David Cronenbergs. Bielefeld 2002 Riepe, Manfred: „Das Gespenst der Gewalt. Was Sie schon immer über Gewaltdarstellung wissen wollten, sich aber bislang nicht zusammenzureimen trauten“, in: Rötzer, Florian (Hrsg.): Das Böse. Göttingen 1995, S. 290–328 Rodley, Chris (Hrsg.): Cronenberg on Cronenberg. London 1997 Roloff, Bernhard/Seeßlen, Georg: Mord im Kino. Geschichte und Mythologie des Detektiv-Films. Reinbek bei Hamburg 1981 (Reihe: Grundlagen des populären Films 8)

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Rottenstein, Franz (Hrsg.): Die dunkle Seite der Wirklichkeit. Aufsätze zu Phantastik. Frankfurt am Main 1987 Rötzer, Florian (Hrsg.): Das Böse. Göttingen 1995 Rötzer, Florian (Hrsg.): Digitaler Schein. Ästhetik der elektronischen Medien. Frankfurt am Main 1991 Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.): Konstruktivismus in der Medien- und Kommunikationswissenschaft. DELFIN 1997. Frankfurt am Main 1999 Sandbothe, Mike: „Transversale Medienwelten. Philosophische Überlegungen zum Internet“, in: Vattimo, Gianni/Welsch, Wolfgang (Hrsg.): Medien-Welten Wirklichkeiten. Paderborn 1998, S. 56–82 Schanze, Helmut/Ludes, Peter (Hrsg.) : Qualitative Perspektiven des Medienwandels. Wenders Positionen der Medienwissenschaft im Kontext „Neuer Medien“. Opladen 1997 Scheuerl, Hans: Das Spiel. Weinheim und Basel 1991 Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.): Gedächtnis. Frankfurt am Main 1991 Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt am Main 1990 (3. Aufl.) Schmidt, Stefanie: Film und Erinnerung. Berlin 2005 Schmied, Wieland: Zweihundert Jahre phantastische Malerei. Berlin 1973 Schneider, Irmela/Thomsen, Christian W. (Hrsg.): Hybridkultur. Medien. Netze. Künste. Köln 1997 Schnelle, Frank: Suspense Schock Terror. John Carpenter und seine Filme. Stuttgart 1991 Schulz, Hans-Joachim: Science Fiction. Stuttgart 1986 (Schriftenreihe Realien zu Literatur, Sammlung Metzler, Bd. 226) Schweinitz, Jörg: „Totale Immersion und die Utopien von der virtuellen Realität“, in: Neitzel, Britta u.a.: Das Spiel mit dem Medium. Partizipation-Immersion-Interaktion. Marburg 2006, S. 136–153 Schweinitz, Jörg: „Von Filmgenres, Hybridformen und goldenen Nägeln“, in: Sellmer, Jan/Wulff, Hans J. (Hrsg.): Film und Psychologie – nach der kognitiven Phase? Marburg 2002, S. 79–92 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Medienwissenschaft) Seel, Martin: „Inszenieren als Erscheinenlassen. Thesen über die Reichweite eines Begriffs“, in: Früchtl, Josef/Zimmermann, Jörg (Hrsg.): Ästhetik der Inszenierung. Frankfurt am Main 2001, S. 48–62 Seeßlen, Georg (2000a): David Lynch und seine Filme. Marburg 2000 (4. erweiterte und überarbeitete Auflage, 1. Auflage 1994) Seeßlen, Georg: Kino der Angst. Geschichte und Mythologie des FilmThrillers. Reinbek bei Hamburg 1980

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ANHANG

Seeßlen, Georg (2000b): „Traumreplikanten des Kinos. Passagen durch alte und neue Bewegungsbilder“, in: Aurich, Rolf/Jacobsen, Wolfgang/Jatho, Gabriele: Künstliche Menschen. Manische Maschinen. Kontrollierte Körper. Berlin 2000 , S. 13–42 Seeßlen, Georg/Jung, Fernand: Science Fiction. Grundlagen des populären Films, Bd. 1. Marburg 2003 Seeßlen, Georg/Jung, Fernand: Science Fiction. Grundlagen des populären Films, Bd. 2. Marburg 2003 Seeßlen, Georg/Roloff, Bernard: Kino des Utopischen. Geschichte und Mythologie des Science-Fiction-Films. Grundlagen des populären Films, Bd. 4. Reinbek bei Hamburg 1980 Seeßlen, Georg/Weil, Claudius: Kino des Phantatischen. Eine Einführung in die Mythologie und die Geschichte des Horror-Films. München 1986 Segeberg, Harro (Hrsg.): Die Medien und ihre Technik. Theorien – Modelle – Geschichte. Marburg 2004 Sellmer, Jan/Wulff, Hans J. (Hrsg.): Film und Psychologie – nach der kognitiven Phase? Marburg 2002 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Medienwissenschaft) Senn, Bryan/Johnson, John: Fantastic Cinema subject Guide. A Topical Index to 2500 Horror, Science Fiction and Fantasy Films. Jefferson (North Carolina)/London 1992 Sennett, Richard: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin 2000 (2. Aufl.) Serres, Michel: La légende des Anges. Paris 1993 Sloterdijk, Peter: Die Verachtung der Massen. Versuch über Kulturkämpfe in der modernen Gesellschaft. Frankfurt am Main 2000 Sloterdijk, Peter: Über die Verbesserung der guten Nachricht. Nietzsches fünftes „Evangelium“. Frankfurt am Main 2001 Soriano, Paul: „Les nouvelles hybrides“, in: médium n°10, jan-fév-mars 1/2007, S. 5 -26 Spielmann, Yvonne: Intermedialität. Das System Peter Greenaway. München 1994 Stresau, Norbert: Der Horror-Film. Von Dracula zum Zombie-Schocker. München 1987 (3. Aufl.) Stresau, Norbert/Wimmer, Heinrich: Enzyklopädie des Phantastischen Films. Meitingen 1986 ff. Sturm, Dieter/Völker, Klaus (Hrsg.): Von denen Vampiren. Frankfurt am Main 1994 (Erstausgabe 1968) Suvin, Darko: Poetik der Science Fiction. Zur Theorie und Geschichte einer literarischen Gattung. Frankfurt am Main 1979. Tavernier, Bertrand: Qu’est-cequ’on attend? Paris 1993

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Teichmann, Jürgen: „Naturwissenschaften und Technik als Kulturfaktoren. Die didaktische Arbeit des Deutschen Museums für Technikgeschichte“, in: König, Wolfgang/Ludwig, Karl-Heinz (Hrsg.): Technikgeschichte in Schule und Hochschule. Köln 1987, S. 234–243 Tholen, Georg Christoph: Die Zäsur der Medien. Kulturphilosophische Konturen. Frankfurt am Main 2002 Tholen, Georg Christoph: „Dazwischen. Zeit. Raum und Bild in der intermedialen Performance“, in: Hillgärtner, Harald/Küpper, Thomas (Hrsg.): Medien und Ästhetik. Festschrift für Burkhardt Lindner. Bielefeld 2003, S. 275–291 Tholen, Georg Christoph: „Platzverweis. Umögliche Zwischenspiele von Mensch und Maschine“, in: Bolz, Norbert/Kittler, Friedrich/Tholen, Christoph (Hrsg.): Computer als Medium. Paderborn 1999 (2. Aufl.), S. 116 Thomsen, Christian W./Fischer, Jens Malter (Hrsg.): Phantastik in Literatur und Kunst. Darmstadt 1985 Todorov, Tzvetan: Einführung in die fantastische Literatur. Frankfurt am Main 1992 (Orginal: Introduction à la littérature fantastique. Paris 1970) Traverso, Enzo: siegfried kracauer. itinéraire d’un intellectuel nomade. Paris 1994 Turim, Maureen: Flashbacks in Film. New York/London 1989 Turing, Alan M.: „Kann eine Maschine denken?“, in: Zimmerli, Walter Ch. (Hrsg.): Künstliche Intelligenz. St. Wolf/Stuttgart 1994, S. 39–78 (Original: „Computing Machinery and Intelligence“, in: Mind. 1950) Turkle, Sherry: Leben im Netz. Identität in Zeiten des Internet. Reinbek bei Hamburg 1998 Türschmann, Jörg/Paatz, Annette (Hrsg.): Medienbilder. Dokumentation des 13. Film- und Fernsehwissenschaftlichen Kolloquiums an der Georg-August-Universität Göttingen, Oktober 2000. Hamburg 2001 Viallon, Philippe/Weiland, Ute (Hrsg.): Kommunikation, Medien, Gesellschaft. Eine Bestandsaufnahme deutscher und französischer Wissenschaftler. Berlin 2002 Virilio, Paul: Krieg und Kino. Logistik der Wahrnehmung. Frankfurt am Main 1989 (1. Aufl. München 1986; Original: Guerre et cinéma I, Logistique de la perception. Paris 1984) Virilio, Paul: Rasender Stillstand. Frankfurt am Main 1992 (Original: L’inertie polaire. Paris 1990) Virilio, Paul/Lotringer, Sylvère: Der reine Krieg. Berlin 1984 (Original: Pure War. New York 1983) Walter, Klaus: Grenzen spielerischen Erzählens. Spiel- und Erzählstrukturen in graphischen Adventure Games. Siegen 2001

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ANHANG

Watzlawick, Paul: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? München 1993 Weber, Stefan (Hrsg.): Theorien der Medien. Konstanz 2003 Weber, Thomas: „Cinéma comme lieu de mémoire“ in: Merzeau, Louise/ Weber, Thomas (Hrsg.): Mémoire et Médias. Paris 2001, S. 38–50 Weber, Thomas: „Die Erzählung von futurischen Medien als inszenierte Dysfunktion im Kino der 1980er und 1990er Jahre“, in: Müller, Corinna/Scheidgen, Irina (Hrsg.): Mediale Ordnungen. Erzählen, Archivieren, Beschreiben. Marburg 2007, S. 128–141 Weber, Thomas: Die unterhaltsame Aufklärung. Ideologiekritische Interpretation von Kriminalfernsehserien des westdeutschen Fernsehens. Bielefeld 1992 Weber, Thomas: „La réalité emphatique. Le roman policier. Un traité philosophique. Une première interpretation de la culture de masse“, in: Perivolaropoulou, Nia/Despoix, Philippe (Hrsg.): Culture de masse et modernité. Siegfried Kracauer – sociologue, critique, écrivain. Paris 2001, S. 23–39 Weber, Thomas: „Medien und Philosophie. Anmerkungen zu einem schwierigen Verhältnis und zur Entwicklungslogik von Medientheorien“, in: Viallon, Philippe/Weiland, Ute (Hrsg.): Kommunikation, Medien, Gesellschaft. Eine Bestandsaufnahme deutscher und französischer Wissenschaftler. Berlin 2002, S. 365–379 Weber, Thomas: „Nachwort. Zur mediologischen Konzeption von Jenseits der Bilder“, in: Debray, Régis: Jenseits der Bilder. Eine Geschichte der Bildbetrachtung im Abendland. Rodenbach 1999, S. 403–411 (Original: Vie et mort de l’image. Une histoire du regard en Occident. Paris 1992) Weber, Thomas/Sieber, Anja: „‚Phänomenologie‘ der Beschleunigung. Rezension zu Paul Virilios ‚Rasender Stillstand‘“, in: medium 2/93, April-Juni 1993 Weber, Thomas/Woltersdorff, Stefan (Hrsg.): Wegweiser durch die französische Medienlandschaft. Marburg 2001 Welsch, Wolfgang: Unsere Postmoderne. Weinheim 1998 Wenders, Wim: Die Logik der Bilder. Frankfurt am Main 1993 (Herausgegeben von Töteberg, Michael; Erstausgabe 1988) Wenders, Wim (1991a): „Die Wahrheit der Bilder. Zwei Gespräche mit Peter W. Jansen“, in: Wenders, Wim: The Act of Seeing. Essays, Reden und Gespräche. Frankfurt am Main 1991, S. 57–87 Wenders, Wim (1991b): „High Definition“, in: Wenders, Wim: The Act of Seeing. Essays, Reden und Gespräche. Frankfurt am Main 1991, S. 94–99 Wenders, Wim: The Act of Seeing. Essays, Reden und Gespräche. Frankfurt am Main 1991

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Wenders, Wim (1991c): „The Act of Seeing“, in: Wenders, Wim: The Act of Seeing. Essays, Reden und Gespräche. Frankfurt am Main 1991, S. 28–34 Wenders, Wim (1991d): „The Urban Landscape“, in: Wenders, Wim: The Act of Seeing. Essays, Reden und Gespräche. Frankfurt am Main 1991, S. 116–128 Wiener, Zelko/Hentschläger, Ursula: „Vice Versa. Mediale Projektionen in den Welten der Science Fiction Filme“, in: Faßler, Manfred (Hrsg.): Ohne Spiegel leben: Sichtbarkeiten und posthumane Menschenbilder. München 2000, S. 183–189 Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1999 Wilke, Jürgen: „Überblick und Phasengliederung“, in: Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1999, S. 15-27 Wilke, Jürgen: „Zukunft Multimedia“, in: Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1999, S. 751–774 Willis, Donald (Hrsg.): Variety’s complete science fiction reviews. New York/London 1985 Winkler, Hartmut: Diskursökonomie. Versuch über die innere Ökonomie der Medien. Frankfurt am Main 2004 Winkler, Hartmut: Docuverse. Zur Medientheorie der Computer. Regensburg 1997 Winkler, Hartmut: Medien – Speicher – Gedächtnis. Vortrag in der Hochschule für angewandte Kunst, Wien, Synema, 15.3.94, http://www.uni-paderborn.de/~winkler/gedacht.html, 13.08.01 Winkler, Hartmut: „Tearful reunion auf dem Terrain der Kunst? Der Film und die digitalen Bilder“, in: Paech, Joachim: Film, Fernsehen, Video und die Künste. Strategien der Intermedialität. Stuttgart/Weimar 1994, S. 297–307 Wirsig, Christian: Das grosse Lexikon der Computerspiele. Berlin 2003 Witte, Karsten (Hrsg.): Theorie des Kinos. Frankfurt am Main 1982 (Erstausgabe 1972) Wittmann, Reinhard: Geschichte des deutschen Buchhandels. München 1999 (2. durchgesehene Aufl.) Wünsch, Marianne: Die fantastische Literatur der Frühen Moderne (1890–1930). Definition – Denkgeschichtlicher Kontext – Strukturen. München 1991 Zants, Emily: Bertrand Tavernier. Fractured Narrative and Bourgeois Values. Lanham/Maryland, London 1999

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ANHANG

Zielinski, Siegfried: Audiovisionen. Kino und Fernsehen als Zwischenspiele in der Geschichte. Reinbek bei Hamburg 1994 (Erstausgabe 1989) Žižek, Slavoj: „Die zwei Seiten der Perversion. Die Philosophie der Matrix“, in: Schnitt 17, 2000 Žižek, Slavoj: Die Tücke des Subjekts. Frankfurt am Main 2001 (Original: The Ticklish Subject. The Absent Centre of Political Ontology. London/New York 1999) Zonderged, Rein A. (Hrsg.): Phaïcon. 1. Almanach der phantastischen Literatur. Frankfurt am Main 1974 Zonderged, Rein A. (Hrsg.): Phaïcon. 3. Almanach der phantastischen Literatur. Frankfurt am Main 1978 Zons, Raimar: „De(s)c(k)art(e)s Träume. Die Philosophie des Blade Runner“, in: Ohne Spiegel leben: Sichtbarkeiten und posthumane Menschenbilder. München 2000, S. 271–193

Presseartikel zu einzelnen Filmen La mort en direct/Death Watch/Der gekaufte Tod (Bertrand Tavernier) Banz, Helmut W.: „Beachtlich“, in: Die Zeit, 23.05.1980 Bauer, Christian: „Medienmelodram“, in: Süddeutsche Zeitung, 16.07.1980 Brockmann, Hagmut: „Dem Tod gelangweilt ins Auge sehen“, in: Volksblatt Berlin, 12.06.1982 Büttner, Martin: „Auf der Flucht“, in: Frankfurter Rundschau, 18.07.1983 Cournot, Michel: „Tavernier les yeux dans les yeux“, in: Nouvel Observateur, 28.01.1980–03.02.1980 Hochheiden, Gunar: „Der gekaufte Tod“, in: Frankfurter Rundschau, 17.05.1980 Kobald, Michael: „Melodramatisches Schauerstück“, in: Unsere Zeit, 06.06.1980 Niehoff, Karena: „,Der gekaufte Tod‘“, in: Tagesspiegel, 26.02.1980 Paul, Wolfgang: „Fernsehauge“, in: Tagesspiegel, 20.07.1983 Ratschewa, Maria: „Die Fernsehkamera im Auge“, in: Frankfurter Allgemeine, 08.05.1980 Schwarz, Hans-Heinz: „Roddys letzte Tage“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 17.05.1980

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Siclier, Jacques: „‘La mort en direct’, de Bertrand Tavernier“, in: Le Monde, 25.01.1980 „Blick auf die Leinwand: ‚Der gekaufte Tod‘“, in: Tagesspiegel, 11.06.1982 „Der gekaufte Tod“, in: Volksblatt Berlin, 17.07.1983 „,Der gekaufte Tod‘. Wiedersehen mit Romy“, in: BZ, 12.06.1982 „Erinnerungen an Romy Schneider“, in: Tagesspiegel, 11.06.1982 „Romy mimt Todkranke“, in: Die Welt, 25.06.1979 „Romys langes Leinwand-Sterben“, in: Die Welt, 25.02.1980 „Bombenrolle für Romy Schneider“, in: Badische Neueste Nachrichten, 30.06.1979 Cahier du cinéma, n° 310, avril 1980 Ecran, n° 62, 15 oct. 1977, propos recueillis par Claire Clouzot, p. 32

Videodrome (David Cronenberg) Fischer, Klaus: „Der Film-Tip. ‚Videodrome‘ von David Cronenberg“, in: die tageszeitung, 19.06.1990 Godard, Colette: „Le torse de Max lui sert de placard“, in: Le Monde, 02.06.1984 Göttler, Fritz: „Der Bildschirm wird zur zweiten Netzhaut“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 15.08.1987 Schifferle, Hans: „Fleisch und Fantasien“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 07.08.1999 Stoert, R.: „Hirnschaden“, in: die tageszeitung, 19.06.1990 „Frankfurter Filmtipps“, in: Frankfurter Rundschau, 17.12.1999 „Video und Videoten“, in: die tageszeitung, 02.09.1985

Bis ans Ende der Welt (Wim Wenders) Baier, Volker: „Eine lange Reise durch den Irrgarten der Bilder“, in: Tagesspiegel, 10.09.1991 Braun, Rainer: „Wenders wunder-wirre Welt“, in: Junge Welt, 12.09.1991 Buchka, Peter: „Die Augen sehen anders als das Herz“, in: Süddeutsche Zeitung, 12.09.1991 Buchka, Peter: „Stationen eines Projekts“, in: Süddeutsche Zeitung, 11.05.1990 Chervel, Thierry: „Augenweh“, in: die tageszeitung, 12.09.1991

