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German Pages 584 [615] Year 2001
Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von
Horst Baier, M. Rainer Lepsius, Wolfgang J. Mommsen, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmann t Abteilung I: Schriften und Reden Band 2 2 - 2
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Max Weber Wirtschaft und Gesellschaft Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß Teilband 2:
Religiöse Gemeinschaften Herausgegeben von
Hans G. Kippenberg in Zusammenarbeit mit
Petra Schilm unter Mitwirkung von
Jutta Niemeier
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Redaktion: Karl-Ludwig Ay - Edith Hanke Die Herausgeberarbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Freistaat Bayern, dem Land Bremen, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Werner-Reimers-Stiftung gefördert.
Die Deutsche
Bibliothek
-
ClP-Einheitsaufnahme
Weber, Max:
Gesamtausgabe / Max Weber. Im Auftr. der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Hrsg. von Horst Baier . . . - Tübingen: Mohr Siebeck Abt. 1, Schriften und Reden Bd. 22. Wirtschaft und Gesellschaft: die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte ; Nachlaß Teilbd. 2. Religiöse Gemeinschaften / hrsg. von Hans G. Kippenberg unter Mitarb. von Petra Schilm und Jutta Niemeier. - 2001 ISBN 3-16-147562-3 978-3-16-158139-7 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 © 2001 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde gesetzt und gedruckt von der Druckerei Guide in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier. Den Einband besorgte die Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen.
Inhaltsverzeichnis
Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft" Allgemeine Hinweise der Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe
VII
Vorwort
xix
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
XXI
Einleitung
1
Religiöse Gemeinschaften Editorischer Bericht 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Die Entstehung der Religionen Zauberer - Priester Gottesbegriff. Religiöse Ethik.Tabu „Prophet" Gemeinde Heiliges Wissen. Predigt. Seelsorge Stände, Klassen und Religion Das Problem der Theodizee Erlösung und Wiedergeburt Die Erlösungswege und ihr Einfluß auf die Lebensführung Religiöse Ethik und „Welt" Die Kulturreligionen und die „Welt"
85 121 157 161 177 194 203 218 290 301 305 367 414
Anhang: Fragment einer Manuskriptseite
449
Personenverzeichnis
451
Glossar
470
Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur
505
Personenregister
509
Sachregister
517
Seitenkonkordanzen
567
VI
Inhaltsverzeichnis
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden Bandfolge der Abteilung II: Briefe
Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft" Allgemeine Hinweise der Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe
Die Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft" steht im Rahmen der Max Weber-Gesamtausgabe vor einem umfangreichen und komplexen Textbestand, dem nicht abgeschlossenen Ergebnis einer zehnjährigen Schaffensperiode Max Webers. Über den Entstehungszusammenhang, die „Werkidee" und die Anordnung der einzelnen Texte wird seit langem eine zum Teil kontroverse Debatte geführt, ohne daß für alle offenen Fragen eine eindeutige Antwort gefunden worden wäre. Von Max Weber ist keine letztgültige Disposition überliefert, und die im Nachlaß vorhandenen Texte befanden sich in einem zum Teil fragmentarischen Zustand. Die von Marianne Weber begründeten und von Johannes Winckelrmann revidierten Editionen haben trotz unterschiedlicher Textanordnung eine Werkgestalt geschaffen, die die Rezeptionsgeschichte bestimmt hat. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage haben die Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe eine Reihe von Entscheidungen treffen müssen, über die im folgenden kurz berichtet wird.
Werkgeschichte Als Max Weber zum Jahresbeginn 1909 das Angebot Paul Siebecks annahm, an der Herausgabe eines neuen „Handbuch(s) der politischen Ökonomie" federführend mitzuwirken, begann er ein Projekt, das ihn bis zu seinem Tode beschäftigte. Als Koordinator des Handbuches sorgte er zusammen mit Paul Siebeck dafür, den Stoff zu gliedern, die Mitarbeiter zu gewinnen, deren Beiträge aufeinander abzustimmen und auf die Fertigstellung zu drängen. Als Autor arbeitete er über zehn Jahre an seinem eigenen Beitrag. In dem von ihm entworfenen „Stoffverteilungsplan" 1 für das „Handbuch der politischen Ökonomie" vom Mai 1910 hatte er sich verschiedene Artikel, vor allem das Kapitel „Wirtschaft und Gesellschaft", zugeordnet. Dieser Beitrag war für den III. Abschnitt des Ersten Buches vorgesehen, in dem Natur, Technik und Gesellschaft als Rahmenbedingungen der Wirt-
1 A b g e d r u c k t als A n h a n g in MWG II/6: Max Weber, Briefe 1 9 0 9 - 1 9 1 0 . - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1994, S. 7 6 6 - 7 7 4 , und mit handschriftlichen Zusätzen In: Wlnckelmann, Johannes, Max Webers hinterlassenes Hauptwerk: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Entstehung und gedanklicher Aufbau. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1986, S. 1 5 1 - 1 5 5 .
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Zur Edition von „ Wirtschaft und
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schaft dargestellt w e r d e n sollten. Für seinen Beitrag hatte Weber drei G e g e n s t a n d s b e r e i c h e ausgewählt: ,,a) Wirtschaft u n d Recht (1. prinzipielles Verhältnis, 2. E p o c h e n der Entw i c k l u n g d e s heutigen Zustands). b) Wirtschaft u n d soziale G r u p p e n (Familien- und G e m e i n d e v e r b a n d , Stände und Klassen, Staat). c) Wirtschaft u n d Kultur (Kritik d e s historischen Materialismus)." Dieser n a c h Inhalt u n d U m f a n g begrenzte Beitrag sollte bis zu d e n festgesetzten Ablieferungsterminen - z u n ä c h s t Herbst 1911, d a n n Juli 1912 fertiggestellt sein. Das war die A u s g a n g s l a g e für sein Projekt „Wirtschaft und Gesellschaft". Da die meisten Autoren a u c h d e n Herbst 1912 als A b lieferungstermin nicht einhielten, v e r s c h o b sich der Beginn der Druckleg u n g schließlich auf d e n S o m m e r 1914. Zu d i e s e m Zeitpunkt war a u c h der neue Titel d e s H a n d b u c h s , „Grundriß der Sozialökonomik" (GdS), festgelegt. D a d u r c h sollte jeder A n s c h e i n einer Kontinuität d e s neuen H a n d b u c h s mit d e m „ H a n d b u c h der politischen Ö k o n o m i e " v e r m i e d e n werden, das, von Gustav von S c h ö n b e r g h e r a u s g e g e b e n , in d e n Jahren 1882 bis 1896 in vier A u f l a g e n im Verlag der H. L a u p p ' s c h e n B u c h h a n d l u n g von Paul S l e b e c k erschienen war. D e m ersten B a n d d e s G d S w u r d e n 1914 ein „Vorwort" und eine „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " vorangestellt. Letztere unterscheidet sich e r h e b lich v o m „Stoffverteilungsplan" des Jahres 1910 u n d gibt die inzwischen eingetretenen V e r ä n d e r u n g e n in der Gliederung d e s G e s a m t w e r k e s wieder. W e b e r hatte mehrere Beiträge, die er zunächst sich z u g e o r d n e t hatte, an andere Autoren a b g e g e b e n u n d konzentrierte sich auf eine wesentlich erweiterte A b h a n d l u n g in der A b t e i l u n g III „Wirtschaft und Gesellschaft" d e s Ersten B u c h e s „ G r u n d l a g e n der Wirtschaft". Für diesen Beitrag findet sich in der „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " f o l g e n d e Gliederung: „1. Kategorien der gesellschaftlichen O r d n u n g e n . Wirtschaft und Recht in ihrer prinzipiellen Beziehung. Wirtschaftliche B e z i e h u n g e n der Verbände im allgemeinen. 2. H a u s g e m e i n s c h a f t , Oikos und Betrieb. 3. N a c h b a r s c h a f t s v e r b a n d , Sippe, G e m e i n d e . 4. Ethnische G e m e i n s c h a f t s b e z i e h u n g e n . 5. Religiöse G e m e i n s c h a f t e n . K l a s s e n b e d i n g t h e i t der Religionen; Kulturreligionen u n d W i r t s c h a f t s g e s i n n u n g . 6. Die M a r k t v e r g e m e i n s c h a f t u n g . 7. Der politische Verband. Die E n t w i c k l u n g s b e d i n g u n g e n d e s Rechts. Stände, Klassen, Parteien. Die Nation. 8. Die Herrschaft: a) Die drei Typen der legitimen Herrschaft, b) Politische u n d hierokratische Herrschaft, c) Die nichtlegitime Herrschaft. Typologie
Zur Edition von „ Wirtschaft und Gesellschaft"
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der Städte, d) Die Entwicklung des modernen Staates, e) Die modernen politischen Parteien." 2 Diese gegenüber dem „Stoffverteilungsplan" erweiterte Konzeption hatte Max Weber dem Verleger Paul Siebeck bereits im Brief vom 30. Dezember 1913 angedeutet. Er habe, so schrieb er, „eine geschlossene soziologische Theorie und Darstellung ausgearbeitet, welche alle großen Gemeinschaftsformen zur Wirtschaft in Beziehung setzt: von der Familie und Hausgemeinschaft zum .Betrieb', zur Sippe, zur ethnischen Gemeinschaft, zur Religion (alle großen Religionen der Erde umfassend: Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken, - was Tröltsch gemacht hat, jetzt für alle Religionen, nur wesentlich knapper), endlich eine umfassende soziologische Staats- und Herrschafts-Lehre. Ich darf behaupten, daß es noch nichts dergleichen giebt, auch kein .Vorbild'." 3 Diese veränderte Konzeption war das Ergebnis der Schaffensperiode von 1912 bis Ende 1913, insbesondere der Konstruktion der drei Typen der legitimen Herrschaft und der Studien über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Weber wollte diese Fassung seines Beitrages bis Ende 1914 ausarbeiten und 1915 erscheinen lassen. Eine durchgehend ausformulierte, druckfertige Fassung lag bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges noch nicht vor, obgleich die Ausarbeitung, wie der Brief an Paul Siebeck zeigt, relativ weit gediehen war. Die nachgelassenen Schriften zeigen, daß Max Weber bei Kriegsausbruch, als er die Arbeit an diesen Manuskripten unterbrach, seinen Beitrag erneut wesentlich erweitert hatte. Dies gilt insbesondere für die „Rechtssoziologie", die nach der „Einteilung des Gesamtwerkes" nur ein Unterabschnitt des Kapitels über den politischen Verband sein sollte. Wenngleich Max Weber 1917 und 1918 in Vorträgen und Aufsätzen mehrfach Themen aus seinen Beiträgen zum Grundriß aufgriff, 4 so arbeitete er doch erst 1919 wieder intensiv an seinem Beitrag für den „Grundriß der Sozialökonomik". Aus den von ihm 1920 zum Druck gegebenen Kapiteln läßt sich ersehen, daß er nun nicht mehr der Gliederung von 1914 folgte. 2 Die „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " mit der Spezifizierung des Inhaltes von W e b e r s Beitrag ist a b g e d r u c k t in: GdS, Abt. I. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S. Xf., sowie In: Winckelmann, Max Webers hlnterlassenes Hauptwerk, S. 202 f. 3 Brief an Paul Siebeck v o m 30. Dez. 1913, VA Mohr/Siebeck, D e p o n a t BSB M ü n c h e n , A n a 446 (MWG Ii/8). 4 So In e i n e m Vortrag a m 25. Oktober 1917 in Wien, von d e m nur ein Pressebericht überliefert ist, u n d In seiner Vorlesung im S o m m e r s e m e s t e r 1918 In Wien unter d e m Titel „Positive Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung". In einer Artikelserle für die Frankfurter Zeltung, die in der Zeit von April bis Juni 1917 erschien und unter d e m Titel „Parlament und Regierung im n e u g e o r d n e t e n D e u t s c h l a n d " 1918 gesondert veröffentlicht w u r d e ( M W G 1/15, S. 4 3 2 - 5 9 6 ) , b e h a n d e l t e er Themen, die in der „Einteilung d e s G e s a m t werkes" 1914 unter d e n Stichworten „Entwicklung d e s m o d e r n e n Staates" und „ M o d e r n e politische Parteien" a n g e k ü n d i g t w a i e n .
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Zur Edition von „ Wirtschaft und
Gesellschaft"
In den Jahren von 1910 bis 1920 hatte Weber für seinen unter d e m Titel „Wirtschaft und Gesellschaft" geführten Beitrag unterschiedliche K o n z e p tionen vor Augen. Die erste, die er 1910 im „Stoffverteilungsplan" skizziert hatte, ersetzte er durch eine neue, die der „Einteilung des G e s a m t w e r k e s " v o m 2. Juni 1914 z u g r u n d e liegt. In diese zweite Konzeption fügen sich die bei K r i e g s a u s b r u c h 1914 v o r l i e g e n d e n umfangreichen A b h a n d l u n g e n über „Religionssoziologie", „Rechtssoziologie" und „Die Stadt" nur sehr b e d i n g t ein. In den Jahren 1919 und 1920 setzte er abermals neu an. Drei Kapitel brachte er zum Druck, das vierte Kapitel blieb unvollendet, und über d e n b e a b s i c h t i g t e n Fortgang der Darstellung gibt es nur sehr allgemeine Hinweise. Die von Marianne Weber und J o h a n n e s Winckelmann präsentierte Fassung von „Wirtschaft und Gesellschaft" enthält daher Texte aus einem langen Arbeitsprozeß, in d e m sich Konzeption und Darstellungsart mehrmals änderten. Nach d e m Tode Max Webers stellte sich Marianne Weber sofort tatkräftig in den Dienst des Werkes ihres Mannes. Gleichzeitig besorgte sie die D r u c k l e g u n g der „Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie" und der „Gesammelten Politischen Schriften", die s c h o n in den Jahren 1920 und 1921 erschienen, und bemühte sich um die Weiterführung von „Wirtschaft und Gesellschaft". Der von Max Weber n o c h z u m Druck g e g e b e n e n 1. Lieferung ließ sie in den Jahren 1921 und 1922 drei weitere Lieferungen aus n a c h g e l a s s e n e n Manuskripten folgen. Von diesen schied sie die „Musiksoziologie", die A b h a n d l u n g „Die Stadt" und den Aufsatz „Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft" aus und ließ sie an anderer Stelle d r u c k e n . 5 Von den übrigen Manuskripten nahm sie an, daß sie, mit w e n i g e n A u s n a h men, im Z u s a m m e n h a n g mit Webers Arbeit an „Wirtschaft und Gesellschaft" stünden. Die H e r a u s g a b e der n a c h g e l a s s e n e n Schriften bot, wie sie schrieb, „naturgemäß m a n c h e Schwierigkeiten. Für den A u f b a u d e s Ganzen lag kein Plan vor. Der ursprüngliche, auf S. X und XI, Band I d e s Grundrisses der Sozialökonomik 6 skizzierte g a b zwar noch Anhaltspunkte, war aber in wesentlichen Punkten verlassen. Die Reihenfolge der Kapitel mußte d e s h a l b von der H e r a u s g e b e r i n und ihrem Mitarbeiter e n t s c h i e d e n werden. Einige Abschnitte sind unvollendet und müssen so bleiben. Die Inhaltsang a b e der Kapitel war nur für die .Rechtssoziologie' fixiert." 7 Unter Mitwir-
5 Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik. Mit einer Einleitung von Th. Kroyer. - München: Drei Masken Verlag 1921 (MWG 1/14). - Die Stadt. Eine soziologische Untersuchung, In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 47. Band, Heft 3, 1921, S. 621 - 7 7 2 (MWG I/22-5). - Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, in: Preußische Jahrbücher, Band 187, Heft 1, 1922, S. 1 - 1 2 (MWG I/ 22-4). 6 Gemeint ist die „Einteilung des Gesamtwerkes" von 1914. 7 Vorwort zur ersten Auflage von „Wirtschaft und Gesellschaft" vom Oktober 1921; abgedruckt auch in allen späteren Auflagen.
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kung von Melchior Palyi veröffentlichte sie 1921 bis 1922 das Gesamtwerk, gliederte es in drei Teile, denen sie eigene Titel g a b , u n d fügte „Die Stadt" wieder ein. Sie war der Meinung, daß damit der Intention ihres Mannes für sein Projekt „Wirtschaft und Gesellschaft" entsprochen sei. Den Unters c h i e d zwischen d e n 1919/1920 g e s c h r i e b e n e n und den älteren Manuskripten übersah sie zwar nicht, d o c h g l a u b t e sie, daß z w i s c h e n b e i d e n eine Beziehung bestehe, die eine Z u s a m m e n f ü h r u n g der heterogenen Texte in einem B u c h rechtfertige. Sie sah in d e m 1919 und 1920 neugefaßten Text der 1. Lieferung den „systematischen" und „abstrakten" Teil des Buches, d e m sich ihrer Meinung nach ein „konkreter", „mehr schildernder" Teil anschloß. Im Vorwort v o m Oktober 1921 s c h r i e b sie: „Während aber im ersten, abstrakten Teil das a u c h dort überall h e r a n g e z o g e n e Historische wesentlich als Mittel zur Veranschaulichung der Begriffe dient, so treten nunmehr, umgekehrt, die ¡dealtypischen Begriffe in den Dienst der versteh e n d e n D u r c h d r i n g u n g welthistorischer Tatsachenreihen, Einrichtungen u n d Entwicklungen." 8 Auf dieser G r u n d e n t s c h e i d u n g basiert die seit 1922 überlieferte Werkgestalt von Max Webers „Wirtschaft und Gesellschaft". Sie liegt der Rezeptio n s g e s c h i c h t e und den Übersetzungen des Werkes in andere S p r a c h e n z u g r u n d e . A u c h J o h a n n e s Winckelmann schloß sich dieser Auffassung an. Durch Umstellungen und H i n z u f ü g u n g e n in den von ihm besorgten 4. und 5. A u f l a g e n von „Wirtschaft und Gesellschaft" (1956 und 1972) glaubte er, der Intention Webers noch besser als Marianne Weber e n t s p r e c h e n zu können. Er wollte „eine zuverlässige Rekonstruktion der d i s p o n i e r e n d e n K o m p o s i t i o n s g e d a n k e n des Autors gewinnen", „die immanente Stoffgliederung von Max Webers e i g e n e m Text herauspräparieren" und damit das O p u s m a g n u m „in einer von Max Weber b e a b s i c h t i g t e n u n d vorbereiteten Gestalt wieder herstellen". 9 Die B e m ü h u n g e n von J o h a n n e s Winckelmann, aus „Wirtschaft und Gesellschaft" ein in sich g e s c h l o s s e n e s Werk zu machen, waren von A n f a n g an umstritten u n d erfüllten die A n s p r ü c h e an eine historisch-kritische Edition nicht. Sie führten a u c h dazu, daß die verschied e n e n Auflagen von „Wirtschaft u n d Gesellschaft" nach Textbestand u n d Textanordnung erhebliche Unterschiede aufweisen. So stehen die A b h a n d lung „Die Stadt", die Abschnitte „Die Wirtschaft und die O r d n u n g e n " , „Politische Gemeinschaften", „Nation" und „Klasse, Stand, Parteien" in der Edition von Marianne Weber an anderer Stelle als in der von J o h a n n e s Winckelmann, g a n z a b g e s e h e n davon, daß der von ihm neu komponierte A b s c h n i t t „Die rationale Staatsanstalt und die m o d e r n e n politischen Parteien und Parlamente (Staatssoziologie)" kein authentischer Webertext, s o n d e r n eine
8 Dieses Vorwort ist in allen Auflagen von „Wirtschaft und Gesellschaft" abgedruckt. 9 Winckelmann, Max Webers hinterlassenes Hauptwerk, S.3.
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Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft"
Textmontage ist. Schließlich hatte Marianne Weber die Abhandlung „Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik" der 2. Auflage als Anhang beigefügt, was Johannes Winckelmann in der 5. Auflage wieder rückgängig machte. Auch bei den Überschriften der „Teile", der Kapitel und der Paragraphen bestehen große Abweichungen. Die Mehrzahl dieser Überschriften und Paragraphen ist nicht von Max Weber autorisiert. Sie wurden nach unterschiedlichen Gesichtspunkten von den beiden Herausgebern eingefügt. Bei den überkommenen Editionen von „Wirtschaft und Gesellschaft" handelt es sich um unterschiedliche Zusammenstellungen von heterogenen Textbeständen, die aus wenigstens drei Bearbeitungsphasen stammen. Die letzte Phase mündet in die Fassung, die Weber selbst 1920 als 1. Lieferung seines Beitrags zum „Grundriß der Sozialökonomik" zum Druck gab. Aus der zweiten Bearbeitungsphase stammen jene Texte, die er im wesentlichen in der Zeit von 1912 bis Mitte 1914 für die von ihm für 1915 geplante Veröffentlichung vorbereitet hatte. Die früheste Bearbeitungsphase ist durch Texte repräsentiert, die von 1909 bis 1912 entstanden sind und zu denen auch der 1913 publizierte Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie" 10 gehört. Diese frühen Texte lassen sich nur schwer identifizieren, da die Manuskripte nicht überliefert sind. Außerdem dürften sie zumeist für die für 1915 geplante Veröffentlichung überarbeitet worden sein, ohne daß dies im Detail heute noch nachgewiesen werden kann. Die Texte, die sich im Nachlaß fanden, weisen einen sehr unterschiedlichen Bearbeitungszustand auf. So wurde die Erstfassung der „Rechtssoziologie", von der ein Typoskript überliefert ist, von Weber überarbeitet, wohingegen andere Texte unvollendet und redaktionell unbearbeitet überliefert sind. In dieser Form hätte Max Weber die Masse seiner nachgelassenen Texte wohl kaum zum Druck gegeben. Der Edition der Max Weber-Gesamtausgabe liegen die überlieferten Manuskripte und Typoskripte zum Kapitel „Die Wirtschaft und die Ordnungen" sowie zu den §§ 1 - 7 der „Rechtssoziologie" zugrunde. Letztere sind von Max Weber handschriftlich korrigiert und durch handschriftlich verfaßte Deckblätter zu den §§ 1 - 6 mit entsprechenden Überschriften und Inhaltsübersichten ergänzt worden. Ferner wurde 1996 ein sechsseitiges Manuskript zum Kapitel „Staat und Hierokratie" aufgefunden. Insgesamt basiert die Edition der älteren, postum veröffentlichten Texte zu „Wirtschaft und Gesellschaft" zu über einem Fünftel auf einer durch Manuskripte oder Typoskripte gesicherten Textvorlage. Der Herstellungsprozeß der von Max
10 Zuerst in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, Band 4, Heft 3, 1913, S. 253-294; später in: Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 1. Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 4 0 3 - 4 5 0 (MWG 1/12).
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W e b e r n o c h in d e n D r u c k g e g e b e n e n 1. L i e f e r u n g v o n „ W i r t s c h a f t u n d G e s e l l s c h a f t " läßt s i c h a n h a n d der überlieferten F a h n e n k o r r e k t u r e n M a x W e b e r s a u s d e m Frühjahr 1920 d o k u m e n t i e r e n . Editionsplan Eine h i s t o r i s c h - k r i t i s c h e Edition präsentiert Texte in ihrer ü b e r l i e f e r t e n Form. Die H e r a u s g e b e r m a c h e n s i c h d i e s zur M a x i m e . Sie w o l l e n M a x W e b e r s u n v o l l e n d e t e s H a u p t w e r k nicht rekonstruieren u n d g e b e n d a h e r d i e in d e r R e z e p t i o n s g e s c h i c h t e v e r b r e i t e t e Vorstellung v o n e i n e m in s i c h g e s c h l o s s e n e n B u c h auf. Sie u n t e r s c h e i d e n z u n ä c h s t z w i s c h e n d e m Text, d e n W e b e r s e l b s t z u m D r u c k g a b , u n d d e n Texten, d i e s i c h in s e i n e m N a c h l a ß f a n d e n . D e m e n t s p r e c h e n d w e r d e n die n a c h g e l a s s e n e n Texte im B a n d M W G I/22 mit d e n T e i l b ä n d e n M W G 1 / 2 2 - 1 bis 2 2 - 6 u n d die 1 9 1 9 / 1 9 2 0 für d e n D r u c k v o r b e r e i t e t e n Texte der 1. L i e f e r u n g v o n „ W i r t s c h a f t u n d G e s e l l s c h a f t " im B a n d M W G I/23 ediert. D a d u r c h w i r d die v o n W e b e r autorisierte F a s s u n g letzter H a n d v o n d e n früheren Texten d e u t l i c h a b g e h o b e n . Der unterschiedliche Entstehungszusammenhang, die veränderte Konzeption u n d Begrifflichkeit w e r d e n d a d u r c h h e r a u s g e h o b e n . A u c h die inhaltlichen V e r d o p p e l u n g e n bei d e n D a r s t e l l u n g e n d e r H e r r s c h a f t s t y p e n u n d der Klass e n u n d S t ä n d e , d i e s i c h in b e i d e n T e x t b e s t ä n d e n f i n d e n , w e r d e n erklärlich. Die Edition d e s B a n d e s M W G I/23 hat es mit e i n e m z w a r u n v o l l s t ä n d i g e n , a b e r v o n W e b e r für d e n D r u c k autorisierten Text zu tun, d i e Edition d e s B a n d e s M W G I/22 h i n g e g e n mit Texten a u s v e r s c h i e d e n e n A r b e i t s g ä n g e n u n d v o n u n t e r s c h i e d l i c h e n B e a r b e i t u n g s s t u f e n , d i e z u m Teil f r a g m e n t a r i s c h g e b l i e b e n s i n d u n d ü b e r d e r e n Z u o r d n u n g M a x W e b e r n o c h keine e n d g ü l t i g e E n t s c h e i d u n g getroffen hatte. Im ü b r i g e n fehlt d i e s e n M a n u s k r i p t e n a u c h ein A n f a n g . Die für d i e F a s s u n g v o n 1 9 1 2 v e r m u t l i c h v o r g e s e h e n e s y s t e m a t i s c h e Einleitung ist d u r c h die s e p a r a t e V e r ö f f e n t l i c h u n g d e s „ K a t e g o r i e n a u f s a t z e s " a u f g e l ö s t u n d nicht ersetzt w o r d e n . B e i d e B ä n d e t r a g e n d e n d u r c h Z u s ä t z e spezifizierten Titel „ W i r t s c h a f t u n d G e s e l l s c h a f t " , w o d u r c h der t h e m a t i s c h e Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n d e n älteren u n d j ü n g e r e n Texten d o k u m e n t i e r t wird. Im f o l g e n d e n w i r d d i e G l i e d e r u n g der Edition kurz g e s c h i l d e r t . Die b a n d s p e z i f i s c h e n e d i t o r i s c h e n F r a g e n w e r d e n in d e n E i n l e i t u n g e n z u d e n einzeln e n B ä n d e n u n d T e i l b ä n d e n b e s p r o c h e n . Die E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e d e s „ H a n d b u c h ( e s ) der p o l i t i s c h e n Ö k o n o m i e " , s p ä t e r „ G r u n d r i ß der S o z i a l ö k o nomik", s o w i e d e r d a z u v o n W e b e r verfaßten B e i t r ä g e w i r d g e s o n d e r t im B a n d M W G I / 2 2 - 6 d a r g e s t e l l t . Dort w e r d e n a u c h d i e d a f ü r relevanten D o k u m e n t e ediert.
XIV
Zur Edition von „Wirtschaft und Gesellschaft"
MWG 1/22 Der Band MWG 1/22 umfaßt die im Zusammenhang von „Wirtschaft und Gesellschaft" entstandenen nachgelassenen Schriften. Die in der 2. bis 4. Auflage als Anhang beigefügte Abhandlung „Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik" wird im Band MWG 1/14 gesondert ediert. Angesichts des Umfangs der Texte und des editorischen Apparates - im Satz der Max Weber-Gesamtausgabe mehr als 3000 Seiten - müssen Teilbände gebildet werden. Sie umfassen thematisch unterscheidbare Werkteile und tragen von den Herausgebern gewählte Bandtitel. Für den Teilband MWG I / 2 2 - 5 wurde auf die Überschrift der Erstveröffentlichung „Die Stadt" zurückgegriffen. Durch die Publikation der nachgelassenen Texte zu „Wirtschaft und Gesellschaft" in verschiedenen, thematisch homogenen Bänden soll nicht der Eindruck erweckt werden, es handele sich um eine Sammlung von unverbundenen Texten, gewissermaßen um Darstellungen von „speziellen Soziologien". Auch wenn einige Texte den Charakter umfangreicher Monographien annahmen, so waren sie doch von Weber im Zusammenhang seines Projekts „Wirtschaft und Gesellschaft" entworfen. Die Teilbände stehen in einem konzeptionellen Zusammenhang, den Weber schon im Stoffverteilungsplan von 1910 skizzierte und im Vorwort zum 1. Band des GdS 1914 formulierte. 11
Band MWG 1/22-1:
Gemeinschaften
enthält die nachgelassenen Texte zu folgenden Abschnitten aus der „Einteilung des Gesamtwerkes": Wirtschaftliche Beziehungen der Verbände im allgemeinen; Hausgemeinschaft, Oikos und Betrieb; Nachbarschaftsverband, Sippe, Gemeinde; Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen; Marktvergemeinschaftung; politischer Verband, Stände, Klassen, Parteien; Nation.
11 „Ausgiebiger, als dies gewöhnlich geschieht, sind [...] die Beziehungen der Wirtschaft [...] zu den gesellschaftlichen Ordnungen behandelt worden. Und zwar absichtlich so, daß dadurch auch die Autonomie dieser Sphären gegenüber der Wirtschaft deutlich hervortritt: Es wurde von der Anschauung ausgegangen, daß die Entfaltung der Wirtschaft vor allem als eine besondere Teilerscheinung der allgemeinen Rationalisierung des Lebens begriffen werden müsste." Grundriß der Sozialökonomik, I. Abteilung, Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S. VII.
Zur Edition von „ Wirtschaft und
Band MWG 1/22-2:
Religiöse
Gesellschaft"
XV
Gemeinschaften
enthält den in der Disposition von 1914 vorgesehenen Abschnitt „Religiöse Gemeinschaften. Klassenbedingtheit der Religionen; Kulturreligionen und Wirtschaftsgesinnung". Dieser wird aus der ursprünglichen Abfolge der Gemeinschaftsformen gelöst und in einem eigenen Teilband ediert. Band MWG 1/22-3:
Recht
enthält die nach Umfang und Inhalt wesentlich erweiterte „Rechtssoziologie", die in der „Einteilung des Gesamtwerkes" nur einen Abschnitt im Kapitel „Politischer Verband" darstellen sollte. Diesem Band wird a u c h der Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen" zugewiesen. Er stammt vermutlich aus der Arbeitsphase von vor 1912 und steht in einem e n g e n Zus a m m e n h a n g mit d e m 1913 gesondert veröffentlichten Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie". Die Edition basiert mit Ausnahme des § 8 der „Rechtssoziologie" auf den überlieferten Manuskripten. Band MWG 1/22-4:
Herrschaft
enthält die nachgelassenen Texte zum Kapitel „Die Herrschaft" aus der Disposition von 1914. Der dort angekündigte Abschnitt „Die nichtlegitime Herrschaft. Typologie der Städte" hat sich zu der hinterlassenen A b h a n d lung „Die Stadt" ausgeweitet und wird gesondert in Band MWG I / 2 2 - 5 ediert. Zu d e n ebenfalls angekündigten Abschnitten über „Die Entwicklung des modernen Staates" und „Die modernen politischen Parteien" haben sich keine Texte im Nachlaß gefunden. Diesem Band wurde der Text „Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft" zugeordnet, den Marianne Weber im Nachlaß vorfand, aber gesondert in den Preußischen Jahrbüchern, Band 187, 1922, S. 1 - 1 2 , veröffentlichte. Band MWG 1/22-5:
Die
Stadt
enthält den Text „Die Stadt", postum veröffentlicht in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 47, Heft 3, 1921, S. 621 - 7 7 2 . Der im Plan von 1914 innerhalb des Kapitels „Die Herrschaft" ausgewiesene Abschnitt „Die nichtlegitime Herrschaft. Typologie der Städte" hat sich im nachgelassenen Manuskript zu einer nicht abgeschlossenen, umfangreichen A b handlung entwickelt, die auch angesichts der unsicheren Zuordnung innerhalb von „Wirtschaft und Gesellschaft" im letzten Teilband gesondert veröffentlicht wird.
XVI
Zur Edition von „ Wirtschaft und Gesellschaft"
Band MWG 1/22-6: Materialien
und
Register
enthält eine Darstellung der Entwicklungsgeschichte von Max Webers Beiträgen zum „Handbuch der politischen Ökonomie", später „Grundriß der Sozialökonomik", die Edition der dafür relevanten Dokumente und das Gesamtregister zu Band MWG 1/22. Titel Der Band MWG 1/22 trägt den Titel „Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß". Der zusätzliche Titel „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte" ist von Weber durch die Druckfassung der „Einteilung des Gesamtwerkes" 1914 autorisiert. Er wurde eingeführt, als der Abteilung „Wirtschaft und Gesellschaft" der zuvor an anderer Stelle eingeordnete Beitrag von Eugen von Philippovich, „Entwicklungsgang der wirtschafts- und sozialpolitischen Systeme und Ideale", der schon 1912 fertiggestellt war, zugewiesen wurde. Dadurch umfaßte die Abteilung „Wirtschaft und Gesellschaft" nunmehr zwei Abhandlungen, so daß für Webers Beitrag ein eigener Titel erforderlich wurde. Der Titel „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte" charakterisiert Webers Konzeption aus dem Jahre 1914, in deren Rahmen die nachgelassenen Texte entweder entstanden sind oder überarbeitet wurden. Marianne Weber verwandte ihn als Überschrift für die von ihr als I. Teil bezeichnete Lieferung, die Max Weber noch zum Druck gegeben hat, Johannes Winckelmann als Titel der von ihm als II. Teil zusammengefaßten nachgelassenen Schriften. Schon 1913 bezeichnete Max Weber seinen Beitrag für „Wirtschaft und Gesellschaft" als „meine Soziologie", 12 und in einer Verlagsanzeige des Grundrisses der Sozialökonomik aus dem Jahre 1914 wird der Beitrag In der Abteilung III mit dem Titel „Soziologie" angekündigt. 1 3 Man könnte daher für den Band MWG I/22 auch den Untertitel „Soziologie" wählen. Doch angesichts der Vorbehalte, die Weber zu diesem Zeitpunkt gegen diese Bezeichnung seines Beitrages äußerte, 14 haben sich die Herausgeber für den Titel entschieden, der in der „Einteilung des Gesamtwerkes" erscheint. Ist der eine zwar autoreigen, so ist der andere durch den Autor formal autorisiert.
12 Brief an Paul Siebeck vom 9. Nov. 1913, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/8). 13 Verlagsanzeige im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 39. Band, 1. Heft (Juli-Heft 1914). 14 Im Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1913, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/8), schreibt Weber, daß er seine „Soziologie" nie so nennen könnte.
Zur Edition von „ Wirtschaft und
Gesellschaft"
XVII
MWG 1/23 Der B a n d M W G 1/23 enthält die 1. Lieferung d e s 1919/1920 neu bearbeiteten Beitrages von Max Weber für d e n „Grundriß der Sozialökonomik". Die Edition basiert auf d e n z u m größten Teil v o n W e b e r handschriftlich korrigierten D r u c k b ö g e n . Die ersten b e i d e n Kapitel „Soziologische Grundbegriffe" u n d „Soziologische G r u n d k a t e g o r i e n d e s Wirtschaftens" finden in d e n n a c h g e l a s s e n e n Manuskripten keine Vorfassungen. Kapitel III, „Typen der Herrschaft", stellt eine überarbeitete und auf ein Viertel d e s U m f a n g s verdichtete N e u f a s s u n g der älteren Texte z u m Kapitel „Die Herrschaft" dar. Der n a c h g e l a s s e n e Text zu „Klasse, Stand, Parteien" findet nur teilweise und in neuer begrifflicher Schärfung Eingang in d a s unvollendete Kapitel IV der I . L i e f e r u n g . N a c h Konzeption und Darstellungsform unterscheidet sich diese Fassung g r u n d l e g e n d v o n früheren Fassungen. Sie enthält einen neuen A n f a n g mit einer Theorie des Handelns, sozialen Handelns und, darauf a u f b a u e n d , der sozialen Beziehungen, der gesellschaftlichen Ordn u n g e n und der Verbände. In der Darstellungsweise ist der Text lehrbuchartig in P a r a g r a p h e n gegliedert, klassifikatorisch ausdifferenziert u n d gerafft. Über die von Weber b e a b s i c h t i g t e Fortsetzung dieser N e u f a s s u n g seines Beitrages gibt es nur w e n i g e Hinweise in d e n g e d r u c k t e n Kapiteln, so auf ein g e p l a n t e s Kapitel V, d a s sich mit Typen der G e m e i n s c h a f t e n („Formen der V e r b ä n d e " ) befassen sollte, sowie auf eine Religions-, Rechtsu n d Staatssoziologie. Als sicher kann gelten, daß er die älteren Texte aus d e n Jahren 1910 bis 1914 nicht unverändert in die f o l g e n d e n Lieferungen ü b e r n o m m e n hätte, dies zeigt die N e u f a s s u n g der „Herrschaftssoziologie".
Titel Der B a n d M W G I/23 trägt d e n Titel „Wirtschaft u n d Gesellschaft. Soziologie. Unvollendet 1 9 1 9 - 1 9 2 0 " . Damit wird er in d e n Z u s a m m e n h a n g d e s 1909 unter d i e s e m Titel b e g o n n e n e n Projekts gestellt und der Titelgebung im Verlagsvertrag W e b e r s entsprochen. Zur U n t e r s c h e i d u n g z u m B a n d M W G I/22 wird der Zusatz „Soziologie" angefügt. Die H e r a u s g e b e r b e g r ü n d e n diese E n t s c h e i d u n g mit d e n „Neuigkeiten" d e s Verlags J.C.B. Mohr (Paul Sieb e c k ) v o m April 1920, also n o c h zu Webers Lebzeiten, in d e n e n der Beitrag Max W e b e r s z u m „Grundriß der Sozialökonomik" wie folgt a n g e k ü n d i g t wird: „III. Abteilung: Wirtschaft u n d Gesellschaft. Soziologie". Der A u s d r u c k Soziologie ist d a r ü b e r hinaus s c h o n seit 1913 als ein autoreigener Begriff nachgewiesen. Horst Baier, M. Rainer Lepsius, Wolfgang J. Mommsen, Wolfgang Schluchter
Vorwort
Der v o r l i e g e n d e B a n d enthält d e n A b s c h n i t t „Rellglonssoziologle. (Typen religiöser V e r g e m e i n s c h a f t u n g ) " d e s sog. Zweiten Teiles von „Wirtschaft u n d Gesellschaft". Der Text stammt aus Max Webers Nachlaß. Max W e b e r hat ihn w a h r s c h e i n l i c h 1913/14 als Beitrag zu d e m von Ihm verfaßten Teil „Wirtschaft u n d Gesellschaft" im „Grundriß der Sozialökonomik" geschrieben. Die 1914 v o r g e s e h e n e „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " sah eine Beh a n d l u n g von „Religiöse Gemeinschaften. Klassenbedingtheit der Religionen; Kulturreligionen und W i r t s c h a f t s g e s i n n u n g " vor. A u c h w e n n die Überschriften d e s erst 1921/22 veröffentlichten A b s c h n i t t e s „Religionssoziologie" andere sind, entspricht sein Inhalt Im großen u n d g a n z e n d i e s e m Plan. Die Edition ist d u r c h die D e u t s c h e F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t , die Kommission für Sozial- und W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t e der Bayerischen A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n sowie die Universität Bremen m ö g l i c h g e w o r d e n . Ohne Mitarbeiter wären die vielfältigen Arbeiten nicht zu b e w ä l t i g e n g e w e s e n . Da W e b e r d e n Text nicht fertig gestellt hat, konnten seine religionswissenschaftlichen Gewährsleute nur d u r c h detektivische S u c h e erschlossen werden. Diese R e c h e r c h e n waren z e i t a u f w e n d i g u n d w u r d e n d u r c h ein Team bewältigt, zu d e m Frau Dr. Petra Schilm und Frau Jutta Nlemeier gehörten. Frau Schilm hat außerdem die Verzeichnisse u n d A p p a r a t e erstellt, die D r u c k v o r l a g e angefertigt und Korrektur gelesen, Frau Jutta Nlemeier die Register erstellt. Frau Niemeier hat z u s a m m e n mit Frau Schilm die Textverweise untersucht und in einer tabellarischen Form dargestellt, die ein Licht wirft sowohl auf die Stellung d e s A b s c h n i t t e s in d e m g e s a m t e n Text von „Wirtschaft und Gesellschaft" als auf Webers Rellglonstheorle. Frau Sonja Sawltzki hat für die Beschaffung v o n Literatur und die Erstellung der Seltenkonkordanzen gesorgt. Bei der B e s c h a f f u n g und Ausleihe von Literatur war uns die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen außerordentlich behilflich. A n d e m Ergebnis d e s g e m e i n s a m e n Arbeitsprozesses h a b e n a u c h Außerkstehende einen Anteil. O h n e d e n tatkräftigen Einsatz von Herrn Dr. Ay v o n der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften wäre die Arbeit zu Beginn nicht so z ü g i g In G a n g g e k o m m e n . U n d in der E n d p h a s e hat Frau Dr. Edith Hanke von d e r s e l b e n Arbeltsstelle keine Zeit u n d M ü h e g e s c h e u t , bei der Fertigstellung d e s B a n d e s zu helfen, tatkräftig unterstützt v o n Frau Ingrid Pichler. Als die Arbelt am B a n d d e m Ende z u g i n g , f a n d Frau Dr. Hanke n o c h einen handschriftlichen Text Max Webers, der die Vorlage
XX
Vorwort
für die Seite 292 von WuG 1 gebildet hat. Er wurde in Gestalt von Faksimile und Transkription in die Edition noch aufgenommen. Manfred Schön von der Düsseldorfer Arbeitsstelle war so entgegenkommend, uns einen Einblick in die noch nicht veröffentlichten Briefe Webers zu ermöglichen. Weiterhin haben die Zusammenkünfte von Verleger und Herausgebern in Bad Homburg, von Herrn Prof. Dr. Rainer Lepsius geleitet und von Frau Sallwey und Frau Söntgen in der Werner Reimers-Stiftung so überaus freundlich betreut, zur Klärung mancher Fragen beigetragen. Mit Herrn Prof. Dr. Wolfgang Mommsen habe ich Fragen der Authentizität der Überschriften, mit Herrn Prof. Dr. Wolfgang Schluchter Fragen der Einordnung des Textes in die Struktur des alten Teiles von „Wirtschaft und Gesellschaft", mit Herrn Prof. Dr. Horst Baier Fragen der Rickert-Deutung erörtert. Herr Prof. Dr. Martin Riesebrodt, mit dem ich eine Konferenz zu Webers .Religionssystematik' in der Werner Reimers-Stiftung durchgeführt habe, sowie Herr Prof. Dr. Günther Roth und Herr Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Graf haben Einleitung und Editorischen Bericht gelesen und Zustimmung wie Kritik geäußert. Ich möchte ihnen allen danken. Der Text erscheint zu einer Zeit, in der die Frage nach der Macht der Religionen in der modernen Kultur wieder ebenso aktuell ist, wie sie es für Weber und seine Zeit schon einmal war. Weber wertete damals die zeitgenössische Religionsforschung daraufhin aus, ob und wie Religionen auch noch in der Moderne die praktischen Beziehungen der Menschen zur Welt prägen. Dieser Ansatz könnte noch heutzutage der Religionswissenschaft, die wieder Wirklichkeitswissenschaft und damit Kulturwissenschaft sein möchte, Impulse geben. Bremen, im April 2001
Hans G. Kippenberg
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Seitenwechsel Einschub Max Webers Textersetzung Max Webers Von Max Weber gestrichene Textteile
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Im edierten Text: Hinzufügung des Editors. Im textkritischen A p p a r a t : unsichere oder alternative Lesung im Bereich der von Max Weber getilgten oder g e ä n d e r t e n
[...] [??] 1
2
3
A A1, A2, A 3 a
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Textstelle. Auslassung des Editors Ein Wort oder mehrere Wörter nicht lesbar. Indices bei A n m e r k u n g e n d e s Editors Sigle für die Erstausgabe d e s Textes Seitenzählung der Druckvorlage Indices für textkritische A n m e r k u n g e n Beginn und Ende von Texteingriffen und Paragraph siehe
a.a.O. Abschn. Abt. a. D. Adj. AfSSp ägypt. altägypt. althochdt. altiran. altpers. a. M. Anm. a.o. arab. a. S. AT, A.T. Aufl.
am a n g e g e b e n e n Ort
b. bab. bes. bezw., bzw. Bl. BSB
ibn babylonisch besonders beziehungsweise Blatt Bayerische Staatsbibliothek
Abschnitt Abteilung außer Dienst Adjektiv Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik ägyptisch altägyptisch althochdeutsch altiranisch altpersisch am Main Anmerkung außerordentlicher arabisch an der Saale Altes Testament Auflage
XXII
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
c. ca. chin. Co. Corpus Inscriptionum Latinarum, CIL
caput circa chinesisch Company Corpus Inscriptionum Latinarum, hg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften. - Berlin: Georg Reimer 1863 ff.
d. D., Dr. dass. ders. dgl. d. h. d. i. dies. Dr. phil. dt.
der, des Doktor dasselbe derselbe dergleichen das heißt das ist dieselbe Doctor philosophiae deutsch(er)
ebd. eigentl. Einleitung engl. etc. evt.
ebenda eigentlich MWG 1/19 (unten, S. 578), S. 8 3 - 1 2 7 englisch et cetera eventuell
f. f., ff. Fn. fol. frz.
feminin folgend(e) Fußnote folio französisch
GARS I
Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band 1. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1920 Grundriß der Sozialökonomik. Abteilung I—IX, 1. Aufl. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914-1930 gestorben griechisch
GdS, G.d.S.Ö. gest. griech. GStA hebr. Herausgeb., Hg., hg. Hinduismusstudie hl. i. Br. i. e. i. J. Inscriptiones Latinae Selectae, ILS iran. ital.
Geheimes Staatsarchiv hebräisch Herausgeber, herausgegeben -> MWG I/20, unten, S. 578 heilig(er) im Breisgau id est im Jahr Dessau, Hermann, Inscriptiones Latinae Selectae. - Berlin: Weidmann 1892 iranisch italienisch
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
XXIII
jap. Jg. jr. Judentumsstudie jüd.
japanisch Jahrgang junior - > Weber, J u d e n t u m l-IV jüdisch
K. Kap. Konfuzianismusstudie KZtSS
Karton Kapitel - » MWG 1/19, unten, S. 578 Kölner Zeitschritt für Soziologie und Sozialpsychologie
lat. Ltd. Luk.
lateinisch limited Lukas
m. Makk. Mdpr.AH Mdpr.HH MdR mongol. Mos. Mscr. MWG
maskulin Makkabäer Mitglied des preußischen A b g e o r d n e t e n h a u s e s Mitglied des preußischen Herrenhauses Mitglied des Reichstags mongolisch Moses Manuskript Max Weber-Gesamtausgabe; vgl. die Übersicht zu den Einzelbänden, unten, S. 576ff.
n. NB n. Chr. niederdtsch. NI. Nr.
neutrum notabene nach Christus niederdeutsch Nachlaß Nummer
o. o. J. o. 0 .
ordentlich(er) ohne Jahr ohne Ort
Ppers. phil.-hist. phryg. PI. portugies. Prof. Protestantische Ethik
pagina, p a g e persisch philologisch-historisch phrygisch Plural portugiesisch Professor - > Weber, Protestantische Ethik I,
RE 3
Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 22 Bände, 3. Aufl. - Leipzig: J.C. Hinrichs 1 8 9 6 - 1 9 1 3 Religiöse Gemeinschaften Religionssoziologie Repertorium
RelGem RelSoz Rep.
XXIV RGG 1
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
Rom. RS russ.
Die Religion in G e s c h i c h t e u n d Gegenwart, 5 Bände, 1. Aufl. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1 9 0 9 - 1 9 1 3 Römer Religionssoziologie russisch
S. Schluchter, Religion und Lebensführung I, II sem. Sg. s. g. Skt. sog. Sp. Subst. s. Z . , s . Zt.
Seite Schluchter, Wolfgang, Religion und Lebensführung, 2 Bände. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1988 semitisch Singular sogenannt(er) Sanskrit sogenannt(er) Spalte Substantiv seinerzeit, seiner Zeit
T. TH tib. Tl. transl. Ts. türk.
Teil, Tome Technische H o c h s c h u l e tibetisch Transliteration translated Transkription türkisch
u. u.a., u.A. ursprüngl. usw.
und und andere, unter anderem ursprünglich und so weiter
v. VA v. Chr. Verf. vgl. vol.
von Verlagsarchiv vor Christus Verfasser vergleiche volume
Weber, Marianne, Lebensbild
Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1926 ( N a c h d r u c k = 3. Aufl. T ü b i n g e n 1984) Weber, Agrarverhältnisse 3 Weber, Max, Agrarverhältnisse im Altertum, in: Handwörterb u c h der Staatswissenschaften, Band 1, 3., gänzlich umgearbeitete Aufl. - Jena: Gustav Fischer 1909, S. 5 2 - 1 8 8 (MWG I/6) Weber, Weber, Max, Zur G e s c h i c h t e der Handelsgesellschaften im Handelsgesellschaften Mittelalter. Nach südeuropäischen Quellen. - Stuttgart: Ferdinand E n k e l 889 (MWG 1/1) Weber, Hinduismusstudie MWG I/20, unten, S. 578 Weber, J u d e n t u m I Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum, in: AfSSp, Band 44, Heft 1, 1917, S. 5 2 - 1 3 8 (MWG 1/21)
Siglen, Zeichen, Weber, J u d e n t u m II
Weber, J u d e n t u m I
Weber, J u d e n t u m IV
Weber, Kategorienaufsatz Weber, Konfuzianismusstudie Weber, Musikstudie Weber, Protestantische Ethik I Weber, Protestantische Ethik II Weber, Rußlandstudie Weber, Verhandlungen 1910
Abkürzungen
XXV
Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike J u d e n t u m (Fortsetzung.), in: AfSSp, Band 44, Heft 2, 1918, S. 3 4 9 - 4 4 3 (MWG 1/21) Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike J u d e n t u m (Fortsetzung.), in: AfSSp, Band 44, Heft 3, 1918, S. 6 0 1 - 6 2 6 (MWG 1/21) Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike J u d e n t u m (Fortsetzung.), in: AfSSp, Band 46, Heft 1, 1918, S. 4 0 - 1 1 3 (MWG 1/21) Weber, Max, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, Band 4, Heft 3, 1913, S. 2 5 3 - 2 9 4 (MWG 1/12) - > MWG 1/19, unten, S. 578 - > MWG 1/14, unten, S. 577 Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus. I. Das Problem, in: AfSSp, B a n d 20, Heft 1, 1904, S. 1 - 5 4 (MWG I/9) Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus. II. Die Berufsidee d e s asketischen Protestantismus, in: AfSSp, Band 21, Heft 1, 1905, S. 1 - 1 1 0 (MWG I/9) - > MWG 1/10, unten, S. 577 Weber, Max, [Diskussionsbeiträge in der Debatte über:] Ernst Troeltsch: Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne Naturrecht, in: Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages v o m 19.-22. Oktober 1910 in Frankfurt a.M. Reden und Vorträge von Georg Simmel, Ferdinand Tönnies, Max Weber, Werner Sombart, Alfred Ploetz, Ernst Troeltsch, Eberhard Gothein, Andreas Voigt, Hermann Kantorowicz und Debatten. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S. 1 9 6 - 2 1 1 (MWG I/9)
Winckelmann, Winckelmann, Johannes (Hg.), Max Weber, Die protestantiKritiken und Antikritiken sche Ethik, II. Kritiken und Antikritiken, 3. Aufl. - Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1978 Winckelmann, Johannes, Max Webers hinterlassenes HauptWinckelmann, Max W e b e r s Hauptwerk werk: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen O r d n u n g e n und Mächte. Entstehung und g e d a n k l i c h e r Aufbau. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1986 Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, WL hg. von Johannes Winckelmann, 7. Aufl. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1988 WuG 1
Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, 1. Aufl. (Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung III). - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922 (MWG 1/22-1 bis 6 und MWG I/23)
Z. z. B. Zwischenbetrachtung
Zeile zum Beispiel Weber, Max, Z w i s c h e n b e t r a c h t u n g : Theorie der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung, in: MWG 1/19 (unten, S. 578), S. 4 7 9 - 5 2 2
Einleitung
Ein unfertiger
Schlüsseltext
Als Weber im Sommer 1913 an dem Text schrieb, der Jahre später unter der Überschrift „Religionssoziologie (Typen religiöser Vergemeinschaftung.)" als Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft" veröffentlicht wurde, erhielt er von seinem Freund und ehemaligem Freiburger Kollegen Heinrich Rickert einen Sonderdruck „Vom System der Werte". 1 In seinem Dankesschreiben kündigte Weber „als Gegengabe das Mscr. meiner Religionssystematik" an. 2 Ende November schrieb er Rickert in einem weiteren Brief, er werde ihm seine „empirische Kasuistik der Contemplation und aktiven Religiosität" schicken, wenn sie „abgetypt" sei. 3 In einem Brief an den Verleger Paul Siebeck charakterisierte Weber den Text noch einmal ähnlich: die Aufsätze zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen seien „Vorarbeiten und Erläuterungen der systematischen Religions-Soziologie im .G.d.S.Ö.'". 4 Den Text als „Systematik" 5 zu bezeichnen, ist gewagt. Ephraim Fischoff, der die amerikanische Übersetzung „The Sociology of Religion" vornahm, sprach von der „Kluft zwischen der Präzision von seinem [Webers] Denken und der natürlichen Unordnung seines Ausdrucksstiles". 6 Zur Bekräftigung berief sich Fischoff auf Äußerungen, die Karl Jaspers über Webers Stil gemacht hatte. Liest man Jaspers Worte nach, sind sie jedoch wesentlich nuancierter. Anders als Ephraim Fischoff und übrigens auch als Friedrich
1 Rickert, Heinrich, Vom System der Werte, in: Logos, Band 4, Heft 3, 1913, S. 2 9 5 - 3 2 7 (hinfort: Rickert, Vom System der Werte). 2 Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom Juli 1913 [nicht genauer datiert, wohl nach dem 3. Juli], GStA Berlin, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 81 (MWG II/8). 3 Brief Max Webers an Heinrich Rickert von ca. Ende November 1913, Privatbesitz (MWG H/8).
4 Brief vom 22. Juni 1915, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/9). 5 Zu Webers eigener Charakterisierung des Textes vgl. den Editorischen Bericht, unten, S. 104 f. 6 Weber, Max, The Sociology of Religion. Introduction by Talcott Parsons with a new foreword by Ann Swidler. - Boston: Beacon Press 1993 (hinfort: Weber, Sociology of Religion), S. XXVI („the gap between the acuity of his thought and the unstudied disorder of his style of expression").
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Einleitung
Meinecke 7 sah Karl J a s p e r s in Webers Stil mehr als nur Mängel. Im G e g e n teil! Er warf zwar Weber eine Gleichgültigkeit g e g e n ü b e r der s p r a c h l i c h e n Form vor. „Weil aber Max Weber g a n z bei der S a c h e u n d nie bei der Sprache war, g e l a n g ihm ohne Wollen der eigentliche Sprung a u c h in der Sprache: die wahrhaft unverkünstelten Klänge m e n s c h l i c h e n Geistes in der Geg e n w a r t " . 8 J a s p e r s B e m e r k u n g e n sollte man bei der Lektüre des Textes im Ohr behalten. Welcher Religionswissenschaftler hat je aus d e m Meer der religionshistorischen Daten jemals so p r ä g n a n t e Metaphern geschaffen, die in die schwer z u g ä n g l i c h e Innenwelt m e n s c h l i c h e n Handelns führen? Es ist nur zu begreiflich, daß sich Ann Swidler in ihrem Vorwort zur amerikanischen Ü b e r s e t z u n g von Webers Religionssoziologie anders als Ephraim Fischoff äußerte. Sie hielt g e r a d e diesen Text für b e s o n d e r s brillant u n d leb e n d i g . Er enthülle die d y n a m i s c h e Schubkraft von Webers Denken. 9 Da Weber d e n Text nicht mehr zur Veröffentlichung fertig stellen konnte, ist er alles andere als systematisch. Wohl aber lebt er von einer d u r c h g e h e n d e n und in d i e s e m Sinne systematischen Idee. In A b w e h r eines Materialismus, der m e n s c h l i c h e s Handeln aller Zeiten und Kulturen auf b e r e c h e n bare Z w e c k e u n d Interessen z u r ü c k s c h n e i d e t , vertiefte Weber sich in die Religionen, um d e m m e n s c h l i c h e n Handeln sowohl das Subjekt als auch d e s s e n vorausgesetzte Deutung der Welt z u r ü c k z u g e b e n . A m Leitfaden der G e s c h i c h t e der Religionen legte Weber die d r a m a t i s c h konträren Sinnd e u t u n g e n m e n s c h l i c h e n Handelns offen. Weber g e b r a u c h t e in seiner Darstellung nicht ohne Grund oft das Präsens. Die ermittelten H a n d l u n g s t y p e n sind a u c h noch in der G e g e n w a r t gültig. Es überrascht u n d berührt die Leser, wie e n g und unlösbar Weber g a n z alltägliches H a n d e l n mit einem Streben nach Heil verknüpft sah. Mehr noch: darin lag ein Antrieb ganz eigener Art. Dies ist es, was Weber interessierte: „Denn der Effekt im Handeln ist es, der uns a n g e h t " . 1 0
7 Friedrich Meinecke hat in seinem Nekrolog Max Weber eine „Vernachlässigung der Form" angekreidet, die er „sich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten zuschulden kommen ließ". Meinecke hat in ihr einen empfindlichen Mangel gesehen. Meinecke, Friedrich, Max Weber, in: König, René und Winckeimann, Johannes (Hg.), Max Weber zum Gedächtnis. Materialien und Dokumente zur Bewertung von Werk und Persönlichkeit, 2. Aufl. Opladen: Westdeutscher Verlag 1985, S. 143-147, Zitat: S. 145. 8 Jaspers, Karl, Max Weber, Deutsches Wesen im politischen Denken, im Forschen und Philosophieren. - Oldenburg: Gerhard Stalling 1932, S. 71. 9 Weber, Sociology of Religion (wie oben, S. 1, Anm.6), S.X („The Sociology of Religion demonstrates, better than any other of his works, Weber's brilliance as a historical analyst. [...] In The Sociology of Religion, the daunting [„entmutigend"], sometimes cumbersome [„klobige"] theoretical apparatus laid out in other portions of Weber's Economy and Society - definitions and typologies, lists and explications of concepts - comes to life, revealing the dynamic thrust of his ideas"). 10 Unten im Text, S. 333. Wilhelm Hennis versteht diese Aussage im Zusammenhang mit einer Rezeption von William James in Deutschland. Hennis, Wilhelm, Die spiritualistische
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Daß Webers „Systematik" schwer lesbar bleibt, hat allerdings auch einen Grund In der Systematik selber. Weber spricht nicht von Religion als solcher. „Eine Definition dessen, was Religion ,ist', kann unmöglich an der Spitze, sondern könnte allenfalls am Schlüsse einer Erörterung wie der nachfolgenden stehen". 1 1 Ähnlich hatte er sich in der „Protestantischen Ethik" geäußert: „Die endgültige begriffliche Erfassung kann [...] nicht am Anfang, sondern muß am Schluß der Untersuchung stehen". Es liege im Wesen der „historischen Begriffsbildung", daß sie „für ihre methodischen Zwecke die Wirklichkeit nicht in abstrakte Gattungsbegriffe einzuschachteln, sondern in konkrete genetische Zusammenhänge von stets und unvermeidlich individueller Färbung einzugliedern strebt". 1 2 Auch „Religion" kann als Teil der Wirklichkeit nicht abstrakt gefaßt werden. Nur wenn individuelle Handlungen nicht anders als durch die Annahme einer Orientierung an Religionen verstanden und erklärt werden können, kann man von einer Realität der Religionen sprechen. Weber bleibt kritisch. Er nimmt den Ideologieverdacht der materialistischen Geschichtsphilosophie von Karl Marx genauso ernst wie Sigmund Freuds These der Sublimierung des Verdrängten oder Friedrich Nietzsches These, religiöse Ethik sei aus „Ressentiment" entstanden. Ideen müssen im Lichte der sie tragenden Interessen, Interessen im Lichte ihrer Legitimationen gelesen werden. Diese systematischen Vorentscheidungen erschweren die Darstellung, die gezwungenermaßen immer wieder die Ebenen wechseln muß. Eine Wiedergabe der systematischen Achse kann den Einstieg in den Text daher erleichtern.
Wiedergabe des Textes Religiöse Gemeinschaften: Religion ist ein Gemeinschaftshandeln, das diesseitige Zwecke mit Hilfe außeralltäglicher Kräfte erreichen will. Diese Kräfte manifestieren sich in bestimmten Dingen wie Fetischen oder individuellen bzw. gemeinschaftlichen Fähigkeiten wie Rauschzuständen. „Alle Kreise menschlicher Tätigkeit werden in diesen symbolistischen Zauberkreis hineingerissen", 1 3 Wirtschaft ebenso wie Recht und Herrschaft. Wenn Weber später darauf zu sprechen kommt, daß Intellektuelle den umgekehr-
Grundlegung der „verstehenden Soziologie" Max Webers. Ernst Troeltsch, Max Weber und William James' „Varieties of religlous experience" (Nachrichten der Akademie der Wissenschaften In Göttingen, I. Philologisch-historische Klasse). - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1996, S.21 = Hennls, Max Webers Wissenschaft vom Menschen. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1996, S. 5 0 - 7 1 , hier: S.66. 11 Unten Im Text, S. 121. 12 GARS I, S. 30 und S. 31 (MWG 1/18). 13 Unten im Text, S. 129.
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ten Prozeß der Entzauberung vorantreiben, kehren die gleichen Worte n o c h einmal wieder. Je mehr „die Vorgänge der Welt .entzaubert' w e r d e n [...], nur noch .sind' u n d .geschehen', aber nichts mehr .bedeuten', desto dringlicher erwächst die Forderung an die Welt u n d .Lebensführung' je als Ganzes, daß sie b e d e u t u n g s h a f t und .sinnvoll' geordnet seien". 1 4 D o c h bis zu d e m Moment ist es bei Weber noch ein langer Weg. Es bedarf der p e r s ö n l i c h e n Träger von außeralltäglicher Kraft, damit religiöses Handeln allmählich von den diesseitigen Z w e c k e n u n a b h ä n g i g werden kann. Die A b f o l g e von Zauberer - Priester - Prophet verlagert das Prinzip des religiösen Gemeinschaftshandelns von Magie auf Kult, von Kult auf Ethik. Die Erfolglosigkeit des freiberuflichen Zauberers w u r d e zur C h a n c e der Priester. Im Auftrag eines politischen Verbands wollen sie die Götter nicht zwingen, sondern durch Kult beeinflussen. Sie sind es, die die Welt als einen d a u e r n d sinnvoll g e o r d n e t e n Kosmos konzipieren. Für Mißerfolge m a c h e n sie die G l ä u b i g e n selber verantwortlich, insofern sie die göttliche O r d n u n g mißachtet hätten. Propheten g a b e n dieser Erklärung eine ethische W e n d u n g und vereinheitlichten die „Beziehung des M e n s c h e n zur Welt aus letzten einheitlichen Wertpositionen heraus". 1 5 Um sie herum bilden sich G e m e i n d e n , die auf einer Ethik basieren. Dabei wird der Unterschied folgenreich, daß der Prophet in Vorderasien, wo die Konzeption eines persönlichen überweltlichen ethischen Gottes vorherrscht, als Überbringer von Gottes Wort gilt und eine Ethik des G e h o r s a m s lehrt, der Prophet in Indien aber, wo die Vorstellung einer göttlichen kosmischen O r d n u n g vorherrscht, d e n weltflüchtigen Heilsw e g e x e m p l a r i s c h vorlebt, wie beispielsweise B u d d h a . Prophetische Gem e i n d e n können aber nur d a n n dauerhaft bestehen, wenn Priester die verb i n d l i c h e n Lehren festlegen u n d mittels Predigt u n d Seelsorge auf die Leb e n s f ü h r u n g der Laien einwirken. Klassenbedingtheit der Religionen. Die Leistung der Religionen für das G e m e i n s c h a f t s h a n d e l n ist d a v o n a b h ä n g i g , welcher Schicht die Laien angehören. Die A b h ä n g i g k e i t der Bauern von der u n b e r e c h e n b a r e n Natur ist ein Grund dafür, daß Bauern nur a u s n a h m s w e i s e wie im antiken J u d e n t u m Träger einer rationalen Ethik sind. Häufiger findet man sie auf der Seite von Tradition u n d Magie. Krieger sind für die Idee eines aktiven G l a u b e n s k a m p fes e m p f ä n g l i c h , nicht aber einer g ü t i g e n Vorsehung oder systematisch ethischer A n f o r d e r u n g e n eines überweltlichen Gottes. Beamte schätzen irrationale Religiosität höchstens als Mittel der Domestikation der Untertanen. Weniger festgelegt ist die Haltung bürgerlicher Schichten. Privilegierte bürgerliche Schichten, normalerweise einer Jenseitsreligion a b g e n e i g t , favorisieren nur im Falle ihrer Entpolitisierung Erlösungsreligiosität, d a sie ihr das
1 4 Unten im Text, S.273. 1 5 Unten im Text, S . 2 0 7 .
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Bewußtsein fortdauernder Würde entlehnen können, wie bei den asiatischen Erlösungslehren, beim vorderasiatischen Manichäismus und der Gnosis. Wo bürgerliche Schichten Handwerk und Gewerbe betreiben und Stadtgemeinden bilden, können sie Träger rationaler ethischer Gemeindereligiosität werden, wie im Kleinbürgertum okzidentaler, nicht aber chinesischer und indischer Städte. Wenn negativ Privilegierte wie das Proletariat Träger einer Erlösungsreligion werden, änderte diese ihren Charakter und wird Heilandsverehrung oder magischer Kultus. Weber differenziert Erlösungsreligiosität nach ihrer unterschiedlichen Leistung für positiv oder negativ privilegierte Schichten. Das Würdegefühl der positiv Privilegierten beruht auf ihrem Sein, das Würdegefühl negativ Privilegierter auf dem Bewußtsein einer zukünftigen Mission. Im ersten Fall legitimiert sie das Glück Besitzender, im zweiten Fall das Bedürfnis nach Vergeltung. Das antike Judentum ist ein Beispiel dafür. Auf dem Boden seines Gesetzesmoralismus gewinnt das Ressentiment an Bedeutung, eine Theodizee der negativ Privilegierten. Das Christentum sprengt diesen Gesetzesmoralismus und schaltet so das Ressentiment aus. Es ist Nietzsches Fehler, seine RessentimentThese auch auf den Buddhismus anzuwenden. Denn das Erlösungsbedürfnis hat neben den negativ Privilegierten und dem Bürgertum noch eine dritte Quelle, den Intellektualismus: das metaphysische Bedürfnis des Geistes, der durch innere Nötigung dazu gedrängt wird, die Welt als sinnvollen Kosmos zu erfassen. Art und Träger von Intellektualismus sind bestimmend für die Geschichte der Religionen: ob Priester, Mönche, Sänger, Rabbinen, gebildete Laien. Weber nimmt dann schlagwortartig eine Zuordnung von Weltreligionen und deren Trägern bzw. Propagatoren vor: für den Konfuzianismus ist es der weltordnende Bürokrat, für den Hinduismus der weltordnende Magier, für den Buddhismus der weltdurchwandernde Bettelmönch, für den Islam der weltunterwerfende Krieger, für das Judentum der wandernde Händler, für das Christentum der wandernde Handwerksbursche. Kulturreligionen und Wirtschaftsgesinnung. Das religiöse Gemeinschaftshandeln ist nicht allein von der sozialen Schicht der Laien abhängig, sondern auch von der Verarbeitung der Erfahrung der Unvollkommenheit der Welt durch Intellektuelle. Es gibt insgesamt nur wenige konsequente Lösungen: die protestantische Prädestinationslehre, den Dualismus, die indische Seelenwanderungslehre. Diese Theodizeen kodifizieren die Irrationalität der Welt und eröffnen unterschiedlichste Wege für die Erlangung von Erlösung. Erlösung kann entweder mittels eigener Werke erlangt werden (aktive Weltablehnung oder mystische Weltflucht), oder ein Geschenk der Gnade sein, das in der alltäglichen Lebensführung bewährt werden muß. Besonders folgenreich für das religiöse Gemeinschaftshandeln werden die beiden Typen von Ethik. Gesetzesethik unterstützt bestehende Verhältnisse. Gesinnungsethik jedoch kann die Geltung traditioneller Normen sprengen
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und die Lebensführung revolutionieren. Letztere verwandelt das nachbarschaftliche Gebot der Brüderlichkeit in ein konsequentes Postulat der Gemeindereligiosität. Konflikte dieses Postulats mit den Realitäten der Welt (Ökonomie, Staat, Sexualität, Kunst) führen dazu, daß die Eigengesetzlichkeiten der Lebenssphären hervortreten, zugleich damit aber auch in ihnen gesinnungsethische Alternativen des Einzelnen möglich werden. Gesinnungsethik stellt sich gegen ökonomische Ordnungen, da diese nicht karitativ reglementierbar sind. Askese kann dabei ungewollt zur Vermögensakkumulation beitragen. Eine ähnliche Spannung gibt es im Verhältnis zum politischen Handeln. Hier zieht Erlösungsreligiosität entweder Apolitismus oder Glaubensrevolutionen nach sich. Auch zur Sexualität tritt die Gesinnungsethik in Gegensatz. Sexualfeindschaft wird zum Mittel der Heilssuche, kann aber auch zur Erotik sublimiert werden. Schließlich gerät Gesinnungsethik zur Kunst in Konflikt. Am Ende zieht Weber alle idealtypischen Bestimmungen religiösen Gemeinschaftshandelns zusammen und bestimmt die Weltreligionen hinsichtlich Weltanpassung bzw. Weltablehnung. Der Abschnitt ist fragmentarisch und beginnt ebenso abrupt wie er abbricht. Der Weg, der aus dem Zaubergarten herausführt, ist weder der weltangepasste Konfuzianismus noch der weltablehnende Buddhismus noch der weltzugewandte Islam noch die Pariahoffnung des Judentums. Zwar sehen auch Juden im erfolgreichen Erwerb ein Zeichen göttlicher Fügung. Jedoch fehlt ihnen die einheitliche Beziehung zur „Welt" aus dem Gesichtspunkt der certitudo salutis als Zentrum heraus. Erst das Christentum verallgemeinert die Nothilfeethik des Nachbarschaftsverbandes zur universalen brüderlichen Liebesgesinnung. Damit wird es zur Triebkraft der Herausbildung verselbständigter Ordnungen und rationaler methodischer Lebensführung.
Von der „Protestantischen Ethik" zu den „Religiösen Gemeinschaften" Der Text „Religiöse Gemeinschaften" wurde 1921/22 im Zusammenhang anderer nachgelassener Texte in „Wirtschaft und Gesellschaft" veröffentlicht. Er stammte aus einer Jahre zurückliegenden Forschungsphase, die deshalb besonders interessant ist, weil sie mit Webers Übergang von seiner Studie „Die protestantische Ethik und der .Geist' des Kapitalismus" aus den Jahren 1904/05 16 zur Aufsatzreihe „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" (ab 1915) zusammenfällt. Als Friedrich H. Tenbruck 1975 die These aufstell16 Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus, zuerst erschienen in: AfSSp, Band 20, Heft 1, 1904, S. 1 - 5 4 und Band 21, Heft 1, 1905, S. 1 - 1 1 0 (MWG I/9). Bearbeitet unter dem Titel: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: GARS I. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, S. 1 7 - 2 0 6 (MWG 1/18).
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te, daß nicht „Wirtschaft und Gesellschaft", sondern „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" das Zentrum und Hauptwerk von Weber seien, 1 7 hat Wolfgang Schluchter den Blick auf den Text „Religiöse Gemeinschaften" gelenkt. 1 8 In einer werkgeschichtlichen Rekonstruktion hat er zeigen können, daß in diesem einen Text alle beiden Vorhaben miteinander verklammert sind. Die „Religiösen Gemeinschaften" sind ein integraler Bestandteil von „Wirtschaft und Gesellschaft" und bilden zugleich eine Voraussetzung für „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen". Dieser Text nimmt die Frage einer sozialen Bedingtheit von Religionen wieder auf, die bereits in der „Protestantischen Ethik" als ein Gesichtspunkt präsent war. Da Weber sich mit diesem Text Begriffe erarbeitete, die zu Voraussetzungen für „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" wurden, findet sich in ihm die innere Verbindung aller drei Vorhaben Webers. Weber wandte sich in einem Moment der Mammutaufgabe des Studiums der Weltreligionen zu, als er 1910 die Debatte um die „Die protestantische Ethik und der .Geist' des Kapitalismus" mit einem „Schlußwort" beenden wollte. Er erinnerte noch einmal daran, was seine Schrift beabsichtigt hatte: „[...] eine bestimmte, konstitutive Komponente des Lebensstils, der an der Wiege des modernen Kapitalismus stand, [...] zu analysieren und in ihren Wandlungen und ihrem Schwinden zu verfolgen". 1 9 Diese These hatte seiner Ansicht nach der Diskussion standgehalten. In einem Rückblick kurz vor seinem Tode im Jahre 1920 hat Weber anläßlich seiner Neubearbeitung von „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" die Gründe dafür genannt, warum seine Forschung gerade diese Richtung genommen habe. Da waren einmal die Arbeiten seines Freundes und Kollegens Ernst Troeltsch. Sie hätten manches erledigt, was er als Nicht-Theologe selber nicht so gut gekonnt hätte. Es sei daran erinnert, daß Ernst Troeltsch 1906 an Stelle Webers auf dem 9. Historikertag den Vortrag gehalten hat: „Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt". 2 0 In ihm erläuterte Troeltsch den Historikern die Unterscheidung, die Weber zwischen dem „kapitalistischen System" und dem „kapitalistischen Geist" vorgenommen habe. Basierend darauf sei Weber der Nachweis gelungen,
17 Tenbruck, Friedrich H., Das Werk Max Webers, in: KZfSS, Jg. 27, 1975, S. 663-702, abgedruckt in: Ders., Das Werk Max Webers. Gesammelte Aufsätze zu Max Weber, hg. von Harald Homann. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1999, S. 5 9 - 9 8 . 18 Schluchter, Religion und Lebensführung II, S. 557-596. 19 Weber, Max, Antikritisches zum „Geist" des Kapitalismus, in: AfSSp, Band 30, 1910, S. 1 7 6 - 2 0 2 (MWG I/9), Zitat: S. 197; Winckelmann, Kritiken und Antikritiken, S. 169. 20 Troeltsch, Ernst, Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt, in: Historische Zeitschrift, 97. Band, 1906, S . 1 - 6 6 . Der Beitrag erschien in einer überarbeiteten Form als Monographie: Ders., Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt. - München und Berlin: R. Oldenbourg 1911.
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daß der Frühkapitalismus in Holland, England und Amerika auf dem Boden einer calvinistischen Wirtschaftsgesinnung entstanden sei. 21 Troeltsch machte mit diesem Vortrag deutlich, daß er die Fragen, an denen Weber arbeitete, auch als seine eigenen ansah. Möglicherweise fühlte Weber sich dadurch bestärkt, die so dringlich notwendige Weiterarbeit an der christlichen Religionsgeschichte ausgewiesenen Fachleuten überlassen zu können. Schon 1908 hatte Weber Worte der Bewunderung für Ernst Troeltsch mit der Bemerkung verbunden, er wolle „unnützes Parallelarbeiten" vermeiden. 2 2 Als Troeltschs Studien über die „Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen" 2 3 seit 1908 zu erscheinen begannen, hat Weber offensichtlich befürchtet, daß sich ihre Arbeitsgebiete allzu sehr überschneiden, was nicht ohne Einfluß auf seine Arbeitspläne blieb, wie Marianne Weber in ihrem „Lebensbild" berichtet. 2 4 Weber nannte 1920 auch den eigentlichen Grund für seine Hinwendung zur Religionsgeschichte. „Um diese Ausführungen [.Protestantische Ethik'] ihrer Isoliertheit zu entkleiden und in die Gesamtheit der Kulturentwicklung hineinzustellen", habe er sich entschlossen, „zunächst die Resultate vergleichender Studien über die universalgeschichtlichen Zusammenhänge von Religion und Gesellschaft niederzuschreiben". 2 5 Zwar beziehen sich diese Worte auf die Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Da er die Skizzen jedoch als „Vorarbeiten und Erläuterungen der systematischen Religions-Soziologie im .G.d.S.Ö.'" verstanden wissen wollte, 26 hat Weber damit indirekt auch etwas über die Gründe des systematischen Textes gesagt.
21 Ebd., S.68f. 22 Weber, Max, Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik", in: AfSSp, Band 26, 1908, S. 275-283, hier: S. 278, Fn. 3 (MWG I/9; hinfort: Weber, Bemerkungen zur „Replik"); Winckelmann, Kritiken und Antikritiken, S.54. 23 Troeltsch hatte mehrere Aufsätze und Vorträge über „Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen" zunächst ab 1908 im AfSSp veröffentlicht, die 1912 als Monographie mit demselben Titel erschienen (Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)). Die Entstehungsgeschichte der Soziallehren hat Friedrich Wilhelm Graf rekonstruiert: „endlich große Bücher schreiben". Marginalien zur Werkgeschichte der „Soziallehren", in: Graf, Friedrich Wilhelm und Rendtorff, Trutz (Hg.), Ernst Troeltschs Soziallehren. Studien zu ihrer Interpretation (Troeltsch-Studien, Band 6). - Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1993, S. 2 7 - 4 8 . 24 Weber, Marianne, Lebensbild, S.346. 25 Weber, Protestantische Ethik, GARS I, S.206 (MWG 1/18). 26 Vgl. oben, S. 1 mit Anm. 4.
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Der „Geist" des Kapitalismus und das Judentum Schon vor Max Weber hatte Werner Sombart n a c h d e n „seelischen" Vorbed i n g u n g e n u n d Ursachen des kapitalistischen Geistes gesucht, wie Ernst Troeltsch In seinem Vortrag 1906 vor den Historikern deutlich machte. 2 7 Sombart hat tatsächlich Jahre vor Weber das Problem beim N a m e n benannt: „ U n z u r e i c h e n d scheint mir auch eine B e g r ü n d u n g modern-kapitalistischen Wesens mit der Zugehörigkeit zu b e s t i m m t e n Religionsgemeinschaften. Daß der Protestantismus, zumal In seinen Spielarten des Calvinismus und Quäkertums, die Entwicklung des Kapitalismus wesentlich gefördert hat, ist eine zu bekannte Thatsache, als daß sie des weiteren begründet zu w e r d e n brauchte. Wenn j e d o c h j e m a n d [...] e i n w e n d e n wollte: die protestantischen Religionssysteme seien zunächst vielmehr Wirkung als Urs a c h e des modern-kapitalistischen Geistes, so wird m a n ihm schwer die Irrtümlichkeit seiner Auffassung darthun können, es sei d e n n mit Hilfe eines 23 e m p i r i s c h e n Nachweises konkret-historischer Zusammenhänge" Diesen N a c h w e i s hat Weber zwei Jahre später geführt. Der Protestantismus war kein Ü b e r b a u über eine b e s t i m m e n d e ö k o n o m i s c h e Basis. Er hat aktiv dazu beigetragen, den Kapitalismus hervorzubringen. Als Weber den Begriff des „Geistes" des Kapitalismus in seine eigene Studie übernahm, unterließ er es nicht, auf Sombart hinzuweisen, a u c h wenn seine e i g e n e „Problemstellung" eine „etwas andere" sei. 2 9 Er b r a u c h e nicht b e s o n d e r s zu betonen, wieviel seine eigenen Studien der Tatsache verdankten, „daß Sombarts große Arbeiten mit Ihren scharfen Formulierungen vorliegen, [...] a u c h - und gerade - da, w o sie andere W e g e g e h e n " . 3 0 Werner Sombart war von Webers N a c h w e i s nicht überzeugt. 1911 legte er einen e i g e n e n Erklärungsversuch vor. Max W e b e r s U n t e r s u c h u n g e n hätten Ihn d a z u g e b r a c h t , d e m Einfluß der Religion auf das Wirtschaftsleben noch mehr als zuvor n a c h z u g e h e n . Die Prüfung h a b e etwas anderes ergeben, daß nämlich „alle diejenigen Bestandteile d e s puritanischen D o g m a s , die mir von wirklicher B e d e u t u n g für die H e r a u s b i l d u n g des kapitalistischen
27 Troeltsch, Ernst, Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt, in: Historische Zeitschrift, 97. Band, 1906, S. 1 - 6 6 , hier: S. 43. In der Buchausgabe des Vortrages (1911) hat Troeltsch die Darstellung stärker In Webers Terminologie gekleidet: „Von dem kapitalistischen System ist der .kapitalistische Geist' zu unterscheiden, ohne den jenes nie zu seiner Macht über die Gemüter gekommen wäre" (Ders., Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt. - München und Berlin: R. Oldenbourg 1911, S. 66). 28 Sombart, Werner, Der moderne Kapitalismus, Band 1: Die Genesis des Kapitalismus. - Leipzig: Duncker & Humblot 1902, S.380f. 29 Vgl. Weber, Protestantische Ethik I, S. 15, Fn.2 (GARS I, S.34, Fn. 1). 30 Weber, Protestantische Ethik I, S. 20, Fn. 1 (GARS I, S. 42, Fn. 2).
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Geistes zu sein scheinen, Entlehnungen aus dem Ideenkreis der jüdischen Religion" 31 waren. Der Puritanismus habe dem Kapitalismus nur deshalb eine Wirtschaftsgesinnung einhauchen können, weil er sich die jüdische Tradition angeeignet habe. In Wirklichkeit seien die Juden die hauptsächlichen Träger der Entwicklung zum Kapitalismus gewesen. Mit dieser Schrift Sombarts wendete sich die Debatte über den Ursprung der kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung einer nicht-christlichen Religion zu. 3 ' Ob Zufall oder nicht: in demselben Jahr, in dem Werner Sombart der Debatte eine religionswissenschaftliche Richtung gab, nahm Max Weber sein Studium der großen Religionen auf. Als Weber im letzten Abschnitt der „Religiösen Gemeinschaften" auf das Judentum als Kulturreligion und seiner Wirkung auf die „Welt" einging, setzte er sich sogleich mit der Arbeit von Sombart auseinander. Weber würdigte Sombarts Leistung. „Es hätte in der Polemik gegen Sombarts geistvolles Buch die Tatsache nicht ernstlich bestritten werden sollen: daß das Judentum an der Entfaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems in der Neuzeit sehr stark mitbeteiligt gewesen ist. Nur bedarf diese These Sombarts m.E. einer etwas weiteren Präzisierung". 33 Die spezifisch ökonomischen Leistungen des Judentums lägen im Darlehen. 34 Hingegen fehle ihm „die Organisation der gewerblichen Arbeit in Hausindustrie, Manufaktur, Fabrik". 35 „Weder das spezifisch Neue des modernen Wirtschaftssysfems noch das spezifisch Neue an der modernen Wirtschaftsges/'nnung sind spezifisch jüdisch". 3 6 Die unterschiedliche Behandlung der Fremden, von denen Zins genommen werden dürfe, gegenüber den eigenen Brüdern - die „doppelte Moral" - sei nie ein Bereich gewesen, in dem sich der Gehorsam gegen Gottes Gebote zu bewähren habe. 3 7 Nicht die (typisch puritanische) Unterwerfung des Kreatürlichen unter die rationale Ordnung, sondern das Vertrauen auf das messianische Reich begründe die „Überwachheit" und das Würdegefühl von Juden. 3 8 Eine einheitliche Beziehung zur „Welt" aus dem Gesichtspunkt der certitudo
31 Sombart, Werner, Die Juden und das Wirtschaftsleben. - Leipzig: Duncker & Humblot 1911, Vorwort, S. V (hinfort: Sombart, Juden und Wirtschaftsleben). 32 Bei Wolfgang Schluchter findet sich der Hinweis, daß Weber eventuell bereits seine Studie über den Protestantismus teilweise gegen eine von Sombart bereits früher geäußerte Auffassung geschrieben habe. Sombart hatte in früheren Veröffentlichungen auf die Bedeutung der Juden für die Entwicklung des Kapitalismus in Europa hingewiesen (Schluchter, Religion und Lebensführung II, S. 129, Anm. 5 mit Quellennachweis). 33 34 35 36 37 38
Unten im Text, S.417f. Vgl. unten im Text, S. 418. Unten im Text, S.419. Unten im Text, S. 420. Unten im Text, S. 420. Unten im Text, S.427.
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salutis als Zentrum heraus habe ihm daher gefehlt. „Der Einzelne muß sich mit der Tatsache der Verheißungswidrigkeit der bestehenden Welt, solange Gott sie zuläßt, eben abfinden". 3 9 Diese Ausführungen zeigen trotz aller Differenzen durchaus ähnliche Perspektiven. Wie Weber nimmt auch Werner Sombart eine kulturwissenschaftliche Analyse des Kapitalismus vor. Und wie Weber ist es auch für ihn die Fremdheit in der Welt, die eine rationale Lebensmethodik erzeugt. 4 0 Als Weber im Jahre 1919 die „Protestantische Ethik" für die Gesammelten Aufsätze überarbeitete, ging er am Rande noch einmal auf Werner Sombarts These ein. Juden hätten wie die Puritaner das Theodizeeproblem und die Fragen nach dem „Sinn" der Welt ausgeschaltet, wenn auch „aus ganz andern Gründen". 4 1 In einer neuen Fußnote legte er den Finger auf das, was er für Sombarts schwache Stelle hielt. Sombart habe nicht verstanden, daß nicht Lehren allgemein, sondern nur „ein religiöser Glauben, der Heilsprämien auf eine bestimmte (in diesem Fall: methodisch-rationale) Lebensführung" 4 2 setzt, eine lebensumwälzende Macht entwickeln könne. 43 Die Auseinandersetzung mit Sombart hat Max Weber offenbar in der Annahme bestärkt, daß nicht nur der Protestantismus, sondern auch andere Religionen zu Rationalisierungen von Lebensführung imstande sind. 4 4 Werner Sombarts Schrift war nicht der erste Versuch gewesen, die Ursprünge der modernen Wirtschaftsmentalität in der Religionsgeschichte zu suchen. Ein anderer stammte aus England und war Weber gleichfalls bekannt. „Wenn also, wie mehrfach schon die Zeitgenossen, so auch neuere Schriftsteller die ethische Grundstimmung speziell des englischen Puritanismus als .English Hebraism' bezeichnen [...], so ist dies, richtig verstanden, durchaus zutreffend". 4 5 Weber scheint schon zur Zeit der ersten Auflage der „Protestantischen Ethik" Matthew Arnold zu kennen. In der Überarbeitung der „Protestantischen Ethik" heißt es von Arnold, er habe über den „Zusammenhang" von Protestantismus und kapitalistischem Geist gehandelt. 4 6 Matthew Arnold war ein seinerzeit bekannter Kritiker der englischen
39 Unten im Text, S. 429. 40 Vgl. dazu Rehberg, Karl-Siegbert, Das Bild des Judentums In der frühen deutschen Soziologie. „Fremdheit" und „Rationalität" als Typusmerkmale bei Werner Sombart, Max Weber und Georg Simmel, in: Horch, Hans Otto (Hg.), Judentum, Antisemitismus und europäische Kultur. - Tübingen: Francke 1988, S. 151-186. 41 Weber, Protestantische Ethik, GARS I, S. 101 (MWG 1/18). 42 Ebd., S. 40, Fn. 1. 43 Ebd., S. 40, Fn. 1. 44 Vgl. hierzu Schluchter, Religion und Lebensführung II. 45 Weber, Protestantische Ethik, GARS I, S. 180f. (MWG 1/18). 46 Vgl. ebd., S.28, Fn.3.
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Gesellschaft. Als ein sensibler und kritischer B e o b a c h t e r der rasanten Industrialisierung Englands b e a n s t a n d e t e er die Einseitigkeit d e s e n g l i s c h e n Mittelstandes, der nichts anderes im Sinn h a b e als die praktische Erwerbstätigkeit. In seinem B u c h „Culture a n d Anarchy. An Essay in Polltical a n d Social Criticlsm", d e s s e n m o d e r n e r Titel In m e r k w ü r d i g e m Kontrast zu seinem E r s t e r s c h e l n u n g s d a t u m 1869 steht, g i n g er mit d e m Provinzialismus des puritanischen e n g l i s c h e n Mittelstandes hart Ins Gericht. Dieser hätte es versäumt, sein praktisches E n g a g e m e n t um die g e b o t e n e kritische Reflexion zu ergänzen. Dabei v e r w e n d e t e er d a s Begriffspaar „ h e b r a i s m a n d hellenism", 4 7 die für zwei Fähigkelten d e s M e n s c h e n stünden: g e w i s s e n h a f t zu handeln und frei von praktischen Interessen zu denken. Nur w e n n b e i d e Fähigkeiten im G l e i c h g e w i c h t seien, könne m a n von einer funktionierenden Kultur sprechen. Der e n g l i s c h e Mittelstand h a b e j e d o c h dieses G l e i c h g e wicht verloren. Praktische Interessen dominierten über intellektuelles Erkennen. Die Puritaner hätten d e n G l a u b e n s g e h o r s a m der Renaissance d e s g r i e c h i s c h e n Denkens v o r g e z o g e n . Damit hätten sie Ihren G l a u b e n j e d o c h pervertiert. Denn die Arbelt, die a n f a n g s a u c h im Puritanismus d u r c h a u s n o c h ein Fluch und nur ein n o t w e n d i g e s Mittel z u m Ü b e r l e b e n g e w e s e n sei, sei d u r c h diese Liaison z u m S e l b s t z w e c k geworden. Religion sei zur seelenlosen M a s c h i n e v e r k o m m e n . Wer meine, es seien die Werke, d u r c h die M e n s c h e n sich als die Kinder Gottes erwiesen, d e m empfiehlt A r n o l d einen Blick auf London, eine „Großstadt unaussprechlicher Widerwärtigkeit". 4 8 Arnold blieb nicht bei der D i a g n o s e stehen. Er verlangte g e g e n die Bevorzug u n g d e s „ H e b r a l s m u s " einen neuen „Hellenismus": eine Rückkehr z u m interessefreien s p o n t a n e n Erkennen. Nur so könnten b e i d e Hälften der m e n s c h l i c h e n Existenz w i e d e r z u s a m m e n g e f ü g t werden: d a s s p o n t a n e Erkennen u n d d a s praktische Handeln. A r n o l d s Denken war ein früher Versuch, die mentalen Voraussetzungen d e s ö k o n o m i s c h e n U m b r u c h e s aus der Religionsgeschichte verständlich zu m a c h e n .
Religion in einer Debatte des Ersten Deutschen Soziologentages 1910 Die Resonanz, die W e b e r s Schrift „Die protestantische Ethik u n d der Geist d e s Kapitalismus" in D e u t s c h l a n d g e f u n d e n hat, erfaßte n o c h d e n Ersten D e u t s c h e n Soziologentag. G e g e n die materialistische G e s c h i c h t s p h i l o s o phie b e s t a n d e n zahlreiche d e u t s c h e Wissenschaftler darauf, daß der Auf-
4 7 Arnold, Matthew, H e b r a i s m a n d Hellenism, In: Culture a n d Anarchy. A n Essay in Political a n d Social Criticism. - L o n d o n : Smith, Eider & C o 1875, S. 1 2 8 - 1 4 9 . 4 8 Zitiert n a c h Trilling, Lionel, M a t t h e w Arnold, 4. Aufl. - London: Unwin 1963, S. 269.
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stieg des Kapitalismus, aber auch anderer moderner Institutionen wie der Menschenrechte, nicht ohne B e r ü c k s i c h t i g u n g der Ideen der H a n d e l n d e n analysiert w e r d e n durften. In Deutschland, wo die Erfahrung eines Traditio n s b r u c h e s , wie ihn die Revolution 1789 in Frankreich bewirkt hatte, fehlte, lag es nahe, a u c h a u s g e s p r o c h e n moderne Institutionen als Produkte kulturhistorischer Kontinuität zu erklären. Allerdings mußte zur soziologischen Betrachtung eine kulturwissenschaftliche treten, die sich auf die Religionsg e s c h i c h t e stützte, wie umgekehrt a u c h die Religionsgeschichte unter dieser Perspektive als Teil einer g e g e n w a r t s b e z o g e n e n Kulturwissenschaft betrieben w u r d e . 4 9 W e b e r hatte mit seiner Schrift den Nerv dieser Bestrebung e n getroffen. U m g e k e h r t war er selber mit seiner Weiterarbeit am Religio n s t h e m a ein Teil dieses Stromes von Diskussionen und Publikationen. Einen selten klaren Einblick in die Fragestellungen und G e g e n s t ä n d e , die unter dieser Perspektive relevant wurden, gibt der Erste Deutsche Soziolog e n t a g in Frankfurt. Auf ihm s p r a c h Ernst Troeltsch am 21. Oktober 1910 z u m Thema: „Das stoisch-christliche Naturrecht und das m o d e r n e profane Naturrecht". 5 0 Warum, so fragte Troeltsch, konnte das Christentum trotz seiner Gleichgültigkeit g e g e n ü b e r der Welt Soziallehren hervorbringen, die die profanen Lebensverhältnisse geformt haben? Die christliche Idee eines überweltlichen Reiches der Liebe habe sich nämlich von Beginn an in drei Typen soziologisch ausgeformt: der Kirche als einer Heilsanstalt, der Sekte als einer G e m e i n s c h a f t der Vollkommenen und schließlich der Mystik als eines radikalen gemeinschaftslosen Individualismus. 5 1 Es sind dies drei v e r s c h i e d e n e regulative Prinzipien der G l ä u b i g e n für ihre B e z i e h u n g e n zu den Erfordernissen des natürlichen und sozialen Lebens. „Die universalhistorisch wichtigste unter ihnen [den Typen] ist selbstverständlich die Kirche. Sie hat die stärkste Fortpflanzungs-, Ausbreitungs- und Organisations-
49 Vgl. dazu Lenger, Friedrich, Werner Sombart 1863-1941. Eine Biographie. - München: C.H. Beck 1994, S. 128f., sowie auch Graf, Friedrich Wilhelm, Rettung der Persönlichkeit. Protestantische Theologie als Kulturwissenschaft des Christentums, in: Bruch, Rüdiger vom, Graf, Friedrich Wilhelm und Hübinger, Gangolf (Hg.), Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. - Stuttgart: Steiner 1989, S. 103-131. 50 Troeltsch, Ernst, Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht, in: Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.-22. Oktober 1910 in Frankfurt a.M. Reden und Vorträge [...] und Debatten. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S. 166-192 (hinfort: Troeltsch, Naturrecht). Aut den Seiten 192-214 findet sich ein Protokoll der sich anschließenden Debatte (hinfort: Verhandlungen 1910). Webers Diskussionsbeitrag (ebd., S. 196-202, 210f.; MWG I/9: hinfort: Weber, Verhandlungen 1910). Ernst Troeltsch ist auch der Autor des Eintrages „Naturrecht" in: RGG1, Band 4, 1913, Sp. 697-704. 51 Zur soziologischen Bestimmung von Institutionen und Ideen siehe Lepsius, M. Rainer, Institutionenanalyse und Institutionenpolitik, in: Nedelmann, Birgitta (Hg.), Politische Institutionen im Wandel. - Opladen: Westdeutscher Verlag 1995, S. 392-403.
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kraft". 52 Diese soziologische Selbstgestaltung der christlichen Idee sei und das ist der zweite Schritt in der Argumentation von Ernst Troeltsch durch Eingliederung und Revisionen des stoischen Konzepts des Naturrechtes möglich geworden. Die Stoa hatte Gemeinschaft als eine Angelegenheit freier, gleicher, vernunftgeleiteter Menschen konstruiert. Da dieser Zustand allerdings nur in der Utopie, nicht aber in der Realität bestehe, unterschieden stoische Philosophen vom absoluten Naturgesetz ein relatives. Dieses relative Naturgesetz lehre die Menschen, wie sie ihre Leidenschaften beherrschen und Institutionen wie Macht, Familie, Eigentum relativ vernünftig gebrauchen könnten. Christen, gleichfalls mit der Aufgabe konfrontiert, mit den Gesetzen der „Welt" zu leben, ohne den Glauben an das „Reich Gottes" aufzugeben, machten sich diese Konzeption zu eigen. Der „Kirchengedanke" habe die Differenz zwischen Naturzustand und Gnadenzustand wie in der Stoa als etwas Relatives gedeutet und so den Verzicht auf eine strenge Vollkommenheit sowie Kompromisse mit den tatsächlichen Ordnungen der Welt gerechtfertigt. 53 Dieses christliche Naturrecht war ambivalent, identifizierte es in der gegenwärtigen Ordnung sowohl die Macht der Sünde wie die Gnade der Schöpfung. 5 4 Der „Rigorismus" der Sekten hingegen anerkannte nur ein absolutes Naturrecht, das mit dem „strengen Liebesgesetz Christi" identisch war. Kompromisse waren von Übel. 55 Die Mystik schließlich war der Welt und ihren Gesetzen gegenüber indifferent und hatte mit dem Naturrecht nichts im Sinn. Sie nahm ein inneres Licht an, das mit der göttlichen Vernunft zusammenfällt. 56 Mit diesem Vortrag war Ernst Troeltsch eine Erklärung dafür gelungen, wieso das Christentum, das von der Idee eines überweltlichen Gottesreiches beseelt war, derartig differierende Konzeptionen des Verhältnisses der Gläubigen zur Welt hat ausbilden können. An Ernst Troeltschs Ausführungen schloß sich eine Debatte an, an der sich außer Max Weber auch Ferdinand Tönnies, Georg Simmel, Eberhard Gothein, Martin Buber und Hermann Kantorowicz beteiligten. Ferdinand Tönnies bekannte sich zu der materialistischen Annahme einer Klassenbedingtheit des Christentums und vertrat die Ansicht, es sei das mittelalterliche städtische Bürgertum gewesen, das gegen die Heiligkeit der kirchlichen Institution rebelliert und das Naturrecht der Sekten durchgesetzt
52 Troeltsch, Naturrecht, S. 174f. 53 Vgl. ebd., S. 175f. 54 Vgl. ebd., S. 178f. 55 Vgl. ebd., S. 185. 56 Vgl. ebd., S. 174. Die Konstruktion von „Kirche" und „Sekte" als alternative Idealtypen behandelt Molendijk, Arle Leendert, Zwischen Theologie und Soziologie. Ernst Troeltschs Typen der christlichen Gemeinschaftsbildung: Kirche, Sekte, Mystik (Troeltsch-Studlen, Band 9). - Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1996, S. 3 5 - 5 6 .
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h a b e . 5 7 Als W e b e r nach ihm d a s Wort ergriff, w a n d t e er sich erst g e g e n die A n n a h m e von Tönnies, religiöse Gegensätzlichkeiten seien „ E x p o n e n t e n irg e n d w e l c h e r ö k o n o m i s c h e r Gegensätze". Eine „Verwandtschaft der Sektenreligiosität mit der Stadt" a n z u n e h m e n , sei eine „allzu gradlinige Konstruktion". In der Antike seien die christlichen Sekten auf d e m L a n d e daheim g e w e s e n . Im Mittelalter g ä b e es sie zwar In der Stadt, d o c h sei auf deren B o d e n a u c h der K i r c h e n g e d a n k e a u s g e b i l d e t worden. Man könne daher die religiöse Entwicklung nicht als Reflex von ö k o n o m i s c h e n Situationen betrachten. Anschließend ging Weber auf Ernst Troeltsch kritisch ein. Er stimme d e n von Troeltsch g e b i l d e t e n drei Typen zu, wiewohl m a n sich verg e g e n w ä r t i g e n müsse, daß sich alle drei g e g e n s e i t i g d u r c h d r i n g e n . So konnte der Calvinismus mit seinem Prädestinationsglauben nicht kirchliche Anstalt bleiben, s o n d e r n mußte eine G e m e i n s c h a f t derer werden, die d e n G l a u b e n Im rechten L e b e n s w a n d e l praktizierten. Die g r i e c h i s c h e Kirche sei v o n e i n e m Mystizismus durchsetzt, einem G l a u b e n an die Bruderliebe, der a u c h n o c h d e n Untergrund der russischen Literatur Tolstois oder Dostojewskis sowie eines spezifischen Naturrechts bilde. 5 8 W e b e r wies z u g l e i c h darauf hin, daß naturrechtliche Lehren K o n s e q u e n z e n h a b e n könnten, die nicht b e a b s i c h t i g t g e w e s e n seien. So sei aus der asketischen B e w ä h r u n g der B e r u f s m e n s c h h e r v o r g e g a n g e n , auf d e m der Kapitalismus ruhe. W e b e r wid e r s p r a c h der A u f f a s s u n g von Troeltsch, w o n a c h die „Kirche" im Vergleich zur Sekte „die stärkste Fortpflanzungs-, Ausbreitungs- und Organisationskraft" besitze. 5 9 Er hielt d a g e g e n , daß In d e n USA - „nicht nur quantitativ, s o n d e r n a u c h qualitativ g e m e s s e n , [das] religiöseste L a n d " - „ d a s Christentum weit v o r w i e g e n d die Form der Sekten a n g e n o m m e n " habe. „Gerade, weil der religiöse Typus dort faktisch der Sektentypus Ist, ist die Religion dort Volkssache, und weil dieser Sektentypus nicht universal, sondern exklusive ist, u n d weil exklusiv, seinen A n h ä n g e r n Innerlich und äußerlich g a n z b e s t i m m t e Vorzüge bietet, darum Ist dort die Stätte d e s Unlversalismus der effektiven Zugehörigkeit zu religiösen G e m e i n s c h a f t e n " . 6 0 G e o r g Simmel bezweifelte, daß d a s Christentum ü b e r h a u p t Ihm a d ä q u a t e soziale Gestalten h a b e a n n e h m e n können. Im Christentum sei die Liebe „aus d e n Verhältnissen d e s e m p i r i s c h e n L e b e n s [...] In die g a n z andere Schicht hineintransponiert w o r d e n [...], In der allein die Seele und Ihr Gott steht". Das sei „der G r u n d dieser prinzipiellen Gleichgültigkeit der Christen
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Vgl. Tönnies, V e r h a n d l u n g e n 1910 (wie oben, S. 13, A n m . 50), S. 1 9 2 - 1 9 6 . Weber, V e r h a n d l u n g e n 1910, S. 199f. Troeltsch, Naturrecht, S. 175. Weber, V e r h a n d l u n g e n 1910, S. 201 f.
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gegen alles Soziale". 61 Es war dies ein für Simmel typischer Gedankengang, der auch in seinen Schriften wiederkehrt. Religiosität bestand bei ihm aus einer eigenartigen Mischung „von sinnlicher Unmittelbarkeit und unsinnlicher Abstraktion". 62 Aus „religiösen Halbprodukten" wie der familiären Liebe entstehe auf dem Wege einer Differenzierung ein religiöses Gut. Religiöse Gefühle äußerten sich nicht allein in der Religion, 63 aber Religion stellte sie rein und abstrakt dar. 64 Weber hielt diesem Einwand Simmeis entgegen, es ginge nicht um den Sinn der christlichen Religiosität, sondern um die individuelle Bewährung des Glaubens. Darin stecke immer ein soziales Moment, sei es der Bewährungsgedanke des Calvinismus oder der mystische Liebesakosmismus der Brüderlichkeit, der an die alte Tradition der naturgewachsenen Brüderschaftsverhältnisse anknüpfte. Für die „Formungen der Welt ablehnenden Religiositäten" sei bestimmend, wie der Einzelne psychologisch seiner Beziehung zum Ewigen gewiß werde. 65 Auch Martin Buber griff in die Debatte ein. Er hatte damals gerade im Eugen-Diederichs-Verlag eine Sammlung mystischer Selbstzeugnisse veröffentlicht. In den „Ekstatischen Konfessionen" - so der Titel des Buches überraschte er seine Leserschaft mit einer provozierenden Behauptung. „Zuerst scheint der Mensch mit dem Namen Gottes vornehmlich das erklärt zu haben, was er an der Welt nicht verstand, dann aber immer öfter das, was der Mensch an sich nicht verstand. So wurde die Ekstase - das, was der Mensch an sich am wenigsten verstehen konnte - zu Gottes höchster Gabe". 6 6 Es ist von einer solchen Sicht aus begreiflich, daß Martin Buber in der Diskussion in Frankfurt die Frage stellte, ob Mystik überhaupt eine soziologische Kategorie sei oder nicht vielmehr eine rein psychologische, die jede Gemeinschaft negiere und mit dem Naturrecht nichts zu tun habe. 6 7 Hierzu nahm am Ende Ernst Troeltsch kritisch Stellung.
61 Simmel, Verhandlungen 1910 (wie oben, S. 13, Anm.50), S.205. Laut Volkhard Krech läßt Slmmels Wortbeitrag erkennen, daß Simmel von der lebensphilosophischen Diskussion um die Mystik angeregt worden sei. Vgl. Krech, Volkhard, Georg Simmeis Religionstheorie. - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1998, S.210. 62 Simmel, Georg, Zur Soziologie der Religion (Erstdruck 1898), In: Ders., Gesammelte Schriften zur Religionssoziologie, hg. von Horst Jürgen Helle. - Berlin: Duncker & Humblot 1989, S. 3 6 - 5 1 , Zitat: S.38. 63 Ebd., S. 37. 64 Vgl. ebd., S.43. 65 Vgl. Weber, Verhandlungen 1910, S.210f. 66 Buber, Martin, Ekstase und Bekenntnis (Erstdruck Jena 1909), In: Sloterdijk, Peter (Hg.), Mystische Zeugnisse aller Zeiten und Völker. - München: Dlederichs 1993, S. 5 3 67, Zitat: S. 55. 67 Vgl. Buber, Verhandlungen 1910 (wie oben, S. 13, Anm. 50), S. 206f.
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Was läßt sich aus dieser Debatte für Webers Text erkennen? Sie macht deutlich, daß Fragestellungen, Themen und methodische Zugriffe in den „Religiösen Gemeinschaften" sich in einem Feld von bereits abgesteckten Positionen und Gegenpositionen bewegten. Die deutschen Wissenschaftler, die 1910 in Frankfurt debattierten, nahmen alle an, daß die Weltablehnung, die die Religionen brachten, in hohem Grade sozial produktiv war. 68 Ob aber die Freiräume, die so eröffnet wurden, vom Einzelnen allein, oder nur im Zusammenhang religiöser Gemeinschaften eingelöst werden konnten, war eine der Streitfragen, die dabei aufkamen. Eine andere war, ob Religionen als Ideologie von Klassen zu lesen seien oder aus Ausdruck einer vorrationalen Erfahrung. Die Eigenart der deutschen Debatte wird noch einmal anders deutlich, wenn man auf die damaligen britischen und französischen Religionswissenschaftler blickt. Sie konzipierten Religion nicht als eine Macht, die eine Spannung zur Welt begründet. Ihre Analysen richteten sich auf elementare Rituale, die sie für den Ursprungsort aller sozialen Verbindlichkeiten hielten. Ausgehend vom Totemismus konzipierten sie Religion als jene Macht, die den Einzelnen moralisch an das Kollektiv bindet. 6 9 Weltablehnung spielte bei ihnen keinerlei Rolle.
Max Webers
Entdeckung
Weber wußte, daß seine These von der Einwirkung des asketischen Protestantismus auf die kapitalistische Lebensführung der „Ergänzung, Interpretation und weiteren Prüfung" bedurfte. 7 0 „Die Gegenprobe und nähere Interpretation, die versprochen ist, fehlt bisher", stellte er 1908 fest. 71 Seit 1911 erarbeitete Weber sich einen Fundus an soliden religionsgeschichtlichen Kenntnissen. Mehrere Vorhaben kamen zusammen und weckten Webers besonderes wissenschaftliches Interesse an der Religionsgeschichte. Neben seiner Absicht, die „Protestantische Ethik" in einen größeren Rahmen zu stellen, ergaben sich aus der Planung eines „Handbuchs der Politischen Ökonomie", dem späteren „Grundriß der Sozialökonomik", neue Aufgaben. Weber habe mit seinen „universalsoziologischen Studien" seine religions-
68 Als Weber in den „Religiösen Gemeinschaften" auf die Spannungen von religiöser Ethik und Welt eingeht, nimmt er indirekt auch auf Troeltschs Ausführungen zum Naturrecht bezug. In Abschnitt 11 (S.396f.) führt er aus, daß die Kirche des Mittelalters die Spannungen zwischen religiöser Ethik und Gewaltordnung durch das Naturrecht und eine organische Berufsethik gelöst habe, ähnlich wie das in Indien mit den Kasten geschah. 69 Weber verarbeitete kritisch die Diskussion um den Totemismus, vgl. unten, S. 169f. 70 Weber, Bemerkungen zur „Replik" (wie oben, S. 8, Anm. 22), S. 278; Winckelmann, Kritiken und Antikritiken, S.48. 71 Ebd., S. 279, Fn. 3; Winckelmann, Kritiken und Antikritiken, S. 54, Fn. 3.
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soziologischen A b h a n d l u n g e n fortsetzen und z u g l e i c h seinen Beitrag z u m G d S vorbereiten wollen, weiß Marianne Weber zu berichten. 7 2 Im Stoffverteilungsplan z u m „ H a n d b u c h der Politischen Ö k o n o m i e " von 1910 sah Weber sich selbst vor als Verfasser eines Abschnitts „Wirtschaft u n d Kultur (Kritik d e s historischen Materialismus)". Die Formulierung läßt eine B r ü c k e zu d e n früheren Studien erkennen. A n s c h e i n e n d wollte Weber das Verhältnis von Wirtschaft u n d Kultur in einer Weise behandeln, wie er dies bereits in der „Protestantischen Ethik" g e t a n hatte: nämlich als einer impliziten Kritik d e s historischen Materialismus. Den äußeren B e d i n g u n g e n d e s Wirts c h a f t s h a n d e l n s sollten die inneren B e d i n g u n g e n , die Kultur, h i n z u g e f ü g t werden. W e b e r wird von A n f a n g an a u c h Religion ins A u g e gefaßt haben, zumal der Begriff „Kultur" in allen Spielarten deutscher Wissenschaftstheorien n a c h d r ü c k l i c h Religionen mit einschloß. 7 3 Wenn man Marianne W e b e r s Biographie liest, wird etwas von der Faszination spürbar, die diese U n t e r s u c h u n g e n auf Weber selbst ausübten. Mit d e n religionshistorischen Studien sei eine E n t d e c k u n g v e r b u n d e n g e w e sen, die Weber selbst für eine seiner wichtigsten gehalten habe: „[...] der Rationalisierungsprozeß löst die m a g i s c h e n Vorstellungen auf, .entzaubert' und entgöttert z u n e h m e n d die Welt. Religion w a n d e l t sich aus M a g i e in Lehre. U n d nun zeigen sich nach Zerfall d e s primitiven Weltbildes zwei Tendenzen: Einmal zur rationalen B e h e r r s c h u n g der Welt u n d andrerseits z u m mystischen Erlebnis. A b e r nicht nur die Religionen e m p f a n g e n ihren Stempel d u r c h d a s sich z u n e h m e n d entfaltende Denken - der Rationalisierungsprozeß b e w e g t sich in mehreren Geleisen, u n d seine Eigengesetzlichkeit ergreift alle Kulturgebilde: Wirtschaft, Staat, Recht, die Wissenschaft u n d die Kunst. Vor allem die abendländische Kultur wird in all' ihren Formen ents c h e i d e n d bestimmt d u r c h eine zuerst im G r i e c h e n t u m entwickelte method i s c h e Denkart, der sich im Zeitalter der Reformation a u c h eine an bestimmten Z w e c k e n orientierte m e t h o d i s c h e Lebensführung zugesellt: Diese Vereinigung von theoretischem u n d p r a k t i s c h e m Rationalismus s c h e i d e t die m o d e r n e Kultur von der antiken, u n d die Eigenart beider s c h e i d e t die m o d e r n e a b e n d l ä n d i s c h e von der asiatischen Kultur. Freilich vollzogen sich a u c h im Orient Rationalisierungsprozesse, aber w e d e r der w i s s e n s c h a f t liche, n o c h der staatliche, n o c h der wirtschaftliche, n o c h der künstlerische sind in die d e m Okzident e i g n e n B a h n e n eingelenkt. - Für W e b e r b e d e u t e t diese Erkenntnis der Besonderheit d e s okzidentalen Rationalismus u n d der ihm zugefallenen Rolle für die a b e n d l ä n d i s c h e Kultur eine seiner w i c h t i g -
72 Weber, Marianne, L e b e n s b i l d , S . 3 4 6 . 7 3 „Wenn er ü b e r h a u p t über Religion s c h r e i b e n wollte, so unter d e m Begriff der Kultur" heißt es bei Schluchter, Religion und L e b e n s f ü h r u n g II, S. 564.
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sten Entdeckungen. Infolge davon erweitert sich seine ursprüngliche Fragestellung nach dem Verhältnis von Religion und Wirtschaft nun zu der noch umfassenderen, nach der Eigenart der ganzen abendländischen Kulturl. •]" 74 Man wird diesen Bericht kaum als Stilisierung eines Heros abtun können, obwohl das „Lebensbild" zu einer Gattung gehört, die davon nicht frei ist. 75 Wie will man Max Webers gewaltige Arbeitsintensität anders erklären als aus einer Vision eines ganz neuartigen Zuganges zur Kulturgeschichte? „Ein Durchbruch hatte sich ereignet", schreibt Wolfgang Schluchter. 7 6 Dazu paßt gut, daß Weber Teile der neuen Untersuchungen „Freunden vorgelesen" hat. 77 Die Fußnote, die dies erwähnt, wird von Georg Lukäcs bestätigt. Nach Empfang von Sonderdrucken der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Religionssoziologische Skizzen. Einleitung. Konfuzianismus und Taoismus" schrieb Lukäcs Mitte Dezember 1915 an Weber: „Das bisher Gelesene hat denselben großen Eindruck auf mich gemacht, wie seinerzeit die Vorlesung in Heidelberg [...]". 7 8 Den Daten der Auslieferung des Archiv-Heftes mit Webers Artikel zufolge (14. Oktober 1915) können nur die „Einleitung" und/oder Teile der Studie zum Konfuzianismus gemeint sein. Die Zwischenbetrachtung wurde erst mit Heft 2 am 23. Dezember 1915 ausgeliefert und kommt weniger in Frage. 7 9 Es gibt noch andere Indizien für einen „Durchbruch": Webers „Musiksoziologie", im gleichen Zeitraum entstanden, rückte die Musik unter die Besonderheiten des okzidentalen Rationalismus. 80 Marianne Weber berichtete darüber 1925 im Vorwort zur 2. Auflage von „Wirtschaft und Gesellschaft". „Was ihn bei der erstmaligen Durchforschung der musikalischen Gebilde des Orients und Okzidents so packte, war die Entdeckung, daß auch und gerade in der Musik - dieser scheinbar am reinsten aus dem Gefühl quel-
74 Weber, Marianne, Lebensbild, S. 348f. 75 Guenther Roth hat das „Lebensbild" dem biographischen Genre von Werken zugeordnet, die „von verehrenden Ehefrauen und pietätsvollen Töchtern" verfaßt wurden (Roth, Guenther, Marianne Weber und ihr Kreis. Einleitung zu: Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild. - München und Zürich: Piper 1989, S. IX-LVIII, Zitat: S.XII). 76 Schluchter, Religion und Lebensführung I, S. 102f. 77 MWG 1/19, S. 83f. 78 Brief von Lukäcs mit der ungenauen Datierung „Mitte Dezember"; MWG 1/19, S.36, mit Quellenangabe. 79 Vgl. MWG 1/19, S. 37, Hg.-Anm. 22. 80 Weber, Max, Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik. - München: Drei Masken Verlag 1921 (MWG 1/14). Eine Studie dazu von Braun, Christoph, Max Webers „Musiksoziologie". - Laaber: Laaber-Verlag 1992, darin: Die Soziologie der Weltreligionen und Musiksysteme, (ebd., S. 112-123). Webers Interesse ging weiter als die Musik. Vgl. auch Gephart, Werner, Religiöse Ethik und ästhetischer „Rationalismus". Zur Soziologie der Kunst im Werk Max Webers, in: Sociologia Internationalis, Band 31,1993, S. 101-121.
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lenden Kunst - die Ratio eine so b e d e u t s a m e Rolle spielt und daß ihre Eigenart im Okzident, e b e n s o wie die seiner Wissenschaft und aller staatlic h e n und gesellschaftlichen Institutionen, durch einen spezifisch gearteten Rationalismus b e d i n g t ist". Daß diese E n t d e c k u n g in Wirklichkeit nicht g a n z so einzigartig ist, wie die Worte nahelegen, sondern auf soliden Vorarbeiten anderer basiert, hat Hubert Treiber n a c h g e w i e s e n . Zeitgenössische musikwissenschaftliche N a c h s c h l a g e w e r k e hätten die Anfänge des m o d e r n e n Tonsystems mit der G e s c h i c h t e des A b e n d l a n d e s in Verbindung gebracht. 8 1 Die Frage muß gestellt werden: Was heißt dann E n t d e c k u n g ? Max Weber hat am Ende seiner Studie zur Entstehung des modernen Kapitalismus eine Bemerkung g e m a c h t , die darauf ein Licht werfen könnte: daß „der m o d e r n e M e n s c h im g a n z e n selbst beim besten Willen nicht imstande zu sein pflegt, sich die Bedeutung, w e l c h e religiöse Bewußtseinsinhalte auf die Lebensführung, die Kultur und die Volkscharaktere g e h a b t haben, so groß vorzustellen, wie sie tatsächlich g e w e s e n ist". 8 2 D e m n a c h braucht die Entd e c k u n g nicht in den Fakten zu liegen, sondern in der unerwarteten Erkenntnis, daß a u c h ästhetische Erscheinungen der modernen Kultur eine religionsgeschichtliche Genealogie haben. Oder wie Weber a u c h s a g e n kann: in der Tragweite des Religiösen auf Gebieten, wo man sie nicht sucht. Den ü b e r z e u g e n d s t e n Beweis für Webers E n t d e c k u n g liefert j e d o c h sein Beitrag „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen O r d n u n g e n und M ä c h t e " zum „Grundriß der Sozialökonomik" selber. Dieser machte mit seiner religionswissenschaftlichen Erklärung g e g e n w ä r t i g e r gesellschaftlicher Sachverhalte nämlich nicht mehr bei der Wirtschaftsgesinnung halt. Weber setzte bei seiner Arbeit voraus, daß auch andere L e b e n s o r d n u n g e n von einer f o r t d a u e r n d e n Macht der Religionen beeinflußt waren. A u f g r u n d dieser Annahme m a c h t e er sich die Mühe, seine Analysen von Gemeinschaften, Religion, Recht und Herrschaft nicht nur mit Wirtschaft, sondern a u c h untereinander zu verknüpfen. Zahlreiche Vor- und Rückverweise z w i s c h e n d e n Texten 8 3 haben den Z w e c k zu zeigen, daß die H a n d l u n g e n auch noch in diesen O r d n u n g e n von der religiösen Entwicklung b e d i n g t waren, wie a u c h u m g e kehrt die religiöse Entwicklung von der Handlungsrationalität sozialer Ordn u n g e n einschließlich der ö k o n o m i s c h e n vorangetrieben wurde. Eine Erklärung moderner sozialer Tatbestände aus der Religionsgeschichte kam zur d a m a l i g e n Zeit a u c h außerhalb Deutschlands vor. Ver-
81 Treiber, Hubert, War mit Max Webers „Musiksoziologie" tatsächlich eine ungewöhnliche „Entdeckung" verbunden?, in: Simmel Newsletter, vol. 8, No. 2, 1998, S. 144-160. 82 Weber, Protestantische Ethik, GARS I, S.205 (MWG 1/18). 83 Zu den Textverweisen der „Religiösen Gemeinschaften" vgl. den Editorischen Bericht, unten, S. 94-102, sowie die Tabellen im Anhang zum Editorischen Bericht, unten, S. 115117.
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gleichbare Ansätze finden sich bei Émiie Dürkheim (1853-1917) und seinen Schülern in Frankreich. Allerdings zeigt ein näherer Blick auch, wie unterschiedlich die Durchführung sein konnte. Dürkheim hatte in seiner Studie zum Selbstmord 8 4 den Beweis angetreten, daß Menschen auch dann, wenn sie Handlungen vollkommen freiwillig auszuführen meinten, dabei durchaus einem Zwang gehorchen können, der im Falle des Selbstmordes von der Zugehörigkeit zu einer der Religionsgemeinschaften ausging. Derartige Handlungen, die weder einem Naturgesetz unterstehen noch aus freien Stücken geschehen, faßte er zu einer eigenen Klasse zusammen: „faits sociaux". Sie bestehen aus „Arten des Handelns, Denkens und Fühlens, die außerhalb der Einzelnen stehen und mit zwingender Gewalt ausgestattet sind, kraft derer sie sich aufdrängen". 8 5 Menschen könnten den obligatorischen Charakter derartiger Handlungen nicht durch Introspektion erkennen. Erkennbar würden sie erst, wenn man sich den Religionen zuwende. Im Vorwort zum zweiten Band der L'Année sociologique 1897/98 hatte sich Dürkheim in Sachen Religion direkt an die Leserschaft gewandt: „Man wird erstaunt sein über den besonderen Vorrang, den wir dieser Art Erscheinungen eingeräumt haben. Aber sie sind der Keim, aus dem alle anderen [Erscheinungen] - oder fast so gut wie alle anderen - hervorgegangen sind. Die Religion enthält in sich im Prinzip, aber in einem noch ungeklärten Zustande, alle die Elemente, die dadurch, daß sie sich trennen, sich festlegen und sich auf tausendfache Weise wieder miteinander verbinden, die verschiedenen Manifestationen des kollektiven Lebens hervorgebracht haben". 8 6 Für Dürkheim ist Religionsgeschichte nicht mehr explanandum, sondern explanans. Um die soziale Bindung des Menschen in der arbeitsteiligen Gesellschaft zu erkennen, bedarf es der Erkenntnis elementarer Religion.
8 4 Vgl. Dürkheim, Émile, Le suicide. Étude de sociologie. - Paris: F. Alcan 1897. 8 5 Dürkheim, Émile, Les règles de la méthode sociologique. - Paris: F. Alcan 1895 (zitiert nach der deutschen Übersetzung: Die Regeln der soziologischen Methode, hg. und eingeleitet von René König. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1984, S. 107). 8 6 Wieder abgedruckt in: Dürkheim, Émile, Journal Sociologique. Introduction et notes de Jean Duvignaud. - Paris: Presses Universitaires de France 1969, S. 138 (Übersetzung ins Deutsche). Dürkheim scheint von dieser Idee wie besessen gewesen zu sein. Jedenfalls fand es einer seiner Mitarbeiter wert, einem Freund in einem Brief mitzuteilen, daß Dürkheim Heiratsregeln, Strafrecht, einfach alles aus der Religion erklären wolle (Vgl. Pikkering, William S.F., Durkheim's Sociology of Religion. Themes and Theories. - London: Routledge & Kegan Paul 1984, S. 75).
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Der Heidelberger „Eranos"-Kreis und die religionsgeschichtliche Genealogie moderner Tatbestände Eine Entdeckerfreude dieser Art grassierte schon länger unter Forschern in Heidelberg. Viele waren von dem Staats- und Völkerrechtler Georg Jellinek beeindruckt, der nachgewiesen hatte, daß die modernen Menschenrechte nicht ein Produkt der Religionskritik der Aufklärung waren. Es seien religiöse Nonkonformisten des 17. Jahrhunderts gewesen, die als erste, und noch vor der Aufklärung, das fundamentale Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit verbrieft hätten. Unmittelbares Vorbild für die Erklärung der Rechte, die die französische Nationalversammlung am 26. August 1789 abgegeben habe, sei nicht Rousseaus Gesellschaftsvertrag gewesen, sondern die „bills of rights" der Verfassungen nordamerikanischer Bundesstaaten von 1776 und später. 87 Daß der einzelne Bürger ein angeborenes und nicht vom Staat verliehenes Recht besitzt, sei aus der reformatorischen Idee einer Religions- und Gewissensfreiheit gewonnen worden. 8 8 Im religionswissenschaftlichen Gesprächskreis „Eranos", der 1904 gegründet worden war und dem auch Weber angehörte, hat Georg Jellinek 1904 zu diesem Thema vorgetragen: „Die religiösen und metaphysischen Grundlagen des Liberalismus". Das „Eranos"-Album notierte als Inhalt: „Zunächst wird auf den ununterbrochenen Zusammenhang der politischen Werthaltungen mit den religiösen Grundauffassungen hingewiesen und der Einfluß der christlichen Lehre und der alten und mittelalterlichen Kirche auf das Bewußtsein von einer dem Staat gegenüber selbständigen Sphäre des Individuums dargelegt". 8 9 Daß Jellineks Arbeiten Max Weber beeindruckt haben, bekannte dieser freimütig in einer Rede, die er im März 1911 anläßlich der Hochzeit von Jellineks Tochter Dora Busch gehalten hat. Er habe wesentlichste Anregungen aus Jellineks großen Arbeiten bekommen: so den „Nachweis religiöser Einschläge in der Genesis der .Menschenrechte' für die Untersuchung der Tragweite des Religiösen überhaupt auf Gebieten, wo man sie zunächst nicht s u c h t " 9 0
87 Vgl. Jellinek, Georg, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, 4. Aufl. - München und Leipzig: Duncker & Humblot 1927, S. 16 (Ersterscheinung 1895). 88 Vgl. ebd., S.55f. 89 Zu den Eranos-Protokollen vgl. Lepslus, M. Rainer, Der Eranos-Krels Heidelberger Gelehrter 1904-1908. Ein Stück Heidelberger Wissenschaftsgeschichte anhand der neu aufgefundenen Protokollbücher des Eranos. Vortrag zur Sitzung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, am 16. April 1983, in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1983. - Heldelberg: Carl Winter 1984, S. 4 6 - 4 8 . 90 König, René und Winckelmann, Johannes (Hg.), Max Weber zum Gedächtnis. Materialien und Dokumente zur Bewertung von Werk und Persönlichkeit, 2. Aufl. - Opladen: Westdeutscher Verlag 1985, S. 15 (hinfort: König, Winckelmann (Hg.), Max Weber).
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Der Neutestamentier Adolf Delßmann hatte 1904 d e n „Eranos", d a s „wissenschaftliche Kränzchen", wie Marianne Weber die Professorenrunde nannte, 9 1 z u s a m m e n mit d e m Altertumswissenschaftler Albrecht Dieterich g e g r ü n d e t . Die Satzung sah vor, daß bei d e n Treffen einmal im Monat w ä h rend d e s Semesters der G a s t g e b e r „ein Referat über ein religionswissenschaftliches T h e m a " erstattet oder „einen Bericht über E n t d e c k u n g e n , Publikationen etc. aus d e m Gebiet der Religionswissenschaft u n d ihrer Grenzdisziplinen" gibt. 9 2 An d e n monatlichen Treffen d e s „Freundesmahls" - d a s ist die B e d e u t u n g d e s g r i e c h i s c h e n Wortes eranos - n a h m e n u.a. der Philosoph Wilhelm W i n d e l b a n d , der systematische T h e o l o g e u n d Religionsphilosoph Ernst Troeltsch, der Staats- und Völkerrechtler G e o r g Jellinek, der Nationalökonom und Kulturhistoriker Eberhard Gothein teil. In seinen späteren Erinnerungen hielt Deißmann fest: „Daß Nichttheologen die große Mehrheit dieses religionswissenschaftlichen Kreises bildeten, [...] war von u n g e mein a n r e g e n d e r Wirkung. [...] Die Weltgeltung der Religion und ihre tiefe Verflochtenheit in alle Gebiete d e s geistigen Lebens, politische G e s c h i c h t e , Recht, Wirtschaft, Kunst, Philosophie kam in diesen Sonntagsfeierstunden zu einem g a n z plastischen A u s d r u c k . " 9 3 W e b e r hat im „Eranos" laut d e m v o r l i e g e n d e n Protokollbuch zweimal referiert, einmal über d a s T h e m a „Die protestantische A s k e s e und d a s m o d e r n e Erwerbsleben" a m 5. Februar 1905 u n d d a n n n o c h einmal am 29. Februar 1908 über d e n „Kapitalismus im Altertum". Das A l b u m verzeichnet Z u s a m m e n k ü n f t e bis z u m Januar 1909. Wie lange der Kreis d a n a c h n o c h b e s t a n d e n hat, ist nicht bekannt.
Religion als Gemeinschaftshandeln Max Webers Fragestellung W e b e r s Darstellung gehört z u m Genre „ H a n d b u c h " u n d privilegiert Sachverhalte auf Kosten einer Explikation von vorausgesetzter Fragestellung und Theorie. Die d e m Text „Religiöse G e m e i n s c h a f t e n " v o r a u s g e h e n d e n A b s c h n i t t e in „Wirtschaft und Gesellschaft" können nur eingeschränkt hel91 W e b e r , M a r i a n n e , L e b e n s b i l d , S . 3 5 8 . 92 Ich v e r d a n k e H e r r n Professor Dr. M. Rainer L e p s i u s e i n e K o p i e d e s S c h r i f t s t ü c k e s . 93 D e i ß m a n n , A d o l f , in: S t a n g e , Erich ( H g . ) , Die R e l i g i o n s w i s s e n s c h a f t d e r G e g e n w a r t in S e l b s t d a r s t e l l u n g e n . - L e i p z i g : Felix M e i n e r 1925, S . 4 3 - 7 8 , Zitat S . 2 2 f . I n f o r m a t i o n e n z u m „ E r a n o s " - K r e i s f i n d e n s i c h bei H o n i g s h e i m , Paul, E r i n n e r u n g e n a n M a x W e b e r , in: K ö n i g , W i n c k e l m a n n ( H g . ) , M a x W e b e r (wie o b e n , A n m . 9 0 ) , S. 1 7 6 (hinfort: H o n i g s h e i m , E r i n n e r u n g e n a n M a x W e b e r ) ; D r e s c h e r , H a n s - G e o r g , Ernst Troeltsch. L e b e n u n d W e r k . G ö t t i n g e n : V a n d e n h o e c k & R u p r e c h t 1991, S. 2 0 9 f . Z u m w e i t e r e n s o z i a l e n U m f e l d vgl. Treiber, H u b e r t u n d S a u e r l a n d , Karol ( H g . ) , H e i d e l b e r g im S c h n i t t p u n k t intellektueller Kreise. Z u r T o p o g r a p h i e d e r „ g e i s t i g e n G e s e l l i g k e i t " e i n e s „ W e l t d o r f e s " : 1 8 5 0 - 1 9 5 0 . - O p l a d e n : W e s t d e u t s c h e r V e r l a g 1995.
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fen. Das Problem wird insbesondere durch den Ersten Teil von WuG 1 nicht gelöst, sondern verschärft. Der von Weber 1920 zum Druck gegebene Erste Teil seines Grundriß-Beitrages ist später abgefaßt worden und paßt weder von der Terminologie noch von der Systematik her zu den älteren Manuskripten, die in der Ausgabe von Marianne Weber und Melchior Palyi den Zweiten Teil bilden. 1 Wenn Weber Religion als Gemeinschaftshandeln bestimmt, wie er gleich zu Beginn tut, verbindet er damit mehrere konzeptionelle Annahmen. Die erste ist eine gewisse Eigengesetzlichkeit. In „Wirtschaft und Gesellschaft im allgemeinen" 2 nennt Weber „Eigengesetzlichkeit" als Merkmal einer Strukturform von Gemeinschaftshandeln, zu der auch Religion gehört. Diese Eigengesetzlichkeit ergibt sich daraus, daß sich „an die Vergesellschaftung [...] regelmäßig eine .übergreifende' Vergemeinschaftung [knüpft]". 3 Diese Eigengesetzlichkeit des Gemeinschaftshandelns ist dynamisch. Weber spricht in „Die Wirtschaft und die Ordnungen" 4 von einem „Rationalisierungs- und Vergesellschaftungsprozess", „dessen fortschreitendes Umsichgreifen in allem Gemeinschaftshandeln wir auf allen Gebieten als wesentliche Triebkraft der Entwicklung zu verfolgen haben werden". 5 Dazu kommt, daß die unterschiedlichen Typen des religiösen Gemeinschaftshandelns in einer Wechselwirkung mit den anderen gesellschaftlichen Ordnungen und Mächten stehen. Welcher Art die „Wahlverwandtschaften" bzw. „Adäquanzbeziehungen" sind, darüber lassen sich jedoch keine allgemeinen Regeln aufstellen. 6 Sehr wohl aber nimmt Weber laut einer Aussage in dem Abschnitt „Staat und Hierokratie" an, daß die Rationalisierung des Reli-
1 Vgl. die Allgemeinen Hinweise der Herausgeber, oben, S. XIII, sowie Schluchter, Religion und Lebensführung II, S. 597-634, bes. S.622. 2 Der WuG 1 -Abschnitt „Wirtschaft und Gesellschaft im allgemeinen" (WuG1, S. 181-193) wird in der MWG-Edition unter dem neuen Titel „Wirtschaftliche Beziehungen der Gemeinschaften im allgemeinen" herausgegeben (MWG 1/22-1). 3 WuG 1 , S. 187 (MWG 1/22-1). 4 MWG I/22-3, 5 WuG 1 , S. 382 (MWG I/22-3). Vgl. auch Schluchter, Religion und Lebensführung II, S. 604. 6 „[...] auch die Wirtschaft [pflegt] irgendwie durch die eigengesetzlich bedingte Struktur des Gemeinschaftshandelns, innerhalb dessen sie sich vollzieht, beeinflußt zu sein. Darüber, wann und wie dies der Fall ist, läßt sich etwas ganz Allgemeines von Belang nicht aussagen. Wohl aber läßt sich Allgemeines über den Grad der Wahlverwandtschaft konkreter Strukturformen des Gemeinschaftshandelns mit konkreten Wirtschaftsformen aussagen, d.h. darüber: ob und wie stark sie sich gegenseitig in ihrem Bestand begünstigen oder umgekehrt einander hemmen oder ausschließen: einander .adäquat' oder .inadäquat' sind. Solche Adäquanzbeziehungen werden wir immer wieder zu besprechen haben". (WuG 1 , S 183). Beide Begriffe („Eigengesetzlichkeit" und „Adäquanz") kommen in den „Religiösen Gemeinschaften" wiederholt vor.
