Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/22,3: Wirtschaft und Gesellschaft: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß, Teilband 3: Recht 3161503562, 9783161503566

In diesem Band werden zwei zum Grundrissbeitrag Webers gehorige Manuskripte editorisch aufbereitet, die der rechtlichen

295 10 11MB

German Pages 813 [850] Year 2010

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“
Vorwort
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Einleitung
Editorischer Gesamtbericht
Texte
Die Wirtschaft und die Ordnungen
[Die Entwicklungsbedingungen des Rechts]
Anhang
Anhang I: Manuskriptfragment
Anhang II: Exemplarische Typoskript-Textgruppen
Anhang III: Textfragment
Verzeichnisse und Register
Personenverzeichnis
Glossar
Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur
Personenregister
Sachregister
Seitenkonkordanzen
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden
Bandfolge der Abteilung II: Briefe
Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften
Textgruppenübersicht
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Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/22,3: Wirtschaft und Gesellschaft: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß, Teilband 3: Recht
 3161503562, 9783161503566

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Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von

Horst Baier, Gangolf Hübinger, M. Rainer Lepsius, Wolfgang J. Mommsen †, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmann †

Abteilung I: Schriften und Reden

Band 22–3

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Max Weber Wirtschaft und Gesellschaft Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß

Teilband 3:

Recht Herausgegeben von

Werner Gephart und Siegfried Hermes

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Redaktion: Ursula Bube – Edith Hanke – Anne Munding Die Herausgeberarbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und im Rahmen des Akademienprogramms von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Nordrhein-Westfalen sowie vom Freistaat Bayern gefördert.

ISBN 978-3-16-150356-6 Leinen / eISBN 978-3-16-157761-1 unveränderte ebook-Ausgabe 2019 ISBN 978-3-16-150358-0 Hldr Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2010 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde gesetzt und gedruckt von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier. Den Einband besorgte die Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier.

Inhaltsverzeichnis

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“ Allgemeine Hinweise der Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe (1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IXX Siglen, Zeichen, Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Editorischer Gesamtbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135 161

Anhänge I–II zum Editorischen Gesamtbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Texte Die Wirtschaft und die Ordnungen Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

175 191

Die Entwicklungsbedingungen des Rechts Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249 274

Anhang Anhang I: Manuskriptfragment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

643

Anhang II: Exemplarische Typoskript-Textgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . .

652

Anhang III: Textfragment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

677

VI

Inhaltsverzeichnis

Verzeichnisse und Register Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699 Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur . . . . . . . . . . . 729 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741 Seitenkonkordanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791 Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 803 Bandfolge der Abteilung II: Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungs­ nachschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“ Allgemeine Hinweise der Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe (1999)

Die Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“ steht im Rahmen der Max ­Weber-Gesamtausgabe vor einem umfangreichen und komplexen Text­ bestand, dem nicht abgeschlossenen Ergebnis einer zehnjährigen Schaffensperiode Max Webers. Über den Entstehungszusammenhang, die „Werki­dee“ und die Anordnung der einzelnen Texte wird seit langem eine zum Teil kontroverse Debatte geführt, ohne daß für alle offenen Fragen eine eindeutige Antwort gefunden worden wäre. Von Max Weber ist keine letztgültige Disposition überliefert, und die im Nachlaß vorhandenen Texte befanden sich in einem zum Teil fragmentarischen Zustand. Die von Marianne Weber begründeten und von Johannes Winckelmann revidierten Editionen haben trotz unterschiedlicher Textanordnung eine Werkgestalt geschaffen, die die Rezeptionsgeschichte bestimmt hat. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage haben die Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe eine Reihe von Entscheidungen treffen müssen, über die im folgenden kurz berichtet wird. Werkgeschichte Als Max Weber zum Jahresbeginn 1909 das Angebot Paul Siebecks annahm, an der Herausgabe eines neuen „Handbuch(s) der politischen Öko­nomie“ federführend mitzuwirken, begann er ein Projekt, das ihn bis zu ­seinem Tode beschäftigte. Als Koordinator des Handbuches sorgte er zusammen mit Paul Siebeck dafür, den Stoff zu gliedern, die Mitarbeiter zu gewinnen, deren Beiträge aufeinander abzustimmen und auf die Fertigstellung zu drängen. Als Autor arbeitete er über zehn Jahre an seinem eigenen Beitrag. In dem von ihm entworfenen „Stoffverteilungsplan“ für das „Handbuch der politischen Ökonomie“ vom Mai 1910 hatte er sich verschiedene   Dazu neuerdings ausführlich: Schluchter, Wolfgang, Entstehungsgeschichte, in: Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Entstehungsgeschichte und Dokumente (MWG I/24). – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 2009, S. 1 – 131.   Abgedruckt als Anhang in MWG II/6: Max Weber, Briefe 1909 – 1910. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1994, S. 766 – 774, und mit handschriftlichen Zusätzen in: Winckelmann, Johannes, Max Webers hinterlassenes Hauptwerk: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Entstehung und gedanklicher Aufbau. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1986, S. 151 – 155.

VIII

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

Artikel, vor allem das Kapitel „Wirtschaft und Gesellschaft“, zugeordnet. Dieser Beitrag war für den III. Abschnitt des Ersten Buches vorgesehen, in dem Natur, Technik und Gesellschaft als Rahmenbedingungen der Wirtschaft dargestellt werden sollten. Für seinen Beitrag hatte Weber drei Gegenstandsbereiche ausgewählt: „a) Wirtschaft und Recht (1. prinzipielles Verhältnis, 2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands). b) Wirtschaft und soziale Gruppen (Familien- und Gemeindeverband, Stände und Klassen, Staat). c) Wirtschaft und Kultur (Kritik des historischen Materialismus).“ Dieser nach Inhalt und Umfang begrenzte Beitrag sollte bis zu den festgesetzten Ablieferungsterminen – zunächst Herbst 1911, dann Juli 1912 – fertiggestellt sein. Das war die Ausgangslage für sein Projekt „Wirtschaft und Gesellschaft“. Da die meisten Autoren auch den Herbst 1912 als Ablieferungstermin nicht einhielten, verschob sich der Beginn der Drucklegung schließlich auf den Sommer 1914. Zu diesem Zeitpunkt war auch der neue Titel des Handbuchs, „Grundriß der Sozialökonomik“ (GdS), festgelegt. Dadurch sollte jeder Anschein einer Kontinuität des neuen Handbuchs mit dem „Handbuch der politischen Ökonomie“ vermieden werden, das, von Gustav von Schönberg herausgegeben, in den Jahren 1882 bis 1896 in vier Auflagen im Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung von Paul Siebeck erschienen war.   Dem ersten Band des GdS wurden 1914 ein „Vorwort“ und eine „Einteilung des Gesamtwerkes“ vorangestellt. Letztere unterscheidet sich erheblich vom „Stoffverteilungsplan“ des Jahres 1910 und gibt die inzwischen eingetretenen Veränderungen in der Gliederung des Gesamtwerkes wieder. Weber hatte mehrere Beiträge, die er zunächst sich zugeordnet hatte, an andere Autoren abgegeben und konzentrierte sich auf eine wesentlich erweiterte Abhandlung in der Abteilung III „Wirtschaft und Gesellschaft“ des Ersten Buches „Grundlagen der Wirtschaft“. Für diesen Beitrag findet sich in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ folgende Gliederung: „1. Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen. Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung. Wirtschaftliche Beziehungen der Verbände im allgemeinen. 2. Hausgemeinschaft, Oikos und Betrieb. 3. Nachbarschaftsverband, Sippe, Gemeinde. 4. Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen. 5. Religiöse Gemeinschaften. Klassenbedingtheit der Religionen; Kulturre­ ligionen und Wirtschaftsgesinnung. 6. Die Marktvergemeinschaftung.

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

IX

7. Der politische Verband. Die Entwicklungsbedingungen des Rechts. Stände, Klassen, Parteien. Die Nation. 8. Die Herrschaft: a) Die drei Typen der legitimen Herrschaft, b) Politische und hierokratische Herrschaft, c) Die nichtlegitime Herrschaft. Typologie der Städte, d) Die Entwicklung des modernen Staates, e) Die modernen politischen Parteien.“ Diese gegenüber dem „Stoffverteilungsplan“ erweiterte Konzeption hatte Max Weber dem Verleger Paul Siebeck bereits im Brief vom 30. Dezember 1913 angedeutet. Er habe, so schrieb er, „eine geschlossene soziologische Theorie und Darstellung ausgearbeitet, welche alle großen Gemeinschaftsformen zur Wirtschaft in Beziehung setzt: von der Familie und Hausgemeinschaft zum ,Betrieb‘, zur Sippe, zur ethnischen Gemeinschaft, zur Religion (alle großen Religionen der Erde umfassend: Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken, – was Tröltsch gemacht hat, jetzt für alle Religionen, nur wesentlich knapper), endlich eine umfassende soziologische Staats- und Herrschafts-Lehre. Ich darf behaupten, daß es noch nichts dergleichen giebt, auch kein ,Vorbild‘.“ Diese veränderte Konzeption war das Ergebnis der Schaffensperiode von 1912 bis Ende 1913, insbesondere der Konstruktion der drei Typen der legitimen Herrschaft und der Studien über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Weber wollte diese Fassung seines Beitrages bis Ende 1914 ausarbeiten und 1915 erscheinen lassen. Eine durchgehend ausformulierte, druckfertige Fassung lag bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges noch nicht vor, obgleich die Ausarbeitung, wie der Brief an Paul Siebeck zeigt, relativ weit gediehen war. Die nachgelassenen Schriften zeigen, daß Max Weber bei Kriegsausbruch, als er die Arbeit an diesen Manuskripten unterbrach, seinen Beitrag erneut wesentlich erweitert hatte. Dies gilt insbesondere für die „Rechtssoziologie“, die nach der „Einteilung des Gesamtwerkes“ nur ein Unterabschnitt des Kapitels über den politischen Verband sein sollte. Wenngleich Max Weber 1917 und 1918 in Vorträgen und Aufsätzen mehrfach Themen aus seinen Beiträgen zum Grundriß aufgriff, so arbeitete er doch erst 1919 wieder intensiv an seinem   Die „Einteilung des Gesamtwerkes“ mit der Spezifizierung des Inhaltes von Webers Beitrag ist abgedruckt in: GdS, Abt. I. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S.  X f., sowie in: Winckelmann, Max Webers hinterlassenes Hauptwerk, S. 202 f.   Brief an Paul Siebeck vom 30. Dez. 1913, MWG II/8, S. 448 – 450, Zitat: S. 449 f.   So in einem Vortrag am 25. Oktober 1917 in Wien, von dem nur ein Pressebericht überliefert ist, und in seiner Vorlesung im Sommersemester 1918 in Wien unter dem Titel „Po­ sitive Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung“. In einer Artikelserie für die Frankfurter Zeitung, die in der Zeit von April bis Juni 1917 erschien und unter dem Titel „Par­ lament und Regierung im neugeordneten Deutschland“ 1918 gesondert veröffentlicht wurde (MWG I/15, S. 432 – 596), behandelte er Themen, die in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ 1914 unter den Stichworten „Entwicklung des modernen Staates“ und „Moderne politische Parteien“ angekündigt waren.



Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

Beitrag für den „Grundriß der Sozialökonomik“. Aus den von ihm 1920 zum Druck gegebenen Kapiteln läßt sich ersehen, daß er nun nicht mehr der Gliederung von 1914 folgte.   In den Jahren von 1910 bis 1920 hatte Weber für seinen unter dem Titel „Wirtschaft und Gesellschaft“ geführten Beitrag unterschiedliche Konzeptionen vor Augen. Die erste, die er 1910 im „Stoffverteilungsplan“ skizziert hatte, ersetzte er durch eine neue, die der „Einteilung des Gesamtwerkes“ vom 2. Juni 1914 zugrunde liegt. In diese zweite Konzeption fügen sich die bei Kriegsausbruch 1914 vorliegenden umfangreichen Abhandlungen über „Religionssoziologie“, „Rechtssoziologie“ und „Die Stadt“ nur sehr bedingt ein. In den Jahren 1919 und 1920 setzte er abermals neu an. Drei Kapitel brachte er zum Druck, das vierte Kapitel blieb unvollendet, und über den beabsichtigten Fortgang der Darstellung gibt es nur sehr allgemeine Hinweise. Die von Marianne Weber und Johannes Winckelmann präsentierte Fassung von „Wirtschaft und Gesellschaft“ enthält daher Texte aus einem langen Arbeitsprozeß, in dem sich Konzeption und Darstellungsart mehrmals änderten.   Nach dem Tode Max Webers stellte sich Marianne Weber sofort tatkräftig in den Dienst des Werkes ihres Mannes. Gleichzeitig besorgte sie die Drucklegung der „Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie“ und der „Gesammelten Politischen Schriften“, die schon in den Jahren 1920 und 1921 erschienen, und bemühte sich um die Weiterführung von „Wirtschaft und Gesellschaft“. Der von Max Weber noch zum Druck gegebenen 1. Lieferung ließ sie in den Jahren 1921 und 1922 drei weitere Lieferungen aus nachgelassenen Manuskripten folgen. Von diesen schied sie die „Musikso­ ziologie“, die Abhandlung „Die Stadt“ und den Aufsatz „Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft“ aus und ließ sie an anderer Stelle drucken. Von den übrigen Manuskripten nahm sie an, daß sie, mit wenigen Ausnahmen, im Zusammenhang mit Webers Arbeit an „Wirtschaft und Gesellschaft“ stünden. Die Herausgabe der nachgelassenen Schriften bot, wie sie schrieb, „naturgemäß manche Schwierigkeiten. Für den Aufbau des Ganzen lag kein Plan vor. Der ursprüngliche, auf S. X und XI, Band I des Grundrisses der Sozialökonomik skizzierte gab zwar noch Anhaltspunkte, war aber in wesentlichen Punkten verlassen. Die Reihenfolge der Kapitel mußte deshalb von der Herausgeberin und ihrem Mitarbeiter entschieden werden. Einige Abschnitte sind unvollendet und müssen so bleiben. Die Inhaltsan­   Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik. Mit einer Einleitung von Th. Kroyer. – München: Drei Masken Verlag 1921 (MWG I/14). – Die Stadt. Eine soziologische Untersuchung, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 47. Band, Heft 3, 1921, S. 621 – 772 (MWG I/22 – 5). – Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, in: Preußische Jahrbücher, Band 187, Heft 1, 1922, S. 1 – 12 (MWG I/22–4).   Gemeint ist die „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914.

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

XI

gabe der Kapitel war nur für die ,Rechtssoziologie‘ fixiert.“ Unter Mitwirkung von Melchior Palyi veröffentlichte sie 1921 bis 1922 das Gesamtwerk, gliederte es in drei Teile, denen sie eigene Titel gab, und fügte „Die Stadt“ wieder ein. Sie war der Meinung, daß damit der Intention ihres Mannes für sein Projekt „Wirtschaft und Gesellschaft“ entsprochen sei. Den Unterschied zwischen den 1919/1920 geschriebenen und den älteren Manu­ skripten übersah sie zwar nicht, doch glaubte sie, daß zwischen beiden eine Beziehung bestehe, die eine Zusammenführung der heterogenen Texte in einem Buch rechtfertige. Sie sah in dem 1919 und 1920 neugefaßten Text der 1. Lieferung den „systematischen“ und „abstrakten“ Teil des Buches, dem sich ihrer Meinung nach ein „konkreter“, „mehr schildernder“ Teil anschloß. Im Vorwort vom Oktober 1921 schrieb sie: „Während aber im ersten, abstrakten Teil das auch dort überall herangezogene Historische wesentlich als Mittel zur Veranschaulichung der Begriffe dient, so treten nunmehr, umgekehrt, die idealtypischen Begriffe in den Dienst der verstehenden Durchdringung welthistorischer Tatsachenreihen, Einrichtungen und Entwicklungen.“   Auf dieser Grundentscheidung basiert die seit 1922 überlieferte Werkge­ stalt von Max Webers „Wirtschaft und Gesellschaft“. Sie liegt der Rezeptionsgeschichte und den Übersetzungen des Werkes in andere Sprachen zugrunde. Auch Johannes Winckelmann schloß sich dieser Auffassung an. Durch Umstellungen und Hinzufügungen in den von ihm besorgten 4. und 5. Auflagen von „Wirtschaft und Gesellschaft“ (1956 und 1972) glaubte er, der Intention Webers noch besser als Marianne Weber entsprechen zu können. Er wollte „eine zuverlässige Rekonstruktion der disponierenden Kompositionsgedanken des Autors gewinnen“, „die immanente Stoffgliederung von Max Webers eigenem Text herauspräparieren“ und damit das Opus magnum „in einer von Max Weber beabsichtigten und vorbereiteten Gestalt wieder herstellen“.10 Die Bemühungen von Johannes Winckelmann, aus „Wirtschaft und Gesellschaft“ ein in sich geschlossenes Werk zu machen, waren von Anfang an umstritten und erfüllten die Ansprüche an eine historisch-kritische Edition nicht. Sie führten auch dazu, daß die verschiedenen Auflagen von „Wirtschaft und Gesellschaft“ nach Textbestand und ­Textanordnung erhebliche Unterschiede aufweisen. So stehen die Abhandlung „Die Stadt“, die Abschnitte „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, „Politische Gemeinschaften“, „Nation“ und „Klasse, Stand, Parteien“ in der Edition von Marianne Weber an anderer Stelle als in der von Johannes Winckel­ mann, ganz abgesehen davon, daß der von ihm neu komponierte Abschnitt   Vorwort zur ersten Auflage von „Wirtschaft und Gesellschaft“ vom Oktober 1921; abgedruckt auch in allen späteren Auflagen.   Dieses Vorwort ist in allen Auflagen von „Wirtschaft und Gesellschaft“ abgedruckt. 10  Winckelmann, Max Webers hinterlassenes Hauptwerk, S. 3.

XII

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

„Die rationale Staatsanstalt und die modernen politischen Parteien und Parlamente (Staatssoziologie)“ kein authentischer Webertext, sondern eine Textmontage ist. Schließlich hatte Marianne Weber die Abhandlung „Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik“ der 2. Auflage als Anhang beigefügt, was Johannes Winckelmann in der 5. Auflage wieder rückgängig machte. Auch bei den Überschriften der „Teile“, der Kapitel und der Paragraphen bestehen große Abweichungen. Die Mehrzahl dieser ­Überschriften und Paragraphen ist nicht von Max Weber autorisiert. Sie wurden nach unterschiedlichen Gesichtspunkten von den beiden Herausgebern eingefügt.   Bei den überkommenen Editionen von „Wirtschaft und Gesellschaft“ handelt es sich um unterschiedliche Zusammenstellungen von heterogenen Textbeständen, die aus wenigstens drei Bearbeitungsphasen stammen. Die letzte Phase mündet in die Fassung, die Weber selbst 1920 als 1. Lieferung seines Beitrags zum „Grundriß der Sozialökonomik“ zum Druck gab. Aus der zweiten Bearbeitungsphase stammen jene Texte, die er im wesentlichen in der Zeit von 1912 bis Mitte 1914 für die von ihm für 1915 geplante Veröffentlichung vorbereitet hatte. Die früheste Bearbeitungsphase ist durch Texte repräsentiert, die von 1909 bis 1912 entstanden sind und zu denen auch der 1913 publizierte Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“11 gehört. Diese frühen Texte lassen sich nur schwer identifizieren, da die Manuskripte nicht überliefert sind. Außerdem dürften sie zumeist für die für 1915 geplante Veröffentlichung überarbeitet worden sein, ohne daß dies im Detail heute noch nachgewiesen werden kann. Die Texte, die sich im Nachlaß fanden, weisen einen sehr unterschiedlichen Bearbeitungszustand auf. So wurde die Erstfassung der „Rechtssoziologie“, von der ein Typoskript überliefert ist, von Weber überarbeitet, wohin­ gegen andere Texte unvollendet und redaktionell unbearbeitet überliefert sind. In dieser Form hätte Max Weber die Masse seiner nachgelassenen Texte wohl kaum zum Druck gegeben.   Der Edition der Max Weber-Gesamtausgabe liegen die überlieferten Manuskripte und Typoskripte zum Kapitel „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ sowie zu den §§ 1 – 7 der „Rechtssoziologie“ zugrunde. Letztere sind von Max Weber handschriftlich korrigiert und durch handschriftlich verfaßte Deckblätter zu den §§ 1 – 6 mit entsprechenden Überschriften und Inhaltsübersichten ergänzt worden. Ferner wurde 1996 ein sechsseitiges Manuskript zum Kapitel „Staat und Hierokratie“ aufgefunden. Insgesamt basiert die Edition der älteren, postum veröffentlichten Texte zu „Wirtschaft und Gesellschaft“ zu über einem Fünftel auf einer durch Manuskripte oder 11  Zuerst in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, Band 4, Heft 3, 1913, S. 253 – 294; später in: Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 1. Aufl. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 403 – 450 (MWG I/12).

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

XIII

­ yposkripte gesicherten Textvorlage. Der Herstellungsprozeß der von Max T Weber noch in den Druck gegebenen 1. Lieferung von „Wirtschaft und Gesell­schaft“ läßt sich anhand der überlieferten Fahnenkorrekturen Max Webers aus dem Frühjahr 1920 dokumentieren. Editionsplan Eine historisch-kritische Edition präsentiert Texte in ihrer überlieferten Form. Die Herausgeber machen sich dies zur Maxime. Sie wollen Max Webers unvollendetes Hauptwerk nicht rekonstruieren und geben daher die in der Rezeptionsgeschichte verbreitete Vorstellung von einem in sich geschlossenen Buch auf. Sie unterscheiden zunächst zwischen dem Text, den Weber selbst zum Druck gab, und den Texten, die sich in seinem Nachlaß fanden. Dementsprechend werden die nachgelassenen Texte im Band MWG I/22 mit den Teilbänden MWG I/22 – 1 bis 22 – 5 und die 1919/1920 für den Druck vorbereiteten Texte der 1. Lieferung von „Wirtschaft und Gesellschaft“ im Band MWG I/23 ediert. Dadurch wird die von Weber autorisierte Fassung letzter Hand von den früheren Texten deutlich abgehoben. Der unterschiedliche Entstehungszusammenhang, die veränderte Konzeption und Begrifflichkeit werden dadurch herausgehoben. Auch die inhaltlichen Verdoppelungen bei den Darstellungen der Herrschaftstypen und der Klassen und Stände, die sich in beiden Textbeständen finden, werden erklärlich. Die Edition des Bandes MWG I/23 hat es mit einem zwar unvollständigen, aber von Weber für den Druck autorisierten Text zu tun, die Edition des Bandes MWG I/22 hingegen mit Texten aus verschiedenen Arbeitsgängen und von unterschiedlichen Bearbeitungsstufen, die zum Teil fragmentarisch geblieben sind und über deren Zuordnung Max Weber noch keine endgültige Entscheidung getroffen hatte. Im übrigen fehlt diesen Manuskripten auch ein Anfang. Die für die Fassung von 1912 vermutlich vorgesehene systematische Einleitung ist durch die separate Veröffentlichung des „Kategorienaufsatzes“ aufgelöst und nicht ersetzt worden. Beide Bände tragen den durch Zusätze spezifizierten Titel „Wirtschaft und Gesellschaft“, wodurch der thematische Zusammenhang zwischen den älteren und jüngeren Texten dokumentiert wird.   Im folgenden wird die Gliederung der Edition kurz geschildert. Die bandspezifischen editorischen Fragen werden in den Einleitungen zu den einzel­ nen Bänden und Teilbänden besprochen. Die Entwicklungsgeschichte des „Handbuch(es) der politischen Ökonomie“, später „Grundriß der Sozialöko­ nomik“, sowie der dazu von Weber verfaßten Beiträge wird gesondert im Band MWG I/24 dargestellt. Dort werden auch die dafür relevanten Do­ kumente ediert.

XIV

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

MWG I/22 Der Band MWG I/22 umfaßt die im Zusammenhang von „Wirtschaft und ­Gesellschaft“ entstandenen nachgelassenen Schriften. Die in der 2. bis 4. Auflage als Anhang beigefügte Abhandlung „Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik“ wird im Band MWG I/14 gesondert ediert. Angesichts des Umfangs der Texte und des editorischen Apparates – im Satz der Max Weber-Gesamtausgabe mehr als 3000 Seiten – müssen Teilbände gebildet werden. Sie umfassen thematisch unterscheidbare Werkteile und tragen von den Herausgebern gewählte Bandtitel. Für den Teilband MWG I/22 – 5 wurde auf die Überschrift der Erstveröffentlichung „Die Stadt“ zurückgegriffen.   Durch die Publikation der nachgelassenen Texte zu „Wirtschaft und Gesellschaft“ in verschiedenen, thematisch homogenen Bänden soll nicht der Eindruck erweckt werden, es handele sich um eine Sammlung von unverbundenen Texten, gewissermaßen um Darstellungen von „speziellen Soziologien“. Auch wenn einige Texte den Charakter umfangreicher Monographien annahmen, so waren sie doch von Weber im Zusammenhang seines Projekts „Wirtschaft und Gesellschaft“ entworfen. Die Teilbände stehen in einem konzeptionellen Zusammenhang, den Weber schon im Stoffverteilungsplan von 1910 skizzierte und im Vorwort zum 1. Band des GdS 1914 formulierte.12 Band MWG I/22 – 1: Gemeinschaften enthält die nachgelassenen Texte zu folgenden Abschnitten aus der „Ein­ teilung des Gesamtwerkes“: Wirtschaftliche Beziehungen der Verbände im allgemeinen; Hausgemeinschaft, Oikos und Betrieb; Nachbarschaftsverband, Sippe, Gemeinde; Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen; Marktvergemeinschaftung; politischer Verband, Stände, Klassen, Parteien; Nation.

12  „Ausgiebiger, als dies gewöhnlich geschieht, sind […] die Beziehungen der Wirtschaft […] zu den gesellschaftlichen Ordnungen behandelt worden. Und zwar absichtlich so, daß dadurch auch die Autonomie dieser Sphären gegenüber der Wirtschaft deutlich hervortritt: Es wurde von der Anschauung ausgegangen, daß die Entfaltung der Wirtschaft vor allem als eine besondere Teilerscheinung der allgemeinen Rationalisierung des Lebens begriffen werden müsste.“ Grundriß der Sozialökonomik, I. Abteilung, Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S. VII.

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

XV

Band MWG I/22 – 2: Religiöse Gemeinschaften enthält den in der Disposition von 1914 vorgesehenen Abschnitt „Reli­giöse Gemeinschaften. Klassenbedingtheit der Religionen; Kulturreligionen und Wirtschaftsgesinnung“. Dieser wird aus der ursprünglichen Abfolge der Gemeinschaftsformen gelöst und in einem eigenen Teilband ediert. Band MWG I/22 – 3: Recht enthält die nach Umfang und Inhalt wesentlich erweiterte „Rechts­soziologie“, die in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ nur einen Abschnitt im Kapitel „Politischer Verband“ darstellen sollte. Diesem Band wird auch der Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ zugewiesen. Er stammt vermutlich aus der Arbeitsphase von vor 1912 und steht in einem engen Zusammenhang mit dem 1913 gesondert veröffentlichten Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“. Die Edition basiert mit Ausnahme des § 8 der „Rechtssoziologie“ auf den überlieferten Manuskripten. Band MWG I/22 – 4: Herrschaft enthält die nachgelassenen Texte zum Kapitel „Die Herrschaft“ aus der Disposition von 1914. Der dort angekündigte Abschnitt „Die nichtlegitime ­Herrschaft. Typologie der Städte“ hat sich zu der hinterlassenen Abhandlung „Die Stadt“ ausgeweitet und wird gesondert in Band MWG I/22 – 5 ediert. Zu den ebenfalls angekündigten Abschnitten über „Die Entwicklung des modernen Staates“ und „Die modernen politischen Parteien“ haben sich keine Texte im Nachlaß gefunden. Diesem Band wurde der Text „Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft“ zugeordnet, den Marianne Weber im Nachlaß vorfand, aber gesondert in den Preußischen Jahrbüchern, Band 187, 1922, S. 1 – 12, veröffentlichte. Band MWG I/22 – 5: Die Stadt enthält den Text „Die Stadt“, postum veröffentlicht in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 47, Heft 3, 1921, S. 621 – 772. Der im Plan von 1914 innerhalb des Kapitels „Die Herrschaft“ ausgewiesene Abschnitt „Die nichtlegitime Herrschaft. Typologie der Städte“ hat sich im nachgelassenen Manuskript zu einer nicht abgeschlossenen, umfangreichen Abhandlung entwickelt, die auch angesichts der unsicheren Zuordnung innerhalb von „Wirtschaft und Gesellschaft“ im letzten Teilband gesondert veröffentlicht wird.

XVI

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

Titel Der Band MWG I/22 trägt den Titel „Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß“. Der zusätzliche Titel „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ ist von Weber durch die Druckfassung der „Einteilung des Gesamtwerkes“ 1914 autorisiert. Er wurde eingeführt, als der Abteilung „Wirtschaft und Gesellschaft“ der zuvor an anderer Stelle eingeordnete Beitrag von Eugen von Philippovich, „Entwicklungsgang der wirtschafts- und sozialpolitischen Systeme und Ideale“, der schon 1912 fertiggestellt war, zugewiesen wurde. Dadurch umfaßte die Abteilung „Wirtschaft und Gesellschaft“ nunmehr zwei Abhandlungen, so daß für Webers Beitrag ein eigener ­Titel erforderlich wurde. Der Titel „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen ­Ordnungen und Mächte“ charakterisiert Webers Konzeption aus dem Jahre 1914, in deren Rahmen die nachgelassenen Texte entweder entstanden sind oder überarbeitet wurden. Marianne Weber verwandte ihn als Überschrift für die von ihr als I. Teil bezeichnete Lieferung, die Max Weber noch zum Druck gegeben hat, Johannes Winckelmann als Titel der von ihm als II. Teil zusammengefaßten nachgelassenen Schriften. Schon 1913 bezeichnete Max Weber seinen Beitrag für „Wirtschaft und Gesellschaft“ als „meine ,Soziologie‘“,13 und in einer Verlagsanzeige des Grundrisses der Sozialökonomik aus dem Jahre 1914 wird der Beitrag in der Abteilung III mit dem Titel „Soziologie“ angekündigt.14 Man könnte daher für den Band MWG I/22 auch den Untertitel „Soziologie“ wählen. Doch angesichts der Vorbehalte, die Weber zu diesem Zeitpunkt gegen diese Bezeichnung seines Beitrages äußerte,15 haben sich die Herausgeber für den Titel entschieden, der in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ erscheint. Ist der eine zwar autoreigen, so ist der andere durch den Autor formal autorisiert.

MWG I/23 Der Band MWG I/23 enthält die 1. Lieferung des 1919/1920 neu bearbei­ teten Beitrages von Max Weber für den „Grundriß der Sozialökonomik“. Die Edition basiert auf den zum größten Teil von Weber handschriftlich korrigier­ ten Druckbögen. Die ersten beiden Kapitel „Soziologische Grundbegriffe“ und „Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens“ finden in den nachgelassenen Manuskripten keine Vorfassungen. Kapitel III, „Typen der 13  Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1913, MWG II/8, S. 348 f., Zitat: S. 349. 14  Verlagsanzeige im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 39. Band, 1. Heft (Juli-Heft 1914). 15  Im Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1913, MWG II/8, S. 348 f., Zitat: S. 349, schreibt Weber, daß er seine „Soziologie“ nie so nennen könnte.

Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft“

XVII

Herrschaft“, stellt eine überarbeitete und auf ein Viertel des Umfangs verdichtete Neufassung der älteren Texte zum Kapitel „Die Herrschaft“ dar. Der nachgelassene Text zu „Klasse, Stand, Parteien“ findet nur teilweise und in neuer begrifflicher Schärfung Eingang in das unvollendete Kapitel IV der 1. Lieferung. Nach Konzeption und Darstellungsform unterscheidet sich diese Fassung grundlegend von früheren Fassungen. Sie enthält einen neuen Anfang mit einer Theorie des Handelns, sozialen Handelns und, darauf aufbauend, der sozialen Beziehungen, der gesellschaftlichen Ordnungen und der Verbände. In der Darstellungsweise ist der Text lehrbuch­ artig in Paragraphen gegliedert, klassifikatorisch ausdifferenziert und gerafft. Über die von Weber beabsichtigte Fortsetzung dieser Neufassung seines Beitrages gibt es nur wenige Hinweise in den gedruckten Kapiteln, so auf ein geplantes Kapitel V, das sich mit Typen der Gemeinschaften ­(„Formen der Verbände“) befassen sollte, sowie auf eine Religions-, Rechtsund Staatssoziologie. Als sicher kann gelten, daß er die älteren Texte aus den Jahren 1910 bis 1914 nicht unverändert in die folgenden Lieferungen übernommen hätte, dies zeigt die Neufassung der „Herrschaftssoziologie“. Titel Der Band MWG I/23 trägt den Titel „Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie. Unvollendet 1919 – 1920“. Damit wird er in den Zusammenhang des 1909 unter diesem Titel begonnenen Projekts gestellt und der Titelgebung im Verlagsvertrag Webers entsprochen. Zur Unterscheidung zum Band MWG I/22 wird der Zusatz „Soziologie“ angefügt. Die Herausgeber begründen diese Entscheidung mit den „Neuigkeiten“ des Verlags J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) vom April 1920, also noch zu Webers Lebzeiten, in denen der Beitrag Max Webers zum „Grundriß der Sozialökonomik“ wie folgt angekündigt wird: „III. Abteilung: Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie“. Der Ausdruck Soziologie ist darüber hinaus schon seit 1913 als ein autoreigener Begriff nachgewiesen. Band MWG I/24: Entstehungsgeschichte und Dokumente enthält eine Darstellung der Entwicklungsgeschichte von Max Webers Beiträgen zum „Handbuch der politischen Ökonomie“, später „Grundriß der Sozialökonomik“, die die Bände MWG I/22 – 1 bis 5 und den Band I/23 umfaßt sowie die Edition der dafür relevanten Dokumente. Horst  Baier, M. Rainer Lepsius, Wolfgang J. Mommsen, Wolfgang Schluchter

Vorwort

Der rätselhafte Charakter der hier editierten Texte ist auch nach intensiver Editionsarbeit nicht vollständig aufgelöst. Das Rätsel beginnt allein damit, daß über diesen umfassenden und auch noch als einzigen aus den älteren Manuskripten zu Wirtschaft und Gesellschaft erhaltenen Textzeugen sich in der umfangreichen Korrespondenz Webers so gut wie nichts findet. Allein die Suche nach der Weberschen Fragestellung dieser Texte hat viele wohlmeinende Wissenschaftler, insbesondere auch Fachwissenschaftler, außerordentlich verwirrt und manche an Weber gar zweifeln lassen. Gleichzeitig ist der von Weber behandelte Stoff heute für einen einzelnen Wissenschaftler nicht mehr beherrschbar, so daß sich zu der Frage nach dem eigentlichen Gegenstand der sogenannten Rechtssoziologie die Frage nach Webers Vermögen hinzugesellt, eine Fülle an Rechtsgeschichten und rechtsethnologischen Studien zu einer großen Metaerzählung von der Heraufkunft des okzidentalen Rechts im Kontext des Rationalisierungspro­ zesses zusammenzufügen. Die Chance, über ein Manuskript von Webers Hand und mehrerer Schreiberhände zu verfügen, in dem sich Textschichten überlagern, Allongen, Einschübe, Insertionen, Bleistifte und andere Schreibwerkzeuge unterscheidbar werden, Farbbänder und Texteinzüge als Indikatoren von Textgruppen firmieren, diese Chance war auch eine Last. Lange wurde darum gerungen, ob nicht eine Art synoptischer Darstellung, in horizontaler oder vertikaler Anordnung, am ehesten die „Textbausteine“ für den Leser würde identifizierbar halten können, um ein vertieftes Verständnis der Verfertigung der Weberschen Gedanken in dem vielfach unterbrochenen Prozeß des Schreibens zu erreichen. Auch die Erschließung der ver­steckten Quellen in einem Wissensbereich, der Weber ja aus seinen Studienjahren in exeptioneller Weise zur Verfügung stand und doch über die Kenntnismöglichkeiten des Studenten, Referendars, Doktoranden und auch Habilitanden der Jurisprudenz weit hinausging, stellte höchste Anforderungen. So haben viele dazu beigetragen, daß diese schwierige Aufgabe am Ende doch noch bewältigt wurde. Wolfgang J. Mommsen ist dafür zu danken, daß er Werner Gephart für diese Aufgabe wegen einer Doppelpassion für die Juristerei und die Soziologie als Herausgeber des Rechtsbandes vorschlug. Dr. Birgit zur Nieden gilt ein besonderer Dank, weil sie eine hervorragende Transkription des Weberschen Manuskriptes erstellt hat, in dem die Textschichten in der Art eines negativen Variantenapparates festgehalten wurden, auf den diese Edition auch wieder zurückgegangen ist. Dr. Chih

XX

Vorwort

Cheng Jeng hat sich nicht nur um die Zwischenstufen einer synoptischen Darstellung von der technischen Seite her verdient gemacht, sondern entscheidend zur Durchdringung der Textverzahnungen der hier im Anhang abgedruckten Grundschicht des §  2 beigetragen, der wie ein neuer Webertext das Kernargument auf knappstem Raum enthält, um dann durch die unendlichen Textwucherungen im Prozeß der detaillierenden Überarbeitungen zu explodieren. Siegfried Hermes hat nicht nur die sachlichen Kontexte in den entlegensten Gebieten der vergleichenden Kultur-, Reli­gions- und Rechtsgeschichte mit größter Sorgfalt erschlossen, sondern er ist auch der Weberschen Verknüpfung von soziologischer Kategorienbildung und historisch typologischer Analyse in systematischer Weise nachgegangen. Während Werner Gephart, der auch die Einleitung verfaßte, durch viele universitätspolitische Verpflichtungen in Atem gehalten wurde, verstand es Siegfried Hermes die Editionsfäden zusammen zu halten und gegenüber der Einleitung gleichgewichtige editorische Berichte zu verfassen, in denen nicht nur der Fall der Rechtstexte verhandelt wird, sondern die Konsequenzen für das Verständnis des sich wandelnden Grundrißprojektes und der damit verbundenen Arbeitsweise an „Wirtschaft und Gesellschaft“ aufgezeigt wird. Der Blick aus anderen Rechts- und Soziologiekulturen war ebenso wichtig. Auch wenn es nicht zu den Aufgaben der Edition gehört, eine Rezeptionsgeschichte nachzuzeichnen, so war es wichtig, Differenzen der Wahrnehmung von Webers Rechtssoziologie in Japan, Italien und im angelsächsischen Raum für die Zwecke des Werkverständnisses zu berücksichtigen. Die Münchener Redaktion hat den Band mit ihrer außerordentlichen Kompetenz bis zum Schluß begleitet. Dr. Edith Hanke sowie in einer entscheidenden Schlußphase Ursula Bube gilt dabei ein besonderer Dank für die von ihnen investierte Sachkompetenz. Den Gesamtherausgebern gebührt Dank für Geduld, Ermahnung und Belehrung, auch dort, wo die Herausgeber dieses Bandes vielleicht einmal andere Wege gehen wollten. Aber damit sind wir im Thema Webers: Was bedeutet die Geltung einer „Regel“, hier einer Editionsregel? Oder gar von Edition als normativer Ordnung? Wir hoffen praktikable und mit der Textgruppenübersicht durchsichtige Darstellungsformen gefunden zu haben, die den Weg zu den inhaltlichen Fragen öffnet, die auch den heutigen Kampf ums Recht in einem erweiterten Kontext der zusammenwachsenden und gleichzeitig auseinander treibenden Rechtskulturen bestimmt. Bonn, im Mai 2010

Werner Gephart und Siegfried Hermes

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

| // > [  ] [.  .  .] [??] A, B, C A 1, A 2, A 3 a, b, c a.  .  .a, b.  .  .b 1, 2, 3 & § % → a.a.O. ABGB abgedr. Abt. ADHGB AfSSp Agrarverhältnisse3 ägypt. ahd. ALR

Altgermanische   Sozialverfassung a. M. Anm. a.o. arab. aram. Aufl. Ausg. ausgearb.

Seitenwechsel Zeilenwechsel Ersetzung Max Webers Von Max Weber gestrichene Textstelle Im edierten Text: Hinzufügung des Editors Im textkritischen Apparat: unsichere Lesung der von Max Weber handgeschriebenen Textstelle Auslassung des Editors Im edierten Text: Kennzeichnung von Textverlust Ein Wort oder mehrere Wörter nicht lesbar Siglen für die Textfassungen Seitenzählung der Textvorlage Indices für textkritische Anmerkungen Beginn und Ende von Texteingriffen Indices für Anmerkungen des Editors und Paragraph Prozent siehe am angeführten Ort Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für Öster­reich abgedruckt Abteilung Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik → Weber, Agrarverhältnisse3 ägyptisch althochdeutsch Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (nebst den ergänzenden und abändernden Bestimmungen der Reichs- und Landesgesetzgebung). Mit Erläuterungen von H. Rehbein und O. Reincke, 4 Bände, 5., verb. Aufl. – Berlin: H. W. Müller 1894 → Weber, Altgermanische Sozialverfassung am Main Anmerkung außerordentlicher arabisch aramäisch Auflage Ausgabe ausgearbeitet

XXII b. Bd., Bde. bearb., Bearb. begr. bes. BGB Bl. Brunner, Deutsche   Rechtsgeschichte I, II Brunner, Forschungen Bruns, Fontes BSB bzw. c. CIL VI

Co. C. Th. D. ders. DGS d. h. d. i. dies. Dr. Dr. jur. Dr. phil. Dtn durchges. ebd. ed., Ed. EdR5 EdR7

eigentl. eingel. engl.

Siglen, Zeichen, Abkürzungen ibn Band, Bände bearbeitet(e), Bearbeitung begründet besonders Bürgerliches Gesetzbuch Blatt Brunner, Heinrich, Deutsche Rechtsgeschichte (Syste­ma­ti­sches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 2, Theil 1), 2 Bände. – Leipzig: Duncker & Humblot 1887–92 Brunner, Heinrich, Forschungen zur Geschichte des deut­ schen und französischen Rechtes. Gesammelte Aufsätze. – Stuttgart: J. G. Cotta (Nachfolger) 1894 Bruns, Carl Georg (Hg.), Fontes iuris Romani antiqui, 5.  Aufl., besorgt von Theodor Mommsen. – Freiburg i.Br.: J. C. B. Mohr (P. Siebeck) 1887 Bayerische Staatsbibliothek beziehungsweise caput, capitulum; chapter Corpus Inscriptionum Latinarum, consilio et auctoritate Academiae Regiae Borussicae editum, Voluminis Sexti Pars Prima: Inscriptiones urbis Romae Latinae, hg. von Eugen Bormann und Wilhelm Henzen. – Berlin: Georg Reimer 1876 Company, Compagnie Codex Theodosianus Digesten derselbe Deutsche Gesellschaft für Soziologie das heißt das ist dieselben Doktor Doctor juris Doctor philosophiae Deuteronomium durchgesehen(e) ebenda edited, editor, edition Encyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung, hg. von Franz von Holtzendorff, 5., umgearb. und verm. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1890 Enzyklopädie der Rechtswissenschaft, begründet von Franz von Holtzendorff, hg. von Josef Kohler, 7., der Neubearb. 2.  Aufl., 5 Bände. – Berlin, München, Leipzig: J. Guttentag; Duncker & Humblot 1913–1915 eigentlich eingeleitet Englisch

Siglen, Zeichen, Abkürzungen Entwurf BGB

XXIII

erg. erw. etc. Ex

Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Lesung, ausgearb. durch die von dem Bun­des­ rathe berufene Kommission (Amtliche Ausgabe). – Berlin, Leipzig: J. Guttentag 1888 ergänzt erweitert(e) et cetera Exodus

f. f., ff. Fn. franz.

femininum folgend(e), fortfolgend(e) Fußnote französisch

Gai. GARS I

Gaius Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band  1. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920 (MWG I/9, I/18 und I/19) GdS, G.d.S. Ö. Grundriß der Sozialökonomik Gedenkrede Gedenkrede Max Webers auf Georg Jellinek, in: Max Weber zum Gedächtnis. Materialien und Dokumente zur Bewertung von Werk und Persönlichkeit, hg. von René König und Johannes Winckelmann (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 7). – Köln und Opladen: Westdeutscher Verlag 1963, S.  13–17 gem. gemäß Germ. Abt. Germanistische Abteilung gest. gestorben Gierke, Genossen- Gierke, Otto, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 4 Bände. –   schaftsrecht I, II, III, IV Berlin: Weidmann 1868–1913 – Band  1: Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft, 1868 – Band  2: Geschichte des deutschen Körperschaftsbegriffs, 1873 – Band  3: Die Staats- und Korporationslehre des Alterthums und des Mittelalters und ihre Aufnahme in Deutschland, 1881 – Band  4: Die Staats- und Korporationslehre der Neuzeit. Durchgeführt bis zur Mitte des siebzehnten, für das Naturrecht bis zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, 1913 Goldschmidt, Goldschmidt, Levin, Universalgeschichte des Handelsrechts,   Universalgeschichte 3., völlig umgearb. Aufl. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1891 GRG Gustav Radbruch-Gesamtausgabe griech. griechisch GStA PK Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz HA Hab Hatschek, Englische   Verfassungsgeschichte

Hauptabteilung Habakuk Hatschek, Julius, Englische Verfassungsgeschichte bis zum Regierungsantritt der Königin Victoria (Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte, hg. von G[eorg]

XXIV

Hatschek, Englisches   Staatsrecht II

HdStW3 hebr. Hes Heymann, Überblick hg., Hg. HGB Hinduismus i.Br. i.  d.  R. i. e. S. Ihering, Römisches   Recht I, II,1 und II, 2 insbes. islam. ital. Jellinek, System

Siglen, Zeichen, Abkürzungen v[on] Below und F[riedrich] Meinecke, Abt. III, Band  4). – München, Berlin: R. Oldenbourg 1913 Hatschek, Julius, Englisches Staatsrecht mit Berücksichtigung der für Schottland und Irland geltenden Sonderheiten (Handbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Band  4, 2, Abt. 4), Band  2: Die Verwaltung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1906 Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hg. von Johannes Conrad [u. a.], 3., gänzlich umgearb. Aufl., 8 Bände. – Jena: Gustav Fischer 1909–1911 hebräisch Hesekiel Heymann, Ernst, Überblick über das englische Privatrecht, in: EdR7, Band  2, 1914, S.  283–353 herausgegeben(e), Herausgeber Handelsgesetzbuch → Weber, Hinduismus im Breisgau in der Regel im engeren Sinne Ihering, Rudolph von, Geist des römischen Rechts, auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, 3 Bände. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1880–1891 – Theil 1, 5.  Aufl., 1891. – Theil 2, Abt. 1 und 2 (in einem Band), 4., verb. Aufl., 1880 und 1883 insbesondere islamisch italienisch

Jer Jg. Judentum

Jellinek, Georg, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2., durchges. und verm. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1905 Jeremia Jahrgang → Weber, Judentum

kais. Kap. kelt. Konfuzianismus

kaiserlich(e) Kapitel keltisch → Weber, Konfuzianismus

lat. Lev lib. Ltd.

lateinisch Leviticus liber (Buch) Limited

m. Makower, Kommentar

masculinum Handelsgesetzbuch mit Kommentar (in 2 Bänden), hg. von H[ermann] Makower, bearb. von F[elix] Makower, Band  2, 13.  Aufl. – Berlin: J. Guttentag 1907

Siglen, Zeichen, Abkürzungen m. a. W. M. C. MdPrAH MdPrHH MdR mlat. Motive BGB I msl. MWG

XXV

mit anderen Worten Magna Carta Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses Mitglied des preußischen Herrenhauses Mitglied des Reichstags mittellateinisch Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band  1: Allgemeiner Theil (Amtliche Ausgabe). – Berlin, Leipzig: J. Guttentag 1888 maschinenschriftlich Max Weber-Gesamtausgabe. Bibliographischen Übersicht der Einzelbände unten, S.  803–813

n. n.Chr. Neubearb. N. F. Nl. Num

neutrum nach Christus Neubearbeitung Neue Folge Nachlaß Numeri

o. OHG Olshausen, Kommentar

ordentlicher Offene Handelsgesellschaft Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, von Justus Olshausen, Band  2, 9., umgearb. Aufl. – Berlin: Franz Vahlen 1912

Paul. phil.-hist. Pl. Pollock/Maitland,   English Law I, II

Paulus philosophisch-historisch(e) Plural Pollock, Frederick und Maitland, Frederic William, The History of English Law before the Time of Edward I., 2 Vols., 2. Ed. – Cambridge: University Press 1898 Pomponius portugiesisch → Weber, Protestantische Ethik I, II

Pomp. portug. Protestantische Ethik RE reg. Rep. rev. Rez. RGBl. RGG RGStE

Paulys Realencyclopädie der classischen Alter­tums­wissen­ schaft, hg. von Georg Wissowa [u. a.], Band  1 ff. – München: Druckenmüller 1893 ff. regierte Repertorium revidiert(e) Rezension Reichsgesetzblatt Die Religion in Geschichte und Gegenwart, hg. von Friedrich Michael Schiele und Leopold Zscharnack, 5 Bände. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909–1913 Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (hg. von den Mitgliedern des Gerichtshofes), Band  1 ff. – Leipzig (seit 1920: Berlin, Leipzig): Veit & Co. (seit 1920: Walter de Gruyter & Co.) 1880 ff.

XXVI

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

RO

Die deutsche Rechtsanwaltsordung, in der Fassung der Novelle vom 22. Mai 1910 [.  .  .], Textausgabe mit kurzen Anmerkungen und Sachregister, hg. von Gustav Sanftenberg, 5.  Aufl. – Leipzig: Philipp Reclam 1912 röm. römisch Röm Römer(brief) Rom. Abt. Romanistische Abteilung Römische Agrargeschichte → Weber, Römische Agrargeschichte Roscher und Knies → Weber, Roscher und Knies RStGB Reichsstrafgesetzbuch russ. russisch RV Reichsverfassung RZPO Reichszivilprozeßordnung S. Schröder, Lehrbuch

Seite Schröder, Richard, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 3., wesentl. umgearb. Aufl. – Leipzig: Veit & Co. 1898 sect. section sen. senior Sg. Singular Skt. Sanskrit sog. sogenannt Sohm, Institutionen Sohm, Rudolph, Institutionen. Geschichte und System des römischen Privatrechts, 13., wesentl. umgearb. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908 Sp. Spalte Stammler, Wirtschaft Stammler, Rudolf, Wirtschaft und Recht nach der materia  und Recht listischen Geschichtsauffassung, 2., verb. Aufl. – Leipzig: Veit & Co. 1906 Staubs Kommentar I Kommentar zum Handelsgesetzbuch (in 2 Bänden), von Hermann Staub, Band  1, 6. und 7.  Aufl. – Berlin: J. J. Heines 1900 Stubbs, Select Charters Stubbs, William (Hg.), Select Charters and Other Illustrations of English Constitutional History from the Earliest Times to the Reign of Edward the First, 8th ed. – Oxford: Clarendon Press 1905 Stubenrauch, Commentar Commentar zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche, von Moritz von Stubenrauch, Band  2, 8., umgearb. Aufl. – Wien: Manz 1903 12 Taf. TH Thess Tit. Tl. transl. türk.

Zwölftafelgesetz Technische Hochschule Thessalonicher Titel, Titulatur Transliteration translated türkisch

u. a. u.E. umgearb.

und andere(n), unter anderem unseres Erachtens umgearbeitet

Siglen, Zeichen, Abkürzungen Ulp. usw. VA v.Chr. veränd. verb. Verhandlungen 1910

verm. vgl. Vol., Vols.

XXVII

Ulpianus und so weiter Verlagsarchiv vor Christus verändert(e) verbessert(e) Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.–22. Oktober 1910 in Frankfurt a. M. (Schriften der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Serie I, Band  I). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911 vermehrt(e) vergleiche Volume(s)

Weber, Marianne, Ehefrau Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwick  und Mutter lung. Eine Einführung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907 Weber, Marianne, Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild. – Tübingen:   Lebensbild J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1926 (Nachdr. = 3.  Aufl., ebd., 1984) Weber, Agrarverhältnisse3 Weber, Max, Agrargeschichte. I. Agrarverhältnisse im Alter­ tum, in: HdStW3, Band  1, 1909, S.  52–188 (MWG I/6, S.  300– 747) Weber, Altgermanische Weber, Max, Der Streit um den Charakter der altgermani  Sozialverfassung schen Sozialverfassung in der deutschen Literatur des letzten Jahrzehnts, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band  28, 1904, S.  433–470 (MWG I/6, S.  228–299). Weber, Arbeitsvertrag Weber, Max, Rezension zu: Lotmar, Philipp, Der Arbeitsvertrag. Nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches, Band  1. – Leipzig: Duncker & Humblot 1902, in: Archiv für Soziale Gesetzgebung und Statistik, Band  17, 1902, S.  723–734 (MWG I/8, S.  34–61) Weber, Einleitung Weber, Max, Einleitung [zu: Die Wirtschaftsethik der Welt­ religionen], in: AfSSp, Band  41, Heft 1, Okt. 1915, S.  1–30 (MWG I/19, S.  83–127) Weber, Grundriß Weber, Max, Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (1898). – Tübingen J. C. B. Mohr 1990 (MWG III/1, S.  81–117) Weber, Handels- Weber, Max, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im   gesellschaften Mittelalter. Nach südeuropäischen Quellen. – Stuttgart: Fer­ dinand Enke 1889 (MWG I/1) Weber, Hinduismus Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hindu  und Buddhismus ismus und Buddhismus. Schriften 1916–1920, hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Golzio (MWG I/20). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1996 Weber, Judentum Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum, in: ders., Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum. Schriften und Reden 1911–1920, hg. von Eckart Otto unter Mitwirkung von Julia Offermann (MWG I/21). – Tübingen. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2005

XXVIII Weber, Jugendbriefe Weber, Kategorien Weber, Konfuzianismus

Weber, Kritische Studien Weber, Nachtrag

Weber, Objektivität Weber, Protestantische   Ethik I Weber, Protestantische   Ethik II Weber, Römische   Agrargeschichte Weber, Roscher   und Knies I Weber, Roscher   und Knies II Weber, Roscher   und Knies III Weber, Vorbemerkung Weber, Überwindung

Siglen, Zeichen, Abkürzungen Weber, Max, Jugendbriefe. Mit einer Einführung von Marianne Weber. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) o.J. [1936] (MWG II/1 und 2) Weber, Max, Über einige Kategorien der Verstehenden Soziologie, in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, Band  4, 1913, S.  253–294 (MWG I/12) Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Kon­ fuzianismus und Taoismus. Schriften 1915–1920, hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Petra Kolonko (MWG I/19). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1989 Weber, Max, Kritische Studien auf dem Gebiet der kul­tur­ wissenschaftlichen Logik, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band  22, 1906, S.  143–207 (MWG I/7) Weber, Max, Nachtrag zu „R. Stammler’s ‚Überwindung‘ der materialistischen Geschichtsauffassung“, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Marianne Weber. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S.  556–579 (MWG I/7) Weber, Max, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band  19, 1904, S.  22–87 (MWG I/7) Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus. I. Das Problem, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band  20, 1904, S.  1–54 (MWG I/9) Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus. II. Die Berufsidee des asketischen Pro­testan­ tismus, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band  21, 1905, S.  1–110 (MWG I/9) Weber, Max, Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1891 (MWG I/2) Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie (1. Artikel), in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg. 27, 1903, S.  2–41 (MWG I/7) Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie [2. Artikel], in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg. 29, 1905, S.  89–150 (MWG I/7) Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie (3. Artikel), in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg. 30, 1906, S.  81–120 (MWG I/7). Weber, Max, Vorbemerkung, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band  1. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, S.  1–16 (MWG I/18) Weber, Max, R. Stammlers „Überwindung“ der materialisti­ schen Geschichtsauffassung, in: Archiv für Sozialwissen­ schaft und Sozialpolitik, Band  24, 1907, S.  94–151 (MWG I/7)

Siglen, Zeichen, Abkürzungen Weber, Zwischen-   betrachtung

XXIX

Weber, Max, [Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. (Zweiter Artikel).] Zwischenbetrachtung. Stufen und Richtungen der religiösen Weltablehnung, in: AfSSp, 41. Band, Heft 2, 1915, S.  387–421 (MWG I/19, S.  479–522) wesentl. wesentlich Winckelmann, Hauptwerk Winckelmann, Johannes, Max Webers hinterlassenes Haupt­ werk: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Entstehung und gedanklicher Aufbau. – Tübin­ gen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1986 WRV Weimarer Reichsverfassung WuG1 Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, Abt. III). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922 (MWG I/22–1 bis 5 und MWG I/23) WuG4 Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Mit einem Anhang: Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik, 4., neu hg. Aufl. in 2 Halbbänden, besorgt von Johannes Winckelmann. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1956 WuG5 Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, hg. von Johannes Winckelmann, 5., rev. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1972 z. B. zit. ZPO z. T. zus.

zum Beispiel zitiert Zivilprozeßordnung zum Teil zusammen

Einleitung

I. Zum wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund S. 4. – II. Die Unterscheidung von juristischer und soziologischer Betrachtungsweise S. 30. – III. Begriff und Wirklichkeit des Rechts im Gefüge normativer Systeme: „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ S. 42. – IV. Die Entwicklung des Rechts: Die sog. „Rechtssoziologie“ Max Webers S. 54. – V. „Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“ von „Wirtschaft und Recht“ S. 57. – VI. Die Entwicklungsbedingungen des rationalen Rechts S. 61. – VII. Die Macht der „innerjuristischen Verhältnisse“ S. 70. – VIII. Träger der rechtlichen Rationalisierung S. 79. – IX. Die religiösen Mächte, ihre Ordnungen und die Bezüge zur Analyse religiöser Gemeinschaften S. 89. – X. Die politischen Mächte und die Rationalisierung des Rechts S. 113. – XI. Die materialen Qualitäten des formalen Rechts und die Gefährdungen moderner Rechtskultur S. 125. – XII. Biographischer Epilog S. 131.

Die Rechtstexte Max Webers haben große Irritationen hinterlassen. Insbesondere die der rechtshistorischen Vielfalt nahe stehenden Autoren haben ihr Befremden über die Mischung von Generalisierungen und historischen Konkretismen formuliert. Französische Meisterjuristen, wie Jean Carbonnier, bemerken ironisch, daß in Frankreich die Rezeption der „Rechtssoziologie“ Max Webers unter dem doppelten Handicap stand, den Soziologen nicht genügend marxistisch zu sein und für den Juristen das Übel zu verkörpern, das niemandem verziehen wird: nicht über ausreichende „clarté“ zu verfügen.1 Überboten wird das noch durch den Vorwurf eines „confusionnisme“, das der überbordenden Materialfülle geschuldet sei.2 Und Anthony Kronman urteilt scharf: „Although it contains many individual passages whose significance can be appreciated even on a first reading, the overall impression one receives of it is a vast hodge-podge of ideas and observations ranging in generality from very specific historical analyses to the most abstract conceptual schemata, all thrown together in a random fashion so that the reader moves from one topic and level of generality to another without ever quite seeing the connection between them. Unlike some of Weber’s other writings

1 Carbonnier, Jean, Sociologie juridique. – Paris: Presses Universitaires de France 1978, S. 134 (hinfort: Carbonnier, Sociologie juridique): „En France, son oeuvre a souffert d’un double handicap: pour beaucoup de sociologues, elle manquait de marxismee, pour beaucoup de juristes, elle manquait de clarté.“ 2 Bimo, Albert, Les grands courants de la philosophie du droit et de l’Etat, 3ième éd. – Paris: Pedone 1978, S. 394: „[. . .] on peut regretter peut-être chez Max Weber un certain confusionnisme dans son exposé qui tient à la richesse surabondante de la documentation“.

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– his essay on the protestant ethic and the spirit of capitalism, for example – the Rechtssoziologie lacks polish and organizational unity; it is a great, roughhewn mass of thoughts which, although often suggestive, do not together form a recognizable whole – which do not in other words, constitute a work.“3 In pointierter Formulierung gibt Kronman damit einen verbreiteten Lektüreeindruck wieder, der die Rezeption der Weberschen „Rechtssoziologie“ massiv behindert hat. Und handelt es sich überhaupt um eine „Soziologie des Rechts“, wenn seinerzeit bekannte Autoren, etwa Eugen Ehrlich, als „Rechtssoziologen“4 tituliert und dabei in distanzierende Anführungszeichen gesetzt sind, denen Weber sich also gerade nicht zurechnen will? Oder handelt es sich vielmehr um eine Art Universalgeschichte des Rechts, die uns Weber als Prozeß rechtlicher Rationalisierung zu lesen vorschlägt?5 Ist es nicht präziser, im Hinblick auf die dominante Ausrichtung und Affinität Webers zum Zivilrecht von einer – wie auch immer unvollkommenen – „Privatrechtsgeschichte des Okzidents“ zu sprechen, insbesondere wenn man die langen Passagen über die Genese der Privatautonomie im § 2 vor Augen hat? Oder hat gar Kronman Recht, daß es sich überhaupt nicht um ein irgendwie beschreibbares Ganzes handelt, allenfalls, wenn man das Manuskript vor Augen hat, in dem geklebt, gerissen und geschnitten ist, allongiert und collagiert wird, um ein bloßes „Collagenwerk“? Dieses Bild schneidet sich mit der Bewertung der „Rechtssoziologie“ als eines Musterbeispiels für Analysen des von Weber entdeckten Themas der okzidentalen Rationalisierung, so daß die „Rechtssoziologie“ wie ein Kulminationspunkt seines Schaffens überhaupt erscheint. Dabei bleibt die Kontroverse verdeckt, weil letztlich der Text als schwer „verdaulich“ eingeschätzt wird und er auch der zündenden idealtypischen Schemata entbehrt, mit der man die Herrschaftslehre Webers sich anzueignen glaubt, wenn man nur die Herrschaftstypen benennt,6 ohne die historische Vielfalt der Herrschaftsformen zu rezipieren. Aus diesem Dilemma, entweder Weber weiter zu abstrahieren, um den Theoriegehalt zu retten, oder aber im Meer der Rechtsgeschichten zu versinken: von Mesopotamien bis in die afrikanische Jurisprudenz, vom Judentum bis zum Islam und Christentum, vom römischen Recht bis zum Code Civil 3 Kronman, Anthony, Max Weber. Jurists: Profiles in Legal Theory. – Stanford: University Press 1983, S. 2. 4 Unten, S. 432. 5 Wolfgang Schluchter hat in der „Rechtssoziologie“ ein besonders elaboriertes Beispiel für das Paradigma des okzidentalen Rationalismus gesehen (vgl. ders., Die Entstehung des modernen Rationalismus. Eine Analyse von Max Webers Entwicklungsgeschichte des Okzidents. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1998 (zuerst Tübingen 1979), S. 190 ff. (hinfort: Schluchter, Entstehung des okzidentalen Rationalismus)). 6 Eine so naive Wahrnehmung ist nach der Editionsarbeit von Edith Hanke nicht mehr möglich (vgl. MWG I/22–4).

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unter Berücksichtigung der germanischen Rechte und der angelsächsischen Rechtskulturen, aus diesem Dilemma hilft nur eins: Man muß den theoretischen Argumentationsweg durch die Darlegung der Textgenese und ihrer jeweils klaren Kompositionsideen freilegen, ihre Verwerfungen zeigen und in der Ausbreitung des rechtsvergleichend und universalhistorisch mobilisierten Rechtswissens seiner Zeit die Kontexte so erhellen, daß einzelne Sachverhalte nachvollziehbar werden. Da niemand zugleich in allen Bereichen Spezialist sein kann, sind auch die Versuchungen aufzuzeigen, denen Weber sich selbst durch die Technik der sich ausweitenden rechtshistorischen und vergleichenden Exkurse zwangsläufig ausgesetzt hat. Ist das der Unfähigkeit geschuldet, die Fülle des weltgeschichtlichen Stoffs der rechtlichen Sphäre besser zu beherrschen, oder schafft nicht die Frage nach den Entwicklungsbedingungen des rationalen Rechts überhaupt erst ein, wenn nicht das Selektionskriterium, unter dem der unendliche Strom des rechtshistorischen Geschehens lokaler und globaler Rechtskulturen gebändigt werden kann? In Webers Schriften zum Recht spiegeln sich die zeitgenössischen Strömungen eines Kampfes um das richtige Recht der Moderne. Die Schriften weisen zugleich über ihren zeitgebundenen Horizont hinaus. Sie ermöglichen es, die brennenden und beunruhigenden Fragen konkurrierender und vielfach antagonistischer Rechtskulturen adäquater zu begreifen. Dabei sind lästige Hindernisse des Verstehens auszuräumen, die z. T. in der von Weber beschriebenen Eigenart des formal rationalen Rechts selbst liegen, einer Diskrepanz zwischen Experten- und Laienwissen. Diese Schriften stehen Webers Ausgangsdisziplin, der Jurisprudenz, am nächsten. Ihr Sinngehalt formuliert das für den juristisch und rechtshistorisch Geschulten seiner Zeit mitunter Selbstverständliche, das dem heutigen Leser fremd geworden ist. Dabei fügen diese Schriften – in außerordentlicher Kühnheit bis zur Unverständlichkeit – Epochen, Rechtskulturen, Rechtssysteme in ihren jeweiligen Bezügen zu Wirtschaft, Politik und Religion zu einem polyphonen Klang der Sphären der Moderne zusammen, aus denen sich die Eigenart des okzidentalen Rationalismus und dessen Entwicklungsmuster in paradigmatischer Weise herausschält. Dieser große Entwurf zur Deutung der Moderne steht am Ende einer gedanklichen Bewegung, die mit der sehr bescheidenen Pflichtaufgabe einsetzt, das Schönbergsche Handbuch, den späteren GdS, als Wissenschaftsorganisator auf den Weg zu bringen und selbst als Lückenbüßer, Komplementär und Leitfigur das Mammutvorhaben auch dann noch voranzutreiben, wenn vielfach bedingte Schreibhindernisse der raschen Fertigstellung im Wege standen. Insofern durchdringen sich biographische Linien, die bis in Webers Studienzeit zurückreichen, mit der Entwicklung des zu erfassenden Gegenstandes selbst in einem komplexen wissenschaftsgeschichtlichen Handlungsfeld, das sich in einer eigenen Textdynamik niederschlägt, welche in diesem Bande für den Leser textkritisch anhand der vielstufigen Originalma-

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nuskripte zu „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ sowie „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ aufbereitet wird. Aus dem wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund ergibt sich die Besonderheit des Weberschen Rechtsbegriffs, der sich von anderen normativen Ordnungen vor dem Hintergrund einer scharfen Scheidung von normativer und empirischer Betrachtungsweise absetzt, Recht als einen Kulturtatbestand faßt und damit den Entwicklungsraum des Rechts bestimmt, aus dem sich die besonderen Gefährdungen des okzidentalen, formal rationalen Rechts nach Weber herleiten.

I. Zum wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund Max Weber schöpft aus dem Reichtum eines rechtshistorischen und juristisch-fachlichen Wissens, in dem sich germanistische und romanistische Traditionen vereinen.7 Darüber hinaus repräsentieren die nachfolgend edierten Texte eine die Rechtskulturen der Welt vergleichende Analyse des Rechts, die vor allem ihre religiösen Bedingungskontexte erfaßt. Vordergründig stehen lebensgeschichtlich benennbare Auseinandersetzungen im Mittelpunkt: über die frühere Kritik an Rudolf Stammler hinaus8 endlich das Eigene zu entwickeln, in dem die Wechselwirkungen von Recht und Wirtschaft in einer materialismuskritischen Sicht so durchdrungen sind, daß sowohl die prinzipiellen Fragen dieses umstrittenen Beziehungsverhältnisses geklärt, aber auch entwicklungsgeschichtliche Linien der Beziehung von Wirtschaft und Recht als „Epochen“ oder aber „Entwicklungsbedingungen“ entfaltet werden. Für das Gewicht des Weberschen Werkes aber ist der Bezug zur alles überragenden Rationalismusthese derart zentral, daß neben die religiösen Mächte nunmehr die juridischen Ordnungen treten, aus denen die Eigenart der okzidentalen, rationalen Rechtskultur hervorgeht. Erst in den Gegenspiegelungen von Hinduismus und Buddhismus, islamischer Welt, Konfuzianismus und Judentum wird sichtbar, worin die okzidentale Rationalisierung der rechtlichen Sphäre begründet ist. Wie aber ist Weber dazu gekommen, an für ihn weit zurückliegende Wissensbestände aus Dissertation und Habilitation zu Gegenständen wieder anzuknüpfen, die unter juridischem Blickwinkel zwischenzeitlich nur beiläufig thematisiert wurden, um nunmehr eine in sich geschlossene Kultursoziologie des Rechts in zahlreichen Überarbeitungsstufen zu produzieren? Zum For7 Zu deren Spannungsverhältnis äußert sich Weber bereits 1895 in dem populären Zeitschriftenartikel über „‚Römisches‘ und ‚deutsches‘ Recht“, in: MWG I/4, S. 524–534. Vgl. auch die eingehende Darstellung von Dilcher, Gerhard, Einleitung: in: MWG I/1, S. 1–97, bes. S. 14–21 (hinfort: Dilcher, Einleitung). 8 Weber, Überwindung.

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schungsterrain des Rechts sind nämlich die Spuren im Briefwerk, im Unterschied zu anderen Projekten, die sehr viel genauer belegt sind, außerordentlich dünn. Handelt es sich um einen Gegenstand, der Weber derart selbstverständlich ist, daß er hierüber nicht kommunizieren muß, oder sind ihm die juristisch kompetenten Gesprächspartner, über Georg Jellinek oder Hermann Kantorowicz hinaus, einfach nicht verfügbar? Umso einzigartiger ist Webers Entwurf, der noch immer auf eine Rezeption wartet, aus einer Vielzahl verzweigtester Rechtsgeschichten eine große, alles bündelnde Metaerzählung über den juridischen Rationalismus im Okzident zu verfassen, die sich nur in universalhistorischer Perspektive und mit Blick auf die Weltkulturen des Rechts erzählen läßt. Dieser Entwurf steht im Bannkreis einer juristisch-praktischen Ausbildung und Gelehrsamkeit, die niemals in eine juristische Tätigkeit gemündet ist. So ist auch die Berufung an die juristische Fakultät der Universität Bonn, die Weber im Jahre 1919 beinahe zu seinen Anfängen in der Juristerei zurückgeführt hätte, nicht erfolgt.9 Nur Freunde des Hauses Weber vermochten von der praktisch-juristischen Begabung zu profitieren – Textspuren hiervon finden sich u. a. in einem als Schreibpapier verwendeten Briefentwurf im Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“10 –, während andere Weber als Verleumder in Beleidigungsprozessen fürchten lernten.11

1. Vom Studium der Rechte zur Soziologie des Rechts Max Weber hat vom Studium der Rechte über die juristische Promotion, das Assessorexamen bis zur Habilitation an der juristischen Fakultät eine nahezu gradlinige Juristenkarriere durchlaufen.12 Dabei ist sein Verhältnis zur Jurisprudenz durchaus zwiespältig. Max Weber sen. war Jurist, und so lag die Jurisprudenz wohl näher als eine noch unreife Nationalökonomie oder gar die brotlosen Künste der Philosophie, von Soziologie ganz zu schweigen, die ja

9 Vgl. die Einleitung, unten S. 131. 10 Vgl. den Editorischen Bericht und Anhang zum Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, unten, S. 182 und 190. 11 In welchem Ausmaß Weber einen beleidigungsfähigen Ehrenkodex für sich als verbindlich ansah, ist in den Prozeß-Korrespondenzen zu seinen Auseinandersetzungen mit Arnold Ruge, Julius Ferdinand Wolff und Otto Bandmann sowie mit Adolf Koch ausgiebig dokumentiert (vgl. die Einleitung zu: MWG II/7, S. 5–9, passim, und den DokumentenAnhang, ebd., S. 816–988) ebenso wie der im Kontext des GdS ausgetragene Streit mit Bernhard Harms (vgl. die Einleitung zu: MWG II/8, S. 3, passim). 12 Wichtige Hinweise finden sich in der Einleitung von Jürgen Deininger zu: Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 4–13, vgl. nunmehr auch Dilcher, Einleitung (wie oben, S. 4, Anm. 7), S. 8–14 und passim; vgl. auch Marra, Realino, Dalla communità al diritto moderno. La formazione giuridica di Max Weber 1882–1889. – Turin: Giappichelli 1992.

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allenfalls dem Namen nach und nur als Schreckbild positivistisch-französischer Wissenschaften existierte. Aus den Jugendbriefen läßt sich ersehen, zu welchen Seiten der Jurisprudenz sich Weber hingezogen fühlte.13 Das Strafrecht ist ihm zuwider und überdies von minderem intellektuellem Wert. Um die auf Tanzlustbarkeiten verschwendete Zeit zu charakterisieren – Weber zog bekanntlich den Paukboden, wie wir noch sehen werden, dem Tanzboden vor – führt er aus: „Innerhalb dieses Zeitraumes kann man den allgemeinen Teil des Reichsstrafgesetzbuches ganz durcharbeiten und den besonderen wenigstens bis zu den gemeingefährlichen Verbrechen.“14 Es kann daher auch nicht verwundern, in Webers „kulturwissenschaftlichen“ oder „soziologischen“ Schriften kaum etwas von Strafe und Verbrechen zu lesen. Die negative Bewertung der Strafrechtsdogmatik wandelt sich nicht. So wäre es geradezu ein Jammer, das Strafrecht „dies (nachgerade) fade Zeug“ in ein Akademieprojekt mit aufzunehmen, wie Weber an dessen Protagonisten Georg Jellinek noch im Jahre 1909 vermerkt.15 Gleichwohl hat die eher oberflächliche Befassung mit dem Strafrecht weitreichende Spuren hinterlassen, u. a. in der Ausformulierung eines von der Strafrechtsdogmatik inspirierten Handlungsbegriffs, unter Bezug auf Gustav Radbruch, sowie in der Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe für die Begründung des soziologisch-historischen Zurechnungsurteils. Weber entspricht vielmehr dem Bild des Zivilrechtlers, dessen Schulung in der gemeinrechtlichen Doktrin die Konturen des später von ihm favorisierten formal rationalen Rechts liefert: „Systemglaube“, „Lückenlosigkeit“, „vollständige Subsumierbarkeit“ der Wirklichkeit unter rechtlich geformte Tatbestände etc.,16 dieser Idealtypus des formal rationalen Rechts ist so weit von dem in der Freirechtsschule entdeckten „wirklichen“ Recht entfernt, daß die Tatsachen des Rechts gar nicht erst in den Blick zu geraten scheinen. Aber selbst in seinen zivilistischen Interessen ist Weber kein eingefleischter Dogmatiker, sondern von Beginn an rechtshistorisch orientiert. Und dies gilt auch für seinen Zugang zum römischen Recht. So moniert Weber in einem Studienbrief an die Mutter, daß die Darstellung der „Institutionen“ durch den berühmten Lehrer des römischen Rechts Ernst Immanuel Bekker (1817–1916) zwar gefällig sei, dafür aber wird das Kolleg über römische Rechtsgeschichte kri-

13 Zum Wissensstand des Rechtsreferendars vgl. den Brief Max Webers an Ferdinand Frensdorff vom 22. Jan. 1887, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 214–216 (MWG II/2). 14 Brief Max Webers an die Mutter vom 24. Jan. 1888, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 289 (MWG II/2). 15 Brief Max Webers an Georg Jellinek vom 16. Juli 1909, MWG II/6, S. 189 f., hier S. 189. 16 Vgl. die Aufzählung der Merkmale des formal rationalen Rechts am Schluß des § 1 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 305.

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tisiert: „Die römische Rechtsgeschichte dagegen, die er ganz mit dem anderen Kolleg zusammenhängend liest, gefällt mir, dem Puchta noch im Kopf sitzt, [. . .] deshalb weniger, weil es keine Geschichte ist, sondern in erster Linie eine Darstellung des ausgebildeten römischen Zivil- und Kriminalprozesses mit wenigen rechtsvergleichenden Intermezzos.“17 Damit zeigt Weber eine Vorliebe für die geschichtliche Betrachtung des Rechts. Zum besseren Verständnis dieser Orientierung ist daran zu erinnern, daß – wie Weber durch den Bezug auf Puchta andeutet – die gemeinrechtliche Praxis als Rechtsgeschichte angelegt war, während das historisch entfernte römische Recht als Vorbild dogmatischer Systembildung entwickelt wurde. Wenn man Webers weitere Studien hinzunimmt – neben der rechtshistorischen Prägung durch die Kollegien Theodor Mommsens hat Weber die Logik-Vorlesung von Kuno Fischer verfolgt –, so nimmt es nicht wunder, daß Spannungen gegenüber einem Studium auftreten, dessen Abschluß auf die Rechtspraxis zielt. Weber greift eben von Beginn an über die auf Praxis zielende Rechtsdogmatik hinaus, was ihn den typischen Examensnöten aussetzt. So gesteht Weber in einem weiteren Schreiben an die Mutter vom 17. Februar 1886 zu, daß er sich zur Examensvorbereitung mit einem Repetitorium hätte befassen sollen. Noch ein Jahr zuvor hatte er über einen Kameraden der Alemannen berichtet: „[. . .] er schwitzt hier im Repetitorium bei einem Assessor – ich glaube, daß ich dergleichen gerade so gut nicht mitmache.“18 Am Ende schwindet freilich dem cand. jur. Max Weber jun. der Mut: „[. . .] ich glaube mich mit außerordentlich vielen Sachen abgegeben zu haben, die dabei durchaus nicht in Betracht kommen und mit denen mich zu befassen ich gerade so gut bis nach dem Examen hätte aufschieben können.“19 Nur in der Examenssituation bedauert Weber die „außerordentlich vielen Sachen“, die er hätte aufschieben können: „Jetzt indessen werde ich die Sache eben so versuchen müssen, obwohl jeder Professor zugesteht, daß die Leute, welche sich haben ‚einpauken‘ lassen, selbst ohne vorher etwas getan zu haben, weit bessere Examenskandidaten sind als die strebsamsten Lichter der Studentenschaft.“20 In Professor Frensdorff hat Weber nun wenigstens einen Privatrepetitor, auch wenn ihn dieser nur in deutscher Rechtsgeschichte examiniert.21

17 Brief Max Webers an die Mutter vom 2. Mai 1882, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 41 (MWG II/1). 18 Brief Max Webers an den Vater vom 2. Nov. 1885, ebd., S. 181–185 (MWG II/1), hier S. 185 19 Brief Max Webers an die Mutter vom 17. Febr. 1886, ebd., S. 202 (MWG II/1). 20 Ebd. 21 Vgl. den Brief Max Webers an die Mutter vom 24. Jan. 1886, ebd., S. 198–202 (MWG II/1), hier S. 200; zur nachhaltigen Anhänglichkeit an den Studienfreund des Vaters vgl. den Brief an die Mutter vom 13. April 1909, MWG II/6, S. 100 f., hier S. 101.

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Für Webers weiteren Weg ist entscheidend, daß er das Angebot von Ferdinand Frensdorff, eine deutsch-rechtliche Dissertation zu verfassen, ablehnt. Die Begründung macht Webers Verhältnis zur Rechtsgeschichte nochmals deutlich: Es sei einfach mit der noch zu gewinnenden „juristischen Bildung“ unvereinbar, neben dem bildungsträchtigen römischen Recht bzw. dem Pandektenrecht auch noch die „Masse politischen Materials“ im preußischen Landrecht ernsthaft zu betreiben.22 So wird Weber seine juristische Promotion mit einer Arbeit über die Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter bei Levin Goldschmidt bestreiten.23 Trotz dieses eindeutigen wissenschaftlichen Interesses zieht es Weber zunächst auch zur Praxis hin. In einem weiteren Brief an Frensdorff schildert er sein unübersehbares Vergnügen an der zivilistischen Arbeit: „Wenigstens merkt man bei der gegenwärtigen Tätigkeit bei den Zivilkammern doch wieder, was längst nicht mehr der Fall gewesen ist, daß man nicht einer degenerierten Spezies eines Kanzlisten, sondern ein vielfach der Verwendung zugänglicher Jurist ist und bei einer juristischen Behörde und nicht in einer schlichten Schreiberstube gedrillt wird.“24 Diese Einschätzung trifft nach wie vor für die Arbeit in Strafsachen nicht zu, die er schlichtweg „öde“ findet und der er „nie erhebliches wissenschaftliches Interesse abzugewinnen“25 vermocht hat. Aus einem Brief an Hermann Baumgarten wissen wir, daß er sich um eine Stelle als Syndikus beworben hat. Vom Scheitern berichtet er mit großem Bedauern: „Ich habe eine ganz außerordentliche Sehnsucht nach einer praktischen Tätigkeit, und diese würde hier vielleicht befriedigt und damit erledigt worden sein.“26 Weber schlägt dennoch die wissenschaftliche Laufbahn ein, wobei seine Habilitation nicht ohne Schwierigkeiten verläuft, weil sein in der Promotion von der rechtshistorischen Seite anvisiertes Fachgebiet, das Handelsrecht, an der Berliner Fakultät nach Einschätzung Goldschmidts übermäßig vertreten ist.27 Die Habilitationsschrift schließlich handelt über „Römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht“.28 Als Privatdo22 Brief Max Webers an Ferdinand Frensdorff vom 22. Jan. 1887, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 216 (MWG II/2). 23 Vgl. Weber, Max, Entwickelung des Solidarhaftprinzips und des Sondervermögens der offenen Handelsgesellschaft aus den Haushalts- und Gewerbegemeinschaften in den italienischen Städten. – Stuttgart: Gebrüder Kröner 1889 [Diss. iur. Berlin; Teildruck von Weber, Handelsgesellschaften] (MWG I/1, S. 190–293; vgl. dazu den Editorischen Bericht, ebd., S. 127 f.). 24 Brief Max Webers an Ferdinand Frensdorff vom 16. Juni 1887, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 247 (MWG II/2). 25 Brief Max Webers an Ferdinand Frensdorff vom 22. Jan. 1887, ebd., S. 215 (MWG II/2). 26 Brief Max Webers an Hermann Baumgarten vom 3. Jan. 1891, ebd., S. 326 (MWG II/2). 27 Vgl. ebd. 28 Vgl. Weber, Römische Agrargeschichte (MWG I/2).

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zent ist Weber dann verpflichtet, die für sich selbst als „unwissenschaftlich“ abgelehnten Repetitorien selbst abzuhalten,29 wonach seine anfangs empfundene pädagogische Berufung immer mehr zu schwinden scheint. Die Bewerbung auf einen Lehrstuhl für Nationalökonomie in Freiburg mag auch durch seine wachsende Distanz zur Jurisprudenz als Wissenschaft bedingt sein, zumal Weber in einem Brief an Hermann Baumgarten bekennt: „Ich meinerseits bin im Laufe der Zeit ungefähr zu einem Drittel Nationalökonom geworden.“30 Das Unbehagen an der Juristerei wird greifbar, wenn er in einem Brief an die Mutter seinen Hoffnungen auf eine Berufung nach Freiburg Ausdruck verleiht: „Leid täte es mir, wenn ich an die doch relativ öde Juristerei geschmiedet bliebe.“31 Nicht als Nationalökonom, dem ja von seiner juristischen Herkunft her die notorische Problematik von Recht und Wirtschaft besonders am Herzen hätte liegen müssen, sondern als Kritiker von „R. Stammlers ‚Überwindung‘ der materialistischen Geschichtsauffassung“32 tritt aus dem Hintergrund der methodologischen Kritik eines vermeintlichen Kantianers das Sachinteresse am Recht derart in den Vordergrund, daß die Ausrichtung des Weberschen Beitrages zum Schönbergschen Handbuch, dem späteren GdS, aus der Frontstellung zu Stammler motivational und sachlich, bis zu einem bezeichnenden Wendepunkt freilich, gespeist wird.

2. Von der Stammlerkritik zur verstehenden Soziologie des Rechts Es ist also eine methodologische Auseinandersetzung, die Weber wieder in den Bannkreis des Rechts zieht und dann als methodisches und sachliches Grundmotiv die Ausarbeitung des Weberschen Grundrißbeitrages vorantreibt. Wie konnte eine methodologische Auseinandersetzung diese wichtige Scharnierfunktion erfüllen, die sich bis in Details der Argumentation des hier edierten Textes über „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ nachweisen läßt? So weit, daß Weber noch 1913 an Kantorowicz zu dem Projekt seiner „Verstehenden Soziologie“ schreibt: „Es ist der Versuch, alles ‚Organizistische‘, Stammlerische, Überempirische, ‚Geltende‘ (=Normhaft Geltende) zu beseitigen und die ‚soziologische Staatslehre‘ als Lehre vom rein empirischen typischen menschlichen Handeln aufzufassen [. . .].“33 Hierbei konnte Weber an 29 Vgl. hierzu die Aufstellung der Lehrveranstaltungen Max Webers vom Sommersemester 1892 bis zum Sommersemester 1894, in denen er fünfmal ein Praktikum im Handelsrecht anbietet (Anhang 1 zur Einleitung, MWG III/1, S. 53 f.). 30 Vgl. den Brief Max Webers an Hermann Baumgarten vom 3. Jan. 1891, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 324–330 (MWG II/2), hier S. 327. 31 Brief Max Webers an die Mutter vom 26. Juli 1893, ebd., S. 372 (MWG II/2). 32 Weber, Überwindung. 33 Brief Max Webers an Hermann Kantorowicz vom 29. Dez. 1913, MWG II/8, S. 442 f.

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ein Einverständnis über den geistigen „Unwert“ Stammlers anknüpfen, eine Einschätzung die Kantorowicz in seiner Rezension von Stammlers „Die Lehre vom Richtigen Recht“ so scharf formuliert hatte, daß Weber hierüber methodische Differenzen zu Kantorowicz zurücktreten läßt und bekennt „daß ich in der vorliegenden Frage durchaus Ihrer Ansicht bin und mich sehr freue, bei der Fortsetzung meiner Analyse von Stammler [. . .] nun der Aufgabe, den Unfug des ‚richtigen Rechts‘ auch noch totzuschlagen, durch die gründliche Arbeit eines Berufeneren enthoben zu sein“.34 Nicht nur Weber hat sich an Stammler gerieben. Vielmehr sind die soziologischen Gründerfiguren Simmel,35 Tönnies,36 Durkheim (durch die Année Sociologique)37 – neben Weber – in grundlegender Weise auf Stammlers Anschauungen eingegangen. Auch die rechtsphilosophischen und rechtstheoretischen Strömungen der Jahrhundertwende bleiben auf Stammler fixiert. Dies macht sich u. a. an Autoren wie Emil Lask38 und Gustav Radbruch fest. Letzterer schreibt an Kantorowicz über die erste Auflage von Stammlers „Wirtschaft und Recht“: „Ich halte dies Werk nach erneuter Lektüre für sehr hervorragend. Sie müssen es jedenfalls lesen.“39 Erst Webers Kritik, die er gegenüber Kantorowicz als „trefflich“ kennzeichnet, veranlaßt Radbruch schließlich zu einer kritischeren Einschätzung von „Wirtschaft und Recht“. Aus einem Beitrag Stammlers im Hinnebergschen Handbuch über „Wesen des Rechtes und der Rechtswissenschaft“40 nämlich könne man ersehen, „daß man nicht 2 dicke Bände brauchte, um diese Gedanken auszudrücken“.41 Das Urteil des Philosophen Vorländer ist hingegen ungetrübt positiv, denn Stammler sei 34 Brief Max Webers an Hermann Kantorowicz vom 30. Okt. 1908, MWG II/5, S. 690 f., hier S. 690. 35 Vgl. Simmel, Georg, Zur Methodik der Socialwissenschaft, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg. 20, 1896, S. 227–237. 36 Vgl. Tönnies, Ferdinand, Besprechung von: Rudolf Stammler, Recht und Wirtschaft nach der materialistischen Geschichtsauffassung, in: Archiv für Systematische Philosophie, N. F. Band 4, 1898, S. 109–116. 37 Vgl. Simiand, Georges, Besprechung von: Rudolf Stammler, Recht und Wirtschaft nach der materialistischen Geschichtsauffassung, in: L’Année Sociologique, Band 1, 1898, S. 488–497. 38 Vgl. Lask, Emil, Rechtsphilosophie, in: Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts (Festschrift für Kuno Fischer, hg. von Wilhelm Windelband), 2., verb. und erw. Aufl. – Heidelberg: Carl Winter 1907, S. 269–317 (hinfort: Lask, Rechtsphilosophie). 39 Brief Gustav Radbruchs an Hermann Kantorowicz vom 12. Sept. 1903, GRG, Band 17 (Briefe 1: 1898–1918), bearb. von Günter Spendel. – Heidelberg: C. F. Müller 1991, S. 33 f., hier S. 33 (hinfort: GRG 17/1). 40 Stammler, Rudolf, Wesen des Rechtes und der Rechtswissenschaft, in: Systematische Rechtswissenschaft (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil II, Abt. VIII), 2. verb. Aufl. – Leipzig, Berlin: B. G. Teubner 1913, S. 1–65. 41 Brief Gustav Radbruchs an Hermann Kantorowicz vom 22. Jan. 1907, in: GRG 17/1 (wie oben, Anm. 39), S. 110 f., hier S. 111.

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„seine Hauptabsicht gelungen: die Grundlagen einer Sozialphilosophie als Wissenschaft zu schaffen“42 und zwar als Anwendung des kantischen Kritizismus auf ein „fast noch völlig unbearbeitetes Gebiet“.43 Was hat Stammlers Lehre eine solche Bedeutung verliehen und sie zugleich für Weber als so verdammungswürdig erscheinen lassen? Und welchen Stellenwert besitzt das Anti-Stammlerische für „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ sowie für „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ Max Webers? In einer ungemein polemischen Auseinandersetzung mit Rudolf Stammlers Werk „Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung“44 unterzieht Weber den Autor einer vernichtenden Kritik, die von Invektiven durchsetzt ist, wenn er z. B. von dem „Monströse[n]“ dieses Buches spricht45 oder ein „Dickicht von Scheinwahrheiten, Halbwahrheiten, falsch formulierten Wahrheiten und hinter unklaren Formulierungen versteckten Nicht-Wahrheiten“ moniert, „scholastische Fehlschlüsse und Sophismen“ kritisiert, „welche die Auseinandersetzung mit dem Buche zu einem, schon des wesentlich negativen Ergebnisses wegen, unerfreulichen, dabei unendlich lästigen und höchst weitläufigen Geschäft machen.“46 Am Maßstab der Weber bereits verfügbaren Methodologie bemessen, ist der Stammlersche Versuch, ein allgemeines Gesetz zu suchen, das der Gesamtheit aller sozialen Wirklichkeiten zugrunde liege und auch noch in einer „Form“ aufgipfele, der gegenüber die Wirklichkeitsfülle „Materie“ sei, unerfüllbar: er verkennt den Konsens der „Jünger Kants“ und die Einsichten der neukantianischen Erkenntnistheorie vor allem Heinrich Rickerts, daß sich die jeweiligen Forschungsgebiete, oder die „Formen“ des sozialen Lebens in Stammlers Sprachgebrauch, nicht als „abgeschlossene Welten selbständig in eignen Kausalreihen“47 erschließen lassen, sondern nur „als unselbständige, lediglich im Wege der Abstraktion aus dem Ganzen der Einheit des Lebens gewonnene“,48 durch spezifi42 Vorländer, Karl, Eine Sozialphilosophie auf Kantischer Grundlage, in: Kantstudien, Band 1, 1897, S. 197–216, hier S. 216. 43 Ebd., S. 197. 44 Weber, Überwindung. 45 Ebd., S. 94. 46 Die Zitate, ebd., S. 95. Mit allen Stilmitteln der klassischen Rhetorik, die in Webers Handexemplar (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München) noch krudere Formen aufweisen, polemisiert er: „ganz schief formuliert“ (Marginalie in: Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 13), „Ausdruck“ (ebd., S. 20), „das ist eine törichte Formulierung“ (ebd., S. 28), und immer wieder: „falsch und schief“ (ebd., S. 33, passim), um permanent „Begriffsschwächen“, „Erschleichungen“ und schlechterdings „Unsinn“ (ebd., S. 63) zu monieren, bis hin zum Empörungsausruf: „Unglaublich“ (ebd., S. 69), wenn Stammler behauptet: „Der soziale Materialismus ist eine systematische Methode dafür, in welcher allgemeingültigen Art und Weise die konkreten Vorgänge des Gesellschaftslebens überhaupt erst wissenschaftlich begriffen werden können.“ 47 Weber, Überwindung, S. 97. 48 Ebd.

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sche Gesichtspunkte konstituierte „Wirklichkeit“ betrachtet werden können. Damit allein stürzt das Projekt zusammen, eine solche die Einheit des sozialen Lebens konstituierende Kraft ergründen zu wollen und damit auch die von Stammler vermeintlich gefundene Weltformel vom „Recht“ als „Form des sozialen Lebens“. Dieses negative Ergebnis ist umso bemerkenswerter, als Weber selbst – auch im Stammler-Aufsatz – betont, daß die juristische Begriffsbildung als „Archetypos“49 der sozialökonomischen Begriffsbildung zu fungieren vermag, insofern also eine methodologische Sonderstellung der juristischen Begriffswelt für die Sozialwissenschaften durchaus bestehe.50 Diese Sonderrolle der Rechtsbegriffe und damit auch des Rechts ergibt sich jedoch erst aus der Auflösung des fundamentalen Kategorienfehlers von Stammler, der Vermengung von empirischer und normativer Geltung einer Regel. Nach der Heterogenitätsthese der „Urteilskategorien (‚Sein‘ und ‚Sollen‘)“51 ist die Regel und damit auch die Rechtsregel möglicher Bestimmungsgrund realen Handelns nicht aufgrund ihrer normativen Geltung, sondern erst dadurch, daß die „Vorstellung von der ‚Norm‘, als reales Agens des Handelns“52 wirkt. Nicht die weitere Differenzierung des Regel- und Geltungbegriffs, bis hin zur regelorientierten Konstitution des Untersuchungsobjektes53 ist hier das Entscheidende, sondern die Erschließung des Rechts als legitimen Forschungsgegenstand einer wirklichkeitswissenschaftlichen Betrachtung, die den Kausalbeitrag zur Erklärung des Handelns in der Vorstellung der Akteure über die empirische Geltung einer normativen Ordnung sucht. Damit aber ist auch die Brücke zum Logos-Aufsatz geschlagen, in dem die Kategorie des „Einverständnisses“ ausgearbeitet wird, die ihrerseits den in die „Wirtschaft und die Ordnungen“ eingewobenen methodologischen Erörterungen erst die begrifflich-sachliche Schärfe verleiht. Polemik, Empörung und Entsetzen über das Maßlose Stammlers – „wie wichtig sich St. nimmt“54 –, mit den Mitteln der kunstvollen Invektive und der Parodie ausgebreitet, sollten daher nicht das paradoxe Resultat vergessen machen: aus der Kritik eines Regelfundamentalismus entspringt die Einsicht, die empirische Tragweite normativer Ordnungen thematisieren zu können, ohne gegen das Konfusionsverbot zu verstoßen oder einen Sphärenfrevel zu begehen, und dadurch zugleich das sachliche Verhältnis von „Wirtschaft und Recht“ präziser zu bestimmen. Weder eine materialistische noch eine spiritualistische Auffassung, etwa vom kausalen „Geist der Gesetze“, sind dann angemessen, sondern eine methodologisch 49 Ebd., S. 138. 50 Vgl. hierzu die radikalste Formel in: Weber, Kategorien, S. 264 f. 51 Weber, Überwindung, S. 119. 52 Ebd, S. 125. 53 Vgl. ebd., S. 134 f. 54 Marginalie in Max Webers Handexemplar von Stammler, Wirtschaft und Recht (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München), S. 74.

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haltbare, prinzipielle Fassung der Beziehung von Wirtschaft zu den normativen Ordnungen der Gesellschaft und eine der Vorstellungskausalität von Recht angemessene Untersuchung der Epochen oder Entwicklungsbedingungen dieser Sphärenrelation. Der Stammleraufsatz führt daher unmittelbar in die beiden von Weber ausgearbeiteten Grundtexte zum Recht: „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ sowie die „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“. In die Bearbeitungszeit der Rechtstexte fällt nun ein für die Disziplingeschichte der Soziologie und der soziologischen Behandlung des Rechts wichtiges Ereignis, der erste Deutsche Soziologentag, durch das Weber in die Bemühungen um die Institutionalisierung des Faches verwickelt wird, wobei er der soziologischen Behandlung des Rechts einen gewichtigen, in der weiteren Disziplingeschichte verloren gegangenen Platz einräumt.

3. Rechtssoziologie im Aufbruch? Disziplingeschichtliche Kontexte und Bemühungen um Institutionalisierung Auch wenn Weber nicht selbst als Hauptredner fungiert, liefern die von ihm eingeworbenen Beiträge von Andreas Voigt über „Wirtschaft und Recht“ und von Hermann Kantorowicz über „Rechtswissenschaft und Soziologie“ auf dem ersten Deutschen Soziologentag vom 19.–22. Oktober 1910 die Gelegenheit, die Kernpunkte der eigenen Stammler-Kritik vor einem ausgesuchten Kreise im Verlaufe der Diskussion in die Debatte einzuspielen.55 Nicht nur als sachliche Fortführung der eigenen Stammler-Auseinandersetzung, sondern auch als Bindeglied zu den Grundrißbeiträgen bewegt sich die Diskussion um das Verhältnis von Wirtschaft und Recht in den Bahnen des Weberschen Interesses am Recht. Aus der Korrespondenz mit Hermann Beck, dem Geschäftsführer der neu gegründeten Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), wissen wir, wie stark Weber in die Planung des Soziologentages eingebunden war. Der Themenbereich „Wirtschaft – Recht – Rechtswissenschaft – Soziologie“ wird von Weber lanciert und die Präsenz der beiden Referenten ist seiner Einwerbung zu verdanken.56 Nach einer Zusammenkunft einer Anzahl führender Freirechtler im Hause Gustav Radbruchs am 24. Juli 1910 (darunter neben Radbruch: Eugen Ehrlich, Hermann Kantorowicz, Erich Jung 55 Vgl. Voigt, Andreas, Wirtschaft und Recht, in: Verhandlungen 1910, S. 249–265 (hinfort: Voigt, Vortrag); Kantorowicz, Hermann, Rechtswissenschaft und Soziologie, ebd., S. 275–309 (hinfort: Kantorowicz, Vortrag). 56 Vgl. besonders die Briefe Max Webers an Hermann Beck, zwischen 13. und 21. Aug. 1910, und vom 12. Sept. 1910, MWG II/6, S. 600 und S. 606 f., hier S. 606, sowie den Brief Max Webers an Hermann Kantorowicz vom 18. Sept. 1910, MWG II/6, S. 613 f.

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und Hugo Sinzheimer) unterrichtete Radbruch Kantorowicz über ein Gespräch mit Max Weber, in dem dieser sich prinzipiell offen gezeigt habe für die Idee, daß einer von ihnen auf dem Soziologentag sprechen werde. Weber hat dies dann im Zuge der weiteren Planung des Soziologentages auch realisiert.57 Aber nicht nur programmatisch gedachte Redebeiträge wurden anvisiert, sondern die DGS sollte, durch Kantorowicz angeregt, eine Abteilung „für Philosophie und Soziologie des Rechts“ erhalten und damit einen starken rechtssoziologischen Akzent erfahren, wie Weber in einem Brief an Hermann Beck fordert.58 Und selbst nach dem skandalösen Ablauf der Diskussion um den Beitrag von Kantorowicz, der durch sein Thema der Beziehung von „Rechtswissenschaft und Soziologie“ den Sprengstoff der Werturteilsfrage in sich enthielt, an dem sich dann auch Webers Zorn gegenüber Tönnies entzündete, selbst nach diesem Eklat hält Weber daran fest, daß Sektionen nicht nur für Statistik, Gesellschaftsbiologie und theoretische Nationalökonomie, sondern auch für „Rechtssoziologie“ gebildet werden könnten.59 Weber insistiert, nach dem Eklat, in seinem Schreiben an den Vorstand der DGS: „Daß es möglich sein muß, die Beziehungen zwischen Soziologie und anderen Wissenschaften bei uns zu diskutieren (also auch der Rechtswissenschaft)[,] steht außer Frage.“60 Einen Tag später freilich schreibt er resigniert an Tönnies: „Die Möglichkeit einer Rechtssoziologischen Sektion scheint vernichtet, nun, vielleicht gelingt es doch noch verständige Juristen heranzuziehen [. . .].“61 Genau dies ist allerdings nicht geschehen: Weder ist es zu einer Konstituierung einer rechtssoziologischen Sektion gekommen, noch wurden die von Weber ja einmal angelockten Juristen für die Arbeit der DGS gewonnen. Noch für die Publikation der Verhandlungen drängt Weber seinem Verleger gegenüber auf baldige Drucklegung,62 damit nun an anderem Orte, auf einer Juristen-Tagung, nämlich auf dem zweiten Kongreß der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie samt den Gesetzgebungsfragen (I.V.R.) (später Rechts- und Sozialphilosophie) vom 6. bis 9. Juni 57 Vgl. den Brief Gustav Radbruchs an Hermann Kantorowicz vom 27. Juli 1910, GRG 17/1 (wie oben, S. 10, Anm. 39), S. 133; außerdem: Foulkes, Albert S., Gustav Radbruch in den ersten Jahrzehnten der Freirechtsbewegung, in: Gedächtnisschrift für Gustav Radbruch 21. 11. 1878 – 23. 11. 1949, hg. von Arthur Kaufmann. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1968, S. 231–241, hier S. 235; Muscheler, Karlheinz, Hermann Ulrich Kantorowicz. Eine Biographie (Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, N. F. Band 6). – Berlin: Duncker & Humblot 1984, S. 31 (hinfort: Muscheler, Kantorowicz). 58 Vgl. den Brief Max Webers an Hermann Beck vom 4. Okt. 1910, MWG II/6, S. 634 f. 59 Vgl. den Brief Max Webers an Franz Eulenburg vom 27. Okt. 1910, MWG II/6, S. 655 f., hier S. 656. 60 Brief Max Webers an den Vorstand der DGS vom 7. Nov. 1910, MWG II/6, S. 680–682, hier S. 681. 61 Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 8. Nov. 1910, MWG II/6, S. 687 f., hier S. 687. 62 Vgl. den Brief Max Webers an Oskar Siebeck vom 20. Febr. 1911, MWG II/7, S. 108 f.

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1912, die Ergebnisse der Debatten über das Verhältnis von Rechtswissenschaft und Soziologie zur Kenntnis genommen würden. Nicht unerheblich für das Scheitern des Institutionalisierungsversuches war Webers trügerische Hoffnung, über den hochgeschätzten Kantorowicz auch die Freirechtsbewegung mit einbinden zu können. Im Vorfeld des Soziologentages hatte Weber dem Geschäftsführer Hermann Beck gegenüber Kantorowicz nämlich mit der Überlegung als Redner angepriesen, „weil die Herren von der ‚Freirechtlichen‘ Bewegung, welche heute zweifellos die besten Köpfe der jüngeren soziologisch-philosophisch interessierten Juristen umfaßt, gern auf dem Soziologentag erscheinen würden, wenn Einer von ihnen dort zu Worte käme“.63 Und damit verband sich die Erwartung auf „eine gute Beteiligung“64 der Rechtsphilosophen. Diese „besten Köpfe der jüngeren soziologisch-philosophisch interessierten Juristen“ waren freilich nicht so einfach zu handhaben, wie die Reaktionen auf den ersten Debattenbeitrag zu Kantorowicz’ Vortrag über „Rechtswissenschaft und Soziologie“ belegen: Ernst Fuchs hatte nämlich die These gewagt, daß Werturteile in der Beziehungsanalyse von Rechtswissenschaft und Soziologie nicht auszuschließen seien,65 ein Sakrileg für die Werturteilsasketen. Im übrigen stand ja der Versuch einer Normen begründenden soziologischen Rechtslehre, wie sie Fuchs vertrat, in unvereinbarem Gegensatz zu den methodologischen Grundüberzeugungen Webers, die schließlich in die scharfen gegen die Freirechtler gerichteten Formulierungen des achten Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ Eingang finden werden.66 Überdies war gerade die brisante Frage der Beziehung zwischen der Rechtswissenschaft und einer Soziologie, von der die Freirechtler – in Webers Augen jedenfalls – noch gar nicht wußten, was sie überhaupt sein sollte, dafür geeignet, den offenen Dissens sichtbar zu machen. Wie hat sich also im Verlauf dieser doppelt heiklen Auseinandersetzung mit der über die Stammlerkritik hoch besetzten Thematik von Wirtschaft und Recht einerseits und der methodologischen Herausforderung der Jurisprudenz durch die Soziologie oder einige ihrer selbst ernannten Vertreter andererseits, das Webersche Verständnis dieser Problematik entwickelt und konkretisiert? Auch Andreas Voigts Vortrag über „Wirtschaft und Recht“67 auf dem Ersten Deutschen Soziologentag ist eine explizite Auseinandersetzung mit Stammler. Voigt kritisiert die Konsequenz eines Konzeptes der Wirtschaft, das in der 63 Brief Max Webers an Hermann Beck vom 12. Sept. 1910, MWG II/6, S. 606 f., hier S. 607. 64 Ebd. 65 Vgl. die Diskussion zum Vortrag von Hermann Kantorowicz („Soziologie und Rechtswissenschaft“), in: Verhandlungen 1910, S. 312. 66 Siehe unten, S. 623–626. 67 Voigt, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55).

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„Geregeltheit“, also rechtlichen Verfaßtheit eines Handelns besteht, welches auf die Befriedigung irgendeines Bedürfnisses gerichtet ist. Demgegenüber stellt Voigt auf die Relation von Zweck und Mittel der Bedürfnisbefriedigung ab, woraus sich dann auch die Rolle des Rechts bestimmen läßt, als Beschränkung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Jedes Recht, außerhalb der natürlichen Rechtssphäre zu handeln, ist daher ein Verfügungsrecht. Darin liege also der „fundamentale Fehler Stammlers“,68 daß er wirtschaftliche und rechtliche Gesetze miteinander vermenge. Erstere gäben die Gesetzmäßigkeit des Disponierens über knappe Mittel wieder, während die Rechtsordnung die Grenzen dieser Dispositionsfreiheit bestimme. Nicht ein Kategorienfehler, sondern ein sachlicher Fehler des immerhin respektvoll behandelten Stammler wird gerügt. Weber hingegen nutzt die Gelegenheit eines zum Korreferat geratenden Diskussionsbeitrages dazu, den Begriff des Wirtschaftens von der Zweck-Mittel-Relation bei der Bedürfnisbefriedigung auf die Tauschfähigkeit der wirtschaftlichen Leistungen zu begrenzen, um das religiöse Handeln z. B. für eine eigene Disziplin reservieren zu können. Wenn Weber sodann in Voigt einen Verbündeten gegen den formalen Rechtsbegriff Stammlers lobt,69 so weist die Bestimmung der empirischen Geltung von Recht für die Wirtschaft als „Bestehen“ eines bestimmten „Rechtssatzes“ auf die in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ entwickelte Garantienlehre voraus, hier plastisch formuliert in der Bemerkung, „daß da Leute mit Pickelhauben sind“,70 um Verfügungsrechte des wirtschaftenden Subjekts zu schützen. Damit fällt auch die funktionale Verschränkung von Wirtschaftsordnung und Rechtsordnung in sich zusammen, die ja den Ausgangspunkt jeder „materialistischen“ Rechtsauffassung darstellt, denn die faktische Geltung einer Rechtsordnung vermag von ihrer normativen Struktur derart abzuweichen, daß „bei vollem Bestehenbleiben des Bürgerlichen Gesetzbuches eine sozialistische Gesellschaftsordnung entstehen könnte“.71 So versteht sich auch Webers Kommentar an Franz Eulenburg: „Voigt: sachlich solide und gut [. . .].“72 Es bleibt festzuhalten, daß die DGS wohl kein Ort für eine soziologische Betrachtung des Rechts gewesen wäre, auch wenn ihre prominentesten Mitglieder, wie Tönnies und Simmel, keineswegs blind für die soziologische Bedeutung des Rechts waren. Ferdinand Tönnies hatte gar das Dritte Buch in „Gemeinschaft und Gesellschaft“ als „Soziologische Gründe des Natur68 Ebd., S. 260. 69 Vgl. den Diskussionsbeitrag Max Webers zum Vortrag von Andreas Voigt („Wirtschaft und Recht“), in: Verhandlungen 1910, S. 265–270 (MWG I/12), hier S. 268 (hinfort: Weber, Diskussionsbeitrag I). 70 Ebd., S. 269. 71 Ebd. 72 Brief Max Webers an Franz Eulenburg vom 27. Okt. 1910, MWG II/6, S. 655 f., hier S. 655; dort fortfahrend: „[. . .] gehemmt in der Form, weil er seine Frau vor 8 Tagen verloren hat und deprimiert war“.

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rechts“73 überschrieben und Georg Simmel wußte immer wieder auf das Recht, wenn auch als eine „ewige Krankheit“, zurückzukommen: „[. . .] von gewissen Grundtatsachen aus logisch entwickelt, in einem Kodex fester Gesetze niedergelegt, von einem besonderen Stande getragen, gewinnt es den anderweitigen, von den Personen empfundenen Verhältnissen und Bedürfnissen des Lebens gegenüber jene Starrheit, durch die es sich schließlich wie eine ewige Krankheit forterbt, Vernunft zum Unsinn, Wohltat zur Plage wird.“74 Dennoch ist die Institutionalisierung des Themas „Recht“ in der deutschen Soziologie nicht geglückt. Für Weber konnte das die Notwendigkeit, etwas Eigenes zu liefern, nur steigern, denn wo andere „Minderleistungen“ produzierten, setzte Webers Ehrgeiz ein.

4. Die verstehende Soziologie des Rechts im Kontext der Freirechtsschule und ihrer Kritik Der Kommentar zum Beitrag von Kantorowicz über „Rechtswissenschaft und Soziologie“ auf dem ersten Soziologentag war enthusiastisch: „Kantorowicz: sehr gut. Debatte skandalös [. . .].“75 Liest man die einflußreiche Schrift von Kantorowicz zum „Kampf um die Rechtswissenschaft“, die selbst eine Kampfschrift ist,76 wird kaum verständlich, wie Weber sich überhaupt für Kantorowicz77 als Redner auf dem ersten Deutschen Soziologentag hat verwenden können. Auch wenn Weber in Kantorowicz einen bedeutenden Kopf der „jüngeren soziologisch-philosophisch interessierten Juristen“78 sah, so laufen seine Anschauungen denen der Freirechtsschule im allgemeinen, aber auch den Auffassungen ihres Vertreters Hermann Kantorowicz im besonderen, fundamental zuwider. Das postulierte „freie“ Recht als „Naturrecht des 20. Jahrhunderts“ zu bezeichnen, steht Webers Ideal des formal rationalen Rechts diametral entgegen. Und was Kantorowicz als „Fiktion der Rechts-

73 Vgl. Tönnies, Ferdinand, Gemeinschaft und Gesellschaft. Abhandlungen des Communismus und des Socialismus als empirische Culturformen. – Leipzig: Reisland 1887. 74 Simmel, Georg, Philosophie des Geldes. – Leipzig: Duncker & Humblot 1900, S. 525 (hinfort: Simmel, Philosophie des Geldes), an Goethe anknüpfend. Max Webers Handexemplar (Diözesanbibliothek Aachen) ist hier wenig ergiebig, da die Marginalien wohl nicht von Webers Hand stammen. 75 Brief Max Webers an Franz Eulenburg vom 27. Okt. 1910, MWG II/6, S. 655 f., hier S. 655. 76 Erschienen unter dem Pseudonym: Flavius Gnaeus, Der Kampf um die Rechtswissenschaft. – Heidelberg: Carl Winter 1906 (hinfort: Flavius, Kampf). 77 Als Biographie vgl. die Studie von Muscheler, Kantorowicz (wie oben, S. 14, Anm. 57). 78 Nach der Formulierung im Brief Max Webers an Hermann Beck vom 12. Sept. 1910, MWG II/6, S. 606 f., hier S. 607.

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kenntnis“79 karikiert und als „juristischen Größenwahn“80 infolge einer „angeblich systematischen Vollkommenheit“ des Rechtssystems geißelt, als idealistische Annahme der juristischen Konstruierbarkeit der Welt kritisiert81 und als „Jagd nach einem allgemein gültigen System von Sätzen“ in logischer Geschlossenheit, schließlich als „Utopie einer dilettantischen Logik“82 ins Ridiküle zieht, dies sind nach Weber genau die am Ende des § 1 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ eingefügten Postulate des formal rationalen Rechts,83 denen er doch gerade ein Höchstmaß an Vernunft zuschreibt. Dem Autor der Kampfschrift ist hingegen eine „antirationalistische Gesinnung“84 von vornherein „natürlich“ und das von Weber als Rechtsquelle zurückgewiesene Rechtsgefühl der unterschätzte Garant einer „freien“ Rechtsschöpfung.85 Kein Wunder also, daß Weber insbesondere im letzten Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, in dem die formalen Qualitäten des modernen Rechts herauspräpariert werden, seinerseits der Freirechtsschule den Kampf ansagt,86 einer „Bewegung“,87 die den Methodendualismus ablehnt88 und deshalb eben in Webers Augen nur eine sogenannte „Rechtssoziologie“ betreibt. Sie verkennt den Eigensinn und die legitime Eigengesetzlichkeit von Dogmatik, wenn sie einen „Parallelismus“ von „dogmatischer Jurisprudenz und orthodoxer Theologie“89 ausmacht: Diese Verwandtschaft soll juristische Dogmatik diskreditieren, während Weber nicht nur deren Lob anstimmt, sondern überdies den Zusammenhang von religiöser Ethik und juristischer Weltsicht, insbesondere im § 5 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“,90 zu den entscheidenden Bestimmungsgründen des juridischen Rationalisierungsprozesses rechnet. Nicht verwunderlich erscheint daher auch der Eklat, den es um den Vortrag von Kantorowicz auf dem ersten Deutschen Soziologentag gegeben hat. Weber schreibt dies der „unfähigen Leitung von Tönnies einerseits, de[m] Betragen von Goldscheid und anderen andererseits zu: thörichte Debatten zur Geschäftsordnung über Werturteile, schulmeisterliche Unterbrechung

79 Flavius, Kampf, S. 13. 80 Ebd., S. 17. 81 Ebd., S. 26. 82 Ebd., S. 28. 83 Vgl. unten, S. 305. 84 Flavius, Kampf, S. 23 und S. 39. 85 Das 20. Jahrhundert werde „ein Jahrhundert des Gefühls und des Willens“ sein (ebd., S. 49). 86 Vgl. unten, S. 623–626. 87 So die durchgängige dynamische Selbstbeschreibung der Freirechtsschule (z. B. Flavius, Kampf, S. 5, 30, 32, passim). 88 Vgl. ebd., S. 33 f. 89 Ebd., S. 35 f. 90 Vgl. unten, S. 510 ff.

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von Tönnies, Protest dagegen u. s. w.“.91 Aber in seinem Schreiben an Eulenburg bleibt er bei der Behauptung: „Kantorowicz sehr gut“, auch wenn Webers Urteil gegenüber Tönnies, wie das der Frankfurter Zeitung, darin mündet: „Die Tagung Sonnabend nachmittag hat alles verdorben[,] was erreicht war.“92 Selbst der durch Webers Hand gegangene stenographische Bericht93 gibt noch etwas von der Schärfe der Auseinandersetzung wieder, auch wenn eine an die Adresse Philipp Hecks gerichtete Kritik des Vorsitzenden, Ferdinand Tönnies, er betreibe „Sophistik“ nicht überliefert ist.94 Kantorowicz kommentiert die Eingriffe des Vorsitzenden unter Berufung auf das von Weber selbst ja gegenüber Ernst Fuchs zunächst so scharf eingebrachte Wertfreiheitspostulat95 in ironischer Manier, daß es „nur in unserem methodologischen Zeitalter möglich“ sei, „daß ein methodologisch-philosophisches Prinzip, nämlich der Ausschluß von Werturteilen, zu einem Punkt der Geschäftsordnung gemacht werden kann.“96 Weber behauptet nun in seiner Replik auf Kantorowicz, daß im „Hintergrund des Vortrags des Herrn Dr. Kantorowicz“ die methodologische Unterscheidung von faktischer und normativer Geltung eines Rechtssatzes gestanden habe, worauf er, Weber, „noch einmal in voller Übereinstimmung“1 hinweisen wolle. Wie wir wissen, wird diese Voraussetzung nur begrenzt geteilt, sicher nicht mit Ernst Fuchs2 – und auch die Zwischeneinwürfe von Kantorowicz selbst zeigen das3 –, während Weber den Vortrag des Autors der Kampfschrift zum Anlaß nimmt, seine Unterscheidung von juristischer und soziologischer Betrachtungsweise des Rechtssatzes vor dem Forum eben „der besten Köpfe der jüngeren soziologisch-philosophisch interessierten Juristen“ in extenso darzulegen. Freilich hatte Kantorowicz in seinem Vortrag die 91 Brief Max Webers an Franz Eulenburg vom 27. Okt. 1910, MWG II/6, S. 655 f., hier S. 655. 92 Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 26. Okt. 1910, MWG II/6, S. 653 f., hier S. 654. 93 So schreibt Weber an Oskar Siebeck am 20. Febr. 1911, MWG II/7, S. 108 f., hier S. 108: „Die Diskussion ist von mir ‚redigiert‘, d. h. etwas zusammengestrichen (dies gehört nicht in den Vertrag).“ 94 Daß ein solcher Vorwurf für einen Kritiker der „technischen Begriffsjurisprudenz“ besonders schmerzlich sein mußte, läßt sich etwa aus dem Beitrag Philipp Hecks entnehmen: „Was ist diejenige Interessenjurisprudenz, die wir bekämpfen?“, in: Deutsche Juristen-Zeitung, Jg. 14, 1909, Sp. 1457–1461. 95 Vgl. die Diskussion zum Vortrag von Hermann Kantorowicz („Rechtswissenschaft und Soziologie“), in: Verhandlungen 1910, S. 312. 96 Ebd., S. 314. 1 Diskussionsbeitrag Max Webers zum Vortrag von Hermann Kantorowicz („Rechtswissenschaft und Soziologie“), in: Verhandlungen 1910, S. 323–330 (MWG I/12), hier S. 324 (hinfort: Weber, Diskussionsbeitrag II). 2 Vgl. dessen Einlassungen zur „Freien Rechtsschule“ als einer „soziologischen Rechtslehre“, ebd., S. 310–312. 3 Vgl. ebd., S. 327.

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in der Kampfschrift geübte Kritik des Methodendualismus zurückgenommen und sogar eine an Rickert angelehnte Gegenstandsbestimmung der Rechtssoziologie gesucht, die Weber zusagen mußte: „Die Rechtssoziologie ist also eine theoretische, die Wirklichkeit des sozialen Lebens mit Beziehung auf den Kulturwert des Rechtszwecks generalisierend bearbeitende Wissenschaft.“4 Daher sei dann Jurisprudenz – eine Aussage, zu der Weber das intellektuelle Haupt der Freirechtsschule am Ende doch verleitet hat – nicht durch Soziologie ersetzbar.5 Weber wendet sich allerdings gegen die Lösung des Lückenproblems, daß nämlich in die aus systematischen Gründen auftretenden „Lücken“ des Rechtssystems nun die Soziologie als extrajuridische Rechtsquelle einzutreten habe, ebenso wie er den berühmten § 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) nicht als Ermächtigung zur soziologisch freien Ausfüllung betrachtet.6 Worauf Weber sich nicht einlassen kann, ist eine Bestimmung von Rechtssoziologie als derjenigen Disziplin, in der „das soziale Leben auf seine Beziehung zu den Rechtsnormen hin untersucht wird“.7 Hans Kelsen nimmt dies zum Anlaß seiner, im von Max Weber mit herausgegebenen „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ publizierten Auseinandersetzung mit Kantorowicz, die zugleich Nähe und Differenz zu Weber sichtbar macht.8 Weder die „Hauptprobleme der Staatsrechtslehre“9 noch die Kritik an Kantorowicz noch schließlich die Kontroverse zwischen Hans Kelsen und Eugen Ehrlich im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“10 dürften Max Weber entgangen sein. Dennoch sind die Spuren einer Rezeption Kelsens im Werk von Max Weber äußerst spärlich. Zwar erhielt Kelsen, nach mehreren erfolglosen Anläufen, ein Reisestipendium nach Heidelberg, das ihm die Fertigstellung seiner Habilitationsschrift am Seminar von Georg Jellinek ermöglichen sollte.11 Aber er versäumte es, nach eigenem 4 Ebd., S. 297. 5 Vgl. Kantorowicz, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55), S. 297. 6 Vgl. Weber, Diskussionsbeitrag II (wie oben, S. 19, Anm. 1), S. 327, sowie unten, S. 625 f. 7 Kantorowicz, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55), S. 276, gesamtes Zitat dort hervorgehoben. 8 Kelsen, Hans, Zur Soziologie des Rechtes. Kritische Betrachtung, in: AfSSp, Band 34, 1912, S. 601–614 (hinfort: Kelsen, Soziologie des Rechtes). 9 Kelsen Hans, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, entwickelt aus der Lehre vom Rechtssatz. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911 (hinfort: Kelsen, Hauptprobleme). 10 Vgl. Kelsen, Hans, Eine Grundlegung der Rechtssoziologie, in: AfSSp, Band 39, 1915, S. 839–876; Ehrlich, Eugen, Entgegnung, ebd., Band 41, 1916, S. 844–849; Kelsen, Replik, ebd., Band 42, 1916, S. 850–853; Ehrlich, Replik, ebd., Band 42, 1916/17, S. 609–610; Kelsen, Schlußwort, ebd., S. 611. 11 Vgl. Métall, Rudolf Aladár, Hans Kelsen. Leben und Werk. – Wien: Franz Deuticke 1969, S. 11.

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Bekunden, mit dem Kreis um Max Weber und mit diesem selbst in Verbindung zu treten. Erst während der Gastprofessur Webers in Wien (Sommersemester 1918) lernten sie sich persönlich kennen, ohne daß die Bekanntschaft explizite Spuren in Webers Werk hinterlassen hätte. Dabei zeigt die Auseinandersetzung Kelsens mit Weber in „Der Staatsbegriff der ‚verstehenden‘ Soziologie“ wie nahe Weber Kelsen steht, wenn dieser mit Blick auf Webers GrundrißBeitrag meint, „daß alle Bemühungen, das Wesen des Staates auf außerjuristischem, speziell soziologischem Wege zu bestimmen, immer wieder auf eine mehr oder weniger versteckte Identifikation des gesuchten Begriffes mit dem der Rechtsordnung hinauslaufen“.12 Was Kelsen kritisch anmerken möchte, ist freilich von Weber durchaus intendiert, insofern er ja gerade im Kategorienaufsatz behauptet: „Es ist aber allerdings das unvermeidliche Schicksal aller Soziologie: daß sie für die Betrachtung des überall stetige Übergänge zwischen den ‚typischen‘ Fällen zeigenden realen Handelns sehr oft die scharfen, weil auf syllogistischer Interpretation von Normen ruhenden, juristischen Ausdrücke verwenden muß, um ihnen dann ihren eigenen, von dem juristischen der Wurzel nach verschiedenen, Sinn unterzuschieben.“13 Auch wenn Kelsen bezweifelt, daß es überhaupt noch einen soziologischen Rest gäbe, wenn über die Differenz von normativer und empirischer Geltung der Rechtsordnung, das „Soziologische“ eingeführt werde, bleibt die Nähe verblüffend. So besteht eine große Übereinstimmung in der Kritik der Lehren der Freirechtsschule, wie Kelsens Auseinandersetzung mit Kantorowicz zeigt: Zweckorientierung sei durchaus Bestandteil der traditionalen Rechtswissenschaft, ja Bestandteil des Methodenkanons,14 das Lückenproblem hingegen sei kein Argument für „freie“ Rechtsfindung, weil der Normbezug bzw. der „Rechtssatz“ als „Zurechnungsregel“ von richterlichem Handeln und Rechtsordnung unentbehrlich sei und nur darin auch der Zurechnungssinn des wie immer determinierenden Rechtssatzes bestehe.15 Daher kann es auch im Rechtsstaat zumindest keine Tätigkeit „sine lege“ geben, denn jede Staatstätigkeit lasse sich als Realisierung eines Rechtssatzes darstellen. Und man kann noch einen Schritt weiter gehen: Kelsens Anliegen in den „Hauptproblemen“ geht gerade dahin, „die Eigengesetzlichkeit des Rechtes gegenüber der Natur oder einer nach Art der Natur bestimmten sozialen Realität zu gewinnen“.16 Aber genau dies ist das Anliegen Webers, insofern er reduktionistische Volksgeistlehren – wie die von Kantorowicz übri12 Kelsen, Hans, Der Staatsbegriff der ‚verstehenden Soziologie‘, in: Zeitschrift für Volkswirtschaft und Sozialpolitik, N. F. Band 1, 1921, S. 104–119, hier S. 105. 13 Weber, Kategorien, S. 265. 14 Vgl. Kelsen, Soziologie des Rechtes (wie oben, S. 20, Anm. 8), S. 604. 15 Vgl. ebd., S. 605. 16 Kelsen, Hans, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, entwickelt aus der Lehre vom Rechtssatz, 2. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1923, Vorrede, S. VI.

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gens17 – ablehnt, oder auch eine ökonomische Erklärung des Rechts – wie in der Auseinandersetzung mit Andreas Voigt18 – zurückweist. Es ist ja gerade das Hauptargument seiner „Rechtssoziologie“, daß sich die Richtung der Rationalisierung des Rechts zu einem gewichtigen Teil den rein „innerjuristischen Verhältnissen“ verdankt, die erst der Entfaltung juridischer „Eigengesetzlichkeit“ Raum geben. Weber hat freilich diese „Qualitäten des modernen Rechts“ ins Soziologische gewendet, insofern er fragt, wie eigentlich eine juristische Dogmatik entstehen konnte, die genau dies zum Gegenstand hat, die Welt als Fall der Anwendung von Rechtssätzen zu begreifen, welche, ein in sich geschlossenes, logisches System vorgebend, zu einer Rechtsordnung verbunden sind. Wo Weber also auf die Lehre vom Rechtssatz zurückgreift – insbesondere in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ –, wird die Eigengesetzlichkeitsthese soziologisch gewendet, indem er behauptet, daß der an der Pandektistik geschulte Begriff des Rechts nur im Okzident entstanden sei. Insofern ließe sich Kelsen gegen Weber erkenntniskritisch wenden, als Kritiker eines vermeintlich universalen Rechtsbegriffs, den Weber in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ – noch vor dem monumentalen Vergleich der Rechtskulturen, wie er in der späten Phase der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ einer Privatrechtsgeschichte des Okzidents übergestülpt wird – als Grundaxiom verwendet hatte. Wäre Weber an „Rechtstheorie“ als solcher interessiert gewesen, dann hätte er eine von allem Soziologischen befreite „Reine Rechtslehre“ auf der Grundlage der Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz für sicherlich achtbar gehalten. Kelsen hingegen bestreitet Weber, überhaupt noch etwas Soziologisches, jenseits seiner, in Kelsens Sinne „richtigen“ Beobachtungen über Staat und Rechtsordnung, entdeckt zu haben. Und dies zeigt sich in der noch zu Webers Lebzeiten verfaßten Kritik an Kantorowicz, dem ein klarer Begriff von Soziologie abgesprochen wird.19 Kelsens eigener Vorschlag freilich, die Rechtsnormen als Vorstellungskomplexe zu behandeln und nur die tatsächlich durch ein Rechtsbewußtsein motivierten Handlungen einer Rechtssoziologie zuzuschlagen, während die übrigen einer Moral- oder Sittensoziologie zuzurechnen seien, verkennt die enorme Differenzierungsleistung, die Weber seit der Stammler-Auseinandersetzung entwickelt hatte. Aber auch der gemeinsame Ort der Wiener Universität, der im Café Landmann Raum für einen heftigen Streit über Wirklichkeit und Entwicklungstendenzen der russischen Revolution zwischen Weber und Joseph Schumpeter geboten hatte,20 hinterließ nur geringfügige Spuren: die Bitte an 17 Vgl. dazu Kantorowicz, Hermann, Volksgeist und historische Rechtsschule, in: Historische Zeitschrift, Band 108, 1912, S. 295–325 (hinfort: Kantorowicz, Volksgeist). 18 Vgl. Weber, Diskussionsbeitrag I (wie oben, S. 16, Anm. 69). 19 Vgl. Kelsen, Soziologie des Rechtes (wie oben, S. 20, Anm. 8), S. 603. 20 So der Bericht von Somary, Felix, Erinnerungen aus meinem Leben. – Zürich: Manesse o.J. [1955], S. 171 f.

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den Verlag Duncker & Humblot, seine Schrift „Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland“ an den „Professor Dr. H. Kelsen Wien VIII [Wicker]burg-Gasse 23“ zu übersenden.21 In der Abgrenzung der Geltungssphären einer juristischen und der soziologischen Betrachtungsweise sind sie sich freilich in der Sache nahe, wie Kelsens Vortrag „Über Grenzen zwischen juristischer und soziologischer Methode“22 belegt. Der „Sphärenfrevel“ einer mangelnden Scheidung von Soziologie und Jurisprudenz verbindet Weber und Kelsen, ohne daß sie sich auf eine Arbeitsteilung eingelassen hätten der Art, die „unreine“ soziologische Rechtslehre Weber zu überlassen, während Kelsen sich auf die „reine“ von allen empirischen Beimischungen freie Rechtslehre kapriziert hätte. Webers soziologischer Zugang zum Recht ist nicht allein aus seiner juristischen Sozialisation zu verstehen, der heftigen Frontstellung zu Stammler, dem Scheitern einer Institutionalisierung von Rechtssoziologie angesichts der intellektuellen Bedrohung einer Soziologie des Rechts durch die falschen Propheten einer normativ gewendeten soziologischen Rechtslehre oder eines ausdrücklichen Erkenntnisverzichts der reinen Rechtslehre. Sondern ganz unterschiedliche Strömungen der rechtshistorisch und rechtsvergleichend operierenden Rechtswissenschaften liefern den Hintergrund dafür, Recht als Gegenstand der Kulturwissenschaften zu fassen.

5. Kulturwissenschaftliche Herausforderungen der Rechtsanalyse Ebenso wie der Nationalökonom Weber mit der historischen Schule in Verbindung stand, so sind auch Webers juristische Wurzeln in der historischen Rechtsschule zu suchen. Es lohnt sich daher, zunächst am Beispiel der beherrschenden Figur Friedrich Karl von Savignys klar zu machen, wie der kulturelle Faktor in der Analyse des Rechts Beachtung findet. Recht erscheint Savigny zwar als Teil der Gesamtkultur und darin ist er Schüler Herders. Aber „Kultur“ ist für von Savigny geistiges Erbe und Tradition, die auf literarische Überlieferung („Litterärgeschichte“) eingeengt wird. Rechtsgeschichte heißt für ihn: Aktualisierung dieser kulturellen Tradition. Diese findet sich eben nicht im Volksleben, sondern in der Geschichte der juristischen Bildung und des juristischen Unterrichts. Wenn Savigny dem Kodifikationsplan Thibauts das organische Wachsen aus dem „Volksgeist“ entgegenstellt, so meint er damit als soziales Substrat die Träger einer juristi21 Brief Max Webers an den Verlag Duncker & Humblot vom 27. April 1918, Verlagsarchiv Duncker & Humblot, Berlin (MWG II/10). Zur Edition der Schrift vgl. MWG I/15, S. 421–596. 22 Vortrag, gehalten in der Soziologischen Gesellschaft zu Wien. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911.

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schen Kultur, die im römischen Recht wurzelt und in einer künstlichen Wiederschöpfung durch Rechtswissenschaft und Praxis aktualisiert werden soll: „Bey steigender Cultur nämlich sondern sich alle Thätigkeiten des Volkes immer mehr, und was sonst gemeinschaftlich betrieben wurde, fällt jetzt einzelnen Ständen anheim. Als ein solcher abgesonderter Stand erscheinen nunmehr auch die Juristen.“23 Franz Wieacker hat u. E. zu Recht hervorgehoben, daß der Volksbegriff somit zu einem idealen Kulturbegriff erhoben wird, der durch eine geistige und kulturelle Elite repräsentiert wird.24 Trotz einer Anbindung an die allgemeine Kulturentwicklung gelangt Savigny also zum privilegierten Hüter der Rechtskultur in dem, was wir später juristische „Profession“ nennen und bei Weber in den Trägern rechtlicher Rationalisierung manifestiert wird. Die Orientierung Savignys am römischen Recht garantiert zugleich einen universalistischen Zug, der über eine national-partikulare Rechtskultur hinausweist: Gerade durch die, wie Savigny meint, „organische Aufnahme des römischen Rechts ist der gesunde Parallelgang von Cultur und Recht erhalten geblieben; denn die ganze Cultur der modernen Völker ist international geblieben.“25 Savigny geht daher von einer gemeinsamen europäischen Rechtskultur aus, der ein nationaler Volksgeist fremd ist. Auch Weber spürt in seiner Analyse der rationalen Rechtskulturen einer gemeinsamen okzidentalen Wurzel nach, der gegenüber die rein nationalen Differenzen zurücktreten. Während sich bei Savigny jedoch die Rezeptionsgeschichte des römischen Rechts in einem juristischen Auslegungsakt verdichtet,26 bleibt für Weber die Rezeption der römischen Rechtskultur das Ergebnis von Ideen, Interessen und deren je spezifischen Trägern. Welche Autorität Georg Friedrich Puchta für Weber darstellt, wird aus dem bereits erwähten Brief des Rechtsstudenten an die Mutter ersichtlich, in dem Weber das Kolleg von Ernst Immanuel Bekker über römische Rechtsgeschichte kritisiert, weil ihm, Weber, „Puchta noch im Kopf sitzt“27 und daher eine ungeschichtliche Darstellung des römischen Rechts mißfalle. Dabei ist es gerade Puchta, der – seinerseits Savigny beeinflussend – den Begriffsfor-

23 Savigny, Friedrich Karl von, Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. – Heidelberg: J. C. B. Mohr 1840, S. 12 (hinfort: Savigny, Beruf). 24 Vgl. Wieacker, Franz, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit. Unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung, 2. Aufl. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1967. 25 Savigny, Beruf (wie oben, Anm. 23), S. 38. 26 Dieser wird über „organische Rechtsverhältnisse“ mit dem Hinweis auf „Institutionen“ nicht näher an die Wirklichkeit herangeführt, sondern es werden, von der Wirklichkeit abgezogene, Abstraktionen als solche legitimiert. 27 Brief Max Webers an die Mutter vom 2. Mai 1882, abgedr. in: Weber, Jugendbriefe, S. 41 (MWG II/1).

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malismus in pyramidischen Ableitungen zur Hochblüte gebracht hat.28 Die Kulturgeschichte des Rechts läßt einer „Unschuldsperiode“ eine Periode der „Mannigfaltigkeit“ folgen, die schließlich in einer höheren Einheit der Periode der „Wissenschaftlichkeit“ zusammenfließt. Damit wird wiederum der Rechtswissenschaft das Monopol in der Auslegung des Volkslebens zugesprochen. Dieses wird aber nicht in irgendeinem wirklichkeitswissenschaftlichen Sinne untersucht; vielmehr soll allein durch die Deduktion von Rechtssätzen aus allgemeinen Begriffen der verborgene Gehalt der nationalen Rechtskultur extrapoliert werden, der weder im realen „Volksgeist“ noch in den Gesetzen manifestiert worden ist.29 Damit wird die Rechtswissenschaft als „Product einer wissenschaftlichen Deduction“30 zur privilegierten Rechtsquelle der Pandektistik. Unter rechtshistorischem Vorzeichen, von dem sich auch der junge Weber täuschen läßt, wird die kulturelle Autonomie des Rechts postuliert, dessen Begriff, Konstruktionen und Sätze der Alltagskultur vollständig entrückt werden um ihnen eine Eigengesetzlichkeit zuzuschreiben, von der auch Webers These der formalen Rationalisierung des Rechts gezeichnet bleibt. Gleichzeitig aber wird im Strome der juridischen Romantik ein Volksgeist beschworen, der auch zur Differenzierung nationaler Rechtskulturen eingesetzt wird. „Durch dieses gemeinsame Rechtsbewußtseyn“, sagt Puchta, „wie durch eine gemeinsame Sprache, und durch eine gemeinsame Religion, wenn diese eine natürliche ist, sind die Glieder eines Volks verbunden, einer auf leiblicher und geistiger Verwandtschaft beruhenden, über die Innigkeit des Familienbandes hinaus sich erstreckenden, durch eine Scheidung der Menschheit entstandenen Vereinigung.“31 Während von Savigny zu Puchta der Bezug zur Kultur eines Volkes zunehmend ausgedünnt wird und es akrobatischer Hilfskonstruktionen bedarf, um diese „Konstruktionsjurisprudenz“ an das Kulturleben zurückzubinden, geht es dem Adlatus und späteren Freund Savignys, Jacob Grimm,32 weniger um die Erkenntnis des richtigen Rechts als um den Ort des Rechts in der Gesamtkultur. Die sinnliche, anschauliche Seite des Rechts ist für Grimm von besonderem Reiz. Ihn interessiert dabei nicht primär der formale Aspekt der Rechtsbekräftigung, sondern die zugrundeliegende geschichtliche Bedeutung, die in die kulturellen Traditionen einer Rechtsgemeinschaft zurückweist. So ist in 28 Zum Wandel des Puchtabildes vgl. Haferkamp, Hans Peter, Georg Friedrich Puchta und die „Begriffsjurisprudenz“. – Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann 2004. 29 Vgl. Puchta, G[eorg] F[riedrich], Cursus der Institutionen, Band 1. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1841, S. 460–463 (hinfort: Puchta, Cursus). 30 Ebd., S. 37. 31 Ebd., S. 24. 32 Über die Beziehung von Savigny und Grimm vgl. den interessanten Artikel von Rothacker, Erich, Savigny, Grimm, Ranke. Ein Beitrag zur Frage nach dem Zusammenhang der Historischen Schule, in: Historische Zeitschrift, Band 128, 1923, S. 415–445, bes. 429 ff.

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dem Bändchen „Von der Poesie im Recht“ die Rechtsform als Quelle einer bedeutungsbezogenen Kulturanalyse aufgetan. Im dortigen § 10 heißt es etwa – soweit bleibt der aus juristischem Hause stammende Germanist und Märchensammler durchaus in der Form juristisch –: „Es ist eine unbefriedigende Ansicht, welche in solchen Symbolen blose leere Erfindung zum Behuf der gerichtlichen Form und Feierlichkeit erblickt. im Gegentheil hat jedes derselben gewiß seine dunkle, heilige und historische Bedeutung; mangelte diese, so würde der allgemeine Glaube daran und seine herkömmliche Verständlichkeit fehlen.“33 Max Weber hingegen ist, als ein in der Pandektenwissenschaft geschulter Jurist, an dieser Art einer Bedeutungsanalyse der juristischen Kulturinhalte und ihrer Formen nicht weiter interessiert. In der dem Verleger Siebeck in einem Postskriptum angekündigten „Soziologie der Culturinhalte“ firmieren Kunst, Literatur, Weltanschauung, aber nicht das Recht. Und so konstatiert Weber in den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ zwar einen Prozeß der De-Symbolisierung des modernen Rechts, ohne sich hierbei aber auf seinen jeweiligen Kulturinhalt einzulassen. Inwieweit Weber gleichwohl eine kultursoziologische Perspektive zum Recht und zwar gerade eine der vergleichenden Kultursoziologie pflegt, werden wir im weiteren sehen. Wenn Weber nicht nur in der Religionssoziologie, sondern auch in der kultursoziologischen Betrachtung des Rechts das Zusammenspiel von Ideen und Interessen thematisiert, muß eine weitere zentrale Figur der juristischen Welt des 19. Jahrhunderts, nämlich Rudolf von Ihering, eine besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nicht nur aus ironischer Distanz – wie sie in „Scherz und Ernst in der Jurisprudenz“34 zutage tritt – hat Ihering das paradoxe Verhältnis beschrieben, in dem sich Naturrecht und rechtshistorische Schule zur kulturellen Wirklichkeit befanden. So war das historischer Kontingenz enthobene Naturrecht nur eine Idealisierung der vorhandenen Zustände, während die historische Schule in Gestalt des römischen Rechts eine Universalität entdeckte, die – wie Ihering im „Geist des römischen Rechts“ ausführt – etwas „Berauschendes für die Juristen“35 hatte. Der Weg zu einer eigentlichen Rechtsgeschichte bzw. „Entwicklungsgeschichte des römischen Rechts“ wird erst in einer postum erschienenen Schrift – jenseits von sukzessiver Dogmengeschichte und idealistischer Nachkonstruktion der Idee des römischen Rechts – in seiner methodologischen Schwierigkeit sichtbar. Ihe33 Grimm, Jakob, Von der Poesie im Recht, in: Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, Band 2, 1816, S. 25–99, hier S. 74 f. 34 Ihering, Rudolf von, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz. Eine Weihnachtsgabe für das juristische Publikum, 10. Aufl. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1909 (hinfort: Ihering, Scherz und Ernst). 35 Ihering, Rudolf von, Geist des römischen Rechts, auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Theil 1, 3. Aufl. – Leipzig: Breitkopf & Härtel 1873, S. 10.

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ring meint hierzu, die Prämissen der rechtshistorischen Schule hinter sich lassen zu müssen, nämlich das „dumpfe Werden“ der Volksgeistlehre Savignys: „Das Recht ist kein Ausfluß des naiv im dunklen Drang schaffenden Rechtsgefühls, jenes mystischen Vorgangs, welcher dem Rechtshistoriker jede weitere Untersuchung abschneiden und ersparen würde, sondern es ist das Werk menschlicher Absicht und Berechnung, die auf jeder Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung das Angemessene zu treffen bestrebt war.“36 Weder Volksgeist noch „Kultur“ ist das Movens der Geschichte, nach der berühmten „Kehre“ Rudolf von Iherings. Im „Geist des römischen Rechts“ geht die Untersuchung noch von der (Kultur-)„Bedeutung des römischen Rechts für die moderne Welt“ aus, und bleibt auf die Frage gerichtet, inwieweit das römische Recht ein „Culturelement der modernen Welt“ ist. Und „Römischer Geist“ sei es, der dort zur spezifischen „Cultur des Rechts“ der römischen Welt prädestiniere und der auf vielfache Weise auch mit der Religion verschlungen sei. Im ersten Brief der anonym verfaßten „Vertraulichen Briefe über die heutige Jurisprudenz“ – später in die Spottschrift „Scherz und Ernst in der Jurisprudenz“ aufgenommen – werden die Studien über den „Geist“ der Rechte, einschließlich des selbst verfaßten „Geist des römischen Rechts“ wie ein spiritualistischer Unfug karikiert, als deren Ursprung Ihering interessanterweise Montesquieus „De l’esprit des lois“ ansieht.37 So geht Iherings Wandlung von der Konstruktions- zu der nach ihm benannten Interessenjurisprudenz mit dem Wechsel von einer kulturbezogenen Analyse des Rechts zu einer nur aus dem Interesse hervorspringenden, soziologistischen Reduktion des Rechts einher. Gleichwohl bewegt sich Iherings Blick auf das Recht zwischen den Polen einer kulturbezogenen und einer zweck- und interessenorientierten Rechtsanalyse, ohne daß in seinem System eine Vermittlung stattgefunden hätte. Bei Weber werden wir sehen, wie Iherings Kulturbegriff des römischen Rechts in der Dimension der Analytik wiederkehrt und wie Zweck und Interesse in Webers Frage nach den Trägern rechtlicher Rationalisierung aufgenommen werden. Während Weber der ethnologischen Jurisprudenz wie auch ethnologischer Religionswissenschaft eher skeptisch gegenüberstand, hat Josef Kohler ein juristisches Universalbild der Welt erarbeiten wollen, das vom ägyptischen Patentrecht über Shakespeares Rechtsbild, das Recht der Bantuneger bis zum islamischen Recht reichen sollte.38 Seine Studien erfolgen nicht im Namen der Soziologie und auch nicht als Rechtsgeschichte, sondern sie wer36 Ihering, Rudolf von, Entwicklungsgeschichte des römischen Rechts, aus dem Nachlaß hg. von Victor Ehrenberg. – Leipzig: Breitkopf & Härtel 1894, S. 28. 37 Ihering, Scherz und Ernst (wie oben, S. 26, Anm. 34), S. 3. 38 Vgl. als Sicht auf diesen umfassenden Anspruch Kohlers den Beitrag von Gast, Wolfgang, Historischer Optimismus. Die juristische Weltsicht Josef Kohlers, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 85, 1986, S. 1–10.

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den in zahllosen Artikeln der „Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft“ verfaßt. Universalhistorisch und interkulturell ist der ungeheure Anspruch der Kohlerschen Unternehmung, die ihn insoweit mit Weber verbindet. In der „Encyklopädie der Rechtswissenschaft“ hat Kohler in einem Artikel über „Rechtsphilosophie und Universalrechtsgeschichte“ Recht als Kulturerscheinung in sehr allgemeiner Weise gewürdigt. Nach der Zerstörung des Naturrechts durch Savigny sieht Kohler es als die tiefe Erkenntnis der vergleichenden Rechtswissenschaft an, den jeweiligen kulturellen Wert auch der entlegensten Rechte erkannt zu haben, ebenso wie die vergleichende Religionswissenschaft sich weigerte, die religiösen Verrichtungen der „Primitiven“ weiterhin als bloße Verirrungen abzutun. Das Recht wird damit aber nicht einfach kontingent: „Wenn auch das Recht ein ständig Wechselndes und sich Entwickelndes ist, so ist es doch nichts Äußerliches und Zufälliges [. . .].“39 Es ruht „mit seinem innigsten Gefaser in den Wurzeln der Volksseele und entspricht dem kulturentwickelnden Drange, der das Volk durchzieht, das Volk, seien es alle Mitglieder, seien es einige hervorragende, weitschauenden Geister“.40 Darin soll nunmehr also die Rationalität der Rechtskultur bestehen, daß sie sich in Entsprechung zur Entwicklung der Gesellschaft entfaltet. Von dort her ergebe sich auch der Wertmaßstab, mit dem das Recht zu messen sei. So heißt es: „[. . .] es [das Recht, Hg.] ist zu schätzen nach der Art und Weise, wie es der Kultur und dem Kulturbedürfnis des Volkes nachkommt; aus Kultur und Kulturbedürfnis entnehmen wir das Ideal, dem das Recht einer bestimmten Zeit möglichst genügen soll.“41 Die Kulturbedeutung des Rechts ist also mit Wertansprüchen durchsetzt, die nicht nur die Selektion und Kombination des Forschungsgegenstandes begründen, sondern die so konzipierte vergleichende Rechtswissenschaft bleibt der Suche nach dem „richtigen Recht“ verpflichtet, das sich aus der Adäquanz von Kulturentwicklung und Rechtsinhalt ergeben soll. Dieses kulturrelativ richtige Recht ruht auf den Grundlagen einer Kultur und ist damit zugleich nach Kohler ein Element, das die alte Kultur zerstört und eine künftige mithervorbringt. Weder soziologische Reduktion noch kulturalistische Verengung auf die Binnenkultur des Rechts, sondern die Erfassung des Rechts im Kosmos der übrigen Kulturformen scheint das Unterfangen Josef Kohlers aufs Engste an eine kultursoziologische Analyse des Rechts heranzuführen. Gleichwohl bleibt das Ergebnis enttäuschend: trotz einer immensen

39 Kohler, Josef, Rechtsphilosophie und Universalrechtsgeschichte, in: Encyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung, hg. von Josef Kohler, 6., der Neubearb. 1. Aufl., Band 1. – Leipzig, Berlin: Duncker & Humblot und J. Guttenberg 1904, S. 1–69, hier S. 6. 40 Ebd. 41 Ebd.

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Fülle an aufbereitetem rechtsethnologischen Material gelangt Kohler über die Differenzierung von Natur-, Kultur- und Halbkulturvölkern nicht hinaus. Aber geht Webers „Rechtssoziologie“ in dem universalgeschichtlich konzipierten Unternehmen einer komparativen Analyse der Rechtskulturen im Sinne der ethnologisch inspirierten Rechtsvergleichung, wie sie etwa Kohler betreibt, tatsächlich auf? Wenn wir von den Kuriosa des Fragebogens zur Analyse primitiver Rechtskulturen42 einmal absehen, so leidet die Kohlersche Betrachtung von Recht als Kulturerscheinung vor allem daran, daß Methodik, Sachgehalt und theoretische Konzeptualisierung einer Kulturanalyse des Rechts völlig im Dunkeln verbleiben. Sie dürfte für Weber daher sicher nicht methodisch,43 wohl aber sachlich durch die Fülle des ausgebreiteten rechtsethnologischen Materials inspirierend gewesen sein. Die wissenschaftsgeschichtliche Rahmung der Weberschen Texte zum Recht läßt sich also folgendermaßen resümieren: Weber greift für den im Recht sowohl rechtsdogmatisch wie rechtshistorisch bewanderten Juristen einen selbstverständlichen Wissensfundus auf. Im Spannungsfeld einer Überwindung der Stammlerschen Konfusion von Faktizität und Normativität auf der einen Seite und der Kritik einer soziologistischen Reduktion des Rechts auf der anderen Seite, wie sie von der Freirechtsschule gepflegt wurde, bezieht Weber seine rechtssoziologische Position. Dabei setzt seine Grundannahme über die Eigengesetzlichkeit der Sphären den Blick auf das Recht als eines Kulturtatbestandes frei, dessen innere Eigendynamik nicht ohne die Bezüge zu anderen Sphären, den Sphären der Herrschaft, der religiösen Mächte und der wirtschaftlichen Ordnungen zu erfassen ist. Damit stellt sich das Problem, wie ein Begriff des Rechts zu fassen ist, der die doppelte Konfusion von empirischer und normativer Geltung – aus der Sicht einer normativistischen oder empiristischen Reduktion – so vermeidet, daß er für eine „verstehende Soziologie“ fruchtbar wird. Diese Aufgabe nimmt Weber in dem hier edierten Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ in Angriff.44 Sie setzt die fundamentale Unterscheidung von juristischer und soziologischer Betrachtungsweise voraus.

42 Vgl. den von Josef Kohler entwickelten „Fragebogen zur Erforschung der Rechtsverhältnisse der sogenannten Naturvölker, namentlich in den deutschen Kolonialländern“, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 12, 1897, S. 427–440. 43 Zu den Grenzen dieser rechtsethnologischen Versuche vgl. aus soziologischer Sicht auch: Durkheim, Emile, Besprechung von: Josef Kohler, Studien aus dem Strafrecht. Das Strafrecht der italienischen Statuten vom 12.–16. Jahrhundert, Mannheim 1895–1897, in: L’Année sociologique, Band 1, 1898, S. 351–353, hier S. 352 f. 44 Siehe unten, S. 191 ff.

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II. Die Unterscheidung von juristischer und soziologischer Betrachtungsweise „Wenn von ‚Recht‘, ‚Rechtsordnung‘, ‚Rechtssatz‘ die Rede ist, so muß besonders streng auf die Unterscheidung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise geachtet werden.“45 Aus Webers Sicht ist die Art der Unterscheidung von juristischer und empirischer Betrachtungsweise grundlegend. Sie berührt zentrale Probleme seiner Wissenschaftslehre.46 Das Problem der Unterscheidung empirischer und normativer Betrachtungsweise zieht sich wie ein roter Leidfaden durch das gesamte Werk, von der „Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter“,47 der juristischen Promotion, über seine verschiedenen Aufsätze zur Wissenschaftslehre bis in sein Hauptwerk „Wirtschaft und Gesellschaft“ hinein. Es gilt die These einer radikalen logischen Trennung von juristischer und empirischer Begriffsbildung, normativer und empirischer Geltung einer Regel, sowie empirischer und juristischer Betrachtungsweise zu entfalten, die gleichzeitig behauptet, daß rechtssoziologische Erkenntnis nur im Hinblick auf den möglichen normativen Sinn einer Norm denkbar sei und die Frage empirischer Geltung sich hierbei von dem „idealen“ Sinn der Norm zu lösen habe, um die Faktizität der Geltung erfassen zu können.

1. „Juristische Konsequenzmacherei“ und „soziale Theorie“ Interessant ist ein wenig beachteter, früher Ausgangspunkt in der juristischen Dissertation Webers. Hier ist der Rechtshistoriker nämlich äußerst skeptisch, inwieweit zum rechtshistorischen Verständnis der Solidarhaftung der Gesellschafter der Bezug auf Vorstellungen einer „Gesamtperson“ philosophischer Provenienz erforderlich sei, oder aber eigengesetzliche Überlegungen der juristischen Problemlage zur Geltung kommen. Webers Suche nach philosophischen oder sozialtheoretischen Anknüpfungspunkten verläuft negativ: „Wieder ein Beweis dafür, wie weit juristische Konsequenzmacherei Grundlage der einzelnen Entscheidungen der Juristen ist und wie wenig man deshalb berechtigt ist, darin Ausflüsse einer tiefliegenden philosophischen oder sozialen Theorie zu sehen.“48

45 Unten, S. 191. 46 Vgl. die weiterhin gültige Darstellung bei Loos, Fritz, Zur Wert- und Rechtslehre Max Webers. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1970, S. 93 ff. (hinfort: Loos, Wert- und Rechtslehre). 47 Weber, Handelsgesellschaften. 48 Ebd. (MWG I/1), S. 320.

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2. Normativer Sinn des juristischen Begriffs, faktische Wirkungsweise der Rechtsvorstellung und die Vorbildfunktion der normativen für die empirische Begriffsbildung In den methodologischen Arbeiten Webers bricht sich dann eine radikale Trennung der juristischen und der soziologischen Betrachtungsweise Bahn, die zuerst in dem Aufsatz über „Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie“49 formuliert ist. Mit diesem Aufsatz wird die Folge methodologischer Schriften eröffnet, die zunächst noch ganz im Zeichen der schweren Erkrankung Webers steht.50 Aber für das Verständnis der uns interessierenden Frage nach der Rolle juristischer Begriffsbildung und ihrer möglichen empirischen Bedeutung ist der Beitrag grundlegend. So wird die juristische Begriffsbildung einer „kausalen“ gegenübergestellt: „Sie erfolgt, soweit sie begriffliche Abstraktion ist, unter der Fragestellung: wie muß der zu definierende Begriff X gedacht werden, damit alle diejenigen positiven Normen, welche jenen Begriff verwenden oder voraussetzen, widerspruchslos und sinnvoll, neben- und miteinander bestehen können?“51 Dies könne man teleologische Begriffsbildung nennen, um diese „eigenartige ‚subjektive Welt‘ der juristischen Dogmatik“ zu kennzeichnen. Juristische Begriffsbildung ist also Abstraktion, die den zu bildenden Begriff im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit anderen Rechtsnormen, also im Sinne der Widerspruchsfreiheit systematisch ausformt. Dieser systematisierende Blickwinkel dogmatisch-normativer Sinnfindung verliert sich, sobald der von seinem Ursprung her juristische Begriff in einen empirischen Zusammenhang gerät: „Für letztere [die juristische Dogmatik, Hg.] steht der begriffliche Geltungsbereich gewisser Rechtsnormen, für jede empirisch-geschichtliche Betrachtung dagegen das faktische ‚Bestehen‘ einer ‚Rechtsordnung‘, eines konkreten ‚Rechtsinstituts‘ oder ‚Rechtsverhältnisses‘ nach Ursachen und Wirkungen in Frage. Sie finden als diesen ‚faktischen Bestand‘ in der historischen Wirklichkeit die ‚Rechtsnormen‘ einschließlich der Produkte der dogmatisch-juristischen Begriffsbildung lediglich als in den Köpfen der Menschen vorhandene Vorstellungen vor, als einen der Bestimmungsgründe ihres Wollens und Handelns neben anderen, und sie behandeln diese Bestandteile der objektiven Wirklichkeit wie alle anderen: kausal zurechnend. Das ‚Gelten‘ eines bestimmten ‚Rechtssatzes‘ kann z. B. für die abstrakte ökonomische Theorie unter Umständen begrifflich sich auf den Inhalt reduzieren: daß bestimmte ökonomische Zukunftserwartungen eine an Sicherheit grenzende faktische Chance der Realisierung haben.“52 Wenn Weber nun von dem 49 50 51 52

Weber, Roscher und Knies I–III. Vgl. hierzu Weber, Marianne, Lebensbild, S. 274, 278. Weber, Roscher und Knies II, S. 132. Ebd., S. 132 f.

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„begrifflichen“ Geltungsbereich eines Rechtssatzes, also doch wohl der im Sinne der Begriffsjurisprudenz gewonnenen Bestimmung des normativen ideellen Sinns, den faktischen Geltungsbereich einer Rechtsordnung oder eines Rechtsinstituts unterscheidet, dann stellt sich die Frage, wie diese „Faktizität“ denn vermittelt sein soll.53 Bedeutet „empirische Geltung“ die Befolgung des Normsinnes oder die Anerkennung des normativen Geltungsanspruchs und wie soll die Brücke aus dem heterogenen „Reich des Normativen“ in das der „empirischen Wirklichkeit“ geschlagen werden? Hier betont Weber, daß diese Verbindung nicht über den Weg äußeren Verhaltens hergestellt wird, indem die beobachtete Wirklichkeit also mit dem normativ gebotenen Verhalten verglichen würde, sondern indem der Normgehalt sich in den Repräsentationen des Akteurs als ein Handlungsmotiv wiederfindet, d. h. der empirische Geltungsbereich einer Rechtsordnung oder eines Rechtsinstituts ist über die handlungsmotivierende „Vorstellung“ von der Geltung der Norm vermittelt. Insofern reicht also die normative Welt in die empirische hinein, was im übrigen auch die selbstverständliche Erwartung jeder Rechtssetzung ist, daß sie nämlich handlungsrelevant werde. Nur: ob dies auch geschieht, ist eine empirisch offene Frage, die nicht notwendigerweise im Wege äußeren Zwangs verläuft, also nicht ausschließlich durch einen Erzwingungsstab zu bewerkstelligen ist, sondern durch Einwirkung auf die Vorstellungskraft „in den Köpfen“ der Rechtsunterworfenen erfolgt. Damit hat Weber also implizit wichtige Aussagen über die Wirkungsweise von Recht im normativen Sinne getroffen. Hiervon zu unterscheiden ist freilich der Gedanke, daß die „politische oder soziale Geschichte“, von der Weber hier spricht, im Zusammenhang kausalhistorischer Zurechnung terminologisch auf die juristische Begriffsbildung zurückgreift: „Und wenn die politische oder soziale Geschichte juristische Begriffe verwenden – wie sie dies fortwährend tun – so wird das ideale Geltenwollen des Rechtssatzes hier nicht erörtert, sondern die juristischen Normen sind nur der für die Geschichte allein in Betracht kommenden faktischen Realisierung gewisser äußerer Handlungen von Mensch zu Mensch terminologisch soweit substituiert, als dies nach Lage der Sache möglich ist.“54 Damit ist ein neuer Gedanke angesprochen, der erklärt, warum die von Weber so scharf attackierte Konfusion normativ-juristischer Begriffsbildung und wortgleicher, aber logisch differenter empirischer Begriffsbildung, so leicht und vielfach unbemerkt vonstatten geht. Weil es nämlich innere Gründe für die 53 Zur Verschlingung von „Faktizität und Geltung“ vgl. Habermas, Jürgen, Faktizität und Geltung. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1992 (hinfort: Habermas, Faktizität); zum Verhältnis normativer und faktischer Geltung vgl. Gephart, Werner, Recht als Kultur. Zur kultursoziologischen Analyse des Rechts (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Band 209). – Göttingen: Vittorio Klostermann 2006, S. 179 ff. (hinfort: Gephart, Recht). 54 Weber, Roscher und Knies II, S. 133.

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Verwendung der juristisch-normativen Begriffe im empirischen Aussagezusammenhang gibt, die auf der faktischen Eingelebtheit, Plastizität und auch vermuteten Kausalrelevanz des juristischen Begriffsarsenals beruht. So insbesondere, wenn die aus der juristischen „subjektiven Welt“, wie Weber sagt, genommenen Kollektivbegriffe für die Wirklichkeit selbst gehalten werden, obwohl sie jeweils nur Chancen abgeben, daß eine bestimmte Art des Handelns faktisch abläuft: „Das Wort ist dasselbe, – was gemeint ist, etwas in logischem Sinn toto coelo Verschiedenes. Der juristische Terminus ist hier teils Bezeichnung einer oder vieler faktischer Beziehungen, teils ein ‚idealtypischer‘ Kollektivbegriff geworden. Daß dies leicht übersehen wird, ist die Folge der Bedeutung rechtlicher Termini in der Praxis unseres Alltagslebens; – und im übrigen ist der Sehfehler nicht häufiger und nicht schwerwiegender als der umgekehrte: daß Gebilde juristischen Denkens mit Naturobjekten identifiziert werden. Der wirkliche Tatbestand ist, wie gesagt: daß der juristische Terminus zur Erfassung eines rein kausal zu analysierenden realen Sachverhaltes verwendet wird und normalerweise auch verwendet werden kann, weil wir alsbald dem Geltenwollen juristischer Begriffsgebilde das faktisch existente soziale Kollektivum unterschieben.“55 Diese untergründige Verwicklung von normativer und empirischer Begriffsbildung taucht dann im gleichen Bild des „Unterschiebens“ im Kategorienaufsatz wieder auf, wenn Weber von dieser Notwendigkeit als dem „Schicksal“ aller Soziologie spricht.

3. Das Kausalitätsproblem als juristische und empirisch-historische Zurechnung Auch im Eduard Meyer-Aufsatz56 finden wir einschlägige Aussagen Webers über das Verhältnis von Rechtswissenschaft und empirisch-historischen Sozialwissenschaften. So sei für die leidige Kausalitätsfrage gerade die juristische Theoriebildung, insbesondere im Strafrecht, auf fruchtbare Weise für die methodologischen Probleme der empirischen, nicht-normativen Disziplinen nutzbar zu machen. Die Jurisprudenz könne nämlich dort hilfreich sein, wo „die Geschichtslogik noch im argen liegt“.57 Folgende Annahme wird von Weber zugrunde gelegt: „Daß gerade die Juristen, in erster Linie die Kriminalisten, das Problem behandelten, ist naturgemäß, da die Frage nach der strafrechtlichen Schuld, insoweit sie das Problem enthält: unter welchen Umständen man behaupten könne, daß jemand durch sein Handeln einen bestimmten äußeren Erfolg ‚verursacht‘ habe, reine Kausalitätsfrage ist, – und zwar 55 Ebd. 56 Weber, Kritische Studien. 57 Ebd., S. 188.

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offenbar von der gleichen logischen Struktur, wie die historische Kausalitätsfrage.“58 Damit ist die Kausalitätsfrage sowohl für die strafrechtliche wie die historische „Zurechnung“ auf den Handlungsbegriff zentriert. Hierfür gibt es einen inneren Grund, wie Weber anschließend ausführt: „Denn ebenso wie die Geschichte sind die Probleme der praktischen Beziehungen der Menschen zueinander und insbesondere der Rechtspflege ‚anthropozentrisch‘ orientiert, d. h. sie fragen nach der kausalen Bedeutung menschlicher Handlungen.“59 Auf dieser Gleichstellung fußt daher die Übertragung der juristischen Kausalitätslehre auf die Geschichtswissenschaft. Dort ist in Anlehnung an Arbeiten des Physiologen von Kries, den Weber übrigens in seiner Freiburger Zeit kennengelernt hatte, die „Lehre von der adäquaten Verursachung“ entwickelt worden – so der Titel der Dissertation Gustav Radbruchs,60 die Weber seinen „Kritischen Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik“ zugrunde legte.61 Es ist also juristischem Denken geschuldet, daß Weber mit dem Dogma der positivistischen Geschichtswissenschaft gründlichst aufräumt, sie habe sich nur um die „Wirklichkeit“, nicht aber um „Möglichkeiten“ zu kümmern: „Um die wirklichen Kausalzusammenhänge zu durchschauen, konstruieren wir unwirkliche.“62 Hinter diese methodologische Einsicht dürfe die Historiographie nicht mehr zurückfallen. „Abstraktion“ und sogar „Phantasiegebilde“ sind nicht nur zulässig, sondern notwendige Voraussetzung des historisch-empirischen Kausalurteils. Die juristische Denkform liefert die Basis der empirischkausalen Zuordnung.

4. Normative und empirische Geltung einer Regel: ihre „komplizierten Kausalverknüpfungen“ Schließlich ist im Stammler-Aufsatz63 eine auf die Norm bezogene, gleichwohl empirisch gemeinte Rechtsbetrachtung zu finden. Dies scheint Webers 58 Ebd., S. 188 f. 59 Ebd., S. 189 f. 60 Radbruch, Gustav, Die Lehre von der adäquaten Verursachung, in: Abhandlungen des kriminalistischen Seminars an der Universität Berlin, hg. von Franz v. Liszt, N. F. Band 1, Heft 3, 1902, S. 325–408. 61 Man sollte in der Zitierung Radbruchs das persönliche Moment nicht überbewerten. Freilich sollte man wissen, daß Weber erst 1914 – also acht Jahre nach dem EduardMeyer-Aufsatz – eine Gelegenheit sah, Gustav Radbruch „aufrichtig Glück zu wünschen zu der, weiß Gott! späten und ganz unzulänglichen Anerkennung, die Sie endlich finden [. . .]“ (Brief Max Webers an Gustav Radbruch vom 20. April 1914, MWG II/8, S. 632 f., hier S. 632). 62 Weber, Kritische Studien, S. 204. 63 Weber, Überwindung.

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Rechtsauffassung in unmittelbare Nähe zu der von Durkheim seit seiner Einführungsvorlesung entwickelten These zu bringen, nach der Recht als Struktur des sozialen Lebens zu betrachten sei. Freilich ist dies gerade ein Modell des Rechts, das von Weber aufs Schärfste kritisiert wird. Er führt aus, „daß es sinnlos ist, die Beziehung der Rechtsregel zum ‚sozialen Leben‘ derart zu fassen, daß das Recht als die – oder eine – ‚Form‘ des ‚sozialen Lebens‘ aufgefaßt werden könnte [. . .]“.64 Aus gegen den Vitalismus gerichteten Motiven65 erscheint es Weber zunächst suspekt, „die Möglichkeit einer selbständigen und eigenartigen sozialen Wissenschaft“66 an die Vorstellung des „sozialen Lebens“ zu koppeln. Stammler behauptet nämlich, die Wechselwirkungslehre Simmels z. B. führe zwangsläufig auf eine naturwissenschaftliche Betrachtung von einzelnen Menschen als Wirkverhältnis zurück. Es ist die Stammlersche „Lösung“ des Emergenzproblems, die Weber herausfordert, nämlich in der äußeren „Reguliertheit“ des sozialen Lebens eine die Einzelwesen verbindende „Form“ entdeckt zu haben. Webers Thema, das sich an der Rezension von Stammlers Buch über „Wirtschaft und Recht“ entfaltet, ist auf der unmittelbar wahrnehmbaren Ebene die Ambivalenz und Mehrdeutigkeit des „Regelbegriffs“, der die „stete Gefahr der hoffnungslosen Konfusion des Empirischen mit dem Normativen auf das Maximum“67 steigen läßt. In der Stammler-Auseinandersetzung wird aber zugleich die handlungsförmige Bestimmung des Gegenstandsbereichs einer verstehenden Soziologie vorbereitet, wie sie im Logos-Aufsatz explizite Gestalt annimmt. Sie entzündet sich an Stammlers Bestimmung des „sozialen Lebens“, dessen formale Eigenart darin bestehe, daß es „geregeltes“ Zusammenleben sei. Eine die „Konfusion des Empirischen mit dem Normativen“ vermeidende Betrachtung stellt nach Weber nämlich zwei Bedeutungen von „Regel“ fest, die beide nicht dafür taugen, Recht als „Form“ des sozialen Lebens zu betrachten. Einmal ist mit „Regel“ der gelten sollende Sinn einer Norm gemeint, der im Skatspiel von der „Skatjurisprudenz“, im Rechtsleben von der Rechtswissenschaft zur Ermittlung der „juristische[n] Wahrheit“68 festgestellt wird, welche wiederum ein „rein ideelles, vom juristischen Forscher destilliertes Objekt begrifflicher Analyse“69 bilde. Das „Gelten“ der Regel in diesem Sinne ist das Ergebnis – so Weber – der gedanklichen Verbindung von Begrif-

64 Ebd., S. 142. 65 Heinrich Rickerts Kritik des Vitalismus erscheint erst später; vgl. ders., Die Philosophie des Lebens. Darstellung und Kritik der philosophischen Modeströmungen unserer Zeit. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920. 66 Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 109. 67 Weber, Überwindung, S. 136 [Hervorhebung der Hg.]. 68 So die Formulierung in: ebd., S. 140. 69 Ebd., S. 139.

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fen, ein „Gelten-Sollen“ für den juristischen Intellekt. Diesem idealen Sinn der Regel aber kommt keine unmittelbare Bedeutung für ihre empirische Geltung zu. So heißt es im Stammler-Aufsatz: „Die Rechtsregel, als ‚Idee‘ gefaßt, ist ja keine empirische Regelmäßigkeit oder ‚Geregeltheit‘, sondern eine Norm, die als ‚gelten sollend‘ gedacht werden kann, also ganz gewiß keine Form des Seienden, sondern ein Wertstandard, an dem das faktische Sein wertend gemessen wird, wenn wir ‚juristische Wahrheit‘ wollen“.70 Aber Weber tendiert nun keineswegs zu einem schlichten Normrealismus als „Form“ des sozialen Lebens, vielmehr gelte: „Die Rechtsregel, empirisch betrachtet, ist aber erst recht keine ‚Form‘ des sozialen Seins, wie immer das letztere begrifflich bestimmt werden möge, sondern eine sachliche Komponente der empirischen Wirklichkeit [. . .].“71 Und das heißt: Nur soweit die am Recht beteiligten Personen, „Richter“, „Anwälte“, „Gerichtsvollzieher“, „Polizisten“ und die „Rechtsgenossen“, sich an der Vorstellung vom Gelten-Sollen der Regel orientieren, ist das soziale Sein durch ein rechtliches Sollen bestimmt. Da aber das Ausmaß der empirischen Geltung ungewiß ist, was nicht zuletzt die Implementationsforschung belegt und in Durkheims Normalitätsthese der Regelabweichung auch positiv gewendet ist,72 macht nach Weber die Rede vom „Recht als Form des sozialen Lebens“ keinen Sinn. Und dies hat seinen Grund darin, daß es – entgegen dem panjuristischen73 Bild – unterschiedliche Relevanzstufen74 der rechtlichen Geordnetheit des Handelns gibt, die zu einer differenzierten Einschätzung der kausalen Tragweite der empirischen Rechtsordnungen für die „Kulturtatsachen“ führt. Weber formuliert dies nicht ohne Ironie als eine Kritik des juristischen Weltbildes. So heißt es: „Der Fachjurist freilich ist begreiflicherweise geneigt, den Kulturmenschen im allgemeinen als potentiellen Prozeßführer zu betrachten, in demselben Sinn, wie etwa der Schuster ihn als potentiellen Schuhkäufer und der Skatspieler ihn als potentiellen ‚dritten Mann‘ ansieht.“75 Was ist nun unter „Recht“ oder „Rechtsordnung“ im Zusammenhang der Stammler-Kritik zu verstehen? Im normativen Sinne kann nur die ideelle 70 Ebd., S. 142. 71 Ebd. 72 Vgl. Durkheim, Emile, Die Regeln der soziologischen Methode. – Neuwied und Berlin: Luchterhand 1961 (zuerst 1895), S. 155 ff. Zur soziologischen Deutung siehe auch: Gephart, Werner, Strafe und Verbrechen. Die Theorie Emile Durkheims. – Opladen: Leske und Budrich 1990, S. 4–33. 73 Dieser treffende Ausdruck stammt von Carbonnier, Sociologie juridique (wie oben, S. 1, Anm. 1). 74 Vgl. die Formulierung in: Weber, Überwindung, S. 144: „Man könnte – was jedoch an dieser Stelle nicht geschehen soll – eine Serie von Gattungen möglicher Objekte der Untersuchung zu konstruieren suchen, bei der in jedem folgenden Beispiel die generelle kausale Bedeutung der konkreten Eigenart der ‚empirischen Rechtsordnung‘ immer weiter zurücktritt [. . .].“ 75 Ebd., S. 145.

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Normordnung gemeint sein, deren begriffliche Vernetzung genau dem „Ideal“ entsprechen müßte, das in Webers „Rechtssoziologie“ durch die Postulate der gemeinrechtlichen Jurisprudenz als formal rationalstes System des Rechts ausgewiesen wird. Verwandtschaft und Differenz zu Kelsens Grundidee der reinen Rechtslehre76 sind offenkundig. Empirisch farblos bzw. unzureichend bleibt dieser Begriff für die empirische Rechtsordnung. Denn es kommt ja ausschließlich auf die Vorstellung von der Geltung im jeweiligen Handeln an, so daß Weber am Ende eine rein kognitivistische Vorstellung von der empirischen Rechtsordnung zu entwickeln scheint. So heißt es ausdrücklich: „Das ‚empirische Sein‘ des Rechts als Maxime-bildenden ‚Wissens‘ konkreter Menschen nannten wir hier: die empirische ‚Rechtsordnung‘.“77 Nun: was hat Weber aus der polemischen Kritik dieses von ihm sogenannten „Geschichtsspiritualisten“ an positiver Deutung der Beziehung von juristischer und empirischer Betrachtungsweise entwickelt? Juristische und empirische Geltung einer Regel sind aufs Schärfste geschieden, insbesondere ist bei der Rede von der Existenz einer Rechtsnorm höchste Vorsicht geboten: Sie kann im Sinne eines ideell Gelten-Sollenden gemeint sein, von dem wir hoffen, daß es durch die in einer Rechtsgemeinschaft zu verbindlicher Auslegung Berufenen auch als „Recht“ erkannt, für ihr praktisches Handeln also empirisch wirksam werde, und das zugleich auch noch davon zu unterscheiden ist, inwieweit die Alltagsakteure in ihrem Handeln die Geltung der Norm unterstellen und sich in ihrem praktischen Handeln danach ausrichten.

5. Zur banalen Empirie der Regelanwendung Von welchen Banalitäten die Umsetzung eines ideal geltenden normativen Sinns in der Rechtsanwendungswirklichkeit abhängt, führt Weber im Anschluß an den Vortrag von Hermann Kantorowicz über „Rechtswissenschaft und Soziologie“ auf dem Soziologentag aus: „Ob nun im einzelnen Fall sich diese Rechtssätze faktisch in einem Urteil, welches, wenn wir auf den Sinn des Rechtssatzes sehen, – also eine ganz andere Frage als die soziologische stellen – ‚richtig‘ ist, realisieren, – nun, das hängt von einer Unmasse soziologischer Umstände und ganz konkreter Dinge ab. Gewiß auch davon unter Umständen, ob der Richter etwa einen sehr starken Frühschoppen hinter sich hat. Es hängt von der Art der Vorerziehung des Juristen ab, es hängt von tausend konkreten Verhältnissen ab, die, ob sozialer oder nicht sozialer Natur, 76 Vgl. hierzu Loos, Wert- und Rechtslehre (wie oben, S. 30, Anm. 46). Siehe auch: Bobbio, Noberto, Max Weber und Hans Kelsen, in: Rehbinder, Manfred und Tieck, KlausPeter (Hg.), Max Weber als Rechtssoziologe. – Berlin: Duncker & Humblot 1987 (hinfort: Rehbinder/Tieck, Weber als Rechtssoziologe), S. 109–126. 77 Weber, Überwindung, S. 142 [letzte Hervorhebung, Hg.].

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jedenfalls reine Faktizitäten sind. Das ‚Gelten‘ eines Rechtssatzes im soziologischen Sinn ist ein empirisches Wahrscheinlichkeitsexempel über Fakta, das Gelten im juristischen Sinn ist ein logisches Soll, und das sind zwei ganz verschiedene Dinge [. . .].“78 Kontingente Umstände aus der Lebenswelt des rechtsanwendenden Richters, der Frühschoppen oder aber auch seine „Vorerziehung“, verweisen auf eine empirische Richtersoziologie, wie sie Weber selbst nie betrieben hat oder allenfalls als Typologie der rechtskulturell geprägten Richtergestalten im angelsächsischen und kontinentalen Recht, nicht aber als eine Untersuchung der richterlichen Lebenswelten, einschließlich ihrer banalen Lebensumstände, sowie ihrer „Vorerziehung“, d. h. doch wohl ihrer klassen- und schichtenbedingten allgemeinen Sozialisationserfahrungen und ihrer jeweils spezifischen fachlichen Bildung, also ihrer juristischen Sozialisation. So sehr die Wirklichkeit der Rechtsanwendung vom Normideal abzuweichen vermag, so wenig kann die empirische Erforschung des Rechts umgekehrt auf die rechtsdogmatische Betrachtung verzichten. Und dies gilt auch für die Erforschung der rechtsgeschichtlichen Wirklichkeit. Nicht nur werde das rechtshistorisch Bedeutsame durch rechtsdogmatische Fragen der Gegenwart mitbestimmt, sondern als heuristisches Prinzip leiten rechtsdogmatische Überlegungen auch die rechtshistorische Forschung. Weber führt eine für die Rechtsgeschichte wichtige Beobachtung ein: „Darum würde ich es für unberechtigt halten, etwa den Unterschied zu machen: das Recht, das nicht mehr gilt, nur als Faktum und nicht als ‚Norm‘ zu betrachten, und das Recht, das noch gilt, nicht als Faktum[,] sondern als Norm.“79 Die Rechtsgeschichte befaßt sich daher mit komplexen „gedanklichen Operationen“,80 nämlich der Eruierung eines historisch relativen, richtigen normativen Sinns („indem ich mich also möglichst in die Seele eines Richters der damaligen Zeit zurückversetze“)81, um sodann das „lebendige, d. h. das faktisch in realem Zwang sich äußernde, Recht der betreffenden Zeit de facto“82 zu erkunden.

6. Verhältnis der Verstehenden Soziologie zur Rechtsdogmatik In dem grundlegenden Beitrag über „Einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ kommt Weber im dritten Abschnitt dieses werkgeschichtlich umstrittenen Aufsatzes in einem eigenen Abschnitt auf das „Verhältnis zur 78 79 80 81 82

Weber, Diskussionsbeitrag II (wie oben, S. 19, Anm. 1), S. 325. Ebd., S. 328. So schon Weber, Überwindung, S. 148, Fn. 16. Weber, Diskussionsbeitrag II (wie oben, S. 19, Anm. 1), S. 328. Ebd.

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Rechtsdogmatik“ zu sprechen. Hier hat ein Perspektivenwechsel stattgefunden: Es geht nicht mehr um die Bedeutung der soziologischen Betrachtung für die Jurisprudenz, sondern um die Bedeutung der Jurisprudenz, insbesondere ihrer Begriffsbildungsleistungen, für die von Weber erstmals aus der Sphäre von Dilettantenleistungen herausgehobene „verstehende Soziologie“. Das Postulat des „Verstehens“ ist zunächst der Grund, warum diese Art der Soziologie sich von Kollektivbegriffen lösen muß, die nicht verstehbare Subjekte konstruieren: denn ein substanzhaft vorgestellter „Staat“ ist nur vermittels seiner Akteure „verstehbar“. Wie Weber gerade in seiner Dissertation gezeigt hatte, kann es gute juristische Gründe für die Annahme einer juristischen Persönlichkeit des Staates oder auch der Handlungs- und Zurechnungsfähigkeit von „Gesellschaftsformen“ geben. Um die Konstruktion normativer Zurechnung aber geht es der Soziologie nicht: „Die Soziologie hat es dagegen, soweit für sie das ‚Recht‘ als Objekt in Betracht kommt, nicht mit der Ermittelung des logisch richtigen ‚objektiven‘ Sinngehaltes von ‚Rechtssätzen‘ zu tun, sondern mit einem Handeln, als dessen Determinanten und Resultanten natürlich unter anderem auch Vorstellungen von Menschen über den ‚Sinn‘ und das ‚Gelten‘ bestimmter Rechtssätze eine bedeutsame Rolle spielen.“83 Diese Geltungsvorstellung kann nun Anknüpfungspunkt etwa der Wirtschaftsakteure darüber sein, ob sie berechtigte Erwartungen hegen können, daß ihr Vertragspartner seinem Handeln eine Geltungsvorstellung etwa des Vertragsrechts zugrunde legt und darüber hinaus erwartet, daß gegebenenfalls auch der beurteilende Richter eine solche Erwartung der Erwartungserwartung hegt und sie in Anwendung des idealiter logisch objektiv zu ermittelnden Normsinnes, in wie immer gearteter Abweichung von dieser Erwartung, verbindlich bestimmen und mit den Mitteln des jeweiligen rechtlichen „Erzwingungsstabes“ durchsetzen wird. Aus diesem Tatbestand aber folgt – so Weber – das Begriffsbildungsmonopol der Jurisprudenz für die verstehende Soziologie, die eben auf die Vorstellungen über die Geltung einer normativen Ordnung aus Gründen der kausalen Zurechnung des Handelns besondere Rücksicht zu nehmen habe: „Es ist aber allerdings das unvermeidliche Schicksal aller Soziologie: daß sie für die Betrachtung des überall stetige Übergänge zwischen den ‚typischen‘ Fällen zeigenden realen Handelns sehr oft die scharfen, weil auf syllogistischer Interpretation von Normen ruhenden, juristischen Ausdrücke verwenden muß, um ihnen dann ihren eigenen, von dem juristischen der Wurzel nach verschiedenen, Sinn unterzuschieben.“84 So mag man an die begrifflichen Unterscheidungen der römischrechtlichen „actiones“ oder an die Vertragstypen des Besonderen Schuldrechts denken, die eine Trennschärfe der rechtlichen 83 Weber, Kategorien, S. 264. 84 Ebd., S. 265.

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Zurechnung begründen, gerade indem sie die von Weber oft so bezeichneten „flüssigen“ Übergänge des Handelns künstlich einfrieren.

7. Die Unterscheidung von juristischer und soziologischer Betrachtungsweise und die Differenzierung der Geltungsarten In der als Manuskript überlieferten Analyse der Beziehung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, in dem das ursprüngliche Konzept des Weberschen Grundrißbeitrags zum Recht besonders präsent ist,85 wird die Differenz von rechtssoziologischer und rechtsdogmatischer Analyse des Rechts ausdrücklich von einer Objektdifferenz geschieden und auf eine solche der reinen „Betrachtungsweisen“ zurückgeführt: „Es liegt auf der Hand, daß beide Betrachtungsweisen sich gänzlich heterogene Probleme stellen und ihre ‚Objekte‘ direkt gar nicht in Berührung miteinander geraten können, daß die ideelle ‚Rechtsordnung‘ der Rechtstheorie direkt mit dem Kosmos des faktischen wirtschaftlichen Handelns nichts zu schaffen hat, da beide in verschiedenen Ebenen liegen: die eine in der des ideellen Geltensollens, die andere in der des realen Geschehens.“86 Beziehungen zwischen „Wirtschaft und Recht“, worum es Weber im Anschluß an die Stammler-Auseinandersetzung geht, betreffen nicht die Beziehungen der Wirtschaft zu einer ideellen normativen Ordnung, sondern zum faktischen Geltungsbereich des Rechts. Damit also unterscheidet Weber nicht nur – wie Jellinek, an den er anknüpft87 – einen juristischen und einen soziologischen Staatsbegriff, sondern zergliedert den Begriff des Rechts selbst in einen juristischen und einen soziologischen. Weber geht noch darüber hinaus: Sämtliche Grundbegriffe der Rechtstheorie, wie „Recht“, „Rechtsordnung“, „Rechtssatz“, weisen eine völlig unterschiedliche Bedeutung auf, je nachdem sie im Sinne normativer oder faktischer Geltung gemeint sind. Die empirischen Geltungsgründe, Fügsamkeitsmotive und objektiven „Garantien“, wie es in dieser für „Wirtschaft und Gesellschaft“ bestimmten Passage heißt, lassen wir hier außer acht. Das Trennungspostulat wird nirgends so konsequent entwickelt, wie es in dem Eröffnungssatz von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ formuliert ist: „Wenn von ‚Recht‘, ‚Rechtsordnung‘, ‚Rechtssatz‘ die Rede ist, so muß besonders streng auf die Unterscheidung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise 85 Im Stoffverteilungsplan von 1909/10 heißt es unter Punkt 4. a) „Wirtschaft und Recht (1. prinzipielles Verhältnis, 2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands)“; abgedr. bei Winckelmann, Hauptwerk, S. 150–155, hier S. 151; MWG II/8, S. 808–816, hier S. 810. 86 Unten, S. 193. 87 Jellinek, Georg, Allgemeine Staatslehre, S. 174 ff., differenziert zwischen „sozialem Staatsbegriff“ und „juristischem Staatsbegriff“.

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geachtet werden.“88 Dies führt unter anderem zu dem später zu vertiefenden Ergebnis, daß die rechtsdogmatische Konstruktion eines wirtschaftlichen Sachverhalts rechtshistorisch und im Vergleich zwischen den Rechtskulturen sehr unterschiedlich ausfallen kann, ohne daß der Effekt auf die Wirtschaft, nämlich Berechenbarkeit des Handelns der Wirtschaftsakteure zu garantieren, hierdurch beeinflußt würde. Das aus methodologischen Gründen komplizierte Verhältnis von Rechtswissenschaft und Soziologie läßt sich von Weber her in der folgenden Weise resümieren: 1.) Die Sphäre des ideellen Geltensollens ist von der des faktischen Geschehens grundlegend geschieden. 2.) Rechtswissenschaft im normativen Sinne ist daher von einer empirischen Rechtssoziologie zu unterscheiden (Konfusionsverbot bzw. Sphärenfrevel). 3.) Nicht das einheitliche Objekt, sondern die jeweilige Betrachtungsweise konstituiert den „Gegenstand“ der normativen und der empirischen Betrachtungsweise, die besonders scharf geschieden werden müssen, wenn auch der wissenschaftliche Sprachgebrauch in der Rede von „Recht“, „Rechtssatz“ oder „Rechtsordnung“ diese logische Differenz nicht sichtbar werden läßt. 4.) Nur im Hinblick auf das Geltensollende ist der historische Sinn einer Rechtsnorm ebenso wie der positiv geltende Norminhalt zu ermitteln, ohne daß er hierdurch in die Faktizität hineinreicht. Die faktische Geltung einer Norm läßt sich, in Bezug auf vergangene oder gegenwärtige Geltung, freilich nur im Hinblick auf einen normativen Geltungssinn überhaupt beurteilen. 5.) Weil normative und kausale Sphäre völlig heterogen sind, kann es auch kein direkt kausales Wirken des ideellen Normgehalts in die faktische Geltungssphäre geben. 6.) Die „Wirkung“ der Norm verläuft vielmehr über die Vorstellung der Akteure von ihrer Geltung, gleichgültig worauf gegebenenfalls ihre Fügsamkeitsmotive beruhen: auf der Anerkennung des jeweiligen Normgehaltes, einer allgemeinen Rechtstreue, oder der Furcht vor dem Einsatz des Erzwingungsstabes. Freilich ist die Wirkungschance der ideellen Rechtsnorm erhöht, soweit in einem gewissen Ausmaß die Norm befolgt wird, weil sie geboten ist, sie also von einem Legitimitätseinverständnis getragen wird. 7.) Hat die soziologische Betrachtung die Erklärung und das Verstehen menschlichen Handelns zum Gegenstand, dann liegt es nahe, daß ihre Begriffsbildungsstrategie auf diejenigen Begriffe zurückgreift, die in den praktischen Handlungsorientierungen des Menschen faktisch in weitem Umfang wirksam sind. Dies trifft wegen ihrer faktisches Handeln ordnenden Leistung insbesondere auf die Rechtsbegriffe in der okzidentalen Welt zu, deren Weltbild durch einen juristischen Rationalismus auch im Alltag geprägt ist. Daher macht die menschliches Handeln verstehen wollende Soziologie Begriffsanleihen in der Jurisprudenz, auch wenn sie – insbesondere im Falle der zahlreichen aus innerjuristischen Gründen sinnvollen, weil für Zurechnungsfragen tauglichen Kollektivbegriffe – ihnen dann einen „eigenen“, eben empirisch möglichen Sinn unterschiebt. 8.) Aus diesen Annahmen ergibt sich zugleich, daß die Soziologie zur Ermittlung des ideell geltenden Sinns einer Rechtsnorm oder einer Rechtsordnung als Aufgabe der rechtswissenschaftlichen Dogmatik nichts beizutragen weiß. Eine Soziologisierung der Jurisprudenz, wie sie in Teilen der Freirechtsschule bzw. einer marxistisch angeleiteten Rechtslehre postuliert wird, ist nach Weber faktisch, wegen des logischen Hiatus von

88 Unten, S. 191.

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Sein und Sollen zum Scheitern verurteilt, zugleich aber, wie wir sehen werden, mit dem normativen Gehalt der okzidentalen Rechtskultur unvereinbar. 9.) Dies bedeutet nicht, daß die Feststellung über die faktische Geltung einer normativen Ordnung rechtlich unerheblich wäre, etwa soweit das Recht auf Handelsgewohnheiten oder Sitten und Gebräuche verweist, diese also zum Bestandteil normativ geltenden Rechts macht, insoweit es faktisch gilt. Auch ist jede Feststellung über den Schwund der faktischen Rechtsgeltung von größtem Belang für die Frage, ob eine Rechtsidee noch als Handlungsorientierung fungiert, das Rechtssystem sich an die Faktizität anpassen soll, oder aber auf seiner Fortgeltung insistieren muß und hierfür geeignete Maßnahmen zu treffen hat, die sich wieder zweckrationalen Erwägungen aufschließen, nicht aber in ihrer Finalität von einer empirischen Disziplin aus zu entscheiden sind. 10.) Nur unter Beachtung dieser Differenzierung macht die soziologische Betrachtung des Rechts nach Max Weber Sinn. Sie vermeidet eine naturalistische Bestimmung der Norm- und Rechtsinhalte und gewinnt für die Soziologie die Begriffsbildungserfahrung der Jurisprudenz, der sie ihrerseits die Grenzen ihrer Norm- und Rechtsgeltungsansprüche aufzeigt.

III. Begriff und Wirklichkeit des Rechts im Gefüge normativer Systeme: „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ Wer sich die Argumentation des Kategorienaufsatzes vor Augen hält, ist verblüfft, daß der für Weber doch so zentrale Komplex des Rechts in eine Fußnote verbannt ist. Dort heißt es zur Erläuterung des normativen Sinns von Recht und Konvention: „Der Begriff ist hier nicht speziell zu erörtern. Es sei nur bemerkt: als ‚Recht‘ gilt uns soziologisch eine in ihrer empirischen Geltung durch einen ‚Zwangsapparat‘ (im bald zu erörternden Sinn), als Konvention eine nur durch ‚soziale Mißbilligung‘ der zur ‚Rechts‘- bzw. ‚Konventions‘Gemeinschaft vergesellschafteten Gruppe garantierte Ordnung.“89 Dabei ist Recht im Kategorienaufsatz ja deshalb so zentral, weil Webers soziologische Grundfrage danach, wie angesichts der Labilität von wechselseitigen Erwartungen die empirische Geltung einer Ordnung als Chance ihres objektiven Befolgtwerdens zunehme, auf Recht verweist. Die Geltungschance einer Ordnung erhöht sich nämlich, „je mehr [. . .] die subjektive Ansicht in relevantem Maß verbreitet ist, daß die (subjektiv sinnhaft erfaßte) ‚Legalität‘ gegenüber der Ordnung ‚verbindlich‘ für sie sei“.90 Demgegenüber setzt die Kategorie des „Einverständnishandelns“ an die Stelle der ‚Legalität‘ der Ordnung die Haltung eines Akteurs, der Erwartungen für verbindlich hält, so „als ob“ ihnen eine Vereinbarung zugrundeläge. Das gleiche gilt aber für die Geltung von Vereinbarungen, die nicht von allen Mitgliedern der Rechtsgemeinschaft oder nicht in jeder Hinsicht „gebilligt“ worden sind und daher einer Art von Meta89 Weber, Kategorien, S. 269, Anm. 1. 90 Ebd., S. 270.

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Einverständnis bedürfen: „Auch Vereinbarungen ‚gelten‘ letztlich kraft dieses (Legalitäts-)Einverständnisses.“91 Damit also lastet auf dem Text über „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ eine mehrfache Erwartung: Recht als eine normative Ordnungskategorie neben solchen der Sitte und der Konvention in eine sinnverstehende Soziologie einzufügen, die dem besonderen Charakter wirtschaftlicher Erwartungen und ihrer rechtlichen Fassung so Rechnung trägt, daß die Fallstricke empiristischer und normativistischer Reduktionen des Rechts vermieden werden. Als Ende 1908 der Plan einer Neuausgabe des „Handbuchs der politischen Ökonomie“, des späteren GdS, in der Korrespondenz zwischen dem Verleger Paul Siebeck und Max Weber Gestalt annahm, stand Weber – wie wir sahen – in der methodisch fundamentalen Frage der Grenzbeziehungen der Sozialökonomik als empirischer Wissenschaft zu den Normdisziplinen, speziell der Rechtswissenschaft, ganz auf dem Boden seiner ein Jahr zuvor veröffentlichten Stammler-Kritik. Zwar räumte er gegenüber Hermann Kantorowicz ein, daß der angekündigte Fortsetzungsartikel dazu erst „durch Krankheit, dann durch andre Arbeiten gehindert“ worden sei. Mit Kantorowicz’ kritischer Besprechung der Stammlerschen Lehre vom richtigen Recht92 betrachtete er ausdrücklich jedoch nur die „Aufgabe, den Unfug des ‚richtigen Rechts‘ auch noch totzuschlagen“ als erledigt, nicht auch die einer Fortsetzung an sich.93 Der von Marianne Weber aus dem Nachlaß publizierte „Nachtrag“ zur Stammler-Kritik zeigt, daß Weber daran gearbeitet hat.94 Ende 1909 war Weber „mit der Durchsicht einer russischen Übersetzung meines Anti-Stammler-Aufsatzes beschäftigt“.95 Vor allem jedoch die bereits erwähnten Soziologentagsvorträge von Andreas Voigt und Hermann Kantorowicz boten Gelegenheit, öffentlichkeitswirksam die Kernpunkte der eigenen Stammler-Kritik anzusprechen.96 Der in den Manuskripten der hier edierten Rechtstexte zugrundegelegte Begriff des Rechts ist – wie wir sahen – aus einer langjährigen Beschäftigung mit dem Recht erwachsen. Die Konzeption des „Stoffverteilungsplanes“ für 91 Ebd., S. 280. 92 Kantorowicz, Hermann, Zur Lehre vom Richtigen Recht, in: Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Band 2, 1908/09, S. 42–74 (hinfort: Kantorowicz, Lehre vom Richtigen Recht). 93 Brief Max Webers an Hermann Kantorowicz vom 30. Okt. 1908, MWG II/5, S. 690 f., hier S. 690. Tatsächlich ist Weber im § 8 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ nur ganz kurz auf die Stammlersche Lehre vom Richtigen Recht eingegangen, wobei sein Urteil an dieser Stelle bemerkenswert „milde“ ausfällt; vgl. unten, S. 629 mit Anm. 45. 94 Weber, Nachtrag. 95 Brief Max Webers an Heinrich Rickert, vor dem 11. Dez. 1909, MWG II/6, S. 332 f., hier S. 332, Fn. 1. 96 Vgl. Voigt, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55); Kantorowicz, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55).

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das „Handbuch der politischen Ökonomie“ (1909/10), nach der Wirtschaft und Recht zunächst in ihrer prinzipiellen Beziehung, sodann in ihrer Entwicklungsdimension analysiert werden sollten, setzte eine begriffliche Schärfung des zu untersuchenden Gegenstandes voraus, also insbesondere auch eine Bestimmung des Rechtsbegriffs. Wann auch immer eine Abwendung von diesem Ausgangskonzept des Stoffverteilungsplanes erfolgt ist – es fällt auf, daß Weber in dem Eingangssatz von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ auf eine zuvor formulierte Definition Bezug zu nehmen scheint, wenn er in dem überlieferten Manuskript einsetzt mit einer vor die Klammer gesetzten Lektüreanweisung: „Wenn von ‚Recht‘, ‚Rechtsordnung‘, ‚Rechtssatz‘ die Rede ist, so muß besonders streng auf die Unterscheidung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise geachtet werden.“97 Eine solche Abkehr von der Stammlerschen Perspektive einer Beziehung von „Wirtschaft und Recht“ setzt auf der Seite des „Rechts“ die Vielfalt der Ordnungen frei, weshalb in der Tat die von Weber gewählte Überschrift als „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ genau bezeichnet, wo Weber über das toposartig tradierte Begriffspaar von „Wirtschaft und Recht“ hinausgreift. In einem begrifflichen Ringen – in das auch der Altmeister der begriffsbildenden soziologischen Semantik Ferdinand Tönnies mit seiner Studie zur „Sitte“ einbezogen wird – greift Weber sowohl auf die soziologischen wie auf die rechtstheoretischen und rechtshistorischen Differenzierungsmuster normativer Ordnungen zurück, welche in dem Dreiklang von Recht, Sitte, Konvention in unterschiedlichsten Nuancierungen und Durchmischungen normativer Momente einerseits und empirischer Elemente andererseits vertreten werden. Aber auch die Frage des Gewohnheitsrechts spielt in diese Begriffsbildungen hinein. Denn soweit der „Gewohnheit“ als usus oder consuetudo die Qualität einer Rechtsquelle zugeschrieben wird, hat das Rechtssystem der Faktizität des menschlichen Handelns normative Kraft und damit Rechtserheblichkeit zuerkannt. Damit fällt auch das Phänomen des „Brauchs“ sowie das von Weber mehrfach erwähnte, hier aber nur indirekt angesprochene Moment der „Mode“ ins Gewicht, das von Wilhelm Wundt98 und Tönnies99 im unmittelbaren Zusammenhang mit Sitte und Kon97 Unten, S. 191. 98 Wundt spricht von der Mode „als dieser vergänglichen und wertlosesten Abart“ (Wundt, Wilhelm, Ethik. Eine Untersuchung der Tatsachen und Gesetze des sittlichen Lebens, Band 3: Die Prinzipien der Sittlichkeit und die sittlichen Lebensgebiete. – Stuttgart: Enke 1912, S. 219). An anderer Stelle kennzeichnet er sie als ein Phänomen der „Oberfläche“, wo sich Sitte in Mode verwandelt, ähnlich wie Religion in Kultus oder Staat und Recht in die äußeren Formen (vgl. ders., Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte, Band 9: Das Recht. – Leipzig: Kröner 1918, S. 332). 99 Vgl. Tönnies, Ferdinand, Die Sitte (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien, hg. von Martin Buber, Band 25). – Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1909, S. 74 ff., bes. 80 (hinfort: Tönnies, Sitte).

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vention gesehen wird, zu dem der eigentliche Zugang in den Sozialwissenschaften der Jahrhundertwende und schon zuvor in Iherings „Zweck im Recht“100 aber ein normentheoretischer ist, der erst von Simmel überwunden wird. Nicht in Betracht zieht Weber in diesem Zusammenhang die dualen Bestimmungen von Recht und Moral sowie von Recht und Ethik. D. h.: die rechtsphilosophische Tradition ist ihm in diesem Kontext gleichgültig. Gerade weil Weber ja für die Religionsanalyse die Bedeutung religiöser „Ethik“ in den Vordergrund stellt, ist ihm dies für die Analyse von „Recht“ begriffsstrategisch eher hinderlich. Im Verhältnis von Rechtsbegriff, Sitte und Konvention entfalten sich aber auch rudimentäre Vorstellungen über den Rechtsbildungsprozeß, so daß sich unter dem Mantel von Begriffsabgrenzungen grundlegende Vorstellungen über die Herauskristallisierung des Rechts ergeben.

1. Zum Rechtsbegriff der Reinen soziologischen Rechtslehre Webers Rechtsbegriff ist vielschichtig. Er weist eine Handlungs-, eine Norm-, eine Sanktions- bzw. Ordnungs- und eine Wissenskomponente auf.1 In unterschiedlicher Weise sind jeweils die kognitive Geltungsvorstellung, die entsubstanzialisierend gemeinte Handlungsgrundlage, der ideelle Sinn und der über einen eigenen Sanktionsapparat repräsentierte Zwangscharakter des Rechts betont. Über eine Schicht der Interessen von Rechtsgemeinschaft und Rechtsinteressenten erheben sich Ideen des Rechts, die sie erst zu einer legitimen Ordnung machen. Es bleibt zu sehen, wie im Spannungsfeld der Stammler-Problematik einerseits und der Begründungs- und Begriffsstrategien einer im Kategorienaufsatz ausformulierten verstehenden Soziologie andererseits das Konzept des Rechts in dem Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ angelegt ist.2 Dieser in sich geschichtete Text fügt nämlich konsequent die Terminologie des Kategorienaufsatzes in unterscheidbaren Bearbeitungsschritten so ein, daß sich hieran die Bedeutung für Begriff und Wirklichkeit von Recht, Rechtsordnung und Rechtssatz messen läßt. Denn ein Vergleich der Überarbeitungsstufen ist nicht nur für die Datierung relevant,3 100 Ihering, Rudolf von, Der Zweck im Recht, 2 Bände, 3. Aufl. – Leipzig: Breitkopf & Härtel 1893–98 (hinfort: Ihering, Zweck im Recht I und II), hier Band 2, S. 230–240. 1 Vgl. Gephart, Werner, Juridische Grundlagen der Herrschaftslehre Max Webers, in: Hanke, Edith und Mommsen, Wolfgang J. (Hg.), Max Webers Herrschaftssoziologie. Studien zur Entstehung und Wirkung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2001, S. 73– 98, hier S. 74–86 (hinfort: Gephart, Juridische Grundlagen). 2 Vgl. auch die Analyse des Weberschen Rechtsbegriffs bei Hermes, Siegfried, Das Recht einer soziologischen Rechtslehre, in: Rechtstheorie, Band 35, 2004, S. 195–231. 3 Vgl. den Editorischen Bericht zum Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, unten, S. 179–188.

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sondern markiert zugleich neue Sinnakzente, die durch die Verwendung der „Kategorien“ erst möglich werden.

2. „Einverständnis“ und das Recht Neben der Einarbeitung der Differenzierung von Gemeinschafts-, Gesellschafts-, Verbands- und Anstaltshandeln liegt der terminologische Bruch zwischen einer frühen Textstufe und mehreren Überarbeitungen4 in der nahezu inflationären Einbindung der Kategorie des „Einverständnisses“ und ihrer Komposita: von der „Einverständnisgeltung“ und dem „Einverständnishandeln“ über die „Einverständnisgemeinschaft“ und die jeweiligen „Einverständnishandelnden“ bis hin zum „Herrschafts-Einverständnis“ und zum „Legitimitätseinverständnis“. Was also hat es mit dieser Begriffsinfiltration auf sich und warum wird sie hier so konsequent exekutiert? Am Ende des zweiten Abschnitts über „Rechtsordnung, Convention und Sitte“ wird der Sinn dieser Begriffsstrategie evident: „Die normative Regelung ist eine wichtige, aber nur eine causale Komponente des Einverständnishandelns, nicht aber – wie Stammler möchte – dessen universelle ‚Form‘.“5 Das Einverständnishandeln, das eben nicht auf tatsächlicher Verständigung oder auch nur stillschweigender Vereinbarung beruht, sondern auf der empirisch begründeten Vorstellung, „daß der subjektive Glaube an die objektive Geltung solcher Normen tatsächlich in ihrer Umwelt verbreitet ist (Einverständnis)“,6 diese Kategorie des Einverständnishandelns löst die Stammlersche Naivität einer Ineinssetzung von subjektiver und objektiver Geltung, empirischer und normativer Geltungsart auf und erklärt darüber hinaus, warum eben die Fülle des objektiv nicht geregelten Handelns in unterschiedlichsten Sphären gleichwohl von der Ordnungsmacht normativer Ordnungen profitiert: kraft einer universell verbreiteten Geltungsfiktion, d. h. kraft der Entstehung von „Einverständnisgemeinschaften“ bzw. der erfolgreichen Vergesellschaftung von Einverständnissen.

3. Die Zweiseitenlehre des Rechts In „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ ist die begriffliche Bestimmung von Recht und Rechtsordnung der Beziehung zur Wirtschaft und der Wirtschafts4 Vgl. dazu ausführlich den Editorischen Gesamtbericht, unten, S. 143 ff. 5 Unten, S. 237 f. 6 Unten, S. 229. Diese Schlüsselkategorie Webers, die sich von der juristischen Konsenstradition, auch der stillschweigenden und erst recht einer soziologischen Konsenstheorie unterscheidet, harrt noch einer systematischen Auslegung auch für Webers Rechtslehre.

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ordnung untergeordnet. Ein Konflikt zwischen ideeller Rechtsordnung und faktischer Wirtschaftsordnung sei gar nicht denkbar. Nur wenn die Rechtsordnung in eben dem empirischen Sinne gemeint sei wie die Wirtschaftsordnung, die in der einverständnismäßig geltenden Verteilung der Verfügungsgewalt über Güter und Dienstleistungen bestehe, entstünde überhaupt das Problem einer in der Tat intimen Beziehung von Wirtschafts- und Rechtsordnung. Das Recht der rechtsdogmatischen Betrachtung ist eben das auf seinen, dem Anspruch nach, „richtigen“ Sinn hin im Einzelfall gewonnene und in ein logisch in sich widerspruchsloses System gebrachte ideell geltende Normgebilde, unabhängig von seiner empirischen Geltung oder „Geltungsart“, wie Weber im Anschluß an Emil Lask7 formuliert. Nur mit der empirisch geltenden Rechtsordnung könne daher eine Spannung auftreten zwischen der einverständnismäßig entstandenen Verfügungsgewalt als faktischer Wirtschaftsordnung und einer Rechtsordnung, deren Geltungskriterien zu bestimmen sind. Weber entscheidet sich weder im Sinne einer subjektiven Anerkennungslehre oder ihrer Substitute, noch gar einer allgemeinen oder durchschnittlichen Anerkennung;8 auch die Befolgungsmotive sind für den empirischen Geltungsbegriff belanglos: Rechtstreue kann nicht Kriterium der empirischen Geltung sein. Insofern ist die „Orientierung“ an der Geltung einer Ordnung entscheidend, was seit dem Stammleraufsatz von Weber festgehalten wird, gerade in Bezug auf den devianten Akteur. Für den Begriff des Rechts wiederum gilt: Nicht daß überhaupt ein durch Rechtsinteressenten mobilisierter Rechtszwang ausgeübt wird, konstituiert die Ordnung als „rechtliche“, sondern die Garantie eines Rechtszwanges durch einen „Apparat“, nämlich eine als Zwangsapparat vorgestellte Sanktionsgemeinschaft, der nur aufgrund der Tatsache einer Rechtsverletzung, also um der Geltung des Rechts willen, in Gang gesetzt wird: „als garantiertes ‚Recht‘ wollen wir sie aber nur da bezeichnen, wo die Chance besteht, es werde gegebenenfalls ‚um ihrer selbst willen‘ Zwang, ‚Rechtszwang‘, eintreten.“9 Damit nimmt Weber eine außerordentliche Ausweitung des Rechtsbegriffs vor, der keineswegs auf das staatliche Recht 7 Bereits bei Rickert findet sich die Gegenüberstellung unterschiedlicher (formaler) „Geltungsarten“ von Begriffen der „beschreibenden“ bzw. „erklärenden“ Naturwissenschaften (ders., Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902, S. 86). Den Begriff der „Geltungsart“ führt Emil Lask zur Bestimmung der „Rechtswirklichkeit“ als dem Gegenstand der empirischen Wissenschaft an, während Weber die empirische Geltungsart als unterstellte Voraussetzung der juristischen Systembildung behandelt (vgl. Lask, Emil, Rechtsphilosophie, in: Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts (Festschrift für Kuno Fischer, hg. von Wilhelm Windelband), 2., verb. und erw. Aufl. – Heidelberg: Carl Winters 1907, S. 269–317, hier S. 273). 8 Vgl. hierzu Welzel, Hans, An den Grenzen des Rechts. Die Frage nach der Rechtsgeltung. – Köln, Opladen: Westdeutscher Verlag 1966. 9 Unten, S. 196.

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fixiert ist, solange eine Einverständnisgemeinschaft hinsichtlich der Durchsetzung einer normativen Ordnung besteht, in der eine solche Bereitschaft, dem „Rechte“ Nachachtung zu verschaffen, institutionalisiert ist. Ein subjektives Recht als Wahrung der Interessen des einzelnen besteht danach in der Chance, empirische Geltung – durch außerstaatliche oder staatliche Garantien – zu beanspruchen, indem ein Zwangsapparat unabhängig von Gnade, Willkür und Belieben, nämlich nur um der Durchsetzung des Rechts willen, mobilisiert werden kann. Nunmehr läßt sich der empirische Begriff der Rechtsordnung bestimmen: „Wir wollen vielmehr überall da von ‚Rechtsordnung‘ sprechen, wo die Anwendung irgend welcher, physischer oder psychischer, Zwangsmittel in Aussicht steht, die von einem Zwangsapparat, d. h. von einer oder mehreren Personen ausgeübt wird, welche sich zu diesem Behuf für den Fall des Eintritts des betreffenden Tatbestandes bereit halten, wo also eine spezifische Art der Vergesellschaftung zum Zweck des ‚Rechtszwanges‘ existiert.“10 Damit ist eine ganze Bandbreite normativer Ordnungen dem empirischen Rechtsbegriff unterstellt: das Kirchenrecht durch seinen eigenen Sanktionsapparat, gegenstaatliche Ordnungen wie bestimmte Dorf- oder Familienordnungen oder die normative Ordnung mafiöser Gemeinschaften, solange die Einverständnisgemeinschaft über einen eigenen Zwangsapparat beim Verstoß gegen die omertà verfügt, aber auch der männliche Ehrenkodex der bürgerlichen Gesellschaft, die zur Einhaltung der einverständnismäßig begründeten Duellpflicht innerhalb eines gesellschaftlichen Standes einen eigenen Zwangsapparat zur Verfügung stellt oder die Commentmäßigkeit der Ablehnung einer Forderung in Beleidigungsprozessen aus normativ rechtlichen Gründen prüft, oder wie Weber meinte: die ständische Duellpflicht für Offiziere als Rechtspflicht konstituiert11 und damit – wegen des Widerstreits zum Zweikampfverbot – einen Geltungskonflikt erzeugt, der in merkwürdigem Widerspruch zu Webers Ideal des widerspruchsfreien Systemcharakters des modernen formal-rationalen Rechts tritt und auch noch das Duell selbst in eine privilegierende ständische Sonderordnung des allgemeinen Strafrechts stellt.12 Setzt der empirische Begriff des Rechts also eine Fülle nichtstaatlicher Ordnungen in Beziehung zur Wirtschaftsordnung, so wird die normative Welt, die Stammler in seinem Rechtsbegriff mit jeglicher Geregeltheit des sozialen Lebens gleichsetzen wollte, von Weber dadurch erweitert, daß die normative „Stufenleiter“ lückenlos in „Konvention“ und „Sitte“ übergeht.

10 Unten, S. 204. 11 Vgl. unten, S. 206–209. 12 Vgl. aus sozial- und kulturhistorischer Perspektive: Frevert, Ute, Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft. – München: Beck 1991.

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4. Konvention und Sitte im normativen Kosmos der Gesellschaft Gewiß waren diese Begriffe in einer Zeit, in der Konvention und Sitte in ihrer Bedeutung für die Regelung des Alltags erodierten, auch im wissenschaftlichen Diskurs umstritten. Häufig wurden sie begrifflich synonym verwendet, dabei von den rechtlichen als „soziale Normen“ geschieden. „Sitte“ wird etwa bei Ihering als „verpflichtende Gewohnheit“ begriffen, während Weber der Sitte jede Qualität einer normativen Zumutung nimmt und sie als bloß faktische Gewohnheit begreift. Das Thema der „Sitte“ wurde von Ferdinand Tönnies in einem gleichlautenden Bändchen13 auch soziologisch aufgegriffen, das Max Weber – noch vor den Eklats auf dem ersten Soziologentag – mit der Bemerkung zur Kenntnis nahm, daß er das „Büchlein“ mit „großem Interesse und Belehrung“ gelesen habe.14 In einer Welt der Konventionen wird dem Begriff der „Konventionalregeln“ ein normtheoretischer Sinn zugeordnet. Auch Stammler streift das Problem, indem er es durch einen voluntaristischen Zustimmungsakt von den zwangsbewehrten Rechtsregeln abzugrenzen sucht,15 was nicht nur Weber gegen den Strich geht, sondern auch Julius Hatschek, der sich mit Stammler auseinandersetzt, als begriffsbildendes Merkmal zurückweist.16 Wenn Weber in den gleichen Zusammenhang das überlieferte rechtshistorische und rechtstheoretische Problem des Gewohnheitsrechts einordnet, dann wird das eigentümliche Problem einer jeden Befassung mit normativen Ordnungen artikuliert, wie nämlich „Verbindlichkeit“ entsteht, indem an den einzelnen oder an Gruppen gerichtete Erwartungen diesen auch, wie Weber pointierend formuliert, „zugemuthet“17 werden. Es gibt also ein kontinuierliches Verbindlichkeitsgefälle von bloßem durch Gewohnheit bestimmten Massenhandeln („Sitte“) bis zur Konvention, die an einen durch objektive Merkmale bestimmten Personenkreis normative Zumutungen richtet, für deren Garantie aber ein Zwangsapparat, d. h. eine Vergesellschaftung zum Zweck der Normdurchsetzung, nicht existiert, sondern lediglich die „Billigung“ oder „Mißbilligung“ des jeweiligen Normgeltungskreises über die „Verbindlichkeit“ der Konventionalregel entscheidet. Auch hier zeigt die Überarbeitung des Manuskriptes, wie sich über die Kategorie des „Einverständnisses“ die Besonderheit der Weberschen Auffas-

13 Tönnies, Sitte (wie oben, S. 44, Anm. 99). 14 Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 29. Aug. 1909, MWG II/6, S. 237–239, hier S. 237; vgl. auch unten, S. 211 mit Anm. 52. 15 Vgl. Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 121–124, 124–127, 479–482. 16 Vgl. Hatschek, Julius, Konventionalregeln oder über die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung im öffentlichen Recht, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Band 3, 1909, S. 1–67 (hinfort: Hatschek, Konventionalregeln). 17 Unten, S. 211.

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sung pointieren läßt: Konvention ist das durch keinerlei Zwangsapparat garantierte „Einverständnis“ der Normgeltung, während die „Sitte“ weder durch eine Innen-Außen-Differenz noch durch das normative Gebotensein, sondern durch bloße Faktizität ausgezeichnet ist, die für ihre kausale Wirksamkeit eben keinerlei „Einverständnis“ benötigt. Indem Weber also den Kosmos normativer Kreise über das Recht hinaus auf Konvention, Sitte und Gewohnheit erweitert, verschiebt sich aus sachlichen Gründen die ursprüngliche, an der Stammlerkritik orientierte Fragerichtung von „Wirtschaft und Recht (1. prinzipielles Verhältnis, 2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands)“18 zu der weiterführenden nach dem Zusammenhang von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, wie dieser Teiltext insofern zutreffend betitelt ist. Er enthält eine soziologische Theorie normativer Ordnungen, deren zentrale Bedeutung für die Konstitution des Sozialen hier in eine beiläufig klingende Formulierung versteckt ist: „Die Orientierung des Gemeinschaftshandelns an einer Ordnung ist zwar konstitutiv für jede Vergesellschaftung, aber der Zwangsapparat ist es nicht für die Gesammtheit alles perennierenden und anstaltsmäßig geordneten Verbandshandelns.“19 In der darunter liegenden Textschicht ist der Bezug auf den im Kategorienaufsatz formulierten Konstitutionszusammenhang noch deutlicher: „Und für das Gemeinschaftshandeln ist konstitutiv, daß es so abläuft, als ob eine Ordnung, an der es sich orientiere, bestände, nicht aber das reale Vorhandensein einer solchen.“20 Insofern stellt also das „Einverständnis“ oder das „Einverständnishandeln“ die Bedingung der Möglichkeit von Gesellschaft dar, freilich nicht durch seine von realen Gründen des Geltungsglaubens abgehobene Normativität, sondern durch eine Geltungsfiktion normativer Reguliertheit.

5. „Gewohnheit“ als ein „Grund“ des Rechts und die Entstehung des Neuen Ergeben sich aus der Forschungsidee von „Einverständnis“ und „Einverständnishandeln“ auch Konsequenzen für das klassische Problem des Gewohnheitsrechts? Die Zweiseitenlehre des Rechts wirft ja das Problem auf, wie denn „Faktizität und Geltung“ miteinander vermittelt sind, oder: wie aus der durch Gewöhnung faktisch bestimmten Seite ein Zumutungscharakter entsteht, der nicht nur mit dem Anspruch der Verbindlichkeit auftritt, sondern gegebenenfalls im Sinne des oben benannten Rechtsbegriffs die Chance enthält, daß notfalls ein Rechtsapparat mobilisiert wird, nur um der Geltung 18 So die Formel des „Stoffverteilungsplanes“; vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 151; MWG II/8, S. 810. 19 Unten, S. 237. 20 Unten, S. 237, textkritische Anm. m.

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des gewohnheitsrechtlichen Rechtssatzes willen. Oder anders formuliert: wie verwandelt sich faktische Übung in Normativität einerseits und empirische Einverständnisgeltung andererseits? Weber berührt damit grundlegende Fragen des Rechtsbildungsprozesses auf dem schmalen Grat des Konfusionsverbots, weil er das Rätsel der Genese von Normativität nicht umgehen kann. Webers Skepsis gegenüber den Forschungsergebnissen der Ethnographie läßt ihn nicht hoffen, diesen Sprung aus der Gewohnheit in die Rechtspflicht evolutionär verorten zu können: „Der Fortschritt von hier zu dem zunächst zweifellos vage und dumpf empfundenen ‚Einverständnis‘-Charakter des Gemeinschaftshandelns, d. h. zur Conzeption einer ‚Verbindlichkeit‘ bestimmter gewohnter Arten des Handelns[,] ist nach Umfang und Inhalt des Gebiets, das er ergreift, heute aus den Arbeiten der Ethnographie meist höchst unbestimmt erkennbar und kümmert uns deshalb hier nicht.“21 Weber verlagert also das Problem der Genese von Normativität auf die Ebene der Rechtspflicht, die als subjektiv gefühlte Verbindlichkeit verstanden wird: „Es wäre absolut Frage der Terminologie und Zweckmäßigkeit, in welchem Stadium dieses Prozesses man dann die subjektive Conzeption einer ‚Rechtspflicht‘ annehmen will.“22 Einverständnisgeltung und subjektive Konzeption von Rechtspflicht wären danach gleichbedeutend, so daß in der Tat die Suche nach dem Grund des Rechts bei Weber in der Kategorie des Einverständnisses mündet. Wie aber soll ein Verbindlichkeitsglaube, der sich auf die Macht des Gewohnten und die seelische Eingestelltheit auf derartige Regelmäßigkeiten stützt, irgendeine Neuerung zulassen? Während Weber im § 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ die Denkfigur des Charismas als Quelle der Neuerung einzusetzen weiß, finden wir in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ allenfalls die Umschreibung charismatischer Rechtserneuerer, wenn „nach allen Erfahrungen der Ethnologie [. . .] die wichtigste Quelle der Neuordnung der Einfluß von Individuen zu sein (scheint), welche bestimmt gearteter ‚abnormer‘ [. . .] Erlebnisse und, durch diese, bedingter Einflüsse auf Andre fähig sind.“23 Soweit Weber sich im Anschluß an den Psychologen Willy Hellpach auf die Medien von „Eingebung“ und „Einfühlung“ bezieht, bleibt dann allerdings genau dieser Übergang unklar, weil sich bei Hellpach keinerlei Anhaltspunkte für die Genese eines „Verbindlichkeitsgefühls“ in der Analyse „gemeinschaftspathologischer“ Erscheinungsformen finden.24

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Unten, S. 213. Unten, S. 214. Unten, S. 215. Vgl. unten, S. 215 f., Anm. 62, S. 217, Anm. 64.

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6. Kritik der materialistischen und spiritualistischen Determinationsverhältnisse von Wirtschaft und Recht In dem dritten, „Bedeutung und Grenzen des Rechtszwangs für die Wirtschaft“ überschriebenen Abschnitt werden nun Recht, Konvention und Sitte in ein nicht genetisches, sondern funktionelles Verhältnis gesetzt, nämlich „daß die Rechtsordnung nicht etwa infolge des Bestehens der Zwangsgarantie in der Realität empirisch ‚gilt‘, sondern deshalb, weil ihre Geltung als ‚Sitte‘ eingelebt und ‚eingeübt‘ ist und die Convention die flagrante Abweichung von dem ihr entsprechenden Verhalten meist mißbilligt.“25 So sehr Weber also den Begriff des Rechts einerseits auf außerstaatliches Recht ausgeweitet und andererseits den Kosmos normativer Ordnungen um Konvention, Sitte und Gewohnheit erweitert hat und auch ein ineinander verschränktes Geltungsgefüge von Recht, Sitte und Konvention konstruiert, so eindeutig ist Webers Präferenz für das staatliche, gesatzte Recht als Garant einer dem Marktgeschehen und der Marktentwicklung adäquaten Rechts. Denn das „zunehmende Eingreifen gesatzter Ordnungen aber ist für unsere Betrachtung nur ein besonders charakteristischer Bestandteil jenes Rationalisierungs- und Vergesellschaftungsprozesses, dessen fortschreitendes Umsichgreifen in allem Gemeinschaftshandeln wir auf allen Gebieten als wesentliche Triebkraft der Entwicklung zu verfolgen haben werden“.26 Damit zieht Weber die „Reine soziologische Rechtslehre“ als eine Analyse normativer Ordnungen in den Sog des Rationalisierungsprozesses, der hier als Triebkraft einer Entwicklung begriffen wird, die auch ein rationales Recht hervorbringt. Insbesondere sind es ökonomische Kräfte, die Weber – vor dem Hintergrund seiner seit dem Soziologentag behaupteten These der prinzipiellen funktionalen Unabhängigkeit von Wirtschaftsordnung und Rechtsordnung – für die Ausgestaltung eines „rationalen“ Rechts verantwortlich macht: „Die universelle Herrschaft der Marktvergesellschaftung verlangt einerseits ein nach rationalen Regeln kalkulierbares Funktionieren des Rechts. Und andrerseits begünstigt die Marktverbreiterung, die wir als charakteristische Tendenz jener kennen lernen werden, kraft der ihr immanenten Consequenzen die Monopolisierung und Reglementierung aller ‚legitimen‘ Zwangsgewalt durch eine universalistische Zwangsanstalt, durch die Zersetzung aller partikulären, meist auf ökonomischen Monopolen ruhenden ständischen und andren Zwangsgebilde.“27 Webers als Ergebnis präsentierte, aber eigentlich erst jetzt zum Gegenstand kommende „Zusammenfassung“ hatte das Bestimmungsverhältnis von Wirtschaft und Recht sowohl nach der Richtung einer materialistischen These der Bestimmtheit des Rechts durch die Wirtschaft wie der spiritualistischen 25 Unten, S. 240. 26 Unten, S. 241. 27 Unten, S. 247.

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Gegenthese einer logischen Bestimmtheit der Wirtschaft durch seine normative Geregeltheit – so Stammler – in eine Analyse von Wechselwirkungsverhältnissen aufgelöst. Einmal schütze das Recht nicht nur Eigentumsrechte als Verfügungsmöglichkeiten über wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen, sondern eben auch persönliche oder ideelle Interessen oder auch sonstige Autoritätsstellungen. Sodann sei der Wandel, ja die Revolution einer Wirtschaftsordnung trotz Kontinuität des formalen Rechtssystems denkbar. Schließlich wird die funktionale Äquivalenz von rechtlichen Regelungen, Instituten und Denkfiguren, wie sie unterschiedliche Rechtsordnungen und Rechtskulturen hervorbringen, rein von ihren die Berechenbarkeit des Rechts für die Wirtschaft erzeugenden Effekten her betrachtet. Zwar stünden Rechtsgarantien vielfach im Dienst ökonomischer Interessen. Das Ausmaß der Steuerbarkeit wirtschaftlichen Handelns durch Recht aber unterliege den inneren Schranken einer jeden Art von Zwangsanwendung und der Eigengesetzlichkeit wirtschaftlicher Handlungsmotive, deren Sinn es gerade sein könne, ökonomische Chancen nicht allein deshalb zu vernachlässigen, um legal handeln zu können, zumal wenn der Partikularismus des Rechts durch konkurrierende politische Verbände befördert wird. Im Vergleich der historischen Rechtskulturen gewährleiste keineswegs allein der Staat die Rechtsgarantien für Wirtschaftsinteressenten, da auch die Sippenhilfe z. B. Besitzschutz leiste, chartales Geld auch außerhalb staatlicher Garantien nachgewiesen werden könne. In einer zunehmend durch Kontrakte kommunizierenden Gesellschaft aber gewinnt die staatliche Garantie privatrechtlicher Ansprüche – trotz der Tradition einer Vertragslegalität, also einer Vertragstreue – allein wegen des Verlusts „des Glaubens an ihre Heiligkeit“ an Bedeutung, wie Weber ausdrücklich sagt.28 Legitimitätseinbußen oder ein Aufweichen der Einverständnisgeltung steigern den Bedarf nach staatlichem Recht neben den Strukturerfordernissen, die mit der Marktvergesellschaftung verknüpft sind. Mit dieser Ausrichtung hat der Text den Kontext des Logos-Aufsatzes überschritten, auch wenn er in der Textüberarbeitung von dessen fruchtbarster Kategorie, dem Einverständnis, profitiert. Mehr als eine Analyse der Wechselwirkungen von Wirtschaft und Recht in ihrem prinzipiellen Verhältnis greifen die grundlegenden normentheoretischen Überlegungen schon in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ über die ökonomische Sphäre als bestimmender Macht der „Epochen der Entwicklung“ dieses Beziehungsverhältnisses hinaus zu den Entwicklungsbedingungen des Rechts. Freilich nicht nur als Funktion der Entwicklung des politischen Verbandes, wie die Stellung und Formulierung in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 („Werkplan“) für den späteren GdS29 nahe legt, sondern als Zusammenspiel mit der religiösen, 28 Vgl. unten, S. 247. 29 Abgedr. in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 168–171, hier S. 168 f.; MWG II/8, S. 820– 823, hier S. 820 f.

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politischen, wirtschaftlichen Sphäre, aber auch als Konsequenz der Eigenlogik der rechtlichen Sphäre.

IV. Die Entwicklung des Rechts: Die sog. Rechtssoziologie Max Webers Zu den Manuskripten, die Marianne Weber nach dem Tod Max Webers in dessen Schreibtisch vorfand, gehörte ein umfassend redigierter und offenbar satzreifer, aber unbetitelter Text, den sie in einem für den Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) erstellten Kapitelverzeichnis der nachgelassenen Grundrißmanuskripte unter dem Titel „Rechtssoziologie“ anführte.30 Die „Rechtssoziologie“ bildet – zusammen mit dem an erster Stelle genannten Teiltext „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ – die Spitze dieses „Erstverzeichnisses der Kapitelfolge“.31 Dies mag die tatsächliche Ablage der Texte widerspiegeln und dann entweder Auskunft geben über die von Max Weber abschließend, jedenfalls zuletzt bearbeiteten Texte oder aber hinweisen auf den geplanten Fortgang der Überarbeitung des „dicken alten Manuskripts“ im Jahre 1920.32 Die enge Beziehung der beiden Manuskripte immerhin, gleichviel ob sie der faktischen Textlage bei ihrer Auffindung entsprochen hat oder aus einer nachträglichen Manuskriptanordnung durch die Erstherausgeberin resultiert, ist im Kontext von Webers Arbeiten an seinem Grundrißbeitrag vielfach dokumentiert. „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ ließ sich im Sinne des sog. ‚Stoffverteilungsplanes‘ für den späteren „Grundriß der Sozialökonomik“ nach Thematik und Sprachgebrauch dem vierten Abschnitt des dritten Kapitels „Wirtschaft und Gesellschaft“, und hier dem Punkt a) „Wirtschaft und Recht (1. prinzipielles Verhältnis)“ zuordnen, auch wenn der Text – wie wir sahen – durch das Einbrechen des Rationalitätsthemas diesen Horizont bereits überschritt. Damit stellt sich die Frage, ob wir das weitere überlieferte Manuskript nicht auch unter dieses Leitmotiv „Wirtschaft und Recht“ subsumieren können, wenn – an die oben genannte „prinzipielle Erörterung“ anschließend – im Stoffverteilungsplan von 1909/10 „2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“33 ausgewiesen sind. Es ist also zunächst noch von „Epochen“ die Rede, Abfolgeschemata also, die zu historischen Sinneinheiten verdichtet 30 Das Kapitelverzeichnis ist Beilage zum Brief Marianne Webers an Oskar Siebeck vom 25. März 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch den Abdruck bei Winckelmann, Hauptwerk, S. 94 f. 31 Winckelmann, Hauptwerk, S. 94. 32 Zur Überlieferungsgeschichte siehe ausführlich den Editorischen Gesamtbericht, unten, S. 135 ff. 33 Vgl. oben, S. 40, Anm. 85 [Hervorhebung der Hg.]

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sind, während die Analysen zur Genese des okzidentalen Rationalismus sich von einer Epochenkonstruktion zu einer Bedingungsanalyse fortentwickelt haben. Denn das Rationalisierungsthema sieht von einer Epochenfrage innerhalb eines historischen Entwicklungsprozesses ganz ab zugunsten der nur komparativ zu beantwortenden Frage nach den spezifischen Bedingungen des okzidentalen Rationalisierungsprozesses. Diese Fragestellung aber überschreitet das aus der Stammleropposition generierte Thema der Beziehung von Wirtschaft und Recht um all die Sphären, die Weber für rationalisierungsfähig und potentiell kausal relevant hält. Würde der Text „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ also nichts weiter als die Fortführung der im Stoffverteilungsplan von 1909/10 niedergelegten Kompositionsidee darstellen, also das Thema von „Recht und Wirtschaft“ über die prinzipielle Beziehung hinaus in die Richtung von Epochen historisieren, dann müßte der Auftakt dieses Werkstücks im § 1 an diese Fragestellung anschließen. Im ersten Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ findet sich jedoch keinerlei Anbindung an die oben entfalteten Erörterungen zum Begriff rechtlicher und sonstiger Ordnungen oder gar an die vorausgehende Frage von „Wirtschaft und Recht“ in ihrem prinzipiellen Verhältnis, die dem Teiltext „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ in seiner Tiefenschicht zugrunde liegt. Merkwürdigerweise aber knüpft dann der nächste Paragraph in seiner ältesten, maschinenschriftlich verfaßten Textschicht unmittelbar an das Thema von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ an. Im ersten Satz des § 2, der in der bisherigen Edition als ältere und gestrichene Textebene nicht sichtbar wird, heißt es nämlich: „Dieser ganz allgemeine Sachverhalt nimmt nun für die inhaltliche Gestaltung des Rechts und seiner Beziehungen zur Wirtschaft sehr konkrete Formen an.“34 Diese „sehr konkreten Formen“ sind auch in dem umfänglichen § 2 in einer Weise ausgeführt, für die die Umschreibung „Epochen ihrer Entwicklung“ im Sinne des Stoffverteilungsplanes von 1909/10 durchaus treffend erscheint. Es liegt daher folgende Hypothese nahe: Während die Grundschicht des § 2 und seine massiven textlichen Erweiterungen im Sinne des ursprünglichen Stoffverteilungsplanes als „Epochen der Entwicklung des heutigen Zustandes“ der Beziehung von „Wirtschaft und Recht“ gelesen werden können, die diachronische Analyse der Beziehung von Wirtschaft und Recht im Kontext der Stammlerproblematik repräsentierend, wird diese ursprüngliche Kompositionsidee überlagert von der Suche nach den Ursprüngen des okzidentalen, formal rationalen Rechts, dessen innere Differenzierung und Kriteriologie im Auftaktparagraphen entfaltet wird. Von da aus wird die nunmehr in den § 2 verwiesene Ursprungsgeschichte von Wirtschaft und Recht eingebunden in die weiterreichende Fragestellung nach den Bedingungen rechtlicher Inno34 Unten, S. 306, textkritische Anm. e [Hervorhebung der Hg.].

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vationen (§ 3), die erst den gesamten Bedingungskomplex von Eigengesetzlichkeiten juristischer Dogmatikentwicklung und ihrer Träger (§ 4) sowie der politischen (§ 6) und religiösen Sphärenkontexte (§§ 4, 5) freisetzt, während der Schlußparagraph zugleich resümiert und ein Lob der formalen Eigenheiten des Rechts der okzidentalen Moderne anstimmt. Es geht also in der reifsten Fassung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ um die Bedingungen, die über die Rezeption des römischen Rechts dazu geführt haben, daß nur im Okzident eine Konstellation für einen juridischen Rationalismus besonderer Art entstand. Die Eigenart der okzidentalen Moderne ist für Weber ohne das okzidentale Recht gar nicht zu erfassen. Diese Entdeckung Webers ist mit der Formulierung „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, wie es im Werkplan von 1914 lautet, durchaus kompatibel. Daß die Rechtsanalyse nach dieser Gliederung dem politischen Verband subsumiert wird, würde erklären, warum wir in den Briefschaften zum Grundrißvorhaben nur derart rare Bemerkungen zum Recht finden und dies immer im Zusammenhang mit einer soziologischen Staatslehre geschieht. So ist im Januar 1913 von dem großen Beitrag über „Wirtschaft und Gesellschaft – incl. Staat und Recht“ die Rede,35 der zwei Wochen später als „großer Artikel“ bezeichnet und nun in die Reihung „Wirtschaft, Gesellschaft, Recht und Staat“36 gebracht wird. Daß in dem berühmten Sylvesterbrief des gleichen Jahres von Recht im Unterschied zu allen möglichen Gemeinschaftsformen, Wirtschaft, Religion und gar Literatur in keiner Weise die Rede ist, verstärkt den Eindruck, als sollte zu diesem Zeitpunkt das Recht in die „umfassende soziologische Staats- und Herrschaftslehre“ integriert werden, die nach Weber ohne ihresgleichen und ohne Vorbild war. So war ja auch schon in dem Januarbrief die Rede davon, daß Webers „großer Beitrag“ eigentlich „eine vollständige soziologische Staatslehre im Grundriß“37 darstelle. Vor diesem Hintergrund stellt sich für das Verständnis der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ die Frage: Lassen sich Anteile des Textes letzter Hand einerseits der Stammler-Thematik als Epochen der Entwicklung von Wirtschaft und Recht zurechnen, andererseits aber solche ausmachen, welche die Logik evolutionärer Analyse der Entwicklungsbedingungen des (okzidentalen) Rechts, einschließlich der religiösen Machtkonstellationen, entfalten, während das „Recht“ als eine eigenständige Sphäre in Spannung zu einer umfassenden „soziologischen Staatslehre“ tritt? Entscheidend ist also, wie Weber das Problem der rechtlichen Entwicklung faßt und wie er Entwicklungsstufen und Epochenkonstruktionen im Hinblick auf das Thema des okzidentalen Rationalismus, das die religiöse Sphäre einbezieht, und der Entwicklung des Staates als eines politischen Verbandes einschätzt. 35 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 23. Jan. 1913, MWG II/8, S. 52 f., hier S. 52. 36 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 8. Febr. 1913, MWG II/8, S. 86 f., hier S. 87. 37 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 23. Jan. 1913, MWG II/8, S. 52 f., hier S. 53.

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V. „Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“ von „Wirtschaft und Recht“ Vor dem Hintergrund der Weberschen Einsichten in den konstruktiven Charakter der historischen Wissenschaften war das Problem von Entwicklung, Entwicklungsstufen und Epochenbildung nicht mehr naiv abzuhandeln. Zwar weist die Anlage von „Wirtschaft und Recht in ihrem prinzipiellen Verhältnis“ einerseits und die Frage nach den „Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“ eine Parallele zu Comtes dualer Konstruktion von „Statik“ und „Dynamik“ auf, die Frage der Epocheneinschnitte und des jeweiligen Konstruktionsprinzips von Epochen oder Entwicklungsstufen wird hierdurch jedoch nicht beantwortet. Umso größer waren die Erwartungen, die Weber an die Entwicklung eines Stufenmodells richtete, wie es von Karl Bücher in seinen Schriften38 vorgezeichnet und auch als vorbildlich eingeschätzt war. Büchers Beitrag zum GdS jedoch wurde als minderwertig angesehen. Im Januar 1913 vermerkt Weber in einem Schreiben an den Verleger, daß „ein sehr dürftiger Einleitungs-Artikel Büchers“ eingegangen sei und er nunmehr in diese „Bresche“39 springen müsse. Gilt dies auch dem Verleger gegenüber als Begründung für die Verzögerung für Webers eigene Manuskriptablieferung, so äußert sich Weber Johann Plenge gegenüber Mitte des Jahres 1913 außerordentlich skeptisch, ob ihm selbst ein solcher theoretischer Wurf gelänge: „Ich kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß Sie nach Vollendung Ihrer jetzigen Arbeiten zu Ihrer ,Stufentheorie‘ gelangen. Meine persönlichen Ansichten über diesen Punkt sind z. Z. in starkem Wandel begriffen und – nachdem Bücher mich im Stich gelassen hat, denn was er lieferte, taugt nichts – werde ich frühestens bei einer etwaigen Neuauflage des ‚Handbuchs‘ in der Lage sein, zu meinem Teil etwas zu diesem Problem beizutragen [. . .].“40 Daß „Epochen“ überhaupt nur als idealtypische Konstruktionen methodologisch haltbar sind, ist seit dem Objektivitätsaufsatz41 evident. Dies gilt gleichermaßen für eine „Stufenmetaphorik“. So lassen sich theoretische Stufenfolgen konstruieren, ohne daß eine „faktische Entwicklungsreihe“ damit harmonierte.42 Im Objektivitätsaufsatz war diese Gefahr ja deutlich benannt: „Auch Entwicklungen lassen sich nämlich als Idealtypen konstruieren[,] und diese Konstruktionen können ganz erheblichen heuristischen Wert haben.

38 Vgl. insbesondere Bücher, Karl, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Vorträge und Aufsätze, 2. Aufl. – Tübingen: Laupp 1898. 39 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 28. Jan. 1913, MWG II/8, S. 60 f., hier S. 61. 40 Brief Max Webers an Johann Plenge vom 11. Aug. 1913, MWG II/8, S. 303–310, hier S. 304 f. 41 Weber, Objektivität. 42 Vgl. den Brief Max Webers an Heinrich Sieveking vom 29. Juni 1913, MWG II/8, S. 254 f., hier S. 254.

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Aber es entsteht dabei in ganz besonders hohem Maße die Gefahr, daß Idealtypus und Wirklichkeit ineinander geschoben werden.“43 Dies bedeutet für die Lektüre der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“: Hat Weber ein explizites oder nur ein implizites Modell von Rechtsentwicklungsstufen oder gar von epochalen Einschnitten der Entwicklung des Rechts, die über die ausfüllungsbedürftige Formel einer Universalgeschichte des Rechts hinausgeht, systematisch verfolgt? Und inwiefern sind Webers „persönliche Ansichten über diesen Punkt [. . .] z. Z. in starkem Wandel begriffen“, wie er an Plenge schrieb? Wir werden sehen, wie sich die beiden Kompositionsideen oder Konzeptionen von Rechtsentwicklung eben nicht nur durch den Radius der einbezogenen Sphären – Wirtschaft und Recht einerseits, Recht, Wirtschaft, Religion, Gemeinschaft und Staat andererseits –, sondern auch durch die Entwicklungsvorstellung selbst unterscheiden als Idee von epocheartigen Abfolgen auf der einen sowie als Konstellation von Bedingungsgefügen auf der anderen Seite, die notwendige Voraussetzungen des juridischen Rationalisierungsprozesses sind. Die zentrale Fragestellung des Weberschen Textes „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ und seine innere Entwicklung werden durch einen Blick auf die Materialität des überlieferten Textes erhellt. Sie liegen in einer Tiefenschicht des späteren § 2 verborgen, welcher von der Grundschicht eines durchlaufenden zehnseitigen, maschinenschriftlichen Manuskripts ausgehend – so wie sie in diesem Band abgedruckt ist –,44 durch umfangreiche handschriftliche und maschinelle Einzüge um ein Vielfaches seines ursprünglichen Umfanges expandiert.45 Läßt sich dieser formale Textbefund inhaltlich deuten? Stellt der zusammenhängende maschinenschriftliche Grundtext46 einen in sich geschlossenen Sinnzusammenhang dar und lassen sich die gewaltigen Texteinschübe einer thematischen Not, einer bloßen Ausfüllung und historischen Anreicherung des Textgerüstes zurechnen oder werden hierdurch möglicherweise auch Argumentationsbrüche oder gar Sinnwidersprüche erzeugt? Liest man die Grundschicht für sich im Zusammenhang, dann ergibt sich folgendes durchlaufendes Argumentationsmuster: Auf die Erörterungen von „Wirtschaft und Recht“ in ihrer prinzipiellen Beziehung verweisend, kündigt Weber in der bereits zitierten Passage die Analyse der „sehr konkreten Formen“ der Beziehung an.47 Genau dies aber wird in der Grundschicht des § 2 eher angedeutet als en détail ausgeführt. Weber zeigt 43 Weber, Objektivität, S. 76. 44 Anhang I, unten, S. 643–651. 45 Siehe hierzu den Editorischen Bericht zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 259 ff. 46 Die Textgruppe IV der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ nach der Textgruppenübersicht, unten S. 162–169; vgl. den Abdruck in Anhang II, S. 652–662. 47 Wie oben, S. 55, Anm. 34.

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in dieser Grundschicht vielmehr, wie die Privatautonomie, von der Lehre des Rechtssatzes ausgehend, rechtstheoretisch zu denken und in ihrer kulturellen Bedeutung einzuschätzen ist. Weber argumentiert im Ergebnis gegen eine kapitalistische Idealisierung der Vertragsfreiheit, deren effektive Ausübung an die Verfügung über Produktions- und Erwerbsmittel durch die Marktinteressenten gebunden ist; er dekuvriert zugleich die marxistische Illusion gewaltfreier Sozialität, die angesichts der „Notwendigkeit einer sehr universellen Organisation“48 zum Scheitern verurteilt sei. Eine Geschichte der privatrechtlichen Institutionen oder gar einen Blick auf die „Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“, wie im Stoffverteilungsplan angekündigt, sucht man freilich vergeblich. Weber zeigt vielmehr wie die Abgrenzung der Rechtssphären unter der Garantie der Rechtsordnung dynamisiert wird, sobald die Rechtsordnung selbst Rechtssätze als Ermächtigung zur Schaffung autonomer Ordnungen, d. h. also vertraglicher Regelungen, bereitstellt. Webers Analyse geht nun von vornherein darauf aus, das durch Rechtssatz begründete Rechtsverhältnis über die unmittelbar verpflichteten Rechtssubjekte hinaus auf die Wirkung für und gegen Dritte auszuweiten. Nur als rechtshistorische Exempel zur Illustration dieses rechtstheoretischen Sachverhaltes werden die Beispiele Sklaverei, Ehevertrag oder Fideikommiß genannt, durch die in je unterschiedlicher Weise die Rechtsstellung Dritter berührt wird. So sind Beschränkungen der Vertragsfreiheit z. B. im klassischen römischen Recht dadurch gegeben, daß bestimmte, dem modernen Recht vertraute Rechtsinstitute als materieller Anspruch und justiziable Klageform gar nicht zur Verfügung stehen, wie die beschränkte Haftung der Aktiengesellschaft, die OHG, frei zirkulierende Inhaber- und Orderpapiere und die Zedierbarkeit von Forderungsrechten, während für das moderne Recht diejenigen Rechtsinstitute privatautonomer Gestaltung entzogen sind, die als Rentenbelastung von Grundstücken, vertragliche Regulierung sexueller Beziehungen oder auch als Ausgestaltung väterlicher und ehelicher Gewalt in der antiken Welt selbstverständlich waren. Nicht epochale Entwicklungen, die einem Wertewandel oder der Macht kapitalistischer Interessen entsprächen, sondern sehr pragmatische Gründe werden dafür benannt, daß ein Bedürfnis nach (betriebs-)kapitalistischen Rechtsinstituten in der antiken Welt nicht entstand: primär der politische, nicht gewerbliche Charakter des antiken Kapitalismus. Andererseits aber bringt das ökonomische Interesse nicht aus sich heraus die rechtlich tauglichen Formen, das wirtschaftsadäquate Recht, hervor; es bedarf vielmehr der Erfindung eines entsprechenden rechtstechnischen Mittels, für das die „rechtstechnische Eigenart einer Rechtsordnung, die Art der Denkformen, mit denen

48 Blatt A 10 / B 76, unten, S. 428.

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sie arbeitet“,49 von Bedeutung sei. So ist es möglich, daß im mittelalterlichen germanischen und nicht im stärker rationalisierten römischen Recht, Solidarhaftpflichten oder die Urkunde als eines symbolischen Trägers von Rechten „erfunden“ wurde. Und hier liegt die (rechts-)entwicklungsgeschichtliche Paradoxie begründet, daß die dem modernen Kapitalismus „auf den Leib“50 geschnittenen Sonderinstitute auf dem Boden einer Gesellschaft entstanden sind, die Raum für die Entwicklung partikularer Sonderrechte bot: das okzidentale mittelalterliche Recht. Auf die rechtstheoretische Unterscheidung von Verbots-, Erlaubnis- und Ermächtigungssätzen zurückgreifend, beschreibt Weber den rechtstechnischen Effekt der Einschränkung der Vertragsfreiheit. Er wird nicht durch Verbotsgesetze erzielt, sondern „einfach[,] indem es [das Recht, Hg.] keine Vertragsschemata (in Rom: keine Klageschemata) für sie zur Verfügung stellt“,51 oder, wie es ein Protagonist der Privatautonomie treffend formuliert: „Die Rechtsordnung enthält für die privatautonome Gestaltung einen numerus clausus der Aktstypen und der durch sie gestaltbaren Rechtsverhältnisse.“52 Der Gestaltungsraum der Parteiwillkür wird in einer ständischen Sozialordnung als einer Art Durchgangsstufe erweitert, wo „Willkür das Landrecht bricht“, solange noch kein (politischer) Verband das Rechtssetzungsmonopol erlangt hat. Dieser Monopolisierungsprozeß aber wird durch zwei der großen „rationalisierenden Mächte“: die Markterweiterung und die Bürokratisierung,53 vorangetrieben. Damit geraten nun aber doch die Markinteressenten ins Spiel als „Marktmachtinteressenten“, die im „formal freien Preis- und Konkurrenzkampf auf dem Markt ökonomisch Privilegierten“54. Sie sind an der Erzeugung derjenigen Vertragsschemata interessiert, die am Ende vor allem ihre eigene Autonomie fördern. Die Privatautonomie – so ließe sich der Gedankengang Webers resümieren – ist also lediglich eine Stütze der Autonomie der besitzenden Klassen. Eine sozialistische Rechtsordnung freilich würde die Macht der „privaten Besitzer der Produktions- und Erwerbsmittel“55 durch eine zentral regulierende Instanz ersetzen müssen, also keineswegs den Zwangscharakter rechtlicher Regulierung aufheben. Und umgekehrt sei die rechtsgeschäftliche „‚Dezentralisation der Rechtsschöpfung‘“56 keine Minderung des Zwangs im Vergleich zu einer sozialistischen Rechtsordnung, die ihrerseits nicht zwangfrei durch Recht kommuniziere. 49 Blatt A 6 / B 24, unten, S. 346. 50 Ebd., unten, S. 347. 51 Blatt A 7 / B 32, unten, S. 359. 52 Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 2: Das Rechtsgeschäft. – Berlin, Heidelberg, New York: Springer 1965, S. 2. 53 Blatt A 8 / B 33, unten, S. 367. 54 Ebd., unten, S. 368. 55 Blatt A 9 / B 75, unten, S. 427. 56 Ebd., unten, S. 426.

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Damit enthält die Grundschicht des späteren § 2 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, die das Motiv des Stoffverteilungsplans aufnimmt, nämlich die Beziehung von „Wirtschaft und Recht“ als „Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“ oder – wie der erste Satz dieser Textfassung lautet – die „sehr konkreten Formen“ dieser Beziehung, folgende Leitthemen: Es bedarf der juristischen Formen für die privatautonome Gestaltung der Lebensverhältnisse, deren Charakter vom Träger des Kapitalismus: Staat oder Wirtschaft, und vom Grad der Monopolisierung der Rechtssetzungsmacht abhängen, aber auch von der Eigenart der juristischen Denkformen, die sich nicht auf Klasseninteressen reduzieren läßt, auch wenn die Marktinteressenten die Entwicklung neuer Rechtsinstitute schließlich entscheidend vorantreiben. Mithin sind die Leitmotive der späteren Analyse von „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ benannt. Von „Epochen“ oder den „sehr konkreten Formen“ der Beziehung von Wirtschaft und Recht ist dies jedoch noch weit entfernt. Daher lohnt es sich zu beobachten, wie Weber diesen Grundstock seiner Argumentation, in dem die Eigengesetzlichkeit rechtlicher Rationalisierung aufscheint, aber die Religion als wirklichkeits- und wertbestimmende Macht des Gemeinschaftshandelns noch gar nicht in den Blick gerät, sukzessive ausfüllt und im weiteren überschreitet.

VI. Die Entwicklungsbedingungen des rationalen Rechts Sind also die Grundschicht und die immensen Texterweiterungen des späteren § 2 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ noch einer Historisierung des Stammler korrigierenden Projekts einer Beziehung von Wirtschaft und Recht verpflichtet, so wird mit der Bestimmung der Dimensionen der formalen Qualitäten des Rechts und seiner Entstehungsbedingungen am Ende des nun vorangestellten § 1 ein neues Thema angeschlagen: Maß und Art der Rationalität des Rechts. Weber bewegt sich bei der Suche nach diesen Eigenschaften des modernen Rechts auf einer Gratwanderung zwischen Rechtstheorie, Rechtsgeschichte und Soziologie des Rechts. Dies zeigt sich in der Entwicklung der Textteile, die diesem Sujet verpflichtet sind. So ist der erste Paragraph zunächst im Sinne der traditionsreichen Unterscheidung als „‚Privates‘ und ‚öffentliches‘ Recht“ überschrieben,57 um später soziologisiert zu werden zu „Die Differenzierung der sachlichen Rechtsgebiete“. Ähnlich weist der fortlaufende Argumentationsfaden in § 3 die Notiz „§ 2: jurist. Person. // § 3: Gewohnheitsrecht.“ auf,58 folgt also zunächst der juristisch-rechtstheoretischen 57 Unten, S. 274, textkritische Anm. e. 58 Unten, S. 430, textkritische Anm. a.

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Semantik, um dann auch hier die engere juristische Sprache zu verlassen und als „Form des objektiven Rechts“ ein Gegengewicht zu den „Formen der Begründung subjektiver Rechte“ zu bilden, wie der § 2 in einem Korrekturzug nunmehr genannt ist, nachdem er in gleichem juristischen Duktus einmal, nicht unzutreffend, „Vertrag und Vertragsfreiheit“ benannt war. Die zunehmende Soziologisierung der Rechtsbetrachtung läßt sich also am Wandel der Überschriften sehr genau ablesen (Übersicht 1). Verworfene Titel

Überlieferte Titel

§ 1 „Privates“ und „öffentliches“ Recht

§ 1 Die Differenzierung der sachlichen Rechtsgebiete

§ 2 Vertrag und Vertragsfreiheit

§ 2 Die Formen der Begründung subjektiver Rechte

§ 2 jurist. Person

§ 3 Die Form des objektiven Rechts

§ 3 Gewohnheitsrecht § 4 Die Typen des Rechtsdenkens und die Rechtshonoratioren § 5 Formale und materiale Rationalisierung des Rechts. Theokratisches und profanes Recht § 6 Imperium und patrimonialfürstliche Gewalten in ihrem Einfluß auf die formalen Qualitäten des Rechts. Die Codifikationen

§ 6 Amtsrecht und patrimonial fürstliche Satzung. Die Codifikationen

§ 7 Die formalen Qualitäten des revolutionär geschaffenen Rechts. Das Naturrecht § 8 Die formalen Qualitäten des modernen Rechts Übersicht 1: Wandel der Paragraphenüberschriften in „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“.

Um so mehr besteht Weber auf einem durch die innerjuristische Sicht geprägten Bild des modernen Rechts, wie es am Ende des § 1 pointiert wird. Max Weber läßt damit eine Reihe von dualen Entwicklungsschemata hinter sich, wie sie in der rechtshistorischen Diskussion en vogue waren und im Text durchaus noch aufgegriffen sind: So ist für Weber die Überwindung eines anschaulichen, an äußerliche Merkmale anknüpfenden Symbolismus entscheidend: „Das Haften an diesen äußerlichen Merkmalen: z. B. daß ein bestimmtes Wort gesprochen, eine Unterschrift gegeben, eine bestimmte[,] ein für alle mal in ihrer Bedeutung feststehende symbolische Handlung vorgenommen ist, bedeutet die strengste Art des Rechtsformalismus.“59 Insofern kennzeichnet Weber eine Entwicklung vom Symbol zur Abstraktion, die freilich unterschätzt, wie hartnäckig der Symbolbedarf auch in rationalisierten 59 Unten, S. 304. Zu diesem Topos der Rechtsentwicklung vgl. z. B. Savigny, Beruf (wie oben, S. 24, Anm. 23), S. 10, der die symbolischen Handlungen in die Grammatik einer historischen Epoche zusammenfließen läßt.

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Gesellschaften ist. Ein weiteres duales Entwicklungsschema des berühmten Sir Henry Sumner Maine60 wird insbesondere im zweiten Paragraphen, also noch näher an der Entwicklungsfrage der Beziehung von Wirtschaft und Recht angelehnt, von Weber dialektisch umgeformt, indem nicht die Entwicklung vom „Status“ zum „Kontrakt“, sondern – unter der Prämisse der universalhistorischen Bedeutung des Vertrages – nur ein Wechsel der Vertragsart, nämlich vom Status- zum Zweckkontrakt61 postuliert wird. Noch bedeutsamer freilich scheint die Kritik eines Entwicklungsmusters von Recht, daß einen unilinearen Prozeß der Universalisierung unterstellt. Webers „Modernität“ besteht – für den am Handelsrecht geschulten Juristen nicht ganz verwunderlich –62 gerade darin, auf moderne Rechtspartikularitäten zu verweisen. Während „ständische“ und „lokale“ Rechtspartikularitäten, aber auch religiöse wie im Islam, nach Webers Auffassung jedenfalls, einer Rationalisierung des Rechts hinderlich sind,63 sind „berufstypische“ Partikularitäten Ausdruck einer beruflichen Differenzierung, wie sie gerade ein modernes Recht kennzeichnet.64 Anstelle derartiger Simplifikationen und Schematisierungen der Rechtsentwicklung bietet Weber das komplexere Modell einer Konstellationsanalyse der Entwicklungsbedingungen rationalen Rechts an, das zunächst Begriff und Dimensionen rationalen Rechts zu fassen sucht (VI.), hieraus einerseits den innerjuristischen Verhältnissen (VII.) und den Trägern rechtlicher Rationalisierung einen hohen Entwicklungsprimat zuschreibt (VIII.), um den politischen Ordnungen (IX.) und religiösen Mächten (X.) als externen Entwicklungsfaktoren andererseits ihr jeweiliges Gewicht für den Verlauf des juridischen Rationalisierungsprozesses beizumessen.

1. Das Problem des juridischen Rationalismus Daß der okzidentale Rationalismus, seine Eigenart und seine Genese im Zentrum der Weberschen Forschungsanstrengungen stand, wird kaum jemand anzweifeln. Und doch ist der Sinn dieses „Rationalismus“ höchst umstritten, vielschichtig und auch in manchem fragmentarisch geblieben. Das Manuskript „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ gibt Aufschluß über die 60 Vgl. Maine, Henry Sumner, Ancient Law. It’s Connection with the Early History of Society and its Relation to Modern Ideas. – London, New York, Toronto: Oxford University Press 1861 (hinfort: Maine, Ancient Law). 61 Siehe unten, S. 315 f. mit Anm. 22. 62 Vgl. unten, S. 615 f. 63 Vgl. unten S. 360 ff. 64 Diesen Aspekt hebt heraus: Nitsch, Carlo, Particolarismo giuridico moderno, ragionevolezza, equità, in: d’Avack, Lorenzo und Riccobono, Francesco, Equità e ragionevolezza nell’attuazione di diritti. – Napoli: Alfredo Guida 2004, S. 165–198.

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allmähliche Verfertigung der Gedanken Webers auch zu diesem Schlüsselkonzept seines Denkens. Es zeigt, wie in einer „Sphäre“ Kritierien der Rationalität entwickelt werden, wie Richtungen des Rationalismus unterschieden und Bedingungskontexte freigelegt werden, die solche Entwicklungsschübe in die Richtung der Rationalisierung, d. h. für Weber: der formalen Rationalisierung des Rechts, lenken. Insofern ist der Text „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ vielfach als eine Art Paradigma sphärentypischer Rationalisierungsprozesse begriffen worden.65 Die Behandlung des Rechts stellt sich damit freilich in den Kontext der weit gespannten Untersuchungen, deren Problemstellung in der „Vorbemerkung“ zum ersten Band der „Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie“ am eindringlichsten formuliert ist: „[W]elche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, daß gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch – wie wenigstens wir uns gerne vorstellen – in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen“.66 Und in der Aufzählung der Eigenarten der okzidentalen Welt taucht immer wieder, neben der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Herrschaft, der Musik67 und der Kunst, vor allem das Recht und seine Reflexion als Rechtslehre unter den Sondergebilden des Okzidents auf. So insistieren gerade die religionsvergleichenden Aufsätze Webers darauf: „Für eine rationale Rechtslehre fehlen anderwärts trotz aller Ansätze in Indien (Mimamsa-Schule), trotz umfassender Kodifikationen besonders in Vorderasien und trotz aller indischen und sonstigen Rechtsbücher, die streng juristischen Schemata und Denkformen des römischen und des daran geschulten okzidentalen Rechtes.“68 Das Recht gerät damit in eine Schlüsselrolle für die Beschreibung und Erklärung des okzidentalen Rationalismus, die sich vor allem in der Stiftung von Berechenbarkeit erzeugenden Institutionen für den Wirtschaftsverkehr zeigt: „Denn der moderne rationale Betriebskapitalismus bedarf, wie der berechenbaren technischen Arbeitsmittel, so auch des berechenbaren Rechts und der Verwaltung nach formalen Regeln, ohne welche zwar Abenteurer- und spekulativer Händlerkapitalismus und alle möglichen Arten von politisch bedingtem Kapitalismus, aber kein rationaler privatwirtschaftlicher Betrieb mit stehendem Kapital und sicherer Kalkulation möglich ist.“69 Weber behauptet also eine spezifische Funktionalität des „rationalen Rechts“ für die

65 Schluchter, Entstehung des okzidentalen Rationalismus (wie oben, S. 2, Anm. 5), S. 122–203, zeigt die „formale“ und „sachliche“ Bedeutung der Rationalisierung des Rechts für die okzidentale Entwicklung in systematischer Weise auf. 66 Weber, Vorbemerkung, S. 1. 67 Vgl. die Einleitung von Christoph Braun und Ludwig Finscher zur Musiksoziologie Max Webers, MWG I/14, S. 100 ff. 68 Weber, Vorbemerkung, S. 2. 69 Ebd., S. 11.

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Entwicklung des okzidentalen Kapitalismus – und dies angesichts der These einer relativen Unabhängigkeit von Rechtsform und Wirtschaftsform, wie sie in dem Fragment „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ entwickelt wurde. In der „Vorbemerkung“ heißt es insoweit unmißverständlich weiter: „Ein solches Recht und eine solche Verwaltung nun stellte der Wirtschaftsführung in dieser rechtstechnischen und formalistischen Vollendung nur der Okzident zur Verfügung.“70 Über diese unmittelbare Funktionalität hinaus besteht die Rolle des rationalen Rechts der okzidentalen Moderne auch darin, daß eine bestimmte Art des unpersönlichen, abstrakten, systematisierten und von professionellen Hütern des Rechts entwickelte und garantierte normative Ordnung in alle übrigen Rationalitätssphären des Okzidents hineinragt: so ist die Herrschaft vermittels eines bürokratischen Herrschaftsapparates außerhalb einer rationalen Rechtsordnung gar nicht denkbar, weil seine konstitutiven Merkmale bereits aus dem Recht geschöpft sind. Freilich kann man diese Art der Fragestellung nicht einfach in den als „Die Entwicklungsbedinungen des Rechts“ überlieferten Text hineinprojizieren, derart, als habe Weber darin gefragt, warum sich nur im Okzident eine bestimmte Art des juridischen Rationalismus herausgebildet habe. Vielmehr ist in der Arbeit am Text gerade zu sehen, wie die ursprüngliche, auf das Verhältnis von Wirtschaft und Recht bezogene Problemstellung sich über die Bestimmung der Dimensionen des „rationalen Rechts“ (§ 1), die Frage nach der „Richtung“ der Rationalisierung (Ende von § 3) und der inner- wie außerjuristischen Entwicklungsbedingungen (§§ 4–7) hin zum Gesamtkomplex des juridischen Rationalismus im Okzident verlagert. Gerade weil Weber immer wieder betont, wie unbestimmt und vieldeutig der Begriff des „Rationalismus“ sei – so am Ende der Protestantismusstudie71 und auch in der „Vorbemerkung“72 –, ist die Bestimmung der Kriterien des „Rationalen“ im Recht von strategischer Bedeutung für die Frage, ob denn das universalhistorische Privileg nur für das okzidentale Recht gelte, welche Abstufungen der Rationalität möglicherweise zwischen den Rechtskulturen zu unterscheiden sind, und, ob diese Kriterien auch Rationalisierungsdifferenzen innerhalb der okzidentalen Rechtskultur anzuzeigen vermögen. Diese Spezifikation von Kriterien des rationalen Rechts bleibt freilich im Zusammenhang zu sehen mit der von Weber vor allem in der „Vorbemerkung“ und in der „Zwischenbetrachtung“ zu den Studien über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ konstatierten Tragödie der Moderne, die aufs engste mit den Ambiguitäten und widersprüchlichen Folgen der Rationalisierung des 70 Ebd. 71 Weber, Max, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: GARS I, S. 17–206 (MWG I/18), hier S. 204 f. 72 Weber, Vorbemerkung, S. 11: „Nun kann unter diesem Wort höchst Verschiedenes verstanden werden [. . .].“

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Okzidents verknüpft ist. Das Recht liefert ein besonders dramatisches Beispiel für die Widersprüche der Moderne, die sich bei Simmel scharf formuliert finden: „[. . .] von gewissen Grundtatsachen aus logisch entwickelt, in einem Kodex fester Gesetze niedergelegt, von einem besonderen Stande getragen, gewinnt es den anderweitigen, von den Personen empfundenen Verhältnissen und Bedürfnissen des Lebens gegenüber jene Starrheit, durch die es sich schließlich wie eine ewige Krankheit forterbt, Vernunft zum Unsinn, Wohltat zur Plage wird.“73

2. Dimensionen des rationalen Rechts „Rationales Recht“ ist bei Weber ein mehrdimensionaler Begriff. Und die Rationalisierung des Rechts kann sich in verschiedener Art vollziehen, „je nachdem, welche Richtungen der Rationalisierung die Entfaltung des Rechtsdenkens einschlägt“.74 Dies ist der am Ende des § 3 formulierte Gegenstand der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“. Den komparativen, das Eigene des Okzidents herausstellenden Absichten entsprechend ist daher der Spielraum rationalen Rechts logisch so weit als möglich zu fassen. Für die rechtsrelevante Tätigkeit „öffentlicher Verbände“ unterscheidet Weber zwei voneinander differenzierte Grundoperationen von „Rechtsschöpfung“ und „Rechtsfindung“, die sich als die Denkmanipulation von Generalisierung vs. Konkretisierung75 sowie die Operation von Systematisierung vs. Analytik 76 darstellen läßt. „Generalisierung“ bedeutet, von der konkreten Entscheidung her gedacht, die Ausweitung der im Einzelfall maßgeblichen Gründe auf andere Fallgestaltungen, und dies kann logisch nur dadurch geschehen, daß die entscheidungsrelevanten Aspekte herauspräpariert werden und insoweit die Komplexität der juristischen Argumente reduziert wird. Generalisieren heißt also: „[. . .] Reduktion der für die Entscheidung des Einzelfalles maßgebenden Gründe auf ein oder mehrere ‚Prinzipien‘: diese sind die ‚Rechtssätze‘“.77 Diese Operation setzt nun voraus, daß aus der unendlichen Fülle der Wirklichkeit der rechtlich relevante Tatbestand durch Analyse herausgefiltert wird, was wiederum durch Vergleich mit anderen und im Hinblick auf andere Fälle geschieht. Generalisierung und Konkretisierung wer73 Simmel, Philosophie des Geldes (wie oben, S. 17, Anm. 74), S. 525. 74 Unten, S. 301. 75 Weber spricht von „Kasuistik“; vgl. im übrigen auch die aufschlußreiche Rekonstruktion bei Münch, Richard, Die Struktur der Moderne, Grundmuster und differentielle Gestaltung des institutionellen Aufbaus der modernen Gesellschaften. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1984, S. 380 ff. 76 Weber knüpft an Iherings Unterscheidungen der „Fundamental-Operationen der juristischen Technik“ an; vgl. Ihering, Römisches Recht II, 2, S. 334–388. 77 Unten, S. 301 f.

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den also als gegenläufige Prozesse verstanden, die sich im Medium der Kasuistik entfalten. Insofern ist also jedes Recht Fallrecht. Freilich sind die rechtstechnischen Mittel der Kasuistik verschieden: Reduktion auf Prinzipien und schließlich logisch untereinander kompatible Rechtssätze stehen dem „bloßen parataktischen und anschaulichen Assoziieren“ gegenüber. Insofern wird also schon auf der Ebene fallbezogener Operationen die Weiche für die Bildung juristischer Konstruktionen gestellt, die zu einer mehr oder minder dichten „Synthese“ von Rechtsverhältnissen führen kann, „das heißt: die Feststellung: was an einem in typischer Art verlaufenden Gemeinschafts- oder Einverständnishandeln rechtlich relevant sei und in welcher in sich logisch widerspruchslosen Weise diese relevanten Bestandteile rechtlich geordnet, also als ein ‚Rechtsverhältnis‘, zu denken seien“.78 Dies bedeutet nicht, daß eine für die Praxis befriedigende Zusammenfassung rechtlich relevanter Merkmale in einem Rechtsinstitut auch dem höchsten Grad möglicher Begriffsanalyse entsprechen müßte. Es ist umgekehrt denkbar, daß von der juristischen Begriffsbildung her durchaus plausible Konstruktionen, gerade ihres konstruktiven Charakters halber, in der Praxis fruchtlos bleiben. Zerlegung der Wirklichkeit nach relevanten Merkmalen geht einher mit Einordnung dieser Kategorien in ein umfassendes System. Systematisierung bedeutet „die Inbeziehungsetzung aller durch Analyse gewonnenen Rechtssätze derart, daß sie untereinander ein logisch klares, in sich logisch widerspruchsloses und, vor Allem, prinzipiell lückenloses System von Regeln bilden, welches also beansprucht: daß alle denkbaren Thatbestände unter eine seiner Normen müssen logisch subsumiert werden können, widrigenfalls ihre Ordnung der rechtlichen Garantie entbehre“.79 Weber hat damit sehr voraussetzungsreiche Kriterien des rationalen Rechts benannt: eine urwüchsige Art des Rechtsprechens, ohne Rücksicht auf Vergangenes und Zukünftiges, kann diesem Begriff nicht genügen. Allein die analytische Trennung von „Rechtsschöpfung“ und „Rechtsfindung“ gibt die Binnenpole einer „Rationalisierung“ des Rechts ab, solange sich eine Rechtsordnung an dieser Unterscheidung orientiert. Der von Weber skizzierte Möglichkeitsraum rationalen Rechts ist also in sich durch Gegensätze, Widersprüche und Spannungsmomente gekennzeichnet, die in Webers Verständnis nur in einem bestimmten Typus des rationalen Rechts miteinander vermittelt sind. Die Fremdheit des Rechts gegenüber dem Alltag ist programmiert, wenn Analytik und Systembildung relevanter sind als das Ablesen der typischen Verläufe von „Gemeinschafts- und Einverständnishandeln“ aus der sozialen Wirklichkeit zum Zwecke der juristischen Begriffsbildung. Und der Einzelfall ist degradiert zum Ausgangspunkt der Generalisierung und der rechtstheo78 Unten, S. 302. 79 Unten, S. 303.

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retischen Beschreibung dieser Extension als prinzipiengeleitete Reduktion, nicht aber als Garant einzelfallbezogener Gerechtigkeit. Kein Zweifel, daß Weber damit den Charakter der Konstruktionsjurisprudenz80 beschreibt und daß wir in Rudolf von Iherings Darstellung der „Fundamentaloperationen der juristischen Technik“ Webers Rekonstruktion der Konstruktionsjurisprudenz vorgezeichnet finden.81 Auffällig bleibt, daß Weber in diese „Grundoperationen“ des Rechtsdenkens ein Spannungsmoment widerstrebender Strategien einbaut. Zum Verhältnis von analytischer Begriffskonstruktion und Systematisierung etwa schreibt er: „Dieser letztere Widerspruch ist die Folge davon, daß aus der Analyse eine weitere logische Aufgabe zu entspringen pflegt, welche sich mit der synthetischen ‚Konstruktions‘-Arbeit zwar prinzipiell verträgt, faktisch aber nicht selten in Spannungen zu ihr steht: die Systematisierung.“82 Es fragt sich, ob dies mit Webers allgemeinster Formel zur Erklärung des okzidentalen Rationalismus zusammenhängt, nämlich der Frage, „welche Sphären und in welche Richtung sie rationalisiert wurden“.83 Während die Antwort auf diese Frage in der Art der Spannung dieser Sphären84 begründet ist, so läßt sich zeigen, daß bereits in die Konstruktion der Rechtssphäre hinein von Weber eine Spannung eingezogen ist, die nur – so Webers These – im Okzident die Entwicklung des Rechts vorangetrieben hat, während es hieran in außerokzidentalen Rechtskulturen gerade fehlt. Damit weist die innere Logik des rationalen Rechts eine strukturelle Parallele nicht nur zur religiösen Dogmatik – dazu später –, sondern auch zur Wissenschaft auf: Denn ebenso wie rationale Wissenschaft des Okzidents durch die Synthese von Theoriebildung und rationalem Experiment gekennzeichnet ist, ließe sich – so Weber – das rationale Recht des Okzidents als eine Vermittlung der gegenläufigen Pole von Generalisierung und Konkretisierung, Systematisierung und Analytik konstituieren. Die Sprengkraft der Weberschen Soziologie des Rationalismus85 liegt nicht in der dialektischen Konstruktion von Kriterien der Binnenrationalität, sondern 80 Dies betonen auch Quensel, Bernhard K. und Treiber, Hubert, Das „Ideal“ konstruktiver Jurisprudenz als Methode. Zur „logischen Struktur“ von Max Webers Idealtypik, in: Rechtstheorie, Band 33, 2002, S. 91–124. 81 Vgl. unten, S. 301 mit Anm. 78. 82 Unten, S. 302 [Hervorhebungen z. T. vom Hg.]. 83 Weber, Vorbemerkung, S. 12. 84 Vgl. Gephart, Werner, „Sphären“ als Orte der okzidentalen Rationalisierung. Zu einer vergessenen Metapher in Max Webers Rationalisierungstheorie, in: Aretz, Hans-Jürgen und Lahusen, Christian (Hg.), Die Ordnung der Gesellschaft (Festschrift zum 60. Geburtstag von Richard Münch). – Frankfurt a. M.: Peter Lang 2005, S. 125–159 (hinfort: Gephart, Sphären). – Das Resultat der Konfuzianismusstudie formuliert das Spannungsverhältnis von Ethik und Welt in aller Schärfe; vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 451. 85 Hierauf gegen andere Fixierungen einer „Fragestellung“ insistiert zu haben, ist sicher das Verdienst der Arbeiten Wolfgang Schluchters.

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in der Doppelgesichtigkeit des Rationalismus. Was Weber „formale“ Rationalität nennt, steht vielfach in Widerspruch zu Erfordernissen und Ansprüchen „materialer“ Rationalität, so daß die Kulturen des Rationalismus eine prinzipielle, inhärente Widersprüchlichkeit durchzieht: formale Rationalität geht nicht mit materialen Wertansprüchen einher, verletzt sie vielfach notwendigerweise, so daß die Steigerung der einen nur auf Kosten der anderen Seite des Rationalismus möglich ist. So ist die für Weber entscheidende Frage, ob dem formalen Rationalismus nicht doch ein eigenes Wertmoment innewohnt und also – wie Weber im letzten Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ formuliert – die formalen Qualitäten des modernen Rechts gerade ihre materiale Rationalität begünstigen, nur eine begrifflich-soziologische Verkleidung der entscheidenden Frage nach dem Verhältnis von formal gesatztem Recht und materialer Gerechtigkeit. Zugleich ist diese, für die Soziologie des Rationalismus grundlegende Unterscheidung von formaler und materialer Rationalität bzw. Irrationalität nirgends so systematisch formuliert wie im Text „Die Entwicklungsbedinungen des Rechts“. So schreibt Weber: „Mit all diesen Gegensätzen teils zusammenhängend[,] teils sie kreuzend aber gehen die Verschiedenheiten der rechtstechnischen Mittel [einher], mit welchen die Rechtspraxis im gegebenen Fall zu arbeiten hat.“86 Hierbei ergäben sich folgende „einfachste“ Fälle: Vom formal rationalen Recht ausgehend, dessen Binnenrationalität sich aus den gegenläufigen juristischen Grundoperationen ergibt, ist das formal irrationale Recht durch die Verwendung irrationaler Beweismittel und irrationaler Techniken der Rechtsschöpfung bestimmt, wenn „andere als verstandesmäßig zu kontrollierende Mittel angewendet werden“,87 während das material rationale Recht durch den Anspruch einer höheren Legitimität der Rechtssätze gekennzeichnet ist, das material irrationale Recht durch konkrete Wertungen des Einzelfalls, „seien sie ethische oder gefühlsmäßige oder politische“,88 d. h. also durch außerhalb des Rechts liegende, sphärenfremde Kriterien, nicht aber durch generelle Normen. Das formal irrationale Recht ist durch kulturelle, insbesondere religiöse Mittel der Rechtsfindung wie Orakel, prophetische Rechtsschöpfung und deren Surrogate gekennzeichnet. Das formal rationale Recht hingegen wird durch die Eigengesetzlichkeit von „Recht“ geprägt, d. h. die Anknüpfung an generelle Tatbestandsmerkmale. Diese kann die Richtung der Systematisierung oder aber der fallbezogenen Konkretisierung einnehmen und hierbei entweder an anschauliche äußere, einen strengen Rechtsformalismus begründende, „in ihrer Bedeutung festehende symbolische Handlung[en]“89 oder an im Wege der Analytik gewonnene abstrakte Merkmale anknüpfen. Dieser 86 87 88 89

Unten, S. 303. Ebd. Ebd. Unten, S. 304.

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jeweils unterschiedlich akzentuierten, gleichwohl funktional äquivalenten Logik der Rechtsfindung steht jede an ethischen Imperativen oder politischen Maximen ausgerichtete überpositive Rechtsauffassung fundamental entgegen; so insbesondere das Naturrecht. Auch wenn das Naturrecht somit aus dem formal rationalen Rechtsraum definitorisch ausgeschlossen ist, wird die Berücksichtigung der religionsvergleichenden Studien erweisen, daß erst die Spannung von Naturrecht und positivem Recht die Eigendynamik der okzidentalen Rechtskultur freisetzt, während dieses Spannungselement gerade den außerokzidentalen Rechtskulturen fehlt. Der viel gerügte Rechtsformalismus ist also die eigentliche Errungenschaft der Entwicklung des Rechts. Nur als „Formalismus“ ist eine „fachmäßige juristische Sublimierung des Rechts“90 möglich, die nicht auf der Strenge der die Rechtsverhältnisse begründenden und prozessual garantierenden äußeren Symbole beruht, sondern nur auf der Strenge der Begriffsform als Mittel des juristischen Denkens und als Ausgangspunkt einer abstrakte Rechtssätze zum System bildenden normativen Ordnung. Nach dieser Exposition des Leitmotivs der Weberschen Soziologie des Rechts muß sich die Frage darauf richten, durch welche Umstände und Mächte eben diese formalen Qualitäten des Rechts befördert werden. Nicht die Beziehung von Wirtschaft und Recht, die Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands, wie es der „Stoffverteilungsplan“ annonciert, sondern eine andere, das rechtshistorische Material der Weltgeschichte des Rechts sortierende und selektierende Fragestellung tut sich auf: die Bedingungen der Entwicklung des formal rationalen Rechts aus dem unendlichen Strom rechtshistorischer Ereignisketten herauszufiltern und in idealtypische Entwicklungsverläufe zu fassen. Ohne in Webers Gedankengang einen radikalen Konstruktivismus hineinlegen zu müssen, ist doch von Beginn an klar, daß die berührten Rechtskulturen oder Rechtskreise, Rechtsordnungen und Rechtsinstitutionen unter dem methodologischen Vorbehalt idealtypischer Konstruktionen stehen, so daß es also notwendig ist, immer auch nach der Art zu fragen, in der Weber das Bild einer Rechtsepoche, einer Rechtskultur, seinen eigenen methodologischen Ansprüchen entsprechend konstruiert hat.91

VII. Die Macht der „innerjuristischen Verhältnisse“ Am Ende von § 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ präzisiert Weber, von dem nach innen gerichteten Begriff des rationalen Rechts ausge90 Unten, S. 304. 91 Vgl. etwa paradigmatisch zum Römischen Recht: Fögen, Marie-Theres, Römische Rechtsgeschichten. Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002 (hinfort: Fögen, Römische Rechtsgeschichten).

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hend, die Entwicklungskräfte der Rationalisierung des Rechts: „Wir werden sehen, daß ein Recht in verschiedner Art, und keineswegs notwendig in der Richtung der Entfaltung seiner ‚juristischen‘ Qualitäten, rationalisiert werden kann. Die Richtung, in welcher diese formalen Qualitäten sich entwickeln, ist aber bedingt direkt durch so zu sagen ‚innerjuristische‘ Verhältnisse: die Eigenart der Personenkreise, welche auf die Art der Rechtsgestaltung berufsmäßig Einfluß zu nehmen in der Lage sind, und erst indirekt durch die allgemeinen ökonomischen und sozialen Bedingungen.“92 Weber unterscheidet also „direkte“ und „indirekte“ Einflußfaktoren der Rationalisierung des Rechts, wobei die unmittelbaren aus den Eigentümlichkeiten der Rechtssphäre, also den „Eigengesetzlichkeiten“ des Rechts fließen, die durch mittelbare „ökonomische“ und „soziale“ Bedingungen, d. h. „Fremdgesetzlichkeiten“ anderer Sphären, gebrochen werden.

1. Die Abstreifung der Magie im rechtlichen Zaubergarten Als eine urwüchsige Stufe der Rechtsentwicklung entwirft Weber das Panorama eines rechtlichen Zaubergartens, wenn man so will: einer magischen Rechtskultur,93 in der heilige Gepflogenheiten dadurch garantiert werden, daß hiervon abzuweichen „bösen Zauber oder die Unruhe der Geister oder den Zorn der Götter hervorrufen kann“.94 Solche Regeln sind nicht veränderbar, sondern sie müssen nur richtig erkannt werden und hierfür bedarf es einer Beherrschung der „Kunstregeln für den Verkehr mit den übersinnlichen Mächten“,95 d. h. es bedarf der fachmäßigen Kenntnis dieser magischen Regeln, wie sie von Priestern oder Rechtsmagiern beansprucht wird. Dieser juristische Zaubergarten aber ist keineswegs unformal, im Gegenteil. Er fördert den streng formalen Charakter des Rechts: „Denn nur auf die formal richtig gestellte Frage geben ja die Zaubermittel die richtige Antwort.“96 Und es ist geradezu ein systematisierender Effekt dieses rechtsmagischen Glaubens, daß es für bestimmte Rechtsfragen auch jeweils bestimmte magische Rechtsmittel geben muß mit der Folge, daß der geringste Fehler bei der Ausübung des magischen Rituals den Verlust des Rechtsmittels, unter Umstän-

92 Unten, S. 475. 93 In einer angeklebten Allonge werden diese Passagen mit der später gestrichenen Überschrift: „Das primitive Recht“ bzw. „Die primitive Rechtspflege“ versehen; siehe unten, S. 445, textkritische Anm. i. 94 Unten, S. 446. 95 Ebd. 96 Unten, S. 447.

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den des gesamten Prozesses zur Folge hat. Hierin seien sich auch römische Legisaktionen wie das frühmittelalterliche Recht noch gleich.97 Die allererste Voraussetzung auf dem Wege zur Rationalisierung des Rechts ist daher die „Abstreifung“ der Magie im Sinne eines magischen Rechtsformalismus. Noch die Jury läßt sich als Verlängerung des magischen Orakels deuten, so daß nach Weber auch im modernen Recht die Rechtsmagie keineswegs verbannt wäre. Nur: Ebenso wie die Rationalisierung der religiösen Sphäre die Befreiung vom magischen Denken voraussetzt,98 ist die Überwindung eines vergleichbaren irrationalen Formalismus im Recht notwendige Bedingung der rechtlichen Rationalisierung. Sie ist nämlich insoweit noch nicht durch „innerjuristische“ Qualitäten bestimmt, sondern durch religiösmagische Faktoren, die ihrerseits noch im Vorfeld des Prozesses der religiösen Rationalisierung liegen.99 So schreibt Weber mit Blick auf die rechtliche Entwicklung: „Erst mit dem Zurücktreten der Bedeutung der Magie gewinnt die Tradition den Charakter, welchen sie z. B. im Mittelalter vielfach an sich trug: das Bestehen einer als Recht geltenden Übung kann Gegenstand eines ‚Beweises‘ durch die Parteien werden, ganz wie ‚Thatsachen‘.“100 Gibt es also „sachlogische Gründe“ für eine Rationalisierung des Rechts, die nicht von der Art der Rechtsinhalte abhängt, sondern aus eigenen, soziologischen Konstellationen der Struktur des Rechtssystems fließt? Wir hatten in der Analyse von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ die Frage herauspräpariert, wie ein Verbindlichkeitsglaube, der sich auf die Macht des Gewohnten und die seelische Eingestelltheit auf derartige Regelmäßigkeiten stützt, irgendeine Neuerung zulassen soll. Ebenso grundlegend fragt Weber zu Beginn des dritten Paragraphen: „Wie entstehen neue Rechtsregeln?“101 Folgende endogene Entwicklungsmomente verdienen hervorgehoben zu werden: eine Art Rationalisierung durch Diskurs, die Paradoxie einer Entwicklung durch Tradition, eine Rationalisierung durch das Andere der Vernunft, nämlich durch Rechtsgefühle, und schließlich die entscheidende Entdeckung der rationalisierenden Entwicklung durch die innovative Kraft des Charismas.

97 Vgl. ebd., S. 447 mit Anm. 34. 98 Im „Resultat“ zur Konfuzianismusstudie heißt es: „Für die Stufe der Rationalisierung, welche eine Religion repräsentiert, gibt es vor allem zwei, übrigens miteinander in vielfacher innerer Beziehung stehende Maßstäbe. Einmal der Grad, in welchem sie die Magie abgestreift hat [. . .]“ (MWG I/19, S. 450). 99 In der systematischen Religionssoziologie sind die Konsequenzen benannt: „Wo eine Zaubererschaft es verstanden hat[,] die Orakel und die Gottesurteile [. . .] in die Hand zu bekommen, ist ihre Machtstellung oft eine dauernd überwältigende [. . .]“ (Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 164). 100 Unten, S. 454. 101 Unten, S. 430.

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2. Rationalisierung durch diskursive Auflösung der Gewohnheit? Parallel zu den Überlegungen in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ geht es Weber darum, Gewohnheit als Rechtsquelle normativen Geltungsursprungs von Annahmen über den Prozeß der faktischen Normgenese scharf zu trennen. Angesichts einer aufgeklärten zeitgenössischen Lehre vom Gewohnheitsrecht, insbesondere bei dem namentlich erwähnten und seinerzeit in Bonn lehrenden Ernst Zitelmann, bedarf es einer De-Konstruktion des Konzepts von „Gewohnheitsrecht“ nicht mehr: So ist – in Weber verwandten Formulierungen – davon die Rede, daß es auf die „Vorstellung des Geltens einer Ordnung“1 ankomme und für die Geltung des Gewohnheitsrechts auf eine Geltungsvorstellung darüber, wie allein die Dauer „das Wunder“ normativer Kraft vollbringe.2 Hatte sich Zitelmann also von einer naturalistischen Geltungslehre befreit und war der Charakter der sog. „Gewohnheitsrechte“ als „juristische Construktionen“ weitgehend anerkannt, unter den Juristen jedenfalls, so galt dies für die aufkommende Rechtssoziologie gerade nicht. Weber zitiert einzig hier und in diesem Zusammenhang als Rechtssoziologen Edouard Lambert3 und Eugen Ehrlich. Insbesondere Ehrlich wirft er vor, aus der berechtigten Kritik einer verfehlten empirischen Theorie der Genese des Rechts mit dem durchsichtigen Motiv, die Fortgeltung des römischen Rechts aus dem Gewohnten zu legitimieren, den verfehlten Schluß auf die Unbrauchbarkeit des Gewohnheitsrechts als normativ-juristische Kategorie gezogen zu haben.4 Was bleibt also nach dieser doppelten „Entzauberung“ der Kategorie des Gewohnheitsrechts für die Analyse der Rechtsentwicklung an Einsichten zu bewahren? Weber geht es um den Nachweis, daß auch das traditionale Recht, dessen Geltung Weber in den „Soziologischen Grundbegriffen“ an den Glauben in die Legitimität des immer schon Gewesenen knüpfen wird,5 im Sinne der Rationalisierungsthese durchaus „rationale“ Züge aufweist. Denn Weber zeigt, wie das sog. Gewohnheitsrecht, das die romantische Rechtsschule vor 1 Zitelmann, Ernst, Gewohnheitsrecht und Irrtum, in: Archiv für die civilistische Praxis, Band 66, 1883, S. 323–468, hier S. 463 (hinfort: Zitelmann, Gewohnheitsrecht). 2 Ebd., S. 461. 3 Es ist nicht nachweislich, daß sich Weber intensiver mit Lambert auseinandergesetzt hätte. Interessant ist die parallele Deutung Lamberts durch Emile Durkheim, woraus ersichtlich ist, daß Durkheim auch dem Zivilrecht nicht völlig fern stand; vgl. Durkheim, Emile, Besprechung zu: Edouard Lambert, La fonction du droit civil comparé, Paris 1903, in: L’Année sociologique, Band 7, 1904, S. 374–379. 4 Vgl. Ehrlich, Grundlegung, S. 352–380. Seit seiner Inaugurationsrede hatte Ehrlich die Abschaffung der Lehre vom Gewohnheitsrecht empfohlen; vgl. Ehrlich, Eugen, Die Tatsachen des Gewohnheitsrechts. – Leipzig, Wien: Franz Deuticke 1907 (hinfort: Ehrlich, Tatsachen). 5 Vgl. WuG1, S. 19.

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allem der Kodifikationsidee entgegensetzte, ein „sehr moderner Begriff“ ist, der in seinen Voraussetzungen faktischer gemeinsamer Übung, gemeinsamen Legitimitätsglaubens und dem Kriterium der „Rationabilität“6 das Resultat juristischer Konstruktionsarbeit ist und nicht einem romantischen Rechtsgrund entspringt. Sobald das Recht aus den Händen magischer und anderer „irrationaler“ Gewalten in den Umkreis irgendwie gearteter rudimentärer „Rechtspflege“ gerät, setzt eine eigenlogische „Rationalisierung“ der Tradition ein: „Ein gewisses Maß von Stabilität und Stereotypierung zu Normen tritt immerhin ganz unvermeidlich ein, sobald die Entscheidung Gegenstand irgend einer Diskussion wird oder rationale Gründe dafür gesucht oder vorausgesetzt werden, also mit jeder Abschwächung des ursprünglichen rein irrationalen Orakelcharakters.“7 Es ist also Max Weber, der hier eine spezifische Form der Rationalisierung durch „Diskurs“,8 d. h. nämlich der die Tradition sprengenden Kraft der Diskussion mit rationalen Gründen behauptet, die aus der Eigengesetzlichkeit des Vortragens, Antwortens und der Kritik mit „Gründen“ hervorgeht. Insofern findet sich in Webers Rationalisierungstheorie – trotz aller Versuche der ethischen und zivilisatorischen Neutralisierung, indem beliebige Bezugspunkte als rationalisierungsfähig beschrieben werden – auf der Ebene der Rationalisierungsmittel eindeutig eine Präferenz für vernunft- und verstandesgemäße Argumentation und systematische Beibringung von „Gründen“ des juridischen Entscheidens.

3. Rationalisierung durch Tradition? Mag die Tradition und ihre Begründung im schon immer da Gewesenen, eben gewohnheitsmäßig und daher legitimerweise Praktizierten durch den vernunftgemäßen Gebrauch von Gründen durchbrochen werden, so wird zugleich der Tradition selbst ein revolutionäres Potential zugeschrieben: Es entsteht eine scheinbar paradoxe Form der Rationalisierung durch Tradition, wenn der Diskurs seine eigentümliche Bindungskraft entfaltet: „Denn offenbar ist es für einen Richter, dem eine bestimmte Maxime einmal bewußt und erkennbar als Entscheidungsnorm gedient hat, sehr erschwert, oft fast unmöglich, in anderen gleichartigen Fällen die in jenem Fall gewährte Zwangs-

6 Vgl. zu den Merkmalen des Gewohnheitsrechts nach gemeinrechtlicher Lehre: unten, S. 431 mit Anm. 5. 7 Unten, S. 442 [Hervorhebungen, Hg.]. 8 Jürgen Habermas’ „Theorie des kommunikativen Handelns“ (2 Bände. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1981; hinfort: Habermas, Theorie) fände also in dieser versteckten Passage Webers eine gewisse Stütze. Vgl. zu dem Versuch, Diskurs als Rechtsquelle zu begründen: Engländer, Armin, Diskurs als Rechtsquelle? Zur Kritik der Diskurstheorie des Rechts. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2002.

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garantie zu versagen, ohne sich dem Verdacht der Befangenheit auszusetzen.“9 So stellt allein der subjektive Glaube, bereits geltende Normen anzuwenden, einen Schritt in die Richtung einer „dem prophetischen Zeitalter entwachsen[e] Rechtsfindung“ dar.10 Allein die Vorstellung dieser „Tradition“ ist also „modern“, oder die „Moderne“ enthält durchaus „Traditionales“. D. h. die Chance, auch für den Einzelfall Rechtszwang zu mobilisieren, erhöht sich dort, wo – nach der Semantik des Kategorienaufsatzes – von „Einverständnissen und rationalen Vereinbarungen“11 ausgegangen werden kann, die wiederum durch eine Konsistenzkultur des Entscheidens befördert werden und damit aus der von Weber so radikal perhorreszierten „Irrationalität des Einzelfalls“12 herausführen.

4. Rationalisierung und die Vielfalt der Gefühlskulturen Ein scharfer Gegensatz wird hingegen zwischen den gefühlsmäßigen Qualitäten vorrationalen Rechts und den rationalen Qualitäten des modernen Rechts aufgerichtet. Impliziter Diskussionsgegner ist für Weber die romantische Rechtsschule, die bis zu neueren Vertretern einer emotiven Rechtstheorie reicht. Die Bedeutung eines „Billigkeits-“ und „Rechtsgefühls“ für die Rechtsfindung ist in der zeitgenössischen Methodenlehre freilich umstritten. Rumpf etwa versucht, das Rechtsgefühl wissenschaftlich zu erfassen.13 Rümelin möchte gar eine „Logik“ des Rechtsgefühls aus einem sittlichen Ordnungstrieb herleiten.14 Das Gefühl als Rechtsquelle zurückzuweisen richtet sich aber ebenso gegen die Programmatik der Freirechtsschule. Nicht nur mangels Vernunft, sondern auch aufgrund seiner destabilisierenden Effekte ist es Weber, dem die Gefühlswelt vielleicht in besonderem Maße ambivalent erschien, grundsätzlich suspekt. So führt er über die Bedeutung des Rechtsgefühls aus: „Aber die Beobachtung lehrt, wie außerordentlich labil das ‚Rechtsgefühl‘ funktioniert, soweit ihm nicht das feste Pragma einer äußeren oder inneren Interessenlage die Bahnen weist.“15 Die Art des Rechtsgefühls oder einer emotiven Fundierung des Rechts läßt sich aber noch weniger als Grundlage einer kollektiven Identität ausweisen. Weber erteilt den Vertretern 9 Unten, S. 443. 10 Ebd. 11 Unten, S. 440. 12 Unten, S. 441. 13 Vgl. Rumpf, M[ax], Gesetz und Richter. Versuch einer Methodik der Rechtsanwendung. – Berlin: Otto Liebmann 1906 (hinfort: Rumpf, Gesetz und Richter). 14 Rümelin, Gustav, Über das Rechtsgefühl, in: ders., Kanzlerreden (Kanzler der Universität Tübingen 1870–1889). – J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907 (hinfort: Rümelin, Rechtsgefühl). 15 Unten, S. 444.

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jeder Volks- und Rechtsgeistlehre auch in dieser Hinsicht eine glatte Absage: „Grade die Besonderheiten ‚nationaler‘ Rechtsentwicklungen dagegen lassen sich aus einer Verschiedenheit des Funktionierens ‚gefühlsmäßiger‘ Quellen, soviel bisher bekannt, nirgends ableiten. Stark emotional, ist gerade das ‚Gefühl‘ sehr wenig geeignet, stabil sich behauptende Normen zu stützen, sondern vielmehr eine der verschiedenen Quellen irrationaler Rechtsfindung.“16 Webers Stoßrichtung ist also eine doppelte und für das Verständnis seiner „Rechtssoziologie“ zentral. Die Differenzen „nationaler Rechtskulturen“ sind nicht aus diffusen emotiven und traditional sedimentierten Tiefenschichten einer Gefühlskultur herleitbar, sondern nur aus anderen Konstellationen versteh- und erklärbar. Auch wenn Weber also durchaus behauptet, daß beliebige Aspekte der Welt „rationalisierbar“ seien, sind die „Gefühle“ hiervon ausgenommen. Im Weberschen Verständnis juridischer Rationalität ist also für das Rechtsgefühl kein Platz, auch nicht für ein Gefühl der Gerechtigkeit als Korrektiv krassen Unrechts. Rationalisierung des Rechts heißt vielmehr, das Rechtsgefühl gerade zu „überwinden“. Wir müssen diese Aussage Webers so nehmen, wie sie ohne die Voraussicht auf die Möglichkeiten des Unrechtsstaates einmal formuliert wurde, dessen „Unrecht“ vielfach in der Mobilisierung kollektiver Gefühle der Ausgrenzung bestand.

5. Juridische Innovation durch Charisma Unter den Kräften, die das Neue hervorbringt, nimmt das Charisma des Rechts einen besonderen Stellenwert ein. War in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ allenfalls die sachliche Umschreibung charismatischer Rechtserneuerer zu finden, wenn Weber schreibt, daß „nach allen Erfahrungen der Ethnologie [. . .] die wichtigste Quelle der Neuordnung der Einfluß von Individuen zu sein [scheint], welche bestimmt gearteter ‚abnormer‘ [. . .] Erlebnisse und, durch diese, bedingter Einflüsse auf Andre fähig sind“,17 so entfaltet Weber im § 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ eine komplexe Beschreibung „charismatischer Rechtsoffenbarung“, welche „charismatisch Qualifizierte“ kennt, die wiederum „charismatischen Instanzen“ konkrete Fragen vorlegen, aus deren Beantwortung sich ihre „charismatische Qualifikation“ ergibt.18 Zur Übernahme charismatischer Offenbarung gehört, daß ihre Vermittler „die charismatische Qualifikation anerkennen“, die ihrerseits beruhen kann auf „persönlichem Charisma“ oder auf Alter, Wissen oder Honoratiorenstellung.19 Dieser charismatische Komplex verdichtet sich gar zu einer 16 17 18 19

Unten, S. 444. Unten, S. 215. Die Zitate unten, S. 446–453. Die Zitate unten, S. 455 f.

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„charismatischen Epoche der Rechtsschaffung und Rechtsfindung“, um sich typologisch in religiös gebundene charismatische Rechtsprophetie einerseits und „charismatische Rechtsweisung“ andererseits zu zergliedern. So spricht Weber von einem eigenen „Charisma der Rechtsweisheit“, dem eine besondere „charismatische Würde“ zukommt,20 das als „echtes Charisma“ durchaus unter Bewährungszwang steht – im Unterschied zur Rechtsprophetie – und das in der dinggenossenschaftlichen Justiz eine Art Gewaltenteilung zwischen der „Autorität des Rechtscharisma“ und der „Ratifikation der Dingund Wehrgemeinde“ aufweist.21 Der charismatische Komplex der rechtlichen Sphäre weist also durchaus eine Eigenlogik auf,22 die aber nicht zu einer der Herrschaftsform des Charismas vergleichbaren typologischen Dichte ausgearbeitet ist.23 Gleichwohl leistet das Charismakonzept, in dem der entscheidende Gesichtspunkt des gleichnamigen Herrschaftstypus noch fehlt, nämlich die Konstitution von Charisma per Zuschreibung und nicht per objektiver Eigenschaft, eine wichtige darstellerische und explanative Funktion: einerseits die Vielzahl an Rechtsformen, vorwiegend des germanischen Rechts, der Weistümer, Fürsprecher etc., sowie die besonderen Qualitäten von Richterpersönlichkeiten und religiösen Rechtspropheten unter einem einzigen Gesichtspunkt zusammenzufassen und andererseits Ansätze einer Erklärung für das Wunder des Normwandels in den Zeiten des Rechtsglaubens an die Unverbrüchlichkeit der Tradition zu geben. Eine den Einzelfall übersteigende, insofern universalistische Rechtsschöpfung ist durch spezifische emotive Qualitäten des Rechtsschöpfers geprägt, die dergestalt in den Epochen des traditionalen Rechts allein für Rechtsänderungen maßgeblich ist: „Dies aber kann geschehen nur auf dem hierfür ausschließlich möglichen Wege einer neuen charismatischen Offenbarung.“24 Der Tradition gegenüber ist das Charisma nämlich revolutionären Charakters. So formuliert Weber: „Die Rechtsoffenbarung in diesen Formen ist das urwüchsige revolutionierende Element gegenüber

20 Die Zitate unten, S. 458–461. 21 Die Zitate unten, S. 473. 22 Das zeigt diese in den Textgruppen IX und X (Textkern des § 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“) gehäufte und nur hier vorfindliche Zusammenstellung der ausgewählten Charisma-Komposita; vgl. dazu die Textgruppenübersicht unten, S. 162–169, sowie den Editorischen Bericht zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 264 f. 23 Vgl. Weber, Herrschaft, MWG I/22–4, S. 454 ff. und S. 473 ff. Daß das „Charisma“ zu Webers Zeiten kein Fachbegriff der Sozialwissenschaften, sondern ein Fachbegriff der Exegese war, haben nunmehr auch Edith Hanke und Thomas Kroll in der Einleitung zum Herrschaftsband (ebd., S. 37 ff.) nachgewiesen. Daß Weber gerade an kirchenrechtliche Ausführungen Sohms anknüpft, bestätigt seine Strategie sozialwissenschaftlicher Begriffsbildung aus dem Geist der Jurisprudenz. 24 Unten, S. 446.

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der Stabilität der Tradition und die Mutter aller ‚Satzung‘ des Rechts.“25 Das Recht offenbart sich also durch tatsächliche oder vermeintliche Eingebung, wenn die überkommenen Normen für die Ordnung neuer Problemlagen nicht mehr hinreichen. „Normaler Träger dieser primitiven Form einer Anpassung von Ordnungen an neu entstandene Situationen ist der Zauberer oder der Priester eines Orakelgottes oder ein Prophet.“26 Am Anfang aller Satzung also steht der Künder eines normativen Programms, der charismatische Schöpfer des Gesetzes. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, wenn bis in die heutige juristische Methodenlehre hinein der „Gesetzgeber“, auf dessen tatsächliche oder vermeintliche Motive man sich beruft, mit einem eigenen Charisma der Rechtsgeltung ausgestattet ist. Das Problem der entsprechenden Herrschaftsform, nämlich die „Veralltäglichung des Charisma“,27 stellt sich hier nicht, weil die Rechtsprophetie funktional auf „Normwandel“ programmiert erscheint. In gleicher Weise wie sich bei Durkheim die Normdevianz als Motor normativen Wandels der intentionalen Steuerung des Normgebers entzieht, zeitigt die charismatische Rechtsschöpfung im Sinne Webers letztlich irrationale Konsequenzen. Denn nur die Formen, in denen neues Recht bei den charismatischen und magischen Gewalten gesucht wird, sind „rational“, dem steht der „irrationale Charakter der Entscheidungsmittel gegenüber“,28 und dieser antirationale Effekt reicht bis in die Moderne hinein, jedenfalls in Webers Sicht des englischen Rechts. Denn: „Nur durch das Fehlen rationaler Begründungen unterschied sich das echte Orakel vom englischen Präjudiz.“29 Entscheidend für den Weg aus dem Zaubergarten einer magischen Rechtskultur in die Richtung rationalen Rechts ist also, den im § 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ausgeführten Darlegungen Webers zufolge, die Abstreifung von Magie, eine elementare Rationalisierung durch Diskurs und das Brechen der Tradition in charismatischer Rechtsfindung und Rechtsschöpfung bis zur Verwandlung des Rechtspropheten und Rechtspriesters in einen auf das Recht spezialisierten Fachkundigen. So ist Webers resümierende Feststellung eindeutig: „Ein formell irgendwie entwickeltes ‚Recht‘ dagegen, als Complex bewußter Entscheidungsmaximen, hat es ohne die maßgebende Mitwirkung geschulter Rechtskundiger nie und nirgends gegeben.“30 Die Bahnen, in denen sich die Rationalisierung des Rechts fortbewegt, hängt Webers Hypothese über die Bedeutung der „innerjuristischen 25 Unten, S. 446. 26 Unten, S. 447 [Hervorhebung, Hg.]. 27 Zur Verwendung in der älteren Herrschaftssoziologie vgl. Weber, Herrschaft, MWG I/22–4, S. 494, 517, sowie S. 594, 597, 625. – In „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ fehlt der Begriff „Veralltäglichung“; vgl. auch den Editorischen Bericht zum Text „Umbildung des Charisma“, ebd., S. 475 f. 28 Unten, S. 448. 29 Unten, S. 459. 30 Unten, S. 474 [Hervorhebung, Hg.].

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Verhältnisse“ für die Rechtsentwicklung von der inneren Ordnung der rechtlichen Sphäre ab, und das heißt neben den Eigengesetzlichkeiten juristischer Dogmatikbildung: von den jeweiligen Trägern der rechtlichen Rationalisierung.

VIII. Träger der rechtlichen Rationalisierung Werden unter dem Begriff des Charismas eine Fülle von rechtshistorisch und rechtskulturell variierenden Phänomenen zusammengefaßt und somit als eine theoretische Stufe der Rechtsentwicklung konstruiert, anstelle einer rechtsereignisorientierten Verknüpfung historischer Kausalketten der Genese einzelner Rechtsinstitute und Rechtsschemata, so wird unter dem Blickwinkel der Trägerschaft des Rechtsdenkens als Motor der juridischen Rationalisierung der Bogen von den germanischen Rechten, dem französischen, dem englischen bis zurück zum römischen Recht geschlagen. Erst der strukturellhistorische Vergleich vermag die Bedingungen der Rechtsentwicklung herauszupräparieren, ohne die eine Rationalisierung des Rechts – nach Webers Analyse – nicht stattfinden kann. Dabei ist die soziologische Denkfigur der Trägerschichten gerade im Kontext der Soziologie des Rationalismus weit entwickelt: Sie sind Träger von Interessenkonstellationen, die auf den religiösen Inhalt ausstrahlen – so in Webers systematischer Religionssoziologie oder in der „Einleitung“ in die „Wirtschaftethik der Weltreligionen“,31 wo ein systematischer Zusammenhang behauptet wird derart, „daß die Art des in einer Religion als höchstes Gut erstrebten (diesseitigen) Seligkeits- oder Wiedergeburtszustandes offenbar notwendig verschieden sein mußte je nach dem Charakter der Schicht, welche der wichtigste Träger der betreffenden Religiosität war.“32 Hiernach sind in ihrer je typischen Wirkung auf den Ideengehalt der Religiosität zu unterscheiden: „Kriegerische Ritterklassen, Bauern, Gewerbetreibende, literarisch geschulte Intellektuelle“, die „darin naturgemäß verschiedene Tendenzen [hatten], welche zwar für sich allein – wie sich zeigen wird – weit davon entfernt waren, eindeutig den psychologischen Charakter der Religionen zu determinieren, ihn aber höchst nachhaltig beeinflußten“.33 Webers berühmte Formel der dialektischen Beziehung von Ideen und Interessen ist auf diesen Zusammenhang von durch Trägerschichten bedingten Interessen und den hiermit verwandten Ideen bezogen: „Interessen (materielle und ideelle), nicht: Ideen, beherrschen unmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die ‚Welt31 Vgl. Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 218–290; Weber, Einleitung, S. 100 ff. 32 Weber, Einleitung, MWG I/19, S. 100. 33 Ebd., S. 100 f.

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bilder‘, welche durch ‚Ideen‘ geschaffen wurden, haben sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte.“34 Hätte Weber eine ähnliche Affinität von Klassenlagen, Trägerschichten und den Wegen rechtlicher Ordnungsbildung behauptet, dann wären die Grenzen zu einer marxistischen Rechtslehre, in der das Recht entweder als juristische Illusion oder als Ausdruck spezifischer Interessen der bürgerlichen Gesellschaft erscheint, nachhaltig verwischt worden. Ein Fundierungszusammenhang zwischen Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung war ja infolge der verfehlten „Überwindung“ der materialistischen Geschichtsauffassung bei Stammler von Weber auf dem Soziologentag und in den einschlägigen Passagen von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ nachdrücklich kritisiert worden, wie wir gesehen haben.35 Auch ein Zusammenhang von Trägerschicht und „Culturinhalten“, wie sie Weber in der „Musiksoziologie“ entfaltet hat36 und zu den „spezifischen Bedingungen der okzidentalen Musikentwicklung“ zählt, nämlich zum Mönchtum einerseits und zu den kulturellen Trägerschichten, insbesondere den „eigenen bürgerlichen Klassen“37 andererseits, ein derartiger Zusammenhang scheidet für die Analyse der spezifischen Bedingungen der Entwicklung rationalen Rechts aus, weil als Träger der rechtlichen Entwicklung erst in zweiter Linie Bezüge zur Klassenstruktur und ständischen Ordnung einer Gesellschaft in Betracht kommen. Allein die Interessen der Trägergruppen, die für die Entwicklung des Rechts in einer Gesellschaft „zuständig“ sind, weichen je nach der Art der Organisation der Vermittlung und Weiterentwicklung rechtlichen Wissens in charakteristischer Weise voneinander ab: So sind Anwaltsschulung und Universitätsbildung unterschiedliche Träger einer Rechtsentwicklung, aus deren Einfluß sich unterschiedliche Tendenzen rechtlicher Rationalisierung ableiten lassen. So muß also trotz der vielfach beobachteten Parallelen zwischen der Logik der „Religionssoziologie“ und der „Rechtssoziologie“38 beachtet werden, daß es ein irgendwie zur Theodizeefrage paralleles Problem, an dem sich unterschiedliche Trägergruppen jeweils abarbeiten würden, in der rechtlichen Sphäre, auch als „Soziodizee“, nicht gibt. Sondern es geht Weber ausschließlich um die Frage, welche Komponenten des 34 Ebd., S. 101. 35 Vgl. die Einleitung, oben, S. 34 ff. 36 Vgl. die Einleitung von Christoph Braun und Ludwig Finscher zur Musiksoziologie Max Webers, MWG I/14, S. 104–119. 37 „Ich bin ein Mitglied der bürgerlichen Klassen, fühle mich als solches und bin erzogen in ihren Anschauungen und Idealen.“ Weber, Max, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. Akademische Antrittsrede, in: MWG I/4, S. 543–574, hier S. 568. 38 Vgl. insbes. Treiber, Hubert, „Wahlverwandtschaften“ zwischen Webers Religionsund Rechtssoziologie, in: Breuer, Stefan und Treiber, Hubert (Hg.), Zur Rechtssoziologie Max Webers (Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, Band 65). – Opladen: Westdeutscher Verlag 1984, S. 6–68 (hinfort: Treiber, Wahlverwandtschaften).

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Rationalitätssyndroms im Recht, also die Merkmale der Generalisierung/Konkretisierung, der Analytik/Systematisierung, typischerweise aus dem Umkreis der von Weber idealtypisch differenzierten Orte und Träger der Rechtsentwicklung am ehesten bedient werden: die handwerksmäßige Spezialisierung, die Universität als Ort der Entwicklung und Vermittlung des Rechts, die theokratischen Rechtsschulen oder die Honoratiorenjustiz. Für alle Typen hat Weber rechtshistorische Beispiele vor Augen, die zu einer strukturellen Typologie ihrer unterschiedlichen Nähe zum Ideal des formal rationalen Rechts differenziert werden.

1. Der Jurist als Handwerker: Anwaltsschulung und juridischer Rationalismus Die Eigentümlichkeiten des englischen Rechts lassen sich aus der Eigenart des Standes erklären, der die Rechtspflege verwaltet. Was der Freirechtsschule als Ideal des Richterkönigtums erscheint39 und Eugen Ehrlich als „Glücksfall“ des englischen Rechts bezeichnet, daß es sich seit dem frühen Mittelalter dem römischen Recht verschlossen hat,40 ist für Weber gerade der Grund seines, dem kontinentalen Recht gegenüber minderwertigen Rationalitätsstatus. Webers Gewährsleute zum englischen Recht, das er nicht aus eigener Anschauung kennt, – vor allem Julius Hatschek und Frederic William Maitland, Frederick Pollock und Ernst Heymann41 – liefern die gedanklichen Bausteine zu einem eigenen Bild des englischen Rechts, das seine strukturellen „Defizite“ auf der organisationsförmigen Ebene des Rechts offenbart: „Schon die handwerksmäßige Spezialisierung der Anwälte hinderte den systematischen Überblick über die Gesammtheit des Rechtsstoffes[.]“42 Erst recht mit der Monopolisierung des Rechtsunterrichts in den englischen Anwaltsinnungen, den „Inns of court“,43 in Auseinandersetzung mit und schließlich unter Ausschaltung der universitären Lehre wird ein zünftiger, durch ein „Noviziat“ initiierter „esprit de corps“ herangezüchtet, der vor allem die eigenen Interessen des Rechtspersonals im Auge hat und dabei rein „empirisch praktisch“ ausgerichtet ist. Diese Praxis ist aber an handfesten, greifbaren, an typisch wiederkehrenden, Einzelbedürfnisse erfassenden Tat-

39 Von Herman Kantorowicz alias Flavius, Kampf (wie oben, S. 17, Anm. 76), S. 42, zu einer „Kultur des Richtertums“, anstelle einer „Rechtskultur“, erhöht (vgl. ebd., S. 48). 40 Ehrlich, Grundlegung, S. 218. 41 Vgl. hierzu Text und Sachkommentar zu den §§ 4 und 8 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 476 ff., S. 615 ff. 42 Unten, S. 480. 43 Vgl. Webers Darstellung, unten, S. 478 f., wo auch das Verhältnis zu den Universitäten und die zünftige Organisation erläutert wird.

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beständen und nicht an systematischer Rechtsbildung ausgerichtet: „Nicht aber waren sie [die verwendeten Rechtsbegriffe, Hg.] Allgemeinbegriffe, welche durch Abstraktion vom Anschaulichen, durch logische Sinndeutung, durch Generalisierung und Subsumtion gebildet und syllogistisch als Normen angewendet wurden.“44 Das Rechtsdenken schließt – so Weber – vom Einzelnen auf das Einzelne und nicht auf das Allgemeine. Und so ist Webers Antwort auf die Frage, inwieweit eine zunftmäßige Organisation des Rechts Chancen der Rationalisierung befördert, für das Gesamtbild des englischen Rechts vernichtend: „Aus den ihr immanenten Entwicklungsmotiven geht ein rational systematisiertes Recht nicht hervor. Auch nur in begrenztem Sinn eine Rationalisierung des Rechts überhaupt.“45 Die in Webers Augen bestehenden Defizite des anschaulichen, nicht an generellen Tatbestandsmerkmalen, sondern an feste Klageschemata, die „writs“, anknüpfenden juristischen Denkformen46 waren zudem durch Sportelinteressen der Anwaltschaft an zünftiger „Schließung“ der Rechtskenntnisse bedingt.47 Und weil sich der Richterstand bekanntlich aus den Reihen der plädierenden Anwälte,48 den Barrister, rekrutiert, wurde diese partikulare Bindung – in Webers Deutung – durch keine systembildende Gegenkraft konterkariert. Überdies verschafft die „Unabhängigkeit“ nicht nur des Richters, sondern auch des Barrister von der Klientel, mit der er überhaupt nur über den dazwischengeschalteten Sollicitor verkehrt, eine weitere strukturelle Barriere für den Zugang zum Recht, die also auch der Rechtsgemeinschaft einen systematisierenden Einfluß abschneidet. Der Traditionalismus des „Betriebspraktikers“ wie die Eigeninteressen der Anwaltschaft standen Weber zufolge einer systematischen Rationalisierung des Rechts entgegen. Nur hätte diese Eigengesetzlichkeit sozialer Interessen sich ja auch auf dem Kontinent entfalten und eine Rationalisierung des Rechts verhindern können. Eine zünftige Rechtsentwicklung war hier jedoch einfach deshalb ausgeschlossen, weil aufgrund der Dezentralisation der Rechtspflege eine machtvolle, die gesamte Rechtsordnung erfassende Zunft gar nicht erst entstehen konnte.