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ANHANG

Desalm, Brigitte: „Mit Bildern süchtig machen“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 14./15.09.1991 Dicks, Hans-Günther: „Gebrochene Reiselust“, in: Neues Deutschland, 12.09.1991 Gansera, Rainer: „Penelope auf ihrer Odyssee“, in: Süddeutsche Zeitung, 24.07.1999 Goldberg, Henryk: „Der Zauberlehrling und die Geister“, in: Spandauer Volksblatt, 12.09.1991 Grob, Norbert: „Die Dauer öffnet den Blick“, in: Die Zeit, 17.10.1997 Haase, Marlies: „Wim Wenders auf der Spur seiner Kinderträume“, in: Neue Ruhr-Zeitung, 10.09.1991 Jansen, Peter W.: „Interview“, in: tip, Nr. 19, 1991, S. 27–30 Kilb, Andreas: „Ein Engel kommt nach Babylon“, in: Die Zeit, 12.09.1991 Lubowski, Bernd: „Ein Liebes- und Zukunftsmärchen, das rund um den Erdball führt“, in: Berliner Morgenpost, 10.09.1991 Lubowski, Bernd: „Wim Wenders: ‚Ich verstehe das Leben als eine ewige Reise‘“, in: Berliner Morgenpost, 09.09.1991 Lueken, Venera: „Träumerei zum Einschlafen“, in: Frankfurter Allgemeine, 12.09.1991 Mommert, Wilfried: „Drei Stunden Bilderflut“, in: Leipziger Volkszeitung, 13.09.1991 Nolden, Rainer: „Wenn aus Träumen Bilder werden“, in: Die Welt, 09.09.1991 Oßwald, Dieter: „Es wird einem ganz schön durchs Gehirn blasen“, in: Berliner Zeitung, 23.08.1991 Pochhammer, Sabine: „Die Krankheit der Bilder und die heilende Kraft der Geschichten“, in: Filmbulletin, Nr. 4, 1991, S. 13–19 Resik, Cornelia: „Verwirrende Faszination der menschlichen Träume“, in: Sächsische Zeitung, 18.09.1991 Römer, René: „Wozu acker’ ich Idiot denn dann 12 Jahre?“, in: Junge Welt, 14.09.1991 Schenk, Ralf: „Krank von Bildern“, in: Wochenpost, 18.09.1991 Schütte, Wolfram: „Bilder & Menschen in Gefahr“, in: Frankfurter Rundschau, 11.09.1991 Simon, Daniel: „Wenn Wim Wenders träumt ...“, in: Volksstimme Magdeburg, 04.11.1991 Sobe, Günter: „Reise um die Erde in 179 Minuten“, in: Berliner Zeitung, 11.09.1991 Terhechte, Christoph: „Reisebüro Przygodda“, in: tip, Nr. 19, 1991, S. 32–35 Wenders, Wim: „Der Akt des Sehens“, in: Die Zeit, 06.09.1991

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Witte, Karsten: „Eine Reise ins Innere der Bilder“, in: Deutsches Allg. Sonntagsblatt, 06.09.1991 Wolff, Thomas: „Der Abstand der Dinge“, in: Frankfurter Rundschau, 28.10.1997 Wydra, Thilo: „Das Fragment als Ganzes“, in: Berliner Morgenpost, 28.07.1999 Zischler, Hans: „Kino als Blindenschule. Ein Gespräch mit Wim Wenders über seinen neuen Film ,Bis ans Ende der Welt‘“, in: die tageszeitung, 12.09.1991 „Bis ans Ende der Welt. Ein Spielfilm von Wim Wenders“, Material des Basis-Film Verleih Berlin „Verfolgung, Liebe und Gags“, in: Ostsee-Zeitung, 12.09.1991 Frankfurter Allgemeine Magazin, 13.09.1991 Tagesspiegel, 08.09.1991

Total Recall (Paul Verhoeven) Desalm, Brigitte: „Ein Schizo auf dem Mars“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 28.07.1990 Frodon, Jean-Michel: „L’homme transatlantique“, in: Le Monde, 18.10.1990 Hanck, Frauke: „Alpträume vom Mars“, in: Die Welt, 31.07.1990 Midding, Gerhard: „Metaphysik Schwarzenegger“, in: die tageszeitung, 02.08.1990 „Total Recall“, in: Neue Züricher Zeitung, 01.08.1990

Johnny Mnemonic (Robert Longo) Althen, Michael in: Süddeutsche Zeitung, 18.10.1995

Strange Days (Kathryn Bigelow) Althen, Michael: „Die Sehnsucht ist auch eine Sucht“, in: Süddeutsche Zeitung, 08.02.1996 Beier, Lars-Olav: „Die Errettung der äußeren Wirklichkeit“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.02.1996 Beier, Lars-Olav: „Welt ohne Sonne“, in: tip, Nr.3, 1996 Borowczyk, Ulrike: „Auf Killerjagd in einer Alptraumstadt“, in: Berliner Morgenpost, 01.02.1996 330

ANHANG

Desalm, Brigitte: „Bildersucht und Endzeitangst“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 10.02.1996 Diestelmeyer, Jan: „Blick zurück in die Gegenwart“ in: epd-film, 1/2000 Düker, Ronald: „Vision einer apokalyptischen Jahrtausendwende“, in: Freitag, 28.05.1996 Koppold, Rupert: „Bidere Geschichten im Klima der Apokalypse“, in: Stuttgarter Zeitung, 08.02.1996 Körte, Peter: „Neujahr in Armageddon“, in: Frankfurter Rundschau, 06.02.1996 Leweke, Anke, „Gedächtniskarussell“, in: Wochenpost, 08.02.1996 Lueken, Verena: „Immer Ärger mit China“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.10.1995 Martes, Monika: „Gespräch mit der amerikanischen Regisseurin KATHRYN BIGELOW, deren Film Strange Days heute Bundesstart hat“, in: Neues Deutschland, 08.02.1996 Peuckert, Tom: „Die magische Maschine“, in: Tagesspiegel, 01.02.1996 Rauger, Jean-François: „Attention, trafic d’images“, in: Le Monde, 08.02.1996 Remsperger, Daniel: „Sturm auf die Filmrolle“, in: Berliner Zeitung, 22.03.1996 Rodek, Hanns-Georg: „Die Zukunft der Bilder. Kathryn Bigelows Strange Days“, in: Die Welt, 08.02.1996 Schneider, Christoph: „Auf ein frohes neues Jahrtausend“, in: Neue Züricher Zeitung, 05.02.1996 Spilker, Iris: „Wir brauchen alle mehr Romantik“, in: Leipziger Volkszeitung, 08.02.1996 Terhechte, Christoph: „Urbane Hölle“, in: tip, Nr. 3, 1996 Wehrstedt, Norbert: „Träume aus der High-Tech-Droge“, in: Leipziger Volkszeitung, 08.02.1996 Wimmer, Jürgen: „Virtuosität allein macht noch kein Meisterwerk“, in: Sächsische Zeitung, 08.02.1996 „Apokalypse übermorgen“, in: Berlin Ticket, Nr. 5m 1996 „Strange Days“, in: Frankfurter Rundschau, 12.10.1996 „Strange Days“, in: die tageszeitung, 08.02.1996 „Strange Days von Kathryn Bigelow“, in: Rheinischer Merkur, 09.02.1996 Die Woche, 09.02.1996

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Nirvana (Gabriele Salvatores) Buck, Caroline M.: „Männerfreundschaft“, in: Neues Deutschland, 21.08.1997 Çakan, Myra: „Der Fall der Mauer“, in: Die Woche, 22.08.1997 Göttler, Fritz: „Tödliche Gefahren im Cyberspace“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 23.08.1997 Kothenschulte, Daniel: „Bitte lösch’ mich!“, in: Berliner Zeitung, 21.08.1997 Pflaum, H. G.: „Welt im Draht“, in: Süddeutsche Zeitung, 21.08.1997 Rall, Veronika: „Unsere Welt war eine schöne Fälschung“, in: Frankfurter Rundschau, 21.08.1997 Rauger, Jean-Francois: „Nirvana“, in: Le Monde, 29.05.1997 Rodek, Hanns-Georg: „Die Verschmelzung naht“, in: Die Welt, 21.08.1997 Tilmann, Christina: „Ach Jimmy, bitte lösch mich!“, in: Tagesspiegel, 21.08.1997 „Alles nur Spiel“, in: Stuttgarter Zeitung, 21.08.1997 „Cyber-Thriller: Schnickschnack um Video-Games“, in: Berliner Morgenpost, 21.08.1997 „Nirvana – Die Zukunft ist ein Spiel“, in: die tageszeitung, 21.08.1997

The 13th Floor (Josef Rusnak) Desalm, Brigitte: „Die total verdrahtete Welt“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 27.11.1999 Göckenjan, Gunter: „Amerika, du kannst es besser“, in: Berliner Zeitung, 25.11.1999 Klingenmaier, Thomas: „L. A. mit Programmierfehler“, in: Stuttgarter Zeitung, 25.11.1999 Köhler, Margret: „‚Klappt den Computer zu‘“, in: Berliner Morgenpost, 26.11.1999 Rall, Veronika: „Ohne Matrix im Cyberspace. Cronenbergs Film ,eXistenZ‘ und Rusnaks ‚The 13th Floor‘“, in: Frankfurter Rundschau, 17.11.1999 Tschiedert, Markus: „Die Tücken der Virtualität“, in: Berliner Morgenpost, 25.11.1999 Wirtz, Thomas: „Melancholie der Medienwesen“, in: Frankfurter Allgemeine, 25.11.1999 „Modell Los Angeles“, in: Süddeutsche Zeitung, 02.07.1999 „The 13th Floor“, in: die tageszeitung, 25.11.1999 332

ANHANG

eXistenZ (David Cronenberg) Bahners, Patrick: „Ein Loch im Rücken kann auch verzücken“, in: Frankfurter Allgemeine, 19.11.1999 Bluhm, Ronald: „Der Nabel zur Zukunft“, in: Berliner Morgenpost, 18.11.1999 Blumenfeld, Samuel: „La PlayStation est l´avenir de l´homme“, in: Le Monde, 15.04.1999 de la Rosa, Michael: „eXistenZ“, in: der Yorcker. Das Filmmagazin, Nr. 11, 1999, S. 9 Fricke, Harald: „Freiwild im Cyberspace“, in: die tageszeitung, 17.02.1999 Fründt, Bodo: „Tod, wo ist dein Stachel?“, in: Süddeutsche Zeitung, 17. 11.1999 Glombitza, Birgit: „Schmatz, kreisch, glibber“, in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 19.11.1999 Göckenjan, Gunter: „Dieses Spiel kaufen wir nicht“, in: Berliner Zeitung, 18.11.1999 Hoff, Peter: „Muß Kino Weltflucht sein?“, in: Neues Deutschland, 18.02.1999 Horwarth, Alexander: „Sein und Freizeit. Kino im Kopf: David Cronenbergs Film ‚eXistenZ‘, David Finchers ‚Fight Club‘“, in: Die Zeit, 18.11.1999 Jenny, Urs: „Igittigitt“, in: Der Spiegel, Nr. 46, 15.11.1999 Kniebe, Tobias: „Spiel um dein Leben!“, in: JETZT (Das Magazin der Süddeutschen Zeitung), 15.11.1999 Koppold, Rupert: „Hinein ins Fleisch“, in: Stuttgarter Zeitung, 18.11.1999 Kreitling, Holger: „Geht doch nach drüben!“, in: Die Welt, 17.11.1999 Kuhlbrodt, Detlef: „Das Fleisch ist nicht böse“, in: die tageszeitung, 18.11.1999 Mahrenholz, Simone: „Das Unbewußte kennt kein Nein“, in: Tagesspiegel, 18.11.1999 Martenstein: Harald: „Noch eine Wiedervereinigung“, in: Tagesspiegel, 17.02.1999 Rall, Veronika: „Ohne Matrix im Cyberspace. Cronenbergs Film ‚eXistenZ‘ und Rusnaks ‚The 13th Floor‘“, in: Frankfurter Rundschau, 17.11.1999 Schneider, Christoph: „Abenteuer mit Knochenpistolen“, in: Neue Züricher Zeitung, 01.10.1999 Seebaum, Christian: „Welten an der Nabelschnur“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 20.11.1999

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Wetzel, Kraft: „Krieg der Genüsse. Bewusstseinsmaschine Kino“, in: Freitag, 12.03.1999 „Kein Spiel“, in: Die Welt, 29.11.1999

Matrix (Andy und Larry Wachowski) Ahrens, Jörn: „The One and Only“, in: Tagesspiegel, 08.08.1999 Baumgärtel, Tilman: „Digitale Erlösungsphantasie“, in: Freitag, 25.06.1999 Bluhm, Ronald: „Sein oder Design“, in: Berliner Morgenpost, 17.06.1999 Desalm, Brigitte: „Eine Pille zum Aufwachen“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 19.06.1999 Geisenhanslüke, Ralph: „Das Jahr-2000-Problem“, in: Tagesspiegel, 16.06.1999 Göckenjan, Gunter: „Halt’ die Welt an, ich will aussteigen“, in: Berliner Zeitung, 17.06.1999 Goonan, Kathleen Ann: „Mehr als man jemals erfahren wird: Im Kaninchenbau von Matrix“, in: Haber, Karen (Hrsg.): Das Geheimnis der Matrix. München 2003 (2. Aufl.), S. 81–92 Graff, Bernd: „Das Subjekt flackert“, in: Süddeutsche Zeitung, 02.11.1999 Hamann, Götz: „Hilfe, die Festplatte“, in: Frankfurter Allgemeine, 17.06.1999 Hegemann, Carl: „Matrix oder Gibt es eine digitale Erlösung?“, in: Frankfurter Allgemeine, 13.11.1999 Heimbach, Ariane: „Schöne falsche Welt“, in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 18.06.1999 Huschke, Roland: „Zucker für die Netzhaut“, in: Die Woche, 18.06.1999 Jürgens, Christian: „Keanu im Wunderland“, in: Die Zeit, 17.06.1999 Klein, Thomas: „Anzug ist Programm“, in: die tageszeitung, 17.06.1999 Klingenmaier, Thomas: „Das Kino läuft Amok“, in: Stuttgarter Zeitung, 17.06.1999 Kühn, Heike: „Der Restwelt-Retter“, in: Frankfurter Rundschau, 16.06.1999 Rodek, Hanns-Georg: „Blau ist Traum, rot bedeutet Wahrheit“, in: Die Welt, 16.06.1999 Schäfer, Karl-Heinz: „Die Welt ist Illusion“, in: Rheinischer Merkur, 11.06.1999 Scholz, Doro: „Sommermärchen“, in: Neues Deutschland, 17.06.1999

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ANHANG

Sterneborg, Anke: „In der Welt des saftig roten Steaks“, in: Süddeutsche Zeitung, 18.06.1999 Veihl, Verena: „Die Welt als böser Scherz“, in: Märkische Allgemeine, 17.06.1999 „Matrix“, in: die tageszeitung, 17.06.1999 Haber, Karin (Hrsg.): Das Geheimnis der Matrix. München 2003 (2. Aufl.) Sterling, Bruce: „Jeder andere Film ist die blaue Kapsel“, in: Haber, Karin (Hrsg.): Das Geheimnis der Matrix. München 2003 (2. Aufl.), S. 12–22 Shirley, John: „Die Matrix: Erkenne dich selbst“, in: Haber, Karin (Hrsg.): Das Geheimnis der Matrix. München 2003 (2. Aufl.), S. 38– 51 Williams, Walter J.: „Yuen Woo-Ping und die Kunst des Fliegens“, in: Haber, Karen (Hrsg.): Das Geheimnis der Matrix. München 2003, S. 100–111 (2. Aufl.)

Lost Highway (David Lynch) Horlacher, Pia: „Irrfahrten eines genialischen Wirrkopfes“, in: Neue Züricher Zeitung, 21.03.1997 Kniebe, Tobias: „Straße ins Nichts“, in: Süddeutsche Zeitung, 10.04.1997 Körte, Peter: „Stop Making Sense“, in: Frankfurter Rundschau, 09.04.1997 Seeßlen, Georg: „Ein endlos geflochtenes Band“, in: Freitag, 11.04.1997

F i l m og r a p h i e 8 ½: 1963, Italien, Frankreich. Regie: Federico Fellini. Drehbuch: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello Rondi. Produzent: Angelo Rizzoli. Darsteller: Marcello Mastroianni (Guido Anselmi), Claudia Cardinale (Claudia), Anouk Aimée (Luisa Anselmi), Sandra Milo (Carla), Rossella Falk (Rossella). 12 Monkeys: 1995, USA. Regie: Terry Gilliam. Drehbuch: Chris Marker (La Jetée), David Webb Peoples, Janes Peoples. Produzent: Charles Roven. Darsteller: Bruce Willis (James Cole), Joseph Melito (junger Cole), Jon Seda (Jose), Michael Chance (Scarface), Vernon Campbell (Tiny).

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1984: 1984, Großbritanien. Regie: Michael Radford. Drehbuch: George Orwell (Novelle 1984, Michael Radford. Produzent: Simon Perry. Darsteller: John Hurt (Winston Smith), Richard Burton (O’Brien), Suzanna Hamilton (Julia), Cyril Cusack (Carrington), George Fisher (Parsons). 2001 – A Space Odyssey (dt.: 2001 – Odyssee im Weltraum): 1968, USA, Großbritannien. Regie: Stanley Kubrick. Drehbuch: Stanley Kubrick, Arthur C. Clarke. Produzent: Stanley Kubrick. Darsteller: Keir Dullea (Dr. Dave Bowman), Gary Lockwood (Dr. Frank Poole), William Sylvester (Dr. Heywood R. Floyd), Daniel Richter (Moonwatcher), Margaret Tyzack (Elena). Abre los ojos (dt. Öffne die Augen): 1997, Spanien. Regie: Alejando Amenábar. Drehbuch: Alejando Amenábar, Mateo Gil. Produzenten: Fernando Boveira, José Luis Cuerda. Darsteller: Eduardo Noriega (César), Penélope Cruz (Sofia), Chete Lera (Antonia), Fele Martínez (Pelayo), Najwa Nimri (Nuria), Gérard Barray (Duvernois) Aladdin: 1992, USA. Regie: Ron Clement, John Musker. Drehbuch: Roger Allers, Ron Clements, Ted Elliott, James Fujii, Francis Glebas, Kirk Hanson, Kevin Harkey, Daan Jippes, Larry Leker, Kevin Lima, Burny Mattinson, John Musker, Sue Nichols, Brian Pimental, Rebecca Rees, Darrell Rooney, Terry Rossio, Chris Sanders, David S. Smith, Patrick A. Ventura. Produzenten: Ron Clements, John Musker. Darsteller: Scott Weinger (Stimme von Aladdin), Robin Williams (Stimme von Genie/Verkäufer), Linda Larkin (Stimme von Jasmin), Jonathan Freeman (Stimme von Jafar), Frank Welker (Stimme von Abu). Alice in Wonderland: 1951, USA. Regie: Clyde Geronimi, Wilfred Jackson, Hamilton Luske. Drehbuch: Lewis Carroll (Alice’s Adventures in Wonderland, Through the Looking-Glass, What Alice found there), Winston Hibler, Ted Sears, Bill Peet, Erdman Penner, Joe Rinaldi, Milt Banta, William Cottrell, Dick Kelsey, Joe Grant, Dick Huemer, Del Connell, Tom Oreb, John Walbridge. Darsteller: Kathryn Beaumont (Stimme von Alice), Ed Wynn (Stimme von Mad Hatter), Richard Haydn (Stimme von Catapillar), Sterling Holloway (Stimme von Cheshire Cat), Jerry Colonna (March Har). Alien: 1979, Großbritannien. Regie: Ridley Scott. Drehbuch: Dan O’Brannon, Ronald Shusett. Produzenten: Gordon Caroll, David Giler, Walter Hill. Darsteller: Tom Skerritt (Dallas), Sigourney Weaver (Rip-

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ley), Veronica Cartwright (Lambert), Harry Dean Stanton (Brett), John Hurt (Kane). Alphaville, une étrange aventure de Lemmy Caution: 1965, Frankreich, Italien. Regie: Jean-Luc Godard. Drehbuch: Paul Éluard, Jean-Luc Godard. Produzent: André Michelin. Darsteller: Eddie Constantine (Lemmy Caution), Anna Karina (Natacha von Braun), Akim Tamiroff (Henri Dickson), Michel Delahaye (von Brauns Assistent), Howard Vernon (Prof. Leonard Nosferatu). American Beauty: 1999, USA. Regie: Sam Mendes. Drehbuch: Alan Ball. Produzenten: Bruce Cohen, Dan Jinks. Darsteller: Kevin Spacey (Lester Burnham), Annette Benning (Carolyn Burnham), Thora Birch (Jane Burnham), Wes Bentey (Ricky Fitts), Mena Suvari (Angela Hayes). Animalympics (dt.: Dschungel-Olympiade): 1980, USA. Regie: Steven Lisberger. Drehbuch: Roger Allers, Michael Fremer, Steven Lisberger, John Norton. Produzenten: Donald Kushner, Steven Lisberger. Darsteller: Billy Chrystal (Stimme von Lodge Turkell), Gilda Radner (Stimme von Barbara Warbler, Brenda Springer, Coralee Perrier, Tatiana Tuschekno, Doree Turnell), Harry Shearer (Stimme von Heen Hacksaw), Michael Fremer (Stimme). Assassins: 1995, USA. Regie: Richard Donner. Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski, Brian Helgeland. Produzenten: Richard Donner, Joel Silver. Darsteller: Sylvester Stallone (Robert Rath), Antonio Banderas (Miguel Bain), Julianne Moore Electra/Anna), Kelly Rowan (Jennifer/Electras Nachberin), Aki Avni (John Wilks Booth). Being John Malkovich: 1999, USA. Regie: Spike Jonze. Drehbuch: Charlie Kaufman. Produzenten: Steve Golin, Vincent Landay, Sandy Stern, Michael Stipe. Darsteller: John Cusack (Craig Schwartz), Cameron Diaz (Lotte Schwartz), Ned Bellamy (Derek Mantini), Mary Kay Place (Floris), Orson Bean (Dr. Lester). Bis ans Ende der Welt: 1991, Deutschland, 280 min. (director’s cut), Deutschland: 179 min. / Spanien: 179 min. / Schweden: 158 min. / USA: 158 min. Regie: Wim Wenders. Drehbuch: Michael Almereyda, Peter Carey, Solveig Dommartin, Wim Wenders. Produzenten: Paulo Branco (executive producer), Ulrich Felsberg (producer), Julia Overton (associate producer: Australia), Rosanna Roditi (line producer), Jonathan T.