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giösen ihre Eigengesetzlichkeit hat, „auf welche ökonomische Bedingungen nur als .Entwicklungswege' wirken [...]"7 Weitere Auskünfte gibt Webers sog. „Kategorienaufsatz". 1913 veröffentlichte er in „Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur" eine methodische Abhandlung „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie". 8 In einer Fußnote wies Weber auf den Zusammenhang mit dem geplanten Handbuch hin: „Der zweite Teil [dieses Aufsatzes] ist ein Fragment aus einer schon vor längerer Zeit geschriebenen Darlegung, welche der methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen, darunter eines Beitrages (Wirtschaft und Gesellschaft 9 [...]) für ein demnächst erscheinendes Sammelwerk dienen sollte [...]. Die pedantische Umständlichkeit der Formulierung entspricht dem Wunsch, den subjektiv gemeinten Sinn von dem objektiv gültigen zu scheiden (darin teilweise abweichend von Simmeis Methode)". 1 0 Der zweite Teil, von dem Weber hier spricht, muß - wie Hiroshi Orihara und Wolfgang Schluchter gezeigt haben - in den Abschnitten IV-VII vorliegen. Sie sind älter als die vorangehenden. Die Abschnitte l-lll sind hingegen jünger und auf sie bezieht sich die Bemerkung über Georg Simmel. 11 So spiegeln die beiden Teile des Kategorienaufsatzes zwei unterschiedliche Arbeitsphasen wider, die auch sonst in Webers hinterlassenen GdSManuskripten erkennbar sind. Wenn man speziell den theoretischen Einstieg in die Thematik der „Religiösen Gemeinschaften" sucht, kommt also nur der jüngere Teil des Kategorienaufsatzes in Frage. Tatsächlich enthält er Überlegungen zur Religionstheorie, die in Zusammenhang mit einer Abgrenzung von Georg Simmel zur Sprache kommen und für den gesamten Text höchst aufschlußreich sind. Simmel schied wie Weber das objektive Verstehen eines Sinnes von der subjektiven Deutung von Motiven Handelnder. „Im ersteren Fall .verstehen' wir das Gesprochene, im letzteren den Sprechenden (oder Handelnden)", 1 2 so Webers Erläuterung von Simmeis Unterscheidung. Weber warf Simmel jedoch im Kategorienaufsatz und spä7 WuG 1 , S. 795 (MWG I/22-4). 8 Weber, Kategorienaufsatz (MWG 1/12). 9 „Wirtschaft und Gesellschaft" war - nach der Einteilung des Gesamtwerkes von 1914 die Überschrift für Abteilung III des Ersten Buches des „Grundrisses der Sozialökonomik". 10 Weber, Kategorienaufsatz, S.253. Weber nennt in der Fußnote Simmel, Georg, Die Probleme der Geschichtsphilosophie. Eine erkenntnistheoretische Studie, 3. Aufl. - Leipzig: Duncker & Humblot 1907. 11 Orihara, Hiroshi, Max Webers Beitrag zum „Grundriss der Sozialökonomik", in: KZfSS, Jg. 51, 1999, S. 724-734. Vgl. dazu Schluchter, Wolfgang, „Kopf" oder „Doppelkopf" das ist hier die Frage. Replik auf Hiroshi Orihara, in: ebd., S. 735-743. 12 Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. II. Knies und das Irrationalitätsproblem, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, N.F., 29. Jg., Heft 4,1905, S. 89-150, Zitat: S. 139 (MWG I/7); WL, S. 93.
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ter vor, die U n t e r s c h e i d u n g nicht k o n s e q u e n t durchzuhalten. 1 3 Daß dieser Einwand stichhaltig ist, läßt sich d a r a n erkennen, wie G e o r g Simmel die Genese von Religion aus sozialen Formen als „religiösen H a l b p r o d u k t e n " herleitete. Diese bilden d e n A u s g a n g s p u n k t einer Verfeinerung u n d Verselbs t ä n d i g u n g . 1 4 In diese Richtung g i n g e n a u c h Simmeis Ä u ß e r u n g e n in der Debatte auf d e m Soziologentag in Frankfurt 1910. W e b e r h i n g e g e n unters c h i e d die Motive sozialer Akteure von d e m d u r c h d e n Forscher rekonstruierten objektiven S i n n z u s a m m e n h a n g . 1 5 U m Caesar zu verstehen, b r a u c h e man nicht Caesar zu sein: auf diese Formel b r a c h t e Weber seine Auffass u n g in e i n e m Brief an Karl J a s p e r s (2. N o v e m b e r 1912) 1 6 und w i e d e r h o l t e damit nur eine bereits früher von ihm vertretene Position. Wenn m a n - wie Weber es in seiner „Verstehenden Soziologie" tut - „ H a n d e l n " b e s t i m m t „als ein verständliches, und d a s heißt ein durch irgendeinen [...] (subjektiven) Sinn spezifiziertes Sichverhalten zu .Objekten'", 1 7 wird „Sinn" eine objektive u n d u n v e r m e i d l i c h e Größe in der B e z i e h u n g der Subjekte zur Welt. „Sinn" muß d a n n allerdings von d e n Motiven der Einzelnen prinzipiell unterschied e n u n d v o m Wissenschaftler rekonstruiert w e r d e n . Die Wirkung auf die Analyse ist erheblich. Religion besitzt keine ihr e i g e n e Evidenz, wie die Leb e n s p h i l o s o p h i e annahm. Sie muß aus d e n H a n d l u n g e n selber e r h o b e n werden. Religion k o m m t nur als regulative Leistung in d e n Blick, nicht als irrationales Erleben. Eine weitere U n t e r s c h e i d u n g hängt ebenfalls d a m i t z u s a m m e n , die Unters c h e i d u n g z w i s c h e n einer Rationalität von H a n d e l n und seiner Richtigkeit. „Subjektiv zweckrational orientiertes und a m objektiv Gültigen .richtig' orientiertes (.richtigkeitsrationales 1 ) H a n d e l n sind an sich g ä n z l i c h zweierlei. D e m Forscher kann ein von ihm zu erklärendes H a n d e l n im h ö c h s t e n G r a d e
13 Wie wichtig Weber dieser Punkt war, zeigt sich darin, daß er ihn später in der Vorbemerkung zu d e n „Soziologischen Grundbegriffen" in WuG 1 wiederholt: „Von Simmeis Methode (in der .Soziologie' und in , P h i l o s o p h i e ] des Geldes'), welche Ich durch tunlichste S c h e i d u n g des gemeinten von d e m objektiv gültigen ,Sinn' ab, die beide Simmel nicht nur nicht immer scheidet, sondern oft absichtsvoll ineinander fließen läßt" (ebd., S. 1; MWG I/ 23). Vgl. dazu: Cavalli, Alessandro, Max Weber und G e o r g Simmel: Sind die Divergenzen wirklich so groß?, in: Wagner, Gerhard und Zipprian, Heinz, Max Webers Wissenschaftslehre. Interpretation und Kritik. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1994, S. 2 2 4 - 2 3 8 . Durch eine genaue Vergleichung beider weist Cavalli die vielen Gemeinsamkeiten auf. 14 Vgl. dazu Krech, Volkhard, Georg Simmeis Religionstheorie. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1998, S . 1 8 4 f . 1 5 Vgl. Lichtblau, Klaus, Kausalität oder Wechselwirkung? Max Weber und G e o r g Simmel im Vergleich, in: Wagner, Gerhard und Zipprian, Heinz, Max Webers Wissenschaftslehre. Interpretation und Kritik. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1994, S. 5 2 7 - 5 6 2 , bes. S. 539. 16 Weber, Max, Briefe 1 9 1 1 - 1 9 1 2 , hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. M o m m s e n in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön, MWG II/7, 1998, S. 729. 1 7 Weber, Kategorienaufsatz, S. 255.
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zweckrational, d a b e i aber an für ihn g a n z ungültigen A n n a h m e n des Hand e l n d e n orientiert erscheinen". 1 8 Ein rationales Handeln b r a u c h e keineswegs auf richtigen A n n a h m e n zu beruhen, sondern könne in Wirklichkeit durch g a n z irrationale Motive historisch ins L e b e n gerufen w o r d e n sein, wie Friedrich Nietzsche oder die Theorie d e s ö k o n o m i s c h e n Materialismus a u f g e d e c k t hätten. 1 9 Das A r g u ment ist deutlich: Nicht irgendeine Evidenz von Richtigkeit, sondern eine praktisch wirksame Sinndeutung stehen a m U r s p r u n g rationalen Handelns. Dieser A u s g a n g s p u n k t führt direkt in die Religionsgeschichte: „An m a g i s c h e n Vorstellungen orientiertes Handeln beispielsweise ist subjektiv oft weit zweckrationaleren Charakters als irgend ein nicht magis c h e s .religiöses' Sichverhalten, d a die Religiosität ja g e r a d e mit zunehm e n d e r Entzauberung der Welt z u n e h m e n d (subjektiv) zweckirrationalere Sinnbezogenheiten (.gesinnungshafte' oder mystische z.B.) a n z u n e h m e n genötigt ist". 2 0 Es ist vor allem diese Bemerkung, in der man ein t r a g e n d e s Element von W e b e r s Religionsabschnitt in „Wirtschaft und Gesellschaft" wiedererkennt. Religiös oder m a g i s c h motiviertes Handeln sei diesseitig ausgerichtet, heißt es dort. Zwar w ü r d e n „wir, vom Standpunkt unserer heutigen Naturanschauung aus, [...] d a b e i objektiv .richtige' und .unrichtige' Kausalzurechnungen unterscheiden", j e d o c h stellen auch unrichtige Z u r e c h n u n g e n „ein mindestens relativ rationales Handeln" dar. 2 1 W e b e r s beide U n t e r s c h e i d u n g e n , die von subjektiven Motiven und objektiv gültigem Sinn sowie die von Zweckrationalität und richtigen Kausalitätsannahmen, sind eiserne Voraussetzungen der Analyse religiösen Gemeinschaftshandelns. Man muß b e i d e z u s a m m e n n e h m e n , um die Konstruktion als g a n z e zu erkennen. Rationale Weltverhältnisse e r g e b e n sich nicht aus einer Evidenz des Richtigen, sondern aus der A b h ä n g i g k e i t des Handelns von religiösen Weltbildern und Ethiken. In d i e s e m Z u s a m m e n h a n g kaum verständlich ist die Bemerkung, die Entzauberung der Welt lasse Religiosität .gesinnungshaft' oder mystisch werden. H i n g e g e n ist dies ein Leitmotiv des A b s c h n i t t e s „Religiöse Gemeinschaften". Je „weltfremder" Religiosität werde, um so irrationaler w e r d e das Handeln im Blick auf m a g i s c h e Z w e c k e .
18 Ebd., S. 258. 19 Vgl. ebd., S.259f. 20 Ebd., S.258f. 21 Unten im Text, S. 121 f.
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Die historischen
Einleitung
Religionen
aus der Sicht von
Kulturwissenschaft
Als Weber sich d a r a n machte, Religion als eine der „ k u l t u r b e d e u t s a m e n G e m e i n s c h a f t e n " 2 2 zu studieren, war eine Klärung der Beziehung v o n Religion und Kultur n o t w e n d i g . Nur w e n n die Eigenständigkeit und Besonderheit von Religion im Verhältnis zu anderen kulturellen O r d n u n g e n b e s t i m m t war, konnten die w e c h s e l s e i t i g e n B e z i e h u n g e n dieser Größen e m p i r i s c h b e s c h r i e b e n werden. W e b e r f a n d die hierfür e r g i e b i g s t e n Ansätze bei Vertretern einer Kant fortführenden p h i l o s o p h i s c h e n Richtung: der sog. „Südw e s t d e u t s c h e n Schule". Sie war an der d a m a l s h o c h aktuellen W e n d u n g der Philosophie zur Wissenschaftstheorie beteiligt, an der Weber selbst aktiv mitwirkte. Wilhelm W i n d e l b a n d ( 1 8 4 8 - 1 9 1 5 ) , nicht erst d u r c h d e n „Eranos"-Kreis W e b e r persönlich bekannt, hatte 1894 in einer Rektoratsrede zu Straßburg mit d e m Titel „ G e s c h i c h t e und Naturwissenschaft" der Philosophie die Aufg a b e z u g e w i e s e n , Wissenschaftstheorie zu betreiben. Sie solle sich nicht darauf b e s c h r ä n k e n , nur ihre e i g e n e G e s c h i c h t e zu studieren oder sich gar zur Psychologie zu w a n d e l n . Statt d e s s e n solle sie sich d e n Erkenntnisvorg ä n g e n In d e n Wissenschaften z u w e n d e n , Ihre Struktur e r g r ü n d e n , In eine allgemeine Form fassen u n d ihre Grenzen bestimmen. „Niemals ist eine fruchtbare M e t h o d e aus abstrakter Konstruktion oder rein formalen Überleg u n g e n der Logiker erwachsen: diesen fällt nur die A u f g a b e zu, d a s erfolgreich a m Einzelnen A u s g e ü b t e auf seine allgemeine Form zu b r i n g e n u n d d a n a c h seine B e d e u t u n g , seinen Erkenntniswert u n d die Grenzen seiner A n w e n d u n g zu b e s t i m m e n " . 2 3 Das h e r k ö m m l i c h e Natur-Gelst-Schema sei dafür nicht geeignet. Statt d e s s e n s c h l u g er vor, die Erfahrungswissenschaften In solche zu gliedern, die Im Wirklichen d a s A l l g e m e i n e in Form eines Naturgesetzes, u n d in solche, die Im Wirklichen einzelne Tatsachen oder Ereignisse suchten. Die einen seien G e s e t z e s w i s s e n s c h a f t e n („Naturwissenschaften"), die anderen Ereigniswissenschaften („Historik"); die einen nomothetisch, die anderen idiographisch. Nicht der Inhalt d e s Wissens, s o n d e r n die B e h a n d l u n g d e s Wirklichen b e g r ü n d e d e n U n t e r s c h i e d zwis c h e n beiden. Wilhelm W i n d e l b a n d hat 1902 In einem glasklaren Beitrag mit d e m Titel „Das Heilige" 2 4 diese W e n d u n g zur Wissenschaftstheorie a u c h für die Reli2 2 W u G 1 , S. 183 ( M W G I / 2 2 - 1 , G e m e i n s c h a f t e n ) . 2 3 W i n d e l b a n d , W i l h e l m , G e s c h i c h t e u n d N a t u r w i s s e n s c h a f t , in: P r ä l u d i e n . A u f s ä t z e u n d R e d e n zur E i n l e i t u n g in d i e P h i l o s o p h i e , 3., v e r m e h r t e Aufl. - T ü b i n g e n : J . C . B . M o h r (Paul S l e b e c k ) 1907, S. 3 5 5 - 3 7 9 , Zitat: S . 3 5 7 f . ( E r s t v e r ö f f e n t l i c h u n g 1894). 2 4 W i n d e l b a n d , W i l h e l m , D a s Heilige. ( S k i z z e zur R e l i g i o n s p h i l o s o p h i e ) , In: P r ä l u d i e n . A u f s ä t z e u n d R e d e n zur E i n l e i t u n g in d i e P h i l o s o p h i e , 3., v e r m e h r t e Aufl. - T ü b i n g e n : J . C . B . M o h r (Paul S l e b e c k ) 1907, S. 4 1 4 - 4 5 0 . ( E r s t v e r ö f f e n t l i c h u n g 1902; hinfort: W i n d e l band, Das Heilige).
Einleitung
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g i o n s g e s c h i c h t e v o r g e n o m m e n . W i n d e l b a n d g i n g es um die „wirkliche Religion - die Religion, wie wir sie alle kennen u n d erleben", nicht um eine philos o p h i s c h konstruierte Vernunftreligion. 2 5 Im Blick auf diese ließ er die Religio n s p h i l o s o p h i e Revue passieren. Immanuel Kant h a b e d e n religionsphilos o p h i s c h e n Standpunkt von der theoretischen Vernunft - d e m Wissen und Erkennen - in die praktische Vernunft - die Ethik - umgelegt. D a n a c h h a b e Friedrich Schleiermacher ihn in die ästhetische Vernunft verlegt. Beide Operationen f a n d W i n d e l b a n d j e d o c h b e z o g e n auf die historischen Religionen einseitig. Die Religionsphilosophie dürfe d a s Heilige nicht in einer ges o n d e r t e n Sphäre suchen, sondern müsse ihren A u s g a n g von d e m j e n i g e n Grundverhältnis nehmen, d a s d e m logischen, d e m ethischen und d e m ästhetischen Bewußtsein g e m e i n s a m sei. Dieses sei die Antinomie d e s Bewußtseins: der W i d e r s p r u c h z w i s c h e n d e m Sollen und d e m Sein, der Norm und d e m Naturgesetz - eine Kluft übrigens, für die ein Schüler W i n d e l b a n d s Emil Lask die B e z e i c h n u n g „hiatus irrationalis" schuf. 2 6 Das m e n s c h l i c h e Bewußtsein, so W i n d e l b a n d , sei durch b e i d e s gekennzeichnet: die Norm und d a s N o r m w i d r i g e . Nur d a d u r c h sei es d e m M e n s c h e n möglich, sich g e g e n b e s t e h e n d e N o r m e n aufzulehnen und statt d e s s e n auf andere transzendent gültige zu berufen. Wenn diese t r a n s z e n d e n t e n N o r m e n „heilig" g e n a n n t würden, hieße dies auch, daß diese N o r m e n letztlich u n b e s t i m m t u n d u n a u s s a g b a r seien. Sie seien heilig, weil sie w e d e r Produkte d e s persönlichen Seelenlebens n o c h d e s e m p i r i s c h e n Gesellschaftsbewußtseins seien, s o n d e r n Wertinhalt einer t r a n s z e n d e n t e n Wirklichkeit. W i n d e l b a n d s Konstruktion g a b d e m „Heiligen" einen Ort sowohl in der Kultur wie jenseits von ihr. Wenn d a s „Heilige" eine t r a n s z e n d e n t e Instanz g e g e n ü b e r d e m Kognitiven, d e m Ethischen und Ästhetischen ist, d a n n ist es in diesen Bereichen sowohl präsent wie ihnen g e g e n ü b e r transzendent. Die Religion nimmt allen O r d n u n g e n g e g e n ü b e r eine Sonderstellung ein. N e b e n d e n großen „Kulturfunktionen der Menschheit", Wissenschaft, Moral, Recht, G e s c h i c h t e u n d Kunst, steht n o c h eine „andere Kulturmacht, vielleicht die größte, die Religion. [...] Tatsächlich greift ja die Religion in alle drei hinein". 2 7 W i n d e l b a n d spielte diese b e s o n d e r e Stellung der Religion zuerst theoretisch durch, w o b e i er die „Verschiedenheit der positiven Religionen" systematisch als Hauptformen t r a n s z e n d e n t e n Vorstellens begriff: als Pantheismus u n d Deismus, als Theismus und Dualismus. A l s d a n n be-
25 E b d . , S . 4 1 4 . 26 Z u Emil L a s k w i e ü b e r h a u p t zu d i e s e r p h i l o s o p h i s c h e n S c h u l e vgl. O a k e s , Guy, M a x W e b e r u n d d i e S ü d w e s t d e u t s c h e S c h u l e : Der Begriff d e s h i s t o r i s c h e n I n d i v i d u u m s u n d s e i n e E n t s t e h u n g , in: M o m m s e n , W o l f g a n g J. u n d S c h w e n t k e r , W o l f g a n g ( H g . ) , M a x W e b e r u n d s e i n e Z e i t g e n o s s e n . - G ö t t i n g e n : V a n d e n h o e c k & R u p r e c h t 1988, S. 5 9 5 - 6 1 2 , b e s . S. 6 0 2 - 6 0 4 . 27 W i n d e l b a n d , D a s H e i l i g e (wie o b e n , S. 28, A n m . 24), S. 4 1 6 .
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stimmte er das praktische Verhältnis der Religion zu den Kulturmächten. Diese Beschreibung verdient deshalb b e s o n d e r e B e a c h t u n g , weil ihr eine ähnliche Idee z u g r u n d e liegt wie Webers Konzeption der S p a n n u n g e n von ethischer Erlösungsreligion zu d e n säkularen L e b e n s o r d n u n g e n . Windelb a n d betonte, die religiöse G e s i n n u n g b e d i n g e „eine Entwertung des Weltlichen im G e g e n s a t z oder w e n i g s t e n s im Verhältnis z u m Göttlichen. Sie setzt alle empirischen Werte herab, - in extremer Konsequenz, i n d e m sie geneigt ist, sie grundsätzlich zu verneinen". Eine „Vergleichgültigung gegen die e m p i r i s c h e n Werte wie Besitz und Ehre" sei die Folge. „Familie und Vaterland, Freundschaft und Berufspflicht verlieren ihre Macht über d e n Menschen. So entwickelt sich gelegentlich in religiösen G e m e i n s c h a f t e n [...] eine bedenkliche Gleichgültigkeit g e g e n alles Weltliche, a u c h g e g e n Wissenschaft und Kunst, g e g e n Staat und Sittlichkeit". 2 8 W i n d e l b a n d s Worte k o m m e n Webers Konzeption einer S p a n n u n g von religiöser Ethik und Welt recht nahe, nur daß W i n d e l b a n d solche S p a n n u n g „bedenklich", ja „fanatisch" fand. 2 9 Die religiöse Ethik greife in die Sphäre der sozialen Ordnungen sehr v e r s c h i e d e n tief ein, bemerkte Weber in Worten, die an Windelb a n d erinnern. Je prinzipieller ihre S p a n n u n g mit den innerweltlichen Ordn u n g e n werde, um so mehr w ü r d e n diese in ihrer Eigengesetzlichkeit konstituiert, worin Weber „ein starkes d y n a m i s c h e s E n t w i c k l u n g s m o m e n t " 3 0 sah. An dieser Stelle kommt man um die Frage nicht herum, wie Weber die Beziehung der „Lebenssphären" von Nachbarschaft, Religion, Recht, Herrschaft, Wirtschaft zueinander sah. Sind sie gleich in Rang und G e w i c h t ? D a g e g e n spricht, daß offensichtlich nur Religion im Stande ist, Vergesells c h a f t u n g dauerhaft zu v e r b ü r g e n . 3 1 Wenn das so ist, w ü r d e es kein Zufall sein, daß Weber Religion den rechtlichen und herrschaftlichen Beziehungen vorgeordnet hat. A n d e r s steht es mit d e m N a c h b a r s c h a f t s v e r b a n d . Ihm scheint nicht nur in der Gliederung von W u G 1 , 3 2 sondern auch sachlich eine Vorrangstellung vor der Religionsgemeinschaft z u z u k o m m e n . Dafür spricht die B e m e r k u n g Webers, die religiöse G e m e i n d e habe sich neben d e m „aus ökonomischen, fiskalischen oder anderen politischen G r ü n d e n vergesellschafteten N a c h b a r s c h a f t s v e r b a n d " als „zweite Kategorie von G e m e i n d e " gebildet. 3 3 Sie ist d e s h a l b sachlich nachgeordnet, weil die von Propheten inaugurierte religiöse Gemeinschaft die Nothilfepflicht der N a c h b a r s c h a f t s -
28 Ebd., S. 438. 29 Ebd., S. 438. 30 Unten im Text, S. 370. 31 Vgl. unten im Text, S. 140. 32 Vgl. den Text „Hausgemeinschaften", in: WuG1, S. 194-215 (MWG 1/22-1, Gemeinschaften). 33 Unten im Text, S. 195.
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verbände übernahm und daraus das Gebot der „Brüderlichkeit" machte. 3 4 Man wird kaum fehlgehen in der Annahme, daß Weber an dieser Stelle an Ferdinand Tönnies anknüpfte, der von der Gemeinschaft des Blutes (der Verwandtschaft) die Gemeinschaft des Ortes (Nachbarschaft) unterschied, die - im Gegensatz zu Gesellschaft, die durch Tausch und Vertrag zustande kommt - durch das pure Zusammenleben soziale Bande hervorbringt. 3 5
Geschichte als heterogenes
Kontinuum
Während Wilhelm Windelband einen Zusammenhang von Fragen und Begriffen ausformulierte, in dem auch Weber stand, wurde Heinrich Rickert ( 1 8 6 3 - 1 9 3 6 ) für Webers Methodologie in engerem Sinne von Bedeutung. 3 6 Mit ihm war Weber seit seiner Studentenzeit befreundet. Rickert gehörte wie Windelband zur Südwestdeutschen Schule. Wie dieser war Rickert an dem Versuch beteiligt, dem historischen Wissen einen gleichen Status zu geben wie dem naturwissenschaftlichen. Die RGG 1 stellt ihn mit den Worten vor: „Die Rechtfertigung historischer Wissenschaft in ihrer Selbständigkeit und Eigenart ist das Ziel seiner Arbeit. [...] eine Erkenntnistheorie der Geschichte soll das eigentümliche Recht der Geschichtswissenschaft gewinnen und wahren". 3 7 Welche Perspektive sich mit der erstrebten Gleichstellung von Natur- und Kulturwissenschaft verband, hat Georg Simmel beschrieben. Die Naturwissenschaften würden den Menschen als Teil der natürlichen Welt studieren und die Kausalität der Natur in Gesetze menschlichen Erkennens verwandeln. So werde die Natur zu einer Form des menschlichen Geistes. „Damit ist von den zwei Vergewaltigungen, die den modernen Menschen bedrohen: durch die Natur und durch die Geschichte, die eine aufgehoben". 3 8 Es
3 4 In „Hausgemeinschaften", WuG 1 , S. 199 (MWG 1/22-1, Gemeinschaften) spricht Weber davon, daß die Nachbarschaftsgemeinschaft Trägerin von „Brüderlichkeit" sei. Unten im Text, S.372, heißt es: „Den Verbänden der Sippe, der Blutsbrüder und des Stammes fügt die Gemeindereligiosität als Stätte der Nothilfepflicht den Gemeindegenossen hinzu". 3 5 Vgl. Tönnies, Ferdinand, Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie, 2. Aufl. - Berlin: Karl Curtius 1912, S. 1 6 - 1 9 und 2 8 - 3 4 . Hierzu auch die Einleitung von MWG 1/22-1. 3 6 Vgl. dazu Schluchter, Religion und Lebensführung I, S. 4 0 - 5 2 ; Merz, Peter-Ulrich, Max Weber und Heinrich Rickert. Die erkenntniskritischen Grundlagen der verstehenden Soziologie. - Würzburg: Königshausen & Neumann 1990 (hinfort: Merz, Max Weber und Heinrich Rickert). 3 7 Eck, Samuel, Rickert, in: RGG 1 , Band 4, 1913, Sp. 2314-2317, Zitat: Sp. 2315. 3 8 Zitiert nach: Georg Simmel, Kant. Die Probleme der Geschichtsphilosophie, hg. v. Oakes, Guy und Röttgers, Kurt (Georg Simmel-Gesamtausgabe, Band 9). - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997, S. 230.
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bedürfe nun auch noch einer Befreiung von der Macht der Geschichte. Der Erkenntniskritik müsse es gelingen, auch sie souverän nach eigenen Kategorien zu formen. Erst wenn man sich diese Problemstellung vor Augen führt, wird das Vorhaben von Heinrich Rickert begreiflich, das eigentümliche Recht der Geschichtswissenschaft nachzuweisen. Doch auch auf Max Webers Vorhaben fällt ein Licht. Weber hatte Rickerts Überlegungen schon länger mit Interesse, ja Zustimmung verfolgt. „In welchem Sinne gibt es .objektiv gültige Wahrheiten' auf dem Boden der Wissenschaften vom Kulturleben überhaupt?" hatte Weber 1904 in einem methodologischen Artikel gef r a g t 3 9 Seine Antwort ging in die gleiche Richtung wie die von Rickert: Wer Werte untersucht, könne nicht deren Geltung, sondern nur deren Erkennbarkeit zum Gegenstand machen. In dieser Differenz war begründet, daß Weber den Text „Religiöse Gemeinschaften" nicht mit einer Definition von Religion eröffnete. Wenn Hartmann Tyrell meint, Weber sei einer Definition von Religion „ausgewichen" und mit Religion „begriffsbildnerisch" nicht gut zurechtgekommen, 4 0 wird er dieser Methodologie nicht gerecht. Die Wirklichkeit stellt ein „heterogenes Kontinuum" dar: Kontinuität und Heterogenität, Kausalität und Normativität sind in ihr vermischt. Es ist das wissenschaftliche Erkennen, das diese Wirklichkeit zergliedert: in ein von Gesetzen konstituiertes homogenes Kontinuum einerseits und in die Heterogenität von Subjekten und ihren Normen andererseits. Zur Erkenntnis der Wirklichkeit als ganzer gehört daher auch das Unwirkliche. 41 Nur durch die Analyse gut dokumentierter Handlungsabläufe kann die „sinnhafte Konstitution der kulturellen Wirklichkeit" 42 erkannt werden. Mit Blick auf die Religion aber heißt dies, daß die bekannte Duplizität von institutionalisierter Religion und individueller Religiosität um ein weiteres Element erweitert wird: Religion als Bestandteil empirischer Kultur. Heinrich Rickert stellte in dem Aufsatz, den er seinem Freund Weber 1913 schickte, als dieser sich mitten in der Abfassung der „Religiösen Gemeinschaften" befand, die Frage nach dem möglichen Systemcharakter aller Werte. „Mögen wir noch so fest davon überzeugt sein, daß Werte unabhängig von uns gelten und unserm Dasein .objektiven' Sinn verleihen, so sind sie doch unserer Kenntnis nur soweit zugänglich, als sie an wirklichen Gütern haften, und diese stellen sich uns stets als das Produkt einer geschicht-
39 Weber, Max, Die „Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: AfSSp, Band 19, 1904, S. 2 2 - 8 7 , Zitat: S.24(MWG I/7). 40 Tyrell, Hartmann, „Das Religiöse" in Max Webers Religionssoziologie, in: Saeculum, Band 43, 1992, S. 172-230, Zitate: S. 179 und 184. Tyrell spricht von „heterogenenen Schichten" in Webers Religionsverständnis (ebd., S. 185). 41 Vgl. Bast, Rainer A. (Hg.), Heinrich Rickert, Philosophische Aufsätze. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1999, Einleitung, S. XXIII. 42 Merz, Max Weber und Heinrich Rickert (wie oben, S. 31, Anm. 36), S. 337.
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liehen Entwicklung dar. Alles G e s c h i c h t l i c h e aber hat seinem Wesen n a c h etwas U n a b g e s c h l o s s e n e s " . 4 3 Die Philosophie müsse die Werte zuerst an d e n historischen Kulturgütern finden, um sie d a n n zu ordnen. 4 4 Dafür wollte Rickert formale Voraussetzungen nennen, die „ d e m Strom der Entwicklung e n t z o g e n sind". 4 5 Dies seien: Werte, die gelten (logische, ästhetische, ethis c h e und religiöse); Güter, an d e n e n die „unwirklichen gültigen Werte haften"; M e n s c h e n , die als Subjekte zu Werten und Gütern Stellung n ä h m e n 4 6 Im R a h m e n dieser Kasuistik v o n „Wertverwirklichung" trifft man d a n n a u c h jene Kategorien an, die Weber im Postskriptum eines Briefes v o m November 1913 an Rickert 4 7 nennt: Kontemplation und Aktivität. Wenn man d a s Verhältnis v o n Weber und Rickert betrachtet, besteht an dieser Stelle ein hohes Maß an Ü b e r e i n s t i m m u n g beider, w ä h r e n d W e b e r d e n späteren Vers u c h e n Rickerts, Werte in irgendeiner Weise d o c h direkt erkennen zu wollen, skeptisch g e g e n ü b e r stand. N a c h d e m Weber Rickerts D a r l e g u n g e n gelesen hatte, schrieb er ihm im b e s a g t e n Brief, die Lektüre d e s Aufsatzes h a b e ihm V e r g n ü g e n bereitet. „Sowohl die Idee d e s .offenen Systems' wie die Sechsteilung u n d der Parallelismus sind höchst g l ü c k l i c h und wertvoll, g e r a d e weil die Werthe in unserer e m p i r i s c h e n Arbeit in so absolut heterogener, irrationaler Art untereinander verknüpft sind". 4 8 Max W e b e r s „Religiöse G e m e i n s c h a f t e n " lassen eine Nähe zu Rickerts Theorie erkennen, insofern er sich ganz auf „Sachen" bzw. „Personen" richtet, an d e n e n Werte „haften". W e b e r rekonstruiert die Entwicklung der Religion im Blick erstens auf die Träger außeralltäglicher Kraft, zweitens auf Laien als Trägern von Weltbildern u n d schließlich drittens auf m ö g l i c h e Leb e n s f ü h r u n g e n (darunter Rickerts Wertverwirklichungen A s k e s e und Kontemplation). Rickert hat 1914 seine Kasuistik der Generierung von Werten noch einmal a n d e r s zusammengefaßt: „Alle objektiven Güter, an d e n e n Werte haften, lassen sich in Sachen und Personen einteilen, u n d d a s subjektive Verhalten zu ihnen kann, w e n n ihm überhaupt ein Sinn mit Rücksicht auf Werte innewohnen soll, nur entweder Kontemplation oder Aktivität sein". 4 9 A u c h diese Z u s a m m e n f a s s u n g wirft ein Licht auf W e b e r s M e t h o d o logie. N a c h einem solchen G e s i c h t s p u n k t entwarf W e b e r auf der Basis d e s religionswissenschaftlichen Wissens seiner Zeit eine Theorie der Religionsgeschichte. 43 44 45 46 47
Rickert, Vom System der Werte (wie oben, S. 1, Anm. 1), S. 296. Ebd., S. 298. Ebd., S. 299f. Ebd., S. 300. Brief Max Webers an Heinrich Rickert, ca. Ende November 1913, Privatbesitz (MWG II/
8).
48 Ebd. 49 Rickert, Heinrich, Über logische und ethische Geltung, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift der Kant- Gesellschaft, Band 19, 1914, S. 1 8 2 - 2 2 1 , Zitat: S. 196.
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Der Religionsbegriff
zu Webers Zeit
Weber vertiefte sich seit 1911 in die Religionsgeschichte. Marianne Weber weiß in ihrem „Lebensbild" zu berichten, es habe Weber in den Orient gezogen, als er um 1911 seine religionssoziologischen Studien wieder aufnahm: „nach China, Japan und Indien, dann zum Judentum und Islam. Er will nun das Verhältnis der fünf großen Weltreligionen zur Wirtschaftsethik durchforschen". 5 0 Der Text „Religiöse Gemeinschaften" ist eine erste schriftliche Auswertung dieser Forschungen. Aus dem Text geht weiterhin hervor, daß Weber sich auch noch intensiv mit den Religionen der Antike, des Iran sowie mit den Stammesreligionen befaßt hat. Wie gesonderte Schichten laufen Aussagen über diese Religionen durch den Text. Webers Ausführungen lassen öfters durchschimmern, auf welche Fachliteratur er sich bezog. 51 Als Weber sich der Religionswissenschaft zuwandte, war diese noch eine junge Disziplin, die erst durch eine Serie aufsehenerregender Entzifferungen fremder Schriften möglich geworden war: der indischen Veden, des zoroastrischen Awesta, der ägyptischen Hieroglyphen, der mesopotamischen Keilschriften. Ethnologische Berichte lieferten Informationen über die Religionen außereuropäischer Völker. 52 Ein weiterer Anstoß, in seiner Bedeutung kaum zu überschätzen, war von der Archäologie gekommen: die Entdeckung der alle Vorstellungen sprengenden Räume der menschlichen Prähistorie, die im selben Moment zur Gewißheit wurde, als Charles Darwin seine Erkenntnisse der biologischen Evolution veröffentlichte. Die neuen Erkenntnisse stimulierten Wissenschaftler verschiedener Disziplinen, für die Religionen etwas gleiches zu versuchen wie zuvor schon für die Sprache und die natürlichen Arten: durch vergleichende Verfahren die Geschichte der menschlichen Religionen für Zeiträume, aus denen es keine Quellen gab, zu rekonstruieren. „In der Wissenschaft von Recht und Gesellschaft meint alt nicht alt in der Chronologie, sondern in der Struktur: das ist am archaischsten, was dem Beginn menschlichen Fortschritts als Entwicklung am nächsten steht, und das am modernsten, das von jenem Beginn am weitesten entfernt ist". 53 Diese Formel des schottischen Rechtshistorikers 50 Weber, Marianne, Lebensbild, S.346. 51 Vgl. den Anhang zur Einleitung, unten, S. 7 5 - 8 3 . 52 Edmund Hardy hat den Stand zu Webers Zeit beschrieben: Hardy, Edmund, Zur Geschichte der vergleichenden Religionsforschung. I. Religionsstudien vor Begründung der Religionswissenschaft, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 4, 1901, S. 4 5 - 6 6 . Ders., II. Die Entdeckung und Durchforschung der Religionsurkunden; in: ebd., S . 9 7 135. Ders., III. Max Müller und die vergleichende Religionswissenschaft, in: ebd., S. 1 9 3 228. 53 MacLennan, John Ferguson, Primitive Marriage. An Inquiry into the Origin of the Form of Capture In Marriage Ceremonies, hg. und mit einem Vorwort versehen von Peter Riviere. - Chicago und London: University of Chicago Press 1970, S. 6 (Ersterscheinung 1865).
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John Ferguson M a c L e n n a n lag der Methode des Vergleichens z u g r u n d e . Der Vergleich von Überbleibseln („Survivals") früherer Entwicklungsstufen im Denken und Handeln zivilisierter Völker mit Analogien bei d e n außereuropäischen Völkern sollte einen Blick in die vorgeschichtlichen Räume unter der obersten Zivilisationsschicht erlauben. Religionsgeschichte zu treiben, ohne den Religionsbegriff zu bestimmen, ist umöglich. 5 4 Das lateinische Wort „religio" w u r d e s c h o n in der Antike g a n z unterschiedlich etymologisch hergeleitet. 5 5 Cicero sah es als Derivat von „relegere", „gewissenhaft b e o b a c h t e n " , der christliche Theologe Lactantius leitete es ab von „religare", „anbinden". Zur Zeit Webers (und heute noch) gilt die Etymologie Ciceros als die richtige. 5 6 Die p a g a n e n Römer verstanden religio als sorgfältige und gewissenhafte Ausführung des Götterkultes und ordneten den Begriff der Sphäre des Handelns zu. G e g e n b e g r i f fe waren „superstitio" („Irrglaube") bzw. „magia" („Magie"). Erst Christen wie Lactantius deuteten „religio" als Bindung an d e n biblischen Schöpfergott, als G l a u b e n s a n s c h a u u n g , und bestimmten es e t y m o l o g i s c h anders. 5 7 „Religio" als B e z e i c h n u n g einer „richtigen" Praxis g e g e n ü b e r einer „falschen" ging j e d o c h a u c h im S p r a c h g e b r a u c h der christlichen Kultur nicht völlig unter. Als sich das Bürgertum von der klerikalen Kultur emanzipierte, berief es sich auf eine j e d e m M e n s c h e n z u g ä n g l i c h e innere Religion. 5 8 Von d i e s e m Begriff nahm die bürgerliche Religionsphilosophie ihren A u s g a n g . J e a n - J a c q u e s Rousseau, Immanuel Kant, David Hume, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, um nur diese zu nennen, v e r s t a n d e n Religion als eine Instanz, die von der kirchlichen Theologie u n a b h ä n g i g war und g e g e n sie
54 Kritische Analysen des Begriffes „Religion" finden sich bei bei folgenden Autoren: Despland, Michel, La Religion en Occident. Évolution des idées et du vécu. - Paris: Fides 1979 (hinfort: Despland, Religion), bei Feil, Ernst, Religio, Band 1: Die Geschichte eines neuzeitlichen Grundbegriffs vom Frühchristentum bis zur Reformation. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1986. Ders., Religio, Band 2: Die Geschichte eines neuzeitlichen Grundbegriffs zwischen Reformation und Rationalismus (ca. 1540-1620). - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1997 (hinfort: Feil, Religio I und II) und bei Smith, Jonathan Z., Religion, Religions, Religious, in: Taylor, Mark C. (Hg.), Critical Terms for Religious Studies. - Chicago: Chicago University Press 1998, S. 269-284 (hinfort: Smith, Religion). 55 Darauf geht Weber unten im Text (S. 135) ein: „Die römische Religion blieb .religio', d.h., einerlei ob dieses Wort etymologisch von religare oder von relegere abzuleiten ist: Gebundenheit an die erprobte kultische Formel und .Rücksichtnahme1 auf die überall im Spiel befindlichen numina aller Art". Vgl. dazu die Kommentierung, ebd., S. 135, Anm. 25. 56 Otto, Walter Friedrich, Religio und Superstitio, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 12, Heft 4, 1909, S. 533-554 und dass., Band 14, Heft 3/4, 1911, S. 406-422. Benveniste, Émile, Indoeuropäische Institutionen. Wortschatz, Geschichte, Funktionen. Frankfurt a.M.: Campus 1993, S. 505-518 (französisches Original von 1969). 57 Feil, Religio I (wie oben, Anm. 54), S. 39-49. 58 Vgl. Matthes, Joachim, Religion und Gesellschaft. Einführung in die Religionssoziologie I. - Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1967, S. 35-40.
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kritisch ausgespielt werden konnte. Diese spezielle Konstellation hat im Begriff etwas hinterlassen, was Ernst Feil eine „unvermittelte Duplizität" 5 9 genannt hat: er stand einerseits für eine äußere Institution, andererseits für eine innere davon zu unterscheidende innere Welt. Religion wurde ein Fundamentalbegriff der bürgerlichen Philosophie des 18. und 19. Jahrhunderts, in Frankreich, England und Deutschland gleichermaßen, der nicht nur der Kritik der klerikalen Bevormundung diente, sondern zugleich auch der Bezeichnung einer originären Dimension menschlichen Lebens. Der klassifikatorische und normative Begriff bot daher „ständig Anlaß zu immer neuen Fragen über Religion, so daß er selbst" - wie Friedrich H. Tenbruck ausführt - „den Antrieb für seinen unaufhörlichen Bedeutungswandel bereit stellte und damit letztlich auch für die besondere Dynamik der europäischen Religionsgeschichte sorgte". 6 0 Dabei zeichneten sich zwischen den großen Philosophienationen durchaus Unterschiede der Perspektiven ab, die allerdings aufgrund des intellektuellen Austauschs zwischen den Ländern schnell europäisches Gemeingut wurden. Britische Religionsforscher haben in der Geschichte der Religionen (mit David Hume) den Versuch gesehen, die unberechenbare Macht der Natur zu verstehen und zu beherrschen. Für Edward Burnett Tylor war im Laufe der Geschichte diese erklärende Funktion von Religion weitgehend auf die Wissenschaft übergegangen, von der Seelenkonzeption abgesehen, die auch in der rationalen Zivilisation erhalten blieb und im Spiritismus neu belebt wurde. James George Frazer ( 1 8 5 4 - 1 9 4 1 ) ging weiter und hielt die moderne Zivilisation insgesamt für ein dünnes Firnis über einem potentiell zerstörerischen Reich von Gewalttätigkeit. Hier zeigt sich, daß die wissenschaftlichen Berichte über Religionen auch kritische Reflexionen auf die Gegenwart waren. Die Verzahnung von religionshistorischer Darstellung und Gegenwartsdiagnose gilt es im Auge zu behalten, wenn man sich den unterschiedlichen Perspektiven deutscher und französischer Religionswissenschaftler zuwendet. Die französische Debatte über die Religion wurde schon im 18. Jahrhundert ganz von der Frage ihrer Beziehung zur Moral beherrscht. 6 1 Aus dem Sündenerlebnis sei in Frankreich das moralische Bewußtsein geworden, aus der Sünde gegen Gott das Vergehen gegen die soziale Ordnung, beobachtete Bernhard Groethuysen. 6 2 Als die Französische Revoluti-
59 Feil, Religio I (wie oben, S. 35, Anm. 54), S. 18. 60 Tenbruck, Friedrich H., Die Religion im Maelstrom der Reflexion, in: Religion und Kultur, hg. von Jörg Bergmann, Alois Hahn und Thomas Luckmann. - Opladen: Westdeutscher Verlag 1993, S. 31 - 6 7 , Zitat: S. 39. 61 Vgl. Despland, Religion (wie oben, S. 35, Anm. 54), S. 482. 62 Vgl. Groethuysen, Bernhard, Die Entstehung der bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung in Frankreich, Band 1: Das Bürgertum und die katholische Weltanschauung. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1978 , S. 2 1 5 - 2 2 6 (Erstdruck 1927).
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on scheiterte, nährte dies einen Zweifel, ob eine aufgeklärte Gesellschaft überhaupt Imstande wäre, im Namen der Vernunft eine verbindliche soziale Moral hervorzubringen. Die sich bildende Religionswissenschaft stand in Frankreich, so Michel Despland In seinen gründlichen Studien, Im Zeichen des Problems kollektiver Bindung. Man traute der Religion eine Leistung zu, zu der die Vernunft nicht Imstande sei. 63 Die deutsche Problematik sah anders aus. 64 Hier, wo keine Revolution die tradltionalen Bindungen zerstört hatte, befürchtete man beim Aufkommen der Moderne weniger die Bindungsloslgkelt des Einzelnen In der Gesellschaft, als den ihm drohenden Verlust an Freiheit und Spontaneität. Religion wurde von Kant, von Schleiermacher oder Hegel als ein Prinzip gedeutet, das das Subjekt gegen die Gesellschaft stark macht: sei es als moralisches Gewissen oder ästhetisches Erleben des Universums oder als Entzweiung des Subjekts mit der Welt. Es kann kaum überraschen, daß diese Komplexität des Religionsbegriffes eine beträchtliche Wirkung auf die wissenschaftliche Begriffsgeschichte gehabt hat. Keiner der kulturwissenschaftlichen Hauptbegriffe ist gleichermaßen durch divergierende Perspektiven fragmentiert worden wie dieser. James H. Leuba zählte Im Jahre 1912 nicht weniger als 48 Definitionen von Religion auf. 65 Auch wenn man sie auf vier große Typen reduziert, bleibt das Problem bestehen. Man hat Religion definiert 1) Intellektuallstisch als „belief in supernatural beings"; 2) funktionallstisch als Macht sozialer Integration; 3) ästhetisch als Gefühl schlechthlnniger Abhängigkeit; 4) lebenspraktisch als Bezug auf außeralltägliche Werte. Jonathan Z. Smith hat mit Hinweis auf dieses Dilemma argumentiert, daß Religion kein Begriff der Gläubigen selber ist, sondern ein Begriff, den Wissenschaftler für Ihre Erkenntniszwecke geschaffen haben. 6 6 Inzwischen mehren sich die Versuche, die unlösbare Frage nach der „richtigen" Definition aufzugeben und sich einer Analyse der Pragmatik dieser Definitionen zu widmen. 67 Friedrich Max Müller hatte bereits 1889 das Problem der Definition von Religion scharf gesehen und ihr In seinen Gifford Lectures an der Universität von Glasgow zu „Natural Religion" nicht weniger als drei volle Vorlesungen gewidmet. Abgesehen von der Pluralltät der Definitionen, die auch ihm auffiel, kam er mit einer klugen Beobachtung, die er zudem noch in ein be-
63 Vgl. Despland, Michel, L'Émergence des sciences de la religion. La Monarchie de Juillet: un moment fondateur. - Montreal : L'Harmattan 1999, S. 363. 64 Vgl. Despland, Religion (wie oben, S. 35, Anm. 54), S. 488-507. 65 Vgl. Leuba, James H., A Psychological Study of Religion. Its Orlgln, Function, and Nature. - New York: MacMillan 1912, Appendix, S. 339-361. 66 Vgl. Smith, Religion (wie oben, S. 35, Anm. 54), S. 281. 67 Vgl. Platvoet, Jan G. und Molendljk, Arle Leendert (Hg ), The Pragmatlcs of Definlng Religion. Contexts, Concepts & Contests. - Leiden: E. J. Brill 1999.
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e i n d r u c k e n d e s Bild kleidete: W e n n m a n E u r o p a v e r l a s s e u n d in ö s t l i c h e L ä n d e r reise, w e r d e der T a u s c h z u n e h m e n d schwieriger, mit d e m r i c h t i g e n G e l d e b e n s o w i e mit der intellektuellen M ü n z e . A u c h w e n n es k a u m vorstellbar sei, s u c h e m a n d o c h in einer so reichen S p r a c h e u n d Literatur w i e d e m Sanskrit v e r g e b l i c h n a c h e i n e m Wort für „Religion". Erst w e n n m a n g e l e r n t h a b e , in zwei S p r a c h e n z u d e n k e n , w ü r d e m a n e r k e n n e n , w i e viele E l e m e n te d e s D e n k e n s nicht d u r c h d a s S i e b einer a n d e r e n S p r a c h e g i n g e n . 6 8 Diese B e o b a c h t u n g d e s f ü h r e n d e n I n d o l o g e n F r i e d r i c h M a x Müller ( 1 8 2 3 1900) m a c h t d e u t l i c h , daß es d e n S p e z i a l i s t e n s c h o n d a m a l s völlig b e w u ß t war, daß Religion ein K o n z e p t d e s W i s s e n s c h a f t l e r s war. Es w a r alles a n d e re als s e l b s t v e r s t ä n d l i c h , H i n d u i s m u s e i n e „Religion" z u n e n n e n , d a v o n n o c h a b g e s e h e n , daß d i e B e z e i c h n u n g „ H i n d u i s m u s " s e l b e r ein Wort der kolonialen S p r a c h e war. 6 9 D a s g l e i c h e P r o b l e m hat m a n bei B u d d h i s m u s , J u d e n t u m o d e r Islam. 7 0
Die Konstruktion
von Religionsgeschichte im „Die Kultur der Gegenwart"
Handbuch
F r i e d r i c h M a x Müllers Bild trifft d a s , w a s in d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t g e s c h a h , g e n a u : Die intellektuelle W ä h r u n g d e s k o l o n i s i e r e n d e n W e s t e n s w u r d e zur L e i t w ä h r u n g , u m die T a t b e s t ä n d e f r e m d e r Kulturen als „ R e l i g i o n " zu h a n d e l n . W i e d i e T a u s c h o p e r a t i o n in d e r d e u t s c h e n R e l i g i o n s w i s s e n s c h a f t ablief, g i b t ein H a u p t a r t i k e l d e r R G G 1 „ E r s c h e i n u n g s w e l t der Religion ( P h ä n o m e n o l o g i e d e r Religion)" z u e r k e n n e n : Die P h ä n o m e n o l o g i e b e s c h ä f t i g e s i c h mit der Religion, „insofern d i e s e in die Welt d e r E r s c h e i n u n g e n hinaustritt u n d als eine e m p i r i s c h e u n d h i s t o r i s c h e Größe b e o b a c h t e t w e r d e n k a n n [...]. D i e s e äußeren E r s c h e i n u n g e n s e t z e n ein inneres L e b e n v o r a u s [...]. Im a l l g e m e i n e n läßt s i c h s a g e n , daß auf d e n n i e d e r e n Stufen d a s Äußere, auf d e n h ö h e r e n d a s Innere b e s o n d e r s hervortritt". 7 1 Ein a n g e b l i c h e s „inneres L e b e n " äußerer T a t b e s t ä n d e w a r d i e W ä h r u n g , d i e h i s t o r i s c h e T a t b e s t ä n d e zu z i r k u l i e r e n d e n G ü t e r n w e r d e n ließ. O b w o h l damalige Wissenschaftler den Konstruktionscharakter von „Religion"
68 Vgl. Müller, Friedrich Max, Natural Religion. The Gifford Lectures delivered before the University of Glasgow in 1888. - London: Longmans, Green, and Co. 1889, S. 92. 69 Vgl. King, Richard, Orientalism and Religion. Postcoionial Theory, India and „The Mystic E a s t " . - L o n d o n : Routledge 1999, S . 9 6 - 1 1 7 . 70 Vgl. Haußig, Hans-Michael, Der Religionsbegriff in den Religionen. Studien zum Selbst- und Religionsverständnis in Hinduismus, Buddhismus, Judentum und Islam. Berlin und Bodenheim: Philo Verlagsgesellschaft 1999. 71 Lehmann, Edvard, Erscheinungswelt der Religion. Phänomenologie der Religion, in: RGG 1 , Band 2, 1910, Sp. 4 9 7 - 5 7 7 , Zitat: Sp. 497f.
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durchschauten, widerstanden sie den damals um sich greifenden Versuchen, diese Konstrukte aufzuheben, um zu den „echten" Gegenständen vorzudringen. Ernst Troeltsch schrieb dazu im Jahre 1906: „Die naive Religion, soweit man ihrer habhaft werden kann, führt auf die wesentlichen Grundzüge des Phänomens, aber sie ist darum nicht etwa die echtere, reinere, wahrere Religion, der gegenüber die wissenschaftlich reflektierte die unechtere, gefälschte, mit fremdem Beisatz vermengte wäre". 7 2 "Die durch die Einwirkung der Wissenschaft hindurchgegangene Religion wird eine andere werden und muß eine andere werden". 7 3 Es war Ernst Troeltsch nicht alleine, der erkannt hatte, daß auch die Religionsgeschichte von den Konstruktionen der Wissenschaftler abhängt, mithin subjektiv ist. Religionsgeschichte war in die Krise des Historismus verstrickt. Auch in diesem Fach war es die Stellung zur Gegenwart, die das Verhältnis zur Vergangenheit bestimmte. 7 4 Blickt man aus späterer Zeit zurück, wie Edward W. Said es in seinem Buch „Orientalismus" 7 5 tut, wird erkennbar, daß das Wissen über den Orient in diesem Sinne kulturell konstruiert war. Nun wird man Said recht geben müssen, daß Wissenschaftler einen Beitrag zur kolonialen Beherrschung des Orients geliefert haben, indem sie ihn zu einem textlichen Universum verdinglicht haben. Die aus den Texten ermittelten Ideen und Institutionen haben den kolonialistischen Staaten dazu gedient, die fremden orientalischen Kulturen beherrschbar zu machen. Die intensive Diskussion, die Said mit dieser Behauptung ausgelöst hat, hat jedoch auch gewisse Einseitigkeiten seiner Deutung aufgezeigt. Eine besteht in der Auslassung der deutschen Orientalistik, der ein zwingender kolonialer Kontext fehlte. Nach welchen Kriterien sie ihre Rekonstruktionen vornahm, darüber schweigt Said. Als Max Weber sich an das Studium der Entwicklung der Religionen machte, hat er sich überwiegend, aber nicht nur, auf die deutsche Wissenschaft gestützt. Viele Hinweise auf die Fachliteratur hatte Weber von Ernst Troeltsch sowie von den Kollegen des „Eranos"-Kreises erhalten. Zudem
72 Troeltsch, Ernst, Wesen der Religion und der Religionswissenschaft, in: Christliche Religion mit Einschluß der israelitisch-jüdischen Religion (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 4). - Berlin und Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 461-491, Zitat: S.468. 73 Ebd., S.469. 74 Die Literatur zu diesem zentralen Baustein jeder Geschichtsschreibung ist kaum überschaubar. Überaus lehrreich und erhellend sind Koselleck, Reinhart, „Erfahrungsraum" und „Erwartungshorizont" - zwei historische Kategorien, in: Ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1979, S. 3 4 9 - 3 7 5 und Rüsen, Jörn, Historische Vernunft. Grundzüge einer Historik, Band I: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1983, besonders das Kapitel 2: Pragmatik - Die lebenspraktische Konstitution des historischen Denkens. 75 Vgl. Said, Edward W., Orientalismus. - Frankfurt a.M., Berlin und Wien: Ullstein 1981.
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lebte er in einer Zeit, in der sich in Deutschland ein bestimmter Typus religionsgeschichtlicher Forschung auf hohem Niveau herausbildete. Eine Plattform hierfür hatte Paul Hinneberg mit seinem Handbuch „Die Kultur der Gegenwart" geschaffen. In diesem Werk erschienen im Jahre 1906 die Teilbände „Die Orientalischen Religionen" und die „Christliche Religion mit Einschluss der israelitisch-jüdischen Religion". Aus der Untersuchung der „Religiösen Gemeinschaften" ergab sich, daß Weber im Blick auf das Judentum Julius Wellhausen viel verdankt, im Blick auf den Islam Ignaz Goldziher und im Blick auf Hinduismus und Buddhismus Hermann Oldenberg. O b Zufall oder nicht: alle diese Wissenschaftler sind in den beiden genannten Bänden als Autoren vertreten. Man kann daher an ihren konzisen Beiträgen die Konstruktionen von Religionsgeschichte gut erkennen. Julius Wellhausen ( 1 8 4 4 - 1 9 1 8 ) ging in seinem Beitrag „Die israelitischjüdische Religion" 7 6 von einer Erkenntnis der Quellenkritik aus: daß die Anordnung der biblischen Bücher trotz ihrer inneren Logik nicht der historischen Abfolge ihrer Entstehung entsprach. Dreh- und Angelpunkt seiner Argumentation war das Fünfte Buch Mose, das Deuteronomium. Es war aller Wahrscheinlichkeit nach identisch mit dem Buch, das im Jahre 621 v. Chr. im Tempel von Jerusalem gefunden und König Josia gebracht worden war (2. Könige 22f.). Als das Dokument einer reformatorischen Partei verlangte es die Konzentration des Kultus in Jerusalem und die Zerstörung aller anderen Anbetungsstätten Jahwes im Lande. Bis dahin hatten die Könige an vielen Stätten Altäre errichtet, wie die Bücher Samuel und Könige berichten. Und die Opfer waren überaus heitere Mahle der Menschen mit ihrem Gott bzw. Göttern. Eine exklusive Verehrung Jahwes habe es nicht gegeben. Erst die Propheten hätten diesen Zustand zu beenden verlangt. Als dem Nord- und dann dem Südreich der militärische Untergang hervorstand, hätten sie d e m Volke Israel vorgeworfen, den Bund mit Gott übertreten zu haben, und Gerechtigkeit statt Opfer verlangt. Das Deuteronomium habe diese Sicht kanonisiert und dem Judentum mit der kultischen Zentralisierung eine neue Organisation gegeben. Die prophetischen Ideen erhielten eine priesterliche „Verschalung", um nicht verloren zu gehen. Die Moral, nicht der Kultus, wurde zur Quintessenz der göttlichen Forderungen. „Jetzt mußte sich der geborene Jude [...] selbst zum Juden m a c h e n " 7 7 Julius Wellhausen brachte durch eine historisch-kritische Methode die biblischen Schriften in eine neue Sequenz, die er als Phasen einer „stufenmä-
76 Wellhausen, Julius, Die israelitisch-jüdische Religion, in: Christliche Religion mit Einschluß der israelitisch-jüdischen Religion (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 4). - Berlin und Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 1 - 4 0 . 77 Ebd., S. 33.
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ßigen Entwicklung der Tradition" ansah. 7 8 Erst kam die Prophetie, dann die Gesetzesreligion. Aus einer heiteren offenen kultischen Gemeinschaft Israels mit seinem Gott war eine rituelle Religion geworden, die die endgültige Rechtfertigung des Einzelnen erst von der Endzeit erwartete. Damit hatte sich das religiöse Zentralproblem verlagert: von dem drohenden Untergang des Staates, auf den die Propheten reagiert hatten, zum unerklärlichen Leiden des gerechten Frommen. Wellhausen stand mit seiner Arbeit im Bann des deutschen Historismus, der Religionsgeschichte aus der Perspektive von Sinndeutung las. 79 Weber, auf der Suche nach dem objektiven Sinn subjektiven Handelns, hat aus dieser Rekonstruktion zentrale Elemente seiner Konzeption geschöpft: den Gegensatz von Kult und Ethik, die Zuordnung von Ethik und Prophetie, die Ideen einer Systematisierung und Veralltäglichung der Prophetie durch eine Priesterschaft, die Unterscheidung von Gesinnungs- und Gesetzesethik, die Dynamik des Theodizeeproblems. Im Bereich des Islam war es Ignaz Goldziher (1850—1921), dessen „Vorlesungen über den Islam" 80 Weber an entscheidenden Stellen seiner Darstellung folgte. 8 1 Ignaz Goldziher gehörte zu jenen deutschsprachigen Orientalisten, denen es um das „innere Leben" in den islamischen Reichen ging und die eine subjektive Teilnahme des Wissenschaftlers an den Objekten der Forschung befürworteten. 8 2 Goldzihers „Die Religion des Islams" in Hinnebergs Handbuch 8 3 behandelte den Islam als „Weltanschauung" und „Lebensführung". Der Prophet Mohammed wollte die von Juden und Christen verdorbene Religion Abrahams wiederherstellen. Daß der Islam mit Judentum und Christentum rivalisierte und in diesem Prozeß seine Besonderheiten ausbildete, war ein wiederkehrendes Thema Goldzihers, das auch Weber sich zu eigen machte. Der Islam sei, als er entstand, von christlichen Gedanken der Askese und Weltverneinung umgeben gewesen. Jedoch wurden diese „verdrängt, sobald der Islam eine kriegerische, erobernde Religion geworden war und das Ziel der Weltbeherrschung ins Auge gefaßt 78 Wellhausen, Julius, Prolegomena zur Geschichte Israels. - Berlin: Georg Reimer 1883, S. 312. 79 Perlitt, Lothar, Vatke und Wellhausen. Geschlchtsphilosophlsche Voraussetzungen und historiographische Motive für die Darstellung der Religion und Geschichte Israels durch Wilhelm Vatke und Julius Wellhausen. - Berlin: Alfred Töpelmann 1965, geht auf Wellhausens „konstruktive Darstellung der Geschichte" ein (ebd., S. 185-206). 80 Goldziher, Ignaz, Vorlesungen über den Islam. - Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1910. 81 Vgl. unten, S. 172, Anm.5; S.213, Anm.93; S. 229, Anm.32; S. 358, Anm. 70: S.359, Anm.74; S. 433-436. 82 Vgl. Fück, Johann, Die arabischen Studien In Europa bis In den Anfang des 20. Jahrhunderts. - Leipzig: Otto Harrassowitz 1955, S. 226. 83 Goldziher, Ignaz, Die Religion des Islams, In: Die orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und Ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 3, 1). - Berlin, Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 8 7 - 1 3 5 .
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hatte". 84 An die Stelle des Mönchtums trat der Religionskrieg. Zugleich lenkte Ignaz Goldzlher den Blick auf eine konträre Erscheinung, den Suflsmus, den er als Widerstand gegen die Verrechtlichung des Islam deutete. Mit Ihm „gewinnt die nicht aus gesetzlichen Gesichtspunkten, sondern aus freier Neigung der Seele erwählte Askese eine normale und anerkannte Stellung Innerhalb der islamischen Frömmigkeit". 85 Den dogmatischen Verzweigungen und Sektenbildungen wurde dadurch die Schärfe genommen, daß die Feststellung von Rechtgläubigkeit oder Ketzerei eine Sache des Konsensus der Gläubigen blieb und nicht, wie Im Christentum, von Institutionen wurde. Meinungsverschiedenhelten In der Gemeinde konnten selbst als ein Zeichen göttlicher Barmherzigkeit gewertet werden. Nur die Schia hat die kollektive Autorität der Gesamtgemeinde zu Gunsten der persönlichen des Imam zurückgedrängt. Am Ende der Darstellung gab Goldziher dem Mahdismus eine herausgehobene Stelle. Er drücke die Erwartungen eines neuen rechtgeleiteten Herrschers aus und habe sich in zwei Formen auskristallisiert: in der einen Version (z.B. der Wahhabiten) werde der Mahdi die Zustände des Anfangs wiederherstellen, In der anderen Version (z.B. der Babls) eine universale Weltreligion gründen, die das Religionsgesetz hinter sich läßt. Für Ignaz Goldzlher - wie schon für Ernst Troeltsch - überschritten solche historischen Konstruktionen eine rein wissenschaftliche Bedeutung. „Zu einer höheren Stufe des religiösen Lebens freilich werden die Bekenner des Islams, deren Gesamtzahl heute über 200 Millionen beträgt, sich erst durch die historische Betrachtung der Dokumente ihrer Religion erheben können". 86 Die von christlichen Theologen und jüdischen Historikern ausgehende Debatte über das Wesen von Christentum und Judentum würde demnach auch dem Islam guttun. 8 7 Hermann Oldenberg (1854-1920) hat In dem Abschnitt „Die indische Religion" 88 In Hinnebergs Handbuch einen Entwurf vorgelegt, der von der Veda-Religion über die Spekulation zum Buddhismus und schließlich zum
84 Ebd., S. 112. 85 Ebd., S. 113. 86 Ebd., S. 132. 87 Adolf Harnacks Vorlesung „Über das Wesen des Christentums" Im Wintersemester 1899/1900 an der Universität Berlin hatte bei jüdischen Studenten Fragen nach Ihrer Identität ausgelöst. Im Horizont dieser Vorgänge verfaßte Leo Baeck seine Schrift: Das Wesen des Judentums. - Berlin: Nathusen & Lamm 1905. Sie diente ebenso wie die Vorlesung Harnacks dazu, aus der Religionsgeschichte normative Erkenntnis zu gewinnen. Vgl. auch Tal, Urlel, Die Theologische Debatte um das „Wesen" des Judentums, in: Mosse, Werner (Hg.), Juden im Wilhelminischen Deutschland 1890-1914. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1976, S. 599-632. 88 Oldenberg, Hermann, Die Indische Religion, in: Die orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und Ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 3, 1).-Berlin, Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 5 1 - 7 3 .
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Hinduismus führt. Die frühen Götter seien Naturgottheiten gewesen und hätten die wichtigsten Naturphänomene personifiziert, daneben jedoch auch bestimmte Typen des Handelns vertreten. Diese Epoche neigte sich zu Ende, als sich die Bedürfnisse des sozialen Lebens meldeten und nach einem Gott verlangten, der das Recht schützt. Diesem Gott machte sich der Mensch mit dem Opfer geneigt. Von Vergeistigung sei noch wenig zu spüren gewesen, das menschliche Dasein nicht als Ganzes erfaßt. 89 Neben dem Kultus, oft mit ihm jedoch verschlungen, gab es „Zauberriten, die ohne Hilfe göttlicher Bundesgenossen direkt auf das Geschehen einzuwirken suchen". 9 0 Kosmologische Spekulation über die Wirksamkeit des Opfers führten zur Vorstellung einer Allsubstanz, dem Brahma, die zugleich im eigenen Ich als Atman vorhanden sei. Verbunden mit dem Glauben, die Seele sei aufgrund der Macht des Karma zu Wanderungen gezwungen, wurde diese Allsubstanz zur Grundlage eines Erlösungsglaubens. Asketentum breitete sich aus. Aus dieser Umwälzung gingen nicht nur die Sekte des Jaina, sondern insbesondere der Buddhismus hervor. Er steigerte die A b w e n d u n g von der Welt und ersehnte das Nirvana, das Erlöschen von Begierden und Wiedergeburt. Der alte Glaube ging jedoch nicht unter, sondern erstarkte neu in zwei Göttern: Vischnu-Krischna und dem orgastischen Schiva. Was zeigt ein Blick auf diese Konstruktion von Religionsgeschichte? Für den deutschen Orientalismus, so stellt Georg Stauth richtig fest, sei eine auf Innerlichkeit abstellende Aneignungsform typisch gewesen. Sie habe sich von einer äußeren Bemächtigung, wie Edward W. Said sie darstellte und kritisierte, unterschieden. Sie sei machtvoll gewesen, d a sie egalitär war. Allerdings, wendet Stauth ein, habe sie ein bestimmtes Verständnis des anderen einfach unterstellt und „den selbstkonstitutiven Akt der Fremderkenntnis verschleiert". 9 1 Ob der Zeigefinger, den Stauth erhebt, wirklich berechtigt ist oder eher heutige Unkenntnis über die damals voll vorhandene Einsicht in den Konstruktionscharakter von Geschichte widerspiegelt, sei dahingestellt. Der Hinweis auf die Bedeutung von Innerlichkeit in Deutschland geht jedoch in die richtige Richtung. In allen drei Fällen verwandelten die Religionswissenschaftler historische Daten in ein Bild von Welt, das einem angenommenen Bedürfnis nach Sinn entsprach. Die deutsche Religionsphilosophie hatte mit ihrer Aufwertung des Subjektes gegen rationale Ordnungen die Voraussetzungen hierfür geschaffen. Um noch einmal das Bild von Friedrich Max Müller von der intellektuellen Münze „Religion" auf-
89 Vgl. ebd., S.57. 90 Ebd., S.57. 91 Stauth, Georg, Islam und westlicher Rationalismus. Der Beitrag des Orientalismus zur Entstehung der Soziologie. - Frankfurt a.M.: Campus 1993, S. 11.
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zugreifen: in D e u t s c h l a n d wurden „äußere Erscheinungen" als „inneres
Le-
ben" gewertet u n d gehandelt.
Robert Ranulph Maretts
Präanimismus
„Eine Definition dessen, w a s Religion ,ist', kann u n m ö g l i c h an der Spitze, s o n d e r n könnte allenfalls am Schlüsse einer Erörterung wie der nachfolgenden stehen". 1 Diese Worte am A n f a n g der „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " waren eine K o n s e q u e n z von Webers A u f f a s s u n g von historischer Begriffsbild u n g . 2 Sie kamen j e d o c h einer Konzeption von Religion e n t g e g e n , die sich seit Beginn des Jahrhunderts schnell durchzusetzen b e g a n n : d e m Präanimismus. Weber griff ihn auf, als er d a v o n sprach, daß für d e n religiös oder m a g i s c h H a n d e l n d e n die A n n a h m e außeralltäglicher Kräfte t y p i s c h sei. Die Worte „mana", „orenda", „tabu", „präanimistisch", die a u c h Weber verwendet, waren seit der J a h r h u n d e r t w e n d e ins Zentrum der Religionstheorie gerückt. Der Präanimismus b r a c h t e eine K e h r t w e n d u n g in die Religionswissenschaft. Es war die zweite seit ihrem Beginn als a k a d e m i s c h e r Disziplin in den sechziger Jahren d e s 19. Jahrhunderts. Die erste war von d e m englischen A n t h r o p o l o g e n Edward Burnett Tylor ( 1 8 3 2 - 1 9 1 7 ) eingeleitet worden, 3 als dieser an die Stelle von Friedrich Max Müllers Erklärung der Mythologie aus einer „Krankheit" der S p r a c h e (der Verdinglichung von Bez e i c h n u n g e n zu mythischen Wesen) die einleuchtendere These einer frühen Denkform setzte, die natürliche Ereignisse nach Analogie beseelter geistiger Wesen erklärte. 4 Im Laufe der Entwicklung sei zwar Wissenschaft an die Stelle dieser Erklärung getreten, die Konzeption einer immateriellen persönlichen Seele h a b e j e d o c h noch in der zivilisierten Gesellschaft „überlebt". 5 Tylors Konzeption von „Survivals", die frühere Stufen der Religion in der entwickelten Zivilisation aufspürte und so den N a c h w e i s von Entwicklung er-
1 Unten im Text, S. 121. 2 Vgl. oben, S.3. 3 Zu Tylor vgl. Kohl, Karl-Heinz, Edward Burnett Tylor (1832-1917), In: Michaels, Axel (Hg.), Klassiker der Religionswissenschaft. - München: C.H. Beck 1997, S.41 - 5 9 . 4 Vgl. Tylor, Edward Burnett, The Religion of Savages, in: The Fortnightly Review, vol. 6, 1869, S. 71-86, hier: S.81. 5 Vgl. Tylor, Edward Burnett, On the Survival of Savage Thought In Modern Civilization, in: Proceedings of the Royal Institution of Great Britain, Jg. 5, 1866-69, S. 522-535. Dazu Stocking, G.W. jr., Animism in Theory and Practice. E. B. Tylor's unpublished „Notes on Spiritualism", in: Man, vol. 6, 1971, S. 88-104.
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brachte, blieb bis 1900 vorherrschend. 6 Das sollte sich mit Robert Ranulph Marett zu Beginn des Jahrhunderts schlagartig ändern. 1899 hatte Robert Ranulph Marett ( 1 8 6 6 - 1 9 4 3 ) , Philosoph aus Oxford mit Liebe zur Ethnologie („anthropology" im Englischen), auf der Tagung der Britischen A n t h r o p o l o g i s c h e n Gesellschaft in Dover einen Vortrag „Pre-animistic Religion" gehalten und damit einen überwältigenden Erfolg erzielt, 7 der sich ein Jahr später mit der Publikation in der Zeitschrift „Folk-Lore" fortsetzte. 8 Tylors bekannte Formel von „belief in spiritual beings" sei zu starr u n d zu intellektualistisch, fand Marett. Der begrifflichen Vorstellung von Beseelung müsse etwas anderes v o r a u s g e g a n g e n sein. Ein Gefühl von Ehrfurcht („feeling of awe") bringe „ d e n M e n s c h e n dazu, in persönliche Bez i e h u n g e n mit d e m Übernatürlichen einzutreten, bevor er darüber nachdenkt und theoretisiert". 9 Nicht Gefühle an sich, sondern der existentielle Bezug des M e n s c h e n auf G e g e n s t ä n d l i c h e s war für Marett der genuine Ort von Religion, wie Martin Riesebrodt richtig präzisierte. 1 0 Konzeptionen wie das melanesische „mana" brächten die Erfahrung des Übernatürlichem im Unterschied zum Natürlichen, des A n o m a l e n im Unterschied z u m Normalen z u m A u s d r u c k . Eine solche existentielle Beziehung zur Welt sei der Ort der Deutung von Erscheinungen wie Traum u n d Trance, Krankheit und Tod. Mit d i e s e m sog. „Präanimismus" oder „Animatismus" 1 1 wollte Marett die Religionsforscher von d e m Z w a n g befreien, für die explosionsartig z u n e h m e n d e n G e g e n s t ä n d e der Religionsgeschichte immer neue S c h u b l a d e n ( „ p i g e o n holes") 1 2 anzulegen. Robert Ranulph Marett ließ seinem aufsehenerregenden Aufsatz drei weitere folgen, die g a n z ähnlich wie der erste als Prüfung vorliegender Klassifikationen und als Vorschläge neuer „experimenteller Formeln" a n g e l e g t wa-
6 Vgl. Hodgen, Margaret T., The Doctrine of Survivals. A Chapter in the History of Scientific Method in the Study of Man. - London: Allenson & Company 1936, S.38; Kippenberg, Hans G., Survivals: Conceiving of Religious History in an Age of Development, in: Molendijk, Arie Leendert und Pels, Peter (Hg.), Religion in the Making. The Emergence of the Sciences of Religion. - Leiden: E. J. Brill 1998, S. 297-312. 7 Marett berichtet in seiner Autobiographie ausführlich über den Vorgang. Aus ihr stammen einige der Informationen zur Rezeption des Präanimismus. Marett, Robert Ranulph, A Jerseyman at Oxford. - London, New York and Toronto: Oxford University Press 1941, S. 156-164 (hinfort: Marett, Jerseyman). 8 Abgedruckt in Marett, Robert Ranulph, The Threshold of Religion. - London: Methuen & Co. Ltd. 1909, S. 1 - 2 8 . (hinfort: Marett, Threshold of Religion). 9 Ebd., S. 15 (Übersetzung Hans G. Kippenberg). 10 Riesebrodt, Martin, Robert Ranulph Marett (1866-1943) in: Michaels, Axel (Hg.), Klassiker der Religionswissenschaft. - München: C.H. Beck 1997, S. 171-184, bes. S. 183 f. 11 Eine andere Bezeichnung war „Dynamismus". 12 Marett, Threshold of Religion (wie oben, Anm. 8), S. 3.
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ren. Es sei falsch, so Marett in dem Aufsatz „From Spell to Prayer" aus dem Jahre 1904, 13 Magie als eine systematische Verkehrung von Zeichen und Bezeichnetem zu deuten: daß der Primitive glaube, die Vernichtung des Bildes seines Feindes bewirke automatisch dessen Vernichtung. Marett distanzierte sich von dieser typisch britischen Erklärung von Magie. Er widersprach vor allem James George Frazer, der ein magisches Weltbild der Religion vorangehen ließ. Religion sei aus der Erkenntnis des Versagens der Magie entstanden. Dieser Sicht hielt Marett entgegen, daß die Eingeborenen ohne Kenntnis der Gesetze der Kausalität nicht überleben könnten und sehr wohl das Symbol vom Symbolisierten zu unterscheiden wüßten. Marett lenkte den Blick von der Theorie auf die Praxis der Magie. In ihr kämen regelmäßig Zaubersprüche vor. Das weise darauf hin, daß der Magie Praktizierende mit einem Spruch an einen persönlichen Träger übernatürlicher Kraft appelliere. Die Wirksamkeit der eigenen Handlung beruhe nicht auf der Annahme unpersönlicher Gesetze, sondern persönlicher Mächte, und ähnele in dieser Hinsicht dem Gebet. Die Vorstellung einer Entwicklung von Magie zu Religion sei unhaltbar. Es ist unschwer zu erkennen, daß Weber dieser Auffassung folgte, nicht der von Frazer oder Tylor. Ähnlich argumentierte Marett im Blick auf „tabu". Maretts Aufsatz „Is Taboo a Negative Magic?" aus dem Jahre 1907 14 stellte eine andere Behauptung von Frazer in Frage: daß die Vermeidung bestimmter Berührungen den Zweck habe, einen unerwünschten Transfer von Eigenschaften von einer Person zu einer anderen zu vermeiden. James George Frazer nahm auch hier ein Gesetz der falschen Anwendung der Verbindung von Idee und Sache in Anspruch. Robert Ranulph Marett wies demgegenüber darauf hin, daß eine solche Denkform nicht erklären könne, warum mit dem „tabu" das Gefühl des Übernatürlichen und Mysteriösen verbunden sei. Und wie wolle man gar die schweren Sanktionen, die mit seiner Übertretung einher gingen, erklären? Maretts Neudeutung setzte hier an: Wer ein „tabu" verletze, werde deshalb als Verbrecher behandelt, weil er eine übernatürliche Macht angreife. Die schwere Strafe könne aus einem Gesetz der Sympathie nicht erklärt werden. Unter Bezug auf drei große Tabus primitiver Gesellschaften, das der Frau, des Fremden, und des Herrschers, zeigte Marett, daß es sich nicht um die Anwendung einer magischen Denkform handelt, sondern um die Furcht von einer mysteriösen Macht. „Tabu" ist ein negatives „mana".
13 Marett, Robert Ranulph, From Spell to Prayer, in: Folk-Lore, vol. 15, 1904, S. 132-165 (wiederabgedruckt In: Marett, Threshold of Religion (wie oben, S. 45, Anm. 8), S. 2 9 - 7 2 ) . 14 Marett, Robert Ranulph, Is Taboo a Negative Magic?, in: ders., Rivers, William Halse R. und Thomas, Northcote Whitridge (Hg.), Anthropological Essays presented to Edward Burnett Tylor. - Oxford: Clarendon Press 1907, S. 2 1 9 - 2 3 4 (wiederabgedruckt in: Marett, Threshold of Religion (wie oben, S. 45, Anm. 8), S. 73-98).
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In seinem Vortrag „The Conception of Mana" vor dem Dritten Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte in Oxford im September 1908 15 bündelte Marett seine diversen Kritiken und Neuansätze zu einer umfassenden Theorie der elementaren Religion. Der melanesische „mana"-Begriff rückte dabei ins Zentrum. In der Wahl eines indigenen Wortes sah er die Chance, den dunklen Kräften elementarer Religionen näher zu kommen. Denn dieses Wort sei das Ergebnis einer ersten noch ganz rudimentären Reflexion. Wenn es der vergleichenden Religionswissenschaft gelänge, die Bedeutung eines solchen Wortes zu explizieren, könne es eine grundlegende wissenschaftliche Kategorie werden. Aus der ethnograpischen Literatur der Südsee wußte Marett, daß „mana" eine spezifische Erfahrung und Gewahrwerdung der Welt und des Lebens darstellt. „Mana" sei der positive Modus des Übernatürlichen, dessen negativer Modus „tabu" sei. Beide Termini drückten eine Beziehung existentieller Art zum Übernatürlichen aus, eine Beziehung, die rein faktischer Natur sei, bar jeder Moral. Marett verglich sie mit der Elektrizität, die an verschiedenen Objekten haften und sowohl Nutzen wie Schaden bringen könne. Die „tabu-mana Formel" sei besser als der Animismus geeignet, eine minimale Definition der elementaren Religion abzugeben. Auch wenn der persönliche Gottesglaube im Laufe der Geschichte immer mehr die Überhand bekommen habe, sei es ihm jedoch nie gelungen, diese ältere Konzeption von Religion ganz zu verdrängen. Eine Version dieses Aufsatzes veröffentlichte Marett 1909 im deutschen „Archiv für Religionswissenschaft". 1 6 In dem Beitrag „A Sociological View of Comparative Religion" 17 nahm Marett 1908 die Auseinandersetzung mit Emile Dürkheim auf. Britische Ethnologen hätten die vergleichende Religionswissenschaft als Zweig der Psychologie behandelt. Die Gegenposition hätten Schulen eingenommen, die Religionen aus objektiven Bedingungen erklärten. Die Schule von Emile Dürkheim habe beide Perspektiven verbunden, weshalb die Britische Schule von ihr lernen könne. Zwar seien die Durkheimianer zu weit gegangen, als sie das Subjekt ganz in den objektiven Ordnungen aufgehen ließen. Jedoch müsse die vergleichende Religionswissenschaft zum Zweig einer Sozialpsychologie werden, d a Religion wesentlich eine Angelegenheit der Gesellschaft, nicht des Individuums sei.
15 Marett, Robert Ranulph, The Conception of Mana, in: Transactions of the 3 rd International Congress of the History of Religions, vol. I. - Oxford: Clarendon Press 1908, S. 4 6 - 5 7 (wiederabgedruckt in: Marett, Threshold of Religion (wie oben, S. 45, Anm. 8), S. 99-121). 16 Marett, Robert Ranulph, The tabu-mana Formula as a Minimum Definition of Religion, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 12, 1909, S. 186-194. 17 Wiederabgedruckt in: Marett, Threshold of Religion (wie oben, S. 45, Anm. 8), S. 1 2 2 144.
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Als Robert Ranulph Marett seine Aufsätze 1909 zu „The Threshold of Religion" 1 8 zusammenstellte, ging er in seinem Vorwort auf Kritiker an seinen Arbeiten wie Wilhelm Wundt ein, um seine Position zu präzisieren. Ihm sei es nicht um eine neue Ursprungstheorie von Religion gegangen, sondern um einen Religionsbegriff, der Religion als einen zusammenhängenden Komplex von Denken, Emotion und Handeln auffasse. Gegen James George Frazer behauptete er, Religion und Magie seien aus einem gemeinsamen „Plasma" entstanden. An anderer Stelle sprach er von „Theoplasma oder Gott-Material". Doch Marett mußte sich nicht nur mit Kritik auseinandersetzen. Er notierte auch, daß seine Erkenntnisse von anderen bestätigt worden seien, so 1902 von John Napoleon Brinton Hewitt in dem Aufsatz „Orenda and a Definition of Religion" 1 9 oder von Henri Hubert und Marcel Mauss, die in ihrem „Entwurf einer allgemeinen Theorie der Magie" aus d e m Jahre 1902/03 2 0 im melanesischen „mana" ein Grundphänomen erkannt hatten, aus dem heraus sich Magie und Religion bildeten. In seiner späteren Biographie bemerkte er dazu, die Durkheim-Schule in Frankreich und er selbst in England hätten, ohne voneinander zu wissen, auf denselben Vogel geschossen. Zwar habe ihr Schuß, wie er selbstironisch feststellte, ein größeres Kaliber gehabt, er jedoch habe als erster geschossen. 2 1 Marett hatte mit seiner Religionstheorie den Nerv der Zeit berührt. Nicht nur daß er der vergleichenden Religionswissenschaft einen Weg aus einer Sackgasse gewiesen hat. Damals lösten Naturwissenschaftler die sichtbare Welt in Wellen, Strahlen und Ströme auf. Der Röntgen-Schock ließ Evidenzen und Sicherheiten schwinden. Der damit einhergehende naturwissenschaftliche Paradigmenwechsel ließ auch Religionswissenschaftler nicht unbeeindruckt. 2 2
Religiöses Gemeinschaftshandeln
statt Totemismus
Trotz seines Interesses an Religion als Gemeinschaftshandeln konzipierte Weber die soziale Funktion „primitiver Religion" n i c h t - w i e in der zeitgenössischen britischen und französischen Anthropologie üblich - als Totemis-
18 Marett, Threshold of Religion (wie oben, S. 45, Anm. 8). 19 Hewitt, John Napoleon Brinton, Orenda and a Definition of Religion, in: The American Anthropologist, New Series, vol. 4, 1902, S. 3 3 - 4 6 . 2 0 Hubert, Henri und Mauss, Marcel, Esquisse d'une théorie générale de la magie, in: L'Année Sociologique, 7. Jg., 1902-1903, S. 1 - 1 4 6 . 21 Marett, Jerseyman (wie oben, S. 45, Anm. 7), S. 161. 22 Vgl. Gladigow, Burkhard, Naturwissenschaftliche Modellvorstellungen in der Religionswissenschaft zwischen den beiden Weltkriegen, in: Kippenberg, Hans G. und Luchesi, Brigitte (Hg.), Religionswissenschaft und Kulturkritik. - Marburg: diagonal-Verlag 1991, S. 177-192.
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mus. Der schottische Rechtshistoriker John Ferguson MacLennan ( 1 8 2 7 1881) hatte die Bezeichnung „Totemismus" 1869/70 geprägt. Bis dahin hatten die Informationen über die primitiven Religionen, als „Fetischismus" charakterisiert, im Blick auf die dazugehörigen Sozialordnungen in der Luft gehangen. Erst durch MacLennan erhielten sie einen Ort im sozialen Leben der primitiven Völker. „Totemismus war Fetischismus, dem jedoch eine soziologische Verankerung in der [...] Urgesellschaft gegeben wurde", beschrieb Adam Kuper diesen Schritt. 23 Diese Konzeption des Totemismus hatte anfangs einen durchschlagenden Erfolg. Erst allmählich meldeten sich Zweifler zu Wort, was Weber nicht entgangen war. Sein Studium des Phänomens hatte ihn davon überzeugt, dieser Konzeption besser nicht mehr zu folgen. „Der Glaube an die einst universelle Geltung und erst recht die Ableitung fast aller sozialen Gemeinschaften und der gesamten Religion aus dem Totemismus, ist als eine gewaltige Übertreibung heute wohl durchw e g a u f g e g e b e n " 2 4 Im Blick auf eine Verbrüderung durch kultische Tischgemeinschaft hielt Weber jedoch durchaus an einem zentralen Element des Totemismus fest. 25 Nur daß Weber gerade im Ende dieser rituellen Tischgemeinschaft (dem Tag von Antiochia) den Beginn der westlichen Religionsgeschichte sah. Weber setzte nicht mit dem Totemismus ein, sondern mit dem Typus des Gemeinschaftshandelns. Wie in anderen Fällen von Gemeinschaftshandeln, könne ein Verständnis „auch hier nur von den subjektiven Erlebnissen, Vorstellungen, Zwecken des Einzelnen - vom ,Sinn' - aus gewonnen werden". 2 6 Max Weber griff an dieser Stelle die Vorarbeit auf, die der Präanimismus geleistet hatte. Religiöses Handeln hat seinen Ort in der Beziehung des Subjektes zur Welt, ist also diesseitig. Weber schreibt dieser Handlung eine hohe Erwartung zu, die er in ein biblisches Zitat kleidet: „auf daß es dir wohl gehe und du lange lebst auf Erden" (Epheser 6, 2f.). Der religiös oder magisch Handelnde rechne mit „außeralltäglichen Kräften", die an Objekten oder Personen „hafteten" - eine Ausdrucksweise, die ihre philosophische Verankerung in der Wertphilosophie Heinrich Rickerts nicht verbirgt. Die außeralltäglichen Kräfte mit Namen „mana", „orenda" und „maga", wolle e r so Weber im Stile einer Begriffsfestsetzung - ein für allemal „Charisma" nen-
23 Kuper, Adam, The Invention of Primitive Society. Transformations of an Illusion. - London und New York: Routledge 1988, S. 82 (Übersetzung Hans G. Kippenberg). 24 Unten im Text, S. 170. 25 Vgl. unten im Text, S. 169. 26 Unten im Text, S. 121.
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nen. 27 Weber brauchte diese Vereinheitlichung. Nur sie machte es ihm möglich, Zauberer, Priester, Propheten als persönliche Träger außeralltäglicher Kraft in Beziehung zu einander zu setzen und eine Korrelation herzustellen zwischen ihnen und den jeweils anderen Erwartungen der Gläubiger. Weber ordnete Magie ganz in der Linie von Robert Ranulph Marett in den Präanimismus ein: als den Typus einer Sinndeutung des alltäglichen Handelns, die mit außeralltäglichen Kräften rechnete. Für Weber hatte diese Sinndeutung um sich gegriffen und die gesamte Auffassung von Welt bestimmt: „Immer mehr Dinge und Vorgänge attrahieren außer der ihnen wirklich oder vermeintlich innewohnenden realen Wirksamkeit noch .Bedeutsamkeiten', und durch bedeutsames Tun sucht man reale Wirkungen zu erzielen. [...] Alle Kreise menschlicher Tätigkeit werden in diesen symbolistischen Zauberkreis hineingerissen." „[...] eine Flutwelle symbolischen Handelns begräbt den urwüchsigen Naturalismus unter sich". 2 8 Terminologisch bewegte Weber sich hierbei auch auf der Bahn von Hermann Oldenberg. Dieser hatte vom vedischen Opfer geschrieben: „Was beim Opfer dem Auge erscheint, ist nicht nur, was es ist oder zu sein scheint, sondern es ist noch ein zweites, das es bedeutet".29
Die Macht des Rausches. Die Aufnahme einer Konzeption von Erwin Rohde Die charismatische Begabung des Zauberers lag für Weber überraschender Weise vor allem in der „Ekstase". Bei der Beschreibung der entsprechenden Sozialform schloß er sich dem 1898 verstorbenen Heidelberger klassischen Philologen Erwin Rohde (1845-1898) an. Rohde hatte sich in seinem Monumentalwerk „Psyche. Seelenglaube und Unsterblichkeitsglau27 Vgl. unten im Text, S. 122. Das Auftauchen dieses zentralen Begriffes aus Webers Herrschaftslehre in der Religionsanalyse ist nicht ohne Schwierigkelten. Denn wenn Charisma gleichgesetzt wird mit einer Vorstellung „außeralltäglicher Kräfte", die an Dingen und Personen haften, kann es nicht mehr ein Synonym für eine Revolutionierung einer tradltlonalen Ordnung „von Innen heraus" sein, wie In der sog. „Herrschaftssoziologie" (WuG 1 , S. 758; MWG I/22-4). Vgl. hierzu Rlesebrodt, Martin, Charisma, in: Kippenberg, Hans G. und Rlesebrodt, Martin (Hg.), Webers „Reilglonssystematik". - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), voraussichtliches Erscheinungsjahr 2001. 28 Unten Im Text, S. 129. 29 Oldenberg, Hermann, Buddha. Sein Leben, seine Lehre, seine Gemeinde. - Berlin: Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) 1881, S. 21. Oldenberg hatte übrigens mit seinem anderen Klassiker (Die Religion des Veda. - Berlin: Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) 1894) Frazer In der Annahme bestärkt, daß Magie eine der Religion vorausgehende Denkform gewesen sei. Vgl. Frazer, James George, The Golden Bough. A Study In Magic and Religion, Part I: The Magic Art and the Evolution of Kings, vol. 1, 3. Aufl. London: MacMillan & Co. Ltd. 1911, S. 224 f., Anm.2.
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be der G r i e c h e n " 3 0 kritisch mit Edward Burnett Tylors Konzeption des primitiven Seelenglaubens auseinandergesetzt. Die griechische Religion habe zwar einen Seelenglauben gekannt, wie die Schriften Homers zeigten. J e d o c h hielt Rohde es für unmöglich, daß die griechische primitive Seelenkonzeption aus sich heraus zu einer Entwicklung imstande g e w e s e n wäre, an deren Ende die metaphysische Identität der Seele g e s t a n d e n hätte, wie Tylor in „Primitive Culture" annahm. 3 1 Die griechische Seelenkonzeption habe eines Anstoßes von außen bedurft. Dieser sei in Gestalt des Dionysoskultes g e k o m m e n . 3 2 Dionysos sei ein Fremdling aus Thrakien g e w e s e n und habe der griechischen Religiosität einen b a h n b r e c h e n d e n Anstoß g e g e ben: d e n Unsterblichkeitsglauben. Denn nur Ekstasen hätten einen Glauben an die unsterbliche Seele hervorbringen können. In d i e s e m „Aufregungskult" seien Gott und M e n s c h miteinander verschmolzen. Wenn Weber - w a s häufig g e s c h i e h t - v o n „Ekstase", „Orgie" oder „Rausch" spricht, folgt er im allgemeinen Rohdes Charakterisierungen. Besonders deutlich wird dies, w e n n er schreibt, die Vorstellung von der „Seele" als eines v o m Körper v e r s c h i e d e n e n Wesens sei im Z u s a m m e n h a n g mit Orgien entstanden. 3 3 Bei Rohde hatte Weber außerdem noch gelesen, daß der thrakische Begeisterungskult die „ K u n d g e b u n g eines religiösen Triebes [sei], der über die ganze Erde hin überall und immer wieder, auf allen Stufen der Culturentwicklung, hervorbricht". 3 4 Weber ist Rohde darin gefolgt. Wie ein roter Faden zieht sich durch W e b e r s Konstruktion von Religionsgeschichte die M a c h t von Rausch und Orgie. Sie kommt vor bei den indischen Religionen, 3 5 b e i m Zarathustrismus, 3 6 beim Griechentum, 3 7 beim Römertum 3 8 und beim Jud e n t u m . 3 9 Damit fällt auf den Topos der Magie noch einmal ein Licht. Magie wird nicht durch bessere Naturerkenntnis, sondern durch Prophetie überwunden.
30 Rohde, Erwin, Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube bei den Griechen, 2. Aufl. - Freiburg i.Br., Leipzig und Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1898. 31 „The soul, as recognized in the philosophy of the lower races, may be defined as an ethereal surviving being, conceptions of which preceded and led up to the more transcendental theory of the immaterial and immortal soul, which forms part of the theology of higher nations". (Tylor, Edward Burnett, Primitive Culture. Researches into the Development of Mythology, Philosophy, Religion, Art and Custom, Vol. 2. - London: Murray 1871, S. 110). 32 Vgl. Rohde, Psyche II, S.2f. 33 Vgl. unten im Text, S. 125. 34 Rohde, Psyche II, S.23. 35 Vgl. unten im Text, S.315; dazu auch MWG I/20, S. 221 f. 36 Vgl. unten im Text, S. 184, S. 221f. und S.313. 37 Vgl. unten im Text, S. 181, S. 185 und S.336. 38 Vgl. unten im Text, S.337. 39 Vgl. unten im Text, S. 222 und S. 313.
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Genauso universal wie die Erscheinung von Rauschkult waren nämlich Propheten, denen es gelang, Rauschkult und Zauber zu überwinden und eine Systematisierung von Lebensführung durchzusetzen. „Die Propheten einer ethischen Erlösung bedürfen aber des orgastischen Rausches nicht nur nicht, - er steht der systematischen ethischen Lebensführung, die sie verlangen, geradezu im Wege". 4 0 Weber war nicht der einzige, der so argumentierte, wie ein Blick auf Werner Sombart zeigt. Dieser hatte den Rationalismus einen Grundzug jüdischer Religion genannt und hinzugefügt, sie kenne „nicht den Zustand des Rausches, in dem sich der Gläubige mit der Gottheit vereinigt: also den Zustand, den alle anderen Religionen als den höchsten und heiligsten preisen". 4 1 Systematisierung von Lebensführung setzte eine Überwindung der Hochschätzung von Ekstase voraus. Allerdings nahm Weber kein vollkommenes Verschwinden der Erscheinung an. Er wußte um moderne Surrogate, wie die soteriologischen Orgien der Heilsarmee 4 2 und sah den prophetischen Kampf gegen Ekstase, Rausch und Orgie als Kapitel eines immer noch andauernden Sublimierungsprozesses an. „Mit zunehmender Rationalisierung wird das Ziel der religiösen Heilsmethodik daher Immer mehr die Herabstimmung des durch die Orgie erreichten akuten Rauschs in einen chronisch und vor allem bewußt besessenen Habitus. Die Entwicklung ist dabei auch durch die Art der Konzeption des .Göttlichen' b e d i n g t " 4 3 Auch die anfänglich sexuelle Orgle konnte auf diese Weise sublimiert werden. Durch die Spannung, die die religiöse Ethik auch in die Beziehung zur Sexualität bringt, können mehrere Sinndeutungen von Sexualität entstehen: Sexualität kann legitimiert werden als eheliches Geschlechtsleben 4 4 oder zur Erotik sublimiert werden. 4 5 Weber brachte auf diese Weise selbst noch die erotische Bewegung seiner Tage mit einer inneren Logik der Religionsgeschichte in Zusammenhang 4 6
4 0 Unten im Text, S.313. 41 Sombart, Juden und Wirtschaftsleben, S. 243. 42 Vgl. unten im Text, S. 246. 43 Unten im Text, S.313. 44 Vgl. unten im Text, S. 406-408. 45 Vgl. unten im Text, S.409. 46 Vgl. Schwentker, Wolfgang, Leidenschaft als Lebensform. Erotik und Moral bei Max Weber und Im Kreis um Otto Gross, In: Mommsen, Wolfgang J. und Schwentker, Wolfgang (Hg.), Max Weber und seine Zeltgenossen. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S. 661-681.
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Die Idee eines sinnvoll geordneten
Kosmos
Um sein Studium fortschreitender Systematisierung von religiösem Gemeinschaftshandelns umzusetzen, stützte Weber sich auf Hermann Useners Studie „Götternamen. Versuch einer Lehre von der religiösen Begriffsbild u n g " . 4 7 Usener lenkte - g e g e n den Strom einer Schleiermacher-Renaiss a n c e s c h w i m m e n d , die d e m direkten Erleben einen Vorrang vor d e m indirekten A u s d r u c k einräumte - den Blick auf Götternamen als Mittel der Repräsentation des Heiligen: „Wir s u c h e n eine g e s c h i c h t e der Vorstellungen, w e l c h e die vorzeit von den d i n g e n außer u n d in uns sich bildete". 4 8 Dieser Z u g a n g traf auf Webers Interesse, das ja den unterschiedlichen Konzeptionalisierungen außeralltäglicher Kräfte galt. A u c h aus Webers Sicht verdankten die Götter sich einem Akt der Rationalisierung, nicht der Intuition. J e d e s G e m e i n s c h a f t s h a n d e l n benötigt einen Spezialgott, w e n n - w i e Weber erläutert - „die Vergesellschaftung d a u e r n d verbürgt sein soll". 4 9 Wo immer Verb ä n d e auf mehr beruhen als der willkürlichen Macht eines einzelnen Gewalthabers, haben sie Götter nötig, die die Rechtsordnung garantieren. Es ist dieser Sachverhalt, der zur Einrichtung eines regelmäßigen Kultusbetriebes führt. 5 0 Der Priester steht im Dienst eines vergesellschafteten Verbandes. Dabei folgte Weber nicht den negativen Auffassungen von Priestertum, wie sie in seiner Zeit von protestantischen Theologen vertreten w u r d e n . 5 1 Wie für Julius Wellhausen, wäre auch für Weber die Prophetie ohne das Priestertum u n t e r g e g a n g e n . Das Priestertum war, wie s c h o n der Magier, mit d e m Problem des Mißerfolges konfrontiert. Wie sollen die Priester den Mitgliedern des Verbandes, für den sie amtieren, Mißerfolge kultischen Handelns erklären? Laut Weber müßten sie entweder die s e l b s t ä n d i g e Existenz böser M ä c h t e postulieren oder aber Mißerfolge auf die Götter a b s c h i e b e n . Beides würde das Prestige der Götter wie der Priester beeinträchtigen. So blieb ihnen kaum etwas anderes übrig, als die G l ä u b i g e n selber für s c h u l d i g an ihrem U n g l ü c k zu erklären. Es ist diese Lösung des Dilemmas, die eine neue Entwicklung einleitet. Erst w e n n Götter Hüter der Rechtsordnung und selber in ihrem Handeln an sie g e b u n d e n sind, kann sich das Handeln der G l ä u b i g e n an der Idee
47 Unten im Text, S. 126 benennt Weber „Useners .Augenblicksgötter'". Gemeint ist die Studie: Usener, Hermann, Götternamen. Versuch einer Lehre von der religiösen Begriffsbildung. - Bonn: Friedrich Cohen 1896. 48 Usener, Götternamen, S. 330. Ähnliches bereits Im Vorwort, ebd., S. V. 49 Unten Im Text, S. 140. 50 Vgl. unten Im Text, S. 158. 51 Vgl. Lang, Bernhard, Prophet, Priester, Virtuose, In: Kippenberg, Hans G. und Riesebrodt, Martin (Hg.), Webers „Reilglonssystematik". - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), voraussichtliches Erscheinungsjahr 2001.
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Einleitung
„eines dauernd sinnvoll geordneten Kosmos" orientieren. Frömmigkeit wird sublimiert zu „Lebensführung".52 Damit tritt die religiöse Ethik neben die Magie und neben den Kult, die ihrerseits durchaus weiterbestanden. Weber operierte nicht mit der suggestiven Idee einer geschlossenen Gemeinschaft oder einer Gesellschaft, die nur eine Religion kennen. Statt dessen lenkt er den Blick auf die Ausdifferenzierung von drei Typen von religiösem Gemeinschaftshandeln. Sie ist die Voraussetzung dafür, daß Stände, Schichten und Klassen jeweils andere praktische religiöse Orlentierungen haben konnten.
Prophetie als Stufe in der
Religionsgeschichte
Aus der Literatur, die Weber zur Geschichte der Religionen durcharbeitete, drängte sich ihm geradezu die Idee von Entwicklung und Stufen der Religionen auf. 53 Schon bevor Marett das ethnologische Entwicklungsmodell von Edward Burnett Tylor revidierte, hatte der holländische Religionswissenschaftler Cornells Petrus Tiele (1830-1902) eine Klassifikation von Religionen vorgenommen, die nicht mehr an der Leine von Tylors Zivilisationsgeschichte lief, sondern internen religiösen Kriterien folgte und die große Verbreitung gefunden hatte. 54 Tiele, Fachmann auf dem Gebiet der antiken vorderasiatischen Religionen, war einer der Begründer der wissenschaftlichen Religionsforschung. 55 In einem frühen holländischen Aufsatz aus dem Jahre 1874, 56 dessen Titel übersetzt „Über die Gesetze der Entwicklung der Religion" lautet, hatte Tiele den typischen Verlauf der Religionsentwicklung beschrieben: „Man sieht die Religion sich dadurch entwickeln, daß sie ihre Anhängerschaft erweitert, ihr Gebiet ausbreitet, nacheinander die Ketten sprengt, die sie an Familie, Stamm, Volk, zum Schluß sogar an den Staat fesselten. Mit der mehr äußerlichen Entwicklung geht eine innere einher,
52 Vgl. unten im Text, S. 165 und 175. 53 Guenther Roth hat die ansprechende Idee geäußert, daß Webers Aufnahme von Entwicklungs- und Stufentheorien im Zusammenhang damit zu sehen ist, daß er sich „eng an die systematische Handbuch- und Lehrbuchtradition" hielt. Roth, Guenther, Politische Herrschaft und persönliche Freiheit. Heidelberger Max Weber-Vorlesungen 1983. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1988, S. 290f. 54 Diese Beobachtung stammt aus einer der feinsten und klügsten Würdigungen Tleles, aus der Feder von Pierre Daniel Chanteple de la Saussaye, Portretten en Kritieken. - Haarlem: de Erven F. Bohn 1909, S. 82-120, Zitat: S. 115. 55 Tiele war 1877 auf den neu errichteten Lehrstuhl für Rellglonsgeschlchte an der Universität Leiden berufen worden. 56 Tiele, Cornelis Petrus, Over de wetten der ontwikkellng van den godsdienst, in: Theologisch Tljdschrift, vol. 8, 1874, S. 225-262.
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oder besser: sie ist nicht anderes als die Folge der inneren". 57 Für die Entwicklung von einer Stufe zur anderen - Familien-, Stamm-, Volks- und Weltreligion - gäbe es „Gesetze". Eines dieser Gesetze formulierte Tiele 1886 wie folgt: „Je weiter die Geschichte fortschreitet, um so unabhängiger wird Religion von Sprache und Nationalität". 58 In seinen Gifford Lectures 1896 und 1898, 5 9 die in Deutschland unter dem Titel: „Einleitung in die Religionswissenschaft" erschienen, 6 0 hat Tiele seine Theorie einer religiösen Entwicklung weiter konsolidiert. Das Schema von „Stufen" 61 und „Richtungen" 6 2 der „Entwicklung" 6 3 beherrschte seine Rekonstruktion der Existenzformen (morphai) der Religionen. Die Naturreligionen hätten ihren Ursprung in der Deutung von Naturerscheinungen als beseelter mächtiger Wesen. 6 4 Zauber und Magie dominierten die Verehrung. 6 5 Eine weitere Gruppe von Religionen gehe auf Propheten zurück, die sich gegen die Magie gewandt und eine ethische Religion verkündet hätten. Die Ablösung der einen Religion durch die andere sei nicht bruchlos geschehen. „Wenn aber ethische Religionen die Stelle von Naturreligionen einnehmen, dann ist dies in der Regel die Folge einer Revolution, wenigstens einer beabsichtigten Reformation". 6 6 Diese „ethischen Religionen", die zum Monotheismus tendierten, entwickelten sich dann entweder zu partikularistischen Nationalreligionen oder zu universalistischen Weltreligionen (Buddhismus, Christentum, Islam)67 Vieles spricht dafür, daß Weber das Werk von Cornelis Petrus Tiele gekannt und benutzt hat. Gottfried Küenzlen kam am Ende seiner Untersuchung von Webers religionssoziologischen Quellen zu dem Schluß, es sei 57 Ebd., S . 2 3 4 (deutsche Übersetzung von Hans G. Kippenberg). Die Weltreligionen sind aus den Religionsgemeinschaften von Volksreligionen hervorgegangen. 58 Tiele, Cornelis Petrus, Religions, in: The Encyclopedia Britannica, vol. 20, 9 th edition. Edinburgh: Adam and Charles Black 1896, S. 3 5 8 - 3 7 1 , S.365 (Übersetzung aus dem Englischen; hinfort: Tiele, Religions). 59 Tiele, Cornelis Petrus, Elements of the Science of Religion, Part I: Morphological. Gifford Lectures 1896. - Edinburgh, London: William Blackwood & Sons 1897. Ders., dass., Part II: Ontological. Gifford Lectures 1898. - Edinburgh, London: William Blackwood & Sons 1899. 60 Tiele, Cornelis Petrus, Einleitung in die Religionswissenschaft. Gifford-Vorlesungen, gehalten an der Universität zu Edinburgh, hg. von Georg Gehrich, Band 1: Morphologie. Gotha: Perthes 1899 (hinfort: Tiele, Morphologie). Ders., dass., Band 2: Ontologie. - Gotha: Perthes 1901 (hinfort: Tiele, Ontologie). 61 Vgl. Tiele, Morphologie, S. 5 2 - 7 7 („Stufen der Entwicklung - Die niedrigsten Naturreligionen"). 62 Vgl. ebd., S. 1 2 9 - 1 5 6 („Die Richtungen der Entwicklung"). 63 Vgl. ebd., S. 2 6 - 5 1 („Begriff der Entwicklung der Religion"). 64 Vgl. ebd., S. 61 f . 65 Vgl. ebd., S. 7 0 - 7 2 . 66 Ebd., S. 56. 67 Vgl. Tiele, Religions (wie oben, Anm. 58), S. 369.
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„deutlich, daß Weber in zentralen, e b e n s o wie in eher n e b e n s ä c h l i c h e n Sachverhalten aus d e m Material der von Tiele b e g r ü n d e t e n Richtung der Religionswissenschaft g e s c h ö p f t , in m a n c h e n ihrer Begriffe g e d a c h t und g e s c h r i e b e n hat". 6 8 Zentrale Deutungselemente Max Webers e n t s p r e c h e n tatsächlich so sehr d e m Modell von Tiele, daß vieles für diese These spricht. Z u m Beispiel, daß „überall auf der Erde sehr ähnliche Stufen der Magie" ü b e r w u n d e n und die Religionen zu einer Metaphysik und religiösen Ethik fortentwickelt w o r d e n seien. 6 9 Oder wenn Weber von einer „Stufe der ethischen Religiosität" n e b e n der m a g i s c h e n spricht. 7 0 Ethische Prophetie könne m a g i s c h e und rituelle Normen d u r c h b r e c h e n und „tiefgreifende - akute oder allmähliche - Revolutionen [...] der A l l t a g s o r d n u n g des L e b e n s und insbesondere der Wirtschaft nach sich ziehen". 7 1 Das Konzept von Entwicklung, terminologisch dominant in Webers Darstellung, könnte v o n Tiele stammen. Gleiches darf man von der A n n a h m e , Religion habe eine eigengesetzliche Entwicklung durchlaufen, vermuten. Die Vorstellung von der e p o c h a l e n B e d e u t u n g der Propheten, die in die Welt von Rausch und Opferkult eine Bresche s c h l u g e n und eine systematische L e b e n s f ü h r u n g propagierten, kam allerdings nicht nur bei Cornelis Petrus Tiele vor. U n a b h ä n g i g von ihm vertraten d e u t s c h e Historiker die Auff a s s u n g - f ü r die Karl J a s p e r s später die B e z e i c h n u n g „Achsenzeit" prägte - daß die Prophetie nicht auf Israel beschränkt war, s o n d e r n a u c h andere Kulturen nachhaltig g e p r ä g t habe. 7 2 Schlägt man z.B. Wilhelm Boussets „Wesen der Religion" 7 3 auf, trifft man auf die Auffassung, das „prophetische Zeitalter" habe v o m 8. bis z u m 6. Jahrhundert vor Christus in Israel, in Griec h e n l a n d , in Indien (Buddha), in Iran, in China (Konfuzius) zu g e w a l t i g e n U m b r ü c h e n geführt. Damals seien in allen diesen Kulturen große Persönlichkeiten aufgetreten und hätten sich im Namen einer höheren M a c h t gegen die Verbindlichkeit der Tradition aufgelehnt. Sie hätten „eine einheit-
68 Küenzlen, Gottfried, Die Religionssoziologie Max Webers. Eine Darstellung ihrer Entwicklung (Sozialwissenschaftliche Abhandlungen der Görres-Gesellschaft, Band 6). Berlin: Duncker & Humblot 1980, S.73 (hinfort: Küenzlen, Religionssoziologie Max Webers). Zur sachlichen Beziehung zwischen Tiele und Weber vgl. auch Kippenberg, Hans G., One of the Mightiest Motors in the History of Mankind. CP. Tiele's Impact on the German „Religionswissenschaft", in: Platvoet, Jan (Hg.), Modern Society and the Science of Religion. - Leiden: E. J. Brill 2001. 69 Vgl. unten im Text, S. 160. 70 Vgl. unten im Text, S.404. 71 Unten im Text, S. 368. 72 Vgl. Lang, Bernhard, Prophet, Priester, Virtuose, in: Kippenberg, Hans Gerhard und Riesebrodt, Martin (Hg.), Webers „Religionssystematik". - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), voraussichtliches Erscheinungsjahr 2001. 73 Bousset, Wilhelm, Das Wesen der Religion, 3. Aufl. - Halle: Gebauer-Schwetschke 1906.
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liehe, in sich abgeschlossene Überzeugung vom Inhalt und Wesen des Lebens" verkündet. Verbunden mit dieser neuen „Religion als eines innerlicheinheitlichen Lebensganzen" sei die Befreiung von äußerer Sitte und nationalem Kult gewesen. 7 4
Richtungen in der Religionsgeschichte: Transformation einer philologischen Entdeckung Weber stellte sich mit noch einer anderen Deutung in eine Wissenschaftstradition, die entscheidend von Cornelis Petrus Tiele geprägt worden war: mit seiner Auffassung, die indische und chinesische Vorstellung einer übergöttlichen unpersönlichen rationalen Weltordnung sei fundamental verschieden von der vorderasiatischen Konzeption eines überweltlichen persönlichen Gottes. 75 Man muß sich für diese Deutung in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts zurückbegeben. Als sich damals die Sonnenmythologie Friedrich Max Müllers allmählich, wie Richard M. Dorson den Sachverhalt ironisch beschrieb, „verfinsterte", 76 entging eine Entdeckung Müllers diesem Schicksal. Müller hatte mittels der vergleichenden Philologie die frühgeschichtlichen Religionen zu rekonstruieren begonnen und sie dazu entsprechend den Sprachfamilien in u.a. „arische" und „semitische Religionen" eingeteilt. 77 Durch Vergleiche zwischen den beiden Sprachfamilien wie auch ihrer einzelnen Glieder wollte er Einblicke in Ursprung und Art der Gotteskonzeptionen erhalten. Seine Befunde faszinierten die Menschen damals in ganz Europa über alle Maßen. In der Frühgeschichte der arischen Sprachen fand er etwas, was er für die wichtigste Entdeckung des 19. Jahrhunderts im Blick auf die Frühgeschichte der Menschheit hielt: nämlich die Gleichung: Zeus pater (griech.) = Jupiter (lat.) = Dyaus pitar (skt.) = Tyr (altnorwegisch). 78 Alle diese Namen würden auf eine gemeinsame ältere
74 Vgl. ebd., S. 8 2 - 1 0 3 (Kapitel „Propheten und prophetische Religionen"). 75 Vgl. unten Im Text, S. 190. 76 Vgl. Dorson, Richard M., The Eclipse of Solar Mythology, in: Sebeok, Thomas Albert (Hg..), Myth. A Symposium. - Bloomlngton und London: Indiana University Press 1971, S. 2 5 - 6 3 (Nachdruck von 1955). 77 Vgl. Ölender, Maurice, Die Sprachen des Paradieses. Religion, Philologie und Rassentheorie Im 19. Jahrhundert. - Frankfurt a.M.: Campus 1995. (Die Selten 113-126 beschäftigen sich mit Müller). 78 Müller, Friedrich Max, The Lesson of „Jupiter", in: The Nineteenth Century. A Monthly Review, vol. 18, 1885, S. 626-650, Zitat: S.626. 79 Müller, Friedrich Max, Lectures on the Origin and Growth of Religion as illustrated by the Religions of India. Delivered In the Chapter House, Westminster Abbey, In April, May and June 1878. - London: Longmans, Green, Williams and Norgate 1878.
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Form dyau pitar z u r ü c k g e h e n , die wörtlich übersetzt heißt: „o Vater Himmel". In den Hibbert Lectures über den Ursprung und die Entwicklung der i n d o e u r o p ä i s c h e n Religion 7 9 schrieb Müller dazu: „Diese Namen sind nicht bloß Namen, sie sind Z a u b e r s p r ü c h e , w e l c h e die ältesten Väter des Arischen G e s c h l e c h t s uns so nahe bringen, als sähen wir sie von A n g e s i c h t zu Angesicht, wie sie Tausende von Jahren vor Homer und vor d e n Dichtern des Veda ein unsichtbares Wesen mit ein und d e m s e l b e n N a m e n anriefen, einem N a m e n so geistig u n d erhaben, wie ihr d a m a l i g e s W ö r t e r b u c h ihn nur liefern konnte, d e m N a m e n für Himmel u n d für Licht". 8 0 „In d i e s e n Worten liegt das älteste m e n s c h l i c h e Gebet, die älteste Poesie". 8 1 Friedrich Max Müller verglich diesen Befund mit der semitischen Religion. Was e r g a b er? Das hervorstechende Merkmal der arischen Religion sei, „ u m es mit einem Worte zu sagen, eine Verehrung Gottes in der Natur, eine Erkenntniss des Göttlichen, wie es hinter d e m p r ä c h t i g e n Schleier der Natur waltet, nicht wie es sich, verhüllt im Schleier des Allerheiligsten, im m e n s c h l i c h e n Herz off e n b a r t " . 8 2 „Eine Verehrung Gottes in der Geschichte" m ö c h t e er d a g e g e n das hervorstechende Merkmal aller semitischen Religionen nennen. „Sie g l a u b t e n alle an einen Gott, der das Schicksal der Einzelnen, der S t ä m m e und Völker in seinen H ä n d e n hielt, u n d kümmerten sich viel w e n i g e r um Gott, als den Beherrscher der Natur". 8 3 Soweit die E n t d e c k u n g Friedrich Max Müllers, die wie j e d e echte E n t d e c k u n g a u c h die Z ü g e einer Erfindung trug. Cornelis Petrus Tiele setzte sich mit d e m Werk von Müller in s e i n e m Artikel „Religions" in der E n c y c l o p e d i a Britannica auseinander 8 4 - in der selben Enzyklopädie, in der ein scharfer Verriß der Mythentheorien Friedrich Max Müllers aus der Feder von A n d r e w Lang erschienen war. 8 5 Was Tiele unter d e m L e m m a „Religions" schrieb, führte zu einer anderen Beurteilung. N a c h e i n g e h e n d e r Prüfung hielt Tiele die Auffassung Müllers für richtig, daß Arier u n d Semiten unterschiedliche Basiskonzeptionen (in seinen Worten „reli-
80 Nur kurze Zeit später erschien die deutsche Übersetzung: Müller, [Friedrich] Max, Vorlesungen über den Ursprung und die Entwickelung der Religion. Mit besonderer Rücksicht auf die Religionen des Alten Indiens. - Straßburg: Karl J. Trübner 1880, Zitat: S. 154. 81 Ebd., S. 156. 82 Müller, Friedrich Max, Einleitung in die vergleichende Religionswissenschaft. - Straßburg: Karl J. Trübner 1874, S. 142. (Deutsche Übersetzung von: Ders., Introduction to the Science of Religion. Four Lectures delivered at the Royal Institution with two Essays on false Analogies and the Philosophy of Mythology. - London: Longmans, Green, and Co. 1873). 83 Ebd., S. 140f. 84 Vgl. Tiele, Religions (wie oben, S. 55, Anm. 58). 85 Vgl. Lang, Andrew, Mythology, in: The Encyclopedia Britannica, vol. 17, 9th edition. Edinburgh: Adam and Charles Black 1884, S. 135-158.
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gious root-ideas or principles") für das Verhältnis der Götter zur Welt ausgebildet hätten, von Tiele als „theanthropisch" bzw. „theokratisch" bezeichnet. Im Fall der Arier offenbare sich das Göttliche in Natur und Mensch, im Fall der Semiten stehe die Gottheit Natur und Mensch als absoluter Herrscher gegenüber. Jedoch sah Tiele darin keine zwei voneinander unabhängige Ursprünge von Religionen. Es waren für ihn zwei unterschiedliche Entwicklungsrichtungen, die sich überdies nicht ausschlössen, sondern ergänzten. In den Gifford Lectures hat Tiele später seine Neuinterpretation dargelegt. 8 6 Die vergleichende Sprachwissenschaft habe zwar gezeigt, daß den beiden Sprachfamilien auch zwei eng verwandte Religionsgruppen entsprochen hätten, jedoch sei es falsch, dies einfach auf die Religionswissenschaft zu übertragen. Man finde in jeder Religion beide Richtungen. 8 7 Alle Religionen seien notwendigerweise sowohl theanthropisch als auch theokratisch. 8 8 Auf diesem Wege löste Tiele die beiden Richtungen aus ihren Fundierungen in Sprache. An deren Stelle setzte er ein genuines religiöses Erleben: „Aus zwei unentbehrlichen Elementen setzt sich der religiöse Gedanke zusammen, die wir kurzweg nennen können: das Unendliche in uns und über uns, oder in der Sprache der Religion: Gottes Souveränität und des Menschen Verwandtschaft mit Gott. Nun wird, wir wie sahen, auch bei einseitiger Pflege des einen Prinzips das andere niemals völlig vernachlässigt". 8 9 Aus dieser Passage wird deutlich, daß für Cornelis Petrus Tiele das wissenschaftliche Studium der Religionsgeschichte der Auftakt zur Erkenntnis der wahren Natur der Religion (im Singular) sein sollte. 90 So begreift man auch, warum seine Darstellung von der historischen „Außenseite" zur theologischen „Innenseite" ging, von der Morphologie zur Ontotogie. 91 Die Suche nach der wahren Religion führte ihn zum Christentum, denn im „Christentum erreicht dieses Zusammenfließen der beiden großen Entwicklungsströme seine Vollendung". 9 2 Ein Vergleich mit Buddhismus und Islam dient der Untermauerung, daß allein das Christentum die beiden Gegensätze vereint und daher
86 Tiele, Morphologie (wie oben, S. 55, Anm.60), S. 129-156 („Die Richtungen der Entwicklung"). 87 Vgl. ebd., S. 132. 88 Vgl. ebd., S. 134. 89 Ebd., S. 154. 90 Es ist erwähnenswert, wie Tiele die drei Weltreligionen zu einem einzigen theologischen System vereinte. „If religion really Is the synthesis of dependence and liberty, we might say that Islam represents the former, Buddhism the latter element only, while Christianity does full justice to both of them. Christianity, the pure and unalloyed at least, has fused dependence and liberty, the divine and the human, religion and ethics into an indivisible unity" (Tiele, Religions (wie oben, S. 55, Anm. 58), S. 369). 91 Gut beschrieben von Molendijk, Arie Leendert, Tiele on Religion, In: Numen, Band 46, 1999, S. 237-268, bes. S.246f. 92 Tiele, Ontologie (wie oben, S. 55, Anm. 60), S. 179.
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die vielseitigste aller Religionen ist. 93 Hinter den grundverschiedenen praktischen Weltverhältnissen taucht eine universale Instanz religiösen Erlebens auf. Weber hat die von Cornelis Petrus Tiele revidierte Version der zwei grundsätzlich verschiedenen Gotteskonzeptionen (hier ein persönlicher, fordernder Schöpfergott, dort ein unpersönliches, nur kontemplativ zugängliches Wesen) aufgenommen und umgebildet: „Es ist nun der historisch entscheidende Unterschied der vorwiegend morgenländischen und asiatischen, gegenüber den vorwiegend okzidentalen Arten der Erlösungsreligiosität, daß die ersteren wesentlich in Kontemplation, die letzteren in Askese ausmünden". 9 4 Die Differenz zwischen diesen beiden Weltverhältnissen habe über die Geschichte ganzer Kulturen entschieden und bis heute verschiedene Pfade der Entwicklung vorgezeichnet. In Indien würde selbst eine rein asketische Heilsmethodik in eine kontemplative Mystik umschlagen, im Okzident mystische Religiosität ebenso regelhaft in Aktivismus. 9 5 Die Gründe für die Vormacht der beiden Konzeptionen lägen in einer Reihe von äußeren Umständen, die Weber im einzelnen nennt: daß asiatische Religionen Intellektuellenreligionen waren; daß im Abendland die Gottesbeziehung verrechtlicht wurde; daß die Römer Ekstase und Tanz ablehnten; daß die Kirche bürokratisch organisiert war. Allerdings meinte Weber, Anzeichen dafür zu sehen, daß die kontemplative Option auch im Abendland an Macht gewinnt.
Webers Umbau von C. P. Tieles Konzept der „ Weltreligionen" Cornelis Petrus Tiele rechnete mit „universalen Weltreligionen" als einer eigenen Stufe oberhalb der ethischen Religionen. Tiele hatte dieses Konzept selber schon vorgefunden und seinem Entwicklungsgesetz entsprechend neu bestimmt. „The term .world religions' might still be retained for practical use, to distinguish the three religions [Buddhismus, Christentum, Islam] which have found their way to different races and peoples and all of which profess the intention to conquer the world, from such communities as are generally limited to a single race or nation, and, where they have extended farther, have done so only in the train of, and in connexion with, a superior civilization". 1 Dieses Szenario einer Universalisierung von Religionen ergab sich aus Tieles sog. „Entwicklungsgesetz". Im Laufe ihrer Geschichte ten-
93 Vgl. ebd., S. 180. 94 Unten im Text, S. 332. 95 Vgl. unten im Text, S. 333. 1 Tiele, Religions (wie oben, S. 55, Anm. 58), S. 368f.
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dierten Religionen dazu, sich von allen sprachlichen, ethnischen, sozialen Fesseln zu lösen. Dabei hatte Tiele in puncto Islam allerdings Zweifel. Wenigstens heißt es in den Gifford Lectures über den Islam, er sei „viel partikularistischer als der Buddhismus oder das Christentum". 2 Tieles Entwicklungsgesetz faßte die Universalisierung von Religionen als vollständige Entbettung aus allen sprachlichen, sozialen und kulturellen Ordnungen auf. Da er darin ein Kriterium für Rangordnungen zwischen den Religionen sah, ist der Vorwurf einer kolonialen Perspektive nicht unangebracht. 3 Eine ähnliche, aber anders begründete Auffassung zum Islam vertrat Max Weber. Der Islam habe in seiner Frühzeit die Glaubensfremden nur unterwerfen, nicht aber bekehren wollen, weshalb er auf einen Universalismus bewußt verzichtet habe. 4 Dabei fußte Weber allerdings nicht auf Cornelis Petrus Tiele, sondern auf Ignaz Goldzihers Rekonstruktion der islamischen Geschichte, wonach anfängliche Ansätze zur Weltablehnung von den kriegerischen Schichten, die ihn trugen, abgeschnürt worden seien. Mitten in Max Webers Erörterung von „Stände, Klassen und Religion" 5 findet sich eine rigide Zuordnung von „Weltreligionen" zu sozialen Schichten bzw. Klassen. Sie paßt nun überhaupt nicht mehr zu Tieles Entwicklungsgesetz. „Will man die Schichten, welche Träger und Propagatoren der sog. Weltreligionen waren, schlagwörtlich zusammenfassen, so sind dies für den Konfuzianismus der weltordnende Bürokrat, für den Hinduismus der weltordnende Magier, für den Buddhismus der weltdurchwandernde Bettelmönch, für den Islam der weltunterwerfende Krieger, für das Judentum der wandernde Händler, für das Christentum aber der wandernde Handwerksbursche, sie alle nicht als Exponenten ihres Berufes oder materieller .Klasseninteressen', sondern als ideologische Träger einer solchen Ethik oder Erlösungslehre, die sich besonders leicht mit ihrer sozialen Lage vermählte". 6 Es ist nicht zu übersehen, daß Weber die Bezeichnung „Weltreligionen" aufgreift, aber sich sofort von ihr wieder distanziert. Wenn man bedenkt, daß für Tiele genuine Weltreligionen sich gerade von jeder Fessel gelöst haben, dann mußte Webers Auffassung, daß die Leistungen der Weltreligionen schichtbezogen waren, sie als Weltreligionen in Tieles Sinne disqualifizieren. Denn eine derartige Zurechnung von Ideen zu Interessen isoliert die Idee kognitiv und ihren Gültigkeitsanspruch sozial, 7 Restriktio-
2 Tiele, Ontologie (wie oben, S. 55, Anm. 60), S. 109. 3 „Blunt imperialistic language", kommentierte Smith, Religion (wie oben, S. 35, Anm. 54), S. 279. 4 Vgl. unten Im Text, S. 390f. und S. 398. 5 Unten im Text, Abschnitt 7, S. 218-290. 6 Unten im Text, S. 282f. 7 Im Anschluß an Lepsius, M. Rainer, Interessen, Ideen und Institutionen. - Opladen: Westdeutscher Verlag 1990, S.35f.
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nen, die aus Tieles Sicht mit Weltreligionen gerade unvereinbar waren. In seiner Einleitung zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" hat Weber die Bezeichnung „Weltreligionen" ebenfalls benutzt, sie aber auch dort ihrer Implikationen beraubt und „wertfrei" als „Systeme der Lebensreglementierung verstanden, welche besonders große Mengen von Bekennern um sich zu scharen gewußt haben: die konfuzianische, hinduistische, buddhistische, christliche, islamitische religiöse Ethik". 8 Dazu kommt das Judentum. 9 Religion ist für Weber ein konstitutives Prinzip von Handlungen, getragen von spezifischen sozialen Schichten. Sie ist sicher nicht ein ästhetisches Erleben des Unendlichen im Endlichen, das sich in seiner Entwicklung immer reiner herausbildet, wie dies bei Tiele der Fall ist. Es ist gerade die Bindung von Religion an soziale Schichten, die deren Leistung begründet, damit zugleich aber in ihrem Geltungsbereich beschränkt. Religiöses Gemeinschaftshandeln - so Weber - ist ein Verhalten zu Objekten, das durch Sinn spezifiziert wird. Das aber heißt, daß jede normierte Lebensführung analytisch in zwei Komponenten zerfällt: in praktische ökonomische Zwänge und in Sinndeutung. Es waren die praktischen Zwänge der verschiedenen sozialen Klassen (Bauern, Krieger, Beamte, bürgerliche Schichten, Sklaven, Proletarier) sowie ihrer sozialen Lagen (negativ oder positiv privilegiert), die Gegenstand religiöser Legitimation waren. 10 Dies war es, was „Religionen den verschiedenen sozialen Schichten .leisten' mußten". 11 Eine besondere Stellung hatten bürgerliche Schichten, die Handwerk und Gewerbe betrieben und die kraft ihrer beruflichen Spezialisierung rational handeln mußten. Für sie bestand ein größerer Spielraum bei der Wahl von Religion als bei anderen. „Die Determiniertheit der Religiosität durch diese allgemeinen Bedingungen der Handwerker- und Kleinbürgerexistenz ist in keiner Weise eine eindeutige". 1 2 Diese Offenheit wurde dadurch noch verstärkt, daß diese Schichten weder wie die positiv Privilegierten von der Religion eine Legitimierung ihres Glücks noch wie die negativ Privilegierten eine zukünftige Vergeltung erwarteten. 13 Nur in der okzidentalen Stadt gelang es dieser Schicht jedoch, den Schritt zu einer rationalen Gemeindereligiosität zu tun. Weber ist an diesem Punkt viel gelegen. Dies zeigt seine Auseinandersetzung mit Nietzsches Ressentimentthese und Freuds Verdrängungsschema. Weber muß darauf bestehen, daß es neben dem Wunsch nach Erlösung aus äußerer Not noch eine ganz andere Quelle des Erlösungsbedürfnisses gibt: „den Intellektualismus rein als solchen, spezi-
8 MWG 1/19, S. 83. 9 MWG 1/19, S. 84. 10 11 12 13
Vgl. unten im Text, S. 253f. Unten im Text, S. 253. Unten im Text, S.243. Vgl. unten im Text, S.253f.
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eil die m e t a p h y s i s c h e n Bedürfnisse d e s Geistes, welcher über ethische u n d religiöse Fragen zu g r ü b e l n nicht durch materielle Not g e d r ä n g t wird, sond e r n d u r c h die e i g e n e innere Nötigung, die Welt als einen sinnvollen Kosm o s erfassen und zu ihr Stellung n e h m e n zu können". 1 4
Intellektuellenreligiosität Nichts geringeres als das „Schicksal der Religionen" 1 5 hing von d e n W e g e n ab, die der Intellektualismus einschlug. Webers A u s g a n g s p u n k t , w o n a c h es keine Evidenz von Religion g e b e n kann, führte ihn nicht nur zur T h e o d l z e e als kodifizierter Erkenntnis, daß in dieser Welt Sinnerwartungen zerbrechen, s o n d e r n a u c h zur Figur d e s Intellektuellen. Weber griff eine d a m a l s j u n g e B e z e i c h n u n g auf. 1 6 Das Wort „intellectuels" war in Frankreich In Z u s a m m e n h a n g mit der Dreyfus-Affäre a u f g e k o m m e n u n d von Beginn an ambivalent. In d e n A u g e n ihrer G e g n e r waren die Befürworter einer Neueröffnung d e s Verfahrens g e g e n d e n zu Unrecht verurteilten j ü d i s c h e n H a u p t m a n n Alfred Dreyfus, die Ihre Forderung a m 14. Januar 1898 in einem Manifest der Intellektuellen („protestation d e s intellectuels") v o r g e t r a g e n hatten, „abstrakt, antinational, jüdisch, d e k a d e n t und inkompetent". Die so Bezeichneten m a c h t e n sich j e d o c h d a s Wort zu eigen und erhoben als Intellektuelle die Forderung, nur der Vernunft verpflichtet, sich politisch e i n z u m i s c h e n u n d für d a s r e p u b l i k a n i s c h - d e m o k r a t i s c h e Ideal d e s Rechtsstaates eintreten zu dürfen. Sie sahen in d e m S c h i m p f w o r t ein Identifikationsangebot. „Ideologis c h e Polysemie" nennt Dletz Bering d e n Sachverhalt. 1 7 Über Z e l t u n g s b e richte g e l a n g t e die B e z e i c h n u n g bald n a c h Deutschland. Daß d a b e i die Polysemie g a n z verloren g e g a n g e n und Intellektueller z u m reinen S c h i m p f w o r t g e w o r d e n sei, wie Bering meint, 1 8 Ist allerdings unzutreffend. 1 9 Max W e b e r jedenfalls schloß sich der negativen Bewertung d e s „Intellektuellen" nicht an. In g e w i s s e m Sinne war er selber „ein politischer Intellektueller im D e u t s c h e n Kaiserreich". 2 0 H e i d e l b e r g war eine Stadt, In der Intellek14 Unten im Text, S . 2 6 5 . 15 Unten im Text, S . 2 6 6 . 16 Vgl. Bering, Dietz, Die Intellektuellen. G e s c h i c h t e eines Schimpfwortes. - Frankfurt a.M., Berlin und Wien: Ullstein 1982. 17 Ebd., S . 3 2 - 6 7 . Eine ä h n l i c h e A m b i v a l e n z z e i c h n e t e ü b r i g e n s a u c h d a s ein w e n i g ältere p o l n i s c h e und russische „Intelligentsia" aus. 18 Vgl. e b d . , S. 6 8 - 9 3 . 19 Vgl. Hübinger, G a n g o l f , Die Intellektuellen im w i l h e l m i n i s c h e n D e u t s c h l a n d , in: H ü b i n ger, Gangolf u n d M o m m s e n , W o l f g a n g J. (Hg.), Intellektuelle im d e u t s c h e n Kaiserreich. Frankfurt a.M.: Fischer 1993, S. 1 9 8 - 2 1 0 , S. 200. 20 Vgl. M o m m s e n , W o l f g a n g J., Max Weber. Ein politischer Intellektueller im D e u t s c h e n Kaiserreich, in: Hübinger, Gangolf und M o m m s e n , W o l f g a n g J. (Hg,), Intellektuelle im d e u t s c h e n Kaiserreich. - Frankfurt a.M.: Fischer 1993, S. 3 3 - 6 1 .