44 Unten, S. 481. 45 Unten, S. 480 f. 46 Vgl. auch hierzu die anschaulichen Beschreibungen bei Ehrlich, Grundlegung, S. 220 ff. 47 Ehrlich betont überdies die eigenen Sportelinteressen der Richter (vgl. ebd., S. 222). 48 Zur Entwicklung der Differenz von solicitor und barrister vgl. unten, S. 479 f., sowie die entsprechende Sacherläuterung.

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2. Die Universität als Ort der Entwicklung und Vermittlung rationalen Rechts Nur kurz streift Weber die Universität als Ort der Entwicklung und Vermittlung rationalen Rechts, bei der Weber offensichtlich die Situation im Deutschen Kaiserreich vor Augen hat: Die Universität besitzt das Monopol der Rechtslehre, während die Praxis durch Lehrjahre im Referendariat und den abschließenden Befähigungsnachweis zum Richteramt erworben wird. Webers akademischer Lehrer Levin Goldschmidt hatte sich in einer rechtshistorischen Arbeit zur preußischen und deutschen Rechtsgeschichte mit Rechtsstudium und Prüfungsordnung systematisch befaßt.49 Dabei waren, wie wir gesehen hatten, Weber selbst die Ambivalenzen und die Doppelmoral der juristischen Ausbildung aus eigener Anschauung durchaus vertraut. Bis heute stellt nämlich das Repetitorwesen das idealtypische Bild einer rein auf systematische Jurisprudenz zielenden Universitätslehre50 in Frage, zumal die Vermittlung des Examenswissens durch Rechtspraktiker in den Repetitorien gerade einer Fallmethode verpflichtet ist, die eine Vermittlung der abstrakten Rechtslehre mit den Bedürfnissen der Praxis herzustellen bemüht ist, von spezifischen „Sportelinteressen“ einmal abgesehen. In Webers Bild der „modernen rationalen juristischen Universitätsbildung“ stellt aber das deutsche Modell der Juristenausbildung den Gegentyp zur zünftigen Vermittlung im englischen Recht dar. Ihr ist die Tendenz zur Abstraktion, Systematisierung und logischen Sinndeutung eigen, die freilich eine andere Art der „Irrationalität“ in sich birgt: „Ihr rational-systematischer Charakter kann das Rechtsdenken zu einer weitgehenden Emanzipation von den Alltagsbedürfnissen der Rechtsinteressenten führen und auch der geringe Anschaulichkeitsgehalt.“51 Dieser Effekt wird jedoch ausgeglichen, wenn die Schulung des Rechtsdenkens „mit der empirischen Rechtslehre kombiniert “52 wird, was die Deutung nochmals bestätigt, daß Webers Idealbild des rationalen Rechts nicht durch die einseitige Steigerung von Systematik oder Analytik, Konkretion oder Generalisierung, sondern eben durch die Kombination der verschiedenen Aspekte rationalen Rechts bestimmt wird. Wenn die Kontrolle durch die Interessenten entfällt, wird das von Weber eindeutig perhorreszierte Potential der falsch verstandenen Rationalisierung freigesetzt: „Die Gewalt der entfesselten rein logischen Bedürfnisse der Rechtslehre und der 49 Goldschmidt, Levin, Rechtsstudium und Prüfungsordnung. Ein Beitrag zur preußischen und deutschen Rechtsgeschichte. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1887. 50 Zur Schwierigkeit der Jurisprudenz als Unterrichtsgegenstand vgl. aus der zeitgenössischen Reformdebatte u. a. Zitelmann, Ernst, Die Vorbildung der Juristen. – Leipzig: Duncker & Humblot 1909. 51 Unten, S. 485. 52 Ebd. [Hervorhebung, Hg.].

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durch sie beherrschten Rechtspraxis kann die Konsequenz haben, daß Interessentenbedürfnisse als treibende Kraft für die Gestaltung des Rechts weitgehend gradezu ausgeschaltet werden.“53 Wenn Weber als Beispiel für den Unsinn „logischer Konsequenzmacherei“ die Schwierigkeiten benennt, den Satz „Kauf bricht Miete (Pacht)“, wie er den Wohn- und Machtverhältnissen der spätrömischen Republik entsprach, im Bürgerlichen Gesetzbuch im Falle des Eigentümerwechsels zum Schutz des Mieters in sein Gegenteil zu verkehren als: „Kauf bricht nicht Miete“ (§ 571 BGB),54 so wird man Weber nicht für die Irrationalitäten einer Begriffsjurisprudenz haftbar machen können, die Begriffslogik über Sach- und Interessenadäquanz stellt.

3. Priesterschulen als Ort der Rechtsentwicklung Neben der zünftigen, durch Anwälte monopolisierten empirischen Rechtslehre und der universitären Rechtslehre analysiert Weber die Priesterschulen als Träger der rechtlichen Rationalisierung. Diese Verortung der Rechtsentwicklung kann durchaus zu einem gelehrten Umgang mit Rechtsproblemen führen, der freilich eher in eine „Gelehrtenkasuistik“ als in eine systematische Durchdringung des Rechtsstoffes mündet. Ebenso wie in der systematischen Religionssoziologie Konfigurationen der Bildung religiöser Gemeinschaften analysiert werden, die unabhängig von den Religionsinhalten aus der Eigendynamik ihrer sozialen Verfassung und ihrer Protagonisten hervorgehen, wird auch den Priesterschulen eine spezifische Interessenlage für den Prozeß juridischer Rationalisierung zugeschrieben. Der Effekt ist nämlich nach Weber ganz unabhängig vom Inhalt der jeweiligen religiösen Ethik.55 Das islamische Recht, das hinduistische Recht und die talmudische Jurisprudenz sind insoweit vergleichbar. Nicht das spezifische in den Religionen artikulierte Weltverhältnis, sondern die Organisationsstruktur des rechtlichen Wissens begünstigt Charakteristika des Rechts, die nicht in die Richtung des okzidentalen, formal rationalen Rechts weisen. Je stärker nämlich der Lehr- und Schulcharakter ausgeprägt ist, umso lebensferner entwickeln sich die Ansätze ihrer Systematik: „Die hinduistische Rechtsgelehrsamkeit war daher sehr stark rein schulmäßig-theoretisch und 53 Unten, S. 485. 54 Ebd. mit Anm. 22. – Zur Genese des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbes. des signifikanten Allgemeinen Teils, vgl. Schmoeckel, Mathias, Der Allgemeine Teil in der Ordnung des BGB, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, Band 1, hg. von Mathias Schmoeckel, Joachim Rückert und Reinhart Zimmermann. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2003, S. 123–165. 55 Weber leitet also keineswegs die Entwicklung des rationalen Rechts schlichtweg aus dem Charakter der religiösen Ethik ab. Gleichwohl kommt der „Eigengesetzlichkeit“ der religiösen Entwicklung eine eigene Rolle im Prozeß der rechtlichen Rationalisierung zu.

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systematisierend, in den Händen von Philosophen und Theoretikern liegend und trug die typischen Züge eines sacral gebundenen theoretischen und systematischen[,] aber sehr wenig an der Hand der Praxis sich entwickelnden Rechtsdenkens in besonders hohem Grad an sich [. . .].“56 So wird zwar das Merkmal der Systembildung bedient und die Art der priesterlichen Systematisierung konnte dabei durchaus weiter gehen als das in Rechtsbüchern, etwa dem „Sachsenspiegel“, aufgezeichnete Recht. Ihre Grenzen ergeben sich jedoch aus der Bindung an die Anforderungen der jeweiligen religiösen Sphäre: „Aber die Systematik ist keine juristische, sondern eine solche nach Ständen oder nach praktischen Lebensproblemen. Denn diese Rechtsbücher sind[,] da ihnen das Recht im Dienst heiliger Zwecke steht[,] Kompendien nicht nur des Rechts, sondern zugleich auch des Rituals, der Ethik und unter Umständen der gesellschaftlichen Konvention und Höflichkeitslehre.“57 Damit aber gerät nicht die Eigengesetzlichkeit der juristischen Dogmatik in Schwung, sondern die Herrschaft religiöser Dogmatik dehnt sich auf ihr fremde Gebiete und Sphären aus. Anders formuliert wird auch hier die Grundvoraussetzung von Rationalisierungsprozessen verletzt, die Ausdifferenzierung des Trägerpersonals aus sphärenfremden Logiken und Sachzusammenhängen. Während die zünftig regulierte empirische Rechtslehre ihren partikularen Eigeninteressen zu Lasten systematischer Rechtsbildung verhaftet bleibt, die Universitätslehre durchaus systematischen Bedürfnissen der Intellektuellen Rechnung trägt, was unter Umständen zu Lasten der Praxisnähe geht, wird in den Priesterschulen sowohl Systematik wie Kasuistik gepflegt, nur an einem für die Rationalisierung des Rechts sozusagen falschen Objekt, nämlich dem Priesterbetrieb. Insofern gehört nach Weber eben die Abschichtung der rechtlichen Sphäre aus religiösen Zusammenhängen, d. h. ihre Ausdifferenzierung, zu den Bedingungen der Entwicklung rationalen Rechts als Entfaltung ihrer Eigengesetzlichkeit. Umgekehrt sind nach Weber Rationalisierungshemmnisse bei einer Verquickung von Recht und Religion vorprogrammiert.

4. Honoratioren als Träger der Rechtsentwicklung Eine Trägerschicht von „Honoratioren“ ist durch ihre spezifische Interessenlage gekennzeichnet. Rechtshonoratioren waren solche, „welche zu der Praxis des Rechtsbetriebs Beziehungen beruflicher, aber nicht in der Art wie die englischen Anwälte spezifisch zünftiger und erwerbsberuflicher Art hatten. Eine solche spezifisch mit der Rechtspraxis befaßte Honoratiorenschicht ist 56 Unten, S. 490. 57 Unten, S. 491.

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im Ganzen nur dann möglich, wenn einerseits der Rechtsbetrieb von sakraler Beherrschung frei ist, andrerseits der Umfang der beruflichen Belastung noch nicht das durch städtische Verkehrsbedürfnisse bedingte Maß erreicht hat“.58 Die Trägerschichten der Rechtshonoratioren sind also dort wirksam, wo der priesterlich-sakrale Einfluß zurückgeht und die Rechtspraxis noch nicht eine Massennachfrage zu bedienen hat. Aber unterliegen auch sie, wenn sie Träger der Rechtsentwicklung sind, ebensolchen Rationalitätsschranken, wie die zünftig anwaltliche Rechtspraxis, das Recht der gebildeten Universitätslehre oder das Kompendienrecht der Priesterschulen? Es war verbreitete Auffassung, einen Gutteil der Rezeption des römischen Rechts den italienischen Notaren zuzuschreiben,59 die „schnell ein rationales Recht“ für wachsende Verkehrsbedürfnisse zur Hand haben wollten, ohne in Widerspruch zur Universitätslehre zu geraten, aber auch ohne eigene Motive, ein zünftig vermitteltes nationales Recht zu entwickeln, weil dies aus politischen Gründen fernlag. So wurde von den Rechtshonoratioren ein entscheidender Beitrag zur Rezeption eines „Weltrechts“ geschaffen, das seine Fernwirkung erst in vollem Umfang entfaltete, als das „Weltreich“ längst untergegangen war. Wo die Grenzen der Rationalisierungsfähigkeit dieser Trägerschicht liegen, läßt sich am mittelalterlichen Rechtsbücherrecht zeigen, das Weber vergleichend hinzuzieht. Hier sind es nicht – oder weniger – städtische Verkehrsbedürfnisse als vielmehr ländlich-grundherrliche Rechtsbeziehungen, die den Charakter des von Schöffen oder Beamten geprägten Rechts bestimmten. Die in „Rechtsbüchern“ aufgeführten „Traditionen“ konnten sich allerdings gegenüber der Universitätslehre nicht behaupten. So waren diese Aufzeichnungen einer „Honoratiorenjustiz“ zwar durchaus entwickelt, aber ohne spezifische juristische ratio: „Formal war das empirische Rechtsbücherrecht des Mittelalters ziemlich entwickelt, systematisch und kasuistisch aber von geringer Rationalität, wenig an abstrakter Sinndeutung und Rechtslogik und statt dessen stark an anschaulichen Unterscheidungsmitteln orientiert.“60 Wiederum anders war die Bedeutung der Rechtshonoratioren im antiken römischen Recht. Gelingt es dabei, einen Zusammenhang zwischen Trägerschicht und der Eigenart des römischen Rechts plausibel zu machen? Im Unterschied zu der von Weber so qualifizierten „Kadijustiz“ der attischen Volksgerichte brachte die amtliche Prozeßleitung in der römischen Republik ein hohes Maß eigengesetzlicher Rationalität ins Spiel. Trotz zahlreicher Parallelen zum englischen Recht fehlte der zünftig geschlossene Anwaltsstand, so daß das Schema der Prozeßinstruktionen die Entwicklung von Rechtsbegriffen förderte, unter die eine Partei ihre Klagebegehren zu fassen hatte. 58 Unten, S. 491 f. 59 Vgl. unten, S. 492 f. 60 Unten, S. 495.

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Insoweit lag die Rechtsentwicklung in den Händen der „Kautelarjurisprudenz“, „d. h. also der Tätigkeit von Rechtskonsulenten, welche die Vertragsschemata für die Parteien entwarfen, ebenso aber die Magistrate im ‚consilium‘, dessen Zuziehung für jeden römischen Beamten typisch war, als Sachverständige bei der Herstellung ihrer Edikte und Klageschemata [. . .] berieten“.61 Hieraus resultiert der spezifische, bei Ihering bereits charakterisierte „Geist des römischen Rechts“, nämlich sein analytischer Charakter, d. h.: „die Zersetzung der plastischen Thatbestandskomplexe des Alltagslebens in lauter juristisch eindeutig qualifizierte Elementarakte“.62 Gegenüber der Begriffsbildung im englischen Recht dominiert die Suche nach juristisch adäquaten Lösungen, die abstrakte Rechtsbegriffe hervorbringt, auch wenn etwa der vermeintlich römisch-rechtliche Eigentumsbegriff ins Reich der Legende verwiesen wird. Ohnehin ist Webers Einschätzung dadurch geprägt, den Mythos des vollkommenen römischen Rechts zu dekonstruieren. Damit befand er sich damals schon durchaus in bester Gesellschaft; Ludwig Mitteis etwa vermerkt in seiner Darstellung des „Römischen Privatrechts“ kritisch: „Die älteren Werke sind überholt und muten in ihrem orthodoxen Echtheitsglauben fast befremdend an [. . .].“63 Einen ähnlichen „Echtheitsglauben“ hatte Weber vor Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am Mythos eines „deutschen“ Rechts kritisiert.64 Gerade die Merkmale, die Weber einem vollständig rationalisierten Recht zuschreibt, Abstraktion und insbesondere Systematik, sind jedenfalls dem frühen römischen Recht abzusprechen. Am Einfluß einer durch Priesterschulen bewirkten Systematisierung fehlt es, weil die Priesterschaft trotz ihrer formal bedeutenden Stellung politisch machtlos war.65 Trotz sakralrechtlicher Grundlage, vor deren Überschätzung Mitteis warnt,66 ist nach Weber die Beziehung zwischen Recht und Religion in Rom eher so gestaltet, daß die religiösen Dinge juristischer Behandlung unterliegen und nicht umgekehrt: „Die materiale Säcularisierung des römischen Lebens und die politische Machtlosigkeit der Priesterschaft züchteten in dieser ein Mittel zu einer rein formalistischen und juristischen Behandlung religiöser Dinge[.]“67 61 Unten, S. 497. 62 Unten, S. 499 mit Anm. 52 und 53. 63 Mitteis, Römisches Privatrecht, S. VIII; Fögen, Römische Rechtsgeschichten (wie oben, S. 70, Anm. 91), geht darüber einen Schritt hinaus, indem sie die Rechtsgeschichten des alten Rom als „Konstruktionen“ entlarvt. 64 Vgl. hierzu den aufschlußreichen Zeitungsartikel Max Webers über „‚Römisches‘ und ‚deutsches‘ Recht“ [1895], in: MWG I/4, S. 524–534. 65 Die Sonderstellung der römischen „Priester-Juristen“ wird gleichwohl auch bei Mario Bretone betont; vgl. ders., Geschichte des Römischen Rechts. Von den Anfängen bis zu Justinian. – München: Beck 1992, S. 83, unter Bezug auf Webers Analysen. 66 Vgl. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 22–30. 67 Unten, S. 498.

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Diese konnten ihrerseits, wie Demelius in einer faszinierenden Studie gezeigt hatte, die Grundlage abgeben für eine so zentrale Denkfigur, wie die „Rechtsfiktion“, welche aus dem Satz „in sacris simulata pro veris accipiuntur“ hergeleitet wird und von der Opferfiktion, dem Substitut des Menschen- oder Tieropfers durch ein stellvertretendes Zeichen, bis zur Prozeßfiktion reicht,68 auch wenn Demelius sich gegen eine totalisierende Theorie vom fiktionalen Aufbau der juridischen Welt ausspricht.69 Impulse einer Systematisierung gingen vielmehr von den politischen Gewalten aus, in der Kaiserzeit und unter dem Einfluß der byzantinischen Bürokratie. Freilich ging dies wiederum auf Kosten der rechtslogischen Strenge, während die Rechtskonsulentenliteratur nicht aus Konkurrenz gegenüber einem systematischen Universitätsrecht entstand, sondern in Verbindung mit einem gelehrten Recht der Praxis stand. Von dort her sind wiederum die Chancen der juristischen Abstraktionsleistungen durch die Bedürfnisse der Praxis bestimmt. Rechtstheoretisch hoch abstrakte Begriffe, wie das „Rechtsgeschäft“, der „Anspruch“, die „Verfügung“, fehlen daher dem antiken römischen Recht, weil sie eher den Denkbedürfnissen der Universitätslehre entsprechen. Die Systematisierungsleistungen des römischen Rechts, insbesondere im Gesetzgebungswerk des oströmischen Kaisers Justinian I., schreibt Weber daher letztlich der Eigenart der Staatsentwicklung zu: „Der rein weltliche und zunehmend bürokratische spätrömische Staat war es, welcher aus den immerhin nur relativ rational systematisierten Produkten des höchst präzisen römischen Rechtsdenkens der Respondenten und ihrer Schüler jene in der Welt einzigartige Sammlung der ‚Pandekten‘ auslas und systematisch durch eigene Rechtsschöpfungen ergänzte, die dann noch nach Jahrhunderten das Material für das Rechtsdenken der mittelalterlichen Universitätsbildung darbot[.]“70 Das systematische juristische Studium, wie es durch die kaiserliche Verwaltung als Folge ihrer „Rationalisierung und Bürokratisierung“ bedingt war, ging also über die Theoriebedürfnisse der republikanischen Rechtshonoratiorenschicht hinaus. Weber unterscheidet somit innerhalb der römischen Rechtsentwicklung verschiedene Rationalitätsstufen, die nicht auf wirtschaftliche Sachverhalte zurückzuführen sind – obwohl der städtische Charakter des Rechtsstoffes vor allem privatrechtliche Entwicklungen begünstigte. Vielmehr sind es die Eigentümlichkeiten des rationalen Rechts, die durch die Trägerschicht der Rechtshonoratioren – dank den Anforderungen der Prozeßinstruktionen – in die Richtung analytischer Begriffsbildung lenken und unter dem Einfluß bürokratischer Rationalisierung einen zunehmend systematischen Charakter annehmen. Am Beispiel des römischen Rechts möchte Weber somit demonstrieren, daß die 68 Vgl. Demelius, Rechtsfiktion, S. 12. 69 Vgl. ebd., S. 94. 70 Unten, S. 505.

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jeweiligen Interessen einer Trägerschicht zwar für die Ausbildung bestimmter Dimensionen rationalen Rechts förderlich oder hinderlich sind, daß die Auswirkungen auf die Eigenarten des Rechtssystems aber nicht nur von diesen „innerjuristischen Verhältnissen“ abhängen, sondern dem Zusammenspiel mit den Eigengesetzlichkeiten anderer Sphären unterliegen, insbesondere dem Verhältnis zu den religiösen Mächten und ihren Ordnungen.

IX. Die religiösen Mächte, ihre Ordnungen und die Bezüge zur Analyse religiöser Gemeinschaften Der Stellenwert der Religionen für Webers Grundrißprojekt kommt nirgends so deutlich zum Ausdruck wie in dem berühmten Sylvesterbrief aus dem Jahr 1913, der hier noch einmal in Erinnerung gerufen sei: „Da Bücher ja – ‚Entwicklungsstufen‘ – ganz unzulänglich ist, habe ich eine geschlossene soziologische Theorie und Darstellung ausgearbeitet, welche alle großen Gemeinschaftsformen zur Wirtschaft in Beziehung setzt: von der Familie und Hausgemeinschaft zum ‚Betrieb‘, zur Sippe, zur ethnischen Gemeinschaft, zur Religion (alle großen Religionen der Erde umfassend: Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken, – was Tröltsch gemacht hat, jetzt für alle Religionen, nur wesentlich knapper)[,] endlich eine umfassende soziologische Staats- und Herrschaftslehre.“71 Diese Art der Formulierung legt den Eindruck nahe, als sei die „soziologische Staats- und Herrschafts-Lehre“, der nach dem Werkplan von 1914 auch das Rechtsmanuskript zuzurechnen ist,72 von den übrigen Sphären, insbesondere auch von den Religionen abgekoppelt. Das Gegenteil ist der Fall. Schon der Einschlagbogen, in dem sich das Rechtsmanuskript im Nachlaß befand, ist beredt: Er enthält, neben einer Notiz Marianne Webers, in der Mitte die Aufschrift von Max Webers Hand: „IV // Ethik // Tabu“ und dürfte also ursprünglich das religionssoziologische Manuskript seines Grundrißbeitrags, oder einen Teil davon, enthalten haben.73 In Webers Bild der okzidentalen Moderne spielt die religiöse Ethik bekanntlich eine herausragende Rolle. Gilt dies aber auch für die Entwicklung des okzidentalen Rechts, dessen einzigartigen, formal rationalen Charakter Weber in der gewandelten Kompositionsidee seines Rechtsmanuskripts ständig herauskehrt?74 Ist die religiöse Ethik unter den die Entwicklung rationalen Rechts 71 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 30. Dez. 1913, MWG II/8, S. 448–450, hier S. 449 f. 72 Vgl. die Einleitung, oben, S. 56, sowie den Editorischen Bericht zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 249 ff. 73 Vgl. hierzu ausführlicher den Editorischen Gesamtbericht, unten, S. 135 ff. 74 Die Arbeit von Treiber, Wahlverwandtschaften (wie oben, S. 80, Anm. 38), bleibt u. E. zu sehr auf strukturelle Parallelen zwischen Rechts- und Religionssoziologie fixiert.

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bedingenden „außerjuristischen Verhältnissen“ gar das entscheidende Moment? Von Webers umfassendster Formel zu den Ursprüngen des okzidentalen Rationalismus aus betrachtet, nämlich von der Frage „[. . .] welche Sphären und in welcher Richtung sie rationalisiert wurden“,75 bleibt offen, inwieweit religiöse Faktoren die Weichen in Richtung der rechtlichen „Rationalität“ mitgestellt oder auch verstellt haben. In „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ schreitet Weber über Indien und China zum Islam fort, um antikes Judentum und Christentum hieran anzuschließen, eine Reihenfolge, die keiner Wertehierarchie entsprechen soll, die aber gleichwohl eine immer wiederkehrende feste Abfolge darstellt.76 Doch zunächst bildet die Vermischung und Trennung von „fas“ und „jus“ im römischen Recht das rationale Gegenmodell.

1. Sakrales und Profanes im römischen Recht In der sog. systematischen Religionssoziologie77 führt Weber – mit Blick auf „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ – als einen der maßgeblichen Gründe für den fundamentalen Unterschied asiatischer und okzidentaler Erlösungsreligiosität gerade die Eigenart des römischen Rechts auf: „Von praktischen Momenten kommt in Betracht“ – so Weber –, „daß, aus noch zu erörternden Gründen“, womit er auf den Rechtstext verweist, „der römische Okzident allein auf der gesamten Erde ein rationales Recht entwickelt hatte und behielt.“78 Hier also wird das Recht zu den außerreligiösen Verhältnissen gezählt, die den „fundamentalen Unterschied“ asiatischer und okzidentaler Kulturen begründen. So wirkt die Rechtsvorstellung – wiederum aus Sicht der religiösen Sphärenentwicklung betrachtet – auf den Charakter der Beziehung zu Gott ein: „Die Beziehung zu Gott wurde in spezifischem Maß eine Art von rechtlich definierbarem Untertanenverhältnis, die Frage der Erlösung entschied sich in einer Art von Rechtsverfahren [. . .].“79 Wenn aber die Beziehung des Menschen zu Gott als ein „Rechtsverhältnis“ begriffen wird, bedarf dann die Sündenhaftigkeit und Verderbtheit der menschlichen Handlungen nicht einer entsprechenden „Rechtfertigung“? So ließe sich in der juristischen Konstruktionslogik, insbesondere im Kontext einer protestantischen Rechtfertigungslehre, weiter argumentieren. In dem 75 Weber, Vorbemerkung, S. 12. 76 Vgl. hierzu ebd., S. 1 f. 77 Die Überschrift „Religionssoziologie (Typen religiöser Vergemeinschaftung)“ ist eher „untypisch“ für Weber, der gewiß keine Regionalsoziologien propagieren wollte; vgl. Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2. 78 Ebd., S. 335. 79 Ebd.

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Rechtstext geht es um die spiegelbildliche Frage, inwieweit das religiös begründete Weltverhältnis, dessen „Form“ im Okzident in juridischen Kategorien als „Rechtsverhältnis“ gedacht ist, auf die Bedingungskonstellation der Entwicklung rationalen Rechts selbst einwirkt, die religiöse Sphäre also mitbestimmt, „welche Art und welche Richtung“ vom juridischen Rationalismus eingenommen wird. Wir hatten bei der Analyse unterschiedlicher Träger der Rationalisierung gesehen, daß in Rom nicht Priesterschulen, sondern eine weltliche Honoratiorenschicht das rationale Recht als ein säkularisiertes „ius“ beförderten, obwohl die rituellen Pflichten einen ungeheuren Raum im römischen Leben einnahmen. In „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, worin Weber ja sogar eine juristische Überformung des religiösen Alltags im Sinne einer „rein formalistischen und juristischen Behandlung religiöser Dinge“80 annimmt, ist dies das Ergebnis der „Unterwerfung der priesterlichen unter die profane Gewalt“.81 Der Konflikt von „Recht“ und „Religion“ ist hier also politisch, nach dem Machtverhältnis theokratischer und profaner Gewalten entschieden.

2. Rechtspartikularismus in Indien Aus den knappen Bemerkungen im § 5 des Manuskripts der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, die wir zeitlich überwiegend in das Jahr 1913 verlegen,82 ergibt sich für das indische Recht ein gleichwohl stimmiges Bild. In Indien ist das Verhältnis von Recht und Religion gerade umgekehrt: Die herrschende Priesterschaft, die Brahmanen, reglementiert das gesamte Leben ritualistisch, während die profane Rechtsbildung auf die Entwicklung von Partikularrechten der einzelnen Berufsstände begrenzt ist. Weil diese Rechtsgebiete aber nicht einer Priesterlehre oder irgendeiner, in Indien so hoch entwickelten intellektuellen Durchdringung unterlagen, fehlten Ansätze einer rechtlichen Rationalisierung weitgehend.83 Der Rechtsgang weist kaum rationale Züge auf. Angesichts der partikularen autonomen normativen Ordnungen ist die Bedeutung privater Schiedsgerichte hoch. Was für Weber die vielfach belegte Faszination Indiens ausmachte, der „Zaubergarten“ als Experimentierfeld der Religionen, sorgt für die ungebrochene Bedeutung 80 Unten, S. 498. 81 Unten, S. 522, wobei wiederum auf die „Religionssoziologie“ verwiesen wird, in der die „Eigentümlichkeiten der römischen Götterwelt“ behandelt sind und wo sich umgekehrt der Verweis auf die „Rechtssoziologie“ findet. 82 Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 263 ff. 83 Vgl. unten, S. 523–525.

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magischer Vorstellungen, etwa das eigentümliche Zwangsvollstreckungsmittel des Verhungerns des Gläubigers vor der Tür des Schuldners, um diesem den Fluch der Ahnengeister als magische Rechtsgarantie anzudrohen.84 Nur in einer Seitenbemerkung findet sich der zeitgenössische Bezug zur „Kastenjustiz“, die als wirksamstes Sanktionsmittel den Ausschluß aus der Kaste kennt. Diese Konsequenz einer minderen Rationalität ergibt sich für Weber allein aus der bereits früher beschriebenen „Eigengesetzlichkeit“ der Trägerschichten. In der systematischen Indienstudie,85 deren Erscheinen im Jafféschen Archiv im Kriegsjahr 1916 einsetzt und – wie aus der ersten Fußnote der „Einleitung“ von 1915 hervorgeht – Überlegungen wiedergibt, „wie sie zwei Jahre vorher niedergeschrieben und Freunden vorgelesen waren“,86 also in die Zeit der Verfassung des Rechtstextes hineinreichen, kommen hingegen weitere, innerreligiöse Erklärungsmomente hinzu, die den entstehenden Polymorphismus der diversen Ethiken und das Fehlen eines universalistischen Rechts weiter verständlich machen. Die intellektuell geniale Lösung des Theodizeeproblems in der Karmalehre, eine höchst „rationale“ Lösung der spezifischen Problemstellung der religiösen Sphäre, hat nämlich höchst irrationale Konsequenzen für die übrigen Lebensbereiche: „Denn da nicht nur die Kastengliederung der Welt, sondern ebenso die Abstufung göttlicher, menschlicher, tierischer Wesen aller Rangstufen von der Karmalehre aus dem Prinzip der Vergeltung vorgetaner Werke abgeleitet wurde, so war für sie das Nebeneinanderbestehen von ständischen Ethiken, die untereinander nicht nur verschieden, sondern geradezu einander schroff widerstreitend waren, gar kein Problem. Es konnte – im Prinzip – ein Berufs-Dharma für Prostituierte, Räuber und Diebe ganz ebenso geben wie für Brahmanen und Könige.“87 Im Unterschied zum klassischen Konfuzianismus waren die Menschen eben nicht gleich, sondern sie hatten allenfalls gleiche Chancen, im Rad der Wiedergeburt einen besseren oder auch schlechteren Platz zu erlangen. Absolute „Sünden“ oder Normverstöße kann es gar nicht geben, sondern nur die Verletzung partikularer Ritualpflichten. Für die Entwicklung irgendeiner Art von übergeordneter normativer Ordnung – wie sie im Okzident vom Naturrecht entwickelt wurde – ist hier kein Raum.88 Weder „Rechte“ noch „Pflichten“, „Staat“, „Untertan“ oder „Staatsbürger“ sind in dieser religiösen Ethik denkbar, nur das ständische Dharma reguliert das – wie Weber es nennt – „hinduistische soziale System“.89 Hieraus aber resultiert nach Weber, „daß der Stel84 85 86 87 88 89

Vgl. unten, S. 325 mit Anm. 41 und S. 524. Vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20. Weber, Einleitung, MWG I/19, S. 83, Fn. 1. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 231. Vgl. ebd., S. 234. So die Überschrift des ersten Kapitels der Indienstudie (ebd., S. 49). Der Begriff des

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lung des Fürsten und der Politik in eigentümlich penetranter Art ihre Eigengesetzlichkeit gewahrt bleibt.“90 Dies aber führt nicht zur Entfaltung „rationaler“ Politik, sondern zum „nackten Macchiavellismus“.91 Am Beispiel Indiens macht Weber sichtbar, wie weit die Folgen einer religiösen Ethik reichen, der jede universalistische Tendenz fehlt. Es sind keine Impulse für die Ausbildung abstrakter ethischer und das heißt eben auch: juristischer Kategorien vorhanden. Die Politik ist in keinster Weise ethischrechtlich temperiert und die Ökonomie leidet gewiß nicht an mangelndem Gewinnstreben, aber im Vergleich mit der okzidentalen Entwicklung fehlt es am methodisch-rationalen Erwerbsstreben. Ohne einen rechtlich konstruierten und ethisch reglementierten „Staat“ ist aber auch die für das Wirtschaftsleben erforderliche Rechtsgarantie nur unvollkommen. Die in der Karmalehre religiös legitimierte und sozial-strukturell durch die Kastenordnung bedingte Dharma-Lehre bietet also keinerlei Anreize für eine rechtliche Rationalisierung des indischen Lebens. Ihre rechtskulturellen Grundlagen stellen, wo sie nicht überwunden sind, noch immer partikularistische Schranken dar. Daß bis heute das Problem des rechtlichen Universalismus die politische Landschaft Indiens prägt, Gandhis sanfte Revolution sich an der juristischen Frage der Eigentumsrechte an einem öffentlichen Gut, der Salzfrage, entzündete und sein parlamentarischer Gegenspieler Ambedkar sich die Rechtsfrage der rechtlosen Dalits auf die Fahnen geschrieben hatte92 und das Diskriminierungsverbot der indischen Verfassung noch immer seiner Durchsetzung harrt, zeigt das schwere Erbe des Rechtspartikularismus in Indien bis auf unsere Tage.

3. Die mangelnde Spannung von positivem Recht und Naturrecht in China In China hingegen scheint die allein herrschende Schicht der Literatenbürokratie einer rechtlichen Rationalisierung eher günstig zu sein. Denn die Impulse zu einer Systematisierung des Rechtsstoffes gehen ja – der Theorie nach – gerade von einer bürokratischen Trägerschicht aus. Gleichwohl hat es

„sozialen Systems“ ist also bereits bei Max Weber zu finden, ohne daß er von grundlegender Bedeutung für die Webersche Begriffsbildung gewesen wäre. 90 Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 233. 91 Vgl. hierzu die Ausführungen von Noguchi, Masahiro, Kampf und Kultur: Max Webers Theorie der Politik aus der Sicht seiner Kultursoziologie. – Berlin: Duncker & Humblot 2005, bes. S. 51–57 (hinfort: Noguchi, Kampf und Kultur). 92 Vgl. Ambedkar, B. R., What Congress and Gandhi have Done to the Untouchables, 2nd ed. – Bombay: Thacker 1946.

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– wie Weber in „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ bemerkt1 – eine rationalistische Tendenz im chinesischen Recht nicht gegeben. Dies lag nicht an einer religiösen Überformung der Rechtskultur – bekanntlich ist für Chinesen die Verbindung von Religion und Konfuzianismus gar nicht nachvollziehbar: „Die Irrationalitäten der Justiz aber sind dort patrimonial, nicht theokratisch bedingt.“ Aber auch die genuinen religiösen Mächte der taoistischen Chronomanten, Geomanten etc. kennen eigene Rechtsmagier nicht, damit auch keine Art von fachlicher Spezialisierung über magische Riten, die Ansatzpunkte für eine Rechtsrationalisierung geboten hätten. Eine weiterführende Antwort auf die Rationalitätsferne des chinesischen Rechts findet sich – wie zum „indischen“ Recht – in den Studien zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, und zwar in der Abhandlung über „Konfuzianismus und Taoismus“. Die dort entwickelte Grundfragestellung ist unzweideutig auch auf die Eigenart des Rechts bezogen: „Aber warum blieb diese Verwaltung und Justiz so [. . .] irrational? – dies ist die entscheidende Frage.“2 In seiner Anwort bestreitet Weber keineswegs, daß es einen eigenen, konfuzianischen Rationalismus gegeben habe. Nur habe dieser nicht zu einer Rationalisierung der Ordnungen dieser Welt durch aktive Gestaltung geführt, sondern zu einer Anpassung an die ewigen, übergöttlichen Ordnungen, das Tao, und an die sozialen Erfordernisse, die sich aus der kosmischen Harmonie ergeben. Eine Rationalisierung fand auch in dem Sinne statt, daß die Gefühlskultur von allen orgiastischen und asketischen Zügen befreit wurde, die der Ausbildung des Gentleman-Ideals wohltemperierter Selbstvervollkommnung entgegengestanden hätten.3 Ein rationales Recht hat dieser konfuzianische Rationalismus der Weltanpassung jedoch nicht hervorgebracht. Einmal waren die Grundzüge der Sozialstruktur einer solchen Entwicklung nicht günstig. Die Macht der Sippen war ungebrochen und fand ihren politischen Ausdruck in der Selbstverwaltung der Dörfer, während die Stadt4 – in Ermangelung eines rechtlichen Korporationsbegriffs5 – nicht zum Träger einer autonomen Rechtsentwicklung werden konnte, wie dies für die okzidentale Stadt galt. So fehlten trotz verschiedener Ansätze zu einer gesinnungsethischen Sublimierung des Strafrechts,6 Vorstellungen über Freiheitsrechte im politischen Sinn oder in der Richtung einer naturrechtlich individualistischen 1 Vgl. unten, S. 525. 2 Weber, Max, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 283. 3 Vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 470 f. mit Anm. 36. 4 Vgl. hierzu Sprenkel, Sybille van der, Die politische Ordnung Chinas auf lokaler Ebene: Dörfer und Städte, in: Schluchter, Wolfgang (Hg.), Max Webers Studie über Konfuzianismus und Taoismus. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1983 (hinfort: Schluchter, Konfuzianismus und Taoismus), S. 91–113. 5 Vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 266. 6 Hier nennt Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 280, die rechtsvergleichenden Studien von Josef Kohler.

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Erwerbsethik.7 Die an klassischen Texten geschulte Bildung der Literati, deren Qualifikation getestet wurde,8 verirrte sich aber nicht in die Verschriftlichung der rechtlichen Belange des Alltags. Überdies wäre aufgrund der Eigentümlichkeiten der chinesischen Schrift9 der Alltag für die Massen kein Stück weit „lesbarer“ geworden. An den Eigentümlichkeiten der monopolisierten Bildung der Literati mag es auch liegen, daß – wie Weber erwähnt – sich ein eigener Juristenstand nicht herausbildete. „Verwaltung und Rechtsfindung waren zwar formal durch den Dualismus der Fiskal- und Justizsekretäre, aber nicht wirklich in der Art ihrer Ausübung getrennt [. . .].“10 Vielmehr galt eine vollständige Mischung von Verwaltung und Rechtsfindung, so daß ein die Rationalisierung des Rechts im Sinne der Entwicklung „innerjuristischer Qualitäten“ fördernder Juristenstand vollständig fehlte. Dies aber führte zu einer für die patrimoniale Staatsstruktur11 typischen Differenzierung der Herrschaft der Tradition einerseits und ungehemmter Willkür andererseits, was vor allem für den gewerblichen Kapitalismus hinderlich ist.12 Daß es ein rational kalkulierbares Recht gibt, auch ohne Systematisierung, zeigt das englische Beispiel. Allerdings gab es dort eine spezifische Trägerschicht der Rechtspflege, die kapitalistischen Interessen entgegenkam. Aber nur wo diese Interessen mit einem „Beamtenrationalismus“ zusammentreffen, kann ein vollständig formal rationalisiertes Recht entstehen, was nur im Zuge der „modernen okzidentalen Rechtsrationalisierung“ geschehen sei. Die Chinastudie darf also zur Vervollständigung von Webers Bild des okzidentalen Rechts nicht vernachlässigt werden, macht in den hier verwendeteten Formulierungen dann aber auch noch einmal die zeitliche Folge klar, in der sie vom Entwicklungsgrad des Rechtstextes profitiert und ihn im Begriff der „okzidentalen Rechtsrationalisierung“ noch einmal verdichtet: „Unsere moderne okzidentale Rechtsrationalisierung war das Erzeugnis zweier nebeneinander wirkender Mächte. Einmal des kapitalistischen Interesses an streng formalem und daher – in seinem Funktionieren – möglichst wie eine Maschinerie kalkulierbarem Recht und, vor allem, Rechtsgang. Dann: des Beamtenrationalismus der absolutistischen Staatsgewalten mit seinem Interesse an kodifizierter Systematik und Gleichförmigkeit des, von einer rational geschulten und nach interlokal gleichmäßigen Avancementschancen strebenden 7 Vgl. ebd., S. 340. 8 Vgl. zum Stand der Literati: Weber-Schäfer, Peter, Die konfuzianischen Literaten und die Grundwerte des Konfuzianismus, in: Schluchter, Konfuzianismus und Taoismus (wie oben, S. 94, Anm. 4), S. 202–228. 9 Vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 307 f. 10 Ebd., S. 281. 11 Vgl. hierzu Hermes, Siegfried, Soziales Handeln und Struktur der Herrschaft. Max Webers verstehende historische Soziologie am Beispiel des Patrimonialismus. – Berlin: Duncker & Humblot 2003, S. 151 ff. 12 Vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 280.

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Bureaukratie zu handhabenden, Rechtes.“13 Aus dem Fehlen beider Momente ergibt sich bereits die Unwahrscheinlichkeit der Entwicklung rationaler Rechtsformen. Die praktische Sozialethik aber blieb, der herrschenden Sozialstruktur entsprechend, dem Muster organischer Pietätsbeziehungen verhaftet, wie sie in den fünf natürlichen Pflichtenkreisen des Konfuzianismus festgelegt waren. Aus diesen organischen Sozialbeziehungen aber konnte eine unpersönliche Geschäfts- und Rechtsethik nicht hervorgehen, wie überhaupt jede „Verpflichtung gegenüber ‚sachlichen‘ Gemeinschaften“14 undenkbar ist. Der Unterschied zur okzidentalen Entwicklung besteht in der Hemmung des rationalen Betriebskapitalismus, wofür Weber zunächst „das Fehlen des formal garantierten Rechts und einer rationalen Verwaltung und Rechtspflege“15 verantwortlich macht, die ihrerseits aber mächtige kapitalistische Erwerbs- und nicht Beuteinteressen voraussetzt. Entscheidend aber für die Rationalisierung von Recht und Wirtschaft ist die Überwindung personalistischer Beziehungen, für die es in China nach Webers Analysen keinerlei religiöse Impulse gab, wo vielmehr die Übertragung organischer Pietätsbeziehungen auf andere Sozialbeziehungen den Kern der konfuzianischen Ethik darstellte.16 Die „Rationalisierung“ der Wissenschaften aber verlief in die Richtung des magischen, durch Chronomanten und Geomanten, Astrologen und Makrobioten geprägten Weltbildes,17 das für den Westen heute in Zirkeln alternativer Lebensformen so attraktiv ist, in dem für eine philosophische, theologische oder auch: juristische Logik nach Webers Einschätzung aber kein Raum war.18 Und dies bestätigt die von Weber behauptete Paradoxie der konfuzianischen Ethik auch fürs Recht: Gerade das Pragma der Weltanpassung führt nicht zu einer Anpassung der Welt an ihre „Eigengesetzlichkeiten“, sondern der unistische Einklang mit der Welt setzt das dynamische Element einer Spannung zwischen „heiligem und profanem Recht“ außer Kraft, während u. a. eine rationale individualistische Sozialethik „in der Neuzeit im Okzident gerade aus der Spannung zwischen formalem Recht und materialer Gerechtigkeit entsprang“.19

13 Ebd., S. 342. 14 Ebd., S. 424 f. 15 Ebd., S. 494. 16 Vgl. ebd., S. 425. 17 Vgl. ebd., S. 403–407. 18 Vgl. ebd., S. 481. 19 Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 340. Zum chinesischen Recht mit Blick auf Webers China-Studie vgl. Bünger, Karl, Das chinesische Rechtssystem und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, in: Schluchter, Konfuzianismus und Taoismus (wie oben, S. 94, Anm. 4), S. 134–173. Das Moment der Spannung wird auch in der Studie von Noguchi, Kampf und Kultur (wie oben, S. 93, Anm. 91), in den Vordergrund gestellt. Es stellt den

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4. Rationale und irrationale Momente des islamischen Rechts Weber zeichnet sein Bild des islamischen Rechts als paradigmatische Beziehung von Recht und Religion: „Die Stellung des heiligen Rechts im Islam ist ein geeignetes Paradigma für die Wirkung heiliger Rechte in eigentlichen prophetisch geschaffenen ‚Buchreligionen‘.“20 In der überaus dichten Darstellung, welcher eine intensive Überarbeitung entspricht,21 wird nochmals deutlich, was Weber in seiner Analyse der Entwicklungsbedingungen rationalen Rechts nicht interessiert. Es geht ihm nicht um Einschränkungen von Rechten der Frau, Wertwidersprüchen zum okzidentalen Recht, also den Inhalten materialer Rationalisierung,22 sondern um die formalen Qualitäten des islamischen Rechts. Dabei greift Weber in dieser knappen Passage auf umfängliche Spezialliteratur zurück, vor allem auf Ignaz Goldziher, den Begründer der Islamkunde, dem das Verdienst zugeschrieben wird, quellenund traditionskritisch die Aussprüche des Propheten nicht als historische Quellen, sondern als solche der Überlieferung erfaßt zu haben, auf Carl Heinrich Becker, der von Goldzieher als dem Weisen schwärmt, auf dem der Glanz der Abendsonne lag,23 und auf Josef Kohler, dem auch die orientalischen Rechte in seiner Sammelleidenschaft nicht entgingen.24 Nur Weber aber setzt diese Bilder des islamischen Rechts in einen komparativ-explikativen Rahmen, der auf den Zusammenhang von sakralem und profanem Recht auf der Grundlage einer religiösen Ethik zielt, mit Blick darauf, „daß sich die Beziehung des profanen zum sakralen Recht ganz allgemein höchst verschieden gestaltete, je nach dem prinzipiellen Charakter der religiösen Ethik“.25 Im Unterschied zur konfuzianischen Ethik läßt sich die Haltung des Islams als eine Verbindung von Weltanpassung und Welteroberung charakterisieren.26 Ergeben sich allein hieraus Konsequenzen für die Einschätzung seines Rechts? Webers Vorgehen zielt zunächst auf ein Verständnis der BinnenstrukInterpretationsschlüssel zur Auflösung des okzidentalen Rätsels dar; vgl. Gephart, Sphären (wie oben, S. 68, Anm. 84). 20 Unten, S. 526. 21 Vgl. die Textgruppe XII nach der Textgruppenübersicht, unten, S. 167–169. 22 Dies verkennt Crone, Patricia, Max Weber, das islamische Recht und die Entstehung des Kapitalismus, in: Schluchter, Wolfgang (Hg.), Max Webers Sicht des Islams. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987 (hinfort: Schluchter, Sicht des Islams), S. 294–333 (hinfort: Crone, Islamisches Recht). 23 Nach Becker, C[arl] H[einrich], Ignaz Goldzieher zum Gedächtnis, in: ders., Vorlesungen über den Islam, 2. umgearb. Aufl., von Franz Babinger. – Heidelberg: Carl Winter 1925, S. VI. 24 Vgl. Webers Ausführungen zum islamischen Recht mit Sachkommentierung und Nachweisen, unten, S. 526–535. 25 Unten, S. 522. 26 Vgl. Schluchters Einleitung zu: ders., Sicht des Islams (wie oben, S. 97, Anm. 22), S. 11–124.

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tur des islamischen Rechts. Seiner Theorie von der prägenden Kraft der Träger rechtlicher Rationalisierung macht dabei die Tatsache zu schaffen, daß das „islamische heilige Recht“ durchweg Juristenrecht ist, also günstigste Bedingungen einer fachspezifischen Rationalisierung hätte bieten müssen.27 Trotz zahlreicher Parallelen mit der Stellung des Juristen im antiken Rom ist den islamischen Rechtsgelehrten aber – im Unterschied zur legitimen „interpretatio“ – die selbständige Interpretation der heiligen Schriften und ihre verbindliche Auslegung untersagt. In der Rechtsquellenlehre stehen sich Koran und Sunnah in ihrer je eigenen Legitimität gegenüber. Aber nicht diese, sondern die hieraus hervorgehenden „fiqh“ und die Sammlung von Hadithen sind Gegenstand der juristischen Arbeit, die auf Tradition fixiert ist, sobald die erneuernde Kraft des Rechtscharismas abgeschnitten wird. Die „Itschtihad“ als rechtsschöpferische Macht in den Grenzen von Koran und Sunna (im übrigen etymologisch mit dem „Jihad“ verwandt)28 versiegt, nachdem letztlich nur den Begründern der vier orthodoxen Rechtsschulen eine solche rechtsprophetische Kraft zugeschrieben wurde. Während sich das Juristenrecht des Islam im Kampf zwischen Orthodoxie und rationaler Jurisprudenz der Entwicklung von Rechtsprinzipien (fiqh) bewegt, ist eine rechtsimmanente Quelle des Neuen, nämlich eine Art Rationalisierung durch Diskurs,29 im Ansatz durchaus vorhanden; sie wird aber durch eine „Konsenstheorie der juridischen Wahrheit“, nämlich die Übereinstimmung der großen Rechtspropheten im „idschma“, als Geltungsgrund des Rechts limitiert.30 Während in Christentum und kanonischem Recht über die Organisation der Religionsgemeinschaft, nämlich Papsttum und Konzilien, eine systematische Neuerung auch heiligen Rechts möglich war, ist in der Schia trotz eines Glaubens an einen unsichtbaren, mit Unfehlbarkeit ausgestatteten Imam, der Irrationalismus noch gesteigert, werden gerade unabweisbare Neuerungen wie in jedem Juristenrecht notfalls erfunden, aber nur um den Preis der Erschleichung oder systemverletzender Kasuistik. Lange vor einer Diskussion um die Rolle islamischen Rechts im Prozeß rechtlicher Globalisierung sieht Weber eine prinzipielle Schranke der Anpassungsfähigkeit an die Moderne: „Das heilige Recht konnte weder beseitigt noch, trotz aller Adaptierungen, wirklich in der Praxis durchgeführt werden.“31 Hierin erkennt er das stärkste Hindernis für die Entwicklung rationalen Rechts, nämlich die „Unmöglichkeit einer systematischen Rechtsschöpfung zum Zweck der inneren und äußeren Vereinheitlichung des

27 Vgl. unten, S. 529 f. 28 Ein Hinweis von Hamadi Redissi; vgl. auch ders., L’exception islamique. – Paris: Éditions du Seuil 2004. 29 Siehe die Einleitung, oben, S. 73 f. 30 Vgl. unten, S. 529. 31 Unten, S. 531.

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Rechts.“32 Darüber hinaus steht die Begrenzung der personalen Geltung auf die Rechtsgenossen des Islam einer Universalisierung entgegen: „Die Folge war der Fortbestand der Rechtspartikularität in allen ihren Formen: sowohl als ständische für die verschiedenen geduldeten und teils positiv[,] teils negativ privilegierten Konfessionen, wie als Orts- oder Berufsgebrauch nach dem Satz: Willkür bricht Landrecht [. . .].“33 Weber vermißt also neben der rationalen Veränderbarkeit, im Sinne der Positivität des Rechts, den Universalismus der Rechtsgeltung über den Kreis der Genossen hinaus und schließlich fehlt die „logische Systematisierung des Rechts in formalen juristischen Begriffen“.34 Daß diese rechtslogischen Hemmnisse die Entwicklung von Rechtsinstituten des Privatrechtsverkehrs nicht behindert hat, gesteht Weber durchaus zu. So folgt er hier der Auffassung Kohlers, der die Entwicklung wichtiger handelsrechtlicher Institute des Okzidents (z. B. den Wechsel) auf eine Rezeption arabisch-islamischer Rechtsvorstellungen zurückführt;35 aber sie werden nur als Derivationen, Zufallsprodukte aus dem sakral fixierten Recht begriffen. Daß in der Schia der ökonomische Güterverkehr mit Ungläubigen, anders als im Judentum, als verunreinigend rituell ausgeschlossen ist, schränkt Recht als ein interkulturelles Medium drastisch ein.36 Insofern ist der theokratische Einschlag im Recht nach Weber von erheblicher Bedeutung nicht nur für die Rationalität des Rechts, sondern auch für die Chancen einer Rationalisierung der „wirtschaftlichen Sphäre“. Denn die Annahme unfehlbarer Richtigkeit des Rechts schließt ein formales Moment des okzidentalen Rechts aus, das dem Verfahren selbst und der streitigen Auseinandersetzung ein eigenes Rationalitätspotential zuschreibt. Im Islam aber – so Weber – ziele Recht auf „materiale Gerechtigkeit“, also eine „prinzipielle ‚Gesinnung‘ der Rechtspflege“,37 die Webers Bild des formal rationalen Rechts zuwiderläuft. Patricia Crone hat in ihrer Kritik Webers ein ganz anderes Bild des islamischen Rechts gezeichnet:38 So seien alle Personen als „gleiche juristische Einheiten“ aufgefaßt,39 obwohl im gleichen Atemzug erwähnt wird, daß hiervon Sklaven, Frauen und (nicht-muslimische) Araber ausgenommen sind. Auch alle Gegenstände würden in ähnlicher Weise als gleiche juristische „Einheiten“ aufgefaßt, was dem okzidentalen Begriff der „Sache“ entsprechen würde. Die Unterscheidung zwischen Eigentum und Besitz sei voll entwickelt und der dominante Vertragstyp seien die Zweck- und nicht die Statuskontrakte.

32 33 34 35 36 37 38 39

Unten, S. 531. Ebd. Unten, S. 533. Vgl. unten, S. 531, Anm. 48. Unten, S. 534. Unten, S. 535. Vgl. Crone, Islamisches Recht (wie oben, S. 97, Anm. 22). Ebd., S. 305.

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Allein die Eventual- und Versprechungsverträge seien aus Gründen des Schutzes der Rechtsinteressenten vor riskanten Unternehmungen ausgeschlossen.40 Und im übrigen fehle eine Reihe von Einrichtungen bloß deshalb, weil niemand daran gedacht habe, sie zu entwickeln. Auf diese Weise wird „erklärt“, daß es kein Schadensersatzrecht, keine „Körperschaften“ und „juristischen Personen“ gibt.41 Die Schlußfolgerung von Crone lautet überraschenderweise: „Im Weberschen Sinne ist das islamische Recht also rational [. . .].“42 Tatsächlich aber könnte die Distanz zu dem von Weber als formal rational definierten Recht kaum schärfer ausfallen. Denn es fehlen ja nicht nur die Rechtsvorstellungen, die für den kapitalistischen Erwerb und Verkehr nötig sind, sondern auch die juristisch begrifflichen Voraussetzungen, die den säkularisierten Staat als eine vom religiösen Leben abgetrennte „Anstalt“ konstituieren. Hierfür sind dann aber die innerreligiösen Motive verantwortlich, die den Islam als eine auf Eroberung der Welt zielende Religion der Weltanpassung kennzeichnen, welche den Eigengesetzlichkeiten dieser Welt keinerlei legitime Geltung zuschreiben kann. Und insofern bleibt das Recht eben religiös-traditional überformt, was zwar eine „Systematisierung“ keineswegs ausschließt, letztlich aber der „analytischen“ Dimension und der Idee der „Konkretisierung“ einer den sachlichen Regelungsproblemen adäquaten Rechtsdogmatik zuwiderläuft.43 So bleibt Webers bereits zitiertes Verdikt: „Der Islam kennt der Theorie nach sogut wie kein Gebiet des Rechtslebens, auf welchem nicht Ansprüche heiliger Normen der Entwicklung profanen Rechts den Weg versperrten.“44 In diesem Dilemma, entweder religiös begrenzt oder – trotz prinzipieller Anpassungsfähigkeit – unpraktikabel zu bleiben, sieht Max Weber das Recht des Islam befangen: „Das heilige Recht konnte weder beseitigt noch, trotz aller Adaptierungen, wirklich in der Praxis durchgeführt werden.“45 Darüber, wie Webers Rechtsanalyse für den Islam als Teil seiner Untersuchung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ in der geplanten religionssoziologischen Studie im Kontext der religionsvergleichenden Forschun40 Vgl. ebd. 41 Ebd., S. 306. 42 Ebd. 43 Der Grund für Crones Abwertung der Weberschen Analyse liegt einfach darin, daß sie den idealtypischen Charakter des formal rationalen Rechts nicht akzeptiert und im übrigen Webers Vorstellung einer Kombination der verschiedenen Rationalitätsdimensionen verkennt. Für die tendenziöse Rezeption ist die folgende Stelle ein eindeutiger Beleg, wo Crone, Islamisches Recht, S. 302, behauptet: „Darüber hinaus ist die Idee eines lückenlosen Systems soziologisch sinnlos.“ Weber hingegen hatte nur von dem Postulat der Lückenlosigkeit gesprochen, was gerade den soziologisch relevanten Unterschied ausmacht. 44 Unten, S. 526. 45 Unten, S. 531.

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gen weitergeführt worden wäre, läßt sich nur spekulieren. Gewiß aber wäre Weber näher auf Rechtsordnungen im religiösen Herrschaftsgebiet des Islam eingegangen, die aufgrund von kolonialen Rechtsimporten oder der Überlagerung durch andere Rechtskulturen die Frage der Kollision von religiös gebundenem und profanem Recht hätten lösen müssen, wie dies etwa in den maghrebinischen Kulturen geleistet wurde.46

5. Gesetzesreligion und Religionsgesetz im antiken Judentum Webers Einschätzung des jüdischen Rechts verdient in dem Argumentationszusammenhang der komparativen Betrachtung externer Bedingungen des okzidentalen Rechtsrationalismus eine besondere Aufmerksamkeit. Einmal steht die latente Kritik an Webers Protestantismusthese im Raum, nach der die Rolle des Judentums47 für die Entstehung des Kapitalismus unterschätzt sei; sodann ist in der jüdischen wie in keiner anderen Religion eine Prämie auf die Gesetzmäßigkeit des Handelns gelegt, so daß der Typus eines religiös legitimierten Rechts und eines rechtlich geprägten Religionsverständnisses in einmaliger Weise zusammenfallen.48 In „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ betont Weber die Schranken, die der talmudischen Jurisprudenz in die Richtung der Rationalisierung gesetzt sind: „Formell zeigte die eigentliche talmudische Jurisprudenz jene typischen Eigenschaften heiliger Rechte, deren starkes Hervortreten hier aus der starken Schulmäßigkeit und der – grad in der Zeit der Entstehung der Mischna-Commentare – relativ, im Gegensatz zu früheren sowohl wie späteren Epochen, gelockerten Beziehung zur Gerichtspraxis folgen mußte: ein starkes Überwiegen rein theoretisch konstruierter[,] praktisch unlebendiger Casuistik, welche bei den engen Schranken rein rationaler Construktion doch nicht zu einer eigentlichen Systematik sich fortbilden konnte.“49 Weber betont also Defizite bei der systematischen wie der analytischen Rationalisierung des Rechts. So ist der mangelnde Bezug zu den Rechtsinstituten des Kapitalismus, den Weber gerade am Beispiel der Inhaberpapiere gegen Werner Sombart nachzuweisen sucht,50 nicht mehr verwunderlich: „Das genuin jüdi46 Vgl. die aus Weberscher Sicht entwickelte Studie von Raja Sakrani, Au croisement des cultures de droit occidentale et musulmane. Le pluralisme juridique dans le code tunisien des obligations et des contrats. – Hamburg, Schenefeld: EB-Verlag 2009. 47 Zu den biographischen Hintergründen von Webers Beschäftigung mit dem antiken Judentum vgl. Otto, Eckart, Max Webers Studien des antiken Judentums. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2002, S. 1–82 (hinfort: Otto, Studien). 48 Vgl. aus der Sicht des Herausgebers der Judentums-Studie Otto, Studien (wie oben, Anm. 47). 49 Unten, S. 540. 50 Vgl. unten, S. 541 f. mit Anm. 75, 78, 79. Weber hatte Sombarts „Thesen“ über die

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sche Recht als solches[,] grade auch das Obligationenrecht, ist schon seinem formalen Charakter nach[,] trotz einer freien Entwicklung der rechtsgeschäftlichen Typen, doch keineswegs ein besonders geeigneter Nährboden für solche Institute gewesen, wie sie der moderne Kapitalismus braucht.“51 Weber hebt auch sonst die Nähe der juristischen Thorainterpretation zu den islamischen und indischen Juristen hervor: „Sie waren [. . .] Träger einer die Thora teils interpretierenden[,] teils aber auch von ihr selbständigen Tradition [. . .][,] durch deren Inhalt die offiziellen Institute, etwa die Leviratsehe, ganz ähnlich stark umgewandelt wurden, wie im Islam und Indien.“52 Wiederum innerreligiöse Schranken sind es, die eine Fortentwicklung der Mischna, d. h. der Thorainterpretation, verhindern: „Eine ‚dialektische‘ Behandlung nach Art der occidentalen Theologie fand sich wesentlich an der Pumbedita-‚Akademie‘ in Babylon; aber diese Methode ist in der späteren Zeit der Orthodoxie grundsätzlich verdächtig geworden und heute verpönt: eine spekulative theologische Behandlung der Thora ist seitdem unmöglich.“53 Gleichzeitig ist nach Webers Einschätzung gerade das entwickelte talmudische Recht nicht nur durch seinen partikularen Geltungsanspruch nur für Glaubensgenossen gekennzeichnet, sondern gerade in seiner nahezu sprichwörtlichen und nicht immer ressentiment-freien Kasuistik ein Hindernis auf dem Weg in den juridischen Rationalismus: „Lebendes und totes Recht aber wurden ineinander verschlungen, juristisch bindende und ethische Normen nicht geschieden.“54 Damit also reiht sich das jüdische Recht in die Liste der religiös kontaminierten Rechtskulturen ein, denen ein spezifisches Rationalitätshemmnis eigen ist, wie Weber resümierend formuliert: „Als Partikularrecht und als immerhin nur unvollkommen rational systematisiertes und rationalisiertes, kasuistisch und doch nicht rein logisch durchgebildetes Recht zeigt das jüdische heilige Recht vielmehr die allgemeinen Eigenarten eines unter der Kontrolle heiliger Normen und ihrer Bearbeitung durch Priester und theologische Juristen entwickelten Produkts.“55 Erst in einem späteren handschriftlichen Zusatz vermerkt Weber mit Bedauern: „Wir haben hier, so interessant das Thema an sich ist, keinen Anlaß zu einer speziellen Betrachtung.“56 Einen solchen „Anlaß“

ökonomische Bedeutung der Juden, speziell ihren Einfluß auf die Entwicklung kapitalistischer Rechtsinstitute, bereits in brieflichen Äußerungen über dessen „Judenbuch“ scharf kritisiert; vgl. die Briefe Max Webers an Werner Sombart vom 27. März 1911 und vom 2. Dez. 1913, MWG II/7, S. 154 f., und MWG II/8, S. 414–417, sowie an Heinrich Sieveking vom 1. Dez. 1913, MWG II/8, S. 412 f. 51 Unten, S. 543. 52 Unten, S. 537. 53 Unten, S. 538. 54 Unten, S. 540 f. 55 Unten, S. 544. 56 Ebd.

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gab es freilich im Kontext der religionsvergleichend angelegten JudentumsStudie. Diese „spezielle Betrachtung“ findet schließlich in der im ersten Weltkrieg verfaßten Artikelfolge über das antike Judentum statt,57 die einen gewissen Gegensatz zu den Ausführungen in den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ bildet. Weber zeichnet hier nämlich das faszinierende Bild einer Kultur, in der sich Recht und Religion gegenseitig durchdringen, ohne zwangsläufig in Konfusion und rationalitätshemmender Entdifferenzierung zu enden. Am Anfang war nämlich kein Unrecht, sondern die Verbindung Jahwes zu dem von ihm „voluntaristisch“ erwählten Volke beruhte auf einem gegenseitigen Bund, durch den die Juden als politischer und religiöser Verband konstituiert wurden. Da der Inhalt dieses Vertrages, die „berith“, die Einhaltung bestimmter Pflichten vorsah, ergibt sich die außergewöhnliche Doppelgarantie der Normen: „Alle Verletzungen der heiligen Satzungen waren also nicht nur Verstöße gegen Ordnungen, die er [Jahwe, Hg.] garantiert, wie dies andere Götter auch tun, sondern Verletzungen der feierlichsten Vertragsverpflichtungen gegen ihn selbst.“58 Der Gott der Juden war also weder ein Lokal- noch ein Funktionsgott, sondern ein durch Vertrag gebundener Gott eines Personenverbandes. Auch wenn dieser, in den verschiedenen Varianten des Dekalogs formulierte Inhalt später sakrosankt wurde, bestand die ursprüngliche Vorstellung in einer geradezu modern anmutenden Idee der Positivität des Rechts. So heißt es in der Studie zum antiken Judentum: „Nein, durch positive berith mit ihm war dies positive Recht für Israel geschaffen; es war nicht immer dagewesen und es konnte sein, daß es durch neue Offenbarung und neue berith mit dem Gott wieder geändert wurde.“59 Insofern barg also gerade das altjüdische Recht ein Modell der Veränderbarkeit, und zwar speziell des „heiligen“ Rechts. Der berith-Gedanke wurde noch dadurch verschärft, daß er – in negativer Weise – in den sog. kulturellen Dialog, als Verbot, mit anderen einen Bund zu schließen, aufgenommen wurde.60 Jahwe ist also nicht nur ein Verbandsgott, sondern universeller Rechtsschöpfer. Dies stand im größten Gegensatz zu anderen, religiös geprägten Rechtsordnungen: „Das Recht war nicht ein ewiges Tao oder Dharma, sondern eine positive göttliche Satzung, über deren Innehaltung Jahwe eiferte.“61 Rechtssatzung und Rechtskontrolle fallen also zusammen. Hieraus erklärt sich auch, warum das Auslegungsmonopol nicht 57 Weber, Judentum, MWG I/21, ergänzt um einen erst postum publizierten Text über „Die Phärisäer“, abgedr. ebd., S. 758–846. 58 Ebd., S. 425. 59 Ebd., S. 426. 60 So heißt es Ex 34,15: „Hüte dich, einen Bund mit den Bewohnern des Landes zu schließen.“ 61 Weber, Judentum, MWG I/21, S. 426.

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delegiert wird. So wird in Dtn 4, 2 ein radikales Auslegungsverbot formuliert, das sich bis in den Talmud hinein herhält.62 Dieser rechtliche Bindungscharakter hat weitreichende Folgen für die Beziehung des Volkes Israel zu Jahwe. Er befördert nämlich die religiöse Rationalisierung in einer ganz bestimmten Richtung: In den Resultaten zur Konfuzianismusstudie hatte Weber zwei Kriterien der religiösen Rationalisierung angegeben: den Grad der Systematisierung und die Abstreifung der Magie.63 Wenn Jahwe die Einhaltung der Gebote fordert, dann sind Opfer und andere Mittel des Gotteszwanges vollständig entwertet. Was Jahwe also erwartet, ist Gehorsam wie einem Kriegsführer gegenüber, der zugleich der oberste Gerichtsherr ist.64 Wenn Wohl und Wehe des Volkes also von diesem Gehorsam abhängig sind, dann müssen den im Bund begründeten Pflichten, denen Gehorsamsansprüche Jahwes korrespondieren, auch verständliche und befolgbare Befehle entsprechen.65 Allein hieraus erklärt sich die ungeheure Bedeutung, die der Feststellung der rechtlichen Gebote im Judentum beikommt. Wer diese für das religiöse Heil zentrale Rechtsfunktion wahrnahm, hat von den Jahwepriestern66 über die Leviten zu den Propheten, Pharisäern und Rabbinern geschwankt. Ihre Folge war zunächst ein antimagischer Zug der Religion: „So drängte der in den genuin jahwistischen Kreisen lebendige Gedanke der ‚berith‘ alle Erforschung göttlichen Willens in die Bahn einer mindestens relativ rationalen Fragestellung und rationaler Mittel ihrer Beantwortung.“67 Das Prinzip der solidarischen Haftung des Volkes für die Verfehlungen des einzelnen steigerte diesen rationalen Zug nur weiter, obwohl die Konsequenzen höchst irrationaler Art waren. Rechts- und Ritualkenntnis wurden somit zum religiös bedingten Gebot des Verhaltens eines jeden einzelnen. Wenn andererseits die Sanktionen Jahwes, der nicht nur ein eifersüchtiger, sondern auch ein rächender und zürnender Gott ist, das gesamte Volk treffen, selbst wenn nur einzelne gefehlt haben, verschärft sich die Theodizeeproblematik, die ja für Weber der Bezugspunkt einer intellektuellen Rationalisierung ist.68

62 So wird in Schabbat 63a die Rückkehr zum „Wortsinn“ postuliert, als Grenze der „Auslegung“ eine juristisch bekannte Figur, die hier freilich in einen narrativen Kontext eingebettet ist. Das gleiche gilt für die weitreichende Auslegungsmaxime der Interpretation aus dem Gesamtzusammenhang, die wiederum kasuistisch expliziert wird (vgl. Sanhedrin 86a). 63 Vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 450. 64 Vgl. Weber, Judentum, MWG I/21, S. 432. 65 So wird Jahwe ausdrücklich von Weber als „Herrscher“ (im Sinne der „Herrschaftssoziologie“) bezeichnet; vgl. ebd., S. 666. 66 So heißt es, ebd., S. 473: „Damit aber steigerte sich die Notwendigkeit, ritual- und rechtskundige Jahwepriester zur Erforschung des Willens des Gottes und der zu sühnenden Verfehlungen angehen zu können.“ 67 Ebd., S. 476. 68 Vgl. etwa Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 290 ff.

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Eine weitere Steigerung der religiös bedingten Ritual- und Gesetzesethik tritt paradoxerweise durch den Typus eines religiösen Mittlers auf, der im höchsten Maße irrational erscheint: den Propheten. Er liefert nämlich der „Theologisierung des Rechts“ und der hiermit einhergehenden „Rationalisierung der religiösen Ethik“ das gesinnungsethische Fundament. Denn erst in der von Weber ausdrücklich als „rational“ ausgezeichneten expressiven Prophetie, die der asketischen Prophetie in den asiatischen Religionen entgegengestellt wird,69 gelingt nach Weber der systematische Bezug auf eine Regulierung des Verhaltens, die über die äußerliche Erfüllung der Gebote Jahwes und der interpretierenden Thoralehrer hinausgeht. So sind die Worte der Propheten des Unheils eine einzige Folge von Fluchreden gegen die Gesetzlosigkeit, deren Wirkung sich im Unterschied zu den Thoralehrern nicht aus einem Amtscharisma, sondern aus dem persönlichen Charisma der Unheilspropheten speist. Gegen „Ritualismus“ setzen die Propheten „massive ethische Werkgerechtigkeit“.70 Die Prophetie ist dadurch eben nicht als Weltflucht gekennzeichnet, sondern sie hat eindeutig innerweltliche Züge, die sogar in die Richtung der individuellen Verantwortung gehen, wenn nur derjenige sterben soll, der sündigt.71 Eine außerordentliche Prämie, durch den Solidarhaftgedanken und die damit verbundene Unberechenbarkeit der Folgen noch wertgesteigert, lag also auf dem rechten innerweltlichen Verhalten: „Auf das sittlich richtige Handeln, und zwar das Handeln gemäß der Alltagssittlichkeit, kam für das besondere, Israel in Aussicht gestellte Heil alles an.“72 Insofern betont also gerade Weber – entgegen der Kritik Günter Stembergers73 – die Elemente innerweltlicher Selbstkontrolle, die namentlich von den Propheten auf einen systematischen Punkt bezogen werden, die Verletzung der Gerechtigkeit.74 Dieser Bezug ist so eng, daß im Hinblick auf die antimagische Tendenz nicht Wunder und Zauberwirkung den wahren vom falschen Propheten scheidet, sondern die Anerkennung der Allmacht des Gesetzes. Warum diese methodisch-rationale Selbstkontrolle gerade des religiös „tief“ empfindenden Juden letztlich doch nicht mit der innerweltlichen Askese des Protestanten konkurrieren konnte, ergibt sich nach Weber aus dem partikularistischen Geltungsanspruch dieser religiös bedingten Alltagsethik, d. h. der 69 Vgl. Weber, Judentum, MWG I/21, S. 631. 70 Weber, Judentum, MWG I/21, S. 629. 71 Nach Hes 18,4; dies bedeutet eine Einschränkung der Solidarhaft und ist um ein ethisches „Aufrechnungsverbot“ ergänzt. 72 Weber, Judentum, MWG I/21, S. 644. 73 Vgl. Stemberger, Günter, Das rabbinische Judentum in der Darstellung Max Webers, in: Schluchter, Wolfgang (Hg.), Max Webers Studie über das antike Judentum. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1981, S. 185–200, hier S. 198 (hinfort: Stemberger, Judentum). 74 So heißt es bei Weber, Judentum, MWG I/21, S. 651: „Es [Israel, Hg.] zieht sich seinen Grimm zu vor allem durch Verletzung der ‚Gerechtigkeit‘, das hieß aber: der ihm eigentümlichen sozialen Institutionen.“

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Trennung von Binnen- und Außenmoral. Im Innenverhältnis aber galt, daß die Propheten des innerweltlichen Unheils sich jedweder mystischen Innewerdung mit dem Göttlichen entzogen und daher mit der Autorität des Propheten auf der Achtung der Pflichten und Gebote Jahwes insistierten. Dieser „rationale“ Charakter der Prophetie tritt daher als ein „Verstärker“ der vorhandenen Tendenzen auf, die durch „die Geistesarbeit der israelitischen Rechtsprechung und Weisheitslehre“75 vorgezeichnet sind. Die Propheten sind also Stütze der bestehenden normativen Ordnung, nicht die Rufer nach einer neuen Ordnung: „Vollends anomistische Konsequenzen des ekstatischen Gottesbesitzes wurden scharf abgelehnt. Ein Lügenprophet ist nach Jeremia jeder, der das Gesetz Jahwes mißachtet und das Volk nicht zu ihm hinzuführen trachtet.“76 Weber geht es bei der auch in dem Rechtstext angedeuteten Trennung von Binnen- und Außenmoral nicht um die für traditionale Ordnungen banale Feststellung, daß zwischen den Normen, die den Sippengenossen binden, und den ethischen Außenbeziehungen überhaupt geschieden wird. Dies war ja nicht zuletzt auch im römischen Recht der Fall. Und es geht Weber auch nicht um die Richtung der gesonderten Außenmoral, die, etwa im Zinsverbot nach innen und der Erlaubnis des Zinsnehmens nach außen, gerade für die Entwicklung des rationalen Kapitalismus hätte förderlich sein können. Gegen diese Argumentation spricht zunächst die Tatsache, daß auch im Binnenverhältnis der gläubigen Juden untereinander das Zinsverbot praktisch umgangen wird, nämlich durch die juristische Konstruktion eines solidarischen Partnerschaftsvertrages zwischen Bank und Sparer, der die „Zinsen“ formell als „Gewinnbeteiligung“ deklariert,77 – übrigens ganz vergleichbar den im islamischen Recht entwickelten Umgehungsformen. Außerdem ist die Deutung zu einfach, wenn nicht tendenziös, wonach die Trennung von Binnen- und Außenmoral sozusagen einen ethischen Freiraum nach außen schaffen würde. Für Webers Argument der Entstehung des rationalen Kapitalismus aus einer Wirtschaftsethik war ja auch nicht die Entfesselung des Erwerbstriebs entscheidend, sondern im Gegenteil die Verheißung einer religiösen Prämie auf eine „ethische“ Gestaltung der ökonomischen Außenbeziehungen. Hieran aber fehlte es nach Weber78 trotz aller Ansätze, das wirtschaftliche Wohlergehen auch als Anzeichen religiöser Bewährung zu betrachten.79 Dies mußte 75 Ebd., S. 653. 76 Ebd., S. 668 [Hervorhebung, Hg.]; der Unterschied zur levitischen Thora-Lehre liegt in der Entwicklung eines glaubensmäßigen unbedingten Vertrauens, das gegenüber der „legalistischen“ Innehaltung einzelner Vorschriften Vorrang besitzt (vgl. ebd., S. 671 ff.). 77 Auf diese „Umgehung“ des Zinsverbots macht Stemberger, Judentum (wie oben, S. 105, Anm. 73), S. 194 ff., aufmerksam. 78 Vgl. Weber, Judentum, MWG I/21, S. 703 f. 79 Dies betont vor allem Stemberger, Judentum (wie oben, S. 105, Anm. 73); doch gehen die Widerlegungsversuche insgesamt an Weber vorbei. Auch wenn im Talmud strik-

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erst recht geschehen, nachdem die „urwüchsige“ Differenzierung von Binnen- und Außenmoral mit der Situation des Pariavolkes in der Diaspora auf Dauer zusammenfiel. Die Erschwerung der Kommensalität durch Speiseverbote und Schlachtrituale und der Ausschluß des Konnubium führten zwar zu einer Festigung nicht nur der Binnenmoral, sondern auch der Binnensolidarität, aber das Geflecht aus religiösen Geboten, Ritualvorschriften und Rechtsregeln blieb dem Einfluß ihrer religiös-autoritativen Interpreten,80 den Rabbinern, unterworfen. Diese aber ließen – auch auf Grund des Verbots, gegen Entgelt zu lehren – keine Ansätze für eine systematische Rechtsbildung oder eine fortdauernde Anpassung an die Ordnungen dieser Welt erkennen. Hierfür freilich macht Weber nicht nur das innerreligiös bedingte Auslegungsverbot verantwortlich, das ja eine intensive Bindung an das Gesetz zur Folge hat, vielmehr wird die technische Eigenart der Gesetzesinterpretation der Rabbiner aus ihrer kleinbürgerlich-stadtsässigen Lage erklärt,81 der ein ethischpraktischer Rationalismus näher liege als ein theoretischer, weshalb zugleich die „ratio“ mehr gelte als die Bildung systematisch tauglicher Begriffe. Die Passagen im § 5 der Rechtsstudie Max Webers sind also zur berühmten Studie zum antiken Judentum in Beziehung zu setzen. Denn diese ist nicht nur der religionsgeschichtlichen Frage gewidmet, warum aus der jüdischen Religion der entscheidende Impuls zur Entstehung des rationalen Kapitalismus nicht hervorging, sondern sie ist ebenso als rechtshistorische Studie zu lesen, die daher im Kontext der Fragestellungen weiter zu lesen ist, welche Weber in den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ untersucht hat: warum nämlich die Antriebe zu einer rationalen Entwicklung des Rechts so schwach blieben, obwohl der einzigartige Charakter der jüdischen Religion gerade darin besteht, daß die Beachtung des Gesetzes nicht nur oberstes Rechtsgebot, sondern religiöse Pflicht ist.

6. Kanonisches Recht als Ausgangspunkt der okzidentalen Rationalisierung des Rechts Hatte Weber schon im § 2 die außerordentliche Rolle des kanonischen Rechts für die Entwicklung des Korporationsbegriffs dargelegt, so steht nunmehr unter vergleichendem Blick die Frage im Vordergrund, warum diese – scheinbar paradoxe – Leistung eines religiösen Rechts nur im Christentum, nicht te Rechtlichkeit gegenüber dem Nichtjuden gefordert wird, erwächst hieraus noch nicht die umgekehrte Folge ethischer Sonderpflichten bis zur utilitaristischen Umdeutung als: „honesty is the best policy“. 80 So charakterisiert Max Weber die Rabbiner im Fragment über „Die Pharisäer“ in: Weber, Judentum, MWG I/21, S. 829 f. 81 Vgl. ebd., S. 830 f.

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aber in hinduistischer und buddhistischer Religiosität, nicht in konfuzianischer Ethik und islamischem Herrschaftsrecht und auch nicht durch die talmudische Jurisprudenz gefördert werden konnte. Gewiß nicht durch irgendeine „Überlegenheit“ der christlichen Theologie und Sinnstiftungsprozeduren, sondern durch die Eigenart der Differenzierung von religiöser und weltlicher Sphäre. Aus den Traditionen der antiken Philosophen und des römischen Rechts entstand ein eigenes, rational geschaffenes Kirchenrecht: „In ungleich stärkerem Maße als irgend eine andre religiöse Gemeinschaft hat [. . .] die occidentale Kirche den Weg der Rechtsschöpfung durch rationale Satzung beschritten.“82 Weber machte im Anschluß an Troeltschs „glänzende Untersuchungen“83 den entscheidenden Wandel im Verhältnis von Kirche und Staat im frühen Mittelalter aus. Nachdem sie durch den spätrömischen Staat anerkannt worden war, rezipierte die frühkatholische Kirche für ihr Verhältnis zu den weltlichen Ordnungen die stoische Naturrechtslehre in deren „relativer“ Variante. Während der absoluten stoisch-christlichen Naturrechtslehre das Ideal einer im goldenen Menschheitszeitalter verwirklichten universalen, freien und gleichen Liebesgemeinschaft zugrundelag, ging das relative Naturrecht von der sittlichen Unvollkommenheit der Welt aus und formte deshalb deren positive Ordnungen zu Mitteln vernunftgemäßer Disziplinierung und Ordnung. So gelangte die katholische Kirche zu einer „organischen Berufsethik“, die dem einzelnen seine gottgewollte Stellung im Diesseits zuwies und die Wiederherstellung der ursprünglichen Gleichheit und Harmonie für das Jenseits in Aussicht stellte. Webers Erklärung für das fortlebende Rationalitäts- und Rationalisierungspotential des kanonischen Rechts liegt in einem subtilen Verhältnis von Differenzierung und Autonomie der kirchlichen und der weltlichen normativen Ordnungen. Im Binnenraum der Kirche lebten die rationalen Traditionen des römischen Rechts fort, während sie bei ihren eigenen systematischen Rechtsbildungen, den mittelalterlichen Bußordnungen, sich zwar im germanischen Recht bediente, dort aber in „Anlehnung gerade an die am meisten formalen Bestandteile des germanischen Rechtes“.84 Entscheidend ist für Weber, daß Mischbildungen zwischen theokratischem und profanem Recht verhindert wurden, also der Eigengesetzlichkeitsthese entsprechend, beide Sphären getrennt blieben. Dies geschah

82 Unten, S. 546. 83 Hier insbesondere Troeltsch, Ernst, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen (Gesammelte Schriften, Band 1). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1912 (hinfort: Troeltsch, Soziallehren), sowie Troeltschs Vortrag auf dem Deutschen Soziologentag 1910: ders., Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht, in: Verhandlungen 1910, S. 166–192 (hinfort: Troeltsch, Naturrecht); vgl. unten, S. 545 mit Anm. 87. 84 Unten, S. 545.

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historisch durch die Ausdifferenzierung des theologischen Lehrbetriebes auf der einen Seite, sowie des weltlichen Rechts und der kanonischen Rechtslehre auf der anderen Seite. Zum anderen war das „Material“ der kanonischen Rechtskunde in sich schon systematisch bürokratischen Charakters, weil es das Institut der formalen Rechtsschöpfung durch Konzilsbeschlüsse gibt und eine Schriftlichkeit des kollektiven Gedächtnisses der Kirchenverwaltung, über Reskripte und Dekretalen, welche nicht auf innerweltliche Einzelfallgerechtigkeit, sondern auf bürokratische Vernunft setzt. Durch ihre bürokratische Amtsstruktur, aus der Anstaltsgnade und nicht persönliche Gnade gespendet wird, weist die Kirche schon an sich eine besondere Nähe zum rationalen Recht auf. Darüber hinaus erleichtert die hierarchische Struktur jede Art von Normendurchsetzung und auch Systematisierung, für die Weber ja immer wieder die Mächte der Verwaltung verantwortlich macht. Der Geltungskreis der ethischen Normen des Christentums tat auf der Ebene der Normstruktur sein Übriges für diese fortdauernde Differenzierung zwischen weltlichem und kanonischem Recht. Die christliche Ethik begrenzte den zu wahrenden Bestand an ethischen Normen auf ein Minimum, was Weber einer die frühe Kirche beherrschenden „eschatologischen Weltabgewandtheit“85 zuschreibt. Die normative Unterbestimmtheit der Alltagsethik schafft somit, in der christlichen Ethik, auch Entwicklungsräume für die Entfaltung neuer Normen im Wege „rein rationaler Satzung“. Aus diesen Sonderumständen wird Weber das kanonische Recht „geradezu einer der Führer auf dem Wege zur Rationalität“86 des profanen Rechts. Die „Kirchen“ sind die ersten „Anstalten“ im Rechtssinn, der kanonistische Korporationsbegriff machte den Weg frei für die „juristische Construktion der öffentlichen Verbände als Corporationen“.87 Die entscheidende Erfindung des okzidentalen Rechts, die erst den Staat als rechtliches Gebilde möglich machte, ist also dem kanonischen Recht zu verdanken. Andererseits verdanken sich auch Besonderheiten des okzidentalen Rechts, wie die von Amts wegen eingreifende Offizialmaxime, dem Einfluß einer an objektiver Wahrheitsfindung interessierten theokratischen Justiz. Das kanonische Recht wird also zum Medium der Kontinuitätsgeltung des römischen Rechts; es bildet in der Organisationsform der Kirche das Paradigma bürokratischer Organisation aus, mit Amtshierarchie und Schriftlichkeit der Verwaltung, ohne den Anspruch der totalen Reglementierung des religösen Alltagslebens, weil es sich auf ein ethisches Minimum, aber nicht auf die Gestaltung eines moralischen Maximums einließ und dadurch zugleich der Entwicklung eines profanen Rechts Raum schuf, das in der Entfaltung seiner Eigengesetzlichkeiten nicht durch Konfusionen des Heiligen und des Profanen irritiert wurde. 85 Unten, S. 547. 86 Ebd. 87 Ebd.

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7. Die unbedeutende Rolle der protestantischen Ethik für die Genese des okzidentalen Rechts Webers Auskunft über die Bedeutung der protestantischen Ethik für die Entwicklung rationalen Rechts bleibt in den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ eigentümlich blaß. Es ist nur der fiktive Endpunkt einer Entwicklung des Rechts, der selbst nicht mehr ausgezeichnet wird. Nur die Trägerschicht ist klar umrissen: „[. . .] so pflegen die bürgerlichen Schichten im Allgemeinen am stärksten an rationaler Rechtspraxis, und dadurch auch an einem systematisierten, eindeutigen, zweckrational geschaffenen formalen Recht interessiert zu sein, welches Traditionsgebundenheit und Willkür gleichermaßen ausschließt und also subjektives Recht nur aus objektiven Normen hervorgehen läßt“.88 Wo aber finden sich die Beispiele für dieses im spezifischen Sinne „bürgerliche“ Recht: „Die englischen Puritaner haben ein solches systematisch codifiziertes Recht ebenso wie die römischen Plebejer und das deutsche Bürgertum des 19. Jahrhunderts verlangt.“89 Daß Weber diesen Gedanken über den möglichen Zusammenhang von puritanischer Ethik und Rechtsentwicklung nicht weiter ausführt, ist angesichts der offenkundig schwierigen Beweisführung nicht weiter verwunderlich. Denn gerade im Einflußbereich der protestantischen Ethik ist ein sowohl systematisches wie analytisches, konkretes wie abstraktes rationales Recht nicht ausgebildet worden. Man könnte diesen Tatbestand mit weitreichenden Folgen gegen die Gültigkeit der Protestantismusthese selbst anführen, obwohl Weber selbst die Reduzierung des sozialen Lebens auf „eine Formel“ lieber den Dilettanten überlassen möchte. So schreibt er am Ende der Protestantismusthese: „Es wäre ein Leichtes gewesen, darüber hinaus zu einer förmlichen ‚Konstruktion‘, die alles an der modernen Kultur ‚Charakteristische‘ aus dem protestantischen Rationalismus logisch deduzierte, fortzuschreiten.“90 Immerhin eine Studie über den Zusammenhang von protestantischer Ethik und Recht war Weber durchaus bekannt, die – ohne des Dilettantismus verdächtig zu sein – im Geist fachwissenschaftlicher Arbeit verfaßt war und seiner generellen Protestantismusthese zumindest zeitlich voranging: Die Schrift von Georg Jellinek über „Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“.91 88 Unten, S. 519 [Hervorhebung Hg.]. 89 Ebd. [Hervorhebung Hg.]. 90 Weber, Protestantische Ethik, in: GARS I, S. 205 f., Fn. 3, Zitat S. 206 (MWG I/18). 91 Die 1. Auflage datiert aus dem Jahre 1895, die 2. Auflage (1904) bezieht die vehemente Kritik, namentlich aus Frankreich mit ein (Jellinek, Georg, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Ein Beitrag zur modernen Verfassungsgeschichte, 2. erw. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1904 (hinfort: Jellinek, Menschen- und Bürgerrechte2)), während in der von Walter Jellinek postum herausgebrachten 3. Auflage die von Georg Jellinek dafür vorbereiteten Änderungen eingearbeitet wurden (Jellinek, Georg, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Ein Beitrag zur modernen Verfassungsge-

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Gegen die erbitterte Kritik der französischen Rechtslehrer, die zum weiteren juristischen Umfeld der Durkheim-Schule gehören, z. B. Léon Duguit und Maurice Hauriou, hält Jellinek an der eindeutigen These fest, daß der rechtsgeschichtliche Ursprung der „Déclaration des droits de l’homme“ sich nicht dem Einfluß Rousseaus oder überhaupt romanischem Rechtsdenken verdanke, sondern von einem germanischen Ursprung in der Magna Charta aus92 über die Strömungen der Reformation hinweg schließlich in die Verfassungsbestrebungen des independistischen und puritanischen Neuen England führe.93 Trotz aller Verwandtschaft mit Webers Argumentationsweise94 muß freilich beachtet werden, daß Jellinek in die innerreligiöse Thematik nicht eindringt.95 Denn die These von der fundamentalen Bedeutung der Religionsfreiheit, die sich im übrigen in der Virginia Bill of Rights erst ganz am Ende findet, ließe sich umstandslos aus den „Interessen“ der Kolonisten herleiten, ihr Motiv der Auswanderung nunmehr auch rechtlich abzusichern. Auch der religionsgeschichtliche Zusammenhang von „Individualismus“ und Menschenrechten96 bleibt ebenso ungeklärt wie die Vorstellung einer religiös bedingten Temperierung der Staatsmacht. Allerdings wird bei Jellinek der religiöse Ursprung des Vereinigungscharakters und seiner rechtlichen Garantien ganz ebenso wie die voluntaristische Note der Soziallehre deutlich. Dabei hätte Jellinek eine noch engere Verbindung zwischen der Religionsfreiheit der Virginia Bill of Rights vom 12. Juni 1776 und dem Inhalt der protestantischen Religionen ziehen können. So heißt es ja in Section 16: „That religion, or the duty, which we owe to our Creator, and the manner of discharging it can be directed only by reason and conviction, not by force or violence [. . .].“97 Die von Talcott Parsons so bezeichneten „volontarian associations“ haben also in den religiös bedingten Motiven der Sektenbildung – auch diesen Zusammenhang erwähnt Jellinek98 – ihren Grund. Ebenso eindeutig ist das Resultat der Studie Jellineks: „Die Idee, unveräußerliche, angeborene, geheiligte Rechte schichte, 3. Aufl., unter Verwertung des handschriftlichen Nachlasses durchges. und erg. von Walter Jellinek. – München, Leipzig: Duncker & Humblot 1919 (hinfort: Jellinek, Menschen- und Bürgerrechte3)). 92 Vgl. Jellinek, Menschen- und Bürgerrechte3 (wie oben, S. 110 f., Anm. 91), S. 72 ff. 93 Vgl. ebd., S. 64 ff. 94 So ist allein die Art, aus religiösen Ursprüngen außerreligiöse Konsequenzen abzuleiten, für Webers vergleichende religionssoziologische Studien maßgebend. 95 So werden von Jellinek die verschiedenen, bei Weber sorgfältig geschiedenen protestantischen Strömungen nicht weiter differenziert. 96 Vgl. Jellinek, Menschen- und Bürgerrechte3 (wie oben, S. 110 f., Anm. 91), S. 43. 97 Virginia Bill of Rights (1776), abgedr. in: Staatsverfassungen. Eine Sammlung wichtiger Verfassungen der Vergangenheit und Gegenwart in Urtext und Übersetzung, hg. von Günther Franz, 3., durchges. Aufl. – München, Wien: R. Oldenbourg 1975 (hinfort: Franz, Staatsverfassungen), S. 6–10, hier S. 10. 98 So heißt es, ebd., S. 61: „Die Vereinsfreiheit tritt zuerst in der Form der Sektenbildung auf.“

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des Individuums gesetzlich festzustellen, ist nicht politischen, sondern religiösen Ursprungs.“99 In gleicher Weise behauptet Weber, daß der Geist des Kapitalismus nicht ökonomischen Ursprungs, sondern auch auf religiösen Gründen beruhe. Freilich ist Webers These insofern völlig verschieden, als sie die Ausbildung einer methodisch-rationalen Lebensführung, die als Folge der religiösen Prämierung innerweltlichen Handelns auftritt, zum Gegenstand hat.100 Allerdings liegt gerade im Handlungsbezug die tiefere Beziehung von protestantischer Ethik und dem Geist der Menschenrechte: Sie sind nämlich einmal – wie Jellinek betont – negative Freiheitsrechte gegenüber dem Staat, eine allgemeine Handlungsfreiheit voraussetzend, zum anderen aber auch die Rechte zur aktiven Beherrschung des ökonomischen, sozialen und politischen Lebens. Dieser unterschiedliche Akzent ist bis in die Formulierungen der „Déclaration des droits de l’homme“ und der Virginia Bill of Rights zu verspüren, selbst dort, wo Jellinek noch die vermeintliche Identität der Bestimmungen sieht: So wird in dem berühmten 17. Artikel im säkularisierten Pathos der kultischen Revolutionssprache das Eigentum als „heilige“ Institution101 deklariert, während in der Virginia Bill of Rights ausdrücklich der Vorgang des Erwerbens und Verfügens über Eigentum („acquiring and possessing property“)102 als ein unverzichtbares Handlungsrecht postuliert wird.

8. Die ambivalente Rationalität des englischen Rechts Aber läßt sich darüber hinaus aus der inneren Logik der protestantischen Ethik irgendeine Tendenz zur systematischen Durchdringung des Rechtsstoffes über den skizzierten Konnex zum Handlungsthema hinaus feststellen? In England jedenfalls ist ein solcher Effekt, wie Weber in seiner ambivalenten Charakterisierung des englischen Rechts103 als einerseits relativ rationales und andererseits rationalisierungsunfähiges „case law“ immer wieder betont, 99 Ebd., S. 57 [Hervorhebung, Hg.]. 100 Daß Jellinek andererseits der asketische Zug dieser protestantischen Bewegung nicht entgangen ist, zeigt sich an der folgenden Passage: „Was man bisher für eine Frucht der Revolution gehalten hat, ist in Wahrheit eine Frucht der Reformation und ihrer Kämpfe. Ihr erster Apostel ist nicht Lafayette, sondern jener Roger Williams, der, von gewaltigem, tief religiösem Enthusiasmus getrieben, in die Einöde auszieht, um ein Reich der Glaubensfreiheit zu gründen [. . .]“ (ebd., S. 57). 101 So heißt es, Déclaration des droits de l’homme et du citoyen, Art. 17: „La propriété étant un droit inviolable et sacré, nul ne peut en être privé [. . .]“ (abgedr. in: Franz, Staatsverfassungen (wie oben, S. 111, Anm. 97), S. 302–306, hier S. 306. 102 Virginia Bill of Rights (1776) (wie oben, S. 111, Anm. 97), Section 1, S. 6. 103 Vgl. im übrigen über den Zusammenhang von protestantischer Ethik und Recht in England die Studie von Little, David, Religion, Order and Law. A Study in Prerevolutionary England. – Chicago: University Press 1984.

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gerade nicht eingetreten. Dieser Tatbestand ließe sich – wie angedeutet – als ein von Weber gar nicht bemerkter Widerspruch monieren, mit Konsequenzen für den Geltungsanspruch der Protestantismusthese. Er zeigt aber andererseits die Grenzen der Verschlingung von Recht und Religion. Die Rekonstruktion der Wechselwirkung von rechtlicher und religiöser Rationalisierung zeigt: Selbst in den scheinbar weltabgewandten Studien zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ nimmt die Betrachtung des Rechts einen ganz zentralen Raum ein. Dies gilt für die Indien- und Chinastudie und in besonderem Maße für Webers Arbeit zum antiken Judentum, die sowohl unter religionsgeschichtlichem wie unter rechtsgeschichtlichem Blickwinkel zu lesen ist. Aus den „innerjuristischen Verhältnissen“, aus denen sich die Richtung der rechtlichen Rationalisierung ergibt, ist schon durch die jeweiligen Trägerfiguren der juristischen „Offenbarung“ und ihrer „Propheten“ auf eine außerrechtliche Sphäre, die Religion verwiesen. Es gibt aber eine ebenso enge Verbindung zur Sphäre der Politik, ohne deren Einfluß die Rationalisierungen des Rechts im Sinne dogmatischer Verfeinerungen gar nicht wirksam würden, das heißt die politischen Mächte, von denen nach Weber die Systematisierung des Rechts als Durchsetzung einer verbindlichen Rechtsordnung ausgeht.104

X. Die politischen Mächte und die Rationalisierung des Rechts Eine Vielzahl rechtshistorischer Erscheinungen – von dem Recht der Fürsten und der Magistrate im okzidentalen Rechtsraum bis zur afrikanischen Jurisprudenz, vom indischen Rechtsbücherrecht bis zur chinesischen Rechtspflege – faßt Weber unter der Fragestellung zusammen, ob zu den außerjuristischen Umständen, die auf die Entwicklung des rationalen Rechts einwirkten, auch die politischen Mächte zu zählen sind und in welchem Sinne sie gerade auf die Systematisierung in der rechtstechnischen Form der Kodifikation einwirken. Von den politischen Gewalten geht nämlich, wie Max Weber im § 6 über „Amtsrecht und patrimonialfürstliche Satzung“ zeigt, anders als man aufgrund der politischen Gestaltungsmacht des Imperium im Sinne der Amts- und Banngewalt vermuten könnte, nicht zwangsläufig ein systematisierender Effekt aus.

104 Vgl. bes. § 6 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 552 ff.; vgl. dazu auch Gephart, Juridische Grundlagen (wie oben, S. 45, Anm. 1).

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1. Imperium und Rechtspflege Vielmehr tendiert das Recht in landesväterlich patriarchalen Verhältnissen dazu, das intrafamiliale Streitmuster auf den politischen Verband zu übertragen: „Die gesamte Rechtspflege würde sich, wenn man diesen Zustand in seine Konsequenzen getrieben denkt, in ‚Verwaltung‘ auflösen.“1 Dieser ‚Sphärenfrevel‘ einer Mischung von Justiz und Verwaltung ist für patriarchale Verhältnisse typisch. Die patriarchale Rechtspflege wäre dabei keineswegs in jeder Hinsicht irrational, sondern wie Weber an den Beispielen China und Indien demonstriert, durchaus rational; freilich im Sinne der Verfolgung materialer Prinzipien der sozialen Ordnung, d. h. also zur Steigerung der materialen Rationalität des Rechts. Dieser Einfluß wird sorgfältig von den Struktureffekten anderer Systeme abgeschichtet: „Diese Art von Eingreifen des imperium in die Rechtspflege und Rechtsbildung findet sich auf den verschiedensten ‚Kulturstufen‘, es ist nicht ökonomisch, sondern primär politisch bedingt.“2 Wenn die Entwicklung des Rechts also in die Richtung formaler Rationalisierung und nicht in diejenige einer entdifferenzierenden materialen Rationalisierung gehen soll, müssen diese antiformalen Kräfte traditionaler politischer Systeme überwunden werden. Denn diese Art der patriarchalen Rechtspflege beseitigt jede Binnendifferenzierung des Rechts: „Alle Schranken zwischen Recht und Sittlichkeit, Rechtszwang und väterlicher Vermahnung, legislatorischen Motiven und Zwecken und rechtstechnischen Mitteln sind niedergerissen.“3 Erst die Verbindung von fürstlichen und bürgerlichen Interessen treibt die formale Rechtsrationalisierung an.4 Im Manuskript der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ heißt es anstelle von „formaler Rechtsrationalisierung“ ursprünglich: „systematische Kodifikation“.5 Und dies trifft auch genauer den gemeinten Sachverhalt: Die Positivierung von Recht in einem Kodex, der über bloße Spruchsammlungen hinausgeht. Ein „natürliches“ Interesse von Imperium und Bürokratie an dieser Art von Systematisierung besteht allerdings nicht: „Aber eine Garantie von Rechten, die von Fürsten- und Beamtenwillkür unabhängig sind, liegt allerdings keineswegs in den genuinen eignen Entwicklungstendenzen der Bürokratie.“6 Das fürstliche imperium trägt jedoch langfristig zu einer gewissen Rechtsvereinheitlichung aus eigenen herrschaftsbezogenen Motiven bei. So sei dem Einfluß imperialer Gewalten „überall ein Zug zur Vereinheitlichung und Systematisierung des 1 Unten, S. 561. 2 Unten, S. 564. Zur Problematik von „Kulturstufen“ und deren idealtypischem Sinn vgl. ebd., Anm. 31, sowie die Einleitung, oben, S. 57 f. 3 Unten, S. 566. 4 Vgl. unten, S. 567. 5 Ebd., textkritische Anm. o [Hervorhebung, Hg.]. 6 Unten, S. 568.

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Rechts eigen gewesen: zur ‚Codifikation‘“.7 Aber was sind die Interessen der Herrschaft an Systematisierung? Es sind solche der Herrschaftstechnik einerseits, aber auch persönliche Interessen der Beamten an einem rechtseinheitlich geregelten Herrschaftsgebiet: „Der Fürst will ‚Ordnung‘. Und er will ‚Einheit‘ und Geschlossenheit seines Reichs. Und zwar auch aus einem Grund, der sowohl technischen Bedürfnissen der Verwaltung wie persönlichen Interessen seiner Beamten entspringt: die unterschiedslose Verwertbarkeit seiner Beamten im ganzen Gebiet seiner Herrschaft wird durch Rechtseinheit ermöglicht und ergiebt erweiterte Carrierechancen für die Beamten, die nun nicht mehr an den Bezirk ihrer Herkunft dadurch gebunden sind, daß sie dessen Recht allein kennen.“8 Wie bei der Analyse der Träger der innerjuristischen Rationalisierung setzt Weber also auch hier auf das theoretische Argument eines Zusammenhangs von Interesse und Rationalismus. Diese Interessen werden typologisch unterschieden: Systematisierung bedeutet für den Beamten „Übersichtlichkeit“ im Sinne rechtstechnischer Beherrschbarkeit und für den bürgerlichen Rechtsinteressenten „Sicherheit“ im Sinne von Berechenbarkeit des Apparates zur Durchsetzung subjektiver Rechte.9 Erst im Zusammenspiel von bürgerlichen Erwerbs- und Sicherungsinteressen, Interessen des Beamtentums und fürstlichen fiskalischen und verwaltungstechnischen Interessen werden die Voraussetzungen von „Codifikationen“ geschaffen.

2. System, ratio und Herrschaft Diese genuinen Interessen des Imperiumträgers an der systematischen Einheit des Rechts werden nicht durch bloße formale Aufzeichnungen erfüllt, sondern: „System und juristische ‚ratio‘ bringt erst – in begrenztem Umfang – die Arbeit der Rechtspraktiker hinein. Vor allem die Bedürfnisse des Rechtsunterrichts. In vollem Maße erst die Arbeit fürstlicher Beamter.“10 Daß auch Rechtscharisma und Rechtsprophetie, wie die Prophetie im religiös dogmatischen Sinne, einen systematisierenden Einfluß auf die Rechtskultur ausüben kann, wird – wie gesehen – von Weber betont. Aber der Beamtenrationalismus steht der Kodifikationsidee doch näher und die Beamten werden so zu einer wichtigen Trägerschicht. Wie das Beispiel des Allgemeinen Preußischen Landrechts belegt, reichen diese Momente für sich genommen jedoch nicht aus, denn: „Der patrimoniale materiale Rationalismus hat überhaupt naturge-

7 Unten, S. 569. 8 Ebd. [Hervorhebungen, Hg.]. 9 Vgl. ebd. 10 Unten, S. 573.

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mäß nirgends formal juristisches Denken anregen können.“11 Sorgfältig unterscheidet Weber zwischen Rechtssammlungen, auch denjenigen Justinians, und einer systematischen Kodifikation. Für die justinianische Rechtskodifikation etwa bestreitet Weber das Gewicht unmittelbarer ökonomischer Interessen und sieht eher die Eigengesetzlichkeit des Apparates: „Die Herstellung innerlicher Rechtssicherheit im Interesse eines präzisen Funktionierens des amtlichen Apparates, daneben (speziell bei Justinian) das Prestigebedürfnis des Monarchen hat die spätrömischen Gesetzessammlungen und schließlich die justinianische Rechtscodifikation motiviert [. . .].“12 Gleichwohl wird den Rechtssammlungen, die noch keine systematischen Rechtssatzungen sind, für den Prozeß formaler Rationalisierung des Rechts ein nicht unerhebliches Gewicht beigemessen: „Dennoch bedeutet schon dies unvermeidlich in irgend einem Grade eine Systematisierung und in diesem Sinn[:] Rationalisierung des Rechtsstoffs [. . .].“13 Diese aber wurde vor allem durch die Rechtskultur des römischen Rechts repräsentiert. Daher gewinnt die Rezeption des römischen Rechts für den Prozeß der Rationalisierung des okzidentalen Rechts in Verbindung mit den Systematisierungstendenzen der frühneuzeitlichen patrimonialen Herrschaftssysteme des Okzidents eine zentrale Bedeutung.

3. Die Rezeption der formalen Qualitäten des römischen Rechts Vermutlich gehört die Rezeption des römischen Rechts zu den am besten untersuchten Rezeptionsphänomenen der Kulturwissenschaften überhaupt. Daher versieht Weber seine Ausführungen auch mit einem caveat: „Deren Geschichte zu verfolgen wäre hier nicht der Ort, es muß vielmehr bei wenigen Bemerkungen darüber sein Bewenden haben.“14 Auch hier sei noch einmal gegen die Kritiker Webers, die in der Stofffülle mit zu ertrinken drohen oder eine Ordnung des Materials vermissen, eingewendet, daß es Weber auch bei dieser, für Rechtsgeschichte und Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts dominanten Fragestellung, nicht um die Klärung eines rechtshistorisch und kulturwissenschaftlich höchst komplexen Prozesses als solchen geht, sondern ausschließlich um die Frage, welchen Beitrag die Rezeption zu den Entwicklungsbedingungen des rationalen Rechts leistet. Dieses spezifische Erkenntnisinteresse wird deutlich, wenn man es mit den von Weber rezipierten zeitgenössischen Deutungen vergleicht: Ausdrücklich bezieht er sich auf die rechtshistorische Kontroverse über den Einfluß, den 11 12 13 14

Unten, S. 588. Unten, S. 575. Ebd. Unten, S. 578.

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fürstliche Beamte oder aber die ordentlichen Gerichte auf fürstliche Initiative hin an der Rezeption des römischen Rechts hatten.15 Aus dieser Kontroverse zieht Weber indessen den Schluß, daß es sachliche Notwendigkeiten des Rechtsbetriebs waren, die selbst für skeptische Stimmen gegenüber dem römischen Recht nach einer fachlichen Rationalisierung des Prozeßverfahrens verlangten. Gerade Eugen Ehrlich, dem Rechtssoziologen, dem Weber vor allem methodologische Konfusionen vorwirft,16 fühlt er sich bei dem unendlichen Thema des Rezeptionsprozesses verpflichtet: Dieser stellt nämlich auf den, für den Freirechtler ja höchst bedenklichen Tatbestand einer von den Rechtstatsachen abhebenden Abstraktion in der gemeinrechtlichen Rezeption der römischen Rechtsbegriffe ab: „Damit man die römischen Begriffe verwerten könne, mußten sie zuvor so ausgeweitet werden, daß sie nicht bloß die Erscheinungen des römischen, sondern auch die des mittelalterlichen Lebens umfaßten. Zu diesem Zwecke sollte aus dem Begriffe alles ausgeschaltet werden, was für die Gegenwart nicht paßte, also alles, was durch den besonderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang gegeben war, aus dem der Begriff in Rom einst hervorgegangen ist. Je mehr Kennzeichen ein Begriff verliert, um so abstrakter wird er; und so wurden aus den römischen Verallgemeinerungen schon im Mittelalter Abstraktionen. Die mittelalterlichen und neueren Abstraktionen sind ihres Inhalts in hohem Maße entleerte römische Verallgemeinerungen.“17 Hier teilt Weber mit Ehrlich also die rechtstheoretische Beschreibung des historischen Vorgangs, bei vollständig konträrer Bewertung für die eigene Fragestellung: während Weber auf die Spuren logifizierenden, abstrahierenden und systematisierenden Rechts im Prozeß der Rezeption abzielt, den „Kulturbedeutung“ zugeschriebenen Dimensionen rationalen Rechts entsprechend, liegt für Ehrlich hierin gerade das Monitum der unheilvollen Rezeption des römischen Rechts. Zwar erkennt Weber im römischen Recht, unter dem Einfluß der griechischen Philosophie, Ansätze für das rein Logische, doch sind ihm solche Rechtssätze gleichwohl eher „Gelegenheitsproduktionen abstrakter Rechtlogik“18 als ihr eigentlicher Geltungsgrund. Denn dies ist ja die unausgesprochene Voraussetzung der gemeinrechtlichen Jurisprudenz, der Weber das Höchstmaß an formaler Rationalität zuschreibt, daß ihr die Logik zur Rechts15 Sachlicher Kontext ist die Debatte zwischen Adolf Stölzel und Eduard Rosenthal über die Gründe und den institutionellen Ort des ersten Eindringens romanistisch geschulter Juristen in den frühneuzeitlichen deutschen Territorien: vgl. bes. Stölzel, Gelehrtes Richtertum; ders., Gelehrte Rechtsprechung, sowie Rosenthal, Gerichtswesen; ders., Besprechung von A[dolf] Stölzel, Die Entwicklung der gelehrten Rechtsprechung, B[an]d 2, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germ. Abt., Band 31, 1910, S. 522–561 (hinfort: Rosenthal, Besprechung); siehe auch im Text, unten, S. 578 f. mit Sachkommentierung. 16 Vgl. unten, S. 432. 17 Ehrlich, Grundlegung, S. 244; vgl. auch ebd., S. 248; vgl. im Text, unten, S. 581 f. 18 Unten, S. 581.

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quelle, ja zum Geltungsgrund des Rechts wird. Erst seine Rezeption setzt nach Weber die Rationalität des römischen Rechts frei, und zwar durch einen abgestuften Prozeß sukzessiver Aneignung im „Abstraktwerden der Rechtsinstitute selbst“,19 aus dem heraus sich eine systematisch-deduktive Methode der Rechtsgewinnung entwickelt und diejenigen Kategorien gebildet werden, die den römischen Juristen noch fehlten: im Zivilrecht etwa die „Willenserklärung“ und das „Rechtsgeschäft“. Erst recht sieht Weber die Errungenschaft der konstruktiven Jurisprudenz – eines ganz ursprünglichen „Konstruktivismus“, in dem es rechtlich nur das gibt, was konstruiert oder konstruierbar ist, die Welt also ist, „was der Fall ist“ –, als Ergebnis des Rezeptionsprozesses, aber nicht als eine Eigenschaft des rezipierten Rechts selbst. Weber stellt nun deutlich heraus, daß es nicht die vermeintliche Verwandtschaft mit den unmittelbaren Bedürfnissen der Rechtsinteressenten war – „die Institute des mittelalterlichen Handels- und des städtischen Grundbesitzrechts entsprachen ihren Bedürfnissen weitaus besser“20 –, sondern daß die Rezeption der „formalen Qualitäten“ des römischen Rechts und der darin angelegten „Lebensfremdheit“ gegenüber den Interessenten durch einen gelehrten Juristenstand entscheidend war. Die materiellen Rechtsinstitute waren für den modernen Rechtsverkehr nicht unbedingt tauglich und die abstraktesten Begriffe der Rechtstheorie waren ja im römischen Recht erst gar nicht ausgebildet. So war nach Webers Deutung die Übernahme der analytischen Begriffstechnik des älteren römischen Rechts maßgeblich, das bei der Rezeption aufgrund der internen Denkbedürfnisse der „Rechtstheoretiker und der von ihnen geschulten Doktoren: einer typischen Aristokratie der litterarischen ‚Bildung‘ auf dem Gebiet des Rechts“,21 umgeformt wurde. Nicht wirtschaftliche Interessen, sondern Denkbedürfnisse nach einer „Logisierung des Rechts“ führten gerade durch die Diskrepanz zu den Lebensverhältnissen der römischen Antike, welche Weber schon früh in ihren Bann gezogen hatte, und durch die Übertragung auf „fremdartige, der Antike unbekannte Thatbestände“ zu den Konstruktionsleistungen der gemeinrechtlichen Jurisprudenz. Gerade weil im preußischen Allgemeinen Landrecht ein Anreiz für dogmatische Systematisierung nicht vorhanden war22 – wie Weber mit Blick auf die deutsche Rechtskultur bemerkt –, konnten sich die internen Denkbedürfnisse der juristischen Dogmatik entweder auf die Rekonstruktion der „aus der Vergangenheit überkommenen plastischen Rechtsinstitute des alten deutschen Rechts“23 in der romantischen, germanistischen Rechtsschule zuwenden oder aber dem römischen Recht, dessen „Usus modernus Pandectarum“ zugunsten einer 19 20 21 22 23

Unten, S. 582. Unten, S. 580. Unten, S. 583. Vgl. unten, S. 586. Unten, S. 588.

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abstrakten Rechtslogik zurückgedrängt wurde. Beide Systematisierungsversuche, der paradoxe Versuch einer Systematisierung der gerade wegen ihrer Irrationalität geschätzten „germanischen“ Rechtsinstitute24 wie die „logische Neusystematisierung“25 durch die romanistische Partei der Rechtshistoriker, sind aber in Webers Augen gescheitert. Nur im Wechsel- und Handelsrecht, einem partikularistischen Rechtsgebiet also, sei eine wissenschaftliche und schließlich auch kodifikatorische Systembildung ohne Verlust an Konkretisierung gelungen, „weil hier zwingende und eindeutige ökonomische Bedürfnisse im Spiel waren“.26 Der Glaube der rechtshistorischen Schule an eine Überwindung des Rationalismus jedoch wird als eine Täuschung entlarvt. Ihren Kampf gegen den von Naturrecht und Aufklärung beeinflußten gesetzgeberischen Rationalismus hatte die historische Rechtsschule mit einer historistischen Programmatik geführt, welche das römische Recht, von den Zufällig- und Zweckmäßigkeiten der gemeinrechtlichen Bearbeitung (Usus modernus) befreien sollte und in seiner ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen forderte. Indem sie aber Recht und Rechtswissenschaft bewußt unempfindlich für die Forderungen der Lebensverhältnisse machte, konnte sie schon bald, nun konstruktiv-systematisch vorgehend, das römische Recht als überzeitlich geltendes Recht präsentieren, dessen Verbindung zur Gegenwart nicht durch praktische Anpassung immer wieder mühsam hergestellt werden mußte, sondern mittels formaler Logik dauerhaft garantiert war. Die daraus hervorgehende Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts hat dem naturrechtlichen Systemdenken auf romanistischem Gebiet zu einem späten Triumph verholfen, die historische Schule so den bekämpften Rationalismus auf dem Gebiet des von ihr hauptsächlich bearbeiteten römischen Rechts überhaupt erst entfesselt.

4. Vom Geist des Code civil Hatte Weber Erklärungen des „Geistes“ einer Rechtskultur aus der „Gefühlskultur“ abgelehnt,27 so ist es nicht verwunderlich, daß er einen Mythos der clarté und clairté erst gar nicht bemüht, um die vermeintliche Interpretationsaskese des Code civil zu begründen. So wird gerade im deutschsprachigen Kontext immer wieder die außerordentliche Bedeutung der deutschen Rechtswissenschaft für die eigentliche rechtsdogmatische Systematisierung des Code civil betont. Gleichwohl steht für Weber außer Frage, daß der Code civil „als das Produkt der rationalen Gesetzgebung, das dritte große Weltrecht 24 25 26 27

Vgl. unten, S. 590. Unten, S. 589. Unten, S. 590 [Hervorhebung Hg.]. Vgl. die Einleitung, oben, S. 75 f.

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geworden ist“ und daß den Grund dafür eben „diese formellen Qualitäten“ bieten, „welche eine außerordentliche Durchsichtigkeit und präzise Verständlichkeit der Bestimmungen teils wirklich enthalten[,] teils vortäuschen“.28 Dieses Weltrecht beruht auf bestimmten politischen Voraussetzungen, einer Kombination von spezifischer Staatsräson, revolutionärem Elan und dem persönlichen Eingreifen Napoléons, das Weber nicht bestreitet.29 Trotz allen Vernunftglaubens aber ist die Rationalität des Code civil durchaus beschränkt: Die „Durchsichtigkeit“ und „präzise Verständlichkeit“30 ist nach Weber eben vielfach vorgetäuscht.31 Und die Plastik ihrer epigrammatisch wirkenden Sätze geht – das ist der entscheidende Einwand Webers – vielfach auf Kosten der juristischen Präzision, ohne jedoch die Fachjuristen zur konstruktiven Durcharbeitung der Rechtsinstitutionen anzuregen. Die „abstrakte Gesammtstruktur der Rechtssystematik“32 und die „axiomatische Art zahlreicher andrer Bestimmungen“33 läßt eben keinen Raum für legitime Interpretation und die Entwicklung einer über das Gesetz hinausgreifenden juristischen Systematik. In ein Wortspiel verkleidet Weber den methodologischen Fehler der französischen Juristen, indem sie einen „Satz“ des Rechts für einen „Rechtssatz“ nähmen, also die konstruktive Arbeit vernachlässigten, aus dem erst die Prinzipien hervorgehen, die den Rechtssatz konstituieren. Ob es ein Zufall ist, daß die erste wissenschaftliche Systematik des Code civil nicht von französischen Juristen, sondern durch die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts geschaffen wurde, mag dahingestellt bleiben. Die Geltung des Code civil und der Nachahmungen, „die er in ganz West- und Südeuropa“34 gefunden hat, entgeht Webers Bewunderung nicht, ohne daß er sich hier – im Vergleich zur Rezeption des römischen Rechts – um die Frage der Rezeptionsbedingungen dieses Rechts gekümmert hätte, die nach neueren Forschungen35 gleichermaßen einer gesamteuropäischen Rechtspraxis wie der Übernahme des Rechtscorpus selbst zu verdanken ist. Interessant bleibt 28 Unten, S. 593. 29 Vgl. dazu die Arbeit von Theewen, Eckart Maria, Napoléons Anteil am Code civil (Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte, Band 2). – Berlin: Duncker & Humblot 1991. 30 Unten, S. 593. 31 Das Argument findet sich beim Meister der Pandektistik, Windscheid, Bernhard, Zur Lehre des Code Napoleon von der Ungültigkeit der Rechtsgeschäfte. – Düsseldorf: Julius Buddeus 1847 (hinfort: Windscheid, Lehre); vgl. unten, S. 593, Anm. 3. 32 Unten, S. 593 mit Anm. 5. 33 Unten, S. 593. 34 Hier ist an Belgien, Luxemburg, Portugal, Polen und Rumänien zu denken mit einer z. T. wörtlichen Übersetzung des dritten Buches des Code civil. 35 Insbesondere von Filippo Ranieri; vgl. u. a. ders., 200 Jahre Code civil. Die Rolle des französischen Rechts in der Geschichte des europäischen Zivilrechts oder zum Aufstieg und Niedergang eines europäischen Kodifikationsmodells, in: Schmoeckel, Mathias und Schubert, Werner, 200 Jahre Code civil in Deutschland und Europa. Zur 200-Jahr-Feier

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die Parallele zum Auslegungsverbot in Judentum und Islam. Der auf die heilige Vernunft und das Genie seines Verfassers, eines charismatischen Rechtsschöpfers36 par excellence, gegründete Code ähnelt darin und in seiner, von Weber plastisch so genannten „epigrammatischen Theatralik“ den Formulierungen der Menschen- und Bürgerrechte: Das aus der Vernunft begründete revolutionäre Naturrecht spricht für sich selbst.37

5. Paradoxien des rationalen Naturrechts Webers Zugang zum Naturrechtsproblem unter den Voraussetzungen seiner Fragestellung nach den Entwicklungsbedingungen des Rechts kann nicht auf den Charakter der überpositiven Dignität ausgerichtet sein, sondern nur darauf, inwieweit sich ein Naturrechtsglaube empirisch in den positiven Rechtsordnungen niedergeschlagen hat, d. h. inwieweit er für das Verhalten der Rechtsschöpfer, Rechtspraktiker und Rechtsinteressenten praktisch bedeutsam wird, indem „die Überzeugung von der spezifischen ‚Legitimität‘ bestimmter Rechtsmaximen, von der durch keinerlei Okroyierung von positivem Recht zu zerstörenden, unmittelbar verpflichtenden Kraft bestimmter Rechtsprinzipien, das praktische Rechtsleben wirklich fühlbar beeinflußt“.38 Nur die Positivierung und ihr Einfluß auf die Rationalisierung des Rechts interessiert Weber also, wenn er die Frage nach dem „Recht des Rechtes“ – wie der versteckte Verweis auf Rudolf Stammler offenbart39 – aufwirft als Gegenstand einer Soziologie des Rechts. Sein Begriff des Naturrechts ist aus der Entzauberung einer religiösen Legitimation des Rechts hervorgegangen, als „die spezifische und einzig consequente Form der Legitimität eines Rechts, welche übrig bleiben kann, wenn religiöse Offenbarungen und autoritäre Heiligkeit der Tradition und ihrer Träger fortfallen“.40 Daher steht es eben auch den revolutionären Mächten zur Verfügung, von denen die alten Ordnungen umgestoßen werden. „Naturrecht“ ist nach Weber „der Inbegriff der unabhängig von allem positiven Recht und ihm gegenüber präeminent geltenden Normen, welche ihre Digni-

der napoleonischen Kodifikation (Reihe des Rheinischen Vereins für Rechtsgeschichte). – Köln, Wien: Böhlau 2005, S. 85–125. 36 Weber macht hier eigenartigerweise von seiner Begriffsbildung charismatischer Rechtsschöpfung keinen Gebrauch. 37 Vgl. unten, S. 600 f.: „Materialer Maßstab aber für das, was naturrechtlich legitim ist, sind ‚Natur‘ und ‚Vernunft‘.“ 38 Unten, S. 595. 39 Vgl. Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 477–630, wo dieses „Fünfte Buch“ über „Das Recht des Rechtes“ handelt. 40 Unten, S. 596.

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tät nicht von willkürlicher Satzung zu Lehen tragen, sondern umgekehrt deren Verpflichtungsgewalt erst legitimieren“.41 Ein derart weit gefaßter Naturrechtsbegriff setzt auch die rechtshistorische Schule dem Naturrechtsverdacht aus, weil ihre Rechtsquellenlehre einen überpositiven Geltungsvorrang des Gewohnheitsrechts postuliert. Während Durkheim in der deutschen historischen Rechtsschule einen der stärksten Widersacher gegenüber einem überzeitlich angesetzten Naturrecht schätzt, werden von Weber die „naturalistischen“ Elemente der juristischen und soziologischen Romantik attackiert, die entweder dem Volksgeist zur Rechtsgeltung verhelfen wollen oder an das „Rechtsgefühl“ appellieren. Von diesem irrationalen Naturalismus der historischen Rechtsschule aber unterscheidet Weber einen „naturrechtlichen Rechtsrationalismus“ formaler Art, für den er den Begriff des Naturrechts letztlich auch reserviert wissen will. Die doppelte Quelle einerseits des entelechischen Naturbegriffs der Renaissance, der an die Antike anknüpft und damit das auch von Troeltsch benannte stoische Naturrecht umfaßt, und andererseits der religiösen Wurzeln in den puritanischen Sekten, auf die Jellinek hinweist,42 bzw. im Täufertum, worauf Troeltsch abhebt,43 bilden den ideenmäßigen Hintergrund der Naturrechtsdynamik in der Neuzeit. Hier wiederum interessiert sich Weber primär für die ökonomisch wichtigen Maximen, woraus sich erklärt, daß Vertragsfreiheit, Testierfreiheit und Theorien des gerechten Preises, nicht aber die Menschenrechte selbst Gegenstand der Weberschen Rekonstruktionen sind. Unter diesem Gesichtspunkt werden die Lehren vom Gesellschafts- und Herrschaftsvertrag als „naturrechtliche Construktion“, vor allem als Produkt juristischer Konstruktionsarbeit, wie Gierke gezeigt hat,44 beleuchtet: „Das legitim durch freien Vertrag mit Allen (Urvertrag) oder mit Einzelnen Andern erworbene Eigentum und die Freiheit der Verfügung darüber, also prinzipiell freie Konkurrenz, gehört zu seinen selbstverständlichen Bestandteilen.“45 Webers Spekulation über eine radikale Formalisierung des Naturrechtsproblems ist nahe an der Behauptung eines heimlichen Naturalismus der reinen Rechtslehre, wenn er formuliert: „Die naturrechtliche Legitimität positiven Rechtes kann entweder mehr an formale Bedingungen geknüpft sein oder mehr an materiale. Der Unterschied ist graduell, denn ein ganz rein 41 Unten, S. 595 f. 42 Vgl. Jellinek, Menschen- und Bürgerrechte3 (wie oben, S. 111, Anm. 91); vgl. hierzu auch Stolleis, Michael, Georg Jellineks Beitrag zur Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte, in: Paulson, Stanley L., und Schulte, Martin (Hg.), Georg Jellinek – Beiträge zu Leben und Werk. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2000, S. 103–116. 43 Vgl. Troeltsch, Soziallehren (wie oben, S. 108, Anm. 83). 44 Vgl. insbes. zur Differenzierung von „Herrschafts-“ und „Gesellschaftsvertrag“: Gierke, Otto von, Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Rechtssystematik, 3., durch Zusätze verm. Ausg. – Breslau: M. & H. Marcus 1913, S. 76–122. 45 Unten, S. 600.

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formales Naturrecht kann es nicht geben: es würde ja mit den ganz inhaltleeren allgemeinen juristischen Begriffen zusammenfallen müssen.“46 Genau dies aber erhebt Kelsen zum Programm seiner „reinen“ Rechtslehre, die sich aus Webers Perspektive als Exponentin einer formalen Naturrechtslehre verstehen läßt. Das „materiale“ Naturrecht aber bietet den doppelten Maßstab von „Natur“ und „Vernunft“, der sich – in der zeitgenössischen rechtstheoretischen Diskussion – zur „Natur der Sache“ oder der „Logik der Dinge“ verschiebt, worin für Weber von vornherein ein Kategorienfehler, die Verwechslung des „Geltensollenden“ mit dem „faktisch im Durchschnitt überall Seienden“, liegt. Hier, in der kurzen Geschichte der Naturrechtslehren,47 taucht noch einmal der Widersacher Rudolf Stammler auf, der „Naturgesetz“ von rechtlichem Gesetz nicht zu scheiden weiß, und im „Recht des Rechtes“ ein Naturrecht auferstehen läßt, das sich im Namen Kants schwerlich begründen läßt. Es gibt also einen naturrechtlichen Rationalismus oder ein rationales Naturrecht. Man macht sich die Deutung Webers eben viel zu einfach, wenn man in „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ein auschließliches Plädoyer für den Rechtspositivismus sehen will. Zwar wird dieser nach Weber zum beherrschenden Rechtsparadigma,48 doch ist das Naturrecht gleichzeitig die letzte Form einer Legitimierung des Rechts. Dieser überpositive Charakter des Naturrechts beruht auf einer Selbstlegitimation. Der Typus des historisch richtigen Naturrechts, wie er von der romantischen Rechtsschule propagiert wurde – „man ‚könne‘ dem geschichtlichen Werden nicht verbieten, daß es sich vollziehe“,49 sagt Weber ironisch –, praktiziert gerade diesen „Irrationalismus“. Neben dem historisch orientierten Naturrecht, qualifiziert Weber den erwähnten naturrechtlichen Wirtschaftsliberalismus als formales Naturrecht,50 das immer wieder materialen Aufweichungen ausgesetzt sei, entweder in Gestalt des Erbrechts51 oder in der Vorstellung eines „justum pretium“,52 vollends aber in dem materialen Naturrecht des Sozialismus,53 das von der ausschließlichen Legitimität des Erwerbs durch Arbeit ausgeht. Dabei leugnet Weber den Einfluß von Klasseninteressen nicht im mindesten: „Natürlich haben ebenso das formale rationalistische Naturrecht der Vertragsfreiheit wie dies materiale Naturrecht der ausschließlichen Legitimität des Arbeitsertrags sehr starke Klassenbeziehungen.“54 Weiter heißt es in marxistisch anmuten46 47 48 49 50 51 52 53 54

Unten, S. 599. Vgl. vor allem unten, S. 601–608. Vgl. unten, S. 611 f. Unten, S. 597. Vgl. unten, S. 599–602. Vgl. unten, S. 602. Vgl. unten, S. 607 f. Vgl. unten, S. 604 f. und S. 609 f. Unten, S. 604.

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der Terminologie: „Die Vertragsfreiheit und alle Sätze über das legitime Eigentum, welche daraus abgeleitet wurden, waren selbstverständlich das Naturrecht der Marktinteressenten, als der an endgültiger Appropriation der Produktionsmittel Interessierten.“55 Aber auch die Versuche einer naturrechtlichen Legitimation des Sozialismus56 sind nicht nur selbst klassenbedingt, sondern aufgrund der „evolutionären Dogmatik des Marxismus“, wie Weber sagt, im Prozeß der Intellektualisierung zur Selbstauflösung verdammt. So positiv Weber das Naturrecht als letzte Form der Legitimation des Rechts auch deuten mag: mit der soziologischen Aufklärung über die hinter dem Naturrecht stehenden Interessen oder Interessenkompromisse ist die legitimatorische Kraft des Naturrechts geschwunden und der „Rechtspositivismus ist infolgedessen in vorläufig unaufhaltsamem Vordringen“.57 Weber sieht mit nahezu prophetischen Augen die Konsequenzen, die sich aus der Krise bzw. der Auflösung des Naturrechts ergeben, welche durch den juristischen Rationalismus selbst und durch den modernen Intellektualismus gefördert wird: „Aber eben dieses Absterben seiner metajuristischen Verankerung gehörte zu denjenigen ideologischen Entwicklungen, welche zwar die Skepsis gegenüber der Würde der einzelnen Sätze der konkreten Rechtsordnung steigerten, eben dadurch aber die faktische Fügsamkeit in die nunmehr nur noch utilitarisch gewerthete Gewalt der jeweils sich als legitim gebarenden Mächte im Ganzen außerordentlich förderten.“58 So sehr jedenfalls, daß man die Herrschaft des Unrechts im Nationalsozialismus auch auf den Niedergang des Naturrechts hat zurückführen wollen, wofür bei Weber eine soziologischhistorische Erklärung vorgezeichnet wäre.59 Jedenfalls finden sich keine Anhaltspunkte, aus einem Naturbegriff Webers dessen besonders kritisches Verhältnis zum Naturrecht herzuleiten oder seiner Naturferne eine Naturrechtsskepsis anzudichten.60 Derartige biographische Reduktionen würden genau den naturalistischen Fehlschluß begehen, den Weber den Naturrechtslehren, auch solchen im Gewande der „Natur der Sache“ oder der „Logik der Dinge“, kritisch vorhält. 55 Ebd. [Hervorhebung, Hg.]. 56 So heißt es, unten, S. 609: „Das Emporwachsen des Sozialismus bedeutete dann zwar zunächst die steigende Herrschaft materialer Naturrechtsdogmen in den Köpfen der Massen und mehr noch in den Köpfen ihrer der Intellektuellenschicht angehörigen Theoretiker.“ 57 Unten, S. 611. 58 Unten, S. 612. 59 Dies ist bekanntlich höchst umstritten. Die Auffassung, daß die Herrschaft des nationalsozialistischen Unrechtssystems gerade oder zumindest auch auf einer Mißachtung tradierten, formal rationalen Rechts beruht, hat eine hohe Plausibilität für sich. 60 So steht die Biographie von Joachim Radkau unter dem Leitstern von Vergewaltigung, Rache und Erlösung der „Natur“ (vgl. ders., Max Weber. Die Leidenschaft des Denkens. – München, Wien: Hanser 2005).

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XI. Die materialen Qualitäten des formalen Rechts und die Gefährdungen moderner Rechtskultur Webers Lob des formal rationalen Rechts, das die gesamte Analyse der Entwicklungsbedingungen des rationalen Rechts durchzieht, sobald die Stammlersche Fragestellung nach dem Verhältnis von Wirtschaft und Recht in den Hintergrund tritt, kulminiert im letzten Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ in einer Eloge der Konstruktions- und Begriffsjurisprudenz. Gleichzeitig fallen rechtssoziologische und rechtsphilosophische Versuche, aus der rechtstheoretischen Entzauberung der vermeintlich rein rechtsanwendenden Tätigkeit des Juristen den Schluß auf eine zunehmend auch normativ zu billigende charismatische Rechtsschöpfung für die Aufgaben des Rechts der Gegenwart zu ziehen, unter sein Verdikt. Dies möge man den „Propheten“ vorbehalten,61 als die er sich die Richter an einem königlichen Amtsgericht nicht vorzustellen vermag. Hier wendet Weber seine Analyse der Bedingungen rechtlicher Rationalisierung gegen eine zeitgenössisch starke Strömung innerhalb der Freirechtsschule und verwandter Lehren, indem er – die Argumentation der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ resümierend – eine theoretische Stufenfolge derart zuspitzt, daß auf die Phase einer charismatischen Rechtsoffenbarung durch „Rechtspropheten“ eine Art empirischer Rechtsschöpfung und Rechtsfindung durch „Rechtshonoratioren“ folge, sich aus Sicht der autonomen Rechtssphäre als fremdgesetzt empfundene Eingriffe des Imperiums weltlicher und theokratischer Gewalten, anschließen, um in der Rechtssatzung nach formallogischen Gesichtspunkten zu münden, die von „Fachjuristen“, den Rechtsgebildeten und in diesem Sinne: Gebildeten des Rechts, ausgeht.62 Kein Wunder also, daß die Nachfahren der inkriminierten Lehren sich düpiert fühlten; und so hat Manfred Rehbinder den Kreis der Weber-Forscher dadurch erschreckt, daß er den Weberschen „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ attestierte, hoffnungslos hinter der zeitgenössischen Rechtstheorie und Rechtssoziologie zurückzubleiben.63 Nimmt man den Gewährsmann dieser Einschätzung Rehbinders zu Hilfe, nämlich den auch von Weber als „Rechtssoziologe“ erwähnten Eugen Ehrlich, dann wird das vermeintliche

61 Vgl. unten, S. 638: „Wirklich bewußt ‚schöpferisch‘, d. h. neues Recht schaffend, haben sich nur Propheten zum geltenden Recht verhalten.“ 62 Vgl. die Formulierungen, unten, S. 617 f. 63 Vgl. Rehbinder, Manfred, Max Weber und die Rechtswissenschaft, in: Rehbinder/ Tieck, Weber als Rechtssoziologe (wie oben, S. 37, Anm. 76), S. 127–149. Sein Beitrag beginnt mit der Behauptung (ebd., S. 127): „Von seinen Zeitgenossen als ‚kenntnisreichster und scharfsinnigster Gelehrter seiner Zeit‘ gefeiert, hat der Soziologe Max Weber – von Hause aus Jurist – gleichwohl Recht und Rechtswissenschaft seiner Zeit gründlich verkannt.“

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Mißverstehen nachvollziehbar. So resümiert Ehrlich seine „Grundlegung der Soziologie des Rechts“ dahin, „der Schwerpunkt der Rechtsentwicklung liege auch in unserer Zeit, wie zu allen Zeiten, weder in der Gesetzgebung, noch in der Jurisprudenz oder in der Rechtsprechung, sondern in der Gesellschaft selbst.“64 Von einem solchen rechtssoziologischen Reduktionismus freilich setzt sich Weber in doppelter Hinsicht ab: Einmal werden Gesetzgebung, Jurisprudenz und Rechtsprechung ihre je eigene Bedeutung für die Entwicklung einer Rechtskultur zugestanden, während andererseits Gesellschaft nicht auf Klassen oder Interessen reduziert wird, sondern gerade die Eigengesetzlichkeit religiöser Kulturinhalte in Konkurrenz zu den rechtlichen tritt und auch als Motor der juristischen, die Rechtssphäre konstituierenden Kulturinhalte betrachtet werden muß. Noch provozierender mußte einer sich rechtssoziologisch aufgeklärt wähnenden Jurisprudenz Webers Festhalten am Ideal einer Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz erscheinen, das auch noch sozialistische Aufweichungen einer Wertungsjurisprudenz schärfstens abwies. Dies unterschätzt Webers Respekt vor ihren Vertretern, nicht zuletzt vor Hermann Kantorowicz, den Weber für den ersten Soziologentag als Redner gewonnen hatte. Es läßt aber auch die reflexive Analyse Webers vermissen, welcher die „Entzauberung“ der ausdrücklich als „Postulate“ ausgewiesenen Annahmen dieser „rechtssoziologischen“ Strömungen selbst als ein Ergebnis des widersprüchlichen Prozesses okzidentaler Rationalisierung darstellt: „Alle, auch und gerade die irrationalistischen, Spielarten der Abkehr von der in der gemeinrechtlichen Wissenschaft entwickelten rein logischen Rechtssystematik sind aber andererseits wieder Konsequenzen der sich selbst überschlagenden wissenschaftlichen Rationalisierung und voraussetzungslosen Selbstbestimmung des Rechtsdenkens.“65 Weber versucht auch hier die Konsequenzen einer „intellektualistischen Desillusionierung“ als Fehlschluß aus der Faktizität der Rechtsanwendung auf eine gewünschte Normativität der beliebigen Wertungsjurisprudenz, als eine Art „Kadijustiz“ in seinem polemischen Sprachgebrauch, zu erweisen. Freilich hat sich nicht nur nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus, sondern auch nach dem Scheitern des sozialistischen Weltexperiments, der Sinn für das „Formale“ im Recht und auch die Idee des ethischen und rechtlichen Universalismus in spürbarer Weise wiederbelebt. Weber überrascht durch ein Rechtsbild der Moderne, das keineswegs durch unaufhaltsame universalistische Tendenzen gekennzeichnet ist. Zwar liegt das Defizit außerokzidentaler Rechtsordnungen in partikularistischen Hemmnissen der Rechtsentwicklung begründet; aber auch innerhalb der okzidentalen Rechtskultur sind partikularistische Strömungen und Bewegun64 Ehrlich, Grundlegung, Vorrede. 65 Unten, S. 631.

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gen zu verzeichnen. Webers sehr viel komplexere Auffassung läßt sich am ehesten dadurch charakterisieren, daß in Parallele zur Unterscheidung formaler und materialer Rationalität bzw. Irrationalität Weber zwischen formalem und materialem Universalismus bzw. Partikularismus differenziert. Hiernach weisen etwa die Menschenrechte einen materialen Anspruch universaler Geltung auf, während das Vertragsrecht – wie Weber immer wieder betont – eben den nur formell universal „freien“ Kontrakt garantiert. Andererseits gibt es im modernen Recht Tendenzen der personalen Geltungsbeschränkung, etwa in dem nur für Kaufleute geltenden Handelsrecht, das freilich nicht durch ständische, sondern durch Klassenmerkmale der Tätigkeit des „Handelsgewerbes“ bestimmt ist: Das Handelsrecht ist insofern als „formal“ partikularistisch zu charakterisieren. Materiale Beschränkungen universaler Rechtsgeltung im Professionsrecht oder lokale Partikularitäten sind im modernen Staat zurückgetreten, ebenso wie die Anknüpfung an den sozialen Stand im Sinne eines ständisch gebundenen Partikularismus. Webers Sorge gilt einer anderen Art von politisch intendiertem materialem Partikularismus, der eine antiformale Ausrichtung an klassenorientierter, vermeintlich „materialer Gerechtigkeit“ anstelle „formaler Rationalität“ einfordert, wie im sozialistischen Rechtsverständnis. Den Rechtsrationalismus sieht Weber hierbei von mehreren Seiten bedroht: Die an Berechenbarkeit des Rechts ausgerichteten Interessen, nämlich die der Gütermarktinteressenten, tragen eine eigentümliche gesinnungsethische Komponente in das formal rationale Recht hinein,66 nämlich sog. Vertrauenstatbestände zu juridifizieren, die ihrer personalen Natur nach weniger formal tatbestandlich zu fassen sind. Die Zunahme der bona-fides-Regeln – man denke nur an § 157 und § 242 BGB – stellt nach Weber eine Aufweichung der formalen Qualitäten rationalen Rechts dar. Letztlich sind innerjuristische Rationalität und die Erwartungen der Rechtsinteressenten in Webers Analyse aber prinzipiell disparat. Die viel beklagte „Lebensfremdheit“ der Begriffsund Konstruktionsjurisprudenz ist Weber zufolge nicht zufällig, „sondern in weitem Umfang die ganz unvermeidliche Folge der Disparatheit logischer Eigengesetzlichkeiten jedes formalen Rechtsdenkens überhaupt gegenüber den auf ökonomischen Effekt abzweckenden und auf ökonomisch qualifizierte Erwartungen abgestellten Vereinbarungen und rechtlich relevanten Handlungen der Interessenten“.67 Dies klingt nach uneingeschränktem Lob der Dogmatik, benennt aber am Ende nur den tragischen Konflikt zwischen Juristenrecht und populärem Rechtsempfinden.68 Weber nimmt dabei ja durchaus zur 66 So scheint Weber die Berücksichtigung subjektiver Tatbestandsmerkmale per se problematisch; vgl. unten, S. 621 f. 67 Unten, S. 622. 68 An diesem Konflikt scheiden sich die Geister; die Standpunkte reichen von der scharf betonten Unvereinbarkeit über Hilfskonstruktionen fiduziarischer Verantwortung des Juri-

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Kenntnis, daß etwa das Postulat der Lückenlosigkeit des Rechts als bloßes Ideal entlarvt wird. Es gehört vielmehr zur „Entzauberung“ des Rechts in der Folge des allgemeineren Prozesses der „sich selbst überschlagenden wissenschaftlichen Rationalisierung“,69 daß auch das Postulat, der bloß rechtsatzanwendenden Tätigkeit des Juristen durchschaut wird. Nur hängt es wieder von der spezifischen innerjuristischen Interessenlage einer sich rein rechtstheoretisch gerierenden Kritik ab, in wessen Namen Lücken gefüllt oder wem die Legitimation der Rechtsschöpfung zugeschrieben wird. Je „freier“ die Rechtsschöpfung wird, um so größer wird der Bedarf nach neuer Bindung, sei es in dem sehnsüchtigen Rückfall in ein überpositives Recht oder in der Illusion eines quasi „natürlichen“ Rechts des Interessenausgleichs. „Rechtsprophetie“ und „Rechtserkenntnis“ überpositiver Normen aber würde die Rechtsentwicklung auf vormoderne Rechtsstufen zurückwerfen. So verschlingen sich die Idee juristischen Fachmenschentums und die These der unauflösbaren Eigengesetzlichkeit rationalen Rechts: „Jedenfalls aber wird die juristische Präzision der Arbeit, wie sie sich in den Urteilsgründen ausspricht, ziemlich stark herabgesetzt werden, wenn soziologische und ökonomische oder ethische Räsonnements an die Stelle juristischer Begriffe treten.“70 Analytik und Systembildung, fallbezogene Konkretisierung und juristisch konstruktive Begriffsbildung bleiben also die Fluchtpunkte rechtlicher Rationalisierung. Sie liefern von jeher das Profil der Rechtskritik.71 Weber sieht dabei den Konflikt zwischen formaler Legalität und materialer Gerechtigkeit als unvermeidlich an, wenn er von den „Konsequenzen des unaustragbaren Gegensatzes zwischen formalem und materialem Prinzip der Rechtspflege“72 spricht. Eigentümlicherweise versteht es Weber nicht, den Eigenwert formaler Rechtsstaatlichkeit auf einen normativen Begriff zu bringen.73 Und das Unrecht, das im Namen materialer Gerechtigkeit gesprochen wird, sei es im Wege der nationalsozialistischen Mißachtung des Rechts als Limitierung charismatischer – prinzipiell rechts-, weil bindungsfeindlicher – Herrschaft oder

stenstandes für das allgemeine Rechtsbewußtsein in der juristischen Romantik bis hin zum Postulat der Herrschaft des allgemeinen Rechtsbewußtseins. 69 Unten, S. 631. 70 Unten, S. 638. 71 Zu einem interessanten Versuch, den Begriff des Rechts von der Stoßrichtung der Rechtskritik herzuleiten vgl. Seelmann, Kurt, Rechtsphilosophie, 2., überarb. Aufl. – München: C. H. Beck 2001. 72 Unten, S. 637. 73 Immerhin unterstreicht Webers Bezug auf Iherings Diktum über die Form als „die Feindin der Willkür, die Zwillingsschwester der Freiheit“ im Kontext der Soziologentagsdebatten die „Kulturbedeutung“ der „Form“ im formal rationalen Recht des Okzidents (vgl. Weber, Diskussionsbeitrag II (wie oben, S. 19, Anm. 1), S. 327).

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aber im Rahmen der „sozialistischen Gerechtigkeit“, wird nur dem Risiko formaler Irrationalität ausgesetzt, die aber zugleich eine materiale darstellt. Ein solcher Kern okzidentaler Rechtskultur in dem gekennzeichneten Sinne formaler Rechtsrationalität steht im Hintergrund von Webers vergleichender Kultursoziologie des Rechts. Diese Errungenschaft heißt es gegen eine „soziologische Rechtswissenschaft“ im Sinne Eugen Ehrlichs74 und seiner Nachfolger zu verteidigen, die das Problem juristischer Wertbegründung verkennen, und gegen eine rechtstheoretische Desillusionierung des Automatenmodells, die anstelle der Idee der Rechtsanwendung die Illusion von schöpferisch freier Rechtsfindung75 setzt oder zu traditionaler Rechtsprophetie – aus durchsichtigen Standesinteressen heraus – zurückkehrt. Weber ist seinerseits prophetisch in der Voraussage, daß die zunehmende „Verrechtlichung“ – Weber spricht anschaulich von dem „an technischem Gehalt stetig anschwellenden Recht“76 – nicht nur eine zunehmende Rechtsunkenntnis der Laien produziere, sondern gleichzeitig die zunehmende Wertung der formalen Qualitäten des modernen Rechts „als eines rationalen, daher jederzeit zweckrational umzuschaffenden, jeder inhaltlichen Heiligkeit entbehrenden, technischen Apparats“ als sein „unvermeidliches Schicksal“77 erzeuge. Diese Prognose läßt sich auf Jürgen Habermas’ Theorie des Rechts anwenden, die von einer Kolonisierungsthese in ein Lob der formalen Prinzipien des Rechtsstaates im Gewande einer prozeduralen Theorie der Gerechtigkeit umgeschlagen ist.78 Aber wie läßt sich das unstillbare Bedürfnis des Laien nach Verstehen des Rechts befriedigen, was durch die von Weber eher karikatural als „Volksjustiz“ bezeichnete Rechtspflege der Geschworenen nur unzureichend möglich ist? Es nimmt nicht wunder, daß dieses letztlich wertgebundene Konzept formaler Rechtskultur des Okzidents für den Export von Civil Society und die Transformation vormals sozialistischer Gesellschaften an Attraktivität gewinnt. Wer meint am Ende nicht, den großen Entzauberer durch den Nachweis von Plagiaten, vielleicht auch intentionalen Plagiaten selbst entzaubern zu kön74 Die Rechtswissenschaft werde ihrer Aufgabe nur dann ganz gerecht, „wenn sie eine Morphologie der menschlichen Gesellschaft gibt, und die Kräfte, die in der Gesellschaft wirken auf ihr Wesen und ihr Maß untersucht. So wird die Jurisprudenz zur Rechtswissenschaft, zur Lehre vom Recht als gesellschaftlicher Erscheinung [. . .]“ (Eugen Ehrlich, Soziologie und Jurisprudenz. – Czernowitz: Gutenberg 1906, S. 19; hinfort: Ehrlich, Soziologie und Jurisprudenz). 75 Zu Webers Auseinandersetzung mit der Freirechtsschule vgl. im Detail: unten, S. 625–627. 76 Unten, S. 639. 77 Ebd. 78 Vgl. vor allem: Habermas, Theorie (wie oben, S. 74, Anm. 8); ders., Faktizität (wie oben, S. 32, Anm. 53); vgl. hierzu auch Gephart, Recht (wie oben, S. 32, Anm. 53), S. 177–183.

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nen, was erst die aufwendige Arbeit am Text, auf der unendlichen Suche nach dem impliziten Zitat, überhaupt ermöglicht. – Doch das Ergebnis ist niederschmetternd: Überall wo Literaturbezüge nachweislich sind oder wahrscheinlich gemacht werden können, sei es in Wahlverwandtschaften zu dem methodologisch in die Schranken gewiesenen „Rechtssoziologen“ Eugen Ehrlich, zu den Rechtshistorikern Ludwig Mitteis, Heinrich Brunner, Andreas Heusler oder Rudolph Sohm, den Rechtsethnologen Hermann Post oder Josef Kohler etc., bleibt das völlig neue Arrangement des Materials, die hochselektive Sortierung des unendlichen Rechtsstoffes für die Zwecke allein der Fragestellung nach den rationalen Grundlagen des modernen Rechts im Okzident und nach denjenigen Zukunftschancen, die ein formal rationales Recht gegen gesinnungsethische Überformungen zeitigen würde, außer Zweifel. Der Verfall des Rechts im Nationalsozialismus geschah nicht auf den Schultern des Rechtspositivismus, sondern durch die Negierung gerade der Idee des formal rationalen Rechts, das ja ein eigenes der Willkür zuwiderlaufendes Wertideal enthält. Inwieweit dieses Ideal auch den Grund einer, rechtskulturelle Differenzen umschließenden Weltrechtskultur liefern wird, bleibt immer noch offen. Mit Webers Analysen zu den Entwicklungsbedingungen rationalen Rechts hat man freilich ein Deutungsmittel an der Hand, das die Widerstände im Kampf der Rechtskulturen aus den jeweiligen religiös-kulturellen Zusammenhängen verstehbarer macht und dem Projekt einer Rationalisierung des Rechts in einer Weltrechtsgemeinschaft sowohl die faktischen, rechtskulturell bedingten Grenzen aufzeigt wie die Bedeutung einer solchen Suche nach einer normativen Ordnung und der sie garantierenden Einverständnisgemeinschaft erhellt.

XII. Biographischer Epilog Zu seiner Überraschung erhält Max Weber im Februar 1919 ein Telegramm des Geheimen Regierungsrates Carl Heinrich Becker aus Berlin, aus dem hervorgeht: „Kultusministerium bietet Ihnen Ordinariat für Staatslehre und Politik Universität Bonn an. Lehrauftrag und Lehrverpflichtung nach Ihren Wünschen. Brief folgt (gez.) Becker.“79 Daß Weber den Ruf nicht angenommen hat, ist bekannt. Interessant bleibt Webers Selbsteinschätzung im Zusammenhang eines Berufungsverfahrens, das ihn an eine juristische Fakultät geführt hätte. Da liegen dann auch die Zweifel Webers, „ob diejenige Art der Behandlung der Staatsprobleme, die ich dabei anspreche, in eine Juristi-

79 Zit. nach einem Brief Max Webers an den Dekan der Juristischen Fakultät, Josef Heimberger, vom 5. Febr. 1919, UA Bonn, Acta der Juristischen Fakultät, betreffend Dozenten, Nr. 9 (MWG II/10).

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sche Fakultät gehört [. . .].“80 Die Rückkehr in den Schoß der einmal verlassenen, nunmehr vom Rechtssoziologen gegen die „Rechtssoziologen“ in ihrer Eigenständigkeit verteidigten Jurisprudenz entsprach nicht Webers disziplinärer Selbstverortung. „Mir liegt“ – so schreibt er vielmehr –, „wenn ich in ein akademisches Lehramt eintreten möchte, daran, die ‚Gesellschaftswissenschaft‘ (Soziologie) in ihrem vollen Umkreis, vor allem freilich die Rechts- und Staats-Soziologie, zu traktieren.“81 Mag dies noch gut zu der Ausrichtung der hier edierten Manuskripte passen, so zieht Webers Kritik der Verwechslung von juristischer und soziologischer Betrachtungsweise auch wieder enger in die juristische Welt zurück: „Ich bilde mir thatsächlich ein, die äußerst dilettantische Art, wie diese beiden Fächer (und die Soziologie überhaupt) heute vielfach, zumal von Nicht-Juristen, aber gelegentlich auch von Juristen – [Randnotiz Webers:] „Ehrlich! (trotz mancher zweifelloser Verdienste!)“ – behandelt und dadurch diskreditiert worden sind, durch eine schärfere und ganz klare Scheidung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise verdrängen zu können.“82 Freilich sieht Weber diese Behauptung als einen Wechsel auf die Zukunft an, zumal diejenigen Manuskripte, die ihn hierzu legitimiert hätten, ja noch der Überarbeitung und Integration in die sich wandelnden Konzeptionen seines Grundrißbeitrages harrten. Daher insistiert Weber auf der Frage, ob die Fakultät und insbesondere die Staatsrechtler in ausreichender Weise befragt worden seien. Gegenüber dem Geheimrat Bekker verweist Weber auf die Loyalität, die ihn an die früher aufgenommenen Verhandlungen mit der Münchner Staatswirtschaftlichen Fakultät bänden. Gleichzeitig macht er für eine Berufung nach Bonn Hoffnung, weil er seine Forderung nach einer gesellschaftswissenschaftlichen Ausrichtung in München keineswegs als gesichert ansieht und für den Fall eines Scheiterns der dortigen Berufungsabsichten versichert: „[. . .] dann werde ich mit Freude in eine Verhandlung über Ihr ehrenvolles Angebot eintreten [. . .].“83 Das Schreiben Beckers macht den hochschulpolitischen Kontext deutlicher, soweit es darum ging, der Universitätsgründung in Köln, Folge eines „skrupellosen kommunalen Egoismus“, etwas entgegenzusetzen, „um Bonn wieder aus seinem Dornröschenschlaf zu erwecken und ihm möglichst erstklassige Kräfte zuzuführen“.84 Dazu zählte man Weber, der die Nachfolge Bergbohms antreten sollte, ohne dessen Lehrbereich zu unterliegen. Gleichwohl fragt sich Weber in seinem Rückschreiben, was denn aus Bergbohms staatsrechtlichen 80 Ebd. 81 Ebd. 82 Ebd. 83 Brief Max Webers an Carl Heinrich Becker vom 6. Febr. 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Carl Heinrich Becker, 1917–1920, Nr. 4952 (MWG II/10). 84 Brief von Carl Heinrich Becker an Max Weber vom 6. Febr. 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Carl Heinrich Becker, 1917–1920, Nr. 4952 (MWG II/10).

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Kollegien werde, um hinzuzufügen: „Ich bin doch kein Staatsrechtslehrer [. . .].“85 Während nun die Juristische Fakultät in Bonn versichert, daß er aus eigener Initiative einstimmig und als Einziger vorgeschlagen sei, wobei Soziologie durchaus erwünscht sei,86 sekundiert Becker aus Berlin, indem er Weber damit zu locken sucht, daß die zufällig frei werdende staatsrechtliche Lehrstelle keinerlei Verpflichtungen für ihn begründen würden, zumal Rudolf Smend und Josef Partsch als Fachkollegen mit einer Begrenzung auf die Staats- und Gesellschaftswissenschaft einverstanden seien und es Wunsch des Berliner Ministeriums sei „nach und nach überall eigene Lehrstühle für Soziologie zu schaffen [. . .]“.87 Umso mehr betont Weber in den Verhandlungen mit München, ihm läge nur daran, daß die Soziologie nicht in Dilettantenhände gelange.88 Aus einem Schreiben an Hermann Oncken erfahren wir Webers Entscheidung: „Nach München gehe ich sehr ungern, wäre lieber nach Bonn gegangen und am liebsten hier geblieben, was mir aber pekuniär unmöglich war.“89 In gleichem Sinne schreibt Weber auch Becker von der Annahme des Münchener Rufes,90 den er ehrenhalber wegen dessen Exponiertheit habe annehmen müssen, da – wie er an anderer Stelle bemerkt, „es die Kollegen wie eine Art Fopperei ansehen würden, wenn ich ohne sachlichen Grund mich ihnen grad jetzt entzöge“.91 Schließlich fügt Weber hinzu: „Sonst wäre in jeder Hinsicht die Bonner Stelle für mich das allein Erstrebenswerte gewesen, und auch dort hätte ich nützlich sein können.“ Die Juristische Fakultät in Bonn aber gab nicht auf und richtete noch im Juli desselben Jahres ein Gesuch an das Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volkserziehung in Berlin, Weber nun doch auf eine „Professur für Allgemeine Staatslehre und Politik“ zu berufen und einen weiteren Versuch zu unternehmen.92

85 Brief Max Webers an Carl Heinrich Becker vom 9. Febr. 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Carl Heinrich Becker, 1917–1920, Nr. 4952 (MWG II/10). 86 Vgl. das Telegramm von Josef Heimberger an Max Weber vom 12. Febr. 1919, UA Bonn, Acta der Juristischen Fakultät, betreffend Dozenten, Nr. 9. 87 Brief Carl Heinrich Beckers an Max Weber vom 12. Febr. 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Carl Heinrich Becker, 1917–1920, Nr. 4952. 88 Vgl. den Brief Max Webers an Walther Lotz vom 21. Febr. 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 95 (MWG II/10). 89 Brief Max Webers an Hermann Oncken vom 25. März 1919 (maschinenschriftliche Abschrift), GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 8, Bl. 114 (MWG II/10). 90 Vgl. den Brief Max Webers an Carl Heinrich Becker vom 25. März 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Carl Heinrich Becker, 1917–1920, Nr. 4952 (MWG II/10). 91 Brief Max Webers an Carl Heinrich Becker vom 7. März 1919, GStA PK, VI. HA, Nl. Carl Heinrich Becker, 1917–1920, Nr. 4952 (MWG II/10). 92 In einem Schreiben Josef Heimbergers vom 15. Juli 1919, das von sieben weiteren Unterschriften, u. a. von Rudolf Smend und dem damaligen Rektor Ernst Zitelmann, unterstützt wird (UA Bonn, Acta der Juristischen Fakultät, Dozenten betreffend, Nr. 9).

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Was auch immer bei Weber letztlich den Ausschlag für München gegeben haben mag,93 das gescheiterte Bemühen um eine Berufung an die damalige Juristische Fakultät in Bonn zeigt die Nähe, die Weber zur Jurisprudenz von seiner Studienzeit über all den Häutungen in Nationalökonomie, Geschichtswissenschaft, Religionssoziologie und soziologischer Staatslehre bis hin zur paradoxen Soziologie der Entwicklungsbedingungen des rationalen Rechts bewahrt, in der die Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit von Recht und Jurisprudenz einem methodologisch unbedachten, soziologischen Reduktionismus entgegengestellt wird, um erst so einer „Soziologie des Rechts“ den Weg zu bereiten.

93 Es ist offenkundig, daß hierbei auch private Interessen Webers eine Rolle gespielt haben.

Editorischer Gesamtbericht

I. Zur Überlieferung In diesem Band werden zwei Originalmanuskripte Max Webers ediert, die lange Zeit als verloren galten und zu Max Weber Lebzeiten nicht publiziert wurden. Es handelt sich um einen kürzeren Text, „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, sowie einen längeren Text, der seit der Erstveröffentlichung als „Rechtssoziologie“ bekannt ist und hier unter dem Titel „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ediert wird.1 Hinzu kommt ein Manuskriptfragment, das dem letztgenannten Text nahe steht und deshalb unten als Anhang zum Band ediert wird. Die Texte sind im Zusammenhang mit Max Webers Arbeit an seinem Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“, später: „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“, entstanden, in einem Zeitraum, der sich auf über fünf Jahre erstreckt. Er konzipierte sie vermutlich zunächst als eine Einheit, löste diese aber im Fortgang seiner Arbeit auf. Dies jedenfalls legt der Vergleich der Dispositionen von „Wirtschaft und Gesellschaft“ aus dem Jahre 1910 und von „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ aus dem Jahre 1914 nahe. Heißt es zu „Wirtschaft und Gesellschaft“ noch: „a) Wirtschaft und Recht (1. prinzipielles Verhältnis, 2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands)“,2 sollte also das systematische und das historische Verhältnis von Wirtschaft und Recht in einem „Allgemeinen“ und einem „Besonderen“ Teil dargestellt werden, so ist diese Kompositionsidee in der Disposition von „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ aufgegeben. Denn hier taucht das Recht an zwei verschiedenen Stellen auf. Unter „1. Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen“ wollte Weber „Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung“, unter „7. Der politische Verband“ aber „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ behandeln.3 Die beiden Titel von 1914 haben zwar eine Ähnlichkeit mit denen von 1910, aber sie sind im Unterschied dazu an verschiedenen Stellen des Beitrags plaziert. 1 Zum Titel vgl. unten, S. 141 f. 2 Stoffverteilungsplan für das „Handbuch der politischen Ökonomie“. Mai 1910, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG I/24, S. 143–154); dass. auch in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 151–155, Zitat: S. 151 und MWG II/8, S. 808–816. 3 „Einteilung des Gesamtwerkes“, in: GdS, Abt. I – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S. X–XIII (MWG I/24, S. 168–173), Zitate: S. X f.; dass. auch in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 168–171 und MWG II/8, S. 820–823.

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Als einzig verbliebene Textzeugen zu Webers großem Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“ – sieht man von einzelnen Blättern oder Blattfolgen ab – liefern die Manuskripte einen einzigartigen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Werkes und die Arbeitsweise Max Webers.

1. Zur Editionsgeschichte Kurze Zeit nach dem Tod ihres Mannes begann Marianne Weber, dessen wissenschaftlichen Nachlaß zu sichten. Demnach war es ihre Absicht, mit Hilfe der alten Manuskripte für seinen Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“ die Drucklegung der „großen Soziologie“ Max Webers voranzutreiben, wie sie dem Verleger Paul Siebeck am 30. Juni 1920 berichtete: „Ich habe heute schon einen Teil der Manuskripte meines Mannes zur Soziologie zur Durchprüfung an einen jungen Gelehrten Dr. Palyi hier gegeben. [. . .] Es ist offenbar druckfertig vorhanden: Religionssoziologie, Rechtssoziologie, dann Formen der Gesellschaft: [. . .] – ferner Formen der Herrschaft: [. . .] u[nd] ein großes Konvolut: Formen der Stadt, u[nd] schließlich ein höchst interessanter Abschnitt über Musiksoziologie [. . .]“.4 Angesichts der Äußerungen Max Webers während des Weltkrieges und danach zum Grad der Fertigstellung seiner Grundrißtexte,5 die er nunmehr für umfassend überarbeitungsbedürftig hielt und streng „lehrbuchhaft“ gestalten wollte,6 die außerdem in Teilen offenbar noch unfertig waren,7 dürften Zweifel an Marianne Webers Einschätzung über die „offenbare“ Druckreife der Nachlaßmanuskripte berechtigt sein. Weber hatte die Texte, die 1914 vorlagen, für den Druck nicht freigegeben.8 Erst recht zweifelhaft erscheint Marianne Webers Einschätzung im Hinblick auf die 4 Brief Marianne Webers an Paul Siebeck vom 30. Juni 1920, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch Winckelmann, Hauptwerk, S. 91. 5 „Wie soll denn nur daran gedacht werden, daß ich jetzt auch nur eine Zeile meiner ‚Soziologie‘ druckfertig stelle, korrigiere etc. Während des Krieges habe ich nicht eine Sekunde Zeit, weder Sonntags noch Alltags, weder Tag noch Nacht“ (Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 21. Febr. 1915, MWG II/9, S. 21–23). 6 Vgl. entsprechende Äußerungen Max Webers in Briefen an Paul Siebeck vom 22. Juni 1915, MWG II/9, S. 69 f.; [27. Okt. 1919]; 8. Nov. [1919]; Briefe in: VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/10). 7 Dies weist Wolfgang J. Mommsen (MWG I/22–1: Gemeinschaften) für die Texte über „Marktgemeinschaft“ (S. 50 f., 192), „Politische Gemeinschaften“ (S. 200, 202), „Machtprestige und Nationalgefühl“ (S. 55, 220) sowie „‚Klassen‘, ‚Stände‘ und ‚Parteien‘“ (S. 55, 248, 250) nach. 8 Vgl. aber die entsprechende Voranzeige des Verlages J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) im Juni 1914: „Ende 1914 erscheint: „Grundriß der Sozialökonomik“, III. Abt. Wirtschaft und Gesellschaft“ (folgt die Stoffgliederung von Webers Grundrißbeitrag nach der „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914), in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 81, Nr. 135, 15. Juni 1914, S. 5339.

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in den Jahren 1918 bis 1920 begonnene Neubearbeitung der Vorkriegsmanuskripte, welche weder terminologisch noch systematisch dem Maßstab genügten, den die von Weber selbst noch zum Druck gebrachte Erste Lieferung9 nun setzte, und der eine umfassende Überarbeitung und teilweise Neuformulierung erforderlich gemacht hätte. In wenigstens zwei Fällen hat aber vermutlich nicht das sonst verständliche Bedürfnis Marianne Webers, die umfangreichen Nachlaßkonvolute ihres Mannes zügig und im geeigneten Rahmen zum Druck zu bringen, ihr Urteil bestimmt, sondern die augenscheinliche Textlage zum Zeitpunkt des Todes von Max Weber. Die nachstehend edierten Texte „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ sowie das seit der Erstauflage von „Wirtschaft und Gesellschaft“ unter dem Titel „Rechtssoziologie“ bekannte Nachlaßkonvolut sind von Max Weber nicht nur sorgfältig durchredigiert und stark erweitert, sondern auch mit zahlreichen Satzanweisungen, im Falle des zweiten Textes außerdem noch mit paragraphenweise eingefügten Titel- bzw. Vorsatzblättern samt Inhaltsübersichten versehen. Es ist daher nachvollziehbar, wenn Marianne Weber sie für satzreif hielt. Einen impliziten Hinweis darauf, daß die Erstherausgeberin den beiden Rechtstexten einen besonderen Status zuerkannte, könnte das Verzeichnis der Kapitelfolge der Nachlaßtexte zu Webers Grundrißbeitrag enthalten, das sie zusammen mit dem Manuskript im März 1921 dem Verlag übersandte. Die Rechtstexte nehmen in diesem Verzeichnis die ersten Positionen ein. Aufschlußreich heißt es im Anschreiben: „Dem Manuskript liegt ein genaues Verzeichnis der Kapitelfolge[,] so wie ich sie in Gemeinschaft mit Dr. M. Palyi festgestellt habe, bei. [. . .] Ob wir an der vorläufig beschlossenen Reihenfolge der Abschnitte genau festhalten können[,] läßt sich heute noch nicht übersehen. Es ist möglich, daß Verschiebungen vorgenommen werden müssen [. . .].“10 Genau dies bezeugt die Editionsgeschichte der Manuskripte.

2. Zur Anordnung der Texte Max Weber hat den im Umfang sehr viel schmaleren Text handschriftlich mit der Überschrift „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ versehen und ihm – nach mehreren Änderungen –11 eine römische „I“ vorangestellt.12 Die Erstheraus9 Die „Erste Lieferung“ umfaßt die Kapitel I – IV von WuG1: Kap I: Soziologische Grundbegriffe, S. 1–30; Kap. II: Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens, S. 31–121; Kap. III: Typen der Herrschaft, S. 122–176 und Kap. IV: Stände und Klassen, S. 177– 180. 10 Brief Marianne Webers an Oskar Siebeck vom 25. März 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (Hervorhebung, Hg.); vgl. auch Winckelmann, Hauptwerk, S. 94. 11 Vgl. dazu unten, S. 178 f. 12 Mit römischen Ziffern hatte Max Weber offenbar auch sonstige ältere Texte seines

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geber könnten den Text deshalb – wo immer er sich im Nachlaßkonvolut auf Webers Schreibtisch fand – zunächst also für den „Kopf“ des ganzen gehalten und entsprechend positioniert haben.13 Von Anfang an in engem Zusammenhang mit diesem Text stand für die Erstherausgeber jedenfalls das Manuskript des längeren Rechtstextes. Neben einer fehlenden Überschrift für dieses Manuskript im Textkonvolut mag dafür auch dessen faktische Lage bei der Entdeckung ausschlaggebend gewesen sein. Berücksichtigt man zudem den unterschiedlichen Bearbeitungsstand der Nachlaßmanuskripte zu Webers Grundrißbeitrag und die darin signalisierte Satzreife, dann scheint die Annahme plausibel, daß die beiden für den Druck vorbereiteten Rechtstexte zu den letzten von Weber zusammenhängend bearbeiteten älteren Manuskriptteilen gehörten, die deshalb im Nachlaßkonvolut zuoberst lagen. Und zwar selbst dann, wenn nach dem zur prinzipiellen Orientierung von den Erstherausgebern herangezogenen Werkplan von 1914 nur „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ als Bestandteil des Einleitungskapitels in Frage kam (Abschnitt 1: „Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen. Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung. [. . .]“), während die rechtssoziologischen Erörterungen offenbar im Kapitel über den politischen Verband (Abschnitt 7 unter dem Titel „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“) ihren Platz finden sollten.14 Das Manuskript wäre eben später dispositionsgemäß eingefügt worden.15 Bei den nicht weniger als fünf Umstellungen der KapitelGrundrißbeitrags versehen, was u. a. der Papierbogen bestätigt, in den das Manuskript „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ gesteckt worden war. Er enthält, neben einer Notiz Marianne Webers, in der Mitte die Aufschrift von Max Webers Hand: „IV // Ethik // Tabu “. Der Einschlagbogen dürfte also ursprünglich das religionssoziologische Manuskript seines Beitrags zum „Grundriß der Sozialökonomik“ oder Teile davon enthalten haben, wobei die römische Ziffer die Kapitelfolge, nicht die Abschnittsreihenfolge bezeichnet hätte. Das geht indirekt aus einem Schreiben des Verlags an Marianne Weber hervor, das eine Aufstellung eingegangener Manuskripte, darunter des in arabisch numerierte Abschnitte gegliederten religionssoziologischen Kapitels enthält (vgl. den Brief Oskar Siebecks an Marianne Weber vom 29. März 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch MWG I/22–2, S. 105 f.). Eine Abschnittszählung mit arabischen Ziffern enthält auch der Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“. 13 Vgl. zu dieser Frage die mit philologischen und systematischen Argumenten von Orihara, Hiroshi, Max Webers Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“. Das Vorkriegsmanuskript als ein integriertes Ganzes, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 51, 1999, S. 724–734, hier S. 728–730 (hinfort: Orihara, Beitrag), vorgetragene Hypothese über den mutmaßlichen „Kopf“ der älteren Manuskripte von „Wirtschaft und Gesellschaft“, sowie Schluchter, Wolfgang, „Kopf“ oder „Doppelkopf“ – das ist hier die Frage. Replik auf Hiroshi Orihara, in: ebd., S. 735–743, hier S. 740–742 (hinfort: Schluchter, Replik); vgl. dazu noch ders., Max Webers Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 50, 1998, S. 327–343, bes. 336–340 (hinfort: Schluchter, Beitrag). 14 Vgl. oben, S. 135. 15 Vgl. auch Winckelmann, Hauptwerk, S. 86, 118.

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folge, die dem erwähnten Erstverzeichnis bis zum Abschluß der Drucklegung folgten, verschoben die Erstherausgeber die Rechtstexte bezeichnenderweise jeweils im Block, bis diese endgültig zwischen dem Kapitel über den „Markt“ und dem über „Die Stadt“ plaziert wurden.16 Zur Begründung dieser gewichtigen Entscheidung schreibt Marianne Weber im Vorwort zur zweiten Lieferung von Webers Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“: „Für den Aufbau des Ganzen lag kein Plan vor. Der ursprüngliche, auf S. X und XI Band I des Grundrisses der Sozialökonomik skizzierte gab zwar noch Anhaltspunkte, war aber in wesentlichen Punkten verlassen. Die Reihenfolge der Kapitel mußte deshalb von der Herausgeberin und ihrem Mitarbeiter entschieden werden.“17 Während sich Marianne Weber darum offensichtlich zur freien Entscheidung über die Anordnung der Texte berufen fühlte und es in den beiden von ihr verantworteten Folgeauflagen18 bei der gebundenen Abfolge der Rechtstexte und hinsichtlich der sogenannten „Rechtssoziologie“ auch bei der nicht überlieferten Kapitelüberschrift, einschließlich des in Klammern zugesetzten Nebentitels „(Wirtschaft und Recht)“19 blieb, verfolgte Johannes Winckelmann in den von ihm besorgten Auflagen eine Editionsstrategie, deren Stoffanordnung sich maßgeblich an der „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 orientierte. Dem entsprechend rückte der Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ an die Spitze des Zweiten Teils von „Wirtschaft und Gesellschaft“; die sogenannte „Rechtssoziologie“ reihte Winckelmann hingegen zwischen das Kapitel über den Markt und das über den politischen Verband ein und rückte sie so näher an die Konzeption heran, die Weber in dem erwähnten Werkplan (1914) für den eigenen Beitrag entworfen hatte.20 In der vierten Auflage von 1947 bekam das Kapitel VII dann den Haupttitel „Wirtschaft und Recht“, dem die Bezeichnung „Rechtssoziologie“ als Nebentitel in Klammern zugefügt war.21 Die fünfte Auflage wechselte wie-

16 Über die verschiedenen Vorschläge zur Kapitelanordnung, die offenbar überwiegend auf Initiative von Melchior Palyi zustande gekommen sind, vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 94 ff., 119; Schluchter, Beitrag (wie oben, S. 138, Anm. 13), S. 329 f., Anm. 5. 17 WuG1, Zweiter Teil, S. III. 18 Kap. VI. Die Wirtschaft und die Ordnungen, WuG2+3, S. 368–385; Kap. VII. Rechtssoziologie (Wirtschaft und Recht), WuG2+3, S. 387–513. Bei der dritten Auflage (Tübingen: J. C. B. Mohr 1947) handelt es sich um einen „[u]nveränderten Nachdruck der zweiten, vermehrten Auflage“. 19 Immerhin der von Max Weber im Stoffverteilungsplan von 1909/10 vorgesehene Abschnittstitel für seinen zunächst dreiteilig geplanten Hauptbeitrag zum „Handbuch der politischen Ökonomie“, dem späteren „Grundriß der Sozialökonomik“, („4. Wirtschaft und Gesellschaft; a) Wirtschaft und Recht [. . .]“, abgedr. in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 151– 155, hier S. 151; MWG II/8, S. 808–816, hier S. 810). 20 Vgl. die Vorworte zu WuG4, S. XIII, und zu WuG5, S. XVII–XVIII. 21 WuG4, S. 387–513.

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der zu „Rechtssoziologie“ als Kapitelüberschrift und verzichtete ganz auf einen Nebentitel.22 Die Herausgeber der historisch-kritischen Edition haben entschieden, die beiden Rechtstexte aufgrund ihrer spezifischen Überlieferungslage und ihres engen inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam in diesem Teilband „Recht“ vorzulegen.

3. Zur Überlieferungsgeschichte Während die übrigen Manuskripte zu Webers Grundrißbeitrag als verloren gelten müssen, war es eine kleine wissenschaftsgeschichtliche Sensation, als der 1933 in die USA emigrierte Karl Loewenstein anläßlich eines Deutschlandbesuches im Sommer 1957 Johannes Winckelmann davon berichtete, daß er sich im Besitz von Handschriften Max Webers zum Recht befinde, die Marianne Weber dem ehemaligen Schüler wohl aus Dankbarkeit überlassen hatte. Winckelmann, dem die Bedeutung dieses Fundes sofort klar war, veranstaltete umgehend eine Sonderausgabe und erreichte, daß sie – nach Erstellung eines Mikrofilms und nach Maßgabe entsprechend angefertigter Photokopien – schließlich als „aus dem Manuskript herausgegeben“ annonciert wurde. Nachdem Loewenstein das Original dem damaligen Archiv des Max-Weber-Instituts der Universität München als Geschenk überlassen hatte, konnte Winckelmann die umfangreichen Lesartenvarianten seiner Separateditionen nunmehr auch am Original verifizieren. Die in der Reihe „Soziologische Texte“ erschienene Separatausgabe der beiden Rechtstexte23 riß die Rechtstexte freilich aus dem ursprünglichen Sachzusammenhang mit Max Webers „großem Beitrag“ zum späteren „Grundriß der Sozialökonomik“ heraus. Auf der Basis der Manuskripte sah sich Winckelmann – im Widerspruch zum editorischen Prinzip größtmöglicher Werktreue – in seiner Emendationspraxis freier gestellt.24 Immerhin bot die Separatedition umfangreiche Lesarten- und Textberichtigungsverzeichnisse, aus denen man sich über die Art der Eingriffe des Editors – wenn auch un22 WuG5, S. 387–513. Die Kapitelüberschrift sah Winckelmann – ähnlich wie Marianne Weber – als durch die entsprechenden Verweise in der ersten Lieferung von Webers Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“ „legitimiert“; vgl. das Vorwort ebd., S. XVII. 23 Weber, Max, Rechtssoziologie, aus dem Manuskript hg. und eingel. von Johannes Winckelmann (Soziologische Texte, hg. von Heinz Maus und Friedrich Fürstenberg, Band 2). – Neuwied: Luchterhand 1960 (hinfort: Weber, Rechtssoziologie), sowie Weber, Max, Rechtssoziologie, aus dem Manuskript hg. und eingel. von Johannes Winckelmann (Soziologische Texte, hg. von Heinz Maus und Friedrich Fürstenberg, Band 2), 2. überarb. Aufl. – Neuwied am Rhein, Berlin: Luchterhand 1967 (hinfort: Weber, Rechtssoziologie2). 24 Vgl. die textkritischen Ausführungen Winckelmanns dazu in seinem „Editorischen Vorbericht“: Weber, Rechtssoziologie2 (wie oben, Anm. 23), S. 60 f.

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vollständig – informieren konnte.25 Für diesen Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft“ bedeutete sie zweifellos einen großen Fortschritt gegenüber der Editionspraxis der Erstherausgeber von „Wirtschaft und Gesellschaft“ und bildete die Grundlage für die fünfte Auflage von „Wirtschaft und Gesellschaft“.26 Dort sind die entsprechenden Kapitel sogar nicht aufeinander folgend ediert.27 Das von Loewenstein gestiftete Konvolut befindet sich heute als Deponat in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Es umfaßt die beiden Rechtstexte nahezu vollständig. Nicht überliefert ist ein Manuskript für den achten Paragraphen von „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“. Erneute Recherchen nach diesem Textstück in den Nachlässen von Karl Loewenstein und Melchior Palyi verliefen – wie die früheren Nachforschungen Johannes Winckelmanns und Wolfgang J. Mommsens28 – ergebnislos.29 Das Manuskript von § 8 muß nach heutigem Stand als verloren gelten.30 Schließlich hat sich ein dreiseitiges handschriftliches Manuskriptfragment mit Bezug zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ erhalten, das in dieser Edition erstmals publiziert wird.31

4. Die Titel der Rechtstexte Während Weber selbst den kürzeren Text mit „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ betitelt, fehlt für das Manuskript zum zweiten, unter dem Titel „Rechtssoziologie“ überlieferten Text eine Überschrift von Webers Hand. Die Erstherausgeber und auch Johannes Winckelmann haben den Text nach den Ver25 Vgl. Weber, Rechtssoziologie (wie oben, S. 140, Anm. 23), S. 309–334; Weber, Rechtssoziologie2 (wie oben, S. 140, Anm. 23), S. 351–386. 26 Vgl. auch das umfangreiche Verzeichnis der Textberichtigungen in: WuG4, Halbband 2, S. 929–948, hier S. 934 f. („Die Wirtschaft und die Ordnungen“) und S. 938–941 („Wirtschaft und Recht (Rechtssoziologie)“). 27 Vgl. WuG5, S. 181–198 und S. 387–513. 28 Vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 143; Mommsen, Zur Entstehung von Max Webers hinterlassenem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie“, Discussion Paper Nr. 42 / Juni 1999 (Europäisches Zentrum für Staatswissenschaften und Staatspraxis Berlin), S. 47, Anm. 9. 29 Mitteilungen von Barbara Trippel Simmons, Archives and Special Collections, Amherst College Library (Karl Loewenstein Papers) und Jessica Westphal, Special Collections Research Center, University of Chicago Library (Melchior Palyi Papers) im Jahr 2004. 30 Die verbleibenden Manuskriptbestände sind im Deponat Max Weber der BSB München, Ana 446, archiviert: „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ (OM 6) und „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ (OM 10), wobei sich die letzte Seite des § 7 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ (Blatt A 26 / B 10) ebd. im Deponat Max WeberSchäfer befindet. 31 Siehe unten, S. 643–651.

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weisen, die Weber in dem 1920 noch von ihm selbst zum Druck gebrachten ersten Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft“ in den Text einarbeitete, mit dem Titel „Rechtssoziologie“ überschrieben. Zwar ist anzunehmen, daß Weber das Manuskriptkonvolut für die Fertigstellung des geplanten rechtssoziologischen Kapitels verwendet, aber kaum, daß er es unverändert belassen hätte. Eine erhebliche Überarbeitung, nicht zuletzt eine terminologische Anpassung wäre unvermeidlich gewesen und war – wenn man sich das Beispiel der älteren Herrschaftslehre vor Augen hält – von Weber wohl auch beabsichtigt. Da das Manuskriptkonvolut begrifflich und sachlich nicht über 1914 hinausweist und sicher nicht der neuerlichen Umarbeitungsphase an „Wirtschaft und Gesellschaft“ zuzurechnen ist, die Weber in seinen letzten Lebensjahren in Angriff genommen hatte, erscheint die weitere Verwendung des überlieferten Titels „Rechtssoziologie“ nicht sinnvoll. Damit stellt sich die Frage nach einem passenden, wenn schon nicht autorisierten, dann doch möglicherweise autoreigenen Titel für diesen Rechtstext. Gibt es, namentlich in der Korrespondenz, Charakterisierungen des Textes, welche sich hierfür anböten? Tatsächlich finden sich in der Korrespondenz mit dem Verlag nur seltene Hinweise Webers auf das Recht als Bestandteil seiner Arbeiten für das „Handbuch der Politischen Ökonomie“, den späteren „Grundriß der Sozialökonomik“. Immerhin taucht es in dem erwähnten Werkplan von 1914 als eigener Gegenstand auf. Danach plante Weber in einem Unterabschnitt des Kapitels über den „Politischen Verband“ auch das Recht, genauer: „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, zu erörtern. Welche Verbindlichkeit auch immer diese Gliederung zu dem Zeitpunkt, als Weber sie dem Verleger zusandte, für ihn selbst noch hatte, wie viel von dem avisierten Stoff zu diesem Zeitpunkt auch immer bereits als Text vorhanden war und wann immer diese Werkeinteilung definitiv entstanden sein mag (versandt wurde sie im Juni 1914) – man darf gewiß annehmen, daß Weber sie nicht unabhängig von dem ihm tatsächlich vorliegenden Material konzipiert haben wird. Läßt man weiter die Frage außer Betracht, ob der hier zu edierende Rechtstext als abhängiger Bestandteil eines Kapitels über den „Politischen Verband“ angemessen beschreibbar ist, so bezeichnet dieser Titel zutreffend den thematischen Kern des als „Rechtssoziologie“ Max Webers überlieferten Textes. Die Herausgeber haben sich deshalb entschieden, für diesen zweiten Rechtstext im Rahmen der historisch-kritischen Edition die Überschrift „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ zu wählen.

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5. Die Manuskripte und ihre äußere Gestalt Die nachstehend edierten Manuskripte liefern ein einzigartiges Zeugnis der Arbeitsweise Max Webers. Ihre äußere Gestalt hat man sich in etwa so vorzustellen: Es handelt sich um Blätter in Maschinenschrift (Typoskripte), die teilweise außerordentlich umfangreich handschriftlich bearbeitet wurden, sei es interlinear, auf den Rändern oder mittels an den Blatträndern angebrachter Blatterweiterungen (Allongen). Dazu kommt, daß in diese Typoskriptgerüste maschinenschriftliche oder auch handschriftliche Textseiten einzeln oder in ganzen Blöcken eingefügt wurden. Rein maschinenschriftliche Seitenergänzungen liegen im Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ vor, während der längere Text „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ um maschinen- und handschriftlich verfaßte Textseiten erweitert wurde. Das oben erwähnte, separat überlieferte handgeschriebene Textfragment ist ganz offensichtlich in einer eingeschobenen Typoskriptsequenz des Textes „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ aufgegangen.32 Die Typoskripte wurden mit drei unterschiedlichen Schreibmaschinentypen hergestellt. An die Stelle der maschinenschriftlichen Paginierung trat im Zuge der Textentwicklung und der teilweise damit einhergehenden Reorganisation der vorliegenden Typoskriptsequenzen – wo nötig – eine manuelle Numerierung.33 Die handschriftliche Paginierung stammt in der Regel von fremder Hand (vermutlich von Marianne Weber), zumeist handelt es sich dabei um Ziffern, die mit einem kleinen Bogen unterfangen sind.34 Nur in wenigen Fällen sind die Seitenzahlen von Max Weber selbst eingefügt.35

32 Siehe dazu die Editorische Vorbemerkung unten, S. 643. 33 Vgl. dazu die Editorischen Berichte zu „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, unten, S. 188, sowie zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten, S. 259–262. 34 Im Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ die Seiten „1–13a“ (A 3–9 / B 1–7, A 12–13 / B 10–11, Textgruppe I; A 10–11 / B 8–9, Textgruppe II; A 13a–13c / B 12–13a, Textgruppe III) sowie die Seite „19“ (A 17 / B 19); in den „Entwicklungsbedingungen“ die Seiten „1–13“ (A 12–17 / B 1–6, Textgruppe II; A 18–24 / B 7–13, Textgruppe III). – Zu den genannten „Textgruppen“ vgl. hier und im folgenden die Übersicht, unten, S. 161–169. 35 In „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ die zunächst von Weber in „18a“ umpaginierte maschinenschriftliche Seite „17“, die schließlich handschriftlich von fremder Hand in „19“ gebessert wird (A 17 / B 19); in „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ die Seiten „3–76“ von § 2 (B 3–6, Textgruppe V; A – / B 7, A 2–14 / B 8–20, Textgruppe VI; A 3–6 / B 21–24, A 7–8 / B 32–33, A 9–10 / B 75–76, alle Textgruppe II; A – / B 25, A 2–7 B / B 26–31, Textgruppe VII; A – / B 34, A 2–41 / B 35–74, Textgruppe VIII), die Seiten „1–16“ von § 3 (A 25–28 / B 1–4, Textgruppe III; A 1–3 / B 5–7, A – / B 14, A 5–6 / B 15–16, Textgruppe IX; A 4–9 / B 8–13, Textgruppe X), die Seiten „1“ und „5“ von § 4 (A – / B 1 und A 5 / B 5, Textgruppe XI), die Seiten „1–9“ von § 5 (A 10–12 / B 1–3, Textgruppe XI; A 12a–12c / B 4–6, A 12d–12e / B 8–9, Textgruppe XII; B 7, Textgruppe XIII), die Seiten „1–11“ von § 6 (A 12 f–12l / B 1–6, Textgruppe XII; A 13–17 / B 7–11, Textgruppe XI), schließlich die Seiten „11–16“ sowie „8–10“ von § 7 (A 17–22 / B 11–16, A 25–26 / B 9–10,

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a) Textgruppen und Collagentechnik Der auffälligste Tatbestand der Manuskriptgestalt ist die eigentümliche „Collagentechnik“, mittels derer Max Weber die einzelnen Typoskriptbausteine zu einer sinnhaften Einheit zusammengesetzt hat.36 Beide Rechtstexte sind aus zusammenhängenden Typoskriptblattfolgen komponiert, die hier als „Textgruppen“ bezeichnet und von Textfassungen und Textstufen unterschieden sind. Unter „Textgruppe“ wird ein Sinn- und materialer Zeichenzusammenhang verstanden, der eine gleichartige Manuskriptblattfolge wiedergibt. Die Grundeinheit der Textgruppen kann man sich am ehesten als eine Art „Textbaustein“ vorstellen, der seinerseits von anderen Textüberarbeitungen, textuellen Erweiterungen oder handschriftlichen Korrekturschichten überlagert ist. Im Zuge späterer Bearbeitungen werden diese maschinenschriftlichen „Textbausteine“ also teils handschriftlich redigiert, teils um neue maschinen- und handschriftliche Textstücke erweitert. Die so bearbeiteten Typoskripte (Textgruppen), die auf demselben Papier von demselben Typisten hergestellt sind,37 bleiben allerdings als äußerlich ebenso unterscheid- wie zusammenhängend lesbare materiale Texteinheiten sichtbar, welche werkgenetisch wichtige Aufschlüsse über die konzeptionellen Leitideen bei der Abfassung der Rechtstexte liefern.38 So stellt die auf 10 Seiten verfaßte Textgruppe IV die ursprüngliche Kompositionsidee der Entwicklung von Wirtschaft und Recht dar, bevor sie auf einen vielfachen Umfang angewachsen ist. Die Numerierung der Textgruppen erfolgt für jedes der Manuskripte separat von Textbeginn an. Diese Vorgehensweise führt zur Unterscheidung von vier Textgruppen für das Manuskript „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ bzw. vierzehn für das Manuskript der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“.39 Gleichzeitig zeigt die Dekomposition beider Manuskripte in jeweils verdichtealle Textgruppe XI; A [2]4 / B 8, Textgruppe XIV). Blatt A 6 / B 21 (Textgruppe II) im § 2 weist beide manuellen Paginierungsarten auf. Die Typoskripteinlage in § 2 (A 30a / B 63a) ist auf dem Blatt als „30a“ paginiert; die Plazierung der Einlage auf der Vorseite (A 30 / B 63) unter dem Vermerk „S. 30a“ wird später gestrichen und von fremder Hand mit „S. 63a“ supraskribiert. Die drei einzeln überlieferten und in den § 2 eingearbeiteten Manuskriptseiten sind von Weber eigenhändig mit Bleistift als Seiten „12–14“ durchgezählt, wobei die zunächst „13“ paginierte Seite zu „12“ und die ursprünglich „12“ numerierte zu „13“ umpaginiert wurden. 36 Vgl. Gephart, Werner, Das Collagenwerk. Zur so genannten „Rechtssoziologie“ Max Webers, in: Rechtsgeschichte, Jg. 3, 2003, S. 111–127 (hinfort: Gephart, Collagenwerk). 37 Zu Schreibmaschinen, Papiersorten und Herstellungskontexten vgl. unten, S. 145 ff. 38 Vgl. die durchlaufende Typoskriptgrundschicht des § 2 (Textgruppe IV), den vielleicht im gleichen maschinenschriftlichen Produktionszusammenhang stehenden ersten Teil des § 1 (Textgruppe II) sowie das die §§ 1 und 3 verbindende Typoskriptsegment (Textgruppe III), die unten, S. 652–676, als Anhang II zum Abdruck kommen. 39 Vgl. die Textgruppenübersicht, unten, S. 161–169.

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te Teileinheiten Eigenheiten der Arbeitsweise Webers auf, die man vermutlich auch für die Genese der übrigen Teile der Vorkriegsmanuskripte annehmen darf. b) Die Typoskripte: Typisten, Schreibmaschinen und Schreibkontexte Erst eine sorgfältige Analyse der Materialität der überlieferten Texte vermag die Bildung der Textgruppen plausibel zu machen. Bei der Herstellung der beiden Typoskriptkonvolute wurden drei verschiedene Schreibmaschinentypen sowie jeweils eine den einzelnen Schreibmaschinentypen zuzuordnende Papiersorte verwendet. Mit Schreibmaschine und Papiersorte wechselt die Schreiberhand (Typist). Die erste Schreibmaschinentype (im Folgenden: Schreibmaschine 1) zeigt eine enge, steile Schrift auf lila oder schwarzem Farbband;40 die nächste (im Folgenden: Schreibmaschine 2) eine breiter laufende Schrift auf schwarzem Farbband; die letzte schließlich (im Folgenden: Schreibmaschine 3) eine breit verlaufende Schrift auf schwarzem Farbband. Die maschinenschriftliche Paginierung erfolgt bei den mit Schreibmaschine 1 hergestellten Manuskriptblättern ohne,41 bei den mit den Schreibmaschinen 2 und 3 produzierten Manuskriptseiten mit Spiegelstrichen. Bei den benutzten Papiersorten handelt es sich durchweg um Papiere des bis zum Kriegsende v. a. für den behördlichen Aktenverkehr üblichen Folioblatt-Formats (330x210 mm). Für die mit Schreibmaschine 1 produzierten Typoskriptseiten wurde durchgängig ein dünnes Normalpapier mit Wasserzeichen „Gebrüder Rauch Heilbronn 3a Normal 3a“ verwendet.42 Bei den auf Schreibmaschine 2 getypten Typoskriptblättern kam ein etwas dickeres, holzigeres Papier ohne Wasserzeichen zum Einsatz. Die maschinenschriftlichen

40 Textgruppen I–III von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“: lila Farbband; Textgruppe III der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“: schwarzes Farbband. 41 Eine Ausnahme bilden die Blätter der Textgruppe II von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, deren maschinenschriftliche Seitennumerierung (Schreibmaschine 1) in Spiegelstrichen steht. 42 Als eingetragene Normalpapierwasserzeichen sind die in den Manuskriptkonvoluten nachweislichen Wasserzeichen der Firmen Gebrüder Rauch (Heilbronn), J. P. Sonntag (Emmendingen) und Gebrüder Buhl (Ettlingen) beispielsweise angeführt bei Klemm, Paul, Handbuch der Papierkunde: zum Nachschlagen und zum Unterricht über Verwendung, Herstellung, Prüfung und Vertrieb von Papier. – Leipzig: Th. Grieben’s Verlag L. Fernau 1904, S. 319–325; ohne das Wort „Normal“ und das Klassenzeichen auch bei Herzberg, Wilhelm, Papierprüfung. Eine Anleitung zum Untersuchen von Papier, 3. verm. und verb. Auflage. – Berlin: Julius Springer 1907, S. 204–206; Klemm, Paul, Handbuch der Papierkunde. Zum Nachschlagen und zum Unterricht über Verwendung, Herstellung, Prüfung und Vertrieb von Papier, 3. Aufl. – Leipzig: Th. Grieben’s Verlag L. Fernau 1923, S. 375–377, hier S. 375 f. – Dank für wertvolle Hinweise zu Eigenart und Zweck der sog. Normalpapiere gebührt Herrn Dr. Frieder Schmidt, Papierhistorische Sammlungen, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Leipzig, und dem ehemaligen Inhaber der Papierfabrik der Gebrüder Rauch in Heilbronn, Herrn Stefan Feyerabend.

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Einschübe der §§ 2 und 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ wiederum sind auf einem hellen dünneren Papier ohne Wasserzeichen mit Schreibmaschine 3 hergestellt. Andere Papiere werden für die rein handschriftlichen Textblätter verwendet: Die Vorsatzblätter, die Weber den einzelnen Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ voranstellt, sind – wie die Reißkanten ergeben – aus 3 je hälftig gerissenen Papierbogen mit dem Wasserzeichen „J. P. Sonntag Emmendingen 3b Normal“ bzw. „J. P. Sonntag Emmendingen Normal 3a“ hergestellt.43 Papier der erstgenannten Sorte verwendet Weber außerdem für einen nur gefalteten Bogen zweier rein handschriftlicher Manuskriptseiten im § 2 und für die in dem unmittelbar anschließenden Typoskripteinschub verwerteten, separat überlieferten drei einzelnen Manuskriptseiten.44 Kanzleipapier mit dem Wasserzeichen „J. P. Sonntag Emmendingen Normal 3a“ benutzt er noch für die in den § 5 eingeschobene rein handschriftliche Manuskriptseite.45 Ein weiterer gefalteter Bogen eines etwas größeren Papiers ohne Wasserzeichen fand für die beiden verbleibenden handschriftlichen Manuskriptseiten im § 2 Verwendung,46 während für die unsauber gerissene Vorder- und Endseite des Manuskriptkonvoluts der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ein Normalpapierbogen mit dem Wasserzeichen „Gebrüder Buhl Ettlingen Normal 3b“ verwendet wurde.47 Die genannten Papierarten hat Weber zudem für zahlreiche Allongen verwendet.48 Max Weber konnte – wie insbesondere den Auskünften Marianne Webers zu entnehmen ist – besonders während der Hauptproduktionsphase für seine 43 Zusammen gehören jeweils die Deckblätter zu §§ 1 und 2, §§ 3 und 4, §§ 5 und 6. Der Bogen der Vorsatzblätter zu den §§ 1 und 2 trägt das Wasserzeichen „J. P. Sonntag Emmendingen 3b Normal“, die beiden Bögen der Deckblätter zu den §§ 3–6 das Wasserzeichen „J. P. Sonntag Emmendingen Normal 3a“. 44 Die Blätter B 5–6 (Textgruppe V) sowie A 12–14 (die separat überlieferten Manuskriptseiten, unten, S. 643–651); in beiden Fällen hochwertiges Konzeptpapier mit dem Wasserzeichen „J. P. Sonntag Emmendingen 3b Normal“. 45 Das Blatt B 7 (Textgruppe XIII). 46 Die Seiten B 3–4 (Textgruppe V); der Bogen mißt 36 x ca. 41 cm (gegenüber dem üblichen Folio-Format: 33 x 42 cm). 47 Auch dieses Normalpapier mit der Abmessung 33 x 45 cm etwas größer als FolioFormat. 48 Die Allongen enthalten gewöhnlich nur Reste von Wasserzeichen. Allongen aus Normalpapieren der Firma J. P. Sonntag Emmendingen finden sich ausweislich der Wasserzeichenreste auf folgenden Seiten: „Die Wirtschaft und die Ordnungen“: A 8 / B 6 (abgetrennte und nach A 4 / B 2 versetzte Allonge); „Entwicklungsbedingungen des Rechts“: A 8 / B 33 (§ 2); A 5 / B 15 (§ 3); A – / B 1, A – / B 4 (beide § 4); A 12b–c / B 5–6, B 7, A 12d–e / B 8–9 (alle § 5); A 12 f–g / B 1–2, A 12i–1[2]k / B 4–5, A 13–14 / B 7–8 (alle § 6); A 4 / B 8, A 26 / B 10 (beide § 7); A 12 (einzelne separat überlieferte Manuskriptseiten). Papier der Firma Buhl, Ettlingen mit Wasserzeichenresten wurde für Allongen auf folgenden Seiten verwendet: „Die Wirtschaft und die Ordnungen“: A 6 / B 4; „Entwicklungsbedingungen des Rechts“: A 12l / B 6 (§ 6).

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Grundrißtexte zwischen 1911 und Juni 1914 die Hilfe einer Schreibkraft in Anspruch nehmen.49 Abwechselnd wird von einem „Maschinenschreiber“ oder einer „Tippmamsell“ gesprochen, welche Weber für seine Grundrißarbeiten, zeitweilig mehrmals wöchentlich, zur Verfügung standen.50 Als Formen der Textvermittlung kommen primär Diktat (frei und nach Vorlage) sowie Abschrift in Frage. Andere technische Hilfsmittel, wie das zu Webers Zeit bereits verfügbare Dictaphon, wurden, soweit bekannt, nicht benutzt. Die Typistenmerkmale geben Hinweise über den textgenetischen Status (Herstellungssituation, Zusammengehörigkeit, relative Chronologie) der nach Schreibmaschinentype und Papiersorte zusammenhängenden Typoskriptsegmente. Sie bieten kurz zusammengefaßt folgendes Bild: Die charakteristischen Merkmale der mit Schreibmaschine 1 produzierten Typoskriptsegmente (unsauberes Schriftbild, hoher Fehlerdurchsatz, spezifische Fehler, etwa zahlreiche Hörverständnisfehler) sprechen im Ganzen dafür, daß diese nach Schreibmaschine und Papierart zusammengehörigen Typoskriptblätter von nur einem Typisten offenbar nach Diktat angefertigt wurden. Und zwar – worauf u. a. Streichungen mittels „x“, Superskripte, maschinenschriftliche Sofortkorrekturen von Zeilenfehlern hindeuten – vermutlich nach diktierten Vorlagen, in die Weber vielleicht ad hoc-Umformulierungen oder Neuformulierungen vorher bereits fixierter Gedanken hat einfließen lassen. Im zeitlichen Produktionshorizont der Textgruppen I und II von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ steht sicher auch die material einen späteren Typoskripteinschub repräsentierende Textgruppe III dieses Textkomplexes. Anders stellt sich dieser Sachverhalt für die Blätter der Textgruppe III der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ dar. Erhebliche Schriftspiegelabweichung und Farbbandwechsel lassen hier einen veränderten Produktionskontext vermuten. Der unmittelbare Typoskriptanschluß der Textgruppe III der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ an das letzte Typoskriptblatt von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ erscheint zwar nicht gänzlich unmöglich,51 aber sowohl sachlich wie wegen der genannten äußeren Typoskriptmerkmale eher unwahrscheinlich.52 Die Analyse der mit Schreibmaschine 2 erstellten Typoskriptbausteine ergibt – trotz klarer Unterschiede gegenüber den Segmenten der Schreibma49 Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild, S. 399, 448, 450, 462; Winckelmann, Hauptwerk, S. 65; ders., Vorbericht zu: Weber, Rechtssoziologie (wie oben, S. 140, Anm. 23), S. 55. 50 Vgl. die vorige Anmerkung und einen Brief Marianne Webers an ihre Schwiegermutter vom 17. Febr. 1913, in dem sie über die Arbeitsintensität Max Webers schreibt: „Max arbeitet so intensiv, wie lange nicht und hat täglich eine Tippmamsell“ (MWG II/8, S. 10). 51 Der untere Teil des Blattes A 19 / B 17 (Textgruppe I, „Die Wirtschaft und die Ordnungen“; unten, S. 247 f. mit textkritischer Anm. p) ist durch Beschnitt herausgelöst. 52 Einen anderen Akzent setzt Edith Hanke, die eine Chronologie der Typoskripte nach den verwendeten Schreibmaschinentypen annimmt; vgl. die Einleitung zu: Weber, Herrschaft, MWG I/22–4, S. 1–91, hier S. 79 f.

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schinentype 1 (vor allem: ordentliches Schriftbild und erheblich verminderte Fehlerquote) – hinsichtlich der Produktionssituation einen vielfach ambivalenten Befund. So ist häufig unentscheidbar, ob Verschreibungen auf Hör-(verständnis-)fehler und damit eine Dikatsituation oder doch eher auf Lesefehler und damit Abschrift zurückzuführen sind.53 Dennoch kann man insgesamt – mit aller gebotenen Vorsicht – für die hier interessierenden Typoskriptsequenzen annehmen, daß ihre Hauptmasse (mit der sehr wahrscheinlichen Ausnahme der Textgruppe IV von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ und vielleicht der Textgruppe IX der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“)54 nach Diktat angefertigt worden sind, und zwar, die sonstigen Schreiberhandcharakteristika mitberücksichtigt, nach diktierter Vorlage. Die mit Schreibmaschine 3 produzierten Typoskripte, also die maschinenschriftlichen Einzüge in die späteren §§ 2 und 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ (Textgruppen VI, VII, VIII und X) sind, wie die Schreiberhandcharakteristik vermuten läßt (sehr gleichmäßiges Schriftbild, wenig spezifische Tippfehler, sauber ausgeführte Sofortkorrekturen), in einem oder mehreren separaten Arbeitsgängen nach handschriftlichen Vorlagen entstanden. Die benutzten Papiersorten und Schreibmaschinentypen liefern allerdings, wie intensive Recherchen ergaben, keine weitergehenden textgenetischen Aufschlüsse, insbesondere nicht für die nähere Eingrenzung der Abfassungszeit der Texte. c) Die handschriftlichen Bearbeitungen Max Webers Wie die Typoskripte äußerlich, d. h. nach Paginierungsart, Schreibmaschinentype und Papiersorte, unterscheidbare Textsegmente aufweisen, so lassen sich auch für Webers handschriftliche Redaktion derselben material, d. h. hier nach Schreibwerkzeug und Schreibduktus, verschiedene Bearbeitungsschichten ausmachen. Eine ganz provisorisch scheinende Bleistiftkorrekturschicht von Max Webers Hand weisen nur wenige Manuskriptseiten in den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ auf, die Weber im Verlaufe der weiteren Textbearbeitung entweder sorgfältig mit Feder (in schwarzer Tinte) nachgezogen, gestrichen,

53 Neben der eingeschobenen Schlußsequenz in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ (Textgruppe IV) wurden weite Teile der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ mit dieser Schreibmaschinentype geschrieben: von der Typoskriptgrundschicht des § 2 (Textgruppe IV) über Textteile der §§ 1 und 3 (Textgruppen II und IX) bis hin zu dem die §§ 4–7 konstituierenden Konglomerat einer durchlaufenden Typoskriptgrundschicht und eines längeren Typoskripteinzugs (Textgruppen XI, XII, XIV). 54 Vgl. die Textgruppenübersicht, unten, S. 161–169. Die auffällig geringe Fehlerzahl sowie nicht bzw. kaum vorkommende maschinenschriftliche Streichungen, Korrekturen oder Superskripte legen für diese Blattfolgen an sich Abschrift nahe.

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überschrieben oder sonst durch die Art der Federkorrektur55 aufgehoben hat.56 Von einer zusammenhängenden, deutlich unterscheidbaren Korrekturstufe wird man also kaum sprechen können, eher von punktuellen Texteingriffen bei kursorischer Durchsicht der vorliegenden Typoskriptfassung. Immerhin fällt auf, daß die Bleistiftkorrekturen sich ausschließlich auf Typoskriptblättern des primären oder zumindest frühen Typoskriptbestandes der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ (Textgruppen IV sowie II und III) finden. Auch liegen sie überwiegend, wenngleich nicht ausschließlich,57 zeitlich vor den erwähnten Federkorrekturen. Demgegenüber sind wenigstens zwei durchgehende und sorgfältige Tintenkorrektur- bzw. Bearbeitungs- und Erweiterungsschichten zu beobachten, und zwar für beide Manuskripte. Unterscheidungsmerkmal ist der Schreibduktus von Webers Handschrift. In der ersten, zeitlich früheren Bearbeitungsstufe hat Weber in gut leserlicher Schrift (in schwarzer Tinte) die vorliegenden Typoskripte durchredigiert, glossiert und gelegentlich in Allongen den Text erweitert.58 Mit diesem eher aufwendigen Schreibstil hat Weber Umarbeitungen und Erweiterungen großen Umfangs offenbar weder beabsichtigt noch verwirklichen können. Gegenüber einer zweiten Korrekturebene erweist sich diese nach ihrer äußeren Lage als durchweg relativ „frühere“ Schreibschicht, ohne jedoch einer werkgeschichtlich fixierbaren Schreibeigenheit Webers zurechenbar zu sein. Diese manuelle Korrekturstufe ist auf allen Typoskriptblättern, auch den später eingeschobenen, von „Die Wirtschaft und die Ord-

55 Tintenkorrekturen, die nicht von Max Weber stammen, sondern zumeist vermutlich auf Marianne Weber zurückgehen, tauchen in den von Weber nur kursorisch durchgesehenen Typoskripteinzügen des § 2 sowie auf dem Vorsatzblatt zum § 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ auf. Darüber hinaus finden sich in beiden Textteilen offenkundig an den Setzer adressierte Tinten-, Farbstift- oder Bleistift-Notizen von dritter Hand. Zahlreiche Unterstreichungen, Anstreichungen einzelner Wörter oder Satzteile sowie Achtungszeichen (vor allem Einzel- oder Doppelstrichmarkierungen) mit – in einem Fall: – roter Tinte, Bleistift und Farbstift (blau, violett, rot) gehen wohl auf den Setzer zurück. 56 Insgesamt 9 Typoskriptblätter der §§ 1, 2 und 3 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ lassen eine inhomogene Bleistiftkorrekturschicht erkennen: § 1: A 14–15 / B 3–4 (Textgruppe II; jeweils eine Bleistiftkorrektur); A 23 / B 12 (Textgruppe III; eine Bleistiftkorrektur); § 2: A 1/ B – und A 4 / B 22 (beide Textgruppe IV; vereinzelte Bleistiftkorrekturen); § 3: A 25–28 / B 1–4 (alle Textgruppe III; zahlreiche Bleistiftkorrekturen bzw. -einfügungen). 57 In der federgeschriebenen Randbeschriftung links unten auf Blatt A 1 / B – in § 2 etwa (unten, S. 308) ist die Rede „von der qualitativen Ausweitung der Verfügungssphäre des Einzelnen durch Rechtssätze“, was dann mit Bleistift durch den Zusatz „eines bestimmten Typus“ qualifiziert wird. Die Ergänzung erfolgt hier also in einem späteren Bearbeitungsschritt. 58 Bei den Allongen handelt es sich um die Blätter A 10 / B 1 und A 12 / B 3 des § 5 (Textgruppe XI).

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nungen“ nachweislich. Auch im Text „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ist sie auf weite Strecken des Manuskriptkonvoluts präsent.59 Umfangreiche Texterweiterungen durch Randglossierung und Seitenallongen nahm Weber offenbar in einer für ihn ökonomischeren, Endungen z. B. vielfach verschleifenden (und deshalb: schwerer lesbaren) „Konzeptschrift“ vor. Für dieses Verhältnis der beiden deutlich unterscheidbaren Schreibstile Max Webers spricht nicht zuletzt die Tatsache, daß er gerade Namen und fremdsprachige, für den Schreiber/Setzer mutmaßlich unbekannte Fachausdrücke selbst in sonst reinen „Konzeptschrift“-Passagen in gut lesbarer Schreibschrift fixiert. Die überlieferten rein handschriftlichen Manuskriptseiten der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“60 sind sämtlich in „Konzeptschrift“ verfaßt. Weiterhin weisen alle handschriftlich von Weber inserierten Abschnittsüberschriften („Die Wirtschaft und die Ordnungen“) bzw. Paragraphentitel („Entwicklungsbedingungen des Rechts“) diesen Schreibduktus auf, was für die insgesamt sechs Vorsatzblätter mit Paragraphenüberschriften und Inhaltsübersichten in den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ gleichfalls zutrifft. Doch kann hieraus nicht auf eine zusammenhängende Redaktionsstufe geschlossen werden, die neben erheblichen Umfangserweiterungen der jeweils bearbeiteten Texte auch die Abschnitts- bzw. Paragraphentitulierung sowie – im Falle der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ – die Zwischenblätter als Produkt des letzten Bearbeitungsstadiums umfaßte. Die Zwischenblätter mit Paragraphentiteln und Inhaltsübersichten z. B. reproduzieren nicht einfach die Primärtitel der einzelnen Paragraphen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, sondern formulieren diese verschiedentlich bedeutsam um. Auf eine innere Schichtung der durch die zweite Schreibschrift konstituierten Textsegmente läßt auch ein äußerliches Schreibmerkmal schließen: Max Weber hat für die textliche Bearbeitung insbesondere dieser Teile Stahlfedern oder Füllfederhalter verschiedener Strichstärke verwendet (feine und breite Feder), was bei sortengleichem Papier verschiedene Arbeitsgänge leicht erkennbar macht.

59 Ausnahmen bilden, soweit erkennbar, die Typoskripteinzüge in die späteren §§ 2 und 3 (Textgruppen VI, VII, VIII und X), das Typoskript des § 1 (Textgruppen II und III) und einzelne Blätter in den §§ 5, 6 und 7 (Textgruppen XI und XII). 60 Also die Blätter B 3–6 des § 2 (Textgruppe V) und B 7 des § 5 (Textgruppe XIII) sowie die textgenetisch vermutlich zur genannten handschriftlichen Blattfolge des § 2 gehörigen, dann aber im Zuge der Produktion des Typoskripteinschubs der Textgruppe VI dort in leicht veränderter Form eingearbeiteten drei einzelnen Manuskriptseiten aus dem Deponat Max Weber-Schäfer, BSB München (siehe unten, S. 643–651).

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6. Relative Chronologie Max Weber hat also die vorliegenden Typoskriptteile in mehreren handschriftlichen Bearbeitungsschritten sukzessive zum überlieferten Manuskriptbestand der beiden Texte ausgearbeitet. Für die innere Schichtung der handschriftlichen Bearbeitung sind physikalische (Überschreibung von Bleistiftkorrekturen mit schwarzer Tinte; wechselnde Federstärken und Tintenfarben), graphologische (verschiedene Handschriften) und redaktionelle Indizien (aus Textanordnung erschließbare relative Chronologien) aufschlußreich. Über die relative Chronologie dieser textlichen Bearbeitungsstufen läßt sich allgemein sagen, daß der innerhalb der einzelnen Textgruppen lineare Produktionszyklus (Typoskript (nach Diktat oder Abschrift), handschriftliche Redaktion in sich aufstufenden Arbeitsschritten: zunächst Super-/Supraskripte und interlineare Einzüge, dann Randglossierung, dann Seitenallongierung) nicht zwingend auch das Verhältnis zwischen den einzelnen Textgruppen eines Textes („Die Wirtschaft und die Ordnungen“) oder eines Paragraphen („Entwicklungsbedingungen des Rechts“) zutreffend widerspiegelt. Maschinenschriftliche Einzüge sind nur der offenkundige Fall einer Konzeptionsstufe von Textsegmenten, die zeitlich spätere Bearbeitungsschichten repräsentieren. In der Regel gibt die Manuskriptlage noch Hinweise auf die relative Chronologie der Typoskripteinschübe, speziell durch den Bezug zur Referenzhandschrift, also diejenige handschriftliche Bearbeitungsstufe, durch die der Einschub textlich (etwa mit Hilfe von Überleitungsformulierungen) eingebunden wird; ansonsten sind nur mehr oder minder plausible Annahmen über das Verhältnis von Typoskripteinzügen und handschriftlichen Textstufen möglich.

7. Allongentechnik Charakteristisch für die handschriftlichen Bearbeitungen der Typoskripttexte sind die zahlreichen Randbeschriftungen und speziell die Seitenallongen. Mit großer Sorgfalt nutzt Weber die Allongentechnik zur sachvertiefenden und -ergänzenden Textproduktion. Das Manuskript von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ wächst durch insgesamt 16 Allongen auf 5 Textblättern (von 20) auf seinen überlieferten Umfang an; das Manuskript zu den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ gewinnt mit 93 Seitenallongen auf 34 Manuskriptblättern (von 150)61 seinen bekannten Umfang. Einzelne Allongen hat Weber von ihrem Ursprungsort abgelöst und an andere Stellen versetzt,62 mit anderen 61 Einschließlich des Deckblattes und der Einlegeblätter mit Paragraphentiteln und Inhaltsübersichten. 62 Vgl. hierzu unten, S. 223, textkritische Anm. m, S. 197, textkritische Anm. n und S. 201, textkritische Anm. s.

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Randglossen- oder Allongentext überdeckt,63 auf wieder anderen Typoskripttext überschrieben.64 In diesem Zusammenhang zu erwähnen, weil dem weiteren Rahmen der manuellen Revision der Texte und in abgewandelter Art auch der Allongentechnik zugehörig, ist der Beschnitt von Textblättern65 und – verschiedentlich – die Versetzung von Typoskriptausschnitten an andere Stellen des Manuskripts, wo sie mit Kleber fixiert werden, also Collagen im engeren Sinne.66 Auf einigen Blättern beider Manuskriptkonvolute befinden sich rückseitig eigenhändige sachbezogene Notizen Max Webers.67 Wahrscheinlich ist, daß sich Weber diese Notizen im Zuge seiner handschriftlichen Bearbeitung als Erinnerungsstützen für Textergänzungen machte, was etwa die Stichworte auf Blatt A 12h / B 3 über die patriarchale (im Unterschied zur ständischen) Struktur der chinesischen und orientalischen patrimonialfürstlichen Rechtspflege nahelegen:68 Eine Allonge der folgenden Seite A 12i / B 4 exemplifiziert die Differenz der rechtsförmigen Struktur der ständisch-patrimonialen Verwaltung gegenüber der verwaltungsmäßigen Struktur der patriarchal-patrimonialen Rechtspflege unter ausdrücklichem Bezug auf die orientalischen und chinesischen Rechtssysteme. Vereinzelte Randvermerke, die sich überwiegend auf Textgliederung und -inhalt beziehen, lassen sich – neben eigenhändigen Satzanweisungen – auch auf den Manuskriptseiten selbst ausmachen.69 63 Vgl. etwa unten, S. 194, textkritische Anm. k und S. 223 mit textkritischer Anm. m. 64 Dies betrifft allerdings einen Einzelfall in „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, unten S. 470 f., textkritische Anm. o. 65 Vgl. unten, S. 242, textkritische Anm. k, S. 247, textkritische Anm. o u. a. In allen genannten Fällen muß man wohl von Textverlust ausgehen, obwohl auch ihre Verwertung in anderen Teilen der vorliegenden oder sonstigen Grundrißmanuskripte Webers denkbar ist. 66 Eine Versetzung von Typoskriptstücken findet sich an zwei Stellen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“: im § 2 von Seite A 2 / B – (unten, S. 309 mit textkritischer Anm. p) nach Blatt A 3 / B 21 (unten, S. 340 mit textkritischer Anm. g); im § 4 von Seite A 6 / B – (unten, S. 497 mit textkritischer Anm. t) nach Blatt A 7 / B – (unten, S. 500 mit textkritischer Anm. f). 67 Vgl. unten, S. 192, textkritische Anm. p, S. 440, textkritische Anm. p, S. 457, textkritische Anm. b und S. 560, textkritische Anm. o. 68 Vgl. unten, S. 560, textkritische Anm. o. 69 Auf einzelnen Blättern der §§ 2, 3 und 5 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ und – mit einer Ausnahme – in schwarzer Tinte. So in der oberen Blatthälfte von Seite B 5 (unten, S. 561, textkritische Anm. b, c) die eigenhändig gestrichenen Vermerke: „Contrakt: magischer Zweck“ und darunter: „‚Zweck‘-Contrakt sachlicher Contrakt personaler Contrakt.“ In einer der nur kursorisch durchgesehenen Typoskriptinsertionen des § 2 vermerkt Weber am linken Rand von Blatt A 6 / B 39 (unten, S. 376, textkritische Anm. j): „juristisch[?]: Amtsrecht maßgebend“ und im gleichen Paragraphen Seite A 40 / B 73 (unten, S. 424, textkritische Anm. m) am linken Seitenrand das Wort „Prozeßtechnik“. Das Vorsatzblatt von § 3 (unten, S. 430, textkritische Anm. a) enthält links oben die handschriftliche Notiz: „§ 2: jurist. Person. § 3: Gewohnheitsrecht.“; Blatt A 26 / B 2 (unten, S. 435, textkritische Anm. e) unten links den (eigenhändig mit Feder gestrichenen) Blei-

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Äußerlich vermitteln die nachstehend edierten Manuskripte den Eindruck heterogener maschinen- und handschriftlicher Textmassen, die in jeweils mehreren Bearbeitungsstufen hergestellt worden sind. Dabei wechseln maschinen- und handschriftliche Produktionsphasen bzw. – was davon zu unterscheiden ist – Korrekturstadien. Die unterscheidbaren manuellen Redaktionsstufen legen nur eine relative Chronologie der Textschichtung offen, erlauben m. a. W. keine absolute zeitliche Zuordnung der differenten Schreibarten, die erst in Verbindung mit Datierungshinweisen im Text annäherungsweise möglich wird.

II. Unvollendet oder vollendet? Der eigentümliche und lehrreiche Status der Manuskripte Das überliefert glatte Textbild mag nunmehr durch eine Vorstellung von der Vielschichtigkeit der Manuskripte korrigiert sein. Aber gelingt es darüber hinaus auch noch, den vorläufigen Charakter des Textes angemessen zu kennzeichnen? Man kann argumentieren, daß aus den Satzanweisungen und dem Überarbeitungsstand auf eine Satzreife zu schließen sei. Aber war das auch in Webers Augen der Fall? Zeigt nicht gerade das endlose Ausufern der Allongen und Mehrfachüberschreibungen, daß dieser Autor noch nicht fertig war und auch nicht fertig werden konnte mit diesen Texten. Vielleicht war der Reiz des Überarbeitens für Weber zu Zeiten, in denen eine Publikation überhaupt noch hätte sinnvoll sein können – nämlich vor der Kategorienwende und dem gesteigerten Systemanspruch der Nachkriegsjahre – sehr viel größer als der einer erst im Akt der Freisetzung des Manuskripts zur Drucklegung angelegten Kommunikation mit seinem tatsächlichen oder virtuellen Leser. Wie dem auch sei, so hat jedenfalls die Edition Abstand zu nehmen von der Beschwörung einer Idealgestalt des Manuskriptes, das im Moment des Erscheinens durch den kategorialen Fortgang in sichtbarster Weise überholt worden wäre, oder aber im Falle seiner Publikation diejenigen Bindungseffekte auch für den Autor erzeugt hätte, die mit Sprech-, Schreib- und Publikationsakten einhergehen und dergestalt die spätere Werkentwicklung, insbesondere in der Kategorienfrage, hätten beeinflussen können. Denkt man in diesem Zusammenhang darüber nach, warum Weber ein so weit vorangetriebenes Manuskript doch nicht zur Veröffentlichung gebracht hat, dann dürfen die in der Einleitung markierten inneren Spannungen nicht übersehen werden. Der Wandel der Kompositionsideen – von einer auf Wirtschaft und Recht

stift-Vermerk: „verschieden!“ Auf Blatt A 12b / B 5 von § 5 (unten, S. 525, textkritische Anm. u) notiert Weber links unterhalb der Seitenmitte: „Buchreligion!“, was er schließlich eigenhändig wieder streicht.

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als Anti-Stammler angelegten pädagogischen Aufgabe bis zur Entfaltung einer umfassenden Rationalisierungsthematik – bleibt als Irritation im Manuskript „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ enthalten, während der „Allgemeine Teil“ sich zu einer Wirtschaft und Recht übergreifenden Analyse von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ entwickelt hatte. Der Leser soll diese Entwicklung gerade durch die Textpräsentation leichter nachvollziehen können. Lassen sich allgemeine Schlußfolgerungen für Webers Produktionsweise ziehen, wie sie eine „Archäologie“ des Textes zu Tage fördert? Darüber, wie sich eine Kompositions- oder Begriffsbildungsidee bei Weber formiert hat, läßt sich nur spekulieren. Weber weist immer wieder auf eine Zeit der „Rezeption“ von Literatur hin, von der er in einem Schreiben an Marianne Weber hinsichtlich der Arbeiten am Handbuch meint: „Ich bin mit dem nun Aufgenommenen noch entfernt nicht zu Rande und ‚besitze‘ es noch nicht.“70 Man kann in den hier edierten Texten nur den Prozeß verfolgen, wie er sich von einem bereits entstandenen manschinenschriftlichen Zeugnis ausgehend weiterentwickelt hat. Dieser überlieferten Materialschicht mögen handschriftliche Aufzeichnungen oder Stichworte, wie von seinen Vorträgen bekannt, vorangegangen sein. Dann aber werden Sachverhalte ergänzt, historisch vergleichend weiter angereichert und kategorial aufgeladen. Daß hierbei die ursprüngliche Strenge und Schlüssigkeit der Argumentation verlieren kann, läßt sich am Beispiel der Textgruppe IV der „Rechtssoziologie“ zeigen, die auf 10 Seiten in nuce ein universalhistorisches Argument entfaltet, das durch exkursartige Textexplosionen erweitert und dann wiederum in einen darüberhinauswachsenden Kontext gestellt wird. An anderer Stelle wird, wie zur Herstellung einer Begriffseinheit eine Art „Begriffsoziologie“ eingezogen, die jedoch dank einer evolvierenden Terminologie niemals an ihr Ende gelangt und dann von geradezu asketisch sorgsam geschnittenem Allongenpapier überklebt wird, um in sich weiter bis zur nur denkbaren Perfektion in aufeinandergeschichteten Korrekturgebirgen vorangetrieben zu werden. In rastloser Schreibarbeit manifestiert sich ein nicht enden wollender Textgestaltungsund Vollendungswille, der fortgetrieben wird, ohne ein Ende zu finden. Insofern sind die Manuskripte vor allem ein Lehrstück für Webers Arbeitsweise und die Grenzen, die mit einem Vorhaben verbunden sind, das einerseits „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ in den „Schraubstock des Begriffs“71 zu klemmen sucht und gleichzeitig die historisch-kulturelle Vielfalt der sozialen Welt in einer polyphonen Sphärenordnung abbilden will. 70 Brief Max Webers an Marianne Weber vom 21. April 1911, MWG II/7, S. 201 f., hier S. 201. 71 Max Weber beschreibt es als die Leistung Platons, den „Begriff“ als „logischen Schraubstock“ zu verwenden, in: Weber, Wissenschaft als Beruf, MWG I/17, S. 89.

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Dieser Glaube einer begrifflich-systematischen Beherrschbarkeit historisch kultureller Wirklichkeiten mag geistigen Wurzeln verwandt sein, denen Weber selbst in der Protestantismusstudie nachgespürt hat. Die editorische Aufbereitung der beiden Manuskripte jedenfalls soll ermöglichen, diese Arbeit am Text an der Materialität der Texte mit vollziehen zu können – eine Arbeit, welche zugleich etwas von dem „Geist“ des Weberschen Denkens aufbewahrt.

III. Zur Edition dieses Bandes Zur Anordnung der Texte in diesem Band An erster Stelle wird der kürzere und einführende Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ auf der Basis des überlieferten Originalmanuskripts ediert. Ihm folgt der Abdruck des umfassenden Manuskriptkonvoluts „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“. Der im Manuskript fehlende § 8 wird durch die Druckfassung der Erstausgabe von „Wirtschaft und Gesellschaft“ ergänzt. Dem Band werden drei Anhänge beigegeben: In Anhang I folgt die Präsentation eines Manuskriptfragments, das als eine Art Vormanuskript zu § 2 der „Entwicklunsgbedingungen des Rechts“ angesehen werden kann. Um die Textgenese der Rechtstexte von Max Webers Grundrißbeitrag zu illustrieren, werden beispielhaft die durchlaufende Typoskriptgrundschicht des § 2 (Textgruppe IV) sowie die z. T. paragraphenübergreifenden Typoskriptbestandteile des § 1 (Textgruppen II und III) der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ abgedruckt. Der Abdruck berücksichtigt die der Typoskriptebene zuzurechnenden Sofortkorrekturen und führt die maschinenschriftliche Originalpaginierung am Rande mit (Anhang II). Der dritte Anhang präsentiert den durch Abtrennung und Dislozierung zerstörten Text der verworfenen Rückseitenbeschriftung der Seitenallonge von Blatt A 8 / B 6 in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ – soweit möglich – in rekonstruierter Fassung (Anhang III). Die bei der Textwiedergabe verwendeten diakritischen Zeichen sind im Siglenverzeichnis aufgeschlüsselt. Textfassungen und Textpräsentation Die Editionsgrundlage bilden – mit Ausnahme des § 8 – die überlieferten Originalmanuskripte in ihrer letzten erkennbaren Fassung, d. h. der Text, wie er von Max Weber auf der Basis der Typoskripte handschriftlich bearbeitet und durch handschriftliche Zusatzseiten erweitert worden ist (B). Davon zu unterscheiden ist die rein maschinenschriftliche Fassung der Texte (A). Die maschinenschriftliche Paginierung der Originale wird am Rand unter der Sigle A 1, 2 etc., die handschriftliche (Neu-)Zählung hingegen als B 1, 2 etc. mitgeführt. In der Regel steht am Rand die doppelte Paginierungsbezeichnung, z. B. A 12/B 1. Der Abdruck des § 8 erfolgt nach der Erstausgabe in „Wirt-

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schaft und Gesellschaft“ (C). Da es sich bei der Erstausgabe von „Wirtschaft und Gesellschaft“ um eine postume und von Weber nicht mehr autorisierte Textausgabe handelt, bleibt diese Druckausgabe ansonsten unberücksichtigt; es werden lediglich zur Orientierung die Seitenangaben der Erstausgabe unter der Sigle WuG1 am Rand mitgeführt. Abweichungen der reinen Typoskriptfassung A zur handschriftlich bearbeiteten Gesamtfassung B werden im textkritischen Apparat nachgewiesen. Außerdem weist der textkritische Apparat Streichungen in A und B nach, insofern sie terminologisch, sachlich oder umfangsmäßig relevant sind. Auf einen Detailnachweis der unterschiedlichen Schreibmaschinentypen, von maschinenschriftlichen Typoskriptkorrekturen in A oder von Stift- und Schriftwechseln in B wird verzichtet. Über die am Seitenrand mitgeführte Originalpaginierung A 1, 2 etc. bleibt aber die Zuordnung der Typoskriptblätter zu den drei unterschiedlichen Schreibmaschinentypen an Hand der Textgruppenübersicht (unten, S. 161–169) möglich. Emendationen Im Hinblick auf die zahlreichen Schreibfehler vor allem in den maschinenschriftlichen Textteilen kommt der Emendationspraxis besondere Bedeutung zu. Da Max Weber sämtliche Typoskripte mit unterschiedlicher Intensität durchgesehen und redigiert hat, dabei zahlreiche Fehler verbessert, im Zuge der Umarbeitung aber auch neue erzeugt, sind alle im Text letzter Hand verbliebenen Fehler dem Autor „zuzurechnen“. Offenkundige (unkorrigierte) Tippfehler in den maschinengeschriebenen Teilen sind stillschweigend emendiert. Dasselbe gilt für fehlerhafte Kommata am Satzende, soweit nach dem Textanschluß (Großschreibung und neuer Satz) der Interpunktionsfehler ein offenkundiger Tippfehler ist. Nicht nachgewiesen werden Sofortkorrekturen. Dazu zählen maschinenschriftliche Korrekturen durch Streichen mittels „x“ oder „-“, Überschreiben innerhalb oder oberhalb der Zeile (Superskript) sowie Max Webers eigenhändige Typoskriptkorrekturen, soweit sie als Sofortkorrekturen aufzufassen sind. Dies gilt insbesondere auch für die Korrektur der Interpunktion (namentlich die Einfügung von Kommata). Nachgewiesen sind dagegen solche Typoskriptkorrekturen Webers, die eine sinnhafte Textänderung des Textes letzter Hand oder eine denkbare Textentwicklung auf der Typoskripttextebene anzeigen, wenn also der geänderte Typoskriptwortlaut im textlichen Zusammenhang „Sinn“ macht; dazu solche, die aus sonstigen Gründen textgenetisch aufschlußreich sind. Mit Satzzeichenänderungen von Webers Hand wird analog verfahren. Textkritisch vermerkt sind generell ebenso die entweder durch den Herausgeber im Edierten Text gebesserten oder infolge der Weberschen Umarbeitung nicht in den Text letzter Hand eingegangenen unkorrigierten Typoskript-

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fehler, sofern es sich nicht erkennbar um Tippfehler handelt. Der Grundsatz führt z. B. im Falle der häufigen Buchstabenvertauschung von „n“ und „m“ zu der Schwierigkeit, daß gewöhnlich schwer zu entscheiden ist, ob ein einfacher Tipp- oder doch ein Grammatikfehler vorliegt. Solche Fehler werden immer dann nachgewiesen, wenn Textumfeld, mutmaßliche Herstellungssituation etc. gegen einen einfachen Tippfehler sprechen. Im Edierten Text emendiert und textkritisch vermerkt sind schließlich die von Weber durch Typoskriptbearbeitung produzierten sowie alle von Weber herrührenden handschriftlichen Fehler, soweit sie keine einfachen Verschreibungen darstellen. Schreibungen Kleinere Schreibvarianten (z. B. t/th, c/k) – namentlich zwischen Typoskripten und handschriftlichen Passagen, aber auch innerhalb der maschinenschriftlichen Teile zwischen den verschiedenen Typisten – sind, sofern nicht von Weber korrigiert, als autoreigen gewertet und grundsätzlich beibehalten. Variante Schreibungen fremdsprachlicher oder rechtstechnischer Ausdrücke sind ebenfalls erhalten, da einerseits die historischen Schreibungen, z. B. die Klein- bzw. Großschreibung lateinischer und englischer Rechtsbegriffe, stark variieren und andererseits eine besondere Schreibabsicht Webers vorliegen kann. Wie in den übrigen MWG-Bänden ist die „ss/ß“- und Umlautschreibung, bei der es sich um Schreiber- bzw. Schreibmaschineneigentümlichkeiten handelt, vereinheitlicht. Weber schreibt durchweg „ß“, beläßt freilich die „ss“Schreibung in den Typoskripten. Texthervorhebungen und Satzanweisungen Sämtliche Unterstreichungen und – mit wenigen Ausnahmen – Anführungszeichen sind von Weber manuell in die Typoskripte eingearbeitet worden. Auf den Einzelnachweis der in den Typoskripten fehlenden Textmarkierungen wird aus Gründen der Apparatökonomie verzichtet. Das gilt selbstverständlich nicht für Typoskripttext-Varianten. Zur Verdeutlichung erfolgt für die erwähnten Ausnahmefälle bereits im Typoskripttext vorhandener Anführungszeichen in jedem Fall ein Positivnachweis. Eigenhändige Absatzanweisungen Max Webers, entweder nur durch senkrechten Doppelstrich (in schwarzer Tinte) oder durch Doppelstrich in Verbindung mit der Anweisung „Absatz“, sind realisiert und textkritisch vermerkt. Die Satzanweisung „Petit“ ist dagegen nur im textkritischen Apparat nachgewiesen.

158

Editorischer Gesamtbericht

Überschriften und Zusatzinformationen Die optische Darstellung der Überschriften wird entsprechend der Editionsregeln stillschweigend vereinheitlicht. Das betrifft z. B. unterstrichene oder nicht unterstrichene Überschriften. Innerhalb der beiden Texte werden die Abschnitte bzw. Paragraphen fortlaufend, d. h. ohne Seitenumbruch, ediert. Über die am Rand mitgeführte Originalpaginierung ist die faktische Manuskriptlage dokumentiert. Auf den Manuskriptblättern enthaltene Zusatzinformationen, z. B. Randbemerkungen, Rückseitentexte und Notizen Max Webers, werden textkritisch vermerkt. Bei selbständigen Textfragmenten mit direktem Bezug zum Editionstext verweist eine textkritische Anmerkung auf eine Textwiedergabe im Anhang zum Editorischen Bericht. Texteingriffe und -zusätze Dritter werden nur dann textkritisch mitgeteilt, wenn sie editionsrelevant sind. Auf den Nachweis der zahlreichen, wohl auf den Drucker/Setzer zurückgehenden Achtungszeichen wird dagegen verzichtet. Sachkommentierung Angesichts der umfassenden Literatur- und Quellenkenntnis Max Webers zumal in seiner Herkunftsdisziplin, der Jurisprudenz, kann es nicht Ziel der Sachkommentierung sein, die Literatur- und Quellenbasis der zahlreichen rechtstheoretischen, rechtsdogmatischen, rechtshistorischen und rechtsethnologischen Sachverhalte jeweils vollständig nachzuweisen. Das gilt ganz besonders im Hinblick auf die juristische Spezialliteratur zu bestimmten Rechtsgebieten und Themenkomplexen. Der Sachkommentar mußte sich in vielen Fällen darauf beschränken, komplizierte Sachverhalte unter exemplarischer Verwendung einschlägiger zeitgenössischer Literatur, die Weber nachweislich oder mutmaßlich kannte, aufzuklären. Andererseits stehen viele Argumentationsstränge der Weberschen Darstellung im Kontext bestimmter Forschungskontroversen, ohne deren Kenntnis die Darstellung und Webers argumentative „Pointe“ kaum verständlich sind. In solchen Fällen versucht der Sachkommentar die Diskussionsfelder, Positionen und Kombattanten näher zu bestimmen, um so Max Webers Analyse zu kontextualisieren. Der Forschungshorizont, unter dem die nachstehend edierten Rechtstexte geschrieben wurden, reicht – soweit erkennbar – nicht über den Vorkriegsstand hinaus. Im allgemeinen wurde deshalb auf die Forschungsliteratur bis zum Jahr 1914 verwiesen, darüber hinaus ausdrücklich die zwischen 1913 und 1915 als mehrbändiges Werk erschienene zweite Auflage der „Enzyklopädie der Rechtswissenschaft“ herangezogen72 – ein Standardwerk, in dem das juristische Wissen der Zeit über die verschiedenen deutschen und außerdeutschen Rechtssysteme in systematischer und monographischer Bearbei72 Vgl. den Nachweis im Siglenverzeichnis („EdR“).

Editorischer Gesamtbericht

159

tung zusammengefaßt ist. Rechtsquellentexte (Gesetzbücher, Satzungen, Gesetzes-, Entscheidungs-, Urkundensammlungen) werden, angesichts der umfassenden eigenen Quellenkenntnis Max Webers, nur soweit nachgewiesen, als dieser explizit oder implizit darauf Bezug nimmt. Benutzt werden dann normalerweise – soweit nicht von ihm verwendete Ausgaben anderweitig dokumentiert sind – gängige zeitgenössische Ausgaben, die er herangezogen haben könnte. Für charakteristische Webersche Topoi (Einzelsachverhalte, Terminologie, Beispiele), die parallel z. B. auch in den religionssoziologischen oder agrarhistorischen Studien begegnen, werden die alternativen Fundorte belegt, ohne die dort gegebenenfalls angeführte Spezialliteratur nachzuweisen. Auf diese Weise werden insbesondere die Bezüge zur Herrschafts- und Religionssoziologie, zu den Sphären von Herrschaft und Recht, auch in der Sachkommentierung sinnfällig.

160

Editorischer Gesamtbericht

Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 6, Bl. 5 / 3 Ediert unten, S. 198–204

Anhang I: Textgruppenübersicht*

Legende: Tgr I, II, III Textgruppen-Einteilung; A1 1, A2 1, A3 1 Sigle für die Seitenzählung der Typoskriptfassung (A), unterschieden nach den Schreibmaschinentypen 1, 2 und 3 (Indices im Edierten Text nicht berücksichtigt); B 1, B 2, B 3 Sigle für die Seitenzählung der Textfassung letzter Hand (B); Hs rein handschriftlich verfaßte Manuskriptseiten; IÜ eingelegte Zwischenblätter mit handschriftlichen Paragraphentiteln und Inhaltsübersichten

Die Wirtschaft und die Ordnungen (WuO) WuG1 368 368 370 372 374 376 378 378 379 379 379 380 381 381 381 382 383 383 384 384

Blatt B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 13a B– B– B– B– B– B 19

Abschnitte WuO 1

WuO 2

Tgr I A 13 A 14 A 15 A 16 A 17 A 18 A 19

II

III

IV

A110 A111 A112 A113 A113 a A113 b A113 c WuO 3

A114 A115 A116 A217 A218 A117

* Diese Übersicht ist auf der Webseite www.mohr.de/mwg-download frei zugänglich, und zwar in der hier vorgelegten Form und als zusammenhängendes Tableau. Außerdem finden Sie das Tableau als Faltblatt hinten in diesen Band eingelegt.

162

Editorischer Gesamtbericht

Die Entwicklungsbedingungen des Rechts (EdR) WuG1 386 386 386 386 387 388 388 389 392 392 393 394 394 395 396 412 412 413 413 414 415 416 417 417 418 418 419 419 420 420 421 421 422 422 423 423 423 424 425 426 426 427

Blatt B– B– B1 B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B B

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 – – – 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

Paragraphen Deckblatt

Tgr I

II

III

IV

V

IÜ A212 A213 A214 A215 A216 A217 A118 A119 A1 20 A1 21 A1 22 A1 23 A1 24

(EdR § 1)

IÜ A 21 A2 2 Hs Hs Hs Hs

(EdR § 2)

A2 – A2 4 A2 5 A2 6

163

Anhang I

VI

VII

A3 – A3 2 A3 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7 A3 8 A3 9 A310 A311 A312 A313 A314

A3 – A3 2

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

WuG1 386 386 386 386 387 388 388 389 392 392 393 394 394 395 396 412 412 413 413 414 415 416 417 417 418 418 419 419 420 420 421 421 422 422 423 423 423 424 425 426 426 427

164 WuG1 427 428 428 429 429 430 431 433 434 434 435 435 436 436 437 437 438 438 439 439 440 440 441 441 442 442 443 443 444 444 445 445 446 446 447 447 448 448 448 449 450 450 451 451

Editorischer Gesamtbericht Blatt B 27 B 28 B 29 B 30 B 31 B 32 B 33 B 34 B 35 B 36 B 37 B 38 B 39 B 40 B 41 B 42 B 43 B 44 B 45 B 46 B 47 B 48 B 49 B 50 B 51 B 52 B 53 B 54 B 55 B 56 B 57 B 58 B 59 B 60 B 61 B 62 B 63 B 63a B 64 B 65 B 66 B 67 B 68 B 69

Paragraphen

Tgr I

II

III

IV

A 27 A 28

(EdR § 2)

V

165

Anhang I VI

VII A3 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7

VIII

A3 – A3 2 A3 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7 A3 8 A3 9 A310 A311 A312 A313 A314 A315 A316 A317 A318 A319 A3 20 A3 21 A3 22 A3 23 A3 24 A3 25 A3 26 A3 27 A3 28 A3 29 A3 30 A3 30a A3 31 A3 32 A3 33 A3 34 A3 35 A3 36

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

WuG1 427 428 428 429 429 430 431 433 434 434 435 435 436 436 437 437 438 438 439 439 440 440 441 441 442 442 443 443 444 444 445 445 446 446 447 447 448 448 448 449 450 450 451 451

166 WuG1 451 452 452 453 453 454 454 396 396 398 398 400 401 403 404 405 406 406 407 407 408 408 409 411 455 455 456 457 458 461 462 463 464 465 467 467 468 469 470 471 474 476 478 479

Editorischer Gesamtbericht Blatt B 70 B 71 B 72 B 73 B 74 B 75 B 76 B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 14 B 15 B 16 B– B1 B– B– B– B5 B– B– B– B– B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9

Paragraphen

Tgr I

II

III

IV

(EdR § 2) A2 9 A210 IÜ A1 25 A1 26 A1 27 A1 28

(EdR § 3)



(EdR § 4)



(EdR § 5)

V

167

Anhang I VI

VII

VIII A3 37 A3 38 A3 39 A3 40 A3 41

IX

X

XI

XII

XIII

A2 1 A2 2 A2 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7 A3 8 A3 9 A2 – A2 5 A2 6 A2 – A2 2 A2 3 A2 4 A2 5 A2 6 A2 7 A2 8 A2 9 A210 A211 A212 A212 a A212 b A212 c Hs A212 d A212 e

XIV

WuG1 451 452 452 453 453 454 454 396 396 398 398 400 401 403 404 405 406 406 407 407 408 408 409 411 455 455 456 457 458 461 462 463 464 465 467 467 468 469 470 471 474 476 478 479

168 WuG1 481 481 482 484 484 486 487 489 489 493 493 494 495 496 497 498 498 499 500 500

Editorischer Gesamtbericht Blatt B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 14 B 15 B 16 B8 B9 B 10

Paragraphen

(EdR § 6)

(EdR § 7)

Tgr I IÜ

II

III

IV

V

169

Anhang I VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

A212 f A212 g A212 h A212 i A213 k A212 l A213 A214 A215 A216 A217 A218 A219 A2 20 A2 21 A2 22 A2 4 A2 25 A2 26

WuG1 481 481 482 484 484 486 487 489 489 493 493 494 495 496 497 498 498 499 500 500

§2

§1

EdR

4*

19*

1

3

A = B

A = B

VII

VIII

3*

2*

8*

3*

1

3

A = B

B2

B1 1 B2

A

B2 2

B1

A

B2

B1

A

1

T/S a1 a2

Gemeinschaft

VI

V

IV

III

II

Tgr

KA

1

2

1

1 1

1

1*

2

1

6 4*

4*

2*

b3 1

1* 1*

1*

14*

8*

a3 b1 b2

Gesellschaft

1*

1*

3

1

[1]

1

c1

4

c2

c3

c4

Einverständnis

c5

1*

d1

42

1

7

6

1

d2

2*

8*

1*

3*

3*

2*

54*

1*

14*

Verband

e1

1*

6*

1*

10*

12 18*

2*

1 7*

1

1

e2

Anstalt

f

[5]* 15*

2* 1

1*

1

g

1

6* 4 1*

4*

2*

3* 1

1*

4*

1*

1

1* 1

h1

h2

1

1

1

i1

3

2

11

2

12

i2

Zweck- Zwgsapp Satzung Oktg/ Vbg Verein

1

4 24 [3]

5

1

1 7

1

1

l1



l2

2*

m1 m2

Verf gesbezg anstbzg

j1 j2 k

Het/ Aut

Anhang II: Verteilung der Terminologie des Kategorien-Aufsatzes in „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“

170 Editorischer Gesamtbericht

§6

§5

§4

§3

EdR

1

c5

d1

d2

3

1

1

1

3*

2*

e1

e2

1*

f

g

1

2

1

4 7*

2*

1

1*

B2

A B1 2*

1* 1*

1*

2 1*

1*

*2*

B2

2

B1

A

XII

1 2* 4 1*

1 1*

2*

B2

2*

2*

B1

A

B2

B1

A

4

2* 3 7*

2*

1*

h1 2

4* 1

4*

1*

1*

c4

h2

1

1

1

2

1*

i1

1

2

[1]*

[1]*

1

2 [1]*

1

1

1

5

j1 j2 k

l1

l2

m1 m2

Verf gesbezg anstbzg

i2

Het/ Aut

5

Zweck- Zwgsapp Satzung Oktg/ Verein Vbg

B2

c3

Anstalt

1*

1*

1

c2

Verband

B1

A = B A

B2

B1

A

1

B2 1

4

c1 6

b3

Einverständnis

1 1* 1

1*

a3 b1 b2

Gesellschaft

B1 1

B2

XI

Gemeinschaft

T/S a1 a2 A 4

XIII

XII

XI

XI

X

IX

III

Tgr

KA

Anhang II

171

WuG1

XI

B2 1

B2

B1

A

1*

A

XI

B1

T/S a1 a2

Tgr

Gemeinschaft

1*

1*

a3 b1 b2

Gesellschaft

1

b3

c1 1

c2

c3

c4

Einverständnis

c5 1*

d1

3*

1*

e1 1*

e2

Anstalt

f

g

1

2

4

1*

h1

h2

1*

1

i1

T

Typoskript

2

i2

Zweck- Zwgsapp Satzung Oktg/ Vbg Verein

EdR Entwicklungsbedingungen des Rechts TGr Textgruppe S Schreibduktus

1

d2

Verband

[2]*

l1

l2

1

m1 m2

Verf gesbezg anstbzg

j1 j2 k

Het/ Aut

a1 – Gemeinschaftshandeln a2 – Gemeinschaft a3 – Vergemeinschaftung b1 – Gesellschaftshandeln/Vergesellschaftungshandeln b2 – Gesellschaft b3 – Vergesellschaftung c1 – Einverständnishandeln c2 – Einverständnisgemeinschaft c3 – Einverständnisvergemeinschaftung c4 – Herrschaftseinverständnis c5 – Legitimitätseinverständnis d1 – Verbandshandeln d2 – Verband e1 – Anstaltshandeln e2 – Anstalt f – Zweckverein g – Zwangsapparat h1 – Satzung h2 – Anstaltssatzung i1 – Oktroyierung i2 – Vereinbarung j1 – Heteronomie/Heterokephalie j2 – Autonomie/Autokephalie k – (empirische) Verfassung l1 – gesellschaftsbezogen l2 – gesellschaftsreguliert m1 – anstaltsbezogen m2 – anstaltsreguliert

Legende: [] untechnische Verwendung oder Streichung * Komposita oder Abwandlungen A maschinenschriftlicher Text B1 gut leserliche Schreibschrift B2 schwer lesbare Schreibschrift („Konzeptschrift“) KA Kategorienaufsatz

§8

§7

EdR

KA

172 Editorischer Gesamtbericht

Texte

Die Wirtschaft und die Ordnungen

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung In dem Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ entwickelt Max Weber die Unterscheidung zwischen einer soziologischen und einer juristischen Betrachtungsweise des Rechts, wie er es bereits 1907 in der kritischen Besprechung von Rudolf Stammlers Buch über „Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung“1 und erneut auf dem Ersten Deutschen Soziologentag im Oktober 19102 getan hatte. In diesem Text stellt Weber ein weiteres Mal die zentralen Differenzen zu Stammler heraus: das Erfordernis eines rein empirischen Rechts- und Geltungsbegriffs für die Analyse der „Beziehungen zwischen Wirtschaft und Recht“3 einerseits, die Untauglichkeit eines erkenntnislogisch gemeinten „Form“-Begriffs für die empirische Analyse sozialer Ordnungen andererseits.4 Das Manuskript enthält drei Abschnitte: Im ersten Abschnitt entwickelt Weber den empirischen im Gegensatz zum juristischen Rechtsbegriff. Im zweiten Abschnitt werden die Beziehungen des Rechts zu anderen gesellschaftlichen Ordnungen (Sitte, Konvention) und zur empirisch verstandenen Wirtschaftsordnung erörtert. Die allgemeinen wechselseitigen Bezüge zwischen Wirtschaft und Recht, die „keinerlei eindeutig, ‚funktionelle‘ Beziehung zwischen ihnen“ darstellten,5 diskutiert Weber im abschließenden dritten Abschnitt.

1. Die äußere Gestalt des Manuskripts Bei dem Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ handelt es sich um ein 20seitiges Manuskriptkonvolut. Mehrere Bearbeitungsstufen sind nachweisbar. Um wie viele es sich handelt, läßt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Zugrunde liegt ein Typoskripttext. Er wurde mit Hilfe der erwähnten Schreib-

1 Stammler, Wirtschaft und Recht. 2 Vgl. Weber, Diskussionsbeitrag I (wie oben, S. 16, Anm. 69), bes. S. 268–270; ders., Diskussionsbeitrag II (wie oben, S. 19, Anm. 1), bes. S. 324–326. 3 Ebd., S. 268. 4 Vgl. dazu ausführlich die Einleitung, oben, S. 9 ff. 5 Weber, Verhandlungen 1910, S. 270.

176

Die Wirtschaft und die Ordnungen

maschinen 1 (Textgruppen I–III) und 2 (Textgruppe IV) sowie den jeweils zuzuordnenden Papiersorten hergestellt.6 Das Typoskript enthält noch keine Verweise auf andere Texte. Dieser Grundtext wurde von Max Weber umfassend handschriftlich bearbeitet und im Zuge der Bearbeitung durch Beschreibung der Blattränder und angeklebte Papierstücke (Allongen) stellenweise erweitert. Bei der handschriftlichen Bearbeitung und Erweiterung wurden die soziologischen Grundbegriffe eingebracht, die Max Weber im Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ entwickelt. Auch erhält der Text nun Verweise auf andere Grundriß-Texte sowie den Kategorienaufsatz selber. An zwei Stellen sind maschinenschriftlich geschriebene Seiten (Textgruppen III und IV) nachträglich in das Typoskript-Grundgerüst (Textgruppen I und II) eingefügt worden.7 Auch sie sind handschriftlich bearbeitet. Es spricht vieles dafür, daß diese Veränderung und Erweiterung nicht in einem Zug, sondern in mehreren Schritten geschehen ist. Wie die Satzanweisungen zeigen (z. B. „Petit“ oder „Absatz“), hatte Max Weber begonnen, das Manuskript für die Drucklegung vorzubereiten.

2. Der Entstehungskontext Auf eine vermutliche Entstehung des Manuskripts im Kontext von Webers Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“ für das „Handbuch der politischen Ökonomie“, der später als „Grundriß der Sozialökonomik“ bezeichnet wurde, und auf einen wohl ursprünglich beabsichtigten Zusammenhang mit dem Text „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ wurde bereits im Editorischen Gesamtbericht hingewiesen.8 Den beiden überlieferten Dispositionen lassen sich darüber hinaus einige weitere Hinweise zur Entstehung des Textes entnehmen. Aus dem im Mai 1910 per Rundschreiben an die Autoren des Sammelwerkes versendeten sog. Stoffverteilungsplan9 geht hervor, daß Weber drei Unterabschnitte vorsah: „Wirtschaft und Recht“, „Wirtschaft und soziale Gruppen“ sowie „Wirtschaft und Kultur“. Der erste Unterabschnitt sollte zwei Teile umfassen: „a) Wirtschaft und Recht, 1. prinzipielles Verhältnis, 2. Epochen

6 Zu Schreibmaschinentypen und Papiersorten siehe oben, S. 145 f. 7 Die Textgruppe II zeigt zwar gegenüber der vorangehenden Textgruppe I einen Wechsel der maschinenschriftlichen Paginierungsart (Seitenzahl in Spiegelstrichen), der jedoch neben anderen Indizien eher für einen Neueinsatz bei der Typoskriptherstellung als für einen Texteinschub spricht. 8 Vgl. oben, S. 135 f. 9 Abgedr. in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 151–155, hier S. 151; MWG II/8, S. 808–816, hier S. 810.

Editorischer Bericht

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der Entwicklung des heutigen Zustands“. In einem vor allem grundbegrifflichen Sinne behandelt „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ das prinzipielle Verhältnis von Wirtschaft und Recht. Auch die Terminologie des Typoskripts weist in diese Richtung, dem allerdings die abgeleiteten Formen des „Gemeinschaftshandelns“ (also das „Einverständnis“-, „Gesellschafts“-, „Verbands“- und „Anstaltshandeln“) noch fehlen. Sie wurden erst im Zuge der handschriftlichen Bearbeitung eingebracht. Der ansonsten selten benutzte Ausdruck „soziale Gruppe“ stammt offenbar auch aus dieser Arbeitsphase,10 da der Stoffverteilungsplan unter Punkt b) aufführt: „Wirtschaft und soziale Gruppen (Familien- und Gemeindeverband, Stände und Klassen, Staat)“. Der Begriff der „sozialen Gruppe“ figuriert hier als Sammelausdruck für die sich aufstufenden Gemeinschaftsformen.11 An seine Stelle tritt in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 („Werkplan“)12 der Begriff der „Gemeinschaft“ bzw. der verschiedenen „Gemeinschaften“, wobei der Werkplan selbst ebenso wie erkennbare Textentwicklungen in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ bereits den Übergang zum „Verband“ signalisieren, den spätestens die sog. Erste Lieferung (1921) vollzieht. Der Werkplan gibt eine Kurzübersicht über die in Webers Grundrißbeitrag zu behandelnden Themenkomplexe, die sachlich weitgehend dem entspricht, was dieser dem Verleger im Dezember 1913 vorab brieflich angekündigt hatte.13 Sein GdS-Beitrag sollte nunmehr eine Soziologie der Gemeinschaftsformen von der Hausgemeinschaft bis zum Staat jeweils in ihrem Verhältnis zur Wirtschaft entwerfen. Der Werkplan nennt als Bestandteil des Beitrags, nun „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ betitelt, im Rahmen einer einleitenden Begriffslehre („1. Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen“) u. a. den Abschnitt „Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung“. Dies entspricht fast wörtlich einer Formulierung am Ende des ersten Absatzes von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ und greift zu-

10 Er ist allerdings nur an einer Stelle (unten, S. 242) nachweislich. 11 Erwartungsgemäß benutzt Weber den Gruppenbegriff vergleichsweise häufig in den eher frühen Vorkriegsmanuskripten zu seinem Grundrißbeitrag – so beispielsweise in einigen Texten von: Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 98 f., 105, 171, 179, 196, 214, 231, passim –, während der Begriff in: Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, einem nachweislich späten Text (vgl. den Editorischen Bericht in: ebd., S. 89 f.), offenkundig keine Rolle mehr spielt. 12 Abgedr. in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 168–171, hier S. 168 f.; MWG II/8, S. 820– 823, hier S. 820 f. Die „Einteilung des Gesamtwerkes“ wurde zusammen mit dem „Vorwort“ vom 2. Juni 1914 den Einzelbänden des „Grundriß der Sozialökonomik“ beigefügt; zuerst in: GdS, I. Abteilung: Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft, bearb. von K[arl] Bücher, J[oseph] Schumpeter, Fr[iedrich] Freiherrn von Wieser. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S. X–XIV, hier S. X f. 13 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 30. Dez. [1913], MWG II/8, S. 448–450, hier S. 449.

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gleich die Formulierung aus dem Stoffverteilungsplan wieder auf.14 Die Parallelen deuten auf Kontinuität. Der überlieferte Titel des Manuskripts „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ entspricht sachlich einer Erweiterung der Beziehung zum Recht um den normativen Kosmos von Sitte, Konvention und Gewohnheit. Aus dem anti-stammlerschen Projekt entwickelt und den sog. Stoffverteilungsplan von 1909/10 ausfüllend, weist der sachliche Gehalt des Textes über die ursprüngliche Kompositionsidee hinaus, sperrt sich aber zugleich einer eindeutigen Zuordnung zum Werkplan von 1914, da der Titel „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ keinem der beiden Gliederungsprojekte gänzlich entspricht. Dies hat Konsequenzen für die umstrittene Frage der Einordnung des Textes in den Rahmen des Weberschen Vorhabens. Für die Positionierung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ im Grundrißgefüge kommen den Verweisen maßgebliche Bedeutung zu. Sie wurden von Weber für dieses Manuskript alle erst im Zuge der handschriftlichen Bearbeitung der Typoskriptfassung eingefügt.15 Es handelt sich im Einzelnen um einen Vorausverweis, der sich in der „Herrschaftslehre“ wie im Abschnitt „Wirtschaftliche Beziehungen der Gemeinschaften im allgemeinen“ auflösen läßt,16 einen Vorausverweis auf das Marktkapitel17 und einen Verweis auf den Abschnitt über „Ethnische Gemeinschaften“18. Letzteren hat Weber zunächst als Rückverweis, dann als Vorausverweis und schließlich wieder als Rückverweis formuliert.19 Ein Rückverweis auf die „Ethnischen Gemeinschaften“ scheint eine Spitzenstellung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ auszuschließen, während der ursprünglich als Vorausverweis formulierte Bezug der Positionierung am Anfang entsprechen würde, soweit man am Werkplan von 1914 als Disposition für die Anordnung der Vorkriegsmanuskripte zu Webers Grundrißbeitrag festhält.20 Zumindest zum Zeitpunkt der letztgültigen Verweisformulierung entsprach die Einordnung des Textes in die entstehende Manuskriptmasse noch nicht oder nicht mehr diesem Werkplan. Eine weitere Veränderung kommt hier zum Tragen. Die römische Bezifferung des Manuskripts („I.“), die Weber nach mehreren Anläufen einer letztlich 14 Unten, S. 191. 15 Hiroshi Orihara hat die Verweisstruktur zum Gegenstand systematischer Untersuchungen gemacht; vgl. ders., Eine Grundlegung zur Rekonstruktion von Max Webers „Wirtschaft und Gesellschaft“. Die Authentizität der Verweise im Text des „2. und 3. Teils“ der 1. Auflage, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 46, 1994, S. 103–121 (hinfort: Orihara, Grundlegung); ders., Über den „Abschied“ hinaus zu einer Rekonstruktion von Max Webers Werk: „Wirtschaft und Gesellschaft“ in drei Teilen. – Tokyo: University of Tokyo, Komaba 1992/93 (hinfort: Orihara, Rekonstruktion); ders., „Rekonstruktion des Manuskripts 1911–13“. – Tokyo: University of Tokyo 1994. 16 Unten, S. 245, Anm. 22. 17 Unten, S. 247, Anm. 28. 18 Unten, S. 212, Anm. 55. 19 Ebd., textkritische Anm. f. 20 Vgl. ebd.

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verworfenen Paragrapheneinteilung wählt, könnte durchaus die im Werkplan vorgesehene vordere Position stützen.21 Insgesamt bleibt jedenfalls – auch angesichts der Paragraphengliederung des Textes „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ und des nach arabischer Bezifferung gegliederten Textes „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ – zu beachten, daß die beiden Texte, die einmal als Einheit geplant waren, 1914 nicht mehr der Anordnung des Stoffverteilungsplanes von 1909/10 folgen.22 Gleichwohl besteht keinerlei Zweifel daran, daß „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ ursprünglich zu dem Grundrißvorhaben Webers gehörte und auch nach der veränderten Disposition einen Platz darin gefunden hätte.

3. Zur Datierung a) Zusammenhang mit dem Kategorienaufsatz Für ein werkgeschichtliches Verständnis des Manuskriptes ist der Zusammenhang mit dem Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ von Belang. Weber hatte die soziologischen Grundbegriffe erst im Zuge der handschriftlichen Bearbeitung in den Text eingebracht. Außerdem hat er den Text mit Rückverweisen und immanenten Verweisen versehen, die sich im Kategorienaufsatz auflösen lassen.23 Diesen Aufsatz hatte Weber – wie er in der Einleitungsfußnote schreibt24 – ursprünglich für seinen Handbuchbeitrag geschrieben; und noch die im Werkplan vorgesehene „soziologische“ Kategorienlehre („1. Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen. [. . .]“) scheint mit einem Unterabschnitt über „Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung“ einen engen Zusammenhang zu bekräftigen. Indessen entschloß sich Weber Mitte 1913,25 den Kategorienaufsatz separat zu publizieren, womit die dorthin aufzulösenden Verweise, u. a. auf die Definition des „Zwangsapparates“,26 leerliefen. Nun ist ein (nicht überliefertes) grundbegriffliches Äquivalent zum Kategorienaufsatz, auf den die Verweise in „Die

21 Vgl. unten, S. 191 mit den textkritischen Anm. b und c, und ausführlicher unten, S. 188. 22 Vgl. Editorischer Gesamtbericht, oben, S. 135. 23 In: Weber, Kategorien, lassen sich folgende Rückverweise bzw. immanente Verweise auflösen: unten, S. 193, Anm. 6, und S. 194 f., Anm. 7, 8, 10; unten, S. 199, Anm. 23; unten, S. 198, Anm. 22. – Vgl. dazu auch die Einleitung oben, S. 38–40. 24 Weber, Kategorien, S. 253, Anm. 1. 25 Vgl. die Briefe Max Webers an Heinrich Rickert vom 3. Juli 1913, [nach dem 3. Juli] 1913 und vom 5. Sept. [1913], MWG II/8, S. 260 f. und S. 318–320, hier S. 318, sowie die Briefe an den Verleger vom 9. und 11. November 1913, MWG II/8, S. 367–370, hier S. 370, S. 373–375, hier S. 375 und S. 376 f., hier S. 377. 26 Vgl. unten, S. 195 mit Anm. 10, und S. 199 mit Anm. 23.

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Wirtschaft und die Ordnungen“ sinnvoll Bezug nehmen könnten, an sich ebensowenig auszuschließen wie ein möglicher Wiederabdruck des (überarbeiteten) Aufsatzes im Rahmen des „Grundriß der Sozialökonomik“.27 Denkbar wäre immerhin auch, daß die Verweise als Platzhalter fungieren sollten bis zu dem Zeitpunkt, zu dem entweder ein Äquivalent erstellt oder aber eine andere Lösung gefunden worden wäre. Sicher ist nach der Textlage, daß Weber durch sorgfältige redaktionelle Bearbeitung „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ auf das im Kategorienaufsatz erreichte Begriffsniveau gebracht hat, indem er den Grundbegriff des „Gemeinschaftshandelns“ durch die jeweils passenden abgeleiteten „Kategorien“ des „Einverständnis“-, „Gesellschafts“-, „Verbands“- und „Anstaltshandelns“ ersetzt. Und ebenso: Sollte dieser Teiltext tatsächlich einmal zum Manuskriptbestand des Kategorienaufsatzes gehört haben, dann basiert die maschinenschriftliche Grundschicht wohl auf einer frühen Textfassung desselben. Zumindest die früheste terminologisch relevante Bearbeitung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ könnte dann zusammen mit der des ursprünglichen Manuskriptes des Kategorienaufsatzes, noch vor dessen Publikation, erfolgt sein. Da aber sämtliche Textverweise auf den Kategorienaufsatz aus der manuellen Redaktionsschicht stammen, muß man diese Bearbeitung entweder zeitlich vor dem Entschluß zur Separatveröffentlichung ansetzen oder die erwähnten Möglichkeiten einer Doppelpublikation oder eines noch zu schaffenden grundbegrifflichen Äquivalents in Betracht ziehen. Der Kategorienaufsatz, oder besser die dort entfaltete Kategorienterminologie, könnte also hilfreich sein bei dem Versuch, den Entstehungszeitraum von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ einzugrenzen. Dann nämlich, wenn sich die Herstellungszeit dieses Aufsatzes und dieser Terminologie näher bestimmen ließe. Dies scheint auf den ersten Blick auch möglich zu sein, und zwar aufgrund von textlichen und brieflichen Hinweisen, die Weber selbst zu diesem Thema gibt.28 So heißt es in der Einleitungsfußnote des Ende 1913 im „Logos“ publizierten Aufsatzes: „Keineswegs alle nachstehend (unten V–VII) aufgestellten Kategorien sind wir genötigt zu bilden. Sie sind zum Teil entwikkelt, um zu zeigen, was Stammler ‚hätte meinen sollen‘.“ Und Weber fährt fort: „Der zweite Teil des Aufsatzes ist ein Fragment aus einer schon vor längerer Zeit geschriebenen Darlegung, welche der methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen, darunter eines Beitrags (‚Wirtschaft und Gesellschaft‘)

27 Vgl. dazu Orihara, Beitrag (wie oben, S. 138, Anm. 13), S. 730, und die Kritik von Schluchter, Replik (wie oben, S. 138, Anm. 13), S. 741. 28 Vgl. hierzu und zum Folgenden bes. Schluchter, Wolfgang, Vorbemerkung: Der Kategorienaufsatz als Schlüssel, in: ders., Individualismus, Verantwortungsethik und Vielfalt. – Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2000 (hinfort: Schluchter, Individualismus), S. 179– 189, hier S. 182–184.

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für ein demnächst erscheinendes Sammelwerk dienen sollte [. . .].“29 Was hat es mit diesen Hinweisen Webers, zu denen noch eine Briefpassage hinzutritt, auf sich? Nach überwiegender Ansicht bezieht sich die Formulierung „zweiter Teil“ auf die Abschnitte IV–VII dieses Aufsatzes, in denen die soziologischen Kategorien und ihre Ausdifferenzierungen, insbesondere das Einverständnis und seine Ableitungen, definiert werden.30 Was heißt es nun, wenn Weber sagt, dieser „zweite Teil“ sei schon „vor längerer Zeit“ geschrieben worden? Ein Brief an Heinrich Rickert, den Herausgeber der Zeitschrift „Logos“, gibt hierzu vielleicht näheren Aufschluß. Anfang September 1913 kündigt Weber darin die Manuskriptversendung des Kategorienaufsatzes mit den Worten an, er sende nun der Logos-Redaktion „den Aufsatz, der fertig da liegt, in seinem ursprünglichen Teil schon seit 3/4 Jahren, jetzt durchgesehen und mit einigen ‚methodischen‘ Bemerkungen eingeleitet [. . .]“.31 In der Lesart von „3/4 Jahren“, von der entscheidend die Datierung des „ursprünglichen Teils“ des Kategorienaufsatzes abhängt, gehen die Meinungen auseinander. Liest man ‚ein dreiviertel Jahr‘, dann wäre dieser Teil etwa Ende 1912/Anfang 1913 fertiggestellt worden. Man kann dagegen auch „3, 4“ Jahre lesen und käme dann auf 1909/1910 als möglichen Entstehungszeitraum.32 Weber schlägt im selben Brief vor, ggf. zunächst „nur den ursprünglichen Teil [zu] drucken“. Denkt man dabei mit der überwiegenden Ansicht an die Abschnitte IV–VII, also die Entfaltung der Kategorien, ergeben sich folgende Interpretationsmöglichkeiten: Entweder hat Weber die Kategorien im zeitlichen Kontext ihrer systematischen Formulierung, also ab Ende 1912 gebraucht und in die handschriftliche Bearbeitung eingebracht. Oder die handschriftliche Überarbeitung des Textes, in der die Kategorien eingearbeitet wurden, erfolgte schon zu einer wesentlich früheren Zeit, d. h. bereits ab 1909/10. Die Überlieferung macht eine eindeutige Entscheidung für einen „frühen“ oder „späten“ Kategoriengebrauch schwierig: Geht man von einer frühen Datierung (und entsprechenden frühen Einarbeitung der „neuen“ Begrifflichkeit“) 29 Weber, Kategorien, S. 253, Anm. 1. 30 Vgl. bes. Schluchter, Wolfgang, Vorbemerkung: Der Kategorienaufsatz als Schlüssel, in: Schluchter, Individualismus (wie oben, S. 180, Anm. 28), S. 179–189, hier S. 182–184. 31 Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 5. Sept. [1913], MWG II/8, S. 318–320, hier S. 318. 32 So Wolfgang Schluchter, für den das Einverständnis und seine Komposita zum „ursprünglichen Teil“ gehören, also eine zwar wesentliche, aber eben auch wesentlich früher zu datierende begriffliche Innovation sind, welche Weber offenbar schon bei der 1913 einsetzenden neuen Arbeitsphase am „Grundriß der Sozialökonomik“ aufgegeben habe; vgl. Schluchter, Replik (wie oben, S. 138, Anm. 13), S. 739; ders., Zur Entstehung von Max Webers Hauptbeitrag zum Handbuch der politischen Oekonomie, später: Grundriß der Sozialökonomik, in: ders., Handlung, Ordnung und Kultur. Studien zu einem Forschungsprogramm im Anschluß an Max Weber. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2005, S. 228–238, hier S. 231 ff.

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aus, stößt man im vorliegenden Text auf eine Ausnahme: Auf einer Allonge werden das „Einverständnishandeln“ und die entwickelte Begrifflichkeit des Kategorienaufsatzes verwendet. Die Rückseite33 der Allonge – auf welche die erstgenannte aufgeklebt ist – enthält einen Briefentwurf, der vermutlich im Kontext einer Sorgerechtsauseinandersetzung verfaßt wurde, in welche die mit Max und Marianne Weber befreundete Frieda Gross verwickelt war. Weber hat Frieda Gross in dieser Angelegenheit zwischen November 1913 und August 1914 intensiv beraten. Nach den sachlichen Hinweisen, die das Brieffragment enthält, könnte der Entwurf zwischen den Schreiben Webers an ihren Anwalt Otto Pellech vom 30. Januar und 11. Februar 1914 einerseits34 und den Briefen an Frieda Gross vom 4. und 16. März 1914 andererseits35 entstanden sein – was dann belegen würde, daß Weber diese Begriffe auch später noch aktiv verwendete. Der einfachste Grund hierfür könnte freilich gerade in der Parallelität der Entstehungskontexte liegen. Kategorien wie das „Einverständnishandeln“ waren noch nicht verfügbar und hätten im Zuge redaktioneller Überarbeitungen (nach dem Vorbild des vorliegenden Textes) erst eingebracht werden müssen. Doch bewegen wir uns hier unvermeidlich sehr weitgehend auf dem Feld von Hypothesen und mehr oder weniger plausiblen Annahmen. So bliebe bei einer späten Datierung der Kategorienformulierung und ihres Gebrauchs erklärungsbedürftig, warum er sie in zeitgleich entstandenen Texten, etwa zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, nicht verwendete. Man könnte dagegen überlegen, die oben zitierte Anschlußformulierung aus der Einleitungsfußnote des Kategorienaufsatzes („Der zweite Teil des Aufsatzes ist ein Fragment [. . .]“) abgelöst vom vorhergehenden Satz im Sinne von „der andere Teil“ zu lesen und auf die Abschnitte I–IV zu beziehen.36 Der „zweite (ältere) Teil“ beinhaltete demnach die logisch-methodischen Grundlagen sowie das „Gemeinschaftshandeln“ als grundlegenden soziologischen Begriff, den auch das Typoskript von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ enthält. Liest man weiterhin „3, 4“ Jahre und bezieht den von Weber zur Publikation bestimmten „ursprünglichen“ Teil auf die methodisch-wissenschaftssystematischen Abschnitte I–IV, wäre das gerade im Hinblick auf den – offenbar durch die für Januar 1914 geplante Werturteilsdebatte des Vereins für Sozialpolitik motivierten – Veröffentlichungszeitpunkt plausibel, da diese Abschnitte schließlich das „methodische“ Fundament der nachfolgenden Begriffspyramide bilden. Nach diesem Verständnis sind das Einverständnis, 33 Blatt A 8 / B 6, unten, S. 223, textkritische Anm. m. 34 MWG II/8, S. 490–496, hier S. 490, und S. 502–505, hier S. 502. 35 MWG II/8, S. 536 f., hier S. 536 mit Anm. 5, und S. 555 f., hier S. 555. 36 Zur folgenden Argumentation vgl. ausführlich Hermes, Siegfried, Vom Aufbau und der Ordnung der sozialen Welt. Zur Genesis, Genealogie und Textgeschichte von Max Webers Beitrag für den Grundriß der Sozialökonomik und speziell seiner „Rechtssoziologie“, in: Rechtstheorie, Jg. 38, 2007, S. 418–449.

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seine Komposita und Ableitungen wesentliche Begriffsinnovation des Kategorienaufsatzes und wiederum Produkte späterer Textentwicklung, wären demnach im Zuge der neuerlichen Durchsicht für die beabsichtigte Publikation, also Anfang bis Mitte 1913, eingefügt worden. Auch diese Auffassung würde für einen relativ späten terminus post quem für die handschriftlichen Revisionen von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ sprechen. b) Zeitlicher Horizont der spätesten Manuskriptbearbeitung Es gibt darüber hinaus eine Reihe weiterer Indikatoren, die belegen, daß Max Weber 1913/14 an dem Manuskript „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ Veränderungen vorgenommen hat. Für die späte Datierung wenigstens einer handschriftlichen Bearbeitungsschicht („Konzeptschrift“) würde die beiläufige, schließlich gestrichene Textstelle sprechen, in der Weber eine „neuerdings zur Berühmtheit gelangte preußische Kabinettsorder“ erwähnt.37 Dies bezieht sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf die sog. Zabernaffäre,38 in deren Verlauf das Straßburger Kriegsgericht am 10. Januar 1914 das für Übergriffe der Militärgewalt auf Zivilpersonen in der elsässischen Kreis- und Garnisonstadt Zabern im November 1913 verantwortliche militärische Führungspersonal freigesprochen hatte. Wenn Weber hier tatsächlich auf die Zabern-Affäre anspielt, dann wäre diese (mutmaßlich letzte) Redaktion von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ noch nach dem 10. Januar 1914 erfolgt. Im Hinblick auf die Datierung ist die Stelle noch unter einem anderen Gesichtspunkt bedeutsam. Sie ersetzt einen Passus, worin gegenüber dem nun entwickelten soziologischen Rechtsbegriff (Definition von Recht durch „objektive“ Zwangschancen39) ein inhaltlich grundverschiedener Leitgedanken postuliert wird: begriffskonstitutiv für die „Rechtsordnung“ sollen danach nämlich Rechtsverbindlichkeitsvorstellungen sein.40 Die Passage steht im Kontext einer umfänglichen Texterweiterung, in der Weber die Idee des (zwangs-)garantierten Rechts sorgfältig ausarbeitet („garantiertes“, „indirekt garantiertes“, „ungarantiertes Recht“). Die Textänderung war unvermeidlich, weil sie logische Prämisse des Folgenden ist; der überklebte Text hätte gegenüber den anschließenden Ausführungen einen markanten logischen Bruch bedeutet. Im Kern geht es Weber hier nun um die Differenz von empirischer Ordnungsgeltung41 und „formalem soziologischen Begriff des 37 Unten, S. 194, textkritische Anm. m. 38 Vgl. ausführlich dazu Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. IV: Struktur und Krisen des Kaiserreichs. – Stuttgart u. a.: W. Kohlhammer 1969, S. 581–603. 39 Vgl. unten, S. 194 f. 40 Vgl. unten, S.194 , textkritische Anm. k. 41 Vgl. unten, S. 194 f.

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Rechts“,42 wobei seine „Garantienlehre“ die Perspektive Georg Jellineks auf die Sozialgarantien des Rechts43 gleichsam umkehrt, indem sie das Recht begrifflich an das Merkmal seiner Zwangsgarantie bindet. Vielleicht wurde die Begriffsreihe zum garantierten Recht direkt durch die Lektüre der „Allgemeinen Staatslehre“ angeregt, die Weber nach eigener Auskunft Ende 1913 in der von Walter Jellinek besorgten dritten Auflage erneut durchgesehen hat.44 Diese Annahme ließe sich durch eine weitere, mit der Adaption der Jellinekschen Garantienlehre zusammenhängende Textbeobachtung bestätigen. Der rückseitige Text einer aus Abschnitt 245 herausgelösten und nach Abschnitt 1 transferierten Seitenallonge46 im Zusammenhang mit einem überklebten Randtext47 auf der Ursprungsseite der abgetrennten Allonge zeigen, daß Weber, zunächst auf öffentlichrechtlichem Gebiet, mit Hilfe des Herrschaftsbegriffs eine Rechtstypologie zur Differenzierung von Recht und Konvention entwickelt.48 „Herrschaftliche“ und „herrschaftslose“ Rechtsformen (mit „Zwangsapparat“) werden Rechtserscheinungen ohne Zwangsapparat gegenübergestellt. Wortwahl, Beispiele und die erwähnte Abgrenzungsproblematik der Normtypen lassen erkennen, wie an die Stelle der Differenzierung von Rechtstypen über den Herrschaftsbegriff diejenige über den Garantiebegriff tritt. Beide Rechtstypologien sind aber prinzipiell als je eigenartige Varianten Jellinekscher Denkfiguren vorstellbar und möglicherweise durch die erneute Lektüre der „Allgemeinen Staatslehre“ angeregt. Diese Referenz liegt auch deshalb nahe, weil Weber die Grenzproblematik zwischen „Recht“ und „Konvention“ auf öffentlichrechtlichem Gebiet, die er in einer gestrichenen Passage auf der erwähnten Allonge illustriert,49 an anderer Stelle unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Jellinek erörtert.50 Schließlich gibt es noch das oben erwähnte Brieffragment, das auf eine Bearbeitung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ noch im Frühjahr 1914 hindeutet.51 42 Unten, S. 200. 43 Vgl. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, bes. S. 334–336, 788 f.; vgl. auch die Einleitung, oben, S. 38 f. 44 Brief an Walter Jellinek vom 30. Dez. 1913, MWG II/8, S. 446 f., hier S. 446. Die Neuauflage, die im Einband das Jahr 1914 als Publikationsjahr nennt, war bereits im November 1913 erschienen; vgl. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Jg. 80, Nr. 272, 24. Nov. 1913, S. 12760. 45 Blatt A 8 / B 6, unten, S. 223, textkritische Anm. m. 46 Vgl. unten, S. 197, textkritische Anm. n. 47 Vgl. unten, S. 223, textkritische Anm. m. 48 Zur Rekonstruktion der fragmentarischen Rückseitenbeschriftung siehe Anhang III, unten, S. 677–679. 49 Vgl. unten, S. 197, textkritische Anm. r. 50 Vgl. unten, S. 236 f. 51 Vgl. oben, S. 182.

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Eine Reihe von Indizien spricht andererseits gegen eine Bearbeitung des Textes während des Krieges oder danach.52 So sind weder literarische noch zeitgeschichtliche Hinweise im Text auszumachen, die über das Jahr 1914 hinausreichen. Soweit der Text im Anschluß an Webers Stammler-Kritik und die Soziologentagsdiskussion das Problem der Abgrenzung empirischer und normativer Disziplinen behandelt, fällt auf, daß die zwischen 1915 und 1917 im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ (dessen Mitherausgeber Weber war) ausgetragene Kontroverse zwischen Eugen Ehrlich als Vertreter einer soziologischen Rechtswissenschaft und Hans Kelsen als Exponent einer rein normativen Rechtswissenschaft keinerlei Niederschlag findet.53 Und angesichts der 1917 mit dem Verleger besprochenen Möglichkeit, die methodologischen Arbeiten, darunter den Kategorienaufsatz „in etwas geänderter (gemeinverständlicher) Form“,54 als Sonderband zu publizieren,55 hätte die sorgfältige begriffliche Adaption des Textes an die Kategorienterminologie bei erneuter Durchsicht wohl kaum Bestand gehabt. Umgekehrt dokumentieren die Charakterisierung der Duellpflicht als „staatliche Rechtspflicht“56 ebenso wie die Diskussion der sog. Verfassungslücken anhand von staatsorganisationsrechtlichen Konstellationen der konstitutionellen Monarchie57 so eindeutig die Rechtslage des Kaiserreichs, daß diese Beispiele nach Revolution und demokratischer Neuordnung nicht mehr als geltender Rechtszustand hätten beschrieben werden können.58 c) Zeitlicher Horizont der frühesten Textbearbeitung Kommt also das Frühjahr 1914 als spätester Bearbeitungszeitraum des überlieferten Manuskripts in Betracht, so könnten die verschiedenen Korrektur52 Mit großer Wahrscheinlichkeit bezieht sich die briefliche Erwähnung eines „Bogens 3 des GdSÖ (Wirtsch[aft] u. Recht)“ während der Drucklegungsphase der „Ersten Lieferung“ zu Webers Grundrißbeitrag (Mai 1920) nicht auf „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, wie dies vom Textumfang her denkbar wäre (Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 12. Mai [1920], VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; MWG II/10). Vielmehr ist aus der Verlagskorrespondenz zu vermuten, daß es sich bei Webers Bemerkung um eine Verschreibung handelt, die den „Bogen 3 von ‚Wirtschaft und Gesellschaft‘“, also die ersten 16 GdS-Seiten der „Soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens“, den er zwei Wochen zuvor brieflich anführte, betrifft (Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 26. April 1920, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; MWG II/10). 53 Vgl. hierzu sowie allgemein zum Kontext der Methodendiskussion in den Rechts- und Sozialwissenschaften um die Jahrhundertwende die Einleitung, oben, S. 20 ff. 54 Brief Max Webers an Werner Siebeck vom 1. Dez. [1917], MWG II/9, S. 829. 55 Vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai [1917], MWG II/9, S. 648 f. 56 Unten, S. 206 f. 57 Vgl. unten, S. 234–237, und S. 197, textkritische Anm. r. 58 So war etwa die Rechtsgrundlage für den Duellzwang entfallen. Art. 105 Abs. 4 WRV bestimmt, daß „die militärischen Ehrengerichte aufgehoben sind“ (Die Verfassung des Deutschen Reiches, vom 11. August 1919, RGBl. 1919, S. 1383 ff., hier S. 1403).

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handschriften59 Hinweise auf die früheste anzunehmende Typoskriptbearbeitung enthalten, wenn sie sich mit anderen, zeitlich bestimmten oder bestimmbaren Merkmalen verknüpfen lassen. Zwar widerspricht es auf den ersten Blick der relativen Chronologie dieser Handschriften (erst gut lesbare Schreibschrift, dann „Konzeptschrift“ in mehreren Arbeitsstufen), daß auf die begrifflich wichtige Unterscheidung von „Sitte“ und „Konvention“, welche Weber zu Beginn des zweiten Abschnitts von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ handschriftlich in „Konzeptschrift“ einführt,60 im Zuge der sonst durchweg früheren gut leserlichen Redaktionsstufe am Anfang des dritten Abschnitts rückverwiesen wird.61 Doch zielte der Verweis ursprünglich offenbar auf eine Textstelle in der Mitte des zweiten Abschnitts,62 an welcher die Unterscheidung ebenfalls in gut leserlicher Schrift eingearbeitet ist, um erst im Zuge der späteren definitorischen Begriffserweiterung auf den Anfang des Abschnitts umgelenkt zu werden. Nun enthält jedenfalls die publizierte Fassung des Kategorienaufsatzes, dessen Manuskript Weber der Logos-Redaktion Anfang September 1913 zusandte, eine begrifflich entsprechende Differenzierung zwischen „Sitte“ und „Konvention“.63 Berücksichtigt man die nachweislich enge Verbindung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ zum Kategorienaufsatz, dann erscheint die Annahme plausibel, daß die fragliche Begriffsklärung auch dort erst später eingearbeitet wurde. Dies wiederum bestätigt einerseits das „Einverständnis“ als entscheidende Neuerung der Druckfassung dieses Aufsatzes, denn die hier interessierende Differenz wird mit Hilfe dieses Terminus begrifflich faßbar. Andererseits setzt damit auch die früheste handschriftliche Bearbeitungsstufe den entwickelten Begriffsapparat des Kategorienaufsatzes voraus, wäre also nach dem hier angenommenen Zeitrahmen nicht vor Anfang/Mitte 1913 zu datieren. In der Typoskriptfassung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ fehlt – mit Ausnahme des Gemeinschaftshandelns – nicht nur die ausgearbeitete Kategorienterminologie. Gegenüber dem Text letzter Hand dominiert die explizite Auseinandersetzung mit der „Soziologie“ Stammlers, die hauptsächlich im späteren zweiten Abschnitt über „Rechtsordnung, Convention und Sitte“ stattfindet, während die erweiternde Umarbeitung, etwa des späteren ersten Abschnitts mit den Ausführungen zur „empirischen Rechtsordnung“ und zum „garantierten Recht“, zunehmend die Form einer positiven Begriffskritik an-

59 Vgl. oben, S. 148 ff. 60 Unten, S. 210 mit textkritischen Anm. b und ba. 61 Unten, S. 238 mit textkritischer Anm. g. 62 Unten, S. 226 mit textkritischer Anm. s. 63 Vgl. Weber, Kategorien, S. 282: „Durch das ‚Geltungs‘-Einverständnis unterscheidet sich die ‚Konvention‘ von der bloßen, auf irgend einer ‚Eingeübtheit‘ und gewohnten ‚Eingestelltheit‘ beruhenden ‚Sitte‘, wie durch das Fehlen des Zwangsapparats vom ‚Recht‘, – natürlich nach beiden Seiten flüssig.“

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nimmt (Geltungsbegriff, Rechtsbegriff, Garantienlehre). Gegenüber dem Text letzter Hand steht vor allem die Typoskriptfassung ganz im Zeichen der Stammler-Kritik aus dem Jahre 1907, an welche Weber in seinem Beitrag zur Neuauflage des „Handbuchs der politischen Ökonomie“, des späteren „Grundriß der Sozialökonomie“, anknüpfte. In diesem Zusammenhang kommt Webers uneingelöster Ankündigung einer Fortsetzung dieser Kritik besondere Bedeutung zu.64 Bekanntlich veröffentlichte Marianne Weber nach dem Tod ihres Mannes ein dazu passendes Textfragment aus dem Nachlaß,65 das ihm vermutlich als Material für zentrale Typoskriptteile des späteren zweiten Abschnitts von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ diente.66 Der Vergleich des Typoskripts zu „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ mit der Textgestalt des Nachlaßfragments spricht jedoch gegen eine direkte Verwertung von vorhandenen Manuskriptteilen. Davon abgesehen, daß die Formulierungen in der Sache zwar vielfältige Parallelen aufweisen, aber nirgends übereinstimmen, fehlt im Stammler-Nachtrag vor allem der Grundbegriff des „Gemeinschaftshandelns“. Dementsprechend dürften die Typoskriptteile von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ frühestens 1909/10, und zwar für das „Handbuch der politischen Ökonomie“, abgefaßt worden sein. Das gilt auch für die eingeschobenen Typoskriptsegmente (Textgruppen III und IV),67 die von der spezifischen Terminologie des Kategorienaufsatzes nur das „Gemeinschaftshandeln“ enthalten. Zwar erwähnt Weber im ersten Typoskripteinzug neben Recht und Konvention ausdrücklich auch die „Sitte“ als mögliche Quelle verbindlicher Umgangsformen der Staatsorgane untereinander,68 doch zeigt der weitere Typoskripttext, daß „Sitte“ und „Konvention“ noch synonym verwendet werden. Gleiches gilt für die zur soziologischen Analyse verfassungsrechtlicher „Lücken“ hier noch unverfügbare Kategorie des „indirekt garantierten Rechts“, welche die Entwicklung der Garantienlehre voraussetzt und deshalb erst auf einer späteren Textstufe handschriftlich eingefügt werden konnte.69 Hinsichtlich der Datierung des vorliegenden Textes läßt sich somit festhalten: Den Text der Typoskriptfassung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ hatte Weber wohl schon sehr früh im Anschluß an die Stammler-Kritik von 1907, aber vermutlich eigens für seinen ab 1909 konzipierten Handbuchbeitrag und vielleicht als Teil des späteren Kategorienaufsatzes verfaßt. Die handschriftlichen Bearbeitungen, welche die entwickelte Kategorientermino64 Vgl. Weber, Überwindung, S. 151. 65 Vgl. Weber, Nachtrag. 66 Vgl. unten, S. 222–231. Möglicherweise zugleich ein Grund dafür, warum er das Fragment überhaupt aufbewahrt hat. 67 Zu den Textgruppen vgl. hier und im folgenden die Übersicht, unten, S. 161–169. 68 Vgl. unten, S. 236. 69 Vgl. unten, S. 236 mit textkritischer Anm. a.

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Die Wirtschaft und die Ordnungen

logie voraussetzen, sind nach der hier vertretenen Deutung des Textbefundes Produkte einer relativ späten Arbeitsphase an seinem Handbuch-, nunmehr Grundriß-Beitrag und vermutlich erst Anfang/Mitte 1913 bis Frühjahr 1914 entstanden.

II. Zur Überlieferung und Edition Die Edition folgt dem Originalmanuskript, das sich im Deponat Max Weber, Bayerische Staatsbibliothek München, unter der Signatur Ana 446, OM 6, befindet. Ediert wird der Text letzter Hand (B), der das Typoskript einschließlich der handschriftlichen Bearbeitungen und Erweiterungen umfaßt. Abweichungen der maschinenschriftlichen Fassung (A) gegenüber dem Text letzter Hand sowie Überarbeitungen (Streichungen, Ersetzungen) in den rein handschriftlichen Passagen werden nach den im Editorischen Gesamtbericht dargelegten Regeln70 textkritisch nachgewiesen. Diesen Regeln folgen auch alle weiteren Details zur Edition des Textes. Die Textüberschrift und die drei Abschnittsüberschriften hat Weber handschriftlich in den Text eingefügt. Sie sind somit von Weber autorisiert und werden zusammen mit der römischen Kapitel- und arabischen Abschnittsnumerierung für die Edition übernommen. Weber sah anfangs abwechselnd für den gesamten Text und für die Einzelabschnitte eine Paragrapheneinteilung vor,71 die er schließlich zugunsten der römischen Kapitel- und arabischen Abschnittsnumerierung aufgab. Zunächst hatte er offenbar eine Paragraphengliederung in zwei Abschnitten geplant. Jeweils mit §-Zeichen und Spatium versehen waren die erste und dritte Abschnittsüberschrift: „§ [Spatium] Rechtsordnung und Wirtschaftsordnung“72 sowie „§ [Spatium] Grenzen des Rechtszwangs“.73 Der Titel des Abschnitts 2 „Rechtsordnung, Convention und Sitte“ wurde ohne §-Zeichen nachträglich in den laufenden Text inseriert.74 Weber entschied sich offensichtlich bei diesem Vorgang, die Paragraphengliederung zugunsten einer arabischen Gliederung aufzugeben.

70 Vgl. oben, S. 155–159. 71 Das geht aus der mehrfachen Streichung des §-Zeichens vor der Titelei des 1. und 3. Abschnitts hervor; vgl. unten, S. 191 mit textkritischen Anm. b, c, und S. 238 mit textkritischer Anm. b. 72 Unten, S. 191 mit textkritischer Anm. c. 73 Unten, S. 238 mit textkritischer Anm. b. Die nähere Bestimmung „für die Wirtschaft“ ist, wie man aus dem Schreibduktus schließen kann, vermutlich erst im Zuge der Umformulierung der Überschrift zum überlieferten Titel letzter Hand hinzugetreten. 74 Unten, S. 210.

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Das Typoskript setzt mit einer maschinenschriftlich gezählten Seite 3 ein75 und endete ursprünglich mit der Seite (A) 17 (Textgruppen I und II). An zwei Stellen sind Seiten nachträglich in das Typoskriptgerüst eingefügt worden, die maschinenschriftlich abgefaßt und von Weber handschriftlich bearbeitet wurden. Es handelt sich einmal um die Seiten der Textgruppe III (A 13a/B 12, A 13c/B 13, A 13c/B 13a), die die Textfortsetzung von A 13/B 11 auf A/B 14 erkennbar unterbrechen. An der zweiten Stelle sind die Seiten der Textgruppe IV (A/B 17 und 18) zwischen die Seiten A/B 16 und A 17/B 19 eingefügt worden; A/B 16 wurde in diesem Zusammenhang beschnitten und die ursprünglich letzte Seite 17 von Weber zu „18a“ umpaginiert. Auch diese Seite ist unten beschnitten. Später wurde das gesamte Manuskript handschriftlich (von fremder Hand, vermutlich von Marianne Weber)76, wo erforderlich, neu paginiert (A 3–A 13c wurden zu B 1–B 13a; A 17 wurde zu B 19).

75 Maschinenschriftlich gezählte Seiten 1 und 2 sind nicht überliefert. 76 Vgl. oben, S. 143.

Anhang zum Editorischen Bericht

Die Rückseiten der ursprünglich am rechten Rand von Blatt A 8/B 6 befestigten, dort abgetrennten und nach Blatt A 4/B 2 transferierten Allonge (vgl. unten, S. 197, textkritische Anm. n), des von dieser abgerissenen und als Allonge an Blatt A 5/B 3 angebrachten Papierstücks (vgl. unten, S. 201, textkritische Anm. s) sowie des Papierstreifens, der beim Entfernen der Allonge an Blatt A 8/B 6 haften blieb (vgl. unten, S. 218 f., textkritische Anm. u), enthalten den Entwurf oder das Fragment eines vermutlich an Frieda Gross gerichteten Briefes von der Hand Max Webers (vgl. dazu den Editorischen Bericht, oben, S. 182). Das makulierte Brieffragment hat folgenden Wortlaut:

 [. . .] in die Wiener Klinik zu verlangen. // Dies müßte wohl sofort gescheh[. . .] es // überhaupt geschehen soll. Eventuell geben // Sie vielleicht Ihrem Herrn Vertreter die // Anweisung oder den Rath [. . .] // Anregung zu folgen. // Im Übrigen kann jetzt [. . .] // zweifellos vorläufig gänzlich [. . .] // da ja nichts passieren kann. //Ich nehme an: daß Dr Schmidt (Graz [)] // die Zuständigkeit des dortigen Geri[. . .] // bestreitet und sich vorerst darauf [. . .] // Man muß Ihnen au[. . .] // Verbindlichste für die [. . .]¯

Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 6, Bl. 3 / 1 Ediert unten, S.  191 f.

Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 6, Bl. 4 / 2 (ohne Seitenallongen) Ediert unten, S.  192–198

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I.b Die Wirtschaft und die Ordnungen.

1.c Rechtsordnung und Wirtschaftsordnunga

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Wenn von „Recht“d, „Rechtsordnung“, „Rechtssatz“ die Rede ist, so muß besonders streng auf die Unterscheidung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise1 geachtet werden. Die erstere fragt: was als Recht ideell gilt. Das will sagen: welche Bedeutung, und dies wiederume heißt: welcher normative Sinn[,] einem als Rechtsnorm auftretenden sprachlichen Gebilde logisch richtiger Weise zukommen sollte. Die letztere dagegen fragt: was innerhalb einer Gemeinschaft faktisch um deswillen geschieht, weil die Chance besteht, daß am Gemeinschaftshandeln2 beteiligte Menschen, darunter insbesondere solche, in deren Händen ein sozial relevantes Maß von faktischem Einfluß auf dieses Gemeinschaftshandeln liegt, bestimmte Ordnungen als geltend subjektiv ansehen und praktisch behandeln, also ihr eigenes Handeln an ihnen orientieren. –f Darnach bestimmt sich auch die prinzipielle Beziehung zwischen Recht und Wirtschaft.3 a – a Fehlt in A. b B: I.  §[Spatium]¯  §[Spatium]¯ Hinzufügung der Querstriche der römischen Ziffer von fremder Hand. c B:  § 1¯. d Anführungszeichen in A. e Fehlt in A. f Gedankenstrich fehlt in A. 1 Diese methodologische Differenz zieht sich in unterschiedlichen Nuancierungen durch das Webersche Werk. Sie steht im Zusammenhang der neukantianisch beeinflußten Methodendiskussion in Rechtswissenschaft und Nationalökonomie; vgl. Roscher und Knies II, S. 132, Anm. 2; Objektivität, S. 74; Überwindung, bes. S. 138, Anm. 13; Verhandlungen, S. 268–270, 324–330; Kategorien, S. 263 f. 2 Max Weber greift hier wie im folgenden offenkundig auf die Terminologie des ursprünglich als methodologische Einleitung seines Grundriß-Beitrags gedachten, dann aber separat veröffentlichten Aufsatzes „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ zurück (vgl. Weber, Kategorien, S. 253, Anm. 1). Kategorien, S. 265, definiert er: „Von ‚Gemeinschaftshandeln‘ wollen wir da sprechen, wo menschliches Handeln subjektiv sinnhaft auf das Verhalten anderer Menschen bezogen wird“, und zwar „ein entweder 1. historisch beobachtetes oder 2. ein theoretisch, als objektiv ‚möglich‘ oder ‚wahrscheinlich‘ konstruiertes Sichverhalten anderer Einzelner“ (ebd., S. 266). 3 Die Formulierung entspricht dem im Stoffverteilungsplan von 1910 unter „4. Wirtschaft und Gesellschaft“ vorgesehenen Gliederungspunkt „a) Wirtschaft und Recht (prinzipielles Verhältnis [. . .])“ (abgedr. in: MWG II/6, S. 766–774, hier S. 768). Weber hat das Verhältnis von Wirtschaft und Recht sachlich bereits in seiner Besprechung von Rudolf Stammlers Buch „Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Ge-

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Die juristische, genauer: die rechtsdogmatische, Betrachtung stellt sich die Aufgabe: Sätze, deren Inhalt sich als eine gOrdnung darstellt, welcheg für das Verhalten eines irgend wie bezeichneten Kreises von Menschen maßgebend sein soll, auf ihren richtigenh Sinn und das heißt: auf die Tatbestände, iwelche ihr[,] und die Art,i wie sie ihr unterliegen, zu untersuchen. Dabei verfährt sie dergestalt, daß sie die verschiedenen einzelnen jSätze jener Art, ausgehend von ihrer unbezweifelten empirischen Geltungsart4, in ihrem logisch richtigen Sinn derart zu bestimmen trachtet, daß sie dadurch in ein logisch in sich widerspruchsloses System gebracht werden.j Dies System ist die „Rechtsordnung“ im juristischen Sinn des Wortes. –k Die Sozialökonomik dagegenl betrachtet dasjenige tatsächliche Handeln der Menschen, welches durch die mNotwendigkeit der Orientierung am „wirtschaftlichen Sachverhalt“m bedingt ist, in seinen tatsächlichen Zusammenhängen. Die durch die Art des Interessenausgleichs jeweils einverständnismäßign entstandene Verteilung der faktischeno Verfügungsgewalt über Güter und ökonomische Dienstep und die Art, wie beide kraft qjener auf r Eing A: Rechtsanordnung von etwas darstellt, was h Fehlt in A. i A: die ihr und j A: Sätze, welche sich in jener Art auf das Verhalten jenes Kreises von Menschen beziehen, in ein logisch widerspruchsloses System zu bringen suchen. k Gedankenstrich fehlt in A. l Fehlt in A. m A: Notwendigkeit, Vorsorge für den materiellen Güterbedarf zu treffen, n Fehlt in A. B: durch Sitte oder > einverständnismäßig o Fehlt in A. p Auf der Rückseite des Blattes A 4/B 2 steht die Notiz Max Webers (wiederholt am linken Blattrand in transkribierter Form von Johannes Winckelmann): Nicht alles „Recht“, was // Apparat macht // auch aus Zweckmäßigkeit Apparat // R[echt]: nur deshalb weil Norm verletzt. q – q (S. 193) A: dieser Verfügungsgewalt r In B folgt:  Sitte oder¯ schichtsauffassung“ thematisiert. Die Resultate seiner Kritik (vgl. Weber, Überwindung) liegen auch seinem Diskussionsbeitrag zu Andreas Voigts Vortrag „Wirtschaft und Recht“ auf dem ersten Deutschen Soziologentag 1910 zugrunde; vgl. Voigt, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55); Webers Ausführungen dazu in: ders., Diskussionsbeitrag I (wie oben, S. 16, Anm. 69). Noch in der Vorbemerkung zu den „Soziologischen Grundbegriffen“, WuG1, S. 1 (MWG I/23), heißt es über die Stammler-Kritik, daß sie „die Grundlagen des Nachfolgenden vielfach schon enthielt“. 4 Der handschriftlich eingezogene Begriff wird im neukantianischen Umfeld verwendet. Heinrich Rickert spricht bei der Gegenüberstellung unterschiedlicher (formaler) „Geltungsarten“ von Begriffen der „beschreibenden“ bzw. „erklärenden“ Naturwissenschaften (vgl. ders., Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902, bes. S. 138, 144). Emil Lask bezeichnet damit die „Rechtswirklichkeit“ als Gegenstand der empirischen Wissenschaft (vgl. ders., Rechtsphilosophie, in: Die Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts (Festschrift für Kuno Fischer, hg. von Wilhelm Windelband), 2., verb. und erw. Aufl. – Heidelberg: Karl Winter 1967, S. 269– 317, hier S. 273).

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verständnis5 ruhenden faktischen Verfügungsgewalt dem gemeinten Sinn nachq faktisch verwendet werden, nennen wir „Wirtschaftsordnung“. Es liegt auf der Hand, daß beide Betrachtungsweisen sich gänzlich heterogene Probleme stellen und sihre „Objekte“s direkt gar nicht in Berührung miteinander geraten können, daß die aideelleb „Rechtsordnung“ der Rechtstheoriea direkt mit dem Kosmos des faktischen wirtschaftlichen Handelns nichts zu schaffen hat, da beide in verschiedenen Ebenen liegen: die eine in der des ideellen Geltensollens, die andere in der des realen Gechehens. Wenn nun trotzdem Wirtschafts- und Rechtsordnung in höchst intimen Beziehungen zueinander stehen[,] so ist eben diese letztere dabei nicht in juristischem, sondern in soziologischem Sinne cverstanden: als empirische Geltung. Der Sinn des Wortes „Rechtsordnung“ ändert sich dann völlig. Sie bedeutet dann nicht einen Kosmos logisch als „richtig“ erschließbarer Normen, sondern einen Komplex von faktischen Bestimmungsgründen realen menschlichen Handelns. Dies bedarf der näheren Interpretation.c d Daß eirgend welchee Menschen sich in einer bestimmten Art verhalten, weil sie diesf als durch Rechtssätze so vorgeschrieben ansehen, ist gallerdings eineg wesentliche Komponente hdes realen empirischen Inslebentretens und auch des Fortbestandes einer „Rechtsordnung“. Aber natürlich – wie das früher über die Bedeutung der „Existenz“ rationaler Ordnungen Gesagte ergiebt6 – gehört keineswegs dazu: daß alle oder auch nur die Mehrzahl der an jenem Verhalten Beteiligten dies Verhalten aus jenem Motiv heraus einschlagen.h iDas pflegt vielmehr niemals der Fall zu sein. jDie breiten Schichten der Beteiligten verhalten sich der Rechtss Fehlt in A. a – a A: Rechtsordnung des Juristen b B: ideell gelten sollend  ideelle c – c A: verstanden. Sie ist dann nicht ein Kosmos logisch erschlossener Normen, sondern ein Komplex von faktischen Bestimmungsgründen realen menschlichen Handelns. d In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz e Fehlt in A. f A: diese g A: die h – h A: der realen empirischen Existenz einer Rechtsordnung. Aber keineswegs gehört dazu: daß alle an jenem Verhalten Beteiligten dies gerade aus jenem Motiv einschlagen. i – i (S. 194) Fehlt in A. j – j (S. 194) B:  Die Masse¯ Die breiten Schichten der  [sonst]¯ Beteiligten  befolgen¯ verhalten sich  [aber]¯ der Rechtsord5 Weber, Kategorien, S. 279, definiert als „Einverständnis“ „den Tatbestand [. . .], daß ein an Erwartungen des Verhaltens Anderer orientiertes Handeln um deswillen eine empirisch ‚geltende‘ Chance hat, diese Erwartungen erfüllt zu sehen, weil die Wahrscheinlichkeit objektiv besteht: daß diese anderen jene Erwartungen trotz des Fehlens einer Vereinbarung als sinnhaft ‚gültig‘ für ihr Verhalten praktisch behandeln werden.“ 6 Siehe Weber, Kategorien, S. 292–294, bes. 293.

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Die Wirtschaft und die Ordnungen

ordnung entsprechend, entweder, weil die Umwelt dies billigt und das Gegenteil mißbilligt[,] oder nur aus dumpfer Gewohntheit an die als Sitte eingelebten Regelmäßigkeiten des Lebens, nicht aber aus einer als Rechtspflicht gefühlten Obödienz. Wäre diese letztere Haltung universell, dann würde allerdingsj das Recht seinen subjektiven Charakter als solches gänzlich einbüßen und subjektiv als bloße Sitte beachtet werden. kSo lange objektiv die Chance bestehtl, daß der Zwangsapparat gegebenenfalls jene Normen erzwingt, so würden sie uns dennoch als „Recht“ gelten müssen.m k i nUnnötig ist ebenfalls – nach dem früher Gesagten7 –, daß alle,o welche die Überzeugung von einer bestimmten pArt der Normiertheitp n eines bestimmten Handelns durch einen Rechtssatz teilen, dem nun auch wirklich immer nachleben.q r s tDas ist ebenfalls nie der Fall und, nung entsprechend, entweder, weil die Umwelt dies billigt und das Gegenteil mißbilligt  („Konvention“)¯ oder nur aus dumpfer Gewohntheit an die  mit unter dem Einflu߯ als Sitte eingelebten Regelmäßigkeiten des Lebens,  als Sitte oder „Conven¯ nicht aber aus einer als  Pflicht gefühlten¯ Rechtspflicht gefühlten Obödienz  gegen ihre Regeln oder auch aus bloßer Convention¯. Wäre  allerdings¯ diese letztere  Attitüde¯ Haltung universell, dann würde  „Convention“ sowohl wie  das¯ „Recht“ subjektiv  seinen¯ ihren¯ allerdings k – k Der Text steht auf einem Papierstück am linken unteren Blattrand. Darunter befindet sich – überwiegend verdeckt – der gestrichene Text: B:  Wir werden von einer „Rechtsordnung“ nur  da¯ soweit reden,  wo¯ als irgend welche Menschen, und zwar solche, welche das Gemeinschaftshandeln in einem sozial relevanten Maß thatsächlich in seinem Ablauf beeinflussen, ihrem Inhalt deshalb nachleben und dadurch das Handeln andrer in die gleiche Richtung lenken, weil sie ihnen als verbindliche Rechtsordnung gilt.¯ l Fehlt in B; besteht sinngemäß ergänzt. m In B folgt:  (wie etwa die neuerdings zur Berühmtheit gelangte preußische Kabinettsorder¯ i (S. 193) – i Fehlt in A. n– n A: Ebensowenig: daß alle, welche die Überzeugung von jener Angeordnetheit o B: alle  oder die Mehrzahl,¯ Zuordnung der Streichung unsicher. p B: Ordnung  Art der Normiertheit q In A folgt: Sondern lediglich: daß Menschen sich bereit halten, durch geeignete Mittel ein Gemeinschaftshandeln in diejenigen Bahnen zu wenden, welche jenen Rechtssätzen entspricht, und daß dies ihnen in einem sozial relevanten Maße tatsächlich gelingt. Die Mittel dazu können verschieden geartet sein. In B zunächst überarbeitet, dann Passage gestrichen:  Sondern lediglich das für unsre [Betrachtung] entscheidende [Merkmal]  ist:¯ einer Rechtsordnung [??] ist, für den Normalfall: daß Menschen sich bereit halten, nötigenfalls durch geeignete Mittel ein Gemeinschaftshandeln in diejenigen Bahnen zu lenken, welche  ihrer (subjektiven) Deutung jener¯ einer bestimmten Durchschnittsdeutung von „Rechtssätze“ entspricht, und daß dies ihnen in Fällen, wo es nötig wird, in einem sozial relevanten Maße auch tatsächlich durchschnittlich gelingt.  Dies zu erreichen¯ Die Mittel, dies zu erreichen, können dabei verschieden geartet sein.¯ r – r (S. 198) Fehlt in A. s In B folgt:  Das ist ebenfalls niemals der Fall, und da nach unsrer Begriffsbestimmung nur die Thatsache eines „Orientierens“ des eignen Handelns überhaupt an einer Ordnung, nicht aber deren „Befolgen“ über ihre Geltung entscheidet, auch hier nicht nötig.¯ t – t (S. 196) Die Rückseite der Allonge enthält das Siegel des Soziologischen 7 Siehe Weber, Kategorien, S. 267; vgl. auch Weber, Überwindung, S. 142 f.

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da nach unsrer allgemeinen Definition8 die Thatsache einer „Orientiertheit“ des Handelns an einer Ordnung, nicht aber: deren „Befolgen“, über die „Geltung“ entscheidet, nicht nötig. „Recht“ ist für uns eine „Ordnung“ mit gewissen spezifischen Garantien für die Chance ihrer empirischen Geltung. Und zwar soll unter „garantiertem objektivem Recht“u 9 der Fall verstanden werden: daß die Garantie in dem Bestehen eines „Zwangsapparats“ im früher definierten Sinn besteht10 –, also einer oder mehrerer sich eigens zur Durchsetzunga der Ordnung durch speziell dafür vorgesehene Zwangsmittelb (Rechtszwang) bereit haltender Personen.c 11 Die Zwangsmittel können psychischer oder physischer Art, direkt oder indirekt wirkend sein, sich im Einzelfall gegen die an der Einverständnisgemeinschaft12 oder Vergesellschaftung, dem Verband oder der Anstalt,13 für welche die Ordnung (empirisch) gilt, BeteiInstituts der Universität München, vgl. den Editorischen Bericht, oben, S. 140. u B: Recht“,  als der spezifisch höchstgarantierten Form des Rechts,¯ a B: Durchführung  Durchsetzung b B: Mittel  Zwangsmittel c B: Personen besteht. 8 Siehe Weber, Kategorien, S. 267. 9 Die Bestimmung des „garantierten Rechtes“ durch das Merkmal des „Zwangsapparates“ greift die von Jellinek in seiner „Soziallehre“ des Staates erörterte Rechtsgarantienlehre auf (vgl. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 334–337, 788–791). Dabei richtet sich Jellineks Argument gegen die Zwangstheoretiker seiner Disziplin, gegen die er die Sozialgarantien des Rechts ins Feld führt. 10 Weber führt in: Kategorien, S. 271, über den „Zwangsapparat“ aus: „In der Vereinbarung der Ordnung (‚Satzung‘) haben im idealtypischen Rationalitätsfall die vergesellschaftet Handelnden subjektiv eindeutig auch ausbedungen: [. . .] ob und welche Vereinsorgane und unter welchen Bedingungen und durch welche Mittel sie auf die Innehaltung der vereinbarten Ordnung hinzuwirken sich bereit halten sollen (‚Zwangsapparat‘).“ – Die „mechanistische“ Metaphorik findet als Ausläufer des Positivismus ihren Weg auch in die Jurisprudenz des 19. Jahrhunderts; so sieht namentlich Ihering in der „staatlichen Zwangsmaschine“ den Garanten und Vollender des Rechts (ders., Zweck im Recht I, Kap. 7 und 8: Die sociale Mechanik oder die Hebel der socialen Bewegung, S. 93 ff. und S. 307–329, hier S. 327). Karl Binding registriert das Fehlen des „Zwangsapparates“ für eine ganze Anzahl subjektiver Rechte und solche zusammenfassender Gesetze und spricht von einem „Apparat von Zwangskräften“ (vgl. ders., Der Rechtszwang. Nach einem Vortrage gehalten zu Wien in der Juristischen Gesellschaft am 17. Mai 1888, in: ders., Die Normen und ihre Übertretung. Eine Untersuchung über die rechtmäßige Handlung und die Arten des Delikts, Band 1: Normen und Strafgesetze, 2. Aufl. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1890, S. 483–504, hier S. 493, 504 (hinfort: Binding, Rechtszwang)). 11 Vor dem Hintergrund der juristischen Kontroverse zwischen „Imperativtheoretikern“ und „Zwangstheoretikern“ des Rechtes – so die Unterscheidung bei Kelsen, Hauptprobleme (wie oben, S. 20, Anm. 9) – weist sich Webers empirisch-soziologischer Rechtsbegriff als Variante der Zwangstheorie aus. 12 Die durch „Einverständnishandeln“ konstituierte Gemeinschaft nennt Weber, Kategorien, S. 285 f., „Einverständnisgemeinschaft“. 13 Weber bedient sich („Verband“ und „Anstalt“) der in: Kategorien, S. 266 ff., spezifisch soziologisch gewendeten juristischen Begrifflichkeit.