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Taplin (producer). Darsteller: Solveig Dommartin (Claire Tourneur), Pietro Falcone (Mario), Enzo Turrin (Arzt), Chick Ortega (Chico Remy), Eddy Mitchell (Raymond Monnet), William Hurt (Sam Farber, alias Trevor McPhee), Adelle Lutz (Makiko), Ernie Dingo (Burt), Jean-Charles Dumay (Mechaniker), Sam Neill (Eugene Fitzpatrick), Ernest Berk (Anton Farber), Christine Osterlein (Irina Farber), Rüdiger Vogler (Phillip Winter), Diogo Dória (Rezeptionist), Amália Rodrigues (Frau im Straßenflitzer), Yelena Smirnova (Krasikova), Jinzhan Zhang (TruckFahrer), Naoto Takenaka (Custodian), Hiroshi Kanbe (Hotelgast), Yugi Ogata (Hotelgast), Miwako Fujitani (Maid), Kuniko Miyake (Mrs. Mori), Chishu Ryu (Mr. Mori), Allen Garfield (Bernie), Alec Jason (Narcotics Agent), Lois Chiles (Elsa Farber), Lauren Graham (Heidi), David Gulpilil (David), Fred Walsh (Polizist), Charlie McMahon (Buzzer), Alfred Lynch (Alter Mann Alfred), Jeanne Moreau (Edith Farber), Justine Saunders (Maisie), Kylie Belling (Lydia), Bart Willoughby (Ned), Jimmy Little (Peter), Max von Sydow (Henry Farber), Rhoda Roberts (Ronda), Paul Livingston (Karl), Susan Leith (Nora Oliveira), Detlef Winterberg (Astronaut), Jean-Marie Rase, Carmen Chaplin, Dolores Chaplin, Sylvette Dommartin, Peter Przygodda, Barbara Winters, Hella Winters, Michael Winters, Erika Rabau, Lothar Wildhirth, Kazuhiko Uemura, Eric Beaver, Jerry Barrish, Michelle Cook, Bob Stewart. Originalmusik: Bono (Song „Until the End of the World”), T-Bone Burnett (Song „Humans from Earth“), Neneh Cherry (Song „Move With Me“), Elvis Costello (Song „Days“), Depeche Mode, Martin Gore, Graeme Revell, Patti Smith (Song „It Takes Time“), Keine Originalmusik: Ray Davies (Song „Days”). Kamera: Robby Müller. Schnitt: Peter Przygodda. Production Design: Sally Campbell, Thierry Flamand. Art Direction: Steve Burns, Claudio Carrer, Ian Gracie, Jan Schluback. Set Decoration: Zé Branco. Costume Design: Montserrat Casanova. Production Management: Karsten Brünig, Ghislaine Cauet-Martinotto, Karen J. McCabe, Ginette Mejinsky, Michael Schwarz, Barbara von Wrangell. Second Unit Director or Assistant Director: Alessandro Bressanello, Marc Jenny, Scott Kirby. Art Department: Bob Booker, Michael Fechner, Albrecht Konrad, Bret Lama, Michael Tonke, Joey Weber. Sound Department: Dick Bernstein, Milan Bor, Tommy Goodwin, Matthias Lempert, Jean-Paul Mugel. Special Effects: Frank Schlegel. Visual Effects: Simon Weisse. Crew (Weitere): Pedro Bento, Bono, T-Bone Burnett, Ghislaine Cauet-Martinotto, Neneh Cherry, Elvis Costello, Martin Fischer, Jim Hajicosta, Steffi Hiller, Jason Kliot, John Lee, Alex Matcham, Mikael Monod, Paul Moyes, Sean Naughton, Rosada Paolo, Jane Siberry, Frank Simeone, Patti Smith, Carla Zacchia.

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Blade Runner: 1982, USA. Regie: Ridley Scott. Drehbuch: Philip K. Dick (So Androids Dream of Electric Sleep?), Hampton Fancher, Davis Webb Peoples, Roland Kibbee. Produzent: Michael Deeley. Darsteller: Harrison Ford (Rick Deckard), Rutger Hauer (Roy Batty), Sean Young (Rachael), Edward James Olmos (Gaff), M. Emmet Walsh (Bryant). Blue Velvet: 1986, USA. Regie: David Lynch. Drehbuch: David Lynch. Produzenten: Fred C. Caruso. Darsteller: Isabella Rossellini (Dorothy Valens), Kyle MacLachlan (Jeffrey Beaumont), Dennis Hopper (Frank Booth), Laura Dern (Sandy Williams), Hope Lange (Mrs. Williams). Brainscan: 1994, Kanada, USA, Großbritannien. Regie: John Flynn. Drehbuch: Brian Owens, Andrew Kevin Walker. Produzent: Michel Roy. Darsteller: Edward Furlong (Michael Bower), Frank Langella (Kriminalbeamter Hayden), T. Ryder Smith (Trickster), Amy Hargreaves (Kimberly), David Hemblen (Dr. Fromberg). Brainstorm (dt.: Projekt Brainstorm): 1983, USA. Regie: Douglas Trumbull. Drehbuch: Philip Frank Messina, Bruce Joel Rubin, Robert Stitzel. Produzent: Douglas Trumbull. Darsteller: Christopher Walken (Dr. Michael Anthony Brace), Natalie Wood (Karen Brace), Louise Fletcher (Dr. Lilian Reynolds), Cliff Roberton (Alex Terson), Jordan Christopher (Gordy Forbes). Brazil: 1985, Großbrittanien. Regie: Terry Gilliam. Drehbuch: Terry Gilliam, Tom Stoppard, Charles McKeown. Produzent: Arnon Milchan. Darsteller: Jonathan Pryce (Sam Lowry), Robert de Niro (Archibald „Harry“ Tuttle), Katherine Helmond (Mrs. Ida Lowry), Ian Holm (Mr. M. Kurtzmann), Bob Hoskins (Spoor). Capricorn One (dt.: Unternehmen Capricorn): 1978, USA. Regie: Peter Hyams. Drehbuch: Peter Hyams. Produzent: Paul N. Lazarus III. Darsteller: Elliot Gould (Robert Caulfield), O. J. Simpson (Comander John Walker), Brenda Vaccaro (Kay Brubaker), Karen Black (Judy Drinkwater), Sam Waterston (Lt. Col. Peter Willis). Circuitry Man: 1990, USA. Regie: Steven Lovy. Drehbuch: Steven Lovy, Robert Lovy. Produzenten: Steven Reich, John Schouweiler. Darsteller: Jim Metzler (Danner), Dana Wheeler-Nicholson (Lori), Lu Leonard (Juice), Vernon Wells (Plughead), Barbara Alyn Woods (Yoyo).

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Citizin Kane: 1941, USA. Regie: Orson Welles. Drehbuch: Orson Welles, Herman J. Mankiewicz. Produzent: Orson Welles. Darsteller: Joseph Cotton (Jedediah Leland), Dorothy Comingore (Susan Alexander Kane), Agnes Moorehead (Mary Kane), Ruth Warrick (Emily Monroe Norton Kane), Ray Collins (James W. Gettys). Crash: 1996, Kanada, USA. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: J.G. Ballard, David Cronenberg. Produzent: David Cronenberg. Darsteller: James Spader (James Ballard), Holly Hunter (Helen Remington), Elias Koteas (Vaughan), Deborah Kara Unger (Catherine Ballard), Rosanna Arquette (Gabrielle). Dark City: 1998, USA. Regie: Alex Poyas. Drehbuch: Alex Proyas, Lem Dobbs, David S. Goyer. Produzenten: Andrew Mason, Alex Proyas. Darsteller: Rufus Sewell (John Murdoch), William Hurt (Inspector Frank Bumstead), Kiefer Sutherland (Sr. Daniel Schreber), Jennifer Connelly (Emma Murdoch/Anna), Richard O’Brien (Mr. Hand). Das Millionenspiel: 1970, Deutschland. Regie: Tom Toelle. Drehbuch: Wolfgang Menge, Robert Sheckley („The Prize of Peril“, Story) Produzent: Peter Märthesheimer. Darsteller: Jörg Pleva (Bernhard Lotz), Dieter Thomas Heck (Showmaster Thilo Uhlenhorst), Friedrich Schütter (Moulian, Chef von TETV), Dieter Hallervorden (Köhler, Chef der ‚Köhlerbande‘), Theo Fink (Hänsel, Mitglied der ‚Köhlerbande‘). Dead Ringers: 1988, Kanada, USA. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: Bari Wood, Jack Geasland, David Cronenberg, Norman Snider. Produzenten: Marc Boyman, David Cronenberg. Darsteller: Jeremy Irons (Beverly Mantle/Elliot Mantle), Geneviève Bujold (Claire Niveau), Heidi von Palleske (Cary), Barbara Gordon (Danuta), Shirley Douglas (Laura). Demon Seed (dt.: Des Teufels Saat): 1977, USA. Regie: Donald Cammell Drehbuch: Dean R. Koontz, Robert Jaffe, Roger O. Hirson. Produzent: Herb Jaffe. Darsteller: Julie Christie (Susan Harris), Fritz Weaver (Alex Harris), Gerrit Graham (Walter Gabler), Berry Kroeger (Petrosian), Lisa Lu (Soon Yen). Der Golem: 1915, Deutschland. Regie: Henrik Galeen, Paul Wegener. Drehbuch: Henrik Galeen, Gustav Meyrink, Paul Wegener. Produzent: Hanns Lippmann. Darsteller: Paul Wegener (Golem), Rudolf Blümner

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ANHANG

(Gelehrter), Carl Ebert (Troedler), Henrik Galeen (Graf), Lydia Salmonova (Jessica). Die verlorene Ehre der Katharina Blum: 1977, Deutschland. Regie: Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta. Drehbuch: Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta, Heinrich Böll (nach einer Erzählung von Heinrich Böll). Produzent: Eberhard Junkersdorf. Darsteller: Angela Winkler (Katharina Blum), Mario Adorf (Beizmenne), Jürgen Prochnow (Ludwig Götten), Heinz Bennent (Dr. Blorna), Hannelore Hoger (Trude Blorna). Dumbo: 1941, USA. Regie: Ben Sharpsteen. Drehbuch: Helen Aberson (Buchvorlage), Otto Englander, Joe Grant, Dick Huemer, Harold Perl. Produzent: Walt Disney. Darsteller: Cliff Edwards (Stimme: Jim Crow), Verna Felton (Stimme: Elefant Matriarch), Edward Brophy (Stimme: Timothy Q. Mouse), Billy Bletcher (Stimme: Clown), Sterling Hutton (Stimme: Mr. Stork). Dune: 1984, USA. Regie: David Lynch. Drehbuch: Frank Herbert, David Lynch. Produzent: Raffaella De Laurentiis. Darsteller: Francesca Annis (Lady Jessica), Leonardo Cimino (Der Arzt des Barons), Brad Dourif (Piter de Vries), José Ferrer (Padishah Emperor Shadamm IV.), Linda Hunt (Shadout Mapes). ED.TV: 1999, USA. Regie: Ron Howard. Drehbuch: Émile Gaudreault, Sylvie Bouchard, Lowell Ganz, Babaloo Mandel. Produzent: Ron Howard. Darsteller: Matthew McConaughey (Ed „Eddie“ Pekurny), Woody Harrelson (Ray Pekurney), Dennis Hopper (Henry „Hank“ Pekurny), Michael Moore (Panel Member), Ellen DeGeneres (Cynthia Topping). Electric Dreams: 1984, USA, Großbritannien. Regie: Steve Barron. Drehbuch: Rusty Lemorande. Produzenten: Larry DeWaay, Rusty Lemorande. Darsteller: Lenny van Dohlen (Miles Harding), Virginia Madsen (Madeline Robistat), Maxwell Caulfield (Bill), Don Fellows (Mr. Ryley), Wendy Miller (Computer-Verkäuferin). eXistenZ: 1999, Kanada, Großbritannien, Frankreich, 97 min. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg. Produzenten: Bradley Adams (co-producer), Damon Bryant (co-producer), David Cronenberg (producer), Andras Hamori (producer), Robert Lantos (producer), Michael MacDonald (co-producer), Sandra Tucker (associate producer).

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Darsteller: Jennifer Jason Leigh (Allegra Geller), Jude Law (Ted Pikul), Ian Holm (Kiri Vinokur), Willem Dafoe (Gas), Don McKellar (Yevgeny Nourish), Callum Keith Rennie (Hugo Carlaw), Christopher Eccleston (Seminarleiter), Sarah Polley (Merle), Robert A. Silverman (D’Arcy Nader), Oscar Hsu (chinesischer Kellner), Kris Lemche (Noel Dichter), Vik Sahay (Assistent), Kirsten Johnson (Assistentin), James Kirchner (Landry), Balázs Koós (Freiwilliger), Stephanie Belding (Freiwillige), Gerry Quigley (Forellenfischer). Originalmusik: Howard Shore. Kamera: Peter Suschitzky. Schnitt: Ronald Sanders. Casting: Deirdre Bowen. Production Management: Carol Spier. Art Direction: Tamara Deverell. Set Decoration: Elinor Rose Galbraith. Costume Design: Denise Cronenberg. Makeup Department: Carol Davidson, Stephan Dupuis, Réjean Goderre, Mary Lou Green, Debra Hawkes, Shonagh Jabour, Micheline Trépanier, Doug Morrow. Production Management: Michael MacDonald, Tammy Quinn. Second Unit Director or Assistant Director: Penny Charter, Cassandra Cronenberg, Walter Gasparovic, Kirsteen McLean, Leo Scherman. Art Departement: John Bannister, Jerry Beaudrow, Gordon Becker, Dexter Bonaparte, J. Tracy Budd, Flavian Bulfon, Kerry Bullis, Jean-Pierre Charbonneau, Dan Christov, Janet Cormack, Joe Curtin, Kevin Curtin, Scott Donais, Danielle Fleury, Christopher Geggie, Jason Graham, Arvinder Grewal, Kevin Haeberlin, Paul Jefferson, Marc Kuitenbrouwer, Jacques Lamarre, Sabri Lariani, Mari Laughlen, Rupert Lazarus, Alois Ledinek, Peter Legault, Carole Lord, Michael Madden, Stephen Magill, Bradley McInnis, Richard McStay, Melissa Morgan, Peter P. Nicolakakos, Brian Patrick, Jim Peters, Dusty Reeves, Paul Renaut, Doug Rennie, Mila Rolicz, Sam Santoro, Michael Smolski, Mark Stafford, Robert H. Steiner. Sound Departement: Nancy Allen, Eric Apps, Tom Bjelic, Gregory Martin Clayton, Rowan Collier, Ed Colyer, Robert Cotnoir, Graham Daniel, Joseph Doane, Jennifer L. Dunnington, David Evans, Dan Evans Farkas, Glen Gauthier, Paul Germann, Mark Gingras, Wayne Griffin, Punam Khosla, Goro Koyama, John Laing, Mishann Lau, Dick Lewzey, Andy Malcolm, Ron Malligers, Ray Merrin, Suzana Peric, Lyle Scott-Darling, Paul Shikata, Susan Shufro, Steve Switzer, David Tyler, Tony Van den Akker, Nick Watson, Rebecca Wright, Sharon Zupancic, Gren-Erich Zwicker. Special Effects: Warren Appleby, Damon Bishop, Alisa Brooks, Brandon Cronenberg, Stephan Dupuis, Stephan Dupuis, James Isaac, John Jackson, Patrice Jacques, Frances James, Michael Kavanagh, Alex Laverick, Serge Lavigueur, Kelly Lepkowsky, Tim Lidstone, David Loveday, Jay McClennen, Ryan Nicholson, Dennis Pawlik, Evan Penny, Jim Reischl, Dawn Rivard, Sean Sansom, Patrick Tenasco, Daniel White. Visual Effects: Jerry Andrews, Alex Boothby, Jeff Campbell, John Coldrick, Kenn Elliott, Mike ‚Fuzzy‘

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ANHANG

Ellis, Raymond Gieringer, Mark Goldberg, Derek Grime, Rob Gyorgy, James Isaac, Shawn Maher, Michael Manza, Jesh Murthy, Eric Person, Josa Leah ‚SDB‘ Porter, Paul Rigg, Jim Rutherford, Ralph Sevazlian, Chris Stoyan, Andy Sykes, Tony Willis, Emily Wong, Nelson Yu Likwai. Stunts: Peter Cox, Jamie Jones, Alison Reid. Crew (Weitere): Debra Beers, John ‚Frenchie‘ Berger, Jonathan Billings, Deanna Bolton, Bruce Buchanan, Mark Bukator, Cherri Campbell, Christina Cattle, Don Cochrane, Jane Conway, Robert Cotnoir, Chris Cozens, Christopher Dean, Tony Desmond, Christopher Donaldson, Katherine Doyle, Prudence Emery, Tammy Fitzgerald, Gary Fluxgold, Andrea Franks, Vic Fraser, Matthew Garland, David Garnett, Ava Gerlitz, Brenda Gilles, Simon Goldberg, Anthony F. Grani, Elizabeth Gray, Isobel Griffiths, Bill Hagan, Dianne L. Haggarty, Bob Hall, Michael Hall, Christopher Hargadon, Tomas Hartl, Jeff Heintzman, Robert Hicks, Richard Higgins, Vanessa Ireson, Delroy P. Jarrett, Chris Kalbfleisch, Linda Kang, Lydia Kavina, Beverley Kolbe, Lacia Kornylo, Jeffrey Krebs, Jeff Kulbak, Martin Lake, Philip Lanthier, Eleanor Lavender, Margaret Lee, Bill Leeking, Lisette Lefevre, Mark Logan, Jim MacCammon, Andrew MacRitchie, Luz Magcawas, Kevin Mahonchak, Aaron Marshall, Rafal Mickiewicz, Cathy Moore, Sean Moriarity, Don Morley, Steven Morrisson, David Moxness, John Nelles, Joe Norris, Ricardo Olivero, Andrew W. Peart, Rob Pilichowski, Adam Pill, Michael Plant, Dave Puddister, Catherine Rankin, Don Retzer, Teresa Rogers, Andrew Rosen, Dug Rotstein, Marlene Schmidt, Tad Seaborn, Elizabeth Senyi, Tracey Seward, Adam Shaheen, Howard Shore, Ryan Shore, Kitty Stanbrook, James Steven, Peter Suschitzky, Frank Teunissen, Vay Trong, Ben Tucker, Angie Vastagh, Lori A. Waters, Peter Watson, Brad Winans, Dean Wittaum, Andrea Wood. Fahrenheit 461: 1966, Großbritannien. Regie: François Truffaut. Drehbuch: Ray Bradbury, Jean-Louis Richard, Helen Scott, François Truffaut. Produzent: Lewis M. Allen. Darsteller: Oskar Werner (Guy Montag), Julie Christie (Clarisse/Linda Montag), Cyril Cusack (der Kapitän), Anton Diffring (Fabian/Direktorin), Jeremy Spenser (Mann mit dem Apfel). Fight Club: 1999, Deutschland, USA. Regie: David Fincher. Drehbuch: Chuck Papahniuk, Jim Uhls. Produzenten: Ross Grayson Bell, Ceán Chafflin, Art Linson. Darsteller: Edward Norton (Erzähler), Brad Bitt (Tyler Durden), Helena Bonham Carter (Marla Singer), Meat Loaf (Robert ‚Bob‘ Paulson), Zach Grenier (Richard Chesler).