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tuelle, die a n d e r s w o verfolgt wurden, leben konnten, wie Paul H o n i g s h e i m berichtete - ein wenig idealisierend allerdings, d e n n a u c h hier s t a n d e n Ihnen studentische Korporationen und Bürger nur zu oft a b l e h n e n d g e g e n über. 2 1 M a n c h e von diesen Intellektuellen zog es S o n n t a g n a c h m i t t a g s ins Haus Webers, um zu diskutieren. Zu den regelmäßigen oder unregelmäßigen Teilnehmern dieses Kreises gehörten Georg Lukäcs und Ernst Bloch. 2 2 Es war ein Widerhall der Diskussionen In d i e s e m Kreis, daß Weber z w i s c h e n d e m Intellektualismus und den Religionen eine Verbindung herstellte. Brükke war das Sinn-Problem. Paul Honigsheim wußte sich zu erinnern, Tolstoi und Dostojewskij seien bei den G e s p r ä c h e n im Weberhaus „man möchte fast sagen, leibhaftig präsent" gewesen. 2 3 Hartmann Tyrell hat überzeug e n d n a c h g e w i e s e n , daß die Verknüpfung der Theodlzee-Thematik mit der Sinn-Frage aus diesen Quellen stammt. 2 4 Schon zuvor hatte Edith Hanke die B e d e u t u n g von Tolstoi für die d e u t s c h e Kulturdiskussion zur d a m a l i g e n Zeit aufgearbeitet. 2 5 Typisch hierfür ist etwa dieses Detail: Als Max Weber in seiner Rede „Wissenschaft als Beruf" darauf zu s p r e c h e n kam, daß Wissenschaft keine Sinnfragen zu lösen Imstande sei, läßt er Tolstoi in aller N a m e n die Frage stellen: „Was sollen wir d e n n tun?". 2 6 Bei aller Sympathie hat Weber den Intellektuellen seiner Zeit j e d o c h keine echte religiöse Erneuerung zugetraut. 2 7 Das heißt aber nicht, daß er sie für ohne j e d e n Einfluß hielt. Weil der Einzelne unweigerlich mit d e m „Sinn"-Defi-
21 Honigsheim, Erinnerungen an Max Weber (wie oben, S. 23, Anm. 92), S. 161. 22 Vgl. dazu Karädi, Eva, Ernst Bloch und Georg Lukäcs im Max Weber-Kreis, in: Mommsen, Wolfgang J. und Schwentker, Wolfgang (Hg.), Max Weber und seine Zeltgenossen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S. 682-702. 23 Honigshelm, Erinnerungen an Max Weber, S. 240. 24 Vgl. Tyrell, Hartmann, Intellektuellenreligiosität, „Slnn"-Semantlk, Brüderlichkeitsethik - Max Weber Im Verhältnis zu Tolstoi und Dostojewski, In: Sterbling, Anton und Zipprian, Heinz (Hg.), Max Weber und Osteuropa. - Hamburg: Kramer 1997, S. 25-58. 25 Vgl. Hanke, Edith, Prophet des Unmodernen. Leo N. Tolstoi als Kulturkritiker In der deutschen Diskussion der Jahrhundertwende (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Band 38). - Tübingen: Nlemeyer 1993. Dazu auch: Dies., Das „spezifisch Intellektuallstlsche Erlösungsbedürfnis". Oder: Warum Intellektuelle Tolstoi lasen, in: Hübinger, Gangolf und Mommsen, Wolfgang J. (Hg.), Intellektuelle Im deutschen Kaiserreich. - Frankfurt a.M.: Fischer 1993, S. 158-171. Dies., Erlösungsreligion, „Sinn"-Frage und Theodlzee, in: Kippenberg, Hans G. und Rlesebrodt, Martin (Hg.), Webers „Religionssystematik". -Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), voraussichtliches Erscheinungsjahr 2001. 26 MWG 1/17, S. 95 und S. 103. 27 Vgl. unten Im Text, S. 289f. Siehe hierzu auch: Ulbricht, Justus H., Wider das „Katzenjammergefühl der Entwurzelung". Intellektuellen-Religion Im Eugen Diederichs Verlag, in: Buchhandelsgeschichte 1996/Tellband B Bbl. Nr. 76 (Aufsätze, Rezensionen und Berichte zur Geschichte des Buchwesens, hg. von der Historischen Kommission des Börsenvereins), S. 111-120.
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zit der Welt konfrontiert wird, bleibt er mit seinen sozialen Handlungen auf eine der Lösungen dieses Sinn-Problems angewiesen, ob ihm dies nun bewußt ist oder nicht. Nur sie vermag in einer irrationalen Welt die Objektivität subjektiven Sinns zu garantieren. Das heißt aber auch, daß für Weber diese Lösungen ihren Ort im handelnden und reflektierenden Subjekt hatten: „Je mehr der Intellektualismus den Glauben an die Magie zurückdrängt, und so die Vorgänge der Welt .entzaubert' werden, ihren magischen Sinngehalt verlieren, nur noch .sind' und .geschehen', aber nichts mehr .bedeuten', desto dringlicher erwächst die Forderung an die Welt und .Lebensführung' je als Ganzes, daß sie bedeutungshaft und .sinnvoll' geordnet seien". 2 8 Was die Intellektuellen der Gegenwart betrifft, so diagnostizierte Weber unterschiedliche Haltungen zur Religion in England, Frankreich, Deutschland und Rußland, wobei er angelsächsischen Deismus, romanische Kirchenfeindschaft, deutsche unpolitische Metaphysik und russische revolutionäre Gesinnung nennt. Dieselbe Schicht konnte vollkommen entgegengesetzte Haltungen zur Religion entwickeln, wie ein Vergleich des Pariaintellektualismus zeigt, der in Deutschland eine antireligiöse Wendung nahm, dagegen in den angelsächsischen Gebieten einen sektiererischen Charakter hatte. 29 Weber konnte einer Bestandsaufnahme zeitgenössischer intellektualistischer Tendenzen diese religionsgeschichtliche Einordnung folgen lassen: „Alle diese dem apolitischen Intellektualismus gleich zugänglichen Tendenzen nun können auch als religiöse Erlösungslehren auftreten und haben dies gelegentlich auch getan. Der spezifisch weltflüchtige Charakter der Intellektuellenreligiosität hat auch hier eine seiner Wurzeln". 3 0 Es ist überaus charakteristisch für Weber, daß die großen religionshistorischen Richtungen auch noch die gegenwärtigen Optionen subjektiver Lebensführung beherrschen. 3 1
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Unten im Text, S. 273. Vgl. unten im Text, S. 273-290. Unten im Text, S.273f. Vgl. Schluchter, Religion und Lebensführung II, S. 78f.
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Hermann
Siebecks
Konzept der
„Erlösungsreligionen"
Der Begriff der „Erlösung" scheint so allgemein und vage, daß m a n v o n ihm keine spezifische Konstruktionsleitung von Religionsgeschichte erwartet. D o c h täuscht der Eindruck. U m sich d a v o n zu ü b e r z e u g e n , muß man einen Blick in H e r m a n n S i e b e c k s „ L e h r b u c h der Religionsphilosophie" 3 2 aus d e m Jahre 1893 werfen, d a s W e b e r w a h r s c h e i n l i c h für seine Analyse ausgewertet hat. A n d e r s als der Titel erwarten läßt, liest sich d a s L e h r b u c h wie eine systematische Einleitung in die v e r g l e i c h e n d e Religionswissenschaft. Wie Cornelis Petrus Tiele teilte a u c h H e r m a n n S i e b e c k ( 1 8 4 2 - 1 9 2 1 ) Religionen n a c h d e m S c h e m a der drei Stufen ein. Allerdings b e s c h r i e b er ihren „genetisch-kausalen Z u s a m m e n h a n g " anders. Er sah in ihnen eine Entfalt u n g von Inhalten d e s religiösen Bewußtseins: der Ü b e r z e u g u n g v o m Dasein Gottes und der Tatsächlichkeit d e s äußeren Übels bzw. d e s inneren Bösen. 3 3 D e m e n t s p r e c h e n d sahen S i e b e c k s Typen von Religionen a n d e r s aus als Tieles. „Naturreligionen" rechneten mit Göttern als Rettern v o n äußerem Übel. Einen Begriff von „Welt" besaßen sie n o c h nicht. 3 4 „Moralitätsreligionen" vertrauten auf Götter als Garanten der natürlichen und der moralis c h e n O r d n u n g . Ihnen sei d a s „Bedürfniss, die Welt als K o s m o s zu begreifen", 3 5 eigen. H e r m a n n S i e b e c k hielt sie j e d o c h für Ü b e r g a n g s g e b i l d e , 3 6 die n o t w e n d i g e r w e i s e p r o p h e t i s c h e n „Erlösungsreligionen" w e i c h e n müßten, die die Welt w e g e n der M a c h t d e s Bösen in ihr verneinten. Die Vorstellung Gottes diente auf dieser Stufe der Verneinung der Welt. 3 7 Jetzt erst w ü r d e sich der Einzelne von der sozialen G e m e i n s c h a f t lösen und der Welt als individuelle e i g e n s t ä n d i g e Person g e g e n ü b e r t r e t e n können. 3 8 W e b e r hat sich diese Konstruktion in wesentlichen Z ü g e n zu eigen g e m a c h t . M a n c h m a l stimmt er bis in haarfeine K o n z e p t i o n e n hinein mit ihr überein. So, w e n n es bei ihm heißt, daß erst mit d e m Priestertum die Idee „eines
32 Siebeck, Hermann, Lehrbuch der Religionsphilosophie (Sammlung theologischer L e h r b ü c h e r ) . - F r e i b u r g I.Br. u n d L e i p z i g : J . C . B . M o h r (Paul S i e b e c k ) 1 8 9 3 (hinfort: Sieb e c k , L e h r b u c h d e r R e l i g i o n s p h i l o s o p h i e ) . G o t t f r i e d K ü e n z l e n hat in s e i n e r bei F r i e d r i c h H. T e n b r u c k e n t s t a n d e n e n D i s s e r t a t i o n g a n z r i c h t i g auf d i e i n h a l t l i c h e V e r w a n d t s c h a f t v o n H e r m a n n S i e b e c k s K o n z e p t i o n v o n R e l i g i o n mit d e r v o n W e b e r h i n g e w i e s e n . U n z u t r e f f e n d ist j e d o c h K ü e n z l e n s A u s s a g e , S i e b e c k g e h ö r e zu d e r v o n Tiele b e g r ü n d e t e n R i c h t u n g d e r R e l i g i o n s w i s s e n s c h a f t . ( K ü e n z l e n , R e l i g i o n s s o z i o l o g i e M a x W e b e r s (wie o b e n , S. 56, A n m . 68), S. 6 5 - 7 6 ) . 3 3 Vgl. S i e b e c k , L e h r b u c h d e r R e l i g i o n s p h i l o s o p h i e , S . 4 5 . 3 4 Vgl. e b d . , S . 4 8 f . 35 E b d . , S. 189. 36 Vgl. e b d . , S . 7 1 . 37 Vgl. e b d . , S . 4 9 . 38 Vgl. e b d . , S. 1 0 2 f .
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d a u e r n d sinnvoll geordneten K o s m o s " 3 9 g e k o m m e n sei, oder daß für Propheten ein Zusammenstoß der Forderung nach einer systematischen Leb e n s f ü h r u n g mit d e n Realitäten der Welt essentiell war. 4 0 Wirklich deutlich aber wird diese Gemeinsamkeit erst, wenn m a n noch einmal auf Cornelis Petrus Tiele schaut. Siebecks Konstruktion von Religionsgeschichte ist nicht ohne Widers p r u c h g e b l i e b e n . Besonders erwähnenswert sind in unserem Z u s a m m e n hang kritische Einwände Tieles, die angesichts der B e h a u p t u n g Gottfried Küenzlens, Weber h a b e in zentralen wie n e b e n s ä c h l i c h e n Sachverhalten aus Tiele und der von ihm b e g r ü n d e t e n Richtung der Religionswissenschaft g e s c h ö p f t , nicht nur ü b e r r a s c h e n müssen, sondern a u c h vor Fehlinterpretation Webers bewahren können. 4 1 Cornelis Petrus Tiele hat sich in seinen Gifford Lectures kritisch bis a b l e h n e n d mit Hermann Siebecks Auffassung auseinander gesetzt. Zwar stimmten die ersten b e i d e n Kategorien S i e b e c k s mit seiner e i g e n e n Einteilung überein, d a er ebenfalls Naturreligionen von ethischen Religionen unterscheide. J e d o c h müsse er Erlösungsreligion als eine distinkte Klasse von Religionen ablehnen. Fasse m a n Erlösung allgemein als Befreiung von Übel auf, träfe sie auf alle Religionen zu und sei als Klasse zu groß. Im strengen Sinne w e l t a b l e h n e n d e Religionen aber seien nur B u d d h i s m u s u n d das paulinische Christentum, w a s die Klasse zu klein w e r d e n lasse. 4 2 In seiner A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit Siebeck machte Tiele überdies eine Bemerkung, die erkennen läßt, daß er die d e u t s c h e n religio n s p h i l o s o p h i s c h e n Voraussetzungen gekannt und d u r c h s c h a u t hat: „Übrigens hängt seine [Siebecks] g a n z e Klassifikation aufs engste mit seiner Auffassung der Religion als Weltverneinung zusammen, w e l c h e nur auf eine Art von Religionen a n w e n d b a r ist, und der ich im allgemeinen nicht beizupflichten v e r m a g " . 4 3 Max Weber hat d a s kritische Urteil Tieles über Hermann Siebeck nicht geteilt. Es ist unschwer zu erklären, w a r u m Siebecks Ansatz für Webers Fragestellung leistungsfähiger war als der Tieles. Tieles Entwicklungsgesetz siedelte die Weltreligionen als s e l b s t ä n d i g e Größen jenseits der H a n d l u n g s e b e n e in einer a m o r p h e n religiösen Erfahrung an. Es bot keinen Ansatzpunkt, Religion als Faktor zu erkennen, der praktische A l l t a g s b e z i e h u n g e n d u r c h S i n n g e b u n g reguliert und unterschiedliche Prinzipien subjektiver Leb e n s f ü h r u n g konstituiert. Wahlverwandtschaften oder A d ä q u a n z b e z i e h u n gen z w i s c h e n Religionen u n d nicht-religiösen H a n d l u n g s a b l ä u f e n lagen au-
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Unten im Text, S. 165. Vgl. unten im Text, S. 193. Vgl. Küenzlen, Religionssoziologie Max Webers (wie oben, S. 56, Anm. 68), S. 73f. Vgl. Tiele, Morphologie (wie oben, S. 55, Anm. 60), S. 58f. Ebd., S. 56, wiederholt auf S. 238.
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ßerhalb seiner Reichweite. Siebecks Konzeption eröffnete d a g a n z andere M ö g l i c h k e i t e n . Vor allem: für S i e b e c k g e n e r i e r t e n h i s t o r i s c h e R e l i g i o n e n subjektive Religiosität. H e r m a n n S i e b e c k gehörte zu jenen, die I m m a n u e l Kants A u f f a s s u n g v o n d e n historischen Religionen als nur äußeren „Vehikeln" der reinen Religion44 ablehnten. S i e b e c k sah z w i s c h e n d e m Subjektiven der Religion (religiöse G e d a n k e n , Gefühle, S t i m m u n g e n und Ahnungen) und d e m Objektiven (überlieferte Lehren, D o g m e n , Gebote und Verbote, V e r h e i ß u n g e n u n d H a n d l u n g e n ) eine W e c h s e l b e z i e h u n g . W i e d i e o b j e k tive Seite ihren Wert nur d u r c h „stetige B e z u g n a h m e auf d e n Geist o d e r d a s Subjektive" erhalte, so könne sich der subjektive Bewußtseinsinhalt nur durch Objektivation behaupten.45 Durch die historischen Erlösungsreligion e n w ü r d e n z w e i u n t e r s c h i e d l i c h e s u b j e k t i v e P r i n z i p i e n b e g r ü n d e t , d i e vers c h i e d e n e kulturelle Wirklichkeiten konstituieren. Diese A u f w e r t u n g von K a n t s ä u ß e r e n „ V e h i k e l n " d e r r e i n e n R e l i g i o n z u e n t g e g e n g e s e t z t e n Verw i r k l i c h u n g e n d e s religiösen Geistes g i n g letztlich auf G e o r g W i l h e l m Friedrich H e g e l zurück.
Konstruktionen von Religionstypen in „Religion in Geschichte und Gegenwart" (RGG Mit Cornelis Petrus Tiele u n d H e r m a n n S i e b e c k , mit „Weltreligionen" u n d „Erlösungsreligionen", trafen zwei Konzeptionen religiöser Eigengesetzlichk e i t a u f e i n a n d e r , f ü r d i e e s b e i d e in d e r E r s t a u f l a g e v o n d e r „ R e l i g i o n in Geschichte und Gegenwart"46 Beispiele gibt. Theophil Steinmann, Autor d e s Artikels „ S t u f e n f o l g e d e r R e l i g i o n e n " , folgte im w e s e n t l i c h e n Tiele. S t e i n m a n n zufolge „türmen" sich über d e n Naturreligionen u n d d e n auf sie f o l g e n d e n Kultur- o d e r Moralitätsreligionen die „Weltreligionen". „ D e r e n äuß e r l i c h in d i e A u g e n s p r i n g e n d e s M e r k m a l ist d i e L ö s u n g v o n e i n e m b e stimmten Volkstum und seinen besonderen Kulturverhältnissen". Beim Ü b e r g a n g zur dritten Stufe vollziehe sich „eine Unterordnung d e s Volkstums u n t e r d i e m e n s c h h e i t l i c h e K u l t u r l e i s t u n g . [ . . . ] D i e s e Verselbständigung der
44 Kant, I m m a n u e l , D i e M e t a p h y s i k d e r Sitten ( O r i g i n a l v o n 1 7 9 7 ) u n d d e r s . , D i e R e l i g i o n i n n e r h a l b d e r G r e n z e n d e r b l o ß e n V e r n u n f t ( O r i g i n a l v o n 1793). T h e o r i e - W e r k a u s g a b e , B a n d 8. - F r a n k f u r t a. M.: S u h r k a m p 1968, S. 7 8 5 . 45 S l e b e c k , L e h r b u c h d e r R e l i g i o n s p h i l o s o p h i e (wie o b e n , S. 66, A n m . 32), S. 2 6 4 . 46 D i e R e l i g i o n in G e s c h i c h t e u n d G e g e n w a r t . H a n d w ö r t e r b u c h In g e m e i n v e r s t ä n d l i c h e r D a r s t e l l u n g , In fünf B ä n d e n . - T ü b i n g e n : J . C . B . M o h r (Paul S l e b e c k ) 1 9 0 9 - 1 9 1 3 . B a n d 1 (1909) wurde von Friedrich Michael Schiele h e r a u s g e g e b e n , Band 2 (1910), Band 3 (1912), B a n d 4 (1913) sowie B a n d 5 (1913) von Schiele und Leopold Zscharnack. Beide w a r e n Vertreter d e r R e l i g i o n s g e s c h i c h t l i c h e n S c h u l e .
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Religion geht meist Hand in Hand mit der entsprechenden Verselbständigung der Sittlichkeit." 47 Cajus Fabricius, der Verfasser des sehr umfangreichen Artikels „Typen der Religion", entfaltete die Grundformen anders, mehr im Sinne von Hermann Siebeck. Ausgehend von dem Material der Religionsgeschichte beschränkt sich Fabricius streng erfahrungswissenschaftlich auf die „Beziehungen zwischen Frömmigkeit und Weltleben". Dabei identifiziert er drei Grundtypen, in der der Fromme sich zur Welt stellt: weltförmig, weltflüchtig, weltüberwindend. Sittlichkeit gehöre ganz dem ersten Typus an, Askese und Mystik hingegen dem zweiten. Sie sind von Buddhismus und Christentum hervorgebracht worden. Nur dem Christentum aber sei es gelungen, ein aktives Verhältnis zur abgelehnten Welt zu begründen und damit die Welt zu überwinden. 4 8 Ernst Troeltsch hat in seinem Artikel „Erlösung: II. Dogmatik" in der RGG 1 4 9 in geraffter Form skizziert, wie es über das Konzept der „Erlösung" möglich ist, durch einen Religionsvergleich normatives Wissen zu erzeugen. Troeltsch, der Systematiker unter den Religionsgeschichtlern, 5 0 hatte sich wie kaum ein anderer den Problemen gestellt, die sich aus der historischen Betrachtungsweise des Christentums ergaben. Wenn das Christentum wie alle anderen Religionen eine durch und durch historische Erscheinung sei, könne es für normatives Wissen gar keine andere Quelle mehr geben als die Religionsgeschichte selbst. 5 1 Die Geschichte, so hatte er in seinem bekannten Vortrag über „Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte" 5 2 dargelegt, zeige durchgehend die „Tendenz", daß Religionen von ihrer natürlichen Gebundenheit an Natur, Ort und Gesellschaft unabhängig würden. Je weiter die Geschichte voranschreite, desto mehr würden sie mit der natürlichen und der sozialen Welt brechen. Dabei würden sie auch die Menschen von der vorgefundenen Wirklichkeit unabhängig und zu autono-
47 Steinmann, Theophil, Stufenfolge der Religionen, in: RGG1, Band 5, 1913, Sp. 9 7 3 978, Zitate: Sp. 977. 48 Fabricius, Cajus, Typen der Religion, in: RGG1, Band 5, 1913, Sp. 1401-1419. 49 Troeltsch, Ernst, Erlösung: II. Dogmatisch, in: RGG 1 , Band 2, 1910, Sp. 4 8 1 - 4 8 8 (hinfort: Troeltsch, Erlösung). 50 Vgl. Graf, Friedrich Wilhelm, Der „Systematiker" der „Kleinen Göttinger Fakultät". Ernst Troeltschs Promotionsthesen und Ihr Göttinger Kontext, in: Renz, Horst und Graf, Friedrich Wilhelm (Hg.), Untersuchungen zur Biographie und Werkgeschichte (Troeltsch-Studlen, Band 1). - Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1982, S. 235-290. 51 Vgl. Troeltsch, Ernst, Christenthum und Religionsgeschichte. - Berlin: Georg Reimer 1897, In: ders., Gesammelte Schriften, Band 2: Zur religiösen Lage, Rellgionsphllosophle und Ethik. - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1913, S.328-363. 52 Gehalten auf der Versammlung der Freunde der Christlichen Welt zu Mühlacker am 3. Oktober 1901.
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men Individuen m a c h e n . A m konsequentesten g e s c h e h e dies in den Erlösungsreligionen. 5 3 In d i e s e m RGG 1 -Beitrag hat Troeltsch seine Konstruktion von Religionsgeschichte mit einem Reilgionsverglelch v e r b u n d e n . „Alle Religionsgebiete, d e n e n es vergönnt Ist, einen tiefen und reichen ethischreligiösen Gehalt auszuleben, m ü n d e n in Irgendeiner Welse In den E [ r l ö s u n g ] s g l a u b e n aus. Je stärker und einheitlicher die Gottheit e m p o r s t e i g t zum Inbegriff alles Guten u n d Vollkommenen und z u m Inbegriff aller wahren u n d e w i g e n Realität, um so mehr steigert sich der A b s t a n d des M e n s c h e n u n d die Sehnsucht nach Ü b e r w i n d u n g dieses A b s t a n d e s , um so deutlicher tritt a u c h das H e m m e n d e , zwischen Gott u n d M e n s c h Stehende, heraus als Welt, sei es nun daß die Welt zum Prinzip des Scheins und des Irrtums, sei es, daß sie zu d e m der Vergänglichkeit und des Leidens, oder daß sie zu d e m der Sünde und Gottentfremdung wird". 5 4 Als Beispiele nannte Troeltsch neben d e m Christentum den Hinduismus, d e n Parslsmus, die g r i e c h i s c h e Religion, die „dunkle gnostlsch-synkretlstlsche vorderasiatische R e i l g l o n s b e w e g u n g " und die Israelitische Religion. Nur der Islam und das sich g e g e n das Christentum abschließende J u d e n t u m seien ohne E r l ö s u n g s g e d a n k e n u n d In Ihrem Wesen morailstlsch g e b l i e b e n . Man beachte, wie Troeltsch J u d e n t u m u n d Islam v o m Christentum abrückte, u n d zwar mit Blick auf das konstitutive Element der Moderne: die Autonomie der Person. Nur d e m Christentum sei es m ö g l i c h gewesen, den A b s t a n d , der z w i s c h e n Gott und Welt bestehe, so zu vertiefen, daß die freie Persönlichkeit eine reale Macht werden konnte. Dies sei eine b e s o n d e r e u n d einzigartige Leistung des Christentums, zu der das J u d e n t u m (so wird stillschwelgend unterstellt) nicht imstande g e w e s e n sei. A b e r a u c h die andere große l e b e n d e Erlösungsreligion, der B u d d h i s m u s , habe dies nicht vermocht. Er h a b e nämlich Gott nicht als Urgrund aller persönlichen Freiheitswerte betrachtet, sondern als einen Bereich des Unpersönlichen, vor d e m sich die Idee der Persönlichkeit als Irrtum und falscher Schein erweise. Die b e i d e n Erlösungsreligionen Christentum u n d B u d d h i s m u s h a b e n aus der Sicht von Troeltsch - In d i e s e m Punkte Hegel v e r p f l i c h t e t - z w e i konträre Konzeptionen von menschlicher Identität hervorgebracht. 5 5
53 Vgl. Troeltsch, Ernst, Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, hg. von Trutz Rendtorff in Zusammenarbeit mit Stefan Pautler (Ernst Troeltsch, Kritische Gesamtausgabe, Band 5). - Berlin und New York: Walter de Gruyter 1998, S. 193. 54 Troeltsch, Erlösung (wie oben, S. 69, Anm. 49), Sp. 481 f. 55 Vgl. ebd., Sp. 482f.
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Einleitung
Max Webers Konzept der
Kulturreligionen
Was b e s a g t es, daß Weber sich nicht mit d e m Begriff der „Erlösungsreligionen" b e g n ü g t e , sondern darüber hinaus n o c h d e n Begriff der „Kulturreligionen" benötigte? Der Begriff „Kulturreligionen" kommt in der „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " des G d S von 191 4 5 6 als „Kulturreligionen und Wirtschaftsg e s i n n u n g " vor u n d kehrt als Überschrift zu Abschnitt 12 wieder: „Die Kulturreligionen u n d die ,Welt"'. Darüber hinaus v e r w e n d e t e Weber ihn in einem Brief an Werner Sombart v o m 2. Dezember 1913, in d e m er von den „Aufsätzen über die Culturreligionen" sprach, die nach „Wirtschaft u n d Gesellschaft" erscheinen sollten. 5 7 A u c h kommt er später in Z u s a m m e n h a n g mit den Aufsätzen zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" vor, allerdings ohne erkennbare besondere B e d e u t u n g . 5 8 W o l f g a n g Schluchter hat eine These vorgetragen, die ein guter A u s g a n g s p u n k t für eine Klärung des Begriffes darstellt: J e d e ethische Religion sei Kulturreligion, nicht aber j e d e Kulturreligion a u c h s c h o n Erlösungs- oder Weltreligion, so daß „nicht die U n t e r s c h e i d u n g in Weltreligion und Kulturreligion, wohl aber die in Erlösungsreligion u n d Kulturreligion systematisch von B e d e u t u n g " 5 9 sei. Bei einem Blick auf die d a m a l i g e Religionswissenschaft scheint der Sachverhalt anders zu liegen. A n t i p o d e n sind „Weltreligionen" im Sinne von Cornelis Petrus Tiele und „Erlösungsreligionen" im Sinne Hermann Siebecks, w o b e i Weber aus systematischen G r ü n d e n ü b e r w i e g e n d Siebeck folgte. Die Frage stellt sich, w e l c h e n Erkenntnisgewinn der Begriff der Kulturreligion zusätzlich zu d e m der Erlösungsreligion brachte. Ein erneuter Blick auf Hermann Siebecks „ L e h r b u c h der Religionsphilos o p h i e " 6 0 gibt darauf eine Antwort. Siebeck richtete sich in d i e s e m H a n d b u c h vom ersten Moment an auf das Verhältnis von Religion u n d Kultur. „Die Stellung der Religion im Kulturleben" lautet der Titel des ersten Abschnitts, d e m dann ein untergeordnetes Kapitel „ B e j a h u n g und Verneinung des Weltlichen" folgt. Schon der allererste Satz lohnt, zitiert zu werden, ähnelt ihm d o c h W e b e r s Eröffnung: „Als A u s g a n g s p u n k t einer religionsphilosophis c h e n Untersuchung, die über Begriff, Inhalt, Entwickelung und Wahrheit ihres G e g e n s t a n d e s nichts voraussetzen, sondern alles erst im Verlaufe ih-
56 Vgl. den Editorischen Bericht, unten, S.86. 57 Brief Max Webers an Werner Sombart, GStA Berlin, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 4k, Bl. 3 - 4 (MWG II/8). 58 Es kommt vor in Webers „Vorbemerkung" (GARS I, S. 15; MWG 1/18) und in Weber, Judentum I (S.55 in der Fußnote; MWG 1/21). Im Text „Religiöse Gemeinschaften" taucht es nicht auf, außer in der Überschrift zu Abschnitt 12, unten, S.414. 59 Schluchter, Religion und Lebensführung II, S.26f. 60 Siebeck, Lehrbuch der Religionsphilosophie (wie oben, S. 66, Anm. 32).
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rer Erörterungen bestimmen will, kann füglich nichts anderes dienen als der Hinweis auf die Thatsächlichkeit der Religion". Religion, so erklärt Siebeck seinen Zugriff, sei etwas Bekanntes: ein Kulturfaktor neben den anderen „Sprache und Sitte, Moral und Recht, Familie und Staat, Schule und Erziehung, Kunst und Technik, Wissenschaft und Praxis" 6 1 Im Unterschied zu den anderen Gebieten nehme dieser Faktor jedoch „zu dem Gesamtwert der Kultur eine kritische, und hierdurch für sich selbst im Kreise jener eine problematische Stellung" 6 2 ein. Religion helfe zwar zusammen mit den anderen, die Welt auszubilden. Jedoch nähme sie allein das Recht für sich in Anspruch, die Endgültigkeit des Irdischen zu verneinen und über die Welt als ganze ein ablehnendes Urteil zu fällen. „Es gewinnt den Anschein, daß in die Einheitlichkeit des Kulturlebens durch das Vorhandensein der Religion ein Zwiespalt kommt, der ohne sie nicht vorhanden wäre". 6 3 Die „Differenzierung zwischen der Religion und anderweitigen Bethätigungen des geistigen Lebens" beende diesen Zwiespalt nicht. Der Widerstreit zwischen einer „Autarkie des Weltlebens" und den Ansprüchen der Religion bestimme auch den „historischen Entwicklungsgang der Religion". Im Verlaufe seiner Darlegung führt Siebeck dann noch die wichtige Unterscheidung zwischen „Weltflucht" und „Weltüberwindung" ein: „Der Unterschied ferner von der Erlösungs-Religion des Buddhismus liegt in der Verschiedenheit des Begriffs der Weltüberwindung. Für die christliche Weltanschauung sind Weltüberwindung und Weltflucht verschiedene D i n g e " 6 4 Die eine Form von Weltablehnung, nämlich die Weltflucht, sei für die indischen Religionen, die zweite, Weltüberwindung, für das Christentum typisch. 6 5 Was Wilhelm Windelband als religiösen Fanatismus abtat, 6 6 bestimmte Hermann Siebeck als einen Entwicklungsfaktor, darin später von Max Weber gefolgt.
Zusammenfassung Uns liegt ein Arbeitstext Webers vor, der noch weit von seiner Fertigstellung entfernt war. Dies ist jedoch nicht nur ein Nachteil. Um so leichter können wir beobachten, wie Weber in der Religionsentwicklung ein Grundelement der menschlichen Kulturgeschichte frei legte. Es war dies eine Konsequenz seiner Auffassung von sozialem Handeln. Für Weber ergab sich die Ratio-
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Ebd., s.1.
Ebd., S.3. Ebd., S.5. Ebd., S. 145f. Vgl. ebd., S. 122f. und S. 146. 66 Windelband spricht von „transzendentem Egoismus", Windelband, Das Heilige (wie oben, S. 28, Anm.24), S.438.
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nalität des Handelns nicht wie von selbst aus einer richtigen Auffassung von der Welt und ihren Gesetzen. Ein subjektiv rationales Handeln braucht seiner Ansicht nach a u c h gar nicht auf richtigen A n n a h m e n zu beruhen. Das heißt aber nicht, daß rationales Handeln in rein persönlichen Interessenabw ä g u n g e n seinen U r s p r u n g hätte. Der Sinn, d e n das soziale Handeln hat, kann ihm nicht von d e m Einzelnen beigelegt werden. Sinndeutungen dürfen daher auch keineswegs mit persönlichen Motiven verwechselt werden. Weber zufolge befindet sich der H a n d e l n d e mit ihnen, ob gewollt oder nicht, in der Domäne der Religionen. Religionen konnten für Weber auf keine andere B e r e c h t i g u n g verweisen als auf die Erfahrung der Sinnwidrigkeit und Heillosigkeit der Welt. Daß Religionen aus einem irrationalen religiösen Erleben hervorgingen und darin ihre Evidenz fänden, wie von L e b e n s p h i l o s o p h e n behauptet, lehnte Weber e n t s c h i e d e n ab. Weber sah sie aus einem unerfüllbaren Verlangen nach Heil hervorgehen. Sein Interesse galt den m ö g l i c h e n Typen der Verarbeit u n g dieses G r u n d p r o b l e m s allen m e n s c h l i c h e n Lebens. Dabei hatte Weber einen w u c h t i g e n Partner in der d a m a l i g e n Religionswissenschaft, welc h e die historischen Religionen als äußere Vermittlungen von inneren Sachverhalten rekonstruierte. Hegels Revision von Kants Kategorien des Verstandes hatte die Voraussetzung für diese Deutung geschaffen. Hatte Immanuel Kant die reinen Kategorien des Denkens u n a b h ä n g i g von den Dingen an sich bestimmt, so waren für Georg Wilhelm Friedrich Hegel Denken und Sein immer schon g e g e n s t ä n d l i c h vermittelt. In seinem Kielsog begriffen d e u t s c h e Religionsphilosophen und -historiker die historischen Religionen als Modi theoretischer Weltbilder und praktischer Weltverhältnisse. Daß Weber bei seiner Suche nach den für subjektives Handeln konstitutiven S i n n g e b u n g e n in der Religionswissenschaft f ü n d i g wurde, war daher kein Zufall. Die historischen Studien zu den großen Religionen brachten ihm die g e w ü n s c h t e Klarheit über die Vielfalt der Konstruktionen theoretischer und praktischer Beziehungen der M e n s c h e n zur Welt. Die d a m a l s noch frischen Studien zur Magie, z u m priesterlichen Kult und zur prophetischen Ethik deutete Weber als Typen von Weltverhältnissen. Weber fügte den v o r l i e g e n d e n Erkenntnissen zwei weitere Elemente hinzu. Da war erstens das religiöse Gemeinschaftshandeln. In einer Welt der Zauberer b e s t a n d dies in w i e d e r k e h r e n d e m g e m e i n s c h a f t l i c h e m Rausch und Orgie. Priester standen d e m Opferkult eines politischen Verbandes vor und propagierten die Vorstellung eines geordneten Kosmos. Die A n h ä n g e r der Propheten schließlich erwarteten Heil überhaupt nicht mehr von der Welt, s o n d e r n nur von der Lebensführung. Es waren enttäuschte Heilserwartungen, die den G l a u b e n erst an die Zauberer, d a n n an die Priester untergruben, bis Propheten die bittere Botschaft eines heillosen Kosmos verbreiteten. Weber verknüpfte diese „Stufen" nicht wie Religionswissenschaftler
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über ein Entwicklungsgesetz, w o n a c h Religionen z u n e h m e n d von Familie, Stamm, Nation und Staat u n a b h ä n g i g würden. Magie und priesterlicher Kult galten ihm als b l e i b e n d e Größen der Religionsgeschichte, die bis heute Leistungen für beispielsweise n a t u r a b h ä n g i g e Schichten wie Bauern (so Magie) oder politische Verbände (so Kult) erbringen. Das v o r g e f u n d e n e Stufenmodell mit den universalen Weltreligionen an der Spitze w i c h einem Schichtenmodell, das die Geltung von Religionen an ihre Leistungen für die v e r s c h i e d e n e n sozialen Klassen knüpfte. Es gibt keine Gesellschaft mit nur einer Religion. J e d e Gesellschaft kennt e n t s p r e c h e n d ihrer inneren sozialen Architektur g a n z v e r s c h i e d e n e Religionen. A u c h w e n n bei Weber der Begriff der „Weltreligion" noch b e g e g n e t : das vorausgesetzte Entwicklungsgesetz hatte er a u f g e g e b e n . W e b e r zufolge ließ die Religionsgeschichte erkennen, daß die prophetis c h e A u f w e r t u n g von L e b e n s f ü h r u n g e b e n s o gut in mystischer K o n t e m p l a tion wie in innerweltlicher religiöser Ethik m ü n d e n konnte. Er nahm an, daß die Religionen des Ostens und des Westens zwei konträre L ö s u n g e n der Entzweiung von Leben und Sinn kodifiziert hätten: dort eine weltflüchtige passive Versenkung in die Ursubstanz, hier eine w e l t ü b e r w i n d e n d e aktive Lebensführung. Beide Prinzipien sind d a d u r c h , daß sie im sozialen H a n d e l n der M e n s c h e n effektiv werden, an der Erzeugung komplexer, j e d o c h g r u n d v e r s c h i e d e n e r e n t g e g e n g e s e t z t e r kultureller Wirklichkeiten beteiligt. Weber m a c h t e die Religionen ursächlich für die g a n z unterschiedliche Entwicklung der Kultur im Orient und im A b e n d l a n d verantwortlich. Religionen sind keine frei verfügbaren Ü b e r z e u g u n g e n . Man kann sie aber a u c h nicht aus d e n materiellen Verhältnissen herleiten, wie der Materialismus es behauptete. Gesellschaftliche Klassen sind quasi g e z w u n g e n , Religionen zur Bestimm u n g ihres Weltverhältnisses zu wählen. D a d u r c h w e r d e n sie zu einer gesellschaftlichen O r d n u n g s m a c h t . Es ist diese Konstruktion von Religionsgeschichte, die d e m A b s c h n i t t „Religiöse Gemeinschaften" eine Schlüsselrolle sowohl in der B e h a n d l u n g der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" wie bei der B e s t i m m u n g der Beziehung der Wirtschaft zu den gesellschaftlichen O r d n u n g e n und M ä c h t e n z u k o m m e n läßt. Religionen b e g r ü n d e n theoretische und praktische Weltverhältnisse. Weber hat es nicht anders g e s e h e n als Ernst Troeltsch: „Geistige Mächte können herrschen, auch w e n n man sie bestreitet". 6 7
67 Troeltsch, Ernst, Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt. - München und Berlin: R. Oldenbourg 1911, S. 22.
Anhang zur
Einleitung
Max Webers Literatur Max Weber bezieht sich in seinem Text implizit oder explizit auf religionswissenschaftliche Literatur. Da er selten Autoren nennt und Texte nicht wörtlich zitiert, sind an dieser Stelle Publikationen, in denen die entsprechenden Aussagen vorkommen und die Weber mit einiger Wahrscheinlichkeit gekannt hat, zusammengestellt. Autoren, die Weber namentlich nennt, sind mit * gekennzeichnet und im „Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur", unten, S. 5 0 5 - 5 0 7 , aufgeführt.
Allgemeine
Religionsgeschichte, Religionsphilosophie Religionswissenschaft
und
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Anhang zur Einleitung
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Anhang zur
Einleitung
' G u t t m a n n , Julius, Die J u d e n u n d d a s Wirtschaftsleben, in: AfSSp, B a n d 36, Heft 1, 1913, S. 1 4 9 - 2 1 2 . (Guttmann, Juden und Wirtschaftsleben) Hehn, J o h a n n e s , Die b i b l i s c h e u n d die b a b y l o n i s c h e Gottesidee. Die israelitische Gottesa u f f a s s u n g im Lichte der altorientalischen R e l i g i o n s g e s c h i c h t e . - Leipzig: C.J. Hinrichs 1913. Kautzsch, Emil Friedrich, Die A p o k r y p h e n u n d P s e u d e p i g r a p h e n d e s Alten Testaments, 2. B a n d : Die P s e u d p i g r a p h e n d e s Alten Testaments. - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul S i e b e c k ) 1900. L e h m a n n - H a u p t , C.F., Israel. Seine E n t w i c k l u n g im R a h m e n der W e l t g e s c h i c h t e . - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul S i e b e c k ) 1911. ' M e i n h o l d , J o h a n n e s , J e s u s u n d d a s Alte Testament. Ein zweites ernstes Wort an die e v a n g e l i s c h e n Christen. - Freiburg i.Br., Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul S i e b e c k ) 1896. (Meinhold, Jesus und das Alte Testament) * - , Die Weisheit Israels in Spruch, S a g e u n d D i c h t u n g . - Leipzig: Quelle & M e y e r 1908. (Meinhold, Weisheit Israels) Merx, A d a l b e r t , Die B ü c h e r M o s e s u n d Josua. Eine Einführung für Laien (Religionsges c h i c h t l i c h e Volksbücher für die d e u t s c h e christliche G e g e n w a r t , II. Reihe, 3 l.-ll., hg. v o n Friedrich M i c h a e l Schiele). - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul S i e b e c k ) 1907. Meyer, Eduard, Die Israeliten u n d ihre N a c h b a r s t ä m m e . Alttestamentliche U n t e r s u c h u n gen. - Halle: Max Niemeyer 1906. Smith, William Robertson, Die Religion der Semiten. - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul Sieb e c k ) 1899. *Sombart, Werner, Die J u d e n u n d d a s W i r t s c h a f t s l e b e n . - Leipzig: D u n c k e r & H u m b l o t 1911. (Sombart, Juden und Wirtschaftsleben) Stade, Bernhard, G e s c h i c h t e d e s Volkes Israel, B a n d 1 ( A l l g e m e i n e G e s c h i c h t e in Einzeldarstellungen, hg. v o n Wilhelm O n c k e n , 1. H a u p t a b t h e i l u n g , 6. Theil). - Berlin: G. Grote 1887). Wellhausen, J[ulius], P r o l e g o m e n a zur G e s c h i c h t e Israels, 3. Aufl. - Berlin: G e o r g Reimer 1886. W ü n s c h e , A u g u s t , Der B a b y l o n i s c h e Talmud in seinen H a g g a d i s c h e n Bestandtheilen, 1. H a l b b a n d . - Leipzig: Otto Schulze 1886. - , dass., 2. H a l b b a n d , 2. A b t h e i l u n g . - Leipzig: Otto Schulze 1888.
Anhang zur Einleitung
Konfuzianismus
und
81
Taoismus
Chantepie d e la Saussaye, Pierre Daniel, Die Chinesen, in: ders. (Hg.), Lehrbuch der Religionsgeschichte, B a n d 1. - Freiburg i.Br.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1887, S. 2 3 2 - 2 6 1 . 'Dvorak, Rudolf, Chinas Religionen. Erster Teil: Confucius und seine Lehre (Darstellungen aus d e m Gebiete der nichtchristlichen Religionsgeschichte, 12. Band). - Münster: Aschendorff 1895. (Dvorak, Chinas Religionen) de Groot, Johann Jakob Maria, Die Religionen der Chinesen, in: Die orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 3, 1). - Berlin, Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 1 6 2 - 1 9 3 . - , The Religious System of China. Its Ancient Forms, Evolution, History a n d Present Aspects, Manners, Customs and Social Institutions C o n n e c t e d therewith, Vol. II, Book I: Disposal of the Dead, Part III: The Grave (First Half). - Leyden: Brill o.J. [1892], Grube, Wilhelm, Religion und Kultus der Chinesen. - Leipzig: Rudolf Haupt 1910. Legge, James, The Chinese Classics, vol. 1: Confucian Analects, the Great Learning, a n d the Doctrine of the Mean, 2. Aufl. - Oxford: University Press 1892. - , The Chinese Classics, vol.3, Part 1: The Shoo King or The Book of Historical Documents (2 parts). - Oxford: University Press o.J. Müller, Friedrich Max (Hg.), The Sacred Books of the East, vol.39: The Sacred Books of China. The Texts of Taoism, translated by James Legge, Part 1: The Täo Teh King. The Writings of Kwang-3ze. Books l-XVII. - o.O.: Clarendon Press 1891.
Antike und
Hellenismus
Bachofen, Johann Jakob, Das Mutterrecht. Eine Untersuchung über die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religiösen und rechtlichen Natur, 2. unveränderte Aufl. - Basel: Benno S c h w a b e 1897. Bousset, Wilhelm, H a u p t p r o b l e m e der Gnosis (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und des Neuen Testaments, 10. Heft). - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1907. Burckhardt, Jakob, Griechische Kulturgeschichte, hg. von J a k o b Oeri, Band 1, 2. Aufl. Berlin, Stuttgart: W. S p e m a n n o.J. [1898], Cumont, Franz, Die Mysterien des Mithra. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der römischen Kaiserzeit, autorisierte A u s g a b e von Georg Gehrich. - Leipzig: B.G. Teubner 1903. Dieterich, Albrecht, Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion. - Leipzig: B.G. Teubner 1905.
82
Anhang zur
Einleitung
G i b b o n , Edward, The History of the Decline and Fall of the Roman Empire. Edited in seven volumes. - London: Methuen & Co. 1 8 9 7 - 1 9 0 0 . Jeremias, Friedrich, Semitische Völker in Vorderasien, in: Chantepie de la Saussaye, Pierre Daniel (Hg.), L e h r b u c h der Religionsgeschichte, Band 1, 3., vollständig neu bearbeitete Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1905, S. 2 4 6 - 3 8 3 . Meyer, Eduard, G e s c h i c h t e d e s Altertums, Band 1 , 1 : Einleitung, Elemente der Anthropologie, 2. Aufl. - Stuttgart, Berlin: J.G. Cotta'sche B u c h h a n d l u n g Nachfolger 1907. - , G e s c h i c h t e d e s Alterthums, Band 3: Das Perserreich und die Griechen, 1. Hälfte: Bis zu den Friedensschlüssen von 448 und 446 v. Chr., 1. Aufl. - Stuttgart: J.G. Cotta'sche B u c h h a n d l u n g Nachfolger 1901. Mommsen, Theodor, Römisches Staatsrecht, Band 1, 3. Aufl. - Leipzig: S. Hirzel 1887. Otto, Walter, Priester u n d Tempel im hellenistischen Ä g y p t e n . Ein Beitrag zur Kulturgeschichte d e s Hellenismus, Band 1. - Leipzig, Berlin: B.G. Teubner 1905. - , dass., Band 2. - Leipzig, Berlin: B.G. Teubner 1908. Otto, Walter Friedrich, Religio und Superstitio, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 12, Heft 4, 1909, S. 5 3 3 - 5 5 4 und dass., Band 14, Heft 3/4, 1911, S. 4 0 6 - 4 2 2 . Pöhlmann, Robert von, G e s c h i c h t e der sozialen Frage und d e s Sozialismus in der antiken Welt, Band 2, 2. Aufl. - München: C.H. Beck'sche V e r l a g s b u c h h a n d l u n g Oskar Beck 1912. •Rohde, Erwin, Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube bei d e n Griechen, 2 Bände, 2. Aufl. - Freiburg i.Br., Leipzig u n d Tübingen: J.C.B Mohr (Paul Slebeck) 1898. (Rohde, Psyche I und II) Usener, Hermann, Das Weihnachtsfest, Kap. I bis III, 2. Aufl. (Religionsgeschichtliche Untersuchungen, 1. Teil). - Bonn: Friedrich Cohen 1911. Wide, Sam, Chthonische u n d himmlische Götter, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 10, 1907, S. 2 5 7 - 2 6 8 . Wissowa, Georg, Religion u n d Kultus der Römer, 2. Aufl. - München: C.H. Beck 1912.
Stammesreligionen Breysig, Kurt, Die G e s c h i c h t e der Menschheit, Band 1: Die Amerikaner des Nordwestens und des Nordens. - Berlin: Georg Bondl 1907. Codrington, Robert Henry, The Melaneslans, Studies in their Anthropology a n d Folk-Lore. - O x f o r d : Clarendon Press 1891. Goldenweiser, Alexander A., Totemlsm, an Analytical Study, in: The Journal of A m e r i c a n Folk-Lore, vol. 23, 1910, S. 1 7 9 - 2 9 3 .
Anhang zur
Einleitung
83
Hewitt, John Napoleon Brinton, Orenda and a Definition of Religion, in: The American Anthropologist, New Series, vol. 4, 1902, S. 3 3 - 4 6 . MacLennan, John Ferguson, The Worship of Animals and Plants, in: The Fortnightly Review, vol. 6, 1869, S. 4 0 7 - 4 2 7 , und vol. 7, 1870, S. 1 9 4 - 2 1 6 . Morgan, Lewis Henri, Die Urgesellschaft. Untersuchungen über den Fortschritt der Menschheit aus der Wildheit durch die Barbarei zur Zivilisation. - Stuttgart: J.H.W. Dietz 1891. (Engl. Original: Ancient Society. - New York: Gordon Press 1877). Schurtz, Heinrich, Altersklassen und Männerbünde. Eine Darstellung der Grundformen der Gesellschaft. - Berlin: Georg Reimer 1902. Spencer, Baldwin und Gillen, Francis James, The Native Tribes of Central Australia. - London: Macmillan and Co. Ltd. 1899. Tylor, Edward Burnett, Primitive Culture. Researches into the Development of Mythology, Philosophy, Religion, Art and Custom, two volumes. - London: Murray 1871.
Zarathustrismus 'Bartholomae, Christian, Altiranisches Wörterbuch. - Straßburg: Karl J. Trübner 1904. (Bartholomae, Altiranisches Wörterbuch) *-, Die Gatha's des Awesta. Zarathustras Verspredigten. - Straßburg: Karl J. Trübner 1905. (Bartholomae, Gatha's des Awesta) Wolff, Fritz, Avesta. Die Heiligen Bücher der Parsen, übersetzt auf der Grundlage von Bartholomae's altiranischem Wörterbuch. - Straßburg: Karl J. Trübner 1910.
Editorischer Bericht
I. Zur Entstehung Der Edition von Max Webers „Religiöse Gemeinschaften" liegt ein Text zugrunde, der im Zweiten Teil der Erstauflage von „Wirtschaft und Gesellschaft" als Kapitel IV unter dem Titel „Religionssoziologie (Typen religiöser Vergemeinschaftung.)" 1921/22 posthum veröffentlicht wurde. Der Text ist vermutlich 1913 aus religionswissenschaftlichen Studien hervorgegangen, die Max Weber seit 1911 mit großer Intensität betrieben hat. Weber hatte 1919/20 vor, diesen Text nach einer gründlichen Umarbeitung als „Religionssoziologie" in „Wirtschaft und Gesellschaft" aufzunehmen. Da es dazu nicht mehr gekommen ist, haben die Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe in Übereinstimmung mit Formulierungen Webers 1 dem Text in der historisch-kritischen Edition die Überschrift „Religiöse Gemeinschaften" gegeben. 2 Einen ersten, jedoch noch vagen Hinweis auf ein religionswissenschaftliches Vorhaben findet man in Planungen Max Webers für das „Handbuch der Politischen Ökonomie". In dem im Mai 1910 versandten, von ihm entworfenen „Stoffverteilungsplan" untergliederte Weber das geplante Kapitel „Wirtschaft und Gesellschaft" in drei Teilbereiche, die er selber bearbeiten wollte: „4. Wirtschaft und Gesellschaft, a) Wirtschaft und Recht (1. prinzipielles Verhältnis, 2. Epochen der Entwicklung des heutigen Zustands). {Prof. Max Weber) b) Wirtschaft und soziale Gruppen (Familien- und Gemeindeverband, Stände und Klassen, Staat). {Prof. Max Weber) c) Wirtschaft und Kultur (Kritik des historischen Materialismus) {Prof. Max Weber)".3 Der zuletzt genannte Teilbereich nimmt indirekt Bezug auf die Aufsätze „Die Protestantische Ethik und der .Geist' des Kapitalismus" sowie die von ihnen aus-
1 Vgl. unten, S. 104f. 2 Vgl. die Allgemeinen Hinweise der Herausgeber, oben, S. XV. 3 Abgedruckt in: Wlnckelmann, Johannes, Max Webers hlnterlassenes Hauptwerk: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Entstehung und gedanklicher Aufbau. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1986, S. 151 (hinfort: Winckelmann, Max Webers Hauptwerk), und Im Anhang zu: Weber, Max, Briefe 1909-1910, hg. von M. Rainer Lepslus und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön. - Tübingen J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1994, S.768 (MWG II/6). Zum GdS vgl. die Darstellung, die Im Band I/22-6 der MWG erscheinen wird.
86
Religiöse
Gemeinschaften
gelöste Debatte. 4 In ihnen hatte Weber eine Erklärung der kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung vorgetragen, die gegen die einseitige Sichtweise des historischen Materialismus gerichtet war und diese um eine Erklärung aus kulturellen, speziell religionshistorischen Tatbeständen ergänzen sollte. Man kann annehmen, daß der Teilbereich „Wirtschaft und Kultur" hierfür vorgesehen war. Als 1914 nach vielen Verzögerungen der erste Teilband des „Grundrisses der Sozialökonomik", 5 wie das Werk nun hieß, erschien, fügten „Schriftleitung und Verlag", d.h. Max Weber und Paul Siebeck, dem auf den 2. Juni 1914 datierten Vorwort 6 eine „Einteilung des Gesamtwerkes" 7 hinzu. Danach war in dem ersten Buch des GdS („Grundlagen der Wirtschaft."), Abteilung III, unter Punkt C als Webers eigener Grundrißbeitrag „Wirtschaft und Gesellschaft. I. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte" mit einem Abschnitt 5 „Religiöse Gemeinschaften. Klassenbedingtheit der Religionen; Kulturreligionen und Wirtschaftsgesinnung" vorgesehen. Ein erster Hinweis auf eine Niederschrift der „Religiösen Gemeinschaften" findet sich in einem Brief Webers vom Juli 1913 an seinen Freiburger Freund Heinrich Rickert. Weber bedankte sich für einen angekündigten oder bereits erhaltenen Sonderdruck „Vom System der Werte": 8 „Ich freue mich sehr auf Ihre Systematik, schicke Ihnen dann als Gegengabe das Mscr. meiner Religionssystematik". 9 Ende November 1913 kam Weber in einem Brief an Rickert noch einmal auf sein eigenes Vorhaben zu sprechen: „NB. Ich würde Ihnen ganz gern meine (empirische) Casuistik der Contemplation und aktiven Religiosität schicken. Aber sie ist nur zu 3 / 4 abgetypt". 1 0 4 Die Kontroverse um Weber, Protestantische Ethik I, II, wurde In d e n Jahren 1907 bis 1910 Im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" und der „Internationalen Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst, Technik" ausgetragen. Vgl. die Zusammenstellung der Beiträge bei Wlnckelmann, Kritiken und Antikritiken. 5 Grundriß der Sozialökonomik, VI. Abt.: Industrie, Bergwesen, Bauwesen, bearbeitet von Eberhard Gotheln, Friedrich Leltner, Eugen Schwiedland, Heinrich Sieveklng, Theodor Vogelstein, Adolf Weber, Alfred Weber, Moritz Rudolf Weyermann, Otto von Zwiedlneck-Südenhorst. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1914. 6 GdS, Abt. I, S. VII —IX, a b g e d r u c k t in: Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 1 6 5 167. Z u m G d S vgl. den in Planung befindlichen Band I / 2 2 - 6 der MWG. 7 GdS, Abt. I, S . X - X I I I , a b g e d r u c k t in: Wlnckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 168f. und S. 202f. 8 Rickert, Vom System der Werte (wie oben, S. 1, Anm. 1). Über d e n Begriff des Systematischen hat Weber bereits 1905 mit Rickert diskutiert (Brief Max Webers an Heinrich Rikk e r t v o m 2. April 1905, GStA Berlin, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 1 3 - 1 4 ; MWG II/4). 9 Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom Juli 1913 [nicht genauer datiert, wohl nach d e m 3. Juli], GStA Berlin, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 81 (MWG II/8). 1 0 Brief Max Webers an Heinrich Rickert, ca. Ende November 1913, Privatbesitz (MWG H/8).
Anhang zum Editorischen
Bericht
87
Wie s c h o n im ersten Brief nahm Weber a u c h in d i e s e m auf Begriffe Rickerts Bezug. Rickert hatte in seinem Aufsatz „Vom System der Werte" d a s „auf Wertverwirklichung gerichtete Verhalten" d e s M e n s c h e n n a c h formalen Kriterien u n t e r s c h i e d e n und „entweder als Aktivität oder als Kontemplation" charakterisiert. 1 1 Sucht man nach einem e n t s p r e c h e n d e n Text in d e n „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " , kommt dafür nur A b s c h n i t t 10 in Frage: „Die Erlös u n g s w e g e und ihr Einfluß auf die Lebensführung". W e b e r unterscheidet hier - ähnlich wie Rickert - z w i s c h e n einem „kontemplativen" und einem „mehr aktiv gesteigerten spezifisch religiösen Habitus". 1 2 Ein weiterer Hinweis auf d a s Manuskript stammt v o m Ende d e s Jahres 1913. Weber teilte in einem Brief a m 30. D e z e m b e r 1913 seinem Verleger die Existenz eines neuen u m f a n g r e i c h e n Manuskriptes mit: „Da Bücher ja - .Entwicklungsstufen' ganz unzulänglich ist, h a b e ich eine g e s c h l o s s e n e soziologische Theorie und Darstellung ausgearbeitet, w e l c h e alle großen G e m e i n s c h a f t s f o r m e n zur Wirtschaft in Beziehung setzt: v o n der Familie u n d H a u s g e m e i n s c h a f t z u m .Betrieb', zur Sippe, zur ethnischen G e m e i n s c h a f t , zur Religion (alle großen Religionen der Erde umfassend: Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken, - w a s Tröltsch g e m a c h t hat, jetzt für alle Religionen, nur wesentlich k n a p p e r ) e n d l i c h eine u m f a s s e n d e soziologische Staatsund Herrschafts-Lehre. Ich darf behaupten, daß es n o c h nichts d e r g l e i c h e n giebt, a u c h kein .Vorbild'. Von Bücher fallen 4 B o g e n fort. 6+4 = 10 B o g e n Raum hätte ich also. A b e r es w e r d e n 25 B o g e n sein, vielleicht etwas mehr und die Schicksalsfrage wird sein: ,geht das'? Ich s c h i c k e Ihnen in 14 Tagen erst einmal die Inhaltsübersicht. An allen Ecken ist n o c h zu bessern und zu ergänzen, es war eine sehr s t r a m m e Arbeiterei". 1 3 Als W e b e r diesen Brief schrieb, war ihm klar, daß er d e n g e p l a n t e n U m f a n g d e s Textes bereits überschritten hatte. 1 4 A u c h n a c h d i e s e m Zeitpunkt aber muß er a m Text weiter g e s c h r i e b e n haben. Der g e d r u c k t e n a c h g e l a s s e n e Text von „Wirtschaft und Gesellschaft" besteht aus 39 B o g e n v o n jeweils 16 Seiten (zuzüglich 11 weiterer Seiten). Der Text der „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " allein umfaßt 8 B o g e n z u z ü g l i c h 8 Seiten, insgesamt 136 Druckseiten. N e b e n d e n „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " g a b es n o c h weitere Ergebnisse von W e b e r s religionswissenschaftlichen U n t e r s u c h u n g e n , die er offensichtlich ebenfalls 1913 n i e d e r g e s c h r i e b e n hatte. Hierüber gibt seine erste Fußnote der „Einleitung" in die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Religi-
11 12 13 nat 14
Rickert, Vom System der Werte (wie oben, S. 1, Anm. 1), S.305. Vgl. unten, S . 3 1 2 und S. 3 2 3 - 3 2 5 . Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 30. Dezember 1913, VA Mohr/Siebeck, DepoBSB München, A n a 446 (MWG II/8). Vgl. Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S.36.
88
Religiöse
Gemeinschaften
onssoziologische Skizzen" Aufschluß: „Die n a c h s t e h e n d e n D a r l e g u n g e n erscheinen unverändert so wie sie vor zwei Jahren n i e d e r g e s c h r i e b e n und Freunden vorgelesen waren. Einziehung z u m Dienst m a c h t e es u n m ö g l i c h , den wissenschaftlichen .Apparat', wie beabsichtigt, beizufügen". 1 5 Erinnerungen von Marianne Weber bestätigen diese A n g a b e . Zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" bemerkte sie im „Lebensbild", die g e s c h i c h t s p h i losophische „Einleitung" sowie die ersten Kapitel über d e n „Konfuzianism u s " , 1 6 1 9 1 5 veröffentlicht, seien zwei Jahre zuvor n i e d e r g e s c h r i e b e n worden. A u c h die „ Z w i s c h e n b e t r a c h t u n g " stamme aus der Zeit vor d e m Krieg. 1 7 Die „Einleitung" läuft streckenweise parallel mit den „Religiösen Gemeinschaften" und stammt offensichtlich aus derselben Arbeitsphase. Schwieriger ist die B e m e r k u n g zur „ Z w i s c h e n b e t r a c h t u n g " . Sie kann in der g e d r u c k t e n Version erst nach A u s b r u c h des Ersten Weltkrieges fertiggestellt w o r d e n sein. Weber schrieb nämlich in ihr: „Die G e m e i n s c h a f t des im Felde stehenden Heeres fühlt sich heute, wie in den Zeiten der Gefolgschaft, als eine Gemeinschaft bis zum Tode: die größte ihrer Art". 1 8 D a die „ Z w i s c h e n b e t r a c h t u n g " insgesamt aus einer U m a r b e i t u n g von A b s c h n i t t 11 („Religiöse Ethik und ,Welt"') der „Religiösen Gemeinschaften" hervorgeg a n g e n ist, muß die Vorlage aus der Zeit vor d e m Ersten Weltkrieg stammen. Nur auf diesen Text kann sich die B e m e r k u n g von Marianne Weber beziehen. In d e m o b e n erwähnten Vorwort zum ersten Teilband d e s „Grundrisses der Sozialökonomik", datiert v o m 2. Juni 1914, kündigten „Schriftleitung und Verlag", Max Weber und Paul Siebeck, g e m e i n s a m eine b a l d i g e Veröffentlichung der Abteilung mit Webers Beitrag an: „[...] A b t e i l u n g III (Buch I, dritter Abschnitt) [ g e h e n ] im Oktober in Satz. Das Ganze soll im Laufe des Jahres 1915 g e d r u c k t vorliegen". 1 9 Vergleicht man die „Einteilung des Gesamtwerkes" b e z o g e n auf Webers Beitrag im „Grundriß der Sozialökonomik" 2 0 mit W e b e r s Brief an den Verleger von Ende 1913, zeigen sich große Übereinstimmungen. In der Einteilung kehren die „großen Gemeinschaftsformen" wieder, die Weber laut Brief an d e n Verleger in einer „geschlossenen soziologischen Theorie und Darstellung" zur Wirtschaft in
15 Zuerst erschienen in: AfSSp, Band 41, Heft 1,1915; MWG 1/19, S. 80 und 83. Ausgeliefert wurde dieses Heft am 14. Oktober 1915. Vgl. den Editorischen Bericht in MWG 1/19, S. 60f., sowie Schluchter, Religion und Lebensführung II, S. 595. 16 Die Konfuzianismus-Studie war der erste Aufsatz Webers im Rahmen der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" (vgl. MWG 1/19). 17 Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild, S.561. 18 MWG 1/19, S. 492f. 19 GdS, Abt. I, S. IX, abgedruckt in: Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 167. Zum GdS vgl. den in Planung befindlichen Band I/22-6 der MWG. 20 GdS, Abt. I, S.X-XI, abgedruckt in: Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 168f. und S.202f.
Anhang zum Editorischen
Bericht
89
Beziehung gesetzt habe: Hausgemeinschaft, Betrieb, Sippe, ethnische Gemeinschaft, Religion, Staat u n d Herrschaft. Man wird a n n e h m e n können, daß Weber seine briefliche A n k ü n d i g u n g wahr g e m a c h t und d e m Verleger eine „Inhaltsübersicht" seiner Darstellung dieses Textes g e s c h i c k t hatte.
Zur
Datierung
Als H e r a u s g e b e r i n von „Wirtschaft u n d Gesellschaft" schrieb Marianne Weber im Oktober 1921 im Vorwort zum Zweiten Teil der Erstauflage, die Schriften aus d e m Nachlaß seien „bis auf einige später e i n g e s c h o b e n e Ergänz u n g e n in den Jahren 1 9 1 1 - 1 9 1 3 " fixiert worden. Einen Hinweis Webers auf „eine authentische Mitteilung Dr. Franks" versah sie mit der Fußnote: „Etwa 1 9 1 2 - 1 3 g e s c h r i e b e n " . 2 1 Weitere Indizien bietet die von Weber benutzte Literatur. Bei der editorischen Arbeit am Text konnte kein einziger Titel ermittelt w e r d e n , der aus d e m Zeitraum nach 1913 stammt. Ins Jahr 1913 weist der Bezug Webers auf Julius Guttmann 2 2 sowie der erratische Hinweis auf „John Wesleys Bemerkung". In der Ü b e r a r b e i t u n g der „Protestantischen Ethik" teilte Weber mit, ein Brief von Professor Sir William J a m e s Ashley aus d e m Jahr 1913 h a b e ihn auf die B e m e r k u n g Wesleys a u f m e r k s a m g e m a c h t , daß Religion zwar Fleiß und Sparsamkeit hervorbringe, der daraus entstehende Reichtum aber z u m N i e d e r g a n g e b e n genau dieser Religion führe. 2 3 Zahlreiche Äußerungen Webers spielen auf zeitgenössische Ereignisse oder Diskussionen an. Wo Weber in diesen Z u s a m m e n h ä n g e n von „heute" oder „neuerdings" oder „jetzt" spricht oder sich auf andere Weise auf Aktuelles bezieht, 2 4 paßt a u c h dies auf einen Zeitraum bis 1913, wie die Erläuterungen an Ort u n d Stelle zeigen. Genauere Datierungen e r g e b e n sie j e d o c h
21 Unten, S.315, textkritische Anm.b. Zu den von Marianne Weber oder Melchior Palyi angebrachten Fußnoten vgl. unten, S. 102, Anm. 2. 22 Im Text „Religiöse Gemeinschaften" ist in der Erstauflage von WuG auf S. 354 der Name „Gollmann" erwähnt. Weber bezieht sich dort auf einen Aufsatz von Julius Guttmann, der im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 36, Heft 1, erschienen ist (vgl. unten, S. 426). Laut dem Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Nr. 29, ist dieses Heft am 5. Februar 1913 ausgeliefert worden. 23 Vgl. unten im Text, S. 416, Anm. 88. 24 Einige Beispiele in Auswahl: S. 130: Annahme des gregorianischen Kalenders in Rußland ist noch heute verhindert; S. 149: Kritik an Max Müllers Henotheismus; S. 170: Ungeschlichteter Streit über totemistische Verbrüderungen; S. 170: Die Ableitung fast aller sozialen Gemeinschaften und der gesamten Religion aus dem Totemismus ist heute wohl durchweg aufgegeben; S.223: Dispens für das Sabbatjahr bei der zionistischen Besiedlung Palästinas; S.425: noch jetzt haben die deutschen Rabbinen die Anwendung des Sabbatjahres auf die zionistische Palästinabesiedlung erzwingen wollen.
90
Religiöse
Gemeinschaften
nicht. Alle Indizien z u s a m m e n g e n o m m e n - die Hinweise auf Niederschriften, die benutzte Literatur, die beiläufigen Erwähnungen zeitgenössischer Sachverhalte - , stützen die Annahme, daß Weber d e n vorliegenden Text hauptsächlich im Jahre 1913 abgefaßt hat. Bei Webers Arbeitsweise läßt sich eine frühere Entstehung einiger Teile des Textes j e d o c h nicht ausschließen, ist umgekehrt eher wahrscheinlich. Man kann dies für A b s c h n i t t 11 vermuten. In d i e s e m A b s c h n i t t kündigt Weber an, er werde auf die Stellung des sog. „Naturrechts" zur religiösen Offenbarung „ g e l e g e n t l i c h der Erörterung der religiösen Gemeinschaftsformen" z u r ü c k k o m m e n . 2 5 Von keinem der Texte in WuG 1 wird diese A n k ü n d i g u n g eingelöst. A u c h g e h e n Ausf ü h r u n g e n zur „religiösen Gemeinschaft" d e m A b s c h n i t t 11 voraus u n d folgen ihm nicht. Es liegt nahe, Webers Worte als A n k ü n d i g u n g eines Vorhabens zu lesen, nicht als Teil der Verweisstruktur. Die Ausführung - so die A n n a h m e - ist später beim Einbau der Verweise versehentlich stehen geblieben. Das T h e m a des Naturrechts hatte Weber anläßlich eines Vortrages von Ernst Troeltsch auf d e m Ersten Deutschen Soziologentag in Frankfurt 1910 2 6 beschäftigt. Für ein relativ höheres Alter des A b s c h n i t t s 11 spricht auch, daß Weber in ihm ankündigte, er werde „in b a l d zu erwähnender Weise" die A u s s c h a l t u n g des Zinsverbots in der katholischen Kirche behandeln. 2 7 Tatsächlich hat er das in d e m v o r a n g e h e n d e n Abschnitt 10 getan (S. 348).
Bearbeitungspläne Äußerungen W e b e r s hatten beim Verleger Paul Siebeck die Hoffnung auf einen b a l d i g e n Druck des g e s a m t e n Manuskripts seines GdS-Beitrages geweckt. Optimistisch hatte Weber im Frühjahr 1914 den Beginn der Druckleg u n g von A b t e i l u n g III „Wirtschaft und Gesellschaft" des „Grundriß der Sozialökonomik" a n g e k ü n d i g t : „Mein Mscr. wird 15. IX. druckfertig w e r d e n , so daß der Satz b e g i n n e n kann". 2 8 In einem Schreiben v o m 26. Juli 1914 beklagte Weber sich bei seinem Verleger zwar bitter über die Arbeit a m G d S („das U n g l ü c k meines Lebens"), fügte dann aber unvorsichtigerweise hinzu: „Natürlich kann ich Ihnen b a l d große Teile schicken. Aber sie stehen
25 Vgl. unten, S.396. 26 Troeltsch, Naturrecht, S. 166-192. Vgl. auch die Einleitung, oben, S. 13-17, sowie die entsprechende Textpassage, unten, S. 396f. 27 Vgl. unten, S.368f. 28 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 21. April 1914, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/8).
Anhang zum Editorischen dann Monate Verleger z o g d e m Einband scheinen von an. 3 0
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im Satz! Und b e d r ü c k e n mich! Also! so geht das nicht"29 Der daraus seine Folgerungen u n d k ü n d i g t e im A u g u s t 1914 auf des „Archivs für Sozialwissenschaft u n d Sozialpolitik" das ErW e b e r s „Soziologie" (als Abteilung III des GdS) für Ende 1914
Der A u s b r u c h des Krieges m a c h t e diese Planung zunichte. Weber meldete sich beim örtlichen G a r n i s o n s k o m m a n d o , das ihm, der w e g e n seines Alters nicht mehr felddiensttauglich war, den Posten des Disziplinoffiziers bei der Reservelazarettkommission und die Einrichtung von Reservelazaretten in Heidelberg übertrug. 3 1 Während der Zeit des Dienstes, der bis z u m Herbst 1915 dauern sollte, g i n g die Korrespondenz mit d e m Verleger über die Veröffentlichung weiter. Im Februar 1915 mahnte Paul Siebeck und s c h l u g Weber vor, das Manuskript so, wie es vorliegt, zu drucken. Weber reagierte darauf aber strikt a b l e h n e n d . Der Verleger sah sich g e z w u n g e n , seine Initiative Weber g e g e n ü b e r zu rechtfertigen: „Was ich über Ihren eigenen Beitrag schrieb, g e s c h a h in der Annahme, dass Sie Ihr M a n u s c r i p t einf a c h so d r u c k e n lassen könnten, wie es ist. Schrieben Sie mir d o c h am 28. Juli vorigen Jahres: .natürlich kann ich Ihnen bald grosse Teile schicken, aber sie stehen dann Monate im Satz'. Ich meine, von hier aus a n g e s e h e n , war meine A n f r a g e w e n i g s t e n s h a l b w e g s entschuldbar. Es wäre d o c h auch immerhin eine s c h ö n e u n d gute Sache gewesen, w e n n Ihre .Soziologie' vor d e m Michels'schen Lexikon erschienen wäre". 3 2 Um d e m Verleger Paul Siebeck e n t g e g e n z u k o m m e n , bot Weber ihm zum A u s g l e i c h eine Reihe von Aufsätzen über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" an. Diese Aufsätze seien „Vorarbeiten und Erläuterungen der systematischen Religions-Soziologie im .G.d.S.Ö.'", sie seien „ziemlich umfangreich". „Es wird d e m G.d.S.Ö. zu Gute kommen, w e n n sie bald g e d r u c k t w e r d e n , w e n i g s t e n s einige von ihnen. Denn die Darstellung im G.d.S.Ö. muß viel g e d r ä n g t e r und .systematisch' sein", schrieb Weber an seinen Verleger. 3 3 Diesen Worten zufolge war Weber sich d a m a l s s c h o n im klaren, daß eine Ü b e r a r b e i t u n g seines g e s a m t e n Grundriß-Beitrages nötig war, bevor er veröffentlicht w e r d e n konnte. Als dann die Aufsätze v o m Oktober 1915 an publiziert wurden, konnte dies ebenfalls nicht o h n e Wirkung auf d e n geplanten religionssoziologischen Abschnitt bleiben. Denn diese Aufsätze
29 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 26. Juli 1914, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/8). 30 AfSSp, Band 39, Heft 1, 1914, Heftumschlag. 31 Vgl. MWG 1/15, S. 23. 32 Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 27. Februar 1915, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 33 Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 22. Juni 1915, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446.
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und sein Beitrag in „Wirtschaft und Gesellschaft" standen in einem inneren Zusammenhang, wie Weber in der „Einleitung" zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" erläuterte, die 1915 im 41. Band des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" erschien: „Diese Aufsätze waren nebenbei auch bestimmt, gleichzeitig mit der im .Grundriß der Sozialökonomik' enthaltenen Abhandlung über .Wirtschaft und Gesellschaft' zu erscheinen, den religionssoziologischen Abschnitt zu interpretieren und zu ergänzen (allerdings auch in vielen Punkten durch ihn interpretiert zu werden). Dieser Aufgabe werden sie wohl auch in ihrem jetzigen Zustand dienen können, [...]. Auch in ihrer jetzigen Form können sie aber vielleicht zur Ergänzung der Problemstellungen der Religions- und hie und da wohl auch der Wirtschafts-Soziologie in einigen Punkten nützlich sein". 34 Nach der Veröffentlichung der Aufsätze war eine Überarbeitung des Textes „Religionssoziologie. (Typen religiöser Vergemeinschaftung.)" in WuG 1 in Richtung auf eine systematische Religionssoziologie unausweichlich, ist jedoch nicht mehr geschehen. Als Weber im Sommersemester 1918 an der Universität Wien eine einstündige Vorlesung hielt, um zu prüfen, ob er den Ruf dorthin annehmen könne, war „Wirtschaft und Gesellschaft (Positive Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung)" das Thema. Wie im Stoffverteilungsplan von vor acht Jahren war die Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung dabei der entscheidende Gesichtspunkt. Dem Verleger machte Weber im April 1918 noch einmal Hoffnung, er werde dadurch „das große Buch" [„Wirtschaft und Gesellschaft"] stark fördern. 35 Weber hat das Manuskript anscheinend seiner Vorlesung zugrunde gelegt, jedoch können wir Spuren einer Bearbeitung an keiner Stelle des Textes nachweisen. Hätte Weber das Manuskript bearbeitet, hätte er sicher den Satz geändert: Die „Unmöglichkeit, zwei Dutzend Heilige in einem Jahre durch Fortfall der ihnen heiligen Tage gefährlich zu kränken, hindert die Annahme des gregorianischen Kalenders in Rußland noch heute", 36 da im Februar 1918 dieser Kalender in Rußland eingeführt worden war. Weber begann damals damit, die bereits veröffentlichten Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" „durch Ergänzung mit Material (für China) und Umarbeitung (für die letzten Partien:
34 AfSSp, Band 41, Heft 1, 1915, S.1; MWG 1/19, S. 83 f., Fn. 1. Wolfgang Schluchter hat in Anlehnung an diese Passage davon gesprochen, „Wirtschaft und Gesellschaft" und „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" stünden In einem „Ergänzungs- und Interpretationsverhältnis". (Schluchter, Religion und Lebensführung II, S.588). 35 Brief Max Webers an Paul Slebeck, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG 11/10). Die Verlagsantwort datiert vom 18. April 1918. 36 Vgl. unten, S. 130.
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Kürzung) [für die Gesammelten Aufsätze zum Druck] vorzubereiten". 3 7 Das „große Buch" aber blieb liegen. Erst im Wintersemester 1919/20 machte er dem Verleger erneut Hoffnung: „Das Kolleg strapaziert sehr und hindert an stetiger Fortarbeit; erst Weihnachten kann ich wieder ganz stramm arbeiten. Das dicke alte Manuskript muß ganz gründlich umgestaltet werden und dabei bin ich (bezw. war ich) eben". 3 8 Spuren einer Überarbeitung sind im Text „Religiöse Gemeinschaften" allerdings, wie schon bemerkt, nicht zu entdecken. Weber gab 1919 die überarbeiteten Aufsätze als „Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie" zum Druck. In seiner „Vorbemerkung" wies er darauf hin, daß er bei der Erfassung der Einflüsse kulturtragender Schichten und deren Lebensführung mehr als bisher die Ethnologie berücksichtigen müsse. Das solle bei der anstehenden Bearbeitung des Textes „Religionssoziologie" innerhalb von WuG geschehen: „Es sei also nachdrücklich zugestanden und betont: daß hier eine Lücke besteht, welche der Ethnograph mit gutem Recht beanstanden muß. Einiges zu ihrer Ausfüllung hoffe ich bei einer systematischen Bearbeitung der Religionssoziologie tun zu können". 3 9 Je länger sich die Bearbeitung hinzog, um so mehr empfand er die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Neubearbeitung. Dazu aber kam er wegen seines plötzlichen, frühen Todes nicht mehr. Max Weber verstarb am 14. Juni 1920. Marianne Weber übergab dem Verlag im März 1921 einen Text zur Veröffentlichung, der in verschiedener Hinsicht unfertig war. Der Niederschrift von 1913 fehlte die Überarbeitung, für die Weber im Frühjahr 1914 noch ein halbes Jahr veranschlagt hatte. Dazu kam, daß der Text als Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft" zu lang geraten war. Die Notwendigkeit einer Bearbeitung nahm zu, als Weber ab 1915 die Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" veröffentlichte. Der Akzent des Textes hätte nun im Bereich einer religionssoziologischen Systematik liegen müssen. Schließlich dürfte auch die Weiterarbeit an der Rationalitätssthematik Änderungen gefordert haben. Weber war 1913 davon ausgegangen, daß Rationalität ein Produkt einer spezifischen Form von religiöser Vergemeinschaftung und Gesellschaftshandeln demnach ein spezieller Fall von Gemeinschaftshandeln sei. In den folgenden Jahren trat jedoch die Konzeption einer fortschreitenden Rationalisierung aller Sozialbeziehungen in den Vordergrund. Die „Vergemeinschaftung" wurde zu einem davon unterschiedenen besonderen Typus sozialen Handelns. 4 0 3 7 Brief Max W e b e r s an Paul Siebeck, VA Mohr/Siebeck, D e p o n a t BSB M ü n c h e n , A n a 446 ( M W G 11/10). Die Verlagsantwort datiert v o m 18. April 1918. 38 Brief Max W e b e r s an Paul S i e b e c k v o m 27. O k t o b e r 1919, VA M o h r / S i e b e c k , D e p o n a t BSB M ü n c h e n , A n a 446 ( M W G 11/10). 39 Weber, V o r b e m e r k u n g , G A R S I, S. 15 (MWG 1/18). 40 Vgl. WuG 1 , S. 21 f. ( M W G I/23).
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Die Verweisstruktur: die Stellung der „Religiösen Gemeinschaften" in WuG1 Der Text „Religiöse Gemeinschaften" enthält insgesamt 80 Verweise auf andere Weber-Texte, überwiegend auf Teiltexte von WuG 1 . Studien Hiroshi Oriharas verdanken wir den Nachweis, daß diese Verweise authentisch sein müssen. 4 1 Bei einer Auswertung für die Stellung des Textes im Zusammenhang von „Wirtschaft und Gesellschaft" kann man allerdings nur drei der von Orihara gebildeten vier Verweiskategorien 4 2 gebrauchen: Rückverweise (etwa: „wie früher erwähnt"), Vorverweise (etwa: „wie noch zu erörtern") und Andernortsverweise (etwa: „die bei der Kasuistik der Herrschaftsformen noch zu erörtern sein wird"). Einige Verweise sind textintern. 43 Der stilistische Bruch, den Wolfgang Schluchter zwischen den Abschnitten 1 - 6 und 7 - 1 2 der „Religiösen Gemeinschaften" beobachtet hat, 44 wird von den Verweisen nicht bestätigt. Zahlreiche Verweise aus den Abschnitten 1 - 6 beziehen sich auf Abschnitte 7 - 1 2 und umgekehrt. Allerdings darf man daraus nicht den Schluß ziehen, daß alle Abschnitte von Weber in derselben Arbeitsphase verfaßt worden seien. Man wird mit mehreren Bearbeitungsschichten zu rechnen haben, die durch die Verweise verknüpft sind. Manche der Verweise sind nicht viel mehr als Hinweise auf ähnliche Ausführungen anderswo. Außerdem gibt es zahlreiche Doppelnennungen derselben Sachverhalte, ohne daß Weber auf sie verweist. 4 5 Die Gründe hierfür konnten nicht geklärt werden. Andere Verweise führen
41 Orihara, Hiroshi, Eine Grundlegung zur Rekonstruktion von Max Webers „Wirtschaft und Gesellschaft". Die Authentizität der Verweise im Text des „2. und 3. Teils" der 1. Auflage, In: KZfSS, Jg. 46, 1994, S. 103-121. Weiterhin standen uns folgende Manuskripte Oriharas zur Verfügung: Über den „Abschied" hinaus zu einer Rekonstruktion von Max Webers Werk: „Wirtschaft und Gesellschaft" In drei Teilen. - Tokyo: Unlversity of Tokyo, Komaba 1992/93 (hinfort: Orihara, Abschied), außerdem: ders., „Rekonstruktion des Manuskripts 1911-13", ebd. 1994. 42 Orihara arbeitet noch mit einer vierten Kategorie von Textverwelsen, den sog. „beschränkenden Phrasen", etwa von der Art „kann an dieser Stelle nicht erörtert werden". Sie kann jedoch bei der Ermittlung der Reihenfolge von Texten wenig helfen. 43 Vgl. hierzu den Anhang „Verweisauflösungen Innerhalb des Textes .Religiöse Gemeinschaften'", unten, S. 115. 44 „Die §§ 1 - 6 scheinen sachlich und stilistisch zusammenzugehören, ebenso die §§ 7 12, sie könnten also zu verschiedenen Zelten entstanden sein". (Schluchter, Religion und Lebensführung II, S.573). 45 Verdopplungen In den „Religiösen Gemeinschaften": S. 136: Einschätzung der Ekstasis der Hellenen durch die Römer, und der römischen religio durch die Hellenen, nochmals aufgenommen auf S.336; S. 147: Durchsetzung der Kanonisierung des Kriegsgottes durch das chinesische Heer Im 19. Jahrhundert, nochmals aufgenommen auf S.231;
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in andere Teiltexte von „Wirtschaft und Gesellschaft", einer darüber hinaus auch in den ersten Aufsatz zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen". 46 Diese Verweise sind interessant im Blick auf das Verhältnis von Webers Texten zueinander. Schaut man sich eine tabellarische Gesamtübersicht der Verweise 47 an, die sowohl aus Webers WuG-Beitrag „Religiöse Gemeinschaften" auf andere Teile von WuG1 führen sowie aus anderen Teilen in den Teil „Religiöse Gemeinschaften", erkennt man drei unterschiedliche Fälle von Beziehungen. Von Webers 17 übrigen Beiträgen der Erstauflage von „Wirtschaft und Gesellschaft" sind zehn mit dem Text „Religiöse Gemeinschaften" durch Verweise verbunden, sieben andere nicht. 48 Betrachtet man diese zehn Teiltexte näher, erkennt man, daß in fünf Fällen die Verknüpfung einseitig ist, in fünf Fällen gegenseitig. Einseitig ist die Verweisrichtung zwischen den „Religiösen Gemeinschaften" und folgenden Teiltexten von
S.163f.: Konflikt des chinesischen Fung-schui-Systems mit Eisenbahn- oder Fabrikanlagen und der Einfluß des Kapitalismus, nochmals aufgenommen auf S.172; S.204: „der Qualifizierte, zweimal Geborene", nochmals aufgenommen auf S.312; S.222: Rauschkult, gegen den Moses kämpfte, nochmals aufgenommen auf S.313; Kampf Zarathustras gegen den Rauschkult, schon auf S.202 besprochen, nochmals aufgenommen auf S.313 und auf S. 371; S. 223: Für die Chaberim ist „Landmann" und „gottlos" identisch, nochmals aufgenommen auf S.308 und S.425; S.223: Dispens für das Sabbatjahr bei der zionistischen Besiedelung Palästinas, nochmals aufgenommen auf S.425; S.230: Verheißung des Heldenparadieses für den indischen Kshatriya, der in der Schlacht fällt und für den betagten Kriegshelden, nochmals aufgenommen auf S.309 und auf S.387; S.244: Bild das Loskaufes der Christen mit dem Blut des Heilandes in die Freiheit von Gesetzes- und Sündenknechtschaft, nochmals aufgenommen auf S.432; S.260: Hiobbuch entstammt unvolkstümlichen Schichten, nochmals aufgenommen auf S.272; S.263: Sklavenaufstand in der Moral, nochmals aufgenommen auf S.388; S.264; „Proletarische Instinkte", nochmals aufgenommen auf S.388 und auf S.422; S.270: Die vorschriftsmäßige Weltentsagung des Brahmanen als Vanaprastha [...], nochmals aufgenommen auf S.387; S.278: Philo von Alexandriens „Spezifikum der Juden", nochmals aufgenommen auf S.308; S.279; Paulus „Gnosis" und der Marcionitismus, nochmals aufgenommen auf S.357; S.315; Inder sind in Bosnien typische Träger von Derwischorgien, nochmals aufgenommen auf S.339 und auf S.436; S.358: der alte Islam lehnt das Mönchtum ab, nochmals aufgenommen auf S. 434; S. 390f.: der alte Islam und die Glaubensfremden, nochmals aufgenommen auf S.433; S.391: hadrianische Tempelzerstörung, nochmals aufgenommen auf S. 430; S. 415: der Ledige in der Sicht des Talmud, nochmals aufgenommen auf S. 434. 46 Vgl. unten, S. 117, letzte Spalte. 47 Vgl. den Anhang „Verweisstruktur zwischen dem Text .Religiöse Gemeinschaften' und anderen WuG-Texten", unten, S. 116f. Die nachfolgenden Ausführungen folgen der Betitelung der WuG-Kapitel in der Erstauflage von „Wirtschaft und Gesellschaft". Die geänderte Betitelung der MWG ist der Legende zum Anhang zu entnehmen, vgl. unten, S. 118. 48 Vgl. unten, S.99, Anm.61 und die Tabelle unten, S. 116f.
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WuG 1 : „Legitimität" 4 9 und „Patrimonialismus" 5 0 beziehen sich in Form von Rückverweisen auf die „Religiösen Gemeinschaften", ohne daß diese sich auf diese beiden WuG-Texte beziehen. Dagegen verweist der Text „Religiöse Gemeinschaften" auf „Ethnische Gemeinschaften" 5 1 und „Umbildung des Charisma", 5 2 ohne daß diese Abschnitte sich auch umgekehrt auf ihn bezögen. Ein Textverweis löst sich in „Die Stadt" 5 3 auf. Wechselseitig ist die Verweisrichtung zwischen den „Religiösen Gemeinschaften" und den folgenden sechs Teiltexten von WuG 1 : „Wirtschaft und Gesellschaft im allgemeinen", 5 4 „Typen der Vergemeinschaftung und Vergesellschaf-
4 9 Aus diesem Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft" (WuG 1 , S. 647, MWG I / 2 2 - 4 ) , führt ein Rückverweis in die RelGem, dort in den Abschn. 7, S. 253f. Gegenstand sind die „früher berührten" ökonomischen Anlässe der Veralltäglichung des Charisma, nämlich das Bedürfnis der positiv privilegierten Schichten, Ihre soziale und ökonomische Lage legitimiert zu sehen. 5 0 Aus diesem WuG-Beitrag führen Insgesamt zwei Rückverweise In die RelGem: Aus WuG 1 , S. 709 (MWG I / 2 2 - 4 ) , wird in den Abschn. 7, S. 233f., verwiesen. Gegenstand Ist die Wirkung des Konfuzlanismus auf die Religion und das Wirtschaftsleben. Der zweite Rückverweis von WuG 1 , S . 7 0 9 (MWG I / 2 2 - 4 , das Vornehmheitsideal der Mandarinenschicht), läßt sich wie folgt In den RelGem auflösen: In Abschn. 7, S. 233f., und S. 275, in Abschn. 11, S. 405 sowie in Abschn. 12, S.423f. und 426. 51 Der Rückverweis von S. 170 der RelGem, Abschn. 3, läßt sich Insgesamt zweimal auflösen, in WuG 1 , S. 219f. (MWG 1/22-1), und In WuG 1 , S. 187 (MWG 1/22-1). Gegenstand sind Kultgenossenschaften und ihre Verbindung zu unterschiedlichen Arten von sozialen Verbänden. 5 2 In das WuG 1 -Kapltel „Umbildung des Charisma" führen Insgesamt drei Vorverweise aus den RelGem: 1) Aus Abschn. 2, S. 159, führt ein Andernortverwels („werden wir später (bei Erörterung der Herrschaftsformen)"), der In WuG 1 , S. 7 7 6 - 7 7 8 (MWG I / 2 2 - 4 ) , bzw. In WuG 1 , S. 784 (MWG I / 2 2 - 4 ) seine Auflösung findet. Thematisiert wird die Erweckungserzlehung und die Schulung der charismatischen Zauberer. 2) Abschn. 5 der RelGem, S. 194, führt in Form eines vorverweisenden Andernortsverweises In WuG 1 , S. 760f. (MWG I / 2 2 - 4 ) . Der dritte Vorverweis auf das WuG-Kapitel „ U m b i l d u n g des Charisma" findet sich im Abschn. 6 der RelGem, S.208, und löst sich In WuG 1 , S . 7 7 7 f . (MWG I / 2 2 - 4 ) , auf. Thema Ist die „Gabelung der Erziehungssysteme". 5 3 Der Rückverweis von S. 241 der RelGem, Abschn. 7, löst sich In MWG I / 2 2 - 5 , S. 8 5 89, auf. Gegenstand sind Faktoren, die die Entwicklung der Stadt zu einer „Gemeinde" stärker hemmten als die des Dorfes. 5 4 Aus den RelGem, Abschn. 3, S. 170, führt ein Rückverweis in WuG 1 , S. 187 (MWG I/ 2 2 - 1 ) , der sich ebenfalls in WuG 1 , S . 2 1 9 f . (MWG 1/22-1), auflöst. Thematisiert werden die Beziehungen zwischen Kultgenossenschaften und den verschiedenen Arten von sozialen Verbänden. Aus d e m WuG 1 -Kapitel „Wirtschaft und Gesellschaft" (MWG 1/22-1) führen Insgesamt zwei Vorverweise in die RelGem: Der erste Verweis aus WuG 1 , S. 183 (MWG 1/22-1), löst sich In mehreren Abschnitten auf, in Abschn. 1, S. 140f., A b s c h n . 3, S. 167ff., und In Abschn. 11, S. 368ff. Gegenstand Ist die „Eigengesetzlichkeit" der Strukturformen des Gemeinschaftshandelns. Der zweite Verweis aus WuG 1 , S. 183 (MWG I / 2 2 1), löst sich im Abschn. 12 der RelGem auf, S. 441 f. Gegenstand sind die A d ä q u a n z b e z l e hungen konkreter Strukturformen des Gemeinschaftshandelns mit konkreten Wirtschaftsformen.
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tung", 5 5 „Rechtssoziologie (Wirtschaft und Recht)", 5 6 „Klasse, Stand, Par-
5 5 A u s d e n RelGem führen i n s g e s a m t zwei R ü c k v e r w e i s e in d a s W u G 1 - K a p i t e l „Typen der V e r g e m e i n s c h a f t u n g u n d V e r g e s e l l s c h a f t u n g " ( M W G 1 / 2 2 - 1 ) : A u s d e m A b s c h n . 3, S. 171 führt ein Verweis in W u G 1 , S. 196 ( M W G 1/22-1); a n g e s p r o c h e n w i r d d i e H a u s g e m e i n s c h a f t als eine Q u e l l e der T i s c h g e m e i n s c h a f t . Ein zweiter Verweis führt aus d e m A b s c h n . 11, S. 372, In WuG 1 , S. 198 ( M W G 1/22-1). Thematisiert w i r d d i e H e r l e i t u n g der brüd e r l i c h e n Nothilfe aus d e m N a c h b a r s c h a f t s v e r b a n d . A u s d e m W u G 1 - K a p i t e l „Typen der V e r g e m e i n s c h a f t u n g u n d V e r g e s e l l s c h a f t u n g " ( M W G 1 / 2 2 - 1 ) führt ein Vorverweis von W u G 1 , S . 2 0 2 in d e n A b s c h n . 3 der RelGem, S. 167ff. G e g e n s t a n d s i n d d i e religiösen G r ü n d e der T a b u i e r u n g e n . 56 Z a h l r e i c h e Verweise aus der sog. „ R e c h t s s o z i o l o g i e " ( M W G I / 2 2 - 3 ) führen In F o r m von R ü c k v e r w e i s e n auf die RelGem: WuG 1 , S. 389 (Z. 42), führt in d i e A b s c h n . 3, S. 1 6 2 f „ u n d 4, S. 177ff. der RelGem. Thematisiert wird, daß die Autorität v o n M a g i e r n u n d P r o p h e ten ä h n l i c h frei v o n B e s c h r ä n k u n g e n d u r c h R e c h t e u n d N o r m e n sein kann wie d i e d e s H a u s h e r r n . W u G 1 , S. 4 1 9 (Z. 33), führt in d e n A b s c h n . 11 der RelGem, S. 377. G e g e n s t a n d Ist d a s D a r l e h e n als zinslose Nothilfe unter Brüdern. Der A n d e r n o r t s v e r w e i s aus W u G 1 , S. 4 2 7 (Z. 52), löst sich Im A b s c h n . 11 der RelGem auf, dort S . 4 0 4 f f . G e m e i n t s i n d d i e G r ü n d e d e s G e g e n s a t z e s z w i s c h e n der p r o p h e t i s c h e n Religion u n d der s e x u e l l e n Vertragsfreiheit. W u G 1 , S. 4 5 9 (Z. 4f.), führt In d e n A b s c h n . 6 der RelGem, S. 2 0 5 f f . B e h a n d e l t w i r d d a s E n d e d e s c h a r i s m a t i s c h e n Zeitalters. WuG 1 , S. 4 6 2 (Z. 46), führt in d e n A b s c h n . 1 der RelGem, S. 129. Es g e h t u m d i e Rolle d e s S c h e i n g e s c h ä f t s im Totenkult. W u G 1 , S. 4 6 3 (Z. 18f.), führt ebenfalls in d e n A b s c h n . 1 der RelGem, S. 1 3 4 - 1 3 7 . G e g e n s t a n d ist d i e juristische B e h a n d l u n g der n u m i n a In der r ö m i s c h e n „religio". WuG 1 , S. 4 6 8 (Z. 8f.), verweist auf d e n A b s c h n . 11 der RelGem, S. 3 8 6 - 4 0 2 . Thematisiert w i r d d i e Eigenart der b e t r e f f e n d e n Religion u n d Ihr Verhältnis zu Recht u n d Staat. WuG 1 , S . 4 7 1 , (Z. 2 6 f . ) hat zwei Auflösestellen: A b s c h n . 11 der RelGem, S. 3 7 6 - 3 8 6 , u n d WuG 1 , S. 8 0 1 f. (Staat u n d Hierokratie; M W G I / 2 2 - 4 ) . G e g e n s t a n d Ist d a s Problem d e s W u c h e r - u n d Z i n s v e r b o t e s . W u G 1 , S. 4 7 2 (Z. 48), findet im A b s c h n . 1 der RelGem, S. 128, seine A u f l ö s u n g . G e g e n s t a n d s i n d die Einflüsse der a n l m l s t i s c h e n Pflichten auf die Wirtschaft In China. W u G 1 , S. 4 7 3 (Z. 38f.), führt In d e n A b s c h n . 6 der RelGem, S. 207. Thematisiert w i r d d i e Auffass u n g der c h r i s t l i c h e n Kirche ü b e r d e n A b s c h l u ß d e s p r o p h e t i s c h e n Zeitalters. W u G 1 , S. 4 7 4 (Z. 45), führt in d e n A b s c h n . 11 der RelGem, S. 369. G e g e n s t a n d ist d a s Fehlen der f o r m a l e n Rationalität d e s Rechts im Islam. WuG 1 , S. 4 7 6 (Z. 29), löst sich Im A b s c h n . 12 der RelGem, S. 4 1 8 - 4 2 2 , auf. G e g e n s t a n d ist die B e h a u p t u n g , im J u d e n t u m g e l t e n a n d e re e t h i s c h e N o r m e n für d e n Verkehr n a c h außen. WuG 1 , S . 4 7 6 (Z. 37), führt in d e n A b s c h n . 7 der RelGem, S. 2 7 6 - 2 7 8 . G e g e n s t a n d s i n d d i e S c h r i f t g e l e h r t e n als v o r n e h m e Literaten. WuG 1 , S. 4 7 9 (Z. 15), führt in d e n A b s c h n . 11 der RelGem, S. 3 9 6 - 3 9 8 . T h e m a t i siert w i r d d i e B e h a u p t u n g , daß d i e christliche Kirche d a s s t o i s c h e Naturrecht zu Hilfe n a h m . Ein A n d e r n o r t s v e r w e i s v o n W u G 1 , S. 4 7 9 (Z. 43f.), löst s i c h im A b s c h n . 11 der RelGem auf, S. 3 4 8 f . , 3 8 2 f . Thematisiert w i r d d i e elastische H a l t u n g der Kirche z u m W u c h e r v e r b o t . W u G 1 , S. 5 0 5 (Z. 1), läßt sich an mehreren Stellen Innerhalb der RelGem auflösen, in A b s c h n . 3, S. 175, A b s c h n . 10, S . 3 1 0 f . u n d A b s c h n . 11, S. 3 6 7 - 3 6 9 . B e s p r o c h e n w i r d die S y s t e m a t i s i e r u n g der religiösen Ethik. U m g e k e h r t führen aus d e n RelGem vier Verweisstellen In d i e sog. „ R e c h t s s o z i o l o g i e " ( M W G I / 2 2 - 3 ) : A b s c h n . 7 der RelGem, S. 221, verweist in Form eines A n d e r n o r t s v e r w e i s e s auf W u G 1 , S. 496. Thematisiert w i r d d a s revolutionäre Naturrecht. A u s d e m A b s c h n . 10 der RelGem, S. 335, w i r d in F o r m eines Vorverw e i s e s auf W u G 1 , S. 461 - 4 6 6 v e r w i e s e n . G e g e n s t a n d ist die A u s s a g e , daß nur der römis c h e O k z i d e n t ein rationales Recht entwickelt h a b e . Z w e i weitere Verweise der RelGem h a b e n m e h r e r e Auflösestellen: Der Vorverweis aus A b s c h n . 6 der RelGem, S. 213, löst
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Religiöse
Gemeinschaften
teien", 5 7 „Wirkungen des Patrimonialismus und des Feudalismus" 5 8 sowie „Staat und Hierokratie". 59 Ob man aus diesem Befund auf eine zeitliche
sich in WuG1, S. 474f. und WuG1, S. 481 (beide MWG I/22-3), aber auch WuG1, S. 804 auf (Staat und Hierokratie, MWG I/22-4). Gegenstand ist das Festhalten an dem Konsens der berufenen Träger der kirchlichen Lehrorganisation. Ein Verweis aus Abschn. 7 der RelGem, S. 247 „haben wir uns bei Erörterung der Ethik und des .Naturrechts1 kurz damit zu befassen"), löst sich sowohl textintern auf S. 396 sowie in WuG1, S. 495-502, auf. Gegenstand sind „sozialpolitische" Forderungen einer Religion als gottgewollt. 57 Aus den RelGem führen insgesamt zwei Vorverweise in das WuG 1 -Kapitel „Klasse, Stand, Parteien" (MWG 1/22-1): Aus dem Abschn. 7, S.238, führt ein Verweis in WuG1, S. 631-635. Thema sind Schichten mit bürgerlich ökonomischem Klassencharakter. Ein zweiter Verweis führt aus Abschn. 7, S. 252, in WuG1, S. 636f. Thematisiert wird das Würdegefühl der höchstprivilegierten, nichtpriesterlichen Schichten. Aus dem WuG 1 -Kapitel „Klasse, Stand, Parteien" (MWG 1/22-1) führen zwei Verweisstellen in die RelGem: Ein Verweis von WuG1, S.637 („in anderem Zusammenhang zu besprechen"), löst sich im Abschn. 7 auf, auf S.252. Gegenstand ist die Quelle und Eigenart des Wertgefühls der negativ privilegierten Schichten, die Juden als „auserwähltes Volk". Ein weiterer Verweis, ein Rückverweis, führt ebenfalls von WuG1, S.637 (MWG 1/22-1), in den Abschn. 7 der RelGem, S. 257-265. Thematisiert wird die begrenzte Bedeutung des Ressentiments als einer Quelle der Pariareligiösität. 58 Aus den RelGem, Abschn. 12, S.441, führt ein Vorverweis in das WuG 1 -Kapitel „Wirkungen des Patrimonialismus und des Feudalismus", WuG1, S. 741-752 (MWG I/22-4). Thema sind politische Hemmungen von Kapitalismus. Aus diesem WuG-Kapitel führen insgesamt zwei Rückverweise in die RelGem: Aus WuG1, S.750 (MWG I/22-4), wird in den Abschn. 7, S. 252, verwiesen. Gegenstand ist die Diskussion, daß positiv privilegierte Schichten das eigene Dasein nicht funktionell anschauen, als Mittel im Dienst einer „Mission", einer zweckvoll durchzuführenden „Idee". Der zweite Rückverweis aus WuG1, S. 752 (MWG I/22-4), in dem der Geist der patrimonialen Verwaltung in der konfuzianischen Beamtenethik behandelt wird, läßt sich im Abschn. 7 der RelGem auflösen, dort S. 233f. 59 Aus dem WuG 1 -Kapitel „Staat und Hierokratie" (MWG I/22-4) führt nur ein einziger Verweis (WuG1, S. 796, Z. 14f.) in die RelGem, in den Abschn. 11, S.380. Erörtert werden Konflikte der Hierokratie mit dem Kleinbürgertum. Umgekehrt führen insgesamt acht Verweise aus den RelGem in den WuG-Text „Staat und Hierokratie", als Andernortsverweise oder als Vorverweise: Aus Abschn. 2 der RelGem, S. 159, führt ein Verweis in WuG1, S. 784, der sich ebenfalls in WuG1, S. 776-778 (Umbildung des Charisma) auflösen läßt. Gegenstand ist die auf „Wiedergeburt ausgehende .Erweckungserziehung'" und Schulung der charismatischen Zauberer. Ebenfalls aus Abschn. 2 der RelGem, S. 160 führt ein Verweis in WuG1, S. 782f., der sich ebenfalls textintern (unten, S. 176), auflösen läßt. Gegenstand ist die Rationalisierung des religiösen Lebens in Beziehung zur Entwicklung des Priestertums. Aus dem Abschn. 5 der RelGem führen zwei Verweise ins WuG 1 -Kapitel „Staat und Hierokratie": ein Andernortsverweis von S. 199, der sich in WuG1, S. 779ff. auflöst. Gegenstand sind die Beziehungen zwischen politischer Gewalt und religiöser Gemeinde. Von S. 200 führt ein Vorverweis in WuG1, S. 812-817. Der Verweis aus Abschn. 6 der RelGem, S. 213, hat mehrere Auflösestellen: WuG1, S. 804, aber auch WuG1, S. 474 f. (MWG I/22-3), und WuG1, S.481 (MWG I/22-3). Gegenstand ist das Festhalten an dem Konsens der berufenen Träger der kirchlichen Lehrorganisation. Der Abschn. 7 der RelGem, S. 283, verweist auf WuG1, S. 786-788. Gegenstand ist ein Vergleich zwischen okzidentalem, orientalischem und asiatischem Mönchtum. Aus dem Abschn. 10 der RelGem, S. 339, führt ein Verweis in WuG1, S. 804. Thematisiert wird das Fehlen einer straffen büro-
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Bericht
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A b f o l g e der Niederschrift von Textteilen schließen darf, Ist allerdings angesichts seiner s c h m a l e n Basis fraglich. Eher sprechen einige Indizien dafür, daß Weber z w i s c h e n früheren u n d späteren Texten „ B r ü c k e n " baute. 6 0 Es muß b e s o n d e r s erwähnt werden, daß nicht alle Textteile des „alten Manuskripts" durch Verweise mit den „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " verknüpft sind. 6 1 Was Hegt näher, als diesen Befund mit Webers Brief v o m 30. Dezember 1913 6 2 zu vergleichen? Er h a b e - so schrieb er d e m Verleger Paul Sieb e c k - die großen Gemeinschaftsformen zur Wirtschaft In Beziehung gesetzt, u n d zwar in der Reihenfolge: von der Familie und H a u s g e m e i n s c h a f t z u m Betrieb, zur Sippe, zur ethnischen Gemeinschaft, zur Religion, zu Staat u n d Herrschaft. Die Reihenfolge der Texte, die sich aus den Vor- und Rückverweisen des n a c h g e l a s s e n e n Manuskriptes ergibt, entspricht In W u G 1 diesen A n g a b e n . Die Verweisstruktur läßt sich daher auch als eine Unterstreichung der B e h a u p t u n g Webers Im Brief an den Verleger lesen, es handele sich um eine „ g e s c h l o s s e n e soziologische Theorie und Darstellung". Die Verweisstruktur stimmt übrigens auch mit der Stellung der „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " in der Einteilung des G e s a m t w e r k e s von 1914 überein. Hier steht er z w i s c h e n Hausgemeinschaft, N a c h b a r s c h a f t s v e r b a n d , ethnis c h e n Gemeinschaften einerseits und M a r k t v e r g e m e i n s c h a f t u n g , politis c h e m Verband und Herrschaft andererseits. Die Stellung des Textes „Religiöse Gemeinschaften" In der A n l a g e des „Grundrisses der Sozialökonomik" ist d e m n a c h nicht zufällig, sondern systematisch b e g r ü n d e t . Mehr beiläufig heißt es einmal von der .Gemeinde' Im religiösen Sinn, sie sei „die zweite Kategorie von G e m e i n d e n e b e n d e m aus ökonomischen, fiskalischen oder anderen polltischen G r ü n d e n verge-
kratischen Organisation im Lamaismus. Der Abschn. 11 der RelGem enthält auf S.368f. einen formalen Vorverweis darauf, daß innerhalb der katholischen Kirche das Zinsverbot „in bald zu erwähnender Weise" ausgeschaltet wurde. Die Umgehung des Zinsverbotes Ist aber bereits einige Seiten zuvor, unten, S. 348, behandelt worden, und zusätzlich noch einmal in WuG1, S. 802 (MWG I/22-4) thematisiert worden. Weiter unten in den RelGem, unten, S. 382, kam Weber auf die Umgehung des Zinsverbotes in den „Montes pietatis" zu sprechen. Vgl. hierzu auch den Anhang „Verweisauflösungen innerhalb des Textes .Religiöse Gemeinschaften'", unten, S. 115. 60 Orihara, Hiroshl, Max Webers Beitrag zum „Grundriss der Sozialökonomik", in: KZfSS, Jg. 51, 1999, S. 724-734, hier: S.726. Vgl. dazu Schluchter, Wolfgang, „Kopf" oder „Doppelkopf" - das ist hier die Frage. Replik auf Hiroshi Orihara, in: ebd., S. 735-743. 61 Nicht verknüpft durch Verweise sind die „Religiösen Gemeinschaften" mit den WuG1Kapiteln „Markt" (MWG 1/22-1, „Marktgemeinschaft"), „Die Wirtschaft und die Ordnungen" (MWG I/22-3, Recht), „Herrschaft" (MWG I/22-4), „Politische Gemeinschaften" (MWG 1/22-1), „Machtgebilde. .Nation'" (MWG 1/22-1, „Machtprestige und Nationalgefühl"), „Bürokratie" (MWG I/22-4) sowie „Charismatismus" (MWG I/22-4). 62 Vgl. oben, S.87.
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Religiöse
Gemeinschaften
sellschafteten Nachbarschaftsverband". 6 3 Diese Bemerkung wird durch eine Aussage Webers im einleitenden Text „Wirtschaft und Gesellschaft im allgemeinen" verständlich, wonach sich an die „Vergesellschaftung" regelmäßig eine „.übergreifende' Vergemeinschaftung" knüpft. 6 4 Man wird aus dieser Anordnung schließen können, daß Weber für die Behandlung des politischen Verbandes und der Herrschaftsformen eine Behandlung der religiösen Gemeinschaften benötigte, wie er umgekehrt für die Analyse der religiösen Gemeinschaften die Nachbarschaftsverbände brauchte. Einschränkend ist allerdings hinzuzufügen, daß Weber die geplante Arbeit an seinem Grundrißbeitrag nicht in allen Bereichen gleich weit vorangetrieben hatte. Wenn Marianne Weber im Vorwort zur zweiten Lieferung 1921 darüber klagt: Die „Einteilung des Gesamtwerkes" von 1914 „gab zwar noch Anhaltspunkte, war aber in wesentlichen Punkten verlassen", dann haben wir es bei den Verweisen mit den noch erkennbaren Anhaltspunkten zu tun, ohne die es ihr und Melchior Palyi kaum möglich gewesen wäre, die richtige Reihenfolge der Teile von „Wirtschaft und Gesellschaft" zu finden. Besondere Beachtung verdienen die Verweise zwischen der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" und dem Text „Religiöse Gemeinschaften". 6 5 Die „Religiösen Gemeinschaften" verweisen in Abschnitt 7, S. 277, auf eine Ausführung andernorts: „Stets ist, wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt, der gebildete Hellene, mindestens der Idee nach, auch ein Krieger geblieben". Eine entsprechende Erwähnung findet sich nur im ersten Aufsatz der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen", der Konfuzianismusstudie. 6 6 Da dieser
63 Unten, S. 195. 64 WuG 1 , S. 187 (MWG 1/22-1). 65 Neben d e m o b e n bereits genannten Fall weisen die „Religiösen Gemeinschaften" noch zwei weitere Bezüge auf die Aufsätze der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" auf. Im A b s c h n . 10 der RelGem, S. 330f., thematisiert Weber den U m s c h l a g der Gottinnigkeit eines Mystikers in heilige Besessenheit von d e m Gott. Der Mystiker werde d a n n z u m Mystagogen. „Oder w e n n er diesen Weg nicht beschreiten kann - auf die m ö g l i c h e n Gründe dafür kommen wir noch zu sprechen - sondern von seinem Gotte nur durch Lehre z e u g e n kann, dann wird seine revolutionäre Predigt an die Welt chiliastisch irrational, j e d e n Gedanken einer rationalen .Ordnung' v e r s c h m ä h e n d " . In der „ Z w i s c h e n b e t r a c h t u n g " machte Weber folgende Feststellung: „Anders da, wo, beim Mystiker, sich der p s y c h o l o g i s c h stets mögliche Umschlag vom Gottbesitz zur Gottbesessenheit vollzieht. [...]. Der Mystiker wird dann zum Heiland und Propheten. Aber die Gebote, die er verkündet, haben keinen rationalen Charakter". (MWG 1/19, S.499). Der A b s c h n . 11 der RelGem enthält auf S . 3 8 0 folg e n d e n Satz: „In eigentümlicher Paradoxie gerät vor allen Dingen, wie s c h o n mehrfach erwähnt, die Askese immer wieder in den Widerstreit, daß ihr rationaler Charakter zur Vermögensakkumulation führt". Auf diese Paradoxie wies Weber in der Überarbeitung der „Protestantischen Ethik" hin (GARS I, S. 1 9 5 - 1 9 7 ; MWG 1/18), in der Konfuzianismusstudie (MWG 1/19, S. 473) sowie in der „Zwischenbetrachtung" (MWG 1/19, S.489). 66 AfSSp, 41. Band, Heft 1, 1915, S . 6 0 = MWG 1/19, S.305. Dort heißt es: „Der hellenische vornehme Gebildete d a g e g e n war und blieb in erster Linie E p h e b e und Hoplit, solange die Bildung hellenisch - und nicht .hellenistisch' - war."
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Text ebenfalls 1913 entstanden Ist und erst zwei Jahre nach der Abfassung veröffentlicht wurde, 6 7 konnte Weber schon bei der Niederschrift der „Religiösen Gemeinschaften" auf ihn verweisen. An anderer Stelle verweist Weber auf einen Sachverhalt, den er erst In der „Zwischenbetrachtung" 6 8 ausführt. Weber schreibt in Abschnitt 11 der „Religiösen Gemeinschaften", die Tanzorglastik der Chlysten gab, „wie wir sahen, die Veranlassung zur Bildung der Skopzensekte". 69 Obwohl Weber bereits zuvor die „esoterische Gemeinde der Kastraten im Skopzentum" erwähnt hat, 70 machte er jedoch an dieser Stelle keine Angaben zur Entstehung. Erst in der „Zwischenbetrachtung" findet sich die Präzisierung: „Die Gründung der Skopzen-(Kastraten-)Sekte in Rußland ging aus dem Streben hervor, dieser als sündlich gewerteten Folge des orgastischen Tanzes (Radjenle) der Chlüsten zu entrinnen". 71 Umgekehrt verweist die „Einleitung" zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" auf Webers geplanten Beitrag zu „Wirtschaft und Gesellschaft", 7 2 allerdings nicht speziell auf die „Religiösen Gemeinschaften", sondern auf die „Herrschaft". 73 Bezüge und Verweise der „Religiösen Gemeinschaften" auf die späteren Aufsätze über die Wirtschaftsethik von „Hinduismus und Buddhismus" und vom „Antiken Judentum" gibt es nicht. 74 Diese Fehlanzeigen sichern das bisherige Ergebnis. Die relative Chronolo-
67 „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Religionssoziologische Skizzen" und „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. (Zweiter Artikel)", In: AfSSp, 41. Band, Heft 1, 1915, S. 1 - 8 7 , ebd., Heft 2, 1915, S. 335-421. Heft 1 erschien am 14. Oktober 1915, Heft 2 am 23. Dezember 1915 (Auslieferungsdaten nach MWG 1/19, S.60f. und Schluchter, Religion und Lebensführung II, S.595). 6 8 Die erste Veröffentlichung der „Zwischenbetrachtung" mit dem Untertitel „Stufen und Richtungen der religiösen Weltablehnung" erschien im Novemberheft des Jahres 1915 des AfSSp, das am 23. Dezember 1915 ausgeliefert wurde. 6 9 Unten, S.402f. 7 0 Unten, S.318. 71 MWG 1/19, S. 502, Fn. 3. Von den Skopzen und Chlysten sprach Weber bereits in seinen Rußlandstudien von 1905/06 (MWG 1/10, S.329 und 335). Vgl. auch unten, S.402f., Anm. 64 und 65. 72 Nach einer Erläuterung der drei Typen der Herrschaft heißt es In der Archivfassung von 1915: „Ihre Typologie wird an anderer Stelle, und zwar speziell unter dem Gesichtspunkt des Zusammenhangs mit der Wirtschaft, systematisch erörtert werden". (MWG 1/19, S. 126, textkritischer Apparat). Irrtümlich denkt Helwlg Schmidt-Glintzer an den Ersten Teil von WuG 1 , S. 122-176, der jedoch später entstanden ist. 73 WuG 1 , S. 611 f. (MWG I/22-4). 74 Der erste Artikel zu Hinduismus und Buddhismus erschien im dritten Heft des 41. Bandes (ausgeliefert am 29. April 1916). Es folgten zwei Fortsetzungen Im zweiten und dritten Heft des 42. Bandes (ausgeliefert am 2. Dezember 1916 bzw. am 16. Mai 1917). Die Studie zur Wirtschaftsethik des antiken Judentums erschien In sechs Heften in den Bänden 44 bis 46 von 1917 bis 1920. Auslieferungsdaten aus MWG I/20, S.43 und Schluchter, Religion und Lebensführung II, S.595.
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Religiöse
Gemeinschaften
gie des Textes „Religiöse Gemeinschaften" in „Wirtschaft und Gesellschaft" bestätigt die Vermutung einer A b f a s s u n g im wesentlichen im Jahr 1913.
II. Zur Überlieferung
und Edition
Zwei W o c h e n nach d e m Tod ihres Mannes (14. Juni 1920) teilte Marianne Weber d e m Verleger Paul Siebeck mit, w a s sie mit den von Weber hinterlassenen Manuskripten zu tun g e d e n k e : „Ich h a b e heute s c h o n einen Teil der Manuskripte meines Mannes zur Soziologie zur Durchprüfung an einen jungen Gelehrten Dr. Palyi hier g e g e b e n . [...] Es ist offenbar druckfertig vorhanden: Religionssoziologie, Rechtssoziologie, d a n n Formen der Gesellschaft: (Ethnische Gemeinschaft, S i p p e n Nation Staat u. Hierokratie etc.) ferner Formen der Herrschaft: (Charismatismus Patrimonialismus Feudalismus Bürokratismus) u. ein großes Konvolut: Formen der Stadt, u. schließlich ein höchst interessanter Abschnitt über Musiksoziologie". 1 Wenn man sich erinnert, wie a b l e h n e n d Weber 1915 auf das Vorhaben des Verlegers reagiert hatte, den Text samt allen weiteren Teilen der „ g e s c h l o s s e n e n soziologischen Theorie u n d Darstellung" zu veröffentlichen, ist diese Einschätzung ü b e r r a s c h e n d . Nimmt man alle Äußerungen Webers z u s a m m e n , kommt man kaum um die Feststellung herum: Marianne Weber g a b einen Text z u m Druck, der bei Kriegsausbruch noch nicht druckfertig war und den Weber selbst ohne erhebliche Umarbeitung nicht für druckfertig gehalten hatte. Es folgte eine Zeit intensiver redaktioneller Arbeit an den Manuskripten. Die Erstherausgeber formulierten für die einzelnen A b s c h n i t t e Inhaltsübersichten. A n einigen Stellen finden sich im Text erläuternde B e m e r k u n g e n . 2 Im März 1921 konnte Marianne Weber Oskar Siebeck, der z u s a m m e n mit seinem Bruder Werner Siebeck d e n Verlag nach d e m Tode von Paul Sieb e c k im N o v e m b e r 1920 weiterführte, von M ü n c h e n aus mitteilen: „Ich h a b e soeben das Manuskript e i n g e p a c k t u. s c h i c k e es noch heute hochversichert an Sie ab. [...] Dem Manuskript liegt ein g e n a u e s Verzeichnis der Kapitelfolge[,j so wie ich sie in Gemeinschaft mit Dr. M. Palyi festgestellt habe, bei. Zwei Kapitel sind leider unvollendet. Einige Seiten müssen noch a b d i k tiert werden, ich h a b e sie zurückbehalten u. s c h i c k e sie von Heidelberg aus oder aber lege sie der Fahnenkorrektur bei. O b wir an der vorläufig beschlossenen Reihenfolge der A b s c h n i t t e g e n a u festhalten k ö n n e n ^ läßt sich heute noch nicht übersehen. Es ist möglich, daß V e r s c h i e b u n g e n vor-
1 Brief von Marianne Weber an Paul Siebeck vom 30. Juni 1920, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Vgl. den textkritischen Apparat, unten, S. 240, S. 315 und S. 447.
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g e n o m m e n w e r d e n müssen, das würde ja aber für die Druckerei nichts ausm a c h e n . Ich nehme an, daß die Manuskripte mindestens zwei B ä n d e füllen w e r d e n . Natürlich wäre es z w e c k m ä ß i g ^ die Fahnenkorrektur erst umzubrechen, w e n n der eine B a n d völlig gesetzt ist; denn erst[,j w e n n alles im Satz vorliegt, kann man d e n g e n a u e n Überblick gewinnen und die Reihenfolge definitiv festsetzen". 3 Diese Worte lassen etwas von d e n Schwierigkeiten erahnen, w e l c h e die n a c h g e l a s s e n e n Manuskripte Marianne Weber bereiteten. Marianne Weber bestätigte das im Vorwort der zweiten Lieferung der Erstausgabe von WuG v o m Oktober 1921, mit der der von ihr und Palyi hera u s g e g e b e n e Teil des Werks 4 beginnt: „Die H e r a u s g a b e dieses nachgelassenen Hauptwerkes des Verfassers bot naturgemäß m a n c h e Schwierigkeiten. Für d e n A u f b a u des G a n z e n lag kein Plan vor. Der ursprüngliche, auf S.X und XI B a n d I des „Grundrisses der Sozialökonomik" skizzierte g a b zwar n o c h Anhaltspunkte, war aber in wesentlichen Punkten verlassen. Die Reihenfolge der Kapitel mußte deshalb von der Erstherausgeberin und ihrem Mitarbeiter e n t s c h i e d e n werden. Einige A b s c h n i t t e sind unvollendet und müssen so bleiben. Die Inhaltsangabe der Kapitel war nur für die .Rechtssoziologie' fixiert". Mit keinem Wort g i n g Marianne Weber allerdings darauf ein, daß der Plan von 1914 teilweise von Weber noch gar nicht erfüllt w o r d e n war. Die inhaltlichen Entscheidungen, die Marianne Weber und ihr Mitarbeiter Melchior Palyi getroffen haben, lassen sich hinsichtlich der „Religiösen G e m e i n s c h a f t e n " n i c h t sicher rekonstruieren. Vom Manuskript, d a s d e m Setzer v o r g e l e g e n hat, ist nur ein Fragment v o m U m f a n g einer Druckseite erhalten. 5 Zwar enthielt ein Brief von Heinz Maus aus M a r b u r g an J o h a n n e s Winckelmann 6 einen weiteren v i e l v e r s p r e c h e n d e n Hinweis: „Max Graf zu Solms, hier in Marburg, besitzt zwei h a n d g e s c h r i e b e n e Manuskriptseiten der Religionssoziologie". N a c h f o r s c h u n g e n führten j e d o c h zu einem Manuskript, das nicht z u m Text „Religiöse Gemeinschaften" gehört, s o n d e r n zu d e m WuG 1 -Text „Staat und Hierokratie" (WuG 1 , S. 7 8 2 - 7 9 0 , MWG I / 2 2 - 4 ) . Das wenige noch erhaltene Material zeigt in aller Deutlichkeit, wie schwierig die Entzifferung von W e b e r s Handschrift war.
3 Brief von Marianne Weber an Oskar Siebeck vom 25. März 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Vgl. auch Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 94. 4 Noch zu Lebzeiten hatte Max Weber den Druck der 1. Lieferung des GdS (WuG1, S. 1 180) persönlich vorangetrieben. Der von Marianne Weber und Melchior Palyi besorgte Teil schließt hieran an. 5 Vgl. den Faksimile-Abdruck und die Transkription, unten, S. 449f. 6 Datiert vom 20. Februar 1961. Max Weber-Arbeitsstelle, Bayerische Akademie der Wissenschaften München.
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Religiöse Gemeinschaften
Der Titel „Religiöse
Gemeinschaften"
Als W e b e r 1919 d e n Ersten Teil v o n W u G 1 verfaßte, w i e s er an z w e i Stellen auf e i n e n als „ R e l i g i o n s s o z i o l o g i e " a n g e k ü n d i g t e n Text hin. Im K a p i t e l I „Soz i o l o g i s c h e G r u n d b e g r i f f e " heißt es bei der G e g e n ü b e r s t e l l u n g v o n „ K i r c h e " u n d „Sekte" im Z u s a m m e n h a n g mit d e n Begriffen „ A n s t a l t " u n d „Verein": „ D a s N ä h e r e g e h ö r t in d i e R e l i g i o n s s o z i o l o g i e " . 6 Im Kapitel III „ D i e T y p e n der H e r r s c h a f t " , § 12, heißt es bei der E r w ä h n u n g der B u d d h i s t e n u n d d e r h i n d u i s t i s c h e n Sekten: „ s i e h e R e l i g i o n s s o z i o l o g i e " . 7 In b e i d e n Fällen k a n n a b e r nicht der n a c h g e l a s s e n e Text g e m e i n t sein. W e b e r wollte d e n Religionstext vor der V e r ö f f e n t l i c h u n g erst n o c h ü b e r a r b e i t e n . A u ß e r d e m w a r d e r t h e o r e t i s c h e B e z u g s r a h m e n 1919 ein a n d e r e r als d e r v o n 1913. So w i r d m a n der F r a g e n i c h t a u s w e i c h e n k ö n n e n , w a s der Titel d e s n a c h g e l a s s e n e n Textes g e w e s e n sein m a g . U m d e n Titel d e s v o r l i e g e n d e n Textes u n a b h ä n g i g v o n seiner Funktion in W u G 1 z u ermitteln, muß m a n in d i e Zeit seiner E n t s t e h u n g im J a h r e 1 9 1 3 z u r ü c k g e h e n . Es g i b t e i n e n g u t e n G r u n d , d e n v o r l i e g e n d e n , a u s d e m N a c h l a ß e d i e r t e n Text statt unter d e m b i s h e r i g e n Titel „ R e l i g i o n s s o z i o l o g i e " , w i e er seit der ersten A u f l a g e v o n W u G hieß, als „ R e l i g i ö s e G e m e i n s c h a f t e n " z u edieren. Die „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " , d i e d e m ersten u n d weiteren B ä n d e n d e s „ G r u n d r i s s e s der S o z i a l ö k o n o m i k " seit 1 9 1 4 b e i g e g e b e n war, b e s c h r i e b d e n A b s c h n i t t mit d e n Worten: „ R e l i g i ö s e G e m e i n s c h a f t e n . Klass e n b e d i n g t h e i t d e r Religionen; Kulturreligionen u n d W i r t s c h a f t s g e s i n n u n g " . 8 D a die Indizien d a f ü r s p r e c h e n , daß der Text im w e s e n t l i c h e n 1 9 1 3 a b g e f a ß t w u r d e , steht d i e s e I n h a l t s ü b e r s i c h t d e m Text zeitlich a m n ä c h s t e n . Nur w e n n d i e „Einteilung d e s G e s a m t w e r k e s " nicht v o n W e b e r s t a m m e n w ü r d e o d e r der Teil erst d a n a c h v o n i h m verfaßt w o r d e n w ä r e , w ä r e d i e S a c h l a g e eine a n d e r e . 9 D a z u k o m m t , daß die drei im W e r k p l a n v o n 1 9 1 4
6 WuG 1 , S. 30 (MWG I/23). 7 WuG 1 , S. 146 (MWG I/23). 8 GdS, Abt. I, S.X-XI, abgedruckt in: Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 168 und 203. Zum GdS vgl. den in Planung befindlichen Band I/22-6 der MWG. 9 Anders Wolfgang J. Mommsen, Zur Entstehung von Max Webers hlnterlassenem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie", in: Europäisches Zentrum für Staatswissenschaft und Staatspraxis, Berlin, Discussion Paper, Nr. 42, Juni 1999. Weber habe bei der „Einteilung des Gesamtwerkes" im April 1914 „die Federführung weitgehend Paul Siebeck überlassen", durch das vorangehende gemeinsame Vorwort mit dem Verleger sei sie nur „indirekt autorisiert" (ebd., S. 33). Mommsen stützt sich hierbei auf das Fehlen eines Manuskriptes. Mommsens Behauptung ist jedoch wenig wahrscheinlich, da Weber in seinem Brief vom Ende des Jahres 1913 dem Verleger mitgeteilt hatte, er würde ihm in 14 Tagen eine Inhaltsübersicht über den Teil schicken, zu dem auch die Ausführungen über Religion gehören.
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g e n a n n t e n P r o g r a m m s c h w e r p u n k t e d e m inhaltlichen A u f b a u d e s n a c h g e lassenen Textes entsprechen. Max Weber hat sich zum WuG-Beitrag „Religiöse G e m e i n s c h a f t e n " a u c h später wiederholt geäußert. N a c h d e m er sich für die Veröffentlichung der Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" im Jahre 1915 entschieden hatte, tauchte in den Quellen eine andere Charakterisierung des Textes auf. In einem Brief an den Verleger s p r a c h Weber von der „systematischen Religions-Soziologie im .G.d.S.Ö.'", 1 0 in einer Fußnote zur „Einleitung" in die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" aus d e m Sommer 1915 von d e m „religionssoziologischen Abschnitt in .Wirtschaft u n d Gesellschaft'". 1 1 In der „Vorbemerkung" zu d e n „ G e s a m m e l t e n Aufsätzen zur Religionssoziologie" äußerte er schließlich 1919/20 die Hoffnung, einiges zur Ausfüllung der Lükken in den Aufsätzen „bei einer systematischen Bearbeitung der Religionssoziologie tun zu können". 1 2 Diese A b f o l g e von Charakterisierungen zeigt, wie Weber sich schrittweise von seiner einstigen Auffassung von Religion als einer speziellen Form von G e m e i n s c h a f t s h a n d e l n entfernte. Als Weber 1919 den Ersten Teil von W u G 1 verfaßte, wies er an zwei Stellen auf einen als „Religionssoziologie" a n g e k ü n d i g t e n Text hin. Diese Hinweise haben Marianne Weber u n d Melchior Palyi aufgegriffen und d e m hier edierten Text den Titel „Religionssoziologie" g e g e b e n . 1 3
Zur Frage der Authentizität von Überschriften, Inhaltsübersichten und Textuntergliederung Daß alle Abschnittsüberschriften von Max Weber selber stammen, muß m a n bezweifeln. Als das Manuskript „Wirtschaft u n d Gesellschaft" b e i m Verlag eintraf, schickte Oskar Siebeck eine stichwortartige Bestätigung des Inhalts der S e n d u n g an Marianne Weber. 1 4 Dort finden sich f o l g e n d e A n g a b e n , die hier v e r g l e i c h e n d mit den Überschriften u n d Z w i s c h e n ü b e r s c h r i f t e n der Erstausgabe von „Wirtschaft u n d Gesellschaft" (rechte Spalte) w i e d e r g e g e ben w e r d e n :
10 Vgl. oben, S.91, Anm.33. 11 Vgl. oben, S.92, Anm.34. 12 GARS I, S. 15 (MWG 1/18). 13 Wolfgang J. Mommsen geht In der Einleitung des WuG-Teilbandes „Gemeinschaften" (MWG 1/22-1, in Zusammenarbeit mit Michael Meyer) von der Vermutung aus, daß Marianne Weber und Melchior Palyi massiv in die Titelgestaltung der Kapitelüberschriften, die In der Erstauflage von „Wirtschaft und Gesellschaft" verwendet wurden, eingegriffen hätten. 14 Brief von Oskar Siebeck an Marianne Weber vom 29. März 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446.
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Religiöse
Religionssoziologie 1.
2. Zauber, Priester 3. Gottesbegriff, Ethik, Tabu 4. „Prophet" 5. Gemeinde 6. Heil. Wissen, Predigt, Seelsorge 7. Stände und Klassen u. Religion 8. Theodizee 9. Erlösung und Wiedergeburt 10. Erlösungswege 11. Religiöse Ethik und „Welt" 12. Die Kulturreligion und die Welt (Unvollendet)
Gemeinschaften
Religionssoziologie. (Typen religiöser Vergemeinschaftung.) § 1. Die Entstehung der Religionen. § 2. Zauberer - Priester. § 3. Gottesbegriff. Religiöse Ethik. Tabu. § 4. „Prophet". § 5. Gemeinde. § 6. Heiliges Wissen. Predigt. Seelsorge. § 7. Stände, Klassen und Religion. 8. Das Problem der Theodizee. § 9. Erlösung und Wiedergeburt. § 1 0 . Die Erlösungswege und ihr Einfluß auf die Lebensführung § 1 1 . Religiöse Ethik und „Welt". § 12. Die Kulturreligionen und die „Welt". §
Offensichtlich fehlte für den ersten Abschnitt eine Überschrift; sie muß von Marianne Weber oder Melchior Palyi nachträglich eingefügt worden sein. Allerdings muß im Manuskript mindestens eine Ziffer, vielleicht auch ein unleserlicher Titel, gestanden haben, so daß Oskar Siebeck in seiner Aufstellung eine Freistelle ließ. Noch einen weiteren Eingriff kann man erschließen. Siebeck gab keine Paragraphenzählung an, wie sie später in der Erstauflage verwendet wurde, sondern nur numerierte Abschnitte. 1 5 Die hier vorliegende Edition gliedert den Text daher ebenfalls in numerierte Abschnitte, die Paragraphenzeichen entfallen in der Edition. Wenn nachweislich einer der Abschnittstitel von Marianne Weber oder Melchior Palyi eingefügt worden ist, wird man dasselbe bei den anderen nicht sicher ausschließen können, auch wenn es für den hier zu edierenden Text keine brieflichen Hinweise gibt. 1 6 Man kann die Echtheit der Überschriften nur noch durch eine Prüfung des Textes selber zu klären versuchen. Eine solche Prüfung ist möglich. Weber kommt nämlich wiederholt auf die Grundlinien seiner Dar15 Den übrigen minimalen Abweichungen sollte keine größere Bedeutung beigemessen werden. Oskar Siebeck wird sich bei seiner Inhaltsangabe des Manuskriptes auf Stichworte beschränkt haben. 16 In einem Brief vom 27. Januar 1922 an Oskar Siebeck erwähnte Marianne Weber zwar, Palyi habe die Korrekturbögen der „Stadt" noch einmal haben wollen, „vielleicht wegen der von ihm gemachten Kapitelüberschriften". (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Jedoch scheint Marianne Weber damit die Inhaltsübersichten zu meinen.