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ligten oder auch nach außen richten. Sie sind die „Rechtsordnungen“ der betreffenden Vergemeinschaftung. Bei weitem nicht alle Ordnungen, welche einverständnismäßig für eine Vergemeinschaftung gelten, sind – wie später zu erörtern14 – „Rechtsordnungen“. Auch nicht allesd geordnete „Organhandeln“ der den Zwangsapparat einer Vergemeinschaftung bildenden Personen gehte auf Rechtszwang. Sondern nur jenesf wollen wir darunter begreifen, dessen geltenderg Sinn dahin geht: die Befolgung einer Ordnung durchzusetzen lediglich als solche, also rein formal um deswillen, weil sie als hverbindlich geltendh in Anspruch genommen wird, nicht aber – dem geltenden Sinn nach – je nach Zweckmäßigkeits- oder anderen materialen Bedingungen. Es versteht sich, daß die Durchsetzung der Geltung einer Ordnung faktisch im Einzelfall durch die allermannigfachsten Motive bedingt sein kann: als garantiertes „Recht“ wollen wir sie aber nur da bezeichnen, wo die Chance besteht, es werde gegebenenfalls „um ihrer selbst willen“ Zwang, „Rechtszwang“, eintreten.t Nicht jedes (objektive) „Recht“ ist – wie wir inoch mehrfachi sehen werden15 – „garantiertes“ Recht. Wir wollen von Recht – „indirekt garantiertem“ oder „ungarantiertem“ Recht – auch überall da sprechen, wo die Bedeutung der Geltung einer Norm darin besteht: daßj die Art der Orientierung des Handelns an ihr überhaupt irgend welche „Rechtsfolgen“ hat. Das heißt: wo irgendwelche andren Normen gelten, welche an die „Befolgung“ oder „Verletzung“ jener ersten bestimmte[,] ihrerseits durch Rechtszwang garantierte Chancen keines Einverständnishandelnsk 16 knüpfenl. Wir werden diesen für ein sehr breites Gebiet des Rechtsled B: Alles e Alternative Lesung: ruht f B: jenes, g B: durchschnittlich gemeinter  geltender h B: empirisch verbindlich gilt  verbindlich geltend t (S. 194) – t Die Rückseite der Allonge enthält das Siegel des Soziologischen Instituts der Universität München, vgl. den Editorischen Gesamtbericht, oben, S. 140. i B: später  noch mehrfach j In B folgt:  nach einer geltend garantierten Regel sie  „Rech¯ ihre Berecht¯ k B: des Handelns eines Einverständnishandelns l In B folgt:  (wie z. B. bei den „Naturalobligationen“ des römischen Rechts.¯ 14 Siehe unten, S. 210 ff. 15 Siehe z. B. unten, S. 233 ff. 16 Zum „Einverständnis“ vgl. oben, S. 193, Anm. 5. „Einverständnishandeln“ gilt Weber, Kategorien, S. 278 f., entsprechend als „Inbegriff vom Gemeinschaftshandeln, welches und soweit es in einer durch Orientierung an solchen ‚Einverständnis‘-Chancen bedingten Art abläuft [. . .]“.

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bens zutreffenden Fall gelegentlich durch Beispiele zu illustrieren haben,17 wollen aber zur Vereinfachung a potiori[,] wenn von „Recht“ geredet wird, an direkt durch Rechtszwang garantierte Normen denken. – Bei weitem nicht jedes garantierte (objektive) Recht ist ferner durch „Gewalt“ (Inaussichtstehen von physischem Zwang) garantiert.m nDieseo oder gar die der heutigen Prozeßtechnik angehörige Art der Geltendmachung von Privatrechtsansprüchen: „Klage“ vor einem „Gericht“ mit darauf folgender Zwangsvollstreckung[,] ist uns nicht das soziologisch entscheidende Merkmal des Rechts oder auch nur des „garantierten Rechts“p. Das Gebiet des heutigen sogenannten „öffentlichen“ Rechts, das heißt: der Normen für das Organhandeln und für das anstaltsbezogene Handeln in der Staatsanstalt[,]18 kennt heute zahlreiche subjektive Rechte und objektive Rechtsnormen[,] gegen deren Verletzung nur im Weg einer „Beschwerde“ oder nur durch Remonstration von dazu berufenenq Personenkreisen ein Zwangsapparat in Bewegung gesetzt werden kann, sehr oft ein solcher, dem jedes Mittel eventuellen physischen Zwangs gänzlich fehlt.r 19 Dies Frage, ob dann ein m In B folgt:  A potiori wollen wir aber an diesen Fall denken.¯ n – n (S. 198) Der Text befindet sich auf einer ursprünglich an Blatt A 8/B 6 (unten, S. 218 f., textkritische Anm. u) befestigten, dort abgerissenen und nach Blatt A 4/B 2 transferierten Allonge. Der Wortlaut der Allongenrückseite, bei dem es sich um ein Brieffragment oder einen Briefentwurf handelt, ist abgedruckt im Anhang zum Editorischen Bericht, oben, S. 190. Von dieser Allonge ist außerdem ein Papierstück abgerissen und an Blatt A 5/B 3 befestigt worden, vgl. unten, S. 201, Anm. r. o In B geht voraus:  Keineswegs ist  immer¯ für uns die Möglichkeit eventuellen physischen Zwangs und keineswegs die uns von¯ p In B folgt:  im Gegensatz zur „Convention“.¯ q In B folgt:   Körperschaften¯  oder¯ Verbänden, z. B. parlamentarischen  und ähnlichen¯ Körperschaften, oder [??] durch sonstige geltend gemacht werden können, also in gleicher Art, wie¯ r In B folgt die gestrichene Passage:   Den¯ Die  Grenzfall¯ Grenze zur bloßen „Convention“ bildet schließlich der Fall: daß für  einen subjektiven Anspruch oder¯ eine  objektive Regel¯ Norm  direkt¯ die Garantie eines Zwangsapparats überhaupt nicht  die¯ direkt in Aussicht steht, daß vielmehr nur an  die¯ ihre Verletzung  kraft [??] Folgen¯ durch  Normen¯ geltende Normen Folgen geknüpft sind, für welche  ihrerseits¯ an irgend einem Punkt  durch den Eintritt¯ die Garantie eines Zwangsapparats  zur Consequenz haben.¯ eintritt  , z. B. die Ungültigkeit [dieser]¯. Erläßt heute ein konstitutioneller Monarch Verordnungen, ohne  Gegenzeichnung eines Ministers¯ einen Minister ernannt zu haben, der sie gegenzeichnet, so ist die Folge: daß der Zwangsapparat der Gerichte dem, der sich auf sie beruft, nicht zur Seite [. . .] [seinem] Gegner: deshalb ist die and[. . .]¯ Der Text verläuft in die Reißkante der Allonge, vgl. oben, textkritische Anm. n. s B:  Für¯ die 17 Siehe z. B. unten, S. 203 ff., 233 ff., 235. 18 Vgl. hierzu den soziologischen Abgrenzungsversuch unten, S. 274 f. 19 Dies ist ein wesentliches Argument der innerjuristischen Kritiker der sog. Zwangstheorie des Rechts; vgl. u. a. Jellinek, System, S. 197, 350, und Binding, Rechtszwang (wie oben, S. 195, Anm. 10), S. 487 f., 491 f., 493.

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garantiertes „Recht“ vorliegt[,] entscheidet sich für die Soziologie darnach, ob der Zwangsapparat für diese nicht gewaltsame Ausübung von Rechtszwang geordnet ist und ob er faktisch ein solches Gewicht besitzt, daß durchschnittlich eine tChance: diet geltende Norm werde infolge jenes Rechtszwangs Nachachtung finden, in praktisch relevantem Maße besteht[.]n Heute ist der gewaltsame Rechtszwang Monopol der Staatsanstalt20. In bezug auf den gewaltsamen Rechtszwang gelten heute alle andren, einen solchen ausübenden Vergemeinschaftungen als heteronom und meist auch heterokephal.21 Dies ist aber eine Eigenart bestimmter Entwicklungsstufen.r aVon „staatlichem“[,] das heißt: staatlich garantiertem, Recht wollen wir da und insoweit sprechen, als die Garantie dafür[,] der Rechtszwang[,] durch die spezifischen[,] im Normalfall also: direkt physischen Zwangsmittel der politischen Gemeinschaft geübt wird.a Im Sinne des „staatlichen“ Rechts bedeutet also das empirische Bestehen eines „Rechts satzes “: daß für den Fall des Eintritts bestimmter Ereignisse bauf Grund eines Einverständnissesb mit Wahrscheinlichkeit darauf gezählt werden kann, daß ein cVerbandshandeln von Organen ddes politischen Verbandsd 22 eint B: Chance  besteht¯:   das als Recht in¯ Anspruch  Genommene werde  nach¯ durchschnittlich mit derartiger Sicherheit  erledigt¯ Berücksichtigung finden daß von der empirisch [. . .]¯ die Der Text verläuft in die Reißkante der Allonge, vgl. oben, S. 197, textkritische Anm. n. n (S. 197) – n Vgl. oben, S. 197. r (S. 194) – r Fehlt in A. a – a A: Von staatlichem Recht wollen wir da sprechen, wo die Garantie dafür in den spezifischen Mitteln der politischen Gemeinschaft liegt. aa aa B:  liegt, alle andren Schöpfungen von Gemeinschaften also, welche „Ordnungen“ schaffen, der  staatli¯ politischen Gewalt gegenüber heteronom und – soweit wenigstens physischer Zwang in Betracht kommt, – auch heterokephal sind.¯ b Fehlt in A. c – c (S. 199) A: Gemeinschaftshandeln der politischen Gemeinschaft eintritt, welches d B: der politischen Anstalt  des politischen Verbands 20 Die begriffliche Bestimmung des Staates als Anstalt verweist auf den in: Kategorien, S. 287, definierten Anstaltsbegriff. Weber verwendet hier die in der zeitgenössischen öffentlich-rechtlichen Diskussion umstrittene Anstaltstheorie des Staates für seinen soziologischen Staatsbegriff. 21 Nach Weber, Kategorien, S. 273, fallen Heteronomie der Orientierung an einer vorrangigen Ordnung und organschaftliche heterokephale Bestimmtheit nicht zusammen. 22 Als Verbandshandeln definiert Weber, Kategorien, S. 288, ein Einverständnishandeln, „bei welchem 1. die Zurechnung des Einzelnen zur Teilnahme einverständnismäßig ohne sein eigenes darauf zweckrational gerichtetes Zutun erfolgt und bei welchem ferner 2. trotz des Fehlens einer darauf abgezweckten gesatzten Ordnung dennoch jeweils bestimmte Personen (Gewalthaber) einverständnismäßig wirksame Ordnungen

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tritt, welches durch die bloße Thatsache, daß es eventuell in Aussicht steht,c geeignet ist, den aus jenem Rechtssatz, nach der gangbaren Art seiner Deutung, zu entnehmenden Anordnungen Nachachtung eoder[,] wo dies unmöglich geworden ist, „Genugthuung“ und „Entschädigung“e zu verschaffen. Jenes Ereignis, an welches sich diese fFolge: der staatliche Rechtszwang[,] knüpft, kannf in einem bestimmten menschlichen Verhalten g(Vertragsschluß, Vertragsverletzung, Delikt) bestehen. Dochg ist dies nur ein Sonderfall. Denn auch z. B. für den Fall des Steigens eines Flusses über einen bestimmten Pegelstand kann kraft hempirisch geltender Rechtssätzeh die Anwendung der spezifischen Zwangsmittel der politischen Gewalt gegen Personen und Sachen in Aussicht stehen. iGanz und gar nicht zum Begriffe der Geltung jeines „Rechtssatzes“ in diesem normalen Sinnej gehört: daß etwa diejenigen, welche sich der Ordnung, die er enthält, fügen, dies vorwiegend oder auch nur überhaupt um deswillen thun, weil ein Zwangsapparat (im erörterten Sinn) dafür zur Verfügung steht.23 Davon ist – wie bald noch zu erörtern24 – keine Rede[.] Vielmehr können die Motive der Fügsamkeit gegenüber dem Rechtssatz die denkbar verschiedensten sein. In ihrer Mehrzahl haben sie – je nachdem – mehr utilitarischen oder mehr ethischen oder subjektiv conventionellen, die Mißbilligung der Umwelt scheuenden Charakter. Die jeweils vorwaltende Art dieser Motive ist von sehr großer Wichtigkeit für die Geltungsart und die Geltungschancen des Rechts selbst. Aber für e Fehlt in A. f A: Folgen knüpfen, kann insbesondere auch g A: bestehen, doch h A: Rechtssatzes i – i (S. 201) Fehlt in A. In A folgt neuer Absatz. j B: eines in diesem normalen Sinne „Rechtssatzes“ für das Handeln der einverständnismäßig zum Verband gerechneten Beteiligten erlassen, wenn ferner 3. sie selbst oder andere Personen sich zur eventuellen Ausübung von physischem oder psychischem, wie immer geartetem, Zwang gegen einverständniswidrig sich verhaltende Teilnehmer bereit halten.“ 23 Zum „Zwangsapparat“ siehe oben, S. 195, Anm. 10. Für die Geltung einer Norm als „Rechtssatz“ ist nach Kelsen, dem Vertreter einer rein formalen Rechtstheorie, der Rechtszwang als subjektives Motiv der Rechtsbefolgung entscheidend: „Subjektiv kann jedoch nur jene Norm als befolgt erachtet werden, deren spezifische Garantien das Motiv des Handelns (resp. des Unterlassens, wenn ein Gegenmotiv zu überwinden war) gebildet haben“ (ders., Hauptprobleme (wie oben, S. 20 , Anm. 9), S. 220). Einer sozialen Garantienlehre im Sinne Jellineks bedarf Kelsens Rechtsgeltungsbegriff somit nicht (vgl. ebd., S. 222 ff.). 24 Siehe unten, S. 210 ff.

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formalen soziologischen Begriffk, so wie wir ihn verwenden wollen, sind diese psychologischen Thatbestände irrelevant, es kommt vielmehr – beim garantierten Recht – nur drauf an, daß eine hinlänglich starke Chance des Eingreifens einesl eigens hierauf eingestellten Personenkreises auch in Fällen, wo nur der Thatbestand der Normverletzung rein als solcher vorliegt, also auf Grund der Geltendmachung lediglich dieses formalen Anlasses thatsächlich besteht.m nDurch das empirische „Gelten“ einer Ordnungn als eines „Rechtssatzes“ werden die Interessen der Einzelnen in mannigfachem Sinn berührt. Insbesondre können Einzelpersonen daraus berechenbare Chancen erwachsen, ökonomische Güter in ihrer Verfügung zu behalten oder künftig, unter bestimmten Voraussetzungen, die Verfügung über solche zu erwerben.25 Solche Chancen zu eröffnen oder zu sichern[,] ist bei gesatztem Recht naturgemäß normalerweise der Zweck, den odie eine Rechtsnorm Vereinbarenden oder Oktroyierendeno 26 damit verbinden. Die Art der Zuwendung der Chance aber kann doppelten Charakter haben. Entweder sie ist bloße „Reflexwirkung“27 der empirischen Geltung der Norm: k B: seinen Begriff  seinen formalen soziologischen Begriff l In B folgt:  (Zwangsapparats)¯ m In B folgt die Satzanweisung Max Webers: (Absatz!) n B: Durch  die Garantie¯ dasna  staatlichen¯ empirische „Gelten“ einer  objektiven¯ Ordnung na B: der  das o B: die Schöpfer einer Rechtsnorm ¯ die eine Rechtsnorm Vereinbarenden oder Oktroyierenden 25 Dies betont v. a. Eugen von Böhm-Bawerk, Rechte und Verhältnisse vom Standpunkte der volkswirtschaftlichen Güterlehre. Kritische Studie. – Innsbruck: Wagnersche Universitätsbuchhandlung 1881 (hinfort: Böhm-Bawerk, Rechte), S. 42 f.: „Der wirthschaftliche Gehalt der Rechte beruht auf der Mithilfe der Rechtsorgane des Staates zur Erlangung und Behauptung der physischen Gewalt über Güter, und die Rechte selbst sind ein durch die Gesellschaftsorganisation hervorgerufenes Erforderniss und zugleich ein Bestandtheil der vollen ökonomischen Verfügungsgewalt über Güter.“ Weiterhin handelt er über alle jene „loseren Rechte, die auf einen künftigen Gütererwerb gehen“ (ebd., S. 76–98, hier S. 78). 26 Als theoretisch alternative Entstehungsgründe „neuer Anstalts-Satzungen“ behandelt Weber, Kategorien, S. 289, „autonome ‚Vereinbarung‘“ einerseits und „‚Oktroyierung‘“. 27 Der Gedanke der rechtlichen Reflexwirkung wurde besonders in der Diskussion um die Rechtsnatur der subjektiv-öffentlichen Rechte vorgetragen. Diese werden einerseits als aus objektivem Recht – im Gemeininteresse – folgende Erweiterung der geschützten individuellen Rechtssphäre ohne dahingehende Anspruchsverleihung mit entsprechender Rechtsgarantie (daher nur als „Reflex“) gedeutet. Dem steht andererseits die Konzeption des subjektiven öffentlichen Rechts als rechtsgeschützte individuelle Interessensphäre gegenüber. Zuerst klar formuliert hat den Begriff des Rechtsreflexes wohl Rudolph Ihering, Römisches Recht III, S. 339 mit Anm. 445, sowie

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der einverständnismäßig geltende Sinn dieser geht nicht dahin, dem Einzelnen die thatsächlich ihm zufallenden Chancen zu garantieren. Oder umgekehrt, der einverständnismäßig geltende Sinn der Norm geht grade dahin, dem Einzelnen eine solche Garantie: ein „subjektives Recht“, zu geben. Daß Jemand pkraft staatlicher Rechtsordnung einp (subjektives) „Recht“ hat, bedeutet also im Normalfall, den wir hier zunächst zu Grunde legen, für die soziologische Betrachtung: er hat die durch den einverständnismäßig geltenden Sinn einer Rechtsnorm faktisch garantierte Chance, für bestimmte (ideelle oder materielle) Interessen die Hülfe eines dafür bereit stehenden „Zwangsapparats“ zu erlangen; die Hülfe besteht, im Normalfall wenigstens, darin, daß bestimmte Personen sich dafür bereithalten, falls jemand sich in den dafür üblichen Formen an sie wendet und geltend macht, daß ein „Rechtssatz“ qihm jene Hülfeleistung garantiereq, sier zu leisten. sUnd zwar rein infolge jener „Geltung“, ohne Rücksicht darauf, ob bloße Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen[,] und auch nicht nach freiem Belieben, aus Gnade oder Willkür. Rechtsgeltung besteht, wo die Rechtshülfe in diesem Sinn des Worts in einem relevanten Maße funktioniert, sei es auch ohne alle physischen oder andre drastischen Zwangsmittel. Oder (ungarantiertes Recht) wenn ihre Mißachtung (z. B. die Nichtachtung von Wahlrechten bei Wahlen) kraft einer empirisch geltenden Norm Rechtsfolgen (z. B. Ungültigkeit einer Wahl) hat, für deren Durchführung eine entsprechende Instanz mit Rechtszwang besteht.s Wir lassen die nur in Form von „Reflexwirkungen“ gewährten Chancen hier der Einfachheit halber zunächst ganz bei Seite.i Ein subjektives Recht im „staatlichen“ p B: ein staatlich garantiertes  kraft staatlicher Rechtsordnung ein q B: jene Hülfeleistung gebiete  ihm jene Hülfeleistung garantiere r In B folgt:  rein um jener Geltung halber¯ s – s Der Text befindet sich auf einem ausgerissenen Papierstück, das zu einer ursprünglich an Blatt A 8/B 6 (unten, S. 218, textkritische Anm. u) befestigten, dann nach Blatt A 4/B 2 (oben, S. 197, textkritische Anm. n) transferierten Allonge gehörte. Der Wortlaut der Allongenrückseite, bei dem es sich um ein Brieffragment oder einen Briefentwurf handelt, ist abgedruckt im Anhang zum Editorischen Bericht, oben, S. 190. i (S. 199) – i Fehlt in A. ders., Die Reflexwirkungen oder die Rückwirkung rechtlicher Thatsachen auf dritte Personen, in: Jahrbücher für Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, Band 10, 1871, S. 245–354. Systematisch behandelt hat das Reflexrecht für das Gebiet des öffentlichen Rechts Jellinek, System, Kapitel VI: Reflexrecht und subjektives Recht, S. 67–81. Vgl. auch unten, S. 275, mit Anm. 4.

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Sinn des Worts stehta unter der Garantie der Machtmittel der politischen Gewalt. Wo andere bZwangsmittel einer andren alsb der politischen Gewalt in Aussicht stehen c– z. B. die einer hierokratischen Gewalt – und die Garantie eines „Rechtes“c bilden, soll von „außerstaatlichem“ Recht28 gesprochen werden, dessen verschiedene Kategorien zu erörtern hierd nicht die Aufgabe ist. Hier ist ezunächst nur dran zu erinnern, daß es auch nicht gewaltsamee Zwangsmittel gibt, welche mit der gleichen oder unter Umständen mit stärkerer Gewalt wirken wie jene. fDie Androhung eines Ausschlusses aus einem Verband, eines Boykotts oder ähnlicher Mittel und ebenso das Inaussichtstellenf diesseitiger magisch bedingter Vorteile oder Unannehmlichkeiten oder jenseitiger Belohnungen oder Strafen für gden Fall eines bestimmten Verhaltens wirken unter gegebenen Culturbedingungen häufig – für ziemlich große Gebiete: regelmäßig –g sehr viel sicherer, als der in seinen Funktionen nicht immer hberechenbare politische Zwangsapparat.h iDer gewaltsame Rechtszwang durch die Zwangsapparate der politischen Gemeinschaft hat sehr häufig gegenüber den Zwangsmitteln andrer, z. B. jreligiöser Mächtej den Kürzeren gezogen, und überhaupt ist es durchaus Frage des Einzelfalls, wie weit sich ihre faktische Tragweite erstreckt. Sie bleiben als „Rechtszwang“ in ihrer soziologischen Realität trotzdem bestehen, solange ihre Machtmittel eine sozial relevante Wirkung ausüben. Davon, daß ein „Staat“ nur dann und da „bestehe“, wo die Zwangsmittel der politischen Gemeinschaft faktisch gegenüber jeder andren die stärkeren sind, weiß die Soziologie nichts[.]29 Das „Kirchenrecht“ ist „Recht“ auch a In A folgt: also b A: als physische Zwangsmittel c A: und die Garantie des subjektiven Rechtes d A: jetzt e A: nur festzustellen, daß es auch nicht physische f – f A: Das Inaussichtstehen g A: ein bestimmtes Verhalten wirkt häufig h A: gesicherte politische Gewaltapparat. i – i (S. 204) Fehlt in A. j B: hierokratischen Zwangsmitteln  religiöser Mächte 28 Max Weber setzt hier den soziologischen gegen den staatsrechtlichen Rechtsbegriff, wonach alles Recht staatliches, staatlich verliehenes bzw. staatlich anerkanntes Recht ist; Rechtszwang ist dann notwendigerweise staatlicher Rechtszwang; vgl. z. B. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 179–181, 256 f., 264, 427 ff.; ders., Der Kampf des alten mit dem neuen Recht. Prorektoratsrede gehalten am 22. November 1907, in: ders., Ausgewählte Schriften und Reden, Band 1. – Berlin: O. Häring 1911, S. 392– 427, hier S. 400. 29 Die Formulierung greift einerseits den antisubtanzialistischen Duktus auf, mit dem Weber den „Staat“ definiert als „Komplex menschlicher Beziehungen, Normen und normbestimmter Verhältnisse“ (Weber, Objektivität, S. 38, 74) oder einfach „nur ein

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da, wo es mit dem „staatlichen“ Recht in Conflikt gerät, was wieder und wieder der Fall gewesen ist und z. B. bei der katholischen – aber auch bei andren – Kirchek dem modernen Staat gegenüber unvermeidlich immer wieder geschehen wird. Die slawische „Zadruga“ in Österreich entbehrte nicht etwa nur der staatlichen Rechtsgarantie,30 sondern ihre Ordnungen standen zum Teil sogar im Widerspruch mit dem offiziellen Recht. Da das sie constituierende Einverständnishandeln für seine Ordnungen einen eignen Zwangsapparat besitzt, stellen diese letzteren dennoch „Recht“ dar, welches nur im Fall der Anrufung des staatlichen Zwangsapparats von diesem nicht anerkannt, sondern zerbrochen wurde. Besonders außerhalb des leuropäisch-kontinentalenl Rechtskreises ist es andrerseits gar nichts Seltenes, daß mdas moderne staatliche Rechtm auch die Normen andrer Verbände ausdrücklich als „gültig“ behandelt und konkrete Entscheidungen dieser überprüft. So schützt das amerikanische Recht vielfach die „label“ der Gewerkschaften,31 normiert die Bedingungen, unter denen ein Wahlkandidat einer Partei32 als „gültig“ aufgestellt zu betrachten ist; greift der englik B: Kirchen l B: deutschen  europäisch-kontinentalen das moderne staatliche Recht

m B: der moderne Staat 

Ablauf von menschlichem Handeln besonderer Art“ (Weber, Kategorien, S. 265); zum anderen wird erneut die Differenz zum juristischen Staatsbegriff betont, als dessen wesentliches Begriffsmerkmal in der Literatur vielfach das Rechtszwangsmonopol erscheint; vgl. oben, S. 202, Anm. 28. 30 Die österreichischen Gesetze von 1874 für Kroatien und 1880 für die Militärgrenze verbieten die Bildung neuer Hauskommunionen. Vgl. unten, S. 437 mit Anm. 17. 31 In vielen amerikanischen Bundesstaaten war im Rahmen des Markenschutzrechtes durch Gesetz u. a. den Gewerkschaften das Recht zugestanden, Warenzeichen für die von ihren Mitgliedern verfertigten Produkte registrieren zu lassen. Diesen „labels“ als Produktmarken und Wettbewerbsinstrument der Gewerkschaften wuchs damit Rechtsschutz gegen unbefugte Nachahmung oder Verwendung zu; vgl. Freund, Ernst, Das öffentliche Recht der Vereinigten Staaten von Amerika (Das öffentliche Recht der Gegenwart, hg. von Georg Jellinek, Paul Laband und Robert Piloty, Band 12). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S. 275, 290 (hinfort: Freund, Öffentliches Recht); Heckel, Max von, „Verrufserklärung (Boykott)“, in: HdStW3, Band 8, 1911, S. 271–277, hier S. 275; Stieda, Wilhelm, „Arbeitseinstellungen“ (Einleitung), in: HdStW3, Band 1, 1909, S. 918–927, hier S. 922. 32 Die über das Institut des Wahlbeamtentums den beiden großen amerikanischen Parteien zukommende entscheidende Rolle bei der Ämterbesetzung (Patronage- bzw. „spoils“-System) führte zur gesetzlichen Regelung des innerparteilichen Verfahrens der Kandidatenaufstellung („primary law“); vgl. hierzu Freund, Öffentliches Recht (wie oben, Anm. 31), S. 82 f., der weitere gesetzliche Erfordernisse für die gültige Kandidatenaufstellung anführt, etwa: schriftliche Annahmeerklärung der Kandidatur durch den Kandidaten, Vorschriften über die formale Gestaltung der Stimmzettel etc. Ähnlich be-

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sche Richter auf Anrufen in die Gerichtsbarkeit der Clubs ein,33 untersucht selbst der deutsche Richter in Beleidigungsprozessen die „Commentmäßigkeit“ der Ablehnung einer Forderung zum Zweikampf, obwohl doch dieser gesetzlich verboten ist34 usw.n Wir gehen hier in die Casuistik: inwieweit dadurch jene Ordnungen zu „staatlichem Recht“ werden, nicht ein. Aus all diesen Gründen, außerdem aber aus der hier festgehaltenen Terminologie heraus, wird es von uns selbstredend abgelehnt,i owenn man von „Recht“ nur da spricht, wo kraft Garantie der politischen Gewalt Rechtszwango in Aussicht steht. Dazu besteht für uns kein praktischer Anlaß. Wir wollen vielmehrp überall da von „Rechtsordnung“ sprechen, wo die Anwendung irgend welcher, physischer oder psychischer, Zwangsmittel in Aussicht steht, die von einem Zwangsapparat, d. h. von einer oder mehreren Personen ausgeübt wird, welche sich zu diesem Behuf fürq den Fall des Eintritts des betreffenden Tatbestandes bereit halten, wo also eine spezifische Art der n In B folgt:  Den „Rechts“-Charakter des „Kirchenrechts“ bestreitet in der Praxis wenigstens, Niemand, weil es staatlich wenigstens teilweise¯ i (S. 202) –i Fehlt in A. o A: Zuweilen spricht man von Recht nur da, wo die Hilfe der politischen Gewalt p Fehlt in A. q Linker Rand oben, handschriftlicher Vermerk von fremder Hand: Für den Drucker: Von Zeile 4 an einschieben. Es wurde Zeile 4 – 19 u[nd] angeklebter Satz offenbar vergessenqa. qa Doppelte Unterstreichung. schreibt Hatschek den Sachverhalt (vgl. Hatschek, Julius, Das Polizeirecht der Vereinigten Staaten, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 31, 1910, S. 67–101 (Teil I); Band 32, 1911, S. 432–495 (Teil II), hier Teil II, S. 476 f.). 33 Nach Julius Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 68 f., sind die „Clubs“ als Vereinigungen zu geselligen, speziell politischen Zwecken den Vereinen ohne Rechtspersönlichkeit, d. h. ohne Korporationsrechte zuzurechnen. Soweit der Klub rechtlich als Resultat eines Vertrages begriffen wird, bestehen Rechtsschutzgarantien ihm oder seinen Mitgliedern gegenüber aus dieser vertraglichen Rechtsnatur. 34 Die Herausforderung zum Zweikampf (§ 201 RStGB), die Annahme der Forderung (§ 201 RStGB) und die Durchführung des Zweikampfs (§ 205 RStGB) bilden die Straftatbestände des sog. Zweikampfverbrechens. Im Falle der Anstrengung einer Beleidigungsklage durch den Forderer wegen der Ablehnung einer Forderung (oder durch den Geforderten nach Ehrabsprechung infolge seiner Ablehnung) muß der Richter zur Tatbestandsklärung die Frage der Kommentmäßigkeit der Ablehnung prüfen; vgl. dazu: Kohlrausch, Eduard, Zweikampf (Abschnitt 15 des II. Teiles des RStGB), in: Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts. Vorarbeiten zur deutschen Strafrechtsreform, hg. auf Anregung des Reichs-Justizamts von Karl Birkmeyer (u. a.), Besonderer Teil, Band 3. – Berlin: Liebmann 1906, S. 126–146, hier S. 144; Binding, Karl, Der Zweikampf und das Gesetz. Vortrag gehalten in der GeheStiftung zu Dresden, 2. Dezember 1905, 2. und 3. Aufl. 1909, in: ders., Die Ehre. Der Zweikampf. Zwei Vorträge, neue Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1909, S. 39–75, hier S. 66 f. (hinfort: Binding, Zweikampf).

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Vergesellschaftung zum Zweck des „Rechtszwanges“ existiert. rDer Besitz eines solchen Apparats für die Ausübung physischen Zwanges war nicht immer ein Monopol der politischen Gemeinschaft. Für psychischen Zwang besteht ein solches Monopol – wie die Bedeutung des nur kirchlich garantierten Rechts zeigt – auch heute nicht. sEs wurde ferner schon gesagts,35 daß direkte Garantie objektiven Rechts und subjektiver Rechte durch einen Zwangsapparat nurt einen Fall des Bestehens von „Recht“ und „Rechten“ bildet. Selbst innerhalb dieses engeren Gebietsu aber kann der Zwangsapparat sehr verschieden geartet sein[.]a Im Grenzfall kann er in der einverständnismäßig geltenden Chance der Zwangshilfe jedes an einer Vergemeinschaftung Beteiligten im Fall der Bedrohung beiner geltenden Ordnungb bestehen[.] Als „Zwangsapparat“ kann er alsdann freilich nur in dem Fall noch gelten, wenn die Art der Verbindlichkeit zu dieser Zwangshilfe fest geordnet ist.36 Der Zwangsapparat und die Art des Zwanges kann auch bei Rechten, welche die politische Anstalt durch ihre Organe verbürgt, außerdem durch die Zwangsmittel von Interessentenverbänden verstärkt werden: die scharfen Zwangsmaßregeln der Creditoren- und Hausbesitzerverbände: organisierter Credit- bzw[.] Wohnungs-Boykott (schwarze Listen) gegen unzuverlässige Schuldner[,] wirken oft stärker als die Chance der gerichtlichen Klage. Und natürlich kann sich dieser Zwang auch auf staatlich gar nicht garantierte Ansprüche erstrecken: dann sind diese trotzdem csubjektive Rechtec, nur mit andren Gewalten. Das Recht der Staatsanstalt stellt sich Zwangsmitteln andrer Verbände nicht selten in den Weg: so macht die englische „libel act“ schwarze Listen durch Ausschluß des Wahrheitsbeweises unmöglich.37 Aber nicht immer mit Erfolg. Die r – r (S. 208) Fehlt in A. s B: Wir werden bald einmal [??] sehen  Es wurde ferner schon gesagt t In B folgt:  den begrifflichen [??] [??] Normalfall bildet des¯ u B: Normengebiets  Gebiets a In B folgt:  Er  muß keineswegs¯ wird heute normalerweise durch „Organe“ der Staatsanstalt gestellt. Aber dies ist begrifflich nicht notwendig der Fall.¯ b B: eines „Rechts“ eines Andren  einer geltenden Ordnung c B: Recht  subjektive Ans  subjektive Rechte 35 Siehe oben, S. 196. 36 So z. B. im Fall der Fehdehilfe- und Blutrachepflicht der Sippengenossen bei Verletzung oder Tötung eines von ihnen; vgl. unten, S. 206. 37 In der Libel-Gesetzgebung spiegelt sich zum guten Teil die Entwicklung der englischen Pressefreiheit. Regelungsgegenstand sind durch die Presse bzw. Presseveröffentlichungen begangene (verleumderische) Schmähungen (sog. „libel“). Der Straftatbestand unterlag historisch variierenden Rechtsauffassungen. Zwar wurde im 18.

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auf dem „Ehrenkodex“ des Duells als Mittel des Streitaustrages38 beruhenden[,] dem Wesen nach meist ständischen dVerbände und Gruppend mit ihren Zwangsmitteln: im Wesentlichen Ehrengerichte und Boykott, sind im Allgemeinen die stärkeren und erzwingen meist mit spezifischem Nachdruck (als „Ehrenschulden“) grade staatsanstaltlich nicht geschützte oder perhorreszierte, aber für ihre Gemeinschaftszwecke unentbehrliche Verbindlichkeiten (Spielschulden, Duellpflicht)[.]39 Die Staatsanstalt hat vor ihnen teilweise die Segel gestrichen. Es ist zwar juristisch schief, wenn das Verlangen gestellt wird, ein spezifisch besondertes Delikt, wie der Zweikampf, solle einfach als „Totschlagsversuch“ oder als „Körperverletzung“ bestraft werden – Delikte, deren Merkmale es nicht teilt –;40 aber die Thatsache bleibt bestehen, daß die Zweikampfd B: Gemeinschaften  Verbände und Gruppen Jahrhundert der Einwand der Wahrheit von den Gerichten gewöhnlich verworfen, nach dem Ausspruch von Lord Mansfield: „The greater the truth, the greater the libel“ (zit. nach Fischel, Eduard, Die Verfassung Englands. – Berlin: Ferdinand Schneider 1862, S. 85). Seit der Fox Libel Act von 1792 wurde allerdings der Beweis der Wahrheit gesetzlich straffrei gestellt, wenn die Publikation im Interesse des Allgemeinwohls, durch faire und genaue Berichterstattung und (erkennbar) ohne böswillige Absicht erfolgte; vgl. ebd., S. 84 f.; Hatschek, Englisches Staatsrecht II, S. 552 f.; Abdruck der Fox Libel Act in: Hatschek, Julius, Das Staatsrecht des vereinigten Königreichs GroßbritannienIrland (Das öffentliche Recht der Gegenwart, hg. von Max Huber, Georg Jellinek, Paul Laband, Robert Piloty, Band 25). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S. 299 f. 38 In welchem Ausmaß Weber diesen Ehrenkodex für sich selbst als verbindlich ansah, ist in den Prozeß-Korrespondenzen zu seinen Auseinandersetzungen mit Arnold Ruge, Julius Ferdinand Wolff und Otto Bandmann sowie mit Adolf Koch ebenso ausgiebig dokumentiert (vgl. MWG II/7, Einleitung, S. 5–9 und passim) wie in dem im Kontext des GdS ausgetragenen Streit mit Bernhard Harms (vgl. MWG II/8, Einleitung, S. 3 und passim). 39 So wird beispielsweise im deutschen Recht durch Spiel oder Wette eine klagbare Forderung zivilrechtlich nicht begründet (§ 762 Abs. 1 BGB) und ist die im Ehrenkodex einzelner ständischer Gruppen verankerte Duellpflicht strafrechtlich allgemein (also nicht als Sonderdelikt) sanktioniert (§§ 201 ff. RStGB). 40 In diesem Sinne hatte sich besonders der Strafrechtsdogmatiker Karl Binding mit dem Hinweis auf die einer „Duellmystik“ (so Binding, Zweikampf (wie oben, S. 204, Anm. 34), S. 56) unterliegende „Schablonenhaftigkeit“ und „Oberflächlichkeit“ gegen die Qualifizierung des Zweikampfes als eines Sonderdelikts gewendet: „Was sich unter der Form des Zweikampfes vollzieht, ist bald Begehung vollendeten oder versuchten Mordes oder Totschlags, bald fahrlässige Tötung, bald vollendete oder versuchte Körperverletzung [. . .]“ (die Zitate: Binding, Karl, Zweikampf und Ehrengericht, in: Deutsche Juristen-Zeitung, Jg. 2, 1897, S. 2–9, hier S. 4). Ein erster großer Fortschritt wäre daher „die vollständige Beseitigung des Zweikampfverbrechens und die Unterstellung der Zweikämpfe unter die Strafgesetze über Tötung und Körperverletzung“ (ebd., S. 5); vgl. Binding, Zweikampf (wie oben, S. 204, Anm. 34), S. 69, und ähnlich Merkel, Adolf, „Zweikampf“, in: Rechtslexicon, hg.

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bereitschaft, trotz des Strafgesetzes, in Deutschland für den Offizier noch heute staatliche Rechtspflicht ist, weil staatliche Rechtsfolgen an ihr Fehlen geknüpft sind.41 Anders steht es außerhalb des Offizierstandes. Das typische Rechtszwangsmittel „privater“ Gemeinschaften gegen renitente Mitglieder ist der Ausschluß aus dem Verband und seinen materiellen oder ideellen Vorteilen. Bei Berufsverbänden von Ärzten und Anwälten ebenso wie bei geselligen und politischen Clubs ist es die ultima ratio. Der moderne politische Verband hat sehr vielfach die Controlle dieser Zwangsmittel usurpiert. So ist den Ärzten und Anwälten jenes äußerste Mittel auch bei uns abgesprochen,42 in England diee Überprüfung des Ausschlusses aus Clubs,43 in Amerika selbst für politische Parteien,44 ferner die Prüfung der Rechtmäßigkeit der „label“-Führung45 auf Anrufung den staatlichen Gerichten zugewiesen. Dieser e In B folgt:  gerichtliche¯ von Franz von Holtzendorff, Band 2. – Leipzig: Duncker & Humblot 1871, S. 720–723, hier S. 722. 41 Gemeint ist die Entlassung aus dem Militärdienst. Sie folgt aus der (textgleichen) Einleitung zu den beiden kaiserlichen „Verordnung[en] über die Ehrengerichte der Offiziere im Preußischen Heere [und in der Kaiserlichen Marine] vom 2. Mai 1874 [und 2. Nov. 1875], in der der deutsche Kaiser erklärt: „Denn einen Offizier, welcher im Stande ist, die Ehre eines Kameraden in frevelhafter Weise zu verletzen, werde ich ebensowenig in Meinem Heere (Meiner Marine) dulden, wie einen Offizier, welcher seine Ehre nicht zu wahren weiß“ (zit. nach: Strafrecht und Strafprozeß für Heer und Marine des Deutschen Reiches, hg. von W. L. Solms, 2., verm. und verb. Aufl. – Berlin: H. W. Müller 1883, S. 462). 42 Die rechtlich verfaßten Standesorganisationen der Ärzte (vgl. „Verordnung, die Errichtung einer ärztlichen Standesvertretung betreffend“ vom 25. Mai 1887, in: GesetzSammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, 1887, Nr. 1 bis einschl. 39, bes. § 5) und Rechtsanwälte (vgl. §§ 62 ff., bes. § 63 in Verbindung mit § 90 RO (1910)) sehen für die Ausübung der Disziplinargewalt besondere Ehrengerichte vor, deren Entscheidungen auf Ausschluß aus dem Verband richterlicher Prüfung unterliegen. 43 Nach Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 68, kann eine gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses allerdings nur stattfinden, soweit sich hieran negative Vermögenswirkungen knüpfen. Anderenfalls „ziehen sich die Gerichte zurück und verweigern jede Einmischung, da der Club nur sozialen Charakter habe und die Mitglieder die geeignetsten Richter hierfür seien“. 44 Das amerikanische „primary law“, das den einzelnen Parteimitgliedern gewisse innerparteiliche Partizipationsrechte speziell bei der Kandidatenaufstellung garantiert, bestimmt zugleich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Fragen der Parteizugehörigkeit; vgl. dazu Hatschek, Julius, Allgemeines Staatsrecht, auf rechtsvergleichender Grundlage, Teil 2: Das Recht der modernen Demokratie (Sammlung Göschen). – Leipzig: Göschen 1909, S. 67–69 (hinfort: Hatschek, Staatsrecht); Freund, Öffentliches Recht (wie oben, S. 203, Anm. 31), S. 82. 45 Gemeint sind die oben, S. 203, erwähnten „Label“ der von gewerkschaftlich orga-

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Kampf zwischen den Zwangsmitteln verschiedener Verbände ist so alt wie das Recht. Er hat in der Vergangenheit sehr oft nicht mit dem Siege derf Zwangsmittel des politischen Verbands geendet, und auch heut ist dies nicht immer der Fall. So ist eine Handhabe, die Unterbietungs-Concurrenz gegen einen Kartellbrüchigen46 zu unterbinden, heut nicht gegeben. Ebenso sind die schwarzen Listen der Börsenhändler gegen solche, die den Differenzeinwand erheben,47 bei uns nicht antastbar, während im Mittelalter die entsprechenden Statutenbestimmungen der Kaufleute gegen die Anrufung der geistlicheng Gerichte sicher kanonischrechtlich hnichtig warenh, dennoch aber fortbestanden. Und auch da muß das staatliche Recht heut die Zwangsmacht der Verbände weitgehend dulden, wo sie nicht nur gegen Mitglieder, sondern auch oder gerade gegen Außenstehende sich wendet und diese ihren Normen zu unterwerfen trachtet (Kartelle nicht nur gegen Mitglieder, sondern gegen solche, die sie zum Eintritt zu zwingen beabsichtigen, Gläubigerverbände gegen Schuldner und Miether).r Es stellt einen wichtigen isolchen Grenzfall des soziologischen f In B folgt:  staatlichen¯ g In B folgt:  Wucher¯ h B: strafbar war  nichtig waren r (S. 205) – r Fehlt in A. i – i (S. 209) A: Grenzfall des soziologischen Begriffs von Rechtsordnung dar, wenn ihre nisierten Arbeitern gefertigten Produkte. Soweit diese in den meisten Bundesstaaten gegen unbefugte Nachahmung oder Verwendung gesetzlich geschützt sind, obliegt die Überprüfung der „Label“-Führung auf Antrag den staatlichen Gerichten; vgl. Freund, Öffentliches Recht (wie oben, S. 203, Anm. 31), S. 290. 46 Der Verfolgung der anerkannten Kartellzwecke (Preis-, Produktions- und Absatzregulierung) dienen ggf. die Sanktionsmittel gegen vertragsbrüchige Kartellmitglieder: Konventionalstrafen, Kontrolle, Preisherabsetzung („Unterbietungskonkurrenz“). Für die prinzipiell gerade gegen die „Unterbietungskonkurrenz“ gerichtete Kartellgründung ist diese als Kampfmaßnahme regelmäßig nur kurzfristig praktikabel; vgl. dazu: Liefmann, Robert, Die Unternehmerverbände (Konventionen, Kartelle). Ihr Wesen und ihre Bedeutung (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der badischen Hochschule, hg. von Carl Johannes Fuchs, Heinrich Herkner, Gerhart von Schulze-Gävernitz, Max Weber, Heft 1). – Freiburg i.Br.; Leipzig; Tübingen: J. C. B. Mohr 1897, S. 57–70, 184–186 (hinfort: Liefmann, Unternehmerverbände); ders., Kartelle und Trusts und die Weiterbildung der volkswirtschaftlichen Organisationen, 5., erw. und verb. Aufl. – Stuttgart: Moritz 1922, S. 45 ff., 258–274 (hinfort: Liefmann, Kartelle). 47 Gegen Klagen auf Zahlung von Schulden aus Termingeschäften konnte der Differenzeinwand geltend gemacht werden. Der Beklagte behauptete damit, es habe sich bei dem fraglichen Geschäft nicht um einen rechtsverbindlichen Kaufvertrag gehandelt, sondern um ein Differenzgeschäft. In Differenzgeschäften ist nicht die Effektiverfüllung, sondern die Zahlung der Kursdifferenz zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Erfüllungstermin vereinbart. Das Differenzgeschäft ist nach § 764 in Verbindung mit § 762 Abs. 1 BGB nicht klagbar.

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Begriffs von zwangsgarantiertem „Recht“ dar, wenn seinei Garanten nicht, wie in den modernen politischen j(und ebenso den[,] eignes „Recht“ anwendenden religiösen) Gemeinschaften durchweg, den Charakter eines „Richters“ oder anderen „Organs“, also kprinzipiell eines nichtk durch „persönliche“ Beziehungen mit dem Prätendenten des subjektiven Rechts verknüpften[,] sondern eines „unparteiischen“ und persönlichl „uninteressierten“ Drittenm haben, sondern wenn gradej umgekehrt nur die durch bestimmte nahe persönliche Beziehungen mit demn Rechtsprätendenten verknüpften Genossen, alsoo z. B. seine „Sippe“, ihm die Zwangsmittel zur Verfügung halten und wenn also, wie der „Krieg“ im modernen Völkerrecht, so hier die p„Rache“ und „Fehde“ des Interessenten und seiner Blutsfreundep die einzige oder normale Form zwangsweiser Geltendmachung subjektiver Rechte ist. In diesem Fall besteht das subjektive „Recht“ des oder der einzelnen für die soziologische Betrachtung qlediglich vermögeq der Chance, daß die Sippengenossen ihrer r(primär ursprünglichs durch die Scheu vor dem Zorn übersinnlicher Autoritäten garantierten)r Pflicht der Fehdehilfe und Blutrache nachkommen und daß sie auch die Macht besitzen, einem prätendierten Recht Nachdruck, wenn auch nicht notwendig endgültigen Sieg, zu verleihen. t–a Den Sachverhalt: daß die „Beziehungen“, das heißt: das aktuelle oder potentielle Handeln konkreter oder nach Merkmalen konkret angebbarer Personen[,]b den Inhalt subjektiver Rechte bilden,c wollen wir die Existenz eines „Rechtsverhältnisses“ zwischen den betreffenden Personen nennen. Sein Inhalt an subjektiven Rechten kann je nach dem stattfindenden faktischen Handeln wechseln. In diesem Sinne kann auch ein konkreter „Staat“ als „Rechtsverhältnis“ bezeichnet werden,48 auch dann, wenn (im theoretischen Grenzfall) der Herrj – j A: Gemeinschaften, den Charakter eines Richters oder anderen Funktionärs, also eines durch keinerlei persönliche Beziehungen mit den Prätendenten des subjektiven Rechts verknüpften Teilhabers einer Gemeinschaft haben, sondern wenn k B: prinzipiell eines nicht und zwar prinzipiell wohl, l B: sachlich  persönlich m B: Rechtskundigen  Dritten n Fehlt in A. o Fehlt in A. p A: Fehde und Privatrachepa pa B:  „Rache“¯ q A: in r – r Klammern fehlen in A. s Fehlt in A. t – t (S. 210) Fehlt in A. a In B folgt:  Ein konkretes Einverständnis   oder ei¯ ist¯ soll „Rechtsverhältnis heißen,¯ b In B folgt:   durch geltende  Nor¯ Normen¯ derart durch den Inhalt  durch¯ subjektiver Rechte als  geregelt¯ geordnet gilt, daß dafür die Chance der Garantie eines Zwangsapparats besteht,¯ c B: bildet, 48 Unterschiedliche Varianten der Lehre vom Staat als Rechtsverhältnis finden sich

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scher allein als subjektiv – zum Befehlen – berechtigt gilt und also die Chancen aller andren Einzelnen nur als Reflexe seiner „Reglements“ bestehen.t 49

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Ein Gebiet, in welches die Rechtsordnung in lückenloser Stufenleiter übergeht, ist dasjenige der b„Konvention“ und weiterhin – was wir begrifflich davon scheiden wollen – der „Sitte“.50 Wir wollen t (S. 209)– t Fehlt in A. a Fehlt in A. b – b (S. 211) A: baSitte undba Konvention. Wir wollen darunter den Fall verstehen, daß auf ein bestimmtes Verhalten durch keinerlei physischen oder psychischen Zwang, sondern zum mindesten unmittelbar durch nichts anderes als die ba B:  Sitte oder¯ bei: Loening, Edgar, „Der Staat“, in: HdStW3, Band 7, 1909, S. 692–727, hier S. 702 ff. (hinfort: Loening, Staat); Hänel, Albert, Deutsches Staatsrecht (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 5, Teil 1), Band 1. – Leipzig: Duncker & Humblot 1892, S. 96–102 (hinfort: Hänel, Staatsrecht); Schmidt, Bruno, Der Staat. Eine öffentlich-rechtliche Studie (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen, hg. von Georg Jellinek und Georg Meyer, Bd. I. 6). – Leipzig: Duncker & Humblot 1896, S. 94 ff., bes. 107, und Bierling, Ernst Rudolf, Juristische Prinzipienlehre, Band 1. – Freiburg i. Br., Leipzig, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1894, S. 309 ff., bes. 312 ff. Loening etwa begreift den Staat als „reales Rechtsverhältnis“ zwischen dem Herrscher und den Beherrschten, in dem beide Seiten „Rechte und Pflichten gegeneinander haben“ (Loening, Staat, S. 702 f.), das Herrschaftsverhältnis als einheitliches „Grundverhältnis, aus dem sich einzelne Rechtsverhältnisse in unbeschränkter Zahl entwickeln können“ (ebd., S. 703), „das auf der Vorstellung seiner Notwendigkeit beruht und [. . .] den Schutz und die Beförderung der Interessen der Beherrschten zu seinem Zweck hat“ (ebd., S. 708). – Nach Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 167, Anm. 1, wurde die Theorie erstmals in England infolge des dort unentwickelten Körperschaftsbegriffs formuliert. So habe namentlich Blackstone zwischen privaten und öffentlichen Rechtsverhältnissen unterschieden und staatsrechlich ausschließlich Verhältnisse zwischen Obrigkeit und Volk beschrieben. Jellinek kritisiert diese Staatstheorie – soweit sie sich als juristische begreift – gerade auch, weil sie das soziale mit dem juristischen Element des Staates konfundiere (vgl. ebd., S. 167 f., Anm. 3). 49 Vgl. auch unten, S. 275 f., 306 f., 561. 50 Entgegen der Differenzierung von „Konvention“ und „Sitte“ werden in der zeitgenössischen Literatur – wie auch von Weber in der älteren Textschicht („Sitte und Konvention. Wir wollen darunter den Fall verstehen, [. . .]“) – die Begriffe überwiegend synonym verwendet. Häufig gelten sie als vom Recht verschiedene soziale Normen; vgl. z. B. Mayer, Max Ernst, Rechtsnormen und Kulturnormen. – Breslau: 1903, S. 103 f. (hinfort: Mayer, Rechtsnormen); Ihering, Zweck im Recht II (wie oben, S. 45, Anm. 100), S. 245 f., 282; Wundt, Wilhelm, Ethik. Eine Untersuchung der Tatsachen und Gesetze des sittlichen Lebens, Band 1, 3., umgearb. Aufl. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1903, S. 127, 129, 131–138 (hinfort: Wundt, Ethik).

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unter „Sitte“ den Fall eines typisch gleichmäßigen Verhaltens verstehen, welches lediglich durch seine „Gewohntheit“ und unreflektierte „Nachahmung“ in den überkommenen Geleisen gehalten wird, ein „Massenhandeln“51 also, dessen Fortsetzung dem Einzelnen von niemandem in irgend einem Sinn „zugemuthet“ wird.52 Unter „Convention“ wollen wir dagegen den Fall verstehen, daß auf ein bestimmtes Verhalten zwar eine Hinwirkung stattfindet, aber durch keinerlei physischen oder psychischen Zwang, und überhaupt zum mindesten normalerweise und unmittelbar durch gar keine andere Reaktion als durch die bloßeb Billigung oder Mißbilligung eines Kreises von Menschen, welche ceine spezifische „Umwelt“ des Handelnden bilden. Streng zu scheiden ist die „Konvention“ von dem Fall des „Gewohnheitsrechts“. Diesen wenig brauchbaren Begriff selbst kritisieren wir hier nicht.53 Die Geltung c – c (S. 212) A: die Umwelt des Handelnden bilden, reagiert wird. Es fehlen also in diesem Fall die 51 Zur Abgrenzung des „Gemeinschaftshandelns“ vom „Massenhandeln“ und zu den Formen des Massenhandelns vgl. Weber, Kategorien, S. 277 f. – Die Rolle der („unwillkürlichen“) Nachahmung und der Gewohnheit bei der Entstehung und Ausbreitung von Sitte betonen z. B. Jaspers, Karl, Allgemeine Psychopathologie. Ein Leitfaden für Studierende. – Berlin: Springer 1913, S. 165, 170 (hinfort: Jaspers, Psychopathologie); Ihering, Zweck im Recht II (wie oben, S. 45, Anm. 100), S. 246, Wundt, Ethik (wie oben, S. 210, Anm. 50), S. 134, 127, 128. 52 In der zeitgenössischen Literatur ist der Begriff der „Sitte“ hingegen normativ bestimmt. Als „verpflichtende Gewohnheit“ (Ihering) unterscheidet sich die Sitte von der bloßen Faktizität bei Gewohnheit und Brauch (vgl. etwa Ihering, Zweck im Recht II (wie oben, S. 45, Anm. 100), S. 23 f., 57, 230 f., 243, 246; Wundt, Ethik (wie oben, S. 210, Anm. 50), S. 131 f., 111 f.; Mayer, Rechtsnormen (wie oben, S. 210, Anm. 50), S. 103), während sie bei Puchta Folge der rechtlichen Überzeugungen eines Volkes ist (vgl. Puchta, Georg Friedrich, Das Gewohnheitsrecht, 2 Bände. – Erlangen: Palm 1828, 1837 (hinfort: Puchta, Gewohnheitsrecht I und II), hier ders., Gewohnheitsrecht I, S. 169). Aus der soziologischen Diskussion über „Sitte“ vgl. bes. Tönnies, Sitte (wie oben, S. 44, Anm. 99). In einem Brief an Ferdinand Tönnies vom 28. August 1909 teilt Weber mit, daß er „das Büchlein“ mit „großem Interesse und Belehrung“ gelesen habe (MWG II/6, S. 237–239, hier S. 237). 53 Weber geht im § 3 des Textes „Die Entwicklungsbedingungen des Recht“, unten, S. 430–433, näher auf Begriff und Lehre des Gewohnheitsrechts ein. – Die neuzeitliche Lehre vom Gewohnheitsrecht geht auf die historische Rechtsschule des 19. Jahrhunderts zurück. Letztere hatte in der Frage nach dem Geltungsgrund dieses Rechts eine Reihe sich widerstreitender Auffassungen hervorgebracht, die Ernst Zitelmann als Gestattungs-, Willens- und Überzeugungstheorien unterscheidet (vgl. ders., Gewohnheitsrecht (wie oben, S. 73, Anm. 1) S. 375 ff.). Varianten der Puchta-Savingnyschen Überzeugungstheorie, in denen die allgemeine „Rechtsüberzeugung“ den Grund des Gewohnheitsrechts ausmacht, beherrschten noch am Ende des 19. Jahrhunderts das Feld der Gewohnheitsrechtslehre. Gegen sie richtete sich die Kritik u. a. Zitelmanns,

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als Gewohnheitsrecht soll nach der üblichen Terminologie ja grade die Chance bedeuten, daß für die Realisierung einer nicht kraft Satzung, sondern nur kraft Einverständnis geltenden Norm ein Zwangsapparat sich einsetzen wird.54 Bei der Convention dagegen fehlt gerade der „Zwangsapparat“: der (wenigstens relativ) fest abgegrenzte Umkreis vonc Menschen, welche sich für die spezielle Aufgabe des Rechtszwangs d(bedient sich dieser nun auch nur „psychischer“ Mittel)d ein für allemal bereit halten. eSchon der Thatbestand der bloßen nackten conventionsfreien „Sitte“ kann auch ökonomisch von weittragender Bedeutung sein. Der ökonomische Bedürfnisstand insbesondre, die Grundlage aller „Wirtschaft“, ist in der umfassendsten Weise durch bloße „Sitte“ bestimmt, welche der Einzelne, in gewissem Umfang wenigstens[,] ohne irgend welche Mißbilligung zu finden, abschütteln könnte, der er aber sich faktisch meist sehr schwer entzieht und deren Alterationen gewöhnlich nur langsam, auf dem Wege der Nachahmung irgend einer andren „Sitte“ eines andren Menschenkreises sich vollziehen. Wir fsahen schonf,55 daßg Gemeinsamkeiten bloßer „Sitten“ für die Entstehung sozialer Verkehrsgemeinschaften und für das Connubium wichtig werden können und daß sie auch einen gewissen, allerdings in seiner Tragweite schwer bestimmbaren, Einschuß in die Bildung vonh „ethnischen“ Gemeinsamkeitsgefühlen zu geben pflegen und dadurch gemeinschaftsbildend wirken könd Fehlt in A. e – e (S. 213) Fehlt in A. f B: sahen früher  werden ferner sehen  sahen schon g In B folgt:  ethnische¯ h In B folgt:   Gemeinschafts-¯ Gemeinschaften und politischen Gemeinschaften¯ Gewohnheitsrecht, S. 412 ff., der an die Stelle der „Überzeugung“ die Vorstellung von der Geltung des Rechts setzt; vgl. auch: Oertmann, Paul, Rechtsordnung und Verkehrssitte, insbesondere nach bürgerlichem Recht. Zugleich ein Beitrag zu den Lehren von der Auslegung der Rechtsgeschäfte und von der Revision. – Leipzig: A. Deichert 1914, S. 17 f. (hinfort: Oertmann, Rechtsordnung). 54 So weist Oertmann, Rechtsordnung (wie oben, S. 211 f., Anm. 53), S. 18, – im Anschluß an Zitelmann (vgl. ders., Gewohnheitsrecht (wie oben, S. 73, Anm. 1), S. 455, 459, 463 f.) – darauf hin, daß die für den Gewohnheitsrechtssatz konstitutive „tatsächliche Übung“ nicht die tatsächliche regelmäßige Befolgung des Satzes durch das „Volk“ erfordere, sondern sich auf die Übung der „Organe der politischen Gemeinschaft“ beziehe. Ähnlich resümiert Zitelmann, Gewohnheitsrecht, S. 464, „daß die Macht der dauernden Thatsachen es ist, welches dem Gewohnheitsrecht Geltung verschafft [. . .], nur das bisher schon ein Satz als Rechtssatz da, wo er Anwendung zu finden hatte, auch wirklich angewendet worden ist, nur dies ist nöthig.“ 55 Siehe Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 171–173.

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nen. Vor Allem aber ist die Innehaltung des faktisch i„gewohnten“ Gewordenen als solcheni ein so überaus starkes Element alles Handelns und folglich auch alles Gemeinschaftshandelns, daß der Rechtszwang da, wo er aus einer „Sitte“ (z. B. durch Berufung auf das „Übliche“) eine „Rechtspflicht“ macht, ihrer Wirksamkeit oft fast nichts hinzufügt und, wo er sich gegen sie wendet, sehr oft in dem Versuch, das faktische Handeln zu beeinflussen, gescheitert ist.e jErst recht aber kann der Thatbestand der „Convention“[,]j da der einzelne in unzähligenk Lebensbeziehungen auf durchaus freiwilliges,l durch keinerlei diesseitige oder jenseitige Autorität garantiertes, Entgegenkommen seiner Umwelt angewiesen ist, für sein Verhalten oftm weit bestimmender werden, als die Existenz eines Rechtszwangsapparates.n oDer Übergang von bloßer „Sitte“ zur „Konvention“ ist natürlich gänzlich flüssig. Je weiter rückwärts, desto umfassender ist die Art des Handelns und speziell auch des Gemeinschaftshandelns ausschließlich durch die Eingestelltheit auf das „Gewohnte“ rein als solches bestimmt, und scheinen Abweichungen davon ähnlich beunruhigend auf den Durchschnittsmenschenp zu wirken wie Störungen organischer Funktionen und hierdurch garantiert zu sein. Der Fort schrittq von hier zu demr zunächst zweifellos vage und dumpf empfundenen „Einverständnis“-Charakter des Gemeinschaftshandelns, d. h. zur Conzeption einer „Verbindlichkeit“s bestimmter gewohnter Arten des Handelns[,] ist nach Umfang und Inhalt des Gebiets, das er ergreift, heute aus den Arbeiten der Ethnographie56 meist höchst unbestimmt erkennbar und kümmert uns i B: „Gewohnten“, Anerzogenen  „gewohnten“ Gewordenen als solchen e (S. 212) – e Fehlt in A. j A: Trotzdem kann dieser Tatbestand, k A, B: unzählichen l A, B: freiwilligen, m Fehlt in A. n A: speziellen Zwangsapparates. In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz In A weiter ohne Absatz: Der Übergang zurna Rechtsordnung wird von diesem Zustand ausnb leicht vollzogen. na In B folgt:  zu  einer – staatlichen –¯ einer – politisch oder religiös garantierten –¯ nb In B folgt:  formell¯ o – o (S. 217) Fehlt in A. p In B folgt: psychisch ganz ähnlich q B: Übergang  Fortschritt r B: der s B: „Pflicht“  „Verbindlichkeit“ 56 Die zeitgenössische Ethnologie stand in engem disziplinären Zusammenhang mit der Geographie, deren „Ethnographie“ genanntes Spezialgebiet sie insbesondere in der Schule Friedrich Ratzels repräsentierte. Rechts- und religionsethnologische Forschungsergebnisse betrachtete Weber mit Skepsis. Die rechtsethnologischen Arbeiten Hermann Albert Posts werden von Weber immerhin ebenso erwähnt, wie diejenigen Josef Kohlers, vgl. zu Kohler: unten, S. 335 und S. 650; zu Post: Weber, Die Stadt, MWG I/22–5, S. 108.

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deshalb hier nicht. Es wäre absolut Frage tder Terminologie und Zweckmäßigkeitt, in welchem Stadium dieses Prozesses man dann die subjektive Conzeption einer „Rechtspflicht“ annehmen will. Objektiv gab es die Chance des faktischen Eintritts gewaltsamen Reagierens gegen bestimmte Arten des Handelns, wie bei den Thieren, so bei den Menschen von jeher, ohne daß man aber im Mindesten behaupten könnte: daß in solchen Fällen subjektiv so etwas wie eine „Einverständnisgeltung“ vorliege oder überhaupt ein udeutlich erfaßteru „gemeinter Sinn“ des betreffenden Handelns. Rudimente einer „Pflicht“-Conzeption bestimmen das Verhalten mancher Haustiere57 in vielleicht größerem Umfang als das eines „Urmenschen“ – wenn wir diesen höchst bedenklichen Begriff hier einmal als in diesem Fall unmißverständlich zulassen. Wir kennen aber die subjektiven Vorgänge im „Urmenschen“ nicht, und mit den stets wiederkehrenden Redensarten58 von der angeblichen absoluten Urtümlichkeit oder gar „Apriorität“ des „Rechts“ oder der „Convention“ kann keine empirische Soziologie etwas anfangen. Nicht weil eine „Regel“ oder „Ordnung“ als „verbindlich“ gilt, zeigt das Sichverhalten des „Urmenschen“ nach außen, insbesondere zu seinesgleichen, faktische „Regelmäßigkeiten“, sondern umgekehrt: an die von uns in ihrer psychophysischen Realität hinzunehmenden, organisch bedingten Regelmäßigkeiten knüpft sich die Conzeption „verbindlicher Regeln“ an.59 Daß die innere seelische „Eingestelltheit“ auf jene Regelmäßigkeiten fühlbare „Hemmungen“ gegen Neuerungen in sich schließt –a wie Jeder das auch heute in seinem Alltag an sich erfahren kann –[,] das, müssen wir annehmen, ist für den Glauben an jene „Verbindt B: des Einzelfalls und der Willkür  der Terminologie und Zweckmäßigkeit subjektiv  [klar]  deutlich erfaßter a B: schließt, –

u B:

57 Zu den Tiergesellschaften und der Frage, ob ihr Verhalten durch „Regeln“ bestimmt sei, vgl. Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 94 f. 58 Dies richtet sich – wie auch die vielfach fast wortgleichen Ausführungen in: Weber, Nachtrag, S. 374 ff., 378 ff., zeigen – gegen Stammler, Wirtschaft und Recht, bes. Fünftes Buch: Das Recht des Rechtes, S. 477–630. Stammler konstruiert einen begrifflichen Gegensatz zwischen „isoliertem Naturzustand“ des Menschen und „sozialem Leben unter äußeren Regeln“ und leitet daraus Folgerungen mit empirischem Geltungsanspruch ab (vgl. ebd., S. 77–111). Andererseits soll nach Stammler der Begriff des Rechts nicht apriori bestimmt werden (vgl. ebd., S. 485). 59 Auf diesen Zusammenhang von psychophysischer Realität und Rechtsgenese macht namentlich Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 338, 352, aufmerksam.

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lichkeit“ eine sehr starke Stütze. Wir fragen bei diesem Anlaß: Wie entstehen in dieser Welt der Eingestelltheit auf das „Regelmäßige“ als das „Geltende“ irgendwelche „Neuerungen“? Von außen her: durch Änderung der äußeren Lebensbedingungen, das ist kein Zweifel. Aber diese geben nicht die geringste Gewähr, daß nicht der Untergang des Lebens statt einer Neuordnung ihnen antwortet; und vor Allem sind sie keineswegs die unentbehrliche, grade bei vielen höchst weittragenden Fällen von Neuordnungen nicht einmal eine mitwirkende Bedingung. Sondern nach allen Erfahrungen der Ethnologie scheint die wichtigste Quelle der Neuordnung der Einflußb von Individuen zu sein, welche bestimmt gearteter „abnormer“ (vom Standpunkt der heutigen Therapie nicht selten – aber auch: nicht etwa immer oder regelmäßig – als „pathologisch“ gewertheter)60 Erlebnisse und, durch diese, bedingter Einflüsse auf Andre fähig sind.61 Wir sprechen hier nicht von der Art, wie die infolge ihrer „Abnormität“ als „neu“ erscheinenden Erlebnisse entstehen, sondern von der Art ihrer Wirkung. Diese Einflüsse, welche die „Trägheit“ des Gewohnten überwinden, können auf verschiedenem psychologischem Wege vor sich gehen. Zwei Formen in ihrer, bei allen Übergängen, Gegensätzlichkeit terminologisch klar herausgehoben zu haben, ist ein Verdienst von Hellpach.62 Die eine ist: plötzliche Erweckung der Vorstellung eines b In B folgt:  „abnormer“¯ 60 Gegenstand der psychopathologischen Forschung sollte nach Jaspers, Psychopathologie (wie oben, S. 211, Anm. 51), bes. S. 299 ff., nicht nur der Einfluß sozialer und kultureller Faktoren auf die Einzelpsyche und die psychischen Wechselwirkungen der Gruppenmitglieder, sondern auch umgekehrt die Wirkung „abnormer Seelenerscheinungen“ auf die Gesellschaft sein. Das besondere Interesse der Psychopathologie gelte daher den der „Durchschnittserfahrung“ und „gewöhnlichen Menschenkenntnis“ häufig geradezu unverständlichen Denk- und Handlungsweisen außergewöhnlicher Persönlichkeiten (vgl. ebd., S. 310). 61 So sieht z. B. Otto Stoll in der Kategorie der „Suggestion“ den Schlüssel zum Verständnis der kulturgeschichtlichen Rolle, „welche einzelne an der Grenze der psychischen Norm stehende Menschen, nicht gestützt durch äußere Machtmittel, einzig auf dem Wege der suggestiven Beeinflussung zu spielen vermochten [. . .]“ (Suggestion und Hypnotismus in der Völkerpsychologie, 2., umgearb. und verm. Aufl. – Leipzig: Veit & Co. 1904, S. 723; hinfort: Stoll, Suggestion). Auch Wundt stellt auf den „übermächtige[n] Einfluß Einzelner“ bei der Ausdifferenzierung der Gebiete des Rechts, der Sittlichkeit und der Sitte i. e. S. aus der vorher ungeschiedenen Sitte ab (vgl. Wundt, Wilhelm, Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte, Band 1, Teil 1. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1900, S. 25). 62 Weber nimmt hier Bezug auf Willy Hellpachs Klassifikation der Verbreitungsmodi

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Handelns des Beeinflußten als eines „gesollten“, durch drastisch wirkende Mittel: „Eingebung“. Die andre: Miterlebenc eignen inneren Verhaltens des Beeinflussenden durch die Beeinflußten: „Einfühlung“. Die Art des durch diese Vermittlung entstehenden Handelns kann im Einzelfall die allerverschiedenste sein. Sehr häufigd aber entsteht ein auf den Beeinflussenden und sein Erleben bezogenes massenhaftes „Gemeinschaftshandeln“, aus dem sich dann „Einverständnisse“ entsprechenden Inhalts entwickeln können. Sind diese den äußeren Lebensbedingungen „angepaßt“, so überdauern sie. Die Wirkungen von „Einfühlung“ und namentlich „Eingebung“ – meist unter dem vieldeutigen Namen „Suggestion“ zusammengefaßt –63 gehören zu den Hauptquellen der Durchsetzung von faktischen Neuerungen, deren „Einübung“ als Regelmäßigkeiten dann bald wieder das Gefühl der „Verbindlichkeit“ stützt, von dem sie – eventuell – begleitet sind. Jenes „Verbindlichkeitsgefühl“ selbst aber kann – sobald auch nur die Rudimente einer solchen esinnhaften Conzeptione vorhanden sind – unzweifelhaft auch bei Neuerungen als das originäre und primäre auftreten, insbesondre als ein psychologischer Bestandteil der „Eingebung“. Es ist verwirrend, wenn als primärer und grundlegender Vorgang die „Nachahmung“ eines neuartigen Verhaltens als Weg seiner c B: Mitfühlenlassen  Miterleben sinnhaften Conzeption

d B: regelmäßig  häufig

e B: Sinnconzeption 

sozial- und völker- bzw. „gemeinschaftspathologischer“ Erscheinungen in: ders., Die geistigen Epidemien. Neben den Formen der „Eingebung“ und „Einfühlung“ nennt Hellpach die „Einredung“ (vgl. ebd., S. 31). „Eingebung“ stelle sich immer gleich dar als „Verwirklichung irgend eines seelischen Erlebnisses durch die Erweckung der bloßen Vorstellung von diesem Erlebnis“ (ebd., S. 36) und auf frühem kognitivem Entwicklungsniveau als ein Stück „seelischer Kausalität: die bloße Vorstellung einer Sache ist der Anfang ihrer Verwirklichung“ (ebd., S. 38). „Einfühlung“ wird bei Hellpach bestimmt als „das Miterleben eines seelischen Zustandes durch die einfache Wahrnehmung dieses Zustandes“ (ebd., S. 32), als „das elementare Mit- und Nacherleben fremder Seelenzustände bei der Wahrnehmung von deren Ausdruck“ (ebd., S. 33). 63 An dieser Stelle ist der (möglicherweise über Willy Hellpach vermittelte) kritische Bezug auf die besonders von Otto Stoll propagierte Auffassung der „Suggestion“ als des universellen Schlüssels zum Verständnis vielfältiger sozialpathologischer Erscheinungen wahrscheinlich (vgl. das Resümee Stolls, Suggestion (wie oben, S. 215, Anm. 61), S. 723). Hellpach fordert dagegen eine Aufschlüsselung des Sammelbegriffs der „Suggestion“ in die Übertragungsformen der Eingebung, Einfühlung und Einredung, deren je eigenartiges Zusammenwirken ein Verständnis der Einzelerscheinungen erst ermögliche (vgl. ders., Die geistigen Epidemien, S. 43 ff., 67, 69, 70, 74, 94).

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Verbreitung angesehen wird.64 Diese ist gewiß von ganz außerordentlicher Wichtigkeit. Aber sie ist in der Regel sekundär und immer nur ein Spezialfall. Es ist doch nicht eine „Nachahmung“ des Menschen, wenn der Hund – sein ältester Gefährte – sich sein Verhalten von ihm „eingeben“ läßt. Genau so aber ist in einem sehr breiten Umkreis von Fällen die Beziehung zwischen Beeinflussenden und Beeinflußten geartet. In andren dürfte sie sich mehr dem Typus der „Einfühlung“, in noch anderen dem der „Nachahmung“ – der zweckrationalen oderf der „massenpsychologisch“ bewirkten65 – annähern. In jedem Fall aber befindet sich die entstehende Neuerung dann am meisten auf dem Wege dazu, „Einverständnis“ und schließlich „Recht“ entstehen zu lassen, wenn eine nachhaltige „Eingebung“ oder eine intensive „Einfühlung“ ihre Quelle war. Sie schafft dann „Convention“ oder, unter Umständen, direkt einverständnismäßiges Zwangshandeln gegen Renitente.o gAus der „Convention“,g der Billigung oder Mißbilligung der Umwelt heraus entwickelt sich nach aller historischen Erfahrung, solange religiöser Glaube stark ist, immer wieder die Hoffnung und Vorstellung, daß auch die übersinnlichen Mächte jenes von der Umwelth gebilligte oder mißbilligte Verhalten belohnen und bestrafen iwerden. Weiterhin – in geeigneten Fällen –i die Annahme, daß nicht nur der Nächstbeteiligte, sondern auch seine Umwelt unter der Rache jener übersinnlichen Gewalten zu leiden haben jkönnte,k f In B folgt:  durch bloßes „Beispiel“¯ o (S. 213) – o Fehlt in A. g A: Denn aus h A: Sitte i A: werden, weiterhin j - j (S. 218) A: könnten und weiterhin entweder die Vorstellung der speziellen Ordnungsgaranten, daß es sich nicht nur um eine Sitte, k B: könnten, 64 Diese Bemerkung richtet sich vermutlich gegen Gabriel Tarde, der in der „Nachahmung“ die treibende Kraft des gesamten Gemeinschaftslebens ausmacht (ders., Les lois de l’imitation: étude sociologique.- Paris: Félix Alcan 1890 (hinfort: Tarde, lois de l’imitation)). Prinzipielle Kritik am exzessiven Gebrauch des Begriffs der Nachahmung übt auch Hellpach, Die geistigen Epidemien, S. 43, der sich explizit gegen Tarde ausspricht. Die mit „Eingebung“, „Einfühlung“ und „Einredung“ gefundenen theoretischen Instrumente zur Analyse charakteristisch neuartigen oder abweichenden Sozialverhaltens erübrigten zugleich den Rückgriff auf „Suggestion“ und „Nachahmung“ (vgl. ebd., S. 46; ähnlich: Jaspers, Psychopathologie (wie oben, S. 211, Anm. 2), S. 165, Anm. 1). 65 Vgl. Weber, Kategorien, S. 278: „‚Nachahmung‘ kann bloßes ‚massenbedingtes‘ Sichverhalten oder mehr ein am Verhalten des Nachgeahmten im Sinn der ‚Nachbildung‘ orientiertes Handeln sein. Und dies wiederum mehr wegen einer – zweckrationalen oder andern – Schätzung des Wertes des nachgeahmten Handelns an sich, oder nur in sinnhafter Bezogenheit auf Erwartungen [. . .].“

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also diese, entweder Jeder Einzelne oder durch einen Zwangsapparat leines Verbandesl[,] zu reagieren habe. Oder die infolge stets wiederholter Innehaltung einer bestimmten Art von Handeln erwachsende Vorstellung der speziellen Ordnungsgaranten, daß es sich schon jetzt nicht nur um eine Sitte oder Convention,j sondern um eine zu erzwingende Rechtspflicht mhandle: eine derart praktisch geltende Norm nennt man Gewohnheitsrecht[.]66 Oder schließlich das rational erwogene Verlangen von Interessenten, daß dien conventionelle oder auch die gewohnheitsrechtliche Pflicht, um sie gegen Erschütterungen zu sichern,m ausdrücklich unter die Garantie eines Zwangsapparates ogestellt, also ein pgesatztes Rechtp werde.o Vor allem gleitet erfahrungsgemäß auf dem Gebiet der qinternen Gewaltverteilung zwischen den „Organen“ eines anstaltsmäßigen Zweckverbandesq fortwährend der Inhalt von nur rkonventionell garantierten Regeln des Verhaltensr in das Gebiet des rechtlich geforderten und garantierten hinüber: die Entwicklung der englischen „Verfassung“ ist ein Hauptbeispiel dafür.67 Und endlich kann jede Auflehnung gegen die Conventions dazu führen, daß die Umwelt gegen den Rebellen von ihren tzwangsmäßig garantiertent subjektiven Rechten einen ihm lästigen l B: der Gemeinschaft  eines Verbandes j – j Vgl. oben, S. 217. m – m A: handle (Gewohnheitsrecht) oder das Verlangen der Beteiligten, daß sie als solche auch n In B folgt:  Sitte¯  Conv¯ o – o A: gestellt werde. p B: „Recht“  gesatztes Recht q A: politischen Gewaltorganisation r A: konventionellen Regeln s A: Sitte t Fehlt in A. u (S. 219) Auf der Rückseite des rechten unteren Randes von Blatt A 8/B 6 ist der Blattstreifen einer ursprünglich hier angebrachten, dann nach Blatt A 4/B 2 (vgl. oben, S. 197, Anm. n) transferierten Allonge stehengeblieben; der Wortlaut der Allongenrückseite, bei dem es sich um ein Brieffragment oder einen Briefentwurf handelt, ist abge66 Soweit hier Weber beim Begriff des Gewohnheitsrechts nicht auf die Rechtsüberzeugung des „Volkes“ (wie z. B. Puchta, Gewohnheitsrecht I (wie oben, S. 211, Anm. 52), S. 147), sondern auf den Geltungsglauben der Ordnungsgaranten abstellt; vgl. Zitelmann, Gewohnheitsrecht (wie oben, S. 73, Anm. 1), S. 463 f. Auch für Oertmann, Rechtsordnung (wie oben, S. 211 f., Anm. 53), S. 18, ist die Übung der Organe des politischen Verbandes entscheidend. In Kelsens Lehre vom staatlichen Ursprung des Rechts gilt dieser Maßstab auch für das Gewohnheitsrecht (vgl. ders., Hauptprobleme (wie oben, S. 20, Anm. 9), S. 36, 49 ff.). 67 Besonders Hatschek, Konventionalregeln (wie oben, S. 49, Anm. 16), S. 4, 10, sieht die Verfassungswirklichkeit der englischen parlamentarischen Demokratie durchgehend von Regeln beherrscht, die er im Anschluß an den englischen Sprachgebrauch „Konventionalregeln“ nennt und als gegenüber dem Recht „unterwertige“ Normen (ebd., S. 67), an anderer Stelle als „soziale Normen“ (ebd., S. 29) bezeichnet; vgl. auch: Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 543 f.; II, S. 41–45; ders., Staatsrecht (wie oben, S. 207, Anm. 44), S. 105–118, bes. S. 106 f.

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Gebrauch macht, z. B. der Hausherr gegen jemanden, der die rein konventionellen Regeln des geselligen Zusammenseins verletzt, von seinem Hausrecht, der Kriegsherr gegen Verletzungen des Ehrenkodex vom Recht der Dienstentlassung. Dann ist die Konventionalregelu tatsächlich indirekt durch Zwangsmittel gestützt.a 68 bDer Unterschied cvom „ungarantierten Recht“c beruht dann darin, daß der Eintritt dieser Zwangsmittel zwar eventuelle faktische, aber nicht „Rechtsfolge“ der Conventionsverletzung ist: das „Hausrecht“ hat der Hausherr rechtlich ohnehin, während ein direkt garantieloser Rechtssatz seine Bedeutung als solcher dadurch empfängt, daß seine Nichtachtung irgendwie kraft einer garantierten „Rechtsnorm“ Folgen hat[.] Wo andrerseits ein Rechtssatz auf die „guten Sitten“, d. h. auf billigenswerthe Conventionen, Bezug nimmt, ist die Innehaltung der conventionellen Pflichten zugleich Rechtspflicht (indirekt garantiertes Recht) geworden[.]b Es existieren fernerd in nicht ganz geringer Zahl solche Zwischenbildungen, wie etwa die es. Z. in der Provence mit „Gerichtsbarkeit“ in erotischen Dingen betrauten „Liebeshöfe“ der Trobadors, ferner der „Richter“ in seiner ursprünglichen, schiedsrichterlichen,e nur Vermittelung zwischen den Fehdeparteien übernehmenden, gegebenenfallsf einen Wahrspruch abgebenden, aber jeder eigeneng Zwangsgewalt entbehrenden Stellung oder etwah heute die internationalen i„Schiedsgerichte“. In solchen Fällen ist aus der druckt im Anhang zum Editorischen Bericht, oben, S. 190. a A: garantiert. b – b Fehlt in A. c B: vom  nicht garan¯  „ungarantierten“¯  „indirekt garantierten“¯ „ungarantierten Recht“ d Fehlt in A. e A: mit Gerichtsbarkeit in erotischen Dingen betrauten Liebeshöfe der Trobadors die Ehrengerichte in Sachen des Ehrenkodex, der Richter in seiner ursprünglichen, f A: evt. g A: besonderen h Fehlt in A. i – i (S.220) A: Schiedsgerichte, deren Urteile lediglich an die Mißbilligung oder die Selbsthilfe appellieren können. Immerhin ist in solchen Fällen aus der amorphen Billigung oder Mißbilligung ein autoritär formuliertes Gebieten oder Verbieten geworden, also ein psy68 Kritisierter Bezugspunkt ist hier offenbar die von Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 121–124, 124–127, 479–482, vertretene Lehre von den Konventionalregeln; vgl. unten, S. 222. Die Geltung der Konventionalregel setzt nach Stammlers Auffassung – im Unterschied zur Rechtsregel – begriffslogisch die Einwilligung der ihr Unterstellten voraus, an deren Verletzung sich daher keine Zwangsmittel anschlössen. In deutlicher Abgrenzung gegen Stammler, zugleich aber nur als „Konventionalregeln des Rechts“ im Unterschied zu „Konventionalregeln auf anderen Gebieten gesellschaftlicher Gemeinäußerungen (Sprache, Religion, Sitte)“, analysiert Hatschek, Konventionalregeln (wie oben, S. 49, Anm. 16), S. 34 f. und S. 67, S. 4, Anm. 2, und S. 35, Anm. 1 (gegen Stammler), die „Konventionalregeln“ im Sinne vorrechtlicher Normen auf dem Gebiet des Rechts.

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rein amorphen Billigung oder Mißbilligung der Umwelt ein autoritär formuliertes Gebieten, Verbietenj und Erlauben geworden, also ein kconkret organisierter psychischer Zwangk,i und man wird in solchen Fällen daher wenigstens dann von „Recht“ sprechen, wenn les sich nicht – wie bei den „Liebeshöfen“ – um bloßes Spiel handelt und wenn hinter dem Urteil mehr als nur die unmaßgebliche Ansicht des Urteilenden steht, also zum Mindesten die irgendwie mvon einem Apparat von Personen getragenem Boykott„Selbsthilfe“ (der Sippe oder des verletzten Staats) als normale Folge zu erwarten ist,l wie in den beiden zuletzt genannten Fällen. n oFür den Begriff der „Convention“p ist nach unserer Begriffsbestimmung69 nicht genügend, daß qein Handelnq bestimmter Art überhaupt, sei es auch von noch so vielen Einzelnen, „gebilligt“, ein entgegengesetztes „mißbilligt“ wird, sondern: daß in einer „spezifischen Umwelt“ – worunter natürlich nicht eine örtliche Umwelt gemeint ist – des Handelnden die Chance einer solchen Stellungnahme bestehe. Das heißt: es muß irgend ein Merkmal angebbar sein, welches den betreffenden Umkreis von Personen, der diese „Umwelt“ ausmacht, begrenzt, sei jenes nun beruflicher, verwandtschaftlicher, nachbarschaftlicher, ständischer, ethnischer, religiöser, politischer oder welcher Art immer und sei die Zugehörigkeit eine chischer Zwang, für dessen Ausübung sich bestimmte Personen bereit halten, j B: Verbieten, k B: psychischer Zwangsapparat  conkret organisierter psychischer Zwang i (S. 219) – i Vgl. oben, S. 219 f. l – l A: hinter dem Urteil wenigstens die Zwangsgewalt der Selbsthilfe als normale Folge steht, m B: organisierte  von einem Apparat von Personen getragene n – n (S. 222) Fehlt in A. o – o (S. 221) Der Wortlaut der Allongenrückseite, bei dem es sich um ein Brieffragment oder einen Briefentwurf handelt, ist abgedruckt im Anhang zum Editorischen Bericht, oben, S. 190. Am linken Rand wurde im unteren Drittel der Allonge ein Papierstück abgerissen. – Der Wortlaut des Randtextes von Blatt A 8/B 6, der durch die am linken Blattrand angebrachte Allonge überklebt wurde, konnte mit Hilfe eines Wasserzeichenlesers gelesen werden (ohne Varianten, nicht mehr lesbare Stellen in eckigen Klammern): „Recht“ – so kann man das bisher Gesagte auch zusammenfassen – soll zwar unserer Betrachtung normalerweise als mit „Herrschaft“ im Sinn einer real sich Geltung verschaffenden Befehlsgewalt verbunden gelten, also mit einem [Gewalthaber][,] welcher [Rechtszwang durch einen] Zwangsapparat übt. [Es] kann auch – wie in dem erwähnten Fall – andre als herrschaftliche [Struktur] haben: dann spielten [andre –] wir wer[den sehen welche – Faktoren eine Rolle. Dennoch handelt es sich um] Recht! Dahin gehört sowohl der [auf] die Rechte der eignen Sippe gerichtete wie der nur durch die Kriegs[-]Selbsthilfe des Staats oder nur durch die Entscheidungen von Schiedsgerichten oder nur durch diplomatische [Vertret]ung garantierte völkerrechtliche Anspruch. p In B folgt:  wie für den des „Rechts“¯ q B: eine Handlung  ein Handeln 69 Zu Webers Begriffsbestimmung von „Convention“ siehe oben, S. 211.

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noch so labile. Dagegen ist für die Convention in unsrem Sinn nicht Voraussetzung, daß jener Umkreis einen „Verband“ (in unsrem Sinne)70 bildet; das Gegenteil ist vielmehr grade bei ihr sehr häufig[.] Die Geltung von „Recht“ in unsrem Sinne ist dagegen, weil es nach unsrer Definition einen „Zwangsapparat“ voraussetzt,71 stets ein Bestandteil eines (aktuellen oder potentiellen) „Verbandshandelns“ – was, wie wir wissen,72 natürlich nicht etwa bedeutet, daß lediglich „Verbandshandeln“ (oder selbst nur: lediglich „Gemeinschaftshandeln“) durch den Verband rechtlich geregelt: „verbandsgeregeltes“ Handeln73 wird. In diesem Sinn kann man den „Verband“ als „Träger“ des Rechts bezeichnen.o Andrerseitsr aber ist Gemeinschaftshandeln, Einverständnis- oder Gesellschaftshandeln, Verbandshandeln, Anstaltshandeln – welches ja seinerseits schon nurs einen Ausschnitt aus dem soziologisch relevanten Geschehen, Sichverhalten, Handeln darstellt –t außerordentlich weit davon entfernt, sich subjektiv nur an „Rechtsregeln“ im hier angenommenen Sinn des Worts zu orientieren, wie wir immer wieder an Beispielen sehen werden. Wenn man unter der „Ordnung“ eines Verbandes alle thatsächlich feststellbaren Regelmäßigkeiten des Sichverhaltens versteht, welche für den faktischen Verlauf des ihn constituierenden oder von ihm beeinflußten Gemeinschaftshandelns charakteristisch odera als Bedingung wesentlich sind, dann bist diese „Ordnung“b nur zum verschwindenden Teil die Folge der Orientierung an „Rechtsregeln“. Soweit sie überhaupt bewußt an „Regeln“ orientiert sind –c und nicht bloßer dumpfer „Gewöhnung“ entspringen –[,] sind es teils solche der „Sitte“ und „Convention“, teils aber, und sehr oft gänzlich überwiegend, Maximen dsubo – o Vgl. oben, S. 220. r In B geht voraus:  Das menschliche¯ s Von fremder Hand mehrfach gestrichen. t In B folgt: ist a B: und  oder b B: ist der  die ungeheure Überzahl aller¯  überwiegende Teil¯ dieseba  Handelns¯ „Ordnung“ ba B: dieses  diese c B: sind, – d – d (S. 222) B: der Zweckmäßigkeit persönlichen > subjektiv zweckrationalen 70 Vgl. die entsprechende Herleitung des Verbandskonzepts in Weber, Kategorien, S. 288 f. Hier ist entscheidend die begriffsnotwendige Bereitschaft des Verbandes „Zwang gegen einverständniswidrig sich verhaltende Teilnehmer“ auszuüben (ebd., S. 288). 71 Siehe oben, S. 199 f. 72 Siehe oben, S. 197 ff. 73 Weber, Kategorien, S. 289, unterscheidet „verbandsbezogenes“ und „verbandsgeregeltes“ Handeln.

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jektiv zweckrationalend Handelns im eignen Interesse jedes der daran Beteiligten, auf dessen Wirksamkeit der oder die Andren zählen und oft auch ohne Weiteres, sehr häufig aber überdies noch kraft spezieller, aber nicht rechtszwanggeschützter, eVergesellschaftungen oder Einverständnissee objektiv zählen können. Die Chance des Rechtszwangs, welche, wie schon erwähnt,74 dasf „rechtmäßige“ Verhalten des Handelnden nur in geringem Grad bestimmt, steht als eventuelle Garantie auch objektiv nur hinter einem Bruchteil des thatsächlichen Ablaufs des Einverständnishandelns.n gErsichtlichh ist für die Soziologie der Übergang von bloßer „Sitte“ zu „Convention“ und von dieser zum „Recht“ flüssig.g i1. Es ist sogar außerhalb der soziologischen Betrachtungsweise unrichtig, wenn der Unterschied von „Recht“ und „Sittlichkeit“ darin gesucht wird, daß die Rechtsnorm „äußeres“ Verhalten und nur dies, die sittliche Norm dagegen „nur“ die Gesinnung reguliere.75 Das Recht behandelt die Art der Gesinnung, aus der ein Handeln resultiert, zwar keinswegs immer als relevant, und es gibt jund gab Rechtssätze und ganze Rechtsordnungen, welche Rechtsfolgen, auch Strafen[,]j nur an den äußeren Kausalzusammenhang knüpfen. Aber dies ist nicht im mindesten das Normale. Rechtsfolgen knüpfen sich an die „bona“ oder „mala fides“, die „Absicht“ oder die aus dem Gesinnungstatbestand zu ermittelnde „Ehrlosigkeit“ keines Verhaltensk und an zahlreiche andere rein gesinnungse B: Abmachungen  Vergesellschaftungen oder Einverständnisse f In B folgt:  subjektive¯ n (S. 220)– n Fehlt in A. g A, ohne Absatz: Im Übrigen ist der Übergang ersichtlich flüssig. h In B geht die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz! i – i (S. 238) In B steht am linken Rand die Satzanweisung Max Webers: Setzer: und viermal Petit Petit Auf den Folgeseiten seitenweise mit bzw. ohne Unterstreichung oder Ausrufungszeichen wiederholt. j A: Rechtsordnungen, welche die Rache oder Strafe k A: bei einem Verhalten 74 Siehe oben, S. 199. 75 Diese Unterscheidung von „innen“ und „außen“ richtet sich wohl in erster Linie gegen die von Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 98 f., 379–385, neukantianisch formulierte Differenz von „Legalität“ und „Moralität“ (vgl. auch: Stammler, Rudolf, Die Lehre vom richtigen Rechte. – Berlin: J. Guttentag 1902, S. 76, 82 f., 87 ff., 90 ff., 52 f., 57; hinfort: Stammler, Richtiges Recht; ders., „Recht“, in: HdStW3, Band 7, 1911, S. 31–46, hier S. 31, 41; hinfort: Stammler, Recht). So sagt Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 379–380: „Von dem Standpunkte des Unterworfenen aus ist das Gebot des Rechtes heteronom: Es tritt von außen her an ihn heran und bedeutet eine bedingte Vorschrift seines Verhaltens. Dagegen wendet sich die [. . .] Sittenlehre an ihn, den Angeredeten, als autonom Wollenden: Sie will ihm nur helfen, die rechte Gesinnung zu haben, gemessen und bestimmt nach unbedingt geltender Anweisung.“

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mäßige Tatbestände. Und die „sittlichen“ Gebote richten sich ja gerade darauf, daß die als Bestandteil der „Gesinnung“ lfaktisch ebenfallsl vorhandenen normwidrigen Gelüste im praktischen Handeln, also in etwas normalerweise m nsich äußerlich Realisierendem,o „überwunden“ werden.76 Die normative Betrachtung hätten für die Unterscheidung von Sittlichkeit und Recht pgewiß nicht von „äußerlich“ und „innerlich“, sondern von den Unterschieden der normativen Dignität beider auszugehen. Für die soziologische Betrachtung aber ist normalerweise „sittlich“ mit aus „religiösen Gründen“ oder kraft „Konvention“ geltend identisch. Als eine im Gegensatz dazu „ausschließlich“ ethische Norm könnte ihr nur die subjektive Vorstellung von einem abstrakten, aus letzten Axiomen des Geltenden zu entfaltenden Maßstab des Sichverhaltens gelten, sofern diese Vorstellungp praktische Bedeutung für das Handeln gewinnt. qIn oft weitgehendem Maße haben derartige Vorstellungen in der That reale Bedeutung gehabt. Sie waren aber überall, wo dies der Fall war,q ein relativ junges Produkt philosophischer Denkarbeit. rIn der Vergangenheit wie in der Gegenwart sind in der Realität des Alltags „sittliche Gebote“ im Gegensatz zu „Rechtsgeboten“, soziologisch betrachtet[,] normalerweise entweder religiös l Fehlt in A. m Am linken unteren Rand findet sich neben einer durch eine Allonge überklebten Texterweiterung auf dem linken Seitenrand der Vermerk Max Webers:  cf Seitenblatt rechts!¯ Der Vermerk bezieht sich auf die ursprünglich hier befestigte, dann abgetrennte und nach Blatt A 4/B 2, oben, S. 197, transferierte Allonge; vgl. auch oben, S. 219, textkritische Anm. u. n – n A: äußerlich sich realisierenden, überwunden werden. Für die normative Betrachtung steht jedenfalls o B: realisierenden, p – p A: die Art der normativen Dignität beider im Vordergrund. Für die soziologische Betrachtung aber ist im Prinzip „sittlich“ mit religiös oder konventionell geltend identisch, eine ausschließlich sittliche Norm aber die subjektive Vorstellung von einem abstrakten, aus letzten Axiomen des ethisch Geltenden zu entfaltenden Maßstab des Sichverhaltens, sofern er Anführungszeichen in A. q A: Dies ist r – r (S. 224) A: In aller Vergangenheit und in der Realität des Alltags sind sittliche Gebote im Gegensatz zu Rechtsgeboten entweder religiös oder konventionell bedingt und die 76 Ähnlich kritisiert schon Hermann Kantorowicz den Versuch Stammlers, die Lehre vom „Richtigen Recht“ von allen Bezügen zu ethisch-religiösen Vorstellungen begrifflich abzutrennen, und deshalb die wirkliche Differenz von Sittlichkeit und Recht zu verfehlen: „Sie [die Sozialphilosophie, Hg.] hat es mit der Moral als einem sozialen Phänomen zu tun, und da lehrt uns die Geschichte aller Völker, daß ihre Moralvorschriften allerdings die Gesinnung regeln wollen; aber – und da steckt eben der Trugschluß – nicht nur die Gesinnung, sondern stets ein bestimmtes äußeres Verhalten (Tun oder Unterlassung), aus einer bestimmten Gesinnung heraus (Liebe oder Pflichtgefühl) vorschreiben“ (ders., Lehre vom Richtigen Recht (wie oben, S. 43, Anm. 92)).

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oder konventionell bedingte Maximen des Verhaltens und ist ihrer Grenze gegenüber dem Recht flüssig. Es gibt skein sozialt wichtiges „sittliches“ Gebot, welches nicht irgend einmal irgendwo eins Rechtsgebot gewesen wäre. 2. Ganz unbrauchbar ist Stammlers Scheidung der „Konvention“ von der Rechtsnorm darnach:a ob die Erfüllung der Norm in den freienb Willen des Einzelnen gestellt sei oder nicht.77 Es ist unrichtig, daß die Erfüllung konventioneller „Pflichten“, z. B. einer gesellschaftlichen Anstandsregel, dem Einzelnen nicht „zugemutet“, ihre Nichterfüllung nur die Folge des dadurch ipso facto herbeigeführten freiwilligen[,] jederzeit freistehenden Ausscheidens aus einer freiwilligen Vergesellschaftung zur Folge habe.78 Zugestanden,c daß es Normen dieses Charakters dgebe – aber keineswegs nur auf dem Boden der „Konvention“, sondern auch des Rechts (die „clausula rebus sic stantibus“ hat faktisch oft diesen Sinn) [–], so findet jedenfallsd das, was Stammlers eigene Soziologie79 als Konventionalregeln von den Rechtsnormen scheiden muß, ganz gewiß nicht in derartigem seinen Schwerpunkt. Nicht nur eine theoretisch konr – r Vgl. oben, S. 223. s – s A: durchaus kein wichtiges sittliches Gebot, welches nicht einmal t B: praktisch  sozial a Doppelpunkt fehlt in A. b Fehlt in A. c A: Zugegeben, d A: geben könne, so findet 77 Stammler trifft seine Unterscheidung nach dem Sinn des Geltungsanspruchs: „Das Recht will als Zwangsangebot über dem einzelnen gelten, ohne Rücksicht auf dessen Zustimmung und Anerkennung, – die Konventionalregel gilt nach ihrem eigenen Sinne lediglich zufolge der Einwilligung der Unterstellten“ (ders., Wirtschaft und Recht, S. 477; vgl. auch ebd., S. 124 f., passim; ders., Richtiges Recht (wie oben, S. 222, Anm. 75), S. 235 f.; ders., Recht (wie oben, S. 222, Anm. 75), S. 35). 78 Nach Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 543, besteht darin die Rolle der Konventionalregel dahin bestimmt, „frei gebildete Genossenschaften“ zu ermöglichen, „wobei ein jeder über seine Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft selbst bestimmen soll. Er gehe frei die Konvention ein und löse sie in eigener Entschließung wieder, – die vertragsmäßige Übereinkunft ist es, nach der er sich zu richten gedenkt, so lange sie besteht, die er allererst eingehen muß und die er in unbedingter Schrankenlosigkeit jederzeit durch neue Willenserklärung außer Kraft setzen kann.“ Und aus dem voluntaristischen Charakter der „Konventionalgemeinschaft“ auf nur bedingte fehlende Verbindlichkeit schließend: „Solange er der Vereinigung angehört, unterliegt er jenen Normen; allein ob er dazugehöre, das beantwortet sich in jedem Augenblicke neu nach seiner eigenen Entschließung“ (ebd., S. 479). 79 Stammlers Buch behandelt einerseits sowohl sozialphilosophische als auch empirisch-sozialwissenschaftliche Fragestellungen und beansprucht doch andererseits v. a. eine eigenständige sozialwissenschaftliche („teleologische“) Betrachtungsweise des „sozialen Lebens“, neben einer rein naturwissenschaftlich-technischen bzw. (juristisch-)dogmatischen, zu begründen. Vgl. dazu insbesondere: Stammler, Wirtschaft und Recht, Zweites Buch: Der Gegenstand der Sozialwissenschaft, S. 75–158.

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struierbare anarchistische eGesellschaft, deren „Theorie“ und „Kritik“ Stammler mit Hilfe seiner scholastischene Begriffe entwickelt hat,80 sondern zahlreiche in der realen Welt existierende Vergesellschaftungen verzichten auf den Rechtscharakter ihrer fconventionellen Ordnungen einfachf deshalb, weil angenommen wird: die bloße Tatsache der sozialen Mißbilligung ihrer Verletzung mit ihren oft höchst realen indirekteng Konsequenzen für den Verletzenden werde und müsse als Sanktion genügen. Rechtsordnung und konventionelle Ordnung sind halso für die Soziologie –i h auch ganz abgesehen von den selbstverständlichen jÜbergangserscheinungen –k keinswegs grundsätzliche Gegensätze,81 da auch die Konvention teils durch psychischen, teils sogar[,] wenigstens indirekt[,] durch physischen Zwang gestützt ist.j Sie scheiden sich nur in der soziologischen Struktur des Zwanges durch das Fehlen der eigens für die Handhabung der Zwangsgewalt sich bereit haltenden Menschen (des „Zwangsapparats“: l„Priester“, „Richter“, „Polizei“, „Militär“ usw.).l m nVor Allem aber geht bei Stammler zunächst die ideelle, vom Rechtsdogmatiker oder Ethiker wissenschaftlich deduzierbare „Geltung“ einer „Norm“ mit dero zum Objekt einer empirischen Betrachtung zu machenden realen Beeinflussung des empirischen Handelns durch Vorstellungen vom Gelten von Normen durcheinander. Und weiterhin dann gar noch die normative „Geregeltheit“ eines Verhaltens durch Regeln, welche als „geltensollend“ von e A: Gesellschaft, deren Theorie Stammler mit Hilfe seiner schiefen f A: Ordnungen g Fehlt in A. h A: also, i B: Soziologie, – j – j A: Übergangserscheinungen da auch die Konvention teils psychischen, teils indirekt physischen Zwang entfaltet, keinswegs grundsätzliche Gegensätze. k B: Übergangserscheinungen, – l A: Priester, Schiedsrichter, Richter, Polizei, Militär usw.). m In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz n – n (S. 226) Fehlt in A. o In B folgt:  praktischen¯ 80 Stammler sucht nachzuweisen, daß die Konstruktion einer „anarchistischen Gesellschaft“ als „Konventionalgemeinschaft“ unter der Hand doch wieder Rechtszwang und damit Herrschaft über Menschen einführen müsse; vgl. Stammler, Rudolf, Die Theorie des Anarchismus. – Berlin: O. Häring 1894, bes. S. 42 f.; ders., Wirtschaft und Recht, bes. S. 551–555; ders., Recht (wie oben, S. 222, Anm. 75), S. 37 f. 81 Stammler hingegen behauptet den exklusiven Begriffsgegensatz von „konventionaler“ und „rechtlicher“ Regelung „sozialen Lebens“. Er folgert daraus nicht nur die Unmöglichkeit eines „begrifflichen Übergangs“ von der einen Regelungsform einer Gemeinschaft zur anderen, sondern darüber hinaus die Unmöglichkeit von empirischen Entwicklungen solcher Art, für die sich ganz entsprechend auch keine historischen Beispiele anführen ließen (vgl. ders., Wirtschaft und Recht, S. 543, 550, 552).

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einer Vielheit von Menschen faktisch behandelt werden, mit den faktischen Regelmäßigkeiten des menschlichen Verhaltens.82 Beides ist begrifflich streng zu scheiden.p n Konventionelle Regeln sindq normalerweise der Weg, auf welchemr bloß faktische Regelmäßigkeiten des sHandelns: bloße „Sitte“ also[,] in die Form verbindlicher, meist zunächsts durch psychischen Zwang garantierter,t „Normen“ überführt werden: der Traditionsbildung. Schon die bloße Tatsache der regelmäßigen Wiederkehr avon Vorgängen, und zwara sowohl von Naturereignissen wie von organisch oder durch unreflektierte Nachahmung oder Anpassung an die äußeren Lebensumstände bedingten Handlungen[,] verhilft diesen Vorgängen bäußerst leichtb zur Dignität von etwas normativ Gebotenem, mag es sich um den von göttlichen Mächten vorgeschriebenen gewohnten Gang der Gestirne oder etwa der Nilüberschwemmung oder um die gewohnte Art der Entlohnung von rechtlich bedingungslos der Gewalt des Herrn überlieferten unfreien Arbeitskräften handeln. Sobald die Konvention sich cder Regelmäßigkeiten des Handelns bemächtigt hat, aus einem „Massenhandeln“ also ein „Einverständnishandeln“d geworden iste – denn das ist ja die Bedeutung des Vorgangs, in unsere Terminologie übersetzt –[,]83 wollen wir von „Tradition“ sprechen. Schon die bloßec Eingeübtheit der gewohnten Art des Handelns p In B folgt die Satzanweisung Max Webers: (Absatz) B: scheiden,  gerade weil in der Realität das Eine ursächliche Componente des Andren werden kann.¯ Es folgt die gestrichene Satzanweisung Max Webers:  (Absatz!¯ n (S. 225) – n Fehlt in A. q In B folgt:  sehr häufig¯ r A, B: welchen s A: Handelns in die Form verbindlicher und zunächst meist t Komma fehlt in A. a Fehlt in A. b Fehlt in A. c – c A: dieser Regelmäßigkeiten bemächtigt hat, wollen wir von Traditionen sprechen. Die d B: „Gemeinschaftshandeln“  „Einverständnishandeln“ e B: ist, 82 Weber wirft dem sich selbst in der kantischen Tradition sehenden Stammler durchgängig eine unzulässige Vermischung logisch heterogener Sachverhalte vor, für den Fall des Regelbegriffs im Allgemeinen, dann speziell für die „Rechtsregel“ in: Überwindung, S. 120 ff., 137 ff., sowie in: Nachtrag, S. 369 ff. Der Bezug geht dabei insbesondere auf Stammler, Wirtschaft und Recht. Zweites Buch: Der Gegenstand der Sozialwissenschaft, S. 75 ff. Kernpunkt der Kritik ist Stammlers Versuch, den Begriff des sozialen Lebens als „eigene[n] Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung“ an den Begriff der Regel zu binden (ebd., S. 77), indem als entscheidendes Kriterium „die von Menschen herrührende Regelung ihres Verkehrs und Miteinanderlebens“ (ebd., S. 83) angesehen und „soziales Leben“ als „äußerlich geregeltes Zusammenleben von Menschen“ bestimmt wird (ebd., S. 84). 83 Zum „Einverständnishandeln“ siehe Weber, Kategorien, S. 279–286.

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und die Eingestelltheit auf die fErhaltung dieser Gewöhnung, erst recht aber die Tradition, wirkt, wie immer wieder gesagt werden muß, im ganzen stärker auf den Fortbestand auchf einer durch Satzung entstandenen, eingelebten, Rechtsordnung als die Reflexion auf die zu gewärtigenden Zwangsmittel und andere gFolgen, zumalg diese mindestens einem Teil der hnach der „Norm“h Handelnden gar nicht bekannt zu sein pflegen. Der Übergang von der bloßen dumpf hingenommenen Gewöhnung ian ein Handelni zur Aneignung der bewußten Maxime normgemäßen Handelnsj ist überall flüssig. Wie derartk die bloße faktische Regelmäßigkeit eines Handelns sittliche und Rechtsüberzeugungen entsprechenden Inhalts lzur Entstehung bringt, sol läßt andererseits der Umstand, daß physische und psychische Zwangsmittel ein bestimmtes Verhalten oktroyieren, faktische Gewöhnungen und dadurch Regelmäßigkeiten des mHandelns entstehen.m 84 Das Recht und die Konventionn sind als Ursache und Wirkung verflochten in das Mit-, Neben- und Gegeneinanderhandeln der Menschen. oEs ist gröblichp irreführend, wenn man es q– wie Stammler thut85 –q dem „Inhalt“ dieses Handelns r(der „Materie“ desselben)r als dessen „Form“ gegenüberstellt.o Vielmehr ist der Glaube an das rechtliche oder konventionelle Gebotensein eines bestimmten Verhaltens,s soziologisch angesehen, zunächst nur ein Superadditum, welches dem Gradet von Wahrscheinlichkeit, mit welchem der Handelnde auf bestimmte Folgen seines Handelns zählen kann, hinzugefügt wird. Die ökonomische aTheorie wenigstensa sieht daher von der Analyse des Charakters der Normen f A: Weiterhaltung dieser Gewöhnung wirkt im ganzen stärker auch auf den Fortbestand g A: Folgen. Zumal h A: darnach i Fehlt in A. j A, B: Handeln k Fehlt in A. l A: entstehen m A: Handelns. Und zwar nicht nur solche, welche durch jene Zwangsmittel herbeigeführt werden sollten, sondern ungemein häufig auch andere, weder beabsichtigte noch den Urhebern der Rechtsordnung willkommene n A: Konventionen o – o Auf Zeilenhöhe dieses Satzes steht am linken Rand die gestrichene Notiz Max Webers: B:  Nur ein Teil der „Ordnungen“, welche einverständnismäßig gelten, ist Recht oder Convention.¯ p Fehlt in A. q Fehlt in A. r Fehlt in A. s In A folgt: oder t A: Maße a A: Begriffsbildung 84 Vgl. die sinnentsprechenden Ausführungen bei Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 337–342. 85 Weber bezieht sich auf die von Stammler, Wirtschaft und Recht, zugrunde gelegte Unterscheidung von „Form“ und „Inhalt“; vgl. insbes. Zweites Buch, Zweiter Abschnitt: Die Form des sozialen Lebens, S. 112–130, und Dritter Abschnitt: Die Materie des sozialen Lebens, S. 131–158.

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zunächst bmit Rechtb gänzlich ab.86 Daß jemand etwas „besitzt“, bedeutet für sie lediglich: er kann darauf zählen, daß seiner faktischen Verfügung darüber seitens anderer nichts in den Weg gelegt wird. Warum diese gegenseitige Respektierung der Verfügungsmacht stattfindet, ob mit Rücksicht auf eine konventionelle oder Rechtsnorm oder aus irgend welchen Erwägungen des eigenen Vorteils seitens aller Beteiligten, ist ihr primärc gleichgültig. Daß jemand einem anderen dein Gut „schuldet“, bedeutet soziologisch: das Bestehen der Chance, daß der eine der durch einen bestimmten Vorgang: Versprechen, eschuldhafte Schädigunge oder was immer, nach dem üblichen Verlauf der Dinge begründeten Erwartung des anderen:d er werde diesem zu einem bestimmten Zeitpunkt jenes Gutf in die faktische Verfügung geben, entsprechen werde. gAus welchen psychologischen Motiven dies geschieht, ist für die Ökonomik primärg gleichgültig. Daß Güter „getauscht“ werden, bedeutet: daß hnach Vereinbarungh das eine aus der faktischen Verfügung des einen in die des anderen um deswillen gegeben wird, iweil nach dem vom ersteren gemeinten Sinn das andere aus der Verfügung des anderen in die des einen überführt wird oder werden soll.i Die am Schuldverhältnis oder am Tausch Beteiligtenj hegen jeder die Erwartung, daß der andere Teil sich in einer kder eigenenk Absicht entsprechenden Art verhalten werde.l Irgend eine außerhalb ihrer beiderseitigen Personen liegende „Ordnung“, welche dies garantiert, anbefiehlt, durch einen Zwangsapparat oder

b Fehlt in A. c A: an sich d – d A: etwas schuldet, bedeutet das Bestehen der Chance: daß der eine die Erwartung des anderen, e B: Verschulden  schuldhafte Schädigung f Fehlt in A. g A: Warum dies geschieht, ist begrifflich h Fehlt in A. i A: daß das andere in die Verfügung des andern [sic!] gegeben wird. j A, B: beteiligten k A: ihrer l A, B: werden. 86 Während Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 184, meint: „Bei allen nationalökonomischen Untersuchungen, also allen Betrachtungen der Volkswirtschaft in sozialer Erwägung, liegt ganz unvermeidlich eine bestimmte rechtliche (oder konventionale) Regelung in dem Sinne zu grunde, daß diese konkrete rechtliche Normierung die logische Bedingung des betreffenden nationalökonomischen Begriffes und Satzes ist; und in dem Augenblicke, da man diese bestimmte, jeweils notgedrungen vorausgesetzte Regelung in Gedanken entfernt, wird der erwähnte nationalökonomische Begriff und Lehrsatz völlig in sich zusammenfallen.“ Ebd., S. 209, spricht Stammler demgemäß von dem „irrigen Glauben mancher Nationalökonomen an eine Unabhängigkeit ihrer Lehre von ganz bestimmt gegebener Rechtsordnung“; vgl. ders., Richtiges Recht (wie oben, S. 222, Anm. 75), S. 240 ff.; ders., Recht (ebd.), S. 40 f.

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durch soziale Mißbilligung erzwingt, ist dabei begrifflich weder notwendig vorhanden, noch auch ist die subjektive Anerkennung irgend welcher Norm als „verbindlich“ oder der Glaube daran, daß der Gegenpart dies tue, bei den Beteiligten irgendwie notwendig vorausgesetzt. Denn mder Tauschende kannm sich z. B. beim Tausch auf das der Neigung zum Bruch des Versprechens entgegenwirkende egoistische Interesse des Gegenparts an der künftigen Fortsetzung von Tauschbeziehungen nmit ihmn verlassen (wie dies oin plastischer Deutlichkeit beim sogenannten „stummen Tausch“ mit wilden Völkerschaften und übrigens im allerweitesten Umfang in jedem modernen Geschäftsverkehr, speziell der Börse,o geschieht) oder auf irgend welche anderen pdahin wirkenden Motive.p Der Tatbestand liegt qim Fall reiner Zweckrationalitätq so, daß jeder der Beteiligten darauf rzählt und normalerweise mit Wahrscheinlichkeit darauf zählen kann:s r der Gegenpart werde sich so verhalten, „als ob“ er eine Norm des Inhalts: daß man das gegebene Versprechen „halten“ müsse, als tfür sich „verbindlich“ anerkenne.87 Begrifflich genügt das völlig.t Aber selbstverständlich ist es von aunter Umständena großer faktischer Tragweite , ob die Beteiligten [] für jenes Zählen auf bein solchesb Verhalten des Gegenparts Garantien besitzen: 1) dadurch, daß der subjektive Glaube an die objektivec Geltung solcher Normen tatsächlich in ihrer Umwelt verbreitet dist e(Einverständnis),e 2) noch weiter dadurch, daß die Rücksicht auf soziale Billigung oder Mißbilligung eine konventionelle oder die Existenz eines Zwangsapparats eine „Rechtsgarantie“ schafft. Ohne die Rechtsgarantie ist ein gesicherter privaterd wirtschaftlicher Verkehr moderner Art zwar nicht feinfach „undenkm A: diese können n Fehlt in A. o A: beim sogenannten stummen Tausch mit wilden Völkerschaften p A: Motive. q A: also auch hier r – r A: zählt: s B: kann; t A: verbindlich anerkenne. a A: sehr b A: das c Fehlt in A. d – d A: ist (Garantie der Konvention), 2) dadurch, daß die Existenz eines Zwangsapparats diese Garantie zur Rechtsgarantie steigert. Ohne diese Basis ist heute ein gesicherter e B: (Konvention),  (Einverständnis in Form der Konvention), > (Einverständnis), f – f (S. 230) A: unmöglich: es haben B: einfach  durchweg¯ „undenkbar“;   und¯ ja es kann ihnen 87 Den Sachverhalt verhandelt Weber bereits bei den Ausführungen zur „Norm-Maxime“ in: Überwindung, S. 129 f., Anm. 10, sowie Nachtrag, S. 377 f., schließlich im Zuge der Einführung der Kategorie des „Einverständnishandelns“ in: Kategorien, S. 275 ff. Die philosophische Seite der Problematik ist behandelt bei Vaihinger, Hans, Die Philosophie des Als ob: System der theoretischen, praktischen und religiösen Fiktionen der Menschheit auf Grund eines idealistischen Positivismus, mit einem Anhang über Kant und Nietzsche. – Berlin: Reuther & Reichard 1911.

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bar“.f 88 gIm Gegenteil fällt es bei der Mehrzahl aller geschäftlichen Transaktionen Niemandem ein, an die Frage der Klagbarkeit auch nur zu denken. Und hdie Börsenabschlüsseh z. B. spieleni sich auf der Börse selbst zwischen den Berufshändlern in Formen ab, welche in einer ganz überwältigenden Mehrzahl der Fälle jeden „Beweis“ bei Böswilligkeitj gradezu ausschließen: mündlich oder durch Zeichen und Notizen im (eignen) Notizbuch.89 Es kommt praktisch gleichwohl nicht vor, daß eine Bestreitung versucht wird. Ebenso gibt es Verbände, die rein ökonomische Zwecke verfolgen und deren Ordnungen dennoch des staatlichen Rechtsschutzes ganz oder fast ganz entbehren. Gewisse Kategorien von „Kartellen“ gehörten s. Z. dahin;90 besonders oft lag andrerseits die Sache so, daß auch die kgetroffenen[,] an sich gültigen privatrechtlichen Abredenk jedenfalls mit Auflösung des Verbands dahinfielen, weil dann kein formal legitimierter Kläger mehr da war. Hier war also dieser Verband mit seinem Zwangsapparat Träger eines „Rechts“, welchem der gewaltsame Rechtszwang gänzlich fehlte oder nur so lange er bestand zur Seite stand. Den Kartellverträgen fehlte aber oft, aus Gründen, welche in der eigenartigen inneren Haltung der unter Umständen sogar die Konventionalgarantie fehlen¯ g – g (S. 231) Fehlt in A. h B: der Börsenverkehr  die Börsenabschlüsse i B: spielt j B: Böswilligkeit, k B: geschaffenen privatrechtlichen Garantien  getroffenen an sich gültigen privatrechtlichen Abreden 88 Dies aber meint Stammler, Wirtschaft und Recht, S. 206: „Aber die rechtliche Regelung des Verkehrs ist nicht ein materielles Bedürfnis, ohne dessen Befriedigung das soziale System der Privatwirtschaft auch noch bestehen könnte, nur mangelhaft und geringwertiger; sondern sie ist die notwendige Erkenntnisbedingung, ohne welche eine sozialökonomische Untersuchung formal überhaupt gar nicht möglich ist.“ 89 Zu Webers Sicht der Börse vgl. seine Börsenschriften in: MWG I/5. Zur Disziplin der Börsenbesucher besonders ebd., Einleitung, S. 32 f. 90 Staatliche Versuche, das Kartellwesen zivil-, straf-, oder verwaltungsrechtlich zu regeln, setzten erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Zuerst in England erreichten Arbeiter- und Unternehmerkoalitionen rechtliche Anerkennung, ohne allerdings in den Genuß des staatlichen Rechtsschutzes zu gelangen. Einzelne nordamerikanische Bundesstaaten hingegen stellten die Koalitionen unter strafrechtliche Bestimmungen und sanktionierten ihre Verabredungen als „conspiracy“. Der Versuch einer verwaltungsrechtlichen Regelung im Wege eines Anzeige- und Zustimmungsvorbehaltes der Regierung gegenüber Kartellbeschlüssen scheiterte in Österreich. Der beschleunigte Kartellierungsprozeß Ende des 19. Jahrhunderts führte jedoch zunehmend zur gesetzgeberischen Anerkennung der wirtschaftspolitischen Realität der Kartelle, deren vertragliche Abreden nun als zivilrechtlich bindend galten, wenn sie nicht – in Deutschland – gegen die „guten Sitten“ verstießen oder – generell – offenkundig gemeinwohlschädigend wirkten. Vgl. z. B. Kleinwächter, Friedrich von, „Kartelle“, in: HdStW3, Band 5, 1910, S. 792–798, hier S. 796 f.

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Beteiligten lagen, selbst eine wirksame Conventionalgarantie,g undl die betreffenden Vergesellschaftungen funktionierten mdennoch lange Zeit höchst wirksam infolge des convergierenden Interesses aller Beteiligten.91 – Aber natürlich ist trotzdem die gewaltsame, speziell die staatlichen Rechtsgarantie selbst für solche Bildungen nicht gleichgültig.m Der Tauschverkehr ist heute ganz überwiegend zwangsrechtlicho garantiert. Es wird normalerweise beabsichtigt, durch den Tauschakt psubjektive „Rechte“, also,p soziologisch ausgedrückt: die Chance der Unterstützung des staatlichen Zwangsapparats für Verfügungsgewalten, zu erwerben. qDie „wirtschaftlichen Güter“92 sind heute normalerweise zugleich legitim erworbene subjektive Rechte,93 die „Wirtschaftsordnung“ baut

g (S. 230) – g Fehlt in A. l In A geht voraus: z. B. zahlreiche Kartellverträge existiert, bei denen aus technischen Gründen die Rechtsgarantie fehlte m–m A: dennoch. Aber allerdings maist ein solcher Verkehrma sicherlich nicht in der Art möglich, wie er sich tatsächlich gestaltet hat. ma B:  wäre ohne „staatliche“ Rechtsgarantie  ein Verkehr moderner Art¯ der moderne GüterVerkehr¯ n In B folgt: die o A: rechtlich p A: Rechte, d. h. q – q (S. 232) A: Aber wenn demgemäß auch die Wirtschaftsordnung überwiegend zugleich einen Kosmos erworbener Rechte darstellt, so doch nicht ihre Gesamtheit. Auch 91 Gegen vertragsbrüchige Kartellmitglieder richteten sich die in den Kartellverträgen schließlich vereinbarten erheblichen Konventionalstrafen (vor allem in Form von Solawechseln über sehr hohe Beträge). Derartige Konventionalstrafen waren in den Statuten der älteren Verbände – wie z. B. dem ersten Verband der rheinisch-westfälischen Kohlezechen von 1877 – noch nicht vorgesehen, wurden jedoch im Laufe der weiteren Kartellentwicklung üblich. Darüber hinaus wurden neben den genannten Konventionalstrafen häufig Unterbietungskonkurrenz und der Einsatz von (zur Büchereinsicht und Rechnungsprüfung befugten) Kontrolleuren vertraglich geregelt; vgl. z. B. Liefmann, Unternehmerverbände (wie oben, S. 231, Anm. 91), S. 57 ff., 69 f. 92 „Wirtschaftliche Güter“ sind für Weber die mit konkreten Sachgütern oder menschlicher Arbeit für den wirtschaftenden Menschen verbundenen Nutzleistungen zum Zweck wirtschaftlicher Vorsorge. Begrifflich davon unterschieden sind zum einen die für die Befriedigung irgendwelcher – auch zukünftiger – Bedürfnisse in Frage kommenden „freien Güter“, zum anderen – im Anschluß an Böhm-Bawerk, Rechte (wie oben, S. 200, Anm. 25), S. 76–98, 124–147 – die als Quelle gegenwärtiger oder künftiger Verfügungsgewalt über Nutzleistungen geltenden „Rechte“ und „Verhältnisse“; vgl. Weber, Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, S. 32. 93 Vgl. die klassische Formulierung Böhm-Bawerks zur Theorie der Verfügungsrechte, daß „die Rechte nie Güter für sich (sind), sondern [. . .] die Form, welche die allgemeine Bedingung jeder Gutsqualität: ‚Verfügungsmacht über das Ding‘ in der rechtlich organisierten Gesellschaft anzunehmen oder doch mit zu erfordern pflegt“ (ders., Rechte (wie oben, S. 200, Anm. 25), S. 122; vgl. auch ebd., S. 41–44, 46 f., 119–122).

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ihren Kosmos aus diesem Material. Dennoch besteht auch heute nicht die Gesamtheit der Tauschobjekte daraus. Auch solcheq ökonomische Chancen, welche nicht durch die Rechtsordnung garantiert sind und deren Garantierung sie sogarr grundsätzlich ablehnt, sind Gegenstände des Tauschverkehrs[,] und zwar nicht etwa seines „illegitimen“[,] sondern eines ganz legitimens Tauschverkehrs. Dahin gehört z. B. die tentgeltliche Übertragung der „Kundschaft“ eines Geschäftsmannes. Der Verkauf einer Kundschaft hat zur privatrechtlichen Folge normalerweise heute nur bestimmte Ansprüche des uKäufers gegen den Verkäufer:u daß er sich gewisser Handlungen enthalte, eventuell auch andre („Einführung“ des Käufers) leiste.94 Aber era gewährt Ansprüche gegen Dritte nicht. Es gab und gibt abert Fälle, in welchen die Zwangsapparate der politischen Gewalt sich zur Verfügung halten, um einen direkten Zwang (z. B. beim „Zunftbann“ oder rechtlich geschützten „Monopol“) zugunsten des Besitzers und Erwerbers von Absatzchancen auszuüben. Es ist bekannt, wie Fichte im „Geschlossenen Handelsstaat“95 das Spezifische der modernen Rechtsentwicklung gerade darin fand, q (S. 231) – q Vgl. oben, S. 231. r Fehlt in A. s A: illegitimen t – t A: Übertragung der Kundschaft eines Geschäftsmannes. Es gab und gibt u B: Verkäufers gegen den Käufer: a B: sie 94 Der gängigen handelsrechtlichen Literatur gilt die Kundschaft als rein „wirtschaftliches Gut“, das einem gewissen Rechtsschutz durch die Regeln über den unlauteren Wettbewerb unterliegt. Auf die Veräußerung – mit oder ohne die gewerbliche Unternehmung – finden die Regeln des Kaufes (§ 433 BGB) entsprechende Anwendung. Der Veräußerer hat für das Vorhandensein (nicht das weitere Verbleiben) der bezeichneten Kunden einzustehen, sich weiteren geschäftlichen Verkehrs mit seinen früheren Kunden zu enthalten und sonstige störende Einwirkung auf den Geschäftsverkehr des Käufers mit der (neuen) Kundschaft zu unterlassen; vgl. etwa Staub’s Kommentar zum Handelsgesetzbuch, bearb. von Heinrich Koenige, Albert Pinner, Felix Bondi, 11. Auflage (unveränderter Nachdruck der 10. Aufl. 1919), Band 2, Halbband 1. – Berlin, Leipzig: Walter de Gruyter & Co. 1921, S. 542 f., Anm. 3, zu § 373. 95 Fichte, Handelsstaat, hier Zweites Buch: Zeitgeschichte: Vom Zustande des Handelsverkehrs in den gegenwärtigen wirklichen Staaten, S. 478–505, bes. S. 483. Fichte beschreibt den Handelsverkehr der empirischen Staaten als „Anarchie des Handels“, beherrscht von der wirtschaftsliberalen Maxime der freien Konkurrenz von Waren und Dienstleistungen, die bei stetig wachsender Bevölkerung und entsprechend steigenden Bedürfnissen zur Quelle immer schärferer ökonomischer und sozialer Ungleichheiten werde. Dem setzt er einen wirtschaftlich autarken, monopolistisch regulierten und genossenschaftlich organisierten „Vernunftstaat“ entgegen, der Produktion und Verteilung der Güter seiner eigenen Regelung unterwirft und eine nach den relativen Bedürfnissen angemessene Versorgung den jeweiligen ‚Standesgenossen‘ kraft seiner Zwangsgewalt garantiert (vgl. Erstes Buch: Philosophie, S. 429–477).

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daß bim Gegensatz dazu heuteb im Prinzip nur noch Ansprüche auf konkrete nutzbare Sachgüter oder Arbeitsleistungen Gegenstand des staatlichen Rechtsschutzes sind:96 die sog. „freie Konkurrenz“ drückt sich, rechtlich betrachtet, in der Tat eben hierin aus. Obwohlc also hier ddie gegen Dritte nicht mehr rechtlich geschützte Chanced trotzdem ökonomisches Verkehrsgut geblieben ist, hat die Versagung der Rechtsgarantie ersichtlich dennoch weittragende ökonomische Folgen. ePrinzipiell aber – das ist begrifflich festzuhalten –e bleibt für die soziologische und ökonomische Betrachtung ihr Eingreifen fzunächst lediglich eine Steigerung der Sicherheit, mit welcher auf das Eintreten des ökonomisch relevanten Ereignisses gezählt werden kann.f Dieg rechtliche Geordnetheit eines Sachverhalts, d. h. immer: das Vorhandensein einer menschlichen Instanz, wie immer geartet sie sei, welche im Fall des Eintritts der betreffenden Tatsache hals (prinzipiell) in der Lage befindlich gilt,h nach irgend welchen Normvorstellungen anzugeben: was nun „von Rechts wegen“ zu geschehen habe, ist aberi überhaupt nirgends bis in die letzten Konsequenzen durchgeführt. Und zwar sollj nicht davon hier die kRede sein: daßl jede rationale Vergesellschaftung, und also auch: Ordnung, des mGemeinschafts- und Einverständnishandelnsm diesen selbst gegenüber das posterius zu sein pflegt, wie wir früher sahen.1 Auch nicht davon, daß die Entwicklung des Gemeinschafts- und Einverständnishandelnsk fortwährend einzelne ganz neue Sachlagen entstehen läßt, welche mit den als geltend anerkannten Normen und den üblichen logischen Mitteln der Jurisprudenz gar nicht b Fehlt in A. c A: Und obwohl d A: das nicht mehr rechtlich geschützte Gut e A: Immer aber f A: lediglich Fortsetzung des Satzes im Typoskript, unten, S. 238. g In B geht die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz h A: prinzipiell in der Lage ist, i Fehlt in A. j A: ist k – k A: Rede, daß die Entwicklung des Gemeinschaftshandelns l In B folgt:  die rechtliche¯ m B: Gemeinschaftshandelns  Gemeinschafts- und Einverständnishandelns 96 Diesen Gegensatz von ökonomischem Liberalismus und wohlfahrtsstaatlicher Strategie der merkantilistischen Wirtschaftspolitik hatte Marianne Weber als den wirtschaftspolitischen Hauptgedanken von Fichtes „Geschlossenem Handelsstaat“ ausgeführt in ihrer Schrift: Fichte’s Sozialismus und sein Verhältnis zur Marxschen Doktrin (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, hg. von Carl Johannes Fuchs, Gerhart von Schulze-Gävernitz und Max Weber, Band 4, Heft 3), 2. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1925, S. 62–73, bes. S. 66 ff. 1 Siehe oben, S. 230 f., 222 ff.

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oder nur scheinbar und gewaltsam zu entscheiden sind (These der „freirechtlichen“ Bewegung2). Sondern davon, daß oft gerade „grundlegende“ Fragen einer nsonst osehr starko durchrationalisierten Rechtsordnung rechtlich überhauptn gar nicht geregelt zu sein pflegen.3 Um zwei pspezifische Typen dieses Sachverhaltsp durch Beispiele zu illustrieren, so ist z. B. 1)q dier Frage: was „von sRechts wegens“ zu geschehen habe, falls ein „konstitutioneller“ Monarch seine verantwortlichen Minister entläßt, aber es unterläßt, an ihrer Stelle irgend welche anderen zu ernennen, so daß alsot niemand zur Gegenzeichnung seiner Akte vorhanden ist, anirgends wo in irgend einer „Verfassung“ der Welt rechtlich geregelt. Feststeht nur: daßb dann gewisse Regierungsakte „gültig“ nicht möglich sind. Das Gleiche gilta – in den meisten Verfassungen wenigstens – c2) fürc die Frage: was zu geschehen habe, wenn ein nur durch freiwillige Vereinbarung der betreffenden Faktoren festzustellendes „Staatsbudget“ nicht zustande kommt. Die erstere Frage erklärt Jellinek4 mit Recht für praktisch „müßig“, – aber das uns hier Interessierended muß gerade sein: warum sie denn eigentlich „müßig“ ist. Die zweite Art von „Verfassungslücke“5 dagegene n – n A: Rechtsordnung rechtlich o B: voll  sehr stark p A: Typen q A: eins B: 1). r In B folgt:  schon früher einmal als Schulbeispiel [benutzte]¯ s A, B: rechtswegen t Fehlt in A. a – a A: ebensowenig irgend wo rechtlich geregelt wie b In B folgt:  in der ganzen Welt¯ c A: zwei d A, B: interessierende e Fehlt in A. 2 Gemeint ist die Lückenthese der freirechtlichen Bewegung. Zur „freirechtlichen Doktrin“ insgesamt vgl. unten, S. 623 f. 3 In der Sache folgt Weber den Ausführungen Georg Jellineks, Allgemeine Staatslehre, Elftes Kapitel: Staat und Recht, hier S. 354–364. Jellinek kritisiert hier – worauf auch Weber in den nachfolgenden Beispielen abstellt – das Dogma von der Geschlossenheit des Rechtssystems im öffentlichen Recht, das sich vor allem durch die nicht justitiablen Handlungen der obersten Staatsorgane als Illusion erweise. Die darin begründete Problematik verfassungsrechtlich nicht vorgesehener Organhandlungen oder -streitigkeiten führt bei Jellinek zum Gedanken der rechtszerstörenden und rechtschaffenden Kraft faktischer Machtverhältnisse (vgl. ebd., 360 ff.). 4 Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 13–19, hier S. 17, stellt den Grundsatz auf, „daß das politisch Unmögliche nicht Gegenstand ernsthafter juristischer Untersuchung sein kann. Müßig wäre z. B. eine Untersuchung der Frage, was Rechtens sei, wenn der deutsche Kaiser den Reichskanzler entläßt, ohne einen neuen zu ernennen [. . .]. Alles Recht soll gelten, d. h. die Möglichkeit besitzen, in den Erscheinungen verwirklicht zu werden.“ 5 Das Problem der sog. „Verfassungslücken“ behandelt rechtsvergleichend und -historisch Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 356–364; Verfassungsänderung und Verfassungswandlung. Eine staatsrechtlich-politische Abhandlung. – Berlin: O. Häring 1906, S. 43–70, und speziell hinsichtlich des nicht rechtmäßig zustande gekommenen

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ist bekanntlich sehr praktisch fgeworden.6 Man kannf geradezu die These aufstellen: daß es für jede „Verfassung“ im soziologischen Sinn, d. h. für die Art der gfaktischen, die Möglichkeit, das Gemeinschaftshandeln durch Anordnungen zu beeinflussen, bestimmendeng Machtverteilung in einem Gemeinwesen,7 charakteristisch ist, wo und welcher Art derartige, hgrade dieh Grundfragen betreffende, „Lücken“ seine „Verfassung“ im juristischen Sinne des Worts auf weist. Solchei Lücken des zweiten Typus werden daherk zuweilen bei der rationalen Satzung einer Verfassung durch Vereinbarung oder Oktroyierung durchaus absichtsvoll bestehen gelassen. Deshalb natürlich,l weil der moder diem im Einzelfall bei f A: geworden und man kann g A: faktischen k Fehlt in A. l A: nämlich, m B: (oder die)

h Fehlt in A.

i A: Denn solche

Budgets bereits ders., Gesetz und Verordnung. Staatsrechtliche Untersuchungen auf rechtsgeschichtlicher und rechtsvergleichender Grundlage. – Freiburg i.Br.: J. C. B. Mohr 1887, S. 295–312 (hinfort: Jellinek, Gesetz). Das Buch über „Verfassungswandel“ hat Weber besonders geschätzt, wie sein Brief an Georg Jellinek vom 27. August 1906 dokumentiert (vgl. MWG II/5, S. 149–152). 6 Weber spielt hier auf den preußischen Verfassungskonflikt 1862–1866 an, der die von König Wilhelm I. für die beabsichtigte Heeresreform geforderte Budgetbewilligung zum Gegenstand hatte. Nachdem die Krone die von der liberalen Mehrheit gestellten Bewilligungsbedingungen im preußischen Abgeordnetenhaus zurückgewiesen und dieses deshalb die Zustimmung verweigert hatte, schaltete der neue preußische Ministerpräsident, Otto von Bismarck, das Parlament kurzerhand aus und führte die Heeresreform trotz fehlenden Haushaltsgesetzes (Art. 99 Preußische Verfassungsurkunde) durch; vgl. hierzu: Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band 3: Bismarck und das Reich, 3., wesentl. überarb. Aufl. – Stuttgart u. a.: Kohlhammer 1963, S. 275–377. Rechtsdogmatisch hat Paul Laband das Verfassungsproblem im monarchischen Sinne mit Hilfe des „doppelten“ Gesetzesbegriffes gelöst. Das Budgetgesetz ist Gesetz nur im formellen, nicht im materiellen Sinn, enthält also keine objektiven Rechtssätze, weshalb eine Regierung, die Ausgaben ohne etatmäßige Deckung leistet, nicht rechtswidrig handelt; vgl. Laband, Paul, Das Budgetrecht nach den Bestimmungen der preußischen Verfassungsurkunde unter Berücksichtigung der Verfassung des Norddeutschen Bundes, in: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen, Bd. 4, 1870, S. 619–707; vorbereitend hierfür schon Gerbers Auffassung, wonach es bei Streitigkeiten „als ein Satz des deutschen Staatsrechts“ gelte, daß „die Vermuthung für das Recht des Monarchen ist“ (Gerber, Carl Friedrich Wilhelm von, Grundzüge des deutschen Staatsrechts, 3. Aufl. – Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1880, S. 133; hinfort: Gerber, Grundzüge). 7 Weber folgt insoweit dem empirischen Verfassungsverständnis Ferdinand Lassalles. In einem Vortrag „Über Verfassungswesen“, gehalten in einem Berliner Bürger-BezirksVerein. – Berlin: G. Jansen 1862, S. 31 f., sagt dieser: „Verfassungsfragen sind ursprünglich nicht Rechtsfragen; die wirkliche Verfassung eines Landes existirt nur in den reellen, thatsächlichen Machtverhältnissen, die in einem Lande bestehen; geschriebene Verfassungen sind nur dann von Wert und Dauer, wenn sie der genaue Ausdruck der wirklichen in der Gesellschaft bestehenden Machtverhältnisse sind [. . .].“

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der Schaffung der Verfassung ausschlaggebenden Interessenten die Erwartung hegen, daß gegebenenfalls er noder sien dasjenige Maß von Macht besitzen werden, um das, rechtlich angesehen, alsdann der gesatzteno „Ordnung“ entbehrende, dennoch aber unvermeidlich weiter ablaufende Gemeinschaftshandeln nach ihrem Willen zu lenken, im Beispiel also: budgetlos zu regieren.8 Lücken des ersten oben illustrierten Typus aber pflegt man um deswillen nicht auszufüllen, weil pdie begründete Überzeugung besteht:p das eigene Interesse des qoder derq Betreffenden, im Beispiel also: des Monarchen, werde jederzeit ausreichen, sein Handeln so zu bestimmen, daß der rrechtlich mögliche „absurde“ Tatbestand des Fehlens verantwortlicher Minister thatsächlich eben nie eintreten werde. Es gilt trotz jener „Lücke“ einverständnismäßig zweifellos alsr eine „Pflicht“ des Monarchen, Minister zu ernennen.s tUnd zwar als eine a„indirekt garantierte“a Rechtspflicht. Denn es giebt Rechtsfolgen: die Unmöglichkeit, gewisse Akte „gültig“ zu vollziehen, also dafür die Chance der Garantie des Zwangsapparats zu erlangen, welche die Consequenz davon sind.t bAber im Übrigen ist nicht geregelt,b weder rechtlich noch konventionell,c was geschehen soll, dum die Staatsverwaltung fortzuführen,d wenn er dieser Pflicht nicht nachlebt, und da der Fall noch niemals eingetreten ist, so fehlt auch eine „Sitte“, welche Quelle einer Entscheidung werden könnte. Dies zeigt ewiederum besonders deutlich, daß Recht,e Konvention und Sitte keineswegs die einzigen Mächte sind, auf welche man als Garanten eines von einem anderen ferwarteten, von ihm zugesagten oder sonst für ihn als pflichtmäßig geltendenf Verhaltens zählt und zählen kann, sondern gdaneben vor Allem:g das eigene Interesse des anderen an dem Fortlaufen eines hbestimmten Einverständnishandelns als solchem.h Die Sicherheit[,] mit der n B: (oder sie) o Fehlt in A. p A: man die feste Überzeugung hat, q Fehlt in A. r A: absurde Tatbestand nie eintritt. Es gibt zweifellos s In A folgt: Ob man sie als rechtliche oder konventionelle ansieht, gilt uns hier gleich. t – t Fehlt in A. a B: „indirekte“  „indirekt garantierte“ b A: Nicht geregelt, c A: konventionell ist aber, d Fehlt in A. e A: uns erneut, daß Recht f A: erwarteten g A: daneben: h A: Gemeinschaftshandelns. 8 So hatte bereits Jellinek, Gesetz (wie oben, S. 235, Anm. 5), bes. S. 300, 306, festgestellt, daß in staats- bzw. verfassungsrechtlich ungeklärten Krisensituationen wie einem Budgetkonflikt die tatsächliche politische Machtlage zwischen den obersten Staatsorganen (Parlament und Regierung) entscheide.

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man darauf rechnet: daß der Monarch jene als geltend vorausgesetzte Pflicht erfüllen werde, iist gewiß größer, aber doch nur graduell größer, als die Sicherheit, mit welcher in unsrem früheren Beispieli der eine Tauschpartner bei einem gänzlich jeder Normierung jund Zwangsgarantiej entbehrenden Verkehr auf ein seinen Intentionen entsprechendes Verhalten des andern zählt und, beik fortgesetztem Verkehr, auch ohne alle Rechtsgarantie gewöhnlich zählen kann. Worauf es hier ankam, war nur die Feststellung: daß die rechtliche und ebenso die konventionelle Ordnung eines lEinverständnis- oder Gesellschaftshandelnsl prinzipiell und unter Umständen ganz bewußt nur Fragmente desselben erfaßt. Die Orientierung des Gemeinschaftshandelns an einer Ordnung ist zwar konstitutiv für jede Vergesellschaftung, aber mder Zwangsapparat ist es nicht für die Gesammtheit alles perennierenden und anstaltsmäßign geordneten Verbandshandelns.m Träte der absurde Fall des Beispieles Nr. 1 ein, so würde er sicherlich sofort die juristische Spekulation in Bewegung setzen und vielleicht eine konventionelle oder auch rechtliche Regelung eintreten. Aber inzwischen hätte irgend ein, je nach der Lage vielleicht sehr verschiedenes oGemeinschafts-p oder Einverständnis- oder Gesellschaftshandelno den konkreten Fall bereits praktisch erledigt.9 Die normative Regelung ist eine wichtige, aber nur eine qcausale Komponente des Einveri A: oder daß anderenfalls irgend wie sonst der Ablauf des Gemeinschaftshandelns garantiert werde, ist sehr stark, aber doch nur graduell verschieden von der Sicherheit, mit welcher j Fehlt in A. k Blatt A 13c/B 13a ist nur zur Hälfte beschrieben. l A: Gemeinschaftshandelns m – m A: nicht für alles Gemeinschaftshandeln,ma auch nicht für alles perennierende und anstaltsmäßige geordnete Gemeinschaftshandeln. Und für das Gemeinschaftshandeln ist konstitutiv, daß es so abläuft, als ob eine Ordnung, an der es sich orientiere, bestände, nicht aber das reale Vorhandensein einer solchen. ma B:  Einverständnishandeln¯  Verbandshandeln¯  Einverständnishandeln¯ n B: anstaltsmäßige o – o A: Gemeinschaftshandelnoa oa In B folgt:  oder Einverständnishandeln¯ p Bindestrich fehlt in B. q – q (S. 238) A: Komponente des Gemeinschaftshandelns, nicht aber 9 Vgl. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 359: „Die Möglichkeit [. . .] gänzlich außerhalb des Rechtsgebietes stehender Vorgänge kann daher niemals durch Gesetze gänzlich ausgeschlossen werden, und selbst bei einer reich entwickelten Rechtsordnung können ‚Verfassungslücken‘ vorkommen, die gegebenenfalls durch die faktischen Machtverhältnisse ausgefüllt werden. Die Jurisprudenz mag dann später nachhinken und mit Hilfe dialektischer Kunststückchen die vollendete Tatsache als rechtmäßig nachweisen, sie vollzieht damit doch nur den Versuch einer Rationalisierung von Fakten [. . .]“; vgl. auch ebd., S. 362.

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ständnishandelns, nicht aber – wie Stammler möchte –q dessen universelle „Form“.i 10

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3. Bedeutung und Grenzenb des Rechtszwangs für die Wirtschafta

Diec Rechtsgarantien und also diejenigen Normvorstellungen, auf denen sie als Motiv ihrer Schaffung, Auslegung, Anwendung beruhen oder mitberuhen, kommen für eine nach dempirischen Regelmäßigkeiten und Typen forschende Disziplin, wie die Soziologie es ist, in Betracht sowohl als Folge, wie, vor Allem[,]d als Ursache oder Mitursache evon Regelmäßigkeiten,e sowohl des soziologisch direkt relevanten Handelns von Menschen fwie, dadurch hervorgerufen,f der soziologisch indirekt relevanten Naturgeschehnisse. gFaktische Regelmäßigkeiten des Verhaltens („Sitte“) können, sahen wir,11 Quelle der Entstehung von Regeln für das Verhalten („Convention“, „Recht“) werden. Ebenso aber umgekehrt.g Nicht nur solche Regelmäßigkeiten werden durch die h(conventionellen oder)h Rechtsnormen erzeugt oder miterzeugt, welche direkt den Inhalt ihrer Anordnungen ausmachen, sondern auch andere. Daß iz. B.i ein Beamter täglich regelmäßig auf seinem Büro erscheint, ist jdirekt Folge der Anordnung einer praktisch als „geltend“ behandelten rechtlichen Norm. Daß dagegen der „Reisende“ einer Fabrik sich jährlich regelmäßig zur Entgegennahme von Aufträgen bei den „Detaillisten“j einstellt, ist nur indirekt, durch die faktische Zulassung der Konkurrenz um die kKundschaftl q (S. 237) – q Vgl. oben, S. 237. i (S. 222) – i In B steht am Rand die Satzanweisung Max Webers: Petit a – a Fehlt in A. b B: § [Spatium] Grenzen  § [Spatium] Grenzen der Bedeutung  3. Bedeutung und Grenzen c In A geht der Satzanschluß an den Typoskripttext, oben, S. 233, textkritische Anm. f, voraus: caeine Steigerung der Sicherheit mit welcher auf das Eintreten des ökonomisch relevanten Ereignisses gezählt werden kann.ca ca In B steht am Rand die gestrichene Satzanweisung Max Webers: Petit d A: Regeln und Typen forschende Disziplin in Betracht e Fehlt in A. f A: wie g – g Fehlt in A. h Fehlt in A. i Fehlt in A. j – j A: Folge direkter Anordnung einer Norm. Daß der Bäcker und Fleischer sich täglich regelmäßig zur Ablieferung von Waren und Entgegennahme von Aufträgen bei uns k – k (S. 239) A: Kundschaft, durch l B: Kundschaft, 10 So Stammler, Wirtschaft und Recht, speziell: Zweites Buch, Zweiter Abschnitt: Die Form des sozialen Lebens, S. 112–130. 11 Siehe oben, S. 213 f., 222 ff.

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und die durchm diese Zulassung mitbedingte Nötigung dazu, vonk Rechtsnormen mitbestimmt. Daß weniger Kinder zu sterben pflegen, wenn das Fernbleiben der stillenden Mütter von der Arbeit als nconventionelle oder rechtliche „Norm“ gilt, ist gewiß Folge des Geltens jener Norm, und wenn sie eine gesatzte Rechtsnorm ist, auch einer der rationalenn Zwecke von deren Schöpfern.12 Aber „anordnen“ können sie natürlicho nur dieses Fernbleiben, nicht jenes Wenigersterben. pUnd auch für das direkt befohlene oder verbotenep Handeln ist die praktische Wirksamkeit der Geltung einer Zwangsnorm qnatürlich problematisch: ihre Befolgung ist nur ihre „adäquate“13, nicht ihre ausnahmslose Folge. Starke Interessen können vielmehrq dazu führen, daß trotz des Zwangsapparats nicht nur vereinzelt, sondern überwiegend und dauernd rder durch diesen „geltenden“ Rechtsnorm ungestraft zuwidergehandelt wird.r Die garantierende Zwangsgewalt pflegt, wenn ein Zustand dieser Art konstant geworden ist und die Beteiligten infolgedessen die Überzeugung von der Normgemäßheit ihres sTuns[,] statt des durch die prätendierend geltende Rechtsregel geforderten,s gewonnen haben, schließlich diese letztere nicht mehr zu erzwingen, und der Rechtsdogmatiker spricht dann von „Derogation durch Gewohnheitsrecht“.14 tAllein auch ein Zustand chronischen Conflikts zwischen neben einander „geltenden“ Rechtsnormen, die der Zwangsapparat der m B: dadurch n – n A: Norm gilt, ist nicht nur die Folge davon, sondern bei der Rechtsnorm auch einer der o Fehlt in A. p A: Auch für das q A: problematisch. Mächtige Interessen können r A: der – soweit die Bereithaltung des Zwangs in Frage kommt – trotzdem geltenden Rechtsnorm zuwidergehandelt wird. Ist dem so, dann wollen wir den empirischen Bestand jener Norm als ein prätendiertes Gelten bezeichnen, dabei immer der gänzlichen Flüssigkeit der Übergänge eingedenken. s A: Tuns, nicht der prätendierenden Rechtsregel, t – t (S. 241) Fehlt in A. 12 Weber zielt hier – wie aus: Nachtrag, S. 378, ersichtlich – auf eine entsprechende Norm des Preußischen Allgemeinen Landrechts. Der Abschnitt über Rechte und Pflichten der Eltern (Zweiter Teil, Zweiter Titel, Zweiter Abschnitt) enthält im § 67 die Bestimmung: „Eine gesunde Mutter ist ihr Kind selbst zu säugen verpflichtet.“ 13 Weber hat die logische Kategorie der „adäquaten Verursachung“ erörtert in: Kritische Studien, bes. S. 185–207. Dabei verweist er nachdrücklich auf die Arbeiten des Physiologen und Kriminologen Johannes von Kries (ebd., S. 188, Anm. 29, und S. 204, Anm. 37). 14 In der Rechtsquellenlehre meint „Derogation“ (von lat. derogare: absprechen, abschaffen) die Verdrängung des geltenden Gesetzes- oder Gewohnheitsrechs durch eine dauerhaft widerständige Rechtspraxis (Übung) und damit verbundene allgemeine Rechtsüberzeugung.

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politischen Gewalt garantiert, und conventionellen Regeln ist – wie auf dem Gebiet des Zweikampfs als aeiner conventionellen Umbildunga der Privatrache15 – möglich und bereits früher besprochen16 worden[.] Und während es allerdings nichts Seltenes ist, daß Rechtsnormen rational gesatzt werden, um bestehende „Sitten“ und Conventionen zu ändern, ist bdennoch der normale Sachverhaltb der: daß die Rechtsordnung cnicht etwac infolge des Bestehens der Zwangsgarantie in der Realität empirisch „gilt“, sondern deshalb, weil ihre Geltungd als „Sitte“ eingelebt und „eingeübt“ ist und die Convention die flagrante Abweichung von deme ihr entsprechenden Verhalten meist mißbilligt. Für den Rechtsdogmatiker ist die (ideelle) Geltung der Rechtsnorm das begriffliche prius; ein Verhalten,f welches rechtlich nicht direktg normiert ist, ist ihm rechtlich „erlaubt“ und also insofern von der Rechtsordnung (ideell) dennoch mitbetroffen. Für den Soziologen ist umgekehrt die rechtliche, und insbesondre die rational gesatzte, Regelungh eines Verhaltens empirisch nur eine Componente in der Motivation des Gemeinschaftshandelnsi und zwar eine historisch meist spät auftretende und sehr verschieden stark wirkende. Die überall im Dunkel liegenden jAnfänge faktischer Regelmäßigkeiten und „Sitten“j des Gemeinschaftshandelns betrachtet er[,] wie wir sahen,17 als entstanden durch die auf Trieben und Instinkten ruhende Einübung keines den gegebenen Lebensnotwendigkeiten „angepaßten“ Sicha B: eines Restesaa  einer conventionellen Umbildung aa Alternative Lesung: Rechts b B: dem Schwerpunkt nach doch der Sachverhalt  dennoch der normale Sachverhalt c B: keineswegs in erster Linie  nicht etwa d B: Befolgung  Geltung e In B folgt:  eingelebten,¯ f B: Handeln  Verhalten g B: (ideell)  direkt h B: Normierung  Regelung i B: Handelns  Gemeinschaftshandelns j B: ersten Anfänge  Anfänge faktischer Regelmäßigkeiten und „Sitten“ k – k (S. 241) B: von Handeln  eines Sichverhaltens  eines den gegebenen Lebensnotwendigkeiten „angepaßten“ Sichverhaltens 15 Der „Zweikampf“ entwickelte sich aus der urwüchsigen Blutrache zur vertragsartig regulierten Fehde und zum mittelalterlichen gerichtlichen Zweikampf. Im Zuge des frühneuzeitlichen Strafrechts wurde er als legitimes Mittel der Streitentscheidung verdrängt und in der Folgezeit den Konventionen eines ständischen Ehrenkodex unterstellt; vgl. dazu: Binding, Zweikampf (wie oben, S. 204, Anm. 34), und Belows Beiträge zur Kontroverse um den germanischen Ursprung des Duells: v. a. Below, Georg von, Das Duell und der germanische Ehrbegriff. – Kassel: Max Brunnemann 1896, sowie: ders., Der Ursprung des Duells, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Neue Folge, Jg. 2, 1897/98, S. 321–351. 16 Siehe oben, S. 204 ff. 17 Siehe oben, S. 210 ff.

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verhaltensk, welches zunächst jedenfalls nicht durch eine gesatzte Ordnung bedingt war und auch nicht durch eine solche verändert wurde. Das zunehmende Eingreifen gesatzter Ordnungen aber ist für unsere Betrachtung nur ein besonders charakteristischer Bestandteil jenes Rationalisierungs- und Vergesellschaftungsprozesses, dessen fortschreitendes Umsichgreifen in allem Gemeinschaftshandeln18 wir auf allen Gebieten als wesentlichste Triebkraft der Entwicklung zu verfolgen haben werden.t Zusammenfassend ist über die hier allein zu erörternden allgemeinsten Beziehungen von Recht und Wirtschaft zu sagen: 1. Das Recht (immer im soziologischen Sinn) garantiert keineswegs nur ökonomische, sondern die allerverschiedensten Interessen, von den normalerweise elementarsten:l Schutz rein persönlicher Sicherheit bis zu rein ideellen Gütern wie der eigenen „Ehre“ und derjenigen göttlicher Mächte. Es garantiert vor allem auch politische, kirchliche, familiäre oder andere mAutoritätsstellungenn und überhaupt soziale Vorzugslagen aller Art, welche zwar in den mannigfachsten Beziehungen ökonomisch bedingt und relevant sein mögen, aber selbst nichts Ökonomischeso und auch nichts notwendig oder vorwiegend aus ökonomischen Gründen Begehrtes sind.p m 2. qEine „Rechtsordnung“ kann unter Umständenq unverändert bestehen bleiben, obwohl die Wirtschaftsbeziehungen sich radikal ändern. rTheoretisch [–] und in der Theorie operiert man zweckmäßigr mit extremen Beispielen – könnte ohne die Änderung auch nur eines einzigen Paragraphen unserer Gesetze eine „sozialistische“ Produktionsordnung durchgeführt werden, wenn man einen successiven Erwerb der Produktionsmittel durch die politische Gewalt im Wege freier Verträge sich durchgeführt denkt, – ein sgewiß höchst unwahrscheinlicher, aber (was theoretisch genügt) keit (S. 239) – t Fehlt in A. l A: elementarsten seiner Inhalte: dem m – m A: Autoritäten, welche zwar in den mannigfachsten Beziehungen ökonomisch bedingt und relevant, aber selbst nichts ökonomisches und nicht notwendig oder vorwiegend aus ökonomischen Gründen begehrt sind, und überhaupt soziale Vorzugsstellungen aller Art. n B: Autoritätsstellungen, o B: ökonomisches p B: sind, q A: Die gesamte Rechtsordnung kann r A: Theoretisch und in der Theorie operieren wir s – s (S. 242) A: höchst unwahrscheinlicher, aber durchaus nicht 18 Weber variiert hier die in: Kategorien, S. 292, formulierte These einer „Rationalisierung der Ordnungen“.

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neswegss sinnloser Gedanke. Die Rechtsordnung würde dann mit ihrem Zwangsapparat nach wie vor bereit stehen müssen für den Fall, daß zur Erzwingung tder für die privatwirtschaftliche Produktionsordnung charakteristischent Verpflichtungen ihre Hilfe angerufen würde. Nur würde dieser Fall tatsächlich niea eintreten. 3. Die brechtliche Ordnung eines Thatbestandes kann vom Standpunkt derb juristischen Denkkategorieen aus betrachtet fundamental verschieden sein, ohne daß die Wirtschaftsbeziehungen dadurch in irgend erheblichem Maß berührt werden, wenn nämlichc nur in den ökonomisch dder Regel nachd relevanten Punkten der praktische Effekt für die Interessenten der gleiche ist. Das eist, obwohl an irgend einem Punkte wohl jede Verschiedenheit der Rechtsconstruktion irgend welche ökonomischen Folgen zeitigen kann[,]e in sehr weitem Maße möglich und auch der Fall. fJe nachdem etwa eine „Bergwerkspacht“ juristisch als „Pacht“ oder als „Kauf“g zu construieren wäre, hätte manh in Rom ein gänzlich verschiedenes Klageschema19 verwenden müssen. Aber der praktische Effekt des Unterschiedes für die Wirtschaftsordnung wäre sicher sehr gering gewesen.f 4. Natürlichi steht die Rechtsgarantie in weitestem Umfang direkt im Dienst ökonomischer Interessen. Und soweit dies scheinbar oder wirklich nicht direkt der Fall ist, gehören ökonomische Interessen zu den allermächtigsten Beeinflussungsfaktoren der Rechtsbildung, da jede eine Rechtsordnung garantierende Gewalt irgendwie jvom Einverständnishandeln der zugehörigenj sozialen Gruppen in ihrer Existenz getragen wird und die soziale Gruppenbildung in hohem Maße durch Konstellationen materieller Interessen mitbedingt ist.k s (S. 241) – s Vgl. S. 241. t A: privatwirtschaftlicher a A: nicht b A: Rechtsordnung kann sich vom Standpunkt der jeweils üblichen c Fehlt in A. d Fehlt in A. e A: ist f – f Fehlt in A. g In B folgt: juristisch h B: der Prätor  man i A: Andererseits j A: von k In A folgt: Andererseits entfaltet eine sehr große, wohl die überwiegende Zahl aller Unterschiede von Rechtsanordnungen und üblichen Konstruktionsweisen derselben durch die Rechtsdogmatik an irgend einem Punkte ökonomische Wirkungen. In B steht auf Höhe dieser Zeilen der Vermerk Max Webers:  hier einfügen: (folgende Seite!)¯ Restblatt abgeschnitten. 19 Das römische Formularverfahren sähe einerseits für den Fall des Kaufes das Klageschema der emptio venditio andererseits im Falle der Pacht das der locatio conductio vor.

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5. Das Maß von Erfolgen, welches durch ldie hinter der Rechtsordnung stehendel Eventualität des Zwanges erzielt werden kann, speziell auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Handelns, ist außer durch andere Umstände auch durch mdessen Eigenartm begrenzt. Zwar ist es bloßer Wortstreit, wenn man versichert: das Recht könne überhaupt „Zwang“ zu einem bestimmten wirtschaftlichenn Handeln nicht ausüben,20 weil für alle seine Zwangsmittel der Satz bestehe:o coactus tamen voluit.21 Denn das gilt für ausnahmslos allen Zwang, welcher den zu Zwingenden nicht lediglich wie ein totes Naturobjekt behandelt. Auchp die drastischsten Zwangs- und Strafmittel versagen, wo die Beteiligten sich ihnen schlechterdings nicht qfügen. Dies heißt aberq innerhalb eines weiten Bereichs immer: wo sie nicht rzu dieserr Fügsamkeit „erzogen“ sind.s tDie Erziehung zur Fügsamkeit in das jeweils geltende Recht ist im Allgemeinen mit steigender Befriedungt stark gestiegen. aAlso müßte, scheint es, auch die Erzwingbarkeit des Wirtschaftshandelns prinzipiell gestiegen sein.a Trotzdem aber ist gleichzeitig die Macht des Rechts über die Wirtschaft in vieler Hinsicht nicht stärker, sondern schwächer geworden, als sie es unter anderen Verhält nissen war. Preistaxen z. B. sind zwar stets in ihrer Wirksamkeit prekärb gewesen, sie haben aber unter den heutigen Bedingungen im ganzen noch weit weniger Chancen des Erfolgs als jemals früher. Der Grad der Möglichkeit, das wirtschaftliche Verhalten der Menschen zu beeinflussen, ist alsoc nicht einfach Funktion der generellen Fügl A: den hinter der Rechtsordnung stehenden m A: die Natur und jeweilige Eigenart der Wirtschaft n Fehlt in A. o A: gelte: p A: Alle anderen, auch q A: fügen und das heißt r A: zur s In A folgt: Solche Erziehung aber vermag die Zwangsgewalt der Rechtsordnung durch die mannigfachsten Mittel ebenso zu üben, wie andere Gewalten, etwa die Kirche und Schule sie in ihren Dienst stellen. t A: Die Fügsamkeit in das jeweils geltende Recht ist mit steigender Befriedung – zu deren wichtigsten Instrumenten es ja gehört – a Fehlt in A. b A: prekäre c In A folgt: jedenfalls 20 Die vis absoluta läßt dem Zwangsunterworfenen keinen eigenen Willen. Insofern kann der Zwang nicht zu einem „wirtschaftlichen Handeln“ motivieren, sondern nur zum Unterlassen. So jedenfalls Binding, Rechtszwang (wie oben, S. 195, Anm. 10), S. 489 ff. 21 Die Rechtsregel: „Coactus volui“ (Ich wollte, wenn auch gezwungen), ist abgeleitet von Paul. D. 4,2,21,5: „Si metu coactus adii hereditatem, puto me heredem effici, quia quamvis si liberum esset noluissem, tamen coactus volui: sed per praetorem restituendus sum, ut abstinendi mihi potestas tribuatur.“ Also: auch eine unter Zwang vorgenommene Rechtshandlung (hier der Erbschaftsantritt) ist als wirksame Willenserklärung aufzufassen, jedoch kann ihre Geltung bestritten werden.

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samkeit gegenüber dem Rechtszwang. Die Schranken des faktischen Erfolgs des Rechtszwangs auf dem Gebiet der Wirtschaft dergeben sich vielmehr teils ausd den Schranken des ökonomischen Könnens der Betroffenen: nicht nur der Gütervorrat selbst ist jeweils beschränkt, sondern auch seine jeweils möglichen Verwendungsarten sind begrenzt durch die eingeübten Arten der Verwendung und des Verkehrs der Wirtschaften untereinander, welche sich heteronomen Ordnungen, wenn überhaupt, dann nur nach schwierigen Neuorientierungen allere ökonomischen Dispositionen und meist mit Verlusten, jedenfalls also unter Reibungen ffügen können,f welche um so stärker werden, je entwickelter und universeller geine spezifische Form des Einverständnishandelns:g die Marktverflechtung der hEinzelwirtschaften, und also ihre Abhängigkeit von fremdem Handeln ist.h Zum anderen Teil liegen sie auf dem Gebiet des relativen Stärkeverhältnisses zwischen den privaten ökonomischen und den ani der Befolgung der Rechtsvorschriften engagierten Interessen. Die Neigung, ökonomische Chancen preiszugeben, nur um legal zu handeln, jist naturgemäß gering,j wo nicht eine sehr lebendigek Konvention die Umgehung des formalen Rechtes stark mißbilligt,l und das wird, wenn die von einer gesetzlichen Neuerung benachteiligten Interessen sehr verbreitet sind, nicht leicht der Fall sein,m Umgehungen eines Gesetzes sind gerade auf ökonomischem Gebiet oft leicht verhehlbar. Ganz besonders unzugänglich abern sind erfahrungsgemäß dem Einfluß des Rechts die odirekt aus den letzten Quellen ökonomischen Handelns fließenden Wirkungen: dieo ökonomischen Güterwertschätzungen, und damit die pPreisbildung. Besonders dann[,] wenn ihre Determinantenp in Produktion und Konsum nichtq innerhalb eines vollkommen übersehbaren und direkt beherrschbaren Kreises rvon Einverständnishandelnden liegen. Fernerr aber ist die rationale Kenntnis der Markt- und Interessenlage generell naturgemäß weit größer bei den am Marktverkehr mit ihren eigenen ökonomischen Interessen kontinuierlich Beteiligten, als bei den nur ideell interessierten Schöpfern und ausführenden Organen von Rechtsvorschrifd A: liegen teils in e A: der ganzen f A: fügen, g Fehlt in A. h A: Einzelwirtschaften ist. i Blatt A 18/B– ist nur zu drei Vierteln beschrieben. j A: ist, k A: starke l A: mißbilligt – m A: sein, – sind naturgemäß gering und n Fehlt in A. o A: direkten Wirkungen der letzten Quellen ökonomischen Handelns: der p A: Preisbildung, sofern sie sich nicht in ihren Determinanten q Fehlt in A. r A: vollzieht. Endlich

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ten. In einer auf universeller Marktverschlungenheit ruhenden Wirtschaft entziehen sich namentlich die möglichen und ungewollten Nebenerfolge einer sRechtsvorschriftt weitgehend der Voraussicht der Schöpfer der letzteren[,] weil sie ja in der Hand der privaten Interessenten liegen.s Grade sie können aber den beabsichtigten Zweck der Vorschrift im Erfolg bis zur Umkehrung ins gerade Gegenteil entstellen, wie dies oft geschehen ist. Wie weit diesen Schwierigkeiten gegenüber in der Realität jeweils die faktische Macht des Rechts uin bezugu auf die Wirtschaft reicht, ist nicht generell, sondern nur für die einzelnen Fälle zu ermitteln und also bei den Einzelproblemen der Sozialökonomik zu erörtern. aGenerell läßt sich nur sagen, daß, rein theoretisch betrachtet, die vollkommene Monopolisierung und also Übersichtlichkeit eines Markts auch die Beherrschung des betreffenden Ausschnitts der Wirtschaft durch Rechtszwang normalerweise technisch erleichtert. Wenn sie trotzdem faktisch dessen Chancen keineswegs immer erhöht, so liegt dies regelmäßig an dem Partikularismus des Rechts infolge des Bestehens concurrierender politischer Verbände – wovon noch zu reden sein wird22 – und daneben an der Macht der durch die Monopolisten beherrschbaren privaten Interessen, welche sich seiner Anwendung widersetzen.a b6. Die „staatliche“ Garantie der Rechte23 ist rein theoretisch betrachtetb für keine grundlegende ökonomische Erscheinungc unentbehrlich. Besitzesschutz leistet auch die Sippenhülfe. Den Schutz der Schuldverpflichtungen haben zuweilen religiöse Gemeinschaften d(durch Androhung von Kirchenbann)d wirksamer als politische dargeboten.e Und auch f„Geld“ hat es, in fast allen seinen Formen, ohne staatliche Garantie seiner Annahme als Zahlungsmittel gegeben. Auch „chartales“,f d. h. nicht durch den Stoffgehalt, sondern durch die Zeichnung von Stücken des Zahlungsmittels geschaffenes Geld ist ohne sie denkbar.24 Und gelegentlich s – s A: Rechtsvorschrift, weil sie ja in der Hand der privaten Interessenten liegen, weitgehender Voraussicht der Schöpfer der letzteren. t B: Rechtsvorschrift, u A, B: inbezug a – a Fehlt in A. b A: 5. Die staatliche Garantie der Rechte ist c In A folgt: absolut d Fehlt in A. e A: geboten. f Alle Anführungszeichen in A. 22 Sachentsprechende Ausführungen siehe unten, S. 361 ff.; außerdem Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 106 f. 23 Vgl. die Ausführungen oben, S. 198 f. 24 Weber bezieht sich auf die von Georg Friedrich Knapp so genannte „Staatliche

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kommt trotz staatlichen Rechtsschutzes chartales Geld nicht staatlichen Ursprungs gvor: dieg „Münze“ im Sinn eines durch die politische Gewalt mit Zwangskurs für Schulden versehenen Zahlungsmittels fehlt der altbabylonischen Zeit;h aber es scheinen sich Kontrakte zu finden, wonach z. B. Fünftelschekelstücke mit dem Stempel einer bestimmten „Firma“ (wie wir sagen würden) zur Zahlung zu verwenden sind;i 25 die „proklamatorisch“26 in Aussicht gestellte staatliche Garantie also fehlt, auch die gewählte „Werteinheit“ ist nicht staatlichen, sondern kontraktlichen Ursprungs, –k dennoch aber ist das Zahlungsmittel von „chartaler“ Qualität und steht die staatliche Zwangsgarantie wenigstensl hinter der getroffenen mkonkreten Vereinbarung. Rein „begrifflich“ notwendig ist der g A: vor. Die h A: Zeit: i A: sind: k Gedankenstrich fehlt in A. m – m (S. 247) A: Vereinbarung. Begrifflich notwendig ist der Staat

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Theorie des Geldes“, nach der die Bedeutung prinzipiell jedes „Geldes“ in dessen qua Rechtsordnung proklamierter, nominaler und nicht nur deklarierter Geltung, seiner „Chartalverfassung“, liegt; vgl. Knapp, Georg Friedrich, Staatliche Theorie des Geldes, 2., durchges. und verm. Aufl.- München und Leipzig: Duncker & Humblot 1918, S. 21–37 (hinfort: Knapp, Staatliche Theorie). Gezeichnete Stücke mit proklamatorischer Geltung sind „chartale Zahlungsmittel“, und nur diese sind „Geld“ im Sinne der „Staatlichen Theorie“. Ebd., S. 31, heißt es: „Für den genaueren Beobachter ist Geld im Sinne der Neuzeit erst dann vorhanden, wenn die morphischen Zahlungsmittel proklamatorisch gelten. Dann aber haben die Zahlungsmittel chartale Verfassung. [. . .] Geld bedeutet stets chartales Zahlungsmittel [. . .] Die Definition des Geldes ist: chartales Zahlungsmittel.“ Ähnlich die Formulierung in: Knapp, Georg Friedrich, Die rechtshistorischen Grundlagen des Geldwesens, in: (Schmollers) Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg. 30, 1906, S. 45– 60, hier S. 55 (hinfort: Knapp, Grundlagen). Der Ausdruck „chartales Geld“ kennzeichnet Webers in diesem Punkt kritischen Anschluß an Knapps Terminologie. So moniert er das ungeklärte Verhältnis von juristischer bzw. ökonomischer Betrachtungsweise in der „Staatlichen Theorie“: Nur für den juristischen Begriff werde die Werteinheit des Geldes staatlich „geschaffen“, nicht für den älteren ökonomischen (Brief Max Webers an Georg Friedrich Knapp vom 22. Juli 1906; MWG II/5, S. 115–117, hier S. 116), und resümiert: „[. . .] die Gedanken Ihres Buches werden sich m. E. siegreich durchsetzen; nur wird man vielleicht bestreiten, daß die ‚staatliche‘ Theorie des Geldes die ganze Theorie des Geldes sei“ (ebd., S. 117). 25 Weber führt das Beispiel der altbabylonischen Geschäftsurkunden bereits in dem Brief an Georg Friedrich Knapp vom 22. Juli 1906 für seine These nicht-staatlichen Geldes auf kontraktlicher Grundlage ins Feld (vgl. MWG II/5, S. 116). Er bezieht sich dabei vermutlich auf die sogenannten kappadokischen Urkunden aus der mittelassyrischen Zeit (ca. 1300 v.Chr.); vgl. den Nachweis in: MWG II/5, S. 116, Anm. 6. 26 Weber gebraucht hier die von Knapp, Staatliche Theorie (wie oben, S. 245, Anm. 24), S. 17 ff., 25, eingeführte Terminologie. Knapp, Grundlagen (ebd.), S. 47, führt aus: „Die Rechtsordnung gibt an, wieviel Werteinheiten jedes Geldstück gilt. [. . .] die Geltung ist also eine aus der Rechtsordnung entspringende Einrichtung; sie beruht auf einem Befehl des Staates; sie ist proklamatorisch.“

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„Staat“ für die Wirtschaft alsom nirgends. Aber allerdings ist speziell eine Wirtschaftsordnung moderner Art ohne eine Rechtsordnung von sehr besonderenn Eigenschaften, wie sie opraktisch nur als „staatliche“ Ordnung möglich ist, zweifellos nicht durchführbar.o pDie heutige Wirtschaft beruhtq auf durch Contrakte erworbenen Chancen[.] Sor weit auch das eigene Interesse an der „Vertragslegalität“27 und die gemeinsamen Interessen der Besitzenden am gegenseitigen Besitzschutz reichens und so stark Convention und Sitte den Einzelnen im gleichen Sinne auch heute noch bestimment, so hat doch der Einfluß dieser Mächte infolge der Erschütterung der Tradition – einerseits der traditionsgeordneten Verhältnisse und andrerseits des Glaubens an ihre Heiligkeita [–] auch außerordentlich an Bedeutung eingebüßt, sind dieb Interessen der Klassen so scharf wie je von einander geschieden, verlangt die moderne Verkehrsgeschwindigkeit ein prompt und sicher funktionierendes, das heißt: ein durch die stärkste Zwangsgewalt garantiertes Recht und hat, vor Allem, die moderne Wirtschaftc kraft ihrer Eigenart die andren Verbände, welche Träger von Recht und also Rechtsgarantie waren, vernichtet. Dies ist das Werk der Marktentwicklung. Die universelle Herrschaft der Marktvergesellschaftung verlangt einerseits ein nach rationalen Regeln kalkulierbares Funktionieren des Rechts. Und andrerseits begünstigt die Marktverbreiterung, die wir als charakteristische Tendenz jener dkennen lernen werdend,28 kraft der ihr immanenten Consequenzen die Monopolisierung und Reglementierung aller „legitimen“ Zwangsgewalt durch eine universalistischee Zwangsanstalt, durch die Zersetzungf aller partikulären,g meist auf hökonomischen Monopolenh ruhenden ständischen und andren Zwangsgebilde. –p n B: besonderen,  später zu erörternden,¯ o A: nur als staatliche Ordnung möglich ist, praktisch nicht durchführbar. – Restblatt abgeschnitten. p – p Fehlt in A. q In B folgt:  durchweg¯ r In B folgt:  außerordentlich¯ s B: reichen, reicht t B: beeinflussen  bestimmen a B: Heiligkeit  auch¯ auf der andren Seite b In B folgt:  Klassengegensätze  schärfer¯ so scharf¯ c B: Verkehrsentwicklung  Wirtschaft d B: feststellten  kennen lernen werden e B: einheitliche  universalistische f B: Depossedierung  Zersetzung g In B folgt:  stets – wie wir noch sehen werden –¯ h B: wenigen Marktmonopolen > ökonomischen Monopolen 27 Vgl. oben, S. 228 f., und für die Terminologie: Weber, Kategorien, S. 270, 280, 281 f. 28 Siehe die fragmentarischen Ausführungen zur Marktgemeinschaft in Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 193–199, sowie unten, S. 367 f. und 424 ff.

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 10, Bl. 12 / 1 Ediert unten, S.  274–276

[Die Entwicklungsbedingungen des Rechts]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung 1. Der Text Unter den Manuskripten, die Marianne Weber im Nachlaß ihres Mannes entdeckte, befand sich auch ein Konvolut ohne Überschrift, das sie unter dem Titel „Rechtssoziologie“ veröffentlichte. Den Titel wählte sie offenbar aufgrund von gleichlautenden Verweisen in der Ersten Lieferung zu „Wirtschaft und Gesellschaft“,1 die Max Weber noch zum Satz gegeben hatte. Es handelt sich bei dem Text um ein Konvolut von 138 maschinengeschriebenen, handschriftlich von Weber bearbeiteten Manuskriptblättern, fünf rein handgeschriebenen Seiten,2 sechs Einlegeblättern mit Paragraphentiteln und Inhaltsübersichten von Webers Hand,3 schließlich einem Umschlagbogen4 mit Notizen Marianne und Max Webers – insgesamt also 150 Blättern, alle in Normalpapierformat. Das Manuskript ist nahezu vollständig überliefert; der § 8 ist wohl verloren.5 Weber hat den Text, wie aus zahlreichen Satzanweisungen und insbesondere aus den Einlegeblättern mit Inhaltsverzeichnis hervorgeht,6 vorläufig für den Druck vorbereitet, ohne das Manuskript jedoch – weder vor Kriegsausbruch noch nach Kriegsende – tatsächlich aus der Hand gegeben zu haben. Im Rahmen der Edition von Max Webers nachgelassenen Texten

1 Vgl. WuG1, S. 18 f., 25, 28, 38, 130, 157. 2 Vier handschriftliche Manuskriptseiten auf zwei jeweils gefalteten und nur einseitig beschriebenen Normalpapierbögen bilden einen Texteinschub am Beginn des § 2 (Textgruppe V); eine handgeschriebene Seite ist in den § 5 eingeschoben (Textgruppe XIV). 3 Für die §§ 1–6, während für den § 7 ein solches handschriftliches Einlegeblatt nicht nachgewiesen ist. 4 Das Manuskript „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ steckte in einem Papierbogen, der, neben einer Notiz Marianne Webers, in der Mitte die Aufschrift von Max Webers Hand trägt: „IV // Ethik // Tabu“. Vgl. dazu den Editorischen Gesamtbericht, oben, S. 137 f., Anm. 12. 5 Vgl. oben, S. 141 mit Anm. 30. 6 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. Febr. 1914, MWG II/8, S. 506 f.: „Für die Drucklegung bemerke ich noch: Bei dem Manuskript Büchers |:und überall:| möchte ich bitten, die Paragraphenüberschriften nicht als Überschriften, sondern gesperrt an den Anfang der Zeile zu drucken. [. . .] Über jedem Beitrag müßte eine Inhaltsangabe stehen.“

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

zu „Wirtschaft und Gesellschaft“ zeichnet sich der hier edierte Text durch seine umfangreiche und nahezu vollständige Originalüberlieferung aus. Beim Titel wird auf die Disposition von Max Webers Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“ aus dem Jahre 1914 („Werkplan“) zurückgegriffen. Dort waren unter Punkt 7., in Verbindung mit dem „politischen Verband“, Ausführungen zu „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ vorgesehen.7 Das Manuskript enthält eine kulturvergleichende Untersuchung über die „Entwicklungsbedingungen des formal rationalen Rechts“ in acht Paragraphen. Weber beginnt mit einem Überblick über die charakteristische Differenzierung der Stoffgebiete des modernen Rechts (Öffentliches Recht/Privatrecht; Strafrecht/Zivilrecht; Prozeßrecht/materielles Recht etc.), dessen formal rationale Struktur zugleich den Maßstab für die am Ende des § 1 entwickelte Typologie von Formen und Richtungen der Rechtsrationalisierung bildet. Diese wiederum fungiert gleichsam als begrifflich-methodischer Orientierungsrahmen einer weit ausgreifenden Analyse der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ in den folgenden Paragraphen. Die für den okzidentalen Rechtsrationalismus grundlegenden Kategorien des subjektiven Rechts aus dem Geist des Vertrags und des objektiven Rechts als Ausfluß vor allem des Satzungsprinzips werden in den §§ 2 und 3 behandelt. Der Einwirkung verschiedener Arten von Rechtshonoratioren, theokratischen und politischen Gewalten auf die formalen Qualitäten des Rechts geht Weber in den §§ 4–6 nach. Überlegungen zur soziologischen Wirkung des Naturrechtskonzepts für den Prozeß der Rechtsrationalisierung und zu den innerjuristischen Ambivalenzen des modernen Rechtsformalismus beschließen Webers universalhistorisch und rechtsvergleichend angelegten Text.8

2. Der Entstehungskontext: „Handbuch der politischen Ökonomie“ – „Grundriß der Sozialökonomik“ Der Stoffverteilungsplan von 1909/10 führt den Abschnitt „Wirtschaft und Gesellschaft“ als dreiteiligen Hauptbeitrag an,9 dessen erster Unterabschnitt „a) Wirtschaft und Recht“ u. a. Ausführungen zum Thema „2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“ vorsah. Es ist sachlich naheliegend, in den ältesten Teilen des umfänglichen Manuskripts der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ die Umsetzung dieses Vorhabens zu vermuten. Die textlichen Hinweise, die diese Annahme stützen, machen allerdings zugleich deutlich, daß der Zuschnitt der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ zu7 Vgl. hierzu oben, S. 135 und S. 138. 8 Vgl. hierzu ausführlich die Einleitung, oben, S. 61 ff. 9 Abgedr. in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 151–155, hier S. 151; MWG II/8, S. 809–816, hier S. 810.

Editorischer Bericht

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nächst ein wesentlich anderer gewesen ist, als ihn der überlieferte Text letzter Hand präsentiert. In einer später überarbeiteten Typoskriptgrundschicht des § 2 werden auf knapp zehn Seiten die „elementarsten Beziehungen zwischen Recht und Wirtschaft“ unter entwicklungsgeschichtlichem Aspekt (Textgruppe IV)10 behandelt, wird also Punkt 2 der Gliederung des Stoffverteilungsplans offenbar umgesetzt. Sachlich geht es in diesem Textgerüst um das Prinzip der Vertragsfreiheit, seine wesentlichen Merkmale (Schaffung subjektiver Rechte als Anspruchsnormierungen, Drittwirkung, Sonderrecht, Schranken), rechtshistorischen und rechtstechnischen Voraussetzungen sowie seine typischen Erscheinungsformen. Weber beschreibt die Verdrängung der traditionalen partikularistischen Rechtsverbände durch eine auf formaler Rechtsgleichheit beruhende Rechtsgemeinschaft als Resultat der „Markterweiterung“ und „Bürokratisierung“,11 in deren Verlauf die Autonomie ständischer oder stammesmäßiger Personenverbände durch eine jeweils genau umschriebene Rechtsautonomie von Individuen und Verbänden ersetzt wird. Denn die Realisierung formaler Rechtsgleichheit auf dem Boden des legitimen Rechtssetzungsmonopols des politischen Verbandes impliziert mit der Vorstellung subjektiver Rechte im Sinne anspruchsverleihender Normen die Konzeption entsprechenden „objektiven“ Rechts.12 Die begriffliche Unterscheidung wie das sachliche Komplementärverhältnis von „subjektivem Rechtsanspruch“ und „objektiver Rechtsnorm“ sind aber eng verbunden mit der im § 2 thematisierten „Entpersonalisierung“ und „Versachlichung“ des Rechts. Soweit diese Prozesse eine normativ regulierte Rechtssetzung und -durchsetzung auf der Grundlage von „Gewaltenteilung“ voraussetzen und daraus weitere Leitdifferenzen des modernen Rechts generieren, sind zugleich die Themen der Typoskriptvorlage des späteren § 1 benannt, der deshalb vielleicht einmal die Darlegungen der Typoskriptgrundschicht des § 2 fortgesetzt hat, bevor Weber die Manuskriptseiten umstellte.13 Wir vermuten also, daß zu den ersten Arbeiten Webers an „Wirtschaft und Gesellschaft“ neben einem Abschnitt über das „prinzipielle Verhältnis“ von Wirtschaft und Recht („Die Wirtschaft und die Ordnungen“) auch ein damit zusammenhängender Text über die „Die Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands“ gehört hat, der mindestens das Typoskript des späteren § 2 (Textgruppe IV) umfaßt hat.

10 Unten, S. 306 f., und S. 306, textkritische Anm. e. 11 Unten, S. 367. 12 Vgl. unten, S. 275 ff., 369. 13 Vgl. dazu auch, unten, S. 255 f. und S. 260 f. Die Typoskriptgrundschicht des § 2 sowie das die §§ 1 und 3 verklammernde Typoskriptgerüst (Textgruppen IV, II und III) sind unten, S. 652 – 676, als Anhang II abgedruckt.

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

In der Korrespondenz mit dem Verleger nennt Weber das „Recht“ erst 1913 wieder, und zwar in der stichwortartigen Beschreibung seines Hauptartikels zum „Handbuch“.14 So heißt es in einem an Paul Siebeck gerichteten Schreiben: „Ich bin eifrig an der Arbeit. Ich hoffe, der große Artikel: ‚Wirtschaft, Gesellschaft, Recht und Staat‘ wird das systematisch Beste, was ich bisher geschrieben habe [. . .].“15 In einem Schreiben vom November des gleichen Jahres hat sich der „große Artikel“ gar zu einer „Soziologie“ ausgeweitet, in der das Recht allerdings nicht (mehr) eigens hervorgehoben wird.16 Ebensowenig wird es in dem vielzitierten Brief vom Dezember 1913 genannt.17 Hier ist vielmehr die Rede davon, daß er (Weber) neben den „großen Gemeinschaftsformen“ eine „umfassende soziologische Herrschafts- und Staatslehre“ verfaßt habe, die man sich jedoch ohne eine Behandlung des Rechts kaum vorstellen kann. Was diese Übersicht implizit andeutet, ist eine Neukonzeption und veränderte Positionierung des Rechtskapitels, welche dann die „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 (Werkplan) umsetzt.18 Während die allgemeine Erörterung der Beziehungen zwischen Wirtschaft und Recht, freilich um andere normative Ordnungen erweitert, in das Einleitungskapitel rückt („Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen. Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung“),19 soll das materiale Rechtskapitel unter der Überschrift „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ nunmehr als untergeordneter Abschnitt der Erörterungen über den „Politischen Verband“ (Punkt 7 des Werkplans) zwischen das Kapitel über „Die Marktvergemeinschaftung“ und die Ausführungen über „Die Herrschaft“ plaziert werden. Indem er seinen Beitrag zu einer „umfassenden soziologischen Theorie und Darstellung“ ausarbeitete, löste Weber also die nach dem Stoffverteilungsplan zusammenhängende Erörterung der prinzipiellen Beziehungen zwischen Wirtschaft und Recht und ihrer entwicklungsgeschichtlichen Ausprägungen auf. Das Manuskript (Typoskripteinzüge und handschriftliche Bearbeitungen) spiegelt die veränderte Disposition zu den Rechtstexten für den Grundrißbeitrag, die der Werkplan vom Frühjahr 1914 dokumentiert, wider.

14 Briefe Max Webers an Paul Siebeck vom 23. Jan. und 8. Febr. 1913, MWG II/8, S. 52 f., hier S. 52, und S. 86 f., hier S. 87. 15 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 8. Febr. 1913, MWG II/8, S. 86 f., hier S. 87 [Hervorhebung, Hg.]. 16 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 3. November 1913, MWG II/8, S. 343 f., hier S. 344. 17 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 30. Dez. [1913], MWG II/8, S. 448–450, hier S. 449 f. 18 Abgedr. in: Winckelmann, Hauptwerk, S. 168–172; MWG II/8, S. 820–823. 19 „Erstes Buch, Abteilung III, C: Wirtschaft und Gesellschaft, I: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. 1. Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen. Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung. [. . .].“

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Die aus den Umarbeitungen und Erweiterungen ersichtliche Textentwicklung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ gibt einige sachliche Ansatzpunkte, die ihre Zuordnung zum Abschnitt über den politischen Verband nachvollziehbar erscheinen lassen. So läßt sich das zunehmende Gewicht erkennen, das Weber der Analyse der politischen Herrschaftsstrukturen im Hinblick auf die Rechtsentwicklung einräumt. Die wechselseitigen Bezüge zwischen Wirtschaft und Recht waren ohne die gleichzeitige Berücksichtigung der Metamorphosen des „politischen Verbandes“ als wichtigem Katalysator kaum zu erklären. Was Weber im Schlußabschnitt des § 1 und in der Anfangssequenz des § 8 über die herausragende Bedeutung der politischen Herrschaftsformen für die Rechtsentwicklung sagt,20 findet über die verschiedenen Textstufen hinweg seinen sichtbaren Niederschlag. Namentlich für die Wahlverwandtschaft zwischen der okzidentalen ökonomischen und rechtlichen Rationalisierung spielt die politische Verbandsentwicklung eine zentrale Rolle.21 Aus dieser Sicht erscheint die Einordnung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ in den Abschnitt über den politischen Verband folgerichtig.22

3. Die Verweise Die Verweise bestätigen die feste Einbindung des Textes über die „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ in Webers Handbuch- bzw. Grundrißbeitrag.23 Zwar empfiehlt es sich, die Beweiskraft der Vor-, Rück-, Andernortsoder impliziten Verweise nicht zu überschätzen, da sie weder über den Integrationsgrad der Teiltexte noch über den tatsächlichen Manuskriptbestand zum Zeitpunkt der Verweiseinarbeitung zwingend Aufschluß geben.24 Von vornherein wenig aussagekräftig sind etwa die zahlreichen Mehrfachverweise („wie wir immer erneut sehen werden“, „wie wir immer wieder gesehen haben“ etc.), aber auch mehrfach auflösbare Voraus- oder Rückverweise. Anders verhält es sich, wenn diese letzteren auf der Grundlage überlieferter

20 Vgl. unten, S. 301 und S. 617 ff., sowie bereits die Typoskriptfassung des späteren § 1 (Blatt A 21 f., unten, S. 671 f.). 21 Vgl. hierzu besonders unten, S. 618 f. 22 Vgl. dazu Gephart, Collagenwerk (wie oben, S. 144, Anm. 36), S. 117 f.; Schluchter, Replik (wie oben, S. 138, Anm. 13), S. 736; Winckelmann, Hauptwerk, S. 58. 23 Zur Bedeutung der Verweisstruktur vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 88, 90, und Orihara, Grundlegung (wie oben, S. 178, Anm. 15); ders., Rekonstruktion (ebd.). 24 Vgl. Schluchter, Replik (wie oben, S. 138, Anm. 13), S. 738; auch Hanke, Editorischer Bericht zum Band: Herrschaft, MWG I/22–4, S. 92–114, hier S. 106 f.; Nippel, Editorischer Bericht zum Band: Die Stadt, MWG I/22–5, S. 45–58, hier S. 47.

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

Originalmanuskripte bestimmten Bearbeitungsstufen zugeordnet werden können. Voraus- wie Rückverweise müssen darüber hinaus nicht zwingend auf bereits existente Textpassagen referieren, sondern können sich auf noch zu schreibende oder noch zu revidierende Texte beziehen. Trotz dieser Einschränkungen ist die Analyse der von Weber akribisch eingesetzten Verweistechnik für das Verständnis von Aufbau und Stellung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ im Rahmen seiner Vorkriegstexte zum „Handbuch der politischen Ökonomie“, später: „Grundriß der Sozialökonomik“, in besonderer Weise lohnenswert. Und zwar gerade weil die Verweisstruktur an dieser Stelle in der beschriebenen Weise und mit Hilfe der rekonstruierten Textgruppen wichtige zusätzliche Informationen über Entstehung, Aufbau und Entwicklung des Textes vermittelt. Ausschlaggebend dafür ist, daß die Verweise jeweils bestimmten Textsegmenten, den „Textgruppen“, und maschinen- oder handschriftlichen Bearbeitungsschichten25 zugeordnet werden können. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Konstitution und relative Chronologie von Textsegmenten und Bearbeitungsschichten. Allgemein kann man vermuten, daß Rückverweise eher als Vorausverweise den Schluß auf bereits vorhandene Bezugstexte erlauben, und daß Rück- wie Vorverweise umso wahrscheinlicher einen bereits existenten oder mit der Verweiseinfügung korrespondierend geschaffenen Manuskripttext anvisieren, je spezifischer der in Bezug genommene Sachverhalt bezeichnet wird. Die folgende Tabelle (Übersicht 1) dokumentiert die quantitative Verteilung der Verweise auf die jeweiligen Textgruppen, woraus zugleich ein komplexes, im weiteren zu interpretierendes Verweisgewebe sichtbar wird. Übersicht 1: Aufschlüsselung der Verweisverteilung im Text „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ nach Textgruppen. Verweise in EdR §1

§2

Tgr II III IV V VI VII VIII

A

(1)

A/B

B1

B2

Hs

A=B

Gesamt*

3 7 1 – – – –

– – – – – – –

6 – 5 – – – –

– – – 6 – – –

– – – – 4 1 18

9 7 6 6 4 1 18

25 Zu den unterscheidbaren maschinen- und handschriftlichen Textsegmenten und Bearbeitungsschichten vgl. den Editorischen Gesamtbericht, oben, S. 143 – 150.

255

Editorischer Bericht Verweise in EdR §3 §4 §5 §6

§7 Gesamt* + §8

Tgr III IX X XI XI XII XIII XII XI XI XIV

A

A/B

B1

B2

Hs

A=B

Gesamt*

(2)

1 – – 4 2 4 – 3 – 4 – 29

3 2 – 2 5 2 – – – – – 14

– 10 – 4 2 6 – 3 2 1 – 39

– – – – – – 1 – – – 7

– – 3 – – – – – – 26

4 12 3 10 9 12 1 6 2 5

(1) (1)

115 13

* ohne Spalte A Legende: A – nicht in den Text letzter Hand eingegangene Typoskriptverweise; A/B – in den Text letzter Hand (B) eingegangene Typoskriptverweise; A=B – Verweise in nur flüchtig durchgesehenen Typoskriptsegmenten; B1 – Verweise in Überarbeitungsschicht mit gut leserlicher Handschrift; B2 – Verweise in Überarbeitungsschicht mit schwer lesbarer „Konzeptschrift“; Hs – Verweise in rein handschriftlichen Manuskriptblättern; EdR – „Entwicklungsbedingungen des Rechts“.

Die Verweisanalyse stützt folgende textgenetische Grundannahmen:26 (1) Frühe Texte, die Weber noch im Rahmen des Stoffverteilungsplans von 1909/10 zum Thema „Epochen der Entwicklung des heutigen (Rechts-)Zustands“ ausarbeitete, sind kaum oder gar nicht über textinterne Verweise verknüpft. Vermutlich erforderte der zum Zeitpunkt ihrer Niederschrift geplante Abschnittsumfang noch keine textstrategische Funktion von Verweisen.27 Dies gilt insbesondere für die Typoskriptgrundschicht des späteren § 2 (Textgruppe IV), was wiederum die Vermutung stützt, daß die primäre Typoskriptschicht des § 2 zu den frühesten Texten des Rechtskapitels gehört.28 Ein Rückverweis auf die früheren Ausführungen zum Chancencharakter des

26 Die folgende Darstellung faßt die Ergebnisse zusammen und verzichtet aus Raumgründen in der Regel auf den Einzelnachweis der referierten Verweise/Verweisauflösungen. 27 Analog dazu findet man in der mutmaßlich frühen, maschinenschriftlichen Fassung von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ keine Verweise; vgl. den Editorischen Bericht, oben, S. 178. 28 Es trifft aber wohl nicht auf den Typoskriptkern des späteren § 3 (Textgruppe IX) zu, in dem der Begriff des Charismas eingeführt wird.

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

Rechts,29 der sich in der Typoskriptschicht von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ auflösen läßt, bestätigt überdies den im Stoffverteilungsplan von 1909/1030 nahegelegten engen Zusammenhang beider Texte. Dazu paßt auch ein letztlich gestrichener Typoskriptverweis auf spätere Ausführungen zur „Klassenlage“.31 Die zunehmende Verweisdichte im ersten maschinenschriftlichen Textteil des überlieferten § 1 (Textgruppe II) macht den unmittelbaren textlichen Entstehungszusammenhang mit der Typoskriptgrundschicht des § 2 eher unwahrscheinlich, selbst wenn ein konsekutiver Herstellungszusammenhang (Verwendung derselben Schreibmaschine und Papiersorte) bestanden haben sollte.32 (2) In späteren Textschichten, die im Rahmen der sich abzeichnenden Neudisposition des ganzen Grundrißbeitrags hin zu einer „geschlossene[n] soziologische[n] Theorie und Darstellung“33 entstanden sind, werden die einzelnen Textteile der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ miteinander und diese zunehmend über Verweise mit den übrigen älteren Grundrißmanuskripten verknüpft. So nimmt die Zahl der Verweise auf Typoskriptebene in den §§ 4–7 deutlich zu. Auffallend ist auch die große Zahl von Verweisen in den Typoskripteinschüben des § 2 (Textgruppen VI–VIII), namentlich in Textgruppe VIII. Sie dokumentieren das Bestreben, die offenbar zu verschiedenen Zeitpunkten abgefaßten und bearbeitetenTextteile des Grundrißbeitrags miteinander zu verbinden und setzen also eine entsprechende Manuskriptdisposition voraus. Wie sich zeigt, sind über die Hälfte der aussagekräftigen Verweise (60 von 115 in §§ 1–7) erst im Zuge der handschriftlichen Bearbeitung in den Text eingefügt worden.34 Zählt man die Verweise in den nur flüchtig durchgesehenen, eingeschobenen Typoskriptpassagen der §§ 2 und 3 hinzu, welche vermutlich auf Abschriften handschriftlicher Manuskripte zurückgehen, summiert sich der Anteil der später eingefügten Verweise auf über zwei Drittel. Rückverweise auf die Texte über die „Nachbarschaftsgemeinschaften“, die „Hausgemeinschaft“, die „Marktgemeinschaft“ und die „Religiösen Gemeinschaften“ sowie Vorausverweise auf die „Herrschaft“ – über alle Paragraphen verstreut – dokumentieren die feste Einbindung in den Grundrißbei-

29 Vgl. unten, S. 306 mit Anm. 3. 30 Vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 151; MWG II/8, S. 810. 31 Vgl. unten, S. 368 mit textkritischer Anm. t. Laut Stoffverteilungsplan sollte in Webers Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“ dem Abschnitt „a) Wirtschaft und Recht“ ein Abschnitt „b) Wirtschaft und soziale Gruppen (Familien- und Gemeindeverband, Stände und Klassen, Staat)“ folgen; vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 151; MWG II/8, S. 810. 32 Vgl. hierzu weiterhin unten, S. 260 f. 33 Nach Webers Formulierung im Brief an Paul Siebeck vom 30. Dez. [1913], MWG II/8, S. 448–450, hier S. 449. 34 Vgl. die Gesamt- und Einzelzahlen zu den Spalten B1, B2 und Hs in Übersicht 1, oben, S. 254 f.

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trag von 1914. Speziell gilt das für die §§ 2 und 5. Aus den auffällig zahlreichen grundrißeinbindenden Verweisen in den Typoskripteinschüben des § 2 kann man schließen, daß Weber bei der Ausarbeitung dieser Texte ein Aufbau seines Beitrags vor Augen stand, für den der Werkplan von 1914 die Orientierung gab. In den die §§ 4 ff. konstituierenden Textsegmenten, besonders im § 5, fällt die verweisförmige Vernetzung mit den religions- und herrschaftssoziologischen Abschnitten auf, und zwar auf Typoskript- wie auf handschriftlichen Bearbeitungsebenen. Damit korrespondieren in diesen Textsegmenten auflösbare Vorausverweise aus den „Religiösen Gemeinschaften“35 sowie die in den Typoskripteinschüben des § 2 auflösbaren Rückverweise aus der älteren Herrschaftslehre.36 Hinsichtlich der Analyse der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, die laut Werkplan im Abschnitt über den „politischen Verband“ folgen sollte, ist ein Andernortsverweis in den „Politischen Gemeinschaften“ auf das Rechtskapitel interessant, weil er mit dem im Werkplan inaugurierten Binnenverhältnis von „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ und „Politischem Verband“ noch nicht (oder nicht mehr?) übereinstimmt.37 Die Verweisstruktur stützt insgesamt jedoch die Positionierung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ zwischen der Marktvergemeinschaftung und dem Herrschaftskapitel, welche sich aus der „Einteilung des Gesamtwerks“ ergibt. (3) Prinzipiell gehen die maschinengeschriebenen Textteile den handschriftlichen Textbearbeitungen (einschließlich der rein handschriftlichen Manuskriptseiten) zeitlich voraus. Sie sind aber keineswegs – wie schon die Typoskripttexte der späteren §§ 4–7 zeigen – Resultat nur einer Arbeitsstufe. Es entspricht diesem Befund, daß sich kein Typoskriptverweis eindeutig und ausschließlich nur in einer manuellen Bearbeitungsschicht auflösen läßt.38 Ebenso gibt es keine Rückverweise aus (späteren) Typoskriptschichten (etwa der §§ 4 ff.) auf handschriftliche Textinsertionen in davorliegende Textteile. 35 Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 213 mit Anm. 1 (aufgelöst in Textgruppe XII, wesentlich B1 bzw. B2); S. 221 mit Anm. 15 (aufgelöst in Textgruppe XIV, A/B); S. 247 mit Anm. 73 (aufgelöst in Textgruppe XIV, A/B); S. 335 mit Anm. 21 (aufgelöst in Textgruppe XI, A/B; der Bezug auf Ausführungen zu Gründen und Wirkungen der Rezeption des Römischen Rechts im Spätmittelalter erscheint hier jedoch wahrscheinlicher: Textgruppe XI, B2). 36 Weber, Herrschaft, MWG I/22–4, S. 190 mit Anm. 63 (aufgelöst in Textgruppe XI, A/B und B1); S. 279 mit Anm. 78 (unklarer Bezug; aufgelöst u. a. in Textgruppe VIII, A=B); S. 290 mit Anm. 10 (u. a. aufgelöst in Textgruppe VIII, A=B). Hinzu kommt ein als indirekter Rückverweis aufgelöster Globalverweis auf den Aufbau der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“: S. 149 mit Anm. 42. 37 Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 208 mit Anm. 4 (aufgelöst in Textgruppe IV, A/B und B2). 38 Um hier überhaupt zu weiterführenden Aussagen zu gelangen, muß man natürlich insoweit von der erwähnten, prinzipiell immer möglichen Verweisung auf noch zu schreibende Textabschnitte absehen.

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

(4) Abweichend davon sind die Typoskripteinschübe in die überlieferten §§  2 und 3 gegenüber den maschinenschriftlichen Referenzpassagen (Typoskriptgrundschicht des §  2, Textgruppe IV) offenkundig später, und zwar zeitnah zu den späteren handschriftlichen Bearbeitungen entstanden. So fehlen in den ebenfalls späteren Typoskriptsegmenten der §§  4 ff. Verweise, die dort auflösbar wären, obwohl eine Reihe von Parallelstellen das sachlich durchaus hätten sinnvoll erscheinen lassen.39 Wenn aus anderen Paragraphen (§  8 ausgenommen) in die kaum korrigierten Typoskriptpassagen der §§  2 und 3 verwiesen wird, dann geschieht das aus den handschriftlichen Umarbeitungen oder Ergänzungen heraus, und zwar ausschließlich aus den relativ späteren Überarbeitungsschichten („Konzeptschrift“).40 Oder es wird – wie in §  341 – aus einer dieser Typoskriptpassagen in eine andere rückverwiesen. Stärkere Indizien für die zeitliche Nähe solcher Typoskriptsegmente zu den relativ späteren handschriftlichen Bearbeitungen, speziell Verweise in spätere handschriftliche (Konzeptschrift-)Bearbeitungen anderer Typoskriptsegmente, fehlen jedoch oder sind zu unsicher, als das ihnen ein entsprechender Aussagewert zugemessen werden könnte.42 (5) Die handschriftlichen Bearbeitungen bilden wahrscheinlich textsegment- (vielleicht sogar text-)übergreifende Korrekturschichten. Das gilt auch für die offenbar mehrstufigen Textrevisionen und -erweiterungen in „Konzeptschrift“.43 Die Verweisstruktur stützt den Befund insoweit, als kein Verweis aus der zeitlich früheren handschriftlichen Korrekturschicht eindeutig und ausschließlich in der (oder den) zeitlich späteren manuellen Bearbeitungsschicht(en) auflösbar ist. Zwar zielt ein Rückverweis auf die Normengenese, der sich in §  3 findet,44 anscheinend auf eine relativ spätere handschriftliche 39  Z. B. unten, S. 482 mit Anm.  15 (Amendmentstruktur des englischen Statute Law); S.  496 mit Anm.  43 und 44 (Bindung des Prätors an sein Edikt im Vergleich zur (Un-)gebundenheit des nordischen Gesetzsprechers an die lögsaga). 40  Vgl. z. B. zwei in Textgruppe VI auflösbare Vorausverweise, die sich in der relativ späteren (Konzeptschrift-)Überarbeitung der Textgruppe II des §  1 befinden: unten, S.  286 mit Anm.  32; S.  290 mit Anm.  44. Ebenso ein in Textgruppe VI auflösbarer Rückverweis aus der relativ späteren (Konzeptschrift-)Bearbeitung der Textgruppe XI im §  4: unten, S.  492 mit Anm. 35 und ein weiterer Rückverweis aus der relativ späteren (Konzeptschrift-)Redaktion der Textgruppe XII, der in der Textgruppe VIII aufzulösen ist: unten, S.  547 mit Anm.  92. 41  Hier wird aus dem Typoskripteinschub des §  3 (Textgruppe X) auf die dritte, in den §  2 eingezogene Typoskriptsequenz (Textgruppe VIII) rückverwiesen: unten, S.  460 mit Anm.  71; ebd. mit Anm.  72. 42  Namentlich kommen hier zwei Rückverweise aus Textgruppe VI im späteren §  2 in Frage, die sich in der späteren handschriftlichen Bearbeitung der Textgruppe II des §  1, aber eben auch intern, d. h. in derselben Textgruppe auflösen lassen: unten, S.  323 mit Anm.  36 und S.  324 mit Anm.  37. 43  Zu den unterscheidbaren Arbeitsstufen vgl. den Editorischen Gesamtbericht, oben, S.  148 ff. 44  Unten, S.  433 mit Anm.  11.

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Insertion in die Anfangspassage des zweiten Abschnittes von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, wo Weber die Darstellung der Rechtsentstehung durch Anbindung intersubjektiver Verbindlichkeitsvorstellungen („Einverständnisse“) an Verhaltensgewohnheiten erklärt.45 Doch läßt sich der beschriebene Sachverhalt auch schon in einer Typoskriptpassage desselben Abschnitts, besonders aber in dessen frühester handschriftlicher Redaktion (gut leserliche Schreibschrift) nachweisen.46 (6) Die abschließende textliche Gliederung und Paragraphenanordnung, speziell die Abfolge der §§  1, 2 und 3, erfolgt erst in einem späten Bearbeitungsstadium. Zwar fehlen in der maschinenschriftlichen Grundschicht des §  2 ebenso (gestrichene) Vorausverweise auf die einleitende Typoskriptsequenz des §  1 wie umgekehrt dort (getilgte) Rückverweise auf die Typoskriptgrundschicht des §  2. Andererseits spricht auf Typoskriptebene nichts gegen eine entstehungsgeschichtliche Textgruppenfolge IV (§  2), II und III (§  1), wobei die Textgruppe III überdies das Verbindungselement zum späteren §  3 darstellt.

4.  Zur äußeren Gestalt des Manuskripts Zur Herstellung der maschinenschriftlichen Textsegmente der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ kam neben den beiden bereits für „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ verwendeten Schreibmaschinentypen eine dritte Schreibmaschinentype zum Einsatz, der sich wie jenen eine bestimmte Papiersorte zuordnen läßt.47 Mit Schreibmaschine 1 wurden Blätter der Textgruppe II, also Teile der §§  1 und 3, getippt. Typoskriptsegmente, die mit Schreibmaschinentype 2 hergestellt wurden, bilden die Textgruppen II, III, IX, XI, XII und XIV. Die Typoskripteinschübe in die §§  2 und 3 (Textgruppen VI–VIII und X) wurden mit Schreibmaschinentype 3 geschrieben. a)  Paginierung Im Anschluß an das Deckblatt und die Inhaltsübersicht setzt das Typoskript zu §  1 mit einer maschinenschriftlichen Pagina „12“ ein. Die Typoskriptteile sind entsprechend ihrer Herstellung segmentweise durchgezählt und wurden offenbar erst postum (durch Marianne Weber) paragraphenweise paginiert 45  Oben, S.  213 – 217. 46  Oben, S.  226  f. Ähnlich verhält es sich mit einem an anderer Stelle erwähnten Rückverweis in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, bei dem es um die Differenzierung von Sitte und Konvention mit Hilfe der Einverständniskategorie geht; vgl. den Editorischen Bericht, oben, S.  186. 47  Zu Schreibmaschinen und Papiersorten vgl. den Editorischen Gesamtbericht, oben, S.  145 – 148.

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– mit der Besonderheit, daß die Paginierung in §  7 die Zählung des §  6 zunächst fortsetzt, dann abbricht und unvermittelt neu einsetzt.48 Paragraphentitel hat Weber zuerst handschriftlich (mit §-Zeichen, aber nicht durchweg mit Paragraphenziffer)49 am Anfang der jeweils ersten Textseite eingefügt – mit Ausnahme des §  7, wo der Titel in den laufenden Text inseriert ist. Die von Weber später auf Vorsatzblättern eingefügten Paragraphenüberschriften sind mit diesen Titeln nur teilweise identisch; wiederholt weisen sie inhaltlich wesentliche Abweichungen auf.50 Auch in diesem Zusammenhang bildet der §  7 einen Sonderfall, da für ihn nur der in den Text inserierte Titel nachgewiesen ist, sein Gegenstand hingegen eindeutig von der Inhaltsübersicht des Vorsatzblattes zu §  6 erfaßt wird.51 Die Unentschlossenheit Webers bei der Anordnung der späteren §§  2 und 3, die in den Titulaturen am Paragraphenanfang und auf den Vorsatzblättern dokumentiert ist, läßt sich vielleicht auch aus der primären Typoskriptlage erklären: Die zunächst durchlaufende Typoskriptsequenz der Textgruppe III, die später durch den zwischengeschobenen §  2 unterbrochen wird, enthält auf Blatt A 25 / B1 einen sachlichen Neueinsatz, den Weber mit der Frage nach der Genese von Rechtsregeln einleitet.52 Hier bestand also eine Textzäsur innerhalb der material fortlaufenden Ausführungen, in die sich die sukzessive Ausarbeitung des späteren §  2 bei der abschließenden Neuanordnung der Manuskriptmasse hineinschob. Tatsächlich ist für die überlieferte Fassung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ die Neugruppierung von handschriftlich redigierten maschinenschriftlichen Blattfolgen charakteristisch. Grundstock des Textes in seiner frühesten erkennbaren Textgestalt ist – wie geschildert – die zehnseitige Typoskriptgrundschicht des späteren §  2 (Textgruppe IV), die durch hand- und maschinenschriftliche Texteinschübe auf insgesamt 76 Manuskriptseiten anwächst, so daß der Paragraph am Ende über die Hälfte des Gesamttextes ausmacht. Nach Paginierungsart, Schreibmaschinentype und verwendetem Papier gehörte möglicherweise auch das erste Typoskriptsegment des §  1 48  Vgl. die Textgruppen XI und XIV in der Übersicht, unten, S.  167 – 169. 49  Die Ziffern zu den Titeln der §§  2, 4, 5, 6 stammen ersichtlich von fremder Hand, ebenso die Ziffer „2“ in der Überschrift zum späteren §  3; im eingeschobenen Titel zum §  7 ist Raum für eine später einzusetzende Numerierung gelassen und von fremder Hand am linken Rand „§  7“ vermerkt. 50  Vgl. die sukzessive Gestaltung der Titelei zu den §§  2, 3 und 5; unten, S.  306 mit textkritischer Anm.  b, S. 430 mit textkritischer Anm.  b, S. 510 mit textkritischen Anm.  d und e. 51  Vgl. unten, S.  552 mit textkritischer Anm.  d. Auffällig ist freilich in diesem Fall – gegenüber den bei den anderen Paragraphen beobachteten Differenzen zwischen Primärbetitelung und Titelgebung auf den Einlegeblättern – die im Vergleich zur Inhaltsübersicht des §  6 präzisere Formulierung der Naturrechts-Materie in der in den Text inserierten Paragraphenüberschrift zum §  7. Möglicherweise ein Indiz für ihre – gegenüber dem Vorsatzblatt – spätere Einfügung. 52  Unten, S.  430  ff.

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(Textgruppe II) zu dieser Grundschicht.53 Ein direkter Textanschluß fehlt freilich. Außerdem ist das letzte Blatt der primären Typoskriptschicht des §  2 nicht ganzseitig beschrieben. Das Fehlen einer Seite „11“, die unmittelbar daran anschlösse, könnte immerhin auf Textvernichtung durch Max Weber oder auf Fehlpaginierung zurückzuführen sein. Ein materiales Indiz für diesen Zusammenhang könnte die auffällige Zäsur beim Seitenwechsel zwischen Textgruppe II und Textgruppe III sein. Die letzte Seite der Textgruppe II schließt mit einer Worttrennung (A 17/B 6).54 Textgruppe III, die sich nach Schriftbild, Schrifttype und Papier von Textgruppe II unterscheidet, führt jene Worttrennung weiter (A 18/B 7). Wie immer man die Manuskriptlage deuten mag, so lassen doch philologische und sachliche Erwägungen einen echten Texteinschnitt vermuten. Die neue Typoskriptblattfolge (Textgruppe III) bildet die Textbasis sowohl der zweiten Hälfte des §  1 wie des Anfangs von §  3. Weber erörtert auf den zu §  3 gehörenden Seiten die sich wandelnden „Einverständnisse“ der Interessenten sowie richterliche Präjudizien als primäre Faktoren der Rechtsnormbildung. Der Typoskripttext dieser Passage (A 25–28 / B 1–4; Textgruppe III) endet auf einer nicht vollständig beschriebenen Seite. Ob er hätte fortgesetzt werden sollen oder gar eine nicht überlieferte, weil für den Neuaufbau des Paragraphen nunmehr bedeutungslose Fortsetzung des Textsegments existierte, muß offen bleiben. Dagegen war die nun folgende, in Paginierung, Schreibmaschinentype und Papiersorte wieder wechselnde und den §  3 substantiell tragende Blattsequenz (Textgruppe IX) offenbar nicht unmittelbarer Typoskriptanschluß. Behandelt wird hierin im wesentlichen das „Charisma“ als primordiale Quelle der Rechtsschöpfung, worin eine weitere Textzäsur erkennbar wird. Dieser zentrale Typoskripttext endet mit einer eindeutigen Überleitung auf die Typen der Rechtsschulung und der Rechtshonoratioren,55 an die ein neues, mindestens bis zum späteren §  7 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ durchlaufendes Typoskriptsegment56 folgerichtig anschließt. Dabei weist die Typoskriptschicht des §  7 (Textgruppen XI und XIV) einige Besonderheiten auf. Das letzte Blatt des späteren §  6 (A 17 / B 11) wurde offenbar nach einem Farbbandwechsel neu eingespannt und der Typoskripttext mit einer Leerzeile Zwischenraum, in die Weber den Paragraphentitel des § 7 handschriftlich einfügte, fortgesetzt. Die Seite A 22 / B 16 ist nur gut halbseitig beschrieben; eine Seite „23“ fehlt. Bei der im Manuskriptkonvolut folgenden Seite läßt sich auf Typoskriptebene nicht eindeutig entscheiden, ob die Paginierung „4“ oder

53  Vgl. hierzu aber oben, S.  256. 54  Unten, S.  295. 55  Vgl. unten, S.  475 mit textkritischer Anm.  t. 56  Das Manuskript zu §  8 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ist nicht nachgewiesen.

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„24“ lauten muß.57 Der getippte Text beginnt mitten in einem Satz, und am Seitenende steht eine Worttrennung, die auf dem Folgeblatt A 25 / B 9 nicht ausgeführt wird.58 Es bleibt also offen, ob hier ein einzelnes Manuskriptblatt eingefügt wurde. b)  Randnotizen Max Webers vereinzelte Randnotizen sind an zwei Stellen bemerkenswert: Auf einer der handschriftlich abgefaßten Manuskriptseiten des §  2, in denen die zentrale Differenz von Status- und Zweckkontrakten begrifflich und sachlich näher ausführt wird, notiert Weber am Seitenrand: „,Zweck-Contrakt // sachlicher Contrakt // personaler Contrakt“.59 Dies ist deshalb aufschlußreich, weil er für Vereinbarungen, die Statusqualitäten der Vertragspartner betreffen, offenkundig zunächst den Ausdruck „personaler Contrakt“ gebraucht, den er jedoch – wie eine Streichung im Text zeigt60 – zugunsten der Begriffserfindung „Statuskontrakt“ als Gegenbegriff zum „Zweckkontrakt“ fallen läßt. Ein wesentlicher Grund dafür mochte sein, daß Weber an eine bereits etablierte Unterscheidungsform (diejenige von „Status“ und „Kontrakt“ bei Sumner Maine und Tönnies)61 kritisch anschließen wollte (Vertragsförmigkeit des auch Statusänderungen konstituierenden Einverständnishandelns). Auf dem Vorsatzblatt des §  3 vermerkt Weber am linken oberen Seitenrand: „§  2: jurist[ische] Person. // §  3: Gewohnheitsrecht.“62 Er weist damit auf die überlieferte Anordnung der Paragraphen hin, welche in der wechselnden Titel-Bezifferung der Vorsatzblätter wie der jeweils ersten Textseite offen bleibt: Die rechtstechnische Ausstattung korporativer Akteure mit „Rechtspersönlichkeit“ thematisiert Weber vor allem im dritten eingeschobenen Typoskriptsegment des §  2,63 während das erste Blatt des §  3, speziell in der handschriftlichen Erweiterung, eine eingehendere Begründung der soziologischen Unzweckmäßigkeit des juristischen Gewohnheitsrechtsbegriffs enthält.64

57  Das Manuskriptblatt wird deshalb als selbständige Textgruppe XIV angeführt. 58  Vgl. unten, S.  604 mit textkritischer Anm.  o und S.  607 mit textkritischer Anm.  o. Die unausgeführte Worttrennung kann natürlich auch auf Verlesung oder ad hoc-Textänderung des nach Vorlage (oder frei?) diktierenden Autors zurückzuführen sein. 59  Unten, S.  315 mit textkritischer Anm. b. 60  Ebd. mit textkritischer Anm.  c. 61  Unten, S.  315  ff. mit Anm.  22, sowie die Einleitung, oben, S.  63. 62  Unten, S.  430 mit textkritischer Anm.  a. 63  Vgl. unten, S.  383 ff. 64  Vgl. unten, bes. S.  431 – 433.

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5.  Zur Datierung (1) Im Manuskript „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ wurde die ausgearbeitete Handlungsbegrifflichkeit des Kategorienaufsatzes, insbesondere das „Einverständnis“, seine Komposita und Ableitungen, in die handschriftliche Überarbeitungsschicht eingearbeitet.65 Im Manuskript „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ ist dies nicht durchgängig so, denn hier finden sich Kategorienbegriffe auch in einzelnen Typoskriptpassagen. Die Typoskriptgrundschicht des §  2 erreicht allerdings nirgends das Begriffsniveau des 1913 publizierten Kategorienaufsatzes. Speziell das Einverständnis, aber auch die Spezialbegriffe des politischen „Verbandes“ bzw. der politischen „Anstalt“ gelangen erst im Zuge der manuellen Bearbeitung sowie der Insertion der (rein maschinenschriftlichen) Textgruppen VI–VIII in den Text.66 Terminologisch gehört §  2 deshalb zweifellos zu den frühesten Textstücken der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“. Ob die Typoskriptgrundschicht des §  2 ursprünglich durch das einleitende Typoskriptsegment des späteren §  1 (Textgruppe II) fortgesetzt wurde, ist auch philologisch schwer zu entscheiden. Immerhin ist das Einverständnis hier, wenigstens an einer Stelle, handschriftlich inseriert; das Begriffsdual „anstaltsbezogen“/„anstaltsgeregelt“ ist hingegen der Kategorienterminologie nachgebildet.67 Im zweiten Typoskriptsegment des §  1, das ihn auf der Typoskriptebene mit §  3 verbindet (Textgruppe III), begegnet dagegen der Einverständnisbegriff vergleichsweise häufig.68 Der anschließende Typoskriptkern des §  3 (Textgruppe IX), der das Rechtscharisma als evolutionäres Brückenprinzip zum Satzungsgedanken einführt, hat zumindest an einer Stelle die „Einverständnisgemeinschaften“, bezeichnenderweise in Verbindung mit dem Verbandsbegriff.69 Zwar spielt die Kategorienterminologie in der sachlich unmittelbar der Kernschicht des §  3 folgenden Typoskriptsequenz,70 welche die Textgrundlage der späteren §§  4–7 konstituiert (Textgruppe XI) und gleichzeitig die Textklammer eines weiteren Typoskripteinschubs (Textgruppe XII) bildet, keine nennenswerte Rolle. Doch dürfte das mit der im Schlußabschnitt des §  1 eingeschlagenen Richtung hin zu einer Bedingungsanalyse der Rechtsrationali65  Zum Kategorienaufsatz und seiner Bedeutung für die Datierung vgl. den Editorischen Bericht zu „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, oben, S.  179 ff. 66  Vgl. hierzu etwa unten, S.  361 mit textkritischen Anm.  j und k, und S.  367 mit textkritischen Anm.  i und j, sowie Anhang II zum Editorischen Gesamtbericht, oben, S. 170  ff. 67  Unten, S.  274 f. mit textkritischer Anm.  g und Kommentar-Anm.  2. 68  Vgl. unten, S.  296 und S.  433 – 443. Zu einzelnen Beispielen für die Typoskriptpräsenz der Kategorienterminologie, namentlich des „Einverständnisses“, vgl. unten, S.  436 mit textkritischer Anm.  j und s, S.  437 mit textkritischer Anm. m, S.  440, S.  443 mit textkritischer Anm.  m. 69  Unten, S.  454  f. 70  Vgl. unten, S.  476  ff.

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sierung auf der Basis spezifischer Formen des Rechtsdenkens und der Rechtsschulung zusammenhängen,71 während gleichzeitig etwa der Einverständnisbegriff72 oder die Verbandsterminologie,73 wo begriffstechnisch einschlägig, bereits im maschinenschriftlichen Text benutzt sind. Die Begrifflichkeit des Kategorienaufsatzes, besonders das Einverständnis,74 daneben der (politische) Verband oder die Gelegenheitsvergesellschaftung,75 findet sich ebenso in den rein handschriftlichen Seiten, die Weber am Anfang des §  2 in die maschinenschriftliche Grundschicht einfügt (Textgruppe V). Jüngeren Datums, d. h. – nach den hier zugrunde gelegten Annahmen über die Entstehungszeit des Kategorienaufsatzes –76 wahrscheinlich nicht vor Anfang/Mitte 1913 abgefaßt, ist weiterhin mindestens der letzte und längste Typoskripteinschub in den §  2 (Textgruppe VIII). Dort kommt einerseits das Einverständnis vor,77 andererseits der Verband (nicht: die Gemeinschaft) als institutionalisierte Form eines spezifischen Einverständnishandelns, entsprechend der Einordnung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ im Werkplan von 1914 (unter Punkt 7: „Der politische Verband“).78 Vor allem behandelt Weber in diesem Textsegment die begrifflichen Grundlagen für die im Kategorienaufsatz anvisierte „soziologische Verbands- und Anstaltstheorie“ aus rechtskultursoziologischer und rechtsvergleichender Perspektive.79 (2) Bezeichnenderweise benutzt Weber den Charisma-Begriff, der im Typoskriptkern des §  3 (Textgruppe IX) eingeführt wird, in der Parallelstelle des Textes „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ nicht, wo er zur Frage der Rechtsfortbildung vielmehr auf den psychologischen Wirkmechanismus abstellt („Eingebung“, „Einfühlung“).80 Da die einführende Textsequenz des §  3 (Rest der Textgruppe III) sich zwar zunächst wie eine Paraphrase der Parallelstelle liest, dann aber unvermittelt abbricht, um den Ausführungen zum Rechts­ charisma Platz zu machen (Textgruppe IX; andere Schreibmaschine), scheint

71  Zum Wandel der konzeptionellen Anlage der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ vgl. oben, S.  250 ff. sowie die Einleitung, oben, S.  54 ff. 72  Z. B. unten, S.  600. 73  Z. B. unten, S.  600 mit textkritischer Anm.  f, oder S.  569  f. mit textkritischer Anm.  l. 74  Z. B. unten, S.  310  f. 75  Beispiele dafür vor allem unten, S.  313 – 316. Ausnahmsweise ist von der „politischen Gemeinschaft“ die Rede (unten, S.  317), eine Begrifflichkeit, die Weber ansonsten konsequent durch den im Werkplan von 1914 genannten „politischen Verband“ ersetzt (vgl. unten, S.  360 mit textkritischer Anm.  c). 76  Vgl. den Editorischen Bericht zu „Die Wirtschaft und die Ordnungen“, oben, S.  180 f f.   77  Unten, S.  368  f. 78  Vgl. z. B. unten, S.  369, 373  f., 377  ff. 79  Weber, Kategorien, S.  291. 80  Vgl. hierzu ausführlich die Einleitung, oben, S.  50  f.; im Text unten, S.  430 ff., 445 ff. und oben, S.  215 ff.

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auf den ersten Blick eine neue Begrifflichkeit an die Stelle der veralteten zu treten. Die Spätdatierung der Parallelstelle in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ – dort in „Konzeptschrift“ eingefügt – würde damit problematisch. Sachlich ließe sie sich dagegen stützen, wenn man die inhaltliche Differenz zwischen der Suche nach Trägern eines Erneuerungsprozesses, nach Rechtspropheten und Rechtscharismatikern also, im Zuge der Bedingungsanalyse von Rationalisierungsprozessen der rechtlichen Sphäre einerseits und der soziologischen Grundfrage nach der Genese von Verbindlichkeit und ihrer Verstetigung andererseits, wie sie in der Passage von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ analysiert wird, berücksichtigt. Auch die Analogie zur Herrschaftssoziologie läßt sich in dieser Deutungsrichtung verstehen. Sowohl in der älteren wie in der jüngeren „Herrschaftslehre“ hält Weber durchaus an „Eingebung“ und „Einfühlung“ als psychologischen Kausalfaktoren des Gehorsams gegenüber Befehlen fest.81 Zur herrschaftssoziologischen Typenbildung allerdings erscheinen ihm die Begriffe ungeeignet. Übertragen auf die beiden Rechtstexte lautete die mögliche Folgerung: Zur Kritik von Stammlers aprioristischen Ordnungsvorstellungen und zur empirischen Analyse von Verbindlichkeitsvorstellungen eignen sich die Begriffe „Einfühlung“ und „Eingebung“, für die Bildung einer Typologie von Rechtsentwicklungsstufen allerdings nicht. (3) Es fällt ferner auf, daß Weber den Herrschaftsbegriff vermeidet, wenn man von den allgemeinen Hinweisen auf „die Erörterung der Herrschaft“,82 die „Besprechung der Herrschaft“,83 die „Erörterung der Herrschaftsformen“84 oder die „Analyse der ‚Herrschaft‘“85 in späteren Typoskripttexten einmal absieht.86 Politische oder öffentlichrechtliche Herrschaftsphänomene beschreibt er dagegen mit den Begriffen „Befehlsgewalt“87 oder „imperium“.88 Den für die „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ zentralen Begriff „imperium“ greift Weber im Herrschaftskapitel bezeichnenderweise ebensowenig auf, wie er in den Rechtstexten mit dem Herrschaftsbegriff arbeitet. Die terminologische Diskrepanz könnte einerseits auf unterschiedliche Entstehungszeiten der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ und der in zentralen Teilen 1913 entstandenen „Herrschaftslehre“89 hinweisen. Nicht auszuschlie  81  Vgl. Weber, Herrschaft, MWG I/22–4, S.  136, sowie WuG1, S.  123. 82  Unten, S.  295. 83  Unten, S.  298 und S.  510 mit textkritischer Anm.  e. Vgl. auch unten, S.  619: „bei Besprechung der politischen Herrschaft“. 84  Unten, S.  554. 85  Unten, S.  566. 86  Zur analogen Tendenz in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ vgl. oben, S.  184. 87  Vgl. unten, S.  277 – 279 und S. 296. 88  Unten, S.  295 sowie S. 453, textkritische Anm.  a und  d. 89  Vgl. den Editorischen Bericht zum Band: MWG I/22–4 Herrschaft, S.  83; zur Datie-

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ßen ist andererseits, daß Weber die differente Begrifflichkeit in „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ und älterer Herrschaftssoziologie bewußt so benutzt. Die Verwendung des „Patrimonialismus“-Begriffs im Text „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ könnte diese These stützen. Zwar operiert Weber mit dem Begriff, der eine traditionale Hauptform politischer Herrschaft bezeichnet, analog zur älteren „Herrschaftslehre“ auch in offensichtlich spät zu datierenden Typoskripten oder handschriftlichen Überarbeitungen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“.90 Doch geschieht das ebenso beiläufig, wie umgekehrt die ältere „Herrschaftslehre“ auf das „Patrimonialfürstentum“ zurückgreift, den noch in den erkennbar spätesten manuellen Bearbeitungsschichten der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ üblichen technischen Terminus zur Beschreibung der juridischen Struktur dieser politischen Herrschaftsform.91 Die terminologische Differenz zur Herrschaftssoziologie war vielleicht deshalb beabsichtigt, weil der Bezug auf die politische Herrschaftsstruktur als Erklärungsfaktor der Rechtsentwicklung jedenfalls so lange nicht eindeutig transportiert wird, als er für die nicht ohne weiteres „politisch“ (vielmehr ursprünglich „grundherrlich“) konnotierten Begriffe „patrimonial“ und „Patrimonialismus“ unmißverständlich festgestellt war,92 was eben erst in der „Herrschaftslehre“ geschehen sollte.93 „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“ liefern darüber hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß Textstücke, in denen Weber mit dem Patriarchalismusbegriff operiert, einen gegenüber der Arbeit mit dem Patrimonialismusbegriff (oder dem des „Patrimonialfürstentums“) durchweg älteren Bestand repräsentierten. Vielmehr scheint Weber den „Patriarchalismus“ zur Kennzeichnung des „wohlfahrtsutilitarischen“ oder ethisch-materialen Elements der politischen Patrimonialherrschaft bevorzugt zu haben,94 während die Formen des „Patrimonialismus“ und beson-

rung: vgl. ebd., S.  106, sowie Hanke, Edith, Max Webers ‚Herrschaftssoziologie‘. Eine werkgeschichtliche Studie, in: dies. und Mommsen, Wolfgang J. (Hg.), Max Webers Herrschaftssoziologie. Studien zu Entstehung und Wirkung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2001, S.  19–46, hier S.  39. 90  Vgl. unten, S.  279 mit textkritischer Anm.  n, S.  422, 534, 562, S.  577, textkritische Anm.  d, S. 586, textkritische Anm.  o, und S.  619. 91  Vgl. unten, S.  283, 295 mit textkritischer Anm. n, 511, 513, 552, 560  ff. 92  Darauf deuten entsprechende Typoskriptersetzungen hin, etwa unten S.  295 mit textkritischer Anm.  n und S.  518 mit textkritischer Anm.  e. 93  Eindrücklich dokumentiert das ein Brief Max Webers an Georg von Below vom 21. Juni 1914, in dem Weber die Bedeutung dieser Unterscheidung herausstellt. Zum Wortlaut der Briefstelle vgl. unten, S.  279, Anm.  14. 94  Vgl. u. a. unten, S.  324, 422, 516  f., 523, 525, 555, 561 – 566, 577, 585  f. Vgl. auch unten, S.  517  f. mit textkritischen Anm.  q und e, sowie S.  577 mit textkritischer Anm.  c.

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ders des „Patrimonialfürstentums“ eher für die spezifische Organisationsstruktur dieses Herrschaftstypus stehen. (4) Über die genannten, eher indirekten Hinweise hinaus sind dem Manuskript wenige Indizien zur genaueren Bestimmung der Abfassungszeit des Textes bzw. der einzelnen Textteile zu entnehmen. Allgemein konnte Weber beispielsweise für die sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Partien aus dem umfangreichen Quellenstudium für die Neuauflage seines Handwörterbuchartikels über „Agrarverhältnisse im Altertum“ bis Anfang 1908 schöpfen.95 Immerhin verweist er in der vermutlich frühesten Textschicht der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“, der Typoskriptgrundschicht des §  2 (Textgruppe IV), auf Andreas Voigts Charakterisierung der Privatrechtsautonomie als „Dezentralisation der Rechtsschöpfung“.96 Nachweislich gebraucht Voigt eine sehr ähnliche Wendung in einem Aufsatz über „Wirtschaft und Recht“, der eine Langversion seines gleichnamigen Vortrags auf dem Ersten Deutschen Soziologentag im Oktober 1910 darstellt.97 Weber hat diesen Vortrag gehört. Was die nachträglich in den §  2 eingefügten maschinenschriftlichen Teile anbetrifft, sprechen neben werkgenetischen und philologischen auch systematische Überlegungen dafür, daß es sich um relativ späte (nicht vor 1913 entstandene), und zwar eigens für die „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ angefertigte Textteile handelt. Zwar dürfte Weber in den ehe-, familien-, erb- und arbeitsrechtlichen Passagen besonders der zweiten Typoskript­ insertion von der Studie Marianne Webers über „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“ (1907), eigenen thematischen Vorarbeiten98 sowie den einschlägigen Erörterungen in den „Agrarverhältnissen“ (1909)99 profitiert 95  Vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  725–747. Die Arbeit daran war – ausweislich eines Briefes Max Webers an Marie Baum vom 4. Febr. 1908 (MWG II/5, S.  430– 432, hier S.  430) – Anfang Februar 1908 beendet. Die Benutzung speziell für den Handwörterbuchartikel rezipierter Literatur machen die nachweislichen Referenzen in wenigstens zwei Fällen wahrscheinlich: Ludwig Mitteis’ „Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians“ (unten, S.  400 mit Anm.  27 und S.  401 mit Anm.  34) sowie die Kohler/ Peisersche Ausgabe des Kodex Hammurabi (unten, S.  335 mit Anm. 68 und S.  337  f. mit Anm.  75), deren juristischen Kommentierungsteil Weber in: Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  729, ausdrücklich hervorhebt. 96  Unten, S.  426 mit Anm.  96. 97  Voigt, Wirtschaft und Recht, S.  313 und S.  395, sowie ders., Vortrag (wie oben, S.  13, Anm.  55). 98  So existiert ein Stichwortmanuskript zum Thema „Hausverband, Sippe und Nachbarschaft“ aus dieser Zeit; ediert in: Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S.  291–327, hier bes. S.  309 ff.; vgl. dazu den instruktiven Editorischen Bericht, ebd., S.  282–290; zur Datierung der hier relevanten Manuskriptpassagen auf den September 1906: ebd., S.  286– 288. 99  Zur „Testierfreiheit“ in der Spätzeit der römischen Republik vgl. z. B. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  644, 658–666; zur antiken „kapitalistischen“ Sklaverei etwa ebd., S.  666 ff.

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haben. Entscheidend ist hingegen etwas anderes: Am Anfang der rein handschriftlichen Manuskriptinsertion in den §  2 (Textgruppe V) kündigt Weber an, eine kurze Skizze der „Entwicklungsstadien“ der Vertragsfreiheit entwerfen zu wollen. In den beiden Typoskriptpassagen, die dann anschließend, etwas versetzt, in die Primärtextschicht des §  2 verwoben sind, gibt Weber eine Vorstellung davon, wie der Schwerpunkt der Vertragsfreiheit sich vom Gebiet des öffentlichen und Prozeßrechts sowie des Familien- und Erbrechts „in früheren und frühesten Epochen und Stadien der Rechtsentwicklung“ zum „privatrechtlichen Kontrakt“ in der modernen „Marktvergesellschaftung“ verschiebt. Im langen dritten Typoskripteinschub steht dann die Entwicklung vom ständischen Personalrecht zum sachlichen Verbandsrecht im Mittelpunkt. Erst die Einschübe realisieren also genau jene „kurze“ Geschichte der Vertragsfreiheit, die Weber zuvor angekündigt hatte. Eine Präzisierung der möglichen Abfassungszeit dieser Textsequenzen anhand des ausdrücklichen Hinweises auf Alexander Leists Artikel über die modernen kapitalistischen Rechtsinstitutionen in „Buch II“ des „Grundriß der Sozialökonomik“ ist problematisch, da Weber den Verweis – wie die überlieferten einzelnen Manuskriptseiten zeigen – nachträglich glossiert hat. Auch war schon im Stoffverteilungsplan von 1909/10 ein Beitrag von „Prof. G. A. Leist“ unter dem Titel „Die moderne Privatrechtsordnung und der Kapitalismus“ für das „Zweite Buch“ des „Handbuch der politischen Ökonomie“ vorgesehen. Wegen uneinheitlicher interner Zitierpraxis der GdS-Autoren hatte Weber dem Verleger Ende Juli 1914 generell „Citieren nach Abteilungen“ empfohlen, so daß er selbst im vorliegenden Fall auf Leists Grundrißbeitrag wohl nicht mehr mit dem Hinweis „Buch II“, sondern „Abteilung IV“ verwiesen hätte. Eine Bearbeitung der Texte nach dem Juli 1914 ist auch deshalb unwahrscheinlich. Immerhin liefern die handschriftlichen Bearbeitungen einige Indizien für ihre späte Datierung (in die Vorkriegszeit 1913/14). So bezieht sich Weber vielleicht schon in der früheren handschriftlichen Überarbeitungsschicht des   Unten, S.  310.   Unten, S.  319 – 339 und S. 348–358.   Unten, S.  315.   Unten, S.  368 – 426.   Unten, S.  333 mit Anm.  60.   Siehe Anhang I, unten, S.  649  mit textkritischer Anm.  c.   Vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S.  152; MWG II/8, S.  810. Der von Weber für das Grundrißprojekt eingeworbene Beitrag Alexander Leists ist im übrigen erst 1925, nach Leists Tod, nunmehr in der Abteilung IV unter dem Titel „Die moderne Privatrechtsordnung und der Kapitalismus“ erschienen.   Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 19. Juli 1914, MWG II/8, S.  768 f., hier S.  768.   Vgl. die „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 bei Winckelmann, Hauptwerk, S.  168–172, hier S.  169; ebenso: MWG II/8, S.  820–823, hier S.  821.

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§  3 (gut leserlicher Schreibduktus),10 vor allem aber in der späteren manuellen Bearbeitung der §§  3 und 6 („Konzeptschrift“)11 auf Eugen Ehrlichs „Grundlegung der Soziologie des Rechts“, die im Dezember 1913 erschienen ist.12 Außer den hier erörterten Einzelpunkten13 scheinen zahlreiche rechtsvergleichende Beobachtungen Ehrlichs zu „gesellschaftlichen“, juristischprofessionellen und politischen Rechtsbildungsfaktoren Webers Darstellung, besonders in den handschriftlich bearbeiteten Passagen, inspiriert zu haben.14 An anderer Stelle bezieht sich Weber auf Gustav Radbruchs im Juni 1914 erschienene „Rechtsphilosophie“.15 Aus Radbruchs Korrespondenz ist zumindest bekannt, daß Weber das Buch sehr bald nach dem Erscheinen gelesen und kommentiert haben muß.16 Dies würde bedeuten, daß er bis in den Frühsommer 1914 hinein an der Korrektur und Revision der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ arbeitete. (5) Ein Brieffragment auf der Rückseite von zwei Allongen zu Manuskriptblättern des §  517 deutet gleichfalls auf eine relativ späte Datierung der handschriftlichen Umarbeitungs- und Erweiterungsschichten. Der Allongentext weist an den betreffenden Stellen die relativ frühere manuelle Korrekturschicht (gut leserliche Handschrift) auf. In dem Briefentwurf geht es offenbar um die prekären Lebensverhältnisse der mit Marianne und Max Weber befreundeten Frieda Gross, die während Max Webers Ascona-Aufenthalt im März 1913 Gegenstand ihrer persönlichen Gespräche waren. Briefliche Mitteilungen Webers an seine Frau im März/April 1913 legen nach Inhalt und Formulierung eine Datierung des Briefentwurfs in diese Zeit nahe.18

10  Unten, S.  441 mit Anm.  23, 24. 11  Unten, S.  432 mit Anm.  8 und S.  582 mit Anm.  72. 12  Vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 80, Nr.  279, 2. Dez. 1913, S.  13195. 13  U. a. die Kritik der gemeinrechtlichen Gewohnheitsrechtslehre, die Bedeutung der „Entscheidungsnormen“ als generelle Normen der richterlichen Rechtsfindung, die Adaption römischer Rechtsinstitute durch deren „Abstraktwerden“ auf dem Wege der gemeinrechtlichen Bearbeitung. 14  Man vergleiche nur die sachliche Parallelität des Kapitels über die rechtsgeschäftlichen („kautelarjuristische“), anwaltlichen und richterlichen Funktionsbereiche, in denen Juristen auf die Rechtsbildung Einfluß nehmen (Ehrlich, Grundlegung, S.  275–294), mit der überarbeiteten Einleitungssequenz des §  3, unten, S.  430 ff. 15  Vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 81, Nr.  134, 13. Juni 1914, S.  5283. 16  Vgl. die Briefe Gustav Radbruchs an Karl Jaspers vom 7. und 28. Juni 1914, GRG 17/I (wie oben, S.  10, Anm.  39), S.  175 f. und S.  176–178, hier S.  177, sowie den Brief an Hermann Kantorowicz vom [Anfang] Juli 1914, ebd., S.  178 f., hier S.  179. 17  Blatt A 10 / B 1 und Blatt A 12 / B 3, unten, S.  512, textkritische Anm.  h, und S.  519, textkritische Anm.  j. Zum Wortlaut vgl. den Anhang zum Editorischen Bericht, unten, S.  273. 18  Vgl. die Briefe Max Webers an Marianne Weber vom 31. März, 14., 17. und 18. April

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

(6) Insgesamt ergeben die Indizien für die Datierung der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ bzw. der sie konstituierenden Bausteine nur ein unscharfes Zeitraster: Weber scheint mit der Textarbeit früh, aber wohl nicht vor Mitte/Ende 1911 begonnen und – im Produktionszusammenhang mit „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ – zunächst lediglich einen schmalen Text (die Typoskriptgrundschicht des späteren §  2, vielleicht zusammen mit einem Typoskriptsegment des späteren §  1) geschaffen zu haben. In konzentrierten Arbeitsphasen dürften vor allem seit Anfang/Mitte 1913 die nachfolgenden Typoskripttexte verfaßt worden sein. Die handschriftlichen Be- und Ausarbeitungen wären dann zeitnah, in der Hauptsache wohl zwischen Ende 1913 und Mitte 1914 erfolgt. Eine Bearbeitung des überlieferten Textes während des Krieges oder danach ist sehr unwahrscheinlich. Terminologisch spricht dagegen die Verwendung der Begrifflichkeit des Kategorienaufsatzes, konzeptionell die offenkundige Nähe zum Werkplan von 1914 und sachlich das Fehlen jeden Hinweises auf Weltkrieg, Revolution und demokratische Neuordnung.

II.  Zu dieser Edition Die Edition folgt dem Originalmanuskript, das sich im Deponat Max Weber in der Bayerischen Staatsbibliothek München, Ana 446, OM 10, befindet. Das Original umfaßt die §§  1–7 (bis Blatt A 25/B 9). Die letzte Seite des §  7 (Blatt A 26 / B 10) ist gesondert überliefert und befindet sich im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat Bayerische Staatsbibliothek München, Ana 446. Ediert wird der Text in der von Weber angefertigten letzten Fassung (B). Diese besteht aus einer maschinenschriftlichen Fassung (A), die handschriftlich bearbeitet und stark erweitert wurde. Abweichungen der Typoskriptgrundschicht A zur handschriftlich bearbeiteten Fassung B werden im textkritischen Apparat nachgewiesen. Die von Weber nur flüchtig durchgesehenen Typoskriptinsertionen in die §§  2 und 3 gelten ebenfalls als Text der Fassung B. Editorische Grundlage für den als Manuskript nicht nachgewiesenen §  8 ist der Text der Erstauflage, „§  8. Die formalen Qualitäten des modernen Rechts“, in: Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, III. Abt.). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S.  502–512 (C). Am Rand wird die Paginierung der entsprechenden Fassungen angegeben. Bei den §§  1–7 wird zur Orientierung die Paginierung der Erstausgabe von „Wirtschaft und Gesellschaft“ unter der Sigle WuG1 mitgeführt.

1913, MWG II/8, S.  159–161, hier S.  160, S.  181–183, hier S.  183, S.  187 f., hier S.  186, und S.  189 f.

Editorischer Bericht

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In Anhang I zur Textedition (unten, S.  643 – 651) werden drei gesondert überlieferte handschriftliche Manuskriptseiten ediert, die eine Vorfassung zu den Textpassagen in §  2, A 7–14 / B 13–20 (unten, S.  327– 339) darstellen. Sie befinden sich im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat Bayerische Staatsbibliothek München, Ana 446. Die Blätter sind offenbar von Marianne Weber als Blatt 12, 13 und 14 paginiert worden, wobei die Blätter 13 und 14 auf den Rückseiten den Zusatz von der Hand Marianne Webers „überholt  “ tragen. Ein autoreigener Titel ist für das Manuskriptkonvolut zu den „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ nicht überliefert. Auch wenn der Text unter dem von Marianne Weber inserierten Titel „Rechtssoziologie“ bekannt geworden und eine umfängliche Rezeptionsgeschichte entfaltet hat, wird hier aus werkgenetischen und sachlichen Gründen der im Werkplan von 1914 angeführte Titel „Die Entwicklungsbedingungen des Rechts“19 übernommen, aber in eckige Klammern gestellt. Die Paragraphen-Überschriften auf den Vorsatzblättern sowie die dort folgenden Inhaltsübersichten sind handschriftlich von Weber verfaßt und damit autorisiert. Bei doppelten Überschriftenformulierungen auf den Vorsatzblättern und am Paragraphenanfang werden nur die ersteren ediert und die Abweichungen im textkritischen Apparat mitgeteilt.20 Dies bezieht sich auf die §§  1–6. Zu §  7‚ dessen Titel in den fortlaufenden Text der letzten Textseite von §  6 inseriert ist, fehlt ein Vorsatzblatt. Obwohl die Ausführungen des §  7 in der Inhaltsübersicht des Vorsatzblattes zu §  6 angekündigt sind, übernimmt die Edition die Ausgliederung des Naturrechtsteils in einen eigenen §  7.21 Überschrift und Inhaltsübersicht des als Manuskript nicht überlieferten §  8 werden dagegen aus der Erstedition von „Wirtschaft und Gesellschaft“ übernommen, da vermutlich ein sachliches Äquivalent zu den Vorsatzblättern der §§  1–6 als Vorlage existiert und den Erstherausgebern vorgelegen hat. Auch Begrifflich-

19  Siehe hierzu den Editorischen Gesamtbericht, oben, S.  141 f. 20  Eine entsprechende Anpassung der Überschriften im Text nahm Weber nicht vor. Die Neuformulierung des Titels des §  1 (unten, S.  274, textkritische Anm.  e) dürfte deshalb vor der Herstellung des Vorsatzblattes zum Paragraphen erfolgt sein, wofür die fehlende Unterstreichung des Primärtitels („‚Privates‘ und ‚öffentliches‘ Recht.“) sprechen könnte; vgl. dagegen aber den nicht geänderten Primärtitel des späteren §  3 (unten, S.  431), textkritische Anm.  j: „§ Der Normcharakter des Rechts.“ 21  So könnte die Rolle des Naturrechts bei der Herausdifferenzierung einer eigengesetzlichen Rechtssphäre, gerade gegenüber der Oktroyierungsmacht der politischen Gewalt, für Weber ein wichtiger Grund gewesen sein, seine Erörterung außerhalb des Rahmens der politischen Patrimonialherrschaft vorzusehen. Das „revolutionär geschaffene“ Recht ist schließlich – trotz der zugestandenen Existenz eines Naturrechts des „historisch Gewordenen“ (unten, S.  596) – vor allem eine gegen die herrschenden (legitimen) Gewalten gerichtete Begründungsform des Rechts; vgl. hierzu auch die Einleitung, oben, S.  107 ff.

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Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

keit und Formulierungsweise geben keinen begründeten Anlaß, an ihrer Authentizität zu zweifeln.22 Zu weiteren editorischen Spezifika vgl. den Editorischen Gesamtbericht, oben, S.  135 – 159.

22  Dies gilt auch für die Paragraphenzählung. Hätte nämlich, was der Manuskriptbefund nahelegt, Max Weber die Vorsatzblätter in einem zusammenhängenden Arbeitsgang hergestellt und im Sonderfall des §  7 dessen Überschrift erst nachträglich in den Text eingefügt, wäre an sich die Numerierung des letzten Paragraphen als „7“ zu vermuten.

Anhang zum Editorischen Bericht

Die Rückseite der am unteren Blattrand angebrachten Allonge auf Blatt A 12/B 3 (vgl. unten, S.  519, Anm.  j) enthält den fragmentarischen Text eines Briefes oder Briefentwurfs Max Webers:

Ein Stück der Allonge wurde abgeschnitten und an Blatt A 10/B 1 (vgl. unten, S.  512, textkritische Anm.  h) befestigt. Die Briefzeile, die auf der Rückseite dieses Allongenstücks steht, lautet: [.  . .] Ihnen fuhr). Daß davon, Frieda Gr. mit [.  . .] Zur Datierung des Brieffragments vgl. den Editorischen Bericht, oben, S.  269.

[Die Entwicklungsbedingungen des Rechts]

B Db WuG1 386

a

§ 1. Die Differenzierung der sachlichen Rechtsgebiete

b„Öffentliches“

und „Privatrecht“. [S. 274] – „Anspruchsverleihendes Recht und Reglement“. [S. 279] „Regierung“ und „Verwaltung“ – „Criminalrecht“ und „Zivilrecht“. [S. 280] „Unrechtmäßigkeit“ und „Delikt“. [S. 290] –c „Imperium“d. „Gewaltenbegrenzung“ und „Gewaltenteilung“. [S. 294] – „Recht“ und „Prozeß“. [S. 298] – Die Kategorien des rationalen Rechtsdenkens. [S. 301]b a A 12 B 1

Diee heutige Rechtstheorie und Rechtspraxis kennt als eine der wichtigsten Scheidungen diejenige von „öffentlichem“ und „Privatrecht“. Zwar über das Prinzip der Abgrenzung herrscht Streit.1 f1. Das öffentliche Recht einfach, der soziologischen Scheidung entsprechend,2 als den Inbegriff der Normen für das seinem von der Rechtsordnung zu unterstellendem Sinne nach staatsanstaltsa – a Fehlt in A. b – b Die Inhaltsübersicht ist links mit eckiger Klammer und Satzanweisung von fremder Hand: Petit versehen. c Doppelter Gedankenstrich in B. d In B folgt:  und Gewalt¯ e In B geht am oberen Rand voraus: §. 1. eaDie Differenzierung der sachlichen Rechtsgebieteea ea B: „Privates“ und „öffentliches“ Recht  Die Differenzierung der sachlichen Rechtsgebiete. Vor Textbeginn geht in B die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz f – f (S. 278) In B steht am linken Rand die Satzanweisung Max Webers: Petit bzw. Petit! 1 Die zeitgenössische Privat- und Staatsrechtsliteratur zeigt nach disziplinären, methodischen und sachlichen Ausgangspunkten verschiedene Abgrenzungsversuche – von der Subjektions- bzw. Koordinationslehre (z. B. Georg Jellinek, Paul Laband) über den Gedanken eines selbständigen Sozialrechts zwischen Privat- und öffentlichem Recht (vor allem Otto von Gierke, Hugo Preuss) bis hin zu der Auflösung des Gegensatzes mit Blick auf die formalrechtliche Verpflichtungsfunktion des Rechtssatzes (Hans Kelsen). 2 Diese entspricht der von Weber in: Kategorien, S. 270, getroffenen Unterscheidung von „gesellschaftsbezogenem“ bzw. „gesellschaftsgeregeltem“ Handeln, die er ebd., S. 271 f., auf das Anstaltshandeln, speziell das Staatsanstaltshandeln, anwendet. „Gesellschaftsbezogen“ ist einerseits das „spezifische Gesellschaftshandeln der ‚Organe‘“ und andererseits das „Gesellschaftshandeln der Vergesellschafteten, welches sinnhaft auf jenes Handeln der Organe bezogen ist.“ Auf die Anstalt, speziell die Staatsanstalt, bezogen, fährt Weber fort: „Speziell innerhalb der später zu erörternden Vergesellschaftungskategorie der ‚Anstalten‘ (insbesondere des ‚Staates‘) pflegt man diejenigen Ordnungen, welche zur Orientierung dieses Handelns geschaffen sind: das Anstaltsrecht (im Staat das ‚öffentliche Recht‘) von den das sonstige Handeln der Vergesellschafteten regelnden Ordnungen zu scheiden.“

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bezogene, d. h.: dem Bestande, der Ausdehnung und der direkten Durchführung der gjeweiligen[,] kraft Satzung oder einverständnismäßig geltendeng Zwecke der Staatsanstalt als solcher dienendeh Handeln zu definieren, das Privatrecht aber als den Inbegriff der Normen für das, seinem von der Rechtsordnung unterstelltem Sinne nach, nicht staatsanstaltsbezogene, sondern nur von der Staatsanstalt durch Normen geregelte Handeln anzusehen, scheint durch den unformalen Charakter dieser Scheidung technisch erschwert. Dennoch liegt diese Art der Unterscheidung letztlich fast allen Grenzabsteckungen zugrunde. 2. Diese Scheidung verschlingt sich ofti mit einer anderen: Man könnte „öffentliches“ Recht identifizieren mit der Gesamtheit der „Reglements“3, also:j der ihrem richtigen juristischen Sinn nach nur Anweisungen an die Staatsorgane enthaltenden, nicht aber erworbene subjektive Rechte einzelner begründenden Normen, im Gegensatz zu den „Anspruchsnormierungen“, welche ksolche subjektivenk Rechte begründen.l Der Gegensatz müßte aber zunächst richtig verstanden werden. Auch öffentlichrechtliche Normen, z. B. diejenigen über eine Präsidentenwahl, können subjektive und dabei dennoch „öffentliche“ Rechte einzelner begründen, im Beispiel: das Recht zu wählen.4 Aber dieses öffentliche Recht des einzelnen mgilt heutem allerdings ndem juristischen Sinne nach nichtn also ein erworbenes Recht im gleichen Sinn wie etwa das Eigentum, welches prinzipiell alsp für den Gesetzgeber selbst unantastbar giltq g Fehlt in A. h A, B: dienenden i A: aber j Doppelpunkt fehlt in A. k A: ebensolche B: solche subjektive l A: begründen sollen. m A: ist n A: nicht dem juristischen Sinne nach B: dem juristischen Sinne nicht nach o Fehlt in A, B; als sinngemäß ergänzt. p Fehlt in A. q A: ist 3 Zu dem aus dem Verwaltungsrecht entlehnten Begriff vgl. Mayer, Otto, Deutsches Verwaltungsrecht (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 6), 2 Bände. – Leipzig: Duncker & Humblot 1895 und 1896, hier Band 1, S. 103 f.; Band 2, S. 234 f. (hinfort: Mayer, Verwaltungsrecht I und II). 4 Das Wahlrecht interpretiert Georg Jellinek gegen Paul Laband als subjektives öffentliches Recht; vgl. Laband, Paul, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches (in 4 Bänden), Band 1, 4., neubearb. Aufl. – Tübingen, Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1901, S. 306–308 (hinfort: Laband, Staatsrecht I); Jellinek, System, S. 159–166. Zwar sieht auch Jellinek – wie Laband – im Wählen zunächst nur eine staatliche Funktion, den Vorgang der Wahl ausschließlich durch objektives Recht geregelt, den einzelnen als solchen dadurch nicht subjektiv berechtigt. Das Recht zu wählen sei soweit nur Reflexwirkung; andererseits behauptet Jellinek den individualisierbaren (subjektivrechtlichen) Kern des Wahlrechts im Anspruch des einzelnen auf Anerkennung seiner Organstellung als Wähler.

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und eben deshalb von ihm anerkannt wird. Denn die subjektiven öffentlichen Rechte rder Einzelnen geltenr dem juristischen Sinne nach in Wahrheit alss subjektive tZuständigkeiten der Einzelnen,t für bestimmt begrenzte Zwecke als Organe ader Staatsanstalt zu handeln.5 Siea können also trotz der Form des subjektiven Rechts, die sie annehmen, in Wahrheit dennoch als bloße Reflexe eines Reglements, nicht als Ausfluß einer objektiven Anspruchsnormierung angesehen werden.6 Allein auch bei weitem nicht alle jeweils in einer Rechtsordnung bestehenden, in dem oben unter 2.b bezeichneten Sinn privatrechtlichen Ansprüche sind „erworbene“7 subjektive Rechte. Selbst der jeweils zugelassene Inhalt des Eigentums rechts ckann alsc „Reflex“8 der Rechtsordnung dgelten,d und die Frage, ob ein Recht als „erworben“ gilt, reduziert sich oft epraktisch nure auf die Frage: ob seine Beseitigung Entschädigungsansprüche nach sich ziehe. Man könnte also vielleicht behaupten, daß alles öffentliche Recht dem juristischenf Sinne nach nur Reglement sei, nicht aber, daß jedes Reglement nur öffentliches Recht schaffe. In Rechtsordnungen aber, wo die Regierungsgewalt als erworbenes patrimoniales Recht eines Monarchen gilt,9 oder r A: enthalten s Fehlt in A. t A: Zuständigkeiten, a A: des Staates aufzutreten, b A, B: 1) c A: ist d Fehlt in A. e Fehlt in A. f Fehlt in A. 5 Nur indem dem einzelnen eine staatliche Organstellung verliehen wird („aktiver Status“), lassen sich nach Jellinek subjektive öffentliche Rechte begründen. Zur Statuslehre, speziell zum „Status der aktiven Zivität“, „aktiven Status“ oder „Zustand des Aktivbürgers“ vgl. Jellinek, System, S. 136 ff., bes. 139; ders., Allgemeine Staatslehre, S. 410. 6 Vgl. Jellinek, System, S. 138, 159–166; Allgemeine Staatslehre, S. 408, sowie oben, S. 275, Anm. 4. – Die „Entdeckung“ der subjektiven öffentlichen Rechte fällt in die Zeit nach 1848. Sie sind das, was von den politisch brisanten Grundrechtskatalogen der Revolutionszeit und des Frühkonstitutionalismus übrigblieb, durch die Rechtswissenschaft auch weitgehend anerkannt und rechtsstaatlich ausformuliert wurde. Georg Jellinek leistete mit seiner Studie von 1892 die noch fehlende systematische Durchdringung dieses Rechtskomplexes. 7 „Erworbene“ Rechte werden im Umfeld des naturrechtlichen Denkens von den „angeborenen“ Rechten unterschieden. Nur für die erworbenen Rechte entsteht bei Verlust ein Entschädigungsanspruch. 8 Zur juristischen Konstruktion von Rechten als „Reflexwirkungen“ vgl. oben, S. 200 f. mit Anm. 27. 9 Nach der auf Hallers „Restauration der Staats-Wissenschaft“ zurückgehenden Patrimonialtheorie ist der Herrschaftsanspruch faktisch auf den Territorialbesitz gegründet (vgl. Haller, Carl Ludwig von, Restauration der Staats-Wissenschaft oder Theorie des natürlich-geselligen Zustands der Chimäre des künstlich-bürgerlichen entgegengesetzt, 6 Bände, 2. Aufl. – Winterthur: Steiner 1820–1825). Dem Monarchen wird ein

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wo umgekehrt ge wisse subjektiveg Bürgerrechte als schlechthin hin gleichem Sinn wie das „erworbene“ Privatrechth unentziehbar gelten (iz. B.i kraft „Naturrecht“), jträfe auch nicht einmal dies zu.j 3. Und endlich könntek man die Scheidung so vornehmen, daß man alle diel Rechtsangelegenheiten, bei denen einander mehrere, dem juristischen Sinne nach mals „gleichgeordnet“ geltendem Parteien gegenübertreten, deren Rechtssphären abzugrenzen der juristischn „richtige“ Sinn der Tätigkeit, sei es des Gesetzgebers, sei es des Richters, sei es der betreffendeno Parteien selbst (durch Rechtsgeschäft) sei,p als „privatrechtliche“ von dem qöffentlichrechtlichenr scheidet,q bei welchem ein, dem juristischen Sinne nach, präeminenter Gewaltenträger mit autoritärer Befehlsgewalt anderen ihm, dem juristischen Sinn der Normen nach, „unterworfenen“ Personen gegenübertritt.10 Allein nicht jedes Organ der Staatsanstalt hat Befehlsgewalt und das söffentlichrechtlich geregeltes Handeln der staatlichen Organe ist nicht immer ein Befehl. Sodannt ist offenkundig grade die Regulierung der Beziehungen zwischen mehreren Staatsorganen, also gleichmäßig präeminenten Gewaltenträgern, die eigentlich interne Sphäre des „öffentlichen“ Rechts. Und ferner müssen nicht nur die unmittelbar zwischen Gewaltenträgern und Gewaltunterworfenen bestehenden Beziehungen, sondern auch dasjenige Handeln der Gewaltunterworfenen, welches der Bestellung und Kontrolle des oder der präeminenten Gewalg Fehlt in A. h Fehlt in A. i Fehlt in A. j A: trifft auch dies nicht zu. k A: kann l Fehlt in A. m A: gleichgeordnete n Fehlt in A. o A: betr. p A: ist, q – q A: öffentlichen rechtlichen Teil, r B: öffentlichen rechtlichen s Fehlt in A. t A: Und endlich originäres Recht auf Herrschaft zugeschrieben, das ihm selbst außerhalb einer staatlichen Rechtsordnung zusteht, weshalb die Herrschaftsbeziehungen als „privatrechtliche“ konstruiert sind. „Patrimonialismus“ und „Patriarchale Herrschaft“ fallen bei Haller zusammen; vgl. dazu Below, Georg von, Der deutsche Staat des Mittelalters, Band 1: Die allgemeinen Fragen. – Leipzig: Quelle & Meyer 1914, Teil 1, S. 6 ff. (hinfort: Below, Der deutsche Staat). Einer der prominenteren Vertreter dieser rückwärtsgewandten Staatsphilosophie war der Bonner Staatsrechtslehrer Romeo Maurenbrecher, der in seinem staatsrechtlichen System ebenfalls den Staat als Objekt der privaten Verfügungsgewalt des Fürsten begriff (vgl. ders., Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts. – Frankfurt a. M.: Varrentrapp 1837, bes. S. 57, 244 ff.). 10 Gemeint ist die staatsrechtliche „Unterordnung“ bzw. „Gleichordnung“ als Unterscheidungsmerkmal von öffentlichem Recht und Privatrecht; Varianten dieser Lehre z. B. bei Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 384; Hänel, Staatsrecht (wie oben, S. 210, Anm. 48), S. 97; Laband, Staatsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 4), S. 64.

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tenträger dient, zur Sphäre des „öffentlich-rechtlich“ regulierten Handelns geschlagen werden. Dann aber führt diese Art der Scheidung offenbara weitgehend in die Bahnen der oben zuerst angegebenen zurück. Sieb behandelt nicht jede autoritäre Befehlsgewalt und derenc Beziehungen zu dend Gewaltunterworfenen als öffentlich-rechtlich. Diejenige des Arbeitgebers offenbar deshalb nicht, weil sie durch „Rechtsgeschäfte“ zwischen formal „Gleichgeordneten“ entsteht.11 Aber auch diejenige des Hausvaters wird als privatrechtliche Autorität behandelt, offenbar nur deshalb, weil die Staatsanstalt allein als Quelle legitimer Gewalt gilt12 und daher nur dasjenige Handeln, welches seinem von der Rechtsordnung zu unterstellendem Sinn nach auf die Erhaltung der Staatsanstalt und die Durchführung der von ihr sozusagen in eigene Regie genommenen Interessen bezogen ist, als „öffentlich“-rechtlich relevant gilt. Welche Interessen nun jeweils als von der Staatsanstalt selbst wahrzunehmende gelten, ist bekanntlich auch heute wandelbar. Und vor allem kann ein Interessengebiet durch gesatztes Recht absichtlich derart geregelt werden, daß die Schaffung von Privatansprüchen einzelner und von Befehlsgewalten oder anderen Funktionene von Staatsorganen sogarf für ein- und denselben Sachverhalt konkurrierendg nebeneinander stehen.f Auch heute also ist die Abgrenzung der Sphäre von öffentlichem und privatem Recht nicht überall eindeutig. Noch weit wenigerh war dies in der Vergangenheit der Fall.13 Die Möglichkeit der Scheidung kann gradezu fehlen. Dann nämlich, wenn alles Recht und alle Zuständigkeiten, insbesondere auch alle Befehlsgewalten gleichmäßig den Charakter des persönlichen Privilegs i(beim Staatsa Fehlt in A. b A: Denn sie c A: ihre d Fehlt in A. e A: Tätigkeiten f A: selbst g Fehlt in A. f (S. 274) –f In B steht am linken Rand die Satzanweisung Max Webers: Petit bzw. Petit! h A: mehr i – i Fehlt in A. 11 Zur formell freien Vereinbarung der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Rechtsgeschäft, d. h. Arbeitsvertrag, vgl. unten S. 425–427; vgl. auch Weber, Arbeitsvertrag, MWG I/8, S. 40–42. 12 Dies ist die communis opinio der zeitgenössischen Staatsrechtswissenschaft; vgl. z. B. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 180 f., 183, 256, 429–432; ders., Gesetz (wie oben, S. 234, Anm. 5), S. 191; Laband, Staatsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 4), S. 64– 67; Hänel, Staatsrecht (wie oben, S. 209 f., Anm. 48), S. 114, 800 f. 13 Zum heftigen Streit der Rechtshistoriker über das Verhältnis von Privatrecht und öffentlichem Recht im Mittelalter vgl. Below, Der deutsche Staat (wie oben, S. 276 f., Anm. 9), S. 101–111.

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oberhaupt meist „Prärogative“ genannt)i an sich tragen. Dann ist die Befugnis, in einer bestimmten Sache Recht zu sprechen oder jemanden zum Kriegsdienst aufzubieten oder von ihm sonst Gehorsam zu verlangen, genau so ein „erworbenes“ subjektives Recht und eventuell ganz ebenso Gegenstand einesj Rechtsgeschäfts, einerk Veräußerung oder Vererbung, wie etwa die Befugnis, ein bestimmtes Stück Acker zu nutzen. Die politische Gewalt hat dann eben juristisch keine anstaltsmäßige Struktur, sondern wird durch konkrete lVergesellschaftungen undl Kompromisse der verschiedenen mInhaber undm Prätendenten subjektiver Befehlsbefugnisse dargestellt. Die politische Befehlsgewalt gilt dann als von derjenigen des Hausvaters, Grundherrn, Leibherrn nicht nwesensverschieden:14 der Zustand des „Patrimonialismus“.n 15 Soweit eine solche Struktur des Rechts jeweils reicht – und sie war niemals in alle letzten Konsequenzen durchgeführt –[,] soweit ist juristisch alles, was unserem „öffentlichen“ Recht entspricht, Gegenstand von subjektivem Recht konkreter Gewalthaber, genau wie ein Privatrechtsanspruch. oDie Gestaltung des Rechts kann aber auch den grad entgegengesetzten Charakter annehmen und das in dem zuletzt verwendeten Sinn „private“ Recht auf weiten Gebieten, die ihm heut zufallen, gänzlich fehlen.o Dann nämlich, wenn alle Normen fehlen, welche den Charakter anspruchsverleihenden objektiven Rechts haben, wenn also der gesamte überhaupt geltende Normenkomj A: privaten k A: durch l A: Vergesellschaftungen, m Fehlt in A. n A: wesensverschieden. o – o A: Die Scheidung von privatem und öffentlichem Recht kann aber auch aus dem grade entgegengesetzten Grunde wegfallen. 14 Weber parallelisiert hier rechtssoziologisch, was er herrschaftssoziologisch klar differenziert. Gegenüber Georg von Below bemerkt er in einem Brief vom 21. Juni 1914 (MWG II/8, S. 723–725, hier S. 725) zur vergleichenden Behandlung politischer Verbände in seinem Grundrißbeitrag unmißverständlich: „Terminologisch werde ich am Begriff des ‚Patrimonialismus‘ auch und gerade für gewisse Arten politischer Herrschaft festhalten müssen. Aber die absolute Scheidung zwischen haus-, leib- und grundherrlicher Gewalt und politischer Herrschaft – für die es ja gar kein anderes Kriterium gibt, als daß sie jenes alles eben nicht ist (sondern Militär- und Gerichtsgewalt), werden Sie hoffentlich genügend betont finden.“ 15 Der Begriff geht dogmengeschichtlich auf die „Patrimonialtheorie“ des Staates zurück; vgl. oben, S. 276 f., Anm. 9. Im staatsrechtlichen Diskurs des 19. und noch des frühen 20. Jahrhunderts wird diese Lehre als Herrschertheorie des Staates vielfach variiert; über die Patrimonialtheorie und ihre Vertreter vgl. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 145–147, 199–201.

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plex juristisch den Charakter pdes „Reglements“ hat, das heißt also:p alle privaten Interessen nicht als garantierte subjektive Ansprüche, sondern nur als Reflexe der Geltung jener Reglements die Chance des Schutzes besitzen. Soweit dieser Zustand reicht –q und auch er hat nie universell geherrscht –[,] soweit löst sich alles Recht in reinen Zweck der Verwaltung: die „Regierung“ auf.16 „Verwaltung“ istr kein Begriff nur des öffentlichen Rechts. Es gibt private Verwaltung, etwa des eigenen Haushalts oder eines Erwerbsbetriebs, und öffentliche, d. h. durch dies Anstaltsorgane des Staats oder anderer, durch ihn dazu tlegitimierter, alsot heteronomer öffentlicher Anstalten,a geführte Verwaltung. Der bKreis der „öffentlichen“b Verwaltung umfaßt nun in seinem weitesten Sinne dreierlei: Rechtsschöpfung, Rechtsfindung und das, was an öffentlicher Anstaltstätigkeit nach Abzug jener beiden Sphären übrig cbleibt: „Regierung“, wollen wir hier sagen. Die „Regierung“ kannc an Rechtsnormen gebunden und durch erworbene subjektive Rechte beschränkt sein. Dies teilt sie dannd mit der Rechtsschöpfung und Rechtsfindung. Aber darin liegt nure zweierlei: 1. positiv:f der Legitimitätsgrund ihrer eigenen Zuständigkeit: eine mop A: von Reglements und also q A, B: reicht, – r A: regierende Verwaltung auf. Verwaltung ist heute s Fehlt in A. t A: legitimierter a A: Anstalten als solcher b A: Begriff öffentliche B: Begriff: „öffentliche“  Kreis der „öffentlichen“ c A: bleibt, regierender Verwaltung. Die regierende Verwaltung kann ebenso wie die Rechtsschöpfung und Rechtsfindung d Fehlt in A. e A: nun f Doppelpunkt fehlt in A. 16 Zu der auffälligen gattungsmäßigen Verwendung des „Verwaltungsbegriffs“ vgl. vor allem Jellinek, Gesetz (wie oben, S. 234, Anm. 5), S. 213–225, hier S. 220 f.; Allgemeine Staatslehre, S. 595–624, hier S. 616 ff. Im Anschluß an die konstitutionelle Gewaltenteilungslehre unterscheidet Jellinek die materiellen Staatsfunktionen in Rechtsetzung, Rechtsprechung und Verwaltung. Doch beinhalte die „Verwaltung“ zwei in der äußeren Verwaltungstätigkeit zu einer Einheit verbundene Momente: das der „Regierung“ und das der „Vollziehung“. „Regierung“ umfasse die an praktischen Staatszwecken orientierte Organtätigkeit im Rahmen der Rechtsordnung, „Vollziehung“ dagegen lediglich die Durchführung rechtlich gebotenen Verwaltungshandelns. – Webers ursprüngliche Formulierung „regierende Verwaltung“ macht die Referenz wahrscheinlich, denn die sonstige Staats- und Verwaltungsrechtsliteratur spricht dem Begriff der „Regierung“ – bis ins 18. Jahrhundert hinein immerhin Ausdruck für die Staatstätigkeit insgesamt – rechtsinhaltliche Bestimmtheit im Blick auf die Staatsfunktionen ab; vgl. hierzu Anschütz, Gerhard, Deutsches Staatsrecht, in: EdR7, Band 4, 1914, S. 1–192, hier S. 169 (hinfort: Anschütz, Staatsrecht); Schoen, Paul, Deutsches Verwaltungsrecht. Allgemeine Lehren und Organisation, in: EdR7, Band 4, 1914, S. 193–315, hier S. 195 (hinfort: Schoen, Verwaltungsrecht); Mayer, Verwaltungsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 3), S. 4.

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derne Regierungg entfaltet ihre Tätigkeit kraft legitimer „Kompetenz“, welche juristisch letztlich stets alsh auf der Ermächtigung durch idie „Verfassungs-“Normeni der Staatsanstalt jberuhend gedacht wird.j Und ferner ergibt jene Gebundenheit an geltendes Recht und erworbene Rechte k2. negativ: diek Schranken ihrer freien Bewegung, mit denen sie sich abzufinden hat. Ihr spezifisches eigenes Wesen aber besteht positivl grade darin, daß sie nicht nur die Respektierung oder Realisierung von geltendem objektivem Recht, lediglich deshalb, weil es einmal mals solchesm gilt und erworbene Rechte darauf beruhen, zum Objekt hat, sondern die Realisierung von anderen, materialen, Zwecken: politischen, sittlichen, utilitarischen oder welchen Charakters immer. Der Einzelne und seine Interessen sind für die n„Regierung“, demn juristischen Sinn nach, grundsätzlich Objekt, nicht Rechtssubjekt.17 Grade im modernen Staat besteht allerdings die Tendenz, Rechtsfindung und „Verwaltung“ o(im Sinn von „Regierung“)o einander formal anzunähern. Innerhalb der Rechtspflege nämlichp wird dem heutigen Richter teils durch positive Rechtsnormen, teils durch Rechtstheorien18 nicht selten zugemutet, nach materialen Grundsätzen, Sittg A: regierende Verwaltung h Fehlt in A. i A: Normen j A: beruht. k A: negativ 2. die l Fehlt in A. m Fehlt in A. n A: Verwaltung, ihrem o Fehlt in A. p Fehlt in A. 17 Dieser Standpunkt einer obrigkeitlichen Staatsauffassung entspricht juristisch der Auffassung der Gerber-Labandschen Staatsrechtsdogmatik, nach der die außerrechtliche staatliche Willensgewalt die Freiräume der einzelnen rechtlich setzt, welche dann als bloße Reflexe des Staatswillens erscheinen (vgl. Gerber, Grundzüge (wie oben, S. 235, Anm. 6), S. 227 ff.; Laband, Staatsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 4), S. 128 f.). Er widerspricht freilich den verschiedenen Ausprägungen liberal-konstitutionellen Staatsrechtsdenkens im späten Kaiserreich, für welche die Über- und Unterordnungsverhältnisse zwischen dem Staat und seinen Organen auf der einen, den Verbandsmitgliedern oder Herrschaftsunterworfenen auf der anderen Seite Rechtsverhältnisse sind, welche beiderseits handelnde „Rechtssubjekte“ voraussetzen; soweit übereinstimmend z. B. Jellinek, System, S. 10; Mayer, Verwaltungsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 3), S. 14; Loening, Staat (wie oben, S. 209 f., Anm. 48), S. 702 f., 708; Hänel, Staatsrecht (wie oben, S. 209, Anm. 48), S. 96. Auch mit einer in der Tradition der älteren Staatslehre des 19. Jahrhunderts stehenden genossenschaftstheoretisch-organizistischen Staatslehre, wie sie etwa Hugo Preuss im Anschluß an Otto Gierke vertrat, war die reine Objektstellung der Staatsbürger gegenüber der „herrschenden“ Staatsgewalt unvereinbar; vgl. Preuss, Hugo, Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften. Versuch einer deutschen Staatskonstruktion auf Grundlage der Genossenschaftstheorie. – Berlin: Julius Springer 1889, S. 176 ff., bes. 178, 182. 18 So u. a. die ‚Theorien‘ der „Freirechtsschule“; vgl. dazu auch Webers Ausführungen in § 8, unten, S. 623 – 631.

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lichkeit, Billigkeit, Zweckmäßigkeit[,] zu entscheiden. Und gegenüber der „Verwaltung“ gibt die heutige Staatsorganisation dem einzelnen, der im Prinzip nur ihr Objekt ist, dennochq Mittel der Wahrung seiner Interessen an die Hand, welche mindestens formell denjenigen der Rechtsfindung gleichartig sind: die „Verwaltungsgerichtsbarkeit“.19 Aber alle diese Garantien vermögen dennoch den erwähnten letzten Gegensatz von Rechtspflege und „Regierung“r nicht zu beseitigen. Der Rechtsschöpfung andererseits nähert sich die „Regierung“s überall da an, wo sie[,] auf die ganz freie Verfügung von Fall zu Fall verzichtend[,] generelle Reglements für die Art der Erledigung typischer Geschäfte tschafft, und zwar in einem gewissen Grad selbst dann,t wenn sie selbst sich an diese nicht agebunden hält.a Denn immerhin wird diese Bindung bals das Normale auch dannb von ihr erwartet und das Gegenteil als „Willkür“ normalerweise zum mindesten konventionell mißbilligt. Der urwüchsige Träger allerc „Verwaltung“ ist die Hausherrschaft. In ihrer primitiven Schrankenlosigkeit gibt es subjektive Rechte der Gewaltunterworfenen dem Hausherrn gegenüber nicht und objektive Normen für sein Verhalten ihnen gegenüber dnur allenfalls als heteronomend Reflex sakraler Schranken seines Hanq Fehlt in A. r A: Verwaltung s A: regierende Verwaltung t A: schafft. Dies ist selbst dann der Fall, a A: förmlich bindet. b A: trotzdem c A: der d A: nur als 19 Eine deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickelte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach der bis in die sechziger Jahre vorherrschenden Auffassung – einflußreich vertreten durch Otto Bähr, Der Rechtsstaat. Eine publicistische Skizze. – Cassel, Göttingen: Wigand 1864, bes. S. 45–73 – sollte die Verwaltung prinzipiell der Rechtskontrolle der ordentlichen Gerichte unterworfen sein. Die andere, später herrschende Meinung – namentlich vorgetragen von Rudolf von Gneist, Die heutige englische Communalverfassung und Communalverwaltung oder das System des Selfgovernment (Das heutige englische Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Hauptteil 2). – Berlin: Julius Springer 1860, S. 887 ff., bes. 894–897 – lehnte die Bährsche „Justizstaats“-Konzeption ab und forderte eine Lösung des Problems durch eine Reform der Verwaltung selbst, speziell durch Schaffung von „formell“ justizartigen Verwaltungsbehörden (Verwaltungsgerichten); vgl. dazu Schoen, Verwaltungsrecht (wie oben, S. 280, Anm. 16), bes. S. 291–295; Mayer, Verwaltungsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 3), S. 161–210; Anschütz, Gerhard, Verwaltungsrecht I. Justiz und Verwaltung, in: Stammler, R[udolf] u. a., Systematische Rechtswissenschaft (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil II, Abt. VIII), 2., verb. Aufl. – Leipzig, Berlin: B. G. Teubner 1913, S. 372–421, hier S. 382–393; Fleiner, Fritz, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 2., verm. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1912, S. 215–246.

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delns. Urwüchsig ist demgemäß auche das Nebeneinanderstehen der prinzipiell ganz schrankenlosen Verwaltungf des Hausherrn innerhalb der Hausgemeinschaft auf der einen Seite und des auf Sühne- und Beweisvertrag beruhenden Schiedsverfahrens zwischen den Sippen20 andererseits. Nurg hier wird über „Ansprüche“, subjektive Rechte also, verhandelt und ein Wahrspruch abgegeben. Nur hier finden hsich – wir werden sehen weshalb21 –h feste Formen, Fristen, Beweisregeln, kurz die Anfängei einer „juristischen“ Behandlung. Das Verfahren des Hausvaters im Umkreis seiner Gewalt weiß jvon alledemj nichts. Es ist ebenso die primitive Form der „Regierung“,k wie jenes die der lRechtsfindung. Beide scheiden sich auch der Sphäre nach von einander.l An der Schwelle des Hauses machte noch die antike römische Justiz unbedingt Halt. Wir werden sehen,22 wiem das Hausherrschaftsprinzip über seinen ursprünglichen Umkreis hinaus auch auf gewisse Arten der politischen nGewalt: das Patrimonialfürstentum,n 23 und dadurch auch der Rechtsfindung übertragen worden ist. Wo immero dies der Fall ist, wird die Schranke zwischen Rechtsschöpfung, Rechtsfindung und Regierungp durchbrochen. qDie Folge kann aber eine doppelte sein: entweder die Rechtsfindung nimmt formal und sachlich den Charakter von „Verwaltung“ an, vollzieht sich wie diese ohne feste Formen und Fristen, nach Zweckmäßigkeits- und Billigkeitsgesichtspunkten durch einfache Bescheide und Befehle des Herrn an die Unterworfenen. In voller Durchführung findet sich dieser Zustand nur in Grenzfällen, Annäherungen daran aber bietet der e Fehlt in A. f A: regierenden Verwaltung g A: Auch h A, B: sich, – wir werden sehen weshalb, – i In A folgt: von j A: davon k A: regierenden Verwaltung, l A: Rechtsfinder. m A: daß n A: Gewalt o In A folgt: aber p A: Verwaltung q – q (S. 285) Fehlt in A. 20 An die Stelle des ursprünglichen Fehde- und Blutracherechts der Sippe des Verletzten trat eine vertragliche Vereinbarung mit der Sippe des Schädigers, die eine Schuldablösung in Geld ermöglichte. Dieser Sühnevertrag umfaßte nun seinerseits eine Reihe von rechtsförmlichen Parteihandlungen auf beiden Seiten, als wesentlichen Bestandteil aber vor allem den sog. Beweisvertrag, in dem die Parteien vereinbarten, auf welche Weise (Parteieid, Gottesurteil) die ‚Schuld‘ und ggf. die Schadensersatzpflicht des Beklagten überhaupt festgestellt werden sollte, während die Erfüllung des Beweisvertrages eine außergerichtliche Angelegenheit war; vgl. für die germanischen Verhältnisse insbesondere die Darstellung bei Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 85 f., 160 f., 181–183, 221. 21 Siehe unten, S. 447 f f., S. 326. 22 Siehe unten, S. 560 ff. und Weber, MWG I/22–4 (Patrimonialismus), S. 259 ff. 23 Vgl. oben, S. 279 mit Anm. 14.

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„Inquisitions“-Prozeß24 und jede Anwendung der „Offizialmaxime“. Oder umgekehrt: „Verwaltung“ nimmt die Form eines Prozeßverfahrens an – dies war sehr weitgehend in England der Fall und ist es teilweise noch. Das englische Parlament verhandelt über „private bills“, d. h. reine Verwaltungsakte (Conzessionen und dergl[eichen]) im Prinzip ganz so wie über „Gesetzentwürfe“, und die Nichtscheidung beider Sphären ist dem älteren Parlamentsverfahren durchweg eigentümlich, für die Stellung des Parlaments gradezu entscheidend gewesen:25 es war eben als eine Gerichtsbehörde entstanden26 und wurde in Frankreich ganz zu einer solchen.27 Politische Umstände bedingten diese Verwischung der Grenzen. Aber auch bei uns wird das Budget, eine Verwaltungsangelegenheit, nach englischem Muster und aus politischen Gründen, als „Gesetz“ behandelt.28 Flüssig wird andrerseits der Gegensatz 24 Die Ursprünge des Inquisitionsprozesses reichen zurück bis in 12. Jahrhundert, als die katholische Kirche begann, durch Inquisitoren in einem gerichtsförmigen Verfahren gegen sog. Ketzer vorzugehen. Diese Inquisitoren ermittelten und verhandelten unabhängig und von Amts wegen, waren Ankläger und Richter in einer Person. Fundamente des Inquisitionsprozesses waren demzufolge die Prinzipien amtlicher Verfahrenseröffnung und Beweiserhebung, die als Prozeßrechtsgrundsätze (Offizialbzw. Instruktionsmaxime) nach dem Untergang des eigentlichen Inquisitionsprozesses im modernen Prozeßrecht fortgelten. 25 Weber stützt sich vermutlich vor allem auf Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 233–241, 503–514, 370 f., der sowohl die Gleichförmigkeit von „private“- und „public bill“-Verfahren im englischen Parlament hervorhebt wie deren juridische Form. Beides erklärt sich nach Hatscheks Auffassung aus der mittelalterlichen Stellung des Parlaments als oberster Gerichtshof. 26 So lagen nach Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 233–239, die Ursprünge des englischen Parlaments in der normannischen curia regis, die sich bis zum 14. Jahrhundert durch Ausdifferenzierung einer Reihe höchstrichterlicher, aber auch reiner Verwaltungs-Funktionen zur zentralen Verwaltungs- und Justizbehörde des Reiches entwickelt hatte. 27 Während in England das Parlament die für seine Stellung charakteristische Doppelfunktion als Reichsgerichtshof und Ständeversammlung behielt, fielen in der französischen Entwicklung die Funktionen einer obersten Gerichtsversammlung und die einer Repräsentantenversammlung dauerhaft auseinander. Das Parlament fungierte fortan wesentlich als Gerichtshof; vgl. Holtzmann, Robert, Französische Verfassungsgeschichte von der Mitte des neunten Jahrhunderts bis zur Revolution (Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte, hg. von G[eorg] v[on] Below und F[riedrich] Meinecke, Abt. III). – München, Berlin: R. Oldenbourg 1910, S. 235–239, 335–341. 28 Gem. Art. 69 RV sind alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches für jedes Jahr zu veranschlagen und auf den Reichshaushaltsetat zu bringen; dieser ist vor Beginn des Etatjahres durch Gesetz festzustellen. Für das Etatgesetz gelten dieselben Formerfordernisse wie für die anderen Reichsgesetze. Es kommt durch übereinstimmenden Beschluß von Reichstag und Bundesrat zustande und ist vom Kaiser unter Verantwort-

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rvon „Verwaltung“r gegenüber dem „Privatrecht“ da, wo das Organ-

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handeln der Verbandsorgane die gleichen Formen wie die Vergesellschaftungs zwischen Einzelnen annimmt: wenn also Verbandsorgane kraft ihrer Pflicht als solche eine „Vereinbarung“ (Contrakt) mit Einzelnen, tsei est Verbandszugehörigen oder Andren, schließen über Leistungen und Gegenleistungen zwischen Verbandsvermögen und Vermögen der Einzelnen. Diese Beziehungen werden dann nicht selten den Normen des „Privatrechts“ aentzogen und,a abweichend sowohl inhaltlich wie in der Art ihrer Garantie geordnet, den Normen der „Verwaltung“ unterstellt. Dadurch hören die Ansprüche der beteiligten Einzelnen, falls sie nur durch Zwangschancen garantiert sind, nicht auf, „subjektive Rechte“ zu sein29 und die Unterscheidung ist insoweit nur technischer Natur[.] Als solche kann sie freilich praktisch erhebliche Tragweite gewinnen. Aber es bedeutet doch eine völlige Verkennung der Gesammtstruktur des römischen (antiken) „Privatrechts“, wenn man zu diesem nur die mittelst des ordentlichen Geschworenenverfahrens auf Grund der „lex“ zu verfolgenden Ansprüche und nicht die durch magistratische Cognition zu erledigenden Rechte einbezieht, welchen zeitweilig eine praktisch ungeheuer überwiegende ökonomische Bedeutung zukam.q 30 r B: zwischen „Verwaltung“  und „privatem“ Handeln¯ s B: Vereinbarung  Vergesellschaftung t B: es sei a B: entzogen, und q (S. 283)– q Fehlt in A. lichkeit des Reichskanzlers auszufertigen und zu verkündigen. Zum Doppelcharakter des Etatgesetzes als „Gesetz“ im formellen, „Verwaltungsakt“ im materiellen Sinn vgl. Jellinek, Gesetz (wie oben, S. 234 f., Anm. 5), S. 130–177, S. 276–309; ders., „Budgetrecht“, in: HdStW3, Band 3, 1909, S. 308–323, hier S. 320–322. 29 Zum Begriff des „subjektiven Rechts“ als zwangsgarantierter Chance zur Interessendurchsetzung, als „subjektives Recht“ im materiellen Sinne also, vgl. oben, S. 200. 30 Dies richtet sich gegen die in der zeitgenössischen Romanistik verbreitete Auffassung, daß bis zur Einführung des den entwickelteren Verkehrsverhältnissen besser angepaßten Formularverfahrens der römische Bürger Rechtsschutz nur im Rahmen des altrömischen ordentlichen Geschworenenverfahrens, des starren Legisaktionenprozesses, hätte erlangen können. Vor allem Ludwig Mitteis wies darauf hin, daß nicht nur die Anfänge der magistratischen Jurisdiktion hinter die Ursprünge der Legisaktionen zurückreichen, sondern der prätorische Rechtsschutz in weitem Umfang im Fremdenprozeß und vielleicht im Klientenprozeß Fuß gefaßt habe, wo den Petenten das Bürgerrecht nicht zustand und die legis actio folglich unanwendbar war. Die lex Aebutia als gesetzliche Grundlage des Formularprozesses vollziehe lediglich die Anerkennung einer aus dem Fremdenprozeß rezipierten, aber auch früher schon den Bürgern zugänglichen freien magistratischen Rechtsweisung; vgl. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 42–58, und unten, S. 556.

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Ähnlich frei von Beschränkungen durch subjektive Rechte und objektive Normen wie die primitive Macht des Hausherrn kann die Autorität von Magiern und Prophetenb und unter Umständen auchc die Macht der Priester sein, soweit ihre Quelle konkrete Offenbarung ist. dDavon ist teils schon gesprochen, teils wird davon noch zu reden sein.d 31 Der magische Glaube ist aber auch eine der urwüchsigen Quellen des „Strafrechts“ im Gegensatz zum „Zivilrecht“. Diee uns heute geläufige Sonderung:f daß in der Strafjustiz ein öffentliches, sei es sitt liches oder utilitarisches Interesse an der Sühnung eines Verstoßes gegen objektive Normen durch Strafe von seiten der Organe der Staatsanstalt gegen den Verdächtigen unter den Garantien einer geordneten Prozedur wahrgenommen wird, während die Wahrnehmung privater Ansprüche dem Verletzten überlassen bleibt und nicht Strafe, sondern Herstellung des vom Recht garantierten Zustandes zur Folge hat, ist selbst heute nicht ganz eindeutig durchgeführt. Der urwüchsigen Rechtspflege ist sie fremd. gWir werden sehen,32 daß bis tief in hsonst sehrh entwickelte Rechtszustände hinein ursprünglich schlechthin jede Klage eine Klage ex delicto war[,] „Verpflichtungen“ und „Ver träge“ dem Recht ursprünglich gänzlich unbekannt waren. Eini Recht wie das chinesische33 zeigt noch heute die Nachwirkungen dieses in allen Rechtsentwicklungen sehr wichtigen Thatbestandes.g Jede jVerletzungk der Prätentionen der eignen Sippe auf Unverletzlichkeit von Person und beanspruchtem Besitz durch Sippenfremdej erheischt lim Prinzip Rache oder Sühnel und diese sich zu verschaffen ist Sache des Verletzten unter dem Beistand seiner Sippe. Das Sühneverfahren zwischen den Sippen kennt mzunächst eine Scheib In A folgt: sein c Fehlt in A. d Fehlt in A. B: Wir werden davon später noch reden  Davon ist teils schon gesprochen, teils wird davon noch zu reden sein. e A: Diese f A: Sonderung ist in dem Sinne, g–g Fehlt in A. h B: historis[ch]  sonst sehr i In B folgt:   so¯ sonst [leidlich] entwickeltes¯ j–j A: Verletzung k In B folgt:  des Rechts oder¯ l A: Rache m – m (S. 287) A: eine Scheidung von Unrechtmäßigkeiten nicht und Fortsetzung des Satzes, unten, S. 293, textkritische Anm. m. 31 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 157–161, 177–194, sowie unten, S. 446 f. 32 Siehe unten, S. 321. 33 Den „deliktivistisch-pönalistischen“ Geist des chinesischen Vermögensrechts zeigt etwa Theodor Sternberg, Der Geist des chinesischen Vermögensrechts. Ein konstruktiv-vergleichender Versuch, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 26, 1911, S. 143–153, hier S. 144–147 (hinfort: Sternberg, Vermögensrecht).

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dung des racheheischenden Frevels von bloßen restitutionspflichtigen Unrechtmäßigkeiten nicht oder nur in Ansätzen.m nDie Ungeschiedenheit von bloßer[,]o nach unsren Begriffen „civilrechtlicher“ Anspruchsverfolgung und der Erhebung einer auf „Strafe“ antragenden Anklage in dem einheitlichen Begriff der „Sühne“ für geschehenes Unrecht findet ihre Stütze in zwei Eigentümlichkeiten des primitiven Rechts und Rechtsgangs: 1) dem Fehlen der Berücksichtigung der „Schuld“ und also auch des durch die „Gesinnung“ definierten Schuldgrades. Der Rachedurstige fragt nicht nach dem subjektiven Motiv, sondern nach dem sein Gefühl beherrschenden objektiven Erfolg des sein Rachebedürfnis erregenden fremden Handelns. Sein Zorn wüthet gegen tote Naturobjekte,p an denen er sich unerwartet beschädigt, gegen Tiere, die ihn unerwartet verletzen (so auch im ursprünglichen Sinn der römischen actio de pauperie! – Haftung dafür, daß das Tier sich anders verhält als es sollte! – und der noxae datio34 von Tieren zur Rache) und gegen Menschen, die ihn unwissentlich, fahrlässig, vorsätzlich kränken, ganz gleichmäßig. Jedes Unrecht ist daher sühnepflichtiges „Delikt“ und kein Delikt ist etwas mehr als ein sühnepflichtiges „Unrecht“. Ferner aber 2) wirkt die Art der „Rechtsfolgen“ des „Urteils“, der „Exekution“ – wie wir sagen würden –[,] im Sinn der Erhaltung dieser Ungeschiedenheit. Denn sie ist die gleiche, mag es sich um den Streit um ein Grundstück oder um Totschlag handeln. Eine Exekution des Urteils „von Amtswegen“ giebt es ursprünglich, oft auch bei schon leidlich fest geordnetem Sühneverfahren, nicht. Man erwartet von dem unter Benutzung von Orakeln und Zaubermitteln, eidlicher Anrufung der magischen oder göttlichen Gewalten zu stande gekommenen Wahrspruch, daß seine durch Scheu vor bösem Zauber geschützte Autoritätq sich Geltung verschaffe, weil seine Verletzung ein schwerer Frevel ist. Da, wo – infolge bestimmter bald zu erwähnender35 militärischer Entwicklungen [–] dies Sühneverfahren die Form eines Rechtsgangs vor einer Dinggenossenschaft angenommen hat und diese als „Umstand“ an der Entstehung des Urteils beteiligt ist –r wie bei den Germanen in histon – n (S. 293) Fehlt in A. o In B folgt:   priv¯ Rechtsverfolgung¯ p In B folgt:   (wie selbst Jesus gegen den Feigenbaum)¯ ebenso: [??]¯ q B: Autorität, r B: ist, – 34 Vgl. die Glossareinträge „actio de pauperie“ und „noxae datio“. 35 Siehe unten, S. 465–469.

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rischer Zeit –[,]s 36 darf überdies tauch als Folge dieser Assistenzt gewärtigt werden, daß kein Dinggenosse dem Vollzug des einmal gesprochenen und nicht oder nicht mit Erfolg gescholtenen Urteils37 etwas in den Weg legen werde.a Aber mehr als dies passive Verhalten hat der obsiegende Teil nicht zu erwarten. Es ist an ihm und seiner Sippe, durch Selbsthilfe dem ihnen günstigen Urteil Nachachtung zu verschaffen, wenn diese nicht alsbald von selbst erfolgt, und bei den Germanen wie in Rom erfolgt diese Selbsthülfe normalerweise – einerlei ob Streit um ein Sachgut oder um Totschlag vorlag – durch Pfandnahme der Person des Verurteilten bis zur Begleichung der durch den Wahrspruch festgesetzten oder aber nunmehr erst zu vereinbarenden Sühne. Das imperium des Fürsten oder Magistrats erst schreitet im politischen Interesse der Befriedung gegen den ein, der die Vollstreckung stört[,] und bedroht von sich aus den Widerstand des Verurteilten mit Rechtsnachteilen bis zur völligen Friedloslegung38, stellt schließlich direkt amtliche Apparate zur Vollstreckung zur Verfügung. Alles aber zunächst s B: Zeit, – t B: als Erfolg des Urteils  auch als Folge dieser Assistenz   Ab¯ denn das wäre Frevel.¯

a B: werde,

36 Brunner legt dar, wie bei den germanischen Volksstämmen die Landesgemeinde, Gaugemeinde und Hundertschaft vor allem auch als Gerichtsversammlungen (Dingversammlung) fungierten, zu denen prinzipiell alle freien und wehrhaften Volksgenossen geladen waren. Dabei bestand ursprünglich eine Funktionenteilung zwischen rechtsfragendem und rechtsverkündendem Richter und urteilsfindender Gerichtsgemeinde. Die Urteilsfindung ging später auf verschiedene besondere Organe über, bei den Franken etwa auf einen vom Richter bestellten Ausschuß der Dinggemeinde, die sog. Rachimburgen. Ein „rechtskräftiges“ Urteil kam aber weiterhin nur im Zusammenwirken mit der Gerichtsgemeinde, die den „Umstand“ bildete, zustande; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 144–156, 177–184. 37 Jeder Dinggenosse konnte den Urteilsvorschlag als Unrecht „schelten“. Die „Urteilsschelte“ leitete zunächst eine Art Zwischenverfahren zwischen Scheltendem und Gescholtenen ein, von dessen Ausgang auch das weitere Verfahren in der Hauptsache abhing; vgl. Sohm, Rudolph, Die Fränkische Reichs- und Gerichtsverfassung (Die Altdeutsche Reichs- und Gerichtsverfassung, Band 1). – Weimar: Hermann Böhlau 1871, S. 130 f., 373 f. (hinfort: Sohm, Gerichtsverfassung); Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 355–361; Schröder, Lehrbuch, S. 365 f., 756 f. Zu germanischem Rechtsgang und dinggenossenschaftlicher Justiz vgl. unten, S. 464 – 475. 38 Mit der Friedloslegung zog sich der Täter die „Feindschaft allen Volkes“ und den durch förmliche Handlungen bekräftigten Ausschluß aus der Friedens- und Rechtsgemeinschaft zu. Die Friedlosigkeit erfaßte Person und Vermögen und oblag mangels eines Exekutionsstabes prinzipiell jedermann; zur germanischen Friedlosigkeit vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 166–177; zur römischen „Sazertät“ als religiöser und weltlicher Acht vgl. Ihering, Römisches Recht I, S. 279–287.

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ohne Scheidung „zivilrechtlicher“ von „criminellen“ Prozeduren. Diese ursprüngliche völlige Ungeschiedenheit wirkt in denjenigen Rechten, welche, unter dem Einfluß spezifischer Rechtshonoratioren, wie wir sehen werden,39 am längsten gewisse Elemente der Continuität der Entwicklung aus der alten Sühnejustizb bewahrten und am wenigsten „bürokratisiert“ wurden: dem römischen und dem englischen, z. B. auch noch inc der Ablehnung der Realexekution zur Wiedererlangung konkreter Objekte.40 Die Verurteilung erfolgt grundsätzlich, bei einerd Eigentumsklage um ein Grundstück z. B., in Geld. Dies ist nicht etwa Folge einer evorgeschrittenen Marktentwicklung,e die Alles in Geld abzuschätzen gelehrt hat, sondern Consequenz desf urwüchsigen Prinzips, daß Unrechtmäßigkeit, auch unrechtmäßiger Besitz, Sühne und nur Sühne heischt und der Einzelne dafür mit seiner Person einzustehen hat. Die Realexekution ist auf dem Continent im frühen Mittelalter[,] entsprechend der schnell steigenden Macht des fürstlichen imperium[,] relativ früh durchgeführt worden. Dagegen ist bekannt, durch welche eigentümlichen Fiktionen sich der englische Prozeß bis in die neueste Zeit half, um sie bei Grundstücken zu ermöglichen.41 In Rom war die allgemeine Minimisierung der b B: dinggenossenschaftlichen Justiz  Sühnejustiz c In B folgt:  dem Prinzip der Geldcondemnation und der d. h. der Verurteilung nicht zur realen¯ Ablehnung   Ableh¯ der Realexekution.¯ d In B folgt:  Grundstücksklage z. B.¯ e B: weitgetriebenen „Geldwirtschaft“,  vorgeschrittenen Marktentwicklung, f In B folgt:  alten¯ 39 Siehe unten, S. 478–488 und S. 495 ff. 40 Über den Grundsatz der Personalhaft und den Ausschluß der Realexekution vgl. für die altrömischen Verhältnisse etwa Sohm, Institutionen, S. 333–335. Das englische Common Law kannte ursprünglich die Klage auf Realerfüllung, doch trat im Laufe der Zeit eine Klage auf Schadensersatz (damage) regelmäßig an ihre Stelle. Lediglich die Equity-Gerichte ließen in ihren Zuständigkeitsgrenzen specific performance, d. h. Realerfüllung, zu. Erst seit 1854 war das in bestimmten Fällen auch den Common LawGerichten möglich und wurde durch die Judicature Acts von 1873 und 1883 (36 & 37 Vict. c. 66; 46 & 47 Vict. c. 30) generell in das Ermessen des Gerichts gestellt; vgl. dazu Heymann, Überblick, S. 332, 338, 324. 41 Weber spielt auf die rechtsgeschichtliche Bedeutung der einflußreichsten englischen Grundbesitzklage an, der Mitte des 12. Jahrhunderts eingeführten „assisa novae disseisinae“. Mit ihr konnten besitzentsetzte Pächter eines freehold (freies Lehnsgut) gegen den Besitzentsetzer Wiedereinsetzung in den Besitz sowie Schadensersatz beanspruchen. Den zahlenmäßig weit überwiegenden Bodenpächtern minderen Besitzrechts (estate less than freehold) wurde seit der letzten Regierungszeit Heinrichs III. (1216–1272) mit dem Writ of trespass ein entsprechendes Rechtsmittel zugestanden. Mit der Behauptung „vi et armis“ in dem Besitzrecht gestört worden zu sein, ging

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Offizialthätigkeit –g wie wir später sehen werden,42 eine Folge der Honoratiorenherrschaft –h der Grund für das Fortbestehen der Geldcondemnation statt der Realexekution[.]43 Der gleiche Umstand: daß grundsätzlich eine Klage ursprünglich stets nicht nur ein objektiv bestehendes Unrecht, sondern einen Frevel des Verklagten voraussetzte, hat auch das materielle Recht sehr tiefgehend beeinflußt. Alle „Obligationen“ ohne Ausnahme waren ursprünglich Delikt-Obligationen; die Contraktobligationen sind daher, wie wir noch sehen werden,44 durchweg zuerst deliktartig konstruiert worden, in England noch im Mittelalter formell an fiktive Delikte angeknüpft worden.45 Daß Schulden ursprünglich nicht auf den „Erben“ als solchen übergehen, hat, neben dem Fehlen der Vorstellung von einem „Erbrecht“ überhaupt, auch darin seinen Grund, und nur auf dem Wegei über die Mithaftung zuerst g B: Offizialthätigkeit, –

h B: Honoratiorenherrschaft, –

i B: Umweg  Wege

dieses Writ of trespass ursprünglich nur auf Schadensersatz, allmählich aber auch auf Besitzrestitution. Zunächst lediglich Klage des besitzgestörten Pächters wurde dann bei späteren Klagen aus dem Grundbesitz die Besitzentsetzung des Pächters einfach fingiert. Erst 1852 und durch die Judicature Act von 1873 (36 & 37 Vict. c. 66) wurde das Verfahren dieser Fiktion entkleidet, die Klage nunmehr als „action for the recovery of possession of land“ bezeichnet; vgl. dazu Heymann, Überblick, S. 309 ff., 324 f.; Pollock/Maitland, English Law I, S. 145 f.; II, S. 29 ff., bes. 47–56; 511 ff., bes. 523–528; Hatschek, Englische Verfassungsgeschichte, S. 184 f. 42 Siehe unten, S. 493; auch Weber, Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 180 f. 43 Der Grundsatz der Geldkondemnation herrschte bis zum Ende der klassischen Zeit; der Beklagte konnte nur indirekt – über die in Geld ablösbare persönliche Schuldhaftung – herangezogen werden. Die für den Kläger häufig ungünstige, für den Eigentümer geradezu paradoxe Folge hat Sohm, Institutionen, S. 309, herausgestellt: „Der Erfolg der siegreich durchgeführten Eigentumsklage ist die Enteignung des Klägers, der Verlust des Eigentums. [. . .] Die siegreich durchgeführte Klage führt aber infolge des Grundsatzes der Geldkondemnation nicht zur Befriedigung, sondern zur Abfindung des klägerischen Rechts.“ 44 Siehe unten, S. 320 f. 45 Weber denkt hier an das Ende des 13. Jahrhunderts aufkommende neue Rechtsmittel des Writ of trespass (siehe hierzu oben, S. 289, Anm. 41). Seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert fungierte der Writ of trespass als Grundlage einer Reihe von Rechtsmitteln für neu auftretende Schuldformen. Das wichtigste unter ihnen, das sog. Writ of trespass on the care of assumpsit (ausgehend also von der Übernahme einer Sache zur Bearbeitung oder sonstigen bestimmten Behandlung (assumpsit)), wurde allmählich für alle Fälle des Bruchs formloser Verträge (simple contracts) verwendbar und zur wichtigsten Vertragsklage überhaupt. (Ihr deliktischer Ursprung war zugleich wesentlicher Grund dafür, daß aus Verträgen bis in die neueste Zeit nur auf Schadenersatz und nicht auf Realerfüllung geklagt werden konnte.) Vgl. Heymann, Überblick, S. 328 f.; Hatschek, Englische Verfassungsgeschichte, S. 184 f.

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der Sippengenossen, dann der Hausgenossen und Gewaltunterworfenen oder Gewalthaber für Unrecht ist, mit höchst verschiednem Resultat, wie wir sehen,46 die Erbenhaftung für Contraktschulden construiert worden.47 Ein solcher Rechtssatz ferner, wie das dem heutigen Handelsverkehr angeblich unentbehrliche Prinzip „Hand muß Hand wahren“48 – der Schutz des gutgläubigen Erwerbers von Sachen gegen den Zugriff des Eigentümers – folgte ursprünglich ganz direkt aus dem Grundsatz, daß man eine Klage nur ex delicto gegen den Dieb oder Hehler hatte, hat dann freilich mit der Entwicklung der Contraktsklagen und der Scheidung „dinglicher“ und „persönlicher“ Klagen in den einzelnen Rechtssystemen sehr verschiedene Schicksale durchgemacht.j So hatte ihn sowohl das antik römische, wie das englische[,] wie das, im Gegensatz zum chinesischen, relativ rational entwickelte indische Recht, zu Gunsten der Vindikation kbeseitigt,49 und er istk in den beiden

j In B folgt:  (er galt z. B., außer für Käufer auf offenem Markt, im englischen Recht bis in die Neuzeit ebensowenig wie im römischen)¯ – k B: beseitigt und ist er 46 Vgl. hierzu die Erörterungen zum Gesamthandsprinzip, unten, S. 385. 47 So nimmt z. B. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 97–99 und S. 98 mit Anm. 11, für das römische Recht an, daß es wohl – entsprechend der These vom deliktischen Ursprung aller Obligationen – eine Phase in der Rechtsentwicklung gegeben habe, in der das Delikt eine rein persönliche, unvererbliche Haftung erzeugte. Doch müsse im Zusammenhang mit den ältesten Vertragsobligationen bereits der Gedanke der Haftbarkeit der Erben aufgetreten sein und die Spuren jenes früheren Rechtszustandes sehr bald unkenntlich gemacht haben. Am Ende der Entwicklung steht die von Weber genannte Erbenhaftung für Schulden des Erblassers. So im griechischen Recht, wonach die Erben für Privatschulden mit dem Nachlaß, für öffentliche darüber hinaus persönlich haften; im römischen Recht, das die erst durch Justinian modifizierte unbeschränkte Erbenhaftung für sämtliche Nachlaßverbindlichkeiten verlangt; im frühmittelalterlichen deutschen Recht, das Erbenhaftung, wenn auch lediglich bis zum Wert des übernommenen Nachlasses, vorsieht; im englischen Recht, in dem beschränkte Haftung des gesamten (Mobiliar- und Immobiliar-)Nachlasses für Schulden des Erblassers seit alters besteht. Vgl. Heymann, Überblick, S. 342; Brunner, Heinrich, Quellen und Geschichte des deutschen Rechts, in: EdR7, Band 1, 1915, S. 67–174, hier S. 140 (hinfort: Brunner, Quellen); ders., Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, 3. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908, S. 203 (hinfort: Brunner, Grundzüge). 48 Das Rechtssprichwort „Hand muß Hand wahren“ bedeutet in seiner gebräuchlichsten Anwendung, daß der Eigentümer einer (zur Leihe, Miete, Verwahrung) überlassenen Sache einen Herausgabeanspruch nur dem gegenüber besitzt, dem sie überlassen wurde, nicht aber gegen einen gutgläubigen dritten Erwerber. In dieser Bedeutung wird der Grundsatz dem altdeutschen Fahrnisrecht (Fahrhabe-Mobiliarbesitz) – im Unterschied zum Liegenschaftsrecht – zugeschrieben. 49 Im römischen Formularprozeß führte der Grundsatz der Geldkondemnation selbst

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letzteren dann erst wieder, und zwar nun rational, im Interesse der Verkehrssicherheit, zu Gunsten des Kaufs auf dem offenen Markt, neu geschaffen worden.50 Seine Nichtgeltung im römischen und englischen im Gegensatz zum deutschen Recht ist wiederum ein Beispiell für die Möglichkeit der Anpassung der Verkehrsinteressen an sehr verschieden geartetes materielles Recht und die weitgehende Eigengesetzlichkeit der Rechtsentwicklung. Auch das „malo ordine tenes“ der Grundstücksklage in den fränkischen Formeln hat man – unbestimmt mit welchem Recht – auf das Erfordernis eines Delikts für den Prozeß gedeutet.51 Immerhin lassen die doppelseitige römische Vindikation und die hellenische Diadikasie ebenso wie die germanischen, ganz anders construierten Grundbesitzklagen52 darauf schließen, daß hier, wo es sich ursprüngl B: Beweis  Beispiel bei erfolgreicher Eigentumsklage praktisch zur Enteignung des Klägers – seine Abfindung durch eine Geldentschädigung einerseits, die Besitzwahrung des (widerrechtlichen) Besitzers der Sache andererseits. Dagegen setzte sich mit der petitorischen Eigentumsklage, einem magistratischen Rechtsmittel, der absolute Eigentumsbegriff durch. Gegenüber der actio rei vindicatio ging die formula petitoria nicht nur auf bloße Klarstellung des Eigentums und Geldkondemnation, sondern auf Restitution, Herausgabe des Besitzes an den Eigentümer; vgl. dazu Sohm, Institutionen, S. 390–398, 309 f., 312 ff.; Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 87 f. 50 Grundsätzlich rechtsgeschützt war in England schon früh der Erwerb vom Nichteigentümer „vor allem in dem [. . .] Fall des gutgläubigen Kaufs auf offenem Markt [. . .], sofern nicht die Sache durch kriminell bestraften Diebstahl abhanden gekommen ist [. . .]“ (Heymann, Überblick, S. 326; vgl. zum Ganzen ebd., S. 324–327). – Über den Wechsel von Herausgabeanspruch (Eviktionsprinzip) und Schutz des gutgläubigen Erwerbs von Sachen unter den Bedingungen sich entwickelnder Verkehrverhältnisse in Indien handelt z. B. Kohler, Josef, Indische Gewohnheitsrechte, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 8, 1889, S. 89–147, 262–273, hier S. 123. 51 Mit der Formel „malo ordine tenes“ (Du besitzt mit schlechtem Recht) wurde im fränkischen Liegenschaftsprozeß der unrechtmäßige Landbesitz bezeichnet, ursprünglich wegen widerrechtlicher Landnahme, später – und mit entsprechend modifizierter Klageformel – wegen rechtswidriger Vorenthaltung des Grundstücks gegenüber dem Eigentümer. Entsprechend hatte „die Klage um Liegenschaften [. . .] ebenso wie die Fahrnisklage ursprünglich den Charakter einer Deliktsklage“ (Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 512 f., 516, Zitat S. 512). Ähnlich betont Schröder, Lehrbuch, S. 378, die deliktische Komponente des Liegenschaftsprozesses, in dem „nicht das dingliche Recht des Klägers, sondern der dem Beklagten gemachte Vorwurf des malo ordine tenere oder iniuste invasisse den Schwerpunkt des Verfahrens bildete.“ 52 Der Rechtsgang um Liegenschaften wurde nach den deutschen Rechten entweder mittels rechtsförmlicher Ladung des Beklagten durch den Kläger (die fränkische mannitio), durch eine Streitvereinbarung zwischen den Parteien (Streitgedinge) oder durch den sog. Anefang eingeleitet. Auf die Anefangsklage um Grundstücke zielt Webers Vergleich mit der römischen rei vindicatio sacramento und der hellenischen Dia-

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lich um Status-Klagen handelte: um die Frage der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der kraft Bodenbesitzes vollberechtigten Genos^RO6Genossenanteil), besondre sen („Fundus“ heißt „Genosse“, KLH n Rechtsgrundsätze obwalteten. – mEbensowenig wie eine eigentliche amtliche Exekution von Urteilen gibt es ursprünglichm eine Verfolgung von Delikten „von Amtswegen“. Innerhalb der Hausherrschaft andererseits erfolgt jede Züchtigung kraft der Hausgewalt des nHerrn. Conflikteo unter Sippengenossen entscheiden die Sippenältesten. Dan aber Grund, Art und Maß in pall diesen Fällen im freienp Ermessen qder Gewalthaber stehen,q gibt es kein „Strafrecht“. Ein solches entwikkelte sich in primitiver Form außerhalb des Hauses, und zwar da, wo das Handeln eines einzelnen einen nachbarschaftlichen oder rsippenmäßigen oderr politischen Verband, dem er zugehört, in der Gesamtheit seiner Mitglieder gefährdete.s Dies konnte vor allem durch zwei Arten von Handeln geschehen:t Religions- und Militärfrevel. Einmal also dadurch, daß eine magische, z. B. eine Tabunorm verletzt wurdeu und dies den Zorn der magischen Gewalten, Geister oder Götter, außer auf den Frevler selbst auch auf die Gemeinschaft, welche ihn in ihrer Mitte duldete, in Gestalt bösen Zaubers herabziehen konnte. Dann reagierten auf Veranlassung

n (S. 287) –n Fehlt in A. m A: ebensowenig gibt es Satzanschluß im Typoskript, vgl. oben, S. 286, textkritische Anm. m. n – n A: Herrn, da o B: Frevel  Conflikte p A: dessen q A: steht, B: der Gewalthaber steht, r Fehlt in A. s A: gefährdet. t A: geschehen, u A: wird dikasie. Der Anefang war zunächst rechtsförmliche Besitzergreifung (hier des Grundstücks) und geschah regelmäßig durch Anfassen des Türpfostens. Ursprünglich primäre Besitzergreifung, führte die Besitzbestreitung durch den anderen (Gegenanefang) zum Rechtsstreit. Darin drohte dem unterliegenden Kläger eine Buße wegen unrechtmäßigem Anefang, dem unterliegenden Beklagten die Herausgabe des Streitgegenstands und eine Buße wegen rechtswidriger Inbesitznahme oder Vorenthaltung; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 513–519. – Auf die verfahrensmäßigen Parallelen zwischen der zweiseitigen Eigentumsklage des altrömischen Prozesses, der hellenischen Diadikasie und der germanisch-fränkischen Liegenschaftsklage, deren soziologischen Grund Weber in dem Gemeinschaft konstituierenden Grundbesitz sieht, weisen z. B. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 88, Anm. 40; ders., Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen Provinzen des römischen Kaiserreichs. – Leipzig: G. Teubner 1891, S. 501 f. (hinfort: Mitteis, Reichsrecht), sowie Sohm, Institutionen, S. 279 f., Anm. 13, hin.