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Final Fantasy: 2001, USA, Japan. Regie: Hironobu Sakaguchi, Mot Sakakibara. Drehbuch: Hironobu Sakaguchi, Al Reinert, Jeff Vintar, Jack Fletcher, Ranim Mobdy. Produzenten: Jun Aida, Chris Lee, Akio Sakai. Darsteller: Ming-Na (Stimme: Dr. Aki Ross), Alec Baldwin (Stimme: Capt. Gray Edwards), Ving Rhames (Stimme: Sgt. Ryan Whitaker), Steve Buscemi (Stimme: Officer Neil Fleming), Donald Sutherland (Stimme: Dr. Sid). Futureworld: 1976, USA. Regie: Richard T. Heffron. Drehbuch: George Schenk, Mayo Simon. Produzenten: Samuel Z. Arkoff, James T. Aubrey, Paul Lazarus III. Darsteller: Peter Fonda (Chuck Browning), Blythe Danner (Tracy Ballard), Arthur Hill (Dr. Duffy), Yul Brynner (Gunslinger), John P. Ryan (Dr. Schneider). Hackers: 1995, USA. Regie: Iain Softley. Drehbuch: Rafael Moreu. Produzenten: Michael Peyser, Ralph Winter. Darsteller: Jonny Lee Miller (Dade Murphy/‚Crash Override‘/‚Zero Cool‘), Angelina Jolie (Kate Libby/‚Acid Burn‘), Jesse Bradford (Joey Pardella), Matthew Lillard (Emmanuel Goldstein/‚Cereal Killer‘), Laurence Mason (Paul Cook/ ‚Lord Nikon‘). Hiroshima mon amour: 1959, Frankreich, Japan. Regie: Alain Resnais. Drehbuch: Marguerite Duras. Produzenten: Anatole Dauman, Samy Hafon. Darsteller: Emmanuelle Riva (Sie), Eiji Okada (Er), Stella Dassas (Mutter), Pierre Bardaud (Vater), Bernard Fresson (deutscher Liebhaber). Hologram Man: 1995, USA. Regie: Richard Pepin. Drehbuch: Evan Lurie, Richard Preston Jr. Produzenten: Joseph Merhi, Richard Pepin. Darsteller: Joe Lara (Decoda), Evan Lurie (Slash Gallagher), William Sanderson (Manny/Giggles), Johm Amos (Wes Strickland), Nicholas Worth (One-Eye). Homunculus (Teil 1: Homunculus; Teil 2: Das geheimnisvolle Buch; Teil 3: Die Liebestragödie des Homunculus; Teil 4: Die Rache des Homunculus; Teil 5: Die Vernichtung der Menschheit; Teil 6: Das Ende des Homunculus): 1916, Deutschland. Regie: Otto Rippert (alle Teile). Drehbuch: Robert Reinert (alle Teile), Robert Neuss (nur Teil 4), Otto Rippert (nur Teil 4). Produzent: Hanns Lippmann. Darsteller: Olaf Fønss (Homunculus), Friedrich Kühne (Edgar Rodin), Theodor Loos (Sven Friedland), Mechthild Thein (Margot), Gustav von Wangenheim.

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ANHANG

Hostile Intend: 1997, Kanada. Regie: Jonathan Heap. Drehbuch: Manny Coto. Produzenten: Julian Grant, Stephen Ujlaki. Darsteller: Rob Lowe (Cleary), Sofia Shinas (Gina), James Kidnie (Agent Adams), John Savage (Bear), Saul Rubinek (Kendall). Hungry for you: 1996, USA. Regie: Dimitri Logothetis. Drehbuch: Terry Lennox. Produzent: Gary Hudson. Darsteller: Michael Phenicie (Rodney), Rochelle Swanson (Viva), Gary Wood (Brannagan), Nancy Hochman (Val), Ritchie Montgomery (Arnold). Johnny Mnemonic: (dt: Vernetzt – Johnny Mnemonic) 1995, Kanada, USA, 96 min. (Japan: 107 min, Videoversion). Regie: Robert Longo. Drehbuch: William Gibson. Produzenten: Staffan Ahrenberg (executive producer), Don Carmody (producer), Jean Desormeaux (supervising producer), Victoria Hamburg (executive producer), Robert Lantos (executive producer). Darsteller: Keanu Reeves (Johnny Mnemonic), Dina Meyer (Jane), Ice-T (J-Bone), Takeshi Kitano (Takahashi), Dennis Akayama (Shinji), Dolph Lundgren (Straßenprediger), Henry Rollins (Spider), Barbara Sukowa (Anna Kalmann), Udo Kier (Ralfi), Tracy Tweed (Pretty), Falconer Abraham (Yomamma), Don Francks (Hooky), Diego Chambers (Henson), Sherry Miller (Takahashis Sekretärin), Arthur Eng (Viet), Von Flores (Viet), Victoria Tengelis (Pharmakom Rezeptionist), Warren Sulatycky (Yakuza Operator), Celina Wu (Mikiyo), Gene Mack (Laslo), Jamie Elman (Toad), Simon Sinn (Mann in der Hotellobby), Caitlin Carmody (Zwilling in der Hotellobby), Erin Carmody (Zwilling in der Hotellobby), Douglas O’Keeffe (Pharmakom Sicherheitsbeamter), Marlow Vella (Lotek Kind), Howard Szafer (Strike), Paul Brogren (Stump), Arthi Sambasivan (Krankenschwester), Michael A. Miranda (Stick), Coyote Shivers (Buddy), Lynne Adams (Yakuza), Michael Shearer (Yakuzas Partner), Susan Tsagkaris (Opernsängerin), Christopher Comrie (Beijing Riot Newscaster), Robin Crosby (Mädchen im Hotelzimmer). Originalmusik: Bono (Song „Alex Descends Into Hell for a Bottle of Milk/Korova 1“), Mychael Danna (nur in der japanischen Version), Brad Fiedel, Sascha Konietzko (Song „Virus“), Henry Rollins (Song „I See Through“). Kamera: François Protat. Schnitt: Ronald Sanders. Casting: John Buchan. Production Design: Nilo Rodis-Jamero. Art Direction: Dennis Davenport. Set Decoration: Enrico Campana. Costume Design: Olga Dimitrov. Makeup Department: Fred C. Blau Jr., Jennifer Bower, Linda Gill, Divyo Rae Putney, Marilyn Terry, Thomas Yee. Production Management: Pierre Laberge, Ian McDougall, Bernard Vincent. Second Unit Director or Assistant Director: Vic Armstrong, Reid A. Dunlop, Leslie Grierson, Lewin Webb, Laura Wood

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Fawcett, Greg Zenon, Michael Zenon. Art Department: Daniel R. Bradette, Brad Francis, Mike Franklin, Ian Hall, Bill Harman, Kim Karon, Don McQueen, Gustave Meunier, Tim Murton, Ian Nelmes, Michèle Nolet, Greg Pelchat, Dave Pollack, Paul Renaut, Alex Russell, Michael Shocrylas, Andrew M. Stearn, Richard Tassé, Phillip Tellez, Dan Wladyka. Sound Department: Jay Boekelheide, Michael Dandy, Patrick Dodd, Malcolm Fife, Douglas Ganton, James A. Gore, Lauri Higgins Tobias, Mark Lanza, Mark Levinson, Andy Malcolm, Michael Mennies, Douglas Murray, Jonathan Null, Scott Purdy, Leslie Shatz, Reynald Trudel, Tony Van den Akker, Hugh Waddell, Michael Werth, Don White, Mark Jan Wlodarkiewicz, Marilyn S. Zalkan. Special Effects: Tom Blacklock, Michael Burnett, Rory Cutler, Mario Dumont, Doug Graham, Larry Hamlin, Tom Lane, Jacques Langlois, Pierre ‚Bill‘ Rivard, Joe Viskocil. Visual Effects: James Allen, Darrel Anderson, Steve Bentley, Ryan Berg, Rick Berry, Sheila Berry, Scott Beverly, Bill Birrell, Gene Bodio, Betzy Bromberg, Brummbaer, Glenn Campbell, Dan Candela, Bruce Cardozo, Anthony Ceccomancini, Cat Chapman, Billy D. Choi, Steve Cohen, Don Fergus, Cynthia Feyrer, Frank Foster, Cody Gibson, Derek Grime, Steffany Hannan, Matthew Hausle, Tom Hendrickson, Linda Henry, Tim Huchthausen, Leslie Huntley, Michael Joyce, Rachel Kelley, Paul Kirsch, Malina Koani, Stephen Kramer, Phil LeMarbre, Karen Logan, Ken Marschall, Syd Mead, Kyle Menzies, George Merkert, Tim Miller, Bret Mixon, Joe Munkeby, Bob Munroe, John Nelson, Rachel Nicoll, Mark Petlock, Jamie Rama, Brian Remaley, Gary Rhodaback, Artie Romero, John Strauss, Ken Swenson, Dave Thompson, David Tucker, Joe Viskocil, Gene Warren III, Gene Warren Jr., Christopher Warren, Dennis Webb, David Worman, Shinichi Yoshimoto. Stunts: Lloyd Adams, Roy T. Anderson, Joy Ang, Vic Armstrong, Rebecca Bell, Ron Bell, Quinton Bennett, Marco Bianco, Derrick Borden, Eric Bryson, Randy Butcher, Michael Chan, Tommy Chang, Andrea Chase, Phil Chiu, Steven Chong, Ho Chow, Mike Chow, T. Christenson, Shelley Cook, Tig Fong, Errol Gee, John Goar, Mike Gow, David Hawthorne, Sylvia Iden, Olly Jason, Jamie Jones, Mic Jones, Makoto Kabayama, Danny Kudlowski, Danny Lima, Steve Lucescu, Patrick Mark, Dwayne McLean, Richard Messiah, Mike Nishihama, Billy Oliver, Markus Parilo, Rick Parker, Robert Racki, Alison Reid, Bryan Renfro, Paul Rutledge, Todd Schroeder, John Stoneham Jr., John Stoneham, Tom Valis. Crew (Weitere): Richard M. Allen, Ken Barbet, Nick Barker, Kevin Barry, Nicolette Beasley, Charles Beetz, Aileen Bell, Yvon Boudrias, Mary Canty, Natalie Card, Jacqueline Carmody, Ruth Charest, Sylvie Clément, Melody Comrie, Peter Copitts, Tom Costain, Jean Courteau, David Crone, Robert Daprato, Susanna David, Kelly

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ANHANG

Decooman, Julian Dobbs-Higginson, Tracey Dodokin, Michael J. Duthie, Roger Finlay, Gary Fluxgold, Bryan Forde, François Fournier, Gayle Franklin, Candide Franklyn, John Gajdecki, Bert Gouweleeuw, Bob Hannah, Christopher Hargadon, Richard Harkness, Gregor Hutchison, Marie-Claude Hébert, Nadia Jarvis, Michael Jewison, Fred Kamping, Jeffrey Klein, Cal Kohne, Michael Kohne, Mike Konrad, Joe Lafontaine, Elis Y. Lam, Wendi Laski, Kevin Michael LeBlanc, Chris Longo, Scott Mansfield, Phil Marshall, Vera Miller, Cindy Morton, Ricardo Olivero, Ayana Osada, Trisha Papas, Sean Parker, J.T. Pearson, Matthew Pill, Stefan Pleszczynski, Don Poole, Danyele Prevost, Christopher Raucamp, Michael Rea, Don Retzer, Kimberley A. Robyn, Ruth Secord, Takashi Seida, Dawn Sharpe, Frank Singers, Mike Sinyi, Lynwood Spinks, Nick Sweetman, Julia Tait, Caird Urquhart, Peter Watson, Christopher Welch, Eardley Wilmot, Andrea Wood. Kabinett des Dr. Caligari: 1920, Deutschland. Regie: Robert Wiene. Drehbuch: Hans Janowitz, Carl Meyer. Produzenten: Rudolf Meinert, Erich Pommer. Darsteller: Werner Krauss (Dr. Caligari), Conrad Veidt (Cäsar), Friedrich Feher (Francis), Lil Dagover (Jane), Hans Heinrich von Twardowski (Alan). L.A. Confidential: 1997, USA. Regie: Curtis Hanson. Drehbuch: James Ellroy (L.A. Confidential), Brian Helgeland, Curtis Hanson. Produzenten: Curtis Hanson, Arnon Milchan, Michael G. Nathanson. Darsteller: Kevin Spacy (Sgt. Jack Vincennes), Russel Corwe (Officer Wendell ‚Bud‘ White), Guy Pearce (Det. Lt. Edmund Jennings Exley), James Cromwell (Capt. Dudley Liam Smith), Kim Basinger (Lynn Bracken). L’Horloger de Saint-Paul (dt.: Der Uhrmacher von St. Paul): 1974, Frankreich. Regie: Bertrand Tavernier. Drehbuch: George Simenon (L’Horloger d’Everton), Lean Aurenche, Pierre Bost, Betrand Tavernier. Produzent: Raymond Danon. Darsteller: Philippe Noiret (Michel Descombes), Jean Rochefort (Insp. Guilboud), Jacques Denis (Antoine), Yves Afonso (Insp. Bricard), Julien Bertheau (Edourd). La mort en direct: 1980, Frankreich, BRD, Großbritannien, [Alternativtitel: Der gekaufte Tod; Death Watch] 128 min. Regie: Bertrand Tavernier. Drehbuch: David Compton (Continuous Katherine Mortenhoe, or The Unsleeping Eye), David Rayfiel, Bertrand Tavernier, Géza von Radványi. Produzenten: Gabriel Boustiani (delegate producer), Jean-Serge Breton (executive producer), Sigmund Graa (associate producer), Elie Kfouri (producer), Georg M. Reuther (associate producer), Bertrand Tavernier (co-producer). Darsteller: Romy Schneider (Katherine

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Mortenhoe), Harvey Keitel (Roddy), Harry Dean Stanton (Vincent Ferriman), Thérèse Liotard (Tracey), Max von Sydow (Gerald Mortenhoe), Caroline Langrishe (Mädchen in der Bar), William Russell (Dr. Masonl), Vadim Glowna (Harry Graves), Eva Maria Meineke (Dr. Klausen), Bernhard Wicki (Katherines Vater), Freddie Boardley, Robbie Coltrane (Limousinenfahrer), Julian Hough, Peter Kelly, Boyd Nelson, Billy Riddoch, Derek Royle, Ida Schuster, John Sheddon, Vari Sylvester, Jimmy Yuill, Paul Young. Originalmusik: Antoine Duhamel, Roger Mason (Titelsong „For the Love of the Golden City“). Kamera: Pierre-William Glenn. Schnitt: Michael Ellis, Armand Psenny. Casting: Mary Selway. Production Design: Bernd Lepel, Anthony Pratt. Costume Design: Judy Moorcroft. Makeup Department: Jean-Max Guérin, Paul Le Marinel. Production Management: Iain Smith, Louis Wipf. Second Unit Director or Assistant Director: Jean Achache, Charlotte Trench, JeanLouis Ulan, Trudy von Trotha. Art Department: Terry Dalzell, John Hoesli. Sound Department: Michel Desrois, Catherine Kelber, JeanPierre Lelong, Dominique Levert, Catherine Leygonie, Jacqueline Porel, Claude Villand. Crew (Weitere): Jacques Arhex, Nadia Arthur, Albert Bonomi, Sophie Cornu, Michael Coulter, Marianne Devis, Monique Dury, Luce Grunenwaldt, Inge Heer, Pascal Lebègue, Anne-Marie Otte, Harry Rabinowitz, Rene Rochera, Silvain Samama, Nicole Souchal, Jacques Tourneur, Jean-Claude Vicquery, Alice Ziller. Lady in the Lake: 1947, USA. Regie: Robert Montgomery. Drehbuch: Raymond Chandler, Steve Fisher. Produzent: George Haight. Darsteller: Robert Montgomery (Philip Marlowe), Audrey Totter (Adrienne Fromsett), Lloyd Nolan (Lt. DeGarmot), Tom Tully (Polizeicaptain Fergus K. Kane), Leon Ames (Derris Kingsby). Le Voyage Dans La Lune: 1902, Frankreich. Regie: Georges Méliès. Drehbuch: Gerges Méliès, Jules Vernes (De la Terre à la Lune), H. G. Wells (First Men in the Moon). Produzent: Georges Méliès. Darsteller: Victor André, Bleuette Bernon (Frau im Mond), Brunnet (Astronom), Georges Méliès (Prof. Barbenfouillis), Jeanne d’Alcy. Level Five: 1997, Frankreich. Regie: Chris Marker. Produzenten: Anatole Dauman, Françoise Widhoff. Darsteller: Catherine Belhodja (Laura), Kinjo Shigeaki (als er selbst), Nagisa Oshima (als er selbst), Kenji Tokitsu (als er selbst). Lost Highway: 1997, Frankreich, USA. Regie: David Lynch. Drehbuch: David Lynch, Barry Gifford. Produzenten: Deepak Nayar, Tom Stern-