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Stellung zu sprechen. A m Ende von Abschnitt 2 (Zauberer - Priester) kündigt er die B e h a n d l u n g dreier „Faktoren" an: der rationalen Metaphysik und Ethik von Priestern (Abschnitt 3, Gottesbegriff. Religiöse Ethik. Tabu), der „Propheten" (Abschnitt 4) und drittens der „Laien" (Abschnitt 5, Gemeinde). 1 7 A m Ende von Abschnitt 3 wiederholt Weber, daß er die Beziehung der drei Faktoren Priester, Propheten, Laien b e h a n d e l n wolle. 1 8 A m Ende des vierten Abschnitts folgt die A n k ü n d i g u n g , er wolle nun „die g e g e n s e i t i g e n B e z i e h u n g e n von Priestern, Propheten und Nichtprlestern näher erörtern", 1 9 was in Abschnitt 5 (Gemeinde) geschieht. Allerdings Ist dieser A b schnitt trotz seiner zentralen Inhaltlichen B e d e u t u n g nicht nur merkwürdig kurz geraten (nur fünf Selten), sondern die Überschrift des f o l g e n d e n A b schnittes 6 (Heiliges Wissen. Predigt. Seelsorge) unterbricht d e n laufenden Text. Abschnitt 6 bildet mit Abschnitt 5 eine Einheit. In b e i d e n geht es um die a n g e k ü n d i g t e n gegenseitigen Beziehungen von Priestern, Propheten und Laien. Ein gesonderter Abschnitt „Heiliges Wissen. Predigt. Seelsorge" ist von W e b e r s eigener Textmoderation nicht vorgesehen. A m Ende von A b schnitt 6 stellt Weber den weiteren G a n g der Darstellung vor und weist auf die Laien als Träger rationaler Lebensführung hin. Damit leitet er zu A b schnitt 7 „Stände, Klassen und Religion" über. 2 0 Die A b s c h n i t t e 8 bis 11 w e r d e n von Weber anders verknüpft: nicht durch vorausgreifende moderierende B e m e r k u n g e n , sondern d u r c h eine innere Logik von Religion als Entz w e i u n g von „Sinn" und „Welt", von Sollen und Sein. Weber behandelte erst die Erfahrung der Unvollkommenhelt der Welt und ihrer Verarbeitung In der Theodlzee (Abschnitt 8). Dann folgen zwei A b s c h n i t t e „Erlösung und Wied e r g e b u r t " (Abschnitt 9) und „Die Erlösungswege und ihr Einfluß auf die L e b e n s f ü h r u n g " (Abschnitt 10). Der kurze Abschnitt 9 gehört zum folgenden, die Überschrift paßt nicht recht. Abschnitt 11 („Religiöse Ethik und ,Welt"') legt die m ö g l i c h e n S p a n n u n g e n z w i s c h e n religiöser Ethik und Welt dar. Abschnitt 12 beginnt und endet abrupt und mit Textverlust. Weber charakterisiert In ihm die Weltreligionen, die G e m e i n d e n g e b i l d e t haben, im Blick auf ihr Wirtschaftsethos. Nimmt man alle B e o b a c h t u n g e n zusammen, kommt man zu d e m Schluß, daß wir hier einen Text vor uns haben, d e s s e n Z w i s c h e n ü b e r s c h r i f t e n bis auf zwei zu den A n k ü n d i g u n g e n des Autors passen. Einer der b e i d e n Zwelfelsfälle war G e g e n s t a n d der Korrespondenz z w i s c h e n Marlanne Weber
17 Vgl. unten im Text, S.160f. 18 Vgl. unten im Text, S.177. 19 Unten im Text, S. 194. 20 Vgl. unten im Text, S.218. Trotz der stilistischen Unterschiede zwischen den Abschnitten 1 - 6 und den Abschnitten 7-12, die Wolfgang Schluchter beobachtet hat, (vgl. oben, S. 94, Anm. 44), schließt erst Abschnitt 7 die vorangehenden Ausführungen zur Religionsgemeinde ab.
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Religiöse
Gemeinschaften
und d e m Verleger Oskar Siebeck über die zweite Lieferung von W u G 1 . Der Verleger war empört: „ N a c h d e m er [Palyi] die ganze Korrektur zweimal in Fahnen b e k o m m e n hat, ist es für mich jedenfalls ü b e r r a s c h e n d , d a s s er jetzt noch Einfügungen verlangt, die ohne ein N e u u m b r e c h e n ganzer Seiten und Bogen gar nicht m ö g l i c h sind. [...] Bei Seite 261 [von WuG 1 , jetzt: S. 203] vollends stehen wir nahezu vor einer t e c h n i s c h e n Unmöglichkeit. W ü r d e die Inhaltsübersicht, die auf zwei Zeilen kaum unterzubringen sein wird, hier noch nachträglich eingefügt, so sehe ich keine andere Möglichkeit, für diese nachträgliche Einfügung Raum zu schaffen, als dass auf Seite 272 [von WuG 1 , jetzt: S . 2 3 3 ] die Fußnote gestrichen wird. A u c h d a n n müssen aber 3 / 4 B o g e n g a n z neu u m b r o c h e n werden. Da nun aber die Inhaltsübersichten ohnehin nicht allen P a r a g r a p h e n vorgesetzt sind, wäre es m.E. höchstens ein Schönheitsfehler, wenn sie bei § 6 w e g b l i e b e . Vielleicht kann ein gewisser Ersatz durch ein paar weitere Sperrungen im Text g e s c h a f f e n werden. [...]". 2 1 In ihrer Antwort bat Marianne Weber den Verleger a m 23. September 1921, er m ö g e die von Palyi eingefügten A n m e r k u n g e n auf S. 188 [von WuG 1 , M W G 1/22-1] ü b e r n e h m e n , „sie sind für das Verstehen des historischen Sinnes des Textes nicht unwichtig. D a g e g e n m ü s s e n die § Überschriften [Inhaltsübersichten] auf S.261 [von WuG 1 , jetzt: S . 2 0 3 ] fortbleiben. U m b r e c h u n g des B o g e n s sind sie nicht wert. Ich hatte, d a § 6 so kurz ist[,j absichtlich die Untereinteilung, die freilich an sich d o c h erwünschenswert g e w e s e n wäre, fortgelassen. Palyi hat leider bei der 2. Lesung der Fahnen keine Zeit g e h a b t - d a r u m erst jetzt diese E i n s c h i e b u n g e n . Falls die Einschiebung auf S . 2 6 7 [von WuG 1 , Inhaltsübersichten von § 7, jetzt: S. 218] Schwierigkeiten macht, muß sie fortbleiben, sonst wäre sie gut
[...]".22 Dieser Ausschnitt aus der K o r r e s p o n d e n z zeigt in aller g e w ü n s c h t e n Klarheit, daß Marianne Weber (und Melchior Palyi) mit den von ihnen selbst verfaßten Textzusätzen anders u m g i n g e n als mit den von Weber hinterlassenen Texten. Die Inhaltsübersichten - von ihr „Überschriften" und „Untereinteilung" genannt - konnten w e g g e l a s s e n werden, w e n n d r u c k t e c h n i s c h e Notwendigkeiten es g e b o t e n . Was hätte näher gelegen, a u c h d e n A b schnittstitel von 6 zu entfernen und d e n Text mit d e m Abschnitt 5 (Gemeinde) zusammenzufassen, w e n n dieser von ihr geschaffen w o r d e n wäre? Sie tat es nicht, obwohl sie ihn selber zu kurz fand. Verständlich wird d a s nur, wenn für die Erstherausgeber die Abschnittstitel zum Text Max W e b e r s ge21 Brief von Oskar Siebeck an Marianne Weber vom 22. September 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 22 Brief von Marianne Weber an Oskar Siebeck vom 23. September 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Vgl. auch den Brief von Oskar Siebeck an Marianne Weber vom 26. September 1921: „Dagegen habe ich Weisung gegeben, dass die Ergänzung der Überschrift auf Seite 261 endgültig fortbleibt". (Ebd.).
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hörten, die Inhaltsübersichten aber nicht. 2 3 Daß sie d e n n o c h nachweislich einen Titel eingefügt hat (Abschnitt 1, Die Entstehung der Religionen), hing mit d e m außergewöhnlichen U m s t a n d zusammen, daß Weber für den ersten A b s c h n i t t zwar eine Numerierung, aber keine Überschrift hinterlassen hat. Z u m Abschluß muß die Frage gestellt werden, wie sich die Inhaltsangabe in der „Einteilung des Gesamtwerkes" von 1914 zu den Abschnittstiteln des n a c h g e l a s s e n e n Textes verhält. Ist es möglich, daß beide gleichermaßen authentisch sind? Bei einer Antwort müßte m a n b e d e n k e n , daß Weber den Text erst noch fertigstellen mußte. Ein halbes Jahr v e r a n s c h l a g t e er im Frühjahr 1914 dafür. Diese Fertigstellung ist nicht mehr erfolgt. Es ist daher nicht zu entscheiden, o b die Überschriften aus d e m n a c h g e l a s s e n e n Text des Jahres 1913 s t a m m e n oder erst später eingefügt wurden.
Der
Erstdruck
Der g e d r u c k t e Text der Erstausgabe enthält zahlreiche Fehler. 2 4 „Palyi hat leider bei der 2. Lesung der Fahnen keine Zeit gehabt", bemerkte Marianne Weber in einem Brief an den Verleger Oskar Siebeck vom 23. S e p t e m b e r 1921. 2 5 Daher h a b e sie erst jetzt die Inhaltsangaben einzelner A b s c h n i t t e e i n s c h i e b e n können. 2 6 Marianne Weber wies im Vorwort v o m Oktober 1921 zur zweiten Lieferung auf die Gefahr von Fehlern g e s o n d e r t hin: „Die Entzifferung der Manuskripte, für w e l c h e den Setzern des Verlages ein großes Verdienst zukommt, namentlich die richtige Lesart der zahlreichen fremds p r a c h i g e n Fachwörter außereuropäischer Einrichtungen u. dgl. g a b zu mancherlei Zweifeln und N a c h f r a g e n Anlaß, und es ist möglich, daß trotz des freundlichen Beistands verschiedener Fachgelehrter Unstimmigkeiten
23 Am 13. September 1921 schrieb Marianne Weber an Oskar Siebeck: „Der letzte Teil der Religionssoziologie (Bogen 12) ist noch nicht da u. ich brauche ihnt,] um bei der Inhaltsangabe des 12. Kapitels die Seitenzahlen auszufüllen". (Ebd.). 24 In Auswahl: S. 136, Anm. e: alii cuti > dii certi (emendiert nach Hintze, Otto, Max Webers Soziologie, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche, Jg. 50, 1926, S. 8 3 - 9 5 , hier: S.87; hinfort: Hintze, Max Webers Soziologie). S. 136, Anm.g: incubi > incerti (emendiert nach Hintze, Max Webers Soziologie, S.87); S.273, Anm.n: Umodnitschestwo > Narodnitschestwo; S.276, Anm.r: Mönche > Menschen; S.285, Anm.f: erastianisch > erasmianisch, irenäisch > ¡renisch; S.287, Anm.g: römischen > romanischen; S.376, Anm.p: Lehr- > Lese-; S.383, Anm. q: Acta di Calimala > Arte dl Calimala (gleiche Verschreibung wie In WuG1, S. 802; MWG I/22-4); S.416, Anm.m: restlose > rastlose (emendiert nach Hintze, Max Webers Soziologie, S.87). 25 Brief von Marianne Weber an Oskar Siebeck vom 23. September 1921, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 26 Vgl. oben, S. 108.
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Religiöse
Gemeinschaften
unterlaufen" sind. 2 7 Welche Schwierigkeiten die Entzifferung m a c h t e , zeigt das a u f g e f u n d e n e Handschriftenfragment. Als Albert Salomon im Z u g e der Arbeiten an einem Register zu den „Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie" a u c h den Text von WuG 1 durcharbeitete, erkannte er, wie viele Sinn- und Druckfehler der Text enthielt und teilte seine B e o b a c h t u n g d e m Verleger mit. 2 8 In einem Brief an Marianne Weber schrieb der Verleger Oskar Siebeck a m 29. Juni 1922: „Grosse Sorge bereitete mir eine B e m e r k u n g , die Herr Dr. Salomon a m Schlüsse seines Brief macht. Er schreibt wörtlich: .Außerdem erlaube ich mir mitzuteilen, dass in der 2. Lieferung von Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft eine ganze Reihe schwerer, z u m Teil sinnentstellender Druckfehler vorkommt, w a s mir a u c h von anderer Seite bestätigt wird'". 2 9 R ü c k b l i c k e n d attestierten die Verleger Melchior Palyi „saumselige Erledigung der Korrekturen d e s Werkes" 3 0 : „[...] die Korrekturarbeit des Herrn Dr. Palyi scheint nach der t e c h n i s c h e n Seite unter keinem glücklichen Stern zu stehen". 3 1 N e b e n den Schwierigkeiten, die die Setzer mit der Entzifferung der Vorlagen hatten, g a b es noch eine andere Fehlerquelle. Wie wir aus d e m o b e n zitierten Brief Marianne W e b e r s vom 25. März 1921 erfahren, mußten noch einige Seiten aus d e m n a c h g e l a s s e n e n Manuskript „abdiktiert" w e r d e n , bevor sie an den Verlag a b g i n g e n . Eine Verschreibung, die e b e n s o in den „Religiösen Gemeinschaften" (S.383) wie in „Staat und Hierokratie" (WuG 1 , S . 8 0 2 ) vorkommt: „Acta di Calimala" statt richtig „Arte di Calimala", 3 2 muß daher nicht u n b e d i n g t auf einem Fehler d e s Setzers, s o n d e r n kann a u c h auf einem mißverstandenen Diktat beruhen, das selber nicht mehr mit der Handschrift kollationiert w o r d e n ist.
27 Johannes Winckelmann tadelte Marianne Webers Bemerkung als einen Versuch, die Verantwortung auf die Schultern der Setzer abzuwälzen: „Vielmehr ist dies ausgesprochenermaßen Aufgabe der Edltoren und Korrektoren". (Winckelmann, Max Webers Hauptwerk, S. 109, Anm.36). 28 Vgl. den Brief von Albert Salomon an Oskar Slebeck vom 16. Juni 1922, VA Mohr/ Slebeck, Tübingen, Schachtel 405. Der für den Verlag Slebeck tätige pensionierte Heidelberger Dekan Karl Zeller prüfte ebenfalls die Fahnen von WuG1 auf Druckfehler. Vgl. etwa den Brief von Werner Siebeck an Marianne Weber vom 20. April 1921, VA Mohr/Slebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 29 Otto Hintze hat später in einer Rezension von „Wirtschaft und Gesellschaft" bemängelt, daß „eine Reihe von störenden Druck- und Lesefehler" auch noch in der zweiten Auflage stehen geblieben seien. (Hintze, Max Webers Soziologie (wie oben, S. 109, Anm. 24), S.87f.). 30 Brief von Werner Siebeck an Marianne Weber vom 30. August 1922, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 31 Brief von Oskar Siebeck an Marlanne Weber vom 22. September 1922, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 32 Der Abschnitt 11 der „Religiösen Gemeinschaften" weist eine große Anzahl von parallelen Ausführungen mit dem WuG1-Kapitel „Staat und Hierokratie" (MWG I/22-4) auf, besonders auf den Seiten WuG1, S. 800, 802 und 811. S. 382-384 der „Religiösen Gemeinschaften" liest sich wie eine Doublette von WuG1, S. 802.
Anhang zum Editorischen
Bericht
111
Nimmt m a n an, daß Weber aus d e m Abschnitt 11 der „Religiösen Gemeinschaften" Teile e n t n o m m e n hat, um die „ Z w i s c h e n b e t r a c h t u n g " fertig zu stellen, könnte dies eine Textlücke in Abschnitt 12 erklären. A b r u p t beginnt der A b s c h n i t t mit d e m Satz: „Die dritte in g e w i s s e m Sinn .weltangepaßte', jedenfalls aber .weltzugewendete', nicht die ,Welt', s o n d e r n nur die g e l t e n d e soziale R a n g o r d n u n g in ihr a b l e h n e n d e Religion ist das J u d e n t u m in seiner uns hier allein a n g e h e n d e n nachexilischen, vor allem talmudis c h e n Form, über deren soziologische Gesamtstellung bereits früher einig e s g e s a g t w u r d e " . 3 3 N a c h d e m J u d e n t u m spricht Weber v o m Islam, um sich d a n n den w e l t a b l e h n e n d e n Religionen von B u d d h i s m u s und d e m alten Christentum z u z u w e n d e n . Es fehlen offensichtlich Konfuzianismus u n d Hinduismus: die Teile, die für die a n s t e h e n d e n Aufsätze über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen" relevant waren und die Weber dafür e n t n o m m e n h a b e n könnte. 3 4 A u c h am Ende ist der Abschnitt unvollständig. „ N a c h Notizen im Manuskript sollte dieser Abschnitt weitergeführt werden", teilten die Erstherausgeber mit. 3 5
Zu dieser Edition Der Edition von Max Webers „Religiöse G e m e i n s c h a f t e n " liegt, von einem H a n d s c h r i f t e n f r a g m e n t a b g e s e h e n , 3 6 ein Text z u g r u n d e , der im Zweiten Teil der Erstauflage von „Wirtschaft u n d Gesellschaft" als Kapitel IV unter d e m Titel „Religionssoziologie. (Typen religiöser Vergemeinschaftung.)" im Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung III: Wirtschaft u n d Gesellschaft. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1921/22, S . 2 2 7 - 3 6 3 (A), p o s t h u m veröffentlicht wurde. Dieser B a n d wurde in vier Lieferungen publiziert. Die zweite Lieferung vom Oktober 1921 enthielt die Seiten 227 bis 356, 3 7 d e n weitaus größten Teil der „Religiösen Gemeinschaften". Die letzten sieben Seiten von Abschnitt 12 (Die Kulturreligionen u n d die „Welt", WuG 1 , S . 3 5 7 -
33 Vgl. unten, S.414. 34 Wolfgang Schluchter konstatierte: „Es fehlt der Text oder Textteil, den Weber bei der Umarbeitung der Studien über Konfuzianismus und Hinduismus mit einarbeitete". (Schluchter, Religion und Lebensführung II, S.280). 35 Unten, S.447, Anm.h. 36 Vgl. den Faksimile-Abdruck und die Transkription, unten, S. 449f. 37 Vgl. den Brief von Oskar Siebeck an Marianne Weber vom 19. September 1919: „Sodann übergebe ich Ihnen In der Anlage einen Revlsionsbogen der letzten 6V2 Selten der Religionssoziologie. Erst jetzt sehe ich, dass dieser Abschnitt eigentlich nicht ganz vollständig ist und das bestärkt mich in meiner Auffassung, dass ein Abbrechen der 2. Lieferung mit Seite 356 durchaus unbedenklich ist". (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
112
Religiöse
Gemeinschaften
363) erschienen erst mit der dritten Lieferung 3 8 1922. Das z u m Schluß ged r u c k t e Inhaltsverzeichnis der Erstauflage d e s Bandes folgte d e m der zweiten Lieferung und g a b fälschlicherweise für die gesamte „Religionssoziologie" die Seiten 227 bis 356 an. Tatsächlich hätte es aber 227 bis 363 heißen müssen. Die Z w i s c h e n ü b e r s c h r i f t e n zu den Abschnitten 1 - 1 2 w e r d e n aus der Erstausgabe von „Wirtschaft und Gesellschaft" ü b e r n o m m e n . Ist die Authentizität nicht gesichert, so erfolgt die W i e d e r g a b e in e c k i g e n Klammern. 3 9 Auf die W i e d e r g a b e der Inhalts- u n d Seitenübersichten, wie sie sich in der Erstausgabe von „Wirtschaft u n d Gesellschaft" zu einzelnen A b schnitten finden, wird in der v o r l i e g e n d e n Edition verzichtet, d a sie als nicht Weber-authentisch anzusehen sind. 4 0 Im textkritischen A p p a r a t erfolgt jed o c h ein Hinweis auf diese Übersichten der Erstausgabe. 4 1 Die Edition versieht den Text mit Erläuterungen. An zahlreichen Stellen v e r w e n d e t Weber in seiner Darstellung b i b l i s c h e Metaphern, Gleichnisse, S p r ü c h e . 4 2 Diese Quellen w e r d e n genannt u n d a u c h anderes B i l d u n g s g u t sichtbar g e m a c h t . Andere Erläuterungen h ä n g e n mit d e m U m s t a n d z u s a m men, daß dieser Text, der aus Webers religionswissenschaftlichen Studien von 1911 bis 1913 h e r v o r g e g a n g e n ist, nach d e m Urteil seines Verfassers nicht druckreif war. Wie o b e n dargestellt, wollte Weber ihn erst n a c h gründlicher Überarbeitung, die nicht nur die Form, sondern a u c h d e n Inhalt der Ausführung betroffen hätte, publizieren. Besondere Schwierigkeiten u n d A n f o r d e r u n g e n e r g e b e n sich aus d e m Fehlen von Literaturangaben, die Weber d e m Text vorangestellt hätte. Um ein n a h e l i e g e n d e s Mißverständnis auszuschließen: Es konnte nicht das Ziel der Erläuterungen sein, alle Ausf ü h r u n g e n Webers auf die von ihm benutzten Quellen zurückzuführen. Die Edition beschränkt sich auf folgendes: Weber macht regelmäßig A u s s a g e n , die sich direkt oder indirekt, befürwortend oder a b l e h n e n d auf Positionen der d a m a l i g e n Forschung b e z o g e n . An derartigen Stellen besteht Erläuterungsbedarf. Man muß mehr von diesen Positionen wissen, um Webers Text vor d e m Hintergrund der z e i t g e n ö s s i s c h e n Religionswissenschaft u n d Relig i o n s g e s c h i c h t e verstehen zu können. Durch eine Rekonstruktion von
38 Vgl. den Brief von Oskar Siebeck an Marianne Weber vom 19. Oktober 1921: „Ich bitte es mir daher nicht als pedantischen Eigensinn auszulegen, wenn ich mit Bedacht daran festhalte, dass der Anschluss der Religionssoziologie bis zur 3. Lieferung zurückgehalten wird". (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 39 Vgl. unten, S. 121 mit Anm. b. 40 Vgl. oben, S. 108f. 41 Vgl. unten, S. 121, Anm. b; S. 161, Anm.h; S. 177, Anm.k; S. 194, Anm.u; S.218, Anm. m; S. 290, Anm. k; S. 305, Anm. o; S. 367, Anm. k und S. 414, Anm. I. 42 Die Auflösung erfolgt nach: Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, nach der deutschen Übersetzung D. Martin Luthers. - Berlin: o.V. 1899.
Anhang zum Editorischen
Bericht
113
W e b e r s eigener Einordnung in den wissenschaftlichen Erörterungskontext der d a m a l i g e n Zeit soll seine Theorie und Darstellung religiöser Gemeinschaften dokumentiert werden. Dieser A u s g a n g s p u n k t der Literaturrecherc h e n bestimmt die Erläuterungen des Textes in dieser kritischen Edition. 4 3 N o c h ein Wort dazu, wie das geschieht. Weber nennt in seinem Text einige Male wissenschaftliche Autoren namentlich. 4 4 A b e r nur bei der N e n n u n g von Kurt Breysig gibt er auch einen Hinweis auf den Titel der Publikation. 4 5 Ansonsten muß man aus d e m Kontext oder aus anderen Z u s a m m e n h ä n g e n erschließen, um w e l c h e Schriften es sich handelt. Da Weber aber nicht wörtlich zitiert, b e g n ü g t sich die Edition damit, Publikationen der g e n a n n t e n Autoren, in d e n e n die e n t s p r e c h e n d e n A u s s a g e n v o r k o m m e n und die Weber im Blick auf Zeit und Verbreitung kennen konnte, nachzuweisen. In vielen Fällen aber bezieht Weber Stellung zu religionswissenschaftlichen Kontroversen oder Auffassungen, ohne Autoren zu nennen. Hier identifiziert die Edition Autoren und Publikationen, die die von Weber vorausgesetzte Position vertreten. Transkriptionen griechischer, hebräischer und arabischer Wörter und Namen w e r d e n in der H e r a u s g e b e r r e d e e n t s p r e c h e n d der vierten, seit 1998 e r s c h e i n e n d e n Auflage der RGG v o r g e n o m m e n .
43 Johannes Winckelmann hat die Texte aus „Wirtschaft und Gesellschaft" mit „textkritischen Erläuterungen" versehen. Diese sind jedoch weder systematisch angebracht noch bleiben sie im Zeithorizont von Weber (Vgl. Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, 5., revidierte Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1976. Die Seiten 69-105 beziehen sich auf die „Religiösen Gemeinschaften". Die amerikanische Übersetzung von „Wirtschaft und Gesellschaft" bietet eine partielle Kommentierung des Textes „Religiöse Gemeinschaften". (Weber, Max, Economy and Society. An Outline of Interpretive Sociology, edited by Guenther Roth and Claus Wittich, vol. 2. - New York: Bedminster Press 1968, S.399-634). 44 Vgl. das Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur (unten, S. 505-507). 45 „[...] die Frage der .Heilbringer', welche Breysig s. Zt. angeschnitten hat" (unten, S. 177). Gemeint ist Breysig, Kurt, Die Entstehung des Gottesgedankens und der Heilbringer. - Berlin: Georg Bondi 1905.
Anhang zum Editorischen
Bericht
Verweisauflösungen innerhalb des Textes „Religiöse Gemeinschaften"
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aus Abschnitt
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3
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5
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10
11
12
121-157
157-161
161-177
177-194
194-203
203-218
218-290
290-301
301-305
305-367
367-414
414-447
auf A b - \ schnitt \
1
4
4
1
1
1
1
4
4
4
4
4
1
2
1
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2 1
3 4
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1
2
3
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1+2
1
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6
1
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5 6 7
1
8
3+)
1 1
9 3
6+4
2+2
11
1
1
1
12
2
10
Keine Auflösung
2
2
2
+*
1 2
1
Die fett markierten Z a h l e n b e z e i c h n e n eine A u f l ö s u n g nur an einer Stelle, die kursiv markierten Z a h l e n b e z i e h e n sich auf Textverweise, die sich m e h r f a c h auflösen lassen. * Die U m g e h u n g d e s Z i n s v e r b o t e s ist bereits o b e n , S. 348, aber a u c h n o c h einmal in WuG 1 , S. 8 0 2 ( M W G I / 2 2 - 4 ) behandelt. Unten, S . 3 8 2 , k o m m t W e b e r auf die U m g e h u n g d e s Z i n s v e r b o t e s in d e n „ M o n t e s pietatis" zu s p r e c h e n .
116
Religiöse
Gemeinschaften V e r w e i s s t r u k t u r z w i s c h e n d e m Text „ R e l i g i ö s e
Die Tabelle basiert auf der Kapitelanordnung, den Kapitelüberschriften (Zelle 5) und Seitenangaben Bandzählung der MWG a n g e g e b e n . Zu d e n v e r w e n d e t e n A b k ü r z u n g e n vgl. die Legende, unten, S. 118
MWG
MWG
1/22-1
1/22-1
MWG 1/22-1
MWG I/22-2
MWG
MWG
1/22-1
I/22-3
MWG I/22-3
MWG I/22-5
MWG I/22-4
MWG 1/22-1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
WuG 1
181-193
194-215
216-226
227-363
364-367
368-385
386-512
513-600
603-612
613-618
WuGallg
Typen
EthnGem
Relsoz
Markt
WuO
Recht
Stadt
Herr
PolGem
->
1
3
3 „Marktgemeinschaft" (MWG 1/22-1, Gemeinschaften) „Die Wirtschaft und die Ordnungen", WuG 1 , S. 3 6 8 - 3 8 5 - > (MWG I / 2 2 - 3 , Recht) „Rechtssoziologie. (Wirtschaft und Recht.)", WuG 1 , S. 3 8 6 - 5 1 2 - > (MWG I / 2 2 - 3 , Recht) „Die Stadt", WuG 1 , S. 5 1 3 - 6 0 0 - > „Die Stadt" (MWG I / 2 2 - 5 ) „Herrschaft", WuG 1 , S. 6 0 3 - 6 1 2 - > (MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) „Politische Gemeinschaften", WuG 1 , S. 6 1 3 - 6 1 8 - > „Politische Gemeinschaften" (MWG 1/22-1, Gemeinschaften) „ M a c h t g e b i l d e . .Nation'", WuG 1 , S. 6 1 9 - 6 3 0 - > „Machtprestige und Natlonalgefühl" (MWG 1/22-1, Gemeinschaften) „Klasse, Stand, Partelen", WuG 1 , S. 631 - 6 4 1 - > „.Klassen', .Stände' und .Parteien'" (MWG 1/22-1, Gemeinschaften) „Legitimität", WuG 1 , S. 6 4 2 - 6 4 9 (MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) „Bürokratie", WuG 1 , S. 6 5 0 - 6 7 8 - > (MWG I/22-4 , Herrschaft) „Patrimonialismus", WuG 1 , S. 6 7 9 - 7 2 3 - > (MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) „Wirkungen des Patrimonialismus und des Feudalismus", WuG 1 , S. 724(MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) „Charismatismus", WuG 1 , S. 7 5 3 - 7 5 7 (MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) „ U m b i l d u n g des Charisma", WuG 1 , S. 7 5 8 - 7 7 8 (MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) „Staat u n d Hlerokratle", WuG 1 , S. 7 7 9 - 8 1 7 - > (MWG I / 2 2 - 4 , Herrschaft) Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" Konfuzianlsmus und Taoismus" (MWG 1/19)
Max W e b e r s religionswissenschaftliche Gewährsleute
Hermann Usener (1834-1905)
Erwin Rohde (1845-1898)
Ernst Troeltsch ( 1 8 6 5 - 1 9 2 3 )
Robert R a n u l p h Marett ( 1 8 6 6 - 1 9 4 3 )
a
[Religiöse Gemeinschaften]3
b
l. [Die Entstehung der Religionen.] 0
Eine Definition dessen, was Religion „ist", kann unmöglich an der Spitze, sondern könnte allenfalls am Schlüsse einer Erörterung wie der nachfolgenden stehen. Allein wir haben es überhaupt nicht mit dem „Wesen" der Religion, sondern mit den Bedingungen und Wirkungen einer bestimmten Art von Gemeinschaftshandeln zu tun, dessen Verständnis auch hier nur von den subjektiven Erlebnissen, Vorstellungen, Zwecken des Einzelnen - vom „Sinn" - aus gewonnen werden kann, da der äußere Ablauf ein höchst vielgestaltiger ist. Religiös oder magisch motiviertes Handeln ist, in seinem urwüchsigen Bestände, diesseitig ausgerichtet. „Auf daß es dir wohl gehe und du lange lebest auf Erden", 1 sollen die religiös oder magisch gebotenen Handlungen vollzogen werden. Noch solche, zumal bei einem Stadtvolk außerordentlichen, Leistungen wie Menschenopfer wurden in den phönikischen Seestädten ohne alle und jede Jenseitserwartung gespendet. 2 Religiös oder magisch motiviertes Handeln ist ferner^] gerade in seiner urwüchsigen Gestalt, ein mindestens relativ rationales Handeln: wenn auch nicht notwendig ein Handeln nach Mitteln und Zwecken, so doch nach Erfahrungsregeln. Wie das Quirlen den Funken aus dem Holz, so lockt die „magische" Mimik des Kundigen den Regen aus dem Himmel. Und der Funken, den der Feuerquirl erzeugt, ist genau ebenso ein „magisches" Produkt wie der durch die Manipulatioa A: Kapitel IV. Religionssoziologie. (Typen religiöser Vergemeinschaftung.) b A: § 1: Die E n t s t e h u n g der Religionen. Die Authentizität der Überschrift ist nicht gesichert. Vgl. Editorischen Bericht, oben, S. 106. In A folgt eine Inhalts- und Seitenübersicht. 1 Epheser 6, 2f.: „,Ehre Vater und Mutter', das ist das erste Gebot, das Verheißung hat: ,Auf daß dir's wohlgehe, und lange lebest auf Erden'". 2 Diesen Sachverhalt beschrieb Friedrich Jeremias: „[...] das ist doch im Sinne der Opfernden der Trieb zum Menschenopfer gewesen. Und was erwartete man zum Lohn? Nichts, was über den Genuss des irdischen Lebens und irdischer Güter hinausgeht". (Jeremias, Friedrich, Semitische Völker in Vorderasien, in: Chantepie de la Saussaye, Pierre Daniel (Hg.), Lehrbuch der Religionsgeschichte, Band 1, 3., vollständig neu bearbeitete Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1905, S.382).
122
Religiöse
Gemeinschaften
nen des Regenmachers erzeugte Regen. Das religiöse oder „magische" Handeln oder Denken ist also gar nicht aus dem Kreise des alltäglichen Zweckhandelns auszusondern, zumal auch seine Zwecke selbst überwiegend ökonomische sind. Nur wir, vom Standpunkt unserer heutigen Naturanschauung aus, würden dabei objektiv „richtige" und „unrichtige" Kausalzurechnungen unterscheiden und die letzteren als irrational, das entsprechende Handeln als „Zauberei" ansehen können. Der magisch Handelnde selbst unterscheidet zunächst nur nach der größeren oder geringeren Alltäglichkeit der Erscheinungen. Nicht jeder beliebige Stein z. B. ist als Fetisch zu brauchen. Nicht jeder Beliebige hat die Fähigkeit in Ekstase zu geraten und also diejenigen Wirkungen meteorologischer, therapeutischer, divinatorischer, telepathischer Art herbeizuführen, welche man erfahrungsgemäß nur dann erreicht. Nicht immer nur diese, aber vornehmlich diese außeralltäglichen Kräfte sind es, welchen gesonderte Namen: „mana", „orenda", bei den Iraniern: „maga" (davon: magisch) beigelegt werden, 3 und für die wir hier ein für allemal den Namen „Charisma" gebrauchen A 228 wollen. Das Charisma kann entweder - und nur | dann verdient es in vollem Sinn diesen Namen - eine schlechthin an dem Objekt oder der Person, die es nun einmal von Natur besitzt, haftende, durch nichts zu gewinnende, Gabe sein. Oder es kann und muß dem Objekt oder der Person durch irgendwelche, natürlich außeralltägliche, Mittel künstlich verschafft werden. Die Vermittlung bil3 Die Begriffe mana und orenda bezeichnen Dinge oder Personen, denen etwas Mächtiges, Staunenerregendes, Außerordentliches, Ungewöhnliches und Ehrfurchterweckendes anhaftet. Der englische Missionar Robert Henry Codrington deutete 1891 das mana der Melanesier als eine übernatürliche außergewöhnliche Macht, erkannte aber auch, daß diese Kraft In der Regel an eine Person g e b u n d e n ist, (Codrington, Robert Henry, The Melaneslans, Studies in their Anthropology a n d Folk-Lore. - Oxford: Clarendon Press 1891). In der Religion der Irokesen bedeutet orenda eine im wesentlichen unpersönliche Macht, die sich j e d o c h mit M e n s c h e n verbinden kann. Zum orenda der Irokesen zur Zelt Webers vgl. Hewltt, John Napoleon Brinton, Orenda and a Definition of Religion, in: The American Anthropologist, New Serles, vol. 4, 1902, S. 3 3 - 4 6 . Der Ausdruck maga („Bund") kommt in Zarathustras Gathas vor. Christian Bartholomae brachte Ihn mit maya („Reinigungsraum") in Verbindung. (Bartholomae, Altiranisches Wörterbuch, S. 1 1 1 0 - 1 1 1 2 ) . A n g a b e n Herodots (5. Jahrhundert v. Chr.) zufolge waren die magoi einer der sechs m e d i s c h e n Stämme. Sie waren zuständig für Opfer, Traumdeutung und Bestattung (Historien I, 101, 107, 120, 128, 132 und 140). Robert Ranulph Marett sah in mana und äquivalenten Bezeichnungen eine urtümliche Erfahrung von Macht, die der erklärenden Seelenvorstellung v o r a u s g e g a n g e n sei. Er prägte dafür d e n Begriff „Prä-animismus". Vgl. dazu unten, S. 125, A n m . 8 .
1. Die Entstehung der Religionen
123
det die Annahme: daß die charismatischen Fähigkeiten zwar in nichts und Niemandem entwickelt werden können, der sie nicht im Keime hat, daß aber dieser Keim verborgen bleibt, wenn man ihn nicht zur Entwicklung bringt, das Charisma - z. B. durch „Askese" - „weckt". Alle Formen der religiösen Gnadenlehre: von der gratia infusa 4 bis zur strengen Werkgerechtigkeit liegen so schon in diesem Stadium im Keim beschlossen. Diese streng naturalistische (neuerdings sog. präanimistische) Vorstellung 5 verharrt in der Volksreligiosität hartnäckig. Kein Konzilsbeschluß, der die „Anbetung" Gottes von der „Verehrung" von Heiligenbildern als bloßen Mitteln der Andacht scheidet, 6 hat gehindert, daß der Südeuropäer noch heute das Heiligenbild selbst verantwortlich macht und ausspuckt, wenn trotz der üblichen Manipulationen der beanspruchte Erfolg ausbleibt. Immerhin ist dabei meist bereits eine nur scheinbar einfache Abstraktion vollzogen: die Vorstellung von irgendwelchen „hin4 Der Kirchenlehrer Aurelius Augustinus entfaltete in seinen Schriften die Lehre von der Gnadeneinwirkung Gottes als einer Inspiration, einer Ergießung der göttlichen Gnade durch den Heiligen Geist. Die Scholastik bezeichnete dies später als „gratia infusa". Nach katholischer Lehre spendet Gott die Gnade in der Regel durch die Kultushandlungen der Kirche, die Sakramente. Durch sie wird den Menschen die göttliche Gnade „eingeflößt", vermehrt oder nach ihrem Verlust neu gestiftet. 5 Die Präanimismus-Theorie stammte von Robert Ranulph Marett. Marett begründete in einem Vortrag 1899, der im Juni 1900 unter dem Titel: „Pre-animistic Religion" zuerst in der Zeitschrift Folk-Lore erschienen war und dann in einem Sammelband des Autors wieder abgedruckt wurde (Marett, Robert Ranulph, Pre-animistic Religion, in: ders., The Threshold of Religion. - London: Methuen & Co. Ltd. 1909, S. 1 - 2 8 ) , daß Machterfahrungen eine Voraussetzung der Seelenkonzeption seien und dem „Animlsmus" von Edward Burnett Tylor (vgl. unten, S. 125, Anm.8) logisch und psychologisch vorausgingen. Er sprach daher von „Präanlmismus". Während Tylor den „Animismus" als ein Erklärungsmodell für Naturvorgänge deutete und „primitive" Religion als Glauben an die Existenz übernatürlicher geistiger Wesen definierte, hielt Marett die Furcht vor dem Machtvollen für das Rohmaterial von Religion. Naturerscheinungen würden als unberechenbare Mächte erfahren, ohne daß notwendigerweise bereits eine Beseelung angenommen werden müßte. Mit Hilfe der Seelenvorstellungen hätten sich die Menschen jedoch ihre Erfahrungen von Macht verständlich gemacht. Logisch und chronologisch gehe diesen Seelenvorstellungen ein anderer Sachverhalt voraus: das Gefühl von Ehrfurcht. Marett verlegte die Anfänge von Religion vom intellektuellen Bedürfnis nach Erklärungen In ein Erleben von Macht. 6 Im Rahmen des sog. „Bilderstreites von Byzanz", des Streites um die Zulässigkeit der Verehrung religiöser Bilder (Ikonen), der 726 begann, wurde auf dem VII. ökumenischen Konzil von Nicäa 787 beschlossen, daß jede „ehrerbietige Verehrung" (griech.: timetike proskynesis), die den Bildern Christi, der Gottesmutter, der Engel oder der Helligen gezollt wird, dem Urbild gelte. Diese „Verehrung" wurde unterschieden von der „wahren Anbetung" (griech.: alethlne latreia), die allein Gott vorbehalten sei.
124
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ter" dem Verhalten der charismatisch qualifizierten Naturobjekte, Artefakte, Tiere, Menschen, sich verbergenden und ihr Verhalten irgendwie bestimmenden Wesenheiten: der Geisterglaube. Der „Geist" ist zunächst weder Seele, noch Dämon oder gar Gott, sondern dasjenige unbestimmt: materiell und doch unsichtbar, unpersönlich und doch mit einer Art von Wollen ausgestattet gedachte Etwas, welches dem konkreten Wesen seine spezifische Wirkungskraft erst verleiht, in dasselbe hineinfahren und aus ihm - aus dem Werkzeug, welches unbrauchbar wird, aus dem Zauberer, dessen Charisma versagt - auch irgendwie wieder heraus, ins Nichts oder 0 in einen anderen Menschen oder in ein andres Objekt hinein fahren kann. Es erscheint nicht nachweisbar, daß allgemeine ökonomische Bedingungen für die Entwicklung zum Geisterglauben Vorbedingung sind. Gefördert wird sie, wie alle Abstraktion auf diesem Gebiet, am stärksten dadurch, daß die von Menschen besessenen „magischen" Charismata nur besonders Qualifizierten anhaften und daß sie dadurch die Unterlage des ältesten aller „Berufe" wird, des berufsmäßigen Zauberers. Der Zauberer ist der dauernd charismatisch qualifizierte Mensch im Gegensatz zum Alltagsmenschen, dem „Laien" im magischen Sinn des Begriffs. Er hat insbesondre die spezifisch das Charisma repräsentierende oder vermittelnde Zuständlichkeit: die Ekstase, als Objekt eines „Betriebs" in Pacht genommen. Dem Laien ist die Ekstase nur als Gelegenheitserscheinung zugänglich. Die soziale Form, in der dies geschieht, die Orgie, als die urwüchsige Form religiöser Vergemeinschaftung, im Gegensatz zum rationalen Zaubern, ist ein Gelegenheitshandeln gegenüber dem kontinuierlichen „Betrieb" des Zauberers, der für ihre Leitung unentbehrlich ist. Der Laie kennt die Ekstase nur als einen, gegenüber den Bedürfnissen des Alltagslebens notwendig nur gelegentlichen Rausch, zu dessen Erzeugung alle alkoholischen Getränke, ebenso der Tabak und ähnliche Narkotika, die alle ursprünglich Orgienzwecken dienten, daneben vor allem die Musik, verwendet werden. Wie man sie verwendet, bildet neben der rationalen Beeinflussung der Geister im Interesse der Wirtschaft, den zweiten, wichtigen, aber entwicklungsgeschichtlich sekundären Gegenstand der naturgemäß fast überall zu einer Geheimlehre werdenden Kunst des Zauberers. Auf Grund der Erfahc A: oder,
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rangen an den Zuständlichkeiten bei Orgien und sicherlich überall in starkem Maße unter dem Einfluß seiner Berufspraxis vollzieht sich die Entwicklung des Denkens zunächst zu der Vorstellung von der „Seele" als eines vom Körper verschiedenen Wesens, welches 5 hinter, bei oder in den Naturobjekten in ähnlicher Art vorhanden sei, wie im menschlichen Körper etwas steckt, was ihn im Traum, in Ohnmacht und Ekstase, im Tode verläßt. 7 Die verschiedenen Möglichkeiten der Beziehung jener Wesenheiten zu den Dingen, hinter denen sie stecken oder mit denen sie irgendwie verbunden sind, io können hier nicht erörtert werden. Sie können bei einem oder innerhalb eines konkreten Objekts oder | Vorgangs mehr oder min- A 229 der dauernd und exklusiv „hausen". Oder umgekehrt: sie können bestimmte Vorgänge und bestimmte Dinge oder Kategorien solcher irgendwie „haben" und also über deren Verhalten und Wirk15 samkeit maßgebend verfügen: diese und ähnliche sind die eigentlich „animistischen" Vorstellungen. 8 Oder sie können in Dingen: Pflanzen, Tieren oder Menschen sich zeitweise „verkörpern" eine weitere erst allmählich erreichte Stufe der Abstraktion - oder endlich: sie können durch sie - die höchste sehr selten festgehalte20 ne Stufe der Abstraktion - nur „symbolisiert", selbst aber als irgendwie nach eigenen Gesetzen lebende, aber normalerweise unsichtbare Wesen gedacht sein. Dazwischen gibt es natürlich die mannigfachsten Übergänge und Kombinationen. Schon durch die zuerst genannten, einfacheren Abstraktionsformen sind „übersinn25 liehe" Mächte, welche in die Geschicke der Menschen eingreifen können, ähnlich wie ein Mensch in die Geschicke seiner Außenwelt, im Prinzip konzipiert.
7 Erwin Rohde vertrat die Meinung, in den „dionysischen Orgien" sei eine Vereinigung mit Gott angestrebt worden, wobei äußere Mittel (Musik, Tanz, Narkotika) verwendet worden seien. In diesem Rausch der Ekstase habe sich der Glaube an das Dasein einer vom Leib getrennten Seele gefestigt. (Rohde, Psyche II, S.22-35). 8 Der Begriff „Animismus" geht auf den englischen Anthropologen Edward Burnett Tylor zurück. Tylors evolutionistische Religionstheorie erklärte die Annahme einer „Seele" aus elementaren Erfahrungen. Sie sei aus dem Verlangen des primitiven Menschen hervorgegangen, ihm rätselhafte Erscheinungen wie Träume, Krankheit, Tod zu erklären. Aus der Vorstellung von „Seele" habe sich über die Vorstellung von „Gelstern" die Konzeption von „Göttern" entwickelt. Tylor sah im Animismus abwechselnd eine Religion, eine rohe Philosophie („crude phllosophy") oder eine wilde Theologie („savage theology"). (Tylor, Edward Burnett, Primitive Culture. Researches into the Development of Mythology, Phllosophy, Religion, Art and Custom, two volumes. - London: Murray 1871).
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Auch die „Götter" oder „Dämonen" sind aber noch nichts Persönliches oder Dauerndes, nicht einmal immer etwas besonders Benanntes. Ein „Gott" kann als eine über den Verlauf eines einzelnen konkreten Vorgangs verfügende Macht konzipiert werden (Useners „Augenblicksgötter"), 9 an welche nachher niemand mehr denkt, oder der erst dann wieder erneut in Frage kommt, wenn der betreffende Vorgang sich wiederholt. Er kann umgekehrt diejenige Macht sein, die noch nach dem Tode eines großen Helden irgendwie von diesem ausgeht. Sowohl die Personifikation wie die Verunpersönlichung kann im Einzelfall der spätere A k t sein. Sowohl Götter ohne alle Eigennamen, benannt nur nach dem Vorgang, über den sie Gewalt haben, kommen vor, deren Bezeichnung erst allmählich, wenn sie sprachlich nicht mehr verstanden wird, den Charakter eines Eigennamens annimmt, wie umgekehrt Eigennamen mächtiger Häuptlinge oder Propheten zur Bezeichnung göttlicher Mächte geworden sind, ein Vorgang, aus welchem nun umgekehrt der Mythos wieder das Recht schöpft, reine Götterbezeichnungen zu Personennamen vergötterter Heroen zu machen. Ob eine bestimmte Konzeption einer „Gottheit" zu einer perennierenden gedeiht und nun bei ähnlichen Gelegenheiten immer erneut durch magische oder symbolische Mittel angegangen wird, hängt von den allerverschiedensten Umständen, in erster Linie aber wiederum davon ab, ob und in welcher Form entweder die magische Praxis der Zauberer oder das persönliche Attache ment eines weltlichen Potentaten auf Grund persönlicher Erfahrungen ihn rezipiert. Wir registrieren hier lediglich als Resultat des Prozesses die Entstehung einerseits der „Seele", andrerseits der „Götter" und „Dämonen", 1 0 „übernatürlicher" Mächte also, deren Beziehungen zu den Menschen zu ordnen nun das Reich des „religiösen" Han9 Hermann Usener erklärte den Begriff „Augenblicksgötter" wie folgt: „Wenn die augenblickliche empflndung dem dinge vor uns, das uns die unmittelbare nähe einer gottheit zu bewusstsein bringt, dem zustand In dem wir uns befinden, der kraftwlrkung die uns überrascht, den werth und das vermögen einer gottheit zumlsst, dann Ist der augenblicksgott empfunden und geschaffen. In voller unmittelbarkeit wird die einzelne erschelnung vergöttlicht, ohne dass ein auch noch so begrenzter gattungsbegrlff Irgendwie hineinspielte: das eine ding, das du vor dir siehst, das selbst und nichts weiter Ist der gott". (Usener, Götternamen, S.280). 10 Weber wendet sich hier gegen die Behauptung Tylors (wie oben, Anm.8), es habe eine stufenweise Entwicklung von der Seele zu Gelstern und dann zu Göttern gegeben.
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delns ausmacht. Die „Seele" ist dabei zunächst ein weder persönliches noch unpersönliches Wesen. Nicht nur, weil sie sehr vielfach naturalistisch identifiziert wird mit dem, was nach dem Tode nicht mehr da ist, mit dem Hauch oder mit dem Puls des Herzens, in 5 dem sie sitzt und durch dessen Verspeisung man sich z. B. den Mut des Feindes aneignen kann. Sondern vor allem, weil sie oft gar nichts Einheitliches ist: die Seele, die den Menschen im Traum verläßt, ist etwas anderes als die, welche in der „Ekstase" aus ihm oben, wo dann das Herz im Halse schlägt und der Atem keucht, 10 herausfährt, oder die, welche seinen Schatten bewohnt oder die, welche nach dem Tode im Leichnam oder nahe beim Leichnam, solange noch etwas von ihm übrig ist, haust oder die, welche im Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts noch irgendwie fortwirkt, mit Neid und Zorn sieht, wie die Erben das einst dem Toten gehörige 15 genießen, oder den Nachfahren im Traum oder als Vision erscheint, drohend oder beratend, oder in irgendein Tier oder in einen anderen Menschen hineinfahren kann, vor allem in ein neugeborenes Kind - all dies je nachdem zum Segen oder Unsegen. Daß die „Seele" als eine dem „Körper" gegenüber selbständige Einheit 20 konzipiert wird, ist ein selbst in den Erlösungsreligionen nicht durchweg akzeptiertes Resultat - ganz abgesehen davon, daß einzelne von diesen (der Buddhismus) 11 gerade diese Vorstellung wieder ablehnen. | Nicht die Persönlichkeit oder Unpersönlichkeit oder Überper- A 230 25 sönlichkeit „übersinnlicher" Mächte ist das zunächst Spezifische dieser ganzen Entwicklung, sondern: daß jetzt nicht nur Dinge und Vorgänge eine Rolle im Leben spielen, die da sind und geschehen, sondern außerdem solche, welche und weil sie etwas „bedeuten". Der Zauber wird dadurch aus einer direkten Kraftwirkung zu ei30 ner Symbolik. Neben die unmittelbar physische Angst vor dem physischen Leichnam - wie sie auch die Tiere haben welche so oft für die Bestattungsformen maßgebend war (Hockerstellung, Verbrennung), ist zunächst die Vorstellung getreten, daß man die
11 Der B u d d h i s m u s kennt nicht mehr d a s zentrale Selbst d e s atman, der Einzelseele, d e r e n Streben es war, mit der Weltseele brahman vereinigt zu werden, d a s in d e n U p a n i s h a d e n n o c h Träger d e s L e b e n s u n d Bewußtseins d e s M e n s c h e n war u n d d a s in der S e e l e n w a n d e r u n g die Kontinuität d e s M e n s c h e n sicherte. A n seine Stelle trat Nlrvana, d a s Ziel der A u s l ö s c h u n g d e s Selbst.
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Totenseele unschädlich machen, also sie fort oder in das Grab bannen, ihr dort ein erträgliches Dasein verschaffen oder ihren Neid auf den Besitz der Lebenden beseitigen oder endlich sich ihr Wohlwollen sichern müsse, um in Ruhe vor ihr zu leben. Unter den mannigfach abgewandelten Arten des Totenzaubers hatte die ökonomisch weittragendste Konsequenz die Vorstellung, daß dem Toten seine gesamte persönliche Habe ins Grab folgen müsse. Sie wird allmählich abgeschwächt zu der Forderung, daß man wenigstens eine gewisse Zeit nach seinem Tode die Berührung seines Besitzes meiden, oft auch den eigenen Besitz möglichst nicht genießen solle, um seinen Neid nicht zu wecken. Die chinesischen Trauervorschriften bewahren noch sehr vollständig diesen Sinn mit seinen ökonomisch und politisch (da auch die Wahrnehmung eines Amts als während der Trauerzeit zu meidenden Besitzes Pfründe - galt) 12 gleich irrationalen Konsequenzen. Ist nun aber einmal ein Reich der Seelen, Dämonen und Götter entstanden, welches ein nicht im Alltagssinn greifbares, sondern ein regelmäßig nur durch Vermittlung von Symbolen und Bedeutungen zugängliches hinterweltliches Dasein führt, - ein Dasein, welches infolgedessen als schattenhaft und immer wieder einmal direkt als unwirklich sich darstellte, - so wirkt das auf den Sinn der magischen Kunst zurück. Steckt hinter den realen Dingen und Vorgängen noch etwas anderes, eigentliches, Seelenhaftes, dessen Symptome oder gar nur Symbole jene sind, so muß man nicht die Symptome oder Symbole, sondern die Macht, die sich in ihnen äußert, zu beeinflussen suchen durch Mittel, die zu einem Geist oder einer Seele sprechen, also etwas „bedeuten": durch Symbole. Es ist dann nur eine Frage des Nachdrucks, welchen die berufsmäßigen Kenner dieser Symbolik ihrem Glauben und dessen gedanklicher Durchbildung zu geben vermögen, der Machtstellung also, welche sie innerhalb der Gemeinschaft erringen, je nach der Bedeutsamkeit der Magie als solcher für die besondere Eigenart der Wirt12 Über diesen Sachverhalt äußerte sich Weber ausführlicher in seiner Konfuzianismusstudie: Die Erben eines Verstorbenen in China mußten während der Trauerzeit nicht nur die Hinterlassenschaft der Toten meiden, sondern auch auf die Nutzung ihres eigenen Besitzes weitgehend verzichten. Da chinesische Beamte ihre Ämter häufig als Privatpfründe verstanden, legten sie Im Trauerfall diese nieder. Verordnungen verschiedener Kaiser mit dem Ziel, die entstehenden Ämtervakanzen zu beschränken, griffen nicht und wurden meist aus Angst vor den Toten wieder aufgehoben. (Vgl. MWG 1/19, S.219).
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schaft und je nach der Stärke der Organisation, - welche sie sich zu schaffen wissen - , und eine Flutwelle symbolischen Handelns begräbt den urwüchsigen Naturalismus unter sich. Das hat dann weittragende Konsequenzen. Wenn der Tote nur durch symbolische Handlungen zugänglich ist und nur in Symbolen der Gott sich äußert, so kann er auch mit Symbolen statt mit Realitäten zufriedengestellt werden. Schaubrote, puppenbildliche Darstellungen der Weiber und der Dienerschaft treten an die Stelle der wirklichen Opferung: das älteste Papiergeld diente nicht der Bezahlung von Lebenden, sondern von Toten. 13 Nicht anders in den Beziehungen zu den Göttern und Dämonen. Immer mehr Dinge und Vorgänge attrahieren außer der ihnen wirklich oder vermeintlich innewohnenden realen Wirksamkeit noch „Bedeutsamkeiten", und durch bedeutsames Tun sucht man reale Wirkungen zu erzielen. Schon jedes rein magisch, im naturalistischen Sinn, als wirksam erprobte Verhalten wird natürlich streng in der einmal erprobten Form wiederholt. Das erstreckt sich nun auf das ganze Gebiet symbolischer Bedeutsamkeiten. Die geringste Abweichung vom Erprobten kann sie unwirksam machen. Alle Kreise menschlicher Tätigkeit werden in diesen symbolistischen Zauberkreis hineingerissen. Daher werden die größten Gegensätze rein dogmatischer Anschauungen auch innerhalb der rationalisierten Religionen leichter ertragen, als Neuerungen der Symbolik, welche die magische Wirkung der Handlung gefährden oder - die beim Symbolismus neu hinzutretende Auffassung - gar 13 Laut Johann Jakob Maria de Groot gab man in China (nach einigen Quellen bereits im 3. Jahrhundert) aus Furcht vor Grabräuberei den Verstorbenen Papiergeld mit ins Grab, das für die Manen der Toten bestimmt war. De Groot sprach von „paper mock money". (De Groot, Johann Jakob Maria,The Religious System of China. Its Ancient Forms, Evolution, History and Present Aspects, Manners, Customs and Social Institutions Connected therewith. Vol. II, Book I: Disposal of the Dead, Part III: The Grave (First Half). - Leyden: Brill o.J. [1892], S.712ff.). Andernorts bemerkte de Groot: „Allmählich aber sind im Lauf der Zeiten Nachahmungen aus Holz, Ton, Stroh, Papier und anderem Material an Stelle der wirklichen Gegenstände getreten, und anstatt daß man diese dem Toten ins Grab legt, werden sie nun auf dem Grabe oder zu Hause geopfert und verbrannt. Die erste Rolle spielen dabei die papiernen Silberbarren, welche bei fast jedem Opfer an Stelle wirklichen Geldes für die Seele massenhaft verbrannt werden". (De Groot, Johann Jakob Maria, Die Religionen der Chinesen, in: Die orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 3,1). - Berlin, Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 162-193, Zitat: S. 171; hinfort: De Groot, Religionen der Chinesen).
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den Zorn des Gottes oder der Ahnenseele erwecken könnten. Fra231 gen wie die: ob ein Kreuz mit zwei oder | drei Fingern zu schlagen sei, waren der wesentliche Grund noch des Schismas in der russischen Kirche des 17. Jahrhunderts;14 die Unmöglichkeit, zwei Dutzend Heilige in einem Jahre durch Fortfall der ihnen heiligen Tage gefährlich zu kränken, hindert die Annahme des gregorianischen Kalenders in Rußland noch heute.15 Falsches Singen zog bei den rituellen Singtänzen der indianischen Magier die sofortige Tötung des Betreffenden nach sich,16 um den bösen Zauber oder den Zorn des Gottes zu beschwichtigen. Die religiöse Stereotypierung 14 Der russische Metropolit (seit 1649) und Patriarch (1652-1658) Nikon erließ 1653 eine Anordnung, die u.a. vorsah, das Kreuz mit drei Fingern zu schlagen. Auf den Synoden von 1656 wurden diejenigen verurteilt, die sich nicht mit drei Fingern bekreuzigten, sondern nur mit zwei Fingern. Nikon forderte, daß liturgische Bücher und gottesdienstliche Gebräuche den griechischen und altslawischen Büchern und Liturgien angepaßt würden. Die Gegner seiner Kirchenreform traten nach dem Rücktritt Nikons in offene Opposition, was zum Raskol führte, der Spaltung der orthodoxen Kirche in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. 15 Erst Im Februar 1918 wurde in Rußland der gregorianische Kalender eingeführt, d.h. nach Abfassung dieser Textpassage. Ferdinand Kattenbusch wies darauf hin, daß bereits Peter der Große es unterlassen habe, „mit der allgemeinen Einführung des julianischen Kalenders auch dessen Reform, die durch Papst Gregor XIII. i. J. 1582 decretirt war (.gregorianischer Kalender'), zu reclpiren. [...] Die gregorianische Berechnung ergab die Notwendigkeit, zehn Tage ausfallen zu lassen, wenn die Gegenwart ihre Zelt richtig entsprechend dem Stande der Sonne bestimmen wollte. [...] In diesem Jahrhundert [dem 19.] ist bereits eine Differenz von zwölf Tagen zwischen dem russischen und dem abendländischen Kalender vorhanden". (Kattenbusch, Ferdinand, Lehrbuch der vergleichenden Confessionskunde, Band 1. - Freiburg i.Br.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1892, S. 449). 16 Weber äußerte sich auch In seiner Schrift: Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik. - München: Drei Masken Verlag 1921 (MWG 1/14; hinfort: Weber, Musikstudie) über diesen Sachverhalt. Er bemerkte dort: „Da jede Abweichung von einer einmal praktisch bewährten Formel deren magische Wirkungskraft vernichtete und den Zorn der übersinnlichen Mächte herbeiführen konnte, so war die genaue Einprägung der Tonformeln Im eigentlichsten Sinne .Lebensfrage', .falsches' Singen ein - oft nur durch sofortige Tötung des Schuldigen zu sühnender - Frevel [...]." (Ebd., S.30). Der Ethnologe und Soziologe Heinrich Schurtz, Altersklassen und Männerbünde. Eine Darstellung der Grundformen der Gesellschaft. - Berlin: Georg Reimer 1902, S.395 (hinfort: Schurtz, Altersklassen und Männerbünde), und Kurt Breysig, Die Geschichte der Menschheit, Band 1: Die Amerikaner des Nordwestens und des Nordens. - Berlin: Georg Bondi 1907, S. 151 und 311 (hinfort: Breysig, Geschichte der Menschheit), berichteten von den Wintertänzen der Kwaklutl in Brltisch-Kolumbia, daß Teilnehmer In früheren Zeiten bei falscher Schrittfolge oder Stürzen getötet wurden. Beide Autoren stützten sich auf die Feldforschungen von Franz Boas, The Social Organization and the Secret Societles of the Kwaklutl Indlans. From the Report of the U.S. National Museum for 1895. Washington: Government Printing Office 1897 (hinfort: Boas, Social Organization).
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der Produkte der bildenden Kunst als älteste Form der Stilbildung ist bedingt sowohl direkt durch magische Vorstellungen als indirekt durch die im Gefolge der magischen Bedeutsamkeit des Produkts eintretende berufsmäßige Herstellung, welche schon an sich das Schaffen nach Vorlagen an die Stelle des Schaffens nach dem Naturobjekt setzt; wie groß aber die Tragweite des Religiösen dabei war, zeigt sich z. B. in Ägypten darin, daß die Entwertung der traditionellen Religion durch den monotheistischen Anlauf Amenophis' IV. (Echnaton) sofort: dem Naturalismus Luft schafft. Die magische Verwendung der Schriftsymbole; - die Entwicklung jeder Art von Mimik und Tanz als sozusagen homöopathischer, apotropäisch oder exorzistisch oder magisch-zwingender, Symbolik; - die Stereotypierung der zulässigen Tonfolgen oder wenigstens Grundtonfolgen („raga" 17 in Indien, im Gegensatz zur Koloratur); - der Ersatz der oft ziemlich entwickelten empirischen Heilmethoden (die ja vom Standpunkt des Symbolismus und der animistischen Besessenheitslehre nur ein Kurieren der Symptome waren) durch eine vom Standpunkt dieser Anschauungen aus rationale Methode der exorzistischen oder symbolistisch-homöopathischen Therapie, welche sich zu jener ebenso verhielten, wie die aus gleichen Wurzeln entsprungene Astrologie zur empirischen Kalenderrechnung: - all dies gehört der gleichen, für die inhaltliche Kulturentwicklung unermeßlich folgereichen, hier aber nicht weiter zu erörternden Erscheinungswelt an. Die erste und grundlegende Einwirkung „religiöser" Vorstellungskreise auf die Lebensführung und die Wirtschaft ist also generell stereotypierend. Jede Änderung eines Brauchs, der irgendwie unter dem Schutz übersinnlicher Mächte sich vollzieht, kann die Interessen von Geistern und Göttern berühren. Zu den natürlichen Unsicherheiten und Gehemmtheiten jedes Neuerers fügt so die Religion mächtige Hemmungen hinzu: das Heilige ist das spezifisch Unveränderliche. Im einzelnen sind die Übergänge vom präanimistischen Naturalismus bis zum Symbolismus durchaus flüssig. Wenn dem geschlachteten Feinde das Herz aus der Brust oder die Geschlechtsteile vom Leibe oder das Gehirn aus dem Schädel gerissen, sein 1 7 C h a r a k t e r i s t i s c h s t e s Element der k l a s s i s c h e n i n d i s c h e n Musik, d a s Struktur- und G e s t a l t u n g s p r i n z i p der Melodie, w o b e i vollständige s i e b e n s t u f i g e Tonleiterintervalle nicht erforderlich sind.
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Schädel im eigenen Hause aufgestellt oder als kostbarstes Brautgeschenk verehrt, jene Körperteile aber oder diejenigen besonders schneller oder starker Tiere verspeist werden, so glaubt man sich wirklich damit die betreffenden Kräfte direkt naturalistisch anzueignen. Der Kriegstanz ist zunächst Produkt der aus Wut und Angst gemischten Aufregung vor dem Kampf und erzeugt direkt die Heldenekstase: insoweit ist auch er nicht symbolisch. Sofern er aber (nach Art etwa unserer „sympathetischen" Zauberwirkungen) 18 den Sieg mimisch antizipiert und dadurch magisch verbürgen soll, und soweit jene Schlachtung von Tieren und Menschen in die Form fester Riten gebracht und nun die Geister und Götter des eigenen Stammes zur Teilnahme an der Mahlzeit aufgefordert werden, soweit endlich die Teilnehmer an der Verspeisung eines Tiers sich als untereinander besonders nahe verwandt glauben, weil die „Seele" des gleichen Tiers in sie gefahren ist, steht der Übergang zur „Symbolik" vor der Tür. Man hat die Denkweise, welche dem voll entwickelten symbolistischen Vorstellungskreis zugrunde liegt, als „mythologisches Denken" 1 9 bezeichnet und dessen Eigenart dann im einzelnen nä18 Die Bezeichnung „sympathetische" Magie (von griech.: sympaschein, „das Gleiche leiden") stammt von James George Frazer. Magie beruhe darauf, daß Dinge aus der Ferne durch eine geheime Sympathie aufeinander einwirkten: entweder dadurch, daß sie einander ähnlich seien (homöopathische Magie) oder daß sie einmal miteinander in Kontakt gestanden hätten (Übertragungsmagie). (Frazer, James George, The Golden Bough. A Study in Magic and Religion, Part I: The Magic Art and the Evolution of Kings, vol. 1, 3. Aufl. - London: MacMillan & Co. Ltd. 1911, S.51ff. 19 Wilhelm Wundt bemerkte zum mythologischen Denken: „Darum gelten .Beseelung (Personifikation)' und .Verbildlichung (Metapher)' als die Haupteigenschaften des mythologischen Denkens, und im Unterschiede von Poesie und Wissenschaft wird es außerdem als ein .unbewußtes Vorstellen' definiert, das .außerhalb der Gesetze des logischen Denkens verlaufe', während es doch ,für den Geist eine unmittelbare Gewißheit und Wirklichkeit besitze'. Der tiefere Gehalt der mythologischen Vorstellungen wird aber in den religiösen Ideen gesehen, als deren Symbole sie gedeutet werden können". (Wundt, Wilhelm, Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte, Band 2: Mythus und Religion, Teil 1. - Leipzig: Wilhelm Endemann 1905, S.552). Eduard Meyer, der den Terminus „mythisches Denken" benutzte, sah darin sowohl die „psychologische Grundlage" der Religion als auch den Beginn ihrer Überwindung. Denn „mythisches Denken" ist laut Meyer geprägt von dem theoretischen und praktischen Bedürfnis nach Beeinflussung und Erklärung der Wirklichkeit und arbeitet mit der Übertragung menschlicher Analogien auf Naturvorgänge. Erst nach seiner Überwindung kann sich der „Fortschritt des wissenschaftlichen Denkens" voll entfalten. Vgl. Meyer, Eduard, Geschichte des Altertums, Band 1,1: Einleitung, Elemente der Anthropologie, 2. Aufl. - Stuttgart, Berlin: J.G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger
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her zu kennzeichnen gesucht. Uns kann das hier nicht beschäftigen, und nur die eine generell wichtige Eigenart dieser Denkweise: die Bedeutung der Analogie, in der wirksamsten Form: des Gleichnisses, ist für uns wichtig, weil sie lange nachwirkend nicht nur reli5 giöse Ausdrucksformen, sondern | auch das juristische Denken, A 232 noch bis in die Präjudizienbehandlung bei rein empirischen Kunstlehren des Rechts hinein, beherrscht hat, und der syllogistischen Begriffsbildung durch rationale Subsumtion erst langsam gewichen ist.20 Die ursprüngliche Heimat dieses analogischen Denkens 10 ist die symbolistisch rationalisierte Magie, die ganz auf ihm beruht. Auch „Götter" werden durchaus nicht von Anfang an als „menschenartige" Wesen vorgestellt. Sie gewinnen die Gestalt perennierender Wesen, die ihnen essentiell ist, natürlich erst nach Überwindung der noch in die Veden hineinspielenden rein naturalistischen 15 Vorstellung, daß z. B. das konkrete Feuer der Gott, oder doch der Körper eines konkreten Feuergottes sei,21 zugunsten der anderen, daß der ein für allemal mit sich identische Gott entweder die ein-
1907, S.89ff. (hinfort: Meyer, Elemente der Anthropologie). Das Handexemplar Webers ist in der Max Weber-Arbeitsstelle, Bayerische Akademie der Wissenschaften München, vorhanden. 20 Weber führte diese Nachwirkung mythologischen Denkens in der sog. „Rechtssoziologie" genauer aus: „Diese Art der Rechtslehre produzierte naturgemäß eine formalistische, an Präjudizien [Entscheidungen, die einer späteren Entscheidung als Norm dienen] und Analogien gebundene Behandlung des Rechts. [...] Aus den ihr immanenten Entwicklungsmotiven geht ein rational systematisiertes Recht nicht hervor. Auch nur in begrenztem Sinn eine Rationalisierung des Rechts überhaupt. Denn die Begriffe die sie bildete, waren an handfesten, greifbaren, der Alltagserfahrung anschaulich geläufigen und in diesem Sinn formalen Tatbeständen orientiert, welche sie tunlichst nach äußeren eindeutigen Merkmalen gegeneinander abgrenzte und durch die vorhin erwähnten Mittel nach Bedarf erweiterte. Nicht aber waren sie Allgemeinbegriffe, welche durch Abstraktion vom Anschaulichen, durch logische Sinndeutung, durch Generalisierung und Subsumtion gebildet und sylloglstisch als Normen angewendet wurden." (WuG1, S.456; MWG I/22-3). 21 Dieser Vorgang wurde beispielsweise Im alten Indien beobachtet. „Wie das Feuer überall auf der Erde als Heiligtum des Herdes und Schutz des Hauses verehrt wird, so wird es in der priesterlichen Religion der Veden als Opferflamme angebetet; agni (= ignis), das gewöhnliche indische Wort für Feuer, ist auch der Name des Gottes. Von einer persönlichen Ausgestaltung Agnis ist im Veda nur wenig die Rede; die Gottheit ist mit Ihrem Element Identisch und alle Betrachtungen, die über das Feuer sich machen lassen, kommen auch dem Gott zu gute". (Lehmann, Edvard, Die Inder, in: Chantepie de la Saussaye, Pierre Daniel (Hg.), Lehrbuch der Religionsgeschichte, Band 2, 3., vollständig neu bearbeitete Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1905, S.4-161, Zitat: S. 27; hinfort: Lehmann, Die Inder).
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zelnen Feuer habe, hergebe, über sie verfüge oder sich in ihnen jedesmal irgendwie verkörpere. Wirklich sicher aber wird diese abstrakte Vorstellung erst durch ein kontinuierlich ein und demselben Gott gewidmetes Tun, den „Kultus", und durch seine Verbindung mit einem kontinuierlichen Verband von Menschen, eine Dauergemeinschaft, für die er als Dauerndes solche Bedeutung hat. Wir werden auf diesen Vorgang bald zurückzukommen haben. 22 Ist einmal die Kontinuierlichkeit der Göttergestalten gesichert, so kann das Denken der berufsmäßig mit ihnen Befaßten sich mit der systematisierenden Ordnung dieser Vorstellungsgebiete beschäftigen. Die „Götter" stellen oft, und zwar keineswegs immer nur bei geringer gesellschaftlicher Differenzierung, ein ordnungsloses Durcheinander zufällig durch Kultus erhaltener Zufallsschöpfungen dar. Noch die vedischen Götter bilden keinerlei geordneten Götterstaat. Aber die Regel ist, sobald einerseits systematisches Denken über die religiöse Praxis und andererseits die Rationalisierung des Lebens überhaupt mit ihren zunehmend typischen Ansprüchen an die Leistungen der Götter eine gewisse im einzelnen sehr verschiedene Stufe erreicht haben, die „Pantheonbildung", d.h. die Spezialisierung und feste Charakterisierung bestimmter Göttergestalten einerseits, ihre Ausstattung mit festen Attributen und irgendwelche Abgrenzung ihrer „Kompetenzen" gegeneinander andererseits. Dabei ist aber zunehmende anthropomorphisierende Personifikation der Göttergestalten keineswegs identisch oder parallelgehend mit zunehmender Abgrenzung und Festigkeit der Kompetenzen. Oft im Gegenteil. Die Kompetenzen der römischen numina sind ungleich fester und eindeutiger abgegrenzt als die der hellenischen Göttergestalten; 23 dagegen ist die Vermenschlichung und plastische Veranschaulichung der letzteren als eigentlicher „Persönlichkeiten" ungleich weitergegangen als in der genuinen römischen Religion. Der wesentlichste soziologische Grund liegt in diesem Fall darin, daß die genuine römische Vor-
22 Siehe unten, S. 139ff. 23 Während die Griechen ihre Götter als h a n d e l n d e Personen autfaßten, trat bei d e n Römern die Person hinter ihre Funktion und ihre Wirkung zurück: das unpersönliche numen stand stellvertretend für die göttliche Persönlichkeit; numen (Plural: numina) wird mit „göttlichem Willen, göttlichem Wesen und Wirken" übersetzt.
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Stellung vom Übersinnlichen in ihrer allgemeinen Struktur weit stärker die einer nationalen Bauern- und Patrimonialherrenreligion geblieben war, die hellenische dagegen der Entwicklung zu einer /nierlokalen Ritterkultur wie der des homerischen Zeitalters mit ihren Heldengöttern ausgesetzt wurde. Die teilweise Übernahme dieser Konzeptionen und ihr indirekter Einfluß auf römischem Boden änderte 0 an der nationalen Religion nichts, viele von ihnen gewannen dort nur ein ästhetisches Dasein, während die römische Tradition in ihren Hauptcharakterzügen unangetastet in der rituellen Praxis fortbestand und, aus später zu erörternden Gründen, 24 sich auch der orgiastisch-ekstatischen und Mysterienreligiosität gegenüber im Gegensatz zum Hellenentum dauernd ablehnend verhielt. Ganz naturgemäß ist aber jede Abzweigung von magischen Wirksamkeiten weit weniger elastisch als die „Kompetenz" eines als Person gedachten „Gottes". Die römische Religion blieb „religio", d.h., einerlei ob dieses Wort etymologisch von religare oder von relegere abzuleiten ist:25 Gebundenheit an die erprobte kultische Formel und „Rücksichtnahme" auf die überall im Spiel befindlichen numina aller Art. Neben dem Zuge zum Formalismus, der darin begründet war, stützte die spezifisch römische Religiosität noch eine weitere wichtige Eigentümlichkeit gegenüber dem Hellenentum: das Unpersönliche hat eine innere Verwandtschaft zum Sachlich-Rationalen. Das gesamte Alltagsleben des Römers A 233 und jeder Akt seines Handelns war durch die religio mit einer sakralrechtlichen Kasuistik umgeben, welche seine Aufmerksamkeit rein quantitativ ebenso in Anspruch nahm, wie die Ritualgesetze der Juden und Hindus und das taoistische Sakralrecht der Chinesen. Die Zahl der Gottheiten, welche in den priesterlichen indigid A: ändert 24 Siehe unten, S.231f. und 336f. 25 Der christliche Rhetor Lactantius Caelius Firmianus (250/60 - nach 317) leitete in seinen Divinae Institutiones religio von „religare" (lat.: wieder herstellen, wieder verbinden, anknüpfen) ab, Cicero hingegen von d e m Verb „relegere" (lat.: sorgsam beachten). Cicero verstand unter religio die „sorgsame Beachtung all dessen, was z u m Kult der Götter gehört" (De natura deorum, 2, 72). Friedrich Max Müller, Vorlesungen über d e n Ursprung, S. 1 0 - 1 4 , und Walter Friedrich Otto, Religio und Superstitio, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 12, Heft 4, 1909, S. 5 3 3 - 5 5 4 (hinfort: Otto, Religio und Superstitio 1909), und dass., Band 14, Heft 3/4, 1911, S. 4 0 6 - 4 2 2 , gingen ausführlich auf diese beiden Etymologien ein.
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tamenta26 aufgezählt wurden, ist unendlich in ihrer sachlichen Spezialisierung: jede Handlung nicht nur, sondern jeder konkrete Teil einer solchen stand unter dem Einfluß besonderer numina, und der Vorsicht halber mußten bei allen wichtigen Akten neben den e dii certi® 27 den traditionell in ihrer kausalen Bedeutung und 5 Kompetenz feststehenden Göttern,' auch die in dieser Hinsicht mehrdeutigen (incerti 9 ) 28 und die, deren Geschlecht und Wirkung oder Existenz überhaupt zweifelhaft war, angerufen und verehrt werden, für gewisse Akte der Feldbestellung allein ein Dutzend der ersteren. Wie dem Römer die Ekstasis (römisch: superstitio) 10 der Hellenen eine ordnungswidrige abalienatio mentis, so war diese Kasuistik der römischen (und der darin noch weitergehenden etruskischen) religio dem Hellenen eine unfreie Deisidämonie. 29 Die Sorge um die Befriedigung der numina wirkte dahin, alle ein-
e A: alii cuti
f Fehlt in A; Göttern, s i n n g e m ä ß ergänzt,
g A: (incubi
26 In der antiken Literatur (bei Servius, G e ó r g i c a u n d bei Censorinus, De die natali) werd e n „ i n d i g l t a m e n t a " als altrömische Pontifikalbücher erwähnt. Sie b e s t e h e n aus Listen mit G ö t t e r n a m e n , d e n B e i n a m e n dieser Götter u n d d e n G e l e g e n h e i t e n , bei d e n e n sie a n g e r u f e n w e r d e n . Die Indlgitamentengötter hatten n a c h d i e s e n b e i d e n Autoren bes c h r ä n k t e Funktionen. 27 Der r ö m i s c h e Schriftsteller M a r c u s Terentius Varro ( u m 1 1 6 - 2 7 v. Chr.) b e z e i c h n e t e im 14. B u c h seiner E n z y k l o p ä d i e Antiquitates rerum h u m a n a r u m et divinarum, d a s in F r a g m e n t e n u n d in Textauszügen bei A u g u s t i n u s , Tertullian u n d A r n o b i u s überliefert ist, die dii certi (lat.: „sichere Götter") als Gottheiten, d e r e n Natur, B e d e u t u n g u n d A u f g a b e n b e r e i c h sich mit Sicherheit ermitteln ließ, H e r m a n n Usener f a n d in ihnen eine Bestät i g u n g für seine Theorie der „Sondergötter": „Ich will sie [Varros di certi] n a c h d e m Vors c h l a g eines f r e u n d e s sondergötter nennen". (Usener, G ö t t e r n a m e n , S.75). Unter „Sondergott" v e r s t a n d Usener eine göttliche Macht, die eine räumlich, zeitlich o d e r sozial b e g r e n z t e Funktion ausübte. 28 Laut Varro (15. B u c h der Antiquitates) w a r e n die dii incerti (lat.: „ u n s i c h e r e Götter") d i e j e n i g e n r ö m i s c h e n Gottheiten, deren Natur, B e d e u t u n g u n d A u f g a b e n b e r e i c h sich nicht g e n a u ermitteln ließ. 29 Der Terminus superstitio (lat.: „ A b e r g l a u b e " ) charakterisierte eine verwerfliche Form der Frömmigkeit. In Rom w u r d e die B e z e i c h n u n g für n i c h t r ö m i s c h e G e b r ä u c h e u n d Zeremonien v e r w e n d e t . A b der ersten Hälfte d e s zweiten vorchristlichen J a h r h u n d e r t s trat sie in G e g e n s a t z zu religio auf. Der A u s d r u c k abalienatio mentis b e d e u t e t „Veräußerung d e s Verstandes". Mit deisidaimonia (von griech.: deido „sich fürchten", u n d dalmon) ist die ü b e r t r i e b e n e Furcht vor Göttern u n d ü b e r s i n n l i c h e n M ä c h t e n gemeint. Walter Friedrich Otto: „ W ä h r e n d in G r i e c h e n l a n d der Enthusiasmus ein m ä c h t i g e s L e b e n entfaltete, b e g e g n e t e der ernste Römer ihm mit Mißtrauen u n d Widerwillen. Man sah in der superstitio nur die abalienatio mentis, d a n n die in ihrer A u f r e g u n g ihrer selbst nicht mehr m ä c h t i g e , u n v e r n ü n f t i g e Furcht, ö e u n ö a i n o v i a " . (Otto, Religio u n d Superstitio 1909, w i e o b e n , S. 135, A n m . 2 5 , S . 5 5 4 ) .
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zelnen Handlungen gedanklich in ihre begrifflich auffindbaren Teilmanipulationen zu zerlegen und jeder solchen ein numen zuzuschreiben, unter dessen besonderer Fürsorge sie stand. Analogien finden sich in Indien und auch sonst, nirgends aber ist - weil die Aufmerksamkeit der rituellen Praxis sich gänzlich hierauf konzentrierte - die Zahl der durch rein begriffliche Analyse, also durch gedankliche Abstraktion gewonnenen numina, welche zu indigitieren h 30 waren, eine so große bei den Römern. Die dadurch bedingte spezifische Eigentümlichkeit der römischen Lebenspraxis ist nun - und darin liegt der Gegensatz etwa gegen die Wirkung der jüdischen und asiatischen Rituale - die unausgesetzte Pflege einer praktisch rationalen sakralrechtlichen Kasuistik, eine Art von sakraler Kautelarjurisprudenz 31 und die Behandlung dieser Dinge gewissermaßen als Advokatenprobleme. Das Sakralrecht wurde so zur Mutter rationalen juristischen Denkens, und noch die livianische Historiographie z. B. verleugnet jenes religiös bedingte unterscheidende Merkmal des Römertums nicht, wenn, gegenüber der Pragmatik etwa der jüdischen, der Nachweis der sakral- und staatsrechtlichen „Korrektheit" der einzelnen institutionellen Neuerungen für sie überall im Mittelpunkt steht: nicht Sünde, Strafe, Buße, Rettung, sondern juristische Etikettenfragen. Für die Gottesvorstellungen aber, mit denen wir uns hier zunächst zu befassen haben, knüpfen jene teils parallel, teils aber konträr verlaufenden Prozesse der Anthropomorphisierung einerseits, der Kompetenzabgrenzung andererseits zwar an die schon vorhandenen Gottheitsgattungen an, tragen aber beide die Tendenz in sich, zu einer immer weiteren Rationalisierung teils der Art der Gottesverehrung, teils der Gottesbegriffe selbst zu führen. Es bietet nun für unsere Zwecke geringes Interesse, die einzelnen Arten von Göttern und Dämonen hier durchzugehen, obwohl oder vielmehr weil sie natürlich, ähnlich wie der Wortschatz einer Sprache, ganz direkt vor allem von der ökonomischen Situation h A: indizitieren 30 Den Vorgang, die Götter, deren Hilfe man sich sichern wollte, mit den dafür richtigen Formeln anzurufen, nannten die Römer indigitare. 31 Mit Kautelarjurisprudenz ist juristische Tätigkeit gemeint, die sich mit der Beobachtung von Verhaltensmaßregeln bei Rechtsgeschäften, besonders beim Abfassen von Verträgen, befaßt.
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und den historischen Schicksalen der einzelnen Völker bedingt sind. Da diese sich für uns in Dunkel verlieren, ist sehr oft nicht mehr erkennbar, warum von den verschiedenen Arten von Gottheiten gerade diese den Vorrang behauptet haben. Es kann dabei auf die für die Wirtschaft wichtigen Naturobjekte ankommen, von den Gestirnen angefangen, oder auf organische Vorgänge, welche von Göttern oder Dämonen besessen oder beeinflußt, hervorgerufen oder verhindert werden: Krankheit, Tod, Geburt, Feuer, Dürre, Regen, Gewitter, Ernteausfall. Je nach der überwiegenden ökonomischen Bedeutung bestimmter einzelner Ereignisse kann dabei ein einzelner Gott innerhalb des Pantheon den Primat erringen, wie etwa der Himmelsgott, je nachdem mehr als Herr des Lichts und der Wärme oder, besonders oft bei den Viehzüchtern, als Herr der Zeugung aufgefaßt. Daß die Verehrung der chthonischen Gottheiten (Mutter Erde) im allgemeinen ein gewisses Maß relativer Bedeutung des Ackerbaus voraussetzt, ist klar, doch geht sie A 234 nicht immer damit parallel.32 Auch | läßt sich nicht behaupten, daß die Himmelsgötter - als Vertreter des sehr oft in den Himmel verlegten Heldenjenseits - überall die adligen im Gegensatz zu den bäuerlichen Erdgöttern33 gewesen seien. Noch weniger, daß die „Mutter Erde" als Gottheit mit mutterrechtlicher Sippenordnung parallel ginge.34 Allerdings aber pflegen die chthonischen Gotthei32 Weber bezieht sich hier vermutlich auf den Altertumsforscher und Rechtshistoriker Johann Jakob Bachofen (1815-1887). Dieser wies an mehreren Stellen seines Werkes: Das Mutterrecht. Eine Untersuchung über die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religiösen und rechtlichen Natur, 2. unveränderte Aufl. - Basel: Benno Schwabe 1897 (hinfort: Bachofen, Das Mutterrecht), auf die Beziehungen zwischen Ackerbau und Mutterrecht hin. „Das Prinzip des Ackerbaues Ist das der geordneten Geschlechtsverbindung. Beiden gehört das Mutterrecht. Wie das Korn des Ackerfeldes aus der durch die Pflugschar geöffneten Furche an's Tageslicht tritt, so das Kind aus dem mütterlichen sporium [...]" (ebd., S. 8). An anderer Stelle (ebd., S. 275) bemerkte Bachofen: „[...] so ergibt sich das Bild eines Zustandes, der uns die Gynaikokratie von Neuem als den Mittelpunkt und Träger frühzeitig erreichter höherer Ackerbaugesittung erkennen lässt". 33 Die Antithese „Himmelsgötter - chthonlsche unterirdische Götter" ist seit Alschylos (Die Schutzflehenden [Hiketiden] 24, 154 Ag. 89) oft belegt. Vgl. auch Wide, Sam, Chthonlsche und himmlische Götter, In: Archiv für Religionswissenschaft, Band 10, 1907, S. 257-268. 34 „Mutter Erde" war Thema des Heidelberger Altphilologen Albrecht Dieterich (18661908). Seine Theorie ging davon aus, daß die Erde die Mutter aller Menschen sei. Aus Ihr seien alle hervorgegangen und zu ihr würden sie nach ihrem Tod wieder zurückkehren, um aus Ihr wiedergeboren zu werden. Vor dem Heidelberger „Eranos-Kreis" hielt Dieterich am 28. Februar 1904 ein Referat über „Mutter Erde", bei dem auch Max Weber
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ten, die den Ernteausfall beherrschen, stärker lokalen und volkstümlichen Charakter zu haben als die andern. Und allerdings ist das Übergewicht der himmlischen, auf Wolken oder auf Bergen residierenden persönlichen Götter gegenüber den Erdgottheiten sehr oft bedingt durch die Entwicklung ritterlicher Kultur und hat die Tendenz, auch ursprüngliche Erdgottheiten den Aufstieg unter die Himmelsbewohner antreten zu lassen. Demgegenüber pflegen die chthonischen Götter, bei vorwaltendem Ackerbau, oft zwei Bedeutungen miteinander zu verbinden: sie beherrschen den Ernteausfall und spenden also den Reichtum, und sie sind die Herrscher der unter die Erde bestatteten Toten. Daher hängen oft, z. B. in den eleusinischen Mysterien die beiden wichtigsten praktischen Interessen: Reichtum und Jenseitsschicksal von ihnen ab. Andererseits sind die himmlischen Götter die Herren über den Gang der Gestirne. Die festen Regeln, an welche diese offenbar gebunden sind, lassen daher ihre Herrscher besonders oft zu Herren alles dessen werden, was feste Regeln hat oder haben sollte, so vor allem Rechtsfindung und gute Sitte. 35 Die zunehmende objektive Bedeutung und subjektive Reflexion über die typischen Bestandteile und Arten des Handelns führen zu sachlicher Spezialisierung. Und zwar entweder in ganz abstrakter Art wie bei den Göttern des „Antreibern" 36 und vielen ähnlichen
anwesend war (vgl. die Eranos-Protokolle, dazu: Lepsius, M. Rainer, Der Eranos-Kreis Heidelberger Gelehrter 1904-1908. Ein Stück Heidelberger Wissenschaftsgeschichte anhand der neu aufgefundenen Protokollbücher des Eranos. Vortrag zur Sitzung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, am 16. April 1983, in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1983. - Heidelberg: Carl Winter 1984, S. 46-48). Dieterich veröffentlichte 1905 seine Monographie, Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion. - Leipzig: B.G. Teubner 1905, nachdem die ersten zwei Kapitel zuvor schon im Archiv für Religionswissenschaft, Band 8, 1905, S. 1 - 5 0 , erschienen waren. Demnach ist der Glaube an die Mutter Erde, an die gebärende Erde, einer der ältesten Gedanken der Völker, ja der Menschheit überhaupt und die älteste Volksreligion (hier nach der Buchfassung, S.91 und 101). Für Dieterich ist die Verehrung der „Mutter Erde" nicht, wie für Johann Jakob Bachofen, zwingend mit Mutterrecht verbunden. Das Vordringen des Vatergottes habe nichts mit einer Zurückdrängung von Mutterrecht, sondern mit einem Vordringen orientalischer Religionen zu tun (vgl. ebd., S. 88-90). 35 Friedrich Max Müller beschrieb den von Weber geschilderten Vorgang am Beispiel des indischen Ordnungsbegriffes r/'fa, einem vedischen Begriff für die wahre Natur und Ordnung der Dinge. (Müller, Vorlesungen über den Ursprung, S. 272-281). 36 Hermann Oldenberg verdeutlichte diesen Vorgang an dem indischen Gott Savitar, dem „Gott .Erreger' oder .Antreiber' [...], dessen Name sein Wesen ausspricht: er streckt
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in Indien oder zu qualitativer Spezialisierung nach den inhaltlichen einzelnen Richtungen des Handelns, wie etwa Beten, Fischen, Pflügen. Das klassische Beispiel für diese schon ziemlich abstrakte Form der Götterbildung ist die höchste Konzeption des altindischen Götterpantheons: Brahma, der „Gebetsherr". Wie die Brahmanenpriester die Fähigkeit wirksamen Gebets, d.h. wirksamen magischen Götterzwangs, monopolisiert haben, so monopolisiert nun dieser Gott wieder die Verfügung über dessen Wirksamkeit und damit, konsequent weitergedacht, über das allem religiösen Handeln Wichtigste; er wird damit schließlich, wenn nicht der einzige, so doch der höchste Gott. In wesentlich unscheinbarerer Art hat in Rom Janus, als der Gott des richtigen „Anfangs", der über alles entscheidet, eine relativ universelle Bedeutung gewonnen. Es gibt aber, wie keinerlei individuelles Handeln, so auch kein Gemeinschaftshandeln, das nicht seinen Spezialgott hätte und auch, wenn die Vergesellschaftung dauernd verbürgt sein soll, 'seiner nicht' bedürfte. Wo immer ein Verband oder eine Vergesellschaftung nicht als eine persönliche Machtstellung eines einzelnen Gewalthabers erscheint, sondern als ein „Verband", 37 da hat sie ihren besonderen Gott nötig. Das gilt zunächst für die Verbände des Hauses und der Sippe. Hier ist die Anknüpfung an die Geister der (wirklichen oder fiktiven) Ahnen das Gegebene, dem die numina und Gottheiten des Herdes und Herdfeuers zur Seite treten. Das Maß von Bedeutung, welches ihrem vom Haupt des Hauses' bzw. i Fehlt in A; s e i n e r n i c h t sinngemäß ergänzt,
j A: H a u s e s ,
seine g o l d n e n A r m e aus alle B e w e g u n g anzutreiben [...]. Die Sonne lässt er ihren Tageslauf vollenden [...]. Das Wesentliche an der C o n c e p t i o n d e s Savitar ist nicht die Vorstellung der Sonne, [...] sondern das Wesentliche ist der abstracte G e d a n k e dieses Antreibens selbst". ( O l d e n b e r g , Religion des Veda, S.64f.). O l d e n b e r g bemerkte a n d e r n orts: „Neben d e n Naturgöttern stehen einige andere Gottheiten, denen von Haus aus eben d a s Wesen zukommt, welches jene im Lauf der Geschichte a n z u n e h m e n die Tendenz haben: bestimmte Typen des Handelns zu vertreten. Da ist der Gott Antreiber (Savitar) [...]". (Oldenberg, Hermann, Die Indische Religion, in: Die orientalischen Religionen (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hg. von Paul Hinneberg, Teil 1, Abt. 3,1). - Berlin, Leipzig: B.G. Teubner 1906, S. 51 - 8 6 , Zitat: S.55). 3 7 Weber ging auf den Begriff „Verband" in d e m 1913 veröffentlichten Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie" ein: „Wie d a s an einer rationalen Vereinb a r u n g orientierte Gesellschaftshandeln z u m Einverständnishandeln, so verhält sich die Anstalt mit ihren rationalen Satzungen zum ,Verband'. Als Verbandshandeln gilt uns ein nicht an Satzung, sondern an Einverständnis orientiertes, also: ein Einverständnishandeln [...]". (Weber, Kategorienaufsatz, S.288).
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der „gens" zu vollziehenden Kult zukam, ist historisch höchst verschieden und von der Struktur und praktischen Bedeutung der Familie abhängig. In aller Regel geht eine Hochentwicklung speziell des häuslichen Ahnenkults mit patriarchaler Struktur der Hausgemeinschaft parallel, weil nur diese das Haus zum Mittelpunkt auch der männlichen Interessen macht. A b e r beides ist, wie schon das Beispiel Israels beweist, nicht schlechthin miteinander verknüpft, denn es können die Götter anderer, namentlich politischer oder religiöser Verbände, gestützt auf die Macht ihrer Priester, den Hauskult und das Hauspriestertum des Familienhauptes weit zurückdrängen oder ganz vernichten. Wo deren Macht und Bedeutung ungebrochen dasteht, bildet sie natürlich ein außerordentlich starkes, die Familie und gens fest und nach außen streng exklusiv zusammenschließendes und auch die inneren ökonomischen Verhältnisse der Hausgemeinschaften auf das tiefste beeinflussendes streng persönliches Band. Alle rechtlichen Beziehungen der | Fa- A 235 milie, die Legitimität der Ehefrau und des Erben, die Stellung der Haussöhne zum Vater und der Brüder zueinander, sind dann von hier aus mit determiniert und stereotypiert. Die religiöse Bedenklichkeit des Ehebruchs vom Standpunkt der Familie und Sippe aus liegt darin, daß dadurch ein nicht Blutsverwandter in die Lage kommt, den Ahnen der Sippe zu opfern und dadurch deren Zorn gegen die Blutsverwandten zu erregen. Denn die Götter und numina eines streng persönlichen Verbandes verschmähen die Opfer, welche von Unberechtigten dargebracht werden. Die starre Durchführung des Agnatenprinzips 38 hängt sicher hiermit sehr stark zusammen, wo sie besteht. Ebenso alle anderen Fragen, welche die priesterliche Legitimation des Hausherrn angehen. Das Erbrecht, zumal das Einzelerbrecht des Ältesten oder dessen Bevorzugung[,j hat neben den militärischen und ökonomischen regelmäßig auch diese sakralen Motive. Vor allem die ostasiatische (chinesische und japanische) und im Okzident die römische Hausgemeinschaft und Sippe verdanken die Erhaltung ihrer patriarchalen Struktur unter allem Wandel der ökonomischen Bedingungen 38 In Rom bezeichnete das Agnatenprinzip die Rechtsbeziehung zwischen denjenigen Personen, die blutsverwandt waren von seiten des Vaters. Es wurde vor allem durch die „patria potestas" begründet, die im römischen Recht vom Familienoberhaupt ausgeübte, ursprünglich unumschränkte väterliche Gewalt über alle Mitglieder seines Haushaltes.
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ganz vornehmlich dieser sakralen Grundlage. Wo diese religiöse Gebundenheit der Hausgemeinschaft und des Geschlechts besteht, da können umfassendere, insbesondere politische, Vergesellschaftungen nur den Charakter 1. entweder einer sakral geweihten Konföderation von (wirklichen oder fiktiven) Sippen oder 2. einer patrimonialen, nach Art einer abgeschwächten Hausherrschaft konstruierten Herrschaft eines (königlichen) Großhaushalts über diejenigen der „Untertanen" haben. Im zweiten Fall ist die Konsequenz, daß die Ahnen, numina, genii oder persönliche Götter jenes mächtigsten Haushalts neben die Hausgötter der Untertanenhaushalte treten und die Stellung des Herrschers sakral legitimieren. Das letztere ist in Ostasien, in China in Kombination mit der Monopolisierung des Kults der höchsten Naturgeister für den Kaiser als Oberpriester, der Fall. Die sakrale Rolle des „genius" des römischen Princeps sollte, mittler dadurch bedingten universellen Aufnahme der kaiserlichen Person in den Larenkult,k Ähnliches leisten.39 Im ersten Fall entsteht dagegen ein Sondergott40 des politischen Verbandes als solchen. Ein solcher war Jahve. Daß er ein Konföderationsgott, nach der Überlieferung ursprünglich ein solcher des Bundes der Juden und Midianiter war,41 führte zu der so überaus wichtigen Konsequenz, daß seine Beziehung zum israelitischen Volk, welches ihn zugleich mit der politischen Konföderatik A: Laienkult, 3 9 Augustus wählte die der Republik vertraute Bezeichnung Princeps (lat.: „der Erste", „Vornehmste") zur Charakterisierung seiner überlegenen Machtstellung, um diese von Königtum und Diktatur abzuheben. Die Bezeichnung wurde von den nachfolgenden Machthabern beibehalten. Genius umschreibt den „inneren Menschen" eines Mannes, bei der Frau ist es Juno. Der genius wird als Doppelgänger aufgefaßt, der bei der Geburt in den Körper eintritt und ihn nach dem Tod wieder verläßt. Georg Wissowa beschrieb den von Max Weber angesprochenen Sachverhalt wie folgt: „Das Wesentliche an der Umgestaltung [durch Kaiser Augustus] war jedoch die Neuerung, daß die Compita [Larenkapellen] nunmehr zu Stätten des Kaiserkultes wurden [...] und der Gottesdienst jetzt Laribus augustis oder mit vollem Ausdrucke Laribus Augustis et Genio Caesaris [...] galt". (Wissowa, Georg, Religion und Kultus der Römer, 2. Aufl. - München: C.H. Beck 1912, S. 172; hinfort: Wissowa, Religion und Kultus der Römer). 4 0 Der Begriff „Sondergott" wurde von dem Philologen und Religionshistoriker Hermann Usener geprägt, vgl. dazu oben, S. 136, Anm. 27. 41 Über den Bundesschluß zwischen Jahwe und seinem Volk (vertreten durch Moses) berichtet das alttestamentliche Buch 2. Mose. Der Schwiegervater des Moses, Jethro, war Midianiter (2. Mose 3, 1), Angehöriger eines im nordwestlichen Arabien beheimateten Nomadenstammes.
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on und der sakralrechtlichen Ordnung seiner sozialen Verhältnisse durch Eidschwur angenommen hatte, als ein „berith", ein - von Jahve oktroyiertes und durch Unterwerfung akzeptiertes - Vertragsverhältnis galt, aus dem rituelle, sakralrechtliche und sozialethische Pflichten der menschlichen, aber auch sehr bestimmte Verheißungen des göttlichen Partners folgten, an deren Unverbrüchlichkeit ihn, in den einem Gott von ungeheurer Machtfülle gegenüber gebotenen Formen, zu mahnen man sich berechtigt fühlen durfte. Der ganz spezifische Verheißungschardkier der israelitisehen Religiosität, in dieser Intensität trotz noch so vieler sonstiger Analogien in keiner anderen wiederkehrend, hatte hier seine erste Wurzel. Die Erscheinung dagegen, daß eine politische Verbandsbildung die Unterstellung unter einen Verbandsgott bedingt, ist universell. Der mittelländische „Synoikismos" 42 ist, wenn nicht notwendig die erstmalige Schaffung, so die Neukonstituierung einer Kultgemeinschaft unter einer Polisgottheit. Die Polis ist zwar die klassische Trägerin der wichtigen Erscheinung des politischen „Lokalgottes". Keineswegs die einzige. Im Gegenteil hat in aller Regel jeder politische Dauerverband seinen Spezialgott, der den Erfolg des politischen Verbandshandelns verbürgt. Er ist bei voller Entwicklung durchaus exklusiv nach außen. Er nimmt, im Prinzip wenigstens, nur von den Verbandsgenossen Opfer und Gebete an. Wenigstens sollte er es tun. Da man dessen nicht völlig sicher sein kann, so ist sehr oft der Verrat der Art[,j ihn wirksam zu beeinflussen, streng verpönt. Der Fremde ist eben nicht nur politischer, sondern auch religiöser Ungenosse. Auch der an Namen und Attributen gleiche Gott des fremden Verbandes ist nicht identisch mit dem des eigenen. Die Juno der Vejienter 43 ist nicht die Juno der Römer, so wenig wie für | den Neapolitaner die Madonna der ei- A 236 nen Kapelle die der anderen ist: die eine verehrt, die andere verachtet und beschimpft er, wenn sie Konkurrenten hilft. Oder er sucht[,j sie diesen abspenstig zu machen. Man verspricht den Göt-
42 Der Terminus synoikismos (von griech.: cruvoud^eiv, „zusammen wohnen", „an einem Wohnort zusammenbringen") bezeichnet die Zusammenlegung von Häusern und Dörfern zu einer Stadt, entweder durch die Gründung einer neuen Siedlung oder durch Verleihung von Autonomie an bestehende Ortschaften, und die Verbrüderung ihrer Einwohnerschaft. 43 Die Einwohner der etruskischen Stadt Veji, nördlich von Rom.
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tern des Feindes Aufnahme und Verehrung im eigenen Land, wenn sie die Feinde verlassen („evocare Deos"), wie es z.B. Camillus vor Veji tat.44 Oder man stiehlt oder erobert die Götter. Nur lassen sich das nicht alle gefallen. Die eroberte Lade Jahves bringt Plagen über die Philister.45 In aller Regel ist der eigene Sieg auch der Sieg des eigenen stärkeren Gottes über den fremden schwächeren Gott. Nicht jeder politische Verbandsgott ist ein an den Sitz der Leitung des Verbandes rein örtlich gebundener Lokalgott. Die Darstellung der Wüstenwanderung Israels46 läßt ihn mit dem Volke und vor ihm her ziehen, ebenso wie die Laren47 der römischen Familie den Ort mit dieser wechseln. Und - im Widerspruch mit jener Darstellung - es gilt als ein Spezifikum Jahves, daß er ein „aus der Ferne", nämlich vom Sinai her, den er als Völkergott bewohnt, wirkender, nur in den Kriegsnöten des Volkes mit den Heerscharen (Zebaoth) im Gewittersturm heranziehender Gott ist.48 Man nimmt wohl mit Recht an, daß diese spezifische, aus der Annahme eines fremden Gottes durch Israel folgende Qualität der „FernWirkung" mitbeteiligt war bei der Entwicklung der Vorstellung von Jahve als dem universellen, allmächtigen Gott überhaupt. Denn in aller Regel ist die Qualität eines Gottes als Lokal44 Der r ö m i s c h e G e s c h i c h t s s c h r e i b e r Titus Livius gibt im 5. B u c h seiner R ö m i s c h e n G e s c h i c h t e die Evokation (von „ e v o c a r e Deos", lat.: die Götter herausrufen) d e r Göttin J u n o d u r c h d e n Römer Camillus wieder: „ Z u g l e i c h bitte ich dich, Königin Juno, die d u jetzt Veji b e w o h n s t , uns, d e n Siegern, in unsere Stadt [Rom] zu folgen, die b a l d a u c h die deine sein w i r d u n d w o d i c h ein deiner Größe w ü r d i g e s Heiligtum a u f n e h m e n soll". Die Stadt Veji w u r d e 3 9 6 v. Chr. d u r c h Camillus zerstört. 45 A u s f ü h r l i c h b e s c h r i e b e n In 1. S a m u e l 5, 1 - 1 2 . Die Philister w a r e n eine G r u p p e der sog. „Seevölker", die seit d e m 14. vorchristlichen J a h r h u n d e r t aus d e m ä g ä i s c h e n Raum über d a s Mittelmeer und Kleinasien in die w e s t l i c h e n R a n d g e b i e t e d e s Vorderen Orients eindrangen. 46 2. M o s e 15, 2 2 - 1 8 , 27. 47 Mit „Laren" w u r d e n die r ö m i s c h e n S c h u t z g o t t h e l t e n der Felder, d e s H a u s e s , d e r Familie u n d d e s familiären Besitzes b e z e i c h n e t , die g e m e i n s a m mit d e n Penaten (den Gottheiten der V o r r a t s k a m m e r n ) im Haus verehrt w u r d e n u n d t ä g l i c h e S p e i s e o p f e r erhielten. 48 Im H i n t e r g r u n d steht die b i b l i s c h e A u f f a s s u n g v o n J a h w e als Gott d e s S t u r m e s (etwa 1. Samuel 12, 18; Psalm 29; Psalm 104, 1 - 4 ; Hlob 38, 25ff. u n d 3 4 - 3 8 ) u n d als Krieger u n d K ä m p f e r (etwa 5. M o s e 33, 2; Richter 4 - 5 ; Psalm 50, 2f.; 97, 1 - 6 ; 98, 1 f.). In J e s a l a 30, 27 heißt es; „Siehe, d e s HErrn N a m e k o m m t von ferne, sein Z o r n brennet, u n d ist sehr schwer; seine L i p p e n sind voll G r i m m e s u n d seine Z u n g e wie ein verzehrend Feuer". Über J a h w e als „Gott aus der Ferne" äußerte sich W e b e r a u c h in seiner J u d e n t u m s s t u d i e : „ D i e s e .Ferne' g a b ihm v o n vornherein eine b e s o n d e r e Majestät". (Weber, J u d e n t u m II, S . 3 9 5 ) .
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gott und auch die exklusive „Monolatrie", 49 welche er zuweilen von seinen Anhängern in Anspruch nimmt, keineswegs der Weg zum Monotheismus, sondern umgekehrt oft eine Stärkung des Götterpartikularismus. Und umgekehrt bedeutet die Entwicklung der Lokalgötter eine ungemeine Stärkung des politischen Partikularismus. Zumal auf dem Boden der Polis. Exklusiv nach außen, wie eine Kirche gegen die andere, jeder Bildung eines durch die verschiedenen Verbände hindurchgreifenden einheitlichen Priestertums absolut hinderlich, bleibt sie unter seiner Herrschaft im Gegensatz zu unserem als „Anstalt" 50 gedachten „Staat" ein ganz wesentlich persönlicher Verband von Kultgenossen des Stadtgottes, seinerseits wieder gegliedert in persönliche Kultverbände von Stammes-, Geschlechts- und Hausgottheiten, die gegeneinander wiederum exklusiv sind in bezug auf ihre Spezialkulte. Exklusiv aber auch nach innen, gegen diejenigen, welche außerhalb all dieser Spezialkultverbände der Sippen und Häuser stehen. Wer keinen Hausgott (Zeus herkeios) hat, ist in Athen amtsunfähig,51 wie 49 Zur Bedeutung von Monolatrie, Henotheismus und Monotheismus für die Jahwevorstellung äußerte sich Weber in seiner späteren Judentumsstudie: „Man hat sich neuerdings darüber gestritten, ob Monolatrie (exklusive Verehrung nur eines von mehreren Göttern), Henotheismus (aktuelle Behandlung des gerade angerufenen Gottes als des einzig mächtigen) oder Monotheismus (prinzipielle Einzigartigkeit) die alte Jahwevorstellung beherrscht haben. In dieser Art ist wohl schon die Frage falsch gestellt." (Weber, Judentum II, S. 405). 50 Weber ging auf den Anstaltsbegriff in dem 1913 veröffentlichten Aufsatz „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie" ein: „Wir wollen solche Gemeinschaften, bei denen dieser Sachverhalt, also: 1. im Gegensatz zum freiwilligen .Zweckverein': die Zurechnung auf Grund rein objektiver Tatbestände unabhängig von Erklärungen der Zugerechneten, - 2. im Gegensatz zu den einer absichtsvollen rationalen Ordnung entbehrenden, in dieser Hinsicht also amorphen Einverständnisvergemeinschaftungen, die Existenz solcher rationaler von Menschen geschaffener Ordnungen und eines Zwangsapparates als einer das Handeln m/'ibestimmenden Tatsache, als .Anstalten' bezeichnen". (Weber, Kategorienaufsatz, S. 287). 51 Die Anforderung, daß Bewerber für ein öffentliches Amt eine Kultstätte des Schutzgottes des Hauses, des Zeus herkeios (vom griech. Adj.: herkeios, „hausbeschützend"), nachweisen mußten, ist durch Aristoteles Athenaion politeia 55, 3 überliefert. Bei der Dokimasie (der Bestätigungsprüfung der ausgelosten Beamten) wurde u.a. die Frage gestellt, ob der designierte Beamte „zu einer Cultgemeinschaft des Apollon der Väter und des Zeus des Hofes [Zeix; 'EpKeTcx;] gehöre, und zu welchen Heiligthümern dieser beiden attischen Stammesgötter er eingepfarrt sei". (Zitiert nach Kaibel, Georg und Kiessling, Adolf, Aristoteles Schrift vom Staatswesen der Athener. - Strassburg: Karl J. Trübner 1891, S. 93f.). In seiner Studie „Die Stadt" äußerte sich Weber zu demselben Sachverhalt: „Einen Kultmittelpunkt seiner Sippe (Zeix; 'EpKeXoi;) mußte in Athen nachweisen können, wer amtsfähig für die legitimen Ämter sein wollte". (MWG I/22-5, S. 117).
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in Rom, wer nicht zu dem Verband der patres gehört. Der plebejische Sonderbeamte (trib[unus] plebis) ist nur durch menschlichen Eidschwur gedeckt (sacro sanctus), hat keine auspicia1 und daher kein legitimes imperium, sondern eine „potestas".52 Den Höchstgrad von Entwicklung erreicht die lokale Ortsbindung der Verbandsgottheit da, wo das Gebiet des Verbandes als solches171 als dem Gott spezifisch heilig gilt. So zunehmend Palästina dem Jahve, derart, daß die Tradition den in der Fremde Wohnenden, der an seinem Kultverband teilnehmen und ihn verehren will, sich einige Fuhren palästinensischer Erde holen läßt.53 Die Entstehung von eigentlichen Lokalgöttern ist ihrerseits an die feste Siedelung nicht nur, sondern auch an weitere, den lokalen Verband zum Träger politischer Bedeutsamkeiten stempelnde, Voraussetzungen geknüpft. Zur vollen Entwicklung gelangte ern normalerweise auf dem Boden der Stadt als eines von0 Hofhalt und Person des Herrschers unabhängig bestehenden politischen Sonderverbandes mit korporativen Rechten. Daher nicht in IndiI A: auspicien
m A: solcher
n Lies: der lokale Verband
o A: vom
52 Die tribuni plebis (Volkstribunen) waren aus den sog. „Ständekämpfen" (den Auseinandersetzungen zwischen Patriziern und Plebejern im 5. und 4. vorchristlichen Jahrhundert) hervorgegangene Beamte, die die Plebs gegen Willkürmaßnahmen der patrizischen Magistrate (der Staatsbeamten) schützen sollten. Die zehn plebejischen Volkstribunen besaßen ein Vetorecht gegenüber Kollegen, Magistraten, Volks- und Senatsbeschlüssen. Ihre Macht beruhte auf der durch Eid der Bürgerschaft garantierten Unverletzlichkeit ihrer Person (sacrosanctitas) und auf dem Interzessionsrecht (dem Verbietungsrecht von gleich oder höher stehenden Beamten gegenüber dem Handeln eines Kollegen). Die Magistrate durften bei Amtsantritt oder vor wichtigen Amtsgeschäften auspicia publica (etwa aus dem Vogelflug) einholen, als sichtbare Zeichen der göttlichen Zustimmung zur menschlichen Handlung. Theodor Mommsen bemerkte dazu: „Daher sind Zeichenschau und Beamtengewalt, auspicium und imperium nichts anderes als Bezeichnungen desselben Begriffs nach verschiedenen Seiten, jene des himmlischen, diese des irdischen Verkehrs". (Mommsen, Theodor, Römisches Staatsrecht, Band 1, 3. Aufl. - Leipzig: S. Hirzel 1887, S. 90). Der Begriff „imperium" bezeichnete im römischen Recht die Amtsgewalt der höchsten Magistrate (Diktatoren, Konsuln, Prätoren und Reiteroberste), die Heereskommando und Rechtsprechung umfaßte. Als „potestas" galt die Amtsbefugnis der Magistrate, das Recht zu befehlen und zu verbieten. 53 2. Könige 5, 1 - 2 7 berichtet, daß sich der syrische Feldherr Naeman, nachdem ihn der israelitische Prophet Elisa vom Aussatz geheilt hatte, zu Elisas Gott bekannt habe. Er nahm als Dank für seine Heilung israelitische Erde mit in seine Heimatstadt Damaskus („soviel zwei Maultiere tragen", ebd., 17), um auf ihr Jahwe einen Altar in Damaskus zu errichten. Naeman will „nicht mehr andern Göttern opfern und Brandopfer tun, sondern dem HErrn" (ebd., 17), muß aber daneben auch noch am Kult des syrischen Gottes Rimmon teilnehmen.
1. Die Entstehung
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en, Ostasien, Iran und nur in geringem Maße, als Stammesgott, in Nordeuropa. Dagegen außerhalb des Gebietes der rechtlichen Städteorganisationen in Ägypten, schon im Stadium der zoolatrischen Religiosität, für die Gaueinteilung.54 Von den Stadtstaaten 5 aus griff die Lokalgottheit auf Eidgenossenschaften wie die der Israeliten, Aitoler 55 usw. über, die an ihrem Vorbild orientiert sind. Ideengeschichtlich ist diese Auffassung des Verbandes als lokalen Kultträgers ein Zwischenglied zwischen der rein patrimonialen Betrachtung des politischen Gemeinschaftshandelns und dem rein 10 sachlichen Zweckverbands- und Anstaltsgedanken etwa der modernen „Gebietskörperschafts"-Idee.56 | Nicht nur die politischen Verbände, sondern ebenso die beruf- A 237 liehen Vergesellschaftungen haben ihre Spezialgottheiten oder Spezialheiligen. Sie fehlen im vedischen Götterhimmel noch ganz, 15 entsprechend dem Zustand der Wirtschaft. Dagegen der altägyptische Schreibergott57 ist ebenso Zeichen des Aufstiegs der Bürokratisierung[,] wie die über die ganze Erde verbreiteten Spezialgötter und -heiligen für Kaufleute und alle Arten von Gewerben die zunehmende Berufsgliederung anzeigen. Noch im 19. Jahrhundert 20 setzte das chinesische Herr die Kanonisierung seines Kriegsgottes58 durch: ein Symptom für die Auffassung des Militärs als eines
54 Der Begriff „Gaue" bezeichnet die Aufteilung Ägyptens in Verwaltungseinheiten (in 22 oberägyptische und 20 unterägyptische Gaue). Diese Einteilung Ist seit der Zeit des Pharao Djoser (ca. 2650-2600 v. Chr.) belegt. 55 Die Altoler waren ein nordwestgriechischer Stammesverband mit Illyrischem Einschlag. Sie waren als Söldner begehrt und in hellenistischer Zelt als Seeräuber gefürchtet. 56 Der Begriff „Gebietskörperschaft" wurde geprägt von Otto von Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 2. Band: Geschichte des deutschen Körperschaftsbegriffs. Berlin: Weidmann'sche Buchhandlung 1873, und von Hugo Preuß, Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften. Versuch einer deutschen Staatskonstruktion auf Grundlage der Genossenschaftstheorie. - Berlin: Julius Springer 1889. Unter „Gebietskörperschaft" wird eine Körperschaft verstanden, die auf einem abgegrenzten Teil des Staatsgebiets die Gebietshohelt hat und von den In ihrem Gebiet lebenden Einwohnern gebildet wird. 57 Gemeint ist der altägyptische Gott Thoth, der u.a. als Erfinder der Sprache, Schreiber und Protokollführer der Götter galt. Seine Funktion als Übermittler von Götterentscheidungen erlaubte es den Griechen, Ihn mit dem Götterboten Hermes gleichzusetzen. 58 In seiner Konfuzianlsmusstudle schrieb Weber: „Der Taolsmus hat ja eine ganze Anzahl von solchen Spezialgöttern zu Ehren gebracht. So den als Kriegsgott kanonisierten Heros der kaiserlichen Truppen." (MWG 1/19, S.414).
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gesonderten „Berufs" neben anderen. Im Gegensatz zu den Kriegsgöttern der mittelländischen Antike und der Meder, 59 die stets große Nationalgötter sind. Wie je p nach den natürlichen und sozialen Existenzbedingungen die Göttergestalten selbst, ebenso verschiedenartig sind die Chancen eines Gottes, den Primat im Pantheon oder schließlich das Monopol der Göttlichkeit für sich zu erobern. Streng „monotheistisch" ist im Grunde nur das Judentum und der Islam. Sowohl der hinduistische wie der christliche Zustand des oder der höchsten göttlichen Wesen sind theologische Verhüllungen der Tatsache, daß ein sehr wichtiges und eigenartiges religiöses Interesse: die Erlösung durch die Menschwerdung eines Gottes, dem strikten Monotheismus im Wege stand. Vor allem hat nirgends der mit sehr verschiedener Konsequenz begangene Weg zum Monotheismus das Vorhandensein der Geisterwelt und der Dämonen dauernd ausgerottet - auch nicht in der Reformation -[,] sondern sie nur der Übermacht des alleinigen Gottes, theoretisch wenigstens, unbedingt untergeordnet. Praktisch aber kam und kommt es darauf an: wer innerhalb des Alltages stärker in die Interessen des Einzelnen eingreift, ob der theoretisch „höchste" Gott oder die „niederen" Geister und Dämonen. Sind dies die letzteren, dann wird die Religiosität des Alltages durch die Beziehung zu ihnen vorwiegend bestimmt; ganz einerlei wie der offizielle Gottesbegriff der rationalisierten Religion aussieht. Wo ein politischer Lokalgott existiert, gerät der Primat natürlich oft in dessen Hände. Wenn sich dann innerhalb einer zur Lokalgötterbildung vorgeschrittenen Vielheit seßhafter Gemeinschaften der Umkreis des politischen Verbandes durch Eroberung erweitert, so ist die regelmäßige Folge, daß die verschiedenen Lokalgötter der verschmolzenen Gemeinschaften dann zu einer Gesamtheit vergesellschaftet werden. Innerhalb deren tritt ihre ursprüngliche oder auch eine inzwischen durch neue Erfahrungen über ihre spezielle Einflußsphäre bedingte, sachliche oder funktionelle Spezialisierung, in sehr verschiedener Schärfe, arbeitsteilig hervor. Der Lokalgott des größten Herrscher- oder Priestersitzes: der Marduk von Babel, der Ammon von Theben steigen dann zum Range größter Götter auf, um mit dem etwaigen P A: j a 5 9 Ein Volk im nordwestlichen Iran.
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Sturz oder der Verlegung der Residenz oft auch wieder zu verschwinden, wie Assur mit dem Untergang des assyrischen Reichs. 60 Denn wo einmal die politische Vergesellschaftung als solche als ein gottgeschützter Verband gilt, da erscheint eine solche 5 politische Einheit so lange als nicht gesichert, bis auch die Götter der Einzelglieder mit einverleibt und vergesellschaftet, oft auch lokal synoikisiert sind: Was dem Altertum in dieser Hinsicht geläufig war, hat sich noch bei der Überführung der großen Heiligenreliquien der Provinzialkathedralen in die Hauptstadt des geeinigten 10 russischen Reiches 61 wiederholt. Die sonst möglichen Kombinationen der verschiedenen Prinzipien der Pantheon- und Primatbildung sind unermeßlich und die Göttergestalten meist ebenso labil in ihren Kompetenzen, wie die Beamten patrimonialer Gebilde. Die Kompetenzabgrenzung wird 15 gekreuzt durch die Gepflogenheit des religiösen Attachements an einen speziellen, jeweils besonders bewährten Gott oder der Höflichkeit gegen den Gott, an den man sich gerade wendet, diesen als funktionell universell zu behandeln, ihm also alle möglichen, sonst an andere Götter vergebenen Funktionen zuzumuten: den von 20 Max Müller mit Unrecht als besondere Entwicklungsstufe angenommenen sog. „Henotheismus". 62 Für die Primatbildung spielen rein rationale Momente stark mit. Wo immer ein erhebliches Maß von Festigkeit bestimmter Vorschriften irgend| welcher Art, beson- A 238
6 0 Assur war die zeitweilige Hauptstadt Assyriens, des nördlichen Teils des heutigen Iraks, benannt nach dem obersten Gott der Assyrer, Assur. Im 13. vorchristlichen Jahrhundert wurde Assyrien erstmalig Großmacht, es beherrschte ganz Mesopotamien und Nordsyrien. 614 v. Chr. wurde die Stadt von den Medern zerstört. Die Reste der Stadt bilden den Ruinenhügel Kalat Scherkat am rechten Tigrisufer. 61 Im Jahr 1395 ließ der russische Metropolit Kyprlan die Madonna von Wladimir von Kiew nach Moskau transportieren. 6 2 Ein von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling geprägter und von Friedrich Max Müller in die Religionswissenschaft eingeführter Begriff, den Müller als „Monotheismus des Affektes und der Stimmung" beschrieb und der die Einstellung dessen charakterisiert, der im Augenblick der Verehrung mit dem angerufenen Gott so verkehrt, als wäre er der einzige. Müller bezeichnete mit dem Terminus „Henotheismus" eine Phase der religiösen Entwicklung, in der „ein Glaube an einzelne abwechselnd als höchste hervortretende Götter" herrscht. (Müller, Vorlesungen über den Ursprung, S.312). Die früheste Gotteserfahrung sei weder monotheistisch noch polytheistisch. Der Mensch nehme Gott In der Natur wahr, ohne die Existenz anderer Götter auszuschließen oder eine Hierarchie zwischen Göttern anzunehmen (vgl. auch unten, S.153, Anm.69). Zu Müllers Henotheismus hat sich Weber auch in seiner Hinduismusstudie geäußert. (MWG I/20, S.84).
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ders oft: stereotypierte religiöse Riten, in dieser ihrer Regelmäßigkeit besonders stark hervortritt und einem rationalen religiösen Denken bewußt wird, da pflegen diejenigen Gottheiten, welche am meisten feste Regeln in ihrem Verhalten zeigen, also die Himmels- und Gestirngötter, die Chance des Primats zu haben. In der Alltagsreligiosität spielen diese Gottheiten, welche sehr universelle Naturerscheinungen beeinflussen und daher der metaphysischen Spekulation als sehr groß, zuweilen selbst als Weltschöpfer gelten, gerade weil diese Naturerscheinungen in ihrem Verlauf nicht allzu stark schwanken, folglich in der Praxis des Alltags nicht das praktische Bedürfnis erwecken, durch die Mittel der Zauberer und Priester beeinflußt zu werden, meist keine erhebliche Rolle. Es kann ein Gott die ganze Religiosität eines Volkes maßgebend prägen (wie Osiris in Ägypten), wenn er einem besonders starken religiösen - in diesem Falle soteriologischen - Interesse entspricht, ohne doch den Primat im Pantheon zu gewinnen. Die „ratio" fordert den Primat der universellen Götter, und jede konsequente Pantheonbildung folgt in irgendeinem Maße auch systematisch-rationalen Prinzipien, weil sie stets mit unter dem Einfluß entweder eines berufsmäßigen Priesterrationalismus oder des rationalen Ordnungsstrebens weltlicher Menschen steht. Und vor allem die schon früher erwähnte 63 Verwandtschaft der rationalen Regelmäßigkeit des durch göttliche Ordnung verbürgten Laufs des Gestirnes mit der Unverbrüchlichkeit der heiligen Ordnung auf Erden macht sie zu berufenen Hütern dieser beiden Dinge, an welchen einerseits die rationale Wirtschaft und andererseits die gesicherte und geordnete Herrschaft der heiligen Normen in der sozialen Gemeinschaft hängen. Die Interessenten und Vertreter dieser heiligen Norm sind zunächst die Priester, und deshalb ist die Konkurrenz der Gestirngötter Varuna und Mitra, welche die heilige Ordnung schützen, mit dem waffengewaltigen Gewittergott Indra, dem Drachentöter, ein Symptom der Konkurrenz der nach fester Ordnung und ordnungsgemäßer Beherrschung des Lebens strebenden Priesterschaft mit der Macht des kriegerischen Adels, welchem der tatendurstige Heldengott und die ordnungsfremde Irrationalität
6 3 Siehe oben, S. 139.
1. Die Entstehung der Religionen
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der Aventiure 64 und des Verhängnisses adäquate Beziehungen zu überirdischen Mächten sind. Wir werden diesen wichtigen Gegensatz noch mehrfach wirksam finden. 65 Systematisierte heilige Ordnungen, wie sie eine Priesterschaft propagiert (Indien, Iran, Babel) und rational geordnete Untertanenbeziehungen, wie sie der Beamtenstaat schafft (China, Babel) dienen meist den himmlischen oder astralen Gottheiten zum Aufstieg im Pantheon. Wenn in Babel die Religiosität in steigender Eindeutigkeit in den Glauben an die Herrschaft der Gestirne, speziell der Planeten, über alle Dinge, von den Wochentagen angefangen bis zum Jenseitsschicksal und damit in den astrologischen Fatalismus ausmündet, so ist das freilich erst ein Produkt der späteren Priesterwissenschaft und der nationalen Religion des politisch freien Staates noch fremd. - Ein Pantheon-Herrscher oder Pantheon-Gott ist an sich noch kein „universeller", internationaler Weltgott. Aber natürlich ist er regelmäßig auf dem Wege dazu. Jedes entwickelte Denken über die Götter verlangt zunehmend, daß die Existenz und Qualität eines Wesens als Gott eindeutig feststehe, der Gott also in diesem Sinn „universell" sei. Auch die Weltweisen der Hellenen deuteten ja die Gottheiten ihres leidlich geordneten Pantheon in alle anderwärts vorgefundenen Gottheiten hinein. Die Tendenz jener Universalisierung steigert sich mit steigendem Übergewicht des Pantheonherrschers: je mehr dieser also „monotheistische" Züge annimmt. Die Weltreichbildung in China, die Erstreckung des Priesterstandes der Brahmanen durch alle politischen Einzelbildungen hindurch in Indien, die persische und die römische Weltreichbildung haben alle die Entstehung des Universalismus und Monotheismus - in irgendwelchem Maße beide, wenn auch nicht immer beide gleichmäßig - begünstigt, wenn auch mit höchst verschiedenem Erfolg. Die Weltreichbildung (oder die gleichartig wirkende irdische soziale Angeglichenheit) ist keineswegs der einzige und unentbehrliche Hebel dieser Entwicklung gewesen. Zum mindesten die Vor-
6 4 Das Wort (mittelhochdeutsch: „unerwartetes Ereignis", „Abenteuer") bezeichnet sowohl die Abenteuer der Helden als auch die Kapitel der nach den Heldenabenteuern gegliederten mittelalterlichen Epen. 6 5 Siehe unten, S.227 und S.362.
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A 239 stufe q des universalistischen Monotheismus: die | Monolatrie, 66 findet sich gerade in dem religionsgeschichtlich wichtigsten Fall, dem Jahvekult, als Konsequenz ganz konkreter historischer Ereignisse: einer Eidgenossenschaftsbildung. Der Universalismus ist in diesem Fall Produkt der internationalen Politik, deren pragmatische Interpreten die prophetischen Interessenten des Jahvekults und der Jahvesittlichkeit waren, mit der Konsequenz, daß auch die Taten der fremden Völker, welche Israels Lebensinteressen so mächtig berührten, als Taten Jahves zu gelten begannen. 67 Hier ist ganz greifbar der spezifisch und eminent historische Charakter, welcher der Spekulation der jüdischen Prophetie anhaftet, im schroffen Gegensatz gegen die Naturspekulation der Priesterschaften in Indien und Babylon, und r die aus Jahves Verheißungen sich unabweisbar ergebende Aufgabe: die Gesamtheit der so bedrohlich und, angesichts dieser Verheißungen, so befremdlich verlaufenden Entwicklung des in die Völkergeschicke verflochtenen eigenen Volksschicksals als „Taten Jahves", als einer „Weltgeschichte" also, zu erfassen, was dem zum Lokalgott der Polis Jerusalems umgewandelten, alten kriegerischen Gott der Eidgenossenschaft die prophetischen universalistischen Züge überweltlicher heiliger Allmacht und Unerforschlichkeit verlieh s . 68 Der monotheistische und damit[,j der Sache nach, universalistische Anlauf des Pharao Amenophis IV. (Echnaton) zum Sonnenkult entstammte gänzlich anderen Situationen: einerseits auch hier einem q A: Vorstöße
r Fehlt in A; und sinngemäß ergänzt,
s A: lieh
66 Laut Bruno Baentsch, Altorientalischer und israelitischer Monotheismus. Ein Wort zur Revision der entwicklungsgeschichtlichen Auffassung der Israelitischen Religionsgeschichte. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1906, wandelte sich die anfängliche Monolatrie Israels zu einem universalen Monotheismus, als Israel seit dem achten vorchristlichen Jahrhundert in weltpolitische Auseinandersetzungen hineingeriet. Diese Ausweitung zum universalen Monotheismus gründete sich auf das absolute Vertrauen auf die mit dem Bund von Gott gegebene Verheißung an sein Volk. 6 7 Dies ist besonders deutlich bei dem Propheten Jesaia (45) zu beobachten: Der persische Herrscher Kyros II. wird als Werkzeug In der Hand Jahwes dargestellt. 6 8 Adalbert Merx führte aus: „Darum schildert er [der Verfasser des Buches Josua] nicht die ,bewunderungswerten Werke' der Israeliten und Barbaren, sondern die Großtaten Gottes für Israel an den Barbaren [...]. Das Ist der große Wurf in diesem Werke: Universalhistorische Anlage, Herauswachsenlassen Israels aus der Völkerschar [...]". (Merx, Adalbert, Die Bücher Moses und Josua. Eine Einführung für Laien (Religlonsgeschlchtllche Volksbücher für die deutsche christliche Gegenwart, II. Reihe, 3 l.-ll., hg. von Friedrich Michael Schiele). - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1907, S.17f.).
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weitgehenden priesterlichen und wohl auch Laienrationalismus, der[,] im scharfen Gegensatz gegen die israelitische Prophetie, rein naturalistischen Charakters ist, andererseits dem praktischen Bedürfnis des an der Spitze eines bürokratischen Einheitsstaates stehenden Monarchen, mit der Beseitigung der Vielheit der Priestergötter auch die Übermacht der Priester selbst zu brechen und die alte Machtstellung der vergotteten Pharaonen durch Erhebung des Königs zum höchsten Sonnenpriester herzustellen. Der universalistische Monotheismus der christlichen und islamischen und der relative Monotheismus 69 in zarathustrischer Verkündigung sind, die ersten beiden historisch als Fortentwicklungen vom Judentum abhängig, die letztere sehr wahrscheinlich durch außeriranische (vorderasiatische) Einflüsse mitbestimmt. Sie sind alle durch die Eigenart der „ethischen" im Gegensatz zur „exemplarischen" Prophetie - ein später zu erörternder Unterschied 70 - bedingt. Alle andern relativ monotheistischen und universalistischen Entwicklungen sind also Produkte philosophischer Spekulation von Priestern und Laien, welche praktische religiöse Bedeutung nur da gewannen, wo sie mit soteriologischen (Erlösungs-)Interessen sich vermählten (wovon später). 71 Die praktischen Hemmungen der in irgendeiner Form fast überall in Gang gekommenen Entwicklung zum strengen Monotheismus, welche seine Durchsetzung in der Alltagsreligion überall, außer im Judentum, Islam und Protestantismus, relativiert haben, lagen durchweg in den mächtigen ideellen und materiellen Interessen der an den Kulten und Kultstätten der Einzelgötter interessierten Priesterschaften einerseits, und den religiösen Interessen der Laien an einem greifbaren, nahen, zu der konkreten Lebenslage oder dem konkreten Personenkreis unter Ausschluß anderer in 69 Der Begriff „relativer Monotheismus" stammt von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: „Versteht man daher unter Monotheismus nur das Gegentheil von Vielgötterei, so ist im Bewußtseyn noch wirklich Monotheismus; aber es ist leicht einzusehen, daß dieser zwar für die in ihm begriffene Menschheit absoluter ist, an sich und für uns aber bloß relativer. Denn der absolut-Eine Gott ist der, welcher auch nicht die Möglichkeit anderer Götter außer sich zuläßt, der bloß relativ-einzige der, welcher nur wirklich keinen andern vor, neben oder nach sich hat". (Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von, Einleitung in die Philosophie der Mythologie (ders., Sämmtliche Werke, Abt. 2, Band 1). - Stuttgart, Augsburg: J.G. Cotta 1856, S. 127). 70 Siehe unten, S. 189. 71 Siehe unten, S.266ff.