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der Magier oder Priester die Genossen dagegen durch aVerstoßung (Friedlosigkeit) oder durcha Lynchjustiz53 (wie es die Steinigung der Juden war)54 oder durch ein sakrales Sühneverfahren.55 bDer Religionsfrevel also war die eine Hauptquelle der „ internen [ ] Strafe“56, wie man diese Prozedur im Gegensatz zur „Rache“, die zwischen den Sippen stattfindet, nennen kann.b Die zweite Hauptquelle der c„internen“ Strafe war politischen, ursprünglich also: militärischen,c Ursprungs. Werd durch Verrat oder, nach dem Aufkommen des disziplinierten Kampfs, durch Disziplinbruch oder durch Feigheit die Sicherheit des Wehrverbandes gefährdete, setzte sich der strafendene Reaktion von Kriegsführerf und Heer nach einer meist sehr summarischen Feststellung des Tatbestandes aus. Vornehmlichg von der Rache aus haber führth direkt ein Weg zu einemi „Kriminalverfahren“, welches – wir werden sehen[,] aus welchen Gründen57 – an festej Formen und Regeln gebunden war.k Die hausväterliche, religiöse, militärische Reaktion auf Frevel weiß prinzipiell von Formen und Regeln zunächst nichts. Bei der hausa A: Verstoßung oder b Fehlt in A. c A: Strafjustiz war militärischen d A: Der e Fehlt in A. f A, B: Kriegführer g A: Nur h A: führt i In A folgt: eigentlichen j Fehlt in A. k A: ist. 53 Bei schweren Religionsfreveln (Schändung sakraler Orte, Tempelraub, schädliche Zauberei etc.) hat auch die Strafe sakrale Bedeutung. Es galt, die Götter durch rituelle Menschenopfer zu besänftigen. Mit dem Verbrecher sollten gleichsam die Spuren des Verbrechens von der Erde getilgt werden; „Volks- und Lynchjustiz“ nennt Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 476, den Achtvollzug in heidnischer Germanenzeit (vgl. auch ebd., S. 483, 469 f.). 54 Die hier als Akt religiöser Lynchjustiz gedeutete Steinigung wird von den Israeliten als gemeinschaftlich zu vollstreckende Todesstrafe bei schwerwiegenden Verletzungen der sakralen Bundesordnung durchgeführt (vgl. Ex 12–17; gegen Tiere: Ex 28– 32). Nicht mehr in diesen Rahmen, sondern eher in den eines sakralen Strafverfahrens gehört die nach geordnetem Rechtsgang mit Zeugenbeweis verhängte Todesstrafe durch Steinigung, die in Dtn 17, 2–7, erwähnt ist. 55 Das gegenüber der Friedlosigkeit und religiöser Lynchjustiz Unterscheidende liegt hier in der Verhängung und Vollstreckung der (Leib-, Lebens- oder Buß-)Strafe nach vorausgehendem „Prozeß“. Gemeinsam ist ihnen dagegen der mit der Strafe wesentlich verknüpfte Gedanke sakraler Sühne oder Vergeltung für das als Gottesfrevel aufgefaßte Verbrechen. Zum sakralen Sühnegedanken im germanischen Strafensystem in heidnischer und christlicher Zeit vgl. etwa Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 175 und II, S. 587 f., 608 f. 56 Es handelt sich hier vermutlich um eine aus dem sachlichen Zusammenhang resultierende Wortschöpfung Max Webers. 57 Siehe unten, S. 447 ff.

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väterlichen Gewalt bleibt dies im allgemeinen so. Sie wird zwar durch das Eingreifen anderer Gewalten –l zu nächst: Sippengewalt, dann religiöser und militärischer Gewalt – unter Umständen in Schranken gebannt, aber innerhalb ihres Bereichs nur sehr vereinzelt an Rechtsregeln gebunden. Dagegen die primitiven außerhäuslichen Gewalten mmit Einschluß derm auf außerhäusliche Beziehungen nübertragenen hausherrschaftsartigen („patrimonialfürstlichen“)n Gewalt, alle jeneo nicht innerhäuslichen Gewalten also, die wir unter dem gemeinsamen Namen „imperium“ zusammenfassen wollen,58 pverfielen, nur in verschiednem Grade, allmälichp der Bindung an Regeln. Welcher Provenienz diese Regeln waren,q inwieweit sie sich der Träger des imperium im eigenen Interesse setzter oder mit Rücksicht auf die faktischen Schranken der Obödienz setzen mußtes oder durch andere Gewalten gesetzt erhält, lassen wir vorläufig tdahingestellt: est gehört in die Erörterung der Herrschaft.59 aDie Machtb zu strafen, insbesondre Ungehorsam nicht nur durch direkte Gewalt zu brechen, sondern auch durch Androhung von Nachteilenc, ist – in der Vergangenheit fast noch mehr als jetzt – ein normaler Bestandteil jedes imperium. Sie kann sich gegen andre, dem betreffenden Träger eines imperium untergeordnete „Organe“ wenden (Disziplinargewalt) oder gegen die „Unterthanen“ (Bußgewalt60). An diesem Punkt berührt sich das „öffentliche Recht“ direkt mit dem „Strafrecht“[.]a Jedenfalls aberd entsteht ein „öffentliches Recht“ ebenso wie ein „Strafrecht“, „Strafprozeßrecht“, „Sakralrecht[“] eals gesondertes Objekt wisl A: Gewalten: m A: ebenso wie die n A: übertragene hausherrschaftsartige (patrimoniale) B: übertragene hausherrschaftsartigen („patrimonialfürstliche“) o Fehlt in A. p A: verfielen sämtlich q A: sind, r A: setzt s A: muß t A: dahingestellt. Es a – a Fehlt in A. b B: Gewalt  Macht c B: Bußen  Strafen  Nachteilen d Fehlt in A. e – e (S. 296) Fehlt in A. 58 Der Begriff des „imperium“ ist dem römischen Recht, speziell dem römischen Staatsrecht entlehnt und bezeichnet dort „die oberste mit Commando und Jurisdiction ausgestattete Amtsgewalt“ (Mommsen, Theodor, Römisches Staatsrecht (Handbuch der römischen Alterthümer, von Joachim Marquardt und Theodor Mommsen), 3. Aufl. (in drei Bänden). – Leipzig: S. Hirzel 1887, Band I, S. 22; hinfort: Mommsen, Römisches Staatsrecht I). 59 Siehe dazu Weber, MWG I/22–4 (Patrimonialismus), S. 259 ff.; auch unten, S. 554 ff. 60 In der deutschen – wie in der römischen – Rechtsgeschichte entwickelte sich aus der Amtsgewalt des Königs oder der Beamten die Straf- bzw. „Bußgewalt“; sie war als

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senschaftlicher Betrachtunge auch im Keime erst da, wo wenigstensf irgend welche derartige Regeln als Komplex von faktisch verbindlich geltenden Normen feststellbar sind.g Stets bedeuten hsolche Normenh ebenso viele Schranken des betreffenden iimperium, obwohl andrerseits nicht jede Schranke desselben „Norm“-Charakter hat. Die Arti dieser Schranken kann nun aber jeine doppelte sein: 1[.] Gewaltenbegrenzung,k j – 2[.] Gewaltenteilung. Entweder l(1)l stößt ein konkretesm imperium kraft heilig geltender Tradition oder durch Satzung auf ndie subjektiven Rechten der ihm Unterworfenen: daß dem Gewalthaber nur Befehle einer bestimmten Art oder auch Befehle aller mit Ausnahme bestimmter Arten und nur unter bestimmten Voraussetzungen zustehen, also onur danno legitim und verbindlich sind. Für die Frage: ob es sich dabei um eine „rechtliche“ oder um eine „konventionelle“ oder nur „gewohnheitsmäßige“ Begrenzung handle,61 ist entscheidend: ob ein Zwangsapparat die Innehaltung dieser Schranken irgend wie garantiert, einerlei mit welchen noch so prekärenp Zwangsmitteln, oder nur die konventionelle Mißbilligung oder obq endlich eine einverständnismäßige Schranke ganz fehlt. Oder aber r(2)r das imperium stößt auf ein an deres, ihm gleich oder in bestimmten Hinsichten übergeordnetes imperium, an dessen Geltung es seine Schranken findet. Beides kann zusammentreffen und auf dieser Kombination beruht die Eigentümlichkeit der modernen, nach „Kompetenzen“ gegliederten Staatsanstalt. Sie ist ihrem Wesen nach:s eine anstaltsmäßige Vergesellschaftung62 der, nach bestimmten Regeln ausgelesenen, Träger bestimmter, ebenfalls durch allgemeine Regeln der Gewaltenteilung tnach außent gegeneinander abgegrenzten imperia, welche zugleich auch sämtlich durch gesatzte Gewaltenbegrenzung innere Schrankenu der Legitimität ihrer Befehlsgewalt haben. Beide: sowohl die Gewale (S. 295) –e Fehlt in A. f Fehlt in A. g In B folgt ein Absatzzeichen von der Hand Max Webers. h A: sie i A: imperium. Der Charakter j – j A: ein doppelter sein: 1 Gewaltbegrenzung, k B: Gewaltbegrenzung, l Fehlt in A. m A: bestimmtes n A: das Recht o Fehlt in A. p A, B: praecären q A: auch r Fehlt in A. s Doppelpunkt fehlt in A. t Fehlt in A. u A: Grenzen solche Betätigung des imperiums, der „Banngewalt“; vgl. Sohm, Gerichtsverfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 102 ff. 61 Zur Differenzierung von Recht, Konvention und Sitte vgl. oben, S. 210 ff. 62 Zur Terminologie vgl. Weber, Kategorien, S. 287, 289–291.

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tenteilung als die Gewaltenbegrenzung können anun abera eine von der für die moderne Staatsanstalt charakteristischen Form höchst verschiedene Struktur haben. Speziell gilt dies auch für die Gewaltenteilung. Sie ist im antik römischen Intercessionsrecht der „par majorve potestas“,63 im bpatrimonialen, ständischen, feudalen politischen Gebilde absolut verschieden geartet,b wie später zu erörtern sein wird.64 Durchweg aber cgilt allerdings,c richtig verstanden, Montesquieu’s Satz:65 daß erst die Gewaltenteilung ddie Conzeptiond eines „öffentlichen Rechts“ emöglich mache, nure nicht notwendig eine solche von der Art, wie er sie in England vorzufinden glaubte. Andererseits schafft faber auchf nicht jede Art von Gewaltenteilung schon den Gedanken eines öffentlichen Rechts, sondern erst die der rationalen Staatsanstalt spezifische. Eine wissenschaftliche Lehre vom öffentlichen Recht hat nur der Occident entwickelt, weil nur hier der politische Verband ganz den Charakter der Anstalt mit grational gegliederteng Kompetenzen und Gewaltenteilung angenommen hat. Die Antike kennt genau soviel von wissenschaftlichem Staatsrecht, als rationale Gewaltenteilung vorhanden war: die Lehre von den imperia der einzelnen römischen Beamten ist wissenschaftlich gepflegt worden.66 Alles andere war wesentlich Staatsphilosophie, nicht Staatsrecht. Das a Fehlt in A. b A: ständischen politischen Gebilde und in der bureaukratischen Organisation von absolut verschiedener Struktur, c A: gilt, d A: den Gedanken e A: juristisch möglich mache. Nur ist es f Fehlt in A. g A: rationalen 63 Im römischen Staatsrecht bedeutet die „Interzession“ die Außerkraftsetzung eines magistratischen Befehls durch eine Anordnung eines anderen Magistrats (Beamten). Dieser Sachverhalt wird von Mommsen unter dem Blickwinkel der „Gewaltenteilung“ gedeutet, wonach der Kollisionsfall widerstreitender Befehle für die Über- und Unterordnung (z. B. zwischen Konsul und Prätor), auch für den Fall der Gleichordnung (z. B. zwischen den beiden Ädilen), nicht aber bei Gewalten unterschiedlicher „Kompetenz“ (etwa zwischen Zensor und Quästor) im Sinne der zulässigen Interzession geregelt ist; vgl. dazu bes. Mommsen, Römisches Staatsrecht I (wie oben, S. 295, Anm. 58), S. 24– 27, 258–292; ders., Abriß des römischen Staatsrechts (Systematisches Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 1, Teil 3), 2. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907, S. 124–127. 64 Weber verweist auf entsprechende herrschaftssoziologische Abschnitte seines Grundrißbeitrags, siehe MWG I/22–4, S. 275–284 (Patrimonialismus), 307–321 (ebd.), 402–412 (Feudalismus). 65 Montesquieu hat den Zusammenhang zwischen Gewaltenteilung und „öffentlichem Recht“ allerdings weder in dem berühmten Kapitel 6 des 11. Buches seines „Esprit des lois“ über die Verfassung Englands noch sonst ausdrücklich formuliert. 66 Gemeint sind u. a. die im engeren Sinne „staatsrechtlichen“ Schriften Ciceros und

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Mittelalter kennt die Gewaltenteilung nur als Konkurrenz subjektiver Rechte h(Privilegien oder feudaler Ansprüche)h und daher keine gesonderte Behandlung einesi Staatsrechts. jWas es davon gab, steckt im „Lehen“- und „Dienstrecht“.j Erst die Kombination von mehreren Momenten: in der Welt der Tatsachen die Vergesellschaftung der Privilegierten zur öffentlichen Korporation im Ständestaat, welcherk Gewaltenbeschränkung und Gewaltenteilung zunehmend mit anstaltsmäßiger Struktur verbindet, auf dem Boden der Theorien der römische Korporationsbegriff,67 das Naturrecht und schließlich die französische Doktrin schufen die entscheidenden juristischen Konzeptionen des modernen öffentlichen Rechts.68 Wir werden von der Entwicklung desselben, soweit sie uns angeht, bei Besprechung der Herrschaft zu reden kommen.69 Daher soll im Nachfolgenden vorwiegend von der Rechtsschöpfung und Rechtsfindung auf den lökonomisch direkt relevantenl Gebieten, welche heut dem „Privatrecht“ und „Zivilprozeß“ überlassen sind, gehandelt werden. mUnsren heutigen juristischen Denkgepflogenheiten zerfällt die Thätigkeit der öffentlichen Verbände nauf dem Gebiet des „Rechts“n in zweierlei: „Rechtsschöpfung“ und „Rechtsfindung“, an deren letztere sich, als rein technisch, die „Vollstreckung“ anschließt. h A: (Privilegien) i A: des j Fehlt in A. Fehlt in A. n B: [am] „Recht“

k A: der

l Fehlt in A.

m – m (S. 299)

etwa die Arbeiten des spätklassischen römischen Juristen Ulpian über die Amtspflichten und -kompetenzen der Magistrate, z. B. dessen drei Bücher „De officio consulis“ und zehn Bücher „De officio proconsulis“. 67 Vgl. zum Korporationsbegriff des römischen Rechts, unten, S. 399–404. 68 Zur Entwicklungsgeschichte der römischen Korporationslehre und ihrer Bedeutung für die Rechtspersönlichkeitskonzeption des modernen Staates vgl. unten, S. 399 ff. – Die an der konstitutionellen Lehre Mirabeaus, Sieyès und Benjamin Constants geschulte französische Doktrin des öffentlichen Rechts wurde in Deutschland vor allem von Otto Mayer, Theorie des Französischen Verwaltungsrechts. – Straßburg: Karl J. Trübner 1886 (hinfort: Mayer, Theorie), rezipiert. – Die von Weber genannten Theorielinien führt ähnlich Georg Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 57–60, als entscheidende Stationen auf dem Weg zur modernen Staatsrechtslehre an. 69 Ausführungen über die Entwicklung des „modernen öffentlichen Rechts“ finden sich allerdings in der „Herrschaftslehre“ der älteren Grundrißmanuskripte nicht. Denkbarerweise sollte in dem laut Werkplan von 1914 vorgesehenen Abschnitt über „Die Entwicklung des modernen Staates“ darauf eingegangen werden (vgl. Winckelmann, Hauptwerk, S. 169; MWG II/8, S. 821). Ein entsprechendes Vorkriegsmanuskript ist nicht überliefert.

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Unter „Rechtsschöpfung“ aber stellen wir uns heute vor die Satzungo genereller Normen, deren jede in der Sprache der Juristen den Charakter eines poder mehrererp rationaler „Rechtssätze“ annahmen. Und die „Rechtsfindung“ denken wir uns als „Anwendung“ jener gesatzten Normen und der durch die Arbeit des juristischen Denkens aus ihnen abzuleitenden einzelnen „Rechtssätze“ auf konkrete „Thatbestände“, welche unter sie „subsumiert“ werden. Keineswegs alle Epochen der Rechtsgeschichte haben so gedacht[.]m Der Unterschied zwischen Rechtsschöpfung: Schaffung von „Rechtsnormen“[,] und Rechtsfindung: deren „Anwendung“ auf den Einzelfall, besteht überall da nicht, wo alle Rechtspflege freie[,] von Fall zu Fall entscheidende „Verwaltung“ ist. Hier fehlt die Rechtsnorm sowohl wie das subjektive qRecht auf ihre „Anwendung“.q Ebenso aber auch da, wo das objektive Recht als subjektives „Privileg“ gilt und also der Gedanke reiner „Anwendung“ objektiver Rechtsnormen als der Grundlagen der subjektiven Rechtsansprücher nicht konzipiert ist. Außerdem aber überall sda und soweit, alss die Rechtsfindung nicht durcht Anwendung von generellen Rechtsnormen auf den konkreten Fall, durch dessen Subsumtion unter die Norm also, stattfindet. Dies ist bei aller irrationalen Rechtsfindung der Fall, welche[,] wie wir gesehen haben,70 die ursprüngliche Art der Rechtsfindung überhaupt darstellt und[,] wie wir noch sehen werden,71 die ganze Vergangenheit, außerhalb des Anwendungsgebietes des römischen Rechts, teils gänzlich, teils mindestens in Rudimenten beherrscht hat. Ebensoa ist auch die Scheidung zwischen Normen des b(durch Rechtsfindung zur Anwendung zu bringenden)b Rechts und solchen des Hergangs der Rechtsfindung selbstc nicht immer so klar vollzogen worden, wie heut der Unterschied zwischen materiellem und Prozeßrecht. Wo dz. B.d der Rechtsgange auf dem Einfluß des imperiums auff die Prozeßinstruktion beruhte, wie z. B. im älteren o In B folgt: einer p B: (oder mehrerer) m (S. 298) – m Fehlt in A. q A: Recht. r A: der objektiven Rechtsnormen als Grundlage des subjektiven Rechtsanspruches s A: da, wo t A: in Form der Fehlt in B; durch sinngemäß ergänzt. a A: Andererseits B: Infolgedessen  Ebenso b Klammern fehlen in A. c In B folgt:  (Prozeßrecht)¯ d Fehlt in A. e In A folgt: stark f A: für 70 Siehe oben, S. 286–289. 71 Siehe unten, vor allem S. 441 ff. und S. 447 ff.

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römischen Recht72 und, in technischg ganz anderer Art, auch im englischen Recht,73 liegt die Auffassung nahe, daß der materielle Rechtsanspruch mit dem hRecht auf Benutzung eines prozessualen Klageschemas:i h der römischen „actio“, jdes englischen „writ“,j identisch sei. In der Tat scheidet daher die ältere römische Rechtssystematik Prozeßrecht und Privatrecht nicht in der Art wie wir. Aus ganz anderen formalen Gründen konnte eine wenigstens ähnliche Mischung von, nach unseren Begriffen, prozessual- und materiellrechtlichen Fragen da entstehen, wo die Rechtsfindung auf irrationalen Beweismitteln: Eid und Eideshülfe und ihrer ursprünglichen magischen Bedeutung oder auf Ordalien ruhte.74 Dann erscheint Recht oder Pflicht zu diesem magisch bedeutsamen Akt als Teil des materiellen kRechtsanspruchs oder, sehr leicht, als mit ihm identisch.k Immerhin ist trotzdem die Scheidung von Normen für den Rechtsgang undl materiellen Rechtsnormen in der Sonderung der Richtsteige von den mRechtsbüchern75 anders, aber in ihrer Artm ungefähr ebenso klar durchgeführt, wie in der älteren römischen Systematik. g Fehlt in A. h – h A: prozessualen Klageschema: i B: Klageschema: j Fehlt in A. k A: Rechtsanspruchs. l In A, B folgt: den m A: Rechtsbüchern 72 Der klassische römische Zivilprozeß verlief zweigeteilt in einem Verfahren in iure vor dem Gerichtsmagistrat (Prätor, Ädil) und einem Verfahren apud iudicem vor einem Richter. Der Magistrat stellte Rechtslage und Prozeßprogramm fest und erteilte anschließend dem Richter den Judikationsbefehl. Dieser mußte die rechtserheblichen Tatsachen entsprechend der vom Magistrat gewährten actio (Prozeßprogramm) erheben und danach sein Urteil (sententia) fällen; vgl. z. B. Sohm, Institutionen, S. 265– 269. 73 Zu den herausragenden Bestandteilen der Prozeßreformen Heinrichs II. (1154– 1189) gehörte der sog. Writprozeß. Es handelte sich dabei um ein prinzipiell auf das Königsgericht beschränktes Verfahren, in dem Mandate der königlichen Kanzlei (writs, brevia) prozessual verschiedene Funktionen übernehmen konnten, entweder den Prozeß nur einleiteten oder auch den klägerischen Anspruch und in großen Zügen das Verfahren bezeichneten – vielfach mit der actio im altrömischen Zivilprozeß verglichen; vgl. dazu u. a. Brunner, Heinrich, Überblick über die Geschichte der Französischen, Normannischen und Englischen Rechtsquellen, in: EdR5, Band 1, 1890, S. 305–347, hier S. 336 f. (hinfort: Brunner, Überblick); Heymann, Überblick, S. 300. 74 Weber bezieht sich hier speziell auf das frühmittelalterliche deutsche Recht, für das z. B. Brunner, Grundzüge (wie oben, S. 291, Anm. 47), S. 175, allgemein festhält: „Gleich dem römischen hat sich auch das deutsche Privatrecht im engsten Anschluß an das Prozeßrecht entwickelt.“ 75 Während die frühmittelalterlichen deutschen Rechtsbücher ganz heterogene Rechtsmaterien, insbesondere aber auch verfahrensrechtliche Regelungen enthalten, wird in den späteren „Richtsteigen“ oder „Rechtsgangbüchern“ das Prozeßrecht gesondert zusammengestellt.

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Wie das Gesagte zeigt, ist die Art der Herausdifferenzierung der einzelnen uns heute geläufigen Grundkonzeptionen von Rechtssphären in hohem Maße teilsn von rechtstechnischen Momenten, teils von der Art der Struktur des politischen Verbandes abhängig und kann daher nur indirekt als ökonomisch bedingt gelten. Ökonomische Momente spielen insofern hinein, als die Rationalisierung der Wirtschaft auf der Basis der Marktvergemeinschaftung ound der freien Contrakteo und damit die immer weitere Kompliziertheit der durch Rechtsschöpfung und Rechtsfindung zu schlichtenden Interessenkonflikte sowohl die Entwicklung der fachmäßigen Rationalisierung des Rechtes als solcher wie die Entwicklung des Anstaltscharakters des politischen Verbandes auf das allerstärkste beförderte, wie wir stets erneut sehen werden.76 Alle andern rein ökonomischen Einflüsse sind konkret bedingt und nicht auf allgemeine Regeln zu bringen. Andererseits werden wir immer erneut auch sehen,77 daß die von intern rechtstechnischen und politischen Momenten bedingten Eigenschaften des Rechts stark auf die Gestaltung der Wirtschaft zurückwirken. Im nachfolgenden sollen nun die wichtigsten der auf die allgemeinen formellen Qualitäten des Rechts, der Rechtsschöpfung und Rechtsfindung einwirkenden Umstände kurz betrachtet werden. Und zwar kommt es uns unter diesen Qualitäten speziell an auf Maß und Art der Rationalität des Rechts, vor allem natürlich:p des ökonomisch relevanten qRechts (des heutigen „Privatrechts“).q rEin Recht kann aber in sehr verschiedenem Sinne „rational“ sein, je nachdem, welche Richtungen der Rationalisierung die Entfaltung des Rechtsdenkens einschlägt.78 Zunächst: im Sinn der (scheinbar) elementarsten Denkmanipulation: des Generalisierens, was in diesem Fall bedeutet: der Reduktion der für die Entschein Fehlt in A, B; teils sinngemäß ergänzt. A. q A: Rechts. r – r (S. 303) Fehlt in A.

o Fehlt in A.

p Doppelpunkt fehlt in

76 Zum Einfluß der Marktvergesellschaftung auf die rechtliche und politische Rationalisierung siehe vor allem unten, S. 308 f., 315, 320, 367 f., 567–569. 77 Zu Rückwirkungen der rechtstechnisch und politisch bedingten Rechtsentwicklung auf die Wirtschaftsordnung siehe unten, S. 346–348 und S. 419 ff. 78 Die nachfolgende Anordnung der grundlegenden rechtswissenschaftlichen Operationen („Analyse“, „Generalisierung“, „Konstruktion“, „Systematisierung“) orientiert sich an Iherings klassischer Darstellung der „Fundamental-Operationen der juristischen Technik“ in: Römisches Recht, II, 2, S. 334–388.

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dung des Einzelfalles maßgebenden Gründe auf sein oder mehreres „Prinzipien“: diese sind die „Rechtssätze“. Diese Reduktion ist normalerweise bedingt durch eine vorhergehende oder gleichzeitige Analyse des Thatbestandes auf diejenigen tletzten Bestandteilet hin, welche für die rechtliche Beurteilung in Betracht kommen. Und umgekehrt wirkt die Herausläuterung immer weiterer „Rechtssätze“ wieder auf die Abgrenzung der einzelnen[,] möglicherweise relevanten Merkmale der Thatbestände zurück: sie beruht auf Casuistik und fördert sie ihrerseits. Allein keineswegs jede entwickelte Casuistik verläuft in der Richtung oder parallel mit der Entwick lung von logisch hoch sublimierten „Rechtssätzen“. Vielmehr giebt es auch auf dem Boden bloßen parataktischena und anschaulichen Assoziierens[,] der „Analogie“[,] sehr umfassend Rechtscasuistiken. Hand in Hand mit der analytischen Gewinnung von „Rechtssätzen“ aus den Einzelfällen geht bei uns bdie synthetische Arbeit der „juristischen Construktion“b von „Rechtsverhältnissen“ und „Rechtsinstituten“, das heißt: die Feststellung: was an einem in typischer Art verlaufendenc Gemeinschafts- oder Einverständnishandeln rechtlich relevant sei und in welcher in sich logisch widerspruchslosend Weise diese relevanten Bestandteile rechtlich geordnet, also als ein „Rechtsverhältnis“, zu denken seien. So eng die Manipulation mit den früheren zusammenhängt, so kann doch eine sehr hochgradige Sublimierung der Analyse mit sehr geringer konstruktiver Erfassung der rechtlich relevanten Lebensverhältnisse eparallel gehene und umgekehrt eine Synthese eines „Rechtsverhältnisses“ praktisch relativ befriedigend trotz sehr geringer Entwicklung der Analyse, zuweilen sogar infolgef Einschränkung der Pflege der reinen Analyse, gelingen. Dieser letztere Widerspruch ist die Folge davon, daß aus der Analyse eine weitere logische Aufgabe zu entspringen pflegt, welche sich mit der synthetischen „Konstruktions“-Arbeit zwar prinzipiell verträgt, faktisch aber nicht selten in Spannungen zu ihr steht: die Systematisierung. Sie ist in jeder Form ein Spätprodukt. Das urwüchsige „Recht“ kennt sie nicht. Nach unserer heutigen s B: allgemeine  ein oder mehrere t B: Elemente  letzten Bestandteile a In B folgt:  Denkens und¯ b B: die  juristische¯ synthetische Arbeit der  „Synthese“, der¯ „juristischen Construktion“ c B: „geordneten“  verlaufenden d B: widerspruchsloser e B: Hand in Hand gehen  parallel gehen f In B folgt:  nicht zu weitgetriebener¯

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Denkgewohnheitg bedeutet sie: die Inbeziehungsetzung aller durch Analyse gewonnenen Rechtssätze derart, daß sie unter einander ein logisch klares, in sich logisch widerspruchsloses und, vor Allem, prinzipiell lückenloses System von Regeln bilden, welches also beansprucht: daß alle denkbaren Thatbestände unter einer seiner Normen müssen logisch subsumiert werden können, widrigenfalls ihre Ordnung der rechtlichen Garantie entbehre. Einen solchen Anspruch erhebt selbst heute nicht jedes Recht (z. B. das englische nicht), und noch viel weniger regelmäßig haben ihn die Rechte der Vergangenheit erhoben. Auch wo sie ihn erhoben, da war sehr oft die logische Sublimierung des Systems äußerst unentwickelt. In aller Regel aber war die Systematisierung vorwiegend ein äußeres Schema der Ordnung des Rechtsstoffes und nur von geringem Einfluß auf die Art der analytischen Bildung der Rechtssätze sowohl wie auf die Construktion der Rechtsverhältnisse. Die spezifisch moderne (am römischen Recht entwickelte) Systematisierung geht eben von „logischer Sinndeutung“ sowohl der Rechtssätze wieh des rechtlich relevanten Sichverhaltens aus;i die Rechtsverhältnisse und die Casuistik dagegen sträuben sich dieser Manipulation gegenüber nicht selten, da sie ihrerseits zunächst von „anschaulichen“ Merkmalen aus erwachsen sind. Mit all diesen Gegensätzen teils zusammenhängend[,] teils sie kreuzend aber gehen diej Verschiedenheiten der rechtstechnischen Mittel einherk, mit welchen die Rechtspraxis im gegebenen Fall zu arbeiten hat. Folgende einfachste Fälle ergeben sich:r Rechtsschöpfung und Rechtsfindung können entweder rational oder irrational sein. Irrational sind sie formell dann, wenn für die Ordnung von Rechtsschöpfung und Rechtsfindungsproblemen andere als verstandesmäßig zu kontrollierende Mittel angewendet werden, z. B. die Einholung von Orakeln oder deren Surrogaten. Materiell sind sie irrational insoweit, als ganz konkrete Wertungen des Einzelfalls, seien sie ethische oder gefühlsmäßige oder politische, für die Entscheidung maßgebend sind, nicht aber generelle Normen. „Ratio-

g B: Vorstellung  Denkgewohnheit h Fehlt in B; wie sinngemäß ergänzt. i B: aus j In B folgt:  allgemeinen¯  faktischen¯ k Fehlt in B; einher sinngemäß ergänzt. r (S. 301) – r Fehlt in A.

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nale“ Rechtsschöpfung und Rechtsfindung können wieder in formeller oder in materieller Hinsicht rational sein. Formell mindestens relativ rational ist jedes formale Recht. „Formal“ aberl ist ein Recht insoweit, als ausschließlich eindeutige generelle Tatbestandsmerkmale materiellrechtlich und prozessual beachtet werden. Dieser Formalismus aber kann wiederm doppelten Charakter haben. Entweder nämlich können die rechtlich relevanten Merkmale sinnlich anschaulichen Charakter besitzen.n Das Haften an diesen äußerlichen Merkmalen: z. B. daß ein bestimmtes Wort gesprochen, eine Unterschrift gegeben, eine bestimmte[,] ein für alle mal in ihrer Bedeutung feststehende symbolische Handlung vorgenommeno ist, bedeutet die strengste pArt desp Rechtsformalismus. Oder die rechtlich relevanten Merkmale werden durchq logische Sinndeutung erschlossen und darnach feste Rechtsbegriffe in Gestalt streng abstrakter Regeln gebildet und angewendet. Bei dieser logischen Rationalität ist zwar die Strenge des anschaulichen Formalismus abgeschwächt, da dier Eindeutigkeit des äußeren Merkmals schwindet. Aber der Gegensatz gegen die materiale Rationalität ist damit nur gesteigert. Denn diese letztere sbedeutet ja gerade: daß Normen anderer qualitativer Dignität alss logische Generalisierungen tvon abstrakten Sinndeutungent auf diea Entscheidung von Rechtsproblemen Einfluß bhaben sollen: ethische Imperative oder utilitarischeb oder andere Zweckmäßigkeitsregeln oder politische Maximen, welche sowohl den Formalismus des äußeren Merkmals wie denjenigen der logischen Abstraktion durchbrechen. Eine spezifisch fachmäßige juristische Sublimierung des Rechts cim heutigen Sinne ist aberc nur möglich, soweit dieses formalen Charakter hat. Soweitd der absolute Formalismus des sinnlichen Merkmals reicht, eist siee auf Kasuistik beschränkt. Erst dief sinndeutende Abstraktion läßt die spezifisch systematische Aufgabe entstehen: die geinzelnen anerkanntermaßen geltenden Rechtsregelng durch die Mittel der Logik zu einem in sich widerspruchslosen Zusammenhang von habstrakten Rechtssätzenh l Fehlt in A. m Fehlt in A. n A: haben. o A: vorgegangen p A: Form von q In A folgt: streng r In A folgt: absolute s A: bedeutet: daß andere als anschauliche Merkmale und t A: abstrakter Sinndeutung a In A folgt: Gestaltung der b A: haben: ethische oder utilitarische c A: ist d A: Und zwar ist sie, soweit e Fehlt in A. f Der Typoskripttext des Blattes A 24/B 13 umfaßt nur sieben Zeilen. g A: einzelne Rechtsnorm h A: solchen

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zusammenzufügen und zu rationalisieren. Wir wollen nun sehen, wie die an der Rechtsbildung beteiligten Mächtei auf die Entfaltung der formellen Qualitäten des Rechts einwirken.j kDie heutige juristische Arbeit, wenigstens diejenige ihrer Formen, welche den Höchstgrad methodisch-logischer Rationalität erreicht hatte: die von der gemeinrechtlichen Jurisprudenz geschaffene, geht von den Postulaten aus79 1) daß jede konkrete Rechtsentscheidung „Anwendung“ eines abstrakten Rechtssatzes auf einen konkreten „Thatbestand“ sei, – 2) daß für jeden konkreten Thatbestand mit den Mitteln der Rechtslogik eine Entscheidung aus den geltenden abstrakten Rechtssätzen zu gewinnen sein müsse, – 3) daß also das geltende objektive Recht ein „lückenloses“ System von Rechtssätzen darstellen oder latent in sich enthalten oder doch als ein solches für die Zwecke der Rechtsanwendung behandelt werden müsse, – 4) daß das, was sich juristisch nicht rational „konstruieren“ lasse, auch rechtlich nicht relevant sei, – 5) daß das Gemeinschaftshandelnl der Menschen durchweg als „Anwendung“ oder „Ausführung“ von Rechtssätzen oder umgekehrt „Verstoß“ gegen Rechtssätze gedeutet werden müsse (diese Consequenz ist namentlich von Stammler – wenn auch nicht expressis verbis – vertreten),80 da[,] entsprechend der „Lückenlosigkeit“ des Rechtssystems, ja auch die „rechtliche Geordnetheit“ eine Grundkategorie alles sozialen Geschehens sei. Wir kümmern uns zunächst gar nicht um diese Postulate des Denkens, sondern wollen einige der für das Funktionieren des Rechts wichtigenm allgemeinen formalen Qualitäten desselben untersuchen.k i A: Bedingungen j A: eintreffen.  einwirken. k – k Fehlt in A. deln  Gemeinschaftshandeln m B: wichtige

l B: Alltagshan-

79 Mit der folgenden Aufzählung gibt Weber die Prämissen der deutschen zivilrechtlichen Pandektistik des 19. Jahrhunderts wieder. Die genannten Postulate wurden um die Jahrhundertwende zum Hauptangriffspunkt von soziologisch und rechtspolitisch motivierten Gegenströmungen; vgl. unten, S. 624 ff. 80 Rudolf Stammler betrachtet die rechtliche Geregeltheit gleichermaßen als Denkvoraussetzung und Seinsform des „sozialen Lebens“. Das Wirtschaften in der Sozialwirtschaft (die „Materie des sozialen Lebens“) sei deshalb erkenntnislogisch wie empirisch nur zu erfassen, wenn es als rechtsgeregeltes begriffen werde (vgl. Stammler, Wirtschaft und Recht, 2. Buch, 2. Abschnitt: Die Form des sozialen Lebens, bes. S. 112–121, und 2. Buch, 3. Abschnitt: Die Materie des sozialen Lebens, bes. S. 131– 136). Vgl. auch oben, S. 225 f. mit Anm. 82 (S. 226).

B Db a b§ 2[.] WuG1 412

Die Formen der Begründung subjektiver Rechte. b

cLogische Kategorien der „Rechtssätze“. „Freiheitsrechte“ und „Ermächtigungssätze“. Die „Vertragsfreiheit“. S. [307] – Die Entwicklung der Vertragsfreiheit. „Status-Contrakte“ und „Zweck-Contrakte“. Die rechtsgeschichtliche Herkunft der Zweck-Contrakte[.] S. [315] – Died verschiedenen praktischen Bedeutungen und die Grenzen der „Vertragsfreiheit“. S. [339] – Vertragsfreiheit, Autonomie und Rechtspersönlichkeit der Verbände. S. [361] – Freiheit und Zwang S. [424]c a

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A 1 B – eDief

Einschmelzung aller andren Verbände, welche Träger einer „Rechtsbildung“ waren, in die eine staatliche Zwangsanstalt1, welche nun für sich in Anspruch nimmt, Quelle jeglichen „legitimen“ Rechts zu sein,2 äußert sich charakteristisch in der formellen Art, wie das Recht in den Dienst der Interessen der Rechtsinteressenten, speziell auch der ökonomischen Interessen, tritt.e Wir haben früherg 3 das Bestehen eines hkonkreten Rechts a potiori nur betrachteth als die Gewährung eines Superadditum von Chance dafür: daß bestimmte Erwartungen nicht enttäuscht werden, izu Gunsten der durch das „objektive“ Recht mit „subjektiven Rechten“ ausgestatteten Individuen.i jWir nehmen auch weiterhin die Schaffung eines solchen „subjektiven Rechts“ des einzelnen Rechtsinteressenten a potiori als den Normalfall, der durch, soziologisch betrachtet, gleitende Übergänge mit dem Fall verbunden ist: daß a – a Fehlt in A. b – b B: § 2 Vertrag und Vertragsfreiheit. > § 2 Die Form der subjektiven Rechte.  § 2 Die Formen der subjektiven Rechtsbegründung.  § 2 Die Formen der Begründung subjektiver Rechte. Hinter die 2 ist von fremder Hand eine 3 gesetzt. c – c Die Inhaltsübersicht ist links mit eckiger Klammer und Satzanweisung von fremder Hand: Petit versehen. d In B folgt:  modernen Grenzen und die¯ e – e A: Dieser ganz allgemeine Sachverhalt nimmt nun für die inhaltliche Gestaltung des Rechts und seiner Beziehungen zur Wirtschaft sehr konkrete Formen an. f In B geht am oberen Rand voraus: § [Spatium] Vertragfa und Vertragsfreiheit fa B: Rechtszwang  Zwingendes Recht  Vertrag In das Spatium ist von fremder Hand die Ziffer 2 eingefügt. g A: bisher h A: Rechtssatzes nur i – i A: an die durch den Rechtssatz mit subjektiven Rechten ausgestatteten betrachtet. j – j (S. 307) Fehlt in A. 1 Begriffskompositum aus den im Kategorienaufsatz definierten Grundbegriffen „Anstalt“ und „Zwangsapparat“ (vgl. Weber, Kategorien, S. 286 f.). Als „Staat“ definiert Weber den durch „vereinbarte“ oder „oktroyierte“ Satzungen rational geordneten politischen Verband („Anstalt“), wenn zur Durchsetzung der Ordnungen bestimmte „Organe“ („Zwangsapparat“) existieren. 2 Vgl. oben, S. 278 mit Anm. 12. 3 Siehe oben, S. 227; vgl. auch oben, S. 199 ff.

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die rechtlich gesicherte Chance dem Einzelnen nur in der Form eines „Reflexes“k eines „Reglements“ zugewendet ist, ihm also kein „subjektives Recht“ gewährt.j 4 Der faktisch im Besitz der Verfügungsgewalt über eine Sache oder Person Befindliche gewinnt lalso durch die Rechtsgarantiel eine spezifische Sicherheit für deren Dauer, derjenige, welchem etwas versprochen ist, dafür, daß die Vereinbarung auch erfüllt werde. Dies sind in der Tat die elementarsten Beziehungen zwischen Recht und Wirtschaft. Aber nicht die einzig möglichen. Das Recht kann mvielmehrn auch so funktionieren –o soziologisch ausgedrückt: das Handeln des Zwangsapparats durch empirisch geltende Ordnungen derart gestaltet sein –,m daß es die Entstehung bestimmter pWirtschaftsbeziehungen:p Ordnungen der ökonomischenq Verfügungsgewalt oder der auf Vereinbarung beruhenden ökonomischenr Erwartungen[,] überhaupt erst smit Zwangswirkung ermöglicht, indem eigens zu diesem Zweck objektives Recht rational geschaffen wird. Dies setzt freilich einen sehr spezifischen Zustand des „Rechts“ voraus und über diese Voraussetzung ist zunächst einigess zu sagen. tJuristisch angesehen, besteht ein modernes Recht aus „Rechtssätzen“5, das heißt: abstrakten Normen mit dem Inhalt, daß uein bestimmter Sachverhalt bestimmte Rechtsfolgenu nach sich ziehen solle.t Die geläufigste Einteilung der „Rechtssätze“a ist, wie bei allen Ordnungen, die in „gebietende“, „verbietende“ und „erlaubende“ Rechtssätze, denen bdie subjektiven Rechte der Einzelnen entspringen,b anderen ein Tun zu gebieten oder zu verbieten oder

k B: „Reflexes“, j (S. 306) – j Fehlt in A. l A: dadurch m – m A: vielmehr, nachdem es einmal als ein technisches Mittel zur Erzielung solcher Erfolge erkannt und angewendet ist, auch so funktionieren, n In B folgt: es o B: funktionieren, – p Fehlt in A. q A: faktischen r Fehlt in A. s – s A: ermöglicht, indem Rechtssätze eigens zu diesem Zweck absichtsvoll geschaffen werden. Darüber ist einiges kurz t – t Fehlt in A. u B: ein bestimmterua  Verhalten¯ Sachverhalt  gewisse¯ bestimmte Rechtsfolgen ua B: bestimmtes  bestimmter a In A folgt: eines modernen Rechts b A: als subjektive Rechte der einzelnen die Ansprüche dieser entsprechen, 4 Zur Unterscheidung von „Reflexrecht“ qua „Reglement“ und „subjektivem Recht“ vgl. oben, S. 275 – 280 und S. 200 f. 5 Über Webers Verständnis von „Rechtssatz“ als einem sprachlichen Gebilde, dem ein spezifischer normativer Sinn zukommt, vgl. oben, S. 198 – 200. Diese rechtstheoretische Fassung erfolgt charakteristischer Weise in der Überarbeitung; vgl. auch die entsprechende Formulierung im Anhang II, unten, S. 653.

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zu cerlauben. Dieser rechtlich garantierten und begrenzten Macht über deren Tun entsprechen soziologisch diec Erwartungen: 1. daß andere etwas Bestimmtesd tun oder 2. daß sie etwas Bestimmtese lassen werden f– die beiden Formen gder „Ansprüche“ –g f oder 3. daß man selbst ohne Störung hdurch Dritteh etwas tun oder nach Belieben auch lassen idürfe: „Ermächtigungen“.i Ein jedes subjektivej Recht istk eine Machtquelle, welche ldurch die Existenz des betreffenden Rechtssatzes im Einzelfall auch dem, der ohne ihn gänzlichl machtlos wäre, zufallenm kann. nSchon dadurch oist er Quelle gänzlich neuer Situationeno innerhalb des Gemeinschaftshandelns. Aber nicht davon ist hier die Rede, sondern von der qualitativen Ausweitung der Verfügungssphäre des Einzelnen durch Rechtssätze peines bestimmten Typusp.n Die soebenq zuletzt genannte Art von rechtlich garantierten Erwartungen, die „Ermächtigungen“,r ihr Umfang und ihre Art, sind sheute ganz allgemeins für die Entwicklung der Wirtschaftsordnung besonders wichtig.t Sie begreifen zweierlei unter sich. Einerseits die sogen[annten] „Freiheitsrechte“, d. h. die einfache Sicherstellung gegen bestimmte Arten von Störungen durch aDritte, insbesondere auch: durch den Staatsapparat,a innerhalb des Bereichs des rechtlich erlaubten Verhaltens (Freizügigkeit, Gewissensfreiheit, freies Schalten mit einer im Eigentum besessenen Sache usw.). Ferner aber stellen er mächtigende Rechtssätze es in das Belieben der einzelnen, durch Rechtsgeschäfte ihre Beziehungen zu einander binnerhalb bestimmter Grenzen autonomb zu regeln. So weit dies Belieben von einer Rechtsordnung zugelassen wird, soweit reicht das Prinzip der „Vertragsfreiheit“. Das Maß der Vertragsfreiheit, d. h. der von der Zwangsgewalt cals „gültig“c garantierten Inhalte von Rechtsgeschäften, die relative Bedeutung also der zu solchen rechtsgeschäftlichen Verfügungen „ermächtigenden“ Rechtssätze c A: erlauben, also rechtlich begrenzte Macht über deren Tun zu besitzen. Oder, empirisch gewendet, es entsprechen ihnen die rechtlich garantierten d A, B: bestimmtes e A, B: bestimmtes f – f Fehlt in A. g B: der  „Forderungen“,¯ „Ansprüche“, – h A: Dritter i A: dürfe. Das Recht garantiert diese Erwartungen durch Verbürgung berechtigter Macht. j A, B: subjektives k In B folgt:  nur¯ l A: das Recht auch dem, der ohne Recht m A: zuwenden Korrektur in B (möglicherweise) von fremder Hand. n – n Fehlt in A. o B: schafft er grundlegende Neuerungen  ist er Quelle gänzlich neuer Situationen p Schwer lesbarer Zusatz von Max Webers Hand mit Bleistift. q Fehlt in A. r A: „Ermächtigung“, s A: nun die t A: wichtigen. a A: Dritte b A: nach Belieben c Fehlt in A.

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innerhalb der Gesamtheit einer Rechtsordnung ist natürlich Funktion in erster Linie der Marktverbreiterung. Bei vorherrschender tauschloser Eigenwirtschaft hat das Recht naturgemäß dweit stärkerd die Funktion, durch gebietende und verbietende Sätze diejenigen Situationen, in welche die einzelnen hineingeboren eoder hineinerzogen oder durch andre als rein ökonomische Vorgänge hineingestellte werden, als einen Komplex von Rechtsverhältnissen nach außen abzugrenzen und dem einzelnen dergestalt feine „angeborene“ oder durch außerökonomische Momente bestimmtef Freiheitssphäre zuzuweisen. „Freiheit“g heißt im Rechtssinn: Rechte haben, aktuelle und potentielle, die aber in einer marktlosen Gemeinschaft naturgemäß vorwiegendh nicht auf „Rechtsgeschäften“6, welche er abschließt, sondern ebeni direkt auf jgebietenden und verbietenden Sätzen des Rechtsj beruhen.k Tausch dagegen ist, unter der Herrschaft einer Rechtsordnung, ein „Rechtsgeschäft“: Erwerb, Abtretung, Verzicht, Erfüllung von Rechtsansprüchen. Mit jeder Erweiterung des Markts vermehren und vervielfältigen sich diese. Die Vertragsfreiheit ist dabeil in keiner Rechtsordnung eine schrankenlose, dergestalt, daß das Recht für jeden beliebigen Inhalt einer Vereinbarung seine Zwangsgarantie zur Verfügung stellte. Charakteristisch für die einzelne Rechtsordnung ist vielmehr: für welche Vertragsinhalte dies geschieht und für welche nicht. Auf diese Fragem haben, je nach der Struktur der Wirtschaft, sehr verschiedene Interessenten den ausschlaggebenden Einfluß. Mit zunehmender Marktverbreiterung aber zunächst und vor allem die Marktinteressenten. Deren Einfluß vornehmlich bestimmt ndaher heuten die Art derjenigen Rechtsgeschäfte, welche das Recht odurch Ermächtigungssätzeo ordnet.p

d A: vorwiegend e Fehlt in A. f A: seine angeborene g In A geht voraus: Denn h A: in aller Regel i Fehlt in A. j A: dem Recht k In A folgt: Das Recht erscheint in diesem Stadium als eine Kombination angeborener unabänderlicher Qualitäten der einzelnen. l Fehlt in A. m In A folgt: nun n A: dann o Fehlt in A. p In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz Die hier ursprünglich folgende Passage wurde durch Beschneidung des Blattes entfernt und an Blatt A –/B 21, unten, S. 340, angeklebt (vgl. dort textkritische Anm. g). 6 „Rechtsgeschäft“ ist der in der Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts entwickelte Grundbegriff des Zivilrechtssystems; vgl. zur Entwicklung dieses Rechtsbegriffs Webers Ausführungen unten, S. 504, 582.

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qDer

heute normale Zustand weitgehender „Vertragsfreiheit“ hat keineswegs immer bestanden. Und soweit Vertragsfreiheit bestand, hat sie sich keineswegs immer auf dem Gebiet entwickelt, welches sie heute vornehmlich beherrscht, sondern zum sehr wesentlichen Teil auf solchen Gebieten, wo sie heute nicht mehr oder doch in sehr viel eingeschränkterem Maße als früher besteht. Wir wollen in kurzer Skizze die Entwicklungsstadien durchgehen. Die wesentlichste materielle Eigentümlichkeit des modernen Rechtslebens, speziell des Privatrechtslebens, gegenüber dem älteren ist vor Allem die stark gestiegene Bedeutung des Rechtsgeschäfts, insbesondre des Contrakts, als Quelle zwangsrechtlich garantierter Ansprüche. Der Privatrechtssphäre ist dies derart charakteristisch, daß man die heutige rArt der Vergemeinschaftungr, soweit jene Sphäre reicht, a potiori geradezu als „Contraktgesellschaft“s bezeichnen kann. Rechtlicht angesehen, bestimmt sich die legitime ökonomische Lage, das heißt: die Summe der im Rechtssinne legitim erworbenen Rechte und legitimen Verpflichtungena des Einzelnen heute einerseits durch Erbanfälle, die ihm kraft familienrechtlicher Beziehungen zufallen, andrerseits – direkt oder indirekt – durch Contrakte, welche er abschließt oder die in seinem Namen abgeschlossen werdenb. Derjenige Rechtserwerb, welcher dem Erbrecht entstammt, bildet nun in der heutigen Gesellschaft das wichtigste Überlebsel jener Art von Besitzgrund legitimer Rechte, die einst – grade auch in der ökonomischen Sphäre – ganz oder nahezu alleinherrschend war. Denn in der Sphäre des Erbrechts kamen und kommen, wenigstens dem Schwergewicht nach, für den Einzelnen Thatbestände zur Geltung, auf welche sein eignes Rechtshandeln, prinzipiell wenigstens, keinen Einfluß übt, die für jenes vielmehr in weitem Umfang die von vornherein gegebene Grundlage darstellen: seine Zugehörigkeit zu einem Personenkreise, welche in aller Regel durch „Geburt“ als Glied einer Familie, also durch die ihm cvom Rechtc zugerech neten Naturbeziehungen, begründet wird und daher innerhalb der dsoziq – q (S. 319) Fehlt in A. r B: Gesellschaft  Art der Vergemeinschaftung s B: „Contraktvergesellschaftung“  „Contraktgesellschaft“ t B: Formalrechtlich  Rechtlich a B: Verpflichtungen, b In B folgt:  und den Consequenzen.  (Denn¯ (Dieba sonstigen, insbesondere die schenkungsweisen, Arten des Rechtserwerbs stehen an Bedeutung sehr weit zurück)¯ ba B: die  Die c B: rechtlich  vom Recht d – d (S. 311) B: Rechtsordnung  sozialen und ökonomischen Ordnung

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alen und ökonomischen Ordnungd wie eine ihme anhaftende soziale „Qualität“ erscheint, als etwas also, was er privatrechtlich, unabhängig von seinem eignen Thun, kraft Einverständnisses oder oktroyierterf Ordnung, originärg „ist“, nicht aber: welche hprivatrechtlichen „Beziehungen“ er durch Akte der Vergesellschaftungh absichtsvoll sich geschaffen hat. Der Gegensatz ist selbstverständlich relativ, denn auch Erbansprüche können durch Contrakt (Erbvertrag) begründet werden und bei testamentarischer Erbfolge ist juristischi nicht die Zugehörigkeit zum Verwandtenkreise, sondern eine einseitige Verfügung des Erblassers der Rechtsgrund des Erwerbs. Allein Erbverträgej sind heute nicht häufig und ihr normaler (nach manchen Gesetzgebungen – so der österreichischen7 – einziger) Anwendungsfall ist kder Erbvertrag zwischen Ehegatten,k meist bei Eingehung der Ehe unter gleichzeitiger Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse der Nupturienten geschlossen, also im Zusammenhang mit dem Eintritt in eine Familienbeziehung. Und die große Mehrzahl aller Testamente bezweckt heute – neben Munifizenzen, die als Anstandspflicht empfunden werden – den Ausgleich der Interessen von Familiengliedern gegenüber ökonomischen Notwendigkeiten, welche entweder durch die Art der Zusammensetzung des Vermögens oder durch individuelle persönliche Verhältnisse bedingt sind, und ist überdies[,] außerhalb des angelsächsischen Rechtsgebiets[,]8 durch die Pflichtteilsrechte der nächsten Verwandten in der Bewegungsfreiheit eng begrenzt. Die weitergehende Testierfreiheit gewisser antiker und moderner Gesetzgebungen und die wesentlich größere Bedeutung der lkontraktlichen Vereinbarungenl auf e In B folgt:  originär¯ f B: oktroyierter,  von seinem Wirken unabhängiger¯ g B: gesellschaftlich  privatrechtlich  originär h B: „Beziehungen“ er durch persönliche Akte der Vergesellschaftung  privatrechtlichen „Beziehungen“ er durch Akte der Vergesellschaftung i B: formell  juristisch j In B folgt:  außerhalb der Familienbeziehungen¯ k B: der  Ehevertrag¯ Erbvertrag zwischen Ehegatten  oder Nupturienten¯, l B: Contrakte  kontraktlichen Vereinbarungen 7 Erbvertragliche Abmachungen beschränken sich gem. §§ 602, 1249 ABGB auf Eheleute. Außer den Ehegatten haben auch Brautleute unter der aufschiebenden Bedingung einer wirksam zustande kommenden Ehe das Recht, einen Erbvertrag zu schließen; vgl. Stubenrauch, Commentar, S. 553 mit Anm. 8 (zu § 1249). 8 Die im englischen Recht schließlich vollständige Testierfreiheit konnte sich allerdings in der einzelstaatlichen Gesetzgebung der Vereinigten Staaten nur im Grundsatz durchsetzen; vgl. unten, S. 354 mit Anm. 7 und 8.

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dem Gebiet der Familienbeziehungen in der Vergangenheit sind in ihrer Bedeutung und den Gründen ihres Schwindens an andrer Stelle erörtert.9 Heut ist auf dem Gebiet des Familien- und Erbrechts die Bedeutung des im Einzelfall inhaltlich frei, nach Belieben der Parteien gestalteten Rechtsgeschäfts eine relativ begrenzte. Auf dem Gebiet der öffentlichen Rechtsbeziehungen ist zwar auch heute die Stellung kontraktlicher Vereinbarungen rein quantitativ keineswegs gering. Denn jede Beamtenanstellung erfolgt kraft Contrakts, und auch manche sehr wichtige Vorgänge der konstitutionellen Verwaltung: so vor Allem die Feststellung eines Budgets, setzen, wenn auch nicht der Form, so umsomehr der Sache nach, durchaus eine freie Vereinbarung zwischen mehreren selbständigen Organen der Staatsanstalt, von denen von Rechts wegen keines das andre zwingen kann, voraus.10 Allein juristischm pflegt heute der Anstellungsvertrag des Beamten nicht in dem Sinn als „causa“ seiner gesetzlich festgestellten Pflichten angesehen zu werden, wie ein beliebiger privatrechtlicher Vertrag, sondern als ein Akt der Unterwerfung des Beamten unter die Dienstgewalt.11 Und die faktisch freie Vereinbarung des Budgets pflegt nicht als „Contrakt“, die Vereinbarung überhaupt nicht als der rechtlich wesentliche Vorgang behandelt zu werden. Aus dem Grund, weiln – aus guten juristischen Motiven – die „Souveränität“ als wesentliches m B: juristisch  rechtlich  juristisch

n B: daß

9 Siehe unten, S. 348 ff. 10 Zur Rechtsnatur und Problematik des Bugetgesetzes vgl. oben, S. 284 f. mit Anm. 28; auch oben, S. 235, Anm. 6. 11 Weber vertritt hier eine unter den zeitgenössischen Staats- und Verwaltungsrechtlern umstrittene Auffassung. Während die einen den staatlichen Anstellungsakt und die Einwilligung des Anwärters als mehr oder minder gleichwertige Willenserklärungen vertragsartig konstruieren (u. a. Jellinek, System, S. 209–212; Laband, Staatsrecht I (wie oben, S. 275, Anm. 4), S. 410–414; Rehm, Hermann, Die rechtliche Natur des Staatsdienstes nach deutschem Staatsrecht, in: Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik, Jg. 1884, S. 565–686 (Teil 1); Jg. 1885, S. 65–211 (Teil 2), hier Teil 2, S. 126–143), betonen die anderen das Gewicht des „erklärten Staatswillens“. Das durch die Anstellung begründete Dienstverhältnis sei deshalb nicht als Vertragsverhältnis, sondern als Unterwerfungsverhältnis zu konstruieren, es komme nicht durch einen Vertrag, sondern durch einen Verwaltungsakt zustande (vor allem Mayer, Verwaltungsrecht II (wie oben, S. 275, Anm. 3), S. 220–223; Anschütz, Staatsrecht (wie oben, S. 280, Anm. 16), S. 148 f.). – Vgl. die Zusammenstellung der kontroversen Literatur bei Meyer, Georg, Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes, 6. Aufl., bearb. von G[erhard] Anschütz. – Leipzig: Duncker & Humblot 1905, S. 499–501.

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Attribut der heutigen Staatsanstalt, diese als eine „Einheit“, die Akte ihrer Organe aber als Pflichtakte gelten.12 Der Ort freier Contrakte ist im Gebiet der öffentlich-rechtlichen Beziehungen heute wesentlich das – Völkerrecht. Diese Auffassung bestand nicht immer und würde auch den thatsächlichen Verhältnissen der politischen Verbände der Vergangenheit nicht gerecht werden. Zwar – um bei den Beispielen zu bleiben – die Beamtenstellung entsprach in der Vergangenheit wesentlich weniger als heut einem freien Contraktverhältnis als causa, ruhte vielmehr – wie wir später sehen werden13 – wesentlich mehr auf Unterwerfung unter eine ganz persönliche, familienartige Herrengewalt. Aber andre politische Akte, wie z. B. grade die Bereitstellung von Mitteln für öffentliche Zwecke, aber auch zahlreiche andre Verwaltungsakte, waren unter den Verhältnissen des ständischen politischen Gebildes gar nichts andres also Contrakte zwischen den kraft ihrer subjektiven Rechte: Privilegien und Prärogative[,] als Glieder des politischen Verbandes zusammengeschlossenen Mächten: Fürsten und Stände, und wurden auch rechtlich so aufgefaßt. Der Lehensnexus ist seinem innersten Wesen nach auf Contrakten aufgebaut.14 Und wenn sich die Feststellungen geltenden Rechts, wie sie die „leges barbarorum“ enthaltenp – „Codifikationen von Gesetzen“, nach uns-

o In B folgt:  „positive“¯

p B: enthalten,

12 Vgl. beispielhaft die Formulierungen Jellineks zum Staatsbegriff in: Allgemeine Staatslehre, S. 174–183, 474 ff., 478, 482, 495 f., und System, S. 12–32. Danach ist der „Staat“ eine durch das praktische (hier: juristische) Denken vollzogene „subjektive Einheit“, die Jellinek als „Zweckeinheit“ bezeichnet, weil sie auf der gedanklichen Synthese einer räumlich begrenzten, durch bestimmte konstante und zusammenhängende Zwecke geeinigten Personenmehrheit beruht. „Souverän“ ist der Staat als die mit höchster „Herrschergewalt“ und ausschließlicher rechtlicher Selbstbestimmungsmacht ausgestattete Verbandseinheit. Diese Kompetenz-Kompetenz beinhaltet zugleich die rechtliche Verpflichtung des Staates, sie bindet das Organhandeln als Ausdruck des Staatswillens. Die an der Budgetfeststellung beteiligten unmittelbaren Staatsorgane sind demzufolge zuallererst der „obersten Norm des pflichtmäßigen Handelns“ unterworfen (Jellinek, Gesetz (wie oben, S. 234 f., Anm. 5), S. 283). 13 Siehe dazu die Ausführungen über die „patrimonialen Ämter“ in der „Herrschaftslehre“, Weber, Patrionomialismus, MWG I/22–4, S. 285 f. 14 Das Benefizium wird juristisch als Schenkungsvertrag konstruiert und die Vasallität gilt juristisch als durch Abschluß eines Vertrages begründet, dem ein Treueeid nachfolgt. Auf diese Grundlage, jenseits aller Streitfragen um den Ursprung des Lehnswesens, bezieht sich Weber; vgl. etwa Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 243, 277.

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rer Terminologie15 –[,] oft als „Pactus“ bezeichnen, so war auch dies durchaus ernst gemeint: ein wirklich „neues“ Recht konnte damals in der That nur durch freie Vereinbarung der Amtsgewalt mit qden Dinggenossenschaftenq ins Leben treten.16 Und endlich ruhen grade rdie urwüchsigen rein politischen Verbände derr Rechtsform nach oft auf freier Vereinbarung zwischen mehreren auch weiterhin intern selbständigen Gruppen („Häusern“ bei den Irokesen)17. Auch dies „Männerhäuser“ sind primär freie Vergesellschaftungen[;] nur sind diese bereits auf die Dauer berechnet, gegenüber den urwüchsigen Gelegenheitsvergesellschaftungen18 zum Zweck der Aventiure, welche formal ganz und gar auf freier Vereinbarung beruhten. Nicht minder ist die freie Vereinbarung auf dem Gebiet der eigentlichen Rechtsfindung urwüchsig und gradezu der Anfang von Allem. Der aus den Sühneverträgen der Sippen19 hervorgegangene Schiedsvertrag: die freiwillige Unterwerfung unter den Rechtsspruch oder ein Gottesurteil[,] ist Quelle nicht nur alles Prozeßrechts, sondern, wie gleich zu erörtern,20 in sehr weitgehendem Sinn gehen auch die ältesten Typen der privatrechtlichen Verträge auf Prozeßverträge zurück.21 Und ferner sind q B: dem Volk  den Dinggenossenschaften r B: die  ältesten¯ urwüchsigen rein politischen Verbände  – wie die der Indianer –¯ der s In B folgt:  weit verbreiteten Clubs¯ 15 Zum Begriff der „Codifikation“ und speziell zur „Codifikation von Gesetzen“ im Falle der germanischen Volksrechte siehe unten, S. 569 und S. 573 – 580. 16 Über das Verhältnis von „Pactus“ und „Satzung“ in der Gesetzgebung der Germanenkönige bemerkt in diesem Sinn z. B. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 287: „Die Satzung wird als eine Vereinbarung der Volksgenossen aufgefaßt, ein Gesichtspunkt, der darin zum Ausdruck gelangt, daß die Lex nicht selten als Pactus bezeichnet wird.“ Vgl. ebd., S. 277 f. und oben, S. 380 mit Anm. 69. 17 Die Selbständigkeit beruht bei den Irokesen auf gesondertem Eigentum, das in der Art der „langen Häuser“ für viele Familien als eine Vorform der Feldgemeinschaft angesehen wird; vgl. z. B. Dargun, Lothar, Ursprung und Entwicklungsgeschichte des Eigenthums, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 5, 1884, S. 1– 116, hier S. 48. 18 Zum Terminus „Gelegenheitsvergesellschaftung“ vgl. Weber, Kategorien, S. 273. 19 Zur prozeßrechtlichen Bedeutung der Sühneverträge vgl. oben, S. 283; vgl. weiterhin unten, S. 327, 362. 20 Siehe unten, S. 325 ff. 21 Auf die grundlegende Bedeutung des Parteienvertrages für die Entwicklung des Prozeßrechts und – infolge des ursprünglich engen Zusammenhangs mit dem Prozeßrecht – der privatrechtlichen Verträge hat bereits Ihering, Römisches Recht I, S. 170 f.; ders., Römisches Recht III, S. 187, nachdrücklich hingewiesen. Zur Bedeutung in der deutschen Rechtsgeschichte vgl. Schröder, Lehrbuch, S. 290, 292 f., und Heusler, Institutionen II, S. 231, 233.

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die meisten der wichtigen technischen Fortschritte des Prozeßverfahrens, formal wenigstens, Produkte freier Vereinbarungen der Prozeßparteien, und die obrigkeitlichen Eingriffe in das Verfahren (durch den Lordkanzler oder Prätor) vollzogen sich in weitem Umfang in der sehr charakteristischen Form des Zwanges gegen die Parteien, gewisse Vereinbarungen abzuschließen, welche den Fortgang des Prozesses ermöglichten: als „Rechtszwang zum Contrahieren“ also[,] – der übrigens, namentlich als „Leihezwang“, auch auf dem Gebiet des politischen (Lehen-)Rechts eine erhebliche Rolle gespielt hat. Die Bedeutung des „Kontrakts“ im Sinn einer freien Vereinbarung als Rechtsgrund der Entstehung von tAnsprüchen und Pflichtent ist also auch in früheren und frühesten Epochen und Stadien der Rechtsentwicklung weit verbreitet. Und zwar grade auf solchen Gebieten, auf welchen heute die Bedeutung der freien Vereinbarung geschwunden oder weit zurückgetreten ist: dem öffentlichen und Prozeßrecht, dem Familien- und Erbrecht. Dagegen ist von einer Bedeutung des Contrakts für den wirtschaftlichen aGütererwerb aus andren als familien- und erbrechtlichen Quellen in der Art, wie er heut grundlegend ist, in der Vergangenheit je weiter zurück, desto weniger die Rede. Die heutigea Bedeutung des Contrakts auf diesem Gebiete ist in erster Linie Produkt der intensiven Steigerung der Marktvergesellschaftung und der Geldverwendung. Nicht nur also stellt der bAufstieg der Bedeutung des privatrechtlichen Contrakts im Allgemeinen die juristische Seite der Marktgemeinschaft, sondern der durch die Marktgemeinschaft propagierte Contrakt istb auch von innerlich andrem Wesen, als jener urwüchsige Contrakt, der auf dem Gebiet des öffentlichen und des Familienrechts früher eine so viel größere Rolle spielte als heute. Dieser tiefgreifenden Wandlung des allgemeinen Charakters der freien Vereinbarung entsprechend wollen wir jene urwüchsigen Contrakttypen als c„Status“-Kontraktec, die dem Güterverkehrd, also der Marktgemeinschaft, spezifischen dagegen als „Zweck“-Contraktee bezeichnen.22 Der Unterschied t B: Rechten ¯ Ansprüchen und Pflichten a In B steht auf Zeilenhöhe am Rand die Notiz Max Webers:  Contrakt: magischer // Zweck¯ b In B steht auf Zeilenhöhe am Rand die Notiz Max Webers:  „Zweck“-Contrakt // sachlicher Contrakt. // personaler Contrakt.¯ c B: „personale“ Kontrakte  „Status“-Kontrakte d B: Marktverkehr  Güterverkehr e In B folgt:  oder „sachliche“¯ Contrakte 22 Der vermeintliche Wandel von Status- zu Kontraktverhältnissen (so Maine, Ancient

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äußert sich folgendermaßen: Alle jene urwüchsigen Contrakte, durch welche z. B. politischef oder andre persönliche Verbände, dauernde oder zeitweilige, oder Familienbeziehungen geschaffen wurden,g hatten zum Inhalt eine Veränderung hder rechtlichen Gesammtqualität,h der universellen Stellung und des sozialen Habitus von Personen. Und zwar sind sie, um dies bewirken zu können, ursprünglich ausnahmslos entweder direkt magische oder doch irgendwie magisch bedeutsame Akte und behalten Reste dieses Charakters in ihrer Symbolik noch lange bei. Die Mehrzahl von ihnen (namentlich die soeben beispielsweise erwähnten) sind „Verbrüderungsverträge“.23 Jemand soll fortan zu Kind, Vater, Frau, Bruder, Herr, Sklave, Sippengenosse, Kampfgenosse, Schutzherr, Client, Gefolgsmann, Vasall, Unterthan, Freund, imit dem weitesten Ausdrucki: „Genosse“, eines Andren werden[.] Sich derart miteinander „Verbrüdern“ aber heißt nicht: daß man sich gegenseitig für konkrete Zwecke nutzbare bestimmte Leistungen gewährt oder in Aussicht stellt, auch nicht nur, wie wir es ausdrücken würden: daß man für fortan ein neues[,] in bestimmter Art sinnhaft qualifiziertes Gesammtverhalten zu einander in Aussicht stellt, sondern: daß man etwas qualitativ Andres „wird“ als bisher – denn sonst wäre jenes neue Verhalten gar nicht möglich. Die Beteiligten müssen eine andre „Seele“ in sich einziehen lassen. Das Blut oder der Speichel müssen gemischt und getrunken werden – ein schon relativ spätes Symbol – oder durch andre äquivalente Zaubermittel f In B folgt:  Vergesellschaftungen¯ g In B folgt: waren, Offenbar nachträglich gestrichen. h B: des rechtlichen Gesammthabitus,  der rechtlichen Gesammtqualität, i B: im weitesten Sinn  mit dem weitesten Ausdruck Law (wie oben, S. 63, Anm. 60), S. 140 f.) wird – angesichts der nach Weber zu beachtenden Ursprünglichkeit von Kontraktbeziehungen – umgedeutet in den Wandel von „Status-Kontrakten“ zu „Zweck-Kontrakten“. Für Sumner Maine hingegen ist die Logik der Abfolge von „Status“ zum „Kontrakt“ evident: „Not many of us are so unobservant as not to perceive that in innumerable cases where old law fixed a man’s social position irreversibly at his birth, modern law allows him to create it for himself by convention [. . .]“ (ebd., S. 252 f.). 23 Über die Stiftung verwandtschaftsähnlicher Beziehungen durch symbolisch bekräftigte „Verträge“, deren primärer Inhalt gegenseitige Schutz- und Treueversprechen sind, vgl. etwa Amira, Karl von, Grundriß des germanischen Rechts (Grundriß der germanischen Philologie, hg. von Hermann Paul, 5), 3., verb. und erw. Aufl. – Straßburg: Karl J. Trübner 1913, S. 185 f. (hinfort: Amira, Grundriß); mit weiteren Nachweisen Pappenheim, Max, Über die künstliche Verwandtschaft im germanischen Rechte, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germ. Abt., Band 29, 1908, S. 304–333.

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muß die animistische Prozedur der Schaffung einer neuen Seele vollzogen werden. Eine andre Garantie dafür, daß die Beteiligten wirklich ihr Gesammtverhaltenj zu einander dem Sinn der Verbrüderung entsprechend gestalten, ist dem magisch orientierten Denken gar nicht zugänglich. Oder zum mindesten – so wandelt sich der Vorgang mit zunehmender Herrschaft der Göttervorstellungen an Stelle des Animismus24 – muß jeder Beteiligte unter die Gewalt einer Alle gemeinsam schirmenden und im Fall des verbrüderungswidrigen Handelnsk bedrohenden „übersinnlichen“ Macht gestellt werden: die ursprünglich magisch, als bedingte Selbst-Überlieferung an bösen Zauber, gedachte Gewalt des Eides nimmt etwa diesen Charakter der Selbstverfluchung und Herabrufung göttlichen Zornes an. Der Eid ist daher auch späterhin eine der universellsten Formen aller Verbrüderungsverträge. Aber nicht nur solcher. Denn er ist – im Gegensatz zu jenen genuin magischen Formen der Verbrüderung – technisch geeignet auch als Garantiemittel für „Zweck“-Contrakte, das heißt solche Vereinbarungen, welche nur die Herbeiführung konkreter, meist ökonomischer, Leistungen oder Erfolge zum Zweck haben, den „Status“ der beteiligten Persönlichkeiten aber unberührt, also – wie z. B. der Tausch – keine neuen „Genossen“-Qualitäten derselben entstehen lassen. Urwüchsig ist das nicht. Der Tausch, der Archetypus aller bloßen ZweckContrakte, ist ursprünglich zwischen Genossen einer ökonomischen oder politischen Gemeinschaft typisch geordnete Massenerscheinung wohl nur auf nicht ökonomischem Gebiet: als Frauentausch zwischen exogamen Sippen, die also dabei in einer eigentümlichen Doppelstellung als teils Genossen, teils Ungenossen einander gegenüberstehen. Dieser Tausch erscheint im Fall der Exogamiel zugleich auch als „Verbrüderungsakt“, denn so sehr die Frau dabei, in aller Regel, nur als Objekt auftritt, so pflegt doch der Gedanke, daß eine magisch zu befördernde Statusänderung vorliegt, selten ganz zu fehlen. Denkbarerweise wirdm jene eigentümliche Doppelstellung, welche die Entstehung der geregelten Exogamie für die j B: Gesammthandeln  Gesammtverhalten B folgt: sich

k B: Handelns,

l In B folgt: ist

m In

24 Zur entwicklungsgeschichtlichen Rolle des „Animismus“ bei der Entstehung der Religionen und zur „animistischen“ Vorstellungswelt vgl. Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 125 ff., bes. S. 127–134.

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kartellierten exogamen Sippen25 im Verhältnis zu einander schafft, die viel erörterte Erscheinung erklären, daß zuweilen die Eingehung der Ehe mit der Hauptfrau formlos, dagegen diejenige mit Unterfrauen in festen Formen erfolgt: die Stellung der Hauptfrau wäre, weil urwüchsig und schon nprä-exogam, der Form unbedürftig geblieben, weiln der Tausch ursprünglich, vor der Exogamie, noch nichts mit Verbrüderungsakten zu schaffen hatte. Doch scheint es plausiblero, daß vielmehr die Notwendigkeit der speziellen ökonomischen Sicherung der Nebenfrauen durch Contrakt gegenüber der generell feststehenden ökonomischen Stellung der Hauptfrau die festen Contraktformen bedingte[.] Der ökonomische Tausch ist nicht nur stets Tausch mit Nicht-Genossen des eignen Hauses, sondern auch, dem Schwerpunkt nach[,] Tausch nach außen, mit Fremden, Nichtversippten und auch nicht Verbrüderten, also Ungenossen schlechthin. Schon deshalbp entbehrt er, in der früher26 erörterten Form des „stummen Tausches“, jeden magischen Formalismus und wird erst allmälig, in Form des Marktrechts, auch sakralem Schutz unterstellt – was in geregelter Form im Allgemeinen erst möglich war, nachdem die Göttervorstellung neben die Magie getreten qwar,27 deren Mittel wenigstens direkt eigentlich nur „Status“-Contrakte zu garantieren geeignet waren.q Es kam vor, daß auch der Tausch durch spezielle Verbrüderungsakte oder ihnen äquivalente Handlungen unter die Garantie der Statuscontrakte gestellt wurde. Im Allgemeinen aber nur, wo es sich um Grundbesitzr handelt, von dessen Sonderstellung bald zu sprechen n B: prä-exogam   nicht formbedürfti¯  und geregelt¯ und kein geregelter Tau¯, der  formalen¯ Form  unbedürftig,¯ unbedürftig geblieben,  reine Besitzergreifung, dagegen die¯ weil o B: wahrscheinlicher  plausibler p B: deshalb, q B: war,  welche nur magische, also¯ mit  für¯ deren  mit ihren¯ Mitteln wenigstens direkt eigentlich nur „Status“-Contrakte zu garantieren   gestattete¯ vermochte,¯ geeignet waren.  andere nur indirekt. Die¯ r B: Grundeigentum  Grundbesitz 25 Zwischen den im Stammesverband zusammengeschlossenen Sippen oder Clans (den untersten „Verbandseinheiten“ tribaler Gesellschaften) befördert die Exogamie als ein auf die Sippe erweitertes Inzestverbot die Entstehung von „Frauentausch-“ bzw. „Heiratskartellen“; vgl. Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 13 f., sowie unten, S. 348 f. 26 Zum „stummen Tausch“ siehe Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 195 f.; vgl. auch den Glossareintrag. 27 Vgl. darüber Webers Ausführungen in: Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 198 f., sowie in: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 164 f.

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sein wird.28 Das Normales aber war die – wenigstens relative – Garantielosigkeit des Tausches und überhaupt das Fehlen aller Vorstellungen von der Möglichkeit der Übernahme einer „Verpflichtung“, die nicht Ausfluß einer, naturgegebenen oder künstlichen, universellen Verbrüdertheit gewesen wäre. Dies bedingte es, daß der Tausch zunächst stets und ausschließlich als eine alsbaldige beiderseitige Besitzübergabe der Tauschgüter Wirkung erlangt. Der Besitz aber ist geschützt durch den Rache- und Sühneanspruch gegen den Dieb. Auch dert „Rechtsschutz“, den der Tausch genießt, ist also kein „Obligationen-Schutz“, sondern Besitzschutz. Denn die spätere Gewährschaftspflicht29 wird[,] wo sie praktisch wird[,] ursprünglich nur aindirekt (in Form der Diebstahlsklage gegena den unberechtigten Verkäufer) geschützt.q Eine eigentlich juristische Konstruktion formalistischen Charakters beginnt sich an den Tausch erst anzusetzen, wenn die Geldfunktion bestimmter Güter[,] und zwar speziell der Metalle[,] entfaltet und also der Kauf entstanden ist. Nicht erst mit dem Auftauchen des chartalen oder gar erst staatlichen Geldes geschieht dies, sondern[,] wie speziell auch das römische Recht zeigt, schon auf dem Boden pensatorischer Zahlungsmittel.30 Die Geschäfte per aes et libram31 sind die eine der beiden urwüchsigen Rechtsge-

s B: normale t In B folgt: Der a B: indirekt, (in Form der  einer  Delikt¯ Racheklage (Delikt¯  der  Rache war¯ Betrugs- oder¯ Diebstahlsklageaa gegen aa B: Diebstahlssühne  Diebstahlsklage q (S. 310)– q Fehlt in A. 28 Siehe unten, S. 321 – 324. 29 Gemeint ist die Gewährleistung des Verkäufers bei Sachmängeln. 30 Zum Ausdruck „chartales Geld“ im Anschluß an die Terminologie Georg Friedrich Knapps vgl. oben, S. 245 f. mit Anm. 24. „Pensatorisch“ gilt diesem Sprachgebrauch zufolge ein Zahlungsmittel dann, wenn es zwar nicht gestückelt, z. B. also ungemünzt ist, aber dem Gewicht eine Verrechnungseinheit entspricht (z. B. Barren von Gold, Silber, Kupfer etc.). 31 Ursprünglich wurde der Barkauf in Rom abgeschlossen per aes et libram (Kupfer und Waage), d. h. mittels Zuwägung des noch ungemünzten „Geldes“ (Kupfer) vor Zeugen (mündigen römischen Bürgern) durch den Waaghalter (libripens). Die Übertragung an den Erwerber erfolgte nach Empfang des zugewogenen Kupferpreises durch den Verkäufer des Eigentums, womit dieser zugleich eine Gewährleistung für die Sache übernahm. Mit dem Aufkommen des gemünzten Geldes verlor der Vorgang den Charakter des Bargeschäftes und wurde zum Formalakt, der dann für eine Vielzahl privater Rechtsgeschäfte generalisiert wurde; vgl. dazu z. B. Bruns, C[arl] G[eorg], Geschichte und Quellen des römischen Rechts, neu bearb. von Otto Lenel, in: EdR7, Band 1, 1915, S. 305–397, hier S. 312 f. (hinfort: Bruns/Lenel, Geschichte).

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schäftsformen des alten römischen Zivilrechts. Diese Form des Barkaufs hat auf dem Boden der römischen Städteentwicklung gradezu universelle Funktionen für fast alle Arten privater Rechtsgeschäfte an sich gerissen[,] einerlei, ob sie familien- und erbrechtlichen oder eigentlich tauschhaften Inhaltes waren. Den stets auf universelle Qualitäten des sozialen Status der Person, ihrer Eingeordnetheit in einen die ganze Persönlichkeit umfassenden Verband abzielenden Verbrüderungs- oder anderenb Statuskontrakten mit den[,] spezifischec Gesinnungsqualitäten begründenden[,] universalen Rechten und Pflichten tritt eben hier der Geldkontrakt als died nach Wesen und Funktion spezifische, quantitativ begrenzte und bestimmte, ihrem Sinn nach qualitätsfremde, abstrakte und normalerweise rein ökonomisch bedingte Vereinbarung als Archetypus des Zweckkontraktse gegenüber. Als ein solcher anethischer Zweckkontraktf war der Geldkontrakt geeignet zum Mittel der Ausschaltung des magischen oder sakramentalen Charakters von Rechtsakten, also als Mittel der Rechtsprofanierung (so die römische Zivilehe in Form der coemtio gegenüber der sakramentalen confarreatio)32. Er war dazu nicht das einzige geeignete, aber das geeignetste Mittel. Ja, als spezifisches Bargeschäft, welches ursprünglich wenigstens keinerlei über den Akt selbst hinaus in die Zukunft weisendes Element promissorischen Charakters enthielt, war er sogar stark konservativer Natur. Denn auch er schuf nur gesicherten Besitz, garantierte erworbenes Gut, gab aber ursprünglich keine Garantien für die Er füllung gegebener Versprechungen. Der Gedanke der Obligation durch Kontrakt war den urwüchsigen Rechten gänzlich fremd. Verpflichtungen zur Leistung und Forderungsrechte gab es in ihnen durchweg nur in einer einzigen Form:

b A, B: andere c A, B: spezifischen f A, B: Zwangskontrakt

d A, B: das

e A, B: Zwangskontrakts

32 Im römischen Recht waren Eheschließung (matrimonium) und Begründung der eheherrlichen Gewalt (in manum conventio) ursprünglich unterschieden. Die ältere, vor allem innerhalb der Nobilität übliche religiöse Form (confarreatio) verband Eheschließung und Erwerb der manus-Gewalt in einem sakralen Akt (mit Auspizien und Opfern vor Zeugen). Bei der „coemtio“ wurde dagegen die eheherrliche Gewalt durch imaginären Brautkauf im Wege eines Rechtsgeschäfts (mancipatio) zwischen bisherigem und zukünftigem Inhaber der Familiengewalt erworben; vgl. dazu z. B. Bruns/ Lenel, Geschichte (wie oben, S. 319, Anm. 31), S. 316.

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als Forderungen ex delicto. Der Anspruch des Verletzten war durch die Praxis des Sühneverfahrens und des daran anschließenden Herkommens gfest tarifiert.g Die vom Richter festgestellte Sühneschuld war die älteste wirkliche Schuld, und aus ihr sind alle anderen Schuldverhältnisse erwachsen. Und in diesem Sinne waren umgekehrt auch ursprünglich alle gerichtlich verfolgbaren Ansprüche nur Obligationenansprücheh. Ein förmliches Prozeßverfahren, welches sich auf die Herausgabe von Sachen gerichtet hätte, gab es ursprünglich, soweit es sich um Streitigkeiten zwischen Angehörigen verschiedener Sippen handelte, nicht. Jede Klage stützte sich notwendig auf die Behauptung, daß der Verklagte persönlich dem Kläger persönlich ein zu sühnendes Unrecht zugefügt habe. Daher konnte es nicht nur keine Kontraktklage und keine reipersekutorische Klage,33 sondern auch keine Statusklage geben. Ob sich jemand mit Recht zu einem Hausverband, einer Sippe, einem politischen Verband zählte, ging diese Verbände als interne Angelegenheit allein an. Aber eben in dieser Hinsicht wandelten sich die Zustände. Denn zu den Grundnormen jeder Art von Verbrüderung oder Pietätsgemeinschaft gehörte, daß der Bruder den Bruder, der Sippegenosse den Sippengenossen, der Gildegenosse den Gildengenossen, der Patron den Klienten und umgekehrt nicht vor den Richter fordern und nicht gegen ihn zeugen konnte[,] sowenig wie zwischen ihnen Blutrache möglich war. Frevel unter ihnen zu rächen war Sache der Geister und Götter, der priesterlichen Banngewalt, der Hausgewalt oder der Lynchjustiz des Verbandes. Wenn nun aber der politische Verband sich als Wehrgemeinde konstituiert hatte und nun die Wehrfähigkeit und das politische Recht in Zusammenhang trateni mit der Geburt in einer von ihm als vollwertig anerkannten Ehe, Unfreie und Unebenbürtige kein Wehrrecht und kein Beuteanteilsrecht haben sollten, so mußte ein Rechtsmittel gegeben werden, welches den umstrittenen Status einer Person festzustellen gestattete. Und in engem Zusammenhang damit steht daher die Entstehung von Klagen, welche Grund besitz betrafen. Die Verfügung über bestimmte Gebiete nutzbaren Bodens wurde mit steigender Knappheit steigendj wichtige Grundg A, B: fast terrifiert. h Gemeint ist wohl: Deliktsansprüche (vgl. oben, S. 290) B: trat j A, B: steigende

i A,

33 Die vorjustinianischen „actiones rei persecutoriae“ sind sachverfolgende Zivil- und Strafklagen, die (bzw. bei Strafklagen soweit sie) auf Ersatz des entstandenen Vermögenschadens gerichtet sind.

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lage jedesk Verbandes: des politischen Verbandes ebenso wie der Hausgemeinschaft. Die vollberechtigtel Anteilnahme am Verband gab das Anrecht auf Teilnahme am Bodenbesitz und umgekehrt war nur der Bodenbesitzer Vollbürger des Verbandes. Streitigkeiten zwischen den Verbänden über Bodenbesitz mußtenm daher stets reipersekutorische Wirkung haben: der siegende Verband erhielt das strittige Land. Bei steigender Individualappropriation des Bodens aber war Kläger nicht mehr der Verband, sondern ein einzelner Genosse gegen den anderen Genossen und berief sich jeder von beiden Genossen darauf, daß er kraft Genossenrecht den Boden besitze. Einer von den Streitenden in einem Prozeß, der das Genossenrecht auf Land betraf, mußte das Streitobjekt, die Basis seiner ganzen politisch-sozialenn Existenz[,] zugesprochen erhalten. Denn nur einer von beiden konnte als Genosse dazu berechtigt sein, ebenso wie jemand nur entweder Genosse oder Ungenosse, Freier oder Unfreier sein konnte. Zumal in den militaristischen Verbänden[,] wie der antiken Polis[,] mußte der Streit um den Fundus oder Kleros diese Form eines notwendig doppelseitigen Prozesses annehmen, bei welchem nicht einer als Täter des Unrechts vom angeblich Verletzten verfolgt wurde und seine Unschuld zu erhärten suchte, sondern jeder von beiden bei Vermeidung der Sachfälligkeit behaupten mußte[,] der Berechtigte zu sein. Sobald es sich dergestalt um die Frage des Genossenrechtes als solcheno handelte, war das Schema der Deliktsklagep unanwendbar. Einen Fundus konnte man nicht stehlen, nicht etwa nur aus natürlichen Gründen, sondern weil man jemandem seine Qualität als Genosse nicht stehlen konnte. Daher trat, wo es sich um Statusfragen oder Grundbesitz handelte, neben die einseitige Deliktsklageq die zweiseitige Klage, die hellenische Diadikasie und römische Vindicatio mit obligatorischer Gegenklage des Verklagten gegen die Inanspruchnahme seitens des Klägers. Hier, in den Statusstreitigkeiten, zu welchen der Streit über das Recht an der Hufe gehörte, war die Wurzel der Scheidung dinglicher von persönlichen Ansprüchen.34 k A, B: jeden l A, B: voll berechtigte m A, B: mußte n Bindestrich fehlt in A, B. o A, B: solchem p A, B: Deliktklage q A, B: Deliktklage 34 Der dingliche Anspruch, der den Erwerb oder Wiedererwerb der (umstrittenen) Sache selbst bezweckt, richtet sich gegen jeden Dritten. Der persönliche Anspruch, der eine konkrete Leistungsverpflichtung des Beklagten (Verpflichteten) gegenüber

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Diese Unterscheidung war Entwicklungsprodukt und trat erst mit dem Zerfall der alten Personalverbände, vor allem der strengen Herrschaft der Sippe über den Güterbesitz auf. Man darf sagen: ungefährr auf dem Entwicklungsstadium der Markgenossenschaft und des Hufenrechts oder eines entsprechendens Stadiums der Besitzorganisation. Das urwüchsige Rechtsdenken kannte statt jenes Gegensatzes zweierlei grundlegende Sachverhalte: 1. Ich bin kraft Geburt oder Aufzucht im Hause des X, kraft Ehe oder Kindesannahme, Verbrüderung, Wehrhaftmachung, Jünglingsweihe Genosse des Verbandes Y und darf kraft dessen die Nutzung des Gutes Z für mich beanspruchen; – 2. X, der Genosse des Verbandes Y, hat mir, dem A[,] oder einem Genossen meines Verbandes B die Verletzung C zugefügtt (die arabische Rechtssprache sagt nicht: das Blut des A ist vergossen, sondern unser, der Versippten Blut ist vergossen),35 dafür schuldenu er und seine Verbandsgenossen uns, den Verbandsgenossen des A, die Sühne. Aus dem ersten Tatbestand entwickelte sich mit fortschreitender Individualappropriation der dingliche Anspruch (vor allem Erbschafts- und Eigentumsklage) gegen jeden Dritten. Aus dem zweiten der persönliche Anspruch gegen den, dem irgendwelche, insbesondere auch durch Versprechen übernommene[,] ihm und nur ihm obliegende Leistungspflichten agegenüber dema Berechtigten und nur diesem gegenüber zu erfüllenb zugemutet werden muß. Gekreuzt wird die Klarheit des ursprünglichen Tatbestandes und die Gradlinigkeit der Entwicklung von da aus durch den Dualismus der Rechtsbeziehung zwischen den Sippenverbänden und innerhalb der Sippenverbände. Zwischen Sippengenossen sahen wir,36 gab es keine Rache,

r A, B: Ungefähr s A, B: entstehenden B: gegen den b A, B: tun

t A, B: hinzugefügt

u A, B: schuldet

a A,

dem Kläger (Berechtigten) zum Gegenstand hat, richtet sich nur gegen den unmittelbar Verpflichteten, der seinerseits nur dem Berechtigten zur Leistung verpflichtet ist. 35 Sachlich weisen die von Weber benutzten Autoren, wie namentlich Josef Kohler (Über das vorislamitische Recht der Araber, Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft 8, 1889, S. 238 – 261) darauf hin, daß in vorislamischen arabischen Rechten die Institution der Blutrache bis ins fünfte Parentel (khamsa) reicht. Erst der Koran hebt diese kollektive Zurechnung und Haftung im Prinzip der einschränkenden Wiedervergeltung (qis.a¯s.) auf (Zweite Sure, Vers 178 f.). 36 Siehe oben, S. 292 f. und S. 321.

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also auch keinen Rechtsstreit, sondern nur Schlichtung durch die Sippenältesten und gegen den Widerstrebenden den Boykott. Alle magischenc Rechtsförmlichkeiten des Verfahrens fehlen hier: die interne Streitschlichtung der Sippe war eine Verwaltungsangelegenheit. Rechtsgang und Recht im Sinne des durch Rechtsfindung und daran anschließenden Zwang garantierten Anspruchs gab es nur zwischen verschiedenen Sippenverbänden und deren Angehörigen, welche dem gleichen politischen Verband angehörten. Zerfiel nun aber die Sippe zu Gunsten des Nebeneinanderbestehensd von Hausgemeinschaften, Ortsgemeinden und politischeme Verband, so fragte es sich[,] inwieweit nunmehr der Rechtsgang des politischen Verbandes auch auf die Beziehungen zwischen Sippengenossen und schließlich Hausgenossen übergriff. Soweit dies der Fall war, wurden nun die individuellen Bodenansprüche der einzelnen auch Gegenstand von Prozessen unter den Genossen selbst vor dem Richter. Zunächst in der erwähnten37 Form der doppelseitigen Vindikation. Andererseits aber konnte die politische Gewalt patriarchalen Charakter annehmen und also die Methode der Streitschlichtung mehr oder minder allgemein dem ursprünglich nur für die interne Streitschlichtung anwendbaren Typus der Verwaltung zugehören. Dann konnte dieser Typus sich auch dem Rechtsgang des politischen Verbandes mitteilen. Dadurch verwischte sich oft die klare Typik der alten sowohl wie der neuen Auffassung in der Scheidung der beiden Kategorien von Ansprüchen. Die technische Gestaltung der Abgrenzung beider soll uns hier nicht beschäftigen. Wir kehren vielmehr zu der Frage zurück, wie sich aus der Personalhaftung für Delikte die Kontraktsobligation entwickelt hat und wie aus dem deliktischen Verschulden als Klagegrund die kontraktliche Schuld entstand. Das Mittelglied war die im Rechtsgang festgestellte oder in ihm anerkannte Sühneschuldhaftung.38 c A, B: magische

d A; B: Ineinanderbestehens

e A, B: politischen

37 Siehe oben, S. 292 f. und S. 322. 38 Dies entspricht dem rechtshistorischen Forschungsstand, wie ihn für das römische Recht etwa Ludwig Mitteis als Ergebnis einer rechtshistorischen Konstruktion zusammenfaßt: „Die Anfänge des römischen Obligationenrechts liegen ja im Dunkeln; aber schon lange setzt man, und sicher mit Recht, voraus, daß die Bußhaftung aus privaten Delikten den Anfang des Obligationenrechts, wie auch des Zivilprozesses gebildet haben wird“ (ders., Über die Herkunft der Stipulation. Eine Hypothese, in: Aus römi-

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Einer der frühesten typischen Fälle, in welchem die Anerkennung der Zweckkontraktschuldf ein ökonomisches Bedürfnis werden mußte, ist die Darlehensschuld. Grade hier aber zeigte sich die Langsamkeit der Emanzipation aus dem ursprünglichen Zustand der ausschließlichen Personalhaftung. Darlehen war ursprünglich nur unter Brüdern als stets zinslose Nothilfe typisch, wie wir sahen.39 Dafür konnte es also wie unter Brüdern, d. h. Sippen- und Gildegenossen, durch Klientel-g oder sonstige Pietätsbeziehungen Verbundenen[,] gar keine Klage geben. Ein außerhalb des Verbrüderungsverbandes gegebenes Darlehen unterstand, wo es vorkam, dem Gebot der Unentgeltlichkeit rechtlich an sich nicht. Aber es war unter der Herrschaft der Personalhaftung ursprünglich klaglos. Als Zwangsmittel hatte der getäuschte Gläubiger nur magische Prozeduren zur Verfügung, zum Teil in einer uns grotesk erscheinenden Form, wie sie in Resten lange Zeit erhalten blieben. In China drohte der Gläubiger mit Selbstmord und beging diesen eventuell[,] in der Erwartung[,] den Schuldner dann nach dem Tode zu verfolgen.40 In Indien setzte sich der Gläubiger vor das Haus des Schuldners und verhungerte oder erhängte sich dort, hier aber deshalb, weil damit die Rachepflicht der Sippe gegen den Schuldner begründet war und wenn der Gläubiger Brahmane war, der Schuldner als Brahmanenmörder auch dem Einschreiten des Richters verfiel.41 In Rom war die Improbität der 12 Tafeln und die f A, B: Zwangskontraktschuld

g Bindestrich fehlt in A, B.

schem und bürgerlichem Recht. Festschrift für Ernst Immanuel Bekker. – Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1907, S. 107–142, Zitat S. 114; hinfort: Mitteis, Stipulation). Vgl. bereits Iherings Deutung der Streitvereinbarung („litis contestatio“) im altrömischen Prozeß in: Römisches Recht I, S. 170 f. 39 Über den Ursprung der „brüderlichen Nothilfe“, insbesondere die Pflicht des zinslosen Darlehens im Nachbarschaftsverband siehe Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 122 f. Über die Adaption der Nachbarschaftsethik und speziell des unentgeltlichen Notkredits in religiösen Gemeinschaften siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 372, 377. 40 Auf den animistischen Hintergrund des gläuberischen Exekutionsselbstmordes in China weist Sternberg, Vermögensrecht (wie oben, S. 286, Anm. 33), S. 144, hin. Auf vergleichbare Weise konnte umgekehrt – wie Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 262, zeigt – der Bedürftige ein Darlehen erzwingen, „denn man konnte nicht riskieren, die Rache des Geistes des Verzweifelnden, wenn er Selbstmord beging, auf sich zu ziehen“. 41 Zu der in ganz Indien, speziell in der Provinz Bombay, bis ins 19. Jahrhundert und in Nepal noch am Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Namen Dharna-Sitzen bekannten moralischen Schuldexekution vgl. Jolly, Julius, Recht und Sitte, einschließlich

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spätere infamia42 bei Fällenh schweren Bruchs der Fides43 wohl ein Rest des im Fall der Nichtinnehaltung von Treu und Glauben anstelle des fehlenden Rechtszwanges eintretenden sozialen Boykotts. Die Entwicklung eines einheitlichen Schuldrechtes hat sicher an die Deliktsklage angeknüpft.44 Der Deliktshaftung der Sippe entstammt z. B. ursprünglich die Entwicklung der weit verbreiteten Solidarhaft aller Sippengenossen oder Hausgenossen beim Kontrakt eines von ihnen.45 Die Entwicklung der klagbaren Kontraktsobligation ist aber dann meist ihre eigenen Wege gegangen. Oft spielte der Eintritt des Geldes in das Wirtschaftsleben hier die entscheidende iRolle: dasi Nexum, der Schuldkontrakt per aes et libram[,] und die Stipulatio, der Schuldkontrakt durch symbolische Pfandgabe,j die beiden urwüchsigen Kontraktformen des römischen ius civile,46 waren zugleich beide Geldkontrakte. Denn auch h A, B: Fälle gabe, –

i A, B: Rolle des

Die Emendation folgt WuG5, S. 405.

j A, B: Pfand-

der einheimischen Literatur (Grundriß der indo-arischen Philologie und Altertumskunde, hg. von Georg Bühler, Band 2, Heft 8). – Straßburg: Karl J. Trübner 1896, S. 147 f. (hinfort: Jolly, Recht), und Kohler, Josef, Das Recht der orientalischen Völker, in: Kohler, Josef und Wenger, Leopold, Allgemeine Rechtsgeschichte. 1. Hälfte: Orientalisches Recht und Recht der Griechen und Römer (Die Kultur der Gegenwart, Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil II, Abt. VII, 1). – Leipzig, Berlin: B. G. Teubner 1914, S. 49–153, hier S. 118, 120 (hinfort: Kohler, Recht der orientalischen Völker). 42 Die als Ehrenminderung geltende infamia (Beschränkung der Rechts-, insbesondere der Prozeßfähigkeit) konnte bei schwerem Treubruch entweder unmittelbar (z. B. im Falle doppelter Ehe oder doppelten Verlöbnisses) oder mittelbar infolge einer darauf gerichteten Zivilklage (actio famosa z. B. im Falle ehrloser Pflichtverletzung als Vormund, Gesellschafter, Depositar, Mandatar) eintreten; vgl. dazu z. B. Sohm, Institutionen, S. 207 f. Vgl. auch die Glossareinträge „infamia“ und „Improtität“. 43 In Rom waren ursprünglich alle geschäftlichen Abreden ausnahmslos nicht klagbar. Sie wurden allein durch ein „Vertrauensband“, die fides, garantiert. Cicero, De officiis 1,23, sagt geradezu: „Fundamentum autem est iustitiae fides, id est dictorum conventorumque constantia et veritas.“ 44 Weber folgt hier der in der Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung vertretenen Auffassung über den Zusammenhang von schuld- und prozeßrechtlichen Instituten; vgl. vor allem Mitteis, Stipulation (wie oben, S. 324 f., Anm. 38), und ders., Römisches Privatrecht, S. 268. 45 So bereits Weber, Handelsgesellschaften, MWG I/1, S. 207 f. 46 Alter, Herkunft, Form und Zweck beider Institute sind in der zeitgenössischen Romanistik durchaus umstritten. Besonders Ludwig Mitteis hat in seinen Arbeiten die jeweils herrschende Lehre kritisiert (vgl. ders., Über das Nexum, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Rom. Abt., Bd. 22, 1901, S. 96–125 (hinfort: Mitteis, Nexum); ders., Stipulation (wie oben, S. 324 f., Anm. 38); ders., Römisches Privatrecht, S. 136–143, 266–272). So hat er im Nexum statt eines öffentlich-rechtlichen Verpflichtungsge-

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für die Stipulatio scheint mir wenigstens dies sicher. Beide verleugnen aber die Anknüpfung an den vorkontraktlichen Zustand des Rechts nicht. Beide waren streng formale[,] mündlich und nur persönlich vollziehbare Akte. Beide haben die gleiche Herkunft. Was die Stipulatio anlangt, so ist auf Grund der Analogie der auch im germanischen Recht bekannten Rechtsentwicklung mit Mitteisk 47 anzunehmen, daß sie aus dem Prozeß stammt, außerhalb dessen sie ursprünglich nur eine bescheidene Rolle[,] und zwar wesentlich zum Zweck von Nebenvereinbarungen (Zinsen und dergl[eichen])[,] gespielt zu haben scheint. Denn neben dem Tausch liegt ja der Sühnevertrag, auf dem der Prozeß beruht, schon insofern auch auf dem Wege zum Zweckkontrakt,l als er ein Vertrag unter Feinden und kein Verbrüderungsvertrag ist, präzise Formulierung des Streitpunktes und vor allem des Beweisthemas erheischt. Der Prozeß selbst aber bot, je festere Form er annahm, desto mehr Anlässe zur Entwicklung von Rechtsgeschäften, welche Kontraktspflichten schufen. Dahin gehörte vor allem die Sicherheitsleistung der Prozeßpartei dem Prozeßgegner gegenüber. Der Prozeß, welcher die Selbsthülfe abwenden wollte, begann in vielen Rechten mit Akten der Selbsthülfe. Der Kläger schleppt den Verklagten vor Gericht und läßt ihn nur los, nachdem Sicherheit gegeben ist, daß er sich der Sühne, wenn der Richter ihn schuldig findet, nicht entziehen werde. Stets richtet sich dabei die Selbsthülfe gegen die Person des k A, B: Mittheis

l A, B: Zwangskontrakt,

schäfts mit sofortiger Exekutionsfähigkeit (d. h. Personalexekution durch manus iniectio bei Zahlungsunfähigkeit oder Fristversäumnis) eine Selbstverpfändung oder bedingte Selbstverpfändung mit dem primären Zweck gerade der Beschränkung der Personalexekution (die ja bis zur Tötung oder zum Verkauf trans tiberim gehen konnte) gesehen. Und daß neben den für die ursprünglichen Geldgeschäfte (Kauf und Darlehen) vorgesehenen Rechtsgeschäftsformen per aes et libram (sog. Libralgeschäfte) in der Stipulation ein reiner Formalkontrakt alternativ möglich und üblich gewesen sein soll, hielt er für ebenso unwahrscheinlich wie die Annahme, daß die Stipulation einen eigenen Anwendungsbereich gehabt habe. Aus ihrem Ursprung in sog. Prozeßkautionen (Sicherheitsleistungen bei Prozeßerträgen) schließt Mitteis vielmehr auf eine zunächst lediglich ergänzende und bekräftigende Rolle bei anderen (gerichtlichen und außergerichtlichen) Vorgängen. 47 Ludwig Mitteis weist auf die prozessualische Herkunft der Stipulation und die analoge Entwicklung im germanischen Recht zuerst in: Nexum (wie oben, S. 326, Anm. 46), S. 97, hin, ehe er seine These in: Stipulation (wie oben, S. 324 f., Anm. 38), sorgfältig begründet und ebd., S. 116 f., Anm. 3, nochmals die deutsch-rechtliche Parallele hervorhebt; vgl. auch Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 268 f. Weber orientiert sich im folgenden weitgehend an der Rekonstruktion von Mitteis.

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Gegners, denn die Klage gründete sich ja zunächst stets auf die Behauptung nicht nur objektiv unrechtmäßigen Handelns, sondern, was damit völlig identifiziert wurde, eines Frevels des Verklagten gegen den Kläger, für welchen er mit seiner Person einzustehen habe. Die Sicherheit, welche der Verklagte zu leisten hatte, um bis zum Richterspruch unbehelligt zu bleiben, leistete er durch einen Bürgen (Sponsor) oder durch Pfand.48 Diese beiden Rechtsinstitute tauchen hier im Prozeß zuerst als erzwingbare Rechtsgeschäfte auf. Anstelle der Bürgschaft eines Dritten wurde später dem Verklagten selbst gestattet, die Erfüllung des Urteils zuzusagen, und die rechtliche Auffassung davon war: daß erm sein eigener Bürge sei,49 ebenso wie die älteste juristische Form des freien Arbeitsvertrages überall einn Selbstverkauf in die befristete Sklaverei war statt des normalen Verkaufs durch Vater oder Herrn. Die ältesten[,] rein auf Vertrag gegründeten Schuld-Obligationeno waren Übernahmenp prozessualer Vorgänge in das außerprozessuale Rechtsleben. Pfand- oder Geiselstellung waren auch im germanischen Recht die ältesten Mittel[,] Schulden zu kontrahieren, nicht nur ökonomisch, sondern grade dem Rechtsformalismus nach.50 Die Bürgschaft, aus welcher hier wie dort die Selbstbürgschaft abgeleitet wurde, lehnte sich aber für das Rechtsdenken zweifellos an die persönliche solidarische Haftung der Sippen und der Hausgenossen an. Das Pfand aber, die zweite Form der Sicherheitsleistung für künftige Verpflichtungen, war im römischen wie im deutschen Recht zunächst entweder genommenes Pfand (Exekutionspfand) m A, B: der n A, B: einen o A, B: Schuldenobligationen ment, unten, S. 644. p A, B: Übernahme

Vgl. das Manuskriptfrag-

48 Das Entscheidende der Bürgenstellung im alten Prozeß war, daß der Bürge ursprünglich allein für die Deliktsschuld oder prozessualische Leistungsverpflichtung des Garantiestellers haftete, nur er für einen bestimmten Fall (etwa Nichtzahlung der Bußsumme bzw. Nicht-Erfüllung der Leistungszusage) verpflichtet wurde, d. h. nur er Subjekt des „spondere“, also Sponsor im technischen Sinn, war. Der Gläubiger hielt sich im Exekutionsfall an ihm (oder am gegebenen Pfand), nicht am eigentlichen Schuldner, schadlos; vgl. Mitteis, Stipulation (wie oben, S. 324 f., Anm. 38), S. 120; ders., Römisches Privatrecht, S. 270. 49 Vgl. etwa Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 269; ders., Stipulation (wie oben, S. 324 f., Anm. 38), S. 122 ff. 50 Zur Schuldhaftung durch Geisel- oder Pfandstellung vgl. etwa die von Mitteis, Stipulation (wie oben, S. 324 f., Anm. 38), S. 123, Anm. 3, für die deutschrechtlichen Analogien angeführte rechtsgeschichtliche Literatur sowie Brunner, Grundzüge (wie oben, S. 291, Anm. 47), S. 200–207.

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oder Pfandbestellung,51 um der persönlichen Klage oder Exekutionshaftung52 zu entgehen, also nicht wie heute eine Sicherheit für eine gesondert daneben bestehende Forderung. Die Pfandbestellung enthält vielmehr eine Besitzverfügung über solche Güter, welche[,] solange die gesicherte Schuld nicht abgetragen wird, rechtmäßiger, nachdem sie rechtzeitig abgetragen worden ist, unrechtmäßiger Besitz des Gläubigers am Pfande sindq, im letzteren Fall also einen Frevel gegen den früheren Schuldner ergab.53 Es fügte sich also inr das dem Rechtsdenken geläufige Schema der ältesten Klagegründe: tatsächliche Verletzung der Person oder tatsächliche Verletzung ihres Besitzes[,] ebenfalls relativ zwanglos ein. Teils direkt an die mögliche Art der Exekution, teils an die aus dem Prozeß stammende Geiselstellung lehnte sich endlich das ebenfalls sehr universell verbreitete Rechtsgeschäft des bedingten Selbstverkaufs in die Schuldknechtschaft an. Der Leib des Schuldners selbst war hier das Pfand des Gläubigers und verfiel endgültig zu rechtmäßigem Besitz, wenn die Schuld nicht bezahlt wurde. Die Schuldhaftung aus Kontrakten war ebenso wie die Rache- und Sühnehaftung, an die sie anknüpfte, ursprünglich nicht nur eine in unserem Sinn persönliche Haftung mit dem Vermögen, sondern eine Haftung des Schuldners mit seiner physischen Person und nur mit dieser. Einen Zugriff auf das Vermögen des Schuldners gab es ursprünglich überhaupt nicht. Im Fall der Nichtzahlung konnte der

q Fehlt in A, B; sind sinngemäß ergänzt.

r A, B: an

51 Entsprechend der deutschrechtlichen Unterscheidung von „genommenem“ und „gesetztem Pfand“; vgl. Brunner, Grundzüge (wie oben, S. 291, Anm. 47), S. 204–206; Amira, Grundriß (wie oben, S. 316, Anm. 23), S. 214–216; Schröder, Lehrbuch, S. 271. Beim „gesetzten Pfand“ hatte der Versetzer dem Gläubiger den Besitz über die pfändbare Sache zu verschaffen, der sie entweder bis zur Auslösung zurückbehielt oder sich direkt aus ihr befriedigte. Das „Exekutionspfand“ („Fronungspfand“) im technischen Sinn war dagegen eine bestimmte Art des „genommenen Pfandes“, bei dem Besitz und Nutzung beim Schuldner verblieben, während der Gläubiger einen vertraglich gesicherten Pfändungstitel für den Verzugsfall (der Schuldtilgung) erwarb. 52 D. h. der klagbaren persönlichen Haftung des Schuldners mit Leib, Leben und Vermögen. 53 Neben dieser „resolutiv bedingten“ Besitzverfügung, der Verpfändung also an den Gläubiger bis zum Zeitpunkt der Schuldtilgung, stand die „suspensiv bedingte“ Verfügung, bei der das Eigentum an der Pfandsache nach Überschreitung einer gesetzten Schuldtilgungsfrist endgültig überging; vgl. Brunner, Grundzüge (wie oben, S. 291, Anm. 47), S. 205, und Amira, Grundriß (wie oben, S. 316, Anm. 23), S. 214.

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Gläubiger sich nur an die Person halten. Er tötete ihn oder setzte ihn als Geisel in Gefangenschaft, behielt ihn als Schuldknecht, verkaufte ihn als Sklaven, mehrere Gläubiger mochten, wie die Zwölf Tafeln anheimstellten, ihn in Stücke schneiden,54 oder der Gläubiger setzte sich in das Haus des Schuldners und dieser mußte ihn bewirten (Einlager)s 55 – schon ein Übergang zur Vermögenshaftung. Dieset selbst aber stellte sich sehr zögernd ein, und die Personalhaft als Folge der Zahlungsunfähigkeit ist in Rom erst im Verlauf des Ständekampfs, bei uns erst im 19. Jahrhundert verschwunden. Die ältesten rein obligatorischen Kontrakte, das Nexum und die Stipulatioa, dieb wadiatio der Germanen, bedeutetenc jedenfalls die freiwillige Unterwerfung unter eine für künftig versprochene Vermögensleistung, um der sofortigen persönlichen Haftbarmachung zu entgehen. Aber wenn sie nicht erfüllt wurde, war ursprünglich wiederum nur der Rückgriff auf die Person selbst die Folge. Alle ursprünglichen Kontrakte waren Besitzwechselkontrakte. Daher waren auch alle Rechtsgeschäfte, welche wirklich alte Formend der kontraktlichen Schuldhaftung[,] namentlich die überall s A, B: Einleger Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 645. t A, B: Dieser Vgl. das Manuskriptfragment, ebd. a Zu ergänzen wäre: der Römer Vgl. das Manuskriptfragment, S. 646. b Fehlt in A, B; die sinngemäß ergänzt. c A, B: bedeutete d A, B: Form Vgl. das Manuskriptfragment, ebd. 54 Weber bezieht sich hier auf 12 Taf. 3,5, wonach bei gerichtlicher Anerkennung der Geldschuld oder rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners der Gläubiger zur denkbar schwersten Personalexekution schreiten konnte. Allerdings blieb für die Dauer der sich an die Verurteilung anschließenden sechzigtägigen Haft stets die Möglichkeit gütlicher Einigung bzw. an drei aufeinanderfolgenden Markttagen die Gelegenheit zur Auslösung des Schuldners. Erst danach konnte er getötet oder trans tiberim verkauft werden. Für den Fall einer Gläubigermehrheit heißt es 12 Taf. 3,6: „Tertiis nundinis partis secanto. Si plus minusve secuerunt, se fraude esto.“ (Am dritten Markttag sollen sie [die Gläubiger] sich die Teile schneiden. Wenn einer zu viel oder zu wenig abgeschnitten hat, soll dies ohne Nachteil sein.); Wortlaut bei Bruns, Fontes, S. 20. 55 Das „Einlager“ als „kümmerlichen Anfang der Sachhaftung“ beschreibt für das chinesische Recht etwa Sternberg, Vermögensrecht (wie oben, S. 286, Anm. 33), S. 144 f., 147. In deutschen Volksrechten hingegen fungierte das „Einlager“ als Sicherheitsleistung des Schuldners durch Selbstinternierung, ursprünglich im Haus des Gläubigers oder an einem von ihm zu bestimmenden Ort. Später vor allem in einer gewerblichen Unterkunft, wodurch der Gedanke der Freiheitsbeschränkung zurücktrat und die mit den Aufenthaltskosten verbundene Nötigung zur baldigen Schuldentilgung in den Vordergrund rückte; vgl. Brunner, Grundzüge (wie oben, S. 291, Anm. 47), S. 202 f.

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besonders streng formale Geldschuldhaftung, repräsentierten,e stets mit einem rechtsförmlichen Besitzübergang symbolisch verbunden. Manche von diesen Symboliken beruhten zweifellos auf magischenf Vorstellungen. Dauernd aber blieb maßgebend, daß das Rechtsdenken zunächst als relevant keine unsichtbaren Tatbestände nach Art bloßer Schuldversprechungen kannte, sondern nur Frevel, und das waren Verletzungen gegen Götter oder Leib und Leben oder den sichtbaren Besitzstand. Ein Vertrag, der rechtlich relevant sein sollte, mußte daher normalerweise eine Besitzverfügung über sichtbare Güter enthalten oder doch so gedeutet werden können. War dies der Fall, so konnte er im Verlauf der Entwicklung die allerverschiedensten Inhalte einbeziehen. gAlle nicht in jene Form zu kleidenden Geschäf te aber waren zunächst nur alsg Bargeldgeschäfte rechtswirksam oder allenfalls insoweit, als ein Angeld als Teilleistung gegeben wurde, welches den Gesinnungswandel des Versprechenden ausschloß. Es hat sich daraus das in sehr vielen Rechten urwüchsige Prinzip: daß nur entgeltliche Zweckkontrakteh dauernd bindend sein könnten[,] entwickelti. Diese Vorstellung wirkte so nachhaltig, daß noch zu Ende des Mittelalters (15. Jahrhundert, offiziell seit Heinrich VIII[.]) die englische Lehre von der consideration56 an jenes Bedürfnis anknüpft: wo ein realer Entgelt (consideration), sei es auch nur ein Scheinentgelt, real gezahlt worden war, da konnte der Kontrakt fast jeden nicht rechtlich verpöne A, B: repräsentierte, Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 646. f A, B: magische Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 646. g A, B: Als nicht in jene Form zu kleidende Geschäf te aber waren zunächst nur alle Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 646. h A, B: Zwangskontrakte Vgl. das Manuskriptfragment, S. 647. i Fehlt in A, B; entwickelt sinngemäß ergänzt. 56 Die „consideration“-Doktrin begründete die Klagbarkeit der aus den anglonormannischen „Realkontrakten“ hervorgehenden formlosen Schuldverträge. Realkontrakte verlangten ein quid pro quo, d. h. eine sachliche Gegenleistung des Berechtigten (Gläubigers, Klägers), welche im Laufe der Zeit bis auf den bloßen Nachweis eines Nachteils (detriment) ermäßigt wurde. Diese dem Verpflichteten (Schuldner, Beklagten) vom Berechtigten erbrachte „Gegenleistung“ oder „sachliche Erwägungsgrundlage“ (consideration) war dann eine im einzelnen zu spezifizierende Voraussetzung eines rechtsverbindlichen Vertragsschlusses (simple contract); vgl. Heymann, Überblick, S. 328–330; „Consideration“, in: Wertheim, Karl, Wörterbuch des englischen Rechts. – Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht 1899, S. 145–149 (hinfort: Wertheim, Wörterbuch); Pollock, Frederick, Afterthoughts on Consideration, in: The Law Quarterly Review, Vol. 17, 1901, S. 415–422; Ashley, Clarence D., The Doctrine of Consideration, in: Harvard Law Review, Vol. 26, 1912–1913, S. 429–436.

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ten Inhalt annehmen. Er war gültig, auch wenn es ohne jene Voraussetzung keinerlei Rechtsschema gäbe, dem er entspräche. Die in ihrem Sinn viel umstrittenen Zwölftafelsätzej über die Manzipationsgeschäfte57 waren wohl der Sache nach eine freilich wesentlich primitivere Sanktionierung materieller Verfügungsfreiheit von allerdings begrenzterer Entwicklungsfähigkeit unter einer dem Prinzip nach ähnlichen formalen Voraussetzung. Neben der Entwicklung der aus den rechtsförmlichen Geldgeschäften einerseits, den Prozeßbürgschaften andererseits überkommenen Schemata hat sich das Bedürfnis des Rechtslebens noch einer dritten Möglichkeit kbedient, dem Zweckkontrakt die Garantie des Rechtszwangsk zu verschaffen: künstlich neue Kontraktklagen aus Deliktsklagen zu entwickeln. Dies ist selbst in technisch schon hoch entwickelten Rechten[,] wie dem englischen, noch auf der Höhe des Mittelalters geschehen. Die ökonomische Rationalisierung des Rechts begünstigte die Entstehung der Vorstellung, daß die Sühnehaftung nicht sowohl Abkauf der Rache (die ursprüngliche Auffassung) wie Ersatz des Schadens sei. Nichterfüllung eines Kontrakts konnte nun ebenfalls als sühnepflichtige Schädigung qualifiziert werden. Die Anwaltspraxis und die Rechtsprechung der königlichen Gerichte in England nun qualifiziert seit dem 13. Jahrhundert die Nichterfüllung von immer mehr Kontrakten als einenl trespass und schuf jenen dadurch Rechtsschutz (namentlich mittels des writ of assumpsit)[,]58 ähnlich wie in freij A, B: zwölf Tafelsätze k A, B: bedient: dem Zwangskontrakt. Die Garantie des Rechts Zwang Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 647. l A, B: einem 57 Auf die mancipatio, also das ursprüngliche römische Kaufgeschäft per aes et libram, wird im Zwölftafelgesetz Bezug genommen in 12 Taf. 6,1: „Cum nexum faciet mancipiumque, uti lingua nuncupassit, ita ius esto.“ (Wenn jemand eine Darlehensverpflichtung und ein Kaufgeschäft vornimmt, so soll das rechtens sein, was er mündlich bedungen hat; Wortlaut bei Bruns, Fontes, S. 23.) Sodann aber in einer umstrittenen Institutionen-Stelle des Corpus iuris, die der Tafel VII zugeordnet ist, 12 Taf. 7,11 (Iustiniani Institutiones 2,1,41): „Venditae [. . .] et traditae (res) non aliter emptori adquiruntur, quam si is venditori pretium solverit vel alio modo satisfecerit, veluti expromissore aut pignore dato; quod cavetur – lege XII tab.“ (Verkaufte und übergebene Sachen erwirbt der Käufer erst dann zu Eigentum, wenn er dem Verkäufer den Preis bezahlt oder ihn auf andere Weise befriedigt hat, z. B. durch Schuldübernahme eines Dritten oder Hingabe eines Pfandes. Dies ist im Zwölftafelgesetz bestimmt; Wortlaut nach Bruns, Fontes, S. 27.) Zu den umstrittenen Zwölftafelsätzen über die Manzipation vgl. statt aller Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 186 f., Anm. 73, S. 74, 264 und S. 260, Anm. 14, sowie die dort angegebene Literatur. 58 Vgl. oben, S. 290, Anm. 45.

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lich technisch ganz anderer Art die prätorische Rechtspraxis der Römer zunächst durch mErweiterung der Diebstahlsklage,m dann durch den Dolusbegriff den Rechtsschutz über sein ursprüngliches Gebiet ausdehnte.59 Mit der Schaffung klagbarer und ihrem Inhalt nach frei zu differenzierender Kontraktforderungen ist noch lange nicht derjenige Rechtszustand erreicht, welchen ein entwickelter, rein geschäftlicher Verkehr erfordert. Jeder rationale Betrieb insbesondere bedarf der Möglichkeit, durch Stellvertreter – solche für den Einzelfall sowohl wie dauernd angestellte – vertragsmäßign Rechte zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen. Und ein entwickelter Verkehr bedarf darüber hinaus der Übertragbarkeit der Forderungsrechte[,] und zwar einer letzten und für den Erwerb rechtssicheren, die Nachprüfung der Berechtigung des Rechtsvorgängers ersparenden Übertragbarkeit. Wie die heutigen, für den modernen Kapitalisten unentbehrlichen Rechtsinstitutionen sich entwickelt haben, wird an anderer Stelle erörtert (G[erhard Alexander] Leist im Buch II dieses Werkes)60. Hier sei nur kurz des Verhaltens der früheren Vergangenheit gedacht. Die direkte Stellvertretung bei Rechtsgeschäften hat von den antiken Rechten odas römische Rechto im Gegensatz m A, B: Erklärung der dilatio klagen, Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 648. n A, B: vertragsmäßige Vgl. das Manuskriptfragment, ebd. o A, B: des römischen Rechts 59 Die ältesten römischen Rechtsgeschäfte, vor allem die bei Eigentumsübertragung übliche Manzipation, konnten in ihren knappen Wortformeln selten den ganzen Inhalt der Vereinbarung aufnehmen, weshalb vertragliche Nebenabsprachen zur Regel wurden. Da derartige Versprechen aber lediglich moralische Pflichten begründeten, waren sie zunächst nur bei stricti iuris unrechtmäßigem Verhalten klagbar. Zum Maßstab wurde die dem rechtsgeschäftlichen Verkehr zugrundegelegte bona fides. Die ältesten freien Kontrakte waren also bonae fidei negotia und die ältesten Kontraktsklagen gingen eben deshalb aus Deliktsklagen hervor. Die Deliktshaftung wurde begründet über den Dolusbegriff (ursprünglich: Arglist, Täuschung, Hintergehung), mit dessen stetiger Ausweitung schließlich bei bloßer Nichterfüllung (Vertragsbruch) die Klage der actio doli gegeben war; vgl. hierzu nur Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 316–321; Sohm, Institutionen, S. 465 ff., 467 f., Anm. 3, S. 68 ff., 69 f., Anm. 12 und S. 14. 60 Der von Weber eingeworbene GdS-Beitrag ist erst 1925, nunmehr in der Abteilung IV unter dem Titel „Die moderne Privatrechtsordnung und der Kapitalismus“, S. 28–48, als Beitrag von Gerhard Alexander Leist in der Bearbeitung von Hans Nipperdey erschienen. Der erste Hinweis darauf findet sich im Schreiben Max Webers an Paul Siebeck vom 27. Febr. 1910 (MWG II/6, S. 414 f., hier S. 414), sowie im Stoffverteilungsplan vom Mai 1910, der unter „Zweites Buch“, II, 1 einen entsprechenden Beitrag Alexander Leists vorsieht (vgl. ebd., S. 766–774, hier S. 768).

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zum griechischen, dem sie wohl bekannt war, für die Eingehung von Obligationen fast unmöglich gemacht.61 Offenbar ermöglichten diese Rechtszustände, welche mit dem Formalismus der zivilrechtlichen Klage zusammenhingen, die Verwendung von Sklaven in den eigentlich kapitalistischen Betrieben, für welche die Stellvertretung praktisch weitgehend anerkannt war.62 Eine Zession der Forderungsrechte kannte infolge des streng persönlichenp Charakters der Schuldbeziehung weder das antike römische noch das germanische Recht. Das römische Recht schuf dafür erst spät durch Vermittlung der indirekten Stellvertretung63 Ersatz und gelangte schließlich zu einem Zessionsrecht,64 dessen Brauchbarkeit für den eigentlichen Geschäftsverkehr aber durch die materialethischen Tendenzen der späteren Kaisergesetzgebung wieder durchkreuzt wurde. Ein hinlänglich starkes, praktisches Bedürfnis bestand für die Abtretbarkeit der Forderung bis an die Schwelle der Gegenwart in der Tat nur für diejenigen Forderungsrechte, welche Gegenstand regelmäßigen Umsatzes waren oder direkt dem Zweck der Übermittlung von Ansprüchen an Dritte dienten. Für diese Bedürfnisse wurde die Kommerzialisierung durch die Order- und Inhaberpapiere65 geschaffen, welche sowohl für die Übertragung von p A, B: politischen

Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 649.

61 Es gilt als leitender Grundsatz des römischen Vertretungsrechts, daß eine unmittelbare Wirkung für und gegen den Vertretenen im Geschäftsverkehr und Prozeß ausgeschlossen ist; vgl. etwa Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 203 ff., mit differenzierenden Einschränkungen. 62 Die Anerkennung der Möglichkeit des Rechtserwerbs durch den Gewaltunterworfenen ist notwendige Voraussetzung einer funktionsfähigen Sklavenwirtschaft; vgl. u. a. Sohm, Institutionen, S. 259–262, 554–556; Rabel, Ernst, Gründzüge des römischen Privatrechts, in: EdR7, Band 1, 1915, S. 399–540, hier S. 507 (hinfort: Rabel, Grundzüge), sowie unten, S. 387 f. 63 Rechte und Pflichten aus dem Rechtsgeschäft entstehen ausschließlich unter den rechtsgeschäftlich Handelnden; für den Eintritt der rechtlichen Wirkungen, z. B. des Eigentumserwerbs, auf den Geschäftsherrn bedurfte es daher eines zweiten Rechtsgeschäfts zwischen diesem und dem Geschäftsführer. „Stellvertretung“ im Sinne einer Zurechnung der Rechtsfolgen auf den Vertretenen lag also nicht vor; vgl. Rabel, Grundzüge (wie oben, S. 334, Anm. 62), S. 508; Sohm, Institutionen, S. 261. 64 Endgültig durch ein Reskript des Kaisers Antoninus Pius (reg. 138–161 n.Chr.) zur direkten Prozeßstellvertretung des Gläubigers durch ein Mandat (mandatum in suam rem), wodurch dem Vertreter zwar noch nicht das Forderungsrecht selbst, jedoch das selbständige Recht seiner gerichtlichen Ausübung verschafft wurde; vgl. Sohm, Institutionen, S. 549–552. 65 Bei den „Inhaberpapieren“ ist das verbriefte Recht durch den Inhaber geltend zu

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Forderungen, speziell Geldforderungen, wie für die Übertragung von Verfügungsgewalten über Handelsgut und über Anteile an Unternehmungen funktionieren. Dem römischen Recht waren sie durchaus unbekannt.66 Es ist noch heute unsicher, ob, wie Goldschmidt annimmt, irgendwelche von den hellenistischen67 und ebenso ob, wie Kohler glaubt, qschon dieq in Hammurabis Zeit hinauf reichenden babylonischen, auf den Inhaber lautenden Urkunden68 echte Inhaberpapiere waren. In jedem Fall aber ermöglichten sie tatsächlich die Zahlung an und durch Dritte in einer Art, wie sie das offizielle römische Recht nur indirekt ermöglichen konnte. Das klassische römische Recht kannte eigentlicher dispositive Beurkundung, wenn man nicht den Literalkontrakt, die Bankiersbuchung, so nennen will, gar nicht.69 Für das hellenistische q A, B: die schon Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 650, textkritische Anm. j. r A, B: eigenschaftliche Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 650. machen. Es wird durch Vertrag bzw. – nach der Eigentumstheorie – durch sachenrechtliche Übertragung begründet, ein Hauptstreitpunkt der Zivilrechtsdogmatik des 19. Jahrhunderts. In den „Orderpapieren“ verpflichtet sich der Ausstellende nicht nur zur Leistung an den Genannten („Rektapiere“), sondern auch an den von Diesem in der „Order“ Bezeichneten. 66 Eine seinerzeit streitige Auffassung. Namentlich Goldschmidt, Urkunden, S. 360, 380 ff., 393, hat für das römische Geschäftsleben wenigstens den Umlauf „unvollkommener“ Inhaberpapiere behauptet. Solcher Urkunden also, die (im Unterschied zu „vollkommenen“ Inhaberpapieren) den Inhaber nicht zweifelsfrei und unmittelbar berechtigten, vielmehr dem Aussteller (Schuldner) die Möglichkeit gaben, weiteren Rechtsausweis des Inhabers zu verlangen, andererseits aber mit der Leistung an jeglichen Inhaber befreiende Wirkung hatten (sog. Legitimationswirkung des Papiers). Ganz sicher erscheint Goldschmidt sogar das Vorkommen des Orderpapiers, wenn auch nur durch „(mündliche oder schriftliche) Anweisung mit der Orderclausel“ (ebd., S. 393). Vgl. auch ebd., S. 360, und Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 82, 92, 94. Weber wendet sich hier also direkt gegen die Anschauung seines akademischen Lehrers. 67 Goldschmidt, Urkunden, S. 359 f., wonach „für den hellenistischen Quellenkreis das vollkommene Order- und Inhaber-Papier“ als „sicher“ gelten könne. 68 Kohler, Hammurabi’s Gesetz III, S. 237. Zu babylonischen Geschäftsurkunden mit Inhaberklauseln, welche er als „echte Inhaberpapiere“ deutet, die den Inhaber der Urkunde als Forderungsberechtigten auswiesen, bemerkt Kohler freilich weiter: „Wir finden die [Inhaber-, Hg.] Klausel noch nicht z. Zt. Hammurapis, noch als Seltenheit z. Zt. Samsuilunas [. . .], dagegen sehr häufig vom Ende der Regierungsperiode Ammiditanas bis in die Zeit Ammisadugas hinein. Der Gedanke, die Forderung auf solche Weise an die Tafel [die Urkunde, Hg.] zu knüpfen, ist also nachhammurapischen Ursprungs [. . .].“ 69 Die Dispositivurkunde dient nicht dem Beweis, sondern der Begründung eines Rechtsgeschäfts, das durch Ausstellung und ggf. Austausch der Urkunde zwischen den kontrahierenden Parteien erst vollzogen wird. Demgegenüber soll die sog. Zeugnis- oder Beweisurkunde ein unabhängig von ihr zustandegekommenes Rechtsge-

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und spätrömische Recht ist vielleicht durch den staatlichen Registerzwang, der zunächst wesentlich fiskalischen Steuerzwecken diente, die im Orient von ältester Zeit her entwickelte Urkundentechnik zur obligatorischen Beurkundung gewisser Geschäfte und zu wertpapierartigen Erscheinungen fortentwickelt worden.70 In den hellenischen und hellenistischen Städten war im Publizitätsinteresse die Urkundentechnik durch zwei den Römern unbekannte Institute: Gerichtsmerker und Notare[,]71 gehandhabt worden. Die Institution der Notare nun ist von der Osthälfte des Reichs her nach dem Westen übernommen worden.72 Aber erst das Urkunschäft gerichtsbeweisbar machen; vgl. z. B. Brunner, Heinrich, Carta und Notitia. Ein Beitrag zur Rechtsgeschichte der germanischen Urkunde, in: Festschrift für Theodor Mommsen, scripserunt amici. – Berlin: Weidmann 1877, S. 570–589, hier S. 570 f. (hinfort: Brunner, Carta). Dem klassischen römischen Recht sind solche rechtsbegründenden Dispositivurkunden fremd, so u. a. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 291 f., S. 292, Anm. 4, S. 294 f. mit Anm. 14, und Brunner, Heinrich, Rechtsgeschichte der römischen und germanischen Urkunde, Band 1. – Berlin: Weidmann 1880, S. 44, 60 f. (hinfort: Brunner, Urkunde). Mitteis nennt als wichtigsten Grund dafür die bei den ältesten römischen Rechtsgeschäften zur Vollgültigkeit regelmäßig erforderlichen feierlichen Parteihandlungen. Neben dem Literalkontrakt zählen Mitteis und Brunner allenfalls das schriftliche Testament zu den dispositiver Beurkundung fähigen Rechtsgeschäften des ius civile. 70 Der hellenistische (vor allem ägyptische) und der spätrömische Staat gingen aus fiskalischen Gründen dazu über, für private Rechtsgeschäfte aller Art Verkehrsgebühren zu erheben, was sich zweckmäßigerweise mit einer Zwangsregistrierung solcher Geschäfte durchführen ließ. Die Sicherheit eines solchen Registerzwangs konnte leicht dadurch erhöht werden, daß man die Gerichtsverwertbarkeit der Geschäftsurkunden einfach an ihre offizielle Registrierung band; vgl. Mitteis, Reichsrecht (wie oben, S. 292 f., Anm. 52), S. 52 f.; ders., Römisches Privatrecht, S. 313 f. – Die Herkunft der Inhaber- und Orderklauseln aus dem spätrömischen Vulgarrecht behauptet im Anschluß an Goldschmidt Heinrich Brunner, Die fränkisch-romanische Urkunde als Wertpapier, in: Brunner, Forschungen, S. 524–631, hier S. 604–607, bes. 607 (hinfort: Brunner, Wertpapier); vgl. dazu und in seiner Argumentation auf den Notariatsstil abstellend: Partsch, J[osef], Der griechisch-römische Einschlag in der Geschichte des Wertpapiers, in: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht, Band 70, 1912, S. 437–489, hier bes. S. 471–482. 71 Als älteste Urkundspersonen treten die griechischen Merker, Gerichtsmerker, auf, offiziell bestellte Gedächtniszeugen für private Rechtsgeschäfte, die im Streitfall Auskunft über die bestehenden Rechtsverhältnisse zu geben hatten. Darüber sowie über die mit der Schriftlichkeit sich entwickelnde echte Urkunden- und städtische Archivpraxis vgl. bes. Mitteis, Reichsrecht (wie oben, S. 292 f., Anm. 52), S. 170–176, sowie ders., Römisches Privatrecht, S. 306 f. 72 Nach Mitteis, Reichsrecht (wie oben, S. 292 f., Anm. 52), S. 175 f., sowie ders., Römisches Privatrecht, S. 306 f. – auf den sich hier Weber vermutlich stützt –, fehlte öffentliche Beurkundung in Rom und den italischen Städten bis in die Kaiserzeit (frühes 3. Jahrhundert n.Chr.). In der Westhälfte des Reiches gab es bereits in der frühen Kaiserzeit private Urkundspersonen (sog. Trapeziten und Tabellionen), die bei der Errichtung von Geschäftsurkunden mitwirkten, ohne für deren Geltung konstitutiv zu sein.

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denwesen der nachrömischen Zeit seit dem 7. Jahrhundert brachte im Okzident eine Fortentwicklung der spätrömischen Urkundenpraxis, welche vielleicht durch die starke Einwanderung orientalischer, besonders syrischer Händler befördert worden war.73 Dann freilich hat sich die Urkunde als Rechtsträger, sowohl als Orderswie alss Inhaberpapier , ungemein rasch entwickelt, überraschen[] derweise also grade in einer Zeit, deren Verkehrsintensität wir uns[,] verglichen mit der klassischen Antike[,] als äußerst begrenzt vorzustellen haben. Mithin scheint die Rechtstechnik hier wie sonst oft ihre eigenen Wege gegangen zu sein. Das Entscheidendet war dabei freilich wohl, daß jetzt nach Fortfall des Einheitsrechts die Interessenten der Verkehrsmittelpunkte und ihre nur technisch geschulten Notare die Entwicklung bestimmten, überhaupt das Notariat als einziger Träger der Verkehrsrechtstradition der Antike übrigblieb und sich schöpferisch betätigte. Allein es haben dabei, wie schon angedeutet,74 grade im Urkundenwesen auch die irrationalen Denkformen des germanischen Rechts die Entwicklung begünstigt. Die Urkunde erschien der volkstümlichen Auffassung als eine Art von Fetisch, dessen rechtsförmliche Übergabe[,] zunächst vor Zeugen[,] spezifische Rechtswirkungen ebenso hervorbrachte wie andere ursprünglich halbmagische Symbole: der Gerwurf und die festucaa des germanischen oder das dieser letzteren entsprechende bukannub des babylonischen Rechts.75 Nicht etwa

s A, B: als wie Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 650. t A, B: entscheidende Vgl. das Manuskriptfragment, ebd. a A, B: Vestuka Vgl. das Manuskriptfragment, unten, S. 651. b A, B: Barkonu Vgl. das Manuskriptfragment, ebd. 73 In diesem Sinn beschreibt Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 387 f., 80 f., 86, die Entwicklung der mittelalterlichen Urkunde zum „Präsentations“- bzw. „Einlösungs“Papier (bei dem also das beurkundete Recht nur mittels der Urkunde selbst geltend gemacht werden konnte) im Anschluß an die spätrömische Stipulationsurkunde, die ihrerseits einen dem Großhandelsverkehr zweckdienlichen schriftlichen Vertrag eingeführt hatte. – Über die Bedeutung namentlich der Syrer für Handel und Industrie in den späteren fränkischen Reichsgebieten vgl. ebd., S. 106 mit Anm. 36. 74 Als Rückverweis nicht auflösbar. Bemerkungen zum Einfluß animistischer Vorstellungen auf die germanische Urkundenentwicklung finden sich weiter unten, S. 346 f. 75 So betont Kohler, Recht der orientalischen Völker (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 60, den magischen Bedeutungsgehalt der Traditionshandlung bei der symbolischen (Sach-) Übertragung: „Der bukannu ist nichts anderes als ein aus dem ehemaligen Geisterkult hervorgehendes Symbol, und wie die festuca des deutschen Rechts der Träger der Seele war, sei es nun der Seele des Verkäufers oder der Seele des Grund-

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mit der beschriebenen Urkunde, sondern mit dem unbeschriebenen Pergament wurde ursprünglich von den Beteiligten die symbolische Traditionshandlung vorgenommen und dann erst das Protokoll darauf geschrieben.76 Während aber das italienische Recht infolge des Zusammenwirkens der germanischen Rechtssymbolik mit der Notariatspraxis schon im frühen Mittelalter den Urkundenbeweis sehr stark begünstigte,77 kannte ihn das englische Recht noch lange Zeit nicht und spielte dort das Siegel die entscheidende rechtsbegründende Rolle.78 Die Entwicklung der Wertpapiertypen

stückes, so auch der bukannu: denn auch die Sachen galten ursprünglich als beseelt.“ Vgl. Kohler, Hammurabi’s Gesetz III, S. 236. 76 Speziell die sog. investitura per cartulam wurde jedoch bei Franken, Römern und Langobarden verschieden vollzogen; dazu Brunner, Wertpapier (wie oben, S. 336, Anm. 70), S. 611–614. Später hatte der Notar oder Schreiber statt des „unbeschriebenen Pergaments“ die Urkunde bis auf Vollziehungs- bzw. Subskriptionsformel und Unterschriften vorgefertigt, so daß diese also nur insoweit noch unvollzogen war; vgl. Brunner, Urkunde (wie oben, S. 335 f., Anm. 69), S. 100 f., 111; ders., Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 397 f.; ders., Carta (wie oben, S. 335 f., Anm. 69), S. 578, Anm. 31, und S. 581 f.). Der Auftrag der Ausfertigung der Urkunde, welcher mit der Tradition an ihn erging, bezog sich auf den Urkundeninhalt, nicht auf das Protokoll. Technisch wurde unterschieden zwischen dem Text der Urkunde und dem Protokoll, welches gewisse Eingangs- und Schlußformeln umfaßte. Der Urkundentext gliederte sich in drei Teile: die „narratio“ (umschrieb den Anlaß der Urkunde), die „dispositio“ (enthielt den eigentlichen Urkundeninhalt) und die „corroboratio“ (kündigte Unterschrift und Siegel an); vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 394, Anm. 12. 77 Gemeint ist hier die Art, in der die italienischen Notare die ihnen unbekannte rechtsförmliche Urkundentradition der Franken in die eigene Notariatspraxis integrierten. Mit den charakteristischen germanischen Rechtssymbolen (Grashalm, Stock, Erde) wurde die (bei Langobarden und Römern formlos tradierte) Urkunde so verknüpft, daß sie selbst ebenfalls als Symbol erschien und sich in der Traditionshandlung das Rechtsgeschäft vollzog. Die anschließende Vervollständigung der Urkunde durch die Vollziehungsformel des Notars bezweckte dessen ausschließlich beweisrechtliche Verpflichtung, im Falle ihrer Bestreitung die Wahrheit des beurkundeten Sachverhalts zu bezeugen; vgl. Brunner, Urkunde (wie oben, S. 335 f., Anm. 69), bes. S. 104 ff., 302 ff.; ders., Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 397 f. 78 Vollziehungs- und Subskriptionsklauseln des königlichen Kanzlers, Notariats oder gewerbsmäßigen Schreibertums fehlten in der angelsächsischen Urkundenpraxis. Die Vollziehung (execution of deed) erforderte das Besiegeln, die mit Handauflegung verbundene Erklärung des Traditionswillens sowie die Übergabe (Tradition) der Urkunde, und eine Beweisführung hatte die execution of deed in vollem Umfang zum Gegenstand. Als echte Beweisurkunden galten deshalb zunächst lediglich die fränkischen, langobardischen, auch normannischen, aber nicht die angelsächsischen Königsurkunden; vgl. dazu Brunner, Carta (wie oben, S. 335 f., Anm. 69), S. 571 f., 577, Anm. 23, S. 582 mit Anm. 48 und S. 583 ff.; ders., Urkunde (ebd.), S. 158–162.

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des modernen Handelsrechts aber ist zum erheblichen Teil unter arabischer Mitwirkung infolge teils kommerzieller, teils administrativer Bedürfnisse im Verlauf des Mittelalters vor sich gegangen. Der antike römische Handel hat sich anscheinend ohne diese wichtigen, uns heute unentbehrlich scheinenden technischen Mittel behelfen können und müssen. Der heute grundsätzlich bestehende Zustand endlich: daß jederc beliebige Inhalt eines Vertrages, sofern ihm nicht Schranken der Vertragsfreiheit entgegenstehen, zwischen den Parteien Recht schafft und daß besondere Formen dabei nur soweit erforderlich sind, als das Recht dies aus Zweckmäßigkeitsgründen, insbesondere um der eindeutigen Beweisbarkeit der Rechte und also der Rechtssicherheit willen[,] zwingend vorschreibt,79 ist überall erst sehr spät erreicht worden, in Rom durch die allmähliche Internationalisierung des Rechts, in der Neuzeit durch den Einfluß der gemeinrechtlichen Doktrin und der Handelsbedürfnisse. Wenn nun trotz dieser heute generell bestehenden Vertragsfreiheit die moderne Gesetzgebung sich durchweg nicht mit der Feststellung: daß man vorbehaltlich besonderer Einschränkungen prinzipiell gültig vereinbaren könne[,] was immer man wolle, begnügtd[,] sondern durch allerlei spezielle Ermächtigungssätze einzelne Typen von Vereinbarungen speziell derart regelt,e daß die gesetzlichen Folgen eintreten, wo die Parteien nichts anderes vereinbaren (dispositives Recht), so sind dafür zwar zunächst und im allgemeinen reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte entscheidend: die Parteien denken in aller Regel nicht daran, alle möglicherweise relevanten Punkte wirklich ausdrücklich zu regeln, und es entspricht auch einer Bequemlichkeit[,] sich an erprobte und vor allem bekannte Typen halten zu können. Ohne solche wäre ein moderner Rechtsverkehr kaum möglich. Aber damit ist die Bedeutung der Ermächtigungsnormen und der Vertragsfreiheit bei weitem nicht erschöpft. Sie könnenf vielmehr eine noch prinzipiellere Bedeutung haben. c Blatt A 14/B 20 ist nur zu zwei Dritteln beschrieben. d Fehlt in A, B; begnügt sinngemäß ergänzt. Vgl. das Einfügungszeichen an dieser Stelle und unter dem Text von fremder Hand der Vermerk: Dem Satz fehlt offenbar ein Wort? Links davon in Zeilenhöhe findet sich der Hinweis Johannes Winckelmanns: Marianne Weber sowie unten links am Rand: [fehlt: begnügt // Winckelmann] e A, B: regeln, f A, B: kann 79 Vgl. etwa die Vorschriften der §§ 125 ff. BGB.

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Ordnung durch Ermächtigungsnormeni greift nämlich – und das soll uns hier beschäftigen – in gewissen Fällenh notwendig über die Sphäre bloßer Abgrenzung des gegenseitigen individuellen Freiheitsbereichs grundsätzlich hinaus. Denn die zugelassenen Rechtsgeschäfte schließen in aller Regel die Ermächtigung zu Gunsten der Interessenten in sich, auch Dritte, an dem betreffenden Akt nicht Beteiligte, zu binden. In irgend einem Maß und Sinn wirkt fast jedes Rechtsgeschäft zwischen zwei Personen,g indem es die Art der Verteilung der Verfügung der rechtlich garantierten Verfügungsgewalten verschiebt, auf die Beziehungen zu unbestimmt vielen Dritten zurück. Aber immerhin in sehr verschiedener Art. Soweit es nur zwischen denjenigen, welche es abschließen, Ansprüche und Verbindlichkeiten schafft, scheint dies rein äußerlich überhaupt nicht der Fall zu jsein, denn hierj scheint in der Tat nur die Chance, daß das Zugesagte erfüllt wird, rechtlich garantiert. kSoweit es sich dabei – wie in aller Regel –k um rechtsgeschäftliche Übertragungen von Besitz aus einer Hand in die andere handelt, erscheintl das Interesse mDritter dadurch nur wenig berührt, daßm jetzt ein anderer Inhaber des auch bisher für sie nicht zugänglichen Objekts nvon ihnenn zu respektieren ist.o In Wahrheit ist diese Unberührtheit der Interessen Dritter stets nur eine relative.p So werden die Interessen der etwaigen Gläubiger eines jeden, der eine Schuldverpflichtung eingeht, durch dessen vermehrte Belastung mit Verbindlichkeiten berührt und die Interessen der Nachbarn bei einem Grundstücksverkauf qz. B.q durch jener Änderungen, die der neue Besitzer im Gegensatz zum bisherigen in der Art von dessen Benutzung svorzunehmen ökonomisch in der Lage oder umgekehrt nicht in der Lage ist.s aDies sind bfaktisch möglicheb Reflexwirkungen des generell vom Recht zugelassenen und garan-

g – g Die Passage steht auf einem Papierstreifen, der von Blatt A 2/B – abgeschnitten und an Blatt A –/B 21 oben angeklebt wurde; vgl. oben, S. 309, textkritische Anm. p. h – h A: Diese Ordnung aber greift nun i B: Ermächtigungssätze  Ermächtigungsnormen j A: sein. Hier k A: Allein soweit es sich l A: ist insofern m A: aller Dritten berührt, als n Fehlt in A. o In A folgt: Vom Standpunkt des Erwerbers ist es lediglich die Sicherung, daß kein Dritter die mit dem Rechtsgeschäft erworbene Chance stören werde. p A: relative und finden sich diese immer, meist freilich nur für gewisse Eventualiäten, mitbetroffen. q Fehlt in A. r Fehlt in A. s A: vornehmen kann. a – a (S. 341) Fehlt in A. b B: faktische  faktisch mögliche

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tierten subjektiven Rechts.80 Die Rechtsordnungen ignorieren sie keineswegs immer[,] wie z. B. das Verbot der Zession von Forderungen an „Mächtigere“ im spätrömischen Recht beweist.a 81 Indessen cnun gibt esc Fälle, in welchen die Interessen Dritter durch Ausnutzung der Vertragsfreiheit in dnoch spezifisch andererd Art berührt werden können. Wenn z. B. durch Vertrag jemand sich in die „Sklaverei“ verkauft oder ein Weib sich durch Ehevertrag in die „Ehegewalt“e begibt, oder wenn ein Grundstück zum „Fideikommiß“ erklärt wird, oder wenn eine Anzahl von Personen eine „Aktiengesellschaft“ gründen – dann werden davon die Interessen Dritter zwar frein faktischf im Einzelfall dem Grade nach gsehr verschieden und oft weniger als in den obigen Beispielen berührt, immer aber in qualitativ andrer Art als dort. Denn im Gegensatz zu dort werden hier die bis dahin für bestimmteh Personen und Sachgüter generell geltenden Regeln des Rechtsverkehrs, z. B. über die Gültigkeit von Verträgen und über den zwangsweisen Zugriff der Gläubiger auf Vermögensobjekte, infolge dieser Vereinbarungen zu Gunsten der Vertragsschließendeng durch ganz neue und andersartige, auch jeden Dritten in seinen Ansprüchen und Chancen bindende irechtliche Spezialnormeni soweit ersetzt, als dem freien Belieben der Vertragsschließenden rechtliche Geltung jund Zwangsgarantiej zugestanden wird. kMindestens alle künftigen, oft aber auch die bisherigen Verträge des Sklaven, der Ehefrau, des zum Fideicommißherrn gewordenen Gutsbesitzers c A: gibt es andere d A: wesentlich drastischerer e A: Vormundschaft ihres Ehemanns f Fehlt in A. g – g A: verschieden, immer aber doch in qualitativ weitergehender Art berührt, als in den obigen Beispielen. Im Gegensatz zu dort sind hier die sonst geltenden Regeln des Rechtsverkehrs, d. h. der Gültigkeit von Verträgen, des zwangsweisen Zugriffs der Gläubiger auf Vermögensobjekte, für diese Fälle von Vereinbarungen zu Gunsten der Vertragsschließenden gänzlich außer Kraft gesetzt und h B: die beteiligten  bestimmte i A: Normen j Fehlt in A. k – k (S. 342) Fehlt in A. 80 Über rechtliche „Reflexwirkungen“ vgl. oben, S. 200 f. mit Anm. 27. 81 Erst ein Reskript des Kaisers Antoninus Pius ermöglichte die zuvor prinzipiell unzulässige Zession von Forderungen (vgl. oben, S. 334 mit Anm. 64). Ausgeschlossen blieb allerdings im Interesse des Schuldnerschutzes die „cessio ad potentiorem“, an Mächtigere also (Großgrundbesitzer v. a.), wie einem Gesetz der Kaiser Honorius und Theodosius im Jahre 422 n.Chr. (C. Th. 2,13,1) zu entnehmen ist; vgl. dazu Mitteis, Ludwig, Über den Ausdruck „Potentiores“ in den Digesten, in: Mélanges P[aul] F[rédéric] Girard (Etudes de droit romain dédiées a Mr P. F. Girard), tome 2. – Paris: Arthur Rousseau 1912, S. 225–235, hier S. 225 f.

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und gewisse Verträge der die neue Gesellschaft vertretenden Personen unterstehen fortan gänzlich andren Rechtssätzenl, als bisher nach den generell geltenden Regeln anwendbar waren: einem Sonderrecht.k mDie juristische Ausdruckstechnik des Rechts verschleiert dabei die Art der Berührtheit der Interessen Dritter und den Sinn des Sonderrechts oft[.]m Daß z. B. eine Aktiengesellschaft ein bestimmt anzugebendes „Kapital“ gesetzlich haben muß und daß sie dies Kapital unter bestimmten Kautelen durch Beschluß der Generalversammlung „herabsetzen“ kann,82 bedeutet praktisch: nkraft Gesetzes muß von Leuten, welche einen Zweckverband dieser Art vereinbaren, zu Gunsten der Gläubiger und der später in jenen Verband eintretenden Gesellschaftern ein bestimmter Überschuß des gemeinsamen Besitzes an Sachgüterno und Forderungen über die Schulden pals dauernd vorhandenq p deklariert rwerden; an diese ihre Deklaration sind die geschäftsleitenden und sonstr beteiligten Gesellschafter bei der Berechnung des zur Verteilung kommenden „Gewinns“ sdurch Androhung krimineller Rechtsfolgen derart gebunden, daß eins Gewinn nur verteilt werden darf, wenn dabeit jener als „Kapital“ deklarierte Betrag abei Anwendung dera Regeln der ordnungsmäßigen Taxierung und Buchführung gedeckt bbleibt; unter gewissen Cautelen sind aberb die jeweils beteiligten Gesellschafter berechtigt,c jene Deklaration dzu widerrufend und also auch die entsprechende Garantie für die Gläubiger und später eintretenden Gesell schafter eherabzusetzen, das heißt also: von nun ane trotz Nichtdeckung des anfänglich deklarierten Betrages dennochf Gewinn zu verteilen. Es ist klar, daß gdie durch solche und ähnliche ermächtigende Sonderrechtssätze gegebene Möglichkeit der Schaffung einer „Aktiengesellschaft“,g die Interessen dritter, zu dem jeweiligen Bestande der l B: Normen  Rechtssätzen k (S. 341) – k Fehlt in A. m A: Nur die Ausdrucksweise des Rechts verschleiert dies oft. n A: daß kraft Gesetzes zu Gunsten der Gläubiger o A, B: Sachgüter p – p Fehlt in A. q B: garantiert  vorhanden r A: werden muß und daß an dieser Deklaration die s A: derart gebunden sein sollen, daß t Fehlt in A. a A: nach den b A: bleibt, daß aber unter Umständen c A: berechtigt sein sollen, d Fehlt in A. e A: herabzusetzen und f Fehlt in A. g A: diese Regelung 82 Die Möglichkeit der Herabsetzung des Grundkapitals war in den Gesetzgebungen des späten 19. Jahrhunderts durchaus nicht die Regel. Während z. B. die englische Companies Act von 1862, sect. 12 (25 & 26 Vict. c. 89) sie noch ausschloß, war sie nach dem deutschen Aktiengesetz aus dem Jahre 1884 unter den Bedingungen der §§ 288–291 HGB zulässig.

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Gesellschafter nicht gehöriger, Personen: hGläubiger oder spätererh Erwerber von Aktien, iin qualitativ sehr spezifischer Arti berührt. Ebenso natürlich die mit einer Ergebung in die Sklaverei eintretende Beschränkung der Vertragsfähigkeit des Sklaven Dritten gegenüber oder jz. B.j die mit Eintritt einer Frau in eine Ehe entstehenden Generalhypotheken, welche diese nach manchen Rechten selbst auf Kosten älterer kpfandgesicherter Verbindlichkeitenk am Vermögen des Mannes lerwirbt.83 Und es ist ferner klar, daß diese Art von Beeinflussung der Rechtslage Dritter über diejenigen „Reflexwirkungen“, welchel im Gefolge fast jeden Rechtsgeschäfts irgendwie über den Kreis der mBeteiligten hinaus eintreten nkönnen, hinausgeht, weil sie von sonst geltenden Rechtsregeln abweicht[.] In welchem Maße diese Gegensätze durch flüssige Übergänge verbunden sind, bleibt hier unerörtert. Jedenfalls bedeutet „Vertragsfreiheit“ im Sinn der Ermächtigungm zur gültigen und durch relativ wenige, das Interesse der „Dritten“ schützende, Bestimmungeno eingeengtenn Eingehung solcher über die interne Beziehung der Vertragsschließenden pnicht nur reflexmäßig, sondern kraft spezifischen Sonderrechtsp hinausgreifenden Rechtsgeschäfte mehrq als die bloße Einräumung eines r„Freiheitsrechts“ im Sinne einer bloßen Ermächtigung zum beliebigen Tun und Lassen konkreter Handlungen.r s

h A: Gläubiger, spätere i A: höchst intensiv j Fehlt in A. k A: Rechte l A: erwirbt, und es ist klar, daß eine solche Beeinflussung der Rechtslage Dritter den Vertragschließenden gegenüber über denjenigen Einfluß, welcher m – m In B steht auf Zeilenhöhe am Rand die Satzanweisung Max Webers: kein Absatz! n – n A: kann, hinausgeht. Selbstverständlich ist das Maß der Beeinflussung nur graduell abgestuft. Absatz in A. Eine Ermächtigung zur gültigen, d. h. also zu einer in ihren Konsequenzen auch von Dritten anzuerkennenden o B: [Schemata]  Bestimmungen p A: spezifisch q A: bedeutet also jedenfalls mehr r A: Freiheitsrechts, welches eine bloße Erlaubnis zum beliebigen Tun und Lassen konkreter Handlungen enthält, so unbedingt zuzugeben ist, daß die Übergänge auch hier völlig flüssig sind. s In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz 83 Im römischen Recht des Corpus iuris z. B. das gesetzliche Generalpfandrecht der Ehefrau am gesamten Vermögen des Mannes. Diese Generalhypothek soll ihren Anspruch auf Rückerstattung der in die Ehe und für die Dauer der Ehe in das Eigentum des Ehemannes eingebrachten Mitgift bei Auflösung der Ehe sichern. Da es sich um ein privilegiertes Pfandrecht handelt, kommt die allgemeine Regel, daß der ältere Pfandgläubiger dem jüngeren vorgehe, nicht zum Zuge und wird insoweit die Kreditsicherheit für Dritte beeinträchtigt.

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Auf der anderen Seite kann das Recht auch Vereinbarungen die rechtliche Gültigkeit versagen, welche direkt wenigstens Interessen Unbeteiligter gar nicht zu berühren tscheinen, mindestens keinerleit Sonderregeln gegenüber dem sonst gültigen Recht in sich schließen oder welcheu Dritten nur Vorteile, aber keine Schädigung zu versprechen scheinen. Die Gründe für solche Einschränkungen der Vertragsfreiheit können die allerverschiedensten sein. So schloß das klassische römische Recht nicht nur alle die Interessen Dritter direkt ain Sonderrechtsforma berührenden und ein abnormes Recht konstituierenden Formen beschränkter Haftung (Aktiengesellschaft und ähnliche) und auch die Sondernormen der offenen Handelsgesellschaft (Solidarhaft und Sondervermögen) aus, sondern bversagte z. B. auch die nur reflexmäßig auf Dritte wirkende Möglichkeit der Begründung ewiger Renten, also z. B. den Rentenkauf und die Erbpachtverhältnisse (wenigstensb für Private –c das Institut des ager vectigalis war ursprünglich nur den Kommunen, erst später auch den dGrundherrene zugänglich). Es kannted ferner die Inhaber- und Orderpapiere nichtf und ließ ursprünglich nicht einmal die Cession von Forderungsrechten an Dritte zu. Und auchg das spezifisch moderne Recht lehnt z. B. nicht nur die Anerkennung von Verträgen, welche eine Unterwerfung in ein sklavenartiges persönliches hVerhältnis, also Sonderrecht,h enthalten, ab, sondern schloß z. B. in Deutschlandi bis vor kurzem,j 84 ganz wie das römit A: scheinen oder doch wenigstens keine u Fehlt in A. a Fehlt in A. b A: auch alle Begründungen ewiger Renten, also den Rentenkauf, die Begründung von Erbpachtverhältnissen (außer in superfiziarischer und im spätkaiserlichen Recht emphyteutischer Form wenigstens c B: Private, – d – d A: Grundherrn zugänglich) – e B: Grundherrn f Fehlt in A. g Fehlt in A. h A: Verhältnis i A: Preußen j A: kurzem auch 84 Weber bezieht sich auf die legislativen Maßnahmen zur Beseitigung von Feudallasten und zur Schaffung eines freien bäuerlichen Kleingrundbesitzerstands. In Preußen z. B. betrifft dies im einzelnen ein Edikt vom 14. Nov. 1811, das erstmals die Erbpacht und die aus ihr herrührenden Lasten für ablösbar erklärte; die preußische Verfassung vom 31. Jan. 1845, welche die Ablösbarkeit von Grundlasten und die erbliche Überlassung ausschließlich vollen Eigentums garantierte; schließlich ein Gesetz vom 2. März 1850, welches die Unzulässigkeit geteilten Eigentums bestätigte. Dieses Gesetz bestimmte weiterhin für vertraglich vereinbarte, feste Geldrenten den Ablösungswert, befristete die vertragliche Ausschließung der Ablösbarkeit und legte die maximale Ablösungssumme fest. Ähnliche gesetzliche Regelungen galten in anderen deutschen Staaten; vgl. hierzu Paasche, H[ermann], „Erbpacht“, in: HdStW3, Band 3, 1909, S. 1012–1018, hier S. 1015 f. (hinfort: Paasche, Erbpacht); Loening, Edg[ar], „Ablösung“, in: HdStW3, Band 1, 1909, S. 5 f.; Knapp, Georg Friedrich, „Bauernbefreiung. I.

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sche Recht, auchk jede Belastung von Grundstücken mit ewigen Renten laus (diel jetzt unter bestimmten Voraussetzungen mzulässig ist).85 Es stempelt fernerm zahlreiche Verträge als „gegen die guten Sitten“ verstoßend zu nichtigen Vereinbarungen, welche nDritte weder sonderrechtsmäßig noch reflexmäßig berühren86 undn der Antike als ganz normal bekannt owaren. Namentlich sind individuelleo Vereinbarungen über sexuelle Beziehungen, für welche z. B. im antiken Ägypten fast völlige Vertragsfreiheit gegolten hatte, zu Gunsten der heute allein zugelassenen legalen pEhe ausgeschlossen, ebenso andere familienrechtliche Abmachungen, sop die meisten der Antike bekannten Vereinbarungen über die väterliche und eheherrliche Gewalt.q 87 Die Gründe für diese jeweilig verschiedenenr Grenzen der Vertragsfreiheit snun sind sehr verschiedene. Das Fehlen bestimmter Ermächtigungen kann darin begründet sein, daß die rechtliche Anerkennung der betreffendens Institutionen der Verkehrstechnik der betreffenden Epoche noch kein tunbedingtes Bedürfnis wak Fehlt in A. l A: aus, die m A: zulässig ist, stempelt n Fehlt in A. o A: waren: namentlich p A: Ehe, und schließt andere (so q A: Gewalt) aus dem Kreise der zulässigen Rechtsgeschäfte aus. In B folgt ein Absatzzeichen von der Hand Max Webers. r A: verschiedene Bestimmung der s A: liegen teils darin, daß die betreffenden t – t (S. 346) A: Bedürfnis war. So Die Bauernbefreiung in den östlichen Provinzen des preußischen Staates“, in: HdStW3, Band 2, 1909, S. 541–550, hier S. 546–550 (hinfort: Knapp, Bauernbefreiung). 85 Dies bezieht sich u. a. auf die seit 1867 in Mecklenburg-Schwerin eingeführte „reformierte Erbpacht“, bei der das Grundstück gegen eine nur vom Pächter einseitig ablösbare Rente diesem zur freien Bewirtschaftung, Veräußerung, Verpfändung vergeben wird. Ein ähnliches Institut hat Preußen mit den sog. Rentengütern durch Gesetze vom 27. Juni 1890 und 7. Juli 1891 geschaffen. Ebenso ermöglicht § 1105 BGB die Belastung von Grundstücken mit regelmäßigen Leistungen an den Berechtigten (z. B. Altenteil, Leibrente), sog. Reallasten, während nach § 1199 BGB als Grundschuld auch eine „Rentenschuld“ im Sinne einer wiederkehrenden Geldleistung aus einem Grundstück bestellt werden kann; vgl. dazu Gierke, Otto von, Grundzüge des deutschen Privatrechts, in: EdR7, Band 1, 1915, S. 175–302, hier S. 247 f., 252, 254 ff., 256, 261 (hinfort: Gierke, Grundzüge); Paasche, Erbpacht (wie oben, S. 344, Anm. 84), S. 1016 ff. 86 Die Kommentarliteratur zu § 138 BGB (Nichtigkeit von Rechtsgeschäften) beispielsweise weist eine Fülle von Tatbeständen auf, die unabhängig von ihrer Wirkung auf Dritte als „gegen die guten Sitten“ verstoßend angesehen werden. 87 Auf sachen-, familien- und erbrechtlichem Gebiet gibt etwa das BGB die rechtsgeschäftliche Typik vor, so daß insoweit keine Gestaltungsfreiheit besteht. – Über die sexuelle Vertragsfreiheit in Ägypten während der Perser- und Ptolemäerzeit (also seit dem 5. Jahrhundert v.Chr.) vgl. die ausführliche Darstellung bei Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 97–103.

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ren. So würde sich wohlt das Fehlen der Inhaber- und Orderpapiere imu antiken oder, vorsichtiger aausgedrückt: ima offiziellen römischen bReichsrecht88 erklären.b cDenn unbekannt waren Urkunden rein äußerlich ähnlicher Art der Antike, schon der altbabylonischen Zeit, nicht[.]c 89 Ebenso das Fehlen der modernend kapitalistischen Vergesellschaftungsformen, für welche Parallelen nur in den staatskapitalistischen Assoziationen der Antike zu finden sind: weil der antike Kapitalismuse seinem Schwerpunkt nach vom Staat lebte. fAber aus dem fehlenden ökonomischen Bedürfnis heraus ist das Fehlen eines Rechtsinstituts in der Vergangenheit durchaus nicht immer zu erklären.f gDie rationaleng rechtstechnischen Verkehrsschemata, welchen das Recht hseine Garantie gewährenh soll, müssen ivielmehr ganz ebenso wie gewerblich-technischei Manipulationen erst einmal „erfunden“ werden, um in den Dienst aktueller ökonomischer Interessen treten zu können. Daher ist die spezifischej rechtstechnische Eigenart einer Rechtsordnung, die Art der Denkformen, mit denen sie arbeitet, für die Chance, daß ein bestimmtes Rechtsinstitut in ihrer Mitte erfunden werde, von weit erheblicherer Bedeutung[,] als man oft anzunehmen pflegt. Ökonomische Situationen gebären neuek Rechtsformen nicht einfach automatisch aus sich, sondern enthalten nur eine Chance dafür, daß einel rechtstechnische Erfindung, wenn sie gemacht wird, auch Verbreitung finde. Daß so viele unserer spezifisch kapitalistischen Rechtsinstitute mittelalterlichen und nicht römischen Ursprungs sind –m obwohl doch das römische Recht nin logischer Hinsichtn wesentlich stärker rationalisiert war als das mittelalterliche –,o hat zwar auch einige ökonomische, daneben aber verschiet – t Vgl. oben, S. 345. u A: dem a A: ausgedrückt, dem b A: Reichsrecht. c Fehlt in A. d Fehlt in A. e In A folgt: damals f Fehlt in A. g A: Und die gegebenen h A: eine Garantie darbieten i A: anderseits ebenso wie technische j A: gegebene k A: diese l A: die betreffende m A: sind, B: sind, – n Fehlt in A. o Gedankenstrich fehlt in A. B: mittelalterliche, – 88 Zu dieser einschränkenden Formulierung vgl. unten, S. 335 f., wo Weber die im hellenisierten Ostteil des Reiches beobachtete Urkundenentwicklung darstellt. Weber widerspricht für das römische Recht dem Standpunkt von Goldschmidt, Urkunden, S. 360, 393, der mindestens das vollkommene Orderpapier in römischen Quellen wiederzufinden glaubt, folgt aber offenbar der Goldschmidt-Brunnerschen Auffassung über die Existenz wertpapierartiger Urkunden im spätrömischen Vulgarrecht; vgl. Brunner, Wertpapier (wie oben, S. 336, Anm. 70), S. 605, 607. 89 Vgl. oben, S. 335 mit Anm. 68.

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dene rein rechtstechnische Gründe. Die Denkformen des okzidentalen mittelalterlichen pRechts: seinep Auffassung z. B. der Urkunde nicht qrein logischq als eines rationalen Beweismittels, sondern rrein anschaulich (ursprünglich: magisch) als eines sinnlichen „Trägers“ von Rechten –s eine Art von juristischem „Animismus“ –,t 90 seine aus der Rechtspartikularität folgendea Gewöhnung fernerr an Solidarhaftpflichten aller möglichen Gemeinschaftskreise für ihre Mitglieder nach außen hin, bferner seineb Vertrautheit mit der Scheidung von Sondervermögensmassen auf den allerverschiedensten cGebieten –d beides erklärlich nur aus bestimmten politischen Bedingungen –[,] diese „Rückständigkeiten“ der logischen und staatsanstaltlichen Rechtsentwicklung gestattetenc dem Geschäftsverkehr die Entwicklung eines weit größeren Reichtums evon praktisch brauchbarene rechtstechnischen Schemata[,] als fsie dem weit mehr logisch und technisch-politischf rationalisierten römischen Recht gzugänglich waren.h Und ganz allgemein konnten jene Sonderbildungen, welche – wie namentlich die mittelalterlichen Handelsrechtsinstitute –i demg entstehenden modernen Kapitalismus so besonders gut auf denj Leib paßten,k im allgemeinen leichter auf dem Boden einer laus politischen Gründenl überhaupt zahlreiche, den Interessen ganz konkreter Interessentenkreise entsprechende,m Sonderrechte erzeugenden Gesellschaft entwickelt werden. nAber allerdings spielte unter Andrem auch der Umstand mit, daß jenem noch nicht logisch rationalisierten Recht die Maxime der spezifisch „wissenschaftlichen“ Behandlung des Rechts: p A: Rechts mit seiner q Fehlt in A. r – r A: als eines symbolischen Trägers von Rechten, seiner Gewöhnung s B: Rechten, – t B: „Animismus“, – a B: folgenden b A: seiner c – c A: Gebieten gestattete d B: Gebieten, – e A: an f A: dem g – g A: zu entnehmen war. Und diese sachlichen Sonderinstitute, welche dem h In B folgt:   Zum Teil¯ Vor Allem auch deshalb, weil jenes noch nicht logisch rationalisierte Recht die Maxime noch nicht kannte, daß, was der Jurist nicht „denken“ könne, rechtlich auch nicht existiere.¯ i B: Handelsrechtsinstitute, – j A, B: dem k A: paßten, konnten l Fehlt in A. m A, B: entsprechender, n – n (S. 348) Fehlt in A. 90 Weber umschreibt hier die namentlich von Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 386, vertretene sog. „Verkörperungstheorie“ in religionssoziologischen Kategorien. Nach der „Verkörperungstheorie“ gibt der an sinnlichen Vorstellungen orientierte Gebrauch der bildlichen Ausdrücke „Träger“ und „Verkörperung“ den Bedeutungskern der Urkunde angemessen wieder: „Man darf daher mit einem zutreffenden Bilde die Urkunde als ‚Träger‘ (‚Verkörperung‘) des in derselben beurkundeten Rechts bezeichnen.“ Und ebd., S. 387 f.: „[. . .] es ist somit das Recht (insbesondere Forderungsrecht) an die Urkunde ‚gebunden‘, die Sache (die Urkunde) ist Träger (Körper) des Rechts.“

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daß, was der Jurist mit seinem Begriffsvorrath nicht „konstruieren“, also nicht „denken“ könne, auch rechtlich nicht zu existieren vermöge,91 noch fremd war[.] Der Rechtsrationalismus bedeutet in der That – so leicht dieser Gesichtspunkt heute übertrieben wird – unter Umständen eine „Verarmung“ an Formenreichtum. –n Andreo Schranken der Vertragsfreiheit sind, wie pz. B.p der Ausschluß oder die Begrenzung derselben in Familienangelegenheiten, welcher den meisten modernen Rechten eigentümlich ist, und wie auchq die Ablehnung der vertragsmäßigen Ergebung in die Sklaverei, durch vorwiegend rethische oder politische Interessen und Vorstellungenr bedingt.s Sexuelle Vertragsfreiheit ist nichts Primitives. Die von Werkzeugen am meisten entblößten und am wenigsten gesellschaftlich und ökonomisch differenzierten Stämme leben in faktisch lebenslänglicher patriarchaler Polygamie. Die Perhorreszierung der Endogamie begann offenbar in engstem Kreis innerhalb der Hausgemeinschaft, anschließend an die relative Herabsetzung des Geschlechtstriebes durch die gemein same Aufzucht. Der Austausch der eigenen Schwester gegen die Schwester des anderen Teiles dürfte der älteste Sexualkontrakt sein, aus demt sich dann der Eintausch von ihrer Sippe gegen Naturalien und schließlich die normale Eheform: der Kauf der Frau[,] entwickelte, der z. B. in Indien ebenso wie in Rom als spezifisch plebejische Form der Eheschließung neben der vornehmen Eheschließung: Raub- oder Sakramenn (S. 347) – n Fehlt in A. o A: Oder jene p Fehlt in A. q Fehlt in A. r A: politische und ethische Interessenvorstellungen s In A folgt: Oder sie haben ihren Grund in sozialen und ökonomischen Interessen maßgebender Schichten: so sicherlich der Ausschluß aller feudalen und aller überhaupt eine Fortsetzung des Satzes im Typoskript, unten, S. 358, textkritische Anm. g. In B folgt ein Absatzzeichen von der Hand Max Webers. t A, B: der 91 Als Produkt der Pandektenlehre in der Tradition Puchtas hat dieser Grundsatz die deutsche Privatrechtswissenschaft des späten 19. Jahrhunderts („Begriffsjurisprudenz“) maßgeblich bestimmt. Im Mittelpunkt der „begriffsjuristischen“ Methode stehen nach Ihering, Römisches Recht II, 2, S. 334–388, die Rechtsbegriffe („Rechtskörper“), in die der „Rechtsstoff“ zerlegt, auf die die Rechtssätze zurückgeführt und aus denen das Recht zum System ausgestaltet werden soll. Sachlich entspricht die Maxime der von Ihering aus dem Gesetz der juristischen Konstruktion abgeleiteten Anforderung, daß „die Wissenschaft [. . .] keine juristischen Unmöglichkeiten statuiren“ dürfe (ebd., S. 376).

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talehe92[,] sich behauptete. Die Raub- und Sakramentalehe aaber sind beidea Produkte sozialer Verbandsbildung: dieb erste die Folge der militärischen Männervergesellschaftung, welche den jungen Mann aus der Familiengemeinschaft riß und die Frau mit den Kindern als Muttergruppe zusammenschloß. Im Männerhaus wurde der Raub der Frau die heldenwürdige Art ihrer Gewinnung. Der Kauf von Weibern für die gemeinsam lebenden Männer von auswärts bestand daneben, und in Verbindung mit dem Raub von auswärts veranlaßte er die Bildung von Frauentauschkartellen und damit vermutlich die Entstehung der Exogamie. Diese wurde totemistischc geregelt da, wo animistisched Vorstellungen bestimmter Art sich einbürgerten, ursprünglich namentlich bei Völkern, deren Phratrien zugleich Jägergruppen waren und nun magische Kultgemeinschaften mit Sakramentalriten wurden.93 Je weniger straff die Phratrien entwickelt wurden oder je mehr sie verfielen, desto mehr trat die patriarchale Ehe in den Vordergrund, bei den Häuptlingen eder Beduinene 94 als Polygynie mit oft ganz freiem Schalten des Hausherrn über alle Hausinsassen, die er beliebig entweder allein zu eigenem Nutzen oder, wo die Sippen stark blieben, unter Abgabe von Anteilen des Ertrages an die Sippengenossen durch Tauschgeschäfte verwertete. Schranken darin legte ihm zu nächst die Sippe der Frau auf: angesehene Geschlechter verkauften ihre Töchter nicht als Arbeitstier und nicht zu freier Verfügung, sondern gaben sie nach auswärts nur gegen Sicherstellung ihrer Person und der Vorzugsstellung ihrer Kinder gegenüber den Kindern anderer Frauen und Sklavinnen. Dafür statteten sie die Tochter bei der Hina A, B: aber, in beiden b A, B: der c A, B: totematisch Die Emendation folgt WuG5, S. 413 d A, B: animatische Die Emendation folgt WuG5, S. 413 e A, B: und Bondamenden Zur Emendation vgl. Anm. 94. 92 Der römischen „confarreatio“ (vgl. oben, S. 320 mit Anm. 32) entspricht in Indien die in feierlicher Form unter Zuziehung eines Brahmanen (als Hauptpriester) geschlossene Ehe bei den vornehmen Kasten; vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 125. 93 Die auf kultischer Verehrung eines Totems (Tier, Pflanze, Stein etc.) beruhende primär militaristische Männergemeinschaft („Männerhaus“) geht einher mit rituellen Verboten (z. B. Speise-, Heirats- und Kampfverbote) für die Totemgenossen und begünstigt daher auch die Entstehung von Exogamie und Ehekartellen; vgl. hierzu bereits Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 12 f. 94 Zur Entwicklung der „patriarchalen Ehe“ bei den „Hirten und Beduinen“ vgl. Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 46–51; vgl. auch Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 216 f.

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gabe in die Ehe mit Mitgift aus: die legitime Hauptfrau und die legitimen Kinder, die rechtlichen Merkmale also der legitimen Ehe, waren entstanden. Die Mitgift und der schriftliche Kontrakt über die Dauerversorgung der Frau, ihr Witwengeld und ihre Verstoßungsgebühr sowie über die Rechtsstellung ihrer Kinder wurden nun Kennzeichen der vollwertigen Ehe im Gegensatz zu allen anderen Sexualverbindungen. Daneben aber entfaltete sich nun die sexuelle Vertragsfreiheit in den verschiedensten Formen und Graden. Dienstehe, Probeehe, Genußehe auf Zeit95 tauchen auf, und grade Mädchen aus vornehmen Familien suchten die Unterwerfung unter die patriarchale Mannesgewalt zu vermeiden und sich frei davon zu halten. Daneben existierten alle Formen der eigentlichen Prostitution, d. h. der Leistung erotischer Dienste gegen konkretes Entgeltf im Gegensatz zu der ökonomischen Dauerversorgung, welche der Ehe spezifisch blieb. Die Prostitution, heterosexuelle wie homosexuelle, ist so alt wie die Möglichkeit[,] dafür Entgelt zu gewinnen. Es hat andererseits kaum irgendwo eine Gemeinschaft gegeben, in welcher dieser Erwerb nicht infamiert hätte. Die spezifisch ethische und politische Wertung der formgerechten Ehe um des militärisch und kultisch wichtigen Zweckes der legitimen Kindererzeugung willen hat diese Infamierung verstärkt, aber nicht erst geschaffen. Zwischen Ehe und Prostitution stand namentlich beim Adel der Konkubinat, die dauernde Sexualbeziehung zu Sklavinnen oder Nebenfrauen oder zu Hetären, Bajaderen und ähnlichen, in Freiheit von der Ehe lebenden Frauen, der groben oder sublimierten Ehe. Die Stellung der Kinder aus solchen Ehen war, soweit nicht das Monopolrecht der Kinder der Hauptfrau im Wege stand, meist dem Belieben des Vaters anheimgestellt. Engere f A, B: Entgeld 95 „Dienstehe“ („Bina-Ehe“) ist eine Form der Kaufehe, bei der der Brautpreis nicht aufgebracht werden kann und statt dessen durch dauernden oder zeitweiligen Dienst im Haus der Frau abgeleistet wird. Unter „Probeehe“ ist eine primär auf den Geschlechtsverkehr, nicht auf eine dauerhafte Lebensgemeinschaft gerichtete, vertraglose Eheform verstanden, deren Zweck geradezu in der „Erprobung“ der Fruchtbarkeit der Frau liegt. Die „Genußehe auf Zeit“ bezeichnet demgegenüber eine Geschlechtsbeziehung auf beiderseitige Kündigung, ist „eine legalisierte und in feste Formen gebrachte Spielart der Prostitution“ (Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 134). Marianne Weber beschreibt diese Eheformen als typisch v.a für die altorientalischen und islamischen Kulturkreise (vgl. ebd., S. 23, 113 (Dienstehe), 104 f. (Probeehe), 133 f. (Genußehe auf Zeit)).

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Schranken zog hier der monopolistische Bürgerverband, welcher die politisch-ökonomischeng Bürgervorrechte für die Söhne von Bürgern und Bürgerinnen reservierte, wie dies in besonders starkem Maße die Demokratie der Antike durchführte. Dann die prophetische Religion aus Gründen, die früher besprochen sind.96 Im Gegensatz zu der sexuellen Vertragsfreiheit des antiken Ägypten, welche durch die politische Rechtlosigkeit der Untertanen bedingt war, verwarf das altrömische Recht alle Sexualkontrakte außer der Ehe und, für bestimmte Situationen, dem Konkubinat als causae turpes.97 Der Konkubinat als konzessionierte Ehe minderenh Rechts wurde im Okzident vom letzten Laterankonzil und dann von der Reformation endgiltig proskribiert.98 Die freie Verfügung des Vaters über die Kinder ist zunächst wesentlich sakralrechtlich, dann aus militärischen und politischen, schließlich aus ethischen Gründen zunehmend eingeschränkt und schließlich ganz beseitigt worden. Irgend eine Rückkehr zur sexuellen Vertragsfreiheit ist heute ferner gerückt als je. Die Masse der Frauen würde gegen die Freiheit des sexuellen Konkurrenzkampfes um den Mann, welcher[,] nach den ägyptischen Quellen zu schließen, die ökonomischen g Bindestrich fehlt in A, B.

h A, B: mindern

96 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 404–410. 97 Anerkannte Eheformen waren im römischen Recht die Manusehe (Eintritt der Frau in das Haus und die Hausgewalt des Mannes) und die schon zur Zwölftafelzeit gültige Ehe ohne Manus (sog. freie Ehe) mit jeweils verschiedenen Folgen für die zivilrechtliche Stellung der Frau. Als gesetzliche Lebensgemeinschaft minderen Rechts sanktionierte die augusteische Gesetzgebung neben der Ehe – wegen der Eheverbote für Soldaten und Provinzialbeamte – nur den Konkubinat. Jeder andere Sexualkontrakt galt als „ehrlos“ oder „unsittlich“ (turpis, lat.: verächtlich) und zog eine Ehrenminderung nach sich; vgl. dazu: Sohm, Institutionen, S. 584–589, 208 f.; Wenger, Leopold, Das Recht der Griechen und Römer, in: Kohler, Josef und Wenger, Leopold, Allgemeine Rechtsgeschichte. 1. Hälfte: Orientalisches Recht und Recht der Griechen und Römer (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil II, Abt. VII, 1). – Leizig, Berlin: B. G. Teubner 1914, S. 154–302, hier S. 201 f. 98 Nachdem bereits das Konzil von Basel gegen den Konkubinat der Kleriker wie der Laien vorgegangen war (Dekret vom 22. Jan. 1435), bestätigten das V. Laterankonzil (5. Mai 1514) sowie eine päpstliche Bulle zwei Jahre später das Verbot. Erst auf dem Konzil von Trient wurde es allerdings festgeschrieben (Dekret vom 11. Nov. 1563; vgl. Richter, Ludwig Emil (Hg.), Canones et decreta concilii Tridentini (ex editione Romana a. MDCCCXXXIV repititi). – Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1853, sessio XXIV, c. VIII, S. 219 f.). Die Reformationskirchen verpönten den Konkubinat, ausgehend vom protestantischen Eherecht, das insbesondere keinen Zölibat mehr kannte; vgl. dazu Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 187, 282.

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Chancen der erotisch anziehendsten Frauen zu ungunsten anderer mächtig steigerte, protestieren, ebenso wie alle traditionell ethischen Mächte, vor allem die iKirche[,] sich dagegen auflehnen würden.i Innerhalb der legitimen Ehe kann freilich ein ähnlicher Zustand durch völlige Freiheit oder sehr starke Erleichterung der Scheidung in Verbindung mit ökonomisch sehr freier und gesicherter Stellung im Ehegüterrecht herbeigeführt werden, wie sie in verschiedener Abstufung jdas spätrömische,1 islamische,2 jüdische3 und das moderne amerikanische Recht,j zeitweise auch die von der Vertragstheorie des rationalistischen Naturrechts und von populationistischen Erwägungen beeinflußten Gesetzgebungen des 18. Jahrhunderts kannten.4 Der Erfolg war sehr verschieden. Nur in Rom und Amerika hat der rechtlich freien Scheidung auch faktisch eine zeitweilig starke Ehescheidungsbewegung entsprochen. Die Stellung der Frauen dazu ist charakteristisch verschieden. Wie die römischen haben auch die amerikanischen kFrauen, diesek auf Grund ihrer feststehenden sozialen Machtstellung im Haus und in der Gesellschaft, sowohl die ökonomische wie die Scheidungsfreiheit direkt erstrebt. Umgekehrt perhorreszierte die Traditionsgebundenheit der Mehrzahl der italienischen Frauen noch vor wenii A, B: Kirche würden sich dagegen auflehnen. j A, B: des spätrömischen, islamischen, jüdischen und des modernen amerikanischen Rechts, k A, B: Frauen dieser 1 Zahlreiche Belegstellen aus dem Codex Justinianus für die relative (je nach Art der Ehe: confarreatio, coemptio, „freie Ehe“, verschieden geregelte) Scheidungsfreiheit und güterrechtliche Absicherung der Ehefrau gibt Sohm, Institutionen, S. 594 ff., bes. 597 (Ehegüterrecht); 597 ff., bes. 604 f. („dos“); 606 ff., bes. 608 f. (Ehescheidung). 2 Vgl. dazu Goldziher, Die Religion des Islams, S. 98, sowie die von Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 437, gezogene Parallele zum Islam. An dieser Stelle spricht Weber davon, daß die ägyptische Frau in der Spätzeit des Neuen Reiches volle sexuelle Vertragsfreiheit und Scheidungsfreiheit besessen habe, daß sie ihre wirtschaftliche und vermögensrechtliche Stellung umfassend kontraktlich habe sichern können. 3 Die rechtliche und materielle Hebung des Status der Hauptfrau und der legitimen Kinder bahnt sich hier an in Bestimmungen des Deuteronomium über das Erstgeborenenrecht (Dtn 24, 15–17), die gesetzliche Ordnung der – materiell für den Mann willkürlichen – Scheidung (Dtn 24, 1) etc. Weber gibt hierzu einen kurzen Überblick in: Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 451–453. 4 Weber stützt sich hier vermutlich auch auf Marianne Webers entwicklungsgeschichtliche und rechtsvergleichende Darstellung von Ehe, Eherecht und Ehegüterrecht, namentlich auf die Analyse dieser Rechtsmaterien im modernen amerikanischen Recht (vgl. Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 374), im Naturrecht (vgl. ebd., S. 296, 309 f.) und in den darauf beruhenden kontinentalen Gesetzgebungen des 18. und 19. Jahrhunderts (vgl. ebd., S. 325 ff., 336 f., 342 f., 351 f.).

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gen Jahren die Scheidungsfreiheit als Gefährdung ihrer ökonomischen Versorgung,5 namentlich für das Alter – etwa nach Art der brotlos werdenden älteren Arbeiter – und wohl auch aus Angst vor der Verschärfung des erotischen Konkurrenzkampfes um den Mann. Im übrigen pflegt bei Männern und Frauen die Vorliebe für die formale autoritäre Gebundenheit und namentlich für die formale Unauflösbarkeitl der Ehe parallel zu gehen entweder mit libertinistischer Neigung der eigenen Sexualpraxis oder gerade umgekehrt, speziell bei Männern, mit einer aus Schwäche oder Opportunismus geduldeten mzeitweisen Promiskuität.m Für die bürgerliche öffentliche Meinung ist meist die wirkliche oder vermeintliche Gefährdung der Erziehungschancen der Kinder maßgebend für die Ablehnung der Scheidungsfreiheit, daneben[,] speziell bei den Männern[,] autoritäre Instinkte und, soweit die ökonomische Befreiung der Frau in Frage steht, auch einfache Geschlechtseitelkeit oder Sorge um die in Anspruch genommene Position in der Familie. Dazu treten die autoritären Interessen der politischen und hierokratischen Gewalten, verstärkt durch die gerade infolge der Rationalisierung des Lebens in der Kontraktgesellschaft gesteigerte Vorstellung: daß die formale Geschlossenheit der Familie Quelle gewisser[,] meist ziemlich dunkel vorgestellter[,] irrationaler Werte oder ein Halt überindividuellern Gebundenheit des einzelnen[,] sich darnach sehnenden, schwachen Individuums sein könne. Abero diese ziemlich heterogenen Motive haben im ganzen in der letzten Generation eine Rückwärtsrevidierung der Scheidungsfreiheit und teilweise auch der innerehelichen ökonomischen Freiheit herbeigeführt. Tendenzen zur Beseitigung oder Begrenzung hat in der Neuzeit auch die Verfügungsfreiheit auf dem Gebiete der ökonomischen, nor malerweise intrafamilialen Verfügungen: der Testamente, erfahren. Die formale Rechtsgeschichte der Entstehung letztwilliger Verfügungen soll hier nicht verfolgt werden. Nur zweimalp ist historisch gänzliche oder fast gänzliche materielle Testierfreiheit bezeugt:

l A: Auflösbarkeit Korrektur in B (vermutlich) von fremder Hand. m A, B: harweisen Qualität. n A: über individuelle Korrektur in B (vermutlich) von fremder Hand. o Gemeint ist wohl: Alle Vgl. WuG5, S. 414. p A, B: zwei mal 5 So bereits Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter, S. 375.

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für das republikanische Rom6 und für das englische Recht.7 In beiden Fällen also für stark expansive und zugleich von einer Schicht grundbesitzender Honoratioren regierte Völker. Ihr heutiges praktisches Hauptanwendungsgebiet ist das Gebiet optimaler ökonomischer Chancen: Amerika.8 In Rom wuchs die Testierfreiheit mit der kriegerischen Expansionspolitik, welche dem enterbten Nachwuchs die Chancen der Versorgung auf erobertem Land in Aussicht stellte und schwand durch die aus hellenischem Recht übernommene Inofficiositätspraxis, als die Kolonisationsepoche zu Ende ging.9 Im englischen Recht bezweckte sie die Sicherung des 6 Eine absolute Testierfreiheit ist – nach der Überlieferung – bereits im Zwölftafelgesetz bestimmt, 12 Taf. 5,3: „Uti legassit super pecunia tutelave suae rei, ita ius esto.“ (Wie jemand hinsichtlich seines Geldes und der Vormundschaft über seine Sache letztwillig verfügt, so soll es rechtens sein.) Nach Mitteis’ einschränkender Deutung bezog sich die unbeschränkte Verfügungsfreiheit des Erblassers ursprünglich nur auf die „pecunia“, den Viehbestand, nicht dagegen auf die „familia“, d. i. das Haus (vgl. ders., Römisches Privatrecht, S. 81–83, 82, Anm. 24). 7 Ansätze zur Testierfreiheit finden sich bereits im angelsächsischen Recht. Während sie sich beim beweglichen Besitz – beschränkt nur durch Pflichtteilsrechte von Witwe und Kindern – erhielt und fortentwickelte, wurde sie auf dem Gebiet des Immobiliarbesitzes durch das normannische Lehnswesen zunächst verdrängt. Erst die Statutes of Wills des 16. und 17. Jahrhunderts (32 Hen. VIII. c. 1, 34–35 Hen. VIII c. 5 und 12 Car. II. c. 24) übertrugen die Testierfreiheit auch auf real property („Grund und Boden“). Die New Wills Act von 1837 (1 Vict. c. 26) schließlich statuierte die völlige Testierfreiheit ohne Einschränkungen durch ein Pflichtteilsrecht; vgl. dazu Heymann, Überblick, S. 340 f.; Pollock/Maitland, English Law II, S. 314–356. 8 Grundlage der Testierfreiheit in den Vereinigten Staaten waren die englischen Statutes of Wills; vgl. oben, Anm. 7. Im Unterschied zur englischen New Wills Act von 1837 (völlige Testierfreiheit ohne Pflichtteilsschranken) sahen die einzelstaatlichen Gesetzgebungen in Amerika allerdings Beschränkungen der Testierfreiheit in Gestalt von Pflichtteilsrechten für legitime Kinder und überlebende Ehegatten vor; vgl. etwa Kent, James, Commentaries on American Law (ed. by Oliver Wendell Holmes, Jr.), Vol. IV, 12th ed. – Boston: Little, Brown and Co. 1873, S. 550 mit Anm. a). 9 Die Erhaltung des Familieneigentums war Hauptzweck des griechischen wie des römischen Erbrechts und ihr diente im republikanischen Rom vor allem auch die Testierfreiheit. Andererseits entwickelte sich auf dieser Grundlage ein zunächst nur formelles, im Zuge der Rechtsentwicklung aber schließlich auch materielles Noterbrecht der Nachkommen und Verwandten des Erblassers. Im ersten Fall mußten diese testamentarisch ausdrücklich eingesetzt bzw. enterbt (exheredatio) werden. Das materielle Noterbrecht sah dagegen vor, daß die im Testament übergangenen Nächstverwandten als (intestaterbrechtlich) Pflichtteilsberechtigte gegen das „pflichtwidrige Testament“ (testamentum inofficiosum) mit der querela inofficiosi testamenti vorgehen und auf diese Weise letzteres zu Fall bringen bzw. ihr Pflichtteil einfordern konnten; vgl. dazu statt aller Sohm, Institutionen, S. 702–711. – Zu diesem Zusammenhang vgl. bereits Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 158–160, S. 160, Webers Fn. 38, sowie ders., Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 662–665.

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Vermögens in den großen Familien,10 welcher in anderer Art auch die formal gerade entgegengesetzten Institute: Lehnerbfolgeq 11 in den Immobiliarbesitz, Anerbenrecht, Fideikommiß dienen konnten.r Die Beseitigung oder die Einschränkung der Testierfreiheit durch hohe Pflichtteilsquoten sowohl wie die im französischen Code bis zum realen Teilungszwang sich steigernde Verhinderung der Anerbenfolge in Immobilien12 war und ist in den modernen demokratischen Gesetzgebungen vorzugsweise politisch bedingt. Bei Napoleon stand neben der Absicht[,] durch den Teilungszwang die alte Aristokratie zu zertrümmern, die ders Errichtung von Lehen als Trägern der von ihm zu schaffenden neuen Aristokratie, und auf diese letztere Institution bezog sich seine bekannte Versicherung, daß die Einführung des Code die Art der sozialen Machtverteilung in die Hand der Regierung lege.13 Die Unterdrückung der Sklaverei durch Ausschluß auch der freiwilligen Ergebung in formal sklavenartige Beziehungen war Produkt vor allem der Verschiebung des Schwerpunktes der ökonomiq A, B: Einordnung Die Emendation folgt WuG5, S. 415; vgl. Anm. 11. konnte. s Fehlt in A, B; der sinngemäß ergänzt.

r A, B:

10 Vgl. aber oben, S. 354, Anm. 7. Erst im 16. Jahrhundert waren Verfügungen von Todes wegen über Immobiliarbesitz wieder möglich und erst im 19. Jahrhundert setzte sich die unbeschränkte Testierfreiheit über real und personal property durch. 11 Die sachgerechte Lesung des hier unverständlichen Begriffs „Einordnung“ als „Lehnerbfolge“ orientiert sich an den gemeinten und z. B. von Gierke, Grundzüge (wie oben, S. 345, Anm. 85), S. 299–302, 245 f., 250–252, als „Sondererbfolge“ im Unterschied zu den Regeln der Universalsukzession behandelten Formen erbrechtlicher Besitzbindung. Lehnerbfolge, Fideikommisse und Anerbenrecht sind primär Rechtsinstitute zur politisch-militärisch, ständisch bzw. ökonomisch motivierten Bestandswahrung von (Geld- oder Immobilien-)Vermögen. 12 Weber bezieht sich hier die auf die Bestimmungen der §§ 913, 915 Code Civil, die einen Vorbehalt der nächsten Verwandten (Erben) bei testamentarischen Vermögensverfügungen, aber auch bei vermögensrechtlichen Verfügungen unter Lebenden begründen; vgl. Handbuch des Französischen Civilrechts, begr. von Zachariä von Lingenthal, bearb. von Carl Crome, Band 4, 8., verm. und verb. Aufl. – Freiburg i.Br.: Ernst Mohr 1895, S. 305, 308 ff., 310. 13 Weber bezieht sich auf eine Äußerung Napoleons, die sich in einem Brief vom 5. Juni 1806 an seinen Bruder Joseph, zu dieser Zeit König von Neapel, findet. Dort heißt es: „Au moyen de ces modifications, il faut établir le Code civil chez vous; il consolide votre puissance, puisque par lui tout ce qui n’est pas fidéicommis tombe, et qu’il ne reste plus de grandes maisons que celles que vous érigez en fiefs. C’est ce qui m’a fait prêcher un code civil et m’a porté à l’établir“ (Correspondance de Napoléon Ier, publieé par ordre de l’empereur Napoléon III, tome XII. – Paris: Imprimerie Imperiale 1862, S. 527–529, Zitat S. 529).

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schen Weltherrschaft in Gebiete hinein, in welchen die Sklavenarbeit infolge der Kostspieligkeit des Lebensunterhaltes unrentabel ist, und zugleich der Entwicklung des indirekten Arbeitszwanges, wie ihn das Lohnsystem mit seiner drohenden Chance der Entlassung und Arbeitslosigkeit bietet[,] als eines für qualitative Arbeitsleistungen gegenüber dem direkten Zwang wirksameren und zugleich das große Risiko der Sklavenvermögen vermeidenden Mittels, Arbeit aus dem Abhängigen herauszupressen. Die religiösen Gemeinschaften, speziell das Christentum, hatten in der Antike an der Zurückdrängung der Sklaverei sehr geringen Anteil, geringeren als z. B. die Stoa,14 im Mittelalter und in der Neuzeit einen etwas größeren, aber auch damals nicht den entscheidenden. Vielmehr schrumpfte die kapitalistische Sklaverei der Antike mit der Befriedung des Reiches nach außen, welche vorwiegend nur tfriedlichen Sklavenhandel als Quelle des Sklavenimportst für den Westen offen ließ.15 Die kapitalistische Sklaverei der amerikanischen Südstaaten war zum Absterben verurteilt, nachdem der freie Boden zu Ende ging und die Schließung des Sklavenimports die Sklavenpreise monopolistisch steigerte. Die Vorwegnahme ihrer Beseitigung durch Bürgerkrieg wurde beschleunigt durch reinu politische und soziale Gegnerschaften der Farmerdemokratie und bürgerlichen Plutokratie der Nordstaaten gegen die südliche Pflanzeraristokratie. In Europa führten rein ökonomische Evolutionen der Arbeitsorganisation,v speziell der zünftigen Arbeit, dazu, daß die während des ganzen Mittelalters in Südeuropa nicht ganz verschwundene Sklaverei in das Gewerbe nicht eindrang.16 Innerhalb t A, B: [Spatium] als Quelle des Sklaventransports Zur Emendation vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 716 f. u A, B: reine v A, B: Arbeitsorganisationen, 14 Die stoischen Kaiser Roms (bes. Antoninus Pius und Marc Aurel) setzten die Familie als Gesamtheit aller, die unter der patria potestas verbunden sind, unter rechtlichen Schutz und verschafften auf diese Weise auch der Sklavenehe Eingang in die Sozialverfassung – sichtbarer Ausdruck einer Hebung der wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Stellung des Sklaven. 15 Zur Entwicklungsgeschichte der römischen kapitalistischen Sklavenwirtschaft vgl. bereits Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 312 ff., 318 f., 345–352, sowie ders., Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 668 ff., S. 714–725; weiterhin Grünberg, Carl, „Sklaverei“, in: HdStW3, Band 7, 1911, S. 524–541, hier S. 533 f. (hinfort: Grünberg, Sklaverei). 16 Einen Sklavenmarkt gab es noch im frühen Mittelalter und Sklavenhandel wurde in den Binnengebieten Osteuropas wie den mittelländischen Seestädten (z. B. Genua)

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der Landwirtschaft hat die Entwicklung der Exportproduktion im Verlauf der Neuzeit noch einmal eine Verstärkung der persönlichen Unfreiheit der Arbeitskräfte des Gutsherrn erlebt, bis die Entwicklung der modernen Produktionstechnik die Unrentabilität der unfreien Arbeit auch hier endgültig machte. Maßgebend für die gänzliche Beseitigung der persönlichen Unfreiheit aber waren letztlich überall starke naturrechtliche ideologische Vorstellungen.17 Die patriarchale Sklaverei des Orients, des althistorischen und spezifischen Sitzes dieser in Ostasien und Indien relativ weit schwächer verbreiteten Institution[,] steht infolge der Unterbindung des afrikanischen Sklavenhandels auf dem Aussterbeetat. Nachdem ihre meist im ägyptischen Altertum ebenso wie noch im Spätmittelalter hohe militärische Bedeutung durch die Kriegstechnik schon der Söldnerheere obsoleta geworden war, ist auch ihre von jeher nicht sehr große ökonomische Bedeutung in rapidem Rückgange. Eine solche Rolle wie die Plantagensklaverei im karthagischen und im spätrepublikanischen römischen Gutsbetrieb hat sie im Orient niemals gespielt.18 Sie ist hier wie ebenso im hellenischen und hellenistischen Gebiet teils Haussklaverei gewesen, teils stellte sie[,] in Babylonien und Persien ebenso wie in Athen, eine Form zinstragender Vermögensanlage in gewerblichen Arbeitern dar. Im Orient ganz ebenso wie noch jetzt in Innerafrika kam diese patriarchale Sklaverei einem freien Arbeitsverhältnis oft weit näher als die Rechtsform vermuten ließ. Daß der Ankauf eines Sklaven auf dem Markt ohne dessen Zustimmung zur Person des Herrn zu den Ausnahmen gehörte und daß starke Unzufriedenheit des Sklaven mit dem Herrn regelmäßig den Wiederverkauf durch diesen herbeia A, B: absonant

Die Emendation folgt WuG5, S. 415.

auch darüber hinaus getrieben; vgl. z. B. Grünberg, Sklaverei (wie oben, S. 356, Anm. 15), S. 536. Mit der wachsenden sozialen Macht der Zünfte, der zünftigen Ordnung des Arbeitsverhältnisses und einem entsprechenden Arbeitsrecht war unfreie Arbeit allerdings zunehmend unvereinbar, weshalb sie – nach Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 693–695 – gerade in den industriellen Binnenstädten, den eigentlichen Zunftstädten, verschwand. 17 Den sklaverei-kritischen Standpunkt und Einfluß der Naturrechtsdoktrinen betonen etwa Knapp, Bauernbefreiung (wie oben, S. 344 f., Anm. 84), S. 545, 549, und Grünberg, Sklaverei (wie oben, S. 356, Anm. 15), S. 538. 18 Zu der unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedeutung der römisch-karthagischen Plantagensklaverei im Vergleich zur orientalischen patriarchalen Sklaverei vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 390–393, 664 f., passim.

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führte, war, wie bSnouck Hurgronjeb in Mekka beobachtete,19 eine Folge der starken Abhängigkeit des Herrn von der Gutwilligkeit gerade der Haussklaven[,] ist allerdings wohl auch im Orient schwerlich allgemein gültig. Allein in Innerafrika weiß der Sklave noch heute den Herrn, mit welchem er unzufrieden ist, zur noxae datio an einen anderen, den er vorzieht, zu zwingen.20 Auch das ist gewiß nichts Allgemeingültiges.c Aber die Natur der orientalischen theokratischen oder patrimonialen Herrschaft, ihre Neigung zur ethischen Ausgestaltung der patriarchalen Seite aller Abhängigkeitsverhältnisse[,] hatd wenigstens im Orient eine so starke konventionelle Sicherung des Sklaven gegen den Herrne geschaffen, daß dessen freie Ausbeutung nach Art der spätrömischen Sklaverei faktisch ausgeschlossen ist. Schon im jüdischen Recht der Antike finden wir die Ansätze dazu, und gerade der Umstand, daß die falte Personalexekutionf und Schuldknechtschaft die Chancen der Versklavung auch über den eigenen Volksgenossen verhängten, bildete den entscheidenden Antrieb für dies Verhalten.21 gEndlich haben gewisse Schranken der Vertragsfreiheit ihren Grund in sozialen und ökonomischen Interessen maßgebender[,] grade „bürgerlicher“ Schichten. So der Ausschluß aller feudalen und aller überhaupt eineg dauernde Belastung eines Grundstücks zu Gunsten eines Privatmanns zulassenden Institutionen im republikanischenh römischen Recht22 ebenso wie, seit den preußischen b A, B: Snouch H. Hurgronaje c A, B: allgemein giltiges. d A, B: haben e A, B: Herren f A, B: alten Personalexekutionen g – g Fehlt in A. Es folgt der Satzanschluß an den Typoskripttext, oben, S. 348, textkritische Anm. s. h Fehlt in A. B: spätrepublikanischen  republikanischen 19 Weber bezieht sich auf Snouck Hurgronje, Mekka, S. 17. 20 Diese Art des provozierten Herrenwechsels durch absichtlich schädigendes Verhalten des Sklaven und – infolge Noxalhaftung des Herrn – seine anschließende Übergabe an den Geschädigten veranschaulichen etwa die von Werner Munzinger, Ostafrikanische Studien. – Schaffhausen: Fr. Hurter 1864, S. 207, 238 f., 312 f., 484, beschriebenen Stammestraditionen. 21 Zu denken ist hier vor allem an das dekalogische Gebot der Sabbatruhe, das die Sklaven einschließt. Regelungen und Motive des Dekalogs zeigten – wie Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 442, bemerkt –, „daß der Schutz der Gemeinfreien gegen die Folgen der Besitz- und Machtdifferenzierung jedenfalls ein sehr stark hervortretendes Leitmotiv der Gesetzgebung ist.“ Insbesondere gelte es überall, die Härten des überkommenen Schuldrechts für die Volksgenossen abzumildern. 22 Dies hat Max Weber näher ausgeführt in: Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 644–646, 657–659, 686.

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Ablösungsgesetzen, in iPreußen:23 in beiden Fällen wirkteni bürgerliche Klasseninteressen und mit diesen assoziierte ökonomische Vorstellungen.j kDenn die römische Gesetzgebung, welche in republikanischer Zeit Erbpacht nur als „ager vectigalis“ auf Land von öffentlichen Körperschaften kennt, war ebenso wie die heutige thatsächliche Beschränkung der „Rentengüter“ auf staatliche oder staatlich privilegierte Colonisation in Deutschland Produkt des Interesses der bürgerlichen Bodeninteressenten an der rechtlichen Mobilisierung des Bodens und dem Ausschluß des Entstehens grundherrschaftsartiger Gebundenheitl.k 24 Wie das römische, so erreicht mauch das heutige rationalisierte Recht die aus dem Miteinanderwirken all dieser Motive sich ergebende Art der Reglementierung der Vertragsfreiheitm technisch in der Regel nicht dadurch, daß es Vereinbarungen der nvon ihm perhorresziertenn Art durch besondere Verbotsgesetze entgegentritt, sondern einfach[,] indem es keine Vertragsschemata (oin Rom:o keine Klageschemata) für sie zur Verfügung stellt und pindem esp die in ihren Rechtsfolgen qvon ihmq normierten Tatbestände so gestaltet, daß rdiese Normen mit Vertragsabreden der vom Recht nicht gebilligten Art logisch unvereinbar sind. Die technische Form andrerseits, in welcher Ermächtigungen zu solchen rechtlichen Verfügungen,r welche, wie etwa die Gründung einer Aktiengesellschaft, die Interessen Dritter sonderrechtsmäßigs berühren, gegeben werden, ist die Aufstellung entsprechender Vertragsschemata, deren Normen jede Vereinbarung von Interessenten tals zwingendt i A: Preußen, in beiden Fällen durch j A: Vorstellungen beeinflußt. Oder endlich sie entspringen der aus den verschiedensten Gründen heraus möglichen Abneigung, rein private Vereinbarungen durch Rechtsgarantie zu schützen, deren Konsequenz über die Person der direkt Beteiligten hinausreichen. k – k Fehlt in A. l In B folgt:  zu Gunsten ständischer Schichten und privilegierter¯ m A: nun auch das heutige Recht diesen die Vertragsfreiheit einschränkenden Effekt n A: betreffenden B: von ihm abgelehnten  von ihm perhorreszierten o A: und in Rom p Fehlt in A. q A: schematisch r – r A: die Art dieser Normierung mit Vertragsabreden der gedachten, vom Recht nicht gebilligten Art unvereinbar ist. Denn die in Rom ebenso wie heute übliche technische Form, in welcher Ermächtigungen zu bestimmten Arten von rechtlichen Verfügungen, insbesondere zu solchen, s Fehlt in A. t Fehlt in A. 23 Vgl. oben, S. 344 f. mit Anm. 84. 24 Ausführlicher hat Weber dies gerade auch mit vergleichender Perspektive auf die preußischen Verhältnisse bereits dargelegt in: Römische Agrargeschichte, MWG I/2, bes. S. 190 f., S. 191 mit Webers Fn. 92.

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zugrunde legen muß, um arechtswirksamb zu sein, und das heißt in diesem Fall: um vom Rechtszwang auch jedem Dritten gegenübera garantiert zu werden:c dDenn im Verhältnis unter den Vereinbarenden selbst kann sie, wenn nicht andre Gründe ihre Gültigkeit ausschließen, Rechtswirkungen enthalten, auch wo sie Dritte nicht bindet[.] Diese moderne Form, den Interessenten zu überlassen, durch Benutzung bestimmter Schemata von Vereinbarungen und Erfüllung der vom Recht geforderten sachlichen Voraussetzungen sich mit Wirkung gegen Dritte die Vorteile eines Sonderrechtsinstituts zu verschaffen, weicht nun von der Art, wie die Vergangenheit Sonderrecht gegenüber den allgemeinen Rechtsregeln zuließ, erheblich ab und ist Produkt der Vereinheitlichung und Rationalisierung des Rechts in Verbindung mit der offiziellen Monopolisierung der Rechtsschöpfung durch die modernen[,] anstaltsmäßig organisierten politischen Verbände. Sonderrecht entstand in der Vergangenheit normalerweise in der Form „gewillkürten“ Rechts[,] d. h. edurch Tradition odere vereinbarte Satzung „ständischer“ Einverständnisgemeinschaften oder fvergesellschafteter „Einungen“f 25: in autonom gesatzten Ordnungen. Daßg „Willkür“ (gewillkürtes partikuläres Recht im eben erwähnten Sinn) das „Landrecht“ (das hgemeine, sonst gültigeh Recht) „bricht“ (ihm vorgeht), war a – a A: gültig zu sein und vom Recht b B: „gültig“  rechtswirksam c A: werden. In A folgt: Man kann die Vereinbarungen, welche innerhalb bestimmter Schranken auch Unbeteiligte binden – immer mit dem Vorbehalt, daß dies in irgend einem Sinn bei fast jedem Rechtsgeschäft zutrifft –, gewillkürtes Recht im Gegensatz zum gemeinen Recht nennen. Gewillkürtes Recht zu schaffen kann eine Angelegenheit monopolistischer Einungen sein. Daß derart gewillkürtes Recht dem gemeinen Recht vorgeht, – Willkür das Landrecht bricht – ist Charakteristikum einer bestimmten ständisch gegliederten Sozialordnung, und die wichtigsten Träger gewillkürten Rechtes sind Einungen unter ständisch Gleichgestellten. Es ist ein Zustand, in welchem das Monopol der politischen Gemeinschaft, Recht zu schaffen, oder doch die Schaffung gewillkürten Rechtes zu erlauben, sich noch nicht durchgesetzt hat, die In B zunächst überarbeitet, dann gesamte Passage gestrichen:  Man kann die Vereinbarungen, welche wenn „gültig“ eingegangen, kraft einer vom sonst geltenden Recht abweichenden Sondernorm auch Unbeteiligte binden [. . .]¯ d – d (S. 361) Fehlt in A. e B: durch  Satzung oder¯ Tradition  (Einverständnis)¯ oder f B: Vergesellschaftungen (Stände oder Einungen)  vergesellschafteter „Einungen“ g In B folgt: Daß h B: gemeinen, sonst gültigen 25 Weber entlehnt den Begriff der „Einung“ offenbar Gierkes Konzept der „freien Einungen“, die als „gewillkürte“ bzw. „gekorene Genossenschaften“ von Abstammungsoder Verwandtschafts-Verbänden abgegrenzt werden (vgl. Gierke, Otto, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Band 1: Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft. – Berlin: Weidmann 1868, S. 9, 221).

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ein fast universell geltender Grundsatz und gilt bis heute in fast allen außeroccidentaleni Rechtsgebieten und in Europa z. B. teilweise noch für die russische Bauernschaft.26 Die politische Anstaltj hat freilich fast überall den Anspruch erhoben und meist durchgesetzt, daß diese Sonderrechte nur kraft ihrer Zulassung in Geltung bleiben und also auch nur soweit[,] als sie es erlaubt. Ganz ebenso wie sie die „Gemeinde“ zu einem von der kpolitischen Anstalt mitk bestimmten Vollmachten ausgestatteten heteronomen Verband gestempelt hat. Allein dies war in beiden Fällen nicht der ursprüngliche Zustand. Died Summe allesl innerhalb eines gegebenen Gebiets oder Personenkreises geltenden Rechts warm vielmehr nin großen Bestandteilen durch autonomen Usurpationen verschiedener gegeneinander oselbständiger Einverständnis-Gemeinschaften oder vergesellschafteter Einungeno geschaffen und fortgebildet,p zwischen denen der stets erneut erforderliche Ausgleich entwederq durch gegenseitige Kompromisse geschaffen oder durch rdie Macht überragender politischer oder kirchlicherr Gewalten oktroyiert wurde.s tWir kehren damit zu Erscheinungenu zurück, welche in andrem Zusammenhang schon zu Beginn dieses Paragraphena erörtert wurden[.]27 Jedeb Einverständnisgemeinschaft oder Vergesellschaftung, welche Trägerin von Sonderordnungen war und hier fortan dieser ihrer Qualität nachc „Rechtsgemeinschaft“ heißen möge, war in der Epoche vor dem Siege des Zweckkontrakts, der Vertragsfreiheit im heutigen Sinn[,] und des Anstaltscharakters des politischen Verbandes entweder eined durch objektive Thatbestände: Geburt, politii B: asiatischen  außeroccidentalen j B: Gewalt  Anstalt k B: politischen  Gewalt nur¯ Anstalt  nur¯ mit d (S. 360) – d Fehlt in A. l A, B: aller m Fehlt in A. n A: durch o A: autonomer Gemeinschaften p A: fortgebildet wird, q Fehlt in A. r A: überragende politische oder kirchliche s A: wird. t – t (S. 367) Fehlt in A. u B: Betrachtungen  Erscheinungen a B: Kapitels  Paragraphen b In B geht die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz c Fehlt in B; nach sinngemäß ergänzt. d Fehlt in B; eine sinngemäß ergänzt. 26 Varianten des Rechtssprichwortes finden sich bei Graf, Eduard/Dietherr, Mathias (Hg.), Deutsche Rechtssprichwörter, 2. Ausg. – Nördlingen: C. H. Beck 1869, S. 24 f. – Für Rußland bezieht sich Weber vermutlich auf die Rechtsprechung der Gemeindegerichte, deren autonome Streiterledigung nach tradierten Rechtsgewohnheiten von der staatlichen Gesetzgebung ausdrücklich anerkannt wurde; zu diesem „Sonderrechtskreis“ vgl. auch Ehrlich, Grundlegung, S. 113. 27 Siehe oben, S. 315 – 318, über die durch „Statuskontrakte“ konstitutierten (Rechts-)Gemeinschaften.

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sche, ethnische, religiöse Zugehörigkeit, Lebensführung oder Art des Erwerbs[,]e oder durch ausdrückliche Verbrüderung entstandene Personengruppe. Der urwüchsige Zustand, sahen wir schon oben,28 war der: daß ein „Rechtsgang“29, entsprechend unsrem „Prozeß“, überhaupt nur in Gestalt eines Sühneverfahrens zwischen verschiednen Verbänden (Sippen) und ihren Zugehörigen stattfand. Innerhalb der Verbände, zwischen den Verbandsgenossen, herrschte patriarchale Streitschlichtung. Der Dualismus des Rechts der Verbände – vom Standpunkt der erstarkenden politif schen Gewalt aus gesprochen [:] ihres „autonom“ geschaffenen Rechts und der für die Streitschlichtung zwischen Verbandsgenossen geltenden Normen –g steht also am Anfang aller Rechtsgeschichte. Aber auch bereits derjenige Umstand, der diesen scheinbar einfachen Sachverhalt trübte: der Einzelne gehört schon auf den frühesten uns zugänglichen Entwicklungsstufen oft mehreren Personalverbänden an, nicht nur einem.h Allein trotzdem war die Unterstellung unter das Sonderrecht eine zunächst streng persönliche Qualität, ein durch Usurpation oder Verleihung erworbenes „Privileg“ und also ein Monopol ihrer Teilhaber, welche durch den Anspruch auf seine Anwendung „Rechtsgenossen“ wurden. Dem entsprechend war in politisch idurch gemeinsame Herrengewalt zusammengefügteni Verbänden, wie dem Perserreich, dem Römerreich, dem Frankenreich, den islamischen Reichen, das von den Rechtsfindungs-Instanzen der einheitlichen politischen Gewalt anzuwendende Recht ein je nach demj ethnischen oder religiösen oder dem unterworfenen politischen Teilverbandk (rechtlich als prekär autonomer lStadt- oder Stammesverbandl) verschiednes. Auch das römische Recht war im Römerreich zunächst ein Recht der römischen Bürger und im Verkehr mit den zum Reich gehörigen, ihm unterworfenen Nichtbürgern kommt es mteils nichtm zur e In B folgt: ruhende f B: gesprochen – g B: Normen h In B folgt:  Und diese können kollidieren.¯ i B: geeinten  durch gemeinsame Herrengewalt zusammengefügten j In B folgt:  „Personenstand“¯ k B: Verband  Teilverband l B: Stadtoder Stamm m B: teils gar nicht, teils nur bedingt  teils nicht 28 Siehe oben, S. 314 f., 327 und S. 283. 29 Der in der rechtsgeschichtlichen Literatur gegenüber dem „Prozeß“ i. e. S. verwendete weitläufigere Begriff des „Rechtsgangs“ trägt dem Umstand Rechnung, daß in frühen Rechten das Verfahren primär auf außergerichtlichen Parteienvereinbarungen beruht, also außerhalb des „Prozesses“ stattfindet.

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Anwendung.30 Die nichtmoslemischen Unterworfenen der islamischen Reiche und ebenso die Angehörigen der vier orthodoxen Rechtsschulen leben nach ihren eignen Rechten31 – wenn allerdings sie nicht ihre eignen Instanzen, sondern den islamischen Richter anrufen[,] entscheidet dieser nach islamischem Recht, da er kein andres zu kennen verpflichtet ist: die Nichtmuselmanen sind eben bloße „Unterthanen“. Die Angehörigen des mittelalterlichen Imperium dagegen hatten den positiven Anspruch[,] nach dem Recht des Stammes überall beurteilt zu werden, nach dem zu leben sie „bekennen“ (profiteri)[.]32 Der Einzelne trägt diese Rechtskonfession mit sich herum. Das Recht ist nicht eine „lex terrae“ – wie sie das englische Recht der Königsgerichte alsbald nach der normannischen Eroberung wurde –[,] sondern ein Privileg eines Personenverbandes. In absoluter Consequenz galt freilich dieser Grundsatz der Rechtspersonalität damals ebensowenig wie heut der entgegengesetzte.n Denn für den Streit zwischen den verschiedenen Personalrechtszugehörigeno mußten sich bei jeder Art von Regelung dieses Falles Unzuträglichkeiten und das Bedürfnis gewisser gemeinsamer Rechtsgrundsätze herausstellen, welches mit steigender Verkehrsintensität schnell stieg. Entweder entsteht dann wie in Rom ein „jus gentium“ unter dem nur den Verbandsgenossen zugänglichen „jus civile“ jedes einzelnen Verbandes.33 n B: entgegengesetzte.  , wohl aber dem Schwerpunkt nach.¯ gen  Personalrechtszugehörigen

o B: Stammeszugehöri-

30 Dem liegt die Unterscheidung von ius civile, i. e. S. als ius proprium civium Romanorum, und ius gentium zugrunde. 31 Gemeint sind die hanafitische, malikitische, schafitische sowie die hanbalitische Rechtsschule, die alle im 8. und 9. Jahrhundert n.Chr. entstanden, in verschiedener Art das islamische Recht auslegten bzw. durch Auslegung fortbildeten und für ihre Angehörigen eine „Rechtsgemeinschaft“ bilden; vgl. unten, S. 438 f. und S. 528 f. 32 In den Gebieten gemischter Bevölkerung, nach der fränkischen Eroberung besonders in Italien, wo neben römischer und langobardischer Bevölkerung nun auch Alamannen, Baiern, Franken ansässig wurden, bürgerte sich für rechtsgeschäftliche und prozessuale Handlungen das Erfordernis einer formellen Erklärung über das durch Geburt bestimmte Personalrecht ein. In den Quellen findet sich dafür der Ausdruck „profiteri“ (öffentlich erklären, bekennen), in der rechtsgeschichtlichen Literatur die sprachliche Ableitung „professio iuris“; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 272; Schröder, Lehrbuch, S. 228 f. 33 In einem Zeitraum von Jahrhunderten entstand durch prätorisches Edikt, Rechtswissenschaft und Kaisergesetzgebung das zunächst nur den Verkehr zwischen Bürgern und Fremden bzw. zwischen den letzteren untereinander regelnde „ius gentium“.

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Oder der politische oder hierokratische Herrscher oktroyiert ein seine Gerichte allein bindendes „Amtsrecht“34 kraft seines imperium (wie in England)[.] Oder ein neuer, meist ein lokaler, politischer Verband verschmilzt die Personalrechte mit einander inhaltlich. Die ältesten italienischen Stadtrechte wissen zwar noch gut, daß die Bürger nach langobardischem Recht zu leben erklärt haben[,]35 aber, in charakteristischer Abweichung von den älteren Rechtsgedanken, ist es die „civitas“, die Gesammtheit der Bürger, welche dies Recht und in sachlicher Ergänzung desselben römisches Recht (oder umgekehrt) als „Confession“ angenommen hat.36 Andererseits erstrebten alle gewillkürten Einungen für die von ihnen gesatzten Rechte immer wieder die Anwendung des Personalitäts-Prinzips, freilich mit sehr verschiednem Erfolg. Jedenfalls aber war das Ergebnis die Existenz zahlreicher „Rechtsgemeinschaften“, deren Autonomien sich kreuzten und von denen Dieses Recht zeichnete sich gegenüber dem nur römischen Bürgern zugänglichen, streng formalen „ius civile“ durch freiere, am Maßstab der Billigkeit orientierte Formen aus. Indem es das praktisch brauchbare materielle Recht des ius civile absorbierte, dessen Formalismus aber beseitigte, bildete es den Kern des späteren römischen Weltrechts. 34 „Amtsrecht“ ist der von Sohm, Gerichtsverfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 102 f., geprägte Begriff zur Bezeichnung eines in fränkischer Zeit neben und gegen das alte Volksrecht tretenden selbständigen Rechtssystems kraft königlicher Banngewalt. 35 Das sog. Edictum Langobardorum des Königs Rothari aus dem 7. Jahrhundert und die ergänzenden fränkischen Spezialgesetze („Capitulare Langobardorum“) wurden von der Rechtsschule in Pavia im 11. Jahrhundert in einem Rechtsbuch, dem „Liber legis langobardorum“, zusammengestellt. Durch die systematische Einteilung des bisher chronologisch angeordneten Rechtsstoffes entstand noch vor Beginn des 12. Jahrhunderts die sog. Lombarda, die den Grundstock des in die italienischen Stadtrechte einfließenden langobardischen Rechts enthielt; vgl. dazu u. a. Sohm, Rudolph, Fränkisches und römisches Recht. Prolegomena zur deutschen Rechtsgeschichte, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germ. Abt., Band 1, 1880, S. 1–84, hier S. 19–21, 74 (hinfort: Sohm, Recht); Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 387–391. 36 Die Stadtgemeinde (ital. „Commune“) – und nach ihrem Vorbild Gilde und Zunft – war eine Eidgenossenschaft (zunächst der freien Kaufleute und der höheren gewerbetreibenden Schichten oft in Verbindung mit dem städtischen Adel), deren Mitglieder periodisch den Eid leisteten auf die in allgemeiner Versammlung vorgetragenen Statuten (Stadt-, Innungs-, Zunft-, Gildestatuten). Den konstitutiven Charakter der im 12. Jahrhundert aufkommenden italienischen Stadtrechte faßt Karl von Hegel in die Feststellung, daß sie „ebenso wie das Commune die gesonderten Stände zu einem Ganzen vereinigte, die besondern persönlichen Rechte zu einem gemeinsamen Statutarrecht aller Einwohner des Orts und seines Gebiets zusammenbrachten“ (Hegel, Karl von, Geschichte der Städteverfassung von Italien seit der Zeit der römischen Herrschaft bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts, Band 2. – Leipzig: B. G. Teubner 1847, S. 221).

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der politische Verband – sofern er sich überhaupt schon als Einheit darstellte – nur eine war. Wenn nun die Rechtsgenossen eines Sonderrechts kraft dieser Qualität bestimmte Objekte, z. B. Grundstücke bestimmter Art (Hofleihegüter, Lehen)37 monopolisierten, so konnte sich, wenn die persönliche Geschlossenheit der Gemeinschaft nach außen unter der Einwirkung der uns bekannten Interessen38 aufgegeben wurde und vor Allem mit Vermehrung der Verbände, dem ein Einzelner zugleich angehörte[,] das Sonderrecht derart an den Besitz dieser Objekte heften, daß nun umgekehrt etwa die Thatsache dieses Besitzes für die Teilhaberschaft am Sonderrecht entscheidend wurde. Es war dies freilich bereits eine Übergangsstufe zur heutigen formal allgemeinen Zugänglichkeit der einem Sonderrecht unterliegenden Beziehungen. Immerhin aber nur die Übergangsstufe dazu. Denn alles Sonderrecht pjener älteren Artp galt als eine rechtlich privilegierende Dauerqualität entweder gewisser, einem Personenverband zugehöriger Personen direkt als solcher oder bestimmter Objekte, deren Besitz diese Zugehörigkeit vermittelt. Gewisse rein technische oder ökonomische Qualitäten von Dingen oder Personen geben auch im heutigen Rechte zu Sonderbestimmungen Anlaß: z. B. für „Fabriken“ etwa oder für „landwirtschaftliche Grundstücke“ oder für „Anwälte“,q „Apotheker“, „Gewerbetreibende“ bestimmter Art. Natürlich finden sich inr jedem Recht aller Zeiten auch solche an techp B: kraft Privileg  jener älteren Art sinngemäß ergänzt.

q In B folgt:  „Handwerker“¯

r Fehlt in B; in

37 Gemeint sind zu Hofrecht („Hofleihegut“) bzw. zu Lehnsrecht („Lehen“) vergebene Grundstücke. Das Hofleihegut stand ursprünglich in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu einem Gutshof (Fronhof) und hing mit unterschiedlich ausgeprägter persönlicher Unfreiheit des beliehenen Bauern zusammen. Es begründete gegen Zinspflicht und Arbeitsdienste ein zunächst zeitlich befristetes (erst später tendenziell erbliches) Besitz-, Nutzungs- und bedingtes Veräußerungsrecht. Das Lehen setzte (zumindest beim sog. echten Lehen) die ständische Qualifikation des Lehnsmanns (vassallus) voraus. Die Lehensinvestitur verschaffte diesem gegen Erfüllung ritterlicher Dienst- und Treupflichten ein ursprünglich unvererbliches und unveräußerliches dingliches (Besitz-) Recht; vgl. hierzu z. B. Gierke, Grundzüge (wie oben, S. 345, Anm. 85), S. 242–247. 38 Gemeint sind die auf Rechtsvereinheitlichung, Beseitigung von Partikularrechten und Monopolisierung der Rechtspflege abzielenden politischen ebenso wie die monopolfeindlichen bürgerlich-ökonomischen Interessen, deren allgemeine Bedeutung für die Rechtsentwicklung Weber wiederholt hervorhebt; vgl. z. B. oben, S. 358 f., sowie Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 196–198; in ihrer ständefeindlichen „Wahlverwandtschaft“ bes. unten, S. 566 – 569.

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nische und ökonomische Thatbestände geknüpfte Sondernormen. Aber die hier gemeinten Sonderrechte waren anderen Charakters[.] Nicht ökonomische oder technische, sondern „ständische“, d. h. durch Geburt oder Lebensführung oder Zugehörigkeit zu einem Verband bestimmte Qualitäten von Personen („Adlige“ oder „ritterlich Lebende“ oder „Gildegenossen“) und sdurcht bestimmte soziale Beziehungens von Sachen („Dienstlehen“, „Rittergut“) definierte – und zwar durch die Art ihrer Definition indirekt ebenfalls durch bestimmte ständische Verhältnisse bedingte – Qualitäten diesera waren es, welche die Geltung dieser Art von Sonderrecht für sie begründeten. Stets waren es daher individuelle Qualitäten von Personen und Beziehungen individueller Sachen, welche sich in dieser rechtlichen Sonderstellung befanden. Das „Privileg“ konnte dabei im Grenzfall auch ein solches einer einzelnen Person oder Sache sein und war es oft genug. In diesem Fall aber fielenb „subjektive“ Rechte und „objektive“ Normen praktisch in Eins: der individuell Privilegierte kann als sein subjektives Recht die Behandlung nach der ihm zuständigen objektiven Bestimmung verlangen. Aber auch wo ein bestimmter ständischer Personenkreis oder ein Kreis von ständisch bedeutsamen Sachen Träger des Sonderrechts war, ging die übliche Auffassung des Rechts ganz naturgemäß dahin: daß für die Beteiligten die Anwendung der Sonderrechtsnormen persönliches subjektives Recht der Interessenten sei. Der Gedanke cgenerell „geltender“c Normen fehlt zwar nicht, aber er bleibt unvermeidlich unentwickelt: alles „Recht“ erscheint als „Privileg“ von einzelnen Personen oder Sachen oder individuellen Complexen solcher. Zu dieser Auffassung nun stellte sich der Rechtsbegriff der staatlichend „Anstalt“39 als solcher in grundsätzlichen Gegensatz. Teilweise – namentlich in der ersten Zeit der aufkommenden „bürgerlichen“e Schichten im antiken Romf und in der modernen Welt [–] in so schroffen Gegensatz, daß die Möglichkeit von „Privileg“-Recht völlig negiert wurde. Privilegien durch s – s B: historisch durch soziale Funktionen  bestimmte soziale Beziehungen t Fehlt in B; durch sinngemäß ergänzt. a Zu ergänzen wäre: Sachen B: dieser, b In B folgt:  – ein wichtiges Charakteristikum alles älteren Rechts – der Unterschied¯ c B: genereller  generell „geltender“ d B: politischen  modernen  staatlichen e In B folgt:  Gesellschaft in England und Frankreich¯ f B: Rom, 39 Zum juristischen Anstaltsbegriff vgl. unten, S. 383 f., zur Rechtsgeschichte der Anstalt vgl. unten, S. 397 ff.

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Volksschluß zu schaffen[,] galt in Rom als recht-lich unmöglich,40 und die Revolutionszeit des 18. Jahrhunderts sah eine Gesetzgebung, welche jegliche Vereinsautonomie und alle Rechtspartikularitäten zu vernichten sich anschickte. Das gelang nicht vollständig, und wir werden später sehen,41 daß und wie das moderne Recht sogar eine Fülle von Rechtspartikularitäten neu geschaffen hat. Aber freilich auf einer in wichtigen Punkten andren Basis als diejenige der alten Standesprivilegien.g t Dieh zunehmende Einordnung aller einzelnen iPersonen und Thatbestände in eine heute wenigstens prinzipiell auf formaler „Rechtsgleichheit“ beruhende Anstalti ist das Werk der beiden großen rationalisierenden Mächte: der Markterweiterung einerseits, der Bürokratisierung jdes Organhandelns der Einverständnisgemeinschaftenj andererseits. Sie kersetzen jene auf Eigenmacht oder verliehenem Privileg von monopolistisch abgegrenzten Personenverbänden ruhende[,] durchweg individuellek Entstehung gewillkürten Rechtsl – die Autonomie der dem Schwerpunkt nach ständischen Einungen – mdurch zweierlei: einerseitsm durch eine nformal allgemein zugängliche, durch Rechtsregeln eng begrenzte Autonomie von „Vereinen“, die von beliebigen Personen geschaffen werden können[,] und andrerseitsn durch Herstellung von schematischen oErmächtigungen für Jedermann,o gewillkürtes Recht durch pprivate sachliche Rechtsgeschäfte bestimmter Artp zu schaffen.q Die entscheidende Triebkraft für diese rVeränderung der technischen Formen autonomer Rechtsschöpfung waren: politisch das g In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz und zur Markierung des Textanschlusses im Typoskript: Die zuneh- t (S. 361) – t Fehlt in A. h A: Die Sprengung der ständischen Sozialordnung, die fortschreitende Nivellierung und i A: in eine auf formaler Rechtsgleichheit beruhende Gemeinschaft, j Fehlt in A. B: des Einverständnishandelns  des Organhandelns der Einverständnisgemeinschaften k A: ersetzt jene auf der Eigenmacht monopolistisch abgegrenzter Personenverbände ruhende Art der durchweg individuellen l B: Rechts: m Fehlt in A. n A: allgemeine gleiche aber eng begrenzte Autonomie einerseits und o A: Ermächtigungen, p A: Rechtsgeschäft q A: schaffen, andererseits. B: schaffen, r – r (S. 368) A: technische Verfügung der autonomen Rechtsschöpfung ist zwar 40 Weber bezieht sich auf den Zwölftafelsatz 12 Taf. 9,1: „Privilegia ne inroganto [. . .]“, wonach in der Volksversammlung beschlossene Verfügungen, die nur Einzelne betreffen, als rechtswidrig zu gelten haben; Wortlaut bei Bruns, Fontes, S. 33. Über die gegen die Rezeption des hellenischen Ostrakismus gerichtete Motivierung dieses Zwölftafelsatzes vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 499 f. 41 Siehe unten, S. 615 – 617.

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Machtbedürfnis der Herrscher und Beamten der erstarkenden politischen Staatsanstalt[,] ökonomisch aber [–] zwarr nicht ausschließlich, aber in sstärkstem Maße – die Interessens der Marktmachtinteressenten, d. h. talso: der durch Besitz als solchen („Klassenlage“42)t im formal „freien“ Preis- und Konkurrenzkampf auf dem Markt aökonomisch Privilegierten. Denn z. B. die einera formalen Rechtsgleichheit entsprechende allgemeine b„Ermächtigung“: daß „jedermann ohne Ansehn der Person“ z. B. eine Aktiengesellschaft gründen oder etwa ein Fideikommiß stiften dürfe, bedeutet natürlichb in Wahrheit die Schaffung einer cArt von faktischerc „Autonomie“ der besitzenden Klassen als solcher, die ja allein davon Gebrauch machen können.d Diese amorphe Autonomie verdient freilich ediesen Namene nur im bildlichen Sinn. Denn der Begriff der Autonomie ist, um nicht jeder Schärfe zu entbehren, an das Bestehen eines nach Merkmalen, sei es auch wechselnden, jeweilig irgendwie abgrenzbaren Personenkreises geknüpft, welcher kraft Einverständnis oder Satzung einem von ihm prinzipiell selbständig abänderbaren Sonderrecht untersteht. Wie dieser Personenkreis aussieht, ob er ein Verein oder eine Aktiengesellschaft oder eine Gemeinde oder ein Stand, r (S. 367) – r Vgl. oben, S. 367. s A: starkem Maße das Interesse t A: also: der durch Besitz (Klassenlage in dem später zu erörternden Sinn) bestimmter Art a A: faktisch Privilegierten. Denn die der b A: Ermächtigung für jedermann ohne Ansehn der Person, z. B. eine Aktiengesellschaft zu schaffen oder ein Fideikommiß zu stiften, bedeutet c A: weitgehenden d A: können, In A folgt: gegenüber dem gemeinen Recht. Sie ist, weil sie Dritte zu binden gestattet, die höhere Stufe derjenigen Autonomie, welche das allgemeine Prinzip der Vertragsfreiheit in sich schließt. Die Rechtsordnung als solche ist die universellste und weitaus wirksamste Form der Befriedung, d. h.: der Ablenkung des Kampfs der Interessenten von der Form direkter Gewaltsamkeit in die Bahnen einer durch andere als die im gewaltsamen Kampf ausschlaggebenden Qualitäten sich entscheidenden Form des Austrags der Interessengegensätze. Sie ist daher das geeignete Mittel, anstelle jener im gewaltsamen Kampf ausschlaggebenden Qualitäten die rationale ökonomische Klugheit und speziell die kluge Verwendung von Güterbesitz im Interessenkampf auf dem Markt als Mittel der Macht über andere zu setzen. Die Marktinteressenten sind daher die universellen Interessenten einer Rechtsordnung, welche dies erzielt und die universelle Form dafür Fortsetzung des Satzes im Typoskript, unten, S. 426, textkritische Anm. u. In B zunächst überarbeitet, dann die gesamte Passage gestrichen:  [. . .] allgemeine Prinzip der Vertragsfreiheit in sich schließt.¯ Es folgt die Satzanweisung Max Webers:  Absatz¯ Dann:  Die anstaltsmäßige objektive Rechtsordnung als solche [. . .]¯ e A, B: diese Annahme 42 Zu diesem Weberschen Begriff vgl. die Ausführungen in: Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 253–260.

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eine Innung oder Gewerkschaft oder ein Vasallen standf 43 ist, macht für den Begriff nichts aus. Stets ist dieser Begriff Produkt beginnender Monopolisierung der Rechtssatzung durch den politischen Verband. Denn er enthält stets den Gedanken: daß dieser Verband die Schaffung von objektivem Recht durch andere als die eigenen Organe dulde oder direkt gewährleiste. Die kraft Einverständnis oder gesatzterg Ordnung einem Personenkreis zustehende Autonomie ist aber auch etwas qualitativ anderes als bloße Vertragsfreiheit. Die Grenze beider liegt da, wo die Grenze desh Normbegriffs liegt, wo also die kraft Einverständnis oder rationaler Vereinbarung der Beteiligten geltende Ordnung nicht mehr als die einem Personenkreis auferlegte, objektiv geltende Regel, sondern als die Begründung gegenseitiger subjektiver Ansprüche aufgefaßt wird, so etwa die Vereinbarungen zweier Firmeninhaber über Arbeitsteilung, Gewinnteilung, Rechtsstellung nach innen und außen. Die Flüssigkeit des Begriffs des objektiven gegenüber dem subjektiven Recht tritt dabei auf das deutlichste hervor. Eine Grenze läßt sich für unsere am gesatzteni Recht orientierten Denkgewohnheiten auch theoretisch nur so finden, daß auf dem Gebiet des Privatrechts, welches uns hier allein angehen soll, Autonomie da ausgeübt werde, wo die normale Herkunft der gesatztenj Regel ein Beschluß ist, während da, wo eine Vereinbarung zwischen konkreten Einzelpersonen diese Rolle spielt, für uns ein Sonderfall der Regelung kraft Vertragsfreiheit vorliegt. Diese Scheidung war auch für die Vergangenheit, wie wir noch sehen werden,44 nicht bedeutungslos, aber doch nicht allein entscheidend. Solange die Unterscheidung von objektiver Norm und subjektivem Anspruch nur unvollständig entwickelt war und solange das Recht als eine durch Verbandszugehörigkeit bestimmte Qualität der Person galt, konnte vielmehr nur geschieden werden zwischen solchenk Regeln, welche in einem auf Statusqualitäten der Teilhaber ruhenden Verbande f A, B: Vasallen staat Vgl. hierzu Anm. 43. g A, B: gesetzter h Fehlt in A, B; des sinngemäß ergänzt. i A, B: gesetzten j A, B: gesetzten k A, B: solche 43 Der sachliche Zusammenhang legt die Konjektur von „Vasallenstaat“ zu „Vasallenstand“ nahe, da auch eine durch Vasallen begründete Kommunität in die „autonomen“ Personenkreise unterhalb der staatlichen Ebene einzureihen wäre. Vgl. die Ausführungen unten, S. 370, mit Bezug auf Andreas Heusler, wo ebenfalls sinnvoll nur vom „Vasallenstand“ statt „Vasallenstaat“ die Rede sein kann. 44 Siehe unten, S. 380 f.

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oder Personenkreise galten, und solchen,l welche kraft Zweckkontraktm und also für das Handeln der direkt Beteiligten maßgebend waren. Alles Sonderrecht war ja ursprünglich Recht eines durch Statusqualitäten abgegrenzten Personenkreises. Dies wandelte sich, wie schon kurz erwähnt wurde,45 mit zunehmender Differenzierung und ökonomischer Knappheit der von den einzelnen Personenkreisen monopolistischn appropriierten Güter[,] und zwar so stark, daß im Endresultat fast die umgekehrte Regel galt: Sonderrechte waren fast durchweg Rechte, welche je für eine soziale oder ökonomische Sonderbeziehung galten. Dieser Auffassung stand schon das Mittelalter ziemlich nahe, wie der[,] aber in der Leugnung von Standesrechteno zu weitgehenden Auffassung Heuslers46 zugegeben werden muß. Das Lehenrecht war das Recht, welches für die Lehensbeziehung galt. Es war nie das Recht eines Vasallenstandes,p denn diesen gab es nicht.47 Das Hofrecht galtq für die Beziehungen grundherrlicher Höfe,r das Dienstrecht für Dienstl A, B: solche, m A, B: Zwangskontrakt Die Emendation folgt WuG5, S. 420. n A, B: munifistisch Zur Emendation vgl. die in Anm. 45 verwiesene Textstelle. o A, B: Staatsrechten Zur Emendation vgl. Anm. 46. p A, B: Vasallenstaates, Zur Emendation vgl. Anm. 47. q Fehlt in A, B; galt sinngemäß ergänzt. r A, B: Hülfe, Die Emendation folgt WuG5, S. 420. 45 Siehe oben, S. 365. 46 Weber bezieht sich auf die von Andreas Heusler vertretene Auffassung über „Inhalt und Gegensätzlichkeit der [Land-, Stadt-, Hof-, Dienst-, Lehn-] Rechtskreise“; vgl. Heusler, Institutionen I, S. 32–39. So heißt es ebd., S. 34: „Können wir somit Hof- und Lehnrecht, in ihrer Bedeutung als selbständige Rechtsorganismen gefaßt, bezeichnen als die Summe der Rechtssätze, welche den Rechtsverkehr innerhalb einer Hof- oder Lehnsherrschaft und in Bezug auf die durch grund- oder lehnsherrliche Abhängigkeit erzeugten Verhältnisse regeln, so ergiebt sich, daß das sachliche, nicht das persönliche Element das eigentlich maaßgebende ist. Es ist nicht das Recht der Hofhörigen, der Lehnsleute schlechtweg, sondern das Recht der Hof- und Lehnsverhältnisse, es hat durchaus objectiven, nicht subjectiven Charakter, und man hat daran Theil nicht seines Standes wegen, sondern weil und soweit man sich in hof- oder lehnrechtlichen Verhältnissen bewegt.“ Daher ist „Staatsrechten“ im Typoskript als „Standesrechten“ zu lesen. 47 Sachverhalt und Referenz legen die Lesung „Vasallenstand“ nahe, vgl. oben, S. 369 f., Anm. 43 und 46. Heusler, Institutionen I, S. 37, hält nachdrücklich fest: „Wäre das Lehnrecht ein Standesrecht, so müßte es einen Vassallenstand [. . .] geben, d. h. der Vassall müßte des Lehnrechtes theilhaftig sein, weil er Mitglied des Vassallenstandes ist. Das ist bekanntlich nicht der Fall, der Vassall wird des Lehnrechts nicht in Folge Beitritts zu einer Lehns- oder Vassallengenossenschaft, an deren Mitgliederschaft das Lehnrecht geknüpft wäre, theilhaftig, sondern umgekehrt in Folge des Empfangs eines Lehns, aus welchem erst secundär die Mitgliedschaft in dem betreffenden Lehnsconsortium folgt. Es giebt darum auch keinen Vassallenstand [. . .].“

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lehen, das Handelsrecht für Kaufmannsgut und Kaufmannsgeschäfte, das Recht der Handwerker für die Geschäfte und den Betrieb des Handwerks. Neben diesen Sonderrechten aber war der Lehensmann, Kaufmann, Ministeriale, Grundholde, Eigenhörige zugleich außerhalb jener rein sachlichen Beziehungen durchweg dem Landrecht unterworfen. Ein Mann konnte freie und grundherrliche Hufen nebeneinander besitzen und war dann für die einen dem Hofrecht, für die anderen dem Landrecht unterstellt. Ebenso unterstand ein Nichtkaufmann, der Geld in Commenda oder als Seedarlehen gab, hierfür und nur hierfür dem Handelsrecht allein. Diese rein sachliche Art der Behandlung war dennoch keineswegs die universelle. Fast alle jene Beziehungen, für welche solche Sonderrechte galten, hatten irgendwelche ständischen, d. h. die Ge samtrechtsstellung berührenden Konsequenzen, so z. B. meist der Besitz hofrechtlicher und dienstrechtlicher Güter. Manche von ihnen galten als miteinander in der gleichen Person unvereinbar, und der Tendenz zur Sprengung dieser ständischen Gebundenheit wirkte die Tendenz zur Abschließung des Rechtsgenossenkreises nach außen immer erneut entgegen. Welche von beiden Tendenzen die stärkere war, bestimmte sich durchaus nach der konkreten Konstellation der Interessen im Einzelfall. In Deutschland gibt auch Heusler für das Stadtrecht zu, daß es ein ständisches Recht der Bürger, nicht ein Recht für städtischen Bodenbesitz und andere sachliche Beziehungen war.48 In England aber sind die Städte fast rein private Korporationen geworden.49 Im ganzen ist 48 Zwar rekurriert der zweite Teil des Satzes zutreffend auf Heuslers Feststellung, daß das Stadtrecht im Unterschied zu Hof-, Dienst- und Lehnsrecht nicht ein Spezialrecht für bestimmte sachliche Rechtsbeziehungen, sondern vielmehr ein den Rechtsstatus des einzelnen in prinzipiell gleicher Weise wie das Landrecht bestimmendes Recht sei (vgl. Heusler, Institutionen I, S. 36). Doch schließt Heusler daraus keineswegs auf einen ständischen Charakter des Stadtrechts, im Gegenteil: die nicht-ständische Qualität ist ihm mit den anderen Sonderrechten gemein: „Nun wird auch zuzugeben sein, daß diese verschiedenen Rechte und Rechtskreise [einschließlich des „Stadtrechts“, Hg.] nicht [. . .] als Standesrechte und Standesrechtskreise dürfen bezeichnet werden“ (ebd., S. 37). Und da z. B. ein Ritter nicht dem „Bürgerstand als solchem“ angehören, aber doch Bürger einer Stadt sein und insofern am Stadtrecht teilnehmen könne, „so ist auch das Stadtrecht kein Standesrecht des Bürgerstandes“ (ebd., S. 39). 49 Die englischen Städte waren im Mittelalter zunächst ausschließlich Pflichten- und Lastenverbände ohne eigene Rechtspersönlichkeit bzw. korporative Verfassung. Das änderte sich erst mit den Gesetzen gegen die „tote Hand“, d. h. gegen die Anhäufung von Grundbesitz bei Bischöfen, Klöstern etc. Diese Gesetze wurden auch auf die Städ-

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allerdings richtig, daß die Tendenz zur Behandlung der Sonderrechte als Rechte für bestimmte Objekte und Tatbestände im ganzen überwog und daß dadurch die Einordnung der Sonderrechte als sachlicher Spezialrechtssätze in das Landrecht, die Lex terrae, sehr erleichtert wurde. Ob sie tatsächlich stattfand, hing aber vorwiegend von politischen Umständen ab. Soweit diese Einordnung nicht völlig durchgeführt wurde, regelte sich das Problem des Verhältnisses der verschiedenen Sonderrechte und der für sie bestehenden Sondergerichte zum Landrecht und den landrechtlichen Gerichten im Einzelfall höchst verschieden. Landrechtlich war der Grundherr und nicht der Hörige der Inhaber der Geweres am Gut.50 Aber schon beim Lehen regulierte sich die Beziehung nicht so einfach51 und war z. B. im Sachsenspiegel zwischen Spiegler und

s A, B: Gewehre te übertragen, die fortan zum Erwerb von Grund und Boden um königliche Inkorporationsurkunden nachsuchen mußten. Im 15. Jahrhundert erhielten zahlreiche Städte solche königlichen Charters, deren privilegienförmige Vergabe das städtische Korporationsrecht aber auch gänzlich „den allgemeinen Konsequenzen der ständischen Rechtsbildung“ unterstellte (unten, S. 414); vgl. eingehend Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 39 f., 44–51; ders., Englische Verfassungsgeschichte, S. 104 ff., 107, 266–271, 487–491, 696–701. 50 Der hörige Zinsbauer steht außerhalb des Landrechts und ist infolgedessen vor dem Landgericht verkehrs- und rechtsunfähig. In diesem Rechtskreis hat der Grund(Zins-)herr die Gewere, so daß er ggf. das Gut gegen Ansprüche Dritter gerichtlich vertreten kann. Die Gewere sind daher nicht an die unmittelbare tatsächliche Sachherrschaft gebunden. Anders in dem durch Hofrecht regulierten Innenverhältnis zwischen Grundherr und hörigem Bauern (Hofverfassung). Im Rahmen der Hofverfassung hat der Bauer die Gewere an seinem Hofgut (hofrechtliche Gewere); dem Herrn steht als Ausfluß seines privatrechtlichen Eigentums lediglich ein Herrschaftsrecht in Form des Zinsanspruchs zu; vgl. dazu Heusler, Institutionen II, S. 31–33; Schröder, Lehrbuch, S. 703 mit Anm. 42; Gierke, Otto, Deutsches Privatrecht (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 2, Teil 3), Band 2: Sachenrecht. – Leipzig: Duncker & Humblot 1905, S. 191 f., 198 f. (hinfort: Gierke, Deutsches Privatrecht II). 51 Für das Lehnsverhältnis, d. h. für den gesamten lehnrechtlichen Verkehr innerhalb einer Lehnsherrschaft und eines Lehnhofs, galt z. B. nach dem sächsischen Lehnsrecht (14 § 1) der Grundsatz, daß der jeweils letztbelehnte, der vom Zinsmann den Zins nimmt, auch Inhaber der Gewere sei, alle weiteren Lehnsherren davon ausgeschlossen seien; vgl. Text und Kommentar bei Homeyer, Sachsenspiegel II, 1, S. 168– 172, und ders., Sachsenspiegel II, 2, S. 403–405. Da außerdem jeder, auch der unterste Lehnsmann dem Landrechtskreis angehörte, standen ihm auch nach Landrecht

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Glosse teilweise streitig. Auch im römischen Recht hat das Problem Spuren hinterlassen. Das römische ius civile war insofern das Recht der römischen Bürger, als niemand, der nicht entweder Bürger war oder kraft vertragsmäßiger Zulassung dem Bürger gleichgestellt war,52 vor den römischen Gerichten als Partei auftreten, die spezifischen Rechtsgeschäfte des Zivilrechts abschließen oder nach den Sätzen desselben beurteilt werden konnte. Keine römische Lex galt außerhalb des Kreises der Bürger. Der Satz, daß sie sich auf Nichtbürger gar nicht beziehen könne,53 war politisch von sehr bedeutender Tragweite, weil er für das gesamte unterworfene, nicht zugleich dem Recht einverleibte Gebiet die souveräne Macht der Beamten und des Senats etablierte. Andererseits wurde der römische Bürger[,] und zwar von jeher[,] keineswegs nur nach Zivilrecht beurteilt und hatte seinen Gerichtsstand nicht nur vor solchen Gerichten, welche Zivilrecht anwendeten. Für die historische Zeit vielmehr ist das ius civile als dasjenige Sonderrecht zu definieren, für welches jemand nur in seiner Eigenschaft als Bürger, also als Mitglied dieses spezifischen Statusverbandes rechtlich in Betracht kommt. Daneben aber existierten Rechtskreise, an welund vor dem Landgericht die Gewere zu. Andererseits hatte im Lehnsgericht des Oberlehnsherren allein der Obervasall die Gewere, während hier der Unterlehnsmann lediglich als dessen Verwalter galt; vgl. dazu Heusler, Institutionen II, S. 28 ff.; Schröder, Lehrbuch, S. 703 mit Anm. 42 und 43; Gierke, Deutsches Privatrecht II (wie oben, S. 372, Anm. 50), S. 198 f. 52 Die römische Republik privilegierte häufig verdiente Bürger (oder bestimmte Bürger-Klassen, insbesondere Kaufleute) befreundeter Staaten durch Verleihung des römischen Bürgerrechts bzw. – wie im Falle der Kaufleute – eines beschränkten Bürgerrechts, des sog. ius commercii, wodurch diese Zugang zu den förmlichen Rechtsgeschäften des römischen ius civile hatten. Einseitige Verleihung des Bürgerrechts ohne Mitwirkung der dadurch betroffenen Gemeinden galt bis in die Spätzeit der Republik als rechtlich unzulässig; vgl. Mitteis, Reichsrecht (wie oben, S. 292 f., Anm. 52), S. 115. 53 Dieser „Satz“ ist nicht direkt auf ein römisches Gesetz, etwa einen entsprechenden Zwölftafelsatz, zurückzuführen. Er läßt sich vielmehr aus einer Vielzahl von Quellenäußerungen belegen, die den Populus oder die Civitas als Objekt der Legalordnung bezeichnen, sowie aus einer Reihe von Spezialgesetzen; vgl. z. B. die Zusammenstellung bei Mitteis, Reichsrecht (wie oben, S. 292 f., Anm. 52), S. 116–118. – Im übrigen ist er Ausdruck des Grundsatzes der Rechtspersonalität, der auch im römischen Kontext auf der Vorstellung vom Zustandekommen der gesetzlichen Ordnung durch Vertrag (pactus) aller Volksgenossen miteinander basierte. Durch das Gesetz gebunden waren demnach allein die stimmberechtigten Mitglieder der Volksversammlung, unabhängig von ihrem konkreten Abstimmungsverhalten; vgl. hierzu Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 68 mit Anm. 18.

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chen teils nicht nur Bürger, teils nicht alle Bürger teilnahmen und deren Recht teils als Recht von Statusverbänden, teils als sachliches Sonderrecht erscheint. Dahin gehörten zunächst alle verwaltungsrechtlich normierten Tatbestände, deren Zahl ungemein groß und praktisch wichtig war. Zivilrechtliches Bodeneigentum gab es bis zur Gracchenzeit54 nur auf dem Teil des Landes, welcher durch regelrechte Assignation dazu gemacht worden war. Die Besitzstände auf dem ager publicus waren weder zivilrechtlich geregelt noch ein möglicher Gegenstand zivilrechtlicher Klage, denn an ihnen nehmen nicht nur Bürger, sondern auch Bundesgenossen teil. Als in der Gracchenzeit die Bürgerschaft Miene machte, die Verhältnisse dieser Domänen durch Bürgerstatut (Lex) zu regeln, entstand sofort das Verlangen der Bundesgenossen, in den Bürgerverband aufgenommen zu werden. Diese Besitzbestände unterstanden also lediglich der magistratischen Cognition, welche nach Regeln verfuhr, die dem Zivilrecht fremd waren. Denn dieses kannte z. B. weder Erbpacht noch Reallasten noch Dienstland, während tall diest dem Verwaltungsrecht des öffentlichen Landes wohl bekannt war. Ebenso kannte das staatliche Vermögensrecht im Verkehr mit Privaten Institute, die dem Zivilrecht fremd waren und[,] wo sie zivilrechtlichen Instituten rechtlich entsprachen, dennoch einen anderen Namen führten (praes für den Licitationsbürgen, praedium für das verwaltungsrechtliche Grundstückspfand)55. Die Zuständigkeit des Verwaltungsbeamten war hier der Träger dieses reinen sachlichen Sonderrechts. Ein Verband von Rechtsgenossen desselben existierte nicht, sondern wurde durch die jeweiligen Interessenten konstituiert. Einen Sonderrechtsbezirk konstituierte ferner die Zuständigkeit desjenigen Prätors, welcher zwischen t A, B: beides 54 Die Volkstribunen Tiberius und Gaius Sempronius Gracchus waren zwischen 133– 121 v.Chr. die Führer einer Agrarreformbewegung, welche die Ansiedlung von Proletariern durch gesetzliche Landzuweisung (Assignation) aus Gemeindeland (ager publicus) zum Ziel hatte; vgl. hierzu und zum folgenden auch Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, bes. S. 141–206 und 207–296. 55 Bei den im Lizitationswege, d. h. in öffentlicher Versteigerung durch die zuständige Behörde bzw. den zuständigen Beamten (in Rom regelmäßig der Censor), erfolgenden Gemeindeverkäufen und -verpachtungen ist seitens des Käufers bzw. Pächters Sicherheitsleistung (Stellung von praedes und praedia) erforderlich; der praes ist hier „Lizitationsbürge“, praedium wäre z. B. ein Bodenpfand.

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Bürgern und Fremden Recht sprach.56 Zivilrecht konnte er anwenden, aber nicht kraft Bürgerstatuts (Lex), sondern kraft seiner Amtsgewalt. Er wendete ein Recht anderer Provenienz und anderen Geltungsgrundes an: das ius gentium. Dieses Recht aber war nicht etwa erst mit der Einrichtung dieses Amtes entstanden. Sondern es war das internationale Verkehrsrecht, nach welchem von jeher die Streitigkeiten des Marktes geschlichtet wurden, welche ursprünglich vermutlich nur sakral durch Eid geschützt waren. Kein möglicher Gegenstand von Zivilprozessen waren ferner die der Sache nach lehenrechtlichen, praktisch in der Frühzeit höchst wichtigen Beziehungen zwischen Patron und Klient. Ganz wie im deutschen Recht bei der Gewere,a berührte sich im römischen Recht die Sphäre des Zivilrechts bmit derb des Lehenrechts bei der Possessio (precariumc).57 Das Zivilrecht kennt aber die Beziehung auch im übrigen und Strafbestimmungen nahmen von ihr Notiz. Aber sie war nicht zivilrechtlich geregelt. Eigentliches Sonderrecht innerhalb des Zivilrechts bildeten andererseits gewisse nur für Kaufleute und bestimmte Gewerbetreibende geltende Rechtsinstitute: die dactio exercitoriad, das Receptum, das Sonderrecht der Argentarii. Sowohl dem Verkehrsrecht wie dem Klientelrecht gehört ein für die spätere Rechtsentwicklung sehr wichtiger Begriff an: die fides. Sie umfaßte in eigentümlicher Art einerseits die Pflichten, welche aus Pietätsbeziehungen folgten, andererseits, als fides bona, dene guten Glauben und die Redlichkeit des reinen Geschäftsverkehrs. Das Zivilrecht wußte von ihr im Prinzip nichts. Aber dies wurde von Anfang an nicht streng festgehalten. Die Zwölff Tafeln drohen a A, B: Gewehre, b A, B: und B: dem f A, B: zwölf

c A, B: praecarium

d A, B: actio exerbitoria

e A,

56 Nach dem Bericht des Pomponius (D. 1,2,2,27 f.) tritt um das Jahr 242 v.Chr. ein zweiter Prätor, „qui inter (cives et) peregrinos ius dicit“, auf, dem also die Rechtsprechung zwischen Fremden bzw. Bürgern und Fremden obliegt, der „praetor peregrinus“. Seit dieser Zeit verbleibt dem gleichfalls in Rom amtierenden Stadtprätor, „praetor urbanus“, nur die Rechtspflege unter römischen Bürgern. 57 „precarium“ war der dem römischen Klienten vom Patron zur Nutzung „bis auf weiteres“ überlassene Boden. Wie das deutsche Recht in bäuerlichen Leiheverhältnissen demjenigen, der die Gewere hat, Besitzschutz gewährt, so das römische dem gegenüber Dritten als Besitzer auftretenden Prekaristen. Im Innenverhältnis zwischen Prekarist und Patron standen die Besitzschutzinterdikte nur dem Patron als possessor zu, speziell das interdictum de precario (auf Herausgabe des Prekariums); vgl. dazu Sohm, Institutionen, S. 408–412, bes. 411, Anm. 5.

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für gewisse fraudulente Akte die Qualität als improbus intestabilisqueg 58 an. Zahlreiche Gesetze verhängten ausdrücklich die infamia. Deren private Rechtsfolgen waren im allgemeinen Ausschluß vom Zeugnis, Unfähigkeit also zu bezeugen oder sich etwas bezeugen zu lassen, was praktisch weitgehend mit Geschäftsboykott und Begrenzung des testamentarischen Erbschaftserwerbs identisch war. Außerdem die Versagung bestimmter Klagen durch den Prätor. Die Prinzipien der Fides stellten trotz ihres unformalen Charakters keineswegs vage Gefühlsprodukte dar, weder im Gebiete der Klientel noch vollends des Geschäftsverkehrs. Die ganze Serie scharf umrissener Kontrakte, auf deren ausgeprägter Eigenart das uns überlieferte römische Verkehrsrecht so wesentlich beruht, isth auf Grund von Prinzipien der Fides entwickelt. Sowohl so altertümliche Institute wie die Fiducia,59 wie noch in der Kaiserzeit das Fideicommissum60 ruhten ganz auf deri Fides. Daraus, daß z. B. für diese letztgenannte Schöpfung der Grund in dem Fehlen zivilrechtlicher Klagen lag (bei Legaten an Nichtbürger oder an verbotene Personen) und daß zunächst nur konventionelle Regeln die Erfüllungj garantierten, folgt keineswegs, daß die Fides von jeher nur ein Lückenbüßer kdes ius civile und also jünger als dieses gewesen sei. Das Rechtsinstitut der Klientel war sicher so alt wie der Rechtsbegriff des ius civile selbst, stand aber außerhalb desselben. Niemals alsok war das ius civile der Inbegriff alles geltenden Privatrechts. Aber allerdings war die Fides in keiner Weise ein einheitliches Prinzip der Regelung gesetzlicher Beziehungen. Was man der Fides zuliebe anderen schuldete, hing vielmehr von der sachlichen Natur der konkreten Beziehung ab und auch in dieser Spezialisierung fehlte der Fides im Fall der Verletzung die gleichmäßig geordnete Rechtsfolge, zunächst natürlich g A, B: inestabilisque h A, B: sind i Fehlt in A, B; der sinngemäß ergänzt. j A, B: Erstellung k In B steht am Rand die Notiz Max Webers: [juristisch]: Amtsrecht maßgebend 58 Weber bezieht sich u. a. auf 12 Taf. 8,22: „Qui se sierit testarier libripensve fuerit, ni testimonium fa[t]iatur, inprobus intestabilisque esto.“ (Wer sich als Zeuge zur Verfügung stellt oder Wägemeister war, soll, sofern er nicht Zeugnis abgibt, als nichtswürdig und zeugnisunfähig gelten.) D. h.: Die bei der altrömischen Manzipation (Kaufgeschäft) mitwirkenden fünf Zeugen und der Wägemeister verfallen bei Zeugnisverweigerung der Infamie und verlieren dauerhaft die aktive und passive Zeugnisfähigkeit („inprobus intestabilisque“); Wortlaut bei Bruns, Fontes, S. 32. 59 Vgl. den Glossareintrag „fiducia“. 60 Vgl. den Glossareintrag „fideicommissum“.

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innerhalb der bürgerlichen Ordnung. Die Infamie war Folge bestimmter spezifischer Handlungen, nicht etwa aller Verstöße gegen die Fides. Die verschiedenen Arten der Reaktion gegen anstößiges Verhalten: z. B. zensorische Rüge und konsularische Versagung der Aufnahme unter die Amtskandidaten hatten eine jede ihre besonderen,l weder mit den Fällen der Infamie noch mit den Prinzipien der Fides identische, überdies schwankende Voraussetzungenm und waren niemals an Verletzungen der Fides rein als solche geknüpft. Verletzungen der klientelen Pflichten ahndete ursprünglich der Herr im Hausgericht. Später warenn sie sakral oder konventional und schließlich bei der reino geschäftlichen Freigelassenenklientelp auch zivilrechtlich geschützt. Wie es mit der Fides des Verkehrs ursprünglich stand, wissen wir nicht. Wir kennen die Mittel nicht, durch welche die bonae fidei-Kontrakteq 61 gesichert wurden, ehe sie vom Prätor kraft Amtsgewalt durch Klageschemata anerkannt waren, wie die anderen prätorisch geschützten Institute des ius gentium. Vermutlich traten individuell oder generell beschworene Schiedsverträge ein, deren Verletzung ebenso infamierte, wie dies später noch der Bruch eines eidlichen Vergleichsvertrages tat. Die Schaffung der Klageschemata für die Institute des ius gentium bedeutete keineswegs die Beseitigung der Scheidung vom ius civile. Dieses blieb nun reines Standesrecht der Bürger. Gelegentlich vollzog der Prätor in der Form: si civis romanus esset[,]r 62 Rezeptionen in die Klageschemata für Nichtbürger. Andere Institute gingen stillschweigend in das ius gentium über. Erst in der Kaiserzeit schwindet mit anderen Privilegien der Bürger der Unterschied ganz. Keiner der Interessentenkreise der Fides bildete einen geschlossenen ständischen Verband. Nicht die l A, B: besondere, m Blatt A 7/B 40 ist nur zur Hälfte beschrieben. n Lies: Die klientelen Pflichten o A, B: reinen p A, B: freigelassenen Klientel q Bindestrich fehlt in A, B. r A, B: essit 61 Im Handels- und Geschäftsverkehr wurde eine Reihe von formfreien Verträgen des ius gentium ausgebildet – besonders die späteren sog. Konsensualverträge Kauf, Miete, Auftrag, Gesellschaft –, deren Wirksamkeit anfangs allein auf der Einhaltung „guter Treue“ beruhte. Diese sog. bonae fidei-Kontrakte erlangten erst später prätorischen Rechtsschutz; vgl. bes. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 44 f., 50, 57. 62 „Wenn er römischer Bürger wäre“; Formel mit der die Rechtspraxis z. B. für den vom Zwölftafelgesetz nicht betroffenen Diebstahl von und an Fremden (peregrini) die fiktizische Diebstahlsklage gab (Gai. 4,37) und damit diesen Personenkreis den Bürgern – als Kläger und Beklagte – rechtlich gleichstellte; vgl. z. B. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 69 f.

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Klienten, die Mommsen, wie an anderer Stelle zu erörtern ist,63 mit Unrecht mit dem Verband der Plebs identifiziert hat,64 erst recht natürlich nicht die Interessenten der ständischs ganz indifferenten bonae fidei-Kontraktet oder des ius gentium. Endlich das prätorische Recht als solches ist natürlich weit entfernt davon, mit dem ius gentium identisch zu sein, und die Rezeption des ius gentium ist keineswegs nur durch prätorisches Recht, sondern weitgehend auch durch Hineinarbeiten seiner Grundsätze in das Zivilrecht durch die Juristen erfolgt.65 Ebenso entbehrten die eigentlichen Stände: Sklaven, Freigelassene, Ritter, Senatsgeschlechter, in der Republik wie in der Kaiserzeit einer Verbandsorganisation, welche Träger einer eigentlichen Autonomie hätte sein können. Die republikanische Zeit hatte aus politischen und polizeilichen Gründen immer wieder mit Schärfe gegen die Privatverbände einschreiten müssen. Perioden der Unterdrückung hatten mit Perioden der Duldung gewechselt. Die Zeit der Monarchie war den Privatvers A, B: ständischen

t Bindestrich fehlt in A, B.

63 In Webers Grundrißbeitrag, insbesondere in der fragmentarischen Darstellung der „Stände“ (vgl. Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 259–269), fehlt eine Erörterung der römischen Klientel. Dagegen widmet Weber ihrer Herkunft und Stellung einen ausführlichen Exkurs in: Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 616–627. Resümierend heißt es, ebd., S. 627, „daß Plebs und Klientel, Plebeität und Grundhörigkeit, feudaler Stadtstaat und Grundherrlichkeit ganz und gar nicht zusammenfallen“. 64 Weber bezieht sich auf Theodor Mommsens These, daß die Plebität ursprünglich mit der halbfreien bzw. hörigen Klientel der Patrizier identisch gewesen sei; vgl. zusammenfassend Mommsen, Römisches Staatsrecht III, S. 54–88. Dieser Zustand der Hörigkeit und Unselbständigkeit war nach Mommsen Ausgangspunkt einer späteren ökonomisch und militärisch bedingten Differenzierung „in thatsächlich von einem Herrn abhängige und thatsächlich unabhängige Leute, in Plebejer, die noch Clienten, und in solche, die es nicht mehr waren, oder [. . .] in Clienten und Plebejer“ (ebd., S. 71). Ebd., S. 66, behauptet Mommsen die von Weber angesprochene genuine Identität von Klientel und Plebs: „Beide [Klientel und Plebität, Hg.] sind [. . .] im Grunde identisch und nur verschieden durch ein Minder oder Mehr an politischen Rechten, ein Mehr oder Minder an Abhängigkeit gegenüber dem Schutzherrn.“ Und ebd., S. 76, heißt es: „[. . .] die Plebejer, die wir kennen, sind die wesentlich zur Rechtsgleichheit gelangten Clienten.“ 65 Nach Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 55–58, S. 68 mit Anm. 17, verdeckte die frühe Rezeption in das ius civile die prätorische Herkunft einer Reihe zivilrechlicher Institute. Sofern in solchen (prätorischen) Zivilformeln wichtige Rechtsgrundsätze des ius gentium zum Ausdruck gelangten, handelte es sich bei der tatsächlichen Entwicklung auch um eine Rezeption von ius civile in das Fremden- und internationale Verkehrsrecht; Vermittlungsinstanz war demnach in letzter Linie allerdings hier wie dort der Prätor; vgl. auch Lenel, Otto, Der Prätor in der legis actio, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Rom. Abt., Band 30, 1909, S. 329–354, hier bes. S. 332–335, 353 f.

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bänden an sich naturgemäß ungünstig. Die Demokratie hatte von Vereinigungen der sozialökonomisch Mächtigen, die Monarchie von jeder Art von unkontrollierten Verbänden politisch zu fürchten. Das römische Recht der republikanischen wie der Kaiserzeit kennt im Effekt eine Autonomie nur als Vereinsrecht oder Korporationsrecht im modernen Sinn. Soweit Vereine und Korporationen geduldet oder privilegiert bestanden, soweit bestand auch Autonomie. Wieweit sie bestanden[,] ist im Zusammenhang der allgemeinen Erörterungen eines anderen Problems: der Rechtsfähigkeit von Personenverbänden[,] zu besprechen.66 Die allgemeine Umwandlung und Mediatisierung der eigenrechtlichen Personenverbände der Epoche der Rechtspersonalität zu Gunsten des Rechtsschöpfungsmonopols der Staatsanstalt drückt sich in dem Wandel der Form der juristischen Behandlung solcher Verbände als Träger subjektiver Rechte aus. Rechtstechnisch kann eine solche Behandlung jedenfalls dann nicht entbehrt werden, wenn einerseits monopolistisch appropriierte Vermögensobjekte vorhanden sind, welche nur den Rechtsgenossen als solchen, aber nur zu einer irgendwie gemeinsamen Nutzung[,] zur Verfügung stehen oder andrerseits rechtsgeschäftliche Akte über diese ökonomisch notwendig uwerden, dieu autonomen Personenverbände also innerhalb einer politischen Anstalt einem gemeinsamen[,] friedlich durch geordnete Rechtsfindung anzuwendenden Recht unterworfen sind. Solange und soweit dies nicht der Fall ist, erledigt sich das Problem einfach: die Glieder des einen Verbandes machen die des anderen solidarisch für das Tun jedes ihrer Mitglieder, also auch der Verbandsorgane verantwortlich. Neben der urwüchsigen Blutfehde steht daher als universelle Erscheinung die Repressalie, die Festhaltung von Person und Gütern eines Rechtsgenossen wegen Verbindlichkeiten einzelner oder aller anderen. Im Mittelalter ist die Verhandlung über Repressalien, ihre Vermeidung durch gegenseitige Zulassung bei den Gerichten und gegenseitige Rechtshülfe ein ständiger Gegenstand der Erörterung zwischen den Städten. Ebenso urwüchsig wie die Blutfehde ist ferner der Vergleich. Wer nun zum Abschluß eines solchen und zur Vertretung der Rechtsgenossen nach außen überhaupt als legitimiert u A, B: werden. Die 66 Siehe unten, S. 382 ff.

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gilt, richtet sich lediglich nach den Erfahrungen, welche die Außenstehenden darüber gemacht haben: wessen Anordnungen sich die Rechtsgenossen faktisch zu fügen pflegen. Die ursprüngliche Vorstellung war dabei auch im frühen mittelalterlichen Recht: daß alle, die nicht anv einem Beschluß der Dorfgenossen, Gildebrüder, Markgenossena oder um welche Gesamtheit es sich sonst handelt, teilgenommen haben, dadurch nichtb gebunden werden, daß das Auftreten des Verbandes nach außen kraft einer durch Beschluß erzielten Willenseinigung erfolge und erfolgen müsse, um spezifische Rechtswirkungen zu haben. Man wird also Heusler zustimmen dürfen, daß die Notwendigkeit eines Beschlusses und seine verbindliche Kraft ein rechtlich charakteristisches Entwicklungselement des Verbandsrechtes war.67 Dabei blieb die Scheidung zwischen Beschluß und Vertrag zweifellos vielfach flüssig wie die Scheidung der Begriffe ob jektiver Normen und subjektiver Ansprüche überhaupt. Satzungen auf Grund von Beschlüssen werden oft als pactus bezeichnet.68 Aber immerhin war der Keim der Scheidung vorhanden. Und zwar grade durch die überall urwüchsige Vorstellung: daß ein Beschluß nur den binde, der daran teilgenommen und sich ihm angeschlossen habe, daß also Einstimmigkeit erforderlich sei, was offenbar zunächst so aussieht, als ob ein Beschluß der Vorstellung nach nur als Vertrag zustande kommen könne. In Wahrheit war aber jene Vorstellung vielmehr durch den v Fehlt in A, B; an sinngemäß ergänzt. a A, B: Marktgenossen folgt WuG5, S. 423. b Fehlt in A, B; nicht sinngemäß ergänzt.

Die Emendation

67 Weber bezieht sich auf Heuslers Charakterisierung der genossenschaftlichen Verbände im deutschen Mittelalter als juristische Personen, im Unterschied zu „Gesamthandverhältnissen“, in denen nicht die Gemeinschaft als solche, sondern nur ihre einzelnen Mitglieder Rechtspersönlichkeit haben. Heusler, Institutionen I, S. 257, sagt in diesem Zusammenhang: „Auf ebenso sichere als correcte Weise grenzt nämlich das deutsche Recht diejenigen Rechtsgebilde, die wir jetzt als juristische Personen erkennen, von den Gemeinschaften ohne eigene Rechtssubjectivität dadurch ab, daß es bei jenen ersteren kein Handeln zu gesammter Hand mehr eintreten, sondern die Gesammtheit Beschlüsse fassen und diese durch ihren Vorstand ausführen läßt.“ 68 Was Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 287, für einige germanische Volksrechte feststellt; vgl. oben, S. 313 f. mit Anm. 16. In diesen Zusammenhang gehört auch das u. a. von Ihering, Mommsen, Mitteis und Sohm für die älteste römische Staatsverfassung festgestellte vertragsförmige Zustandekommen eines Volksgesetzes (lex publica); vgl. Ihering, Römisches Recht I, S. 216 f.; Mommsen, Römisches Staatsrecht III, S. 303 f.; Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 150; Sohm, Institutionen, S. 61 mit Anm. 3.

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Offenbarungscharakter alles geltenden Rechts bedingt. Nur ein Recht konnte nach dieser Voraussetzung richtig sein. Schwanden die magischen und charismatischen Mittel zur Auffindung des richtigen Rechtes, so konnte die Vorstellung entstehen und entstand: daß die Mehrheit das richtige Recht bezeuge und also die Minderheit die Pflicht habe[,] sich dem durch die Mehrheit bezeugten anzuschließen. Aber ehe sie das getan hatte,c wozu sie eventuell durch drastische Mittel genötigt wurde, war immerhin der Mehrheitsbeschluß noch nicht Recht und niemand dadurch gebunden: dies war die praktische Bedeutung jenerd Vorstellungsweise.69 Dagegen galt natürlich niemand für verpflichtet[,] einen beliebigen Kontrakt mit einem andren abzuschließen. In diesen Denkformen war also der Unterschied von Satzung als Schöpfung objektiven Rechts und Vertrag als Schöpfung subjektiver Rechte trotz aller Flüssigkeit der Übergänge auch den Vorstellungen der Frühzeit immerhin vertraut. Der Beschluß forderte dann als Komplementärbegriff das Organ zu seiner Ausführung. Die Art seiner Bestellung: Wahl im Einzelfall, Wahl auf Dauer, erbliche Appropriation der Organfunktion konnte dabei sehr verschieden aussehen. Sobald der Differenzierungs- und Appropriationsprozeß zwischen und in den verschiedenen Verbänden soweit fortgeschritten war, daß einerseits der einzelne verschiedenen Verbänden zugleich angehörte, andererseits auch im inneren Verhältnis zwischen den Rechtsgenossen selbst das Maß der Verfügungsgewalt der Verbandsorgane einerseits, der Einzelnen andererseits festen und zunehmend rationalen Regeln unter stellt ewurde, unde sobald ferner die Zunahme der Zweckkontrakte einerseits der einzelnen, andererseits der Gesamtheit der Verbandsgenossen nach außen hin – eine Folge zunehmender Tauschwirtschaft – eindeutige Bestimmtheit der Tragweite jeder Handlung jedes Mitgliedes und Verbandsorgans forderte, mußte die Frage der Stellung des Verc A, B: hat,

d A, B: jeder

e A, B: wurde. Und

69 Die Vorstellung der Einmütigkeit und „Einmündigkeit“ wird als deutschrechtlicher Ursprung eines Prinzips der Einstimmigkeit angesehen, das sich erst allmählich von der bloß praktischen Erzwingung des Einverständnisses über die Annahme einer Rechtspflicht, der Mehrheit zuzustimmen, zur Anerkennung des Majoritätsprinzips fortentwickelt; vgl. Jellinek, Georg, Das Recht der Minoritäten. – Wien: Alfred Hölder 1898, S. 2–4 und S. 2, Anm. 4; Gierke, Otto von, Über die Geschichte des Majoritätsprinzips, in: (Schmollers) Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche, Jg. 39, 1915, S. 7–29, hier S. 9–14.

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bandes und der Legitimation seiner Organe im Kontraktverkehr und im Rechtsgang irgendwie auftauchen. Eine rechtstechnische Lösung dieses Problems war die Konzeption des Begriffs der juristischen Person.70 Juristisch betrachtet ist der Name eine Tautologie, denn der Rechtsbegriff der Person ist stets ein juristischer. Wenn ein Embryo ebenso wie ein Vollbürger als Träger subjektiver Rechte und Pflichten behandelt wird, ein Sklave aber nicht, so ist beides ein rechtstechnisches Mittel zur Erzielung bestimmter Effekte. In diesem Sinn ist die Rechtspersönlichkeit stets ebenso künstlich[,] wie die Frage, was im Rechtssinn „Sachen“f sein können, ausschließlich nach zweckvoll gewählten juristischen Merkmalen bestimmt wird. Die sehr viel reicheren Alternativen aber, welche für die rechtliche Stellung von Verbänden und Vergesellschaftungen zur Verfügung stehen, machten dies bei ihnen zu einem Problem. Die rationalste Durchführung des Gedankens der Rechtspersönlichkeit von Verbänden ist die völlige Scheidung der Rechtssphäre der Mitglieder von einer gesondert konstituierten Rechtssphäre f A: Sätze 70 Sie geht zurück auf die Korporationslehre des klassischen römischen Rechts; dazu unten, S. 399 – 404. – Im Zivilrecht ist der Rechtsbegriff durch Georg Arnold Heise (1778–1851) etabliert worden, der in seinem „Grundriß eines Systems des gemeinen Civilrechts“ (vgl. ders., Grundriß eines Systems des gemeinen Civilrechts zum Behuf von Pandecten-Vorlesungen. – Heidelberg: Mohr und Zimmer 1807) den bis dahin allein als mögliche Rechtssubjekte anerkannten natürlichen Individuen die „juristischen Personen“ als Träger von Rechten und Pflichten beiordnete. Erst später hat dann Savigny in seinem „System des heutigen römischen Rechts“, ausgehend von einem auf Willens- und Handlungsfreiheit abstellenden Personbegriff, die juristische Person als fingiertes Willens- und Handlungssubjekt („persona ficta“) konstruiert (vgl. Savigny, Friedrich Carl von, System des heutigen Römischen Rechts, Band 2. – Berlin: Veit und Co. 1840, S. 235–241). Die juristische Person war nach der Savignyschen Lehre nicht selbst willens- und handlungsfähig, so daß die Handlungen ihrer Vertreter nur über eine Fiktion der vertretenen juristischen Person zugerechnet werden konnte. Der „Vertretertheorie“ stellte der Germanist Otto Gierke im Rahmen seiner Genossenschaftslehre die „Organtheorie“ entgegen, wonach die juristische Person als reale Verbandsperson über ihre Organe ihren Willen ausdrückt und handelt (vgl. bes. Gierke, Otto, Die Genossenschaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung. – Berlin: Weidmann 1887, S. 603 ff.); zur Dogmengeschichte der Lehre von der juristischen Person im Privatrecht vgl. aus der zeitgenössischen Literatur Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 463 f., 469 f., und das dort angegebene Schrifttum; Mayer, Otto, Die juristische Person und ihre Verwertbarkeit im öffentlichen Recht, in: Staatsrechtliche Abhandlungen, Festgabe für Paul Laband zum fünfzigsten Jahrestage der Doktor-Promotion, dargebracht von Wilhelm van Calker u. a., Band 1. – Tübingen: J. C. B. Mohr 1908, S. 1–94 (hinfort: Mayer, Juristische Person).

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des Verbandes: bestimmte nach Regeln bezeichnete Personen gelten rechtlich allein als legitimiert[,] den Verband zu verpflichten und zu gberechtigen; dieseg Rechtsbeziehungen aber berühren Personen und Ver mögen der einzelnen gar nicht, gelten nicht als ihre Kontrakte, sondern werden rechtlich einem ganz gesonderten Verbandsvermögen zugerechnet. Ebenso sind, was die Mitglieder als solche (verbandsstatutenmäßig) zuh fordern oder an ihni zu leisten haben, Ansprüche und Pflichten ihres vom Verbandsvermögen rechtlich völlig gesonderten Privatvermögens. Einzelne Mitglieder als solche können den Verband weder berechtigen noch verpflichten. Dies ist rechtlich nur den Organen und nur durch ein Handeln im Namen des Verbandes möglich, und nur die nach feststehenden Regeln berufene und beschließende Versammlung berechtigter Mitglieder kann, muß aber nicht, die Befugnis haben, bindende Beschlüsse daraus zu fassen. Der Rechtspersönlichkeitsbegriff kann von da aus noch weiter auch zur Unterstützung der Verfügung über solche ökonomischenj Güter ausgedehnt werden, deren Nutzung einer nurk nach Regeln bestimmten, aber nicht zu einem Verband vergesellschafteten Personenvielheit zustehen soll (Stiftung, Zweckvermögen), indeml ein zur selbständigen Vertretung der Interessen jener Personenvielheit im Rechtsverkehr mlegitimierter[,] nachm Regeln bestimmter Träger vom Recht anerkannt wird.71 Ein rechtspersönlicher Verband kann rechtlich so konstruiert sein, daß ein fester[,] grundsätzlich nur entweder durch rein privatrechtlichen Rechtsnachfolge oder durch Beschluß bestimmter Körperschaften zu erweiternder Kreis von Menschen als die allein berechtigten Mitglieder behandelto und die Verwaltung rechtlich kraft ihres Auftrags geführt wird: Korporation. Oder[,] der g A, B: berechtigen, Diese h Fehlt in A, B; zu sinngemäß ergänzt. i A, B: ihnen j A, B: ökonomische k A, B: nuch l A, B: in dem m A, B: legitimiert nach n A, B: privat rechtliche o In A, B folgt: werden 71 In Deutschland wurde die Stiftung erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts als „juristische Person“ neben der Korporation und der (öffentlichen) Anstalt anerkannt und dabei ihrer rechtlichen Gestalt nach – als Privatanstalt – wesentlich der letzteren zugeordnet. Im einzelnen blieb freilich trotz Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der Stiftung („personifiziertes Vermögen“) unter den zeitgenössischen Juristen vieles umstritten; vgl. mit weiteren Nachweisen Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 645 ff.; ders., Grundzüge (wie oben, S. 345, Anm. 85), S. 215 f.

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Stiftung im Prinzip verwandt, so, daß rechtlich nur Organe des Verbandes da sind, welche in seinem Namen handeln, die Mitglieder aber vorwiegend als verpflichtet zur Mitgliedschaft, der Eintritt neuer Mitglieder daher unabhängig vom Willen der schon vorhandenen entweder nach Willkür jener Organe oder nach bestimmten Regeln sich vollzieht und diese bloßen Mitglieder: etwa die Kunden einer Schule[,] als solche prinzipiell keinen Einfluß auf die Verwaltung haben: Anstalt im juristischen Sinn72 (mit dem sozialpolitischen Anstaltsbegriff nur teilweise zusammentreffend). Der Übergang von der Anstalt einerseits zur Stiftung[,] andererseitsp zur Korporation ist auch juristisch flüssig. Ob die Anstalt autokephal oder heterokephal ist, kann nicht, wie Gierke will, entscheiden:73 eine Kirche ist Anstalt, kann aber autokephal sein. Rechtstechnisch ganz entbehrlich ist nun der Rechtspersönlichkeitsbegriff überall da, wo einem Verband kein Vermögen zugewiesen ist, über welches in seinem Namen Kontrakte erforderlich werden. Inadäquat ist erq für solche Gesellschaften, welche ihrem sachlichen Wesen nach eine engbegrenzte Zahl von Teilhabern umfassen und zeitlich begrenzt sind, wie etwa für einzelne Handelsgesellschaften. Hier wäre die absolute Sonderung der Rechts-

p A, B: andererseits,

q A, B: sie

72 Die „Anstalt im juristischen Sinn“ kann allerdings nach Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 641, „Mitglieder im technischen Sinne nicht haben“, es gebe allenfalls „eine Mitgliedschaft in den zu Anstaltsorganen bestellten Kollegien, aber keine Anstaltsmitgliedschaft“. Jene Personen, die – abgesehen von einer Organstellung – in den Genuß der von der Anstalt gewährten ideellen und materiellen Vorteile gelangten, seien vielmehr „ihre Destinatäre (Genußberechtigten). Wenn freilich verfassungsmäßig ein fester Kreis von ,Betheiligten‘ abgegrenzt ist, die nicht nur bestimmte Rechte und Pflichten gegen die Anstalt haben, sondern auch zur Organbildung mitberufen sind, ähnelt ihr Verhältnis stark einer Mitgliedschaft“, mithin dem Gliedverhältnis einer körperschaftlichen Verfassung (vgl. ebd., S. 533 ff.). 73 Weber bezieht sich u. a. auf Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 641, wo dieser über die „Verfassung“ öffentlicher Anstalten festhält: „Die Organbildung erfolgt mitunter ausschließlich und fast immer zum Theil durch Willensaktionen des der Anstalt übergeordneten Verbandes“, sogleich jedoch einschränkt: „vielfach aber auch durch Wahlen oder andere innere Lebensvorgänge der Anstalt selbst. Die Anstaltsverfassung kann sich so einer Körperschaftsverfassung stark annähern.“ Gierke folgert daraus das Vorkommen von Mischverbänden, die entweder mehr als „Körperschaft mit anstaltlicher Spitze oder mehr als Anstalt mit körperschaftlicher Grundlage“ erscheinen (ebd., S. 459). Auto- oder Heterokephalie begründen damit die typologische Zuordnung; vgl. auch Gierke, Grundzüge (wie oben, S. 345, Anm. 85), S. 210.

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sphäre des einzelnen von derjenigen der Gesamtheit kreditschädlich, da die spezifische Kreditwürdigkeit zwar auch auf der Existenz eines gesonderten Vermögens, in erster Linie aber auf dem Einstehen aller Teilhaber für die Schulden der Gesamtheit beruht. Ebenso wäre die Schaffung besonderer Organe für die Vertretung der letzteren nicht immer zweckmäßig. Für derartige Verbände und Vergesellschaftungen war daher das wenigstens in der Vergangenheit den meisten Rechten irgendwie in Ansätzen bekannt gewesene rPrinzip derr Gesamthand,74 d. h. die Legitimation entweder nur aller Beteiligten durch gemeinsames Rechtshandeln oder auch jedes oder einiger oder eines einzelnen durch Handeln im Namen aller zur Vertretung der Gesamtheit und die Haftung aller mit ihrer Person und ihrem Vermögen, die gerade den kapitalistischen Kreditinteressen adäquate Form. Sie stammt aus der hausgemeinschaftlichen Solidarhaftung und gewinnt ihren spezifischen Charakter in der fortgesetzten Erbengemeinschaft,75 sobald eine rechtliche Sonderung des Gesamtvermögens von dem Einzelvermögen der Beteiligten[,] der Gesamthaftung von der Einzelhaftung derart beginnt, wie wir dies als Folge geschäftlicher Zersetzung der Brüderlichkeit früher kennen lernten.76 Von der Erbengemeinschaft her hat sie sich als Grundlage zahlreicher gewillkürter Gemeinschaften verbreitet, für welche die aus dem Verbrüderungscharakter der Hausgemeinschaft folgenden Innen- und Außenbeziehungen entweder urwüchsig waren oder aus rechtstechnischen r A, B: Prinzip, die 74 Über das nach Begriff und Herkunft rein deutschrechtliche Institut der „Gemeinschaften zur gesamten Hand“ vgl. u. a. Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 663 ff., der darauf hinweist, daß der Name „dem alten Rechtsbrauche (entstammt), die Verbundenheit der Subjekte bei einer gemeinsamen Erwerbs-, Verfügungs- oder Verpflichtungshandlung durch das Sinnbild einer Verschlingung der Hände anschaulich zu machen“ (ebd., S. 664). 75 Gemeint ist die über die patriarchale Hauswirtschaft hinaus zu Erwerbszwecken fortgeführte Familien- und Arbeitsgemeinschaft der Brüder und Söhne (Erben) des Hausvaters. – In seiner Doktorarbeit über die „Geschichte der Handelsgesellschaften“ hatte Weber den Ursprung des Gesamthandprinzips aus der Solidarhaftung der Hausund Erbengemeinschaft vorerst nur als Frage aufgeworfen (vgl. Weber, Handelsgesellschaften, MWG I/1, S. 213–215, 330–332), während namentlich Gierke auf Webers „Geschichte der Handelsgesellschaften“ als seine Quelle verweist (vgl. ders., Grundzüge, S. 217). 76 Siehe Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 146–154, zur ökonomischen Entwicklungsgeschichte der Hausgemeinschaft.

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Zweckmäßigkeitsgründen übernommen wurden. Das heutige Recht der offenen Handelsgesellschaft ist, wie wir sahen,77 direkt die rationale Fortbildung der hausgemeinschaftlichen Beziehung für Zwecke des kapitalistischen Betriebes. Die verschiedenen Formen der Kommanditen sind Kombinationen dieses Prinzips mit dem Recht der universell verbreiteten Commenda und Societass maris.78 Die deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine rationale Neuerfindung zum Ersatz der für die Zwecke kleinerer und familienhafter[,] speziell erbengemeinschaftlicher Unternehmungen rechtlich nichtt adäquaten,u speziell durch den modernen Publizitätszwang79 unbequemena Aktiengesellschaft. Die Verbrüderung (agermanament im spanischen Recht80) der Kaufleute, Schiffsbesitzer und Schiffsbesatzung war der gemeinsamen Unternehmung einer Seefahrt der Natur der Sache nach urwüchsig. Sie entwickelte sich [–] ganz entsprechend der Entstehung des Betriebes aus der Hausgemeinschaft [–] in der Reederei zu einer Gesamthandvergesellschaftung der Unternehmer, während sie s A, B: Sozietas B: unbequeme

t Fehlt in A, B; nicht sinngemäß ergänzt.

u A, B: adäquate,

a A,

77 Siehe Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 144 ff., bes. 150–152, und S. 118, wo es heißt: „Das Solidaritätsprinzip nach außen findet sich rein entwickelt noch in den periodisch kontraktlich regulierten, kapitalistische Unternehmungen betreibenden, Hausgemeinschaften der mittelalterlichen, und zwar gerade der kapitalistisch fortgeschrittensten, nord- und mittelitalienischen Städte: die solidarische Haftung gegenüber den Gläubigern mit Besitz und Person (unter Umständen auch kriminell) trifft alle Hausangehörigen, einschließlich selbst der zuweilen kontraktlich in die Gemeinschaft aufgenommenen Kommis und Lehrlinge. Dies ist die historische Quelle der für die Entwicklung moderner kapitalistischer Rechtsformen wichtigen Solidarhaftung der Inhaber einer offenen Handelsgesellschaft für die Schulden der Firma.“ 78 Vgl. die Glossareinträge „Kommanditen“, „Commenda“, „Societas maris“. 79 Gesetzliche Verpflichtung zur Bilanzveröffentlichung. 80 Es handelt sich dabei um ein im sog. katalanischen Konsolat (ursprünglich „coutumes de la mar“; bedeutende mittelalterliche Seerechtssammlung) verankertes Rechtsinstitut. Für die Fälle großer Haverei (Seeunfälle), insbesondere bei See- oder Schiffswurf (Abwurf von Waren zur Abwendung drohender Gefahr), sah es eine vertragsförmige Gefahrengemeinschaft zwischen Kaufleuten, Schiffseigentümern und Schiffsbesatzungen vor. Diese vereinbarten entweder im vorhinein oder bei akuter Gefahr, daß Schiff und Ladung füreinander einstehen, d. h. Schaden oder Verlust mitvergüten sollten. Dies „Überein-Kommen“ hieß „agermanar“. Über rechtsgeschichtliche Herkunft, Etymologie (aus dem Katalanischen) und Verbrüderungscharakter des Instituts vgl. Goldschmidt, Levin, Lex Rhodia und Agermanament. Der Schiffsrath. Studie zur Geschichte und Dogmatik des Europäischen Seerechts, in: Zeitschrift für das gesammte Handelsrecht, Band 35, 1889, S. 37–90; 321–397, hier bes. S. 343–352 (hinfort: Goldschmidt, Lex Rhodia).

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nach der anderen Seite in der Bodmerei81 und in den Grundsätzen über den Seewurf in eine rein sachliche Gefahrengemeinschaft der Fahrtinteressenten ausmündete. In all jenen Fällen war das Typische die Verdrängung der Verbrüderungen durch Geschäftsbeziehungen,82 der Statuskontrakte durch Zweckkontrakte, unterb Erhaltung aber der rechtstechnisch zweckmäßigen Behandlung der Gesamtheit als eines gesonderten Rechtssubjektes und der Sonderung des gemeinsam besessenen Vermögens. Andererseits ersparte man die formale Bürokratisierung des Organapparates, wie er bei der Konstituierung als Körperschaft technisch notwendig geworden wäre. In dieser Struktur sind die rational umgebildeten Gesamthandverhältnisse in keinem Rechtssystem so spezifisch entwickelt wie in denjenigen des Okzidents seit dem Mittelalter. Daß sie dem römischen Recht fehlten – das hellenische Handelsrecht, welchem z. B. im rhodischen manche Spezialinstitute des antiken internationalen Handelsrechts entlehnt sind, ist in seiner Entwicklung nicht genau bekannt –,c hatte teilweise rechtstechnisch in der Eigenart des nationalen Zivilrechts begründete und noch zu besprechende,83 nicht aber ökonomische Gründe. Wohl aber hängt die relative Entbehrlichkeit dieses Formenreichtums mit der Eigenart des antiken Kapitalismus zusammen. Er war einerseits Sklavenkapitalismus, andererseits vorwiegend politischer, im Staat verankerter Kapitalismus. Die Verwendung von Sklaven als Erwerbsinstrumenten mit unbeschränkter Berechtigung und beschränkter Haftung des Herrn für ihre Kontrakte und mit einer begrenzten Behandlung des peculium nach Art einer Sondervermögensmasse84 ermöglichte es[,] wenigstens einen Teil der heute durch die verb A, B: und der

c A, B: bekannt, –

81 Vgl. den Glossareintrag „Bodmerei“. 82 So sieht Goldschmidt, Lex Rhodia (wie oben, S. 386, Anm. 80), S. 343, bereits in der durch „agermanament“ verabredeten Gefahrengemeinschaft eine reine Sachverbrüderung: „[. . .] agermanament ist somit ein Verbrüderungsakt, aber nicht von Personen, oder doch nicht direkt von solchen, sondern von Sachen: Schiff nebst Accessorien und Ladungsgüter oder nur diese untereinander werden angebrüdert oder verbrüdert.“ Vgl. ebd., S. 344, 351, 362. 83 Siehe unten, S. 495 ff., zur Eigenart des „nationalen“ römischen Zivilrechts und zur Entwicklung der römischen Rechtstechnik durch die „Rechtshonoratioren“. 84 Vgl. hierzu oben, S. 334 mit Anm. 62. Da die Geschäfte des nicht vermögens- und rechtsfähigen Sklaven dem Gewalthaber unmittelbar zugerechnet werden, kann der Sklave selbst nur naturaliter haften, während dem Gläubiger gegen den Herrn eine

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schiedenen Formen beschränkter Haftung erzielten Effekte zu erreichen. Dabei bleibt freilich die Tatsache bestehen, daß diese Einschränkung[,] verbunden mit dem völligen Ausschluß aller Gesamthandsprinzipien im Sozietätsrecht85 und mit der Zulassung von Solidarberechtigung und -verpflichtungd nur auf Grund von speziellen Korrealsponsionen, zu jenen juristischen Symptomen des Fehlens kapitalistischer gewerblicher Dauerbetriebe mit stetigem Kreditbedarf gehört, welches der römischen Wirtschaftsverfassung spezifisch ist. Die Bedeutung der wesentlich politischen Verankerung des antiken Kapitalismus aber tritt darin hervor, daß die für den Privatverkehr fehlenden Rechtsinstitute für die Staatspächter (Pächter von Steuern, Bergwerken, Salinen: socii vectigalium publicorum) schon in der frühen Kaiserzeit auch privatrechtlich anerkannt waren. Die rechtliche und ökonomische Struktur dieser Gesellschaften war eine Kombination der heute bei der Emission von Wertpapieren durch unsere Banken üblichen Rechtsform der konsortialen Beteiligung von Unternehmern an der von einem oder mehreren führenden Unternehmern dem Emittierenden gegenüber übernommenen Kapitalbeschaffung mit bloßen Kommanditbeziehungen. Die im Interdikt de loco publico fruendo86 und sonst literarisch vorkommenden socii87 des Konsortiald A, B: Verpflichtung

Die Emendation folgt WuG5, S. 426.

prätorische Klage bis zu dem Wertbetrag des dem Sklaven zur Eigenbewirtschaftung überlassenen peculium zusteht (actio de peculio). 85 Weder Stellvertretung nach außen, noch körperschaftliche oder gesamthänderische Zurechnung werden in der durch Einverständnis der Gesellschafter konstituierten „societas“ begründet. Rechtshandlungen wirken nur für und gegen den einzelnen socius, nicht für oder gegen die societas. Ob sie – wie Weber, Handelsgesellschaften, MWG I/1, S. 146, sagt – „lediglich ein Komplex obligatorischer Beziehungen unter den socii“ ist, die Dritte „nichts angehen“ kann, ist strittig, da aus den Geschäften eines socius gegenüber Dritten auch die übrigen socii haften können. 86 D. 43,9,1: „Praetor ait: ,Quo minus loco publico, quem is, cui locandi ius fuerit, fruendum alicui locavit, ei qui conduxit sociove eius e lege locationis frui liceat, vim fieri veto.‘“ (Auf allem Staatsland, welches der, dem das Pachtrecht verliehen wird, einem anderen zur Nutzung überlassen hat, verbiete ich Gewaltanwendung gegen den, der es führt oder seinen zur Nutznießung berechtigten Sozius.) Wortlaut und Stellung des Interdikts im prätorischen Edikt sowie der Ediktskommentar Ulpians bei: Lenel, Otto, Das Edictum Perpetuum. Ein Versuch zu seiner Wiederherstellung, 2. verb. Aufl. – Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1907, S. 443 (hinfort: Lenel, Edictum Perpetuum). Vgl. auch Webers Ausführungen dazu in: Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 226 f. 87 Vgl. die von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 407, Anm. 63, S. 409, Anm. 69, zusammengetragenen Quellenstellen, in denen die socii zur Sprache kommen.

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leiters (manceps) waren Unterkonsortial beteiligte,88 die affines bloße Kommanditisten,89 die faktischee Rechtslage nach innen und außen der heutigen sehr ähnlich. Teils rechtstechnisch, teils politisch bedingt war auf der anderen Seite die Entscheidung der Frage: ob auch die Staatsanstalt selbst als Rechtspersönlichkeit im Sinne des Zivilrechts zu behandeln sei. Das hieß praktisch in erster Linie: daß die Rechtssphäre der Organe der staatlichen Herrschaft geschieden wird in eine persönliche Rechtssphäre mit Ansprüchen und Verpflichtungen, die ihnen persönlich zugerechnet werden, und in eine amtliche, deren vermögensrechtliche Beziehungen einem Sonderkomplex, dem Anstaltsvermögen, zugerechnet werden,f daß aber ferner auch die Sphäre des amtlichen Auftretens der Organe des Staats ihrerseits geschieden ist in eine Sphäre herrschaftlicher und eine andere Sphäre privatrechtlicher Beziehungen, daß in dieser letzteren[,] ausschließlich vermögensrechtlichen Sphäre die allgemeinen Grundsätze des Rechts des Privatverkehrs maßgebend sind. Eine normale Konsequenz dieser Persönlichkeit des Staates ist es dann, daß er aktiv und passiv als gleichberechtigter Prozeßgegner eines Privatmannes im gewöhnlichen Rechtsgang aufzutreten und in Anspruch genommen zu werden qualifiziert ist. Die Frage der Rechtspersönlichkeit hat mit dieser letzteren Frage an sich[,] juristisch betrachtet[,] nichts zu schaffen. Denn die privatrechtliche Erwerbsfähigkeit des populus romanus z. B. aus Testamenten war zweifellos, prozeßfähig aber war er nicht. Beide Fragen sind auch praktisch verschieden. Im Sinne e A, B: faktisch der

f A, B: werden:

88 Der „manceps“ ist der Unternehmer, der zunächst als einzelner und im eigenen Namen den Pachtvertrag mit dem Staat gegen Sicherheitsleistung abschließt. Daneben können vom Staat zugelassene andere Personen (socii) als Gesellschafter an dem Pachtverhältnis beteiligt sein. Sie nehmen nicht nur an den internen Sozietätsbeschlüssen, sondern auch – in verschiedener Art – an der Ausübung der Pachtrechte nach außen teil und haften neben dem manceps dem Staat für Ausfälle; vgl. zur Publikanensozietät und speziell zur Stellung des manceps und der socii Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 406–413. 89 Weber bezieht sich vermutlich auf das von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 413, über die Stellung der „adfines“ (= affines) Gesagte: „Von den Socii der Publikanengesellschaft sind die Adfines derselben zu unterscheiden [. . .]. Sie sind vermutlich nur mit einer Kapitaleinlage bei dem Unternehmen beteiligt gewesen und werden über ihre Einlage hinaus kein Risiko getragen haben, dafür aber jedenfalls auch von der Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen sein.“ Zur Hauptstelle bei Livius vgl. ebd., S. 413, Anm. 78, und S. 406, Anm. 62.

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selbständiger Erwerbsfähigkeit pflegt aber die selbständige Rechtspersönlichkeit aller anstaltsmäßigen, also staatlichen[,] politischen Gebilde außer Zweifel zu stehen, auch wenn sie sich der Unterwerfung unter die ordentliche Rechtspflege entziehen. Ebenso kann die Rechtspersönlichkeit und die Zulässigkeit des Rechtsweges anerkannt sein, aber für die Kontrakte der Staatsanstalt können ganz andere Grundsätze gelten als für Privatkontrakte. Meist freilich pflegt dies letztere[,] wie in Rom[,] mit dem Ausschluß der ordentlichen Gerichte und der Entscheidung von Streitigkeiten aus Kontrakten mit dem Staat durch Verwaltungsbeamte zusammenzuhängen. Die Fähigkeit, prozessual als Partei aufzutreten, pflegt nicht nur den Rechtspersönlichkeiten, sondern auch vielen Gesamthandvergesellschaftungen verliehen zu sein. Dennoch aber taucht das Problem der Rechtspersönlichkeit rechtshistorisch meist in enger Verbundenheit mit dem Problem der Prozeßstandschaft auf. Diesg gilt speziell für die öffentlichen hVerbände, woh immer die politische Gewalt mit Privaten nicht als Herrscher zum Untertanen verhandeln konnte, sondern genötigt war[,] sich dereni Leistungen durch freien Kontrakt zu beschaffen, also vor allem durch Verkehr mitj Kapitalisten, deren Kredithilfe oder Unternehmerorganisation sie bedurfte und die sie infolge der Frei zügigkeit des Kapitals zwischen mehreren konkurrierenden politischen Verbänden nicht leiturgisch zu erzwingen vermochte; ferner beim Verkehr mit freien Handwerkern und Arbeitern, gegen welche sie leiturgische Zwangsmittel nicht anwenden konnte oder wollte. In all diesen Fällen entstanden alle jene Probleme zugleich. Wenn die Frage der Rechtspersönlichkeit des Staats und zugleich der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bejaht wurde, so bedeutete dies im allgemeinen eine Steigerung der Sicherung der privaten Interessen. Nicht aber mußte umgekehrt die Ablehnung eines von beiden Postulaten notwendig eine Minderung dieser Sicherung bedeuten. Denn es konnte anderweit die Innehaltung der Kontraktpflichten hinlänglich garantiert erscheinen. Daß man den König von England von jeher verklagen konnte,90 hat die Florentiner Bankiers nicht vor g A, B: Diese

h A, B: Verbände. Wo

i A, B: dessen

j A, B: beim

90 Einerseits entsprach es der lehensrechtlichen Grundauffassung, daß der König als „lord paramount“ – wie jeder andere Lehnsherr – nicht in seinem eigenen Gericht verklagt werden konnte. Doch gab es andererseits noch im 14. Jahrhundert Richter, wel-

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der Repudiation der riesigen Schuldenlast im 14. Jahrhundert geschützt.91 Das Fehlen jedes prozessualen Zwangsmittels gegen die römische Staatskasse hat deren Gläubiger im allgemeinen nicht gefährdet, und als dies im zweiten Punischenk Kriege doch geschah, wußten sie sich Pfandsicherheiten geben zu lassen, deren Antastung nicht versucht worden ist. Gegen den französischen Staat blieb wenigstens die zivilrechtlichel Anrufung des Rechtsweges auch nach der Revolution ausgeschlossen,92 ohne seinen Kredit zu gefährden. Die Versagung des Rechtswegs gegen die Staatskasse ist einerseits als Teilerscheinung der prinzipiellen Heraushebung des Staates aus den Kreisen der Verbände mit der Entwicklung des modernen Souveränitätsbegriffs entstanden. So in Frankreich.93 Auch Friedrich Wilhelm I. hat im Zusammenhang mit seinem Souveränitätsbewußtsein den Versuch gemacht, den „renitenten Adelsleuten“ durch „allerhand Schikane“ die Anrufung des Reichskamk A, B: punischen

l A, B: zwangsweise

Zur Emendation vgl. Anm. 92.

che der Tradition folgten, daß jedermann den König vor dessen Gerichte ziehen könne. Die allgemeine Rechtsidee, wonach der König kein Unrecht tun könne („the king can do no wrong“), setzte sich erst in der Folgezeit durch; vgl. Pollock/Maitland, English Law I, S. 516, 518. 91 Bedeutende Florentiner Bankiers beherrschten Ende des 13. Jahrhunderts als Kapitalgeber von Fürsten und Bischöfen den englischen Geldmarkt. Doch neben den außergewöhnlichen Gewinnchancen (durch Pachtung oder Pfandnahme von Steuern, Zöllen, Bergwerken etc.) barg gerade das politische Geldgeschäft für die Banken – im Unterschied zu den sicheren Geschäften mit der Kirche – erhebliche Risiken. Könige und Fürsten konnten zur Zahlung ihrer Schulden nicht gezwungen werden. Die Zahlungsverweigerung Eduards III. – neben sistierten Darlehensrückzahlungen durch Robert von Neapel und der Enteignung florentinischer Kaufleute durch den französischen König – trieb deshalb einige der einflußreichsten Florentiner Firmen 1345 in den ökonomischen Ruin; vgl. etwa Schanz, Georg, Englische Handelspolitik gegen Ende des Mittelalters, Band 1. – Leipzig: Duncker & Humblot 1881, S. 112 f. 92 Es fehlt ein zivilrechtlicher Zahlungszwang gegen den französischen Staat. Der Staatsgläubiger hat seine Forderung aus einem Formalvertrag mit dem Staat, d. h. aus einem abstrakten Zahlungsversprechen desselben, das in verwaltungsrechtlicher Form abgegeben wird (durch Eintragung in das Staatsschuldbuch, Ausstellung von „Geschäftsurkunden“, Ausgabe von Schatzscheinen). Ihre Realisierung geschieht über sog. gebundene Verwaltungsakte des Finanzministers, gegen die dem Gläubiger der ordentliche Verwaltungsrechtsweg offen steht; vgl. dazu Mayer, Theorie (wie oben, S. 298, Anm. 68), 389 f., 399 f., 417 f. 93 Der Grundsatz, daß der Staat durch die Zivilgerichte zur Schulden-, Schadenersatz- oder Zinszahlung nicht gezwungen werden könne, galt in Frankreich zunächst ohne gesetzliche Grundlage und wurde allgemein auf die hoheitlichen Aufgaben der staatlichen Finanzverwaltung zurückgeführt. Später wurde er gesetzlich fixiert; vgl. Mayer, Theorie (wie oben, S. 298, Anm. 68), S. 417 mit Anm. 13.

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mergerichts zu verleiden.1 Die Gewährung des Rechtsweges war andrerseits da und solange selbstverständlich, als die ständische Struktur des politischen Gebildes alle Beschwerde über die Verwaltung als Grenzstreit zwischen Privilegien und wohlerworbenenm Rechten in die Form des Rechtsstreits verwies und der Fürst nicht als Souverän, sondern als Inhaber einer bestimmt begrenzten Prärogative, als ein Privilegienträger neben anderen im politischen Verband erschien. So in England2 und im römisch-deutschen Reich. Die Versagung der Klage gegen den Staat konnte aber auch die Folge wesentlich rechtstechnischer Umstände sein. So war in Rom der Zensor die Instanz für die Entscheidung aller nach unseren Denkgewohnheiten privatrechtlichen Ansprüche einzelner an die Staatskasse und umgekehrt. Aber er war auch die zuständige Instanz für die Streitschlichtung zwischen Privaten, soweit es sich um Rechtsfragen handelte, welche aus den Beziehungen zum Staatsgut herrührten. Alle Besitzstände auf dem Ager publicus und alle Streitigkeiten zwischen den kapitalistischen Interessenten des Staatsgebietes und der Staatslieferungen (publicani) oder zwischen ihnen und den Untertanen waren der ordentlichenn Geschworenenjustiz dadurch entzogen und dem einfachen verwaltungsrechtlichen Cognitionsverfahren überwiesen,3 sicherlich der Sache nach nicht m A, B: wohl erworbenen

n A, B: hohen

Die Emendation folgt WuG5, S. 428.