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ANHANG

berg, Mary Sweeney. Darsteller: Bill Pullman (Fred Madison), Patricia Arquette (Renee Madison/Alice Wakefield), Balthazar Getty (Pete Dayton), Robert Blake (Maystery Man), Natasha Gregson Wagner (Sheila), Richard Pryor (Arnie), Lucy Butler (Candace Dayton), Michael Massee (Andy), Jack Nance (Phil), Jack Kehler (Guard Johnny Mack), Henry Rollins (Guard Henry), Giovanni Ribisi (Steve ‚V‘ Vincencio), Scott Coffey (Teddy), Gary Busey (William Dayton), Robert Loggia (Mr. Eddy/Dick Laurent), John Roselius (Det. Al), Louis Eppolito (Det. Ed), Jenna Maetlind (Party Girl), Michael Shamus Wiles (Guard Mike), Mink Stole (Stimme von Jury Forewoman), Leonard Termo (Stimme des Gerichts), Ivory Ocean (Guard Ivory), David Byrd (Doctor Smordin), Gene Ross (Warden Clements), F. William Parker (Captain Luneau), Alexander Folk (2. Gefängnisbeamter), Carl Sundstrom (Hank), John Solari (Lou), Al Garrett (Carl), Heather Stephens (Lanie), Amanda Anka (1. Mädchen), Jennifer Syme (Junkie Girl), Matt Sigloch (1. Assistant), Gilbert B. Combs (2. Assistant), Greg Travis (Tail Gate Driver), Lisa Boyle (Marian), Leslie Bega (Raquel), Marilyn Manson (1. Pornostar), Twiggy Ramirez (2. Pornostar), Dru Berrymore (Blondine). Originalmusik: Barry Adamson, Angelo Badalamenti, David Lynch, Marilyn Manson (Song „Apple of Sodom“), Trent Reznor (Songs „The Perfect Drug“, „Various Ominous Drones“ and „Driver Down“). Keine Originalmusik: David Bowie (Song „I’m Deranged“), Billy Corgan (Song „Eye“), Brian Eno (Song „I’m Deranged“), Screamin’ Jay Hawkins (Song „I Put a Spell on You“), Mort Shuman (Song „This Magic Moment“). Kamera: Peter Deming. Schnitt: Mary Sweeney. Casting: Elaine J. Huzzar, Johanna Ray. Production Design: Patricia Norris. Art Direction: Russell J. Smith. Set Decoration: Leslie Morales. Costume Design: Patricia Norris. Makeup Department: Robert Bowen, Lynne Brinton, Michael Burnett, Hayley Cecile, Shane Donahue, Dan Gates, Chris Hanson, Chip Heller, Marlene Lipman, Patricia Miller, Kathleen Norris, Vince Oddone, Toni-Ann Walker, Henry Wilfredo, Debbie Zoller. Production Management: Desmond Cannon, Deepak Nayar, Sabrina S. Sutherland. Second Unit Director or Assistant Director: Maria K. Battle, Scott Cameron, Simone Farber, Adam Rosen. Art Department: Jerry Brumley, Chris Burch, Keith Cox, Eric DaRe, Eric DaRe, Morgan Flaherty, Craig Sherman Hall, Jon Kazunaga, Robert A. Masini, Scott Miller, David C. Nute, Frank A. Oliveri, Dano Parker, Andrew J. Peterson, Mark Peterson, Greg Polutonovich, Alfredo Ponce, Edmund C. Quintero, David E. Robinson, Russell McCarthy Smith, David Storm, Samuel J. Tell, David D. Wheeler, Deborah Winship, Doug Wuitschick. Sound Department: Javier Bennassar, Tim Boggs, Bill Brown, Benjamin L. Cook, Louis Creveling, Mary Erstad, Cormac Funge, Frank

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Gaeta, Jason George, Marilyn Graf, David Grant, Douglas Greenfield, Catherine Harper, Ellen Heuer, Dean Hovey, Frederick Howard, Thomas Jones, Ossama Khuluki, Ann Kroeber, Kevin Kubota, Laura Laird, Chet Leonard, Paul Longstaffe, David Lynch, David Mann, Derek Marcil, David Melhase, Christopher Moriana, John Ross, Joshua E. Schneider, Susan Shin, Tony Suraci, Lucy Sustar, Susumu Tokunow, Marc Vanocur, Elmo Weber, Jiri Zobac. Special Effects: Bart Barber, Philip Bartko, Gary D’Amico, David A. Poole, Michael Wilmot. Visual Effects: Kurt Godel. Stunts: Bruce Paul Barbour, David Barrett, Joey Box, Jophery C. Brown, John T. Churchill, Eliza Coleman, Gilbert B. Combs, Gene Hartline, Chris Howell, Chris Howell, Terry Jackson, Robert Jauregui, Cole S. McKay, Cole McLarty, Jim Palmer, Rick Seaman, Matt Sigloch, Mike Watson, Glen Yrigoyen. Crew (Weitere): Marisa Aboitiz, Hilary Adahms, Richard G. Almo, Jeremy Alter, Margo Altman, Eric Archer, Angelo Badalamenti, Angelo Badalamenti, Andrew Barrett, Maurizio Bizzarri, Stephen Brooks, Robert D. Brugger, Caroline Burton, Thomas P. Cantrell, Ted Chalmers, Andrea Chesney, John T. Churchill, Tony Ciulla (special thanks), Tim Collins, Mark Conway, Kristin Dornig, Julie Duvic, William Roy Eckert, Missy Eustermann, Ruth Fainberg, John Feinblatt, Mary Jane Fendler, Charlotte Fraisse (special thanks), Elizabeth Fraser (Sängerin: „Song to the Siren“), Ron Fruchey (special thanks), Felician Ghitescu, Cori Glazer, Gregg Goldin, Fred Goldring (special thanks), David Gould, Todd Griffith, Lisa Guerriero, Teddy M. Haggarty, Gene Hara, Larry Hardman, Ron Hardman, John Harmon, Gary Hellerstein, Rick Herres, Paul Hughen, Guadalupe Hurst, Antonio Carlos Jobim, Brian Johnson, John Joleaud, William Jorgenson, Joe Juneau, Roland Kermarec, Cassandra King, Dan Kneece, Stepán Konícek, Steven R. Kutcher, Michael LaViolette, Kristi Lake, Sarah Levy, Sheridan Liu, George Lowe, John A. Malm Jr., (special thanks), Billie E. Manning, Marilyn Manson (Sänger. „Apple of Sodom“ and „I Put a Spell on You“), Stan McClain, Tom McGuire (special thanks), John K. Meyer, Alan Meyers, Josue Meza, Ed Morris, Fred V. Murphy (special thanks), Dan Muscarella, María Méndez (special thanks), H. Lee Noblitt, Tasha Oldham, Anton Pardoe, Sondra Peluce, Gilbert Perez, Susan Pollack, Doc Pomus (Texter: „This Magic Moment“), Gaye Pope, Michael Ralph Price, Lou Reed (Sänger: „This Magic Moment“), Scott Andrew Ressler, Dana Ross (special thanks), Albert G. Ruben, Arturo Ruvalcaba, Karen R. Sachs, Mark Sadler, Charles Samek, Hilary Schroeder, Philip Sloan, Paul Stanbrough, Vance Strickland, Patrick Sullivan, Jennifer Syme, Suzanne Tenner, Mick Thomason, Sandra Thomason, Stephen Thorp, David Trevino, Debby Trutnik (special thanks), Donna Vega, Scott

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ANHANG

Westgard, Paul Wilkowsky, John Willis III, Tom Winchester, Cynthia Wise, Deborah Wuliger, Allan Yamauchi, David Presley. Matrix: 1999, USA, 136 min. Regie: Andy Wachowski, Larry Wachowski. Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski. Produzenten: Bruce Berman (executive producer), Dan Cracchiolo (co-producer), Carol Hughes (associate producer), Andrew Mason (executive producer), Richard Mirisch (associate producer), Barrie M. Osborne (executive producer), Joel Silver (producer), Erwin Stoff (executive producer) Andy Wachowski (executive producer), Larry Wachowski (executive producer). Darsteller: Keanu Reeves (Neo), Laurence Fishburne (Morpheus), Carrie-Anne Moss (Trinity), Hugo Weaving (Agent Smith), Gloria Foster (Orakel), Joe Pantoliano (Cypher), Marcus Chong (Tank), Julian Arahanga (Apoc), Matt Doran (Mouse), Belinda McClory (Switch), Anthony Ray Parker (Dozer), Paul Goddard (Agent Brown), Robert Taylor (Agent Jones), David Aston (Rhineheart), Marc Gray (Choi), Ada Nicodemou (Dujour), Denni Gordon (Priestess), Rowan Witt (Junge mit dem Löffel), Elenor Witt (Potenzial), Tamara Brown (Potenzial), Janaya Pender (Potenzial), Adryn White (Potenzial), Natalie Tjen (Potenzial), Bill Young (Leutnant), David O’Connor (FedEx-Mann), Jeremy Ball (Geschäftsmann), Fiona Johnson (‚Woman in Red‘), Harry Lawrence (alter Mann), Steve Dodd (blinder Mann), Luke Quinton (Sicherheitsmann), Lawrence Woodward (Wächter), Michael Butcher (Polizist, der Neo fängt), Bernard Ledger (großer Polizist), Robert Simper (Polizist), Chris Scott (Polizist), Nigel Harbach (parkender Polizist). Originalmusik: Jack Dangers (Song „Prime Audio Soup“), Don Davis, Rob Dougan (Song „Clubbed to Death – Kurayamino Mix“) Chino Moreno (Song „My Own Summer (Shove It)”), Hive (Song „Ultrasonic Sound“). Keine Originalmusik: Tim Commerford (Song „Wake Up“), Zack De La Rocha (Song „Wake Up“), Duke Ellington (Song „I’m Beginning to See the Light“), Madonna Wayne Gacy (Song „Rock Is Dead“), Don George (Song „I’m Beginning to See the Light“), Alex Gifford (Song „Spybreak!“), Stéphane Grappelli (Song „Minor Swing“), Jimmie Haskell (aus dem Film „Night of the Lepus“), Johnny Hodges (Song „I’m Beginning to See the Light“), Liam Howlett (Song „Mindfields“), Scott Humphrey (Song „Dragula (Hot Rod Herman Mix)”), Sara J. (Song „Dissolved Girl“), Harry James (Song „I’m Beginning to See the Light“), Marilyn Manson (Song „Rock Is Dead”), Grant Marshall (Song „Dissolved Girl“), Tom Morello (Song „Wake Up“), Twiggy Ramirez (Song „Rock Is Dead“), Django Reinhardt (Song „Minor Swing”), Matt Schwartz (Song „Dissolved Girl”), Mushroom Vowles (Song „Dissolved Girl”), Brad Wilk (Song „Wake

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Up“), David Wyndorf (Song „Look to Your Orb for the Warning“), Rob Zombie (Song „Dragula (Hot Rod Herman Mix)“), Robert del Naja (Song „Dissolved Girl”). Kamera: Bill Pope. Schnitt: Zach Staenberg. Casting: Mali Finn, Shauna Wolifson. Production Design: Owen Paterson. Art Direction: Hugh Bateup, Michelle McGahey. Set Decoration: Lisa Brennan, Tim Ferrier, Marta McElroy. Costume Design: Kym Barrett. Makeup Departement: Rick Connelly, Kathy Courtney, Nikki Gooley, Sherry Hubbard, Bob McCarron, Wendy Sainsbury, Sonja Smuk, Deborah Taylor, Elka Wardega, Cheryl Williams, Simon Zanker. Production Management: Dick Beckett, Carol Hughes, Grayden Le Breton, Simon Lucas, Will Matthews, Colin Fletcher, Bruce Hunt, James McTeigue, Toby Pease, Tom Read, Noni Roy, Jeremy Sedley, Paul Sullivan. Art Departement: Tony Bardolph, Brett Bartlett, Shane Bennett, Jake Clifton, Godric Cole, Peter Collias, Jules Cook, James Cox, Geofrey Darrow, Marianne Evans, Trish Foreman, Mark Gatt, Murray Gosson, Collin Grant, Karen Harborow, Judith Harvey, Tara Kamath, Tani Kunitake, Jacinta Leong, Sarah Light, Terry Lord, Lon Lucini, Warren Manser, Adrienne Ogle, John Pickering, Tony Piliotis, Wayne Porter, Andrew Powell, John Rega, Deborah Riley, Fiona Scott, Katie Sharrock, Phil Shearer, Steve Skroce, Marcus Smith, Trevor Smith, Andrew Staig, Jon Stiles, Tony Williams, Philip Worth. Sound Departement: Nancy Barker, Thom Brennan, David E. Campbell, Kevin E. Carpenter, Valerie Davidson, Dane A. Davis, Dane A. Davis, Barbara Delpuech, Susan Dudeck, Lori L. Eschler, Julia Evershade, Jack Friedman, David Grimaldi, Zigmund Gron, Hilda Hodges, Mary Jo Lang, David Lee, Eric Lindemann, Frank Long, Larry Mah, David McRell, Gerry Nucifora, Thomas J. O’Connell, John T. Reitz, Charles W. Ritter, John Roesch, Gregg Rudloff, Armin Steiner, Carolyn Tapp, Noel McIntosh. Special Effects: Richard Alexander, Brian Belcher, Nick Beryk, Kirk Bolte, Andrew Borscz, Jeffrey Briggs, Rodney Burke, Patrick Carmiggelt, Paul Clemente, Bill Collis, Steve Courtley, Brian Cox, Darren De Costa, Sophie Dick, Paul Fenn, Mont Fieguth, Lloyd Finnmore, Ray Fowler, Frank Gallego, David Goldie, Bernard Golenko, Arran Gordon, Paul Gorrie, Pauline Grebert, Leo Henry, Kim Hilder, David James, Paul Katte, Thomas Kayser, Ron Korpi, Jim Leng, Judy Lewis, Shane Murphy, John Neal, Nick Nicolaou, David Núñez, Robina Osbourne, Brigid Oulsnam, Peter ‚Babylon‘ Owens, Daniel Patmore, Gary Phillips, Pieter Ploody, David Pride, Reece Robinson, Arthur Spink Jr., Lou Stefanel, Edwin Treasure, Thomas Van Koeverden, Walter Van Veenendaal, Edweana Wenkart, Kerry Williams, David Young, Andy Clement. Visual Effects: Jeff Allen, Charlie Armstrong, Al Arthur, Gil Baron, Jeremy Beadell, Roy Berkowitz, Maureen Blume, George Borshukov, John Breslin, Steve Burg,

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ANHANG

Mark Burns, Allen Cappuccilli, Elizabeth Carlon, Lynne Cartwright, Robin Cave, Daniele Colajacomo, J.D. Cowles, Tim Crosbie, Kate Crossley, Charles Darby, Art David, Tom Davies, Steve Demers, Peter Doyle, David Dulac, Grant Everett, Matt Farell, Matthew Ferro, Lindsay Fleay, Rebecca Fox, John Gaeta, Diana Giorgiutti, Sally Goldberg, Nico Grey, Ben Gunsberger, Laura Hanigan, Brent Hartshorn, Naomi Hatchman, Michael Hemschoot, Charles Henrich, David Hodson, Rodney Iwashina, Jay Mark Johnson, Krista Jordan, Daniel Klem, Ivo Kos, Alisoun F. Lamb, Maryanne Lauric, John Lee, Mary Leitz, Kim Libreri, Joseph Littlejohn, Sophia S. Longoria, Stephen Lunn, Jane Maguire, Anthony Mark Viverito, Justen Marshall, Justin Martin, Alaric McAusland, Adam McCulloch, Ian McGuffie, Michael McNeill, Elizabeth Mercado, Kirsty Millar, Jane Milledge, Noah Mizrahi, Amanda Morrison, Zareh Nalbandian, Mark Nettleton, Grant Niesner, John P. Nugent, Rob Nunn, Dominic Parker, Devorah Petty, Gerard Benjamin Pierre, Jamie Pilgrim, Dan Piponi, Rudy Poat, Brion Porter, Thomas Proctor, Andrew Quinn, Holly Radcliffe, Barnaby Robson, Daniel P. Rosen, Paul Ryan, John E. Sasaki, Andrew Schneider, Greg Shimp, Lewis Siegel, Janek Sirrs, Daniel Sunwoo, Rangi Sutton, Paul Taglianetti, Natacha Tedeschi, Deborah Thomas, Jon Thum, John Tissavary, Victor E. Vaile IV, Enrique Vila, John Volny, Mary E. Walter, Jason Wardle, Martin Weaver, Mark H. Weingartner, Sean White, Vanessa White, Jeremy Yarbrow. Stunts: Shea Adams (stunt double: Agent Brown), Ray Anthony, Greg Blandy, Glenn Boswell, Richard Boué, Bob Bowles (stunt double: Cypher), Scott Brewer, Dave Brown, Todd Bryant, Michael Corrigan, Harry Dakanalis, Dar Davies, Paul Doyle (stunt double: Neo/Agent Smith), Nash Edgerton (stunt double: Mouse), Brian Ellison, Terry Flanagan, Scotty Gregory, Johnny Hallyday, Nigel Harbach (stunt double: Agent Jones), Lou Horvath, Nigel King, Alex Kiss, Alex Kuzelicki, Ian Lind, Tony Lynch, Andre McCoy (stunt double: Morpheus), Scott McLean, Phil Meacham, Chris Mitchell, Darren Mitchell, Steve Morris, Brett Praed, Brit Sooby, Sotiri Sotiropoulos, Chad Stahelski (stunt double: Neo), Gillian Statham (stunt double: Switch), Glenn Suter, Darko Tuscan (stunt double: Neo), Bernadette Van Gyen, Marijke Van Gyen, Annette Van Moorsel (stunt double: Trinity), Mick Van Moorsel, Warwick Young, Christopher Martello. Crew (Weitere): Robert Agganis, Robert Agganis, John Allan, Nathan Anderson, Ian I.T. Armstrong, Lyn Askew, Nils Bendix, Ian Bird, Kerry Blakeman, Jason Boland, Mal Booth, John Bowring, Nicole Brown, Ray Brown, Craig Bryant, Roger Buckingham, Robbie Burr, Mandy Butler, Suzanne Celeste, Sergei Chadiloff, Catherine Chase, Tiger Hu Chen, Spike Cherrie, Robin Clifton, Toby Copping, Tom Costain, Helen Cox, Paul Cumming, Michele D’Arcey, Mary Lou Da

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Roza, Don Davis, Belinda Dean, Sassica Donohoo, Greg Duncombe, Alan Dunstan, Marcus Dwyer, Brian Ellison, David Elmes, Ross Emery, Lizzie Eves, John Faithful, Kerry Fetzer, Guy Firth, Mark Fletcher, Frank Flick, Peter Forbes, Katherine Gamble, Reg Garside, Annie Gilhooly, Nick Godlee, Juan Goldsmith, Martin Grelis, Jane Griffin, Bianca Havas, Marvin Hayes, Jane Healy, Mo Henry, Jenny Hicks, David Hird, Sandra Hodge, Fiona Holly, Andrea Hood, Joseph M. Horrigan, Sam Kai-Sen Huang, Donna Huddleston, Benn Hyde, Andrew Infanti, Jenny Irwin, Emma Jacobs, Alistair Jenkins, Jayne Johnson, Melissa Johnston, Steve Johnston, Paul Johnstone, Miles Jones, Alex Kaufman, Carol Kim, Greg King, Dion Lam, Fiona Landreth, Peter Lawless, Chew Tat-Chiu Lee, John Lee, Terry Lee, Lea Lennon, Madye Sing-Hung Leung, JulieAnne Lincoln, Tim Littleton, Chris Loveday, Belinda Lowson, Sami MacKenzie-Kerr, Helen Mather, Paul Micallef, Suzanne Middleton, Paul Moyes, ‚Longy‘ Nguyin, Fiona Nicolls, Tommy O’Reilly, Phil Oosterhouse, David Orr, Danielle Osborne, Basia Ozerski, Phil Pastuhov, Julia Peters, Tapio Piitulainen, Robert Polgar, Angela Pritchard, Reinaldo Puentes-Tucki, Jacquie Robertson, Michael Roth, Michelle Rowe, Marge Rowland, Fiona Searson, Adrien Seffrin, Janet Seppelt, Sally Sharpe, Peter Skarratt, Denise Snyder, Gillian Steine, Victoria Sullivan, Ken Talbot, Michael Taylor, Bryce Tibbey, Gary Ticehurst, Trevor Tighe, Anthony Toy, Michelle Tuella, John Turner, Kevin Varnes, Michael Vivian, Justine Vollmer, Aron Walker, Pauline Walker, Richard Walker, Noelleen Westcombe, Sinclair Whalley, Chris Whittle, David Williamson, Lawrence Woodward, Megan Worthy, Charly Wrencher, Luke Wrencher, Colin Wyatt, Shun-Yee Yuen, Woo-ping Yuen, Daxing Zhang. Matrix Reloaded: 2003, USA. Regie: Andy Wachowski, Larry Wachowski. Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski. Produzenten: Bruce Berman. Darsteller: Keanu Reeves (Neo), Laurence Fishburne (Morpheus), Carrie-Anne Moss (Trinity), Hugo Weaving (Agent Smith) Matrix Revolutions: 2003, USA. Regie: Andy Wachowski, Larry Wachowski. Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski. Produzenten: Bruce Berman. Darsteller: Keanu Reeves (Neo), Laurence Fishburne (Morpheus), Carrie-Anne Moss (Trinity), Hugo Weaving (Agent Smith) Memento: 2000, USA. Regie: Christopher Nolan. Drehbuch: Jonathn Nolan, Christopher Nolan. Produzenten: Jennifer Todd, Suzanne Todd.