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Beziehung zu bringenden, vor allem: einem der magischen Beeinflussung zugänglichen religiösen Objekt andererseits. Denn die Sicherheit der einmal erprobten Magie ist viel größer als die Wirkung der Verehrung eines magisch nicht zu beeinflussenden, weil übermächtigen Gottes. Die Konzeption der „übersinnlichen" Gewalten als Götter, selbst als eines überweltlichen Gottes, beseitigt daher die alten magischen Vorstellungen keineswegs schon an sich (auch im Christentum nicht), aber sie läßt allerdings eine nun zu besprechende doppelte Möglichkeit der Beziehung zu ihnen entstehen. Eine irgendwie nach Analogie des beseelten Menschen gedachte Macht kann entweder, ebenso wie die naturalistische „Kraft" eines Geistes, in den Dienst des Menschen gezwungen werden: Wer das Charisma dazu hat, die richtigen Mittel anzuwenden, der ist stärker auch als ein Gott und kann ihn nach seinem Willen nötigen. Das religiöse Handeln ist dann nicht „Gottesdienst", sondern A 240 „Gotteszwang", | die Anrufung des Gottes nicht Gebet, sondern magische Formel: eine unausrottbare Grundlage der volkstümlichen^] vor allem der indischen Religiosität, aber sehr universell verbreitet, wie ja auch der katholische Priester noch etwas von dieser Zaubermacht in der Vollziehung des Meßwunders und in der Schlüsselgewalt 72 übt. Die orgiastischen und mimischen Bestandteile des religiösen Kultus, vor allem Gesang, Tanz, Drama, daneben die typischen festen Gebetsformeln, haben, nicht ausschließlich, aber dem Schwerpunkt nach, hier ihren Ursprung. Oder die Anthropomorphisierung geht dahin, die freie, durch Bitten, Gaben, Dienste, Tribute, Schmeicheleien, Bestechungen, und schließlich namentlich durch eigenes^] seinem Willen entsprechendes Wohlverhalten zu gewinnende Gnade eines mächtigen irdischen Herrn auch auf das Verhalten der Götter zu übertragen, dic[,j nach seiner Analogie, als gewaltige, zunächst nur quantitativ stärkere Wesen gedacht sind. Dann entsteht die Notwendigkeit des „Gottesdienstes".
72 In der katholischen Kirche wird unter „Schlüsselgewalt" die Befugnis verstanden, Freisprechung von Sünden zu erteilen oder zu versagen. Zugrunde liegt Matthäus 16, 19: „Und will dir [Petrus] des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch Im Himmel los sein."
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Natürlich sind auch die spezifischen Elemente des „Gottesdienstes": Gebet und Opfer, zunächst magischen Ursprungs. Bei dem Gebet bleibt die Grenze zwischen magischer Formel und Bitte flüssig, und gerade der technisch rationalisierte Gebetsbetrieb in Form von Gebetsmühlen und ähnlichen technischen Apparaten, von in den Wind gehängten oder an die Götterbilder gesteckten oder an die Heiligenbilder gehefteten Gebetsstreifen oder von rein quantitativ bemessenen Rosenkranzleistungen (fast alles Produkte der indischen Rationalisierung des Gotteszwangs) steht1 überall der ersteren mehr als der letzteren nahe. Dennoch kennen auch sonst undifferenzierte Religionen das eigentliche individuelle Gebet, als „Bitte", meist in der rein geschäftlichen rationalen Form, daß dem Gott die Leistungen des Betenden für ihn vorgehalten und Gegenleistungen dafür begehrt werden. Auch das Opfer taucht zunächst auf als magisches Mittel. Teils direkt im Dienst des Götterzwangs: auch die Götter brauchen den die Ekstase erregenden Somasaft der Zauberpriester, um Taten zu verrichten, daher kann man sie, nach der alten Vorstellung der Arier, durch das Opfer zwingen. Oder aber man kann mit ihnen sogar einen Pakt schließen, der beiden Teilen Pflichten auferlegt: die folgenschwere Vorstellung namentlich der Israeliten. Oder das Opfer ist Mittel der magischen Ablenkung des einmal entstandenen Grimms des Gottes auf ein anderes Objekt, sei dies ein Sündenbock 73 oder (und namentlich) ein Menschenopfer. Noch wichtiger und wahrscheinlich auch älter ist aber das andere Motiv: das Opfer, speziell das Tieropfer, soll eine „communio", eine als Verbrüderung wirkende Tischgemeinschaft zwischen den Opfernden und dem Gott[,j herstellen: 74 eine Bedeutungswandlung der noch älteren Vorstellung: daß das Zerreißen und Essen eines starken, später eit A: stehen 7 3 A m j ü d i s c h e n V e r s ö h n u n g s t a g w u r d e n einem B o c k d u r c h H a n d a u f l e g e n d e s Hohenpriesters die S ü n d e n d e s Volkes Israel übertragen. D a n a c h w u r d e der B o c k in die Wüste g e s c h i c k t . (3. M o s e 16, 3ff.). 74 William R o b e r t s o n Smith: „Wir d ü r f e n es [...] als gesichert a n s e h e n , d a s s d u r c h d a s g a n z e s e m i t i s c h e G e b i e t die G r u n d i d e e d e s O p f e r s nicht die d e s heiligen Tributs ist, s o n d e r n die einer G e m e i n s c h a f t z w i s c h e n d e m Gott u n d seinen Verehrern d u r c h g e m e i n s a m e Teilhabe an d e m .lebenden' Fleisch u n d Blut eines heiligen Opfertieres". (Smith, William Robertson, Die Religion der Semiten. - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul Sieb e c k ) 1899, S. 266; hinfort: Smith, Religion der Semiten).
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nes heiligen, Tiers dessen Kraft den Essenden mitteile. Ein magischer Sinn solcher oder anderer Art - denn es gibt der Möglichkeiten viele - kann, auch wenn eigentlich „kultische" Vorstellungen stark sinnbestimmend einwirken, dennoch der Opferhandlung das Gepräge geben. Er kann auch an Stelle eigentlich kultischen Sinns 5 wieder herrschend werden: die Opferrituale schon des a Atharva Veda, erst recht aber der Brahmanas sind, im Gegensatz zum altnordischen Opfer, fast reine Zauberei. Eine Abwendung vom Magischen bedeutet dagegen die Vorstellung des Opfers entweder als eines Tributs, z.B. der Erstlingsfrüchte, auf daß die Gottheit den 10 Menschen den Rest gönne, oder vollends als einer selbst auferlegten „Strafe" zur rechtzeitigen Abwendung der Rache des Gottes als Bußopfer. Auch dies involviert freilich noch kein „Sündenbewußtsein"; es vollzieht sich zunächst (so in Indien) in kühler Geschäftlichkeit. Steigende Vorstellungen von der Macht eines Got- 15 tes und dessen Charakter als persönlichen Herrn bedingen dann steigendes Vorwiegen der nicht magischen Motive. Der Gott wird ein großer Herr, der nach Belieben auch versagen kann und dem man sichb also nicht mit magischen Zwangsmaßregeln, sondern nur mit Bitten und Geschenken nahen darf. Alles aber, was diese 20 Motive dem einfachen „Zauber" gegenüber neu hinzubringen, sind zunächst ebenso nüchterne rationale Elemente wie die Motive des Zauberns selbst. „Do ut des" ist der durchgehende GrundA 241 zug. Dieser Charakter | haftet der Alltags- und Massenreligiosität aller Zeiten und Völker und auch allen Religionen an. Abwendung 25 „diesseitigen" äußerlichen Übels und Zuwendung „diesseitiger" äußerlicher Vorteile ist der Inhalt aller normalen „Gebete", auch der allerjenseitigsten Religionen. Jeder Zug, der darüber hinausführt, ist das Werk eines spezifischen Entwicklungsprozesses mit eigentümlich zwiespältiger Eigenart. Einerseits eine immer weiter- 30 gehende rationale Systematisierung der Gottesbegriffe und ebenso des Denkens über die möglichen Beziehungen des Menschen zum Göttlichen. Andrerseits aber, im Resultat, zu einem charakteristischen Teil ein Zurücktreten jenes ursprünglichen praktischen rechnenden Rationalismus. Denn der „Sinn" des spezifisch religio- 35 sen Sichverhaltens wird, parallel mit jener Rationalisierung des
a A: d e r
b Fehlt in A; sich sinngemäß ergänzt.
2. Zauberer - Priester
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Denkens, zunehmend weniger in rein äußeren Vorteilen des ökonomischen Alltags gesucht, und insofern also das Ziel des religiösen Sichverhaltens „irrationalisiert", bis schließlich diese „außerweltlichen", d.h. zunächst: außerökonomischen Ziele als das dem religiösen Sichverhalten Spezifische gelten. Eben deshalb aber ist das Vorhandensein spezifischer persönlicher Träger dieser in dem eben angegebenen Sinn „außerökonomischen" Entwicklung eine von deren Voraussetzungen. Man kann diejenigen Formen der Beziehungen zu den übersinnlichen Gewalten, die sich als Bitte, Opfer, Verehrung äußern, 0 als „Religion" und „Kultus" von der „Zauberei" als dem magischen Zwange scheiden 75 und dementsprechend als „Götter" diejenigen Wesen bezeichnen, welche religiös verehrt und gebeten, als „Dämonen" diejenigen, welche magisch gezwungen und gebannt werden. Die Scheidung ist fast nirgends restlos durchführbar, denn auch das Ritual des in diesem Sinn „religiösen" Kultus enthält fast überall massenhafte magische Bestandteile. Und die historische Entwicklung jener Scheidung ist sehr oft einfach so erfolgt, daß bei Unterdrückung eines Kultes durch eine weltliche oder priesterliche Gewalt zugunsten einer neuen Religion die alten Götter als „Dämonen" fortexistieren. 2.d Zauberer - Priester. Die soziologische Seite jener Scheidung aber ist die Entstehung eines „Priestertums" als etwas von den „Zauberern" zu Unterscheidendem. Der Gegensatz ist in der Realität durchaus flüssig, wie fast alle soziologischen Erscheinungen. Auch die Merkmale c A: äußert,
d A: § 2.
7 5 Diese Unterscheidung nahm auch Eduard Meyer vor. Für ihn begann die Religion erst mit dem Kultus, der dauerhaften und geregelten Verknüpfung des menschlichen Verbandes mit der Gottheit. Im Kult sah er den „vollendetste^] Ausdruck der Kausalitätsidee, den das mythische Denken erzeugt hat". Dem Kult voraus ging, so Meyer, das Zauberwesen, die „zwischen Menschen und Geistern für den einzelnen Moment geschaffenen Beziehungen". (Meyer, Elemente der Anthropologie, wie oben, S. 132, Anm. 19, S. 9 1 - 1 0 4 , Zitate: S. 102 und 90). Hermann Oldenberg vertrat für den indischen Bereich gleichfalls eine „Trennung von Cultus und Zauberei, man kann annähernd auch sagen von Glauben und .Aberglauben' [...]". (Oldenberg, Religion des Veda, S. 476f.).
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Religiöse
Gemeinschaften
der begrifflichen Abgrenzung sind nicht eindeutig feststellbar. Man kann entsprechend der Scheidung von „Kultus" und „Zauberei" als „Priester" diejenigen berufsmäßigen Funktionäre bezeichnen, welche durch Mittel der Verehrung die „Götter" beeinflussen, im Gegensatz zu den Zauberern, welche „Dämonen" durch magische Mittel zwingen. Aber der Priesterbegriff zahlreicher großer Religionen, auch der christlichen, schließt gerade die magische Qualifikation ein. Oder man nennt „Priester" die Funktionäre eines regelmäßigen organisierten stetigen Betriebs der Beeinflussung der Götter, gegenüber der individuellen Inanspruchnahme der Zauberer von Fall zu Fall. Der Gegensatz ist durch eine gleitende Skala von Übergängen überbrückt, aber in seinen „reinen" Typen eindeutig, und man kann dann als Merkmal des Priestertums das Vorhandensein irgendwelcher fester Kultstätten, verbunden mit irgendwelchem sachlichen Kultapparat behandeln. Oder aber man behandelt als entscheidend für den Priesterbegriff: daß die Funktionäre, sei es erblich oder individuell angestellt, im Dienst eines vergesellschafteten sozialen Verbandes, welcher Art immer er sei, tätig werden, also als dessen Angestellte oder Organe und lediglich im Interesse seiner Mitglieder, nicht wie die Zauberer, welche einen freien Beruf ausüben. Auch dieser begrifflich klare Gegensatz ist natürlich in der Realität flüssig. Die Zauberer sind nicht selten zu einer festen Zunft, unter Umständen zu einer erblichen Kaste, zusammengeschlossen, und diese kann innerhalb bestimmter Gemeinschaften das Monopol der Magie haben. Auch der katholische Priester ist nicht immer „angestellt", sondern z.B. A 242 in Rom nicht selten ein armer Vagant, der von der | Hand in den Mund von den einzelnen Messen lebt, deren Wahrnehmung er nachgeht. Oder man scheidet die Priester als die durch spezifisches Wissen und festgeregelte Lehre und Berufsqualifikation Befähigten von den kraft persönlicher Gaben (Charisma) und deren Bewährung durch Wunder und persönliche Offenbarung Wirkenden,® also einerseits den Zauberern, andererseits den „Propheten". Aber die Scheidung zwischen den meist ebenfalls und zuweilen sehr hochgelernten Zauberern und den keineswegs immer be-
e A: wirkenden,
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sonders hochgelernt f wirkenden Priestern ist dann nicht einfach. Der Unterschied müßte qualitativ, in der Verschiedenheit des allgemeinen Charakters der Gelerntheit hier und dort gefunden werden. In der Tat werden wir später (bei Erörterung der Herrschaftsformen) 76 die teils durch irrationale Mittel auf Wiedergeburt ausgehende „Erweckungserziehung", teils auch eine rein empirische Kunstlehre darstellende Schulung der charismatischen Zauberer von der rationalen Vorbildung und Disziplin der Priester zu scheiden haben, obwohl in der Realität auch hier beides ineinandergleitend übergeht. Nähme man aber dabei als Merkmal der „Lehre" als einer das Priestertum auszeichnenden Differenz die Entwicklung eines rationalen religiösen Gedankensystems und, was für uns vor allem wichtig ist, die Entwicklung einer systematisierten spezifisch religiösen „Ethik" auf Grund einer zusammenhängenden, irgendwie festgelegten, als „Offenbarung" geltenden Lehre an, etwa so wie der Islam seine Unterscheidung von Buchreligionen und einfachem Heidentum machte, so wären nicht nur die japanischen Schintopriester, sondern z.B. auch die machtvollen Hierokratien der Phöniker aus dem Begriff der Priesterschaft ausgeschlossen und eine allerdings grundlegend wichtige, aber nicht universelle Funktion des Priestertums zum Begriffsmerkmal gemacht. Den verschiedenen, niemals glatt aufgehenden, Möglichkeiten der Unterscheidung wird es für unsere Zwecke am meisten gerecht, wenn wir hier die Eingestelltheit eines gesonderten Personenkreises auf den regelmäßigen, an bestimmte Normen, Orte und Zeiten gebundenen und auf bestimmte Verbände bezogenen Kultusbetrieb als wesentliches Merkmal festhalten. Es gibt kein Priestertum ohne Kultus, wohl aber Kultus ohne gesondertes Priestertum: so in China, wo ausschließlich die Staatsorgane und der Hausvater den Kultus der offiziell anerkannten Götter und Ahnengeister besorgen. Unter den typisch reinen „Zauberern" andererseits gibt es zwar Noviziat und Lehre, wie etwa in der Bruder-
f A: hochgelernten 76
S i e h e W u G 1 , S. 7 7 6 - 7 7 8 ( M W G I / 2 2 - 4 ) u n d W u G 1 , S. 7 8 4 ( M W G
I/22-4).
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schaft der Hametzen 77 bei den Indianern und ähnliche in der ganzen Welt, welche zum Teil eine sehr starke Macht in Händen haben und deren dem Wesen nach magische Feiern eine zentrale Stellung im Volksleben einnehmen, denen aber ein kontinuierlicher Kultusbetrieb fehlt und die wir deshalb nicht „Priester" nennen wollen. 5 Sowohl beim priesterlosen Kultus aber wie beim kultlosen Zauberer fehlt regelmäßig eine Rationalisierung der metaphysischen Vorstellungen, ebenso wie eine spezifisch religiöse Ethik. Beides pflegt in voller Konsequenz nur eine selbständige und auf dauernde Beschäftigung mit dem Kultus und den Problemen praktischer 10 Seelenleitung eingeschulte Berufspriesterschaft zu entwickeln. Die Ethik ist daher in der klassisch chinesischen Denkweise zu etwas ganz anderem als einer metaphysisch rationalisierten „Religion" entwickelt. Ebenso die Ethik des kultus- und priesterlosen alten Buddhismus. Und die Rationalisierung des religiösen Lebens ist, 15 wie später zu erörtern, 78 überall da gebrochen oder ganz hintangehalten worden, wo das Priestertum es nicht zu einer eigenen ständischen Entwicklung und Machtstellung gebracht hat, wie in der mittelländischen Antike. Sie hat sehr eigenartige Wege da eingeschlagen, wo ein Stand ursprünglicher Zauberer und heiliger Sän- 20 ger die Magie rationalisierte, aber nicht eine eigentlich priesterliche Amtsverfassung entwickelte, wie die Brahmanen in Indien. Aber nicht jede Priesterschaft entwickelt das der Magie gegenüber prinzipiell Neue: eine rationale Metaphysik und religiöse Ethik. Diese setzt vielmehr der - nicht ausnahmslosen - Regel nach das 25 Eingreifen außerpriesterlicher Mächte voraus. Einerseits eines Trägers von metaphysischen oder religiös-ethischen „OffenbarunA 243 gen": des Propheten. Andererseits die Mitwirkung der nicht priesterlichen Anhänger eines Kultus: der „Laien". Ehe wir die Art betrachten, wie durch die Einwirkung dieser außerpriesterlichen 30 Faktoren die Religionen nach Überwindung der überall auf der Erde sehr ähnlichen Stufen der Magie fortentwickelt werden, müs7 7 Hametzen hießen die Mitglieder eines Geheimbundes der Kwakiutl in Britisch-Kolumbien. Über die Einweihung eines neuen Mitgliedes berichteten Heinrich Schurtz, Altersklassen und Männerbünde, wie oben, S. 130, Anm. 16, S. 394-399 (Schurtz sprach von „Hamatsa"), und Kurt Breysig, Geschichte der Menschheit, wie oben, S. 130, Anm. 16, S.312-317. Beide Autoren stützten sich auf die Feldforschungen von Franz Boas, Social Organization, wie oben, S. 130, Anm. 16. 7 8 Siehe unten, S. 176f. und WuG1, S.782f. (MWG I/22-4).
3. Gottesbegriff. Religiöse Ethik. Tabu
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sen wir gewisse typische Entwicklungstendenzen feststellen, welche durch das Vorhandensein priesterlicher Interessenten eines Kultus in Bewegung gesetzt werden. 3.9 Gottesbegriff. Religiöse Ethik. Tabu. h Die einfachste Frage: ob man einen bestimmten Gott oder Dämon überhaupt durch Zwang oder Bitte zu beeinflussen versuchen soll, ist zunächst lediglich eine Frage des Erfolgs. Wie der Zauberer sein Charisma, so hat der Gott seine Macht zu bewähren. Zeigt sich der Versuch der Beeinflussung dauernd nutzlos, so ist entweder der Gott machtlos oder die Mittel seiner Beeinflussung sind unbekannt, und man gibt ihn auf. In China genügen noch heute wenige eklatante Erfolge^ um einem Götterbild den Ruf, Macht (Sehen ling) 79 zu besitzen, und damit die Frequenz der Gläubigen zu verschaffen. Der Kaiser als Vertreter der Untertanen gegenüber dem Himmel verleiht den Göttern im Fall der Bewährung Titel und andere Auszeichnungen. Aber wenige eklatante Enttäuschungen genügen eventuell, einen Tempel für immer zu leeren. Der historische Zufall, daß der, aller Wahrscheinlichkeit spottende, felsenfeste Prophetenglaube des Jesaia: sein Gott werde Jerusalem, wenn nur der König 80 fest bleibe, dem Assyrerheer nicht in die Hände fallen lassen, wirklich eintraf, war das seitdem unerschütterliche Fundament der Stellung dieses Gottes sowohl wie seiner Propheten. Nicht anders erging es schon dem präanimistischen Fetisch und dem Charisma des magisch Begabten. Erfolglosigkeit büßt der Zauberer eventuell mit dem Tode. Eine Priesterschaft ist ihm gegenüber dadurch im Vorteil, daß sie die Verantwortung der Mißerfolge von sich persönlich auf den Gott abschieben kann. Aber mit dem Prestige ihres Gottes sinkt auch das ihrige. Es sei denn, daß g A: § 3.
h In A folgt eine Inhalts- und Seltenübersicht.
7 9 Der Begriff schert bedeutet „Geist" oder „Geistwesen", aber auch „geheimnisvoll", „wirksam", Hng bezeichnet „Geist", „Seele", zugleich aber auch „geheimnisvoll", „mächtig", „göttlich", „wirksam". Johann Jakob Maria de Groot übersetzte „schen-ling" mit „Macht oder geistliche Macht". (De Groot, Religionen der Chinesen, wie oben, S. 129, Anm. 13, S. 174). 8 0 Gemeint ist König Hiskia, vgl. 2 Könige 18, 13-19, 37; 2 Chronik 32, 1 - 2 2 und Jesaia 3 6 - 3 8 .
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sie Mittel findet, diese Mißerfolge überzeugend so zu deuten, daß die Verantwortung dafür nicht mehr auf den Gott, sondern auf das Verhalten seiner Verehrer fällt. Und auch dies ermöglicht die Vorstellung vom „Gottesdienst" gegenüber dem „Gotteszwang". Die Gläubigen haben den Gott nicht genügend geehrt, seine Begierde nach Opferblut oder Somasaft nicht genügend gestillt, womöglich ihn darin zugunsten anderer Götter zurückgesetzt. Daher erhört er sie nicht. A b e r unter Umständen hilft auch erneute und gesteigerte Verehrung nicht: die Götter der Feinde bleiben die stärkeren. Dann ist es um seine Reputation geschehen. Man fällt zu diesen stärkeren Göttern ab, es sei denn, daß es auch jetzt noch Mittel gibt, das renitente Verhalten des Gottes derart zu motivieren, daß sein Prestige nicht gemindert, ja sogar noch gefestigt wird. Auch solche Mittel auszudenken ist aber einer Priesterschaft unter Umständen gelungen. A m eklatantesten derjenigen Jahves, dessen Beziehung zu seinem Volke sich aus Gründen, die noch zu erörtern sein werden, 81 um so fester knüpfte, in je tieferes Ungemach es verstrickt wurde. Damit dies aber geschehen könne, bedarf es zunächst der Entwicklung einer Reihe von neuen Attributen des Göttlichen. Den anthropomorphisierten Göttern und Dämonen kommt zunächst eine eigentlich qualitative Überlegenheit dem Menschen gegenüber nur relativ zu. Ihre Leidenschaften sind maßlos wie die starker Menschen und maßlos ihre Gier nach Genuß. A b e r sie sind weder allwissend noch allmächtig - im letzteren Fall könnten ihrer ja nicht mehrere sein - noch auch, weder in Babylon noch bei den Germanen, notwendig ewig: nur wissen sie sich oft die Dauer ihrer glanzvollen Existenz durch magische Speisen oder Tränke, die sie A 244 sich vorbehalten haben, zu sichern, so wie | ja auch der Zaubertrank des Medizinmannes den Menschen das Leben verlängert. Qualitativ geschieden werden unter ihnen die für die Menschen nützlichen von den schädlichen Mächten und natürlich die ersteren regelmäßig als die guten und höheren „Götter", die man anbetet, den letzteren entgegengesetzt als den niederen „Dämonen", die nun oft mit allem Raffinement einer irgend ausdenkbaren, verschmitzten Tücke ausgestattet, nicht angebetet, sondern magisch gebannt werden. A b e r nicht immer vollzieht sich eine Scheidung 81 Siehe unten, S. 174f. und S. 192f.
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auf dieser Basis und erst recht nicht immer in Form einer solchen Degradation der Herren der schädlichen Mächte zu Dämonen. Das Maß von kultischer Verehrung, welches Götter genießen, hängt nicht von ihrer Güte und auch nicht einmal von ihrer universellen Wichtigkeit ab. Gerade den ganz großen guten Göttern des Himmels fehlt ja oft jeder Kultus, nicht weil sie dem Menschen „zu fern" sind, sondern weil ihr Wirken zu gleichmäßig und durch seine feste Regelmäßigkeit auch ohne besondere Einwirkung gesichert erscheint. Mächte von ziemlich ausgeprägt diabolischem Charakter dagegen, wie etwa der Seuchengott Rudra in Indien, sind nicht immer die schwächeren gegenüber den „guten" Göttern, sondern können mit ungeheurer Machtfülle bekleidet werden. Neben die unter Umständen wichtige qualitative Differenzierung von guten und diabolischen Gewalten tritt nun aber - und darauf kommt es uns hier an - innerhalb des Pantheons die Entwicklung spezifisch ethisch qualifizierter Gottheiten. Die ethische Qualifikation der Gottheit ist keineswegs dem Monotheismus vorbehalten. Sie gewinnt bei ihm weittragendere Konsequenzen, ist aber an sich auf den verschiedensten Stufen der Pantheonbildung möglich. Zu den ethischen Gottheiten gehört naturgemäß besonders oft der spezialisierte Funktionsgott für die Rechtsfindung und derjenige, welcher über die Orakel Gewalt hat. Die Kunst der „Divination" erwächst zunächst direkt aus der Magie des Geisterglaubens. Die Geister wirken, wie alle anderen Wesen, nicht schlechthin regellos. Kennt man die Bedingungen ihrer Wirksamkeit, so kann man ihr Verhalten aus Symptomen: omina, 82 welche erfahrungsgemäß ihre Disposition andeuten, kombinieren. Die Anlage von Gräbern, Häusern und Wegen, die Vornahme von wirtschaftlichen und politischen Handlungen müssen an dem nach früheren Erfahrungen günstigen Ort und zu günstiger Zeit geschehen. Und wo eine Schicht, wie die sog. taoistischen Priester in China, von der Ausübung dieser Divinationskunst lebt, kann ihre Kunstlehre (das Fung-schui in China) eine unerschütterliche Macht gewinnen. Alle ökonomische Rationalität scheitert 8 2 Unter „omina" werden gute oder schlechte Vorzeichen verstanden, die auf ein zukünftiges Ereignis hindeuten. Zu Omina kann alles werden, was sich am Himmel oder auf der Erde befindet: etwa der Flug der Vögel, Mißbildungen der Eingeweide, Sonnenund Mondfinsternisse, das Rauschen der Bäume usw.
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Religiöse
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dann an dem Widerspruch der Geister: keine Eisenbahn- oder Fabrikanlage, die nicht auf Schritt und Tritt mit ihnen in Konflikt geriete. Erst der Kapitalismus in seiner Vollkraft hat es vermocht, mit diesem Widerstand fertig zu werden. 83 Noch im russisch-japanischen Kriege 84 scheint aber das japanische Heer einzelne Gelegenheiten aus Gründen ungünstiger Divination verpaßt zu haben, - während schon Pausanias bei Plataiai offenbar die Gunst oder Ungunst der Vorzeichen geschickt den Bedürfnissen der Taktik entsprechend zu „stilisieren" gewußt hat. 85 Wo nun die politische Gewalt den Rechtsgang an sich zieht, den bloßen unmaßgebenden Schiedsspruch bei der Sippenfehde in ein Zwangsurteil oder bei religiösen oder politischen Freveln die alte Lynchjustiz der bedrohten Gesamtheit in ein geordnetes Verfahren gebracht hat, ist es fast immer göttliche Offenbarung (Gottesurteil), welche die Wahrheit ermittelt. Wo eine Zaubererschaft es verstanden hat[,] die Orakel und die Gottesurteile und ihre Vorbereitung in die Hand zu bekommen, ist ihre Machtstellung oft eine dauernd überwältigende. Ganz der Realität der Dinge im Leben entsprechend ist der Hüter der Rechtsordnung keineswegs notwendig der stärkste Gott: 83 In seiner Konfuzianismusstudie behandelte Weber denselben Sachverhalt: „[...] volle n d s Elsenbahnanlagen, Fabrikanlagen mit Rauch [...] - hätten ganze G e g e n d e n magisch verpestet. Die magische Stereotypierung der Technik und Ökonomik, verankert an diesem Glauben und an d e n Sportelinteressen der Geomanten, schloß die Entstehung von Verkehrs- und gewerblichen Betrieben moderner Art als b o d e n s t ä n d i g e s Produkt völlig aus. Es bedurfte erst des Im Sattel sitzenden Hochkapitalismus und des Engagements gewaltiger Mandarinen-Mermögen in den Eisenbahnkapitalien, um diese ungeheure Barriere zu überrennen [...]". (MWG 1/19, S.406). 84 Der Krieg zwischen Rußland und Japan von 1 9 0 4 - 1 9 0 5 . 85 Der Spartlate Pausanias war Oberbefehlshaber über die siegreichen G r i e c h e n bei der Schlacht von Plataiai Im südlichen Böotien (479 v. Chr.) g e g e n das persische Landheer unter Mardonlos. Hauptquelle der Schlacht ist Herodot (Historien IX, 1 8 - 8 6 ) . Der spartanische Seher Teisamenos sagte den Griechen voraus, daß sie die Schlacht verlieren würden, wenn sie den Fluß A s o p o s überschreiten und das persische Heer angreifen würden. Wenn sie aber d e n Angriff der Perser nur abwehren w ü r d e n und sich lediglich verteidigten, dann würden sie bei der Schlacht von Plataiai als Sieger hervorgehen. Pausanlas verzögerte daraufhin den Beginn der Schlacht. Den Persern unter Mardonlos wurde ebenfalls eine militärische Niederlage prophezeit, w e n n sie die Schlacht eröffnen w ü r d e n (IX, 3 4 - 3 5 ) . Mardonios fürchtete j e d o c h die a n w a c h s e n d e n Massen der sich v e r s a m m e l n d e n griechischen Stämme und d r ä n g t e darauf, die Schlacht zu eröffnen. Er erinnerte seine Heerführer an eine alte Weissagung, nach der die Perser In Griechenland einfallen, das Orakel von Delphi plündern und anschließend vernichtet w e r d e n würden. Wenn sie also das delphische Heiligtum schonen würden, träfe die Voraussage nicht ein. Die Schlacht soll daraufhin von d e n Persern begonnen w o r d e n sein.
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weder Varuna in Indien, noch Maat in Ägypten, noch weniger Lykos in Attika oder Dike oder Themis und auch nicht Apollon waren dies. Nur ihre ethische Qualifikation, dem Sinn der „Wahrheit", die das Orakel oder Gottesurteil doch immer irgendwie ver5 künden soll, entsprechend, zeichnet sie aus. Aber nicht^ weil er ein Gott ist, schützt der „ethische" Gott die Rechtsordnung und die gute Sitte - mit „Ethik" haben die anthropo|morphen Götter A 245 zunächst nichts Besonderes, jedenfalls aber weniger als die Menschen, zu schaffen. Sondern weil er nun einmal diese besondere 10 Art von Handeln in seine Obhut genommen hat. Die ethischen Ansprüche an die Götter steigen nun aber 1. mit steigender Macht und also steigenden Ansprüchen an die Qualität der geordneten Rechtsfindung innerhalb großer befriedeter politischer Verbände, - 2. mit steigendem Umfang der durch meteorologische Orientie15 rung der Wirtschaft bedingten rationalen Erfassung des naturgesetzlichen Weltgeschehens als eines dauernd sinnvoll geordneten Kosmos, - 3. mit steigender Reglementierung immer neuer Arten von menschlichen Beziehungen durch konventionelle Regeln und steigender Bedeutung der gegenseitigen Abhängigkeit der Men20 sehen von der Innehaltung dieser Regeln, insbesondere aber 4. mit steigender sozialer und ökonomischer Bedeutung der Verläßlichkeit des gegebenen Wortes: des Wortes des Freundes, Vasallen, Beamten, Tauschpartners, Schuldners oder wessen es sei, - mit einem Wort: mit steigender Bedeutung der ethischen Bindung des Ein25 zelnen an einen Kosmos von „Pflichten", welche sein Verhalten berechenbar machen. Auch die Götter, an die man sich um Schutz wendet, müssen nun offenbar entweder selbst einer Ordnung unterworfen sein oder ihrerseits, wie große Könige, eine solche geschaffen und zum spezifischen Inhalt ihres göttlichen Willens ge30 macht haben. Im ersten Fall tritt hinter ihnen eine übergeordnete unpersönliche Macht auf, die sie innerlich bindet und den Wert ihrer Taten mißt, ihrerseits aber verschieden geartet sein kann. Universelle unpersönliche Mächte übergöttlicher Art treten zunächst als „Schicksals"-Gewalten auf. 86 So das „Verhängnis" (Moira) der
8 6 Die frühe griechische Dichtung, Epos und Tragödie, war von der Vorstellung geprägt, daß Schicksalsmächte nicht allein Menschen, sondern auch Götter zwingen. Die Stoa hat daraus einen philosophischen Schicksalsbegriff entwickelt, der das ethische Problem der Zurechenbarkeit von H a n d l u n g e n entstehen ließ.
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Hellenen, eine Art von irrationaler, insbesondere ethisch indifferenter Prädestination der großen Grundzüge jedes Einzelschicksals, die innerhalb gewisser Grenzen elastisch, deren allzu flagrante Verletzung aber durch verhängniswidrige Eingriffe auch für die größten Götter gefährlich (imepixogov)87 ist. Das erklärt dann neben anderen Dingen auch die Erfolglosigkeit so vieler Gebete. So geartet ist die normale innere Stellungnahme kriegerischen Heldentums, dem der rationalistische Glaube an eine rein ethisch interessierte, sonst aber parteilose, weise und gütige „Vorsehung" besonders fremd ist. Es tritt hier wiederum jene schon kurz berührte 88 tiefe Spannung zwischen Heldentum und jeder Art von religiösem oder auch rein ethischem Rationalismus zutage, der wir immer wieder begegnen werden. 89 Denn ganz anders sieht die unpersönliche Macht bürokratischer oder theokratischer Schichten, z.B. der chinesischen Bürokratie oder der indischen Brahmanen aus. Sie ist eine providentielle Macht harmonischer und rationaler Ordnung der Welt, je nachdem im Einzelfall mehr kosmischen oder mehr ethischen sozialen Gepräges, regelmäßig aber beides umfassend. Kosmischen, aber doch zugleich auch spezifisch ethisch-rationalen Charakter hat die übergöttliche Ordnung der Konfuzianer ebenso wie die der Taoisten, beides unpersönliche providentielle Mächte, welche die Regelmäßigkeit und glückliche Ordnung des Weltgeschehens verbürgen: die Anschauung einer rationalistischen Bürokratie. Noch stärker ethisch ist der Charakter der indischen Rita, der unpersönlichen Macht der festen Ordnung des religiösen Zeremoniells ebenso wie des Kosmos und daher auch des Tuns der Menschen im allgemeinen: die Anschauung der vedischen, eine wesentlich empirische Kunst mehr des Gotteszwangs als der Gottesverehrung übenden Priesterschaft. Oder die spätere indische übergöttliche Alleinheit des allein dem sinnlosen Wechsel und der Vergänglichkeit aller Erscheinungswelt nicht unterworfenen Seins: die Anschauung einer dem Welttreiben indifferent gegenüberstehenden Intellektuellenspekulation. Auch wo aber die Ordnung der Natur und der damit regelmäßig gleichge-
8 7 Das griechische Adjektiv wtepixopov (Tl.: hypermoron) bezeichnet das, was über das vorbestimmte Schicksal hinausgeht und durch eigene Schuld zustande kommt. 88 Siehe oben, S. 150f. 8 9 Siehe unten, S.227 und S.362.
3. Gottesbegriff.
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setzten sozialen Verhältnisse, vor allem des Rechts, nicht als den Göttern übergeordnet, sondern als Schöpfung von Göttern gelten, - wir werden später fragen: 90 unter welchen Bedingungen dies eintritt - , wird als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Gott diese 5 von ihm geschaffenen Ordnungen gegen Verletzung sichern werde. Die gedankliche Durchführung dieses Postulats hat weitgehende Konsequenzen für das religiöse Handeln und die allgemeine Stellungnahme der Menschen zum Gott. Sie | gibt den Anlaß zur Ent- A 246 wicklung einer religiösen Ethik, der Scheidung der göttlichen An10 forderung an den Menschen, gegenüber jenen Anforderungen oft unzulänglicher „Natur". Neben die beiden urwüchsigen Arten der Beeinflussung übersinnlicher Mächte: ihrer magischen Unterwerfung unter menschliche Zwecke oder ihrer Gewinnung dadurch, daß man sich ihnen nicht etwa durch Übung irgendwelcher ethi15 sehen Tugenden, sondern durch Befriedigung ihrer egoistischen Wünsche angenehm macht, tritt jetzt die Befolgung des religiösen Gesetzes als das spezifische Mittel, das Wohlwollen des Gottes zu erringen. Nicht freilich erst mit dieser Auffassung beginnt eine religiöse 20 Ethik. Im Gegenteil gibt es eine solche, und zwar von höchst wirksamer Art, gerade in Gestalt von rein magisch motivierten Normen des Verhaltens, deren Verletzung als religiöser Greuel gilt. Bei entwickeltem Geisterglauben wird ja jeder spezifische, zumal jeder nicht alltägliche, Lebensprozeß dadurch hervorgebracht, daß ein 25 spezifischer Geist in den Menschen hineingefahren ist: bei Krankheit ebenso wie etwa bei Geburt, Pubertät, Menstruation. Dieser Geist kann nun als „heilig" oder als „unrein" gelten - das ist wechselnd und oft zufällig bedingt, gilt aber im praktischen Effekt fast völlig gleich. Denn jedenfalls muß man es unterlassen, diesen 30 Geist zu reizen und dadurch zu veranlassen, entweder in den unberufenen Störer selbst hineinzufahren oder diesen oder auch den jeweils von ihm Besessenen magisch zu schädigen. Also wird der Betreffende physisch und sozial gemieden und muß andere, ja unter Umständen die Berührung seiner eigenen Person meiden, aus 35 diesem Grunde z.B. zuweilen - wie polynesische charismatische Fürsten - vorsichtig gefüttert werden, um seine eigene Speise nicht
9 0 Siehe unten, S. 190ff.
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magisch zu infizieren. 91 Besteht einmal diese Vorstellungsweise, dann können natürlich auch durch zauberische Manipulationen von Menschen, welche das magische Charisma besitzen, Gegenstände oder Personen für andere mit der Qualität des „Tabu" versehen werden: ihre Berührung würde bösen Zauber zur Folge haben. Diese charismatische Tabuierungsgewalt ist nun vielfach ganz rational und systematisch ausgeübt worden, in größtem Maßstab besonders im indonesischen und Südseegebiet. Zahlreiche ökonomische und soziale Interessen: Wald- und Wildschutz (nach Art der vom frühmittelalterlichen König gebannten Forsten), 92 Sicherung von knapp werdenden Vorräten in Teuerungszeiten gegen unwirtschaftlichen Verzehr, Schaffung von Eigentumsschutz, speziell für bevorrechtigtes priesterliches oder adeliges Sondereigentum, Sicherung der gemeinsamen Kriegsbeute gegen individuelles Plündern (so durch Josua im Fall des Achan), 93 sexuelle und persönliche Trennung von Ständen im Interesse der Reinhaltung des Blutes oder der Erhaltung des ständischen Prestige stehen unter der Garantie des Tabu. In der zum Teil unglaublichen Irrationalität seiner, oft gerade für die durch Tabu Privilegierten selbst, qualvoll lästigen Normen zeigt dieser erste und allgemeinste Fall einer direkten Dienstbarmachung der Religion für außerreligiöse Interessen zugleich auch die höchst eigenwillige Eigengesetzlichkeit des Religiösen. Die Rationalisierung des Tabus führt eventuell zu einem System von Normen, nach denen ein für allemal gewisse Handlungen als religiöse Greuel gelten, für welche irgendeine Sühne, unter Umständen die Tötung dessen, der sie beging, eintreten muß, wenn nicht der böse Zauber alle Volksgenossen treffen soll, und es entsteht so ein System tabuistisch garantierter Ethik: Speiseverbote, Verbot der Arbeit an tabuierten „Unglückstagen" (wie der Sabbat 91 „For e x a m p l e , s a c r e d kings a n d priests in Polynesia were not a l l o w e d to t o u c h f o o d with their h a n d s , a n d h a d therefore to be f e d by others". (Frazer, J a m e s G e o r g e , The G o l d e n B o u g h . A Study in M a g i c a n d Religion, Part I I : Taboo a n d the Perils of the Soul, 3. Aufl. - L o n d o n : M a c M i l l a n & Co, Ltd, 1911, S. 138). 92 Der Forstbann garantierte d e m f r ä n k i s c h e n K ö n i g d a s ausschließliche N u t z u n g s recht in seinen Wäldern. In ottonisch-sallscher Zeit bildeten die Königsforsten d e n Kern der materiellen A u s s t a t t u n g der Reichskirchen. 9 3 Das b i b l i s c h e B u c h J o s u a 7, 1 - 2 6 berichtet, daß A c h a n im eroberten J e r i c h o trotz d e s Banns J a h w e s g e p l ü n d e r t habe. Dies h a b e d e n Zorn J a h w e s auf d a s g e s a m t e israelitische Volk n a c h sich g e z o g e n . J o s u a ließ ihn mitsamt seiner g a n z e n Familie steinigen.
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ursprünglich war) 94 oder Heiratsverbote innerhalb bestimmter Personen-, speziell Verwandtenkreise. Immer natürlich in der Art, daß das einmal, sei es aus rationalen oder konkreten irrationalen Gründen: Erfahrungen über Krankheiten und anderen bösen Zau5 ber, üblich Gewordene zum „Heiligen" wird. In einer anscheinend nicht hinlänglich aufzuklärenden Art haben sich nun tabuartige Normen speziell mit der Bedeutsamkeit gewisser in einem einzelnen Objekt, besonders in Tieren, hausenden Geistern für bestimmte soziale Kreise verknüpft. Daß Tierinkarnationen von Geistern 10 als heilige Tiere zu Kultmittelpunkten lokaler, politischer Verbände werden können, dafür ist Ägypten das hervorragendste Beispiel. Sie und andere Objekte oder Artefakte können aber A 247 auch zu Mittelpunkten anderer, je nachdem mehr naturgewachsener oder mehr künstlich geschaffener sozialer Verbände werden. 15 Zu den verbreitetsten hieraus sich entwickelnden sozialen Institutionen gehört der sog. Totemismus:95 eine spezifische Beziehung zwischen einem Objekt, meist einem Naturobjekt, im reinsten Typus: einem Tier, und einem bestimmten Menschenkreise, dem es als Symbol der Verbrüderung, ursprünglich wohl: der durch ge20 meinsame Verzehrung des Tieres erworbenen, gemeinsamen Besessenheit von dessen „Geist", gilt. Die inhaltliche Tragweite der Verbrüderung schwankt ebenso wie der Inhalt der Beziehung der Genossen zum Totemobjekt. Bei voll entwickeltem Typus enthalten die ersteren alle Brüderlichkeitspflichten einer exogamen Sip25 pe, die letzteren das Tötungs- und Speiseverbot, außer bei kultischen Mahlen der Gemeinschaft, und eventuell, meist auf Grund des häufigen (aber nicht universellen) Glaubens, von dem Totemtier abzustammen, auch noch andere kultartige Pflichten. Über die Entwicklung dieser weithin über die Erde verbreiteten totemisti94 Aus d e m babylonischen Festkalender geht hervor, daß der 7., 14., 19., 21. und 28. Tag jeden Monats als „böse Tage" galten, an denen Könige, Wahrsager und Ärzte gewisse Dinge unterlassen mußten. H u g o Greßmann führte in d e m Artikel: Feste u n d Feiern Israels, in: RGG 1 , Band 2, 1910, Sp. 8 6 3 - 8 6 8 , aus, daß ein „ Z u s a m m e n h a n g dieser .bösen Tage', für die bisher der Name Sabbath nicht belegt ist, mit d e m israelitischen S a b b a t h [...] zwar keineswegs sicher, aber d o c h wahrscheinlich" sei, weil diese Slebenertage in Babylonien und in Israel den Charakter von Ruhetagen hätten (ebd., Sp. 865). Von der Herleitung des biblischen Wortes Sabbat aus d e m babylonischen sabattu, der als „Vollmondstag" gedeutet wurde, distanzierte sich Greßmann. 95 Totemismus stammt von totam, das in der Sprache der nordamerikanischen OjibwaIndlaner (einer Gruppe der Algonkin) ein nichtmenschliches Wesen (meist Tier) bezeichnet, das eine G r u p p e von Menschen vertritt.
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sehen Verbrüderungen herrscht ungeschlichteter Streit.1 Für uns muß im wesentlichen genügen: daß das Totem, der Funktion nach, das animistische Gegenstück der Götter jener Kultgenossenschaften ist, welche, wie früher erwähnt, 2 mit den verschiedensten Arten von sozialen Verbänden sich deshalb zu verbinden pflegen, weil das nicht „versachlichte" Denken auch einen rein künstlichen und sachlichen „Zweckverband" der persönlichen und religiös garantierten Verbrüderung nicht entbehren konnte. Daher attrahierte die Reglementierung des Sexuallebens insbesondere, in deren Dienst die Sippe sich stellte, überall eine tabuartige religiöse Garantie, wie sie am besten die Vorstellungen des Totemismus boten. Aber das Totem ist nicht auf sexualpolitische Zwecke und überhaupt nicht auf die „Sippe" beschränkt und keineswegs notwendig auf diesem Gebiet zuerst erwachsen, sondern eine weitverbreitete Art, Verbrüderungen unter magische Garantie zu stellen. Der Glaube an die einst universelle Geltung und erst recht die Ableitung fast aller sozialen Gemeinschaften und der gesamten Religion aus dem Totemismus, ist als eine gewaltige Übertreibung heute wohl durchweg aufgegeben. Allein für die magisch geschützte und erzwungene Arbeitsteilung der Geschlechter und die Berufsspezialisierung und damit für die Entwicklung und Reglementierung des Tausches als regulärer Bznnenerscheinung (im Gegensatz zum Außenhandel) haben diese Motive eine oft sehr bedeutende Rolle gespielt. Die Tabuierungen, speziell die magisch bedingten Speiseverbote, zeigen uns eine neue Quelle der so weittragenden Bedeutung des Instituts der Tischgemeinschaft. Die eine war, wie wir 1 Der schottische Rechtshistoriker John Ferguson MacLennan hatte 1869/70 in seiner Studie: The Worship of Animais and Plants, in: The Fortnightiy Review, vol. 6, 1869, S.407-427, und vol. 7, 1870, S. 194-216, die Bezeichnung „Totemismus" geprägt. MacLennan setzte ihn in Beziehung zu dem bereits seit längerem bekannten sog. „Fetischismus". Laut MacLennan handele es sich beim Totemismus um Fetischismus, der jedoch mit drei sozialen Funktionen verknüpft sei: das Totem sei mit einem Stamm verbunden, werde In mütterlicher Linie weitergegeben und schreibe Heiraten außerhalb der Gruppe, Exogamie, vor (ebd., 1869, S.422). William Robertson Smith und Emile Dürkheim schlössen sich dieser Sicht an. 1910 wies Alexander A. Goldenweiser In einer umfassenden kritischen Abhandlung (Totemlsm, an Analytlcal Study, in: The Journal of American Folk-Lore, vol. 23, 1910, S. 179-293) nach, daß es sich bei Totemismus um ein „Konglomerat" (ebd., S.266) unterschiedlicher Erscheinungen handele, die nicht notwendig zusammen vorkämen. 2 Siehe WuG1, S. 187 (MWG 1/22-1) und WuG1, S.219f. (MWG 1/22-1).
3. Gottesbegriff.
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sahen, 3 die Hausgemeinschaft. Die zweite ist die durch den tabuistischen Unreinheitsgedanken bedingte Beschränkung der Tischgemeinschaft auf Genossen der gleichen magischen Qualifikation. Beide Quellen der Tischgemeinschaft können in Konkur5 renz und Konflikt miteinander geraten. Wo beispielsweise die Frau einer anderen Sippe zugerechnet wird als der Mann, darf sie sehr häufig den Tisch mit dem Mann nicht teilen, unter Umständen ihn gar nicht essen sehen. Ebenso aber darf der tabuierte König oder dürfen tabuierte privilegierte Stände (Kasten) oder religiöse Ge10 meinschaften weder den Tisch mit anderen teilen noch dürfen die höher privilegierten Kasten bei ihren Kultmahlen oder unter Umständen sogar bei ihrer täglichen Mahlzeit den Blicken „unreiner" Außenstehender ausgesetzt sein. Andererseits ist daher die Herstellung der Tischgemeinschaft sehr oft eins derjenigen Mittel, reli15 giöse und damit unter Umständen auch ethnische und politische Verbrüderung herbeizuführen. Der erste große Wendepunkt in der Entwicklung des Christentums war die in Antiochia zwischen Petrus und den unbeschnittenen Proselyten hergestellte Tischgemeinschaft, auf welche Paulus daher in seiner Polemik gegen Pe20 trus das entscheidende Gewicht legt.4 Außerordentlich groß sind andererseits die Hemmungen des Verkehrs und der Entwicklung der Marktgemeinschaft ebensowie wie anderer sozialer Vergemeinschaftung, welche durch tabuartige Normen geschaffen werden. Die absolute Unreinheit des außerhalb der eigenen | Konfes- A 248 3 Siehe WuG1, S. 196 (MWG 1/22-1). 4 Antiochia war eine Stadt in Syrien am Orontes, von Seleukos I. Nikator 300 v. Chr. gegründet, Hauptstadt des Seieukidenreiches. Hierher flohen Anhänger Jesu, als sie in Jerusalem verfolgt wurden. Hier wurden sie zuerst „Christen" genannt (Apostelgeschichte 11, 19-21). In Antiochia gab es nach der Bekehrung von Heiden zum Glauben an Jesus Christus die ersten Konflikte mit jüdischen Christen über die Verbindlichkeit des jüdischen Gesetzes (Galater 2, 11 f.). Auf dem sog. „Apostelkonzil von Jerusalem" um 48/49 n. Chr. (Galater 2 sowie Apostelgeschichte 15) beschlossen die Vertreter heidenchristlicher Gemeinden (Paulus und Barnabas) mit den Leitern der palästinischen Urgemeinde (den sog. „Säulen" Jakobus, Petrus und Johannes), daß in heidenchristlichen Gemeinden das Evangelium nicht mit einer Verpflichtung auf die jüdische Lebensweise verbunden sein müsse. In Galater 2, 12-14 berichtete Paulus, daß Petrus in der Gemeinde von Antiochia zunächst mit unbeschnittenen Heidenchristen Tischgemeinschaft gehalten habe, diese aber aufgab, als Mitglieder der Gemeinde in Jerusalem, die von dem Herrenbruder Jakobus geführt wurde, nach Antiochia kamen. Paulus stellte ihn zur Rede: „So du, der du ein Jude bist, heidnisch lebest, und nicht jüdisch, warum zwingest du denn die Heiden, jüdisch zu leben?" (Galater 2, 14). Die Rüge des Paulus galt nicht der Übertretung der jüdischen Speisegebote, sondern der Heuchelei des Petrus.
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sion Stehenden, wie sie der Schiitismus im Islam kennt,5 hat für seine Anhänger bis in die Neuzeit hinein, wo man durch Fiktionen aller Art abhalf, elementare Verkehrshindernisse gebildet. Die Tabuvorschriften der indischen Kasten haben mit weit elementarerer Gewalt den Verkehr zwischen den Personen gehemmt, als das Fung-schui-System des chinesischen Geisterglaubens dem Güterverkehr sachliche Hindernisse in den Weg gelegt hat.6 Natürlich zeigen sich die Schranken der Macht des Religiösen gegenüber den elementaren Bedürfnissen des Alltags auch auf diesem Gebiet: „Die Hand eines Handwerkers ist (nach indischem Kastentabu) immer rein",7 ebenso Minen und Ergasterien8 und was im Laden zum Verkauf ausliegt oder was ein Bettelstudent (asketischer Brahmanenschüler) an Nahrung in seine Hand nimmt. Nur das sexuelle Kastentabu pflegt in sehr starkem Maße zugunsten der polygamen Interessen der Besitzenden durchbrochen zu werden: die Töchter niederer Kasten waren in begrenztem Maß meist als Nebenweiber zugelassen. Und wie das Fung-schui in China, so wird auch das Kastentabu in Indien durch die bloße Tatsache des sich durchsetzenden Eisenbahnverkehrs langsam aber sicher illusorisch gemacht. Die Kastentabuvorschriften hätten den Kapitalismus formell nicht unmöglich gemacht. Aber daß der ökonomische Rationalismus da, wo die Tabuierungsvorschriften eine derartige Macht einmal gewonnen hatten, nicht seine bodenständige Heimat 5 Bei Ignaz Goldziher heißt es über die Schiiten: „Sie glauben durch die Berührung von Christen verunreinigt zu werden. Selbst ein Gefäß, aus d e m ein Christ getrunken, oder aus d e m er gegessen hat oder auch nur während des Essens benutzt hat, wird von ihnen niemals mehr benutzt, sie zerstören es allsogleich". (Goldziher, Ignaz, Vorlesungen über den Islam. - Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1910, S. 245; hinfort: Goldziher, Vorlesungen über d e n Islam). Goldziher stützte sich auf die B e o b a c h t u n gen des amerikanischen Forschers Selah Merill, der im Auftrag der American Palestine Exploration Society in d e n Jahren 1 8 7 5 - 1 8 7 7 Feldforschungen bei libanesischen Bauern betrieben und diese 1881 in London unter d e m Titel „East of the Jordan" publiziert hatte. Goldziher nannte in einer Fußnote zusätzliche Beispiele aus der Ethnographie, die die „Unreinheit" von Nicht-Muslimen in der Sicht der Schiiten belegten (ebd., S.276). 6 Vgl. oben, S. 164, A n m . 8 3 . 7 In Baudhayanas R e c h t s b u c h (1,5,9) heißt es :„The Veda declares that the hand of an artisan is always pure, so is every vendible c o m m o d i t y e x p o s e d for sale a n d f o o d obtained by b e g g i n g , which a Student holds in his hand". (Zitiert nach Bühler, Georg, The Sacred Laws of the Äryas as taught in the schools of Ä p a s t a m b a , Gautama, Väsishtha, and Baudhäyana, Part II (The Sacred Books of the East, vol. 14). - Oxford: Clarendon Press 1882, S. 170). 8 In der Antike manufakturartig organisierte Betriebe mit Arbeitsteilung und größerer Arbeiterzahl.
3. Gottesbegriff.
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finden konnte, liegt auf der Hand. Dazu waren trotz aller Erleichterungen schon die inneren Hemmungen der arbeitsteiligen Zusammenfügung von Arbeitern getrennter Berufe und das heißt: getrennter Kasten, in einem Betriebe doch immerhin zu wirksam. Die Kastenordnung wirkt, wenn auch nicht den positiven Vorschriften, so doch ihrem „Geiste" und ihren Voraussetzungen nach, in der Richtung fortgesetzter, immer weiterer handwerksmäßiger Arbeitsspezialisierung. Und die spezifische Wirkung der religiösen Weihe der Kaste auf den „Geist" der Wirtschaftsführung ist eine dem Rationalismus gerade entgegengesetzte. Die Kastenordnung macht die einzelnen arbeitsteiligen Tätigkeiten, soweit sie diese zum Unterschiedsmerkmal der Kasten nimmt, zu einem religiös zugewiesenen und daher geweihten „Beruf". Jede, auch die verachtetste, Kaste Indiens sieht in ihrem Gewerbe - das Diebsgewerbe nicht ausgenommen - eine von spezifischen Göttern oder doch von einem spezifischen göttlichen Willen gestiftete und ihr ganz speziell zugewiesene Lebenserfüllung und speist ihr Würdegefühl aus der technisch vollendeten Ausführung dieser „Berufsaufgabe". Aber diese „Berufsethik" ist, mindestens für das Gewerbe, in einem bestimmten Sinn spezifisch „traditionalistisch" und nicht rational. Ihre Erfüllung und Bewährung findet sie auf dem Gebiet der gewerblichen Produktion in der absoluten qualitativen Vollkommenheit des Produkts. Fern liegt ihr der Gedanke der Rationalisierung der Vollzugswme, die aller modernen rationalen Technik oder der Systematisierung des Betriebs zur rationalen Erwerbswirtschaft, die allem modernen Kapitalismus zugrunde liegt. Die ethische Weihe dieses Wirtschaftsrationalismus, des „Unternehmers", gehört der Ethik des asketischen Protestantismus an. Die Kastenethik verklärt den „Geist" des Handwerks, den Stolz nicht auf den in Geld qualifizierten Wirtschaftserirag oder auf die in rationaler Arbeitsverwendung sich bewährenden Wunder der rationalen Technik, sondern den Stolz auf die in der Schönheit und Güte des Produkts sich bewährende persönliche, virtuose, kastenmäßige Handfertigkeit des Produzenten. Für die Wirkung der indischen Kastenordnung im speziellen war - wie zur Erledigung dieser Zusammenhänge schon hier erwähnt sein mag 9 - vor allem 9 W e b e r kommt unten im Text g e n a u e r darauf zu s p r e c h e n , S . 2 5 5 f f . , S. 299f., S . 3 9 9 und S. 438.
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entscheidend der Zusammenhang mit dem Seelenwanderungsglauben, daß die Verbesserung der Wiedergeburtschancen nur durch Bewährung innerhalb der für die eigene Kaste vorgeschriebenen Berufstätigkeit möglich ist. Jedes Heraustreten aus der eigenen Kaste, insbesondere jeder Versuch, in die Tätigkeitssphären 5 anderer, höherer, Kasten einzugreifen, bringt bösen Zauber und die Chance ungünstiger Wiedergeburt mit sich. Dies erklärt es, daß, nach häufigen Beobachtungen in Indien, gerade die untersten Kasten - denen natürlich die Besserung ihrer WiedergeburtschanA 249 cen | besonders am Herzen liegt - am festesten an ihren Kasten 10 und den Pflichten hingen und (im ganzen) nie daran dachten, die Kastenordnung etwa durch „soziale Revolutionen" oder „Reformen" umstürzen zu wollen. Das biblische, auch von Luther stark betonte: „bleibe in deinem Beruf", 10 ist hier zu einer religiösen Kardinalpflicht erhoben und durch schwere religiöse Folgen sank- 15 tioniert. Wo der Geisterglauben zum Götterglauben rationalisiert wird, also nicht mehr die Geister magisch gezwungen, sondern Götter kultisch verehrt und gebeten sein wollen, schlägt die magische Ethik des Geisterglaubens in die Vorstellung um: daß denjenigen, 20 welcher die gottgewollten Normen verletzt, das ethische Mißfallen des Gottes trifft, welcher jene Ordnungen unter seinen speziellen Schutz gestellt hat. Es wird nun die Annahme möglich, daß es nicht Mangel an Macht des eigenen Gottes sei, wenn die Feinde siegen oder anderes Ungemach über das eigene Volk kommt, son- 25 dern daß der Zorn des eigenen Gottes über seine Anhänger durch die Verletzungen der von ihm geschirmten ethischen Ordnungen erregt, die eigenen Sünden also daran schuld seien und daß der Gott mit einer ungünstigen Entscheidung gerade sein Lieblings10 Im ersten Brief des Paulus an die Gemeinde von Korinth finden sich mehrere Stellen, die das Verbleiben in dem Beruf bzw. Stand den Gläubigen nahelegen. In 1. Korinther 7, 17 heißt es: „Doch wie einem jeglichen Gott hat ausgetellet, wie einen jeglichen der Herr berufen hat, also wandle er". 1. Korinther 7, 20 empfiehlt: „Ein jeglicher bleibe in dem Beruf, darinnen er berufen ist". 1. Korinther 7, 24 legt nahe: „Ein jeglicher, lieben Brüder, worlnnen er berufen ist, darinnen bleibe er bei Gott". Bereits das nachbiblische Buch Jesus Sirach kennt die Vorschrift (11, 20f.). „Bleibe in Gottes Wort, und übe dich" drinnen, und beharre in deinem Beruf; [...] Vertraue du Gott, und bleibe In deinem Beruf". Zu Luthers Stellung zum Beruf äußerte sich Weber In seiner „Protestantischen Ethik" (Weber, Protestantische Ethik I, S.35-54), dort mit der entsprechenden Referenzliteratur.
5. Gottesbegriff. Religiöse Ethik. Tabu
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volk hat züchtigen und erziehen wollen. Immer neue Missetaten Israels, eigene der jetzigen Generation oder solche der Vorfahren, wissen seine Propheten aufzufinden, auf welche der Gott mit seinem schier unersättlichen Zorn reagiert, indem er sein eigenes Volk anderen, die ihn gar nicht einmal anbeten, unterliegen läßt. Dieser Gedanke, in allen denkbaren Abwandlungen überall verbreitet, wo die Gotteskonzeption universalistische Züge annimmt, formt aus den magischen, lediglich mit der Vorstellung des bösen Zaubers operierenden Vorschriften die „religiöse Ethik": Verstoß gegen den Willen des Gottes wird jetzt eine ethische „Sünde", die das „Gewissen" belastet, ganz unabhängig von den unmittelbaren Folgen. Übel, die den einzelnen treffen, sind gottgewollte Heimsuchungen und Folgen der Sünde, von denen der Einzelne durch ein Gott wohlgefälliges Verhalten: „Frömmigkeit", befreit zu werden, „Erlösung" zu finden, hofft. Fast nur in diesem elementaren rationalen Sinn der Befreiung von ganz konkreten Übeln tritt der folgenschwere Gedanke der „Erlösung" noch im Alten Testament auf. Und die religiöse teilt mit der magischen Ethik zunächst durchaus auch die andere Eigenart: daß es ein Komplex oft höchst heterogener, aus den allerverschiedensten Motiven und Anlässen entstandener, nach unserer Empfindungsart „Wichtiges" und „Unwichtiges" überhaupt nicht scheidender, Gebote und Verbote ist, deren Verletzung die „Sünde" konstituiert. Nun aber kann eine Systematisierung dieser ethischen Konzeptionen eintreten, welche von dem rationalen Wunsch: durch gottgefälliges Tun sich persönliche äußere Annehmlichkeiten zu sichern, bis zu der Auffassung der Sünde als einer einheitlichen Macht des Widergöttlichen führt, in deren Gewalt der Mensch fällt, der „Güte" aber als einer einheitlichen Fähigkeit zur heiligen Gesinnung und einem aus ihr einheitlich folgenden Handeln und der Erlösungshoffnung als einer irrationalen Sehnsucht, „gut" sein zu können lediglich oder doch primär um des bloßen beglückenden Besitzes des Bewußtseins willen, es zu sein. Eine lückenlose Stufenfolge der allerverschiedensten, immer wieder mit rein magischen Vorstellungen gekreuzten Konzeptionen führt zu diesen sehr selten und von der Alltagsreligiosität nur intermittierend in voller Reinheit erreichten Sublimierungen der Frömmigkeit als einer kontinuierlich, als konstantes Motiv wirkenden Grundlage einer spezifischen Lebensflihrung. Noch dem Vorstellungskreis des Magischen gehört jene Konzepti-
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on der „Sünde" und „Frömmigkeit" als einheitlicher Mächte an, welche beide als eine Art von materiellen Substanzen auffaßt, welche das Wesen des „böse" oder „gut" Handelnden nach Art eines Gifts oder eines dagegen wirkenden Heilserums oder nach Art etwa einer Körpertemperatur auffassen, wie sich das in Indien fin- 5 det: „tapas", die (durch Askese erreichte) Macht des Heiligen, die ein Mensch im Leibe hat, heißt ursprünglich jene „Hitze", welche der Vogel beim Brüten, der Weltschöpfer bei der Erzeugung der Welt, der Magier bei der durch Mortifikation erzeugten heiligen Hysterie, welche zu übernatürlichen Fähigkeiten führt, in sich ent- 10 A 250 wickelt. Von 'der Vor|Stellung:' daß der gut Handelnde eine besondere „Seele" göttlicher Provenienz in sich aufgenommen habe, und weiter bis zu den später zu erörternden Formen 11 des innerlichen „Habens" des Göttlichen ist ein weiter Weg. Und ebenso von der Auffassung der „Sünde" als eines magisch zu kurierenden 15 Gifts im Leibe des Übeltäters durch die Vorstellung eines bösen Dämons, von dem er besessen ist, bis zur teuflischen Macht des „radikal Bösen", 12 mit der er kämpft und der er in Gefahr ist zu verfallen. Bei weitem nicht jede religiöse Ethik hat den Weg bis zu diesen 20 Konzeptionen durchlaufen. Die Ethik des Konfuzianismus kennt das radikal Böse und überhaupt eine einheitliche widergöttliche Macht der „Sünde" nicht. Die hellenische und römische ebenfalls nicht. In beiden Fällen hat außer einem selbständigen organisierten Priestertum auch jene historische Erscheinung gefehlt, welche 25 nicht unbedingt immer, aber allerdings normalerweise die Zentralisierung der Ethik unter dem Gesichtspunkt religiöser Erlösung schafft: die Prophetie. In Indien hat die Prophetie nicht gefehlt, i A: den durch die Vorstellungen: 11 Siehe unten, S . 3 1 3 f . und 324ff. 1 2 Der Begriff d e s „radikal Bösen" findet sich in Immanuel Kants Schrift: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, hg. von Karl Vorländer, 3. Aufl. (Philosophische Bibliothek Band 45). - Leipzig: Dürr'sche B u c h h a n d l u n g 1903. In d e m A b s a t z „Der philosophischen Religionslehre erstes Stück" legte Kant dar, daß es im M e n s c h e n zwei Triebe gibt, einen sittlichen u n d einen sinnlichen. Das natürliche Wesen des M e n s c h e n läßt seine sinnlichen Triebe überwiegen. Daraus folgt, daß der M e n s c h einen natürlichen, a n g e b o r e n e n H a n g z u m Bösen hat, was Kant das „radikal Böse" nannte (ebd., S.33). A u f g a b e d e s M e n s c h e n ist es, d e m sittlichen Prinzip zu folgen, w o b e i ihm der Glaube an eine göttliche Macht hilft.
4. „Prophet"
III
aber - wie noch zu erörtern 13 - einen sehr spezifischen Charakter gehabt, und dementsprechend auch die dort sehr hoch sublimierte Erlösungsethik. Prophetie und Priestertum sind die beiden Träger der Systematisierung und Rationalisierung der religiösen Ethik. Daneben aber fällt als dritter, die Entwicklung bestimmender Faktor der Einfluß derjenigen ins Gewicht, auf welche Propheten und Priester ethisch zu wirken suchen: der „Laien". Wir müssen die Art des Mit- und Gegeneinanderwirkens dieser drei Faktoren zunächst ganz allgemein in Kürze erörtern. 4 j „Prophet". k Was ist, soziologisch gesprochen, ein Prophet? Wir unterlassen hier, die Frage der „Heilbringer", welche Breysig 14 s. Zt. angeschnitten hat, allgemein zu erörtern. Nicht jeder anthropomorphe Gott ist ein vergötterter Bringer äußeren oder inneren Heils und bei weitem nicht jeder Bringer von solchem ist zu einem Gott oder auch nur Heiland geworden, so weitverbreitet die Erscheinung auch gewesen ist. Wir wollen hier unter einem „Propheten" verstehen einen rein persönlichen Charismaträger, der kraft seiner Mission eine religiöse Lehre oder einen göttlichen Befehl verkündet. Wir wollen dabei hier keinen grundsätzlichen Unterschied darnach machen: ob der Prophet eine (wirklich oder vermeintlich) alte Offenbarung neu verkündet oder füglich neue Offenbarungen zu bringen beansprucht, ob er also als „Religionserneuerer" oder als „Religionsstifter" auftritt. Beides kann ineinander übergehen, und insbesondere
j A: § 4.
k In A folgt eine Inhalts- und Seltenübersicht.
13 Siehe unten, S. 189f. 14 Laut Kurt Breysig, Entstehung des Gottesgedankens, Ist der G o t t e s g e d a n k e nicht aus einer Personifikation von Naturgewalten abzuleiten, sondern geht auf persönliche Heilbringer zurück. Als Heilbringer verstand er „eine Gestalt der Überlieferung [...], von der man menschen-, oder teils menschen-, teils tierhaftes Auftreten auf der Erde erzählt, der man schon während Ihres irdischen Lebens übermenschliche Kräfte belmißt und die zumeist nach ihrem Entschwinden in die Gestalt eines Geistes von sehr hohen Kräften übergeht" (ebd., S.6). Ihr wird keine kultische Verehrung zuteil (ebd., S. 7).
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ist nicht die Absicht des Propheten selbstmaßgebend dafür, ob aus seiner Verkündigung eine neue Gemeinschaft entsteht; dazu können auch die Lehren unprophetischer Reformatoren den Anlaß geben. Auch ob mehr die Anhängerschaft an die Person wie bei Zarathustra, Jesus, Muhammed oder mehr an die Lehre als solche - wie 5 bei Buddha und der israelitischen Prophetie - hervortritt, soll uns in diesem Zusammenhang nichts angehen. Entscheidend ist für uns die „persönliche" Berufung. Das scheidet ihn vom Priester. Zunächst und vor allem, weil dieser im Dienst einer heiligen Tradition, der Prophet dagegen kraft persönlicher Offenbarung oder Geset- 10 zes Autorität beansprucht. Es ist kein Zufall, daß[,] mit verschwindenden Ausnahmen, kein Prophet aus der Priesterschaft 1 hervorgegangen ist. Die indischen Heilslehrer sind regelmäßig keine Brahmanen, die israelitischen keine Priester, und nur Zarathustra könnte vielleicht aus Priesteradel stammen. 15 Im Gegensatz zum Pro- 15 pheten spendet der Priester Heilsgüter kraft seines Amts. Freilich kann das Priesteramt an ein persönliches Charisma geknüpft sein. Aber auch dann bleibt der Priester als Glied eines vergesellschafteA 251 ten | Heilsbetriebs durch sein Amt legitimiert, während der Prophet ebenso wie der charismatische Zauberer lediglich kraft persönli- 20 eher Gabe wirkt. Vom Zauberer unterscheidet er sich dadurch, daß er inhaltliche Offenbarungen verkündet, der Inhalt seiner Mission nicht in Magie, sondern in Lehre oder Gebot besteht. Äußerlich ist der Übergang flüssig. Der Zauberer ist sehr häufig Divinationskündiger, zuweilen nur dies. Die Offenbarung funktioniert in diesem 25 Stadium kontinuierlich als Orakel oder als Traumeingebung. Ohne Befragung der Zauberer kommen Neuregelungen von Gemeinschaftsbeziehungen ursprünglich kaum irgendwo zustande. In Teilen Australiens sind es noch heute nur die im Traum eingegebenen Offenbarungen von Zauberern, welche den Versammlungen der 30 Sippenhäupter zur Annahme unterbreitet werden, und es ist sicherlich eine „Säkularisation", wenn dies dort vielfach schon jetzt fort-
I In A folgt: auch nur 15 Zarathustra bezeichnete sich in den Gathas als Priester: „der ich, der Priester, durch Asa [Wahrheit, Ordnung] die rechten Pfade" kennen lerne, Yasna 33.6. (Zitiert nach Bartholomae, Gatha's des Awesta, S. 36).
4.
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gefallen ist. 16 Und ferner: ohne jede charismatische, und das heißt normalerweise: magische, Beglaubigung hat ein Prophet nur unter besonderen Umständen Autorität gewonnen. Zum mindesten die Träger „neuer" Lehren haben ihrer fast immer bedurft. Es darf keinen Augenblick vergessen werden, daß Jesus seine eigene Legitimation und den Anspruch, daß er und nur er den Vater kenne, daß nur der Glaube an ihn der Weg zu Gott sei, 17 durchaus auf das magische Charisma stützte, welches er in sich spürte, daß dieses Machtbewußtsein weit mehr als irgend etwas anderes es zweifellos auch war, was ihn den Weg der Prophetie betreten ließ. Die Christenheit des apostolischen und nachapostolischen Zeitalters kennt den wandernden Propheten als eine reguläre Erscheinung. 18 Immer wird dabei der Beweis des Besitzes der spezifischen Gaben des Geistes, bestimmter magischer oder ekstatischer Fähigkeiten verlangt. Sehr oft wird die Divination ebenso wie die magische Therapeutik und Beratung „berufsmäßig" ausgeübt. So von den im Alten Testament, besonders in den Chroniken 19 und prophetischen Büchern, massenhaft erwähnten „Propheten" (nabi, nabijim). Aber eben von ihnen unterscheidet sich der Prophet im hier gemeinten Sinn des Worts rein ökonomisch: durch die Unentgeltlichkeit seiner
16 Baldwin Spencer und Francis James Gillen haben in Australien religiöse Spezialisten („men skilled in magic") beschrieben. Diese können in Kontakt zur Ahnen- und Geisterwelt treten. In Träumen erhalten sie Offenbarungen spiritueller Wesen, die sie auf Sippenversammlungen vortragen. Laut den beiden Autoren hat der Kontakt der australischen Ureinwohner zur europäischen Kolonialmacht zum Verschwinden dieser Erscheinung geführt. (Spencer, Baldwin, Gillen, F.J., The Natlve Tribes of Central Australia. London: Macmillan and Co., Ltd. 1899, S. 278-281, Zitat: S.281). 17 In Johannes 14, 6 - 7 heißt es: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. Wenn Ihr mich kennetet, so kennetet ihr auch meinen Vater. Und von nun an kennet ihr Ihn, und habt ihn gesehen". 18 Beide Zeltspannen zusammen umfassen den Zeltraum des Frühchristentums. Als „apostolisches Zeltalter" wird die Zeltspanne vom Tod Jesu bis zur Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. benannt; das „nachapostolische Zeitalter" dauerte bis zum Aufkommen der ersten gnostlschen Bewegungen, bis ca. Mitte des zweiten Jahrhunderts. Als Jesus seine Jünger aussandte, um zu heilen und predigen, gebot er Ihnen, auf jede Vorsorge zu verzichten und ganz darauf zu vertrauen, daß sie unterwegs Speise, Trank und Unterkunft erhalten (Lukas 10, 5 - 7 ) . Die Didache (vgl. unten, S.281, Anm.40) kannte noch Wanderpropheten bzw. -apostel. (Didache 11, 1f. ). 19 Die Bezeichnung „Chronik" stammt von dem Kirchenlehrer Hieronymos (um 3 4 7 419). Die beiden Geschichtsbücher mit der hebräischen Überschrift „[Buch der] Tagesbegebenheiten" im Alten Testament stammen aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert.
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Prophetie. 20 Zornig wehrt sich Arnos dagegen, ein „nabi" genannt zu werden. 21 Und der gleiche Unterschied besteht auch gegenüber den Priestern. Der typische Prophet propagiert die „Idee" um ihrer selbst willen, nicht - wenigstens nicht erkennbar und in geregelter Form - um Entgelts willen. Die Unentgeltlichkeit der propheti- 5 sehen Propaganda, z.B. der ausdrücklich festgehaltene Grundsatz:22 daß der Apostel, Prophet, Lehrer des alten Christentums kein Gewerbe aus seiner Verkündigung mache, nur kurze Zeit die Gastfreundschaft seiner Getreuen in Anspruch nehme, m entweder von seiner Hände Arbeit oder (wie der Buddhist) von dem ohne 10 ausdrückliche Bitte Gegebenen leben muß, wird in den Episteln des Paulus (und, in jener anderen Wendung, in der buddhistischen Mönchsregel) 23 immer erneut mit größtem Nachdruck betont („wer nicht arbeitet, soll nicht essen" 24 gilt den Missionaren) und m A: nehmen, 20 Alttestamentliche Prophetenbücher polemisieren wiederholt gegen n e b n m . Micha wirft ihnen vor, Heil gegen Bezahlung zu verkünden (Micha 3, 3). 21 Arnos 7, 14: „Arnos antwortete und sprach zu Amazja: Ich bin kein Prophet, noch keines Propheten Sohn, sondern ich bin ein Hirt, der Maulbeeren ablieset". In seiner Judentumsstudie bemerkte Weber: „Damit war offenbar gemeint: ein berufsmäßig geschulter Ekstatiker, der daraus ein Gewerbe macht". (Weber, Judentum II, S. 372). 22 Dieser Grundsatz kommt an mehreren Stellen der Didache vor. „Jeder Apostel, der zu euch kommt, soll wie der Herr aufgenommen werden. Er soll aber nur einen Tag bleiben, wems Not thut, auch den anderen [Tag], wenn er aber drei [Tage] bleibt, so Ist er ein falscher Prophet" (11, 4f.). In 11, 6 heißt es: „Wenn der Apostel fortgeht, soll er nichts mitnehmen als Brot, bis er seine Herberge erreicht; fordert er dagegen Geld, so ist er ein falscher Prophet". 11, 12 lautet: „Wer aber im Geiste sagt: Gieb mir Geld oder etwas anderes, so höret nicht auf Ihn [...]". (Zitate nach: Renesse, Emil von, Die Lehre der zwölf Apostel. - Giessen: J. Ricker'sche Buchhandlung 1897; hinfort: Renesse, Lehre der zwölf Apostel). Der herumreisende Apostel Paulus verzichtete ebenfalls auf sein Recht, auf Kosten der Gemeinde zu essen und zu trinken (1. Korinther 9, 13-18). 23 Im „Sutra der Befreiung" (Pratimökscha Sütra, dem „kanonischen Compendium der buddhistischen Dlsciplln und Casuistik"), im „Buch der dreizehn Vorschriften" und im Ordlnationsformular wird der buddhistische Mönch darauf verpflichtet, nur von dem zu leben, was ihm freiwillig als Almosen geschenkt wird. (Vgl. Koeppen, Carl Friedrich, Die Religion des Buddha. Erster Band. Die Religion des Buddha und ihre Entstehung. - Berlin: Ferdinand Schneider 1857, S.357; hinfort: Koeppen, Religion des Buddha). Das Betteln um Lebensmittel ist ihm streng untersagt. Bei Hermann Oldenberg heißt es: „Ein ordinierter Mönch darf nicht nehmen, was ihm nicht gegeben ist, was man Diebstahl nennt - auch nicht einen Grashalm". (Oldenberg, Hermann, Buddha. Sein Leben, seine Lehre, seine Gemeinde. - Berlin: Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) 1881, S.358; hinfort: Oldenberg, Buddha). 24 2. Thessalonlcher 3, 10: „Und da wir bei euch waren, geboten wir euch solches, daß, so jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen".
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ist natürlich auch eines der Hauptgeheimnisse des Propagandaerfolges der Prophetie selbst. Die Zeit der älteren israelitischen Prophetie, etwa des Elia, ist in ganz Vorderasien und auch in Hellas eine Epoche stark prophe5 tischer Propaganda gewesen. Vielleicht im Anschluß an die Neubildung der großen Weltreiche in Asien und der nach längerer Unterbrechung wieder zunehmenden Intensität des internationalen Verkehrs beginnt, namentlich in Vorderasien, die Prophetie in allen ihren Formen. Griechenland ist damals der Invasion des thraki10 sehen Dionysoskultes ebenso wie der allerverschiedensten Prophetien ausgesetzt gewesen. Neben den halbprophetischen Sozialreformern brachen rein religiöse Bewegungen in die schlichte magische und kultische Kunstlehre der homerischen Priester ein. Emotionale Kulte ebenso wie die emotionale, auf „Zungenreden" beru15 hende Prophetie und die Schätzung der Rauschekstasen brachen die Entwicklung von theologisierendem Rationalismus (Hesiod) und den Anfängen der kosmogonischen und philosophischen Spekulationen, der philosophischen Geheimlehren und Erlösungsreligionen und gingen parallel mit der überseeischen Kolonisation und 20 vor allem der Polisbildung und Umbildung | auf der Basis des Bür- A 252 gerheeres. Wir haben hier diese von Rohde 2 5 glänzend analysierten Vorgänge des 8. und 7. Jahrhunderts, die teilweise bis ins 6. und selbst 5. Jahrhundert hinabreichen - also zeitlich sowohl der jüdischen wie der persischen wie der indischen Prophetie, wahrschein25 lieh auch den uns nicht mehr bekannten vorkonfuzianischen Leistungen der chinesischen Ethik darin entsprachen, - nicht zu schildern. Sowohl was die ökonomischen Merkmale: Gewerbsmäßigkeit oder nicht, betrifft, und was das Vorhandensein einer „Lehre" anlangt, sind diese hellenischen „Propheten" untereinander sehr ver30 schieden. Auch der Hellene (Sokrates) unterschied gewerbsmäßige Lehre und unentgeltliche Ideenpropaganda. 26 Und auch in Hellas war die einzige wirkliche Gemeinde religiosität: die orphische und 25 Max Weber bezieht sich auf Rohde, Psyche I und II. 26 Sokrates spielt auf die Praxis der Sophisten an (speziell Gorgias von Leontlnol, Prodikos von Keos und Hlppias von Elis), sich für Ihren Unterricht und Ihre Vorträge entlohnen zu lassen (Plato, Apologie 1 9 e - 2 0 a ) . Er selbst lehnte Bezahlung als Lehrer ab. Diese Haltung des Sokrates b e z e u g e n Xenophon (Memorabilia Sokratis, erstes Buch, zweites Kapitel: „[...] und pflegte von denen, die Freude an seinem Unterricht hatten, kein Geld zu nehmen") und Plato (Euthyphron 3d; Apologie 1 9 d - 2 0 a , 31b und 33a).
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ihre Erlösung durch das Merkmal einer wirklichen Heils lehre von aller anderen Art von Prophetie und Erlösungstechnik, insbesondere derjenigen der Mysterien, klar unterschieden. Wir haben hier vor allem die Typen der Prophetie von denen der sonstigen religiösen oder anderen Heilbringer zu sondern. Auch in historischer Zeit oft flüssig ist der Übergang vom „Propheten" zum „Gesetzgeber", wenn man unter diesem eine Persönlichkeit versteht, welche im Einzelfall mit der Aufgabe betraut wird, ein Recht systematisch zu ordnen oder neu zu konstituieren, wie namentlich die hellenischen Aisymneten (Solon, Charondas usw.). Es gibt keinen Fall, daß ein solcher Gesetzgeber oder sein Werk nicht mindestens die nachträgliche göttliche Gutheißung erhalten hätte. Ein „Gesetzgeber" ist etwas anderes als der italienische Podestà, den man von auswärts, nicht um eine soziale Neuordnung zu schaffen, sondern um einen koteriefreien unparteiischen Herrn zu haben, berief, also im Fall von Geschlechterfehden innerhalb der gleichen Schicht. Die Gesetzgeber werden dagegen, wenn nicht immer, so in aller Regel, dann zu ihrem Amt berufen, wenn soziale Spannungen bestehen. Besonders oft, wenn der überall typische früheste Anlaß planvoller „Sozialpolitik" eingetreten ist: ökonomische Differenzierung der Kriegerschaft durch neuentstandenen Geldreichtum der einen und Schuldverknechtung der andern und eventuell daneben unausgeglichene politische Aspirationen der durch ökonomischen Erwerb reich gewordenen Schichten gegenüber dem alten Kriegeradel. Der Aisymnet soll den Ständeausgleich vollziehen und ein für immer gültiges neues „heiliges" Recht schaffen und göttlich beglaubigen lassen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Moses eine historische Figur war. 27 Ist dies der Fall, dann gehört er seiner Funktion nach zu den Aisymneten. 28 Denn die Be27 Die These von der Historizität des Mose vertrat etwa C. F. Lehmann-Haupt: „ U n d daß wir keineswegs genötigt sind, Moses als eine Schöpfung der Sage zu betrachten [...]". (Lehmann-Haupt, C.F., Israel. Seine Entwicklung im Rahmen der Weltgeschichte. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S. 57). Webers Behauptung richtet sich g e g e n eine Ansicht, wie sie Eduard Meyer öfters vertrat, etwa: „Der Mose, d e n wir kennen, ist der Ahnherr der Priester von Qades, also eine mit d e m Kultus in Beziehung stehende Gestalt der g e n e a l o g i s c h e n Sage, nicht eine geschichtliche Persönlichkeit". (Meyer, Eduard, Die Israeliten und ihre Nachbarstämme. Alttestamentliche Untersuchungen. Halle: Max Niemeyer 1906, S.451, Anm. 1; hinfort: Meyer, Die Israeliten). 28 Mose w u r d e von Weber bereits in den „Agrarverhältnissen im Altertum" als Aisymnet im „hellenischen" Sinn bezeichnet. (Weber, Agrarverhältnisse 3 , S.91).
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Stimmungen des ältesten israelitischen heiligen Rechts setzen Geldwirtschaft und dadurch entweder schon entstandene oder doch drohende scharfe Interessengegensätze innerhalb der Eidgenossen voraus. Der Ausgleich oder die Vorbeugung gegen diese Gegensätze (z. B. die Seisachthie des Erlaßjahrs) 29 und die Organisation der israelitischen Eidgenossenschaft mit einem einheitlichen Nationalgott sind sein Werk, welches, dem Charakter nach, zwischen demjenigen Muhammeds und der antiken Aisymneten etwa in der Mitte steht. An dieses Gesetz knüpft sich denn auch, ganz wie an den Ständeausgleich in so vielen anderen Fällen" (vor allem in Rom und Athen) die Expansionsperiode des neugeeinigten Volks nach außen. Und es war nach Moses in Israel „kein Prophet gleich ihm"; 30 das heißt kein Aisymnet. Nicht nur nicht alle Propheten sind also Aisymneten in jenem Sinn, sondern gerade die üblicherweise sogenannte Prophetie gehört nicht hierher. Gewiß erscheinen auch die späteren Propheten Israels als „sozialpolitisch" interessiert. Das „Wehe" ertönt über diejenigen, welche die Armen bedrücken 31 und versklaven, Acker an Acker fügen, 32 die Rechtsfindung gegen Geschenke beugen, 33 - durchaus die typischen Ausdrucksformen aller antiken Klassendifferenzierung, verschärft wie überall durch die inzwischen eingetretene Organisation der Polis Jerusalem. Dieser Zug darf aus dem Bilde der meisten israelitischen Propheten nicht gestrichen werden. Um so weniger, als z. B. der indischen Prophetie jeder derartige Zug fehlt, obwohl man die Verhältnisse Indiens zur Zeit Buddhas als den hellenischen des n A: Fällen, 29 Im Sabbatjahr („Erlaßjahr"), jedem siebten Jahr im jüdischen Kalender, sollte ein Gläubiger seinem „Nächsten oder seinem Bruder" die Schulden erlassen (5. Mose 15, 1 - 3 ) . Biblische Rechtsbücher schrieben vor, daß ein Gläubiger seinen israelitischen Schuldknechten nach sechs Jahren Dienst die Freiheit und das Bürgerrecht wiederzugeben habe (2. Mose 21, 2; 5. Mose 15, 12). In seiner Judentumsstudie sprach Weber ebenfalls vom Sabbatjahr als einer „Seisachthie" (Solons Lastenabschüttelung zur Lösung der Agrarfrage in Attika). (Weber, Judentum I, S. 125). 30 In 5. Mose 34, 10 heißt es nach dem Tod des Mose: „Und es stund hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose, den der HErr erkannt hätte von Angesicht zu Angesicht". 31 Arnos 5, 11: „Darum, weil ihr die Armen unterdrückt, und nehmet das Korn mit großen Lasten von ihnen [...]". 32 Jesaia 5, 8: „Weh denen, die ein Haus an das andre ziehen, und einen Acker zum andern bringen, bis daß kein Raum mehr da sei, daß sie allein das Land besitzen!" 33 5. Mose 16, 19: „Du sollst das Recht nicht beugen, und sollst auch keine Person ansehen, noch Geschenke nehmen [...]".
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6. Jahrhunderts relativ ziemlich ähnlich bezeichnet hat. 34 Der Un253 terschied folgt aus noch zu erörternden 35 religiösen | Gründen. Für die israelitische Prophetie sind aber diese sozialpolitischen Argumentationen, was andererseits auch nicht verkannt werden darf, nur Mittel zum Zweck. Sie sind in erster Linie an der auswärtigen Politik als der Tatenbühne ihres Gottes interessiert. Das dem Geist des mosaischen Gesetzes widerstreitende Unrecht, auch das soziale, kommt für sie nur als Motiv und zwar als eins der Motive für Gottes Zorn in Betracht, nicht aber als Grundlage eines sozialen Reformprogramms. Charakteristischerweise ist gerade der einzige soziale Reformtheoretiker: Hesekiel, ein priesterlicher Theoretiker und kaum noch Prophet zu nennen. 36 Jesus vollends ist an sozialer Reform als solcher schlechterdings nicht interessiert. Zarathustra teilt den Haß seines viehzüchtenden Volks gegen die räuberischen Nomaden, aber er ist zentral religiös, an dem Kampf gegen den magischen Rauschkult und für den Glauben an seine eigene göttliche Mission interessiert, deren Konsequenzen lediglich die ökonomischen Seiten seiner Prophetie sind. Erst recht trifft dies bei Muhammed zu, dessen Sozialpolitik, von Omar in ihre Konsequenzen
34 Wilhelm Bousset nahm ein „prophetisches Zeltalter" an, das mehrere Kulturen gleichzeitig prägte: „Es beginnt das prophetische Zeitalter. [...] Im achten u n d siebenten Jahrhundert treten in Israel die großen Propheten auf, vielleicht gleichzeitig, vielleicht beträchtlich älter ist Zarathustra [,..]. Mit d e m siebenten und sechsten Jahrhundert beginnt in Griechenland eine religiöse B e w e g u n g , deren Ausläufer etwa die großen Tragiker, dann Sokrates und vor allem Plato sind, im sechsten Jahrhundert wirkt B u d d h a in Indien, gleichzeitig etwa Kong-tse [,..]. Ein merkwürdiges Zusammentreffen. Es ist, als wenn der B a u m des religiösen Lebens der Menschheit gleichzeitig an verschiedenen Punkten neue Triebe ansetzt". (Bousset, Wilhelm, Das Wesen der Religion, 3. Aufl. Halle: Gebauer-Schwetschke 1906, S.84f.). Edvard Lehmann vertrat eine ähnliche Sicht: „So war es zu B u d d h a s Zeit und ganz e b e n s o war es bei den Griechen, sobald das Denken voll bewußt g e w o r d e n war: auch die Epikuräer verstanden das Glück als schmerzfreie Lust und entdeckten nun, daß überall wo Lust ist, auch Schmerz ist, u n d darum nirgends eigentliches Glück." (Lehmann, Edvard, Der B u d d h i s m u s als indische Sekte als Weltreligion. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S.133; hinfort: Lehmann, Der Buddhismus). In einem Brief v o m 28. September 1912 hatte Max Weber d e n Verleger Oskar Slebeck um die Ü b e r s e n d u n g des Buches von Lehmann über den Buddhismus für seine Studien gebeten. (MWG II/7, S.680). 35 Siehe unten, S. 189f. 36 Diese Ansicht vertrat auch Eduard Meyer: „Für Ezechiel d a g e g e n , d e n Priester im Prophetenmantel, ist das Priestertum wesentlich: er ist gar kein Prophet, o b w o h l er sich als solcher geriert, s o n d e r n ein schriftstellernder Priester, der das theologische System des J u d e n t u m s b e g r ü n d e t hat". (Meyer, Elemente der Anthropologie, wie oben, S. 132, Anm. 19, S. 147, Fn. 1).
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getrieben, fast ganz an dem Interesse der inneren Einigung der Gläubigen zum Kampf nach außen, zum Zweck der Erhaltung eines Maximum von Gottesstreitern hängt. Den Propheten spezifisch ist, daß sie ihre Mission nicht kraft menschlichen Auftrags übernehmen, sondern usurpieren. Das tun freilich auch die „Tyrannen" der hellenischen Polis, welche funktionell oft den legalen Aisymneten sehr nahestehen und auch ihre spezifische Religionspolitik (häufig z. B. die Förderung des 0 emotionalen, bei der Masse im Gegensatz zum Adel populären Dionysoskults) 37 gehabt haben. Aber die Propheten usurpieren ihre Gewalt kraft göttlicher Offenbarung und dem Schwerpunkt nach zu religiösen Zwecken, und die für sie typische religiöse Propaganda liegt ferner in der gerade entgegengesetzten Richtung wie die typische Religionspolitik der hellenischen Tyrannen: in dem Kampf gegen die Rauschkulte. Muhammeds von Grund aus politisch orientierte Religion und seine Stellung in Medina, welche zwischen derjenigen eines italienischen Podestà und etwa der Stellung Calvins in Genf in der Mitte steht, wächst dennoch aus primär rein prophetischer Mission heraus: er, der Kaufmann, war zuerst ein Leiter pietistischer bürgerlicher Konventikel in Mekka, bis er zunehmend erkannte, daß die Organisation des Beuteinteresses der Kriegergeschlechter die gegebene äußere Grundlage für seine Mission sei. Andererseits ist der Prophet durch Übergangsstufen verbunden mit dem ethischen, speziell dem sozialethischen Lehrer, der, neuer oder erneuten Verständnisses alter Weisheit voll, Schüler um sich sammelt, Private in privaten Fragen, Fürsten in öffentlichen Dingen der Welt berät und eventuell zur Schöpfung ethischer Ordnungen zu bestimmen sucht. Die Stellung des Lehrers religiöser oder philosophischer Weisheit zum Schüler ist namentlich in den asiatischen heiligen Rechten außerordentlich fest und autoritär geregelt o Fehlt in A; des sinngemäß ergänzt. 3 7 Der athenische Tyrann Peisistratos (um 600-528/27 v. Chr.) richtete die großen Dionysien ein und sah in der Verehrung des Gottes Dionysos eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. Der Tyrann Kleisthenes von Sikyon (um 600-570 v. Chr.) versuchte, in Sikyon den Kult des Adrastos (eines Heros aus alolischem Geschlecht in Argos) mit seinen „tragischen Chören" auf Dionysos zu übertragen (Herodot, Historien V, 63). Auch Periander in Korinth förderte den Dionysoskult. (Herodot, Historien I, 23).
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und gehört überall zu den festesten Pietätsverhältnissen, die es gibt. Die magische wie die Heldenlehre ist in aller Regel so geordnet, daß der Novize einem einzelnen erfahrenen Meister zugewiesen wird oder ihn sich - etwa so wie der „Leibfuchs" den „Leibburschen" im deutschen Couleurwesen 38 - aussuchen darf, dem er nun in persönlicher Pietät attachiert ist und der seine Ausbildung überwacht. Alle Poesie der hellenischen Knabenliebe stammt aus dieser Pietätsbeziehung, und bei Buddhisten und Konfuzianern und in aller Mönchserziehung pflegt ähnlich verfahren zu werden. Der Typus ist am konsequentesten in der Stellung des „Guru" im indischen heiligen Recht durchgeführt, des brahmanischen Lehrers, dessen Lehre und Lebensleitung jeder zur vornehmen Gesellschaft Gehörige jahrelang sich rückhaltlos hingeben muß. Er hat souveräne Gewalt, und das Obödienzverhältnis, welches etwa der Stellung eines Famulus des okzidentalen Magisters entspricht, wird der Familienpietät vorangestellt, ebenso wie die Stellung des Hofbrahmanen (Purohita) offiziell in einer Art geordnet ist, welche dessen Machtstellung weit über die mächtigsten Beichtväter des Abendlandes erhebt. Allein der Guru ist lediglich ein Lehrer, der A 254 erworbenes, nicht nur offenbartes, Wissen weiter | gibt und nicht kraft eigener Autorität, sondern im Auftrag lehrt. Auch der philosophische Ethiker und Sozialreformer aber ist kein Prophet in unserem Sinn, so nahe er ihm stehen kann. Gerade die ältesten, legendenumwobenen Weisen der Hellenen, Empedokles und ähnliche, vor allem Pythagoras, stehen freilich dem Prophetentum am nächsten und haben teilweise auch Gemeinschaften mit eigener Heilslehre und Lebensführung hinterlassen, auch die Heilandsqualität, zum Teil wenigstens, prätendiert. Es sind Typen von Intellektuellenheilslehrern, welche den indischen Parallelerscheinungen vergleichbar sind, nur bei weitem nicht deren Konsequenz in der Abstellung von Leben und Lehre auf „Erlösung" erreicht haben. Noch weniger können die Stifter und Häupter der eigentlichen „Philosophenschulen" als „Propheten" in unserem Sinn aufgefaßt
3 8 Der Ausdruck couleur(frz.: „Farbe") bezeichnet die Farben, die von den Mitgliedern studentischer Verbindungen bei feierlichen Anlässen in Band, Mütze und Bierzipfel getragen wurden. Die jungen Mitglieder studentischer Verbindungen, die „Füchse", hatten für die älteren, die „Burschen", bestimmte Dienste zu verrichten und wurden von diesen in die Regeln des Verbindungslebens eingeführt.
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werden, so nahe sie ihnen zuweilen kamen. Gleitende Übergänge führen von Konfuzius, in dessen Tempel selbst der Kaiser den Kotau vollzieht, 39 zu Piaton. Beide waren lediglich schulmäßig lehrende Philosophen, getrennt durch die bei Konfuzius zentrale, bei Piaton mehr gelegentliche Abgestelltheit auf bestimmenden sozialreformerischen Einfluß auf Fürsten. Von dem Propheten aber trennt sie das Fehlen der aktuellen emotionalen Predigt, welche, einerlei, ob durch Rede oder Pamphlete oder schriftlich verbreitete Offenbarungen nach Art der Suren Muhammeds, dem Propheten eigentümlich ist. Dieser steht stets dem Demagogen oder politischen Publizisten näher als dem „Betrieb" eines Lehrers, und andererseits ist die Tätigkeit etwa des Sokrates, der sich ebenfalls im Gegensatz gegen das professionelle Weisheitsgewerbe stehend fühlt, begrifflich von der Prophetie durch das Fehlen einer direkt offenbarten religiösen Mission geschieden. Das „Daimonion" 40 reagiert bei Sokrates auf konkrete Situationen, und zwar vorwiegend abmahnend und warnend. Es findet sich bei ihm als Schranke seines ethischen, stark utilitarischen Rationalismus etwa an der Stelle, wo bei Konfuzius die magische Divination steht. Es ist schon aus jenem Grunde nicht einmal mit dem „Gewissen" der eigentlich religiösen Ethik gleichzusetzen, geschweige denn, daß es als ein prophetisches Organ gelten dürfte. Und so ist es mit allen Philosophen und ihren Schulen, wie sie China, Indien, die hellenische Antike, das jüdische, arabische und christliche Mittelalter in untereinander, soziologisch betrachtet, ziemlich ähnlicher Form gekannt haben. Sie können, wie bei den Pythagoräern, mehr der mystagogisch-rituellen, oder, wie bei den Kynikern, der exemplarischen Heilsprophetie (im bald zu erörternden Sinn) 41 in der von ihnen produzierten und propagierten Lebensführung nahestehen. Sie können, wie die Kyniker, in ihrem Protest sowohl gegen die
3 9 Mit Kotau wird der Kniefall vor den Eltern oder vor Höhergestellten bezeichnet. Wilhelm Grube schrieb über den Kaiser von China, „daß er sich vor dem Altare des Himmelstempels und vor dem des Konfuziustempels auf sein Antlitz niederwirft, während er sich vor den Heiligtümern der übrigen Tempel auf die bloße Verneigung beschränkt". (Grube, Wilhelm, Religion und Kultus der Chinesen. - Leipzig: Rudolf Haupt 1910, S. 10). 4 0 Bei daimonion handelt es sich um ein substantiviertes Adjektiv und Diminutiv zu daimon. Sokrates nannte seine „innere Stimme" so. 41 Siehe unten, S. 189.
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weltlichen Kulturgüter wie gegen die Sakramentsgnade der Mysterien, äußere und innere Verwandtschaft mit indischen und orientalischen asketischen Sekten zeigen. Der Prophet im hier festgehaltenen Sinn fehlt ihnen überall da, wo die Verkündigung einer religiösen Heilswahrheit kraft persönlicher Offenbarung fehlt. Diese 5 soll hier als das entscheidende Merkmal des Propheten festgehalten werden. Die indischen Religionsreformer endlich nach Art des £ankara p und Ramanuja, q und die Reformatoren von der Art Luthers, Zwingiis, Calvins, Wesleys sind von der Kategorie der Propheten dadurch getrennt, daß sie weder kraft einer inhaltlich neu- 10 en Offenbarung noch wenigstens kraft eines speziellen göttlichen Auftrags zu sprechen prätendieren, wie dies z.B. der Stifter der Mormonenkirche, - der, auch in rein technischer Hinsichtj,] mit Muhammed Ähnlichkeit zeigt, 42 - und vor allem die jüdischen Propheten, aber auch z. B. Montanus und Novatianus und auch, al- 15 lerdings mit einem stark rational lehrhaften Anflug, Mani und Manus/ mit mehr emotionalem George Fox, taten. Scheidet man alle bisher genannten, oft sehr dicht angrenzenden Formen aus dem Begriff aus, dann bleiben immer noch verschiedene Typen. 20 Zunächst der Mystagoge. Er praktiziert Sakramente, d. h. magische Handlungen, welche Heilsgüter verbürgen. Durch die ganze Welt hat es Erlöser dieser Art gegeben, die sich von dem gewöhnlichen Zauberer nur graduell durch die Sammlung einer speziellen A 255 Gemeinde um sich unterscheiden. Sehr oft haben sich | dann auf 25 Grund eines für erblich geltenden, sakramentalen Charisma Dynastien von Mystagogen entwickelt, welche durch Jahrhunderte hindurch ihr Prestige behaupteten, Schüler mit Vollmachten ausstatteten und so eine Art von Hierarchenstellung einnahmen. Namentlich in Indien, wo der Titel Guru auch auf solche Heilsspen- 30 p A: C a n k a r a werden.
q A: R a m a n j u a ,
r Das Textverderbnis konnte nicht aufgeklärt
4 2 Am 6. April 1830 begründete der Stifter des Mormonentums, Joseph Smith jun. (1805-1844), die „Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints". Smith gilt seinen Anhängern als göttlich Inspirierter Prophet, der die „heilige Schrift" des Mormonentums, das „Book of Mormon", übersetzt hat. Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen Muhammed und Smith behandelte Eduard Meyer, Ursprung und Geschichte der Mormonen. Mit Exkursen über die Anfänge des Islams und des Christentums. - Halle: Max Niemeyer 1912, S. 67-80.
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der und ihre Bevollmächtigten angewendet wird. Ebenso in China, wo z.B. der Hierarch der Taoisten und einige geheime Sektenhäupter erblich eine solche Rolle spielten. Der gleich zu erwähnende 4 3 Typus der exemplarischen Prophetie schlägt in der zweiten Generation sehr regelmäßig in Mystagogentum um. Massenhaft sind sie auch in ganz Vorderasien zu Hause gewesen und in dem erwähnten 44 prophetischen Zeitalter nach Hellas hinübergekommen. Aber z. B. auch die weit älteren Adelsgeschlechter, welche erbliche Leiter der Eleusinischen Mysterien waren, repräsentieren wenigstens noch einen Grenzfall nach der Seite der einfachen Erbpriestergeschlechter hin. Der Mystagoge spendet magisches Heil, und es fehlt ihm oder bildet doch nur ein untergeordnetes Anhängsel: die ethische Lehre. Statt dessen besitzt er eine vornehmlich erblich fortgepflanzte magische Kunstlehre. Auch pflegt er von seiner vielbegehrten Kunst ökonomisch existieren zu wollen. Wir wollen daher auch ihn aus dem Prophetenbegriff ausscheiden, selbst wenn er neue Heilswege offenbart. Dann bleiben noch zwei Typen von Prophetentum in unserem Sinn, deren einer am klarsten durch Buddha, deren anderer besonders klar durch Zarathustra und Muhammed repräsentiert wird. Entweder ist nämlich der Prophet, wie in den letzten Fällen, ein im Auftrag eines Gottes diesen und seinen Willen - sei dies ein konkreter Befehl oder eine abstrakte Norm - verkündendes Werkzeug, der kraft Auftrags Gehorsam als ethische Pflicht fordert (ethische Prophetie). Oder er ist ein exemplarischer Mensch, der anderen an seinem eigenen Beispiel den Weg zum religiösen Heil zeigt, wie Buddha, dessen Predigt weder von einem göttlichen Auftrag, noch von einer ethischen Gehorsamspflicht etwas weiß, sondern sich an das eigene Interesse der Heilsbedürftigen wendet, den gleichen Weg wie er selbst zu betreten (exemplarische Prophetie). Dieser zweite Typus eignet vornehmlich der indischen, in vereinzelten Exemplaren auch der chinesischen (Laotse) und vorderasiatischen, der erste aber ausschließlich der vorderasiatischen Prophetie, und zwar ohne Unterschied der Rasse. Denn weder die Veden, noch die chinesischen klassischen Bücher, deren älteste Bestandteile in beiden Fällen aus Preis- und Dankliedern heiliger 43 Siehe unten auf dieser Seite, Zeile 30ff. 44 Siehe oben, S. 179ff.
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Sänger und aus magischen Riten und Zeremonien bestehen, lassen es irgend wahrscheinlich erscheinen, daß dort jemals eine Prophetie des ethischen Typus nach der Art der vorderasiatisch-iranischen bestanden haben könnte. Der entscheidende Grund dafür liegt in dem Fehlen des persönlichen überweltlichen ethischen Gottes, welcher in Indien überhaupt nur in sakramental-magischer Gestalt innerhalb der späteren volkstümlichen hinduistischen Religiosität seine Heimat hatte, im Glauben derjenigen sozialen Schichten aber, innerhalb welcher sich die entscheidenden prophetischen Konzeptionen des Mahavira und Buddha vollzogen, nur intermittierend und stets wieder pantheistisch umgedeutet auftauchte, in China vollends in der Ethik der sozial ausschlaggebenden Schicht ganz fehlte. Inwieweit dies vermutlich mit der sozial bedingten intellektuellen Eigenart jener Schichten zusammenhing, darüber später. 45 Soweit innerreligiöse Momente mitwirkten, war für Indien wie für China entscheidend, daß die Vorstellung einer rational geregelten Welt ihren Ausgangspunkt nahm von der zeremoniellen Ordnung der Opfer, an deren unwandelbaren Regelmäßigkeit alles hängt: vor allem die unentbehrliche Regelmäßigkeit der meteorologischen Vorgänge, animistisch gedacht: das normale Funktionieren und die Ruhe der Geister und Dämonen, welche sowohl nach klassischer wie nach heterodoxer chinesischer Anschauung durch eine ethisch richtig geführte Regierung, wie sie dem echten Tugendpfad (Tao) entspricht, verbürgt wird und ohne die auch nach vedischer Lehre alles fehlschlägt. Rita und Tao sind daher in Indien bzw. China übergöttliche unpersönliche Mächte. Der überweltliche persönliche ethische Gott dagegen ist eine vorderasiatische Konzeption. Sie entspricht so sehr derri|,| auf Erden | A 256 allmächtigen],] einen König mit seinem rationalen bürokratischen Regiment, daß ein Kausalzusammenhang nicht gut abweisbar ist. Über die ganze Erde hin ist der Zauberer in erster Linie Regenmacher, denn von rechtzeitigem, genügendem und auch nicht übermäßigem Regen hängt die Ernte ab. Der pontifikale chinesische Kaiser ist es bis in die Gegenwart geblieben, denn wenigstens in Nordchina überwiegt die Bedeutung des unsicheren Wetters diejenige der Bewässerungsanlage, so groß deren Wichtigkeit dort
45 Siehe unten, S. 265ff.
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ist. Mauer- und Binnenschiffahrtskanalbauten, die eigentliche Quelle der kaiserlichen Bürokratie, waren noch wichtiger. Meteorologische Störungen sucht er durch Opfer, öffentliche Buße und Tugendübungen, z.B. durch Abstellung von Mißbräuchen in der Verwaltung, etwa durch eine Razzia auf unbestrafte Verbrecher, abzuwenden, weil stets der Grund der Erregung der Geister und der Störung der kosmischen Ordnung entweder in persönlichen Verfehlungen des Monarchen oder in sozialer Unordnung vermutet wird. 46 Zu den Dingen, die Jahve, gerade in den älteren Teilen der Überlieferung, als Lohn für seine damals noch wesentlich bäuerlichen Anhänger in Aussicht stellt, gehört ebenfalls: der Regen. Nicht zu wenig und auch nicht zu viel (Sintflut) davon verspricht er. Aber rundum, in Mesopotamien wie Arabien, war nicht der Regen der Erzeuger der Ernte, sondern ausschließlich die künstliche Bewässerung. Sie allein ist in Mesopotamien, ähnlich wie in Ägypten die Stromregulierung, die Quelle der absoluten Herrschaft des Königs, der seine Einkünfte gewinnt, indem er durch zusammengeraubte Untertanen Kanäle und an diesen Städte bauen läßt. In den eigentlichen Wüsten- und Wüstenrandgebieten Vorderasiens ist dies wohl eine der Quellen der Vorstellung von einem Gott, der die Erde und den Menschen nicht, wie sonst meist, gezeugt, sondern aus dem Nichts „gemacht" hat: auch die Wasserwirtschaft des Königs schafft ja die Ernte im Wüstensand aus dem Nichts.47 Der König schafft sogar das Recht durch Gesetze und
46 Pierre Daniel C h a n t e p i e d e la S a u s s a y e schrieb über China: „Hierauf h a b e n nun die Herrscher zu achten; d i e s e O r d n u n g ist die G r u n d l a g e d e s Staates. S t ö r u n g e n im Naturlauf sind W a r n u n g e n , a u c h im Staat die Harmonie herzustellen. Die natürliche, politische, sociale, sittliche W e l t o r d n u n g stehen nicht bloss in e n g e m Z u s a m m e n h a n g miteinander, sie sind g a n z identisch, oder richtiger, n o c h nicht u n t e r s c h i e d e n " . ( C h a n t e p i e d e la Saussaye, Pierre Daniel, Die Chinesen, in: ders. (Hg.), L e h r b u c h der Religionsgeschichte, B a n d 1. - Freiburg i.Br.: J.C.B. Mohr (Paul S i e b e c k ) 1887, S . 2 3 2 - 2 6 1 , Zitat: S . 2 4 2 ) . W e b e r äußerte sich d a r ü b e r a u c h in seiner K o n f u z i a n i s m u s s t u d i e ( M W G 1/19, S. 176 f.). 4 7 In seiner K o n f u z i a n i s m u s s t u d i e argumentierte W e b e r ähnlich: „In Vorderasien nun b e g ü n s t i g t e die alte zentralisierte bureaukratische Verwaltung unzweifelhaft die M ö g l i c h keit der Vorstellung d e s h ö c h s t e n Gottes als eines H i m m e l s k ö n i g s , der Welt u n d Mens c h e n aus d e m Nichts .geschaffen' hat [...]. A u c h in Vorderasien selbst ist der himmlis c h e König ja g e r a d e dort zur höchsten, [...] schlechthin ü b e r w e l t l i c h e n M a c h t s t e l l u n g e m p o r g e s t i e g e n , wo er, in Palästina im G e g e n s a t z zu d e n W ü s t e n g e b i e t e n , n a c h seiner G n a d e Regen und S o n n e n s c h e i n als Quelle der Fruchtbarkeit sandte." ( M W G 1/19, S. 160).
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rationale Kodifikationen, - etwas, was die Welt in Mesopotamien 48 zum ersten Male erlebte. Und so erscheint es, auch abgesehen von dem Fehlen jener sehr eigenartigen Schichten, welche Träger der indischen und chinesischen Ethik waren, und die dortige „gottlose" religiöse Ethik schufen, sehr begreiflich, daß unter diesem Eindruck auch die Ordnung der Welt als das Gesetz eines frei schaltenden, überweltlichen, persönlichen Herrn konzipiert werden konnte. Zwar in Ägypten, wo ursprünglich der Pharao selbst ein Gott war, scheiterte später der Anlauf Echnatons zum astralen Monotheismus an der schon unüberwindlichen Macht der Priesterschaft, welche den volkstümlichen Animismus systematisiert hatte. Und im Zweistromlande stand das alte, ebenfalls schon politisch und durch Priester systematisierte Pantheon und die feste Ordnung des Staats dem Monotheismus ebenso wie jeder demagogischen Prophetie im Wege. Aber der Eindruck des pharaonischen sowohl wie des mesopotamischen Königtums auf die Israeliten war eher noch gewaltiger als der des persischen Königs, des „Basileus" 49 kut £goyj\v, auf die Hellenen (wie er sich trotz seiner Niederlage z.B. in der Ausgestaltung einer pädagogischen Schrift[,] der s ,,Kyrupaideia"50[,] ausspricht). Die Israeliten waren dem „Diensthause" des irdischen Pharao nur entronnen, weil ein göttlicher König half. Die Errichtung des irdischen Königtums wird ausdrücklich als Abfall von Jahve als dem eigentlichen Volkskönig erklärt, 51 und die israelitische Prophetie ist ganz und gar an dem
s A: zur 4 8 1902 wurde der in Susa aufgefundene Gesetzeskorpus des Hammurabi, des sechsten Königs der sog. „ersten babylonischen Dynastie", publiziert. Die Gesetzessammlung umfaßt im wesentlichen Privat- und Strafrecht. 4 9 Basileus (griech.: „König") war u.a. der griechische Titel des persischen Großkönigs. 5 0 Die Kyrupaideia (griech.: „Erziehung des Kyros") wurde von Xenophon (um 4 2 5 - c a . 355 v. Chr.) verfaßt. Sie schildert in acht Büchern den Aufstieg des achämenidischen Großkönigs Kyros I I . 51 Der Wunsch Israels nach Einrichtung eines Königtums wird in einigen biblischen Texten als Untreue gegenüber Gott gedeutet: 1. Samuel 8, 7; Richter 8, 22f. In seiner Judentumsstudie sprach Weber über den „Abfall" von Jahwe als „eines spezifisch verderblichen Frevels" und verwies in diesem Zusammenhang auf die Abhandlung von Johannes Hehn, Die biblische und die babylonische Gottesidee. Die israelitische Gottesauffassung im Lichte der altorientalischen Religionsgeschichte. - Leipzig: C.J. Hinrichs 1913, S. 272. Weber bemerkte: „Mit Recht macht Hehn [...] darauf aufmerksam, daß die-
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Verhältnis zu den politischen Großmächten: den großen Königen, orientiert, welche Israel zuerst als Zuchtruten Gottes zerschmetterten, dann wieder, kraft göttlicher Eingebung, ihm die Heimkehr aus dem Exil gestatten. Auch Zarathustras Vorstellungskreis 5 scheint an den Konzeptionen westlicher Kulturländer orientiert. Die erste Entstehung sowohl der dualistischen wie der monotheistischen Prophetie scheint daher, neben anderen konkreten historischen Einflüssen, in ihrer Eigenart stark mitbedingt durch den Eindruck der relativ nahegelegenen großen Zentren straffer sozia10 1er Organisation auf minder rationalisierte Nachbarvölker, welche Zorn und Gnade eines himmlischen Königs in ihrer eigenen beständigen Gefährdung durch die erbarmungslose Kriegsführung furchtbarer Nachbarn erblickten. | Mag aber die Prophetie mehr ethischen oder mehr exempla- A 257 15 rischen Charakter haben, immer bedeutet - das ist das Gemeinsame - die prophetische Offenbarung, zunächst für den Propheten selbst, dann für seine Helfer: einen einheitlichen Aspekt des Lebens, gewonnen durch eine bewußt einheitliche sinnhafte Stellungnahme zu ihm. Leben und Welt, die sozialen wie die kosmischen 20 Geschehnisse, haben für den Propheten einen bestimmten systematisch einheitlichen „Sinn", und das Verhalten der Menschen muß, um ihnen Heil zu bringen, daran orientiert und durch die Beziehung auf ihn einheitlich sinnvoll gestaltet werden. Die Struktur dieses „Sinnes" kann höchst verschieden sein, und er kann 25 logisch heterogen scheinende Motive zu einer Einheit zusammenschmieden, denn nicht in erster Linie logische Konsequenz, sondern praktische Wertungen beherrschen die ganze Konzeption. Immer bedeutet sie, nur in verschiedenem Grade und mit verschiedenem Erfolge, einen Versuch der Systematisierung aller Le30 bensäußerungen, der Zusammenfassung also des praktischen Verhaltens zu einer Lebensführung, gleichviel, wie diese im Einzelfall aussehen möge. Immer enthält er ferner die wichtige religiöse Konzeption der „Welt", als eines „Kosmos", an welchen nun die Anforderung gestellt wird, daß er ein irgendwie „sinnvoll" geord35 netes Ganze bilden müsse, und dessen Einzelerscheinungen an ser Begriff [Abfall] schon als solcher auf dem Boden keiner andern Religion Vorderasiens wiederkehrt. Er ist eben nur aus dem alten berlth-Verhältnis überhaupt erklärlich". (Weber, Judentum II, S.389, Fn. 111).
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diesem Postulat gemessen und gewertet werden. Alle stärksten Spannungen der inneren Lebensführung sowohl wie der äußeren Beziehung zur Welt entstammen dann dem Zusammenstoß dieser Konzeption der Welt als eines, dem religiösen Postulat nach, sinnvollen Ganzen mit den empirischen Realitäten. Die Prophetie ist allerdings keineswegs die einzige Instanz, welche mit diesem Problem zu schaffen hat. Auch alle Priesterweisheit und ebenso alle priesterfreie Philosophie, intellektualistische und vulgäre, befaßt sich irgendwie mit ihm. Die letzte Frage aller Metaphysik lautete von jeher so: wenn die Welt als Ganzes und das Leben im besonderen einen „Sinn" haben soll, - welches kann er sein und wie muß die Welt aussehen, um ihm zu entsprechen? Aber die religiöse Problematik der Propheten und Priester ist der Mutterschoß, welcher die priesterfreie Philosophie, wo sie sich überhaupt entwickelte, aus sich entlassen hat, um sich dann mit ihr, als einer sehr wichtigen Komponente religiöser Entwicklung, auseinandersetzen zu müssen. Wir müssen daher die gegenseitigen Beziehungen von Priestern, Propheten und Nichtpriestern näher erörtern.
5} Gemeinde.11 Der Prophet gewinnt sich, wenn seine Prophetie Erfolg hat, ständige Helfer: Sodalen (wie Bartholomae den Terminus der Gathas übersetzt), 52 Schüler (alttestamentlich und indisch), Gefährten (indisch und islamisch), Jünger (bei Jesaja und neutestamentlich), welche im Gegensatz zu den zünftig oder durch Amtshierarchie vergesellschafteten Priestern und Wahrsagern ihm rein persönlich anhängen, - eine Beziehung, die bei der Kasuistik der Herrschaftsformen noch zu erörtern sein wird. 53 Und neben diesen ständigen, t A: § 5.
u In A folgt eine Inhalts- und Seitenübersicht.
5 2 Christian Bartholomae besprach In zwei Abhandlungen den Terminus „Sodale": 1904 gab Bartholomae, Altiranisches Wörterbuch, S. 198, das jungawestlsche airyaman (m.) und das gathisch-awestische airyaman (m.) mit dem Terminus „Sodale" wieder, übersetzte diesen als „Genosse" und bezeichnete ihn als Angehörigen des Priesterstandes. 1905 definierte Bartholomae, Gatha's des Awesta, S. 130f., „Sodale" als „in sozialem Sinn Angehöriger der ersten der drei Stände in der zaraöustrischen Religionsgemeinschaft, des Priesterstands". 5 3 Siehe WuG\ S.760f. (MWG I/22-4).
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an seiner Mission aktiv mitarbeitenden, auch ihrerseits meist irgendwie charismatisch qualifizierten Helfern besteht der Kreis von Anhängern, welche ihn durch Unterkunft, Geld, Dienste unterstützen und von seiner Mission ihr Heil erwarten, daher auch 5 ihrerseits je nachdem nur von Fall zu Fall zum Gelegenheitshandeln sich verbinden oder dauernd, zu einer Gemeinde, vergesellschaftet sein können. Die „Gemeinde" in diesem religiösen Sinn die zweite Kategorie von Gemeinde neben dem aus ökonomischen, fiskalischen oder anderen politischen Gründen vergesell10 schafteten Nachbarschaftsverband - taucht ebenfalls nicht nur bei Prophetie im hier festgehaltenen Sinne auf und entsteht andrerseits auch nicht bei jeder Prophetie. Sie entsteht bei ihr überhaupt erst als ein Produkt der Veralltäglichung, indem entweder der Prophet selbst oder seine | Schüler den Fortbestand der Verkündigung A 258 15 und Gnadenspendung dauernd sichern, daher auch die ökonomische Existenz der Gnadenspendung und ihrer Verwalter dauernd sicherstellen und nun für die dadurch mit Pflichten Belasteten auch die Rechte monopolisieren. Sie findet sich deshalb auch bei Mystagogen und bei Priestern unprophetischer Religionen. Für 20 den Mystagogen ist ihre Existenz ein normales Merkmal im Gegensatz zum bloßen Zauberer, der entweder einen freien Beruf ausübt, oder, zünftig organisiert, einen bestimmten nachbarschaftlichen oder politischen Verband, nicht eine besondere religiöse Gemeinde, versorgt. Nur pflegt die Mystagogengemeinde, wie die25 jenige der eleusinischen Mysten, meist im Zustand einer nach außen nicht geschlossenen und in ihrem Bestand wechselnden Vergemeinschaftung zu verharren. Wer gerade des Heils bedürftig ist, tritt in eine oft nur zeitweilige Beziehung zum Mystagogen und seinen Helfern. Immerhin bilden doch z. B. die eleusinischen My30 sten eine Art von interlokaler Gemeinschaft. Anders wiederum steht es bei der exemplarischen Prophetie. Der exemplarische Prophet zeigt einen Heilsweg durch persönliches Beispiel. Nur wer diesem Beispiel unbedingt folgt - z. B. die Bettelmönche Mahaviras und Buddhas - gehört zu einer engeren, der „exemplarischen" 35 Gemeinde, innerhalb deren dann wieder noch persönlich mit dem Propheten verbundene Jünger mit besonderer Autorität stehen können. Außerhalb der exemplarischen Gemeinde aber stehen fromme Verehrer (in Indien die „Upasakas"), welche für ihre Person den vollen Heilsweg nicht beschreiten, aber ein relatives Opti-
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mum von Heil durch Bezeugung von Devotion gegenüber den exemplarisch Heiligen erlangen wollen. Entweder entbehren sie jeder dauernden Vergemeinschaftung, wie ursprünglich die buddhistischen Upasakas, oder sie sind irgendwie auch ihrerseits mit festen Rechten und Pflichten vergesellschaftet, wie dies regelmäßig geschieht, wenn aus der exemplarischen Gemeinde besondere Priester oder priesterartige Seelsorger oder Mystagogen, wie die buddhistischen Bonzen, 54 ausgeschieden und mit Besorgung von Kultpflichten (die der älteste Buddhismus nicht kannte) 55 betraut wurden. Die Regel bleibt aber die freie Gelegenheitsvergesellschaftung, und dieser Zustand ist der Mehrzahl der Mystagogen und exemplarischen Propheten mit den Tempelpriesterschaften der einzelnen, zu einem Pantheon vergesellschafteten Gottheiten gemeinsam. Sie alle sind durch Stiftungen materiell gesichert und werden durch Opfergaben und Geschenke sustentiert, welche der jeweils Bedürftige spendet. Von einer dauernden Laiengemeinde ist dann noch nicht die Rede, und unsere Vorstellungen von einer religiösen Konfessionszugehörigkeit sind unbrauchbar. Anhänger eines Gottes ist der Einzelne nur im gleichen Sinn, wie etwa ein Italiener Anhänger eines bestimmten Heiligen. Unausrottbar scheint freilich das grobe Mißverständnis, z. B. die Mehrzahl oder gar alle Chinesen im konfessionellen Sinn als Buddhisten anzusehen, weil ein großer Teil von ihnen, in der Schule mit der allein offiziell approbierten konfuzianischen Ethik auferzogen, zwar für jeden Hausbau taoistische Divinationspriester zu Rate zieht und für tote Verwandte nach konfuzianischem Ritus trauert, aber daneben buddhistische Seelenmessen für sie lesen läßt. 56 Außer den dau-
5 4 D e u t s c h e s Lehnwort für Bözu, die B e z e i c h n u n g für b u d d h i s t i s c h e M ö n c h e und Priester. 5 5 Bei C a r l Friedrich K o e p p e n heißt es: „Ein äusserer B e w e i s für die Richtigkeit d i e s e r B e h a u p t u n g liegt namentlich darin, d a s s in d e n ältesten b u d d h i s t i s c h e n Grottenklöstern j e d e s O b j e c t d e s Cultus fehlt". ( K o e p p e n , Religion d e s B u d d h a , wie oben, S. 180, Anm.23, S.491). 5 6 E d v a r d L e h m a n n s c h r i e b 1911: „Wenn d e m n a c h der B u d d h i s m u s in C h i n a unerschütterlich fort besteht, so hat d a s seine praktische U r s a c h e . Die Totenmessen der b u d d h i s t i s c h e n M ö n c h e können die C h i n e s e n nicht entbehren: die h a b e n nämlich die Macht, die Seelen, die im G r a b e verweilen, einem b e s s e r e n Los, einem höheren Rang, vielleicht d e n höchsten R a n g eines Bodhisattva e n t g e g e n z u führen. [...] Der B u d d h i s mus ist ein R e i c h s m e d i k a m e n t , d a s vorrätig gehalten wird, j e d o c h nicht reichlicher als g e r a d e notwendig, und d a s man stets nur in kleinen und seltenen D o s e n anwendet".
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ernd am Kult des Gottes Mitwirkenden und eventuell einem engen Kreis dauernder Interessenten gibt es hier nur Gelegenheitslaien, „Mitläufer", - wenn man den modernen parteitechnischen Ausdruck für die nicht organisierten Mitwähler analog anwenden 5 will. Allein naturgemäß entspricht dieser Zustand, schon rein ökonomisch, im allgemeinen nicht dem Interesse der den Kult Besorgenden, und diese suchen daher auf die Dauer überall[,j wo es angeht[,j zur Gemeindebildung, d. h. also zu einer dauernden Verge10 sellschaftung der Anhängerschaft mit festen Rechten und Pflichten überzugehen. Die Umbildung der persönlichen Anhängerschaft in eine Gemeinde ist demnach die normale Form, in welcher die Lehre der Propheten in den Alltag, als Funktion einer ständigen Institution, eingeht. Die Schüler oder Jünger des Propheten 15 werden dann Mystagogen oder Lehrer oder Priester oder Seelsorger (oder alles zusammen) einer ausschließlich religiösen Zwecken dienenden Vergesellschaftung: der Laien\gemeinde. Das gleiche A 259 Resultat kann aber auch von anderen Ausgangspunkten her erreicht werden. Wir sahen, 57 daß die Priester, im Übergang von der 20 Zaubererfunktion zum eigentlichen Priestertum, entweder selbst grundherrliche Priestergeschlechter waren oder Haus- und Hofpriester von Grundherren und Fürsten oder ständisch organisierte gelernte Opferpriester, an die sich im Bedarfsfall sowohl der Einzelne wie die Verbände wenden, welche aber im übrigen sich jeder 25 nicht standeswidrigen Beschäftigung hingeben können. Oder endlich: Verbandspriester eines, sei es beruflichen oder anderen, vor allem auch: eines politischen Verbandes. Eine eigentliche „Gemeinde", gesondert von anderen Verbänden, besteht in all diesen Fällen nicht. Sie kann indessen entstehen, wenn es entweder einem 30 Opferpriestergeschlecht gelingt, die Spezialanhängerschaft seines Gottes als Gemeinde exklusiv zu organisieren, oder - und meist wenn der politische Verband vernichtet wird, die religiöse Anhängerschaft an den Verbandsgott und seine Priester aber als Gemein-
(Lehmann, Der Buddhismus, wie oben, S. 184, Anm.34, S.254f.). Ähnliche Ausführungen machte Lehmann bereits 1905 in seinem Artikel „Die Inder". (Lehmann, Die Inder, wie oben, S. 133, Anm.21, S. 120). 5 7 Der Verweis konnte nicht aufgelöst werden.
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de fortbesteht. Der erste von beiden Typen findet sich in Indien und Vorderasien durch mannigfache Zwischenstufen, verbunden mit dem Übergang mystagogischer oder exemplarischer Prophetie oder von religiösen Reformbewegungen zur Dauerorganisation von Gemeinden. Viele kleine hinduistische Denominationen sind durch Vorgänge dieser Art entstanden. Der Übergang vom politischen Verbandspriestertum zur religiösen Gemeinde dagegen ist zuerst in größerem Umfang mit der Entstehung der vorderasiatischen Weltreiche, vor allem des persischen, verknüpft gewesen. Die politischen Verbände wurden vernichtet, die Bevölkerung entwaffnet, die Priesterschaften dagegen, mit gewissen politischen Befugnissen ausgestattet, in ihrer Stellung garantiert. Ähnlich, wie die Zwangsgemeinde aus dem Nachbarschaftsverband zur Sicherung fiskalischer Interessen, so wurde hier die religiöse Gemeinde als ein Mittel der Domestikation der Unterworfenen verwertet. So entstand durch Erlasse der persischen Könige von Kyros bis Artaxerxes 3 das Judentum als eine vom König anerkannte religiöse Gemeinde mit einem theokratischen Zentrum in Jerusalem. 58 Ein Sieg der Perser hätte vermutlich dem delphischen Apollon und den Priestergeschlechtern anderer Götter, vielleicht auch orphischen Propheten, ähnliche Chancen gebracht. In Ägypten entwikkelte das nationale Priestertum nach dem Untergang der politischen Selbständigkeit eine Art „kirchlicher" Organisation, die erste dieser Art, wie es scheint, mit Synoden. 59 In Indien dagegen a A: A t a x e r x e s 58 Kyros II. ermöglichte durch die Eroberung Babylons (539 v. Chr.) den J u d e n die Rückkehr aus d e m babylonischen Exil und g a b 536 v. Chr. d e n Auftrag zum Wiederaufbau des Tempels In Jerusalem (Esra 1, 2 - 4 ) . Der a c h ä m e n i d i s c h e Herrscher Artaxerxes erteilte später d e m jüdischen Priester Esra, der d e n amtlichen persischen Titel „Schreiber des Gesetzes des Himmelsgottes" führte, in einem offiziellen Schreiben d e n Auftrag, die Verhältnisse In J u d a und Jerusalem e n t s p r e c h e n d d e m Gesetz (dat) seines Gottes zu ordnen. Wer das Gesetz nicht befolge, solle bestraft werden (Esra 7, 1 2 - 2 6 ) . Aufg r u n d a b w e i c h e n d e r Chronologien In den Büchern Esra und Nehemia ist es umstritten, ob es Artaxerxes I. ( 4 6 5 - 4 2 5 / 2 4 v. Chr.) oder Artaxerxes II. ( 4 0 4 - 3 5 9 v. Chr.) war. 59 Gemeint Ist die Zelt der Ptolemäerherrschaft In Ä g y p t e n ( 3 2 3 - 3 0 v. Chr.). In seinen „Agrarverhältnissen Im Altertum" erwähnte Weber ebenfalls eine Entwicklung von Kirchen In der Ptolemäerzelt Ägyptens: „Aber: im g a n z e n hat der Staat nur die Verwaltung der Kircheneinkünfte direkt an sich gezogen. Die L a n d e s s y n o d e n der ägyptischen Priesterschaft blieben bestehen". (Weber, Agrarverhältnisse 3 , S. 133). Die Termini „Synode" bzw. „ L a n d e s s y n o d e " verwendete auch Walter Otto, Priester und Tempel im hellenistischen Ägypten. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Hellenismus, Band 1. - Leipzig,
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entstanden die religiösen Gemeinden in dem dortigen enger begrenzten Sinn als „exemplarische" Gemeinden, indem durch die Vielfalt der ephemeren politischen Gebilde hindurch zunächst die ständische Einheit des Brahmanentums und der Asketenregeln perennierte und infolgedessen auch die entstehenden Erlösungsethiken durch die politischen Grenzen hindurchgriffen. In Iran gelang es den zarathustrischen Priestern im Lauf der Jahrhunderte eine geschlossene religiöse Organisation zu propagieren, welche unter den Sassaniden politische „Konfession" wurde (die Achaemeniden waren nur Mazdasnanier, aber keine Zarathustrier,60 wie ihre Dokumente zeigen). Die Beziehungen zwischen politischer Gewalt und religiöser Gemeinde, aus welcher der Begriff der „Konfession" entsteht, gehören in die Analyse der „Herrschaft".61 Hier ist nur festzustellen: „Gemeindereligiosität" ist eine verschieden eindeutig ausgeprägte und labile Erscheinung. Wir wollen nur da von ihrem Bestand reden, wo die Laien 1. zu einem dauernden Gemeinschaftshandeln vergesellschaftet sind, auf dessen Ablauf sie 2. irgendwie auch aktiv einwirken. Ein bloßer Verwaltungssprengel, der die Kompeten-
Berlin: B.G. Teubner 1905, S. 7 2 - 7 5 (hinfort: Otto, Priester und Tempel I). Laut Otto seien Berichte über „Landessynoden" (ebd., S.73) der ä g y p t i s c h e n Priesterschaft erstmals in der Ptolemäerzeit nachzuweisen. Vor der Regierungszeit des Königs Ptolemaios V. Epiphanes ( 2 0 4 - 1 8 0 v. Chr.) fanden Synoden mindestens einmal jährlich in A l e x a n d r i a statt, „außerordentliche Synoden" (ebd., S . 7 4 ) sind für die Stadt Sais im 20. Jahr des Ptolemaios I I . Philadelphos belegt. A u c h die B e z e i c h n u n g „Kirche" für ä g y p t i s c h e Kultg e m e i n d e n in hellenistischer Zeit kommt bei Walter Otto vor. Im zweiten Band seiner A b h a n d l u n g (Leipzig, Berlin: B.G. Teubner 1908) b e g r ü n d e t e Otto seine A n w e n d u n g des „rein juristischen B e g r i f f e s ] der Kirche" auf ä g y p t i s c h e Verhältnisse (ebd., S . 2 8 1 285): Die ä g y p t i s c h e Religionsgemeinschaft sei eine „Korporation im Staate", sogar eine „öffentliche Korporation", habe eine „streng einheitliche Verfassung" und verfüge über einen „Gemeinwillen" und „Gemeinvermögen". 6 0 Zu W e b e r s Zeit gingen die F o r s c h u n g s m e i n u n g e n darüber auseinander, o b die A c h ä m e n i d e n Zarathustrier waren oder nicht. Die Diskussion entzündete sich an den Inschriften der a c h ä m e n i d i s c h e n Herrscher: Diese kannten wohl Ahura M a z d a als d e n Hochgott, ließen aber jeden Bezug auf Zarathustra vermissen. Weber w e n d e t sich hier g e g e n eine Ansicht, wie sie von Eduard Meyer vertreten wurde: „Die immer wieder auft a u c h e n d e Meinung, daß Darius von Zarathustra nichts gewußt habe [...] ist mir unverständlich; jedes Wort seiner Inschriften erweist ihn als Zarathustrier. Dass von Kyros d a s s e l b e gilt, wird, wer die Sachlage besonnen überlegt, nicht bezweifeln [...]". (Meyer, Eduard, G e s c h i c h t e d e s Alterthums, Band 3: Das Perserreich und die Griechen, 1. Hälfte: Bis zu den Friedensschlüssen von 448 und 446 v. Chr., 1. Aufl. - Stuttgart: J.G. Cotta'sche B u c h h a n d l u n g Nachfolger 1901, S.21). 6 1 Siehe WuG 1 , S . 7 7 9 f f . (MWG I / 2 2 - 4 ) .