1 Weber bezieht sich offenkundig auf eine Instruktion Friedrich Wilhelms I. an sein Generaldirektorium vom 20. Dezember 1722. Der König nahm darin zu Klagen Stellung, die der Landadel wegen einer von ihm erhobenen Abgabe beim Reichsgericht anhängig gemacht hatte. Darin heißt es: „Die Domänenprocesse sollen im Magdeburgischen gegen diejenige Edelleute, die sich weigern, den Lehnscanonem zu entrichten und deshalb an den Reichshofrath appelliret haben, mit dem äußersten Rigueur fortgesetzet, auch eben diesen renitirenden Edelleuten von Unserm Magdeburgischen Commissariat allerhand Chicanen gemacht und ihnen solchergestalt der Kitzel vertrieben werden, gegen ihren angeborenen Landesherrn und Obrigkeit an dergleichen frevelhaftes und gottloses Beginnen weiter zu gedenken, geschweige denn selbiges wirklich vorzunehmen und auszuführen.“ Der Wortlaut der Instruktion in: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert (Acta Borussica. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. von der Königlichen Akademie der Wissenschaften), Band 3. – Berlin: Paul Parey 1901, S. 625 f.; vgl. auch Mayer, Otto, Justiz und Verwaltung. Rede zum Antritt des Rectorats der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg. – Straßburg: J. H. Ed. Heitz 1902, Zitat S. 6. 2 Vgl. oben, S. 290 f., und unten, S. 394 f. 3 Nach Auffassung von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 348, Anm. 3, galt das zu-

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ein negatives, sondern ein positives Privileg der ungeheuren staatskapitalistischen Interessen. Das fehlende Geschworenenverfahren und die Qualität der Staatsbeamten als Richter und Parteivertreter in einer Person blieb bestehen und ging im Effekt auch auf den Fiskus der kaiserlichen Verwaltung4 über, nachdem dieser nach kurzem Schwanken unter Tiberius seit Claudius zunehmend den Charakter eines Staatsgutes und nicht eines persönlichen Besitzes des Kaisers angenommen hatte.5 Ganz restlos ist dies freilich nicht geschehen und sowohl terminologisch (durch Fortfall der alten verwaltungsrechtlichen Ausdrücke: manceps, praes und ihren Ersatz durch zivilrechtliche) wie in dem Grundsatz: daß der Fiskus prozeßfähig sei, blieb der Unterschied bestehen.6 Schwankungen zwischen patrimonialer und anstaltsmäßiger Auffassung der Stellung des kaimindest für Streitfälle der letztgenannten Art nicht ausnahmslos. Der Zensor, heißt es da, könne für den Fall, „daß über staatliche Rechte zwischen jenem, dem sie zur Ausübung überlassen sind (Publicani u. dgl.), und Privatpersonen Streit entsteht“, durchaus in die Lage kommen, ein Geschworenengericht einzusetzen. So für die republikanische Ordnung auch Mommsen, Staatsrecht II, S. 1020, 465. Andererseits hält es Mommsen, Staatsrecht I, S. 177, für wahrscheinlich, „daß diese censorischen Geschwornengerichte, anders als die prätorischen, facultativ gewesen sind, die Cognition des Magistrats dadurch nur dann und nur insoweit ausgeschlossen wird, als es diesem selber beliebt.“ 4 Die Weberschen Ausführungen setzen hier und im folgenden die staatsrechtlich wichtige (formell noch bis in die diokletianische Zeit bestehende) Unterscheidung zwischen der republikanischen „Reichshauptkasse“ (Mommsen), dem „aerarium“, und der kaiserlichen Staatsvermögensverwaltung (fiscus Caesaris, später einfach: fiscus) einerseits, dann dieser beiden vom kaiserlichen Privatvermögen andererseits voraus; vgl. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 352–362; Mommsen, Staatsrecht II, S. 992 ff. 5 Da der Fiskus im Unterschied zum republikanischen Staatsschatz (aerarium) kein Vermögen des populus Romanus darstellte, kam für ihn die Administrativjudikatur, die sich für die Aerialverwaltung ausgebildet hatte, nicht in Betracht; seine Rechtsangelegenheiten wurden statt dessen dem Privatrechtssystem unterstellt. An diesem Grundsatz hielt der frühe Prinzipat (Augustus und auch noch Tiberius) fest, bis 53 n.Chr. unter Claudius ein Senatsbeschluß die gesamte Ziviljurisdiktion zwischen Fiskus und Privaten sog. kaiserlichen Prokuratoren unterstellte und damit den Fiskalprozeß dem Aerialprozeß grundsätzlich anglich. In dieser Bewertung der Rechtsentwicklung und namentlich der darin zum Ausdruck gelangenden Auffassung des Fiskus als Staatsgut folgt Weber vermutlich der besonders im zuletzt genannten Punkt ausdrücklich gegen Mommsen gerichteten Darstellung bei Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 350 f., Anm. 7, und S. 364 f.; dagegen Mommsen, Staatsrecht II, S. 998: „Die kaiserliche Kasse, der fiscus Caesaris oder [. . .] der fiscus schlechtweg, ist Privateigenthum des Princeps [. . .]“; für die hier interessierenden Rechtsverhältnisse des Fiskus vgl. auch Mommsen, Staatsrecht II, S. 1021–1025. 6 Weber stützt sich vermutlich auf Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 364; für die frühe Prinzipatszeit übereinstimmend: Mommsen, Staatsrecht II, S. 1021; auch ders., Staatsrecht I, S. 175, Anm. 2.

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serlichen Besitzes haben neben verwaltungstechnischen Erwägungen und rein ökonomischen Interessen der Dynastie auch die verschiedenen Umgestaltungen und Unterscheidungen kaiserlicher Vermögensmassen bedingt, welche alle in der Theorie als prozeßfähig galten. Im Effekt ist die Scheidung des Kaisers als Privatperson und als Magistrat trotz allem wohl nur unter den ersten Kaisern durchgeführt worden. Letztlich galt aller Besitz der Kaiser als Krongut und daher wurde es üblich, das Privatvermögen bei der Thronbesteigung den Kindern zu übertragen.7 Die Behandlung des Konfiskationserwerbs und der zahlreichen zur Stütze der Gültigkeit von Testamenten an die Kaiser hinterlassenen Vermächtnisseo ist weder vom Standpunkt einer rein privat-p noch einer rein staatsrechtlichen Auffassung ganz klar entwickelt worden.8 Für die Stellung des ständischen Fürsten des Mittelalters versteht sich, nach der später noch näher zu erörternden Struktur ständischerq Gebilde,9 die Ungeschiedenheit von Fürstengut, welches politischen Zwecken und solchem, welches privaten Zwecken diente, vomr Fürst als Herrscher und Fürst als Privatmann, von selbst. Wie wir sahen,10 hatte diese Ungeschiedenheit zur Anerkennung der Möglichkeit von Prozessen gegen den englischen

o A, B: Vermächtnissen

p A, B: privaten

q A, B: ständiger

r A, B: von

7 Wegen des noch ungefestigten Rechtsstatus des Kaisers und eines unterscheidbaren kaiserlichen Privatvermögens zumindest in der Frühzeit des Prinzipats formuliert Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 355, den Kausalzusammenhang eher umgekehrt: Aus der praktisch schwierigen Trennung privater und öffentlicher Vermögensbestände resultierte demnach die Übung der Kaiser, „ihr Privatvermögen schon bei der Thronbesteigung auf die Kinder“ (faktisch regelmäßig den Nachfolger) zu übertragen, was allmählich den Gedanken erzeugt habe, „daß hier nicht mehr ein persönliches Vermögen, sondern ein Krongut vorliegt.“ 8 Zum kaiserlichen Privatvermögen gehörte nach Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 354, alles schon vor dem Regierungsantritt Besessene und alles danach auf Grund privater Rechtstitel Erworbene. Darunter fielen in erster Linie die häufigen Erbschaften und Legate an die Kaiser sowie – „wenigstens teilweise“ – die Konfiskationen. Dieses in Quellentexten „res privata“ genannte Vermögen hat Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 358–360, in „staatsrechtlicher Perspektive“ als „fiskalischer Etat“ (ebd., S. 355, Anm. 18) gedeutet, im Unterschied zu einer privatrechtlichen Position, die die konfiszierte res privata gegenüber dem überkommenen Krongut als kaiserliches Privatvermögen auffaßt (vgl. die Nachweise ebd., S. 359, Anm. 25). 9 Siehe Weber, Feudalismus, MWG I/22–4, S. 410–413. 10 Siehe oben, S. 390–392.

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König und den deutschen Kaiser geführt. Der gerade umgekehrte Effekt aber trat dann ein, wenn die Souveränitätsansprüche den Staat der Unterstellung unter die Justiz seiner eigenen Organe entzogen. Immerhin hat auch hier die Rechtstechnik den politischen Interessen der Fürsten gegenüber ziemlich wirksamen Widerspruch geleistet. Der rezipierte römische Fiskusbegriff hat in Deutschland als Rechtskonstruktionsmittel für die Möglichkeit, den Staat zu verklagen, gedient und hat infolgedessen [–] freilich in Konsequenz der überkommenen ständischen Auffassung weit über privatrechtliche Streitigkeiten hinaus [–] auch der eigentlichen Verwaltungsrechtspflege als erste Unterlage dienen müssen.11 Der Fiskusbegriff hätte nun eigentlich schon in der Antike einen Anstaltsbegriff erzeugen können. Diese Konzeption ist jedoch von den klassischen Juristen nicht vollzogen worden, weil sie den gegebenen Kategorien des antiken Privatrechts fremd war.12 Nicht einmal die Auflage im Sinn des heutigen Rechts war derart entwickelt, daß sie einen Ersatz bilden konnte.13 Der Stiftungsbegriff vollends blieb dem römischen Recht der Konzeption nach infolgedessen ganz fremd, sodaß für diese Zwecke nur der inschriftlich nachweisbare Weg 11 Die römisch-rechtliche Auffassung vom Fiskus als eines Sonder-Vermögens führte in Verbindung mit dem Souveränitätsgedanken zunächst zum Souverän als „Subjekt“ des Fiskalvermögens, welches von dessen Privatvermögen unterschieden wurde. Indem man weiterhin im Fiskalvermögen ein von der Person des Souveräns verschiedenes Rechtssubjekt verkörpert sah, wurden – wie Gierke, Genossenschaftsrecht IV, S. 250 f., sagt – „die Rechte des Fiskus nicht bloß zu den Rechten des Herrschers als Privatperson, sondern gleichzeitig zu den dem Herrscher als Herrscher zustehenden Hoheitsrechten in einen scharfen Gegensatz“ gestellt. Damit konnten hoheitliche von rein vermögensrechtlichen Handlungen des Herrschers prinzipiell abgegrenzt werden. 12 Weber pflichtet hier Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 350, bei: „Eine von den realen Verhältnissen ausgehende Konstruktion kann ihn [den Fiskus, Hg.] jedoch nur als eine vom Kaiser ressortierende Anstalt auffassen, welche die Bedürfnisse der kaiserlichen Verwaltung zu decken bestimmt ist.“ Auch die „römische Anschauung“ hätte „unmöglich ernsthafter Weise“ den Kaiser als Subjekt des Fiskusvermögens bezeichnen können, sondern hätte „im Fiskus eine als selbstständige juristische Persönlichkeit zu denkende Anstaltsperson erblicken“ müssen. Andererseits fehle „für den Fiskus [. . .] eine juristische Konstruktion in den Quellen so vollständig, daß man von einer Anerkennung des Anstaltsbegriffs nicht sprechen“ könne (ebd., S. 340). 13 Vgl. die Formulierung bei Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 194, wonach die Auflage im modernen Sinne in den klassischen Quellen nicht formuliert ist. Man hat sich darunter eine Zuwendung von Vermögenswerten an eine bereits existente juristische Person vorzustellen, mit der Verpflichtung („Auflage“), einen bestimmten Zweck damit zu verfolgen (vgl. Mayer, Juristische Person (wie oben, S. 382, Anm. 70), S. 41).

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blieb, sie als Korporationsvermögen zu konstituieren.14 Die Konzeption des Stiftungsbegriffs ist der Sache wie der reinen Technik nach fast überall religiös bedingt gewesen. Die große Masse der Stiftungen war von jeher dem Totenkult oder Werken religiös verdienstlicher Barmherzigkeit gewidmet. Das Interesse an der juristischen Konstruktion hatten daher vorwiegend Priesterschaften, welche mit der Wahrnehmung der stiftungsmäßigen Leistungen betraut waren. Daher entstand ein Stiftungsrecht nur da, wo die Priesterschaften hinlängliche Unabhängigkeit von der Laiengewalt gewannen, um ein heiliges Recht zu entwickeln. In Ägypten sind deshalb die Stiftungen uralt.15 Rein weltliche, insbesondere Familienstiftungen waren rechtstechnisch sund zweifelloss auch aus rechtspolitischen Gründen fast überall unbekannt, wenn sie sich nicht der Form der Lehensauftragung oder ähnlicher Formen bedienten, also eine Abhängigkeit der privilegierten Familien vom Fürsten schufen. Innerhalb der Polis fehlten sie deshalb. Erstmalig im byzantinischen Recht wurde das unter rechtstechnischer Benutzung sakraler Normen anders, nachdem das spätrömische Recht in den Fideicommissa begrenzte Ansätze dazu entwickelt hatte. In Byzanz kleidete sich die Sicherung ewiger Renten für die eigene Familie aus Gründen, die noch zu erörtern sein werden,16 in die Form von Klostergründungen mit Vorbehalt von Verwaltung und Rentenrechten für die eigene Familie. Von da ging diese Art s A, B: unzweifellos 14 Vgl. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 414, Anm. 2: „Die überwiegende Mehrzahl der Inschriften, auf denen unsere Kenntnis des praktischen Stiftungswesens fast ausschließlich beruht, nennt die Korporation als Eigentümerin des Stiftungskapitals; wo dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, kann es mit Sicherheit subintelligiert werden.“ Das Sondervermögen wurde also vorhandenen privaten oder öffentlichen Gemeinschaften aller Art (wie Munizipien, vici, pagi oder religiöse und weltliche Kollegien) mit einem dem Vermögenszweck entsprechenden Verwendungsvorbehalt übertragen, der dessen dauerhafte Verwirklichung verbürgte, nicht aber durch Vermögensabsonderung an ein neues Rechtssubjekt, die „Stiftung“. 15 Weber erwähnt in: Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 412 f., die inschriftlich bereits für die thinitische Phase des Alten Reiches (1. und 2. Dynastie) – nach heutiger Datierung 2850–2052 v.Chr. – bezeugten religiösen Stiftungen. Da der moderne Stiftungsbegriff auch hier fehlte, wurden sie rechtstechnisch etwa in Form einer donatio sub modo, als Schenkung unter Auflage ihrer Erblichkeit, eingeführt. 16 Zur Immobilisierung von Vermögen durch die byzantinischen Klosterstiftungen und zu den „Wakufs“ des islamischen Mittelalters, einer Reaktion auf die „Labilität aller Rechtsgarantien auf dem Boden patrimonialer Justiz und Verwaltung“, siehe Weber, Feudalismus, MWG I/22–4, S. 427–431, Zitat S. 428.

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von Stiftungen in die Wakufs des islamischen Rechts über, welche dort eine ganz außerordentliche, auch ökonomisch sehr weittragende Rolle gespielt haben. Im Okzident aber wurde rechtstechnisch zunächst der Heilige als Eigentümer des Stiftungsgutes behandelt17 und begann sich ein weltlicher Stiftungsbegriff des Mittelalters zu entwickeln, nachdem das kanonische Recht ihn für kirchliche Zwecke vorbereitet hatte. Die Konzeption des Anstaltsbegriffes ist[,] rein juristisch betrachtet, erst von der modernen Theorie vollzogen worden. Der Sache nach ist auch er kirchlichen Ursprungs und stammt aus dem spätrömischen Kirchenrecht. Ein Anstaltsbegriff mußte hier irgendwie entstehen, nachdem die charismatische Auffassung der Trä ger der religiösen Autorität18 auf der einen Seite und die reint voluntaristischen Organisationen der Gemeinden19 auf der anderen endt A, B: reinen 17 Die Vorstellung von Gott und den Heiligen als rechtlichen Eigentümern des Kirchengutes und aller etwa durch Schenkungen und Stiftungen in den Bereich der kirchlichen Vermögensverwaltung gelangenden Güter entsprach – wie Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 527–531, vermutet – in besonderer Weise der sinnlich-konkreten Anschauungsweise in den christlichen Germanenreichen. Sie bot der Kirche ein wirksames Schutzinstrument gegen staatliche Übergriffe auf ihr Gut. 18 Den Begriff des „Charisma“ im Sinne einer göttlichen Gnadengabe hat Sohm in die altchristliche Terminologie eingeführt; vgl. Sohm, Rudolph, Kirchenrecht (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 8), Band 1: Die geschichtlichen Grundlagen. – Leipzig: Duncker & Humblot 1892, S. 6, 26 f. (hinfort: Sohm, Kirchenrecht). Nach seiner Darstellung ragt unter einer Mehrzahl von „Funktions-Charismen“ das Charisma des Lehramtes hervor. Die zur Verkündigung und Verbreitung von Gottes Wort berufenen Apostel, Propheten und Lehrer gelten – der darin allerdings bestrittenen Auffassung Sohms zufolge – gleichzeitig als die befähigten Leiter, Gesetzgeber und Seelsorger der Christengemeinden. In nachapostolischer Zeit, zunehmend seit der Mitte des 2. Jahrhunderts tritt an die Stelle ihrer geistlichen Macht die rechtlich verfaßte Gewalt des Episkopats und seiner Amtsbürokratie. 19 Die herrschende zeitgenössische Theologenmeinung geht von der korporativen Verfassung der urchristlichen Gemeinde nach dem Vorbild entweder der jüdischen Synagoge, der römischen Kollegien oder schließlich in eigenständiger, vereinsmäßiger Art aus. Diese Auffassung wird namentlich von dem protestantischen Rechtshistoriker Sohm bestritten, dem Weber darin zu folgen scheint; vgl. Sohm, Kirchenrecht (wie oben, Anm. 18), S. 27, 51 f., 54, 56. Die christliche Ekklesia sei ursprünglich keine körperschaftlich verfaßte Gemeinschaft mit Selbstverwaltungscharakter, also eigenen Organen, Befugnissen, eigenem Vermögen etc. Sie bilde vielmehr eine Glaubensgemeinschaft, deren Angehörige sich aus freiem Willen den autoritativen, auch organisatorischen Weisungen ihrer charismatisch beglaubigten Führer unterwürfen, wenn deren Charisma erkannt und erwiesen sei – dann immerhin nur noch formell frei, sittlich jedoch pflichtmäßig.

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gültig zurückgetreten waren zu Gunsten der Amtsbürokratie der Bischöfe und diese nun auch die rechtstechnische Legitimation zur Wahrnehmung kirchlicher Vermögensrechte zu erlangen strebten.20 Dem antiken Recht, welchem die Tempelgüter seit der Säkularisation des Kults durch die Polis rechtlich als deren Besitz galten,21 war ein kirchlicher Anstaltsbegriff ganz fremd. Die antike Rechtstechnik half daher der christlichen Kirche mit ihrem Körperschaftsbegriff, das frühe Mittelalter, soweit das Kirchengut nicht als eigenkirchlicher Besitz22 galt, in der erwähnten Art23 mit der Auffassung des Heiligen als Eigentümer und der Kirchenbeamten als seiner Vertreter aus. Das kanonische Recht aber entwickelte namentlich nach der Kriegserklärung an das Eigenkirchenrecht24 im Investiturstreit ein geschlossenes kirchliches Korporationsrecht, welches vermöge der soziologisch notwendigen herrschaftlichen und anstaltsmäßigen Struktur der Kirche unvermeidlich abwich von dem Korporationsrecht sowohl der Vereine wie der ständi20 Rechtsdogmatisch erfaßt wurde das Kirchengut erst im 4. Jahrhundert mit Hilfe des römischen Korporationsbegriffs. Jedoch wurde die Konsequenz vermögensrechtlich eigener Befugnisse der Gemeinde von Anfang an nicht gezogen und das Kirchengut – im Sinne der bischöflichen Ambition – zunächst faktisch, schließlich auch rechtlich (in den Kaiserkonstitutionen des 5. und 6. Jahrhunderts) als Anstaltsvermögen konstruiert; vgl. Sohm, Kirchenrecht (wie oben, S. 297, Anm. 18), S. 71–78 und S. 75 ff., mit Anm. 2. 21 In der Zeit der großen griechischen Gesetzgeber (Solon, Charondas, Zaleukos im 7./6. Jahrhundert v.Chr.) wurden auch Kultorganisation und Kultübung gesetzlich geregelt, und in klassischer Zeit (5. bis erste Hälfte des 4. Jahrhunderts v.Chr.) fungierten Priester bereits als Polisbeamte, die für die korrekte Kultabwicklung zuständig waren. Tempelgüter und Tempelschätze standen unter staatlicher Kontrolle und dienten besonders in Krisenzeiten als Anleihefonds der Polis. 22 Mit „Eigenkirche“ bezeichnet Stutz die im „Eigentum“ des Grundherrn verbliebene sachenrechtliche, vermögensrechtliche und personaldienstliche Leitungsgewalt über eine auf dem Altargrund errichtete „Kirche“, der gegenüber unbewegliches Gut, Rechte und Einkünfte als sachenrechtliches „Zubehör“ behandelt werden. Die Eigenkirche als bis zum Investiturstreit in Deutschland vorherrschende Kirchenverfassung wird im Unterschied zur hierarchischen „Anstaltskirche“ als gemeingermanische dezentralisierende Institution konstruiert; vgl. Stutz, Ulrich, Die Eigenkirche als Element des mittelalterlich-germanischen Kirchenrechtes, Antrittsvorlesung, gehalten am 23. Oktober 1894. – Berlin: H. W. Müller 1895, bes. S. 14–22. 23 Siehe oben, S. 397. 24 Die weltlichen Herrscher waren dazu übergegangen, ganze Bistümer als Eigenkirche zu betrachten und sich dementsprechend die Ernennung von Bischöfen als weltlicher und geistlicher Herrschaftsträger vorzubehalten. Gegen diese Praxis opponierte das Papsttum im Investiturstreit mit Erfolg, indem es zu Beginn des 12. Jahrhunderts die Trennung der geistlichen und weltlichen Investitur durchsetzte.

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schen Verbände, seinerseits aber die Bildung des weltlichen Korporationsbegriffs im Mittelalter stark beeinflußte.25 Wesentlich verwaltungstechnische Bedürfnisse der modernen anstaltsmäßigen Staatsverwaltung haben dann zur rechtstechnischen Prokreationa so massenhaft öffentlicher Betriebe: Schulen, Armenanstalten, Staatsbanken, Versicherungsanstalten, Sparkassen usw.[,] geführt, welche der Konstruktion als Korporationen, da sie keine Mitglieder und Mitgliedschaftsrechte, sondern nur heteronome und heterokephale Organe aufwiesen, unzugänglich waren, daß der selbständige Rechtsbegriff der Anstalt konzipiert wurde. Der rationale Korporationsbegriff des entwickelten römischen Rechts war ein Produkt der Kaiserzeit, und zwar stammt er aus dem politischen Gemeinderecht. Politische Gemeinden im Gegensatz zum Staat gab es als Massenerscheinung erst seit dem bBundesgenossen-Krieg, welcherb bis dahin souveräne Städte massenhaft in den Bürgerverband trieb,c aber ihre korporative Selbständigkeit bestehen ließ. Die Gesetze der ersten Kaiser regelten diese Beziehungen endgültig. Die Gemeinden verloren in Konsequenz ihrer Mediatisierung die Qualität politischer Anstalten: civitates privatorum loco habentur,d 26 heißt es schon im 2. Jahrhundert, und mit Recht weist Mitteis darauf hin, daß nun der Terminus a A, B: Privikation Die Emendation folgt WuG5, S. 429. Kredit, welches c A, B: aufnahm, d A, B: habentur:

b A, B: Bundesgenossen

25 Weber spielt hier auf die maßgebliche Bedeutung der kanonistischen Korporationslehre für die Entwicklung des juristischen Anstaltsbegriffs und auch der weltlichen Korporationstheorie an, von der sie ihren Ausgang genommen hatte. Über das Resultat dieser dogmatischen Wechselwirkungen schreibt Gierke, Genossenschaftsrecht III, S. 245: „Ganz anders wird es, sobald die Kanonisten sich die Resultate der romanistischen Jurisprudenz dergestalt zu eigen gemacht haben, daß sie dieselben zu benützen verstehen, ohne von ihnen beherrscht zu werden. Nunmehr gelingt es ihnen, die herübergenommene romanistische Korporationstheorie dem kirchlichen Verbandssystem mehr und mehr anzupassen, bis unter ihren Händen eine tiefgreifende Umwandlung des Korporationsbegriffs erfolgt. Der sachliche Gehalt dieser Umwandlung läßt sich dahin bezeichnen, daß, während die Legisten von dem Gedanken der Genossenschaft ausgehen und diesem auch die Kirche unter Vernachlässigung ihrer anstaltlichen Elemente unterordnen, die Kanonisten mehr und mehr den kirchlichen Anstaltsbegriff zum Centrum der Korporationslehre erheben und von hier aus den anstaltlichen Gedanken auch in die weltlichen Gemeinden und Genossenschaften hineintragen.“ Vgl. auch Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 636 f. 26 Weber bezieht sich auf Gai. D. 50,16,16, wonach die Gemeinden rechtlich wie Privatpersonen gestellt sind. Die Stelle wird zitiert von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 348, Anm. 2, und S. 376, Anm. 1.

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commune statt publicum für das Gemeindevermögen auftaucht.27 Ihre Streitsachen waren teils administrative (so die controversia de territorio28), teils private[,] aus Kontrakten entstandene, und für diese galt offenbar der gewöhnliche Prozeßweg.29 Die typische Form des Munizipalbeamtentums verbreitete sich über das Reich. Wir finden nun, daß in den privaten Korporationen der Kaiserzeit sich genau die Titel des Munizipalbeamtentums wiederfinden. Die Bürokratisierung des Korporationsbegriffs nach dem Muster der ursprüngliche politischen Gemeindeanstalt, für welche die absolute Trennung von Gemeindegut und Einzelvermögen und der Satz: quod universitati debetur, singulis non debetur, selbstverständlich waren, geht wohl sicher hierauf zurück.30 Gleichzeitig waren in der Monarchie der Julier alle Vereinsgründungen dem Konzessionszwang unterstellt worden,31 zweifellos aus politischen Gründen. Ob mit der Konzessionierung allein die volle Rechtspersönlichkeit oder welche Teile davon erworben wurden, scheint fraglich, in der Spätzeit fiel beides zusammen.32 Wahrscheinlich, wenn auch nicht e Gemeint ist wohl: ursprünglichen 27 Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 348, Anm. 2. Ergänzend fügt Mitteis hinzu, daß der Sprachgebrauch gleichwohl uneinheitlich sei; vgl. auch Mommsen, Theodor, Zur Lehre von den römischen Korporationen, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Rom. Abt., Band 25, 1904, S. 33–51, hier S. 36, 43 (hinfort: Mommsen, Korporationen). Die Regel wird formuliert von Ulpian, D. 50,16,15 und Papinian, D. 47, 2, 82 (81). 28 Zu den im magistratischen Kognitionsverfahren entschiedenen „controversia de territorio“ der Gemeinden vgl. Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 147, 251, 331, und den Glossareintrag „Controversia de territorio“. 29 Vgl. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 386–388. 30 Die staatliche Organisation und Kontrolle der kaiserzeitlichen Privatkorporationen, die allmähliche Verdrängung genossenschaftlicher Elemente aus dem Gemeinderecht (speziell korporativer Rechte der einzelnen Mitglieder am Gemeindevermögen) zugunsten der strikten Trennung von Verbands- und Einzelvermögen wird von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 345 und S. 347, Anm. 21, ausdrücklich festgehalten. Die prinzipielle Geltung des letzteren Grundsatzes für die nach dem Vorbild der Munizipien organisierten privaten Vereine sieht Mitteis dann seit der Regierung Mark Aurels (161–180 n.Chr.) verwirklicht (vgl. ebd., S. 402). 31 Grundlage dafür ist ein Gesetz des Augustus, die sog. lex Julia, das in CIL VI 2193 erwähnt ist und auf das Jahr 7 v.Chr. datiert wird; vgl. Mommsen, [Theodor], Römische Urkunden, in: Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, Band 15, Heft 3, 1850, S. 287–371, hier IV: Die lex Iulia de collegiis und die lanuvinische lex collegii salutaris, S. 353–364, bes. 356 f., 359 f.; Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 395 f. mit Anm. 22. 32 Die herrschende Lehre ging seinerzeit von der Annahme aus, daß dem Verein mit der Konzessionierung auch die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt sei; vgl. die Nachweise bei Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 399, Anm. 37. Weber scheint sich in dieser

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sicher, bezeichnet der Ausdruck corpus collegii habere die volle Rechtsfähigkeit.33 Der typische Ausdruck der Theorie war später universitas. Wenn die plausible Annahme von Mitteis zutrifft, daß die internen Verhältnisse der privaten Korporation grundsätzlich nur der administrativen Cognition unterworfen gewesen seien,34 so wäre auch dies eine bezeichnende Teilerscheinung jener Bürokratisierung des Korporationswesens, welche den gesamten Rechtszustand der Kaiserzeit durchzieht, und zugleich eine jener säkularisierenden Umbiegungen des vorher gültigen Zustandes, wie sie diese ganze Entwicklung charakterisieren. Denn in republikanischer Zeit war der Zustand offensichtlich ein anderer. Es ist nicht sicher, aber nicht unwahrscheinlich, daß die 12 Tafeln nach dem Muster des solonischen Gesetzes die Autonomie der bestehenden Korporationen anerkannten.35 Gemeinsame Kassen galten, wie Frage die Bedenken von Mitteis, ebd., S. 399 f., und Mommsen, Korporationen (wie oben, S. 400, Anm. 27), S. 49, zu eigen zu machen, die statt der Verbindung eine strikte Unterscheidung von Konzessionierung als Verein und Konstitution als juristische Person befürworten. Für die Spätzeit sieht freilich auch Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 402, den Vereinen mit der Anerkennung zugleich die volle Rechtsfähigkeit verliehen, während Rabel, Grundzüge (wie oben S. 334, Anm. 62), S. 428 f., ausdrücklich gegen Mitteis, die Anerkennung als rein polizeiliche Autorisierung deutet. 33 Weber folgt der von Mitteis, Römisches Reichsrecht, S. 400 f., gegen die herrschende Lehre vertretenen Interpretation der maßgeblichen Digestenstelle Gai. D. 3,4,1,1: „Quibus autem permissum est corpus habere collegii [. . .], proprium est ad exemplum rei publicae habere res communes, arcam communem et actorem sive syndicum, per quem tamquam in re publica, quod communiter agi fierique oporteat, agatur fiat.“ (Für diejenigen aber, denen es gestattet ist eine Körperschaft als Verein [. . .] zu gründen, ist kennzeichnend, daß sie nach dem Vorbild eines staatlichen Gemeinwesens gemeinschaftliches Vermögen, eine gemeinschaftliche Kasse sowie einen Repräsentanten oder Syndikus haben, durch den, ebenso wie in einem Gemeinwesen, das getan und bewirkt wird, was gemeinschaftlich getan oder bewirkt werden muß.) Demnach ist mit „corpus collegii habere“ die Verleihung der Rechtsfähigkeit gemeint, die nicht schon automatisch durch die Konzessionierung gegeben sei. 34 Weber bezieht sich auf Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 347, Anm. 21, wo dieser über die rechtlichen Beziehungen zwischen Korporation und Korporationsmitgliedern bemerkt, „daß aller Wahrscheinlichkeit nach die internen Rechtsverhältnisse der Korporationen dem Jus ordinarium nicht unterstanden“, daß vielmehr „die Verhältnisse der Korporationsmitglieder zur Korporation im administrativen Wege der extraordinaria cognitio geschlichtet wurden“. 35 Der Bezug geht auf eine Digestenstelle zur Vereinsautonomie. Darin heißt es Gai. D. 47, 22, 4: „His (sodalibus) potestatem facit lex (XII tab.), pactionem quam velint sibi ferre, dum ne quid ex publica lege corrumpant; sed haec lex videtur ex lege solonis translata esse.“ (Diesen [den Vereinsmitgliedern] gibt das Zwölftafelgesetz das Recht, sich nach Belieben eine Satzung zu geben, solange sie damit nicht gegen etwas aus dem öffentlichen Gesetz verstoßen; aber diese Bestimmung scheint aus dem Soloni-

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gerade spätere Verbotsgesetze beweisen, für etwas Selbstverständliches.f Andererseits fehlt für eine zivilrechtliche Klage die rechtstechnische Möglichkeit.36 Auch das Edikt kennt sie sicher erst in der Kaiserzeit. Zwischen den Mitgliedern als solchen über Mitgliedsrechte fehlt ein Klageschema. Der Grund liegt offenbar darin: daß die privaten Korporationen damals teils dem sakralen, teils dem Verwaltungsrecht, priesterlicher oder amtlicher Cognition unterlagen, und dies wieder hing mit den ständischen Verhältnissen der antiken Polis, welche den Sklaven und den Metöken wohl im Kollegium, nicht aber in der politischen Bürgerzunft duldeten, zusammen. Wie die hellenischen Phratrien und gewillkürte Verbände der älteren Zeit und wie die meisten Dauervergesellschaftungen als Rechtsgebildeg bis hinauf zu den Totemverbänden, waren auch die ältesten bekannten römischen Vereine durchweg Verbrüderungen (sodaliciah, sodalitates) und als solche Kultgenossenschaften. Der Bruder aber konnte von dem Bruder iso wenigi wie irgend ein durch Pietätsbeziehungen Verbundener vor Gericht gezogen werden. Noch das Pandektenrecht bewahrt im Ausschluß der Kriminalklagen Spuren davon37 und für das Zivilrecht kam die Existenz der Verbrüderung grade in diesen negativen Konsequenzen, als Schrankej also[,] in Betracht. Aus dem gleichen Grunde waren die Gilden und Berufsverbände, deren Existenz in alter republikanischer Zeit in Rom sicher bezeugt ist, als collegia cultorum konstituiert:38 wie die chinesischen und mittelalterlichen Verbände f A, B: selbstverständliches. g A, B: Rechtsgebiete Die Emendation folgt WuG5, S. 430. h A, B: sodalitas i A, B: sowie j A, B: Schranken schen Gesetz übernommen zu sein.) – Aus dem Vor-Satz Gai. D. 47, 22, 4: „sodales sunt, qui eiusdem collegii sunt [. . .]“ („sodales“ sind diejenigen, die zum selben Kollegium gehören …) folgert Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 395 mit Anm. 17, zunächst nur eine Satzungsautonomie bereits bestehender Kollegien, jedoch keine allgemeine Vereins(-gründungs-)freiheit, auch wenn diese für die Zwölftafelzeit das Wahrscheinliche sei. 36 Infolge der während der Vorherrschaft des Legisaktionenprozesses bestehenden Unzulässigkeit der rechtsgeschäftlichen, insbesondere also auch: prozessualen Stellvertretung („nemo alieno nomine lege agere potest“) fehlte dem Verein die (aktive) Prozeßfähigkeit, d. h. er konnte eine legis actio etwa durch seinen Vorstand rechtsgültig nicht vollziehen; vgl. oben, S. 392 – 394. 37 Weber bezieht sich vermutlich auf D. 2, 4, 4; 5; 8; 13; 25; D. 2, 7, 2, wonach die gerichtliche Ladung („in ius vocatio“) im familiären, klientelistischen und Freigelassenen-Verhältnis ausgeschlossen ist. 38 Zunächst bezeichnet der Ausdruck „collegia cultorum“ – im Unterschied zu den

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gleicher Art waren sie Verbrüderungen unter dem Schutz ihres Spezialgottes, der dann in Rom vom Staat durch Zulassung des Collegiums als legitim anerkannt wurde: so Merkur für das nach der Tradition sehr alte collegium mercatorum39. Die gegenseitige Unterstützungspflicht in Notlagen und die Kultmahle, welche ihnen mit den germanischen Gilden ebenso wie mit allen anderen auf Verbrüde rung ruhenden Verbänden urwüchsig waren, rationalisierten sich später zur Schaffung von Hilfs- und Sterbekassen, als welche zahlreiche dieser Collegia dann in der Kaiserzeit auftauchen. Mit dem Recht der Bürger hatten sie nichts zu tun. Solange die sakrale Organisation mehr als bloße Form war, ist ihr Vermögen vermutlich sakral geschützt gewesen und wurden Streitigkeiten unter den Genossen als solche durch Schiedsgerichte, Kollisionen nach außen vermutlich durch magistratische Cognition erledigt. Die Ingerenz der Magistrate verstand sich bei demjenigen Teile der Berufsverbände von selbst, welche Bedeutung für staatliche Leiturgien (munera) hatten. Daraus erklärt sich die zwanglose Überführung in die Bürokratisierung der Kaiserzeit. Vornehmlich außerhalb des ordentlichen Geschworenenverfahrens vollzog sich aber auch die Regelung der Verhältnisse derjenigen agrarischen Verbände, deren Fortbestand die Quellen nur vermuten lassen. Der ager compascuus war ein Rudiment der Allmende[,]40 und die von sodalitates bzw. sodalicia – die vom Staat eigens zur Pflege neu eingeführter Gottheiten geschaffenen Kultverbände bzw. solche, zu denen sich nach der staatlichen Anerkennung eines neuen Gottes Verbände frei konstituieren konnten. Die bereits in ältester Zeit auftretenden Berufsgenossenschaften versahen ebenfalls den Kultdienst für ihre Schutzgottheit, und diese Aufgabe war oft geradezu Gründungszweck solcher Verbände. Sie galten daher als „collegia“. Vgl. hierzu u. a. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 391–394, und Mommsen, Korporationen (wie oben, S. 400, Anm. 27), S. 46 f. 39 Nach Liv. 2, 21, 7, wurde das collegium mercatorum 495 v.Chr., kurz nach Vertreibung des letzten Königs, anläßlich der Errichtung des Merkurtempels gegründet. Auf Beschluß des Senats und der Bürgerschaft Roms sollte ein collegium mit der Pflege des Gottesdienstes beauftragt werden, worin die Bedeutung des griechischen Gottes Hermes (lat. Herkules) für den Handel zum Ausdruck kommt; vgl. dazu Wissowa, Georg, Religion und Kultus der Römer (Handbuch der klassischen Altertums-Wissenschaft in systematischer Darstellung, hg. von Iwan von Müller, Band 5, Abt. 4). – München: C. H. Beck 1902, S. 248 f. (hinfort: Wissowa, Religion); Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 392, Anm. 6. 40 Weber skizziert die Beziehung von Allmende und ager compascuus in: Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 208–212. Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 344, greift – Webers Habilitationsschrift zitierend (ebd., Anm. 13) – den Gedanken der korporativen Realberechtigung Einzelner am ager compascuus auf, der nur „ein verkleinertes Abbild“ der ursprünglichen Allmendverhältnisse sei.

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den Agrarschriftstellern erwähnten Arbitria41 warenk Reste einer staatlich irgendwie geregelten, aber autonomen Streitschlichtung bei Streitfällen als Nachbarbeziehungen. Nachdem der für das Korporationsrecht zunehmend einflußreiche Typus des Municipium einmal entstanden war, vollzog sich dann offenbar in der Kaiserzeit die Nivellierung des Rechts der überhaupt noch zugelassenen Korporationen. Die Reste genossenschaftlicher Mitgliedschaftsrechte, soweit man von solchen sprechen darf, schwanden nun, und nur außerhalb des römischen Reichsrechts blieben Erscheinungen möglich wie die Handwerkerphylen hellenistischer Kleinstädte,42 deren Erwähnung nur beweist, daß aus dem römischen Reichsrecht ebensowenig auf die Nichtexistenz andrer Strukturformen von Verbänden geschlossen werden darf wie aus dem Fehlen der Erbpacht und des geteilten Eigentums im alten Zivilrecht auf das Fehlen dieser Institutionen an sich, welche auf dem für die Zensusrolle allein in Betracht kommenden Ager optimo iure privatus nicht möglich waren.l Das mittelalterliche Recht des Kontinents stand unter dem dreifachen Einfluß der germanischen Genossenschaftsformen, des kanonischen Rechtes und der Form, in welcher das mrömische Rechtm von der juristischen Praxis rezipiert wurde. Die germanischen Genossenschaftsformen sind in ihrem Reichtum und ihrer Entwicklung durch die großartigen Arbeiten Gierkes43 historisch k Fehlt in A, B; waren sinngemäß ergänzt. Emendation folgt WuG5, S. 431.

l A, B: war.

m A, B: römische stark

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41 Dies bezieht sich auf die römische Praxis, geringfügige nachbarschaftliche Grenzstreitigkeiten (im Rahmen der „controversia agrorum“) durch die sog. Feldmesser als „Feldrichter“ in einem summarischen Verfahren mit Urkundenbeweis entscheiden zu lassen. Das schiedsrichterliche Verfahren sollte den besonderen Friedens- und Solidaritätsverpflichtungen der vicinitas gerecht werden und stand daher im Gegensatz zum kontradiktorischen Zivilprozeß. Der „arbiter“ oder Feldrichter führt sprachgeschichtlich auf die altrömische Form „arbitere“ zurück, was so viel heißt wie: „adire“ (hingehen). Der arbiter war „Gangrichter“ (Begehen der streitigen Grenze), das „arbitrium“ ein „Ganggericht“; vgl. Blume, Friedrich, Lachmann, Karl, Rudorff, Adolf (Hg.), Die Schriften der römischen Feldmesser. Zweiter Band: Erläuterungen und Indices. – Berlin: Georg Reimer 1852, S. 422 ff., 427 f. 42 Weber bezieht sich hier vermutlich u. a. auf die von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 393, Anm. 8, für das jüdische Philadelphia (ca. 100 km nordöstlich von Jerusalem) und das lydische Thyateira (ca. 50 km nordwestlich der lydischen Haupstadt Sardes) erwähnten und als Phylen (= Bürgerschaftsabteilungen) gedeuteten Handwerkerinnungen. 43 Gemeint ist hier vor allem Gierke, Genossenschaftsrecht I-IV.

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neu entdeckt worden, und alle Einzelheiten gehören nicht hierher. Sie sind im Zusammenhang mit den einzelnen Wirtschaftsgebieten, speziell in der Agrargeschichte und in der Darstellungn der Unternehmungsformeno zu besprechen.44 Hier müssen diejenigen wenigen Bemerkungen genügen, welche die formalen Prinzipien der Behandlung, mit welchen wir es jetzt allein zu tun haben, aufklären. Von den einfachen Gesamthandsverhältnissen bis zur rein politischen Gemeinde[,] und pdas hießp im Mittelalter: der Stadtgemeinde, erstreckte sich in fast lückenlosen Übergängen eineq Serie von Gebilden, welche rechtstechnisch gemeinsam die formale Prozeß- und Vermögensfähigkeit haben, bei denen dagegen die Art der Beziehungenr zwischen Gesamtheit und einzelnen in den allermannigfachsten Typen geregelt erscheint.s Ob der einzelne überhaupt nicht als Inhaber eines Anteils am Gesamtvermögen gilt, oder ob umgekehrt dieser Anteil sein freies[,] in Wertpapierformt übertragbares Privateigentum ist, aber eben nur einen Anteil am Gesamtkomplex des Vermögens und nicht an dessen Einzelbestandteilen darstellt, oder ob umgekehrt die Einzelobjekte als zu geteiltem Eigentum von den Anteilhabern besessen gelten;a inwieweit ferner die Gesamtheit die Rechte der einzelnen zu begrenzen und ihren Inhalt zu bestimmen oder inwieweit umgekehrt die bRechte der Einzelnenb den Verfügungen der Gesamtheit im Wege cstehen; obc ein Beamter oder ein bestimmtes Mitglied als solches oder in gewissem Umfang alle Mitglieder die Gesamtheit nach außen vertreten und nach innen verwalten;d ob die Mitglieder mit ihrem eigenen Vermögen oder mit persönlichen Diensten beitragspflichtig sind oder nicht; ob die Mitgliedschaft prinzipiell offen n A, B: Darstellungsgeschichte o A, B: Unternehmungsform p A, B: das Haus Die Emendation folgt WuG5, S. 431. q A, B: einer r A, B: Bedingungen s A, B: erscheinen. t A, B: Wertpapierformen a A, B: gelten, b A, B: einzelnen Rechte c A, B: stehen. Ob d A, B: verwalten: 44 Laut Schreiben Max Webers an Paul Siebeck vom 27. Febr. 1910 (MWG II/6, S. 414 f., hier S. 414) war Werner Wittich mit einem Beitrag über „Epochen der Agrargeschichte“ für den „Grundriß“ gewonnen. Dieser ist erschienen als: Wittich, Werner, Epochen der deutschen Agrargeschichte, in: GdS, Abt. VII: Land- und forstwirtschaftliche Produktion. Versicherungswesen. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 1–26. Zu einem Beitrag von Willy Wygodzinski über „Landwirtschaft u[nd] Absatz“ vgl. die Karte von Max Weber an Paul Siebeck vom 2. Juli 1910 (MWG II/6, S. 579) sowie den Stoffverteilungsplan vom Mai 1910 (ebd., S. 766–774, hier S. 772). Der Beitrag ist erschienen als: Wygodzinski, Willy, Landwirtschaft und Absatz, in: GdS, Abt. VII [wie oben], S. 231–240.

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oder prinzipiell geschlossen und nur kraft Beschlusses erwerbbar eist – diese war in der allerverschiedensten Art geregelt. Die Verwaltung näherte sich in sehr verschieden starkemf Grade denjenigen Formen, welche auch den politischen Verbänden eigen waren, oft so weit, daß ihre eigene Zwangsgewalt nach innen und außen nur durch die Art der Zwangsmittel oder auch nur durch die Heteronomie gegenüber dem politischen Verband sich von dessen eigener Gewalt unterschied. Andererseits wurde die Gesamtheit aber auch als Trägerin persönlicher Rechte und Pflichten behandelt, wie irgend ein Privater. Sie konnte Namenrechte, Standesrechte, Erfinderrechte besitzen, war deliktfähig, d. h. bestimmte rechtswidrige Tatbestände, namentlich Handlungen und Unterlassungen ihrer Organe wurden ihr rechtlich ebenso zugerechnet und von ihr gebüßt, wie von einer Privatperson: dies letztere namentlich war gso wenigg eine Ausnahme, daß es speziell in England ganze Epochen gab, in welchen vorwiegend Gesamtpersönlichkeiten als Pflichtgemeinschaften und bei Nichthaltung der Pflichten als Schuldner der vom König verhängten Strafe auftreten.45 Die Verfassungh der Verbandsgesamtheiten konnte fast jede Art ivon Verbandsformi annehmen, welche wir weiterhin für politische Verbände kennenlernen werden:46 unmittelbare oder repräsentative,j auf Gleichheit oderk Ungleichheit der Rechte der Beteiligten beruhendel Verwaltung im Namen der Beteiligten, mit mreihum gehendenm oder gewählten Amtsträgern oder ein durch Normen oder Tradition begrenztes, im übrigen aber autokratisches Herrenrecht eines einzelnen oder einer fest begrenzten Gruppe von Rechtsträgern, erworben durch periodische Wahl oder anderweitige Kreierung oder kraft Erbrechts oder kraft eines übertragbaren Rechtstitels, der auch an die Innee A, B: ist. Dies f In B folgt ein Einfügungszeichen von Webers oder von fremder Hand. Einzufügender Inhalt unklar. g A, B: sowie h A, B: Fassung Die Emendation folgt WuG5, S. 432. i A, B: Personenform Die Emendation folgt WuG5, S. 432. j A, B: repräsentable, Die Emendation folgt WuG5, S. 432. k A, B: und l A, B: beruhenden m A, B: rein umgehenden Die Emendation folgt WuG5, S. 432. 45 Seit der normannischen Erorberung waren die englischen Kommunalverbände (Grafschaft, Hundertschaft, Landgemeinden und vor allem Städte) – wie Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 35–41, zeigt – keine freien Genossenschaften, sondern reine Pflicht- und Haftungsgemeinschaften. Und mit Ausnahme der Städte, die infolge ihres ökonomischen Gewichts am Ende des Mittelalters Korporationscharakter erlangen konnten, blieben sie es – in der Mehrzahl bis ins 20. Jahrhundert hinein. 46 Siehe Weber, Herrschaft, MWG I/22–4, S. 139 ff.

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habung eines bestimmten Besitzobjekts geknüpft sein konnte. Die Struktur der Organe der Gesamtheit konnte mehr als eine aus fest begrenzten Rechten bestehende Prärogative, ein Bündel konkreter[,] nicht überschreitbarer Privilegien also zur Ausübung einzelner Herrschaftsbefugnisse als subjektiver Rechte[,] oder mehr als eine durch objektive Normen begrenzte, innerhalb dieser aber in ihren Mitteln freie Regierungsgewaltn und diese wieder mehr vereinsmäßig oder mehr anstaltsmäßig gestaltet sein. Inhaltlich konnte sie streng zweckverbandsmäßig gebunden oder relativ frei beweglich sein. Danach richtete sich der Umfang der Autonomie. Sie konnte geradezu gänzlich fehlen, der Erwerb von Rechten und die Leistungspflicht sich automatisch nach festen Regeln verteilen, wie dies bei manchen leiturgischen Verbänden in England der Fall war.47 Oder es konnte autonome Satzung[,] in weitem Umfang nur durch elastische Normen, herkömmliche, gesetzteo oder heteronome, begrenzt, stattfinden. Welche von all diesen Alternativen im Einzelfall stattfand[,] war und ist auf dem Boden der freien Verbandsbildung noch heute zunächst durch die konkreten Zwecke und insbesondere die ökonomischen Mittel des Einzelverbandes bestimmt. Der Verband kann vorwiegend wirtschaftende Gemeinschaft48 sein. Dann bestimmt sich die Struktur wesentlich ökonomisch durch Maß und Art der Bedeutung des Kapitals und dessen innere Struktur einern A, B: Regierungsgewalt, gesatzte

o Vermutliche falsche Lesung, ursprünglich wohl:

47 Weber bezieht sich offenkundig auf Maitland, Township, S. 79, der die Funktionsweise der englischen Kommunalverbände seit der angelsächsischen Zeit als „Automatismus“ bezeichnet, als „automatic, selfadjusting, scheme of ›common‹ rights and duties“. Ebd., S. 36, heißt es: „[. . .] in the old days the community was too automatic to be autonomous [. . .].“ Diesen „Automatismus“ betont – im Anschluß an Maitland – auch Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 40, wenn er über die mittelalterlichen englischen „Lasten- und Pflichtverbände“ schreibt, sie „funktionierten größtenteils von selbst, denn alles war, sofern es rechtlich von Belang war [. . .] als Realgerechtsame oder Reallast an dem einzelnen Grundstück festgelegt [. . .].“ Vgl. unten, S. 414. 48 Zum Begriff vgl. Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 79 f. Als „wirtschaftende Gemeinschaften“ gelten Weber solche, die ihre ökonomischen Mittel (mindestens auch) zur Verfolgung außerwirtschaftlicher Zwecke einsetzen (vor allem politische, aber z. B. auch religiöse Gemeinschaften). Die auf den rein wirtschaftlichen Erfolg ausgerichteten Formen des Gesellschaftshandelns, die Weber hier – wie das Weitere ergibt – primär im Auge hat (Bedarfsdeckung oder Erwerb), sind dort freilich als Fälle reiner „Wirtschaftsgemeinschaften“ angeführt.

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seits, der Kreditbasis und des Risikos andererseits. Kapitalistischer Erwerb als Zweck (vor allem bei der Aktiengesellschaft, bergrechtlichen Gewerkschaft, Reederei, Staatsgläubiger-p und Kolonialgesellschaft) bedingt[,] infolge der vorwiegenden Bedeutung des Kapitals für die Leistungsfähigkeit des Verbandes, der Gewinnanteilchancen für die Interessen der Einzelnen, prinzipielle Geschlossenheit der Mitgliedschaft und relativ feste Zweckgebundenheit, dabei aber formal unantastbare, vererbliche und meist frei veräußerliche Mitgliedschaftsrechte, bürokratische Verwaltung, unmittelbare oder repräsentative, dem Recht nach demokratisch, faktisch plutokratisch beherrschte, durch Debatten und Abstimmung nach Kapitalanteilen mitwirkende Mitgliederversammlung, fehlende, weil für die Kreditwürdigkeit an Bedeutung zurücktretende, Haftung der Mitglieder nach außen und im allgemeinen, außer bei der Gewerkschaft49 infolge der Struktur des Bergbaukapitals[,] auch nach innen. Naturalwirtschaftliche Eigenbedarfsdeckung andererseits bedingt, je universaler der Gemeinschaftszweck ist desto mehr, Überwiegen der Gewalt der Gesamtheit, Fehlen fester Mitgliedschaftsrechte, Annäherung an kommunistischeq Wirtschaft, sei es auf unmittelbar demokratischer oder auf patriarchaler Basis (Hausgemeinschaft, Gemeinderschaft, strenge Feldgemeinschaft). Mit zunehmender Geschlossenheit und Appropriation nach innen treten (Dorf- und Markgemeinschaftr) die Mitgliedschaftsrechte zunehmend in den Vordergrund, während die in Gemeinschaftsverwaltung verbliebenen sNutzungen Pertinenzen der zu individuellem Besitz appropriierten Nutzungen werden,s die Verwaltung aber je nachdemt durch Turnus oder durch erbliche Organe oder herrschaftlich (durch Grundherren) geführt wirda. Wo es sich endlich um gewillkürte Vergesellschaftungen zur gemeinwirtschaftlichen Ergänzung individueller Produktions- oder Konsumtionswirtschaften handelt, wie bei den sogen[annten] Genossenschaften des p Bindestrich fehlt in A, B. q A, B: kommunalistische Die Emendation folgt WuG5, S. 433. r A, B: Marktgemeinschaft Die Emendation folgt WuG5, S. 433. s A, B: Nutzen Pertinenzen der zu individuellem Besitz appropriierten Nutzen, Die Emendation folgt WuG5, S. 433; werden sinngemäß ergänzt. t A, B: nachdem, a Fehlt in A, B; wird sinngemäß ergänzt. 49 Gewerkschaft ist der geläufige Terminus für die Bergwerksgenossenschaften in der zeitgenössischen Literatur.

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modernen Rechts,50 pflegt die Mitgliedschaft Folge zu sein, da Mitgliederrechte zwar fest appropriiert und ebenso wie die Mitgliedspflichten fest begrenzt, aber regelmäßig nicht frei bveräußerlich sind;b die persönliche Haftung pflegt dann an Bedeutung für die Kreditwürdigkeit des Verbandes wesentlich stärker hervorzutreten, aber entweder begrenztc oder[,] wo das Risiko übersehbar bleibt, unbegrenzt zu sein, die Verwaltung formell bürokratisch, faktisch nicht selten honoratiorenmäßig. Die individuellen Mitgliederrechte am Gesamtvermögen müssen ihre strukturgebende Bedeutung zunehmend verlieren, je mehr der Verband den Charakter einer Veranstaltung für eine unbestimmte Vielheit von Interessen und vollends von begünstigtend Personen annimmte und die Kapitaleinlage zu Gunsten dauernder Beitragsleistungen oder Entgelts für die Leistungen der Gesamtheit seitens der Interessenten an Bedeutung zurücktritt. So schon bei den rein ökonomisch orientierten Versicherungsgesellschaften, vollends aber bei Anstalten, welche sozialpolitischen und caritativen Zwecken dienen. Je mehr endlich die Gemeinschaft nur eine wirtschaftende Gemeinschaft im Dienst primär außerökonomischer Zwecke ist, desto bedeutungsloser werden die garantierten Vermögensrechte der Mitglieder und desto weniger geben überhaupt ökonomische Bedingungen für die Struktur den Ausschlag. Überhaupt aber ist die Entwicklung der Rechtsstruktur der Verbände im ganzen keineswegs vorwiegend ökonomisch bedingt ge wesen. Dafür liefert in erster Linie schon der starke Gegensatz zwischen der mittelalterlichen und auch noch der neuzeitlichen englischen gegenüber der kontinentalen, vor allem der deutschen Entwicklung den Beweis. Das englische Recht seit der normannischen Eroberung kannte eine Genossenschaft im Sinne der Gierkeschen Terminologie51 überhaupt nicht. Einen Körperschaftsb A, B: veräußerlich; sind sinngemäß ergänzt. c A, B: begrenzt, lichen Die Emendation folgt WuG5, S. 433. e A, B: annimmt,

d A, B: künst-

50 Wie sie etwa das „Reichsgesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ vom 1. Mai 1889 in der Rechtsform der „eingetragenen Genossenschaft“ zur Verfügung stellt (§§ 119–142). 51 Nach Gierke, Grundzüge (wie oben, S. 345, Anm. 85), S. 208, sind die Genossenschaften im altdeutschen Recht Verbände mit Rechten und Pflichten, deren Rechtspersönlichkeit zunächst von der sinnlichen Vorstellung der Gesamtheit „ohne Unterscheidung ihrer Einheit und Vielheit als Subjekt von Gesamtrecht“ nicht differenziert wurde (vgl. ders., Genossenschaftsrecht II, S. 46–48). Erst allmählich entwickelte sich

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begriff nach Art des kontinentalen hat es erst in der Neuzeit entwickelt. Es kannte weder Autonomie von Verbänden in dem Sinne und Umfang, wie sie dem deutschen Mittelalter selbstverständlich war – sondern nur Ansätze dazu –[,] noch andererseits eine durch Normen allgemein geregelte Rechtspersönlichkeit von Verbänden. Die Gierkesche Genossenschaftstheorie hat, wie Maitland und nach ihm Hatschek gezeigt haben,52 im englischen Rechtsgebiet fast keine Stätte gehabt außer in der von Gierke als Herrschaftsverband bezeichneten Form,53 welche aber leider mit anderen als mit den von Gierke geschaffenen Kategorien juristisch konstruierbar ist und in England auch konstruiert worden ist.54 Und dieses Fehlen der vermeintlich germanistischen Form des Verbandsrechts bestand dort nicht nur trotz der Nichtrezeption des römischen Rechts, sondern teilweise geradezu infolge derselben. Das Fehlen des römischen Korporationsbegriffs hatte es erleichtert, daß in England zunächst nur die kirchlichen Anstalten vermöge des kanonischen Rechts wirksame Korporationsrechte besaßen und daß allen englischen Verbänden zunächst die Tendenz innewohnte, einen ähnlichen Charakter aufgeprägt zu erhalten. Die Theorie von der corporation sole, der durch die Reihe der Amtsträger dargestellten dignitas,55 ermöglichte der englischen der Gedanke einer von der sinnlich-anschaulichen Gesamtheit verschiedenen, selbständigen Rechtspersönlichkeit der Genossenschaft und damit der deutschrechtliche Körperschaftsbegriff (vgl. ebd., S. 39; auch Gierke, Grundzüge, S. 211; ders., Deutsches Privatrecht I, S. 457 f.). 52 Maitland, Township, bes. S. 18–36; ders., Domesday Book, S. 200 ff., 340–356, bes. 351 ff.; Pollock/Maitland, English Law I, S. 486–511, bes. 494 ff., sowie Hatschek, Englisches Staatsrecht I, bes. S. 36–41 und S. 92 f. 53 Nach Gierke, Grundzüge (wie oben, S. 345, Anm. 85), S. 208, ist in „Herrschaftsverbänden“ (Gefolgschaften, Lehns-, Dienst-, Hofverbände, Territorien, Reiche) ursprünglich „der Herr ohne Unterscheidung seiner Stellung als Verbandshaupt und als Individuum Subjekt von Herrenrecht“ (vgl. ders., Genossenschaftsrecht I, S. 89; II, S. 43–46). Im Mittelalter wird aus dem Herrschaftsverband die Vorstellung der anstaltlichen Verbandspersönlichkeit ausdifferenziert, deren Haupt die Verbandseinheit repräsentiert (vgl. ders., Genossenschaftsrecht II, S. 39; ders., Deutsches Privatrecht I, S. 457 f.). 54 Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 61–66, zeigt, wie spezifische Rechtskonstruktionen der englischen Korporationstheorie („corporation sole“, „trust“ bzw. „Trustkorporation“) eine anstaltsförmige Verbandsstruktur stützen. 55 Die „corporation sole“ ist nach Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 61, die „korporierte Dignitas, Amtswürde des kanonischen Rechts. Die aufeinanderfolgende Reihe gewisser Amtsträger wird als Korporation aufgefaßt und heißt dann Corporation sole.“ Darunter fielen nach englischer Rechtslehre vor allem die Kirchenämter und der

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Jurisprudenz die Behandlung der staatlichen und kommunalen Verwaltung als einer Rechtspersönlichkeit in gleicher Art[,] wie es die kirchliche Behörde nach kanonischem Recht war. Der König galt bis in das 17. Jahrhundert als eine corporation sole, und wenn noch heut nicht der Staat und nicht der Fiskus, sondern die Krone als Träger aller Rechte und Pflichten des politischen Verbandes gilt, so ist das eine Folge des früheren, durch die politische Struktur des Ständestaates bedingten Fehlens des römisch-rechtlich beein flußten deutschen Korporationsbegriffs und zugleich eine Folge des Einflusses des kanonischen Rechts.56 In der Neuzeit behielt die englische Korporation, nachdem sie überhaupt entstand, wesentlich Anstalts- und nicht Vereinscharakter und wurde jedenfalls keine deutschrechtliche Genossenschaft. Dies läßt vermuten, daß auf dem Kontinent das römische Recht bei dem Prozeß des Absterbens des mittelalterlichen Genossenschaftsrechts nicht die entscheidende Macht war, wie man oft geglaubt hat.57 In der Tat haben die romanistischen Juristen, so völlig fremd das justinianische Recht den mittelalterlichen Verbänden gegenüberstand, bei der König. Maitland spricht von einem mißglückten Versuch juristischer Personifikation, da bei näherer Prüfung die corporation sole sich „entweder als eine natürliche Person“ herausstelle, „oder als eine juristische Mißgeburt, als eine Art Zwischending zwischen Anstalt und Mensch“ (Maitland, F[rederic] W[illiam], Trust und Korporation, in: Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart, Band 32, 1904, S. 1–76, hier S. 33 (hinfort: Maitland, Trust); vgl. auch ders., The Corporation Sole, in: The Law Quarterly Review, Vol. 16, 1900, S. 335–354, bes. 352–354). 56 Die englische Rechtstheorie hatte nicht den Staat als selbständige Rechtspersönlichkeit konzipiert. Statt dessen galt ihr – vermittels der Theorie von der corporation sole und, nach der Glorious Revolution, durch die Auffassung des Königs als trustee, der Krone als Trustkorporation – allein den König bzw. die Krone als Rechtssubjekt. Für die Auffassung der Kommunalverbände (lange Zeit einschließlich der Städte) als reine Lastenverbände wies das kanonische Recht mit seinem Anstaltsbegriff nicht nur den Weg ihrer später allein möglichen korporativen Verfassung (als Staatsanstalten!); es blockierte mit der Konzeption der corporation sole und einer dem Bischofsamt analogen Inkorporierung des Königs, ebenso wie mit der seit dem 18. Jahrhundert sich ausbreitenden Lehre von der Trustkorporation zugleich den Weg zur Vorstellung des Staates als Korporation. Weber stützt sich vermutlich auf die Darstellung von Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 75 ff., bes. 81, 88 ff., 90; vgl. auch Maitland, F[rederic] W[illiam], The Crown as Corporation, in: The Law Quarterly Review, Vol. 17, 1901, S. 131–146 (hinfort: Maitland, Crown as Corporation). 57 Dies war eine zentrale Streitfrage in der zeitgenössischen Diskussion über Ursachen und Wirkungen der Rezeption des römischen Rechts; zusammenfassend dazu Below, Georg von, Die Ursachen der Rezeption des Römischen Rechts in Deutschland (Historische Bibliothek, Band 19). – München, Berlin: R. Oldenbourg 1905 (hinfort: Below, Ursachen).

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Interpretation, die sie ihm gaben, den Tatsachen der sie umgebenden Praxis auf so vielen Punkten Rechnung tragen müssen, daß ihre Theorie, mochte sie mit noch so fragwürdigen Denkmitteln arbeiten, den mittelalterlichen Verbänden schwerlich die Existenz abgegraben hätte.58 Sie haben die Konzeption des Korporationsbegriffs an Stelle der immerhin sehr schwankenden deutschrechtlichen Denkform zwar nicht aus eigener Kraft vollzogen, aber doch sehr stark gefördert. Der Grund für die englische Entwicklung einerseits, die kontinentale, speziell deutsche[,] anderseits lag vielmehr sowohl im Mittelalter wie im Beginn der Neuzeit ganz vorwiegend in politischen Umständen. Der Unterschied beiderf war im wesentlichen durch die starke königliche Zentralgewalt und die technischen Verwaltungsmittel der Plantagenets und ihrer Nachfolger einerseits, durch das Fehlen einer starken politischen Zentralgewalt in Deutschland andererseits hervorgerufen. Daneben durch die Nachwirkung bestimmter feudaler Grundlagen des englischen common law auf dem Gebiete des Immobilienrechts.g Dieseh extrem anstaltsmäßige und herrschaftliche Struktur des Korporationsbegriffs in England blieb nun zwar nicht die einzige. Neben sie trat als Surrogat der festländischen Korporation die Behandlung bestimmter Personen oder Amtsträger als Treuhänder, denen bestimmte Rechte zu Gunsten entweder bestimmter Destinatäre oder zu Gunsten des Publikums im allgemeinen anvertraut sind: so wurde seit Ende des 17. Jahrhunderts der König zeitweilig als trustee des public aufgefaßt, ebenso die Kirchspiel- und Kommunalbehörden, und überall, wo bei uns heute der Begriff des Zweckvermögens auftaucht, ist im englischen Recht der trustee das technische Mittel.59 Das Spezifischei dieser Anstaltskonstrukf Lies: beider Entwicklungen g Es folgt am linken Rand von fremder Hand der Hinweis auf die hier einzufügende Seite: (S. 30a)  S. 63a h Am linken Rand oben steht (maschinenschriftlich): Einlage Blatt A 30a/B 63a ist nur zu zwei Dritteln beschrieben. i A, B: spezifische 58 Über den allgemeinen Hergang schreibt Gierke, Genossenschaftsrecht III, S. 646: „Hier [in Deutschland, Hg.] wie überall wurde die Reception nur dadurch möglich, daß nicht das römische Recht, sondern die in langer Arbeit den Zeitverhältnissen angepaßte italienische Doktrin Aufnahme fand. Die italienische Doktrin aber war [. . .] von mittelalterlich-germanischen Elementen durchsetzt. Sie konnte daher zu einer Zeit, in welcher die Anwendung des reinen römischen Rechts auf die deutschen Verhältnisse schechthin undenkbar gewesen wäre, langsam ein- und vordringen.“ 59 In seinen Ausführungen über den „trustee“ und den „Trust“ bzw. die „Trustkorporation“ stützt sich Weber weitgehend auf Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 63–66;

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tion ist: daß der Treuhänder nicht nur tun darf, sondern tun soll, was in seiner Kompetenz liegt: ein Surrogat des Amtsbegriffs. Der Ursprung der Trusts in diesem Sinn des Worts lag, etwa wie beim römischen Fideicommissum, zunächst in dem Bedürfnis der Umgehung bestimmter Verbotsgesetze, namentlich der Amortisationsgesetze60 und anderer Rechtsschranken des geltenden Rechts. Daneben in dem Fehlen eines Korporationsbegriffs im Mittelalter. Als das englische Recht einen solchen konzipierte, verwendete man jenes rechtstechnische Mittel für die nicht als Korporationen konstituierbaren Anstalten weiter. Aber ein ähnlicher Grundzug hat das ganze englische Korporationsrecht dauernd, auch außerhalb dieser Sphäre, grundlegend beherrscht. Der zuletzt genannte Umstand bedingte es, daß die Markgenossenschaft im englischen Recht weit radikaler als in Deutschland herrschaftliches Gepräge trug, vor allem der Grundherr regelmäßig als Eigentümer des nicht aufgeteilten Landes, die Bauern nur als bewidmet mit Nutzungsrechten an fremder Sache galten. Daß ihnen die Königsgerichte offen standen, nutzte ihnen gegenüber dieser konsequent durchgeführten Auffassung nicht viel, und das Endresultat war die Anerkennung des fee simple als der grundlegenden Form englischen Bodeneigentums in einem weit radikaleren Maße, als der ager optimo iure privatus des römischen Rechts in der Realität der Dinge je geherrscht hat. Ganerbschaften und alle die Gestaltungen, welche im deutschen Recht an sie als Typus anknüpften, wurden dadurch schon infolge des feudalen Primogenitur-Prinzips ausgeschlossen. Und daß aller Bodenbesitz letztlich auf königliche Verleihung zurückzuführen war, mußte Konsequenzen für die Auffassung der Verfügungsgewalten auch aller Verbände als nur durch Privileg zu erwerbender Spezialrechtstitel vgl. auch Maitland, Trust (wie oben, S. 410 f., Anm. 55), S. 14–41. Über die zeitweilige Vorstellung vom König als trustee des „Publick“ vgl. Hatschek, a.a.O., S. 78 f.; Maitland, Crown as Corporation (wie oben, S. 411, Anm. 56), S. 137. 60 Die Amortisationsgesetze, Gesetze gegen die „tote Hand“ oder Statutes of mortmain, sind die seit der Magna Carta wiederholten Versuche der englischen Könige, Landveräußerungen an Kirche und Klöster gesetzlich zu unterbinden, um so den drohenden Verlust einträglicher Lehensgefälle für die Krone und die großen Lehensherren zu verhindern. Mit der Einsetzung von Treuhändern (trustee), die solche Güter für weltliche oder geistliche Korporationen innehatten, schuf man ein wirksames Instrument zur Umgehung jener Verbote und der königlichen Lizensierungspflichtigkeit von Landveräußerungen.

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bestimmter Personen und ihrer Rechtsnachfolger haben. Die englische Praxis hat, wie nach Maitlands Untersuchungen angenommen werden muß,61 vermöge der rein automatischen, der alten Hufenverfassung eigentümlichen Verteilung von Rechten und Pflichten an jeden einzelnen nach Maßgabe seines Anteils, welche sich auf alle ähnlichen Verbände übertrug, zunächst nur ein sehr geringes Bedürfnis nach rechtlicher Behandlung der Gesamtheit der an einer Gemeinschaft Beteiligtenj als eines selbständigen Rechtssubjektes empfunden. Das steigerte sich durch die teils feudale Teilung[,] teilsk spezifisch ständischel Struktur des Staatswesens. Zunächst durch die Amortisationsgesetze, welche im Interesse des Königs und Adels jede Grundbesitzveräußerung an die tote Hand[,] einschließlich der Gemeinden, verboten.62 Eine Befreiung davon konnte nur durch speziales Privileg erlangt werden, und tatsächlich sind die Stadtprivilegien des 15. Jahrhunderts, welche für die betreffenden Städte Korporationsrechte mit positivem Inhalt schufen (zuerst das Privileg für Kingston 143963)[,] mit unter dem Druck eben jener Verbote von den Städten erstrebt worden. Aber das Korporationsrecht blieb damit spezifisches Privilegienrecht und den allgemeinen Konsequenzen der ständischen Rechtsbildung unterstellt. Vom König und Parlament angefangen galt jede Herrschaftsgewalt als ein Komplex bestimmter Prärogativen und Privilegien. Wer immer ein nicht durch reinen Privatkontrakt erwerbbares Recht welcher Art immer ausübte, mußte es rechtlich j A, B: beteiligten

k Fehlt in A, B; teils sinngemäß ergänzt.

l A, B: ständischer

61 Maitland, Domesday Book, S. 129 ff., 172 ff., 340–356, und ders., Township, bes. S. 25–36, beschreibt – unter Bezug auf Gierkes Genossenschaftstheorie (vgl. ebd., S. 32 ff.) – die Agrarverfassung der village community (Dorfgenossenschaft) in vornormannischer Zeit, die dem Prinzip nach symmetrische Verteilung von Ackerstreifen und Allmendrechten an die Dorfgenossen sowie den daraus resultierenden „Automatismus“ von Rechten und Pflichten; vgl. oben, S. 407, Anm. 47. 62 Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 44, erwähnt unter den gesetzlichen Verboten der Veräußerung von liegenden Gütern an geistliche Korporationen ohne königliche Lizenz (Statutes of Mortmain) vor allem die von Heinrich III. konfirmierte Magna Carta (9 H. III c. 36), das „Statutum de viris religiosis“ Eduards I. (7 Ed. I c. 13) sowie insbesondere ein Gesetz Richards II. (15 Rich. II c. 5), wodurch das Verbot auch auf die Städte ausgedehnt wurde; dies und das Folgende vermutlich im Anschluß an Hatschek, ebd., S. 44–48. 63 Die Verleihung einer Inkorporationscharter an die Stadt Kingston upon Hull 1439 (18 H. VI) findet ausdrückliche Erwähnung bei Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 46.

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kraft gültigen Privilegs und konnte es also nur in einem fest begrenzten Umfang besitzen. Nur unvordenkliche Gewohnheit konnte den ausdrücklichen Nachweis des Privilegs ersetzen. Auch nach Entstehung des Korporationsbegriffs blieb daher in der Neuzeit die Doktrin in aller Schroffheit bestehen, wonach jeder Verband, der durch Rechtshandlungen das Gebiet der ihm ausdrücklich eingeräumten Privilegien überschritt, ultra vires handelte, dadurch privilegbrüchig wurde und der Privilegienkassation verfiel, wie sie die Tudors und Stuarts massenhaft haben verfügen lassen.64 Alle Korporationsbildung, öffentliche wie privatrechtliche –m ein dem englischen Recht eigentlich nicht bekannter Gegensatz65 –[,] wurde dadurch in die Bahn der speziell konzessionierten und konzessionspflichtigen, der Kontrolle und Aufsicht unterstellten und offiziell ausschließlich auf public utility abzustellenden Zweckverbandsbildung gedrängt. Alle Korporationen entstanden als politische oder politisch autorisierte Zweckanstalten. Dieser Rechtszustand war historisch offensichtlich in seinem letzten Ursprung Produkt des später zu besprechenden66 leiturgischen Charakters der normannischen Verwaltung. Der König sicherte sich die für Rechtspflege und Verwaltung erforderlichen Leistungen durch Bildung von Zwangsverbänden mit Kollektivpflichten, denenn prinzipiell ähnlich[,] wie sie den chinesischen, hellenistischen, spätrömischen, russischen und anderen Rechten auch bekannt waren. Eine Gemeinde (communaltie) bestand ausschließlich im Sinn eines leiturgischen Pflichtenverbandes im Interesse der königlichen Verwaltung und hatte Rechte lediglich kraft königlicher Verleihung oder Duldung. Andernfalls blieben alle solche m A, B: privatrechtliche, –

n A, B: dann

64 Neben dem sich im Spätmittelalter herausbildenden Grundsatz der Konzessionspflichtigkeit durch die Krone war die seit der Tudorzeit (16. Jahrhundert) aufkommende und bis ins 20. Jahrhundert fortgeltende „Ultra Vires“-Doktrin: das Verbot nämlich, jenseits der jeweils zugestandenen Machtsphäre zu handeln, Ausdruck für den staatsanstaltlichen Charakter vor allem der städtischen und gewerblichen englischen Korporationen; vgl. hierzu Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 48–54. 65 Dieser Gegensatz entfällt im englischen Recht gerade deshalb, weil der „Staat“ nicht als selbständiges, dem einzelnen gegenüberstehendes Rechtssubjekt konzipiert ist; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 81; auch Maitland, Trust (wie oben, S. 410 f., Anm. 55), S. 4. 66 Siehe die Ausführungen in der „Herrschaftslehre“: Weber, Patrimonialismus, MWG I/22–4, S. 282–284.

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Gemeinschaften rechtlich auch in der Neuzeit bodies non corporate. Die Verstaatlichung des Verbandswesens stand also am Anfang der nationalen englischen Rechtsgeschichte infolge der straffen patrimonialen Zentralverwaltung auf dem Gipfel und hat von da aus allmähliche Abschwächungen erfahren, während für die kontinentale Rechtsgeschichte erst der bürokratische Fürstenstaat der Neuzeit die überkommenen korporativen Selbständigkeiten sprengte, Gemeinden, Zünfte, Gilden, Markgenossenschaften,o Kirchen, Vereine aller denkbaren Art seiner Aufsicht unter warf, konzessionierte, regle mentierte und kontrollierte und alle nicht konzessionierten Rechte kassierte und so der Theorie der Legisten: daß alle Verbandsbildung selbständige Gesamtrechte und Rechtspersönlichkeit nur kraft der Funktion des Princeps haben könne,67 die Herrschaft über die Praxis überhaupt erst ermöglichte.p Die französische Revolution hat dann im Umkreis ihrer bleibenden Einwirkung jede Korporationsbildung nicht nur, sondern auch jede Art einer nicht für ganz eng begrenzte Zwecke ausdrücklich konzessioniertenq Vereinsbildung und alle Vereinsautonomie überhaupt zerstört. Vornehmlich aus den für jede radikale Demokratie typischen politischen Gründen, daneben aus naturrechtlich doktrinären Vorstellungen heraus, schließlich zu einem Teil auch aus bürgerlichen[,] ökonomisch bedingten, aber in ihrer Rücksichtslosigkeit ebenfalls stark doktrinär beeinflußten Motiven.r Der Code schweigt von dem Begriff der juristischen Person überhaupt, um ihn damit auszuschließen. Erst die ökonomischen Bedürfnisse des Kapitalismus und, für die nichtkapitalistischens Schichten, der Marktwirtschaft einerseits, die politischen Agitationsbedürfnisse der Parteien andererseits und endlich die steigende sachliche Differenzierung der Kulturansprüche in Verbindung mit der persönlichen Differenzierung der Kulturinteressen unter den Individuen haben diese Entwicklung wieder rückwärts revidiert.68 Einen solo A, B: Marktgenossenschaften, Die Emendation folgt WuG5, S. 435. p A, B: ermöglicht. In B folgt ein Absatzzeichen (vermutlich) von der Hand Max Webers. q A, B: konzessionierte r A, B: Motive. s A, B: nicht kapitalistischen 67 So im 14. Jahrhundert etwa Lucas de Penna, neapolitanischer Zeitgenosse des großen Kommentators Bartolus: „Solus princeps fingit quod in rei veritate non est.“ Zit. nach Gierke, Genossenschaftsrecht III, S. 371; vgl. auch ebd., S. 354, Anm. 3, sowie Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 91. 68 Vgl. hierzu allgemein oben, S. 367 f.

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chen schroffen Bruch mit der Vergangenheit hat das englische Korporationsrecht nicht erlebt.69 Seine Theorie begann seit dem 16. Jahrhundert zunächst für die Städte den Begriff des Organs und Organhandelns als rechtlich gesondert von der Privatsphäre zu entwickeln und bediente sich dabei des Begriffs des body politick70 (des römischen corpus), bezog die Zünfte in den Bereich der Korporationstypen ein, gab den Gemeinden im Fall des Besitzes eines Siegels71 die Möglichkeit prozessualer und kontraktlicher Selbständigkeit, gestattete den konzessionierten Korporationen byelaws unter Zulassung des Majoritätsprinzips statt der Einstimmigkeit,72 also eine begrenzte Autonomie, verneinte im 17. Jahrhundert die Deliktsfähigkeit der Korporationen,73 behandelte zwar bis ins 18. Jahrhundert die Korporationen vermögensrechtlich nur als Trustee zu Gunsten der Einzelnen, deren Ansprüche gegen sie nach 69 Die folgenden Ausführungen zur Entwicklung der englischen Korporationstheorie stützen sich sehr wahrscheinlich auf Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 53–61, 66–70. 70 Zuerst unter der Regierung Königin Elisabeths I. (1558–1603) erhielten sog. „select bodies“ das Recht, als Organe für die (inkorporierte) Stadtgemeinde zu handeln. Sie waren insbesondere befugt „bye laws“ aufzustellen, rechtliche Anordnungen zur Vermeidung von Mißwirtschaft und Unordnung („for avoiding of popular disorder and confusion“); vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 55. – Der Begriff des „body politic“ entstammte der mittelalterlichen organischen Staatslehre; die damit gemeinte metaphysische Identität von Mensch und Staat sollte die absolute Gewalt des Königs als der „Seele“ des Staates begründen – unabhängig vom Staatsabsolutismus des Corpus iuris („princeps legibus solutus“); vgl. ebd., S. 76. 71 Das „Siegel“ war das aus dem mittelalterlichen Rechtsformalismus überkommene Instrument zur rechtswirksamen Beglaubigung sämtlicher (Korporations-)Handlungen und ersetzte den bis ins 16. Jahrhundert fehlenden Organbegriff. Noch den berühmten englischen Juristen Edward Coke (1549–1634) und William Blackstone (1723–1780) galt das Siegel als selbstverständliches Merkmal der Korporationsqualität; vgl. z. B. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 43, 47 f., 56 f.; Heymann, Überblick, S. 305 f. 72 Ein Gesetz Heinrichs VIII. aus dem Jahre 1542 (33 Henry VIII c. 27) erlaubte zunächst den städtischen Korporationen den Erlaß von Verordnungen („bye-laws“) durch Mehrheitsbeschluß; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 55; ders., Englische Verfassungsgeschichte, S. 488. Ursprünglich bedeutet der Begriff „bye-laws“ – worauf Maitland, Trust (wie oben, S. 410 f., Anm. 55), S. 71 mit Anm. 50, hinweist – ein Dorfgesetz. 73 Die Richter Jakobs I. (1603–25) begründen diese Rechtsauffassung mit dem fehlenden „Gewissen“ („conscience“) der Korporation. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 56, zitiert exemplarisch den Richter Manwood: „A Corporation is a body aggregate, none can create souls but God; but the King creates them and therefore they have no souls, they cannot speak nor appear in person, but by Attorney – no sub poena lieth against them because they have no conscience“; vgl. Hatschek, Englische Verfassungsgeschichte, S. 490 mit Anm. 1.

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equity geltend zu machen waren, ließ erst Ende des 18. Jahrhunderts und sehr zögernd für die companies Übertragung der Aktien mit der Wirkung zu, daß die Haftung des Aktionärs für Schulden der Korporation damit, jedoch mit Ausnahme des Falls der Insolvenz, erlöschen sollte, und erst bei Blackstone findet sich unter Bezugnahme auf das römische Recht die wirkliche Scheidung zwischen Korporations- und Privatvermögen.74 In dieser Entwicklung macht sich der allmählich steigende Einfluß kapitalistischer Bedürfnisse geltend. Die großen Companies der merkantilistischen Tudorund Stuartzeit waren juristisch noch Staatsanstalten. Nicht minder die Bank von England. Das mittelalterliche Erfordernis der Beurkundung durch Siegel für jede gültige Urkunde, welche die Korporation ausstellte, die Behandlung der Aktien als Immobilien, wenn irgend ein Bestandteil des Korporationsvermögens aus Grundbesitz bestand, die Begrenzung auf öffentliche oder gemeinnützige Zwecke war für diese Erwerbsgesellschaften undurchführbar und fiel daher im Lauf des 18. Jahrhunderts. Aber erst das 19. Jahrhundert sah die Einführung der Limited liability für die Handelskorporationen75 und die Schaffung von Normativbestimmungen für alle joint stock companies,76 dann die Schaffung von Spezialnormen für die friendly und benevolent societies,77 die wissenschaftlichen und Versicherungsgesellschaften und die Sparkassen, endlich 74 Blackstone, Commentaries I, S. 484: „The debts of a corporation, either to or from it, are totally extinguished by its dissolution; so that the members thereof cannot recover, or be charged with them, in their natural capacities; agreeable to that maxim of the civil law, ,si quid universitati debetur, singulis non debetur; nec, quod debet universitas, singuli debent.‘“ Die Blackstone-Referenz, der seinerseits auf die bekannte Digestenstelle Ulp. D. 3,4,7,1 verweist, erfolgt vermutlich im Anschluß an Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 58 f. 75 Die beschränkte Haftbarkeit („limited liability“) der Handelskorporationen wurde durch die erste Company-Act von 1855 (18 & 19 Vict. c. 33) statuiert; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 60. 76 Durch die Companies-Act von 1862 (25 & 26 Vict. c. 89) wurden für die sog. Handelsgesellschaften auf Aktien („joint stock companies“) die Bedingungen, unter denen ihnen Korporationsqualität zukommt, gesetzlich formuliert. Diese Normativvorschriften traten an die Stelle des hier besonders unzuträglichen Konzessionierungssystems; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 60 f., 67. 77 Die „friendly und benevolent societies“ sind Regelungsgegenstand der Friendly Societies Act von 1896 (59 & 60 Vict. c. 25). Unter die friendly societies fallen vor allem die Alters- und Unfallversicherungsgesellschaften von Arbeitern und kleinen Gewerbetreibenden, während die benevolent societies alle möglichen wohltätigen Zwecke außerhalb der reinen Mitgliederunterstützung verfolgen; vgl. hierzu und zum folgenden die Ausführungen bei Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 67–70.

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für die Trade unions der Arbeiterschaft78 ziemlich parallel mit der entsprechenden kontinentalen Gesetzgebung. Keineswegs durchweg wurden die alten Formen verlassen. Die Stellung von Trustees ist für eine ganze Reihe der zugelassenen Vereine (so die friendly societies) noch heute die Vorbedingung gerichtlichen Auftretens, während für nichtinkorporierte Vereine (Clubs) einstimmig erteilte Vollmacht für jedes Rechtsgeschäft nötig ist.79 Das Verbot des tultra virest und außerhalb der gesetzlichen Schemata auch dasa Konzessionsprinzip stehen noch immer in Kraft. Praktisch weicht aber der Zustand nicht allzu sehr von demjenigen ab, welcher auch in Deutschland seit dem Bürgerlichenb Gesetzbuch80 besteht. Daßc mit dem allzuviel gebrauchten Schlagwort vom individualistischen Charakter des römischen im Gegensatz zum sozialen Charakter des germanischen Rechts81 die starken Abweichungen der Rechtsentwicklung nicht erklärt sind, zeigt nicht nur diese kurze vergleichende Skizze, sondern auch jeder Blick auf die anderen großen Rechtsgebiete. Der Reichtum des deutschen mittelalterlichen Genossenschaftswesens, bedingt durch höchst individuelle[,] und zwar vornehmlich rein politische Schicksale[,] steht und stand einzig in der Welt da. Das russische und das orientalische einschließlich des indischen Rechts kennen leiturgische Kollektivhaftung und entsprechende t Lies: ultra vires-Handelns Vgl. die Emendation in WuG5, S. 436. a A, B: des B: bürgerlichen c Blatt A 35/B 68 ist nur mit wenigen Zeilen beschrieben.

b A,

78 Die Gewerkschaften gelten aber – im Unterschied zu den friendly societies – als Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, sind also nicht inkorporiert. Sie können jedoch – wie die friendly societies – durch von ihnen zu bestellende Treuhänder („trustees“) im ordentlichen Rechtsverkehr auftreten; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 67 f., 69 f. 79 Hinsichtlich der Prozeßvertretung der friendly societies durch trustees, die nicht mit „Beamten“ oder „Organen“ zu verwechseln sind, ist Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 67, zu vergleichen. – Die „Clubs“ werden als Resultate eines Vertrags aufgefaßt. Entsprechend gelten die Clubsatzungen als Vertragsofferten, denen sich die beitretenden Vereinsmitglieder freiwillig unterwerfen. Die Vornahme von Rechtsgeschäften oder die Ermächtigung einzelner Personen dazu setzt folgerichtig die Zustimmung aller Clubmitglieder voraus (vgl. ebd., S. 68 f.; auch oben, S. 204 mit Anm. 33). 80 Vgl. zum Vereinsrecht §§ 21–79 BGB. 81 Vielfach variiert wurde das „Schlagwort“ in der zeitgenössischen Kontroverse um die Qualitäten von deutschem und römischem Recht sowie um die Folgen der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland – besonders im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Weber hatte dazu bereits pointiert Stellung bezogen in: „Römisches“ und „deutsches“ Recht, MWG I/4, S. 524–534.

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Kollektivrechte von Zwangsgenossenschaften, vor allen Dingen von Dorfgemeinden, aber auch von Handwerkern.82 Sie kennen ferner, nicht überall, aber meist[,] die Solidarhaftung der Familiengemeinschaft und vielfach, so in den russischen Artjels, der durch Verbrüderung geschaffenen familienartigen Arbeitsgemeinschaft. Aber ein differenziertes Genossenschaftsrecht nach Art des mittelalterlichen Okzidents ist ihnen unbekannt geblieben und erst recht der rationale Korporationsbegriff, wie ihn das römische und das mittelalterliche Recht zusammenwirkend erzeugt haben. Das Stiftungsrecht des islamischen Rechts ist, wie wir sahen,83 durch died altorientalische, namentlich ägyptische[,] und vor allem durch diee byzantinische Rechtsentwicklung vorgebildet und enthielt keinen Ansatz zu einer Korporationstheorie. Endlich das chinesische Recht zeigt in typischer Art das Zusammenwirken der Erhaltung der Familien und Sippen in ihrer Bedeutung als Garantinnen der sozialen Stellung des Einzelnen mit der patrimonialen Fürstenherrschaft.84 Ein Staatsbegriff unabhängig von der Privatperson des Kaisers existiert nicht, ebensowenig ein privates Korporationsrecht, ein Vereinsrecht, abgesehen von den politisch bedingten Polizeiverboten gegen alle nicht entweder familienhaften oder fiskalischen oder speziell konzessionierten Verbände. Gemeinden existieren für das offizielle Recht nur als Familienhaftungsverbände für Steuern und Lasten. Daß sie tatsächlich, auf der Basis der Sippenverbände, noch immer ihren Mitgliedern gegenüber die denkbar stärkste Autorität üben, für die Wirtschaft gemeinsame Institutionen aller Art schaffen und nach außen eine Geschlossenheit zeigen, mit welcher die Organe der kaiserlichen Herrschaft als mit der stärksten lokalen Gewalt zu rechnen haben, ist eine Tatsache, welche hier so wenig wie anderwärts in Rechtsbegriffen des offiziellen Rechts ausge prägt ist, die Wirkung von solchen vielmehr d Fehlt in A, B; die sinngemäß ergänzt.

e Fehlt in A, B; die sinngemäß ergänzt.

82 Zu den orientalischen und indischen (kommunalen und berufsständischen) Lastenverbänden vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 385 f., 411, 430–435, 559, mit wiederkehrenden Bezügen zu den russischen agrar- und gewerberechtlichen Verhältnissen sowie Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 89 f., 92, 153, 167, 150. 83 Siehe oben, S. 396 f. 84 Zum Nachstehenden vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, bes. S. 256–284, 279 ff. (patrimoniale Rechts- und Staatsstruktur), 262 ff. (Sippenorganisation), 266 ff. (Dorfautonomie).

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gehemmt hat. Denn einen klar umschriebenen Inhalt konnte eine Autonomie, die sich nach außen in Blutfehden der Sippen und Gemeinden äußerte, von dem offiziellen Recht aber nie anerkannt wurde, nicht annehmen. Der Zustand der privaten Verbände aber außerhalb der Sippen und Familien, vor allem das stark entwickelte Darlehens- und Sterbekassenwesen und die Berufsverbände[,]85 entspricht teils dem Zustand der römischen Kaiserzeit, teils dem russischen Recht des 19. Jahrhunderts.86 Trotzdem fehlt der Begriff der Rechtspersönlichkeit im antiken Sinne völlig, und die leiturgische Funktion ist heute im wesentlichen abgestorben, soweit sie einmal existiert haben sollte, was nicht ganz sicher ist.87 Die kapitalistischen Vermögensgemeinschaften aber sind zwar, ähnlich wie im südeuropäischen Mittelalter, von der formalen Gebundenheit an die Hausgemeinschaft emanzipiert, aber trotz faktischen Gebrauchs solcher Einrichtungen wie der festen Firma doch nicht zu den Rechtsformen entwickelt, wie dort schon im 13. Jahrhundert.88 Die Gesamthaftung knüpft[,] dem Zustand des Obligationenrechts entsprechend[,] auch hier an die Deliktshaftung der Sippe an, welche überhaupt noch in einzelnen Resten besteht. Aber die Kontrakthaftung, welche noch reine Personalhaftung ist, besteht nicht solidarisch, sondern erschöpft sich in der Pflicht, flüchtige Gesellschafter zu gestellen, welche den übrigen obliegt, die aber sonst materiell nur pro rata der Anteile und nur persönlich haften. Nur das Fiskalrecht kennt die Solidarhaft der Familie89 und den Zugriff auf ihr Vermögen, während ein Gesamtvermögen der privaten Vergesellschaftungen rechtlich hier ebensowenig existiert wie in 85 Zu den Gilden und anderen Berufsverbänden als – neben Sippen und Dörfern – normalen Trägern der chinesischen Lokalverwaltung vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, bes. S. 155–158, 322 f.; über die „chinesische Kreditvereinigung“ als einer Vereinigung u. a. zum Zweck der Begräbnisausrichtung und Ahnenverehrung vgl. ebd., S. 277 mit Anm. 32, und S. 425, Anm. 140. 86 Die Parallele zwischen chinesischem und russischem Zunftwesen (letzterem noch im 19. Jahrhundert) zieht Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 275. 87 In der Konfuzianismusstudie hält es Weber für „nicht feststehend und nicht wahrscheinlich“, daß die offizielle Empfehlung zugunsten der Erblichkeit der Berufe „auf einer früheren durchgreifenden leiturgischen Organisation der Gewerbe beruhe“ (Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 274, Webers Fn. 5). Er vermerkt freilich die „zeitweise anscheinend durchgeführte Absicht leiturgischer Schließung der Berufe“ (ebd., S. 275). 88 Vgl. hierzu Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 257, 273 f., 461 f. 89 Zur fiskalischen Solidarhaft der Familie vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 231, S. 233 f., Anm. 10, und S. 234, 235 f., 238 f.

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der römischen Antike, die modernen Handelsgesellschaften aber, ähnlich wie die antiken Publikanengesellschaften, rechtlich als Konsortial- und Kommanditbeteiligungen mit persönlich haftenden Direktoren behandelt werden. Die Fortdauer der Bedeutung der Sippe, innerhalb deren dem Schwerpunkt nach auch alle ökonomische Sozietätsbildung sich vollzieht, die Hemmung autonomer Korporationen durch den politischen Patrimonialismus und die fVerankerung des eigenständigen Kapitals in fiskalischenf Gewinnchancen und im übrigen nur im Handel hat hier wie in der Antike und im Orient diesen unentwickelten Zustand des privaten Verbandsrechts und des Rechts der Vermögensgesellschaften bedingt. Daß die okzidentale mittelalterliche Entwicklung anders verlief, hatte seinen Grund zunächst und vor allem darin: daß hier der Patrimonialismus ständischen und nicht patriarchalen Charakter trug, was, wie später zu erörtern,90 wesentlich politisch, speziell militärisch und staatswirtschaftlich[,] bedingt war. Dazu trat ferner die Entwicklung und Erhaltung der dinggenossenschaftlichen Form der Justiz, deren historische Stellung bald zu besprechen sein wird.91 Wo sie fehlte, wie z. B. in Indien seit der übermächtigen Stellung der Brahmanen, da hat sich auch der tatsächliche Reichtum der Körperschafts- und Genossenschaftsformen nicht in einer entsprechend reichen Rechtsentwicklung niedergeschlagen. Das lange dauernde Fehlen rationaler und überhaupt starker Zentralgewalten, welches mit nur zeitweiligen Unterbrechungen immer wieder eintrat, hat zwar auch dort die Autonomie der kaufmännischen, beruflichen und landgemeindschaftlichen Verbände erzeugt, welche das Recht ausdrücklich anerkennt.92 Aber eine Rechtsbildung von der Art der deutschen ist daraus nicht entstanden. Die praktische Konsequenz der dinggenossenschaftlichen Justiz war der Zwang gegen den Herrn, deng politischen wie denh Grundherrn, Urteile und Weistümer nicht selbst und auch nicht durch Beamte,i f A, B: Verantwortung des eigenständigen Kapitals an fiskalische B: dem i A, B: Bekannte, Die Emendation folgt WuG5, S. 438.

g A, B: dem

h A,

90 Zu dieser Unterscheidung siehe die ältere „Herrschaftslehre“ Max Webers in: Patrimonialismus, MWG I/22–4, S. 247 ff., bes. 287–289, und Feudalismus, MWG I/22–4, S. 380 ff., bes. 409–411, 440–442. 91 Siehe die folgenden Bemerkungen sowie unten, S. 466 ff. 92 Zu Verbandsautonomie und Ansätzen „ständischer“ Rechtsbildung vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 113, 166.

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sondern durch Dingleute aus dem Kreise der Rechtsgenossen oder doch unter deren maßgebender Mitwirkung finden zu lassen, widrigenfalls sie nicht als wirklich objektiv verbindliche Rechtsweisung galten. Die Interessenten der einzelnen Rechtskreise also wirkten bei jeder derartigen Feststellung mit: die Grundholden, Hofhörigen, Dienstmannen, über Rechte und Pflichten, die aus ihrem ökonomischen und persönlichen, die Vasallen und Stadtbürger über solche, welche aus ihrem kontraktlichen oder politischen Abhängigkeitsverhältnis folgten. Dies stammte ursprünglich aus dem Wehrverbandscharakter der öffentlichen Gerichtsgemeinden, ist aber von da aus mit dem Zerfall der Zentralgewalt auf alle mit verliehener oder usurpierter Justiz ausgestatteten Verbände übernommen worden. Es ist klar, daß dies eine Garantie autonomer Rechtsbildung und zugleich körperschaftlicher und genossenschaftlicher Organisation darstellte, wie sie stärker nicht gefunden werden konnte. Das Entstehen dieser Garantie und damit auch der tatsächlichen Autonomie der einzelnen Rechtsinteressentenkreisej in der Ausgestaltung ihres Rechtes, wie sie der Entwicklung des okzidentalen Genossenschafts- und Körperschaftsrechtes ebenso wie der spezifisch kapitalistischen Assoziationsformenk erst die Möglichkeit bot, war aber wesentlich politisch und verwaltungstechnisch bedingt: der Herr war in aller Regel militärisch derart in Anspruch genommen und verfügte so wenig über einen rationalen, von ihm abhängigen Verwaltungsapparat zur Kontrolle seiner Untergebenen, daß er von deren Gutwilligkeit abhängig war und auf ihre Mitwirkung bei der Wahrung seiner eigenen Ansprüche, damit aber auchl der traditionellen oder usurpierten Gegenansprüche der von ihm Abhängigen angewiesen blieb. Die Stereotypierung und Appropriation der Rechte dieser abhängigen Schichten zu Genossenrechten hatten hier ihre Quelle. Die aus den Formen der dinggenossenschaftlichen Rechtsweisung folgende Gepflogenheit, das geltende Verbandsrecht periodisch durch mündliche Zeugnisse festzustellen und weiterhin urkundlich in Weistümern niederzulegen, und die Gewöhnung der Abhängigen, diese Rechtszustände sich bei günstiger Gelegenheit durch Privileg bestätigen zu lassen, steigerte die Garantien der Verbandsnormen. Diese Vorj A, B: Rechtsinteressenkreise Die Emendation folgt WuG5, S. 438. ziationsform l Zu ergänzen wäre: auf die Wahrung

k A, B: Asso-

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gänge innerhalb der herrschaftlichen, politischen und ökonomischen Verbände steigerten naturgemäß die Chancen der Erhaltung genossenschaftlicher Autonomie auch für die nicht herrschaftlichen, freien vereinsmäßigen Einungen. Wo, wie in England, diese Situation fehlte, weil die Königsgerichte der starken patrimonialen Gewalt die alte dinggenossenschaftliche Justiz der Grafschaften, Gemeindeverbände usw.m verdrängten, da ist auch die Entwicklung des Genossenschaftsrechts ausgeblieben, fehlen die Weistümer und Autonomieprivilegien oder sind seltener und haben nicht den Charakter der kontinentalen Er scheinungen. Und sobald in Deutschland die politischen und grundherrlichen Gewalten sich die Verwaltungsapparate schaffen konnten, um die Genossenjustiz zu entbehren, ging es mit der genossenschaftlichen Autonomie und mit dem Genossenschaftsrecht selbst auch dort schnell abwärts. Daß dies mit dem Eindringen grade des romanistisch gebildeten Herrschertums zusammenfiel, war natürlich nicht zufällig, aber das römische Recht als solches hat nicht die entscheidende Rolle gespielt.n 93 In England haben germanistischeo rechtstechnische Mittel das Genossenschaftsrecht nicht aufkommen lassen. Und übrigens wurden dort die nicht unter die Struktur der corporation sole oder der Trustkorporation oder der konzessionierten Schemata der Vergesellschaftung zu bringenden Verbände ganz ebenso als reine Kontraktbeziehungen der Mitglieder, die Statuten als gültig nur im Sinn einer durch den Eintritt akzeptierten Vertragsofferte angesehen,94 wie dies einer romanistischen Konstruktion entsprechen würde. Die politische Struktur des rechtssetzenden Verbandes und die Eigenart der beruflichen Träger der Rechtsbildung, von der wir später zu sprechen haben werden,95 waren die entscheidenden Momente. Die Entwicklung der rechtlich geordneten Beziehungen zur m Fehlt in A, B; usw. sinngemäß ergänzt. n In B steht auf Zeilenhöhe am Rand die Notiz Max Webers: Prozeßtechnik o A, B: germanistische, 93 Zu den ökonomischen und politischen Interessenten der „Rezeption des römischen Rechts“ und zum Einfluß der romanistisch geschulten Juristen auf die (patrimoniale) Herrschafts- bzw. Rechtsstruktur vgl. unten, S. 578– 585. 94 Dies gilt namentlich für die „clubs“ als typische Vereinigungen vorwiegend der besitzenden Klassen zu geselligen und besonders politischen Zwecken; vgl. oben, S. 419 mit Anm. 79. 95 Siehe unten, S. 476 – 509.

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Kontraktgesellschaft und des Rechts selber zur Vertragsfreiheit, speziell zu einer durch Rechtsschemata reglementierten Ermächtigungsautonomie[,] pflegt man als Abnahme der Gebundenheit und Zunahme individualistischer Freiheit zu charakterisieren. In welchem relativen Sinn dies formal zutrifft, geht aus dem vorstehend Gesagten hervor. Die Möglichkeit, in Kontraktbeziehungen mit anderen zu treten, deren Inhalt durchaus individuell vereinbart wird[,] und ebenso die Möglichkeit, von einer wachsend großen Zahl von Schemata nach Belieben Gebrauch zu machen, welchep das Recht für Vergesellschaftung im weitesten Sinne des Wortes zur Verfügung stellt,q ist im modernen Recht wenigstens auf dem Gebiete des Sachgüterverkehrs und der persönlichen Arbeit und Dienstleistungen ganz außerordentlich gegenüber der Vergangenheit erweitert. Inwieweit dadurch nun auch im praktischen Ergebnis eine Zunahme der individuellenr Freiheit in der Bestimmung der Bedingungen der eigenen Lebensführung dargeboten worden ist oder inwieweit trotzdem[,] und zum Teil vielleicht in Verbindung damit[,] eine Zunahme der zwangsmäßigen Schematisierung der Lebensführung eingetreten ist, dies kann durchaus nicht aus der Entwicklung der Rechtsformen allein abgelesen werden. Denn die formal noch so große Mannigfaltigkeit der zulässigen Kontraktsschemata und auch die formale Ermächtigung, nach eigenem Belieben unter Absehen von allen offiziellen Schemata Kontraktinhalte zu schaffen, gewährleistet an sich in keiner Art, daß diese formalen Möglichkeiten auch tatsächlich jedermann zugänglich seien. Dies hindert vor allem die vom Recht garantierte Differenzierung der tatsächlichen Besitzverteilung. Das formale Recht eines Arbeiters, einen Arbeitsvertrag jeden beliebigen Inhalts mit jedem beliebigen Unternehmer einzugehen, bedeutet für den Arbeitsuchenden praktisch nicht die mindeste Freiheit in der eigenen Gestaltung der Arbeitsbedingungen und garantiert ihm an sich auch keinerlei Einfluß darauf. Sondern mindestens zunächst folgt daraus lediglich die Möglichkeit für den auf dem Markt Mächtigeren, in diesem Falle normalerweise dens Unternehmer, diese Bedingungen nach seinem Ermessen festzustellen, sie dem Arbeitsuchenden zur Annahme oder Ablehnung anzubieten und bei der durchschnittlich stärkeren p A, B: welchen Die Emendation folgt WuG5, S. 439. q A, B: steht, Die Emendation folgt WuG5, S. 439. r Blatt A 41/B 74 ist nicht ganzseitig beschrieben. s A, B: dem

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ökonomischen Dringlichkeit seines Arbeitsangebots für den Arbeitsuchenden diesem zu oktroyieren. Das Resultat der Vertragsfreiheit ist also in erster Linie die Eröffnung der Chance, durch kluge Verwendung von Güterbesitz auf dem Markt diesen unbehindert durch Rechtsschranken als Mittel der Erlangung von Macht über andere zu nutzen. Die Marktmachtinteressentent sind die Interessenten einer solchen Rechtsordnung. In ihrem Interesse vornehmlich liegt insbesondere die Schaffung von u„Ermächtigungsrechtssätzen“, welcheu Schemata von gültigen aVereinbarungen schaffen, diea bei formaler Freiheit der Benutzung durch alle doch tatsächlich nur den Besitzenden zugänglich sind und also bim Erfolge deren und nur deren Autonomie und Machtstellungb stützen. cEs dist auch deshalbd notwendig, diesen Sachverhalt speziell hervorzuheben, um nicht in den geläufigene Irrtum zu verfallen:f daß diejenige Art von „Dezentralisation der Rechtsschöpfung“ (ein an sich guter Ausdruck Andreas Voigts96), welche in Gestaltg dieser modernen Formh der ischematisch begrenzteni Autonomie der Interessenten jdurch Rechtsgeschäfte vorliegt,j etwa identisch sei mit einer Herabsetzung des innerhalb einer Rechtsgemeinschaft geübten Maßes von Zwang im Vergleich mit anderen, z. B. „sozialistisch“, geordneten Gemeinschaften. Die krelative Zurückdrängung des durch Gebots- und Verbots-Normen angedrohtenk Zwanges durch lsteigende Bedeutung der „Vertragsfreiheit“, speziell derm l Ermächtigungsgesetze, welche alles der „freien“ Vereinbarung überlassen, istn formell gewißo eine Verminderung des pZwangs. Aber offenbar lediglichp zu Gunsten derjenigen, welche von jenen Ermächtigungen Gebrauch zu machen ökonomischq in der Lage sind. Inwieweit dadurchr materiell das Gesamtquantum von „Freiheit“ innerhalb einer gegebenen Rechtsgemeinschaft t A, B: Marktmachtsinteressenten u A: ist die Schaffung solcher Satzanschluß an den Typoskripttext, oben, S. 368, textkritische Anm. d. B:  sind¯ „Ermächtigungsrechtssätzen“, welche a A: Vereinbarungen, welche b A: nur deren Autonomie c – c (S. 429) In B steht am Rand die Satzanweisung Max Webers: Petit d A: war e Fehlt in A. f A: verfallen, g Fehlt in A. h In B folgt:  durch Rechtsschem¯  durch  Rechts¯ Geschäftsschemata¯ i Fehlt in A. j A: liegt, k A: Herabsetzung des l – l Fehlt in A. m B: der, n In A folgt: nur o Fehlt in A. p A: Zwangs q Fehlt in A. r A: sie 96 Nachweislich ist in diesem Zusammenhang nur die sinnentsprechende Redeweise Voigts von der „Dezentralisation des Rechtes“; Voigt, Wirtschaft und Recht, S. 313 und S. 395.

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wird, ist abers durchaus eine Frage der konkreten Wirtschaftsordnung und speziell der Art der Besitzverteilung, jedenfalls aber tist est nicht aus dem Inhalt des Rechts abzulesen. In einer „sozialistischen“ Gemeinschaft az. B.a würden Ermächtigungsgesetze der hier erörterten Art sicherlich eine bgeringe Rolle spielen;b es würden ferner die Stellen, welche Zwang üben, die Art des Zwanges und diejenigen, gegen welche er sich eventuellc richtet, andere sein, als dbei der privatwirtschaftlichen Ordnung.d In dieser letzteren wird der Zwang ezum erheblichen Teile durch den privaten Besitzer der Produktions- und Erwerbsmittel kraft dieses fseines ihmf vom Recht garantierten Besitzes und in der Form der Machtentfaltung im Marktkampf geübt. gDiese Art von Zwang macht mit dem Satz „coactus voluit“97 insofern besonders consequent Ernst, als er sich aller autoritären Formen enthält. Es steht im „freien“ Belieben der Arbeitsmarktinteressenten, sich den Bedingungen des kraft Rechtsgarantie seines Besitzes ökonomisch Stärkeren zu fügen.g In einer sozialistischen Gemeinschaft hwürden formell die direkten Gebots- und Verbots-Anordnungenh einer, wie immer zu denkenden, einheitlichen, die wirtschaftliche Tätigkeit regelnden iInstanz weit stärker hervortreten. Diesen Anordnungen würdei im Fall des Widerstrebens Nachachtung durch „Zwang“ irgendwelcher Art, nur nicht durch Marktkampf, verschafft jwerden. Wo aber dabei im Ergebnisj das Mehr an Zwang überhauptk und wo das Mehr an faktischerl persönlicher Freiheitssphäre liegen würde, mdas ist jedenfallsm nicht durch bloße Analyse des im einen und anderen Fall geltenden oder denkbaren formalenn Rechts zu oentscheiden. Soziologisch perfaßbar istp heute lediglich jener Unterschied dero qualitativen Eigenart des Zwanges und dessen Verteilung unter die an der Rechtsgemeinschaft jeweils Beteiligten.q s A: vermehrt ist t Fehlt in A. a Fehlt in A. b A: geringere Rolle spielen, c Fehlt in A. d A: in einer privatwirtschaftlich organisierten Gemeinschaft. e Fehlt in A. f Fehlt in A. g – g Fehlt in A. h A: durch Anordnungen i A: Instanz, denen j A: werden würde. Wo k Fehlt in A. l Fehlt in A. m A: ist jedenfalls B: das ist  a priori nicht anzugeben,¯ jedenfalls n Fehlt in A. o – o A: entscheiden, sondern höchstens durch Analyse der p B: relevant ist  erfaßbar ist q In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz 97 Über den zugrunde liegenden Digestensatz und dessen allgemeine ökonomische Bedeutung vgl. oben, S. 243 mit Anm. 21.

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(demokratisch) sozialistische Ordnung (im Sinn der heute gangbaren Ideologien) lehnt den Zwang nicht nur in der Form ab, wier er auf Grund des privaten Besitzes durch den Marktkampf geübt wird, sondern andrerseitss auch den direktent Zwang kraft reina persönlicher bAutoritätsansprüche. cSie könnte nur die Geltungc vereinbarter abstrakter Gesetze (einerleid ob dieser Name gewählt wird) kennen.b Die Marktgemeinschaft eihrerseits kennt formalene Zwang kraft persönlicher Autorität fformal ebenfalls nicht.g Sie gebiert an seiner Stelle aus sich heraus eine Zwangslage – und zwar diese prinzipiell unterschiedslos gegen Arbeiter wie Unternehmer, Produzenten wief Konsumenten – in der ganz unpersönlichen Form der Unvermeidlichkeit, sich den hrein ökonomischen „Gesetzen“ des Marktkampfsh anzupassen, bei Strafe des i(mindestens relativen) Verlustes an ökonomischer Macht, unter Umständen von ökonomischer Existenzmöglichkeit überhaupt. Sie macht[,]i auf dem Boden der kapitalistischen Organisation, auch die jthatsächlich bestehendenj persönlichen und autoritärenk Unterordnungsverhältnisse im kapitalistischenl „Betrieb“ zu Objekten des m„Arbeitsmarktverkehrs“. Die Entleerung von allen normalen ngefühlsmäßigen Inhaltenn autoritärer Beziehungeno aber hindert dabei nicht, daß der autoritäre Charakter des Zwangs dennoch fortbesteht und unter Umständen sich steigert.m Je umfassenderp die Gebilde, deren Bestand qin spezifischer Artq auf „Dis ziplin“ ruht: die kapitalistischen gewerblichenr Betriebe, anwachsen, desto srücksichtsloser kann unter Umständen autoritärer Zwang in ihnen geübt werden und desto kleiner wirds der Kreis derjenigen, in der A: Die sozialistische Idee perhoresziert den Zwang nicht nur, wo s A: vor allem t Fehlt in A. a Fehlt in A. b – b A: Autorität. Mit welchen dauernden Chancen angesichts der Notwendigkeit einer sehr universellen Organisation, mag gewiß höchst fraglich erscheinen. c B: Sie  kennt¯ könnte nur die Geltung  abstrakter Satzungen.¯ d Blatt A 10/B 76 ist nur zu zwei Dritteln beschrieben. e A: kennt, in ihrer reinen Form, f – f A: ebenfalls nicht ihrer Idee, sondern nur der Tatsache nach. Sie ihrerseits gebiert vielmehr aus sich heraus den Zwang – gegen Arbeiter und Unternehmer, Produzenten und g B: nicht;  sondern¯ h A: Marktgesetzen i – i A: Verlustes der ökonomischen Macht. Sie setzt diesen unpersönlichen Zwang an die Stelle der persönlichen Autorität. Sie macht im Ergebnis, j A: unvermeidlich k A: autoritären, weil Disziplin in sich schließenden l Fehlt in A. m – m A: Marktverkehrs, ohne daß es ihr dadurch allein gelänge, sie ihres autoritären Charakters wirklich zu entkleiden. n B: Inhalten  gefühlsmäßigen Inhalten o B: Macht  Beziehungen p A: umfassender vielmehr, im Gefolge der Marktbeherrschung und der Konzentration ökonomischer Macht B: umfassender, q Fehlt in A. r Fehlt in A. s A: autoritärer gefärbt wird der in ihnen geübte Zwang und desto enger

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ren Händen sich die tMacht zusammenballt, Zwang dieser Art gegen Andere zu üben und diese Macht sich durch Vermittlung der Rechtsordnung garantieren zu lassen.t Eine formell noch so viele „Freiheitsrechte“ und „Ermächtigungen“ verbürgende und darbietende und noch so wenig Gebots- und Verbotsnormen enthaltende Rechtsordnung kann daher in ihrer faktischen Wirkung einer aquantitativ unda qualitativ sehr bedeutenden bSteigerung nicht nur des Zwangs überhaupt, sondern auchb einer Steigerung des autoritären Charakters der Zwangsgewalten dienen.c

t – t A: Macht, ihn zu üben und durch Vermittlung der Rechtsordnung garantieren zu lassen, zusammenballt. a Fehlt in A. b A: Verschärfung des Zwangs und sogar c (S. 426) – c In B steht am Rand die Satzanweisung Max Webers: bis hierher: Petit.

B Db WuG1 396, Forts.

a b

§ 3. Diec Form des objektiven Rechts [.]b

der Neuentstehung von Rechtsnormen. Dase „Gewohnheitsrecht“. S. [430] –f Die thatsächlichen Componenten der Rechtsentwicklung. Interessentenhandelng und Rechtszwang. S. [433] – Irrationaler Charakter der urwüchsigen Streitschlichtung[.] S. [440] –h Charismatische Rechtsschöpfung und Rechtsfindung[.] S. [446] – Dinggenossenschaftliche Rechtsfindung[.] S. [454] – Die „Rechtshonoratioren“i als Träger der Rechtsschöpfung[.] S. [460]d a dProblem

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Wiej entstehen kneue Rechtsregeln?k Heute normalerweise durch Gesetz, d. h. menschliche Satzung in den dafür kraft gewohnter oder oktroyierter Verfassung1 eines Verbandes als legitim geltenden Formen. Daß dies nichts Urwüchsigesl ist, versteht sich von selbst. Allein auch unter ökonomisch und sozial weitgehend differenzierten Verhältnissen ist es nicht das Normale. Das englische Common Law mwird dem durch Satzung entstandenen Recht: „Statute Law“,2 direkt entgegengesetzt. Bei uns pflegt manm das nichtgesatzte Recht als „Gewohnheitsrecht“ zu bezeichnen. Allein a – a Fehlt in A. In B steht am linken oberen Rand die Satzanweisung Max Webers (mit Bleistift): Pet[it] weiter Darunter steht die Notiz Webers: § 2: jurist[ische] Person. // § 3: Gewohnheitsrecht. b – b B: §. [Spatium] Der Normcharakter des Rechts  §. [Spatium] Der [sic!] Form des objektiven Rechts Normcharakter ist gestrichen und eingeklammert, darüber von Max Weber Form geschrieben, beides von Marianne Weber mit Formcharakter überschrieben. Das Spatium ist von fremder Hand mit 3 ausgeschrieben, gestrichen und mit 2 überschrieben. c B: Der d – d Die Inhaltsübersicht ist links mit eckiger Klammer und Satzanweisung von fremder Hand: Petit versehen. e In B folgt:  angebliche¯ f In B folgt:   Initiative¯ Gemeinschaftshandeln der Rechtsinteressenten und Rechtszwang. S. . . . –¯ g B:   Handeln der¯ Maß der Rücksichtnahme des¯ Interessentenhandelnga  auf den¯ ga B: Interessentenhandelns  Interessentenhandeln h In B folgt:  „Satzung“ und Rechtsprophetentum.¯ i Der zweite Teil des Worts ist von fremder Hand unterstrichen und am Rand als honoratioren aufgelöst. j In B geht am oberen Rand voraus: §. [Spatium] Der Normcharakter des Rechts. In das Spatium ist von fremder Hand die Ziffer 2 [sic!] eingefügt. k A: Rechtsnormen? l A, B: urwüchsiges m A: ist den durch Satzung entstandenen Arten von Rechtsnormen: Statute Law und Equity, direkt entgegengesetzt. Man pflegt bei uns 1 Im Kategorienaufsatz hat Weber die „Entstehung neuer Anstalts-Satzungen“ typologisch differenziert nach ihrem Entstehungsgrund: autonome „Vereinbarung“ und „Oktroyierung“ (Kategorien, S. 289 f.). Die Vorstellung von der geltenden „Oktroyierungsgewalt“, d. h. der Satzungsgewalt eines Verbandes bzw. einer Anstalt, nennt Weber „Verfassung“ im empirischen Sinne (vgl. ebd., S. 290). 2 U. a. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 113 ff., weist darauf hin, daß ein statute ursprünglich nur ein judicium, nicht eine Satzung war, dem modernen Gesetzesbegriff also fernstand; vgl. unten, S. 457 f.

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das ist ein relativ sehr moderner Begriff, der im römischen Recht erst spätn auftaucht3 und bei uns Produkt der gemeinrechtlichen Jurisprudenz ist.4 Vollends sind die oVoraussetzungen: – 1) faktische gemeinsame Übung, 2) gemeinsame Überzeugung von der Rechtmäßigkeit, 3) Rationabilität5 –,p an welche die gemeinrechtlicheo Wissenschaft seine Geltung zu knüpfen qpflegte, Produkt des theoretischenq Denkens. rAuchs alle seine heute üblichen Definitionen gelten als juristische Construktionent. Für diese ist allerdings der Begriff in der sublimierten Form, die etwa Zitelmann6 oder auch Gierke7 ihm n A: in sehr späten Andeutungen o – o A: Voraussetzungen, an welche heute die p B: Rationabilität, – q A: pflegt, Produkt modernen r – r (S. 433) Fehlt in A. s In B geht die eigenhändige Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz t In B folgt:  und  nur¯ für das heutige Recht. Für dieses ist sie, in der sublimierten Form, die etwa Zitelmann ihr gegeben hat, wohl allein möglich.¯ 3 Zur Anerkennung des Gewohnheitsrechts als derogierender Rechtsquelle (desuetudo) gegenüber dem Zwölftafelgesetz in spätrepublikanischer Zeit vgl. etwa: Kipp, Theodor, Geschichte der Quellen des römischen Rechts, 3., verm. und verb. Aufl. – Leipzig: A. Deichert Nachf. 1909, S. 20–26 (hinfort: Kipp, Geschichte). Zwar wird die Geltung grundlegender Institute wie patria potestas, mancipatio etc. noch vor dem Zwölftafelgesetz auf „Gewohnheit“ zurückgeführt, doch erst Cicero und die Klassiker messen ihr gesetzesgleiche Kraft bei. 4 Das Gewohnheitsrecht ist ein Schlüsselkonzept der gemeinrechtlichen Jurisprudenz. Mit seiner Hilfe ließ sich die Fortgeltung des Römischen Rechts über die Rezeption bis in die Neuzeit trotz fehlender Satzung „erklären“ und zugleich via derogierenden Gewohnheitsrechts differenzierend behandeln; vgl. Puchta, G[eorg] F[riedrich], Pandekten, 12., rev. und verm. Aufl., hg. von Th. Schirmer. – Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1877, S. 26, Anm. m. Daher fließt in seine Konstruktion sowohl die kommunalistische Variante der Volksgeistlehren wie die Vorstellung vom Juristen als wahrer Hüter der Rechtskultur ein. 5 Hiernach wird der gemeinsamen Übung und Überzeugung nur dann eine Autorität zugeschrieben, wenn sie nicht gegen die ratio verstößt, ein allerdings schon bei Puchta als höchst problematisch angesehenes Erfordernis (vgl. ders., Gewohnheitsrecht II (wie oben, S. 211, Anm. 52), S. 49–61, bes. 51 ff.). Zur Bedeutung des Irrtums über die „Rationabilität“ vgl. Zitelmann, Gewohnheitsrecht (wie oben, S. 73, Anm. 1), S. 342. 6 Die „sublimierte Form“ des Gewohnheitsrechts knüpft bei Zitelmann an die vermeintliche „Detailfrage“ der Beachtlichkeit des Irrtums über die tatsächlichen Voraussetzungen oder den Geltungssinn von Gewohnheitsrecht an. Ganz im Sinne einer neukantianisch aufgeklärten Rechtstheorie des Gewohnheitsrechts befreit sich Zitelmann von einer naturalistischen Geltungslehre, indem er – Formulierungen Max Webers verwandt – „die Vorstellung des Geltens einer Ordnung“ für das Recht im allgemeinen entscheiden läßt (ders., Gewohnheitsrecht (wie oben, S. 73, Anm. 1), S. 463), für das Gewohnheitsrecht im besonderen die Vorstellung, daß allein die Dauer „das Wunder“ (ebd., S. 461) normativer Kraft vollbringe. – Übrigens hat sich Zitelmann 1920 für die Berufung Max Webers an die Universität Bonn eingesetzt; siehe dazu die Einleitung oben, S. 131–133. 7 Dogmatisch grundlegend etwa Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 159–176. Gierkes

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gegeben haben, nicht entbehrlich, es sei denn durch die Beschränkung alles nicht statutarischen Rechts auf bindende Präjudizien. Auf juristischem Gebiet ist der heftige Kampf der Rechtssoziologen (Lambert, Ehrlich)8 gegen ihn m. E. durchaus unbegründet und bedeutet eine Vermischung juristischer und soziologischer Betrachtungsweise.9 Ganz anders[,] wenn es sich um die uns hier beschäftigende Frage handelt: inwieweit die überkommene juristische Construktion der Geltungsbedingungen des „Gewohnheitsrechts“ etwas Richtiges über die faktische Entstehung der empirischen „Geltung“a nicht durch Satzung geschaffenen Rechts aussagen. Das ist in der That nur in sehr geringem Maß der Fall. Als Aussagen über die thatsächliche Entwicklung von Recht in der Vergangena In B folgt:  von „Gewohnheitsrechtssätzen“¯ Auffassung zeichnet sich im wesentlichen dadurch aus, daß sie für das Vorhandensein eines Rechtssatzes als Gewohnheitsrecht die faktische Übung wie eine ihr entsprechende Rechtsüberzeugung für gleichermaßen konstitutiv hält, hingegen sowohl die konkreten Beweggründe für die gewonnene Rechtsüberzeugung wie auch ihren Inhalt, also insbesondere ihre „Rationabilität“, für gleichgültig erklärt (vgl. ebd., S. 165 ff.). 8 Weber bezieht sich hier vor allem auf Ehrlich, Grundlegung, S. 352–380, sowie Lambert, fonction. Für Ehrlich ist die Lehre vom Gewohnheitsrecht soziologisch unzureichend. Soweit diese behaupte, über die Entstehung von Recht empirisch aufzuklären, um doch nur die Rezeption des Römischen Rechts zu rechtfertigen, hätte sie dazu vor allem zwischen „Rechtseinrichtungen“ und „Rechtssätzen“ zu unterscheiden (vgl. ders., Grundlegung, S. 367). Rechtsdogmatisch pflichtet er Zitelmann bei, der „die Geltung des Gewohnheitsrechts einfach auf seine Geltung“ zurückgeführt habe (ebd., S. 379), ohne hieraus die Schlußfolgerung zu ziehen, die Ehrlich seit seiner Inaugurationsrede über „Die Tatsachen des Gewohnheitsrechts“ (vgl. Ehrlich, Tatsachen (wie oben, S. 73, Anm. 4)) als zwingend ansieht: einen „so bunt zusammengesetzten Begriff“ zu verwerfen (ders., Grundlegung, S. 379). Auch wenn Ehrlich bei Vertretern einer juristischen Dogmatik des Gewohnheitsrechts, etwa bei Georg Beseler, das Postulat einer Beobachtung des „Volksrechts“ aufkommen sieht (ebd., S. 375), verdeckt das Konzept des Gewohnheitsrechts das für ihn zentrale Anliegen, die Suche nach dem „lebenden Recht“. 9 Dies richtet sich beispielsweise gegen Ehrlichs Kritik der Gewohnheitsrechtslehre der historischen Rechtsschule, nach der aus der Aufdeckung der „rechtserzeugenden Kräfte in der Gesellschaft“ das rechtlich Anzuwendende herzuleiten sei (Ehrlich, Grundlegung, S. 362). Im übrigen widerspricht die Vorstellung einer „soziologischen Rechtswissenschaft“, wie sie Ehrlich verfolgt, den methodologischen Prämissen Webers; vgl. auch die Ausführungen in § 8, unten, S. 624 – 627. Nach Ehrlich behandelt sie verschiedene Fragestellungen: „Die Entstehung der Rechtseinrichtungen in der Gesellschaft unabhängig vom Staate, die Entstehung von Rechtssätzen durch die Tätigkeit der Juristen als Schriftsteller, als Lehrer und als Richter“, schließlich „die Frage, inwiefern die Gerichte und andere staatliche Behörden an außerstaatliches Recht gebunden sind“ (Ehrlich, Grundlegung, S. 379 f.). Vgl. dazu auch die vorangehende Kommentierungsanmerkung.

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heit, grade in den Zeiten ganz oder fast ganz fehlender „Gesetzgebung“ wären diese juristischen Begriffe unbrauchbar und historisch unwirklich. Zwar finden sie ihren Anhalt sowohl in spätrömischen wie in mittelalterlichen, continentalen sowohl wie englischen Aussprüchen über die Bedeutung und die Voraussetzungen der „consuetudo“ als Rechtsquelle. Allein dabei handelte es sich stets um das typische Problem des Ausgleichs zwischen einem universale Geltung beanspruchenden rationalen Recht und den vorgefundnen lokalen (oder nationalen) Rechten. Im spätrömischen Reich um den Gegensatz zwischen dem Reichsrecht und den nationalen Rechten der Provinzialen. In England um den Gegensatz zwischen demb Reichsrecht (lex terrae) des Common Law und den örtlichen Rechten, auf dem Continent um die Beziehung des rezipierten römischen Rechts zu den nationalen Rechten. Nur diese dem universalen Recht widerstrebenden Partikularrechte wurden von den Juristen unter jene Definition gebracht und in ihrer Geltung an jene Voraussetzungen gebunden, wie dies – da das universale Recht als allein legitim auftrat – nicht wohl anders sein konnte. Dagegen hat nie Jemand daran gedacht, etwa das englische Common Law, welches ganz gewiß kein „Gesetzesrecht“ ist, durch die übliche Definition des „Gewohnheitsrechts“ zu qualifizieren. Und die Definition cdes islamischenc „idschma“ als „tacitus consensus omnium“10 hat mit „Gewohnheitsrecht“ schon deshalb nichts zu thun, weil erd ja „heiliges“ Recht zu sein prätendiert.r Diee urwüchsige Konzeption von fRechtsnormen könnte – sahen wir früher11 – rein theoretisch am einfachsten sof gedacht werden: daß ganfangs reing faktische Gewohnheiten des Sich-Verhaltens hinfolge der psychologischen „Eingestelltheit“ 1) als „verbindlich“ empfunden und imit dem Wissen von ihrer überindividuellen Verbreitungi 2) als „Einverständnisse“ in das halb oder ganz bewußte „Erwarten“ des sinnhaft entsprechenden Handelns andrer hineingehoben werden, denen dann 3) die sie gegenüber den „Convenb In B folgt:  Juristenrecht der¯ c B: islamische; des sinngemäß ergänzt. d B: sie r (S. 431) – r Fehlt in A. e In B geht die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz f A: Recht kann zweifellos nur so g Fehlt in A. h – h (S. 434) A: als verbindlich empfunden und also zu Einverständnissen wurden, denen dann die i B: dadurch  mit dem Wissen von ihrer überindividuellen Verbreitung 10 Vgl. hierzu den entsprechenden Glossareintrag. 11 Siehe oben, S. 213 – 217, 226 f.

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tionen“ auszeichnendeh Garantie von Zwangsapparaten zuteil jwird. Allein schon rein theoretisch fragt es sich dann: wie kam Bewegung in eine träge Masse derart kanonisierter „Gewohnheiten“,j welche ja aus sich heraus, gerade weil sie als „verbindlich“ galten,k nichts Neuesl gebären zu können scheint?12 mDie historische Schule der Juristen13 neigte dazu, Evolutionenn eines „Volksgeistes“ anzunehmen,14 als deren Träger dann eine überindividuelle organische Einheit hypostasiert wurde. Dazu neigte z. B. auch Karl Knies.15 h (S. 433) – h Vgl. oben, S. 433. j A: wurde. Allein wie kommt nun Bewegung in diese träge Masse, k A: gilt, l A, B: neues m – m (S. 435) Fehlt in A. n In B geht voraus:  unbewußte¯ 12 Zur Parodoxie der Rechtsentwicklung durch Gewohnheit vgl. schon oben, S. 210 ff., bes. 215 ff.; dort fehlt noch der im folgenden (unten, S. 446) entwickelte Begriff der „charismatischen Rechtsoffenbarung“. 13 Die von Gustav Hugo (1764–1844) begründete rechtswissenschaftliche Schule, die sich später in eine römisch-rechtliche und eine deutsch-rechtliche Richtung teilte, hatte in Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) ihren einflußreichsten Vertreter. Dessen Abhandlung „Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ (Heidelberg: Mohr und Zimmer 1814; hinfort: Savigny, Beruf) wurde gleichsam zur Programmschrift der Schule; die von Savigny zusammen mit Karl Friedrich Eichhorn (1781–1854) und Johann Friedrich Ludwig Göschen (1778–1837) herausgegebene „Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft“ (aus der später die beiden Abteilungen der „Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte“ hervorgingen) war ihr wichtigstes Publikationsorgan. Der Kampf der historischen Rechtsschule galt rechtsmethodisch dem seinerzeit dominierenden Naturrecht und rechtspolitisch den damit eng zusammenhängenden Kodifikationsbestrebungen des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Rechtstheoretischer Ausgangspunkt war dabei die Verknüpfung einer neuartigen Rechtsquellenlehre, in der die „Volksüberzeugung“ bzw. der „Volksgeist“ als primärer Rechtsbildungsfaktor wirkte, mit volksbezogenen „Organismus“-Vorstellungen – hierin vielfach durch die Philosophie Herders und Schellings beeinflußt; vgl. Weber, Roscher und Knies I, S. 9 f., sowie unten, S. 589 f. 14 Der Volksgeist ist nicht nur Geltungsgrund des Rechts, sondern auch schöpferische Kraft der Rechtsentwicklung. Als prägnante Formulierung vgl. Puchta, Gewohnheitsrecht I (wie oben, S. 211, Anm. 52), S. 139: „Es giebt Ansichten und Überzeugungen, welche dem Einzelnen nicht als solchem, sondern als Glied eines Volks angehören, und die ihm aus diesem natürlichen Grunde mit den übrigen Gliedern desselben gemein sind. Dieß heißt nun nichts anderes, als daß die Quelle dieser Ansichten nicht der Geist des Einzelnen, sondern der Volksgeist ist, daß also die Überzeugungen eine Thätigkeit des Volkes sind. [. . .] Und Gewohnheitsrecht ist also dasjenige Recht, welches unmittelbar aus dem Geiste des Volks hervorgegangen ist“ (ebd., S. 147). Vgl. auch Puchta, Cursus (wie oben, S. 25, Anm. 29), S. 24, 28 f., 30 f. 15 Zur Annahme einer überindividuellen organischen Einheit bei Knies vgl. z. B. ders., Die politische Ökonomie, S. 244: „Weil [. . .] die Eigentümlichkeit der einzelnen Menschen wie die eines ganzen Volkes sich aus einem einheitlichen Springquell erschließt, alle Erscheinungskreise der menschlichen Tätigkeit sich auf eine Totalität zurückbeziehen und eben deshalb untereinander in Wechselwirkung stehen, so können weder die Triebfedern der wirtschaftlichen Tätigkeit, noch auch die ökonomischen Tatsachen

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Mit dieser Auffassung ist wissenschaftlich nichts anzufangen. „Unbewußte“, das heißt von den Beteiligten nicht als Neuschöpfungen empfundene Entstehung von empirisch geltenden Regeln, auch Rechtsregeln, für das Handeln ist freilich zu jeder Zeit vor sich gegangen und geht noch vor sich. Vor Allem im Wege des unbemerkten Bedeutungswandels. Also durch Vermittlungo des Glaubens, daß faktisch neuartige Thatbestände thatsächlich für die rechtliche Beurteilung nichts Neuesp enthielten. Aber auch so, daß auf alte oder neuartige Thatbestände thatsächlich neues Recht angewendet wurde, in dem Glauben, es habe immer so gegolten und sei immer so angewendet worden. Allein daneben steht von jeher die breite Schicht all derjenigen Fälle, in welchen beides: sowohl der Thatbestand als das auf ihn angewendete Recht, als – in verschiedenem Sinn und Grade – „neu“ gewerthet wurde. Woher stammt dies Neue?m Man wird antworten: qes entstandq durch Änderung der äußeren Existenzbedingungen,r welche Änderungen der sbisher empirisch geltendens Einverständnisse nach sich ziehen. Diet bloße Änderung der äußeren Bedingungen ist dafür aberu weder ausreichend noch unentbehrlich. Entscheidend ist vielmehr stets ein neuartigesa Handeln, welches zu beinem Bedeutungswandelb von geltendem Recht oder zur Neuschaffung von Rechtc führt. An ddiesem, im Erfolg, rechtumbildendend Handeln sind nun verschiedene Kategorien von Personen be teiligt. Zunächst die einzelnen Interessenten eines konkreten Gemeinschaftshandelns.e fTeils umf unter „neuen“ äußeren Bedingungen seine Interessen zu gwahren[,] ganz ebenso aber auchg um unter den alten Bedingungen sie besser als bisher zu wahren, ändert der heinzelne Interessenth sein Handeln, insbesondere sein iGemeinschaftshandeln. Dadurch ento B: Annahme  Vermittlung p B: neues m (S. 434) – m Fehlt in A. q Fehlt in A. r A, B: Existenzbedingung, s Fehlt in A. t A: Allein die u Fehlt in A. a Fehlt in A. b A: einer Änderung c A: solchem d A: diesem e In B folgt am Rand die als Einschub gekennzeichnete Notiz Max Webers: Nicht auf Schaffung von Recht [gerichtet] f A: Sowohl um g A: wahren wie h A: Einzelne i – i (S. 436) A: Gemeinschaftshandeln, und teffen mehrere Einzelne, in Vergesellschaftung miteinander treten, inhaltlich neue Vereinbarungen. Durch die Einwirkung dieser beiden Momente entstehen und Erscheinungen ihren eigentlichen Charakter, ihr ganzes Wesen offenbaren, wenn sie nur isoliert ins Auge gefaßt werden“. – Weber thematisiert Knies’ Rückgriff auf den Emanatismus der historischen Rechtsschule als philosophische Basis seines Freiheitsbegriffs in: Roscher und Knies III, S. 113 ff.

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stehen neue Einverständnisse oder auch rationale Vergesellschaftungen mit inhaltlich neuem Sinngehalt, die dann ihrerseits wiederi neue[,] rein faktische Gewohnheiten jentstehen lassen. Allerdings können auch ganz ohne solche Neuorientierungen des Handelns durch veränderte Existenz-Bedingungen Änderungen im Gesammtzustand des Gemeinschaftshandelns entstehen.j Es kann entweder von mehreren schon bestehenden Arten des Sich-Verhaltens diejenige, welche unter den verändertenk Bedingungen die für die ökonomischen oder sozialen Chancen lder betreffenden Interessenten günstigste Art des Gemeinschaftshandelnsm darstellt[,] zu ungunsten anderer[,] unter den bisherigen Bedingungen ebenso n„angepaßt“ gewesener Artenn durch einfache „Auslese“ überleben, um schließlich Gemeingut zu werden, ohne daß – im theoretischen Grenzfall – irgend ein Einzelner sein Handeln geändert hätte. Im Ausleseprozeß zwischen ethnischen oder religiösen, besonders zäh an ihren Sitten festhaltenden Gruppen kommt Derartiges wenigstens annäherungsweise wohl vor. Aber im Ganzen häufiger wird ein neuerl Inhalt des Gemeinschaftshandelns ound der Vergesellschaftungen von Einzelneno durch „Erfindung“ geschaffen und verbreitet sich dannp durch Nachahmung und Auslese.16 Dieser letztere Fall ist qspeziell als Quelle ökonomischer Neuorientierungq auf allen auch nur mäßig rationalisierten Stufen der rLebensführung, nicht erst in moderner Zeit, von derr hervorragendsten Bedeutung.s Diese Vereinbarungen kümmern sich abert um die i (S. 435) – i Vgl. oben, S. 435. j A: oder neue als geltend behandelte Einverständnisse. k A: gegebenen neuen l – l A: günstigste Art des Gemeinschaftshandelns darstellt, durchaus zu ungunsten anderer Inhalte überleben, um schließlich Gemeingut zu werden. Oder der neue m B: Gemeinschaftshandelns, n B: „angepaßter“ Formen  „angepaßt“ gewesener Arten o A: wird p Fehlt in A. q Fehlt in A. r A: Lebensführung von der weitaus s A: Bedeutung, speziell für die ökonomisch wichtigen Rechtsänderungen. Durch Schaffung konkreter Vereinbarungen oder Einverständnisse zwischen einzelnen konkreten Interessenten ist zu allen Zeiten sa die ökonomische Neuorientierung in Fluß geraten. sa In B folgt am Rand die als Einschub gekennzeichnete Notiz Max Webers:  , keineswegs erst in der modernen Wirtschaft,¯ t In A folgt: normalerweise zunächst 16 Vgl. oben, S. 217 mit Anm. 64. „Erfindung“ durch den einzelnen und „Nachahmung“ durch die Masse sind die von Gabriel Tarde genannten Momente der sozialen Entwicklung (vgl. ders., Les transformations du droit: étude sociologique. – Paris: Félix Alcan 1893; ders., lois de l’imitation (wie oben, S. 217, Anm. 64)). Auf beide Aspekte wiederum macht Ehrlich, Grundlegung, S. 328, ausdrücklich aufmerksam, während Weber das evolutionistische Moment der „Auslese“ hinzufügt.

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Frage, ob sie die Chance haben[,] durch aRechtszwang, wenigstens durch politischenb Rechtszwang,a garantiert zu sein, c dzunächst vielfachd gar nicht. Den politischen Rechtszwang halten die Interessenten sehr oftc entweder für unnötig oder für eselbstverständlich, und noch häufiger hält jeder Beteiligte, je nachdem, mehre das Eigeninteresse oder mehrf die Loyalität der anderen Beteiligten goder beides und daneben den Druck der Conventiong für eine ausreichende Bürgschaft[.] hThatsächlich ist eine „rechtliche“ Garantie einer Norm vor dem Bestehen irgend eines Zwangsapparats, ja selbst vor geregelter Garantie durch die Sippenrachepflicht zweifellos dadurch ersetzt worden, daß der nach allgemeiner Convention für „im Recht“ befindlich Angesehene die Chance hatte, Helfer gegen den Verletzer zu finden.h Wo aberi besondere Garantien erwünscht scheinen, jersetzte den Interessenten noch unter sehr differenzierten Verhältnissenj in weitestem Umfang die magische Selbstverfluchung:k der Eid, jede andere Garantie l, auch die schon bestehende Rechtszwangsgarantiel. mFür die meisten Epochen vollzog sich wohl der überwiegende Teil der einverständnismäßigen Ordnung auch ökonomischer Dinge auf diese Art ohne Rücksicht wenigstens auf die Chancen eines staatlichen Rechtszwangs,m nein erheblicher Teil ohne Rücksicht auf Zwangsmöglichkeiten überhaupt. Institute wie die südslawische „Zadruga“ (Hauscommunion) freilich, an denen man die Entbehrlichkeit des Rechtszwangs zu demonstrieren pflegt, entbehrten in Wahrheit nur des staatlichen Rechtsschutzes, standen dagegen ohne Zweifel in der Zeit ihrer universellen Verbreitung unter einem höchst wirksamen Zwangsschutz der Dorfautorität.17 Jahrhunderte lang köna A: Rechtszwang b B: staatliche > politischen c – c A: gar nicht. Die Interessenten halten das d B: sehr oft  zunächst vielfach e A: selbstverständlich. Nach der Rechtsgültigkeit fragt man nur in einem kleinen Bruchteil der Fälle. Jeder Beteiligte hält, je nachdem, In B folgt am Rand die Notiz Max Webers:  verschieden!¯ f Fehlt in A. g Fehlt in A. h – h Fehlt in A. i Fehlt in A. j A: ersetzt den Parteien k A: Selbstverfügung: l Fehlt in A. m – m A: Ein ganz ungeheurer, für die meisten Epochen wohl der weit überwiegendste Teil der vereinbarungsmäßigen Ordnung ökonomischer Dinge vollzog sich auf diese Art ohne alle Rücksicht auf die Chancen des Rechtszwangs. Subjektive Rechte in unserem Sinn schaffen also solche Einverständnisse nur zum Teil. n – n (S. 440) Fehlt in A. 17 Vgl. oben, S. 203 mit Anm. 30. – Nach Johann Peisker ist die Institution nicht einem „utopischen altslawischen Sippenkommunismus“ zu verdanken (ders., Die serbische Zadruga, in: Zeitschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Band 7, 1900, S. 211– 326, hier S. 263), sondern schon in der Vorform der bäuerlichen Doppelfamilie sowohl

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nen derartige einmal eingelebte Formen des Einverständnishandelns ohne alle Rücksicht auf staatlichen Rechtszwang fortexistieren. Die Zadruga war dem ogerichtlich anerkannteno Recht Österreichs nicht nur unbekannt, sondern stand mit manchen seiner Normen direkt im Widerspruch,18 beherrschte aber dennoch das praktische Handeln der Bauernschaft. pSolche Beispiele dürfen allerdings keineswegs zum Normalfall verallgemeinert werden. Zunächst ist selbst bei Anerkennung der völligen Gleichberechtigung mehrerer neben einander bestehendenq und gleichmäßig für ihre Anhänger religiös legitimiertenr Rechtssysteme und bei Freistellung des Anschlusses an jedes derselben die Thatsache, daß einem von ihnen außer der religiösen Verbindlichkeit noch der staatliche Rechtszwang zur Verfügung steht, selbst bei streng traditionalistischen Bedingungen in Staat und Wirtschaft für ihre Chancen im Konkurrenzkampf ausschlaggebend. So galten die 4 orthodoxen Rechtsschulen des Islam offiziell als gleich geduldet, und es gilt unter ihnen der Grundsatz der Personalität des Rechts so, wie etwa im fränkischen Reich für die Stammesrechte,19 auch sind sie o B: offiziellen  gerichtlich anerkannten p – p (S. 440) Auf der Rückseite der Allonge steht die Notiz Max Webers (mit Bleistift): antiformal // [freie Wählbarkeit] z[um] Richter q B: bestehender r B: legitimierter eine wirtschaftliche Notwendigkeit der Landbestellung wie ein im Interesse der Steuereinheit willkommenes Objekt fiskalischer Zugriffe gewesen (vgl. ebd., S. 220). Peisker versucht mit empirisch-statistischen Mitteln nachzuweisen, daß sich die türkische Herrschaft seit der Mitte des 15. Jahrhunderts das byzantinisch-serbische Besteuerungssystem zunutze machte und somit die Rechtskultur der Zadruga, auch die erstarkte Gewalt des Hausvorstandes, aus Steuerpolitik und Verwaltungsmisere der türkischen Herrschaft zu erklären sei (vgl. ebd., S. 227 ff.). Demgegenüber hält Milan Markovic´ an dem Zusammenhang von Wirtschaftsform und Hauskommunion als urgeschichtlicher Erscheinungsform fest (vgl. ders., Die serbische Hauskommunion (Zadru°ga). – Leipzig: Duncker & Humblot 1903, S. 47–56; anders auch Meitzen, der die Hauskommunion als „volkstümliche Verfassung der Slawen“ „seit den ältesten Erinnerungen“ ansieht (vgl. Meitzen, August, „Feldgemeinschaft“, in: HdStW3, Band 4, 1909, S. 57–71, hier S. 61 (hinfort: Meitzen, Feldgemeinschaft); vgl. ders., Ansiedlung, in: HdStW3, Band 1, 1911, S. 493–508, hier S. 504). 18 Die Widerspruch von Zadruga und ABGB, besonders auf den Gebieten des Erbund Familienrechts, wird namentlich von Ehrlich herausgestellt, dem dies als Argument für die dem staatlichen Recht entgegenstehenden „lebendigen“ Kräfte der Gesellschaft gilt (ders., Grundlegung, S. 129, 157, 403 und bes. S. 299); vgl. auch Meitzen, Feldgemeinschaft (wie oben, S. 437 f., Anm. 17), S. 61. 19 Zum Personalitätsprinzip vgl. oben, S. 363 f.; speziell bei den Franken u. a. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 259–273. Es vermeidet Normenkonkurrenz, solange die personale Zuordnung zu einem Rechtskreis eindeutig ist.

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z. B. an der Universität in Kairo alle vier vertreten. Aber der Umstand, daß bei den weltlichen Behörden und Gerichten die persönliche Rechtsconfession der osmanischen Sultane: das Hanafitentum, den Zwangsschutz genießt, hat das früher einmal ebenso privilegierte, jetzt aber dieses Schutzes entbehrende Malekitentum und vollends die beiden andern Rechtssekten trotz des Fehlens aller und jeder sonstigen Störung ihrer Existenz doch zum langsamen Absterben verurteilt. Und die Unbekümmertheit der Interessenten um die Chance des politischen Rechtszwangs gilt auch in ziemlich geringem Maß für das eigentliche „Geschäfts“-Leben, das heißt für die Contrakte des Gütermarkts. Hier vollzieht und vollzog sich vielmehr von jeher grad die Neubildung von Formen der Vergesellschaftung ganz regelmäßig so, daß die Chancens des Rechtszwangs durch die tGerichte der politischen Gewaltt sehr genau kalkuliert werdenu und der abzuschließende „Zweck-Contrakt“ ihnen angepaßt wird, namentlich auch die Erfindung neuer Contraktschemata mit Rücksicht auf diese Chancen vor sich geht. Der Bedeutungswandel des geltenden Rechts wird dann also zwar durch die Thätigkeit der einzelnen Rechtsinteressenten – oder vielmehr regelmäßig durch die Thätigkeit ihrer berufsmäßigen Berather – herbeigeführt, aber dabei ganz bewußt und rational an die Erwartungen bezüglich der Rechtsfindung angepaßt. Die älteste Art der Thätigkeit eigentlich „berufsmäßiger“ rational arbeitender „Juristen“ besteht grad in dieser Thätigkeit (dem römischen „cavere“)[.] Die Berechenbarkeita des Funktionierens der Zwangsapparate ist unter den Bedingungen sich entwickelnder Marktwirtschaft die technische Voraussetzung und eine der Triebkräfte für die Erfindungsgabe der „Cautelarjuristen“, die wir als ein selbständiges Element der Rechtsneubildung durch private Initiative überall, am entwickeltsten und kontrollierbarsten im römischen und englischen Recht,20 thätig finden.b s B: Folge  Chancen t B: staatlichen Gerichte  die Gerichte der politischen Gewalt u Fehlt in B; werden sinngemäß ergänzt. a B: Chance  Berechenbarkeit b In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz 20 Auch Ehrlich betont die Rolle juristischer Phantasie in der Arbeit der Kautelarjurisprudenz, die in ihren Urkunden ja den Fall des Rechtsstreits antizipieren muß (vgl. ders., Grundlegung, S. 198). Ähnlich wie in der römischen sieht er in der englischen Jurisprudenz das „Geschäft der Errichtung von Urkunden“ zu einer „vollendeten Kunst“ gebracht (ebd., S. 234); die Parallele zieht auch Bryce, James, Studies in Hi-

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Andererseits wird natürlich überall die Chancep n desc Rechtszwangs ihrerseitsd im stärksten Maße durch diee Tatsache der Verbreitung von fEinverständnissen und rationalenf Vereinbarungen eines bestimmten Typus gbeeinflußt. Denn nur das Singuläre pflegt unter normalen Verhältnisseng keine Garantie durch einen Zwangsapparat zu finden. Einmal universell verbreitete Gepflogenheiten und Einverständnisse hwerden dagegen von den Zwangsapparaten dauernd nur dann ignoriert, wenn bestimmteh formale Gründe oder ein Eingreifen autoritärer Gewalten sie absolut dazu nötigen, oder wenn die Organe des iRechtszwanges[,] sei es[,] weil siei durch die Macht eines ethnisch oder politisch fremden Herrschers den Beherrschten aufgezwungen oder jsei es[,] weil siej durch berufliche und sachliche Spezialisierung dem privatenk Geschäftsleben lentrückt sind, diesen fremd gegenüberstehen, wie dies namentlich unter Bedingungen weitgehender gesellschaftlicher Differenzierung der Fall sein kann. Derl gemeinte Sinn von Vereinbarungen mkann strittigm oder ihre Verbreitung eine noch prekäre nNeuerung sein. Dannn ist der „Richter“, wie wir hier a potiori den Rechtszwangsapparat nennen wollen,21 eineo zweite selbständige Instanz. pAber auch davon abgesehen drückt er keineswegs nur seinp Siegel auf die schon faktisch einverständnismäßig oder vereinbartermaßen geltenden qOrdnungen. Sondern in allen Fällen beeinflußt erq die Auslese des als Recht Überlebenden,r oft sehr sstark durch die über den Einzelfall hinauswirkenden Consequenzen einer einmal p (S. 438) – p Zur rückseitigen Beschriftung der Allonge vgl. oben, S. 438. n (S. 437) – n Fehlt in A. c n A geht voraus: Die Chance Chance in B zur Markierung des Anschlusses im Typoskript verdoppelt. d A: wird aber natürlich e In A folgt: bloße f Fehlt in A. g A: geschaffen oder gesteigert. Nur das Singuläre pflegt h A: ignorieren die Zwangsapparate nur dann, wenn i A: Rechtszwanges, weil j Fehlt in A. k A: realen l A: entrückt, diesen fremd gegenüberstehen. Dies kann der Fall sein und wir werden einige Bedingungen dafür noch kennen lernen. Es kann ferner der m A: strittig sein n A: Neuerung, und daher o A: die p A: Keineswegs immer drückt sie nur ihr q A: Ordnungen, sondern mindestens in Fällen schwankender Eindeutigkeit dieser oder von Konflikten zwischen ihnen ist er zu wählen genötigt und beeinflußt dadurch r A: überlebenden B: überlebenden, s – s (S. 441) A: stark. Wir story and Jurisprudence, Vol. 2. – Oxford: Clarendon Press 1901, Essay XV: The History of Legal Development at Rome and in England, S. 339–380, hier: S. 339–349, 357– 360. Nach Ehrlich, Grundlegung, S. 341 f., ist auch die ältere gemeinrechtliche Jurisprudenz wesentlich Urkundenjurisprudenz und hat zuletzt die Kodifikationsepoche des späten 18. und des 19. Jahrhunderts in größtem Umfang Kautelarjurisprudenz in Gesetzesform hervorgebracht. 21 Vgl. oben, S. 209.

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getroffenen Entscheidung. Wir werden zwar bald sehen,22 daß die Quelle „richterlicher“s Entscheidungen zunächst entweder gar nicht oder doch nur für gewisse formale Vorfragen durch generelle Normen t– „Entscheidungsnormen“23 –t irgendwelcher Art gebildet wirda, welche er auf den konkreten Fall „anwenden“ könnte. Sondern gerade umgekehrt: indem der Richter in einem konkreten Fall aus noch so konkreten Gründen die Zwangsgarantie eintreten läßt, schafft er bunter Umständen die cempirische Geltungc einer generellen Norm als „objektives Recht“, weil seine Maxime über diesen Einzelfall hinausb Bedeutung gewinnt.24 dAuch dies ist keineswegs etwas Urwüchsiges oder Allgemeines. Es fehlt ganz bei der urwüchsigen Entscheidung durch magische Mittel der Rechtsoffenbarung[.] Aber in aller noch nicht formaljuristisch rationalisierten Rechtsfindung, auch wo sie das Stadium des Gottesurteils verlassen hat[,] wirkt zunächst sehr stark die Irrationalitäte des Einzelfalls. Weder wird eine generelle „Rechtsnorm“ auf ihn angewendet, noch gilt die Maxime der konkreten Entscheidung – soweit eine solche überhaupt vorhanden ist und bewußt wird – als eine, nachdem sie einmal „erkannt“ ist, auch für künftige „Erkenntnisse“ maßgebende Norm.f Muhammed widerruft in den Suren mehrfach die früher gegebenen Anweisungen, obwohl diese doch göttlichen Ursprungs waren,25 und auch Jahweh „gereut“ seine werden bald sehen, daß hier unter Richter zunächst nicht etwa ein Beamter oder dergleichen zu verstehen ist und daß die Quelle seiner t Fehlt in A. a A: werden b – b A: generelle Normen, objektives Recht also, welches nicht nur für diesen Einzelfall c B: Geltung  empirische Geltung d – d (S. 443) Fehlt in A. e In B geht voraus:  Tendenz¯  Überzeugung¯ f In B folgt:  Dennoch wirkt sie in gewissem Umfang fast stets in dieser Richtung. Dabei spielt,¯ 22 Siehe unten, S. 445 ff. 23 Weber greift insoweit offensichtlich die Terminologie von Ehrlich auf. Dieser unterscheidet zwischen den handlungsleitenden allgemeinen Rechtsnormen und denjenigen Normen, die über die Beachtung dieser allgemeinen Regeln des Handelns befinden – die „Entscheidungsnormen“ (ders., Grundlegung, S. 97–100). Nur bezweifelt Weber, wie er im folgenden weiter ausführt, daß in einfachen Rechten oder auch in der Laienjustiz die Entscheidungsmaximen zu „Normen“ generalisiert seien. 24 Ehrlich faßt diesen Sachverhalt geradezu als „Gesetz der Stetigkeit der Entscheidungsnormen“, ein Gesetz, das aus Gründen der psychologischen Konsistenz, der Denkökonomie und der Erwartungen von Berechenbarkeit zu einer zeitlich-räumlichen Generalisierung von Entscheidungsnormen führe (ders., Grundlegung, S. 106 f.). 25 Solche Änderungen werden als göttliche „Besserungen“ eingeführt, wie Sure 2, 106: „Wenn wir einen Vers (aus dem Wortlaut der Offenbarung) tilgen oder in Vergessenheit geraten lassen, bringen wir (dafür) einen besseren oder einen, der ihm gleich ist.“ Oder sie sollen satanische Interpolationen beseitigen, wie Sure 22, 52: „Und wir

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Entschlüsse. Auch in bezug auf Rechtsentscheidungen kommt dies vor[.] Ein Orakel Jahwehs ordnet das Töchtererbrecht (Num. 27). Aber auf Remonstration der Interessenten wird dies Orakel korrigiert (Num. 36)[.]26 Hier sind also sogar Weistümer über generelle Regeln labil. Wo vollends der Einzelfall durch Loos (Urim und Tummim bei den Juden) oder Zweikampf oder andre Gottesurteile oder konkretes Orakel entschieden wird, da ist von „Regelhaftigkeit“ der Entscheidung weder im Sinne von Regelanwendung noch von Regelschaffung die Rede. Aber auch die Rechtssprüche von Laienrichtern entwickeln sich recht schwer und spät zu der Vorstellung, daß dies Urteil eine „Norm“ über den einzelnen Fall hinaus bedeute, wie z. B. Wladimirski-Budanow’s Untersuchungen zeigen.27 Denn die Entscheidung ergeht, je mehr sie eine Angelegenheit von „Laien“ ist, desto weniger „ohne“, desto mehr vielmehr „mit Ansehen der Person“ und der ganz konkreten Lage der Sache[.] Ein gewisses Maß von Stabilität und Stereotypierung zu Normen tritt immerhin ganz unvermeidlich ein, sobald die Entscheidung Gegenstand irgend einer Diskussion wird oder rationale Gründe dafür gesucht oder vorausgesetzt werden, also mit jeder Abschwächung desg ursprünglichen rein irrationalen Orakelcharakters. Allerdings wirkt, wie wir sehen werden,28 zunächst innerhalb gewisser Grenzen grade auch der magische Charakter desh g B: des  , wie wir sehen w¯

h In B folgt:  Prozesses:¯

haben vor dir keinen Gesandten oder Propheten (zu irgendeinem Volk) geschickt, ohne daß ihm, wenn er etwas wünschte der Satan (von sich aus etwas) in seinen Wunsch unterschoben (oder: eingegeben) hätte. Aber Gott tilgt dann (jedesmal), was der Satan (dem Gesandten oder Propheten) unterschiebt.“ 26 Num. 27, 8; 11: „Sag zu den Israeliten: Wenn jemand ohne Söhne stirbt, dann übertragt seinen Erbbesitz auf seine Tochter! [. . .] Das wurde für die Israeliten geltendes Recht, wie der Herr es Mose befohlen hatte.“ Auf die Einrede, daß mit dem Töchtererbrecht auch die von Jahwe garantierten Grundbesitzverhältnisse zwischen den Stämmen durch Einheirat in Nachbarstämme gefährdet würden, folgt die Korrektur, Num. 36, 8: „Jede Tochter, die Anspruch auf Erbbesitz in einem israelitischen Stamm hat, muß einen Mann aus einer Sippe ihres väterlichen Stammes heiraten, damit bei den Israeliten jeder im Erbbesitz seiner Väter bleibt.“ 27 Als Substrat dieser Untersuchungen u. a. Wladjimjirski-Budanoff, [Michael Fl.], Geschichte des russischen Rechts. Rechtsquellen (übersetzt von [Friedrich] Neubekker), in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 14, 1900, S. 219–293. Weber bezieht sich wohl auf die noch bis 1917 bestehenden und gesetzlich nur spärlich geregelten Gemeindegerichte, deren Streiterledigung nur wenige generelle Normen („Rechtssätze“) produziert hat; vgl. dazu auch Ehrlich, Grundlegung, S. 113. 28 Siehe unten, S. 447– 453, zum formalen Prozeß- und Beweisrecht in der frühen Rechtsentwicklung.

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Beweisrechts der Frühzeit: die Notwendigkeit „richtiger“ Formulierung der zu stellenden Frage[,] mit. Zum andern Teil aber die Natur der Sache.d Denn ioffenbar ist es für einen Richter, dem eine bestimmte Maxime einmal bewußt und erkennbar als Entscheidungsnorm gedient hat, sehr erschwert, ofti fast unmöglich, in anderen gleichartigen Fällen die jin jenem Fall gewährte Zwangsgarantie zu versagen, ohne sich dem Verdacht der Befangenheit auszusetzen. Auch für andere Richter nach ihm gilt das Gleiche, und zwar je ungebrochener im allgemeinen die „Tradition“ das Leben beherrscht, desto mehr.j Denn gerade dann erscheint naturgemäß jedek getroffene Entscheidung, einerlei wie sie zustande kam, lals Ausfluß, alsol entweder als Ausdruck oder als Bestandteil mder allein, also dauernd, richtigen Tradition, und wird so ein Schema, welches dauernde Geltung zum mindesten prätendiert. In diesem Sinn ist der subjektive Glaube, nur nschon geltenden Normen anzuwenden, in der That urwüchsig für jede dem prophetischen Zeitalter entwachsene Rechtsfindung und durchaus nichts „Modernes“. Das Typischwerden bestimmter Einverständnisse und vor Allem: zweckrationaler Vereinbarungen, welche das Handeln der Einzelnen zunehmend bewußt schafft,m indem sie ihre Interessensphären ogegeneinander, unter Mithilfe des geschulten „Anwalts“, abgrenzen,o und die „Präjudizien“ der „Richter“ sind also primäre Quellen der Rechtsnormbildung.p So ist in Wirklichkeit z. B. qdie breite Masse des englischen Common Law entstanden. q rDie weitgehende Mitwirkung rechtserfahreneners und geschulter, in zunehmendem Umfang „berufsmäßig“ sich diesem Zweck widmender Experten als Anwälte und Richter stempeln die Masse des auf diesem Wege entstehenden Rechts zum „Juristend (S. 441) – d Fehlt in A. i – i A: mindestens ist es nun für ihn sehr erschwert und j – j A: Zwangsgarantie zu versagen, auch für andere Richter nach ihm, und zwar je ungebrochener im allgemeinen die Tradition herrscht, desto schwieriger. k A: die l Fehlt in A. m – m A: richtiger Tradition. Die einmal getroffene Entscheidung wird also ein Schema, welches Geltung als Traditionsnorm zum mindesten prätendiert. Das Zusammentreffen bestimmter Einverständnisse, welche das Handeln der Einzelnen geschaffen hat, n B: bestehende  schon geltende o A: gegeneinander abgrenzen, p A: Normbildung. q – q A: das englische Common Law entstanden. In A folgt: Wir wollen zunächst bei diesen beiden Quellen von neuem Recht stehen bleiben. Der Grad der faktischen Gebundenheit an dieses Präjudizienrecht ist dabei sehr verschieden. Denn keineswegs jede einmal getroffene Entscheidung gewinnt unbedingte Bedeutung für andere Fälle. r – r (S. 445) Fehlt in A. s B: erfahrene  rechtserfahrenener

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recht“29. Die Mitwirkung rein „gefühlsmäßiger“ Determinanten: des sogenannten „Billigkeitsgefühls“, bei der Rechtsbildung ist damit keineswegs geleugnet. Aber die Beobachtung lehrt, wie außerordentlich labil das „Rechtsgefühl“ funktioniert, soweit ihm nicht das feste Pragma einer äußeren oder inneren Interessenlage die Bahnen weist.30 Es ist, wie man noch heute leicht erfahren kann, jäher Umschläge fähig, und nur wenige sehr allgemeine und inhaltsleere Maximen sind ihm universell eigen: grade die Besonderheiten „nationaler“ Rechtsentwicklungen dagegen lassen sich aus einer Verschiedenheit des Funktionierens „gefühlsmäßiger“ Quellen, so viel bisher bekannt, nirgends ableiten.31 Stark emotional, ist grade das „Gefühl“ sehr wenig geeignet, stabil sich behauptende Normen zu stützen,a sondern vielmehr eine der verschiedenen Quellen irrationaler Rechtsfindung. Nur so kann vielmehr die Frage gestellt werden: inwiefern „volkstümliche“, d. h. unter den Rechtsinteressenten verbreitete Anschauungen sich im Gegensatze a B: erzeugen, > stützen, 29 Zum „Juristenrecht“ als Gegenstück zu dem im „Volksleben“ und nur dort wurzelnden und zu beobachtenden „Volksrecht“ vgl. Beseler, Georg, Volksrecht und Juristenrecht. – Leipzig: Weidmann 1848, hier S. 299–327, bes. 308–315 (hinfort: Beseler, Volksrecht); auch Ehrlich, Grundlegung, Kap. XV: Das Werk der Jurisprudenz, S. 275– 294. Gegen die privilegierte Rolle der Juristen bei der Erkenntnis des vermeintlichen Volksrechts in Savignys und Puchtas Rechtsentwicklungskonzeption setzt Beseler die Geltung eines wirklichen Volksrechts (vgl. bes. ebd., S. 58–80). 30 Die Bedeutung eines „Billigkeits-“ und „Rechtsgefühls“ für die Rechtsfindung ist in der zeitgenössischen Methodenlehre umstritten; vgl. dazu Rumpf, Gesetz und Richter (wie oben, S. 75, Anm. 13), S. 29–38, bes. 35 f., sowie S. 113–120, bes. 117 f. Von der juridischen Romantik bis zu Versuchen, das Rechtsgefühl „wissenschaftlich“, mit den Mitteln der Psychologie, zu erfassen, reicht sein juristisches Rezeptionsfeld. Letzteres namentlich bei Gustav Rümelin, der – im Unterschied zu Weber – gerade eine spezifische, Konsistenz befördernde Logik des „Rechtsgefühls“ behauptet, welches aus einem „sittlichen Ordnungstrieb“ hergeleitet wird (ders., Rechtsgefühl (wie oben, S. 75, Anm. 14), S. 48–67, bes. 54 ff.). – Eine ausschlaggebende Rolle spielt das richterliche „Billigkeitsgefühl“ vor allem in der Programmatik der freirechtlichen Jurisprudenz. 31 Dies bezieht sich wohl auf die Vorstellungen in der Tradition der historischen Rechtsschule, nach der Unterschiede nationaler Rechtsentwicklungen zwar nicht unmittelbar auf Differenzen der Gefühlkulturen, aber auf Ausprägungen des Volksgeistes zurückgeführt werden, der die nationalen Besonderheiten der objektiven Kultur, also auch der Rechtskultur, hervorbringen soll. „Durch dieses gemeinsame Rechtsbewußtseyn“, sagt Puchta, Cursus (wie oben, S. 25, Anm. 29), S. 24, „wie durch eine gemeinsame Sprache, und durch eine gemeinsame Religion, wenn diese eine natürliche ist, sind die Glieder eines Volks verbunden, einer auf leiblicher und geistiger Verwandtschaft beruhenden, über die Innigkeit des Familienbandes hinaus sich erstreckenden, durch eine Scheidung der Menschheit entstandenen Vereinigung.“

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zum „Juristenrecht“ der ständig mit der Contraktserfindungb und Rechtsfindung befaßten Rechtspraktiker („Anwälte“ und „Richter“) durchzusetzen vermögen. Das eben ist eine je nach der Art des Hergangs der Rechtsfindung, wie wir sehen werden,32 verschieden sich lösende Frage.r 앚 cAußer durch den Einfluß und (meist) das Zusammenwirken dieser verschiedenen Faktoren: durch deine um die Chance des Rechtszwangs zunächst ganz unbekümmerte Neuorientierung des Gemeinschaftshandelns vond Rechtsinteressenten, welches dann die Rechtsfindunge vor neue Situationen stellt, durch die an der Chance des Funktionierens der Rechtsfindung und der Zwangsapparate sich orientierende Thätigkeit (Rechtserfindung) der berufsmäßigen Parteiberather (Anwälte), durch die Consequenzen der Entscheidungen (Präjudizien) der Rechtsfindung (Richter), kann aber die Neubildung von Rechtsregeln auch durch spontane Oktroyierung von solchen (Rechtsschöpfung) erfolgen. Freilich geschieht diese zunächst in sehr andren Formen[,] als wir sie heute gewohnt sind. Denn überall fehlt ursprünglich der Gedanke: daß man fRegeln für das Handelnf, welche den Charakter von „Recht“ besitzen, also durch „Rechtszwang“ garantiert sind, gals Normen absichtlichg schaffen könne, vollständig. Es fehlt den Rechtsentscheidungen zunächst, wie wir sahen,h 33 der Begriff der „Norm“ überhaupt. Sie geben sich durchaus nicht als „Anwendung“ feststehender „Regeln“, wie wir das heute für die Urteile als selbstverständlich ansehen.c Woi jaber die Vorstellung von für das Handeln „geltenden“ und für die Streit-Entscheidung verbindlichenk Normen conzipiert ist, werden diese vielmehrj zunächst nicht b B: Rechtserfindung > Contraktserfindung r (S. 443) – r Fehlt in A. c – c Fehlt in A. d B: die Initiative des > das um die Chance des Rechtszwangs zunächst ganz unbekümmerte Handeln der > eine um die Chance des Rechtszwangs zunächst ganz unbekümmerte Neuorientierung des Gemeinschaftshandelns von e B: Zwangsapparate > Rechtsfindung f B: „Normen“ > Regeln für das Handeln g B: künstlich > als Normen absichtlich h B: sehen werden, > sahen, i In B steht am oberen Rand, unterhalb einer am oberen Blattrand angeklebten Allonge, die gestrichene Überschrift: 〈§ [Spatium] iaDie primitive Rechtspflegeia〉 ia B: Das primitive Recht > Die primitive Rechtspflege Am linken Rand steht über der Überschrift die Satzanweisung Max Webers: 〈Absatz〉 j – j A: immer man von der empirischen Geltung sozialer Ordnungen sprechen kann, gelten diese k B: bindenden > verbindlichen 32 Siehe unten, S. 464 – 473, zur „charismatischen“ und „dinggenossenschaftlichen“ Rechtsfindung. 33 Siehe oben, S. 441 – 443.

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als Produkte oder auch nur als möglicher Gegenstand lmenschlicher Satzungen aufgefaßt.l Sondern ihre „legitime“ Existenz beruht entweder auf der absoluten Heiligkeit bestimmter Gepflogenheitenm als solcher, nvon denen abzuweichenn bösen Zauber oder die Unruhe der Geister oder den Zorn der Götter hervorrufen kann. Sie ogelten als „Tradition“ wenigstens theoretisch als unabänderlich. Sie müssen erkannt und richtig, den Gepflogenheiten entsprechend, interpretierto werden, aber man kann sie nicht schaffen. pSieq zu interpretieren fällt denen zu, welche sier am längsten kennen, also den physisch „ältesten Leuten“ oder den Sippenältesten, oder – und besonders oft – den Zauberern und Priestern[,] weil sie allein kraft ihrer fachmäßigen Kenntnis der magischen Kräfte bestimmte Regeln: Kunstregeln für den Verkehr mit den übersinnlichen Mächten, kennen und kennen müssen. Trotzdem nun entstehen Normen auch bewußt als oktroyierte neue Regeln. Dies aber kann geschehen nurp auf dem hierfür ausschließlich möglichen Wege einer sneuen 앚 charismatischen Offenbarung[.] Entweder der Offenbarung einer nur individuellen Entscheidung, was im konkreten Einzelfall Rechtens sei. Das ist das Ursprüngliche. Oder auch einer generellen Norm, wass künftig in allen ähnlichen Fällen zu geschehen habe. aDie Rechtsoffenbarungb in diesen Formen ist das urwüchsigea revolutionierende Element gegenüber der Stabilität der cTradition und die Mutter aller „Satzung“ des Rechts. Die Eingebung neuer Normen kann den charismatisch Qualifizierten wirklich oder wenigstens scheinbar ganz unvermittelt durch konkrete Anlässe, insbesondere also ohne alle Änderung der äußeren Bedingungen[,] kommen. Derartiges hat sich thatsächlich oft ereignet. Die Regel aber ist, daß, wenn Verschiebungen der ökonomischen l A: menschlicher zweckrationaler Satzungen. m A: Traditionen n A: deren Verletzung o A: sind unabänderlich, müssen erkannt und interpretiert, also richtig angewendet p – p A: Die Interpretation der Tradition fällt naturgemäß denen zu, welche sie am längsten kennen, entweder also den Sippenältesten oder den Zauberern und Priestern kraft ihrer Beziehungen zu den übersinnlichen Mächten. Oder aber die Normen entstehen neu q B: 〈Das Gewohnheitsrecht, dessen Mutter〉 Sieqa 〈sind,〉 qa B: sie > Sie r B: es s A: charismatischen Offenbarung darüber: was im konkreten Einzelfall oder a – a A: Diese Offenbarung ist das b B: Offenbarung also > Rechtsoffenbarung c – c (S. 447) A: Tradition. Sie kann den charismatisch Qualifizierten wirklich oder scheinbar unvermittelt durch konkrete Anlässe kommen. Die Regel aber ist, daß Verschiebungen der ökonomischen Bedingungen neue Regeln für bisher nicht geordnete Probleme fordern und man sie künstlich herbeiführt

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oder sonstigen Lebensbedingungen neue Normen für bisher nicht geordnete Probleme fordern, man sie künstlich sich verschafftc durch Zaubermittel der verschiedenen möglichen dArt. Normaler Träger dieser primitiven Form einerd Anpassung von Ordnungen an neu entstandene Situationene ist der Zauberer oder der Priester eines Orakelgottes oder ein Prophet. Der Übergang von der Interpretation der altenf Tradition zur Offenbarung neuer Ordnungen ist gdabei natürlichg flüssig. Denn auch für jeneh gibt es, sobald die Weisheit der Ältesten oder Priester versagt, nur den gleichen iWeg. Der gleiche Weg aber ist auch im Rechtsgangi für die Tatsachenfeststellung, wo diese streitig ist, unentbehrlich.j kUns interessieren nun hier die Consequenzen dieser Wegel der Rechtserfindung, Rechtsfindung und Rechtsschöpfung für die formalen Qualitäten des Rechts. Die Folge desk Hineinragens der Magie in alle Schlichtung von Streitigkeiten und in alle Schaffung neuer Normen ist mder allem primitivenm Rechtsgang eigentümliche streng formale Charakter. nDenn nurn auf die formal richtig gestellte Frage geben ja die Zaubermittel die richtige Antwort. oUnd man kann nicht jede beliebige Frage nach Recht oder Unrecht jedem beliebigen Zaubermittel unterwerfen, sondern für jede Art von Rechtsfrage giebt es spezifische Mittel. Daher zunächst der aller urwüchsigen und dabei doch zu fester Regelung gelangten Justiz gemeinsame Grundsatz: daß jeder kleinste Fehler in der von der Partei zu vollziehenden Aussprache der irgend einen Prozeßakt begründenden feierlichen Formeln den Verlust des betreffenden Rechtsmittels, eventuell des ganzen Prozesses, zur Folge hat. Er gehört den römischen Legisaktionenp ebenso wie dem frühmittelalterlichen Recht an.q 34 Der Prozeß aber war, sahen d A: Art: die universellen primitiven Wege zur e A: Situationen. Normaler Träger f Fehlt in A. g Fehlt in A. h A: die Interpretation i A: Weg und vor allem ist dieser auch j In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz. k – k A: Die Folge dieses l B: Formen > Wege m A: nun der allem primitiven Recht und n A: Nur o – o (S. 448) Fehlt in A. p B: Legisaktionen, q In B folgt: 〈und〉 Ebenso 〈den〉 34 Zu den Konsequenzen der Formbindung bzw. des Formalismus im römischen, germanischen und germanisch beeinflußten (französischen, englischen) Privat- und Prozeßrecht vgl. z. B. Ihering, Römisches Recht II, 2, S. 470–674, hier S. 470–472, 518–520; Brunner, Heinrich, Zeugen und Inquisitionsbeweis der karolingischen Zeit, in: ders., Forschungen, S. 88–247, hier S. 88 (hinfort: Brunner, Inquisitionsbeweis); Brunner, Heinrich, Wort und Form im altfranzösischen Prozeß, in: ders., Forschungen, S. 260–389, hier S. 260 (hinfort: Brunner, Wort und Form).

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wir,35 das älteste „Rechtsgeschäft“36 (weil er auf einem Contrakt – Sühnevertrag – beruht)r. Daher besteht dass entsprechende Prinzip in den int feierlicher Form vollzogenen privaten Rechtsgeschäftena des strengen Rechts37 in Rom wie im frühen Mittelalter: sie sind nichtig, falls die geringste Abweichung von der (magisch) wirksamen Formel vorfällt. Vor allem aber steht am Anbeginn des Rechtsformalismus im Prozeß das formal gebundene Beweisrecht. Einen prozessualen „Beweis“ im heutigen Sinn reglementiert dasselbe überhaupt nicht. Man bringt nichtb Beweismittel vor, durch welche eine „Thatsache“ als „wahr“ oder „falsch“ erwiesen werden soll. Sondern es handelt sich darum: welche Partei und in welchen Formen sie die Frage über ihr Recht an die magischen Gewalten soll stellen dürfen oder müssen.o Demc formalen Charakter der Prozedur dselbst steht alsod der durchaus irrationale Charakter der Entscheidungsmittel gegenüber. eUnd auch das in den Wahrsprüchen sich realisierende „objektive Recht“ ist daher, soweit nicht ganz strenge Traditionsnormen allgemein anerkannt sind, durchaus flüssig und biegsam.e Es fehlen alle logisch rationalen Begründungen der fkonkreten Entscheidung. Diesf auch da, wo nicht ein Gott oder ein magischesg Beweismittel, sondern der Wahrspruch eines hcharismatisch qualifizierten Weisen oder, später, eines traditionskundigen Alten oder eines Sippen-Ältestenh oder gewählteni Schiedsrichters oder jeines ein für alle Mal gewählten Rechtsweisers (Gesetzessprechers) oder eines vom politischen Herrnj oktroyierten Richters entscheidet.38 kDenn ein solcher Wahrspruch könnte r Schließende Klammer fehlt in B. s In B steht das doppelt. t Fehlt in B; in sinngemäß ergänzt. a B: Kontrakten > Rechtsgeschäften b In B folgt: 〈rationale〉 o (S. 447) – o Fehlt in A. c A: Diesem d A: steht aber e Fehlt in A. f A: Entscheidung, g A: irrationales h A: Ältesten i Fehlt in A. j Fehlt in A. k – k (S. 451) Fehlt in A. 35 Siehe oben, S. 314, 327 f. 36 Zur Entwicklungsgeschichte des „Rechtsgeschäfts“ vgl. oben, S. 314 ff., S. 326 ff. 37 Von „strengem Recht“, ius strictum, wird insbesondere in der romanistischen Forschung mit Bezug auf das zeitlich frühe, formgebundene Recht im Gegensatz zu einem evolutionär nachfolgend angesetzten formfreieren Recht gesprochen, das den fortgeschrittenen Verkehrsverhältnissen besser angepaßt sei (fürstliches oder magistratisches „Amtsrecht“; in Rom: ius honorarium; ius praetorium). 38 Zu diesen Typen von Rechtshonoratioren vgl. für die germanisch-deutsche Rechtsgeschichte z. B. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 150–154; weiterhin unten, S. 459 – 465.

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immer nur entweder dahin lauten: so ist es immer gehalten worden, oder: so hat der Gott befohlen es diesmal, oder: es jetzt und in Zukunft bei solchen Fällen zu halten. Und ganz ähnlich steht es auch mit der bekannten großen Neuerung König Hein앚richs II[.] von England: der Quelle der Jury im Zivilprozeß. Die „assisa novae disseisinae“,39 welche durch königlichen „writ“40 auf Anrufung der Partei gewährt wird, bedeutet den Ersatz der Entscheidung von Grundbesitzklagen durch die alten magisch-irrationalenl Beweismittel: Eideshilfe und Zweikampf insbesondere, durch die Befragung mvon 12 vereidigten Nachbarnm über den Besitzstand. Indem die Parteien späterhin für alle möglichen Streitigkeiten sich freiwillig (faktisch aber bald: gezwungen) darauf einigten, statt der Extraktion der assisa und des alten irrationalen Verfahrens sich einem Spruch von 12 Geschworenen zu unterwerfen, wurde daraus die „jury“.41 Sie tritt also gewissermaßen an Stelle der Befragung des Orakelsn und giebt so wenig wie dieses rationale Gründe ihrer Entscheidung an. Zwischen dem leitenden „Richter“ und dero jury teilt sich die Erledigungp des Verfahrensq. Daß die populäre l Bindestrich fehlt in B. m B: von 〈Sippen- [oder]〉 12 〈„Nachbarn“〉 vereidigten Nachbarn n In B folgt: 〈oder 〈Or〉 der alten beamteten Gesetzessprecher des Nordens oder der〉 o Fehlt in B; der sinngemäß ergänzt. p B: Entscheidung > Erledigung q B: Rechtsstreits > Verfahrens 39 Es handelt sich dabei um eine neuartige Besitzklage, die im Zuge der Prozeßreformen durch die Assize of Clarendon (1166) dem in seinem Besitzrecht gestörten Pächter gegen den Rechtsverletzer, gegebenenfalls den Eigentümer (auch den König), und gegen jeden Dritten offenstand, der sich seinerseits in fehlerhafter Weise oder nachdem der Streit um die Immobilie gerichtsanhängig war in deren Besitz gebracht hatte. Zweck der Klage war die Wiedereinsetzung in den rechtmäßigen Besitz („possession“ oder „seisin“). Tatsächlich fand die „assize of novel disseisin“ im Jahre 1217 Eingang in die Magna Carta; vgl. Pollock/Maitland, English Law I, S. 145 f.; zur Formulierung in der Charta: ebd., S. 146, Anm. 3; dies., English Law II, S. 47–56; Text der Assize of Clarendon in: Stubbs, William (ed.), Select Charters and Other Illustrations of English Constitutional History from the Earliest Times to the Reign of Edward the First, 9. ed., rev. throughout by H. W. C. Davis. – Oxford: Clarendon Press 1913, S. 170–173. 40 Zum „Writprozeß“ vgl. oben, S. 300 mit Anm. 73. 41 Die verschiedenen in Frage kommenden Assisen sind klassifiziert bei Pollock/Maitland, English Law I, S. 149, wo auch der subtile Mechanismus beschrieben ist, der die streitenden Parteien zur Akzeptierung der Juryentscheidung nötigt: „The principle from which it [der Jury-Prozeß, Hg.] starts is simply this, that if in any action the litigants by their pleadings come to an issue of fact, they may agree to be bound by the verdict of a jury and will be bound accordingly. In course of time the judges will in effect drive litigants into such agreements by saying, ‘You must accept your opponent’s offer of a jury or you will loose your cause’; but in theory the jury only comes in after both parties have consented to accept its verdict.“

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Ansicht: die Geschworenen hätten dabei die „Thatfrage“, der Richter die „Rechtsfrage“ zu erledigen, irrig ist, steht fest.42 Was die Rechtspraktikerr an der jury (grade in Zivilsachen) schätzen, ist vielmehr: daß sie auch gewisse konkrete Rechtsfragen entscheidet, ohne daß daraus aber ein künftige Urteile sin andren Sachen bindendess „Präjudiz“ entsteht,43 also dert irrationale Charakter ihrer Entscheidungen über Rechtsfragen. Im englischen Recht beruht auf dieser Bedeutung der Civiljury die sehr allmälige Entwicklung mancher praktisch längst geltenden Regeln zur aDignität von rechtlich „geltenden“ Normena. Je nachdem nämlich der Richter Bestandteile des Wahrspruchs, welche, als ungeschieden von der Thatfrage[,] in ihrer Unerkennbarkeit vorhanden, aus diesem Incognito heraushob und zu Prinzipien des Urteils stempelte, wurden sie Bestandteile geltenden Rechts. Ein großer Teil des geltenden Handelsrechts ist so durch die Richterthätigkeit Lord Mansfield’s präjudiziell formuliert und dadurch mit der Dignität eines Rechtssatzes ausgestattet worden, während man sich vorher auf das konkrete „Rechtsgefühl“ der Jury verlassen hatte, welche bdie betreffenden Rechtsproblemeb gleichzeitig mit der Thatfrage erledigte und, wenn sie erfahrene Geschäftsleute enthielt, auch ganz sachgemäß erledigen konnte.44 Im römischen Rechtsleben beruhte eben hierauf: auf der Beratung der Civilgeschworenen, die schöpferische Thätigkeit der respondierenden Juristen. Mit dem Unterschied, r B: Rechtsinteressenten > Rechtspraktiker s B: beeinflussendes > in andren Sachen bindendes t In B folgt: 〈„Kadijustizcharakter“ ihrer [??]〉 a B: Dignität „geltender“ Rechtssätze > Dignität von rechtlich „geltenden“ Normen b B: die Probleme > die betreffenden Rechtsprobleme 42 Diese verbreitete These einer geteilten Zuständigkeit für Tat- und Rechtsfragen vertreten z. B. Heymann, Überblick, S. 289, und Ehrlich, Grundlegung, S. 221, 283– 285. Anders dagegen Pollock/Maitland, English Law I, S. 138: „The essence of the jury [. . .] seems to be this: a body of neighbours is summoned by some public officer to give upon oath a true answer to some question. That question may take many different forms: it may or it may not be one which has arisen in the course of litigation; it may be a question of fact or a question of law, or again what we should now-a-days call a question of mixed fact and law.“ So bereits Brunner, Heinrich, Die Entstehung der Schwurgerichte. – Berlin: Weidmann 1871, S. 21. 43 Ehrlich, Grundlegung, S. 283 f., hebt – allerdings aufgrund der von ihm prinzipiell angenommenen geteilten Zuständigkeit für Tat- und Rechtsfragen (vgl. oben, Anm. 42) – diesen Vorzug der Jury ausdrücklich hervor. 44 Auf diese Ausdifferenzierung der Rechtsprinzipien aus einer ungeschiedenen Gemengelage von Tat- und Rechtsfragen stellen auch Ehrlich, Grundlegung, S. 285, und Heymann, Überblick, S. 298, ab.

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daß hier die Analyse der Rechtsfrage eben durch eine selbständige rechtskundige Instanz außerhalb des Gerichts erledigt wurde und daher die Tendenz zur Abwälzung der Arbeit von Geschworenen auf den Respondenten hier ebenso die Ausmünzung von „Gefühls“Maximenc zu rationalen Rechtssätzen beförderte[,] wie im englischen Verfahren die Versuchung, die Arbeit vom vorsitzenden Richter auf die jury abzuwälzen, den umgekehrten Effekt haben konnte und vielfach hatte. In der Form der jury ragt also die urwüchsiged Irrationalität der Entscheidungsmittel und dadurch auch des „geltenden Rechts“ selbst im englischen Prozeß bis in die Gegenwart hinein. – Auch soweit aber sich typische „Thatbestände“, welche nach typischen Regeln beurteilt werden, aus dem Zusammenwirken der privaten Geschäftspraxis und der Präjudizien des „Richters“ entwickelt haben, tragen diese nicht den rationalen Charakter eines von dem modernen Rechtsdenken herauspräparierten „Rechtssatzes“ an sich.e k Durchaus anschaulich, nach hand앚greiflichen Merkmalen, nicht aber nach dem fdurch Rechtslogik zu erschließenden Sinngehalt, werden dabeif die rechtlich relevanten Tatbestände von einander geschieden, gstets nurg unter dem Gesichtspunkt: welche Frage und welcher Weg der Befragung der Götter oder der charismatischen Instanzen in jedem der Fälle zulässig sein solle und welcher von den interessierten Parteien das Recht und die Pflicht zukomme, das betreffende Beweismittel zur Anwendung zu bringen. hDer primitive Rechtsgang mündet daher, wo er streng formal und consequent entwickelt ist, in ein „bedingtes Beweisurteil“45 aus, entsprechend am meisten den Fällen, wo heut auf einen Parteieid erkannt wird.46 c B: „Gefühls“-Justiz > „Gefühls“-Maximen d B: alte > urwüchsige e In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz Sodann zur Markierung des Textanschlusses im Typoskript: Durchaus . . . k (S. 448) – k Fehlt in A. f A: Sinngehalt, werden g A: durchweg h – h (S. 452) Fehlt in A. 45 Unter der für den altdeutschen Rechtsgang typischen Verhandlungsmaxime obliegt es den im „Beweisurteil“ benannten Zeugen nach strengen Formen zum Beweisthema Zeugnis abzulegen; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 180 f.; ders., Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 362–369, sowie ders., Inquisitionsbeweis (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 89 f.; vgl. dazu weiter unten, S. 514 f. 46 Noch die RZPO vom 30. Jan. 1877 sieht den von der Partei beantragten (§§ 445– 474) bzw. durch das Gericht auferlegten Eid (§§ 475–477) sowie entsprechend das durch die Eidesleistung bedingte richterliche Urteil (§§ 460, 477) vor. Erst mit dem Änderungsgesetz vom 27. Okt. 1933 (RGBl. I, S. 780) tritt an die Stelle des „Beweises

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Es wird einer von beiden Parteien ein bestimmter Beweis als Pflicht (iund: Recht) zugesprochen und daran als Rechtsfolge (ausdrücklich oder stillschweigend) der Gewinn oder Verlust der Sache geknüpft. Sowohl das prätorische Formularverfahren in Rom wie der 앚 englische jwrit-Prozeß mit juryj knüpfen mit ihrer Zweiteilung des Verfahrens (obwohl sie sonst technisch verschieden ist) an diese Grundlage an.47 Die Frage: was eigentlich für eine Frage an die magischen Instanzen zu richten ist, ist daher der erste Weg der Bildung von technischen „Rechtsbegriffen“.h kWeder aber werden dabeik Tatfrage und Rechtsfrage geschieden, noch objektive Normen und subjektiver, durch sie gewährter „Anspruch“ des einzelnen, noch der Anspruch auf Erfüllung einer Verbindlichkeit von dem Verlangen nach Rache wegen eines lDelikts –m denn schlechthin Alles, was einen Grund zur Klage geben kann, ist ursprünglich Delikt –[,]l noch öffentliche von privaten Rechten, noch Rechtsschöpfung von Rechtsanwendung, noch nauch immer – trotz dem, was darüber früher gesagt worden ist48 –n „Recht“ im Sinne einer den einzelnen oInteressenten „Ansprüche“o zuweisenden Norm von „Verwaltung“ im Sinn prein technischer Anordnungen, als deren „Reflex“ den Einzelnen bestimmte Chancen zufließen. Alle diesep Unterscheidungen finden sich zwar q– wie es nicht anders sein kann – sozusagen „latent“ undq in Ansätzen. Aber wesentlich so, daß die verschiedene Art der Zwangsmittel und eventuellr die Verschiedenheit der zwingenden Instanzen ssich, von uns aus gesehen,s bis zu einem gewissen, sehr verschieden hohen Grade mit einigen tvon ihnent deckt. So entspricht u– wie wir schon sahen49 –u in einem begrenzten Sinn die religiöse Lynchjustiz der durch die Tat eines Genossen von magischen Übeln bedrohten Gemeinschaft i Öffnende Klammer fehlt in B. j B: jury-Prozeß > writ-Prozeß mit jury h (S. 451) – h Fehlt in A. k A: Weder werden l – l A: Delikts, m B: Delikts, n Fehlt in A. o A: Ansprüche und Pflichten p A: technischer Anordnungen innerhalb der durch das Recht gezogenen Grenzen. Alle diese heutigen q Fehlt in A. r Fehlt in A. s A: sich t A: jener Scheidungen u A: Fehlt in A. durch Eid“ der „Beweis durch Parteienvernehmung“ (§§ 445 ff. ZPO), verschwindet also der Parteieid als Beweismittel und das bedingte Urteil als Prozeßmittel. 47 Zur Zweiteilung des Verfahrens im römischen und englischen Recht vgl. oben, S. 300 mit Anm. 72, 73. 48 Siehe oben, S. 274– 282, S. 297 f. 49 Siehe oben, S. 293 f.

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in ihrem Verhältnis zum Sühneverfahren zwischen den Sippen der heutigen Scheidung krimineller aAhndung „von Amts wegen“ von privater Rechtsverfolgung, und ebenso lernten wir die an formale Schranken und Grundsätze nicht gebundeneb hausherrliche Streitschlichtung als primitiven Sitz aller „Verwaltung“ kennen im Gegensatz zum streng formalen Sühneverfahren beim Streit zwischen Sippen als dem Vorläufer der geordneten „Rechtspflege“,50 welche nur einen Wahrspruch über das „Geltende“ produziert. Wo ferner eine in ihren Funktionen spezifisch besonderte,c also eine andre als die schrankenlose innerhäusliche Gewalt entsteht, ein „imperium“,51 wollen wir sagen, scheint zwar im Prinzip der Unterschied zwischen „legitimem“ Befehl und diesen „legitimierender“ Norm conzipiert. Denn diea geheiligte Tradition oder die konkrete charismatische Qualifikation ergeben dja dann entweder die sachliche oder die persönliche Legitimität der einzelnen Befehle und also auch die Schranken ihrer „Berechtigung“. Aber in der Auffassung bleibt beides doch ungeschieden: das Imperium wird als eine conkrete rechtliche „Qualität“ seines Trägers angesehen, nicht als eine sachliche „Competenz“. Auch legitimer Befehl, legitimer Anspruch und beide legitimierende Norm scheiden sich also nicht wirklich deutlich. Die Abgrenzungd der Sphäre der unabänderlichen Tradition egegen diejenigee des Imperium ist febenfalls durchaus schwankend, weilf keine wichtige Entschließung gvon dessen Träger, wie „legitim“ er auch zu herrschen beanspruchen möge, gefaßt wird[,] ohne nach Möglichkeit eine spezielleg Offenbarung einzuholen. 앚 a – a A: amtlicher Ahndung von privater Rechtsverfolgung. Am relativ deutlichsten ist noch die bloße technische Anordnung von rechtsverbürgenden Normen geschieden. Denn innerhalb ihrer Herrschaftssphäre ihres Imperium, wollen wir sagen, geben die Gewalthaber, welcher Art sie sein mögen, konkrete Befehle. Die b In B folgt: 〈Art, wie der Hausherr durch direkte [??] Anordnung nach Willkür und Gnade Streitigkeiten der Kinder und der Hausuntergebenen schlichtet, 〈die Quelle〉 als primitive〉 c In B folgt: 〈begrenzte, Gewalt〉 d – d A: dann die Legitimität der Befehle und zugleich die Schranken des Imperium. Aber auch hier scheiden sich legitimer Befehl und diesen legitimierende Normen nicht wirklich deutlich. Denn soweit ein Imperium legitim ist, können kraft seiner auch Anordnungen getroffen und deren Befolgung erzwungen werden, welche einzelnen Interessenten Ansprüche verleihen, also subjektive Rechte schaffen und folglich ihrerseits als objektives Recht zu gelten hätten. Die traditionelle Abgrenzung e A: und derjenigen f A: ferner durchaus schwankend und g A: seines Trägers wird gefaßt, ohne nach Möglichkeit eine 50 Siehe oben, S. 282 f., 323 f. und S. 362. 51 Zu Webers Verwendung des Begriffs vgl. oben, S. 295 mit Anm. 58.

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auch innerhalb der „Tradition“ bleibt das praktisch zur Anwendung gelangende Recht nicht etwa wirklich stabil. So lange wenigstens, als die Tradition noch nicht einer Schicht von spezifisch geschulten Trägern mit festen empirischen Kunstregeln anheimfällt – regelmäßig zunächst den Magiern und Priestern –[,] kann sie auf weiten Gebieten relativ labil sein. Als „Recht“ gilt,j was als solches „angewendet“ worden ist.k Die Entscheidungen der afrikanischen „Palaver“ werden ldurch Generationen hindurchl überliefert und als „geltendes Recht“ behandelt,52 und Munzinger berichtet das Gleiche von den ostafrikanischen Rechtssprüchen („buthas“).53 Das Präjudizienrecht ist die älteste Form der Neubildung von „Gewohnheitsrecht“. Inhalt dieser Rechtsbildung sind freilich zunächst, sahen wir,54 wesentlich bewährte Kunstregeln der magischen Befragung. Erst mit dem Zurücktreten der Bedeutung der Magie gewinnt die Tradition den mCharakter, welchenm sie z. B. im Mittelalter vielfach an sich trug: das Bestehen einer als Recht geltenden Übung kann Gegenstand eines „Beweises“ durch die Parteien werden, ganz wie „Thatsachen“.h Vonn der charismatischen Offenbarung neuer Gebote führto über das Imperium hinweg pder 앚 direktestep Weg der Entwicklung zur Rechtsschöpfung durch qvereinbarte und oktroyierte „Satzung“. Dennq Träger solcher Vereinbarungen sind zunächst die Sippenhäupter oder lokalen rHäuptlinge. Wor immer aus irgend welchen politischen oder ökonomih – h Fehlt in A. i Auf der Rückseite des Blattes A 3/B 7 steht die Notiz Max Webers: [Vollstreckung] j In B folgt: 〈– sobald eine entsprechende Conzeption entstand –〉 k In B folgt: 〈Das sind, sahen wir,〉 zunächst wesentlich l B: von Geschlecht zu Geschlecht > durch Generationen hindurch m B: Charakter 〈, welcher der 〈heutigen〉 heute üblichen Definition des „Gewohnheitsrechts“ entspricht.〉 welchen n A: Immerhin aber führt von o Fehlt in A. p A: der q A: oktroyierte Satzung und auch zur Vereinbarung darüber, was künftig als Norm gelten soll. r A: Häuptlinge, wo 52 Als „Präjudizienrecht“ und Vorstufe von Gewohnheitsrecht behandelt dies namentlich Post, Albert Hermann, Afrikanische Jurisprudenz. Ethnologisch-juristische Beiträge zur Kenntniss der einheimischen Rechte Afrikas, 2 Bände (in 1). – Oldenburg, Leipzig: Schulze 1887, hier Band 1, S. 4 f. (hinfort: Post, Afrikanische Jurisprudenz I und II). 53 Weber bezieht sich auf Munzinger, Ostafrikanische Studien, S. 477 f.: „Über die Gemeinde richten die Greise, die sich unter einem bestimmten Baum versammeln oder unter einer eigens als Rathplatz mitten im Dorfe errichteten Schattenlaube (Logodat). [. . .] Die Sprüche sind meist sehr einfach, die Berathung kurz und gut. Die Greise haben gewisse gesetzgebende Gewalt; aber im Allgemeinen gilt die Tradition früherer Rechtssprüche, die unter dem Namen Butha mit Gesetzeskraft citirt werden.“ 54 Siehe oben, S. 447 – 452.

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schen Gründen neben Dorf und Sippe sumfassendere politisches Verbände oder Einverständnisgemeinschaften, welche weitere Gebiete beherrschen, tbestehen, pflegen deren Angelegenheitent durch gelegentliche oder regelmäßige Zusammenkünfte jener Autoritäten geregelt zu werden. Die von ihnen getroffenen Verabredungen pflegenu rein technischer und ökonomischer Natur zua sein, nach unseren Begriffen also bloße b„Verwaltung“ oder bloße private Abmachungenc zub betreffen. Sie können aber von da aus auf die verschiedensten anderen Gebiete dübergreifen. Died versammelten Autoritäten können evor Alleme die Neigung gewinnen, fihren gemeinsamen Erklärungenf eine erhöhte Autorität zur Interpretation der heiligen Tradition zuzusprechen, gund es unter Umständen wagen, selbst in sog streng magisch garantierte hNormen, wie z. B.h die der Sippenexogamie,i interpretierend einzugreifen. Zunächst freilich geschieht dies in aller Regel so, daß charismatisch qualifizierte Zauberer oder Weise der Versammlung die Offenbarung der neuen Grundsätze, die ihnen in der Ekstase oder auch im Traum eingegeben wurden, vorlegen und die Mitglieder, jweil sie die charismatischej Qualifikation anerkennen, diese zur Nachachtung und Mitteilung an ihre Verbändek mit nach Hause nehmen. Da aber die Grenzen zwischen technischer Anordnung, Interpretation der Tradition ldurch Rechtsspruchl und Neuoffenbarung von Regeln nicht eindeutig sind und das Prestige der Zauberer labil ist, so kann – wie dies mz. B.m in Australien zu beobachten ist55 – die Säkularisierung der Rechtssatzung Fortschritte machen, die Offenbarung faktischn ausgeschaltet oder nur zur nachträglichen Legalisierung der Vereinbarungen angewendet werden, und oso könneno schließlich weite Gebiete der ursprünglich nur durch Offenbarung möglichen Rechtsschöpfung der einfachen Vereinbas A: umfassende B: umfassendere, politische, t A: bestehen. Deren Angelegenheiten pflegen dann u A: können a Fehlt in A, B; zu sinngemäß ergänzt. b – b A: Verwaltungsangelegenheiten c B: Vereinbarungen > Abmachungen d A: übergreifen und die e Fehlt in A. f A: sich gemeinsam g A: unter Umständen selbst in solche h A: Normen wie i Komma fehlt in A. j A: wenn sie die k A: Verwandten l Fehlt in A. m Fehlt in A. n Fehlt in A. o Fehlt in A. B: so ; können sinngemäß ergänzt. 55 Hinweise auf die von Weber beschriebene Rechtssäkularisierung durch beschlußfassende Ältestenversammlungen australischer Stämme finden sich etwa bei Spencer, Baldwin/Gillen F[rancis] J[ames], The Native Tribes of Central Australia. – London: Macmillan and Co. Ltd. 1899, S. 12–15.

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rung der versammelten Autoritäten anheimfallen. pAuch bei den afrikanischen Stämmen ist der Gedanke derq„Satzung“ von Recht nicht selten schon voll entwickelt. Zwar gelingt es den Ältesten und Honoratioren unter Umständen nicht, das zwischen ihnen vereinbarte neue Recht den Volksgenossen aufzuzwingen. An der Guinea-Küste fand Monrad, daß die Vereinbarungen der Honoratioren zwar den ökonomisch Schwachen gegenüber durch Geldbußen durchgeführt wurden, die Reichen und Angesehenen sich ihnen thatsächlich völlig entzogen, sofern sie ihnen nicht freiwillig zugestimmt hatten56 – ganz wie oft in den ständischen Gebilden des Mittelalters. Andrerseits pflegten die Ahantas und die Dahomey-Neger teils periodisch[,] teils nach Gelegenheit die alten Satzungen zu revidieren oder neue zu beschließen.57 Indessen dieser Zustand ist nichts Urwüchsiges mehr. In aller Regel fehlt die Rechtssatzung gänzlich oder, wo sie faktisch besteht, bringt die Ungeschiedenheit von Rechtsfindung und Rechtsschöpfung es mit sich, daß der Gedanke des „Gesetzes“ als einer durch den Richter „anzuwendenden“ Regel im Allgemeinen noch ganz fehlt. Der Rechtsspruch hat einfach die Autorität eines Präjudizes.p rDiesen Typus der Zwischenstufer von der Interpretation schon geltenden Rechts zur Neuschaffung von Recht weist z. B. noch das germanische „Weistum“58 auf, der Wahrspruch von Autoritäten, deren Legitimation auf persönlichem Charisma oder auf Alter oder auf Wissen oder sauf Honoratiorenqualität ihres Geschlechts oders p – p Fehlt in A. q In B folgt: 〈rationalen〉 Streichung unsicher. Übergangs s Fehlt in A.

r A: Den Typus des

56 Gemeint ist vermutlich Monrad, H[ans] C[hristian], Gemälde der Küste von Guinea und der Einwohner derselben, wie auch der Dänischen Colonien auf dieser Küste (aus dem Dänischen übersetzt von H. E. Wolf). – Weimar: Landes-Industrie-Comptoir 1824; der Bezug war nicht nachzuweisen. – Post, Afrikanische Jurisprudenz I (wie oben, S. 454, Anm. 52), S. 2 mit Anm. 5, schildert den Sachverhalt ebenfalls mit – allerdings fehlerhafter – Bezugnahme auf Monrad: „Bei den Fantis an der Goldküste versuchen es die Rathsherren in den Küstenstädten wohl einmal Verordnungen zu verkünden, deren Beobachtung sie durch Körper- und Geldstrafen zu erzwingen drohen. Solche Verordnungen sind aber nur gegen Arme und Schwache anwendbar; gegen Reiche und Angesehene sind sie nicht wirksam.“ 57 In diesem Zusammenhang sind beide Stämme genannt bei Post, Afrikanische Jurisprudenz I (wie oben, S. 454, Anm. 52), S. 1 f. 58 Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 110, definiert das „Weistum“ als „Wahrspruch, welchen zu diesem Zweck ausgewählte ältere und erfahrene Männer auf amtliche Anfrage hin über das geltende Recht abgaben.“

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schließlich auf Amt ruht, über konkrete oder abstrakte Rechtsfragen. Auch das Weistum t(wie beim nordgermanischen „Gesetzessprecher“59)u scheidet zunächstt weder objektives von subjektivem Recht, noch Rechtssatzung von Urteil, 앚 noch öffentliches von privatem Recht, noch sogar Verwaltungsanordnungen von normativer Regel. Nur der Sache nach ist es bald mehr das eine, bald mehr das andere. Auch der englische Parlamentsbeschluß hat bis fast an die Schwelle der Gegenwart einen ähnlichen Charakter bewahrt. Wie zunächst der Name assisa besagt, hatte er in der Zeit der Plantagenets und im Grunde bis ins 17. Jahrhundert nur den Charakter jedes anderen Rechtsspruchs.60 Der König selbst band sich an seine eigenen assisae nicht unbedingt. Die Parlamente suchten 앚 mit verschiedenen Mitteln dem zu steuern. Die Protokollierung und die Schaffung der verschiedenen rolls dienten dem Zweck[,] den königlich bestätigten Parlamentssprüchen Achtung als Präjudicien zu verschaffen.61 Dauernd aber blieb ihnen dadurch bis heutea der Charakter eines bloßen Amendements des bestehenden Rechts anhaften im Gegensatz zu dem Kodifikationscharakter des modernen kontinentalen Gesetzes,62 welches im Zweifel beansprucht, seinen Gegenstand erschöpfend neu zu regeln unter Beseitigung des bisherigen Rechtes. Der Grundsatz, daß neu geschaffenes Recht das bisherige aufhebt, ist daher im englischen Recht noch heute nicht voll durchgedrungen.b t – t A: scheidet u Schließende Klammer fehlt in B. Absatzzeichen von der Hand Max Webers.

a A, B: heute,

b In B folgt ein

59 Die Einrichtung des „Gesetzsprechers“ gehört dem älteren nordischen Recht (mit Ausnahme des dänischen) an. Der Gesetzsprecher mußte teils öffentliche Rechtsvorträge in regelmäßigen Abständen halten, teils gutachterliche, schließlich auch rechtsprechende Funktionen übernehmen; vgl. unten, S. 460 – 463. 60 Weber stützt sich hier und im folgenden vermutlich auf Julius Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 113 ff.: „Das Wort Assissa bedeutet in dieser Anwendung die Sententia Assissa, welche der König erläßt“ (ebd., S. 113). 61 Gemeint sind die seit der Zeit Eduard I. (1272–1307) üblichen Aufzeichnungen sämtlicher Parlamentsvorgänge in den parliament rolls (rotuli parliamentorum) sowie die Aufnahme der von König und Parlament beschlossenen und vom König approbierten (observari volumus) Gesetze in die statute rolls (rotuli de statutis). Während erstere zunächst den Kanzleijuristen als Grundlage für die Extraktion der späteren Gesetze diente, sollten doch beide vor allem Sicherheit und Beweiskraft des geltenden Statute Law gewährleisten; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 113–116. 62 Dieser Gegensatz wird vor allem von Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 122, 125, herausgearbeitet und als „Amendmentnatur“ der englischen Statutes gegenüber dem Common Law bezeichnet.

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Der materielle Gesetzesbegriff, welchen in England der Rationalismus der Puritaner und dann der Whigs protegierte,63 entstammt dem römischen Recht. In diesem selbst aber hatte er seine ursprünglichec Wurzel in dem dAmtsrecht, und also ind dem ursprünglich militärisch bedingten Imperium der Magistrate. Lex rogata war derjenige Erlaß des Magistrats, den die Zustimmung des Bürgerheeres für die Bürger und nur für diese bindend und um des willen auch für den Nachfolger im Amt des Magistrats unverbrüchlich gemacht hatte. Die Urquelle des heutigen Gesetzesbegriffs war also die römische Disziplin und die Eigenart der römischen Wehrgemeinde. Auf dem mittelalterlichen Kontinent haben nach den Ansätzen der Karolinger zuerst die Hohenstaufen (Friedrich I[.]) mit dem römischen Begriff des Gesetzes operiert.64 Aber auch jenes Stadium des frühmittelalterlichen, speziell englischen Gesetzesbegriffs als einer gesatzten Rechtsamendierung wurde keineswegs früh erreicht. Die charismatische Epoche der Rechtsschaffung und Rechtsfindung ragt vielmehr, 앚 wie wir schon mehrfach sahen,65 in zahlreichen Institutionen in die Zeit rein rationaler Rechtssatzung und Rechtsanwendung hinein und ist noch heute nicht überall ganz beseitigt. Noch Blackstone nennt die englischen Richter eine Art lebendes Orakel,66 und tatsächlich entspricht wenigstens die Rolle, welche die decisions als unentbehrliche und c Fehlt in A.

d A: Amtsrecht,

63 Gemeint ist das Gesetz im Sinne einer den jeweiligen Sachverhalt allgemein und verbindlich regelnden Norm im Unterschied zum (individuellen) Urteilsspruch (iudicium), also der Natur des englischen Statute Law seit den Tagen Eduards I.; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 119–121. 64 Wesentlich dafür war die Vorstellung der fränkisch-deutschen Herrscher, Rechtsnachfolger der römischen Imperatoren zu sein. Als eigentliches „Kaiserrecht“ galt den Saliern und Staufern neben den deutschen Reichsgesetzen immer mehr das Corpus iuris Justinians. Die staufischen Kaiser – so bereits Friedrich I. (Barbarossa; 1152– 1190) – legten Wert auf die Einstellung ihrer Gesetze als „Authenticae“ in den justinianischen Codex durch die Juristen der Universität Bologna. Vgl. Goetz, Walter, Das Wiederaufleben des römischen Rechtes im 12. Jahrhundert, in: Archiv für Kulturgeschichte, Band 10, 1912, S. 25–39, hier S. 33 f., der dieses Wiederaufleben des Römischen Rechts dessen eigengesetzlicher „Überlegenheit“ zuschreibt (ebd., S. 36); vgl. auch Schröder, Lehrbuch, S. 767 f., und unten, S. 578–580. 65 Siehe oben, S. 447 ff. 66 Blackstone, Commentaries, S. 69: „They [die Richter, Hg.] are the depositaries of the laws; the living oracles, who must decide in all cases of doubt, and who are bound by an oath to decide according to the law of the land.“

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spezifische Form der Fleischwerdung des common law spielen, in diesem Sinn derjenigen des Orakels im alten Recht: e„was vorher ungewiß war (die Existenz des Rechtsprinzips) ist nun (durch die Entscheidung) eine dauernde Regel geworden“.67 Nur wenn die Entscheidung offenbar „absurd“ oder „gegen Gottesf Gebot“e ist, entbehrt sie des charismatischen Charakters und kann man also ohne Gefahr von ihr abweichen.68 Nur durch das Fehlen rationaler Begründungen unterschied sich das echte Orakel vom englischen Präjudiz. Diese Eigenschaft aber teilt es mit dem Geschworenenverdikt. Historisch freilich sind die Geschworeneng als solche nicht etwa Rechtsnachfolger charismatischer Rechtspropheten, sondern ganz im Gegenteil vielmehr ein Ersatz der irrationalen Beweismittel der dinggenossenschaftlichen Justiz durch das Zeugnis der Nachbarn (insbesondere über Besitzstände), im Königsgericht also ein Produkt fürstlichen Rationalismus.69 Eine wirkliche Deszendenz von der charismatischen Rechtsweisung liegt dagegen sowohl in der Stellung der germanischen Schöffen zum Richter wie in der Institution des Gesetzessprechers im nordischen Recht vor.70 Die auffallende, die Entwicklung der genossenschaftlichen und ständischen Autonomie im mittelalterlichen Okzident, wie wir e Alle Anführungszeichen in A und B.

f A, B: gutes

g A, B: geschworenen

67 Weber zitiert Blackstone, Commentaries, S. 69: „[. . .] what before was uncertain, and perhaps indifferent, is now become a permanent rule [. . .].“ 68 Weber bezieht sich auf Blackstone, Commentaries, S. 69 f.: Der Richter ist demnach „not delegated to pronounce a new law, but to maintain and expound the old one. Yet this rule admits of exception, where the former determination is most evidently contrary to reason; much more if it be clearly contrary to the divine law“. Und weiter ebd., S. 70: „For if it be found that the former decision is manifestly absurd or unjust, it is declared, not that such a sentence was bad law, but that it was not law; [. . .] and that what is not reason is not law. Not that the particular reason of every rule in the law can at this distance of time be always precisely assigned; but it is sufficient that there be nothing in the rule flatly contradictory to reason [. . .].“ Dasselbe gilt für Parlamentsakte: „[. . .] acts of parliament that are impossible to be performed are of no validity: and if there arise out of them collaterally any absurd consequences, manifestly contradictory to common reason, they are, with regard to those collateral consequences, void“ (ebd., S. 91). 69 Vgl. oben, S. 449 – 451. 70 An die Stelle der bei den Franken ursprünglich von Fall zu Fall berufenen Rachimburgen, die die Gerichtsversammlung beraten und den Urteilsvorschlag einbringen sollten, trat unter Karl dem Großen ein fester Kreis lebenslänglich angestellter Schöffen; vgl. etwa Sohm, Gerichtsverfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 372–390. – Zum „Gesetzessprecher im nordischen Recht“ vgl. das Folgende.

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sahen,71 so außerordentlich befördernde Tatsache: daß in aller Regel der Gerichtsherr oder seine Stellvertreter im Gericht nur den Vorsitz führen und Ordnung gebieten, das Urteil aber ohne ihre Beteiligung zustandekommt, durch charismatische Rechtsweiser oder später durch ernannte Schöffen aus dem Kreise derjenigen, innerhalb derenh das Urteil Recht schaffen soll, geschaffen wird, dieser mit großer Konsequenz festgehaltene Grundsatz hat zwar zum Teil politische, schon erwähnte Gründe.72 Zu einem Teil aber führt er auf die Natur der charismatischen Rechtsfindung zurück. Der Richter, der das Gericht 앚 kraft seines Amts beruft und hegt,73 konnte gar nicht in den Bereich der Rechtsfindung eingreifen, weil nach der charismatischen Rechtsauffassung ihm sein Amt eben nicht auch den Verstand: das Charisma der Rechtsweisheit, gab. Seine Aufgabe war erschöpft, wenn er die Parteien dazu gebracht hatte, die Sühne der Rache, den gerichtlichen Frieden der Selbsthülfe vorzuziehen und diejenigen Formalitäten 앚 vorzunehmen, welche sie zur Innehaltung des Prozeßvertrages verbindlich machten und welche zugleich die Voraussetzung einer richtigen und wirksamen Befragung der Götter oder der durch ihr Charisma qualifizierten Weisen schufen.74 Diese Rechtswissenden aber waren ursprünglich durchweg magisch Qualifizierte,i die nur im Einzelfall kraft ihrer charismatischen Autorität zugezogen wurden, weiterhin entweder Priester – wie die Brehons in Irland, die Druiden bei den Galliern – oder durch Wahl als Autoritäten anerkannte Rechtshonoratioren, wie die Gesetzessprecher bei den Nordgermanen oder die Rachinburgen bei den Franken.75 Der charismatische Gesetzessprecher wurde später ein durch periodische Wahl, schließlich h A, B: dessen

i A, B: qualifizierte,

71 Siehe oben, S. 422 – 424. 72 Ebd. 73 Den Verhandlungen der germanischen Gerichtsgemeinde geht die sog. Hegung des Dinges (der Gerichtsstätte und der Gerichtsversammlung) voraus. In einem sakralen Akt wird der Verhandlungsplatz einem besonderen Frieden unterstellt, was die Abmarkung mittels Pflock und Seil räumlich symbolisiert. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 145, bemerkt, daß es nach „allen jüngeren Quellen der deutschen Stammesrechte [. . .] der vorsitzende Richter [ist], der das Ding eröffnet und den Frieden wirkt“, d. h. das Ding hegt. 74 Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 149, und Schröder, Lehrbuch, S. 43 f., vermuten allerdings, daß zumindest im frühgermanischen Prozeß der Richter auch an der Urteilsfindung beteiligt gewesen sei, wenigstens das Urteil ausgegeben habe. 75 Zur Volkswahl des Gesetzsprechers vgl. Maurer, Konrad, Vorlesungen über Altnor-

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auch durch tatsächliche Ernennung legitimierter Beamter, und an Stelle der Rachinburgen traten als königlich patentierte Rechtshonoratioren die Schöffen. Der Grundsatz aber: daß nicht die Obrigkeit als solche, sondern nur der durch sein Charisma Qualifizierte das Recht weisen könne, blieb bestehen. Der nordische Gesetzessprecher war seiner charismatischen Würde entsprechend[,] ebenso wie die Schöffen in Deutschland[,] ein auch politisch oft höchst wirksamer Vertreter der Gerichtsgemeinden gegen die Macht der Obrigkeit. So namentlich in Schweden.76 Stets gehörte er, ebenso wie die Schöffen in Deutschland[,] vornehmen Familien an,77 und naturgemäß wurde speziell das Schöffenamt sehr oft gentilcharismatisch an ein Geschlecht gebunden.78 Der Gesetzessprecher, seit dische Rechtsgeschichte, Band 4: Das Staatsrecht des isländischen Freistaates. – Leipzig: A. Deichert Nachf. 1909, S. 265 f. (hinfort: Maurer, Altnordische Rechtsgeschichte IV); Schröder, Richard, Gesetzsprecheramt und Priestertum bei den Germanen, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germ. Abt., Band 3, 1882, S. 215–231, hier S. 217 f. (hinfort: Schröder, Gesetzsprecheramt). – Umstritten war seinerzeit, ob die Wahl der Rachimburgen durch den Richter (so u. a. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 150, 154), die Parteien (so etwa Siegel, Heinrich, Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens, Band 1. – Gießen: J. Ricker 1857, S. 107, 145) oder die Gerichtsgemeinde (so z. B. Sohm, Gerichtsverfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 377 f. und S. 378, Anm. 20) erfolgte. 76 Das politische Gewicht des Gesetzsprechers in Schweden betonen namentlich Maurer, Konrad, Über die altschwedischen Gesetze und deren Ausgabe, in: Kritische Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Band 13, 1871, S. 51– 89, hier S. 75 f. (hinfort: Maurer, Altschwedische Gesetze), und Lehmann, K[arl], Zur Frage nach dem Ursprunge des Gesetzsprecheramtes, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germ. Abt., Band 6, 1885, S. 193–199, hier S. 198 f. Über die geringere oder zurückgehende politische Bedeutung des Gesetzsprechers in Norwegen dagegen Maurer, Konrad, Das Alter des Gesetzsprecher-Amtes in Norwegen, in: Festgabe zum Doctor-Jubiläum Ludwig Arndts, hg. von Alois von Brinz und Konrad Maurer. – München: Christian Kaiser 1875, S. 1–69, S. 42, 46 f. (hinfort: Maurer, Alter des Gesetzsprecher-Amtes). 77 Gegenüber der Tendenz zur plutokratischen Besetzung und Erblichkeit des Gesetzsprecher-Amtes betont besonders Maurer dessen „demokratische“ Herkunft und ursprüngliche Unvererbbarkeit (vgl. ders., Alter des Gesetzsprecher-Amtes (wie oben, Anm. 76), S. 4, 11, 42–49, 68; ders., Altnordische Rechtsgeschichte IV (wie oben, Anm. 75), S. 265 f., 268. 78 Die zeitgenössischen Rechtshistoriker weisen freilich eher auf sozial- und machtpolitische Motive hin, die Karl der Große Ende des 8. Jahrhunderts mit der Schöffenverfassung verfolgt habe. Die mit dem Schöffenamt verbundene Last sollte nach Möglichkeit nur noch von den größeren Grundbesitzern getragen werden. In der grundsätzlich lebenslänglichen Anstellung vermögender Honorationen lag dann der Ausgangspunkt für die spätere faktische Besitzbindung und Erblichkeit des Schöffenamtes. Sie hatte danach eher „leiturgischen“ als „charismatischen“ Charakter; vgl. dazu Sohm, Gerichtsverfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 376 f., 386 ff., 390; Brunner, Grundzüge (wie oben, S. 291, Anm. 47), S. 66, 99.

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dem 10. Jahrhundert nachweisbar, war nie ein Richter. Er hatte mit Vollstreckung nichts zu schaffen, besaß überhaupt ursprünglich gar keine, erst später in Norwegen eine begrenzte Zwangsgewalt.79 Der Zwang, soweit in Rechtssachen ein solcher bestand, lag vielmehr in den Händen 앚 der politischen Beamten. Aus dem im Einzelfall angerufenen Rechtsfinder war der Gesetzessprecher ein dauernder Beamter geworden und mit dem rationalen Bedürfnis nach Vorherberechenbarkeit, also Regelhaftigkeit des geltenden Rechts entwickelte sich seine Pflicht[,] jährlich einmal alle jene Normen, nach denen er Recht fand, der versammelten Gemeinde vorzusprechen, sowohl zu deren Kenntnis wie zu seiner eigenen Kontrolle. Bei aller Abweichung hat man mit Recht die Ähnlichkeit mit der jährlichen Publikation des prätorischen Ediktes hervorgehoben.80 Der Nachfolger war an die Lögsaga seines Vorgängers nicht gebunden. Denn kraft seines Charisma konnte jeder Gesetzessprecher neues Recht schaffen. Er konnte dabei Anregungen und Beschlüsse der Volksgemeinde berücksichtigen, aber er mußte es nicht, und solche Beschlüsse schufen solange kein Recht, als die Aufnahme in die Lögsaga nicht erfolgt war. Denn Recht konnte nur offenbart werden: diesen charakteristischen Grundsatz und die daraus folgende Art der Entstehung von Rechtsschöpfung und Rechtsweisung greift man hier mit Händen. Spuren ähnlicher 79 Zu dieser Datierung des Gesetzsprecher-Amtes bis ins 10. Jahrhundert vgl. Maurer, Alter des Gesetzsprecher-Amtes (wie oben, S. 461, Anm. 76), S. 43; Schröder, Gesetzsprecheramt (wie oben, S. 460 f., Anm. 75), S. 216 f. – Daß der altnordische Gesetzsprecher weder Richter gewesen sei noch exekutive Befugnisse gehabt habe, meint Schröder, ebd., S. 220 f., 226 f.; die Amtsbefugnisse in Island, Norwegen und Schweden sachlich und zeitlich differenzierend dagegen Maurer, Alter des Gesetzsprecher-Amtes, S. 14, 19, 27–29; ders., Altschwedische Gesetze (wie oben, S. 461, Anm. 76), S. 81; Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 154. – Seit dem späten 12. Jahrhundert ist der norwegische Gesetzsprecher als königlicher Beamter mit einer richterlichen Gewalt ausgestattet, die er mittels des Königsbannes (Ladung und Urteilsspruch sub poena des Königs) durchsetzen kann; vgl. dazu Maurer, Alter des Gesetzsprecher-Amtes (wie oben, S. 461, Anm. 76), S. 50. 80 So z. B. Pardessus, J[ean] M[arie], Collection de loi maritimes antérieures au XVIIIe siècle, tome 3. – Paris: L’imprimerie Royale 1834, S. 47; ders., Besprechung von: Hin Forna Lögbók íslendínga sem nefnist grágás. Codex juris Islandorum antiquissimus [. . .], von J. F. G. Schlegel (Premier Article), in: Journal des Savans, Année 1831, S. 193–206, hier S. 201. Dagegen betont Maurer, Altnordische Rechtsgeschichte IV (wie oben, S. 460 f., Anm. 75), S. 274 f., die Differenz: Der Rechtsvortrag des Gesetzsprechers habe – im Unterschied zum prätorischen Edikt – kein neues Recht schaffen, sondern lediglich eine Zusammenfassung geltenden Rechts geben können.

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Einrichtungen finden sich außer bei den Thüringern in den meisten germanischen Rechten, speziell in Friesland (der Asega)81, und es wird wohl mit Grund angenommen, daß die von der Vorrede der Lex salica erwähnten Redaktoren als solche Rechtspropheten zu denken sind und daß die Art der Entstehung der Capitulaj legibus addenda der fränkischen Königszeit mit der Verstaatlichung des Rechtsprophetentums zusammenhängt.82 Spuren ähnlicher Entwicklung finden sich fast überall. Die ursprüngliche Entscheidung von Rechtshändeln durch Einholung eines Orakels ist massenhaft auch für sonst stark rationalisierte politische und soziale Zustände bezeugt. Z. B. auch für Ägypten (Ammons Orakel) und für Babylon. Sie bildete sicherlich auch einen der ursprünglichen Pfeiler der Machtstellung der hellenischen Orakel. Die kisraelitischen Rechtsorakel habenk ähnliche Funktionen versehen.83 Die Herrschaft der Rechtsprophetie ist vermutlich eine ganz allgemeine Erscheinung. Die Macht der Priester beruhte überall zum sehr großen Teil auf ihrer Funktion als Spender von 앚 Orakeln oder Leitern der Prozedur bei Gottesurteij A, B: Kapitula

k A: jüdischen Nabis haben sicherlich

81 Nach Schröder, Lehrbuch, S. 44, Anm. 21, ist das Institut des Rechtsprechers historisch bezeugt bei Isländern, Norwegern, Friesen, Alamannen, Baiern und Sachsen. Der „asega“ ist der friesische Gesetzsprecher; vgl. dazu Schröder, Gesetzsprecheramt (wie oben, S. 460 f., Anm. 75), S. 221–224. 82 Der sog. längere Prolog der Lex Salica (von mehreren überlieferten) – den Sohm, Gerichtsfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 51, auf Ende des 6., Anfang des 7. Jahrhunderts datiert – erwähnt einen Kreis von vier rechtskundigen Männern, die ältere Weistümer kompilieren und auf mehreren Dingversammlungen vortragen. Obwohl aus der weiteren Erzählung des Prologs der sagenhafter Charakter der Lex als eines juridischen Ursprungsmythos hervorgeht, wird die maßgebliche Beteiligung von Rechtskundigen (sapientes, legislatores, iudices) bei der Aufzeichnung der Volksrechte nicht angezweifelt; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 287, 298– 303. – Die fränkischen „capitula legibus addenda“ sollten einzelne oder alle Stammesrechte ergänzen und konnten deshalb nur mit Zustimmung des Volkes wirkliches Volksrecht werden. Voraussetzung war damit die Anerkennung einer rechtsschöpferischen Rolle des Königtums. Die Capitula bildeten also ein Übergangsstadium zum reinen Königsrecht, woraus sich ihre ursprüngliche Weistums-Form erklärt; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 302 f., 378 f. 83 Oberste Pflicht der alttestamentlichen Priester-Richter seit Moses war die Orakelspendung. Orakel konnten wie in allen Lebensbereichen, so im Rechtsleben zu einem wichtigen Rechts- und Prozeßmittel werden (etwa bei der Entscheidung von Rechtsund Schuldfragen durch Schütteln der heiligen Lose, „Urim und Tummim“, nach feststehendem Ritual); vgl. dazu Greßmann, [Hugo Ernst Friedrich Wilhelm], Gericht und Gerichtsverfassung im alten Israel, in: RGG, Band 2, 1909/10, Sp. 1321–1324, hier Sp. 1322 f.

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len, und deshalb stieg sie oft ganz gewaltig mit steigender Befriedung infolge des zunehmenden Ersatzes der Rache durch Sühne und schließlich Klageprozeduren. Obwohl in Afrika die Bedeutung der irrationalen Beweismittel durch die Häuptlingsprozedur relativ schon weit zurückgedrängt ist, ruht die oft furchtbare Macht der Fetischpriester bis heute auf dem 앚 verbliebenen Rest: dem sakralen Zaubereiprozeß mit Gottesurteil unter ihrer Leitung, der es ihnen gestattet[,] jeden ihnen selbst oder einem anderen, der sie zu gewinnen weiß, Mißliebigen durch Erhebung einer Zaubereiklage um Leben und Gut zu bringen.84 Aber auch rein weltliche Justizverwaltungen haben unter Umständen dauernd wichtige Züge der alten charismatischen Rechtsfindung behalten. Auch die Thesmotheten Athens deutet man wohl mit Recht als Produkt einer Reglementierung und Umwandlung ursprünglich charismatischer Rechtsprophetie in ein gewähltes Beamtenkolleg.85 Inwieweit in 84 Das „rationalisierte“ Beweisrecht im Häuptlingsprozeß (vor allem den Zeugenbeweis) sucht Kohler in zahlreichen Studien und Literaturberichten nachzuweisen; vgl. u. a. Kohler, Josef, Bemerkungen zum Bericht von Asmis über die Akposso und Atakpame, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 25, 1911, S. 131–139, hier S. 137; ders., Bemerkungen zu dem Bericht von Asmis über die Rechte von Misahöhe, Anecho und Lome, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 26, 1911, S. 134–142, hier S. 137 (hinfort: Kohler, Bemerkungen); ders., Über das Negerrecht, namentlich in Kamerun, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 11, 1895, S. 413–475, hier S. 415, 465 (hinfort: Kohler, Negerrecht). – Zur Prozedur des Zaubereiprozesses bemerkt Post, Afrikanische Jurisprudenz II (wie oben, S. 454, Anm. 52), S. 153: „Es kann einem Zweifel nicht unterliegen, daß der Zaubereiprozeß häufig gar nichts ist, als ein von Zauberpriestern und Häuptlingen geschmiedetes Komplott gegen bestimmte unliebsame Persönlichkeiten, namentlich gegen solche, die mit Glücksgütern gesegnet sind, in deren Besitz sich jene zu setzen wünschen.“ 85 Von den neun obersten attischen Beamten (Archonten), waren die sechs niederrangigen („Thesmothetai“) vorzugsweise mit Aufgaben der „Rechtsprechung“ befaßt. Über die Umwandlung der „Rechtsprophetie“ und die Einsetzung der Thesmotheten vgl. etwa Ziehen, Ludwig, Die drakontische Gesetzgebung, in: Rheinisches Museum für Philologie, Neue Folge, Band 54, 1899, S. 321–344, bes. S. 337 ff. Umstritten war, ob die Thesmotheten primär mit Rechtsaufzeichnung und Prozeßleitung (so etwa Busolt, Georg, Die griechischen Staats- und Rechtsaltertümer (Handbuch der klassischen Altertums-Wissenschaft in systematischer Darstellung, hg. von Iwan von Müller, Band 4, Abt. 1, 1. Hälfte), 2., umgearb. und sehr verm. Aufl. – München C. H. Beck 1892, S. 132, 231 f.; hinfort: Busolt, Rechtsaltertümer), oder mit Rechtsberatung (vgl. Ledl, Artur, Studien zur älteren Athenischen Verfassungsgeschichte. – Heidelberg: Carl Winter 1914, S. 270) oder doch auch selbst mit richterlichen Aufgaben befaßt waren (vgl. Lipsius, Justus Hermann, Das attische Recht und Rechtsverfahren (mit Benutzung des Attischen Processes von M. H. Meier und G. F. Schömann), Band 1. – Leipzig: O. R. Reisland 1905, S. 11 f. mit Anm. 44, und S. 68 (hinfort: Lipsius, Das attische Recht).

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Rom die Beteiligung der Pontifices an der Rechtspflege86 ursprünglich in einer der sonstigen Rechtsprophetie ähnlichen Art geregelt war, entzieht sich der Feststellung. Der Grundsatz der Trennung von formaler Prozeßleitung und Rechtsweisung jedenfalls galt auch in Rom, wenn auch freilich in technisch stark von der germanischen Urteilsfindung abweichenderl Art. Was das prätorische und ädilizischem Edikt anlangt, so tritt seine Verwandtschaft mit der Lögsaga auch darin hervor, daß seine den Beamten selbst bindende Kraft an die Stelle einer ursprünglich großen Ungebundenheit der Beamten trat.87 Rechtlich ist der Grundsatz: daß der Prätor sich an sein Edikt zu binden habe, endgültig erst in der Kaiserzeit durchgeführt,88 und es muß angenommen werden, daß die ursprünglich auf esoterischer Kunstlehre beruhende pontifikale Rechtsweisung sowohl wie die Prozeßinstruktionen des Prätors infolgedessen zunächst ziemlich stark irrationalen Charakter hatten. Die Tradition läßt ndas Verlangen der Plebs nach Kodifikation und Publizität des Rechts gegen beide sich richten.n 89 Die Trennung von Rechtsfindung und Rechtszwang, welche man oft als Eigentümlichkeit der deutschen Rechtspflege und Quelle 앚 dero Machtstellung der Genossenschaften anspricht, war an sich nichts nur Deutsches. Sondern das deutsche Schöffenkolleg trat an l A, B: abweichenden m A, B: ädiligische n A, B: sich das Verlangen der Plebs [. . .] gegen beide richten. o Blatt A 9/B 13 ist nur zu zwei Dritteln beschrieben. 86 Zur pontifikalen Rechtsweisung vgl. unten, S. 497– 501. 87 Seit dem frühen 4. Jahrhundert v.Chr. waren Prätor und Ädil die für Ziviljurisdiktion bzw. Marktgerichtsbarkeit zuständigen Gerichtsmagistrate. In mündlich und schriftlich veröffentlichten Jurisdiktionsedikten gaben sie eine Zusammenfassung derjenigen Grundsätze und Normen, die für ihre Amtszeit maßgeblich sein sollten (edictum perpetuum). Obwohl das Edikt den Amtsnachfolger ursprünglich nicht band, wurde die Übernahme schließlich zur Regel und bildete sich so ein fester Bestand von Ediktssätzen heraus (edictum tralaticium); vgl. vor allem Lenel, Edictum Perpetuum (wie oben, S. 388, Anm. 86); ders., Beiträge zur Kunde des Praetorischen Edikts. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1878. 88 Bereits die lex Cornelia de iurisdictione 67 v.Chr. wies die Prätoren an, „ut [. . .] ex edictis suis perpetuis ius dicerunt“, da die ursprüngliche Ungebundenheit offenbar zu Mißbräuchen geführt hatte; zit. nach Bruns/Lenel, Geschichte (wie oben, S. 319, Anm. 31), S. 342. Andererseits betrachtete Cicero, ad Familiares, 13, 59, noch 50 v.Chr. die fides et dignitas des Magistrats als Grund für das servare edictum. 89 Gemeint ist der Digesten-Bericht, den Pomponius (2. Jahrhundert n.Chr.) über die Entwicklung der republikanischen Rechtsgeschichte und -wissenschaft gegeben hat (D. 1, 2, 2, 7). Weber gibt eine kurze Zusammenfassung der hier interessierenden Überlieferung unten, S. 497– 501.

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die Stelle der alten charismatischen Rechtsprophetie. Das Spezifische an der germanischen Entwicklung ist vielmehr die Erhaltung und die Art der technischen Ausgestaltung dieses Prinzips, und diese steht mit einigen anderen wichtigen Besonderheiten im Zusammenhang. Vor allem mit der ziemlich lange Zeit erhaltenen Bedeutung des „Umstandes“p, d. h. der Teilnahme der nicht zu den Rechtshonoratioren gehörigen Rechtsgenossen an der Rechtsfindung in der Form, daß die Ratifikation des von den Urteilern gefundenen Rechtsspruchs durch ihre Akklamation als unentbehrlich galt und daß prinzipiell das Recht zur Urteilsschelte einem jeden Rechtsgenossen zustand.90 Das erstere: die Beteiligung des Umstandes durch Akklamation, findet sich auch außerhalb des germanischen Rechtsgebietes: man darf annehmen, daß die Schilderung der Prozeßhergänge bei Homer auf dem Schilde des Achilleus Reste davon enthält,91 und auch anderwärts q(Israel, Prozeß des Jeremia)q 92 finden sich Spuren. Spezifisch ist die Urteilsschelte. Diese reglementierte Teilnahme der Gemeinfreien am Urteil ist aber keineswegs notwendig als etwas Urwüchsiges anzusprechen, sondern sehr wahrscheinlich ein Produkt besonderer, und zwar militärischer Entwicklungen. 앚 rVon den Mächten, welcher die Säkularisierung des Denkens über das sGeltensollende, speziells seine Emanzipation von der magisch garantierten tTradition, befördern, ist eine der stärksten die kriegerische Umwälzung.u p Anführungszeichen in A und B. q Fehlt in A. r Fehlt in A. Die Anfangszeilen des Typoskripttextes sind (inkl. maschinenschriftlicher Pagina) abgeschnitten. Sie setzten vermutlich ursprünglich den Typoskripttext von Blatt A 3/B 7 (vgl. oben, S. 454–457) fort. s A: Geltensollende und t – t (S. 467) A: Tradition befördern. Eine der stärksten von ihnen ist die kriegerische Umwälzung. Das Imperium des Kriegsführers ist unvermeidlich u In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz 90 Vgl. oben, S. 287– 289. 91 So etwa Busolt, Rechtsaltertümer (wie oben, S. 464, Anm. 85), S. 29. Die berühmte Gerichtsszene auf dem Schild des Achilleus schildert Homer, Ilias (im Versmaß der Urschrift übersetzt von W. Ehrental), 2., verb. Aufl. – Leipzig, Wien: Bibliographisches Institut o. J., XVIII. Gesang, S. 351. – Webers Deutung des Volkes als „Umstand“, d. h. als Gerichtsgemeinde (vgl. auch Weber, Die Stadt, MWG I/22–5, S. 175), steht allerdings eher gegen die seinerzeit herrschende Interpretation der Gerichtsszene, die ein aus den Ältesten zusammengesetztes Schiedsgericht annimmt, dessen Spruch sich die Streitparteien freiwillig unterwerfen; vgl. Lipsius, Das attische Recht (wie oben, S. 464, Anm. 85), S. 3–6, und die Literaturnachweise ebd., S. 4 f., Anm. 7, und S. 6, Anm. 15. 92 Über den Prozeß vgl. Jer 26, 8–19.

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Das Imperium des erobernden Kriegsführers ist, mag seine Handhabung auch für alle wichtigen Fälle an die freie Zustimmung seines Heeres gebunden sein[,] unvermeidlich inhaltlicht sehr umfassend und bezieht sich der Natur der Sache nach ungewöhnlich oft auf die Ordnunga von Verhältnissen, welche in befriedeten Zeiten nur durch offenbarte Normb hätten geregelt werden können, die aber nunc durch vereinbarte oder oktroyierte Satzung aus dem Nichts zu schaffen sind. Überd Gefangene, Beute und vor allem erobertes Land wird von eKriegsfürst und Kriegsheere verfügt und dadurch fwerden sowohlf Rechte einzelner gwie unter Umständeng geltende Regeln neu hgeschaffen. Und andrerseits muß der Kriegsfürsth im Interesse der gemeinsamen Sicherheit auch gegen Disziplinbruch und Anzettelung inneren Unfriedens weit umfassendere Vollmachten haben als ein „Richter“ in Friedenszeiten. Der Bereich des 앚 Imperium wächst also ischon dadurchi auf Kosten der Tradition. Und der Umsturz der bestehenden ökonomischen und sozialen Verhältnisse, welche der Krieg bringt, macht es jedem handgreiflich, daß das Gewohnte als solches nicht das schlechthin ewig Geltende und Heilige sein kann. Systematische Feststellungen schon geltenden oder neu gesetzten Rechtes finden sich daher auf den allerverschiedensten Entwicklungsstufen gerade im Anschluß an kriegerische Expansion besonders häufig. Rechtsschöpfung und Rechtsfindung jaber zeigen dannj unter dem Einfluß der zwingenden Bedürfnisse der Sicherheit gegen äußere und innere Feinde die Tendenz, rationaler gestaltet zu werden. Vor allem gewinnen auch die verschiedenen möglichen Träger des Rechtsgangs ein neues Verhältnis zu einander. Behält der auf dem Boden des Krieges und der Kriegsbereitschaft entstehende politische Verband dauernd militärischen Charakter, so kbehält auchk der Wehrverband als lsolcher den entscheidendenl Einfluß auf die Schlichtung von Streitigkeiten mder ihmm Zugehörigen und damit auch auf die Fortentwicklung des Rechts. Das Prestige des Alters und in gewissem Umfang auch das Prestige der Magie pflegen dannn zu sinken. Der Ausgleich zwischen dem Imperium des a A: Regelung b A: Satzung c A: jetzt, auf Grund des Sieges, d A: Nicht nur über e A: dem Kriegsherr f Fehlt in A. B: sowohl ; werden sinngemäß ergänzt. g A: und h A: geschaffen, sondern der Kriegsfürst muß i Fehlt in A. j A: zeigen k A: gewinnt l A: steigenden B: solcher 〈〈in Dorf und〉 auf Kosten der 〈Dorfautoritäten〉 Sippen〉 den entscheidenden m A: seiner n Fehlt in A.

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Kriegsfürsten einerseits, den weltlichen oder geistigen Hütern der heiligen Tradition 앚 andererseits und endlich den Ansprüchen der Wehrgemeinde, welche der Tradition gegenüber relativ ungebunden dasteht, oauch ihrerseitso an der Kontrolle der Anordnungen beteiligt zu sein, vollzieht sich mit sehr verschiedenen Resultaten. pDie Art der Militärverfassung ist dabei stets sehr wichtig.p Die germanische Dinggemeinde q rdes einzelnen Gauesr ebenso wie die große Landesgemeinde des politischen Verbandes sind Aufgeboteq der wehrhaften und deshalb am Grundbesitz beteiligten Genossen, ebenso wie der römische populus ursprünglichs das tversammelte[,] in seinen taktischen Gliederungen „angetretene“ GrundbesitzerHeer ist.t aIn der Zeit der großen Umwälzungen der Völkerwanderung scheint sich die germanische politische Landesgemeinde die Beteiligung an der Schöpfung neuenb Rechts zugeeignet zu haben: – es ist ganz unwahrscheinlich, daß, wie Sohm annimmt, alles gesatzte Recht Königsrecht sei.93 An dieser Art von Satzung scheint vielmehr dem Träger des imperium keinerlei vorwiegender Anteil zugekommen zu sein. Sondern bei den mehr seßhaften Völkern bleibt die Gewalt der charismatischen Rechtsweisen ungebrochener bestehen, bei den durch kriegerische Wanderungenc in neue Verhältnissed überführten (den Franken und Langobarden spezio Fehlt in A. p Fehlt in A. q – q A: ist die Gemeinde r B: des Gerichtsbezirks > des einzelnen Gaues s Fehlt in A. t A: versammelte Heer ist. In B folgt: 〈Die germanische Landesgemeinde scheint in der Zeit der großen militärischen 〈Umwälzung〉 der großen 〈Wanderzeit〉 Wanderungen sich 〈das Recht〉 die Fähigkeit 〈der Satzung〉 der Satzung von 〈Recht〉 Recht zugeschrieben zu haben, und zwar ohne bindende Mitwirkung d〉 a – a (S. 470) Fehlt in A. b B: gewillkürten > neuen c B: Unterwerfungen > Wanderungen d B: Gebiete > Verhältnisse 93 Weber bezieht sich auf die vor allem von Sohm, Gerichtsverfassung (wie oben, S. 288, Anm. 37), S. 102 ff., bes. 134–138, vertretene Auffassung, wonach die Kapitularien der Könige – die gesatzte Ordnung – neben dem geltenden „Stammesgewohnheitsrecht“ (Volksrecht) zwar ursprünglich nicht wirkliches „Recht“ gewesen seien, sich in karolingischer Zeit aber doch zu einem eigenständigen „Amtsrecht“ des Königtums entwickelt hätten; vgl. auch Sohm, Recht (wie oben, S. 364, Anm. 35), S. 9 f. Gegen Sohm bemerkt dagegen Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 278, wie das Volksrecht sei auch das Königsrecht teilweise Gewohnheitsrecht, teilweise Satzung. Ursprünglich sei allerdings die volksrechtliche Satzung und die bloße Mitwirkung des Königtums gewesen. Und auch später finde der begriffliche Gegensatz zwischen Volksrecht und Königsrecht in der historischen Wirklichkeit keine durchgängige Entsprechung, erführen vielmehr „die Grenzen zwischen Volksrecht und Königsrecht durch die thatsächlichen Verhältnisse mancherlei Trübung“ (ebd., S. 279).

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ell) steigert sich dagegen das Machtgefühl der Wehrgemeinde, welchee das Recht der aktiven beschließenden Teilnahme an Rechtssatzungen und Urteil in Anspruch nimmt und durchsetzt. Im frühmittelalterlichen Europa war andrerseits die christliche Kirche mit ihrem Beispiel: der Machtstellung der Bischöfe, überall eine Stütze der Eingriffef des Fürsten in die Rechtspflege und Rechtssatzung, die sie oft ihrerseits im kirchlichen und ethischen Interesse direkt angeregt hat. Die Kapitularien der Frankenkönige gehen mit der Entwicklung der subtheokratischen Sendgerichte parallel.94 Und in Rußland ist sehr bald nach der Einführung des Christentums, in der zweiten Redaktion der Russkaja Prawda, die in der ersten noch ganz fehlende Ingerenz des Fürsten in Rechtsfindung und Rechtssatzung und sofort auch ein sehr umfangreiches neues materielles Fürstenrecht entwickelt.95 Immerhin stieß diese Tendenz des imperium im Occident auf das feste Gefüge der charismatischen und genossenschaftlichen Justiz innerhalb der Wehrgemeinde. Dagegen hat der römische populus, der Entwicklung der Disziplin des Hoplitenheeres entsprechend, nur anzunehmen oder zu verwerfen, was ihm der Träger des imperium vorschlägt, und das sind neben Rechtssatzungen nur Entscheidungeng in Kapitalsae In B folgt: 〈sich die 〈[??]〉 Initiative zu Rechtssatzungen zuschreibt. 〈und die Macht〉〉 f B: Ansprüche > Eingriffe g B: Urteile > Entscheidungen 94 Parallel zu den königlichen Sendgerichten bestanden zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert sog. bischöfliche Sendgerichte. Die häufig zugleich als königliche missi fungierenden geistlichen Würdenträger übten auf ihren jährlichen Visitationsreisen eine geistliche Gerichtsbarkeit in einer ad hoc als Gericht konstituierten Versammlung, dem sog. Send (synodus), aus, und zwar mittels eines aus dem weltlichen Recht rezipierten Verfahrens; vgl. darüber etwa Dove, R[ichard] W[ilhelm], Beiträge zur Geschichte des deutschen Kirchenrechts. I. Die fränkischen Sendgerichte, in: Zeitschrift für Kirchenrecht, Jg. 4, 1864, S. 1–45. 95 Vermutlich bezieht sich Weber auf die Resultate, die Leopold Karl Goetz in seinen Studien über „Das russische Recht“ gewonnen hat. Danach steht die im wesentlichen in der Regierungszeit des Fürsten Vladimir (980–1015) verfaßte zweite Redaktion des russischen Rechts (Russkaja Prawda) für den Übergang vom altrussischen Volksrecht der ersten Redaktion zu einem stark christlich geprägten Fürsten- oder Amtsrecht. Hierbei spielten die christliche Mission byzantinischer Bischöfe und der darüber vermittelte Import byzantinischer Kultur, insbesondere Rechtskultur, eine entscheidende Rolle; vgl. Goetz, Leopold Karl, Das russische Recht, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 24, 1910, S. 241–517, hier S. 384, 417, 422 f., 433, 440–443 (hinfort: Goetz, Das russische Recht I); ders., Das russische Recht, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 26, 1911, S. 176–426, hier S. 340 f., 417, 421; ders., Das russische Recht, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 31, 1913, S. 1–222, hier S. 79 f.

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chen im Fall der Provokationh.a In der germanischen Dinggemeindei gehörte zu einem gültigen Urteil jdie Akklamation des „Umstands“. An den römischen populus dagegen gelangten zunächst lediglich die Gesuche um gnadenweise Cassation magistratischer Kapitalurteile. Der geringeren Entwicklung der militärischen Disziplin entsprach in der germanischen Dingversammlung das Recht aller Einzelnen zur Urteilsschelte:j kdas Charisma der Rechts앚findung ist nicht exklusiv an seine beruflichen Träger gebunden, sondern jeder einzelne Dinggenosse kann im Einzelfall den Versuch machen, durch einen Gegenvorschlag gegen die Urteilsweisung jenerl sein besseres Wissen zur Geltung zu bringen.96 Der Austrag kann dann ursprünglich nur durch Gottesurteil zwischen den Vertretern der beiden Vorschläge erfolgen, oft mit Strafsanktionen für den Unterliegenden: denn falsches Urteil ist Frevel gegen die das Recht schützenden Götter. Thatsächlich fiel natürlich stets auch Akklamation oder Murren der Gemeinde (deren Stimme in diesem Sinn „Gottes Stimme“ ist) ins Gewicht.97 Der straffen Disziplin der Römer entspricht die ausschließlich magistratische Prozeßinstruktion ebenso wiek mdas ausschließliche Initiativrecht (agere cum populo) der verschiedenenm mit einander konkurrierendenn Kategorien von Beamten.o pDie germanische Scheidung h In B folgt: 〈, und zwar auch nicht als „Urteile“, sondern mehr als „Gnadensachen“〉 a (S. 468) – a Fehlt in A. i A: Wehrgemeinde j – j A: ebenso die Akklamation des gesamten Umstands, wie beim römischen populus dessen Zustimmung zu den wichtigsten generellen Anordnungen der Magistrate. Aber das Vorschlagsrecht für solche Anordnungen lag in beiden Fällen nicht in der Hand jedes einzelnen, sondern in der Hand berufener Instanzen. Und erst allmählich entwickelte sich dort die Urteilsschelte, welche stets den eigenen Vorschlag eines richtigeren Urteils einschließt In B zunächst überarbeitet, dann gestrichen: 〈[. . .] stets den eigenen eventuell durch Gottesurteil zwischen den Dissentierenden zu erprobenden Vorschlag eines richtigeren Urteils einschließt〉 k – k Fehlt in A. l B: jenes m A: und hier das Initiativrecht verschiedener n A, B: konkurrierender o In A folgt, überklebt mit einem Papierstück, das einen Teil der in B folgenden Passage enthält: Der germanische Urteilsvorschlag ging von rechtskundigen Urteilsfindern aus, welche entweder für die einzelne Verhandlung 96 Der Gegenvorschlag eines Dinggenossen konnte prinzipiell auch ohne Urteilsschelte erfolgen. In diesem Fall entfiel das Zwischenverfahren zwischen Scheltendem und gescholtenen Urteilsfindern; die Gerichtsgemeinde entschied lediglich zwischen dem einen oder anderen Urteilsvorschlag; vgl. oben, S. 287–289, 466. 97 Vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 130: „Über die vor die Landesgemeinde gebrachten Anträge entscheidet das versammelte Volk mit gesammtem Munde, indem es seine Mißbilligung durch Murren, sein Vollwort, seine Zustimmung durch Waffenschlag zu erkennen gibt.“

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von Rechtsfindung und Rechtszwang ist eine, die römische Concurrenz verschiedner, gegen einander mit dem Intercessionsrecht versehener Beamter und die Verteilung der Prozeßführung zwischen Beamten und judex ist eine andre Form der „Gewaltenteilung“ in der Rechtspflege. Diese war aber vor Allem auch durch die, hier und dort in der geschilderten Art verschieden geordnete, Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Beamten, Rechtshonoratioren und qWehr- und Dinggemeindeq garantiert. Darauf beruht die Erhaltung des formalistischen Charakters des Rechts und der Rechtsfindung. Wo es dagegen „amtlichen“ Gewalten, also entweder dem Imperium des Fürsten und seiner Beamten, oder der Macht der Priester als der amtlichen Hüter des Rechts gelungen ist, die selbständigen charismatischen Träger des Rechtswissens einerseits, die Beteiligung der Dinggemeinde oder ihrer Repräsentanten andrerseits gänzlich zu Gunsten ihrer eignen Omnipotenz auszuschalten, da hat die Rechtsbildung früh jenen theokratischpatrimonialen Charakter angenommen, dessen Consequenzen für die formalen Qualitäten des Rechts wir bald kennen lernen werden.98 Anders, aber im formalen Erfolg für die Rechtsbildung, wie wir sehen werden,99 ähnlich verlief die Entwicklung da, wo die politisch allmächtig werdende Dinggemeinde, wie etwa in der hellenischen Demokratie, die alten magistratischen und charismatischen Träger der Rechtsfindung ihrerseits gänzlich bei Seite schob und sich selbst als alleinigen souveränen Träger von Rechtssatzung und, namentlich, Rechtsfindung an die Stelle setzte. Wir wollen den Zustand – der namentlich in der germanischen, in schon stark rational verändertem Sinn in der römischen Wehrgemeinde realigewählt wurden (Rachinburgen) oder für Lebenszeit gewählt oder vom Fürsten ernannt wurden (Schöffen). In der allerverschiedensten Art hat sich auch überall sonst die Kombination von Trägern des überlieferten Rechtswissens mit den beamteten Trägern des fürstlichen oder magistratischen Imperium und den von den Interessenten oder von der Dinggemeinde gewählten Trägern der Richterfunktion vollzogen. Wo nicht das Imperium ganz die Oberhand gewann, entstand dabei regelmäßig eine nicht beamtete Schicht von spezifischen Rechtshonoratioren, welche als mehr oder minder maßgebliche Berater die Rechtspflege ähnlich beeinflußten, wie dies die Orakel der Magier und Priester getan hatten. Mit dem wichtigen Unterschied aber, daß dabei vorausgesetzt wurde, sie würden für ihre Urteilsvorschläge oder Gutachten logische Gründe wenn nicht angeben, so doch wenigstens besitzen p (S. 470) – p (S. 474) Fehlt in A. q B: Rechtsgemeinde > Wehr- und Dinggemeinde 98 Siehe unten, S. 510 ff., bes. S. 520 ff., und S. 552 ff., bes. S. 560 ff. 99 Siehe unten, S. 516 f.

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siert ist: –, daßr die Gemeinde der Rechtsgenossen an der Rechtsfindung zwar beteiligt ist, aber die Rechtsfindung nicht souverän beherrscht, sondern nur den Urteilsvorschlag der charismatischen oder amtlichen Träger des Rechtswissens akzeptieren oder verwerfen kann, also auch, zuweilen durch besondre Mittel wie die Urteilsschelte,s beeinflussen kann[,] die „dinggenossenschaftliche“ Rechtsfindung nennen. Nicht entscheidend für ihre Existenz ist die Assistenzt der Gemeinde bei der Rechtsfindung überhaupt. Denn diese findet sich sehr verbreitet, z. B. auch bei den Togo-Negern und ebenso bei den Russen zur Zeit der ersten vorchristlichena Redaktion der Russkaja Prawda. Und es findet sich in beiden Fällen auch ein dem Schöffencolleg entsprechenderb engerer Kreis von Urteilsfindern (bei den Russen: zwölf)[.]100 Bei den Togo-Negern stellen diesen die Sippenältesten oder auch die Ortschaftsältesten, und dies dürfte sehr oft der Anfang der Entwicklung eines Urteilsfindergremiums gewesen sein. Eine Beteiligung des Fürsten fehlt in der Russkaja Prawda – wie früher erwähnt101 – nochc ganz, bei den Togonegern ist er der Vorsitzende und das Urteil wird in gemeinsamer – aber hier schon geheimer – Beratung der Ältesten mit ihm gefunden.102 Was aber in beiden Fällen fehlt, ist die prinzipiell r In B folgt: 〈die im Verband〉 s In B folgt: 〈Versagung der Genehmigung,〉 t B: Mitwirkung > Assistenz a B: heidnischen > vorchristlichen b In B folgt: 〈Ausschuß〉 c Lies: zunächst noch 100 Die afrikanischen Stammesrechte im damaligen Schutzgebiet Togo hat rechtsvergleichend vor allem Asmis untersucht. Den von ihm beschriebenen Gerichtsversammlungen (Palaver) kann jeder zuhören; sie sind zugleich Ort des Rechtsstudiums. Sitz und Stimme haben nur die Gemeindeältesten (Asmis berichtet von 4–12 Beratern), die als Ratgeber und Urteilsfinder des Häuptlings fungieren; dieser führt den Gerichtsvorsitz und kann dem Urteilsvorschlag folgen, sich aber auch gegen ihn entscheiden; vgl. Asmis, Die Stammesrechte des Bezirks Atakpame (Schutzgebiet: Togo), in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 25, 1911, S. 67–130, hier S. 83 ff., 116 f. (hinfort: Asmis, Stammesrechte I); ders., Die Stammesrechte der Bezirke Misahöhe, Anecho und Lome-Land, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 26, 1911, S. 1–132, hier S. 11, 13, 38 ff., 56 f., 71 ff., 75 (hinfort: Asmis, Stammesrechte II). – Die älteste Redaktion des russischen Rechts stammt aus der Zeit vor der Herrschaft des Fürsten Wladimir (980–1015). Als Kodifikation altrussischen Gewohnheitsrechts fällt sie in eine Epoche weitgehend autonomer Verwaltung und Rechtspflege durch die Gemeinden. Es ist darin u. a. die Rede von einem aus „12 Männern“ bestehenden Rechtsfinderkollegium (Russkaja Pravda, I, 19), welches Goetz, Das Russische Recht I (wie oben, S. 469, Anm. 95), S. 418, 423, als „Gemeindegericht“ bezeichnet. 101 Siehe oben, S. 469. 102 Dies ergibt sich u. a. aus der Darstellung von Asmis, Stammesrechte II (wie oben,

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gleichberechtigte Mitwirkung des „Umstandes“ bei der Rechtsfindung unter Wahrung des charismatischen Charakters dieser letzteren. Doch scheint in Afrika und auch sonst etwas Ähnliches gelegentlich vorzukommen. dWo die Beteiligung der Gemeinde als „Umstand“d besteht, da wird einerseits der formale Charakter des Rechts und der Rechtsfindung weitgehend gewahrt: denn edie Rechtsfindunge ist nicht Sache des Beliebens oder der Gefühlsemotionen derjenigen, für die das Recht gelten sollf, denen 앚 es nicht zug „dienen“, sondern die es zu beherrschen prätendiert, sondern Produkt der Offenbarung der Rechtsweisen. Andrerseits steht deren Weisheit, wie jedes echte Charisma, unter dem Zwang, sich durch Überzeugungskraft „bewähren“ zu müssen und kann indirekt, durch diese Notwendigkeit, das „Billigkeits“-Gefühlh und die Alltagserfahrung der Rechtsgenossen sehr nachhaltig zur Geltung gelangen. Das geformte Recht ist auch dann formell „Juristenrecht“, denn ohne spezifische Sachkunde nimmt es die Form der rationalen Regel nicht an. Aber es ist zugleich materiell „Volksrecht“.103 Der Epoche „dinggenossenschaftlicher“ Justiz – die übrigens, in ihrem hier gemeinten präzisen Sinne: als eine (verschiedenartig mögliche) Gewaltenteilung zwischen Autorität des Rechtscharisma und Ratifikation der Ding- und Wehrgemeinde[,] keineswegs universelle Verbreitung gehabt hatj – dürfen wir wohl mit großer Wahrscheinlichkeit die Entstehung der „Rechtssprichwörter“ zuschreiben. Ihr regelmäßiges Spezificum ist: daß sie die formalen Rechtsnormen zusammen mit einer anschaulich-populären Begründung enthalten, nach Art etwa des Satzes: „Woj Du dei-

d B: Wo 〈〈sie〉 der Umstand〉 die Gemeinde Die Emendation folgt WuG5, S. 455. e B: das Urteil > die Rechtsfindung f Fehlt in B; soll sinngemäß ergänzt. g Fehlt in B; zu sinngemäß ergänzt. h Bindestrich fehlt in B. i B: haben muß > hat j B: wo S. 472, Anm. 100), S. 40, 75. Danach „gehen der Häuptling und die Ältesten beiseite, so daß sie von dem Umstand nicht gehört werden können“ (ebd., S. 40; vgl. auch ders., Stammesrechte I (wie oben, S. 472, Anm. 100), S. 84 f.); oder die „Beratung“ zwischen Ältesten und Häuptling wird – für die „versammelte Menge“ nicht erkennbar – über einen Sprecher vermittelt (vgl. ebd., S. 75). Zeigt Asmis schon mit dem zuletzt genannten Fall an, daß die geheime Urteilsberatung von Häuptling und Ältesten nicht ausnahmslos gilt, so gibt er andere Beispiele, in denen sie exklusives Ältestenrecht ist (vgl. ders., Stammesrechte I, S. 116 f.; ders., Stammesrechte II, S. 13, 57). 103 Zum Gegensatz von „Volksrecht“ und „Juristenrecht“ vgl. oben, S. 443 f. mit Anm. 29.

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nen Glauben gelassen hast, mußt Du ihn suchen“, oder kürzer: „Hand muß Hand wahren“.104 Sie entspringen einerseits der durch die Beteiligung der Gemeinde bedingten Popularität und relativ großen Laienkenntnisse vom Recht, andrerseits ist ihre Formulierung Produkt einzelner, geschult oder dilettantisch über die Maximen häufig wiederkehrender Entscheidungen nachgrübelnder Köpfe, besonders oft sicherlich der Rechtspropheten. Sie sind fragmentarische „Rechtssätze“ in Form von „Parolen“. Ein formell irgendwie entwickeltes „Recht“ dagegen, als Complex bewußter Entscheidungsmaximen, hat es ohne die maßgebende Mitwirkung geschulter Rechtskundiger nie und nirgends gegeben. Ihre Kategorien lernten wir schon kennen.p 105 Zusammen mit den beamteten Trägern der Rechtspflege bilden kdie „Rechtshonoratioren“:i Gesetzessprecher, Rachimburgen, Schöffen, eventuell Priester[,] die mit der Rechtsfindung befaßtek Schicht der „Rechtspraktiker“. Mit zunehmenden Ansprüchen der Rechtspflege an Erfahrung und schließlich an fachmäßige Kenntnis treten ihnen die privaten Berater und Sachwalter m(Fürsprecher, Advokaten)m der Rechtsinteressenten als eine weitere Kategorie nvon oft für die Rechtsgestaltung durch „Rechtserfindung“ sehr einflußreichen Rechtspraktikern zur Seite,o von deren Entwicklungsbedingungen wir noch zu reden haben werden[.]106 Der zunehmende Bedarf nach juristischer Fachkenntnis schuf den Berufsanwalt. Diesen steigenden Ansprüche an Erfahrung und Fachkenntnis der Rechtspraktiker und damit der Anstoß zur Rationalisierung des Rechts im allgemeinen gehen p (S. 470) – p Fehlt in A. k A: diese Rechtshonoratioren die l Doppelpunkt fehlt in B. m A: (Anwälte und Fürsprecher) n – n A: einflußreicher Rechtspraktiker zur Seite. Die o In B folgt: 〈Schon in fränkischer Zeit ist es üblich, daß die Partei einen an der Urteilsfindung Beteiligten als ihren 〈Für〉 „Vorsprecher“ wählte und daß der Richter die Vorsprecher der Parteien um ihre Urteilsvorschläge [ersuchte]. Hier 〈ist〉 war also Urteilsfindung und Anwaltschaft noch nicht geschieden, sondern in ganz naiver Weise ein persönliches 〈ein Patronage-〉 Clientel-Verhältnis 〈zwischen Partei und einem〉 hergestellt zwischen der Partei und einem an der Entscheidung von Amts wegen beteiligten Honoratioren. Die Trennung von Anwaltschaft und Urteilsfindung, „bar“ und „bench“, vollzog sich erst im Lauf des Mittelalters und für die Organisation der ersteren wurde [namentlich] das canonische Prozeßverfahren wichtig. 〈Jene〉 Wir werden davon noch zu reden haben.〉 104 Zu diesem Rechtssprichwort vgl. oben, S. 291, Anm. 48. 105 Über Rechtsprecher, Gesetzsprecher, Rachimburgen, Schöffen und Priester als „Rechtshonoratioren“ siehe oben, S. 460–465. 106 Siehe unten, S. 476–484.

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fast immerp aus von steigender Bedeutung des Güterverkehrs und der앚jenigenq Rechtsinteressenten, welche an ihm beteiligt sind. Denn rvon hier erwachsenr die immer neuen Probleme, für deren Erledigung fachmäßige und d. h. rationale Schulungs unabweisbares Erfordernis wurde.t uUns gehen hier speziell die Wege und Schicksale der Rationalisierung des Rechts, der Entwicklung seiner heutigen spezifisch „juristischen“ Qualitäten also, an. Wir werden sehen,107 daß ein Recht in verschiedner Art, und keineswegs notwendig in der Richtung der Entfaltung seiner „juristischen“ Qualitäten, rationalisiert werden kann. Die Richtung, in welcher diese formalen Qualitäten sich entwickeln, ist aber bedingt direkt durch so zu sagen „innerjuristische“ Verhältnisse: die Eigenart der Personenkreise, welche auf die Art der Rechtsgestaltung berufsmäßig Einfluß zu nehmen in der Lage sind, und erst indirekt durch die allgemeinen ökonomischen und sozialen Bedingungen. Allen voran steht die Art der Rechtslehre, das heißt hier: der Schulung der Rechtspraktiker.u 앚

p Fehlt in A. q Blatt A 6/B 16 ist nur mit wenigen Zeilen beschrieben. r A: er schafft s In A folgt: der Rechtspraktiker t In A folgt: Maß und Richtung der Rationalisierung aber hing von der Art dieser Schulung und damit von der Eigenart desjenigen Personenkreises ab, in dessen Händen sie lag. In B zunächst überarbeitet, dann gestrichen: 〈Die Entwicklung der 〈Rechtsentw〉 formellen Qualitäten des Rechts aber hing 〈〈von der Art dieser berufsmäßigen Träger〉 von 〈Rechtspraktikern〉 berufsmäßigen Trägern〉 überall zunächst von sozusagen „internen“ juristischen Verhältnissen 〈der Rechtspflege, [??] [??]〉 des Rechts ab, welche darauf den entscheidenden Einfluß ausübten. Zunächst natürlich von der Eigenart derjenigen ihrer berufsmäßigen Träger, in dessen Händen sie lag.〉 u – u Fehlt in A. 107 Gemeint sind die speziell in den §§ 5–8, unten, S. 510 ff., folgenden Ausführungen über den Rationalismus des theokratischen und patrimonialen Rechts, des Naturrechts und des modernen formalen Rechts.

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a

B Db WuG1 455, Forts.

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bEmpirische

und rationale Rechtslehre:c dAnwaltsschulung und Universitätse e f [ ] S. [476] – Theokratische Rechtsschulung [.] S. [486] – Die „Rechtsg bücher“[.] S. [487] – Die römischen Juristen und die formalen Qualitäten des römischen Rechts. S. [495] –b a schulungd .

diej Entwicklung einesk „fachmäßigen“h Rechtslehrgangs und damit auch leines spezifischen Rechtsdenkensl gibt es zwei einander entgegengesetzte mMöglichkeiten. Entweder: empirischem Lehre des Rechts durch nPraktiker, ausschließlich oder dochn vorwiegend in der Praxis selbst, also o„handwerksmäßig“ im Sinn von „empirisch“.p – Oder:o theoretische Lehre des Rechts in besonderen Rechtsschulen und in Gestalt rational systematischer Bearbeitung, also:q „wissenschaftlich“ in diesem rein technischen Sinn. Ein ziemlich reiner Typus der ersten Art von Behandlung war die englische zunftmäßige Rechtslehre durch die Anwälte.r sDas Mittelalter schied scharf den „Fürsprecher“ vom „Anwalt“.1 Ersterer ent-

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A – B 1 hFüri

a – a Fehlt in A. b – b Die Inhaltsübersicht ist links mit eckiger Klammer und Satzanweisung von fremder Hand: Petit versehen. c In B folgt:  S . . .¯ d B:  Englische¯ Anwaltsschulung und  continentale¯ Universitätsschulung e B:  Priesterliche¯ Theokratische Rechtsschulung   und S . . .¯ des Orients¯ f B:  Empirische Rechtsschulung durch¯ Die g B: Juristen.  S . . .¯ h A: Sehen wir zunächst von der Rolle ab, welche reine Privatleistungen einzelner in der Entwicklung des i In B geht am oberen Blattrand voraus: § [Spatium]. Die Typen iades Rechtsdenkensia und die Rechtshonoratiorenib. ia B: der Rechtsschulung  des Rechtsdenkens ib B: formellen Qualitäten des Rechts  Rechtshonoratioren In das Spatium ist von fremder Hand die Ziffer 4 eingefügt. j B: der k In B folgt:  rationalen¯ l A: des Rechtsdenkens zukam, so m A: Möglichkeiten: Empirische n A: Praktiker ganz allein oder doch ganz o – o A: in diesem Sinn handwerksmäßig, oder p B: „empirisch“, q Doppelpunkt fehlt in A. r In A folgt: Nur wer die Lehrzeit beim Anwalt durchgemacht hatte, innerhalb deren allerdings auch schulmäßiger Unterricht sich fand, also eine Analogie etwa der obligatorischen Lehrlingsschulen im Handwerk, wurde nach zünftigem Befähigungsnachweis zur Barre zugelassen. Nur aus der Zahl dieser durch die Zunft zugelassenen Anwälte gingen die Richter hervor. In B zunächst fortgesetzt, dann die gesamte Passage gestrichen:  Der englische „advocate“ war dabei [dem] subalternen Betrieb des unmittelbaren Parteiinteresses entrückt: die Herbeischaffung des Thatsachenmaterials und alles rein Technische besorgt für die Partei privatim ihr „solicitor“. Der „advocate“ dagegen war der Rechtshonoratiore, der für sie bei Gericht eintritt, indem er sich auf die Herauspräparierung des für die Entscheidung rechtlich Relevanten beschränkt. So hat er hinlänglich Distanz gegenüber dem bloßen Stoff, um ihm souverän gegenüberzustehen.¯ s – s (S. 480) Fehlt in A. 1 Hier stützt sich Weber im Folgenden vermutlich stark auf Brunner, Heinrich, Die

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sprang den Eigentümlichkeiten des dinggenossenschaftlichen Prozesses, letzterer trat mit der Rationalisierung des Prozeßverfahrens in dent fürstlichen Gerichten mit Jury-Verfahren und Beweiskraft der Protokolle (Records) auf.2 Namentlich in der Geschichte des französischen Prozesses tritt der Wortformalismus als Quelle des „Fürsprecher“-Instituts im Zusammenhang mit der strengen Verhandlungsmaxime des dinggenossenschaftlichen Prozesses deutlich hervor.3 Der Grundsatz: „Fautes valent exploits“,4 und die strenge Gebundenheit der Parteien selbst sowohl wie der Urteiler an das einmal ausgesprochene rechtsförmliche Wort nötigten den Laien zur Zuziehung eines „avantparlier“, „prolocutor“, der aus dem Kreise der Urteiler der Parteia vom Richter auf Antrag beigegeben wurde, um statt ihrer und in ihrem Namen die für den Fortgang des Rechtsgangs erforderlichen Worte „vorzusprechen“,5 wodurch zugleich die Partei – da sie nicht selbst gesprochen hatte – als Vorteil u. a. die Möglichkeit der „Wandelung“ (amendement)6 begangener Versehen gewann. Der Vorsprecher (counsel) steht ursprünglich neben der Partei vor Gericht. Er ist dadurch vom „Anwalt“ t In B folgt:  Königs¯

a B: Partei,

Zulässigkeit der Anwaltschaft im französischen, normannischen und englischen Rechte des Mittelalters, in: ders., Forschungen, S. 389–443 (hinfort, Brunner, Zulässigkeit), sowie Brunner, Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 357–362. 2 Zu den königlichen Prozeßreformen, speziell zur englischen Jury, vgl. oben, S. 449– 451, und unten, S. 556–559. 3 Für den Ausgang des Prozesses war die „richtige“ Verwendung und Aussprache prozessualer Formeln entscheidend, weshalb Spezialisten (Vor- bzw. Fürsprecher) vor Gericht buchstäblich als „Sprachrohr“ der Parteien fungierten; vgl. dazu bes. Brunner, Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 260 ff., bes. 266–285. 4 Gemeint ist der im altfranzösischen Prozeßrecht geltende Grundsatz, daß formwidrige Prozeßhandlungen nicht wiederholbar oder heilbar waren. Diese von Brunner vorgeschlagene Deutung, der Weber folgt, war in der zeitgenössischen französischen Rechtsgeschichte allerdings umstritten; vgl. Brunner, Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 275 f., und die ebd., S. 275, Anm. 1, angegebene Literatur. 5 Neben den im Text erwähnten „prolocutor“ und „avantparlier“ nennt Brunner, Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 358, weitere quellenübliche Bezeichnungen für den „Vorsprecher“. Im allgemeinen war seine Bestellung freiwillig, doch kam gelegentlich auch Vorsprecherzwang vor; vgl. dazu ebd., S. 361, und Brunner, Zulässigkeit (wie oben, S. 476 f., Anm. 1), S. 389. 6 Zum „droit d’amendement“, dem Recht der „Erholung und Wandelung“ des vom Vorsprecher „missegesprochenen“ Wortes, das den Grundsatz der Unwandelbarkeit des eigenen Wortes abschwächte vgl. Brunner, Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 362–384; ders., Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 350.

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(avoué, solicitor, attorney, procurator)7 durchaus geschieden;b dieser übernimmt für die Partei den technischen Betrieb der Prozeßvorbereitung und der Herbeischaffung der Beweismittel[.]c Er konnte in dieser Art erst funktionieren, nachdem der Prozeß weitgehend rationalisiert war[.] Ein „Anwalt“ in der heutigen Funktiond ware ursprünglich im Prozeß gar nicht möglich. Alsf „Vertreter“ der Partei konnte er erst auftreten, nachdem die königlichen Prozeßrechte in England und Frankreich die Prozeßvertretung ermöglicht hatten,8 und seine Bestellung beruht in aller Regel zunächst auf speziellem Privileg. Der Vorsprecher war durch seine Stellung nicht gehindert, bei der Urteilsfindung mitzuwirken; ja, um einen Urteilsvorschlag machen zu können, muß er sogar den Urteilern mit angehören.9 Der „Anwalt“ dagegen ist Parteivertreter und nichts als dies. Die Anwälte rekrutierten sich in England in deng königlichen Gerichten ursprünglich fast ganz aus den einzigen Schreibkundigen: den Clerikern, zu deren Haupterwerbsquelle diese Thätigkeit gehörte. Die Interessen des Kirchendienstes einerseits, die steigende Rechtsbildung der vornehmen Laien andrerseits führten zum steigenden Ausschluß der Cleriker vom Anwaltsberuf und dem Zusammenschluß der Laienanwälte in den vier Zünften der „Inns of Court“,10 mit der ausgesprochenen Tendenz b B: geschieden; da  sie, zunächst,¯ c In B folgt: besorgt  und später auch ihre „Vertretung“ übernimmt.¯ d B: Funktion, als  der¯ e Fehlt in B; war sinngemäß ergänzt. f Fehlt in B; Als sinngemäß ergänzt. g In B folgt:  entstehenden¯ 7 Die in französischen und englischen Rechtsquellen den „Anwalt“ als Prozeßführer vom „Vorsprecher“ unterscheidenden Ausdrücke listet Brunner, Zulässigkeit (wie oben, S. 476 f., Anm. 1), S. 390, auf. 8 Vor allem die Prozeßreformen Heinrichs II. in England und Ludwigs IX. in Frankreich (vgl. unten, S. 585 f.) bereiteten der prozessualen Stellvertretung und damit der Zulässigkeit der Anwaltschaft den Weg; vgl. dazu Brunner, Zulässigkeit (wie oben, S. 476 f., Anm. 1), S. 395 f. 9 Dies kennzeichnet zumindest die übliche Praxis in den deutschen Volksrechten; vgl. vor allem Brunner, Zulässigkeit (wie oben, S. 476 f., Anm. 1), S. 390; ders., Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 351. Im altfranzösischen Recht ist nach Brunner dagegen die Teilnahme des Vorsprechers an der Urteilsfindung formal unzulässig gewesen und nur durch einen prozeßtechnischen „Trick“ (scheinbare Vorsprecher-Tätigkeit eines anderen) auch hier geübt worden (vgl. ders., Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 360 f.). 10 Die Common Law-Lehrer schlossen sich im 14. Jahrhundert zu den bekannten Londoner Advokateninnungen („inns of court“): Inner Temple, Middle Temple, Lincoln’s Inn und Gray’s Inn zusammen. Gemeinsam mit den „inns of chancery“ suchten sie gegen die Universitäten einen eigenen juristischen Ausbildungsgang zu etablieren,

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zur Monopolisierung der richterlichen und Rechtskunde er fordernden Beamtenstellen, welche tatsächlich im 15[.]/16[.] Jahrhundert durchgesetzt wurde. Da die alten „prolocutores“ mit dem rationalen Prozeßverfahren fortgefallen waren, so bestandenh jetzt die vornehmen Rechtshonoratioren der „counsels“, „advocates“ aus „Anwälten“. Aber der zur Parteivertretung von den Königsgerichten zugelassene Anwalt übernahm vielei Züge der alten Stellung des Vorsprechers. Er unterlag der strengsten ständischen Etikette. Die technischen Betriebsdienste lehnte er ab, schließlich den persönlichen Verkehr mit der Partei überhaupt, die er nie zu sehen bekam. Der „Betrieb“ lag in den Händen der „attorneys“ und „solicitors“, einerj berufsmäßigen unzünftigen Schicht von Erwerbsgeschäftsleuten ohne zünftige juristische Bildung, welche mit den „advocates“ verkehren, den status causae soweit vorbereiteten, daß der erstere sie juristisch vor Gericht vertreten konnte.11 Die wirklich praktizierenden advocates lebten, genossenschaftlich zusammengeschlossen, in den Zunfthäusern gemeinsam; die Richter gingen ausschließlich aus ihrer Mitte hervor und setzten die Lebensgemeinschaft mit ihnen fort. „Bar“ und „bench“ waren zwei Funktionsformen des geschlossenen Juristenstandes,12 der sich sehr stark[,] im Mittelalter vorwiegend, aus Adligen krekrutierte, zunehmend autonom die Aufnahme in die Zunftk regelte – vierjähriges h B: bestand i B: die  viele j In B folgt:  reinen Erwerbsklasse von Berufs¯ rekrutierte,  regulierte¯ zunehmend autonom die Aufnahme in die Zunft,

k B:

der allerdings nach Erreichen des Monopols wieder verfiel. Die inns waren seither Zünfte der ausschließlich vor Gericht verhandelnden „barristers“ (at law), während die den Verkehr mit den Parteien und die Prozeßvorbereitungen besorgenden „solicitors“ ihre eigene Ausbildung und Organisation hatten; vgl. Holdsworth, W[illiam] S[earle], The Legal Profession in the Fourteenth and Fifteenth Centuries I, in: The Law Quarterly Review, Vol. 23, 1907, S. 448–460, hier S. 456 ff.; ders., The Legal Profession in the Fourteenth and Fifteenth Centuries II, in: The Law Quarterly Review, Vol. 24, 1908, S. 172–183. 11 Als selbständige Berufsgruppe traten die „solicitors“ unter dem Namen „attorney“ (im Gegensatz zu den „countors“, späteren „barristers“) bereits am Ende des 13. Jahrhunderts auf. Unter der Bezeichnung „solicitor“ wurden sie erstmals erwähnt in einer Act von 1605 (3 Jac. I. c. 7) als Parteivertreter bei den Equity-Gerichten, während sie bei den Common Law-Gerichten weiterhin „attorney“ hießen. Die Unterscheidung verlor sich im Laufe der Zeit; umgekehrt wurde jetzt die zwischen „solicitor“ und „barrister“ bedeutsam; vgl. dazu Hatschek, Englisches Staatsrecht II, S. 178 f.; Pollock/Maitland, English Law I, S. 211–217. 12 „Bar“ (Gerichtsschranke) steht für die (plädierende) Anwaltschaft, „bench“ für die Richterbank, also: Richterschaft. Beide rekrutieren sich aus dem „geschlossenen Juristenstand“ (Max Weber), den die „inns of court“ repräsentieren.

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Noviziat, verbunden mit Unterricht an den Innungsschulen, dann „Berufung zur Barre“, die das Recht des Plaidierens gab,13 im Übrigen rein praktische Schulung – und auf Innehaltung der Etikette (Minimalhonorar, durchaus freiwillig und unklagbar) hielt. Die Vorlesungen der Innungsschulen waren lediglich Produkt des Concurrenzkampfs gegen den Universitätsunterricht: sobald das Monopol erreicht war, begannen sie abzusterben und hörten schließlich ganz auf. Seitdem war die Vorbildung rein praktischempirisch und führte, wie in den gewerblichen Zünften, zu weitgehender Spezialisierung.s Diese Art der Rechtslehre produziertel naturgemäß eine formalistische, an Präjudizien und Analogien gebundene Behandlung des Rechts. mSchon die handwerksmäßige Spezialisierung der Anwälte hinderte den systematischen Überblick über die Gesammtheit des Rechtsstoffes[.] Die Rechtspraxisn erstrebte aber auch an sich nicht rationale Systematik, sondernm die Schaffung von praktisch brauchbaren, an typisch wiederkehrenden Einzelbedürfnissen der Rechtsinteressenten orientierten Schemata von Kontrakten und oKlagen. Sie erzeugte daher das, was man auf römischem Boden „Cautelarjurisprudenz“ nannte. Ferner z. B.o die Verwendung von prozessualen Fiktionen, welche die Einordnung und Aburteilung neuer Fälle nach dem Schema schon bekannter erleichtertep und ähnliche praktische Manipulationen. Ausq den ihr immanenten Entwicklungsmotiven rgeht ein rational systematisiertes Rechtr nicht hervor. Auch nur in begrenz-

s (S. 476) – s Fehlt in A. l A: produziert m – m A: Sie ging nicht auf rationale Systematik, sondern auf n B: Anwaltspraxis > Rechtspraxis o A: Klagen aus. Sie erzeugt das, was man auf römischem Boden Cautelarjurisprudenz nannte, ferner p A: erleichtert q A: Dagegen geht aus r A: ein rationales Recht in systematischer Form 13 Das „call to the bar“ bedeutet die Zulassung zur gerichtsplädierenden Barristerschaft nach bestandenen Prüfungen und ordnungsgemäßer Absolvierung der durch die inns vorgeschriebenen Ausbildung. Die für die students obligatorische Teilnahme an den Mahlzeiten während zwölf terms – Reminiszenz an den zünftigen Ursprung der Ausbildung – beinhaltete allerdings, anders als Weber vermutlich im Anschluß an Hatschek, Englisches Staatsrecht II, S. 178, meint, nicht eine vierjährige, sondern eine dreijährige Mindestvorbereitungszeit. Den Irrtum Hatscheks führt Gerland auf die Verwechslung von Studien- (vier pro Jahr) und Gerichtsterms (drei pro Jahr) zurück (vgl. Gerland, Heinrich B[althasar], Die englische Gerichtsverfassung, in zwei Halbbänden. – Leipzig: G. J. Göschen 1910, hier Halbband 2, S. 938, Anm. 5; hinfort: Gerland, Die englische Gerichtsverfassung). So auch Heymann, Überblick, S. 295: Verleihung der Barristerwürde nach Abschluß des Trienniums.

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tem Sinn eine Rationalisierung des sRechts überhaupt. Denn die Begriffe, die sie bildete, warens an handfesten, greifbaren, der Alltagserfahrung anschaulich geläufigen tund in diesem Sinn formalent Tatbeständen orientiert, welche sie athunlichst nach äußeren eindeutigen Merkmalen gegeneinander abgrenzte unda durch die vorhinb erwähnten Mittel nach Bedarf erweiterte.c Nicht aber warend sie Allgemeinbegriffe, welche durch Abstraktion vom Anschaulichen, durch logische Sinndeutung, durch Generalisierung und Subsumtion gebildet und syllogistisch als Normen angewendet wurden.e fDer rein empirische Betrieb gder Rechtspraxis und der Rechtslehreg schließt immer nur vom Einzelnen auf das Einzelne und strebt nie vom Einzelnen hzu allgemeinen Sätzenh, um dann aus diesen die Einzelentscheidung deduzieren zu können. Vielmehr ist er einerseits an das Wort gebannt, welches er nach allen Seiten wendet, deutet, dehnt, um es dem Bedürfnis anzupassen, andrerseits[,] soweit dies nicht ausreicht, auf die „Analogie“ oder technische Fiktionen verwiesen.f Wareni einmal die von den praktischen Bedürfnissen der Rechtsinteressenten geforderten Kontrakt- und Klageschemata jin hinlänglicher Elastizität geschaffen, so konnte daherj das offiziell geltende Recht einen hochgradig archaischen Charakter bewahren und die stärksten ökonomischen Wandlungen formell unverändert überdauern.k Die archaische Casuistik des Seisinerechts z. B., heimisch in den Bedingungen der Hufenverfassung und Grundherrschaft der Nor mannenzeit, hatte sich bis an die Schwelle der Gegenwart mit, theoretisch betrachtet, zuweilenl ganz grotesken Konsequenzen in den Siedlungsgebieten der amerikanischen Zentralstaaten behauptet.14 mEine rationale Rechtss A: Rechts. Die Begriffe, die sie bildet, sind t Fehlt in A. a Fehlt in A. b Fehlt in A. c A: erweitert. d A: sind e A: werden. f – f Fehlt in A. g B: des Rechts  der Rechtspraxis und der Rechtslehre h B: zum Allgemeinen  zu allgemeinen Sätzen i A: Sind j A: geschaffen, so kann k In A folgt: Eine rationale Rechtstheorie aber entsteht aus diesem Zustand heraus an sich überhaupt nicht. l Fehlt in A. m – m (S. 482) A: Wo 14 Das von Weber angesprochene mittelalterlich-feudale Seisinerecht war ein Besitzrecht, das zumindest bis zum 15. Jahrhundert für bewegliche Sachen und Land gleichermaßen galt. „[T]he further back we trace our legal history the more perfectly equivalent do the two words seisin and possession become“, sagt Maitland, F[rederic] W[illiam], The Mystery of Seisin, in: The Law Quarterly Review, Vol. 2, 1886, S. 481– 496, Zitat S. 481. Gerade wegen seiner Herkunft aus der englischen Feudalverfassung wurde es allerdings von den Vereinigten Staaten nur teilweise, besonders in einigen Erbrechtsinstituten, und auch nicht in allen Bundesstaaten gleichmäßig rezipiert. Ent-

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schulung und Rechtstheorie aber entsteht aus diesem Zustand heraus an sich überhaupt nicht. Denn wom die Rechtspraktiker, speziell die Anwälte, als Träger der Rechtslehre und des zünftigen Monopols der Zulassung zur Rechtspraxis sich behaupten, pflegt für die Stabilisierung des offiziellen nRechts, die Fortbildung seiner Anwendung nur ausschließlich auf empirischem Wegen und die Verhinderung seiner olegislatorischen oder wissenschaftlicheno Rationalisierung auch ein ökonomisches Moment sehr stark ins Gewicht zu fallen: ihr Sportelinteresse. Jeder Eingriff in die überkommenen Formen des Rechtsgangs und damit in pden Zustand, daß diep Anpassung der Kontrakts- und Klageschemata an die qformellen Normen einerseits, die Bedürfnisse der Interessenten andrerseits den Praktikern überlassen ist, bedroht deren materielle Interessen. Es warq z. B. den englischen Rechtspraktikern, speziell der Anwaltschaft, in starkem Maße gelungen, reine systematisch rationales Rechtsschöpfung ebenso hintanzuhalten wie eine rationale Rechtsschulung nach Art unsrer Universitäten, und das Verhältnis zwischen „bar“ und „bench“ ist in den angelsächsischen Ländern noch heute radikal anders wie etwa bei uns. Insbesondere lag und liegtr die Auslegung neuer Rechtsschöpfungent in den Händen von Richtern, die aus der Mitte der „bar“a hervorgingen. Der englische Gesetzgeber bmußte undb muß sich daher noch heute bei jedem neuen Gesetz speziell bemühen, ausdrücklich allerhand mögliche „Konstruktionen“ der Rechtspraktiker auszuschließen, welche, wie dies immer wieder geschah, seinen Intentionen direkt czuwider laufen können.15 Diese sozusagen intern und teilweise m (S. 481) – m A: Wo n A: Rechts o Fehlt in A. p A: die Überlassenheit der q A: Praktiker bedroht solche Interessen. Es ist r – r A: die Stabilität des Rechts und den Ausschluß rationaler Rechtsschöpfung hintanzuhalten, und auch s B: rationaler t In A, B folgt: lag a A: Anwaltschaft B: „bench“  „bar“ b Fehlt in A. c (S. 483) A: zuwider laufen. Diese sozusagen innerjuristische, sehr stark ökonomisch, im übrigen sprechend differenziert fiel das Urteil der zeitgenössischen Kommentatoren über Theorie und Praxis des Seisinerechts in den Vereinigten Staaten aus; vgl. etwa Tiffany, Herbert Thorndike, A Treatise on the Modern Law of Real Property and Other Interests in Land, 2 vols. (in one). – Chicago: Callaghan and Co. 1912, S. 31 mit Anm. 36, und S. 422 f., 486 ff.; Kent, James, Commentaries on American Law, ed. by Oliver W. Holmes, Jr., Vol. 4, 12. ed. – Boston: Little, Brown and Co. 1873, S. 383 f.; Bordwell, Percy, Seisin and Disseisin, in: Harvard Law Review, Vol. 34, 1920/21, S. 592–626; 717–740, hier S. 730 ff. 15 Entsprechend der „Amendment“-Natur des englischen Statute Law (vgl. oben, S. 457), welches das Common Law lediglich ergänzen oder abändern soll, muß der

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ökonomisch, im übrigen aberc durch den Traditionalismus des Betriebspraktikers bedingte Tendenz hat die allererheblichsten praktischen Folgen gehabt. Das Fehlen des Grundbuchs z. B. und damit des rationalen Hypothekarkredits war durch ökonomische Anwaltsinteressen an den Sporteln, welche die bei der bestehenden Rechtsunsicherheit unumgängliched Prüfung der Besitztitel einbrachte,16 sehr wesentlich mitbedingt und hat die Grundbesitzverteilung Englands und speziell die Art der Gestaltung der Pacht e(„joint business“)e 17 tiefgreifend beeinflußt. fIn Deutschland fehlte ein derart ständisch abgegrenzter und zünftig organisierter Anwaltstand. Es fehlte sehr lange selbst der Anwaltszwang, der übrigens auch in Frankreich nicht bestand.18 Der Formalismus d A, B: unumgänglichen

e Fehlt in A.

f – f (S. 484) Fehlt in A.

Gesetzgeber, was er ergänzen oder abändern will, genau bezeichnen. Seiner Ergänzungs- oder Abänderungsintention sucht er durch Interpretationsregeln Ausdruck zu verleihen, die der jeweiligen act eigens beigefügt werden; vgl. hierzu Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 121–140. 16 Erst die sog. Land Transfer Act von 1897 (60 & 61 Vict. c. 65) brachte – nach Ansätzen zu Anfang des 16., in der 2. Hälfte des 17. und im frühen 18. Jahrhundert – die Einführung eines Grundbuchsystems. Doch war dies zunächst nur auf die Grafschaft London beschränkt; die Eintragung blieb fakultativ, verlieh allerdings nach 40 Jahren unangefochtenen Besitzes einen absoluten Titel. Solange aber mußten bei Eigentumsübertragung oder -beleihung die üblichen Titelnachweise („investigation of title“) geführt werden; vgl. Heymann, Überblick, S. 321 f., und Hatschek, Englisches Staatsrecht II, S. 404. 17 Über diese Pachtform bemerkt Erwin Nasse, Agrarische und landwirthschaftliche Zustände in England, in: Freiherr von Reitzenstein, F[riedrich] und Nasse, Erwin, Agrarische Zustände in Frankreich und England. Auf Grund der neueren Enquêten dargestellt (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Band 27). – Leipzig: Duncker & Humblot 1884, S. 126–217, hier S. 138: „Denn in England beschränkt sich herkömmlicher Weise der Grundeigenthümer nicht auf Verpachtung seines Landes und Einziehen des Pachtzinses, sondern befindet sich [. . .] gewissermaßen in einer Art von Erwerbsgesellschaft (joint business) mit seinen Pächtern.“ – Weber hatte bereits in: Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 324, Webers Fn. 60, die Beziehung des spätrömischen colonus zu seinem Gutsherren mit dem „joint business“ als erwerbsartigem „Gemeinschaftsverhältnis des Herrn mit seinem Pächter“ in England verglichen. 18 Gemeint ist i. e. S. – wie das Folgende ergibt – das Fehlen des Vorsprecherzwangs im altdeutschen und altfranzösischen Prozeßrecht. Weber stützt sich hier vermutlich auf Brunner, der dies in: Wort und Form (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 361, mit Ausnahme der Kreuzfahrerstaaten für das altfranzösische Recht und in: Zulässigkeit (wie oben, S. 476 f., Anm. 1), S. 389, mit Ausnahme einiger Volksrechte auch für das deutsche Prozeßrecht feststellt. Die zumindest für die Frühzeit des Instituts noch heute vertretene Auffassung war seinerzeit umstritten. So nehmen etwa Heinrich Siegel und Adolf Weißler generell Vorsprecherzwang an, der nur ausnahmsweise (z. B. im Sachsenspiegel und bayerischen Volksrecht) nicht bestanden habe (vgl. Siegel, Heinrich, Erholung und Wandelung im gerichtlichen Verfahren (Sonderdruck aus: Sitzungsbe-

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der dinggenossenschaftlichen Prozedur hatte allerdings auch hier die Patronage durch „Fürsprecher“ und eine Regulierung von deren Pflichten zu einem universellen Bedürfnis werden lassen, dessen ausdrückliche Regelung sich übrigens zuerst in Baiern 1340g fand.19 Aber die Scheidung von Vorsprecher und Anwalt ist hier früh erreicht worden[,] wesentlich unter dem Einfluß des Eindringens des römischen Rechts.20 Anforderungen an die Vorbildung der Anwälte finden sich erst spät, regelmäßig erst auf Beschwerden der Stände hin, in einer Zeit[,] als schon die römisch-rechtliche Universitätsbildung den Standard des vornehmen Rechtspraktikers bestimmte, und bei der Decentralisation der Rechtspflege konnte eine machtvolle Zunft gar nicht entstehen. Fürstliche Reglements, nicht Autonomie[,] bestimmten die Stellung der Anwälte.f Den reinsten Typus der zweiten Art von Schulung des Rechtsdenkens stellt die moderne rationale juristische Universitätsbildung dar. Woh nur derjenige zur Rechtspraxis zugelassen ist, welcher sie absolviert, besitzt siei das Monopol der Rechtslehre. Da sie heute durchweg durch Lehrjahre in der Praxis und daran jang B: 1330 Zur Emendation vgl. Anm. 19. f (S. 483) – f Fehlt in A. wo sie besteht, j – j (S. 485) A, B: anschließendem nochmaligem

h A: Da

i A: sie,

richte der phil.-hist. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften, Band 42). – Wien: K. K. Hof- und Staatsdruckerei 1863, S. 6–8, Anm. 5; Weißler, Adolf, Geschichte der Rechtsanwaltschaft. – Leipzig: C. E. M. Pfeffer 1905, S. 32 f.). 19 Gemeint ist wohl eine Instruktion Kaiser Ludwigs aus dem Jahre 1340, welche die bayerischen Gerichtsverwaltungen zur förmlichen Anstellung von Fürsprechern anwies; Wortlaut der Instruktion in: Monumenta Wittelsbacensia, Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Wittelsbach, Abt. II: Von 1293 bis 1397 (Quellen und Erörterungen zur Bayerischen und Deutschen Geschichte, hg. von der Kommission zur Herausgabe Bayerischer und Deutscher Quellenschriften), hg. von Franz Michael Wittmann. – München: Franz 1861 [ND Aalen: Scientia Verlag 1969], S. 358–361, hier S. 360 f. Die Fürsprecher waren in ihrer Berufsausübung bis zu einer ändernden Regelung der Landordnung von 1474 an ein bestimmtes Gericht gebunden (Lokalisierungszwang); vgl. dazu Rosenthal, Gerichtswesen, Band 1, S. 87. 20 Gemeint ist jener Prozeß, in dessen Verlauf, insbesondere durch die Errichtung des Reichskammergerichts (1495) und der nach seinem Vorbild organisierten Obergerichte, die romanistisch-kanonistische Unterscheidung von Advokatur und Prokuratur als Prozeßvertretungsformen rezipiert wurde. Damit einher ging freilich in den deutschen Rechtsquellen die allmähliche terminologische Konfundierung von „Fürsprecher“, „Prokurator“ und „Anwalt“ gegenüber dem „Advokaten“; vgl. hierzu Brunner, Zulässigkeit (wie oben, S. 476 f., Anm. 1), S. 390 f. Die interne Arbeitsteilung sah für den „Prokurator“ die prozessualischen Handlungen vor Gericht, für den „Advokaten“ die Erstellung von Schriftsätzen und die Parteienberatung vor. Die Trennung der Aufgabenbereiche verlor jedoch schon im Laufe des 16. Jahrhunderts an Verbindlichkeit und war später praktisch bedeutungslos.

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schließenden nochmaligenj Befähigungsnachweis ergänzt wird – nur in den Hansestädten hatte sich in Deutschland der bloße Doktorgrad als Anwaltsqualifikation bis vor kurzem erhalten21 –[,] so ist sie jetztk überall mit der empirischen Rechtslehre kombiniert. Die Begriffe, welche sie bildet, haben den Charakter abstrakter Normen, welche, dem Prinzip nach wenigstens, streng formal und rational durch logische Sinndeutung gebildet und gegeneinander abgegrenztl werden. Ihr rational-systematischer Charakter kann das Rechtsdenken zu einer weitgehenden Emanzipation von den Alltagsbedürfnissen der Rechtsinteressenten führen und auchm der geringe nAnschaulichkeitsgehalt. Die Gewalt der entfesseltenn rein logischeno Bedürfnisse der Rechtslehre und der durch sie beherrschten Rechtspraxis kann die Konsequenz haben, daßp Interessentenbedürfnisse als treibende Kraft für die Gestaltung des Rechts weitgehend gradezuq ausgeschaltet werden. Es hat z. B. bekanntlich immerhin erheblicher Anstrengungen bedurft, um die Übernahme des aus den sozialen Machtverhältnissen der Antike übernommenen Satzes: daß Kauf Miete und Pacht bricht, in das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch zu hindern, zu dessen Bestandteil eine rein logische Konsequenzmacherei ihn werden lassen wollte.22 k A: heute l In A folgt: und angewendet m Lies: ebenso n A: Anschaulichkeitsgehalt und die Gewalt o A, B: logischer p In A folgt: jene q Fehlt in A. 21 In den Norddeutschen Hansestädten (Bremen, Hamburg und Lübeck) reicht bis 1867 die Promotion zum Doctor iuris aus, um als Anwalt zugelassen zu werden. An die Stelle der Promotion trat 1869 eine obligatorische staatliche Prüfung vor dem Oberappellationsgericht Lübeck im unmittelbaren Anschluß an das Universitätsstudium. Erst die reichseinheitliche Regelung der Juristenausbildung durch die Rechtsanwaltsordnung von 1879 im Rahmen der sog. Reichsjustizgesetze führte den mehrjährigen praktischen Vorbereitungsdienst mit abschließendem zweiten Staatsexamen ein; vgl. Seelig, Geert, Die Reichsjustizgesetze und die Hanseatischen Anwälte, in: Hanseatische Rechts- und Gerichts-Zeitschrift, Band 12, 1929, Sp. 494–498, hier Sp. 496 f. 22 Der Satz „Kauf bricht Miete (Pacht)“ spiegelt die Wohn- und sozialen Machtverhältnisse der spätrömischen Republik und des Kaiserreichs wie – in anderer Art – der entstehenden Industriestädte Deutschlands während des 19. Jahrhunderts (Interessenschutz der wirtschaftlich überlegenen Vermieter-(Verpächter-)klasse). Um seine Aufnahme ins Bürgerliche Gesetzbuch gab es erbitterte Auseinandersetzungen, in denen sich freilich am Ende die Gegenansicht („Kauf bricht nicht Miete“, § 571 BGB) durchsetzte. Noch der Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch gibt dem Mieter keinen Schutz für den Fall einer Veräußerung der Mietsache, nach dem Grundsatz „Kauf bricht Miete (Pacht)“; vgl. dazu: Zusammenstellung der gutachtlichen Äußerungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, gefertigt im Reichs-Justizamt, Band 2: Äußerungen zum Recht der Schuldverhältnisse. – Berlin: Norddeutsche Buchdrucke-

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eigentümliche Sonderform rationaler und doch nicht juristisch formaler Rechtslehre wird im reinsten Typusr durch die Rechtslehre der Priesterschulen oder der an Priesterschulen angeschlossenen Rechtsschulen sdargestellt. Wir werden sehen,23 daß ein Teil dieser Eigentümlichkeiten dadurch bedingt wird, daß die priesterliche (und jede ihr nahestehende) Rechtsbehandlung nicht formale, sondern materiale Rationalisierung des Rechts erstrebt. Hier aber bleiben wir zunächst bei gewissen allgemeinen Folgen, die durch formale Besonderheiten ihrer Existenzbedingungen hervorgerufen werden.s Die Rechtslehre solcher Schulen, ausgehend regelmäßig von einem tentweder durch ein heiliges Buch oder durch feste mündliche oder, später, litterarische Tradition fixiertent heiligen Recht, pflegt rationalen Charakters in dem speziellen Sinn zu sein:a daß sie mit Vorliebe eine rein btheoretisch konstruierte, wenigerc an den praktischen Bedürfnissen der Rechtsinteressenten orientierte,d als den Bedürfnissen frei bewegten Intellektualismus der Gelehrten entsprungeneb Kasuistik treibt. Im Fall der Anwendung der „dialektischen“ Methode kann sie abere auch abstrakte Begriffe zeitigen und sich dadurch der rational systematischen Rechtslehre annähern. Allein andererseits ist sie traditionsgebunden, wie alle Priesterweisheit. Ihre Kasuistik ist fdaher[,] soweit sie praktischen und nicht intellektualistischen Bedürfnissen dient, formalistisch in dem speziellen Sinn, daß sie die traditionellen[,] für sie unantastbarenf Normen gegenüber den sich verschiebenden Bedürfnissen der Rechtsinteressenten durch Umdeutung praktisch anwendbar erhalten muß, nicht dagegeng in dem Sinn der Schaffung einer rationalen Rechtssystematik. Und sie schleppt sehr regelmäßig Bestandteile mit sich, welche nur idealeh religiös-ethische Forderungen an die Menschen oder die Rechtsordnung bedeuten, nicht aber die logische Bearbeitung einer empirisch geltenden Ordnung.i r A: Die Übergangsformen zwischen der rationalen und der empirischen Rechtslehre wurden dargestellt durch eine ganze Reihe verschiedenartiger Gestaltungen. Zunächst s – s Fehlt in A. t Fehlt in A. a A: sein, b – b A: begrifflich konstruierte c B: nicht  weniger d B: orientierten, e Fehlt in A. f A: daher oft formalistisch, aber wesentlich in dem Sinn, daß sie die traditionellen g Fehlt in A. h A, B: Ideale i A: Ordnung in sich enthalten. rei und Verlagsanstalt 1890, S. 244–264, und die ebd., S. 244, 246–248, angegebene Literatur. 23 Siehe unten, S. 520 ff.

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Ähnlich pflegt es auch mit den von direkt priesterlicher Leitung ganz oder teilweise emanzipierten, aber an ein heiliges Recht gebundenen Rechtsschulenj zu stehen.k lAlle „heiligen“ Rechte nähern sich in der Form, in welcher sie sich rein äußerlich darstellen, einem Typus, welchen namentlich das indische Recht sehr deutlich wiedergiebt. Soweit nicht, wie in der „Buchreligion“, bestimmte Gebote durch eine schriftlichem Offenbarung oder inspirierte Niederschrift von Offenbarungen fixiert sind, muß ndas heilige Rechtn „authentisch“ überliefert sein, das heißt durch eine geschlossene Kette von Zeugen; bei den Buchreligionen aber muß sowohl die authentische Interpretation der heiligen Normen wie ihre Ergänzung durch anderweite Überlieferung ebenso garantiert sein. Dies ist einer der wesentlichen Gründe für die Ablehnung der schriftlichen Tradition, die z. B. dem hinduistischen mit dem islamischen Recht gemeinsam ist: die Tradition muß unmittelbar von Mund zu Mund durch verläßliche heilige Männer gegangen sein: ein Vertrauen auf schriftliche Aufzeichnungen würde bedeuten: daß man Pergament und Tinte glaubt statt den charismatisch qualifizierten Menschen, den Propheten und Lehrern.24 Daß der Koran selbst ein Schriftwerk war – schon die Suren wurden ja von Muhammed normalerweise in sorgsamer schriftj In A folgt: (z. B. den hinduistischen und muhammedanischen) k In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz! l – l (S. 491) Fehlt in A. m B: schriftlich n B: die Tradition  das heilige Recht 24 Über den von den indischen Brahmanen festgehaltenen Grundsatz der Mündlichkeit der Tradition vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 256 f.; auch Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 203–205. Im Islam jedoch scheint seine strenge Durchführung schon früh relativiert. So wird auf die Umdeutung schriftlicher Überlieferung in mündliche hingewiesen (vgl. Goldziher, Ignaz, Neue Materialien zur Literatur des Überlieferungswesens bei den Muhammedanern, in: Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Band 50, 1896, S. 465–506, hier S. 497 f.; hinfort: Goldziher, Materialien); es wird die Schriftlichkeit als früheste Überlieferungsmethode diskutiert (vgl. Goldziher, Ignaz, Muhammedanische Studien, Theil 2 (2 Teile in einem Band). – Halle a. S.: Max Niemeyer 1890, S. 8–11; hinfort: Goldziher, Muhammedanische Studien); Juynboll, Th[eodoor] W[illem], Handbuch des islamischen Gesetzes. Nach der Lehre der schafi’itischen Schule nebst einer allgemeinen Einleitung. – Leiden, Leipzig: E. J. Brill, Otto Harrassowitz 1910, S. 15); und zumindest die spätere Anerkennung schriftlicher Tradition bei sorgfältiger Dokumentation der Gewährsmännerkette angenommen (vgl. Goldziher, Materialien, S. 475 f., Becker, C[arl] H[einrich], „Islam“, in: RGG, Band 3, 1912, Sp. 706–745, hier Sp. 721; hinfort: Becker, Islam). Die Frage der Schriftlichkeit der Tradition ist allerdings in der zeitgenössischen Forschung umstritten; vgl. darüber Goldziher, Muhammedanische Studien, S. 194–202.

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licher Fixierung nach Beratung mit Allaho publiziert –[,] sucht daher die islamische Lehre gradezu durch ein Dogma von der physischen Erschaffung der einzelnen Koranexemplare durch Allah selbst zu rechtfertigen. Für die Hadiths galt Mündlichkeit. Erst in einem späteren Stadium pflegt die Schriftlichkeit im Interesse der durch rein mündliche Tradition gefährdeten Einheitlichkeit der Überlieferung vorgezogen zu werden. Dies verbindet sich dann regelmäßig mit der uns schon bekannten25 typischen Ablehnung neuer Offenbarungen mit der Motivierung: daß das charismatische Zeitalter längst zu Ende sei. Stets pflegt dabei der für den „Anstalts“-Charakter der religiösen Gemeinschaft26 grundlegende Satz festgehalten zu werden (den neuestens noch Fr[ei]h[err] v. Hertling gut formuliert hat)27: daß nicht die heiligen Schriften die Wahrheit der Tradition und der Kirchenlehre, sondern umgekehrt die Heiligkeit der als Fideicommiß der Wahrheit von Gott gestifteten Kirchen und ihrer Tradition die Echtheit der heiligen Schriften garantiere. Das ist consequent und praktisch: das umgekehrte (altprotestantische) Prinzip setzt ja die heiligen Quellen der historischen und philologischen Kritik aus.28 – Für den Hinduismus sind die Veden die heiligen Bücher. „Recht“ enthalten sie wenig, noch weit weniger als der Koran undp namento B: Gott  Allah

p In B folgt:  Bibel¯,

25 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 207. 26 Die anstaltsmäßig verfaßte religiöse Gemeinschaft nennt Weber, Kategorien, S. 287, „Kirche“. – Zum kirchlichen Ursprung des juristischen Anstaltsbegriffs vgl. aber oben, S. 397–399. 27 Der Philosoph und spätere Reichskanzler Georg Freiherr von Hertling hat in religionswissenschaftlichen und -philosophischen Publikationen diesen Unterschied zwischen katholischem und protestantischem Bibelglauben aus der Sicht des bekennenden Katholiken wiederholt zur Sprache gebracht, so daß ein sicherer Nachweis der Weberschen Bezugsstelle nicht möglich ist. In der Abhandlung: Das Princip des Katholicismus und die Wissenschaft. – Freiburg i.Br.: Herder 1899, S. 15, heißt es beispielsweise: „Nach unserer Auffassung ist die Kirche älter wie die heiligen Schriften, aus ihrer Hand entnehmen wir diese letzteren, sie verbürgt ihre Glaubwürdigkeit, und gegenüber den Gefahren der handschriftlichen Überlieferung, gegenüber den Umgestaltungen des Wortlautes bei dem Übergange in alle Sprachen der Erde ist uns die Kirche die allein zuverlässige Auslegerin des Sinnes und der Tragweite aller einzelnen Aussprüche.“ 28 Der (lutherische) Protestantismus negierte die kirchliche Lehrautorität und betrachtete statt dessen die Bibel als unmittelbar göttliche Offenbarung. Wissenschaftliche Bibelexegese und -kritik waren die Konsequenz aus diesem Paradigmenwechsel.

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lich die Thora.q 29 Die Vedenr galten als „sruti“ (Offenbarung). Alle abgeleiteten heiligen Quellen alss smeti („Erinnerung“, Tradition). Die wichtigsten Kategorien der sekundären Litteratur[,] die Dharmasutras und Dharmasastras (letztere versifizierte, erstere prosaische, letztere durchweg zu den smetis gezählt, erstere eine Mittelstellung einnehmend)[,] sind dagegen Kompendien der Dogmatik, Ethik und Rechtslehre und stehen als solche neben der Tradition über die als exemplarisch geltende Lebenspraxis und die Lehre heiliger Männer. Dieser letzten Quelle entsprechen genau die islamischen „hadiths“: Tradition über exemplarisches Verhalten des Propheten oder seiner Genossen und nicht in den Koran aufgenommene Aussprüche des ersteren. Nur daß das prophetische Zeitalter des Islam als mit dem Leben des Propheten abgeschlossen gilt. Die indischen Dharma-Bücher dagegen konnten im Islam[,] dem Charakter der Buchreligion mit nur einer heiligen Schrift entsprechend[,] ebensowenig wie im Judentum und Christentum eine Analogie haben. Als „Rechtsbücher“, das heißt Privatarbeiten von Rechtsgelehrten, sind sie, namentlich eines der späteren von ihnen – das Rechtsbuch des Manu30 –[,] lange Zeit in den Gerichten maßgebend gewesen, bis sie durch die systematischen Compilationen und Commentare der Gelehrtenschulen so völlig aus der Praxis verdrängt wurden, daß zur Zeit der englischen Eroberung eine solche tertiäre Quelle: die Mitaksara (aus dem 11. Jahrhundert)[,] thatsächlich die Praxis bestimmte.31 Ähnlich ist es der islamischen q In B folgt ein Doppelstrich. Bedeutung unklar. s Fehlt in B; als sinngemäß ergänzt.

r B: Dharmasutra’s  Veden

29 Vermutlich stützt sich Weber hier und in den folgenden Bemerkungen über das indische Recht – wie ders., Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 52, Forts. von Webers Fn. 1 (S. 49), nahelegt – wesentlich auf Jolly, Recht (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), bes. S. 1 f., 44; vgl. auch Jolly, Julius, Über die Systematik des indischen Rechts, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 1, 1878, S. 234– 260, hier S. 238 f. 30 Das dem Manu, dem mystischen Urvater Indiens, zugeschriebene religiöse Rechtsbuch (Manusmrti) enthält Normen höchst heterogenen Inhalts. Neben religiösethischen Normen und Ritualvorschriften stehen rein weltliche Normen öffentlich- und privatrechtlichen Charakters. Seine Entstehungszeit läßt sich nicht näher bestimmen, doch reichen Teile wohl bis ins 10. Jahrhundert v.Chr. zurück; den Text findet man in: The laws of Manu, transl. with extracts from 7 commentaries by G[eorg] Bühler (The Sacred Books of the East, Vol. 25). – Oxford: Clarendon Press 1886. 31 Weber stützt sich vermutlich auf Jolly, Recht (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 2: „Als die Producte einer neueren Zeit und inspiriert von mächtigen Fürsten und Mini-

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„Sunna“ durch die kanonisch gewordenen systematischen Compendien und die Commentare dazu ergangen, wie noch zu erwähnen sein wird;32 in geringerem Grad der Thora durch die Arbeiten der Rabbinen in der Antike (den Talmud) und tim Mittelaltert[.] Die rabbinische Rechtsbildung lag aber in der Antike unda in gewissem Umfang bis heute, die islamische liegt in starkem Maße bis heute in der Hand respondierender theologischer Juristen, während weder der Hinduismusb noch die christlichen Kirchen – nach dem Erlöschen der charismatischen Prophetie und Didaskalie, welche aber nicht rechtlichen, sondern ethischen Charakters war –,c etwas Derartiges gekannt haben. Aus entgegengesetzten Gründen. Nach indischem Recht gehört der Hauspriester des Königs dessen Gericht an und büßt falsches Urteil durch Fasten. Alle wichtigen Sachen sind Königsgerichtssachen. Die Einheit der weltlichen und religiösen Justiz ist also gewahrt,d und für einen konzessionierten Stand von respondierenden Rechtshonoratioren ist kein Raum[.] Die christliche Kirche des Abendlandes dagegen schuf sich in den Conzilien, dem Amtsapparat der Bischöfe und der Kurie und vor Allem der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt und dem unfehlbaren Lehramt Organe zu rationaler Rechtsschöpfung, wie sie den sämtlichen anderen großen Religionen fehlen. Daher spielen hier neben Conzilsschlüssen und den Dekretalen der Päpste die Rechtsauskünfte und Verfügungen der kirchlichen Behörden die Rolle, welche im Islam dem Fetwa des Mufti und im Judentum dem Gutachten der Rabbinen zukommt.e Die hinduistische Rechtsgegelehrsamkeit war daher sehr stark rein schulmäßig-theoretisch und systematisierend, in den Händen von Philosophen und Theoretikern liegend und trug die typischen Züge eines sacral ge- bundenen theoretischen und systematischen[,] aber sehr wenig an der Hand der Praxis sich entwickelnden Rechtsdenkens in besonders hohem Grad an sich, wesentlich stärker jedenfalls als das t B: des Mittelalters a In B folgt: und  für¯ b B: Hinduismus, c B: war, – d B: gewahrt. e In B folgt:  Der systematische Charakter sowohl des hinduistischen wie des christlichen heiligen Rechts ist zum Teil die Folge dieses  Zustandes.¯ Gegensatzes¯ stern haben diese umfänglichen Compilationen nach und nach die Smrtis so völlig aus dem Gebrauch verdrängt, daß zur Zeit der Begründung der englischen Herrschaft über Ostindien die Mita¯ksara¯, ein Rechtscompendium des 11. Jahrhunderts, in dem größten Teil Indiens als das maßgebende Werk galt.“ 32 Siehe unten, S. 526–529.