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ANHANG

Darsteller: Guy Pearce (Leonard Shelby), Carrie-Anne Moss (Natalie), Joe Pantoliano (Teddy Gammel), Mark Boone Jr. (Burt Hedley). Jorja Fox (Catherine Shelby). Metropolis: 1927, Deutschland. Regie: Fritz Lang. Drehbuch: Fritz Lang, Thea von Harbou. Produzent: Erich Pommer. Darsteller: Alfred Abel (Johhan „Joh“ Fredersen), Gustav Fröhlich (Freser Fredersen), Brigitte Helm (Maria, der Maschinenmensch), Rudolf Klein-Rogge (C. A. Rotwang), Fritz Rasp (Der Schmale). Minority Report: 2002, USA. Regie: Steven Spielberg. Drehbuch: Philip K. Dick (short story), Scott Frank (screenplay). Produzenten: Jan de Bont, Bonnie Curtis, Gerald R. Molen, Walter F. Parkes. Darsteller: Tom Cruise (Chief John Anderton), Max von Sydow (Director Lamar Burgess), Steve Harris (Jad), Neal McDonough (Fletcher), Patrick Kilpatrick (Knott), Jessica Capshaw (Evana). Möbius: 1993, Deutschland. Regie: Matti Geschonneck. Drehbuch: Matti Geschonneck. Produzent: Ottokar Runze. Darsteller: Diether Krebs (Wuttke), Corinna Kirchhoff (Nadja), Günther Lamprecht (Arnold), Hans Peter Korff (Simon), Jörg Gudzuhn (Cross). Naked Lunch: 1991, Kanada, Großbritannien, Japan. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: William S. Burroghs, David Cronenberg. Produzent: Jeremy Thomas. Darsteller: Peter Weller (Bill Lee), Judy Davis (Joan Frost/Joan Lee), Ian Holm (Tom Frost), Julian Sands (Yves Cloquet), Roy Scheider (Dr. Benway). Network: 1976, USA. Regie: Sydney Lumet. Drehbuch: Paddy Chayefsky. Darsteller: Faye Dunaway (Diana Christensen), William Holden (Max Schumacher), Peter Finch (Howard Beale), Robert Duvall (Frank Hackett), Wesley Addy (Nelson Chaney). Nightmare Weekend: 1986, Großbritannien, USA, Frankreich. Regie: Henry Sala. Drehbuch: George Faget-Benard. Produzent: Bachoo Sen. Darsteller: Debbie Laster (Julie Clingstone), Dale Midkiff (Ken), Debra Hunter (Jassica Brake), Lori Lewis (Anne), Preston Maybank (Bob). Nirvana: 1997, Italien, Frankreich, Großbritannien, 113 min. Regie: Gabriele Salvatore. Drehbuch: Pino Cacucci, Gloria Corica, Gabriele Salvatore. Produzenten: Rita Cecchi Gori (producer), Vittorio Cecchi Gori (producer), Samuel Hadida (co-producer), Antonio Tacchia (exe-

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cutive producer), Maurizio Totti (producer). Darsteller: Christopher Lambert (Jimi Dini), Diego Abatantuono (Solo), Stefania Rocca (Naima), Emmanuelle Seigner (Lisa), Amanda Sandrelli (Maria), Claudio Bisio (Red Rover), Gigio Alberti (Dr. Ratzenberger), Antonio Catania (Paranoia-Verkäufer), Ugo Conti (Sizilientourist), Leonardo Gajo (GazGaz), Silvio Orlando (indianischer Beamter), Paolo Rossi (Joker), Bebo Storti (meditierender Mann), Corinna Agustoni (Assistent des Gurus), Daniele Auber (junger Mann), Agostino Canepa (1. Polizist), Bed Cerchiai (Asli), William Chiu (japanischer Sushi-Verkäufer), Eugenio Ciotola (1. Organ-Jäger), Luisa Corna (Die Göttin Kali), Alessandro Cremona (Polizist), Germaine Damar, Bachir Ahmet Diakhate (5. OrganJäger), Rocco Di Gioia (6. Organ-Jäger), Alessandro Eccelsi (nackter Mann), Aminata Fall (1. Body Guard-Psychologe), Avinash Ganesh (Avinash), Antonio Luigi Grimaldi (pakistanischer Beamter), Oreste Guidi (Killer), Pieter Jurriaanse (junger Mann), Victor Kanu (2. Body Guard-Psychologe), Reynold Joh Kerr (demütiger Mann), Christine Krug (Prostituierte), Coco Leonardi (Jimis Vater), Lorenzo Loris (1. Terminator), Rosario Marino (Bum), Marcello Mazzarella (2. Organ-Jäger), Giuseppe Messina (Bartender), Adolfo Oltrecolli (alter Mann), Michael Oyegunle (3. Organ-Jäger), Gianni Palladino (Trucker), Federico Pasquetto (2. Polizist), Roman Pavlouchev (Soldat), Vincenzo Petrarolo (Indianer), Elisabetta Riva (virtuelle Prostituierte), Sergio Rubini (Joystick), Suleyman Salmassi (Sid), Renato Sarti (Drogenabhängiger), Fabio Sartor (Polizist), Giovanni Sorenti (Organ-Verkäufer), Valerio Staffelli (2. Terminator), Marialuisa Tadei (Ansagerin), Luca Torraca (Präsident), Stefania Ventura (4. Organ-Jäger), Al Yamanouchi (Psychologe Okasama Starr), Riccardo Zinna (Mafiosi), Loredana Zupanic (3. Terminator). Originalmusik: Federico De Robertis, Mauro Pagani. Kamera: Italo Petriccione. Schnitt: Massimo Fiocchi. Production Design: Giancarlo Basili. Set Decoration: Giancarlo Basili, Mauro Venturini. Costume Design: Giorgio Armani, Patrizia Chericoni, Florence Emir. Makeup Departement: Sabrina Bernard, Bernadette Grampa, Didier Lavergne, Cristina Magliano, Patrizia Palimento. Production Management: Stefano Dioguardi, Roberto Gallarati, Roberto Luvisotti. Second Unit Director or Assistant Director: Maria Raffaella Faggiano, Fabio Scamoni. Art Departement: Ornella Baraldo, Kristian Bikkeci, Pietro Billeci, Andrea Bonomi, Giovanni Broggio, Marco Caltagirone, Carmine Canfora, Elena Caponi, Marina Lubrano, Rita Rabassini, Paolo Ricci, Paolo Vinci. Sound Departement: Jean Cristophe Casalini, Josh Cramer, Mark DeSimone, Alberto Doni, Dan Edelstein, Val Kuklowsky, Mauro Lazzaro, Clementina Luotto, Tullio Morganti, Sandro Pallottini, Federico Savina, Luigi Tota. Special Effects: Daniele Auber, Sergio Stivaletti, Victor

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Togliani. Visual Effects: Fabrizio Donvito, Carlotta Fenati, Luciano Igino, Stefano Marinoni, Andrew Quinn, Louis Dunlevy Russell, Paola Trisoglio. Crew (Weitere): Carmelina Agostinelli, Tommaso Anania, Franco Barratti, Mario Bertolasi, Bruno Bianchella, Paola Bonelli, Ferdinando Bonifazi, Carlo Calcaterra, Enrico Carozzi, Marinella Cioli, Andrea Collepiccolo, Lorenzo Comolla, Nicola Console, Antonio Coppola, Onofrio Coppola, Claudio Cordoni, Beatrice Corvo, Pasquale Cuzzupoli, Massimo Fossali, Renzo Gamba, Giovanni Gebbia, Antonella Gemignani, Maria Gentile, Francesco Gioia, Filippo Guasco, Antonio La Barbera, Laura Lamanda, Attila Mancarella, Fabrizio Marchesi, Roberto Marchini, Giacomo Montalbano, Filomena Pagnozzi, Tino Polenghi, Sergio Rossi, Ursula Sigon, Torquato Tessarin, Leonardo Todisco, Vincenza Tomaciallo, Fabrizio Vicari, Luca Villa, Antonietta Vino. Paris, qui dort: 1925, Frankreich. Regie: René Clair. Drehbuch: René Clair. Produzent: Henri Diamant-Berger. Darsteller: Henri Rollan (Albert), Martinelli (Der Wissenschaftler), Albert Préjean (Der Pilot), Madeleine Rodrigue (Hesta), Myla Seller (Die Nichte, Tochter des Wissenschaftlers). Peeping Tom: 1960, Großbritannien. Regie: Michel Powell. Drehbuch: Leo Marks. Produzent: Michael Powell. Darsteller: Karlheinz Böhm (Mark Lewis), Moira Shearer (Vivian), Anna Massey (Helen Stephens), Maxine Audley (Mrs. Stephens), Brenda Bruce (Dora). Pi: 1998, USA. Regie: Darren Aronofsky. Drehbuch: Darren Aronofsky, Sean Gullette, Eric Watson. Produzent: Eric Watson. Darsteller: Sean Gullette (Maximillian Cohen), Mark Margolis (Sol Robeson), Ben Shenkman (Lenny Meyer), Pamela Hart (Macy Dawson), Stephen Pearlman (Rabbi Cohen). Pinocchio: 1940, USA. Regie: Hamilton Luske, Ben Sharpsteen. Drehbuch: Carlo Collodi (Die Abenteuer des Pinocchio), Aurelius Battaglia, William Cottrell, Otto Englander, Erdmann Penner, Joseph Sabo, Ted sears, Web Smith. Produzent: Walt Disney. Darsteller: Dickie Jones (Stimme von Pinocchio/Alexander), Mel Blanc (Figaro/Cleo/Gideon/zusätzliche Stimme), Don Brodie (Stimme von Carnival Barker), Walter Catlett (Stimme von Foulfellow), Frankie Darro (Stimme von Lampwick). Portrait de groupe avec dame (dt.: Gruppenbild mit Dame): 1977, Frankreich, Deutschland. Regie: Aleksandar Petrovic. Drehbuch: Heinrich Böll (Gruppenbild mit Dame), Aleksandar Petrovic. Produzent:

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Martin Hellstern. Darsteller: Romy Schneider (Leni Gruyten), Brad Dourif (Boris Kolotwski), Michel Galabrun (Walter Pelzer), Vadim Glowna (Erhard Scheigert), Richard Münch (Hubert Gruyten). Prosperos Books: 1991, Frankreich, Italien, Niederlande, Großbritannien, Japan. Regie: Peter Greenaway. Drehbuch: William Shakespeare (Theaterstück „The Tempest“), Peter Greenaway. Produzent: Kess Kasander. Darsteller: John Gielgud (Prospero), Michael Clark (Caliban), Michael Blanc (Alonso), Erland Josephson (Gonzalo), Isabelle Pasco (Miranda). Rabid: 1977, Kanada. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg. Produzent: John Dunning. Darsteller: Marilyn Chambers (Rose), Frank Moore (Hart Read), Joe Silver (Murray Cypher), Howard Ryshpan (Dr. Dan Keloid), Patricia Gage (Dr. Roxanne Keloid). Radio Days: 1987, USA. Regie: Woody Allen. Drehbuch: Woody Allen. Produzent: Robert Greenhut. Darsteller: Mia Farrow (Sally White), Dianne Wiest (Bea), Diane Keaton (Sängerin), Danny Aiello (Killer), Jeff Daniels (Biff Baxter). Rain Man: 1988, USA. Regie: Barry Levinson. Drehbuch: Barry Morrow, Ronald Bass. Produzent: Mark Johnson. Darsteller: Dustin Hoffman (Raymond Babbitt), Tom Criuse (Charlie Babbitt), Valeria Golino (Susanna), Gerald R. Molen (Dr. Bruner), Jack Murdock (John Mooney). Requiem For A Dream: 2000, USA (2002, Deutschland). Regie: Darren Aronofsky. Drehbuch: Hubert Selby Jr., Darren Aronofsky. Produzenten: Palmer West, Eric Watson. Darsteller: Jared Leto (Harry Goldfarb), Ellen Burstyn (Sara Goldfarb), Louise Lasser (Ada), Marlon Wayans (Tyrone C. Love), Jennifer Connelly (Marion Silver). RoboCop: 1987, USA. Regie: Paul Verhoeven. Drehbuch: Michael Miner, Edward Neumeier. Produzent: Arne Schmidt. Darsteller: Peter Weller (Officer Alex J. Murphy/RoboCop), Nabcy Allen (Officer Anne Lewis), Dan O’Herlihy (Der alte Mann), Ronny Cox (Dick Jones), Kurtwood Smith (Clarence Boddicker). Rollerball: 1975, USA. Regie: Norman Jewison. Drehbuch: William Harrison. Produzent: Norman Jewison. Darsteller: James Caan (Jonathan E.), John Houseman (Bartolomew), Maud Adams (Ella), John Beck (Moonpie), Moses Gunn (Cletus).

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S1mOne: 2002, USA. Regie: Andrew Niccol. Drehbuch: Andrew Niccol. Produzent: Andrew Niccol. Darsteller: Al Pacino (Viktor Taransky), Benjamin Salisbury (P.A.), Winona Ryder (Nicola Anders), Jay Mohr (Hal Sinclair), Catherine Keener (Elaine Christian). Saturn 3: 1980, Großbritannien. Regie: Stanley Donen. Drehbuch: Martin Amis, John Barry. Produzent: Stanley Donen. Darsteller: Farrah Fawcett (Alex), Kirk Douglas (Adam), Harvey Keitel (Benson), Ed Bishop (Harding), Douglas Lambert (Captain James). Scanners: 1981, Kanada. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg. Produzent: Claude Héroux. Darsteller: Jennifer O’Neill (Kim Obrist), Stephen Lack (Cameron Vale), Patrick McGoohan (Dr. Paul Ruth), Lawrence Dane (Breadon Keller), Michael Ironside (Darryl Revok). Shivers: 1975, Kanada. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg. Produzent: Ivan Reitman. Darsteller: Paul Hampton (Roger St. Luc), Joe Silver (Rollo Linski), Lynn Lowry (Schwester Forsythe), Allan Kolman (Nicholas Tudor), Susan Petrie (Janine Tudor). Space Jam: 1996, USA. Regie: Joe Pytka. Drehbuch: Leo Benvenuti, Steve Rudnick, Timothy Harris, Herschel Weingrod. Produzent: Daniel Goldberg, Joe Medjuck, Ivan Reitman, Ron Tippe. Darsteller: Michael Jordan (als er selbst), Wayne Knight (Stan Podolak), Theresa Randle (Juanita Jordan), Manner Washington (Jeffrey Jordan), Eric Gordon (Marcus Jordan). Spellbound: 1945, USA. Regie: Alfred Hitchcock. Drehbuch: Francis Beeding (The House of Dr. Edwards), Angus MacPhail, Ben Hecht. Produzent: David O. Selznick. Darsteller: Ingrid Bergman (Dr. Constance Petersen), Gregory Peck (John Ballantine/Dr. Anthony Edwards/John Brown), Michael Chekhov (Dr. Alexander ‚Alex‘ Brulov), Leo G. Caroll (Dr. Murchison), Rhonda Fleming (Mary Carmichael). Star Wars (dt.: Krieg der Sterne): 1977, USA (1978, Deutschland). Regie: George Lucas. Drehbuch: George Lucas. Produzent: Gary Kurtz, Rick McCallum (special edition). Darsteller: Mark Hamill (Luke Skywalker), Harrison Ford (Han Solo), Carrie Fisher (Prinzessin Leia Organa), Alec Guinness (Ben Obi-Wan Kenobi), David Prowse (Darth Vader).

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Star Wars: Episode V – The Empire Strikes Back (dt. Krieg der Sterne: Episode V – Das Imperium schlägt zurück): 1980, USA. Regie: Irvin Kershner. Drehbuch: George Lucas, Leigh Brackett, Lawrence Kasdan. Produzent: Gary Kurtz, Rick McCallum (special edition). Darsteller: Mark Hamill (Luke Skywalker/Echo Base-Ansager), Harrison Ford (Han Solo), Carrie Fisher (Prinzessin Leia Organa), Alec Guinness (Ben ObiWan Kenobi), David Prowse (Darth Vader). Strange Days: 1995, USA (1996, Deutschland), 145 min. Regie: Kathryn Bigelow. Drehbuch: James Cameron, Jay Cocks. Produzenten: James Cameron (producer), Steven-Charles Jaffe (producer), Lawrence Kasanoff (executive producer), Rae Sanchini (executive producer), Ira Shuman (co-producer). Darsteller: Ralph Fiennes (Lenny Nero), Angela Bassett (Lornette ‚Mace‘ Mason), Juliette Lewis (Faith Justin), Tom Sizemore (Max Peltier), Michael Wincott (Philo Gant), Vincent D’Onofrio (Burton Steckler), Glenn Plummer (Jeriko One), Brigitte Bako (Iris), Richard Edson (Tick), William Fichtner (Dwayne Engelman), Josef Sommer (Palmer Strickland), Joe Urla (Keith), Nicky Katt (Joey Corto), Michael Jace (Wade Beemer), Louise LeCavalier (Cindy ‚Vita‘ Minh), David Carrera (Duncan), Jim Ishida (Mr. Fumitsu), Todd Graff (Tex Arcana), Malcolm Norrington (Replay), Anais Munoz (Diamanda), Ted Haler (Tow Truck-Fahrer), Rio Hackford (Bobby der Bartender), Brook Susan Parker (Cecile), Brandon Hammond (Zander Mason), Donald ‚Donnie‘ Young (junger Zander Mason), B.J. Crockett (junger Zander Mason), Dex Elliot Sanders (Curtis), Ronnie Willis (Hausjunge), David Packer (Lane), Paulo Tocha (Spaz Diaz), James Muro (Nervous POV), Ron Young (Stimme: Nervous POV), Art Chudabala (ThaiRestaurant-Besitzer), Erica Kelly (Thai-Restaurant-Hostess), Marlana Young (Thai-Restaurant-Kellnerin), Ray Chang (Thai-Restaurant-Koch), Raul Reformina (Busjunge), Chris Douridas (Stimme: Talk Radio Host), Billie Worley (Stimme: Dan vom Silverlake), Amon Bourne (Stimme: Dewayne), Lisa Picotte (Stimme: Lori aus Encino), Kylie Ireland (bekifftes Mädchen), Dru Berrymore (Freundin des bekifften Mädchens), Stefan Arngrim (Skinner), Agustin Rodriguez (Eduardo), Kelly Hu (Anker-Frau), Nynno Anderson (verärgerter Jeriko One-Fan), Liat Goodson (Retinal Fetish Bouncer), Honey Labrador (Strandschönheit), Delane Vaughn (Maces Ehemann), Mark Arneson (Polizist), James Acheson (Polizist im Badezimmer), John Francis (Tod), Zoot (Mime), Royce L. Minor (verärgertes schwarzes Kind), Milan Reynolds (Nationalgarde, Medic Nr. 1), Russell W. Smith (Nationalgarde, Nr. 2), Sarah Abukutsa Marshall (Afrikanischer Tänzer), Russell Hines (Afrikanischer Tänzer), Michael Jaasi (Afrikanischer Tänzer), Maurice Marshall (Afrikanischer