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zen der Priester abgrenzt, ist eine Parochie, aber noch keine Gemeinde. Aber selbst der Parochiebegriff fehlt, als etwas von der weltlichen, politischen oder ökonomischen, Gemeinde Gesondertes,13 der chinesischen, altindischen und im allgemeinen auch der hinduistischen Religiosität. Die hellenischen und sonstigen antiken Phratrien und ähnliche Kultgemeinschaften sind keine Parochien, sondern politische oder sonstige Verbände, deren Gemeinschaftshandeln der Fürsorge eines Gottes untersteht. Die altbuddhistiA 260 sehe Parochie ferner ist nur ein Bezirk, innerhalb dessen | die wandernden Mönche, die sich jeweils gerade darin aufhalten, an den Halbmonatsversammlungen teilzunehmen verbunden sind. Die mittelalterliche okzidentale, anglikanische, lutherische, orientalische, christliche und islamische Parochie ist im wesentlichen ein passiver kirchlicher Lastenverband und Kompetenzbezirk des Pfarrers. In diesen Religionen hatte im allgemeinen auch die Gesamtheit aller Laien überhaupt keinerlei Gemeindecharakter. Kleine Reste von Gemeinderechten sind in einigen orientalischen christlichen Kirchen erhalten und fanden sich auch im katholischen Okzident und im Luthertum. Dagegen waren sowohl das altbuddhistische Mönchtum, wie die altislamische Kriegerschaft, wie das Judentum, wie die alte Christenheit Gemeinden mit freilich sehr verschieden straffer, hier im einzelnen noch nicht zu erörternder Art der Vergesellschaftung. Übrigens ist ein gewisser faktischer Einfluß der Laien, der im Islam namentlich bei den Schiiten relativ groß, wenn auch rechtlich nicht verbürgt ist, - der Schah pflegt keinen Priester zu bestellem,] ohne der Zustimmung der örtlichen Laienschaft sicher zu sein,6^ - mit dem Fehlen einer fest geregelten örtlichen Gemeindeorganisation vereinbar. Dagegen bildet es die später zu besprechende 63 Eigenart jeder „Sekte", im eib A: gesondertes, 6 2 Die Rechtsgelehrten (arab.: 'ulamä'), von Weber „Priester" genannt, galten in der Schia als Repräsentanten des verborgenen Imam und waren befugt, in Fragen des Rechts Entscheidungen zu treffen. Ihr Ansehen war verschieden groß, je nach dem Grad Ihrer theologischen und juristischen Bildung sowie Ihrer rhetorischen Fähigkelten. Wenn In Iran der Schah einen von ihnen als oberste Autorität anerkannte, mußte er dabei das informelle Ansehen des Betreffenden unter den Gläubigen berücksichtigen. Der Schah selber besaß nach schiitischer Auffassung eine nur vorläufige Legitimität, die mit der Wiederkehr des verborgenen Imam endete. 6 3 Siehe WuG1, S. 8 1 2 - 8 1 7 (MWG I/22-4).
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gentlich technischen Wortsinn, daß sie auf der geschlossenen Vergesellschaftung der einzelnen örtlichen Gemeinden geradezu als auf ihrer Grundlage beruht. Von diesem Prinzip, welches innerhalb des Protestantismus die Täufer und „Independenten", dann die „Kongregationalisten" vertraten, führen gleitende Übergänge bis zur typischen Organisation der reformierten Kirche, welche auch da, wo sie tatsächlich universelle Organisation ist, doch die Zugehörigkeit von dem vertragsmäßigen Eintritt in die einzelne Gemeinde abhängig macht. Auf die Problematik, welche sich aus diesen Verschiedenheiten ergibt, kommen wir zurück. 64 Hier interessiert uns von den Konsequenzen der folgenschweren Entwicklung einer eigentlichen Gemeindereligiosität vor allem die eine: daß nun innerhalb der Gemeinde die Beziehung zwischen Priestern und Laien für die praktische Wirkung der Religiosität maßgebende Bedeutung gewinnt. Der großen Machtstellung der Priester steht, je mehr die Organisation spezifischen Gemeindecharakter trägt, desto mehr die Notwendigkeit gegenüber, im Interesse der Erhaltung und Propagierung der Anhängerschaft den Bedürfnissen der Laien Rechnung zu tragen. Im gewissen Umfang ist freilich jede Art von Priesterschaft in ähnlicher Lage. Um ihre Machtstellung zu behaupten, muß sie oft in weitgehendem Maße den Laienbedürfnissen entgegenkommen. Die drei im Kreise der Laien wirksamen Mächte aber, mit welchen das Priestertum sich auseinanderzusetzen hat, sind 1. die Prophetie, - 2. der Laientraditionalismus, - 3. der c Laienintellektualismus. Diesen Mächten gegenüber wirken sich die Notwendigkeiten und Tendenzen des priesterlichen Betriebs rein als solchen als eine ebenfalls wesentlich mitbestimmende Macht aus. Wir sprechen zunächst von diesem letzteren Faktor in Verbindung mit dem zuerst genannten. Der ethische und exemplarische Prophet ist regelmäßig selbst Laie und stützt seine Machtstellung jedenfalls auf die Laienanhängerschaft. Kraft ihres Sinns entwertet jede Prophetie, nur in verschiedenem Maße, die magischen Elemente des Priesterbetriebs. Der Buddha und seinesgleichen lehnen ebenso wie die israelitischen Propheten nicht nur die Zugehörigkeit zu den gelernten C A: D e r 6 4 Der Verweis konnte nicht aufgelöst werden.
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Magiern und Wahrsagern (die in den israelitischen Quellen ebenfalls Propheten genannt werden),65 sondern die Magie überhaupt als nutzlos ab. Nur die spezifisch religiöse, sinnhafte Beziehung zum Ewigen gibt das Heil. Zu den buddhistischen Todsünden gehört es, sich grundlos magischer Fähigkeiten zu rühmen,66 deren Existenz an sich, gerade auch bei den Ungläubigen, weder die indischen Propheten noch die israelitischen noch die christlichen Apostel und die altchristliche Tradition überhaupt je bezweifelt hat. Infolge jener Ablehnung stehen sie aber auch, nur in verschieden ausgeprägter Art, skeptisch zum eigentlichen Priesterbetrieb. Nicht Brandopfer will der Gott der israelitischen Propheten, sondern Gehorsam gegen sein Gebot.67 Mit vedischem Wissen und Ritual ist für die Erlösung des Buddhisten nichts getan, und das 261 ehrwürdige | Somaopfer ist dem Ahuramazda der ältesten Gathas ein Greuel.68 Daher besteht überall Spannung zwischen demd Propheten, seinem Laienanhang und den Vertretern der priesterlichen
d A: den 6 5 Im Alten Testament bezeichnet der Begriff „Prophet" nicht nur die bekannten Schriftpropheten, sondern auch Mitglieder einer Wahrsagergruppe (etwa in 1. Könige 22, 7f.). 66 Die buddhistische Ethik kennt zehn Arten von Sünden (dugtscharitra, „schlechte Handlungen"). Die zehnte Sünde betraf „schlimme Ansichten" und umfaßte Aberglauben im weitesten Sinn, Ketzerei und Zweifel an der richtigen Lehre. (Vgl. Koeppen, Religion des Buddha, wie oben, S. 180, Anm.23, S.445). Bei Edvard Lehmann heißt es: „Wenn ein Mönch den Wunsch nähren sollte: ,lch will magische Kräfte entwickeln; [...]' - so muß er gefestigt stehen In den Vorschriften, sein Denken zur Ruhe bringen, Verzückung üben, die höchste Einsicht erwerben und an einsamen Orten leben." (Lehmann, Der Buddhismus, wie oben, S. 184, Anm.34, S. 199). 6 7 Jeremia 7, 22t.: „Denn ich habe euren Vätern des Tages, da Ich sie aus Ägyptenland führete, weder gesagt, noch geboten von Brandopfern und anderen Opfern; Sondern dies gebot Ich ihnen und sprach: Gehorchet meinem Wort, so will ich euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein". 68 Das Trinken des Haoma (entspricht dem vedlschen Sorna) war verbunden mit dem Opfern von Stieren, die in einem Zustand der Raserei abgeschlachtet wurden. Zarathustra wandte sich voller Entrüstung gegen diese Opfer. In Yasna 32.12 heißt es dazu: „Well sie [die Druggenossen] durch ihre Lehre die Menschen vom besten Tun abspenstig machen, so kündet Ihnen Mazdah Böses an, (ihnen), die das Leben des Rinds unter Freudengeschrei zugrunde richten [...]". Ebenso wandte er sich gegen den Rauschtrank des Haoma. Yasna 48.10: „Wann, o Mazdah, werden die Ritter die Botschaft verstehen lernen? Wann wirst du den Unflat dieses Rauschtranks treffen, durch den böslich die Karpan [Angehörige des Priesterstandes der nichtzarathustrischen Daevarellgion Irans] und durch den mit Absicht die üblen Herrscher der Länder betrügen?" (Beide Zitate nach Bartholomae, Gatha's des Awesta, S. 30 und 90).
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Tradition, und es ist eine e Machtfrage, zuweilen auch, wie in Israel, durch die außenpolitische Lage bedingt, inwieweit der Prophet seiner Mission ungestört nachgehen kann oder zu ihrem Märtyrer wird. Zarathustra stützte sich neben seiner eigenen Familie auf Adels- und Fürstengeschlechter gegen den ungenannten Gegenpropheten, 69 die indischen Propheten und Muhammed ebenso, die israelitischen auf den bürgerlichen und bäuerlichen Mittelstand. Alle aber nützten das Prestige aus, welches das prophetische Charisma als solches gegenüber den Technikern des Alltagskultes' bei den Laien fand: 9 die Heiligkeit neuer Offenbarung steht gegen die Heiligkeit der Tradition, und je nach dem Erfolge der beiderseitigen Demagogie schließt die Priesterschaft mit der neuen Prophetie Kompromisse, rezipiert oder überbietet ihre Lehre, beseitigt sie oder wird selbst beseitigt. 6.h Heiliges Wissen. Predigt. Seelsorge. In jedem Fall aber tritt an die Priesterschaft die Aufgabe heran, die siegreiche neue Lehre oder die gegen prophetische Angriffe behauptete alte Lehre systematisch festzulegen, abzugrenzen, was als heilig gilt oder nicht^ und dies dem Glauben der Laien einzuprägen, um ihre eigene Herrschaft zu sichern. Nicht immer ist es akute Gefährdung durch eine direkt priesterfeindliche Prophetie, was diese in Indien besonders uralte Entwicklung in Fluß bringt. Auch das bloße Interesse an der Sicherung der eigenen Stellung gegen mögliche Angriffe und die Notwendigkeit, die eigene bewährte Praxis gegenüber der Skepsis der Laien zu sichern, kann ähnliche Ergebnisse herbeiführen. Wo immer aber diese Entwicklung einsetzt, zeitigt sie zwei Erscheinungen: kanonische Schriften und
e Fehlt in A; eine sinngemäß ergänzt,
f A: Alltagskultes,
g A: fanden:
h A: § 6.
69 Zarathustra lebte am Hofe des Fürsten Visthaspa, laut den Angaben der Gathas inmitten von Ungläubigen und Feinden. Das Avesta berichtet von dem Sieg des Visthaspa gegen den ungläubigen König Ardschataspa. Gemeint sein könnte auch der Grehma, ein der zarathustrischen Lehre feindlich gegenüberstehender Priester oder Prophet der Daeva-Religion, einer der Druggenossen, die den ahurischen Glauben ablehnten. In den Gathas ist mit „Druggenosse" gelegentlich ein Prophet gemeint, etwa in Yasna 31.18, 32.14 oder 44.12 (vgl. Bartholomae, Gatha's des Awesta, S. 123ff.).
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Dogmen. Beide freilich, namentlich die letztere, in sehr verschiedenem Umfang. Kanonische Schriften enthalten die Offenbarungen und heiligen Traditionen selbst, Dogmen sind Priesterlehren über den Sinn beider. Die Sammlung der religiösen Offenbarung einer Prophetie oder umgekehrt des überlieferten Besitzes an heiligem Wissen kann in Form mündlicher Tradition geschehen. Lange Jahrhunderte hindurch ist das brahmanische heilige Wissen nur mündlich überliefert und die Schriftform direkt perhorresziert worden, - was der literarischen Form jenes Wissens dauernd den Stempel aufgedrückt und im übrigen auch die nicht ganz geringen Abweichungen der Texte der einzelnen £akas (Schulen) bedingt hat. Der Grund war, daß jenes Wissen nur der Qualifizierte, zweimal Geborene 70 besitzen durfte. Es dem Unwiedergeborenen, kraft seiner Kaste Ausgeschlossenen (dem £udra) mitzuteilen, war schwerer Frevel. Diesen Charakter des Geheimwissens hat die magische Kunstlehre im Zunftinteresse ursprünglich überall. Aber überall gibt es Bestandteile schon des Wissens der Zauberer, welche zum Gegenstand einer systematischen Erziehung gerade auch der übrigen Volksgenossen gemacht wurden. Die Grundlage des ältesten, überall verbreiteten magischen Erziehungssystems ist die animistische Annahme: daß ebenso wie der Magier selbst für seine Kunst einer Wiedergeburt, des Besitzes einer neuen Seele bedürfe, so auch das Heldentum auf Charisma beruhe, daher geweckt, erprobt, durch magische Manipulationen in den Helden gebannt werden, daß auch der Held zum Heldentum wiedergeboren werden müsse. Die charismatische Erziehung in diesem Sinn, mit ihren Noviziaten, Mutproben, Torturen, Graden der Weihe und Würde, ihrer Jünglingsweihe und Wehrhaftmachung ist eine in Rudimenten fast überall erhaltene universelle Institution aller kriegerischen Vergesellschaftung. Wenn aus den zünftigen Zauberern in gleitendem Übergang Priester werden, so hört diese überaus wich-
70 Nicht durch natürliche Geburt, sondern durch eine Initiation ( u p a n a y a n a ) wird man Hindu; erst durch sie ein „Zweimalgeborener" (dvija). Durch die Upanayana-Zeremonle („Schüleraufnahme"), bei der die J u g e n d l i c h e n der drei oberen Kasten (Brahmanen, Kschatrlyas und Vaigyas) die dreifache Schnur anlegen, der damit v e r b u n d e n e n Weihen und der Rezitation des Gayatrl-Gebets erlangen sie die „zweite", die geistige, Wiedergeburt (vgl. Oldenberg, Religion des Veda, S. 4 6 6 - 4 7 1 ) . Die Initiierten nehmen an gemeinsamen Opfern und Riten teil, von d e n e n die Qudras, die A n g e h ö r i g e n der geringeren Kasten, ausgeschlossen sind.
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tige Funktion der Laienerziehung nicht auf zu bestehen, und das Bestreben der Priesterschaft geht überall dahin, sie in der Hand zu behalten. Dabei schwindet das Geheimwissen als solches zunehmend, und aus der Priesterlehre wird eine literarisch fixierte Tradition, welche die Priesterschaft durch Dogmen interpretiert. | Eine A 262 solche Buchreligion wird nun Grundlage eines Bildungssystems nicht nur für die eigenen Angehörigen der Priesterschaft, sondern auch und gerade für die Laien. Nicht alle, aber die meisten kanonischen heiligen Sammlungen haben ihren Abschluß gegen profane oder doch religiös unverbindliche Elaborate im Kampf zwischen mehreren um die Herrschaft in der Gemeinde konkurrierenden Gruppen und Prophetien empfangen. Wo ein solcher Kampf nicht bestand, oder doch den Inhalt der Tradition nicht bedrohte, ist daher die Kanonisation der Schriften formell oft sehr allmählich erfolgt. So ist der jüdische Kanon charakteristischerweise erst, und zwar vielleicht als Damm gegen apokalyptische Prophetien auf der Synode von Jamnia (90 n. Chr.) 71 bald nach dem Untergang des theokratischen Staats, und auch da noch nur dem Prinzip nach beschlossen worden. Die Veden offenbar erst infolge des Gegensatzes gegen intellektuelle Heterodoxie. Der christliche Kanon infolge der Gefährdung der auf die Frömmigkeit der Kleinbürgermassen aufgebauten Religiosität durch die intellektuelle Soteriologie der Gnostiker. Die alte buddhistische Intellektuellensoteriologie im Pali-Kanon 72 umgekehrt infolge ihrer Gefährdung durch die propagandistische volkstümliche Erlösungsreligion des Mahayana. Die klassischen Schriften des Konfuzianismus sind ebenso wie Esras Priestergesetz 73 von der politischen Gewalt oktroyiert, empfingen aber eben deshalb auch, die ersteren gar nicht, die letzteren erst spät, die Qualität ei71 Jamnia (Jabne im Hebräischen) war in der Zeit nach der Zerstörung des Tempels von Jerusalem durch die römische Armee (70 n. Chr.) bis 132 der wichtigste Sitz der rabbinischen Gelehrsamkeit. Die Rabbinen von Jamnia trafen Entscheidungen, die zur Entstehung eines normativen Judentums beitrugen. Dazu gehörte es, die für d e n Gottesdienst geeigneten Bücher zu bestimmen und die ungeeigneten auszuscheiden. Eine „Synode von Jamnia", auf der alle diese Entscheidungen getroffen worden wären, ist jed o c h In den Quellen nicht nachgewiesen, g e s c h w e l g e d e n n eine Zeitangabe. 72 Europäische Bezeichnung für den Tripitaka der Theravadabuddhlsten. Der Tripltaka („Dreikorb") ist die In Pali abgefaßte heilige Schrift des H i n a y a n a b u d d h i s m u s und besteht aus drei Schriftsammlungen („Körben"). 73 Vgl. oben, S. 198, A n m . 5 8 .
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gentlicher Heiligkeit, welche stets Priesterwerk ist. Nur der Koran mußte schon deshalb auf Befehl des Khalifen redigiert werden und war sofort heilig, weil für den Halbanalphabeten Muhammed die Existenz eines heiligen Buchs als solchen als Merkmal des Prestiges einer Religion gegolten hatte. 74 Dies hing mit verbreiteten Tabu-Vorstellungen über die magische Bedeutung von Schrifturkunden zusammen, wie sie auch, schon lange vor Schließung des Kanon, für die Thora und die als authentisch geltenden prophetischen Schriften bestanden, durch deren Berührung man sich „die Hände verunreinigte". 75 Im einzelnen interessiert uns der Vorgang hier nicht. Ebenso nicht, was alles in kanonisierte heilige Schriften aufgenommen wird. Die magische Dignität der Sänger bedingt es, daß in die Veden neben Heldenepen auch Spottlieder auf den trunkenen Indra 76 und Gedichte allen möglichen Inhalts, in den alttestamentlichen Kanon ein Liebeslied, 77 die persönliche Bedeutsamkeit aller Äußerungen der Propheten, daß in den neutestamentlichen ein reiner Privatbrief des Paulus, 78 in den Koran offenbar Suren über höchst menschliche Familienverdrießlichkeiten 7 4 Der arabische Historiker AI-TabarT (839-923) berichtet in „Geschichte der Propheten und Könige", der Engel Gabriel sei Mohammed erschienen und habe ihn aufgefordert: „rezitier" (p. 1147). Das entsprechende Wort qara'a kann auch „lies" übersetzt werden. Islamische Theologen haben dies bevorzugt getan, da sie in Mohammed einen des Lesens unkundigen Mann sahen, der nur durch ein Wunder die Offenbarungen habe aufschreiben können. Sie haben als Argument dafür vorgebracht, daß Mohammed in Sure 7, 157f. der „ummi Prophet" genannt wird und Sure 2, 78 die „ummlyyün, die die Schrift nicht kennen", erwähnt. Der Text des Koran wurde erst nach Mohammeds Tode von Zaid b. Täbit festgelegt, im Auftrag entweder des Kalifen Abu Bakr (632-634) oder 'Otman (644-656). 7 5 Die Mischna überliefert rabbinische Aussprüche, wonach biblische Schriftrollen die sie berührenden Hände verunreinigen können (Kelim 15, 6). Der Dissens, ob dies auch für das Hohelied oder das Predigerbuch gelte oder nicht (Yadaim 3, 5), hing mit ihrem umstrittenen Status als Wort Gottes zusammen. Nur wenn man ihn annahm, mußte man im Umgang mit ihnen vorsichtig sein, da sie die Hände verunreinigten. (Yadaim 4, 5f.). 7 6 Hermann Oldenberg nannte Indra, einen der bedeutendsten kriegerischen Götter der indischen Veden, einen „gewaltigen Zecher" (Oldenberg, Religion des Veda, S. 170f.) und führte Beispiele aus dem Rigveda an, die die Trinkabenteuer des Gottes dokumentieren (V, 29, 7; I, 82, 6 und den Monolog des trunkenen Indra in X, 119). 7 7 Gemeint ist das alttestamentliche „Hohelied", eine Sammlung volkstümlicher Liebesund Hochzeitslieder, traditionell auf König Salomo zurückgeführt. 7 8 Der Philemonbrief des Paulus ist ein Privatbrief. Philemon war ein christlicher Bürger in der Stadt Kolossai, dessen christlicher Sklave zu Paulus geflohen war. Paulus schickte ihn zurück und gab Ihm den Brief an Philemon mit. Darin bat er den Glaubensbruder, er möge den entlaufenen Sklaven so aufnehmen, als sei es Paulus selber. Für erlittenen Sachschaden wolle Paulus aufkommen.
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des Propheten 79 hineingelangt sind. Die Schließung eines Kanons pflegt durch die Theorie gedeckt zu werden, daß eine bestimmte vergangene Epoche allein mit dem prophetischen Charisma gesegnet gewesen sei: so nach der rabbinischen Theorie die Zeit von Moses bis Alexander, 80 nach der römischen nur das apostolische Zeitalter. Darin spricht sich das Bewußtsein des Gegensatzes prophetischer und priesterlicher Systematik im ganzen richtig aus. Ein Prophet ist Systematisator im Sinn der Vereinheitlichung der Beziehung des Menschen zur Welt aus letzten einheitlichen Wertpositionen heraus. Die Priesterschaft systematisiert den Gehalt der Prophetie oder der heiligen Überlieferungen im Sinn kasuistischrationaler Gliederung und Adaptierung an die Denk- und Lebensgewohnheiten ihrer eignen Schicht und der von ihr beherrschten Laien. Das praktisch Wichtige an der Entwicklung einer Religiosität zur Buchreligion - sei es im vollen Sinne des Worts: Gebundenheit an einen als heilig geltenden Kanon oder in dem abgeschwächten Sinn der Maßgeblichkeit schriftlich fixierter heiliger Normen, wie etwa im ägyptischen Totenbuch, - ist die Entwicklung der priesterlichen Erziehung von dem ältesten rein charismatischen Stadium hinweg zur literarischen Bildung. Je wichtiger die Schriftkunde für die Führung auch rein weltlicher Geschäfte wird, je mehr diese also den Charakter der bürokratischen, nach Reglements und Akten prozedierenden Verwaltung annehmen, desto mehr gleitet die Erziehung auch der weltlichen Beamten und Gebildeten in die Hände der schriftkundigen Priesterschaft hinüber^] oder aber diese selbst besetzt - wie in den Kanzleien des Mittelalters - ihrerseits die auf Schriftlichkeit des Verfahrens be| ruhenden Ämter. In A 263 welchem Maße eines von beiden geschieht, hängt neben dem Grade der Bürokratisierung der Verwaltung auch von dem Grade ab, in welchem andere Schichten, vor allem der Kriegsadel, ein eigenes Erziehungssystem entwickeln und in die eigenen Hände neh79 Als M o h a m m e d die Frau seines Adoptivsohnes Zaid, namens Zainab, heiratete, stieß dieses auf Kritik. Sure 33, 37f. rechtfertigt die Verbindung. 80 „Bis hierher [der Zeit Alexanders] haben die Propheten im heiligen Geist geweissagt. Von d a an und welter neige dein Ohr und höre auf die Worte der Weisen", so das rabbinische Erzählwerk Seder Olam R a b b a 30 aus d e m 2. Jahrhundert n. Chr. Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus ( 3 7 - c a . 100) vertrat die Auffassung, daß die Propheten in der Zeit von Mose bis Artaxerxes aufgetreten seien. (Contra A p i o n e m I, 37-41).
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men. Von der Gabelung der Erziehungssysteme, welche daraus resultieren kann, ferner von der gänzlichen Unterdrückung oder Nichtentwicklung eines rein priesterlichen Erziehungssystems, welche die Folge von Machtlosigkeit der Priester oder vom Fehlen einer Prophetie oder einer Buchreligion sein kann, wird später zu sprechen sein.81 Auch für die Entwicklung des spezifischen Inhalts der Priesterlehre bildet nicht den einzigen, wohl aber den stärksten Anreiz, die religiöse Gemeindebildung. Sie schafft die spezifische Wichtigkeit der Dogmen. Denn mit ihr tritt das Bedürfnis, gegen fremde konkurrierende Lehren sich abzugrenzen und propagandistisch die Oberhand zu behalten, beherrschend hervor und damit die Bedeutung der Unterscheidungslehre. Diese Bedeutung kann freilich durch außerreligiöse Motive wesentlich verstärkt werden. Daß Karl der Große für die fränkische Kirche auf dem filioque bestand 82 - einem der Trennungsgründe zwischen Orient und Okzident, - und den bilderfreundlichen Kanon ablehnte, hatte politische gegen die byzantinische Kirchensuprematie gerichtete Gründe. Die Anhängerschaft an gänzlich unverständliche dogmatische Formeln, wie die monophysitische Lehre grade bei den breiten Massen im Orient und Ägypten, war Ausdruck des antikaiserlichen und antihellenischen separatistischen Nationalismus, wie ja später die monophysitische koptische Kirche die Araber als Herrscher den Römern vorzog. 83 Und so oft. Aber regelmäßig ist es in der Hauptsache doch die priesterliche Bekämpfung des tiefverhaßten Indifferentismus, der Gefahr, daß der Eifer der Anhängerschaft erlahmt, ferner die Unterstreichung der Wichtigkeit der Zugehörigkeit zur eigenen Denomination und die Erschwerung des Übergangs zu anderen, was die Unterscheidungszeichen und Leh81 Siehe WuG 1 , S . 7 7 7 f . ( M W G I / 2 2 - 4 ) . 82 Die w e s t l i c h e Kirche fügte d e m N i c a e n o - C o n s t a n t i n o p o l i t a n u m die Lehre hinzu, d e r Heilige Geist g e h e s o w o h l v o m Vater als a u c h v o m Sohn aus ( „ p r o c e d i t d e patre filioq u e ). Von der Ostkirche a b g e l e h n t , galt d a s filioque in der f r ä n k i s c h e n Kirche seit 767. 809 w u r d e es auf einer S y n o d e In A a c h e n unter Karl d e m Großen anerkannt. 8 3 „ K o p t e n " sind Christen ä g y p t i s c h e r S p r a c h e . Die k o p t i s c h e Kirche hat die Konzilse n t s c h e i d u n g v o n C h a l k e d o n 451 n. Chr. a b g e l e h n t u n d sich zur c h r i s t o l o g i s c h e n Lehre d e s M o n o p h y s i t i s m u s bekannt. Diese A n h ä n g e r der „Einnaturenlehre" vertraten die Auff a s s u n g , daß es in der Person J e s u Christi nur eine einzige Natur g e b e , n ä m l i c h die göttliche. Byzantinische Herrscher v e r s u c h t e n mit Gewalt, die Kircheneinheit w i e d e r h e r zustellen. Als die islamischen Heere der A r a b e r 6 3 9 - 4 2 n a c h Ä g y p t e n vorstießen, begrüßten die K o p t e n sie als Befreier v o m b y z a n t i n i s c h e n J o c h .
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ren so stark in den Vordergrund schiebt. Das Vorbild geben die magisch bedingten Tätowierungen der Totem- oder Kriegsverbandsgenossen. Die Unterscheidungsbemalung der hinduistischen Sekten steht ihr äußerlich am nächsten. Aber die Beibehaltung der Beschneidung und des Sabbattabu84 wird im Alten Testament wiederholt als auf die Unterscheidung von anderen Völkern abgezweckt hingestellt und hat jedenfalls mit unerhörter Stärke so gewirkt. Daß der christliche Wochenfeiertag auf den Tag des Sonnengottes gelegt wurde,85 war vielleicht durch die Übernahme des soteriologischen Mythos mystagogischer vorderasiatischer Erlösungslehren der Sonnenreligion mitbedingt, wirkte aber schroff scheidend gegen die Juden. Daß Muhammed seinen wöchentlichen Gottesdienst auf den Freitag verlegte, war, nachdem die Gewinnung der Juden mißglückte, vielleicht vornehmlich durch den Wunsch nach Unterscheidung bedingt, während sein absolutes Weinverbot in alter und neuer Zeit, schon bei den Rechabiten,86 bei Gottesstreitern, zu viel Analogien hat, um notwendig durch das Bedürfnis, einen Damm gegen die unter Weinzwang (beim Abend84 Die Beschneidung der Vorhaut ist im Alten Testament Erinnerungszeichen an den Bund Gottes mit den Vätern (5. Mose 30, 6; Jeremia 4, 4) und unterscheidet den männlichen Juden vom Heiden (vgl. Hesekiel 44, 7). Die Beachtung des Sabbattages als Ruhetag galt als „Zeichen" des Bundes von Jahwe mit seinem Volk Israel (2. Mose 31, 1 2 17). Die Sabbatruhe wurde in der Zeit des Zweiten Tempels ein Erkennungsmerkmal von Juden. 85 Der Sonntag galt in der antiken Planetenwoche als der auf den Saturntag folgende, dem Sonnengott geweihte Tag. Im Judentum war der Sonntag der erste Werktag. Die Christen feierten ihn als „Herrentag", an dem Christus auferstanden war. Kaiser Konstantin I. hat 321 den Sonntag als einen Tag ohne Gerichtsverhandlung vorgeschrieben. 8 6 Bei den Rechabiten handelt es sich um eine im Alten Testament (Jeremia 35, 2 - 1 9 ) erwähnte, auf Jonadab ben Rekab zurückgeführte Gruppe, deren Mitglieder sich verpflichteten, keinen Wein zu trinken, in Zelten zu wohnen und keinen Ackerbau zu betreiben. In seiner Judentumsstudie setzte Weber ebenfalls die Rechabiten in Bezug zu Mohammed: „Muhammeds sowohl wie Jonadab ben Rechab's Verkündigungen sind nicht als Produkte populationistischer oder ökonomischer Bedingungen zu .erklären', so sehr ihr Inhalt durch solche mitbestimmt wurde. Sondern sie waren Ausdrücke persönlicher Erlebnisse und Absichten". (Weber, Judentum II, S.350f.). Auch Eduard Meyer, Die Israeliten, wie oben, S. 182, Anm. 27, S. 84f., zog Parallelen zwischen den Rechabiten und dem Islam: „Im Grunde sind es ja dieselben Ideen, aus denen der Islam und die wahhabitische Reform erwachsen sind". Dies belegte er mit einem Zitat aus Wellhausen, Julius, Das arabische Reich und sein Sturz. - Berlin: Georg Reimer 1902, S. 19 (hinfort: Wellhausen, Arabisches Reich): „Der Unterhalt meiner Gemeinde - so soll Muhammad gesagt haben - beruht auf den Hufen ihrer Rosse und den Spitzen ihrer Lanzen, so lange sie nicht den Acker bestellen; wenn sie aber anfangen, das zu tun, so werden sie wie die übrigen Menschen".
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mahl) stehenden christlichen Priester aufzurichten, bedingt sein zu müssen, wie man geglaubt hat. Entsprechend dem Charakter der exemplarischen Prophetie haben die Unterscheidungslehren in Indien durchweg mehr rein praktisch-ethischen, oder, ihrer inneren Verwandtschaft mit der Mystagogie entsprechend, rituellen Cha- 5 rakter. Die berüchtigten 10 Punkte, welche auf dem Konzil von Vesali die große Spaltung des Buddhismus hervorriefen, enthalten lediglich Fragen der Mönchsregel, 87 darunter offensichtlich Details, die nur zum Zweck der Begründung der mahayanischen Sonderorganisation betont wurden. Dagegen kennen die asiatischen Reli- 10 gionen fast gar keine Dogmatik als Unterscheidungsmerkmal. Zwar verkündet der Buddha seine vierfache Wahrheit über die großen Illusionen als Begründung der praktischen Erlösungslehre des edlen achtfältigen Pfades. 88 Aber die Erfassung jener Wahrhei-
87 Über das „Konzil von Vesali" - Vesali (auch: Vaigali) ist eine Stadt im östlichen Indien - bemerkte Weber in seiner Hinduismusstudie: „Die mahayanistische Tradition läßt das große Schisma zuerst auf d e m Konzil (Sanghiti) von Vaigali (angeblich d e m zweiten) zum A u s b r u c h kommen, welches angeblich 110 Jahre nach B u d d h a s Tode, vielleicht aber erst unter A g o k a und auf seine Veranlassung stattfand. U n a b h ä n g i g von der historischen Korrektheit der Einzelheiten ist der Grund der ältesten Spaltung sowohl nach der Tradition wie nach der Natur der Sache selbst im wesentlichen klar. Die berühmten '10 Thesen' der Vajji-Mönche, über welche eine Einigung nicht stattfand, waren d u r c h w e g disziplinarer, nicht dogmatischer Natur". (MWG I/20, S.385f.). Laut Carl Friedrich Koeppen hielten die Vajjl-Mönche aus Vesali in ihren zehn Thesen f o l g e n d e Dinge für erlaubt: „1. Salz über sieben Tage aufzuheben; 2. nach der Mahlzelt noch eine Mahlzeit zu halten; 3. in der U m g e g e n d zu geniessen, was im Kloster untersagt ist; 4. gewisse Cärimonlen - statt in der öffentlichen Halle - in den Cellen zu verrichten; 5. etwas ohne vorherg e g a n g e n e Erlaubniss der Oberen zu thun; 6. bei einem Vergehen sich auf das Beispiel der Oberen zu berufen; 7. Molken nach d e m Mittagsessen zu trinken; 8. b e r a u s c h e n d e Getränke zu geniessen; 9. auf Teppichen zu sitzen; 10. Gold und Silber als Almosen anzunehmen". (Koeppen, Religion des Buddha, wie oben, S. 180, Anm. 23, S. 147). 88 In der „Predigt von Benares" soll Siddharta G a u t a m a zum ersten Mal seine Lehre verkündet haben. Die „vier erhabenen Wahrhelten" des B u d d h i s m u s lauten: das Leid, die Entstehung des Leidens, die A u f h e b u n g des Leidens und der Weg, der zur Aufheb u n g des Leidens führt. Dieser Weg wird „heiliger, achtfältiger Pfad" genannt (Skt.: Astangika-Marga, Pali: Atthangika-Magga). Die einzelnen Stufen des Pfades sind: 1) vollkommene Erkenntnis (Erkenntnis der „vier edlen Wahrheiten" und der Unpersönllchkeit des Daseins), 2) vollkommener Entschluß (zur Entsagung, z u m Wohlwollen und zur N I c h t s c h ä d i g u n g von Lebewesen), 3) vollkommene Rede (Vermeidung von Lüge, übler Nachrede und „Geschwätz"), 4) vollkommenes Handeln, 5) vollkommener Lebenserwerb (Verzicht auf b e r a u s c h e n d e Mittel und Vermeidung von Berufsausübungen, die anderen L e b e w e s e n schaden), 6) vollkommene Anstrengung (Förderung von karmisch Heilsamem), 7) vollkommene Achtsamkeit (beständiges A c h t e n auf Körper, Geist, Gefühle und Denkobjekte), 8) vollkommene Sammlung (des Geistes).
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ten um ihrer praktischen Konsequenzen willen ist Ziel der Erlösungsarbeit, nicht eigentlich ein Dogma im Sinne des Okzidents. Ebensowohl bei der Mehrzahl der älteren indischen Prophetien. Und während in der christlichen Gemeinde eins der allerersten | wirklich bindenden Dogmen charakteristischerweise die Erschaf- A 264 fung der Welt durch Gott aus dem Nichts 89 war, die Festlegung also des überweltlichen Gottes gegenüber der gnostischen Intellektuellenspekulation, bleiben in Indien die kosmologischen und sonstigen metaphysischen Spekulationen eine Angelegenheit der Philosophenschulen, denen in bezug auf Orthodoxie eine zwar nicht schrankenlose, aber immerhin weitgehende Latitüde gewährt wurde. In China lehnte die konfuzianische Ethik die Bindung an metaphysische Dogmen schon deshalb gänzlich ab, weil die Magie und der Geisterglauben im Interesse der Erhaltung der Ahnenkulte: die Grundlage der patrimonial-bürokratischen Obödienz (wie ausdrücklich gesagt ist) unantastbar bleiben muß. Auch innerhalb der ethischen Prophetie und ihrer Gemeindereligiosität ist das Maß von eigentlicher Dogmenproliferation verschieden stark. Der alte Islam begnügte sich mit dem Bekenntnis zu Gott und dem Propheten und den wenigen praktisch rituellen Hauptgeboten als Bedingung der Zugehörigkeit. Je mehr aber die Gemeinde und die Priester oder Gemeindelehrer Träger einer Religion sind, desto umfangreicher werden die dogmatischen Unterscheidungen praktischer und theoretischer Art. So bei den späteren Zarathustriern, den Juden, den Christen. Aber die Glaubenslehre der Juden teilt mit derjenigen des Islam die Eigenschaft so großer Einfachheit, daß für eigentlich dogmatische Erörterungen nur ausnahmsweise Anlaß war. Nur die Gnadenlehre, im übrigen aber praktisch-sittliche, rituelle und rechtliche Fragen stellen in beiden Fällen das Streitgebiet dar. Bei den Zarathustriern steht es erst recht so. Nur bei den Christen hat sich eine umfangreiche, streng bindende und systematisch rationalisierte Dogmatik theoretischer Art teils über kosmologische Dinge, teils über den soteriologischen Mythos
8 9 In der sog. „creatio ex nihilo" hat Gott die Welt aus d e m Nichts g e s c h a f f e n . In der zweiten Hälfte d e s zweiten J a h r h u n d e r t s entwickelten christliche T h e o l o g e n d i e s e Lehre in A b g r e n z u n g zu Gnostikern. Letztere w a r e n der Auffassung, nicht der h ö c h s t e Gott, s o n d e r n ein niederer D e m i u r g hätte die materielle Welt geschaffen.
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(Christologie), 90 teils über die Priestergewalt (die Sakramente) gebildet, zunächst auf dem Boden der hellenistischen Reichshälfte, im Mittelalter umgekehrt, im Abendland wesentlich stärker als in den orientalischen Kirchen, in beiden Fällen da am stärksten, wo eine starke Organisation der Priesterschaft gegenüber den politischen Gewalten das größte Maß von Selbständigkeit besaß. Aber vor allem die Eigenart des von der hellenischen Bildung herkommenden Intellektuellentums, die besonderen metaphysischen Voraussetzungen und Spannungen, welche der Christuskult schuf, und die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der zunächst außerhalb der Christengemeinde gebliebenen Bildungsschicht einerseits, andrerseits die wieder sozial bedingte, den reinen Intellektualismus, im Gegensatz zu den asiatischen Religionen, mißtrauisch ablehnende Art der Stellung der christlichen Kirchen als einer Gemeindereligiosität von stark kleinbürgerlichen Laien, auf deren Stellung die Bischöfe Rücksicht zu nehmen hatten, waren es, welche im Alterum dieses Maß und diese Tendenz zur starken Dogmenentwicklung provozierten. Mit der Vernichtung der eEXXr]vixf] jtaiöeia durch die im Orient stark aus kleinbürgerlichen unhellenischen Kreisen aufsteigenden Mönche 91 war auch die rationale Dogmenbildung im Orient zu Ende. Daneben aber sprach auch die Organisationsform der Religionsgemeinschaften mit; das völlige und absichtsvolle Fehlen jeglicher hierarchischen Organisation im alten Buddhismus würde jede Einigung über die rationale Dogmatik nach christlicher Art, wenn die Erlösungslehre einer solchen überhaupt bedurft hätte, gehemmt haben. Denn damit die priesterliche Gedankenarbeit und der mit ihr konkurrierende, durch die priesterliche Erziehung geweckte Laienrationalismus die Einheit 90 Lehre der christlichen Kirche von der Person Jesu Christi. Auf dem Konzil von Nicäa wurde 325festgelegt, daß Jesus Christus der wahre Sohn Gottes sei und das gleiche Wesen habe wie der Vater. 451 wurde auf dem Konzil von Chalkedon das Glaubensbekenntnis verabschiedet, daß in der Person Christi zwei Naturen (die göttliche und die menschliche) „ungemischt und ungetrennt" enthalten seien. Das Konzil von Konstantinopel von 680/81 verabschiedete den Lehrsatz: „Es gibt in dem einen Christus, dem fleischgewordenen Wort, zwei Willen und Energien, göttlich die eine, menschlich die andere, untrennbar, ohne Vermischung miteinander vereint, zusammenwirkend zum Heil des Menschengeschlechts". 91 Die Ansicht, daß das christliche Mönchtum für den Untergang der 'EXAtivikti TtaiSeia (der „griechischen Bildung") verantwortlich gewesen sei, hat Edward Gibbon populär gemacht. (Gibbon, Edward, The History of the Decline and Fall of the Roman Empire. Edited in seven volumes. - London: Methuen & Co. 1897-1900).
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der Gemeinde nicht gefährde, pflegt eine Instanz postuliert zu werden, welche über die Orthodoxie einer Lehre entscheidet. In einer hier nicht zu erörternden langen Entwicklung hat die römische Gemeinde 1 , aus der Hoffnung, daß Gott die Gemeinde der Welthauptstadt92 nicht werde irren lassen, das unfehlbare Lehramt ihres Bischofs entstehen lassen. Nur hier besteht diese konsequente Lösung, welche die Inspiration des Lehramtsträgers in Fällen der Lehrentscheidung voraussetzt. Sowohl der Islam wie die orientalische Kirche - der erstere in Anknüpfung an die Zuversicht des Propheten: daß Gott die Gemeinde der Gläubigen nie in einem Irrtum werde übereinstimmen lassen,93 die letztere in Anlehnung an die altkirchliche Praxis - hielten aus mehrfachen hetero|genen, A 265 später zu erwähnenden 1 Motiven an dem „Konsens" der berufenen Träger der kirchlichen Lehrorganisation, je nachdem also mehr der Priester oder mehr der Theologen, als Bedingung der Gültigkeit dogmatischer Wahrheit fest und haben damit die Dogmenproliferation gehemmt. Der Dalai Lama andererseits hat zwar neben der politischen eine kirchenregimentliche, aber bei dem magisch-ritualistischen Charakter der Religiosität keine eigentliche Lehramtsgewalt. Die Exkommunikationsgewalt hinduistischer Gurus wird aus ähnlichen Gründen, schwerlich aus dogmatischen Anlässen angewendet. i Fehlt in A; Gemeinde sinngemäß ergänzt. 92 Bei Adolf Harnack heißt es: „Die römische Gemeinde besaß seit dem Ende des 1. Jahrhunderts einen faktischen Primat in der Christenheit. Als Gemeinde der Welthauptstadt, als die Kirche des Petrus und Paulus, als die Ekklesia, welche das Meiste für die Katholizierung und Unifizierung der Kirchen getan hat, [...] hatte sie den faktischen Primat erworben". (Harnack, Adolf, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, Band 1: Die Mission in Wort und Tat, 2., neu durchgesehene Aufl. - Leipzig: J.C. Hinrichs 1906, S.455; hinfort: Harnack, Mission I). 93 Ignaz Goldziher: „Inmitten der theoretischen Unsicherheit des Usus ist im Kreise der islamischen Theologen ein Grundsatz zur Geltung gekommen und mit verschiedenartiger Anwendung immerfort in Geltung geblieben, wonach ,meine Gemeinde - so läßt man den Propheten sprechen - niemals in einem irrtume (daläla) übereinstimmen wird', oder in jüngerer Fassung und gruppenmäßiger Verbindung: ,Allah hat euch vor drei Dingen Schutz gewährt [...] und ihr werdet nie in einer Irrlehre übereinstimmen'. Es ist hierin die Lehre von der Unfehlbarkeit des consensus ecclesiae ausgesprochen; im arabischen terminus idschmä'(Übereinstimmung) ist diese fundamentale Anschauung der islamischen Orthodoxie festgelegt". (Goldziher, Vorlesungen über den Islam, wie oben, S. 172, Anm.5, S.54). 1 Siehe WuG1, S.474f. (MWG I/22-3) und WuG1, S.481 (MWG I/22-3) und WuG1, S. 804 (MWG I/22-4).
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Die priesterliche Arbeit an der Systematisierung der heiligen Lehre erhält ihre Nahrung fortwährend neu aus den neuen Bestandteilen der Berufspraxis der Priester gegenüber derjenigen der magischen Zauberer. Es entsteht in der ethischen Gemeindereligion die Predigt als etwas gänzlich neues und die rationale Seelsorge als etwas der Art nach, gegenüber der magischen Nothilfe, wesentlich anderes. Predigt, d.h. Kollektivbelehrung über religiöse und ethische Dinge im eigentlichen Sinn des WortS[,j ist normalerweise Spezifikum der Prophetie und der prophetischen Religion. Wo sie außerhalb ihrer auftaucht, ist sie ihr nachgeahmt. Ihre Bedeutung schrumpft regelmäßig, wo immer die offenbarte Religion sich durch Veralltäglichung in einen Priesterbetrieb verwandelt hat[,j und steht in umgekehrter Proportion zu den magischen Bestandteilen einer Religiosität. Der Buddhismus bestand, soweit die Laien in Betracht kamen, ursprünglich lediglich in Predigt, und in den christlichen Religionen bedeutet sie um so mehr, je vollständiger die magisch-sakramentalen Bestandteile eliminiert sind. Am meisten daher innerhalb des Protestantismus, wo der Priesterbegriff gänzlich durch den Predigerbegriff ersetzt ist. Die Seelsorge, die religiöse Pflege der Individuen, ist in ihrer rational-systematischen Form gleichfalls ein Produkt prophetischer offenbarter Religion. Ihre Quelle ist das Orakel und die Beratung durch den Zauberer in Fällen, wo Krankheit oder andere Schicksalsschläge auf magische Versündigung schließen lassen, und es sich nun fragt, durch welche Mittel der erzürnte Geist oder Dämon oder Gott zu beruhigen sei. Hier ist auch die Quelle der „Beichte". Ursprünglich hat dies mit „ethischen" Einwirkungen auf die Lebensführung gar nichts zu tun. Das bringt erst die ethische Religiosität, vor allem die Prophetie. Die Seelsorge kann auch dann verschiedene Formen annehmen. Soweit sie charismatische Gnadenspendung ist, steht sie den magischen Manipulationen innerlich nahe. Sie kann aber auch individuelle Belehrung über konkrete religiöse Pflichten in Zweifelsfällen sein, oder endlich, in gewissem Sinn, zwischen beiden stehen, Spendung von individuellem religiösem Trost in innerer oder äußerer Not. In dem Maß ihrer praktischen Einwirkung auf die Lebensführung verhalten sich Predigt und Seelsorge verschieden. Die Predigt entfaltet ihre Macht am stärksten in Epochen prophetischer
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Erregung. Schon weil das Charisma der Rede individuell ist, sinkt sie im Alltagsbetrieb ganz besonders stark bis zu völliger Wirkungslosigkeit auf die Lebensführung herab. Dagegen ist die Seelsorge in allen Formen das eigentliche Machtmittel der Prie5 ster gerade gegenüber dem Alltagsleben und beeinflußt die Lebensführung um so stärker, je mehr die Religion ethischen Charakter hat. Namentlich die Macht ethischer Religionen über die Massen geht ihrer Entfaltung parallel. Wo ihre Macht ungebrochen ist, da wird, wie in magischen Religionen (China) der be10 rufsmäßige Divinationspriester, so hier der Seelsorger, in allen Lebenslagen um Rat angegangen, von Privaten sowohl wie von den Funktionären der Verbände. Die Ratschläge der Rabbinen im Judentum, der katholischen Beichtväter, pietistischen Seelenhirten und gegenreformatorischen Seelendirektoren im Christen15 tum, der brahmanischen Purohitas an den Höfen, der Gurus und Gosains im Hinduismus, der Muftis und Derwisch-Scheikhs im Islam sind es, welche die Alltagslebensführung der Laien und die Haltung der politischen Machthaber kontinuierlich und oft sehr entscheidend beeinflußt haben. Die private Lebensführung na20 mentlich da, wo die Priesterschaft eine ethische Kasuistik mit | ei- A 266 nem rationalen System kirchlicher Bußen verknüpft hat, wie es die an der römisch-rechtlichen Kasuistik geschulte, abendländische Kirche in virtuoser Weise getan hat. Vornehmlich diese praktischen Aufgaben von Predigt und Seelsorge sind es auch, welche 25 die Systematisierung der kasuistischen Arbeit der Priesterschaft an den ethischen Geboten und Glaubenswahrheiten in Gang erhalten und sie überhaupt erst zur Stellungnahme zu den zahllosen konkreten Problemen zwingen, welche in der Offenbarung selbst nicht entschieden sind. Sie sind es daher auch, welche die inhaltli30 che Veralltäglichung der prophetischen Anforderungen in Einzelvorschriften einerseits kasuistischen und insofern (gegenüber der Prophetenethik) rationaleren Charakters, andererseits den Verlust derjenigen inneren Einheit mit sich ziehen, welche der Prophet in die Ethik gebracht hatte: der Ableitung des Gesollten aus 35 einem spezifisch „sinnhaften" Verhältnis zu seinem Gott, wie er selbst es besitzt und kraft dessen er, statt nach der äußeren Erscheinung der einzelnen Handlung, nach deren sinnhafter Bedeutung für das Gesamtverhältnis zu Gott fragte. Die Priesterpraxis bedarf der positiven Vorschriften und der Laienkasuistik, und der
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gesinnungsethische Charakter der Religiosität pflegt daher unvermeidlich zurückzutreten. Es versteht sich schon an sich, daß die positiven inhaltlichen Vorschriften der prophetischen und der sie kasuistisch umgestaltenden priesterlichen Ethik letztlich ihr Material den Problemen entnehmen müssen, welche die Gewohnheiten und Konventionen und die sachlichen Notwendigkeiten der Laienumwelt ihnen an Problematik zur seelsorgerischen Entscheidung vorlegen. Je mehr also eine Priesterschaft die Lebenspraxis auch der Laien dem göttlichen Willen entsprechend zu reglementieren und, vor allem, darauf ihre Macht und ihre Einkünfte zu stützen trachtet, desto weiter muß sie in der Gestaltung ihrer Lehre und ihres Handelns dem traditionellen Vorstellungskreise der Laien entgegenkommen. Dies ist ganz besonders dann der Fall, wenn keine prophetische Demagogie den Glauben der Massen aus seiner magisch motivierten Traditionsgebundenheit geworfen hat. Je mehr die breite Masse alsdann Objekt der Beeinflussung und Stütze der Macht der Priester wird, desto mehr muß deren systematisierende Arbeit gerade die traditionellsten, also die magischen Formen religiöser Vorstellungen und Praktiken ergreifen. Mit steigenden Machtansprüchen der ägyptischen Priesterschaft ist daher gerade der animistische Tierkult zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses geschoben worden. Die systematische Denkschulung der Priester an sich in Ägypten war dabei gegenüber der Frühzeit sicher gewachsen. Ebenso war die Systematisierung des Kultus in Indien seit der Verdrängung des Hotar, 2 des heiligen charismatischen Sängers, aus der ersten Stelle durch den Brahmanen, den geschulten Zeremonienmeister des Opfers, gestiegen. Der Atharvaveda ist als literarisches Produkt viel jünger als der Rigveda, und die Brahmanas sind abermals wesentlich jünger. Aber das im Atharvaveda systematisierte religiöse Material ist weit älterer Provenienz als das Ritual der vornehmen vedischen Kulte und als die sonstigen Bestandteile der älteren Veden; es ist wesentlich mehr reines Zauberritual als diese, und in den Brahmanas hat sich dieser Prozeß der Popularisierung und zugleich Magisierung der priesterlich systematisierten 2 Der Hotar (Skt., abgeleitet von dem Verb für „gießen") war der Hauptpriester und Hymnenrezitator des vedischen Opfers. Zum Prozeß seiner Verdrängung durch den Brahmanen vgl. Oldenberg, Religion des Veda, S. 3 8 6 - 3 9 9 .
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Religiosität noch weiter fortgesetzt. Die älteren vedischen Kulte sind eben - wie Oldenberg hervorhebt 3 - Kulte der Besitzenden, das Zauberritual dagegen alter Massenbesitz. Ebenso ergeht es aber auch den Prophetien. Gegenüber dem auf den sublimsten Höhen vornehmer Intellektuellenkontemplation gewachsenen, alten Buddhismus ist die Mahayanareligiosität eine Popularisierung, welche zunehmend sich reiner Zauberei oder doch sakramentalem Ritualismus annäherte. Nicht anders ist es der Lehre Zarathustras, Laotses und der hindiiistischen Religionsreformer, in weitem Umfang auch der Lehre Muhammeds, ergangen, sobald ihr Glaube Laienreligion wurde. Das Zendavesta 4 hat selbst den von Zarathustra ausdrücklich und vornehmlich bekämpften Haomakultj nur vielleicht einiger von ihm k perhorreszierter bacchantischer^ Bestand | teile entkleidet, sanktioniert. Der Hinduismus zeigte immer A 267 wieder die Tendenz, zunehmend stärker zur Magie oder allenfalls zur halbmagischen Sakramentssoteriologie hinüberzugleiten. Die Propaganda des Islam in Afrika beruht vornehmlich auf der vom alten Islam verworfenen Unterschicht massiver Magie, durch die er alle andere Religiosität unterbietet. Dieser meist als „Verfall" oder Verknöcherung" der Prophetien bewertete Prozeß ist fast unvermeidlich. Denn zwar der Prophet selbst ist regelmäßig ein selbstherrlicher Laiendemagoge, der die überlieferte ritualistische Priestergnade durch gesinnungsethische Systematisierung ersetzen will. Aber seine Beglaubigung bei den Laien beruht regelmäßig
j A: Harmakult,
k A: perhorreszierten bacchantischen
3 Laut Hermann O l d e n b e r g waren die O p f e r h a n d l u n g e n für die Götter des Veda kostspielig (Oldenberg, Religion des Veda, S. 594), w o h i n g e g e n der „Cultus der B a n n u n g e n und Beschwörungen, des Glückszaubers und alles sonstigen mannichfachen Zaubers" für „kleine Leute, welche Indra und den Götterschaaren das Gelage des Rauschtranks d a r z u b r i n g e n nicht im Stande sind", erschwinglich war (ebd., S.596), O l d e n b e r g sah durch die Erkenntnisse von Ethnologie und Völkerpsychologie bestätigt, daß der Glaube an Naturdämonen und „ d e m Menschen dienstbar m a c h e n d e Zauberkunst" bei breiteren Bevölkerungsschichten weltweit vorhanden war (ebd., S.58). 4 Das Avesta (awestisch: „Grundtext", „normative Überlieferung") ist die heilige Schrift des Parsismus, die zur Zeit der Sassaniden ( 3 . - 7 . nachchristliches Jahrhundert) kodifiziert wurde u n d aus 21 Nasks („Bündeln" von Schriften) besteht. Im europäischen S p r a c h g e b r a u c h zur Zeit Max Webers wurde d e m A u s d r u c k Avesta noch der Begriff Zend (awestisch: „Erklärung") zugeordnet. Unter Zend sind die erst in späterer priesterlicher Tradition entstandenen Erklärungen, Übersetzungen und Umschreibungen der Avestatexte zu verstehen.
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darauf, daß er ein Charisma hat, und das bedeutet in aller Regel: daß er ein Zauberer ist, nur ein viel größerer und mächtigerer als andere es auch sind, daß er noch nicht dagewesene Macht über die Dämonen, selbst über den Tod hat, Tote auferweckt, womöglich selbst von den Toten aufersteht oder andere Dinge tut, welche andere Zauberer nicht können. Es hilft ihm nichts, wenn er sich gegen solche Zumutungen verwahrt. Denn nach seinem Tode geht die Entwicklung über ihn hinweg. Um bei den breiten Laienschichten irgendwie fortzuleben, muß er entweder selbst Kultobjekt, also Inkarnation eines Gottes werden, oder die Bedürfnisse der Laien sorgen wengistens dafür, daß die ihnen angepaßteste Form seiner Lehre im Wege der Auslese überlebt. Diese beiden Arten von Einflüssen: die Macht des prophetischen Charismas und die beharrenden Gewohnheiten der Masse wirken also, in vieler Hinsicht in entgegengesetzter Richtung, auf die systematisierende Arbeit der Priesterschaft ein. Allein auch abgesehen von der fast immer aus Laienkreisen hervorgehenden oder sich auf sie stützenden Prophetie existieren nun innerhalb der Laien nicht ausschließlich traditionalistische Mächte. Neben ihnen bedeutet auch der Rationalismus der Laien eine Macht, mit welcher die Priesterschaft sich auseinanderzusetzen hat. Träger dieses Laienrationalismus können verschiedene Schichten sein. 7.' Stände, Klassen und Religion."1 Das Los des Bauern ist so stark naturgebunden, so sehr von organischen Prozessen und Naturereignissen abhängig und auch ökonomisch aus sich heraus so wenig auf rationale Systematisierung eingestellt, daß er im allgemeinen nur da Mitträger einer Religiosität zu werden pflegt, wo ihm durch innere (fiskalische oder grundherrliche) oder äußere (politische) Mächte Versklavung oder Proletarisierung droht. Sowohl das eine wie das andere, zuerst äußere Bedrohung und dann Gegensatz gegen grundherrliche - und wie immer in der Antike zugleich stadtsässige - Mächte^] traf z. B. auf die altisraelitische Religion zu. Die ältesten Dokumente, beson-
I A: § 7.
m In A folgt eine Inhalts- und Seltenübersicht.
7. Stände, Klassen und
Religion
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ders das Deboralied, 5 zeigen, daß der Kampf der dem Schwerpunkt nach bäuerlichen Eidgenossen, deren Verband etwa den Aitolern, 6 Samniten, 7 Schweizern zu vergleichen ist - den letzteren auch insofern, als die große, das Land n der Israeliten" durchschnei5 dende Handelsstraße von Ägypten zum Euphrat eine dem „Paßstaat"-Charakter der Schweiz ähnliche Situation (frühe Geldwirtschaft und Kulturberührung) schuf - , sich gegen die stadtsässigen philistäischen und kanaanitischen Grundherren, von eisernen Wagen kämpfende Ritter, geschulte „Kriegsleute von Jugend auf" 10 (wie es von Goliath heißt) 8 richtete, welche versuchten, die Bauernschaft der Gebirgsabhänge, auf denen „Milch und Honig fließt", 9 sich zinsbar zu machen. Es war eine Konstellation von | großer Tragweite, daß dieser Kampf, ebenso wie die Ständeeini- A 268 gung und Expansion der mosaischen Periode, sich immer erneut 15 vollzog unter der Führung von Heilanden der Jahvereligion (Moschuach, Messias, wie Gideon und seinesgleichen, die sog. „Rich-
n Fehlt in A; der Israeliten sinngemäß ergänzt. 5 Das der alttestamentiichen Richterin und Prophetin Debora, der Gattin des Lappidot, zugeschriebene Lied (Richter 5, 1 - 3 1 ) feiert den Sieg der von Barak geführten nördlichen Stämme Israels über die von Sisera angeführten Kanaaniter. Sisera soll über neunhundert eiserne Wagen verfügt haben (Richter 4, 3). Das Deboralied galt zu Webers Zeit als eine der ältesten historischen Überlieferungen im Alten Testament. (Vgl. etwa Wellhausen, J[ulius], Prolegomena zur Geschichte Israels, 3. Aufl. - Berlin: Georg Reimer 1886, S. 306; Stade, Bernhard, Geschichte des Volkes Israel, Band 1 (Allgemeine Geschichte In Einzeldarstellungen, hg. von Wilhelm Oncken, 1. Hauptabtheilung, 6. Theil). - Berlin: G. Grote 1887, S. 178). 6 Vgl. oben, S. 147, Anm.55. 7 Ein Volksstamm in Mittelitalien. Die Samniten rivalisierten lange mit Rom um die Vorherrschaft. Die fehlende polltische Einheit der Bergstämme In den nordsüdlich verlaufenden Apenninentälern führte nach langem Widerstand Im 3. Jahrhundert v. Chr. zur Unterwerfung durch Rom. 8 1. Samuel 17, 33: „Saul aber sprach zu David: Du kannst nicht hingehen wider diesen Philister [Goliath], mit ihm zu streiten; denn du bist ein Knabe, dieser aber ist ein Kriegsmann von seiner Jugend auf". 9 Das Land, „in dem Milch und Honig fließt", ist das von Jahwe verheißene, gelobte Land, das „Gebiet der Kanaaniter, Hethiter, Amoriter, Perisiter, Hiwwiter und Jebusiter" (2. Mose 3, 8; 4. Mose 13, 27 und 16, 13; Josua 5, 6; Jeremia 32, 22; Baruch 1, 20; Heseklel 20, 6). In seinem Artikel „Agrarverhältnisse im Altertum" bemerkte Weber: „Aber allerdings sind die Hebräer der vorköniglichen Zeit ein aus dem .jenseitigen', d.h. ostjordanischen Lande über den Fluß und dann weiter über das Bergland vorgedrungenes, und nun welter nach der Küste zu abwechselnd vordrängendes und seinerseits bedrängtes ,Bergvolk', welches ,Milch und Honig', die Produkte der Bergabhänge, schätzt". (Weber, Agrarverhältnisse 3 , S.91).
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ter", genannt werden).10 Durch diese Beziehung kam schon in die alte Bauernfrömmigkeit eine über das Niveau der sonst üblichen Bauernkulte hinausreichende religiöse Pragmatik hinein. Zur eigentlich ethischen Religion wurde der mit den mosaischen Sozialgesetzen11 verknüpfte Jahvekult endgültig erst auf dem Boden der Polis Jerusalem. Freilich, wie der soziale Einschlag der Prophetie zeigt, auch hier wieder unter Mitbeteiligung von ackerbürgerlichem, gegen die stadtsässigen Großgrund- und Geldbesitzer gerichteten, Sozialmoralismus und unter Berufung auf die sozialen Bestimmungen des mosaischen Ständeausgleichs. Aber die prophetische Religiosität ist jedenfalls nicht spezifisch bäuerlich beeinflußt. Für den Moralismus des ersten und einzigen Theologen der offiziellen hellenischen Literatur: Hesiod, war ebenfalls ein typisches Plebejerschicksal mitverantwortlich. Aber auch er war ganz gewiß kein typischer „Bauer". Je stärker bäuerlich orientiert eine Kulturentwicklung ist: im Okzident in Rom, im fernen Osten in Indien, in Vorderasien in Ägypten, desto stärker fällt gerade dies Bevölkerungselement in die Wagschale des Traditionellen und desto mehr entbehrt wenigstens die Volksreligiosität der ethischen Rationalisierung. Auch in der späteren jüdischen und der christlichen Religionsentwicklung kommen die Bauern als Träger rational
10 Als „Richter" (hebr.: sof e tim, zu safat, „richten", „urteilen") wurden die charismatischen Führer Israels in der Zeit zwischen Josua und Samuel bezeichnet. Das biblische Buch der Richter versteht unter ihnen sowohl militärische Führer, die Israel aus höchster Not erretteten, wie auch Richter im engeren Sinn. Der Richter Gideon erhielt von Jahwe den Auftrag, das Volk Israel von den Midianltern zu befreien (vgl. Richter 6 - 8 ) . In seiner „Einleitung" zu „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" äußerte sich Weber zum selben Sachverhalt: „Bei einem politisch bedrängten Volk, wie den Israeliten, haftete der Heilands-(Moschuach-)Name zuerst an den von der Heldensage überlieferten Rettern aus politischer Not (Gideon, Jephtah) und bestimmte von da aus die .messianlschen' Verheißungen". (MWG 1/19, S. 92). mäSüah ist Partizip Passiv von hebr. mäsah, „salben", Messias Ist die griechische Form von hebr. mäSiah, aramäisch: mesihä', m., „Gesalbter". Im Alten Testament galten Hoherprlester und König als Gesalbte Jahwes. Nach dem Ende des Königtums 587 v. Chr. bezeichnete es den erwarteten König der Zukunft. (Sacharja 9, 9f.). 11 Im Alten Testament werden drei Gesetzessammlungen auf Mose zurückgeführt, die soziale Probleme zwischen den Bürgern entschärften (u.a. die Schuldsklaverei jüdischer Mitbürger): das „Bundesbuch" (2. Mose 20, 22-23, 19), das „deuteronomistische Gesetzbuch" (5. Mose 12, 1 - 2 6 , 15) und das „Heiligkeitsgesetz" (3. Mose 17, 1 - 2 6 , 46). Propheten hatten darüber geklagt, daß wohlhabende Israeliten arme Brüder um ihr Land und ihre Freiheit brachten (etwa Micha 2, 1 - 5 ) . Diese Gesetze hatten Ähnlichkeiten mit Gesetzen der griechischen Stadtstaaten, den Poleis.
7. Stände, Klassen und
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ethischer Bewegungen teils gar nicht oder direkt negativ, wie im Judentum, teils wie im Christentum, nur ausnahmsweise und dann in kommunistisch-revolutionärer Form vor. Die puritanische Donatistensekte im römischen Afrika, der Provinz der stärksten Bodenakkumulation, scheint allerdings stark in bäuerlichen Kreisen verbreitet gewesen zu sein, steht aber damit im Altertum wohl allein. Die Taboriten, 12 soweit sie bäuerlichen Kreisen entstammen, ferner die Propaganda des „göttlichen Rechts" 13 im deutschen Bauernkrieg, die englischen radikalen kleinbäuerlichen Kommunisten und vor allem die russischen Bauernsektierer haben regelmäßig in mehr oder minder ausgeprägten feldgemeinschaftlichen 14 Institutionen agrarkommunistische Anknüpfungspunkte, sind mit Proletarisierung bedroht und wenden sich gegen die offizielle Kirche in erster Linie in deren Eigenschaft als Zehntempfängerin und Stütze fiskalischer und grundherrlicher Gewalten. Ihre Verbindung mit religiösen Forderungen ist in dieser Art überhaupt nur möglich gewesen auf dem Boden einer schon bestehenden ethischen Religiosität, welche spezifische Verheißungen enthält, die zu Anknüpfungspunkten für ein revolutionäres Naturrecht dienen können, - wovon anderwärts. 15 Also nicht auf asiatischem Boden, wo Kombination religiöser Prophetie mit revolutionären Strömungen (in China) in ganz anderer Art, nicht als eigentliche Bauernbewegung vorkommt. Die Bauern sind nur sehr selten die Schicht, welche irgendeine nicht magische Religiosität ursprünglich getragen hat. Die Prophetie Zarathustras appelliert allerdings dem Anscheine nach an den (relativen) Rationalismus der bäuerlichen ge12 Radikale G r u p p e der Hussiten, die chiiiastische und Sozialrevolutionäre Vorstellungen vertrat, wie die Errichtung eines irdischen Gottesreiches durch das Schwert oder die A b l e h n u n g aller kirchlichen Einrichtungen. Benannt waren die Taboriten nach ihrem Zentrum Tabor in Südböhmen. 13 In d e n sozialen Unruhen, die d e m d e u t s c h e n Bauernkrieg von 1524/25 vorausgingen, hatten Bauern die Wiederherstellung des „alten Rechts" gefordert. Anders bäuerlic h e G e h e i m b ü n d e (der Bundschuh), die für das „göttliche Recht" kämpften. Unter d e n Forderungen, die sie erhoben, war die A u f h e b u n g der Leibeigenschaft sowie die Freigabe von J a g d und Fischfang, von Wasser und Weide. 14 In seinen „Rußlandstudien" (MWG 1/10) definierte Max Weber den Begriff „Feldgemeinschaft" wie folgt: „Unter .Feldgemeinschaft' ist hier stets jenes System (der sog. .strengen F[eld]-G[emeinschaft]') verstanden, bei w e l c h e m der Einzelne seinen Anteil (Ackerland etc.) nicht von der Familie erbt, sondern von der G e m e i n d e (durch Umteilung) zugewiesen erhält". (MWG 1/10, S. 191, Fn. 57b). 15 Siehe WuG 1 , S . 4 9 6 (MWG I / 2 2 - 3 ) .
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ordneten Arbeit und Viehzucht, im Kampf gegen die tierquälerische (vermutlich, wie bei dem Rauschkult, gegen den Moses kämpfte,16 mit bacchantischer Zerreißung von Rindern verknüpfte) Orgienreligiosität der falschen Propheten.17 Da dem Parsismus nur der beackerte Boden als magisch „rein", der Ackerbau also als das absolut Gottgefällige galt,18 so hat er auch nach der stark umgestaltenden Adaptierung an den Alltag, den er gegenüber der Urprophetie bedeutete, einen ausgeprägt agrarischen und infolgedessen in seinen sozialethischen Bestimmungen einen spezifisch antibürgerlichen Zug beibehalten. Aber soweit die zarathustrische Prophetie selbst ökonomische Interessen für sich in Bewegung setzte, dürften dies ursprünglich mehr solche von Fürsten und Grundherren an der Prästationsfähigkeit19 ihrer Bauern gewesen sein, als die von Bauern selbst. In der Regel bleibt die Bauernschaft auf Wetterzauber und animistische Magie oder Ritualismus, auf dem Boden einer ethischen Religiosität aber auf eine streng formalistische Ethik, des „do ut des" dem Gott und Priester gegenüber, eingestellt. |
16 Das biblische Buch 2. Mose 32, 17ff. schildert das Vorgehen des Mose gegen die Verehrung einer goldenen Kultstatue nach dem Auszug Israels aus Ägypten. Bei Heinrich Graetz heißt es: „Dieses Abbild des Apis oder Menls, das goldene Kalb, umtanzten die Stumpfsinnigen als eine Gottheit. Es waren allerdings nur einige Tausende, die Mose, als er vom Berge herniedergestiegen war, durch die ihm anhänglichen Leviten mit dem Tode bestrafen ließ. Nur mit äußerster Strenge konnte das Götzentum aus der Mitte der Israeliten vertilgt werden". (Graetz, Heinrich, Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, 1. Band. - Leipzig: Oskar Leiner o.J., S. 41 f.). Weber hielt die Abhandlungen von Graetz für „die einzig umfassende Geschichte der Juden in deutscher Sprache". (Postkarte an Werner Sombart vom 1. Februar 1906, unveröffentlicht, Archiv der Akademie der Künste Berlin; Nl. Carl Hauptmann, K 146). Später führte Max Weber dazu aus: „Der ,Tanz um das goldene Kalb', gegen welchen nach der Tradition Mose, die .Hurerei', gegen welche die Propheten eifern, die kultischen Reigen, von denen überall die Spuren vorhanden sind, die in den Rechtssammlungen, in den Legenden [...] und bei den Propheten ausdrücklich bezeugte Existenz der Hierodulen [...] ergeben den sexual-orgiastischen Charakter der alten fröhlichen Baalskulte." (Weber, Judentum III, S.621 f.) 17 Vgl. oben, S. 202, Anm.68. 18 „Wer Getreide durch Aussähen anbaut: der baut das Gesetz (ascha) an, der fördert die mazdayasnische Religion vorwärts, der bringt diese mazdayasnische Religion zum Gedeihen" (Videvdad 3, 31). (Zitiert nach Wolff, Fritz, Avesta. Die Heiligen Bücher der Parsen, übersetzt auf der Grundlage von Bartolomae's altiranischem Wörterbuch. Straßburg: Karl J. Trübner 1910, S.329f.). 19 Abgabe- oder Leistungsfähigkeit.
7. Stände, Klassen und
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Daß gerade der Bauer als der spezifische Typus des gottwohlge- A 269 fälligen und frommen Menschen gilt, ist - vom Zarathustrismus und den Einzelbeispielen einer meist durch patriarchalistisch-feudale oder umgekehrt durch intellektualistisch-weltschmerzliche 5 Literatenopposition gegen die Stadtkultur und ihre Konsequenzen abgesehen - eine durchaus moderne Erscheinung. Keine der bedeutenderen ostasiatischen Erlösungsreligionen weiß davon etwas. Der indischen, am konsequentesten der buddhistischen Erlösungsreligiosität ist er religiös verdächtig oder direkt verpönt (wegen io der ahimsa, des absoluten Tötungsverbots). Die israelitische Religiosität der vorprophetischen Zeit ist noch stark Bauernreligiosität. Die Verklärung des Ackerbaus als gottwohlgefällig 20 dagegen in der nachexilischen Zeit ist literatenhafte und patriarchalistische Opposition gegen die bürgerliche Entwicklung. Die wirkliche Reli15 giosität sah wohl schon damals anders aus und vollends später, zur Zeit der pharisäischen Epoche. Der spätjüdischen Gemeindefrömmigkeit der Chaberim ist „Landmann" und „gottlos" einfach identisch,21 der Nichtstädter sowohl politisch wie religiös ein Jude zweiter Klasse. Denn wie beim buddhistischen und hinduistischen, 20 so ist es beim jüdischen Ritualgesetz praktisch so gut wie unmöglich, als Bauer wirklich korrekt zu leben. Die nachexilische und vollends die talmudische Rabbinentheologie ist in ihren praktischen Konsequenzen direkt landbauerschwerend. Die zionistische Besiedelung Palästinas stieß z.B. noch jetzt auf das spätjüdische 25 Theologenprodukt des Sabbatjahrs als absolutes Hindernis, für welches die osteuropäischen Rabbinen (im Gegensatz zu dem Doktrinarismus der deutschen Orthodoxie) erst einen durch die spezifische Gottwohlgefälligkeit dieser Siedelung begründeten Dispens konstruieren mußten. 22 Dem Frühchristentum heißt der
20 „ O b dir's sauer wird mit deiner Nahrung und Ackerwerk, das laß dich nicht verdrießen; d e n n Gott hat's so geschaffen" heißt es in den Sprüchen des Jesus Sirach aus d e m 2. Jahrhundert v. Chr. (Sirach 7, 16). Eine ähnliche Ermahnung findet sich in den Testamenten der zwölf Patriarchen, Testament Issachar 5, 3 - 6 . 21 Die städtischen Pharisäer (aus d e m Aramäischen wörtlich: „die A b g e s o n d e r t e n " ) verstanden sich als Genossen (hebr.: habenm), die sich von anderen Juden, die die Reinheitsgebote weniger gewissenhaft beachteten, absonderten und diese herablassend „Volk des Landes" ('am hä'äres) nannten. 22 Die biblische Anweisung, alle sieben Jahre das Land brach liegen zu lassen (2. Mose 23, 10f.; 3. Mose 25, 1 - 7 ) bezog sich auf das Land Israel, nicht auf Diasporaland.
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Heide einfach Landmann (paganus). Noch die mittelalterlichen Kirchen in ihrer offiziellen Doktrin (Thomas v. Aquin) 23 behandeln den Bauer im Grunde als Christen minderen Ranges, jedenfalls mit äußerst geringer Schätzung. Die religiöse Verklärung des Bauern und der Glaube an den ganz spezifischen Wert seiner Frömmigkeit ist erst Produkt einer sehr modernen Entwicklung. Sie ist zunächst dem Luthertum, in einem ziemlich stark fühlbaren Gegensatz zum Calvinismus und den meisten protestantischen Sekten, demnächst der modernen, slawophil beeinflußten, russischen Religiosität, spezifisch. Kirchlichen Gemeinschaften also, Mit der Entstehung des Zionismus und der erneuten Besiedlung des Landes Israels ('eres Israel) w u r d e diese Vorschrift für jüdische Siedler zu einem praktischen Problem. Vor d e m Sabbatjahr 1889 kam unter führenden Rabbinern eine Diskussion auf, ob es erlaubt sei, für begrenzte Zeit Land und Weinberge an Nicht-Juden zu verkaufen, damit das Land auch im Sabbatjahr genutzt werden könne. Während der russische Rabbi Isaac Elhanan Spektor ( 1 8 1 7 - 1 8 9 6 ) aus Kovno den Verkauf für zwei Jahre an Moslems gestattete, widersetzte sich die Aschkenasische G e m e i n d e von Jerusalem und ihre Rabbiner Moses Joshua Judah Leib Diskin ( 1 8 1 7 - 1 8 9 8 ) und Samuel Salant ( 1 8 1 6 - 1 9 0 9 ) diesem „Dispens". Vor d e m Sabbatjahr 1910 lebte die Kontroverse erneut auf. Nun setzte sich der Oberrabbiner von Jaffa, A b r a h a m Isaac Kook ( 1 8 6 5 - 1 9 3 5 ) , für d e n befristeten Verkauf von Land an Moslems ein, Rabbi J a c o b David Ben Ze'ev Wlllowski ( 1 8 4 5 1913) aus Safed lehnte Ihn ab. Wlllowski richtete einen Internationalen Hilfsfond für diejenigen J u d e n ein, die ihr Land Im Sabbatjahr 1910 brach liegen ließen. (Vgl. Sabbatical Year In Post-Bibllcal Times, In: Encyclopaedla Judaica, vol. 14. - Jerusalem: Keter Publishing House Ltd. 1971, S . 5 8 2 - 5 8 6 ) . Weber hat sich In einem Brief v o m 18. August 1913 an Ernst J. Lesser (The Jewish National a n d Universlty Library, Jerusalem, Autog r a p h Collectlon/Max Weber; MWG II/8) mit d e m Zionismus und dessen Problemen umfassend auseinandergesetzt. Weber zweifelte nicht, daß den J u d e n eine neue Besiedlung Palästinas gelingen könne, allerdings wären sie d a b e i „Spielball der Launen der großen Mächte". Dazu käme noch etwas anderes. Im Unterschied zum Syndikalismus w ü r d e n sie sich auf eine „Verheißung" berufen. D o c h könnten wirklich „eine gut rentierende Colonle", „ein .autonomer' Kleinstaat", „Krankenhäuser, gute Schulen jemals als eine .Erfüllung' und nicht viel mehr als eine Kritik jener .grandlosen Verheißungen' wirken"? Was tatsächlich fehle, seien Tempel und Hohepriester. Weber fragte nach einem jüdischen, „Hlerarch", d e m die 12 Millionen J u d e n in der g a n z e n Welt gefühlsmäßig unterstehen, und einer Orthodoxie, die sich Ihm fügen würde. Daß das jüdische Würdegefühl an religiöse B e d i n g u n g e n geknüpft ist, sei die „eigentliche Innere Problematik des Zionismus". 23 Weber, Protestantische Ethik I, S.42, Fn. 2, erwähnte die A b h a n d l u n g von Max Maurenbrecher, Thomas von Aqulno's Stellung zum Wirtschaftsleben seiner Zelt. Einleitung und erster Teil. - Leipzig: J.J. Weber 1898. Maurenbrecher bemerkte: „Schliesslich zeigt schon die geringe Beachtung, die er [Thomas] agrarischen Verhältnissen überhaupt zu teil w e r d e n lässt, einen wie geringen Wert er diesem Teile der Bevölkerung zugeschrieben hat" (ebd., S. 73). Ein Nachweis der A b w e r t u n g findet sich auch ebd., S.40, Anm. 1. In seinem Kommentar der aristotelischen Politik interpretiert Thomas von A q u i n die Stadt als vollkommenste Form menschlichen Z u s a m m e n l e b e n s , weshalb ihm das städtische
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welche durch die Art ihrer Organisation in besonders starkem Maß mit fürstlichen und adeligen, autoritären Interessen verknüpft und von ihnen abhängig sind. Für das modernisierte Luthertum - denn die Stellung von Luther selbst ist das noch nicht war der Kampf gegen den intellektualistischen Rationalismus und politischen Liberalismus, für die slawophile religiöse Bauernideologie daneben noch der Kampf gegen den Kapitalismus und modernen Sozialismus das leitende Interesse, während die Verklärung des russischen Sektierertums durch die „Narodniki"24 den antirationalistischen Protest des Intellektualismus mit der Revolte des proletarisierten Bauernstandes gegen die den herrschenden Gewalten dienstbare Bürokratenkirche in Beziehung setzen und dadurch beide religiös verklären möchte.0 In allen Fällen handelt es sich also dabei in sehr starkem Maße um Rückschläge gegen die Entwicklung des modernen Rationalismus, als dessen Träger die Städte gelten. Ganz im Gegensatz dazu gilt in der Vergangenheit die Stadt als Sitz der Frömmigkeit, und noch im 17. Jahrhundert erblickt Baxter in den (durch hausindustrielle Entwicklung herbeigeführten) Beziehungen der Weber von Kidderminster zur Großstadt London ausdrücklich eine Förderung der Gottseligkeit unter ihnen.25 Tatsächlich ist die frühchristliche Religiosität städtische o A: möchten. Leben als die für den Menschen natürliche Lebensform gilt. Wer nicht Bewohner einer Stadt sei, müsse entweder verbannt worden oder so arm sein, daß er gezwungen sei, den Acker zu bebauen oder das Vieh zu hüten (ebd., S. 38-41). 24 Als „Narodniki" wurden die Anhänger des Narodnitschestwo bezeichnet, einer Strömung in der russischen Intelligenz seit Anfang der 1870er Jahre. Durch Propaganda unter dem Volk (narod) wollten sie politische Aufklärung betreiben, um eine Veränderung der Verhältnisse zu erreichen. Ihre Ziele waren populistischer Natur und dienten der Verteidigung der traditionellen Lebenswelt gegen die Zerstörung durch moderne Institutionen, daher auch als „agrarkommunistisch" bezeichnet. Aus der Bewegung heraus wurde 1876 eine geheime Organisation gegründet („Zemla I Volja"), die die Veränderung der Gesellschaft statt durch friedliche Propaganda durch Gewaltaktionen herbeiführen sollte. Diese Organisation spaltete sich 1879 In einen gemäßigten und In einen radikalen Flügel auf. 25 In seiner „Protestantischen Ethik" bemerkte Weber: „So sagt Baxter von seinen Handwebern In Kidderminster: And thelr constant converse and traffic with London doth much to promote civlllty and piety among tradesmen [...]". (Weber, Protestantische Ethik II, S. 78, Fn. 14; Weber zitierte Baxter nach: Works of the Engllsh Purltan Divlnes. Baxter. With an Essay on his Life, Ministry, and Theology by Thomas W. Jenkyn. - London: Thomas Nelson 1846, S.XXXVIII (Punkt 15)). 1649 wurde Richard Baxter Pfarrer in Kidderminster, einer westenglischen Stadt in der Grafschaft Worcester.
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Religiosität, die Bedeutung des Christentums steigt unter sonst gleichen Umständen, wie Harnack 26 überzeugend dargetan hat, mit der Größe der Stadt. Und im Mittelalter ist die Kirchentreue ebenso wie die sektiererische Religiosität ganz spezifisch auf dem Boden der Städte entwickelt. Es ist ganz unwahrscheinlich, daß 5 eine organisierte Gemeindereligiosität[,j wie die frühchristliche es wurde, sich so wie geschehen, außerhalb eines städtischen, und das heißt: eines im okzidentalen Sinn „städtischen" Gemeindelebens hätte entwickeln können. Denn sie setzt jene Sprengung der A 270 Tabu (schranken zwischen den Sippen, jenen Amtsbegriff, jene Auf- 10 fassung der Gemeinde als einer „Anstalt", 27 eines sachlichen Zwecken dienenden körperschaftlichen Gebildes, welches sie ihrerseits verstärkte und deren Wiederaufnahme durch die entstehende Städteentwicklung des europäischen Mittelalters sie sehr stark erleichterte, doch auch wieder als schon vorhandene Kon- 15 zeptionen voraus. Diese Konzeptionen aber sind in der Welt ausschließlich auf dem Boden der Mittelmeerkultur, speziell des hellenistischen und endgültig des römischen Stadtrechts wirklich voll entwickelt worden. Aber auch die spezifischen Qualitäten des Christentums als ethischer Erlösungsreligion und persönlicher 20 Frömmigkeit fanden ihren genuinen Nährboden auf dem Boden der Stadt und haben dort immer wieder neue Triebe angesetzt, im Gegensatz gegen die ritualistische, magische oder formalistische Umdeutung, welche durch das Übergewicht der feudalen Mächte begünstigt wurde. 25
2 6 Bei Adolf Harnack, Mission II, S . 2 7 8 , heißt es: „Das Christentum war Städtereligion. je größer die Stadt, desto stärker - wahrscheinlich a u c h relativ - die Zahl der Christen". In einem Brief an Adolf Harnack v o m 5. Februar 1906 (MWG II/5, S.32f.) b e d a n k t e sich Weber für die Ü b e r s e n d u n g der zweiten Auflage von Harnacks z w e i b ä n d i g e m Werk, das Weber „keineswegs unbekannt" war. Er hoffte, später auf Studien über „ d i e Kirche in der Sozialgeschichte" und die „Sozialgeschichte der Kirche" z u r ü c k z u k o m m e n , w o b e i er die B ä n d e von Harnack für unentbehrlich hielt. 2 7 Ernst Troeltsch trug am 21. Oktober 1910 auf der ersten Tagung der D e u t s c h e n Gesellschaft für Soziologie In Frankfurt a.M. die These vor, das Christentum habe sich im Lauf seiner langen G e s c h i c h t e in drei v e r s c h i e d e n e n sozialen Typen ausgeformt: der Kirche als einer Gnadenanstalt, der Sekte als einer rigorosen Gemeinschaft der Heiligen und der Mystik als eines gemeinschaftslosen Individuellen religiösen Erlebens. (Troeltsch, Naturrecht, S. 1 7 0 - 1 7 5 ) . Weber griff In der anschließenden Diskussion die U n t e r s c h e i d u n g auf: „Eine ,Sekte' ist - wenn man sie von einer .Kirche' begrifflich scheiden will - e b e n nicht, wie diese, eine Anstalt, sondern eine Gemeinschaft von religiös Qualifizierten" (Weber, Verhandlungen 1910, S. 196f.).
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Der Kriegsadel und alle feudalen Mächte pflegen nicht leicht Träger einer rationalen religiösen Ethik zu werden. Der Lebensführung des Kriegers ist weder der Gedanke einer gütigen Vorsehung noch derjenige systematischer ethischer Anforderungen eines überweltlichen Gottes wahlverwandt. Begriffe wie „Sünde", „Erlösung", religiöse „Demut" pflegen dem Würdegefühl aller politisch herrschenden Schichten, vor allem aber des Kriegsadels, nicht nur fern zu liegen, sondern es direkt zu verletzen. Eine Religiosität, welche mit diesen Konzeptionen arbeitet, zu akzeptieren und sich vor dem Propheten oder Priester zu beugen, muß einem Kriegshelden oder vornehmen Mann - dem Römeradel noch der taciteischen Zeit wie dem konfuzianischen Mandarinen - unvornehm und würdelos erscheinen. Den Tod und die Irrationalitäten des menschlichen Schicksals innerlich zu bestehen, ist dem Krieger eine alltägliche Sache, und die Chancen und Abenteuer des Diesseits erfüllen sein Leben derart, daß er etwas anderes als den Schutz gegen bösen Zauber und zeremonielle, dem ständischen Würdegefühl adäquate und zu Bestandteilen der Standeskonvention werdende Riten, allenfalls priesterliche Gebete für Sieg oder glücklichen, in einen Heldenhimmel führenden Tod von einer Religiosität nicht verlangt und ungern akzeptiert. Stets ist, wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt, 28 der gebildete Hellene, mindestens der Idee nach, auch ein Krieger geblieben. Der schlichte animistische Seelenglaube, der die Art der Jenseitsexistenz und letztlich diese selbst durchaus dahingestellt sein läßt, aber jedenfalls dessen ziemlich sicher ist, daß das dürftigste irdische Dasein dem Königtum über den Hades vorzuziehen sei, ist bei den Hellenen bis in die Zeit völliger Entpolitisierung der normale Glaube geblieben, über den nur die Mysterien mit ihrer Darbietung von Mitteln zur ritualistischen Verbesserung des Diesseits- und Jenseitsloses in gewissem Umfang, radikal aber nur die orphische Gemeindereligiosität mit ihrer Seelenwanderungslehre hinausführten. Zeiten starker prophetischer oder reformatorischer religiöser Erregung reißen allerdings auch und oft gerade den Adel in die Bahn der prophetischen ethischen Reli28 In seiner K o n f u z i a n i s m u s s t u d i e ( M W G 1/19, S . 3 0 5 ) b e m e r k t e Weber: „Der hellenis c h e v o r n e h m e G e b i l d e t e d a g e g e n war u n d blieb in erster Linie E p h e b e u n d Hoplit, solange die B i l d u n g hellenisch - u n d nicht .hellenistisch' - war".
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giosität, weil sie eben alle ständischen und Klassenschichten durchbricht und weil der A d e l der erste Träger der Laienbildung zu sein pflegt. Allein die Veralltäglichung der prophetischen Religiosität pflegt sehr bald den Adel aus dem Kreise der religiös erregten Schichten wieder auszuscheiden. Schon die Zeit der Religionskriege in Frankreich zeigt die ethischen Konflikte der Hugenottensynoden, z.B. mit einem Führer wie Condéj,] 29 über ethische Fragen. Der schottische ebenso wie der englische und französische Adel ist aus der calvinistischen Religiosität, innerhalb deren er oder wenigstens einige seiner Schichten anfänglich eine erhebliche Rolle gespielt hatte, schließlich fast vollständig wieder ausgeschieden. Mit ritterlichem Standesgefühl vereinbar ist die prophetische Religiosität naturgemäß da, wo sie ihre Verheißungen dem Glaubenskämpfer spendet. Diese Konzeption setzt die Exklusivität des einen Weltgottes und die sittliche Verworfenheit der Ungläubigen als seiner Feinde, deren unbehelligte Existenz seinen gerechten Zorn erregt, voraus. Sie fehlt daher der Antike im Okzident ebenso wie aller asiastischen Religiosität bis auf Zarathustra. A b e r A 271 auch hier fehlt noch der | direkte Zusammenhang des Kampfs gegen den Unglauben mit den religiösen Verheißungen. Diesen hat zuerst der Islam geschaffen. Vorstufe und wohl auch Vorlage dafür waren die Verheißungen des jüdischen Gottes an sein Volk, wie sie Muhammed, nachdem er von einem pietistischen Konventikelführer in Mekka zum Podestà von Jathrib-Medina geworden und von den Juden als Prophet endgültig abgelehnt war, verstand und umdeutete. Die alten Kriege der israelitischen Eidgenossenschaft unter Jahves Heilanden galten der Überlieferung als „heilige" Kriege. Der heilige Krieg, d. h. der Krieg im Namen eines Gottes zur speziellen Sühnung eines Sakrilegsj,] ist der Antike, speziell der hebräischen p , mit seinen Konsequenzen: Bannung und absolute p A: hellenischen 29 1559 wurde in Paris die erste protestantische Nationalsynode abgehalten. Die „Verschwörung von Amboise" (1560) und das „Blutbad von Vassy" (1562) führten zu den Religionskriegen zwischen Katholiken und den französischen Prostestanten, den Hugenotten. Louis I. de Bourbon, erster Prince de Condé, wurde neben Gaspard de Coligny (1519-1572) zu einem der führenden Feldherren der Hugenotten. 1561 wurden die „Religionsgespräche von Poissy" eröffnet, an denen u.a. der Genfer Theologe und CalvinSchüler Theodor Beza teilnahm.
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Vernichtung der Feinde und aller ihrer Habe, 30 auch sonst nicht fremd. Aber hier war das Spezifikum: daß das Volk Jahves als dessen spezielle Gemeinde dessen Prestige an seinen Feinden bewährt. Als Jahve der Universalgott geworden war, schuf daher die Prophetie und die Psalmenreligiosität statt des Besitzes des verheißenen Landes die weitergehende Verheißung der Erhöhung Israels als des Volkes Jahves über die anderen Völker,31 die alle dereinst Jahve zu dienen und Israel zu Füßen zu liegen gezwungen werden sollen. Hieraus machte Muhammed das Gebot des Glaubenskriegs bis zur Unterwerfung der Ungläubigen unter die politische Gewalt und Zinsherrschaft der Gläubigen.32 Ihre Vertilgung wird, soweit sie „Buchreligionen" angehören, nicht verlangt, im Gegenteil ihre Schonung schon im Interesse der Finanzen geboten. Erst der christliche Glaubenskrieg steht unter der augustinischen Devise „coge intrare":33 die Ungläubigen oder Ketzer haben nur 30 Weber bezieht sich auf einen jüdischen Handlungstyp, der in den hellenischen antiken Stadtstaaten so nicht bekannt war. Im Blick auf die Landnahme schreibt das „Kriegsgesetz" vor: „Aber in den Städten dieser Völker, die dir der HErr, dein Gott, zum Erbe geben wird, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, Sondern sollst sie verbannen, [...]". (5. Mose 20, 16f., vgl. auch 13, 13-19; 1. Samuel 15, 18.). In 4. Mose 21, 1 - 3 wird berichtet, daß Israel nach seinem Sieg über die von König Arad angeführten Kanaanlter den Bann vollstreckte. (Vgl. auch Josua 6, 17-25; Richter 1, 17). 31 Daß die Heiden nach Jerusalem ziehen werden, um Jahwe mit ihren Gütern zu ehren und seinem Volk Israel zu dienen, spricht Jesaja 60 als Hoffnung aus. In den Psalmen Salomos aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. heißt es vom Messias: „Und er hält die Heidenvölker unter seinem Joche, daß sie ihm dienen" (17, 30). (Kautzsch, Emil Friedrich, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, 2. Band: Die Pseudepigraphen des Alten Testaments. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1900, S. 146). Ähnliche Gedanken finden sich in: Psalm 2, 8 und 72, 11, Daniel 7, 13f. und Sibylllnische Orakel III, 716-723. 32 Nicht-islamische Völker, die im Besitz einer helligen Schrift waren (die Juden und die Christen), besaßen bei Zahlung einer Kopfsteuer (gizya) den Status von Schutzbefohlenen. In Koran, Sure 9, 29 heißt es: „Bekämpfet diejenigen der Schriftbesitzer, welche nicht glauben an Gott und den Jüngsten Tag, und die das nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten, und sich nicht zur wahren Religion bekennen; so lange, bis sie ihre Kopfsteuer entrichten und gänzlich unterworfen sind". Ignaz Goldziher bemerkte dazu: „Es ist dabei den Kämpfern des Islams zunächst nicht so sehr um Bekehrung als um Unterwerfung der Ungläubigen zu tun". (Goldziher, Vorlesungen über den Islam, wie oben, S. 172, Anm.5, S.25). 33 Eine Rechtfertigung für die Zwangsbekehrung Andersgläubiger findet sich in einem Brief des Kirchenvaters Augustinus an Vincentius von Cartenna aus dem Jahre 408 (Epistel 93, 5). Unter Bezug auf Lukas 14, 23 („Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstraßen und an die Zäune, und nötige sie, hereinzukommen, auf daß mein Haus voll werde") schrieb er: „cogite intrare" (lat.: zwinge sie, einzutreten). Hintergrund sind die Auseinandersetzungen des Augustinus mit den Donatisten.
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die Wahl zwischen Konversion und Ausgerottetwerden. Der islamische Glaubenskrieg noch mehr, weil noch ausdrücklicher, als derjenige der Kreuzritter - denen Papst Urban die Notwendigkeit der Expansion zur Gewinnung von Lehen für den Nachwuchs sehr nachdrücklich nahezulegen nicht versäumte34 - war eine wesentlich an feudalen Renteninteressen orientierte Unternehmung zur grundherrlichen Landnahme. Der Glaubenskrieg ist in den Regeln für die Vergebung von Spahipfründen noch im türkischen Lehensrecht wichtiges Qualifikationsmerkmal für Vorzugsansprüche.35 Die Verheißungen, welche, abgesehen von der Herrscherstellung, selbst im Islam an die kriegerische Propaganda geknüpft sind, insbesondere also das islamische Paradies als Lohn für den Tod im Glaubenskrieg,36 sind natürlich so wenig Erlösungsverheißungen im eigentlichen Sinne dieses Wortesq wie die Verheißung von Walhall,37 des Heldenparadieses, welches dem indischen Kshatriya, der in der Schlacht fällt - wie dem Kriegshelden, der des Lebens,
q A: Wortes, 34 Papst Urban II. rief auf der Synode von Clermont (18. bis 28. November 1095) zum ersten Kreuzzug auf. Einer der Augenzeugen der Kreuzzugsrede, der Bischof Baldricus von Dolé, berichtete, daß Papst Urban II. den Kreuzfahrern Erwerbschancen im Heiligen Land zusicherte: „Facultates etlam inimlcorum vestrae erunt; quoniam et ¡Horum thesauros expoliabitis, et vel victoriosi ad propria remeabitis, vel sanguine vestro purpurati, perenne bravium adipiscemini". (Vgl. Baldricus episcopus Dolensis, Historia Jerosolimitana, in: Recueil des Historiens des Croisades. Historiens Occidentaux, tome quatrième. Paris: Imprimérie Nationale 1879, S. 15 c). 35 Spahi oder Sipahi (türk.-pers.: „Krieger") bezeichnete ursprünglich den zur Stellung von Soldaten verpflichteten Adel, später die von den Inhabern der türkischen Kriegerlehen zu stellenden Reiter. Wie Joseph von Hammer-Purgstall bemerkte, „sollten die Lehen nur wirklichen Söhnen von Sipahi oder belehnten Reitern verliehen [...] werden. Die Vermehrung derselben hatte vormahls bloss nach dem Fusse der auf dem Schlachtfelde erworbenen Verdienste Statt, so dass, wer Kopf oder Zunge einbrachte, bey jedem zehn Aspern der Einkünfte seines Lehens einen Asper Vermehrung erhielt. Fünfzehn eingebrachte Köpfe oder Zungen gaben rechtmässigen Anspruch auf die Verleihung eines grösseren Lehens, Siamet". (Hammer-Purgstall, Joseph von, Geschichte des Osmanischen Reiches, Band 4: Vom Regierungsantritte Murad des Dritten bis zur zweyten Entthronung Mustafa's I. - 1574-1623. - Pest: C.A. Hartleben 1829, S. 190f.). 36 Sure 47, 5 - 7 : „Und die so da kämpfen für die Religion Gottes, deren Werke wird Gott nicht verloren sein lassen; er wird sie vielmehr leiten, und die Bestrebungen Ihres Herzens beglücken, und sie in das Paradies führen, das er ihnen angekündigt". 37 Walhall (altnordisch: „Halle der Gefallenen") galt in der nordgermanischen Mythologie als Wohnsitz des Gottes Odin und als Aufenthaltsort für die Im Kampf gefallenen Krieger.
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sobald er den Sohn seines Sohnes sieht, satt wird, - verheißen ist, 38 oder die irgendeines anderen Kriegerhimmels. Und diejenigen religiösen Elemente des alten Islam, welche den Charakter einer ethischen Erlösungsreligion darstellen, traten demgegenüber denn 5 auch, solange er wesentlich Kriegerreligion blieb, stark zurück. Die Religiosität der dem islamischen Kriegsorden entsprechenden, in den Kreuzzügen zunächst gegen den Islam geschaffenen, mittelalterlichen zölibatären Ritterorden aber, besonders der Templer, 39 ebenso die der indischen, aus der Verbindung islamischer Ideen io mit einem anfänglich streng pazifistischen Hinduismus entstandenen und durch die Verfolgung zum Ideal des rücksichtslosen Glaubenskampfes getriebenen Sikhs und endlich diejenige der zeitweilig politisch wichtigen japanischen kriegerischen Buddhamönche hatten ebenfalls mit „Erlösungsreligiosität" im allgemeinen nur 15 formal etwas zu tun. Selbst ihre formale Orthodoxie war oft von zweifelhafter Echtheit. Wenn so der Kriegerstand in den Formen des Rittertums der Erlösungs- und Gemeindereligiosität fast durchweg negativ gegenübersteht, so ist dies Verhältnis teilweise anders innerhalb „stehen20 der", d.h. wesentlich bürokratisch organisierter Berufsheere mit „Offizieren". Das chinesische Heer allerdings hat einfach, wie jeder andere Beruf, seinen Spezialgott, einen staatlich kanonisierten Heros. Und die leidenschaftliche Parteinahme des byzantinischen Heeres für die Bilderstürmer entstammte nicht ewa puritanischen 25 Prinzipien, sondern lediglich der durch den Islam beeinflußten Stellungnahme seiner Rekrutierungsprovinzen. Aber | im römi- A 272 sehen Heere des Prinzipats spielte, seit dem 2. Jahrhundert, neben gewissen anderen, hier nicht interessierenden, bevorzugten Kulten, die Gemeindereligion des Mithras, die Konkurrentin des Christen3 8 Bei E d w a r d W a s h b u r n H o p k i n s heißt es: „But it is the s a m e if one b e slain or not, for he that dies in battle wins victory from death; [...] .death in battle is the w o m b of heaven'. [...] To e s c a p e is a d i s g r a c e ; to die in battle is best; to ask for mercy is a sin; sweet is it to die in battle; the path to heaven lies in fighting". (The Social a n d Military Position of the Ruling Caste in A n c i e n t India, as represented by the Sanskrit Epic, in: Journal of the A m e r i c a n Oriental Society, vol. 13, 1889, S. 5 7 - 3 7 6 , Zitat: S. 186). Eine ä h n l i c h e A u s f ü h r u n g findet sich In W e b e r s H i n d u i s m u s s t u d i e ( M W G I/20, S. 130 mit H g . - A n m . 4 7 , die auf H o p k i n s verweist). 3 9 Mitglieder d e s 1119 in Palästina g e g r ü n d e t e n f r a n z ö s i s c h e n Ritterordens. 1307 wurd e n die Templer in Frankreich w e g e n a n g e b l i c h e r Ketzerei e i n e m Inquisitionsverfahren unterzogen, ihr O r d e n 1312 a u f g e h o b e n .
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tums, mit ihren Jenseitsverheißungen eine sehr bedeutende Rolle. Vor allem (aber nicht nur) innerhalb der Zenturionenschicht, 40 also der Subalternoffiziere mit Zivilversorgungsanspruch. Nur sind die eigentlich ethischen Anforderungen der Mithrasmysterien bescheiden und sehr allgemein gehaltene: sie ist wesentlich ritualistische Reinheitsreligion, exklusiv männlich - die Frauen sind ausgeschlossen - in scharfem Gegensatz zum Christentum, überhaupt eine der maskulinsten Erlösungslehren, dabei in eine Hierarchie von Weihen und religiösen Rangordnungen abgestuft und im Gegensatz zum Christentum nicht exklusiv gegen die Teilnahme an anderen Kulten und Mysterien - welche vielmehr nicht selten vorkommt daher seit Commodus, der zuerst die Weihen nahm (etwa so wie früher die Preußenkönige die Logenmitgliedschaft), 41 bis auf ihren letzten begeisterten Vertreter Julianus, von den Kaisern protegiert. Neben den Diesseitsverheißungen, welche auch hier wie immer mit den Verheißungen des Jenseits verknüpft waren, spielte bei der Anziehungskraft dieses Kults auf die Offiziere gewiß der wesentlich magisch-sakramentale Charakter der Gnadenspendung und das hierarchische Avancement in den Weihen eine Rolle. Die gleichen Momente haben den Kult sicherlich den außermilitärischen Beamten empfohlen, in deren Kreisen er gleichfalls beliebt war. Zwar finden sich auch sonst innerhalb des Beamtentums Ansätze zu Neigungen für spezifische Erlösungsreligiosität. Die pietistischen deutschen Beamten - der Ausdruck dafür, daß die bürgerlich-asketische Frömmigkeit in Deutschland als Vertreter spezifisch „bürgerlicher" Lebensführung nur die Beamten, nicht ein bürgerliches Unternehmertum vorfand - und die allerdings mehr gelegentlich auftauchenden wirklich „frommen" preußischen Generale des 18. und 19. Jahrhunderts sind Beispiele dafür. Aber in aller Regel ist nicht dies die Haltung einer herrschenden Bürokratie zur Religiosität. Sie ist stets Träger eines weitgehenden nüchternen Rationalismus einerseits, des Ideals der disziplinierten „Ordnung" und Ruhe als absoluten Wertmaßstabes andererseits. Eine 40 Ein Zenturio stand an der Spitze einer römischer Zenturie, einer Soldatenabteilung von 100 Mann. 41 Mit Logen wird die Organisationsform der Freimaurer bezeichnet, einer humanistisch orientierten, exklusiven Gemeinschaft von Männern.
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tiefe Verachtung aller irrationalen Religiosität, verbunden mit der Einsicht in ihre Brauchbarkeit als Domestikationsmittel pflegt die Bürokratie zu kennzeichnen. So im Altertum schon die römischen Beamten. So heute die bürgerliche ebenso wie die militärische Bü5 rokratie1'. Die spezifische Stellungnahme einer Bürokratie zu den religiösen Dingen ist klassisch im Konfuzianismus niedergeschlagen: Absolutes Fehlen jeglichen „Erlösungsbedürfnisses" und überhaupt aller über das Diesseits hinausgreifenden Verankerungen der Ethik, die durch eine inhaltlich rein opportunistisch-utilita10 rische, aber ästhetisch vornehme Kunstlehre eines bürokratischen Standeskonventionalismus ersetzt ist, Ekrasierung 42 jeder emotionellen und irrationalen individuellen, über den traditionellen Geisterglauben hinausgehenden Religiosität, Erhaltung des Ahnenkults und der Kindespietät als der universellen Grundlage der Sub15 Ordination, „Distanz von den Geistern", 43 deren magische Beein^ Ich erlebte es, daß Offizierkasinos beim ersten Auftreten des Herrn v. Egidy 44 A 272 (Oberstleutnant a.D.) die bestimmte Erwartung hegten, S[eine] M[ajestät] 45 würde, da doch das Recht dieser Kritik eines Kameraden an der Orthodoxie ganz offenkundig sei, die Initiative dazu ergreifen, daß im Militärgottesdienst fortan nicht mehr die alten Kin20 dermärchen, die doch kein ehrlicher Kerl zu glauben behaupten könne, aufgetischt würden. Als dies natürlich keineswegs geschah, lag dann die Einsicht nahe, daß für die Rekruten die Kirchenlehre, wie sie sei, das beste Futter bilde. | 42 Vernichtung. 4 3 Auf die Frage, was Weisheit ausmache, antwortete Konfuzius: „[ ...] while respecting spiritual beings, to keep aloof from them, may be called wisdom". (Zitiert nach Legge, James, The Chinese Classics, vol. 1: Confucian Analects, the Great Learning, a n d the Doctrine of the Mean, 2. Aufl. - Oxford: University Press 1892, S. 191; hinfort: Legge, Chinese Classics I). L e g g e erläuterte in einer Anmerkung: „keep at a distance from them". 44 Christoph Moritz von Egidy verfaßte als Oberstleutnant und etatsmäßiger Stabsoffizier im Königlich-Sächsischen 1. Husaren-Regiment Nr. 18 die Schrift: Ernste Gedanken. - Leipzig: Otto W i g a n d 1890. Als Verfechter eines dogmenfreien Christentums nahm er a b l e h n e n d Stellung zu den kirchlichen Lehren der Dreieinigkeit und der Göttlichkeit Christi mit seinem stellvertretenden Leiden. Die christlichen Wundererzählungen sah Egidy als Glaubenshindernis an. Seine A b h a n d l u n g führte im gleichen Jahr zum Ausschluß aus d e m Militärdienst. Max Weber erwähnte Egidy, der in Militärkreisen sehr beliebt war, in einem Brief v o m 7. Juli 1891 an seine Mutter Helene Weber: „Die Rede kam auf mancherlei, so auch auf Egidy und man konnte wieder sehen, welche eigentümlichen Sympathien die Denkweise dieses Mannes in Militärkreisen findet, nicht zu deren Schande, scheint mir". (GStA Berlin, Nl. Max Weber, Rep. 92, Nr. 3, Bl. 1 5 1 - 1 5 3 (MWG II/4); a b g e d r u c k t in: Marianne Weber (Hg.), Max Weber. Jugendbriefe. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1936, S.334). 45 Gemeint ist Wilhelm II., deutscher Kaiser und König von Preußen ( 1 8 8 8 - 1 9 1 8 ) .
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flussung der aufgeklärte Beamte verachtet, der superstitiöse ähnlich mitmacht wie bei uns etwa den Spiritismus, dier beide aber als Volksreligiosität mit geringschätziger Gleichgültigkeit wuchern lassen und beide, soweit sie s in anerkannten Staatsriten ihren 1 Ausdruck findet, als Teil der ständisch-konventionellen Pflichten äußerlich respektieren. Die ungebrochene Erhaltung der Magie, speziell des Ahnenkults als Garantie der Fügsamkeit^ ermöglichte A 273 der Bürokratie hier die | völlige Niederhaltung einer selbständigen kirchlichen Entwicklung und aller Gemeindereligiosität. Die europäische Bürokratie sieht sich, bei durchschnittlich etwa gleicher innerer Verachtung aller ernst genommenen Religiosität, im Interesse der Massendomestikation zur offiziellen Respektierung der bestehenden kirchlichen Religiosität genötigt. - u Wenn für die religiöse Stellung der normalerweise am stärksten positiv privilegierten Schichten, des Adels und der Bürokratie, sich bei allen sehr starken Unterschieden doch gewisse gleichartige Tendenzen angeben lassen, so zeigen die eigentlich „bürgerlichen" Schichten die stärksten Kontraste. Und zwar auch ganz abgesehen von den überaus starken ständischen Gegensätzen, welche diese Schichten in sich selbst entfalten. Denn zunächst die „Kaufleute" sind teils Angehörige der höchstprivilegierten Schicht, so der antike städtische Patriziat, teils Parias, wie die besitzlosen Wanderhändler, teils privilegierte, aber hinter dem Adel oder dem Beamtentum ständisch zurückstehende, oder nicht oder selbst negativ privilegierte, aber faktisch mächtige Schichten, wie der Reihe nach die römische „Ritterschaft", die hellenischen Metöken, 46 die mittelalterlichen Gewandschneider und verwandte Händlerschichten, ferner die Geldleute und großen Kaufleute in Babel, die chinesischen und indischen Händler, schließlich die „Bourgeoisie" der beginnenden Neuzeit. Die Stellung des kaufmännischen Patriziats zur Religiosität zeigt, unabhängig von diesen Unterschieden der Lage, in allen *r * *Fehlt in A; die sinngemäß ergänzt.
s A: er
t A: seinen
u In A folgt in Leerzeile:
4 6 In Athen und anderen griechischen Staaten die ständig ansässigen Fremden, die von der Volksversammlung ausgeschlossen waren und keine Grundstücke oder Häuser erwerben durften.
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Epochen eigentümliche Kontraste. Die energisch diesseitige Einstellung ihres Lebens legt ihnen an sich den Anschluß an eine prophetische oder ethische Religiosität wenig nahe. Die Großkaufleute der Antike und des Mittelalters sind Träger des spezifischen, unstetigen, nicht betriebsmäßigen „Gelegenheitsgelderwerbes", Kapitalgeber der kapitallosen reisenden Händler, in historischer Zeit teils ein stadtsässiger, durch diesen Gelegenheitserwerb reich gewordener Adel mit ursprünglich grundherrlicher Basis, teils umgekehrt ein zu Grundbesitz gelangter Händlerstand mit Tendenz zum Aufstieg in die Adelsgeschlechter. Dazu treten mit geldwirtschaftlicher Deckung des politischen Bedarfs die Vertreter des politisch an Staatslieferungen und Staatskredit orientierten und des Kolonialkapitalismus, wie er in allen geschichtlichen Epochen sich fand. Alle diese Schichten sind nirgends primäre Träger einer ethischen oder Erlösungsreligiosität gewesen. Je privilegierter die Lage der Händlerschaft war, desto weniger zeigt sie überhaupt Neigung zur Entwicklung einer Jenseitsreligion. Die Religion der adeligen plutokratischen phönikischen Händlerstädte ist rein diesseitig gewendet und soweit bekannt gänzlich unprophetisch. Dabei aber ist die Intensität der Religiosität und die Angst vor den mit düsteren Zügen ausgestatteten Göttern sehr bedeutend. Der althellenische kriegerische, dabei aber halb seeräuberische, halb händlerische Seefahreradel dagegen hat das religiöse Dokument dessen, was ihm behagte, in der Odyssee mit ihrer immerhin starken Respektlosigkeit gegenüber den Göttern hinterlassen. 47 Der chinesische taoistische Reichtumsgott, 48 der von der Kaufmannschaft ziemlich universell verehrt wird, zeigt keine ethischen Züge, sondern ist rein magischen Charakters. Auch der Kult des hellenischen, freilich vorwiegend agrarischen Reichtumsgottes Pluto bildet einen Teil der eleusinischen Mysterien, welche abgesehen von
47 Einen ähnlichen Sachverhalt beschrieb Weber in W u G \ S . 7 9 4 (MWG 1/22-4): Der antike Adel, besonders der frühhellenische Bürger- und Polisadel, habe die Götter im homerischen Epos gänzlich respektlos behandelt. An mehreren Stellen der O d y s s e e w e r d e n die Götter nicht als übernatürliche Wesen mit gebührender Ehrfurcht behandelt, sondern als ganz gewöhnliche Menschen (etwa XII, 3 5 3 - 3 6 5 , wo die Gefährten des O d y s s e u s trotz eines Verbotes die heiligen Rinder des Sonnengottes Helios schlachteten). 48 Gemeint ist die taoistische Gottheit Guan Di (Pinyin). Sie gilt besonders als Schutzpatron der Kaufleute. (Vgl. MWG 1/19, S . 4 1 4 und 471).
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ritueller Reinheit und Freiheit von Blutschuld keinerlei ethische Anforderungen stellen. Die Freigelassenenschicht mit ihrer sehr starken Kapitalkraft suchte Augustus in charakteristischer Politik zu spezifischen Trägern des Kaiserkults durch Schaffung der Augustalenwürde 49 zu machen; eigene, ihr spezifische Richtungen religiösen Interesses weist diese Schicht sonst nicht auf. Der Teil der Kaufmannschaft in Indien, welcher hinduistischer Religiosität ist, namentlich auch jene Bankierskreise, die aus den alten staatskapitalistischen Geldgeber- oder Großhändlerkreisen hervorgegangen sind, sind meist Vallabhacharis, d.h. Anhänger der von Vallabha A 274 Swami reformierten, vischnuitischen Priesterschaft der | Gokulastha GosainS[,j und pflegen eine Form der erotomorphen Krischna- und Radhadevotion, deren Kultmahle zu Ehren des Heilandes zu einer Art von erlesenem Diner raffiniert sind. 50 Die Großhändlerschaften der Guelfenstädte 51 des Mittelalters, wie etwa die Arte di Calimala, sind zwar gut päpstlich in der Politik, fanden sich aber oft durch ziemlich mechanische und direkt wie Spott wirkende Mittel mit dem Wucherverbote der Kirche ab. Die großen und vornehmen Handelsherren des protestantischen Holland waren, als Arminianer, religiös spezifisch realpolitisch und die Hauptgegner des calvinistischen ethischen Rigorismus. 52 Skepsis oder Gleich-
49 Mit „Augustalen" wurden Männer bezeichnet, die in römischen Gemeinden den Kult des lebenden und der verstorbenen Kaiser besorgten. Die Augustalen stammten überwiegend aus der Schicht der Freigelassenen. Das Amt ist erstmals 12 v. Chr. belegt, war auf ein Jahr befristet, konnte aber mehrmals bekleidet werden. In seiner Abhandlung „Die Stadt" äußerte sich Weber zum gleichen Sachverhalt: „Als eine Schicht ökonomischer Interessenten waren die Freigelassenen die gegebene Kultgemeinde des Augustus als des Bringers des Friedens. Die von ihm gestiftete Augustalenwürde ersetzte etwa unseren Hoflieferantentitel". (MWG I/22-5, S.283). 50 Die Nachkommen des Gokula Nath (1552-1641), des Enkels von Vallabha Swami und Leiters der religiösen Bewegung der Vallabhacharis, werden als Gokulastha Gosains bezeichnet. In seiner Hinduismusstudie bemerkte Weber: „Die Macht der Gurus über die Laien Ist groß: ein Skandalprozeß von 1862 in Bombay brachte an den Tag, daß sie gegenüber den weiblichen Gemeindemitgliedern gelegentlich das jus primae noctis praktizierten, und daß die heilige Begattung dabei nach altem orgiastischen Brauch in Gegenwart von Gemeindegenossen sich vollzog. Die Fleisch- und Alkohol-Orgien wurden zu kulinarisch erlesenen Diners sublimiert und entsprechend die Sexualorgien". (MWG I/20, S. 503f.). 51 In den italienischen Städten wurde seit etwa 1215 die Bezeichnung „Guelfen" für die antikaiserlichen Anhänger des Papstes gebraucht. 52 Die Arminianer (auch „Remonstranten" genannt) waren Anhänger des Leidener reformierten Theologieprofessors Jacobus Arminius (1560-1609). 1610 legten sie in fünf
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mut sind und waren überall eine sehr weit verbreitete Stellungnahme der Großhändler und Großgeldgeberkreise zur Religiosität. Diesen leicht verständlichen Erscheinungen steht nun aber gegenüber: daß in der Vergangenheit die Neubildungen von Kapital, genauer ausgedrückt: von kontinuierlich betriebsmäßig in rationaler Weise zur Gewinnerzeugung verwertetem Geldbesitz, und zwar zumal von industriellen, also spezifisch modern verwertetem Kapital, in höchst auffallender Art und Häufigkeit mit rationaler ethischer Gemeindereligiosität der betreffenden Schichten verknüpft waren. Schon in den Handel Indiens teilen sich (geographisch) die Anhänger der noch in ihrer Modernisierung, welche die ritualistischen Reinheitsgebote als hygienische Vorschriften interpretiert, ethisch, besonders durch ihr bedingungsloses Wahrheitsgebot, rigoristischen Religion Zarathustras (Parsis), deren Wirtschaftsmoral ursprünglich nur den Ackerbau als Gott wohlgefällig anerkannte und allen bürgerlichen Erwerb perhorreszierte einerseits und andererseits die Jainasekte, also die am spezifischsten asketische Religiosität, welche es in Indien überhaupt gibt, mit den schon oben erwähnten 53 Vallabhachianern (immerhin, bei allem antirationalen Charakter der Kulte, einer als Gemeindereligiosität konstituierten Erlösungslehre). Ob es richtig ist, daß die islamische Kaufmannsreligiosität besonders häufig Derwischreligiosität ist, kann ich nicht kontrollieren, doch ist es nicht unwahrscheinlich. Die ethisch rationale jüdische Gemeindereligiosität ist schon im Altertum sehr stark Händler- und Geldgeberreligiosität. In geringerem, aber doch merklichem Maße ist auch die mittelalterliche christliche, ketzerisch-sektiererische oder an das Sektentum streifende Gemeindereligiosität zwar nicht Händler-, aber doch „bür-
Artikeln eine Erörterung ihres Verständnisses der Prädestination dar, in der sie sich gegen die strenge Prädestinationslehre Johannes Calvins wehrten. Die Dordrechter Syno d e ( 1 6 1 8 - 1 9 ) verurteilte ihre Lehre und setzte ca. 200 remonstrantische Pfarrer ab. Im selben Jahr organisierten sich die Arminianer in der „Remonstrantsche Broederschap", 1798 w u r d e n die Arminianer offiziell anerkannt. In seiner „Protestantischen Ethik" bemerkte Weber: „Der ,Arminianismus', dessen dogmatische Eigenart in der A b l e h n u n g des Prädestinationsdogmas in seiner schroffen Formulierung bestand, ist als Sekte nur in Holland (und den V e r e i n i g t e n ] Staaten) konstituiert [...]". (Weber, Protestantische Ethik II, S. 1, Fn. 1). 53 Siehe oben, S.236.
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gerliche" Religiosität, und zwar je ethisch rationaler sie war, desto mehr. Vor allem aber haben sich die sämtlichen Formen des westund osteuropäischen asketischen Protestantismus und Sektentums: Zwinglianer, Calvinisten, Reformierte, Baptisten, Mennoniten, Quäker, reformierte und in geringerer Intensität auch lutherische 5 Pietisten, Methodisten, ebenso die russischen schismatischen und ketzerischen, vor allem die rationalen pietistischen Sekten, unter ihnen speziell die Stundisten und die Skopzen, zwar in sehr verschiedener Art, durchweg aber auf das engste mit ökonomisch rationalen und - wo solche ökonomisch möglich waren - kapitalisti- 10 sehen Entwicklungen verknüpft. Und zwar wird die Neigung zur Anhängerschaft an eine ethisch rationale Gemeindereligiosität im allgemeinen um so stärker, je mehr man von jenen Schichten sich entfernt, welche Träger des vornehmlich politisch bedingten Kapitalismus waren, wie er seit Hammurabis Zeit überall, wo es Steuer- 15 pacht, Staatslieferantenprofit, Krieg, Seeraub, Großwucher, Kolonisation gab, existierte, und je mehr man sich denjenigen Schichten nähert, welche Träger moderner, rationaler Betriebsökonomik, d.h. also Schichten mit bürgerlichem ökonomischem Klassencharakter (im später zu erörternden Sinn) 54 waren. Die bloße Exi- 20 Stenz von „Kapitalismus" irgendwelcher Art genügt offensichtlich ganz und gar nicht, um ihrerseits eine einheitliche Ethik, geschweige denn eine ethische Gemeindereligiosität aus sich zu erzeugen. Sie wirkt von sich aus offenbar nicht eindeutig. Die Art des Kausalzusammenhangs der religiösen rationalen Ethik mit der beson- 25 deren Art des kaufmännischen Rationalismus da, wo dieser Zusammenhang besteht, lassen wir vorläufig noch außer betracht und stellen zunächst nur fest: daß eine, außerhalb der Stätte des ökonomischen Rationalismus, also außerhalb des Okzidents, nur geleA 275 gent|lich, innerhalb seiner aber deutlich, und zwar je mehr wir uns 30 den klassischen Trägern des ökonomischen Rationalismus nähern, desto deutlicher zu beobachtende Wahlverwandtschaft zwischen ökonomischem Rationalismus 3 und gewissen, später näher zu charakterisierenden 55 Arten von ethisch-rigoristischer Religiosität zu beobachten ist. 35 a In A folgt: einerseits 54 Siehe WuG1, S. 631-635 (MWG 1/22-1). 55 Siehe unten, S.311, S.320ff. und S.442.
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Verlassen wir nun die sozial oder ökonomisch privilegierten Schichten, so steigert sich anscheinend das Untypische der religiösen Haltung. Innerhalb der Schicht des Kleinbürgertums, speziell des Handwerks, bestehen die größten Gegensätze nebeneinander. Kastentabu und magische oder mystagogische Sakraments- oder Orgienreligiosität in Indien, Animismus in China, Derwischreligiosität im Islam, die pneumatisch-enthusiastische Gemeindereligiosität des antiken Christentums, namentlich im Osten des römischen Weltreichs, Deisidämonie neben Dionysosorgiastik im antiken Hellenentum, pharisäische Gesetzestreue im antiken großstädtischen Judentum, ein wesentlich idolatrisches Christentum neben allen Arten von Sektenreligiosität im Mittelalter und alle Arten von Protestantismus in der beginnenden Neuzeit - dies sind wohl die größten Kontraste, welche sich untereinander denken lassen. Eine spezifische Handwerkerreligiosität war allerdings von Anfang an das alte Christentum. Sein Heiland, ein landstädtischer Handwerker, 56 seine Missionare wandernde Handwerksburschen, der größte von ihnen, ein wandernder Zelttuchmachergeselle, 57 schon so sehr dem Lande entfremdet, daß er in einer seiner Episteln ein Gleichnis aus dem Gebiete des Okulierens 58 handgreiflich verkehrt anwendet, endlich die Gemeinden, wie wir schon sahen, 59 in der Antike ganz prononziert städtisch, vornehmlich aus Handwerkern, freien und unfreien, rekrutiert. Und auch im Mittelalter ist das Kleinbürgertum die frömmste, wenn auch nicht immer die orthodoxeste, Schicht. Aber auch im Christentum besteht nun die Er56 In Markus 6, 3 wird Jesus ein „Zimmermann [aus Nazareth]" genannt. 57 Der Apostel Paulus verdiente seinen Lebensunterhalt auf den Missionsreisen mit seinem Handwerk (1. Thessalonicher 2 , 9 ; 1. Korinther 4, 12; 2. Korinther 11, 27), laut A p o stelgeschichte 18, 3 als „Zeltmacher". 58 Im Römerbrief 11, 17f. erläuterte Paulus das Veredeln: „ O b aber nun etliche von d e n Z w e i g e n a u s g e b r o c h e n sind, und du, d a d u ein wilder Ö l b a u m wärest, bist unter sie gepfropfet, und teilhaftig worden der Wurzel und des Saftes im Ölbaum, So rühme dich nicht wider die Zweige." A. Deißmann hat d e n Vorwurf, Paulus habe sich als Großstädter mit d e m Bild des d e m edlen Ö l b a u m eingepflanzten wilden Zweiges vergriffen, widersprochen. Paulus wolle hier etwas Unnatürliches demonstrieren (Deissmann, Licht v o m Osten, S. 197). Weber hat, als er Deißmann in einem Brief v o m 4. Mai 1908 für das Buch dankte, daran Zweifel geäußert. „ O b Sie S. 197 (Städter Paulus) recht haben (bez. des Ölbaums) ist mir nicht sicher". Nottmeier, Christian (Hg.), Ein unbekannter Brief Max Webers an Adolf Deißmann, in: Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft 13, 2000, S. 9 9 - 1 3 1 , Zitat: S. 129f. 59 Siehe oben, S . 2 2 5 f .
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scheinung, daß innerhalb des Kleinbürgertums sowohl die antike pneumatische, Dämonen austreibende Prophetie, die unbedingt orthodoxe (anstaltskirchliche) mittelalterliche Religiosität und das Bettelmönchtum, wie andererseits gewisse Arten der mittelalterlichen Sektenreligiosität und zum Beispiel der lange der Heterodoxie verdächtige Orden der Humiliaten, 60 ebenso aber das Täufertum aller Schattierungen und andererseits wieder die Frömmigkeit der verschiedenen Reformationskirchen, auch der lutherischen, bei den Kleinbürgern, scheinbar gleichmäßig, einen außerordentlich festen Rückhalt fanden. Also eine höchst bunte Mannigfaltigkeit, welche wenigstens dies beweist, daß eine eindeutige ökonomische Bedingtheit der Religiosität des Handwerkertums nie bestand. Immerhin liegt höchst deutlich eine ausgesprochene Neigung sowohl zur Gemeindereligiosität, wie zur Erlösungsreligiosität und schließlich auch zur rationalen ethischen Religiosität vor, verglichen mit den bäuerlichen Schichten, und es ist nur nachdrücklich daran zu erinnern, daß auch dieser Gegensatz von eindeutiger Determiniertheit sehr weit entfernt ist, wie denn die Ausbreitungsgebiete zum Beispiel der täuferischen Gemeindereligiosität anfänglich in sehr starkem Maße besonders auf dem platten Lande (Friesland) gelegen haben und in der Stadt (Münster) zunächst gerade ihre Sozialrevolutionäre Form eine Stätte fand. Daß nun speziell im Okzident Gemeindereligiosität und mittleres und kleineres Stadtbürgertum miteinander eng verknüpft zu sein pflegen, hat seinen natürlichen Grund zunächst in dem relativen Zurücktreten der Blutsverbände, namentlich der Sippe, innerhalb der okzidentalen Stadt. b Den Ersatz dafür findet der Einzelne neben den Berufsverbänden, die im Okzident zwar, wie überall, kultische, aber nicht mehr tabuistische Bedeutung haben, in frei geschaffenen religiösen Vergemeinschaftungen. Diesen letzteren Zusammenhang determiniert aber nicht etwa die ökonomische Eib In A bindet die Anmerkung der Erstherausgeber an: ^ Vgl. dazu das Schlußkapitel: „Die Stadt". (Anm. d. Herausgeb.) 60 Die Humiliaten (Selbstbezeichnung: humiliati per Deum, lat.: „die um Gottes Willen Gedemütigten") waren Anhänger einer mittelalterlichen A r m u t s b e w e g u n g , die aus Bußbruderschaften lombardischer Laien hervorgegangen war. Ihre Ideale waren Armut, Fasten und Predigt. 1184 w u r d e n sie von Papst Lucius III. auf der Synode von Verona zus a m m e n mit d e n Waldensern und Katharern w e g e n Häresie exkommuniziert. Papst Innozenz III. bestätigte 1201 den Orden der Humiliaten.
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genart des bloßen Stadtlebens als solchen von sich aus. Sondern, wie leicht einzusehen, sehr häufig umgekehrt. In China halten die exklusive Bedeutung des Ahnenkults und die Sippenexogamie den einzelnen Stadtinsassen dauernd in fester Verbindung mit Sippe und Heimatsdorf. In Indien | erschwert das religiöse Kastentabu A 276 die Entstehung oder beschränkt die Bedeutung der soteriologischen Gemeindereligiosität, in den stadtartigen Siedelungen ganz ebenso wie auf dem Lande. Und in beiden Fällen hemmten jene Momente sogar, sahen wir,61 die Entwicklung der Stadt zu einer „Gemeinde" weit stärker als die des Dorfes. A b e r die Kleinbürgerschicht neigt allerdings begreiflicherweise relativ stark, und zwar aus Gründen ihrer ökonomischen Lebensführung, zur rationalen ethischen Religiosität, wo die Bedingungen für deren Entstehung gegeben sind. Es ist klar, daß das Leben des Kleinbürgers, zumal des städtischen Handwerkers und Kleinhändlers, der Naturgebundenheit, verglichen mit den Bauern, weit ferner steht, so daß die Abhängigkeit von magischer Beeinflussung der irrationalen Naturgeister für ihn nicht die gleiche Rolle spielen kann, wie für jene, daß umgekehrt seine ökonomischen Existenzbedingungen ganz wesentlich rationaleren, d.h. hier: der Berechenbarkeit und der zweckrationalen Beeinflussung zugänglicheren Charakter haben. Ferner legt seine ökonomische Existenz namentlich dem Handwerker, unter bestimmten spezifischen Bedingungen auch dem Händler, den Gedanken nahe, daß Redlichkeit in seinem eigenen Interesse liege, treue Arbeit und Pflichterfüllung ihren „Lohn" finde und daß sie auch ihres gerechten Lohnes „wert" sei, also eine ethisch rationale Weltbetrachtung im Sinn der Vergeltungsethik, die allen nicht privilegierten Schichten, wie noch zu erörtern, 62 ohnehin naheliegt. Ungleich näher jedenfalls als den Bauern, die sich dem „ethischen" Vergeltungsglauben überall erst nach Ausrottung der Magie durch andere Gewalten zuwenden, während der Handwerker diese Ausrottung sehr oft aktiv mit vollzogen hat. Und vollends ungleich näher als dem Krieger oder ganz großen, am Kriege und politischen Machtentfaltungen ökonomisch interessier-
61 Über diesen Sachverhalt hat sich Weber ausführlich in seiner Abhandlung „Die Stadt" geäußert (MWG I/22-5, S. 85-89). Vgl. auch den Editorischen Bericht, oben, S. 96, Anm. 53. 62 Siehe unten, S.252ff.
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ten Geldmagnaten, welche gerade den ethisch rationalen Elementen einer Religiosität am wenigsten zugänglich sind. Der Handwerker speziell ist zwar in den Anfängen der Berufsdifferenzierung ganz besonders tief in magische Schranken verstrickt. Denn alle spezifizierte, nicht alltägliche, nicht allgemein verbreitete, „Kunst" gilt als magisches Charisma, persönliches oder, und in aller Regel, erbliches, dessen Erwerb und Erhaltung durch magische Mittel garantiert wird, seinen Träger tabuistisch, zuweilen totemistisch, aus der Gemeinschaft der Alltagsmenschen (Bauern) absondert, oft vom Bodenbesitz ausschließt. Und das c namentlich die in der Hand alter Rohstoffvölker, welche zuerst als „Störer", 63 dann als einzelne ansässige Fremdbürtige, ihre Kunst anbieten, verbliebenen Gewerbe zur Bindung an Pariakasten verurteilt und auch die Manipulationen des Handwerkers, seine Technik, magisch stereotypiert. Wo immer aber dieser Zustand einmal durchbrochen ist und das vollzieht sich am leichtesten auf dem Boden städtischer Neusiedelungen - , da kann dann der Umstand seine Wirkung entfalten: daß der Handwerker und ebenso der Kleinhändler, der erstere über seine Arbeit, der letztere über seinen Erwerb^ wesentlich mehr rational zu denken hat als irgendein Bauer. Der Handwerker speziell hat ferner während der Arbeit wenigstens bei gewissen, in unserem Klima besonders stark stubengebundenen Gewerben - so in den Textilhandwerken, die daher überall besonders stark mit sektenhafter Religiosität durchsetzt sind - Zeit und Möglichkeit zum Grübeln. Selbst für den modernen maschinellen Webstuhl 64 trifft dies in begrenztem Umfange unter Umständen noch zu, vollends aber für den Webstuhl der Vergangenheit. Überall, wo die Gebundenheit an rein magische oder rein ritualistische Vorstellungen durch Propheten oder Reformatoren gebrochen wird, neigen daher die Handwerker und Kleinbürger zu einer Art von C A: der 6 3 „Stör" bezeichnet einen Handwerker, der nicht in der eigenen Werkstatt arbeitete, sondern z u m K u n d e n ins Haus ging und damit die üblichen Zunftordnungen „störte". 6 4 Weber hielt sich im September 1908 und Januar 1909 bei Verwandten auf, die eine Weberei in Oerlinghausen bei Bielefeld besassen. Firmenleiter waren zu dieser Zeit Bruno Müller, der Ehemann von Webers Cousine Wina Müller, und zwei ihrer Söhne, Georg und Richard Müller. B e o b a c h t u n g e n in dieser Weberei von Oerlinghausen flössen in Webers U n t e r s u c h u n g „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit" ein. (MWG 1/11, S. 1 5 0 - 3 8 0 ) .