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canonischef Recht.g l hAlle eigentlich typischen „heiligen“ Rechte, also namentlich das indische, sind Produkte der Schullehre. In allen ihren Bearbeitungen wird daher eine Fülleh von Kasuistik längst veralteter Institute vorgetrageni (z. B. die Ordnung der vier Kasten bei Manu, jalle veraltetenj Teile des Schariat in den islamischen Schulen). kNicht selten pflegt, infolge des Primats des Lehrzwecks und der rationalen Natur des priesterlichen Denkens, die Systematik derartiger Rechtsbücher eine rationalere zu sein, als diejenige von priesterfreien Schöpfungen ähnlicher Art. Indische Rechtsbücher sind wesentlich „systematischer“ als etwa der Sachsenspiegel. Aber die Systematik ist keine juristische, sondern eine solche nach Ständen oder nach praktischen Lebensproblemen. Denn diese Rechtsbücher sind[,] da ihnen das Recht im Dienst heiliger Zwecke steht[,]k Kompendien nicht nur des Rechts, sondern zugleich auch ldes Rituals,l der Ethik und unter Umständen der gesellschaftlichen Konvention und Höflichkeitslehre. Kasuistische und deshalb unanschauliche und unkonkrete, dabei aber doch weitgehend juristisch unformale und nur relativ rational systematisierte Behandlung des Rechtsstoffs ist die normale Folge. Denn in allen diesen Fällen ist weder[,] wie beim reinen Rechtspraktiker[,] der Geschäftsbetrieb mit seinem konkreten Anschauungsmaterial und seinen Bedürfnissen, noch, wie beim mreinen juristischenm Doktrinär, die dogmatisch nur an fachmäßige Voraussetzungen gebundene Logik die treibende Kraft, sondern jene anderen, jedem Fachbetrieb der Rechtspflege heterogenen materialenn Grundlagen. oWiederum anders mußte sich dagegen der Effekt der Rechtsschulung gestalten,o wo ihre Träger Honoratioren waren,p welche zu der Praxis qdes Rechtsbetriebsq Beziehungen beruflicher, aber rnicht in der Artr wie die englischen sAnwälte spezifisch zünftiger und erwerbsberuflicher Art hatten. Eine solche spezifisch mit der f B: christliche  canonische g In B folgt:  Denn  es ist – wie¯ alle schulmäßigen Bearbeitungen von  Recht¯ heiligen Rechten  –¯ sind Produkte der „Lehre“.¯ l (S. 487) – l Fehlt in A. h – h A: Von ihren Erzeugnissen, z. B. den heiligen Rechten der Inder, wie sie in den Bearbeitungen der aus den Unterrichtszwecken hervorgegangenen privaten Rechtskompendien (Manu u. a.) sich präsentieren, wird ein Wust i A: mitgeschleppt j A: große k – k A: Sie sind ferner l Fehlt in A. m A: rein fachjuristischen n Fehlt in A. o A: Ganz anders stellt sich der Effekt der privaten Rechtsschulung, p A: sind, q A: eines Rechtsbetriebs B: des Rechtsbetriebs  , als Schöffen oder Belehnte¯ r A: nicht – s – s (S. 492) A: Anwälte – erwerbsberuflicher Art haben, welcher

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Rechtspraxis befaßte Honoratiorenschicht ist im Ganzen nur dann möglich, wenn einerseits der Rechtsbetriebs von sakraler Beherrschung frei tist, andrerseits der Umfang der beruflichen Belastung noch nicht das durch städtische Verkehrsbedürfnisse bedingte Maß erreicht hat. Dahin gehörent die mittelalterlichen empirischen Juristen des anordeuropäischen kontinentalen Okzidents.a bZwar in den ökonomischen Zentren des Verkehrs findet nur eine Verschiebung der Rechtshonoratiorenfunktion vom Consulenten auf den Cautelarjuristen statt. Und auch diese unter eigentümlichen Bedingungen. Nach dem Untergang des Römerreichs blieben in Italien als einzige Schicht, innerhalb deren sich die Traditionen eines entwickelten Verkehrsrechts fortpflanzen und umbilden konnten, die Notare. Sie wurden dort die spezifische und lange Zeit beherrschende Rechtshonoratiorenschicht[.] cInnerhalb der schnell wachsenden Städte schlossen sie sich zu Zünften zusammenc und waren ein sehr wichtiger Bestandteil des popolo grasso33, also eine auch politisch mächtige Honoratiorenschicht. Gerade der kaufmännische Geschäftsverkehr bewegte sich hier dvon Anfang and in der Form notarieller Urkunden; die Prozeßordnungen der Städte, so z. B. Venedigs, bevorzugten den Urkundenbeweis als rationales Beweismittel34 gegenüber den irrationalen Beweisformen des alten dinggenossenschaftlichen Prozesses. Ihren Einfluß auf die Entwicklung der Wertpapiere lernten wir schon kennen.35 Die Notare waren aber überhaupt eine der für die Rechtsentwicklung maßgebendsten Schichten[,] bis zur Entwicklung des gelehrten Richterstandes in Italien wohl die maßgebende Schicht. Ebenso wie ihre Vorgänger im hellenistischen Osten der Antike36 haben sie an der s (S. 491) – s Vgl. oben, S. 491. t A: ist. Dahin gehören vor allem a A: Okzidents, b – b (S. 494) Fehlt in A. c B:  In Italien waren¯ Innerhalbca der schnell wachsenden Städte  die Notare als Stand¯ schlossen sie sich zu Zünften zusammen  -geschlossen.¯ ca B: innerhalb  Innerhalb d B: sehr früh  von Anfang an 33 Gemeint sind damit die im 13. Jahrhundert in den italienischen Städten zur politischen Herrschaft gelangenden sog. arti maggiori („popolo grasso“, wörtlich: „fettes Volk“), welche sich nach Weber, Die Stadt, MWG I/22–5, S. 204 f., aus „den Schichten mit Universitätsbildung oder Kapitalbesitz“ zusammensetzten: „denn jene 7 oberen Zünfte, welche die Richter, Notare, Wechsler, Händler in fremden Tuchen, Händler in Florentiner Wolltuchen, Seidenhändler, Ärzte, Spezereihändler, Pelzhändler umfaßten, führten jenen Namen.“ Zur bedeutenden politischen und verwaltungstechnischen Funktion der Notarsschicht vgl. ebd., S. 207. 34 Vgl. etwa die Quellennachweise bei Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 174 f. 35 Siehe oben, S. 334–339. 36 Vgl. oben, S. 336 f.

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interlokalen Rechtsausgleichung und vor Allem an der Rezeption des römischen Rechts, welche hier wie dort zuerst durch die Urkundenpraxis erfolgte, einen sehr entscheidenden Anteil gehabt. Die eigene Tradition, die langedauerndee Verknüpfung mit den kaiserlichen Gerichten, die Notwendigkeit, schnell ein rationales Recht zur Hand zu haben, um den rapid wachsenden Verkehrsbedürfnissen zu genügen, und die soziale Macht der großen Universitäten ließ die italienischen Notare das römische Recht als eigentliches Verkehrsrechtf rezipieren, zumal für sie nicht, wie für den nationalen englischen Juristenstand, zünftige und speziell Sportelinteressen im Wege standen. So sind die italienischen Notare eine der wichtigsten und ältesten, an der Schaffung des usus modernus des römischen Rechts37 interessierten und praktisch beteiligten Schichten von Rechtshonoratioren geworden, nicht aber, wie die englischen Anwälte, Träger eines nationalen Rechts[.] Denn sie hatten auf den Versuch, durch eine eigene zünftige Rechtslehre den Universitäten Konkurrenz zu machen, schon um deswillen verzichten müssen, weil sie, im Gegensatz zu den englischen Juristen, der nationalen Einheit, welche für diese aus der Conzentration der Justiz bei den Königsgerichten ermöglicht war, entbehrten. Eine Weltmacht blieb aber, dank den Universitäten, in Italien das römische Recht für die formale Struktur des Rechts und der Rechtslehre auch dann, als sein ursprünglicher politischer Interessent: der Kaiser, politisch nichts mehr bedeutete. Schon die Podestate der italienischen Städte waren sehr oft dem universitätsgebildeten Rechtshonoratiorenstand entnommen;38 die Signorien vollends stützten sich auf politische Doktrinen, welche aus ihm abgeleitet waren. Ebenso stand es mit den Notaren in den französisch-ostspanischen Seestädten.g Ganz anders war dagegen die hLage der deutschen und nordfranzösischen Rechtshonoratioren,h welche, zunächst wenigstens, e Alternative Lesung: langandauernde f B: „Urkundenrecht“  Verkehrsrecht g In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz h B: Lage der  continentalen¯ deutschen und nordfranzösischen  Juristen.¯ Rechtshonoratioren, 37 Gemeint ist die Form, die die Rechtspraktiker des Mittelalters und der frühen Neuzeit – die sog. gemeinrechtliche Jurisprudenz – dem klassischen römischen Recht gaben, um es angesichts stark veränderter sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse anwendbar zu halten; vgl. unten, S. 582–585. 38 Vgl. hierzu Weber, Die Stadt, MWG I/22–5, S. 160 f., sowie den Glossareintrag „Podestate“.

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weit weniger auf dem Boden städtischer, weit stärker dagegen im Umkreise ländlich-grundherrlicher Rechtsbeziehungen mit der Handhabung des Rechts als Schöffen oder Beamte befaßt waren.i b jIhre einflußreichstenk Typen[,] wie etwa Eike von Repgow, Beaumanoir39 und ihresgleichen, schufenj eine auf der anschaulichen Problematik der Alltagspraxis und ihrer wesentlich empirischen, nur wenig durch Abstraktion raffinierten Begriffe ruhende Systematik des Rechts.l Die von ihnen zusammengestelltenm Rechtsbücher wolltenn Feststellung der Tradition seino und penthielten zwar gelegentlichp Raisonnement, aber wenig spezifischq juristische ratio. rStatt dessen enthielt namentlich die bedeutendste dieser Leistungen, der Sachsenspiegel, nicht wenige Construktionen von Rechtsinstitutionen, welche in Wahrheit nicht geltendes Recht waren, sondern phantasievolle Ausfüllung von Lücken oder Unfähigkeiten des Rechts, die des Verfassers plastischess Bedürfnis oder seine Vorliebe für heilige Zahlen sich schuf.r 40 Formell warent ihre systematischen Rechtsaufzeichnungen Privatarbeiten ebenso wie diejenigen der indischen, römischen, islamischen Juristen. Auf die Rechtspraxis haben sie aaber wie diesea als bequeme Kompendien sehr erheblich bgewirkt, und von den Gerichten sind einzelne von ihnenb ganz direkt als maßgebliche Rechtsquellenc anerkannt worden. dIhre Schöpfer waren einerseits Vertreter einer Honoratiorenjustiz, andrerseits aber bildeten sie nicht, wie die englischen Anwälte und die italienischen Notare,d einen zu einer machtvollen Zunft vereinigten Stand,e der, durch seine zünftigenf Erwerbsini In B folgt zur Markierung des Textanschlusses im (überarbeiteten) Typoskript: Ihre . . . b (S. 492) – b Fehlt in A. j – j A: deren einflußreichste Typen Eike von Repgow, Beaumanoir und ihresgleichen, k B: einflußreichste l A: Rechts schufen. m A: geschaffenen n A: wollen o A, B: sein, p A: enthalten zwar q In B folgt:  formal¯ r – r Fehlt in A. s B: systematisches  plastisches t A: sind a Fehlt in A. b A: gewirkt und in einzelnen Fällen sind sie auch c In A folgt: offiziell d A: Weil ihre Schöpfer Vertreter einer Honoratiorenjustiz waren, dabei aber nicht, wie die englischen Anwälte, e A: Stand bildeten, f Fehlt in A. 39 Eike von Repgow (oder: von Repchow, geb. um 1190) gehörte der anhaltischen Ministerialität an und leistete selbst Schöffendienst (vgl. zu dem ihm zugeschriebenen Rechtsbuch den Glossareintrag „Sachsenspiegel“); Philippe de Remy Beaumanoir (um 1250–1296) übte zeitweilig ein Richteramt aus, ehe er im Auftrag des Grafen Robert von Clermont das bekannteste französische Rechtsbuch des Mittelalters, die „Coutumes de Beauvaisis“, verfaßte (um 1283). 40 Diese inhaltliche Eigenart des Sachsenspiegels und die „konstruktiven“ Fähigkeiten seines Verfassers würdigt namentlich Schröder, Lehrbuch, S. 651 f. Die von Weber erwähnte „Zahlenmystik“ betrifft dabei insbesondere die Sieben-, Drei- und Zweizahl.

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teressen und die Monopolisierung der Richterstellen einheitlich gam Sitz der Centralgerichteg zusammengeschlossen, eine auch durch König und Parlament nicht leicht zu beseitigende Macht in Händen hhielt. Daher vermochten sie nicht, wie die englischen Anwälte,h Träger einer zünftigen Rechtsschulung und deshalb auch nicht ieinerj festen empirischen Tradition undi Rechtsentwicklung zu werden, welche dem Rechtsdenken der rationalen Universitätslehre und den dort geschulten Juristen auf die Dauer hätte Widerstand leisten können. Formal war das empirischek Rechtsbücherrecht des Mittelalters ziemlich entwickelt, systematisch und kasuistisch aber von geringer Rationalität, wenig an abstrakter lSinndeutung undl Rechtslogik und statt dessen stark an anschaulichen Unterscheidungsmitteln orientiert. Die Art des Einflusses der antik römischen Juristen auf das mRecht beruhte zunächst auf dem später41 unter allgemeineren Gesichtspunktenm zu erörternden Umstand, daß die römische Honoratiorenverwaltung mit ihrer Ersparnis an Beamten das Eingreifen ndes prozeßleitenden Beamten in die konkrete Prozeßleitung minimisierte. Die spezifischenn Tendenzen der Honoratiorenherrschaft, welche Rom im Gegensatz oz. B. zurp hellenischen Demokratie kennzeichnen, schlossen aber auch die „Kadijustiz“ der attischen Volksgerichte42 aus. Die amtliche Prozeßleitung und die Gewaltenteilung zwischen Beamten und Rechtssprecher blieb erhalten. – Dies zusammeno schuf die spezifisch römische Praxis g Fehlt in A. h A: hielt, so vermochten sie auch nicht, wie jene, i – i A: einer rationalen j B: eines k Fehlt in A. l Fehlt in A. m A: römische Recht beruht zunächst auf dem später n A: der politischen Gewalt und speziell der Beamten in die materielle Prozeßleitung minimisierte. Diese speziellen o – o A: zur attischen Demokratie kennzeichnen, schloß die Kadijustiz der Volksgerichte aus, und p In B folgt:  antiken¯ 41 Siehe unten, S. 507–509, und Weber, Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 180–182 und 191–193. Die republikanische Honoratiorenverwaltung machte durch den von Weber diagnostizierten Wandel vom Küsten- zum Binnenstaat in der spätrömischen Kaiserzeit einer bürokratischen Leistungsverwaltung Platz. 42 Aristoteles, Staat der Athener, 9, führt die Anfänge der Volksgerichte als Appellationsgerichte auf die Solonische Verfassung zurück. Ihre volle Bedeutung entfalteten sie erst Mitte des 5. Jahrhunderts nach der Entmachtung des Areopags durch Ephialtes und Perikles. Die Beamten waren nunmehr auf Prozeßvorbereitung und -leitung beschränkt. Neben die Volksgerichte trat bei zunächst noch unklarer Kompetenzabgrenzung die ebenfalls mit Rechtsprechungsbefugnissen ausgestattete Volksversammlung („Heliaia“); vgl. u. a. Lipsius, Das attische Recht (wie oben, S. 464, Anm. 85), S. 28–45; Busolt, Rechtsaltertümer (wie oben, S. 464, Anm. 85), S. 150–152, 275–278.

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der Prozeßinstruktion: eine streng formale Anweisung des Magistrats an den aus der Richterliste ausgelesenen Bürger: unter qwelchen, rechtlichen und faktischen, Bedingungenq er den erhobenen Anspruch als vorhanden anerkennen oder nicht anerkennen rsolle. Die Schemata dieser Prozeßinstruktionen begannen die Magistrate, speziell die Prätoren und Ädilen, schließlich bei Beginn ihres Amtsjahrs in ihrem „Edikt“ niederzulegen, an dessen Inhalt sie übrigens, im Gegensatz zu der bindenden Kraft der nordischen lögsaga,r 43 erst spät gebunden wurden.44 Das Edikt abers wurde naturgemäß unter Mithülfe von aRechtspraktikern konzipiertb und dadurcha den jeweilig neu auftauchenden Bedürfnissen der Rechtsinteressenten angepaßt, im übrigen aber cmeist einfach vom Amtsvorgänger übernommen. Die große Mehrzahl der anerkannten Klagegründe mußte dabei naturgemäß nicht durch konkrete Thatbeständed, sondern durch Rechtsbegriffe der Alltagssprache definiert werden. Derc Gebrauch einer juristisch falschen Formel von Seiten der Partei, welche das Klage schema wählte, ebedingte infolgedessen den Verlust des Prozessese im Gegensatz zu unserem Prinzip der f„Klagesubstanzierung“,45 bei welcherg der Vortrag von Thatsachen zur Begründung der Klage genügt, falls sie unter irgend einem, einerlei welchem, rechtlichen Gesichtspunkth den erhobenen Anspruch rechtfertigen. Es ist klar, daß beim „Substanziierungsprinzip“f die Nötigung zu ganz scharfer juristischer Fixierung der q A: welchen rechtlichen und faktischen Grundlagen r – r A: soll. Diese Anweisungen legten die Magistrate, speziell die Prätoren und Ädilen, bei Beginn ihres Amtsjahrs in ihrem Edikt nieder, an dessen Inhalt sie übrigens s Fehlt in A. a – a A: Juristen konzipiert, b B: konzipiert, c – c A: von dem einen Magistrat vom Vorgänger übernommen. Die Mehrzahl der Klagetatbestände war dabei durch Rechtsbegriffe definiert, sodaß der d B: Thatsachen  Thatbestände e A: den Verlust des Prozesses bedingte, f – f A: Klagesubstanzierung, welches die vorgetragenen Tatsachen, einerlei unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten sie den erhobenen Anspruch begründen mögen, der Erörterung zugrunde legt. Damit ist g B: welches h B: Gesichtspunkten 43 Zur „lögsaga“ des nordischen Gesetzessprechers vgl. auch oben, S. 462 und 465, wo Weber allerdings eine den römischen Verhältnissen vergleichbare ursprüngliche Ungebundenheit des Gesetzsprechers an die lögsaga annimmt. 44 Im Fall des Prätors durch die lex Cornelia de iurisdictione des Jahres 67 v.Chr.; vgl. oben, S. 465, Anm. 88. 45 Zum Prinzip der „Klagesubstanzierung“, d. h. der erforderlichen Angabe aller klagebegründenden Tatsachen, im zeitgenössischen deutschen Prozeßrecht vgl. § 253 III Nr. 3 ZPO (Die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich. Auf der Grundlage des Kommentars von L. Gaupp erläutert von Friedrich Stein, Band 1, 8. und 9. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1906, S. 552 ff.).

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Begriffe eine iweit geringere ist[,] als sie im römischen Verfahren war,i welches die Praktiker zu einer juristisch ganz strengen und scharfen Scheidung und Abgrenzung der jjuristischen Alltagsbegriffej nötigte. Und auch wo der instruierende Magistrat seine Prozeßanweisung an rein faktischek Tatbestände lknüpfte (actiones in factum),l nahm infolge jenerm Technik des juristischen Denkens die Interpretation einenn streng formal juristischen Charakter an. Die praktischeo Entwicklung der Rechtstechnik war bei diesem Zustand zunächst in sehr weitgehendem Maße der „Kautelarjurisprudenz“ überlassen, d. h. also der Tätigkeit von Rechtskonsulenten, welche die Vertragsschemata für die Parteien entwarfen, ebenso aberp die Magistrate qim „consilium“, dessen Zuziehung für jeden römischen Beamten typisch war,q als Sachverständige bei der Herstellung ihrer Edikte und Klageschemata und endlich den zur Entscheidung berufenen Bürgerr bei der Behandlung der ihm svom Magistrats vorgelegten Fragen und der Interpretation seiner Prozeßinstruktion berieten.t aDie konsultierendea Tätigkeit in jeder dieser Bedeutungen lag bnach der Tradition46 zunächst anscheinendb in den Händen der pontifices, deren einer jährlich dafür ausgelesen sein soll. cUnter diesem priesterlichen Einfluß hätte nun die Justiz trotz der Codifikation der Zwölftafeln47 an sich leicht einen Charakter annehmen können, ähnlich demjenigen, welchen die konsultierende Tätigkeit i A: geringere als im römischen Verfahren, j A: Tatbestände k A: praktische l A: knüpfte, m In A folgt: hoch entwickelten n Fehlt in A. o Fehlt in A. p Fehlt in A. q Fehlt in A. r A: Richter s Fehlt in A. t Die hier ursprünglich folgende Passage wurde durch aus dem Blatt A 6/B – ausgeschnitten und als Seitenallonge an Blatt A 7/B – angeklebt, vgl. unten, S. 500, textkritische Anm. f. a A: Konsultierende b A: zunächst c – c (S. 498) A: Unter deren Einfluß mußte die Justiz einen Charakter annehmen, ähnlich demjenigen, welchen die konsultierende Tätigkeit des islamischen Mufti erzeugte. Sie war sakral gebunden, irrational und es läßt sich schwer entscheiden, in welchem Maße bereits rationale Elemente in sie eingedrungen sein mögen. 46 Weber bezieht sich auf den berühmten Digestenbericht des Pomponius über die Rechtsgeschichte und -wissenschaft der Römischen Republik. Dort heißt es Pomp. D. 1, 2, 2, 6: „Omnium tamen harum (legum XII tab.) et interpretandi scientia et actiones apud collegium pontificum erant, ex quibus constituebatur, quis quoquo anno praeesset privatis.“ (Für alle diese (Zwölftafelgesetze) aber besaß das Pontifikalkollegium sowohl die Kompetenz zur Auslegung wie die Klagformeln und es bestimmte, wer in welchem Jahr den Privaten Gutachten erteilen sollte.) 47 Nach der Überlieferung der auf das Jahr 451 v.Chr. zu datierende Gesetzgebungsakt einer verfassunggebenden Zehnmännerkommission („Decemviri“); vgl. auch unten, S. 571–573, und den Glossareintrag „Zwölf Tafeln“.

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etwa des islamischen Mufti für das mohammedanische Recht erzeugte: sakral gebunden und irrational.c dDenn es scheint zwar festzustehen, daß für den materiellen Inhalt des altrömischen Rechts religiöse Einflüsse nur eine sehr sekundäre Rolle gespielt haben. Aber grade für die welthistorisch wichtigsten Qualitäten des römischen Rechts: die rein formalen, ist, wie Demelius48 wenigstens für wichtige Einzelbeispiele ewahrscheinlich gemachte hat, der Einfluß des Sakralrechts offenbar beträchtlich gewesen. Solche wichtigen Institute der Rechtstechnik, wie die Prozeßfiktionen, scheinen unter dem Einfluß des sakralrechtlichen Grundsatzes: „simulata pro veris accipiuntur“,49 entstanden zu sein[.]50 Wir erinnern uns,51 welche Rolle das „Scheingeschäft“ im Totenkult vieler Völker spielte und speziell unter Verhältnissen spielen mußte, wo dief rituellen Pflichten formal absolut feststanden, die Abneigung einer wesentlich bürgerlichen Gesellschaft aber gegen die materiale Erfüllung dieser ökonomisch höchst lästigen Verpflichtungen ganz besonders stark dazu drängen mußte, sie durchg den Schein der Erfüllung abzuwälzen. Die materiale Säcularisierung des römischen Lebens und die politische Machtlosigkeit der Priesterschaft züchteten in dieser ein Mittel zu einer rein formalistischen und juristischen Behandlung religiöser Dinge[.] Die frühe Ent wicklung der cautelarjuristischen Methodik im bürgerlichen Verkehr hat c (S. 497) – c Vgl. oben, S. 497. d – d (S. 499) Fehlt in A. e B: nachgewiesen  wahrscheinlich gemacht f In B folgt:  formalen  [??]¯ religiösen¯ g In B folgt:  „Papiergeld“¯ 48 Weber bezieht sich hier und im folgenden auf Demelius, Rechtsfiktion. 49 „Das Scheinbare wird für das Wirkliche gehalten“. Der sakralrechtliche Ursprung ist in der Variante „in sacris (heiligen Dingen/Handlungen) simulata pro veris accipiuntur“ aufbewahrt. Der Satz findet sich im Vergilkommentar des römischen Grammatikers Servius (ca. 400 n.Chr.): „et sciendum in sacris simulata pro veris accipi: unde cum de animalibus quae difficile inveniuntur est sacrificandum, de pane vel cera fiunt et pro veris accipiuntur“ (Servii grammatici qui feruntur in Vergilii carmina commentarii, recensuerunt Georgius Thilo und Hermannus Hagen, Vol. 1: Aeneidos librorum I-V commentarii, recensuit Georgius Thilo. – Leipzig: B. G. Teubner 1881, S. 238; wo seltene oder schwer zu besorgende Tiere geopfert werden müßten, sollten solche aus Brot oder Wachs gefertigt werden und an ihre Stelle treten). 50 Demelius, Rechtsfiktion, S. 49–59, 59–75, erörtert die „Fiktion im römischen Proceß“. Sie liefert nach dieser Darstellung das geeignete Instrument, um den überkommenen Legisaktionenprozeß in den beweglicheren Formularprozeß zu überführen. – Die sakralrechtliche Herkunft der Rechtsfiktion nimmt – im Anschluß an Demelius – auch Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 30 mit Anm. 17, an. 51 Siehe Webers Bemerkungen zum „Symbolismus“ in: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 129.

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selbstverständlich ihrerseits diese Methode auch auf kultischem Gebiet weiter gesteigert. Aber wir dürfen getrost annehmen, daß in ziemlich weitgehendem Maße die Priorität auch auf sacralrechtlichem Gebiet lag. Eine der allerwichtigsten Eigentümlichkeiten schon des frührömischen Rechts war – das wenigstens bleibt an den sonst vielfach veralteten Formulierungen Ihering’s bestehen52 – sein eminent analytischer Charakter. Speziell die Zerlegung der prozessualen Fragestellung und damit auch des rechtsgeschäftlichen Formalismus in die logisch „einfachsten“ Thatbestände. Ein Prozeß nur über eine Frage, über dieselbe Frage nur ein Prozeß, ein Rechtsgeschäft nur über eine Sache, ein Versprechen nur über eine Leistung,h daher nur einseitig u. s. w.:53 die Zersetzung der plastischeni Thatbestandskomplexe des Alltagslebens in lauter juristisch eindeutig qualifizierte Elementarakte ist in der That ganz unverkennbar die eine und methodisch überaus folgenreiche Tendenz grade des alten Civilrechtsj. Während die construktive Fähigkeit zur Synthese in der Erfassung plastischer Rechtsinstitute, wie sie als Produkte der nicht logisch zersetzten Rechtsphantasie entstehenk[,] darunter empfindlich leidet. Diese Tendenz zur Analytik aber entspricht der ganz urwüchsigen Behandlung der rituellen Pflichten innerhalb der nationalrömischen Religion auf das Genaueste.l d mWir erinnern uns,m 54 daß die Eigentümlichkeit der genuinen römischen n„religio“, namentlich die begriffliche und abstrakh B: Leistung; i B: sinnlichen  plastischen j B: Rechts  Civilrechts k Fehlt in B; entstehen sinngemäß ergänzt. l In B folgt zur Markierung des Textanschlusses im Typoskript: Wir d (S. 498) – d Fehlt in A. m A: Allerdings erinnern wir uns, n – n (S. 500) A: Religion, der begrifflichen und abstrakten Scheidung der numina, ein gewisses 52 Gemeint ist Iherings ausführliche Erörterung der „Analytik“ des römischen Rechts in: Römisches Recht III, S. 1–241. 53 So sieht Ihering, Römisches Rechts III, S. 20, den Grundgedanken im altrömischen Prozeß darin, „daß in je einem Proceß nur über je einen Anspruch verhandelt werden kann, daß also, wo ein Verhältniß mehrere Ansprüche in sich schließt, dasselbe in eben so viele separate Klagen und Processe aufgelöst werden muß, als Ansprüche vorhanden sind [. . .].“ Derselbe Grundsatz gelte für das Rechtsgeschäft: „so viel Ansprüche, so viel Rechtsgeschäfte“ (ebd., S. 139). Und allgemein gelte für das altrömische Zivil-, speziell das Obligationenrecht: „der Gedanke der Gegenseitigkeit ist kein ursprünglicher Gedanke des römischen Civilrechts, das specifisch Römische ist die Einseitigkeit“ (ebd., S. 201). 54 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 134–137; zur Eigenart der römischen öffentlichen und privaten Kultorganisation vgl. zusammenfassend etwa Wissowa, Religion (wie oben, S. 403, Anm. 39), bes. S. 330–338.

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te[,] durchaus „analytische“o Scheidung der Competenzen der numina, einn erhebliches Maß von rationa ler juristischer Behandlung preligiöser Probleme geschaffen hatte. Nach der Tradition55 hätten schon die pontifices feste Schemata der zulässigen Klagen geschaffen. Dabei aber scheint diese pontificale Rechtskunstlehreq ständisch monopolisierte Geheimlehre geblieben zu sein. Erst das 3. Jahrhundert brachtep die Emanzipation von der sakralen Rechtsfindung. rEin Freigelassener des nach der Tyrannis strebenden Censors Ap[pius] Claudius soll nach der Tradition die pontificalen Klageschemata publiziert haben.r Der erste plebejische Pontifex maximus, sTi[berius] Coruncaniuss, soll auch der erste öffentliche Respondent gewesen sein. tNunmehr erst konnten sich die Edikte der Beamten zu ihrer späteren Bedeutung entwickeln. Und zugleich traten nun Laien-Honoratioren als Konsulenten und Sachwalter in die Lücke.t Der Bescheid ades Rechtskonsulentena wurde den Parteien mündlich erteilt, der ersuchenden Behörde schriftlich, auch bbis in die Kaiserzeit aberb noch in der Form, wie das Orakel des charismatischen cRechtsweisen oder das Fetwa des Mufti:c ohne Beifügung einer Begründung. Aber ddie zunehmende fachmäßige Schulung und berufsmäßige juristisched Tätigkeit mit dem Wachsen des Bedarfs brachte die Entwicklung eeiner formalen Rechtslehree schon in republikanischer Zeit mit sich. fSchüler (auditores) wurden zu den Konsultationen dieser gRechtspraktiker schon in republikanischer Zeitg zugelassen. Daß das praktisch geltende Recht und seine prozessuale Behandlung dabei einen sehr hochgradig formalen und rationalen Charakter annehmen mußte, war[,] außer durch die schon erwähnten Momente[,] natürlich auch durch die Objekte der Rechtspraxis bestimmt, welche hdie städtische[,] in o B: „analytische“, n (S. 499) – n Vgl. oben, S. 499. p – p A: selbst rein religiöser Probleme geschaffen hatte. Die Epoche des Ständekampfs brachte dann q B: Consultationsjustiz  Rechtskunstlehre r A: Nunmehr traten die politischen Honoratioren als Konsulenten, Sachwalter und Vertrauensmänner in die Lücke. s A: Coruncanius t Fehlt in A. a Fehlt in A. b A: jetzt c A: Weisen, das Fetwa des Mufti und der Bescheid des Pontifex: d A: zunehmende Fachmäßigkeit der Schulung und e Fehlt in A. f – f (S. 501)Text der von Blatt A 6/B – ausgeschnittenen und als Seitenallonge an Blatt A 7/B – befestigten Passage, vgl. oben, S. 497, textkritische Anm. t. g A: Rechtspraktiker, wie es scheint, schon früh h – h (S. 501) A: ein städtisches Erwerbsleben mit seiner in Kontrakten 55 Hier und im folgenden nimmt Weber Bezug auf den rechtshistorischen Bericht des Pomponius in Dig. 1,2,2.

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Zweckkontraktenh sich vollziehendei Geschäftstätigkeit jdarbot, im Gegensatz zu den vorwiegend ländlichen Verhältnissen des deutschen Mittelalters, unter denen das Interesse vorwiegend sich umj den sozialen Rang, Immobiliarbesitz, Erb- und Familienrecht kdrehen mußte.k f Dagegen fehlte dem römischen Rechtsleben bis in die Kaiserzeit lnicht nur der synthetisch-construktive, sondern auchl der rational systematische Charakter weit mehr[,] als dies zuweilen angenommen wird. mDie Systematikm hat dem praktisch geltenden Recht erst die byzantinische Bürokratie endgültig verliehen, welche dagegen in Bezug auf formale Strenge des juristischen Denkens außerordentlich weit hinter den Leistungen der Rechtskonsulenten der republikanischen und der Principatszeit zurückstand. Und innerhalb nder Rechtsconsulentenlitteraturn selbst fällt ins Auge, daß die systematisch brauchbarste Leistung, die Institutionen des Gajus,56 ein Kompendium zur Einführung in die Rechtsschulung, einen unbekannten, zu seinen Lebzeiten also sicher autoritätslosen und insbesondere außerhalb des juristischen Honoratiorenkreises stehenden Mann zum Autor ohat und etwa die Stellung einnahmp o wie die modernen Kompendien der Einpauker neben den Produkten der Rechtsgelehrten.q Nur daß eben die literarischen Produkte der römischen rpraktischen Juristen, neben denen es stand, nicht den Charakter eines rationalen Rechtssystems, wie es akademischer Unterricht entstehen läßt, besaßen, sondern meist mäßig rational geordnete Sammlungenr von einzelnen Rechtssprüchen enthielten.

i A, B: vollziehenden j A: im Gegensatz zu ländlichen Verhältnissen, deren Interesse vorwiegend k A: darbot. f (S. 500) – f Vgl. oben, S. 500. l Fehlt in A. m A: Diesen n A: dieser o – o A: hat, so etwa p A: einnahm, q A: Rechtsgelehrten stehen. r – r A: Juristen nicht den Charakter eines Rechtssystems, sondern einer mäßig rational geordneten Sammlung 56 Gaius (geb. unter Hadrian, gest. nicht vor 178 n.Chr.) schuf mit den „institutiones“ (entstanden um 161) ein weitverbreitetes Lehrbuch für juristische Schulzwecke. Die herausragende dogmatische Leistung bestand dabei in der Ablösung der kasuistischen durch eine systematische Betrachtungsweise (Einteilung des Rechtsstoffs in personae, res, actiones). Vor allem diesem Lehrbuchcharakter verdankten die „Institutionen“ des Gaius ihre Aufnahme ins Corpus iuris Justinians; vgl. unten, S. 586 mit Anm. 84, sowie den Glossareintrag „Pandekten“.

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Die konsultierenden Juristen blieben eine spezifische Honoratiorenschicht. sSie waren für die besitzenden Schichten Roms die universellen „Beichtväter“ in allen ökonomischen Angelegenheiten. Ob es in der älterent Zeit, wie eine Stelle bei Cicero vermuthen lassen könnte,57 eine förmliche Licenz zum Respondieren gegeben hat, bleibt unsicher. Später nicht mehr. Die respondierenden Juristens hatten sich mit zunehmendem logischen Raffinement des juristischen Denkens von der Methode der alten Kautelarjurisprudenz aund offenbar auch von der persönlichen Identität mit den Urkundenconzipienten emanzipiert und schlossen sich zu Ende der Republik zu Schulen zusammen.a Zwar zeigte die republikanische Zeit auch in Rom, soweit die bspezifisch politischen Geschworenengerichte (Repetundengerichte)b sich dem Charakter der Volksjustiz annäherten, die caus Athen wohlbekanntec Tendenz der dGerichtsredner –e wie etwa Cicero –, mehr emotional und „ad hominem“d als rational zu wirkenf und dadurchg zur Abschwächung präziser Begriffsbildung beizutragenh. In Rom betraf dies aber wesentlich nur politische Prozesse. In der Kaiserzeit wurde die Justiz endgültig zur Fachangelegenheit. Ein Teil des Rechtskonsulentenstandes wurde von Augustus durch Verleihung des Privilegs, daß ihre responsa iden Richter banden,i in eine offizielle Stellung zur Rechtspflege gebracht.58 Diese Konsulenten waren nun nie mehr jSachwalter (causidici), vollends also nicht einej Anwaltszunft, deren Denkschulung an der Alltagspraxis und den Bedürfnissen der Rechtsinteressenten sich korientierte. Die Gutachten der s – s A: Sie t B: frühen  älteren a A: emanzipiert und zu privaten Schulen entwickelt. b A: Geschworenengerichte c A: naturgemäße d – d A: Gerichtsredner, wie in Athen, mehr emotional e B: Gerichtsredner, – f A, B: wirken, g In A folgt: – wie bald zu erörtern – h Fehlt in A. i A: für den Richter bindend sein sollten, j A: Sachwalter, vollends also, – im Gegensatz zu den englischen Juristen, – keine k – k (S. 503) A: orientierte, sondern es trennte sie von diesen eine hinlängliche 57 Weber bezieht sich hier wohl auf eine Bemerkung in: De officiis, 2, 65, mit der Cicero den verblassenden Glanz von Rechtspflege und Rechtswissenschaft zu seiner Zeit beklagt. Als Gegenbild dienen ihm die Rechtsverhältnisse vor dem zunehmenden Eindringen des Ritterstandes in das Justizwesen (1. Jahrhundert v.Chr.), als Recht und Gericht „in possessione sua principes retinuerunt“, d. h. als die führenden, senatorischen und konsularischen Geschlechter die Rechtspflege wie das Rechtskonsulententum kontrollierten. 58 Gemeint sind die Respondierjuristen, deren Gutachten aus dem ihnen (zuerst durch Augustus) verliehenen „ius respondendi ex auctoritate principis“ besondere Autorität gewannen; vgl. Pomp. D. 1,2,2,49.

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Consulenten bezogen sich vielmehr auf die unter Abstreifung aller reinen Anwaltsbetriebsfragen ausschließlich zur rechtlichen Beurteilung vorgelegten[,] vom Anwalt und Richter oder einem von beiden vorpräparierten Thatbestände: sicherlich eine optimale Chance der Herauspräparierung einer streng abstrakten juristischen Begriffsbildung. Dergestalt trennte die Respondenten vom eigentlichen Rechtsbetrieb eine hinlängliche Distanz, um ihnen die Reduktion des Konkreten auf allgemeine Prinzipien durch wissenschaftlichel Methodik nahezulegen[.] Diese Distanz war größer als die der englischen Advokaten, welche immerhin Parteivertreter blieben. Die Schulcontroversen aber waren das Mittel, sie dazu zu nötigen. Durch ihre bindenden Gutachten beherrschten sie die Rechtspflege. Die responsa wurden auch jetzt noch zunächst ebensok wie das Orakel eines Weisen oder das Fetwa eines Mufti ohne Begründung mgegeben. Die Juristen begannen sie aberm zu sammeln und, zunehmend mit Beifügung juristischer Gründe, herauszugeben. Schulmäßige Erörterung und Disputation von Rechtsfällen für die „auditores“ entwickelte sich aus nder Zulassung von solchen bei der Konsultationspraxis. Erst zu Ende der Republik entstand daraus ein fester Lehrgang[.]n Wie für das juristische Denken die zunehmende formale Schulung an der hellenischen Philosophie immerhin eine gewisse Bedeutung gewann, so wurden offenbar auch für die äußere Einrichtung der Juristenschulen die hellenischen Philosophenschulen vielfach Muster.59 Aus dieser lehDistanz, um ihnen die Reduktion des Konkreten auf allgemeine Prinzipien in wissenschaftlicher Methodik nahezulegen, und sie dazu zu nötigen. Durch ihre bindenden Gutachten beherrschten sie die Rechtspflege. Diese Gutachten aber bezogen sich auf die unter Abstreifung aller reinen Tatsachenfragen ausschließlich vorgelegten rechtlichen Probleme: sicherlich eine optimale Chance der Herauspräparierung einer streng abstrakten juristischen Begriffsbildung. Die Rechtskonsulenten begannen ihre responsa, welche zunächst nach wie vor l B: wissenschaftlicher k (S. 502) – k Vgl. oben, S. 502 f. m A: gegeben wurden, n A: deren Zulassung zur Konsultationspraxis. 59 Dies betrifft insbesondere die beiden einflußreichsten (frühklassischen) Rechtsschulen, die sich unter der Autorität des C. Ateius Capito (gest. 22 n.Chr.) und des M. Antistius Labeo (gest. 10–11 n.Chr.) herausbildeten. Die eigentliche Schulbildung, Sabinianer bzw. Cassianer und Prokulianer, erfolgte erst nach dem Tod der namengebenden Rechtslehrer – Massurius Sabinus und C. Cassius Longinus bzw. M. Cocceius Nerva und Proculus –, aber noch in der frühen Prinzipatszeit. Die Schulen waren – ähnlich den griechischen Philosophenschulen – korporativ, d. h. vereinsartig organisiert. Das Schulhaupt fungierte als Vereinsvorstand, die Vorstandschaft ging durch Rechtsnachfolge von einem auf den anderen Lehrer über und die Schüler waren als

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renden und publizistischen Tätigkeit der Juristenschulen entwikkelte sich die zunächst obei aller Präzision der Begriffeo noch stark empirische, aber zunehmend rationale Technik des römischen Rechts und seine wissenschaftlichep Sublimierung. qDie durchaus sekundäre Stellung der theoretischen Rechtsschulung gegenüber der Rechtspraxis erklärt es, daß mit hochgradiger Abstraktion des Rechtsdenkens doch eine sehr geringe Entwicklung von abstrakten Rechtsbegriffen überall da verbunden blieb, wo diese nicht praktischen Interessen, sondern wesentlich systematischen Bedürfnissen gedient hättenr. Die einheitliche Zusammenfassung zahlreicher scheinbar heterogener Sachverhalte unter der Kategorie „locatio“ z. B. hatte gewichtige praktische Folgen.60 Dagegen die Bildung des Begriffs „Rechtsgeschäft“ hat sie direkt wenigstens nicht bewirkts:61 sie dient uns zunächst systematischen Bedürfnissen. Daher fehlt dieser Begriff[,] ebenso wie etwa der des „Anspruchs“, der „Verfügung“ und ähnliche[,] dem antiken römischen Recht und ist dessen Systematik überhaupt noch in justinianischer Zeit relativ in recht bescheidenem Maße rationalisiert. Die Sublimierung der Begriffe erfolgte eben durchweg im Anschluß an konkrete tKlage- undt Kontrakts-Schemata.q Diese Sublimierung aber führte zu dem uns heut vorliegenden Ergebnis vornehmlich aus zwei Gründen: Zunächst war entscheidend die völlige Säkularisierung der Rechtspflege einschließlich vor allem des Konsulententums. Das Fetwa des islamischen Mufti ist durchaus eine Parallele ades bindenden Responsum des römischen Juristen.a Denn auch der islamische Mufti ist konzessionierter Rechtskonsulent. Seine Bildung aber empfängt er durch Unterricht an den islamischen Hochschulen, welche zwar nach dem Muster der späteren[,] offiziell anerkannten o Fehlt in A. p A, B: wissenschaftlichen q – q Fehlt in A. r Alternative Lesung: hätte s Fehlt in B; bewirkt sinngemäß ergänzt. t B: Prozeß- und  Klage- und a A: der römischen Responsen. ordentliche Vereinsmitglieder zu Beitragszahlungen, einer Art Studiengebühr, verpflichtet; vgl. Kipp, Geschichte (wie oben, S. 431, Anm. 3), S. 115 f. 60 Gemeint ist, daß so unterschiedliche Regelungsfälle wie Miete, Pacht, Dienst- und Werkvertrag im römischen Recht unter die Kontraktsform der „locatio-conductio“ gebracht werden konnten. Die locatio-conductio war dabei eine jener – gegenüber dem ius civile – formfreien Verträge, welche vor allem in Handel und Wirtschaft erforderlich wurden und zunächst allein auf der bona fides beruhten. 61 Zu dieser Begriffsbildung vgl. auch Webers Ausführungen unten, S. 582.

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oströmischen Rechtsschulen62 sich entwickelt hatten und zeitweise, unter dem Einfluß der formalen Schulung an der antiken Philosophie, auch eine der antiken ähnliche Methodik entwickelt haben. Allein die Bildung bliebb vorwiegend theologisch, die religiöse und Traditionsgebundenheit, die unklare und praktisch höchst unsichere cLage des heiligen Rechts,c dessen Geltung weder zu beseitigen noch in der Praxis durchzuführen war,d und die sonstigen Eigentümlichkeiten ealler theokratischen[,] an heilige Bücher gebundenen Justiz habene diese Entwicklungsansätze immer wieder verkümmern lassen und die Rechtslehre auf eine stark mechanische und empirische Aneignung des Rechtsstoffs fmit rein theoretischer[,] lebensfremderf Kasuistik beschränkt. Die Art der gGerichtsorganisation undg die politisch bedingten Schranken der Rationalisierung der Wirtschaft taten dazu das hIhrige: in diesenh Umständen liegt der zweite Grund ides Unterschieds. Der theologische Einschlag fehlte der römischen Rechtsentwicklung völlig. Deri rein weltliche und zunehmend bürokratische spätrömischej Staat war es, welcher aus den immerhin knur relativk rational systematisierten Produkten des höchst präzisen römischen Rechtsdenkens der Respondenten und ihrer Schüler jene in der Welt einzigartige Sammlung der „Pandekten“ auslas und systematisch durch eigene Rechtsschöpfungen ergänzte, die dann noch nach Jahrhunderten das Material für dasl Rechtsdenken der mittelalterlichen Universitätsbildung darbot[.]m nSchon während der Kaiserzeit war neben den im römischen Recht von alters her heimischen analytischen Grundzug ein weiteres Element getreten: der zunehmend abstrakte Charakter des Rechtsbegriffs. Dieser abstrakte Charakter lag teils vorgebildet im Wesen der römischen Klageformeln. b A: ist c A: Beziehung zum heiligen Recht, d A: war und ist, e A: der theokratischen Justiz haben aber f A: und theoretische g A: Gerichtsorganisation, h A: Ihrige. In den letzteren i A: des Unterschieds: der j Fehlt in A. k A: wenig l In A folgt: systematische m A: darbot, n – n (S. 507) Fehlt in A. 62 Gemeint sind vor allem die bereits im 2. Jahrhundert entstandene Rechtsschule von Berytos in Syrien und die 425 n.Chr. gegründete Rechtsschule von Konstantinopel. In diesen Rechtsschulen fand ein geregelter Lehrbetrieb nach festem Studienplan durch besoldete Lehrer statt. Berytos genoß dabei wegen seiner Tradition besonderes Prestige, während andere, weniger bedeutende oströmische Rechtsschulen – wie die von Alexandria, Athen, Antiochia, Caesarea – wohl in erster Linie der zentralistischen Kulturpolitik Justinians zum Opfer fielen und verboten wurden.

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Diese bezogen sich zwar jede auf einen Rechtsbegriff als Thatbestand. Aber diese Begriffe waren teilweise so gefaßt, daß sie es ermöglichten und also den Rechtspraktikern[,] zumal den Cautelarjuristen, Anwälten und Consulenten, den Anlaß gaben[,] außerordentlicho verschiedene ökonomische Sachverhalte unter einem geeigneten Begriff unterzubringen. Die Anpassung an neue ökonomische Bedürfnisse vollzog sich also zum sehr bedeutenden Teil in der Art, daß die alten Begriffep rational interpretiert, gedehnt und erstreckt wurden. Damit aber wurde die rechtslogische und konstruktive Arbeit erst auf die Höhe gehoben, deren sie, auf dem Boden der rein analytischen Methode, überhaupt fähig ist. Auf die außerordentliche Elastizität von Rechtsbegriffen wie locatio conductioq, emtio venditio, mandatum (speziell auch der actio quod jussu), depositum und vor Allem auf r die schrankenlose Aufnahmefähigkeit der stipulatio, des constitutum für sdie meistens[,] heut durch Wechsel oder andre formalen, auf feste Verträge lautenden Verpflichtungen hat Goldschmidt63 mit Recht hingewiesen. Das Spezifische der römischen Rechtslogik, wie sie aus den gegebenen formalen Bedingungen herauswuchs, wird besonders anschaulich, wenn man damit etwa die Art des Vorgehens der englischen Cautelarjurisprudenz vergleicht. Auch sie hat oft mit größter Kühnheit einzelne Rechtsbegriffe benutzt, um mit ihrer Hülfe höchst verschiedenen Sachverhalten die recht liche Klagbarkeit zu verschaffen. Aber der Unterschied, der vorliegt, wenn etwa auf der einen Seite tdie römischen Juristent die Kategorie des „jussus“ zur Construktion von Kreditbürgschaft und Anweisung benutzen oder auf der andern die englischen aus dem Deliktsbegriff des trespass die o B: außerordentlich, p In B folgt:  durch „Projektion“  (wie¯ (um einen Ausdruck¯ q In B folgt:  (fast jede Art von „[Transport] un¯ r Fehlt in B; auf sinngemäß ergänzt. s B: alle  die meisten t B: das römische Recht  die römischen Juristen 63 So betont z. B. Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 78 f., die Elastizität jener Kategorien, welche die Anpassungsfähigkeit des ius civile gegenüber einem „weltweiten“ Handelsverkehr gewährleistet habe. Ebd., S. 78, Anm. 93, heißt es: „Die erstaunlich weite Kategorie des mandatum bez. iussus [. . .] reichte aus [. . .] auch für den entgeltlichen Auftrag, wie Kommissions- und Speditionsgeschäft, für die Handelsanweisung, die Kreditbürgschaft u. v. a.; die Kategorie emtio venditio für die kompliziertesten Lieferungs- und Prämiengeschäfte; die Kategorie locatio conductio für das Transport- und Entreprisegeschäft jeder Art; die Kategorieen stipulatio, [. . .], constitutum, [. . .], depositum für den umfassendsten Geld- und Kreditverkehr [. . .].“ – Vgl. im übrigen die entsprechenden Glossareinträge.

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Klagbarkeit zahlreicher[,] unter einander ganz verschiedner Kontraktea gewinnen,64 liegt auf der Hand. Im letzten Fall wird juristisch Heterogenes zusammengeworfen[,] um auf einem Umweg den Rechtszwang zu erlangen, bei den Römern werden ökonomisch (äußerlichb) verschiedene und neue Thatbestände einem ihnen adäquaten Rechtsbegriff unterstellt. Allerdings ist der abstrakte Charakter vieler heute als spezifisch „römisch“ geltenden Rechtsbegriffe nichts Urwüchsiges, zum Teil nicht einmal etwas Antikes[.] Der viel besprochene römische Eigentumsbegriff z. B. war erst Produkt der Denationalisierung des römischen Rechts zum Weltrecht. Das nationale römische Eigentum war keineswegs ein besonders „abstrakt“ geartetes, überhaupt kein einheitliches Institut. Erst Justinian hat die radikalen Unterschiede beseitigtc oder doch auf wenige Formen reduziert, welche das Bodenrecht aufwies, und erst infolge des Absterbens der alten prozessualen und sozialen Bedingungen des Interdiktenschutzes65 blieben für die mittelalterliche dAnalyse des Begriffsgehalts der Pandektend die beiden Institute: dominium und possessio[,] als ganz abstrakte Thatbestände übrig. Nicht wesentlich anders steht es mit zahlreichen andren Instituten. Vollends der ursprüngliche Charakter der meisten genuinen römischen Rechtsinstitute war nicht wesentlich abstrakter als derjenige der germanischen. Die eigenartige Form der Pandekten aber entsprang den eigentümlichen Peripetien der römischen Staatsform.n Diee Sublimierung des juristischen Denkens selbst fwar, in ihrer Richtung, wie das früher Gesagte ergibt,f 66 zum Teil Konsequenz politischer Verhältnisse. gUnd zwar in verschiedener Art in republikanischer und in spätkaiserlicher a B: Vereinbarungen  Kontrakte b B: formalistisch  äußerlich c B: beseitigt, d B: Rechtstheorie  Analyse des Begriffsgehalts der Pandekten n (S. 505) – n Fehlt in A. e A: und auch die f A: war g – g (S. 508) A: Die dafür 64 Vgl. dazu oben, S. 332 f. 65 Über die Entstehung und Bedeutung der Besitzinterdikte als prätorischer Rechtsmittel gegen verschiedene Arten der Besitzstörung handelt Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S. 177–183. Den ebd., S. 179, angedeuteten Plan einer Untersuchung der agrarischen Besitzinterdikte hat er allerdings nicht ausgeführt. Es findet sich lediglich eine tentative Bemerkung zur Frage der Entstehung und Geltung der possessorischen Interdikte in: Agrarverhältnisse, S. 160. – Wortlaut und Stellung der verschiedenen Besitzinterdikte im prätorischen Edikt bei Lenel, Edictum Perpetuum (wie oben, S. 388, Anm. 86), S. 430 ff.; vgl. im übrigen den Glossareintrag „possessio“. 66 Siehe oben, S. 501 ff.

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Zeit. Dieg so überaus wichtige technische Eigenart der hälteren Rechtspflege und des Consulententumsh war, wie wir sahen,67 zum wesentlichen Teil Produkt der republikanischeni Honoratiorenherrschaft. Andererseits war aber diese jHerrschaft einer eigentlich juristischen Fachschulung der gewählten kurzfristigen kpolitischen vornehmen Beamtenk nicht unbedingtj günstig gewesen. Die Kenntnis der XIIl Tafeln war von jeher Schulunterrichtsgegenstand.m Die Kenntnis der Gesetze aber eignete sich der republikanische römische Beamte wesentlich nnur praktisch an. Seine Consulenten besorgten ihm das Übrige.n Dagegen wurde nun die Notwendigkeit systematischen juristischen Studiums durch die kaiserliche Verwaltung mit oihren ernannten Beamten,o ihrer Rationalisierung und Bürokratisierung,p vor allem im Provinzialdienst, sehr stark gefördert. Diese allgemeine Wirkung jeder Bürokratisierung der Herrschaft werden wir später noch in größerem Zusammenhang verstehen.68 qWeil sie z. B.q in England fehlte, blieb dort auch die systematische Rationalisierung des Rechtes rweit stärkerr im Rückstande.s tSo lange die Consulenten als juristische Honoratioren die römische Rechtspflege beherrschten, blieb auch dort das Streben nach Systematik schwach und blieb, vor Allem, das codifizierende und systematisierende Eingreifen der politischen Gewalt gänzlich aus. Der Sturz des Römeradels unter den Severen69 bezeichnet g (S. 507) – g Vgl. oben, S. 507. h A: Rechtspflege i Fehlt in A. j – j A: einer eigentlich rationalen juristischen Schulung der Beamten nicht k B: politischen  , ständisch¯ vornehmen Beamten l A: 12 m A: Schulunterrichtsgegenstand gewesen, n A: praktisch an. o Fehlt in A. p In A folgt: also durch das Ausschalten der reinenpa Honoratiorenverwaltung pb, pa B:  alten¯ pb In B folgt:  des Römeradels, und zwar¯ q A: Da sie r Fehlt in A. B: dort weit stärker s In A folgt: Durch welche Mittel im übrigen die Bann Fortsetzung des Typoskripttextes, unten, S. 510, textkritische Anm. f. t – t (S. 509) Fehlt in A. 67 Siehe oben, S. 495–497. 68 Vgl. die Ausführungen über die Entwicklungsbedingungen und Folgen „bürokratischer Verwaltung“ in der sog. Herrschaftssoziologie: Weber, Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 185–197. 69 Die Severer-Dynastie (193–235 n.Chr.) begründete Septimius Severus (193–211), dem sein Sohn Caracalla (211–217), dann Elagabal (218–222) und schließlich Severus Alexander (222–235) nachfolgten. Unter diesen sog. Soldatenkaisern avancierte das Heer zum entscheidenden Faktor nicht nur bei der Kaiserproklamation, sondern in der gesamten Reichsverwaltung. Der Prinzipat wurde zur offenen Militärmonarchie umgewandelt. Italien verlor gegenüber den übrigen Provinzen seine privilegierte Stellung. Verstärkt wurden Ritter in administrative Spitzenstellungen berufen, während sich gleichzeitig Ritter- und Senatorenstand in wachsendem Umfang außeritalisch rekrutierten.

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zugleich den Rückgang der Bedeutung des Respondentenstandes und geht parallel einer rasch zunehmenden Bedeutung kaiserlicher Reskripte für die Gerichtspraxis. Die Rechtsschulung, in der Spätzeit an staatlich conzessionierten Schulen dargeboten, wurde nun litterarischer Unterricht an der Hand der Werke der Juristen. Die Gerichtspraxis arbeitete mit diesen als uautoritären Quellenu, und die Kaiser stellten durch die sog. „Citiergesetze“70 für die Fälle des Dissenses Majoritätsentscheid und Rangfolge der juristischen Werke fest. Die Responsen-Sammlungen vertraten hier also jetzt die Stelle der Präjudizien-Sammlungen im Common Law. Diese Situation bedingte die Form der Pandekten und die Erhaltung wenigstens des in sie aufgenommenen Teils der klassischen juristischen Litteratur.t

u B: Hülfsmitteln  autoritären Quellen

t (S. 508) – t Fehlt in A.

70 Gemeint sind zwei Gesetze des Kaisers Konstantin aus dem vierten Jahrhundert und eines der Kaiser Theodosius II. und Valentinian III. aus dem fünften Jahrhundert, mit deren Hilfe Rechtssicherheit und Kohärenz der Rechtsordnung formell hergestellt werden sollten. Konstantin setzte 321 durch das sog. Kassiergesetz die kritischen Anmerkungen der Spätklassiker Paulus und Ulpian zu den Schriften Papinians außer Kraft und verkündete zugleich dessen maßgebliche Autorität. Durch Kaiserkonstitution erlangten im folgenden Jahr auch die Schriften des Paulus autoritative Geltung. 426 verliehen dann Theodosius II. und Valentinian III. durch Gesetz sämtlichen Schriften der Spätklassiker (Papinian, Paulus, Ulpian und Modestin) Rechtskraft. Bei der Entscheidung einer Rechtsfrage gab die Mehrheitsmeinung den Ausschlag, bei Stimmengleichheit die Auffassung Papinians; fehlte in einem konkreten Fall eine Äußerung Papinians, so stand dem Richter die Wahl der Meinung, der er beitreten wollte, frei.

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§ 5. Formale und materiale Rationalisierung des Rechts. Theokratisches und profanes Recht[.]

bBedeutungc

und allgemeine Bedingungen des Rechtsformalismus[.] S. [510] – dMateriale Rationalisierung des Rechts: das sakrale Recht.d S. [515] – Islamisches Recht[.] S. [526] [–] Jüdisches Recht[.] S. [535] [–] Kanonisches Recht[.] S. [544] –b a

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A 10 B 1 efgWir

sind mit diesen Erörterungen bei dem wichtigen[,] schon gelegentlich1 gestreiften Problem der Einwirkung der politischen Herrschaftsform auf die formalen Qualitäten des Rechts angelangt. Seine abschließende Erörterung setzt freilich die Analyse der Herrschaftsformen voraus, zu der wir erst weiterhin kommen.2 Aber einige allgemeine Bemerkungen sind schon hier zu machen. Die alte Volksjustizh, ursprünglich ein Sühneverfahren zwischen den Sippen, wird überall durch die Einwirkung der fürstlichen und magistratischen Gewalti (Bann, imperium) und, unter Umständen, der organisierten Priestergewalt aus ihrer primitiven formalistischen Irrationalität gerissen und zugleich auch der Rechtsinhalt von diesen Mächten nachhaltig beeinflußt. Und zwar verschieden je nach dem Charakter der Herrschaft. Je mehrg der Herrschaftsapparat der Fürsten und Hierarchen ein rationaler, jdurch „Beamte“ vermittelter war, desto mehrj richtete sich auch ihr Einfluß (im ius

a – a Fehlt in A. b – b Die Inhaltsübersicht ist links mit eckiger Klammer und Satzanweisung von fremder Hand: Petit versehen. c B:  Prinzipielle¯ Bedeutung d B: Das sakrale Recht.  Materiale Rationalisierung des Rechts: das sakrale Recht. e In B geht am oberen Blattrand voraus: § [Spatium] Formale und materiale Rationalisierung des Rechts.ea ea In B folgt:  Theokratisches Recht.¯ In das Spatium ist von fremder Hand die Ziffer 5 eingefügt. f In A geht voraus: gewalt der englischen und übrigen Fürsten und ihrer Justizbeamten (Grafen, Kanzler) und das Imperium der antiken städtischen Magistrate den Inhalt des Rechts und den Rechtsgang beeinflußt haben, kann ebenfalls erst bei Besprechung der Herrschaft erörtert werden, ebenso der Einfluß der kirchlichen Organisation. Wo immer Anschluß an den Typoskripttext, oben, S. 508, textkritische Anm. s. g – g Fehlt in A. h In B folgt:  der Sippenhäupter, Häuptlinge und gewählten Schiedsrichter¯ i B: Banngewalt > Gewalt j A: d. h. ein bürokratischer war oder ihmja nahestand, da ja In B folgt:  innerlich¯ 1 Siehe oben, S. 283–285, 293 ff., 367 f., 422–424, 464–473 und S. 501 ff. 2 Über die Einwirkung der patrimonialfürstlichen Gewalt auf die formale Rechtsstruktur handelt Weber unten, S. 560 ff. Eine eingehende Erörterung der Herrschaftsformen geschieht freilich erst in der „Herrschaftslehre“ (vgl. Weber, Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 157 ff.), ohne daß eine abschließende Erörterung der Konsequenzen für die formalen Qualitäten des Rechts ersichtlich wäre.

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honorarium und den prätorischen Prozeßmitteln in der Antike, kin den Capitularien der Frankenkönige, in den prozessualen Schöpfungen der englischen Könige und des Lordkanzlers,k in der kirchlichen Inquisitionsprozedur)l 3 darauf, der Rechtspflege nach Inhalt und Form rationalen m– freilich in verschiedenem Sinn rationalen –m Charakter zu verleihen, irrationale Prozeßmittel auszuschalten und das materielle Recht zu systematisieren, und das bedeutete nzugleich stets irgendwie:n zu rationalisieren. In eindeutiger Weise hatten abero jene Gewalten diese prationalen Tendenzenp nur da, wo entweder die Interessen ihrer eigenen rationalen Verwaltung sie auf diesen Weg wiesen (wie das päpstliche Kirchenregiment) oder wo sie im Bunde mit mächtigen Gruppenq von Rechtsinteressenten standen, welche an dem rationalen Charakter des Rechts und Prozesses ein starkes Interesse hatten, wie die bürgerlichen Klassen in Rom, im ausgehenden Mittelalter und rin der Neuzeit.r Wo dies Bündnis fehlte, ist die Säkularisation des Rechts und die Herausdifferenzierung eines streng formal juristischen Denkens sentweder in den Anfängen stecken gebliebens toder es ist ihr gradezu entgegengewirkt worden. Dies liegt, allgemein gesprochen, darin, daß der „Rationalismus“ der Hierarchen sowohl wie der Patrimonialfürsten materialen Charakters ist.4 Nicht die formal juristisch präziseste, für die Berechenbarkeit der Chancen und die rationale Systematik des Rechts und der Prozedur optimale, sondern die inhaltlich den praktisch-utilitarischen und ethischen Anforderungen jener Autoritäten entsprechendste Ausprägung wird erstrebt;a eine Sonderung von „Ethik“ und „Recht“ liegt, wie wir schon sahen,5 gar nicht in der Absicht dieser[,] jeder selbstgenugsam und fachmäßig „juristischen“ Behandlung des Rechts durchaus fremd gegenüberstehenden Faktoren der Rechtsbildung. Speziell gilt dies in aller Regel von der theokratisch beeinflußten k A: in den prozessualen Schöpfungen der englischen Könige und des Lordkanzlers, in den Capitularien der Frankenkönige, l In B folgt:  in aller Regel¯ m Fehlt in A. n A: eben wie immer: o Fehlt in A. p A: Tendenzen aber q A: Rechtsgruppen r A: wieder in der neuesten Zeit. s A: in den Anfängen stecken geblieben. t – t (S. 512) Fehlt in A. a B: erstrebt, 3 Zu diesem gesamten Komplex vgl. unten, S. 547–549 und 555–560. 4 Zur patrimonialfürstlichen (materialen) Rechtsrationalisierung vgl. unten, S. 561– 566. 5 Siehe oben, S. 486.

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Rechtsbildung mit ihrer bCombination ethischer Anforderungenb und juristischer Vorschriften.t cAus den nichtjuristischen Bestandteilen einer von priesterlichen Einflüssen getragenen Rechtslehre konnten sich allerdings mit zunehmender Rationalisierung des Rechtsdenkensc einerseits, der Vergesellschaftungsformen andererseits verschiedenerlei Konsequenzen ergeben.d eEntweder löste sich das heilige Gebotf als „fas“ von dem „jus“ als dem gesatzten Recht für die Schlichtung der religiös indifferenten Interessenkonflikte der Menschen.g hDann war diesem letzteren eine autonome Entwicklung zu einem je nachdem imehr logischi oder mehr empirisch gearteten rationalen und formalen Recht möglich und ist auch in Rom ebenso wie im Mittelalter eingetreten. In welcher Art die Beziehungen zwischen religiös gebundenem Recht und frei gesatztem Recht sich dabei regulierten, wird noch zu erörtern sein.6 Das religiöse Recht konnte dabei – wie wir noch sehen werden7 – mit wachsender Säcularisierung des Denkens einen Concurrenten oder Ersatz in einem philosophisch begründeten „Naturrecht“ erhalten, welches neben dem positiven Recht teils als ideales Postulat[,] teils als eine verschieden stark die Rechtspraxis beeinflussende Doktrin herging. Oder jene Lösung der heiligen Gebote vom weltlichen Recht fand nicht statt undh die spezifisch theokrab B: Combination  sittlicher¯ ethischer  und juristischer¯ Anforderungen t (S. 511) – t Fehlt in A. c – c A: Aus den Bestandteilen des von priesterlichen Rechtsschulen getragenen Rechtslehre konnten sich mit zunehmender Rationalisierung des Denkens d In A folgt: Entweder ein zuerst religiös orientiertes, dann aber ein rein philosophisch begründetes abstraktes Naturrecht neben dem positiven Recht. Oder gerade umgekehrt In B zunächst überarbeitet, dann gestrichen:  Entweder – dies geschah, sahen wir, nur im Occident – ein zuerst religiös orientiertes, dann aber ein rein philosophisch begründetes formal abstraktes Naturrecht neben dem formalen positiven Recht, mit einem nur nach Art und Maß verschieden starken Einfluß des ersteren auf das letztere. Oder [. . .]¯ e – e (S. 513) Fehlt in A. f B: Sittengebot  Gebot g In B folgt zur Anschlußmarkierung für die den Text fortsetzende Allonge: Dann h – h Die am linken Blattrand unten angegklebte Allonge wurde von der an Blatt A 12/B 3 befestigten Allonge (S. 519, textkritische Anm. j) abgeschnitten und hier angebracht. Ihre Rückseite enthält Text eines Brieffragments oder -entwurfs; vgl. den Editorischen Bericht, oben, S. 269, und den Wortlaut im Anhang zum Editorischen Bericht, oben, S. 273. i B: rein logisch juristischen  mehr logisch 6 Siehe unten, S. 520 ff. 7 Siehe unten, S. 544 f. und S. 595–597, über die Rolle der stoischen Naturrechtskonzeption im Verhältnis von Staat und Kirche des Mittelalters. Vgl. aber auch die korrespondierenden Passagen über das Verhältnis von altem und mittelalterlichem Christentum zum Staat in Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 396–398.

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tische Vermischung von religiösen und rituellen mit rechtlichen Anforderungen blieb bestehen: Dann entstande ein verschwommenes Ineinanderschieben von ethischen und rechtlichen Pflichten, sittlichen Vermahnungen und Rechtsgeboten ohne formale Schärfe: spezifisch unformales Recht also. jWelche Alternative eintrat,j hing teils von der früher schon erörterten8 inneren Eigenart der betreffenden Religion und ihrem kprinzipiellen Verhältnis zu Recht und Staat ab, teils – wovon später zu reden sein wird9 – von der Machtstellung der Priesterschaft im Verhältnisk zur politischen Gewalt, teils endlich von der Struktur dieser letzteren.l mEs ist eine Folge der später zu erörternden10 Bedingungen der Herrschaftsstrukturen, daß in fast allen asiatischen Rechtsgebieten der zuletzt genannte Zustand eintrat und bestehen blieb.m nGewisse gemeinsame Züge in der logischen Struktur des Rechts können aber Produkt unter einander sehr verschiedener Herrschaftsformen sein. Unformales Recht insbesondere pflegen auf der einen Seite die auf Pietät gestützten autoritärenn Gewalten zu schaffen, die Theokratie sowohl wie der Patrimonialfürst. Auf der anderen Seite können abero auch bestimmte Formen der Demokratie pformal sehr ähnliche Konsequenzenq haben. Der Grund liegt darin, daß in all diesen Fällen es sich um Mächte handelt, deren Träger – der Hierarch, der rDespot (gerade der „aufgeklärte“), der Demagoger –p außer an solchen Normen, die von ihnen für schlechthins religiös heilig und daher absolut verbindlich angesehen twerden müssen,t an keinerlei formale Schranken, auch e (S. 512) – e Fehlt in A. j A: Was von beiden entstand, k A: Verhältnis zur staatlichen Herrschaft – wovon später zu reden sein wird –, teils von der äußeren Machtstellung der Priesterschaft l A: letzteren ab. In A folgt: Spezifisch unformales Recht und unformale Rechtsprozedur Fortsetzung des Satzes auf der neuen Seite, vgl. unten, textkritische Anm. n. m Fehlt in A. n – n A: pflegen die patriarchalen o Fehlt in A. p – p A: die gleiche Konsequenz haben. In all diesen Fällen handelt es sich um Mächte, deren Träger q B: Konsequenz r B: Despot, (gerade der „aufgeklärte“) der Demagoge, s Fehlt in A. t A: werden, 8 Siehe oben, S. 487–491, über die priesterlichen Einflüsse auf das hinduistische und islamische Recht, sowie Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 386–402, über das prinzipielle Verhältnis von rationaler ethischer Religion und politischem Verband. 9 Siehe Weber, Staat und Hierokratie, MWG I/22–4, S. 579 ff., über die Beziehungen zwischen politischer und hierokratischer Gewalt. 10 Siehe Webers Bemerkungen über die religiöse Bedeutung und Wirkung des Cäsaropapismus in: Staat und Hierokratie, MWG I/22–4, S. 586–589, 644–650.

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nicht an die von ihnen selbst gesetzten aRegeln, gebunden sein wollen. Ihnen allen steht der unvermeidlicheb a Widerspruch zwischen dem abstrakten Formalismus cder Rechtslogikc und dem Bedürfnis nach Erfüllung materialer Postulate durch das dRecht im Wege. Denn indeme der spezifische Rechtsformalismusd den Rechtsapparat wie eine technisch rationale Maschine funktionieren läßt, gewährt er demf einzelnen Rechtsinteressenten das relative Maximum an Spielraum für seine Bewegungsfreiheit und insbesondere für die rationale Berechnung der rechtlichen Folgen und Chancen seines Zweckhandelns. gEr behandelt den Rechtsgang als eine spezifische Form befriedeten Interessenkampfs, den er an feste, unverbrüchliche „Spielregeln“ bindet.h Das urwüchsigei Sühneverfahren zwischen den Sippen11 ebenso wie die dinggenossenschaftliche Justiz12 haben ein streng formal gebundenes Beweisrecht. Seinem Ursprung nach war dies, wie wir sahen[,]13 durch magische Vorstellungen bedingt: die Beweisfragej muß richtig und von der richtigen Seite gestellt werden. Und auch weiterhin bleibt der Gedanke, daß man durch rationale Mittel eine „Thatsache“ im Sinn des heutigen Prozesses „feststellen“ könne, insbesondere durch das heute wichtigste Mittel der Vernehmung von „Zeugen“ oder durch „Indizien“[,] der Rechtspflege lange Zeit fremd. Der „Eideshelfer“ des alten Prozesses schwört nicht, daß eine „Thatsache[“] wahr sei, sondern er bekräftigt das „Recht“ seiner Partei durch Einsetzung seiner Person dem göttlichen Fluch gegenüber.14 Die Praxis selbst ist übrigens mindestens so realistisch wie die heutige: die Mehrzahl aller Zeugen auch im heutigen Prozeß faßt ihre Rolle kaum anders auf, als so: daß sie zu schwören haben, wer „recht“ habe. Das alte Recht faßt demgemäß den „Beweis“ nicht als eine „Pflicht“, sona – a A: Regeln gebunden sein wollen. Denn sie alle empfinden den unvermeidlichen b B: unvermeidlichen c Fehlt in A. d – d A: Recht. Indem der Formalismus e B: Indem f A, B: den g – g (S. 515) Fehlt in A. h In B folgt:  Er wartet für seine Entschließungen¯ i B: alte  urwüchsige j B: Frage  Beweisfrage 11 Vgl. oben, S. 283, 327 und S. 448 f. 12 Vgl. oben, S. 467–473; zum Begriff vgl. bes. S. 471 f., 473. 13 Siehe oben, S. 447 f. 14 Namentlich Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 390, hat demgegenüber darauf hingewiesen, daß nicht nur das „Recht“ einer Partei, sondern auch die „Thatsachen“ auf indirekte Weise bekräftigt werden, indem sich an den Meineid nicht nur göttliche, sondern auch weltliche Strafen knüpfen. Zu „Parteieid und Eideshilfe“ vgl. ausführlich ebd., S. 378–391.

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dern mindestens sehr weitgehend als ein Recht der Partei auf, das es ihr zuweist. Der Richter aber ist streng an diese Regeln und an die traditionellen Beweismittel gebunden. Die moderne „Beweislast“-Theorie noch des „gemeinen“ Prozesses unterscheidet sich davon nur durch die Auffassung des Beweises als „Pflicht“. Im Übrigen aber bindet auch sie den Richter an die Beweisanträge und Beweismittel, welche die Parteien ihm darbieten. Nicht anders in derk gesammten Behandlung des Prozeßbetriebs. Kraft der „Verhandlungsmaxime“ wartet der Richter die Anträge der Parteien ab. Was diese nicht beantragenl oder nicht verbürgen, existiert für ihn nicht, was mit den allgemein geordneten Beweismitteln, irrationalen oder rationalen, nicht ermittelt wird, eben falls nicht. Er erstrebt also nur diejenige relative Wahrheit, welche innerhalb der durch Prozeßakte der Parteien gegebenen Grenzen erreichbar ist. Genau dies war auch hier der Charakter der Rechtsfindung in deren ältester scharf ausgeprägter zugänglicher Form: dem Sühne- und Schiedsverfahren zwischen streitenden Sippen, mit Orakel oder Gottesurteil als Prozeßmittel[.]15 Streng formal, wie alle auf Anrufung magischer oder göttlicher Mächte ausgerichtete Thätigkeit, erwartete dieser Rechtsgang ein material „richtiges“ Urteil durch den irrationalen, übernatürlichen Charakter der entscheidenden Prozeßmittel. Wenn aber die Autorität und der Glaube an diese irrationalen Mächte geschwunden ist und nun rationale Beweismittel und logischem Urteilsbegründung an ihre Stelle treten müssen, so bleibt der formalen Rechtspflege lediglich der Charakter des nin der Richtung einer wenigstens relativ optimalen Chance der Wahrheitsermittlungn geregelten Interessenkampfs der Parteien. Deren Angelegenheit, nicht die der öffentlichen Gewalt, ist der Betrieb des Prozesses. Der Richter zwingt sie nicht, etwas zu thun, was sie nicht von sich aus verlangeno.g pEben deshalb kann er aber dem k In B folgt:  Würdigung der materiellen Rechtsfrage selbst („Verhandlungsmaxime“)¯ l In B folgt:  wollen¯ m B: rationale  logische n B: im Interesse der Wahrheitsfindung  in der Richtung einer wenigstens relativ optimalen Chance der Wahrheitsermittlung o B: wollen  verlangen g (S. 514) – g Fehlt in A. p – p (S. 516) A: Dagegen kann er dem Bedürfnis nach optimaler Erfüllung inhaltlicher Gerechtigkeitsforderungen für jeden einzelnen Fall der Natur der Sache nach garnicht entsprechen. Möge es sich bei jenen Forderungen nun um politisch oder ethisch 15 Zu den verschiedenen Arten der Verbindung von Prozeßrecht und materiellem Recht im römischen, englischen und germanischen Recht vgl. oben, S. 299 f.

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Bedürfnis nach optimaler Erfüllung materialer Anforderungen an eine dem konkreten Zweckmäßigkeits- oder Billigkeitsgefühl für den einzelnen Fall genügende Rechtspflege der Natur der Sache nach garnicht entsprechen, möge es sich bei jenen materialen Forderungen nun um politisch-zweckrational oder ethisch-gefühlsmäßigp motivierte Zumutungen an die Rechtspflege handeln. Denn jene durch formale Justiz gewährte maximale Freiheit der Interessenten in der Vertretung ihrer formal legalen Interessen qmuß schonq infolge der Ungleichheit der ökonomischen Machtverteilung, welche durch sie legalisiert wird, rimmer wiederr den Erfolg haben, daß materiale Postulate der religiösen Ethik oder auchs der politischen Räson verletzt erscheinen. aDies aber gibt allen autoritären Gewalten: der Theokratie wie dem Patriarchalismus, Anstoß schon deshalb[,] weil es die Abhängigkeit des Einzelnen von der freien Gnade und Macht der Autoritäten lockert, der Demokratie aber deshalb[,] weil es die Abhängigkeit der Rechtspraxis und damit der Einzelnenb von Beschlüssen der Genossen mindert: es kann insbesondere die Chance einer zunehmenden Differenzierung der ökonomischen und sozialen Machtlage durch die Gestaltung des Prozesses zu einem friedlichen Interessenkampf noch gesteigert werden.a In allen diesen Fällen verletzt sie inhaltliche Gerechtigkeitsideale durch ihren unvermeidlich abstrakten Charakter. In eben diesem abstrakten cCharakter aber pflegenc andererseits nicht nur die jeweils ökonomisch Mächtigen und daher an der freien Ausbeutung ihrer Macht Interessierten, sondern auch alle ideologischen Träger solcherd Bestrebungen, welche geradee die Brechung autoritärer Gebundenheit oder irrationaler Masseninstinkte zu Gunsten der Entfaltung der individuellen Chancen und Fähigkeiten herbeiführenf möchten, einen entscheidenden Vorzug der formalen Justiz, in der unformalen dagegen nurg die Chance absoluter Willkür und subjektivistischer Unstätheit zuh sehen. Ihnen werden alle diejenigen politischen und ökonomip (S. 515) – p Vgl. oben, S. 515. q A: kann r A: besonders häufig s Fehlt in A. a – a A: Sie gibt ferner sowohl der Theokratie wie dem Patriarchalismus Anstoß, weil sie die Abhängigkeit des Einzelnen von der freien Gnade und Macht der Autoritäten lockert. Der Demokratie kann sie die Gefahr einer Differenzierung der ökonomischen und sozialen Machtlage in sich zu tragen scheinen. b B: Interessenten  Einzelnen c A: Formalismus werden d A: von e Fehlt in A. f A: erwirken g Fehlt in A. h Fehlt in B; zu sinngemäß ergänzt.

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schen Interessenteni zufallen, welchen die Stetigkeit und Kalkulierbarkeit des Rechtsganges wichtig sein muß, jalso speziellj die Träger rationaler ökonomischer und politischer Dauerbetriebe. Vor allem den ersteren wird die formale und zugleich rationale Justiz als Garantie der „Freiheit“ gelten, eben desjenigen Gutes, welches theokratische oder patriarchal-autoritäre ebenso wie unter Umständen kdemokratische, jedenfalls allek ideologisch an materialer Gerechtigkeit interessiertenl Mächte verwerfen müssen. Diesen allen ist nicht mit formaler, sondern mit „Kadijustiz“ gedient.m Die Volksjustiz in der unmittelbaren attischen Demokratie z. B.16 nwar eine solche in hohem Maße. Zwarn nicht dem formalen Recht, wohl aber der Wirkung nach ist es nicht selten noch die moderne Geschworenenjustiz. Denn auch bei odieser immerhin stark formal eingeengten Form einer begrenzten Mitwirkung vono Volksjustiz besteht die Neigung, sich an formale Rechtsregeln nur soweit zu binden, als pder Rechtsgangp dazu technisch direkt qnötigt. Im übrigen urteilt jede Volksjustiz, je mehr sie dies ist, nach demr konkreten[,] ethisch oder – besonders in Athen, aber auch heutzutage – politisch oder sozialpolitisch bedingten „Gefühl“. Darin begegnen sich die Tendenzen einer souveränen Demokratie mit den autoritären Mächten der Theokratie und des patriarchalen Fürstentums. Denn es ist das Gleiche, wenn, demq formalen Recht zuwider, französische Geschworene den Ehemann, der den ertappten Ehebrecher tötet, regelmäßig17 sfreisprechen oders wenn Friedrich II. „Kabinettsjustiz“ zu Gunsten des Müllers Arnold übte.t 18 i A, B: Interessen j A: vor allem also k Fehlt in A. l A, B: interessierte m A: gedient und diese daher ihre bevorzugte Rechtsform. n A: war in hohem Maße Kadijustiz und o A: der p A: sie q – q A: genötigt wird, und im übrigen nach den konkreten ethisch oder – besonders in Athen – politisch motivierten Gefühl zu entscheiden. Darin begegnen sich die souveräne Demokratie mit den souveränen Mächten der Theokratie und des Patrimonialfürstentums so etwa: wenn, dem klaren r B: den s A: freisprechen. Oder t A: übt. 16 Zur „Kadijustiz“ der attischen Demokratie vgl. oben, S. 495 mit Anm. 42. 17 Freilich ging art. 324 des code pénal so weit, einen Entschuldigungsgrund anzunehmen für „le meurtre commis par l’époux sur l’épouse ainsi que son complice en flagrant dans la maison commune.“ Die französischen jurys d’assises sind hierüber, in antiformaler Weise, hinausgegangen, indem auch außerhalb des gemeinsamen Hauses, auf bloßen Verdacht und ohne in flagranti ertappt zu sein, das Tötungsdelikt entschuldigt wurde. 18 Gemeint ist der höchst verwickelte, sich von 1773–1786 (dem Jahr der letzten in dieser Sache ergangenen Kabinettsorder Friedrich Wilhelms I.) hinziehende sog. Müller Arnold-Prozeß, in dem es materiell um eine Klage des Gutsherrn vor sich selbst als

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Das ganze Wesen der theokratischen Justiz avollends bestehta in dem Vorwalten konkreter ethischer Billigkeitsgesichtspunkte, deren unformale und antiformale Tendenz bei ihr nurb in dem ausdrücklich festgelegten heiligen Recht ihre Schranke findet. Wo dessen Normen eingreifen, gebiert sie dagegenc umgekehrt eine ungemein formalistische Kasuistik zwecks Anpassung an die Bedürfnisse der Rechtsinteressenten. dDie eweltliche patrimonial-autoritäree Justiz ist, auch wo sie sich ihrerseits an die Tradition binden muß, bei deren immerhin größerer Elastizitätd wesentlich freier gestellt. fDie typische Honoratiorenjustiz endlich zeigt zuweilen ein doppeltes Gesicht, je nachdem es sich um die gtypischen Rechtsinteresseng der Honoratiorenschicht selbst oder der von ihr beherrschten Schichten handelt. Die englische Justiz z. B. war in allen vor die Reichsgerichte gelangenden Angelegenheiten streng formaleh Justiz. Aber die Friedensrichterjustiz gegenüber den Alltagshändeln und Delikten der Massen war in einem Grade iunformal undi direkt „Kadijustiz“,19 wie es für uns auf dem Continent völlig unbekannt a A: besteht vollends b Fehlt in A. c A: daher d – d A: Die patrimoniale Justiz, obwohl ihrerseits an die Heiligkeit der Tradition gebunden, ist bei deren immerhin größerer Elastizität darin e B: weltliche (patrimonialfürstliche) > weltliche patrimonialautoritäre f – f (S. 520) Fehlt in A. g B: Interessen d > typischen Rechtsinteressen h In B folgt:  empirisch¯ i B: formlos und  unformal und Inhaber der Patrimonialgerichtsbarkeit gegen den Wassermühlenbesitzer Arnold auf Leistung des Pachtzinses ging. „Berühmt“ wurde der Prozeß durch das persönliche Eingreifen Friedrichs des Großen mittels Kabinettsbefehlen (einschließlich der Arretierung des Gerichts), die die (für den Müller ungünstigen) erst- und zweitinstanzlichen Urteile der ordentlichen Gerichtsbarkeit kassierten und an ihre Stelle eine der könglichen, auf Gleichheit vor dem Gesetz bedachten Rechtsauffassung entsprechende Entscheidung nach „natürlicher“ Billigkeit setzten. So heißt es in dem vom König selbst verfaßten Protokoll vom 11. Dez. 1779: „Denn ein Justizkollegium, das Ungerechtigkeit ausübt, ist gefährlicher und schlimmer wie eine Diebesbande [. . .]“ (zit. nach Rosenfeld, [Ernst Heinrich], Die Geschichte des Müller Arnold-Prozesses, in: Neumann, [Johann Ernst], Aus der Festungszeit preußischer Kammergerichts- und Regierungsräte auf Spandau 1780. – Berlin: Kühne 1910, S. 199–231, hier S. 212). 19 Man findet diese Einschätzung wörtlich bei Lord Brougham, einem englischen Lordkanzler, der in den 1890er Jahren über den Friedensrichter schreibt, dieser „übe eine Justiz nach der Weise des türkischen Kadi“ (zit. nach Wertheim, Wörterbuch (wie oben, S. 331, Anm. 56), S. 317). Die Eigenart der englischen Friedensrichterverwaltung hat Weber darüber hinaus eingehend erörtert in der älteren „Herrschaftssoziologie“: vgl. Patrimonialismus, MWG I/22–4, S. 352–361. – An anderer Stelle (vgl. ebd., S. 662) schreibt er den zur Kennzeichnung dieser Art von Justiz „zutreffenden“ Terminus Richard Schmidt zu. Dieser verwendet den Ausdruck „‚Kadi‘- oder Paschajustiz“ zur Charakterisierung einer rechtspolitischen Tendenz gegen den Rechtsformalismus der herrschenden Jurisprudenz (vgl. ders., Lehrbuch des deutschen Civilprozeßrechts. – Leipzig: Duncker & Humblot 1898, S. 8).

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ist. Und die Kostspieligkeit der Anwaltsjustiz bedeutete andrerseits für die Unbemittelten im Effekt hier ebenso wie aus andren Gründen die republikanische römische Justiz eine faktische Rechtsverweigerung, welche den Interessen der besitzenden, auch der kapitalistischen, Schichten weit entgegenkam. jWo ein solcher Dualismus der Rechtspraxis: formale Justiz für die Conflikte innerhalb der eignen Schicht, Willkür oder faktische Rechtsverweigerung gegenüber den ökonomisch Schwachen, nicht zu erreichen ist, da pflegen kapitalistische Interessenten natürlich bei universeller Durchführung streng formaler, auf der Verhandlungsmaxime ruhender Justiz am besten zu fahren. Und da die Honoratiorenjustiz mit ihrer unvermeidlich wesentlich empirischen Rechtspraxis, ihrem complizierten Prozeßmittelsystem und ihrer Kostspieligkeit auch ihren Interessen starke Hemmnisse bereiten kann: – nicht durch, sondern zum Teil auch trotz der Struktur seines Rechts gewann England den kapitalistischen Primat –[,] so pflegen die bürgerlichen Schichten im Allgemeinen am stärksten an rationaler Rechtspraxis, und dadurch auch an einem systematisierten, eindeutigen, zweckrational geschaffenen formalen Recht interessiert zu sein,k welches Traditionsgebundenheit und Willkür gleichermaßen ausschließt und also subjektives Recht nur aus objektiven lNormen hervorgehen läßt.l Die englischen Puritaner haben ein solches systematisch codifiziertes Recht20 ebenso wie die römischen Plebejer und das deutsche Bürgertum des 19. Jahrhunderts verlangt. Bis dahin war aber ein weiter Weg.m j f j – j Die Rückseite der am unteren Blattrand angebrachten Allonge enthält den fragmentarischen Text eines Briefes oder Briefentwurfs Max Webers; vgl. den Editorischen Bericht, oben, S. 269, und den Wortlaut im Anhang zum Editorischen Bericht, oben, S. 273. k B: sein  an der Codifikation als solcher und an der klaren Abgrenzung der Sphären.¯ l In B verläuft der ursprüngliche, gestrichene und nicht mehr lesbare Satzanschluß in die Schneidekante der Allonge. m In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz. f (S. 518) – f Fehlt in A. 20 Die Kodifikationsbestrebungen reichen in England bis auf die Zeit Elisabeths und Jakobs I. (Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts) zurück. Insbesondere Francis Bacon, der Lordkanzler Jakobs I., unterstützte den Kodifikationsgedanken, drang damit allerdings nicht durch; vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 129 f. Neuerliche Bemühungen, das Common Law zu kodifizieren, wurden Mitte des 17. Jahrhunderts unter dem Protektorat Oliver Cromwells unternommen. Ein Parlamentskomitee sollte ein umfassendes Gesetzbuch ausarbeiten mit dem Ziel „das Recht leicht, klar und kurz zu gestalten und die Fälle unsicherer Präzedenzfälle los zu werden“ (zit. nach Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 150). Auch dieser Versuch verlief ergebnislos, so daß die Kodifikationsarbeit erst im 19. Jahrhundert wieder aufgenommen wurde; vgl. dazu auch oben, S. 457 f.

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nur bei der theokratisch, sondern auch bei der durch weltliche Honoratioren, im Wege der Rechtsprechung oder der privaten oder offiziell anerkannten Rechtskonsultation geleiteten Justizn und ebenso bei der auf dem Imperium und der Banngewalt der die Prozesse instruierenden Magistrate, Fürsten und Beamten,o beruhendenp Entwicklung des Rechts und Rechtsganges bleibt zunächst die Vorstellung unangetastet: daß das Recht grundsätzlich etwas von jeher gleichmäßig Geltendes,q nur der eindeutigen Interpretation und Anwendung auf den Einzelfall Bedürftigesr sei.s 앚 Immerhin war, wie wir sahen,21 selbst bei ökonomisch sehr wenig differenzierten Verhältnissen ein Vordringen arational vereinbarter Normena an sich recht wohl möglich, sofern nur die Gewalt der magischen Stereotypierung bgebrochen war. Die Existenz irrationaler Offenbarungsmittel als des einzigen Weges zu Neuerungen bedeutete immerhin faktisch oft eine weitgehende Beweglichkeit cder Normen,c ihr Fortfall nicht selten eine erhöhte Stereotypierung, weil nun die Macht der sacralen Tradition ganz allein als „heilig“ auf dem Plan blieb und von den Priestern zu einem System sacralen Rechts sublimiert wurde.b d 앚 In sehr verschiedenem Maß ist die Herrschaft sakralen Rechts und sakraler Rechtsschöpfung in diee einzelnen geographischen und sachlichen fRechtsgebiete eingedrungen und aus ihnen wiederf zurückgedrängt worden. Wir glassen hier das durch ursprünglich rein magische Normen begründete spezifischeg Interesse des heiligen Rechts an allen Straf- und hSühneproblemen, ebenso sein in n A: Bei der theokratischen ebenso wie bei der durch private oder offiziell anerkannte Rechtskonsultation geleiteten o A, B: Beamte, p A: beeinflußten q A, B: geltendes, r A, B: bedürftiges s In A folgt: Jedes 앚 Fortsetzung des Typoskripttextes, unten, S. 573, textkritische Anm. f. a A: der Konzeption eines gesatzten und vereinbarten Rechtes B: der Konzeption rational gesatzten und vereinbarten Rechts > rational vereinbarter Normen b – b A: und der Alleinherrschaft der Offenbarung als Mittel der Neuerung gebrochen war. c B: des Rechts, > der Normen, d In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz. e A: den f A: Rechtsgebieten g A: haben es hier nur mit dem letzteren zu tun, welche das theokratische Recht mit sehr verschiedener Intensität festzuhalten pflegt. Dabei sollen die magischen und religiösen Normen, welche das spezifische h – h (S. 521) A: Sühneproblemen begründen, und ebenso sein Interesse an politischen Rechtsproblemen und an den sakralrechtlich statthaften Zeiten, Orten und Beweismitteln der Prozeduren ganz beiseite gelassen und nur das Zivilrecht betrachtet werden. Hier sind die Grundsätze über Zulässigkeit und Folgen der 21 Siehe oben, S. 454–456.

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anderem Zusammenhangi zu erörterndes22 Interesse am politischen Recht und endlich die ebenfalls ursprünglich magisch bedingten Normen über die sakralrechtlich statthaften Zeiten, Orte und Beweismittel der Prozedur ganz beiseite und wollen im Wesentlichen nur das Gebiet des „Zivilrechts“ im üblichen Sinn betrachten. Hier waren die Grundsätze über Zulässigkeit und Folgen der Eheschließung, das Familienrecht und das ihm dem Wesen nach zugehörige Erbrechth eine Hauptdomäne sakralen Rechts, in China und Indien ebenso wie im römischen fas, jim islamischen Schariatj und im kanonischen Recht des Mittelalters. Die alten magischen Inzestverbote warenk Vorläufer der religiösen Kontrolle der lEhe. Die Wichtigkeit gültiger Ahnenopfer und anderer sacra der Familie traten hinzu und bedingten das Eingreifen des heiligen Rechts im Familien- und Erbrecht. Im Gebiet des Christentums, wo die letztgenannten Interessen teilweise fortfielen, wirkte dannl das fiskalische Interesse der Kirche an der Gültigkeit der Testamente in der Richtung der Aufrechterhaltung der Erbrechtskontrolle.23 mMit dem profanen Verkehrsrecht konnten zunächstm die religiösen Normen über die für religiöse Zwecke gewidmeten oder aus anderen Gründen heiligen oder umgekehrt magisch tabuierten Objekte und Örtlichkeiten nin Konflikte gerathen.n In das Gebiet des Kontraktrechts griff das sakrale Recht oaus formalen Gründen dann ein, wenn – was ungemein häufig, ursprünglich wohl regelmäßig, geschah –o eine religiöse Verpflichtungsform, z. B. Eid, gewählt worden war. Aus materialen Gründen pdann, wennp zwingende Normen der religiösen Ethik, wie z. B. das Wucherverbot, in Frage stanEheschließung und das gesamte Familienrecht einschließlich des Erbrechts i In B folgt:  später¯ j A: in der islamischen Scharia k In A folgt: die l – l A: Ehe, für welche die Wichtigkeit gültiger Ahnenopfer und anderer sacra der Familie ebenso die Wege wies, wie für das Familien- und Erbrecht überhaupt. Im mittelalterlichen Okzident, wo jene Interessen keineswegs fortfielen, wirkte m A: Darüber hinaus konnten n A: Konflikte des heiligen Rechts mit dem normalen Verkehrsrecht herbeiführen. o A: dann ein, wenn p A: da, wo 22 Siehe den Abschnitt über das Verhältnis von „politischer“ und „hierokratischer Gewalt“: Weber, Staat und Hierokratie, MWG I/22–4, S. 579 ff. 23 Die mittelalterliche Kirche hatte ihrer Klientel erfolgreich die Vorstellung vermittelt, durch testamentarische Verfügungen zu Gunsten der Kirche verdienstliche Werke im Interesse des eigenen Seelenheils zu tun. Sie profitierte davon so sehr, daß sich Könige und Fürsten zunehmend gezwungen sahen, die kirchliche Vermögensakkumulation (die in Verbindung mit feudalen Exemtionen bedeutende „staatliche“ Einnahmeverluste nach sich zog) gesetzgeberisch zu unterbinden („Tote Hand“-Gesetze).

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den. Über diesen letzten Punkt ist schon bei der Erörterung der ökonomischen Bedeutung der religiösen Ethik gesprochen worden.24 Aus dem dort Gesagten gehtq auch hervor, daß sich die Beziehung des profanen zum sakralen Recht ganz allgemein höchst verschieden gestaltete,r je nach dem prinzipiellen Charakter der religiösen Ethik. Soweit diese im Stadium magischen und ritualistischen Formalismus sverharrte, konntes sie unter Umständen durch raffinierte Rationalisierung der magischen Kasuistik mit Hülfe ihrer eigenen Mittel bis zur vollkommenen Wirkungslosigkeit paralysiert werden. Das römische fas ist im Lauf der republikanischen Zeitt gänzlich diesem Schicksale verfallen. Es gab durchaus keine heilige Norm, für deren Ausschaltung nicht ein geeignetes sakraltechnisches Mittel oder eine Umgehungsform erfunden worden wäre.a bDie religiöse Cassationsgewalt des Augurencollegiums gegen Volksschlüsse – denn darauf lief der Einspruch wegen religiöser Formfehler und böser omina im Ergebnis hinaus – ist in Rom niemals, wie cdas ebenfalls sacrald mitbedingte Cassationsrechtc des Arriopags in Athen durch Ephialtes und Perikles, formell abgeschafft worden.25 Aber es diente bei der absoluten Herrschaft des weltlichen Amtsadels über die Priesterschaft wesentlich nur politischen Zwecken, und seine Casuistik wurde auch in dieser Funktion[,] ganz ebenso wie die des materialen fas[,] durch sacraltechnische Mittel so gut wie unschädlich gemacht.b Das durchaus säkularisierte „ius“ war daher eebenso wie das hellenische Recht der Spätzeite vor Eingriffen von dieser Seite trotz des ungeheuren Raumes, welchen im römischen Leben die Rücksicht auf die frituellen Pflichtenf einnahm, durchaus gesichert. gDie Unterwerfung der priesterlichen unter die profane Gewalt auf dem Boden der q A: ging r A: gestaltet, s A: verharrt, kann t A: Zeit, nach endgültiger Unterwerfung der priesterlichen unter die profane Gewalt, B: Zeit, a A: war. b – b Fehlt in A. c – c B: die Macht  das ebenfalls sacral mitbedingte Cassationsrecht d In B folgt:  religiös¯ e Fehlt in A. f A: numina g – g (S. 523) Fehlt in A. 24 Siehe Webers Ausführungen über das sakralrechtliche (besonders kanonische) Zins- und Wucherverbot in: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 376–384. 25 Ephialtes setzte 462 v.Chr. die Entmachtung des Areopags durch Übertragung seiner Verwaltungskontrollrechte und Jurisdiktionsbefugnisse auf die politischen Institutionen des Demos (Rat der 500, Volksversammlung und Volksgericht) ins Werk. Perikles, der dem Ephialtes nach dessen Ermordung 461 v.Chr. nachfolgte, stand bei diesen Maßnahmen noch im Hintergrund.

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antiken Polis entschied, nächst gewissen früher erwähnten26 Eigentümlichkeiten der römischen Götterwelt und ihrer Behandlung, diese Entwicklung.g Ganz anders, wo eineh herrschende Priesterschaft das gesamte Leben ritualistisch zu reglementieren vermochte und das gesammtei Recht weitgehend unter ihrer Kontrolle behielt, wie namentlich in Indien. jDort ist der Theorie nach das gesammte Recht kin den Dharmasastras enthaltenk.j Die rein profane Rechtsbildung blieb daherl auf die Entwicklung von Partikularrechten für die einzelnen Berufs stände: Kaufleute, Handwerker usw[.], mbeschränkt. Dies Recht der Berufsverbände und Kasten, sich ihr Recht selbst zu setzen, also der Satz: Willkür bricht Landrecht, war von Niemandem bezweifelt, und fast alles praktisch geltende profane Recht entstammt diesen Quellen.27 Da aber dies praktisch für die meisten profanen Lebensverhältnisse allein in Betracht kommende Recht nicht Gegenstand der Priesterlehre und der philosophischen Schullehre und also überhaupt gar keiner berufsmäßigen Pflege war, entbehrt es jeglicher Rationalisierung und, trotz praktisch oft weitgehender Unbekümmertheit um die sakralen[,] der Theorie nach auch hier absolut zwingenden Normen, doch in Abweichungsfällen der sicherenm Geltungsgarantie. nDie indische Rechtsfindung verleugnet die eigentümliche Mischung aus magischen und rationalen Elementen nicht, welche dem Charakter der Religiosität einerseits, der theokratisch-patriarchalen Lebensreglementierung andrerseits entspricht. Der Formalismus des Rechtsganges ist im Ganzen gering; dinggenossenschaftlichen Charaktero besitzen die Gerichte nicht; die Bindung des Königs an das Urteil des Oberrichters und die Vorschrift der Zuziehung von Laienbeih In A folgt: sozial i Fehlt in A. j – j Fehlt in A. k B: heiliges Recht  in den Dharmasastras enthalten l A: dann m – m A: beschränkt und entbehrte, da das praktisch geltende Recht nicht Gegenstand der Priesterlehre war, der Rationalisierung und, trotz praktisch oft weitgehender Unbekümmertheit um die sakralen Normen, doch der n – n (S. 525) Fehlt in A. o In B folgt:   haben¯ entsprechen selbst die Dorfgerichte nicht.¯ 26 Siehe oben, S. 497–500; auch Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 134–137. 27 Zur Rechtsautonomie der Kasten und Gilden vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 54, 109, 113, 191. – Weber stützt sich hier und im folgenden, wie aus dem dichteren Textbezug der religionssoziologischen Parallelstudie ersichtlich, primär auf Jolly, Recht (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 132–136 (Gerichtsordnung und Instanzenzug), S. 140–146 (Beweis- und Vollstreckungsrecht), und S. 119– 123 (Verhältnis von sakralem, profanem und Verbandsrecht).

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sitzern (Kaufleute und Schreiber in den älteren, Zunftmeister und Schreiber in den jüngeren Quellen) entstammt rationaler Ordnungp. Der autonomen Rechtssetzung der Verbände entspricht die große Bedeutung der privaten Schiedsgerichte. Andrerseits ist aber von den organisierten Gerichten der Verbände prinzipiell die Berufung an die öffentlichen Gerichte zulässig. Die Beweismittel sind heute primär rational: Urkunden und Zeugen. Die Ordale waren für die Fälle der mangelnden Eindeutigkeitq des rationalen Beweises reserviert; hier aber waren sie, speziell der Eid (Wartefrist auf die Folgen der Selbstverfluchung)[,] in ihrer ungebrochenen magischen Bedeutung erhalten. Ebenso standen die magischen Zwangsvollstreckungsmittelr (Verhungern des Gläubigers vor der Tür des Schuldners)28 neben der amtlichens Exekution und neben legalisierter Selbsthülfe. Ein ziemlich vollständiger Parallelismus sacralen und profanen Rechts bestand im Criminalverfahren; aber auch die Tendenz zur Verschmelzung beider fand sich entwickelt, und im ganzen waren sakrales und profanes Recht praktisch eine ungeschiedene Einheit geworden, welche die Reste des alten arischen Rechts überdeckten, ihrerseits aber wieder durch die autonome Justiz der Verbände, vor Allem aber durch die Kastenjustiz, die über das wirksamste aller Zwangsmittel: die Ausstoßung aus der Kaste, verfügtet, durchbrochen wurde. Keineswegs gering war auch der legislatorische Einfluß buddhistischer Ethik innerhalb des Geltungsbereichs des Buddhismus als Staatsreligion (Ceylon, Hinterindien, namentlich Kambodscha und Birma).29 Die Gleichstellung von Mann und Weib (kognatisches Erbrecht, Gütergemeinschaft), die Elternpietät im Interesse des jenseitigen Elternschicksals (daher Schuldenhaftung der Erben), die gesinnungsethische Sublimierung des Rechts, der Sklavenschutz, die Milde des Strafrechts (mit Ausnahme des[,] im Kontrast dazu, oft höchst grausamen politischen p B: Provenienz  Ordnung q B: Sicherheit  Eindeutigkeit r In B folgt:  (Selbstmord,¯ s B: rationalen  amtlichen t In B folgt:  und verfügt,¯ 28 Vgl. oben, S. 325 mit Anm. 41 (S. 325 f.). 29 Zur Verbreitung der buddhistischen Lehre in den ceylonesischen und hinterindischen Gebieten durch eine vom Mauryakönig Açoka Mitte des 3. Jahrhunderts v.Chr. gestützte Mission vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 382 f. – Für die folgende Beschreibung des legislatorischen Einflusses der buddhistischen Ethik ist besonders auch Kohler, Recht der orientalischen Völker (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 123–129, zu vergleichen.

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Strafrechts), die Wohlverhaltens-Bürgschaft kommen auf seine Rechnung. Im Übrigen aber war selbst die relativierte Welt-Ethik des Buddhismus so durchaus auf die Gesinnung einerseits, rituellen Formalismus andrerseits abgestellt, daß ein eigentliches heiliges „Recht“ als Objekt einer besonderen Doktrin auf diesem Boden schwer entstehen konnte. Immerhin hat sich doch eine Rechtsbuch-Litteratur hinduistischen Gepräges entwickelt und es ermöglicht, in Birma 1875 das „buddhistische Recht“ (d. h. rein buddhistisch modifizierte Recht indischer Provenienz) zum offiziellen Recht zu proklamieren.n 30 In China hat umgekehrt die alleinherrschende Bürokratie die magischen und animistischen Pflichten auf das rein rituelle Gebiet beschränkt, uvon wo aus sie freilich, wie wir schon sahen und noch sehen werden,31 ziemlich tiefgreifende Einflüsse auch auf die Wirtschaft ausgeübt haben.u a bDie Irrationalitäten der Justiz aber sind dort patrimonial, nicht theokratisch bedingt. Wie die Prophetie überhaupt, so ist auch die Rechtsprophetie in historischer Zeit in China unbekannt. Es findet sich auch keine Schicht respondierender Juristen und überhaupt, scheint es, keine spezifische Rechtsschulung, dem patriarchalen Charakter des politischen Verbandes entsprechend, welcher der Entwicklung eines formalen Rechts widerstrebte.32 Consulenten über magische Riten sind diec „Wu“ und „Hih“d („taoistische“ Zauberpriester)33, n (S. 523) – n Fehlt in A. u Die Zeilen sind links mit zwei Senkrechtstrichen markiert. Am Rand steht die Notiz Max Webers:  Buchreligion!¯ a In B folgt:  Im Übrigen gilt dort der Satz „Willkür bricht Landrecht“  in voller Conseq;¯ auch praktisch: die „Gesetze“ der Kaiser sind Verwaltungsreglements.¯ b – b (S. 526) Fehlt in A. c In B folgt:  Tao-Priester¯ d B: „Wei“ Zur Emendation vgl. Anm. 33. 30 Weber stützt sich hier vermutlich auf Jolly, Recht (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 42. 31 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG, I/22–2, S. 128; ders., Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 148 f., sowie ders., Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 174 f., über die ökonomische und politische Wirkung der chinesischen, magisch-animistischen Trauervorschriften. 32 Zum Fehlen der Prophetie in China und zum chinesischen Recht sind Webers Ausführungen in der Konfuzianismusstudie zu vergleichen: Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 333, 362, 410, 420, 433, 460 f. (Fehlen der Prophetie) und S. 279–284, 341 f. (Recht). 33 Die „Wu“ und „Hih“ kennzeichnet Weber in der Konfuzianismusstudie als „alte[n] Medizinmänner und Regenmacher“ (Konfuzianismus, MWG I/19, S. 382) bzw. „uralte meteorologische Magier und Regenzauberer“ (ebd., S. 404), die sich bis in die Gegenwart fänden. Über deren taoistische Herkunft und mantische Funktionen vgl. z. B. Groot, Johann Jakob Maria de, Die Religionen der Chinesen, in: Lehmann, Edv[ard]

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als Berather in ceremoniellen und rechtlichen Angelegenheiten fungieren für Familien, Sippe, Dorf die examinierten[,] also literarisch gebildeten Mitglieder aus ihrer Mitte.b Dere Islam kennt der Theorie nach sogut wie kein Gebiet des Rechtslebens, auf welchem nicht Ansprüche heiliger Normen der Entwicklung profanen Rechts den Weg versperrten. fDer Thatsache nach haben umfassende Rezeptionen hellenischen und römischen Rechts stattgefunden.34 Offiziell aberf wird das gesamte bürgerliche Recht als Interpretation oder gewohnheitsrechtliche Fortbildung des Korang in Anspruch genommen. Dies geschah namentlich, nachdem der Sturz der Ommajaden und die Begründung der Abbasidenherrschaft unter dem Schlagwort der Rückkehr zur heiligen Tradition die cäsaropapistischen Prinzipien der zarathustrischen Sassaniden auf den Islam übertrug.35 hDie Stellung des heiligen Rechts im Islam ist ein geeignetes Paradigma für die Wirkung heiliger Rechte in ieigentlichen prophetisch geschaffenen „Buchreligionen“.i Der Koran enthält eine ganze Reihe rein positiver rechtlicher Vorschriften (etwa die Aufhebung des Eheverbots mit der Adoptiv-Schwiegertochter – Muhammed gab sich b (S. 525) – b Fehlt in A. e In B geht die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz! f A: Im Grunde genommen g In A folgt: und der Sunna h – h (S. 530) Fehlt in A. i B: „Buchreligionen, in denen die prophetischen Normen offiziell festgelegt sind.  „Buchreligionen“, denen zu der [??] [??]  eigentlichen prophetisch geschaffenen „Buchreligionen“. u. a., Die Orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart, hg. von Paul Hinneberg, Teil I, Abt. III, 1). – Berlin, Leipzig: B. G. Teubner 1906, S. 162–193, hier S. 176 f., 180. 34 Dies betonen namentlich Goldziher, Ignaz, Vorlesungen über den Islam (Religionswissenschaftliche Bibliothek, hg. von Wilhelm Streitberg und Richard Wünsch, Band 1). – Heidelberg: Carl Winter 1910, S. 3, 48 (hinfort: Goldziher, Vorlesungen); ders., Die Religion des Islams, in: Lehmann, Edv[ard] u. a., Die Orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart, hg. von Paul Hinneberg, Teil I, Abt. III, 1). – Berlin, Leipzig: B. G. Teubner 1906, S. 87–135, hier S. 102 (hinfort: Goldziher, Religion des Islams), und Kohler, Recht der orientalischen Völker (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 96 f., 111. 35 Der letzte Kalif aus der arabischen Ommajadendynastie (661–750 n.Chr.), Merwan II. (744–750), wurde 750 in der Schlacht am Zab (Nebenfluß des Tigris) von den persischen Abbasiden vernichtend geschlagen. In den islamischen Kerngebieten fiel nun das Kalifat an die Abbasiden, die es bis zur mongolischen Eroberung (1258) hielten. – Im neupersischen Reich der Sassaniden (227–642 n.Chr.) war in betonter Abkehr vom Philhellenismus der parthischen Vorgänger die von Zarathustra um 600 v.Chr. gestiftete ethisch-dualistische Religion erneuert und schließlich zur Staatsreligion erhoben worden. Nicht zuletzt dies hatte den inneren Zusammenhalt des sassanidischen zentralisierten Feudalstaates gestärkt – bis zur islamischen Eroberung 642; vgl. dazu Goldziher, Muhammedanische Studien (wie oben, S. 487, Anm. 24), S. 52–66.

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selbst diese Freiheit36). Aber der Schwerpunkt der juristischen Vorschriften hat einen anderen Ursprung. Formell kleiden sie sich in aller Regel in die Gestalt des „hadith“, exemplarischer Handlungen und Aussprüche des Propheten, deren Authentizität durch Sukzession der Garanten bis zu Zeitgenossen, ursprünglich bis zu besonders qualifizierten Lebensgefährten Muhammeds von Mund zu Mund sich zurückverfolgen läßt. Sie sind oder gelten um dieser unentbehrlichen jUnunterbrochenheit der persönlichen Garantenreihej willen als ausschließlich mündlich überliefert und bilden die „Sunnah“.37 Diese ist nicht etwa Koran-„Interpretation“, sondern Tradition neben dem Koran; ihr ältester Bestand stammt zum sehr wesentlichen Teil aus der vorislamischen Zeit, speziell aus der Coutume von Medina, deren Redaktion als Sunnah auf Malik ibn Anas zurückgeführt wird.38 Aber weder Koran noch Sunnah sind als solche die unmittelbaren Rechtsquellen, welche der Richter benutzt. Sondern diese werden durch den „fiqh“ gebildet, die Produkte der spekulativen Arbeit der Juristenschulen, Sammlungen von hadiths entweder nach Autoren geordnet (musnad)39 oder systematisch nach Gegenständen (mussunaf, von denen 6 den Traditions-Kanon bilden).40 Der fiqh umfaßt sittliche wie rechtliche Gebote und entj B: Qualifikation  Ununterbrochenheit der persönlichen Garantenreihe 36 Muhammed wollte die Frau seines Adoptivsohns unter seine Ehefrauen aufnehmen, konnte das aber nicht, solange sie seine Schwiegertochter war (vgl. Sure 4, 23). Sure 33, 4 erklärt nun die Annahme an Sohnes statt für rechtsunverbindlich („[. . .] noch hat Er [Allah, Hg.] eure angenommenen Söhne zu euren Söhnen gemacht“), wodurch das Ehehindernis entfiel. 37 Den Vorgang der Traditionsbildung im Islam beschreibt in ähnlichen Formulierungen Goldziher, Vorlesungen (wie oben, S. 526, Anm. 34), S. 40 f. 38 Das dem Malik ibn Anas (zwischen 708/715–795 n.Chr.) zugeschriebene älteste Rechtsbuch der islamischen Geschichte, die sog. al-Muwatta’, faßt nach allgemeinen juristischen Prinzipien Tradition und Gewohnheitsrecht der Stadt Medina als Hauptort der frühislamischen Gemeinde zusammen. Darauf und auf dem Konsensus der Rechtsgelehrten (idschma) beruht die von Medina ausgehende malikitische Rechtslehre. 39 „Musnad“ bedeutet soviel wie „gestützt“, „angelehnt“ und zwar an den jeweils erstüberliefernden Gewährsmann; vgl. hierzu Goldziher, Materialien (wie oben, S. 487, Anm. 24), S. 469, und ders., Muhammedanische Studien (ebd.), S. 226–231. 40 Es handelt sich dabei um die im 9. Jahrhundert entstandenen Sammlungen der islamischen Theologen Bochari, Muslim, al-Tirmidhi, Abu Da’ud, el-Nasai und Abu Madjah. Die der beiden ersteren heißen „Sahîh“: Sammlungen der „gesunden“ Traditionsberichte; die vier übrigen werden unter dem Namen „Sunan“ zusammengefaßt und beschäftigen sich vorzugsweise mit gesetzlichen Traditionen unter Weglassung rein

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hält, seit der Immobilisierung des Rechts, immer zahlreichere Partien völlig obsoleten Charakters. Die Immobilisierung aber vollzog sich offiziell dadurch, daß die charismatische, rechtsprophetische Kraft (itschtihad) der Rechtsauslegung für seit dem 7[.]/8[.] Jahrhundert der Hedschra, dem 13[.]/14[.] der christlichen Ära, erloschen galt, – ähnlich der uns bekannten41 Auffassung der christlichen Kirche und des Judentums über den Abschluß des prophetischen Zeitalters. Die Rechtspropheten: Mutschtehiden[,] des charismatischen Zeitalters galten noch als Träger der Rechtsoffenbarung, in vollem Umfang allerdings nur noch die Gründer der vier als orthodox anerkannten Rechtsschulenk (madhab). Nach dem Erlöschen der Itschtihad dagegen giebt es nur noch muqallidin, Commentatoren[,]42 und ist die Stabilität des Rechts absolut. Der Kampf der vier Rechtsschulen lwar zunächstl ein Kampf um die Qualitäten der orthodoxen Sunnah, wurde aber im Zusammenhang damit zum Kampf um die Auslegungsmethode, und auch ihr Gegensatz wurde seit der Immobilisierung des Rechts zunehmend stereotypiert. Während die kleine hanbalitische Schule alle „bida“, alles neue Recht, alle neuen hadiths, alle rationalen Mittel der Rechtsauslegung ablehnt und sich auch durch den Grundsatz „coge intrare“43 von den anderen, prinzipiell gegeneinander toleranten Schulen scheidet, trennt diese wesentlich die Rolle, welche der juristischen Kunst für die Rechtsschöpfung zugewiesen wird. Die lange Perik B: Schulen  Rechtsschulen nächst

l B: ist seitdem  ist offiziell von Anfang an  war zu-

historischer oder ethischer Erzählungen und Aussprüche; vgl. dazu Goldziher, Muhammedanische Studien (wie oben, S. 487, Anm. 24), S. 234–265; ders., Religion des Islams (wie oben, S. 526, Anm. 34), S. 101. 41 Siehe oben, S. 488, sowie in Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 207. 42 Hartmann übersetzt „muqallid“ in diesem Sinn mit „Autoritätsgläubiger“ (Hartmann, Martin, Der Islam. Geschichte, Glaube, Recht. Ein Handbuch. – Leipzig: Rudolf Haupt 1909, S. 69); vgl. dazu auch Becker, Islam (wie oben, S. 487, Anm. 24), Sp. 724. 43 Weber spielt auf einen im christlichen Kontext zuerst von Augustinus gegen die (nordafrikanischen) Donatisten geltend gemachtes Prinzip an. Deren urchristlichen, pneumatisch-personalcharismatischen Vorstellungen begegnete Augustinus mit der amtscharismatischen Auffassung der Kirche als „Fideikommiß“ der spirituellen Heilsgüter, woraus er die Rechtmäßigkeit der Zwangsbekehrung von Ketzern und Ungläubigen („coge intrare“) ableitete. In diesem Fall durch eine entsprechende Instrumentalisierung der Ketzergesetze des Kaisers Honorius (412, 415/416 n.Chr.).

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oden hindurch in Afrika und Arabien herrschende malekitische Schulem war, ihrem Ursprung am ältesten politischen Sitz des Islam (Medina) entsprechend, besonders unbefangen in der Übernahme vorislamischen Rechts, gilt aber gegenüber der hanafitischen, aus dem Iraq stammenden, daher stark byzantinisch beeinflußten, am Hof des Khalifen maßgebenden und heute in der Türkei offiziell rezipierten und heute auch in Ägypten offiziell herrschenden Schule stärker traditionsgebunden. Die stärker höfisch adaptierte Jurisprudenz der Hanafiten scheint vornehmlich die empirische Technik der islamischen Juristen, die Verwertung der Analogie (qijas), entwickelt und daneben speziell auch das „raj“, die wissenschaftliche Lehrmeinung als eine selbst den rezipierten KoranInterpretationen gegenüber selbständige Quelle zu vertreten. Die schafiitische Schule endlich, von Bagdad ausgegangen, in Südarabien, Ägypten, Indonesien verbreitet, gilt als die wissenschaftliche Technik und die fremdrechtlichen Anleihen der Hanafiten ebenso wie die freie Stellung der Malekiten zur Tradition ablehnend[,] also traditionalistisch[,] scheint aber den gleichen Effekt durch massenhafte Rezeptionn von zweifelwürdigen hadiths in die Tradition zu erreichen.44 Der Kampf zwischen den Aschab-al-hadith, den konservativen Traditionalisten[,] und den Aschab-al Fiqh, den rationalistischen Juristen, durchzog die ganze islamische Rechtsgeschichte[.] Das islamische heilige Recht ist durchweg spezifisches „Juristenrecht“. Seine Geltung beruht auf dem „idschma“o (idschmah-alammah = tacitus consensus omnium), der praktisch als Übereinstimmung der Rechtspropheten, der großen Juristen (fuqaha) also, definiert ist. Offiziell gilt neben der Infallibilität des Propheten selbst nur die Infallibilität des Idschma.45 Koran und Sunnah sind m In B folgt:  (Schule von Medina)¯  (consensus ecclesiae)¯

n B: Canonisierung  Rezeption

o In B folgt:

44 Dies scheint jedoch eher die prinzipielle Verteidigungslinie der Traditionalisten („ashâb al-hadith“) gegenüber den Vertretern des Ra’j, d. h. einer vor allem auf die Analogie gestützten Rechtsfortbildung („ashâb al-fikh“), gewesen zu sein; vgl. dazu bes. Goldziher, Muhammedanische Studien (wie oben, S. 487, Anm. 24), S. 74–78. Dagegen wird auf al-Shâficî eine – wenn auch letztlich vergleichbar motivierte – harmonisierende Auslegungstechnik für einander widersprechende Hadithe zurückgeführt; vgl. ebd., S. 84 f. 45 Weber bezieht sich hier auf zahlreiche Hadithe, vor allem den Prophetenspruch: „Meine Gemeinde hat keine Übereinstimmung, die ein Irrtum wäre“, worauf die Unfehl-

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nur die historischen Quellen des letzteren. Nicht sie, sondern die Compilation des Idschma schlägt der Richter auf; die selbständige Interpretation der heiligen Schriften und Tradition ist ihm untersagt.46 Die Stellung der Juristen als solcher war an sich derjenigen der römischen ähnlich, an die ja auch die Schulorganisationp erinnert: ein Nebeneinander von Consultationspraxis und Unterricht von Schülern, also Beziehung sowohl zu den praktischen Bedürfnissen der Rechtsinteressenten wie zu den[,] systematische Gliederung erheischenden[,] praktisch-pädagogischen Bedürfnissen. Allein die rechtliche Gebundenheit an die festgelegte Interpretations-Methode des Schulhauptes und an die gegebenen Commentare schloß, seit dem Abschluß der itschtihad-Periode, jede freie Bewegung aus, und in den offiziellen Universitäten, wie etwa der Akhbar in qKairo – dieq Vertreter jeder der vier orthodoxen Schulen als Lehrer umfaßt –[,] verwandelte sich die Lehre in ein äußerst mechanisches Vor- und Nachsprechen feststehender Sentiments. – Wesentlich die Organisation des Islam: das Fehlen sowohl von Conzilien wie eines unfehlbaren Lehramts[,] bedingte diese Entwicklung des heiligen Rechts zu einem stereotypierten Juristenrecht.h rIm praktischen Effekt blieb die unmittelbare Geltung des heiligen Rechtsr auf bestimmte fundamentale Institutionen[,] und zwar im ganzen auf einen nicht sehr wesentlich größeren Umkreis sachlicher Rechtsgebiete beschränkt, wie sz. B.s das mittelalterliche canonischet Recht. Nur hat der prinzipielle Universalismus der Herrschaft der hei ligen Tradition die Konsequenz gehabt, daß unabweislichea Neuerungen regelmäßig sich auf ein für den Einzelfall eingeholtes oder erschlichenes Fetwa oder auf die strittige Kasuistik der verschiedenen konkurrierenden orthodoxen Rechtsschulen bstützen konnten. Daraus ergab sichb neben der früher p B: Schulspaltung  Schulorganisation q B: Kairo, – der h (S. 526) – h Fehlt in A. r A: Der Sache nach aber blieb die unmittelbare praktische Geltung der Scharia dennoch s Fehlt in A. t A: heilige a Fehlt in A. b A: stützten. Die Folgen dieses Zustandes waren barkeit des idschma zurückgeführt wird; zit. nach Becker, Islam (wie oben, S. 487, Anm. 24), Sp. 722; vgl. auch Goldziher, Vorlesungen (wie oben, S. 526, Anm. 34), S. 54–56. 46 Nach Becker, Islam (wie oben, S. 487, Anm. 24), Sp. 724, darf sich kein Rechtsgelehrter anmaßen, Koran und Sunna unmittelbar als Quelle seiner Rechtsfindung zu verwenden.

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erwähnten47 mangelnden formalen Rationalität des Rechtsdenkens vor allem auch die Unmöglichkeit einerc systematischen Rechtsschöpfung zum Zweck der inneren und äußeren Vereinheitlichung des Rechts. Das heilige Recht konnte weder beseitigt dnoch, trotz aller Adaptierungen,d wirklich in der Praxis durchgeführt werden. eDie gegebenenfalls vom Kadi oder vonf den Interessenten, ganz nach römischer Analogie, einzuholenden maßgebenden Responsen der amtlich zugelassenen Juristen: Mufti’s mit dem Sheikh-ül-Islam an der Spitze, sind ungemein stark opportunistisch bedingt, schwankend von Person zu Person, ergehen nach Art der Orakel ohne Angabe rationaler Gründe und haben nicht das Geringste zu einer Rationalisierung des Rechts beigetragen, vielmehr die Irrationalität des heiligen Rechts praktisch noch gesteigert.e Und dabei ggilt das heilige Recht nur als Standesrechtg für die Rechtsgenossen des Islam, nicht für die unterworfenen Andersgläubigen. Die Folge war der Fortbestand der Rechtspartikularität in allen ihren Formen: sowohl als ständische für die verschiedenen geduldeten und hteils positiv[,] teilsh negativ privilegierten Konfessionen, wie als Orts- oder Berufsgebrauch nach dem Satz: Willkür bricht iLandrecht, soi zweifelhaft hier wie anderwärts dessen Tragweite gegenüber den ihrem Anspruch nach unbedingt geltenden, dabei aber schwankend interpretierten, heiligen Normen sein mußte. jDas islamische Geschäftsrecht speziell hat in Fortbildung der spätantiken Rechtstechnik für den Handel Institutionen entwickelt, welche der Occident teilweise direkt übernahm.48 Aber ihre Geltung war innerhalb des Islam zum erheblichen Teil nur durch die Verkehrsloyalität und den ökonomischen Einfluß der Kaufleute auf die Rechtsprechung garantiert, nicht durch Satzunc In A folgt: rationalen d A: noch e – e Fehlt in A. f Fehlt in B; von sinngemäß ergänzt. g A: galt es nur h A: positiv oder i A: Landrecht. So j – j (S.532) A: Fehlt in A. 47 Siehe oben, S. 486 ff. 48 Weber folgt hier der Auffassung Kohlers, der die Entwicklung wichtiger handelsrechtlicher Institute des Okzidents (z. B. den Wechsel) auf Rezeptionen aus dem arabisch-islamischen Rechtskreis zurückführt (vgl. z. B. Kohler, Josef, Zum Islamrecht, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 17, 1905, S. 194–216, hier S. 210). Den Import spätrömischer Rechtsinstitute durch das arabisch-islamische Verkehrsrecht betont dagegen Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 99, 410 mit Anm. 76, und ders., „Handelsrecht. Geschichtliche Entwickelung“, in: HdStW3, Band 5, 1910, S. 316–327, hier S. 319.

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gen oder sicherek Prinzipien eines rationalen Rechts; die heilige Tradition hätte den meisten dieser Institutionen eher bedrohlich werden können[,] als daß sie sie gefördert hätte. Sie bestanden praeter legem.l j Diem Hemmung der inneren und äußeren Rechtseinheit ist nnaturgemäß diejenige Erscheinung, welche überall eingetreten ist,n wo mit der Geltung eines heiligen Rechts oder einer unabänderlichen Tradition oüberhaupt dauerndo Ernst gemacht wurde, in China und Indien ebenso wie in den islamischen Rechtsgebieten.p 49 qSelbst innerhalb des Islamr gilt die Rechtspersonalität für die vier orthodoxen Schulen wie im Karolingerreich für die Volksrechte. Die Schaffung einer „lex terrae“, wie ess das englische common law von der Zeit der Eroberung an und ganz offiziell seit Heinrich II[.] war,50 wäre ganz unmöglich gewesen. Praktisch besteht heute in den großen islamischen Reichen überall der Dualismus weltlicher und geistlicher Rechtspflege: neben dem Kadi steht der weltliche Beamte, neben dem Schariat das weltliche Amtsrecht: Qanun, welches, wie die Kapitularien der Karolinger, stets von Anfang an, schon seit der Ommajaden-Herrschaft, neben dem geistlichen Juristenrecht erwuchs und steigende Bedeutung gewann, je mehr das letztere sich stereotypierte. Es ist für den weltlichen Richter bindend, der in allen Angelegenheiten[,] außer über Tutel, Ehe, k In B folgt:   Recht¯Garantien¯ l In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz j (S. 531) – j Fehlt in A. m A: Diese n A: dasjenige, was überall da eintreten mußte, o Fehlt in A. p In A folgt: Ebenso wie überall die Folge war, daß eine logische Systematisierung des Rechts in rein formalen juristischen Begriffen ausblieb, weil sie dem Wesen der materialen heiligen Normen widersprochen hätte. q – q (S. 535) Fehlt in A. r In B folgt: selbst s B: sie 49 Über den politischen, ökonomischen und geistigen Traditionalismus in China sowie den daraus folgenden Rechtspartikularismus vgl. Webers Ausführungen in: Konfuzianismus, MWG I/19, bes. S. 223–225, 279 f., 341–343. Über den in der hinduistischen Kastenordnung begründeten indischen Rechtspartikularismus vgl. Webers Bemerkungen in: Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 109, 191, 231–233. 50 Verschiedene gesetzliche Maßnahmen Heinrichs II. (1154–1189) zentralisierten die Rechtspflege beim Königsgericht, um so die Feudalgerichtsbarkeit zu beschränken und zu reglementieren. Das Feudalrecht entwickelte sich deshalb nicht – wie auf dem Kontinent – zu einem Sonderrecht, sondern wurde zusammen mit anderen Spezialrechtsbeständen zu einem wesentlichen Bestandteil des Common Law, der „lex terrae“; so die Deutung des Vorgangs z. B. bei Hatschek, Englische Verfassungsgeschichte, S. 16–18, 185 f., sowie oben, S. 363 f. Der Ausdruck „Common Law“ wurde erst seit dem Ende des 13. Jahrhunderts geläufig und aus dem römisch-kanonischen Recht rezipiert; vgl. Pollock/Maitland, English Law I, S. 176 f.

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Erbrecht, Scheidung, unter Umständen Stiftungsgut und dadurch Grundbesitz überhaupt, entscheidet. Er fragt nach den Verboten des geistlichen Rechts überhaupt nicht, sondern entscheidet – da die Ingerenz des geistlichen Rechts jede tsystematische Geschlossenheitt auch der weltlichen Gesetze ausschließt (der offizielle[,] von 1869 an publizierte türkische Codex51 ist keine „Codifikation“, sondern eine Sammlung der hanafitischen Rechtsregeln) – in der Mehrzahl aller Fälle nach Ortsgebrauch. Eine logische Systematisierung des Rechts in formalen juristischen Begriffen ist durch diese Zustände ausgeschlossen. Die ökonomische Tragweite dieses Zustandes ist, wie wir sehen werden,52 nicht gering. Im Schiitentum53, welches in Persien die offizielle Confession ist, steigert sich die Irrationalität des heiligen Rechts noch weiter. Es fehlen die immerhin relativ festen Anhaltspunkte, welche die Sunnah giebt; der Glaube an den unsichtbaren, theoretisch mit Unfehlbarkeit ausgestatteten Imam ist dafür gewiß kein Ersatz. Die Zulassunga der Richter erfolgt seitens des Schah[,] der Sache nach unter sehr starker – für ihn als religiös illegitimen Herrscher auch unbedingt gebotener – Rücksichtnahme auf die Ansichten der örtlichen Honoratioren. Sie bist auch der Sache nachb keine amtliche „Anstellung“, sondernc nur eine Plazetierung der von den zünftigen Theologenschulen diplomierten Anwärter, und sie kennt zwar t B: Systematisierung  systematische Geschlossenheit b B: auch der Sache nach ist c B: sondern, sondern

a B: Anstellung  Zulassung

51 Gemeint ist der im osmanischen Reich 1877 promulgierte Zivilrechtskodex (die „Hecelle“), dessen erster, 100 Paragraphen umfassender Abschnitt – vergleichbar dem Allgemeinen Teil des BGB – noch heute in den Ländern seines ehemaligen Herrschaftsgebietes subsidiär herangezogen wird. 52 Siehe unten, S. 534 f. und 543 f., sowie die Bemerkungen zu den mittelalterlichen islamischen Klosterstiftungen, Weber, Feudalismus, MWG I/22–4, S. 428–431. 53 Neben die herrschende (sunnitische) islamische Richtung trat als wirkmächtigste religiös-schismatische Bewegung bereits in frühislamischer Zeit das Schiitentum. Hauptstreitpunkt war die Frage der legitimen Nachfolge des Propheten im Kalifenamt. Wichtige religiös-rechtliche Konsequenzen der schiitischen Auffassung, nach der das Erbcharisma direkter Nachkommenschaft den Ausschlag gibt, sind eine starke Entwertung des idschma der Rechtsgelehrten, dem nur noch in Verbindung mit einem Spruch des unfehlbaren (schiitischen) Imam als religiösem Führer der Gemeinde normative Kraft zuwächst, sowie die Beschränkung der Sunna als „heiliger Brauch“ auf Übung und Beipiel der Familie des Propheten. So kennzeichnet Goldziher, Vorlesungen (wie oben, S. 526, Anm. 34), S. 226, den Unterschied zwischen sunnitischem und schiitischem Islam als den zwischen einer „Idschma“- und einer „Autoritätskirche“.

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Sprengel, aber, wie es scheint, keine eindeutig feststehende Competenz des Einzelrichters. Vielmehr stehen oft mehrere von diesen konkurrierend neben einander zur Auswahl der Partei. Der charismatische Charakter dieser Rechtspropheten tritt auch darin deutlich hervor. Die streng sektiererische, durch zarathustrische Einflüsse54 in diesem Charakter noch gesteigerte Eigenart der Schia würde jeden dökonomischen Güterverkehrd mit Ungläubigen als verunreinigend direkt rituell ausschließen, wenn nicht zahlreiche Fiktionen schließlich die praktisch vollständige Aufgabe dieser Ansprüche des heiligen Rechts und damit dessen fast gänzliches Zurückziehen aus der Sphäre des ökonomisch und – seit der Constitutionalismus durch Fetwa’s auf Grund von Koranstellen „begründet“ wurde55 – auch des politisch Relevanten herbeigeführt hätten. Allein selbst bis heute ist edie Theokratiee dennoch weit entfernt davon, ökonomisch eine quantité négligeable zu sein. Für die Wirtschaft war und ist – neben der später zu erörternden56 Eigenart des orientalischen Patrimonialismus als Herrschaftsform – der theokratischef Einschlag in der Justiz trotz aller zunehmenden Begrenztheit ihrer Sphäre von recht erheblicher Bedeutung.g d B: Verkehr  ökonomischen Verkehr  ökonomischen Güterverkehr e B: dieses Zurückweichen des heiligen Rechts  die Theokratie f B: sacrale  theokratische g In B folgt:  Denn ihrem Charakter nach erstrebt sie, soweit die positiven formellen Normen des heiligen Rechts  ihr Raum la¯ dafür Raum gew¯ 54 Zarathustrische Einflüsse, schon unter dem Propheten selbst durch persische Magier auf der arabischen Halbinsel vermittelt, wurden mit den zentralasiatischen Eroberungen der Abbasidendynastie, wiederum vermittelt über persische Religionsgelehrte, manifest. Goldziher, Religion des Islams (wie oben, S. 526, Anm. 34), S. 108 f.; Vorlesungen (ebd.), S. 245, führt insbesondere die strengen rituellen Reinheitsgebote, allgemein aber auch den religiösen Eifer und „unversöhnlichen Konfessionalismus“ des schiitischen Islam auf diese Einflüsse zurück. 55 Weber bezieht sich auf die revolutionären Auseinandersetzungen in Persien zu Beginn des Jahrhunderts (1905–1909), die zur Errichtung einer parlamentarischen Verfassung führten. Die Schia war darin zur Staatsreligion erklärt und die Verfassung selbst sollte bis zur Wiederkehr des erwarteten „Heilands“ (Mahdi) gelten. Sie war durch Fetwas begründet, von denen Goldziher, Vorlesungen (wie oben, S. 526, Anm. 34), S. 270, Anm. 10, diejenige der Ulema von Nedschef in Übersetzung mitteilt: „Man muß allen Eifer anwenden, um die Konstitution durch einen heiligen Krieg zu befestigen, indem man sich dabei an den Steigbügeln des Imams des Zeitalters [das ist der verborgene Mahdi, Hg.] hält – möge unser Leben sein Lösegeld sein. Das geringste Zuwiderhandeln und die geringste Nachlässigkeit (in der Erfüllung dieser Pflicht) käme dem Verlassen und der Bekämpfung dieser Majestät gleich“; vgl. dazu weiterhin ebd., S. 233, 284 f. 56 Siehe Weber, Patrimonialismus, MWG I/22–4, bes. S. 259–326.

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Weit weniger – hier ebenso wie anderwärts – kraft der positiven Normen des heiligen Rechts als wegen der prinzipiellen „Gesinnung“ der Rechtspflege. Diese erstrebt „materiale“ Gerechtigkeit, nicht formale Regelung eines Interessenkampfes. Sie urteilt daher, auch z. B. in Grundbesitzprozessen, soweit diese unter ihre Zuständigkeit fallen, sehr weitgehend nach konkreten Billigkeitsgesichtspunkten, umso leichter, wo ein kodifiziertes Recht fehlt, und entzieht sich daher in ihren Chancen der Berechenbarkeit („Kadi-Justiz“). Die Folge war z. B. für Tunis, solange und soweit die „Chara“ h(geistliches Gericht)h für Grundbesitzprozesse zuständig blieb, die Unmöglichkeit kapitalistischer Ausbeutung des Bodens.57 Kapitalistischen Interessen gelang es, die Beseitigung dieser Zuständigkeit durchzusetzen. Der Vorgang ist typisch für die Wirkung, welche theokratische Rechtspflege der rationalen Wirtschaft überall, nur in verschieden fühlbarem Maß, entgegensetzt und kraft ihres immanenten Charakters entgegensetzen muß.q Das jüdische heilige Recht befand sich in einer dem islamischen formal ähnlichen, wenn schon gerade entgegengesetzt bedingten Lage. Auch hier galt die Thora und die interpretierende und ergänzende heilige Tradition als universelle, dem Anspruch nach den gesamten Umkreis des Rechtslebens beherrschende Norm. Auch hier galt wie im Islam das heilige Recht nur für die iGlaubensgenossen: dagegen war nicht, wie im Islam, ein herrschender Stand,i sondern ein Pariavolk58 der Träger. Der Verkehr nach außen war infolgedessen rechtlich Fremdverkehr. Für ihn galten, sahen wir,59 teilweisej andere ethische kNormen. Für das Recht aberk paßte sich h B: (geistlicheha  Instanz¯) Gericht, ha B: geistliche  geistliches q (S. 532) – q Fehlt in A. i A: Glaubensgenossen. Freilich war nicht ein herrschender Stand, wie im Islam, j Fehlt in A. k A: Normen und für das Geschäftsrecht 57 Vgl. hierzu die herrschaftssoziologische Parallelstelle Weber, Bürokratismus, MWG I/22–4, S 194 mit Anm. 75. 58 Als „Pariavolk“ definiert Weber in: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 255 f., „eine durch (ursprünglich) magische, tabuistische und rituelle Schranken der Tischund Konnubialvergemeinschaftung nach außen einerseits, durch politische und sozial negative Privilegierung, verbunden mit weitgehender ökonomischer Sondergebarung andererseits, zu einer erblichen Sondergemeinschaft zusammengeschlossene Gruppe ohne autonomen politischen Verband.“ 59 Siehe die religionssoziologischen Ausführungen in Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 420–424. Dies betrifft insbesondere das nur im Geschäftsverkehr zwischen Juden geltende Zinsverbot und insgesamt eine Trennung von Binnen- und Außenmoral, die hier auf die äußere Lage des Pariavolkes und die innerliche ethische Situation zurückgeführt wird.

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dabei der Jude dem in seiner Umwelt geltenden Recht soweit an, als ihm dies einerseitsl von jener Umwelt ermöglichtm wurde und als nicht andrerseitsn auf seiner Seite rituelle Bedenken entgegenstanden.o pDas alte Landorakel (Urim und Tummim)60 war schon in der Königszeit durch die lebendige Rechtsprophetie ersetzt, welche hier wirksamer als im germanischen Recht dem König die Zuständigkeit zum Erlaß von Rechtsgeboten bestritten hatte. Nachdem die „Nabi’s“61 – Wahrsager und sicherlich auch Rechtspropheten –q derr Königszeit nach dem Exil durch das „Schriftgelehrtentum“62 – anfänglich[,] wie wir sahen,63 durchaus eine vornehme Literatenschicht hellenistischen Gepräges, später daneben auch ein Nebenberuf von Kleinbürgerns [–] abgelöst worden waren, entwickelte sich spätestens im letzten vorchristlichen Jahrhundert die schulmäßige Behandlung ritueller und rechtlicher Fragen und l Fehlt in A. m A: gestattet n Fehlt in A. o In A folgt: Massenhaft waren im jüdischen Recht selbst die Rezeptionen aus der vorderasiatischen, zunächst babylonisch, dann Fortsetzung des Typoskripttextes, unten, S. 541. p – p (S. 541) Fehlt in A. q B: Rechtspropheten –, r In B folgt:  israelitischen¯ s B: Kleinbürgern, 60 Diese magische Technik der Erforschung des göttlichen Willens mit Hilfe von zwei Stäben oder Steinen, die für „ja“ und „nein“ als göttliche Antwortmöglichkeiten auf die vorgelegten Fragen standen, hielt sich nach Weber, Judentum, MWG I/21, S. 474–476, bis in die späte Königszeit (1004–587 v.Chr.) – allerdings mit abnehmender Bedeutung. Ihre Verdrängung motiviert Weber mit der steigenden Komplexität der Fragen und deren vor allem politisch bedingt zunehmender Ausrichtung auf mögliche Verletzungen der „berith“, des Bundes zwischen Israel und seinem Gott Jahwe. 61 Die Singularform „nabi“ (pl. nebijim) bedeutet im Hebräischen soviel wie „Mittelsmann“, „Sprecher“, auch: „Prophet“; vgl. Merx, Adalbert, Die Bücher Moses und Josua. Eine Einführung für Laien (Religionsgeschichtliche Volksbücher für die deutsche christliche Gegenwart, hg. von Friedrich Michael Schiele, Reihe 2, Heft 3, I–II). – Tübingen: J. C. B. Mohr 1907, S. 22, 45 f., 50, 53–56 (hinfort: Merx, Bücher). Die Nebijim waren ursprünglich „Kriegsekstatiker“, religiöse Glaubenskämpfer und Führer der Bauernaufgebote in den frühisraelitischen Befreiungskriegen gegen Ägypter, Kanaanäer und Philistäer. Erst die Entwaffnung der Bauern durch die Professionalisierung des Heeres unter dem Königtum (Salomo) enthob sie dieser Funktion und machte die „ekstatische Weissagung“ zu ihrem Hauptaufgabengebiet – auf dem ihnen alsbald die Unheilsprophetie entgegentrat; vgl. dazu Weber, Judentum, MWG I/21, S. 377–395. 62 Die Exilszeit (586–536 v.Chr.) umfaßt das halbe Jahrhundert zwischen der Unterwerfung des Südreiches (Reich Juda) und der Verschleppung eines Großteils der jüdischen Bevölkerung durch das neubabylonische Reich bis zu dessen Eroberung durch das persische Reich. Mitte des 5. Jahrhunderts v.Chr. ermöglichte die persische Religionspolitik den Aufbau eines theokratischen jüdischen Staates unter einem Priestergesetz (Esra), durch welches das Judentum als Gesetzesreligion konstituiert wurde. Die Kenntnis, Auslegung und Erklärung des Gesetzes durch Schriftgelehrte wurde in der Folgezeit für den Lebensalltag unverzichtbar. 63 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 275–277.

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damit die juristische Technik der Thora-Ausleger und consultierenden Juristen an den beiden orientalischen Centren des Judentums: Jerusalem und Babylon.64 Sie waren, ganz ähnlich den islamischen und indischen Juristen, Träger einer die Thora teils interpretierenden[,] teils aber auch von ihr selbständigen Tradition – Gott hatte sie Moses während seines 40tägigen Verkehrs mit ihm auf dem Sinai mitgeteilt65 –[,] durch deren Inhalt die offiziellen Institute, etwa die Leviratsehe, ganz ähnlich stark umgewandelt wurden, wie im Islam und in Indien. Ebenso wie dort war sie zunächst strenge tmündliche Tradition.t Die schriftliche Fixierung durch die „Tannaim“ begann mit zunehmender Zersplitterung der Diaspora und Entwicklung dera Schulmäßigkeit seit dem Beginn der christlichen Zeitrechnung (Schulen Hillel’s und Schammai’s)[,] zweifellos zur Sicherung der Einheitlichkeit, nachdem die Bindung der Richter an die Responsen der consultierenden Rechtsgelehrten und damit an die Präjudizien durchgeführtb war. Wie in Rom und England pflegten die Gewährsmänner der einzelnen Rechtssprüche zitiert zu werden, und Lehre, Prüfung und Conzessionierung traten nun endgültig an die Stelle der formell freien Rechtsprophetie. Die Mischna ist noch Produkt der Thätigkeit der Respondenten selbst, gesammelt von dem Patriarchen Jehuda[.]c Die doffiziellen Comt B: tamündliche Traditionta.  und vielleicht teilweise esoterische Lehre.¯ ta B: orale Tradition  Oral-Tradition  mündliche Tradition a Fehlt in B; der sinngemäß ergänzt b In B geht voraus:  formell streng¯ c Unsichere Lesung. d (S. 538) – d B: Commentare offiziellen Commentare64 Babylon war Sitz der jüdischen Exilsgemeinde, die sich eine ausgeprägt theokratische Verfassung gab und die für das Judentum charakteristische religiös-rituelle Absonderung von der Umwelt in wichtigen Unterscheidungssymbolen, besonders Sabbat und Beschneidung, durchführte. Es waren die babylonischen Priester, die jenes Sakralgesetz redigierten, das als „Tora“ die religiös-konstitutionelle Grundlage der nachmaligen Tempelprovinz Juda-Jerusalem und der jüdischen Diaspora bildete. Das Judentum Babyloniens behielt bis ins 10. Jahrhundert n.Chr. eine herausragende Stellung und war neben, zeitweise vor dem palästinischen das Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit. 65 Dadurch, daß nicht nur das im Bundesbuch Festgehaltene, sondern auch die mündliche Tradition als auf dem Berge Sinai mitgeteilt gilt (vgl. Ex 34, 28), wird dieser Teil des jüdischen Rechts gleichfalls auf eine religiöse Offenbarung zurückgeführt. – Mit dieser Legende sollte die Auslegungstätigkeit der jüdischen Schriftgelehrten, die nötig war, um die Tora für den Gemeindealltag zu einer praktikablen religiös-rituellen Grundlage zu gestalten, an die göttliche Offenbarung angeschlossen und so legitimiert werden. Den Hergang der Überlieferung schildern z. B. Kohler, Recht der orientalischen Völker (wie oben, S. 325, Anm. 41), S. 72, und Merx, Bücher (wie oben, S. 536, Anm. 61), S. 154, Anm. 6, und S. 130.

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mentared dazu (gemara) waren dagegen das Produkt der Thätigkeit lehrendere Juristen[,] der amoraim, hervorgegangen aus den Interpreten, welche die hebräisch vom Vorleser dargebotene Stelle den Hörern ins Aramäische übersetzten und interpretierten. Sie führten in Palästina den Titel „Rabbi“, in Babylon einen entsprechenden („mar“).66 Eine „dialektische“ Behandlung nach Art der occidentalen Theologief fand sich wesentlich an der Pumbedita„Akademie“ in Babylon;67 aber diese Methode ist in der späteren Zeit der Orthodoxie grundsätzlich verdächtig geworden und heute verpönt: eine spekulative theologische Behandlung der Thora ist seitdem unmöglich. Deutlicher als in Indien und im Islam waren dogmatisch-erbauliche und juristische Bestandteile der Tradition – halacha und hagada – arbeitsteilig und auch litterarisch geschieden. Äußerlich rückte das Zentrum der Gelehrtenorganisation zunehmend nach Babylon. Seit der hadrianischen Zeit nachweislich und bis in das 11. Jahrhundert residierte dort der Resch Galuta (Exiliarch). Sein in der davidischen Familie erbliches Amt68 war von den parthischen und persischen, dann den islamischen Fürsten69 staatlich anerkannt, mit einem pontifikalen Hofhalt ausged (S. 537) – d Vgl. oben, S. 537. e B: gelehrter  interpretierender und lehrender  lehrender f B: Universitäts-Theologie  Theologie 66 In Babylonien entspricht dem palästinischen „Rabbi“ (hebr.-aram.: „Mein Herr“) der aus dem gleichen Wortstamm gebildete Titel des „Rab“. – Weber meint hier offenbar den bei den frühen babylonischen Amoräern begegnenden Ehrentitel „mar“; vgl. das Verzeichnis der Schriftgelehrten bei Strack, Hermann L., Einleitung in den Talmud (Schriften des Institutum Judaicum, Nr. 2), 4., neubearb. Aufl. – Leipzig: J. C. Hinrichs 1908, S. 100 f. 67 Seit der Redaktion der Mischna – zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert n.Chr. – arbeiteten parallel in Palästina und Babylonien die sog. Amoräer („Erklärer“) durch interpretierende und ergänzende Mischna-Kommentare an der Erhaltung und Fortbildung der jüdischen Rechtstradition. Sie taten das in schulmäßig organisierten Lehrbetrieben („Akademien“), von denen Jamnia und Tiberias die bedeutendsten palästinischen, Sura, Nehardea und später Pumpadita die wichtigsten babylonischen waren. Zwischen dem 4. und dem 10. Jahrhundert lag der Schwerpunkt der jüdischen Religions- und Rechtsentwicklung beim babylonischen Judentum; vgl. als zeitgenössischen Überblick etwa Fiebig, [Paul], „Judentum“, in: RGG, Band 3, 1912, Sp. 805–835, hier Sp. 817–820 (hinfort: Fiebig, Judentum). 68 Zur erbcharismatischen Bindung des politischen Führungsamtes an die Davididen-Sippe vgl. Weber, Judentum, MWG I/21, S. 708–710. 69 227 n.Chr. ging die Herrschaft der Parther über das Zweistromland durch die militärische Niederlage gegen die persischen Sassaniden zu Ende. Das religiös und politisch bewußt an die achämenidische Tradition anknüpfende Sassanidenreich erlag

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stattet und mit Jurisdiktion, lange Zeit auch crimineller, zuletzt[,] unter den Arabern, mit geistlicher Excommunikationsgewalt ausgestattet. Die Träger der Rechtsentwicklungg waren die beiden concurrierenden Akademien der Sura und der schon erwähnten Pumbedita – die erste dieh vornehmere –[,] deren Vorsitzende, die Gaonen, richterliche Thätigkeit als Sanhedrin-Mitglieder mit consultierender Praxis für die gesamte Diaspora und mit akademischer Rechtslehre verbanden. Der Gaon wurde teils von den izugelassenen Lehrerni gewählt, teils vom Exiliarchen ernannt. Die äußere akademische Organisation glich den mittelalterlichen und orientalischen jSchulen: ständigej Studenten lebten im Internat; zu ihnen traten im Kallah-Monat massenhaft reifere Hörer, Reflektanten auf Rabbinenstellen, von auswärts, um den seminaristischen Talmud-Diskussionen beizuwohnen. Seine Responsen gab der Gaon teils direkt von sich aus, teils nach vorangegangener Diskussion im Kallah oder mit den Studenten. Rein äußerlich trat die litterarische Arbeit der Gaonen (etwa seit dem 6[.] Jahrhundert)[,] als reiner Commentatoren, wesentlich bescheidener auf als die ihrer Vorgänger, der Amoraim[,] und selbst noch der Nachfolger der letzteren, der Saboraim[,] von denen die ersteren die Mischna schöpferisch ausgelegt, die letzteren noch relativ frei commentiert hatten, und vollends der Tannaim.k Aber praktisch setzten sie vermöge der festen Organisation ihres Betriebs die Überlegenheit der Geltung des babylonischen gegenüber dem jerusalemitischen Talmud durch.70 Zwar galt diese Suprematie vornehmlich in den islamischen Ländern, aber bis ins 10[.] Jahrhundert fügte sich auch der g B: Rechtsgelehrsamkeit  Rechtsentwicklung h In B folgt:  ältere und¯ i B: Collegen > zugelassenen Lehrern j B: Schulen ständigen k B: Tannaim,  deren Werk  ihre Sa¯ diese Compilation gewesen war. Die offizielle Glosse (Gemara) stereotypierte die Methodik des Commentierens schnell.¯ dann im 7. Jahrhundert (636 Einnahme Ktesiphons) dem Ansturm der arabisch-islamischen Eroberer. 70 Der „jerusalemitische“ oder „palästin(ens)ische“ Talmud gilt als letzte große Leistung der Akademie von Tiberias in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n.Chr. Mit dem Ende des dem babylonischen Exilarchenamt nachgebildeten Patriarchats schließt 425 auch die Akademie ihre Pforten. Die Endredaktion des babylonischen Talmud fällt in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts. Die führende Rolle der babylonischen Judengemeinde und ihres Lehrbetriebs hängt wesentlich mit der seit dem 4. Jahrhundert zunehmend judenfeindlichen Politik und Gesetzgebung des christianisierten Römerreichs zusammen.

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Okzident. Erst seitdem und seit dem Erlöschen des Exiliarchenamts (durch Verfolgung) emanzipierte sich der Westen von dem östlichen Einfluß.l Die fränkischen Rabbinen setzten in der Karolingerzeit z. B. den Übergang zur Monogamie durch71 und nach den von der Orthodoxie freilich als rationalistisch abgelehnten wissenschaftlichen Arbeiten des Maimonides und des Ascher72 gelang es schließlich dem spanischen Juden Josef Karo, im „Schulchan Arûch“ ein im Vergleich mit denm islamischen canonischen Systemen sehr handliches und kurzes Kompendium zu schaffen, welches der Sache nach die Autorität der talmudischen Responsen ersetzte und z. B. in Algier, aber vielfach auch im continentalen Europa wie ein Gesetzbuch die Praxis beherrschte.73 Formell zeigte die eigentlich talmudische Jurisprudenz jene typischen Eigenschaften heiliger Rechte, deren starkes Hervortreten hier aus der starken Schulmäßigkeit und der – grad in der Zeit der Entstehung nder Mischna-Commentaren – relativ, im Gegensatz zu früheren sowohl wie späteren Epochen, gelockerten Beziehung zur Gerichtspraxis folgen mußte: ein starkes Überwiegen rein theoretisch konstruierter[,] praktisch unlebendiger Casuistik, welche bei den engen Schranken rein rationaler Construktion doch nicht zu einer eigentlichen Systematik sich fortbilden konnte. Die casuistische Sublimierung des Rechts war an sich keineswegs gering. Lebendes und totes l Es folgt zur Markierung der Textfortsetzung, die auf einer am Blattende angeklebten Allonge steht: Die m In B folgt:  offiziellen¯ n B: des Talmuds  der Mischna-Commentare 71 Ein ausdrückliches Verbot der Mehrehe erfolgte nach Kohler, Recht der orientalischen Völker (wie oben, S. 325 f., Anm. 41), S. 74, „erst in der Rabbinischen Zeit im 11. Jahrhundert durch die Wormser Synode unter Rabbi Gerson […]“. Das Verbot habe sich „auch in Gegenden, denen die Gersonsche Satzung an sich fremd blieb“, durchgesetzt. 72 Moses ben Maimon, der bedeutendste Philosoph des Judentums, wirkte im späten 13. Jahrhundert, der einflußreiche Talmudist Jakob ben Ascher in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die „rationalistische“ Kodifizierungs- und Kommentierungsarbeit des Ascher stand allerdings in der Tradition einer wieder verstärkten Hinwendung zum Talmudismus, die ihrerseits dem Kampf der vor allem französischen und spanischen Orthodoxie gegen die „jüdische Scholastik“ in der Philosophie des Maimonides entsprang. 73 Der „Schulchan Aruch“ („Gedeckter Tisch“) ist ein – hinsichtlich seiner Rechtsund Ritualvorschriften für die jüdische Orthodoxie noch heute maßgeblicher – Auszug aus dem Gesetzeskompendium „Bêt Josef“, das der Rabbi Josef (ben Ephraim) Karo Mitte des 16. Jahrhunderts verfaßte. Karo knüpfte dabei insbesondere an die Arbeiten der spanisch-jüdischen Autoritäten (darunter Jakob ben Ascher) an.

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Recht aber wurden in einander verschlungen, juristisch bindende und ethische Normen nicht geschieden.74 Inhaltlich waren schon in vortalmudischer Zeit massenhafte Rezeptionen vollzogen worden: aus der vorderasiatischen, ozunächst vorwiegend babylonisch,o p dann hellenistisch und byzantinisch beeinflußten pUmwelt. Aber nicht alles, was im jüdischen Recht dem gemeinen vorderasiatischen Recht entspricht, ist rezipiert, und andrerseits erscheint die gelegentlichep moderne Hypothese, daß die Juden wichtige Rechtsinstitute des kapitalistischen Verkehrsrechtes auf dem Boden ihres eigenen Rechtes entwickelt und dann in den Okzident importiert qhätten, etwa: das Inhaberpapier, wie behauptet worden ist,q 75 schon an sich unwahrscheinlich. rUrkunden mit Inhaberclausel sind dem babylonischen Recht der Zeit Hammurabis bekannt, und fraglich kann nur sein, ob sie rechtlich Legitimations- oder echte Inhaberpapiere waren.76 Die ersteren kannte auch das hellenistische Recht. Aber die Rechtskonstruktion ist eines andere als bei den okzidentalen, durch die tgermanische Auffassung der Urkunde als „Trägers“t des Rechts77 o B: zunächst  anscheinend einige¯ vorwiegend babylonische, Es folgt zur Markierung des Anschlusses im Typoskript: dann . . . p (S. 536) – p Fehlt in A. p A: Umwelt, und es erscheint die q A: hätten (etwa: das Inhaberpapier, wie behauptet worden ist), r – r (S. 542) Fehlt in A s In B folgt:  gänzlich¯ t B: germanische  Urkunde magi¯ Auffassung der Urkunde als  (ursprünglich)  magischen¯ fetischartigen¯ „Trägers“ 74 Zu dieser verbreiteten Einschätzung weitgehend fehlender Systematik bei gleichzeitigem juristischen Formalismus vgl. etwa Fiebig, Judentum (wie oben, S. 538, Anm. 67), Sp. 818, der knapp bemerkt: „Die Religion geht ganz in Juristerei auf.“ 75 Weber bezieht sich hier auf die von Sombart in seinem Buch „Die Juden und das Wirtschaftsleben“ vertretene Auffassung über den jüdischen Einfluß auf die kapitalistischen Wertpapiertypen und speziell über den jüdischen Ursprung des Inhaberpapiers (vgl. Sombart, Die Juden, S. 61 ff., hier bes. S. 80–91). Ebd., S. 80 f., behauptet Sombart, daß „die Ableitung des modernen Inhaberpapiers aus dem talmudisch-rabbinischen Recht auch wahrscheinlich ist.“ Diese These ist seinerzeit heftig angefochten worden (anderer Auffassung schon Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 111 f.). Eine kritische Position gegenüber der Sombartschen These hat auch Weber wiederholt bezogen, so vor allem in: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 417 ff., und später in der überarbeiteten Version der Protestantismusstudie von 1904, GARS I, S. 17 f., Anm. 1, sowie S. 181 f., Anm. 2. Unter dem Strich wird der von Sombart behauptete Ursprung der kapitalistischen Verkehrsrechtsinstitute aus dem Geist des Judentums von Weber zurückgewiesen. 76 Gemeint ist die Unterscheidung von (nicht konstitutiver) Beweisurkunde und (konstitutiver) Dispositivurkunde, hier also: echtem Wertpapier. – Die babylonischen Urkunden mit Inhaberklausel deutet Kohler als Inhaberpapier, was Weber bereits oben, S. 335, in Zweifel zieht. 77 Weber knüpft an die von Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 386–388, – na-

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bedingtena und dadurch im Sinn der „Commerzialisierung“78 ungleich wirksameren Inhaberurkunden, und auch die Provenienz der Vorfahren des okzidentalen Werthpapiers grad aus Interessen des frühmittelalterlichen Prozesses in dessen nationalen Formen ist zu evident, als daß hier ein Einfluß grade jüdischer Rechtspraxis besonders wahrscheinlich wäre. Denn die Clauseln, welche den „Werthpapier“-Charakter der Urkunde vorbereiteten, dienten ursprünglich keineswegs kommerziellen[,] sondern rein prozessualen Zwecken,b vor Allem: die fehlende prozessuale Stellvertretung zu ersetzen.r 79 cBisher ist ein Import grade durch Judenc für kein einziges Rechtsinstitut sicher nachweisbar. dNicht im Occident, sondern im Orient hat das jüdische Recht eine wirkliche Rolle als rezipiertes Recht fremder Völker gespielt. Wichtige Bestandteile des mosaischen Rechts sind mit der Christianisierung in das armenische Recht als eine der Componenten von dessen weiterer Entwicklung rezipiert worden.80 Im Chazarenreiche war das Judena B: bedingte, b B: Zwecken: falls d – d (S. 543) Fehlt in A.

r (S. 541) – r Fehlt in A.

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mentlich gegen Brunner – vertretene sog. „Verkörperungstheorie“ an; vgl. dagegen Brunner, Heinrich, Die Werthpapiere, in: Endemann, W[ilhelm] (Hg.), Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Band 2. – Leipzig: Fues (R. Reisland) 1882, S. 140–235, hier S. 142 f., sowie oben, S. 347 mit Anm. 90. 78 Weber nimmt hier offenkundig direkten Bezug auf das 6. Kapitel von Sombarts Studie über die ökonomische Bedeutung des Judentums: „Die Kommerzialisierung des Wirtschaftslebens“, in dem der jüdische Einfluß auf Entwicklung und Gebrauch des Inhaberpapiers als umlauffähiges Wertpapier im modernen Sinne postuliert wird (vgl. Sombart, Die Juden, S. 60 ff.). 79 Weber stützt sich auf die von Brunner und Goldschmidt kanonisierte Auffassung, daß die Umgehung des Verbots der gerichtlichen Stellvertretung ursprünglicher Zweck des frühmittelalterlichen Inhaber- oder Orderpapiers gewesen sei; vgl. Brunner, Heinrich, Das französische Inhaberpapier des Mittelalters und sein Verhältnis zur Anwaltschaft, zur Zession und zum Orderpapier. Festschrift im Namen und Auftrage der Berliner Juristen-Facultät. – Berlin: Weidmann 1879, S. 57–71; ders., Wertpapier (wie oben, S. 336, Anm. 70), S. 598–600; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 135, 392. Bezeichnenderweise ist es gerade die Diskrepanz zwischen dieser Ursprungsintention des „alten“ und dem Hauptzweck des „modernen“ Inhaberpapiers: Versachlichung eines Schuldverhältnisses in einem „Wertpapier“, mit der Sombart, Die Juden, S. 80, diese Ableitungslinie zurückweist und seinen Versuch einer jüdisch-rechtlichen Herleitung begründet. 80 Noch in parthische Zeit (bis 227 n.Chr.) fiel die erste Ausbreitung des Christentums in Armenien. Nach zeitweiliger gewaltsamer Unterdrückung durch die den Parthern nachfolgenden Sassaniden begann im 4. Jahrhundert die Hauptphase der armenischen Christianisierung. – Die armenische Rechtsentwicklung wird vom 5. bis 8. Jahrhundert wesentlich durch das auf Nationalsynoden erzeugte und dann durch private

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tum die offizielle Religion und dadurch gewann das jüdische Recht dort in aller Form Geltung. Und endlich scheint die Rechtsgeschichte der Russene wahrscheinlich zu machen, daß auf diesem Wege gewissef Bestandteile auch des ältesten russischen Rechtsg unter dem Einfluß hjüdisch-talmudischer Rechtssätze entstanden sindh.81 Dagegen der Occident kennt Ähnliches nicht.d Soweit sich idort ein Import von Geschäftsformen unterj Vermittlungi der Juden vollzogen haben sollte – was gewiß nicht als unmöglich gelten kann –[,] wären dies kwohl schwerlich nationaljüdische, sondern syrisch-byzantinischek und möglicherweise auf dem Umweg über diese hellenistische und lschließlich vielleicht gemeinorientalische, im Ursprung auf babylonisches Recht zurückgehende Institutionen gewesen. Es ist zu berücksichtigen, daß beim Import der orientalischen Handelstechnik in den Occident[,] wenigstens in der Spätantike[,] mit den Juden vor Allem die Syrer konkurrierten[.]82 Das genuin jüdische Recht als solches[,] grade auch das Obligationenrecht,83 ist schon seinem formalen Charakter nach[,] trotz einer freien Entwicklung der rechtsgeschäftlichen Typen, dochl keineswegs ein besonders geeigneter Nährboden für solche Institute gewesen, wie sie der moderne Kapitalismus braucht. mUmso mäche B: Slawen  Russen f B: wichtige  gewisse g In B folgt:  sehr stark¯ h B: jüdischer Rechtsnormen gestanden haben  jüdisch-talmudischer Rechtssätze entstanden sind d (S. 542) – d Fehlt in A. i – i A: etwa ein Import von Recht unter Vermittlung grade j In B folgt: ihrer k A: allenfalls byzantinische l – l A: gemeinorientalische Institutionen gewesen. Allein das jüdische Recht als solches ist schon seinem formalen Charakter nach m – m (S. 544) A: Das Obligationenrecht zeigt keinerlei nach dieser Richtung liegende Abweichung von dem Typus andeKanonsammlungen fortgebildete kirchlich-kanonische Recht geprägt. Auf dem jüdisch- und römisch-rechtlichen Grundstock dieses kanonischen Rechts vollzieht sich die eigentliche Rezeption mosaischen Rechts; vgl. Karst, Josef, Grundriß der Geschichte des armenischen Rechtes, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 19, 1906, S. 313–411 (Teil I); Band 20, 1907, S. 14–112 (Teil II), bes. Teil I, S. 324, 329, 331 f.; Teil II, S. 107; Kohler, Josef, Altsyrisches und armenisches Recht, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 19, 1906, S. 103–130, hier S. 115, 128 f.; ders., Das Recht der Armenier, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 7, 1887, S. 385–436, bes. 396 f., 403 f. 81 Weber stützt sich hier wohl auf die Hinweise bei Eisenstadt, Samuel, Über altrussische Rechtsdenkmäler, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 26, 1911, S. 157–160, hier S. 159. 82 Vgl. hierzu auch oben, S. 336 f. mit Anm. 73 (S. 337). 83 Dies richtet sich vermutlich direkt gegen Sombart, Die Juden, S. 89–91, der eine den modernen kapitalistischen Verkehrsrechtsformen durchaus günstige Disposition des jüdischen Obligationenrechts annimmt.

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tiger ist natürlich der Einfluß des jüdischen nheiligen Rechtsn im internen Leben der Familie und Synagoge gewesen. Auch hier insbesondere soweit es „Ritus“ war. Denn die oökonomischen Normeno waren teils (wie das Sabbathjahr) auf das heilige Land beschränkt (auch hier ist es jetzt durch Dispens der Rabbinen beseitigt),84 teils wurden sie durch die Veränderung der Wirtschaftsverfassung obsolet oder konnten, wie überall, durch konstruktive Handlungen praktisch pumgangen werdenp. Es war schon vor der Judenemanzipation85 von Ort zu Ort sehr verschieden, in welchem Umfang und Sinn das heilige Recht noch gültig war. Formal bot es keine Besonderheiten gegenüber andren seinesgleichen. Als Partikularrecht und als immerhin nur unvollkommen rationalm systematisiertes und rationalisiertes, kasuistisch und doch nicht reinq logisch durch gebildetes Recht zeigt rdas jüdische heilige Recht vielmehrr die allgemeinen Eigenarten eines unter ders Kontrolle heiliger Normen und ihrer Bearbeitung durch Priester und theologische Juristen tentwickelten Produkts. Wir haben hier, so interessant das Thema an sich ist, keinen Anlaß zu einer speziellen Betrachtung.t Das kanonische Recht des Christentums nahm gegenüber allen anderen heiligen Rechten eine mindestens graduelle Sonderstellung ein. Es war zunächst in beträchtlichen Partien wesentlich rationaler und stärkera formal juristisch entwickeltb als die anderen heiligen Rechte. Und es stand ferner von Anfang an in crelativ klarem Dualismus mit leidlich deutlicher Scheidung der beiderseitigen Gebiete, wie sie in dieser Art anderwärts nirgends existiert rer orientalischer Rechte. Das jüdische Recht als Partikularrecht und als nur unvollkommen n B: Rechts  heiligen Rechts o B: heiligen Spezialnormen  Contraktnormen  ökonomischen Normen p B: unwirksam gemacht werden  umgangen werden m (S. 543) – m Vgl. oben, S. 543 f. q Fehlt in A. r Fehlt in A. s In A folgt: absoluten t A: stehenden Rechts. a A: mehr b B: entwickelter c – c (S. 545) A: klarem Dualismus dem profanen Recht mit leidlich deutlicher Scheidung der beiderseitigen Gebiete, wie sie in dieser Art anderwärts nirgends existiert hat, gegenüber. Das letztere ist 84 Mit Blick auf die zeitgenössischen zionistischen Siedlungsversuche in Palästina weist Weber in: Judentum, S. 107, Anm. 52, auf den von ostjüdischen Rabbinen – im Gegensatz zu den Rabbinen von Jerusalem – ausgesprochenen Dispens vom Sabbatgebot hin. Motiviert werde die Dispensierung mit der Gottwohlgefälligkeit der Besiedelung des Landes; vgl. dazu Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 223 f. mit Anm. 22. 85 In zahlreichen westlichen Ländern ging mit der Aufklärung und der Französischen Revolution eine relative rechtliche und soziale Gleichstellung der Juden einher.

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hat, dem profanen Recht gegenüber. Dies letztere war zunächstc die Konsequenz des Umstandes, daß die Kirche in der Antike Jahrhunderte lang jegliche Beziehung zu Staat und Recht abgelehnt hatte. dDer relativ rationale Charakter aber ergab sich als Folge verschiedenerd Umstände. Als die Kirche ein Verhältnis zu dene profanen Mächten zu suchen sich veranlaßt sah, legte sie fsich, wie wir sahen,f 86 diese Beziehung mit Zuhilfenahme derg stoischen Konzeptionen des „Naturrechtes“ hzurecht, eines rationalen Gedankengebildes also.h 87 In ihrer eigenen Verwaltung ferner lebten die rationalen Traditionen des römischen Rechtes weiter. Beii Beginn des Mittelalters suchte jalsdann die occidentalej Kirche bei der ersten eigentlich systematischen Rechtsbildung, welche ksie schuf:k den Bußordnungen, Anlehnung gerade an die am meisten formalen Bestandteile des germanischen Rechtes. lIm Mittelalter sonderte dannl die abendländische Universitätsbildung den Lehrbetrieb der Theologie auf der einen Seite und den des weltlichen Rechtsm auf der anderen Seite von der kanonischen nRechtslehreo und hemmte so die Entstehung theokratischer Mischbildungen, wie sie überall sonst eingetreten sind. Dien streng logische und fachjuristische Methodik, welche an der antiken Philosophie einerseits, an der antiken Jurisprudenz anderseits geschult war, mußtep auch auf die Behandlung des kanonischen Rechts sehr stark einwirken.q rDie Sammlerthätigkeit der kirchlichen Rechtskundigen hatte sich daher hier nicht auf Responsen und Präjudizien – wie fast überall sonst –[,] sondern auf Conzilsschlüsse, amtliche Reskripte und Dekretalen zu richten und, was nur auf dem Boden dieses Kirchentums geschehen ist, solche eventuell zweckbewußt durch Fälschung zu schaffen (Pseudo-Isidor)s. Und schließlich und d A: Das erstere ergab sich als Folge verschiedener damit zusammenhängender e A: jenen f A: sich g In A folgt: rationalen h A: zurecht. i A: Und endlich bei j A: die k A: sie im Okzident vollzog: l A: Es kam hinzu, daß m A: Universalrechts n – n A: Rechtslehre sonderte, und daß die o B: Rechtslehre, p Fehlt in A. q A: einwirken mußte. r – r (S. 546) Fehlt in A. s Schließende Klammer fehlt in B. 86 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 396–398. 87 Zur Bedeutung der Rezeption der stoischen Naturrechtslehre für das Verhältnis der frühen Kirche zum Staat vgl. die Einleitung, oben, S. 108. Weber stützt sich hierbei nicht zuletzt auf Troeltschs Untersuchungen zu dieser Problematik; vgl. Troeltsch, Soziallehren (wie oben, S. 108, Anm. 83), bes. S. 52–54, 148–178, sowie ders., Naturrecht (ebd.), S. 175–181.

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vor Allem wirkte auf den Charakter der kirchlichen Rechtssatzung der – nach Ablauf der charismatischen Epoche der alten Kirche88 – für die kirchliche Organisation charakteristische rationale bürokratische Amtscharakter ihrer Funktionäre, der, nach der feudalen Unterbrechung im frühen Mittelalter, seit der gregorianischen Zeit wieder auflebte und alleinherrschend wurde.89 Auch er war Folge der Anknüpfung an die Antike. In ungleich stärkerem Maße als irgend eine andre religiöse Gemeinschaft hat daher die occidentale Kirche den Weg der Rechtsschöpfung durch rationale Satzung beschritten. Und die streng rationale hierarchische Organisation der Kirche erleichterte ihr auch, im Wege von allgemeinen Verfügungen ökonomisch undurchführbare und daher lästige Satzungen als dauernd oder zeitweilig (temporum ratione habita)90 obsolet zu behandeln, wie wir dies für das Wucherverbot sahen.r 91 So wenig trotzdemt das kanonische Recht in zahlreichen Einzelfällen die spezifische Eigenart theokratischer Rechtsbildung: Vermischung von materialen legislatorischen Motiven und materialen sittlichen Zwecken mit aden formal juristisch relevanten Bestandteilen der Satzungena und die daraus folgende Einbuße an Präzision bverr (S. 545) – r Fehlt in A: t Fehlt in A. a A: der Formulierung der juristisch relevanten Bestandteile der Rechtssatzung b – b (S. 547) A: verleugnet, so ist 88 Die „charismatische Epoche der alten Kirche“ ist, nach altchristlichem Verständnis, das „apostolische Zeitalter“, worunter man im allgemeinen den Zeitraum von der Konsolidierung der urchristlichen Gemeinde in Jerusalem und der paulinischen Mission bis zum Tode der Apostel Petrus und Paulus (64 n.Chr.) versteht. Paulus, so Sohm, Kirchenrecht (wie oben, S. 397, Anm. 18), S. 42, Anm. 10, „ist der letztberufene der Apostel“, d. h. der „von Gott (Christo) selber zum Missionswerk ausgesandten und ausgerüsteten Prediger des Evangeliums“ (ebd., S. 42). 89 Im Zuge der Feudalisierung bemächtigten sich die Grundherren und Fürsten seit dem 7. Jahrhundert zunehmend der geistlichen Stellen bzw. des dafür maßgeblichen Besetzungsrechts sowie der über die Deckung des Kultbedarfs hinausgehenden kirchlichen Einkünfte (Eigenkirchenwesen). Dies unterbrach die Entwicklung der Kirche zur Anstaltsorganisation und schwächte die päpstliche Disziplinargewalt über das hierokratische Personal. Nicht zuletzt dagegen wendete sich der von Papst Gregor VII. angestoßene Investiturstreit des 11./12. Jahrhunderts zwischen Papsttum und Königtum. 90 „Unter den obwaltenden Gegebenheiten“ – stehende Wendung bei der amtlichen Dispensation von kanonisch-rechtlichen Vorschriften vor allem wegen sozialer und ökonomischer Umstände. 91 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 376–384, hier S. 381–383; vgl. auch Weber, Staat und Hierokratie, MWG I/22–4, S. 640–644. – Alttestamentliches Fundament des Zinsverbots ist im übrigen Ex 22, 24; vgl. außerdem Dtn 23, 20 f.; Lev 25, 36 f.

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leugnete, so warb es doch von allen heiligen Rechten am meisten an streng formaler juristischer Technik orientiert. cEs fehlte hier die Fortbildung durch respondierende Juristen, wie sie dem islamischen und jüdischen Recht eigen war, und das Neue Testament enthielt nur ein solches Minimum formal bindender Normend rituellen oder rechtlichen Charakters – eine Folge der eschatologischen Weltabgewandtheit –, daß eben dadurch die Bahn völlig frei war für rein rationale Satzunge. Eine Analogie zu den Mufti’s, Rabbinen und Gaonen stellten erst die gegen reformatorischen Beichtväter und directeurs de l’âme und, in den altprotestantischen Kirchen, die Pastoren dar, deren seelsorgerische Casuistik denn auch, wenigstens auf katholischem Boden, gewisse entfernte Ähnlichkeiten mit den talmudischen Produkten aufweist. Aber alles unterstand hier der Kontrolle der zentralen Behörden der Kurie, und nur durch deren, höchst elastische, Anordnungen erfolgte die Fortbildung der bindenden ethisch-sozialen Normen. Dadurch ist hier das zwischen sacralem und profanem Recht sonst nirgends bestehende Verhältnis entstanden: daß das kanonische Recht für das profane Recht gradezu einer der Führer auf dem Wege zur Rationalität wurde. Und zwar infolge des rationalen „Anstalts“-Charakters der katholischen Kirche, der sonst sich nirgends wiederfindet. Auf dem Gebiet des materiellen Rechts war [–] neben Einzelheiten, wie der Spolienklage undf dem Summariissimum[,] der Anerkennung des formlosen Vertrages, vor Allem aber der Unterstützung der Testierfreiheit im Interesse letztwilliger frommer Stiftungen [–] prinzipiell von größter Bedeutung der kanonistische Corporationsbegriff: die Kirchen waren die ersten „Anstalten“ im Rechtssinn und mit von da aus begann die juristische Construktion der öffentlichen Verbände als Corporationen. Davon wurde schon gesprochen.c 92 gDie direkte praktische Tragweite des canonischen Rechts im Umkreise des uns hier vorwiegend interessierenden materiellen Zivilrechts, vor Allem des Geschäftsrechts, war im Übrigen schwankend, im ganzen aber, selbst im Mittelalter, gegenc – c Fehlt in A. d B: Rechtsnormen  Normen e B: Rechtssatzung  Satzung f In B folgt:  der Besitzesschutz¯ g – g (S. 548) A: Sein praktisches Geltungsgebiet im Umkreise des uns hier interessierenden Zivilrechts war schwankend, im ganzen aber gegenüber dem weltlichen Rechte gering. 92 Siehe oben, S. 397– 399.

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über dem weltlichen Rechte relativ gering. In der Antike, selbst bis zu Justinian, hatte es nicht einmal die wirkliche rechtliche Beseitigung der freien Ehescheidung durchzusetzen vermocht und war die geistliche Gerichtsbarkeit rein freiwillig geblieben.g Die prinzipielle Schrankenlosigkeit des Anspruchs auf materialeh Beherrschung der gesamten Lebensführung, welche es mit allen theokratischen Rechten iteilte, blieb im Occident für die juristische Technik um deswillen relativ unschädlich, weil in Gestalt des römischen Rechtsi ein formal zu ungewöhnlicher Vollendung gediehenes und durch die historische Kontinuität zum universalen Weltrecht gestempeltes profanes Recht ihm Konkurrenz machte:j kdie alte Kirche selbst hatte das römische Imperium und sein Recht alsl für die Dauer der diesseitigen Welt endgültig bestehend behandelt.93 Gegen die Ansprüche des kanonischen Rechts aber reagierten einerseits die ökonomischen Interessen des Bürgertums, auch der mit dem Pabst verbündeten italienischen Städte, sehr energisch und im Resultat erfolgreich. Wir finden in den städtischen und Gildestatuten, in den ersteren auch in Deutschland, in beiden in Italien, scharfe Strafbestimmungen gegen Bürger, welche das geistliche Gericht anrufen, und daneben fast zynisch wirkende Reglements über die Pauschalablösung der wegen „Wucher“ verwirkten geistlichen Strafen von Zunft wegen.94 Und daneben erhoben sich in g (S. 547) – g Vgl. oben, S. 547. h Fehlt in A. i A: teilt, blieb hier um deswillen unschädlich, weil j A: machte. k – k (S. 550) Fehlt in A. l In B folgt:  „ewig“¯ 93 Verschiedene neutestamentliche Zeugnisse lassen die positive Stellungnahme der alten Kirche zum Römerreich erkennen – im Gegensatz zur Johannesapokalyse, die den Weltstaat als Teufelsstaat perhorresziert. So etwa eine Stelle im 2. Thessalonicherbrief (2 Thess 2, 4–7), wonach das römische Reich das Erscheinen des Antichrist (und damit den Untergang der Welt) aufhalte, in Verbindung mit dem Römerbrief (Röm 13, 1–7), der zum Gehorsam gegenüber der staatlichen Ordnung aufruft; vgl. dazu Harnack, Adolf, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, 2 Bände (in 1), 2., neu durchgearb. Aufl. – Leipzig: J. C. Hinrichs 1906, Band 1, S. 220–225; ders., Kirche und Staat bis zur Gründung der Staatskirche, in: Wellhausen, J[ulius] u. a., Die christliche Religion mit Einschluß der israelitisch-jüdischen Religion (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil I, Abt. IV). – Berlin, Leipzig: B. G. Teubner 1906, S. 129–160, hier S. 145–147. 94 Weber, Protestantische Ethik I, S. 33, Anm. 1, erwähnt beispielhaft das Zunftstatut der florentinischen Arte di Calimala (Zunft des „schlechten Weges“; Zunft der Tuchgroßhändler) mit seinen ausdrücklichen Bestimmungen zur Ablaßbeschaffung, Boykottandrohung und zins- bzw. profitverschleiernden Buchungstiteln; vgl. auch Weber,

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den rationalen Advokatenzünften und Ständeversammlungen gegen das kirchliche Recht die gleichen materiellen und ideellen Klasseninteressen der Rechtsinteressenten und vor Allem auch der Rechtspraktiker, wie, teilweise, auch gegen das römische. Sein Einfluß auf die profane Justiz lag[,] von Einzelinstitutionen abgesehen, hauptsächlich auf dem Gebiet des Prozeßverfahrens. Hier hat das Streben aller theokratischen Justiz nach materialer und absoluter, nicht nur formaler, Wahrheit, im Gegensatz zu dem formalistischen und auf der Verhandlungsmaxime ruhenden Beweisrecht des profanen Prozesses[,] besonders frühzeitig eine rationalem, aber freilich spezifisch materialen Methodik des Offizialverfahrenso entwikkelt. pEine theokratischep Justiz kann die Wahrheitsermittlung nicht der Parteiwillkür überlassen, ebensowenig wie die Sühne geschehenen Unrechts. Sie verfährt „von Amts wegen“ (Offizialmaxime) und schafft sich ein Beweisverfahren, welches ihr die Gewähr optimaler Feststellung des wirklich Geschehenen zu bieten scheint: im Occident den „Inquisitionsprozeß“, den dann die weltliche Strafjustiz übernahm. Der Kampf um das materiale canonische Recht wurde im Occident späterhin eine wesentlich politische Angelegenheit und seine heute noch bestehenden Ansprüche liegen in ihrer praktischen Bedeutung nicht mehr auf Gebieten, welche ökonomisch relevant sind. –q In den orientalischen Kirchen wurde die Lage, infolge des Fehlens eines unfehlbaren Lehramts und conziliarer Gesetzgebung seit dem Ausgang der frühbyzantinischen Zeit,95 ähnlich derjenigen im Islam. Nur daß wenigstens der byzantinische Monarch wesentlich stärkere cäsaropapistische Prätensionen erhob, als die Sultaner des Ostens sie nach der Loslösung des Sultanats vom abbasidischen Khalifat erheben konnten96 und als auch die Türkensultane sie, m In B folgt:   Me¯ Beweismethode¯ n B: unformale  materiale o B: Beweisverfahrens  Offizialverfahrens p B: Die kirchliche  Eine theokratische q In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz r B: Khalifen  Sultane Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 383, und ders., Staat und Hierokratie, MWG I/22–4, S. 642 f. 95 Herkömmlich mit der Entstehung des mittelbyzantinischen Reichs unter dem Basileus (= Kaiser) Herakleios (610–641 n.Chr.) datiert. 96 Seit der Mitte des 10. Jahrhunderts ging das islamische Großreich in mehreren politisch autonomen Teilreichen mit eigenen Herrscherdynastien auf, während der persisch-abbasidische Kalifat bis zum Untergang der Dynastie im Mongolensturm des 13. Jahrhunderts zu einer rein geistlichen Herrscherwürde herabsank.

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selbst nach der Übertragung des Khalifats von Mutawakkil auf Sultan Selim, geltends gemacht haben,97 von der prekären Legitimität der persischen Schahs gegenüber ihren schiitischen Unterthanen ganz zu schweigen. Immerhin hat weder der spätbyzantinische noch haben die russischen und sonstigen cäsaropapistischen Herrscher den Anspruch erhoben, neues heiliges Recht setzen zu können. Es fehlte daher dafür jedes Organ, auch fehltent Rechtsschulen nach Art der islamischen gänzlich, und die Folge war, daß das canonische Recht hier, auf seine ursprüngliche Sphäre beschränkt, gänzlich stabilu, aber auch gänzlich einflußlos auf das ökonomische Leben blieb[.]k

s B: gelten t Fehlt in B; fehlten sinngemäß ergänzt. k (S. 548) – k Fehlt in A.

u B: steril  stabil

97 Selim I., Sultan des osmanischen Reiches, beendete 1517 durch die Eroberung Kairos die Mamluken-Herrschaft in Ägypten und ließ den dort residierenden abbasidischen Schattenkalifen al-Mutawakkil III. nach Istanbul verbringen. Dieser soll bald darauf die Kalifenwürde auf den Osmanenherrscher übertragen haben.

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Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 10, Bl. 12f / 1 Ediert unten, S. 552–555

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B Db WuG1 481, Forts.

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§ 6. Amtsrecht und patrimonialfürstliche Satzung. Die Codifikationen[.]

bDas Imperium. S. 552 – „Ständische“ oder „patriarchale“ Struktur des patrimonialfürstlichen Rechts[.] S. 561 – Die treibenden Mächte der Codifikationen[.] S. 569 [–] Die Rezeption des römischen Rechts und die Entwicklungc der modernen Rechtslogik. S. 581 [–] Typus der patrimonialen Codifikationen[.] S. 585 [–] dDer code civil . S. 592 [–] Das Naturrecht und seine Typen . S. 595d b a [] []

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Diee zweite autoritäre Macht, welche in denf Formalismus und Irrationalismus der alten dinggenossenschaftlichen Justiz1 eingreift, ist das Imperium (Banngewalt, Amtsgewalt) der Fürsten, Magistrate und Beamten. Es bleibt die Erörterung desjenigen Sonderrechts, welches der Fürst für seine persönliche Gefolgschaft, für seine beamteten Untergebenen und vor allem:g für sein Heer schafft, und welches in recht wirksamen Resten auch bis heuteh weiter besteht, hier ganz bei Seite. Es haben diese Rechtsschöpfungen in der Vergangenheit zu höchst wichtigen Partikularrechtsbildungen:i Clientelrecht, Dienstrecht, Lehenrecht, geführt, welche alle, in der Antike wie im Mittelalter, dem gemeinen Recht und der normalen Judikatur sich entzogen und in sehr verschiedener und komplizierter Art dagegen abgrenzten. jDenn ungeachtetj der politischen Wichtigkeit dieser Erscheinungen ktragen sie keine eigne formale Struktur an sich. Jek nach dem allgemeinen Charakter des Rechts unterstanden diese Partikularitäten entweder, wie die Klientel im Altertum, einer Mischung von sacralen Normen leinerseits undl konventionellen Regeln andererseits, oder trugen sie, wie das Dienst- und Lehenrecht im Mittelalter, ständischen Charakter, a – a Fehlt in A. b – b Die Inhaltsübersicht ist links mit eckiger Klammer und Satzanweisung von fremder Hand: Petit versehen. c In B folgt:  des gemeinrechtlichen¯ d Die beiden Abschnittsüberschriften betreffen Max Webers Ausführungen zu § 7, unten, S. 592 ff. e In B geht am oberen Blattrand voraus: § [Spatium] Imperium und patrimonialfürstliche Gewalten in ihrem Einfluß auf die formalen Qualitäten des Rechts. Die Codifikationen. In das Spatium ist von fremder Hand die Ziffer 6 eingefügt. Weiterhin geht in B vor Textbeginn die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz f A, B: dem g Doppelpunkt fehlt in A. h In A folgt: unter dem Schlagwort: daß die Disziplin seine Existenz erfordere, i A: Sonderrechtsbildungen: j A: Ungeachtet k A: wurde die formale Struktur des ökonomisch relevanten Zivilrechts, die uns hier interessiert, davon nur peripherisch berührt. Denn je l A: einerseits, 1 Zur „dinggenossenschaftlichen Justiz“ vgl. oben, S. 467–474 und S. 422–424.

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oder sindm sie endlich, wie das heutige Beamten- und Militärrecht, teils nSpezialnormen des Verwaltungs- und Staatsrechts, teils einfach materiellen und prozessualen Sonderinstanzeno n unterstellt. Für uns handelt es sich vielmehr um die Einwirkung des Imperium pauf das gemeine Recht selbst, auf dessen Abänderungp oder auf die Entstehung eines neben, statt oder qgegen das gemeine Rechtq ebenfalls allgemein geltenden Rechtes und vor allem:r um die Einwirkung dieses Zustands auf die formale Struktur des Rechts überhaupt. sNur das Eine ist allgemein festzustellen: das Maß der Entwicklung von Sonderrechten dieser Art ist allerdings eine Art von Maßstab für das gegenseitige Kräfteverhältnis des Imperium zu den Schichten, mit denen es als Trägern seiner Macht zu rechnen hat. Das englische Königtum hat durchgesetzt, daß ein Lehenrecht als Sonderrechtt in der Art, wie in Deutschland, dort nicht entstand, sondern in der einheitlichen „lex terrae“, dem Common Law, aufging. Dafür ist freilich das gesammte Bodenbesitz-, Familien- und Erbrecht stark feudal geprägt.2 Das römische Statutarrecht hat von der Clientel3 in einigen Einzelbestimmungen, wesentlicha Verfluchungsformeln, Notiz genommen, im Übrigen aber dies für die soziale Stellung des römischen Adels wichtige Institut in das Gebiet der Regelung durch das bürgerliche Recht absichtlich nicht einbezogen. Die italienischen Statuten des Mittelalters haben, ähnlich dem englischen Recht, eine einheitliche lex terrae geschaffen.4 Auf

m A: wurden n A: dem Verwaltungs- und Staatsrecht, teils gesonderten materiellen und prozessualen Rechtsordnungen o B: Sonderrechten  Sonderinstanzen p A: entweder auf Abänderung des gemeinen Rechts selbst q A: trotz des gemeinen Rechts r Doppelpunkt fehlt in A. s – s (S. 554) Fehlt in A. t B: Sondergebilde  Sonderrecht a B: sacralen  wesentlich 2 Mit der These von der Einschmelzung des Feudalrechts in das Common Law und umgekehrt der feudalen Prägung besonders des englischen Boden-, Familien- und Erbrechts folgt Weber in erster Linie wohl Hatschek, Englische Verfassungsgeschichte, S. 179–190, sowie Heymann, Überblick, S. 309 ff., bes. 311, 313, 320 f., 339 ff., 342 ff.; vgl. auch oben, S. 532 mit Anm. 50, und allgemein zur Transformation von ständischem Sonderrecht zu sachlichem Spezialrecht oben, S. 370–372. 3 Gemeint ist das römische „Satzungsrecht“, speziell die Zwölftafelgesetzgebung; zu den sakralrechtlichen Schutzbestimmungen für die Klientel vgl. unten, S. 571. 4 Das in zahlreichen oberitalischen Städten geltende lombardische Recht wurde im 13. und 14. Jahrhundert unter dem Einfluß der sog. Kommentatorenschule mit römischem und kanonischem Recht verbunden und zu einem interlokal anwendbaren Pan-

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dem mitteleuropäischen Continent hat derartiges erst der absolute Fürstenstaat unternommen, und zwar meist unter Schonung des materiellen Bestandes dieser Sonderrechte, welche erst durch die moderne Staatsanstalt ganz aufgesogen wurden. –s Woher der Fürst oder Magistrat oder Beamte die Legitimation und faktische Macht zur Schaffung oder Beeinflussung des gemeinen Rechts nahm und wieweit diese Macht in den einzelnen geographischen und sachlichen Rechtsgebieten reichte, bleibt ebenso wie die Besprechung der Motive seines Eingreifens der Erörterung der Herrschaftsformen vorbehalten.5 Tatsächlich war jene Macht höchst verschieden geartet und hat dementsprechend auch verschiedene Resultate hervorgebracht. bGanz allgemein pflegt eine der ersten Schöpfungen der fürstlichen Banngewalt ein rationales Strafrecht zu sein. Militärische ebenso wie allgemeine „Ordnungs“Interessen drängten zur Regelung gerade dieses Gebiets. Nach der religiösen Lynchjustiz ist die fürstliche Amtsgewalt die zweite Hauptquelle ceines gesondertenc „Strafprozesses“.6 Sehr oft sind direkt priesterliche Einflüsse bei dieser Entwicklung beteiligt gewesen. So im Bereich des Christentums das Interesse an der Ausrottung der Blutrache und des Zweikampfs.7 Der russische Knjäsd, der in der älteren Zeit bloße Schiedsrichterfunktionen beansprucht, schafft unter dem Einfluß der Bischöfe sofort nach der Christianisierung ein kasuistisches Strafrecht: der Begriff „Strafe“ (prodascha) taucht auch terminologisch erst jetzt auf.8 Ähnlich im Occident; und auch im Islam und zweifellos in Indien sind die rationalen Tendenzen der Priesterschaft mitbeteiligt. Und es scheint plausibel, s (S. 553) – s Fehlt in A. b – b (S. 555) Fehlt in A. sonderten d B: Fürst  Knjäs

c B: des geordneten  eines ge-

dektenrecht ausgebildet. Diese Entwicklung der italienischen Statuten seit dem 12. Jahrhundert zu einem gemeinen Recht hat Weber hier im Auge. 5 Siehe in der „Herrschaftslehre“, Patrimonialismus, MWG I/22–4, S. 259 ff. 6 Vgl. zu diesen beiden Hauptquellen der Strafjustiz bereits oben, S. 293–296. 7 „Blutrache“ ist die ursprüngliche Form einer obligatorischen Selbstjustiz. Der Zweikampf war vor allem bei den germanischen Volksstämmen die verbreitete Form des Gottesurteils, mit dem die Wahrheit oder Unwahrheit vorgebrachter Behauptungen erwiesen werden sollte. Seltener wohl ist er eine außerhalb des gerichtlichen Verfahrens stattfindende, gesetzlich geregelte Form der Selbsthilfe gewesen; vgl. dazu etwa Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 402–406, 414–418. 8 Vgl. oben, S. 469, Anm. 95; zum späten Auftauchen des „Straf“-Begriffs etwa Goetz, Das russische Recht I (ebd.), S. 314 f.

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daß auch die detaillierten Wergeld- und Buß-Tarifierungen aller alten Rechtssatzungen stets entscheidend durch fürstliche Einflüsse bestimmt wurden. Das Ursprünglichee scheint[,] nachdem sich überhaupt typische Sühnebedingungen entwickelt hatten[,] überall – wie Binding für das deutsche Recht gezeigt hat9 – das Nebeneinander eines Hauptbußsatzes für den Totschlag und äquivalente, Blutrache heischende Verletzungen und eines weit kleineren Bußsatzes für unterschiedslos alle andren Frevel zu sein. Wohl unter fürstlichem Einfluß entstanden nun jene fast grotesken Taxen für alle nur erdenklichen Frevel, die jedermann gestatteten, sich sowohl vor Begehung der That wie vor Beschreitung des Rechtswegs zu überlegen, ob es sich „lohne“[.] Das starke Vorwalten rein ökonomischer Betrachtung der Strafthaten und der Strafe ist allen bäuerlichen Schichten aller Zeiten gemeinsam. Der Formalismus der festen Abmessung der Bußen aber entspringt der Ablehnungf der Willkür des Herrn. Dieser strenge Formalismus macht daher überall erst bei patriarchaler Entwicklung der Justiz einer elastischeren, schließlich zuweilen völlig arbiträren Strafzumessung Platz. Auf dem Gebiet des „bürgerlichen“ Rechts, dessen Sphäre derg Banngewalt der Fürsten nirgends so zugänglich sein konnte, als die als Sache formaler Ordnungs- und Sicherheitsgarantie betrachtete Strafrechtspflege, zeigt sichh überall ein viel späteres und in der Form sowohl wie im Ergebnis sehr verschiedenes Eingreifen des imperium.b Teilweise entstandi ein fürstliches oder magistratisches Recht, welches dem gemeinen Recht gegenüber ganz ausdrücklich auf die besondere Quelle, der es entstamm te, Bezug nahm. So das römische „ius honorarium“ des prätorischen jEdikts,10 das „writ“e B: ursprüngliche f In B folgt:  „freien Ermessens“¯ g In B folgt (ohne eindeutige Zuordnung):  ordnenden¯ h Fehlt in B; sich sinngemäß ergänzt. b (S. 554) – b Fehlt in A. i Fehlt in A. j – j (S. 556) A: Edikts und 9 So etwa Binding, Entstehung der öffentlichen Strafe, S. 33: „Ursprünglich kannten die germanischen Stämme je nur zwei Bußsummen: das hohe Wergeld [das ebd., S. 26, als „die Totschlagsbuße, das Mann- oder Wergeld “ bestimmt wird], das sich übrigens nach den Ständen der Freien im Volke differenzierte, regelmäßig eine Summe nach dem Dezimal-Maß [. . .] und eine kleine Bußzahl [. . .], als Generalbuße für alle sonstigen bußfähigen Delikte.“ 10 Die römische Republik kennt drei formal selbständig nebeneinander stehende, materiell vielfach sich überschneidende, ergänzende oder ersetzende Rechtsschichten: das prinzipiell nur für die römischen Bürger geltende ius civile, das den Verkehr mit Nichtbürgern bestimmende ius gentium und schließlich das ediktale Recht der Gerichtsmagistrate (Prätoren und Ädilen), das ius honorarium.

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Recht des englischen Königs[,]j 11 die „equity“ des englischen Lordkanzlers.12 Der Gerichtsbann der mit der Justizverwaltung betrauten Beamten schuf sie,k gestützt auf die an den Bedürfnissen der Rechtsinteressenten orientierten Tendenzen der Rechtspraktiker, vor allem der Konsulenten (Rom) und Advokaten (England)[,] lalso: der Rechtshonoratiorenschichten.13 Kraftl ihrer Macht, entweder den entscheidenden Richter bindend zu instruieren m(Prätor) oder den Parteien bindend Befehle (injunctions14) zu erteilen – was in England im Streit mit den ordentlichen Gerichten durch Jac[ob I.] dem Lord-Kanzler (Fr[ancis] Bacon) generell zugestanden wurde15 – oder die Prozesse freiwillig oder zwangsweisem an sich selbst oder an ein besonderes Gericht zu ziehen n(in England an die Königsgerichte und später an den Chancery Court)[,] schufen sien neue Rechtsmittel, welche im Effekt das geltende gemeine Recht (ius civile, common law) weitgehend außer Geltung setzten.o 16 pGemeinsam ist dabei diesen späteren amtsrechtlichen j (S. 555) – j A: Edikts und k A: hier, l A: also der Rechtshonoratiorenschichten, kraft m – m A: (der Prätor) oder die Prozesse n A: (den Chancery Court) o A: setzen. p – p (S. 558) Fehlt in A. 11 Zum Writprozeß vgl. oben, S. 300, Anm. 73. 12 Im 12. Jahrhundert entwickelte sich eine selbständige Kanzlergerichtsbarkeit, die ein gegenüber den königlichen Common-Law-Gerichten schnelleres und kostengünstigeres Verfahren, das sog. Equity-Verfahren, ausbildete. Aus der Equity ging im Laufe der Zeit ein festes System von Rechtssätzen hervor, das wie das Common Law auf Rechtgrundsätzen (legal principles) und Präjudizien (precedents) aufbaute, daneben aber viele diesem unbekannte oder direkt entgegenstehende Rechtssätze enthielt; vgl. dazu Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 142–149; ders., Englische Verfassungsgeschichte, S. 281 f.; Heymann, Überblick, S. 291 f. 13 Vgl. dazu oben, S. 459–465, 474, 476–478. 14 Im 15. Jahrhundert neu aufkommendes Equity-Instrument. Mittels „injunction“ verbot die Chancery den Parteien die Einleitung eines nach Common Law zulässigen Streitverfahrens, gelegentlich sogar solche Exekutionsschritte, zu denen man durch Urteil der Common Law-Gerichte berechtigt war. Den von ihr selbst gefällten Spruch konnte sie durch eigene Beamte vollstrecken; vgl. dazu Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 145; ders., Englische Verfassungsgeschichte, S. 281 f. 15 Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 146, schreibt über diese Auseinandersetzung: „Die Common Law-Juristen, an ihrer Spitze der Lord Chief Justice Coke, der Gegner Francis Bacons [zunächst Attorney General, dann Lordkanzler unter Jakob I., Hg.], erblickten in diesem ‚angemaßten‘ Eingreifen des Kanzlers [durch „injunction“, Hg.] die Unterdrückung der Volksfreiheit, während Bacon, vom absoluten König Jakob I. unterstützt, den Kanzler als ‚conscientia‘, das ‚Gewissen des Königs‘ bezeichnete und ihm hiebei das weiteste Ermessen der Rechtssetzung zuschrieb [. . .]. Jakob I. entschied zu Gunsten des Kanzlers und zu Gunsten der kanonischen ‚Injunction‘.“ 16 Für das römische Recht ist zu berücksichtigen, daß die strikte Unterscheidung von

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Neuschöpfungen von materiellem Recht, daß sie an das Bedürfnis nach rationaler Gestaltung des Prozesses anknüpften, welches vornehmlich von rational wirtschaftenden, d. h. von bürgerlichen, Schichten ausging. Der sehr alte Interdiktionsprozeß und die actiones in factum machen es sicher, daß der römische Prätor nicht erst seit der lex Aebutia seine beherrschende Stellung im Prozeß: die Instruktionsgewalt gegenüber den Geschworenen, innehatte.17 Aber wie ein Blick auf den materiell-rechtlichen Gehalt des Edikts zeigt: die Verkehrsbedürfnisse des Bürgertums mit zunehmender Verkehrsintensität schufen das Formularverfahren in seiner ediktmäßigen Geregeltheit. Und damit verbunden das Bedürfnis nach Beseitigung gewisser ursprünglich magisch bedingter Formalismen.q In England und Frankreich war es (wie in Rom) die Entbindung vom Wortformalismus und (in England) vonr den Ladungsformalitäten (Ladung sub poena durch den König), die Zulassung der Vernehmung der Parteien unter Eid (sehr verbreitet im Occiq In B folgt:  Im französischen und normannischen ebenso wie im  Ro¯ römischen Prozeß war die Gebundenheit an die Wortformel,  die¯ im englischen und französischen Prozeß vor Allem die Irrationalität der Beweismittel das für das Bürgertum Unerträgliche.  Auch¯¯ r Fehlt in B; von sinngemäß ergänzt. ius civile und ius honorarium praktisch nur solange zutraf, als das alte formstrenge Zivilrecht noch wirksam war und der Ergänzung durch ein formfreieres Honorarrecht bedurfte. Im Laufe der Zeit schoben sich aber die beiden Rechtsmassen immer mehr ineinander und es entstand ein erweitertes ius civile, das im justinianischen Kodex Zivilrecht und Honorarrecht endgültig miteinander verschmolz. Hingegen entwickelte die englische Equity ein gegenüber dem Common Law dauerhaft selbständiges und konkurrierendes Amtsrecht, während das königsgerichtliche Writ-Verfahren in das Common Law rezipiert wurde. 17 Die auf 169–149 v.Chr. datierte Lex Aebutia gilt – zusammen mit der späteren lex Iulia iudiciorum privatorum des Augustus (17 v.Chr.) – als gesetzliche Grundlage des vorher schon im römischen Fremdenrecht angewendeten Formularprozesses. – Webers These nimmt Bezug auf die seinerzeitige Kontroverse um Alter und Ursprung des ius praetorium und unterstützt gegen die herrschende Lehre die Auffassung von Mitteis, Römisches Privatrecht, S. 38 ff. Gegenüber der Meinung, der Prätor habe in alter Zeit Rechtsschutz nur im Rahmen und in den Formen des Legisaktionensystems gewähren können, bemerkt Mitteis: „Vor dieser Behauptung sollte doch schon der unbestritten uralte Bestand der Interdiktenschutzes warnen, der ja in Wahrheit nichts ist als ein vom Magistrat auf dem gesetzesfreien Gebiet von sich aus gewährter Rechtsschutz“ (ebd., S. 49). Für einzelne voräbutische Klagformeln nimmt er an, „daß hier durch lange Zeit zwar nicht ziviler aber prätorischer Rechtsschutz – wahrscheinlich durch Actio in factum – bestanden hatte“, der dann noch vor der förmlichen Abscheidung eines ius honorarium ins Zivilrecht aufgenommen worden sei (ebd., S. 50; vgl. noch ebd., S. 57 f.). Vgl. auch Bruns/Lenel, Geschichte (wie oben, S. 319, Anm. 31), S. 340.

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dent), in England die jury und ferner, hier wie anderwärts[,] die Beweiskraft der Protokolles und der Ausschluß der für das Bürgertum unerträglichen irrationalen Beweismittel, speziell des Zweikampfs, was die Hauptanziehungskraft der Königsgerichte bildete.18 Materiellrechtliche Neuschöpfungen kamen auf dem Boden der Equity in England erst seit dem 17[.] Jahrhundert in größerem Umfang vor. Ludwig IX[.] ebenso wie Heinrich II[.] und seine Nachfolger (namentlich Edward III[.]) schufen daher vor Allem ein (relativ) rationales Beweisverfahren und beseitigten überhaupt die Reste des dinggenossenschaftlichen und magischen Formalismus. Die „Equity“ des englischen Lordkanzlers endlich beseitigte für ihren Bereich prozessual die große Errungenschaft des königsgerichtlichen Prozesses: die jury, für den Umkreis der neuen Rechtsmittel wieder, so daß der heutige formale Unterschied des auch in Amerika noch bestehenden Rechtsdualismus zwischen „Common Law“ und „Equity“ – zwischen deren Rechtsbehelfen der Kläger in vielen Fällen die Wahl hat19 [–], in dem Fehlen der jury hier, ihrer Mitwirkung dort, liegt.p Da die technischen Mittel tdes Amtsrechts im Ganzen aber ebenfallst rein empirischen und durchaus formalis B: Protokolle,

p (S. 556) – p Fehlt in A.

t A: hierfür

18 Gerichtsladungen sub poena durch den König (writs of subpoena), welche die Ladungsformalitäten des älteren volksrechtlichen Verfahrens beseitigen, sowie die Parteienvernehmung unter Eid kennzeichnen seit der Zeit Eduard I. vor allem die Equity des englischen Lordkanzlers. Unter maßgeblicher Mitwirkung der Kirche trat im königsgerichtlichen Verfahren des 12./13. Jahrhunderts der „Inquisitionsbeweis“ an die Stelle der irrationalen Beweismittel des volksrechtlichen Prozesses (Zweikampf, Gottesurteil, Reinigungseid). Es handelte sich hierbei um eine Rezeption fränkischer Einrichtungen. Die organisatorische Ausgestaltung der fränkischen inquisitio führte schließlich zuerst in der Normandie, dann in England zur Beweisjury. Weiterhin wurde es im 12. Jahrhundert zunächst an den Königsgerichten üblich, Gerichtsverhandlungen und Entscheidungen zu protokollieren; vgl. dazu z. B. Brunner, Überblick (wie oben, S. 300, Anm. 73), S. 306 f., 317 f., 324 f., 334–337; ders., Inquisitionsbeweis (wie oben, S. 447, Anm. 34), S. 91–94, 146 ff.; Hatschek, Englische Verfassungsgeschichte, S. 182–186, 278–289. 19 Verfassungsgeschichtlicher Hintergrund von Webers Darstellung ist die mit der Judicature Act von 1873 (36 & 37 Vict. c. 66) in England eingeleitete Fusionierung von Common Law und Equity. Die Equity-Prinzipien sollen fortan in prinzipiell allen, also auch in den Common Law-Gerichten, anwendbar sein und im Kollisionsfall Vorrang genießen. Zwar gelingt es auf dieser Grundlage, die duale Gerichtsorganisation zu überwinden. Doch es bleiben materiell- und prozeßrechtliche Differenzen, die die von Weber angesprochenen Wahlmöglichkeiten eröffnen; vgl. hierzu bes. Gerland, Die englische Gerichtsverfassung (wie oben, S. 480, Anm. 13), Halbband 1, S. 301–304; Heymann, Überblick, S. 293 f.

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stischen Charakter ahattenb (besonders oft, schon in fränkischen Kapitularien, Gebrauch von Fiktionen)[,]a 20 ganz entsprechend dem Charakter jedes aus der Rechtspraxis direkt herausgewachsenen Rechtes, so blieb auchc der technische Charakter des Rechtes dabei dunverändert. Ja esd erfuhr dessen Formalismus zuweilen noch eine Steigerung, obwohl – wie schon der Name „equity“ zeigt – auch materiale ideologische Postulate an das Recht den Anstoß zum Eingreifen geben konnten. Es handelte sich hier ebene um einen Fall, wo das imperium mit einer Rechtspflege in Konkurrenz trat, deren Legitimität ihm selbst unantastbar blieb und deren allgemeine Grundlagen es daher akzeptieren fmußte, soweit nicht – wie beim Wortformalismus und der Beweisirrationalität – ihm sehr starke Tendenzen der Rechtsinteressenten entgegenkamen.f Eine Steigerung der Macht des imperium bedeuten demgegenüber jene Fälle, wo direkt eine gUmgestaltung des geltenden Rechtsg durch neue, im gleichen Sinne als „gemeines“ Recht geltende Anordnungen des Fürsten in Anspruch genommen wird, wie in einem Teil der fränkischen Kapitularien (den capitula legibus haddenda),21 in den Ordonnanzen und Verfügungen der Signoren der italienischen Städteh und in den ispäteren, vice legis geltendeni a A: hatten, b B: hatten, c Fehlt in A. d A: unverändert und e Fehlt in A. f A: mußte. g A: Ergänzung des geltenden Rechts oder dessen Umgestaltung h A: addenda) i Fehlt in A. 20 Im Falle der sog. Capitula legibus addenda hing diese Praxis – wie Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 379 f., am Beispiel eines Edikts Karls des Kahlen von 864 n.Chr. zeigt – eng zusammen mit den Voraussetzungen und Schwierigkeiten, auf die jede wirksame Revision des Volksrechtes stieß. Das genannte Edikt etwa suchte dem Mißstand, daß ein bestimmter Personenkreis auf Grund geltender Ladungsvorschriften vor wirksamer Strafverfolgung de facto geschützt war, abzuhelfen, indem es die Rechtsgemäßheit der Ladung durch symbolische Handlung des Beamten einfach fingierte. – Zum Gebrauch von Fiktionen im englischen Recht ist zu vergleichen Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 105–107. 21 Die Capitula legibus addenda waren ursprünglich keine amtsrechtlichen Satzungen allgemein verbindlichen Inhalts. Sie galten vielmehr als einzelne oder alle Volksrechte im fränkischen Reich ergänzende königliche Anordnungen. Verbindliches Recht schufen sie demgemäß nur für die Stammesrechte, die sie ergänzen sollten; sie schufen also i.d.R. nur Partikularrecht, allenfalls „allgemeines Recht in der Form übereinstimmender Partikularrechte“ (Schröder, Lehrbuch, S. 252). Die von Weber angesprochene Rechtswirkung hatten dagegen die Capitula per se scribenda. Sie erzeugten, „wenn sie nicht ausdrücklich auf ein engeres Gebiet beschränkt wurden, gemeines Recht für das gesamte Reich. Ihr Inhalt war nicht persönliches, sondern Landes-, d. h. territoriales Recht, sie bewegten sich nicht auf dem Boden des Volksrechts, sondern auf dem des Königs- oder Amtsrechts“ (ebd.).

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Verfügungen des römischen jPrincipats (die erste Kaiserzeit kannte nurk Verfügungen, welche die Beamten banden).j Freilich handelt es sich dabei meist um Bestimmungen, welche mit Zustimmung der Honoratioren (Senat, lReichsbeamtenversammlung), teilweise sogar mit Zustimmung der Vertreter der Dinggenossenschaften erlassen waren. Auch blieb, wenigstens beim fränkischen Stamm,22 dies Bewußtsein, daß diese Verfügungen nicht wirkliches „Recht“ schaffen konnten, lange lebendig und eine sehr fühlbare Erschwerung der fürstlichen Rechtsschöpfung.l Von da aus führen zahlreiche Übergänge bis zu dem faktisch ganzm souveränen Schalten militärischer Diktatoren des Okzidents oder patrimonialer Fürsten des Orients über das geltende Recht. Auch die patrimonialfürstlichen Rechtsschöpfung freilich pflegt die Tradition normalerweise weitgehend zu respektieren. Aber je mehr es ihr gelungen ist, die dinggenossenschaftliche Rechtspflege ganz zu beseitigen – und die Tendenz dazu hat sie meist – desto freier bewegto sie sich und desto mehr kann sie dannp die ihr spezifischen formalen Qualitäten dem Recht aufprägen. Diese aber können zweierlei sehr verschiedenen Charakter haben –q wie wir später sehen werden23 [–], entsprechend den verschiedenen politischen Existenzbedingungen der patrimonialen Fürstenmacht.r Entweder nämlich vollzieht sich die Rechtsschöpfung mehr in der Art, daß der Fürst, dessen eigene politische Macht sals ein von ihms legitim erworbenes subjektives Recht gilt in gleicher Art, wie irgendwelche gewöhnlichen tVermögensrechte, von dieser Machtfülle etwas abveräußert, indem er Anderen:t – Beamten, Untertanen, fremden Händlern oder wer sie seien, Einzelnen oder Verbänden – unter seiner Garantie ebenfalls subjektive Rechte (Privilegien) verleiht, deren Existenz adann von der fürstlichena Rechtspflege j A: Principats. k In B folgt:  Reglements  fü¯ und¯ l – l A: Reichsversammlung) erlassen waren. m A: sehr n In A folgt: – d. h. wie später zu erörtern) die von einem Herrscher, welcher sein Imperium nach Art der persönlichen Herrschaft ausübte, ausgehende – o Blatt A 12h/B 3 ist rückseitig in der Mitte mit der Notiz Max Webers beschriftet: Chines[isches] Recht – Orientalisches Recht. // Alle Verwaltung Recht // Allesoa Recht Verwaltung. oa Mit Unterführungszeichen. p Fehlt in A. q B: haben, – r In B folgt die Satzanweisung Max Webers: Absatz s A: ihm selbst als ein t A: Vermögensrechte, Anderen a A: von seiner 22 Weber stützt sich hier wohl namentlich auf Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 378 f., 286. 23 Siehe unten, S. 561–566.

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respektiert wird. So weit dies der Fall ist, fallen dann „objektives“ und „subjektives“ Recht, „Norm“ und „Anspruch“ in der Art in eins, daß die Rechtsordnung –b denkt man sich den Zustand in seine letzten Konsequenzen aus –c den Charakter eines Bündels von lauter Privilegien annehmen müßte. Oder gerade umgekehrt: d Der Fürstd verleiht niemandem Ansprüche, welche für ihn selbst und seine Justiz bindend wären. eSondern entwedere gibt er nur Befehle von Fall zu Fall und nach seinem ganz freien Ermessen. Soweit dies der Fall ist, fehlt selbst der Begriff sowohl eines „objektiven“ wie eines „subjektiven“ Rechts. Oder er erläßtf Reglements, welche generelle Anweisungen an seine Beamten enthalten. Der Inhalt ggeht, begrifflich gefaßt, dahin: die Angelegenheiten der Beherrschten und ihre Streitigkeiten in der generell bestimmten Art zu ordnen und zu schlichten, bis auf etwaige anderweite Verfügung.g Dann ist die Chance des einzelnen Rechtsinteressenten, eine bestimmte Art von Entscheidung zu Gunsten seiner Wünsche und Interessen zu empfangen, nicht dessen „subjektives Recht“, sondern nur der hfaktische[,] rechtlich ihm unverbürgte „Reflex“ jener Bestimmungen der Reglements.24 Imh gleichen Sinne, wie die Erfüllung der Wünsche eines Kindes durch seinen Vater, der sich an formale juristische Prinzipien und vollends an feste Formen einer Prozedur ebenfalls nicht bindet. Und in der Tat bedeuten die extremen Konsequenzen einer „landesväterlichen“ Rechtspflege nur eine Übertragung des intrafamilialen Austrags von Streitigkeiteni auf den politischen Verband.j Die gesamte Rechtspflege würde sich, wenn man diesen Zustand in seine Konsequenzen ge trieben denkt, in „Verwaltung“ auflösen. Wir wollen die erste der beiden Formen als die „ständische“, die zweite als die „patriarchale“ Art der patrimonialfürstlichenk Rechtspflege bezeichnen. Bei der ständischen Rechtspflege und Rechtsschöpfung ist die Rechtsordnung zwar streng formal, aber durchaus b A: Rechtsordnung, B: Rechtsordnung, – c A: aus, B: aus, – d A: Er e A: Entweder f In A folgt: lediglich g – g A: geht dahin: bis auf anderweite Verfügung die Angelegenheiten der Beherrschten und ihre Streitigkeiten in der generell bestimmten Art zu ordnen und zu schlichten. h A: faktische Reflex jener objektiven Normen der Reglements, im i A: Rechtsstreitigkeiten j In A folgt: Es kann sich aus dieser Wurzel heraus höchstens eine empirische Verwaltungspraxis entwickeln. k A: patrimonialen fürstlichen  patrimonialfürstlichen 24 Zur Unterscheidung von „Reglement“, „Rechtsreflex“ und „subjektivem Recht“ vgl. oben, S. 200 f., 209 f., 275–280 und S. 306 f.

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konkret und in diesem Sinne irrational. lEs kann sich nur eine „empirische“ Rechtsinterpretation entwickeln. Alle „Verwaltung“ ist auf Schritt und Tritt[:] Verhandlung, Feilschen, Paktieren überm „Privilegien“, deren Bestand sie feststellen muß, und sie verläuft daher in der Artn eines Gerichtsverfahrens, scheidet sich von der Rechtspflege formell nicht. So, wie schon früher erwähnt[,]25 das Verwaltungsverfahren des englischen Parlaments und ebenso der großen alten königlichen Behörden, die ursprünglich alle Verwaltungs- und Gerichtsbehörden zugleich waren. Denn das wichtigste und einzige voll entwickelte Beispiel des „ständischen“ Patrimonialismus ist der occidentale politische Verband des Mittelalters.l Bei der rein „patriarchalen“ Rechtsverwaltung oist, gerade umgekehrt, soweit von einem „Recht“ hier, wo das „Reglement“ herrscht,o überhaupt die Rede sein kann, dieses durchaus unformal. pDie Rechtsverwaltung erstrebt materiale Wahrheitsermittlung und sprengt daher das formal gebundene Beweisrecht. Sieq geräth da durch oft in Conflikt mit den alten magischen Prozeduren und das Verhältnis des profanen zum sacralen Prozeß gestaltet sich verschieden. So kann in Afrika der Kläger nicht selten vor dem Urteil des Fürsten an das Gottesurteil oder an die ekstatischen Urteilsvisionen der Fetischpriester oder Orghanghas, der Träger des alten sacralen Prozesses, appellieren.26 Auf der andren Seite l – l Fehlt in A. m In B folgt:  „Rechte“ und¯ n B: Form  Art einem Recht hier p – p (S. 563) Fehlt in A. q B: Er

o A: ist, soweit von

25 Siehe oben, S. 284, 457. 26 Die Schreibung „Orghanghas“ läßt nicht sicher ausmachen, woher Weber seine Kenntnisse bezieht. Immerhin lehrt die Hinduismusstudie, daß Weber durchaus auch einmal eine ihm geläufige Umschrift – hier die des Maurya-Königs „Açoka“ – statt der seiner Referenzliteratur benutzt (vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 136 mit Anm. 75, und S. 375 mit Anm. 17). – In der Sache weist besonders Kohler auf die sowohl ergänzende wie konkurrierende Beweismittelrolle des Gottesurteils, selbst bei entwickeltem Häuptlingsrecht, hin (vgl. z. B. Kohler, Josef, Das Togorecht, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Band 27, 1912, S. 135–141, hier S. 136, 140; ders., Bemerkungen (wie oben, S. 464, Anm. 84), S. 137 f.). In philologischer Hinsicht vgl. auch die Analyse des Zaubereiprozesses bei Post, Afrikanische Jurisprudenz II (wie oben, S. 454, Anm. 52), S. 146: „Diese Priester (Ganga, Oganga) bedienen sich, um den Schuldigen herauszubringen, zauberischer Zeremonien.“ Und weiter: „Bisweilen genügt die bloße Erklärung des Ganga, um den Beschuldigten einem grausamen Tode zu überliefern. Gewöhnlich muß der Angeklagte sich durch ein Ordal reinigen, dessen Ausgang wieder vom Willen des Fetischpriesters abhängt“ (ebd., S. 149). Andererseits: „Bisweilen geht dem Gottesurteil ein gerichtliches Verfahren voraus“ (ebd., S. 154).

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vernichtet aber die streng patriarchale fürstliche Justiz auchr die formalen Garantien der subjektiven Rechte und die strenge „Verhandlungsmaxime“ zu Gunsten des Strebens, ein objektivs „richtiges“, „Billigkeitsansprüchen“ genügendes Resultat der Schlichtung von Interessenconflikten zu erreichen.p Rational im Sinne der Innehaltung fester Grundsätze kann tdabei die patriarchale Rechtspflege thatsächlich sehr wohl sein. Abert wenn sie es ist, dann nicht im Sinn einer logischen Rationalität ihrer juristischen Denkmittel, sondern vielmehra im Sinne der Verfolgung materialer Prinzipien der sozialen Ordnung, seien diese nun politischen oder wohlfahrtsutilitarischen oder ethischen Inhalts. bRechtspflege und Verwaltung gehen auch hier in Eins, aber nicht in dem Sinn, daß alle Verwaltung die Form der Rechtspflege, sondern in dem umgekehrten: daß alle Rechtspflege die Eigenart der Verwaltung annimmt. Fürstliche Verwaltungsbeamte sind zugleich die Richter, der Fürst selbst greift im Wege der „Cabinettsjustiz“ nach Belieben in die Rechtspflege ein, entscheidet nach freiem Ermessen, nach Billigkeits-, Zweckmäßigkeits-c und politischen Gesichtspunkten, behandelt die Rechtsgewährung als eine weitgehend freie Gnade, ein Privileg im Einzelfall[,] bestimmt ihre Bedingungen und Formen und beseitigt die irrationalen Formen und Beweismittel des Rechtsganges zu Gunsten freier amtlicher Wahrheitsermittlung (Offizialmaxime). Das Idealbild dieser drationalen Rechtspfleged ist die „Kadijustiz“ der „salomonischen“ Urteile, wie sie der Held dieser Legende und – Sancho Pansa als Statthalter fällen. Alle patrimonialfürstliche Justiz hat an sich die Tendenz, diese Bahnen einzuschlagen. Die „writs“ der englischen Könige wurden formell durch Anrufung ihrer freien Gnade erwirkt.e 27 Die „actiones in factum“ lassen aber ahnen, wie weit selbst der römische Magistrat in der freien Klagegebung und Klageverweigerung (denegatio actionis) ursprünglich gegangen sein mag. Als „Equity“ tritt auch die englische Amtsr In B folgt: vernichtet s B: inhaltlich  objektiv p (S. 562) – p Fehlt in A. t A: dagegen die patriarchale Rechtspflege sehr wohl sein, aber a Fehlt in A. b – b (S. 565) Fehlt in A. c Bindestrich fehlt in B. d B: Fürstenjustiz  rationalen Rechtspflege e In B folgt:  Die „Equity“ tritt als Justiz des Lordkanzlers auf.¯ 27 Faktisch war diese Gnade „käuflich“ und die gebührenpflichtigen Writs waren eine nicht unwesentliche staatliche Einnahmequelle; vgl. z. B. Brunner, Überblick (wie oben, S. 300, Anm. 73), S. 336 f.

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justiz der Neuzeit auf. Die Reform Ludwigs IX. in Frankreich tritt durchaus in patriarchalen Formen auf. Die orientalische Rechtspflege ist, soweit sie nicht theokratischen Charakter hat, wesentlich patriarchal.28 Ebenso die indische.29 Endlich die chinesische Rechtspflege ist ein Typus patriarchaler Verwischung der Grenzen zwischen Justizf und Verwaltung.30 Erlasse der Kaiser, halb belehrenden[,] halb befehlenden Inhalts, greifen generell oder im Einzelfall ein. Die Urteilsfindung ist, soweit sie nicht magisch bedingt ist, an materialen, nicht an formalen Maßstäben orientiert und daher, an den letztereng oder an ökonomischen „Erwartungen“ gemessen, stark irrationale und konkrete „Billigkeits“-Justiz. Diese Art von Eingreifen des imperium in die Rechtspflege und Rechtsbildung findet sich auf den verschiedensten „Kulturstufen“31, es ist nicht ökonomisch, sondern primär politisch bedingt. So ist in Afrika32 überall da, wo die Häuptlingsmacht entweder durch Vereinigung mit dem Zauberpriestertum oder durch die Bedeutung des Krieges oder endlich durch Handelsmonopolisierung stark entwickelt ist, der alte formalistische und magische Prozeß und die ausschließliche Herrschaft der Tradition oft fast völlig verschwunden und einerseits einh Gerichtsverfahren mit öffentlicher Ladung namens des Fürsten (oft durch „Anschwörung“ des Geladenen)33 f B: Recht  Justiz

g B: ersteren

h In B folgt:  stark rationales¯

28 Vgl. hierzu die allgemeinen Bemerkungen in: Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 357, 372 f. 29 Zur patrimonialen Rechtspflege in Indien vgl. Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 129, 230–235, 468 und S. 376 ff. (theokratischer Patrimonialismus unter Açoka). 30 Zur chinesischen patrimonialen Rechtspflege vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 279–283; auch Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 229 f. 31 Den idealtypischen Sinn dieses Begriffs hatte Weber bereits in: Altgermanische Sozialverfassung, MWG I/6, S. 250–252, gegen alle Theorien betont, „die Kulturentwicklung nach Art biologischer Prozesse als ein gesetzliches Nacheinander verschiedener, überall sich wiederholender ‚Kulturstufen‘ zu begreifen“ (ebd., S. 247). 32 Hierzu und zum folgenden scheint Weber in erster Linie die rechtsvergleichenden Studien Kohlers über afrikanische Stammesrechte in der „Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft“, daneben aber auch Posts Werk über „Afrikanische Jurisprudenz“ verwendet zu haben. Für letzteres spricht indirekt auch die Auswahl der nachfolgend genannten Stammesrechte, die alle – mehr oder minder eingehend – von Post erörtert werden. 33 Vgl. Kohler, Negerrecht (wie oben, S. 464, Anm. 84), S. 414: „Hier mag beigefügt werden, daß an der Goldküste bei den Aschantis die Ladung vor den Häuptling durch einen Boten erfolgt, der die Embleme des Häuptlings trägt. Will der Geladene nicht

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und Exekution und rationalen Beweismitteln durch Zeugen an Stelle der Ordalien,34 andererseits eine Rechtssetzung durch den Fürsten allein (Aschanti) oder durch ihn mit Akklamation der Gemeinde (Süd-Guinea) entstanden.35 Der Fürst oder Häuptling oder sein Richter aber entscheidet oft gänzlich nach freier Willkür und Billigkeit, ohne alle und jede formale Bindung an Regeln (so bei den Basuto, den Barolong, in Dahomey, im Reiche des Muata Cazembe, in Marokko – Gebieten von unter einander sehr verschiedener Culturentwicklung)36. Nur die Gefahr, bei allzu flagranter Beugung des Rechts, zumal der als heilig geltenden Traditionsnormen, auf denen letztlich die eigene „Legitimität“ beruht, den Thron zu verlieren, schafft hier Schranken.b Dieser antiformale, materiale Charakter der patriarchalen Verwaltung pflegt seinen Höhepunkt da zu erreichen, wo der i(weltliche oder priesterliche)i Fürst sich in den Dienst positiv religiöser Interessen stellt, und zwar speziell[,] wo nicht eine ritualistische, sondern eine Gesinnungsreligiosität von ihm in ihren Postulaten propagiert wird. Alle jantiformalen Tendenzen der Theokratie verbinden sich dann, und zwar in diesem Fall auch von den sonst geltenden Schranken ritualistischer und deshalb formaler heiliger Normen losgelöst, mit den b (S. 563) – b Fehlt in A. i Klammern fehlen in A. j – j (S. 566) A: Eigenarten der Theokratie und ihrer antiformalen Tendenzen verbinden sich dann mit den Formlosigkeiten der in diesem Fall auch von den sonst geltenden Schranken ritualistischer und deshalb formaler heiliger Normen losgelösten nur mitkommen, so gebraucht man das Mittel, daß man ihn oder das Dorfoberhaupt bei dem Kopfe des Häuptlings beschwört, in welchem Fall er kommen muß, weil er sonst den Tod des Häuptlings auf sich lüde.“ 34 Vgl. oben, S. 464 mit Anm. 84. 35 Weber stützt sich hier vermutlich auf Post, Afrikanische Jurisprudenz I (wie oben, S. 454, Anm. 52), S. 1: „So giebt es in Aschanti Gesetze, welche vom Könige erlassen und förmlich publizirt werden [. . .].“ Und weiter ebd., S. 2: „Auch in Südguinea scheint die Rechtsbildung fast bis zum Gesetzesrecht vorgeschritten zu sein. Soll irgend ein neues Gesetz eingeführt werden, so geschieht dies in offener Versammlung, bei welcher jedes männliche Mitglied der Gemeinde seine Ansicht aussprechen darf. Der König führt in dieser Versammlung den Vorsitz, und nachdem er aus dem, was gesprochen ist, die Ansicht der Versammlung erkannt hat, gebietet er Schweigen und faßt die Wünsche des Volks in ein Gesetz zusammen. Die Versammlung genehmigt, was der König gethan, und der Beschluß wird zum Landesgesetz erhoben.“ 36 Nach Sachverhalt und exemplarisch angeführten Volksstämmen stützt sich Weber vermutlich auf Post, Afrikanische Jurisprudenz I (wie oben, S. 454, Anm. 52), bes. S. 5 f., 250 f.; über die absolute Herrenstellung des Muata Cazembe und des Königs in Dahomé vgl. ebd., S. 115; über königliche Beamte als Richter im Reiche des Muata Cazembe und in Marokko vgl. ebd., S. 252, 254.

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Formlosigkeiten einer nurj auf die Anerziehung des rechten inneren Habitus abzielenden patriarchalen Wohlfahrtspflege, deren Verwaltung dabeik dem Charakter der „Seelsorge“ sich annähert. Alle Schranken zwischen Recht und Sittlichkeit, Rechtszwang und väterlicher Vermahnung, legislatorischen lMotiven undl Zwecken und rechtstechnischen Mitteln sindm niedergerissen. Die Edikte des buddhistischen Königs Açoka nähern sich diesem „patriarchalen“n Typus am meisten.o 37 In aller Regel herrscht aber in der patrimonialfürstlichen Rechtspflege eine Kombination ständischer und patriarchaler Bestandteile mit einander und mit dem formalen Rechtsgang der Dinggenossenschaften. pWie weit das Eine oder das Andre überwiegt, ist – wie später im Zusammenhang der Analyse der „Herrschaft“ zu erörtern ist38 – ganz wesentlich durch politische Umstände und Machtverhältnisse bedingt. Im Occident war neben diesen auch die (ebenfalls ursprünglich politisch bedingte) Traditionq der dinggenossenschaftlichen Rechtspflege, welche dem König die Stellung als Urteiler prinzipiell absprach, von Bedeutung für rdas Vorwaltenr der „ständischen“ Form der Rechtspflege.p Das Vordringen sformalistisch-rationalers Elemente auf Kosten dieser typischen Zustände des patrimonialen tRechts[,] wie wir es im Occident in der Neuzeit beobachten, konntet dem eigenen internen Bedürfnis der patrimonialfürstlichen Verwaltung entspringen. Dies ist namentlich der Fall, soweit es sich um die Beseitigung der Vorherrschaft stän discher Privilegien aund des ständischen Charakters der Rechtspflege und Verwaltung überhaupt handelt. j (S. 565) – j Vgl. oben, S. 565. k Fehlt in A. l A: Motiven, m In A folgt: dann n Fehlt in A. o A: meisten, während gewisse Sphären der okzidentalen mittelalterlichen Rechtszustände dem ständischen Typus am weitesten zuneigen. p – p Fehlt in A. q B: Stellung  Tradition r B: den Sieg  das Vorwalten s A: rationaler t A: Rechts kann a – a (S. 567) A: handelt. Diesen gegenüber gehen steigende 37 Der Großkönig aus der Maurya-Dynastie (272–231 v.Chr.) ließ buddhistische Sittlichkeits- und Moralvorstellungen auf seine Herrschaftspraxis einwirken. Vgl. die eingehende Erörterung des „halbtheokratisch-patriarchalen“ Regierungsstils Açokas in Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 375–381; für die fraglichen Edikte vgl. die Edition von Smith, Vincent Arthur, Asoka, the Buddhist Emperor of India (Rulers of India Series 29). – Oxford: Clarendon Press 1901, S. 117–157. 38 Siehe hierzu Webers Erörterung der Formen des „patriarchalen“ bzw. „ständischen Patrimonialismus“ sowie des Feudalismus als Grenzfall des ständischen Patrimonialismus in: Patrimonialismus, MWG I/22–4, S. 285 ff., Feudalismus, MWG I/22–4, 404–418.

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Diesen gegenüber gingen ja die Interessen an steigendera Rationalität[,] und das heißt in diesem Fall: bsteigender Herrschaft formaler Rechtsgleichheit und objektiver formalerb Normen[,] mit den Machtinteressen der Fürsten gegenüber den Privilegierten Hand in Hand. cDas „Reglement“ an Stelle des „Privilegs“ dient beiden.c Anders soweit umgekehrt die Einschränkung der ganz freien patriarchalen Willkür zu Gunsten d1) fester Regeln und 2) vollends der Schaffungd fester Ansprüche der Beherrschten an die Justiz: Garantie „subjektiver Rechte“ also, in Frage stand.e Beides ist, wie wir wissen,39 an sich nicht fidentisch: einef nach festen Verwaltungsreglementsg verfahrende Streitschlichtung bedeutet noch nicht das Bestehen garantierter „subjektiver Rechte“. Aber das letztere, die Existenz hnicht nur objektiver fester Normen, sondern objektiven „Rechts“ im strengen Sinn also, ist mindestens im privatrechtlichen Gebiet die einzig sichereh Form der Garantie jener Gebundenheit an objektive Normen überhaupt. Auf eine solche Garantie aber wirken ökonomische Interessengruppen hin, welche der Fürst iunter Umständeni zu begünstigen und an sich zu fesseln wünscht, weil dies seinen fiskalischen und politischen Machtinteressen dient. Vor allem natürlich: bürgerlichej Interessenten, welche ein eindeutiges, klares, irrationaler Verwaltungswillkürk ebenso wie den irrationalen Störungen durch konkrete Privilegien entzogenes, lvor Alleml die Rechtsverbindlichkeit von Kontrakten sicher mgarantierendes undm infolge aller dieser Eigenschaften berechenbar funktionierendes Recht verlangen müssen. Ein Bündnis von fürstlichen nund von Interessen bürgerlicher Schichten gehörten daher zu den wichtigsten treibenden Kräften oformalerp Rechtsrationalisierung.o Nicht in dem Sinn, daß eine direkte „Kooperation“ dieser Mächte qimmer erforderlich wäre.q Denn dem privatwirtschaftlichen Rationalismus der bürgerlichen Schichten kommt als selbständiger Faktor derr utilitarische Rationalismus jeder Beamtenverwaltung sschon b A: steigende Herrschaft der Rechtsgleichheit und objektiven c Fehlt in A. d A: fester Regeln der Verwaltung und vor allem e A: steht. B: standen. f A: identisch. Eine g A: Verwaltungsregeln h A: objektiven Rechts also, ist die wichtigste i Fehlt in A. j A: kapitalistische k A: Willkür l Fehlt in A. m A: garantierendes, n A: Interessen und solchen von bürgerlichen Schichten gehört o – o A: systematischer Kodifikation. p B: der  formaler q A: erforderlich würde. r In A folgt: materiale s – s (S. 568) A: von sich aus entgegen und 39 Siehe allgemein zum „Reglement“ und zu den Arten der „Gewaltenbegrenzung“ oben, S. 279–282 und S. 295–298.

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von sich aus weit entgegen. Und das fiskalische Interesse des Fürstens sucht, weit über das Gebiet der aktuellen Bedeutung schon bestehender kapitalistischer Interessen hinaus, diesent das Bett zu bereiten, schon ehe sie da sind. aAber eine Garantie von Rechten, die von Fürsten- und Beamtenwillkür unabhängig sind, liegt allerdings keineswegs in den genuinen eignen Entwicklungstendenzen der Bürokratie. Übrigens liegt sie auch nicht ohne Vorbehalt in der Richtung der kapitalistischen Interessen. Ganz im Gegenteil, soweit es sich um die älteren, wesentlich politisch orientierten Formen des Kapitalismus handelt, von denen im Gegensatz zum spezifisch modernen, „bürgerlichen“ Kapitalismus wir noch oft zu reden haben werden[.]40 Und selbst die Anfänge des bürgerlichen Kapitalismus zeigen jene typische Interessiertheit an garantierten subjektiven Rechten noch nicht oder nur in begrenztem Maße, oft genug aber das Gegenteil. Denn nicht nur die großen Colonialund Handels-Monopolisten, sondern auch die monopolistischen Großunternehmer der merkantilistischen Manufakturperiode41 stützen sich in aller Regel auf fürstliches Privileg, welches oft genug das geltende gemeine Recht, namentlich das Zunftrecht,42 durchbricht, den zornigen Widerstand des bürgerlichen Mittelstands herausfordertb und also den Kapitalisten darauf hinweist,c seine privilegierten Erwerbschancen durch deine dem Fürsten gegenüber prekäre Rechtsstellungd zu erkaufen. Der politisch und monopolistisch orientierte und selbst noch der frühmerkantilistische Kapitas (S. 567) – s Vgl. oben, S. 567. t A: ihnen a – a (S. 569) Fehlt in A. b B: herausfordern c B: hinweisen, d B: eine  rechtlich¯ dem Fürsten gegenüber prekäre  oder nur durch Privileg garantierte¯ Rechtsstellung 40 Zu den Formen des politischen Kapitalismus siehe bes. Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 233–240, ders., Feudalismus, MWG I/22–4, S. 426–435, sowie ders., Die Stadt, MWG I/22–5, S. 263 f., 268. 41 Das sog. Merkantilsystem bestimmte – nach Ansätzen bereits im 14. Jahrhundert – seit der Mitte des 15. Jahrhunderts eine wichtige Epoche europäischer Wirtschaftsgeschichte und beruhte auf einer kontinuierliche Handelsbilanzüberschüsse anstrebenden staatlichen Monopolpolitik. 42 Die seit dem 11. Jahrhundert in Deutschland, Frankreich und England zu politischem Einfluß in den Städten gelangenden Zünfte schufen für ihre gewerbe- und ordnungspolitischen Ziele sog. Zunftordnungen (Zunftstatuten, Schragen). Diese wurden vom Stadtherrn bzw. vom Rat der Stadt meist lediglich formell bestätigt oder erlassen. Das Zunftrecht fand dadurch Eingang in das jeweilige Stadtrecht, dessen handelsund gewerberechtliche Teile es hauptsächlich bildete. – Zur Durchbrechung der zunftorientierten Stadtwirtschaftspolitik durch den fürstlichen Merkantilismus vgl. auch Weber, Die Stadt, MWG I/22–5, S. 242 f.

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lismus kann so zum Interessenten an der Schaffung und Erhaltung der patriarchalen Fürstenmacht gegenüber Ständen und auch gegenüber dem bürgerlichen Gewerbestand werden, wie er es in der Zeit der Stuarts43 war und wie er es heute auf breiten Gebieten wieder zunehmend geworden ist und noch weiter werden wird. Trotz alledem ist dem Eingreifen des imperium, speziell des fürstlichen imperium, in das Rechtsleben, je stärker und dauernder seine Gewalt sich gestaltete, desto mehr[,] überall ein Zug zur Vereinheitlichung und Systematisierung des Rechts eigen gewesen: zur „Codifikation“. Der Fürst will „Ordnung“.e Und er will „Einheit“ und Geschlossenheit seines Reichs. Und zwar auch aus einem Grund, der sowohl technischen Bedürfnissen der Verwaltung wie persönlichen Interessen seiner Beamten entspringt: die unterschiedslose Verwertbarkeit seiner Beamten im ganzen Gebiet seiner Herrschaft wird durch Rechtseinheit ermöglicht und ergiebt erweiterte Carrierechancen für die Beamten, die nun nicht mehr an den Bezirkf ihrer Herkunft dadurch gebunden sind, daß sie dessen Recht allein kennen. Und allgemein streben die Beamten nach „Übersichtlichkeit“ des Rechts, die bürgerlichen Schichten nach „Sicherheit“ der Rechtsfindung[.]g a hWenn so Interessen des Beamtentums, bürgerliche Erwerbsinteressen und fürstliche fiskalische und verwaltungstechnische Interessen in der Thath normale Träger von Codifikationen geweseni sind, so sind sie deshalb nicht die einzig möglichen. Auch andere politisch beherrschte Schichten als nurj ein Bürgertum können ein Interesse an der eindeutigen Fixierung des Rechts haben und auch die herrschenden Gewalten, an welche sich ihr Verlangen danach richtet und die ihnen, gezwungen oder freiwillig, nachgeben, müssen nicht notwendig Fürsten sein. Systematische Rechtskodifikationen können auchk das Produkt leiner universellen bewußten Neuorientierung des Rechtslebens e In B folgt:  Die¯ Die f B: Ort  Bezirk g In B folgt Satzanweisung Max Webers: Absatz! a (S. 568) – a Fehlt in A. h A: Und wenn bürgerliche Schichten und fürstlicher Fiskalismus i Fehlt in A. j Fehlt in A. k Fehlt in A. l – l (S. 570) A: einer äuße ren politischen oder einer durch Stände- oder Klassenkompromisse erfolgenden 43 Die Herrschaft der Stuarts über England umfaßt den Zeitraum von der Regierung Jakobs I. (1603–1625) bis zur Flucht Jakobs II. (1685–1688); zum „patrimonialstaatlichen Kapitalismus“ der Stuarts und seiner Interessenten vgl. Levy, Hermann, Die Grundlagen des ökonomischen Liberalismus in der Geschichte der englischen Volkswirtschaft. – Jena: Gustav Fischer 1912, S. 19–27 (hinfort: Levy, Grundlagen).

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sein, wie sie infolge äußerer politischer Neuschöpfungen oder von Stände- oder Klassenkompromissen, welche die minnere sozialem Einigung eines politischen Verbandes bezwecken, unter Umständen auch beider zugleich[,] notwendig wird.n Entweder handelt es sich um planvolleo Neuschöpfung von Verbänden auf Neuland: so bei den leges datae der antiken Kolonien. Oder um pdie Neugründungp l eines politischen Verbandes, wie etwa der israelitischen Eidgenossenschaft, welcher sich dabei in bestimmten Hinsichten einem einheitlichen Recht unterstellt. qOder um den Abschluß von Revolutionen durch ein Kompromiß von Ständen oder Klassen. So – angeblich – bei den XII Tafeln. Oder es wird wenigstensq im Interesse der Rechtssicherheit nach sozialen Konflikten rdie systematische Rechtsaufzeichnung vorgenommen. Dabeir pflegen die Interessenten sder Aufzeichnung naturgemäßs diejenigen Schichten zu sein, welche bisher unter dem Mangel eindeutig feststehender und allgemein zugänglicher, also zur Kontrolle der Rechtspflege tgeeigneter, Normen am meistent gelitten haben. Insbesondere alsoa bäuerliche und bürgerliche Schichten gegenüber der adeligen oder von Adeligen beherrschten Honoratiorenjustiz oder bder priesterlichen Rechtspflege: der in der Antike typische Zustand.b Die systematische Rechtsaufzeichnung pflegt inc diesen Fällen weitgehende Neusatzungen von Recht zu enthalten und wird daher sehr regelmäßig durch Propheten oder prophetenartige Vertrauensmänner (Aisymneten) als lex data kraft Offenbarung oder eingeholten Orakels oktroyiert. Die Interessen, um deren Sicherung es sich handelt, pflegen ddabei einerseitsd den verschiedenen beteiligten Interessenten ziemlich eindeutig vorzuschweben und auch die möglichen Arten der rechtlichen Schlichtung pflegen durch Erörterung und Agitatione weitgehend geklärt und für den prophetischen oder aisymnetischen Machtspruch reif geworden zu sein. Den Interessenten liegt andrerseitsf mehr an einem formalen und inneren Einigung eines politischen Verbandes sein, unter Umständen auch beider zugleich. Entweder handelt es sich dabei um formale und inhaltliche Neuschöpfung von Verbänden auf Neuland. So bei den leges datae der Kolonien. Oder um die Neuschöpfung m B: inneren sozialen n B: werden. o B: rationale  planvolle p B: die  akute¯  Neuentstehung¯ Neugründung l (S. 569) – l Vgl. oben, S. 569 f. q A: Oder es wird altes Recht r A: systematisch aufgezeichnet. Dann s Fehlt in A. t A: geeigneter Normen a Fehlt in A. b A: priesterlichen Rechtspflege, wie in Rom in der Zwölftafelzeit. c In A folgt: all d Fehlt in A. e In A folgt: oder durch soziale Konflikte f Fehlt in A.

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klaren, die gerade streitigen Punkte eindeutig schlichtenden, als an einem systematischen Recht. Die rechtliche Normierung pflegt daher einerseitsg in der gleichen charakteristischen hepigrammatischen, und insoweit rechtssprichwortartigenh Kürze zu erfolgen, wie sie Orakeln und Weistümern oder den Responsen von Rechtskonsulenten eignet. Wir finden sie denn auch sehr ähnlich in den Zwölf Tafeln i– deren Provenienz aus einer uno actu erfolgten Gesetzgebung man deshalb sehr mit Unrecht bezweifelt44 – wie im Dekalog und im jüdischen Bundesbuch. Die charakteristische Form dieser beiden Complexe von Geboten und Verboten spricht allein schon für ihre echt rechtsprophetische und zugleich aisymnetische Provenienz.i jBeide teilen auch die Eigenschaft mit einander, zugleich religiöse und bürgerliche Gebote zu enthalten: die XII Tafeln schleudern das Anathema („sacer esto“) gegen den Sohn, der den Vater schlägt und gegen den Patron, der dem Clienten die Treue nicht hält.45 Bürgerliche Rechtsfolgen waren in beiden Fällen ausgeschlossen. Nötig wurden die Gebote offenbar, weil die Hausdisziplin und Hauspietät in Verfall gerathen war. Nur ist der religiöse Inhalt kder jüdischen Codifikationk im Dekalog systematisiert, der des römischen Gesetzes besteht aus einzelnen Bestimmungen; das religiöse Recht als Ganzes stand fest und eine neue religiöse Offeng Fehlt in A. h A: epigrammatischen i – i A: wie im Dekalog und im jüdischen Bundesbuch, dessen charakteristische Form allein schon für seine echt prophetische und zugleich aisymnetische Provenienz spricht. j – j (S. 573) Fehlt in A. k B: des jüdischen Bundesbuches  der jüdischen Codifikation 44 Max Weber nimmt hier Bezug auf die umstrittenen Thesen des italienischen Historikers Ettore Pais und des französischen Romanisten und Rechtssoziologen Edouard Lambert; Pais, Storia, S. 572 ff.; Lambert, histoire; ders., problème; ders., question. Pais und Lambert verwerfen nach eingehender Quellenkritik die Tradition über Dezemvirat und Zwölftafelgesetzgebung. Pais hält sie für die Schlußredaktion einer mehrere Vorredaktionen umfassenden Gesetzgebung, die er in das späte 4. Jahrhundert v.Chr. datiert, während Lambert die Zwölftafeln als private Sammlung tradierter Rechtsregeln und Rechtssprichwörter aus dem 2. Jahrhundert v.Chr. interpretiert. – Weber vertritt dagegen die bis heute herrschende Meinung; vgl. dafür statt aller Bruns/Lenel, Geschichte (wie oben, S. 319, Anm. 31), S. 325; Lenel, [Otto], Besprechung von: „É. Lambert, La question de l’authenticité des XII tables et les annales maximi“ u. a., in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Rom. Abt., Band 26, 1905, S. 498– 524 (hinfort: Lenel, Besprechung). 45 12 Taf. 8,21: „Patronus si clienti fraudem fecerit, sacer esto.“ (Der Patron, der seinen Klienten betrügt, sei verflucht.) Zit. nach Bruns, Fontes, S. 32. – Ein Zwölftafelfluch „gegen den Sohn, der den Vater schlägt“, ist nicht überliefert. Zum Schutz der Klientel vgl. auch den sozialgeschichtlichen Exkurs Webers in: Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S. 616–631, bes. 617 f., 643 f.

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barung lag nicht vor. Eine ganz andre und nebensächliche Frage ist: ob die „12“l Tafeln, auf welchen das römische, durch Rechtspropheten gesatzte, Stadtrecht aufgezeichnet gewesen sein sollm und die im gallischen Brand zu Grunde gegangen sein sollen,46 sehr viel historischer sind als die beiden Tafeln des mosaischen Gesetzes.47 Aber weder sprachliche – grade bei nur mündlicher Überlieferung nder Satzungn gar nicht relevante – noch sachliche Gründe nötigen zur Verwerfung der Tradition über das Alter und die Einheitlichkeit der Gesetzgebung. Die Meinung, es könne sich um Collektionen von Rechtssprichwörtern oder von Produkten der Spruchpraxis der Rechtshonoratioren handeln, hat die innere Wahrscheinlichkeit gegen sich.48 Es handelt sich um generelle Normen ziemlich abstrakten Charakters,o welche ferner zum einen Teil greifbar einen überaus tendenziösen, ihres Zwecks bewußten Charakter, zum andern den eines Compromisses zwischen ständischen Interessen an sich tragen.49 Es ist zum mindesten unwahrscheinlich, daß derartiges einer Spruchpraxis entstamme, noch mehr, daß das litterarische Produkt eines Sammlers von Rechtssprüchen: etwa des Sex[tus] Aelius Paetus Catus, in einer von rationalen Interessenkämpfen durchzogenen Zeit auf dem Raum einer Stadt eine solche Autorität habe gewinnen können.50 Auch die Analogie anderer ail B: XII  „12“ m Fehlt in B; soll sinngemäß ergänzt. n B: des Recht  der Satzung o In B folgt:  und vielfach – hierin im Gegensatz gegen die typischen „Rechtssprichwörter“  geringerer¯ relativ nicht sehr großer Plastizität¯ 46 Nach ersten Zusammenstößen zwischen Kelten und Römern Anfang des 4. Jahrhunderts v.Chr. erlitten die Römer 387 eine vernichtende Niederlage in der Schlacht an der Allia sowie die Einnahme und Niederbrennung Roms. 47 Nach Ex 31,18; 34, 1. 48 Weber bezieht sich auf die namentlich von Lambert, histoire, S. 18 ff.; ders., problème, S. 53, 56; ders., question, bes. S. 170–176, vertretene – damals wie heute mehrheitlich bestrittene – Auffassung. Vgl. oben, S. 571, Anm. 44. 49 Dies entspricht der überwiegenden Meinung; vgl. z. B. Lenel, Besprechung (wie oben, S. 571, Anm. 44), S. 515: „Auf der andern Seite hatte im 5. Jahrhundert, so skeptisch man auch im einzelnen der römischen Überlieferung gegenüberstehen mag, unzweifelhaft der Kampf der Stände bereits begonnen. Ich meine, aus dieser Konstellation seien die Zwölftafelgesetze leicht zu verstehen.“ Und weiter: „Hier überall ist wohl zu beachten, daß, soweit unsere Kenntnis reicht, es ganz und gar nicht antiquarische Interessen sind, denen zuliebe das Recht den Schein uralter Gesetzgebung annimmt. [. . .] M. a. W., es steht überall eine Macht hinter der vermeintlichen Gesetzgebung, die ihre Anerkennung durchsetzt“ (ebd., S. 520). Ähnlich auch Erman, Heinrich, Sind die XII Tafeln echt?, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Rom. Abt., Band 23, 1902, S. 450–457, hier S. 456 (hinfort: Erman, XII Tafeln). 50 Sextus Aelius figuriert in Lamberts Lesart als Urheber jener privaten Sammlung

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symnetischer Leistungen ist eine zu augenfällige. – j Eine „systematische“ Kodifikation pfreilich ergebenq die für aisymnetische Rechtssatzung typische Situation und die von ihr zu befriedigenden Bedürfnisse natürlich nur in rrein formalem Sinnr.p Eine solche war ebensowenig der Dekalog für die Ethik wie die Zwölf Tafeln und die rechtlichen Anordnungen des Bundesbuchs für das Geschäftsleben. System und juristische „ratio“ bringt erst s– in begrenztem Umfang – die Arbeit der Rechtspraktiker hinein. Vor Allem die Bedürfnisse des Rechtsunterrichts. In vollem Maße erst die Arbeit fürstlicher Beamter. Sie sind die eigentlichen Codifikationssystematiker, denn sies sind natur gemäß die Interessenten einer für sie „übersichtlichen“ Systematik als asolcher und daher pflegen fürstliche Codifikationen einen in systematischer Hinsicht wesentlich rationaleren Charakter zu tragen als selbst die umfassendsten aisymnetischen oder prophetischen Satzungenb.a cAufd andrem Wege als durch fürstliche Codifikationen pflegt „Systematik“ in das Recht nur durch didaktisch-litterarische Produktee, namentlich durch „Rechtsbücher“ hineingebracht zu werden, die dann nicht selten zu einem canonischen, die Rechtspflege ebenso wie ein Gesetz beherrschenden Ansehen gelangen.c 51 fEineg systematische Rechtsaufzeichnung pflegt aber in beiden Fällen j (S. 571) – j Fehlt in A. p – p A: ergibt dies natürlich nicht. q B: ergibt r B: begrenztem Sinn  rein formalem Sinn s A: die Arbeit der Rechtspraktiker hinein. Oder aber diejenige fürstlicher Beamter. Denn diese a – a A: solcher. b B: Gebote  Satzungen c – c Fehlt in A. d In B geht am linken Rand die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz e B: Bedürfnisse  Produkte f – f (S. 574) A: erste Stadium einer systematischen Rechtsaufzeichnung pflegt daher auch hier als Zusammenstellung schon Satzanschluß an den Typoskripttext, oben, S. 520, textkritische Anm. s. g B: Einer von Rechtsregeln und Rechtssprichwörtern, für die er die 12 Tafeln hält. – Den Einwand formuliert ähnlich bereits Lenel, Besprechung, S. 521: „In einer Zeit, wo Rom bereits im hellen Licht der Geschichte steht, wo es bereits die Welt des Mittelmeers beherrschte [. . .] hätte ein einflußreicher juristischer Schriftsteller, sei es auch unter Benutzung älterer Sammlungen, die zwölf Tafeln zusammengestellt, d. h. erfunden! [. . .]. Diesen Rechtssätzen soll nach Lambert das bloße Ansehen des Sex. Aelius, nicht unterstützt von der Macht einflußreicher Interessen, plötzlich eine ganz neue Basis gegeben haben, derart, daß sehr bald nicht etwa bloß die Juristen, sondern das ganze Volk an sein erfundenes Grundgesetz glaubte, – ich zweifle [. . .], ob es in der ganzen Weltgeschichte dafür eine Parallele gibt.“ Vgl. auch Erman, XII Tafeln (wie oben, S. 572, Anm. 49), S. 456 f.; Bruns/Lenel, Geschichte (wie oben, S. 319, Anm. 31), S. 325 f. 51 Zu den Rechtsbüchern, ihrer formalen Charakteristik und ihren Produzenten vgl. oben, S. 489–491 und S. 493 f.

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zunächst nur als Zusammenstellung bereitsf geltenden Rechts zur Beseitigung entstandener Zweifel und Konflikte aufzutreten.h iZahlreiche äußerlich als „Kodifikationen“ auftretende, im Auftrag von Patrimonialfürsten geschaffene Sammlungen von obrigkeitlich gesatztem Recht und Reglements haben – j wie etwa die offizielle chinesische Gesetzsammlung52 und was ihr ähnelt – trotz einer gewissen „Systematik“ der Einteilung mit codifikatorischer Rechtssatzung gar nichts zu schaffen, weil sie nichts als mechanische Leistungen sind. Andre Codifikationen wollen nur das schon geltende Recht in eine geordnete und systematische Form bringen. So im Wesentlichen die lex Salica und die meisten ihr gleichartigen „Volksrechte“ die Rechtspraxis der dinggenossenschaftlichen Justiz, die Assisen von Jerusalem mit ihrem weitreichenden Einfluß f (S. 573) – f Vgl. oben, S. 573. h In A folgt: So etwa die germanischen Volksrechte. Der Patriarchalismus kann unter Umständen Anlaß haben, die Bahn der bewußten Neusatzung von Recht zu betreten. Aus technischen Gründen, weil er selbst für seine Beamten der Reglementierung seiner Verwaltung bedarf. Aus Gründen der Rücksicht auf Rechtsinteressenten, deren Interessen ein berechenbares Recht als Garantie ihrer ökonomischen Chancen fordern, dann, wenn er auf diese Rücksicht zu nehmen Anlaß hat. Das erstgenannte Motiv führt regelmäßig nicht zu einer systematischen Neusatzung von Recht, sondern nur zu kompilatorischen Kodifikationen der schon bestehenden Reglements, etwa nach Art der chinesischen Gesetzsammlungen. Andererseits führt auch nicht jede Neusetzung von Recht besonders leicht zu einer systematischen Kodifikation. Zunächst sogar eher im Gegenteil. Denn wir werden später sehen, daß und warum die fürstliche Neusatzung zunächst ebensowenig wie das Weistum subjektives und objektives Recht scheidet, daß sie vielmehr zunächst in der Form von Privilegien des Herrn zugunsten Einzelner oder bestimmter Gruppen von Einzelnen zu führen pflegt. Daß man die einmal für eine Gemeinschaft geltenden traditionellen Normen beliebig ändern könne, ist ein auch hier noch fern liegender Gedanke. Aber indem alles, was Recht ist, uminterpretiert wird in persönliche Rechte, beginnt damit auch das Recht zunehmend der Willkür und Gnade des Fürsten zugänglich zu werden, immer soweit, als er nicht durch schon erteilte Privilegien, deren Interessenten er zu verletzen nicht wagen darf, sich gebunden findet. Von da führt die steigende Macht des Herrn und die Verschiebungen der tatsächlichen Voraussetzungen des alten Rechts weiter zu immer rationaleren Reglements innerhalb der Machtsphäre des Fürsten. Eine Kombination von Interessen des Fürsten und Interessen der an einem rationalen Recht interessierten bürgerlichen Schichten pflegt die rationalen systematischen fürstlichen Kodifikationen herbeizuführen. Welches Interesse dabei überwiegt, kann sehr verschieden gestaltet sein. i – i (S. 576) Fehlt in A. j B: haben, – 52 Gemeint ist das Ta Tsing Liu Li, eine Sammlung von kaiserlichem Statutarrecht, deren Bestimmungen sich nach Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S. 280, „wenigstens auf dem eigentlichen Rechtsgebiet durch relativ knappe geschäftliche Form“ auszeichneten, während andererseits „privatrechtliche Bestimmungen gerade über die für den Verkehr in unserem Sinn wichtigsten Gegenstände“ ebenso wie „garantierte ,Freiheitsrechte‘ des einzelnen“ fast völlig fehlten.

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die in Präjudizien festgelegten Handelsgebräuche, die Siete Partidas und ähnliche Codifikationen bis zurück zu den „leges Romanae“ die praktisch lebendig gebliebenen Teile des römischen Rechts. Dennoch bedeutet schon dies unvermeidlich in irgend einem Grade eine Systematisierung und in diesem Sinn[:] Rationalisierung des Rechtsstoffs, und die Interessenten daran sind also die gleichen wie an einer eigentlichen Codifikationk im Sinne der systematischen inhaltlichen Revision bestehenden Rechts. Beides ist nicht scharf zu scheiden. An der durch Codifikation geschaffenen „Rechtssicherheit“ pflegt schon als solcher ein starkes politisches Interesse zu bestehen. Bei allen politischen Neuschöpfungen pflegen daher Codifikationen besonders nahezuliegen. Die Schaffung des Mongolenreichs durch Dschingiz Khan sah solche Ansätze (Sammlung der Yasa) ebenso wie viele ähnliche Vorgänge bis herab zur Reichsgründung Napoleons53. Für den Occident liegt daher eine Codifikationsepoche scheinbar gegen die historische Ordnung ganz am Beginn seiner Geschichte, in den leges der neugeschaffenen Germanenreiche auf römischem Boden. Diel Befriedung der ethnisch gemischten politischen Gebilde erheischte hier unbedingt die Feststellung des wirklich geltenden Rechts, und der militärische Umsturz aller Verhältnisse erleichterte den formellen Radikalismus der Durchführung. Die Herstellung innerlicher Rechtssicherheit im Interesse eines präzisen Funktionierens des amtlichen Apparats, daneben (speziell bei Justinian) dasm Prestigebedürfnis des Monarchen hat die spätrömischen Gesetzsammlungen54 und schließlich die justinianische Rechtscodifikation55 motiviertn und k B: Neucodifikation  Codifikation l In B folgt:  äußerliche Rechtssicherheit und¯ m Fehlt in B; das sinngemäß ergänzt. n B: beherrscht  motiviert 53 Das von Napoleon Bonaparte initiierte Kodifikationsprojekt führte am 20. März 1804 zur Verkündigung des französischen Zivilgesetzbuchs, des Code civil (ab 3. Sept. 1807 „Code Napoléon“; seit 1814 wieder „Code civil“, 1852–70 – unter Napoleon III. – nochmals Umbenennung in „Code Napoléon“). 54 Gemeint sind die noch in der Regierungszeit Diokletians (284–305) entstandenen privaten Sammlungen von Kaiserkonstitutionen: der Codex Gregorianus und der Codex Hermogenianus. Der Codex Gregorianus enthielt Konstitutionen (Reskripte) von Hadrian bis Diokletian (bis zum Jahre 291), der Codex Hermogenianus solche von Diokletian aus den Jahren 293 und 294. Dazu kommt die von Kaiser Theodosius II. (um 401–450) in Auftrag gegebene, zwischen 429 und 438 fertiggestellte Gesetzessammlung, der sog. Codex Theodosianus, der die erste amtliche Sammlung römischer Kaiser-Konstitutionen darstellt. 55 Das Gesetzgebungswerk des byzantinischen Kaisers Justinian (527–565 n.Chr.)

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ebenso die fürstlichen rein römischrechtlichen Codifikationen des Mittelalters nach Art etwa der spanischeno Siete Partidas. In all diesen Fällen sind ökonomische Interessen Privater schwerlich direkt im Spiel gewesen.i pDagegen läßt grade die älteste einigermaßen vollständig überlieferte und in dieser Art einzigartige aller erhaltenen Kodifikationen: das Gesetzbuch Hammurabis, mit einiger Wahrscheinlichkeitp darauf schließen, daß eine relativ starke Schicht vonq Güterverkehrsinteressenten vorhanden war und daß der König in seinem eigenenr politischen und fiskalischen Interesse die Rechtssicherheit des Güterverkehrs zu stützen wünschte.s aWirb befinden uns eben hier auf dem Boden eines Städte-Königtums.56 Die erhaltenen Reste früherer Rechtssatzungen lassen durchaus vermuten, daß die für die antike Stadt typio B: castilianischen  spanischen i (S. 574) – i Fehlt in A. p A: Die älteste und in dieser Art in ihrer Zeit einzigartige aller erhaltenen mindestens relativ rationalen Kodifikationen: das Gesetzbuch Hammurabis, läßt q A: städtischer r Fehlt in A. s In A folgt: Obwohl es als eine Kodifikation göttlichen Willens auftritt, vielleicht auch weil es als eine solche auftritt, könnte es daher in manchen Punkten auch neues Recht absichtsvoll geschaffen haben. Die Kodifikation Justinians ist wohl vorwiegend durch das Bedürfnis nach Vereinfachung der Arbeit der Justiz gegenüber der durch das Citiergesetz nur mangelhaft geschlichteten und durch zahlreiche Einzelsatzungen sehr erschwerten Verworrenheit in der Arbeit der Justiz, zugleich aber auch durch den Wunsch nach machtvoller Manifestation der Stellung des Kaisers bedingt gewesen, also wesentlich intern politisch. Während des Mittelalters und im Beginn der Neuzeit war die Rezeption des römischen Rechts oder ein systematisierender Auszug daraus für die Fürsten das Mittel, eine rationale Rechtspflege zu schaffen. Allgemein gesprochen, waren ökonomische Interessen, speziell solche bürgerlicher Schichten, dabei nur indirekt im Spiel. Ein rationales Prozeßverfahren, die formale Steigerung der Einheitlichkeit des Rechts, die Begünstigung der fürstlichen und gelegentlich auch der adeligen Machtstellung waren die vorwiegenden Gründe sowohl der Verwendung romanistisch gebildeter Richter, als auch der romanistischen Kodifikationen, welche jene Zeit aufweist. In A folgt Absatz, dann: Wieder anders bei den Kodifikationen der Neuzeit. a – a (S. 585) Fehlt in A. b B: In B folgt zunächst:  Neben ersterem und  vielleicht auch darüber stand allerdings¯ wohl über solchen ökonomischen Klasseninteressen stand  bei der¯ die Codifikation Hammurabi’s zweifellos auch für das politische Interesse des Herrschers an der Thatsache der Rechtseinheit des Reiches rein als solcher. Der gleiche  Gesichtspunkt¯ Zweck  liegt¯ kehrt in allen späteren Codifikationen  zu Grunde.¯ wieder. Sie alle gehen¯ besteht aus einem einführenden Teil mit Lehrbuchcharakter („institutiones“), Auszügen aus den klassischen römischen Juristenschriften („digesta“) sowie einer neuen Zusammenstellung des Kaiserrechts („constitutiones“); darüber hinaus werden ihm spätere Privatsammlungen der kaiserlichen Gesetze seit 529 („novellae“) zugeordnet. 56 Zu den ökonomischen Entwicklungstendenzen des „Stadtkönigtums“ vgl. bes. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, 362–372, hier S. 365–367; zur verkehrswirtschaftlichen Entwicklung Babyloniens ebd., S. 394–399.

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schen ständischen und klassenmäßigen Gegensätze auch dort am Werk gewesen waren, nur infolge der abweichenden politischen Struktur mit andren Ergebnissen. Von der Hammurabischen Codifikation ist, soweit es sich an der Hand älterer Urkunden nachprüfen läßt, festgestellt, daß sie kein eigentlich neues Recht setzte, sondern bestehendes Recht kodifizierte und auch nicht die erste ihrer Art war.57 Über den ökonomischen und den religiösen, in der eindringlichen Regelung der [–] hier wie überall dem Patriarchalismusc sehr am Herzen liegenden [–] Familien- und namentlich Kindespietätspflichten zu Tage tretenden Interessen steht sicherlich bei dieser, wie bei den meisten anderen fürstlichen Codifikationen das politische Interesse an der Einheit des Rechts rein als solcher innerhalb des Reichs. Auch die meisten andren fürstlichen Codifikationen gehen aus den uns bekannten Motiven58 auf Beseitigung des Satzes „Willkür bricht Landrecht“ aus[.]d Diese Motive wirkten verstärkt bei den mit dem Entstehen des Beamtenstaats sich häufenden fürstlichen Kodifikationen der Neuzeit. Sie sind nur zum sehr geringen Teil wirkliche Neuschöpfungen[.]e Vielmehr war, wenigstens in Central- und Westeuropa, die Geltung des römischen und canonischen Rechts als Universalrechte ihre Voraussetzung. Das canonische Recht beanspruchte für seine Vorschriften zwingende universelle Geltung, das römische Recht galt „subsidiär“, ließ also dem Satz: Willkür bricht Landrecht, den Vortritt. In Wahrc B: Patrimonialismus  Patriarchalismus d In B folgt:   In formaler Hinsicht sind sie stets als¯ Ihr formaler Charakter aber  ist bestimmt¯ wird dadurch bestimmt, daß sie Erzeugnisse des patriarchalen Patrimonialismus  sind.¯ Dies gilt  für¯ in noch wesentlich höherem Grade als für die Codifikation Hammurabi’s  [??] weitergehend¯ für diejenige Justinians und für¯ e B: Neukodifikationen  Neuschöpfungen 57 In ihrer Ausgabe von Hammurabis Gesetz schreiben etwa Kohler und Peiser: „Hammurabis Gesetz deutet auf eine mehrhundertjährige juristische Beobachtung und Entwickelung hin, die sich auf einen Rechtsstand gründete, so dürftig wie der der 12 Tafeln, und die auf einen solchen Rechtsstand hin weiter baute“ (Kohler, Josef und Peiser, F[elix] E., Hammurabi’s Gesetz, Band 1: Übersetzung. Juristische Wiedergabe. Erläuterung. – Leipzig: Eduard Pfeiffer 1904, S. 138). Und Eduard Meyer, Geschichte des Altertums, Band 1, 2: Die ältesten geschichtlichen Völker und Kulturen bis zum sechzehnten Jahrhundert, 3. Aufl. – Stuttgart, Berlin: J. G. Cotta Nachfolger 1913, S. 573, bemerkt dazu: „[. . .] es kann nicht zweifelhaft sein, daß dem abschließenden Gesetzbuch Chammurapis vielfache Aufzeichnungen von Rechtssätzen vorangegangen sind, bis in die Zeiten der alten sumerischen Fürsten hinauf [. . .].“ Weiter ebd., S. 640: „Chammurapi hat offenbar [. . .] die älteren Ordnungen, an die er natürlich anknüpft, vielfach modifiziert, unerträglich gewordene Härten beseitigt u. ä. [. . .].“ 58 Siehe oben, S. 566 ff.

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heit stand es mit zahlreichenf Leistungen des canonischen Rechts nicht anders. An Bedeutung für die Umwälzung des Rechtsdenkens und auch des geltenden materiellen Rechts konnte sich keine von ihnen mit der Rezeption des römischen Rechts messen. Deren Geschichte zu verfolgen wäre hier nicht der Ort, es muß vielmehr bei wenigen Bemerkungen darüber sein Bewenden haben. Die Rezeption des römischen Rechts war, soweit dabei die Kaiser (Friedrich I[.])59 und später die Fürsten als mitwirkend in Betracht kamen, wesentlich durch die in der Codifikation Justinians hervortretende souveräne Stellung des Monarchen60 veranlaßt. Im Übrigen herrscht ungeschlichteter und vielleicht gar nicht einheitlich zu schlichtender Streit darüber: ob und welche ökonomischen Interessen hinter der Rezeption standen und durch sie gefördert wurden[,] und ebenso: wessen Initiative das Vordringen des gelehrten, d. h. des universitätsgebildeten, Richtertums, des Trägers sowohl des Romanismus wie der patrimonialfürstlichen Prozeduren, zu danken ist.61 Vor Allem: ob es wesentlich die Rechtsinteressenten waren, welche durch Schiedsvertrag die gjuristisch geschulteng Verwaltungsbeamten der Fürsten statt der Gerichte anriefen und so die Entscheidung „von Amts wegen“ an Stelle der Entscheidung „von Rechts wegen“ einbürgerten und die alten Gerichte verdrängten (Stölzel)62 oder ob (wie namentlich Rosenthal eingehend nachf B: den meisten  zahlreichen

g B: rechtsgebildeten  juristisch geschulten

59 Vgl. oben, S. 458 mit Anm. 64. 60 Weber bezieht sich vor allem auf den vielzitierten Satz Ulp. D. 1,3,31: „Princeps legibus solutus est.“ (Der Princeps ist von den Gesetzen befreit.) Freilich findet sich im Corpus iuris auch der – zumindest von den Kaisern der Spätzeit – weithin beachtete Grundsatz, daß der Kaiser zwar den Gesetzen nicht unterworfen sei, sie aber dennoch zu beachten habe, da erst durch sie seine Herrschaft legitimiert werde; vgl. Paul. D. 32,23 zusammen mit einem Gesetz Valentinians III. aus dem Jahre 429 n.Chr. (C. 1,14,4). 61 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stritten Juristen und Historiker über die Ursachen der Rezeption des römischen Rechts. Als hauptsächliche Gründe für die Rezeption wurden dabei politische (Durchsetzung des fürstlichen Machtanspruchs, Rechtssicherheit und Rechtsvollzug durch fürstliche Gerichtsgewalt), wirtschaftliche (verkehrstechnische Unzulänglichkeit des Partikularrechts mit Blick auf bürgerliche Erwerbs- und fürstliche Fiskalinteressen) und wissenschaftliche (das römische Recht als Betätigungsfeld des Humanismus) Motive diskutiert. Entsprechend unterschiedlich wurde die Rolle der Fürsten, der ständischen, besonders bürgerlichen Schichten, schließlich der Doctores iuris und ihres wachsenden Einflusses auf Verwaltung und Rechtspflege beurteilt; vgl. hierzu mit einem ausführlichen Literaturbericht zu Forschungsstand und Kontroverse Below, Ursachen (wie oben, S. 411, Anm. 57), S. 1–33. 62 Weber bezieht sich auf die Darstellung der spätmittelalterlichen Justizgeschichte

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zuweisen gesucht hat)63 die Gerichte selbst infolge der Initiative der Fürsten zunehmend Juristen statt der Honoratioren als Beisitzer in sich aufnahmen. Wie dem nun sei, soviel steht fest: da nach den Quellen auch diejenigen ständischen Schichten, welche dem Äußeren des römischen Rechts mit Mißtrauen gegenüberstanden, selbst im Allgemeinen die Teilnahme einiger „Doktoren“ als Beisitzer nicht anzufechten pflegten und nur deren Übergewicht und vor Allem die Zuziehung von Ausländern bekämpften,64 so ist es offenbar, daß jedenfalls sachliche Notwendigkeiten des Rechtsbetriebs: vor Allem die durch Fachschulung erworbene Fähigkeit, complizierte Thatbestände zu hjuristisch eindeutigerh Fragestellung zu bearbeiten und, ganz allgemein gesprochen, die Notwendigkeit h B: richtiger  juristisch eindeutiger bei Stölzel, Gelehrtes Richtertum; ders., Gelehrte Rechtsprechung. So führt Stölzel, Gelehrte Rechtsprechung, Band 2, S. 413, aus: „Nichts natürlicher, als daß die Landesinsassen, wie sie sich vielfach zur Beilegung von Streitigkeiten an den Landesherrn statt an das Gericht wenden, ebenso den Vertreter des Landesherrn in ihrem Bezirk angehen, anstatt des Gerichts. Dieser Weg mußte vorgezogen werden, je mehr sich infolge der Verbreitung gelehrten Rechtes dem Volke seine nichtgelehrten Gerichte als unzulänglich erwiesen und je mehr der Pfleger oder Amtmann sich des Rufes zu erfreuen begann, ‚in Rechten gelehrt zu sein‘.“ Ähnlich Stölzel, Gelehrtes Richtertum, Band 1, S. 607, passim. 63 Weber bezieht sich auf die Darstellung der bayerischen Gerichts- und Verwaltungsorganisation seit dem Mittelalter bei Rosenthal, Gerichtswesen. Die Differenz zu Stölzel betont Rosenthal, ebd., Band 1, S. 139 f.; Band 2, S. 298 f. Vgl. auch Rosenthal, Besprechung (wie oben, S. 117, Anm. 15), S. 546, wo es heißt: „Ich bestreite nur die Bedeutung der Entscheidungen von Amts und von Rechts wegen für die Rezeption, da diese verschiedenen Arten von Entscheidungen eben nicht erst der Rezeptionsperiode angehören.“ Es sei vielmehr so, „daß im 17. Jahrhundert nicht anders wie im 14. und 15. Jahrhundert dieselben Personen (Richter, Pfleger, Räte) prozessual, unter Beobachtung der Formen des Prozesses, wie außerprozessual Rechtsstreitigkeiten geschlichtet haben“ (ebd., S. 548). Im letzteren Fall aber seien es „nicht sowohl die Parteien, welche aus Zweckmäßigkeitserwägungen nicht mehr das Gericht, sondern den Landesherrn und seine Diener anrufen; es ist vielmehr das Gericht selbst, welches die Parteien überredet, ihren Rechtshandel nicht gerichtlich, d. h. nicht prozessual, sondern außergerichtlich, d. h. durch Güte entscheiden zu lassen, und zwar nicht etwa von einer andern Behörde, sondern von denselben landesherrlichen Dienern, die sich sonst als Gericht konstituieren würden“ (ebd., S. 553). Schließlich: „Die Gelehrten, d. h. die Doctores juris, wurden nicht von außen zur Rechtsprechung herbeigezogen, sondern faßten Fuß innerhalb der Gerichte“ (ebd., S. 559). 64 Was die Reserve der adligen Kreise gegenüber den Doctores iuris und speziell ihren Kampf gegen die „Ausländer“ angeht, so wird sie zumeist mit befürchteten Kostensteigerungen und mangelnder Vertrautheit der Ausländer mit den Lokalrechten motiviert, erklärt sich aber vor allem auch aus Pfründeninteressen der bisher allein amtsfähigen Stände; vgl. Below, Ursachen (wie oben, S. 411, Anm. 57), S. 50, 72 f., 77–80.

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einer Rationalisierung des Prozeßverfahrens, das Vordringen der Fachjuristen bedingte[.] iIn soweiti begegneten sich die Betriebsinteressen der Rechtspraktiker mit den Interessen der privaten Rechtsinteressenten, vor Allem der bürgerlichen, aber auch der adlichen. An der Rezeption der materiellen Bestimmungen des römischen Rechts waren dagegen grade die „modernsten“, also die bürgerlichen Rechtsinteressenten gar nicht interessiert; die Institute des mittelalterlichen Handels- und des städtischen Grundbesitzrechts entsprachen ihren Bedürfnissen weitaus besser.65 Nur die allgemeinen formalen Qualitäten des römischen Rechts waren es, welche ihnen mit unvermeidlich zunehmender Fachmäßigkeit des Rechtsbetriebs überall da zum Siege verhalfen, wo nicht, wie in England, eine eigne nationale Rechtsschulung bestand und durch starke Interessenten gehütet wurde.66 Diese formalen Qualitäten bedingten es auch, daß die patrimonialfürstliche Justiz des Occidents nicht in die Bahnen genuinj patriarchaler Wohlfahrts- und materialer Gerechtigkeitspflege kausmündete, wie anderwärts.k 67 Sehr wesentlich auch die Thatsache der formalistischen Schulung der Juristen, auf die sie als Beamte angewiesen war, stand ihr dabei im Wege und erhielt damals der Rechtspflege des Occidents das Maß juristisch formalen Charakters, welches ihr im Gegensatz zu den meisten anderen patrimonialen Rechtsverwaltungen spezifisch ist. Der lRespekt vor dem römischen Recht und der romanistischen Schulungl beherrschte daher auch Alles, was die beginnende Neuzeit an fürstlichen Codifikationen – durchweg Schöpfungen des universitätsgebildeten Juristenrationalismus – erlebte.m i B: In diesem Punkt  In soweit In B folgt: Punkt j B: rein  genuin k B: ausmündete;  wie im Orient¯ wie anderwärts. l B: Romanismus  Respekt vor dem römischen Recht und der romanistischen Schulung m In B folgt:  Erst die Epoche des voll ent65 Dies betrifft einen von Weber stets festgehaltenen Grundgedanken. Ähnlich urteilt Below, Ursachen (wie oben, S. 411, Anm. 57), S. 151: „Als im 12. und 13. Jahrhundert die Städte sich zu selbständigen und bedeutenden Faktoren im deutschen Wirtschaftsleben entwickelten, wurde das Deutsche Recht dem aufblühenden Handel und Gewerbe angepaßt. In der folgenden Zeit setzte sich dieser Prozeß fort. Aber es war eben das Deutsche Recht, das einer solchen Umbildung unterworfen wurde. Die deutschen Städte haben des Römischen nicht bedurft, um dem Verkehr freiere Formen zu geben.“ Vgl. ebd., S. 157. 66 Zu den englischen Juristenzünften vgl. oben, S. 478–483. 67 Gemeint sind hier die theokratischen Patrimonialstaaten des Vorderen Orients und Asiens, vgl. dazu Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6 S. 357, 372 f.; ders., Konfuzianismus, MWG I/19, S. 281 f.; ders., Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S. 376 ff.

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Dien Rezeption des römischen Rechts schuf – darin beruhte soziologisch seine Machtstellung – eine neuartige Schicht von Rechtshonoratioren: die auf Grund litterarischer Rechtsbildung mit dem Doktordiplom der Universitäten versehenen Rechtsgelehrten. Die Tragweite für die formalen Qualitäten des Rechts war eine sehr bedeutende. Schon in der römischen Kaiserzeit hatte das römische Recht begonnen, ein Gegenstand rein litterarischen Betriebs zu werden. Das bedeutete hier natürlich etwas Andres, als etwa die oSchaffung vono „Rechtsbüchern“ durch die mittelalterlichen Rechtshonoratioren Deutschlands und Frankreichs oder von Grundrissen des geltenden Rechts von Seiten englischer Juristen – so bedeutend übrigens auch deren Einfluß war. Denn unter dem Einfluß der[,] sei es auch oberflächlichen[,] philosophischen Bildung der antiken Juristen nahm die Bedeutung des rein logischen Elements im Rechtsdenken bedeutend zu. Und zwar hier, wo keine Gebundenheit an ein heiliges Recht und keine theologischen oder material ethischen Interessen dies Denken banden und dadurch in die Bahn der rein spekulativen Casuistik drängten, mit wesentlich stärkeren Consequenzen für die Gestaltung der Rechtspraxis. Ansätze zu dem Grundsatz, daß, was der Jurist nicht „denken“ und „konstruieren“ könne, auch rechtswirksam nicht existieren könne,68 finden sich in der That bereits bei den römischen Juristen. Rein logische Sätze wie „pquod universitati debetur, singulis non debeturp“69 oder „quod ab initio vitiosum est, non potest tractu temporis convalescere“70 und ähnliche in großer Zahl71 gehören dahin. Nur handelte es sich dabei um unsystematische Gelegenheitsproduktionen abstrakter Rechtslogik, welche zur Begründung der im wickelten „aufgeklärten Despotismus“ im 18 Jahrhundert  schritt¯ suchte über den spezifisch juristisch formalen Charakter des römischen Rechts hinwegzuschreiten. Dabei¯ n In B geht die Satzanweisung Max Webers voran: Absatz! o B: Einbeziehung von  Schaffung von p B: universi consentire non possunt  quod universitati debetur, singulis non debetur 68 Vgl. oben, S. 347 f. mit Anm. 91 (S. 348), und S. 305. 69 D. 3, 4, 7, 1. (Was einer Gesamtheit (Körperschaft) geschuldet wird, wird nicht den Einzelnen (Mitgliedern) geschuldet.) 70 Paul. D. 50,17,29. (Was von Anfang an fehlerhaft ist, kann nicht durch Zeitablauf heilen.) 71 Ein zusammenfassender Titel solcher Rechtsregeln findet sich in den Digesten: De diversis regulis iuris antiqui (D. 50,17,1–211); sie sind teilweise bis auf die Tätigkeit der sog. Regularjurisprudenz des 2. Jahrhunderts v. Chr. zurückzuführen.

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Einzelfall gegebenen, konkret motivierten Entscheidung beigefügt wurden, die eben in andren Fällen, zuweilen selbst vom gleichen Juristen, wieder achtlos bei Seite geworfen wurden. Der wesenhaft induktive, empirische Charakter des Rechtsdenkens wurde dadurch nicht oder wenig alteriert. Ganz anders aber wurde die Situation bei der Rezeption des römischen Rechts. Zunächst setzte sich der Prozeß qdes Abstraktwerdensq der Rechtsinstitute selbst, welcher mit der Entwicklung des römischen Civilrechts zum Reichsrecht eingesetzt hatte, nun naturgemäß in gesteigertem Maße fort. Um überhaupt rezipiert werden zu können, mußten – wie namentlich Ehrlich mit Recht betont72 – die römischen Rechtsinstitute aller Reste nationaler Gebundenheit entkleidet und gänzlich in die Sphäre des logisch Abstrakten erhoben, das römische Recht zum „logisch richtigen“ Recht schlechthin verabsolutiert werden. Dies ist im Verlauf der mehr als sechshundertjährigenr Arbeit der gemeinrechtlichen Jurisprudenz thatsächlich geschehen. Zugleich aber verschob sich die Art des Rechtsdenkens weiter nach der formal logischen Seite. Die gelegentlichen glänzenden Aperçus der römischen Juristen von der Art der vorhin zitierten Sätze wurden, aus dem Zusammenhang mit dem konkreten Fall gerissen, wie sie in den Pandekten ohnehin sich vorfanden, zu letzten Rechtsprinzipien gesteigert, aus denen nun deduktiv argumentiert wurde. Was den römischen Juristen in starkem Maß gefehlt hatte: die rein systematischen Kategorien, wurde nun geschaffen. Begriffe wie etwa der des „Rechtsgeschäfts“ oder der „Willenserklärung“s, für welche in der antiken Jurisprudenz selbst die einheitlichen Namen fehlten, wurden konstruiert.t Vor Allem aber gewann jetzt der Satz, daß was der Jurist nicht denken kann, auch rechtlich nicht existiert, awirklich praktischea Bedeutung. Bei den antiken Juristen hatte, bei der historisch bedingten analytischen Natur des römischen Rechtsdenkens[,] die eigentlich konstruktive Fähigkeit wenn nicht gefehlt, so doch eine geringe Bedeutung gehabt. Jetzt, bei der

q B: der Abstraktion  des Abstraktwerdens r B: fünfhundertjährigen  sechshundertjährigen s In B folgt:  oder des „Contrakts“¯ t B: geschaffen.  konstruiert. a B: universelle  wirklich praktische 72 Weber bezieht sich vor allem auf Ehrlich, Grundlegung, S. 244; vgl. auch ebd., S. 248, zum Rezeptionskontext vgl. die Einleitung, oben, S. 117–119.

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Übertragung dieses Rechts auf ganz fremdartige, der Antike unbekannte Thatbestände trat die Aufgabe: den Thatbestand widerspruchsfrei juristisch zu „konstruieren“, fast alleinherrschend in den Vordergrund und damit wurde die heute vorherrschende Auffassung des Rechts als eines in sich logisch widerspruchslos und lückenlos geschlossenen Complexes von „Normen“, die es „anzuwenden[“] gilt,73 allein maßgebend für das Rechtsdenken. Bei dieser spezifischen Art von Logisierung des Rechts waren aber keineswegs, wie bei der Tendenz zum formalen Recht an sich[,] Bedürfnisse des Lebens, etwa der bürgerlichen Interessenten nach einem „berechenbaren“ Recht entscheidend beteiligt. Denn dieses Bedürfnis wird, wie alle Erfahrung zeigt, ganz ebenso gut und oft besser durch ein formales empirisches[,] an Präjudizien gebundenes Recht gewahrt. Die Consequenzen der rein logischen juristischen Construktion verhalten sich vielmehr zu den Erwartungen der Verkehrsinteressenten ungemein häufig gänzlich irrational und gradezu disparat: die vielberedte „Lebensfremdheit“ des rein logischen Rechts hat hier ihren Sitz. Sondern es waren interne Denkbedürfnisse der Rechtstheoretiker und der von ihnen geschulten Doktoren: einer typischen Aristokratie der litterarischen „Bildung“ auf dem Gebiet des Rechts, von welchen jene Entwicklung getragen wurde. Fakultätsgutachten74 waren auf dem Continent die letzte Autorität in zweifelhaften Rechtsfällen, die akademisch gebildeten Richterb und Notare, daneben die Advokaten die typischen Rechtshonoratioren. – Wo immer ein organisierter nationaler Juristenstand fehlte, drang das römische Recht mit ihrer Hülfe siegreich vor: mit Ausnahme Englands, Nordfrankreichs und Skandinaviens75 eroberte es Europa von Spanien bis Schottland und Rußland. b B: Richter, 73 Die deutsche Privatrechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts („Pandektenwissenschaft“) betrachtete die juristische Begriffs- und Systembildung als ihre Hauptaufgabe. „Konstruktiv“ sollte das römische Recht zu einem geschlossenen, lückenlosen System von Normen ausgestaltet werden, aus dem dann mittels Subsumtion alle denkbaren Rechtsfälle entschieden werden könnten. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts galt diese Auffassung in Deutschland für alle wichtigen Rechtsgebiete als vorbildlich. 74 Vor allem in den Städten gewannen seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Gutachten der ursprünglich um Rechtsbelehrung angegangenen Juristen-Fakultäten de facto den Charakter von Urteilssprüchen, denen die nachsuchenden Gerichte lediglich das Rechtsgebot erteilten; vgl. z. B. Schröder, Lehrbuch, S. 773, 841. 75 In England hatten das Königsgericht und ein dort tätiger Berufsrichterkreis das Common Law ausgebildet, das trotz romanistischer Einflüsse, vor allem durch die Equi-

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In Italien waren, anfänglich wenigstens[,] vorwiegend die Notare, im Norden vornehmlich die fürstlichen cgelehrten Richterc die Träger der Bewegung, hinter welcher fast überall das Fürstentum stand. Die Entwicklung keines occidentalen Rechts hat sich von diesen Einflüssen ganz frei zu halten vermocht. Auch nicht die des englischend. Nicht nur vieles in seiner Systematik und zahlreiche einzelne Rechtsinstitute weisen die Spuren davon auf, sondern auch die Definition der Quellen des Common Law: richterliche Präjudizien und „legal principles“[,]76 zeugt davon, so ungeheuer allerdings der Unterschied in der inneren Struktur blieb. Die eigentliche Heimath freilich blieb Italien, namentlich unter dem Einfluß der Genueser und anderer gelehrter Gerichtshöfe (Rotae),77 deren gesammelte elegante78 und konstruktive Entscheidungen im c B: Beamten  gelehrten Richter

d B: angelsächsischen  englischen

ty des Lordkanzlers, seine Eigenständigkeit gegen das römische Recht dauerhaft behauptete. – In Frankreich hielt sich trotz königlicher Rechtsvereinheitlichungs- und Kodifikationsbestrebungen durch das Mittelalter hindurch der Dualismus von germanisch und römisch beeinflußter Rechtskultur. Nordfrankreich war das Geltungsgebiet germanischer Lokalrechte (droit coutumier), während im Süden ein überkommenes römisches Vulgarrecht, später purifiziertes römisches Recht galt (droit écrit). Die vom König veranlaßten Aufzeichnungen der coutumes im 15. und 16. Jahrhundert, ihre schriftstellerische Bearbeitung und Anwendung in der Gerichtspraxis haben – trotz römischrechtlicher Rezeptionen – die Spaltung bis zur napoleonischen Kodifikation aufrechterhalten. – In den skandinavischen Ländern bildeten die seit dem 12. Jahrhundert kursierenden Rechtsaufzeichnungen (private Rechtsbücher und Gesetzbücher) eine so feste Rechtstradition, daß die nordische Rechtsentwicklung viel schwächer und später als das deutsche Recht unter den Einfluß der römischen Rechtskultur geriet. 76 In einer Rechtssache vor dem House of Lords gab der Richter Sir James Parke (1782–1868; 1828 Berufung an die King’s Bench; 1856 Lord Wensleydale) diese Definition der Quellen des Common law: „Our common law system consists in the applying to new combinations of circumstances those rules of law which we derive from legal principles and judicial precedents; and for the sake of attaining uniformity, consistency, and certainty, we must apply those rules, where they are not plainly unreasonable and inconvenient, to all cases which arise; and we are not at liberty to reject them, and to abandon all analogy to them, in those to which they have not yet been judicially applied, because we think that the rules are not as convenient and reasonable as we ourselves could have divised“ (zit. nach Holdsworth, William, A History of English Law (in 16 vols.), Vol. XII. – London: Methuen & Co. Ltd.; Sweet and Maxwell 1938, S. 152, Anm. 4). 77 Die Rota von Genua wurde 1528 eingerichtet und hatte großen Einfluß auf die Entwicklung des See- und Handelsrechts; Entscheidungssammlungen dieser Rota und anderer italienischer Gerichtshöfe verwendete Weber bereits in: Handelsgesellschaften, MWG I/1, S. 176, 338. 78 Die sog. „elegante Jurisprudenz“ war eine romanistische Bewegung, die unter humanistischem Einfluß im späten 15. und 16. Jahrhundert aufkam. Ihre antiquarischen, philologischen, historischen und praktischen Interessen bescherten dem römischen

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16. Jahrhundert in Deutschland gedruckt wurden, und Deutschland unter dem Einfluß des Reichskammergerichts und der gelehrten Landesgerichte.79 Erst die Epoche des voll entwickelten „aufgeklärten Despotismus“ suchte seit dem 18[.] Jahrhundert über diesen spezifisch formal rechtslogischen, in aller Welt nur hier entwickelten Charakter des gemeinen Rechts und seiner akademischen Rechtshonoratioren bewußt hinwegzukommen.a e fDabei spielte zunächst der allgemeine Rationalismus der Bürokratie in ihrerg selbstherrlichsten Entfaltung und hihrem naiven Besserwissenh die entscheidende Rolle. Die im Kern patriarchalei politische Herrschaft hat den später zu erörternden Typus des Wohlfahrtsstaats80 angenommenf und schreitet unbekümmert über das konkrete Wollen der Rechtsinteressenten ebenso wie über den Formalismus des geschulten juristischen Denkens jhinweg. Dies fachmäßige Denken möchte siej am liebsten gänzlich kunterdrücken[.] Denn dask Recht soll seiner fachjuristischen Qualität entkleidet und so gestaltet werden, daß es lnicht nur die Beamten, sondern vor Allem auch die Untertanen über ihre Rechtslage ohne fremde Beihilfe erschöpfend belehrt.l 81 a (S. 576) – a Fehlt in A. e In B folgt zur Markierung des Textanschlusses im Typoskript: Dabei spielte . . . f – f A: Hier spielte zunächst: – so in Preußen – der allgemeine Rationalismus der Bürokratie in der Epoche ihrer selbstherrlichen Entfaltung und ihres naiven Besserwissens die entscheidende Rolle. Die politische Herrschaft trägt noch den später zu erörternden Typus des Wohlfahrtsstaats oder des sog. aufgeklärten Despotismus an sich g B: ihre h B: ihres naiven Besserwissens i B: patrimoniale  patriarchale j A: hinweg, welches er k A: unterdrücken möchte. Das l A: Beamte und Untertanen vor allem auch über ihre Rechtslage belehrt. Recht eine produktive Renaissance. Bedeutende Vertreter sind in Italien Andreas Alciatus (1492–1550), in Deutschland Ulrich Zasius (1461–1535), in Frankreich Jacobus Cuiacius (1522–1590) und Hugo Donellus (1527–1591). 79 Das 1495 errichtete, romanistisch judizierende Reichskammergericht beeinflußte nicht nur Organisation und Verfahren der oberen Landesgerichte, sondern als Appellationsinstanz für die Anfechtung von Urteilen territorialer oder reichsstädtischer Obergerichte vor allem auch deren Spruchpraxis; darüber Smend, Rudolf, Das Reichskammergericht (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit, Band IV, Heft 3), Teil 1: Geschichte und Verfassung. – Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1911, hier bes. S. 296 ff. 80 Vom Wohlfahrtsstaat als „Legende des Patrimonialismus“ spricht Weber mit Blick auf die Programmatik des aufgeklärten Absolutismus in: Feudalismus, MWG I/22–4, S. 450–453. 81 Diese Tendenz zur Publikumsbelehrung tritt deutlich zutage z. B. in dem vom Hauptverfasser des preußischen Allgemeinen Landrechts (ALR), Carl Gottlieb Svarez, zur Popularisierung des Gesetzes verfaßten „Unterricht über die Gesetze für die Einwohner der Preußischen Staaten“ aus dem Jahre 1793.

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Verlangen nach einer von juristischen Spitzfindigkeiten und Formalismen gesäuberten, materiale Gerechtigkeit erstrebenden Rechtspflege ist an sich, sahen wir,82 jedem fürstlichen Patriarchalismus eigen. Aber er kann dieser Neigung nicht immer rückhaltlos nachgeben. Die justinianische Codifikation hatte für das sublimierte Juristenrecht, das sie codifizierend systematisierte, nicht an „Laien“ als Lernende und Verstehende denken können. Zu einer Ausrottung der juristischen Fachlehre war sie den Leistungen der klassischen Juristen und ihrer durch das Zitiergesetz83 noffiziell anerkanntenn Autorität gegenüber nicht in der Lage. Sie konnte sich selbst daher nur als die fortan allein maßgebende Citatensammlung geben, welche dem Unterrichtsbedürfnis der Studenten diente und deshalb als Einführung ein in die Form eines Gesetzes gekleidetes Lehrbuch („Institutionen“)84 darzubieten hatte. Unumschränkter dagegen schaltete der Patriarchalismus in dem klassischen Denkmal des modernen „Wohlfahrtsstaats“, dem „Allgemeinen Landrecht“ Preußens.m oGrade umgekehrt wie im ständischen Kosmos [„]subjektiver Rechte“ ist das „objektive Recht[“] hier vorwiegend ein Kosmos von Rechtspflichten: die Universalität der „verdammten Pflicht und Schuldigkeit“ ist die beherrschende Qualität der Rechtsordnung, deren hervorstechendes Merkmalo ein systematischer Rationalismus nicht sowohl formaler, als vielmehr, wie in psolchen Fällen immer, materialer Art bildet.p qWo das materialr „Vernünftige“ gelten will, hat das bloß faktisch für Recht Gehaltene zu weichen. Daher vor Allem das „Gewohnheitsrecht“.85 m – m Fehlt in A. n B: eingelebten  offiziell anerkannten o – o A: Nicht mehr ein Kosmos subjektiver Rechte statt der objektiven Normen – wie in der Frühzeit des fürstlichen Patrimonialismus – sondern ein Kosmos von Rechtspflichten ist das, was das Gesetzbuch einschärfen will: die Universalität der verdammten Pflicht und Schuldigkeit ist die aus diesem Grenzfall patrimonialer Herrschaftsstruktur sich ergebende Absicht, mithin p A: sol Satzanschluß im Typoskript nicht nachgewiesen. q – q (S. 587) Fehlt in A. r B: rational  material 82 Siehe oben, S. 511 f. und 562–566. 83 Dazu oben, S. 509 mit Anm. 70. 84 Gemeint ist das im Auftrag Justinians für Zwecke des Rechtsunterrichts und unter maßgeblicher Verwendung der „Institutionen“ des Gaius geschaffene amtliche Einführungslehrbuch. Es wurde 533 n.Chr. noch vor den Digesten publiziert und erlangte zusammen mit diesen Gesetzeskraft; vgl. oben, S. 501 mit Anm. 56. 85 Der Gesetzgeber des ALR hat sich an verschiedenen Stellen gegen die Geltung von Gewohnheitsrecht ausgesprochen; Gewohnheitsrecht soll prinzipiell nur nach Maßgabe des Gesetzes (Einleitung, § 1), soweit förmlich statuiert oder bis zu einer

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Alle modernen Codifikationen bis herab zum ersten Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs86 haben ihm den Krieg erklärt.q Dies nicht auf ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzgebers beruhenden Gepflogenheiten der Rechtspraxis und jede traditionelle Art der Rechtsinterpretation twaren diesen[,]t wie jedem rationalistischen Gesetzgeber[,] durchaus minderwertige Quellen für die Rechtsanwendung und höchstens so lange zu dulden, als das Gesetz noch nicht gesprochen hat.87 Die Kodifikation selbstu sollte „erschöpfend“ sein und glaubte es sein zu können. aFür Zweifelsfälle war der preußische Richter, um jede Neubildung von Recht durch die verhaßte Jurisprudenz hintanzuhalten, auf Rückfrage bei einer eigens dafür gebildeten Commission hingewiesen.a 88 Die Folgen dieser allgemeinen Tendenzen zeigen sich in den formalen Qualitäten des geschaffenen Rechts. bDer Versuch derb Emanzipation von der Fachjurisprudenz durch direktec Belehrung des Publikums von Seiten des Gesetzgebers selbst dmußte im preußischen Landrecht,d gegenüber den an den römischen Rechtsbegriffen orientierten festen Denkgewohnheiten der Praxis, mit welchen zu rechnen war, eine höchst minutiöse Kasuistik zur Folge haben, welche aber edennoch,e infolge des Strebens nach materialer Gerechtigkeit fstatt nach formaler Schärfe, sehr oft nur zu mangelnderg Präzision führte.f Dabei blieb die Gebundenheit an den Begriffsvorrat und die Methodik des römischen Rechts trotz noch so vieler Einzelabweichungen und trotz der hier zum ersten Mal in einem s A: die t A: sind diesem u Fehlt in A. a Fehlt in A. b A: Die Tendenz zur c Fehlt in A. d A: mußte, e Fehlt in A. f – f A: sehr oft nur mangelnde Präzision herbeiführte. g B: mangelnde entsprechenden gesetzlichen Regelung gelten (Einleitung, §§ 3, 4); es soll weder neues Recht schaffen noch bestehendes aufheben können (Einleitung, § 60). 86 § 2, Entwurf BGB, lautet: „Gewohnheitsrechtliche Rechtsnormen gelten nur insoweit, als das Gesetz auf Gewohnheitsrecht verweist.“ In: Motive BGB I, S. 3–10, bes. 5 ff., wird die Ablehnung des Gewohnheitsrechts v. a. mit der Möglichkeit der Rechtsanpassung durch Gesetzgeber und Jurisprudenz, sowie mit der Gefährdung von Rechtseinheit und Rechtssicherheit für den Fall der Zulassung desselben begründet. 87 Vgl. Einleitung, § 4 ALR. 88 Gemäß Einleitung, § 47 ALR. Durch Kabinettsordre vom 14. April 1780 wurde die „Gesetzcomißion“ errichtet, die auch nach Abschluß der Kodifikationsarbeiten fortbestehen und zu allen auftauchenden Fragen und Zweifeln mit gesetzlich bindender Kraft Stellung nehmen sollte. Sie war allerdings schon bald außerstande, den auftretenden Arbeitsanfall zu bewältigen, so daß im Jahre 1806 das Recht der authentischen Gesetzesinterpretation auf den Justizminister überging.

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deutschen Gesetz unternommenen energischen Verdeutschung der Terminologie dennoch unentrinnbar. Die zahlreichen lehrhaften oder nur sittlich vermahnenden Sätze ließen oft Zweifel entstehen, in wieweit him Einzelfallh eine erzwingbare Rechtsnorm wirklich gewollt sei. Da endlichi die Systematik teilweise nicht von formal juristischen Begriffen, sondern von praktischen Beziehungen der Interessenten zum Recht ausging, zerriß sie vielfach die Erörterung der Rechtsinstitute und schuf dadurch trotz ihres Bestrebens nach Deutlichkeit Unklarheiten. Das Ziel der Ausschaltung der fachjuristischen Bearbeitung des Rechtes erreichte der Gesetzgeber in der jTat weitgehend.j Freilich teilweise in anderem Sinn als er es gemeint hatte. Wirklichek Rechtskenntnis des Publikums konnte durch ein bändereiches Werk mit Zehntausendenl von Paragraphen am allerwenigstenm erreicht werden, und wenn darunter die Emanzipation von Anwälten und anderen fachjuristischen Praktikern verstanden wurde, so war dies Ziel auch der Natur der Sache nach unter den Bedingungen des modernen Rechtslebens an sich unerreichbar. nDie Präjudizienautorität hat sich, nachdem das Obertribunal eine offiziöse Sammlung seiner Entscheidungen erscheinen zu lassen begann,89 in Preußen so stark entwickelt wie irgendwo außerhalb Englands.n Dagegen die wissenschaftliche Behandlung eines Rechts, welches weder ganz präzise formale Normen noch plastische Rechtsinstitute schuf – und beides olag nicht auf dem Wege dieses utilitarischeno Gesetzgebers –[,] konnte in der Tat niemanden reizen. Der patrimoniale materiale Rationalismus hat überhauptp naturgemäß nirgends formal juristisches Denken anregen können. Dieq Kodifikation trug daher an ihrem Teile dazu bei, daß die eigentlich wissenschaftliche Arbeit der Juristen sich teils erst recht dem römischen Recht, teils, unter dem Einfluß der nationalen Idee, den aus der Vergangenheit überkommenen plastischen Rechtsinstituten des alten deutschen Rechts zuwendeter und nunmehr beide mit den Mitteln historischer Methodik in ihrem ursprünglichen, „reinen“ Gehalt herauszupräparieren suchh Fehlt in A. i Fehlt in A. j A: Tat. k A: Eine l A: vielen Tausenden m A, B: allerwenigstens n Fehlt in A. o A: entsprach nicht den Zwecken des p Fehlt in A. q A: Das Gesetz, die r A, B: zuwendete, 89 Entscheidungen des Königlichen Ober-Tribunals; gesammelt sind in insgesamt 83 Bänden die Entscheidungen der Jahre 1837–1879.

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te.90 Für das römische Recht mußte dies zur Folge haben, daß es unter den Händen der fachmäßig historischs gebildeten Juristen diejenigen Umwandlungen wieder abstreifte, durch welche es bei seiner Rezeption den Bedürfnissen der Rechtsinteressenten angepaßt worden war: der t„Usus modernus Pandectarum“, das Produkt der gemeinrechtlichen Bearbeitung des justinianischen Rechts,t geriet in Vergessenheit und wurde von dem wissenschaftlichena historischen Purismus ebenso verdammt, wie die Latinität des Mittelalters dereinst von Seiten der bwissenschaftlichen Arbeit der humanistischen Philologen. Und wieb hier als Folge der Untergang der lateinischen Gelehrtensprache eintrat, so dort der Verlust der Angepaßtheit des römischen Rechts an moderne Verkehrsinteressen. cNun erst wurde die Bahn für die abstrakte Rechtslogik ganz frei. Es war also nur eine Verschiebung der Wirkung des dwissenschaftlichen Rationalismusd auf ein andres Gebiet eingetreten, nicht aber – wie die Historiker oft glauben91 – seine Überwindung.c Eine erein logische Neusystematisierung des alten Rechts freilich gelang den historischen Juristen begreiflicherweise nicht in überzeugender Weise.e Bekanntlich und nicht zufällig sind bis auf das Windscheid’sche Kompendium92 hinab fastf alle Lehrbücher s Fehlt in A. t A: Usus modernus Pandectarum a Fehlt in A. b A: historischen Philologen. Wie c – c Fehlt in A. d B: Rationalismus  juristischen Rationalismus  wissenschaftlichen Rationalismus e A: logische Neusystematisierung aber gelang den historischen Juristen begreiflicherweise nicht. f Fehlt in A. 90 Zu dieser Verzweigung der rechtsgeschichtlichen Forschung vgl. oben, S. 434, Anm. 13. 91 Die historische Rechtsschule bekämpfte den von Naturrecht und Aufklärung beeinflußten gesetzgeberischen Rationalismus mit einer historistischen Programmatik, die das römische Recht, von den Zufällig- und Zweckmäßigkeiten der gemeinrechtlichen Bearbeitung (Usus modernus) befreit, in seiner ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen forderte. Indem sie aber Recht und Rechtswissenschaft bewußt unempfindlich für die Forderungen der Verhältnisse machte, konnte sie schon bald, nun konstruktiv-systematisch vorgehend, das römische Recht als überzeitlich geltendes Recht präsentieren, dessen Verbindung zur Gegenwart nicht durch praktische Anpassung immer wieder mühsam hergestellt werden mußte, sondern mittels formaler Logik dauerhaft garantiert war. Die daraus hervorgehende Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts hat dem naturrechtlichen Systemdenken auf romanistischem Gebiet zu einem späten Triumph verholfen, die historische Schule so den bekämpften Rationalismus auf dem Gebiet des von ihr hauptsächlich bearbeiteten römischen Rechts überhaupt erst entfesselt. 92 Weber bezieht sich auf Windscheid, Lehrbuch.

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der Pandekten unvollendet geblieben. Eine gstreng formaleg juristische Sublimierung der nicht aus dem römischen Recht stammenden Institute gelang andrerseitsh der germanistischen Partei der historischen Rechtsschule ebensowenig. iDenn was an ihnen den Historiker wissenschaftlich reizte, war grade das irrationale, der ständischen Rechtsordnung entstammende, also antiformale Element in ihnen.i Nur die von den bürgerlichen Verkehrsinteressenten autonomj an ihre Bedürfnisse angepaßten kund durch die Praxis der Spezialgerichtek empirisch rationalisierten Rechtspartikularitäten, vor allem also: das Wechsel- und Handelsrecht, gelang es lwissenschaftlich und schließlich kodifikatorisch93 ohne Verlust an praktischer Angepaßtheitl zu systematisieren, weil hier zwingende und eindeutige ökonomische Bedürfnisse im Spiel waren. mAber als nach siebenm Jahrzehnten der Herrschaft der Historiker und einer nin keinem andren Lande auch nur annähernd erreichtenn Entwicklung der rechtsgeschichtlichen oWissenschaft, infolge der Schöpfung des Deutschen Reichso eine Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts pathetisch als eine nationale Aufgabe hingestellt wurde, tratp der deutsche Juristenstand, in sich gespalten und teilweise widerwillig, an dies Werk in einer höchst wenig dafür vorbereiteten Verfassung heran. Demq gleichen Typus dieserr patrimonialfürstlichen Kodifikationen gehörten auch noch andere, insbesondere das österreichische und russische Gesetzbuch an,94 das letztere freilich bedeutete im g Fehlt in A. h Fehlt in A. i Fehlt in A. j Fehlt in A. k Fehlt in A. l A: kodifikatorisch m A: Im übrigen aber trat, als nach 7 n A: anerkanntermaßen ungewöhnlich glänzenden o A: Wissenschaft nach der Schöpfung des Reichs p Fehlt in A. q A, B: Den r In A folgt: nicht der Zeit, aber dem Geiste nach vorrevolutionären 93 Rechtsvereinheitlichend wirkte auf dem Gebiet des Wechselrechts die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung von 1848, die, von allen Mitgliedern des Deutschen Bundes angenommen, 1861 durch die Nürnberger Novellen ergänzt wurde und in dieser Gestalt später reichsgesetzliche Geltungskraft erlangte. Auf dem Gebiet des Handelsrechts beseitigte das von den meisten deutschen Staaten auf Empfehlung der Bundesversammlung eingeführte Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch von 1861 die Rechtszersplitterung. Die im Zusammenhang mit dem Erscheinen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) notwendige Umarbeitung erfolgte im Handelsgesetzbuch (HGB) von 1897, das gleichzeitig mit dem BGB am 1. Jan. 1900 in Kraft trat. 94 Durch Patent vom 1. Juni 1811 wurde das ABGB mit Gesetzeskraft vom 1. Jan. 1812 für die gesamten deutschen Erblande des österreichischen Kaisers publiziert. – Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Rußland entstehende Bewegung zur Erneuerung und Modernisierung des russischen Rechts nach französischem Vorbild brachte nach dem Bruch mit Napoleon lediglich eine neue Zusammenfassung des geltenden

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wesentlichen nur ein ständisches Recht der san Zahl geringens privilegierten Schichten und ließ die Rechtspartikularitäten der einzelnen Stände, insbesondere der Bauern, talso der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Unterthanen, ganz unberührt, beließ ihnen sogar ihre eigne Jurisdiktion in einem immerhin praktisch bedeutsamen Umfang.t Ihren gegenüber dem preußischen Recht kompendiöseren Umfang erkauften beide Codifikationena durch eine oft wesentlich geringere Präzision der bBestimmungen, das österreichische Gesetzbuch auch durch weit geringere Originalität gegenüber dem römischen Recht. Wissenschaftliches Denken hat sich auch seiner erst nach Jahrzehnten (in Unger’s Werk)95 bemächtigt, und dann fast ganz mit romanistischen Kategorien.b

s Fehlt in A. t A: ganz unberührt. a Fehlt in A. b – b A: Bestimmungen. In A folgt Absatz. Dann: Einen ungewöhnlichen äußeren Erfolg hatte dagegen die große Kodifikation des revolutionären Frankreich: der Code civil. Rechts (Gesetzessammlung), keine eigentliche Kodifikation, zustande. Die unter dem Namen Svod Zakonow bekannte russische Gesetzessammlung von 1832 zeigte in Auswahl, Methode und Geist größere Ähnlichkeit mit dem ALP als mit dem Code Napoléon. 95 Gemeint ist Unger, System.