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Tänzer), Carolyn Adunni McPherson (Afrikanischer Tänzer), Jennifer Reeves (Afrikanischer Tänzer), Charmain Renata Hubbard (Afrikanischer Tänzer), Reginald T. Thornton (Afrikanischer Tänzer), Chester A. Whitmore (Afrikanischer Tänzer), Lori Simone Wilkerson (Afrikanischer Tänzer). Originalmusik: Lord T. Byron, Peter Gabriel, Lady Galore, P.J. Harvey (Song „Hardly Wait“), Shai De La Luna, Marilyn Manson (Song „Get Your Gunn“), McGuinnes, Eric Mouquet, Graeme Revell, Michel Sanchez, Tricky (Song „Overcome“). Keine Originalmusik: Daisy Berkowitz (Song „Get Your Gunn“), Gidget Gein (Song „Get Your Gunn“). Kamera: Matthew F. Leonetti. Schnitt: Howard E. Smith. Casting: Sharon Bialy, Debi Manwiller, Richard Pagano, Melissa M. Thomas. Production Design: Lilly Kilvert. Art Direction: John Warnke. Set Decoration: Kara Lindstrom. Costume Design: Ellen Mirojnick. Makeup Departement: Michael F. Blake, Kathy W. Estocin, Michael Germain, Linda Grimes, Robert L. Stevenson. Production Management: Ira Shuman. Second Unit Director or Assistant Director: Albert Cho, Kenneth D. Collins, Steve Danton, Suzanne Geiger, Sam Hoffman, Steven-Charles Jaffe, Todd Y. Murata, Philip C. Pfeiffer, Rebecca Strickland. Art Department: Gregory P. Alcus, Christopher Amy, Tristan Paris Bourne, Lloyd A. Buswell, Patrick Cassidy, Michael Marcus, Erik L. Nelson, Christopher S. Nushawg, Tommy Samona, Doug Sieck. Sound Departement: Wolfgang Amadeus Mozart, Sandina Bailo-Lape, Tom Barwick, Richard Beggs, Phil Benson, David Franklin Bergad, Sara Bolder, Gloria S. Borders, Lindakay Brown, Don Coufal, Tony Eckert, Sean England, Dan Engstrom, Frank E. Eulner, Andre Fenley, Clare C. Freeman, Thomas Giordano, Scott Guitteau, Lora Hirschberg, Tim Holland, Tom Johnson, Mary Helen Leasman, Barbara McBane, Susan Popovic, Gary Rizzo, Marcie Romano, David M. Ronne, Gary Rydstrom, Claire Sanfilippo, Dennie Thorpe, Hugh Waddell, Dan Wallin, Cary Weitz, Jeff Wexler, Marian Wilde, Brian Williams, Joshua Winget, Patty von Arx, Christian von Burkleo. Special Effects: Craig Caton, Donald Frazee, Terry D. Frazee, Donald Myers, Eugene P. Rizzardi. Visual Effects: Andra Bard, Peter Baustaedter, Mat Beck, Casey Cannon, Allen Cappuccilli, Floyd Casey, Mike Chambers, Renee Chamblin, Sean C. Cunningham, Chris Dawson, Karen E. Goulekas, Jerry Hall, Leslie Huntley, Gary Jackemuk, Amy Jupiter, Jeffrey Kalmus, James Lima, Howie Muzika, Simon O’Connor, Shannon Leigh Olds, Kelly Port, Patrick Shearn, Janek Sirrs, Kara Stephens, Gene Warren Jr., Christopher Warren, Kieran Woo, Harrison Zanuck. Stunts: John Alden, Chino Binamo, Richard L. Blackwell, Ericka Bryce, Keith Campbell, Eric Chambers, Doug Coleman, Eliza Coleman, Sonja Davis, Travis Dultz, Jeffrey Eith, Danny Epper (stunt double: Steckler), Debbie Evans,

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Jeff Evans (stunt double: Streckler), Gary Guercio, Mike Gunther (stunt double: Lenny), Dick Hancock (stunt double: Tex), Kim Kahana Jr., Hubie Kerns Jr., Henry Kingi Jr., Barbara Anne Klein, Gene LeBell, Will Leong, Patricia M. Peters (stunt double: Faith), Denise Lynne Roberts (stunt double: Iris), Lynn Salvatori, Paul E. Short (stunt double: Max), Monty L. Simons, James Turner Jr. (stunt double: Duncan), Eddie L. Watkins, Gary J. Wayton (stunt double: Engelman). Crew (Weitere): Pamela Alch, Aldo Antonelli, Rory J. Aylward, Kevin Blauvelt, Pat Blymyer, Anthony Bozanich, Kenneth Patrick Brady, Glenn Brown, Edward Cass, Mindy Elliott, Randy Feemster, Jason Gaudio, Randy Gerston, Ellen Gessert, Robbie Goldstein, Ralph Greco, Steve Hastings, Susan Hegarty, Jamie Kehoe, Kevin LaRosa, Stevie Lazo, Matthew F. Leonetti Jr., Marilyn Manson, Ivan Martin del Campo, Bertram McCann, Peter McKernan, Syd Mead, James Muro, Philip C. Pfeiffer, Edward Poveda, Sharyn Shimada-Huggins, Michele Short, Nick Shuster, Rick Shuster, Bambi Sickafoose, Bing Sokolsky, Roy Unger, Randy Walker, Merie Weismiller Wallace, Chuck Weiss, Bryce Guy Williams. Strangers on an Train: 1951, USA. Regie: Alfred Hitchcock. Drehbuch: Raymond Chandler, Witfield Cook, Patricia Highsmith, Czenzi Ormonde. Produzent: Alfred Hitchcock. Darsteller: Farlex Granger (Guy Haines), Ruth Roman (Anne Morton), Robert Walker (Bruno Anthony), Leo G. Carroll (Sen. Morton), Patricia Hitchcock (Barbara Morton). Super Mario Bros: 1993, Großbritannien, USA. Regie: Annabel Jankel, Rocky Morton, Rolans Joffé, Dean Semler. Drehbuch: Parker Bennett, Terry Runte, Ed Solomon. Produzenten: Jake Eberts, Roland Joffé, Fred C. Caruso (Co-Produzent). Darsteller: Bob Hoskins (Mario Mario), John Leguizamo (Luigi Mario), Dennis Hopper (King Koopa), Samatha Mathis (Prinzessin Daisy), Fisher Stevens (Iggy). Superman III: 1983, Großbritannien. Regie: Richard Lester. Drehbuch: David Newman, Leslie Newman Produzent: Pierre Spengler. Darsteller: Christopher Reeve (Superman/Clark Kent), Richard Pryor (Gus Gorman), Jackie Cooper (Perry White), Margot Kidder (Lois Lane), Marc McClure (Jimmy Olsen). The 13th Floor: 1999, Deutschland, USA, 100 min. Regie: Josef Rusnak. Drehbuch: Daniel F. Galouye (Simulacron-3), Josef Rusnak, Ravel Centeno-Rodriguez. Produzenten: Helga Ballhaus (executive producer), Michael Ballhaus (executive producer), Roland Emmerich (producer),

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ANHANG

Ute Emmerich (producer), Kelly Van Horn (co-producer), Marco Weber (producer). Darsteller: Craig Bierko (Douglas Hall/John Ferguson/David), Armin Mueller-Stahl (Hannon Fuller/Grierson), Gretchen Mol (Jane Fuller/Natasha Molinaro), Vincent D’Onofrio (Jason Whitney/Jerry Ashton), Dennis Haysbert (Detective Larry McBain), Steven Schub (Zev Bernstein), Jeremy Roberts (Tom Jones), Rif Hutton (Joe), Leon Rippy (Janes Anwalt), Janet MacLachlan (Ellen), Brad William Henke (Polizist Nr. 1), Burt Bulos (Bellhop), Venessia Valentino (Concierge), Howard S. Miller (Chauffeur), Tia Texada (Natashas Putzfrau), Shiri Appleby (Bridget Manilla), Bob Clendenin (Bankmanager), Rachel Winfree (Bankkunde), Meghan Ivey (Chanteuse), Alison Lohman (Honey BearMädchen), Hadda Brooks (Lounge Klavierspieler), Ron Boussom (Maitre’d), Ernie Lively (30’s Cop), Toni Sawyer (Griersons Ehefrau), Brooks Almy (Bridgets Mutter), Darryl Henriques (Taxifahrer), Suzanne Harrer (Tänzer), Lee Weaver (30’s Limosinenfahrer), Geoffrey Rivas (Sicherheitsmann), Travis Tedford (Zeitungsjunge), Jeff Blumenkrantz (Choreograph), Andrew Alden (Einlasser), Johnny Crawford (Sänger). Originalmusik: HIM (Soundtrack und Hintergrundmusik), Harald Kloser, Thomas Wanker (zusätzliche Musik). Keine Originalmusik: Duke Ellington (Song „Caravan“). Kamera: Wedigo von Schultzendorff. Schnitt: Henry Richardson. Casting: David Bloch, April Webster. Production Design: Kirk M. Petruccelli. Art Direction: Frank Bollinger, Barry Chusid. Set Decoration: Victor J. Zolfo. Costume Design: Joseph A. Porro. Makeup Department: Bobbi Baird, Virginia Kearns, Erwin H. Kupitz, Thomas Nellen, Katherine Rees. Production Management: Lisa Lynn Kearsley, Kelly Van Horn. Second Unit Director or Assistant Director: Foongy Lee, Kim H. Winther, Lars P. Winther. Art Departement: Evelyn Barbier, Robert A. Blackburn, Lloyd A. Buswell, Barry Chusid, Ray Harvie, Scott Maginnis, John Maskovich, Steven B. Melton, Melody Miller, Joy Phillips, A. Leslie Thomas, Joshua Warner. Sound Departement: Robert J. Anderson Jr., Hubert Bartholomae, Dino Dimuro, Andrew Dorfman, Jonathan Fuh, José Antonio García, Axel Hirn, Pit Kuhlmann, Dave McMoyler, Andreas Musolff, Richard Oesterreicher, Margit Pfeiffer, Jörn Poetzl, Ron Radvinsky, Friedrich Wilhem Roedding, Mary Ruth Smith. Special Effects: John S. Baker, Henrik Scheib, Pit Zaepernick. Visuelle Effekte: Christian Ahlers, James Auger, Axel Bahro, Joe Bauer, Susanna Bauer, Jan Bernotat, Friederike Berthold, Cania, Matt Cordner, Doug Creel, Robert Cribbett, Sean C. Cunningham, Mitchell S. Drain, Hartmut Engel, Conny Fauser, Daniel Fazel, Haggi Floeser, Moritz Glaesle, Frank Gorgas, Abra Grupp, Joachim Grüninger, Christian Haas, Greg Hanigan, Christian Heinz, Scott Holmes, Joe Jackman, Katrin Klaiber, Cathleen Klein, Fabian Kraus, Birger

363

MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Laube, Peggy Lebel, Alex Lemke, Lutz Lemke, Sibylle Maier, Andres Marder, Christian Mayer, Tim Mendler, Christian Middelberg, Joanna Motek, Christoph Neu, Fong Nickson, Benedikt Niemann, Connie Oettl, Fumiari Ogawa, Rocco Passionino, Cristin Pescosolido, Ethan Phillips, Carolin Quis, Henning Raedlein, Kosta Saric, Oliver Seiter, Britta Sell, Nelson Sepulveda, Kevin Souls, Frederic Soumagnas, Bret St. Clair, Wolf Steiling, Bernd Sumalowitsch, Olcun Tan, James D. Tittle, Daniel V. Volclamer, Anke Vollmer, Udo Vollmer, Mortimer Warlimont, Steffen M. Wild, Klaus Wuchta, Jürgen ‚Zambo‘ Zimmermann. Stunts: Thomas Robinson Harper, Tom Harper, Freddie Hice, Tommy J. Huff, Henry Kingi, Billy D. Lucas, Matt McBride, Anthony T. Pennello, Chad Randall, Larry Rippenkroeger, R.A. Rondell, Debby Lynn Ross, Fred M. Waugh. Crew (Weitere): Rachel Aberly, Daniel Hsu Accomando, Peter Afterman, Jason Astor, Melissa Bargar, Claudette Barius, Michael Bauman, Kim Berner, William Boston, Philip L. Brown, Kim Clever, Keith Collea, Johnny Crawford, Corky Cronin, Ross C. Day, Stephen P. Del Prete, Rick Downey, Annie Dunn, James Ealy, Dana Eller, Katie Eustermann, Randall E. Flinn, Cindy Franke, David Frutos, Alexander Garcia, Randy Gerston, Joie Gharrity, Benoit Grey, Rod Hamilton, Cheri Jacobs, James K. Jensen, Jefferson T. Jones, Vanessa R. Jordan, Kevin Kliesch, Harald Kloser, Kevin LaRosa, Craig Lietzke, Mitchell Lookabaugh, Fran Lucci-Pannozzo, Blake Maniquis, Max Neal, Brian W. Nordheim, Jay Ostrowski, Jahmani Perry, James Perry, Kathleen Roll, Rachel Rose, Marc Roskin, Jean Rosone, Dana Ross, Tim Ryan, Melissa N. Savage, David Shaffer, Deborah Slate, Chris Squires, Jon R. Tower, Chris Wagganer, Thomas Wanker, Chris Winn. The Audition: 1999, Japan (2001, Deutschland). Regie: Miike Takashi. Drehbuch: Daisuke Tengan. Produzenten: Akemi Suyama, Satoshi Hukushima. Darsteller: Ryo Ishibashi (Aoyama Shigeharu), Eihi Shiina (Yamazaki Asami), Miyuki Matsuda (TV-Produzent), Renji Ishibashi (Aoyamas Sohn). The Brood: 1979, Kanada. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg. Produzent: Claude Héroux. Darsteller: Oliver Reed (Dr. Hal Raglan), Samatha Eggar (Nola Carveth), Art Hindle (Frank Carveth), Henry Beckman (Barton Kelly), Nuala Fitzgerald (Juliana Kelly). The Cell: 2000, USA, Deutschland. Regie: Tarsem Singh. Drehbuch: Mark Protosevich. Produzenten: Julio Caro, Eric McLeod. Darsteller: Jennifer Lopez (Catherine Deanne), Colton James (Edward Baines),

364

ANHANG

Dylan Baker (Henry West), Marianne Jean-Baptiste (Dr. Miriam Kent), Gerry Becker (Dr. Barry Cooperman). The Final Cut: 2004, USA. Regie: Omar Naim. Drehbuch: Omar Naim. Produzent: Nick Wechsler. Darsteller: Robin Williams (Alan W. Hakman), Mira Sorvino (Delila), James Caviezel (Fletcher), Mimi Kuzyk (Thelma), Stephanie Romanov (Jennifer Bannister). The Fly (dt.: Die Fliege): 1986, USA. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg, George Langelaan, Charles Edward Pogue. Produzent: Stuart Cornfeld. Darsteller: Jeff Goldblum (Seth Brundle), Geena Davis (Veronic Quaife), John Getz (Stathis Borans), Joy Boushel (Tawny), Leslie Carlson (Dr. Cheevers). The Game: 1997, USA. Regie: Davis Fincher. Drehbuch: John D. Brancato, Michael Farris. Produzenten: Ceán Chaffin, Steve Golin. Darsteller: Michael Douglas (Nicholas Van Orton), Sean Penn (Conrad Van Orton), Deborah Kara Unger (Christine), James Rebhorn (Jim Feingold), Peter Donat (Samuel Sutherland). The Lawnmower Man (dt.: Der Rasenmähermann): 1992, Großbritannien, USA, Japan. Regie: Brett Leonard. Drehbuch: Stephen King (nur Titel), Brett Leonard, Gimel Everett. Produzent: Gimel Everett, Milton Subotsky (Co-Produzent). Darsteller: Jeff Fahrey (Jobe Smith), Pierce Brosnan (Dr. Lawrenz Angelo), Jenny Wright (Marnie Burke), Mark Bringleson (Sebastian Timms), Geoffrey Lewis (Terry McKeen). The Lawnmower Man II: Beyond Cyberspace (dt.: Der Rasenmähermann II: Jenseits des Cyberspace): 1996, USA. Regie: Farhad Mann. Drehbuch: Farhad Mann, Michael Miner. Produzenten: Keith Fox, Edward Simons. Darsteller: Patrick Bergin (Dr. Benjamin Trace), Matt Frewer (Jobe Smith), Austin O’Brien (Peter Parkette), Ely Pouget (Dr. Cori Platt), Camille Cooper (Jennifer). The Purple Rose Of Cairo: 1985, USA. Regie: Woody Allen. Drehbuch: Woody Allen. Produzent: Robert Greenhut. Darsteller: Mia Farrow (Cecilia), Jeff Daniels (Tom Baxter, Gil Shepard), Danny Aiello (Monk), Van Johnson (Larry), Dianne Wiest (Emma), Edward Hermann (Henry). The Ring: 2002, USA. Regie: Gore Verbinski. Drehbuch: Kôji Suzuki (novel), Ehren Kruger (screenplay). Produzenten: Walter F. Parkes,

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Laurie MacDonald. Darsteller: Naomi Watts (Rachel Keller), Martin Henderson (Noah Clay), David Dorfman (Aidan Keller), Brian Cox (Richard Morgan), Jane Alexander (Dr. Grasnik). The Sixth Sense: 1999, USA. Regie: M. Night Shyamalan. Drehbuch: M. Night Shyamalan. Produzenten: Kathleen Kennedy, Frank Marshall, Barry Mendel. Darsteller: Bruce Willis (Malcom Crowe), Haley Joel Osment (Cole Sear), Toni Collette (Lynn Sear), Olivia Williams (Anna Crowe), Mischa Barton (Kyra Collins). The Untouchables (dt.: Die Unbestechlichen): 1987, USA. Regie: Brian De Palma. Drehbuch: David Mamet. Produzent: Art Linson. Darsteller: Kevin Kostner (Elliot Ness), Sean Connery (Jimmy Malone), Andy Garcia (Agent George Stone, Giuseppe Petri), Charles Martin Smith (Agent Oscar Wallace), Robert De Niro (Al Capone). They Live (dt.: Sie leben): 1988, USA. Regie: John Carpenter. Drehbuch: Ray Nelson, John Carpenter. Produzent: Larry J. Franco. Darsteller: Roddy Piper (Nada), Keith David (Frank), Meg Foster (Holly Thompson), George „Buck“ Flower (Drifter), Peter Jason (Gilbert). Titanic: 1997, USA. Regie: James Cameron. Drehbuch: James Cameron. Produzenten: James Cameron, Jon Landau. Darsteller: Leonardo DiCaprio (Jack Dawson), Kate Winslet (Rose Dewitt Bukater), Billy Zane (Carl Hockley), Kathy Bates (Molly Brown), Bernard Hill (Captain Smith). Tomb Raider: 2001, USA, Deutschland, Großbritannien, Japan. Regie: Simon West. Drehbuch: Sara B. Cooper, Mike Werb, Michael Colleary, Simon West, Patrick Massett, Jon Zohn Zinman. Produzent: Lawrenz Gordon, Lloyd Levin, Colin Wilson. Darsteller: Angelina Jolie (Lara Croft), Jon Voigt (Lord Richard Croft), Iain Glen (Manfred Powell), Noah Taylor (Bryce), Daniel Craig (Alex West). Total Recall: 1990, USA, 113 min. Regie: Paul Verhoeven. Drehbuch: Philip K. Dick (We Can Remember It For You Wholesale, Kurzgeschichte). Ronald Shusett, Dan O’Bannon, Jon Povill, Ronald Shusett, Dan O’Bannon, Gary Goldman. Produzenten: Buzz Feitshans (producer), Robert Fentress (associate producer), Mario Kassar (executive producer), Elliot Schick (associate producer), Ronald Shusett (producer), Andrew G. Vajna (executive producer). Darsteller: Arnold Schwarzenegger (Douglas Quaid/Hauser), Rachel Ticotin (Melina), Sharon Stone (Lori),