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freilich oft sehr primitiver, ethischer und religiös rationalistischer Lebensbetrachtung. Sie sind ferner schon kraft ihrer beruflichen Spezialisierung Träger einer spezifisch geprägten einheitlichen „Lebensführung". Die Determiniertheit der Religiosität durch die5 se allgemeinen Bedingungen der Handwerker- und Kleinbürgerexistenz ist in keiner Weise eine eindeutige. Die chinesischen, überaus „rechenhaften" Kleinhändler sind nicht Träger einer rationalen Religiosität, die chinesischen Handwerker, soviel bekannt, ebenfalls nicht. Sie hängen, neben der magischen, allenfalls 10 der buddhistischen Karman| lehre an. Dies Fehlen einer ethisch ra- A 277 tionalen Religiosität ist aber hier das Primäre und scheint seinerseits die immer wieder auffallende Begrenztheit des Rationalismus ihrer Technik einflußt zu haben. Die bloße Existenz von Handwerkern und Kleinbürgern hat aber nirgends genügt, die Entstehung 15 einer ethischen Religiosität eines noch so allgemein zu umschreibenden Typus aus sich zu gebären. Wir sahen umgekehrt, 65 wie das Kastentabu in Verbindung mit dem Seelenwanderungsglauben die indische Handwerkerethik beeinflußt und stereotypiert hat. Nur wo eine Gemeindereligiosität und speziell eine rational ethische 20 Gemeindereligiosität entstand, da konnte sie dann begreiflicherweise gerade in städtischen Kleinbürgerkreisen ganz besonders leicht Anhänger gewinnen und dann die Lebensführung dieser Kreise ihrerseits unter Umständen nachhaltig beeinflussen, wie dies tatsächlich geschehen ist. 25 Endlich die ökonomisch am meisten negativ privilegierten Schichten: Sklaven und freie Tagelöhner, sind bisher nirgends in der Geschichte Träger einer spezifischen Religiosität gewesen. Die Sklaven in den alten Christengemeinden waren Bestandteile des städtischen Kleinbürgertums. Denn die hellenistischen Sklaven und 30 z. B. die im Römerbrief erwähnten Leute des Narzissus (vermutlich des berühmten kaiserlichen Freigelassenen) 66 gehören entweder wie wahrscheinlich die letzteren - dem relativ gut und selbständig gestellten Hausbeamtentum und der Dienerschaft eines sehr reichen Mannes an, oder und meist, sind sie umgekehrt selbständige 6 5 Siehe oben, S. 173f. 6 6 Römer 16, 11. Aus den antiken Quellen sind mindestens zwei kaiserliche Freigelassene namens Narclssus bekannt: ein Freigelassener des Claudius (Sueton, De vita Caesarum, Divus Claudius 28; Corpus Inscrlptlonum Latinarum XV 7500) und ein Freigelassener des Nero (Casslus Dlo, Hlstoria Romana 64, 3).
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Handwerker, welche ihrem Herrn Zins zahlen und sich das Geld für ihren Freikauf aus ihren Ersparnissen zu erarbeiten hoffen, wie dies in der ganzen Antike und in Rußland bis in das 19. Jahrhundert üblich war, oder endlich wohl auch gutgestellte Staatssklaven. Auch die Mithrasreligion zählte, wie die Inschriften lehren, 67 unter dieser 5 Schicht zahlreiche Anhänger. Daß der delphische Apollon (ebenso wie sicherlich andere Götter) offenbar als, ihrer sakralen Geschütztheit wegen, gesuchte Sklavensparkasse fungierte und dann die Sklaven aus diesen Ersparnissen von ihrem Herrn „in die Freiheit" kaufte, soll nach Deissmanns ansprechender Hypothese 68 von 10 Paulus als Bild für den Loskauf der Christen mit dem Blut des Heilandes in die Freiheit von Gesetzes- und Sündenknechtschaft verwertet sein. Ist dies richtig - es ist immerhin die alttestamentliche Wendung gäal oder padä69 wohl auch als mögliche Quelle in Be67 Über die Inschriften berichtete Franz Cumont: „Die älteste Weiheinschrift an Mithras, welche wir besitzen, ist eine zweisprachige Inschrift von einem Freigelassenen der Flavier [...]". (Cumont, Franz, Die Mysterien des Mithra. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der römischen Kaiserzeit, autorisierte Ausgabe von Georg Gehrich. - Leipzig: B.G. Teubner 1903, S.28). Die Weiheinschrift, die ein kaiserlicher Freigelassener mit dem Namen Titus Flavius Hyginus Ephebianus gesetzt hat (Corpus Inscriptionum Latlnarum VI 732), stammt aus dem letzten Viertel des ersten Jahrhunderts n. Chr. Es gibt noch weitere Inschriften von kaiserlichen Freigelassenen (vgl. Inscriptiones Latinae Selectae, Nr. 4270). 6 8 Laut Adolf Deissmann hat Paulus sich bei seinem Bild der Befreiung durch Christus aus der Sklaverei der Sünde (1. Korinther 6,20; 7,23) an der Praxis antiker sakraler Sklavenbefreiung orientiert. „Der seitherige Herr kommt mit dem Sklaven in den Tempel, verkauft ihn dort dem Gott und erhält aus der Tempelkasse den Kaufpreis (den tatsächlich der Sklave vorher aus seinen Ersparnissen erlegt hat). Damit ist der Sklave Eigentum Gottes, aber nicht sein Tempelsklave, sondern nur sein Schützling". (Deissmann, Licht vom Osten, S. 243). Über diesen Vorgang wurde eine Urkunde erstellt. Als Beispiel führte Deissmann eine delphische Inschrift an: „Es /raufte Apollon Pythios von Sosibios aus Amphissa zur Freiheit einen weiblichen Sklaven, deren Name Nikaia und die von Geburt Römerin ist, um einen Preis von dreiundeinhalb Silberminen. Bürge nach dem Gesetz: Eumnastos aus Amphissa. Den Preis hat er empfangen. Den Kauf aber hat Nikaia dem Apollon anvertraut, zur Freiheit (ebd. S. 243). Max Weber dankte Adolf Deißmann in einem Brief vom 4. Mai 1908 dafür, daß er ihm das Buch Licht vom Osten geschenkt habe. Am Ende einer Würdigung von Delßmanns Methode schreibt Weber: „Wie interessant und richtig mir das über den Sklavenloskauf Gesagte (S.232ff.) scheint, wissen Sie ja" (vgl. oben, S. 239, Anm. 58, S. 130f.). 69 Der Terminus gä'al (hebr.: „wiederherstellen", „auslösen") ist ein Begriff des Verwandtschaftsrechts und bezeichnete den nächsten Verwandten, der zur Solidarität verpflichtet war. Wenn ein Jude sein Land oder seine Freiheit verloren hatte, hatte dieser nächste Verwandte das Recht, aber auch die Pflicht, beide Rechte wiederherzustellen (3. Mose 25, 2 5 - 3 4 und 47-55). Der Ausdruck pädä (hebr.: „loskaufen") bezeichnete den Preis, der für die Ablösung eines Rechtsanspruches zu zahlen war (2. Mose 13, 13 und 15; 4. Mose 18, 15).
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tracht zu ziehen dann zeigt es, wie sehr die christliche Propaganda gerade auch auf dieses ökonomisch rational lebende, weil strebsame unfreie Kleinbürgertum mitzählte. Das „sprechende Inventar" 70 der antiken Plantagen dagegen, diese unterste Schicht des Sklaventums, war kein Boden für eine Gemeindereligiosität oder irgendwelche religiöse Propaganda überhaupt. Die Handwerksgesellen aller Zeiten ferner, als normalerweise nur durch eine Karenzzeit vom selbständigen Kleinbürgertum getrennt, haben die spezifische Kleinbürgerreligiosität meist geteilt. Allerdings besonders oft mit noch ausgesprochenerer Neigung zur unoffiziellen sektenhaften Religiosität, für deren sämtliche Formen die mit der Not des Tages, den Schwankungen des Brotpreises und der Verdienstgelegenheit kämpfende, auf „Bruderhilfe" angewiesene gewerbliche Unterschicht der Städte überall ein höchst dankbares Feld dargeboten hat. Die zahlreichen geheimen oder halb tolerierten Gemeinschaften der „armen Leute" mit ihrer bald revolutionären, bald pazifistisch-kommunistischen, bald ethisch-rationalen Gemeindereligiosität umfassen regelmäßig gerade auch die Kleinhandwerkerschicht und das Handwerksgesellentum. Vor allem aus dem technischen Grunde, weil die wandernden Handwerksgesellen die gegebenen Missionare jedes Gemeindeglaubens der Massen sind. Die ungeheuer schnelle Expansion des Christentums über die gewaltige Entfernung vom Orient bis Rom hin in wenigen Jahrzehnten illustriert diesen Vorgang hinlänglich. Das moderne Proletariat aber ist, soweit es religiös eine Sonderstellung einnimmt, ebenso wie breite Schichten der eigentlich modernen Bourgeoisie durch Indifferenz oder Ablehnung des Religiösen ausgezeichnet. Die Abhängigkeit von der eigenen Leistung wird hier durch das Bewußtsein der Abhängigkeit von rein gesell-
70 Weber g e b r a u c h t e diese Bezeichnung bereits in seiner A b h a n d l u n g „Die römische A g r a r g e s c h i c h t e in ihrer Bedeutung für das Staats- u n d Privatrecht" (MWG 1/2, S . 3 1 4 ) sowie in einem 1896 gehaltenen Vortrag, der unter d e m Titel „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur", in: Die Wahrheit. Halbmonatschrift zur Vertiefung In die Fragen und A u f g a b e n des Menschenlebens, hg. von Christoph Schrempf, 6. Band, 1. Maiheft, 1896, S. 5 7 - 7 7 (MWG I/6), erschienen ist. Dort heißt es auf S.65: „Die Behausung für das .sprechende Inventar' (instrumentum vocale), den Sklavenstall also, finden wir bei d e m des Viehs (instrumentum .semlvocale')". Der Begriff „instrumentum" stammt von Cato d e m Älteren (vgl. De re rustica 1,17,1) und bezeichnete das Zubehör eines Hauses oder Landgutes.
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schaftlichen Konstellationen, ökonomischen Konjunkturen und A 278 gesetzlich garantierten Machtverhältnissen zurückgedrängt oder ergänzt. Dagegen ist jeder Gedanke an Abhängigkeit von dem Gang der kosmisch-meteorologischen oder anderen, als magisch oder als providenziell bewirkt zu deutenden, Naturvorgängen ausgeschaltet, wie es s.Z. schon Sombart 71 in schöner Form ausgeführt hat. Der proletarische Rationalismus ebenso wie der Rationalismus einer im Vollbesitz der ökonomischen Macht befindlichen, hochkapitalistischen Bourgeoisie, dessen Komplementärerscheinung er ist, kann daher aus sich heraus nicht leicht religiösen Charakter tragen, jedenfalls eine Religiosität nicht leicht erzeugen. Die Religion wird hier vielmehr normalerweise durch andere ideelle Surrogate ersetzt. Die untersten, ökonomisch unsteten Schichten des Proletariats, denen rationale Konzeptionen am schwersten zugänglich sind, und ebenso die proletaroiden oder dauernd notleidenden und mit Proletarisierung bedrohten sinkenden Kleinbürgergeschichten können allerdings religiöser Mission besonders leicht anheimfallen. Aber religiöser Mission ganz besonders in magischer Form, oder, wo die eigentliche Magie ausgerottet ist, von einem Charakter, welcher Surrogate für die magisch-orgiastische Begnadung bietet; dies tun z.B. die soteriologischen Orgien methodistischer Art, wie sie etwa die Heilsarmee veranstaltet. 72 Zweifellos können weit leichter emotionale als rationale Elemente einer religiösen Ethik auf diesem Boden wachsen, und jedenfalls entstammt ihnen ethische Religiosität kaum jemals als ihrem primären Nährboden. Es gibt eine spezifische „Klassen"-Religiosität der negativ privilegierten Schichten nur in begrenztem Sinn. So-
71 Werner Sombart meinte, daß der Arbeiter (und b e s o n d e r s seine Kinder) aufgrund seiner Lebens- und Arbeitssituation (Wohnen in Ballungsräumen, Arbeit in der Fabrik) jedes Gefühl für die freie Natur mit all ihren sinnlichen Reizen verliere. „Das Instinktmäßig-Sichere des Daseins geht ihm verloren". (Sombart, Das Proletariat, S.9). 72 Die Heilsarmee Ist aus der Zeltmission des Methodistenpredigers William Booth hervorgangen. Über ihre Z u s a m m e n k ü n f t e schrieb Theodor Kolde: „Mit d e m G e s ä n g e wechseln himmelsstürmende Gebete, in welche die z u m Teil konvulsivisch erregten oder sich auf den Knieen w i n d e n d e n Heilssoldaten, wie die von der Macht des Gebetes fortgerissenen Unbekehrten, ihr Seufzen und A m e n hineintönen lassen [...]. Es sind kurze Selbstbekenntnisse, in denen die Bekehrten mit großer Offenheit in oft sehr drastischer Weise von ihrem früheren Sündenleben und Ihrer jetzigen Seligkeit und Heiligkeit erzählen". (Kolde, Theodor, Heilsarmee, in: RE 3 , Band 7, 1899, S. 5 7 8 - 5 9 3 , Zitat: S.589; hinfort: Kolde, Heilsarmee).
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weit in einer Religion der Inhalt „sozialpolitischer" Forderungen als gottgewollt fundamentiert wird, haben wir uns bei Erörterung der Ethik und des „Naturrechts" 73 kurz damit zu befassen. Soweit der Charakter der Religiosität als solcher in Betracht kommt, ist zunächst ohne weiteres verständlich, daß das „Erlösungs"-Bedürfnis, im weitesten Sinn des Worts, in den negativ privilegierten Klassen einen - wie wir später sehen werden 74 freilich keineswegs den einzigen oder auch nur den hauptsächlichsten, Standort hat, während es innerhalb der „satten" und positiv privilegierten Schichten wenigstens den Kriegern, Bürokraten und der Plutokratie fern liegt. Ihren ersten Ursprung kann eine Erlösungsreligiosität sehr wohl innerhalb sozial privilegierter Schichten nehmen. Das Charisma des Propheten ist an ständische Zugehörigkeit nicht gebunden, ja es ist durchaus normalerweise an ein gewisses Minimum auch intellektueller Kultur gebunden. Die spezifischen Intellektuellenprophetien beweisen beides hinlänglich. Aber sie wandelt dann ihren Charakter regelmäßig, sobald sie auf die nicht spezifisch und berufsmäßig den Intellektualismus als solchen pflegenden Laienkreise, noch mehr, wenn sie auf diejenigen negativ privilegierten Schichten übergreift, denen der Intellektualismus ökonomisch und sozial unzugänglich ist. Und zwar läßt sich wenigstens ein normaler Grundzug dieser Wandlung, eines Produkts der unvermeidlichen Anpassung an die Bedürfnisse der Massen, allgemein bezeichnen: das Hervortreten des persönlichen göttlichen oder menschlich-göttlichen Erlösers als des Trägers, der religiösen Beziehungen zu ihm als der Bedingung des Heils. Als eine Art der Adaptierung der Religiosität an die Massenbedürfnisse lernten wir schon die Umformung kultischer Religiosität zur reinen Zauberei kennen. 75 Die Heilandsreligiosität ist eine zweite typische Form und natürlich mit der rein magischen Umformung durch die mannigfachsten Übergänge verbunden. Je weiter man auf der sozialen Stufenleiter nach unten gelangt, desto radikalere Formen pflegt das Heilandsbedürfnis, wenn es einmal auftritt, anzunehmen. Die
73 Siehe unten, S . 3 9 6 und WuG 1 , S. 4 9 5 - 5 0 2 (MWG I / 2 2 - 3 ) . 74 Siehe unten, S . 2 5 2 f f . 75 Siehe oben, S . 2 1 6 f f .
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indischen Kartabhajas d , 76 eine vischnuitische Sekte, welche mit der, vielen Erlösungslehren theoretisch eigenen, Sprengung des Kastentabu am meisten Ernst gemacht und z.B. wenigstens eine begrenzte, auch private (nicht nur rein kultische) Tischgemeinschaft ihrer Angehörigen hergestellt hat, infolge davon aber auch wesentlich eine Sekte der kleinen Leute ist, treibt zugleich die anthropolatrische Verehrung ihres erblichen Guru am weitesten und bis zur Ausschließlichkeit dieses Kults. Und Ähnliches wiederholt A 279 sich bei anderen, vornehmlich aus den sozial | untersten Schichten rekrutierten oder durch sie beeinflußten Religiositäten. Die Übertragung von Erlösungslehren auf die Massen läßt fast jedesmal den persönlichen Heiland entstehen oder stärker hervortreten. Der Ersatz des Buddhaideals, d. h. der exemplarischen Intellektuellenerlösung in das Nirwana, durch das Bodhisattvaideal e zugunsten eines zur Erde niedersteigenden Heilands, der auf das eigene Eingehen in das Nirwana verzichtet, um die Mitmenschen zu erlösen, ebenso das Aufkommen der durch die Menschwerdung des Gottes vermittelten Erlösergnade in den hinduistischen Volksreligionen, vor allem im Vischnuismus, und der Sieg dieser Soteriologie und ihrer magischen Sakramentsgnade sowohl über die vornehme atheistische Erlösung der Buddhisten, wie über den alten, an die vedische Bildung gebundenen Ritualismus, sind Erscheinungen, die sich, nur in verschiedener Abwandlung, auch sonst finden. Überall äußert sich das religiöse Bedürfnis des mittleren und kleineren Bürgertums in emotionalerer, speziell in einer zur Innigkeit und Erbaulichkeit neigenden Legende statt der Heldenmythen bildenden Form. Sie entspricht der Befriedung und stärkeren Bedeutung des Haus- und Familienlebens gegenüber den Herrenschichten. Das Aufkommen der gottinnigen „Bhakti"-Frömmigd A: Kharba Bajads
e A: Bodhisattvaideal,
76 Bei den Kartabhajas handelt es sich um eine Sekte in Bengalen, die Im 19. Jahrhundert von Ram Sarana Pal g e g r ü n d e t wurde. Horace Hayman Wilson bemerkte dazu: „The chief peculiarity of this sect Is the doctrine of the absolute divinity of the Guru, at least as being the present Krishna, or deity incarnate, and w h o m they therefore, [...] venerate as their Ishta Devata, or elected g o d . [...] The distinctions of caste are not ackn o w l e d g e d amongst the followers of this sect, at least w h e n e n g a g e d in any of their religious celebrations, a n d they eat together in private, o n c e or twice a year". (Wilson, Horace Hayman, Essays and Lectures Chiefly on the Religion of the Hindus, Collected and Edited by Reinhold Rost, vol. 1: A Sketch of the Religious Sects of the Hindus. - London: Trübner & Co. 1861, Zitate: S. 171 und 172).
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keit in allen indischen Kulten, in der Schaffung der Bodhisattvafigur so gut wie in den Krischnakulten, die Popularität der erbaulichen Mythen vom Dionysoskinde, vom Osiris, vom Christkind und ihre zahlreichen Verwandten, gehören alle dieser bürgerlichen Wendung der Religiosität ins Genrehafte an. Das Auftreten des Bürgertums als einer, die Art der Frömmigkeit mitbestimmenden Macht unter dem Einfluß des Bettelmönchtums bedeutet zugleich die Verdrängung der vornehmen „Theotokos" 77 der imperialistischen Kunst Nicolo Pisanos durch das Genrebild der heiligen Familie, wie es sein Sohn 78 schuf, ganz wie das Krischnakind in Indien der Liebling der volkstümlichen Kulte ist. Wie die Magie, so ist der soteriologische Mythos und sein menschgewordener Gott oder gottgewordener Heiland eine spezifisch volkstümliche und daher an den verschiedensten Stellen spontan entstandene religiöse Konzeption. Die unpersönliche, übergöttliche ethische Ordnung des Kosmos und die exemplarische Erlösung ist dagegen ein der spezifisch unvolkstümlichen, ethisch rationalen Laienbildung adäquater Intellektuellengedanke. Das gleiche gilt aber für den absolut überweltlichen Gott. Mit Ausnahme des Judentums und des Protestantismus haben alle Religionen und religiösen Ethiken ohne Ausnahme den Heiligen- oder Heroen- oder Funktionsgötterkult bei ihrer Adaptierung an die Massenbedürfnisse wieder aufnehmen müssen. Der Konfuzianismus läßt ihn in Gestalt des taoistischen Pantheon neben sich bestehen, der popularisierte Buddhismus duldet die Gottheiten der Länder seiner Verbreitung als dem Buddha untergeordnete Kultempfänger, Islam und Katholizismus haben Lokalgötter, Funktionsgötter und Berufsgötter als Heilige, denen die eigentliche Devotion des Alltags bei den Massen gilt, rezipieren müssen. Der Religiosität der negativ Privilegierten ist ferner, im Gegensatz zu den vornehmen Kulten des kriegerischen Adels, die gleichberechtigte Heranziehung der Frauen eigen. Der höchst verschieden abgestufte Grad der Zulassung und mehr oder minder aktiven oder passiven Beteiligung oder des Ausschlusses der Frauen von 7 7 Theotokos (von griech.: theos, „Gott" und tiktein, „gebären") ist der Titel der Maria als „Gottesgebärerin", zuerst 325 n. Chr. bezeugt. Auf der Synode von Ephesos 431 wurde der Ehrentitel zum kirchlichen Dogma erhoben. 7 8 Gemeint ist Giovanni Pisano, der wie sein Vater Bildhauer war. Vgl. die Einträge im Personenverzeichnis, unten, S.464.
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den religiösen Kulten ist wohl überall Funktion des Grades der (gegenwärtigen oder früheren) relativen Befriedung oder Militarisierung. Dabei besagt natürlich die Existenz von Priesterinnen, die Verehrung von Wahrsagerinnen oder Zauberinnen, kurz die äußerste Devotion gegen individuelle Frauen, denen übernatürliche 5 Kräfte und Charismata zugetraut wurden, nicht das geringste für eine kultische Gleichstellung der Frauen als solcher. Und umgekehrt kann die prinzipielle Gleichstellung in der Beziehung zum Göttlichen, wie sie im Christentum und Judentum, in geringerer Konsequenz im Islam und offiziellen Buddhismus besteht, mit völ- 10 liger Monopolisierung der Priesterfunktion und des Rechts zum aktiven Mitbestimmungsrecht in Gemeindeangelegenheiten durch die allein zur speziellen Berufsvorbildung zugelassenen oder qualiA 280 fiziert gehaltenen Männer zusammen bestehen, wie dies tat (sächlich in jenen Religionen der Fall ist. Die große Empfänglichkeit 15 der Frauen für alle nicht exklusiv militärisch oder politisch orientierte religiöse Prophetie tritt in den unbefangen freien Beziehungen fast aller Propheten, des Buddha ebenso wie des Christus und etwa des Pythagoras, deutlich hervor. Höchst selten aber behauptet sie sich über diejenige erste Epoche der Gemeinde hinaus, in 20 welcher die pneumatischen Charismata als Merkmale spezifischer religiöser Erhebung geschätzt werden. Dann tritt, mit Veralltäglichung und Reglementierung der Gemeindeverhältnisse, stets ein Rückschlag gegen die nun als ordnungswidrig und krankhaft empfundenen pneumatischen Erscheinungen bei den Frauen ein. So 25 schon bei Paulus. 79 Vollends jede politisch-militärische Prophetie wie der Islam - wendet sich an die Männer allein. Und oft tritt der Kult eines kriegerischen Geistes (so im indischen Archipel des Duk-Duk 8 0 und sonst oft ähnlicher periodischer Epiphanien eines 7 9 In der Gemeinde von Korinth hatten Frauen in den Gemeindeversammlungen prophetische Reden gehalten (1. Korinther 11, 5). Paulus lehnte dies ab: „Wie in allen Gemeinen der Heiligen, lasset eure Weiber schweigen unter der Gemeine; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sollen Untertan sein, wie auch das Gesetz saget". (1. Korinther 14, 34). 8 0 „Duk-Duk" Ist die Bezeichnung sowohl für einen kriegerischen „Geist" Im BismarckArchipel, Melanesien, sowie für den Gehelmbund, der sich um Ihn gebildet hatte. Weber stützte sich auf die Angaben des Ethnologen und Soziologen Heinrich Schurtz (Schurtz, Altersklassen und Männerbünde, wie oben, S. 130, Anm. 16, S. 369-377). Auch an anderer Stelle nannte Weber die Aktivitäten des Duk-Duk: „Die zahlreichen, eigens zur Einschüchterung und Plünderung der Frauen erfundenen superstitiösen Mittel (z. B. das
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Helden-Numen) ganz direkt in den Dienst der Domestikation und regelrechten Ausplünderung der Frauenhaushalte durch die kasino- oder klubartig vergesellschafteten Insassen des Kriegerhauses. Überall, wo die asketische Kriegererziehung mit ihrer „Wiedergeburt" des Helden herrscht oder geherrscht hat, gilt die Frau als der höheren, heldischen Seele entbehrend und ist dadurch religiös deklassiert. So in den meisten vornehmen oder spezifisch militaristischen Kultgemeinschaften. Von den offiziellen chinesischen, ebenso wie von den römischen und den brahmanischen Kulten ist die Frau gänzlich ausgeschlossen, und auch die buddhistische Intellektuellenreligiosität ist nicht feministisch; selbst in der Merowingerzeit konnten christliche Synoden die Gleichwertigkeit der Seele der Frau bezweifeln. 81 Dagegen haben die spezifischen Kulte des Hinduismus sowohl wie ein Teil der chinesischen buddhistischtaoistischen Sekten und im Okzident vor allem das alte Christentum, wie später die pneumatischen und pazifistischen Sekten in Ost- und Westeuropa gleichmäßig ihre propagandistische Kraft aus der Heranziehung und Gleichstellung der Frauen gezogen. Auch in Hellas hatte der Dionysoskult bei seinem ersten Auftreten ein dort sonst ganz unerhörtes Maß von Emanzipation der an den Orgien beteiligten Frauen von aller Konvention mit sich gebracht, eine Freiheit, die freilich je länger je mehr künstlerisch und zeremoniell stilisiert und reglementiert und damit gebunden, insbesondere auf Prozessionen und einzelne andere Festakte in den verschiedenen Kulten beschränkt wurde und so schließlich in ihrer praktischen Bedeutung gänzlich schwand. Der gewaltige Vorsprung der christlichen Propaganda innerhalb der kleinbürgerlichen Schichten gegenüber ihrem wichtigsten Konkurrenten: der Mithrasreligion, war, daß dieser extrem maskuline Kult die Frauen ausschloß. In einer Zeit universeller Befriedung nötigte dies seine Bekenner dazu, für ihre Frauen einen Ersatz in anderen Mysteriperiodische Erscheinen und der Plünderungszug des Duk-Duk) stellen die Reaktion der aushäuslg g e w o r d e n e n Männer g e g e n diese Gefährdung ihrer Autorität dar". (WuG 1 , S. 205; MWG 1/22-1). 81 Bei Carl Joseph Hefele ist vermerkt, daß ein Bischof auf der zweiten Synode von M ä c o n Im Jahre 585 behauptet hatte, „die Weiber könnten nicht Menschen im vollen Sinne genannt werden". Hefele bemerkte aber gleichzeitig, daß dieser Bischof „von der Synode zurechtgewiesen" wurde. (Hefele, Carl Joseph, Conciliengeschichte, 3. Band. Arnheim: Josué Witz 1859, S.51).
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en, z. B. denen der Kybele, zu suchen und zerstörte so von vornherein die Einheitlichkeit und Universalität der Religionsgemeinschaft selbst innerhalb der einzelnen Familien, in starkem Kontrast gegen das Christentum. Im Prinzip nicht ganz so, aber im Effekt vielfach ähnlich stand es mit allen eigentlichen Intellektuellenkul- s ten gnostischer, manichäischer und ähnlicher Art. Keineswegs alle Religionen der „Bruder- und Feindesliebe" sind zu dieser Geltung durch Fraueneinfluß gelangt oder feministischen Charakters: die indische Ahimsareligiosität z. B. absolut nicht. Der Fraueneinfluß pflegt nur die emotionellen, hysterisch bedingten Seiten der Reli- 10 giosität zu steigern. So in Indien. A b e r es ist gewiß nicht gleichgültig, daß die Erlösungsreligiosität die unmilitärischen und antimilitärischen Tugenden zu verklären pflegt, wie dies negativ privilegierten Schichten und Frauen naheliegen muß. Die speziellere Bedeutung der Erlösungsreligiosität für die poli- 15 tisch und ökonomisch negativ privilegierten Schichten im Gegensatz zu den positiv privilegierten läßt sich nun unter noch einige allgemeinere Gesichtspunkte bringen. - Wir werden bei Erörterung der „Stände" und „Klassen" noch davon zu reden haben, 82 daß das Würdegefühl der höchstprivilegierten (und nicht priester- 20 liehen) Schichten, speziell des Adels, die „Vornehmheit" also, auf A 281 dem Bewußtsein der „Vollendung" ihrer | Lebensführung als eines Ausdrucks ihres qualitativen, in sich beruhenden, nicht über sich hinausweisenden „Seins" ruht und, der Natur der Sache nach, ruhen kann, jedes Würdegefühl negativ Privilegierter dagegen auf ei- 25 ner ihnen verbürgten „Verheißung", die an eine ihnen zugewiesene „Funktion", „Mission", „Beruf" geknüpft ist. Was sie zu „sein" nicht prätendieren können, ergänzen sie entweder durch die Würde dessen, was sie einst sein werden, zu sein „berufen" sind, in einem Zukunftsleben im Diesseits oder Jenseits oder (und meist zu- 30 gleich) durch das, was sie, providentiell angesehen, „bedeuten" und „leisten". Der Hunger nach einer ihnen, so wie sie und so wie die Welt sind, nicht zugefallenen Würde schafft diese Konzeption, aus welcher die rationalistische Idee einer „Vorsehung", einer Bedeutsamkeit vor einer göttlichen Instanz mit anderer Rangord- 35 nung der Würde entspringt.
82 Siehe WuG1, S.636f. (MWG 1/22-1).
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Nach außen, gegen die anderer Schichten gewendet, ergibt diese innere Lage noch einige charakteristische Gegensätze dessen, was Religionen den verschiedenen sozialen Schichten „leisten" mußten. Jedes Erlösungsbedürfnis ist Ausdruck einer „Not", und soziale oder ökonomische Gedrücktheit ist daher zwar keineswegs die ausschließliche, aber naturgemäß eine sehr wirksame Quelle seiner Entstehung. Sozial und ökonomisch positiv privilegierte Schichten empfinden unter sonst gleichen Umständen das Erlösungsbedürfnis von sich aus kaum. Sie schieben vielmehr der Religion in erster Linie die Rolle zu, ihre eigene Lebensführung und Lebenslage zu „legitimieren". Diese höchst universelle Erscheinung wurzelt in ganz allgemeinen inneren Konstellationen. Daß ein Mensch im Glück dem minder Glücklichen gegenüber sich nicht mit der Tatsache jenes Glücks begnügt, sondern überdies auch noch das „Recht" seines Glücks haben will, das Bewußtsein also, es im Gegensatz zu dem minder Glücklichen „verdient" zu haben - während dieser sein Unglück irgendwie „verdient" haben muß - , dieses seelische Komfortbedürfnis nach der Legitimität des Glückes lehrt jede Alltagserfahrung kennen, mag es sich um politische Schicksale, um Unterschiede der ökonomischen Lage, der körperlichen Gesundheit, um Glück in der erotischen Konkurrenz oder um was immer handeln. Die „Legitimierung" in diesem innerlichen Sinne ist das, was die positiv Privilegierten innerlich von der Religion verlangen, wenn überhaupt irgend etwas. Nicht jede positiv privilegierte Schicht hat dies Bedürfnis in gleichem Maße. Gerade dem kriegerischen Heldentum sind die Götter Wesen, denen der Neid nicht fremd ist. Solon und die altjüdische Weisheit sind über die Gefahr gerade der hohen Stellung einig. Trotz der Götter, nicht durch die Götter, oft gegen sie, behauptet der Held seine überalltägliche Stellung. Die homerische und ein Teil der alten indischen Epik steht darin in charakteristischem Gegensatz sowohl gegen die bürokratisch-chinesische, wie gegen die priesterlich-jüdische Chronistik, daß in dieser die „Legitimität" des Glükkes, als Lohn Gott wohlgefälliger Tugenden, so außerordentlich viel stärker ausgeprägt ist. Andererseits ist der Zusammenhang von Unglück mit dem Zorn und Neid von Dämonen oder Göttern ganz universell verbreitet. Wie fast jede Volksreligiosität, die altjüdische ebenso wie ganz besonders nachdrücklich z.B. noch die moderne chinesische, körperliche Gebrechen als Zeichen, je nach-
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dem magischer oder sittlicher, Versündigung ihres Trägers oder (im Judentum) seiner Vorfahren behandelt, und wie z. B. bei den gemeinsamen Opfern der politischen Verbände der mit solchen Gebrechen Behaftete oder sonst von Schicksalsschlägen Heimgesuchte, weil er mit dem Zorn des Gottes beladen ist, vor dessen Angesicht im Kreise der Glücklichen und also Gottgefälligen nicht mit erscheinen darf, 83 so gilt fast jeder ethischen Religiosität der positiv privilegierten Schichten und der ihnen dienstbaren Priester die positiv oder negativ privilegierte soziale Lage des Einzelnen als religiös irgendwie verdient, und nur die Formen der Legitimierung der Glückslage wechseln. Entgegengesetzt entsprechend ist die Lage der negativ Privilegierten. Ihr spezifisches Bedürfnis ist Erlösung vom Leiden. Sie empfinden dies Erlösungsbedürfnis nicht immer in religiöser A 282 Form, - so z. B. nicht das moderne Proletariat. | Und ihr religiöses Erlösungsbedürfnis kann, wo es besteht, verschiedene Wege einschlagen. Vor allem kann es sich in sehr verschieden ausgeprägter Art mit dem Bedürfnis nach gerechter „Vergeltung" paaren, Vergeltung von eigenen guten Werken und Vergeltung von fremder Ungerechtigkeit. Nächst der Magie und verbunden mit ihr ist daher eine meist ziemlich „rechenhafte" Vergeltungserwartung und Vergeltungshoffnung die verbreitetste Form des Massenglaubens auf der ganzen Erde und sind auch Prophetien, welche ihrerseits wenigstens die mechanischen Formen dieses Glaubens ablehnten, bei ihrer Popularisierung und Veralltäglichung immer wieder dahin umgedeutet worden. Art und Grad der Vergeltungs- und Erlösungshoffnung aber wirken höchst verschieden je nach der Art der durch religiöse Verheißung erweckten Erwartungen, und zwar gerade dann, wenn diese aus dem irdischen Leben des Einzelnen heraus in eine jenseits seiner jetzigen Existenz liegende Zukunft projiziert werden. Ein besonders wichtiges Beispiel für die Bedeutung des Inhalts der religiösen Verheißungen stellt die (exilische und nachexilische) Religiosität des Judentums dar.
8 3 Einige Hautkrankheiten („Aussatz") führten z u m A u s s c h l u ß d e s unreinen M e n s c h e n aus der G e m e i n s c h a f t und d e m Kult, wie aus d e m priesterlichen G e s e t z d e s antiken Jud e n t u m s (3. M o s e 13 u n d 14) hervorgeht.
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Seit dem Exil tatsächlich, und auch formell seit der Zerstörung des Tempels 84 waren die Juden ein „Pariavolk", d.h. im hier gemeinten Sinn (der mit der speziellen Stellung der indischen „Pariakaste" 85 so wenig identisch ist wie z. B. der Begriff „Kadi-Justiz" mit den wirklichen Prinzipien der Rechtsprechung des Kadi): 86 eine, durch (ursprünglich) magische, tabuistische und rituelle Schranken der Tisch- und Konnubialvergemeinschaftung 87 nach außen einerseits, durch politische und sozial negative Privilegierung, verbunden mit weitgehender ökonomischer Sondergebarung andererseits, zu einer erblichen Sondergemeinschaft zusammengeschlossene Gruppe ohne autonomen politischen Verband. Die negativ privilegierten, beruflich spezialisierten, indischen Kasten mit ihrem durch Tabuierung garantierten Abschluß nach außen und ihren erblichen religiösen Pflichten der Lebensführung stehen ihnen relativ am nächsten, weil auch bei ihnen mit der Pariastellung als solcher Erlösungshoffnungen verknüpft sind. Sowohl die indischen Kasten wie die Juden zeigen die gleiche spezifische Wirkung einer Pariareligiosität: daß sie ihre Zugehörigen um so enger an sich und an die Pariastellung kettet, je gedrückter die Lage ist, in welcher sich das Pariavolk befindet, und je gewaltiger also die Erlösungshoffnungen, die sich an die gottgebotene Erfüllung der religiösen Pflichten knüpfen. Wie schon erwähnt, 88 hingen gerade die niedersten Kasten besonders zähe an ihren Kastenpflichten als der Bedingung ihrer Wiedergeburt in besserer Lage. Das Band zwischen Jahve und seinem Volk wurde um so unzerreißbarer, je mör84 Im Jahr 70 n.Chr. wurde in Jerusalem der Tempel des Herodes, der sog. „zweite Tempel", durch die Römer unter der Führung von Titus zerstört. 85 Mit „Indischer Pariakaste" Ist die niedrige Trommlerkaste in Südindien gemeint, die Paria oder Parlah (von Tamil: parai, „Trommel"). 86 Der Terminus „Kadi-Justiz" kommt bei Richard Schmidt vor. Er verstand unter „KadlJustlz", die er auch „Pascha-Justiz" nannte, „eine den .gesunden Menschenverstand' des Richters möglichst entfesselnde Rechtspflege". (Schmidt, Richard, Lehrbuch des d e u t s c h e n Civllprozessrechts. - Leipzig: Duncker & Humblot 1898, S.34). Weber verw e n d e t e den Terminus zur Bezeichnung einer Justiz, die ohne rationale B e g r ü n d u n g Recht partelisch unter Ansehen der Person sprach. Der Ausdruck „Kadi" (arab.: „Richter") bezeichnet einen mit Zivil- und Strafrecht vertrauten islamischen Rechtsgelehrten, der Urteile In Rechtsprozessen und Familienangelegenheiten fällte. Er sollte unbestechlich sein. 87 G e m e i n s c h a f t s b i l d u n g e n aufgrund von Heirat, bei der die Vererbllchkeit von Vermögen und Stand des Mannes sichergestellt Ist. 88 Siehe oben, S. 173f.
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derischer Verachtung und Verfolgung auf den Juden lasteten. Im offensichtlichen Gegensatz z. B. gegen die orientalischen Christen, welche unter den Ommajaden der privilegierten Religion des Islam in solchen Massen zuströmten, daß die politische Gewalt im ökonomischen Interesse der privilegierten Schicht den Übertritt erschwerte, 89 sind deshalb alle die häufigen zwangsweisen Massenbekehrungen der Juden, welche ihnen doch die Privilegien der herrschenden Schicht verschafften, vergebens geblieben. Das einzige Mittel der Erlösung war eben, für die indische Kaste wie für die Juden, die Erfüllung der religiösen Spezialgebote für das Pariavolk, denen niemand sich entziehen kannj,] ohne bösen Zauber für sich befürchten zu müssen und seine oder seiner Nachfahren Zukunftschancen zu gefährden. Der Unterschied der jüdischen Religiosität aber gegenüber der hinduistischen Kastenreligiosität liegt nun in der Art der Erlösungshoffnung begründet. Der Hindu erwartet von religiöser Pflichterfüllung die Verbesserung seiner persönlichen Wiedergeburtschancen, also Aufstieg oder Neuinkarnation seiner Seele in eine höhere Kaste. Der Jude dagegen für seine Nachfahren die Teilnahme an einem messianischen Reich, welches seine gesamte Pariagemeinschaft aus ihrer Pariastellung zur Herrenstellung in der Welt erlösen wird. Denn mit der Verheißung, daß alle Völker der Erde vom Juden leihen werden und er von niemand, 90 hatte Jahve nicht die Erfüllung in Gestalt kleinen
89 Bei Julius Wellhausen findet sich folgende Argumentation: „Dem arabischen Kriegeradel standen die Nichtaraber als Untertanen, d.i. Unterworfene gegenüber. Sie bildeten die finanzielle Basis des Reiches. Sie mussten für den Unterhalt ihrer Herren sorgen durch den ihnen auferlegten Tribut, durch die Untertanensteuer, die weit drückender war als die s.g. Armensteuer der Muslime und als schimpflich galt". (Wellhausen, Arabisches Reich, wie oben, S.209, Anm.86, S. 18). Die mawäli („Klienten", bei Wellhausen als „Neumuslime" bezeichnet, die „zum Islam übergetretenen Untertanen"; ebd., S. 152) forderten „Isopolitie mit dem herrschenden Adel, d.h. den Arabern [...], von der Untertanensteuer befreit und in die Pensionsliste aufgenommen zu werden, welche bisher eine arabische Adelsmatrikel war. Um den Rückgang der Staatseinnahmen zu verhindern, welcher durch die Ausdehnung der Steuerfreiheit und der Pensionszahlungen auf die nichtarabischen Muslimen entstehen musste oder schon entstanden war, habe Haggag den zahlreichen zum Islam übertretenen Maväli die Kopfsteuer wieder auferlegt, die sie als Muslime von rechts wegen nicht mehr hätten entrichten müssen [...]" (ebd., S. 152). 90 5. Mose 15, 6: „Denn der HErr, dein Gott, wird dich segnen, wie er dir verheißen hat; so wirst du vielen Völkern leihen, und du wirst von niemand borgen; du wirst über viele Völker herrschen, und über dich wird niemand herrschen". Der gleiche Wortlaut findet sich in 5. Mose 28, 12.
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Pfandleihwuchers vom Ghetto aus gemeint, sondern die Lage einer typischen antiken machtvollen Stadtbürgerschaft, deren | Schuldner und Schuldknechte die Einwohner unterworfener Dör- A 283 fer und Kleinstädte sind. Der Hindu arbeitet ebenso für ein künftiges menschliches Wesen, welches mit ihm nur unter den Voraussetzungen der animistischen Seelenwanderungslehre etwas zu tun hat: die künftige Inkarnation seiner Seele, wie der Jude für seine leiblichen Nachfahren, in deren animistisch verstandener Beziehung zu ihm seine „irdische Unsterblichkeit" besteht. Aber gegenüber der Vorstellung des Hindu, welche die soziale Kastengliederung der Welt und die Stellung seiner Kaste als solcher gänzlich unangetastet für immer bestehen läßt und das Zukunftslos seiner individuellen Seele gerade innerhalb dieser selben Rangordnung verbessern will, erwartete der Jude die eigene persönliche Erlösung gerade umgekehrt in Gestalt eines Umsturzes der geltenden sozialen Rangordnung zugunsten seines Pariavolks. Denn sein Volk ist das zum Prestige, nicht aber zur Pariastellung, berufene und von Gott erwählte. Und daher gewinnt auf dem Boden der jüdischen ethischen Erlösungsreligiosität ein Element große Bedeutung, welches, von Nietzsche zuerst beachtet, aller magischen und animistischen Kastenreligiosität völlig fehlt: das Ressentiment. 91 Es ist in Nietzsches Sinn Begleiterscheinung der religiösen Ethik der negativ Privilegierten, die sich, in direkter Umkehrung des alten Glau91 „Ressentiment" ist ein Schlüsselbegriff von Friedrich Nietzsche in seiner Auseinandersetzung mit dem Judentum und Christentum. Das jüdische Volk habe sich gegen seine Gegner mit einer Ressentimentsmoral behauptet, mit einer Umwertung von Werten. Arm, niedrig, ohnmächtig, leidend sei nun „gut", vornehm und mächtig „schlecht". Nietzsche wörtlich: „Der Sklavenaufstand in der Moral beginnt damit, dass das Ressentiment selbst schöpferisch wird und Werthe gebiert: das Ressentiment solcher Wesen, denen die eigentliche Reaktion, die der That, versagt ist, die sich nur durch eine imaginäre Rache schadlos halten. Während alle vornehme Moral aus einem triumphierenden Ja-sagen zu sich selber herauswächst, sagt die Sklaven-Moral von vornherein Nein zu einem .Ausserhalb', zu einem .Anders', zu einem ,Nicht-selbst': und dies Nein ist ihre schöpferische That. Diese Umkehrung des werthe-setzenden Blicks - diese notwendige Richtung nach Aussen statt zurück auf sich selber - gehört eben zum Ressentiment: die Sklaven-Moral bedarf, um zu entstehn, immer zuerst einer Gegen- und Aussenwelt, sie bedarf, physiologisch gesprochen, äusserer Reize, um überhaupt zu agiren, - ihre Aktion ist von Grund aus Reaktion". (Nietzsche, Genealogie der Moral, S. 16f.). In seiner „Einleitung" zu „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" hat Weber das Ressentiment in bezug auf die Theodizee des Glücks und des Leidens thematisiert. (Vgl. MWG 1/19, S. 88ff.).
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bens, dessen getrösten, daß die ungleiche Verteilung der irdischen Lose auf Sünde und Unrecht der positiv Privilegierten beruhe, also früher oder später gegen jene die Rache Gottes herbeiführen müsse. In Gestalt dieser Theodizee der negativ Privilegierten dient dann der Moralismus als Mittel der Legitimierung bewußten oder unbewußten Rachedurstes. Das knüpft zunächst an die „Vergeltungsreligiosität" an. Besteht einmal die religiöse Vergeltungsvorstellung, so kann gerade das „Leiden" als solches, da es ja gewaltige Vergeltungshoffnungen mit sich führt, die Färbung von etwas rein an sich religiös Wertvollem annehmen. Bestimmte asketische Kunstlehren einerseits, spezifische neurotische Prädispositionen andererseits können dieser Vorstellung in die Hände arbeiten. Allein den spezifischen Ressentimentscharakter erlangt die Leidensreligiosität nur unter sehr bestimmten Voraussetzungen: z. B. nicht bei den Hindus und Buddhisten. Denn dort ist das eigene Leiden auch individuell verdient. Anders beim Juden. Die Psalmenreligiosität ist erfüllt von Rachebedürfnis, 92 und in den priesterlichen Überarbeitungen der alten israelitischen Überlieferungen findet sich der gleiche Einschlag: Die Mehrzahl aller Psalmen enthält einerlei, ob die betreffenden Bestandteile vielleicht in eine ältere, davon freie Fassung erst nachträglich hineingekommen sind - die moralistische Befriedigung und Legitimierung offenen oder mühsam verhaltenen Rachebedürfnisses eines Pariavolkes ganz handgreiflich. Entweder in der Form: daß dem Gott die eigene Befolgung seiner Gebote und das eigene Unglück und demgegenüber das gottlose Treiben der stolzen und glücklichen Heiden, die infolgedessen seiner Verheißungen und Macht spotten, vorgehalten werden. 93 Oder in der anderen Form: daß die eigene Sünde demutsvoll bekannt, Gott aber gebeten wird, er möge nun endlich von seinem Zorn abstehen und seine Gnade dem Volke, das schließlich doch allein das seinige sei, wieder zuwenden. 94 In bei9 2 Als Beispiele lassen sich folgende Psalmen anführen: 58,11: „Der Gerechte wird sich freuen, wenn er solche Rache siehet, und wird seine Füße baden in des Gottlosen Blut" oder 137, 8f.: „Du verstörete Tochter Babel, wohl dem, der dir vergilt, wie du uns getan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt, und zerschmettert sie an dem Stein!" 9 3 Dargelegt etwa in Psalm 10, 1 - 1 8 . 9 4 Weber kombiniert hier mehrere Bibelstellen: Die Psalmen 32, 5; 51, 3 - 6 und 106, 6 mit den Psalmen 60, 3 und 85, 4 - 6 .
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den Fällen verbunden mit der Hoffnung: daß des endlich versöhnten Gottes Rache nun doppelt die gottlosen Feinde dereinst ebenso zum Schemel der Füße Israels 95 machen werde, wie dies die priesterliche Geschichtskonstruktion den kananäischen Feinden 5 des Volkes angedeihen läßt, solange dieses nicht Gottes Zorn durch Ungehorsam erweckt und dadurch seine eigene Erniedrigung unter die Heiden verschuldet. Wenn manche dieser Psalmen vielleicht, wie moderne Kommentatoren wollen, dem individuellen Zorn pharisäisch Frommer über die Verfolgungen unter Alex10 andros Jannaios entstammen, 96 so ist ihre Auslese und Aufbewahrung das Charakteristische, und andere reagieren ganz offensichtlich auf die Pariastellung der Juden als solcher. In aller Religiosität der Welt gibt es keinen Universalgott von dem unerhörten Rachedurst Jahves, und den historischen Wert von Tatsachenangaben 15 der priesterlichen Geschichtsüberarbeitung kann man fast genau daran erkennen: daß der betreffende Vorgang (wie etwa die Schlacht von Megiddo) 97 nicht in diese Theodizee der Vergeltung A 284 und Rache paßt. Die jüdische Religiosität ist so die Vergeltungsreligiosität xax' 8§oxr|v geworden. Die gottgebotene Tugend wird 20 um der Vergeltungshoffnung willen geübt. Und diese ist in erster Linie eine kollektive: das Volk als Ganzes soll die Erhöhung erleben, nur dadurch kann auch der Einzelne seine Ehre wiedergewinnen. Daneben und damit sich vermischend geht natürlich die individuelle Theodizee des persönlichen Einzelschicksals - selbst-
95 Psalm 110, 1: „Der HErr s p r a c h zu m e i n e m Herrn: .Setze d i c h zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde z u m S c h e m e l deiner Füße lege'". (Vgl. Lukas 20, 43, Hebräer 1 , 1 3 und A p o s t e l g e s c h i c h t e 2, 34f.). 96 Max W e b e r spielt hier vermutlich auf d e n K o m m e n t a r v o n B e r n h a r d D u h m an: „Viel schärfer u n d w a h r s c h e i n l i c h g e g e n Alexander J a n n ä u s und seine A n h ä n g e r gerichtet sind die [.pharisäischen K a m p f p s a l m e n ' ] 9 10 14 56 57A 58 59 64 82 92 94 140", ents t a n d e n in der Zeit der K ä m p f e z w i s c h e n d e m h a s m o n ä i s c h e n König A l e x a n d e r Jannaios ( 1 0 3 - 7 6 v. Chr.) u n d d e n Pharisäern. (Kurzer H a n d - C o m m e n t a r z u m Alten Testament, hg. von Karl Marti, A b t e i l u n g XIV: Die Psalmen. - Freiburg i.Br., Leipzig und Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul S i e b e c k ) 1899, S.XXIf.). 97 In der N ä h e von M e g i d d o , einer u r s p r ü n g l i c h k a n a a n ä i s c h e n , d a n n israelitischen Stadt in der E b e n e v o n Jesreel, s c h l u g der Richter Barak die von Sisera a n g e f ü h r t e n Kanaaniter (Richter 5, 19). 2. K ö n i g e 23, 29f. berichtet v o n d e m K a m p f d e s Josia, d e s religiösen Reformers u n d Königs d e s Südreiches J u d a (Regierungszeit 6 3 9 - 6 0 9 v.Chr.), g e g e n d e n ä g y p t i s c h e n Pharao N e c h o . Josia w u r d e 609 v. Chr. bei M e g i d d o g e s c h l a gen.
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verständlich von jeher - einher', deren Problematik 9 vor allem in dem ganz anderen, unvolkstümlichen Schichten entstammenden Hiobbuch gipfelt, um dort in dem Verzicht auf eine Lösung des Problems und dem Sichfügen in die absolute Souveränität Gottes über seine Kreaturen den puritanischen Prädestinationsgedanken zu präludieren, der hätte entstehen müssen, sobald das Pathos der zeitlich ewigen Höllenstrafen hinzutrat. Aber er entstand eben nicht, und das Hiobbuch blieb in seinem vom Dichter gemeinten Ergebnis bekanntlich fast völlig unverstanden, 1 so felsenfest stand der kollektive Vergeltungsgedanke in der jüdischen Religiosität. Die für den frommen Juden mit dem Moralismus des Gesetzes unvermeidlich verbundene, weil fast alle exilischen und nachexilischen heiligen Schriften durchziehende, Rachehoffnung, welche 2 V2 Jahrtausende lang in fast jedem Gottesdienst des an den beiden unzerreißbaren Ketten: der religiös geheiligten Absonderung von der übrigen Welt und der Diesseitsverheißungen seines Gottes, festliegenden Volkes bewußt oder unbewußt neue Nahrung erhalten mußte, trat, da der Messias auf sich warten ließ, natürlich im religiösen Bewußtsein der Intellektuellenschicht immer wieder zugunsten des Werts der Gottinnigkeit rein als solcher oder eines milden stimmungsvollen Vertrauens auf göttliche Güte rein als solche und der Bereitschaft zum Frieden mit aller Welt zurück. Dies geschah besonders, so oft die soziale Lage der zu völliger politischer Machtlosigkeit verurteilten Gemeinden eine irgend erträgliche war, - während sie in Epochen, wie etwa den Verfolgungen der Kreuzzugszeit entweder zu einem ebenso penetranten wie fruchtlosen Racheschrei zu Gott wieder aufflammt oder zu dem
f Fehlt in A; einher sinngemäß ergänzt,
g In A folgt: sich
1 Zu Webers Zelt war das alttestamentllche Hiobbuch stark In der Diskussion. Weber vertritt hier eine unterschiedliche Position zu Bernhard Duhm, der vermutete, daß das Buch Hiob ein heterogenes Werk sei, Teile davon seien zu unterschiedlichen Zelten und von unterschiedlichen Autoren verfaßt. Duhm ging davon aus, daß „die alte Grundlage des Buches Hlob [...] ein Volksbuch" bilde, die Hiobreden dagegen von einem Dichter stammen müssen, der „zu den bescheideneren bürgerlichen Kreisen gehört, [... und] auch hart ums Brot gearbeitet" habe. Der Verfasser der „Ellhureden und Verwandtes" sei dagegen ein „noch sehr junger, jedenfalls unreifer Schriftsteller". (Kurzer Hand-Commentar zum Alten Testament, hg. von Karl Marti, Abteilung XVI: Das Buch Hlob. - Freiburg i.Br., Leipzig und Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1897, Zitate: S.VII-XIII).
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Gebet: 2 die eigene Seele möge vor den den Juden fluchenden Feinden „zu Staub werden", aber vor bösen Worten und Taten sich wahren und sich allein auf die wortlose Erfüllung von Gottes Gebot und die Offenhaltung des Herzens für ihn beschränken. Eine so unerhörte Verzerrung es nun wäre, im Ressentiment das eigentlich maßgebende Element der historisch stark wandelbaren jüdischen Religiosität finden zu wollen, so darf allerdings sein Einfluß auch auf grundlegende Eigenarten der jüdischen Religiosität nicht unterschätzt werden. Denn es zeigt gegenüber dem ihm mit andern Erlösungsreligionen Gemeinsamen in der Tat einen der spezifischen Züge und spielt in keiner anderen Religiosität negativ privilegierter Schichten eine derartig auffällige Rolle. In irgendeiner Form allerdings ist die Theodizee der negativ Privilegierten Bestandteil jeder Erlösungsreligiosität, welche in diesen Schichten vornehmlich ihre Anhängerschaft hat, und die Entwicklung der Priesterethik ist ihr überall da entgegengekommen, wo sie Bestandteil einer vornehmlich innerhalb solcher Schichten heimischen Gemeindereligiosität wurde. Seine fast völlige Abwesenheit, und ebenso das Fehlen fast aller Sozialrevolutionären, religiösen Ethik in der Religiosität des frommen Hindu und des buddhistischen Asiaten erklärt sich aus der Art der Wiedergeburtstheodizee; die Ordnung der Kaste als solche bleibt ewig und ist absolut gerecht. Denn Tugenden oder Sünden eines früheren Lebens begründen die Geburt in die Kaste, das Verhalten im jetzigen Leben die Chancen der Verbesserung. Es besteht daher vor allem keine Spur jenes augenfälligen Konflikts zwischen der durch Gottes Verheißungen geschaffenen sozialen Prätension und der verachteten Lage in der Realität, welcher in dem dergestalt in ständiger Spannung gegen seine Klassenlage h und in ständiger Erwartung und h In A folgt: Lebenden 2 Im babylonischen Talmud berichtet Berachoth foi. 1 6 - 1 7 von „Kurzgebeten", die einige Meister nach d e m offiziellen Hauptgebet sprachen bzw. lehrten. Mar bar Rabina soll nach d e m Hauptgebet die Worte gesprochen haben: „Bewahre meine Z u n g e vor Bösem und meine Lippen vor Trug; meinen Fluchern s c h w e i g e meine Seele, und meine Seele sei wie Staub [d. i. demüthig] g e g e n alle. Thue auf, mein Herz, vor deiner Thora, dass meine Seele deinen G e b o t e n nachjage [...]". (Zitiert nach Wünsche, August, Der Babylonische Talmud in seinen H a g g a d i s c h e n Bestandtheilen, 1. H a l b b a n d . - Leipzig: Otto Schulze 1886, S.37). Dieses Gebet wurde später abschließender Teil des A c h t z e h n g e bets, des Schemone-Esre.
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fruchtloser Hoffnung lebenden Juden die Weltunbefangenheit vernichtete, und die religiöse Kritik an den gottlosen Heiden, auf welche dann erbarmungsloser Hohn antwortete, umschlagen ließ in ein immer waches, oft erbittertes, weil ständig von geheimer Selbstkritik bedrohtes Achten auf die eigene Gesetzestugend. A 285 Dazu trat kasuistisches, lebenslängliches geschultes | Grübeln über die religiösen Pflichten der Volksgenossen - von deren Korrektheit ja Jahves schließliche Gnade abhing - und die in manchen Produkten der nachexilischen Zeit so charakteristisch hervortretende Mischung von Verzagtheit an jeglichem Sinn dieser eitlen Welt, Sichbeugen unter die Züchtigungen Gottes, Sorge, ihn durch Stolz zu verletzen und angstvoller, rituell-sittlicher Korrektheit, die den Juden jenes verzweifelte Ringen nicht mehr um die Achtung der andern, sondern um Selbstachtung und Würdegefühl aufzwang. Ein Würdegefühl, das - wenn schließlich doch die Erfüllung der Verheißungen Jahves der Maßstab des jeweiligen eigenen Werts vor Gott sein mußte, - sich selbst immer prekär werden und damit wieder vor dem Schiffbruch des ganzen Sinnes der eigenen Lebensführung stehen konnte. Ein greifbarer Beweis für Gottes persönliche Gnade blieb in der Tat für den Ghetto-Juden in steigendem Maße der Erfolg im Erwerb. Allein es paßt gerade der Gedanke der „Bewährung" im gottgewollten „Beruf" für den Juden nicht in dem Sinn, in welchem die innerweltliche Askese ihn kennt. Denn der Segen Gottes ist in weit geringerem Maße als bei dem Puritaner in einer systematischen asketischen rationalen Lebensmethodik als der dort einzig möglichen Quelle der certitudo salutis verankert. Nicht nur ist z. B. die Sexualethik direkt antiasketisch und naturalistisch geblieben und war die altjüdische Wirtschaftsethik in ihren postulierten Beziehungen stark traditionalistisch, erfüllt von einer, jeder Askese fremden, unbefangenen Schätzung des Reichtums, sondern die gesamte Werkheiligkeit der Juden ist ritualistisch unterbaut und überdies häufig kombiniert mit dem spezifischen Stimmungsgehalt der Glaubensreligiosität. Nur gelten die traditionalistischen Bestimmungen der innerjüdischen Wirtschaftsethik selbstverständlich, wie bei aller alten Ethik, in vollem Umfang nur dem Glaubensbruder gegenüber, nicht nach außen. Alles in allem aber haben Jahves Verheißungen innerhalb des Judentums selbst in der Tat einen starken Einschlag von Ressentimentsmoralismus gezei-
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tigt. Sehr falsch wäre es aber, sich das Erlösungsbedürfnis, die Theodizee oder die Gemeindereligiosität überhaupt als nur aus dem Boden der negativ privilegierten Schichten oder gar nur aus Ressentiment erwachsen vorzustellen, also lediglich als Produkt eines „Sklavenaufstandes in der Moral". 3 Das trifft nicht einmal für das alte Christentum zu, obwohl es seine Verheißungen mit größtem Nachdruck grade an die geistig und materiell „Armen" richtet. An dem Gegensatz der Prophetie Jesus und ihren nächsten Konsequenzen kann man vielmehr erkennen, was die Entwertung und Sprengung der rituellen, absichtsvoll auf Abschluß nach außen abgezweckten Gesetzlichkeit und dessen Folge: Lösung der Verbindung der Religiosität mit der Stellung der Gläubigen als eines kastenartig geschlossenen Pariavolkcsj,] für Konsequenzen haben mußte. Gewiß enthält die urchristliche Prophetie sehr spezifische Züge von „Vergeltung" im Sinne des künftigen Ausgleichs der Lose (am deutlichsten in der Lazaruslegende) 4 und der Rache, die Gottes Sache ist. Und das Reich Gottes ist auch hier ein irdisches Reich, zunächst offenbar ein speziell oder doch in erster Linie ein den Juden, die ja von alters her an den wahren Gott glauben, bestimmtes Reich. Aber gerade das spezifisch penetrante Ressentiment des Pariavolks ist das, was durch die Konsequenzen der neuen religiösen Verheißungen ausgeschaltet wird. Und die Gefahr des Reichtums für die Erlösungschance wird wenigstens in den als eigene Predigt Jesu überlieferten Bestandteilen selbst in keiner Art asketisch motiviert und ist erst recht nicht - wie die Zeugnisse der Tradition über seinen Verkehr nicht nur mit Zöllnern 5 (das 3 W e b e r zitiert Nietzsche, G e n e a l o g i e der Moral, S. 16. Mit d e m j ü d i s c h e n Volk b e g i n n e der „Sklaven-Aufstand in der Moral", eine Glorifizierung d e s Leidens. Freundlich u n d zuv o r k o m m e n d zu sein, well m a n zu s c h w a c h oder zu s c h ü c h t e r n Ist, sich a n d e r s zu verhalten o d e r vielmehr A n g s t vor Repressalien hat, sei Sklavenmoral. Vgl. a u c h o b e n , S. 257, A n m . 9 1 . 4 Die L e g e n d e d e s reichen M a n n e s u n d d e s a r m e n Lazarus steht in Lukas 16, 1 9 - 3 1 . G e s c h i l d e r t w i r d d a s L e b e n eines In Luxus s c h w e l g e n d e n M a n n e s Im Kontrast z u m arm e n u n d a u s s ä t z i g e n Lazarus. N a c h d e m Tod b e i d e r kehren sich die Verhältnisse um: Der Reiche erleidet H ö l l e n q u a l e n zur Strafe für seinen Egoismus. Lazarus lebt als A u s gleich für sein Irdisches L e b e n „In A b r a h a m s Schoß". 5 M a r k u s 2, 15f. u n d Lukas 5, 29f. berichten von der T i s c h g e m e i n s c h a f t J e s u mit „Zöllnern u n d S ü n d e r n " . Den U m g a n g J e s u mit d e m reichen Zöllner Z a d ä u s aus J e r i c h o schildert Lukas 19, 1 - 1 0 . Zur neutestamentllchen Zelt w u r d e n in Palästina, w i e a u c h sonst im R ö m i s c h e n Reich, die öffentlichen A b g a b e n nicht direkt von staatlichen B e a m ten erhoben. Ihre Eintreibung w u r d e an Privatpersonen u n d G e s e l l s c h a f t e n g e g e n G e l d v e r p a c h t e t , die sie d a n n d u r c h Angestellte, die Zöllner, erhoben.
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sind in Palästina meist Kleinwucherer)[,j sondern mit andern wohlhabenden Vornehmen beweisen - aus Ressentiment motivierbar. Dazu ist die Weltindifferenz bei der Wucht der eschatologischen Erwartungen viel zu groß. Freilich, wenn er „vollkommen", 6 das heißt: Jünger werden will, muß der reiche Jüngling bedingungslos aus der „Welt" scheiden. Aber ausdrücklich wird gesagt, daß bei Gott alles, auch das Seligwerden des Reichen, der von seinen Gütern zu scheiden sich nicht entschließen kann, wie immer erschwert, dennoch möglich sei. 7 „Proletarische Instinkte"8 sind dem 286 Propheten akosmistischer Liebe, der den | geistig und materiell Armen die frohe Botschaft von der unmittelbaren Nähe des Gottesreiches und Freiheit von der Gewalt der Dämonen bringt, ebenso fremd wie etwa dem Buddha, dem das absolute Ausscheiden aus der Welt unbedingte Voraussetzung der Erlösung ist. Die Schranke der Bedeutung des „Ressentiments" und die Bedenklichkeit der allzu universellen Anwendung des „Verdrängungs"Schemas zeigt sich aber nirgends so deutlich wie in dem Fehler Nietzsches, der sein Schema auch auf das ganz unzutreffende Beispiel des Buddhismus anwendet. 9 Dieser aber ist das radikalste
6 Matthäus 19, 21: „Jesus s p r a c h zu ihm [ d e m reichen J ü n g l i n g ] : Willst d u v o l l k o m m e n sein, so g e h e hin, verkaufe, w a s d u hast, u n d gib's d e n A r m e n , so wirst d u einen Schatz im H i m m e l haben, u n d k o m m , u n d folge mir nach." 7 Matthäus 19, 2 3 - 2 6 ; Markus 10, 2 3 - 2 7 ; Lukas 18, 2 4 - 2 7 . 8 In der sozialistischen Literatur, e t w a bei Karl Kautsky, ist die V e r b i n d u n g z w i s c h e n Christentum u n d Proletariat explizit a u s g e s p r o c h e n . Robert v o n Pöhlmann, G e s c h i c h t e der sozialen Frage u n d d e s Sozialismus in der antiken Welt, B a n d 2, 2. Aufl. - M ü n c h e n : C.H. B e c k ' s c h e V e r l a g s b u c h h a n d l u n g Oskar B e c k 1912, charakterisierte Jesus als „ M e s sias d e s Proletariats" (ebd., S . 5 9 5 ) u n d postulierte einen Einfluß v o n „ s o z i a l i s t i s c h e ^ ] Masseninstinkte[n] auf d a s kaiserzeitliche Christentum" (ebd., S . 6 2 7 ) . Wie M a x W e b e r die A b h a n d l u n g v o n P ö h l m a n n einschätzte, berichtete Ernst Troeltsch bei anderer Gelegenheit: „Die verdienstliche Arbeit muß freilich, wie m i c h Max W e b e r belehrt, mit Vorsicht benützt w e r d e n . Sie arbeitet zu sehr mit m o d e r n sozialistischen K a t e g o r i e n [...]". (Troeltsch, Soziallehren, S . 2 0 , Fn. 122). 9 W e b e r n a h m an, daß der B u d d h i s m u s d u r c h die stolze u n d k r i e g e r i s c h e H a l t u n g der positiv privilegierten Kasten g e p r ä g t sei ( M W G I/20, S . 3 6 3 u n d W u G \ S . 6 3 7 ( M W G I/ 2 2 - 1 ) ) . D a g e g e n vertrat Friedrich N i e t z s c h e die These, daß sich der B u d d h i s m u s aus s a n f t m ü t i g e n und u n k ä m p f e r i s c h e n M e n s c h e n aller S t ä n d e rekrutiert habe, „ w e l c h e aus Trägheit gut u n d g ü t i g (vor Allem inoffensiv) sind, die, ebenfalls aus Trägheit, abstinent, beinahe b e d ü r f n i s s l o s leben". (Nietzsche, Fröhliche W i s s e n s c h a f t , S. 290). N i e t z s c h e v e r g l i c h sie mit d e n ersten Christen, d e n „kleinen Leute[n] in der r ö m i s c h e n Provinz", die „ein b e s c h e i d n e s t u g e n d h a f t e s g e d r ü c k t e s L e b e n " führten (ebd., S . 2 9 0 ) . A n a n d e rer Stelle thematisierte N i e t z s c h e d a s Verhältnis C h r i s t e n t u m - B u d d h i s m u s : Im Unters c h i e d z u m Christentum kenne der B u d d h i s m u s d e n Begriff „Gott" nicht und lehre eine
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Gegenteil jedes Ressentimentsmoralismus, vielmehr die Erlösungslehre einer stolz und vornehm die Illusionen des diesseitigen wie des jenseitigen Lebens gleichmäßig verachtenden, zunächst fast durchweg aus den privilegierten Kasten, speziell der Kriegerkaste, rekrutierten Intellektuellenschicht und kann allenfalls mit der hellenistischen, vor allem der neuplatonischen oder auch der manichäischen oder der gnostischen Erlösungslehre, so gründlich verschieden diese von ihnen sind, der sozialen Provenienz nach verglichen werden. Wer die Erlösung zum Nirwana nicht will, dem gönnt der buddhistische bikkshu die ganze Welt einschließlich der Wiedergeburt im Paradiese. 10 Gerade dies Beispiel zeigt, daß das Erlösungsbedürfnis und die ethische Religiosität noch eine andere Quelle hat, als die soziale Lage der negativ Privilegierten und den durch die praktische Lebenslage bedingten Rationalismus des Bürgertums: den Intellektualismus rein als solchen, speziell die metaphysischen Bedürfnisse des Geistes, welcher über ethische und religiöse Fragen zu grübeln nicht durch materielle Not gedrängt wird, sondern durch die eigene innere Nötigung, die Welt als einen sinnvollen Kosmos erfassen und zu ihr Stellung nehmen zu können.
Selbsterlösung. Er verspreche nicht nur eine Erlösung vom Leiden, sondern gewähre sie auch, kenne weder Ressentiment noch Sünde und bleibe von seinem Ursprung in den herrschenden Ständen geprägt. Nietzsche wörtlich: „Man sieht, was mit dem Tode am Kreuz zu Ende war: ein neuer, ein durchaus ursprünglicher Ansatz zu einer buddhistischen Friedensbewegung, zu einem thatsächlichen, nicht bloß verhelssenen Glück auf Erden. Denn dies bleibt [...] der Grundunterschied zwischen den beiden decadenceReligionen: der Buddhismus verspricht nicht, sondern hält, das Christenthum verspricht Alles, aber hält Nichts". (Nietzsche, Friedrich, Der Antichrist, 2. Aufl. - Leipzig: C.G. Naumann 1896, S.270). 10 Heinrich Hackmann bemerkte dazu: „Die Umbiegung zum gewöhnlichen Götteroder Gottes-Glauben hin, welche die altbuddhistische Lehre so erfährt, wird noch stärker dadurch, daß sich an Stelle des Nlrvana die Vorstellung eines seligen Zustandes, eines Paradieses schiebt. Ein solches, ausgemalt mit allen erdenklichen Freuden, ist der Lohn der tugendhaft Wandelnden, und wer dies selige Leben erlangt, der Ist den Unsicherhelten der Wiederverkörperung entnommen". (Hackmann, Heinrich, Der Ursprung des Buddhismus und die Geschichte seiner Ausbreitung. Der Buddhismus, Erster Teil (Religionsgeschichtliche Volksbücher, Reihe III, Heft 4). - Halle: Gebauer-Schwetschke 1905, S. 41 f.). Edvard Lehmann führte aus: „Denn das Paradies, Sukhävati, ,das Land der Glückseligkeit', also nicht das Nirväna des Auslöschens, Ist nun die Hoffnung der Gläubigen; [...] das höchste Nirväna, das Auslöschen überläßt man denen, die nach der höchsten Buddhawürde Begehren trachten". (Lehmann, Der Buddhismus, wie oben, S. 184, Anm.34, S.230f.).
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In außerordentlich weitgehendem Maße ist das Schicksal der Religionen durch die verschiedenen Wege, welche der Intellektualismus dabei einschlägt, und durch dessen verschiedenartige Beziehungen zu der Priesterschaft und den politischen Gewalten1 und sind diese Umstände wiederum durch die Provenienz derjenigen Schicht bedingt gewesen, welche in spezifischem Grade Träger des Intellektualismus war. Das war zunächst das Priestertum selbst, insbesondere, wo es durch den Charakter der heiligen Schriften und die Notwendigkeit, diese zu interpretieren und ihren Inhalt, ihre Deutung und ihren richtigen Gebrauch zu lehren, eine Literatenzunft geworden war. Das ist gar nicht in den Religionen der antiken Stadtvölker, speziell der Phöniker, Hellenen, Römer einerseits, in der chinesischen Ethik andererseits geschehen. Hier geriet das infolge dessen nur bescheiden entwickelte, eigentlich theologische (Hesiod) und alles metaphysische und ethische Denken ganz in die Hände von Nichtpriestern. In höchstem Maße dagegen war das Gegenteil der Fall in Indien, Ägypten und Babylonien, bei den Zarathustriern, im Islam und im alten und mittelalterlichen, für die Theologie auch im modernen Christentum. Die ägyptische, zarathustrische und zeitweise die altchristliche und während des vedischen Zeitalters, also vor Entstehung der laienasketischen und der Upanishad-Philosophie auch die brahmanische, in geringerem, durch Laienprophetie stark durchbrochenen Maße auch die jüdische, in ähnlich begrenztem, durch die sufitische Spekulation teilweise durchbrochenem, k Grade auch die islamische Priesterschaft haben die Entwicklung der religiösen Metaphysik und Ethik in sehr starkem Maße zu monopolisieren gewußt. Neben den Priestern oder statt ihrer sind es in allen Zweigen des Buddhismus, im Islam und im alten und mittelalterlichen Christentum vor allen Dingen Mönche oder mönchsartig orientierte Kreise, welche nicht nur das theologische und ethische, sondern alles metaphysische und beträchtliche Bestandteile des wissenschaftlichen Denkens überhaupt und außerdem der literarischen Kunstproduktion okkupierten und literarisch pflegten. Die Zugehörigkeit der Sänger zu den kultisch wichtigen Personen hat die Hineinbeziehung der epischen, lyrischen, satyrischen Dichtung Indiens in die Veden, der erotischen Dichtung Israels in die heilii Zu ergänzen wäre: bedingt gewesen,
k A: durchbrochenen,
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gen Schriften, die psychologische Verwandtschaft der mystischen und pneumatischen mit der dichterischen Emotion, die Rolle des Mystikers in der Lyrik im | Orient und Okzident bedingt. Aber A 287 hier soll es nicht auf die literarische Produktion und ihren Cha5 rakter, sondern auf die Prägung der Religiosität selbst durch die Eigenart der sie beeinflussenden Intellektuellenschichten ankommen. Da ist nun der Einfluß des Priestertums als solcher auch da, wo es Hauptträger der Literatur war, sehr verschieden stark gewesen, je nach den nichtpriesterlichen Schichten, die ihm gegenüber10 standen, und seiner eigenen Machtstellung. Wohl am stärksten spezifisch priesterlich beeinflußt ist die spätere Entwicklung der zarathustrischen Religiosität. Ebenso die ägyptische und babylonische. Prophetisch, dabei aber doch intensiv priesterlich geprägt ist das Judentum des deuteronomistischen und auch des exilischen 15 Zeitalters. Für das Spätjudentum ist statt des Priesters der Rabbiner eine ausschlaggebende Figur. Sehr stark priesterlich, daneben mönchisch geprägt ist die christliche Religiosität der spätesten Antike und des Hochmittelalters, dann wieder die Gegenreformation. Intensiv pastoral beeinflußt ist die Religiosität des Luther20 tums und auch des Frühcalvinismus. In ganz außerordentlich starkem Grade brahmanisch geprägt und beeinflußt ist der Hinduismus im Schwerpunkt wenigstens seiner institutionellen und sozialen Bestandteile, vor allem dem' Kastenwesen, welches überall entstand, wo Brahmanen zuwanderten^ und dessen soziale Hier25 archie letztlich überall durch die Rangordnung, welche die Schätzung der Brahmanen den einzelnen Kasten zuweist, bedingt ist. Durch und durch mönchisch beeinflußt ist der Buddhismus in allen seinen Spielarten mit Einschluß vor allem des Lamaismus, in geringerem Maße auch breite Schichten der orientalisch-christli30 chen Religiosität. Uns interessiert nun aber hier speziell das Verhältnis einerseits der nicht priesterlichen, also neben der Mönchsder Laienintelligenz[,] zur priesterlichen und dann die Beziehungen von Intellektuellenschichten zu den Religiositäten und ihre Stellung innerhalb der religiösen Gemeinschaften. Da ist vor al35 lern die grundlegend wichtige Tatsache festzustellen: daß die großen asiatischen religiösen Lehren alle Intellektuellenschöpfungen sind. Die Erlösungslehre des Buddhismus ebenso wie die des JaiI A: das
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nismus und alle ihnen verwandte Lehren wurden getragen von vornehmen Intellektuellen mit (wenn auch nicht immer streng fachmäßiger) vedischer Bildung, wie sie zur vornehmen indischen Erziehung gehörte, von Angehörigen vor allem des KschatriyaAdels, der sich im Gegensatz zum brahmanischen fühlte. In China waren sowohl die Träger des Konfuzianismus, vom Stifter selbst angefangen, wie der offiziell als Stifter des Taoismus geltende Laotse, entweder selbst klassisch-literarisch gebildete Beamte oder Philosophen mit entsprechender Bildung. Fast alle prinzipiellen Richtungen der hellenischen Philosophie finden in China wie in Indien ihr freilich oft stark modifiziertes Gegenbild. Der Konfuzianismus als geltende Ethik ist durchaus von der klassisch-literarisch gebildeten Amtsanwärterschicht getragen, während allerdings der Taoismus zu einer populären magischen Praxis geworden ist. Die großen Reformen des Hinduismus sind von brahmanisch gebildeten vornehmen Intellektuellen geschaffen worden, obwohl allerdings die Gemeindebildung nachher teilweise in die Hände von Mitgliedern niederer Kasten geriet, darin also anders verlief als die gleichfalls von fachmäßig geistlich gebildeten Männern ausgehende Kirchenreformation in Nordeuropa, die katholisehe Gegenreformation, welche zunächst in dialektisch geschulten Jesuiten, wie Salmeron und Lainez, ihre Stützen fand, und die, Mystik und Orthodoxie verschmelzende Umbildung der islamitischen Doktrin (AI Ghazali), deren Leitung in den Händen teils der offiziellen Hierarchie, teils einer aus theologisch Gebildeten, neu sich bildenden Amtsaristokratie blieb. Ebenso aber sind die vorderasiatischen Erlösungslehren des Manichäismus und der Gnosis beide ganz spezifische Intellektuellenreligionen, sowohl was ihre Schöpfer wie was ihre wesentlichen Träger und auch was den Charakter ihrer Erlösungslehre angeht. Und zwar sind es bei aller Verschiedenheit untereinander in allen diesen Fällen Intellektuellenschichten relativ sehr vornehmen Charakters, mit philosophischer Bildung, etwa den hellenischen Philosophenschulen oder dem durchgebildetsten Typus der klösterlichen oder auch A 288 der | weltlich-humanistischen Universitätsschulung des ausgehenden Mittelalters entsprechend, welche die Träger der betreffenden Ethik oder Erlösungslehre sind. Intellektuellenschichten nun bilden innerhalb einer gegebenen religiösen Lage entweder einen schulmäßigen Betrieb aus, ähnlich etwa der platonischen Akade-
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mie 11 und den verwandten hellenischen Philosophenschulen^ und nehmen, wie diese, offiziell gar keine Stellung zur bestehenden Religionspraxis, der sie sich äußerlich nicht direkt entziehen, die sie aber philosophisch umdeuten oder auch einfach ignorieren. Die offiziellen Kultvertreter ihrerseits, also in China die mit den Kultpflichten belastete Staatsbeamtenschaft, in Indien das Brahmanentum, behandelten deren Lehre dann entweder als orthodox oder (wie in China z. B. die materialistischen Lehren, in Indien die dualistische Samkhya-Philosophie) als heterodox. Diese vornehmlich wissenschaftlich gerichteten und nur indirekt mit der praktischen Religiosität zusammenhängenden Bewegungen gehen uns in unserem Zusammenhang nicht näher an. Sondern die anderen, ganz speziell auf Schaffung einer religiösen Ethik gerichteten oben erwähnten 12 Bewegungen, zu denen in der okzidentalen Antike uns die Pythagoräer und Neuplatoniker die nächstliegenden Parallelen darstellen, - Intellektuellenbewegungen also, welche den sozial privilegierten Schichten entweder ausschließlich entstammen oder doch von Abkömmlingen jener geleitet oder vorwiegend beeinflußt werden. Eine Erlösungsreligiosität entwickeln sozial privilegierte Schichten eines Volkes normalerweise dann am nachhaltigsten, wenn sie entmilitarisiert und von der Möglichkeit oder vom Interesse an politischer Betätigung ausgeschlossen sind. Daher tritt sie typisch dann auf, wenn die, sei es adligen, sei es bürgerlichen herrschenden Schichten entweder durch eine bürokratisch-militaristische Einheitsstaatsgewalt entwickelt und entpolitisiert worden sind, oder sich selbst aus irgendwelchen Gründen davon zurückgezogen haben, wenn also die Entwicklung ihrer intellektuellen Bildung in ihren"1 letzten gedanklichen und psychologischen inneren Konsequenzen für sie an Bedeutung über ihre praktische Betätigung in der äußeren diesseitigen Welt das Übergewicht gewonnen hat. Nicht daß sie erst dann entständen. Im Gegenteil erwachsen die betreffenden gedanklichen Konzeptionen unter Umständen zeitlich gerade in politisch und sozial bewegten Zeiten als Folge vorm A: ihre 11 Philosophenschule bei Athen, von Piaton um 385 v. Chr. als privater Kultverein (thiasos) gegründet. Sie bestand bis ins 6. nachchristliche Jahrhundert. 12 Siehe oben, S. 186ff.
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aussetzungslosen Nachdenkens. Aber die Herrschaft pflegen diese, zunächst unterirdisch bleibenden Stimmungen regelmäßig erst mit dem Eintritt der Entpolitisierung des Intellektuellentums zu gewinnen. Der Konfuzianismus, die Ethik eines machtvollen Beamtentums^] lehnt jede Erlösungslehre ab. Jainismus und Buddhismus - das radikale Gegenstück zur konfuzianischen Weltanpassung - waren greifbarer Ausdruck einer radikal antipolitisch, pazifistisch und weltablehnend gearteten Intellektuellengesinnung. Aber wir wissen nicht, ob ihre zeitweilig erhebliche Anhängerschaft in Indien durch Zeitereignisse vermehrt wurde, welche entpolitisierend wirkten. Die jeglichen politischen Pathos entbehrende Zwergstaaterei der indischen Kleinfürsten vor Alexanders Zeiten, 13 welcher die imponierende Einheit des damals allmählich überall vordringenden Brahmanentums gegenüberstand, war an sich geeignet, die intellektuell geschulten Kreise des Adels ihre Interessen außerhalb der Politik suchen zu lassen. Die vorschriftsmäßige Weltentsagung des Brahmanen als Vanaprastha, 14 sein Altenteil und dessen populäre Heilighaltung fand daher in der Entwicklung der nicht brahmanischen Asketen (Sramanas) Nachfolge falls nicht umgekehrt die Empfehlung der Weltentsagung an den Brahmanen, der den Sohn seines Sohns sieht, die jüngere von beiden Erscheinungen und eine Übertragung ist. Jedenfalls übertrafen die Sramanas, als Inhaber asketischen Charismas, in der populären Schätzung bald das offizielle Priestertum. Der mönchische Apolitismus der Vornehmen war in Indien in dieser Form schon seit sehr frühen Zeiten endemisch, längst ehe die apolitischen philosophischen Erlösungslehren entstanden. Die vorderasiatischen Erlösungsreligionen, sei es mystagogischen, sei es prophetischen Charakters und ebenso die vom Laienintellektualismus getrageA 289 nen, orientalischen und hellenistischen, sei | es mehr religiösen, sei 13 Der Indienfeldzug von Alexander III., dem Großen, fand In den Jahren 327-325 v. Chr. statt. 14 Der Ausdruck vanaprastha bezeichnet wörtlich den, „der sich im Wald aufhält", und steht für die dritte Lebensstufe des arischen Inders, der sich vom aktiven Leben in die Einsiedelei in den Wäldern zurückzieht. Die Vorschrift der Weltentsagung findet sich im Gesetzbuch des Manu (VI, 2): „When a householder sees hls (skin) wrlnkled, and (his hair) white, and the sons of his sons, then he may resort to the forest". (Zitiert nach Bühler, Georg, The Laws of Manu (The Sacred Books of the East, vol. 25). - Oxford: Clarendon Press 1886, S. 198; hinfort: Bühler, The Laws of Manu). Weitere Vorschriften zur Lebensweise als vanaprastha finden sich in Manu VI, 1 - 3 2 .
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es mehr philosophischen Erlösungslehren, sind (soweit sie überhaupt sozial privilegierte Schichten erfassen) fast ausnahmslos Folgeerscheinung der erzwungenen oder freiwilligen Abwendung der Bildungsschichten von politischem Einfluß und politischer Betätigung. Die Wendung zur Erlösungsreligiosität hat die babylonische Religion, gekreuzt mit Bestandteilen außerbabylonischer Provenienz, erst im Mandäismus, die vorderasiatische Intellektuellenreligiosität zuerst durch Beteiligung an den Mithras- und anderen soteriologischen Kulten, dann in der Gnosis und im Manichäismus vollzogen, auch hier, nachdem jedes politische Interesse der Bildungsschicht abgestorben war. Erlösungsreligiosität hat es wohl schon vor der pythagoreischen Sekte, innerhalb der hellenischen Intellektuellenschicht[,] immer gegeben. Aber nicht sie beherrschte deren politisch maßgebende Schichten. Der Erfolg der Propaganda der Erlösungskulte und der philosophischen Erlösungslehre in den vornehmen Laienkreisen des Späthellenen- und des Römertums geht parallel der endgültigen Abwendung dieser Schichten von politischer Betätigung. Und das etwas geschwätzige sog. „religiöse" Interesse unserer deutschen Intellektuellenschichten in der Gegenwart hängt intim mit politischen Enttäuschungen und dadurch bedingter politischer Desinteressiertheit zusammen. Der vornehmen, aus den privilegierten Klassen stammenden Erlösungssehnsucht ist generell die Disposition für die, mit spezifisch intellektualistischer Heilsqualifikation verknüpfte, später zu analysierende 15 „Erleuchtungs"-Mystik eigen. Das ergibt eine starke Deklassierung des Naturhaften, Körperlichen, Sinnlichen, als nach psychologischer Erfahrung - einer Versuchung zur Ablenkung von diesem spezifischen Heilsweg. Steigerung, anspruchsvolle Raffinierung und gleichzeitig Abdrängung der normalen Geschlechtlichkeit zugunsten von Ersatz-Abreaktionen dürften dabei ebenfalls, bedingt durch die Lebensführung des Nichts-als-Intellektuellen, zuweilen eine heute anscheinend von der Psychopathologie 16 noch nicht in eindeutigen Regeln erfaßbare Rolle spielen,
15 Siehe unten, S.323f„ S. 330ff. und S.439. 16 In seiner „Protestantischen Ethik" hatte Weber bereits zur Verwertbarkeit der Psychopathologie Stellung genommen. (Weber, Protestantische Ethik II, S.44f., Fn, 79a), Er maß den Arbeiten Willy Hellpachs, Grundlinien einer Psychologie der Hysterie. - Leipzig: Wilhelm Engelmann 1904, 12. Kap., und ders., Nervosität und Kultur (Kulturpro-
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wie gewisse Erscheinungen, namentlich der gnostischen Mysterien 17 - ein sublimer masturbatorischer Ersatz für die Orgien des Bauern - handgreiflich nahezulegen scheinen. Mit diesen rein psychologischen Bedingungen einer Irrationalisierung des Religiösen kreuzt sich das natürliche rationalistische Bedürfnis des Intellektualismus, die Welt als sinnvollen Kosmos zu begreifen, deren Produkt ebenso die (bald zu erwähnende) 18 indische Karmanlehre und ihre buddhistische Abwandlung, wie etwa in Israel das vermutlich aus vornehmen Intellektuellenkreisen stammende Hiobbuch, 19 verwandte Problemstellungen in der ägyptischen Literatur, die gnostische Spekulation und der manichäische Dualismus sind. Die intellektualistische Provenienz einer Erlösungslehre und ebenso einer Ethik hat, wenn dann die betreffende Religiosität Massenreligion wird, ganz regelmäßig die Konsequenz, daß entweder eine Esoterik oder doch eine vornehme Standesethik für die Bedürfnisse der intellektuell Geschulten innerhalb der popularisierten, magisch heilandssoteriologisch umgeformten und den Bedürfnissen der Nichtintellektuellen angepaßten, offiziellen Religiosität entsteht. So die ganz erlösungsfremde konfuzianische Standesethik der Bürokratie, neben welcher die taoistische Magie und die buddhistische Sakraments- und Ritualgnade als Volksreligiositäten petrifiziert, verachtet von den klassisch Gebildeten, weiterbestehen. Ebenso die buddhistische Erlösungsethik des Mönchstandes neben der Zauberei und Idolatrie der Laien, dem Fortbleme der Gegenwart, hg. von Leo Berg, Band 5). - Berlin: Räde 1902, einen hohen Stellenwert zu. In seinen „Antikritiken" hielt Weber den „heutigen gesicherten Begriffsvorrat der .Psychologie' für unzulänglich [...], um für ein konkretes religionshistorisches Problem: die Bedeutung bestimmter Hysterlsierungsvorgänge im alten Pietismus, mit Sicherheit verwertet zu werden". (Weber, Max, Kritische Bemerkungen zu den vorstehenden „Kritischen Beiträgen" [von H. Karl Fischer], In: AfSSp, Band 25, 1907, S. 2 4 3 - 2 4 9 , Zitat: S. 247; MWG I/9). Zur Beziehung Max Webers zu Hellpach vgl. auch MWG 1/11, S. 46. 17 Der Erzbischof und Ketzerbekämpfer Epiphanius von Salamis (um 315 bis 403) behauptete von Kultfeiern der Barbelo-Gnostlker: Nach einem Gemeinschaftsmahl mit anschließendem Geschlechtsverkehr werde das männliche Sperma von Männern und Frauen gemeinsam in die Hände genommen, gen Himmel gehalten und als „Leib Christi" gepriesen. Mit dem weiblichen Menstruationsblut sei ähnlich verfahren worden, da es als „Blut Christi" galt. Sperma und Regelblut seien mit Nahrungsmitteln vermischt gegessen worden; beides verkörperte bei den Barbelo-Gnostikern die Seele, die eingesammelt und wieder verzehrt werde. (Panarion 26). 18 Siehe unten, S.299f. 19 Vgl. oben, S.260, Anm. 1.
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bestand der tabuistischen Magie und der Neuentwicklung der hinduistischen Heilandsreligiosität. Ober aber es nimmt die Intellektuellenreligiosität die Form der Mystagogie mit einer Hierarchie von Weihen an - wie in der Gnosis und verwandten Kulten - von 5 deren Erreichung der unerleuchtete „Pistiker" ausgeschlossen bleibt. Stets ist die Erlösung, die der Intellektuelle sucht, eine Erlösung von „innerer Not" und daher einerseits lebensfremderen, andrerseits prinzipielleren und systematischer erfaßten Charakters, als 10 die Erlösung von äußerer Not, welche den nicht privilegierten Schichten eignet. Der Intellektuelle sucht auf Wegen, deren Kasuistik | ins Unendliche geht, seiner Lebensführung einen durchge- A 290 henden „Sinn" zu verleihen, also „Einheit" mit sich selbst, mit den Menschen, mit dem Kosmos. Er ist es, der die Konzeption der 15 „Welt" als eines „Sinn"-Problems vollzieht. Je mehr der Intellektualismus den Glauben an die Magie zurückdrängt, und so die Vorgänge der Welt „entzaubert" werden, ihren magischen Sinngehalt verlieren, nur noch „sind" und „geschehen", aber nichts mehr „bedeuten", desto dringlicher erwächst die Forderung an die Welt und 20 „Lebensführung" je als Ganzes, daß sie bedeutungshaft und „sinnvoll" geordnet seien. Die Konflikte dieses Postulats mit den Realitäten der Welt und ihren Ordnungen und den Möglichkeiten der Lebensführung in ihr bedingen die spezifische Intellektuellenweltflucht, welche so25 wohl eine Flucht in die absolute Einsamkeit, oder - moderner in die durch menschliche Ordnungen unberührte „Natur" (Rousseau) 20 und die weltflüchtige Romantik, wie eine Flucht unter das durch menschliche Konvention unberührte „Volk" (das russische Narodnitschestwo") 21 sein, mehr kontemplativ oder 30 mehr aktiv asketisch sich wenden, mehr individuelles Heil oder mehr kollektiv-ethisch-revolutionäre Weltänderung suchen kann. Alle diese dem apolitischen Intellektualismus gleich zugänglichen Tendenzen nun können auch als religiöse Erlösungslehren auftreten und haben dies gelegentlich getan. Der spezifisch weltflüchtige
n A: Umodnitschestwo 20 Vgl. den Eintrag im Personenverzeichnis, unten, S. 464. 21 Zum russischen Narodnitschestwo vgl. oben, S. 225, Anm. 24.
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Charakter der Intellektuellenreligiosität hat auch hier eine seiner 0 Wurzeln. Diese philosophische, von - durchschnittlich - sozial und ökonomisch versorgten Klassen, vornehmlich von apolitischen Adligen oder Rentnern, Beamten, kirchlichen, klösterlichen, Hochschuloder anderen Pfründnern irgendwelcher Art getragene Art von Intellektualismus ist aber nicht die einzige und oft nicht die vornehmlich religiös relevante. Daneben steht: der proletaroide Intellektualismus, mit dem vornehmen Intellektualismus überall durch gleitende Übergänge verbunden, und nur in der Art der typischen Sinnesrichtung von ihm verschieden. Die am Rande des Existenzminimums stehenden, meist nur mit einer als subaltern geltenden Bildung ausgerüsteten kleinen Beamten und Kleinpfründner aller Zeiten, die nicht zu den privilegierten Schichten gehörigen Schriftkundigen in Zeiten, wo das Schreiben ein Spezialberuf war, die Elementarlehrer aller Art, die wandernden Sänger, Vorleser, Erzähler, Rezitatoren und ähnliche freie proletaroide Berufe gehören dazu. Vor allem aber: die autodidaktische Intelligenz der negativ privilegierten Schichten, wie sie in der Gegenwart in Europa im Osten am klassischsten die russische proletaroide Bauernintelligenz, außerdem im Westen die sozialistische und anarchistische Proletarierintelligenz repräsentiert, zu deren Beispiel aber - mit gänzlich anderm Inhalt - auch die berühmte Bibelfestigkeit der holländischen Bauern noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, im 17. Jahrhundert diejenige der kleinbürgerlichen Puritaner Englands, ebenso aber diejenige der religiös interessierten Handwerksgesellen aller Zeiten und Völker, vor allem und wiederum in ganz klassischer Art die jüdischen Frommen (Pharisäer, Chassidäer, und die Masse der frommen,13 täglich im Gesetz lesenden Juden überhaupt) gehören. Soweit es sich hier um „Paria"-Intellektualismus handelt, - wie bei allen proletaroiden Kleinpfründnern, den russischen Bauern, den mehr oder minder „fahrenden" Leuten, beruht dessen Intensität darauf, daß die außerhalb oder am unteren Ende der sozialen Hierarchie stehenden Schichten gewissermaßen auf dem archimedischen Punkt 22 gegenüber den gesellO A: ihrer
p A: Frommen,
22 Nach d e m A u s s p r u c h des griechischen Gelehrten A r c h i m e d e s (geb. 287 v. Chr.): „Gib mir einen Punkt, auf d e m ich stehen kann, und ich werde die Erde b e w e g e n " .
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schaftlichen Konventionen, sowohl was die äußere Ordnung wie was die üblichen Meinungen angeht, stehen. Sie sind daher einer durch jene Konvention nicht gebundenen originären Stellungnahme zum „Sinn" des Kosmos und eines starken, durch materielle 5 Rücksicht nicht gehemmten, ethischen und religiösen Pathos fähig. Soweit sie den Mittelklassen angehören, wie die religiös autodidaktischen Kleinbürgerschichten, pflegt ihr religiöses Bedürfen entweder eine ethisch-rigoristische oder okkultistische Wendung zu nehmen. Der Handwerksburschenintellektualismus steht in der 10 Mitte zwischen beiden und hat seine Bedeutung in der Qualifikation des wandernden Handwerksburschen zur Mission. | In Ostasien und Indien fehlt der Paria-, ebenso wie der Klein- A 291 bürgerintellektualismus, so viel bekannt, fast gänzlich, weil das Gemeingefühl des Stadtbürgertums, welches für den zweiten, und die 15 Emanzipation von der Magie, welche für beide Voraussetzung ist, fehlt. Ihre Ghatas 23 nehmen sich selbst die auf dem Boden niederer Kasten entstandenen Formen der Religiosität ganz überwiegend von den Brahmanen. Einen selbständigen, inoffiziellen Intellektualismus gegenüber der konfuzianischen Bildung gibt es in 20 China nicht. Der Konfuzianismus also ist die Ethik des „vornehmen Menschen", des „Gentleman" (wie schon Dvorak mit Recht übersetzt). 24 Er ist ganz ausgesprochenermaßen eine Standesethik, richtiger: ein System von Anstandsregeln, einer vornehmen literarisch gebildeten Schicht. Ähnlich steht es im alten Orient und in 25 Ägypten, soviel bekannt; der dortige Schreiberintellektualismus gehört, soweit er zu ethisch-religiösen Reflexionen geführt hat, durchaus dem Typus des, unter Umständen apolitischen, stets aber vornehmen und antibanausischen Intellektualismus an. Ebenso q in Israel. Der Verfasser des Hiob setzt als Träger des religiösen Intel30 lektualismus auch die vornehmen Geschlechter voraus. Die Spruchweisheit[,j und was ihr nahe steht, zeigt ihren von der Internationalisierung und gegenseitigen Berührung der höheren apolitischen Bildungsschichten, wie sie nach Alexander im Orient einq A: Anders 23 Die Verwendung dieses Begriffes ist unklar. Der aus der zoroastrischen Religion stammende Terminus „Gathas" ergibt in diesem Zusammenhang keinen Sinn. 24 Rudolf Dvorak übersetzte den Ausdruck für den konfuzianischen Edlen, das Ideal des sittlichen Menschen in der Person des Fürstensohnes (kiün-ts'i), mit „Gentleman". (Dvorak, Chinas Religionen, S. 121f.).
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trat, stark berührten Charakter schon in der Form: die Sprüche geben sich teilweise direkt als Produkte eines nichtjüdischen Königs, und überhaupt hat ja alle mit „Salomo" abgestempelte Literatur irgend etwas von einem internationalen Kulturcharakter. Wenn der Siracide gerade die Weisheit der Väter gegenüber der Hellenisierung betonen möchte, 25 so beweist eben dies das Bestehen jener Tendenz. Und, wie Bousset mit Recht hervorhebt, 26 der „Schriftgelehrte" jener Zeit ist dem Sirachbuch nach der weitgereiste Gentleman und Kulturmensch, es geht - wie auch Meinhold betont 27 - ein ausgesprochen antibanausischer Zug, ganz nach Hellenenart, durch das Buch: wie kann der Bauer, der Schmied, der Töpfer die „Weisheit" haben, die nur Muße zum Nachdenken und zur Hingabe an das Studium zu erschließen vermag? Wenn Ezra als „erster Schriftgelehrter" bezeichnet wird, 28 so ist doch einerseits die einflußreiche Stellung der um die Propheten sich scharenden, rein religiös interessierten Menschen/ Ideologen, ohne welche die Oktroyierung des Deuteronomium nicht hätte gelingen können, weit älter, andererseits aber die überragende, dem Mufti r A: Mönche, 25 Diese Anschauung findet sich bei Johannes Meinhold: „Jesus Sirach, [...] will seine Hörer stark machen gegenüber dem Hellenismus, der dem väterlichen Glauben wie den alten Sitten außerordentlich gefährlich war [ ...]". (Meinhold, Weisheit Israels, S. 12). 26 Bei Wilhelm Bousset heißt es: „Der Schriftgelehrte ist ihm [dem Siraciden] der .Weise', dessen Besitz ,die Bildung' (nai&eia) ist. Er hat seine Bildung durch Reisen erworben, er hat mit den Großen verkehrt und ist an Fürstenhöfen gewesen". (Bousset, Religion des Judentums, S. 187). Bousset fuhr fort: „Das Vorbild des Siraciden ist offenbar der reisende Philosoph der hellenistischen Kulturperiode, dessen Rat an Königshöfen und in der Stadtgemeinde, bei der Gründung und Einrichtung von Städten und ihrer Verwaltung, bei Gericht und in der guten Gesellschaft so hoch angesehen war. Zum Ideal der Bildung (rouSeia) gehört auch bei ihm vor allem die Gewandtheit im Umgang, die Beherrschung der Formen des gesellschaftlichen Lebens, die Geschicklichkeit im Verkehr mit den Großen u.s.w." (ebd., S. 188). 27 Die entsprechende Stelle bei Johannes Meinhold lautet: „Man muß eben Zeit haben und Fleiß anwenden, wenn man die .Weisheit', die also hier .Gelehrsamkeit' ist, erlangen will. Der Ackersmann wie der Künstler und Handwerker arbeiten gemäß der für sie nötigen Weisheit in ihrem Beruf, anders aber der Mann, der der eigentlichen Weisheit nachjagt; ihn wählt man in den Rat, er dient Fürsten und Königen, kommt weit auf Erden herum und sprudelt zwiefältig von weisen Sprüchen [..,]". (Meinhold, Weisheit Israels, S. 294). 28 So bei Wilhelm Bousset, Religion des Judentums, S. 186f.: „Der Stand der Schriftgelehrten [...] ist älter als unsre Periode, er reicht einige Jahrhunderte höher hinauf. Nach der späteren Überlieferung ist Esra der erste Vertreter dieses Typus von Religionsführern".
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des Islam praktisch fast gleichkommende Stellung der Schriftgelehrten, das heißt aber zunächst: der hebräisch verstehenden Ausleger der göttlichen Gebote, doch wesentlich jünger als die Stellung dieses vom Perserkönig bevollmächtigten offiziellen Schöpfers der Theokratie. 29 Der soziale Rang der Schriftgelehrten hat nun aber Veränderungen erfahren. In der Zeit des Makkabäerreiches ist Frömmigkeit - im Grunde eine recht nüchterne Lebensweisheit, etwa wie die Xenophilie 30 - und „Bildung" identisch, diese (musar, jtaiöeia) 31 ist der Weg zur Tugend, die in demselben Sinn als lehrbar gilt, wie bei den Hellenen. Allerdings fühlt sich der fromme Intellektuelle schon der damaligen Zeit ganz ebenso wie die meisten Psalmisten im scharfen Gegensatz gegen die Reichen und Hochmütigen, bei denen Gesetzestreue selten ist. Aber sie selbst sind eine mit diesen sozial gleichstehende Klasse. Dagegen produzierten die Schriftgelehrtenschulen der herodianischen Zeit mit zunehmender innerer Bedrücktheit und Spannung durch die offensichtliche Unabwendbarkeit der Fremdherrschaft eine proletaroide Schicht von Gesetzesinterpreten, welche als seelsorgerische Berater, Prediger und Lehrer in den Synagogen - auch im Sanhedrin 32 saßen Vertreter - die Volksfrömmigkeit der engen ge2 9 Der a c h ä m e n i d i s c h e Herrscher Artaxerxes (I. oder II.) hatte Esra, der den amtlichen persischen Titel „Schreiber des Gesetzes des Himmelsgottes" führte, In einem Edikt den Auftrag erteilt, die Verhältnisse in J u d a und Jerusalem nach der b a b y l o n i s c h e n Gefangenschaft e n t s p r e c h e n d d e m Gesetz (dat) seines Gottes zu ordnen. Wer das Gesetz nicht befolge, solle bestraft werden. (Esra 7, 1 2 - 2 6 ) . 3 0 Vorliebe für Fremdartiges. 31 Als „Musarliteratur" (von hebr.: müsär, „Zucht") wird die hebräische und j i d d i s c h e Erbauungsliteratur seit d e m Mittelalter bezeichnet. In 5. Mose 8, 5 heißt es, daß J a h w e sein Volk Israel in Zucht g e n o m m e n habe wie j e m a n d seinen Sohn in die. Zucht nimmt: „So erkennest du ja in d e i n e m Herzen, daß der HErr, dein Gott, d i c h g e z o g e n hat, wie ein Mann seinen Sohn zieht". In der griechischen Übersetzung wird das e n t s p r e c h e n d e hebräische Wort yäsär, von d e m das Nomen müsär abgeleitet Ist, mit g r i e c h i s c h e m paideia und s t a m m v e r w a n d t e n Worten übersetzt. (Paideia war zunächst B e z e i c h n u n g für die Kindeserziehung, dann für die Vermittlung von körperlich-geistiger Bildung allgemein.) Das 2. M a k k a b ä e r b u c h (6, 12) deutet die Verfolgung gläubiger J u d e n durch den g r i e c h i s c h e n Herrscher Antiochos I. Eplphanes als eine Strafe, die Gott zur Erziehung des Volkes veranlaßt habe. 3 2 Der Sanhedrin (von grlech.: synhedrion, „Ratsversammlung") war seit d e m ersten vorchristlichen Jahrhundert der aristokratische Senat der J u d e n In Jerusalem. Seine Mitglieder waren der Priesteradel, Häupter der a n g e s e h e n j ü d i s c h e n Geschlechter, sowie seit d e m 1. Jahrhundert v. Chr. - Pharisäer. Er setzte sich aus 70 Mitgliedern z u s a m m e n und stellte In römischer Zeit die höchste einheimische Behörde für religiöse A n g e l e g e n helten dar.
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setzestreuen Gemeindejuden (Chaberim) im Sinne der Peruschim (Pharisaioi) prägten; diese Art des Betriebs geht dann in das Gemeindebeamtentum des Rabbinats der talmudischen Zeit über. Im Gegensatz zu ihnen ist eine ungeheure Verbreitung des kleinbürgerlichen und des Pariaintellektualismus durch sie erfolgt, wie sie in keinem andern Volk ihresgleichen sich findet: die Verbreitung der Schreibkunst ebenso wie die systematische Erziehung im kasuistischen Denken durch eine Art „allgemeiner Volksschulen" galt schon Philo 33 für das Spezifikum der Juden. Der Einfluß dieA 292 ser Schicht erst ist es, der beim jüdischen Stadt jbürgertum die Prophetentätigkeit durch den Kult der Gesetzestreue und des buchreligiösen Gesetzesstudiums ersetzt hat. Diese populäre jüdische, allem Mysterienwesen durchaus fremde Intellektuellenschicht steht sozial entschieden unter dem Philosophen- und Mystagogentum der vorderasiatisch-hellenistischen Gesellschaft. s Aber zweifellos gab es andererseits schon in vorchristlicher Zeit im hellenistischen Orient einen durch die verschiedenen sozialen Schichten hindurchreichenden Intellektualismus, welcher in den verschiedenen sakramentalen Erlösungskulten und Weihen durch Allegorese 1 und Spekulation ähnliche soteriologische Dogmatiken produzierte," wie die wohl gleichfalls meist den Mittelschichten angehörigen Orphiker es getan hatten/ Mindestens einem Diasporaschriftgelehrten wie Paulus waren diese Mysterien und soteriologischen Spekulationen - der Mithraskult war in Kilikien als Seeräuberglauben zu Pompejus' Zeit verbreitet, wenn er auch speziell in Tarsos erst in nachchristlicher Zeit ausdrücklich inschriftlich bezeugt ist 34 - sicher wohl bekannt und s - s ( S . 2 8 0 ) Originalmanuskript, vgl. unten, S. 449f ziert, v A: haben.
t A: Allegorie
u A: produ-
33 Der jüdische Philosoph Philo von Alexandrien schrieb, die J u d e n würden von ihrer frühesten J u g e n d an in d e n heiligen Gesetzen und den u n g e s c h r i e b e n e n Bräuchen unterrichtet (Legatio a d Gaium 115). Die Stätten, an denen dies geschah, nannte er „Schulen" (didaskaleia), ohne sie von den „Synagogen" zu unterscheiden. (Vita Mosis II 215f.; De specialibus legibus II 62). 34 Plutarch (ca. 4 5 - 1 2 7 n. Chr.) berichtete von einer Anzahl von Kriegszügen, die Pompeius in den Jahren 7 8 - 6 7 v. Chr. g e g e n kilikische Seeräuber unternahm. Von diesen Seeräubern teilte er weiter mit, daß sie „fremdartige Opfer in O l y m p o s d a r b r a c h t e n und geheime Weihen zelebrierten, von denen die Mithraswelhe noch heute existiert, die z u m erstenmal von jenen bekannt g e m a c h t worden war". (Vita des Pompejus 24, 7). In der Zeit des Gordian ( 2 3 8 - 2 4 4 n. Chr.) w u r d e n in der Stadt Tarsos, seit 66 v. Chr. Hauptstadt der römischen Provinz Kilikien, des südöstlichsten Küstenlandes Kleinasiens, Mün-
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verhaßt. Wahrscheinlich aber liefen soteriologische Hoffnungen der verschiedensten Prägung und Provenienz auch innerhalb des Judentums, zumal des Provinzialjudentums, seit langem nebeneinander; sonst hätte neben den Zukunftsmonarchen des herrschenden jüdischen Volks nicht schon in prophetischer Zeit der auf dem Lastesel einziehende König 35 der armen Leute stehen und die Idee des „Menschensohns" (eine grammatikalisch ersichtlich semitische Bildung) 36 konzipiert werden können. An jeglicher komplizierten, über den reinen am Naturvorgang orientierten Mythos oder die schlichte Weissagung eines guten Zukunftskönigs, der irgendwo schon verborgen sitzt, hinausgehenden, Abstraktionen entfaltenden und kosmische Perspektiven eröffnenden Soteriologie aber ist stets Laienintellektualismus, je nachdem der vornehme, oder der Pariaintellektualismus, irgendwie beteiligt. Jenes Schriftgelehrtentum nun und der dadurch gepflegte Kleinbürgerintellektualismus drang vom Judentum aus auch in das Frühchristentum ein. Paulus, ein Handwerker, wie dies anscheinend viele der spätjüdischen Schriftgelehrten, sehr im Gegensatz gegen die antibanausische Weisheitslehre der siracidischen Zeit, auch waren, ist ein sehr hervorragender Vertreter des Typus (nur daß in ihm freilich mehr und Spezifischeres als nur dies Element steckt); seine „Gnosis" konnte, obwohl sie dem, was das spekulative hellenistisch-orientalische Intellektuellentum darunter verstand, sehr fremd ist, immerhin später dem Marcionitismus Anhaltspunkte geben. 37 Das Element von Intellektualismus, welches zen mit dem Motiv des Stieropfers des Mithras geprägt. Mithrasinschriften aus Tarsos sind nicht bekannt. 35 In Sacharja 9, 9 heißt es: „Aber du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze; siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm, und reitet auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der Eselin". Das Reiten auf einem Esel ohne Sattel ist ein Symbol für einen friedlichen Nicht-Krieger, das Reiten auf einem Pferd das des Kriegers. 36 Der A u s d r u c k „ M e n s c h e n s o h n " (griech.: uíck; t o i äv6pamou), Tl.: hyios tou anthropou) geht auf das aramäische bar näsä' zurück, das Bezeichnung für einen einzelnen Menschen ist. „Sohn" steht in diesem Falle für ein Individuum des Kollektivum „Mensch". Im Buch Daniel sah der Visionär „in des Himmels Wolken [einen] wie eines M e n s c h e n Sohn" (7,13). Hier wie in anderen apokalyptischen Schriften hat die Bezeichnung eine andere B e d e u t u n g a n g e n o m m e n und steht für eine himmlische Erlösergestalt am Ende der Zeiten. 37 Bei Adolf Harnack heißt es über Marcion: „Er glaubte d e m g e m ä s s , die scharfen Antithesen des Paulus [...] d. h. die paullnische Kritik an der ATlichen Religion, zum Fund a m e n t e der religiösen Betrachtung m a c h e n und auf zwei Principien, den gerechten
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in dem Stolz darauf, daß nur die von Gott Berufenen den Sinn der Gleichnisse des Meisters verstanden, 38 steckt, ist auch bei ihm in dem Stolz darauf, daß die wahre Erkenntnis „den Juden ein Ärgernis, den Hellenen eine Torheit ist", 39 sehr ausgeprägt. Sein Dualismus von „Fleisch" und „Geist", obwohl in eine andere Konzeption 5 eingebettet, hat dennoch 3 auch Verwandtschaft mit der Stellungnahme der typischen Intellektuellensoteriologie zur Sinnlichkeit; eine vermutlich etwas oberflächliche Bekanntschaft mit hellenischer Philosophie scheint vorhanden. Vor allem ist seine Bekehrung nicht nur eine Vision im Sinne des halluzinatorischen Sehens, 10 sondern zugleich des inneren pragmatischen Zusammensehens des persönlichen Schicksals des Auferstandenen mit den ihm wohlbekannten allgemeinen Konzeptionen der orientalischen Heilandssoteriologie und ihrer Kultpragmatiken, in welche sich ihm nun die Verheißungen der jüdischen Prophetie einordnen. Seine Episteln 15 sind in ihrer Argumentation höchste Typen der Dialektik des kleinbürgerlichen Intellektualismus: man staunt, welches Maß von direkt „logischer Phantasie" in einem Schriftstück wie dem Römerbrief bei den Schichten, an die er sich wendet, vorausgesetzt wird, und allerdings ist ja wohl nichts sicherer, als daß nicht seine 20 Rechtfertigungslehre, sondern seine Konzeptionen der Beziehung zwischen Pneuma und Gemeinde und die Art der relativen Anpassung an die Alltagsgegebenheiten der Umwelt damals wirklich rezipiert wurden. s Aber die rasende Wut des Diasporajudentums, dem seine dialektische Methode als ein schnöder Mißbrauch der 25 Schriftgelehrtenschulung erscheinen mußte, gerade gegen ihn, A 293 zeigt nur, | wie genau jene Methodik dem Typus dieses Kleinbürgerintellektualismus entsprach. Er hat sich dann noch in der charismatischen Stellung der „Lehrer" (öiödoxaXoi) in den alten a A: demnach
s ( S . 2 7 8 ) - s Originalmanuskript; vgl. unten, S. 449f.
und den zornigen Gott des A T., der zugleich identisch sei mit dem Weltschöpfer, und den vor Christus völlig unbekannten Gott des Evangeliums, der nur die Liebe und das Erbarmen sei, vertheilen zu müssen". (Harnack, Dogmengeschichte I, S.294f). 3 8 Matthäus 13, 10f.: „Und die Jünger traten zu ihm, und sprachen: Warum redest du zu ihnen durch Gleichnisse? Er antwortete und sprach: Euch ist's gegeben, daß ihr das Geheimnis des Himmelreichs vernehmet; diesen aber ist's nicht gegeben". (Vgl. auch Matthäus 13, 34f.; Markus 4, 10f.; Lukas 8, 9f.). 3 9 In 1. Korinther 1, 22f. heißt es: „Sintemal die Juden Zeichen fordern, und die Griechen nach Weisheit fragen, Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit".
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Christengemeinden (noch in der Didache) 40 fortgesetzt, und Harnack findet im Hebräerbrief ein specimen seiner Auslegungsmethodik. 41 Dann ist er mit dem allmählich immer stärker hervortretenden Monopol der Bischöfe und Presbyter auf die geistliche Leitung der Gemeinden geschwunden, und ist das Intellektuellentum der Apologeten, dann der hellenistisch gebildeten, fast durchweg dem Klerus angehörigen Kirchenväter und Dogmatiker, der theologisch dilettierenden Kaiser an die Stelle getreten, bis schließlich, im Osten, das aus den untersten, nichthellenischen sozialen Schichten rekrutierte Mönchtum, nach dem Siege im Bilderstreit die Oberhand gewann. Niemals ist jene Art von formalistischer Dialektik, welche allen diesen Kreisen gemeinsam war, verbunden mit dem halbintellektualistischen, halb primitiv-magischen Selbstvergottungsideal in der östlichen Kirche ganz wieder auszurotten gewesen. Aber das Entscheidende für das Schicksal des alten Christentums war doch, daß es nach Entstehung, typischem Träger und dem von diesem für entscheidend angesehenen Gehalt seiner religiösen Lebensführung, eine Erlösungslehre war, welche, mochte sie manche Teile ihres soteriologischen Mythos mit dem
40 1. Korinther 12, 28 („Und Gott hat gesetzet in der Gemeine aufs erste die Apostel, aufs andre die Propheten, aufs dritte die Lehrer, darnach die Wundertäter, darnach die Gaben, gesund zu machen, Helfer, Regierer, mancherlei Sprachen") und Didache 13, 2 („Ebenso ist ein wahrer Lehrer, ganz wie der Arbeiter, seines Unterhaltes wert"). Die Didache („Zwölfapostellehre") wurde 1873 in einer Handschrift aus dem 11. Jahrhundert gefunden und enthält eine altchristliche Gemeindeordnung aus dem Anfang des zweiten Jahrhunderts mit Anweisungen für den Kult und das Gemeindeleben. Sie wurde erstmals 1883 von Ihrem Entdecker Philotheos Bryennios veröffentlicht. Laut dieser Schrift übernahmen gewählte Bischöfe und Diakone die Funktionen von Propheten und Lehrern, die als Charismatiker rar geworden waren. Didache 15, 1 f.: „Erwählet euch nun Bischöfe und Diakone, des Herrn würdig, [...]; denn auch sie dienen für euch den Dienst der Propheten und Lehrer. Schätzet sie also nicht gering; denn sie sind die Geehrten unter euch samt den Propheten und Lehrern". (Beide Zitate nach: Renesse, Lehre der zwölf Apostel, wie oben, S. 180, Anm. 22, S. 29 und 33; vgl. auch das Kapitel über „Lehrer", ebd., S.65f ). 41 Der Hebräerbrief ist eine Schrift aus dem Neuen Testament, Ende des ersten Jahrhunderts von einem unbekannten Verfasser an Judenchristen gerichtet. Adolf Harnack stellte den Hebräerbrief in folgende Entwicklung: „Mit Hülfe des A.T.'s datirten die Lehrer die christliche Religion bis zum Anfang des Menschengeschlechts hinauf und verbanden die Veranstaltungen zur Stiftung der christlichen Gemeinde mit der Weltschöpfung (so nicht erst die Apologeten, sondern schon Barnabas und Hermas, und vor diesen Paulus, der Verfasser] des Hebräerbriefes u.A.). Dies war unzweifelhaft eines der eindrucksvollsten Stücke in der Missionspredigt für Gebildetere". (Harnack, Dogmengeschichte I, S. 195, Fn. 2).
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allgemein orientalischen Schema gemein, vielleicht manches direkt umbildend, entlehnt und mochte Paulus schriftgelehrte Methodik übernommen haben, dennoch mit der größten Bewußtheit und Konsequenz sich vom ersten Anbeginn an gegen den Intellektualismus stellte. Sie stellte sich gegen die jüdische ritual-juristische Schriftgelehrsamkeit ebenso wie gegen die Soteriologie der gnostischen Intellektuellenaristokratie und vollends gegen die antike Philosophie. Daß die gnostische Degradation der „Pistiker" abgelehnt wurde, daß die „Armen am Geist" die pneumatisch Begnadeten, und nicht die „Wissenden" die exemplarischen Christen sind, daß der Erlösungsweg nicht über das geschulte Wissen, weder vom Gesetz noch von den kosmischen und psychologischen Gründen des Lebens und Leidens, noch von den Bedingungen des Lebens in der Welt, noch von den geheimen Bedeutungen von Riten, noch von den Zukunftsschicksalen der Seele im Jenseits führt, dies, und der Umstand, daß ein ziemlich wesentlicher Teil der inneren Kirchengeschichte der alten Christenheit einschließlich der Dogmenbildung, die Selbstbehauptung gegen den Intellektualismus in allen seinen Formen darstellt, ist dem Christentum charakteristisch eigen. Will man die Schichten, welche Träger und Propagatoren der sog. Weltreligionen42 waren, schlagwörtlich zusammenfassen, so sind dies für den Konfuzianismus der weltordnende 42 In seiner „Einleitung" zu „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" äußerte sich Weber dazu, was er unter „Weltreligionen" verstand und welche Religionen er dazuzählte: „Unter .Weltreligionen' w e r d e n hier, In ganz wertfreier Art, jene fünf religiösen oder religiös bedingten Systeme der Lebensreglementierung verstanden, welche b e s o n d e r s große Mengen von Bekennern um sich zu scharen gewußt haben: die konfuzianische, hlnduistlsche, buddhistische, christliche, islamitische religiöse Ethik. Ihr tritt als sechste mitzub e h a n d e l n d e Religion das J u d e n t u m hinzu, sowohl well es für jedes Verständnis der beiden zuletzt genannten Weltreligionen e n t s c h e i d e n d e geschichtliche Voraussetzungen enthält, als w e g e n seiner teils wirklichen, teils angeblichen historischen Eigenbedeutung für die Entfaltung der modernen Wirtschaftsethik des Okzidentes [...]". (MWG 1/ 19, S. 83f.). Die Bestimmung einiger Religionen als „Weltreligionen" stammt von Cornelis Petrus Tiele. Dieser v e r b a n d mit d e m Begriff „Weltreligionen" eine spezifische Auffassung von Unterschieden zwischen Religionen: „[...] the term ,world religlons' might still be retained for practlcal use, to distinguish the three religlons [ B u d d h i s m u s , Christentum, Islam] whlch have f o u n d their way to dlfferent races and peoples a n d all of w h i c h profess the intention to conquer the world, from s u c h communities as are generally limited to a Single race or nation, and, where they have extended farther, have done so only In the train of, and in connexlon with, a superior civilization". (Tiele, Cornelis Petrus, Religions, in: The Encyclopedia Britannlca, vol. 20, 9 , h editlon. - Edinburgh: A d a m and Charles Black 1886, S. 3 5 8 - 3 7 1 , Zitat: S. 368).
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Bürokrat, für den Hinduismus der weltordnende Magier, für den Buddhismus der weltdurchwandernde Bettelmönch, für den Islam der weltunterwerfende Krieger, für das Judentum der wandernde Händler, für das Christentum aber der wandernde Handwerksbur5 sehe, sie alle nicht als Exponenten ihres Berufes oder materieller „Klasseninteressen", sondern als ideologische Träger einer solchen Ethik oder Erlösungslehre, die sich besonders leicht mit ihrer sozialen Lage vermählte. Der Islam hätte außerhalb der offiziellen Rechts- und Theolo10 genschulen und der zeitweiligen Blüte wissenschaftlicher Interessen, also im Charakter seiner eigentlichen ihm spezifischen Religiosität, einen intellektualistischen Einbruch nur gleichzeitig mit dem Eindringen des Sufismus erleben können. Allein nach dieser Seite lag dessen Orientierung nicht; gerade der rationale Zug fehlt 15 der volkstümlichen Derwischfrömmigkeit ganz, und nur einzelne heterodoxe Sekten im Islam, wenn auch gelegentlich recht einflußreiche, trugen spezifisch intellektualistischen Charakter. Im übrigen entwickelte er, ebenso, wie das mittelalterliche Christentum, an seinen Hochschulen Ansätze einer Scholastik. 20 Wie es mit den Beziehungen des Intellektualismus zur Religiosität im mittelalterlichen Christentum bestellt war, kann b hier nicht erörtert werden. Die Religiosität wurde in ihren soziologisch-relevanten Wirkungen jedenfalls nicht durch intellektualistische Mächte orientiert, und die starke Wirkung des Mönchsratio25 nalismus liegt auf dem Gebiet der Kulturinhalte und könnte nur durch einen Vergleich des | okzidentalen Mönchtums mit dem ori- A 294 entalischen und asiatischen klargestellt werden, der hier erst später sehr kurz skizziert werden kann. 43 Denn vornehmlich in der Eigenart ihres Mönchtums liegt auch die Eigenart der Kulturwir30 kung der Kirche des Okzidents begründet. Einen religiösen Laienintellektualismus kleinbürgerlichen Charakters oder einen Pariaintellektualismus hat das okzidentale Mittelalter (in einem relevanten Maß) nicht gekannt. Er fand sich gelegentlich innerhalb der Sekten. Die Rolle der vornehmen Bildungsschichten innerhalb 35 der kirchlichen Entwicklung ist nicht gering gewesen. Die intellekb A: konnte 4 3 Siehe WuG1, S. 7 8 6 - 7 8 8 (MWG 1/22-4).
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tualistischen 0 Bildungsschichten der karolingischen, ottonischen und salisch-staufischen Zeit wirkten im Sinne einer kaiserlichtheokratischen Kulturorganisation, so wie die ossipijanischen Mönche 44 im 16. Jahrhundert in Rußland es taten, vor allem aber war die gregorianische Reformbewegung und der Machtkampf des Papsttums getragen von der Ideologie einer vornehmen Intellektuellenschicht, welche mit dem entstehenden Bürgertum gemeinsam Front gegen die feudalen Gewalten machte. Mit zunehmender Verbreitung der Universitätsbildung und dem Streben des Papsttums nach Monopolisierung der Besetzung des gewaltigen Bestandes von Pfründen, welche diese Schicht ökonomisch trugen, zu fiskalischen oder bloßen Patronagezwecken, wendete sich die zunehmend verbreiterte 0 Schicht dieser Pfründeninteressenten zunächst wesentlich im ökonomischen nationalistischen Monopolinteresse, dann, nach dem Schisma, 45 auch ideologisch von der Papstgewalt ab und gehörte zu den „Trägern" konziliarer Reformbewegung 46 und weiterhin des Humanismus. Die an sich nicht uninteressante Soziologie der Humanisten, vor allem des Umschlags der ritterlichen und geistlichen in eine höfisch-mäzenatisch bedingte Bildung mit ihren Konsequenzen, gehört nicht hierher. Vornehmlich ideologische Motive bedingten ihr zwiespältiges Verhalten bei der Glaubensspaltung. Soweit diese Gruppe sich nicht in C A: imperialistischen
d A: verbreitete
44 G e m e i n t sind die Josiflianen, A n h ä n g e r d e s Josif Voltskii, A b t d e s von ihm g e g r ü n d e t e n Klosters bei Volokolamsk ( u m 1 4 4 0 - 1 5 1 5 ) , a u c h als „Osiflianen" oder „ J o s e p h i ten" bekannt. Sie verteidigten d e n G r u n d b e s i t z von Kirche u n d Klöstern u n d w e h r t e n sich g e g e n großfürstliche A n s p r ü c h e auf kirchlichen Landbesitz. Auf einer S y n o d e der Russischen Kirche von 1503 setzten sich die J o s e p h l t e n g e g e n ü b e r d e n A n h ä n g e r n ihres O p p o n e n t e n Nil Sorskli ( 1 4 3 3 - 1 5 0 9 ) d u r c h . Die J o s e p h i t e n waren streng o r t h o d o x u n d unterstützten d a s staatliche Mitwirken an d e n V e r f o l g u n g e n der als häretisch geltend e n sog. „ J u d a l s i e r e n d e n " . 45 Z u m s o g . „ A b e n d l ä n d i s c h e n S c h i s m a " ( 1 3 7 8 - 1 4 1 7 ) k a m es d u r c h die D o p p e l p a p s t wahl v o n 1378: In Rom w u r d e U r b a n VI. gewählt, in A v l g n o n K l e m e n s VII. Es g a b nun zwei Päpste, zwei Kardinalskollegien u n d Kurien, zwei u n t e r s c h i e d l i c h e G e l t u n g s b e r e i c h e p ä p s t l i c h e r Jurisdiktion und zwei v e r s c h i e d e n e Finanzsysteme. Seit d e m 1. Konzil v o n Pisa (1409) u n d der Wahl A l e x a n d e r s V. s t a n d e n sich s o g a r drei Päpste g e g e n ü b e r . Das Konzil v o n Konstanz ( 1 4 1 4 - 1 8 ) setzte Martin V. als allein anerkannten Papst d u r c h u n d b e e n d e t e die Kirchenspaltung. 46 „Konzillarismus" b e z e i c h n e t die im 14, J a h r h u n d e r t a u s g e b i l d e t e u n d auf d e n sog. „Reformkonzilien" d e s 15. J a h r h u n d e r t s praktizierte Lehre v o n der Ü b e r o r d n u n g d e s ö k u m e n i s c h e n Konzils über d e n Papst.
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den Dienst der Bildung der Reformations- oder Gegenreformationskirchen stellte, wobei sie in Kirche, Schule und Entwicklung der Lehre eine e überaus wichtige organisatorische und systematisierende, nirgends aber die ausschlaggebende Rolle spielte, sondern soweit sie Träger spezifischer Religiosität (in Wahrheit: einer ganzen Reihe von religiösen Einzeltypen) wurde, sind diese ohne dauernde Nachwirkung gewesen. Ihrem Lebensniveau entsprechend waren die klassisch gebildeten Humanistenschichten im ganzen antibanausisch und antisektiererisch gesinnt, dem Gezänk und vor allem der Demagogie der Priester und Prädikanten abhold, daher im ganzen f erasmianisch oder irenischf gesinnt 47 und schon dadurch zur zunehmenden Einflußlosigkeit verurteilt. Neben geistreicher Skepsis und rationalistischer Aufklärung findet sich bei ihnen, besonders auf anglikanischem Boden, eine zarte Stimmungsreligiosität oder, so im Kreise von Port Royal, 48 ein ernster, oft asketischer Moralismus, oder, so gerade in der ersten Zeit in Deutschland und auch in Italien, individualistische Mystik. Aber der Kampf der mit ihren Macht- und ökonomischen Existenzinteressen Beteiligten wurde, wo nicht direkt gewaltsam, dann naturgemäß mit den Mitteln einer Demagogie geführt, der jene Kreise gar nicht gewachsen waren. Gewiß bedurften mindestens diejenigen Kirchen, welche die herrschenden Schichten, und vor allem die Universitäten in ihren Dienst stellen wollten, der klassisch gebildeten, d. h. theologischen Polemiker und eines ähnlich gebildeten Predigerstandes. Innerhalb des Luthertums zog sich, seinem Bunde mit der Fürstengewalt entsprechend, die Kombination von Bildung und religiöser Aktivität schnell wesentlich auf die Fachtheologie zurück. Die puritanischen Kreise verspottet
e Fehlt in A; eine sinngemäß ergänzt,
f A: erastianisch oder irenäisch
47 Irenik (von griech.: eirene, „Frieden") bezeichnet den Versuch, eine Einheit zwischen den christlichen Konfessionen zu finden. Das war auch das Anliegen des Erasmus von Rotterdam. Zu Erasmus vgl. d e n Eintrag im Personenverzeichnis, unten, S. 456. 48 Das bei Versailles gelegene ehemalige Zisterzienserinnenkloster Port Royal war seit 1635 Mittelpunkt des französischen Jansenismus, einer innerkatholischen Erweckungsund R e f o r m b e w e g u n g . Bekannt wurde Port Royal durch Blaise Pascals ( 1 6 2 3 - 1 6 6 2 ) Schrift Pensees sur la religion et sur quelques autres sujets, 2. Aufl. - Paris 1670. Nach d e m päpstlichen Verbot des Jansenismus wurde auch der Kreis von Port Royal 1709 aufgehoben.
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dagegen noch der Hudibras 49 wegen ihrer ostensiblen philosophischen Gelehrsamkeit. Aber bei ihnen, und vor allen Dingen bei den täuferischen Sekten, war nicht der vornehme, sondern der plebejische und gelegentlich (bei den Täufern in den Anfängen der durch wandernde Handwerksburschen oder Apostel getragenen Bewegung) der Pariaintellektualismus das, was die unzerbrechliche Widerstandskraft gab. Eine spezifische Intellektuellenschicht mit besonderen Lebensbedingungen existierte hier nicht, es ist, nach dem Abschluß der kurzen Periode der missionierenden WanA 295 derprediger, der Mittelstand, | der davon durchtränkt wird. Die unerhörte Verbreitung der Bibelkenntnis und des Interesses für äußerst abstruse und sublime dogmatische Kontroversen, bis tief selbst in bäuerliche Kreise hinein, wie sie im 17. Jahrhundert in den puritanischen Kreisen sich fand, schuf einen religiösen Massenintellektualismus, wie er später nie wieder seinesgleichen gefunden hat und in der Vergangenheit nur mit dem spätjüdischen und dem religiösen Massenintellektualismus der paulinischen Missionsgemeinden zu vergleichen ist. Er ist, im Gegensatz zu Holland, Teilen von Schottland und den amerikanischen Kolonien, wenigstens in England selbst auch bald wieder kollabiert, nachdem die Machtsphären und -chancen im Glaubenskampf erprobt und festgestellt schienen. Aber die ganze Eigenart des angelsächsischen vornehmen Intellektualismus, namentlich seine traditionelle Deferenz gegenüber einer deistisch-aufklärerisch, in unbestimmter Milde, aber nie kirchenfeindlich gefaßten Religiosität, hat von jener Zeit her ihre Prägung behalten, welche an dieser Stelle nicht zu erörtern ist. Sie bildet aber in ihrer Bedingtheit durch die traditionelle Stellungnahme des politisch mächtigen Bürgertums und seiner moralistischen Interessen, also durch religiösen Plebejerintellektualimus, den schärfsten Gegensatz zu der Entwicklung der wesentlich höfischen, vornehmen Bildung der romanischen Länder zu radikaler Kirchenfeindschaft oder absoluter Kirchenindiffe-
49 Beim „Hudibras" handelt es sich um das unvollendete, dreiteilige Hauptwerk ( 1 6 6 3 78) des englischen Satirikers Samuel Butler (3. Februar 1612-25. September 1680), von der Thematik dem Don Quijote ähnlich. In seiner „Protestantischen Ethik" schrieb Weber: „Die Satire der Gegner, wie z. B. Butlers ,Hudibras', setzt ebenfalls gerade bei der Stubengelehrsamkeit und geschulten Dialektik der Puritaner ein". (Weber, Protestantische Ethik II, S.94).