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§ 7. Die bformalen Qualitätenb des revolutionär geschaffenen Rechts. Das Naturrecht.a

Vergleichenc wir mit diesen Produkten der vorrevolutionären Zeit das Kind der Revolution, den Code civil und die Nachahmungen, die er in ganz West- und Südeuropa gefunden hat,1 so ist der formale Unterschied bedeutend. dEs fehlt jede Hineinmengung nichtjuristischer Bestandteile, jede belehrende und nur sittlich vermahnende Note und alle Casuistik.d Zahlreiche Sätze des Code wirken epigrammatisch und plastisch in gleichem Sinn, wie Sätze der 12e Tafeln[,] und viele von ihnen sind ebenso volkstümlicher Besitz geworden wie etwa alte Rechtssprichwörter,2 was gewiß weder einem Satz des Allgemeinen Landrechts noch anderer deutscher Kodifikationenf geschehen ist. gWenn neben dem angelsächsischen Recht, dem Produkt der hjuristischen Praxish, und dem gemeinen römischen Recht, dem Produkt der theoretisch-litterarischen juristischen Bildung (auf welchem die große Mehrzahl der ost- und mitteleuropäischen Codifikationen ruht) das Recht des Code, als das Produkt der rationalen Gesetzgebung, das dritte große Welta Fehlt in A. Paragraphentitel in B von Max Weber in eine Leerzeile im Typoskript eingefügt. Für die endgültige Paragraphennumerierung hat Weber ein Spatium gelassen. Am linken Rand steht von fremder Hand eingefügt: § 7 Zum Inhalt des Paragraphen vgl. die beiden letzten Überschriften in der Inhaltsübersicht zu § 6, „Der code civil“ und „Das Naturrecht und seine Typen“, oben, S. 553 [217]. b B: formale Struktur  formalen Qualitäten c In B geht die Satzanweisung Max Webers voraus: Absatz d Fehlt in A. e A: 12 B: XII  12 f In A folgt: je g – g (S. 593) Fehlt in A. h B: Rechtspraxis  juristischen Praxis 1 Im Zuge der Napoleonischen Kriege ist der Code Civil in zahlreichen Ländern übernommen worden – so in Belgien, dem Großherzogtum Luxemburg, in Teilen der Schweiz, Deutschlands (der Rheinlande), Polens und im Königreich Neapel. Einige – wie Belgien und Luxemburg – haben ihn im Kern bis heute beibehalten. In vielen südund südosteuropäischen Staaten (Italien, Spanien, Portugal, Rumänien) wurde er im Laufe des 19. Jahrhunderts rezipiert und hat darüber vermittelt weitere Zivilgesetzbücher beeinflußt. 2 Dies trifft namentlich auf zahlreiche Bestimmungen zu, die auf das im germanischen Recht wurzelnde sog. droit coutumier (Gewohnheitsrecht) Nordfrankreichs, insbesondere die Coutume de Paris, zurückgehen (etwa solche des Erb- und Ehegüterrechts). Daneben haben einzelne Rechtssprichwörter römischer oder mittelalterlicher Prägung (adages, brocards) auch direkt Eingang in den Code gefunden oder beherrschen – ohne formelle Gesetzeskraft zu gewinnen – als Rechtsmaximen bis heute die Gerichtspraxis; vgl. dazu Barazetti, Caesar, Einführung in das Französische Civilrecht (Code Napoléon) und das Badische Landrecht (sowie in das Rheinische Recht überhaupt), 2. Aufl. – Heidelberg: Theodor Groos 1894, S. 41–47, 51.

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recht geworden ist, so bildeten den Grund dafür eben diesei formellen Qualitäten, welche eine außerordentliche Durchsichtigkeit und präzise Verständlichkeit der Bestimmungen teils wirklich enthalten[,] teils vortäuschen.g 3 jDiese Plastik vieler seiner Sätze verdankt der Code der Orientierung zahlreicher Rechtsinstitutionen an dem Recht der coutumes.4 Ihr istj an formal juristischen Qualitäten und auch an Gründlichkeit der materialen Erwägung manches geopfert. Das Rechtsdenken kaber wird durch die abstrakte Gesammtstruktur der Rechtssystematik5 und durch die axiomatische Art zahlreicher andrern Bestimmungen im ganzen doch nicht zu eigentlich konstruktiverk Bearbeitung von Rechtsinstitutionen in ihrem pragmatischen Zusammenhang angeregt, sondern sieht sich lmeist darauf hingewiesen, jene nicht seltenen Formulierungen des Code, welche nicht den Charakter von Rechtsregeln, sondern von „Rechtssätzen“ an sich tragen, eben als „Sätze“ zu nehmen und an der Hand der Probleme der Praxis zu adaptieren; und diel formalen Qualitäten der modernen französischen Jurisprudenz sind vielleicht teilweise dieser metwas widerspruchsvollenm Eigenart des Gesetzes zuzuschreiben.6 Diese selbst aber ist der Ausdruck i B: dieser g (S. 592) – g Fehlt in A. j A: Dieser Plastik ist k A: wird durch die Art der Formulierung im ganzen nicht zu eigentlich formaler l A: darauf hingewiesen, die Rechtssätze eben als Sätze zu nehmen und an der Hand der Probleme der Praxis zu sublimieren. Die m Fehlt in A. n Lies: einzelner 3 Auf die teils nur vermeintliche Präzision und Verständlichkeit des Code machen bereits Windscheid, Lehre (wie oben, S. 120, Anm. 31), S. V, sowie – ihm folgend – Crome, Carl, Allgemeiner Theil der modernen französischen Privatrechtswissenschaft. – Mannheim: J. Bensheimer 1892, S. 19 (hinfort: Crome, Französische Privatrechtswissenschaft) aufmerksam. 4 Vgl. oben, S. 592, Anm. 2, sowie S. 583 f., Anm. 75. 5 Dies bezieht sich zunächst auf die Legalordnung, das „System“ des Code Civil, der sich in drei Bücher gliedert: Des personnes (Art. 7–515), Des biens et des différentes modifications de la propriété (Art. 516–710), schließlich: Des différentes manières dont on acquiert la propriété (Art. 711–2281; heute: 2283); vgl. Crome, Französische Privatrechtswissenschaft (wie oben, Anm. 3), S. 11 f., Anm. 3, und S. 18. Die Einteilung orientiert sich an der schon für die Jurisprudenz des Ancien Régime vielfach maßgeblichen Gliederung der Institutionen des römischen Juristen Gaius: res, personae, actiones, sprengt sie aber zugleich im Dritten Buch, das für die Rezeption des Code Civil entscheidend ist. 6 Weber greift hier eine seit Savigny von deutschen Beobachtern vorgetragene Kritik am Code Civil auf, soweit sie das Fehlen eines Allgemeinen Teils – vergleichbar dem des BGB – und so grundlegender Rechtsbegriffe wie die des „Rechtsgeschäfts“, der „Obligation“ u. a. bemängelt. Entstehungsgeschiche und Eigenart des Code haben nach dieser Einschätzung auch den Charakter der französischen zivilistischen Juris-

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spezifischen Art von Rationalismus:o des souveränen Bewußtseins, daßp hier zum qersten Malq rein rational ein von allen historischen r„Vorurteilen“ freies Gesetz, Bentham’s Ideal entsprechend,7 geschaffen werde, welches (vermeintlich) seinen Inhalt nur vonr dem sublimierten gesunden Menschenverstand in Verbindung mit der spezifischen Staatsräson sder dem Genie, und nicht der Legitimität, ihre Macht verdankenden großen Nation empfängt.s Die Art der Stellung zur Rechtslogik taber kommt, soweit sie der plastischen Gestaltung die juristische Sublimierung opfert, in einzelnen Fällen direkt auf Rechnung des persönlichen Eingreifens Napoleons. Ihre epigrammatische Theatralik aber entspricht der gleichent Art der Formulierung der „Menschen- und Bürgerrechte“ in den amerikanischen und französischen Verfassungen. Bestimmte Axiome über den Inhalt von Rechtssätzen werden hier unicht in die Form nüchterner Rechtsregeln, sondern in Postulat-artige Spruchformenu gebracht, mit dem Anspruch, daß ein Recht nur dann wirklich legitim sei, wenn es ajenen Postulatena nicht zuwiderlaufe. Wir haben uns mit bdieser besonderen Art der Bildung abstrakter Rechtssätzeb in Kürze8 zu befassen. Soziologischc kommen die Vorstellungen über das „Recht des Rechtes“9 innerhalb einer rationalen und positiven Rechtsordnung o Fehlt in A. p A, B: das q A, B: ersten mal r A: Voraussetzungen und Vorurteilen freies Gesetz geschaffen werde, welches nur s A: des dem Genie, und nicht der Legitimität, seine Macht verdankenden Verbandes seinen Inhalt verdankt. t A: aber, welche sich in jener der plastischen Präzision die juristische opfernde Form ausspricht, kommt in einzelnen Fällen wohl direkt auf Rechnung des Eingreifens Napoleons, im wesentlichen aber wohl auf die ebenso epigrammatische u A: in epigrammatische Foren a A: ihnen b A: diesem Faktor der modernen Rechtsbildung c A: Für uns prudenz wesentlich mitbestimmt, ihren „sklavischen Anschluss[e] an die Legalordnung“ (Crome); vgl. dazu Crome, Französische Privatrechtswissenschaft, S. VI, 25; Savigny, Beruf (wie oben, S. 434, Anm. 13), S. 66–81. 7 Bentham entwarf zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine einflußreiche Kodifikationslehre; so vor allem ders., General View. Seiner utilitaristischen Wertprämisse entsprechend sollte eine Rechtskodifikation, um gemeinwohlfördernd wirken zu können, die Rechtsmaterien möglichst umfassend und abschließend behandeln. Auftretende Rechtsfragen sollten aus dem Gesetz selbst oder durch Auslegung und Analogie zu entscheiden sein, so daß sich der Rückgriff auf das Naturrecht ebenso wie auf das Gewohnheitsrecht erübrigte; vgl. dazu Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 28 ff., bes. 155–157. 8 Siehe unten, S. 595 ff. 9 So Stammlers Formulierung, für den das damit umschriebene Naturrecht als „Recht an sich“ unerkennbar ist. Dieses „Recht des Rechtes“ ist vielmehr eine reine Verstandeskategorie, eine leere Denkform, mittels derer der positive Rechtsstoff als „richtiges

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nur soweit in Betracht, als aus der dArt derd Lösung dieses Problems praktische Konsequenzen für das Verhalten der Rechtsschöpfer, Rechtspraktiker und Rechtsinteressenten eentstehen, wenn alsoe die Überzeugung von der spezifischen „Legitimität“ bestimmter Rechtsmaximen, fvon derf durch keinerlei Oktroyierung von positivem Recht zu gzerstörenden, unmittelbar verpflichtenden Kraft bestimmter Rechtsprinzipien, das praktische Rechtsleben wirklich fühlbarg beeinflußt. Dies ist tatsächlich historisch hwiederholt, speziell aber im Beginn der Neuzeit und in der Revolutionsepoche der Fall gewesen und ist es teilweise (in Amerika) noch.h Die Inhalte solcher Maximen aber pflegt man als „Naturrecht“ zu bezeichnen. Wir lernten die „lex naturae“ früher10 als eine wesentlichi stoische Schöpfung kennen, die das Christentum übernahm, um zwischen seiner eigenen Ethik und den Normen der Welt eine Brücke zu finden. Es war das innerhalb der gegebenen Welt der Sünde und Gewaltsamkeit nach Gottes Willen legitime „Recht für Alle“, im Gegensatz zu Gottes direkt für seine Bekenner joffenbartemk und nur dem religiös Auserwählten einleuchtendemj Gebot.11 Jetzt sehen wir ldie lex naturael von der anderen Seite her. „Naturrecht“ ist der Inbegriff der unabhängig von allem positiven Recht und ihm d Fehlt in A. e A: entstehen. Dies geschieht, wenn f A: also an die g A: zerstörende, unmittelbar verpflichtende Kraft bestimmter rationaler Rechtsprinzipien, das praktische Rechtsleben h A: wiederholt der Fall gewesen. i Fehlt in A. j – j A: offenbartem k B: offenbartem, l A: sie Recht“ gedacht werden kann. Für Stammler gibt es demzufolge ein Naturrecht nur „mit wechselndem Inhalte“ (ders., Wirtschaft und Recht, S. 181); vgl. auch Stammler, Richtiges Recht (wie oben, S. 222, Anm. 75), bes. S. 99–110. 10 Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 396–398, bes. 397, sowie oben, S. 545. 11 Weber bezieht sich auf die Rezeption der stoischen Lehre eines „relativen Naturrechts“, mittels derer die spätantike Kirche versuchte, das indifferente Weltverhältnis des Urchristentums zu korrigieren; vgl. Troeltsch, Soziallehren (wie oben, S. 108, Anm. 83), S. 164 f. Nach dem Ende des „goldenen Zeitalters“ und des darin herrschenden „absoluten Naturrechts“ konnte dieser Lehre zufolge unter den Bedingungen einer von Krieg, Gewalt, Herrschaft und Ungleichheit geprägten Welt das Naturrecht nur noch in der veränderten Form positiver Rechts- und Zwangsordnungen wirksam sein. Deshalb meint Troeltsch, „die Bedeutung der Lehre von dem Verhältnis der Lex naturae zur Lex Christi als eines Fundamentaldogmas“ sei „das völlige Korrelat zu der allgemeinen Unterscheidung von Vernunft und Offenbarung und wendet diese Unterscheidung nur nach der Seite des Aufbaues eines praktischen Kulturganzen“ (ebd., S. 173, Anm. 77).

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gegenüber mpräeminent geltendenm Normen, welche ihre Dignität nicht von willkürlicher Satzung zu Lehen tragen, sondern umgekehrt deren Verpflichtungsgewalt erst legitimieren. Normen also, welche nicht kraft ihres Ursprungs von einem legitimen Gesetzgeber, sondern kraft nrein immanenter Qualitäten legitim sind: die spezifische und einzig consequenten Form der Legitimität eines Rechts, welche oübrig bleiben kann,o wenn religiöse Offenbarungen und autoritäre Heiligkeit der Tradition und ihrer Träger fortfallen.12 pDas Naturrecht ist daherp die spezifische Legitimitätsform der revolutionär geschaffenen Ordnungen. qBerufung auf „Naturrecht“ ist immer wieder die Formq gewesen, in welcher Klassen, die sich gegen die bestehende Ordnung auflehnten, ihrem Verlangen nach Rechtsschöpfung Legitimität verliehen, sofern sie rsich nicht auf positiver religiöse Normen und Offenbarungen stützten.s 13 Zwar ist nicht jedes Naturrecht seinem gemeinten Sinn nach „revolutionär“, derart, daß es bestimmten Normen die Berechtigung zuspräche, einer bestehenden Ordnung gegenüber durch gewaltsames Handeln oder durch passive Renitenz durchgesetzt zu werden. tNicht nur haben auch die verschiedensten Arten von autoritären Gewalten ihre „naturrechtliche“ Legitimation erfahren.14 Sondernt es gab auch ein einflußreiches „Naturrecht des historisch Gewordenen“ aals solchesb gegenüber dema auf abstrakte Regeln gegründeten oder solche produzierendenc Denken. Ein naturrechtliches Axiom dieser Provenienz lag dz. B.d der Theorie der historischen Schule15 von der Präeminenz des „Gewohnheits-

m A: präeminenten n A: ihrer immanenten Qualitäten legitim sind, die spezifische o A: übrig bleibt, p A: Mit einem Wort: q A: Naturrecht ist daher immer wieder die Art r A: dieselbe nicht auf s A: stützen. t A: Im Gegenteil: a – a A: rein als solchen gegenüber allem b B: solchen c In A folgt: juristischen d Fehlt in A. 12 Weber schließt hiermit an seine früheren Ausführungen über Charisma und Tradition als Legitimationsgründe des geltenden Rechts an; vgl. oben, S. 446 f. und S. 453– 456. 13 Zu den „Klassenbeziehungen“ der Naturrechtspostulate bäuerlicher, proletarischer und bürgerlicher Revolutionäre und den je spezifischen Ausprägungen „materialen“ bzw. „formalen Naturrechts“ vgl. unten, S. 604–610. 14 Zur stoisch-christlichen Lehre vom „relativen Naturrecht“ als Legitimitätsquelle autoritärer (weltlicher und geistlicher) Gewalt vgl. oben, S. 545 mit Anm. 87. 15 Zur historischen Juristenschule – es gab Parallelbewegungen in der Geschichtswissenschaft und Nationalökonomie – vgl. oben, S. 434 mit Anm. 13, und S. 588–590.

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rechts“ – eine erst von ihr klar ausgebauterf Begriff – zugrunde.g 16 Ganz ausdrücklich dann, wennh behauptet wurde: ein Gesetzgeber „könne“ durch Satzung den Geltungsbereich des Gewohnheitsrechts gar nicht rechtswirksam einschränken, vor allem dessen derogatorische Kraft gegenüber den Gesetzen nicht ausschließen. Denn man „könne“ dem geschichtlichen Werden nicht verbieten, daß es sich vollziehe.17 iAber auch alle nicht bis zu dieser Consequenz gehenden,i halb historischen, halb naturalistischen Theorien vom „Volksgeist“ als der jeinzig natürlichen und daher legitimenj Quelle, aus welchem Recht und Kultur emaniere, und speziell von dem „organischen“ Wachstum alles kechten, auf unmittelbarem „Rechtsgefühl“ beruhenden und nicht „künstlichen“, d. h. zweckrationall gesatztenk Rechtes, oder wie sonst sich diese der Romantik eigentümlichen Gedankenreihen geben mochten, enthielten jene das gesatzte Recht mzu etwas „nur“ Positivemm deklassierende Voraussetzung.18 e A: einem f A: ausgebauten g A, B: zu grunde. h A: wenn, was mehrfach geschah, i A: Alle jene j Fehlt in A. k – k A: echten und nicht künstlichen l B: zweckrational, m Fehlt in A. 16 Die Gewohnheitsrechtslehre der historischen Rechtsschule formulierte maßgeblich Puchta, Gewohnheitsrecht I und II (wie oben, S. 211, Anm. 52). Die „Präeminenz des Gewohnheitsrechts“ wurde aus der Annahme gefolgert, daß es das unmittelbare, natürliche Produkt der durch den tätigen Volksgeist geschaffenen gemeinsamen Volks-(=Rechts-)Überzeugung ist; diese gilt als Quelle aller Rechtsbildung, also insbesondere auch des lediglich vermittelten Juristen- und Gesetzesrechts; vgl. etwa Puchta, Gewohnheitsrecht I, S. 181, sowie oben, S. 434 mit Anm. 14. 17 Als Zitat nicht nachgewiesen. – Sinnentsprechend ist aber z. B. die Feststellung Beselers, „daß Gewohnheitsrecht und Gesetz die gleiche Kraft haben, und das letzteres durch Entwöhnung (desuetudo) außer Wirksamkeit gebracht werden kann.“ Es werde damit „auch nur die Macht der Verhältnisse und der Geschichte anerkannt, der kein irdischer Wille, auch der des Gesetzgebers nicht, auf die Dauer Widerstand zu leisten vermag. [. . .] Vielmehr ist die Sache so zu fassen, daß sich über die vom Gesetzgeber normierten Rechtsverhältnisse ein abweichendes Rechtsbewußtsein im Volke bildet und erhält, welches eine solche Kraft und Stärke in sich trägt und in der Anwendung mit solcher Entschiedenheit auftritt, daß dadurch die gesetzliche Vorschrift um ihre Geltung gebracht wird“ (Beseler, Georg, System des gemeinen deutschen Privatrechts, Band 1. – Leipzig: Weidmann 1847, S. 121). 18 So erörtern etwa Kantorowicz und Brie die Verbindung der historischen Rechtsschule zur Schellingschen Kunst- und Geschichtsphilosophie; vgl. Kantorowicz, Volksgeist (wie oben, S. 22, Anm. 17); Brie, Siegfried, Der Volksgeist bei Hegel und in der historischen Rechtsschule, in: Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Band 2, 1908/09, S. 1–10, 179–202. – Den Versuch einer Neubegründung der Rechtswissenschaft auf dem Fundament des „Rechtsgefühls“ findet man bei Schlossmann, Siegmund, Der Vertrag. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1876, hier bes. S. 193–206.

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Dem Irrationalismus dieser Axiome stehen nunn die naturrechtlichen Axiome des oRechtsrationalismus kontradiktorisch gegenüber, und nur sie konnten pNormen formaler Artp überhaupt schaffen, so daß man unter Naturrecht a potiori mit Recht nur sie zu verstehen pflegt. Ihre Ausbildung in der Neuzeito war, neben den religiösen Grundlagen, welche sie bei den rationalistischen Sekten fanden,19 teils das Werk des Naturbegriffs der Renaissance, qwelche überall den Canon des von der „Natur“ Gewollten zu erfassen strebte,q teils entstanden sie in Anlehnung an den rvor Allemr in England heimischen Gedanken bestimmter angeborener nationaler Rechte jedes sVolksgenossen. Dieser spezifisch englische Begriff des „birthright“ entstand sehr wesentlichs unter dem Einfluß der populären Auffassung gewissert in der Magna Carta ursprünglich lediglich den Baronen verbrieftena ständischen Freiheiten als nationaler Freiheitsrechte der englischen bUntertanenc als solcher,b an denen sich weder der König noch irgend eine andere politische Gewalt vergreifen dürfe.20 Der Übergang zu der Vorstellung von Rechten jedes Menschen als solchen ddagegen ist, unter zeitweise sehrd starker Mitwirkung religiöser, namentlich täuferischer Einn Fehlt in A. o – o A: revolutionären p B: angebbare Rechtsnormen  formale Normen  Normen formaler Art q Fehlt in A. r Fehlt in A. s A: Engländers. Dieser Begriff des birthright entstammt in England t A: der a B: verbrieften,  dann aber von den freien¯ b – b A: Untertanen, c B: Untertanen, d A: ist, unter Diese Konzeption resultiert aus einer umfassenden Kritik des Vertragsbegriffs und der traditionellen Rechtsquellenlehre. 19 Gemeint sind die puritanischen Sekten des 17. Jahrhunderts, die in den nordamerikanischen Kolonien Glaubens- und Gewissensfreiheit als unveräußerliche Individualrechte erstmals verfassungsrechtlich verankerten. 20 Verschiedene Verfassungsgesetze, einsetzend mit der Magna Carta des Jahres 1215, garantierten zunächst nur den Feudalbaronen, schließlich allen Engländern eine Reihe überwiegend negativer Freiheitsrechte; vor allem die Petition of Right von 1628, die Habeas Corpus Act von 1679, die Bill of Rights von 1689, schließlich die Act of Settlement von 1700. Sie verboten u. a. die Errichtung von Ausnahmegerichten, die Verhängung grausamer Strafen, die ungesetzliche Steuerbewilligung, statuierten dagegen nur wenige individuelle Rechte wie das Petitionsrecht (an den König) und das Recht des Waffentragens. Erst die Act of Settlement (12 & 13 Will. III. c. 2) gebrauchte für diese alten Rechte den Ausdruck „birthright“: „And whereas the Laws of England are the birthright of the people thereof, and all the Kings and Queens, who shall ascend the Throne of this realm, ought to administer the Government of the same according to the said laws [. . .]“ (Text in: Stubbs, William (ed.), Select Charters and Other Illustrations of English Constitutional History from the Earliest Times to the Reign of Edward the First, 8. ed. – Oxford: Clarendon Press 1905, S. 528–531, hier S. 531).

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flüße, eim Wesentlichen erst durch die rationalistischee Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts vollzogen worden.21 Die Naturrechtsaxiome können unter sich verschiedenen Typen angehören, von denen wir hier nur diejenigen fbetrachten wollen, welche besonders nahef zur Wirtschaftsordnung in Beziehung stehen. Die naturrechtliche Legitimität positiven Rechtes kann entweder mehr an formale Bedingungen geknüpft sein oder mehr an materiale. gDer Unterschied ist graduell, denn ein ganz rein formales Naturrecht kann es nicht geben: es würde ja mit den ganz inhaltleerenh allgemeinen juristischen Begriffen zusammenfallen müssen. Aber immerhin ist der Gegensatz praktisch sehr bedeutend.g Der reinste Typus der ersten Gattung ist das Naturrecht, welchesi im 17. und 18. Jahrhundert zuerst unter den erwähnten Einflüßen entstand: jvor Allem in Gestalt derj „Vertragstheorie“ und zwar speziell in kderen individualistischerk Form. Alles legitime Recht beruht auf Satzung und Satzung ihrerseits lletztlich immer auf rationalerl Vereinbarung. Entweder real,m auf einem wirklichen Urvertrag freier Individuen, welcher auch die Art der Entstehung neuen gesatzten Rechts für die Zukunft regelt. Oder in dem ideellen Sinn: daß nur ein solches Recht legitim ist, dessen Inhalt dem Begriff einer vernunftgemäßen[,] durch freie Vereinbarung gesatzten Ordnung nicht widerstreitet. Die „Freiheitsrechte“ sind der wesentliche Bestandteil eines solchen Naturrechts, und vor allem:n die Vertragsfreiheit.22 oDer freiwillige rationale Contrakt entweder als wirklicher historischer Grund aller Vergesellschaftungen einschließlich des Staats oder doch als regulativer Maßstab der Bewertung wurde eines der universellen Formalprinzipien naturrechtlicher Construktionp.o Diesq wie jedes formale Naturrecht steht also e A: durch die f A: behandeln wollen, welche g – g Fehlt in A. h In B folgt:  methodischen¯ i A: wie es j A: die k A: ihrer individualistischen l A: beruht immer auf m In A folgt: also n Doppelpunkt fehlt in A. o – o Fehlt in A. p B: Deduktion  Construktion q A: Ein solches 21 Weber schließt hier vor allem an Jellinek, Menschen- und Bürgerrechte2 (wie oben, S. 110, Anm. 91), S. 35 ff., 46 ff., und Troeltsch, Soziallehren (wie oben, S. 108, Anm. 83), bes. S. 702, 820 f., an. Hatte Jellinek den puritanischen Einfluß in der Idee unveräußerlicher Menschenrechte und – vermittelt über die Naturrechtslehren des 17. und 18. Jahrhunderts – deren Rezeption in die europäischen Verfassungen nachgezeichnet, so hob Troeltsch den Einfluß des Täufertums bei der „Säkularisierung“ des Naturrechts und Propagierung radikal-demokratischer Ideale in der englischen Revolution und in Amerika hervor. 22 Zur Rechtsgeschichte der Vertragsfreiheit vgl. oben, S. 310 ff.

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prinzipiell auf dem Boden des Systems der legitim rdurch Zweckcontraktr erworbenen Rechte und also, soweit es sich um ökonomische Güter handelt, auf dem Boden der durch Vollentwicklung des Eigentums geschaffenens ökonomischen Einverständnisgemeinschaft23. Das legitim tdurch freien Vertrag mit Allen (Urvertrag) oder mit Einzelnen Andernt erworbene Eigentum und die Freiheit der Verfügung darüber, also prinzipiella freie Konkurrenz, gehört zu seinen selbstverständlichen Bestandteilen. bFormale Schranken hat daherb die Vertragsfreiheit nur insofern, als Verträge cund Gemeinschaftshandeln überhaupt nicht gegen das sie legitimierendec Naturrecht selbst verstoßen, also dnicht die ewigene unverjährbaren Freiheitsrechte antasten dürfen,d möge es sich nun um die fprivaten Abmachungen der einzelneng oder hum das anstaltsbezogeneh Handeln der Verbandsorgane24 und die Fügsamkeit der Mitglieder ihm gegenüberf handeln. iMan kann sich gültig weder in die politische noch in die privatrechtliche Sklaverei begeben. Aber im Übrigen kann keine Satzung gültig die freie Verfügung des Einzelnen über seinen Besitz und seine Arbeitskraft beschränken.i Zum Beispiel ist deshalbj jeder gesetzliche k„Arbeiterschutz“, also jedesk Verbot bestimmter Inhalte des „freien“ Arbeitsvertrages,l ein Eingriff in die Vertragsfreiheit, und die Judikatur des höchsten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten hat daher bis in die jüngste Zeit daran festgehalten: daß solche Bestimmungen mschon rein formal,m auf Grund der naturrechtlichen Präambeln der Verfassungen nichtig seien.25 Materialer Maßstab aber für das, was naturr Fehlt in A. s A: geschlossenen t Fehlt in A. a Fehlt in A. b A: Schranken hat c – c A: nicht gegen das hier zugrunde liegende d – d A: die unverjährbaren Freiheitsrechte antasten können, e In B folgt:  Normen¯ die f – f A: private Sphäre des einzelnen, oder um das anstaltsbezogene Handeln der Verbandsorgane g B: einzelnen, h B: um  Fügsamkeit gegenüber dem¯ das anstaltsbezogenen i Fehlt in A. j Fehlt in A. k A: Arbeiterschutz durch l Komma fehlt in A. m Fehlt in A. 23 Zu den Begriffen „Einverständnis“ und speziell „Einverständnisgemeinschaft“ vgl. Weber, Kategorien, S. 279–286, hier bes. S. 279 und S. 285 f. 24 Gemeint ist ein Handeln der „Anstaltsorgane“ oder der „Anstaltsgenossen“, das auf die Satzung, Änderung und Durchführung der „Anstaltsordnungen“ (im Staat z. B. des öffentlichen Rechts) ausgerichtet ist; zur Terminologie vgl. Weber, Kategorien, S. 270 f., 289. 25 Weber hat sich darüber vermutlich in den einschlägigen Arbeiten Walter Loewys, eines Schülers von Georg Jellinek, orientiert; vgl. Loewy, Walter, Die bestrittene Verfassungsmäßigkeit der Arbeitergesetze in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. – Heidelberg: C. Winter 1905 (hinfort: Loewy, Verfassungsmäßigkeit); ders., Zur Frage

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rechtlich legitim ist, sind „Natur“ und „Vernunft“. Beide nund dien aus ihnen ableitbaren Regeln: allgemeineo Regeln des Geschehens und allgemein pgeltendeq Normen also, werden als zusammenfallend angesehen; die Erkenntnissep der menschlichen „Vernunft“ gelten als identisch mit der „Natur der Sache“:26 der „Logik der Dinge“, wie man das heute ausdrücken rwürde; das Geltensollende giltr als identisch mit dem faktisch im Durchschnitt überall Seienden;s die durch logische Bearbeitung von Begriffen: juristischen oder ethischen, gewonnenent „Normen“ gehören aim gleichen Sinna wie die „Naturgesetze“ zu denjenigen allgemein verbindlichen Regeln, welche „Gott selbst nicht ändern kann“27 und gegen welche eine Rechtsordnung sich nicht aufzulehnen versuchen darf. Der Natur der Sache und dem Grundsatz der Legitimität erworbener Rechte entspricht zum Beispiel nur die Existenz des auf dem Wege des freien Güteraustauschs zur Geldfunktion gelangten, also des metallischen Geldes.28 Eine Rechtsordnung hat daher bz. B.b die naturrechtliche Pflicht, den Staat c– wie gelegentlich noch im 19. Jahrhundert von Fanatikern behauptet worden ist29 –c lieber n A: werden in den o A, B: allgemeinen p – p A: geltenden Normen, als identisch angesehen. Die Erkenntnis q B: geltenden r A: würde, das Geltensollende s A: Seienden, t A: zu gewinnenden a A: ebenso b Fehlt in A. c Fehlt in A. der Beschränkung der legislativen Gewalt und im besonderen der Arbeitergesetzgebung durch das richterliche Prüfungsrecht in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 22, 1906, S. 721–726. 26 In der Rechtsquellenlehre und Zivilrechtsdogmatik geläufiger Topos; vgl. die Literatur bei Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 182, Anm. 19. In mehr oder minder deutlich ausgesprochener Distanz zum ewig-unveränderlichen Naturrecht bietet er mit seiner scheinbar relativierenden Anpassung an die wechselnden Lebens- und Sachverhältnisse gleichwohl ein Einfallstor für jenes „Naturrecht des historisch Gewordenen“ und „Werdenden“, durch welches gerade die naturrechtsfeindliche historische Rechtsschule mit diesem verbunden blieb. 27 Die Formulierung stammt von Hugo Grotius: „Est autem jus naturale adeo immutabile, ut ne a Deo quidem mutari queat“ (Grotius, Hugo, De iure belli ac pacis libri tres. In quibus jus naturae & gentium, item juris publici præcipua explicantur, editio novissima cum annotatis auctoris, ex prostrema ejus ante obitum cura. – Amsterdam: Jansson, Waesberg 1680, lib. 1, c. 1,10,5). 28 Die Vorstellung, nach der allein dem Metallgeld durch intrinsische Wertzuschreibung der Tauschpartner die Geldfunktion zuwächst, entspricht der geldtheoretischen Auffassung des sog. Metallismus. Sie wird kontrastiert von einer Lehre, die – wie Knapps „staatliche Theorie des Geldes“ – das Geld als eine durch staatliche Rechtssatzung geschaffene rein nominale Werteinheit betrachtet, ganz unabhängig von seiner materiellen Form und Stofflichkeit („Nominalismus“). 29 Der Bezug war nicht aufzuklären.

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zugrunde gehen zu lassen, als dend legitimen Bestand edes Rechtse durch die Illegitimität derf „künstlichen“ Schaffung von Papiergeld zu beflecken. gDenn eine hVerletzung legitimen Rechtsh hebt den „Begriff“ des Staates auf.g Erweichungen dieses Formalismus entstandeni im Naturrecht auf verschiedenem Wege. Zunächst mußte jes, um mit der bestehenden Ordnung überhaupt Beziehungen zu gewinnen,j legitime Erwerbsgründe von Rechten akzeptieren, welche aus der Vertragsfreiheit nicht ableitbar waren.k Vor allem den Erwerb kraft Erbrechts. Da die mannigfachen Versuche, das Erbrecht naturrechtlich zu begründen, durchweg nicht formalrechtlichen, sondern rechtsphilosophischen Charakters sind, lassen wir sie hier ganz beiseite. lFast immer ragen letztlich materiale Motive hinein, noch öfter aber höchst künstliche Construktionen.l 30 Zahlreiche andere Institutionen des geltenden Rechts fernerm waren lediglich praktisch utilitarisch,n nicht aber formal, zu legitimieren. oDurch deren „Rechtfertigung“ glitt die naturrechtliche „Vernunft“ leichto überhaupt auf die Bahn utilitarischer Betrachtungsweise und dies äußerte sich in der Verschiebung des Begriffs des „Vernünftigen“. Beim rein formalen Naturrecht ist das Vernünftige das aus ewigen Ordnungen der Natur und der Logik p– beides wird gern ineinandergeschoben –p Ableitbare. Aber namentlich der englische Begriff des „reasonable“ barg qvon Anfang anq auch die Bedeutung: „rationell“ im Sinn von „praktisch zuträglich“ rin sichr. Darauf ließ sich der Schluß aufbauen: das praktisch zu absurden Konsequenzen Führende könne nicht das durch Natur und Vernunft sgewollte Rechts sein,31 und dies bedeutete das ausdrücklichet Hineintragen d A: seinen e Fehlt in A. f In A folgt: eigenmächtigen g – g Fehlt in A. h B: Rechtsverletzung  Verletzung legitimen Rechts i A: entstehen j A: es k A: sind. l Fehlt in A. m A: aber n In A folgt: also material, o A: Dadurch glitt die naturrechtliche Vernunft aber p Fehlt in A. q Fehlt in A. r Fehlt in A. s A: Gewollte t Fehlt in A. 30 Zu denken ist hier etwa an die Verbundenheit der einzelnen Familienmitglieder über die verschiedenen Generationen, Haupt- und Seitenlinien hinweg, wie sie etwa noch dem Erbrecht des BGB zugrunde liegt; vgl. Radbruch, Grundzüge, S. 131 f. Oder auch – soweit das Erbrecht römischen Rechtsbegriffen und -institutionen entspricht – an die verbreitete Vorstellung vom römischen Recht als absolutem, als Natur-Recht; vgl. dazu Bergbohm, Karl, Jurisprudenz und Rechtsphilosophie. – Leipzig: Duncker & Humblot 1892, S. 345 (hinfort: Bergbohm, Rechtsphilosophie). 31 Vgl. hierzu oben, S. 459 mit Anm. 68.

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materialer Voraussetzungen in den Begriff der Vernunft, die ja freilich der Sache nach latent von jeher in ihm lebendig gewesena waren. Tatsächlich hat mit Hülfe dieser Verschiebung bjenes Begriffes z. B. der Supreme Courtb der Vereinigten Staaten sich in der neuesten Zeit sehr weitgehend der Gebundenheit an das formalec Naturrecht zu entziehen gewußt und sich die Möglichkeit verschafft, z. B. die Gültigkeit gewisser Teile der sozialen Gesetzgebung anzuerkennen.32 Prinzipiell aber wandelte sich das formale Naturrecht in ein materiales, sobald die Legitimität eines erworbenen Rechts nicht mehr an formal juristischen, sondern an material ökonomischen Merkmalen der Erwerbsart haftete. In Lassallesd System der erworbenen Rechte33 wird noch versucht,e ein bestimmtes Problem naturrechtlich mit formalen fMitteln, aber mit denen der Hegel’schen Entwicklungslehre,f zu entscheiden. Die Unantastbarkeit der auf Grund einer positiven gSatzung formalg legitim erworbenen Rechte wird hvorausgesetzt; aber an demh Problem der sogenannten rückwirkenden Kraft der Gesetze und der damit zusammenhängenden Frage der Entschädigungspflicht des Staates im Falle der Aufhebung von Privilegien tritt die naturrechtlichei Schranke dieses Rechtspositivismus hervor.34 jDer hier nicht interessierende a Fehlt in A. b A: der höchste Gerichtshof c Fehlt in A. d A, B: Lasalles e Blatt A 22/B 16 ist nur zur Hälfte beschrieben. f A: Mitteln g A: Gesetzgebung h A: vorausgesetzt, und nur an dem wichtigen i Fehlt in A j – j (S. 604) A: Sie ist formalen Charakters. Erworbene Rechte, deren Inhalt oder deren Entstehungsgrund eine neue Rechtsordnung überhaupt nicht mehr als legitim anerkennt, erlöschen ohne Entschädigungspflicht, andere nicht. In der Tat ist die Nationalversammlung von 1789 und sind auch die Bauernbefreiungs- und Ablösegesetze in gewissem Umfang nach ähnlichen Prinzipien verfahren. 32 Mit zunehmendem Umfang der Arbeits- und Sozialgesetzgebung entwickelte sich in den Jahrzehnten vor und nach der Jahrhundertwende auch eine entsprechende höchstrichterliche Judikatur sowohl einzelstaatlicher Gerichte wie des Supreme Court. Im Mittelpunkt stand das wechselseitige Schrankenverhältnis zwischen dem im XIV. Verfassungszusatz garantierten Schutz von „liberty“ (vor allem der Vertragsfreiheit) und „property“ einerseits und legislativen Maßnahmen zum Schutz einzelner bzw. der Allgemeinheit andererseits. Der Supreme Court verschaffte schließlich – wie andere Gerichte – dem „Prinzip der reasonableness“ als Maßstab für den verfassungsgemäßen gesetzgeberischen Eingriff in das Freiheits- und Eigentumsrecht Anerkennung; vgl. dazu Loewy, Verfassungsmäßigkeit (wie oben, S. 600, Anm. 25), bes. S. 54 ff., 63, 79; Freund, Öffentliches Recht (wie oben, S. 203, Anm. 31), S. 281 ff. 33 Gemeint ist Lassalle, System. 34 So sieht Lassalle, System, Theil 1, S. 48 ff., 184 ff., Rechtsphilosophie und Rechtswissenschaft vor das Dilemma gestellt, daß einerseits durch individuelle Handlungen

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Lösungsversuch ist durchaus formalen und naturrechtlichen Charakters.j 35 Der entscheidende Umschlag zum materialen Naturrecht knüpft kvornehmlich an sozialistische Theorienk von der ausschließlichen Legitimität des Erwerbs durch eigene Arbeit an. Denn damit ist nicht nur dem entgeltlosen Erwerb durch Erbrecht oder garantierte Monopole, sondern dem formalen Prinzip der Vertragsfreiheit und der grundsätzlichen Legitimität aller durch Vertrag erworbenen Rechte über haupt labgesagt, weill alle Appropriation von Sachgütern mnun material daraufhin geprüft werden muß,m wieweit sie auf Arbeit als Erwerbsgrund ruhe.n oNatürlichp haben ebenso das formale rationalistische Naturrecht der Vertragsfreiheit wie dies materiale Naturrecht der ausschließlichen Legitimität des Arbeitsertrags sehr starke Klassenbeziehungen. Die Vertragsfreiheit und alle Sätze über das legitime Eigentum, welche daraus abgeleitet wurden, warenq selbstverständlich das Naturrecht der Marktinteressenten, als der an endgültiger Appropriation der Produktionsmittel Interessierten.o Daß j (S. 603) – j Vgl. oben, S. 603. k A: an den sozialistischen Glauben l A: abgesagt. Denn m A: mußte nun materiell daraufhin geprüft werden, n A: ruht. o – o A: eindeutigen, so doch ziemlich intimen Beziehung. Daß dies für das fundamentale rationalistische Naturrechtsdogma von der im Prinzip unbeschränkten Vertragsfreiheit galt und für alle einzelnen Sätze über Eigentum und andere Freiheiten der Einzelnen, welche daraus abgeleitet wurden, liegt auf der Hand: Es war in erster Linie Marktinteressenten, Interessenten der Erwerbswirtschaft und also der endgültigen Appropriation der Produktionsmittel, welche sich um diese Fahne scharten. Der Blatt A [2]4/B 8 unmittelbar vorausgehende Satzanschluß im Typoskript ist nicht nachgewiesen. p Am linken oberen Rand steht von fremder Hand die Notiz: Das gehört wohl an den Schluß von § 6 q B: war Rechte naturrechtlich legitim erworben und durch Rechtssätze positiviert werden, in die folglich durch spätere Satzung nicht rückwirkend eingegriffen werden darf, während andererseits das rechtsändernde jüngere Gesetz Resultat der ebenfalls naturrechtlich begründeten Rechtsfortbildung ist, die den früheren Rechtsstatus aufhebt und den entschädigungslosen Eingriff gestattet. 35 Lassalles Lösungsversuch knüpft an Savignys formale Unterscheidung von Gesetzesklassen an, deren rückwirkende bzw. nicht-rückwirkende Kraft sich prinzipiell nach der „inneren Natur“ der betroffenen Rechte entscheidet (vgl. Lassalle, System, Theil 1, bes. S. 11–20). So sollen nach Savigny Rechtsregeln, die sich auf den Erwerb von Rechten beziehen, dem Grundsatz der Nichtrückwirkung unterliegen, während solchen, die sich auf den materiellen Bestand von Rechten (ihr „Dasein“) beziehen, regelmäßig rückwirkende Kraft beigelegt wird (vgl. Savigny, Friedrich Carl von, System des heutigen römischen Rechts, Band 8. – Berlin: Veit und Co. 1849, S. 373–406, 514– 522, 532–540).

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umgekehrt das Dogma von der spezifischenr Unappropriierbarkeit des Grund und Bodens, weil ihns niemand durch seine Arbeit produziert habe,36 also:t der Protest gegen die Schließung der Bodengemeinschaft, der Klassenlage ländlicher proletarisierter Bauern entspricht, deren verengerter Nahrungsspielraum sie unter das Joch der Bodenmonopolisten zwingt, ist klar, und ebenso, daß diese Parole speziell da pathetische Macht gewinnen muß, wo für uden Ertrag der landwirtschaftlichen Gütererzeugung wirklichu noch vorwiegend die natürliche Beschaffenheit des Bodens ausschlaggebenda und zugleich die Bodenappropriation wenigstens nach innen noch nicht geschlossen bist, wo ferner ein rationaler „Großbetrieb“ als Arbeitsorganisation in der Landwirtschaft fehlt, die Rente der Grundherren vielmehr entweder reine Pachtrente ist oder doch mit Bauerninventar und Bauerntechnik herausgewirtschaftet wird, wie sehr vielfach auf dem Gebiet der „schwarzen Erde“37. Positiv gewendet ist aber dieses kleinbäuerliche Naturrecht vieldeutig, denn es kannb sowohl 1. ein Recht auf Bodenanteil im Ausmaßc der vollen Ausnutzung der eigenen dArbeitskraft (russisch: „trudowaja norma“),d wie 2. ein Recht auf Bodenbesitz im Ausmaß der etraditionell unentbehrlichen Bedarfsdeckung (russisch: „potrebitelnaja norma“) – also in der üblichen Terminologiee entweder ein „Recht auf Arbeit“ oder ein „Recht auf das Existenzminimum“ – und, mit beiden fverbunden, 3. dasf Recht auf den vollen Arbeitsertrag gin sich schließen.38 Die nach heute absehbarer Wahrscheinr Fehlt in A. s A, B: ihm t Doppelpunkt fehlt in A. u A: die landwirtschaftliche Gütererzeugung a In A folgt: ist b – b A: und beendet ist, wie im russischen Mir. Positiv gewendet kann dieses Naturrechtsdogma c A: Maße d A: Arbeitskraft, e A: vollen traditionellen Bedarfsdeckung – also f A: verbunden, unter Umständen 3. das bei allen Proletariern entwickelte g – g (S. 606) A: gewähren. Es ist also vieldeutig, und soweit das letztgenannte Recht in Betracht kommt, ist der Anspruch streng ge36 Die klassische Formulierung dieses Satzes in Verbindung mit der Zustimmung zum unbedingten Eigentum an den Produkten menschlicher Tätigkeit findet sich bei Mill, John Stuart, Grundsätze der politischen Ökonomie (John Stuart Mill’s Gesammelte Werke, autorisierte Übersetzung unter Redaction von Theodor Gomperz, Band 5), Band 1. – Leipzig: Fues 1881, S. 242: „Indem das wesentliche Princip des Eigenthums darin besteht, daß allen Personen dasjenige gesichert werde, was sie durch ihre Arbeit hervorgebracht und durch ihre Enthaltsamkeit angesammelt haben, kann dies Princip keine Anwendung auf dasjenige finden, was nicht der Ertrag der Arbeit ist, nämlich das rohe Material der Erde.“ Bodenverbesserungen jedweder Art müssen dann aber konsequenterweise Eigentumsrechte schaffen können (vgl. ebd., S. 242 ff.). 37 Gemeint sind schwere rententragende Böden. 38 Die hier und im folgenden erörterten sozialistischen ökonomischen Grundrechte:

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lichkeit letzteh naturrechtliche Agrarrevolution, welche die Welt gesehen haben wird: die russische des letzten Jahrzehnts, hat sich an den unaustragbaren Gegensätzen jener beiden möglichen Naturrechtsnormen unter einander und gegenüber den historisch oder realpolitisch oder praktisch-ökonomisch oder endlich – in hoffnungsloser Confusion, weil im Widerspruch mit den eignen Grunddogmen – marxistisch-evolutionistisch motivierteni Bauernprogrammen in sich selbst auch rein ideell verblutet.j 39 Jene drei „sozialistischen“ Individualrechte haben bekanntlich auch in der Ideenwelt des gewerblichen Proletariats ihre Rolle gespielt. Von ihnen sind das erste und zweite sowohl unter handwerksmäßigenk wie unter kapitalistischen Existenzbedingungen der Arbeiterschaft theoretisch sinnvoll möglich, das dritte dagegen nur unter handwerksmäßigen, unter kapitalistischen gar nicht oder doch nur, wenn man sich eine streng traditionelle Innehaltung bestimmter Kostpreise beim Tausch universell durchgeführt (und durchführbar) denkt. Auf dem Boden der Landwirtschaft aber ebenso nur bei lkapitalloser Produktionl. Denn kapitalistischeg Produktionsteilung verschiebt sofort die Zurechnung des Ertrags mdes landwirtschaftlichenm Bodens von der direkten landwirtschaftlichen Produktinommen nur unter den Bedingungen reiner Eigenwirtschaft, jedenfalls aber nur bei streng traditioneller Innehaltung der Kostpreise beim Tausch gedanklich eindeutig vollziehbar: die wachsende h In B folgt:  große¯ i B: bedingten  motivierten j In B folgt:  Von solchen Naturrechten der Individuen¯ k B: kleinbürgerlichen  handwerksmäßigen l B: kleinbäuerlicher Eigenproduktion  kapitalloser Produktion g (S. 605) – g Vgl. oben, S. 605 f. m A: des das Recht auf den vollen Arbeitsertrag, auf Existenz und auf Arbeit, hat begriffs- und dogmengeschichtlich namentlich Menger, Anton, Das Recht auf den vollen Arbeitsertrag in geschichtlicher Darstellung, 4. Aufl. – Stuttgart, Berlin: J. G. Cotta Nachfolger 1910, bes. S. 6–25, 151–164, untersucht. 39 Weber bezieht sich auf die letztlich gescheiterten revolutionären Bauernaufstände in Rußland 1905/06. Über die inneren Gegensätze jener Naturrechtsnormen bemerkt er in seiner Studie „Rußlands Übergang zum Scheinkonstitutionalismus“ (1906), MWG I/10, S. 517: „Die ‚trudowaja norma‘ geht vom ‚Recht auf Arbeit‘, die ‚potrebitelnaja norma‘ vom ‚Recht auf Existenz‘ aus. Die erstere setzt, wie das ‚Recht auf Arbeit‘ selbst, den Gedanken voraus, daß Zweck der Wirtschaft der Erwerb sei, sie ist ein revolutionäres Kind des Kapitalismus; die letztere behandelt als Zweck der Wirtschaft die Gewinnung des ‚Bedarfs‘, ihre gedankliche Grundlage ist der ‚Nahrungs‘standpunkt.“ – Die teilweise widersprüchlichen Vorstellungen zur Sozialisierung des gesamten Grund und Bodens und zur Schaffung bäuerlichen Grundbesitzes analysiert Max Weber anhand der agrarpolitischen Parteipositionen und Bauernprogramme (vgl. ebd., S. 188–252, bes. 237 ff., S. 237, Webers Fn. 73, S. 240 f., Webers Fn. 76a, S. 505 ff., bes. 516 ff., S. 538 f., Webers Fn. 223).

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onsstätte hinweg in die Werkstätten landwirtschaftlicher Werkzeuge, künstlicher Düngemittel usw. nund auf dem Gebiet des Gewerbes gilt das gleiche. Wo aber überhaupt Verwertung der Produkte auf einem Markt mit freier Conkurrenz den Ertrag bestimmt, verliert der Inhalt jenes Rechts des Einzelnen unvermeidlich den Sinn eines – gar nicht mehr existierenden – individuellen „Arbeitsertrags“ und kann nur alsn Kollektivanspruch der in gemeinsamer Klassenlage oBefindlichenp Sinn behalten. Praktisch wird es dann zu einem Anspruch auf den „living wage“, also zu einer Spielart des „Rechts auf das durch die üblichen Bedürfnisse bestimmteq Existenzminimum“,40 ähnlich dem von der kirchlichen Ethik geforderten „justum pretium“41 des Mittelalters, welches im Fall des Zweifels durch Prüfung (und eventuell: Probe): ob bei dem betreffenden Preise der betreffende Handwerker seinen standesgemäßen Lebensunterhalt finden könne, bestimmt wurde.o rDas „justum pretium“ selbst, der wichtigste naturrechtliche Einschlag der kanonistischen Wirtschaftslehre, ist ganz allgemein dem gleichen Schicksal verfallen.r Man kann smit Fortschreiten der Marktvergemeinschaftungs in der kanonistischen Literatur bei der Erörterung der Bestimmungsgründe des t„justum pretium“t die allmähliche Zurückdrängung dieses adem „Nahrungsprinzip“b entsprechenden Arbeitswertpreisesa durch den Konkurrenzpreis als n – n A: Vollends vieldeutig wird sein Inhalt, wo Verwendung auf dem Markt den Ertrag bestimmt, denn dadurch wird das Individualrecht des Einzelnen unvermeidlich zu einem o – o A: befindlichen umgestempelt. Allen diesen Naturrechtsansprüchen ist gemeinsam, daß eigene Arbeit als einzig legitime Quelle von Ertrag und Güterbesitz irgendwelcher Art gilt. Der charakte Die Fortsetzung des Satzes im Typoskript ist nicht nachgewiesen. p B: befindlichen q B: bestimmten r Fehlt in A. s Fehlt in A. t B: justum „pretium“ a – a A: Arbeitswertprinzipes b B: „Nahrungsstandpunkt“ > „Nahrungsprinzip“ 40 Als zentrales Konzept taucht die Idee des „Existenzminimums“ im Kontext der katholischen Soziallehre auf – mit Blick auf Webers weitere Argumentation ein nicht unwahrscheinlicher Bezug – so in Papst Leos XIII. Enzyklika „Rerum Novarum“. Hieran anschließend verfaßt John A. Ryan: A living Wage. Its Ethical and Economic Aspects. – New York: Macmillan 1906. 41 Die kanonistische Lehre vom „gerechten Preis“ (iustum pretium) wurde von der Spätscholastik, maßgeblich durch Thomas von Aquino (1225–1274), seit dem 13. Jahrhundert ausgebildet. Im Anschluß an den aristotelischen Gedanken der Tauschgerechtigkeit galten zunächst der „Gebrauchswert“ der Produkte und das „standesgemäße Auskommen“ der Händler oder Produzenten als Maßstab für den „gerechten Preis“.

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„natürlichen“ Preis verfolgen.42 Schon bei Antonin von Florenz hat dieser das entschiedene cÜbergewicht.43 Beic den Puritanern dominiert er natürlichd vollends.44 Der als „unnatürlich“ everwerfliche Preis war nunmehr ein solcher,e welcher nicht auf freier, d. h. durch Monopole oder andere willkürliche menschliche Eingriffe ungestörter, Marktkonkurrenz beruht.45 fDieser Satz hat in der ganzen puritanisch beeinflußten angelsächsischen Welt bis in die Gegenwart hinein seine Wirkungen geübt. Er hat sich, kraft seiner naturrechtlichen Dignität, als eine immerhin viel tragfähigere Stützeg des Ideals der „freien Concurrenz“ erwiesen, als die rein utilitarischen ökonomischen Theorien Bastiat’schen Gepräges46 auf dem Continent. –f Alle Naturrechtsdogmen haben die Rechtsschöpfung ebenso wie die Rechtsfindung mehr oder minder erheblich beeinflußt. Sie haben die ökonomischen Bedingungen ihrer Entstehung teilweise c A: Übergewicht und bei d Fehlt in A. e A: verwerfbare Preis ist jeder solche, f – f Fehlt in A. g In B folgt:  der Ideologien [??] von der „freien¯ 42 Grundlegend für Webers Argumentation ist hier die Darstellung der kanonistischen Preis- und Wucherlehre sowie ihrer Anpassung an die Wirtschaftsentwicklung bei Endemann, Wilhelm, Studien in der romanisch-kanonistischen Wirtschafts- und Rechtslehre bis gegen Ende des siebenzehnten Jahrhunderts, 2 Bände. – Berlin: J. Guttentag (D. Collin) 1874/83, bes. Band 1, S. 30–40 und Band 2, S. 29–58 (hinfort: Endemann, Wirtschafts- und Rechtslehre I und II); vgl. etwa noch Kaulla, Rudolf, Die Lehre vom gerechten Preis in der Scholastik, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Band 60, 1904, S. 579–602, hier S. 595 ff. 43 Weber bezieht sich hier wohl auf die verstreuten Adaptionen des kanonistischen Wucherverbots an die städtischen Marktverhältnisse in Antonins Werk über die Wucherlehre, wovon Endemann, Wirtschafts- und Rechtslehre II (wie oben, Anm. 42), S. 61, Beispiele gibt. – Vgl. auch Webers kurze Bemerkungen in: Protestantische Ethik I, S. 32. 44 Beispielhaft für das puritanische Wirtschaftsethos steht der von Weber, Protestantische Ethik II, S. 86, zitierte Ausspruch des Calvinisten Richard Baxter: „Wenn Gott euch einen Weg zeigt, auf dem Ihr ohne Schaden für eure Seele oder für andere in gesetzmäßiger Weise mehr gewinnen könnt, als auf einem anderen Wege und Ihr dies zurückweist und den minder gewinnbringenden Weg verfolgt, dann kreuzt Ihr einen der Zwecke Eurer Berufung (calling), Ihr weigert Euch, Gottes Verwalter (steward) zu sein und seine Gaben anzunehmen, um sie für ihn gebrauchen zu können, wenn er es verlangen sollte. Nicht freilich für Zwecke der Fleischeslust und Sünde, wohl aber für Gott dürft Ihr arbeiten, um reich zu sein.“ 45 Zum Kampf des Puritanismus, schon Cromwells und des langen Parlaments, gegen die mit der Krone verbündeten Monopolisten vgl. Levy, Grundlagen (wie oben, S. 569, Anm. 43), S. 32–39, und bereits Weber, Protestantische Ethik I, S. 44 mit Webers Fn. 2. 46 Vgl. den Eintrag „Bastiat“ im Personenverzeichnis.

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beträchtlich überdauert und bildetenh eine selbständige Komponente der Rechtsentwicklung. iFormal steigerten sie zunächst die Neigung zum logisch abstrakten Recht, überhaupt die Macht der Logik im Rechtsdenken. Material war ihr Einfluß überaus verschieden stark, überall aber bedeutend.i Es ist hier nicht der Ort, dies und die Wandlungen und Kompromisse der verschiedenen naturrechtlichen Axiome im einzelnen zu verfolgen. Nicht nur die revolutionären, sondern auch schonj die Kodifikationen des vorrevolutionären rationalistischen modernen Staats und Beamtentums waren von Naturrechtsdogmen beeinflußt und leiteten die spezifische Legitimität des von ihnen geschaffenen Rechts letztlich weitgehend aus seiner „Vernünftigkeit“ ab. Wir sahen schon,47 wie leicht an der Hand eben dieses Begriffs der Umschlag aus dem ethisch und juristisch Formalenk in das utilitarisch und technisch Materialel sich vollziehen konnte und vollzog. Dieser Umschlag lag mfreilich,m aus Gründen, die wir kennen lernten,48 den vorrevolutionären patriarchalen Mächten besonders nahe, während umgekehrt die unter dem Einfluß der bürgerlichen Klassen sich vollziehenden Kodifikationen der Revolutionn die formalen naturrechtlichen Garantien des Individuums und seiner Rechtssphäre gegenüber der politischen Herrschaftsgewalt betonten und steigerten. Das Emporwachsen des Sozialismus bedeutete dann ozwar zunächsto die steigende Herrschaft materialer Naturrechtsdogmen in den Köpfen der Massen und mehr noch in den Köpfen ihrer der Intellektuellenschicht angehörigen Theoretiker. Einen direkten Einfluß auf die Rechtsprechung haben aberp diese materialen Naturrechtsdogmen nicht erlangen können, schon weil sie, ehe sie überhaupt dazu befähigt gewesen wären, schon wieder durch die zunehmendq rasch arbeitende positivistische rund relativistischevolutionistische Skepsis eben dieser Intellektuellenschichtenr zersetzt wurden.s tUnter dem Einfluß dieses antimetaphysischen Radikalismus suchte die eschatologische Erwartung der Massen h A: bilden i Fehlt in A. j Fehlt in A. k A, B: formalen l A, B: materiale m Fehlt in A. n In A folgt: wieder o Fehlt in A. p Fehlt in A. q Fehlt in A. r A: Skepsis s In B folgt:  Auf der einen Seite des Comte’schen Positivismus, und des  historischen¯ „organischen“ Historismus auf der andren¯ t – t (S. 610) Fehlt in A. 47 Siehe oben, S. 602 f. 48 Siehe oben, S. 511 ff., 563–566 und S. 585–588.

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Anhalt an Prophetien statt an Postulaten. Auf dem Boden der revolutionären Rechtstheorien wurde infolgedessen die Naturrechtslehre zerstört durch die evolutionistische Dogmatik des Marxismus. Auf der Seite der offiziellen Wissenschaft wurde sie teils durch Comte’sche Entwicklungsschemata, teils durch die „organischen“ Entwicklungs-Theoreme des Historismus vernichtet. Die gleiche Wirkung hatte auch der Einschlag von „Realpolitik“, welchena unter dem Eindruckb der modernen Machtpolitik vor Allem die Behandlungc des öffentlichen Rechts annahm.t 49 Die dMethodik der publizistischend Theoretiker50 verfuhr von jeher und verfährt vollends heute in weitgehendem Maße so:e daß sie als Konsequenz einer bekämpften juristischen Konstruktion fpraktisch-politisch absurd scheinendef Folgerun gen aus derselben aufzeigt und sie damit als erledigt betrachtet.51 Diese Methode ist derjenigen des formalen Naturrechts direkt entgegengesetzt. Sie enthält andererseits auch nichts von materialem Naturrecht in sich. gIm Übrigen arbeitete die kontinentale Jurisprudenz mit dem bis in die jüngste Vergangenheit im Wesentlichen unangefochtenen Axiom von der logischen „Geschlossenheit“ des hpositiven Rechtsh. Ausdrücklich verkündet ist es wohl zuerst von Bentham,52 im Proa In B folgt:  – in Deutschland unter Laband’s Einfluß – vor¯ b B: Einfluß  Eindruck c B: Theorie  Behandlung t (S. 609) – t Fehlt in A. d A: juristische Methodik der e A: so, f A: praktisch absurde g – g (S. 611) Fehlt in A. h B: Rechtssystems  positiven Rechts 49 Weber spielt hier auf den ideologischen Niederschlag der Bismarckschen Politik in der Staatsrechtslehre an, den Hugo Preuss rückblickend so skizzierte: „[. . .] die Ära seiner [Bismarck, Hg.] materiellen und geistigen Herrschaft bezeichnet zugleich das große Interregnum in der allgemeinen Staatslehre; der Herrschaft seiner ‚Realpolitik‘ entspricht die Herrschaft des staatsrechtlichen Positivismus“ (Preuss, Hugo, Ein Zukunftsstaatsrecht, in: Archiv für öffentliches Recht, Band 18, 1903, S. 373–422, Zitat S. 375). Diesen aber repräsentierte – worauf der gestrichene handschriftliche Zusatz Webers: „in Deutschland unter Labands Einfluß“, hinweist – an führender Stelle Paul Laband, dessen „Reichsstaatsrecht“ (vgl. oben, S. 275, Anm. 4) bis weit in die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts das dominierende Staatsrechtssystem blieb. 50 Gemeint sind die „Theoretiker“ des öffentlichen Rechts bzw. Staatsrechts. 51 Zu dieser Art von „Brückenprinzip“ vgl. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 17, mit dem Grundsatz, „daß das politisch Unmögliche nicht Gegenstand ernsthafter juristischer Untersuchung sein kann. [. . .] Alles Recht soll gelten, d. h. die Möglichkeit besitzen, in den Erscheinungen verwirklicht zu werden“. – Über das damit zusammenhängende Problem der sog. Verfassungslücken vgl. oben, S. 234–238. 52 Bentham, General View, S. 205, fordert die Geschlossenheit der kodifizierten Rechtsordnung („integrality of the code of laws“): „It is not sufficient that a code of laws has been well digested with regard to its extent; it ought also to be complete. [. . .] A complete digest: such is the first rule. Whatever is not in the code of laws, ought not to

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test gegen die Präjudizienwirtschaft und Irrationalität des Common Law. Gestützt wurde es indirekt durch alle jene Richtungen, welche alles überpositive Recht, insbesondre das Naturrecht, ablehnten, insofern also auch durch die historische Schule.g Gänzlich auszurotten ist freilich der latentei Einfluß naturrechtlicher, uneingestandener, Axiome auf die Rechtspraxis schwerlich.53 Aber nicht nur infolge der unausgleichbaren Kampfstellung formaler und materialer Naturrechtsaxiome gegeneinander und nicht nur infolge der Arbeit der jverschiedenen Formen der Entwicklungslehre,j sondern auch infolge der fortschreitenden Zersetzung und Relativierung aller kmetajuristischen Axiome überhaupt,k teils durch den juristischen lRationalismus selbst,l teils durch die Skepsis des modernen mIntellektualismus überhaupt,m ist die naturrechtliche Axiomatik heuten in tiefen Mißkredit geraten und hat sie jedenfalls die Tragfähigkeit als Fundament eineso Rechtes verloren. Verglichen mit dem handfesten Glauben an die positive religiöse Offenbartheit einer Rechtsnorm oder an die unverbrüchlichep Heiligkeit einer uralten Tradition sind auch die überzeugendsten[,] durch Abstraktion gewonnenen Normen für diese Leistung qzu subtil geartet.q Der Rechtspositivismus ist infolgedessen in vorläufig unaufhaltsamem Vordringen. Das Schwinden der alten Naturrechtsvorstellungen hatr die Möglichkeit, das Recht als solches kraft seiner immanenten Qualitäten mit einer überempirischen Würde auszustatten, prinzipiell vernichtet: es ist heutes allzu greifi Fehlt in A. j A: historischen Schule, k A: überjuristischen Axiome, l A: Rationalismus m A: Intellektualismus, n Fehlt in A. o A: des p A, B: Unverbrüchliche q A: ein zu subtiler Unterbau. r A: aber hat zwar s Fehlt in A. be law.“ – Vorläufer der Benthamschen Lehre finden sich freilich schon unter streng legalistisch denkenden Juristen des 17. und 18. Jahrhunderts und den von ihnen inspirierten vorrevolutionären naturrechtlichen Kodifikationen (besonders in Preußen und Österreich), wie die vorsichtige Formulierung Webers („ausdrücklich“) andeutet; vgl. darüber Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 155–157, sowie die Kontroverse mit Lukas: Hatschek, Julius, Bentham und die Geschlossenheit des Rechtssystems, in: Archiv für öffentliches Recht, Band 24, 1909, S. 442–459; Lukas, Josef, Benthams Einfluß auf die Geschlossenheit der Kodifikation, in: Archiv des öffentlichen Rechts, Band 26, 1910, S. 67–115; Hatschek, Julius, Bentham und die Geschlossenheit des Rechtssystems. Ein Schlußwort, in: Archiv für öffentliches Recht, Band 26, 1910, S. 458–469. 53 Dies betrifft generell eine als „equity“ bzw. „rechtsschöpferische Billigkeit“ auftretende Residualform des Naturrechts, aber etwa auch naturrechtliche Rückstände in Rechtsbegriffen wie der „Natur der Sache“; vgl. u. a. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 158 f., und weiterhin oben, S. 601 mit Anm. 26.

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bar in der großen Mehrzahl und grade in tvielen prinzipiell besonders wichtigent seiner Bestimmungen als Produkt und technisches Mittel eines Interessenkompromisses enthüllt. Aber eben dieses Absterben seiner metajuristischena Verankerung gehörte zu denjenigen ideologischen Entwicklungen, welche zwar die Skepsis gegenüber bder Würde der einzelnen Sätze der konkreten Rechtsordnung steigerten, eben dadurch aberb die faktische Fügsamkeit in die cnunmehr nur noch utilitarisch gewerthetec Gewalt der jeweils sich als legitim gebarendend Mächte im Ganzen eaußerordentlich förderten.e Vor allem innerhalb der Rechtspraktiker selbst. fDie Berufspflicht der Wahrung bestehenden Rechts scheint die Rechtspraktiker generell in den Kreis der „conservativen“ Mächte einzureihen. Das trifft vielfach auch zu, aber in dem doppelten Sinn, daß der Rechtspraktiker sowohl dem Ansturm materialer Postulate von „unten“, im Namen „sozialer“ Ideale, wie von „oben“, im Namen patriarchaler Macht und Wohlfahrts-Interessen der politischen Gewalt, kühl gegenüberstehen wird. Indessen gilt dies nicht unbedingt[.] Den Anwälten speziell liegt, kraft ihrer direkten Beziehung zu den Interessenten und ihrer Qualität als erwerbender, sozial schwankend bewertheter Privatleute, die Rolle der Vertretung der Nichtprivilegierten und speziell der formalen Rechtsgleichheit nahe. – Schon in den Popolanen-Bewegungen der italienischen Communen,54 dann in allen bürgerlichen Revolutionen der Neuzeit und weitgehend auch in den sozialistischen Parteien haben daher Advokaten und Juristen überhaupt eine hervorragende Rolle gespielt und in rein demokratischen politischen Verbänden (Frankreich, Italien, Vereinigte Staaten) sind sie, als die fachmäßig allein über die rechtlichen Möglichkeiten sachkundigen Techniker, als Honoratioren und als Vertrauensmänner ihrer Clientel die gegebenen Anwärter auf politische Carriere. Aber auch die Richter haben unter Umständen aus ideologischen Gründen[,] t A: den prinzipiell wichtigsten a A: überjuristischen b A: dem konkreten Rechtssatz förderten, c Fehlt in A. d A, B: gebährenden e A: dagegen außerordentlich gefördert hat. f – f (S. 614) Fehlt in A. 54 Gemeint sind die im 12. und 13. Jahrhundert in den italienischen Städten entstehenden politischen Sonderverbandsbildungen des „Volkes“, das – in Zunftverbänden organisiert – den Magnaten („ritterlich lebenden Adligen“) gegenüberstand; vgl. dazu Weber, Die Stadt, MWG I/22–5, S. 200.

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aus Standessolidarität, gelegentlich auch aus materiellen Gründen, eine sehr starke Opposition gegen die patriarchalen Mächte gebildet[.] Die feste, regelhafte Bestimmtheit aller äußeren Rechte und Pflichten wird ihnen als ein um seiner selbst willen erstrebenswertes Gut erscheinen und diese spezifisch „bürgerliche“ Grundlage ihres Denkens bedingte ihre entsprechende Stellungnahme in den politischen Kämpfen, welche um die Eindämmung der autoritären patrimonialen Willkür und Gnade geführt wurden. Aber je nach dem dabei der Nachdruck mehr auf die gThatsache derg „Ordnung“ als solcherh oder mehr auf die Garantie und Sicherheit, welche sie der Sphäre des Einzelnen verleiht, die „Freiheit“[,] fiel (das Recht als „Reglement“ oder als Quelle „subjektiven Rechts“ gewerthet wurde) – um die Unterscheidung Radbruch’s zu akzeptieren55 –[,] konnte dann weiterhin, nachdem die „Regelhaftigkeit“ der sozialen Ordnung einmal durchgesetzt war, der Juristenstand mehr auf die Seite der autoritären oder der antiautoritären Gewalten treten. Aber nicht nur dieser Gegensatz, sondern vor Allem auch die alte Alternative zwischen formalen und materialen Rechtsidealen und das ökonomisch bedingte starke Wiedererwachen dieser letzteren, oben und unten, bedingten die Abschwächung der Oppositionsstellung der Juristen als solcher[.] Durch welche technischen Mittel es ferner den autoritären Gewalten gelingt, Widerstände innerhalb des Richtertums unschädlich zu machen, ist später zu erörtern.56 Unter den allgemeinen ideologischen Gründen g B: zweckmäßige  utilitarisch oder ethisch zweckmäßige  utilitarisch oder sozialethisch zweckmäßige  Thatsache der h B: solche 55 Weber kennzeichnet hier mit Hilfe der Jellinekschen Unterscheidung von „Reglement“ und „subjektivem Recht“ die Position Radbruchs, für den Ordnung einmal „Rechtssicherheit“, zum anderen „subjektives Recht“ als Freiheit bedeutet (vgl. Radbruch, Grundzüge, S. 174 ff., 182 f.). Im Hinblick auf das Berufsbild des Richters ergab sich für den jungen Radbruch aus der Nähe zu den autoritären Gewalten die Schlußfolgerung, „daß der Richter Diener nicht der Gerechtigkeit, sondern nur der Rechtssicherheit sei, [. . .], daß es wichtiger sein kann, daß dem Streite ein Ende gesetzt wird, als daß ihm ein gerechtes Ende gesetzt wird, daß das Dasein einer Rechtsordnung wichtiger als ihre Gerechtigkeit sein kann, daß die Gerechtigkeit die zweite große Aufgabe des Rechts ist, die nächste aber Rechtssicherheit, Ordnung, Friede“ (ebd., S. 183). 56 Eine zusammenhängende Erörterung dieser Frage findet sich weder hier noch in den älteren herrschaftssoziologischen Grundrißtexten. Gelegentliche Ausführungen über die Wirkungen der Bürokratisierung des Richtertums (vgl. unten, S. 638) gehören zwar in diesen Zusammenhang, erfüllen aber kaum den Anspruch der verwiesenen Erörterung.

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der Änderungi jener Haltung der Juristen aber spielt das Schwinden des Naturrechtsglaubens eine bedeutende Rolle[.]f Soweit der Juristenstand heute überhaupt typische ideologische Beziehungen zu den gesellschaftlichen Gewalten aufweist, fällt er – j verglichen sowohlk mit den Juristen der englischen und französischen Revolutionszeit, lwie überhaupt des Aufklärungszeitalters, auchl innerhalb der patrimonialfürstlichen Despotien, der Parlamente und Gemeindekörperschaften, bis herab zum preußischen „Kreisrichterparlament“ der 60er Jahre57 –m viel stärker als je frühern in die Wagschale der „Ordnung“, und das heißt praktisch: der jeweils ogerade herrschenden „legitimen“ autoritäreno politischen Gewalten.

i B: Abschwächung  Änderung f (S. 612) – f Fehlt in A. j A: er, B: er, – k Fehlt in A. l A: des Aufklärungszeitalters auch m A: Jahre, B: Jahre, – n Fehlt in A. o A: herrschenden 57 In den zeitgenössischen Presse- und Politikeräußerungen (darunter solchen Bismarcks) – eher geringschätzinge – schlagwörtliche Bezeichnung für das liberale „Oppositionsparlament“ der preußischen Verfassungskonfliktszeit (1862–66). Während der gesamten Konfliktsepoche bildeten richterliche Beamte ein starkes Kontingent des preußischen Abgeordnetenhauses, überwiegend auf Seiten der liberalen Fraktionen. Dazu zählten neben Richtern der ersten Instanz (Kreis- und Stadtgerichte) auch höhere Richter, zu den richterlichen Beamten der ersten Instanz aber neben Kreisrichtern auch Kreisgerichtsräte, Kreisgerichtsdirektoren etc.; vgl. Haunfelder, Bernd, Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1849–1867. – Düsseldorf: Droste 1994, S. 23 ff., bes. 25 f.; Hess, Adalbert, Das Parlament, das Bismarck widerstrebte. – Köln, Opladen: Westdeutscher Verlag 1964, S. 51 ff., bes. S. 61–64.

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Die Rechtspartikularitäten im modernen Recht[.] S. 615 – Die antiformalen Tendenzen der modernen Rechtsentwicklung[.] S. 620 – Das heutige angelsächsische Recht[.] S. 631 – Laienjustiz und ständische Tendenzen des modernen Juristenstandes [.] S. 636a.

Die grundlegenden formellen Eigenarten der auf der Basis dieser rationalen und systematischen Rechtsschöpfungen entstandenen, spezifisch modernen okzidentalen Art der Rechtspflege sind nun, gerade infolge der neuesten Entwicklung, keineswegs eindeutig. Die alten Prinzipien, welche für das Ineinanderfließen „subjektiven“ und „objektiven“ Rechts entscheidend waren: daß das Recht eine „geltende“ Qualität der Glieder eines Personenverbandes darstellt, welche von diesen monopolisiert wird: die stammesmäßige oder ständische Personalität des Rechts und seine, durch genossenschaftliche Einung oder durch Privileg usurpierte oder legalisierteb Partikularität1 sind verschwunden und mit ihnen die ständischen und Sonderverbandsprozeduren und Gerichtsstände. Allein weder alles partikuläre und personale Recht noch alle Sondergerichtsbarkeit ist damit beseitigt. Im Gegenteil hat gerade die Rechtsentwicklung der neuesten Zeit eine zunehmende Partikularisierung des Rechts gezeitigt. Nur das Prinzip der Abgrenzung der Geltungssphäre ist charakteristisch abgewandelt. Typisch dafür ist einer der wichtigsten Fälle moderner Rechtspartikularität: das Handelsrecht. Diesem Spezialrecht unterliegen z. B. nach dem deutschen Handelsgesetzbuch einerseits gewisse Arten von Kontrakten, deren wichtigster: Erwerb in der Absicht gewinnbringender Weiterveräußerung, ganz im Sinn rationalisierten Rechts nicht durch Angabe formaler Qualitäten, sondern durch Bezugnahme auf den gemeinten zweckrationalen Sinn des konkreten Geschäftsakts: „Gewinn“ durch einen künftigen anderen Geschäftsakt, definiert

a–a Der Paragraphenüberschrift und dem Inhaltsverzeichnis lag vermutlich eine handschriftliche Vorlage Max Webers zugrunde; vgl. den Editorischen Bericht, oben, S. 271. b C: legalisierte, 1 Zu den „Sonder-Rechtsgemeinschaften“ und zum „Personalitätsprinzip“ vgl. oben, S. 361–366.

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ist.2 Andererseits unterliegen ihm bestimmte Gattungen von Personen, deren entscheidendes Merkmal darin besteht: daß jene Arten von Kontrakten von ihnen „gewerbsmäßig“ vorgenommen werden.3 Entscheidend ist also für die Abgrenzung der Geltungssphäre dieses Rechts nicht der Wortfassung, wohl aber der Sache nach der Begriff des „Betriebes“. Denn ein Betrieb, der sich aus jenen Geschäftsakten als konstitutiven Bestandteilen zusammensetzt, ist Kaufmannsbetrieb,4 und alle sachlich, d. h. wieder: dem gemeinten Sinne nach, zu einem konkreten Kaufmannsbetrieb „gehörigen“ Kontrakte, gleichviel welchen Charakters, sind – bestimmt das Gesetz weiter – „Handelsgeschäfte“.5 Darüber hinaus unterstehen jene für den Kaufmannsbetrieb konstitutiven Geschäfte auch dann dem Spezialrecht, wenn sie als Gelegenheitsgeschäfte von Nichtkaufleuten geschlossen werden.6 Also entscheidet für die Abgrenzung der Geltungssphäre einerseits die sachliche Qualität (vor allem: der zweckrationale „Sinn“) des Einzelgeschäftes und andererseits die sachliche (zweckrationale sinnhafte) Zugehörigkeit zum rationalen Zweckverband des Betriebs, nicht aber, wie in der Vergangenheit normalerweise, die Zugehörigkeit zu einem durch Einung oder Privileg rechtlich konstituierten Stande. Das Handelsrecht ist, soweit es personal abgegrenzt ist, Klassenrecht, nicht Standesrecht. Dieser Gegensatz gegen die Vergangenheit ist aber unzweifelhaft nur relativ. Gerade für dies Recht des Handels und der anderen rein ökonomischen „Berufe“ hat das

2 Weber bezieht sich auf § 1 Abs. 2 HGB. Die prinzipielle – nicht notwendigerweise für jedes Einzelgeschäft nachweisliche – Gewinnabsicht ist für das Bestehen eines „Handelsgewerbes“ im Sinne des HGB erforderlich; vgl. Staubs Kommentar I, S. 43, Anm. 13 und 14 zu § 1 HGB. 3 Gemeint sind die als „Kaufmann“ im Sinne des § 1 HGB geltenden Personengruppen, die nach der Art ihres Handelsgewerbes (z. B. Wertpapier-, Bankiers-, Versicherungs-, Schifftransport-, Speditions-, Verlagsgeschäfte etc.) unterschieden sind (§ 1 Abs. 2 Nr. 1–3 HGB). Nach § 1 Abs. 1 HGB ist „Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuches [. . .], wer ein Handelsgewerbe betreibt.“ 4 Weber bezieht sich auf die im § 1 Abs. 2 HGB nach ihrem Gegenstand, im § 2 Abs. 1 HGB „nach Art und Umfang des Betriebs“ zusammengefaßten „Handelsgewerbe“, die die Kaufmannseigenschaft und damit die Anwendbarkeit des HGB begründen. 5 Gemäß § 343 Abs. 1 HGB. 6 Vgl. Staubs Kommentar I, S. 46, Anm. 27 zu § 1 HGB: „Der Betrieb des Handelsgewerbes braucht nicht den ausschließlichen oder auch nur den Hauptberuf zu bilden [. . .]. Auch der Künstler, der Beamte, der Soldat, der nebenher ein Handelsgewerbe betreibt, ist Kaufmann.“

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Prinzip der Abgrenzung von jeher einen in der äußeren Form oft abweichenden, in der Sache aber innerlich ähnlichen, rein sachlichen Charakter gehabt. Nur standen daneben mit quantitativ und qualitativ überragender Bedeutung die rein ständisch abgegrenzten Rechtspartikularitäten. Und auch die Abgrenzung der Geltungssphäre der Berufspartikularrechte erfolgte – soweit sie nicht an der Aufnahme in eine Einung hing – meist rein formal, durch Erwerb einer Lizenz oder eines Privilegs. In der im neuen deutschen Handelsgesetzbuch durchgeführten Kaufmannsqualität jedes ins Handelsregister Eingetragenen7 ist die personale Sphäre des Handelsrechts nach solchen rein formalen Merkmalen abgegrenzt, im übrigen aber nach dem ökonomischen Sinn der Geschäftsgebarung. Die Sonderrechte für andere Berufsklassen sind überwiegend ebenfalls nach solchen sachlichen Merkmalen und daneben nur unter Umständen formal abgegrenzt. – Den spezifisch modernen Partikularrechten entsprechen zahlreiche Partikulargerichte und partikuläre Sonderprozeduren. Die Gründe der Entstehung dieser Partikularitäten sind wesentlich von zweierlei Art. Zunächst sind sie Folge der Berufsdifferenzierung und der steigenden Rücksichtnahme, welche die Interessenten des Güterverkehrs und der betriebsmäßigen gewerblichen Güterproduktion sich erzwungen haben. Sie erwarten von diesen Partikularitäten eine fachmäßig sachkundige Erledigung ihrer Rechtsangelegenheiten. Daneben aber spielt gerade in neuester Zeit ein anderer Grund der Partikularisierung eine zunehmende Rolle: der Wunsch, den Formalitäten der normalen Rechtsprozeduren zu entgehen im Interesse einer dem konkreten Fall angepaßteren und schleunigeren Rechtspflege. Praktisch bedeutet dies eine Abschwächung des Rechtsformalismus aus materialen Interessen heraus. Insoweit dies der Fall ist, gehört die Erscheinung in einen größeren Kreis ähnlicher moderner Vorgänge hinein. Die allgemeine Entwicklung des Rechts und des Rechtsgangs führt, in theoretische „Entwicklungsstufen“ gegliedert,8 von der 7 Gemäß § 2 Abs. 1 HGB. 8 Zum idealtypischen Sinn von theoretisch konstruierten „Entwicklungsstufen“ vgl. Weber, Objektivität, S. 76–79. – Es folgt eine typologische Zusammenfassung der entwicklungsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Darstellung in den §§ 3 ff., die sachlich an das oben, S. 303–305, entwickelte Schema der Rechtsrationalisierung anknüpft.

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charismatischen Rechtsoffenbarung durch „Rechtspropheten“ zur empirischen Rechtsschöpfung und Rechtsfindung durch Rechtshonoratioren (Kautelar- und Präjudizienrechtsschöpfung) weiter zur Rechtsoktroyierung durch weltliches Imperium und theokratische Gewalten und endlich zur systematischen Rechtssatzung und zur fachmäßigen, auf Grund literarischer und formallogischer Schulung sich vollziehenden „Rechtspfege“ durch Rechtsgebildete (Fachjuristen). Die formalen Qualitäten des Rechts entwickeln sich dabei aus einer Kombination von magisch bedingtem Formalismus und offenbarungsmäßig bedingter Irrationalität im primitiven Rechtsgang, eventuell über den Umweg theokratischer oder patrimonial bedingter materialer und unformaler Zweckrationalität zu zunehmender fachmäßig juristischer, also logischer Rationalität und Systematik und damit – zunächst rein äußerlich betrachtet – zu einer zunehmend logischen Sublimierung und deduktiven Strenge des Rechts und einer zunehmend rationalen Technik des Rechtsgangs. Daß die hier theoretisch konstruierten Rationalitätsstufen in der historischen Realität weder überall gerade in der Reihenfolge des Rationalitätsgrades aufeinander gefolgt, noch auch nur überall, selbst im Okzident, alle vorhanden gewesen sind oder auch nur heute sind, daß ferner die Gründe für die Art und den Grad der Rationalisierung des Rechts historisch – wie schon unsere kurze Skizze zeigte – wohlc verschieden geartet waren, dies alles soll hier ad hoc ignoriert werden, wo es nur auf die Festellung der allgemeinsten Entwicklungszüge ankommen kann. Es sei nur daran erinnert, daß die großen Verschiedenheiten der Entwicklung im wesentlichen bedingt waren (und sind) 1. durch die Verschiedenheit politischer Machtverhältnisse – das Imperium hat, gegenüber sippenmäßigen, dinggenossenschaftlichen und ständischen Mächten, aus politischen Gründen, die später erörtert sind,9 sehr verschieden starke Macht erlangt –, 2. durch das Machtverhältnis der theokratischen zu den profanen Gewalten,10 3. durch die in starc Lies: sehr 9 Über die unterschiedlichen Strukturbedingungen patrimonialer, feudaler und ständestaatlicher Herrschaft siehe die „Herrschaftslehre“, Weber, Patrimonialismus, MWG I/22–4, S. 285 ff., ders., Feudalismus, MWG I/22–4, S. 394 ff. 10 Vgl. über die Beziehungen politischer und hierokratischer Herrschaft, Weber, Charismatismus, MWG I/22–4, S. 464 ff.

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kem Maß von politischen Konstellationen mitbedingte Verschiedenheit der Struktur der für die Rechtsbildung maßgebenden Rechtshonoratioren.11 Nur der Okzident kannte die voll entwikkelte dinggenossenschaftliche Justiz12 und die ständische Stereotypierung des Patrimonialismus, nur er auch das Aufwachsen der rationalen Wirtschaft, deren Träger sich mit der Fürstenmacht zunächst zum Sturz der ständischen Gewalten verbünden,d dann aber revolutionär gegen sie kehrten;e nur der Okzident kannte daher auch das „Naturrecht“; nur er kennt die völlige Beseitigung der Personalität des Rechts und des Satzes „Willkür bricht Landrecht“, nur er hat ein Gebilde von der Eigenart des römischen Rechts entstehen sehen und einen Vorgang wie dessen Rezeption erlebt. Alles dies sind zum sehr wesentlichen Teil konkret politisch verursachte Vorgänge, welche in der ganzen sonstigen Welt nur ziemlich entfernte Analogien hatten. Daher ist auch die Stufe des juristischen Fachbildungsrechts, wie wir sahen,13 in vollem Umfang nur im Okzident erreicht worden. Ökonomische Bedingungen haben dabei, sahen fwir, überallf 14 sehr stark mitgespielt. Aber niemals allein ausschlaggebend, wie sich später noch bei Besprechung der politischen Herrschaft zeigen wird.15 Soweit sie bei der Bildung der spezifisch modernen Züge des heutigen okzidentalen Rechts beteiligt waren, lag die Richtung, in welcher sie wirkten, im ganzen in folgendem: Für die Gütermarktinteressenteng bedeutete die Rationalisierung und Systematisierung des Rechts, allgemein und unter dem Vorbehalt späterer Einschränkung gesprochen,h zunehmende Berechenbarkeit des Funktionierens der Rechtspflege: eine der wichtigsten Vorbedingungen für ökonomische Dauerbetriebe, speziell solche kapitalistischer Art, welche ja der juristischen „Verkehrssicherheit“ bedürfen. Sondergeschäftsford C: verbündete, h C: gesprochen:

e C: kehrte; f C: wir überall, g C: Gütermarktsinteressen

11 Zu den Typen der Rechtshonoratioren vgl. oben, S. 476 ff. 12 Zu Begriff und Formen der „dinggenossenschaftlichen Justiz“ vgl. oben, S. 465 ff., bes. 471 f. 13 Siehe oben, S. 484 f. und 578–585. 14 Siehe z. B. oben, S. 301, 367 f., 516 f., 567–569, 578 ff. und S. 604 ff. 15 Zu den an der Bürokratisierung, d. h. „Systematisierung“ und „fachmäßigen Rationalisierung“ des Rechts, beteiligten politischen und religiösen Gewalten siehe z. B. Weber, Gemeinschaften, MWG I/22–1, S. 214 f., ders., Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 187–193, ders., Staat und Hierokratie, MWG I/22–4, 647–649.

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men und Sonderprozeduren wie der Wechsel und der Wechselprozeß16 dienen diesem Bedürfnis nach rein formaler Eindeutigkeit der Rechtsgarantie. Auf der anderen Seite aber enthält nun die moderne (wie in gewissem Maße auch ebenso die antike römische) Rechtsentwicklung Tendenzen, welche eine Auflösung des Rechtsformalismus begünstigen. Wesentlich technischen Charakters erscheint auf den ersten Blick die Auflösung des formal gebundenen Beweisrechts zugunsten der „freien Beweiswürdigung“.17 Wir sahen:18 die Sprengung der urwüchsigen, ursprünglich magisch bedingten formalen Bindung der Beweismittel war das Werk teils theokratischen, teils patrimonialen Rationalismus, welche beide „materielle Wahrheitsermittlung“ postulierten, also ein Produkt materialer Rationalisierung. Heute aber ist Umfang und Grenze der freien Beweiswürdigung in erster Linie durch die „Verkehrsinteressen“, also ökonomische Momente bestimmt. Es ist klar, daß ein ehemals sehr erhebliches Gebiet formal juristischen Denkens diesem durch die freie Beweiswürdigung zunehmend entzogen wird. Uns interessieren aber mehr die entsprechenden Tendenzen auf dem Gebiet des materiellen Rechts. Ein Teil von ihnen liegt auf dem Gebiet der internen Entwicklung des Rechtsdenkens. Seine zunehmende logische Sublimierung bedeutet ja überall den Ersatz des Haftens an äußerlich sinnfälligen formalen Merkmalen durch zunehmende logische Sinndeutung, sowohl bei den Rechtsnormen selbst, wie vor allem auch bei der Interpretation der Rechtsgeschäfte.19 Diese Sinndeutung beanspruchte in der gemeinrechtlichen Doktrin, den „wirklichen Willen“ der Parteien zur Geltung zu bringen20 und trug schon dadurch ein individualisierendes und 16 Der Wechselprozeß ist eine Abwandlung des in den §§ 592 ff. ZPO geregelten Urkundenprozesses, bei dem ein Anspruch aus einem Wechsel (einer wertpapiermäßigen Forderung) geltend gemacht wird, der nur durch Vorlage der Wechselurkunde beweisbar ist. 17 Das Prinzip der freien Beweiswürdigung ist geregelt in §§ 286 f. ZPO. 18 Siehe oben, S. 512 f., S. 517 f. und S. 562–566. 19 Seit Inkrafttreten des BGB entstand eine umfangreiche Literatur zur Auslegung der im deutschen Zivilrecht rechtsdogmatisch ins Zentrum gerückten „Rechtsgeschäfte“. Einen Forschungsüberblick gibt Danz, Erich, Die Auslegung der Rechtsgeschäfte, 3., verm. und erw. Aufl. – Jena: Gustav Fischer 1911, S. 3 f., Anm. 1. 20 Die „gemeinrechtliche Doktrin“ formulieren die Pandektenlehrbücher. Zur Auslegung der Rechtsgeschäfte vgl. etwa Wächter, Carl Georg von, Pandekten, Band 1: Allgemeiner Theil, hg. von O[tto] v[on] Wächter. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1880, S. 403 f.; Dernburg, Heinrich, Pandekten, Band 1: Allgemeiner Theil und Sachenrecht,

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(relativ) materiales Moment in den Rechtsformalismus hinein. Darüber hinaus sucht sie nun aber durchweg – ganz parallel der uns bekannten Systematisierung der religiösen Ethik21 – die Beziehungen der Parteien zueinander auch auf den „inneren“ Kern des Sichverhaltens: die „Gesinnung“ (bona fides, dolus), aufzubauen und knüpft also Rechtsfolgen an unformale Tatbestände. Große Teile des Güterverkehrs sind durchweg, bei primitivem ebenso wie bei technisch differenziertem Verkehr, nur auf Grund weitgehenden persönlichen Vertrauens auf die materiale Loyalität des Verhaltens anderer möglich. Mit steigender Bedeutung des Güterverkehrs steigt daher in der Rechtspraxis das Bedürfnis nach Garantie für ein solches, der Natur der Sache nach nur unvollkommen formal zu umschreibendes Verhalten. Mithin kommt diese gesinnungsethische Rationalisierung durch die Rechtspraxis mächtigen Interessen entgegen. Aber auch über den Güterverkehr hinaus schiebt die Rationalisierung des Rechtes durchweg an die Stelle der Wertung nach dem äußeren Verlauf vielmehr die Gesinnung als das eigentlich Bedeutsame in den Vordergrund. Sie ersetzt im Kriminalrecht die Rache, für deren Bedürfnis der Erfolg im Vordergrunde steht, durch rationale, sei es ethische, sei es utilitarische „Strafzwecke“ und trägt dadurch ebenfalls zunehmend unformale Momente in die Rechtspraxis hinein. Aber noch darüber hinaus führen die Konsequenzen. Die Berücksichtigung der Gesinnung enthält, auch auf dem privatrechtlichen Gebiet, der Sache nach deren Bewertung durch den Richter. „Treu und Glaube“ und die „gute“ Sitte des Verkehrs, in letzter Instanz also ethische Kategorien, entschieden nun über dasjenige, was die Parteien wollen „durften“.22 Immerhin ist die Bezugnahme auf den „guten“ Ver3., verb. Aufl. – Berlin: H. W. Müller 1892, S. 286 f.; Brinz, Alois, Lehrbuch der Pandekten, Band 4, 2. Aufl., besorgt von Philipp Lotmar. – Erlangen, Leipzig: Andr. Deichert Nachf. 1892, S. 290 f., Windscheid, Bernhard, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 1, 2. Aufl. – Düsseldorf: Julius Buddeus 1867, S. 207. Entsprechend bestimmt § 133 BGB, daß die Auslegung einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung den „wirklichen Willen“ des Erklärenden erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften solle. 21 In: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 174 f., 369 f., deutet Weber die religiöse Ethik als Vereinheitlichung und Systematisierung der äußeren Lebensführung durch eine an religiösen Heilszielen verankerte „heilige Gesinnung“. 22 So verlangt die allgemeine Auslegungsregel des § 157 BGB: „Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.“

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kehrsbrauch hier, der Sache nach, die Anerkennung der Durchschnittsauffassung der Interessenten, also eines generellen und sachlich-geschäftlichen Merkmals wesentlich faktischer Art, als des von den Interessenten befugtermaßen durchschnittlich erwarteten und deshalb von der Justiz zu akzeptierenden Normalmaßstabs. Nun aber haben wir gesehen,23 daß die rein fachjuristische Logik, die juristische „Konstruktion“ der Tatbestände des Lebens an der Hand abstrakter „Rechtssätze“ und unter der beherrschenden Maxime: daß dasjenige, was der Jurist nach Maßgabe der durch wissenschaftliche Arbeit ermittelten „Prinzipien“ nicht „denken“ könne, auch rechtlich nicht existiere,24 unvermeidlich immer wieder zu Konsequenzen führen muß, welche die „Erwartung“ der privaten Rechtsinteressenten auf das gründlichste enttäuschen. Die „Erwartungen“ der Rechtsinteressenten sind an dem ökonomischen oder fast utilitarischen praktischen „Sinn“ eines Rechtssatzes orientiert; dieser aber ist, rechtslogisch angesehen, irrational. Niemals wird ein „Laie“ verstehen, daß es einen „Elektrizitätsdiebstahl“ bei der alten Definition des Diebstahlsbegriffs nicht geben konnte.25 Es ist also keineswegs eine spezifische Torheit der modernen Jurisprudenz, welche zu diesen Konflikten führt, sondern in weitem Umfang die ganz unvermeidliche Folge der Disparatheit logischer Eigengesetzlichkeiten jedes formalen Rechtsdenkens überhaupt gegenüber den auf ökonomischen Effekt abzweckenden und auf ökonomisch qualifizierte Erwartungen abgestellten Vereinbarungen und rechtlich relevanten Handlungen der Interessenten. Immer erneut entsteht daraus heute der Protest der Interessenten gegen das juristische Fachdenken als solches. 23 Siehe oben, S. 583. 24 Vgl. oben, S. 305, 347 f. und S. 581–583. 25 Die bekannte Formulierung des § 242 RStGB lautet: „Wer eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen, wird wegen Diebstahls mit Gefängnis bestraft.“ – Die für den Laien schwer einsehbare rechtsdogmatische Schwierigkeit, den Entzug von elektrischem Strom unter die Strafvorschrift des § 242 Abs. 1 RStGB zu fassen, war der namentlich vom Reichsgericht in zwei wichtigen Entscheidungen (RGStE, Band 29, 1897, S. 111–116; Band 32, 1900, S. 165–191) verneinte „Sach“charakter der Elektrizität; vgl. Olshausen, Kommentar, S. 952, Nr. 3 zu § 242. Der Streit wurde durch das „Gesetz betreffend die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit“ vom 9. April 1900 (RGBl., S. 228) entschieden. Eine ausführliche Erörterung darüber bei Kohlrausch, Eduard, Das „Gesetz betreffend die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit“ und seine Vorgeschichte, in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, Band 20, 1900, S. 459–510.

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Und er findet heute Unterstützung auch bei dem Denken der Juristen selbst über ihren eigenen Betrieb. Allein ohne gänzlichen Verzicht auf jenen ihm selbst immanenten formalen Charakter ist ein Juristenrecht mit diesen Erwartungen niemals völlig zur Deckung zu bringen, noch auch je gebracht worden. Das heute in dieser Hinsicht bei uns oft glorifizierte englische26 so wenig wie das altrömische Juristenrechti wie die moderne kontinentalen juristischen Denkgepflogenheiten. Auch Versuche (wie der von Erich Jung),27 an Stelle des überwundenen „Naturrechts“ als „natürliches Recht“ die den (durchschnittlichen) „Erwartungen“ der Interessenten entsprechende „Streitschlichtung“ in Anspruch zu nehmen, würde daher auf gewisse immanente Grenzen stoßen. Im übrigen aber knüpft dieser Gedanke gewiß an Realitäten des Rechtslebens an. Diese Art von Geschäftssittlichkeit, welche sich an dem „durchschnittlich zu Er wartenden“ orientiert, hat der Sache nach in der Tat schon das antike römische Recht der späteren republikanischen und namentlich der Kaiserzeit prinzipiell entwickelt.28 Es war dadurch im ganzen nur ein enger Kreis direkt als schmutzig oder betrügerisch geltender Manipulationen betroffen. In dieser Funktion konnte das Recht in der Tat nur das „ethische Minimum“ i C: Juristenrecht, 26 Vgl. unten, S. 631 mit Anm. 51. 27 Jung, Natürliches Recht, bes. S. 132 ff., kennzeichnet diese Art von Streitschlichtung ebd., S. 170: „Die Notwendigkeit solcher Entscheidungen, bei denen die Frage nach dem konkreten Recht oder Unrecht ohne die Stütze der historischen Überlieferung [das „positive Recht“, Hg.], also neu aus dem einzelnen Fall heraus, beantwortet werden muß, bildet aber eine stets offene Einfallspforte für das ursprüngliche, unabgeleitete, unmittelbar aus der Verletzungsempfindung geschöpfte Recht, für das natürliche Recht, das in dieser Gemeinschaft gilt, weil bestimmte Menschen mit gewissen angeborenen und erworbenen Eigenschaften, die auf einer bestimmten wirtschaftlichen und allgemein kulturellen Stufe zusammenleben, in den und den Fällen ein gewisses Maß von gegenseitiger Rücksichtnahme von einander verlangen [. . .]; für dasjenige Naturrecht, das freilich nicht etwa von Anbeginn in den Sternen geschrieben stand, das auch nicht durch den Finger Gottes in die Herzen der Menschen eingegraben wurde, das aber aus dem Gemeinschaftsleben und dem damit gegebenen Aufeinanderwirken der Zusammenlebenden sich entwickeln mußte.“ Auch die auf Rechtsinteressenten bezogene „Erwartungs“-Terminologie findet sich z. B. ebd., S. 107, 108 f. mit Anm. 95, 180 f., 257 f., 280, 319 f. 28 In den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen besonders zwischen römischen Bürgern und Fremden entwickelte sich ein Verkehrsrecht, dessen Rechtsinstitute in ihrer Wirksamkeit auf der „guten Treue“ beruhten (bonae fidei negotia); zur Rechtsgeschichte der römischen fides vgl. oben, S. 375–378.

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garantieren.29 Trotz der bona fides galt auch der Satz: „caveat emptor“.30 Nun aber entstehen mit dem Erwachen moderner Klassenprobleme materiale Anforderungen an das Recht von seiten eines Teils der Rechtsinteressenten (namentlich der Arbeiterschaft) einerseits, der Rechtsideologen andererseits, welche sich gerade gegen diese Alleingeltung solcher nur geschäftssittlicher Maßstäbe richten und ein soziales Recht auf der Grundlage pathetischer sittlicher Postulate („Gerechtigkeit“, „Menschenwürde“) verlangen. Dies aber stellt den Formalismus des Rechts grundsätzlich in Frage. Denn die Anwendung von Begriffen wie „Ausbeutung der Notlage“ (im Wuchergesetz) oder die Versuche, Verträge wegen Unverhältnismäßigkeit des Entgeltes als gegen die guten Sitten verstoßend und daher nichtig zu behandeln,31 stehen grundsätzlich auf dem Boden von, rechtlich betrachtet, antiformalen Normen, die nicht juristischen oder konventionellen oder traditionellen, sondern rein ethischen Charakter haben, materiale Gerechtigkeit statt formaler Legalität beanspruchen. Parallel mit diesen, namentlich durch soziale Forderungen der Demokratie einerseits, der monarchischen Wohlfahrtsbürokratie andererseits bedingten Einflüssen auf Recht und Rechtspraxis gehen nun auch interne Standesideologien der Rechtspraktiker. Die Situation des an die bloße Interpretation von Paragraphen und Kontrakten gebundenen Rechtsautomaten, in welchen man oben 29 Bezugspunkt ist eine von Jellinek in einer Jugendschrift geprägte, vielfach rezipierte Redewendung. Als „ethisches Minimum“ definiert dieser „[o]bjectiv [. . .] die Erhaltungsbedingungen der Gesellschaft, soweit sie vom menschlichen Willen abhängig sind, subjectiv [. . .] das Minimum sittlicher Lebensbethätigung und Gesinnung, welches von den Gesellschaftsgliedern gefordert wird“ (Jellinek, Georg, Die socialethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe. – Wien: Hölder 1878, S. 42). – Webers Bemerkung zielt hier vermutlich direkt auf Jung, Natürliches Recht, S. 66 f., 101, 319, der Jellineks Formulierung übernimmt und darunter soziokulturell stabilisierte wechselseitige Akteurserwartungen verstehen will. 30 „Der Käufer sehe sich vor.“ Der Grundsatz besagt, daß – vorbehaltlich einer ausdrücklich verbürgten Fehlerlosigkeit der Ware – beim Kauf die Mängelhaftung des Verkäufers ausgeschlossen ist. 31 Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das „gegen die guten Sitten verstößt“, nichtig. Nichtig ist nach Abs. 2 „insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, welche den Wert der Leistung dergestalt übersteigen, daß den Umständen nach die Vermögensvorteile in augenfälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen.“

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den Tatbestand nebst den Kosten einwirft, auf daß er unten das Urteil nebst den Gründen ausspeie,32 erscheint den modernen Rechtspraktikern subaltern und wird gerade mit Universalisierung des kodifizierten formalen Gesetzesrechts immer peinlicher empfunden. Sie beanspruchen „schöpferische“ Rechtstätigkeit für den Richter, zum mindesten da, wo die Gesetze versagen. Die „freirechtliche“ Doktrin unternimmt den Nachweis, daß dies Versagen das prinzipielle Schicksal aller Gesetze gegenüber der Irrationalität der Tatsachen, daß also in zahlreichen Fällen die Anwendung der bloßen Interpretation nur Schein sei und die Entscheidung nach konkreten Wertabwägungen, nicht nach formalen Normen, erfolge und erfolgen müsse.33 Der bekannte, in seiner praktischen Tragweite freilich oft überschätzte jArt. 1j des Schweizerischen Bürgerlichen Gesetzbuches,34 wonach der Richter mangels eindeutiger Auskunft des Gesetzes nach der Regel entscheiden solle, welche er selbst als Gesetzgeber aufstellen würde, entspricht zwar formal bekannten kantischen Formulierungen.35 Der Sache nach würde j C: § 1 32 Bereits in dem Zeitungsartikel „‚Römisches‘ und ‚deutsches‘ Recht“ (1895) hatte Weber dem deutschen Richtertum – im Vergleich zum englischen – das Ideal des „Paragraphen- und Präjudizienautomaten“ zugeschrieben, „in den man oben den Thatbestand und die Kosten wirft auf das er unten das Urteil nebst Gründen ausspeie“ (MWG I/4, S. 526–534, hier S. 533 f.). Popularisiert wurde die Metapher vom Richter als „‚Subsumtions‘-Automat“ von Bruno Schmidt, Das Gewohnheitsrecht als Form des Gemeinwillens. – Leipzig: Duncker & Humblot 1899, S. 15. 33 Vgl. den Glossareintrag „freirechtliche Bewegung“. – Darüber, wie der Richter bei unklarer, dem „allgemeinen Rechtsgefühl“, „Gerechtigkeits“- oder „Billigkeitsempfinden“ widersprechender oder ganz fehlender gesetzlicher Regelung judizieren soll, weichen die Meinungen der freirechtlichen Autoren im Detail oft voneinander ab. Die hinter der „Hülle der Gesetzesauslegung“ stehenden richterlichen „Wertabwägungen“ diskutiert Rumpf, Gesetz und Richter (wie oben, S. 75, Anm. 13), S. 50–81 („Werte bei der Rechtsanwendung“) und S. 81–87 („Interessenabwägung. Konstruktion“). 34 Art. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dez. 1907 lautet: „Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. Kann dem Gesetze keine Vorschrift entnommen werden, so soll der Richter nach Gewohnheitsrecht und, wo ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die er als Gesetzgeber aufstellen würde. Er folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.“ 35 Vgl. die kantische Formulierung des Sittengesetzes als kategorischer Imperativ: „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“ (Kant, Immanuel, Kritik der praktischen Vernunft (Immanuel Kants Werke, hg. von Ernst Cassirer in Gemeinschaft mit Hermann Cohen u. a., Band V). – Berlin: Bruno Cassirer 1914, 1,1,1, § 7: Grundgesetz der reinen prak-

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aber eine Judikatur, welche den gedachten Idealen entspräche, angesichts der Unvermeidlichkeit von Wertkompromissen, von einer Bezugnahme auf solche abstrakten Normen oft ganz absehen und mindestens im Konfliktsfall ganz konkrete Wertungen, also nicht nur unformale, sondern auch irrationale Rechtsfindung, zulassen müssen. Tatsächlich ist denn auch neben die Doktrin von der unvermeidlichen Lückenhaftigkeit des Rechts und den Protestk gegen die Fiktion seiner systematischen Geschlossenheit36 die weitergehende Behauptung getreten: daß Rechtsfindung überhaupt prinzipiell nicht „Anwendung“ genereller Normen auf einen konkreten Tatbestand sei (oder doch nicht sein sollte) –l so wenig der sprachliche Ausdruck „Anwendung“ grammatischer Regeln sei –, daß vielmehr der „Rechtssatz“ das Sekundäre, durch Abstraktion aus den konkreten Entscheidungen gewonnene seim, diese aber, die Produkte der Juristentätigkeit, der eigentliche Sitz des „geltenden“ Rechts seien.37 Während auf der anderen Seite auch die quantitative Geringfügigkeit der zur kontradiktorischen Entscheidung gelangenden Rechtsfälle gegenüber der gewaltigen Fülle der das faktische Verhalten bestimmenden Prinzipienn zur Deklassierung der k C: Prozeß

l C: sollte), –

m Fehlt in C; sei sinngemäß ergänzt.

n C: Prinzipien:

tischen Vernunft, S. 35). – Im übrigen hob Weber die Nähe der in Frage stehenden Norm zu kantischen Formulierungen bereits in seiner Diskussionsrede auf den Soziologentagsvortrag von Hermann Kantorowicz über „Rechtswissenschaft und Soziologie“ (1910) hervor. Kantorowicz hatte sie als eine mögliche Maxime zur richterlichen Schöpfung von „freiem Recht“ für den Fall konkreter Rechtslücken genannt; vgl. Kantorowicz, Vortrag (wie oben, S. 13, Anm. 55), S. 288; Weber, Diskussionsbeitrag II (wie oben, S. 19, Anm. 1), S. 326 f. 36 Das Dogma von der logischen Geschlossenheit des Rechts war Ende des 19. Jahrhunderts die Grundüberzeugung des extremen Rechtspositivismus; vgl. vor allem Bergbohm, Rechtsphilosophie (wie oben, S. 602, Anm. 30), S. 372 f. Daß die Lückenhaftigkeit des Rechts nicht zu vermeiden sei, ist Grundüberzeugung v. a. der Freirechtler; vgl. statt aller Jung, Erich, Von der ‚logischen Geschlossenheit‘ des Rechts. – Berlin: H. W. Müller 1900. 37 Den abgeleiteten Charakter der „Rechtsregeln“ oder „Rechtssätze“ aus Entscheidungen, die ihrerseits das „geltende“ Recht den „Rechtsverwirklichungen“ der Interessenten und Rechtspraktiker entnehmen, betont schon Ehrlich; vgl. ders., Freie Rechtsfindung und freie Rechtswissenschaft. – Leipzig: C. L. Hirschfeld 1903, S. 11 (hinfort: Ehrlich, Freie Rechtsfindung). – Webers Formulierung legt freilich den direkten Bezug auf Jung nahe, bei dem es heißt, „daß nicht der allgemein redende Rechtssatz, sondern der konkrete Rechtsbefehl die reelle Erscheinung des Rechtslebens ist. Der ‚organisch‘, aus der bisherigen sozialen Übung entstandene Rechtssatz ist nur die Abstraktion aus den einzelnen Verwirklichungen und daher schon vorher verwirklicht und geltend “ (Jung, Natürliches Recht, S. 145; vgl. ebd., S. 101, 317 f.).

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„nur“ als „Entscheidungsnormen“ in Betracht kommenden Gesetzesregeln gegenüber den im prozeßlosen Alltag faktisch „geltenden“ Regeln benutzt und daraus das Postulat der „soziologischen“ Fundamentie rung der Jurisprudenz abgeleitet wird.38 Aus der historischen Tatsache: daß das Recht lange Epochen hindurch ein Produkt der Tätigkeit der zunehmend juristisch beratenen Rechtsinteressenten und der zunehmend juristisch gebildeten Richter gewesen ist und teilweise noch ist, daß, m. a.W., alles „Gewohnheitsrecht“ in Wahrheit Juristenrecht war und ist, im Zusammenhalt mit der ebenso unzweifelhaften Tatsache: daß noch jetzt die Gerichtspraxis, z. B. auch des deutschen Reichsgerichts, gerade nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs, gelegentlich teils praeter, teils sogar contra legem ganz neue Rechtsprinzipien aufstellt,39 wird manchmal sowohl die Überlegenheit der Präjudizien gegenüber der rationalen Satzung objektiver Normen, wie die Überlegenheit des konkreten zweckrationalen Interessenausgleichs gegenüber der Schaffung und Anerkennung von „Normen“ überhaupt abgeleitet. Die moderne Rechtsquellenlehre hat sowohl den vom Historismus geschaffenen, halb mystischen Begriff des „Gewohnheitsrechts“ wie den ebenfalls historischen Begriff eines „Willens des Gesetzgebers“,40 der durch Studium der Entstehungsweise 38 Vgl. Jung, Natürliches Recht, S. 98 f. und S. 99, Anm. 84. Daneben bezieht sich Weber wohl vor allem auf Ehrlich, der das Recht als „soziale Organisationsform“ einerseits und als „richterliche Entscheidungsnorm“ andererseits differenziert und die Entscheidungsnormen auf die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse („Organisationsformen“) zurückführt; vgl. Ehrlich, Freie Rechtsfindung (wie oben, S. 626, Anm. 37), S. 36 f.; ders., Tatsachen (wie oben, S. 73, Anm. 4), S. 7 f.; ders., Soziologie und Jurisprudenz (wie oben, S. 129, Anm. 74), S. 7. Die Jurisprudenz werde ihrer Aufgabe nur dann gerecht, „wenn sie eine Morphologie der menschlichen Gesellschaft gibt, und die Kräfte, die in der Gesellschaft wirken auf ihr Wesen und ihr Maß untersucht. So wird die Jurisprudenz zur Rechtswissenschaft, zur Lehre vom Recht als gesellschaftlicher Erscheinung [. . .]“ (Ehrlich, Soziologie und Jurisprudenz, S. 19). – Im übrigen haben die Freirechtler das Verhältnis von Soziologie und Jurisprudenz unterschiedlich konzipiert; durchaus eine „Soziologisierung des Rechts“ wird von Ernst Fuchs und Eugen Ehrlich postuliert. 39 Die Rechtsprechung, namentlich die reichsgerichtliche Judikatur, griff bei ihren rechtsfortbildenden Entscheidungen auf Generalklauseln bzw. allgemeine Rechtsgrundsätze wie „bona fides“, „Treu und Glauben“, „gute Sitten“ (§§ 157, 242, 826 BGB), schließlich auf „Billigkeit“ und „Gerechtigkeit“ zurück. Die Vertreter der Freirechtsbewegung schrieben sich in ihren Schriften immer wieder diese rechtspraktischen Erfolge ihrer Forderungen zu; vgl. etwa Fuchs, Ernst, Soziologie und Pandektologie in der neuesten Judikatur des Reichsgerichts, in: Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen. Steuer- und Stempelfragen, Jg. 19, 1910, S. 229–244. 40 Der „Wille des Gesetzgebers“ als alleiniger Maßstab der Rechtsprechung lag ge-

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des Gesetzes (aus Kommissionsprotokollen und ähnlichen Quellen) zu ermitteln sei, zersetzt: mit dem „Gesetz“, nicht mit dem „Gesetzgeber“ habe es der Jurist zu tun.41 Das dergestalt isolierte „Gesetz“ aber wird dann zur Bearbeitung und Verwendung ihm, dem Juristen – bald mehr der „Wissenschaft“ (so sehr oft auch in den Motiven moderner Gesetzbücher), bald mehr dem Praktiker – überantwortet. Dabei wird die Bedeutung der gesetzgeberischen Fixierung eines Rechtsgebots unter Umständen bis zur Rolle eines bloßen „Symptoms“ der Geltung oder auch nur der gewünschten – aber bis zur Stellungnahme der Rechtspraxis problematischen – Geltung eines Rechtssatzes herabgesetzt. Der Vorliebe für die mit dem Rechtsleben, d. h. aber: mit dem Leben des Rechtspraktikers, in Berührung gebliebenen Präjudizienrechte zuungunsten der Gesetzesrechte tritt nun aber wieder der Anspruch entgegen:o daß auch die Präjudizien zugunsten der freien Abwägung zwischen den unvermeidlich stets konkreten Wertungsmöglichkeiten nicht über den Einzelfall hinaus bindend sein dürften.42 Im Kontrast zu diesen Konsequenzen des Wertirrationalismus erhebt sich andererseits der Versuch einer Retablierung eines objektiven Wertmessers. Je mehr sich der Eindruck aufdrängt, daß Rechtsordnungen als solche eine bloße „Technik“ darstellen, desto stärker wird naturgemäß

o C: entgegen; wissermaßen in der Konsequenz des Benthamschen Ideals einer vollständigen und möglichst widerspruchsfreien Gesetzgebung. Der postulierten Lückenlosigkeit und Geschlossenheit des Rechts ging dann vor allem die romanistische Richtung der historischen Rechtsschule mit Blick auf den „gesetzgeberischen Willen“ im Corpus iuris nach; vgl. darüber Lukas, Josef, Zur Lehre vom Willen des Gesetzgebers. Eine dogmengeschichtliche Untersuchung, in: Staatsrechtliche Abhandlungen. Festgabe für Paul Laband zum 50. Jahrestage der Doktor-Promotion, Band 1. – Tübingen: J. C.B: Mohr (Paul Siebeck) 1908, S. 399–427, bes. 420 ff. 41 Dahin faßt etwa Rumpf, Gesetz und Richter (wie oben, S. 75, Anm. 13), S. 120, die herrschende Rechtsquellenlehre zusammen. Vgl. auch Radbruch, Gustav, Rechtswissenschaft als Rechtsschöpfung, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 22, 1906, S. 355–370, hier S. 359 (hinfort: Radbruch, Rechtswissenschaft). 42 In diesem Sinne meint etwa Rumpf, Gesetz und Richter (wie oben, S. 75, Anm. 13), S. 102, „daß die Ergebnisse der Rechtsanwendung, die Urteile des Richters, in schwierigen Fällen keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben können“ (vgl. ebd., S. 105 f., 110). Auch Radbruch, Rechtswissenschaft (wie oben, Anm. 41), S. 364, hält fest, „daß die Rechtsschöpfung des Richters im Gegensatz zur Rechtsschöpfung des Gesetzgebers nur für den Einzelfall Geltung verlangt.“ Vgl. weiterhin Flavius, Kampf (wie oben, S. 17, Anm. 76), S. 16 f.

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eben diese Deklassierung von den Juristen perhorresziert. Eine rein technische Anordnung, wie die: daß beim Überschreiten einer Grenze von gewissen Gütern eine gewisse Abgabe zu entrichten sei, auf eine Stufe mit Rechtssätzen über die Ehe oder die väterliche Gewalt oder auch den Inhalt des Eigentumsrechts zu stellen, sträubt sich das Empfinden gerade des Rechtspraktikers, und es taucht jenseits des positiven, als wandelbar und weitgehend „technisch“ erkannten, Rechts der sehnsüchtige Gedanke an ein überpositives Recht auf. Zwar das alte „Naturrecht“ erscheint durch die historische und rechtspositivistische Kritik diskreditiert.43 Als Ersatz bietet sich teils ein religiös gebundenes Naturrecht der (katholischen) Dogmatiker an,44 teils der Versuch, durch Deduktionen aus dem „Wesen“ des Rechts objektive Maßstäbe zu gewinnen. Entweder auf apriorischem, am Neukantianismus orientierten Wege: das „richtige Recht“ als Ordnung einer „Gesellschaft freip wollender Menschen“,45 sowohl als legislativer Maßstab für die rationale Rechtsschöpfung, wie als Quelle der Rechtsfindung in den Fällen, wo das Gesetz den Richter auf scheinbar unformale Merkmale verweist, – in beiden Richtungen vorerst wesentlich eine Verheißung ohne wirkliche Erfüllung. Oder empirisch und dane-

p C: sein

Zur Emendation vgl. Anm. 45.

43 Zur historischen und rechtspositivistischen Naturrechtskritik vgl. oben, S. 610 ff. 44 Einen kritischen Überblick über die zeitgenössischen Naturrechtsströmungen, darunter das religiöse Naturrecht, gibt Bergbohm, Rechtsphilosophie (wie oben, S. 602, Anm. 30), S. 232 ff. Das katholische Naturrecht mußte mit dem kirchlichen Dogma vereinbar sein und konnte unter der unbezweifelten Autorität der Kirche naturgemäß nicht rationalistisch im Sinne einer „auf die Selbstherrschaft der Vernunft des sittlich-natürlichen Menschen“ (ebd., S. 262) begründeten Lehre argumentieren. U. a. Georg von Hertling ist diesem Kreis naturrechtlicher Schriftsteller zuzurechnen. 45 Weber bezieht sich auf Stammlers „allgemeingültige“, „formale Methode“, den „objektiv richtigen“ Inhalt des Rechts festzustellen; vgl. zuerst Stammler, Richtiges Recht (wie oben, S. 222, Anm. 75); auch ders., Recht (ebd.), bes. S. 41. Da Stammler das Recht als apriorische „Form“ des auf gemeinsame Zweckverfolgung („Bedürfnisbefriedigung“) gerichteten „sozialen Lebens“ betrachtet, führt die sozialphilosophische Frage „nach einer richtigen Ausgestaltung des sozialen Lebens“ auf jene nach dem Maßstab des „richtigen Rechts“. Ein konkretes rechtliches Wollen sei inhaltlich dann richtig, „wenn es in seiner besonderen Lage der Idee einer Gemeinschaft von freiwollenden Menschen entspricht“ (Stammler, Rudolf, Die grundsätzlichen Aufgaben des Juristen in Rechtssprechung und Verwaltung, in: Verwaltungsarchiv, Band 15, 1907, S. 1–59, Zitat S. 18; hinfort: Stammler, Aufgaben).

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ben an Comte orientiert:46 durch Hinweis auf die Untersuchung der „Erwartungen“, welche der Rechtsinteressent begründeterweise nach der Durchschnittsauffassung der Verbindlichkeiten anderer zu hegen pflege, als letzte, auch dem Gesetz gegenüber souveräne Entscheidungsnorm, welche den als unklar empfundenen Begriff der „Billigkeit“ und ähnliche47 zu ersetzen habe. Die speziellere Erörterung und vollends eine „Kritik“ dieser, wie schon die kurze Skizze zeigt, untereinander zu höchst widerstreitenden Resultaten gelangenden Bewegungen gehört nicht hierher. Die Existenz aller dieser Strömungen ist international, am stärksten aber machen sie sich in Deutschland und Frankreich bemerkbar. Einig sind sie im wesentlichen nur in der Ablehnung der überkommenen und bis vor kurzem herrschenden petitio principii der begrifflichen „Lückenlosigkeit“ des Rechts. Im übrigen wenden sie sich gegen sehr verschiedene Gegner, z. B. in Frankreich gegen die Schule der Codeinterpreten,48 in Deutschland gegen die Methodik der Pandektisten.49 Je nach der Eigenart der Träger der Bewegung kommt sie in ihrem Ergebnis mehr zu Schlüssen, welche dem Prestige der „Wissenschaft“, also der Theoretiker, oder dem der Rechtspraktiker zugute kommen. Durch die stetige Zunahme des formulierten Gesetzesrechts und namentlich der systematischen Kodifikationen fühlen sich die akademischen Juristen in ihrer Bedeutung und auch in den Chancen der Bewegungsfreiheit des wissenschaftlichen Denkens empfindlich bedroht, und die rapide Zunahme der 46 Weber bezieht sich auf Jung, Natürliches Recht, bes. S. 31 ff. (Kritik der herrschenden Rechtsquellenlehre), S. 100 ff. (Übung und daran orientierte Erwartungen als Geltungsgrund des „positiven“ Rechts) und S. 259 ff. (zur „Wissenschaft vom geltenden Recht“ und zur „Wissenschaft von seinen ‚natürlichen‘ Grundlagen“). 47 Gemeint sind die juristischen Generalklauseln wie „gute Sitten“, „Treu und Glauben“, „wichtiger Grund“, „sittliche Pflicht“ etc.; vgl. z. B. Stammler, Aufgaben (wie oben, S. 629, Anm. 45), S. 2, 22, 27, passim. 48 Gemeint ist namentlich Gény, François, Méthode d’interprétation et sources en droit privé positif: essai critique (Bibliothèque de jurisprudence civile contemporaine). – Paris: Chevalier-Marescq 1899 (Gény, François, Méthode d’interprétation et sources en droit privé positif: essai critique, 2. éd. – Paris: Librairie générale de droit & de jurisprudence 1919, hier Tome 2, S. 74 ff.) 49 Gemeint ist die Methode der gemeinrechtlichen Jurisprudenz wie sie speziell von Puchta begründet und von der sog. Begriffsjurisprudenz des späteren 19. Jahrhunderts kanonisiert wurde. Bedeutendster Vertreter der späten Pandektistik war Bernhard Windscheid, dessen Pandektenlehrbuch als gesammeltes Wissen der Pandektenwissenschaft noch die Redaktion des BGB maßgeblich beeinflußte; vgl. auch die Glossareinträge „Pandekten“ und „gemeinrechtliche Jurisprudenz“.

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sowohl antilogischen wie antihistorischen Bewegungen in Deutschland, wo man das Los der französischen Rechtswissenschaft nach dem Code, derq preußischen nach dem Allgemeinen Landrecht fürchtet, ist dadurch leicht erklärlich und insofern Produkt einer historischen, intern intellektualistischen Interessenkonstellation. Alle, auch und gerade die irrationalistischen, Spielarten der Abkehr von der in der gemeinrechtlichen Wissenschaft entwickelten rein logischen Rechtssystematik sind aber andererseits auch wieder Konsequenzen der sich selbst überschlagenden wissenschaftlichen Rationalisierung und voraussetzungslosen Selbstbestimmung des Rechtsdenkens. Denn soweit sie nicht selbst rationalistischen Charakter haben, sind sie doch, als Form der Flucht in das Irrationale, eine Folge der zunehmenden Rationalisierung der Rechtstechnik – eine Parallelerscheinung der Irrationalisierung des Religiösen.50 Vor allem anderen aber ist – was nicht übersehen werden darf – dies aus dem Bestreben der zunehmend in Interessenverbänden zusammengeschlossenen modernen Rechtspraktiker nach Erhöhung des Standeswürdegefühls durch Erhöhung des Machtbewußtseins bedingt, wie in Deutschland z. B. die häufige Bezugnahme auf die „vornehme“ Stellung des englischen, nicht an ein rationales Recht gebundenen, Richters zeigt.51 Dieser Unterschied des kontinentalen gegenüber dem angelsächsischen Recht hat freilich vornehmlich in Umständen seinen Grund, welche mit Verschiedenheiten der allgemeinen Herrschaftsstruktur und der daraus folgenden Art der Verteilung sozialer Ehre zusammenhängen. Davon war teils schon die Rede, teils wird in anderem Zusammenhang noch darüber zu reden sein.52 Jedenfalls handelt es sich, auch soweit ökonomische Determinanten mitspielen, um sehr stark q C: des 50 Vgl. dazu Webers Bemerkungen in: Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22–2, S. 156 f. 51 Vor allem die Freirechtsbewegung hat zugunsten der unvermeidlich rechtsschöpferischen Tätigkeit des Richters immer wieder auf das Beispiel des englischen „Richterkönigtums“ verwiesen; vgl. statt aller: Flavius, Kampf (wie oben, S. 17, Anm. 76), S. 7 f., 42; Ehrlich, Freie Rechtsfindung (wie oben, S. 626, Anm. 37), 29 ff., 31 f.; kritisch dazu Gerland, Heinrich B[althasar], Die Einwirkung des Richters auf die Rechtsentwicklung in England. – Leipzig, Berlin: Rothschild 1910, S. 19 ff., 38–40. 52 Siehe oben, S. 476–484, sowie in der älteren „Herrschaftslehre“, Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 188–193.

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intern, durch Verhältnisse und Existenzbedingungen des Juristenstandes, bestimmte Umstände und daneben um Gründe, die in der Verschiedenheit der politischen Entwicklung liegen.53 Als Resultat dieser Verschiedenheit der geschichtlichen Konstellationen aber – das geht uns hier an – steht die Tatsache vor uns, daß der moderne Kapitalismus gleichmäßig gedeiht und auch ökonomisch wesensgleiche Züge aufweist nicht nur unter Rechtsordnungen, welche, juristisch angesehen, höchst ungleichartige Normen und Rechtsinstitute besitzen –r schon ein vermutlich so fundamentaler Begriff wie „Eigentum“ nach Art des kontinentalen Instituts dieses Namens fehlt dem angelsächsischen Recht noch heute54 –[,] sondern welche auch in ihren letzten formalen Strukturprinzipien soweit als möglich auseinandergehen. Das englische Rechtsdenken ist 1. noch heute, trotz aller Beeinflussung durch die immer strengeren Anforderungen an die wissenschaftliche Schulung, in weitestgehendem Maße eine „empirische“ Kunst. Das „Präjudiz“ hat seine alte Bedeutung voll beibehalten, nur gilt es für „unfair“, sich auf Präjudizien, die allzulange, etwa um mehr als ein Jahrhundert zurückliegen, zu beziehen.55 Nicht allein, aber allerdings wie es scheint, r C: besitzen: – 53 Vgl. Weber, Bürokratismus, MWG I/22–4, S. 191 f.: „Der überwiegende Grund des trotzdem vorhandenen Unterschieds in der Entwicklung des materiellen Rechts in England und Deutschland lag [. . .] nicht hier [in der zunehmend rationalisierten Wirtschaft, Hg.], sondern er entsprang einer Eigengesetzlichkeit der Entwicklung der beiderseitigen Herrschaftsstruktur: in England zentralisierte Justiz und zugleich Honoratiorenherrschaft, in Deutschland Fehlen der politischen Zentralisation und zugleich Bürokratisierung.“ 54 Weber bezieht sich hier v. a. auf das lehnsrechtlich geprägte Immobiliarrecht. Absolutes Eigentum an Grundstücken, „dominium“ des Corpus iuris oder „ownership“, gab es seit der normannischen Eroberung nicht mehr, sondern lediglich abgestufte Herrschaftsrechte (estates), von denen bei unbestimmter Dauer (estates of freehold) lediglich der „estate in fee simple“ dem kontinentalen Eigentum vergleichbar war. Erst die Reformierung des Grundbesitzrechts durch eine Reihe von Gesetzen in den Jahren 1925/26 brachte mit dem „estate in fee simple absolute in possession“ ein dem wirtschaftlichen Volleigentum analoges Institut; vgl. z. B. Heymann, Überblick, S. 309 ff.; für die spätere Entwicklung etwa Henrich, Dieter, Einführung in das englische Privatrecht, 2. Aufl. – Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1993, S. 88 ff. 55 Der Bezug war nicht nachzuweisen. – Die zeitgenössische Theorie besagt allerdings, daß, während die Präjudizien im allgemeinen zwar mit zunehmendem Alter an Autorität gewinnen, sie diese infolge zwischenzeitlich abweichender Entscheidungspraxis auch wieder verlieren können und dann unter Umständen nachteilige Konsequenzen zeitigen; vgl. Salmond, John W[illiam], The Theory of Judicial Precedents, in: The Law Quarterly Review, Vol. 16, 1900, S. 376–391, hier S. 382 f.

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besonders stark in den Neuländern, namentlich den Vereinigten Staaten, ist dabei 2. der genuine „charismatische“ Charakter der Rechtsfindung noch fühlbar erhalten. Die Präjudizien haben in der Praxis ein höchst verschiedenes Gewicht nicht etwa nur, wie überall, nach der hierarchischen Stellung der Instanz, sondern je nach der ganz persönlichen Autorität des einzelnen Richters. Für wichtige Neuschöpfungen von Rechtsmitteln – wie etwa diejenigen Lord Mansfields56 – gilt dies im ganzen angelsächsischen Rechtskreis. Aber der amerikanischen Anschauung ist das Urteil überhaupt eine persönliche Schöpfung dieses konkreten Richters, den man mit Namen zu bezeichnen pflegt, im Gegensatz zu dem unpersönlichen „Königlichen Amtsgericht“ der europäisch-kontinentalen, bürokratischen Amtssprache. Und auch der englische Richter nimmt diese Stellung in Anspruch. Damit hängt es zusammen, daß 3. auch der Grad der Rationalität des Rechts ein wesentlich geringerer und die Art derselben eine andere ist als im kontinentalen europäischen Recht. Es fehlte bis in die jüngste Vergangenheit, jedenfalls aber bis Austin, eine englische Jurisprudenz, welche den Namen „Wissenschaft“ verdient hätte, wenn man den kontinentalen Begriff zugrunde legt, fast ganz. Schon dies machte eine Kodifikation, wie sie Bentham gefordert hatte, fast unmöglich.57 Dieser Zug nun ist gerade derjenige, welcher die „praktische“ Anpassungsfähigkeit des englischen Rechts, seinen „praktischen“ Charakter vom Standpunkt der Interessenten aus vornehmlich bedingt. Das Rechtsdenken des „Laien“ ist einerseits wortgebunden. Er pflegt vor allem ein Wortrabulist zu werden, wenn er „juristisch“ zu argumentieren glaubt. Und daneben ist ihm das Schließen vom Einzelnen auf das Einzelne natürlich: die juristische Abstraktion des „Fachmanns“ liegt ihm fern. In beiden Hinsichten aber ist ihm die Kunst der empirischen Jurisprudenz verwandt, wie wir sahen.58 Sie mag ihm unsympathisch sein – kein Land der Welt kennt so bittere Klagen und Satiren auf den Rechtsbetrieb der Anwälte wie 56 Vgl. oben, S. 450. 57 Vgl. Hatschek, Englisches Staatsrecht I, S. 103 f., 107, 152 ff., der das Scheitern aller Kodifikationsbestrebungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf die freie Stellung des englischen Richters gegenüber dem Gesetz und die mangelhafte wissenschaftliche Durchdringung des Rechtsstoffes zurückführt; vgl. auch oben, S. 482 mit Anm. 15 (S. 482 f.). 58 Siehe oben, S. 479–481.

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England.59 Und die Konstruktionsformen des Kautelarjuristen mögen ihm ganz unverständlich sein: was wiederum im höchsten Grad in England der Fall ist. Aber ihre prinzipielle Eigenart ist ihm verständlich; er kann sie „nacherleben“ und sich mit ihr abfinden, indem er sich ein für allemal – wie dies jeder englische Geschäftsmann tut – einen juristischen Beichtvater für alle Lebensverhältnisse anstellt und bezahlt. Er stellt daher keine Anforderungen und Erwartungen an das Recht, die durch rechtslogische Konstruktionen enttäuscht werden könnten. Und auch für den Rechtsformalismus gibt es Ventile. Zwar auf dem Gebiet des Privatrechts sind Common Law und heute auch Equity schon infolge der Präjudizienbindung in weitem Maße „formalistisch“ in der praktischen Handhabung. Dafür sorgt schon die Traditionsgebundenheit des Anwaltsbetriebs. Allein schon das Institut der Civiljury bedingt Grenzen der Rationalität, welche als solche durchaus nicht nur als unvermeidlich hingenommen, sondern gerade wegen der Gebundenheit der Richter an die Präjudizien geschätzt werden, in der Sorge davor, daß ein Präjudiz eine formale bindende Regel (ein „bad law“) auf Gebieten schaffen könnte, welche man der konkreten Wertabwägung zugänglich erhalten möchte.60 Die Darstellung der Art wie diese Teilung in ein Gebiet der Präjudiziengebundenheit und ein anderes der konkreten Wertabwägung praktisch funktioniert, gehört nicht hierher. Jedenfalls bedeutet sie eine Abschwächung der Rationalität der Rechtspflege. Dazu tritt die recht summarische, noch heute stark patriarchale und höchst irrationale Art der Behandlung aller alltäglichen Bagatellsachen in der friedensrichterlichen Einzeljurisdiktion in England, welche – wie man sich aus Mendelssohns Darstellung leicht überzeugen kann61 – in einer uns unbekannten Art den Charakter der „Kadi“-Justiz bewahrt hat. Alles in allem das Bild einer Rechtspflege, welche in der prinzipiellsten formellen Eigentümlichkeit des materiellen Rechts sowohl wie des Prozeßverfahrens, soweit als innerhalb eines weltlichen, von theokratischer Gebundenheit und patrimonialen Ge59 So hat etwa Charles Dickens in seinen Romanen „Posthumous Papers of the Pickwick Club“ (1836/37) und „Bleakhouse“ (1853) ein bitter-satirisches Bild der englischen Justiz gezeichnet. Mendelssohn Bartholdy, Imperium des Richters, S. 59 ff., kontrastierte Dickens’ Justizkarikatur mit der Rechtspraxis. 60 Vgl. oben, S. 449 f. 61 Mendelssohn Bartholdy, Imperium des Richters, bes. S. 169 ff., wo eine Reihe von Rechtsfällen und deren Entscheidung geschildert werden.

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walten freien Betriebes der Justiz überhaupt möglich, abweicht von der Struktur des kontinentalen Rechts. Denn jedenfalls ist die englische Rechtsfindung dem Schwerpunkt nach nicht, wie die kontinentale[,] „Anwendung“ von „Rechtssätzen“, welche mit Hilfe der Logik aus dem Inhalt gesetzlicher Vorschriften sublimiert sind. Diese Abweichungen haben, auch ökonomisch und sozial, ziemlich fühlbare Konsequenzen gehabt, – durchweg aber Einzelkonsequenzen, nicht solche, welche die Gesamtstruktur der Wirtschaft beeinflußt hätten. Für die Entfaltung des Kapitalismus kam vielmehr daran nur ein Doppeltes begünstigend in Betracht: einmal der Umstand, daß die Rechtsbildung dem Schwerpunkt nach in der Hand der Anwälte lag, aus denen die Richter sich rekrutierten – also in der Hand einer Schicht, welche im Dienst der begüterten[,] speziell der kapitalistischen Privatinteressenten tätig wird und materiell direkt von ihnen lebt. Und ferner, in Verbindung damit, durch den Umstand, daß die Konzentration der Rechtspflege bei den Reichsgerichten in London und ihre gewaltige Kostspieligkeit der Sache nach einer Justizverweigerung für die Unbemittelten sehr nahe kam.62 Jedenfalls aber hat die im Wesen gleichartige kapitalistische Entwicklung diese außerordentlich starken Gegensätze der Eigenart des Rechts nicht auszugleichen vermocht. Und es besteht auch gar keine sichtbare Tendenz dazu, die Struktur des Rechts und der Rechtspflege aus Motiven der kapitalistischen Wirtschaft heraus in der Richtung der kontinentalen Verhältnisse umzuformen. Wo, im Gegenteil, beide Arten der Rechtspflege und Rechtsbildung Gelegenheit hatten miteinander zu konkurrieren, – wie in Kanada –, zeigte sich die angelsächsische Weise überlegen und verdrängte die uns gewohnte relativ rasch.63 Es liegt also im Kapitalismus als solchem kein entscheidendes Motiv der Begünstigung derjenigen Form der Rationalisierung des Rechts, welche seit der romanistischen Universitätsbildung des Mittelalters dem kontinentalen Okzident spezifisch geblieben ist. 62 Zur weitgehenden Rechtsverweigerung der englischen Friedensrichterjustiz gegenüber den ökonomisch benachteiligen Schichten vgl. oben, S. 518 f. 63 Vgl. Pollock, Frederick, A First Book of Jurisprudence, for Students of the Common Law. – London: Macmillan & Co. 1896, S. 325: „Where the two systems have come into competition, as they have done in the Province of Quebec, the Cape Colony, and other British possessions originally settled under Continental systems of law, the method of ascribing exclusive authority to judicial decisions has invariably, so far as I know, been accepted“; Pollock referierend auch Ehrlich, Grundlegung, S. 237.

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Umgekehrt entwickelt die moderne soziale Entwicklung, außer den früher erwähnten politischen64 und dens zuletzt erörterten intern ständisch-juristischen, auch sonst allgemeine Motive, welche den formalen Rechtsrationalismus abschwächen. Direkte irrationale „Kadijustiz“ wird heute in der Strafrechtspflege in weitem Umfang von der „populären“ Rechtspflege der Geschworenen geübt. Sie kommt dem Empfinden der nicht fachjuristisch geschulten Laien, deren Gefühl der Formalismus des Rechts im konkreten Fall immer wieder beleidigen muß und überdies den Instinkten der nichtprivilegierten Klassen entgegen, welche materiale Gerechtigkeit verlangen. Allein gerade gegen die, durch diesen relativen Volksjustizcharakter bedingte Eigenart der Geschworenenjustiz erheben sich von zwei Seiten her Angriffe. Zunächst wegen der stärkeren Interessengebundenheit der Geschworenen gegenüber der Sachlichkeit, die dem inneren Habitus des Fachmanns entspricht. Wie schon in der römischen Antike die Geschworenenliste Gegenstand des Klassenkampfes war, so wird die heute vorwiegende und in gewissem Umfang schwer vermeidliche, aber natürlich auch stark politisch bedingte, Auslese der Geschworenen aus „abkömmlichen“ Honoratiorenschichten, wenn auch vorwiegend plebejischer Art, als die Klassenjustiz begünstigend, namentlich von den Arbeitern perhorresziert, und, wo diese an der Geschworenenbank beteiligt werden, umgekehrt von den besitzenden Klassen. Übrigens sind nicht nur „Klassen“ als solche Interessenten: In Deutschland, wo allerdings die Geschlechtsehre der Frau auch sonst am niedrigsten gewertet wird, sind die Männer als Geschworene fast nie zu bewegen, einen ihren Geschlechtsgenossen z. B. wegen Vergewaltigung schuldig zu sprechen; mindestens dann nicht, wenn das Mädchen ihnen als „bescholten“ gilt. Auf der anderen Seite reagiert gegen die Laienjustiz die juristische Fachschulung mit dem Anspruch, daß die Laien, deren formal juristisch oft höchst anfechtbarer Wahrspruch ohne Begründung und ohne Möglichkeit materialer Anfechtung, also ganz nach Art eines irrationalen Orakels, abgegeben werde, beim Judizieren der Kontrolle der Fachmänner unterstellt, daß also gemischte Kollegien gebildet wers C: der 64 Siehe oben, S. 612 ff., 624.

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den, in denen dann die Laien nach aller Erfahrung normalerweise den Fachjuristen an Einfluß unterlegen sind, so daß ihre Anwesenheit praktisch meist nur die Bedeutung einer Art Publizitätszwang für die Erwägungen der Fachjuristen zu besitzen pflegt, wie man ihn in der Schweiz durch die Öffentlichkeit auch der Beratungen der Gerichte durchzuführen gesucht hat.65 Der Fachjustiz ihrerseits wiederum winkt auf kriminellem Gebiet die Entmündigung durch die Fach-Psychiater, auf welche zunehmend die Verantwortung gerade für die Beurteilung besonders schwerer Straftaten abgewälzt wird und denen damit der Ratio nalismus eine Aufgabe zuschiebt, welche sie mit den Mitteln echter Naturwissenschaft gar nicht lösen können. Alle diese Konflikte sind ersichtlich nur höchst indirekt durch die technische und ökonomische Entwicklung, welche den Intellektualismus begünstigt, mitbedingt, primär aber meist Konsequenzen des unaustragbaren Gegensatzes zwischen formalem und materialem Prinzip der Rechtspflege, welche auch bei ganz gleicher Klassenlage miteinander in Konflikt geraten. Übrigens ist nicht sicher, ob die heute negativ privilegierten Klassen,t speziell die Arbeiterschaft, von einer unformalen Rechtspflege für ihre Interessen das zu erwarten haben, was die Juristen-Ideologie annimmt. Ein bürokratisierter, in den leitenden Stellen zunehmend planvoll aus der Staatsanwaltschaft rekrutierter, überdies in seinem Avancement durchaus von den politisch herrschenden Gewalten abhängiger Richterstand kann nicht mit den schweizerischen oder englischen, noch weniger mit den amerikanischen (Bundes-)Richtern gleichgesetzt werden. Wenn man ihm den Glauben an die Heit In C bindet die Anmerkung der Erstherausgeber an: 1) Diese Abschnitte sind vor dem Krieg geschrieben. 65 Der Grundsatz der Öffentlichkeit nicht nur der Partei- und Beweisverhandlungen, sondern insbesondere auch der Beratungen und Abstimmungen des Gerichts spielte in der zeitgenössischen schweizerischen rechtspolitischen und parlamentarischen Diskussion eine bedeutende Rolle. Das zentrale Motiv zugunsten des Postulats der Öffentlichkeit von Urteilsberatung und -abstimmung war seine Wahlverwandtschaft mit demokratischen Idealen: Kontrolle der Richter, Garantie ihrer fachlichen und persönlichen Qualifikation, Transparenz des Verfahrens sowie Verbesserung der allgemeinen Rechtskenntnis durch Partizipation der Öffentlichkeit an der Rechtspflege. Während aber der Grundsatz in einer Reihe von Kantonen, speziell für die mit Laienrichtern besetzten Untergerichte, nicht durchdrang, galt er für das Bundesgericht seit dem „Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege“ vom 22. März 1893 (Art. 36); vgl. dazu Müller, K[arl], Die öffentliche Urteilsberatung bei den obersten kantonalen Gerichten, in: Schweizerische Rundschau, Jg. 6, 1905/06, S. 17–24.

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ligkeit des rein sachlichen Rechtsformalismus nimmt und ihn statt dessen darauf verweist, zu „werten“, so wird das Resultat ohne Zweifel ein ganz anderes sein als in jenen Rechtsgebieten.66 – Doch gehört dies nicht in unsere Betrachtung. – Nur einige historische Irrtümer sind richtig zu stellen. Wirklich bewußt „schöpferisch“, d. h. neues Recht schaffend, haben sich nur Propheten zum geltenden Recht verhalten. Im übrigen ist es, wie nochmals nachdrücklich zu betonen ist,67 durchaus nichts spezifisch Modernes, sondern gerade auch den, objektiv betrachtet, am meisten „schöpferischen“ Rechtspraktikern eigen gewesen, daß sie subjektiv sich nur als Mundstück schon – sei es auch eventuell latent – geltender Normen, als deren Interpreten und Anwender, nicht aber als deren „Schöpfer“, fühlten. Daß man heute diesem subjektiven Glauben gerade der anerkannt erheblichsten Juristen den objektiv anders liegenden Tabestand entgegenhält und aus diesem nun die Norm für das subjektive Verhalten machen möchte, ist – mag man sich zu dem Verlangen stellen wie immer – jedenfalls Produkt intellektualistischer Desillusionierung. Die alte Stellung des englischen Richters dürfte mit Fortschritt der Bürokratisierung und deru Rechtssatzung auf die Dauer stark erschüttert werden. Ob man aber einen bürokratischen Richter in Ländern mit kodifiziertem Recht dadurch allein zu einem Rechtspropheten machen wird, daß man ihm die Krone des „Schöpfers“ aufdrückt, ist nicht sicher. Jedenfalls aber wird die juristische Präzision der Arbeit, wie sie sich in den Urteilsgründen ausspricht, ziemlich stark herabgesetzt werden, wenn soziologische und ökonomische oder ethische Räsonnements an die Stelle juristischer Begriffe treten. – Die Bewegung ist, alles in allem, einer der charakteristischen Rückschläge gegen die Herrschaft des „Fachmenschentums“ und den Rationalismus, der freilich letztlich ihr eigner u In C folgt in eckigen Klammern die Einfügung der Erstherausgeber: formalen 66 Zweifel an der autonomen ethischen Entscheidungskompetenz des Richterstandes in Deutschland werden schon in dem Zeitungsartikel „‚Römisches‘ Recht und ‚deutsches‘ Recht“ (1895) sichtbar: „[. . .] der deutsche Richter wirft das ethische Richtschwert weit von sich und ruft nach formalen Merkmalen. Und es ist ja wahr: riefe er nicht darnach, so würde es heute das Publikum thun. Die breite Durchschnittsmasse der heutigen Juristen bringt die Voraussetzungen zur Ausfüllung einer größeren und würdigeren Rolle wohl nicht überall mit sich“ (MWG I/4, S. 526–534, Zitat S. 534). 67 Siehe dazu bereits oben, S. 440–443.

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Vater ist. Jedenfalls also zeigt die Entwicklung der formellen Qualitäten des Rechts eigentümlich gegensätzliche Züge. Streng formalistisch und am Sinnfälligen haftend, soweit die geschäftliche Verkehrssicherheit es verlangt, ist es im Interesse der geschäftlichen Verkehrsloyalität unformal, soweit die logische Sinninterpretation des Parteiwillens oder die in der Richtung eines „ethischen Minimums“ gedeutete „gute Verkehrssitte“ es bedingen. Es wird darüber hinaus in antiformale Bahnen gedrängtv durch alle diejenigen Gewalten, welche an die Rechtspraxis den Anspruch stellen, etwas anderes als ein Mittel befriedeten Interessenkampfs zu sein. Also durch materiale Gerechtigkeitsforderungen sozialer Klasseninteressen und Ideologien und durch die auch heute wirksame Natur bestimmter politischer, speziell autokratischer und demokratischer, Herrschaftsformen, sowie derjenigen Anschauungen über den Zweck des Rechtes, welche ihnen adäquat sind, und durch die Forderung der „Laien“ nach einer ihnen verständlichen Justiz. Endlich unter Umständen auch, wie wir sahen,68 durch ideologisch begründete Machtansprüche des Juristenstandes selbst. Wie immer aber sich unter diesen Einflüssen das Recht und die Rechtspraxis gestalten mögen, unter allen Umständen ist als Konsequenz der technischen und ökonomischen Ent wicklung, allem Laienrichtertum zum Trotz, die unvermeidlich zunehmende Unkenntnis des an technischem Gehalt stetig anschwellenden Rechts durch die Laien, also Fachmäßigkeit des Rechts[,] und die zunehmende Wertung des jeweils geltenden Rechts als eines rationalen, daher jederzeit zweckrational umzuschaffenden, jeder inhaltlichen Heiligkeit entbehrenden, technischen Apparats sein unvermeidliches Schicksal. Dieses Schicksal kann durch die aus allgemeinen Gründen vielfach zunehmende Fügsamkeit in das einmal bestehende Recht zwar verschleiert, nicht aber wirklich von ihm abgewendet werden. Alle die kurz erwähnten modernen, wissenschaftlich oft höchst wertvollen Darlegungen rechtssoziologischer und rechtsphilosophischer Art69 werden nur dazu beitragen, diesen Eindruck zu verstärken, mögen sie ihrerseits Theorien über die Natur des Rechts und die Stellung des Richters vertreten, welchen Inhalts immer. v C: gedrängt, 68 Siehe oben, S. 624–631. 69 Siehe oben, S. 621 ff.

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Anhang

Anhang I: Manuskriptfragment

Editorische Vorbemerkung Bei dem überlieferten dreiseitigen Manuskriptfragment (Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446) handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Art Vorfassung oder Vorlage für einzelne Passagen des ersten Typoskripteinschubs in den späteren § 2 der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“. Die Texte stimmen weitgehend überein, sind aber nicht identisch. Abweichungen und Textumstellungen kommen vor. Die Blätter sind von Weber eigenhändig paginiert, Blatt 12 ursprünglich als „13“, Blatt 13 ursprünglich als „12“. Auf Seite 12 ist unten rechts eine Allonge angeklebt. Die Rückseiten weisen z. T. Notizen von fremder Hand (Marianne Weber und Johannes Winckelmann) auf. Zur Orientierung werden neben der Originalpaginierung die Parallelstellen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ als MWG-Seitenzählung in kleinerer Schrifttype am äußeren Seitenrand mitgeführt.

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bedingten gegenüber den Status-Contrakten den immerhin relativ stark zweckrationalen, auf feste Begrenzung der aus der Vereinbarung folgenden Rechte und Pflichten gerichteten Charakter des Prozeßvertrags. Der Prozeß selbst aber bot, je festere Formen er annahm, desto mehr Anlässe zur Entwicklung von Rechtsgeschäftena, welche promissorischen, Contrakts-„Obligationen“ schaffenden Charakter hatten. Dahin gehört vor Allem die Sicherheitsleistungb der Prozeßpartei dem Prozeßgegner gegenüber.c Der Prozeß wollte die Selbsthülfe abwenden. Aber er selbst begannd formal ein vielen Rechtene mit Akten der Selbsthilfe. Durchf „manus injectio“, eventuell, im Fall des Widerstands, „[??]“ schleppt der altrömische Kläger den Verklagten vor Gericht. Er läßt ihn auch vor Gericht nur los, nachdem ihm Sicherheit gegeben ist, daß er sich a obligatorischen Handlungen  Rechtsgeschäften b Prozeßbürgschaft  Sicherheitsleistung c In A folgt:  Der primitive Prozeß ist durchweg ein Prozeß,  um „Schuld“ [??]¯ die die Behauptung  schuldhaften Hand¯¯ d beginnt  begann e regelmäßig  oft  regelmäßig  in vielen Rechten f In A folgt:  eigenmächtige Pfandnahme schafft sich der  Gläubiger¯ Berechtigte Sicherheit. Durch¯

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derg Sühne, sollte der Richter ihn schuldig finden, nicht entziehen werde. In milderen Formen findet sich Ähnliches ursprünglich überall. Stets richtet sich die Selbsthülfe des Klägers gegen die Person des Gegners. Denn die Klage gründet sich ja zunächst durchweg auf die Behauptung nicht nur objektiv unrechtmäßigen Handelns des Gegners, sondern schuldhafterh Verletzung des eigenen Rechts durchi Frevel des Verklagten, für welchen er mit seiner Person einzustehen habe. Die Sicherheit, welche der Verklagte zu leisten hat, um bis zur Erledigung des Prozesses unbehelligt zu bleiben, leistet er durch einen Bürgen (im römischen Recht: sponsor) oder durch Pfand. Beide Rechtsinstitute tauchen im Prozeß zuerst als Rechtsgeschäfte, welche überhaupt Rechtszwang zur eventuellen Folge haben, auf. An Stelle der Bürgschaft eines Dritten wird später dem Verklagten unter gewissen Umständen gestattet,j selbst die Erfüllung des Urteils zuzusagen. Die rechtliche Auffassung ist dann aber die: daß er nun sein eigner „Bürge“ (sponsor) sei, ebenso wie die kälteste juristische Formk eines „freien“ Arbeitsvertragsl in den Rechtsquellen des Orients und Occidents ein „Selbstverkauf“ in die befristete Sklaverei istm, statt des (normalen) Verkaufs durch Vater oder Herr. Die ältesten rein auf Vertrag gegründeten Schuld-Obligationen sind nÜbernahmen der Rechtsformenn prozessualer Vorgänge in das außerprozessuale Rechtsleben. Ganz ebenso steht es aber mit der deutschrechtlichen Entwicklung. Pfand- oder Geisel-Stellung sind die einzigen Mittel, Schulden zu kontrahieren, nicht nur ökonomisch, sondern grad dem Rechtsformalismus nach. Die „Bürgschaft“[,] aus welcher hier wie dort die „Selbstbürgschaft[“] abgeleitet wurde, lehnte sich aber für das Rechtsdenken zwanglos an die persönliche solidarische Mithaftung der Sippe und der Hausgenossen für die Schuld ihrer Genossen an. Das „Pfand“ aber, die zweite Form der Sicherheitsleistung für künftig fällige Verpflichtungen, ist zunächsto im römischen wie im deutschen Recht entweder genommenes Pfand (Exekutionspfand) oder Pfandbestellung, um der persönlichen Klage und Exekutionsg In A folgt:  geforderten¯ h schuldhaft unrechtmäßigen, ein Deli  schuldhafter i In A folgt:  Delikt des Gegners. Der Verklagte „schuldet“  Genu¯ dafür Sühne und er wird zunächst als¯ j In A folgt:  „Selbstbürge“,  zu¯  also¯ sein eignes „Pfand“ also, zu sein.¯ k Alternative Lesung: ältesten juristischen Formen l In A folgt:  in Babylon und¯ m war  ist n Übertragungen  Übernahmen der Rechtsformen o In A folgt:  eine  Besitz¯ Verfügung über eine Hingabe von Sachgütern, also¯

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haftung zu entgehen (also nicht, wie heute, eine „Sicherheit“ für eine daneben bestehende „Forderung“). Vielmehr enthält es, beim bestellten Pfand, eine Besitzverfügung über Sachgüter, welche, pso langep die gesicherte Schuld nicht abgetragen wird, rechtmäßigen, sobaldq sie aber rechtzeitig abgetragen rworden istr, unrechtmäßigen Besitz des Gläubigers an dem trotzdem nicht zurückgegebenen Pfand und im letzteren Fall seinen Frevels desselben gegen den früheren Schuldner ergiebt; es fügte sich also dem tdem Rechtsdenken geläufigent Schema der ältesten Klagegründe: entweder thätliche Verletzung der Person oder thätliche Verletzung ihres Besitzes, ebenfalls relativ zwanglos ein. Teils direkt an die übliche Art der Exekution, teils an adie aus dem Prozeß stammende Geiselstellunga lehnte sich endlich das ebenfalls sehr buniversell verbreitete Rechtsgeschäftb des bedingten Selbstverkaufs in die Schuldknechtschaftc an[.]d Der Leib des Schuldners selbst ware hier das Pfand des Gläubigers und verfiel diesem endgültig zu rechtmäßigem Besitz, wenn die Schuld nicht gezahlt wurde. Die Schuldhaftung aus Kontrakten fwar aber überhauptf, ebenso wie die gRache- und Sühnehaftungg, aus der sie stammt oder an die sie anknüpft, ursprünglich nicht nur eine in unsrem Sinn „persönliche“ Haftung, sondern eine Haftung des Schuldners mit seiner physischen Person und nur mit dieser. Einen Zugriff auf den Besitz des Schuldners auf Grund eines Schuldurteils gabh es ursprünglich überhaupt nicht. Sondern der Gläubiger konnte sich nur an die Person des Verurteilten halten, wenn dieser nicht zahlte. Er tötet ihn oder setzt ihn als Geiseli in Gefangenschaft, behält ihn als Schuldknecht, verkauft ihn als Sklaven, mehrere Gläubiger mögenj ihn „in Stücke schneiden“, wie die XII Tafeln anheimstellen. Oder der Gläubiger setzt sich in das Haus des Schuldners und dieser muß ihn bewirten (Einlager) – schon ein Übergang zur Vermögenshaftung. Diese selbst p wenn  so lange q wenn  sobald r wird  worden ist s ein Delikt  einen Frevel t A:  Rechtsdenken¯ an  dem Gedanken¯ das  übliche alte¯ dem Rechtsdenken geläufige a den Pfandgedanken  die aus dem Prozeß stammende Geiselstellung b A:  universelle¯ universell verbreitete  Institut¯ Rechtsgeschäft c Schuld  Knechtschaft  Schuldknechtschaft d In A folgt das gestrichene Einfügungszeichen, danach:  die¯ Der dazugehörige Text am Rand ist nicht gestrichen: (im römischen Recht freilich war das „nexum“ in die  Formen des¯ dort ursprünglich einzige privatrechtliche Zweck-Contrakt-Form eines Geschäfts per aes et libram gekleidet) e ist  war f ist  war aber überhaupt g A:  Schuldhaft¯ Rache- und Sühnehaftung  aus Delikten¯ h gibt  gab i Pfand  Geisel j dürfen  mögen

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aber stellt sich sehr zögernd daneben ein und die Personalhaft als Folge der Zahlungsunfähigkeit ist bei uns erst im 19. Jahrhundert, in Rom im Verlauf des Ständekampfes, verschwunden. Die ältesten rein obligatorischen Kontrakte, das nexum und die stipulatio der Römer, die wadiatio der Germanen, bedeuteten jedenfalls, wie wir sahen[,] die freiwillige Unterwerfung unter eine (für künfig versprochene) Vermögensleistung, um der sofortigen streng persönlichen Haftbarmachung zu entgehen. Aber wenn sie nicht erfüllt wurde, war ursprünglich wiederum nur der Rückgriff auf die Person selbst kdie Folgek. Alle ursprünglichen Kontrakte sind Besitzwechselkontrakte. Daher waren auch allel Rechtsgeschäfte, welche wirklich alte Formen der kontraktlichen Schuldhaftung, namentlich der überall besonders streng formalen mGeldschuldhaftung, repräsentierten, stets mit einemm rechtsförmlichen Besitzübertragungs-Symbol verbunden. Manchen von diesen Symboliken haben zweifellos auf magischen Vorstellungen beruht. Dauernd aber blieb maßgebend, daß daso Rechtsdenken zunächst als rechtlich relevant keine „unsichtbaren“ Thatbestände nach Art der nur obligationsmäßigenp Verbindlichkeiten kennt, sondern nur „Frevel“, und das sind Verletzungen gegen die Götter oder gegen Leib und Leben oder endlich Frevel gegen den sichtbaren Besitzstand. Ein „Vertrag“, der qrechtlich relevantq sein soll, mußte daherr normalerweise eine Verfügung über sichtbare Güter oder das Symbol solcher und zwar eine Besitzverfügung enthalten oder doch so gedeutet werden können. Wars dies der Fall, so konnte er im Verlauf der Entwicklung die allerverschiedensten Inhalte einbeziehena. Alle nicht in jene Formen zu kleidenden Geschäfte waren zunächst nur als Bargeschäfteb rechtswirksam oder allenfalls so und insoweit, daß ein Angeld als Teilleistung gegeben wurde, welches cden Gesinnungswandel des Versprechenden ausschloß.c Es k möglich  die Folge l A: alle alle Wortdopplung zur Anschlußmarkierung nach vorangehender Texterweiterung auf einer Seitenallonge. m A: Geldschuldhaftung,  begründeten¯ repräsentierten,  waren also Realgeschäfte¯ stets mit einem   Han¯  Besitzwechsel¯ Besitzübertragungsakten oder einem entsprechenden Symbol¯ n ursprünglich [??] [??] haben manche  Manche o A: das das Wortdopplung zur Anschlußmarkierung nach vorangehender Texterweiterung auf dem Seitenrand. p In A folgt:   Rechtsvorgänge¯  Vorgänge¯ Tatbestände  kennt¯ kannte¯ q bindend  rechtlich relevant r In A folgt:  zunächst¯ s Ist  War a annehmen  einbeziehen b In A folgt:  gültig aber¯ c im Fall der Nichteinhaltung des Vertrages verfiel. ca  den Gesinnungswandel des Versprechenden ausschloß. ca verfiel.  verfallen blieb.

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hat sich daraus das in dsehr vielend Rechten urwüchsige Prinzip: daß nur entgeltliche Zweckcontrakte dauernd bindend seien, entwickelt. Diese Vorstellung hat so nachhaltig gewirkt, daß noch zu eEnde des Mittelalterse (15. Jahrhundert , offiziell seit Heinrich [] VIII[.]) die englische Lehre von der „consideration“ der Thatsache, wenn auch nicht der Form nach, an jenes sinnliche Bedürfnis anknüpfte: Wo ein reales „Entgelt“[,] sei es auch nur ein Scheinentgelt, real gezahlt worden ist, da kann der Contrakt fast jeden nicht rechtlich verpöntenf Inhalt annehmen, er ist gültig, auch wenn es ohne jene Voraussetzung keinerlei Rechtsschema gäbe, dem er entspräche. Die in ihrem Sinn vielbestrittenen Zwölftafelsätze über die Manzipationsgeschäfte (si nexum faciet mancipiumve, uti lingua nuncupassit, ita jus esto) gwaren doch wohl der Sache nachg eine, freilich wesentlich primitivere Sanktionierung einer materialen Verfügungsfreiheit von allerdings begrenzterer Entwicklungsfähigkeit unterh einer dem Prinzip nach ähnlichen formalen Voraussetzung.i Neben der Entwicklung der aus dem rechtsförmlichen jGeldgeschäft einerseits, den Prozeßbürgschaften andrerseitsj übernommenen Schemata haben sich die Bedürfnisse des Rechtslebens noch einer drittenk Möglichkeit bedient, dem „Zweck-Contrakt“ die Garantie des staatlichen Rechtszwangs zu verschaffen: künstlich neue Contraktklagenl aus den Deliktsklagen zu entwickeln.m Das ist selbst in technisch schon hochentwickelten Rechten wie dem englischen auf der Höhe des Mittelalters noch geschehen. Die ökonomische Rationalisierung des Rechtsn begünstigte die Entsted fast allen  sehr vielen e Beginn der Neuzeit  Ende des Mittelalters f untersagten  verpönten g sind  waren doch wohl der Sache nach h In A folgt:  der Innehaltung¯ i In A folgt ein Einfügungszeichen mit der gestrichenen Randbemerkung:  [??]¯ j A:  Barkauf¯ Geldgeschäft einerseits, den  Prozeßsicherungen¯ Prozeßbürgschaften  und¯ andrerseits k In A folgt:  – an sich  sehr¯ naheliegenden –¯ l Contrakt-Typen  Contraktpflichten  Contraktklagen m In A folgt:  Die Sühneschuld war ja, nachdem die Höhe der mit Zurückdrängung der Blutfehde obligatorisch gewordenen Sühne je nach der Art der Verletzung durch zwingende Norm tarifiert war,  die allgemeinste¯ eine spezifische Form einer direkt rechtlich begrenzten  Form der¯ Schuld.¯ Es folgt der Einschub am Rand:  Neben diesen Normen des Volksrechts schuf aber das   Königsgericht kraft¯  Königsre¯  Amtsrecht¯ Königsrecht¯ imperium der Fürsten oder Magistrate immer weitere durch Geldzahlungen zu büßende  Fo¯ Arten von Freveln sowohl dem politischen Herrn wie privaten Interessenten gegenüber. Gelang [??] es,  [??]¯ Anschluß an die gestrichene Haupttextzeile:  überhaupt [??]¯  Alle Schu¯  und des¯  Es genügte,¯ die Nichterfüllung  eines¯ bestimmter Versprechungen als Frevel zu qualifizieren, so war das nach¯ Textfortsetzung am Rand:  Zunehmend  konnte¯ entstand daher die Vorstellung:  entstehen:¯¯ n Rechtsgangs  Rechts

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hung der Vorstellung: daß die Sühnehaftung nicht sowohl Abkauf der Rache, wie Ersatz des Schadens sei. Nichterfüllung eines Contrakts konnte nun ebenfalls als osühnepflichtige Schädigungo qualifiziert werden. Die Anwaltspraxis und die Rechtsprechung der königlichen Gerichte in England nun qualifizierte (seit dem 13[.] Jahrhundert) zunehmend die Nichterfüllung von immer mehr Contrakten als einen „trespass“ und schuf jenen dadurch Rechtsschutz (namentlich mittelst des writ of assumpsit), ähnlich wie (freilich in technisch andrer Art) die prätorische Rechtspraxis der Römer zunächst durch die Erstreckung der Diebstahlsklage, dann aber durch den Dolus-Begriff den Rechtsschutz weit über das ursprüngliche Gebiet ausdehnte. Der heute wenigstens grundsätzlich bestehende Zustand endlich: daß jeder beliebige Inhalt eines Vertrags zwischen den Parteien „Recht“ schafft und daß besondre Formen dabei nur insoweit erforderlich sind, als das Recht dies, aus Zweckmäßigkeitsgründen – insbesondre um der Rechtssicherheit (eindeutigen Beweisbarkeit des Rechts) willen – zwingend vorschreibt, ist überall erst sehr spät erreicht worden, in Rom durch die allmälige Internationalisierung des Rechts, in der Neuzeit durch den Einfluß der gemeinrechtlichen Doktrin und der Handelsbedürfnisse. Wenn nun trotz dieser späten generell bestehenden „Vertragsfreiheit“ die andren Gesetzgebungen sich durchweg nicht mit der Feststellung: daß man, vorbehaltlich besondrer Einschränkungen, prinzipiell pgültig vereinbarenp könne was immer man wolle, begnügen, sondern durch zahlreiche spezielle Ermächtigungssätze einzelne Typen von Vereinbarungen speziell derart regeln,q daß die gesetzlichen Folgen überall da eintreten, wo die Parteien nicht erkennbar etwas Andres vereinbart haben, so sind rfür diese umfassende Schaffung nur „dispositiven“ Rechtsr zwar zunächst und im Allgemeinen reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte entscheidend: die Parteien denken in aller Regel nicht daran, alle möglicherweise relevanten Punkte wirklich ausdrücklich zu regeln und abgesehen davon entspricht es auch ihrer Bequemlichkeit, sich an feste und erprobte[,]vor Allem auch: allgemein bekannte Typen von Contrakten halten zu können. Ohne solche wäre ein moderner Rechtsverkehr faktisch kaum möglich. Aber damit ist die Bedeutung der o Schädigung  sühnepflichtige Schädigung p abmachen  gültig vereinbaren regelt, r dafür  für diese umfassende Schaffung nur „dispositiven“ Rechts

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Ermächtigungsnormen und der „Vertragsfreiheit“ bei weitem nicht erschöpft. Sie könnens vielmehr eine ganz prinzipiell andere Bedeutung haben. Mit der Schaffung klagbarer und ihrem Inhalt nach frei zu differenzierender Contraktsforderungen ist noch lange nicht aderjenige Rechtszustanda erreicht, welchen ein entwickelter rein geschäftlicher Verkehr erfordert. Jeder rationale „Betrieb“ insbesondere bedarf der Möglichkeit, durch Stellvertreter – solche für den Einzelfall sowohl wie dauernd Angestellte – vertragsmäßig Rechte zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen. Und ein entwickelter Verkehr bedarf darüber hinaus der Übertragbarkeit der Forderungsrechte und zwar einer leichten und für den Erwerber rechtssicheren, die Nachprüfung der Berechtigung des Rechtsvorgängers ersparenden Übertragbarkeit. Wie bdie heutigen[,]b für den modernen Kapitalismus ganz unentbehrlichen Rechtsinstitutionen sich entwickelt haben, wird an anderer Stelle erörtert (G. Leist in Buch IIc dieses Werks). Hier sei nur kurz des Verhaltens der frühen Vergangenheit dazu gedacht. Die „direkte“ Stellvertretung bei Rechtsgeschäften hat aber von den antiken Rechten das römische Recht, im Gegensatz zum griechischen, dem sie wohlbekannt war, für die Eingehung von Obligationend fast unmöglich gemacht. Offenbar ermöglichte diesere, in der Hauptsache erst im prätorischen Recht fund auch von diesem nur begrenztf modifizierte Rechtszustand, der mit dem Rechtsformalismus der civilrechtlichen Klage zusammenhing, die Verwendung von Sklaven in den eigentlich kapitalistischen Betrieben,g für welche sie weitgehend anerkannt war. Vollends eine Zession der Forderungsrechte kannte[,] infolge des strikt persönlichen Charakters der obligatorischen Beziehung, weder das antik römische noch das germanische Recht. Im römischen Recht ist erst sehr spät durch Vermittlung der indirekten Stellvertretung (Procuratur) ein Ersatz geschaffen worden. Ein hinlänglich starkes praktisches Bedürfnis bestand hfür die Cessibilitäth bis an die Schwelle der Gegenwart in der That nur für diejenigen Forderungsrechte, welche Gegenstand regelmäßigen Umsatzes waren oder direkt dem Zweck der Übermittlung von s A: kann a diejenige Form  derjenige Rechtszustand b diese  die heutigen c V  II d In A folgt:  außer [??]¯  zum mindesten im jus civile nahezu ausgeschlossen, außer für den E¯ e diese f mäßig  und auch von diesem nur begrenzt g In A folgt:  und daneben  die¯ den einseitig  an Staats-¯ an Contrakten mit dem Staat orientierten Socie¯ h dafür  für die Cessibilität

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Ansprücheni an Dritte dienten. Für diese Bedürfnisse wurde die „Commerzialisierung“ durch die Order- und Inhaber-Papiere geschaffen, welche sowohl für die Übertragung von Forderungen, speziell Geldforderungen[,] wie die Übertragung von Verfügungsgewalten über Handelsgut und über Anteilrechte an Handelsgesellschaften funktionieren[.] Sie sind dem römischen Recht durchaus unbekannt. Es ist noch heute unsicher, ob[,] wie Goldschmidt annimmt, irgendwelche von den hellenistischen und ebenso ob, wie Kohler glaubt, jschon gewissej in Hammurabi’s Zeit khinaufreichende babylonische auf den Inhaber lautenden Urkundenk „echte“[,] d. h. das Recht selbst übertragende Inhaberpapiere waren, jedenfalls aber ermöglichten sie auch als möglicherweise bloße „Legitimationspapiere“ faktisch die Zahlung an und durch Dritte in einer Art direkt, wie sie das offizielle römische Recht nur ldurch indirekte Mittel möglich machen konntel. Das klassischem römische Recht kannte eigentliche „Dispostiv“-Beurkundungn (wenn man nicht den „Litteralkontrakt“, die Bankiersbuchung, so nennen will)o gar nicht. Für das hellenistische und spätrömische Recht ist vielleicht auch unter Einwirkung des staatlichen Registerzwangs, der wesentlich fiskalischen Steuerzwecken diente, die im Orient von ältester Zeit herp entwickelte[,] in den hellenischen und hellenistischen Städten im Publizitätsinteresse durch qzwei den Römern unbekannte Instituteq: „Gerichtsmerker“ und später Notare, gehandhabte Urkundentechnik zur obligatorischen Beurkundung gewisser Geschäfte und zu eigentlich wertpapierähnlichen Erscheinungen fortgeschritten[.] Aber erst das Urkundenwesen der nachrömischenr Zeit, seit dem 7. Jahrhundert, brachte im Occident eine Fortentwicklung der spätrömischen Urkundenpraxis, welche vielleicht durch die starke sEinwanderung orientalischer, besonders syrischer, Händlers in dieser Zeit befördert wurde. Dann freilich hat sich die Urkunde als „Rechtsträger“[,] sowohl als Order- wie als Inhaberpapier[,] ungemein rasch entwickelt, überraschenderweise i Leistungsansprüchen  Ansprüchen j A: die  schon die  schon gewisse k A: hinaufreichenden babylonischen  Inhaberurkunden¯ auf den Inhaber lautenden Urkunden l indirekt zu erzielen vermochte  durch indirekte Mittel möglich machen konnte m antike  klassische n Urkunden  Beurkundung o A: will, p In A folgt:  übliche¯ q öffentliche Register  zwei den Römern unbekannte Institute r germanischen  nachrömischen s A:  syrisch-hellenische¯ Einwanderung orientalischer, besonders syrischer,  Einwanderung¯ Händler

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also grade in einer Zeit, deren Verkehrsintensität wir uns, verglichen mit der aklassischen Antike,a als äußerst begrenzt vorzustellen haben. Die Rechtstechnik scheint also hier, wie sonst oft, ihre eigenen Wege gegangen zu sein. Das Entscheidende war dabei freilich wohl, daß jetzt, nach Fortfall des Einheitsrechts, die Interessenten der Verkehrsmittelpunkte und ihre nur technisch geschulten Notare die Entwicklung bestimmten, überhaupt das Notariat der einzige bjuristische Träger desb Verkehrsrechts wurde. Dabei haben nun[,] wie schon angedeutet, im Urkundenwesen grade die irrationalen Denkformen des germanischen Rechts die Entwicklung begünstigt. Die Urkunde wurde als eine Art von Fetisch behandelt, dessen rechtsförmliche Übergabe, zunächst vor Zeugen, spezifische Rechtswirkungen ebenso hervorbringen konnte, wie andre cursprünglich halb animistisch aufgefaßtec Symbole: der Gerwurf und die festuca des germanischen, das dieser letzteren entsprechende bukannu des babylonischend Rechts. eNicht mit der beschriebenen Urkunde, sondern mit dem unbeschriebenen Pergament wurde ursprüngliche von den Beteiligten die symbolische Traditionshandlung vorgenommen und dann erst wurde es beschrieben. Und während das italienische Recht schon des frühen Mittelalters den Urkundenbeweis sehr stark begünstigt, kannte ihn das englische Recht noch lange Zeit nicht und spielt dort das Siegel die entscheidende rechtsbegründende Rolle. Die Entwicklung der fWertpapiertypen des modernen Handelsrechtsf aber ist zum erheblichen Teil unter arabischer Mitwirkung, infolge teils commerzieller teils administrativer Bedürfnisse, im Verlauf des Mittelalters vor sich gegangen. Der antik römische Handel hat sich anscheinend ohne diese wichtigen und heute unentbehrlichen technischen Mittel behelfen müssen.

a Kaiserzeit,  klassischen Antike, b A: Träger juristische Im Kontext mehrere Streichungen. c spezifische  ursprünglich halb animistisch aufgefaßte d islamitischen  babylonischen e A: Nicht  die beschriebene¯ mit der beschriebenen Urkunde, sondern  das unbeschriebene¯ mit dem unbeschriebenen Pergament wurde  feierlich angefaßt und tradiert¯ ursprünglich f modernen Urkundentypen  Wertpapiertypen des modernen Handelsrechts

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Anhang II: Exemplarische Typoskript-Textgruppen

Editorische Vorbemerkung Zum besseren Verständnis der kompositorischen Abfolge der Textstufen der „Entwicklungsbedingungen des Rechts“ kommen im folgenden die zusammenhängenden Typoskriptblattfolgen der Textgruppen II–IV der „Entwicklungsbedingungen“ zum Abdruck, die über den negativen Apparat zwar zu erschließen, aber nicht als sinnhafte Texteinheit lesbar sind.1 Die Textgruppe IV (Blätter A 1 bis A 10) repräsentiert den vermutlich frühesten Typoskripttext, während die Blätter der Textgruppe II (A 12 bis A 17) in Verbindung mit der den späteren § 2 einrahmenden Textgruppe III (A 18 bis A 28) diesen primären Textbestand offenbar zunächst fortsetzten, ehe Weber durch Neuorganisation und Umarbeitung der vorhandenen Typoskripte den Text letzter Hand herstellte.2 Die maschinenschriftlichen Blattfolgen werden als reiner Typoskripttext so geboten, wie sie der Variantendarstellung des Edierten Textes im negativen Apparat zu entnehmen sind. Sämtliche Textfehler, soweit sie nicht entweder als Sofortkorrekturen von Weber eigenhändig gebessert sind oder nach den Editionsregeln stillschweigend emendiert wurden, folgen dem Originaltext. Der am Seitenrand mitgeführten Originalpaginierung ist zur Orientierung in kleinerer Schrifttype die MWG-Seitenzählung beigefügt. Dort ist auch beim jeweils ersten Blatt der neuen Textgruppe der Textgruppenwechsel angezeigt. Über textgenetische Informationen, die den hier präsentierten Typoskriptblattfolgen zu entnehmen sind, geben Einleitung und Editorischer Gesamtbericht Auskunft.3

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Dieser ganz allgemeine Sachverhalt nimmt nun für die inhaltliche Gestaltung des Rechts und seiner Beziehungen zur Wirtschaft sehr konkrete Formen an. Wir haben bisher das Bestehen eines Rechtssatzes nur als die Gewährung eines Superadditum von Chance da1 Vgl. die Textgruppenübersicht im Anhang zum Editorischen Gesamtbericht, oben, S. 161–169. 2 Zu Datierung von Typoskriptsequenzen und handschriftlichen Bearbeitungsstufen vgl. den Editorischen Gesamtbericht, oben, S. 151. 3 Oben, S. 58 ff. und S. 143 ff.

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für: daß bestimmte Erwartungen nicht enttäuscht werden, an die durch den Rechtssatz mit subjektiven Rechten ausgestatteten betrachtet. Der faktisch im Besitz der Verfügungsgewalt über eine Sache oder Person Befindliche gewinnt dadurch eine spezifische Sicherheit für deren Dauer, derjenige, welchem etwas versprochen ist, dafür, daß die Vereinbarung auch erfüllt werde. Dies sind in der Tat die elementarsten Beziehungen zwischen Recht und Wirtschaft. Aber nicht die einzig möglichen. Das Recht kann vielmehr, nachdem es einmal als ein technisches Mittel zur Erzielung solcher Erfolge erkannt und angewendet ist, auch so funktionieren, daß es die Entstehung bestimmter Ordnungen der faktischen Verfügungsgewalt oder der auf Vereinbarung beruhenden Erwartungen überhaupt erst ermöglicht, indem Rechtssätze eigens zu diesem Zweck absichtsvoll geschaffen werden. Darüber ist einiges kurz zu sagen. Die geläufigste Einteilung der Rechtssätze eines modernen Rechts ist, wie bei allen Ordnungen, die in gebietende, verbietende und erlaubende Rechtssätze, denen als subjektive Rechte der einzelnen die Ansprüche dieser entsprechen, anderen ein Tun zu gebieten oder zu verbieten oder zu erlauben, also rechtlich begrenzte Macht über deren Tun zu besitzen. Oder, empirisch gewendet, es entsprechen ihnen die rechtlich garantierten Erwartungen: 1. daß andere etwas bestimmtes tun oder 2. daß sie etwas bestimmtes lassen werden oder 3. daß man selbst ohne Störung Dritter etwas tun oder nach Belieben auch lassen dürfe. Das Recht garantiert diese Erwartungen durch Verbürgung berechtigter Macht. Ein jedes subjektives Recht ist eine Machtquelle, welche das Recht auch dem, der ohne Recht machtlos wäre, zuwenden kann. Die zuletzt genannte Art von rechtlich garantierten Erwartungen, die „Ermächtigung“, ihr Umfang und ihre Art, sind nun die für die Entwicklung der Wirtschaftsordnung besonders wichtigen. Sie begreifen zweierlei unter sich. Einerseits die sogen[annten] Freiheitsrechte, d. h. die einfache Sicherstellung gegen bestimmte Arten von Störungen durch Dritte innerhalb des Bereichs des rechtlich erlaubten Verhaltens (Freizügigkeit, Gewissensfreiheit, freies Schalten mit einer im Eigentum besessenen Sache usw.). Ferner aber stellen er mächtigende Rechtssätze es in das Belieben der einzelnen, durch Rechtsgeschäfte ihre Beziehungen zu einander nach Belieben zu regeln. So weit dies Belieben von einer Rechtsordnung zugelassen wird, soweit reicht das Prinzip der Vertragsfreiheit. Das Maß der Ver-

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tragsfreiheit, d. h. der von der Zwangsgewalt garantierten Inhalte von Rechtsgeschäften, die relative Bedeutung also der zu solchen rechtsgeschäftlichen Verfügungen ermächtigenden Rechtssätze innerhalb der Gesamtheit einer Rechtsordnung ist natürlich Funktion in erster Linie der Marktverbreiterung. Bei vorherrschender tauschloser Eigenwirtschaft hat das Recht naturgemäß vorwiegend die Funktion, durch gebietende und verbietende Sätze diejenigen Situationen, in welche die einzelnen hineingeboren werden, als einen Komplex von Rechtsverhältnissen nach außen abzugrenzen und dem einzelnen dergestalt seine angeborene Freiheitssphäre zuzuweisen. Denn Freiheit heißt im Rechtssinn: Rechte haben, aktuelle und potentielle, die aber in einer marktlosen Gemeinschaft naturgemäß in aller Regel nicht auf Rechtsgeschäften, welche er abschließt, sondern direkt auf dem Recht beruhen. Das Recht erscheint in diesem Stadium als eine Kombination angeborener unabänderlicher Qualitäten der einzelnen. Tausch dagegen ist, unter der Herrschaft einer Rechtsordnung, ein Rechtsgeschäft: Erwerb, Abtretung, Verzicht, Erfüllung von Rechtsansprüchen. Mit jeder Erweiterung des Markts vermehren und vervielfältigen sich diese. Die Vertragsfreiheit ist in keiner Rechtsordnung eine schrankenlose, dergestalt, daß das Recht für jeden beliebigen Inhalt einer Vereinbarung seine Zwangsgarantie zur Verfügung stellte. Charakteristisch für die einzelne Rechtsordnung ist vielmehr: für welche Vertragsinhalte dies geschieht und für welche nicht. Auf diese Frage nun haben, je nach der Struktur der Wirtschaft, sehr verschiedene Interessenten den ausschlaggebenden Einfluß. Mit zunehmender Marktverbreiterung aber zunächst und vor allem die Marktinteressenten. Deren Einfluß vornehmlich bestimmt dann die Art derjenigen Rechtsgeschäfte, welche das Recht ordnet. Diese Ordnung aber greift nun notwendig über die Sphäre bloßer Abgrenzung des gegenseitigen individuellen Freiheitsbereichs grundsätzlich hinaus. Denn die zugelassenen Rechtsgeschäfte schließen in aller Regel die Ermächtigung zu Gunsten der Interessenten in sich, auch Dritte, an dem betreffenden Akt nicht Beteiligte, zu binden. In irgend einem Maß und Sinn wirkt fast jedes Rechtsgeschäft zwischen zwei Personen, indem es die Art der Verteilung der Verfügung der rechtlich garantierten Verfügungsgewalten verschiebt, auf die Beziehungen zu unbestimmt vielen Dritten zurück. Aber immerhin in sehr verschiedener Art. Soweit es nur zwischen denjeni-

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gen, welche es abschließen, Ansprüche und Verbindlichkeiten schafft, scheint dies rein äußerlich überhaupt nicht der Fall zu sein. Hier scheint in der Tat nur die Chance, daß das Zugesagte erfüllt wird, rechtlich garantiert. Allein soweit es sich um rechtsgeschäftliche Übertragungen von Besitz aus einer Hand in die andere handelt, ist insofern das Interesse aller Dritten berührt, als jetzt ein anderer Inhaber des auch bisher für sie nicht zugänglichen Objekts zu respektieren ist. Vom Standpunkt des Erwerbers ist es lediglich die Sicherung, daß kein Dritter die mit dem Rechtsgeschäft erworbene Chance stören werde. In Wahrheit ist diese Unberührtheit der Interessen Dritter stets nur eine relative und finden sich diese immer, meist freilich nur für gewisse Eventualitäten, mitbetroffen. So werden die Interessen der etwaigen Gläubiger eines jeden, der eine Schuldverpflichtung eingeht, durch dessen vermehrte Belastung mit Verbindlichkeiten berührt und die Interessen der Nachbarn bei einem Grundstücksverkauf durch Änderungen, die der neue Besitzer im Gegensatz zum bisherigen in der Art von dessen Benutzung vornehmen kann. Indessen gibt es andere Fälle, in welchen die Interessen Dritter durch Ausnutzung der Vertragsfreiheit in wesentlich drastischerer Art berührt werden können. Wenn z. B. durch Vertrag jemand sich in die Sklaverei verkauft oder ein Weib sich durch Ehevertrag in die Vormundschaft ihres Ehemanns begibt, oder wenn ein Grundstück zum Fideikommiß erklärt wird, oder wenn eine Anzahl von Personen eine Aktiengesellschaft gründen – dann werden davon die Interessen Dritter zwar im Einzelfall dem Grade nach verschieden, immer aber doch in qualitativ weitergehender Art berührt, als in den obigen Beispielen. Im Gegensatz zu dort sind hier die sonst geltenden Regeln des Rechtsverkehrs, d. h. der Gültigkeit von Verträgen, des zwangsweisen Zugriffs der Gläubiger auf Vermögensobjekte, für diese Fälle von Vereinbarungen zu Gunsten der Vertragsschließenden gänzlich außer Kraft gesetzt und durch ganz neue und andersartige, auch jeden Dritten in seinen Ansprüchen und Chancen bindende Normen soweit ersetzt, als dem freien Belieben der Vertragsschließenden rechtliche Geltung zugestanden wird. Nur die Ausdrucksweise des Rechts verschleiert dies oft. Daß z. B. eine Aktiengesellschaft ein bestimmt anzugebendes Kapital gesetzlich haben muß und daß sie dies Kapital unter bestimmten Kautelen durch Beschluß der Generalversammlung herabsetzen kann, bedeutet praktisch: daß kraft Geset-

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zes zugunsten der Gläubiger ein bestimmter Überschuß des gemeinsamen Besitzes an Sachgüter und Forderungen über die Schulden deklariert werden muß und daß an dieser Deklaration die beteiligten Gesellschafter bei der Berechnung des zur Verteilung kommenden Gewinns derart gebunden sein sollen, daß Gewinn nur verteilt werden darf, wenn jener als Kapital deklarierte Betrag nach den Regeln der ordnungsmäßigen Taxierung und Buchführung gedeckt bleibt, daß aber unter Umständen die jeweils beteiligten Gesellschafter berechtigt sein sollen, jene Deklaration und also auch die entsprechende Garantie für die Gläubiger und später eintretenden Gesellschafter herabzusetzen und trotz Nichtdeckung des anfänglich deklarierten Betrages Gewinn zu verteilen. Es ist klar, daß diese Regelung die Interessen dritter, zu dem jeweiligen Bestande der Gesellschafter nicht gehöriger, Personen: Gläubiger, spätere Erwerber von Aktien, höchst intensiv berührt. Ebenso natürlich die mit einer Ergebung in die Sklaverei eintretende Beschränkung der Vertragsfähigkeit des Sklaven Dritten gegenüber oder die mit Eintritt einer Frau in eine Ehe entstehenden Generalhypotheken, welche diese nach manchen Rechten selbst auf Kosten älterer Rechte am Vermögen des Mannes erwirbt, und es ist klar, daß eine solche Beeinflussung der Rechtslage Dritter den Vertragschließenden gegenüber über denjenigen Einfluß, welcher im Gefolge fast jeden Rechtsgeschäfts irgendwie über den Kreis der Beteiligten hinaus eintreten kann, hinausgeht. Selbstverständlich ist das Maß der Beeinflussung nur graduell abgestuft. Eine Ermächtigung zur gültigen, d. h. also zu einer in ihren Konsequenzen auch von Dritten anzuerkennenden Eingehung solcher über die interne Beziehung der Vertragschließenden spezifisch hinausgreifenden Rechtsgeschäfte bedeutet also jedenfalls mehr als die bloße Einräumung eines Freiheitsrechts, welches eine bloße Erlaubnis zum beliebigen Tun und Lassen konkreter Handlungen enthält, so unbedingt zuzugeben ist, daß die Übergänge auch hier völlig flüssig sind. Auf der anderen Seite kann das Recht auch Vereinbarungen die rechtliche Gültigkeit versagen, welche direkt wenigstens Interessen Unbeteiligter gar nicht zu berühren scheinen oder doch wenigstens keine Sonderregeln gegenüber dem sonst gültigen Recht in sich schließen oder Dritten nur Vorteile, aber keine Schädigung zu versprechen scheinen. Die Gründe für solche Einschränkungen der Vertragsfreiheit können die allerverschie-

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densten sein. So schloß das klassische römische Recht nicht nur alle die Interessen Dritter direkt berührenden und ein abnormes Recht konstituierenden Formen beschränkter Haftung (Aktiengesellschaft und ähnliche) und auch die Sondernormen der offenen Handelsgesellschaft (Solidarhaft und Sondervermögen) aus, sondern auch alle Begründungen ewiger Renten, also den Rentenkauf, die Begründung von Erbpachtverhältnissen (außer in superfiziarischer und im spätkaiserlichen Recht emphyteutischer Form wenigstens für Private – das Institut des ager vectigalis war ursprünglich nur den Kommunen, erst später auch den Grundherren zugänglich –), ferner die Inhaber- und Orderpapiere und ließ ursprünglich nicht einmal die Cession von Forderungsrechten an Dritte zu. Und das spezifisch moderne Recht lehnt z. B. nicht nur die Anerkennung von Verträgen, welche eine Unterwerfung in ein sklavenartiges persönliches Verhältnis enthalten, ab, sondern schloß z. B. in Preußen bis vor kurzem auch ganz wie das römische Recht, jede Belastung von Grundstücken mit ewigen Renten aus, die jetzt unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, stempelt zahlreiche Verträge als gegen die guten Sitten verstoßend zu nichtigen Vereinbarungen, welche der Antike als ganz normal bekannt waren: namentlich Vereinbarungen über sexuelle Beziehungen, für welche z. B. im antiken Ägypten fast völlige Vertragsfreiheit gegolten hatte, zu Gunsten der heute allein zugelassenen legalen Ehe, und schließt andere (so die meisten der Antike bekannten Vereinbarungen über die väterliche und eheherrliche Gewalt) aus dem Kreise der zulässigen Rechtsgeschäfte aus. Die Gründe für diese jeweilig verschiedene Bestimmung der Grenzen der Vertragsfreiheit liegen teils darin, daß die betreffenden Institutionen der Verkehrstechnik der betreffenden Epoche noch kein Bedürfnis war. So das Fehlen der Inhaber- und Orderpapiere dem antiken oder, vorsichtiger ausgedrückt, dem offiziellen römischen Reichsrecht. Ebenso das Fehlen der kapitalistischen Vergesellschaftungsformen, für welche Parallelen nur in den staatskapitalistischen Assoziationen der Antike zu finden sind: weil der antike Kapitalismus damals seinem Schwerpunkt nach vom Staat lebte. Und die gegebenen rechtstechnischen Verkehrsschemata, welchen das Recht eine Garantie darbieten soll, müssen anderseits ebenso wie technische Manipulationen erst einmal erfunden werden, um in den Dienst aktueller ökonomischer Interessen treten zu können. Daher ist die gegebene rechts-

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technische Eigenart einer Rechtsordnung, die Art der Denkformen, mit denen sie arbeitet, für die Chance, daß ein bestimmtes Rechtsinstitut in ihrer Mitte erfunden werde, von weit erheblicherer Bedeutung[,] als man oft anzunehmen pflegt. Ökonomische Situationen gebären diese Rechtsformen nicht einfach automatisch aus sich, sondern enthalten nur eine Chance dafür, daß die betreffende rechtstechnische Erfindung, wenn sie gemacht wird, auch Verbreitung finde. Daß so viele unserer spezifisch kapitalistischen Rechtsinstitute mittelalterlichen und nicht römischen Ursprungs sind, obwohl doch das römische Recht wesentlich stärker rationalisiert war als das mittelalterliche, hat zwar auch einige ökonomische, daneben aber verschiedene rein rechtstechnische Gründe. Die Denkformen des okzidentalen mittelalterlichen Rechts mit seiner Auffassung z. B. der Urkunde nicht als eines rationalen Beweismittels, sondern als eines symbolischen Trägers von Rechten, seiner Gewöhnung an Solidarhaftpflichten aller möglichen Gemeinschaftskreise für ihre Mitglieder nach außen hin, seiner Vertrautheit mit der Scheidung von Sondervermögensmassen auf den allerverschiedensten Gebieten gestattete dem Geschäftsverkehr die Entwicklung eines weit größeren Reichtums an rechtstechnischen Schemata[,] als dem rationalisierten römischen Recht zu entnehmen war. Und diese sachlichen Sonderinstitute, welche dem entstehenden modernen Kapitalismus so besonders gut auf dem Leib paßten, konnten im allgemeinen leichter auf dem Boden einer überhaupt zahlreiche, den Interessen ganz konkreter Interessentenkreise entsprechender Sonderrechte erzeugenden Gesellschaft entwickelt werden. Oder jene Schranken der Vertragsfreiheit sind, wie der Ausschluß oder die Begrenzung derselben in Familienangelegenheiten, welcher den meisten modernen Rechten eigentümlich ist, und wie die Ablehnung der vertragsmäßigen Ergebung in die Sklaverei, durch vorwiegend politische und ethische Interessenvorstellungen bedingt. Oder sie haben ihren Grund in sozialen und ökonomischen Interessen maßgebender Schichten: so sicherlich der Ausschluß aller feudalen und aller überhaupt eine dauernde Belastung eines Grundstücks zu Gunsten eines Privatmanns zulassenden Institutionen im römischen Recht ebenso wie, seit den preußischen Ablösungsgesetzen, in Preußen, in beiden Fällen durch bürgerliche Klasseninteressen und mit diesen assoziierte ökonomische Vorstel-

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lungen beeinflußt. Oder endlich sie entspringen der aus den verschiedensten Gründen heraus möglichen Abneigung, rein private Vereinbarungen durch Rechtsgarantie zu schützen, deren Konsequenz über die Personen der direkt Beteiligten hinausreichen. Wie das römische, so erreicht nun auch das heutige Recht diesen die Vertragsfreiheit einschränkenden Effekt technisch in der Regel nicht dadurch, daß es Vereinbarungen der betreffenden Art durch besondere Verbotsgesetze entgegentritt, sondern einfach[,] indem es keine Vertragsschemata (und in Rom keine Klageschemata) für sie zur Verfügung stellt und die in ihren Rechtsfolgen schematisch normierten Tatbestände so gestaltet, daß die Art dieser Normierung mit Vertragsabreden der gedachten, vom Recht nicht gebilligten Art unvereinbar ist. Denn die in Rom ebenso wie heute übliche technische Form, in welcher Ermächtigungen zu bestimmten Arten von rechtlichen Verfügungen, insbesondere zu solchen, welche, wie etwa die Gründung einer Aktiengesellschaft, die Interessen Dritter berühren, gegeben werden, ist die Aufstellung entsprechender Vertragsschemata, deren Normen jede Vereinbarung von Interessenten zugrunde legen muß, um gültig zu sein und vom Recht garantiert zu werden. Man kann die Vereinbarungen, welche innerhalb bestimmter Schranken auch Unbeteiligte binden – immer mit dem Vorbehalt, daß dies in irgend einem Sinn bei fast jedem Rechtsgeschäft zutrifft – gewillkürtes Recht im Gegensatz zum gemeinen Recht nennen. Gewillkürtes Recht zu schaffen kann eine Angelegenheit monopolistischer Einungen sein. Daß derart gewillkürtes Recht dem gemeinen Recht vorgeht, – Willkür das Landrecht bricht – ist Charakteristikum einer bestimmten ständisch gegliederten Sozialordnung, und die wichtigsten Träger gewillkürten Rechtes sind Einungen unter ständisch Gleichgestellten. Es ist ein Zustand, in welchem das Monopol der politischen Gemeinschaft, Recht zu schaffen, oder doch die Schaffung gewillkürten Rechtes zu erlauben, sich noch nicht durchgesetzt hat, die Summe aller innerhalb eines gegebenen Gebiets oder Personenkreises geltenden Rechts vielmehr durch Usurpationen verschiedener gegeneinander autonomer Gemeinschaften geschaffen und fortgebildet wird, zwischen denen der stets erneut erforderliche Ausgleich durch gegenseitige Kompromisse geschaffen oder durch überragende politische oder kirchliche Gewalten oktroyiert wird. Die Sprengung der ständischen Sozialordnung, die fortschreitende Nivellierung und zu-

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nehmende Einordnung aller einzelnen in eine auf formaler Rechtsgleichheit beruhenden Gemeinschaft, ist das Werk der beiden großen rationalisierenden Mächte: der Markterweiterung einerseits, der Bürokratisierung andererseits. Sie ersetzt jene auf der Eigenmacht monopolistisch abgegrenzter Personenverbände ruhende Art der durchweg individuellen Entstehung gewillkürten Rechts – die Autonomie der dem Schwerpunkt nach ständischen Einungen – durch eine allgemeine gleiche, aber eng begrenzte Autonomie einerseits und durch Herstellung von schematischen Ermächtigungen, gewillkürtes Recht durch Rechtsgeschäft zu schaffen, andererseits. Die entscheidende Triebkraft für diese technische Verfügung der autonomen Rechtsschöpfung ist zwar nicht ausschließlich, aber in starkem Maße das Interesse der Marktmachtinteressenten, d. h. also: der durch Besitz (Klassenlage in dem später zu erörternden Sinn) bestimmter Art im formal freien Preis- und Konkurrenzkampf auf dem Markt faktisch Privilegierten. Denn die der formalen Rechtsgleichheit entsprechende allgemeine Ermächtigung für jedermann ohne Ansehn der Person, z. B. eine Aktiengesellschaft zu schaffen oder ein Fideikommiß zu stiften, bedeutet in Wahrheit die Schaffung einer weitgehenden Autonomie der besitzenden Klassen als solcher, die ja allein davon Gebrauch machen können, gegenüber dem gemeinen Recht. Sie ist, weil sie Dritte zu binden gestattet, die höhere Stufe derjenigen Autonomie, welche das allgemeine Prinzip der Vertragsfreiheit in sich schließt. Die Rechtsordnung als solche ist die universellste und weitaus wirksamste Form der Befriedung, d. h.: der Ablenkung des Kampfs der Interessenten von der Form direkter Gewaltsamkeit in die Bahnen einer durch andere als die im gewaltsamen Kampf ausschlaggebenden Qualitäten sich entscheidenden Form des Austrags der Interessengegensätze. Sie ist daher das geeignete Mittel, anstelle jener im gewaltsamen Kampf ausschlaggebenden Qualitäten die rationale ökonomische Klugheit und speziell die kluge Verwendung von Güterbesitz im Interessenkampf auf dem Markt als Mittel der Macht über andere zu setzen. Die Marktinteressenten sind daher die universellen Interessenten einer Rechtsordnung, welche dies erzieht und die universelle Form dafür ist die Schaffung solcher Schemata von gültigen Vereinbarungen, welche bei formaler Freiheit der Benutzung durch alle doch tatsächlich nur den Besitzenden zugänglich sind und also nur deren Autonomie stützen.

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Es war notwendig, diesen Sachverhalt speziell hervorzuheben, um nicht in den Irrtum zu verfallen, daß diejenige Art von Dezentralisation der Rechtsschöpfung (ein an sich guter Ausdruck Andreas Voigts), welche in dieser modernen Form der Autonomie der Interessenten liegt, etwa identisch sei mit einer Herabsetzung des innerhalb einer Rechtsgemeinschaft geübten Maßes von Zwang im Vergleich mit anderen, z. B. sozialistisch geordneten Gemeinschaften. Die Herabsetzung des Zwanges durch Ermächtigungsgesetze, welche alles der freien Vereinbarung überlassen, ist nur formell eine Verminderung des Zwangs zu Gunsten derjenigen, welche von jenen Ermächtigungen Gebrauch zu machen in der Lage sind. Inwieweit sie materiell das Gesamtquantum von Freiheit innerhalb einer gegebenen Rechtsgemeinschaft vermehrt, ist durchaus eine Frage der konkreten Wirtschaftsordnung und speziell der Art der Besitzverteilung, jedenfalls aber nicht aus dem Inhalt des Rechts abzulesen. In einer sozialistischen Gemeinschaft würden Ermächtigungsgesetze der hier erörterten Art sicherlich eine geringere Rolle spielen, es würden ferner die Stellen, welche Zwang üben, die Art des Zwanges und diejenigen, gegen welche er sich richtet, andere sein, als in einer privatwirtschaftlich organisierten Gemeinschaft. In dieser letzteren wird der Zwang durch den privaten Besitzer der Produktions- und Erwerbsmittel kraft dieses vom Recht garantierten Besitzes und in der Form der Machtentfaltung im Marktkampf geübt. In einer sozialistischen Gemeinschaft durch Anordnungen einer, wie immer zu denkenden, einheitlichen, die wirtschaftliche Tätigkeit regelnden Instanz, denen im Fall des Widerstrebens Nachachtung durch Zwang irgendwelcher Art, nur nicht durch Marktkampf, verschafft werden würde. Wo das Mehr an Zwang und wo das Mehr an persönlicher Freiheitssphäre liegen würde, ist jedenfalls nicht durch bloße Analyse des im einen und anderen Fall geltenden oder denkbaren Rechts zu entscheiden, sondern höchstens durch Analyse der qualitativen Eigenart des Zwanges und dessen Verteilung unter die an der Rechtsgemeinschaft jeweils Beteiligten. Die sozialistische Idee perhorresziert den Zwang nicht nur, wo er auf Grund des privaten Besitzes durch den Marktkampf geübt wird, sondern vor allem auch den Zwang kraft persönlicher Autorität. Mit welchen dauernden Chancen angesichts der Notwendigkeit einer sehr universellen Organisation, mag gewiß höchst fraglich erscheinen. Die Marktgemeinschaft

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kennt, in ihrer reinen Form, Zwang kraft persönlicher Autorität ebenfalls nicht ihrer Idee, sondern nur der Tatsache nach. Sie ihrerseits gebiert vielmehr aus sich heraus den Zwang – gegen Arbeiter und Unternehmer, Produzenten und Konsumenten – in der ganz unpersönlichen Form der Unvermeidlichkeit, sich den Marktgesetzen anzupassen, bei Strafe des Verlustes der ökonomischen Macht. Sie setzt diesen unpersönlichen Zwang an die Stelle der persönlichen Autorität. Sie macht im Ergebnis, auf dem Boden der kapitalistischen Organisation, auch die unvermeidlich persönlichen und autoritären, weil Disziplin in sich schließenden Unterordnungsverhältnisse im Betrieb zu Objekten des Marktverkehrs, ohne daß es ihr dadurch allein gelänge, sie ihres autoritären Charakters wirklich zu entkleiden. Je umfassender vielmehr, im Gefolge der Marktbeherrschung und der Konzentration ökonomischer Macht die Gebilde, deren Bestand auf Disziplin ruht: die kapitalistischen Betriebe, anwachsen, desto autoritärer gefärbt wird der in ihnen geübte Zwang und desto enger der Kreis derjenigen, in deren Händen sich die Macht, ihn zu üben und durch Vermittlung der Rechtsordnung garantieren zu lassen, zusammenballt. Eine formell noch so viele Freiheitsrechte und Ermächtigungen verbürgende und darbietende und noch so wenig Gebots- und Verbotsnormen enthaltende Rechtsordnung kann daher in ihrer faktischen Wirkung einer qualitativ sehr bedeutenden Verschärfung des Zwangs und sogar einer Steigerung des autoritären Charakters der Zwangsgewalten dienen. A 12 Tgr II S. 274

Die heutige Rechtstheorie und Rechtspraxis kennt als eine der wichtigsten Scheidungen diejenige von öffentlichem und Privatrecht. Zwar über das Prinzip der Abgrenzung herrscht Streit. 1. Das öffentliche Recht einfach, der soziologischen Scheidung entsprechend, als den Inbegriff der Normen für das seinem von der Rechtsordnung zu unterstellendem Sinne nach staatsanstaltsbezogene, d. h.: dem Bestande, der Ausdehnung und der direkten Durchführung der Zwecke der Staatsanstalt als solcher dienenden Handeln zu definieren, das Privatrecht aber als den Inbegriff der Normen für das, seinem von der Rechtsordnung unterstelltem Sinne nach, nicht staatsanstaltsbezogene, sondern nur von der Staatsanstalt durch Normen geregelte Handeln anzusehen, scheint durch den unformalen Charakter dieser Scheidung technisch erschwert.

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Dennoch liegt diese Art der Unterscheidung letztlich fast allen Grenzabsteckungen zugrunde. 2. Diese Scheidung verschlingt sich aber mit einer anderen: Man könnte öffentliches Recht identifizieren mit der Gesamtheit der Reglements, also der ihrem richtigen juristischen Sinn nach nur Anweisungen an die Staatsorgane enthaltenden, nicht aber erworbene subjektive Rechte einzelner begründenden Normen, im Gegensatz zu den Anspruchsnormierungen, welche ebensolche Rechte begründen sollen. Der Gegensatz müßte aber zunächst richtig verstanden werden. Auch öffentlichrechtliche Normen, z. B. diejenigen über eine Präsidentenwahl, können subjektive und dabei dennoch öffentliche Rechte einzelner begründen, im Beispiel: das Recht zu wählen. Aber dieses öffentliche Recht des einzelnen ist allerdings nicht dem juristischen Sinne nach ein erworbenes Recht im gleichen Sinn wie etwa das Eigentum, welches prinzipiell für den Gesetzgeber selbst unantastbar ist und eben deshalb von ihm anerkannt wird. Denn die subjektiven öffentlichen Rechte enthalten dem juristischen Sinne nach in Wahrheit subjektive Zuständigkeiten, für bestimmt begrenzte Zwecke als Organe des Staates aufzutreten, können also trotz der Form des subjektiven Rechts, die sie annehmen, in Wahrheit dennoch als bloße Reflexe eines Reglements, nicht als Ausfluß einer objektiven Anspruchsnormierung angesehen werden. Allein auch bei weitem nicht alle jeweils in einer Rechtsordnung bestehenden, in dem oben unter 1) bezeichneten Sinn privatrechtlichen Ansprüche sind erworbene subjektive Rechte. Selbst der jeweils zugelassene Inhalt des Eigentums rechts ist Reflex der Rechtsordnung und die Frage, ob ein Recht als erworben gilt, reduziert sich oft auf die Frage: ob seine Beseitigung Entschädigungsansprüche nach sich ziehe. Man könnte also vielleicht behaupten, daß alles öffentliche Recht dem Sinne nach nur Reglement sei, nicht aber, daß jedes Reglement nur öffentliches Recht schaffe. In Rechtsordnungen aber, wo die Regierungsgewalt als erworbenes patrimoniales Recht eines Monarchen gilt, oder wo umgekehrt gewisse Bürgerrechte als schlechthin unentziehbar gelten (kraft Naturrecht), trifft auch dies nicht zu. 3. Und endlich kann man die Scheidung so vornehmen, daß man alle Rechtsangelegenheiten, bei denen einander mehrere, dem juristischen Sinne nach gleichgeordnete Parteien gegenübertreten, deren Rechtssphären abzugrenzen der richtige Sinn der Tätigkeit,

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sei es des Gesetzgebers, sei es des Richters, sei es der betr. Parteien selbst (durch Rechtsgeschäft) ist, als privatrechtliche von dem öffentlichen rechtlichen Teil, bei welchem ein, dem juristischen Sinne nach, präeminenter Gewaltenträger mit autoritärer Befehlsgewalt anderen ihm, dem juristischen Sinn der Normen nach, unterworfenen Personen gegenübertritt. Allein nicht jedes Organ der Staatsanstalt hat Befehlsgewalt und das Handeln der staatlichen Organe ist nicht immer ein Befehl. Und endlich ist offenkundig grade die Regulierung der Beziehungen zwischen mehreren Staatsorganen, also gleichmäßig präeminenten Gewaltenträgern, die eigentlich interne Sphäre des öffentlichen Rechts. Und ferner müssen nicht nur die unmittelbar zwischen Gewaltenträgern und Gewaltunterworfenen bestehenden Beziehungen, sondern auch dasjenige Handeln der Gewaltunterworfenen, welches der Bestellung und Kontrolle des oder der präeminenten Gewaltenträger dient, zur Sphäre des öffentlich-rechtlich regulierten Handelns geschlagen werden. Dann aber führt diese Art der Scheidung weitgehend in die Bahnen der oben zuerst angegebenen zurück. Denn sie behandelt nicht jede autoritäre Befehlsgewalt und ihre Beziehungen zu Gewaltunterworfenen als öffentlich-rechtlich. Diejenige des Arbeitgebers offenbar deshalb nicht, weil sie durch Rechtsgeschäfte zwischen formal Gleichgeordneten entsteht. Aber auch diejenige des Hausvaters wird als privatrechtliche Autorität behandelt, offenbar nur deshalb, weil die Staatsanstalt allein als Quelle legitimer Gewalt gilt und daher nur dasjenige Handeln, welches seinem von der Rechtsordnung zu unterstellendem Sinn nach auf die Erhaltung der Staatsanstalt und die Durchführung der von ihr sozusagen in eigene Regie genommenen Interessen bezogen ist, als öffentlich-rechtlich relevant gilt. Welche Interessen nun jeweils als von der Staatsanstalt selbst wahrzunehmende gelten, ist bekanntlich auch heute wandelbar. Und vor allem kann ein Interessengebiet durch gesatztes Recht absichtlich derart geregelt werden, daß die Schaffung von Privatansprüchen einzelner und von Befehlsgewalten oder anderen Tätigkeiten von Staatsorganen selbst für ein- und denselben Sachverhalt nebeneinander stehen. Auch heute also ist die Abgrenzung der Sphäre von öffentlichem und privatem Recht nicht überall eindeutig. Noch weit mehr war dies in der Vergangenheit der Fall. Die Möglichkeit der Scheidung kann gradezu fehlen. Dann nämlich, wenn alles Recht und alle Zu-

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ständigkeiten, insbesondere auch alle Befehlsgewalten gleichmäßig den Charakter des persönlichen Privilegs an sich tragen. Dann ist die Befugnis, in einer bestimmten Sache Recht zu sprechen oder jemanden zum Kriegsdienst aufzubieten oder von ihm sonst Gehorsam zu verlangen, genau so ein erworbenes subjektives Recht und eventuell ganz ebenso Gegenstand privaten Rechtsgeschäfts, durch Veräußerung oder Vererbung, wie etwa die Befugnis, ein bestimmtes Stück Acker zu nutzen. Die politische Gewalt hat dann eben juristisch keine anstaltsmäßige Struktur, sondern wird durch konkrete Vergesellschaftungen, Kompromisse der verschiedenen Prätendenten subjektiver Befehlsbefugnisse dargestellt. Die politische Befehlsgewalt gilt dann als von derjenigen des Hausvaters, Grundherrn, Leibherrn nicht wesensverschieden. Soweit eine solche Struktur des Rechts jeweils reicht – und sie war niemals in alle letzten Konsequenzen durchgeführt –[,] soweit ist juristisch alles, was unserem öffentlichen Recht entspricht, Gegenstand von subjektivem Recht konkreter Gewalthaber, genau wie ein Privatrechtsanspruch. Die Scheidung von privatem und öffentlichem Recht kann aber auch aus dem grade entgegengesetzten Grunde wegfallen. Dann nämlich, wenn alle Normen fehlen, welche den Charakter anspruchsverleihenden objektiven Rechts haben, wenn also der gesamte überhaupt geltende Normenkomplex juristisch den Charakter von Reglements und also alle privaten Interessen nicht als garantierte subjektive Ansprüche, sondern nur als Reflexe der Geltung jener Reglements die Chance des Schutzes besitzen. Soweit dieser Zustand reicht, – und auch er hat nie universell geherrscht – soweit löst sich alles Recht in regierende Verwaltung auf. Verwaltung ist heute kein Begriff nur des öffentlichen Rechts. Es gibt private Verwaltung, etwa des eigenen Haushalts oder eines Erwerbsbetriebs, und öffentliche, d. h. durch Anstaltsorgane des Staats oder anderer, durch ihn dazu legitimierter heteronomer öffentlicher Anstalten als solcher geführte Verwaltung. Der Begriff öffentliche Verwaltung umfaßt nun in seinem weitesten Sinne dreierlei: Rechtsschöpfung, Rechtsfindung und das, was an öffentlicher Anstaltstätigkeit nach Abzug jener beiden Sphären übrig bleibt: regierender Verwaltung. Die regierende Verwaltung kann ebenso wie die Rechtsschöpfung und Rechtsfindung an Rechtsnormen gebunden und durch erworbene subjektive Rechte beschränkt sein. Dies teilt

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sie mit der Rechtsschöpfung und Rechtsfindung. Aber darin liegt nun zweierlei: 1. positiv der Legitimitätsgrund ihrer eigenen Zuständigkeit: eine moderne regierende Verwaltung entfaltet ihre Tätigkeit kraft legitimer Kompetenz, welche juristisch letztlich stets auf der Ermächtigung durch Normen der Staatsanstalt beruht. Und ferner ergibt jene Gebundenheit an geltendes Recht und erworbene Rechte negativ 2. die Schranken ihrer freien Bewegung, mit denen sie sich abzufinden hat. Ihr spezifisches eigenes Wesen aber besteht grade darin, daß sie nicht nur die Respektierung oder Realisierung von geltendem objektivem Recht, lediglich deshalb, weil es einmal gilt und erworbene Rechte darauf beruhen, zum Objekt hat, sondern die Realisierung von anderen, materialen, Zwecken: politischen, sittlichen, utilitarischen oder welchen Charakters immer. Der Einzelne und seine Interessen sind für die Verwaltung, ihrem juristischen Sinn nach, grundsätzlich Objekt, nicht Rechtssubjekt. Grade im modernen Staat besteht allerdings die Tendenz, Rechtsfindung und Verwaltung einander formal anzunähern. Innerhalb der Rechtspflege wird dem heutigen Richter teils durch positive Rechtsnormen, teils durch Rechtstheorien nicht selten zugemutet, nach materialen Grundsätzen, Sittlichkeit, Billigkeit, Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Und gegenüber der Verwaltung gibt die heutige Staatsorganisation dem einzelnen, der im Prinzip nur ihr Objekt ist, Mittel der Wahrung seiner Interessen an die Hand, welche mindestens formell denjenigen der Rechtsfindung gleichartig sind: die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Aber alle diese Garantien vermögen dennoch den erwähnten letzten Gegensatz von Rechtspflege und Verwaltung nicht zu beseitigen. Der Rechtsschöpfung andererseits nähert sich die regierende Verwaltung überall da an, wo sie auf die ganz freie Verfügung von Fall zu Fall verzichtend generelle Reglements für die Art der Erledigung typischer Geschäfte schafft. Dies ist selbst dann der Fall, wenn sie selbst sich an diese nicht förmlich bindet. Denn immerhin wird diese Bindung trotzdem von ihr erwartet und das Gegenteil als Willkür normalerweise zum mindesten konventionell mißbilligt. Der urwüchsige Träger der Verwaltung ist die Hausherrschaft. In ihrer primitiven Schrankenlosigkeit gibt es subjektive Rechte der Gewaltunterworfenen dem Hausherrn gegenüber nicht und objektive Normen für sein Verhalten ihnen gegenüber nur als Reflex

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sakraler Schranken seines Handelns. Urwüchsig ist demgemäß das Nebeneinanderstehen der prinzipiell ganz schrankenlosen regierenden Verwaltung des Hausherrn innerhalb der Hausgemeinschaft auf der einen Seite und des auf Sühne- und Beweisvertrag beruhenden Schiedsverfahrens zwischen den Sippen andererseits. Auch hier wird über Ansprüche, subjektive Rechte also, verhandelt und ein Wahrspruch abgegeben. Nur hier finden sich, – wir werden sehen weshalb, – feste Formen, Fristen, Beweisregeln, kurz die Anfänge von einer juristischen Behandlung. Das Verfahren des Hausvaters im Umkreis seiner Gewalt weiß davon nichts. Es ist ebenso die primitive Form der regierenden Verwaltung, wie jenes die der Rechtsfinder. An der Schwelle des Hauses machte noch die antike römische Justiz unbedingt Halt. Wir werden sehen, daß das Hausherrschaftsprinzip über seinen ursprünglichen Umkreis hinaus auch auf gewisse Arten der politischen Gewalt und dadurch auch der Rechtsfindung übertragen worden ist. Wo immer aber dies der Fall ist, wird die Schranke zwischen Rechtsschöpfung, Rechtsfindung und Verwaltung durchbrochen. Ähnlich frei von Beschränkungen durch subjektive Rechte und objektive Normen wie die primitive Macht des Hausherrn kann die Autorität von Magiern und Propheten sein und unter Umständen die Macht der Priester sein, soweit ihre Quelle konkrete Offenbarung ist. Der magische Glaube ist aber auch eine der urwüchsigen Quellen des Strafrechts im Gegensatz zum Zivilrecht. Diese uns heute geläufige Sonderung ist in dem Sinne, daß in der Strafjustiz ein öffentliches, sei es sitt liches oder utilitarisches Interesse an der Sühnung eines Verstoßes gegen objektive Normen durch Strafe von seiten der Organe der Staatsanstalt gegen den Verdächtigen unter den Garantien einer geordneten Prozedur wahrgenommen wird, während die Wahrnehmung privater Ansprüche dem Verletzten überlassen bleibt und nicht Strafe, sondern Herstellung des vom Recht garantierten Zustandes zur Folge hat, ist selbst heute nicht ganz eindeutig durchgeführt. Der urwüchsigen Rechtspflege ist sie fremd. Jede Verletzung erheischt Rache und diese sich zu verschaffen ist Sache des Verletzten unter dem Beistand seiner Sippe. Das Sühneverfahren zwischen den Sippen kennt eine Scheidung von Unrechtmäßigkeiten nicht und ebensowenig gibt es eine Verfolgung von Delikten von Amtswegen. Innerhalb der Hausherrschaft andererseits erfolgt jede Züchtigung kraft der Hausge-

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walt des Herrn, da aber Grund, Art und Maß in dessen Ermessen steht, gibt es kein Strafrecht. Ein solches entwickelte sich in primitiver Form außerhalb des Hauses, und zwar da, wo das Handeln eines einzelnen einen nachbarschaftlichen oder politischen Verband, dem er zugehört, in der Gesamtheit seiner Mitglieder gefährdet. Dies konnte vor allem durch zwei Arten von Handeln geschehen, Religions- und Militärfrevel. Einmal also dadurch, daß eine magische, z. B. eine Tabunorm verletzt wird und dies den Zorn der magischen Gewalten, Geister oder Götter, außer auf den Frevler selbst auch auf die Gemeinschaft, welche ihn in ihrer Mitte duldete, in Gestalt bösen Zaubers herabziehen konnte. Dann reagierten auf Veranlassung der Magier oder Priester die Genossen dagegen durch Verstoßung oder Lynchjustiz (wie es die Steinigung der Juden war) oder durch ein sakrales Sühneverfahren. Die zweite Hauptquelle der Strafjustiz war militärischen Ursprungs. Der durch Verrat oder, nach dem Aufkommen des disziplinierten Kampfs, durch Disziplinbruch oder durch Feigheit die Sicherheit des Wehrverbandes gefährdete, setzte sich der Reaktion von Kriegführer und Heer nach einer meist sehr summarischen Feststellung des Tatbestandes aus. Nur von der Rache aus führt direkt ein Weg zu einem eigentlichen Kriminalverfahren, welches – wir werden sehen aus welchen Gründen – an Formen und Regeln gebunden ist. Die hausväterliche, religiöse, militärische Reaktion auf Frevel weiß prinzipiell von Formen und Regeln zunächst nichts. Bei der hausväterlichen Gewalt bleibt dies im allgemeinen so. Sie wird zwar durch das Eingreifen anderer Gewalten: zu nächst: Sippengewalt, dann religiöser und militärischer Gewalt – unter Umständen in Schranken gebannt, aber innerhalb ihres Bereichs nur sehr vereinzelt an Rechtsregeln gebunden. Dagegen die primitiven außerhäuslichen Gewalten ebenso wie die auf außerhäusliche Beziehungen übertragene hausherrschaftsartige (patrimoniale) Gewalt, alle nicht innerhäuslichen Gewalten also, die wir unter dem gemeinsamen Namen imperium zusammenfassen wollen, verfielen sämtlich der Bindung an Regeln. Welcher Provenienz diese Regeln sind, inwieweit sie sich der Träger des imperium im eigenen Interesse setzt oder mit Rücksicht auf die faktischen Schranken der Obödienz setzen muß oder durch andere Gewalten gesetzt erhält, lassen wir vorläufig dahingestellt. Es gehört in die Erörterung der Herrschaft. Jedenfalls entsteht ein öf-

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fentliches Recht ebenso wie ein Strafrecht, Strafprozessrecht, Sakralrecht auch im Keime erst da, wo irgend welche derartige Regeln als Komplex von faktisch verbindlich geltenden Normen feststellbar sind. Stets bedeuten sie ebenso viele Schranken des betreffenden imperium. Der Charakter dieser Schranken kann nun aber ein doppelter sein: 1[.] Gewaltenbegrenzung, – 2[.] Gewaltenteilung. Entweder stößt ein bestimmtes imperium kraft heilig geltender Tradition oder durch Satzung auf das Recht der ihm Unterworfenen: daß dem Gewalthaber nur Befehle einer bestimmten Art oder auch Befehle aller mit Ausnahme bestimmter Arten und nur unter bestimmten Voraussetzungen zustehen, also legitim und verbindlich sind. Für die Frage: ob es sich dabei um eine rechtliche oder um eine konventionelle oder nur gewohnheitsmäßige Begrenzung handle, ist entscheidend: ob ein Zwangsapparat die Innehaltung dieser Schranken irgend wie garantiert, einerlei mit welchen noch so praekären Zwangsmitteln, oder nur die konventionelle Missbilligung oder auch endlich eine einverständnismäßige Schranke ganz fehlt. Oder aber das imperium stößt auf ein an deres, ihm gleich oder in bestimmten Hinsichten übergeordnetes imperium, an dessen Geltung es seine Schranken findet. Beides kann zusammentreffen und auf dieser Kombination beruht die Eigentümlichkeit der modernen, nach Kompetenzen gegliederten Staatsanstalt. Sie ist ihrem Wesen nach eine anstaltsmäßige Vergesellschaftung der, nach bestimmten Regeln ausgelesenen, Träger bestimmter, ebenfalls durch allgemeine Regeln der Gewaltenteilung gegeneinander abgegrenzten imperia, welche zugleich auch sämtlich durch gesatzte Gewaltenbegrenzung innere Grenzen der Legitimität ihrer Befehlsgewalt haben. Beide: sowohl die Gewaltenteilung als die Gewaltenbegrenzung können eine von der für die moderne Staatsanstalt charakteristischen Form höchst verschiedene Struktur haben. Speziell gilt dies auch für die Gewaltenteilung. Sie ist im antik römischen Intercessionsrecht der par majorve potestas, im ständischen politischen Gebilde und in der bureaukratischen Organisation von absolut verschiedener Struktur, wie später zu erörtern sein wird. Durchweg aber gilt, richtig verstanden, Montesquieu’s Satz: daß erst die Gewaltenteilung den Gedanken eines öffentlichen Rechts juristisch möglich mache. Nur ist es nicht notwendig eine solche von der Art, wie er sie in England vorzufinden glaubte. Andererseits schafft nicht jede Art von Gewaltenteilung schon den

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Gedanken eines öffentlichen Rechts, sondern erst die der rationalen Staatsanstalt spezifische. Eine wissenschaftliche Lehre vom öffentlichen Recht hat nur der Occident entwickelt, weil nur hier der politische Verband ganz den Charakter der Anstalt mit rationalen Kompetenzen und Gewaltenteilung angenommen hat. Die Antike kennt genau soviel von wissenschaftlichem Staatsrecht, als rationale Gewaltenteilung vorhanden war: die Lehre von den imperia der einzelnen römischen Beamten ist wissenschaftlich gepflegt worden. Alles andere war wesentlich Staatsphilosophie, nicht Staatsrecht. Das Mittelalter kennt die Gewaltenteilung nur als Konkurrenz subjektiver Rechte (Privilegien) und daher keine gesonderte Behandlung des Staatsrechts. Erst die Kombination von mehreren Momenten: in der Welt der Tatsachen die Vergesellschaftung der Privilegierten zur öffentlichen Korporation im Ständestaat, der Gewaltenbeschränkung und Gewaltenteilung zunehmend mit anstaltsmäßiger Struktur verbindet, auf dem Boden der Theorien der römische Korporationsbegriff, das Naturrecht und schließlich die französische Doktrin schufen die entscheidenden juristischen Konzeptionen des modernen öffentlichen Rechts. Wir werden von der Entwicklung desselben, soweit sie uns angeht, bei Besprechung der Herrschaft zu reden kommen. Daher soll im Nachfolgenden vorwiegend von der Rechtsschöpfung und Rechtsfindung auf den Gebieten, welche heut dem Privatrecht und Zivilprozeß überlassen sind, gehandelt werden. Der Unterschied zwischen Rechtsschöpfung: Schaffung von Rechtsnormen[,] und Rechtsfindung: deren Anwendung auf den Einzelfall, besteht überall da nicht, wo alle Rechtspflege freie[,] von Fall zu Fall entscheidende Verwaltung ist. Hier fehlt die Rechtsnorm sowohl wie das subjektive Recht. Ebenso aber auch da, wo das objektive Recht als subjektives Privileg gilt und also der Gedanke der objektiven Rechtsnormen als Grundlage des subjektiven Rechtsanspruches nicht konzipiert ist. Außerdem aber überall da, wo die Rechtsfindung nicht in Form der Anwendung von generellen Rechtsnormen auf den konkreten Fall, durch dessen Subsumtion unter die Norm also, stattfindet. Dies ist bei aller irrationalen Rechtsfindung der Fall, welche[,] wie wir gesehen haben, die ursprüngliche Art der Rechtsfindung überhaupt darstellt und[,] wie wir noch sehen werden, die ganze Vergangenheit, außerhalb des Anwendungsgebietes des römischen Rechts, teils gänzlich, teils

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mindestens in Rudimenten beherrscht hat. Andererseits ist auch die Scheidung zwischen Normen des durch Rechtsfindung zur Anwendung zu bringenden Rechts und solchen des Hergangs der Rechtsfindung selbst nicht immer so klar vollzogen worden, wie heut der Unterschied zwischen materiellem und Prozeßrecht. Wo der Rechtsgang stark auf dem Einfluß des imperiums für die Prozeßinstruktion beruhte, wie z. B. im älteren römischen Recht und, in ganz anderer Art, auch im englischen Recht, liegt die Auffassung nahe, daß der materielle Rechtsanspruch mit dem prozessualen Klageschema: der römischen actio, identisch sei. In der Tat scheidet daher die ältere römische Rechtssystematik Prozeßrecht und Privatrecht nicht in der Art wie wir. Aus ganz anderen formalen Gründen konnte eine wenigstens ähnliche Mischung von, nach unseren Begriffen, prozessual- und materiellrechtlichen Fragen da entstehen, wo die Rechtsfindung auf irrationalen Beweismitteln: Eid und Eideshülfe und ihrer ursprünglichen magischen Bedeutung oder auf Ordalien ruhte. Dann erscheint Recht oder Pflicht zu diesem magisch bedeutsamen Akt als Teil des materiellen Rechtsanspruchs. Immerhin ist trotzdem die Scheidung von Normen für den Rechtsgang und den materiellen Rechtsnormen in der Sonderung der Richtsteige von den Rechtsbüchern ungefähr ebenso klar durchgeführt, wie in der älteren römischen Systematik. Wie das Gesagte zeigt, ist die Art der Herausdifferenzierung der einzelnen uns heute geläufigen Grundkonzeptionen von Rechtssphären in hohem Maße von rechtstechnischen Momenten, teils von der Art der Struktur des politischen Verbandes abhängig und kann daher nur indirekt als ökonomisch bedingt gelten. Ökonomische Momente spielen insofern hinein, als die Rationalisierung der Wirtschaft auf der Basis der Marktvergemeinschaftung und damit die immer weitere Kompliziertheit der durch Rechtsschöpfung und Rechtsfindung zu schlichtenden Interessenkonflikte sowohl die Entwicklung der fachmäßigen Rationalisierung des Rechtes als solcher wie die Entwicklung des Anstaltscharakters des politischen Verbandes auf das allerstärkste beförderte, wie wir stets erneut sehen werden. Alle andern rein ökonomischen Einflüsse sind konkret bedingt und nicht auf allgemeine Regeln zu bringen. Andererseits werden wir immer erneut auch sehen, daß die von intern rechtstechnischen und politischen Momenten bedingten Eigenschaften des Rechts stark auf die Gestaltung der Wirtschaft zu-

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rückwirken. Im nachfolgenden sollen nun die wichtigsten der auf die allgemeinen formellen Qualitäten des Rechts, der Rechtsschöpfung und Rechtsfindung einwirkenden Umstände kurz betrachtet werden. Und zwar kommt es uns unter diesen Qualitäten speziell an auf Maß und Art der Rationalität des Rechts, vor allem natürlich des ökonomisch relevanten Rechts. Rechtsschöpfung und Rechtsfindung können entweder rational oder irrational sein. Irrational sind sie formell dann, wenn für die Ordnung von Rechtsschöpfung und Rechtsfindungsproblemen andere als verstandesmäßig zu kontrollierende Mittel angewendet werden, z. B. die Einholung von Orakeln oder deren Surrogaten. Materiell sind sie irrational insoweit, als ganz konkrete Wertungen des Einzelfalls, seien sie ethische oder gefühlsmäßige oder politische, für die Entscheidung maßgebend sind, nicht aber generelle Normen. Rationale Rechtsschöpfung und Rechtsfindung können wieder in formeller oder in materieller Hinsicht rational sein. Formell mindestens relativ rational ist jedes formale Recht. Formal ist ein Recht insoweit, als ausschließlich eindeutige generelle Tatbestandsmerkmale materiellrechtlich und prozessual beachtet werden. Dieser Formalismus aber kann doppelten Charakter haben. Entweder nämlich können die rechtlich relevanten Merkmale sinnlich anschaulichen Charakter haben. Das Haften an diesen äußerlichen Merkmalen: z. B. daß ein bestimmtes Wort gesprochen, eine Unterschrift gegeben, eine bestimmte[,] ein für allemal in ihrer Bedeutung feststehende symbolische Handlung vorgegangen ist, bedeutet die strengste Form von Rechtsformalismus. Oder die rechtlich relevanten Merkmale werden durch streng logische Sinndeutung erschlossen und darnach feste Rechtsbegriffe in Gestalt streng abstrakter Regeln gebildet und angewendet. Bei dieser logischen Rationalität ist zwar die Strenge des anschaulichen Formalismus abgeschwächt, da die absolute Eindeutigkeit des äußeren Merkmals schwindet. Aber der Gegensatz gegen die materiale Rationalität ist damit nur gesteigert. Denn diese letztere bedeutet: daß andere als anschauliche Merkmale und logische Generalisierungen abstrakter Sinndeutung auf die Gestaltung der Entscheidung von Rechtsproblemen Einfluß haben: ethische oder utilitarische oder andere Zweckmäßigkeitsregeln oder politische Maximen, welche sowohl den Formalismus des äußeren Merkmals wie denjenigen der logischen Abstraktion durchbrechen. Eine spezifisch fachmäßige juri-

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stische Sublimierung des Rechts ist nur möglich, soweit dieses formalen Charakter hat. Und zwar ist sie, soweit der absolute Formalismus des sinnlichen Merkmals reicht, auf Kasuistik beschränkt. Erst die sinndeutende Abstraktion läßt die spezifisch systematische Aufgabe entstehen: die einzelne Rechtsnorm durch die Mittel der Logik zu einem in sich widerspruchslosen Zusammenhang von solchen zusammenzufügen und zu rationalisieren. Wir wollen nun sehen, wie die an der Rechtsbildung beteiligten Bedingungen auf die Entfaltung der formellen Qualitäten des Rechts einwirken. Wie entstehen Rechtsnormen? Heute normalerweise durch Gesetz, d. h. menschliche Satzung in den dafür kraft gewohnter oder oktroyierter Verfassung eines Verbandes als legitim geltenden Formen. Daß dies nichts urwüchsiges ist, versteht sich von selbst. Allein auch unter ökonomisch und sozial weitgehend differenzierten Verhältnissen ist es nicht das Normale. Das englische Common Law ist den durch Satzung entstandenen Arten von Rechtsnormen: Statute Law und Equity, direkt entgegengesetzt. Man pflegt bei uns das nichtgesatzte Recht als Gewohnheitsrecht zu bezeichnen. Allein das ist ein relativ sehr moderner Begriff, der im römischen Recht erst in sehr späten Andeutungen auftaucht und bei uns Produkt der gemeinrechtlichen Jurisprudenz ist. Vollends sind die Voraussetzungen, an welche heute die Wissenschaft seine Geltung zu knüpfen pflegt, Produkt modernen Denkens. Die urwüchsige Konzeption von Recht kann zweifellos nur so gedacht werden: daß faktische Gewohnheiten des Sich-Verhaltens als verbindlich empfunden und also zu Einverständnissen wurden, denen dann die Garantie von Zwangsapparaten zuteil wurde. Allein wie kommt nun Bewegung in diese träge Masse, welche ja aus sich heraus, gerade weil sie als verbindlich gilt, nichts neues gebären zu können scheint? Man wird antworten: durch Änderung der äußeren Existenzbedingung, welche Änderungen der Einverständnisse nach sich ziehen. Allein die bloße Änderung der äußeren Bedingungen ist dafür weder ausreichend noch unentbehrlich. Entscheidend ist vielmehr stets ein Handeln, welches zu einer Änderung von geltendem Recht oder zur Neuschaffung von solchem führt. An diesem Handeln sind nun verschiedene Kategorien von Personen be teiligt. Zunächst die einzelnen Interessenten eines konkreten Gemeinschaftshandelns. Sowohl unter neuen äußeren Bedingungen seine Interessen zu

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wahren wie um unter den alten Bedingungen sie besser als bisher zu wahren, ändert der Einzelne sein Handeln, insbesondere sein Gemeinschaftshandeln, und treffen mehrere Einzelne, in Vergesellschaftung miteinander treten, inhaltlich neue Vereinbarungen. Durch die Einwirkung dieser beiden Momente entstehen neue[,] rein faktische Gewohnheiten oder neue[,] als geltend behandelte Einverständnisse. Es kann entweder von mehreren schon bestehenden Arten des Sich-Verhaltens diejenige, welche unter den gegebenen neuen Bedingungen die für die ökonomischen oder sozialen Chancen günstigste Art des Gemeinschaftshandelns darstellt, durchaus zu ungunsten anderer Inhalte überleben, um schließlich Gemeingut zu werden. Oder der neue Inhalt des Gemeinschaftshandelns wird durch Erfindung geschaffen und verbreitet sich durch Nachahmung und Auslese. Dieser letztere Fall ist auf allen auch nur mäßig rationalisierten Stufen der Lebensführung von der weitaus hervorragendsten Bedeutung, speziell für die ökonomisch wichtigen Rechtsänderungen. Durch Schaffung konkreter Vereinbarungen oder Einverständnisse zwischen einzelnen konkreten Interessenten ist zu allen Zeiten die ökonomische Neuorientierung in Fluß geraten. Diese Vereinbarungen kümmern sich aber normalerweise zunächst um die Frage, ob sie die Chance haben[,] durch Rechtszwang garantiert zu sein, gar nicht. Die Interessenten halten das entweder für unnötig oder für selbstverständlich. Nach der Rechtsgültigkeit fragt man nur in einem kleinen Bruchteil der Fälle. Jeder Beteiligte hält, je nachdem, das Eigeninteresse oder die Loyalität der anderen Beteiligten für eine ausreichende Bürgschaft[.] Wo besondere Garantien erwünscht scheinen, ersetzt den Parteien in weitestem Umfang die magische Selbstverfluchung: der Eid, jede andere Garantie. Ein ganz ungeheurer, für die meisten Epochen wohl der weit überwiegendste Teil der vereinbarungsmäßigen Ordnung ökonomischer Dinge vollzog sich auf diese Art ohne alle Rücksicht auf die Chancen des Rechtszwangs. Subjektive Rechte in unserem Sinn schaffen also solche Einverständnisse nur zum Teil. Die Chance des Rechtszwangs wird aber natürlich im stärksten Maße durch die bloße Tatsache der Verbreitung von Vereinbarungen eines bestimmten Typus geschaffen oder gesteigert. Nur das Singuläre pflegt keine Garantie durch einen Zwangsapparat zu finden. Einmal universell verbreitete Gepflogenheiten und Einverständnisse ignorieren die Zwangsapparate nur dann, wenn

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formale Gründe oder ein Eingreifen autoritärer Gewalten sie absolut dazu nötigen, oder wenn die Organe des Rechtszwanges, weil durch die Macht eines ethnisch oder politisch fremden Herrschers den Beherrschten aufgezwungen oder durch berufliche und sachliche Spezialisierung dem realen Geschäftsleben entrückt, diesen fremd gegenüberstehen. Dies kann der Fall sein und wir werden einige Bedingungen dafür noch kennen lernen. Es kann ferner der gemeinte Sinn von Vereinbarungen strittig sein oder ihre Verbreitung eine noch prekäre Neuerung und daher ist der Richter, wie wir hier a potiori den Rechtszwangsapparat nennen wollen, die zweite selbständige Instanz. Keineswegs immer drückt sie nur ihr Siegel auf die schon faktisch einverständnismäßig oder vereinbartermaßen geltenden Ordnungen, sondern mindestens in Fällen schwankender Eindeutigkeit dieser oder von Konflikten zwischen ihnen ist er zu wählen genötigt und beeinflußt dadurch die Auslese des als Recht überlebenden oft sehr stark. Wir werden bald sehen, daß hier unter Richter zunächst nicht etwa ein Beamter oder dergleichen zu verstehen ist und daß die Quelle seiner Entscheidungen zunächst entweder gar nicht oder doch nur für gewisse formale Vorfragen durch generelle Normen irgendwelcher Art gebildet werden, welche er auf den konkreten Fall anwenden könnte. Sondern gerade umgekehrt: indem der Richter in einem konkreten Fall aus noch so konkreten Gründen die Zwangsgarantie eintreten läßt, schafft er generelle Normen, objektives Recht also, welches nicht nur für diesen Einzelfall Bedeutung gewinnt. Denn mindestens ist es nun für ihn sehr erschwert und fast unmöglich, in anderen gleichartigen Fällen die Zwangsgarantie zu versagen, auch für andere Richter nach ihm, und zwar je ungebrochener im allgemeinen die Tradition herrscht, desto schwieriger. Denn gerade dann erscheint naturgemäß die getroffene Entscheidung, einerlei wie sie zustande kam, entweder als Ausdruck oder als Bestandteil richtiger Tradition. Die einmal getroffene Entscheidung wird also ein Schema, welches Geltung als Traditionsnorm zum mindesten prätendiert. Das Zusammentreffen bestimmter Einverständnisse, welche das Handeln der Einzelnen geschaffen hat, indem sie ihre Interessensphären gegeneinander abgrenzen, und die Präjudizien der Richter sind also primäre Quellen der Normbildung. So ist in Wirklichkeit z. B. das englische Common Law entstanden. Wir wollen zunächst bei diesen beiden Quellen von neuem Recht stehen bleiben. Der Grad

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der faktischen Gebundenheit an dieses Präjudizienrecht ist dabei sehr verschieden. Denn keineswegs jede einmal getroffene Entscheidung gewinnt unbedingte Bedeutung für andere Fälle.

Anhang III: Textfragment

Editorische Vorbemerkung Nachfolgend ist der nur fragmentarisch erhaltene, makulierte RückseitenText mehrerer aus einem Blattstück gerissener Allongensegmente von „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ in seiner ursprünglichen Textgestalt abgedruckt. Es handelt sich um den rekonstruierten Verso-Text aus Allonge A 4 / B 2 rechts unten, außen,1 A 5 / B 3 links2 und dem nach der Entfernung einer Allonge rückseitig stehengebliebenen Blattrest auf Seite A 8 / B 6 rechts.3 Den Text der beiden zuerst genannten Allongen hat Weber zwecks Wiederverwertung des Papiers durch einen mittig verlaufenden Federstrich in schwarzer Tinte makuliert. Die Transkription erfolgt nach den für diesen Band angewandten editorischen Prinzipien4 und mit den üblichen diakritischen Zeichen. Sachlich zu beachten sind Ansätze einer gegenüber dem Text letzter Hand auffallend heterogenen Begriffsbildung. Über die dem Fragmenttext im einzelnen zu entnehmenden textgenetischen Hinweise geben Einleitung und Editorischer Bericht Auskunft.

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 Herrschaftsloses subjektives Recht ist also sowohl adas Racheund Sühnerechta der Sippe im Fall der Verletzung eines ihrer Mitglieder wie der rein völkerrechtliche Anspruch. Einen ganz andren Typus bildet dagegen der Fall des Bestehens eines „Rechts“, zu dessenb Verwirklichung ein Zwangsapparat überhaupt nicht zur Verfügung gestellt wird, weder ein solcher desjenigen Verbandes, für dessen Mitglieder die betreffende Rechtsnorm kraft Satzung oder Einverständnis nach ihrem einverständnismäßig geltenden Sinn Geltung prätendiert, noch ein anderer (Sippe oder indi-

a die Blutrache > das Racherecht > das Rache- und Sühnerecht ter¯ 1 2 3 4

b Es folgt:  direk-

Vgl. unten im Edierten Text, S. 197, textkritische Anm. n. Vgl. unten im Edierten Text, S. 201, textkritische Anm. s. Vgl. unten im Edierten Text, S. 218, textkritische Anm. u. Vgl. darüber den Editorischen Gesamtbericht, unten, S. 155–159.

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Anhang III: Textfragment

rektec Selbsthilfe)[,] sondern nur indirekt gewisse im Fall der Verletzung eintretende Rechtsfolgen,d auch Consequenzen für rechtszwangsgarantierte Rechte haben. Im römischen Civilrecht gehören dahin die „Naturalobligationen“. Im öffentlichen Rechte subjektive öffentliche Rechte und ebenso die Befugnisse parlamentarischer Körperschaften. Es ist dies der äußerste Grenzfall gegenüber der Geltung als „Convention“. Für die Soziologie bestehen hier völlig fließende Übergänge und ist es an sich eine Frage der Terminologie, ob man in solchen Fällen von „Recht“ oder von „Convention“ sprechen will. Sie wird sich der juristischen Unterscheidungf insoweit anschließen[,] als dies unschädlich ist. Juristisch nun ist der erwähnte Zu scheiden ist dieser Fall, von einer [??] [...]dren Erscheinung.g Eine ganze Anzahl moderner Verfassungen enthält die Erklärung: daß für bestimmte Handlungen von Organen der Staatsanstalt ein bestimmtes Staatsorgan, z. B. ein Minister, die Verantwortlichkeit trage. Dieser Satz hat sehr verschiedene Bedeutung. Zunächst kann es besagen und besagt häufig: daß für Strafthaten, die bei der Amtsthätigkeit des Ministers werden sollten, nur er, nicht die andren Organe, z. B. nicht der Monarch – auch dann nicht, wenn er nach gemeinera Regel als Anstifter oder Beihelferb zu strafen wäre, zur strafrechtlichen oder civilrechtlichen Verantwortung gezogen werden solle. Insoweit er dies besagen will, ist der Satz eine Rechtsnorm. Aber gewöhnlich will er wesentlich mehr sagen, nämlich: daß dieser Minister die Verantwortung sowohl für die Rechtmäßigkeit als für die politische Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit seiner Verwaltungshandlungen trage. Dann hat er Rechtsbedeutung nur, falls ein Staatsgerichtshof besteht, vor welchem das [...] werden kann. [...]ieser Recht-[...]: daß ein [...], bedarf jenes eine „Verantwortung“ des Ministers aussprechenden Rechtssatzes zu ihrem Bestand nicht. Er enthält ein Programmc rein politischen Charakters und kann als solches unter Umständend sehr wohl Bedeutung für das praktisch politische Handeln von ePolitikern und politisch geführten Massene haben. [Z]um Teil c Unsichere Lesung. d Es folgt:   indirekt auch Con¯ die Art der Intervention von Zwangsapparaten bedingen.¯  ¯ e Es folgt:  große Teile des¯ f Casuistik > Unterscheidung g Erscheinung.ga  Zunächst von den rein politischen Programmsätzen ohne Rechtsbedeutung.¯ ga Fällen  Erscheinungen  Erscheinung a Alternative Lesung: genuiner b Unsichere Lesung. c Zusage > Programm d Es folgt:  mehr praktische¯ e Parteien oder Ministern > Politikern und politisch geführten Massen

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vielleicht sogar, weil ihm zugetraut wird: er sei ein Rechtssatz, gewiß aber nicht deshalb[,] weil er tatsächlich ein Rechtssatz wäre. Denn es fehlen ihm die formalen Qualitäten des Rechtssatzes: die Angabe derf Beziehung zwischen Thatbestand und Rechtsfolge. Der hier gemeinte Fall dagegen ist ein ganz anderer: der Sachverhalt nämlich, daß ein Satz [...] als Rechtsatz [...]bar jegliche [...] constitutionell [...] handelt es sich deshalb, weil [. ..] [??] rechtsgültig“, und [...] ihnen Nachachtung verschafft. [...]¯

f Es folgt:  Rechtsfolgen¯

Verzeichnisse und Register

Personenverzeichnis

Dieses Verzeichnis berücksichtigt – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur Personen, die im Text Webers selbst Erwähnung finden. Mythische Personen, wie z. B. die Helden Homers, werden im Glossar aufgeführt. Die Einträge erfolgen in der Schreibung Max Webers. Bei römischen Namen ist die von Weber benutzte Kurzform jeweils kursiviert.

Açoka, Açoca; Tl.: Asoka (Pra¯krt: Asoka). Dritter Kaiser der Maurya-Dynastie (reg. 268 – um 236 v.Chr.). Beherrschte nach der Eroberung des Kalinga-Reiches im indischen Südosten ein vereinigtes indisches Großreich, das fast den gesamten indischen Subkontinent umfaßte. Açoka wandte sich dem Buddhismus zu und propagierte fortan das Dharma, das religiöse Gesetz. Förderte die buddhistische Mission in Hinterindien und in den hellenistischen Staaten. Antonin(us) von Florenz (Ende März 1389 – 2. 5. 1459). Sohn eines Notars, Dominikanermönch, seit 1446 Erzbischof von Florenz; 1523 von Papst Hadrian VI. in den Heiligenkanon aufgenommen. Verfasser zahlreicher moraltheologischer Schriften, darunter einer „Summa Theologiae“. Jakob ben Ascher (um 1270 – 1340). Jüdischer Rechtsgelehrter und Talmudist, in Köln geboren. Durchreiste Europa und sammelte verschiedene jüdische Rechtstraditionen, die er in einem vierteiligen Rechts- und Gesetzbuch, den „Vier Turim“, zusammentrug. Seine Schriften zum jüdischen Recht besaßen im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit für die jüdischen Gemeinden in Europa außerordentliche Autorität. Augustus (eigentl.: Gaius Octavius) (23. 9. 63 v.Chr. – 19. 8. 14 n.Chr.). Adoptivsohn Caesars. Erster römischer Kaiser. Die von ihm kreierte Staatsform, die Rom formell als Republik unter der Oberhoheit eines „primus inter pares“ – dem Princeps (daher der Name der Regierungsform: Prinzipat) – bestehen ließ, etablierte de facto eine Militär-Monarchie. Der Senat verlieh ihm in Anerkennung seiner Verdienste den Ehrennamen Augustus, „der Erhabene“. Austin, John (3. 3. 1790 – 17. 12. 1859). Englischer Jurist (Rechtstheoretiker). Seit 1814 Studium der Rechtswissenschaft, 1818 Zulassung zur Barristerschaft, 1819 – 26 Anwaltstätigkeit; 1826 Professor of Jurisprudence in London, dort 1829 – 32 Lehrtätigkeit. Forschungsaufenthalte u. a. in Heidelberg und Bonn. Freundschaftliche Beziehungen zu  Jeremy Bentham und John Stuart Mill. Seit 1833 Mitglied der „Criminal Law Commission“, die Vorschläge zur Rechts- und Verwaltungsreform Maltas ausarbeitete. Begründer der sog. analytischen Rechtsschule, deren Ziel eine streng wissenschaftliche Behandlung des Rechts ist. Im Zentrum seines Rechtspositivismus steht die Vorstellung vom Recht als Rechtsbefehl des Souveräns und der Rechtsgeltung qua Faktizität des Rechts.

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Personenverzeichnis

Bacon, Francis (22. 1. 1561 – 9. 4. 1626). Englischer Philosoph, Jurist und Staatsmann. Seit 1573 Studium in Cambridge und Paris; seit 1579 Anwaltstätigkeit in London; 1595 Mitglied des Unterhauses; 1604 Kronadvokat, 1613 Oberstaatsanwalt, 1617 Großsiegelbewahrer und zwischen 1618 und 1621 Lordkanzler. 1621 wegen Korruption unehrenhaft aus allen öffentlichen Ämtern entlassen. Begründer des philosophischen Empirismus und einer der Väter der modernen Naturwissenschaften. Früher Verfechter des Kodifikationsgedankens in England. Bastiat, Frédéric (30. 6. 1801 – 24. 12. 1850). Zunächst Kaufmann, dann nationalökonomischer Schriftsteller. In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts eifriger Verfechter einer manchesterliberalen Freihandelsdoktrin auf dem Kontinent. 1850 erschien sein (unvollendetes) Hauptwerk „Harmonies économiques“, eine volkswirtschaftliche Harmonielehre, für die das persönliche Interesse und die freie Konkurrenz die entscheidenden ökonomischen Triebkräfte sind. Beaumanoir, Philippe de Remy (1252/54 – 7. 1. 1296). Französischer Jurist. 1279 – 83 Richter in Clermont und fortan Verwaltungslaufbahn im Königsdienst. Vollendete 1283 sein im Auftrag des Grafen Robert von Clermont verfaßtes Rechtsbuch, die „Coutumes de Beauvaisis“ – zugleich die bekannteste Sammlung französischer Rechtstraditionen, vergleichbar dem „Sachsenspiegel“  Eike von Repgows. Bentham, Jeremy (15. 2. 1748 – 6. 6. 1832). Englischer Philosoph und Jurist. Seit 1760 Studium der Philosophie und Rechtswissenschaft in Oxford, 1763 – 66 Studium der Rechtswissenschaft in London, dort Zuhörer der Verhandlungen der King’s Bench division des High Court unter Chief Justice Lord Mansfield, 1767 Barrister. Die seinem späteren philosophischen Utilitarismus zugrundeliegende Nützlichkeitsmaxime wurde zum Maßstab seiner gesetzgebungs- und strafrechtspolitischen Hauptschriften, namentlich seiner im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts entwickelten Kodifikationslehre. Binding, Karl (4. 6. 1841 – 7. 4. 1920). Jurist (Strafrechtler). 1863 Promotion, 1864 Habilitation in Heidelberg für Strafrecht und Strafprozeßrecht, 1866 o. Professor in Basel, 1870 in Freiburg i.Br., 1872 in Straßburg und 1873 – 1913 in Leipzig. 1879 – 1900 Hilfsrichter am Landgericht Leipzig. Bedeutendste Leistung Bindings auf dem Gebiet der Strafrechtsdogmatik ist eine Theorie der Normen und ihrer Übertretung, die das Strafrechtssystem auf die Unterscheidung von vorgesetzlicher Verbotsnorm und positiver Normierung der Strafbarkeit gründet. Einzelne Seitenstücke dieser Theorie, z. B. seine Lehre vom Verbotsirrtum, haben in die moderne Strafrechtslehre Eingang gefunden. Schriften zum Strafrecht, Staatsrecht und zur (deutschen) Rechtsgeschichte. Blackstone, William (10. 7. 1723 – 14. 2. 1780). Englischer Jurist. 1741 – 1745 Studium der Rechtswissenschaft, 1745 Bachelor; 1746 Barrister; 1750 Promotion in Oxford. Auf Vermittlung  Lord Mansfields seit 1753 Lecturer für englisches Recht in Oxford, dort o. Professor 1758 – 1766. Seit 1761 Parlamentsabgeordne-

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ter und Kronanwalt, seit 1770 Richter am Court of Common Pleas und – gemeinsam mit Lord Mansfield – zeitweilig am Court of King’s Bench. Seine „Commentaries on the Laws of England“ (1765 – 69) bieten eine literarisch anspruchsvolle, gleichzeitig systematisierende Darstellung des gesamten englischen Rechts und sind das Standardwerk der anglo-amerikanischen Rechtsausbildung bis ins 20. Jahrhundert hinein. Marcus Tullius Cicero (3. 1. 106 – 7. 12. 43 v.Chr.). Römischer Jurist und Politiker. 75 Quästor, 69 Ädil, 66 Prätor, schließlich: 63 Konsul. Verdankte die steile politische Karriere wesentlich seiner anwaltlichen Tätigkeit in Rom. Bedeutender Gerichtsredner und Verfasser zahlreicher sozial- und staatsphilosophischer Schriften, in denen er seine Kenntnis der griechischen Philosophie zur Erörterung römischer Verfassungsverhältnisse nutzte. Appius Claudius Caecus (ursprüngliches Cognomen: Crassus) (um 300 v.Chr.). Römischer Zensor (312) und Konsul (307, 296). Zwischen 297 und 285 mit besonderen politischen Vollmachten ausgestattet, 299 Interrex, 295 Prätor, 292 – 285 Diktator. Initiierte wichtige Neuerungen im Bauwesen, auf religiösem Gebiet und in der sozialpolitischen Verfassung. Verantwortete nach der Tradition (Pomp. D. 1,2,2,36) die Publikation der bis dahin von den Pontifices verwalteten Prozeßformeln. Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus (1. 8. 10 v.Chr. – 13. 10. 54 n. Chr.). Römischer Kaiser (reg. 41 – 54 v.Chr.). In seine Regentschaft fiel der Übergang der Verwaltung des Reiches auf Zentralbehörden, die von Freigelassenen gelenkt wurden, sowie die Trennung von kaiserlichem Fiskus (Staatsgut) und kaiserlichem Privatvermögen. Comte, Auguste (19. 1. 1798 – 5. 9. 1857). Französischer Mathematiker, Philosoph und Soziologe. Namensgeber der Soziologie und „Religionsstifter“. Studium an der Pariser École Polytechnique bis 1816; 1817 – 24 Sekretär von Saint-Simon; zeitweilig Repetitor für Mathematik an der École Polytechnique. Zwischen 1829 und 1846 öffentliche Vorlesungen, die den Grundstock seines sechsbändigen Hauptwerkes „Cours de philosophie positive“ (1830 – 42) bilden. Begründer einer positivistischen Gesellschaftswissenschaft. Vor dem Hintergrund einer teleologischen Geschichtsphilosophie entfaltet Comte die Menschheitsgeschichte als Geistesentwicklung vom theologischen über das metaphysische zum positiven Zeitalter. Im positiven Stadium kommt der Soziologie als Sozialtechnologie für die fortschrittliche Gesellschaftsentwicklung entscheidende praktische Bedeutung zu. In Comtes Spätwerk schlägt die Kritik des metaphysischen Zeitalters in die Begründung des Positivismus als eine neue Religion um. Tiberius Coruncanius. Römischer Jurist. Aus plebejischem Geschlecht stammend, Konsul des Jahres 280 v.Chr., 254 erster plebejischer Pontifex Maximus (vgl. Pomp. D. 1,2,2,36; 38).

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Demelius, Gustav (31. 1. 1831 – 7. 12. 1891). Jurist (Romanist und Rechtshistoriker). Studium zunächst der Philologie in Jena, 1856 Habilitation für Römisches Recht in Prag, 1857 o. Professor in Krakau, 1862 in Graz, 1881 Nachfolger  Rudolf von Iherings in Wien. Arbeiten auf dem Gebiet des Römischen Rechts und der Römischen Rechtsgeschichte. Dschingis Khan (vermutlich von türk. tengis: „Meer“, „Ozean“; eigentl.: Temüdschin) (1155 – 1227). Mongolischer Großkönig. Nannte sich nach Erringung der Oberherrschaft in der heutigen Mongolei seit 1206 Dschingis Khan (Weltherrscher). Sein Imperium umfaßte Nordchina, Korea und das islamische Vorderasien. Veranlaßte eine Sammlung mongolischen Rechts (die sog. Yasa-Sammlung). Edward III. (13. 11. 1312 – 21. 6. 1377). Englischer König aus dem Hause AnjouPlantagenêt (reg. seit 1327, bis 1330 unter Vormundschaft). Der von ihm erhobene Anspruch auf die französische Krone war Auslöser des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich. Der enorme Finanzbedarf der Krone zwang ihn zu Zugeständnissen an das Parlament, darunter vor allem ein Steuerbewilligungsrecht. Ehrlich, Eugen (14. 9. 1862 – 2. 5. 1922). Jurist (Romanist) und Rechtssoziologe. 1886 Promotion, 1894 Habilitation und Privatdozent für Römisches Recht in Wien, 1896 a.o. und 1900 o. Professor für Römisches Recht in Czernowitz, gründet dort 1909 ein „Seminar für lebendes Recht“; 1919 scheitert der Versuch einer Habilitation für Rechtssoziologie in Bern, 1921 Bestätigung der Professur in Czernowitz. Ehrlich gilt wegen seiner 1913 verfaßten „Grundlegung der Soziologie des Rechts“ als einer der Begründer der Rechtssoziologie. Diese sollte die positive Wissenschaft von den Organisations- und Entwicklungsgesetzen der Gesellschaft und damit eigentliche Rechtswissenschaft sein. Die herkömmlich bisher so genannte dogmatische Disziplin dagegen galt ihm als praktische Kunstlehre, die zu befriedigenden Ergebnissen nur auf soziologischem Fundament gelangen könne. Ausgangspunkt von Ehrlichs Überlegungen ist dabei der bereits von der historischen Rechtsschule verfochtene Gedanke von der Gesellschaft als primärem Rechtsschöpfer. Seine rechtstheoretischen Überlegungen haben die Freirechtsbewegung entscheidend mitgeprägt. Eike von Repgow (auch: Eike von Repchowe) (um 1180/90 – nach 1233). Verfasser des „Sachsenspiegel“, eines der ältesten und bedeutendsten deutschen Rechtsbücher (entstanden um 1225). Die für Recht und Rechtspraxis im deutschen Mittelalter einflußreiche Sammlung sächsischen Land- und Lehnrechts verrät an vielen Stellen auch Repgows Kenntnis des römischen und kanonischen Rechts. Ephialtes (gest. 461 v.Chr.). Athenischer Politiker. Führer der demokratischen Partei und Initiator der „Sturzes“ des Areopags als aristokratisches Macht- und Herrschaftsinstrument (462/61). Die areopagitischen Verwaltungs- und Jurisdik-

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tionsbefugnisse gingen auf die demokratischen Organe (Rat der 500, Volksversammlung und Volksgericht) über. Sein Reformwerk wurde von  Perikles fortgesetzt. Fichte, Johann Gottlieb (19. 5. 1762 – 29. 1. 1814). Philosoph. 1784 – 94 nach Abbruch des Studiums der Theologie und Jurisprudenz Tätigkeit als Hauslehrer u. a. in Leipzig und Warschau. 1794 Professor für Philosophie in Jena, 1799 Privatdozent in Berlin, 1805 Gastprofessor in Erlangen, 1807 o. Professor in Königsberg und im selben Jahr Rückkehr nach Berlin, 1810 o. Professor in Berlin und erster Rektor der Universität. Bedeutender Vertreter des deutschen Idealismus und leidenschaftlicher Verfechter der nationalen Idee. Sein „Geschlossener Handelsstaat“ (1800) enthält eine organisch-staatssozialistische Gesellschaftskonzeption, die er in seiner „Rechtslehre“ (1812) weiterentwickelte. Friedrich I. (genannt: „Barbarossa“) (1122 – 10. 6. 1190). Deutscher König und Kaiser des Römischen Reiches deutscher Nation (reg. 1152/1155 – 1190). Herzog von Schwaben (seit 1147). Förderer der Wissenschaften im allgemeinen, des Römischen Rechts im besonderen durch Universitätsgründungen und eine romanistisch orientierte Juristenausbildung. Friedrich II. (der Große; 24. 1. 1712 – 17. 8. 1786). König von Preußen (reg. 1740 – 1786). Führte Preußen in einer Reihe von Kriegen zu seiner Stellung als Großmacht unter den europäischen Nationen. Betrieb eine Wirtschaft, Verwaltung, Recht und Erziehung umfassende Reformpolitik im Geiste des aufgeklärten Absolutismus. Zugleich Förderer der Wissenschaften und Künste mit enger Beziehung zur höfischen Kultur in Frankreich. Friedrich Wilhelm I. (14. 8. 1688–31. 5. 1740). König von Preußen; Kurfürst von Brandenburg. Schuf durch ein rigoroses Kabinettsregiment vor allem in der Verfassungs- und Verwaltungspolitik (Verwaltungszentralisierung und -organisation, Eingriffe in die ständischen Rechte) die Voraussetzungen für den machtpolitischen Aufstieg Preußens. Gaius (um 130 – um 180 n.Chr.). Römischer Jurist. Seine „Institutiones“ (um 161 entstanden) sind ein in der Antike und in Gestalt der Institutionen des Corpus iuris civilis noch heute vielbenutztes Lehrbuch des römischen Privatrechts. Gierke, Otto (seit 1911) von (11. 1. 1841 – 10. 10. 1921). Jurist (Germanist und Rechtshistoriker). 1860 Promotion in Berlin, 1867 Privatdozent ebd., 1871 a.o. Professor in Breslau, 1871 o. Professor ebd., 1884 o. Professor in Heidelberg, 1887 in Berlin. Seit 1872 Mitglied des „Vereins für Sozialpolitik“. Mitarbeiter und Kritiker des Entwurfes zum deutschen BGB. Herausragender Vertreter der germanistischen Richtung der jüngeren historischen Rechtsschule durch umfassende Würdigung der deutschen Rechtsgeschichte. Grundlegend sind seine Arbeiten über das deutsche Genossenschaftsrecht und seine „Theorie der realen Verbandsperson“. Akademischer Lehrer von Max Weber.

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Goldschmidt, Levin (30. 5. 1829 – 16. 7. 1897). Jurist (Handelsrechtler), Begründer der modernen Handelsrechtswissenschaft. Studium in Berlin, Bonn und Heidelberg, 1851 Promotion in Halle, 1855 Habilitation in Heidelberg, ebd. 1860 a.o. Professor und 1866 o. Professor, 1875 – 97 Professor für Handelsrecht in Berlin; 1870 – 75 Rat am Bundes- bzw. Reichsoberhandelsgericht in Leipzig; 1858 Begründer und Herausgeber, später Mitherausgeber der „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“. Rechtshistorische Forschungen insbesondere zum Recht der mittelalterlichen Handelsstädte. Akademischer Lehrer und Doktorvater Max Webers. Hammurabi (auch: Hammurapi) (um 1728 – 1686 v.Chr.). Altbabylonischer Herrscher. Verwaltungs- und Rechtsreformer. Der nach ihm benannte „Codex Hammurabi“, eine Sammlung straf-, privat- und handelsrechtlicher Vorschriften, erweist sich im Vergleich zu zeitgleich entstandenen Rechtsurkunden als Reformprogramm und normativer Maßstab für das geltende Recht. Hatschek, Julius (21. 8. 1872 – 12. 6. 1926). Jurist (Staatsrechtler). 1895 Promotion in Czernowitz, 1898 Habilitation für öffentliches Recht in Heidelberg, dort 1902 a.o. Professor, 1905 a.o. Professor an der Königlichen Akademie in Posen, seit 1909 a.o. Professor, seit 1921 o. Professor für Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht in Göttingen. Schüler Georg Jellineks. Mit seinen Arbeiten über das englische und deutsche Verfassungs- und Verwaltungsrecht gilt Hatschek neben Rudolf Gneist als Begründer der modernen Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht. Zählt zu den von Weber besonders geschätzten juristischen Gewährsmännern für die Geschichte des englischen Rechts. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (27. 8. 1770 – 14. 11. 1831). Philosoph. Studium der Theologie und der Philosophie in Tübingen, 1790 Magister der Philosophie, 1793 theologisches Konsistorialexamen; 1793 – 99 Hauslehrer in Bern und Frankfurt a. M.; 1801 Privatdozent in Jena, 1802 – 03 Herausgeber des „Kritischen Journals der Philosophie“ (zusammen mit Schelling); 1807 Herausgeber der „Bamberger Zeitung“; 1808 Gymnasialdirektor in Nürnberg; 1816 Professor in Heidelberg und seit 1818 in Berlin als Nachfolger  Fichtes. Gegenüber Hegels „glänzenden metaphysischen Spekulationen“ (Max Weber) bezieht Weber in seiner Methodologie und Gesellschaftstheorie einen eher an Kant orientierten Standpunkt. Heinrich II. (Plantagenêt) (25. 3. 1133 – 6. 7. 1189). Englischer König (reg. 1154 – 1189). Bedeutendster Juristen-König auf dem englischen Thron. Initiierte neben wichtigen Regierungs- und Verwaltungsreformen einschneidende Reformen der Gerichtsverfassung und des Prozeßrechtes. Hellpach, Willy (26. 2. 1877 – 6. 7. 1955). Nervenarzt, Psychologe und Politiker. Studium der Medizin und Philosophie, 1900 Promotion bei Wilhelm Wundt zum Dr. phil., 1903 bei Emil Kraepelin zum Dr. med., 1906 Habilitation für Psychologie und Privatdozent in Karlsruhe, dort a.o. Professor seit 1911, 1920 o. Professor

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und Direktor des Instituts für Sozialpsychologie an der TH Karlsruhe. Zeitweilig mit Max Weber in Briefkontakt. Hertling, Georg Friedrich Freiherr Graf von (31. 8. 1843 – 4. 1. 1919). Philosoph und Politiker. Studium der Philosophie in Münster, München und Berlin, 1864 Promotion in Berlin, 1867 Habilitation in Bonn, 1880 a.o. Professor, seit 1882 o. Professor für Philosophie in München; 1875 – 90 sowie 1896 – 1912 MdR, 1917/18 deutscher Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. Mitbegründer der „Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland“. Zahlreiche Schriften zur Staats- und Sozialphilosophie. Heusler, Andreas (30. 9. 1834 – 2. 11. 1921). Schweizer Jurist (Germanist). Studium der Rechte in Basel, Göttingen und Berlin, 1856 Promotion, 1858 Habilitation für Zivilprozeßrecht an der Universität Basel, dort 1863 o. Professor für deutsches Recht und 1871 Rektor; 1891 – 1907 Präsident des Appellationsgerichts in Basel. Verfasser des Basel-Städtischen Zivilgesetzentwurfes (1865 – 69) und der Baseler Zivilprozeßordnung (1875). Bedeutende Arbeiten zur deutschen Privatrechts- und Verfassungsgeschichte. Hillel (um 60 v.Chr. – 10 n.Chr.). Jüdischer Gesetzeslehrer und Mystiker. Begründer der nach ihm benannten Tora-Schule. Hatte nachhaltigen Einfluß auf das jüdische Rechtsdenken, vor allem durch seine Auslegung der schuldrechtlichen Tora-Bestimmungen. Homer (um 8. Jahrhundert v.Chr.). Griechischer Dichter. Historische Existenz unter modernen Philologen lange Zeit umstritten, seit Ulrich von WilamowitzMoellendorff aber allgemein anerkannt. Für die ihm gemeinhin zugeschriebenen Großepen „Ilias“ und „Odyssee“ werden nach heute vorherrschender Auffassung unterschiedliche Verfasser angenommen. Ihering, Rudolf von (22. 8. 1818 – 17. 9. 1892). Jurist (Zivilrechtler und Romanist). 1842 Promotion, 1843 Privatdozent in Berlin, 1845 o. Professor für Römisches Recht in Basel, 1846 in Rostock, 1849 in Kiel, ab 1852 in Gießen, 1868 – 72 in Wien, ab 1872 o. Professor für Römisches Recht in Göttingen. Einerseits mit seinem „Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung“ (3 Teile, 1852 – 65) theoretischer Begründer der sog. Begriffsjurisprudenz, die das römische Recht durch rein logische Operationen in seiner überzeitlichen wie übernationalen Vernünftigkeit und systematischen Geschlossenheit darstellen will; andererseits in seinem Spätwerk „Der Zweck im Recht“ (2 Bände, 1877 – 83) leidenschaftlicher Kritiker der begriffsjuristischen Methode und Vorbereiter der rechtssoziologischen Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der Freirechtsschule und namentlich der Interessenjurisprudenz. Jehuda Hanas(s)i (um 135 – nach 200 n.Chr.). Jüdischer Schriftgelehrter und Gesetzeslehrer („Tannait“). Aus dem Geschlecht Hillels stammend, um 170 in das Patriarchenamt erhoben. Hauptwerk Rabbi Jehuda Hanassis ist die Endre-

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daktion der Mischna, der bis dahin nur mündlich überlieferten Gesetzesvorschriften. Jellinek, Georg (16. 6. 1851 – 12. 1. 1911). Jurist (Staats- und Völkerrechtler). 1872 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1874 zum Dr. jur. in Wien, 1879 Privatdozent für Rechtsphilosophie, 1882 auch für allgemeines Staats- und Völkerrecht in Wien, dort 1883 o. Professor für Staatsrecht, 1890 in Basel, 1891 – 1911 o. Professor für Staatsrecht, Völkerrecht und Politik in Heidelberg. Schriften zur Allgemeinen Staatslehre, zum Staatsrecht und zur wissenschaftlichen Politik. Leitete mit seinem philosophischen und rechtsvergleichenden Forschungsansatz eine Neuorientierung der positivistischen Staatsrechtslehre in Deutschland ein und gab mit seiner „sozialen Staatslehre“ wichtige Impulse für Webers soziologische Herrschafts- und Staatslehre. Freund und Kollege Max Webers in Heidelberg. Jeremia (650 v.Chr. – 587 v.Chr.). Alttestamentlicher Prophet. Hauptgegenstand seiner Prophetie ist die gefährdete Lage des jüdischen Staates in der zeitgenössischen nahöstlichen Bündnis- und Großmachtkonstellation. Jung, Erich (1866 – 1950). Jurist (Zivilrechtler und Rechtsphilosoph). 1892 Promotion zum Dr. jur., 1893 zum Dr. phil. in Gießen, dort 1897 Privatdozent und 1901 a.o. Professor, 1903 o. Professor in Greifswald, 1909 in Straßburg, ab 1921 o. Professor für Rechtsphilosophie, deutsches, bürgerliches und Römisches Recht in Greifswald. Mitherausgeber der „Zeitschrift für Rechtsphilosophie“. Kritiker der vorherrschenden Begriffsjurisprudenz und Befürworter einer – von Weber bekämpften – Soziologisierung der Jurisprudenz mit Hilfe eines „natürlichen Rechts“, das nicht transzendental, sondern auf Darwinschen und Schopenhauerschen Entwicklungsprinzipien beruhen soll. Flavius Justinian(us) I. (eigentl.: Petrus Sabbatius) (um 482 – 14. 11. 565 n.Chr.). Oströmischer Kaiser (reg. 527 – 565). Außenpolitisch war seiner imperialen, auf Wiederherstellung des römischen Reiches ausgerichteten Politik letztlich kein Erfolg beschieden. Innenpolitisch verfolgte er die Festigung des Reiches durch Finanz-, Verwaltungs- und Rechtsreformen. Wichtigste Leistung Justinians ist der auf seine Inititative zwischen 529 und 534 publizierte Rechtskodex, das Corpus iuris civilis, der die okzidentale Rechtstradition maßgeblich geprägt hat. Kantorowicz, Hermann (Ulrich) (18. 11. 1877 – 12. 2. 1940). Jurist (Strafrechtler, Rechtsphilosoph und Rechtshistoriker). Studium der Rechtswissenschaften, Philosophie und Nationalökonomie in Berlin, Genf und München, 1904 Promotion in Heidelberg, 1907 Habilitation in Freiburg i.Br., dort seit 1908 Privatdozent für Strafrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsgeschichte, ebd. 1913 tit. a.o. Professor, 1923 a.o. Professor für juristische Hilfswissenschaften, 1929 o. Professor für Strafrecht in Kiel (als Nachfolger von  Gustav Radbruch); April 1933 nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, September 1933 endgültige Entlassung durch die Nationalsozialisten; Emigration in die USA, Tätigkeit an der New School for Social

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Research, 1935 – 40 Vorlesungstätigkeit in Cambridge, Oxford und Glasgow, 1937 Assistent Director of Research in Law in Cambridge (Großbritannien). Wichtige rechtshistorische Arbeiten auf dem Gebiet des mittelalterlichen römischen und kanonischen Rechts. Mitbegründer der freirechtlichen Bewegung und (unter dem Pseudonym Gnaeus Flavius) Verfasser der wirkungsgeschichtlich wichtigsten freirechtlichen Schrift: „Der Kampf um die Rechtswissenschaft“ (1906). Nahm am ersten Deutschen Soziologentag mit einem Vortrag über „Rechtswissenschaft und Soziologie“ teil. Enger Freund Radbruchs, mit Max Weber persönlich bekannt. Karo, Josef (eigentl.: Josef ben Efraim Karo) (1488 – 1575). Jüdischer Talmudgelehrter und Mystiker. 1523 Leiter der Jeschiwa (Talmudschule) in Nikopolis, 1536 Niederlassung in Safed, dem damaligen Zentrum talmudischer Gelehrsamkeit. Zwischen 1522 und 1542 entstand sein vierteiliges Hauptwerk „Bet Josef“ („Haus Josef“), aus dem Karo den „Schulchan Aruch“ („gedeckter Tisch“), ein Kompendium des jüdischen Gesetzes für den praktischen Gebrauch, kompilierte. Kelsen, Hans (11. 10. 1881 – 19. 4. 1973). Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Wien, Promotion 1906, 1911 Habilitation in Wien, dort seit 1911 Privatdozent für Staatsrecht und Rechtsphilosophie, 1917 o. Professor an der Exportakademie, 1919 o. Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien; Mitarbeit an der österreichischen Bundesverfassung von 1919, namentlich des Abschnitts über die Verfassungsgerichtsbarkeit; Ernennung zum Verfassungsrichter auf Lebenszeit und zum ständigen Referenten des Verfassungsgerichtshofs. Schöpfer einer der Absicht nach ideologiefernen, sowohl von naturrechtlichen wie natur(kausal-)wissenschaftlichen Elementen freien, später sog. „Reinen Rechtslehre“. „Recht“ und „Staat“ sind in der „Reinen Rechtslehre“ ausschließlich juristische, in einem normativen Ableitungszusammenhang gedachte Begriffe, die auf die Geltung einer „Grundnorm“ verweisen. Auf neukantianischem Fundament vehementer Gegner der von Eugen Ehrlich begründeten „Rechtssoziologie“. Persönliche Bekanntschaft mit Max Weber während dessen Wiener Professur 1918/19. Knies, Karl Gustav Adolf (29. 3. 1821 – 3. 8. 1898). Nationalökonom. Studium der Geschichte und Staatswissenschaften in Marburg, dort 1846 Promotion und Habilitation, 1849 Dozent an der Polytechnischen Schule in Kassel, 1851 Privatdozent in Marburg; 1852 Lehrer an der Kantonschule in Schaffhausen; 1855 o. Professor für Kameralwissenschaft in Freiburg, 1865 – 96 o. Professor für Staatswissenschaften in Heidelberg; 1861 Abgeordneter der 2. badischen Kammer, 1882 Vizepräsident der 1. badischen Kammer. Neben Wilhelm Roscher und Bruno Hildebrand bedeutendster Vertreter der sog. historischen Schule der deutschen Nationalökonomie. Deren historistische Methodologie hat Weber in seiner Studie „Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie“ einer eingehenden Kritik unterzogen. 1896 wurde Weber Nachfolger von Knies in Heidelberg.

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Kohler, Josef (9. 3. 1849 – 3. 8. 1919). Jurist. 1873 Promotion in Heidelberg, 1878 o. Professor für Rechtsphilosophie in Würzburg, 1888 o. Professor in Berlin. Einer der herausragenden Juristen der Wilhelminischen Zeit, von immenser schriftstellerischer Produktivität und Vielseitigkeit. Dogmatisch grundlegend sind seine Arbeiten auf dem Gebiet des sog. Immaterialgüterrechts, namentlich des Patentund Urheberrechts, sowie zum Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht. Für Weber waren v. a. seine abundanten rechtshistorischen, rechtsethnologischen und rechtsvergleichenden Studien bedeutsam, die sich auf dem Fundament eines Hegelianismus für Recht als Kulturerscheinung interessieren. Mitherausgeber der „Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft“ und der „Enzyklopädie der Rechtswissenschaft“. Laband, Paul (24. 5. 1838 – 23. 3. 1918). Jurist (Staatsrechtler und Rechtshistoriker). 1858 Promotion in Berlin, 1861 Privatdozent in Heidelberg, 1864 a.o. und 1866 o. Professor in Königsberg. 1872 o. Professor in Straßburg, 1880 ebd. Rektor; seit 1879 Mitglied des Staatsrates von Elsaß-Lothringen. Mitherausgeber mehrerer juristischer Zeitschriften. In Königsberg überwiegen privatrechtliche und rechtshistorische Arbeiten, in der Straßburger Zeit hauptsächlich staatsrechtliche. Labands positivistisches Staatsrechtssystem beherrschte die deutsche Staatsrechtlehre bis in die Wilhelminische Zeit und fungierte gleichsam als rechtsdogmatisches Fundament der konservativ-autoritären Kaiserreichsverfassung. In den 80er Jahren fand Laband in Georg Jellinek einen wichtigen Verbündeten, der aber mit seiner philosophisch und rechtsvergleichend angelegten Staatsrechtslehre zunehmend eigene Wege ging. Lambert, Édouard (1870 – 1947). Französischer Jurist. Professor für Handelsrecht und Rechtsvergleichung in Lyon. Einer der Väter der modernen Rechtsvergleichung. Von Weber neben (und vielleicht vermittelt über) Eugen Ehrlich als „Rechtssoziologe“ etikettiert. Lassalle, Ferdinand (11. 4. 1825 – 31. 8. 1864). Philosoph und Politiker. Studium der Geschichte, Philologie und Philosophie in Breslau und Berlin. Initiator und erster Präsident des 1863 gegründeten „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“. Bedeutender Redner und Organisator der frühen deutschen Arbeiterbewegung. Lassalles rechtsphilosophisches Hauptwerk „System der erworbenen Rechte“ (1861) dokumentiert ein hegelianisches Verständnis vom Staat als „Einheit der Individuen in einem sittlichen Ganzen“; das markiert zugleich die Differenz zu Marx und Engels, denen er sich zeitweilig durchaus verbunden fühlte. Leist, Gerhard Alexander (17. 1. 1862 – 3. 12. 1918). Jurist (Zivilrechtler). 1885 Promotion in Tübingen, 1889 Habilitation und Privatdozent in Halle, 1892 a.o. Professor in Göttingen und 1893 in Marburg, 1895 o. Professor für Römisches, Deutsches und Bürgerliches Recht in Gießen. Arbeiten zum Privatrecht und zur Privatrechtsgeschichte. Wirkte am „Grundriß der Sozialökonomik“ mit einem Beitrag über „Die moderne Privatrechtsordnung und der Kapitalismus“ mit.

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Ludwig IX. (der Heilige) (25. 4. 1214–25. 8. 1270). Französischer König (reg. 1226 – 1270). Initiator zweier erfolgloser Kreuzzüge. Konsolidierte das französische Königtum durch grundlegende Verwaltungs- und Justizreformen. Maimonides, Moses (eigentl. Rabbi Moses ben Maimon, „Rambam“) (30. 3. 1135 [nach der Tradition] – 13. 12. 1204). Rabbiner, Philosoph und Arzt. Bedeutender Mischna-Kommentator und Verfasser einer systematischen Darstellung des gesamten jüdischen Gesetzes („Mischne Tora“). Suchte in seiner Philosophie religiösen Offenbarungsglauben und Vernunftdenken zu versöhnen; beeinflußte die christliche Scholastik ebenso wie in der Neuzeit u. a. Spinoza und Leibniz. Maitland, Frederic William (28. 5. 1850 – 19. 12. 1906). Englischer Jurist (Rechtshistoriker). 1876 Barrister; seit 1884 Vorlesungen über englisches Recht in Cambridge, dort 1888 Professor für englisches Recht, 1886/87 Mitbegründer der Selden Society, die sich der Veröffentlichung rechtshistorischer Quellen widmet. Verfasser einflußreicher Studien zur englischen Rechts- und Verfassungsgeschichte. Maitland ließ sich dabei auch von der zeitgenössischen rechtshistorischen Forschung in Deutschland inspirieren, namentlich von  Gierkes Arbeiten über das deutsche Genossenschaftsrecht, Malik b. Anas; Tl. (arab.): Abu¯ cAbd Alla¯h Ma¯lik b. Anas b. Ma¯lik b. Abî cAmir b. cAmr b. -al-Ha ¯ rith b. Ghaymân b. Khuthayn b. cAmr b. al-Ha¯rith al-Asbahi (708/ 16 – 796 n.Chr.). Islamischer Rechtsgelehrter. Begründer der gleichnamigen Rechtsschule. Deren traditionalistischer Charakter offenbart sich in Maliks „Kitab al-muwatta“, dem ersten erhaltenen islamischen Rechtsbuch, welches vor allem die medinensische Sunna seiner Zeit enthält. Mansfield (eigentl.: William Murray 1st Earl of Mansfield) (1705 – 1793). Englischer Richter. 1723 – 30 Studium der klassischen Philologie in Oxford, 1727 Barrister am „Lincoln’s Inn“, 1743 deren Vorsitzender; seit 1732 Anwaltstätigkeit für die Regierung, 1754 Attorney General (Kronanwalt), 1756 Oberrichter an der King’s Bench sowie Mitglied des House of Lords, 1777 dessen Sprecher. Mansfield hat als Richter und Rechtsgutachter besonders das englische Handelsrecht maßgeblich beeinflußt. Mendelssohn Bartholdy, Albrecht (25. 10. 1874 – 26. 11. 1936). Jurist (Zivil- und Völkerrechtler). 1897 Promotion in Heidelberg, 1901 Habilitation und Privatdozent in Leipzig, dort 1904 a.o. Professor und 1905 o. Professor, 1905 o. Professor in Würzburg, seit 1920 in Hamburg; 1919 neben Max Weber, Hans Delbrück und General Max Graf Montgelas Mitglied der sog. Professoren-Kommission für die Kriegsschuldfrage der deutschen Friedensdelegation in Versailles. Leitete 1923 – 33 das von ihm gegründete „Institut für auswärtige Politik“. 1933 Emigration nach England, Fellow am Balliol-College in Oxford. Mitteis, Ludwig (17. 3. 1859 – 26. 12. 1921). Österreichischer Jurist (Romanist und Rechtshistoriker). 1881 Promotion, 1884 Habilitation für Römisches Recht in

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Wien, 1887 a.o. Professor in Prag, 1895 o. Professor in Wien und seit 1899 in Leipzig. Romanistischer Rechtshistoriker und Begründer der juristischen Papyruskunde. Mit seinen Hauptschriften (u. a. „Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen Provinzen des römischen Reiches“, 1891) maßgeblicher Anreger der vergleichenden antiken Rechtsgeschichte. Mommsen, Theodor (30. 11. 1817 – 1. 11. 1903). Historiker und Jurist. 1843 Promotion zum Dr. jur. in Kiel, 1844 – 47 Studien in Frankreich und Italien, 1848 a.o. Professor für Römisches Recht in Leipzig, 1852 o. Professor in Zürich, 1854 in Breslau, seit 1858 o. Professor für Alte Geschichte in Berlin; als liberaler Abgeordneter 1863 – 79 MdPrAH, 1881 – 84 MdR. Erhält 1902 in Würdigung seiner „Römischen Geschichte“ (5 Bde., 1854 – 1885) den Literatur-Nobelpreis. Herausgeber und Organisator großer wissenschaftlicher Editionen, besonders des „Corpus Inscriptionum Latinarum“ (CIL, 1863 ff.). Rechtshistorisches Standardwerk ist bis heute sein „Römisches Staatsrecht“ (3 Bde., 1871 – 88). Gehörte zum näheren Bekanntenkreis von Max Weber sen., war Schwiegervater von Max Webers Schwester Clara Mommsen und akademischer Lehrer Max Webers. Monrad, Christian (1815 – 1889). Dänischer Lehrer, Verleger und Ethnologe. Montesquieu (eigentl.: Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu) (18. 1. 1689 – 10. 2. 1755). Französischer Philosoph, Jurist und Historiker. 1705 – 08 Studium der Rechtswissenschaft in Bordeaux, 1709 – 13 Anwaltstätigkeit in Paris, 1716 Aufnahme in die Akademie von Bordeaux, 1718 deren Präsident; 1716 – 26 Präsident des Parlaments von Bordeaux; 1728 Aufnahme in die Académie Française, 1746 Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin. Seit 1728 zahlreiche Forschungsreisen nach Italien, Deutschland und England. In seinem Hauptwerk „De l’esprit des lois“ (1748) entwickelt er vor allem mit seiner Gewaltenteilungslehre die Grundlagen der modernen Verfassungslehre. Seine verfassungsgeschichtlichen Studien sind bereits kulturvergleichend angelegt und berücksichtigen auch ökologische, ökonomische und mentalitätsgeschichtliche Faktoren. Muhammed; Tl. (arab.): Muhammad (um 570 – 9. 6. 632). Arabischer Prophet und Stifter des Islam. Hatte nach der Tradition im Alter von 40 Jahren sein erstes Offenbarungserlebnis, dem in den folgenden 23 Jahren weitere folgten, in denen Allah ihm durch den Erzengel Gabriel den Koran diktierte. Begab sich 622 mit seinen Anhängern in einer später als Hidschra verehrten Wanderung von Mekka nach Yatrib, dem späteren Medina (der „Stadt des Propheten“), um dort eine Gemeinde zu gründen, in der erstmals die Lebensverhältnisse im Sinne des Islams als religiös-politische und rechtliche Lebensgemeinschaft („Umma“) geordnet waren. Nach der Eroberung Mekkas (631) wurden die bislang nicht islamisierten arabischen Stämme unterworfen und gewaltsam zum neuen Glauben bekehrt. Munzinger, Werner (21. 4. 1832 – 14. 11. 1875). Schweizer Geschäftsmann, Linguist und Ethnologe. Studium der orientalischen Sprachen und der Geschichte

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in Bern, München und Paris. Geschäftsmann in Alexandria und später Massaua/ Eritrea. 1865 – 69 englischer Konsul in Abessinien, 1873 Generalgouverneur des ägyptischen Sudan. Forschungsreisen in Afrika. Mit seinen ethnographischen Untersuchungen über äthiopische Kulturen Pionier der Ethnologie des östlichen Afrika. Mutawakkil (hier gemeint: al-Mutawakkil III.). Letzter abbasidischer Schattenkalif, der – wie seine Vorgänger seit der Eroberung Bagdads 1258 durch die Mongolen – in Kairo unter dem Protektorat des Mamluken-Sultans residierte. Wurde 1517 nach dem Fall Kairos von dem osmanischen Eroberer  Selim nach Istanbul gebracht, wo sich seine Spuren verlieren. Perikles (um 490 – Sept. 429 v.Chr.). Athenischer Feldherr, Staatsmann und Führer der demokratischen Partei. Verfolgte außenpolitisch in Kriegen gegen Persien und Sparta eine auf Flottenmacht gestützte Hegemonialpolitk; setzte innenpolitisch das demokratische Reformwerk des im Jahre 461 v.Chr. ermordeten  Ephialtes fort. Unter seiner Führung wurde Athen zum politischen wie kulturellen Mittelpunkt des attischen Bundes. Radbruch, Gustav (21. 11. 1878 – 23. 11. 1949). Jurist (Strafrechtler und Rechtsphilosoph) und Politiker. 1902 Promotion in Berlin, 1903 Habilitation in Heidelberg; 1906 Lehrauftrag an der Handelshochschule Mannheim, 1910 a.o. Professor in Heidelberg, 1914 in Königsberg, 1919 o. Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie in Kiel, 1926 o. Professor und Direktor des juristischen Seminars in Heidelberg, 1933 Entlassung aus der Universität aus politischen Gründen, 1945 – 48 Wiedereinsetzung als o. Professor in Heidelberg; 1920 – 24 MdR für die SPD, 1921/22 und 1923 Reichsjustizminister. Gehörte zum engeren Kreis um Max und Marianne Weber. Seine Rechtsphilosophie hat die Frage nach den Rechtsinhalten neu gestellt und mit der Lehre von den Rechtshöchstwerten (Rechtssicherheit, Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit) zu beantworten gesucht. Dem hiermit verbundenen Relativismus setzt Radbruch später, nach der Katastrophe, einen materialen Gerechtigkeitsvorbehalt naturrechtlicher Färbung entgegen. Rosenthal, Eduard (6. 9. 1853 – 25. 6. 1926). Jurist (Rechtshistoriker). Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Berlin, 1878 Promotion, 1880 Habilitation in Jena, dort 1883 a.o. Professor und 1896 o. Professor für Öffentliches Recht und Rechtsgeschichte. Arbeiten zur Stadt-, Verwaltungs- und Justizgeschichte; letztere behandelt er vor allem in einer umfangreichen „Geschichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Bayerns“ (2 Bde., 1889 – 1906). Schammai (1. Jahrhundert v.Chr.). Jüdischer Schrift- und Rechtsgelehrter. Gründete noch vor  Hillel eine jüdische Rechtsschule. Die Meinungsverschiedenheiten der beiden Rechtsschulen v. a. in rituellen Fragen sind in der Mischna gesammelt. Schammai vertrat gegenüber Hillel eine strengere Auslegung des „Gesetzes“.

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Selim (I.); Tl. (arab.): Selîm (um 1470 – 21. 9. 1520). Osmanischer Sultan (reg. 1512 – 1520). Ließ 1512 mit Hilfe der Janitscharen seinen Vater entthronen und andere Thronanwärter grausam beseitigen (daher der Beiname Yavuz, „der Gestrenge“). Nach der Eroberung Persiens nahm er den Schah-Titel, nach der Zerschlagung des ägyptischen Mamlukenreiches und dem Ende des abbasidischen Schattenkalifats in Kairo auch die Kalifen-Würde an. Sextus Aelius Paetus Catus. Römischer Jurist und Politiker. Konsul (198), Zensor (194). Nach Pomp. D. 1,2,2,38 Verfasser des „cunabula iuris“ genannten Werks „Tripertita“, das den Text des Zwölftafelgesetzes, seine Auslegung und die Prozeßformeln enthält. Snouck Hurgronje, Christiaan (8. 2. 1857 – 26. 6. 1936). Niederländischer Arabist. 1880 Promotion in Leiden, dort 1881 Dozent am Institut für ostindische Angelegenheiten, danach kurzfristig an der Militärschule in Den Haag, 1887 mit der Gründung eines Instituts für Islamwissenschaften an der Universität Leiden beauftragt, ebd. seit 1906 o. Professor. Als ausgezeichneter Kenner der islamischen Kulturgeschichte einer der Begründer der modernen Islamwissenschaft in Europa. Sohm, Rudolf (29. 10. 1841 – 16. 5. 1917). Jurist (Germanist und Kanonist). 1864 Promotion in Rostock, 1866 Habilitation in Göttingen; 1870 a.o. Professor ebd. und o. Professor in Freiburg, 1872 in Straßburg, 1887 in Leipzig; seit 1891 nicht ständiges Mitglied der 2. BGB-Beratungskonferenz. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit sind Studien zum deutschen Recht, Römischen Recht und Kirchenrecht aus protestantischer Sicht. Fundamental ist für Sohm ein modernes Rechts- und Staatsverständnis, das sowohl seine Auffassung des mittelalterlichen deutschen „Staates“ u. a. mittels des Begriffspaares „Volksrecht“ und „Amtsrecht“ erklärt, wie die Vorliebe für das römische Recht und den bemerkenswerten Erfolg einer von einem Germanisten verfaßten Einführung in das römische Recht („Institutionen. Geschichte und System des römischen Privatrechts“; 1923 in 17. Auflage erschienen). Akademischer Lehrer von Max Weber. Stammler, Rudolf (19. 2. 1856 – 25. 4. 1938). Jurist (Rechtsphilosoph). 1877 Promotion in Gießen, 1879 Habilitation in Leipzig, 1882 a.o. Professor in Marburg, 1884 o. Professor in Gießen, 1885 – 1916 in Halle a.d.S. und ab 1916 in Berlin. Stammlers Versuch einer Erneuerung der Rechtsphilosophie auf neukantianischer Grundlage wird von Weber gerade in dieser Hinsicht bestritten. Die Stammlersche Lehre, Recht als Form des sozialen Lebens, und zwar sowohl als reine Erkenntnisform wie als Seinsgrund zu begreifen, traf ebenso auf Webers methodische und inhaltliche Ablehnung wie seine Vorstellung von einem Naturrecht mit wechselndem Inhalt als Maßstab des positiven Rechts. Stammlers Werk „Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung“ (1896) bildet methodologisch die Gegenfolie der Weberschen Kultursoziologie des Rechts.

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Stölzel, Adolf (28. 6. 1831 – 19. 4. 1919). Jurist. 1963 Promotion; 1860 – 62 StadtGerichtsassistent in Kassel, dort 1862 Obergerichtsassistent, 1867 Kreisrichter, 1869 Kreisgerichtsrat, 1872 Kammergerichtsrat in Berlin, dort 1873 geheimer Justizrat im Justizministerium; 1886 – 1904 Präsident der Justiz-Prüfungskommission; seit 1891 MdPrHH; 1887 – 97 Vorlesungstätigkeit an der Universität Wien. Wichtige Arbeiten zur preußischen und deutschen Gerichtsverfassungs- und Justizverwaltungsgeschichte. Tiberius Iulius Caesar Augustus (16. 11. 42 v.Chr. – 16. 3. 37 n.Chr.). Römischer Kaiser (14 – 37 n.Chr.). Sein herausragendes Wirken außerhalb Roms brachte die Konsolidierung der Grenzen an Rhein und Donau und die endgültige Beendigung der militärischen Offensiven in Germanien. Nach innen waren eine erhebliche Steigerung der Rücklagen des Reiches durch die strikte Budgetpolitik des Kaisers sowie die Neuordnung der streng überwachten Provinzialverwaltung bemerkenswert. Unger, Joseph (2. 7. 1828 – 2. 5. 1913). Österreichischer Jurist (Zivilrechtler). 1850 in absentia Promotion zum Dr. phil. in Königsberg auf Grund einer Abhandlung über „Die Ehe in ihrer welthistorischen Entwicklung“; 1852 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1853 Habilitation in Wien und a.o. Professor der Rechte in Prag, 1856 a.o. Professor in Wien, 1857 o. Professor ebd.; 1869 Mitglied des Herrenhauses des Reichstages, 1871 – 79 Minister ohne Geschäftsbereich und Pressereferent unter Fürst Adolph Auersperg; seit 1881 (bis zu seinem Lebensende) Präsident des österreichischen Reichsgerichts. Neben den ABGB-Schöpfern einflußreichster österreichischer Zivilrechtler des 19. Jahrhunderts. Leistete besonders mit seinem dreibändigen „System des österreichischen allgemeinen Privatrechts“ einen bedeutenden Beitrag zum Aufbau eines Zivilrechtssystems nach dem Vorbild der deutschen Pandektistik. Seine späteren Arbeiten haben auch die deutsche Zivilrechtsdogmatik (etwa in der Gestaltung des Haftungsrechts) wesentlich beeinflußt. Voigt, Andreas (18. 4. 1860 – 10. 1. 1941). Nationalökonom. 1890 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg, Dozent der Staatswissenschaften an der Akademie in Frankfurt a. M., dort Direktor des „Instituts für Gemeinwohl“, o. Professor an der Universität Frankfurt a. M. Unterzeichner des Beitrittsaufrufs zur DGS 1909. Referent auf dem ersten deutschen Soziologentag 1910 mit einem Vortrag über „Wirtschaft und Recht“. Verfasser einer von Weber rezipierten Artikelserie zum selben Thema. Windscheid, Bernhard (26. 6. 1817 – 26. 10. 1892). Jurist (Zivilrechtler). 1838 Promotion in Bonn, dort 1840 Habilitation und 1847 a.o. Professor, im selben Jahr o. Professor für Römisches Recht in Basel, 1852 in Greifswald, 1857 in München, 1871 in Heidelberg, ab 1874 in Leipzig. Mitglied der Kommission für die Ausarbeitung des Entwurfs eines BGB für das Deutsche Reich. Sein – in sieben Auflagen von ihm bearbeitetes – Pandektenlehrbuch faßt die Lehren der gemeinrechtlichen Jurisprudenz des 19. Jahrhunderts zusammen und hat das deutsche BGB maßgeblich geprägt.

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Wladimirskij-Budanow, Michael Flerontowitsch; Tl. (russ.): Vladimirskij-Budanov, Michail Flerontoviè (1838 – 1916). Russischer Rechtshistoriker. 1870 Dozent am juridischen Lyzeum in Jaroslavl, dort 1874 Promotion, 1875 Inhaber des Lehrstuhls für russische Rechtsgeschichte in Kiew; seit 1882 Hauptredakteur der Kiewer Kommission zur Sammlung alter Akten, seit 1887 Vorsitzender der historischen Gesellschaft für die Nestor-Chronik. Arbeiten zur russischen Rechtsgeschichte. Zitelmann, Ernst (7. 8. 1852 – 18. 11. 1923). Jurist (Zivilrechtler). Studium in Leipzig, Heidelberg und Bonn, 1873 Promotion, 1876 Habilitation in Göttingen, dort 1879 a.o. Professor, im selben Jahr o. Professor in Rostock, 1881 in Halle, 1884 in Bonn. Vielseitige Arbeiten im Zivilrecht, in der Rechtsvergleichung und der Rechtsgeschichte. Verfaßte als Rechtstheoretiker eine der ersten Abhandlungen über „Lücken im Recht“ (1903).

Glossar

Dieses Verzeichnis berücksichtigt Begriffe, insbesondere Rechtsbegriffe der diversen Rechtskulturen, Gottheiten, mythische und literarische Gestalten sowie Dynastien, die Weber in seinen Texten erwähnt. Die Einträge erfolgen in der Schreibung Max Webers.

Abbasiden. Persisch-islamische Kalifendynastie (750 – 1258). Regenten des islamischen Großreichs bis zum Mongoleneinfall im 13. Jahrhundert und der Zerstörung Bagdads 1258; seit dem 10. Jahrhundert genossen die abbasidischen Kalifen ( Khalif) allerdings nur noch einen religiösen Vorrang gegenüber den islamischen Regenten der Teilreiche. Achilleus. Heldengestalt der griechischen Mythologie. Sohn des Peleus und der Thetis und über diese mit Zeus verwandt. Charismatischer Führer im Krieg gegen Troja. actio. Im römischen Recht sowohl die prozessualrechtliche Klagemöglichkeit wie – ausdrücklich seit Celsus, D. 44, 7, 51 – der materiell-rechtliche Klageanspruch. actio de pauperie. Rechtsmittel des durch ein Tier Geschädigten gegen dessen Eigentümer. Der Geschädigte kann entweder Wiedergutmachung durch Schadensersatzleistung in Geld oder die Übergabe des Tieres (noxae datio) fordern. actio exercitoria. Haftungsklage des Vertragspartners gegen den Geschäftsherrn aus Rechtsgeschäften, die der bevollmächtigte Geschäftsführer im Rahmen seiner Vollmacht abschließt (vor allem beim Seehandel; actio institoria bei gewerblichen Geschäften). actio quod iussu. Haftungsklage des Gläubigers gegen den Geschäftsherrn bei Rechtsgeschäften, zu deren Abschluß ein Dritter durch den Geschäftsherrn ermächtigt war. actiones in factum. In der spätrömischen Republik vom Prätor (Gerichtsbeamten) neu geschaffenes Rechtsmittel; im Unterschied zu den altertümlichen legis actiones (gesetzliche Klagformeln) mit dem bloßen Hinweis auf den der Klage zugrundeliegenden Tatbestand (factum) versehen.  auch: Legisaktionen. Advokaten (von lat. advocatus: Rechtsbeistand). Anwaltschaft, die in England bereits am Ende des 13. Jahrhunderts zunftmäßig organisiert ist. Zur Zeit Eduard I. (1272 – 1307) erschienen nebeneinander der Stand der attornati (attorneys) als gewerbsmäßiger Konsulenten (die heutigen solicitors) und der Stand der

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advocati (pleaders) als der die Partei vor Gericht vertretenden Rechtskundigen (die heutigen barristers). affines (von lat. affinis: benachbart; beteiligt). Teilnehmer an den römischen Staatspächtervereinigungen ( socii vectigalium publicorum), die gegenüber den (persönlich haftenden) socii mit einer Einlage am Unternehmen beteiligt sind, aber lediglich in Höhe der Einlage haften und von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. ager compascuus. In der altrömischen Agrarverfassung das nicht von allen Gemeindegenossen, sondern in der Regel von den nächsten Anliegern nutzbare gemeinsame Weideland. ager optimo iure privatus. Privater Boden bester Rechtsstellung; er gilt als censusfähig und untersteht rechtsgeschäftlich wie prozessual dem römischen Zivilrecht. ager publicus. Bezeichnung des römischen Staatslandes, dessen Vorläufer auf frühester agrarischer Entwicklungsstufe die in gemeiner Nutzung stehende Allmende („Weide“) ist, im Gegensatz zum ager privatus (ager optimo iure privatus). ager vectigalis. Das vom römischen Staat oder der einzelnen Stadtgemeinde gegen Zahlung eines Jahreszinses (vectigal) an Private de jure auf Zeit, faktisch zumeist auf Dauer vergebene Staatsackerland. auch: ager publicus. agere cum populo. In der späteren römischen Republik das Recht der Imperiumträger (Konsuln, Prätoren), die Volksversammlung einzuberufen (ius agendi cum populo), um dort Wahl- und Gesetzesanträge zu stellen. Agrarschriftsteller. Die römischen kaiserzeitlichen Feldmesser, deren Arbeiten die Kenntnis über das äußere Flurbild, d. h. die unterschiedlichen Aufteilungsarten, des römischen Bodens überliefern. Ahanta. Afrikanisches Volk im Osten der südlichen Elfenbeinküste. Aisymneten (von griech. aisymnetai: Kampfrichter, Schiedsrichter). Die in den griechischen Stadtstaaten im 7. und 6. Jahrhundert v.Chr. mit der Aufzeichnung des geltenden Rechts beauftragten Beamten. Aktiengesellschaft. Eine Personenvereinigung mit eigener Rechtspersönlichkeit, die von ihrem Mitgliederbestand unabhängig und körperschaftlich organisiert ist. Sie betreibt in der Regel ein Handelsgewerbe unter gemeinsamer Firma. Das Grundkapital wird durch die Vergabe von Anteilsscheinen aufgebracht, die ein Stimmrecht der Aktionäre repräsentieren, deren persönliche Haftung ausgeschlossen ist. auch: Gesellschaft mit beschränkter Haftung; Handelsgesellschaft, offene.

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al-Azhar  Azhar. Allah; Tl. (arab.): Alla¯h (m.), „der Gott“. In vorislamischer Zeit Name eines altarabischen Schöpfer- und Richtergottes. In islamischer Zeit der vom Propheten Muhammed streng monotheistisch verkündete Schöpfergott. Allgemeines Landrecht Preußens. Gemäß einer Kabinettsorder Friedrichs II. von Preußen vom 14. April 1780 geschaffenes „Allgemeines Gesetzbuch für die Preußischen Staaten“, das erst unter Friedrichs Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., und nach erneuter Schlußrevision am 1. Juni 1794 unter dem veränderten Titel „Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten“ (ALR) in Kraft trat. Die sich im 19. Jahrhundert schnell wandelnden wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse wie die darauf reagierenden Kodifikationsbestrebungen seit der Mitte des Jahrhunderts brachten das ALR praktisch außer Anwendung, ehe es am 1. Januar 1900 endgültig durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) abgelöst wurde. Allmende. In der deutschen Agrargeschichte Bezeichnung des zur Dorfmark gehörigen und in gemeinschaftlicher Nutzung befindlichen Landes, besonders Weide und Wald. Ammon-Orakel. Ammon (griech. Namensform für altägypt.: „der Verborgene“, „der Unsichtbare“) war der seit dem späten 3. Jahrtausend v.Chr. von den Ägyptern als Schöpfer- und Fruchtbarkeitsgott in Theben verehrte höchste Reichsgott. Durch seinen Kult im Reichstempel von Karnak gewann das Ammon-Orakel seit dem 6. Jahrhundert v.Chr. zunehmend auch in der griechischen Welt an Prestige. Amoraim / amoraim. Nach Kanonisierung der  Mischna (Anfang des 3. Jahrhunderts n.Chr.) deren bis zum Ende des 6. Jahrhunderts tätige Kommentatoren.  auch: Saboraim; Gemara. Anerbenrecht. Eine in fast ganz Deutschland bis weit ins 19. Jahrhundert übliche Form bäuerlicher Sondererbfolge mit dem vorrangigen Zweck der Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mittlerer Bauerngüter. Sie tritt deshalb oft – aber nicht notwendig – in Verbindung mit der gesetzlichen Unteilbarkeit der Höfe auf. „Anerbe“ ist der zunächst vom Erblasser zu bestimmende, mit Besitz, Nutzung und Verwaltung des Gutes bewidmete Hoferbe, der seine gesetzlichen Miterben angemessen abzufinden hat. Animismus. Bezeichnung einer Weltdeutung, für die Lebewesen, Dinge und Naturerscheinungen beseelt sind, behaust von Geistern, welche durch Opfer oder magische Praktiken beschworen, ggf. auch zu bestimmten günstigen oder schädlichen Wirkungen „gezwungen“ werden können. Der englische Kulturanthropologe Edward Burnett Tylor entwarf in seinem Werk „Primitive Culture“ (1871/73) die evolutionistische Theorie, daß der Animismus mit der Bedeutung der anima die Grundlage für die entwicklungsgeschichtlich späteren Stufen des

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Geister- und Götterglaubens gelegt habe und somit am Anfang aller Religion stehe. Areopag. In der attischen Polis ein auf dem heiligen Areshügel (in der Königszeit unter dem Vorsitz des Königs) tagender politischer Rat der vormaligen Archonten (Oberbeamten). Er fungierte als Verwaltungskontrollbehörde sowie als Gerichtshof in Kapitalsachen (Mord, Brandstiftung) und verfügte noch in solonischer Zeit über weitreichende jurisdiktionelle und administrative Befugnisse. Argentarii (Pl. von lat. argentarius: Wechsler, Bankherr). Professionelles Bankiersgewerbe, das mit der Umwälzung der römischen Wirtschaft seit dem 2. Jahrhundert v.Chr., der Entstehung einer kapitalistischen Sklavenwirtschaft großen Stils und der damit zusammenhängenden Einführung der Geldwirtschaft und des Geldverkehrs in Erscheinung trat. Artjel; Tl. (russ.): artel‘ (m.). Russische familienartige Arbeits- und Erwerbsgemeinschaften mit genossenschaftlichem Eigentum an den Produktions- und Beschaffungsmitteln („Betriebskapital“) und unter der Leitung meist eines gewählten Ältesten. Asega. Der im altfriesischen Gerichtsverfahren selbständig neben den Richter und die Gerichtsgemeinde tretende, mit der eigentlichen Urteilsfindung beauftragte Rechtssprecher. Assignation. Vergabe von Land aus dem  ager publicus an Private (zu Eigentum) oder an Munizipien ( Municipium) zur Koloniegründung. Assisa. In der anglonormannischen Anfangszeit 1. ein Gesetz bzw. eine Verfügung, 2. – als writ of assise – eine Reihe von Besitzklagen und 3. – als court of assise – ein regelmäßig durch königliche Richter oder Beamte in den Grafschaften abzuhaltendes Geschworenengericht. Assisen von Jerusalem. Eine der wichtigsten französischen Rechtsquellen des Mittelalters. Die im 12. und 13. Jahrhundert n.Chr. verfaßten Rechtsbücher enthalten das Feudalrecht des Königreiches Jerusalem, das von französischen Kreuzfahrern Ende des 11. Jahrhunderts gegründet worden war.  auch: Assisa. Augurenkollegium. Seit der römischen Königszeit bestehendes Priesterkollegium, das den Königen und Magistraten bei ihren Amtshandlungen mit der Einholung der Vorzeichen (Auspizien) diente. Über diese spezifische Funktion der „Staatsweissagung“ hinaus hatten die Auguren keine eigentlich priesterlichen Aufgaben. autokephal (Autokephalie). Nach Weber die Bestimmung der leitenden Verwaltungsorgane eines Verbandes durch die Mitglieder selbst bzw. nach Regeln, an

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deren Feststellung diese durch Beschluß beteiligt sind. Gegensatz: Heterokephalie als Bestellung des „Verwaltungsstabs“ durch einen anderen (übergeordneten) Verband oder kraft „heteronomer“ (durch einen anderen Verband gesatzter) Ordnung.  auch: Heteronomie. al-Azhar (arab.). Im 10. Jahrhundert von den Fatimiden in Kairo gegründete Moschee und bedeutende islamische Hochschule. Bajaderen (von portug. bailadeira: Tänzerin). Stand von Tempelsklavinnen in Indien, die bei religiösen Festen als Tänzerinnen auftraten. Als Tempelprostituierte spielen sie im indischen Kulturleben eine ähnlich bedeutsame Rolle wie die  Hetären in Griechenland, durften sich Bildung aneignen und Tischgemeinschaft mit Männern pflegen. Barolong. Nach heutigen afrikanischen Stammeskarten unter dem Namen Rolong zu findender Volksstamm, der westlich von Johannesburg angesiedelt ist. Basuto. Die heutigen Basutoland-Buschmänner sind südwestlich von Pretoria und Johannesburg, in der nordwestlichen Umgebung des Lesothogebietes beheimatet. bergrechtliche Gewerkschaft  Gewerkschaft, bergrechtliche. Beurkundung, dispositive. Eine die Verbindlichkeit des Rechtsgeschäfts begründende Urkunde, in der die beiderseitigen Willenserklärungen der Vertragspartner schriftlich fixiert sind. Bewegung, freirechtliche. Vor allem in Deutschland und Frankreich einflußreiche Juristenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gegen die begriffsjuristische Doktrin der Geschlossenheit des Rechtssystems und die Behauptung reiner Subsumtionstätigkeit des Richters unterstellte die Freirechtslehre die prinzipielle Lückenhaftigkeit jeder Rechtsordnung und forderte deshalb vor allem die rechtliche Anerkennung einer bedingt Recht schöpfenden und nicht nur rechtsanwendenden Tätigkeit des Richters. Gegebenenfalls sollte er auch unter Verwendung soziologischer Tatsachenerkenntnisse nach Zweckmäßigkeits- und Billigkeitsmaximen entscheiden. Eugen Ehrlich gilt als ihr spiritus rector; Hermann Kantorowicz und Ernst Fuchs waren bedeutende Vertreter der Bewegung, der auch der enge Kantorowicz-Freund Gustav Radbruch angehörte. bida; Tl. (arab.): bidca; „Neuerung“. Nach (konservativem) islamischem Rechtsverständnis die Auffassung von „neuem“,  Koran und Tradition ergänzendem bzw. interpretierendem Recht als „Ketzerei“. bill (engl. private/public). Im englischen Parlament eingebrachte Gesetzesvorlagen privat- oder öffentlich-rechtlicher Natur, die, obwohl materiell unterschieds-

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los Rechtssätze, Rechtssprüche und Verwaltungsakte betreffend, bei Annahme als formelle Gesetze gelten und Act (of Parliament) genannt werden. Bodmerei. Form des Seedarlehensgeschäfts ( Seedarlehen), bei der ein „Kapitalist“ für die Durchführung und Dauer einer Schiffsunternehmung Geld auf das Schiff und/oder die Ladung lieh, das er nach Abwicklung derselben mit zumeist hohem Zins zurückerhielt. Der Schiffsführer als Vertreter des Schiffseigentümers, Reeders oder der Ladungsbeteiligten haftete äußerstenfalls in Höhe der verpfändeten (verbodmeten) Gegenstände, während der Darlehensgläubiger das Risiko allein trug, d. h. bei Verlust der Ladung oder Untergang des Schiffes keinen weiteren Anspruch hatte. bona fides (lat.: gute Treue, guter Glaube). Rechtsgrundsatz im römischen Recht, wo die fides schon früh Verpflichtungsgrundlage von Rechtsgeschäften namentlich im Verkehr mit Fremden ist; im BGB Maxime der Vertragsauslegung wie der Leistungserbringung. Brand, gallischer  gallischer Brand. Brehons. Altirische Richter, die Rechtsprecher im altgermanischen Sinne waren und vor allem als Schiedsrichter und Rechtsweiser tätig wurden. Bundesbuch, jüdisches. Dem eigentlichen Kultrecht im  Dekalog (Ex 20,2 – 17) folgende Rechtssammlung teils zivil-, teils sakralrechtlicher Vorschriften. Bundesgenossenkrieg. Erhebung eines Städtebunds der italischen Bundesgenossen Roms, unter ihnen vor allem die Samniten und Lukaner, gegen die römische Herrschaft (91 – 89 v.Chr.). Hauptziel war die Verbesserung ihrer ökonomischen und rechtlichen Stellung, in letzterer Hinsicht insbesondere die Verleihung des römischen Bürgerrechts. causidici (Pl. von lat. causi-dicus: „der zur Sache Sprechende“, Rechtsanwalt). Von der Partei oder dem Magistrat zur Beratung in der Sache oder Formularabfassung (Geschäfts- und Prozeßformulare) zugezogene  Konsulenten der römischen Antike. cavere (lat.: gewährleisten, feststellen). Das Aufsetzen von Urkunden, speziell Geschäftsformularen als eine der ältesten Aufgaben der römischen Juristen. Cazembe (auch: Kazembe). Königreich in Zentralafrika, das auf dem Höhepunkt seiner Macht um ca. 1800 große Teile des heutigen Kongo (Zaire) und Zambias umfaßte. Chazarenreich (auch: Khazarenreich). Zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert n.Chr. im Nordkaukasus (zwischen Kaspischem Meer und Schwarzem Meer)

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bestehendes Reich eines nordeurasischen Reitervolkes, das enge Beziehungen zu Byzanz unterhielt. clausula rebus sic stantibus. Wichtiger Vertragsrechtsgrundsatz, nach dem Verträge so lange als bindend gelten, wie die für ihren Abschluß maßgeblichen Umstände fortbestehen ( Geschäftsgrundlage). Aus dem gemeinen Recht wurde die clausula rebus sic stantibus in das moderne Privatrecht rezipiert. Im Völkerrecht ist sie umstritten. Code civil. Am 21. März 1804 unter Napoleon eingeführtes allgemeines französisches Zivilgesetzbuch, das während des Kaisertums der beiden Napoléon offiziell und auch später noch inoffiziell „Code Napoléon“ hieß. Der Code civil wurde in zahlreichen europäischen und überseeischen Ländern rezipiert. Codifikationen. Bezeichnung für die dem Anspruch nach vollständige und systematische Aufzeichnung des Rechtsstoffes im Rahmen eines Gesetzbuches. coemtio (lat. coemtio oder coemptio: Kaufehe). Im frührömischen und klassischen Recht rechtsgeschäftliche Form der Begründung der eheherrlichen Gewalt durch imaginären Brautkauf. Der coemptio stehen der usus als eine Art Ersitzung sowie die  confarreatio als sakralrechtlicher Erwerbsgrund der Ehegewalt gegenüber. Cognition, magistratische. Materiell-rechtliche Jurisdiktion der römischen Gerichtsmagistrate (Prätor, kurulischer Ädil) in Angelegenheiten, die nicht dem Zivilrecht unterstanden. Collegium  Kollegium. Commenda (von lat. commendare: anvertrauen). Im Mittelalter verbreitetes (See-)Handelsgeschäft. Auf der Grundlage einer gesellschaftsähnlichen Vertragsbeziehung vertraute der Kommendator dem Kommendatar Geld oder Sachen an, mit denen dieser in der Fremde Handel trieb. Der Kommendator erhielt dafür einen Anteil am Gewinn. Vorläufer der heutigen Kommanditgesellschaft.  auch: Societas maris. conductio. Im römischen Recht technisch für: Pachtung. confarreatio. Altertümliche römische Sakralehe, bei der – im Unterschied zu  coemtio und usus – die Eheschließung mit der Begründung der eheherrlichen Gewalt in einem Sakralakt zusammenfällt. constitutum. Im römischen Recht Festsetzung eines Leistungstermins für eine bereits bestehende Verpflichtung.