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ANHANG

Ronny Cox (Vilos Cohaagen), Michael Ironside (Richter), Marshall Bell (George/Kuato), Mel Johnson Jr. (Benny), Michael Champion (Helm), Roy Brocksmith (Dr. Edgemar), Ray Baker (Bob McClane), Rosemary Dunsmore (Dr. Lull), David Knell (Ernie), Alexia Robinson (Tiffany), Dean Norris (Tony), Mark Carlton (Bartender), Debbie Lee Carrington (Thumbelina), Lycia Naff (Mary), Robert Costanzo (Harry), Michael LaGuardia (Stevens), Priscilla Allen (dicke Frau), Ken Strausbaugh (Officer der Einwanderungsbehörde), Marc Alaimo (Everett), Michael Gregory (Leutnant der Rebellen), Ken Gildin (Hotelangestellter), Mickey Jones (Burly miner), Parker Whitman (Marsbewohner, Ehemann), Ellen Gollas (Marsbewohnerin, Ehefrau), Gloria Dorson (Frau in der Telefonzelle), Erika Carlson (Miss Lonelyhearts), Benny Corral (Punk Taxifahrer), Bob Tzudiker (Arzt), Erik Cord (Labor-Assistent), Frank Kopyc (Techniker), Chuck Sloan (Wissenschaftler), Dave Nicolson (Wissenschaftler), Paula McClure (Newscaster), Rebecca Ruth (Reporter), Milt Tarver (Ausrufer im Geschäft), Roger Cudney (Agent), Monica Steuer (Mutantenmutter), Sasha Rionda (Mutantensohn), Linda Howell (Tennis pro), Robert Picardo (Stimme von Johnnycab), Anne Lockhart (Zusätzliche Stimme), Kamala Lopez-Dawson (Zusätzliche Stimme), Morgan Lofting (Zusätzliche Stimme), Patti Attar (Zusätzliche Stimme), Bob Bergen (Zusätzliche Stimme), Joe Unger (Zusätzliche Stimme), Karlyn Michelson (Zusätzliche Stimme). Originalmusik: Jerry Goldsmith, Bruno Louchouarn. Kamera: Jost Vacano. Schnitt: Frank J. Urioste. Casting: Mike Fenton, Valorie Massalas, Judy Taylor. Production Design: William Sandell. Art Direction: José Rodríguez Granada, James E. Tocci. Set Decoration: Robert Gould. Costume Design: Erica Edell Phillips. Makeup Department: Craig Berkeley, Rob Bottin, Jeff Dawn, Raúl Sarmiento, Alfred Sousa, Peter Tothpal, Robin Weiss, Michael White. Production Management: Anuar Badin, Terry Collis, Juan Clemente Prosper. Second Unit Director or Assistant Director: Vic Armstrong, Guillermo ‚Memo‘ Carreno, Matthew Feitshans, Ileana Franco U., A. Hugo Gutierrez Cuellar, Miguel Lima, Kuki López Rodero, Ignacio Vallejo-Nájera, Efren del Moral. Art Department: Henry Alvarez, Scott Bobbitt, William Boyd, Judy Cammer, Elpidio Cano, Miguel Chang, Larry Clark, Ron Cobb, Gary Deaton, Bruce Di Valerio, Cal DiValerio, Thomas B. DiValerio, Dragon Dronet, John R. Elliott, Tim Flattery, Dominic Gerace, Giacomo G. Ghiazza, Scott Goodale, Alfredo Gómez Capetillo, George E. Hanson, Daniel Hermosillo, Neil Lamont, Enrique Lechuga, Etta Leff, Francisco Marinas Romero, Antonio Mata Jr., Antonio Mata, Jonathan McKinstry, Dennis J. Parrish, Dan Pemberton, Daniel Perugini, Carlos Romero, Héctor Romero, Anna Sanchez Genard, Alex Scutti Jr., Mazzareno Sgolacchia, Jose E. Solorio,

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

Benjamin Suarez, Miles Teves, Marco Trentini, Theresa Wachter, David Wiezer, Warren Williams. Sound Department: David A. Arnold, David Bartlett, Ron Bartlett, Bruce Botnick, John Brilhante, James Christopher, Heriberto Cárdenas, Carlos DeLarios, Dean Drabin, Donald Flick, Judee Flick, Stephen Hunter Flick, Dana Gustafson, Darrell Hall, Kenneth Hall, Scott Hecker, Alan Howarth, Nicholas James, Doug Kent, Michael J. Kohut, Susan Mazzei, John Pospisil, Steve Richardson, Aaron Rochin, Fred Runner, Hank Salerno, Norman B. Schwartz, Dan Sharp, George Simpson, Michael R. Sloan, Gina Spiro, Nelson Stoll, Rosemarie Wheeler, Butch Wolf. Special Effects: Roland Blancaflor, Thomas L. Fisher, Erick Geisler, Roy Goode, Bruce Y. Kuroyama, Becky Ochoa, Dennis Pawlik, Dawn M. Severdia. Visual Effects: Yarek Alfer, Philip Bartko, Elissa Bello, Rob Bottin, Eric Brevig, John Frederick Bryant, Rob Burton, Brent Collins, Michael Condro, C. Marie Davis, Christopher Duddy, Alex Funke, Paul Gentry, Erik Henry, Patric Kenly, Carole A. Kenneally, Bill Kent, James W. Kristoff, Brad Kuehn, Mark A. Lasoff, Jeff Matakovich, Tim McGovern, George Merkert, Rexford L. Metz, Marlo Pabon, William Powloski, B.J. Rack, Linda Renaud, Dobbie Schiff, Mary Siceloff, Jesse Silver, Mark Stetson, Michael Talarico, George Trimmer, James Valentine. Stunts: Gerardo Albarrán, Andy Armstrong, Vic Armstrong, Alejandro Avendano, Bruce Paul Barbour, Gary Baxley, Dickey Beer, Simone Boisseree, Clay Boss, May Boss, Tony Brubaker, Cheré Bryson, Richard E. Butler, Roger Callard, Ignacio Carreño, Jorge Casares, Ann Chatterton, Doug Coleman, Simon Crane, Graeme Crowther, Vince Deadrick Jr., Leon Delaney, Nick Dimitri, Kenny Endoso, Jeannie Epper, Stephanie Epper, Donna Evans, Dana Dru Evenson, Jose Gallegos, Buddy Gilyard, Allan Graf, Ed Hamilton, Gene Harrison, Swan Hefner, Freddie Hice, John Hock, Marcia Holley, Robert Jauregui, Jeff Jensen, Jesse Johnson, Peter Kent (stunt double: Arnold Schwarzenegger), Peter Kent, Joel Kramer, Steven Lambert, Gene LeBell, Wendy Leech, A. Michael Lerner, Fred Lerner, Billy D. Lucas, Lars Lundgren, Mauricio Martínez, Mike H. McGaughy, Bronco McLoughlin, Wayne Michaels, Bennie Moore, Gabriela Moreno, Steve Picerni, Gábor Piroch, Terry Richards, Walter Robles, Gregg Sargeant, Cherie Tash, Rafael Valdez, Ric Roman Waugh, Gary J. Wayton, David Webster, Danny Weselis, George P. Wilbur, Dick Ziker. Crew (Weitere): Michael Barnes, Bob Bremner, Corey Burton, Craig Campobasso, Richard Clark, Jim Davidson, Wayne Fitzgerald, Judith Goodman, Haleen K. Holt, W. C. ‚Chunky‘ Huse, Patric Kenly, Mark A. Lasoff, Teressa Longo, Steve Newman, Álex Phillips Jr., Gary Platek, Vincent Prentice, Xavier Pérez Grobet, Trudy Ramirez, Alan B. Samuels, Bill Thornhill, Sven-Ole Thorsen, Belinda Uriegas.

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ANHANG

Tron: 1982, USA, Taiwan. Regie: Steven Lisberger. Drehbuch: Steven Lisberger, Bonnie MacBird. Produzent: Donald Kushner. Darsteller: Jeff Bridges (Kevin Flynn/Clu), Bruce Boxleitner (Alan Bradley/Tron), Cindy Morgan (Lora/Yori), Peter Jurasik (Crom), David Warner (Ed Dillinger/Sark/Stimme des Master-Controll-Programms). Truman Show: 1998, USA. Regie: Peter Weir. Drehbuch: Andrew Niccol. Produzenten: Edward S. Feldman, Andrew Niccol, Scott Rudin, Adam Schroeder. Darsteller: Jim Carrey (Truman Burbank), Laura Linney (Meryl), Noah Emmerich (Marlon), Holland Taylor (Trumans Mutter), Brian Delate (Trumans Vater). Twin Peaks: 1990, USA. Regie: David Lynch. Drehbuch: Mark Frost, David Lynch. Produzent: David J. Latt. Darsteller: Kyle MacLachlan (Agentin Dale Cooper), Michael Ontkean (Sheriff Harry S. Truman), Mädchen Amick (Shelly Johnson), Dana Ashbrook (Bobby Briggs), Richard Beymer (Benjamin Horne). Un amour de Swann (dt.: Eine Liebe von Swann): 1984, Frankreich, Deutschland. Regie: Volker Schlöndorff. Drehbuch: Peter Brook, JeanClaude Carrière, Marie-Hélène Estienne, Marcel Proust (Un amour de Swann), Volker Schlöndorff. Produzent: Eberhard Junkersdorf, Margaret Ménégoz. Darsteller: Jeremy Irons (Charles Swann), Ornella Muti (Odette de Crecy), Alain Delon (Baron de Charlus), Fanny Ardant (Herzogin de Guermantes), Marie-Christine Barrault (Madame Verdurin). Vanilla Sky: 2001, USA. Regie: Cameron Crowe. Drehbuch: Cameron Crowe, Alejandro Amenábar und Mateo Gil (Abre Los Ojos). Produzenten: Cameron Crowe, Tom Cruise, Paula Wagner. Darsteller: Tom Cruise (David Aames), Penélope Cruz (Sofia Serrano), Cameron Diaz (Julianna ‚Julie‘ Gianni), Kurt Russel (Dr. Curtis McCabe), Jason Lee (Brian Shelby). Videodrome: 1983, Kanada, USA, 87 min. Regie: David Cronenberg. Drehbuch: David Cronenberg. Produzenten: Pierre David (executive producer), Claude Héroux (producer), Lawrence Nesis (associate producer), Victor Solnicki (executive producer). Darsteller: James Woods (Max Renn), Sonja Smits (Bianca O’Blivion), Deborah Harry (Nicki Brand), Peter Dvorsky (Harlan), Leslie Carlson (Barry Convex), Jack Creley (Brian O’Blivion), Lynne Gorman (Masha), Julie Khaner (Bridey), Reiner Schwartz (Moses), David Bolt (Raphael), Lally Cadeau

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

(Rena King), Henry Gomez (Brolley), Harvey Chao (japanischer Verkäufer), David Tsubôchi (japanischer Verkäufer), Kay Hawtrey (Matron) Sam Malkin (Sidewalk Derelict), Bob Church (Newscaster), Jayne Eastwood (Ausruferin), Franciszka Hedland (Bellydancer). Originalmusik: Howard Shore. Kamera: Mark Irwin. Schnitt: Ronald Sanders. Art Direction: Carol Spier. Set Decoration: Angelo Stea. Costume Design: Delphine White. Makeup Department: Rick Baker, Thomas Booth, Shonagh Jabour, Steve Johnson, Michael Kavanagh, Inge Klaudi, Maureen Mestan, Mark Molin, Constant Natale, Bill Sturgeon. Production Management: Janet E. Cuddy, Gwen Iveson. Second Unit Director or Assistant Director: John Board, Libby Bowden, Rocco Gismondi. Art Department: Jon Bankson, John Bentley, Enrico Campana, Kirk Cheney, Elaine Cohen, Janet Cormack, Tom Coulter, Joe Curtin, Barbara Dunphy, Bill Gibson, Ed Hanna, Bill Harman, Simon Harwood, Gary Jack, Nick Kosonic, Peter Lauterman, Harry Pavelson, Thomas Pearce, Robert Pearson, Greg Pelchat, Reet Puhm, Alexander Russell, Alan Sharpe, Bob Sher, Gareth Wilson. Sound Department: Charles Bowers, Peter Burgess, Terry Burke, Elius Caruso, Michele Cook, Paul Coombe, Gary Daprato, Bryan Day, Mike Hoogenboom, Michael LaCroix, Beverley Neale. Special Effects: James Stuart Allan, Frank C. Carere. Visual Effects: Michael Lennick. Crew (Weitere): Douglas Allan, Donato Baldassarra, Jock Brandis, Rachelle Charron, David Chud, David Coatsworth, James Crowe, Brian Danniels, Christopher Dean, Denise Di Novi, Kirsteen Etherington, Maureen Fitzgerald, Elaine Foreman, Bonnie Gold, Angela Gruenthal, Maureen Gurney, David Hynes, Roger Héroux, Maris H. Jansons, A. Randy Jones, Eileen Kennedy, Lacia Kornylo, Allen Kosonic, Peter Lavender, Monique Légaré, Gilles Léonard, Serge Major, Carol McBride, Jerome McCann, Robert Meckler, Robin Miller, Donna Mobbs, Kat Moyer, Monik Nantel, Mary Partridge-Raynor, John Vander Pas, Gary Phipps, Rick Porter, Michael Rea, Gillian Richardson, Howard Rothschild, Arthur Rowsell, Ellen Rozen, Christopher Severn, Richard Spiegelman, Jill Spitz, Jeff Steinberg, Kathy Vieira, Lydia Wazana, Bill Wiggins, Denise Woodley, Alan Zweig, Richard Zywotkiewicz. Virtual Sexuality: 1999, Großbritannien. Regie: Nick Hurran. Drehbuch: Chloe Rayban, Nick Fisher. Produzent: Christopher Figg. Darsteller: Laura Fraser (Justine), Rupert Penry-Jones (Jake), Luke de Lacey (Chas), Kieran O’Brien (Alex), Laura Aikman (Lucy). Virtuosity: 1995, USA. Regie: Brett Leonard. Drehbuch: Eric Bernt. Produzent: Garry Lucchesi. Darsteller: Denzel Washington (Lt. Parker

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ANHANG

Barnes), Kelly Lynch (Dr. Madison Carter), Russel Crowe (SID 6.7), Stephen Spinella (Dr. Darrel Lindenmeyer), William Forsythe (William Cochran). Wag the Dog: 1997, USA (1998, Deutschland). Regie: Barry Levinson. Drehbuch: Larry Beinhart, Hilary Henkin, David Mamet. Produzenten: Robert De Niro, Barry Levinson, Jane Rosenthal. Darsteller: Dustin Hoffman (Stanley Motss), Robert De Niro (Conrad Brean), Anne Heche (Winifred Ames), Denis Leary (Fad King), Willie Nelson (Johnny Dean). Waking Life: 2001, USA. Regie: Richard Linklater. Drehbuch: Richard Linklater. Produzenten: Tommy Pallotta, Jona Smith, Anne WalkerMcBay, Palmer West. Darsteller: Wiley Wiggins (Stimme: Hauptdarsteller), Trevor Jack Brooks (Stimme: spielender Junge), Lorelei Linklater (Stimme: spielendes Mädchen), Glover Gill (Stimme: Akkordeonspieler), Lara Hicks (Stimme: Violinenspielerin). War Games: 1983, USA. Regie: John Badham. Drehbuch: Lawrence Lasker, Walter F. Parkes Produzent: Harold Schneider. Darsteller: Matthew Broderick (David Lightman), Dabney Coleman (Dr. John McKittrick), John Wood (Dr. Stephen Falken), Ally Sheedy (Jennifer Katherine Mack), Barry Corbin (AF General Jack Beringer, NORADKommandeur). Welt am Draht: 1973, West-Deutschland. Regie: Rainer Werner Fassbinder. Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder, Daniel F. Galouye, Fritz Müller-Scherz. Produzenten: Peter Märthesheimer, Alexander Wesemann. Darsteller: Klaus Löwitsch (Fred Stiller), Barbara Valentin (Gloria Fromm), Mascha Rabben (Eva Vollmer), Karl Heinz Vosgerau (Herbert Siskins), Wolfgang Schenck (Franz Hahn). Westworld: 1973, USA. Regie: Michael Crichton. Drehbuch: Michael Crichton. Produzent: Paul Lazarus III. Darsteller: Yul Brynner (Roboter Gunslinger), Richard Benjamin (Peter Martin), James Brolin (John Blane), Norman Bartold (mittelalterlicher Ritter), Victoria Shaw (mittelalterliche Königin). Who framed Roger Rabbit (dt.: Falsches Spiel mit Roger Rabbit): 1988, USA. Regie: Robert Zemeckis. Drehbuch: Gary K. Wolf (Who Censored Roger Rabbit?), Jeffrey Price, Peter S. Seaman. Produzenten: Frank Marshall, Robert Watts, Steven Spielberg (executive producer). Dar-

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MEDIALITÄT ALS GRENZERFAHRUNG

steller: Bob Hoskins (Eddie Valiant), Christopher Lloyd (Baron von Rotten), Joanna Cassidy (Dolores), Charles Fleischer (Stimmen von Roger Rabbit/Benny das Taxi/Greasy/Psycho), Stubby Kaye (Marvin Acme).

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Film Joanna Barck Hin zum Film – Zurück zu den Bildern Tableaux Vivants: »Lebende Bilder« in Filmen von Antamoro, Korda, Visconti und Pasolini März 2008, ca. 320 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 31,80 €, ISBN: 978-3-89942-817-9

Catherine Shelton Unheimliche Inskriptionen Eine Studie zu Körperbildern im postklassischen Horrorfilm März 2008, ca. 350 Seiten, kart., ca. 32,80 €, ISBN: 978-3-89942-833-9

Roland Reiter The Beatles on Film Analysis of Movies, Documentaries, Spoofs and Cartoons März 2008, ca. 210 Seiten, kart., ca. 23,80 €, ISBN: 978-3-89942-885-8

Thomas Weber Medialität als Grenzerfahrung Futurische Medien im Kino der 80er und 90er Jahre Februar 2008, 374 Seiten, kart., 33,80 €, ISBN: 978-3-89942-823-0

Catrin Corell Der Holocaust als Herausforderung für den Film Formen des filmischen Umgangs mit der Shoah seit 1945. Eine Wirkungstypologie

Katrin Oltmann Remake | Premake Hollywoods romantische Komödien und ihre Gender-Diskurse, 1930-1960 Februar 2008, ca. 336 Seiten, kart., ca. 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-700-4

Daniel Winkler Transit Marseille Filmgeschichte einer Mittelmeermetropole 2007, 328 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-699-1

Daniel Devoucoux Mode im Film Zur Kulturanthropologie zweier Medien 2007, 350 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,80 €, ISBN: 978-3-89942-813-1

Nadja Sennewald Alien Gender Die Inszenierung von Geschlecht in ScienceFiction-Serien 2007, 314 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-805-6

Hedwig Wagner Die Prostituierte im Film Zum Verhältnis von Gender und Medium 2007, 324 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-563-5

Februar 2008, ca. 550 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 36,80 €, ISBN: 978-3-89942-719-6

Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de