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controversia de territorio. Römischer Rechtsstreit um Territorium, der im Wege administrativer Judikatur (Verfahren extra ordinem) erledigt wird. Dahomey. Früher französisch verwaltetes Gebiet zwischen dem ehemaligen deutschen Schutzgebiet Togo und der ehemals britischen Besitzung Nigeria im Golf von Benin. davidisch. Nach dem israelitischen Reichs- und Dynastiegründer David (hebr.: „der Geliebte“; um 1000 v.Chr.). Dekalog. Zunächst: die als „Zehnwort“ oder „Zehngebot“ an Moses ergangene göttliche Rechtsweisung (Ex 34,28; Dtn 4,13; 10,4). Sie enthält die für das religiöse Leben der Gemeinde zentralen Kultnormen. Andere Zehnworte suchen das sakrale und soziale Fundament der jahwistischen Bundesgemeinde zu festigen. Quelle beider Dekalogformen ist das den Sakralbund eigentlich stiftende Gottesrecht, welches seinerseits dekalogische Form hat (Ex 20,2 – 17; Dtn 5,6 – 21). Dekretalen (lat.: litterae decretales). In der alten und mittelalterlichen Kirchenrechtsgeschichte päpstliche Entscheidungen konkreter Rechtsfälle mit allgemeinverbindlicher Rechtskraft; im Unterschied zu Einzelfallentscheidungen durch päpstliche oder amtliche Reskripte. depositum. Im römischen Recht vertragliche, unentgeltliche Verwahrung einer beweglichen Sache, die der Verwahrer entweder in unveränderter Form (sog. depositum regulare) oder lediglich in gleicher Menge oder Summe (depositum irregulare) zurückgeben muß, sobald es der Hinterleger verlangt. Destinatär (von lat. destinare: festsetzen). Durch Testaments-, Stiftungs-, Anstaltswillen etc. begünstigte Personen oder Personenkreise. Detaillist. Veraltet für Klein- oder Einzelhändler. Dharmasastra; Tl. (Skt.): Dharmaúa¯stra (n.). Lehrbuch des religiösen Rechts. Dharmasutra; Tl. (Skt.): Dharmasûtra (n.). Vedisches religiöses Gesetzbuch. Diadikasie (griech.: Entscheidung). Rechtsstreit, in dem zwei oder mehrere Parteien das bessere Recht zu einer Sache bzw. die mindere Pflicht zu einer Leistung behaupten. Wichtigster Anwendungsfall der griechischen Diadikasie waren Erbstreitigkeiten, in denen mehrere Parteien zugleich Anspruch auf eine Hinterlassenschaft erhoben oder die bereits zugesprochene Erbschaft durch einen Dritten bestritten wurde. Didaskalie (griech.: Weisung). Charismatische freie Lehrgabe.

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Dienstlehen. Bevorzugt an nicht ständisch qualifizierte Personen gegen Leistung von zumeist militärischen oder administrativen Diensten vergebene Grundstücke oder Erwerbschancen sonstiger Art wie z. B. auch Ämter oder bestimmte öffentliche Funktionen. Differenzeinwand. Vor Gericht zu erhebender Einwand gegen Klagen auf Zahlung von Schulden aus Termingeschäften. Er stützt sich auf die zu beweisende Behauptung, bei dem Termingeschäft habe es sich nicht um einen zur Leistung verpflichtenden Kaufvertrag, sondern um ein riskantes Differenzgeschäft gehandelt. Dies ist ein Termingeschäft, das nicht auf Effektiverfüllung, sondern auf Zahlung der Differenz zwischen dem Kurs zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem am Erfüllungstermin gerichtet ist. Nach der Rechtssprechung des Reichsgerichts konnten bereits Indizien für den stillschweigenden Ausschluß der Effektiverfüllung die erfolgreiche Geltendmachung des Differenzeinwandes begründen. Das im selben Jahr wie das Börsengesetz erlassene Bürgerliche Gesetzbuch folgte mit seiner Definition des Differenzgeschäfts dieser auch unter Juristen umstrittenen Rechtsprechung (§ 764 BGB). dispositive Beurkundung  Beurkundung, dispositive. Dolus (lat.: Betrug, Hinterlist). Dem römischen Recht entlehnter Begriff zur Bezeichnung des „Vorsatzes“ strafbarer Handlungen (dolus malus) sowie der vorsätzlichen Rechtsverletzung im Zivilrecht (etwa § 826 BGB). dominium (lat.: Herrschaft). Römisch-rechtliches Eigentum, dingliches Vollrecht an einer Sache. doppelseitige römische Vindikation  Vindikation. Druiden (kelt.: die sehr Gelehrten). Zur Zeit Cäsars angesehene und privilegierte keltische Priesterschaft, die neben ihren sakralen (Weissagung und Opferdienst) auch profane Funktionen bei der Streitschlichtung zwischen Völkerschaften wie Privaten und bei der Jugenderziehung ausübte. Ehrengerichte. (Berufs-)Ständische Gerichte, die über Fragen der (beruflichen) Standesehre entscheiden. Die ehrengerichtlichen Maßnahmen reichen bis zum Ausschluß aus dem Verband. Das Verhältnis gegenüber der ordentlichen Gerichtsbarkeit gestaltet sich sehr unterschiedlich. Endogamie. Gebot der Verheiratung der Frauen innerhalb des Familien-, Sippenoder sonstigen Verbandes im Gegensatz zur  Exogamie. Equity / equity (engl.: Billigkeit). Ein seit dem 13. Jahrhundert vom englischen Kanzlergerichtshof geübtes Amtsrecht, das zunächst nur ein materiell das Common Law ergänzendes und an Billigkeitsgrundsätzen orientiertes Recht darstellt;

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erst im Laufe der Jahrhunderte wird es zu einem selbständigen Rechtssystem durchgebildet. Erbpacht. Unbefristete Vergabung eines Grundstückes zur Nutzung gegen einen feststehenden, nach vereinbartem Modus zu zahlenden Pachtzins. Erbvertrag. Bei Abschluß des Erbvertrages entsteht eine erbrechtliche Bindung des Erblassers, dessen Testierfreiheit insoweit beschränkt ist. Exilarch. Seit dem 2. Jahrhundert n.Chr. politisches Oberhaupt der jüdischen (Exils-)Gemeinde in Babylonien.  auch: Resch Galuta. Exogamie. Beschränkung des sexuellen Verkehrs einer Gemeinschaft auf fremde Gruppen (außerhalb des Hauses oder der Sippe) im Gegensatz zur  Endogamie als sexueller Promiskuität innerhalb der Gruppe oder des Verbands (Haus, Sippe, Stamm). fas (lat.). In der römischen Welt das göttliche oder Sakral-Recht, welches die sittlich-religiöse Ordnung regelt im Gegensatz zu dem die Rechtsbeziehungen der Rechtsgenossen regulierenden ius. fee simple (engl.: einfaches Lehen). Das schließlich von allen lehnsrechtlichen Beschränkungen freie, nur im Namen noch an seine Herkunft erinnernde, erbliche und frei veräußerliche englische Bodeneigentum. Feldgemeinschaft. Agrarhistorischer Begriff für den Gemeinschaftsbesitz und die gemeinschaftliche Bewirtschaftung des Ackerbodens. festuca (lat.: Grashalm; Stäbchen). Im römischen und germanischen Recht ein verschiedene rechtsförmliche Handlungen begleitendes Symbol, bei den Germanen namentlich für Besitzübertragungen (bei Grundbesitz zusammen mit Messer, Torf, Zweig und Handschuh). Fetwa; Tl. (arab.): fatwa¯; „Meinung“. Im islamischen Kulturkreis Rechtsgutachten der Korangelehrten ( Mufti). Die Verbindlichkeit dieser Gutachten ist im sunnitischen weit weniger ausgeprägt als im schiitischen Islam. fideicommissum, Fideikommiß. 1. Im römischen Erbrecht der Kaiserzeit das neben dem (feierlichen) Legat eingerichtete formlose, den unmittelbar Berechtigten zunächst nur moralisch verpflichtende, dann zunehmend klagbare Vermächtnis. 2. Im deutschen Recht die durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Verfügung von Todes wegen für eine gegebene Vermögensmasse bestimmte Unveräußerlichkeit und Erbordnung. Fiducia (lat.: Vertrauen). Im altrömischen Zivilrecht ein bedingtes Eigentumsübertragungsgeschäft, eine Manzipation mit „Treuhänder-Vorbehalt“ (Rudolf Sohm),

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die zu unterschiedlichen Zwecken, mangels Pfandrecht vor allem zur Sicherheitsleistung bei Kreditgeschäften (durch Hingabe zu bedingtem Eigentum), verwendet werden konnte. fiqh (arab.: „Verständnis“, „Erkenntnis“). Islamische (Rechts-)Pflichtenlehre. Die Feststellung des kanonischen islamischen Rechts, und d. h. der Rechtspflichten obliegt den Rechtsgelehrten ( fuqaha), von denen nur die Stifter der vier orthodoxen Rechtsschulen und ihre unmittelbaren Nachfolger auf  Koran und  Hadithen rekurrieren durften, während die anschließenden Kommentatoren an deren Erzeugnisse, die modernen Rechtsgelehrten an die durch  idschma kanonisierten Rechtsbücher ihres Ritus gebunden sind. Fiktionen (fictio juris). Rechtstechnisches Mittel, an die Unterstellung des Bestehens einer Tatsache oder eines Rechtsverhältnisses entsprechend erwünschte Rechtsfolgen zu knüpfen. Fiskus. In der römischen Kaiserzeit das der kaiserlichen Verwaltungssphäre zugehörige Vermögen, von dem die klassischen Schriftsteller das aus der Republik überkommene Vermögen des römischen populus, das aerarium, unterscheiden. Doch fallen beide später faktisch zusammen. freirechtliche Bewegung  Bewegung, freirechtliche. Friedensrichterjustiz. Eine vom englischen König Eduard III. (1327 – 1377) gesetzlich eingeführte Gerichtsbarkeit. Das Friedensrichteramt wurde von der Krone als widerrufliches, aber annahmepflichtiges Ehrenamt zunächst an vermögende Grundherren, später zunehmend an reiche Bürger vergeben. Die Friedensrichter übten sachlich und zeitlich wechselnde Verwaltungs- und Rechtssprechungsbefugnisse auf Grafschaftsebene aus, sind aber bis ins 20. Jahrhundert hinein eine wichtige Säule der englischen Justiz und lokalen Selbstverwaltung. Fundus. Grundstück, (Land-)Gut zur Versorgung und Sicherstellung der militärischen Leistungsfähigkeit des ursprünglich vollfreien (Wehr-)Bauern. Fuqaha; Tl. (arab.) fuqaha¯ (m., Pl.; Sg. faqîh). Islamische Rechtsgelehrte; auch: culama ¯ (Sg. calı¯m): Gelehrte(r) (im weiteren Sinn). gallischer Brand. 387 v.Chr. mußten die Römer eine schwere Niederlage gegen die in Norditalien siedelnden Kelten (Schlacht an der Allia) hinnehmen. Der Niederlage folgte die Einnahme und Brandschatzung Roms sowie die Belagerung des Kapitols. Erst nach Zahlung eines Lösegeldes zogen die Kelten ab. Ganerbschaften. Mehrere Erben („Ganerben“) bilden eine Erbengemeinschaft zur gesamten Hand, bei der also den einzelnen Miterben ein Anteil an der Erbschaft als ganzer zusteht. Sie können darüber, soweit kein Vorkaufsrecht der übrigen Miterben besteht, frei verfügen, insbesondere die Teilung der Erbschaft

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verlangen. In der älteren deutschen Rechtsgeschichte wurde dies üblicherweise gerade bei bäuerlichen und ritterlichen Ganerbschaften im Interesse der Besitzerhaltung vertraglich ausgeschlossen.  auch: Gemeinderschaft. Gaonen / Gaon (von hebr. Geonim (Pl.), Sg. Gaon: „Erhabene[r]“). Vom 6. bis 11. Jahrhundert n.Chr. Vorsteher der jüdischen Akademien und geistliches Oberhaupt der jüdischen Gemeinde im islamisch beherrschten Babylonien, die neben dem  Exilarchen ( auch: Resch Galuta) Aufgaben in der autonomen Gemeindeverwaltung (als Richter und Rechtskonsulenten) übernahmen.  auch: Sanhedrin; Saboraim. Geldcondemnation. Im römischen Recht das Urteil (condemnare) zur Zahlung einer Geldsumme, auf die ein Leistungsurteil, auch auf Herausgabe (restituere) oder Vorlegung (exhibere) einer im Besitz des Beklagten befindlichen Sache, im klassischen Formularprozeß zu gehen hat. Gemara / gemara (hebr.: „Vervollständigung“). Zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert n.Chr. von jüdischen Schriftgelehrten ( Amoraim; Saboraim) verfaßte Mischna-Kommentare ( Mischna), die um 500 n.Chr. zusammen mit dieser unter dem Namen  Talmud kodifiziert wurden. Wichtigstes Produkt der GemaraPeriode sind deshalb die zwei nebeneinander entstandenen Talmude, der palästinische und der babylonische Talmud. Gemeinderschaft. Eine rechtlich auf dem Gesamthandprinzip basierende Gemeinschaftsform. Der Begriff der Gesamthand wiederum besagt, daß der einzelne weder für die Gemeinschaft als Ganze noch für „seinen Teil“, sondern nur zusammen mit den anderen, „zur gesamten Hand“, rechtswirksam handeln oder haften kann. gemeines Recht  Recht, gemeines. gemeinrechtliche Jurisprudenz  Jurisprudenz, gemeinrechtliche. Generalhypothek. Begründet ein gesetzliches besitzloses Generalpfandrecht am gesamten Vermögen zur Sicherung von Mündelansprüchen, Vermächtnisnehmern etc.; in klassischer Zeit auch vertraglichen Ursprungs. Gerwurf (oder Pfeilschuß). 1. In heidnischer Zeit: Zeichen der Kriegserklärung, symbolische Handlungen, durch die man den Feind dem Kriegsgott zu weihen pflegte. 2. In den germanischen Volksrechten: Tatbestandserfordernis für die feindliche Absicht bei bestimmten deliktischen Handlungen (besonders beim schwerwiegenden Hausfriedensbruch). Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In Deutschland eine durch Reichsgesetz vom 20. April 1892 geschaffene Form der Kapitalgesellschaft, an deren Stammkapital die Gesellschafter durch Stammeinlagen beteiligt sind, auf die ihre Haf-

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tung vorbehaltlich ausdrücklicher Regelung im Gesellschaftervertrag beschränkt ist. Gegenüber der  Aktiengesellschaft fehlt insbesondere der Geschäftsführung und -abschluß betreffende Publizitätszwang. Gesetzbuch Hammurabis. Eine vom babylonischen König Hammurabi (ca. 1728 – 1686 v.Chr.) veranstaltete Gesetzessammlung, die wesentlich Privat- und Strafrecht umfaßt. Gewere. Im altdeutschen Recht Bezeichnung für ein Fahrnis- und Liegenschaftsrecht (ideelle Gewere) sachenrechtlicher Beziehung. Diese gründet auf dem tatsächlichen Besitz und knüpft daran differenzierte Rechtspositionen. Gewerkschaft, bergrechtliche. Kapitalistische bergbauliche Unternehmungsform auf genossenschaftlicher Grundlage, die sich nach dem Vorbild der Aktiengesellschaft mit steigenden technischen Anforderungen und entsprechend steigendem Kapitalbedarf herausbildet. Gilde. Eine aus rituellen Männerbünden hervorgehende, auf religiöser Verbrüderung und Speisegemeinschaft beruhende Schutz- und Rechtshilfegenossenschaft. In Gestalt der Kaufmanns- und zunehmend der Handwerkergilde ( Zunft) gewann sie maßgeblichen Einfluß auf das spätmittelalterliche Stadtregiment. Hadith / hadith; Tl. (arab.): hadît; „Tradition“, „Überlieferung“. Neben dem  Koran die zweite wichtige Säule der islamischen Rechtstradition, die außer exemplarischen Verhaltensweisen des Propheten und seiner engsten Vertrauten solche Prophetensprüche enthält, die nicht in den Koran aufgenommen sind. hagada. Aus Erzählungen, Anekdoten, Gleichnissen und Fabeln unterschiedlicher Herkunft bestehende Teile der jüdischen Tradition, deren Zweck religiöse Erbauung und Belehrung der Gläubigen ist. halacha. Fachbegriff des rabbinischen Judentums zur Bezeichnung des jüdischen Gesetzes. Zunächst auf das einzelne Gebot, die Satzung oder feststehende Norm bezogen, wurde er später auf die Gesamtheit der religionsgesetzlichen Bestimmungen übertragen. Hanafiten, hanafitisch. Anhänger der hanafitischen Rechtsschule, benannt nach dem islamischen Rechtsgelehrten Abu¯ Hanı¯ fa al-NucMa¯n b. Tha¯bit (um 699 – 767). Gegenüber den anderen Schulen vertritt diese eine freiere Interpretation des islamischen heiligen Rechts. Neben  Koran und Tradition räumt sie dem persönlichen Urteil des Rechtsgelehrten und der Analogie eigenes Gewicht ein, was die Einführung der Billigkeit als Grundsatz der Rechtsfindung begünstigte. hanbalitische Schule  Schule, hanbalitische.

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Handelsgesellschaft, offene. Neben der Kommanditgesellschaft die wichtigste Form der sog. Personen(handels)gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinsamer Firma gerichtet ist, bei der sämtliche Gesellschafter unbeschränkt den Gläubigern haften. Sie setzt nach innen den Gesellschaftsvertrag voraus, nach außen die Eintragung in das Handelsregister. Sie ist nicht juristische Person, kann aber unter der gemeinsamen Firma (unter ihrem Namen) Rechte (u. a. Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken) erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.  auch: Aktiengesellschaft. Hedschra; Tl. (arab.): hidra; „Bruch“, „Trennung“. Bezeichnet das Jahr 622 n.Chr., in das die Auswanderung Muhammeds von Mekka nach Medina fällt und mit dem konventionell die islamische Zeitrechnung beginnt. Hetären (griech.: „Gefährtin“). Umschreibung für die hellenischen, meist – im Unterschied zur Frau in der Antike – sehr gebildeten, daher auch kulturgeschichtlich bedeutsamen Dirnen.  auch: Bajaderen. Heteronomie, heteronomer Verband. Normative Ordnung eines Verbandes durch einen (übergeordneten) anderen Verband; Gegensatz: Autonomie.  auch: autokephal. Hoplitenheer. Aus disziplinierten Schlachtreihen (Phalanx) schwerbewaffneter, sich selbst ausrüstender Fußsoldaten bestehendes Bürgerheer, das seit dem 6./7. Jahrhundert v.Chr. an die Stelle der adligen Ritterheere trat. Hufe. In der deutschen Agrargeschichte die Gesamtheit des dem vollberechtigten Dorfgenossen (Hufner) neben Haus und Hof zu Eigenrecht und -nutzung vergebenen Anteils an der Dorfmark (also an Gartenland, Ackerflur, Weideflur ( „Allmende“)). Hufenverfassung. Von Weber im Anschluß an August Meitzen zur Beschreibung der frühen (vor allem germanischen) Agrarverfassung benutzter Begriff, der den (ursprünglich gleichen) Besitz der vollberechtigten Mitglieder einer Dorfgemeinschaft in der Dorfmark bezeichnet ( Hufe). Idschma / idschma; Tl. (arab.): idma¯c; „Übereinstimmung“. Im islamischen Rechtskreis „consensus doctorum“, übereinstimmende Lehrmeinung der Rechtsgelehrten ( fuqaha), die ursprünglich auf den Konsens der Gemeinde zurückgeht und den historisch gewonnenen Rechtssinn kompiliert, auf den sich der Anwender islamischen Rechts unmittelbar stützt. Neben Koran, Tradition, Analogie bzw. Spekulation bedeutende Quelle islamischen (heiligen) Rechts. Imam; Tl. (arab.): ima¯m; „Führer“, „Vorbeter“. Gottbestimmter religiöser Führer und Lehrer des Islam, „Erbe des Prophetenamtes“ (Ignaz Goldziher).

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Imperium / imperium (lat.: Kommandogewalt, Herrschaft). Im römischen Staatsund Verfassungsrecht Inbegriff der höchsten, mit Militär- und Gerichtsgewalt ausgestatteten Amtsgewalt. Das Imperium ist bei Weber vielfach im Sinne der Quelle des „Amtsrechts“ im Unterschied zum „Volksrecht“ gemeint. Improbität (von lat. improbus: schlecht, unanständig). Ehrmindernde Sanktionsform im römischen Recht, bei der die Fähigkeit zur Zeugnisschaft abgesprochen wird; geht auf einen Zwölftafelsatz zurück.  auch: Infamie, Zwölf Tafeln. Infamie (von lat. infamia: Schande, Schmach). Im römischen Recht gesteigerte Form der  Improbität durch Minderung namentlich des rechtsgeschäftlichen und prozessualen Rechtsstatus. Interdikt de loco publico fruendo. Ein besonders den römischen Großpächtern von Staatsland für die Nutznießung von öffentlichem Boden gewährter Besitzesschutz durch prätorisches Verbot (interdictum).  auch: Interdiktionsprozeß. Interdiktionsprozeß (von lat. interdictum: Verbot). Im römischen Recht seit alters die Möglichkeit, außerhalb des Legisaktionenverfahrens liegende Klageansprüche im Wege magistratischen Interdiktenschutzes geltend zu machen. Interdicta sind vorläufige Ge- und Verbote der Gerichtsmagistrate zum Schutze des Rechtsfriedens, insbesondere zum Schutze des tatsächlichen Besitzstandes. Itschtihad / itschtihad; Tl. (arab.): idtiha¯d; „Anstrengung“, „Eifer“. Im islamischen Rechtsgebiet die „schöpferische“ Rechtsfindung durch das aus Koran- und Traditionskenntnis vor allem mittels Analogie geschöpfte Rechtsurteil.  auch: Mutschtehiden. iussus. Im römischen Recht: Ermächtigung (zum Abschluß eines Rechtsgeschäfts). jüdisches Bundesbuch  Bundesbuch, jüdisches. Jurisprudenz, gemeinrechtliche. Eine gesamteuropäische (neben Italien besonders in Frankreich, Spanien, den Niederlanden und seit dem 15. Jahrhundert verstärkt auch in Deutschland wirkende) Juristen-Bewegung, die ihre Aufgabe darin sieht, das römische Recht in der Tradition der italienischen Kommentatoren des 13. und 14. Jahrhunderts zu einem den jeweiligen Zeitverhältnissen angepaßten und praktikablen Recht durchzubilden. Kabinettsjustiz. Üblicherweise Bezeichnung für die im Zeitalter des Absolutismus durch die Herrscher selbst oder deren Kabinett ausgeübte Jurisdiktion bzw. von dort ausgehende Eingriffe in die allgemeine Rechtspflege. Kadi; Tl. (arab.): qâdî. Im islamischen Rechtsgebiet der mit der allgemeinen Rechtsprechung betraute, im Normalfall als Einzelrichter tätige, weltliche Richter.

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Als Berater steht ihm der Rechtsgelehrte ( fuqaha), speziell mit dem  mufti ein beamteter Rechtskonsulent zur Seite. Kadijustiz. Weber meint damit – über ihren islamischen Kontext hinaus – jede an materialen, ethischen oder politischen Maximen orientierte und dadurch unberechenbare Justiz.  demgegenüber: Kadi. Kalif, Kalifat  Khalif. Kallah / Kallah-Monat (von hebr. kallah: Gemeinde). Volksversammlungen an den babylonischen Akademien von Sura und Pumbeditha, die die  Gaonen in den Monaten März und April abhielten und auf denen sie öffentlich Rechtsunterricht und Responsen (religiöse Rechtsgutachten) erteilten. kanonisches Recht  Recht, kanonisches. Kapitularien (von mittellat. capitulum: Abschnitt, Urkunde). Unter den karolingischen Königen technischer Ausdruck für die königlichen Satzungen. Khalif; Tl. (arab.): halîfa; „Nachfolger (Muhammeds)“, „Stellvertreter“. Cäsaropapistischer Nachfolger des Propheten als weltlicher und geistlicher Führer der islamischen Gemeinschaft (arab. umma). Das Amt (Khalifat) markiert seit dem 10. Jahrhundert eine zunehmend nominelle Führungsposition und wird später von den Osmanenherrschern als Ehrentitel (neben anderen) geführt. Khalifat  Khalif. Kleros (griech.). Im alten Griechenland Äquivalent des römischen  fundus. Knjäs; Tl. (russ.): knjaz‘ (m.); „Fürst“. Noch zu Zeiten Vladimirs (980 – 1015) und seines Nachfolgers Jaroslav (1019 – 1054) üblicher Amts- und Ehrentitel des Machthabers im russischen Reich. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts wird die Bezeichnung „velikij knjaz‘“ („Großfürst“) als Amtstitel gebräuchlich und in den Redaktionen des russischen Rechts (russ. Russkaja Pravda) entsprechend verwendet. Kollegium. Im römischen Rechtskreis übliche Bezeichnung des Vereins schlechthin, unabhängig von seiner Rechtsfähigkeit. Kommanditen. Unternehmens- und Gesellschaftsformen, bei denen ein Konsortium von Geld- und/oder Warengebern einen aus ihrer Mitte mit der Geschäftsführung beauftragen und diesem Kaufmann (tractator) entweder als leitende Unternehmer oder – wenn der Geschäftsbetrieb hauptsächlich am Ort der Sozietät abgewickelt wird – zunehmend als lediglich an Gewinn und Verlust beteiligte, nicht persönlich haftende Partizipanten gegenübertreten.  auch: Commenda.

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Konkubinat. Monogamische, eheartige Dauerverbindung minderen Rechts. Gegenüber der legitimen Hauptfrau und den legitimen Kindern innerhalb einer Vollehe genießen Konkubine und Konkubinenkinder einen familien- und erbrechtlich prekären Status. Konsulenten (von lat. consulere: beraten). In der römischen Rechtsgeschichte: fachkundige Rechtsberater. c

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Koran; Tl. (arab.): qur a¯n; von qara a: „lesen“, „rezitieren“. Das heilige Buch des Islam und als solches der normative Maßstab des rechten Glaubens und Handelns. Der Koran enthält die von Muhammed in der Zeit seines prophetischen Wirkens (610 – 632 n.Chr.) als göttliche Offenbarung verkündete religiöse und soziale Ordnung der islamischen Gemeinschaft, und zwar in 114 Abschnitten ( Sure). Korrealsponsionen. Bei den römischen Korrealobligationen, den Gesamtschuldverhältnissen des BGB, sind mehrere Schuldner (§§ 421 ff.) bzw. mehrere Gläubiger (§§ 428 ff.) zu derselben einen Leistung verpflichtet bzw. berechtigt. Die Leistung durch einen Schuldner befreit die Mitschuldner (Gesamtschuldnerschaft) ebenso, wie die Befriedigung eines Gläubigers die gleichlautenden Forderungen der Mitgläubiger (Gesamtgläubigerschaft) erledigt. Landrecht. Im deutschen Mittelalter das neben den verschiedenen Personenverbandsrechten bestehende gebietsbezogene Verbandsrecht.  auch: lex terrae. leges barbarorum. In der Völkerwanderungszeit Bezeichnung für die germanischen Volksrechte; im Unterschied zu den  leges Romanae, die für die in den jetzigen Germanengebieten lebenden Römer galten. leges datae. In älterer römischer Zeit die auf allgemeiner Ermächtigung durch das Volk beruhenden magistratischen Gesetze und Verordnungen. Dazu gehörten vor allem die  Zwölf Tafeln und aus späterer Zeit in der Regel die Provinzialund Gemeindeordnungen.  im Unterschied dazu: lex rogata. leges Romanae. Bezeichnung für die im späten 5. und 6. Jahrhundert für die unterworfene römische oder romanisierte Bevölkerung erlassenen Kodifikationen fortgeltenden römischen Provinzialrechts.  auch: leges barbarorum. Legisaktionen (lat. legis actiones: Prozeßvorschriften). Im altrömischen Zivilprozeß eine Reihe von Spruchformeln, die Klage und materiellen Anspruch zugleich enthalten. Der rigide Wortformalismus des altertümlichen Legisaktionenverfahrens bot nur unter vergleichsweise wenig entwickelten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen ausreichenden Rechtsschutz. In spätrepublikanischer Zeit wurde er durch den flexibleren Formularprozeß verdrängt.

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Legisten. Spätmittelalterliche weltliche Juristen, die – im Anschluß an das justinianische Recht und die kanonistische Korporationstheorie – die Souveränität des Princeps bei der Anerkennung, Zulassung oder Neubildung von korporativ verfaßten Verbänden propagieren. Leihezwang. Die im Lehensfeudalismus bestehende Tendenz einer zunächst konventionellen, dann allmählich rechtlichen Verpflichtung zur Wiederverleihung von Lehen (Grundstücke und Ämter) bei Mannfall (Tod des Leheninhabers) oder Herrnfall (Tod des Lehnsherrn). Leiturgien, leiturgisch (griech. leitourgia: Dienst). Einzelnen oder Verbänden auferlegte öffentliche Leistungspflichten in Form von Kriegs-, Verwaltungs-, Bauoder Instandhaltungsdiensten. In Rom z. B. die sog. munera. Leviratsehe. Verpflichtung des Bruders oder nächsten Agnaten zur Ehe und Kinderzeugung mit der Witwe eines kinderlos Verstorbenen. lex rogata. In der spätrömischen Republik auf magistratische Initiative durch die Volksversammlung beschlossenes Gesetz. Diese kann den Gesetzentwurf nur als Ganzes annehmen oder ablehnen.  im Unterschied dazu: leges datae. Lex salica / lex Salica. In merowingischem Vulgärlatein verfaßte Sammlung des Gesetzes- und Gewohnheitsrechts der salischen Franken. Der Text wird in seiner ältesten Redaktion auf die letzte Regierungszeit Chlodwigs (zwischen 507 und 511 n.Chr.) zurückgeführt. Lex terrae / lex terrae (lat.: „Gebietsrecht“, Landrecht). Im Unterschied zum personal gebundenen Stammes-(Verbands-)recht das für das gesamte Herrschaftsgebiet (als Rechtsgebiet), also territorial, verbindliche Recht.  auch: Landrecht. Liebeshöfe der Trobadors (auch: cours d’amour, cour d’amoureuse, corte d’amore). Im Hoch- und Spätmittelalter vor allem in Italien und Frankreich besungene Gerichtshöfe der Liebe, vor die galante Angelegenheiten der Ritter und ihrer Damen gebracht wurden, deren „Rechts“charakter zweifelhaft ist. Literalkontrakt. Im römischen Recht Umwandlung einer Realobligation (z. B. einer Kaufgeldschuld) in eine reine Buchschuld bzw. vertragliche Literalobligation. Da mit privaten Forderungen und Zahlungen vorwiegend Bankiers befaßt wurden, heißt der Literalkontrakt auch „Bankiersbuchung“. Er liefert für den Wechsel der im Schuldverhältnis stehenden Personen bzw. bei beabsichtigter Änderung des ursprünglichen Schuldgrundes die geeignete Rechtsform. locatio. Im römischen Recht technisch für: Verpachtung.

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Lögsaga / lögsaga (auch: lagsaga). In den nordischen Rechten der regelmäßig vor dem Volk gehaltene, das geltende Recht zusammenfassend darstellende Rechtsvortrag durch einen öffentlichen Beamten, den sog. Gesetzsprecher (Gesetzesmann, Gesetzsprachmann). Lordkanzler. Der seit der Regierungszeit Edwards I. (1272 – 1307) vor allem in der Rechtspflege zunehmend wichtige Leiter der königlichen Kanzlei, der die sog. Kanzlergerichtsbarkeit ( Equity) schuf. Die Equity des englischen Lordkanzlers entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem dem Common Law vielfach parallelen, selbständigen Recht. madhab; Tl. (arab.): madhab; „Auffassung“, „Überzeugung“. Islamische Rechtsschule. magistratische Cognition  Cognition, magistratische. mandatum (lat.: Auftrag). Im römischen Recht bezeichnet es die vertragliche Übernahme der unentgeltlichen Besorgung eines fremden Rechtsgeschäfts. Männerhaus. Archaischer Männerbund zu Jagd-, Kriegs- und Kultzwecken mit magischen Aufnahmeprozeduren („Jünglingsweihe“), Noviziat und Verbleib nach bestimmter Altersklassenregelung. Manu (Skt.: „der Mensch“). Mythischer indischer König und Gesetzgeber. Das „Gesetzbuch des Manu“ (Skt.: „Manusmrti“) umfaßt 12 Bücher und 2685 Verse, welche soziale und ethische Leitsätze sowie rituelle und zeremonielle Vorschriften beinhalten. Markgenossenschaft. Im deutschen Mittelalter der mehrere Dörfer umfassende Verband, der als solcher Eigentümerin der „gemeinen Mark“ ist. Diese umfaßt insbesondere Wald und Ödland und ist von der Allmende (Weide) des Dorfes zu unterscheiden. Die Markgenossen sind in prinzipiell gleicher Weise Nutzungsberechtigte an der gemeinen Mark.  auch: Hufe, Hufenverfassung. Merkur (eigentl. mercurius von lat. merx: „Ware“). Römischer Schutzgott der Kaufleute und des Handels. Sehr früh dem griechischen Gott Hermes gleichgesetzt, vielleicht identisch mit diesem unter einem lateinischen Namen. Metöken (griech. metoikoi: „Mitbewohner“). In den klassischen griechischen Stadtstaaten dauerhaft ansässige, gegenüber der Masse der Fremden im einzelnen bevorrechtete Nichtbürger. Da sie – wie alle Nichtbürger – vom Bodenbesitz und -erwerb ausgeschlossen waren, fanden sie im Handel, Gewerbe und in freien Berufen ihre Hauptbetätigungsfelder; so erscheinen gerade sie als Träger des antiken Vereinswesens.

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Mischna; Tl. (hebr.): misnâh: „Wiederholung“, „Lehre“. Um 200 n.Chr. geschaffene Aufzeichnung des seit dem Ende des 5. Jahrhunderts v.Chr. entwickelten und bis dahin nur mündlich überlieferten Gewohnheitsrechtes. Diese Tradition basierte auf schriftgelehrter Tora-Interpretation und altpalästinischen (Rechts-) Gewohnheiten, welche die Mischna in Form von ethischen Geboten, Ritualvorschriften und zivilrechtlichen Bestimmungen wiedergibt.  auch: Gemara; Talmud. Mitaksara. Eine im 11. Jahrhundert n.Chr. zustande gekommene indische Rechtskompilation, die zur Zeit der englischen Eroberung im größten Teil Indiens in Gebrauch war. Mufti; Tl. (arab.): muftî. Staatlich konzessionierter islamischer Rechtsgelehrter. Das Mufti-Amt entstand (zuerst im islamischen Andalusien) aus der Forderung, die Entscheidungen staatlicher Autoritäten auf ihre religiöse Unbedenklichkeit hin zu überprüfen. munera  Leiturgien. Municipium. Im Unterschied zu den römischen coloniae die zunächst politisch selbständigen latinischen und mittelitalischen Stadtgemeinden. Zwar wurden sie in der Folge des  Bundesgenossenkrieges massenhaft in den römischen Bürgerschaftsverband aufgenommen, behielten dabei als Munizipien aber ihre korporative Selbständigkeit. Munifizenzen (von lat. munificentia: Freigebigkeit). Aus Pietäts-, Treue-, Dankbarkeits- oder Mildtätigkeitsmotiven im Testament ausgewiesene Vermögenslegate. Mutschtehiden; Tl. (arab.): mudtahidîn (m., Pl.; Sg. mudtahîd). Mit dem Recht eigener Lehre ausgestatteter islamischer Theologe.  auch: itschtihad. Nexum (von lat. nectere: binden, verbinden). Das ursprüngliche bindende Rechtsgeschäft des alten römischen Rechts, namentlich in Gestalt des Darlehens und der Manzipation (des altertümlichen Kaufgeschäfts). Es handelt sich um ein Geldgeschäft, das in Zeiten noch unentwickelter Geldwirtschaft durch Zuwägen ungemünzten Kupfermetalls (per aes et libram) vor Zeugen vollzogen wird und zu Rückzahlung (Darlehensschuldner) bzw. Gewährleistung (Verkäufer) verpflichtet. Gegenstand intensiver rechtshistorischer Auseinandersetzungen. noxae datio (auch: noxae deditio). Im römischen Recht die Haftung des Eigentümers eines schadenstiftenden Vierfüßlers durch Auslieferung des Tieres.  auch: actio de pauperie.

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numina (Pl. von lat. numen: Gottheit, göttliche Macht). In der religiösen Vorstellungswelt der Römer Ausdruck sowohl des göttlichen Willens und der göttlichen Macht wie – in der Kaiserzeit – gleichbedeutend mit „deus“. Nupturienten (von lat. nubere: heiraten). Brautleute. Obertribunal. Ein von Friedrich II. von Preußen 1703 geschaffener Gerichtshof mit Sitz in Berlin, der durch die allmähliche Erweiterung seines Appellationsprivilegs und sachlichen Zuständigkeitsbereichs zum formell höchsten Gericht des Landes aufstieg. Den Namen führt das Gericht erst seit 1772. Im Zuge der Reichsjustizreform von 1877 gingen seine Zuständigkeiten (und ein Teil seines Personals) an das neugegründete Reichsgericht in Leipzig. Obligationen-Schutz. Rechtsschutz durch Klagbarkeit von Forderungen. offene Handelsgesellschaft  Handelsgesellschaft, offene. Offizialmaxime. Prozeßgrundsatz (vor allem im Strafprozeß), wonach das Gerichtsverfahren unabhängig vom Willen des Verletzten oder Rechtsinhabers eingeleitet wird. Ordalien (mlat.). Gottesproben oder Gottesurteile, die als Beweismittel oder Beweisurteil in den verschiedensten Formen fast allen primitiven (Prozeß-)Rechten gemeinsam sind. Pandekten (griech.). Auszüge aus den klassischen römischen Juristenschriften, welche Justinian im Rahmen seines Gesetzgebungswerkes sammeln und aufzeichnen ließ (530 – 533 n.Chr.). Sie bilden – neben Institutionen, Konstitutionen (Codex) und Novellen – den wichtigsten Bestandteil der später als Corpus iuris civilis bezeichneten justinianischen Kodifikation. Pertinenzen (von lat. pertinere: sich erstrecken, gehören). Bestimmte Hauptrechte, z. B. individuellen Bodenbesitz, ergänzende Berechtigungen; in diesem Sinn: „rechtliches Zubehör“. Phratrien (Pl. von griech. phratria: Bruderschaft). 1. In homerischer und archaischer Zeit wesentlich Kult- und Rechtsgenossenschaften. 2. In der klassischen Zeit der griechischen Polis Umformung zu Bürgerschaftsabteilungen mit starker Disziplinargewalt über ihre Mitglieder und wichtigen Entscheidungskompetenzen in der Frage des Bürgerrechts sowie der familien- und erbrechtlichen Stellung des einzelnen. Plantagenets. Nach den Normannenkönigen zweites englisches Herrscherhaus beginnend mit Heinrich II. (1154 – 1189) und endend mit Richard II. (1377 – 1399).

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Podestate (Sg. Podestat, ital.: podestà). In nord- und mittelitalienischen Städten höchstes Verwaltungs-, Justiz- und Militäramt, das zumeist von Stadtfremden bekleidet wurde.  auch: Signorie. Polis (griech.; Pl. poleis). Ursprünglich Bezeichnung für die Burg, dann seit dem 8. Jahrhundert v.Chr. für den griechischen Stadtstaat. Die antike Polis ist fortan der politisch, wirtschaftlich und religiös autonome und exklusive Bürgerverband auf der Grundlage einer unabhängig von der jeweiligen Staatsform zumeist schriftlich fixierten Verfassung. Polygamie, patriarchale (griech.: „Vielehe“). Mehrehe des Mannes bzw. Hausvaters, ursprünglich nur innerhalb des eigenen Geschlechterverbandes (Hausverband, Sippe).  auch: Endogamie. Polygynie (griech.: „Vielweiberei“). Form der  Polygamie, d. h. der gleichzeitigen Dauerverbindung (Ehe) des Mannes mit mehreren Frauen, die eine gebotene, bevorzugte oder bloß erlaubte Form des Zusammenschlusses sein kann. Possessio / possessio. Römisch-rechtlicher Besitz. Meint die tatsächliche Gewalt über eine Sache, die der rechtlichen Vollherrschaft gegenübergestellt wird und deren Schutz durch Ersitzung und interdicta rechtlich geregelt ist. potrebitelnaja norma; Tl. (russ.): potrebitel’naja norma (f.). Konsumnorm, die die Grundbesitzgröße nach dem für das Auskommen einer bäuerlichen Familie nötigen Bodenumfang bemißt. praedium (lat.: Beute, Grundstück). Im römischen Verwaltungsrecht Pfandbestellung zur quasi-hypothekarischen Sicherung einer Forderung (z. B. des populus gegen den Steuerpächter). praes (lat.: Geisel, Pfand). Bürge, durch den das einseitige Schuldversprechen, die stipulatio des römischen Rechts, gesichert wird. Der praes haftet für die Pflichterfüllung des Hauptschuldners mit seiner Person. precarium (von lat. precario: bittweise, auf Widerruf). Bittweiser Besitz, der beliebig widerrufen werden kann und nur Dritten gegenüber Besitzschutz begründet. Ursprung des Prekarium ist vermutlich das römische Klientelverhältnis, in dem der Patron dem Klienten ein Grundstück zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts überläßt. Preistaxen. Durch den (politischen) Verband regulierte Preisordnung für alle oder bestimmte Güter oder Leistungen. Primogenitur. Ungeteilter Besitzübergang an den ältesten männlichen Erben. Prokreation. Schaffung, Errichtung.

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Provokation (von lat. provocare: anrufen, appellieren). Anrufung des römischen populus gegen Leib- und Lebensstrafen. Prozeß, gemeiner. Entstand im Anschluß an das rezipierte römische Recht und den kanonischen Prozeß zunächst in Italien und verbreitete sich von dort über Westeuropa. Der „gemeine“ Prozeß war subsidiär gegenüber den partikularen Prozeßordnungen, schriftlich und nicht öffentlich. Das Verfahren verlief zweigeteilt: Im ersten Stadium standen sich die Parteien mit ihren Behauptungen und Einreden gegenüber; es endete mit einem sog. Beweisurteil, in welchem die noch beweisbedürftigen Tatsachen sowie die beweispflichtigen Parteien festgestellt wurden. Daran schloß als zweites Stadium das Beweisverfahren an. Der gesamte Prozeß wurde von den beiden Grundsätzen der Verhandlungs- und der Eventualmaxime beherrscht. Während erstere den Richter in seiner Urteilstätigkeit an die von den Parteien beigebrachten Prozeßmaterialien band, bedrohte letztere die nicht rechtzeitig beigebrachten Beweismittel mit Ausschluß. auch:  Verhandlungsmaxime. Pseudoisidor (auch: pseudoisidorische Dekretalen). Im 9. Jahrhundert (vermutlich in den Jahren nach 847) entstandene Sammlung gefälschter Papstbriefe, Kapitularien und Verordnungen mit dem Hauptzweck, die Autonomie der Bischöfe gegenüber Metropoliten und Provinzialsynoden, indirekt aber die Machtstellung des Papstes gegenüber Bischöfen und weltlichen Fürsten zu stärken. Qanun; Tl. (arab.): qânûn (von griech. kanon: Maßeinheit, Regel); „Vorschriften“, „Gesetze“. Säkulares Gesetzesrecht, das sich in den islamischen Kulturgebieten unter dem Einfluß europäischer Handelsverbindungen und später Kolonialbeziehungen seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Handels-, Straf- und Zivilrechtskodifikationen niederschlägt. Rachimburgen (auch Rachineburgen: „Ratgeber“). Im fränkischen Reich ein siebenköpfiges Beratungsgremium der Gerichtsgemeinde, das Rechtsberatung und Urteilsempfehlung geben sollte. raj; Tl. (arab.): ra y; „überlegte Meinung“. Wissenschaftliche Lehrmeinung, der im islamischen Rechtsgebiet vor allem die hanafitische Rechtsschule ( Hanafitentum; madhab) bedeutendes Gewicht bei der Rechtsfindung einräumt. Realexekution. Auf Herausgabe einer Sache oder Effektivleistung zielende Vollstreckung im Unterschied zur Personalexekution, bei der der Schuldner mit seiner Person haftet. receptum (von lat. recipere: annehmen). Im römischen Recht Haftung des Aufbewahrers (Schiffer, Wirt, Stallwirt) für aufgenommene Sachen. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt die Haftung aus receptum nur noch für Gastwirte (§§ 701 – 703 BGB).

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Recht, gemeines. 1. untechnisch: Das für die Angehörigen des politischen Verbandes gesetzte- oder gewohnheitsrechtlich (unter Umständen nur subsidiär) verbindliche Recht, so im römischen Altertum das ius civile, im angelsächsischen Mittelalter das Common Law oder im spätmittelalterlichen Deutschland das rezipierte römische Recht. 2. Im engeren Sinne: Bezeichnung für das seit dem 11./12. Jahrhundert in den europäischen Ländern subsidiär geltende römisch-kanonische Recht. Recht, kanonisches. Bezeichnung für das nach Art und Umfang höchst heterogenen Rechtsstoff umfassende römisch-katholische Kirchenrecht, das heute in dem 1983 redigierten Codex Iuris Canonici (CIC) gesammelt ist. Reichskammergericht. Im Zuge der Wormser Reichsreform von 1495 geschaffenes oberstes Reichsgericht, das zugleich als Oberappellationsinstanz fungierte. Es bestand bis zum Untergang des Heiligen Römischen Reiches 1806 und trug maßgeblich zur Herstellung der Rechtseinheit und Professionalisierung der Rechtspflege in Deutschland bei. Durch seine Judikatur beförderte es wesentlich die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland. Rentengüter. Eine im Zuge der preußischen Ansiedelungsgesetzgebung der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts neu geschaffene Form (staatlich geförderten) gebundenen Bodenbesitzes. Vorrangiger Zweck des Instituts war die Schaffung wirtschaftlich lebensfähiger Bauerngüter in den östlichen Gebieten Preußens. Rentenkauf. In den mittelalterlichen deutschen Städten aufkommendes, wesentlich durch die beschränkte Erbenhaftung und das kirchliche Zinsverbot motiviertes Sicherungsgeschäft. Der Rentenkäufer erwirbt bei Zahlung einer bestimmten Geldsumme das Recht auf den regelmäßigen Bezug einer Rente aus einem Grundstück. Repetundengerichte (von lat. repetere: zurückverlangen). In der spätrömischen Republik (2. Jahrhundert v.Chr.) aus ad hoc eingesetzten Sondergerichten hervorgehende ständige Strafgerichtshöfe mit jährlich wechselnder Geschworenenbank, unter der Leitung eines Prätors oder von ihm beauftragten Quästors. Ursprünglich wurden sie gegen die magistratische Ausbeutung von Provinzen eingerichtet. Repudiation (lat. repudiatio: Zurückweisung). Weigerung eines Staates, die von ihm kontrahierten Schulden zu begleichen; nicht selten eine verdeckte Form des Staatsbankrotts. Resch Galuta; Tl. (aram.): res galutâ ; „Haupt der Verbannung“. Seit dem 2. Jahrhundert n.Chr. politisches Oberhaupt der jüdischen (Exil-)Gemeinde in Babylonien und als ihr Repräsentant gegenüber dem königlichen Hof unter den neupersischen Sassaniden (seit 227 n.Chr.) zugleich hoher persischer Würdenträger mit Fürstenrang.  auch: Exilarch.

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Responsen (lat. responsa: Antworten, Bescheide). In der vorklassischen und klassischen Epoche der römischen Rechtsgeschichte (2. Jahrhundert v.Chr. – 2. Jahrhundert n.Chr.) Rechtsgutachten für Parteien, Magistrate und urteilende Richter. Rotae (Pl. von lat. rota: Rad). Dem päpstlichen Kuriengericht entlehnte Bezeichnung für die Obergerichte der mittelalterlichen italienischen Städte. Sabbathjahr (hebr.: semittâh). Alttestamentliche Vorschrift, den Ackerboden im siebten Jahr unbestellt zu lassen; nach ihrer ältesten Fassung (Ex 23,10 f.) sollen die Ackerfrüchte in diesem Jahr den „Armen“ überlassen werden. Saboraim (hebr.: „Meinende“, „Nachdenkende“). Den  Amoraim nachfolgende Mischna-Kommentatoren, die zusammen mit ihren Nachfolgern, den  Gaonen, zwischen dem 6. und 11. Jahrhundert den nunmehr kanonisierten und autoritativ geltenden  Talmud vereinheitlichten, auch die talmudische Kasuistik vertieften. Sachsenspiegel. Bedeutendstes deutsches Rechtsbuch des Mittelalters, das um 1230 von Eike von Repgow verfaßt wurde. Im 14. Jahrhundert galt der Sachsenspiegel mit nahezu gesetzesgleicher Kraft in Norddeutschland und Osteuropa, übte aber auch auf die Rechtsbücher Süddeutschlands außerordentlichen Einfluß. sacra. Private oder amtliche Kulthandlungen der Römer. Sancho Pansa. Literarische Figur in Cervantes’ Ritterroman „Don Quixote“. Gegenüber dem in einer Idealwelt ritterlicher Galanterie gefangenen Don Quixote verkörpert der mit dem Witz spanischer Spruchweisheiten auftretende, grobschlächtige Sancho Pansa den dialogischen Kontrapunkt. Er übernimmt schließlich das Gouverneursamt, welches ihm Don Quixote anträgt. Sanhedrin. Zunächst der nach der zweiten Tempelzerstörung (70 n.Chr.) wieder eingesetzte, nach Jawne verlegte oberste jüdische Gerichtshof. Daneben untergeordnete Strafgerichte. schafiitische Schule  Schule, schafiitische. Schah (pers.: König). Seit dem 3. Jahrhundert n.Chr. in Persien und später auch in anderen islamischen Staaten Asiens üblicher Regententitel, besonders schiitischer Herrscher. Scharia, Schariat; Tl. (arab.): sarîca. Islamische Ordnung im weitesten Sinn, der die Vorstellung einer Einheit von Staat und Religionsgemeinschaft auf der Grundlage von  Koran und  Hadithen zugrunde liegt.

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Schia; Tl. (arab.): shîca. Im islamischen Kulturkreis Glaubensrichtung, nach welcher allein die Prophetenfamilie zur legitimen Ausübung des geistlichen und weltlichen Führungsamtes berechtigt ist. Die Anhänger der Schia werden als Schiiten bezeichnet.  auch: Khalif. Schule, hanbalitische. Islamische Rechtsschule, benannt nach dem Rechtsgelehrten Ahmad b. Hanbal (780 – 855); sie zeichnet sich durch einen strengen Traditionalismus in der Auslegung von  Koran und Sunna ( Sunnah) aus. Schule, schafiitische. Islamische Rechtsschule, benannt nach dem Rechtsgelehrten Muhammad b. Idris al-Shafi (767 – 820). Ihre Rechtstheorie kanonisiert  Koran,  Hadith, Analogieschluß ( raj) und Konsens ( idschma) als die vier allein verbindlichen islamischen Rechtsquellen. Seedarlehen. Mittelalterliches Seehandelsgeschäft, bei dem ein Geldgeber den reisenden Kaufmann gegen einen tarifierten Zinsfuß mit einem Darlehen ausstattete. Die Geschäftsform war vorteilhaft für den Kaufmann, weil sie das Risiko ganz auf den Gläubiger abwälzte.  auch: Bodmerei. Seewurf. Überbordwerfen von Teilen der Ladung zur Erleichterung der Schiffslast und dadurch bezweckten Abwendung akuter Gefahr. Die Regeln über den Seewurf, ursprünglich beheimatet im griechischen, speziell rhodischen Recht, haben über die Lex Rhodia de iactu Eingang in das römische Recht und von dort in modifizierter Form in das westliche Seehandelsrecht gefunden. Seisinerecht (von franz. saisir: besetzen, ergreifen). Lehnrechtliches, der deutschen  Gewere bzw. dem juristischen (vor allem Grundstücks-)Besitz entsprechendes Rechtsverhältnis. Sheikh-ül-Islam; Tl. (arab.): saih al-islâm. Als religiöser Ehrentitel seit dem 10. Jahrhundert nachgewiesen. Im Osmanenreich Amtstitel des Großmufti von Istanbul (Konstantinopel) als höchste religiöse Autorität an der Spitze einer Hierarchie von Richtern und  Muftis, deren Ernennung für die Provinzen des Reiches ihm oblag. Siete Partidas. Siebenteiliges spanisches Gesetzgebungswerk, das auf Veranlassung von König Alfons X. (1221 – 1284) um 1260 entstand. Von grundlegender rechtshistorischer Bedeutung sind die Einflüsse römischen und kanonischen Rechts sowie die handelsrechtlichen Partien des Gesetzbuchs. Signorien. In italienischen mittelalterlichen Städten zumeist aus dem  Podestat hervorgehende dauerhafte (und vererbbare) Einherrschaften. Sippenexogamie. Magisch-religiöses Verbot der Verheiratung von Angehörigen derselben Sippe.  Gegensatz: Endogamie.

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smeti; Tl. (Skt.): smrti (f.); „Tradition“. Bezeichnung für die traditionelle religiöse Literatur des Hinduismus. Societas maris. Form des (See-)Handelsgeschäfts, bei dem im Unterschied zur  Commenda der reisende Kaufmann und der nur mit einer Einlage beteiligte Gesellschafter die Risiken für den gesamten Warenbestand gemeinsam tragen. socii vectigalium publicorum. Staatspächtervereinigungen, deren bevorzugte Pachtobjekte Steuern, Bergwerke und Staatsland sind. Sodalitates, Sodalicia (Pl. von lat. sodalitas und sodalicium: Kameradschaft, Geheimbund). In frührepublikanischer Zeit die mit der Pflege staatlicher Kulte („sacra publica“) betrauten und – während der Zeit des Geschlechterstaats – als Funktion des Gentilverbands auftretenden Religionsgemeinschaften. Spolienklage (von lat. spolium: Beute, Raub). Ein ursprünglich kanonisch-rechtliches Prozeßmittel zur Wiedereinsetzung in widerrechtlich entzogenen Immobiliar- oder Mobiliarbesitz (actio spolii). sruti; Tl. (Skt.): œruti (f.). Im Hinduismus das „Hören“ heiliger Texte, besonders des Veda ( Veden). Weber gebraucht den Begriff im Sinne von „Offenbarung“. Status-Klagen. Klagen auf Wiederherstellung der früheren, in alter Zeit primär durch Grundbesitz definierten sozialen Stellung des Genossen innerhalb des Verbandes. Stipulatio (lat.: Zusage, Vereinbarung). Durch feierliche Spruchformeln in Frage und Antwort abgeschlossenes Verpflichtungsgeschäft des altrömischen Rechts, das den Grundtyp der später sog. „Verbalkontrakte“ darstellt, ursprünglich aber streng einseitiges Schuldversprechen ist. stummer Tausch  Tausch, stummer. Summariissimum. Im kanonischen und später im gemeinen Prozeß ausgebildetes abgekürztes Verfahren im Interesse der Prozeßbeschleunigung. Sunnah (Sunna) (arab.: „Weg“). Neben dem  Koran die zweite Traditionsquelle des Islam. Sie bezeichnet wörtlich die religiös vorbildliche Lebensführung des Propheten (oder seiner Genossen), wie sie sich in den  Hadithen der Gewährsleute ausdrückt. Sure; Tl. (arab.): sûra; „Offenbarung“, „Schrift“. Selbständige Einzelabschnitte des  Koran, die überwiegend ethisch-ritualistische Gebote für alle Lebensbereiche enthalten.

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Talmud; Tl. (hebr.): talmud; „die von der Tora ausgehende Belehrung“. Jüdischer Traditionskanon, der  Mischna und  Gemara enthält und in einer palästinischen Redaktion (um 425 n.Chr.) sowie einer babylonischen Redaktion (um 500; Endredaktion im 6. Jahrhundert) vorliegt. Tannaim (hebr.: „Überlieferer“). Rabbinische Schrift- und Rechtsgelehrte, die seit 70 n.Chr. bis zu Anfang des 3. Jahrhunderts das jüdische heilige Recht sammeln, ordnen und in  Mischna und Tosefta („Hinzufügung“) schriftlich fixieren.  auch: Amoraim; Saboraim; Gaonen. Tausch, stummer. Eine bereits bei Herodot überlieferte archaische Form des Handels, bei der die Tauschpartner wortlos ihr wechselseitiges Warenangebot unterbreiten und durch Rücknahme der eigenen bzw. Mitnahme der fremden Sachen das Tauschgeschäft abschließen. Thesmotheten (griech. thesmothetai: „Rechtsetzer“). Seit Mitte des 7. Jahrhunderts v.Chr. in Athen fungierendes Beamtenkollegium von sechs Höchstmagistraten mit rechtsaufzeichnenden, rechtsberatenden und prozeßleitenden Funktionen. Thora; (Tora); Tl. (hebr.): torâh; „Weisung“. Allgemein religiöse Unterrichtung und Führung durch die Priester. Besonders Bezeichnung für die nachexilische Fassung des mosaischen Gesetzes in Gestalt des Pentateuchs. trespass. Im englischen Recht 1. allgemein für Rechtsbruch, Vergehen, speziell: Vertragsbruch. 2. Im technischen Sinn jede vorsätzlich oder fahrlässig rechtswidrige, gewaltsame Einwirkung auf Personen oder Sachen, die eine zivilrechtliche Klage auf Schadenersatz eröffnet. trudowaja norma; Tl. (russ.): trudovaja norma (f.). Arbeitsnorm, die die Grundbesitzgröße nach dem von einem Bauern mit seiner Familie zu bearbeitenden Boden bemißt. Tummim  Urim und Tummim. Urim und Tummim; Tl. (hebr.): ûrîm wattummîm. In Altisrael Kultgegenstände, mit denen die Priester Orakel über die göttliche Entscheidung von Streitigkeiten, besonders Rechtsstreitigkeiten, einholten (vgl. Dtn 33,8; Esra 2,63). Veden; Tl. (Skt.): Veda (m.); „Wissen“. Bezeichnung für die vier ältesten religiösen Texte der arischen Inder: Rg-, Atharva-, Sama- und Yajurveda. venditio. Im römischen Recht: Verkauf. Verhandlungsmaxime. Verfahrensprinzip (vor allem im Zivilrecht), wonach die Sammlung des entscheidungsrelevanten Tatsachenstoffes grundsätzlich den

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Prozeßparteien obliegt. Im Gegensatz dazu herrscht im Straf- und Verwaltungsprozeß die Untersuchungs- oder Inquisitionsmaxime, die es dem Gericht zur Pflicht macht, die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst festzustellen. Vindikation, doppelseitige römische. Im römischen Recht zweiseitige Eigentumsklage, bei der beide Parteien vor Gericht als Eigentumsprätendenten auftreten und dadurch jede für sich die doppelte Rolle des Klägers und des Beklagten übernimmt. Volksrechte. Die nach dem Untergang des weströmischen Reiches zumeist auf königliche Initiative erfolgten Aufzeichnungen der germanischen Stammesrechte.  auch: leges barbarorum. wadiatio (mlat.: „Wette“). Ursprünglicher germanischer Schuldvertrag in Gestalt des gerichtlichen und außergerichtlichen Bürgschaftsvertrags. Wakufs; Tl. (arab.): awqâf (m., Pl.; Sg. waqf); „fromme Stiftung“. Seit dem 12. Jahrhundert im islamischen Kulturkreis errichtete Stiftungen zugunsten einer Moschee oder eines anderen frommen Zweckes, die aber als Familienstiftungen primär Versorgungszwecke verfolgten. Wechsel. Schuldrechtliches Wertpapier, das die Anweisung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme enthält. Wergeld-, Bußtarifierungen (ahd. wër, lat. vir: Mann). Deutschrechtliche Unterscheidung zwischen dem Wergeld als Sühnegeld bei Tötungen und Körperverletzungen und dem Bußgeld (compositio) bei sonstigen Verletzungen. In der fränkischen Zeit wurden unter maßgeblichem Einfluß des Königtums auch Tötungen und Körperverletzungen in Bußgeldern an die Sippe des Getöteten ablösbar. Willkür. Bezeichnung für die autonomen Rechtssatzungen der Gilden, Zünfte und Städte im Hochmittelalter. Yasa, Sammlung der. Von Dschingis Khan nach 1206 veranlaßte Sammlung mongolischer Rechtsüberlieferung, die – soweit aus den erhaltenen Fragmenten erkennbar – in erster Linie Verwaltungs- und Militär-, Straf- und Familienrecht enthält. zarathustrisch. Auf die um die Wende vom 7./8. Jahrhundert v.Chr. gestiftete Religion Zarathustras bezogen (Zoroastrismus, Parsismus), in deren Zentrum eine eschatologische Zwei-Weltenlehre steht mit dem Gott Ahuramazda als Herrscher eines paradiesischen Himmelreiches. Zensor, zensorisch. Im 4. Jahrhundert v.Chr. gesetzlich eingeführtes römisches Staatsamt. Die wichtigsten Aufgaben der beiden Zensoren lagen in der Bürger-

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schätzung, die zugleich als Grundlage der Steuerveranlagung und der Wehrstammrolle fungierte, in der Aufstellung des Staatshaushaltes aus der Verpachtung der Staatsgefälle (Steuern, Zölle, Salinen, Bergwerke, öffentliches Land) und der Vergebung öffentlicher Aufträge, schließlich: in einer allgemeinen Sittenaufsicht mit entsprechender Strafgewalt. Zession (von lat. cedere: abtreten). Allgemein: Abtretung von Rechten; im Schuldrecht: Abtretung von Forderungsrechten. Zunft. Im Mittelalter Vereinigung der in einer Stadt dasselbe Handwerk oder Gewerbe betreibenden Personen, die später auch den Anspruch der Zunftgenossen auf Mitwirkung an der politischen Leitung der Stadt in den Ratsgremien durchsetzten. Weber gebraucht den Ausdruck für vergleichbare Einrichtungen auch anderer Länder und Epochen.  auch: Gilde. Zunftbann. Wichtigstes Mittel der äußeren Zunftpolitik. Zweck ist der erfolgreiche Ausschluß aller nicht-zünftigen Gewerbe vom wirtschaftlichen Verkehr in einem bestimmten Gebiet. Mit diesem Instrument bekämpfte die  Zunft, sobald sie sich der städtischen Wirtschaft bemächtigt hatte, neben den Wandergewerben vor allem die ländliche Konkurrenz. Zwölf Tafeln / Zwölftafeln (auch: Zwölftafelgesetz) (lat. lex duodecim tabularum). Ältestes näher bekanntes römisches Gesetzgebungswerk aus den Jahren 451/50 v.Chr., so bezeichnet nach seiner Publikation auf zwölf öffentlich aufgestellten Tafeln.

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

Weber hat im Text keine bibliographischen Angaben gemacht, sondern auf benutzte Werke lediglich durch Nennung des Verfassernamens hingewiesen. Die folgende Literaturübersicht enthält nur die Werke, deren Verwendung sich eindeutig oder mit höchster Wahrscheinlichkeit nachweisen läßt. In Klammern stehen die vom Editor benutzten Kurztitel.

Bentham, Jeremy, General View of a Complete Code of Laws, in: The Works of Jeremy Bentham, 11 Vols., published under the Superintendence of his Executor, John Bowring, Vol. 3, S. 155 – 210. – New York: Russel & Russel 1962 [Reprint of the Bowring Ed. of 1838 – 43]. (Bentham, General View) Binding, Karl, Die Entstehung der öffentlichen Strafe im germanisch-deutschen Recht. Rede, bei Antritt des Rektorats am 31. Oktober 1908 gehalten. – Leipzig: Duncker & Humblot 1909. (Binding, Entstehung der öffentlichen Strafe) Blackstone, William, Commentaries on the Laws of England, in four books, by Thomas M[cIntyre] Cooley, vol. 1: Including books I & II, 3. ed., revised. – Chicago: Callaghan 1884. (Blackstone, Commentaries) Demelius, Gustav, Die Rechtsfiktion in ihrer geschichtlichen und dogmatischen Bedeutung. Eine juristische Untersuchung. – Weimar: Hermann Böhlau 1858. (Demelius, Rechtsfiktion) Ehrlich, Eugen, Grundlegung der Soziologie des Rechts. – München, Leipzig: Duncker & Humblot 1913. (Ehrlich, Grundlegung) Entscheidungen des Königlichen (bis 1848: Geheimen) Ober-Tribunals, hg. im amtlichen Auftrage von August Heinrich Simon, Heinrich Leopold von Strampff u. a., 83 Bände. – Berlin: Ferdinand Dümmler (seit 1846: Carl Heymann) 1837 – 1879. (Entscheidungen des Königlichen Ober-Tribunals) Fichte, Joh[ann] Gottl[ieb], Der geschloßne Handelsstaat, in: ders., Werke. Auswahl in sechs Bänden, Band 3, hg. und eingel. von Fritz Medicus. – Leipzig: Felix Meiner 1910, S. 417 – 543. (Fichte, Handelsstaat) Gierke, Otto, Deutsches Privatrecht (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 2, Teil 3), Band 1: Allgemeiner Teil und Personenrecht. – Leipzig: Duncker & Humblot 1895. (Gierke, Deutsches Privatrecht I)

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Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

Goldschmidt, Levin, Inhaber-, Order- und executorische Urkunden im classischen Alterthum, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Rom. Abt., Band 10, 1889, S. 352 – 396. (Goldschmidt, Urkunden) –, Universalgeschichte des Handelsrechts (Handbuch des Handelsrechts, von L[evin] Goldschmidt, Band 1: Geschichtlich-literärische Einleitung und die Grundlehren, Abt. 1, 1. Lieferung), 3., völlig umgearb. Aufl. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1891. (Goldschmidt, Universalgeschichte) Hatschek, Julius, Englisches Staatsrecht mit Berücksichtigung der für Schottland und Irland geltenden Sonderheiten (Handbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Band 4, 2, Abt. 4), Band 1: Die Verfassung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1905. (Hatschek, Englisches Staatsrecht I) Hellpach, Willy, Die geistigen Epidemien (Die Gesellschaft. Sammlung sozialwissenschaftlicher Monographien, hg. von Martin Buber, Band 11). – Frankfurt a. M.: Rütten und Loening 1906. (Hellpach, Die geistigen Epidemien) Heusler, Andreas, Institutionen des Deutschen Privatrechts (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 2, Theil 2), 2 Bände (in 1). – Leipzig: Duncker & Humblot 1885 (Band 1) und 1886 (Band 2). (Heusler, Institutionen I und II) Ihering, Rudolph von, Geist des römischen Rechts, auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Theil 3, Abt. 1, 4., verb. Aufl. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1888. (Ihering, Römisches Recht III) Jellinek, Georg, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., unter Verwertung des handschriftlichen Nachlasses durchges. und erg. von Walter Jellinek. – Berlin: O. Häring 1914. (Jellinek, Allgemeine Staatslehre) Jung, Erich, Das Problem des natürlichen Rechts. – Leipzig: Duncker & Humblot 1912. (Jung, Natürliches Recht) Knies, Karl, Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpuncte, 2., verm. Aufl. – Braunschweig: C. A. Schwetschke 1883. (Knies, Die politische Ökonomie) Kohler, Josef und Ungnad, A[rthur], Hammurabi’s Gesetz, Band 3: Übersetzte Urkunden. Erläuterungen. – Leipzig: Pfeiffer 1909. (Kohler, Hammurabi’s Gesetz) Lambert, Édouard, La fonction du droit civil comparé (Études de droit commun législatif ou de droit civil comparé, tome 1). – Paris: V. Girard et E. Brière 1903. (Lambert, fonction)

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

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–, L’histoire traditionelle des XII tables et les critères d’inauthenticité des traditions en usage dans l’école de Mommsen (Mélanges Ch. Appleton). – Lyon: A. Rey 1903. (Lambert, histoire) –, Le problème de l’origine des XII tables. Quelques contributions empruntées a l’histoire comparative et la psychologie des peuples (Extrait de la Revue générale du droit). – Paris: Albert Fontemoing 1902. (Lambert, problème) –, La question de l’authenticité des XII tables et les annales maximi, in: Nouvelle revue historique de droit français et étranger, 1902, S. 149 – 200. (Lambert, question) Lassalle, Ferdinand, Das System der erworbenen Rechte. Eine Versöhnung des positiven Rechts und der Rechtsphilosophie, in zwei Theilen, hg. von Lothar Bucher, Theil 1: Die Theorie der erworbenen Rechte und der Collision der Gesetze unter besonderer Berücksichtigung des Römischen, Französischen und Preußischen Rechts; Theil 2: Das Wesen des Römischen und Germanischen Erbrechts in historisch-philosophischer Entwickelung, 2. Aufl. – Leipzig: F. A. Brockhaus 1880. (Lassalle, System) Maitland, Frederic William, Domesday Book and Beyond. Three Essays in the Early History of England. – Cambridge: University Press 1897. (Maitland, Domesday Book) –, Township and borough. – Cambridge: University Press 1898. (Maitland, Township) Mendelssohn Bartholdy, Albrecht, Das Imperium des Richters. Ein Versuch kasuistischer Darstellung nach dem englischen Rechtsleben im Jahre 1906/07. – Straßburg: Karl J. Trübner 1908. (Mendelssohn-Bartholdy, Imperium des Richters) Mitteis, Ludwig, Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 1, Teil 6), Band 1: Grundbegriffe und Lehre von den Juristischen Personen. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908. (Mitteis, Römisches Privatrecht) Mommsen, Theodor, Römisches Staatsrecht (Handbuch der römischen Alterthümer von Joachim Marquardt und Theodor Mommsen), Band 3. – Leipzig: S. Hirzel 1887. (Mommsen, Römisches Staatsrecht III) Munzinger, Werner, Ostafrikanische Studien. – Schaffhausen: Fr. Hurter 1864. (Munzinger, Ostafrikanische Studien) Pais, Ettore, Storia di Roma (Storia d’Italia dai tempi più antichi alla fine della guerre Puniche, parte II), vol. 1, 1. – Torino: Carlo Clausen 1898. (Pais, Storia)

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Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

Radbruch, Gustav, Grundzüge der Rechtsphilosophie. – Leipzig: Quelle & Meyer 1914. (Radbruch, Grundzüge) Rosenthal, Eduard, Geschichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Baierns, Band 1: Vom Ende des 12. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts (1180 – 1598); Band 2: Vom Ende des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (1598 – 1745). – Würzburg: A. Stuber (Curt Kabitsch) 1889 – 1906. (Rosenthal, Gerichtswesen) Snouck Hurgronje, C[hristiaan], Mekka, Band 2: Aus dem heutigen Leben. – Den Haag: Martinus Nijhoff 1889. (Snouck Hurgronje, Mekka) Sombart, Werner, Die Juden und das Wirtschaftsleben. – Leipzig: Duncker & Humblot 1911. (Sombart, Die Juden) Stammler, Rudolf, Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung. Eine sozialphilosophische Untersuchung, 2., verb. Aufl. – Leipzig: Veit & Co. 1906. (Stammler, Wirtschaft und Recht) Stölzel, Adolf, Die Entwicklung der gelehrten Rechtsprechung untersucht auf Grund der Akten des Brandenburger Schöppenstuhls, Band 1: Der Brandenburger Schöppenstuhl; Band 2: Billigkeits- und Rechtspflege der Rezeptionszeit in Jülich-Berg, Bayern, Sachsen und Brandenburg. – Berlin: Franz Vahlen 1901 – 10. (Stölzel, Gelehrte Rechtsprechung) –, Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien. Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiete des ehemaligen Kurfürstenthums Hessen, 2 Bände. – Stuttgart: J. G. Cotta 1872. (Stölzel, Gelehrtes Richterthum) Unger, Joseph, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1856 – 1864. (Unger, System) – Band 1, 1856. – Band 2, 1857 (Abt. 1), 1859 (Abt. 2). – Band 6: Das österreichische Erbrecht, systematisch dargestellt, 1864. Voigt, Andreas, Wirtschaft und Recht, in: Zeitschrift für Socialwissenschaft, N. F. Jg. 2, 1911, S. 1 – 12, 99 – 108, 177 – 182, 238 – 249, 311 – 322, 387 – 397, 439 – 456. (Voigt, Wirtschaft und Recht) Windscheid, Bernhard, Lehrbuch des Pandektenrechts, 3 Bände. – Düsseldorf: Julius Buddeus 1862 – 70. (Windscheid, Lehrbuch) Zitelmann, Ernst, Gewohnheitsrecht und Irrtum, in: Archiv für die civilistische Praxis, Band 66, 1883, S. 323 – 468. (Zitelmann, Gewohnheitsrecht)

Personenregister

Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Max Weber wird nur im Zusammenhang mit seinen Schriften aufgeführt.

Abu Da’ud (islam. Theologe) 527 Abu Madjah (islam. Theologe) 527 Açoka (Maurya-König) 524, 562, 566, 683 Alciatus, Andreas 585 al-Tirmidhi (islam. Theologe) 527 Ambedkar, Bhimrao Ramji 93 Amira, Karl von 316, 329 Ammiditana 335 Ammisaduga 335 Anschütz, Gerhard 280, 282, 312 Antistius Labeo (Marcus Antistius Labeo) 503 Antonin(us) von Florenz 608, 683 Antoninus Pius (röm. Kaiser) 334, 341, 356 Appius Claudius 500, 685 Aretz, Hans-Jürgen 68 Aristoteles 495 Arndt, Ludwig 461 Arnold (Müller) 517 f. Ascher  Jakob ben Ascher Ashley, Clarence D. 331 Asmis 472 f. Ateius Capito (Gaius Ateius Capito)503 Augustinus (Aurelius Augustinus) 528 Augustus 393, 400, 502, 557, 683 Austin, John 633, 683 d’Avack, Lorenzo 63 Bacon, Francis 519, 556, 684 Bähr, Otto 282 Bandmann, Otto 5, 206 Barazetti, Caesar 592 Bartolus 416 Bastiat, Frédéric 608, 684 Baum, Marie 267 Baumgarten, Hermann 8 f. Baxter, Richard 608 Beaumanoir, Philippe de Remy 494, 684 Beck, Hermann 13–15, 17

Becker, Carl Heinrich 97, 131–133, 487, 528, 530 Bekker, Ernst Immanuel 6, 24, 325 Below, Georg von 240, 266, 277–279, 284, 411, 578–580 Bentham, Jeremy 594, 610 f., 628, 633, 684, 729 Bergbohm, Karl 132, 602, 626, 629 Beseler, Georg 432, 444, 597 Bimo, Albert 1 Binding, Karl 195, 198, 204, 206, 210, 240, 243, 275, 297, 397, 555, 684, 729 Birkmeyer, Karl 204 Bismarck, Otto Fürst von 235, 610, 614 Blackstone, William 417, 418, 458 f., 684, 729 Blume, Friedrich 404 Bobbio, Noberto 37 Bochari (islam. Theologe) 527 Böhm-Bawerk, Eugen von 200, 231 Bondi, Felix 232 Bordwell, Percy 482 Braun, Christoph 64, 80 Bretone, Mario 87 Breuer, Stefan 80 Brie, Siegfried 597 Brinz, Alois von 461, 621 Brougham, Henry Peter, Ist Baron Brougham and Vaux 518 Brunner, Heinrich 130, 283, 288, 291–294, 300, 313 f., 328–330, 336, 338, 346, 363 f., 380, 438, 447 f., 450, 456, 460, 463, 468, 470, 476–478, 483 f., 514, 542, 554, 558–560, 563 Bruns, Carl Georg 319 f., 330, 332, 367, 376, 465, 557, 571, 573 Bryce, James 439 Buber, Martin 44 Bücher, Karl 57, 89, 177, 249 Bühler, Georg 326, 489

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Personenregister

Bünger, Karl 96 Busolt, Georg 464, 466, 495 Calker, Wihelm van 382 Caracalla 508 Carbonnier, Jean 1, 36 Cassirer, Ernst 625 Cassius Longinus (Gaius Cassius Longinus) 503 Charondas 398 Cicero 297, 327, 431, 465, 502, 685 Claudius (röm. Kaiser) 393, 685 Clermont, Graf Robert von 494 Cocceius Nerva (Marcus Cocceius Nerva) 503 Cohen, Hermann 625 Coke, Edward 417, 556 Comte, Auguste 57, 610, 630, 685 Constant, Benjamin 298 Coruncanius (Tiberius Coruncanius) 500, 685 Crome, Carl 355, 593 f. Cromwell, Oliver 519, 608 Crone, Patricia 97, 99 f. Cuiacius, Jacobus 585 Danz, Erich 620 Dargun, Lothar 314 Davis, H. W. C. 449 Deininger, Jürgen 5 Demelius, Gustav 88, 498, 686,729 Dernburg, Heinrich 620 Dickens, Charles 633 Dietherr, Mathias 361 Dilcher, Gerhard 4 f. Diokletian 575 Donellus, Hugo 585 Dove, Richard Wilhelm 469 Dschingis Khan 575, 686 Duguit, Léon 111 Durkheim, Emile 10, 29, 35 f., 73, 78, 111, 122 Eduard I. (engl. König) 457, 557 Eduard III. (engl. König) 391, 558, 686 Ehrenberg, Viktor 27 Ehrental, W. 466 Ehrlich, Eugen 2, 13, 20, 73, 81 f., 117, 126, 129–131, 185, 269, 361, 432, 436, 438– 442, 444, 450, 582, 626 f., 631, 635, 686, 729

Eichhorn, Karl Friedrich 434 Eike von Repgow 494, 686 Eisenstadt, Samuel 543 el-Nasai (islam. Theologe) 527 Elagabal 508 Elisabeth I. (engl. Königin) 417, 519 Endemann, Wilhelm 542, 608 Engländer, Armin 74 Ephialtes 495, 522, 686 f. Erman, Heinrich 572 f. Eulenburg, Franz 14, 16 f., 19 Feyerabend, Stefan 145 Fichte, Johann Gottlieb 232 f., 687, 729 Fiebig, Paul 538, 541 Finscher, Ludwig 64, 80 Fischel, Eduard 206 Fischer, Kuno 7, 10, 47, 192 Flavius Gnaeus Kantorowicz, Hermann Fleiner, Fritz 282 Flume, Werner 60 Fögen, Marie Theres 70, 87 Foulkes, Albert S. 14 Franz, Günther 111 f. Frensdorff, Ferdinand 6–8 Freund, Ernst 203, 207 f., 603 Frevert, Ute 48 Friedrich I. Barbarossa 458, 578, 687 Friedrich II., der Große (König von Preußen) 517, 518, 687 Friedrich Wilhelm I. (König von Preußen) 391 f., 517, 687 Fuchs, Carl Johannes 208, 233 Fuchs, Ernst 15, 19, 627 Fürstenberg, Friedrich 140 Gaius 501, 586, 687 Gandhi, Mahatma 93 Gast, Wolfgang 27 Gaupp, Ludwig 496 Gény, François 630 Gephart, Werner 32, 36, 45, 68, 97, 113, 130, 144, 253 Gerber, Carl Friedrich Wilhelm von 235, 281 Gerland, Heinrich Balthasar 480, 557, 631 Gerson (Rabbi) 540 Gierke, Otto von 123, 274, 281, 345, 355, 360, 365, 372, 381–383, 384, 385, 395,

Personenregister 397, 399, 404 f., 409 f., 412, 414, 431, 601, 687, 729 Gillen, Francis James 455 Girard, Paul Frédéric 341 Gneist, Rudolf von 282 Goetz, Leopold Karl 469, 472 Goetz, Walter 458, 554 Goldscheid, Rudolf18 Goldschmidt, Levin 8, 83, 335, 336 f., 346 f., 386 f., 492, 506, 531, 541 f., 649, 688, 730 Goldziher, Ignaz 97, 352, 487, 526–530, 533 f. Gomperz, Theodor 605 Göschen, Johann Friedrich Ludwig 434 Gracchus (Gaius Sempronius Gracchus) 374 Gracchus (Tiberius Sempronius Gracchus) 374 Graf, Eduard 361 Gregor I., der Große (Papst) 546 Greßmann, Hugo Ernst Friedrich Wilhelm 463 Grimm, Jacob 25 f. Groot, Johann Jakob Maria de 525 Gross, Frieda 182, 190, 269, 273 Grotius, Hugo 601 Grünberg, Carl 356 f. Habermas, Jürgen 32, 74, 129 f. Hadrian (röm. Kaiser) 501, 538, 575 Haferkamp, Hans Peter 25 Hagen, Hermann 498 Haller, Carl Ludwig von 276 f. Hammurabi 335, 541, 576 f., 649, 688 Hänel, Albert 210, 277 f., 281 Hanke, Edith 2, 45, 77, 147, 253, 266 Harms, Bernhard 5, 206 Harnack, Adolf 548 Hartmann, Martin 528 Hatschek, Julius 49, 81, 204–206, 218 f., 284, 290, 372, 406 f., 410, 411–419, 430, 457 f., 479 f., 483, 519, 532, 553, 556, 558 f., 594, 611, 633, 688, 730 Haunfelder, Bernd 614 Hauriou, Maurice 111 Heck, Philipp 19 Heckel, Max von 203 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 603, 688 Hegel, Karl von 364 Heimberger, Josef 131–133

735

Heinrich II. (engl. König) 300, 449, 478, 532, 558, 688 Heinrich III. (engl. König) 414 Heinrich VIII. (engl. König) 331, 417, 646 Heise, Georg Arnold 382 Hellpach, Willy 215–217, 688, 730 Henrich, Dieter 632 Herakleios (byzantinischer Kaiser) 549 Herder, Johann Gottfried 23, 434 Herkner, Heinrich 208 Hermes, Siegfried 45, 95, 182 Hertling, Georg Frhr. von 488, 629, 689 Herzberg, Wilhelm 145 Hess, Adalbert 614 Heusler, Andreas 130, 314, 369, 370 f., 372, 380, 689, 730 Heymann, Ernst 81, 289–292, 300, 331, 354, 417, 450, 480, 483, 553, 556, 558, 632 Hillel 537, 689 Hinneberg, Paul 10, 282, 326, 526, 548 Holdsworth, William Searle 479, 584 Holmes, Oliver W. 482 Holtzendorff, Franz von 207 Holtzmann, Robert 284 Homer 466, 689 Homeyer, Carl Gustav 372 Honorius (röm. Kaiser) 341, 528 Huber, Ernst Rudolf 183, 235 Huber, Max 206 Hugo, Gustav 434 Ihering, Rudolf von 26 f., 45, 49, 66, 68, 87, 129, 195, 201, 210 f., 288, 301, 314, 325, 348, 380, 447, 499, 689, 730 Jakob I. (engl. König) 417, 519, 556, 569 Jakob II. (engl. König) 569 Jakob ben Ascher 540, 683 Jaffè, Edgar 92 Jaspers, Karl 211, 215, 217, 269 Jehuda Hanas(si) (jüdischer Patriarch) 537, 689 f. Jellinek, Georg 5 f., 20, 40, 110–112, 122, 184, 195, 198 f., 201–203, 206, 210, 214, 227, 234, 236 f., 274–281, 298, 312 f., 381, 599 f., 610, 613, 624, 690, 730 Jellinek, Walter 110 f., 184 Jeremia 106, 466, 690 Jolly, Julius 325 f., 489, 523, 525

736

Personenregister

Joseph Buonaparte (König von Neapel) 355 Julius II. (Papst) 351 Jung, Erich 13, 623 f., 626 f., 630, 690, 730 Justinian I. (oström. Kaiser) 88, 116, 501, 504, 505, 507, 548, 575, 577 f., 586, 690 Juynboll, Theodoor Willem 487 Kant, Immanuel 11, 123, 226, 625 Kantorowicz, Hermann (Pseudonym: Flavius Gnaeus) 5, 9 f., 13–15, 17–22, 37, 43, 81, 126, 223, 269, 597, 626, 628, 631, 690 f. Karl der Große 459, 461 Karl der Kahle 559 Karo, Josef 540, 691 Karst, Josef 543 Kaulla, Rudolf 608 Kelsen, Hans 20–23, 37, 123, 185, 195, 199, 218, 274, 691 Kent, James 354, 482 Kipp, Theodor 431, 504 Kleinwächter, Friedrich von 230 Klemm, Paul 145 Knapp, Georg Friedrich 245 f., 319, 344 f., 357, 601 Knies, Karl 434 f., 691 f., 730 Koch, Adolf 5, 206 Koenige, Heinrich 232 Kohler, Josef 27–29, 94, 97, 99, 130, 213, 267, 292, 326, 335, 337 f., 351, 464, 524, 526, 531, 537, 540 f., 543, 562, 564, 577, 649, 692, 730 Kohlrausch, Eduard 204, 622 Konstantin I., der Große 509 Kries, Johannes von 34, 239 Kroll, Thomas 77 Kronman, Anthony 1 f. Laband, Paul 203, 206, 235, 274 f., 277 f., 281, 312, 382, 610, 628, 692 Lachmann, Karl 404 Lafayette, Marie Joseph de Motier, Marquis de 112 Lahusen, Christian 68 Lambert, Edouard 73, 432, 571–573, 692, 730 Lask, Emil 10, 47 Lassalle, Ferdinand 235, 603 f., 692, 731 Ledl, Arthur 464 Lehmann, Edvard 525 f.

Lehmann, Karl 461 Leist, Gerhard Alexander 268, 333, 648, 692 Lenel, Otto 319 f, 378, 388, 465, 507, 557, 571–573 Leo X. (Papst) 351 Levy, Hermann 569, 608 Liefmann, Robert 208, 231 Lipsius, Justus Hermann 464, 466, 495 Liszt, Franz von 34 Little, David 113 Livius (Titus Livius) 389 Loening, Edgar 210, 281, 344 Loewenstein, Karl 140 f. Loewy, Walter 600, 603 Loos, Fritz 30, 37 Lotmar, Philipp 621 Lotz, Walther 132 Lucas de Penna 416 Ludwig IV., der Bayer (röm.-deutscher Kaiser) 484 Ludwig IX., der Heilige (franz. König) 478, 558, 693 Lukas, Josef 611, 628 Maimonides, Moses 540, 693 Maine, Henry Sumner 63, 262, 315 f. Maitland, Frederic William 81, 290, 354, 391, 407, 410, 411, 413, 414 f., 417, 449 f., 479, 481, 532, 693, 731 Malik b. Anas 527, 693 Mansfield (engl. Richter) 206, 450, 633, 693 Manwood (engl. Richter) 417 Marc Aurel (röm. Kaiser) 356, 400 Markovic´, Milan 438 Marquardt, Joachim 295 Marra, Realino 5 Massurius Sabinus 503 Maurenbrecher, Romeo 277 Maurer, Konrad 460–462 Maus, Heinz 140 Mayer, Max Ernst 210 f. Mayer, Otto 275, 280–282, 298, 312, 382, 391 f., 395 Meier, M. H. 464 Meinecke, Friedrich 284 Meitzen, August 438 Mendelssohn Bartholdy, Albrecht 634, 693, 731 Menger, Anton 606

Personenregister Merkel, Adolf 206 Merwan II. (Kalif) 526 Merx, Adalbert 536 f. Métall, Rudolf Aladár 20 Meyer, Eduard 33, 577 Meyer, Georg 210, 312 Mill, John Stuart 605 Mirabeau, Honoré de 298 Mitteis, Ludwig 87, 130, 267, 285, 291– 293, 324–326, 327, 328, 332–334, 336, 341, 354, 373, 377 f., 380, 388 f., 392– 396, 399–401, 402–404, 498, 557, 693 f., 731 Modestin 509 Mommsen, Theodor 7, 295, 297, 336, 378, 380, 393, 400 f., 403, 694, 731 Mommsen, Wolfgang J. 45, 136, 141, 266 Monrad, Hans Christian 456, 694 Montesquieu, Charles de Secondat 297, 669, 694 Mose(s) 442, 463, 537 Muata Cazembe 565 Muhammed 441, 487, 526 f., 694 Müller, Iwan von 464 Müller, Karl 637 Münch, Richard 66 Munzinger, Werner 358, 454, 694 f., 731 Mutawakkil III. (Kalif) 550, 695 Muscheler, Karlheinz 14, 17 Muslim (islam. Theologe) 527 Napoleon I. 120, 355, 575, 591, 594 Napoleon III. 355 Nasse, Erwin 483 Neubecker, Friedrich 442 Neumann, Johann Ernst 518 Nippel, Wilfried 253 Nipperdey, Hans 333 Nitsch, Carlo 63 Noguchi, Masahiro 93, 96 Oertmann, Paul 212, 218 Olshausen, Justus 622 Oncken, Hermann 132 Orihara, Hiroshi 138, 178, 180, 253 Otto, Eckart 101 Paasche, Hermann 344 f. Pais, Ettore 571, 731 Palyi, Melchior 136 f., 139, 141 Papinian 400, 509

737

Pappenheim, Max 316 Pardessus, Jean Marie 462 Parke, Sir James (Lord Wensleydale) 584 Parsons, Talcott 111 Partsch, Josef 132, 336 Paul, Hermann 316 Paulson, Stanley L. 122 Paulus (Apostel) 546 Paulus (Iulius Paulus) 354, 509 Peiser, Felix E. 267, 577 Peisker, Johann 437 f. Pellech, Otto 182 Perikles 495, 522, 695 Petrus (Apostel) 546 Piloty, Robert 203, 206 Pinner, Albert 232 Platon 154 Plenge, Johann 57 f. Pollock, Frederick 81, 290, 331, 354, 391, 410, 449 f., 479, 532, 635 Pomponius (Sextus Pomponius) 375, 465, 497, 500 Post, Hermann Albert 130, 213, 454, 456, 464, 562, 564 f. Preuss, Hugo 274, 281, 610 Proculus (Sempronius Proculus) 503 Puchta, Georg Friedrich 7, 24 f., 211, 218, 348, 431, 434, 444, 597, 630 Quensel, Bernhard K. 68 Rabel, Ernst 334, 401 Radbruch, Gustav 6, 10, 13 f., 34, 269, 602, 613, 628, 695, 732 Radkau, Joachim 125 Ranieri, Filippo 121 Ratzel, Friedrich 213 Redissi, Hamadi 98 Rehbinder, Manfred 37, 126 Rehm, Hermann 312 Reitzenstein, Friedrich Frhr. von 483 Riccobono, Francesco 63 Richard II. (engl. König) 414, 719 Richter, Ludwig Emil 351 Rickert, Heinrich 11, 20, 35, 43, 47, 179, 181, 192 Robert Anjou (König von Neapel) 391 Rosenfeld, Ernst Heinrich 518 Rosenthal, Eduard 117, 484, 578 f., 695, 732 Rothacker, Erich 25

738

Personenregister

Rothari (Langobardenkönig) 364 Rousseau, Jean Jacques 111 Rudorff, Adolf 404 Rückerl, Joachim 84 Ruge, Arnold 5, 206 Rümelin, Gustav 75, 444 Rumpf, Max 75, 444, 625, 628 Sakrani, Raja 101 Salmond, John William 632 Samsuiluna 335 Savigny, Friedrich Karl von 23–25, 28, 62, 211, 382, 434, 444, 593 f., 604 Schammai 537, 695 Schanz, Georg 391 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 434 Schiele, Friedrich Michael 536 Schirmer, Theodor 431 Schlegel, Johan Frederik Wilehlm 462 Schlossmann, Siegmund 597 Schluchter, Wolfgang 2, 64, 68, 94–97, 105 f., 138 f., 180 f., 253 Schmidt, Dr. (Graz) 190 Schmidt, Bruno 210, 625 Schmidt, Frieder 145 Schmidt, Richard 518 Schmoeckel, Mathias 84, 121 Schoen, Paul 280, 282 Schömann, G. F. 464 Schönberg, Gustav von 3, 9 Schröder, Richard 288, 292, 314, 329, 363, 372, 458, 460–463, 494, 559, 583 Schubert, Werner 121 Schulte, Martin 122 Schulze-Gaevernitz, Gerhart von 208, 233 Schumpeter, Joseph 22, 177 Seelig, Geert 484 Seelmann, Kurt 129 Selim I. (Sultan) 550, 696 Septimius Severus (röm. Kaiser) 508 Servius (Maurus/Marius Servius Honoratius) 498 Severus Alexander 508 Sextus Aelius Paetus Catus 572 f., 696 Shakespeare, William 27 Siebeck, Oskar 14, 19, 54, 137 f. Siebeck, Paul 26, 43, 56 f., 89, 136, 177, 179, 185, 249, 252, 256, 268, 333, 405 Siebeck, Werner 185 Siegel, Heinrich 461, 483

Sieveking, Heinrich 57, 102 Sieyès, Emmanuel Joseph 298 Simiand, Georges 10 Simmel, Georg 10, 16 f., 35, 66 Sinzheimer, Hugo 14 Smend, Rudolf 132 f., 585 Smith, Vincent Arthur 566 Snouck Hurgronje, Christiaan 358, 696, 732 Sohm, Rudolf 77, 130, 288–290, 292 f., 295, 300, 326, 333 f., 351 f., 354, 364, 375, 380, 397 f., 459, 461, 463, 468, 546, 696 Solms, Wilhelm Ludwig 207 Solon 398, 401 Somary, Felix 22 Sombart, Werner 101 f., 541–543, 732 Spencer, Baldwin 455 Spendel, Günter 10 Sprenkel, Sybille van der 94 Stammler, Rudolf 4, 9–13, 15 f., 22, 29, 35 f., 43–46, 48–50, 55 f., 61, 80, 122 f., 125, 154, 175, 178, 180, 185–187, 191 f., 214, 219, 222 f., 224–228, 230, 238, 265, 282, 305, 594 f., 629 f., 696, 732 Staub, Hermann 232, 616 Stein, Friedrich 496 Stemberger, Günter 105 Sternberg, Theodor 286, 325, 330 Stieda, Wilhelm 203 Stoll, Otto 215 f. Stolleis, Michael 122 Stölzel, Adolf 117, 578 f., 697, 732 Strack, Hermann L. 538 Streitberg, Wilhelm 526 Stubbs, William 449, 598 Stubenrauch, Moritz von 311 Stutz, Ulrich 398 Svarez, Carl Gottlieb 585 Tarde, Gabriel 217, 436 Theewen, Eckart Maria 120 Theodosius (röm. Kaiser) 341, 509, 575 Thibaut, Anton Friedrich Justus 23 Thilo, Georg 498 Thomas von Aquino 607 Tiberius (röm. Kaiser) 393, 697 Tieck, Klaus-Peter 37, 126 Tiffany, Herbert Thorndike 482 Tönnies, Ferdinand 10, 14, 16–19, 44, 49, 211, 262

Personenregister Treiber, Hubert 68, 80, 89 Trippel Simmons, Barbara 141 Troeltsch, Ernst 89, 108, 122, 545, 595, 599 –, Ulpian (Domitius Ulpianus) 298, 354, 400, 509 Unger, Joseph 591, 697, 732

–,

Vaihinger, Hans 229 Valentinian III. (röm. Kaiser) 509, 578 Vladimir (russ. Fürst) 469, 472 Voigt, Andreas 13, 15 f., 22, 43, 192, 267, 426, 661, 697, 732 Vorländer, Karl 10 f.

–,

Wächter, Carl Georg von 620 Wächter, Otto von 620 Weber, Helene 6 f., 9, 24, 147 Weber, Marianne 31, 43, 54, 89, 136–140, 143, 146 f., 149, 154, 182, 187, 189, 233, 249, 267, 269, 271, 318, 339, 345, 349– 353 Weber, Max sen. 5, 7 Weber, Max –, Agrarverhältnisse im Altertum3 (1908/09) 267, 352, 354, 356–358, 367, 378, 396, 420, 507, 564, 571, 576, 580 –, Das antike Judentum (1917– 1919)103–107, 536, 538, 544 –, Börsenwesen (1895) 230 –, Diskussionsbeitrag [I] auf dem Ersten Deutschen Soziologentag (1910) 16, 22, 175, 191 f. –, Diskussionsbeitrag [II] auf dem Ersten Deutschen Soziologentag (1910) 19 f., 38, 129, 175, 626 –, GARS I/Vorbemerkung 64 f., 68, 90 –, GdS 250, 254, 268 –, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter (1889) 8, 30, 326, 385, 388, 584 –, Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (1898) 231 –, Hinduismus und Buddhismus (1916/17) 92, 349, 420, 422, 487, 489, 523 f., 532, 562, 564, 566, 580 –, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie (1913) 12, 21, 33, 38 f., 42,45, 50, 53, 75, 170–172, 176, 179–183, 185 f., 191, 193–196, 198, 200,

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739

203, 211, 217, 221, 226, 229, 241, 247, 263 f., 270, 274, 296, 306, 314, 430, 488, 600 Konfuzianismus und Taoismus (1915– 1920) 68, 72, 94–96, 104, 325, 420 f., 525, 532, 564, 574, 580 Zur Musiksoziologie (Nachlaß 1921) 64, 80 Nachtrag zu „R. Stammlers ‚Überwindung‘ der materialistischen Geschichtsauffassung“ (Nachlaß 1922) 187, 214, 226, 229, 239 Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik (Akademische Antrittsrede) (1895) 80 Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904) 57 f., 191, 202, 617 Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland (1918) 23 Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus (1904/05) 548, 608 Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1920) 65, 110, 541 Rezension von: Lotmar, Philipp, Der Arbeitsvertrag (1902) 278 Die römische Agrargeschichte (1891) 5, 8, 354, 356, 359, 374, 388, 400, 403, 483, 507 „Römisches“ und „deutsches“ Recht (1895) 4, 87, 419, 625, 638 Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie (1903–1906) 31–33, 191, 434 Rußlands Übergang zum Scheinkonstitutionalismus (1906) 606 R. Stammlers „Überwindung“ der materialistischen Geschichtsauffassung (1907) 4, 9, 11 f., 34–38, 187, 191 f., 194, 226, 229 Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung (1904) 564 Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik (1906) 33 f., 23 WEWR/Einleitung 79, 92 WEWR/Zwischenbetrachtung 65

740

Personenregister

–, Wirtschaft und Gesellschaft 140, 176, 250 f. –, WuG/Gemeinschaften 136, 177, 212, 318, 325, 349, 365, 368, 378, 385 f., 407, 525, 568, 619 –, WuG/Gemeinschaften/Hausverband, Sippe und Nachbarschaft 267 –, WuG/Gemeinschaften/Marktgemeinschaft 247 –, WuG/Herrschaft 2, 77 f., 147, 253, 257, 265 f., 406, 568 –, WuG/Herrschaft/Bürokratismus 495, 508, 510, 525, 535, 619, 631 f –, WuG/Herrschaft/Charismatismus 618 –, WuG/Herrschaft/Feudalismus 394, 396, 422, 533, 566, 568, 585, 618 –, WuG/Herrschaft/Patrimonialismus 313, 415, 422, 518, 534, 554, 566, 618 –, WuG/Herrschaft/Staat und Hierokratie 513, 521, 546, 549, 619 –, WuG/Religiöse Gemeinschaften 72, 79 f., 90 f., 104, 177, 257, 286, 317 f., 325, 351, 487 f., 498 f., 512 f., 522 f., 525, 528, 535 f., 541, 544–546, 549, 595, 621, 631 –, WuG/Die Stadt 213, 253, 466, 492 f., 568, 612 –, WuG/1. Lieferung/Soziologische Grundbegriffe 73, 192 –, Wissenschaft als Beruf (1917/1919) 154 Weber-Schäfer, Peter 95 Weißler, Adolf 483 f. Wellhausen, Julius 548

Welzel, Hans 47 Wenger, Leopold 326, 351 Wertheim, Karl 331, 518 Wieacker, Franz 24 Wieser, Friedrich Frhr. von 177 Wilhelm I. (König von Preußen, deutscher Kaiser) 235 Williams, Roger 112 Winckelmann, Johannes 40, 50, 53 f., 135, 138–142, 147, 176 f., 192, 250, 252 f., 256, 268, 298, 339 Windelband, Wilhelm 10, 47, 192 Windscheid, Bernhard 120, 589, 593, 621, 630, 697, 732 Wissowa, Georg 403, 499 Wittich, Werner 405 Wittmann, Franz Michael 484 Wladimirskij-Budanow, Michael Flerontowitsch 442, 698 Wolf, H. E. 456 Wolff, Julius Ferdinand 5, 206 Wundt, Wilhelm 44, 210 f., 215 Wünsch, Richard 526 Wygodzinski, Willy 405 Zachariae von Lingenthal, Karl Eduard 355 Zaleukos 398 Zasius, Ulrich 585 Ziehen, Ludwig 464 Zimmermann, Reinhart 84 Zitelmann, Ernst 73, 83, 133, 211 f., 218, 431, 432, 698, 732

Sachregister

Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Das Register erfaßt Begriffe sowie Sach- und geographische Angaben, Familienverbände, Dynastien, mythische, rein legendäre und literarische Figuren sowie Gottheiten. Die Schreibweise fremdsprachlicher Ausdrücke folgt in der Regel der von Max Weber verwendeten. Die ältere, von Max Weber teilweise verwendete Orthographie wurde bei den Registereinträgen nicht berücksichtigt (z.B. Casuistik  Kasuistik).

Abenteurerkapitalismus 64 Ablösungsgesetze, preußische 359 Absatzchancen 232 Abstraktion, abstrakt 83, 87 –, juristische 633 Achilleus 699 Act of Settlement 598 actio, actiones 300, 671, 699 –, römischrechtliche 39 actio de pauperie 287, 699 actio de peculio 388 actio doli 333 actio exercitoria 375, 699 actio famosa 326 actio/actiones in factum 497, 557, 563, 699 actio quod iussu 506, 699 actio rei vindicatio 292 actiones rei persecutoriae 321 administrative Kognition 401 Advokaten 474, 583, 612, 699 –, englische 503, 556  auch: Anwälte; Juristen aerarium 393 affines 389, 700 ager compascuus 403, 700 ager optimo iure privatus 404, 413, 700 ager publicus 374, 392, 700 ager vectigalis 344, 359, 657, 700 agere cum populo 470, 700 agermanament 386 Agrarschriftsteller 404, 700 Aisymneten, aisymnetisch 570 – 573, 700  auch die Einträge unter: Rechtssatzung; Satzung Akt, Akte 320, 327, 340

− der Selbsthilfe (im Prozeß) 327 − magische 316  auch: Elementar-; Tausch-; Prozeß-; Rechts-; Verbrüderungs-; Verwaltungs-; Zustimmungsakt(e) Aktiengesellschaft 341 f., 359, 368, 386, 408, 659 f., 700 − beschränkte Haftung der 59 Aktiengesetz 342 Allgemeines preußisches Landrecht 8, 116, 118, 239, 585, 586, 592, 631, 700 Allmende 403, 700 Alltagskultur 25 Alltagsleben (Bedeutung rechtlicher Termini im) 33 „als ob“ 229 Amendement (Charakter des) 457 Amendmentnatur 482 Ammon-Orakel 463, 700 Amoraim, Amoräer 538 f. Amortisationsgesetze 413 f. Amt, amtlich 457  auch: Exilarchen-; Gesetzessprecher-; Richter-; Schöffenamt Amtsadel, römischer 522 Amtsapparat (der Bischöfe) 490 Amtsbegriff 413 Amtsbürokratie (der Bischöfe) 397, 398 Amtscharakter, bürokratischer 546 Amtscharisma 105 Amtsgewalt 295, 314, 375, 377, 552, 554 −, fürstliche 554 Amtsrecht 152, 364, 448, 458, 468, 557, 558, 559 –, weltliches 532 Amtsstruktur, bürokratische 109

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Sachregister

Analogie 302, 480 f., 594 Analyse 66, 301, 302 f. − des Tatbestands (als rechtswissenschaftliche Operation) 302  auch: Bedingungs-; Begriffs-; Konstellations-; Kultur-; Rechtsanalyse Analytik 27, 66 – 69, 81, 83, 128, 499 Anefang 292 f. Anerbenrecht 355, 701 Anerkennung, Anerkennungslehre, subjektive 41, 47, 224, 229 Angeld 331 Animismus, animistisch 317, 325, 349, 525, 701 –, juristischer 347 Anordnung 199, 235, 238, 573, 629, 661  auch: Gebots-; Verbotsanordnungen Anspruch, Ansprüche 88, 232 f., 287, 308, 314, 321, 324, 340 f., 452 f., 496 – Begriff des 504 − der Verbindlichkeit 50 –, dinglicher 322 f. –, feudale 298 –, materieller 59 –, persönlicher 322 f. –, private 286 –, privatrechtliche 53, 276, 392 –, (garantierte) subjektive 280, 369, 380  auch: Geltungs-; Herausgabe-; Privatrechts-; Rache- und Sühne-; Rechts-; Rechtsgeltungsanspruch; Anspruchsnormierungen Anspruchsnormierungen 251, 275 f. Anstalt, anstaltsbezogen, anstaltsmäßig 50, 100, 195, 197, 198, 274, 298, 306, 367, 383, 393, 407, 411, 430, 488, 665, 670 −, heteronome öffentliche 280 – im juristischen Sinn 384 – im Rechtssinn 109, 547 –, kirchliche 410 –, politische 205, 263, 361, 379, 399 – politischer Verband als 361 –, staatliche 366  auch: Staatsanstalt; Verbands- und Anstaltstheorie; Zwangs-; Zweckanstalt; Anstaltsbegriff; Anstaltscharakter Anstaltsbegriff 198, 395, 397 –, juristischer 366, 399 –, kirchlicher 398

Anstaltscharakter − der katholischen Kirche 547 − des politischen Verbandes 301 Anstaltsgenossen 600 Anstaltsgnade 109 Anstaltshandeln 46, 177, 180, 221, 274 Anstaltskirche 398  auch: Anstaltscharakter (der katholischen Kirche) Anstaltsordnungen 600  auch: Anstaltssatzungen Anstaltsorgane 600 − des Staats 280, 665 Anstaltsorganisation (Kirche als) 546  auch: Anstaltskirche Anstaltsperson 395 Anstaltssatzungen 200, 430 Anstaltstheorie (des Staates) 198  auch: Verband- und Anstaltstheorie, soziologische Anstaltsverfassung 384 Anstaltsvermögen 389, 398 Anstandsregeln, gesellschaftliche 224 Antike, antik 118, 122 Anwalt, Anwälte 365, 443, 445, 476 – 479, 482, 484, 503, 612 – Emanzipation von 588 –, englische 491, 493 – 495, 635 –, plädierende 82 –, römische 506  auch: Advokaten; Juristen Anwaltszwang 483 Apotheker 365 Apparat 47, 220 –, amtlicher 575 –, technischer 129  auch: Amts-; Herrschafts-; Rechts-; Rechtszwangs-; Sanktions-; Staats-; Zwangsapparat Apriorität (des Rechts oder der Konvention) 214 Arbeit −, unfreie 357 −, zünftige 356 Arbeiterschutz 600 Arbeitsmarktinteressen 427 Arbeitsorganisation 356 Arbeitsvertrag 278, 328, 425, 600 arbitria 404 Areopag (Arriopag) 495, 522, 702 Argentarii (Sonderrecht der) 375, 702

Sachregister Aristokratie (der literarischen Bildung) 118, 583 Arte di Calimala 548 Artjel 420, 702 Asega 463, 702 Assignation 374, 702 assisa 457, 702 assisa novae disseisinae 289, 449 Assisen von Jerusalem 547, 702 Assize of Clarendon 449 Assoziationen, Assoziationsformen 346, 423 Aufklärung 119, 599 Auflage 395 Augurencollegium 522, 702 Auslegungsverbot 104, 107, 121 Auslese 436, 440, 674 Außenmoral (im Judentum) 106 f., 535 Autokephalie, autokephal 384, 702 Autonomie, autonom 60, 108, 222, 251, 308, 361, 367 – 369, 378 f., 407, 417, 426, 484, 660 f. – Begriff der 368 – der Gemeinden in China 421 – der Interessenten durch Rechtsgeschäfte 426 – der Korporationen 401 – einzelner Rechtsinteressentenkreise 423 –, genossenschaftliche 424, 459 –, ständische 459 – von Verbänden 410, 422  auch: Ermächtigungs-; Privat-; Privatrechts-; Rechts-; Satzungs-; Verbands-; Vereinsautonomie Autorität, Autoritäten –, charismatische 460 –, religiöse 397 −, übersinnliche 209  auch: Präjudizienautorität Autoritätsstellung 53, 241 Babylon, babylonisch 102  auch: Priester, babylonische; Recht, babylonisches; Urkunden, babylonische Bajaderen 350, 702 Banngewalt 295, 364, 520, 552 –, fürstliche 552, 555 –, priesterliche 321 Bargeschäft, Bargeldgeschäft 320, 331

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Barkauf 319, 320  auch: Bargeschäft Barolong 365, 702 Barrister, Barristerschaft 82, 479 f. Basuto 365, 702 Beamte, Beamtentum 86, 419, 422, 461, 465, 471, 494, 497, 510, 520, 609, 675 – Anstellungsvertrag der 312 –, fürstliche 115, 573 –, patrimoniale 115 –, politische 462 –, römische 87, 470, 495, 500, 508 –, weltliche (islamische) 532  auch: Munizial-; Wahlbeamtentum Beamtenrationalismus 95, 115 Bedeutungswandel (des geltenden Rechts) 435, 439 Befehl, Befehle 104, 265, 283, 561, 669 −, legitimer 453 −, magistratischer 297  auch den Eintrag unter: Staat Befehlsbefugnisse, subjektive 279 Befehlsgewalt 265, 278, 664 f., 669 –, autoritäre 277 f. –, politische 279 Befolgungsmotive 47  auch: Fügsamkeitsmotiv Begriff, Begriffe − des Gesetzes (englischer und römischer) 588  auch: Gesetzesbegriff − des Rechts/juristischer  Rechtsbegriff −, nationalökonomischer 228 Begriffsbildung −, dogmatisch-juristische 31 –, empirische 30, 32 f. –, juristische 12, 31 f.,30, 67, 128, 503 –, kausale 31 –, normative 33 –, sozialökonomische 12 –, teleologische 31 Begriffsformalismus 24 Begriffsjurisprudenz 19, 32, 84, 125 f., 348, 630 Begriffskonstruktion, analytische 68 Begriffstechnik, analytische 118 Beleidigungsklage 204 Beleidigungsprozeß 48, 204 berith 103, 536 Berufs-Dharma 92

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Sachregister

Berufsdifferenzierung 617 Berufsethik (der katholischen Kirche) 108 Berufsverbände 402 f., 421, 523 Beschluß, Beschlüsse 369, 380 f., 383, 406  auch: Mehrheitsbeschluß Beschwerde 197 Besitz, besitzend 286, 319 f. − des Gläubigers am Pfande 329 –, garantierter 427 –, unrechtmäßiger 289  auch: Grund-; Immobiliarbesitz; Vindikation Besitzschutz 53, 245, 247, 319 − im römischen und deutschen Recht 375 Bestimmungsgründe des Handelns  Handeln, (faktische) Bestimmungsgründe des Betrachtung, Betrachtungsweise 193 –, empirische und normative 4, 30, 41 –, juristische/rechtsdogmatische 38, 47, 192 –, juristische und empirische 37 –, juristische und ökonomische 246 –, juristische und soziologische 29, 31, 40, 44, 131, 175, 191 –, soziologische 201, 209, 222  auch: Rechtsbetrachtung Betrieb 89, 479, 616 –, juristischer 623 –, kapitalistischer 334, 428, 662 –, rationaler 333 –, rationaler privatwirtschaftlicher 64  auch: Dauer-; Erwerbs-; Lehr-; Prozeß-; Rechtsbetrieb(e) Betriebsinteressen (der Rechtspraktiker) 580 Betriebskapitalismus, (moderner) rationaler; betriebskapitalistisch 64, 96  auch: Rechtsinstitut, (betriebs-) kapitalistisches Beurkundung, dispositive  dispositive Beurkundung Bewegung, freirechtliche 625, 703 Beweis 230, 452, 454, 514  auch: Inquisitions-; Urkundenbeweis Beweismittel 451, 478 – formale Bindung der 620

–, irrationale 69, 300, 449, 459, 464, 492, 515, 558, 563 –, magische 448 f. –, rationale 347, 492, 515, 524, 565 –, traditionelle 515 Beweisrecht 442, 443, 448, 514, 620 – formal gebundenes 562 –, formalistisches (des profanen Prozesses) 549 − im Häuptlingsprozeß 464 Beweisurteil 451 Beweisverfahren, rationales 558 Beweisvertrag 283  auch: Sühne- und Beweisvertrag Beziehungen 283 –, öffentlich-rechtliche 313 –, privatrechtliche 311 –, soziale 366  auch: Familien-; Herrschafts-; Klassen; Klienten-; Lehens-; Natur-; Rechts-; Sozial-; Tausch-; Wirtschaftsbeziehung(en) bida 528, 703 Bill of Rights 598  auch: Virginia Bill of Rights Billigkeit (als Verwaltungsprinzip) 282 f. Billigkeitsgefühl 444 Billigkeitsjustiz 564 Binnenmoral (im Judentum) 106 f., 535 birthright 598 Blutfehde, Blutrache 209, 240, 321, 379, 421, 554 f. Blutracherecht 283 Blutsfreunde 209 Bodenbesitz  Grundbesitz Bodenbesitzrecht, englisches 553 Bodeneigentum 374, 413 Bodenrecht 507 Bodmerei 387, 704 bona fides 127, 222, 333, 621, 624, 704 bonae fidei-Kontrakt 377 f. Börse, Börsenabschlüsse 229 f. Boykott 202, 205 f., 324 −, sozialer 326  auch: Boykott-Selbsthilfe Boykottandrohung 548 Boykott-Selbsthilfe 220 Brahmanen 91 f., 325, 349, 422, 487 Brehons 460, 704 brevia 300  auch: writ

Sachregister Brüderlichkeit 385 Buchreligion, Buchreligionen 97, 153, 487, 526 Buddhismus, buddhistisch 4, 524 f.  auch die Einträge unter: Ethik; Recht; Religiosität bukannu 337, 338 Bundesbuch, jüdisches 571, 573, 704 Bundesgenossen 374 Bundesgenossenkrieg 399, 704 Bürgen 328 Bürger, bürgerlich, Bürgerschaft 371, 328, 374 f. −, römische 373  auch: Staats-; Stadtbürger Bürgerheer 458 Bürgerliches Gesetzbuch 84, 87, 419, 485, 587, 590  auch: Schweizerisches Bürgerliches Gesetzbuch Bürgerrecht, Bürgerrechte 121, 277 −, römisches 285, 373  auch: Menschen- und Bürgerrechte Bürgerstand 371 Bürgerverband 351, 374, 399 Bürokratie, bürokratisch 96, 114 f., 525, 669 −, byzantinische 88, 501  auch: Amts-; Literaten-; Wohlfahrtsbürokratie Bürokratisierung 60, 88, 251, 367, 508, 619, 660 − der Herrschaft 508 − des Korporationswesens 401 − des Organapparats 387 − in Deutschland 632 Bußgewalt 295 Bußordnung 108, 545 bye laws 417 Capitula legibus addenda 463, 559 Cäsaropapismus, cäsaropapistisch 526, 549 f. Case law 113 Casuistik  Kasuistik causidici 502, 704 cavere 439, 704 Censor  Zensor Cession  Zession Chance, Chancen 33, 42, 47, 50, 194 – 196, 198, 200 f., 205, 209, 220, 228, 230, 233,

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236, 243, 245, 247, 280, 306 f., 340 f., 346, 356, 358, 424, 426, 437 f., 445, 511, 514 – 516, 652, 655 – als Reflex von Reglements 561 − des Rechtszwangs 222, 439 f. −, empirisch geltende 193 –, ökonomische 53, 232, 244, 351, 354, 436 –, soziale 436  auch: Absatz-; Einverständnis-; Geltungs-; Zwangschance(n) Chancery Court 556 Charisma, charismatisch 51, 76, 79, 264, 381, 397, 448, 451, 453, 455, 459, 461 f., 473, 487, 500, 528, 596, 618, 633 – als Quelle der Rechtsschöpfung 261 – Begriff des 397 – der Rechtsfindung 470 – der Rechtsgeltung 78 – der Rechtsweisheit 77, 460 – des Rechts 76 –, echtes 77 – Herrschaftsform des 77 –, persönliches 76, 456 – Veralltäglichung des 78  auch: Amts-; Erb-; Funktions-; Gentil-; Rechtscharisma Charter, Charters 372 China, chinesisch 90, 93, 114 Christentum, christlich 3, 90, 98, 107, 356, 521, 544, 554, 595 − Ausbreitung (in Armenien) 542  auch die Einträge unter: Ethik; Gemeinde; Kirche; Religionsgemeinschaft; Theologie Citiergesetze  Zitiergesetze Clausula rebus sic stantibus 224, 705 Client  Klient Clubs 204, 419, 424 –, gesellige 207 –, politische 207 coactus voluit 427 Code civil, Code Napoléon 3, 120 f., 416, 575, 591, 592 f., 631, 705  auch die Einträge unter: Geltung; Rationalität; Rechtsinstitut; Rechtssytematik; Systematisierung Code Napoléon  Code civil Codifikation  Kodifikation coemtio 320, 705

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Sachregister

Cognitionsverfahren  Kognitionsverfahren collegia cultorum 402 Collegium  Kollegium Commenda 371, 386, 705 common law 289, 412, 433, 443, 459, 482, 509, 532, 553, 556, 557 f.,611, 634, 673 – Quellen des 584 – und Equity 558 – und Römisches Recht 583  auch die Einträge unter: Lehnsrecht; Reichsrecht Common Law-Gerichte 289, 479, 556  auch: Königsgericht communaltie  Gemeinde, englische Commune  Kommunen; Stadtgemeinde Companies 418 conductio 705 confarreatio 320, 349, 705 Confession  Rechtskonfession connubium 212 consideration 331 constitutum 506, 705 Construktion  Konstruktion consuetudo (als Rechtsquelle) 44, 433 Consulent  Konsulent Contrakt  Kontrakt controversia agrorum 404 controversia de territorio 400, 706 Convention  Konvention corporation sole 410 f., 424 Corpus iuris [civilis] 458, 632 Coutume von Medina 527 Coutumes 584, 593 Darlehen 325, 327  auch: Seedarlehen Dauervergesellschaftung 402 Dekalog 103, 358, 571 – 573, 706 Dekretalen 109, 490, 545, 706 Delikt 199, 206, 287, 292 f., 331, 452  auch: Schuld, deliktische; Verschuldung, deliktische Deliktobligationen 290 Deliktshaftung 326, 333, 421  auch: Haftung, deliktische Deliktsklage 292, 322, 326, 332, 333 Demokratie, demokratisch 379, 408, 416, 513, 516, 624 –, attische 517

− der Antike 351 –, hellenische 471, 495  auch die Einträge unter: Gesetzgebung; Herrschaftsform; Macht; Neuordnung; Verband Denken –, formal juristisches 116, 511, 588 –, juristisches 299, 501 – 503, 507, 620  auch: Rechtsdenken –, magisches 72 –, wissenschaftliches 630  auch: Säkularisierung (des Denkens); Staatsrechtsdenken Denkform, Denkformen 346 –, des germanischen Rechts 337 –, des okzidentalen mittelalterlichen Rechts 347 –, des römischen und okzidentalen Rechts 64 –, juristische 34, 61, 82 depositum 506, 706 Despotismus, aufgeklärter 585 Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) 13 f., 16 Dharma, Dharma-Lehre 92 f., 103 Dharmasastras 489, 523, 706 Dharmasutras 489, 706 Diadikasie, hellenische 292, 293, 322, 706 Diaspora 107, 537, 539 Didaskalie 490, 706 Dienstehe 350 Dienstgewalt 312 Dienstland 374 Dienstlehen 370 f., 707 Dienstrecht 298, 370, 552 Differenzeinwand 208, 707 Differenzgeschäft 208 Differenzierung 370 −, berufliche 63 – der kirchlichen und weltlichen Ordnungen 108 – der Kulturansprüche 416 – der ökonomischen und sozialen Machtlage 516 – der tatsächlichen Besitzverteilung 425 −, gesellschaftliche 440 − von religiöser und weltlicher Sphäre 108 Differenzierungsprozeß 381 digesta 576 Diktator, militärischer 560

Sachregister Dinggemeinde 77, 471, 473 –, germanische 468, 470 Dinggenosse, Dinggenossenschaft, dinggenossenschaftlich 287 f., 314, 523, 560, 566  auch die Einträge unter: Formalismus; Justiz; Macht; Rechtsfindung; Rechtsweisung; Richter Dingversammlung 288 Directeurs de l’âme 547 Diskurs (als Rechtsquelle) 74 dispositive Beurkundung, Dispositivurkunde 335, 336, 541, 703 Disziplin 230, 428 – des Hoplitenheers 469 –, militärische 470 −, römische 458 Disziplinargewalt 29 −, päpstliche 546 Dogmatik, dogmatisch 489 –, juristische 18, 22, 31, 119 –, rechtswissenschaftliche 41 –, religiöse 68  auch: Rechts-; Staatsrechts-; Strafrechtsdogmatik; sowie die Einträge unter: Eigengesetzlichkeit; Jurisprudenz, Systematisierung, Begriffsbildung Doktrin, freirechtliche 234, 625 –, gemeinrechtliche 6, 339, 620 –, italienische 412  auch: Bewegung, freirechtliche dolus, Dolusbegriff 333, 621, 707 dominium 507, 707 Donatio sub modo 396 Dorf, Dorfgemeinde 420, 455 Dorfgenossen 380 Dritte, Dritter 59, 209, 232 f., 308, 323, 328, 334 f., 340 – 345, 360, 372, 654 – 657  auch: Interesse (Dritter) Druiden 460, 707 Duell, Duellpflicht 48, 184, 206 – germanischer Ursprung des 240 Duellzwang 185 Edictum Langobardum 364 edictum perpetuum 465 edictum tralaticium 465 Edikt, Edikte 87, 258, 402, 500 –, ädilizische 465

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–, prätorisches 363, 388, 462, 465, 555, 557 Ehe 311, 318, 321, 343, 351, 353, 496 f., 521, 629 −, legale 345, 657 −, legitime 350, 352 −, patriarchale 349  auch: Dienst-; Genuß-; Kauf-; Levirats-; Manus-; Probe-; Raub-; Sakramental-; Sklavenehe Ehegewalt 341 Ehegüterrecht 352 Ehevertrag 59, 341, 655 Ehre 241 –, soziale 631 Ehrengericht 185, 206, 707 Ehrenkodex 48, 206, 219 −, ständischer 240 Ehrenschulden 206 Eid 300, 317, 375, 437, 521, 524, 557, 671, 674  auch: Parteieid; sowie den Eintrag unter: Selbstverfluchtung Eideshelfer, Eideshilfe 300, 449, 514, 671 Eidgenossenschaft 364 –, israelitische 570 Eigengesetzlichkeit 25 – der Rechtsentwicklung 292 – der religiösen Entwicklung 84 – der Sphären 29 − der Trägerschichten 92 – des Rechts 21, 69, 71 –, juridische 22 – juristischer Dogmatik/Dogmatikentwicklung/-bildung 56, 79, 85 – logische/des formalen Rechtsdenkens 128, 622 – rechtlicher Rationalisierung 61 – sozialer Interessen 82 – von Dogmatik 18 – wirtschaftlicher Handlungsmotive 53 Eigenkirche, Eigenkirchenrecht, eigenkirchlich 398, 546 Eigentum, Eigentümer 112, 123 f., 275, 291, 308, 314, 319, 372, 600, 604, 632, 663 − des Ehemanns 343 − und Besitz 99 – Verfügung von 123  auch: Bodeneigentum Eigentumsbegriff 87, 292, 507

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Eigentumsklage 292, 323 –, petitorische 292 − um ein Grundstück 289 –, zweiseitige/des altrömischen Prozesses 293 Eigentumsrecht, Eigentumsrechte 53, 93, 276 Eigenwirtschaft, tauschlose 309, 654 Einfühlung 51, 216 f., 264 f. Eingebung 51, 78, 216 f., 264 f. − neuer Normen 446 Einlager 330 Einredung 216 f. Einstimmigkeit (Prinzip) 381 Einungen 360 f., 364, 424, 615 – 617, 659 −, ständische 367, 660 Einverständnis, einverständnismäßig 12, 43, 46, 48 – 51, 53, 75, 182, 186, 192 f., 196, 198, 199, 201, 205, 212, 216 f., 221, 222, 226, 229, 236, 259, 261, 263, 311, 368 f., 381, 433, 435 f., 440, 443, 669, 673 f., 675, 677 − Begriff des 264  auch: Herrschafts-; Legalitäts-; Legitimitäts-; sowie die Einträge unter: Ordnungen; Schranken; Sinn; Vergesellschaftung Einverständnischance 196 Einverständnischarakter (des Gemeinschaftshandelns) 51, 213 Einverständnisgeltung 46, 51, 53, 214 −, empirische 51 Einverständnisgemeinschaft 46, 48, 130, 195, 263, 360 f., 367, 455, 600 Einverständnishandeln, Einverständnishandelnde 42, 46, 50, 67, 177, 180, 182, 195, 196, 198, 203, 221 f., 229, 233, 236 f., 242, 244, 262, 264, 302, 438 Einverständniskategorie 259 Elementarakte 499 Elternpietät 524 Endogamie 348, 707 Entscheidung − durch Einzelfallwertung 303 −, richterliche 441 Entscheidungsmaxime 441, 443, 474 Entscheidungsmittel 78, 448, 451 Entscheidungsnorm 74, 269, 441, 443, 627, 630 Entwicklung, Entwicklungen 57 – der Gesellschaft 28

– des formal rationalen Rechts 70 – durch Tradition 72 – des Rechts/Rechtsentwicklung 68, 70, 80 – des Rechts und Rechtsgangs 520 –, gesellschaftliche 27 –, okzidentale 93, 96 – okzidentalen Rechts 584 – rationalen Rechts 84, 91, 113 –, rechtliche 56, 80 – vom Symbol zur Abstraktion 62 – von Recht 432  auch: Kultur-; Markt-; Musik-; Rechts-; Verbandsentwicklung; sowie die Einträge unter: Eigengesetzlichkeit; Epoche; Jusitz; Korporationsbegriff; Recht; Rechtsbegriff; Rechtsdenken; Rechtsform; Rechtsgeschäft; Staat; Träger Entwicklungsbedingungen 4, 13, 65 − der Kategorien von Rechtspraktiken 474 − des formal rationalen Rechts 250 − rationalen Rechts 97, 117,128, 130 Entwicklungsschemata 62 f. Entwicklungsstadien (der Vertragsfreiheit) 268, 310 Entwicklungsstufen 56 f., 198, 362, 617  auch: Rechtsentwicklungsstufen Entwicklungstendenzen (der Bürokratie) 568 Entwicklungsverläufe, idealtypische 70 Entzauberung 122, 126 − des Rechts 128 Epoche, Epochen 3 f., 13, 54 f. –, charismatische (der alten Kirche) 546 –, charismatische (der Rechtsschaffung und Rechtsfindung) 458 – der Entwicklung von Wirtschaft und Recht 56 – der Rechtsgeschichte 299 – der Rechtspersonalität 379 – Konstruktionsprinzipien von 57 – und Stadien der Rechtsentwicklung 315  auch: Rechtsepoche equity 418, 556, 557, 558, 559, 563, 634, 673, 707 Equity-Gerichte 289, 479 Erbcharisma, erbcharismatisch 533, 538 Erbengemeinschaft 385

Sachregister Erbenhaftung − für Kontraktsschulden 291 − für Schulden des Erblassers 291 − im englischen Recht 291 − im frühmittelalterlichen deutschen Recht 291 − im griechischen Recht 291 − im römischen Recht 291 Erbfolge, testamentarische 311 Erbpacht 344, 345, 359, 374, 404, 708 Erbrecht 124, 268, 290, 310, 312, 315, 438, 521 – Erwerb kraft 602, 604 –, griechisches 354 –, römisches 354 – und Familienrecht 501, 553 Erbvertrag 311, 708 Erfindung 436 Erkenntnistheorie, neukantianische 11 Erlösungsreligiosität 90 Ermächtigung 281, 308, 368, 429 −, schematische  Vertragsschemata − zur Schaffung autonomer Ordnungen 59 Ermächtigungsautonomie 425 Ermächtigungsnormen 339 f. Ermächtigungsrechtssätze 426 Ermächtigungssätze 60, 309, 339 Erwartung, Erwartungen 39, 42, 49, 193, 228, 236, 306, 308, 439, 622 f., 630, 653 – der Rechtsinteressenten 622 –, wirtschaftliche 43, 307 Erwartungserwartung 39 Erwerb, Erwerber – durch Erbrecht 602, 604 − gutgläubiger ... von Sachen 291, 292 –, kapitalistischer 408 – Legitimität des ... durch Arbeit 604 Erwerbsethik 95 Erwerbsinteressen 96, 114 f. Erwerbsstreben, methodisch-rationales 93 Erzwingungsstab 32, 39, 41 Ethik, Ethiken, ethisch 85, 199, 225, 489, 49 –, buddhistische 524 –, christliche/des Christentums 109, 595 –, konfuzianische 96 f., 108 – Polymorphismus der 92 –, protestantische 110 –, puritanische 110

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–, religiöse 18, 45, 84, 89, 92 f., 97, 516, 522, 621 –, ständische 92 – und Recht 511  auch: Berufs-; Erwerbs; Geschäfts-; Gesetzes-; Rechts-; Sozial-; Wirtschaftsethik ethisches Minimum 109, 623, 624, 639 Ethnographie 51, 213 Ethnologie 76, 213, 215 Exekutionen (von Urteilen) 293 Exekutionshaltung 329 Exekutionspfand 328, 329 Exiliarch/Exilarch, Exiliarchenamt 538 – 540, 708 Exil, Exilszeit 536 Exogamie 317, 318, 349, 708 Fabrik 365 Fachjuristen 126 Fachmenschentum 128, 638 Fachschulung, juristische 636 Faktizität der/und Geltung 30, 32 f., 50 Fallrecht 67 Familie, Familienordnung 48, 89, 310, 420 f. Familien- und Erbrecht, englisches 553 Familienbeziehung 311 f., 316 Familiengemeinschaft 349, 385, 420 Familiengewalt 320 Familienrecht 268, 312, 315, 438, 501, 521 Familienstiftungen 396 Fas (im römischen Recht) 90, 512, 521 f., 708 fee simple 413, 708 Fehde 209, 240 Fehderecht 283 Feinde 327 Feldgemeinschaft 408, 708 Feldmesser 404 festuca 337, 708 Fetischpriester 464, 562 Fetwa 500, 503 f., 530, 534, 708 Feudalisierung 546 Feudalismus, feudal 298, 412, 546 – als Grenzfall des ständischen Patrimonialismus 566 Feudalrecht 532, 553 Fideicommissum, Fideicommissa 376, 396, 413, 708 Fideikomiß 59, 341, 355, 368, 655, 660

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Fides 326, 375 – 377, 623 Fides bona 324, 375, 671 Fiducia 376, 708 Fiktionen 289, 709 – im englischen Recht 559 – in fränkischen Kapitularien 559 –, prozessuale/im englischen Recht 480 –, technische 481 fiqh 98, 527, 709 Fiscus Caesaris 393 Fiskus 393, 395, 411, 709 Fiskus, kaiserlicher 395 Fiskusbegriff, römischer 395 Forderungsrechte 320 – Übertragbarkeit der 333 – Zedierbarkeit von 59 Form, Formen 11, 227 f. – Recht als … des sozialen Lebens 12, 36  auch: Assoziations-; Denk-; Gemeinschafts-; Genossenschafts-; Gesellschafts-; Herrschafts-; Klage-; Kontrakt-; Rechts-; Geschäfts-; Vergesellschaftungsform(en) Formalismus 447 –, anschaulicher 304 – der Rechtslogik 514 – des geschulten juristischen Denkens 585 – des Rechts 624 –, dinggenossenschaftlicher und magischer 558 –, irrationaler (im Recht) 72 –, juristischer 541 –, magisch bedingter (des Rechtsgangs) 618 –, magischer 318, 522 –, ritualistischer/ritueller 522, 525  auch: Begriffs-; Rechts-; Wortformalismus formula petitoria 292 Formularprozeß 285, 291, 557 Formularverfahren 285, 557 −, prätorisches 452 Französische Doktrin 298 Französische Revolution 391 Frauentausch, Frauentauschkartell 317, 318, 349 freehold 289 Freie Rechtsschule  Freirechtsbewegung, Freirechtsschule

Freigelassenenklientel 316, 377 Freiheit, Freiheiten 425 f., 517, 661 − im Rechtssinn 309, 654 −, ständische 598  auch: Dispositions-; Gewissens-; Glaubens-; Religions-; Scheidungs-; Testierfreiheit; Unfreiheit; Vereins-; Vertrags-; Widerspruchsfreiheit Freiheitsrecht, Freiheitsrechte 94, 308, 343, 429, 599 f., 653, 656, 662 –, nationale 598 –, negative 112, 598 Freirechtsbewegung, Freirechtsschule 6, 15, 17 – 19, 20, 21, 41, 75, 81, 125, 234, 281, 627, 630 Frevel 555  auch: Delikt (im Straf- und Prozeßrecht) Friede, gerichtlicher 460 Friedensrichterjustiz 518, 635, 709 Friedlosigkeit 288, 294 Friedloslegung 288 Frühkonstitutionalismus 276 Fügsamkeit 243 f., 639 Fügsamkeitsmotiv 40 f., 199 Fundus 293, 322, 709 Funktionsgott 103 fuqaha 322, 709 Fürsprecher 77, 474, 476 f., 484 Fürst 93, 313 –, patrimonialer 560  auch: Kriegs-; Patrimonialfürst Fürstengut 394 Fürstenherrschaft, patrimoniale 420 Fürstenstaat –, absoluter 554 –, bürokratischer 416 Gallischer Brand 709 Ganerbschaften 413, 709 Gaon, Gaonen 539, 547, 709 Garantie, Garantien 40, 49, 195, 202, 222 , 229 –, außerstaatliche oder staatliche 48 − der Rechtsordnung 59 – des Handelns 199 – des/durch einen Zwangsapparats 218, 236, 674 – eines Rechts/von Rechten 202, 568 – eines Rechtszwangs 47

Sachregister – objektiven Rechts und subjektiver Rechte 205 –, rechtliche 67, 303, 437 –, staatliche 53, 245  auch: Geltungs-; Konventional-; Sozial-; Rechts-; Rechtsschutz-; Rechtszwangs-; Zwangsgarantie(n) Garantienlehre 16, 184, 187 Gebilde –, politisches 297 –, ständisches 394 –, ständisches politisches 313 Gebot, Gebote − des Rechts 222 –, sittliche 223 f. –, sittliche wie rechtliche 527  auch: Dekalog; Rechtsgebote Gebotsanordnungen 427 Gebotsnormen 426, 429 Gebrauch, Gebräuche 42 Gefahrengemeinschaft 387 Gefühl 517 – als Rechtsquelle 75 – der Gerechtigkeit 76  auch: Billigkeits-; Gemeinsamkeits-; Pflicht-; Rechts-; Verbindlichkeitsgefühl Gehorsam 104, 265, 665  auch: Fügsamkeit Geiselstellung 328 f. Geister 321 Geld 245, 246, 326 −, chartales/Chartalverfassung des 53, 245 f., 319 – juristischer Begriff des 246 –, metallisches 601 –, nicht-staatliches 246 –, staatliches 319  auch: Bargeldgeschäft; Papiergeld Geldcondemnation  Geldkondemnation Geldkondemnation 290, 291 f., 710 Geldkontrakt 320, 326 Geldschuldhaftung 331 Gelegenheitsvergesellschaftung 264, 314 Gelten – eines bestimmten Rechtssatzes/ Rechtssätze 31, 39 – im juristischen Sinn 38 – im soziologischen Sinn 38 Geltensollen, ideelles 193

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Geltung, Geltungsart 37, 192, 195, 200 f. – der Konventionalregel 219 – der Norm 32, 196, 441 – des Code civil 120 f. – des gewohnheitsrechtlichen Rechtssatzes 50 f. – des Rechts 212 – einer Ordnung 196, 200 – einer Zwangsnorm 239 – eines Rechtssatzes 19, 199, 628 –, empirische 16, 21, 29 f., 32, 36 f., 42, 46 – 48,, 192 f., 195, 200, 432, 441 –, faktische 12, 16, 19, 40 – 42 – Faktizität der/und 30, 32 f. 50 –, ideelle ... (der (Rechts-)Norm) 240, 255 –, juristische 37 –, normative 12, 19, 21, 29 f. 40,, 46 –, objektive 46 –, personale 99 –, rechtliche 341 –, subjektive 46 – von Recht 221  auch: Einverständnis-; Norm-; Ordnungs-; Rechtsgeltung Geltungsbegriff 187 −, empirischer 47, 175 Geltungschancen des Rechts 200 Geltungsfiktion 46, 50 Geltungsgarantie 523 Geltungsglaube 50, 218 Geltungsgrund des Rechts 40, 98 Geltungskonflikt 48 Geltungslehre, naturalistische 73 Geltungssphäre – der Berufspartikularrechte 617 – einer juristischen und soziologischen Betrachtungsweise 23 – eines Partikularrechts 616 –, faktische 41 Geltungsvorstellung 39, 45, 225 gemara 538, 710 Gemeinde 361, 368, 399, 414, 416 f., 462, 474 – als Familienhaftungsverbände 420 –, englische (communaltie) 415 –, frühislamische 527 –, politische 399, 405 –, urchristliche 397 –, voluntaristische Organisation der (christlichen) 397

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 auch: Ding-; Dorf-; Gerichts-; Landes-; Orts-; Stadt-; Volks-; Wehrgemeinde Gemeinderschaft 408, 710 Gemeindeverband 177 gemeines Recht, gemeinrechtlich 6, 117, 119, 126, 552 – 556, 559, 568, 585, 589, 592, 660, 722  auch: common law; ius civile Gemeinschaft, Gemeinschaften 58, 177, 191, 207, 224 f., 264, 293, 347, 350, 365, 416, 452, 659 f., 668 –, ethnische 89 –, gewillkürte 385 –, mafiöse 48 –, marktlose 654 –, ökonomische 317 –, politische 198, 202, 205, 209, 245, 257, 264, 317, 407, 659 –, private oder öffentliche 396 –, religiöse 84, 108, 209, 245, 356, 407, 488, 546 –, sachliche 96 –, sozialistische 427, 661 –, privatwirtschaftliche organisierte 661 –, wirtschaftende 407, 409  auch: Arbeits-; Einverständnis-; Erben-; Familien-; Feld-; Friedens-; Gefahren-; Haus-; Konventional-; Mark-; Markt-; Nachbarschafts-; Pflicht-; Pietäts-; Rechts-; Religions-; Sanktions-; Sonder-; Verkehrs-; Wirtschaftsgemeinschaft Gemeinschaftsformen 56, 89, 177, 252, 256 f. Gemeinsamkeitsgefühle, ethnische 212 Gemeinschaftshandeln 46, 50, 52, 67, 177, 180, 182, 186 f., 191, 196, 211, 213, 221, 233, 235 – 237, 240 f., 302, 305, 308, 435 f., 600, 673 f. –‚ massenhaftes 216 − von Rechtsinteressenten 445 Generalisierung 66 – 68, 81 – 83, 301, 481 − von Entscheidungsnormen 441 Genosse, Genossen 209, 293 f., 316 f., 322 f., 452, 468, 668  auch: Anstalts-; Bundes-; Ding-; Gilde-; Glaubens-; Haus-; Mark-; Sippen-; Stammes-; Verkehrs-; Volksgenosse(n) Genossenjustiz 424 Genossenrecht 322

Genossenschaft, genossenschaftlich 224, 399, 404, 406, 409, 465 – des modernen Rechts 408 f. –, deutschrechtliche 411  auch: Berufs-; Ding-; Eid-; Mark-; Zwangsgenossenschaft Genossenschaftsformen 422 −, germanische 404 Genossenschaftsrecht 420, 424 –, mittelalterliches 411 –, okzidentales 423 Genossenschaftstheorie 410 Gentilcharisma, gentilcharismatisch 461 Gerechtigkeit 68, 613 –, materiale 69, 99, 127, 129, 517, 535, 586 f., 624, 636, 639 – prozedurale Theorie der 130 –, sozialistische 129 – Verletzung der ... im Judentum 105  auch die Einträge unter: Gefühl; Spannung Geregeltheit − des sozialen Lebens 48 –, normative 53, 225 –, rechtliche 305 Gericht, Gerichte 197 –, geistliche 208 –, königliche (in England) 332  auch: Common-Law-; Ehren-; Equity-; Geschworenen-; Haus-; Königs-; Reichskammer-; Repetunden-; Schieds-; Send-; Volksgericht(e) Gerichtgewalt 279 Gerichtsbann 556 Gerichtsgemeinde 461, 470 −, germanische 460 Gerichtsmerker 336 Gerwurf 337, 710 Gesamthand, Prinzip der/Gesamthandsprinzip 291, 385, 388 Gesamthandvergesellschaftung 386, 390 Gesamthandverhältnisse 380, 387, 405 Gesamtheit (als ein gesondertes Rechtssubjekt) 387, 414 Geschäftsethik 96 Geschäftsrecht 547 −, islamisches 531 Geschichtswissenschaft, positivistische 34 Geschlossenheit

Sachregister − (logische...) des Rechts 18, 610, 626, 628 − des Rechtssystems 234 Geschworenengericht 393, 502 Geschworenenjustiz 517, 636 −, römische 392 Geschworenenverfahren –, altrömisches ordentliches 285 –, ordentliches 403 Gesellschaft, Gesellschaften 50, 53, 126, 129, 215, 310, 347 –, anarchistische 225 –, bürgerliche 48, 80 – Formen der 136 –, rationalisierte 62 –, sozialistische 130  auch: Aktien-; Handels-; Kolonial-; Kontrakt-; Offene Handels-; Publikantengesellschaft Gesellschaft mit beschränkter Haftung 386, 710 Gesellschaftsformen (Handlungs- und Zurechnungsfähigkeit) 39 Gesellschaftshandeln 46, 177, 180, 221, 237 – der Organe 274 Gesellschaftswissenschaft, gesellschaftswissenschaftlich 131  auch: Soziologie Gesetz 244, 342, 430, 456, 597, 628 f., 673 − Allmacht des 105 – im formellen und im materiellen Sinn 235  auch: Ablöungs-; Aktien-; Amortisations-; Haushalts-; Solonisches −; Zitier-; Zwölftafelgesetz(e) Gesetzbuch Hammurabis 576 f., 711 Gesetzesbegriff 458, 235 –, englischer 458, 588 –, materieller 458 –, moderner 430 Gesetzesrecht 433 Gesetzessammlung, -sammlungen −, chinesische 574 –, spätrömische 116, 575 Gesetzessprecher, Gesetzessprecheramt 258, 448, 457, 460 – 462, 463, 474  auch: Rechtsprecher; Rechtsweiser Gesetzgeber 78, 275, 277, 597, 625, 628, 664 –, griechischer 398

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–, legitimer 596 Gesetzgebung 126, 433 –, moderne 339 –, moderne demokratische 355 –, rationale 120, 592 Gesetzsprecher  Gesetzessprecher Gesinnung 222 f., 287, 621 –, antirationalistische 18 Gesinnungsreligiosität 565 Gewalt 197 – der Gesamtheit 408 – des Herrn 226 –, eheherrliche 320, 345 –, eheliche 59 –, fürstliche und magistratische 510 –, gesellschaftliche 614 –, grundherrliche 279, 424 –, hausherrliche 279 –, hausväterliche 283, 668 –, hierokratische 202 –, innerhäusliche 453 –, kirchliche 659 –, legitime 278, 664 –, legitime autoritäre politische 614 –, leibherrliche 279 –, militärische 295, 668 –, öffentliche 515 –, patriarchale 612 –, patrimoniale 424, 668 –, patrimonialfürstliche 295, 510 – Patrimonialfürstentum als 283 −, physische (über Güter) 200 –, politische 199, 202, 204, 240 f., 246, 271, 279, 283, 324, 362, 390, 424, 439, 508, 513, 598, 612, 665, 667, 659 –, priesterliche 91, 522 –, primitive außerhäusliche 295 –, profane 91, 522 –, religiöse 295, 668 –, richterliche 462 –, väterliche 59, 295, 345, 629  auch: Amts-; Bann-; Befehls-; Buß-; Dienst-; Disziplinar-; Ehe-; Familien-; Gerichts-; Haus-; Herren-; Herrschafts-; Jurisdiktions-; Militär-; Oktroyierungs-; Priester-; Regierungs-; Sippen-; Staats-; Straf-; Verfügungs-; Zwangsgewalt Gewalten –, antiautoritäre 613 –, autoritäre 440, 513, 516, 596, 613, 675

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Sachregister

–, charismatische 78 –, imperiale 115 –, irrationale 74 –, kirchliche 361 –, magische 74, 78, 287, 293, 448, 668 –, göttliche 287 −, patrimoniale 634 f. –, politische 88, 250,361, 637 −, ständische 619 –, theokratische 250, 618 Gewaltenbegrenzung, -beschränkung 296 – 298 Gewaltenteilung 77, 218, 251, 296 – 298, 472, 669 f. − in der Rechtspflege 471 − zwischen Beamten und Rechtssprecher 495 Gewaltenteilungslehre, konstitutionelle 280 Gewaltenträger 277, 664 Gewaltenverteilung  Gewaltenteilung Gewalthaber 279, 291, 293, 296 Gewaltsamkeit 660 Gewaltunterworfene 277 f., 282, 291, 664, 666 Gewere 372, 375, 711 Gewerkschaft 203, 369, 408 −, bergrechtliche 408, 711 Gewissensfreiheit 308, 598 Gewohnheit, Gewohnheiten 44, 51, 52, 178,194, 211, 415, 431, 434, 436, 674 – als Rechtsquelle 73 – des Sich-Verhaltens 433, 673 –, faktische 49 –, verpflichtende 49  auch: Handels-; Rechtsgewohnheit(en) Gewohnheitsrecht, gewohnheitsrechtlich 44, 49 f., 122, 153, 211, 212, 218, 262, 430, 431, 432, 454, 468, 526, 527, 586, 587, 592, 594, 596 f., 673 – als Juristenrecht – als juristische Konstruktion 73 – als normativ-juristische Kategorie 73 – Begriff des 262 – Definition des 433 – Derogation durch 239 – Geltung als/des 212, 432 – Geltungsvorstellung des 73 – Lehre vom 73, 269, 432 − Merkmale des 74

 auch die Einträge unter: Rechtssatz; Rechtstheorie Gilde 364, 402, 416, 711 –, chinesische 421 –, germanische 403 Gildebrüder, Gildegenossen 321, 325, 366, 380 Gildestatuten 548 Glaube –, magischer (als Quelle des Strafrechts) 286 –, religiöser 217 –, subjektiver (an die objektive Geltung einer Norm) 229  auch: Geltungs-; Legitimitäts-; Naturrechts-; Rechts-; Treu und −; Verbindlichkeitsglaube Glaubensfreiheit 598 Glaubensgenossen 102, 535 Gnade 48, 201  auch: Anstaltsgnade Gott, Götter 321, 446, 448 f., 451, 460, 470, 668  auch: Funktions-; Lokal-; Orakel-; Verbandsgott Götterwelt, römische 523 Gottesurteil 72, 283, 314, 441 f., 463 f., 470, 515, 554, 558, 562  auch: Ordal Gotteszwang 104 Grundbesitz 293, 318, 321 f., 371 Grundbesitzklagen 449 Grundbesitzrecht, städtisches 118 Grundbuchsystem, englisches 483 Grundherr, Grundherrlichkeit 279, 344, 378, 408 Grundhörigkeit 378 Grundstücksklage (im fränkischen Recht) 292 Grundstückspfand 374 Gruppe, Gruppen 49 –, ethnische oder religiöse 436 –, soziale 177, 242 –, ständische 206 Gruppenbildung, soziale 242 Gut, Güter 228 –, freie 231 –, ideelle 241 –, ökonomische 200, 383 – Produktion und Verteilung der 232

Sachregister  auch: Fürsten-; Kirchen-; Kron-; Renten-; Sach-; Staats-; Stiftungsgut; Tauschgüter „gute Treue“ 377 Gütermarktinteressenten 127, 619 Güterverkehrsinteressenten 576 Habeas Corpus Act 598 Habitus −, innerer 566, 636 −, sozialer 316 Hadith, Hadithen 98, 488 f., 527, 529, 711 Haftung –, deliktische 291 – Formen beschränkter 388 – in Gesamthandverhältnissen 385 –, persönliche 409 –, solidarische 104, 328, 386  auch: Delikt-; Erben-; Geldschuld-; Kollektiv-; Noxal-; Personal-; Rache-; Schuld-; Solidar-; Sühne-; Sühneschuld-; Vermögenshaftung hagada 538, 711 halacha 538, 711 Hanafiten, Hanafitentum 439, 711 Handeln 12, 33, 39, 51, 79 f., 105, 192, 199, 209, 213 f., 216, 220 f., 225 – 227, 236, 238, 244, 307, 370, 383, 433, 435 f., 443, 673 – 675 –, anstaltsbezogenes 197, 600 –, befohlenes oder verbotenes 239 – (faktische) Bestimmungsgründe des 31, 193 – der staatlichen Organe 277 – der Wirtschaftsakteure 41 –, gesellschaftsbezogenes 274 –, gesellschaftsgeregeltes 274 –, gewaltsames 596 –, innerweltliches 112 –, menschliches 41, 44, 193 –, öffentlich-rechtlich reguliertes 278 –, Orientiertheit des ... an einer Ordnung 195 –, politisches 678 – Regeln für das 445 –, religiöses 16 –, ritterliches 21 –, staatsanstaltsbezogenes 274 f. –, staatsanstaltsbezogenes vs. staatsanstaltsgeregeltes 662

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– Überzeugung von der Normiertheit eines ... 194 –, unrechtmäßiges 328 –, verbandbezogenes 221 –, verbandgeregeltes 221 –, verbrüderungswidriges 317 –, wirtschaftliches 40, 53, 193, 243 f. –, zweckrationales 222  auch: Anstalts-; Einverständnis-; Gemeinschafts-; Gesellschafts-; Massen-; Organ-; Rechts-; Staatsanstalts-; Verbands-; Verwaltungs-; Wirtschafts-; Zwangs-; Zweckhandeln Handelsgesellschaften 8, 384, 422 Handelsgewohnheiten 42 Handelsrecht 8, 63, 119, 127, 371, 450, 590, 615 f. –, hellenisches 387 –, mittelalterliches 118 Handelsrechtsinstitute, mittelalterliche 347 Handelstechnik, orientalische 543 Handelsverkehr (heutiger) 291 Händlerkapitalismus 64 Handlungen 226, 232, 318, 343, 527, 656 –, rechtlich relevante 128, 622 –, symbolische 62, 69 −, menschliche 34  auch: Rechtshandlung Handlungsbegriff, Handlungsbegrifflichkeit 6, 34, 263 Handlungsmotiv 32 Handlungsorientierung (Rechtsidee) 42 Häuptlingsrecht 562 Hausgemeinschaft 89, 177, 256, 283, 324, 348, 385, 386, 408, 421, 667 Hausgenossen 291, 324, 326 Hausgericht (römisches) 377 Hausgewalt 293, 321, 667 f. Haushaltsgesetz 235 Hausherr 219, 282 f. Hausherrschaft, Hausherrschaftsprinzip 282 f., 293, 667 – als urwüchsige Träger der Verwaltung 666 Hauskommunion 203, 437, 438 Hausrecht 219 Hausvater 278 f., 283 Hausverband 321 Heiratskartell 318 Herausgabe des Besitzes  Vindikation

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Sachregister

Herausgabeanspruch (Eviktionsprinzip) 292 Herrengewalt 313 Herrschaft 64 f., 115, 225, 256, 277, 295, 298, 510, 668, 670 –, charismatische 129 – der Tradition 95 – des nationalsozialistischen Unrechtssystems 125 − Formen der  Herrschaftsformen –, patriarchale 277, 585 –, politische 266, 279, 585, 619 –, theokratische oder patrimoniale (im Orient) 358  auch: Fürsten-; Haus-; Honoratioren-; Lehns-; Patrimonialherrschaft Herrschaftsapparat 510 −, bürokratischer 65 Herrschaftsbegriff 184, 265 Herrschaftsbeziehungen 277 Herrschaftseinverständnis 46 Herrschaftsform, Herrschaftsformen 2, 136, 253, 513 –, autokratische 639 –, demokratische 639 −, politische 510 Herrschaftsgewalt, politische 609 Herrschaftslehre, soziologische 56, 89, 252 Herrschaftsstruktur 513 −, patrimoniale 116, 424 −, politische 253, 266 Herrschaftstechnik 115 Herrschaftsunterworfene 281 Herrschaftsverband 410 Herrschaftsverhältnis 210 Herrschaftsvertrag 122 f. Herrscher 209 f. Hetären 350, 712 Heterokephalie, heterokephal 198, 384, 703 Heteronomie, heteronom 198, 222, 361, 406 f., 665, 712 Hinduismus 4, 488, 490 Historische (Rechts-)Schule, rechtshistorische Schule 23, 119, 122, 434, 589, 596, 597, 601, 611, 628 –, germanistische Partei 590 Historismus 610, 627 Höflichkeitslehre 85, 491

Hofrecht 365, 370 f. Hohenstaufen 458 Honoratioren 76, 354, 456, 461, 491, 500, 533, 560, 579 –, juristische 508  auch: Rechtshonoratioren Honoratiorenherrschaft 495, 508 –, in Deutschland 632 −, römische 290 Honoratiorenjustiz 81, 86, 494, 518 f., 570 Honoratiorenschicht 85, 91, 492, 502, 518, 636 Honoratiorenverwaltung 495 Hoplitenheer 469, 712 Hufenrecht 323 Hufenverfassung 414, 712 Hüter des Rechts, professionelle 65 Idealtypus, Idealtypen, idealtypisch 2,6, 57 f., 81, 195, 564 – als Kollektivbegriff 33 Ideen 79 f. Idschma 98, 433, 527, 529, 530, 533, 712 Imam 98, 533, 534, 712 Immobilienrecht 412 Imperative, ethische 70, 304 Imperativtheoretiker 195 imperium, imperia 114, 265, 295, 299, 453 f., 458, 467 – 469, 471, 510, 520, 552 f., 555, 559, 569, 618, 668 f., 671, 713 – Begriff des 295 – der römischen Beamten 297 – des Fürsten oder Magistrats 288 – Eingreifen des ... in Rechtspflege und Rechtsbildung 564 –, fürstliches 115, 289 – Schranken des 296 – weltlicher und theokratischer Gewalten 125 –, weltliches 618  auch: Amts-; Bann-; Befehls-; Buß-; Jurisdiktions-; Militärgewalt Improbität 325, 713 Improbus intestabilisque 376 Indien 64, 90 f., 93, 102, 114 Individualismus 111 infamia, Infamie 326, 376 f., 713 Inhaberpapier 59, 101,334 f., 337, 344, 346, 541 f., 542, 657 injunctions 556 Inkorporationsurkunden 371 f.

Sachregister  auch: Charter, Charters Innovation, rechtliche 55 Inns of chancery 478 Inns of court 81, 478, 479 Inofficiositätspraxis 354 Inquisitionsbeweis 558 Inquisitionsprozeß 284, 549 Institut, Institute −, rechtliches 53 −, handelsrechtliche 99  auch: Rechts-; Sonderrechts-; Handelsrechtsinstitut Institutionalisierung − des Rechts 17 − der Rechtssoziologisierung 23 Institutionen 586, 593 −, privatrechtliche 59  auch: Rechtsinstitution institutiones 576 Instruktionsmaxime 284 Intellektualisierung (Prozeß) 124 Intellektualismus, moderner 124 Intellektuellenschicht, sozialistische 609 Interdictum de precario 375 Interdikt de loco publico fruendo 388, 713 Interdiktenschutz 507 Interdiktionsprozeß 557, 713 Interesse, Interessen 45, 48, 79 f., 124, 126 f., 200, 231, 236, 239, 241, 244, 278, 281 f. , 344, 347 f., 359, 365, 371, 383, 408 f., 655, 658, 664 – an steigender Rationalität des Rechts 567 – autoritäre … (der politischen Gewalten) 353 – bürgerliche Erwerbs- und Sicherungsinteressen 114 f. – der Beamten/des Beamtentums 115, 569 – der Besitzenden/besitzenden Schichten 247, 519 – der Klassen 247 – der Marktmachtinteressenten 368 – der Rechtsinteressenten 306 – Dritter 340 – 344, 359 – einer Trägerschicht 89 –, formal legale 516 –, fürstliche 114 f. –, ideelle 53, 201 –, kapitalistische 95, 535, 568

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–, materielle 201, 242, 482 –, ökonomische 53, 59, 241 f., 306, 358, 548, 577 –, politische 365, 395, 577 –, private 245, 280 –, religiöse 565, 577 –, soziale 358 –, staatskapitalistische 393 –, ständische 572 – von Familienmitgliedern 311 –, wirtschaftliche 118  auch: Arbeitsmarkt-; Betriebs-; Erwerbs-; Klassen-; Rechts-; Sportel-; Verkehrsinteressen Interessenausgleich 192 –, zweckrationaler 627 Interessenbedürfnisse (für die Gestaltung des Rechts) 84 Interessenjurisprudenz 19, 27 Interessenkampf 514 f., 535, 639 − auf dem Markt 660 –, Prozeß des 516 –, rationaler 572 Interessenkompromiß 124 – Recht als Ergebnis eines 612 Interessenkonflikte 301 Interessenlage 84, 244 –, äußere oder innere 75, 444 –, innerjuristische 128 Interessensphäre 200, 443, 675 Interessenten 218, 236, 242, 245, 261, 309, 337, 359 f., 374, 435 – 437, 439, 517, 531, 654, 66o f., 674 – der einzelnen Rechtskreise 423 –, kapitalistische 519, 392, 635  auch: Interessen, staatskapitalistische – Klassen als 636  auch: Gütermarkt-; Güterverkehrs-; Markt(macht)-; Rechtsinteressenten Interessenverbände 205 Interzessionsrecht 297, 471 Investitur, geistliche und weltliche 398 Investiturstreit 398, 546 Irrationalisierung des Religiösen 631 Irrationalität 129, 441, 451, 511, 525, 531, 533, 559, 611, 618, 625  auch: Wertirrationalität Islam, islamisch 3 f., 90, 99 f., 101 f., 108, 489 f., 526, 529, 531, 535, 537 f., 549 f., 554 –, schiitischer 534

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Sachregister

–, Weltanpassung/Welteroberung 97 Itschtihad 98, 713 ius  auch: jus ius civile 363, 373, 376 f., 378, 555, 556, 557 – Rechtsbegriff des 376  auch: Zivilrecht, römisches ius commercii 373 − gentium 375, 377 f., 363, 555 − honorarium 448, 510 f., 555, 557 − praetorium 448, 557 − strictum 448 iussus 713 iustum pretium  Preis, gerechter Jahwe 103 f., 106, 441, 536 Jahwepriester 104 joint business 483 Judenemanzipation 544 Judentum 2, 4, 90, 99, 103 f., 490, 537, 541, 542 – Rolle des … für die Entstehung des Kapitalismus 101 – als Gesetzesreligion 536 Jurisdiktion, friedensrichterliche 634 Jurisdiktionsgewalt, päpstliche 490 Jurisprudenz 5 f., 9, 22, 33, 126, 129, 131, 237, 411, 587 –, afrikanische 2 –, antike 545, 582 – des 19. Jahrhunderts 195 –, dogmatische 18 –, elegante 584 –, empirische 633 –, englische 633 –, ethnologische 27 –, (moderne) französische 593 –, freirechtliche 444 –, gemeinrechtliche 37, 118, 305, 431, 440, 582, 630, 673, 710, 713 –, konstruktive 118 –, kontinentale 610 – logische Mittel der 233 –, moderne 622 – Postulat der „soziologischen“ Fundamentierung der 627 –, romanistische 399 – Soziologisierung der 41 –, systematische 83 –, talmudische 84, 101, 108, 540

 auch: Begriffs-; Interessen-; Kautelar-; Konstruktions-; Regular-; Urkunden-; Wertungsjurisprudenz; sowie die Einträge: Soziologie (und Jurisprudenz); Rechtswissenschaft Juristen 24, 439, 444 –, antike 581 f. –, empirische 492 –, englische 493, 581 –, historische 589 –, indische 102, 537 –, islamische 102, 529 f., 537 –, klassische 586 –, konsultierende 502, 537 –, respondierende 525,450, 547 –, romanistische 117, 411 –, römische 395, 495, 501, 504, 506, 530, 581 f. –, theologische 102, 490, 544 Juristenrationalismus 580 Juristenrecht 128, 443 – 445, 473, 586, 623 –, altrömisches 623 –, englisches 623 – Gewohnheitsrecht als 627 – islamisches Recht als 98, 529 –, modernes kontinentales 623 –, stereotypiertes (im Islam) 530 Juristenschule, Juristenschulen −, islamische 527 −, römische 503 f. Juristenstand 95, 118 –, geschlossener englischer 479 –, nationaler 583 –, nationaler englischer 493  auch: Juristen, englische; Anwälte, englische juristische Alltagsbegriffe 497  auch: Rechtsbegriffe der Alltagssprache Juristische Person/Persönlichkeit 39, 100, 153, 262, 380, 382 f., 401, 416 – Begriff der 382 juristische ratio 494 Jury 72, 449 – 451, 477, 558 jus (im römischen Recht) 90, 512, 522 Justiz –, antike römische 283 –, autonome 524 – der Honoratioren 520

Sachregister −, dinggenossenschaftliche 77, 422, 424, 459, 469 f., 473, 477, 484, 492, 514, 552, 560, 566, 574, 619 –, englische 518 –, formale 516 – 519 –, formale/unformale 516 –, patriarchale Entwicklung der 555 –, patrimonial-autoritäre 518 –, patrimonialfürstliche 563, 580 –, republikanische römische 519 –, theokratische 109, 505, 518, 520, 549 –, urwüchsige 447  auch: Billigkeits-; Friedensrichter-; Genossen-; Geschworenen-; Honoratioren-; Kabinetts-; Kadi-; Kasten-; Klassen-; Laien-; Lynch-; Straf-; Sühne-; Volksjustiz Justizstaatskonzeption 282 Kabinettsjustiz 517, 563, 713 Kabinettsorder, preußische 183 Kadi 531 f., 713 Kadijustiz 86, 127, 495, 517 f., 535, 563, 634, 636, 714 Kaiser, römischer 394 Kaiserrecht 458 Kaiserreich 185 Kallah 539, 714 Kampf − der Interessenten 660 − der Rechtskulturen 130  auch: Interessen-; Klassen-; Konkurrenz-; Markt-; Preis-; Stände-; Zweikampf kanonischrechtlich 208  auch: Recht, kanonisches Kanonisten 399 Kapitalismus, kapitalistisch 95, 385, 416, 418, 421, 606, 619, 635, 658, 662 –, antiker 59, 346, 387 f., 657 −, bürgerlicher 568 –, gewerblicher 95 –, moderner 60, 102, 347, 543, 632, 658 –, okzidentaler 65 –, politischer 64, 387, 568 –, rationaler 106 f. – Rechtsinstitute des 101 – Staat oder Wirtschaft als Träger des 61  auch: Abenteurer-; Betriebs-; Händler-; Sklavenkapitalismus

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Kapitularien 468, 469, 532, 559, 714 Karmalehre 92 f. Karolinger 458 Kartell, Kartellwesen 208, 230f  auch: Frauentausch-; Heiratskartell Kartellverträge 230, 231 Kaste, Kastenordnung 92 f., 523  auch: Rechtsordnung Kastenjustiz 92, 524 Kasuistik 67, 85, 98, 102, 302 f., 486, 491, 505, 522, 530, 540, 547, 587, 592, 673 –, formalistische 518 – in der talmudischen Jurisprudenz 101 –, magische 522 – rechtstechnische Mittel der 67 Kauf, Käufer 232, 242, 319, 327  auch: Bar-; Braut-; Selbst-; Rentenkauf; Sklaverei (durch Selbstverkauf) Kaufehe 348, 350 Kaufmann, Kaufmannsgeschäfte 371 Kaufvertrag 208 Kautelarjurisprudenz 87, 439 f., 480, 502 –, englische 506 –, römische 497 Kautelarjuristen 439, 492, 506 Khalif, Khalifat 549 f., 714 Kirche, Kirchen 109, 384, 416, 488, 548 –, anstaltsmäßige Struktur der/als Anstalten (im Rechtssinn) 109, 398, 547  auch: Anstaltskirche –, altprotestantische 547 –, amtscharismatische Auffassung der 528 – Beziehung zu Staat und Recht 545 –, christliche 398, 469, 490 –, frühkatholische 108 –, katholische 203 –, mittelalterliche 521 –, okzidentale 108, 546 –, orientalische 548 − und Staat 108  auch: Eigenkirche Kirchenbann 245 Kirchengut 398 Kirchenrecht 48, 108, 202 −, spätrömisches 397 Klage 197, 321, 328, 333, 480 –, dingliche 291 − ex delicto 286, 291 –, persönliche 291

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Sachregister

–, prätorische 388 –, reipersekutorische 321 –, zivilrechtliche 334 –, zweiseitige 322  auch: Beleidigung-; Delikts-; Diebstahls-; Eigentums-; Erbschafts-; Fahrnis-; Grundbesitz-; Grundstücks-; Kontrakts-; Liegenschafts-; Spoilen-; Status-; Vertragsklage Klageformel, römische 505 Klageschema, Klageschemata 60, 82, 87, 242, 300, 359, 377, 402, 481 f., 496 f., 500, 504, 659, 671 –, pontificale 500 Klagesubstanzierung, Prinzip der 496  auch: Substantiierungsprinzip Klassen, klassenmäßig 126 f., 177, 247, 570, 577, 596 –, besitzende 60, 636, 660 –, bürgerliche 80 –, negativ/nicht privilegierte 636 f. Klassenbeziehungen 124, 604 Klasseninteressen 61, 124, 639 –, bürgerliche 359, 658 –, materielle und ideelle 549 Klassenjustiz 636 Klassenkampf 636 Klassenkompromiß 570 Klassenlage 80, 256, 368, 605, 607, 637, 660 Klassenrecht 616 Klassenstruktur 80 Kleros 322, 714 Klient, Klienten 321, 375, 378 Klientel 376, 553 −, römische 378  auch: Freigelassenenklientel Klientelbeziehungen 325 Klientelrecht 375, 552 Klosterstiftungen −, byzantinische 396 −, islamische 533 Klubs  Clubs Kodifikation, kodifikatorisch 64, 113, 115, 119, 314, 465, 533, 569, 574 f., 587 f., 591, 633, 705 – des englischen Rechts 519 –, deutsche 592 –, fürstliche 573, 577, 580 –, napoleonische 584 –, ost- und mitteleuropäische 592

–, patrimonialfürstliche 590 –, revolutionäre 609 –, römischrechtliche 576 –, systematische 114, 116, 573, 630 − von Gesetzen 313  auch: Rechtskodifikation Kognitionsverfahren 392  auch: administrative −; magistratische Kognition Kollegium, Kollegien 402 f., 714 –, römische 397  auch: collegia cultorum; Augurencollegium Kollektivbegriff 33, 39, 41 Kollektivhaftung, leiturgische 419 Kommandit 386, 714 Kommenda  Commenda Kommensalität 107 Kommentatoren (des islamischen Rechts) 528 Kommunalverbände, englische 406 f. Kommunen 344  auch: Stadtgemeinde Kompendienrecht (der Priesterschulen) 86 Kompetenz 281, 453 Komplex 309, 583 –, charismatischer 76 f. – von faktische verbindlich geltenden Normen 296  auch: Normenkomplex Konfession  Rechtskonfession Konfiskationen 394 Konfuzianismus 4, 92, 94 – 96 Königsgericht 459, 479, 558 –, englisches 300, 363, 413, 424, 478, 493, 532, 556, 583 –, indisches 490 Königsrecht 463, 468, 559 Königsurkunden 338 Konkretion, Konkretisierung 66, 68 f., 81, 83, 100, 119, 128 Konkubinat 350 f., 715 Konkurrenz −, freie 232, 233, 600, 607 f.  auch: Unterbietungs-Konkurrenz; Konkurrenzkampf Konkurrenzkampf 60, 123, 368 − auf dem Markt 660  auch: Marktkampf −, erotischer 353

Sachregister − von Rechtssystemen 438 Konkurrenzpreis 607 Konnubialvergemeinschaftung 535 Konnubium 107 Konsensualverträge 377 Konstruktion 301, 583 –, idealtypische 57 –, juristische 67, 302, 396, 431, 610, 622 –, naturrechtliche 122 –, rationale 540 –, rechtsdogmatische 41 –, rechtslogische 634  auch: Begriffskonstruktion; Gewohnheitsrecht (als juristische Konstruktion); Rechtskonstruktion Konstruktionsjurisprudenz 25, 27, 68, 128  auch: Begriffsjurisprudenz Konstruktivismus 70 Konsulent, Konsulenten, Konsulententum 492, 500, 502 – 504, 506, 508, 525, 715 –, römische 556 Kontrakt, Kontrakte 53, 63, 247, 285, 310 – 313, 315, 318, 326, 332, 383, 387, 390, 400, 480, 507 – als Quelle zwangsrechtlich garantierter Ansprüche 310 – der Staatsanstalt 390 – des Gütermarkts 439 –, freier 301 –, freiwillige rationale 599 –, obligatorischer 330 –, personaler 152, 262 –, privatrechtlicher 268, 315 –, sachlicher 152, 262  auch: Besitzwechsel-; bonae-fidei--; Formal-; Geld-; Privat-; Sexual-; Straf-; Zweckkontrakt; Vertrag Kontraktformen 318 Kontraktgesellschaft 310, 425 Kontraktobligationen 290, 320, 324, 326 Kontraktrecht 521 Kontraktserfindung 445 Kontraktsklage 291, 321, 332, 333 Kontraktsschemata 425, 439, 481 f., 504  auch: Rechts-; Verkehrs-; Vertragsschemata Konvention, konventionell 42 – 45, 49 f., 52, 175, 178, 186 f., 199, 210 – 214,

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217 – 227, 229, 236, 238, 240, 244, 247, 259, 433 f., 437, 491, 669, 678  auch: Recht (und Konvention) −, gesellschaftliche 85 Konventionalgarantie 231 Konventionalgemeinschaft 224 f. Konventionalregel 49, 218 f., 219, 224 Konventionalstrafe 231 Konventionsgemeinschaft 42 Konzessionierung 400, 401 Konzessionspflichtigkeit (im englischen Recht) 415 Konzessionsprinzip 419 Konzessionszwang 400 Konzilien 98, 490 Koordinationslehre 274 Koran 98, 487 – 489, 526 f., 529, 530, 534, 715 Körperschaft 100, 384, 387 −, öffentliche 359 Körperschaftsbegriff 210, 398, 409 f. Körperschaftsrecht 423 Körperschaftsverfassung 384 Körperverletzung 206 Korporation 379, 383 f., 396, 399, 401, 404, 412, 413, 415, 417 f., 422 –, englische 411 –, öffentliche 298 –, private römische 402 –, städtische 417  auch: Trustkorporation; Verbände, öffentliche; Korporationsbegriff; Korporationsrecht Korporationsbegriff 94, 412 f., 415, 547, 670 –, anstaltsmäßige und herrschaftliche Struktur des (in England) 412 – Bürokratisierung des 400 –, des römischen und mittelalterlichen Rechts 420 –, deutscher 411 – Entwicklung des 107 –, kanonischer 109 –, römischer 298, 398, 399, 410 –, weltlicher 399 Korporationsbildung 416 Korporationslehre –, kanonische 399 –, römische 298 Korporationsrecht, Korporationsrechte 204, 372, 379, 404, 410, 414

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Sachregister

– der ständischen Verbände 398 f. – der Vereine 398 –, englisches 413, 417 –, kirchliches 398 Korporationstheorie –, englische 410 –, romanistische 399 –, weltliche 399 Korporationsvermögen 396, 418 Korrealsponsionen 388, 715 Krieg 209 kriegerische Expansion 467 Kriegsführer 104, 294, 467 Kriegsfürst 467 Kriegsherr 219 Kriminalverfahren 294 Kritizismus, kantischer 11 Krongut 394 Kultur 23, 27  auch: Alltags-; Gesamt-; Rechtskultur Kulturanalyse des Rechts 26, 29 Kulturbedeutung 117, 129 Kulturbegriff 24 Kulturentwicklung 24, 28 Kulturgeschichte des Rechts 25 Kulturinhalte –, juristische 26 –, rechtliche 126 –, religiöse 126 Kultursoziologie des Rechts 4, 129 –, vergleichende 26 Kulturstufen 114, 564 Kulturtatsachen 36 Kulturwert (des Rechtszwecks) 20 Kulturwissenschaft (Recht als Gegenstand der) 23 Kultus 44 Kundschaft 232, 238 Kurie 490, 547 Lage, ökonomische 310 Laien 130, 442, 477 f., 500, 586, 633, 636 f., 539 Laienjustiz 636 Laienrichter 442 Landesgemeinde (germanische politische) 468 Landrecht 60, 360, 371 f., 715 −, preußisches 587  auch: Allgemeines preußisches Landrecht

Lastenverband 420 Leben, soziales 12, 20, 35, 225 f., 305 – äußere Reguliertheit des 35 – Formen des 11 – Geregeltheit des 48 – Normrealismus als Form des 36 – Recht als Form/Struktur des 12, 35 f. Lebensfremdheit (des rein logischen Rechts) 583 Lebensführung 112, 425, 436, 548, 674 Legal principles 584 Legalität, legal 222, 244 –, formale 129, 624 − der Ordnung 42  auch: Vertragslegalität Legalitäts-Einverständnis 43 Legate 394  auch: Vermächtnisse Leges – barbarorum 313, 715 – Romanae 575, 715  auch: lex Legisaktion, legis actio 72, 285, 447, 557, 699, 715 Legisaktionsprozeß 285, 402 Legisten 399, 716 Legitimation 554 – der Rechtsschöpfung 128 – des Rechts 124 –, naturrechtliche 124, 596 –, religiöse (des Rechts) 122 Legitimationspapier 541 Legitimität, legitim 121, 446, 453, 559, 565, 594 – 596, 600, 612, 666, 669, 673 – der Befehlsgewalt 296 – der persischen Schahs 550 − der Rechtssätze 69 − des Arbeitsertrags (als materiales Naturrecht) 124 – des geschaffenen Rechts 609 − eines Rechts 122, 596 – erworbener Rechte 601, 603 –, naturrechtliche (des positiven Rechts) 123, 599 Legitimitätseinverständnis 41, 46 Legitimitätsglaube 74 Legitimitätsgrund 280 Lehen 365, 372  auch: Dienstlehen Lehensauftragung 396 Lehensbeziehungen 370

Sachregister Lehensinvestitur 365 Lehensmann 371 − ständische Qualifikation des 365 Lehensnexus 313 Lehensrecht, lehensrechtlich 298, 365, 370, 371 f., 375, 390, 552 – Leihezwang im 315, 716 – als Sonderrecht 553 – als Teil des Common Law 553 Lehnerbfolge 355 Lehnsherrschaft 370 Lehnsverhältnis 372 Lehrbetrieb, theologischer 109 Leibherr 279 Leihezwang  Lehrensrecht Leiturgie, leiturgisch 390, 403, 415, 421, 716 − Organisation der Gewerbe (in China) 421 Leviratsehe 102, 716 Leviten 104 Lex 374 f. − Aebutia 285, 557 − Cornelia de iuridictione 465 − data 570, 715 − im germanischen Recht 314 – im Sinne von Volksrecht 380 − naturae 595  auch: Naturrecht − Rogata 458, 716 −, römische 373 − salica 463, 574, 716 − terrae 363, 372, 433, 532, 553, 716  auch: leges Libel act 205, 206 Liberalismus, ökonomischer 233 Licitationsbürgen 374 Liebeshöfe der Troubadours 219 f., 716 Liegenschaftsklage, germanischfränkische 293 Liegenschaftsprozeß, fränkischer 292 Limited liability 418 Literalkontrakt 335, 336, 716 literarische Bildung (Rechtsbildung) 118, 581, 583 Literatenbürokratie 93 Literatenschicht 536 Literati 95 living wage 607 locatio 504, 716 Logik der Dinge 123, 125

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Logisierung des Rechts 118 lögsaga 258, 462, 465, 496, 717 Lokalgott 103 Lombarda 364 Lordkanzler 315, 511, 556, 558, 717 Lücke, Lücken 235 f., 494, 500 −, verfassungsrechtliche 187  auch: -haftigkeit; -losigkeit; Lückenproblem; Verfassungslücken Lückenhaftigkeit 128, 626 Lückenlosigkeit, lückenlos − des Rechts 6, 100, 628, 630 − des Rechtssystems 20, 305 − System von Regeln 303 Lückenproblem 20 f. Lynchjustiz 294, 668 − des Verbandes 321 −, religiöse 294, 452, 554 Macchiavellismus 93 Macht, Mächte 236, 295, 426, 513 –, autoritäre 517 –, demokratische 517 – des Hausherrn 286 –, dinggenossenschaftliche 618 –, faktische (des Rechts) 245 –, geistliche 397 –, göttliche 226, 241 – kapitalistischer Interessen 59 –, magische oder göttliche 515 –, ökonomische 428, 662 –, patriarchale 613 –, politische 113, 560 –, religiöse 63, 94, 202 −, revolutionäre 122 –, sippenmäßige 618 –, ständische 618 –, theokratische oder patriarchalautoritäre 517 –, übersinnliche 217, 317, 446 –, vorrevolutionäre patriarchale 609  auch: Bußgewalt; Markt(macht)interessen; Strafgewalt; Verfügungs-; Zwangsmacht Machtlage, Machtverteilung 516 Machtmittel der politischen Gewalt 202 Machtverhältnisse 235, 237 Madhab 528, 717 Magie, magisch 72, 78, 92, 104, 152, 202, 317 f., 324 f., 331, 337, 347, 381, 437, 441 f., 446 – 448, 452, 454 f., 466 f., 514,

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Sachregister

520 f., 523 – 525, 535 f., 557, 562, 564, 620, 667 f., 671, 674  auch: Magier; Rechtsmagie Magier 286, 294, 454, 667 f. –, persische 534  auch: Magie; Rechtsmagier Magistrat, Magistrate 87, 288, 394, 403, 458, 496 f., 520, 552, 554 –, römische 403 magistratische Kognition/Kognitionsverfahren 285, 374, 400, 403, 705 Magna C(h)arta 111, 413, 449, 598 Majoritätsprinzip 381, 417 Mala fides 222 Malekitentum 439 Malo ordine tenes 292 manceps 389, 393 mandatum 717 − in suam rem 334 Männerhaus 314, 349, 717 Männervergesellschaftung 349 Manu 491, 717 Manus iniectio 327 Manusehe 351 Manzipation, mancipatio 320, 332 f., 376, 431 Manzipationsgeschäft 332 Markenschutzrecht 203 Markgemeinschaft 408 Markgenossen, Markgenossenschaft 323, 380, 416, 717 – im englischen Recht 413 Markt 60, 245, 357, 368, 375, 425 f., 607, 660 – Erweiterungen des 654  auch: Markterweiterung; Marktentwicklung; Marktverbreiterung  auch: Sklavenmarkt Marktentwicklung 52, 247, 289 Markterweiterung 60, 251, 367 Marktgemeinschaft 256, 315, 427, 661 Markt(macht)interessenten 59 – 61, 309, 368, 426, 617, 654, 660 Marktkampf 427 f., 661 Marktlage 244 Marktrecht 318 Marktverbreiterung 52, 247, 309, 654 Marktverflechtung 244 Marktvergemeinschaftung 257, 301, 607, 671

Marktvergesellschaftung 52 f., 247, 268, 315 Marktwirtschaft 416, 439 Marxismus 124 Massenhandeln 49, 211, 226 materialistische Geschichtsauffassung  Geschichtsauffassung, materialistische Maxime 227, 441, 444 −, politische 70, 304, 672 Mehrheitsbeschluß 381 Menschen- und Bürgerrechte 594  auch: Bürger-; Menschenrechte Menschenrechte 111 f., 121 f., 127, 599 Merkantilismus, merkantilistisch 568 Merkantilsystem 568 Merkur 403, 717 Methodendiskussion − in den Rechts- und Sozialwissenschaften 185 − in Rechtswissenschaft und Nationalökonomie 191 Methodendualismus 18, 20 Methodologie 11 Metöken 402, 717 Militärfrevel 293, 668 Militärgewalt 279 Militärmonarchie 508 Militärverfassung 468 Ministeriale 371 Mischna, Mischna-Commentare 101 f., 537, 538, 540, 718 Mitaksara 489, 718 Mittel, rechtstechnische 59, 303, 424 Mode 44 Moderne 65 f., 99 – Tradition als Bestandteil der 75 −, okzidentale 56, 89 modernes Recht  Recht, modernes Monarch 236 f. –, „konstitutioneller“ 234 – Recht des 235 Monarchie, konstitutionelle 185 Mönchtum 80 Monopol 232 – der Rechtssetzungsmacht 61 −, ökonomisches 52, 248  auch: Rechtsschöpfungs-; Rechtssetzungs-; Rechtsszwangsmonopol Moralität 222 Moralsoziologie 22 Mord 206

Sachregister Mufti 498, 500, 503 f., 531, 547, 718 munera 403 Municipium 404, 718 Munifizienzen 311, 718 Munizipalbeamtentum 400 Nabi 536 Nachahmung 211 f., 216 f., 226, 436, 674 –, zweckrationale oder massenpsychologische 217 Nachbarschaftsgemeinschaft 256 Nachbarschaftsverband 325 Nachbildung 217 Nationalökonomie, nationalökonomisch 5, 9, 228 −, theoretische 14 Nationalsozialismus (Verfall des Rechts im) 130 Natur 601  auch: Naturbegriff Natur der Sache 123, 125, 443, 516, 601, 621 Naturalwirtschaft, naturalwirtschaftlich 408 Naturbegriff 125 − der Renaissance 122, 598 Naturbeziehungen 310 Naturrecht, naturrechtlich 26, 70, 92, 94, 119, 121, 124 f., 271, 277, 298, 352, 357, 416, 475, 512, 589, 594, 595 f., 598, 600, 606, 611, 619, 623, 629, 670 –, absolutes 595 – als Begründungsform des Rechts 271 – Auflösung des 124 – Begriff des 122 – der Marktinteressenten 124, 604 – des historisch Gewordenen 596, 601 –, formales 123 f., 596, 599, 602 f., 610 f. –, historisch richtiges 123 –, katholisches 629 –, kleinbäuerliches 605 – legitimatorische Kraft des 124 –, materiales 123 f., 596, 604, 610 f. –, relatives 595 f. –, religiös gebundenes 629 –, stoisches 108, 122, 545 – Vertragstheorie des 352  auch: lex naturae; Naturrechtsaxiome; Naturrechtsdogmen Naturrechtsaxiome 599

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Naturrechtsbegriff  Naturrecht, Begriff des Naturrechtsdogmen 609, 611 –, materiale 609 Naturrechtsglaube 121 Naturwissenschaft 47, 192 Neuerung 51, 215 – 217 neukantianisch 191 f. Neuordnung 215 −, demokratische 185 Nexum 326, 330, 718 Norm, Normen 12, 15, 34, 36, 41, 46, 67, 74, 76, 78, 82, 122, 226 f., 229, 233, 274 f., 279, 299 f., 303 f., 307, 366, 406, 410, 442 – 447, 450, 462, 485, 489, 513, 518, 523, 570, 638, 655, 659, 665, 669 –, abstrakte 626 –, allgemein geltende 601 –, anspruchsverleihende 251 –, antiformale 624 – der religiösen Ethik 521 – des Privatrechts 285 –, ethische 109, 223, 535, 541, 547 –, formale 567, 588, 625 –, generelle 69, 303, 446, 672, 675 –, gesatzte 299 –, heilige 100, 102, 522, 526, 531, 544, 565 – im kanonischen Recht 547 –, konventionelle 228, 238 f., 624 –, legitimierende 453 –, magische, magisch bedingte/garantierte 293,455, 520 f., 668 –, objektive 282, 286, 366, 380, 407, 452, 519, 567, 666 f. –, offenbarte 467 –, ökonomische (im Judentum) 544 –, positive (des heiligen Rechts) 535 –, rational vereinbarte 520 –, rechtliche 238 f., 541 –, religiöse 521, 596 –, religiös-ethische 489 –, rituelle oder rechtliche (im Neuen Testament) 547 –, sakrale 396, 552 –, sittliche 222 –, soziale 49, 218  auch: Konvention; Sitte –, überpositive 128 – und Anspruch 561 –, weltliche 489

766

Sachregister

 auch: Entscheidungs-; Ermächtigung-; Gebots-; Rechts-; Sonder-; Spezial-; Traditions-; Verbands-; Verbots-; Verfassungsnorm(en); Normbegriff normativer Wandel  Normwandel Normativität 51 Normbegriff 369 Normbildung 675 Normcharakter 296 Normdevianz 78 Normdisziplinen 43 Normenkomplex 279 f. Normgeltung, Normgeltungskreis 49 f. Normgenese 258 – Prozeß der faktischen 73 Normordnung, ideelle 36 f. Normsinn 32 Normverletzung 200 Normvorstellungen 233, 238 Normwandel 77 f. Notar, Notare 336 f., 338, 492, 583 f. −, italienische 86, 493 f. Notariat 337 f. Nothilfe 325 Noxae datio 287, 358, 718 Noxalhaftung 358 numina 500, 719 Obertribunal 588, 719 Obligationen 290, 291, 334  auch: Delikt-; Kontrakt-; Schuldobligationen Obligationenansprüche 321 Obligationenrecht 102 –, chinesisches 421 –, jüdisches 543 –, römisches 324 Obligationenschutz 319, 719 Offenbarung 113, 286, 447, 453, 455, 473, 487 – 489, 667 –, charismatische 446 –, religiöse 122, 537, 571, 596, 611  auch: Rechtsoffenbarung Offene Handelsgesellschaft (OHG) 59, 344, 657, 386, 712, 719 – Recht der 386 Offizialmaxime 109, 284, 549, 563, 719 Ökonomie, Ökonomik 93, 228  auch: Nationalökonomie; Sozialökonomik ökonomische Lage 310

Oktroyierung 121, 200, 235, 430, 445, 595  auch: Rechtsoktroyierung Oktroyierungsgewalt 430 Orakel 69, 78, 287, 303, 442, 449, 458, 463, 500, 503, 515, 531, 570 f., 636, 672 – englische Richter als lebendes 458 –, hellenische 463 –, magisches 72  auch: Ammon-Orakel; Orakelgott; Rechtsorakel Orakelgott 447 Ordal, Ordalien 300, 524, 565, 671, 719  auch: Gottesurteil Orderpapier 59, 334, 335, 337, 344, 346, 542, 657 Ordnung, Ordnungen 67, 191 f., 195 f., 214, 228, 230 – Begriff rechtlicher und sonstiger 55 – der ökonomischen Verfügungsgewalt 307 – eines Verbandes 221 –, einverständnismäßige 437, 440 –, empirisch geltende 307, 486 –, gesatzte 52, 199, 236, 241, 360, 369 –, heteronome 244 –, juridische 4 –, konventionelle 225, 237 –, legitime 45 –, nichtstaatliche 48 –, normative 4, 12 f.,39, 44, 46, 48 f., 52, 65, 70, 91 f., 252 –, ökonomische 311 –, oktroyierte 311 –, politische 63 –, privatwirtschaftliche 427 –, rationale 193, 524 –, rechtliche 237 –, revolutionär geschaffene 596 –, soziale 310 f., 563 –, sozialistische 428 –, staatliche 247, 548 –, ständische 80 –, traditionale 106 Ordnungsbildung, rechtliche 80 Ordnungsgaranten 218 Ordnungsgeltung, empirische 183 Organ, Organe 205, 209, 218, 244, 295, 313, 369, 381 – 383, 385, 406, 408, 417, 419 – Begriff des 417 − der Gesamtheit 407

Sachregister − der politischen Gemeinschaft 212 − der Staatsanstalt 276 f., 286, 312 − des politischen Verbands 198, 218 − des Rechtszwangs 440, 675 − des Staats 389, 395 − des Verbandes 384 −, heteronome und heterokephale 399 –, staatliche 664  auch: Organhandelen; Organstellung Organhandeln 196 f., 367 – Begriff des 417 − der Verbandsorgane 285 Organhandlungen 234 Organisation –, bürokratische 109 –, kapitalistische 428 –, zunftmäßige (des Rechts) 82 Organstellung − als Wähler 275 −, staatliche 276 Organtätigkeit 280  auch: Organhandeln; Organhandlungen orgiastisch 94 Ortsgemeinde 324 Pacht 242, 483 pactus 314, 373, 380 Palaver 454 Pandekten, Pandektenrecht 8, 88, 505, 507, 553 f., 582, 590, 630, 719  auch: digesta; Pandektenlehre; Pandektenwissenschaft Pandektenlehre 348 Pandektenwissenschaft/Pandektistik 22, 25 f., 119, 305, 309, 583, 589, 630 Papiergeld 602 Papsttum 98, 398 par majorve potestas 297 Pariavolk 107, 535 Parlament 414, 495, 614 − als Gerichtsbehörde 284 −, englisches 284, 457, 562 parlamentarische Demokratie (englische) 218 Partei, Parteien 203, 416 Parteieid 283, 451, 452 Parteiwillkür 60 Partikularisierung des Rechts 615 Partikularismus (des Rechts) 53, 245 –, formaler und materialer 127

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– jüdisches Recht als 544  auch: Rechtspartikularismus Partikularrecht 365, 523, 552, 559, 578 − der Berufsstände 91 –, modernes 617 patria potestas 431 Patriarchalismus, patriarchal 266, 358, 408, 516, 577, 586, 634 –, fürstlicher 586 Patrimonialfürst, -fürstentum, patrimonialfürstlich 266, 283, 513, 574, 614 Patrimonialgerichtsbarkeit 518 Patrimonialherrschaft 266, 271 Patrimonialismus 266, 277, 279, 525 – Begriff des 266 − Formen des patriarchalen/ständischen 422, 566 –, orientalischer 534 –, politischer 422 – ständische Stereotypierung des 619 –, ständischer 422, 562 Patrimonialtheorie 276, 279 Patrimonium 393 Patron 375 peculium 387, 388 Person, Personen 616, 656  auch: Anstaltsperson; juristische Person; Verbandsperson personalcharismatisch 528 Personalexekution 327, 330, 358  auch: Personalhaft Personalhaft, Personalhaftung 289, 324 f., 330 Personalität des Rechts 615, 619  auch: Personalitätsprinzip; Personalrechte; Personenverband Personalitätsprinzip 364, 438, 615 Personalrechte 363, 364 Personalverband 323, 362, 615 Personenverband, Personenverbände 103, 363, 365, 367, 379, 660 –, autonomer 379 –, stammesmäßiger 251 –, ständischer 251 Petition of Right 598 Pfand, Pfand(be)stellung 328 f., 644 Pfandnahme (der Person des Verurteilten) 288 Pflicht, Pflichten 92, 237, 315 −, gewohnheitsrechtliche 218 –, konventionelle 218 f., 224

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Sachregister

 auch: Duell-; Rache-; Rechts-; Ritual-; Sippenrache-; Solidarpflicht Pflichtgefühl 223  auch: Pflichtkonzeption Pflichtgemeinschaften (Gesamtpersönlichkeiten als) 406 Pflichtkonzeption 214 Pflichtteil, Pflichtteilsrechte 311, 354, 355 Philosophie 5 –, antike 505 – des Rechts 14 –, griechische 118 –, hellenische 503  auch: Rechts-; Sozial-; Staatsphilosophie Phratrien 349, 402, 719 Pietätsbeziehung, Pietätsgemeinschaft 96, 321, 325 Plantagenets 412, 457, 719 Plantagensklaverei 357 Plebs, Plebeität 378 Plutokratie, plutokratisch 408 Podestate 493, 720 Polis 322, 396, 398, 402, 523, 720 Politik 3, 93  auch: Real-; Wirtschaftspolitik politischer Verband  Verband, politischer Polygamie 348, 720 Polygynie 349, 720 Pontifices, Pontifex maximus 465, 497, 500 populus romanus (römische populus) 393, 468 – 470 – privatrechtliche Erwerbsfähigkeit 389 Positivismus 195 −, staatsrechtlicher 610  auch: Rechtspositivismus Positivität des Rechts 99, 103 Possessio 375, 507, 720 Potrebitelnaja norma 605, 720 praes 374, 393, 720 praetor peregrinus 375 praetor urbanus 375 Präjudiz, Präjudizien 261, 443, 445, 450 f., 456, 480, 545, 575, 583 f., 611, 627 f., 632 – 634, 675 −, englisches 78, 459, 556 − im jüdischen Recht 537 Präjudizienautorität (in Preußen) 588 Präjudizienrecht 454, 676

Prärogative 279, 313, 392, 414 Prätor 258, 374, 376 f., 378, 465, 496  auch: praetor peregrinus; praetor urbanus Precarium 375, 720 Preis, gerechter (iustum pretium) 122, 124, 607 Preisbildung 244 Preiskampf 60, 368 Preistaxen 243, 720 preußisches Allgemeines Landrecht  Allgemeines preußisches Landrecht Priester, Priesterschaft 71, 78, 87, 91, 102, 286, 294, 396, 446 f., 454, 460, 463, 471, 474, 513, 520, 523, 667 f. –, babylonische 537 –, islamische und indische 554  auch: Fetisch-; Jahwe-; Rechts-; Zauberpriester Priestergewalt 510 Priesterlehre 91, 523 Priesterschulen 84 f., 87, 91, 533 Primogenitur(-Prinzip) 413, 720 Prinzip der Reasonableness  reasonableness Prinzipat 393 f., 560 Privatautonomie 2, 59 f. private bills 281, 284 Privatkontrakt 390, 414 Privatrache 240 Privatrecht, privatrechtlich 230, 274 f., 277, 285, 298, 301, 369 –, antikes 395 –, römisches 285, 376 Privatrechtsanspruch 197, 278 f. Privatrechtsautonomie 267 Privatrechtsgeschichte (des Okzidents) 22 Privatrechtssphäre 310 Privatverbände 378 f. Privatvermögen 383, 395, 418 −, kaiserliches 394 Privileg, Privilegien 278, 298, 313, 362 f., 366 f., 413 – 415, 423, 478, 560 – 562, 567, 615 – 617, 665, 670 –, ständische 566 –, subjektives/als subjektive Rechte 299, 407, 670  auch: Stadt-; Standesprivileg Privilegrecht 366 Probeehe 350

Sachregister Produktionsordnung –, privatwirtschaftliche 242 –, sozialistische 241 professio iuris 363 Prophet, Propheten, prophetisch 78, 97, 104 – 106, 113, 125, 286, 447, 487, 489, 638, 667 –, asketische 105 –, charismatische 490 –, expressive 105 – Fehlen der ... (in China) 525 –, rationale 106  auch: Rechts-; Unheilsprophet; Offenbarung; Rechtsoffenbarung; Prophetie Prophetie (im religiös dogmatischen Sinne) 115 Prostitution 350 Prozeß 72 − als ältestes Rechtsgeschäft 447 –, frühmittelalterlicher 542 −, gemeiner 515, 721 –, sakraler/profaner 562  auch: Beleidigungs-; Formular-; Inquisitions-; Interdiktions-; Legisaktions-; Liegenschafts-; Strafrechts-; Writ-; Zaubereiprozeß; Prozeßrecht; Prozeßtechnik; Prozeßverfahren Prozeßakte 515 Prozeßbetrieb 515 Prozeßbürgschaft 332 Prozeßfiktion 88, 498 Prozeßinstruktionen 86, 88, 299 Prozeßmittel 515 −, irrationale 511  auch: Beweismittel Prozeßprogramm 300 Prozeßrecht 250, 268, 299, 314 f., 442, 515, 671 –, altdeutsches 483 –, altfranzösisches 477, 483 −, modernes 284 – und Privatrecht 300 Prozeßstellvertretung, direkte 334 Prozeßtechnik 152, 197 Prozeßverfahren 284 Prozeßvertrag 460 − als Archetyp von Privatrechtsverträgen 314 Prozeßvertretung 478, 484 Pseudo-Isidor 545, 721

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Public bill-Verfahren (im englischen Parlament) 284 publicani 392, 393 Publikanengesellschaften 422  auch: Publikanensozietät Publikanensozietät 389  auch: Socii vectigalium publicorum Publizitätszwang 386, 637 Qanun 532, 721 Qualifikation/Qualifizierte –, charismatische 76, 453, 455 –, magische 460 Qualitäten, formale (des Rechts) 129 Rabbiner 107 Rache 209, 286, 294, 332, 460, 464  auch: Blut-; Privatrache Rachehaftung 329 Rachepflicht (der Sippe) 325 Rachinburgen, Rachimburgen 288, 459, 460 f., 474, 721 raj 529, 721 Rang, sozialer 501 Rationabilität 74, 431 Rationalisierung 64, 66, 101, 127, 523 –, analytische 82, 101 –, bürokratische 88 – der magischen Kasuistik 522 − der Ordnungen 94, 241 – der Rechtstechnik 631 − der religiösen Ethik/Sphäre 72, 105 – der Wirtschaft/wirtschaftlichen Sphäre 99, 301, 505, 671 − der Wissenschaften 96 − des Lebens (in der Kontraktgesellschaft) 353 − des Okzidents 65 f. − des Prozeßverfahrens 580 – des Rechts 22, 63, 65 – 67, 71 f., 76, 78 f., 82, 85, 95,116, 121, 130, 474 f., 481, 486, 531, 575, 618 f., 621, 635, 671 – des Rechtsdenkens 512 − des Rechtsstoffs 116 – durch Charisma 72 – durch Diskurs 72, 74, 78, 98 – durch Rechtsgefühle 72 – durch Tradition 74 –, fachmäßige 301 –, fachspezifische 98 –, formale 25, 64, 114, 116, 486

770 –, –, –, –, –, –, –, –,

Sachregister

gesinnungsethische 621 intellektuelle 104 juridische 79, 84 legislatorische 482 materiale 97, 114, 486, 620 ökonomische 253, 332 okzidentale 2, 4, 126 rechtliche 2, 72, 80, 91, 93, 98, 128, 253, 301 –, politische 301 –, religiöse 72, 104 –, systematische 82, 101, 508 − von Recht und Wirtschaft 96 –, wissenschaftliche 128, 482, 631  auch: Rechtsrationalisierung Rationalisierungsprozeß 52, 64, 241, 265 −, juridischer 18, 58, 63 −, okzidentaler 55 f. Rationalisierungsthese/-theorie 73 f. Rationalismus 64, 69, 119, 637 f. – Begriff des 65 – der Bürokratie 585 – der Weltanpassung 94 –, ethisch-praktischer 107 –, fürstlicher 459 –, gesetzgeberischer 119 –, juridischer 5, 56, 65, 91, 102 –, juristischer 41, 124, 611 –, konfuzianischer 94 – Kulturen des 69 –, materialer (der Hierarchen und des Patrimonialfürsten) 511 –, naturrechtlicher 123 –, okzidentaler 2 f., 55, 63 f., 68, 90 –, patrimonialer materialer 116, 588 –, patrimonialer 620 –, privatwirtschaftlicher 567 –, protestantischer 110 –, systematischer 586 –, theokratischer 620 – Überwindung des 119 –, utilitaristischer ... (der Beamtenverwaltung) 567 –, wissenschaftlicher 589  auch: Beamten-; Juristen-; Rechtsrationalismus Rationalität 65, 618 – der Rechtspflege 634 – des Code civil 120 – des Rechts 61, 99, 301, 633, 672 –, formale 69, 118, 127, 304, 531, 563

–, juridische 76 –, materiale 69, 114, 304, 563, 672 –, rechtliche 90  auch: Rechts-; Zweckrationalität Rationalitätssphären 65 rationell  reasonableness, reasonable Raubehe 348 f. Realexekution 289 f., 721 Reallast 374 Realpolitik 610 reasonableness, reasonable 602 f. Receptum 375, 721 Recht 3 – 5, 9, 12, 45, 48, 51, 78, 209, 21 f., 454 – als Kulturerscheinung 28 f. – als Reglement 613 – als System 348, 304 –, amerikanisches 203, 352 –, angelsächsisches 38, 592, 631 f. –, antik/altrömisches 291, 351, 498, 504, 623 –, antikes 398 –, armenisches 542 –, außerstaatliches 52, 202 –, babylonisches 337, 541, 543 –, buddhistisches 525 –, byzantinisches 396 –, chinesisches 94, 286, 291, 415, 420 – der Bantuneger 27 – der Berufsverbände 523 – der Verbände 362 – der Vermögensgesellschaften 422 – des Rechtes 121, 123, 594 – des Stammes 363 –, (altes) deutsches 4, 87, 206, 292, 328, 375, 413, 584, 588 –, dispositives 339 –, englisches 78 f., 81 – 83, 86 f., 113, 289, 291 f., 300, 311, 332, 338, 354, 363, 409, 412 f., 415, 439, 450, 515, 553, 559, 633, 671 – Entwicklung der formellen Qualitäten des 639 – Entwicklung des materiellen 632 –, erworbenes (subjektives) 663 – Fachmäßigkeit des 639 –, formal garantiertes 96 –, formal irrationales 69 –, formal rationales 3, 6, 17 f., 48, 69, 81, 99, 125, 127, 129 f., 250

Sachregister –, formale Qualitäten/Charakter/ Struktur des 61, 70 f., 250, 447, 493 –, formales 244, 304, 427, 475, 512, 525, 570 f., 583 –, formelle Qualitäten des 301, 305 –, (alt)französisches 79, 478 –, freies 17, 626 –, frühmittelalterliches 72, 447 –, frührömisches 499  auch: römisches Recht –, fürstliches oder magistratisches 113, 555 –, garantiertes 47, 183 f., 186, 195 f., 197 f., 200, 219, 247 –, gebietende und verbietende Sätze des 309 –, geistliches (im Islam) 533 –, germanisches 3, 60, 77, 79, 108, 327 f., 334, 337, 419, 463, 515, 536, 545, 592 –, gesatztes 200, 278, 364, 369, 468, 512, 664 –, gesinnungsethische Sublimierung des ... (in Indien) 524 –, gewillkürtes 360, 659 f. –, gemeines 659 –, heiliges 97 f., 101, 103, 396, 486 f., 491, 505, 518, 520 f., 525 f., 529 – 535, 534, 550, 581 –, hellenisches 335, 354, 415, 522, 541 –, herrschaftliches 184 –, herrschaftsloses 184, 677 –, hinduistisches 84, 487, 513 –, indirekt garantiertes 183, 187, 196, 219 –, indisches 91, 94, 291, 419, 487, 490 f. –, islamisches 27, 84, 97 – 100, 106, 352, 363, 487, 498, 529, 513 –, italienisches 338 –, jüdisches 101 f., 352, 535, 541 – 544 –, justinianisches 411, 589 –, kanonisches 98, 107 – 109, 397 f., 404, 410 f., 491, 521, 530, 544 – 550, 553, 577 f., 722 –, kirchliches/kirchlich garantiertes 205, 549 –, kodifiziertes 110, 519, 535, 638 –, kontinentales 38, 81, 631, 633, 635 – Kultur/Kulturbedeutung des 27 f. –, langobardisches 364 –, lebendes 432 –, legitimes 306, 599

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–, logisch abstraktes 609 –, logisch rationalisiertes 347 – (logische) Geschlossenheit des 610, 626, 628 – logische Struktur des 513 – logische Sublimierung des 618 – Logisierung des 583 –, lokales 433 –, lombardisches 553 – Lückenhaftigkeit/Lückenlosigkeit des 626, 630 –, material rationales/irrationales 69 –, materielles 250, 290, 292, 299, 511, 515, 578, 620, 671 –, mittelalterliches 347, 380, 404, 530, 658 –, modernes 18, 22, 59, 61 f., 63, 69, 75, 127, 129 f., 203, 298, 307, 344, 348, 352, 367, 425, 475, 653, 657 –, nationales 86, 433, 493 – Natur des 639 –, natürliches 128, 623 – Neubildung/Neuschaffung von 435587 –, neues 435 – Neusatzung von ... (kraft Offenbarung) 370 –, objektives 196 f., 200, 250 f., 275, 279, 281, 299, 306 f., 369, 441, 457, 561, 615, 665 f., 670, 675 –, öffentliches 197, 201, 250, 268, 274 f., 277 – 280, 295, 297 f., 298, 315, 452, 610, 662 – 665, 668 – 670, 678 –, okzidentales 4, 55 f.,60, 65, 84, 89, 95, 97, 99, 109, 619 –, orientalisches 97, 419 –, patrimoniales 276, 475, 566, 663 –, personales 615 –, politisches 321, 521 –, positives 121 f., 512, 595 –, präjudiziengebundenes 583 –, prätorisches 378 –, preußisches 591 –, primitives 287 –, privates 250, 278, 452, 457, 662 – 664 –, profanes 101, 109, 522, 524, 526 –, rational systematisiertes 480 –, rationales 6, 52, 64 – 68, 70, 73, 78, 80, 82 f., 85 f., 88 f., 91, 94 f., 98, 109 f., 117, 128, 433, 493, 512, 532 –, rationalisiertes 359, 615 –, religiöses 101, 107, 512, 571

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Sachregister

– Rezeption des hellenischen und römischen ... (im Islam) 526 –, richtiges 3, 10, 25, 28, 43, 223, 381, 594 f., 629 –, römisches 3 – 8, 24, 26 f., 59 f., 79, 81, 86 – 88, 106, 108 f., 117 – 119, 292, 295, 289, 299 f., 319, 328, 333 – 335, 344 – 346, 358 f., 362, 373, 375, 379, 387, 395, 404, 410 f., 412, 413, 418 f., 424, 431, 433, 439, 458, 484, 493, 498, 499, 505, 507, 515, 548 f., 553, 545, 556, 575, 577, 578, 579 f., 581 – 583, 584 f., 587 – 591, 619, 657 – 659, 670 f., 673, 678  auch: Rezeption des römischen Rechts; frührömisches Recht; altrömisches Recht –, (ältestes) russisches 415, 419, 421, 543, 590 –, sakrales 97, 520 – 522, 524 –, soziales 624 – Sozialgarantien des 184 – soziologische Behandlung des 13 – Soziologisierung des 627 –, spanisches 386 –, spätrömisches 336, 341, 352, 396, 415 –, staatlich garantiertes 198 –, staatlich gesatztes 52 –, staatliches 47, 53, 198, 202, 203 f., 208, 438 –, ständisches 371, 591 –, statutarisches 432 – subjektiver Charakter des 194 –, subjektives 48, 110, 201, 209, 250, 275, 299, 307 f., 341, 366, 369, 457, 519, 560, 561, 613, 615, 653, 664 f., 670 –, subjektiv-öffentliches 200 −, systematisches 570 f. –, talmudisches 102 –, theokratisches 475 –, traditionales 73, 77 –, überpositives 128, 629 –, überzeitlich geltendes − und Ethik/Moral 45 − und Konvention 42, 184, 222, 678 − und Religion 87, 91, 103 − und Sitte/Sittlichkeit 222 − und Wirtschaft 4, 9 – 13, 15, 40, 44,55, 61, 63, 65, 175, 177, 191, 241, 251, 253, 307, 652 f. 119 –, ungarantiertes 183, 201, 219 –, universales 433

–, universalistisches 92 − Vereinheitlichung und Rationalisierung/Systematisierung des 360, 569 –, vorislamisches 529 –, vorrationales 75 –, weltliches 109, 512, 545 –, wirtschaftsadäquates 59 –, zwangsgarantiertes 183, 209 –, zweckrational gesatztes 597 –, zweckrational geschaffenes formales 519  auch: Amts-; Anerben-; Beweis-; Blutrache-; Bodenbesitz-; Bürger-; Dienst-; Ehegüter-; Eigenkirchen-; Eigentums-; Erb-; Fall-; Familien- und Erb-; Fehde-; Feudal-; Fiskal-; gemeines −; Genossenschafts-; Geschäfts-; Gesetzes-; Gewohnheits-; Grundbesitz-; Handels-; Häuptlings-; Haus-; Hof-; Hufen-; Immobilien-; Interzessions-; Juristen-; Kaiser-; Kirchen-; Klassen-; Klientel-; Kompendien-; Königs-; Kontrakt-; Körperschafts-; Korporations-; Land-; Lehens-; Markenschutz-; Markt-; Natur-; Obligationen-; Pandekten-; Partikular-; Patent-; Pfand-; Präjudizien-; Privat-; Privileg-; Prozeßrecht; Rechte; Reflex-; Reichs-; Sakral-; Schadenersatz-; Schuld-; Seisine-; Sonder-; Sozial-; Sozietäts-; Staats-; Stadt-; Standes-; Status-; Stiftungs-; Strafprozeß-; Strafrecht; Unrecht; Verbands-; Vereins-; Verfügungs-; Verkehrs-; Vermögens-; Vertrags-; Verwaltungs-; Völker-; Volks-; Wahl-; Wechsel-; Welten-; Writ--; Zessions-; Zivil; Zunftrecht Rechte 92 –, angeborene nationale 598  auch: birthright –, erworbene 281 –, heilige 101, 547 –, legitime 310 –, rechtszwangsgarantierte 678 – staatliche Garantie der 245 –, subjektive 195, 197, 205, 231, 251, 275, 280, 282, 285 f., 296, 298, 306 f., 366, 382, 560, 567, 653, 663, 666 f., 670, 674 –, subjektive öffentliche 200, 276, 663, 678

Sachregister –, theokratische 548  auch: Forderungs-; Freiheits-; Menschen-; Personal-; Pflichtteils-; Sonderrechte Rechtsakt 320 Rechtsanalyse 4, 23, 56 –, kulturbezogene 27 –, kultursoziologische 28 –, rechtssoziologische und rechtsdogmatische 40 –, zweck- und interessenorientierte 27 Rechtsanspruch, Rechtsansprüche 299 f., 309 –, subjektive 251, 299 Rechtsanwendung 452 Rechtsapparat 50 – als rationale Maschine 514 Rechtsauffassung – charismatische 460 – materialistische 16 Rechtsautomat (Richter als) 624 Rechtsautonomie 25, 251 –, der Berufsverbände und Kasten 523 – der Kasten und Gilden 523 – der Verbände 524 Rechtsbegriff 4, 12, 16, 22, 29, 31 – 33, 43 – 45, 47 f., 50, 52, 63,128, 187, 348, 304, 452, 505 – 507, 533, 593, 599, 638, 672 –, abstrakter 87, 504 – der Alltagssprache 496 – der staatlichen Anstalt 366 –, empirischer (magisch-soziologischer) 48, 175, 195 – Entwicklung des 86 –, formaler 16 –, juristischer 16, 30, 40, 175 –, römischer 117, 587 –, soziologischer 13, 16, 30, 40, 42, 183 f., 202  auch: Rechtsbegriff, empirischer –, staatsrechtlicher 202 Rechtsbetrieb 86, 117, 491 f., 503, 579 f. – der Anwälte 633 Rechtsbewußtsein 22, 128, 597 Rechtsbeziehungen 494 −, ländlich-grundherrliche 86 −, öffentliche 312 Rechtsbildung 81, 85, 91, 107, 242, 305, 619 –, autonome 423

–, –, –, –, –, –

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islamische 490 profane (in Indien) 523 rabbinische 490 ständische 372, 414, 422 theokratische 546, 511 f. theokratisch-patrimonialer Charakter der 471 Rechtsbildungsfaktoren 269, 511 Rechtsbildungsprozeß 45, 51 Rechtsbuch, Rechtsbücher 64, 85 f., 300, 489, 491, 494, 527, 573, 581, 671 − des Manu 489 –, indische 491 –, private 584 Rechtsbücherrecht –, empirisches 495 –, indisches 113 –, mittelalterliches 86 Rechtscharisma, Rechtscharismatiker 77, 98, 115, 263 – 265, 473 Rechtsdenken 66, 68, 79, 127, 264, 301, 324, 328 f., 331, 476, 485, 490, 495, 512, 578, 581, 583, 593, 631 – der mittelalterlichen Universitätsbildung 88, 505 – des Laien 633 – empirischer Charakter des 582 –, englisches 632 – Entwicklung des 620 –, formales 622 – im Islam 531 – Logik im 609 –, logische Sublimierung des 620 –, modernes 451 –, römisches 88, 505, 582 –, sakral gebundenes 85 – Schulung des 83 Rechtsdogmatik, Rechtsdogmatiker, rechtsdogmatisch 7, 38 f., 100, 225, 239 f. rechtsdogmatische Betrachtung  Betrachtung, rechtsdogmatische Rechtseinheit 115, 569, 577 Rechtsempfinden 128  auch: Rechtsbewußtsein; Rechtsgefühl Rechtsentstehung 259 Rechtsentwicklung 58, 63, 71, 78, 81, 84, 86 f., 94, 100, 110, 126 – 129, 253, 266, 268, 327, 422, 434, 442, 492, 495 –, ägyptische 420 –, altorientalische 420

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Sachregister

–, armenische 542 –, byzantinische 420 – der neuesten Zeit 615 –, indische 422 –, jüdische 539 –, moderne 620 –, nationale 76, 444 – naturrechtlicher Einfluß auf die 609 –, nordische 584 –, römische 88, 505 –, staatsanstaltliche 347 – und Wirtschaftsordnung 301 –, zünftige 82 Rechtsepoche 70 Rechtserfindung 445, 447, 474 Rechtsethik 96 Rechtsethnologie 130 Rechtsetzung 280 Rechtsfähigkeit 379, 400, 401 Rechtsfiktion 88 Rechtsfindung 66 f.,75, 77, 125, 280 – 283, 298 – 301, 303 f., 314, 324, 379, 443, 445, 447, 456, 465 – 467, 608, 670 f. –, charismatische 78, 460, 464, 473 –, charismatischer Charakter der ... (in den Vereinigten Staaten) 633 –, chinesische 95 –, dinggenossenschaftliche 472  auch: dinggenossenschaftliche Justiz –, englische 635 –, freie 21, 129 –, indische 523 –, irrationale 299, 444, 626 –, Logik der 70 – Quellen irrationaler 76 – religiöse Mittel der 69 –, richterliche 269 –, sakrale 500 − und Rechtssatzung 469 – und Rechtszwang 471  auch: Rechtsschöpfung Rechtsfolgen 196, 201, 207, 219, 222, 236, 307, 678 − des Urteils 287 − und Tatbestand 679 Rechtsform, Rechtsformen 26 − Entwicklung der 425 –, rationale 96 Rechtsformalismus 62, 69 f., 304, 328, 514, 559, 617, 621, 634, , 638, 672 f. – Auflösung des 620

– im Prozeß 448 –, magischer 72 –, mittelalterlicher 417 –, moderner 250  auch: Recht, formales Rechtsgang 91, 299, 362  auch: Prozeß Rechtsgarantie 53, 93, 200, 229, 237 f., 242, 247, 307, 427, 620, 659 –, magische 92 –, ökonomische und soziologische Betrachtung der 233 –, staatliche 203, 231 Rechtsgebiet, Rechtsgebiete −, angelsächsisches 311 −, asiatische 513 −, islamische 532 −, geographische 520 −, sachliche 520 Rechtsgefühl 18, 27, 75 f., 122, 444, 450, 597, 625 Rechtsgemeinschaft 25, 37, 42, 45, 82, 251, 288, 361, 363, 364, 426 f., 615, 661 Rechtsgenosse 36, 362, 365, 371, 374, 379 – 381, 423, 466, 472 f., 531 − im Islam 99 Rechtsgeschäft, Rechtsgeschäfte 88, 118, 277 – 279, 308 – 310, 312, 319, 328 – 330, 334, 336, 338, 340, 343, 367, 373, 419, 447 f., 582, 593, 620, 624, 653 – 657, 659 f., 664 f. – Begriff des 504 – Entwicklung von 327 –, römische 333 Rechtsgeschichte 5, 8, 22, 24, 26, 61, 116, 326 −, deutsche 7 −, islamische 529 −, römische 6 f. −, russische 543 Rechtsgleichheit, formale 251, 367 f., 567, 612, 660 Rechtshandeln, Rechtshandlung 243, 310, 385, 415 Rechtshilfe 201, 379 Rechtshistoriker 119, 130 Rechtshonoratioren 85 f., 88, 125, 250, 261, 289, 387, 448, 460 f., 466, 471, 474, 479, 492 f., 556, 572, 583, 585, 618 f. − als universitätsgeschulte Rechtgelehrte 581

Sachregister –, deutsche und nordfranzösische 493 – im antiken römischen Recht 86 –, mittelalterliche 581 –, respondierende 490  auch: Honoratioren Rechtshonoratiorenschicht, -stand 492 f. Rechtsinstitut, Rechtsinstitute, Rechtsinstitution 31 f., 59, 61, 67, 70, 79, 118, 302, 346, 355, 499 –, (betriebs-)kapitalistische 59, 102, 346 – des alten deutschen Rechts 119 – des Privatrechtsverkehrs 99 −, germanische 119 − im Code civil 593 –, römische 269, 507 Rechtsinteressen 518 −, bürgerliche 115  auch: Interessen Rechtsinteressenten 45, 47, 83, 118, 121, 128, 439, 444, 474, 475, 480 f., 485 f., 496, 502, 511, 514, 518, 530, 556, 559, 561, 578, 585, 595, 612, 622, 627, 630, 633 –, adelige 580 – Arbeiterschaft als 624 –, bürgerliche 580, 583 Rechtskasuistik 302  auch: Kasuistik; Rechtsdenken Rechtskodifikation 594 −, justinianische 116, 575, 578, 586  auch: Kodifikation Rechtskonfession 363 f., 439, 533 Rechtskonstruktion 242  auch: Konstruktion; Rechtsdenken; Rechtstechnik Rechtskonsulent, Rechtskonsulentenliteratur 87 f., 497, 500 f., 504, 571  auch: Konsulent Rechtskonsulentenstand 502 Rechtskreis 70 –, angelsächsischer 633 –, arabisch-islamischer 531 –, europäisch-kontinantaler 203 Rechtskultur 3 f., 22, 24 f., 29, 41, 53, 67, 70, 81, 94, 101 f., 120, 126, 431, 444 –, angelsächsische 3 –, außerokzidentale 68, 70 – der Zadruga 438 – des römischen Rechts 116 –, deutsche 119 –, europäische 24

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–, formale 130 –, globale 3 –, lokale 3 –, magische 71, 78 –, nationale 25, 75 –, national-partikulare 24 –, okzidentale 4, 42,70, 127, 129 –, primitive 29 –, rationale 4, 24, 28 Rechtslehre 64, 489, 493 –, abstrakte 83 – der Priesterschulen 486 –, empirische 83 f., 85, 476, 480 f. –, englische zunftmäßige 476 –, formale 500 –, kanonische 109, 545 –, malikitische 527 –, marxistische 41, 80 –, priesterliche 512 –, rational systematische 486 –, rationale 64 –, „reine“ 22 f., 37, 123 –, soziologische 15, 19, 22 f., 52 –, theoretische 476 –, universitäre 84 Rechtslogik 86, 118, 451, 495, 594 –, abstrakte 581, 589 – Mittel der 305 –, römische 506 Rechtsmagie, Rechtsmagier 71 f., 94  auch: Magie; Magier Rechtsmaximen 121, 592, 595  auch: Maxime Rechtsmittel 447 –, magische 71 –, magistratische 292 Rechtsneubildung 439 Rechtsnorm 20, 22, 31, 37, 41, 191, 219, 222, 224, 228, 238 f., 240, 280, 299 f., 433, 441, 620, 670, 677 f. – Entstehung der 673 –, erzwingbare 588 –, formale 473 –, generelle 441 –, gesatzte 239 –, objektive 197, 251, 670 –, positive 281  auch: Normen Rechtsnormbildung 261, 443 Rechtsoffenbarung 446, 528 −, charismatische 76 f., 125, 618

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Sachregister

− magische Mittel der 441  auch: Offenbarung; Prophet; Prophetie Rechtsoktroyierung 618 Rechtsorakel, israelitisches 463  auch: Orakel Rechtsordnung, Rechtsordnungen 16, 22, 31 f., 44 – 46, 48, 52 f., 59, 67, 70, 124, 183, 191 – 193, 196, 204, 210, 222, 225, 227, 228, 234, 240 – 243, 246, 247, 274, 276, 280, 308 f., 341, 426, 429, 486, 561, 601, 612, 628, 654 –, außerokzidentale 127 –, empirische 36 f., 47, 186 –, ideelle 47, 193 – im Islam 101 – im soziologischen Sinne 193 –, okzidentale 127 –, positive 121, 594 –, rationale 65, 594 – rechtstechnische Eigenart der 346, 658 –, sozialistische 60 –, staatliche 201, 277 –, ständische 590  auch: Normen; Ordnungen Rechtspartikularitäten 99, 347, 367 –, berufstypische 63 –, lokale 63 –, moderne 63 –, ständische 63, 531  auch: Partikularismus; Partikularrecht Rechtspersonalität 379, 532 − Grundsatz der 363, 373  auch: Personalität des Rechts Personalitätsprinzip; Personalrechte Rechtspersönlichkeit 262, 371, 380, 382, 383, 400, 409, 416 – Begriff der 383 f., 421 − der Genossenschaft 410 − der Staatsanstalt 389 f. − von Verbänden 382, 410 Rechtspflege 34, 82, 96, 114, 281 f., 299, 453, 469, 503 –, chinesische 113, 564 – der Geschworenen 130 – Dezentralisation der 484 – durch Rechtsgebildete 618 –, formale 129, 515 –, geistliche/weltliche 532 –, indische 564

–, landesväterliche 561 –, orientalische 564 –, patriarchale 114, 561, 564 –, patriarchal-patrimoniale 152 –, patrimonialfürstliche 152, 561 f., 566 –, priesterliche 570 – Säkularisierung der 504 − ständische 561 – ständischer Charakter der 566 −, theokratische 564 –, unformale 637 –, urwüchsige 286 Rechtspflicht 48, 51, 194, 213, 218 f. –, indirekt garantierte 236 –, staatliche 185, 207 – subjektive Konzeption der 51, 214  auch: Pflicht; Pflichtkonzeption Rechtsphilosophie, rechtsphilosophisch 10, 15, 639 Rechtspositivismus 123 f., 130, 603, 611, 626 Rechtsprätendenten 209 Rechtspraxis, Rechtspraktiker 7, 83, 115, 121 –, prätorische 333 –, zünftig anwaltliche 86 Rechtsprecher 463, 474, 704  auch: Gesetzessprecher Rechtsprinzipen 450, 582, 595 Rechtsprofanierung 320 Rechtsprophet, rechtsprophetisch 77 f., 98, 125, 265, 459, 463, 474, 570 – 572, 618, 638 – charismatischer Charakter der 534 –, islamische 528 f. Rechtsprophetie, rechtsprophetisch 77 f., 115, 128 f., 463, 464, 465, 528, 536 f. –, charismatische 464 f. – Fehlen in China 525  auch: Offenbarung; Prophetie; Rechtsoffenbarung; Rechtsprophet Rechtsquelle 18, 20, 25, 44, 118, 431, 494, 628 Rechtsquellenlehre 122, 239, 434, 630 –, islamische 98 –, moderne 627 –, unmittelbare (im Islam) 527 Rechtsrationalisierung 94, 250, 263 –, formale 567 –, okzidentale 95, 101  auch: Rationalisierung

Sachregister Rechtsrationalismus, Rechtsrationalität 127, 250, 348 –, formaler 129, 636 –, naturrechtlicher/naturrechtliche Axiome des 122, 598 –, okzidentaler 101  auch: Rationalismus Rechtsregel, Rechtsregeln 12, 35 f., 49, 72, 221, 226, 239, 304, 367, 435, 445, 593 f., 668 – Bindung der Hausgewalt an 295 –, formale 517 – Genese von 260 –, hanafitische 533 –, neue 430 Rechtssammlungen 116 Rechtssatz, Rechtssätze 16, 21 f., 25, 37, 44 f.,59, 66 f., 191, 193 f., 198 – 201, 219, 222, 235, 274, 302 f., 305, 307 f., 348, 432, 450 f., 474, 593 f., 626, 653, 678 f. –, abstrakte 622 – als Gewohnheitsrecht 432 – analytische Bildung der 303 – Bestehen eines 652 –, empirisch geltende 199 – Entstehung von 432 –, erlaubende und verbietende 307 –, ermächtigende 308, 653 f.  auch: Ermächtigungssätze, Ermächtigungsnormen – formale Qualitäten des 679 –, gebietende 307 –, rationale 299, 451 –, verbietende 307  auch: Normen; Rechtsnorm; Rechtsregel Rechtssatzung 103, 125, 369, 455 – 458, 469, 471, 555, 638 –, aisymnetische 573 –, kirchliche 546 –, kodifikatorische 574  auch: Kodifikation; Rechtskodifikation –, systematische 116, 618 Rechtsschema, Rechtsschemata 79, 332, 425  auch: Schemata; Kontrakt-; Verkehrs-; Vertragsschemata Rechtsschöpfung, Rechtsschöpfer 66 f., 77, 108, 121, 128, 261, 280, 282 f., 298 f., 301, 303 f., 445, 447, 452, 454, 456, 462, 467, 595 f., 671

–, –, –, – – –, –, − – –, –, –, –, –, –, −

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„freie“ 18 autonome 367 charismatische 78, 121, 125 Dezentralisation der 60, 267, 426 durch Offenbarung 455 formale 109 fürstliche 560 irrationale 672 Monopolisierung der 360 patrimonialfürstliche 560 prophetische 69 rationale 490, 629, 672 sakrale 520 systematische 98, 531 systematisch-rationale 482 und Rechtsfindung 125, 608, 618, 671 f., 618, 670, 672  auch: Rechtsfindung Rechtsschöpfungsmonopol 379 Rechtsschule, Rechtsschulen 363, 487, 505, 530 – an Priesterschulen angeschlossene 486 –, islamische 528, 530, 550 –, orthodoxe (im Islam) 98, 363 –, oströmische 505 –, romantische 73, 75, 119, 123 –, römische 509 –, theokratische 81 − im Islam 438 Rechtsschulung 264 –, rationale 481 f. – Typen der 261  auch: literarische Bildung (Rechtsbildung) Rechtsschutz 232, 319 −, staatlicher 230, 233, 246, 437 Rechtssekten 439 Rechtssicherheit 116, 339, 570, 575 f., 578, 613 –, fiskalische und verwaltungstechnische 569 – Interesse der bürgerlichen Schichten an 569 Rechtssoziologie, Rechtssoziologen, rechtssoziologisch 2, 13 f., 18, 20, 22 f., 61, 70, 73, 80, 117, 122, 126, 130 f., 133, 136, 249, 639 –, empirische 41 –, verstehende 9

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Sachregister

Rechtssphäre 59, 68, 71, 125 f., 271, 277, 301, 385, 389, 671 –, individuelle 200 –, natürliche 16 – von Mitgliedern und Verband 382 Rechtssprichwörter 572, 592 Rechtsstaat, Rechtsstaatlichkeit 21, 129 f., 282 Rechtssubjekt 59, 281, 382, 395 f., 666 Rechtssymbolik, germanische 338 Rechtssystem, Rechtssysteme 3, 18, 42, 44, 72, 89, 291, 438 –, chinesische 152 – des Okzidents 387 –, formales 53 – Lücken des 20 –, orientalische 152 –, rationale 501 Rechtssystematik 120 − des code civil 593 –, logische 631 –, rationale 486 –, rein logische 126 Rechtstechnik, rechtstechnisch 337, 346 f., 379, 382, 384 f., 387, 392, 395 – 399, 402, 405, 413, 497 f., 531, 548, 631, 657 f., 671 – der Thora-Ausleger 537 –, formale 547 –, spätantike 531 Rechtstheorie, Rechtstheoretiker, rechtstheoretisch 10, 22, 40, 62, 118, 126, 274, 281, 482, 583, 666 – des Gewohnheitsrechts 431 –, revolutionäre 610 Rechtsüberzeugung 211 f., 218, 227, 239 Rechtsverband, traditionaler partikularistischer 251 Rechtsverbindlichkeitsvorstellungen 183  auch: Pflichtkonzeption; Verbindlichkeitsglaube; Verbindlichkeitsvorstellung Rechtsvereinheitlichung 115 Rechtsvergleichung 326 –, ethnologisch inspirierte 29 Rechtsverhältnis, Rechtsverhältnisse 31, 59 f., 67, 70, 91, 210, 281, 302, 597, 654 – Beziehung zu Gott als 90 – Existenz eines 209 – juristische Konstruktion der 303 − Komplex von 309

Rechtsweiser, Rechtsweise 448 −, charismatische 460, 468, 500  auch: Rechtspropheten; Rechtshonoratioren; Honoratioren Rechtsweisung −, charismatische 77, 459 −, dinggenossenschaftliche 423 Rechtswirklichkeit 47 − als Gegenstand der empirischen Wissenschaft 192 Rechtswissenschaft 13 – 15, 21, 23, 25, 33, 43, 119, 126, 276 – des 19. Jahrhunderts 116 –, deutsche 120 –, französische 631 –, normative 41, 185 –, soziologische 129, 185 – und Soziologie 41 –, vergleichende 28 Rechtszwang 47, 75, 195 – 198, 201 f., 204 f., 212 f., 225, 244 f., 326, 332, 360, 437, 440, 445, 465, 507, 674 –, gewaltsamer 202, 230 – Organe des 675 –, politischer 437, 439 –, staatlicher 199, 202, 437 f. – zum Contrahieren 315 Rechtszwangsapparat 213, 440  auch: Zwangsapparat Rechtszwangsgarantie 437  auch: Zwangsgarantie Rechtszwangsmittel 207  auch: Zwangsmittel Reflex − der Geltung von Reglements 280 − der Rechtsordnung 276 − eines Reglements 307 − heteronomer 282 f. − von Reglements 561  auch: Rechtsreflex; Reflexrecht; Reflexwirkung Reflexrecht 201, 307, 452 Reflexwirkung 200 f., 275 f., 340, 341, 343 Regel, Regeln 12, 35, 214, 221, 226, 255, 514 – empirische Geltung der 36 – Entstehung von 238 –, ethische 672 –, gesatzte 369 –, konventionelle 226, 240, 376, 552 –, magische 71

Sachregister –, oktroyierte neue 446 –, rationale 52, 381 –, utilitaristische 672  auch: Anstands-; Rechts-; Sonder-; Spezial-; Zweckmäßigkeitsregel(n); Normen; Rechtssatz Regelmäßigkeiten 51, 214, 216, 238, 240 − des Handelns 226 f. − des Lebens 194 − des menschlichen Verhaltens 226 − des Sichverhaltens 221 Regelung –, konventionelle 237 –, normative 46 –, rational gesatzte 240 –, rechtliche 53, 230, 237 –, vertragliche 59  auch: Regeln Regierung 280 – 283 Regierungsgewalt 276 Registerzwang 336 Reglement 275 f., 280, 282, 307, 561, 562, 567, 574, 613, 663, 665 f. −, fürstliches 484 − Recht als 613 – als generelle Anweisung an fürstliche Beamte 561 – subjektive öffentliche Rechte als Reflexe eines 663  auch: Reflex Reichskammergericht 391 f., 484, 585, 722 Reichsrecht −, englisches (des Common Law) 433 −, römisches 346, 404, 433 Religion, Religionen 3, 27, 44, 56, 58, 61, 72, 92, 94, 490 – Islam als 100 –, jüdische 107 –, nationalrömische 499 –, ethisch-dualistische 526 –, prophetische 351 –, protestantische 111 – psychologischer Charakter der 79 –, rationale ethische 513 – Verhältnis zu Recht und Staat 513  auch: Buchreligion Religionsfrevel 293 f., 668 Religionsgemeinschaft (im Christentum) 98 Religionssoziologie 26, 72, 80, 84, 136

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–, systematische 79, 90 Religionswissenschaft –, ethnologische 27 –, vergleichende 28 Rentengüter 345, 359, 722 Rentenkauf 344, 657, 722 Repetundengerichte 502, 722 Repressalie 379 Repudiation 391, 722 Resch Galuta 538, 722 Reskripte 109, 509, 545 Respondenten, Respondenstand 88, 451, 500, 503, 505, 509 Responsen 509, 539, 545, 723 – der islamischen Muftis 531 – der jüdischen Rechtsgelehrten 537 −, talmudische 540 – von Rechtskonsulenten 571 Responsum, responsa (im röm. Recht) 502 – 504 Revolution 185, 570, 592 −, französische 391 Rezeption des römischen Rechts 24, 56, 86, 116 – 118, 121, 257, 424, 431 f., 493, 578, 581 f., 619 Richter, Richtertum, Richterstand 37, 77, 81 f., 125, 209, 219, 281, 284, 325, 327, 440 f., 443, 445, 448 – 451, 459 f., 462, 467, 477, 503, 612 f., 621, 625, 627, 631, 634, 639, 664 –, akademisch gebildete 583 – als Rechtszwangsapparat 675 –, amerikanische 637 –, deutsche 204, 637 –, englische 203 f., 458, 479, 482, 631, 633, 635, 637 f. –, fürstlich gelehrte 584 –, heutige 666 –, islamische 363 – persönliche Autorität des einzelnen 633 –, preußische 587 –, schweizerische 637 –, universitätsgebildetes 578 –, weltliche (islamische) 532 – Zulassung der ... im Schiitentum 533  auch: Laienrichter, Rechtsautomat; Schiedsrichter Richterkönigtum 81 –, englisches 631 Richtsteige 300

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Sachregister

 auch: Prozeßrecht; Rechtsbuch; Rechtsbücherrecht Ritual 85, 491 −, magisches 71 Ritus, Riten, rituell 535, 536, 544 −, magische 94 Romantik 597 −, juristische (und soziologische) 25, 122 römische populus  populus romanus römisches Imperium 548 römisches Kaufgeschäft per aes et libram 319, 332, 326 römisches Recht  Recht, römisches Rotae 584, 723 Russkaja Prawda 469, 472 Sabbatjahr 544, 723 Sabbatruhe 358 Saboraim 539, 723 Sache (im Rechtssinn) 382 Sachgüter 231, 233, 342 Sachsenspiegel 85, 372, 491, 494, 723 sacra 521, 723 Sakralrecht, sakralrechtlich 87, 295, 498, 521, 669 Sakramentalehe 348 f. Säkularisation (des Rechts) 511 Säkularisierung (des Denkens) 512 Sanhedrin 539, 723 Sanktion 225 Satzung 195, 227, 275, 296, 299, 314, 368, 380, 401, 407, 430, 431, 432, 446, 456, 468, 531, 572, 600, 669, 673, 677 –, aisymnetische oder prophetische 573 – als Schöpfung objektiven Rechts 381 – als Vereinbarung der Volksgenossen 380 –, amtsrechtliche 559 – des Rechts 78 –, oktroyierte 454, 467 –, positive göttliche 103 –, rationale 108 f., 235, 546 f., 627 –, vereinbarte 360, 454, 467 –, volksrechtliche 468 –, willkürliche 122, 596  auch: Anstalts-; Rechtssatzung; Recht, gesatztes Satzungsgewalt  Oktroyierungsgewalt Schädigung 228 Scharia, Schariat 491, 521, 532, 723 Scheidungsfreiheit 352 f.

Schemata −, juristische 64 −, rechtstechnische 347, 658 − von Prozeßinstruktionen 496 − von Vereinbarungen 360  auch: Entwicklungs-; Klage-; Kontrakts-; Rechts-; Verkehrs-; Vertragsschema(ta) Schia 98 f., 534, 724 Schicht –, bäuerliche 555, 570 –, bürgerliche 358, 366, 557, 570 –, ständische 579 Schiedsgerichte 91, 403, 524 −, internationale 219 Schiedsrichter 448 Schiedsverfahren 283, 515 Schiedsvertrag 314, 377 Schiitentum 533 Schöffen 86, 459, 460 f., 474, 494 −, germanische 459 Schöffenamt 461 Schöffenkolleg 465, 472 Schranken (des imperiums) 296 –, einverständnismäßige 296 –, gewohneitsmäßige 296 –, konventionelle 296 –, rechtliche 296 „Schraubstock des Begriffs“ 154 Schriftgelehrte 536 Schuld 287, 321, 329 −, deliktische 324 −, kontraktliche 324 −, strafrechtliche 33  auch: Darlehen-; Renten-; Sühne-; Zweckkontraktschuld Schulden 290  auch: Ehrenschulden Schuldhaftung −, kontraktliche 329 f. −, persönliche 290  auch: Geld-; Sühneschuldhaftung Schuldknechtschaft 329, 358 Schuldner 92, 205 Schuldobligationen 328 Schuldrecht 326, 358 Schuldverhältnis 228, 321 Schuldverpflichtungen 245, 340 Schule −, hanbalitische 528, 724 −, historische 23, 26, 119

Sachregister −, rechtshistorische 26 f., 119 −, schafiitische 529, 724  auch: Freirechtsbewegung; historische (Rechts-)Schule; Juristen-; Kommentatoren; Priester-; Rechtsschule Schwarze Listen 205, 208 Schweizerisches Bürgerliches Gesetzbuch 20, 625 Seedarlehen 371, 724 Seewurf 387, 724 Seisinerecht 481, 724 Sekten, puritanische 598, 599 Selbstbürgschaft 328 Selbsthilfe 288, 327, 460, 678 Selbstverfluchung 317, 524 –, magische 437, 674 Selbstverkauf 328 − in die Schuldknechtschaft 329 − in die Sklaverei  Sklaverei Sexualkontrakt 348, 351 Sichverhalten 221, 240 f., 674 –, massenbedingtes 217 – Maßstab des 223 –, rechtlich relevantes 303 Siegel 338 Siete Partidas 575 f., 724 Signorien 493, 724 Sinn – bestimmter Rechtssätze 39 – einer Rechtsnorm 41 – einer Norm 30, 201 –, einverständnismäßig geltender 201 –, gemeinter ... (des Handelns) 214 –, gemeinter ... (von Vereinbarungen) 440 –, ideal geltender normativer 37 –, ideeller 45 –, normativer 38, 191, 307 –, richtiger 192 Sinndeutung 495 –, abstrakte 86, 304 –, logische 82 f., 303 f., 481, 485, 620, 672 Sippe 89, 94, 209, 220, 283, 286, 288, 294, 318, 321, 323 f., 348 f., 362, 420 – 422, 453, 455, 667 −, exogame 317 f. Sippenälteste 293, 324, 446, 448 Sippenexogamie 455, 724 Sippengenossen 106, 209, 291, 293, 316, 321, 323 – 326, 349 Sippengewalt 295, 668

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Sippenhilfe 53, 245 Sippenrachepflicht 437 Sippenverbände 323 f., 420 Sitte, Sitten 44 f., 49 f., 52, 175, 178, 186 f., 194, 210 – 213, 215, 218, 221 f., 226, 236, 238, 240, 247, 259, Sittlichkeit, sittlich 215, 223, 227 – als Verwaltungsprinzip 281 f. – soziologische Betrachtung von 223 − und Recht 223 Sklaven 316, 357 f., 387, 402 − Verwendung von ... in kapitalistischen Betrieben 334 Sklavenehe 356 Sklavenkapitalismus 387 Sklavenmarkt 356 Sklaverei 59, 328, 343, 356 − durch Selbstverkauf 341, 355, 655 – Ergebung in die 355, 656 –, kapitalistische 356 –, patriarchale (des Orients) 357 –, privatrechtliche 600 –, spätrömische 358 – vertragsmäßige Ergebung in/durch Vertrag 341, 348, 655, 658  auch: Plantagensklaverei smeti 489, 725 societas maris 386, 725 Socii vectigalium publicorum 388, 725 sodalicia, sodalitates 402, 725  auch: Verbrüderung Solicitor (Sollicitor) 82, 479 Solidarhaft, Solidarhaftung, Solidarhaftpflicht 30, 60, 105, 344, 347, 385 f. – der Familie(ngemeinschaft) 420 f. − der Sippen- oder Hausgenossen 326 –, hausgemeinschaftliche 385 Sollicitor  Solicitor Solonisches Gesetz 401 Sondernormen (der offenen Handelsgesellschaft) 344 Sonderordnung, ständische 48 Sonderrecht, Sonderrechte 251, 342 – 344, 347, 360 – 362, 365 f., 368, 370 – 375, 552 – 554, 617 −, partikulare 60 – und Landrecht 372 Sonderrechtsinstitut 360 Sonderrechtssätze 342 Sonderregeln 344 Sondervermögen 344, 347

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Sachregister

Souverän, Souveränität, souverän 312, 373, 392, 395, 517, 560 – Begriff der 391 Souveränitätsansprüche 395 Souveränitätsbewußtsein 391 Sozialbeziehungen 96 soziale Wissenschaft  Sozialwissenschaft sozialer Boykott  Boykott, sozialer soziales Leben  Leben, soziales soziales System  System, soziales Sozialismus, sozialistisch 127, 605 f., 609, 612 Soziallehre (des Staates) 195 Sozialökonomik, sozialökonomisch 192, 230, 245 − als empirische Wissenschaft 43 Sozialordnung, ständische 60, 659 Sozialphilosophie 11 Sozialrecht 274 Sozialwissenschaft 12, 33, 35, 44 Sozietätsrecht 388 Soziologentag, (erster) deutscher 13 – 15, 17, 49, 52, 80, 108, 126, 129, 175, 185, 192, 267 Soziologie, soziologisch 5, 9, 13 – 15, 21 f., 29, 33, 41, 131 f., 198, 201 f., 209, 211, 222 – 225, 227 f., 231, 238, 240 f., 252, 306 – 308, 398, 427, 678 – der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken 89 – der Gemeinschaftsformen 177 – des Rationalismus 68 f., 79 –, empirische 214 –, (sinn)verstehende 35, 39, 43 – und Jurisprudenz 627  auch: Kultursoziologie (des Rechts); Moral-; Religions-; Sitten-; Rechts-; Staatssoziologie Soziologie des Rechts  Rechtssoziologie soziologische Betrachtung des Rechts 42 soziologische Theorie normativer Ordnungen 50 Spezialnormen 341  auch: Sonderrecht; Sonderrechtsinstitut; Sonderrechtssätze Sphäre, Sphären 58, 64, 68, 89, 283 f., 413 – der Herrschaft 29, 159 – der religiösen Mächte 29 – der wirtschaftlichen Ordnungen 29

– –, –, –,

des Erbrechts 310 ökonomische 54, 310 politische 54, 56, 113 rechtliche 3 f., 54, 56, 77, 79 f., 85, 159, 265 –, religiöse 54, 56, 85, 91 f., 113 –, wirtschaftliche 99  auch: Freiheits-; Geltungs-; Interessen-; Privatrechts-; Rationalitäts-; Rechtssphäre Sphärenordnung 155 Spielregeln 514 Spolienklage 547, 725 Sponsor 328 sruti 489, 725 Staat 22, 39, 53, 58, 92 f., 109, 177, 202, 210, 220, 247, 281, 306, 387, 389, 391, 395, 399, 403, 411 – als Anstalt 198 – als Form der Vergesellschaftung 599 – als Objekt der privaten Verfügungsgewalt 277 – als Rechtsverhältnis 209, 210 – Befehl des 246 – Begriff des 600 –, bürokratischer spätrömischer 88, 505 – Entwicklung des 56 –, hellenischer 336 – im englischen Recht 415 –, moderner 127, 281, 298, 666 – Organe des 663 –, rationalistischer moderner 609 –, säkularisierter 100 –, spätrömischer 336 – und Kirche (des Mittelalters) 512 – Wesen des 21, 44  auch: Fürsten-; Rechts-; Stände-; Unrechts-; Vernunft-; Wohlfahrtsstaat Staatsanstalt, staatsanstaltlich 197 f., 205 f., 274, 275 f., 281, 313, 379, 389, 418, 666 – als alleinige Quelle legitimer Gewalt 278 – als anstaltsmäßige Vergesellschaftung 669 − als Rechtspersönlichkeit 389 –, moderne 296 f., 554 − Organe der 664, 667, 678 –, politische 368 –, rationale 297, 670 Staatsapparat 308

Sachregister Staatsbegriff 21 –, juristischer 40, 203 –, soziologischer 198, 203 Staatsbudget 234 Staatsbürger 92, 281 Staatsgewalt 281 Staatslehre 252 –, genossenschaftstheoretisch-organizistische 281 –, mittelalterliche organische 417 –, soziologische 9, 56, 89 Staatsorgane 187, 234, 236, 275, 277 f., 281  auch: Organ Staatspächter 388 Staatsphilosophie 297 Staatsräson 120 Staatsrecht 298, 553, 670 –, römisches 295 –, wissenschaftliches 297 Staatsrechtsdogmatik 281 Staatsrechtslehre 610 –, allgemeine 610 Staatssoziologie 131 Staatstheorie 210 Staatswissenschaft 132 Staatszwecke 280 Stadt, Städte 94, 136, 371, 379, 417, 492 –, antike 576 –, chinesische 94 –, englische 371 –, hellenische 336 –, hellenistische 336 –, italienische 492, 548, 559, 612 –, mittelalterliche, nord- und mittelitalienische 386 –, okzidentale 94 –, souveräne (italische) 399 Stadtbürger 423 Stadtgemeinde 364, 405, 417 Stadtkönigtum, Städtekönigtum 576 Stadtprivileg 414 Stadtrecht, Stadtrechte 371, 568 −, italienische 364 Stadtverband 362 Stammesverband 318, 362 Stand, Stände, ständisch 48, 81, 127, 177, 313, 366, 368, 370, 371, 378, 394, 402, 456, 479, 484, 491, 494, 535, 552, 569 f., 577, 579, 591, 615 – 617, 659, 669

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− Struktur des englischen Staatswesens 414 − Struktur des politischen Gebildes 392 Ständekampf 572 Ständekompromisse 570 Standesgenossen 232 Standesprivilegien 367 Standesrecht 370 f., 377, 531, 616 Ständestaat 298, 670 –, politische Struktur des 411 Ständeversammlung 549 Status 63, 262 −, sozialer 320 Status-Klage 293, 321, 725 Statuskontrakt 63, 99, 262, 315, 318, 320, 361, 387 Statusstreitigkeiten 322 Statusverband 373 f. Statutarrecht, römisches 553 Statute Law, englisches 258, 430, 482, 673 Statuten, italienische 553, 554 Statutenbestimmung (der Kaufleute) 208 Stellvertretung 334, 388 –, direkte (bei Rechtsgeschäften) 333 –, gerichtliche 542 –, indirekte 334 –, prozessuale 402, 478, 542  auch: Prozeßstellvertretung Stereotypierung (rational vereinbarte magische) 520 Stiftung 383 f., 396, 397 –, religiöse 396  auch: Familien-; Klosterstiftungen Stiftungsbegriff 395 – 397 Stiftungsrecht (des islamischen Rechts) 420 Stipulatio, Stipulation 326 f., 327, 330, 725 Stoa, stoisch 356, 595 Strafe 6, 202, 286 f., 294 – Begriff (im russischen Recht) 554 –, interne 294 – ökonomische Betrachtung von 555  auch: Konventionalstrafe; Sanktion Strafgewalt 295  auch: Gewalt Strafjustiz 286 Strafmittel 243 Strafprozeßrecht 295, 669 Strafrecht 6, 33, 293, 295, 667 – 669

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Sachregister

–, allgemeines 48 –, chinesisches 94 –, frühneuzeitliches 240 –, indisches 524 –, politisches (in Indien) 524 f. –, rationales 554 Strafverfahren, sakrales 294 Streitschlichtung –, hausherrliche 453 –, interne (der Sippe) 324 –, patriarchale 362 Streitvereinbarung 292 stummer Tausch  Tausch, stummer Subjektionslehre 274 Substantiierungsprinzip 496 Subsumtion 82, 481 Suggestion 215, 216, 217 Sühne 286 – 289, 327, 460, 464 –, sakrale 294 Sühne- und Beweisvertrag 667 Sühnehaftung 329, 332 Sühnejustiz 289 Sühneschuld 321 Sühneschuldhaftung 324 Sühneverfahren 287, 321, 362, 453 –, sakrales 294, 668 – zwischen den Sippen 286, 453, 510, 514 f., 667 Sühnevertrag 283, 314, 327, 448 Summariissimum 547, 725 Sunna(h) 98, 490, 527 – 529, 530, 533, 725 Supreme Court 600, 603 Sure, Suren 441, 487, 725 Syllogismus, syllogistisch 21 Symbol, Symbolik, symbolisch 331, 337, 338 Symbolismus 62 Synagoge 397, 544 Synthese 499 − von Rechtsverhältnissen 67 System −, hinduistisches soziales 92 f. −, soziales (der Privatwirtschaft) 230 −, ständisches 92 f. − von Regeln 67 − von Rechtssätzen 192  auch: Rechtssystem Systematik 83 – 85, 87, 101, 501, 504, 540, 541, 618 – der fürstlichen Kodifikationen 573

− des allgemeinen preußischen Landrechts 588 – des Rechts 494 –, kodifizierte (des Rechts) 95 –, rationale (des Rechts) 480, 511  auch: Rechtssystematik Systematisierung 66 – 69, 81, 83, 87 f.,, 100, 104, 109, 115, 119, 301, 302 f., 569, 619 – der religiösen Ethik 621 – des Rechts 93, 116, 575, 619 –, dogmatische 118 f. –, logische (des Rechts) 99, 533 –, priesterliche 85 –, rechtsdogmatische (des Code civil) 120 Systembildung 7, 67, 128 −, juristische 47 Systemcharakter (des modernen formalrationalen Rechts) 48 Talmud 104, 106 f., 490, 539, 726 Tannaim 537, 539, 726 Tao 103 Täufertum, täuferisch 122, 598, 599 Tausch 228 f., 309, 317, 319, 327, 654 –, stummer 229, 318, 726  auch: Frauentausch Tausch, ökonomischer 318 Tauschakt 231 Tauschbeziehungen 229 Tauschgüter 319 Tauschobjekt 232 Tauschverkehr 231 f. Tauschwirtschaft 381 Technik, Techniken –, empirische (der islamischen Justiz) 529 −, irrationale (der Rechtsschöpfung) 69 –, juristische 301 –, rationale (des römischen Rechts) 504  auch: Prozeß-; Rechts-; Urkundentechnik Testament 311, 336, 353, 394, 521 Testierfreiheit 122, 311, 347, 353 – 355 Theokratie, theokratisch 94, 513, 516 f., 525, 534, 618, 634 – antiformale Tendenzen der 565 Theologie 545 −, christliche 108 −, okzidentale 102, 538

Sachregister Theorie − (abstrakte) ökonomische 31, 227  auch: Anstalts-; Genossenschafts-; Korporations-; Rechts-; Staats-; Verbands- und Anstalts-; Vertrags-; Zwangstheorie Thesmotheten 464, 726 Thora, Thorainterpretation 102, 105 f., 489 f., 535, 537 f., 726 Tora  Thora „tote Hand“ 371, 413, 414, 521 Totemverbände 402 Totschlag 206, 555 Tradition 23, 72, 78, 86, 226 f., 247, 296, 360, 406, 443, 446 f., 453 – 455, 466 – 468, 494, 518, 526, 527, 529, 537, 560, 564, 596, 611, 669, 675 –, heilige 530, 532, 535 – Heiligkeit der 122 –, islamische/im Islam 530 – Rationalisierung der 74 – revolutionäres Potential der 74 –, sakrale 520 – Stabilität der 78 – Unverbrüchlichkeit der 77 Traditionalismus –, chinesischer 532 – des englischen juristischen Betriebspraktikers 82 Traditionsbildung 226 Traditionshandlungen, symbolische 338 Traditionsnorm 675 Träger –, amtliche (des Rechtswissens) 472 −, charismatische (des Rechtswissens) 471 f. − der Rechtsbildung 424 – der (jüdischen) Rechtsentwicklung 539 − der Rechtslehre 482 − der Rechtspflege 474 – der Tradition 454, 596 – des Rechtsgangs 467 – einer empirischen Rechtsentwicklung 495 – einer zünftigen Rechtsschulung 495 – eines imperiums/imperia 295 f. − von Mächten 513 trespass 332, 506, 726 „Treu und Glauben“ 326 Treuhänder 412, 413, 417, 419

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Trudowaja norma 605, 726 Trust 413 Trustee  Treuhänder Trustkorporation 410, 424 Übung (als Recht geltende) 72, 212 ultra vires 415, 419 Umstand 287, 288, 466, 470, 473 Umwelt 194, 199, 211, 213, 217 f., 220, 229, 536, 537 –, beruflich bestimmte 220 –, ethnisch bestimmte 220 –, nachbarschaftlich bestimmte 220 –, politisch bestimmte 220 f. –, religiös bestimmte 220 –, ständisch bestimmte 220 –, verwandtschaftlich bestimmte 220 Unfreiheit, persönliche 357, 365 Ungenosse 317, 322 Universalismus – der Herrschaft der Tradition (im Islam) 530 – der Rechtsgeltung 99 –, ethischer und rechtlicher 127 –, formaler und materialer 127 –, rechtlicher 93 Universität 83, 493 –, islamische 530 Universitätsbildung 80, 83, 484 –, abendländische 545 –, rationale juristische 484 –, romanistische 635 Unrecht 76, 103, 129, 287, 290 f., 321 Unterbietungs-Konkurrenz 208, 231 Unternehmung, kapitalistische 386 Unterordnungsverhältnis 662 Untertan 92, 363, 585 Unterworfene 296 Urim und Tummim 442, 463, 536, 726 Urkunde, Urkunden 338, 346, 347, 418, 524 − als (symbolischer, sinnlicher) Träger von Rechten/Rechtsträger 60, 337, 347, 658 –, babylonische 541, 577 – germanische Auffassung der 541 −, kappadokische 246 −, mittelalterliche 337 −, notarielle 492 – Wertpapiercharakter der 542

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Sachregister

 auch: Beweis-; Dispositiv-; Inkorporations-; Königsurkunde Urkundenbeweis 338, 492 Urkundentechnik 336 Urmensch 214 Urteil 220, 287 f., 457, 469 f., 472  auch: Beweisurteil; Exekutionen (von Urteilen); Gottes-; Kausal-; Zurechnungsurteil Urteilende, Urteiler 220, 466, 477 f. Urteilsfindung, germanische 465 Urteilsschelte 288, 466, 470, 472 Urvertrag 599 f. usus modernus (Pandectarum) 119, 493, 589 Vasall 316, 370, 423 Vasallenstand 369 f. Veden 488 f., 726 venditio 506, 726 Verband, Verbände 177, 195, 196, 199, 203, 208, 218, 221, 230, 247, 320 – 323, 362 f., 365 f., 369, 379 – 383, 384, 385, 391, 403 f., 407, 409, 413 – 415, 420, 423 f., 430, 455, 524, 560, 673 – als Träger einer Rechtsbildung 306 – als Träger subjektiver Rechte 379 – anstaltsmäßig organisierter politischer 360 – Ausschluß aus einem 202, 207 –, chinesische 402 –, demokratische politische 612 –, englische 410 –, genossenschaftlicher 380 –, gewillkürte 402 –, heteronomer 361 –, leiturgischer (in England) 407 –, militärischer 322 –, mittelalterliche 402, 412 –, nachbarschaftlicher 293, 668 –, öffentliche 66, 109, 298, 390 –, öffentliche (als Korporationen) 547 –, ökonomische 424 –, okzidentale politische 562 – Organe des 384 −, patriarchaler Charakter des 525 –, persönlicher 316 –, politischer 53, 56, 60,114, 198, 207 f., 245, 251 – 253, 257, 263 f., 279, 293, 297, 301, 313 f., 316, 321 f., 324, 360, 364 f.,

369, 390, 392, 406, 411, 424, 455, 467 f., 513, 525, 535, 561 f., 570, 612, 668, 670 f. –, private 421 – Rechtsstruktur der 409 –, sippenmäßiger 293 –, ständische 206, 377  auch: Bürger-; Familien-; Gemeinde-; Haus-; Herrschafts-; Lasten-; Nachbarschafts-; Personal-, Rechts-; Stadt-; Stammes-; Status-; Verbrüderungs-; Wehr-; Zwangs-; Zweckverband Verbands- und Anstaltstheorie, soziologische 264 Verbandsautonomie 422 Verbandsbegriff 263 Verbandsbildung 349 Verbandsentwicklung, politische 253 Verbandsgenossen 362 f., 381 Verbandsgott 103 Verbandshandeln 50, 177, 180, 198, 221, 237 Verbandsnormen 423 Verbandsorgane 379, 381, 600 Verbandsperson, reale 382 Verbandspersönlichkeit, anstaltliche 410 Verbandsrecht 380, 410, 423 –, privates 422 Verbandsstruktur, anstaltsförmige 410 Verbandsvermögen 285, 383 Verbindlichkeit 49, 51, 214 f. – Genese von 265 – Konzeption einer 213 Verbindlichkeitsanspruch  Anspruch Verbindlichkeitsgefühl 51, 216 Verbindlichkeitsglaube 51, 72 Verbindlichkeitsvorstellung 259, 265  auch: Rechtsverbindlichkeitsvorstellungen Verbotsanordnungen 427 Verbotsnormen 426, 429 Verbrechen 6  auch: Zweikampfverbrechen Verbrüderung 317, 321, 323, 362, 385 – 387, 402 f., 420 Verbrüderungsakt 317 f. Verbrüderungskontrakt  Verbrüderungsvertrag Verbrüderungsverband 325 Verbrüderungsvertrag 316 f., 320, 327 Verein, Vereine 367 f., 379, 400 f., 407, 416 − ohne Rechtspersönlichkeit 204, 419

Sachregister –, römischer 402 Vereinbarung 42, 75, 193, 200, 228, 235, 262, 285, 307, 309, 339, 344 f., 359, 436, 454 – 456, 622, 653, 656 f., 659, 674 f. –, freie 312, 314 f., 426, 661 −, kontraktliche 311 f. –, rationale 369, 440, 599 – über die väterliche und eheherrliche Gewalt 345 – über sexuelle Beziehungen 345 –, zweckrationale 443  auch: Streitvereinbarung Vereinsautonomie 367, 401, 416 Vereinsbildung 416 Vereinsrecht 379 Verfassung 234, 235, 236 –, amerikanische 594 –, englische 218 –, französische 594 –, gewohnte 430, 673 – im empirischen Sinne 430 – im juristischen Sinn 235 – im soziologischen Sinn 235 –, moderne 678 – öffentlicher Anstalten 384 –, oktroyierte 430, 673 –, theokratische 537  auch: Anstalts-; Körperschafts-; Militär-; Wirtschaftsverfassung Verfassungskonflikt, preußischer 235 Verfassungslücke 185, 234 – 236, 237, 610  auch: Lücke; Lückenhaftigkeit; verfassungsrechtliche Lücken Verfassungsnormen 281 Verfassungswandel 235 Verfügung 88, 228 −, letztwillige 353, 355  auch: Testament − über Güter 200 − über Produktions- und Erwerbsmittel 59 Verfügungsgewalt 47, 193, 231, 340 –, ökonomische (über Güter) 200 − über eine Sache oder Person 307 − über Güter und ökonomische Dienste 192 Verfügungsmacht 228, 231 Verfügungssphäre 308 Vergemeinschaftung 196, 198, 205, 310  auch: Konnubial-; Markt-; Tischvergemeinschaftung

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Vergesellschaftung 48 – 50, 195, 222, 224 f., 231, 237, 279, 298, 311, 314, 361, 382, 385, 421, 424 f., 439, 512, 599, 665, 670 –, anstaltsmäßige 296, 669 –, gewillkürte 408 –, rationale 233, 436 – von Einverständnissen 46 – zwischen Einzelnen 285  auch: Dauer-; Gelegenheits-; Gesamthand-; Männer-; Marktvergesellschaftung Vergesellschaftungsformen, kapitalistische 346 Vergesellschaftungsprozeß 52, 241 Verhalten 193, 202, 213 f., 222, 224, 227, 237 f., 240 –, äußeres 222, 223 –, menschliches 199 –, rechtlich erlaubtes 308 –, rechtmäßiges 222 –, wirtschaftliches 243  auch: Sichverhalten Verhandlungsmaxime 451, 477, 515, 519, 549, 563, 726 Verkehr −, wirtschaftlicher 229, 230  auch: Handels-; Markt-; Tauchverkehr Verkehrsgemeinschaften, soziale 212 Verkehrsinteressen 292 –, bürgerliche 590 Verkehrsrecht 375, 521 –, kapitalistisches 541 −, römisches 376 Verkehrsschemata, rechtstechnische 346 Verkehrssicherheit 292 Vermächtnisse 394 Vermögen 285  auch. Anstalts-; Fiskal-; Korporations-; Privat-; Sonder-; Verbands-; Zweckvermögen Vermögenshaftung 330 Vermögensrecht, staatliches 374 Vernunft 123, 601 – 603 Versprechen, Versprechungen 228 f., 320, 323 Verstehen − Postulat des 39 − menschlichen Handelns 41 verstehende Soziologie  Soziologie, verstehende

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Sachregister

Vertrag, Verträge 63, 204, 250, 286, 328, 331, 339, 341, 373, 380 – als Schöpfung subjektiver Rechte 381 – Anerkennung von 344 –, freier 241 –, privatrechtlicher 312, 314  auch: Arbeits-; Beweis-; Ehe-; Erb-; Gesellschafts-; Herrschafts-; Kaufvertrag; Kontrakt; Prozeß-; Schieds-; Sühne-; Ur-; Verbrüderungsvertrag Vertragsfreiheit 59 f., 122, 251, 308 – 310, 339, 341, 343, 345, 359, 361, 369, 425 f., 600, 602, 604, 653 – 655, 657, 659 f., 660 – als formal rationalistisches Naturrecht 124, 604 – als Freiheitsrecht 599 – Einschränkungen der 344, 656 – Entwicklungsstadien der 268, 310 – Grenzen der 345, 657 – Prinzip der 653, 660 – rationalistisches Naturrecht der 604 – Schranken der 339, 348, 358, 658 –, sexuelle 345, 348, 350 f., 352 Vertragsklage 290 Vertragslegalität 53, 247 Vertragspartner 262 Vertragsrecht 127 Vertragsschemata 60, 87, 359, 497, 659 f. Vertragstheorie 599 Vertragsverletzung 199 Verursachung, adäquate 239 – Lehre von der 34 Verwaltung 280 – 285, 299, 452 f., 455, 665 –, bürokratische 408 f. –, chinesische 95 –, honoratiorenmäßige 409 –, konstitutionelle 312 –, normannische 415 –, öffentliche 280 –, patriarchale 565 –, patrimoniale Struktur der (in England) 416 –, patrimonialfürstliche 566 –, private 280 –, rationale 96, 511 –, regierende 280 –, staatliche und kommunale englische (als Rechtspersönlichkeit) 411 −, ständisch-patrimoniale 152  auch: Honoratioren-; Selbstverwaltung

Verwaltungshandeln 280 Verwaltungsrecht 275, 374, 553 Verwaltungsrechtspflege 395 Verwaltungsrechtsweg 391 Vindicatio, Vindikation 291, 322 −, doppelseitige (römische) 292, 324 727 Völkerrecht 313 Volksgeist, Volksgeistlehre 21, 23 – 25, 27, 76, 122, 431, 434, 444, 597 Volksgemeinde 462 Volksgericht, attisches 495 Volksjustiz 130, 294, 502, 510, 517, 636 Volksrecht 364, 380, 432, 444, 463, 468, 473, 559, 574, 727 –, deutsches 478 –, germanisches 314 Vollstreckung 288, 298  auch: Zwangsvollstreckung voluntaristischer Zustimmungsakt 49 Vorderasien 64 Vorsprecher 477 – 479, 484  auch: Fürsprecher wadiatio 330, 727 Wahrheitsermittlung, amtliche 563 wakuf 396, 397, 727 Wechsel 506, 620, 727 Wechselrecht 119, 590 Wechselwirkung –, psychische (der Gruppenmitglieder) 215 – von rechtlicher und religiöser Rationalisierung 113 – von Wirtschaft und Recht 53 Wechselwirkungslehre 35 Wehrgemeinde 77, 321, 468 f., 471, 473 –, germanische 471 –, römische 458, 471 Wehrverband 294, 423, 467, 668 Weistum, Weistümer 77, 422 – 424, 442, 457, 571 –, germanisches 456 Weltbild, Weltbilder 79 f. –, juristisches 36 –, magisches 96 Weltrecht 86 Wergeldtarifierungen 555, 727 f. Wertirrationalismus 628 Wertpapier, Wertpapiertypen 338, 388, 492, 541 –, okzidentales 542

Sachregister Wertungsjurisprudenz 126 f. Werturteil, Werturteilsfragen 14 f., 18 Wiedergeburt (Rad der) 92 Willenserklärung 118, 224, 243 – Begriff der 582 Willkür 48, 60, 95, 201, 282, 360, 727  auch: Parteiwillkür „Willkür bricht Landrecht“ 523, 531, 577, 619, 659 Wirklichkeitswissenschaft, wirklichkeitswissenschaftlich 12, 25 Wirtschaft 3, 15, 56, 58, 64, 212, 244 f., 247 –, kapitalistische 635 –, kommunistische 408 – Macht des Rechts über die 243 –, rationale 535, 619 – Struktur der 654 − und Recht 135  auch: Eigen-; Markt-; Natural-; Tauschwirtschaft; sowie die Einträge unter: Rationalisierung; Recht; Wechselwirkung Wirtschaftsbeziehungen 307 Wirtschaftsethik 106 Wirtschaftsgemeinschaften 407 Wirtschaftshandeln 243 Wirtschaftslehre, kanonistische 607 Wirtschaftsliberalismus, naturrechtlicher 124 Wirtschaftsordnung 16, 46 f., 52 f., 193, 231, 242, 247, 308, 427, 653 −, empirisch verstandene 175 Wirtschaftspolitik, merkantilistische 233 Wirtschaftsverfassung, römische 388 Wissenschaft 64, 68 –, empirische 47 –, gemeinrechtliche 431 –, historische 57 –, rationale 68  auch: Geschichts-; Gesellschafts-; Kultur-; Natur-; Pandekten-; Rechts-; Religions-; Sozial-; Staats-; Wirklichkeitswissenschaft Wohlfahrtsbürokratie, monarchische 624 Wohlfahrtspflege, patriarchale 566 Wohlfahrtsstaat, wohlfahrtsstaatlich 233, 585 f. Wortformalismus 477, 557, 559 writ 82, 300, 563, 449 writ of assumpsit 332

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Writ of trespass (on the care of assumpsit) 289 f. Writ-Prozeß 300, 452, 556 Writ-Recht, englisches 555 f. Wucherverbot 521, 522, 546, 608 Yasa, Sammlung der 575, 727 Zabernaffäre 182 Zadruga 437 f. −, slawische 203  auch: Hauskommunion Zahlungsmittel 245 f. –, chartales 246 –, pensatorisches 319  auch: Geld; Papiergeld Zarathustra, zarathustrisch 526, 534, 727 Zauber 317, 446, 668 −, böser 293 Zaubereiprozeß 464 Zauberer 78, 446 f., 455 Zaubergarten 71, 91 Zaubermittel 71, 287, 316, 447 Zauberpriester, Zauberpriestertum 464, 564 −, taoistische 525  auch: Fetischpriester Zeitalter, prophetisches 75 – Abschluß des 528 − charismatisches ... der Rechtsschöpfung 488 Zensor 374, 393, 727 f. −, römischer 392 Zession 334, 728 − von Forderungen/Forderungsrechten 341, 344 Zessionsrecht 334 Zinsverbot 106, 522, 546  auch: Wucherverbot Zitiergesetze 509, 586 Zivilprozeß 298 −, klassischer römischer 300 Zivilrecht, zivilrechtlich 2, 6, 73, 118, 286, 373, 374, 378, 389, 521, 667 –, materielles 547 –, römisches 320, 326, 375, 387 Zunft, Zünfte 364, 416 f., 480, 484, 492, 494, 568, 728 –, gewerbliche 480 – soziale Macht der 357 Zunftbann 232, 728

790

Sachregister

Zunftordnung 568 Zunftrecht 568 Zunftwesen (chinesisches und russisches) 421 Zurechnung 198 −, historische 34 −, kausale 31 f. −, strafrechtliche 34 Zurechnungsurteil, soziologischhistorisches 6 Zwang 32, 47, 196, 205, 221, 232, 243, 324, 426 f., 428 f., 462, 661 –, autoritärer 428 – durch Marktkampf 661 – kraft persönlicher Autorität 661 f. –, physischer 197 f., 199, 205, 225 –, psychischer 199, 205, 220, 225 – soziologische Struktur des 225  auch: Anstalts-; Duell-; Konzessions-; Leihe-; Publikations-; Rechts-; Registerzwang Zwangsanstalt 306 −, universalistische 52, 247 Zwangsanwendung 53 Zwangsapparat 42, 48 – 50, 184, 194 – 199, 201, 203 – 205, 212, 218, 221, 225, 228 – 230, 237, 239, 242, 296, 306, 307, 434, 437, 439 f., 445, 669, 673, 677 – der politischen Gewalt 232 –, politischer 202 –, staatlicher 203, 231 Zwangschancen 183, 285 Zwangsgarantie 52, 74 f., 184, 237, 240, 309, 341, 441, 443, 654, 675 –, staatliche 246 Zwangsgebilde, ständisches 52, 248 Zwangsgenossenschaft 420 Zwangsgewalt, Zwangsgewalten 219, 232, 225, 239, 247, 308, 406, 462, 654, 662 – autoritärer Charakter der 429 −, legitime 247 Zwangshandeln 217 Zwangshilfe 205 Zwangslage 428

Zwangsmacht (der Verbände) 208 Zwangsmittel 195, 202, 205 – 209, 219, 227, 243, 296, 325, 391, 406, 452, 524, 669 − der politischen Gewalt 199 –, leiturgische 390 –, physische 48, 198, 201, 204, 211, 227 –, psychische 48, 204, 211, 227 Zwangsverband 415 Zwangsvollstreckung 197 Zwangsvollstreckungsmittel 92 –, magisches 524 Zwangswirkung 307 Zweck, Zwecke − der Normdurchsetzung/des Rechtszwangs 48 f., 205 − des Rechts 639 −, öffentliche 313  auch: Staatszwecke Zweckanstalt 415 Zweckhandeln 514 Zweckkontrakt 63, 99, 152, 262, 315, 317, 320, 327, 331 f., 361, 370, 381, 387, 439, 501, 600 Zweckkontraktschuld 325 Zweckmäßigkeit (als Verwaltungsprinzip) 282 f. Zweckmäßigkeitsgründe 201 Zweckmäßigkeitsregeln 304, 672 Zweckrationalität, zweckrational 199, 229 –, materiale und unformale 618 Zweckverband 342, 407, 415 −, anstaltsmäßiger 218 –, rationaler (des Betriebs) 616 Zweckvermögen 383 – Begriff des 412 Zweikampf 204, 206, 240, 442, 449, 554, 558 –, gerichtlicher 240  auch: Duell Zweiseitenlehre (des Rechts) 50 Zwölftafeln, Zwölftafelgesetz, Zwölftafelsätze 325, 330, 332, 367, 375, 401, 431, 497, 508, 570 – 573, 592, 728

Seitenkonkordanzen

Die Seitenkonkordanzen beziehen sich auf die bisher gebräuchlichen Voreditionen der in diesem Band edierten Texte. Es handelt sich um: WuG2/WuG3 Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung III), 2. vermehrte Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1925; 3., unveränderte Auflage 1947. WuG4

Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Mit einem Anhang: Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik, hg. von Johannes Winckelmann. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1956.

WuG4a

Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Studienausgabe, hg. von Johannes Winckelmann. – Köln, Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1964.

WuG5

Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, hg. von Johannes Winckelmann, 5., revidierte Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1976.

Die Paginierung der Textzeugen, die der Edition zugrundeliegen, wurde dem edierten Text marginal beigefügt.

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

181 181 181/182 182 182 182 182/183 183 183 183/184 184 184 184/185 185 185

368 368 368/369 369 369 369 369/370 370 370 370/371 371 371 371/372 372 372

Die Wirtschaft und die Ordnungen 1. Rechtsordnung und Wirtschaftsordnung 191 181 233 192 181 233 193 181/182 233/234 194 182 234 195 182 234 196 182 234/235 197 182/183 235 198 183 235/236 199 183 236 200 183/184 236 201 184 236/237 202 184 237 203 184/185 237/238 204 185 238 205 185 238/239

792

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

206 207 208 209 210

185/186 186 186 186 186/187

239 239 239 239/240 240

185/186 186 186 186 186

372/373 373 373 373 373

2. Rechtsordnung, Convention und Sitte 210 187 240 211 187 240/241 212 187 241 213 187/188 241 214 188 241/242 215 188 242 216 188/189 242/243 217 189 243 218 189 243/244 219 189/190 244 220 190 244 221 190 244/245 222 190/191 245 223 191 245/246 224 191 246 225 191 246 226 191/192 246/247 227 192 247 228 192 247 229 192/193 247/248 230 193 248 231 193 248 232 193 248 233 193 248/249 234 193/194 249 235 194 249 236 194 249/250 237 194 250 238 194 250

187 187 187 187/188 188 188 188/189 189 189 189/190 190 190 190/191 191 191 191 191/192 192 192 192 192/193 193 193 193 193/194 194 194 194 194

374 374 374 374/375 375 375 375/376 376 376 376/377 377 377 377/378 378 378 378 378/379 379 379 379 379/380 380 380 380 380/381 381 381 381 381

3. Bedeutung und Grenzen des Rechtszwangs für die Wirtschaft 238 195 250/251 194/195 239 195 251 195 240 195/196 251/252 195 241 196 252 195/196 242 196 252/253 196 243 196/197 253 196/197 244 197 253/254 197 245 197/198 254 197/198 246 198 254 198

381/382 382 382 382/383 383 383/384 384 384/385 385

793

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

247

198

254/255

198

385

§ 1. Die Differenzierung der sachlichen Rechtsgebiete 274 387 495 275 387 495 276 387 495/496 277 387/388 496 278 388 496 279 388 496/497 280 388/389 497 281 389 497/498 282 389 498 283 389/390 498/499 284 390 499 285 390 499 286 390/391 499/500 287 391 500 288 391 500/501 289 391/392 501 290 392 501 291 392 501 292 392 501/502 293 392/393 502 294 393 502 295 393 502/503 296 393/394 503 297 394 503/504 298 394 504 299 394/395 504/505 300 395 505 301 395 505//506 302 395/396 506 303 396 506/507 304 396/397 507 305 397 507/508

387 387 387 387/388 388 388 388/389 389 389 389/390 390 390 390/391 391 391 391/392 392 392 392 392/393 393 393 393/394 394 394 394/395 395 395 395/396 396 396/397 397

387 387 387 387/388 388 388 388/389 389 389 389/390 390 390 390/391 391 391 391/392 392 392 392 392/393 393 393 393/394 394 394 394/395 395 395 395/396 396 396/397 397

§ 2. Die Formen der Begründung subjektiver Rechte 306 397/398 508 307 398 508/509 308 398 509 309 398/399 509/510 310 399 510 311 399/400 510/511 312 400 511 313 400 511/512

413 413 413/414 414 414/415 415 415 415/416

413 413 413/414 414 414/415 415 415 415/416

Die Entwicklungsbedingungen des Rechts

794

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 358 359 360

400/401 401 401 401/402 402 402/403 403 403 403/404 404 404/405 405 405 405/406 406 406 406/407 407 407 407/408 408 408 408 408/409 409 409 409/410 410 410 410/411 411 411 411/412 412 412 412/413 413 413/414 414 414 414 414/415 415 415 415/416 416 416/417

512 512/513 513 513/514 514 514/515 515 515/516 516 516/517 517 517/518 518 518/519 519 519/520 520 520 520/521 521 521/522 522 522 522 522/523 523 523/524 524 524/525 525 525/526 526 526 526/527 527 527/528 528 528/529 529 529/530 530 530 530/531 531 531/532 532 532/533

416 416 416/417 417 417 417/418 418 418/419 419 419/420 420 420 420/421 421 421 421/422 422 422 422/423 423 423 423 423 423/424 424 424 424/425 425 425/426 426 426 426 426/427 427 427/428 428 428 428/429 429 429 429/430 430 430 430/431 431 431 431/432

416 416 416/417 417 417 417/418 418 418/419 419 419/420 420 420 420/421 421 421 421/422 422 422 422/423 423 423 423 423 423/424 424 424 424/425 425 425/426 426 426 426 426/427 427 427/428 428 428 428/429 429 429 429/430 430 430 430/431 431 431 431/432

795

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407

417 417 417/418 418 418 418/419 419 419 419/420 420 420 421 421 421 421/422 422 422/423 423 423 423/424 424 424 424/425 425 425 425/426 426 426 426/427 427 427 427/428 428 428 428/429 429 429 429 429/430 430 430 430 430/431 431 431 431/432 432

533 533/534 534 534 534/535 535 535/536 536 536/537 537 537/538 538 538 538/539 539 539/540 540 540 540/541 541/542 542 542/543 543 543 543/544 544 544/545 545 545/546 546 546/547 547 547 547/548 548 548 548/549 549 549 549/550 500 500 550/551 551 551/552 552 552/553

432 432 432/433 433 433 433/434 434 434 434/435 435 435/436 436 436 436 436/437 437 437/438 438 438 438/439 439 439 439/440 440 440/441 441 441 441 441/442 442 442/443 443 443 443 443/444 444 444 444 444/445 445 445 445/446 446 446 446/447 447 447

432 432 432/433 433 433 433/434 434 434 434/435 435 435/436 436 436 436 436/437 437 437/438 438 438 438/439 439 439 439/440 440 440/441 441 441 441 441/442 442 442/443 443 443 443 443/444 444 444 444 444/445 445 445 445/446 446 446 446/447 447 447

796

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429

432/433 433 433 433/434 434 434/435 435 435 435/436 436 436 436/437 437 437 437/438 438 438/439 439 439/440 440 440 440

553 553/554 554 554 554/555 555 555/556 556 556/557 557 557/558 558 558/559 559 559/560 560 560/561 561/562 562 562 563 563

447/448 448 448/449 449 449 449/450 450 450 450/451 451 451 451/452 452 452/453 453 453/454 454 454/455 455 455 455/456 456

447/448 448 448/449 449 449 449/450 450 450 450/451 451 451 451/452 452 452/453 453 453/454 454 454/455 455 455 455/456 456

564 564 564 564/565 565 565/566 566 566 566/567 567 567/568 568 568/569 569 569 569/570 570 570/571 571 571/572 572 572/573 573

397 397/398 398 398 398 398/399 399 399/400 400 400 400/401 401 401 401/402 402 402 402/403 403 403 403/404 404 404 404/405

397 397/398 398 398 398 398/399 399 399/400 400 400 400/401 401 401 401/402 402 402 402/403 403 403 403/404 404 404 404/405

§ 3. Die Form des objektiven Rechts 430 441 431 441 432 441 433 441/442 434 442 435 442 436 442/443 437 443 438 443 439 443/444 440 444 441 444 442 444/445 443 445 444 445 445 445/446 446 446 447 446 448 44&/447 449 447 450 447 451 447/448 452 448

797

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469 470 471 472 473 474 475

448/449 449 449 449/450 450 450 450/451 451 451 451 451/452 452 452 452/453 453 453 453/454 454 454 454/455 455 455 455/456

573/574 574 574/575 575 575/576 576 576 576/577 577 577/578 578 578 578/579 579 579/580 580 580 580/581 581 581/582 582 582/583 583

405 405/406 406 406 406/407 407 407 407/408 408 408 408 408/409 409 409 409/410 410 410 410/411 411 411 411/412 412 412

405 405/406 406 406 406/407 407 407 407/408 408 408 408 408/409 409 409 409/410 410 410 410/411 411 411 411/412 412 412

§ 4. Die Typen des Rechtsdenkens und die Rechtshonoratioren 476 456 583 456 477 456 583/584 456 478 456/457 584 456 479 457 584/585 456/457 480 457 585 457 481 457/458 585 457/458 482 458 585/586 458 483 458 586 458 484 458 586/587 458 485 458/459 587 458/459 486 459 587 459 487 459/460 588 459 488 460 588 459/460 489 460 588/589 460 490 460/461 589 460/461 491 461 589/590 461 492 461 590 461 493 461/462 590/591 461/462 494 462 591 462 495 462/463 591/592 462 496 463 592 462/463 497 463 592/593 463

456 456 456 456/457 457 457/458 458 458 458 458/459 459 459 459/460 460 460/461 461 461 461/462 462 462 462/463 463

798

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

498 499 500 501 502 503 504 505 506 507 508 509

463/464 464 464 464/465 465 465 465/466 466 466/467 467 467 467

593 593/594 594 594/595 595 595/596 596 596/597 597 597 597/598 598

463/464 464 464 464/465 465 465 465/466 466 466/457 467 467 467

463/464 464 464 464/465 465 465 465/466 466 466/457 467 467 467

§ 5. Formale und materiale Rationalisierung des Rechts. Theokratisches und profanes Recht 510 468 599 468 511 468 599/600 468 512 468/469 600 468/469 513 469 600 469 514 469 600/601 469 515 469/470 601/602 469/470 516 470 602 470 517 470/471 602/603 470/471 518 471 603 471 519 471 603 471 520 471/472 603/604 471/472 521 472 604 472 522 472 604/605 472 523 472/473 605 472/473 524 473 605/606 473 525 473/474 606 473/474 526 474 606 474 527 474 606/607 474 528 474 607 474 529 474/475 607/608 474/475 530 475 608/609 475 531 475/476 609 475/476 532 476 609 476 533 476 609/610 476 534 476/477 610 476/477 535 477 610/611 477 536 477 611 477 537 477/478 611 477/478 538 478 611/612 478 539 478 612 478 540 478/479 612/613 478/479 541 479 613 479

468 468 468/469 469 469 469/470 470 470/471 471 471 471/472 472 472 472/473 473 473/474 474 474 474 474/475 475 475/476 476 476 476/477 477 477 477/478 478 478 478/479 479

799

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

542 543 544 545 546 547 548 549 550

479 479 479/480 480 480 480/481 481 481/482 482

613 613/614 614 614 614/615 615/616 615 616/17 617

479 479 479/480 480 480 480/481 481 481/482 482

479 479 479/480 480 480 480/481 481 481/482 482

§ 6. Amtrecht und patrimonialfürstliche Satzung. Die Codifikationen 552 482 617 482 553 482/483 617/618 482/483 554 483 618 483 555 483 618/619 483 556 483/484 619 483/484 557 484 619 484 558 484 619/620 484 559 484 620 484 560 484/485 620/621 484/485 561 485 621 485 562 485/486 621/622 485/486 563 486 622 486 564 486 622/623 486 565 486/487 623 486/487 566 487 623 487 567 487 623/624 487 568 487/488 624 487/488 569 488 624/625 488 570 488/489 625/626 488/489 571 489 626 489 572 489 626 489 573 489/490 626/627 489/490 574 490 627 490 575 490 627 490 576 490 627/628 490 577 490/491 628 490/491 578 491 628/629 491 579 491 629 491 580 491/492 629 491/492 581 492 629/630 492 582 492 630 492/493 583 492/493 630/631 493 584 493 631 493 585 493 631 493 586 493/494 631/632 493/494 587 494 632 494

482 482/483 483 483 483/484 484 484 484 484/485 485 485/486 486 486 486/487 487 487 487/488 488 488/489 489 489 489/490 490 490 490 490/491 491 491 491/492 492 492/493 493 493 493 493/494 494

800

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

588 589 590 591

494 494/495 495 495

632/633 633 633/634 634

494/495 495 495 495

494/495 495 495 495

§ 7. Die formalen Qualitäten des revolutionär geschaffenen Rechts. Das Naturrecht 592 496 634/635 496 496 593 496 635 496 496 594 496/497 535 496 496/497 595 497 635/636 496/497 497 596 497 636 497 497 597 497 636 497 497 598 497/498 637 497/498 497/498 599 498 637 498 498 600 498 637/638 498/499 498 601 498/499 538 499 498/499 602 499 638/639 499 499 603 499 639 499 499 604 499/500 639 499/500 499/500 605 500 639/640 500 500 606 500 640 500 500 607 500/501 640/641 500/501 500/501 608 501 641 501 501 609 501 641 501 501 610 501/502 641/642 501/502 501/502 611 502 642 502 502 612 502 642/643 502 502 613 502/503 643 502/503 502/503 614 503 643 503 503 § 8. Die formalen Qualitäten des modernen Rechts 615 503 644 616 503/504 644/645 617 504 645 618 504/505 645/646 619 505 646 620 505 646/647 621 505/506 647 622 506 647/648 623 506/507 648 624 507 648/649 625 507 649 626 507/508 649 627 508 649/650 628 508 650 629 508 650 630 508/509 650/651

503 503/504 504 504/505 505 505 505/506 506 506/507 507 507 507 507/508 508 508 508/509

503 503/504 504 504/505 505 505 505/506 506 506/507 507 507 507/508 508 508 508 508/509

801

Seitenkonkordanzen

MWG I/22–3

WuG 5

WuG4a

WuG4

WuG3, 2

631 632 633 634 635 636 637 638 639

509 509 509/510 510 510/511 511 511/512 512 512/513

651 651/652 652 652/653 653/654 654 654/655 655 655/656

509 509 508/510 510 510/511 511 511/512 512 512/513

509 509 509/510 510 510/511 511 511/512 512 512/513

Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe Abteilung I: Schriften und Reden

1. Aufbau der Gesamtausgabe In der Max Weber-Gesamtausgabe werden die veröffentlichten und die nachgelassenen Texte Max Webers mit Ausnahme seiner Exzerpte, Marginalien, Anstreichungen oder redaktionellen Eingriffe in die Texte anderer wiedergegeben. Berichte anderer über Webers Reden, Diskussionsbeiträge und Vorlesungen werden nur dann wiedergegeben, wenn ein autoreigener Zeuge nicht überliefert ist. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, so werden alle mitgeteilt. Editionen der Texte Webers, die er nicht selbst zum Druck gegeben hat, werden nur dann berücksichtigt, wenn dem betreffenden Herausgeber Manuskripte vorlagen, die uns nicht mehr überliefert sind. Jedem Band ist eine Konkordanz mit den bisher gebräuchlichen Ausgaben beigegeben. Die Max Weber-Gesamtausgabe gliedert sich in drei Abteilungen: Abteilung I: Abteilung II: Abteilung III:

Schriften und Reden Briefe Vorlesungen

2. Aufbau der Abteilung I: Schriften und Reden Die Abteilung I umfaßt Max Webers veröffentlichte und nachgelassene Schriften und Reden, unter Einschluß seiner Diskussionsbeiträge und Stellungnahmen. Ebenso werden Paralipomena, Entwürfe und andere Vorarbeiten mitgeteilt. Einzelne Äußerungen sind uns nur durch Zeitungsberichte, Sitzungsprotokolle, Kongreßprotokolle und ähnliches überliefert. Solche Ersatzzeugen werden dann in die Ausgabe aufgenommen, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der betreffenden Rede oder Stellungnahme Webers entstanden. Außerdem sind Texte wiedergegeben, die er zusammen mit anderen Personen verfaßte oder unterzeichnete. Für die Verteilung der Texte auf die Bände werden zwei Kriterien verwendet: der Sachzusammenhang und die Chronologie. Dadurch werden thematisch und zeitlich nahestehende Texte zu Bänden vereinigt und die Schwerpunkte des Werkes in ihrer zeitlichen Folge und ihrem Nebeneinander sichtbar gemacht. Jeder Bandtitel enthält deshalb eine thematische und eine zeitliche Angabe. Für die thematische Angabe wird entweder ein Titel von Weber verwendet oder, wo

804

MWG Abteilung I · Aufbau und Editionsregeln

dies wegen der Vielfalt der Texte nicht möglich ist, ein seinem Wortgebrauch nahestehender Titel neu gebildet. Jedem Bandtitel ist ferner eine Zeitangabe zugeordnet. Dabei bezieht sich die erste Jahreszahl auf das Datum der Veröffentlichung des ersten, die zweite auf das Datum der Veröffentlichung des letzten in den Band aufgenommenen Textes. Bei Texten aus dem Nachlaß ist das Entstehungsjahr maßgebend. Dies gilt sowohl für Texte, die uns im Original vorliegen, als auch für solche, von denen wir nur noch eine Edition aus dem Nachlaß besitzen, weil das Original inzwischen verloren ist. Wo das Datum der Entstehung auch nicht annähernd ermittelt werden kann, wird der Text am Ende des Bandes eingeordnet, dem er thematisch nahesteht. Bände mit einem oder mehreren nachgelassenen Texten tragen als zweite Jahreszahl 1920, Webers Todesjahr, wenn wir Hinweise haben, daß er an diesen Texten bis zu seinem Tode arbeitete. Für die Bandfolge ist das Chronologieprinzip maßgebend. Über die Stellung eines Bandes in der Bandfolge entscheidet das Datum des ersten darin abgedruckten Textes. Abweichend davon sind die „Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie“ und das Textkonvolut „Wirtschaft und Gesellschaft“ an das Ende der Abteilung gestellt. Dies ergibt sich aus der besonderen Überlieferungslage. Die Abteilung I hat folgenden Aufbau: Band 1:

Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter Schriften 1889 – 1894 Hg. von Gerhard Dilcher und Susanne Lepsius; 2008

Band 2:

Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staatsund Privatrecht 1891 Hg. von Jürgen Deininger; 1986 (Studienausgabe: 1988)

Band 3:

Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland 1892 Hg. von Martin Riesebrodt; 2 Halbbände, 1984

Band 4:

Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik Schriften und Reden 1892 – 1899 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff; 2 Halbbände, 1993

Band 5:

Börsenwesen Schriften und Reden 1893 – 1898 Hg. von Knut Borchardt in Zusammenarbeit mit Cornelia Meyer-Stoll; 2 Halbbände, 1999/2000

Band 6:

Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Altertums Schriften und Reden 1893 – 1908 Hg. von Jürgen Deininger; 2006

Band 7:

Zur Logik und Methodik der Sozialwissenschaften Schriften und Reden 1900 – 1907

MWG Abteilung I · Aufbau und Editionsregeln

Band 8:

Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik Schriften und Reden 1900 – 1912 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Peter Kurth und Birgitt Morgenbrod; 1998 (Studienausgabe: 1999); Ergänzungsheft 2005

Band 9:

Asketischer Protestantismus und Kapitalismus Schriften und Reden 1904 – 1911

Band 10:

Zur Russischen Revolution von 1905 Schriften und Reden 1905 – 1912 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Dittmar Dahlmann; 1989 (Studienausgabe: 1996)

Band 11:

Zur Psychophysik der industriellen Arbeit Schriften und Reden 1908 – 1912 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Sabine Frommer; 1995 (Studienausgabe: 1998)

Band 12:

Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1908 – 1917

Band 13:

Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik Schriften und Reden 1895 – 1920

Band 14:

Zur Musiksoziologie Nachlaß 1921 Hg. von Christoph Braun und Ludwig Finscher; 2004

Band 15:

Zur Politik im Weltkrieg Schriften und Reden 1914 – 1918 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Gangolf Hübinger; 1984 (Studienausgabe: 1988)

Band 16:

Zur Neuordnung Deutschlands Schriften und Reden 1918 – 1920 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schwentker; 1988 (Studienausgabe: 1991)

Band 17:

Wissenschaft als Beruf 1917/1919 – Politik als Beruf 1919 Hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Birgitt Morgenbrod; 1992 (Studienausgabe: 1994)

Band 18:

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1904 – 1920

805

806 Band 19:

MWG Abteilung I · Aufbau und Editionsregeln

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus Schriften 1915 – 1920 Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Petra Kolonko; 1989 (Studienausgabe: 1991)

Band 20:

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus 1916 – 1920 Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Golzio; 1996 (Studienausgabe: 1998)

Band 21:

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum Schriften und Reden 1911 – 1920 Hg. von Eckart Otto unter Mitwirkung von Julia Offermann; 2 Halbbände; 2005 (Studienausgabe: 2008)

Band 22:

Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß Teilband 1: Gemeinschaften Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Michael Meyer; 2001 (Studienausgabe: 2009)

Teilband 2: Religiöse Gemeinschaften Hg. von Hans G. Kippenberg in Zusammenarbeit mit Petra Schilm unter Mitwirkung von Jutta Niemeier; 2001 (Studienausgabe: 2005)

Teilband 3: Recht Hg. von Werner Gephart und Siegfried Hermes; 2010

Teilband 4: Herrschaft Hg. von Edith Hanke in Zusammenarbeit mit Thomas Kroll; 2005 (Studienausgabe: 2009)

Teilband 5: Die Stadt Hg. von Wilfried Nippel; 1999 (Studienausgabe: 2000)

Band 23:

Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie Unvollendet 1919 – 1920.

Band 24:

Wirtschaft und Gesellschaft. Entstehungsgeschichte und Dokumente Dargestellt und hg. von Wolfgang Schluchter; 2009

MWG Abteilung I · Aufbau und Editionsregeln

807

3. Aufbau der Bände Jeder Band enthält eine Einleitung des Herausgebers, die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers, denen jeweils ein Editorischer Bericht vorangestellt ist, Verzeichnisse und Register. Innerhalb der Bände sind die Edierten Texte chronologisch geordnet. Bei von Weber veröffentlichten Texten ist das Datum der Veröffentlichung, bei nachgelassenen Texten das Datum der Entstehung maßgebend. Äußerungen Webers, über die wir nur Ersatzzeugen besitzen, werden im zweiten Teil eines Bandes zusammengefaßt und nach dem Datum der Äußerung wiederum chronologisch angeordnet. Einzelnen Bänden sind Anhänge beigegeben. Darin finden sich zunächst Texte, die Weber mit anderen Personen zusammen verfaßte oder unterzeichnete, gegebenenfalls Hinweise auf verlorene Texte sowie auf Dokumente.

4. Bandeinleitung Die Einleitung des Herausgebers informiert über die Anordnung, die thematischen Schwerpunkte und über den wissenschaftsgeschichtlichen und zeitgeschichtlichen Hintergrund der Texte. Enthält ein Band mehrere Texte, geht die Einleitung außerdem auf deren Zusammenhang ein. Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte sowie die Geschichte von Nacheditionen dagegen bleiben in der Regel außer Betracht. Die Einleitung berichtet ferner über bandspezifische Editionsfragen, z. B. über sprachliche Eigentümlichkeiten Webers und deren editorische Behandlung. Alle textspezifischen Informationen geben die Editorischen Berichte.

5. Editorische Berichte Jedem Text ist ein Editorischer Bericht vorangestellt, der über dessen Entstehung, Entwicklung und Überlieferung sowie über editorische Entscheidungen informiert. Er ist in die Abschnitte „Zur Entstehung“ und „Zur Überlieferung und Edition“ gegliedert. 5.1 „Zur Entstehung“ Dieser Abschnitt skizziert die historisch-politischen, wissenschaftlichen und biographischen Zusammenhänge, in denen ein Text steht. Er stellt ferner seine Entstehung und Entwicklung dar. Sofern mehrere Fassungen eines Textes vorliegen, wird deren Verhältnis zueinander beschrieben.

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5.2 „Zur Überlieferung und Edition“ Dieser Abschnitt informiert über Textbefund und Überlieferungslage. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, wird dargelegt, welche der Fassungen Edierter Text und welche Variante ist. Ferner werden alle weiteren editorischen Entscheidungen begründet. Dazu gehört unter anderem auch die Behandlung textspezifischer Eigentümlichkeiten.

6. Texte Bearbeitung und Präsentation der Texte folgen der historisch-kritischen Methode. Dies geschieht mit Hilfe von drei Apparaten: dem Korrekturen- und dem Variantenapparat, die zum textkritischen Apparat zusammengefaßt sind, und dem Erläuterungsapparat. 6.1 Textkritischer Apparat Der textkritische Apparat hat in erster Linie zwei Aufgaben: Aufweis der Textentwicklung und Nachweis der Texteingriffe. 6.1.1 Textentwicklung Liegt ein Text in mehreren autorisierten Fassungen vor, ist eine Fassung zum Edierten Text bestimmt. Dies ist in der Regel die Fassung letzter Hand. Jede zur Variante bestimmte Fassung wird im textkritischen Apparat mitgeteilt, in der Regel mit Hilfe eines negativen Apparats. Wo es die Sachlage erfordert, insbesondere bei umfangreichen Varianten, ist der positive Apparat oder die synoptische Darstellung gewählt. Die früheste oder einzige Fassung eines Textes trägt die Sigle A. Spätere Fassungen sind in chronologischer Folge mit B, C usw. bezeichnet. 6.1.2 Texteingriffe Texteingriffe sind auf ein Minimum beschränkt. Sie werden bei Textverderbnissen vorgenommen. Als verderbt gelten Textstellen, die den Sinnzusammenhang zerstören. Der Eingriff wird dadurch nachgewiesen, daß die verderbte Stelle im textkritischen Apparat mitgeteilt wird. Läßt sich eine unklare Stelle nicht eindeutig als verderbt erkennen, so wird sie unverändert gelassen. Je nach Sachlage bietet der Apparat dann Lesarten in Voreditionen oder andere Verständnishilfen an. Nicht als Textverderbnis gelten Spracheigentümlichkeiten, einschließlich regelwidriger, aber nicht sinnentstellender grammatischer Konstruktionen, nicht mehr gebräuchlicher Lautstand, veraltete Orthographie und Interpunktion. In folgenden Fällen werden Texteingriffe ohne Nachweis im textkritischen Apparat vorgenommen: a) Bei der Gestaltung von Überschriften, Zwischentiteln, anderen Gliederungsmerkmalen (z. B. Paragraphen) sowie Hervorhebungen: Sie werden typographisch vereinheitlicht.

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b) Bei Umlauten: Sie werden – soweit sie Folge der zu Webers Zeit üblichen Drucktechnik sind – der heutigen Schreibweise angeglichen (Ä statt Ae). Die Schreibweise ss für ß wird zu ß vereinheitlicht. c) Bei Abkürzungen: Sie werden, sofern sie schwer verständlich und heute nicht mehr üblich sind, in eckigen Klammern ausgeschrieben. d) Bei offensichtlichen Druckfehlern: Sie werden korrigiert (z. B. „Erleicherung“, „aucht“). e) Bei Interpunktionsfehlern: Sie werden bei der Reihung von Hauptsätzen, Aufzählungen, Relativsätzen und „daß“-Sätzen korrigiert. In allen anderen Fällen werden eingefügte Satzzeichen durch eckige Klammern kenntlich gemacht. f) Bei der Numerierung von Anmerkungen: Sie werden text- oder kapitelweise durchgezählt. Entsteht dadurch eine Abweichung gegenüber Webers Zählung, so wird dies im Editorischen Bericht vermerkt. g) Bei der Einfügung von Titeln und Zwischenüberschriften: Sie werden in eckige Klammern gesetzt und im Editorischen Bericht begründet 6.2 Erläuterungsapparat Der Erläuterungsapparat dient dem Nachweis, der Ergänzung oder der Korrektur der Zitate und der Literaturangaben sowie der Sacherläuterung. 6.2.1 Zitate Webers Zitate werden überprüft. Sind sie indirekt, unvollständig oder fehlerhaft, gibt der Apparat den richtigen Wortlaut wieder. Hat Weber ein Zitat nicht belegt, wird es im Apparat nachgewiesen. Ist uns der Nachweis nicht möglich, so lautet die Anmerkung: „Als Zitat nicht nachgewiesen“. 6.2.2 Literaturangaben Webers Literaturangaben werden überprüft. Sind sie nicht eindeutig oder fehlerhaft, werden sie ergänzt oder berichtigt, wenn möglich, unter Verwendung der von Weber benutzten Ausgabe. Es wird dafür ein Kurztitel verwendet. Die vollständigen bibliographischen Angaben finden sich im Verzeichnis der von Weber zitierten Literatur. Verweist Weber ohne nähere Angaben auf Literatur, so ist sie, wenn möglich, im Apparat nachgewiesen. Literaturangaben des Herausgebers werden beim ersten Auftreten vollständig aufgeführt, bei Wiederholungen wird ein Kurztitel verwendet. 6.2.3 Sacherläuterung Erläutert werden Ereignisse und Begriffe, deren Kenntnis für das Verständnis des Textes unerläßlich erscheint. Informationen über Personen finden sich im Personenverzeichnis am Ende des Bandes. Erfordert eine Textstelle darüber hinausgehende Informationen über eine Person, so bietet sie der Apparat. Sachliche Fehler Webers werden im Apparat berichtigt. Für Wörter aus fremden Schriftsyste-

810

MWG Abteilung I · Aufbau und Editionsregeln

men verwendet der Editor in seinen Erläuterungen die Transliteration nach den heute gültigen Richtlinien. 6.3 Präsentation Um die Benutzung der Ausgabe zu erleichtern, erscheinen Webers Text und die dazugehörigen Apparate in der Regel auf derselben Seite. Edierter Text und Varianten sind gleichwertig. Die Varianten werden so präsentiert, daß der Leser die Textentwicklung erkennen kann. Kleine lateinische Buchstaben verbinden den Edierten Text mit dem textkritischen Apparat. Sie stehen hinter dem varianten oder emendierten Wort. Bezieht sich die textkritische Anmerkung auf mehr als ein Wort, so markiert ein gerade gesetzter Index den Anfang und ein kursiv gesetzter Index das Ende der fraglichen Wortfolge (amit Amerikaa). Die Ersatzzeugen von Webers Äußerungen, auf die wir zurückgreifen müssen, stimmen nicht immer überein. In solchen Fällen sind sie alle ohne Wertung aufeinanderfolgend oder synoptisch wiedergegeben. Zeitungsberichte enthalten in der Regel einen redaktionellen Vorspann, Zwischentexte oder Nachbemerkungen; Sitzungs- und Kongreßprotokolle geben auch Beiträge anderer Redner wieder. Wenn diese Texte in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit Webers Äußerungen stehen, werden sie entweder in Form eines Regests, wörtlich in kleinerer Drucktype oder im textkritischen Apparat mitgeteilt. Die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers und die Erläuterungen des Herausgebers sind durch arabische Ziffern ohne Klammern miteinander verbunden. Um die Herausgeberrede von Webers Text abzuheben, ist sie in anderer Schrifttype gesetzt.

7. Verzeichnisse und Register Dem Band sind folgende Verzeichnisse und Register beigefügt: 1. Ein Inhaltsverzeichnis. 2. Ein Verzeichnis der Siglen, Zeichen und Abkürzungen. 3. Ein Literaturverzeichnis: Es enthält die von Weber zitierte Literatur vollständig bibliographisch erfaßt. Auf den Titel folgt in Klammern der vom Editor in seinen Erläuterungen gebrauchte Kurztitel. 4. Ein Personenverzeichnis: Aufgenommen sind alle Personen, die Weber erwähnt, mit Ausnahme allgemein bekannter (z. B. Bismarck, Wilhelm II.) und in Literaturangaben genannter Personen. Es liefert die wichtigsten Lebensdaten, gibt die berufliche oder politische Stellung an und führt ggf. die verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen zu Weber auf. Das Personenverzeichnis hat den Zweck, den Erläuterungsapparat zu entlasten.

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5. Ein Personenregister: Es verzeichnet sämtliche von Weber und vom Editor erwähnten Personen einschließlich der Autoren der von Weber und vom Editor zitierten Literatur. 6. Ein Sachregister: Es enthält alle wichtigen Begriffe und Sachbezeichnungen. Ist ein Begriff für einen Text thematisch, werden nur zentrale Stellen und besondere Bedeutungen verzeichnet. Es verzeichnet ferner alle geographischen Namen, mit Ausnahme der Verlagsorte in Literaturangaben und der Archivorte. Es werden die Namen benutzt, die im deutschen Sprachraum vor 1920 üblich waren oder amtlich gebraucht wurden. Kann ein Ort nicht als bekannt vorausgesetzt werden, wird zur Erläuterung die Verwaltungseinheit nach dem Gebietsstand von 1920 (z.B. Kreis, Regierungsbezirk) und ggf. auch der heute amtliche Name beigefügt. Personen- und Sachregister erfassen Webers Texte und die Herausgeberrede. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Einem Band können weitere Verzeichnisse, wie z. B. Glossare, Konkordanzen, Maß- und Gewichtstabellen sowie Karten beigefügt sein.

8. Indices und Zeichen Folgende Indices werden verwendet: a) Arabische Ziffern mit runder Schlußklammer (1), 2), 3) ...) kennzeichnen Webers eigene Anmerkungen. b) Arabische Ziffern ohne Klammern (1, 2, 3 ...) und in von a) abweichender Schrift markieren die Erläuterungen des Editors. c) Kleine lateinische Buchstaben (a, b, c ...) kennzeichnen eine textkritische Anmerkung. Folgende Zeichen werden verwendet: d) Das Zeichen gibt die Stelle des Seitenwechsels nach der ursprünglichen Paginierung einer Textfassung wieder. e) Das Zeichen [ ] markiert Hinzufügungen zum Text durch den Editor.

Bandfolge der Abteilung II: Briefe

Band 1:

Jugendbriefe bis 1886

Band 2:

Briefe 1887 – 1894

Band 3:

Briefe 1895 – 1902

Band 4:

Briefe 1903 – 1905

Band 5:

Briefe 1906 – 1908 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1990

Band 6:

Briefe 1909 – 1910 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1994

Band 7:

Briefe 1911 – 1912 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2 Halbbände, 1998

Band 8:

Briefe 1913 – 1914 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2003

Band 9:

Briefe 1915 – 1917 Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2008

Band 10:

Briefe 1918 – 1920

Band 11:

Nachträge und Gesamtregister

In Band 11 werden als Nachträge auch solche Briefe aufgenommen, die nach Erscheinen der einschlägigen Bände noch aufgefunden werden oder die nicht datierbar sind.

Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften

Band 1:

Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie. Vorlesungen 1894 – 1898 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Cristof Judenau, Heino H. Nau, Klaus Scharfen und Marcus Tiefel; 2009

Band 2:

Praktische Nationalökonomie. Vorlesungen 1895 – 1899

Band 3:

Finanzwissenschaft. Vorlesungen 1894 – 1897

Band 4:

Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung. Vorlesungen 1895 – 1898 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit Silke Fehlemann; 2009

Band 5:

Agrarrecht, Agrargeschichte, Agrarpolitik. Vorlesungen 1894 – 1899 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger; 2008

Band 6:

Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Mit- und Nachschriften 1919 – 1920 Hg. von Bertram Schefold in Zusammenarbeit mit Joachim Schröder; 2010

Band 7:

Allgemeine Staatslehre und Politik (Staatssoziologie). Unvollendet. Mit- und Nachschriften 1920 Hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Andreas Terwey; 2009

Textgruppenübersicht*

Legende: Tgr I, II, III Textgruppen-Einteilung; A1 1, A2 1, A3 1 Sigle für die Seitenzählung der Typoskriptfassung (A), unterschieden nach den Schreibmaschinentypen 1, 2 und 3 (Indices im Edierten Text nicht berücksichtigt); B 1, B 2, B 3 Sigle für die Seitenzählung der Textfassung letzter Hand (B); Hs rein handschriftlich verfaßte Manuskriptseiten; IÜ eingelegte Zwischenblätter mit handschriftlichen Paragraphentiteln und Inhaltsübersichten

Die Wirtschaft und die Ordnungen (WuO) WuG1 368 368 370 372 374 376 378 378 379 379 379 380 381 381 381 382 383 383 384 384

Blatt B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 13a B– B– B– B– B– B 19

Abschnitte WuO 1 WuO 2

Tgr I A 13 A 14 A 15 A 16 A 17 A 18 A 19

A112 A113

WuO 3

II

III

IV

A110 A111

A113 a A113 b A113 c

A114 A115 A116

A217 A218

A117

Die Entwicklungsbedingungen des Rechts (EdR) WuG1 386 386 386 386 387 388 388 389 392 392 393 394 394 395 396 412 412 413 413 414 415 416 417 417 418 418 419 419 420 420 421 421 422 422 423 423 423 424 425 426 426 427 427 428 428 429 429 430 431 433 434 434 435 435 436 436 437 437 438 438 439 439 440 440 441 441 442 442 443 443 444 444 445 445 446 446 447 447 448 448 448 449 450 450 451 451 451 452 452 453 453 454 454 396 396 398 398 400 401 403 404 405 406 406 407 407 408 408 409 411 455 455 456 457 458 461 462 463 464 465 467 467 468 469 470 471 474 476 478 479 481 481 482 484 484 486 487 489 489 493 493 494 495 496 497 498 498 499 500 500

Blatt B– B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B– B– B– B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 14 B 15 B 16 B 17 B 18 B 19 B 20 B 21 B 22 B 23 B 24 B 25 B 26 B 27 B 28 B 29 B 30 B 31 B 32 B 33 B 34 B 35 B 36 B 37 B 38 B 39 B 40 B 41 B 42 B 43 B 44 B 45 B 46 B 47 B 48 B 49 B 50 B 51 B 52 B 53 B 54 B 55 B 56 B 57 B 58 B 59 B 60 B 61 B 62 B 63 B 63a B 64 B 65 B 66 B 67 B 68 B 69 B 70 B 71 B 72 B 73 B 74 B 75 B 76 B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 14 B 15 B 16 B– B1 B– B– B– B5 B– B– B– B– B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B– B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 14 B 15 B 16 B8 B9 B 10

Paragraphen Deckblatt

Tgr I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

IÜ A212 A213 A214 A215 A216 A217

(EdR §  1)



A118 A119 A1 20 A1 21 A1 22 A1 23 A1 24 A 21 A2 2

A2 – A2 4 A2 5 A2 6

(EdR §  2)

A2 7 A2 8

(EdR §  2)

A2 9 A210

IÜ A1 25 A1 26 A1 27 A1 28

(EdR §  3)



(EdR §  4)



Hs Hs Hs Hs A3 – A3 2 A3 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7 A3 8 A3 9 A310 A311 A312 A313 A314

A3 – A3 2 A3 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7

A3 – A3 2 A3 3 A3 4 A3 5 A3 6 A3 7 A3 8 A3 9 A310 A311 A312 A313 A314 A315 A316 A317 A318 A319 A3 20 A3 21 A3 22 A3 23 A3 24 A3 25 A3 26 A3 27 A3 28 A3 29 A3 30 A3 30a A3 31 A3 32 A3 33 A3 34 A3 35 A3 36 A3 37 A3 38 A3 39 A3 40 A3 41

A2 1 A2 2 A2 3

A2 – A2 5 A2 6

A3 4 A3 5 A3 6 A3 7 A3 8 A3 9

A2 – A2 2 A2 3 A2 4 A2 5 A2 6 A2 7 A2 8 A2 9 A210 A211 A212

(EdR §  5)

Hs

A212 d A212 e



(EdR §  6)

(EdR §  7)

A212 a A212 b A212 c

A213 A214 A215 A216 A217 A218 A219 A2 20 A2 21 A2 22 A2 25 A2 26

A212 f A212 g A212 h A212 i A213 k A212 l

A2 4

WuG1 386 386 386 386 387 388 388 389 392 392 393 394 394 395 396 412 412 413 413 414 415 416 417 417 418 418 419 419 420 420 421 421 422 422 423 423 423 424 425 426 426 427 427 428 428 429 429 430 431 433 434 434 435 435 436 436 437 437 438 438 439 439 440 440 441 441 442 442 443 443 444 444 445 445 446 446 447 447 448 448 448 449 450 450 451 451 451 452 452 453 453 454 454 396 396 398 398 400 401 403 404 405 406 406 407 407 408 408 409 411 455 455 456 457 458 461 462 463 464 465 467 467 468 469 470 471 474 476 478 479 481 481 482 484 484 486 487 489 489 493 493 494 495 496 497 498 498 499 500 500