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renz. Und beide, im Endeffekt gleich antimetaphysischen Entwicklungen bilden einen Gegensatz zu der durch sehr konkrete Umstände und nur in sehr geringem (wesentlich negativem) Maß durch solche soziologischer Art bedingten deutschen unpolitischen und doch nicht apolitischen oder antipolitischen vornehmen Bildung, die metaphysisch, aber nur wenig an spezifisch religiösen, am wenigsten an „Erlösungs"-Bedürfnissen orientiert war. Der plebejische und Pariaintellektualismus Deutschlands dagegen nahm ebenso wie derjenige der romanischen 9 Völker, aber im Gegensatz zu demjenigen der angelsächsischen Gebiete, in welchen seit der Puritanerzeit die ernsteste Religiosität nicht anstaltsmäßig-autoritären, sondern sektiererischen Charakters war, zunehmend und seit dem Entstehen des sozialistischen ökonomisch eschatologischen Glaubens definitiv eine radikal-antireligiöse Wendung. Nur diese antireligiösen Sekten verfügen über eine deklassierte Intellektuellenschicht, welche einen religionsartigen Glauben an die sozialistische Eschatologie wenigstens zeitweise zu tragen vermochte. Je mehr die ökonomischen Interessenten selbst ihre Interessenvertretung in die Hand nehmen, desto mehr tritt gerade dies „akademische" Element zurück; die unvermeidliche Enttäuschung der fast superstitiösen Verklärung der „Wissenschaft" als möglicher Produzentin oder doch als Prophetin der sozialen gewaltsamen oder friedlichen Revolution im Sinn der Erlösung von der Klassenherrschaft tut das Übrige, und die einzige in Westeuropa als wirklich einem religiösen Glauben äquivalent anzusprechende Spielart des Sozialismus: der Syndikalismus,50 gerät infolgedessen leicht in die Lage, in jenem Punkt h zu einem romantischen Sport von Nichtinteressenten zu werden. g A: r ö m i s c h e n
h Fehlt in A; P u n k t s i n n g e m ä ß ergänzt.
5 0 Mit „Syndikalismus" wird die g e g e n E n d e d e s 19. Jahrhunderts e n t s t a n d e n e Lehre einer g e w e r k s c h a f t l i c h getragenen, revolutionären A r b e i t e r b e w e g u n g verstanden, die d a s Ziel der V e r g e s e l l s c h a f t u n g der Produktionsmittel hatte. Der S y n d i k a l i s m u s wollte die Befreiung der Arbeiterschaft vom Kapitalismus vornehmlich mit Hilfe der Strategie der „direkten Aktion" g e g e n die Unternehmerschaft erreichen, sei es durch G e n e r a l streik o d e r Demonstrationen, durch g e w a l t s a m e Aktionen g e g e n S a c h e n o d e r Personen, nicht a b e r mit Hilfe parlamentarischer oder g e w e r k s c h a f t l i c h e r M e t h o d e n herkömmlicher Art. D a s Fernziel war eine g r u n d l e g e n d e Reorganisation der G e s e l l s c h a f t auf der B a s i s dezentralisierter gewerkschaftlicher Produktionseinheiten, nicht a b e r ein s o z i a l i s t i s c h e s S y s t e m bürokratischen Typs.
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Die letzte große, von einem nicht einheitlichen, aber doch in wichtigen Punkten gemeinsamen Glauben getragene, insofern also religionsartige Intellektuellenbewegung war die der russischen revolutionären Intelligenz. Vornehme, akademische und adlige Intelligenz stand hier neben plebejischem Intellektualismus, der getragen wurde von dem in seinem soziologischen Denken und universellen Kulturinteressen sehr hochgeschulten proletaroiden unteren Beamtentum, speziell der Selbstverwaltungskörper, (das sog. „dritte Element"), 5 1 von Journalisten, Volksschullehrern, revolutionären Aposteln und einer aus den russischen sozialen Bedingungen entspringenden Bauernintelligenz. Dies hatte die in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit der Entstehung des sog. Narodnitschestwo (Volkstümlerei) beginnende, naturrechtliche, vorwiegend agrarkommunistisch orientierte Bewegung im Gefolge, welche in den 90er Jahren mit der marxistischen Dogmatik teils in scharfen Kampf geriet, teils sich in verschiedener Art verschmolz und mehrfach zuerst mit slawophil-romantischer, dann mit mystiA 296 scher Religiosität oder doch Religions| Schwärmerei in eine meist wenig klare Verbindung zu bringen gesucht wurde, bei manchen und zwar relativ breiten Intelligentenschichten aber, unter dem Einfluß Dostojewskys und Tolstois, eine asketische oder akosmistische persönliche Lebensführung bewirkte. In welcher Art diese Bewegung, sehr stark mit jüdischer, zu jedem Opfer bereiter proletaroider Intelligenz durchsetzt, nach der Katastrophe der russischen Revolution (von 1906) noch Leben gewinnen wird, steht dahin. In Westeuropa haben aufklärerisch-religiöse Schichten schon seit dem 17. Jahrhundert, sowohl im angelsächsischen wie neuerdings auch französischen Kulturgebiet, unitarische, deistische oder auch synkretistische, atheistische, freikirchliche Gemeinden ge51 Auf dieses „dritte Element" kam Weber ausführlich in seinen „Rußlandstudien" zu sprechen (vgl. z. B. in: Weber, Max, Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland, MWG 1/10, S. 106f., 179f.). Es bezeichnet - so der Band-Herausgeber - die „ZemstvoAngestellten, Ärzte, Statistiker etc., [...] die weder zur Verwaltung noch zu den Ständevertretern Im Zemstvo gehörten und als besonders radikal galten". (MWG 1/10, S. 770). „Zemstvo" war die Im kaiserlichen Rußland 1864 eingeführte ständische Selbstverwaltung mit Kreis- und Gouvernementsversammlungen aus Vertretern des Großgrundbesitzes, der Stadtbevölkerung und der Bauern, mit eigenen Verwaltungsorganen, Besteuerungs-, Anleihe- und Petitionsrecht. Der Vize-Gouverneur von Samara, Kondoidl, hatte die beamteten Zemstvo-Angestellten „ein neues, drittes Element im Leben des Zemstvo" genannt. (Vgl. MWG 1/10, S. 107, Hg.-Anm.6).
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schaffen, bei denen zuweilen buddhistische (oder dafür geltende) Konzeptionen mitgespielt haben. Sie haben in Deutschland auf die Dauer fast in den gleichen Kreisen wie das Freimaurertum Boden gefunden, d.h. bei ökonomischen Nichtinteressenten, besonders bei Kulturpublizisten,1 daneben bei deklassierten Ideologen und einzelnen halb und ganz proletarischen Bildungsschichten. Ein Produkt der Berührung mit europäischer Kultur ist andererseits die hinduistische (Brahma-Samaj) 52 und persische Aufklärung in Indien. 53 Die praktische Kulturbedeutung war in der Vergangenheit größer als sie wenigstens zur Zeit ist. Das Interesse der privilegierten Schichten an der Erhaltung der bestehenden Religion als Domestikationsmittel, ihr Distanzbedürfnis und ihr Abscheu gegen die ihr Prestige zerstörende Massenaufklärungsarbeit, ihr begründeter Unglaube daran, daß an überkommenen Glaubensbekenntnissen, von deren Wortlaut beständig jeder etwas fortdeutet, die „Orthodoxie" 10%, die „Liberalen" 90%, ein wirklich wörtlich von breiten Schichten zu akzeptierendes neues Bekenntnis substituiert werden könne, vor allem die verachtende Indifferenz gegenüber religiösen Problemen und der Kirche, deren schließlich höchst wenig lästige Formalitäten zu erfüllen kein schweres Opfer kostet, da jedermann weiß, daß es eben Formalitäten sind, die am besten von den offiziellen Hütern der Orthodoxie und Standeskonvention und weil der Staat sie für die Karriere fordert, erfüllt werden, - all dies läßt die Chancen für die Entstehung einer ernsthaften Gemeindereligiosität, die von den Intellektuellen getragen würde, ganz ungünstig erscheinen. Das Bedürfnis des literarischen, akademisch-vornehmen oder auch Kaffeehausintellektualismus aber, in dem Inventar seiner Sensationsquellen und Diskussionsi A: Kommunalvirilisten, Der Sinn des Wortes ist unklar. 52 Mit Brahma-Samaj (Skt.: „Gemeinde der Gottesgläubigen") wird eine neohinduistische R e f o r m b e w e g u n g des 19. Jahrhunderts bezeichnet, die von Rammohun Roy 1828 b e g r ü n d e t wurde. Die Lehre des Brahma-Samaj ist monotheistisch ausgerichtet u n d wendet sich g e g e n bildliche Darstellungen Gottes, d e n Glauben an Avataras (wiederholte irdische Erscheinungen eines Gottes), Witwenverbrennung und soziale Mißstände. 53 „Persische Aufklärung in Indien" führt in die Zeit des islamischen Timuridenherrschers Akbar ( 1 5 4 2 - 1 6 0 5 , seit 1556 Großmogul von Indien), als am Hofe persisch gesprochen wurde. Der Herrscher, der sich als Philosoph und Sufi verstand, unternahm den Versuch, eine innerliche Religion auf der Basis von Sufismus, Hinduismus und Zoroastrismus zu begründen.
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Objekte die „religiösen" Gefühle nicht zu vermissen, das Bedürfnis von Schriftstellern^] Bücher über diese interessanten Problematiken zu schreiben^] und das noch weit wirksamere von findigen Verlegern, 54 solche Bücher zu verkaufen, vermögen zwar den Schein eines weit verbreiteten „religiösen Interesses" vorzutäuschen, ändern aber nichts daran, daß aus derartigen Bedürfnissen von Intellektuellen und ihrem Geplauder noch niemals eine neue Religion entstanden ist und daß die Mode diesen Gegenstand der Konversation und Publizistik, den sie aufgebracht hat, auch wieder beseitigen wird. 55
8.i Das Problem der Theodizee. k Streng „monotheistisch" sind im Grunde überhaupt nur Judentum und Islam, selbst dieser mit Abschwächungen durch den später eingedrungenen Heiligenkult. Nur wirkt die christliche Trinität im Gegensatz zu der tritheistischen Fassung der hinduistischen, spätbuddhistischen und taoistischen Trinitäten wesentlich monotheistisch, während der katholische Messen- und Heiligenkult faktisch j A: § 8.
k In A folgt eine Inhalts- und Seltenübersicht.
54 Weber könnte sich hier auf Eugen Diederichs und seinen 1896 In Florenz und Leipzig gegründeten Verlag beziehen, der bis zum 1. Weltkrieg neoromantische, mystische und kulturkritische Strömungen bündelte. Über Religion schrieb der Verleger 1908 unter dem Titel „Wege zu deutscher Kultur", daß ein Weg über die „lebendige Religion" führe. Dies sei „eigentlich ein Pleonasmus", fügte er hinzu, „denn Religion trägt stets das Prinzip des Lebens in sich, sie wendet sich an das Leben als Ganzes. Es wäre heute gar nicht nötig, von Religion zu reden, wenn nicht die Überschätzung Intellektuellen Wissens, die einseitige Bevorzugung des Erwerbslebens die Stimme des inneren Dämons getrübt hätte". (Diederichs, Eugen, Selbstzeugnisse und Briefe von Zeltgenossen. Düsseldorf, Köln: Eugen Diederichs 1967, S.35). Dem Verleger schien die Krise der modernen Gesellschaft vor allem eine Religionskrise zu sein. Sie zu hellen, gab er die Reihe „Die religiösen Stimmen der Völker" heraus. In Ihr sollten „die Religionsdokumente aller positiven" Religionen von den Urvölkern, Konfuzius, Buddhismus, Parsismus, Griechentum bis zum Islam und Talmud in handlichen Bänden von hervorragenden Sachkennern erläutert vorgeführt werden". (Ebd., S. 35). 55 Über „manche moderne Intellektuelle", die „spielerisch mit Heiligenbildchen aus aller Herren Länder" Ihre „Hauskapellen" ausstatten „oder ein Surrogat schaffen in allerhand Arten des Erlebens, denen sie die Würde mystischen Heiligkeitsbesitzes zuschreiben und mit dem sie - auf dem Büchermarkt hausieren gehen", äußerte sich Weber auch In „Wissenschaft als Beruf" (MWG 1/17, S. 108f ). Vgl. dazu auch ebd., S. 109, Anm. 61.
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dem Polytheismus sehr nahe steht. Ebensowenig ist jeder ethische Gott notwendig mit absoluter Unwandelbarkeit, Allmacht und Allwissenheit, kurz absoluter Übcrwcltlichkcit|,| ausgestattet. Spekulation und ethisches Pathos leidenschaftlicher Propheten | ver- A 297 schafft ihnen diese Qualitäten, die von allen Göttern, in voller Rücksichtslosigkeit der Konsequenz, nur der Gott der jüdischen Propheten, welcher auch der Gott der Christen und Muhammeds wurde, erlangt hat. Nicht jede ethische Gotteskonzeption hat zu diesen Konsequenzen und überhaupt zum ethischen Monotheismus geführt, nicht jede Annäherung an den Monotheismus beruht auf einer Steigerung der ethischen Inhalte der Gotteskonzeption, und erst recht nicht jede religiöse Ethik hat einen überweltlichen, das gesamte Dasein aus dem Nichts schaffenden und allein lenkenden, persönlichen Gott ins Leben gerufen. Aber allerdings ruht jede spezifisch ethische Prophetie, zu deren Legitimation stets ein Gott gehört, der mit Attributen einer großen Erhabenheit über die Welt ausgestattet ist, normalerweise auf einer Rationalisierung auch der Gottesidee in jener Richtung. Art und Sinn dieser Erhabenheit kann freilich ein verschiedener sein, und dies hängt teils mit fest gegebenen metaphysischen Vorstellungen zusammen, teils ist es Ausdruck der konkreten ethischen Interessen des Propheten. Je mehr sie aber in der Richtung der Konzeption eines universellen überweltlichen Einheitsgottes verläuft, desto mehr entsteht das Problem: wie die ungeheure Machtsteigerung eines solchen Gottes mit der Tatsache der Unvollkommenheit der Welt vereinbart werden könne, die er geschaffen hat und regiert. Das so entstehende Problem der Theodizee ist in der altägyptischen Literatur wie bei Hiob und bei Äschylos, 56 nur in jedesmal besonderer Wendung, le-
5 6 Der Papyrus Leiden I 3 4 4 recto (11, 1 1 - 1 3 , 8 u n d 15, 1 3 - 1 7 , 3) enthält d e n ältesten a l t ä g y p t i s c h e n Text zur T h e o d i z e e f r a g e , die „ M a h n w o r t e d e s Ipu-wer" oder a u c h „ A d monitions" (Gardiner, Alan H., The A d m o n i t i o n s of an Egyptlan S a g e from a Hieratic Papyrus in Leiden (Pap. Leiden 3 4 4 recto). - Leipzig: J.C. Hinrichs 1909). Die Datierung d e s Textes ist unsicher. Im Text wird die Zerstörung d e s L a n d e s und d a s Verlassensein von d e n Göttern beklagt. Es h e r r s c h e n c h a o t i s c h e Z u s t ä n d e , die W i e d e r h e r s t e l l u n g von G e s e t z und O r d n u n g wird eingefordert. T h e m a d e s alttestamentlichen B u c h e s Hiob ist d a s Leiden d e s G e r e c h t e n u n d seine Haltung im U n g l ü c k . In Aischylos' Werken Perser, S i e b e n g e g e n T h e b e n , Hiketiden, Orestle u n d Prometheus sind die M e n s c h e n e i n e m u n a u s w e i c h l i c h e n Z w a n g z u m H a n d e l n unterworfen. Durch d i e s e s H a n d e l n lädt der M e n s c h S c h u l d auf sich, die Leiden n a c h sich zieht. Durch d a s aus S c h u l d e n t s t a m m e n d e Leiden k o m m t der M e n s c h zur Einsicht in d a s göttliche Weltgesetz.
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bendig. Die ganze indische Religiosität ist von ihm in der durch die dort gegebenen Voraussetzungen bestimmten Art beeinflußt: auch eine sinnvolle unpersönliche und übergöttliche Ordnung der Welt stieß ja auf das Problem ihrer Unvollkommenheit. In irgendeiner Fassung gehört das Problem überall mit zu den Bestimmungsgründen der religiösen Entwicklung und des Erlösungsbedürfnisses. Nicht durch naturwissenschaftliche Argumente, sondern mit der Unvereinbarkeit einer göttlichen Vorsehung mit der Ungerechtigkeit und Unvollkommenheit der sozialen Ordnung motivierten noch in den letzten Jahren bei einer Umfrage Tausende von deutschen Arbeitern die Unannehmbarkeit der Gottesidee. 57 Das Problem der Theodizee ist verschieden gelöst worden, und diese Lösungen stehen im intimsten Zusammenhang mit der Gestaltung der Gotteskonzeption und auch der Art der Prägung der Sünden- und Erlösungsideen. Wir greifen die möglichst rational „reinen" Typen heraus. Entweder der gerechte Ausgleich wird gewährt durch Verweisung auf einen diesseitigen künftigen Ausgleich: messianische Eschatologien. Der eschatologische Vorgang ist dann eine politische und soziale Umgestaltung des Diesseits. Ein gewaltiger Held, oder ein Gott, wird - bald, später, irgendwann - kommen und seine Anhänger in die verdiente Stellung in der Welt einsetzen. Die Leiden der jetzigen Generation sind Folge der Sünden der Vorfahren, für die der Gott die Nachfahren verantwortlich macht, ebenso wie ja der Bluträcher sich an die ganze Sippe hält und wie noch Papst Gregor VII. die Nachfahren bis in das siebente Glied mit exkommunizierte. Ebenso werden vielleicht nur die Nachfahren des Frommen infolge seiner Frömmigkeit das messianische Reich sehen. Der vielleicht nötige Verzicht auf eigenes Erleben der Erlö-
5 7 Über diesen Sachverhalt äußerte sich Weber auch in seiner „Einleitung" zu „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen": „Noch 1906 antwortete von einer gegebenen (recht beträchtlichen) Zahl Proletariern auf die Frage nach dem Grunde ihres Unglaubens nur die Minderzahl mit Folgerungen aus modernen naturwissenschaftlichen Theorien, die Mehrzahl aber mit dem Hinweis auf die .Ungerechtigkeit' der diesseitigen Weltordnung [...]". (MWG 1/19, S. 95). Weber bezog sich - so der Hinweis des Band-Herausgebers (ebd., S.95, Hg.-Anm. 16) - auf eine von Adolf Levenstein durchgeführte und 1912 publizierte Umfrage. (Levenstein, Adolf, Die Arbeiterfrage. Mit besonderer Berücksichtigung der sozialpsychologischen Seite des modernen Großbetriebs und der psycho-physischen Einwirkungen auf die Arbeiter. - München: Ernst Reinhardt 1912, S. 326-353).
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sung schien nichts Befremdliches. Die Sorge für die Kinder war überall ein organisch gegebenes Streben, welches über die eigenen persönlichen Interessen auf ein „Jenseits" wenigstens des eigenen Todes hinwies. Den jeweils Lebenden bleibt die exemplarisch 5 strenge Erfüllung der positiven göttlichen Gebote, einerseits um sich selbst wenigstens das Optimum von Lebenschancen kraft göttlichen Wohlwollens zu erwerben, andererseits um den eigenen Nachfahren die Teilnahme am Reich der Erlösung zu erringen. „Sünde" ist Bruch der Gefolgschaftstreue gegen den Gott, ein ab10 trünniger Verzicht auf Gottes Verheißungen. Der Wunsch, auch selbst am messianischen Reich teilnehmen zu können, treibt weiter. Gewaltige religiöse Erregung entsteht, wenn das Kommen des diesseitigen Gottesreiches unmittelbar bevorzustehen scheint. Immer wieder treten Propheten auf, die es verkünden. Aber wenn 15 sein Kommen sich allzusehr hinaus|zieht, so ist eine Vertröstung A 298 auf eigentliche „Jenseits"-Hoffnungen fast unumgänglich. Die Vorstellung von einem „Jenseits" ist im Keim mit der Entwicklung der Magie zum Seelenglauben gegeben. Zu einem besonderen Totenreich aber verdichtet sich die Existenz der Totenseelen 20 keineswegs immer. Eine sehr häufige Vorstellung ließ vielmehr die Totengeister in Tieren und Pflanzen sich verkörpern, verschieden je nach Lebens- und Todesart, Sippe und Stand, - die Quelle der Seelenwanderungsvorstellungen. Wo ein Totenreich, zunächst an einem geographisch entlegenen Ort, später unter- oder überir25 disch, geglaubt wird, ist das Leben der Seelen dort keineswegs notwendig zeitlich ewig. Sie können gewaltsam vernichtet werden oder durch Unterlassen der Opfer untergehen oder einfach irgendwann sterben (anscheinend die altchinesische Vorstellung). 58
58 Nach chinesischer Vorstellung erhalten die Seelen der A h n e n ihre Kraft durch die Opfer und Gebete der N a c h k o m m e n . Vernachlässigen die Nachfahren d e n Totenkult oder g e b e n sie ihn gänzlich auf, werden die Ahnenseelen g e s c h w ä c h t bis hin zum Verlöschen. Dazu vermerkt Max Weber an anderer Stelle: ,,Ed[uard] Meyers oft ausgesprochene Ansicht, daß die Totenopfer nicht um der Macht der Toten willen gebracht werden, sondern umgekehrt die O h n m a c h t der Toten zur Voraussetzung haben, die ohne sie nicht bestehen können, ist einseitig. [...] Und der ganze chinesische Ahnenkult, vor allem g e r a d e die in ihrem Sinn ganz vergessenen Trauerbräuche dort, haben die Macht der Totenseele zur Voraussetzung. Das Machtverhältnis Ist also gegenseitig: der Tote bedarf der Opfer, aber er hat, wie die Götter, auch die Macht, sie oder ihr Unterlassen zu vergelten". (Weber, J u d e n t u m II, S.416, Fn. 133).
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Eine gewisse Fürsorge für das eigene Schicksal nach dem Tode taucht, dem „Grenznutzgesetz" 59 entsprechend, meist da auf, wo die notwendigsten diesseitigen Bedürfnisse gedeckt sind und ist daher zunächst auf die Kreise der Vornehmen und Besitzenden beschränkt. Nur sie, zuweilen nur Häuptlinge und Priester, nicht die Armen, selten die Frauen, können sich die jenseitige Existenz sichern und scheuen dann freilich oft die ungeheuersten Aufwendungen nicht, es zu tun. Vornehmlich ihr Beispiel propagiert die Beschäftigung mit den Jenseitserwartungen. Von einer „Vergeltung" im Jenseits ist keine Rede. Wo der Gedanke auftaucht, sind es zunächst nur rituelle Fehler, welche Nachteile nach sich ziehen: so in umfassendstem Maße noch im indischen heiligen Recht. Wer das Kastentabu verletzt, ist der Höllenpein sicher. Erst der ethisch qualifizierte Gott verfügt auch über die Schicksale im Jenseits unter ethischen Gesichtspunkten. Die Scheidung von Paradies und Hölle tritt nicht erst damit auf, ist aber ein relativ spätes Entwicklungsprodukt. Mit wachsender Macht der Jenseitshoffnungen, je mehr also das Leben in der diesseitigen Welt als eine nur provisorische Existenzform gegenüber der jenseitigen angesehen, je mehr jene als von Gott aus dem Nichts geschaffen und ebenso wieder vergänglich und der Schöpfer selbst als den jenseitigen Zwecken und Werten unterstellt gedacht und je mehr also das diesseitige Handeln auf das jenseitige Schicksal hin ausgerichtet wurde, desto mehr drängte sich auch das Problem des prinzipiellen Verhältnisses Gottes zur Welt und ihren Unvollkommenheiten in den Vordergrund des Denkens. Die Jenseitshoffnungen enthalten zuweilen eine direkte Umkehrung der urwüchsigen Auffassung, welche die Frage des Jenseits zu einer Angelegenheit der Vornehmen und Reichen machte, nach der Formel, „die Letzten werden die Ersten sein". 60 Konsequent durchgeführt ist dies selbst in den religiösen Vorstellungen von Pariavölkern selten eindeutig. Aber es hat z. B.
5 9 D a s G e s e t z d e s G r e n z n u t z e n s wurde i n s b e s o n d e r e von der ö s t e r r e i c h i s c h e n S c h u l e der Nationalökonomie (z. B. von E u g e n von B ö h m - B a w e r k und Friedrich von Wieser) vertreten. Es bestimmt d e n Wert eines G u t e s n a c h d e m Nutzen, d e n die letzte verfügbare Einheit eines G u t e s für die B e f r i e d i g u n g von bestimmten B e d ü r f n i s s e n oder Teilbedürfnissen hat. 6 0 M a r k u s 10, 31: „Viele a b e r werden die Letzten sein, die die Ersten sind, u n d die Ersten sein, die die Letzten sind" und L u k a s 13, 30: „ U n d siehe, es sind Letzte, die werd e n die Ersten sein, und sind Erste, die werden die Letzten sein".
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in der alten jüdischen Ethik eine große Rolle gespielt, und die Annahme, daß Leiden, vor allem auch freiwilliges Leiden, die Gottheit milde stimme und die Jenseitschancen bessere, findet sich unter sehr verschiedenen Motiven, zum Teil vielleicht auch aus den Mutproben der Heldenaskese und der magischen Mortifikationspraxis heraus, entwickelt, in viele Jenseitshoffnungen eingesprengt. Die Regel, zumal bei Religionen, die unter dem Einfluß herrschender Schichten stehen, ist umgekehrt die Vorstellung, daß auch im Jenseits die diesseitigen Standesunterschiede nicht gleichgültig bleiben werden, weil auch sie gottgewollt waren, bis zu den christlichen „hochseligen" Monarchen hinab. Die spezifisch ethische Vorstellung aber ist „Vergeltung" von konkretem Recht und Unrecht auf Grund eines Totengerichts, und der eschatologische Vorgang ist also normalerweise ein universeller Gerichtstag. Dadurch muß die Sünde den Charakter eines „crimen"61 annehmen, welches nun in eine rationale Kasuistik gebracht werden kann, und für welches im Diesseits oder Jenseits irgendwie Genugtuung gegeben werden muß, auf daß man schließlich gerechtfertigt vor dem Totenrichter stehe. Die Strafen und Belohnungen müßten der Bedeutung von Verdienst und Vergehen entsprechend abgestuft werden - wie es noch bei Dante 62 in der Tat der Fall ist - , sie könn-
61 Im römischen Recht das nach öffentlicher Anklage mit öffentlicher Strafe geahndete Unrecht. Gegenstand richterlicher Entscheidung. 62 Im ersten Teil der „Göttlichen Komödie", der Hölle, entwarf Dante Alighieri eine Topographie von mehreren Höllenkreisen, die die Stätten verschiedener Bußarten für ganz unterschiedliche Sünden sind. Dort heißt es etwa: „Den ersten Kreis füllt, wer Gewaltthat übte; [...] Darum nun brandmarkt auch der engste Cirkel Cahors [Wucherer] und Sodomma [...]. Darum ist im zweiten Kreis auch eingenistet Heucheln und Schmeicheln und wer Zauberei treibt, Verfälschung, Diebstahl, Simonie und Kuppeln, Bestechlichkeit und mehr dergleichen Unflath". (Dante Alighieri, Göttliche Comödie, Erster Theil, Die Hölle, elfter Gesang, S. 69f ). Max Weber äußerte sich in mehreren Briefen an Karl Vossler zu dessen Interpretationen von Dantes Werk „Göttliche Komödie", die in den Jahren 1907-1910 in mehreren Bänden im Verlag Carl Winter, Heidelberg, erschienen waren. In einem Brief an Vossler vom 5. Mai 1908 (MWG II/5, S. 556-563) schrieb Weber, daß er Vosslers Dante zum dritten Mal lese (Vossler, Karl, Die Göttliche Komödie. Entwicklungsgeschichte und Erklärung, 1. Band, 1. Teil: Religiöse und philosophische Entwicklungsgeschichte, und I . B a n d , 2. Teil: Ethisch-politische Entwicklungsgeschichte. Heidelberg: Carl Winter 1907). Im Brief an Vossler vom 11. und 14. Dezember 1910 (MWG II/6, S. 727-740) bedankte sich Weber für die Zusendung von Vosslers 2. Band, 2. Teil: Erklärung des Gedichtes. - Heidelberg: Carl Winter 1910. Vossler brachte die eigentliche Übersetzung der „Göttlichen Komödie" erst 1941 heraus.
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ten also eigentlich nicht ewig sein. Bei der Blaßheit und Unsicher299 heit der Jenseits]chancen aber gegenüber der Realität des Diesseits ist der Verzicht auf ewige Strafen von Propheten und Priestern fast immer für unmöglich gehalten worden; sie allein entsprachen auch dem Rachebedürfnis gegen ungläubige, abtrünnige, gottlose und dabei auf Erden straflose Frevler. Himmel, Hölle und Totengericht haben fast universelle Bedeutung erlangt, selbst in Religionen, deren ganzem Wesen sie ursprünglich so fremd waren wie dem alten Buddhismus. Mochten nun aber „Zwischenreiche" 63 (Zarathustra) oder „Fegefeuer" 64 die Konsequenz zeitlich unbegrenzter ewiger „Strafen" für eine zeitlich begrenzte Existenz abschwächen, so blieb doch stets die Schwierigkeit bestehen, überhaupt eine „Bestrafung" von Handlungen der Menschen mit einem ethischen und zugleich allmächtigen, also schließlich für diese Handlungen allein verantwortlichen Schöpfer der Welt zu vereinbaren. Denn diese Konsequenz: einen unerhört großen ethischen Abstand des jenseitigen Gottes gegenüber den unausgesetzt in neue Schuld verstrickten Menschen, mußten diese Vorstellungen ja um so mehr nach sich ziehen, je mehr man über das unlösbare Problem der Unvollkommenheit der Welt angesichts der göttlichen Allmacht grübelte. Es blieb dann letztlich nichts übrig, als jene Folgerung, in welche der Allmacht- und Schöpferglaube schon bei Hiob umzuschlagen im Begriff steht: diesen allmächtigen Gott jenseits aller ethischen Ansprüche seiner Kreaturen zu stellen, seine Ratschläge für derart jedem menschlichen Begreifen verborgen, seine absolute Allmacht über seine Geschöpfe als so schrankenlos und also die Anwendung des Maßstabs kreatürlicher Gerechtigkeit auf sein Tun für so unmöglich anzusehen, daß das Problem der Theodizee als solches überhaupt fortfiel. Der islamitische Allah ist von seinen leidenschaftlichsten Anhängern so ge-
6 3 Vgl. d a z u die Erläuterung von Wilhelm Bousset: „Die, bei d e n e n gute und b ö s e Werke die W a g e halten, g e l a n g e n , w e n i g s t e n s n a c h späterer p e r s i s c h e r Vorstellung, an einen mittleren Ort ( H a m e s t a k a n [...])". (Bousset, Religion d e s J u d e n t u m s , S . 5 9 0 , Anm, 1). D a s Z w i s c h e n r e i c h „ H a m e s t a k a n " gilt als der mittlere Ort z w i s c h e n Himmel und Hölle. 6 4 „Fegfeuer" (nicht Fegefeuer, lat.: purgatorlum) ist n a c h katholischer Lehre ein Reinigungsort, an d e m d e n a b g e s c h i e d e n e n S e e l e n durch G e b e t und O p f e r geholfen werden kann.
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dacht worden, der christliche „Deus absconditus" 65 gerade von den Virtuosen christlicher Frömmigkeit ebenfalls. Gottes souveräner, gänzlich unerforschlicher und - eine Konsequenz seiner Allwissenheit - von jeher feststehender, freier Ratschluß hat entschieden, wie für das Schicksal auf Erden, so auch für das Schicksal nach dem Tode. Die Determiniertheit des irdischen, ebenso wie die Prädestination zum jenseitigen Schicksal stehen von Ewigkeit her fest. So gut wie die Verdammten über ihre durch Prädestination feststehende Sündhaftigkeit könnten die Tiere sich darüber beklagen, daß sie nicht als Menschen geschaffen sind 66 (so ausdrücklich der Calvinismus). Ethisches Verhalten kann hier nie den Sinn haben, die eigenen Jenseits- oder Diesseitschancen zu verbessern, wohl aber den anderen, praktisch-psychologisch unter Umständen noch stärker wirkenden: Symptom für den eigenen, durch Gottes Ratschluß feststehenden Gnadenstand zu sein. Denn gerade die absolute Souveränität dieses Gottes zwingt das praktische religiöse Interesse, ihm wenigstens im Einzelfall dennoch in die Karten sehen zu wollen, und speziell das eigene Jenseitsschicksal zu wissen ist ein elementares Bedürfnis des Einzelnen. Mit der Neigung zur Auffassung Gottes als des schrankenlosen Herrn über seine Kreaturen geht daher die Neigung parallel, überall seine „Vorsehung", sein ganz persönliches Eingreifen in den Lauf der Welt zu sehen und zu deuten. Der „Vorsehungsglaube" ist die konsequente Rationalisierung der magischen Divination, an die er anknüpft, die aber eben deshalb gerade er prinzipiell am relativ vollständigsten entwertet. Es kann keinerlei Auffassung der religiösen Beziehung geben, die 1. so radikal aller Magie entgegengesetzt wäre, theoretisch wie praktisch, wie dieser, die großen theistischen Religionen Vorderasiens und des Okzidents beherrschende Glaube, keine auch, die 2. das Wesen des Göttlichen so stark in ein aktives 65 Deus absconditus („verborgener Gott") steht in Gegensatz zu deus revelatus („der offenbare Gott"). Martin Luther bezeichnete damit die Unerforschiichkeit von Gottes Ratschluß. 66 Weber bemerkte in seiner „Protestantischen Ethik": „Wenn etwa die Verworfenen über das ihrige [Schicksal] als unverdient klagen wollten, so wäre das ähnlich, als wenn die Tiere sich beschweren würden, nicht als Menschen geboren zu sein". (Weber, Protestantische Ethik II, S. 10). Ernst Troeltsch führte im Zusammenhang mit Prädestinationsgnade und Gottesbegriff des Calvinismus aus: „Niemand darf sich rühmen und niemand beklagen. Wie niemand einen Anspruch hat, ein Mensch zu sein statt eines Tieres [...]". (Troeltsch, Soziallehren, S.615).
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„Tun", in die persönliche providentielle Regierung der Welt verlegte und dann keine, für welche 3. die göttliche, frei geschenkte Gnade und die Gnadenbedürftigkeit der Kreaturen, der ungeheure Abstand alles Kreatürlichen gegen Gott und daher 4. die Verwerflichkeit der „Kreaturvergötterung" als eines Majestätsfrevels an Gott so feststünde. Gerade weil dieser Glaube keine rationale Lösung des praktischen Theodizeeproblems enthält, birgt er die größten Spannungen zwischen Welt und Gott, Sollen und Sein. | A 300 Systematisch durchdachte Erledigungen des Problems der WeltunVollkommenheit geben außer der Prädestination nur noch zwei Arten religiöser Vorstellungen. Zunächst der Dualismus, wie ihn die spätere Entwicklung der zarathustrischen Religion und zahlreiche, meist von ihr beeinflußte vorderasiatische Glaubensformen mehr oder minder konsequent enthielten, namentlich die Endformen der babylonischen (jüdisch und christlich beeinflußten) Religion im Mandäertum und in der Gnosis, 67 bis zu den großen Konzeptionen des Manichäismus, der um die Wende des 3. Jahrhunderts 6 8 auch in der mittelländischen Antike dicht vor dem Kampf um die Weltherrschaft zu stehen schien. Gott ist nicht allmächtig und die Welt nicht seine Schöpfung aus dem Nichts. Ungerechtigkeit, Unrecht, Sünde, alles also, was das Problem der Theodizee entstehen läßt, sind Folgen der Trübung der lichten Reinheit der großen und guten Götter durch Berührung mit der ihnen gegenüber selbständigen Macht der Finsternis und, was damit identifiziert wird, der unreinen Materie, welche einer satanischen Macht Gewalt über die Welt gibt und die durch einen Urfrevel von Menschen oder Engeln oder - so bei manchen Gnostikern - durch die Minderwertigkeit eines subalternen Weltschöpfers (Jehovas oder des „Demiurgos") entstanden ist. Der schließliche Sieg der lichten 67 Wilhelm Bousset führte g r u n d l e g e n d e Elemente antiker Gnosis (die Planetengötter, die Sophia, d e n Dualismus, d e n Erlöser u.a.) auf die b a b y l o n i s c h e Religion z u r ü c k . (Bousset, Wilhelm, H a u p t p r o b l e m e der Gnosis ( F o r s c h u n g e n zur Religion u n d Literatur d e s Alten und d e s Neuen Testaments, 10. Heft). - Göttingen: V a n d e n h o e c k & R u p r e c h t 1907, hinfort: Bousset, H a u p t p r o b l e m e der Gnosis). 68 G e g e n E n d e d e s dritten n a c h c h r i s t l i c h e n J a h r h u n d e r t s hatten die M a n l c h ä e r in Nordafrika sovlele A n h ä n g e r g e f u n d e n , daß Kaiser Diokletian d e m Prokonsul In Afrika 297 d e n A u f t r a g erteilte, die M a n i c h ä e r mit aller Härte zu verfolgen. Das Edikt Ist In der Collatlo l e g u m M o s a i c a r u m et R o m a n o r u m erhalten. Im s e l b e n Jahrzehnt war der Sassan l d e n h e r r s c h e r Narses ( 2 9 3 - 3 0 2 ) d a z u ü b e r g e g a n g e n , In s e i n e m Reich die M a n l c h ä e r offiziell zu d u l d e n ; sein Vorgänger hatte sie n o c h v e r f o l g e n lassen.
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Götter in dem nun entstehenden Kampf steht meist - eine Durchbrechung des strengen Dualismus - fest. Der leidensvolle, aber unvermeidliche Weltprozeß ist eine fortgesetzte Herausläuterung des Lichtes aus der Unreinheit. Die Vorstellung des Endkampfs entwickelt naturgemäß ein sehr starkes eschatologisches Pathos. Die allgemeine Folge solcher Vorstellungen muß ein aristokratisches Prestigegefühl der Reinen und Erlesenen sein. Die Auffassung des Bösen, welche bei Voraussetzung eines schlechthin allmächtigen Gottes stets die Tendenz zu einer rein ethischen Wendung zeigt, kann hier einen stark spirituellen Charakter annehmen, weil der Mensch ja nicht als Kreatur einer absoluten Allmacht gegenübersteht, sondern Anteil am Lichtreich hat, und weil die Identifikation des Lichtes mit dem im Menschen Klarsten: dem Geistigen, der Finsternis dagegen mit dem alle gröberen Versuchungen an sich tragenden Materiellen, Körperlichen fast unvermeidlich ist. Die Auffassung knüpft dann leicht an den „Unreinheits"-Gedanken der tabuistischen Ethik an. Das Böse erscheint als Verunreinigung, die Sünde, ganz nach Art der magischen Frevel, als ein verächtlicher, in Schmutz und gerechte Schande führender Absturz aus dem Reich der Reinheit und Klarheit in das Reich der Finsternis und Verworrenheit. Uneingestandene Einschränkungen der göttlichen Allmacht in Gestalt von Elementen dualistischer Denkweise finden sich in fast allen ethisch orientierten Religionen. Die formal vollkommenste Lösung des Problems der Theodizee ist die spezifische Leistung der indischen „Karman"-Lehre, des sog. Seelenwanderungsglaubens. Die Welt ist ein lückenloser Kosmos ethischer Vergeltung. Schuld und Verdienst werden innerhalb der Welt unfehlbar vergolten durch Schicksale in einem künftigen Leben, deren die Seele unendlich viele, in anderen tierischen oder menschlichen oder auch göttlichen Existenzen, neu zur Welt kommend, zu führen haben wird. Ethische Verdienste in diesem Leben können die Wiedergeburt im Himmel bewirken, aber stets nur auf Zeit, bis das Verdienstkonto aufgebraucht ist. Ebenso ist die Endlichkeit alles irdischen Lebens die Folge der Endlichkeit der guten oder bösen Taten in dem früheren Leben der gleichen Seele und sind die vom Vergeltungsstandpunkt aus ungerecht scheinenden Leiden des gegenwärtigen Lebens Bußen für Sünden in einem vergangenen Leben. Der Einzelne schafft sich sein eigenes Schicksal im strengsten Sinne ausschließlich selbst. Der Seelenwanderungs-
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glaube knüpft an sehr geläufige animistische Vorstellungen von dem Übergang der Totengeister in Naturobjekte an. Er rationalisiert sie und damit den Kosmos unter rein ethischen Prinzipien. Die naturalistische „Kausalität" unserer Denkgewohnheiten wird also ersetzt durch einen universellen Vergeltungsmechanismus, bei dem 5 keine ethisch relevante Tat jemals verloren geht. Die dogmatische A 301 Konsequenz liegt in der völligen | Entbehrlichkeit und Undenkbarkeit eines in diesen Mechanismus eingreifenden allmächtigen Gottes: denn der unvergängliche Weltprozeß erledigt die ethischen Aufgaben eines solchen durch seine eigene Automatik. Sie ist daher die 10 konsequente Folgerung aus der Übergöttlichkeit der ewigen „Ordnung" der Welt' gegenüber der zur Prädestination drängenden Überweltlichkeit des persönlich regierenden Gottes. Bei voller Durchführung des Gedankens in seine letzten Konsequenzen, im alten Buddhismus, ist auch die „Seele" gänzlich eliminiert: es exi- 15 stieren nur die einzelnen, mit der Illusion des „Ich" verbundenen, für den Karmanmechanismus relevanten guten oder bösen Handlungen. Alle Handlungen aber sind ihrerseits Produkte des immer gleich ohnmächtigen Kampfs alles geformten und dadurch allein schon zur Vergänglichkeit verurteilten Lebens um seine eigene, der 20 Vernichtung geweihte Existenz, des „Lebensdurstes", dem die Jenseitssehnsucht ebenso wie alle Hingabe an die Lust im Diesseits entspringt, und der, als unausrottbare Grundlage der Individuation, immer erneut Leben und Wiedergeburt schafft, solange er besteht. Eine „Sünde" gibt es streng genommen nicht, nur Verstöße gegen 25 das wohlverstandene eigene Interesse daran, aus diesem endlosen „Rade" zu entrinnen oder wenigstens sich nicht einer Wiedergeburt zu noch peinvollerem Leben auszusetzen. Der Sinn ethischen Verhaltens kann nur entweder, bei bescheidenen Ansprüchen, in der Verbesserung der Wiedergeburtschancen oder, wenn der sinnlose 30 Kampf um das bloße Dasein beendet werden soll, in der Aufhebung der Wiedergeburt als solcher bestehen. Die Zerspaltung der Welt in zwei Prinzipien besteht hier nicht, wie in der ethisch-dualistischen Vorsehungsreligiosität, in dem Dualismus der heiligen und allmächtigen Majestät Gottes gegen die ethische Unzulänglichkeit alles 35 Kreatürlichen, und nicht wie im spiritualistischen Dualismus, in der Zerspaltung alles Geschehens in Licht und Finsternis, klaren und I A: W e l t ,
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reinen Geist und finstere und befleckende Materie, sondern in dem ontologischen Dualismus vergänglichen Geschehens und Handelns der Welt und beharrenden ruhenden Seins der ewigen Ordnung und des mit ihr identischen, unbewegten, in traumlosem Schlaf ru5 henden Göttlichen. Diese Konsequenz der Seelenwanderungslehre hat in vollem Sinne nur der Buddhismus gezogen, sie ist die radikalste Lösung der Theodizee, aber eben deshalb ebensowenig wie der Prädestinationsglaube eine Befriedigung ethischer Ansprüche an einen Gott. 9.m Erlösung und Wiedergeburt.
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Nur wenige Erlösungsreligionen haben von den vorstehend skizzierten reinsten Typen der Lösung des Problems der Beziehung Gottes zu Welt und Menschen einen einzelnen rein ausgebildet und, wo es geschah, ist diese meist nur für kurze Zeit festgehalten 15 worden. Die meisten haben infolge gegenseitiger Rezeption und vor allem unter dem Druck der Notwendigkeit, den mannigfachen ethischen und intellektuellen Bedürfnissen ihrer Anhänger gerecht zu werden, verschiedene Denkformen miteinander kombiniert, so daß ihre Unterschiede solche im Grade der Annäherung 20 an den einen oder anderen dieser Typen sind. Die verschiedenen ethischen Färbungen des Gottes- und Sündengedankens stehen nun in innigstem Zusammenhang mit dem Streben nach „Erlösung", dessen Inhalt höchst verschieden gefärbt sein kann, je nachdem „wovon" und „wozu" man erlöst sein will. 25 Nicht jede rationale religiöse Ethik ist überhaupt Erlösungsethik. Der Konfuzianismus ist eine „religiöse" Ethik, weiß aber gar nichts von einem Erlösungsbedürfnis. Der Buddhismus umgekehrt ist ganz ausschließlich Erlösungslehre, aber er kennt keinen Gott. Zahlreiche andere Religionen kennen „Erlösung" nur als eine in 30 engen Konventikeln gepflegte Sonderangelegenheit, oft als einen Geheimkult. Auch bei religiösen Handlungen, welche als ganz spezifisch „heilig" gelten und ihren Teilnehmern ein nur auf diesem Wege erreichbares Heil versprechen, stehen sehr oft die massivsten utilitarischen Erwartungen an Stelle | von irgend etwas, was wir ge- A 302 35 wohnt sind[,j „Erlösung" zu nennen. Die pantomimisch-musikalische Feier der großen Erdgottheiten, welche zugleich den Erntem A: § 9.
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ausfall und das Totenreich beherrschen, stellte den rituell reinen eleusinischen Mysten vor allem Reichtum in Aussicht, daneben eine Verbesserung des Jenseitsloses, aber ohne alle Vergeltungsideen, rein als Folge der Meßandacht. Reichtum, das, nächst langem Leben, höchste Gut in der Gütertafel des Schu King, 69 hängt für die chinesischen Untertanen an der richtigen Ausführung des offiziellen Kultes und der eigenen Erfüllung der religiösen Pflichten, während irgendwelche Jenseitshoffnungen und Vergeltungen ganz fehlen. Reichtum vor allem erwartet, neben massiven Jenseitsverheißungen, Zarathustra für sich und seine Getreuen von der Gnade seines Gottes. 70 Geehrtes und langes Leben und Reichtum stellt der Buddhismus als Lohn der Laiensittlichkeit hin,71 in voller Übereinstimmung mit der Lehre aller indischen religiösen innerweltlichen Ethik. Mit Reichtum segnet Gott den frommen Juden. 72 Reichtum ist aber - wenn rational und legal erworben - auch eins der Symptome der „Bewährung" des Gnadenstandes bei den asketischen Richtungen des Protestantismus (Calvinisten, Baptisten, 69 Das chinesische Schu-King (Tl. (chin.): shu-ching, wörtlich: „klassisches Buch der Urkunden") ist eine angeblich von Konfuzius vorgenommene Zusammenstellung von historischen und mythologischen Texten, die teilweise aus dem 10. bis 5. vorchristlichen Jahrhundert stammen. Darin heißt es: „Ninth, of the five happinesses. - The first is long life; the second Is riches [...]". (Zitiert nach Legge, James, The Chinese Classics, vol.3, Part 1: The Shoo King or The Book of Historical Documents (2 parts). - Oxford: University Press o.J., S.343). 70 Vgl. beispielsweise Yasna 44.18: „Danach frage ich Dich - gib mir rechte Kunde, o Ahural - : Ob ich wohl, o Asa, den Lohn erhalten werde, zehn Stuten samt einem Hengst und ein Kamel [...]?" Ähnlich Yasna 46.19: „[...] Wer mir, dem ZaraOustra, gemäß dem heiligen Recht erfüllt, was meinem Willen am besten entspricht, ihm soll als Lohn, Ihm, der den des künftigen Lebens verdient, ein Paar trächtiger Kühe werden samt allem, worauf sein Sinn steht [...]". (Beide Zitate nach Bartholomae, Gatha's des Awesta, S.64 und 81). 71 Dazu vermerkte Max Weber in seiner Hinduismusstudie: „Für die getreue Innehaltung dieser Gebote der Laiensittlichkeit [...] werden dem frommen [buddhistischen] Laien innerweltliche Güter: Reichtum, ein guter Name, gute Gesellschaft, Tod ohne Angst und die Besserung seiner Wiedergeburtschancen in Aussicht gestellt". (MWG I/20, S. 345). 72 Etwa Psalm 112, 1 - 3 : „Wohl dem, der den HErrn fürchtet, der große Lust hat zu seinen Geboten! Des Same wird gewaltig sein auf Erden; das Geschlecht der Frommen wird gesegnet sein. Reichtum und die Fülle wird in ihrem Hause sein, und ihre Gerechtigkeit bleibet ewiglich". Werner Sombart ging davon aus, daß in der jüdischen Religion „der Reichtum (und der Gütererwerb) als ein wertvolles Gut gepriesen" sei. (Sombart, Juden und Wirtschaftsleben, S.253). Er belegte anhand zahlreicher Bibelstellen die „weit- und güterfrohen Anschauungen, wie sie aus dieser und aus allen andern für den frommen Juden wichtigen Schriften der Bibel sprechen f...]" (ebd., S.258).
9. Erlösung
und
Wiedergeburt
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Mennoniten, Quäker, reformierte Pietisten, Methodisten). Freilich befinden wir uns mit diesen letzten Fällen bereits innerhalb einer Auffassung, welche trotzdem den Reichtum (und irgendwelche anderen diesseitigen Güter) sehr entschieden als ein „religiöses Ziel" ablehnen würden. Aber praktisch ist der Übergang bis zu diesem Standpunkt flüssig. Die Verheißungen einer Erlösung von Druck und Leid, wie sie die Religionen der Pariavölker, vor allem der Juden, ebenso aber auch Zarathustra und Muhammed, in Aussicht stellen, lassen sich nicht streng aus den Erlösungskonzeptionen dieser Religionen aussondern, weder die Verheißung der Weltherrschaft und des sozialen Prestiges der Gläubigen, welche der Gläubige im alten Islam als Lohn für den heiligen Krieg gegen alle Ungläubigen im Tornister trug, noch das Versprechen jenes spezifischen religiösen Prestiges, welches den Israeliten als Gottes Verheißung überliefert wurde. Insbesondere den Juden ist ihr Gott zunächst deshalb ein Erlöser, weil er sie aus dem ägyptischen Diensthaus befreit hat und aus dem Ghetto erlösen wird. Neben solchen ökonomischen und politischen Verheißungen tritt vor allem die Befreiung von der Angst vor den bösen Dämonen und bösem Zauber überhaupt, der ja für die Mehrzahl aller Übel des Lebens verantwortlich ist. Daß der Christus die Macht der Dämonen durch die Kraft seines Pneuma gebrochen habe und seine Anhänger aus ihrer Gewalt erlöse, war in der Frühzeit des Christentums eine der sehr im Vordergrunde stehenden und wirksamsten seiner Verheißungen. 73 Und auch das schon gekommene oder unmittelbar vor der Tür stehende Gottesreich Jesus' von Nazareth war ein Reich der von menschlicher Lieblosigkeit, Angst und Not befreiten Seligkeit auf dieser Erde, und erst später traten Himmel und Hades hervor. Denn alle diesseitigen Eschatologien haben naturgemäß durchweg die Tendenzj,] zur Jenseitshoffnung zu werden, sobald die Parusie 74 sich verzögert und nun der Nachdruck darauf fällt, daß die jetzt Lebenden, die sie nicht mehr im Diesseits schauen, sie nach dem Tode, von den Toten auferstehend, erleben wollen. 7 3 In 1. J o h a n n e s 3, 8 heißt es: „ D a z u ist erschienen der Sohn Gottes, daß er die Werke d e s Teufels zerstöre". Adolf H a r n a c k , Mission I (wie o b e n , S. 213, A n m . 92), äußerte sich d a z u ausführlich im dritten Kapitel: Der K a m p f g e g e n die D ä m o n e n (ebd., S. 1 0 8 - 1 2 6 ) . 7 4 Der A u s d r u c k „Parusie" (griech.: „ G e g e n w a r t " , „ A n w e s e n h e i t " ) w u r d e u r s p r ü n g l i c h v e r w e n d e t für die kultische Präsentierung eines Götterbildes, im hellenistischen Sakralk ö n i g t u m für d a s Erscheinen d e s Herrschers. Im Christentum wird unter „Parusie" die endzeitliche Ankunft Christi v e r s t a n d e n .
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Der spezifische Inhalt der „jenseitigen" Erlösung kann mehr die Freiheit von dem physischen oder seelischen oder sozialen Leiden des Erdendaseins bedeuten, oder mehr Befreiung von der sinnlosen Unrast und Vergänglichkeit des Lebens als solchem, oder mehr von der unvermeidlichen persönlichen Unvollkommenheit, 5 werde diese nun mehr als chronische Beflecktheit oder als akute Neigung zur Sünde oder mehr spirituell als Gebanntheit in die dunkle Verworrenheit der irdischen Unwissenheit aufgefaßt. Für uns kommt die Erlösungssehnsucht, wie immer sie geartet sei, wesentlich in Betracht, sofern sie für das praktische Verhalten 10 im Leben Konsequenzen hat. Eine solche positive und diesseitige Wendung gewinnt sie am stärksten durch Schaffung einer, durch A 303 einen zentralen Sinn oder ein positives Ziel zusammen | gehaltenen, spezifisch religiös determinierten „Lebensführung", dadurch also, daß, aus religiösen Motiven, eine Systematisierung des praktischen 15 Handelns in Gestalt seiner Orientierung an einheitlichen Werten entsteht. Ziel und Sinn dieser Lebensführung können rein jenseitig oder auch, mindestens teilweise, diesseitig gerichtet sein. In höchst verschiedenem Grade und in typisch verschiedener Qualität ist dies bei den einzelnen Religionen und innerhalb jeder einzelnen 20 von ihnen wieder bei ihren einzelnen Anhängern der Fall. Auch die religiöse Systematisierung der Lebensführung hat natürlich, soweit sie Einfluß auf das ökonomische Verhalten gewinnen will, feste Schranken vor sich, und religiöse Motive, insbesondere die Erlösungshoffnung, müssen keineswegs notwendig Einfluß auf die 25 Art der Lebensführung gewinnen, insbesondere nicht auf die ökonomische, aber sie können es in sehr starkem Maße. Die weitgehendsten Konsequenzen für die Lebensführung hat die Erlösungshoffnung dann, wenn die Erlösung selbst als ein schon im Diesseits seine Schatten vorauswerfender oder gar als 30 ein gänzlich diesseitiger innerlicher Vorgang verläuft. Also wenn sie entweder selbst als „Heiligung" gilt oder doch Heiligung herbeiführt oder zur Vorbedingung hat. Der Vorgang der Heiligung kann dann entweder als ein allmählicher Läuterungsprozeß oder als eine plötzlich eintretende Umwandlung der Gesinnung (Meta- 35 noia), eine „Wiedergeburt" 75 auftreten. 7 5 William J a m e s verglich die „Wiedergeburt" mit einer plötzlichen Heilung bei K r a n k e n im U n t e r s c h i e d z u einer allmählichen: „The older m e d i c i n e u s e d to s p e a k of two ways,
10. Die Erlösungswege und ihr Einfluß auf die
Lebensführung
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Der Gedanke der Wiedergeburt als solcher ist sehr alt und findet sich gerade im magischen Geisterglauben klassisch entwickelt. Der Besitz des magischen Charisma setzt fast stets Wiedergeburt voraus: die ganz spezifische Erziehung der Zauberer selbst und der Kriegshelden durch sie und die spezifische Art der Lebensführung der ersteren erstrebt Wiedergeburt und Sicherung des Besitzes einer magischen Kraft, vermittelt durch „Entrückung" in Form der Ekstase und Erwerb einer neuen „Seele", die meist auch Namensänderung zur Folge hat, - wie diese ja als Rudiment solcher Vorstellungen noch bei der Mönchsweihe vorkommt. Die „Wiedergeburt" wird[,j zunächst nur für den berufsmäßigen Zauberer, aus einer magischen Voraussetzung zauberischen oder heldischen Charisma, in den konsequentesten Typen der „Erlösungsreligionen", zu einer für das religiöse Heil unentbehrlichen Gesinnungsqualität, die der Einzelne sich aneignen und in seiner Lebensführung bewähren muß. 10.n Die Erlösungswege und ihr Einfluß auf die Lebensführung. 0 Der Einfluß einer Religion auf die Lebensführung und insbesondere die Voraussetzungen der Wiedergeburt sind nun je nach dem Erlösungswg und - was damit aufs engste zusammenhängt - der psychischen Qualität des erstrebten Heilsbesitzes sehr verschieden. I. Die Erlösung kann eigenstes, ohne alle Beihilfe überirdischer Mächte zu schaffendes Werk des Erlösten sein, wie z. B. im alten Buddhismus. Dann können die Werke, durch welche die Erlösung errungen wird, 1. rein rituelle Kulthandlungen und Zeremonien sein, sowohl innerhalb eines Gottesdienstes, wie im Verlauf des Alltags. Der reine Ritualismus ist an sich von der Zauberei in seiner Wirkung auf die n A: § 10.
o In A folgt eine Inhalts- und Seitenübersicht.
lysis and crisis, one gradual, the other abrupt, in which one might recover from a bodily disease. In the spiritual realm there are also two ways, one gradual, the other sudden, In which Inner unification may occur". (James, William, The Varieties of Religious Experience. A Study in Human Nature, being the Gifford Lectures on Natural Religion delivered at Edinburgh In 1901-1902. - London: Longmans, Green, and Co. 1902, S. 183).
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Lebensführung nicht verschieden und steht zuweilen in dieser Hinsicht sogar insofern hinter der magischen Religiosität zurück, als diese unter Umständen eine bestimmte und ziemlich einschneidende Methodik der Wiedergeburt entwickelt hat, was der RituaA 304 lismus | oft, aber nicht immer vollbringt. Eine Erlösungsreligion kann die rein formalen rituellen Einzelleistungen systematisieren zu einer spezifischen Gesinnung, der „Andacht", in welcher die Riten als Symbole des Göttlichen vollzogen werden. Dann ist diese Gesinnung der in Wahrheit erlösende Heilsbesitz. Sobald man sie streicht, bleibt der nackte formale magische Ritualismus übrig, und dies ist dann auch naturgemäß im Verlauf der Veralltäglichung aller Andachtsreligiosität immer wieder geschehen. Die Konsequenzen einer ritualistischen Andachtsreligiosität können sehr verschiedene sein. Die restlose rituelle Reglementierung des Lebens des frommen Hindu, die für europäische Vorstellungen ganz ungeheuerlichen Ansprüche, welche Tag für Tag an den Frommen gestellt werden, würden bei wirklich genauer Durchführung die Vereinigung eines exemplarisch frommen, innerweltlichen Lebens mit intensivem Erwerb nahezu ausschließen. Dieser äußerste Typus der Andachtsfrömmigkeit bildet darin den äußersten Gegenpol gegen den Puritanismus. Nur der Besitzende, von intensiver Arbeit Entbundene könnte diesen Ritualismus durchführen. Tieferliegend aber als diese immerhin vermeidbare Konsequenz ist der Umstand: daß die rituelle Erlösung, speziell dann, wenn sie den Laien auf die Rolle des Zuschauers oder auf eine Beteiligung nur durch einfache oder wesentlich rezeptive Manipulationen beschränkt^] und zwar gerade da, wo sie die rituelle Gesinnung möglichst zu stimmungsvoller Andacht sublimiert, den Nachdruck auf den „Stimmungsgehalt" des frommen Augenblicks legt, der das Heil zu verbürgen scheint. Erstrebt wird dann der Besitz einer inneren Zuständlichkeit, welche ihrer Natur nach vorübergehend ist und welche kraft jener eigentümlichen „Verantwortungslosigkeit", die etwa dem Anhören einer Messe oder eines mystischen Mimus anhaftet, auf die Art des Handelns, nachdem die Zeremonie vorüber ist, oft fast ebensowenig einwirkt, wie die noch so große Rührung eines Theaterpublikums beim Anhören eines schönen und erbaulichen Theaterstücks dessen Alltagsethik zu beeinflussen pflegt. Alle Mysterienerlösung hat diesen Charakter des Unsteten.
10. Die
Erlösungswege
und ihr Einfluß
auf die Lebensführung
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Sie gewärtigt ihre Wirkung ex opere operato von einer frommen Gelegenheitsandacht. Es fehlen die inneren Motive eines Bewährungsanspruchs, der eine „Wiedergeburt" verbürgen könnte. Wo dagegen die rituell erzeugte Gelegenheitsandacht, zur perennie5 renden Frömmigkeit gesteigert, auch in den Alltag zu retten versucht wird, da gewinnt diese Frömmigkeit am ehesten einen mystischen Charakter: der Besitz einer Zuständlichkeit als Ziel bei der Andacht leitet ja dazu hinüber. Die Disposition zur Mystik aber ist ein individuelles Charisma. Es ist daher kein Zufall, daß gerade 10 mystische Erlösungsprophetien, wie die indischen und anderen orientalischen, bei ihrer Veralltäglichung alsbald immer wieder in reinen Ritualismus umschlugen. Der letztlich erstrebte seelische Habitus ist beim Ritualismus - darauf kommt es für uns an - vom rationalen Handeln direkt abführend. Fast alle Mysterienkulte 15 wirkten so. Ihr typischer Sinn ist die Spendung von „Sakramentsgnade": Erlösung von Schuld durch die Heiligkeit der Manipulation als solcher, also durch einen Vorgang, welcher die Tendenz jeder Magie teilt, aus dem Alltagsleben herauszufallen und dieses nicht zu beeinflussen. Ganz anders freilich kann sich die Wirkung 20 eines „Sakraments" dann gestalten, wenn dessen Spendung an die Voraussetzung geknüpft ist, daß sie nur dem vor Gott ethisch Gereinigten zum Heil gereicht, anderen zum Verderben. Die furchtbare Angst vor dem Abendmahl wegen der Lehre: „Wer aber nicht glaubt und doch ißt, der ißt und trinkt ihm selber zum Gericht", 76 25 war bis an die Schwelle der Gegenwart in weiten Kreisen lebendig und konnte beim Fehlen einer „absolvierenden" Instanz, wie im asketischen Protestantismus und bei häufigem Abendmahlsgenuß - der deshalb ein wichtiges Merkmal der Frömmigkeit war - das Alltagsverhalten in der Tat stark beeinflussen. Die Vorschrift der 30 Beichte vor dem Sakrament innerhalb aller christlichen Konfessionen hing damit zusammen. Allein es kommt bei dieser Institution entscheidend darauf an, welches diejenige religiös vorgeschriebene Verfassung ist, in welcher das | Sakrament mit Nutzen empfangen A 305 werden kann. Fast alle antiken und die meisten außerchristlichen 35 Mysterienkulte haben dafür lediglich rituelle Reinheit verlangt, daneben galten unter Umständen schwere Blutschuld oder einzel7 6 1. Korinther 11, 29: „Denn w e l c h e r unwürdig isset und trinket, der isset und trinket s i c h s e l b e r z u m Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet d e n Leib d e s Herrn".
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ne spezifische Sünden als disqualifizierend. Diese Mysterien kannten also meist keine Beichte. Wo aber die Anforderung ritueller Reinheit zur seelischen Sündenreinheit rationalisiert worden ist, da kommt es nun weiter auf die Art der Kontrolle und, wo die Beichte besteht, auf deren möglicherweise sehr verschiedenen Charakter für die Art und das Maß der ihr möglichen Einwirkung auf das Alltagsleben an. In jedem Fall aber ist dann der Ritus als solcher, praktisch angesehen, nur noch das Vehikel, um das außerrituelle Handeln zu beeinflussen, und auf dieses Handeln kommt in Wahrheit alles an. So sehr, daß gerade bei vollster Entwertung des magischen Charakters des Sakraments und bei gänzlichem Fehlen aller Kontrolle durch Beichte - beides bei den Puritanern das Sakrament dennoch, und zwar unter Umständen gerade deshalb, jene ethische Wirkung entfalten kann. Auf einem anderen und indirekten Wege kann eine ritualistische Religiosität da ethisch wirken, wo die Erfüllung der Ritualgebote das aktive rituelle Handeln (oder Unterlassen) des Laien fordert und nun die formalistische Seite des Ritus zu einem umfassenden „Gesetz" derart systematisiert wird, daß es einer besonderen Schulung und Lehre bedarf, um es überhaupt genügend zu kennen, wie es im Judentum der Fall war. Daß der Jude schon im Altertum, wie Philo hervorhebt, 77 im Gegensatz zu allen anderen Völkern, von früher Jugend an, nach Art unserer Volksschule, fortgesetzt intellektuell systematisch-kasuistisch trainiert wurde, daß auch in der Neuzeit z. B. in Osteuropa aus diesem Grunde nur die Juden systematische Volksschulbildung genossen, ist die Folge dieses Schriftgelehrsamkeitscharakters des jüdischen Gesetzes, welches die jüdischen Frommen schon im Altertum veranlaßte, den im Studium des Gesetzes Ungebildeten, den Amhaarez, mit den Gottlosen zu identifizieren. Eine derartige kasuistische Schulung des Intellekts kann sich natürlich auch im Alltag fühlbar machen, um so mehr, wenn es sich nicht mehr - wie vorwiegend im indischen Recht - um bloß rituelle kultische Pflichten, sondern um eine systematische Reglementierung auch der Alltagsethik handelt. Die Erlösungswerke sind dann eben bereits vorwiegend andere als kultische Leistungen, insbesondere
7 7 Vgl. dazu oben, S.278, Anm.33.
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und ihr Einfluß
auf die
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2. soziale Leistungen. Sie können sehr verschiedenen Charakter haben. Die Kriegsgötter z. B. nehmen sehr oft in ihr Paradies nur die in der Schlacht Gefallenen auf[,] oder diese werden doch prämiiert. Für den König empfahl die brahmanische Ethik direkt, daß er den Tod in der Schlacht suchen möge, wenn er den Sohn seines Sohnes sehe. 78 Auf der andern Seite können sie Werke der „Nächstenliebe" sein. In jedem Fall aber kann die Systematisierung einsetzen, und es ist[,j wie wir sahen^ 7 9 regelmäßig die Funktion der Prophetie, eben dies zu finden. Die Systematisierung einer Ethik der „guten Werke" kann aber zweierlei verschiedenen Charakter annehmen. Die einzelnen13 Tugend- und Untugendhandlungen können entweder als einzelne gewertet und dem Erlösungsbedürftigen positiv und negativ zugerechnet werden. Der Einzelne als Träger seines Handelns erscheint dann als ein in seinem ethischen Standard labiles, je nach der inneren oder äußeren Situation den Versuchungen gegenüber bald stärkeres, bald schwächeres Wesen, dessen religiöses Schicksal von den tatsächlichen Leistungen in ihrem Verhältnis zueinander abhängt. Dies ist am eindeutigsten der Standpunkt der zarathustrischen Religion gerade in den ältesten Gathas des Stifters selbst, welche den Totenrichter Schuld und Verdienst der einzelnen Handlungen in genauer Buchführung gegeneinander abwägen und je nach dem Ergebnis dieser Kontokorrentrechnung dem Einzelnen sein religiöses Schicksal zumessen lassen. 80 Es ist in p A: Einzelnen 78 G e s e t z b u c h des Manu IX, 323: „But (a king w h o feels his end drawing nigh) shall bestow all his wealth, a c c u m u l a t e d from flnes, on Brämanas, make over his k i n g d o m to his son, a n d then seek death in battle". (Zitiert nach Bühler, The Laws of Manu, wie oben, S. 270, Anm. 14, S.399). Die W e n d u n g „wenn er den Sohn seines Sohnes sehe", die Weber zitiert, kommt in dieser Manu-Stelle nicht vor. Die U m s c h r e i b u n g „who feels his e n d drawing nigh" ist j e d o c h eine Anspielung auf ein fortgeschrittenes Alter. Möglich wäre es, daß Weber an die W e n d u n g in Manu VI, 2 denkt (vgl. oben, S.270, Anm. 14) und zwei Zitatstellen miteinander vermischt. 79 Siehe oben, S. 193f. 80 Wilhelm Bousset schrieb über das zoroastrische Totengericht: „Die Werke der Menschen werden g e g e n e i n a n d e r auf der Wage a b g e w o g e n . Der Überschlag der guten Werke entscheidet. [...] Zu dieser ausserordentlich mechanischen Gerichtsidee finden sich bemerkenswerte Parallelen in der jüdischen Eschatologie und Theologie". (Bousset, Religion des Judentums, S.590, Anm. 1). Yasna 33.1: „Wie es den Gesetzen für das erste Leben gemäß ist, so wird der Richter [Mazda] in gerechtestem Tun g e g e n den Druggenossen verfahren und g e g e n den Asaanhänger und g e g e n den, bei d e m sich (zu gleichen Teilen) mischen, was falsch und was bei ihm recht ist". (Zitiert nach Bartholomae, Gatha's des Awesta, S. 35).
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noch gesteigertem Maße die Konsequenz der indischen Karmanlehre: daß innerhalb des ethischen Mechanismus der Welt keine einzelne gute oder böse Handlung jemals verloren geht, jede vielmehr unabwendbar und rein mechanisch ihre Konsequenzen, sei es A 306 in diesem Leben, sei | es bei einer künftigen Wiedergeburt^] nach sich ziehen müsse. Das Kontokorrentprinzip ist im wesentlichen auch die populäre Grundanschauung des Judentums von dem Verhältnis des Einzelnen zu Gott geblieben. Und endlich stehen auch, wenigstens in ihrer Praxis, der römische Katholizismus und die orientalischen Kirchen diesem Standpunkt nahe. Denn die „intentio", auf welche es nach der Sündenlehre des Katholizismus für die ethische Bewertung des Handelns ankommt, ist nicht eine einheitliche Persönlichkeitsqualität, deren Ausdruck die Handlung ist, sondern sie ist, im Sinne etwa von bona fides, mala fides, culpa, dolus des römischen Rechts, 81 die „Meinung" bei der konkreten einzelnen Handlung. Wo diese Auffassung konsequent bleibt, verzichtet sie auf das Verlangen der „Wiedergeburt" im strengen gesinnungsethischen Sinn. Die Lebensführung bleibt ein ethisch unmethodisches Nacheinander einzelner Handlungen. Oder die ethische Systematisierung behandelt die Einzelleistung nur als Symptom und Ausdruck einer entsprechenden ethischen Gesamtpersönlichkeit, die sich darin ausspricht. Bekannt ist, daß der rigoristische Teil der Spartiaten einen Genossen, der den Tod in der Schlacht gefunden, aber auch gesucht hatte, um eine frühere Feigheit zu sühnen, - als eine Art von „Reinigungsmensur" also für nicht rehabilitiert ansah, weil er „aus Gründen" tapfer gewesen sei,82 und nicht „aus der Gesamtheit seines Wesens heraus", wür81 Der Terminus intentio bedeutete in der Scholastik die bewußte Absicht bei einer Handlung; bona fides besagt, daß man bei einer bestimmten Handlung davon überzeugt ist, sich im Recht zu befinden, mala fides bezeichnet das Bewußtsein der Unrechtmäßigkeit; culpa meint jene Art des Verschuldens, die heute mit „Fahrlässigkeit" wiedergegeben wird. Im römischen Strafrecht ist dolus (malus) die dem Handelnden selber bewußte widerrechtliche Tat. 82 Zu dem Spartiaten Aristodemos, der aus der Schlacht bei den Thermopylen geflohen war (Herodot, Historien VII, 229ff.) bemerkte Jakob Burckhardt: „Aristodemos, der .gezittert hatte' [in der Schlacht geflohen war], der einzige, der die Thermopylenschlacht überlebte, legte dann bei Platää die höchsten Proben der Tapferkeit ab und fiel, konnte es dann aber den strengsten Kritikern, wenn man darüber sprach, doch nicht zu Danke machen, weil er eben ,aus Gründen' den Tod gesucht habe". (Burckhardt, Jakob, Griechische Kulturgeschichte, hg. von Jakob Oeri, Band 1, 2. Aufl. - Berlin, Stuttgart: W. Spemann o.J. [1898] S. 116). Max Weber beschreibt, wie auch in
10. Die Erlösungswege
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den wir uns etwa ausdrücken. Religiös gewendet heißt das: an Stelle der formalen Werkheiligkeit durch äußere Einzelleistungen tritt auch hier der Wert des persönlichen Gesamthabitus, in diesem Fall: der habituellen Heldengesinnung. Ähnlich steht es mit allen sozialen Leistungen, sie mögen aussehen wie sie wollen. Sind sie solche der „Nächstenliebe", so fordert die Systematisierung den Besitz des Charisma der „Güte". In jedem Fall aber kommt es dann letztlich auf die Art der einzelnen Handlung nur soweit an, als sie wirklich „symptomatischen" Charakter hat, sonst aber, wenn sie ein Produkt des „Zufalls" ist, nicht. Die Gesinnungsethik kann also gerade nach ihrer systematisiertesten Form bei hoch gesteigerten Ansprüchen an das Gesamtniveau gegen einzelne Verstöße duldsamer sein. Aber sie ist es durchaus nicht immer, vielmehr ist sie meist die spezifische Form des ethischen Rigorismus. Der religiös positiv qualifizierte Gesamthabitus kann dabei entweder reines göttliches Gnadengeschenk sein, dessen Existenz sich eben in jener generellen Gerichtetheit auf das religiös Geforderte: einer einheitlich methodisch orientierten Lebensführung äußern. Oder er q kann umgekehrt durch „Einübung" des Guten im Prinzip erwerbbar sein. Auch diese Einübung kann aber naturgemäß nur durch rationale methodische Richtung der Gesamtlebensführung, nicht durch einzelne zusammenhangslose Handlungen erfolgen. Das Resultat ist also praktisch in beiden Fällen sehr ähnlich. Damit rückt dann aber die sozial-ethische Qualität des Handelns gänzlich in die zweite Linie. Auf die religiöse Arbeit an der eigenen Person kommt vielmehr alles an. Die religiös qualifizierten, sozial gewendeten guten Werke sind dann lediglich Mittel 3. der Selbstvervollkommung: der „Heilsmethodik". Heilsmethodik kennt nicht erst die ethische Religiosität. Im Gegenteil spielt sie in oft hochgradig systematisierter Form eine sehr bedeutende Rolle bei der Erweckung zu jener charismatischen Wiedergeburt, welche den Besitz der magischen Kräfte, in animistischer Wendung: die Verkörperung einer neuen Seele innerhalb der eigeq A: sie Gemeint ist: der religiös qualifizierte Gesamthabitus. WuG 1 , S. 749 (MWG I / 2 2 - 4 ) , einen antiken Vorfall mit d e m seit Beginn des 19. Jahrhunderts geltenden Verhaltenskodex der s c h l a g e n d e n studentischen Verbindungen in Deutschland. Wer sich bei einer Mensur (dem studentischen Zweikampf mit Säbel oder Degen) nicht vorschriftsmäßig verhielt („Kneifen"), mußte eine „Reinigungsmensur" fechten.
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nen Person, oder die Besessenheit von einem starken Dämon oder die Entrücktheit in das Geisterreich, in beiden Fällen aber die Möglichkeit übermenschlicher Wirkungen verbürgt. Nicht nur liegt dabei ein „jenseitiges" Ziel ganz fern. Sondern man braucht die Fähigkeit zur Ekstase zu den verschiedensten Zwecken: auch der Kriegsheld muß ja, um übermenschliche Heldentaten zu vollbringen, durch Wiedergeburt eine neue Seele erwerben. r All jene Reste r von Jünglingsweihe, von Bekleidung mit den Mannesinsignien (China, Indien - die Angehörigen® der höheren Kasten heißen bekanntlich: die zweimal Geborenen), 83 Rezeptionen in die religiöse Bruderschaft der Phratrie, Wehrhaftmachung haben urA 307 sprünglich den Sinn der „Wiedergeburt", | je nachdem als „Held" oder als „Magier". Sie sind ursprünglich alle verknüpft mit Handlungen, welche Ekstase erzeugen oder symbolisieren, und die Vorübung darauf hat den Zweck, die Fähigkeit dafür zu erproben und zu wecken. Die Ekstase als Mittel der „Erlösung" oder „Selbstvergottung", als welches sie uns hier allein angeht, kann mehr den Charakter einer akuten Entrücktheit und Besessenheit oder mehr den chronischen eines, je nachdem, mehr kontemplativ oder mehr aktiv gesteigerten spezifisch religiösen Habitus, sei es im Sinne einer größeren Lebensintensität oder auch Lebensfremdheitj,] haben. Für die Erzeugung der lediglich akuten Ekstase war natürlich nicht die planvolle Heilsmethodik der Weg, sondern ihr dienten vorzüglich die Mittel zur Durchbrechung aller organischen Gehemmtheiten: die Erzeugung akuten toxischen (alkoholisch oder durch Tabak oder andere Gifte erzielten) oder musikalisch-orchestrischen oder erotischen Rausches (oder aller drei Arten zusammen): die Orgie. Oder man provozierte bei dazu Qualifizierten hysterische oder epileptoide Anfälle, welche die orgiastischen Zustände bei den andem hervorriefen. Diese akuten Ekstasen sind aber der Natur der Sache und auch der Absicht nach transitorisch. Sie hinterlassen für den Alltagshabitus wenig positive Spuren. Und sie entbehren des „sinnhaften" Gehalts, den die prophetische Religiosität entfaltet. Die milderen Formen einer, je nachdem, mehr traumhaft (mystir A: In all j e n e n Resten
s Fehlt in A; A n g e h ö r i g e n sinngemäß ergänzt.
8 3 Vgl. oben, S.204, Anm.70.
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sehen) als „Erleuchtung" oder mehr aktiv (ethischen) als Bekehrung empfundenen Euphorie, scheinen dagegen den dauernden Besitz des charismatischen Zustands sicherer zu verbürgen, ergeben eine sinnhafte Beziehung zur „Welt" und entsprechen qualitativ den Wertungen einer „ewigen" Ordnung oder eines ethischen Gottes, wie ihn die Prophetie verkündet. Schon die Magie kennt, wie wir sahen, 84 eine systematische Heilsmethodik zur „Erwekkung" der charismatischen Qualitäten neben der nur akuten Orgie. Denn der Berufszauberer und Berufskrieger bedarf nicht nur der akuten Ekstase, sondern des charismatischen Dauerhabitus. Die Propheten einer ethischen Erlösung bedürfen aber des orgiastischen Rausches nicht nur nicht, - er steht der systematischen ethischen Lebensführung, die sie verlangen, geradezu im Wege. Gegen ihn vornehmlich, gegen den menschenunwürdigen und tierquälerischen Rauschkult des Somaopfers, wendet sich daher der zornige ethische Rationalismus Zarathustras 85 ganz ebenso wie derjenige des Moses gegen die Tanzorgie 86 und wie die meisten Stifter oder Propheten ethisch rationaler Religionen gegen die „Hurerei", d.h. gegen die orgiastische Tempelprostitution sich gewendet haben. Mit zunehmender Rationalisierung wird das Ziel der religiösen Heilsmethodik daher immer mehr die Herabstimmung des durch die Orgie erreichten akuten Rauschs in einen chronisch und vor allem bewußt besessenen Habitus. Die Entwicklung ist dabei auch durch die Art der Konzeption des „Göttlichen" bedingt. Überall bleibt zunächst natürlich der höchste Zweck, dem die Heilsmethodik dienen kann, der gleiche, dem in akuter Form auch die Orgie dient: die Inkarnation übersinnlicher Wesen, nunmehr also: eines Gottes, im Menschen: die Selbstvergottung. Nur soll dies jetzt möglichst zu einem Dauerhabitus werden. Die Heilsmethodik ist also auf diesseitigen Besitz des Göttlichen selbst ausgerichtet. Wo nun aber ein allmächtiger überweltlicher Gott den Kreaturen gegenübersteht, da kann Ziel der Heilsmethodik nicht mehr die Selbstvergottung in diesem Sinn sein, sondern die Errin-
8 4 Siehe oben, S.305 und S.311f. 8 5 Die aus arischer Zeit stammende iranische Gottheit des Opfertrankes Haoma (entspricht dem indischen Sorna) erhielt einen Anteil vom Fleisch der geopferten Stiere (Yasna 11, 4 - 7 ) . Vgl. oben, S.202, Anm.68. 8 6 Vgl. oben, S.222, Anm. 16.
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gung der von jenem Gott geforderten religiösen Qualitäten: sie wird damit jenseitig und ethisch orientiert, will nicht Gott „besitzen" - das kann man nicht - sondern entweder 1. Gottes „Werkzeug" oder 2. von ihm zuständlich erfüllt sein. Der zweite Habitus steht ersichtlich der Selbstvergottungsidee näher als der erste. Die- 5 ser Unterschied hat, wie später zu erörtern sein wird, 87 wichtige Folgen für die Art der Heilsmethodik selbst. Aber zunächst besteht in wichtigen Punkten Übereinstimmung. Das Nichtgöttliche ist es ja in beiden Fällen, das vom Alltagsmenschen abgestreift werden muß, damit er einem Gott gleich sein könne. Und das 10 Nichtgöttliche ist vor allem der Alltagshabitus des menschlichen A 308 Körpers und | die Alltagswelt so, wie beide naturhaft gegeben sind. Hier knüpft die soteriologische Heilsmethodik direkt an die1 magische an, deren Methoden sie nur rationalisiert und ihren andersartigen Vorstellungen vom Wesen des Übermenschlichen und 15 von dem Sinn des religiösen Heilsbesitzes anpaßt. Die Erfahrung lehrte, daß durch hysterisierende „Abtötung" es bei Qualifizierten möglich war, den Körper unempfindlich oder kataleptisch starr zu machen, ihm allerhand Leistungen zuzumuten, welche eine normale Innervation niemals hervorbringen konnte, daß gerade dann be- 20 sonders leicht alle Arten visionärer und pneumatischer Vorgänge, Zungenreden, hypnotische und andere suggestive Macht bei den a einen, Leibhaftigkeitsgefühle, Dispositionen zur mystischen Erleuchtung und ethischen Bekehrung, zu tiefem Sündenschmerz und frohem Gottinnigkeitsgefühl, oft in jähem Wechsel miteinan- 25 der, bei den andern sich einstellten, daß dagegen all dies bei rein „naturhafter" Hingabe an die Funktionen und Bedürfnisse des Körpers oder an ablenkende Alltagsinteressen wieder dahinschwand. Die Konsequenzen daraus für das Verhalten zur naturhaften Körperlichkeit und zum sozialen und ökonomischen Alltag 30 sind bei entwickelter Erlösungssehnsucht überall irgendwie gezogen worden. Die spezifischen Mittel der soteriologischen Heilsmethodik sind in ihrer raffiniertesten Entwicklung fast alle indischer Provenienz. Sie sind dort in unbezweifelbarer Anlehnung an die Methodik ma- 35 t A: ihre
a A: dem
8 7 Siehe unten, S . 3 2 0 f f .
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gischen Geisterzwangs entfaltet worden. In Indien selbst haben diese Mittel zunehmend die Tendenz gehabt, zur Selbstvergottungsmethodik zu werden^,] und haben dort auch diesen Charakter nie wieder ganz verloren. Er ist vorherrschend vom Soma-Rauschkult der altvedischen Zeit bis zu den sublimen Methoden der Intellektuellenekstase einerseits und andererseits zu der die volkstümlichste hinduistische Religiosität: den Krischnakult, noch bis heute in grober oder feiner Form beherrschenden erotischen (realen oder in der Phantasie im Kult innerlich vollzogenen) Orgie. Durch den Sufismus ist die sublimierte Intellektuellenekstase sowohl wie andererseits auch die Derwischorgie, wenn auch in gemilderter Form, in den Islam getragen worden. Inder sind, bis nach Bosnien hinein (nach einer authentischen Mitteilung Dr. Franks13 88 aus den letzten Monaten) noch jetzt dort deren typische Träger. Die beiden größten religiös-rationalistischen Mächte der Geschichte: die römische Kirche im Okzident, der Konfuzianismus in China haben sie in diesen Gebieten konsequent unterdrückt oder doch zu den Formen der bernhardinischen halberotischen Mystik, der Marieninbrunst und des Quietimus der Gegenreformation oder dem Zinzendorfschen Gefühlspietismus sublimiert. Der spezifisch außeralltägliche, das Handeln im Alltag entweder gar nicht oder jedenfalls nicht im Sinne einer gesteigerten Rationalisierung und Systematisierung beeinflussende Charakter aller orgiastischen und speziell aller erotischen Kulte ist in der negativen Bedeutung der hinduistischen und ebenso (im allgemeinen) der Derwisch-Religiosität für die Schaffung einer Methodik der Alltagslebensführung greifbar. Die Entwicklung zur Systematisierung und Rationalisierung der Aneignung religiöser Heilsgüter richtete sich aber gerade auf die Beseitigung dieses Widerspruchs zwischen alltäglichem und außeralltäglichem religiösem Habitus. Aus der unermeßlichen Fülle jener inneren Zuständlichkeiten, welche die Heilsmethodik erzeub In A bindet die Anmerkung der Erstherausgeber an:
Etwa 1912-13 geschrieben.
88 Der Sachverhalt konnte nicht aufgeklärt werden. Vermutlich handelt es sich um eine mündliche Mitteilung an Max Weber, die er von d e m Straßburger Orientalisten und Assyrologen Carl Frank ( 1 8 8 1 - 1 9 4 5 ) oder aber von d e m in Heidelberg promovierten Philosophen Erich Frank ( 1 8 8 3 - 1 9 4 9 ) erhalten haben könnte. Erich Frank gehörte z u m Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber.
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gen konnte, schälten sich schließlich einige wenige deshalb als eigentlich zentral heraus, weil sie nicht nur eine außeralltägliche, seelisch-körperliche Einzelverfassung darstellten, sondern das sichere und kontinuierliche Haben des spezifischen religiösen Heilsguts in sich zu schließen schienen: die Gnadengewißheit („certitudo salutis", „perseverantia gratiae"). Die Gnadengewißheit mochte nun mehr mystische oder mehr aktiv ethische Färbung haben wovon sehr bald zu reden sein wird89 - , in jedem Fall bedeutete sie den bewußten Besitz einer dauernden einheitlichen Grundlage der Lebensführung. Im Interesse der Bewußtheit des religiösen BesitA 309 zes tritt an Stelle der Orgie einerseits, der irra|tionalen, lediglich irritierenden und emotionellen Abtötungsmittel andererseits, zunächst die planvolle Herabsetzung der körperlichen Funktionen: kontinuierliche Unterernährung, sexuelle Enthaltung, Regulierung der Atemfrequenz u. dgl. Ferner das Trainieren der seelischen Vorgänge und des Denkens in der Richtung systematischer Konzentration der Seele auf das religiös allein Wesentliche: die indische Yoga-Technik, die kontinuierliche Wiederholung heiliger Silben (des „Om"), 90 das Meditieren über Kreise und andere Figuren, das Bewußtsein planmäßig „entleerende" Exerzitien u. dgl. Im Interesse der Dauer und Gleichmäßigkeit des religiösen Besitzes aber führt die Rationalisierung der Heilsmethodik schließlich wieder auch darüber hinaus und, scheinbar gerade umgekehrt, zu einer planvollen Begrenzung der Übungen auf solche Mittel, welche die Kontinuierlichkeit des religiösen Habitus verbürgten und das bedeutete: zur Ausschaltung aller hygienisch irrationalen Mittel. Denn wie jede Art von Rausch, die orgiastische Heldenekstase ebenso wie die erotischen Orgien und der Tanzrausch unvermeidlich mit physischem Kollaps wechselte, so die hysterische Erfülltheit vom Pneuma mit dem psychischen Kollaps, religiös gewendet: mit Zuständen tiefster Gottverlassenheit. Und wie deshalb die Pflege disziplinierten kriegerischen Heldentums bei den Hellenen die Heldenekstase schließlich zur stetigen Ausgeglichenheit der „Sophrosyne"91 ausbalancierte, welche nur die rein musikalisch-
8 9 Siehe unten, S . 3 2 0 f f . 9 0 Ein numinoser Urlaut, eine mantrische Silbe, die als Manifestation der spirituellen Macht gilt. 91 Besonnenheit, S e l b s t b e h e r r s c h u n g , Sittlichkeit, Mäßigung.
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rhythmisch erzeugten Formen der Ekstasis duldete und auch dabei - ganz ebenso, nur nicht so weitgehend wie der die Pentatonik allein zulassende konfuzianische Rationalismus - sehr sorgsam das „Ethos" der Musik 0 als „politisch" richtig abwog, 92 so entwickelte sich die mönchische Heilsmethodik immer rationaler, in Indien ebenso bis zu derjenigen des alten Buddhismus, wie im Abendland bis zu der Methodik des historisch wirksamsten Mönchsordens: der Jesuiten. Immer mehr wird die Methodik dabei zu einer Kombination physischer und psychischer Hygienik mit ebenso methodischer Regulierung alles Denkens und Tuns, nach Art und Inhalt, im Sinn der vollkommensten wachen, willensmäßigen und triebfeindlichen Beherrschung der eigenen körperlichen und seelischen Vorgänge und einer systematischen Lebensreglementierung in Unterordnung unter den religiösen Zweck. Der Weg zu diesem Ziel und der nähere Inhalt des Zieles selbst sind an sich nicht eindeutig, und die Konsequenz der Durchführung der Methodik ist ebenfalls sehr schwankend. Gleichviel aber nun, mit welchem Ziel und wie sie durchgeführt wird, so ist dabei die Grunderfahrung aller und jeder auf einer systematischen Heilsmethodik ruhenden Religiosität die Verschiedenheit der religiösen Qualifikation der Menschen. Wie nicht jeder das Charisma besaß, die Zustände, welche die Wiedergeburt zum magischen Zauberer herbeiführten, in sich hervorzurufen, so auch nicht jeder das Charisma, jenen spezifisch religiösen Habitus im Alltag kontinuierlich festzuhalten, welcher die dauernde Gnadengewißheit verbürgte. Die Wiedergeburt schien also nur einer Aristokratie der religiös Qualifizierten zugänglich. Ebenso wie die magisch qualifizierten Zauberer, so bildeten daher die ihre Erlösung methodisch erarbeitenden religiösen Virtuosen überall einen c A: Musik, 9 2 Weber greift einen musikwissenschaftlichen Sachverhalt auf, den er in seiner vermutlich 1912/13 abgefaßten (vgl. Braun, Christoph, Max Webers „Musiksoziologie". Laaber: Laaber-Verlag 1992, S. 13, der von einem Abfasssungsdatum zwischen Sommer 1912 und Frühjahr 1913 ausgeht) Schrift „Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik" erläutert hat: „Die Pentatonik geht nun häufig mit einer durch das .Ethos' der Musik bedingten Meidung des Halbtonschrittes Hand in Hand. [...]. Die Chromatik ist der alten Kirche ganz ebenso wie z. B. den älteren Tragikern der Hellenen und der bürgerlich rationalen konfuzianischen Musiklehre antipathisch". (Weber, Musik-Studie, wie oben, S. 130, Anm. 16, S. 12). „Pentatonik" bezeichnet ein fünfstufiges Tonsystem sowie das Musizieren mit fünfstufigen Tonleitern.
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besonderen religiösen „Stand" innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen, dem oft auch das spezifische jeden Standes, eine besondere soziale Ehre, innerhalb ihres Kreises zukam. In Indien befassen sich in diesem Sinne alle heiligen Rechte mit den Asketen, die indischen Erlösungsreligionen sind Mönchsreligionen, im frühen 5 Christentum werden sie in den Quellen als eine Sonderkategorie unter den Gemeindegenossen aufgeführt und bilden später die Mönchsorden, im Protestantismus die asketischen Sekten oder die pietistischen ecclesiae, unter den Juden bilden die Peruschim (Pharisaioi) eine Heilsaristokratie gegenüber den Amhaarez, im Islam 10 die Derwische und innerhalb ihrer wieder deren Virtuosen, die eigentlichen Sufis, im Skopzentum die esoterische Gemeinde der Kastraten. Wir werden uns mit diesen wichtigen soziologischen Konsequenzen noch zu befassen haben. 93 | A 310 In ihrer gesinnungsethischen Interpretation bedeutet die Heils- 15 methodik praktisch stets: Überwindung bestimmter Begehrungen oder Affekte der religiös nicht bearbeiteten rohen Menschennatur. Ob mehr die Affekte der Feigheit oder die der Brutalität und Selbstsucht oder die der sexuellen Sinnlichkeit oder welche sonst das vornehmlich zu Bekämpfende, weil am meisten vom charisma- 20 tischen Habitus Ablenkende ist, bleibt Frage des speziellen Einzelfalls und gehört zu den wichtigsten inhaltlichen Charakteristiken jeder Einzelreligion. Stets aber ist eine in diesem Sinn methodische religiöse Heilslehre eine Virtuosenethik. Stets verlangt sie, wie das magische Charisma, die Bewährung des Virtuosentums. Ob der 25 religiöse Virtuose ein welterobernder Ordensbruder, wie der Moslem in der Zeit Omars, oder ein Virtuose der weltablehnenden Askese, wie meist der christliche und, in geringerer Konsequenz, der jainistische, oder ein solcher der weltablehnenden Kontemplation, wie der buddhistische Mönch, ein Virtuose des passiven Märtyrer- 30 tums wie der antike Christ oder ein Virtuose der innerweltlichen Berufstugend, wie der asketische Protestant, der formalen Gesetzlichkeit wie der pharisäische Jude oder der akosmistischen Güte wie der heilige Franz ist, in jedem Fall hat er - wie wir schon feststellten 94 - die echte Heilsgewißheit nur dann, wenn sich seine Vir- 35
9 3 Siehe unten, S.369f. 9 4 Siehe oben, S.305.
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tuosengesinnung unter Anfechtungen ihm selbst stets erneut bewährt. Diese Bewährung der Gnadengewißheit sieht nun aber verschieden ausj,] je nach dem Charakter, den das religiöse Heil selbst hat. Immer schließt sie die Behauptung des religiösen und ethischen Standard, also die Vermeidung wenigstens ganz grober Sünden ein, für den buddhistischen Arhat ebenso wie für den Urchristen. Ein religiös Qualifizierter, im Urchristentum also: ein Getaufter, kann, und folglich: darf nicht mehr in eine Todsünde fallen. 95 „Todsünden" sind diejenigen Sünden, welche die religiöse Qualifikation aufheben, deshalb unvergebbar oder doch nur durch einen charismatisch Qualifizierten, auf dem Wege ganz neuer Begnadung mit dem religiösen Charisma, dessen Verlust sie dokumentieren, absolvierbar sind. Als diese Virtuosenlehre innerhalb der altchristlichen Massengemeinden praktisch unhaltbar wurde, hielt die Virtuosenreligiosität des Montanismus konsequent die eine Forderung fest: daß zum mindesten die Feigheitssünde unvergebbar bleiben müsse, 96 - ganz ebenso wie die islamische kriegerische Heldenreligion die Apostasie ausnahmslos mit dem Tode bestrafte, 97 - und trennte sich von der Massenkirche der Alltagschristen, als innerhalb dieser die dezianische und diokletianische Verfolgung 98 auch diese Forderung vom Standpunkt der Interessen des Priesters an der quantitativen Erhaltung des Gemeindebestandes
95 Der 1. Johannesbrief unterscheidet eine Sünde, die zum Tode führt, von anderen Sünden, die das nicht tun (5, 16). Glaubensabfall, Mord, Ehebruch und Hurerei wurden in der Alten Kirche als solche Sünden aufgefaßt. Da getaufte Christen durch solche Sünden ihr Heil aufs Spiel setzten, zogen es viele von ihnen vor, möglichst lange im Stand der Katechumenen zu bleiben und die Taufe aufzuschieben. 96 Tertullian, der sich seit ungefähr 203 n. Chr. zum Montanismus bekannte, ist ein glaubwürdiger Zeuge für die Stellung des Montanismus zum Martyrium. In seiner Schrift: De fuga in persecutione behandelte er die drängende Frage, ob Christen bei Verfolgungen die Flucht gestattet sei. Tertullian verneinte dies mit dem Hinweis auf den Apostel Paulus, der statt einer Flucht die Standhaftigkeit befohlen habe. Man solle nicht wünschen, im Bett zu sterben, sondern in Martyrien, damit der verherrlicht werde, der für die Menschen gelitten habe (ebd., 9). 97 Von dem Vetter des Propheten, 'Abd Allah b. AI-'Abbäs, Beiname Abu'l-'Abbäs (auch Ibn 'Abbäs genannt), ist folgender Ausspruch des Propheten Mohammed überliefert: „Wer seine Religion wechselt, den tötet" bzw. „den enthauptet" (etwa Ibn Mäga, Hudüd, B. 2). Nach einer anderen Tradition des Ibn 'Abbäs und der 'Ä'isa soll der Prophet erlaubt haben, das Blut dessen zu vergießen, „der seine Religion verlässt und sich von der Gemeinde trennt" (etwa Al-Buhari, Diyät, B. 10). 98 Gemeint sind die Christenverfolgungen unter den römischen Kaisern Dezius und Diokletian in den Jahren 249 bis 251 und 303 bis 311.
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undurchführbar machte. Im übrigen aber ist der positive Charakter der Heilsbewährung und also auch des praktischen Verhaltens, wie schon mehrfach angedeutet," grundsätzlich verschieden vor allem je nach dem Charakter jenes Heilsguts, dessen Haben die Seligkeit verbürgt. 5 Entweder ist dies eine spezifische Gabe aktiv ethischen Handelns mit dem Bewußtsein, daß Gott dies Handeln lenke: daß man Gottes Werkzeug sei. Wir wollen für unsere Zwecke diese Art der durch religiöse Heilsmethodik bedingten Stellungnahme eine religiös-„asketische" nennen - ohne irgendwie zu bestreiten, daß man 10 den Ausdruck sehr wohl auch in anderem, weiteren Sinn brauchen kann und braucht: 100 der Gegensatz dazu wird später deutlich werden. 1 Dann führt die religiöse Virtuosität stets dazu, neben der Unterwerfung der Naturtriebe unter die systematisierte Lebensführung auch die Beziehung zum sozialen Gemeinschaftsleben mit 15 seinen unvermeidlich nicht heroischen, sondern utilitarisch konventionellen Tugenden einer ganz radikalen, religiös-ethischen Kritik zu unterwerfen. Die bloße „natürliche" Tugend innerhalb der Welt gewährleistet nicht nur das Heil nicht, sie gefährdet es durch Hinwegtäuschen über das eine, was allein not tut. Die sozialen Be- 20 Ziehungen, die „Welt" im Sinne des religiösen Sprachgebrauchs, ist daher Versuchung nicht nur als Stätte der vom Göttlichen gänzlich abziehenden, ethisch irrationalen Sinnenlust, sondern noch mehr als Stätte selbstgerechter Genügsamkeit mit der Erfüllung jener A 311 landläufigen Pflichten des religiösen | Durchschnittsmenschen auf 25 Kosten der alleinigen Konzentration des Handelns auf die aktiven Erlösungsleistungen. Diese Konzentration kann ein förmliches Ausscheiden aus der „Welt", aus den sozialen und seelischen Banden der Familie, des Besitzes, der politischen, ökonomischen, 99 Siehe etwa oben, S.301f. und S.304f. 100 Weber könnte sich hier auf Willy Hellpach beziehen, für den die Wirkung von Askese „in einer Steigerung der Einfühlbarkelt, im Verlust der Beherrschung eigener Miterregung durch fremde Gemütserregungen" besteht. Askese sei „weiter nichts als methodische Erschöpfung, die an sich schon Übererregung In sich schließt, und diese Übererregung selber meist noch methodisch in die Höhe geschraubt durch positiv erregende Maßnahmen, wie Geißelungen und Selbstpeinigungen aller Art". (Hellpach, Willy, Die geistigen Epidemien (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien, hg. von Martin Buber, Band 11). - Frankfurt a.M.: Rütten & Loening 1906, beide Zitate S. 68, hinfort: Hellpach, Geistige Epidemien). 1 Siehe unten, S.323ff. und S.332ff.
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künstlerischen, erotischen, überhaupt aller kreatürlichen Interessen notwendig, jede Betätigung in ihnen als ein von Gott entfremdendes Akzeptieren der Welt erscheinen lassen: weltablehnende Askese. Oder sie kann umgekehrt die Betätigung der eigenen spezifisch heiligen Gesinnung, der Qualität als erwählten Werkzeugs Gottes gerade innerhalb und gegenüber den Ordnungen der Welt verlangen: innerweltliche Askese. Die Welt wird im letzteren Fall eine dem religiösen Virtuosen auferlegte „Pflicht". Entweder in dem Sinn, daß die Aufgabe besteht, sie den asketischen Idealen gemäß umzugestalten. Dann wird der Asket ein rationaler „naturrechtlicher" Reformer oder Revolutionär, wie ihn das „Parlament der Heiligen" 2 unter Cromwell, der Quäkerstaat 3 und in anderer Art der radikale pietistische Konventikel-Kommunismus 4 gekannt hat. Stets aber wird dann, infolge der Verschiedenheit der religiösen Qualifikation, ein solcher Zusammenschluß des Asketentums eine aristokratische Sonderorganisation innerhalb oder eigentlich außerhalb der Welt der Durchschnittsmenschen, die sie umbrandet - darin von „Klassen" prinzipiell nicht unterschieden. Sie kann die Welt vielleicht beherrschen, aber nicht in ihrer Durchschnittsqualität auf die Höhe des eigenen Virtuosentums heben. Alle religiös rationalen Vergesellschaftungen haben diese Selbstverständlichkeit, wenn sie sie ignorieren, in ihren Konsequenzen an sich erfah-
2 Für das sog. „Barebone's Parliament" (4. J u l i - 1 2 . Dezember 1653), auch „kurzes Parlament" genannt, hatte Cromwell besonders g l ä u b i g e und Integre Persönlichkelten nominieren lassen. Das „Barebone's Parliament" zeichnete sich durch seinen Reformelfer aus. (Vgl. MWG 1/19, S . 4 4 2 mit der H g . - A n m . 6 0 ) . 3 Der Quäkerführer William Penn ( 1 6 4 4 - 1 7 1 8 ) errichtete Im nordamerikanischen Pennsylvania a b 1681 ein Gemeinwesen, In d e m uneingeschränkte religiöse Toleranz und politische Freiheit herrschen sollten, das keinerlei Unterschiede machte zwischen Hautfarbe und Herkunft seiner Bürger und auf eine bewaffnete Polizei- und Militärmacht verzichtete (das sog. „holy experiment"). 4 Weber könnte hier an a n g e l s ä c h l s c h e G r u p p e n denken, die aus der Bergpredigt die polltische Folgerung zogen, es dürfe im Reich Gottes kein Privateigentum g e b e n . Die G r u p p e der levellers und diggers kämpfte In d e n 1640er Jahren in England für eine radikal kommunistische Gesellschaft, In der allen alles gehören sollte. In d e n USA kam es v o m Ende des 18. Jahrhunderts an zu kommunistischen Siedlungsexperimenten protestantischer Sekten. Weber könnte auch an d e u t s c h e Pietisten denken. Die von Philipp J a k o b Spener seit Mitte der 1670er Jahre ausgelöste pietistische B e w e g u n g predigte einen gemäßigten Chlllasmus, der die Errichtung eines tausendjährigen Reiches nicht von M e n s c h e n h a n d , sondern durch Christus erwartete. Diese B e w e g u n g nährte Im 18. und 19. Jahrhundert Hoffnungen auf einen gesellschaftlichen Umsturz und eine Aufheb u n g von Privateigentum.
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ren müssen. Die Welt als Ganzes bleibt, asketisch gewertet, eine „massa perditionis". 5 Also bleibt die andere Alternative eines Verzichts darauf, daß sie den religiösen Ansprüchen genüge. Wenn nun dennoch die Bewährung innerhalb ihrer Ordnungen erfolgen soll, so wird sie eben gerade, weil sie unvermeidlich d von Natur aus d Gefäß der Sünde bleibt, gerade um der Sünde willen und zu deren möglichster Bekämpfung in ihren Ordnungen eine „Aufgabe" für die Bewährung der asketischen Gesinnung. Sie verharrt in ihrer kreatürlichen Entwertetheit: eine genießende Hingabe an ihre Güter gefährdet die Konzentration auf das Heilsgut und dessen Besitz und wäre Symptom unheiliger Gesinnung und fehlender Wiedergeburt. Aber die Welt ist dennoch, als Schöpfung Gottes, dessen Macht sich in ihr trotz ihrer Kreatürlichkeit auswirkt, das einzige Material, an welcher das eigene religiöse Charisma durch rationales ethisches Handeln sich bewähren muß, um des eigenen Gnadenstandes gewiß zu werden und zu bleiben. Als Gegenstand dieser aktiven Bewährung werden die Ordnungen der Welt für den Asketen, der in sie gestellt ist, zum „Beruf", den es rational zu „erfüllen" gilt. Verpönt also ist der Genuß von Reichtum, - „Beruf" aber die rational ethisch geordnete, in strenger Legalität geführte Wirtschaft, deren Erfolg, also: Erwerb, Gottes Segen für die Arbeit des Frommen und also die Gottgefälligkeit seiner ökonomischen Lebensführung sichtbar macht. Verpönt ist jeder Überschwang des Gefühls für Menschen als Ausdruck einer den alleinigen Wert der göttlichen Heilsgabe verleugnenden Vergötterung des Kreatürlichen, - „Beruf" aber die rational nüchterne Mitarbeit an den durch Gottes Schöpfung gesetzten sachlichen Zwecken der rationalen Zweckverbände der Welt. Verpönt ist die kreaturvergötternde Erotik, - gottgewollter Beruf „eine nüchterne Kindererzeugung" (wie die Puritaner es ausdrücken) 6 innerhalb d A: natürlich 5 Der Begriff „massa perditionis" (lat.: Masse von Verderben) entspricht der „massa damnata" oder der „massa peccati" und stammt aus der Gnadenlehre des Augustinus: Die Erbsünde mache die Menschen nach dem Sündenfall A d a m s zu einer einzigen „Sundenmasse", die die Verdammung durch Gott verdiene. 6 Weber zitiert hier in Übersetzung einen Ausdruck Richard Baxters, den er in seiner „Protestantischen Ethik" auf Englisch anführte: „,A sober procreation of children' ist ihr [der Ehe] Zweck nach Baxter". (Weber, Protestantische Ethik II, S.79, Fn. 12). Bei Gerhart von Schulze-Gävernitz, Britischer Imperialismus und englischer Freihandel. - Leip-
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der Ehe. Verpönt ist Gewalt des Einzelnen gegen Menschen, aus Leidenschaft oder Rachsucht, überhaupt aus persönlichen Motiven - gottgewollt aber die rationale Niederhaltung und Züchtigung der Sünde und Widerspenstigkeit im zweckvoll geordneten Staate. Verpönt ist persönlicher weltlicher Machtgenuß als Kreaturvergötterung, - gottgewollt die Herrschaft der rationalen Ordnung des Gesetzes. Der „innerweltliche Asket" ist ein Rationalist sowohl in dem Sinn rationaler Systematisierung seiner eigenen persönlichen Lebensführung, wie in dem Sinn der Ablehnung alles ethisch Irrationalen, sei es Künstlerischen, sei es persönlich Gefühlsmäßigen innerhalb der Welt und ihrer Ordnung. | Stets aber A 312 bleibt das spezifische Ziel vor allem: „wache" methodische Beherrschung der eigenen Lebensführung. In erster Linie, aber je nach seinen einzelnen Abschattierungen in verschiedener „Konsequenz", der asketische Protestantismus, welcher die Bewährung innerhalb der Ordnungen der Welt als einzigen Erweis der religiösen Qualifikationen kannte, gehörte diesem Typus der „innerweltlichen Askese" an. Oder: das spezifische Heilsgut ist nicht eine aktive Qualität des Handelns, also nicht das Bewußtsein der Vollstreckung eines göttlichen Willens, sondern eine Zuständlichkeit spezifischer Art. In vorzüglichster Form: „mystische Erleuchtung". Auch sie ist nur von einer Minderheit spezifisch Qualifizierter und nur durch eine systematische Tätigkeit besonderer Art: „Kontemplation", zu erringen. Die Kontemplation bedarf, um zu ihrem Ziel zu gelangen, stets der Ausschaltung der Alltagsinteressen. Nur wenn das Kreatürliche im Menschen völlig schweigt, kann Gott in der Seele reden, nach der Erfahrung der Quäker, mit welcher nicht den Worten, wohl aber der Sache nach, alle kontemplative Mystik, von Laotse und Buddha bis zu Tauler, übereinstimmt. Die Konsequenz kann die absolute Weltflucht sein. Diese kontemplative Weltflucht, zig: Duncker & Humblot 1906, S.47, heißt es: „Der Puritanismus war es, welcher die sexuelle Enthaltsamkeit einzelner Zölibatäre durch eine allen zuzumutende innerweltliche Askese übertrumpfte. Der Begattungsakt, gleichviel ob innerhalb oder außerhalb der Ehe, erscheint als sündhafter Genuß, wenn er lediglich zur Befriedigung des Geschlechtstriebes erfolgt. Die Ehe gilt als weltlicher Vertrag zum Zwecke der Kinderzeugung und Kinderaufzucht. Mit diesem Zwecke aber gewinnt sie zugleich eine ideale Bedeutung: sie dient der Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden durch die Ausbreitung der Menschheit".
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wie sie dem alten Buddhismus und in gewissem Maße fast allen asiatischen und vorderasiatischen Formen der Erlösung eigentümlich ist, sieht der asketischen Weltanschauung ähnlich, ist aber dennoch streng von ihr zu scheiden. Die weltablehnende Askese im hier gebrauchten Sinn des Worts ist primär auf Aktivität eingestellt. Nur Handeln bestimmter Art hilft dem Asketen diejenigen Qualitäten erreichen, welche er erstrebt, und diese wiederum sind solche eines aus göttlicher Gnade heraus Handeln-Könnens. In dem Bewußtsein, daß ihm die Kraft zum Handeln aus dem Besitz des zentralen religiösen Heils zufließe und er Gott damit diene, gewinnt er stets erneut die Versicherung seines Gnadenstandes. Er fühlt sich als Gotteskämpfer, einerlei, wie der Feind und die Mittel seiner Bekämpfung aussehen, und die Weltflucht selbst ist psychologisch keine Flucht, sondern ein immer neuer Sieg über immer neue Versuchungen, mit denen er immer erneut aktiv zu kämpfen hat. Der weltablehnende Asket hat mindestens die negative innere Beziehung vorausgesetzten Kampfes zur „Welt". Man spricht deshalb bei ihm zweckmäßigerweise von „Weltablehnung", nicht von „Welt/Zucht", die vielmehr den kontemplativen Mystiker kennzeichnet. Die Kontemplation dagegen ist primär das Suchen eines „Ruhens" im Göttlichen und nur in ihm. Mc/iihandeln, in letzter Konsequenz Nichtdenken, Entleerung von allem, was irgendwie an die „Welt" erinnert, jedenfalls absolutes Minimisieren alles äußeren und inneren Tuns sind der Weg, denjenigen inneren Zustand zu erreichen, der als Besitz des Göttlichen, als unio mystica mit ihm, genossen wird: einen spezifischen Gefühlshabitus also, der ein „Wissen" zu vermitteln scheint. Mag dabei nun subjektiv mehr der besondere außerordentliche Inhalt dieses Wissens oder mehr die gefühlsmäßige Färbung seines Besitzes im Vordergrunde stehen, objektiv entscheidet die letztere. Denn das mystische Wissen ist, e je mehr e es den spezifischen Charakter eines solchen hat, desto inkommunikabler: daß es trotzdem als Wissen auftritt, gibt ihm gerade seinen spezifischen Charakter. Es ist keine neue Erkenntnis irgendwelcher Tatsachen oder Lehrsätze, sondern das Erfassen eines einheitlichen Sinnes der Welt und in dieser Wortbedeutung, wie immer wieder in mannigfachster Formulierung von den Mysti-
e A: jemehr
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kern ausgesagt wird, ein praktisches Wissen. Seinem zentralen Wesen nach ist es vielmehr ein „Haben", von dem aus jene praktische Neuorientierung zur Welt, unter Umständen auch neue kommunikable „Erkenntnisse" gewonnen werden. Diese Erkenntnisse aber sind Erkenntnisse von Werten und Unwerten innerhalb der Welt. Sie interessieren uns hier nicht, sondern jene negative Wirkung auf das Handeln, welche im Gegensatz zur Askese im hier gebrauchten Wortsinn aller Kontemplation eigen ist. Der Gegensatz ist selbstverständlich, wie, vorbehaltlich eingehender Erörterung, 7 schon hier sehr nachdrücklich betont sei, überhaupt und in ganz besonderem Maße zwischen weltablehnender Askese und weltflüchtiger Kontemplation flüssig. Denn zunächst muß die welt-| flüchtige Kontemplation zum mindesten mit einem erheblichen A313 Grade systematisch rationalisierter Lebensführung verbunden sein. Nur diese führt ja zur Konzentration auf das Heilsgut. Aber sie ist nur das Mittel, das Ziel der Kontemplation zu erreichen, und die Rationalisierung ist wesentlich negativer Art und besteht in der Abwehr der Störungen durch Natur und soziale Umwelt. Damit wird die Kontemplation keineswegs ein passives Sichüberlassen an Träume, auch nicht eine einfache Autohypnose, obwohl sie dieser in der Praxis nahekommen kann. Sondern der spezifische Weg zu ihr ist eine sehr energische Konzentration auf gewisse „Wahrheiten", wobei nur für den Charakter des Vorgangs entscheidend ist: daß nicht der Inhalt dieser, für den Nichtmystiker oft sehr einfach aussehenden, Wahrheiten, sondern die Art ihrer Betontheit und die zentrale Stellung, in welche sie dadurch innerhalb des Gesamtaspekts der Welt rücken und diesen einheitlich bestimmen, entscheidet. Durch noch so eindeutiges Begreifen und selbst durch ausdrückliches Fürwahrhalten der scheinbar höchst trivialen Sätze des buddhistischen Zentraldogmas 8 wird jemand noch kein Erleuchteter. Die Denkkonzentration und eventuelle sonstige heilsmethodische Mittel sind aber nur der Weg zum Ziel. Dieses Ziel selbst besteht vielmehr ausschließlich in der einzigarti-
7 Siehe unten, S.333. 8 Carl Friedrich Koeppen charakterisierte das „Grunddogma" des Buddhismus mit den Worten: „Nur die totale Verneinung des Willens zum Leben, in dessen Bejahung die Natur die Quelle ihres Daseyns hat, kann zur wirklichen Erlösung der Welt führen". (Koeppen, Religion des Buddha, wie oben, S. 180, Anm. 23, S, 213).
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gen Gefühlsqualität, praktisch gewendet: in der gefühlten Einheit von Wissen und praktischer Gesinnung, welche dem Mystiker die entscheidende Versicherung seines religiösen Gnadenstandes bietet. Auch dem Asketen ist die gefühlte und bewußte Erfassung des Göttlichen von zentraler Bedeutung. Nur ist dies Fühlen ein sozusagen „motorisch" bedingtes. Es ist dann vorhanden, wenn er in dem Bewußtsein lebt, daß ihm das einheitlich auf Gott bezogene, rational ethische Handeln als Gottes Werkzeug gelingt. Dies ethische - positiv oder negativ - kämpfende Handeln aber ist für den kontemplativen Mystiker, der niemals „Werkzeug", sondern nur „Gefäß" des Göttlichen sein will und kann, eine stete Veräußerlichung des Göttlichen an eine periphere Funktion: Nichthandeln, 9 jedenfalls aber Vermeidung jedes rationalen Zweckhandelns („Handeln mit einem Ziel") als der gefährlichsten Form der Verweltlichung empfiehlt der alte Buddhismus als Vorbedingung der Erhaltung des Gnadenstandes. Dem Asketen erscheint die Kontemplation des Mystikers als träger und religiös steriler, asketisch verwerflicher Selbstgenuß, als kreaturvergötternde Schwelgerei in selbstgeschaffenen Gefühlen. Der Asket wird, vom Standpunkt des kontemplativen Mystikers aus gesehen, durch sein, sei es außerweltliches, Sichquälen und Kämpfen, vollends aber durch asketisch-rationales innerweltliches Handeln stetig in alle Belastetheit des geformten Lebens mit unlösbaren Spannungen zwischen Gewaltsamkeit und Güte, Sachlichkeit und Liebe verwikkelt, dadurch stetig von der Einheit in und mit Gott entfernt und in heillose Widersprüche und Kompromisse hineingezwungen. Der kontemplative Mystiker denkt, vom Standpunkt des Asketen aus gesehen, nicht an Gott und die Mehrung von dessen Reich und Ruhm und an die aktive Erfüllung seines Willens, sondern ausschließlich an sich selbst; er existiert überdies, sofern er überhaupt lebt, schon durch die bloße Tatsache seiner unvermeidlichen Le-
9 Auf d a s b u d d h i s t i s c h e Ideal d e s N i c h t h a n d e i n s kam W e b e r a u c h in seiner Hinduism u s s t u d i e zu s p r e c h e n : „Die alte Meditation (dhyana), d a s S u c h e n n a c h .Entleerung' d e s Bewußtseins, die A b l e h n u n g aller äußeren Kultmittel blieb ihr [einer M a h a y a n a s c h u le] in starkem Maße e i g e n t ü m l i c h . Sie galt - w o h l s c h o n w e g e n der V e r w a n d t s c h a f t mit der Wu-wei-Lehre - l a n g e als die v o r n e h m s t e u n d war g e r a u m e Zeit die größte der chin e s i s c h e n B u d d h a s e k t e n " . ( M W G 1/20, S . 4 2 6 ) . Der taoistische Begriff wu-wei b e d e u t e t „ N i c h t h a n d e l n " u n d meint die völlige Entleerung d e s Ich v o n allen weltlichen B e l a n g e n . Ziel ist der Einklang mit d e m Tao, d e m U r g r u n d allen Seins.
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bensfürsorge in konstanter Inkonsequenz. Am meisten aber dann, wenn der kontemplative Mystiker innerhalb der Welt und ihrer Ordnungen lebt. In gewissem Sinn ist ja schon der weltflüchtige Mystiker von der Welt „abhängiger" als der Asket. Dieser kann sich als Anachoret selbst erhalten und zugleich in der Arbeit, die er darauf verwendet, seines Gnadenstandes gewiß werden. Der kontemplative Mystiker dürfte, wenn er ganz konsequent bleiben wollte, nur von dem leben, was ihm freiwillig von Natur oder Menschen dargeboten wird: Beeren im Walde und, da diese nirgends dauernd zulänglich sind, von Almosen, - wie dies bei den indischen Sramanen 10 in ihren konsequentesten Spielarten tatsächlich der Fall war (daher das besonders strenge Verbot aller indischen Bhikkshu-Regeln f[auch der Buddhisten]^ irgend etwas nicht freiwillig Gegebenes zu nehmen). 11 Jedenfalls lebt er von irgendwelchen Gaben der Welt und könnte also nicht leben, wenn die Welt nicht konstant eben das täte, was er für sündig und gottentfremdend hält: Arbeit. Dem | buddhistischen Mönch insbesondere ist A314 Ackerbau, weil er gewaltsame Verletzung von Tieren im Boden bedingt, die verwerflichste aller Beschäftigungen, - aber das Almosen, das er einsammelt, besteht in erster Linie aus Ackerbauprodukten. Der unvermeidliche Heilsaristokratismus des Mystikers, der die Welt dem für alle Unerleuchteten, der vollen Erleuchtung Unzugänglichen nun einmal unvermeidlichen Schicksal überläßt, - die zentrale, im Grunde einzige Laientugend der Buddhisten ist ursprünglich: Verehrung und Almosenversorgung der f [ ] in A; sie indizieren hier keine Hinzufügung des Editors. 10 Nach dem „Sutra der 42 Sätze" wird ein Sramane definiert als „derjenige, welcher, nachdem er seine Verwandten verlassen, vom Hause gezogen, in der Lehre geweilt, die Natur des Geistes erschaut, und das Gesetz des Nichtzusammengesetzten begriffen hat". (Zitiert nach Koeppen, Religion des Buddha, wie oben, S. 180, Anm.23, S. 330). 11 Im „Sutra der Befreiung" (Pratimökscha Sütra), im „Buch der dreizehn Vorschriften" und im „Ordlnationsformular" wird der buddhistische Mönch darauf verpflichtet, nur von dem zu leben, was Ihm freiwillig als Almosen geschenkt wird. (Vgl. Koeppen, Religion des Buddha, wie oben, S. 180, Anm.23, S.357). Das Betteln um Lebensmittel Ist ihm streng untersagt. Bei Hermann Oldenberg heißt es: „Ein ordinierter Mönch darf nicht nehmen, was Ihm nicht gegeben Ist, was man Diebstahl nennt - auch nicht einen Grashalm". (Oldenberg, Buddha, wie oben, S. 180, Anm.23, S.358). Webers Schreibwelse „bhlkkshu" geht möglicherweise auf eine Vermischung des Sanskritwortes „bhiksu" mit dem Pall-Wort „bhikkhu" zurück. (Vgl. die Erläuterungen des Herausgebers in MWG I/ 20, S.513 und S.581). Gemeint sind buddhistische Bettelmönche.
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allein zur Gemeinde gehörigen Mönche - tritt gerade darin drastisch hervor. Ganz generell „handelt" aber irgend wer, auch der Mystiker selbst],] unvermeidlich und minimisiert sein Handeln nur, weil es ihm niemals die Gewißheit des Gnadenstandes geben, wohl aber ihn von der Vereinigung mit dem Göttlichen abziehen kann, während dem Asketen eben durch sein Handeln sich sein Gnadenstand bewährt. A m deutlichsten wird der Kontrast zwischen beiden Verhaltungsweisen, wenn die Konsequenz voller Weltablehnung oder Weltflucht nicht gezogen wird. Der Asket muß, wenn er innerhalb der Welt handeln will, also bei der innerweltlichen Askese, mit einer Art von glücklicher Borniertheit für jede Frage nach einem „Sinn" der Welt geschlagen sein und darum sich nicht kümmern. Es ist daher kein Zufall, daß die innerweltliche Askese sich gerade auf der Basis der absoluten Unerforschlichkeit der 9 Motive des jedem menschlichen Maßstab entrückten, calvinistischen Gottes am konsequentesten entwickeln konnte. Der innerweltliche Asket ist daher der gegebene „Berufsmensch", der nach dem Sinn seiner sachlichen Berufsausübung innerhalb der Gesamtv/e\th - für welche ja nicht er, sondern sein Gott die Verantwortung trägt - weder fragt noch zu fragen nötig hat, weil ihm das Bewußtsein genügt, in seinem persönlichen rationalen Handeln in dieser Welt den für ihn in seinem letzten Sinn unerforschlichen Willen Gottes zu vollstrecken. Dem kontemplativen Mystiker umgekehrt kommt es gerade auf das Erschauen jenes „Sinnes" der Welt an, den er in rationaler Form zu „begreifen" eben um deswillen außerstande ist, weil er ihn als eine Einheit jenseits aller realen Wirklichkeit erfaßt. Nicht immer hat die mystische Kontemplation die Konsequenz von Weltflucht im Sinn einer Meidung jeder Berührung mit der sozialen Umwelt. Auch der Mystiker kann umgekehrt als Bewährung der Sicherheit seines Gnadenstandes dessen Behauptung gerade gegenüber den Ordnungen der Welt von sich fordern: auch für ihn wird dann die Stellung in diesen Ordnungen zum „Beruf". Aber mit sehr anderer Wendung als bei der innerweltlichen Askese. Die Welt als solche wird weder von der Askese noch von der Kontemplation bejaht. Aber vom Asketen wird ihr kreatürlicher, ethisch irrationaler empirischer
g A: seiner
h A: Gesamtv/elt,
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Charakter, ihre ethischen Versuchungen der Weltlust, des Genießens und Ausruhens auf ihren Freuden und Gaben, abgelehnt. Dagegen wird das eigene rationale Handeln innerhalb ihrer Ordnungen als Aufgabe und Mittel der Gnadenbewährung bejaht. Dem innerweltlich lebenden kontemplativen Mystiker dagegen ist Handeln, und vollends Handeln innerhalb der Welt, rein an sich eine Versuchung, gegen die er seinen Gnadenstand zu behaupten hat. Er minimisiert also sein Handeln, indem er sich in die Ordnungen der Welt, so wie sie sind, „schickt", in ihnen sozusagen inkognito lebt, wie die „Stillen im Lande" 12 es zu aller Zeit getan haben, weil Gott es nun einmal so gefügt hat, daß wir darin leben müssen. Eine spezifische, demutsvoll gefärbte „Gebrochenheit" zeichnet das innerweltliche Handeln des kontemplativen Mystikers aus, von welchem hinweg er sich immer wieder in die Stille der Gottinnigkeit flüchten möchte und flüchtet. Der Asket ist, wo er in Einheit mit sich selbst handelt, sich dessen sicher, Gottes Werkzeug zu sein. Seine eigene pflichtgemäße kreatürliche „Demut" ist daher stets von zweifelhafter Echtheit. Der Erfolg seines Handelns ist ja ein Erfolg Gottes selbst, zu dem er beigetragen hat, mindestens aber ein Zeichen seines Segens ganz speziell für ihn und sein Tun. Für den echten Mystiker kann dagegen der Erfolg seines innerweltlichen Handelns keinerlei Heilsbedeutung haben und ist die Erhaltung echter Demut in der Welt in der Tat die einzige Bürgschaft dafür, | daß seine Seele ihr nicht anheimgefallen ist. Je mehr A 315 er innerhalb der Welt steht, desto „gebrochener" wird im allgemeinen seine Haltung zu ihr im Gegensatz zu dem stolzen Heilsaristokratismus der öMßerweltlichen irdischen Kontemplation. Für den Asketen bewährt sich die Gewißheit des Heils stets im rationalen, nach Sinn, Mittel und Zweck eindeutigen Handeln, nach Prinzipien und Regeln. Für den Mystiker, der im realen Besitz des zuständlich erfaßten Heilsgutes ist, kann die Konsequenz dieses Zustandes gerade umgekehrt der Anomismus 13 sein: das Gefühl, welches sich ja nicht an dem Tun und dessen Art, sondern in einem gefühlten Zustand und dessen Qualität manifestiert, an keine Regel des Handelns mehr gebunden zu sein, vielmehr in allem 12 In Psalm 35, 20 heißt es: „ D e n n sie trachten, S c h a d e n zu tun, und s u c h e n f a l s c h e A n k l a g e n wider die Stillen im Lande". 13 Z u s t a n d v o n Gesetz- u n d Regellosigkeit.
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und jedem, was man auch tue, des Heils gewiß zu bleiben. Mit dieser Konsequenz (dem jtdvxa |ioi b^bötiv) 14 hatte unter anderem Paulus sich auseinanderzusetzen, und sie ist immer wieder gelegentlich Folge mystischer Heilssuche gewesen. Dem Asketen können sich ferner die Anforderungen seines Gottes an die Kreatur bis zur Forderung einer bedingungslosen Beherrschung der Welt durch die Norm der religiösen Tugend und bis zu deren revolutionärer Umgestaltung zu diesem Zweck steigern. Aus der weitabgewendeten Klosterzelle heraus tritt dann der Asket als Prophet der Welt gegenüber. Immer aber wird es eine ethisch rationale Ordnung und Disziplinierung der Welt sein, die er dabei, entsprechend seiner methodisch rationalen Selbstdisziplin, verlangt. Gerät dagegen der Mystiker auf eine ähnliche Bahn, d. h. schlägt seine Gottinnigkeit, die chronische stille Euphorie seines kontemplativen einsamen Besitzes des göttlichen Heilsguts[,] in ein akutes Gefühl heiliger Besessenheit durch den Gott oder heiligen Besitzes des Gottes um, der in und aus ihm spricht, der kommen und das ewige Heil bringen will, jetzt sofort, wenn nur die Menschen so wie der Mystiker selbst ihm die Stätte auf Erden und das heißt: in ihren Seelen bereiten würden, - dann wird er entweder als ein Magier Götter und Dämonen in seiner Gewalt fühlen und der praktischen Folge nach zum Mystagogen werden, wie es so oft geschehen ist. Oder wenn er diesen Weg nicht beschreiten kann - auf die möglichen Gründe dafür kommen wir noch zu sprechen 15 sondern von seinem Gotte nur durch Lehre zeugen kann, dann wird seine revolutionäre Predigt an die Welt chiliastisch irrational, 14 Hierbei handelt es sich um die Anfangsworte eines Pauluszitates aus 1. Korinther 6, 12 („Ich habe es alles Macht; es frommet aber nicht alles. Ich habe es alles Macht; es soll mich aber nichts gefangen nehmen"). Eine ähnliche Stelle findet sich ebd. 10, 23 („Ich habe es zwar alles Macht; aber es frommet nicht alles; ich habe es alles Macht, aber es bessert nicht alles"). Das bedeutet; Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist sinnvoll oder nützlich. 15 In der „Zwischenbetrachtung" (MWG 1/19, S.499) bemerkte Weber: „Anders da, wo, beim Mystiker, sich der psychologisch stets mögliche Umschlag vom Gottbesitz zur Gottbesessenheit vollzieht. [...] Der Mystiker wird dann zum Heiland und Propheten. Aber die Gebote, die er verkündet, haben keinen rationalen Charakter". Weber kommt auf den folgenden Seiten (unten, S. 332ff.) darauf zu sprechen, warum im Okzident ausgesprochen mystische Religiosität immer erneut in aktive und dann natürlich meist asketische Tugend umschlägt: Es hängt mit dem Unterschied zwischen morgenländischer und abendländischer Erlösungsreligiosität zusammen. Die andere aktive Form des Umschlages kommt im Abschnitt 11, der Vorstufe der „Zwischenbetrachtung", nicht vor.
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jeden Gedanken einer rationalen „Ordnung" verschmähend. Die Absolutheit seines eigenen universellen akosmistischen Liebesgefühls wird ihm die völlig zulängliche und allein gottgewollte, weil allein aus göttlicher Quelle stammende Grundlage der mystisch erneuerten Gemeinschaft der Menschen sein. Der Umschlag vom weitabgewendeten mystischen zum chiliastisch-revolutionären Habitus ist oft eingetreten, am eindrucksvollsten bei der revolutionären Spielart der Täufer im 16. Jahrhundert. 16 Für den entgegengesetzten Vorgang gibt z.B. die Bekehrung John Lilburnes zu den Quäkern den Typus ab. Soweit eine innerweltliche Erlösungsreligion durch kontemplative Züge determiniert ist, ist die normale Folge mindestens relativ weltindifferente, jedenfalls aber demütige Hinnahme der gegebenen sozialen Ordnung. Der Mystiker Taulerschen Gepräges sucht nach des Tages Arbeit des Abends die kontemplative Einigung mit Gott und geht am anderen Morgen, wie Tauler stimmungsvoll ausführt, 17 in der richtigen inneren Verfassung an seine gewohnte Arbeit. An der Demut und dem sich Kleinmachen vor dem Menschen erkennt man bei Laotse den Mann, der die Einigung mit dem Tao gefunden hat. 18 Der mystische Einschlag in der lutherischen Religiosität, deren höchstes diesseitiges Heilsgut letztlich die unio mystica ist, bedingte (neben noch anderen Motiven) die Indifferenz gegenüber der Art der äußeren Organisation der Wortverkündung und auch ihren antiasketischen und traditionalistischen Charakter. Der typische Mystiker ist weder ein Mann star16 Unter einem Teil der seit 1 5 2 3 - 1 5 2 5 von Zürich a u s g e h e n d e n B e w e g u n g der Gründ u n g von Täufergemeinden verbreitete sich durch die Predigt von Melchior Hofmann ein aktiver Chiliasmus. In Münster führte er 1534/35 zu d e m Versuch, das Reich Gottes mit Waffengewalt aufzurichten. 17 In seinen Predigten führte Johannes Tauler wiederholt aus, daß sich auch in der geringsten Tätigkeit der Geist Gottes ausdrücke. Jeder solle seine Arbeit und seinen Beruf zum Nutzen des Anderen erledigen. In der 47. Predigt (zehnter Sonntag nach Dreifaltigkeit) legte Tauler nahe, die Arbeit behutsam und Im Stillen zu tun und Gott in die Arbeit hinein zu tragen. Es sei aber auch darauf zu achten, w a n n der Geist Gottes zum Ruhen in sich oder zum Wirken nach außen treibe. 18 In James L e g g e s Ü b e r s e t z u n g des Tao Te Ching wird der Mann, der die Einigung mit d e m Tao g e f u n d e n hat, wie folgt beschrieben: „[...] humble a n d retiring, oblivious of himself a n d of other men, the noblest man under heaven". Zitiert nach Friedrich Max Müller (Hg.), The Sacred Books of the East, vol. 39: The Sacred Books of China. The Texts of Täoism, translated by James Legge, Part I, The Täo Teh King. The Writings of Kwang-gze. Books I—XVII. - Oxford: Clarendon Press 1891, S. 100.
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ken sozialen Handelns überhaupt, noch vollends der rationalen Umgestaltung der irdischen Ordnungen an der Hand einer auf den äußeren Erfolg gerichteten methodischen Lebensführung. Wo auf dem Boden genuiner Mystik Gemeinschaftshandeln entsteht, da ist es der Akosmismus des mystischen Liebesgefühls, der seinen s A 316 Charakter prägt. In diesem | Sinn kann die Mystik, entgegen dem „logisch" Deduzierbaren, psychologisch gemeinschaftsbildend wirken. Die feste Überzeugung, daß die christliche Bruderliebe, wenn hinlänglich rein und stark, zur Einheit in allen Dingen, auch im dogmatischen Glauben führen müsse, daß also Menschen, die sich 10 hinlänglich, im johanneischen Sinne, mystisch lieben, auch gleichartig denken und gerade aus der Irrationalität dieses Fühlens heraus, solidarisch gottgewollt handeln, ist die Kernidee des orientalisch-mystischen Kirchenbegriffs, der deshalb die unfehlbare rationale Lehrautorität entbehren kann, und auch dem slavophilen Ge- 15 meinschaftsbegriff innerhalb und außerhalb der Kirche zugrunde liegt. In gewissem Maße war der Gedanke der alten Christenheit noch gemeinsam, er liegt Muhammeds Glauben an die Unnötigkeit formaler Lehrautoritäten und - neben andern Motiven - auch der Minimisierung der Organisation der altbuddhistischen 20 Mönchsgemeinde zugrunde. - Wo dagegen eine innerweltliche Erlösungsreligion spezifisch asketische Züge trug, hat sie stets den praktischen Rationalismus im Sinn der Steigerung des rationalen Handelns als solchen, der methodischen Systematik der äußeren Lebensführung und der rationalen Versachlichung und Vergesell- 25 schaftung der irdischen Ordnungen, seien dies Mönchsgemeinschaften oder Theokratien, gefordert. Es ist nun der historisch entscheidende Unterschied' der vorwiegend morgenländischen und asiatischen, gegenüber den vorwiegend okzidentalen Arten der Erlösungsreligiosität, daß die ersteren wesentlich in Kontemplati- 30 on, die letzteren in Askese ausmünden. Daß der Unterschied ein flüssiger ist, daß ferner die mannigfachen stets wiederkehrenden Kombinationen von mystischen und asketischen Zügen, z. B. in der Mönchsreligiosität des Abendlands, die Vereinbarkeit dieser an sich heterogenen Elemente zeigen, dies alles ändert nichts an der 35 großen Bedeutung des Unterschiedes selbst für unsere rein empi-
i A: Unterschied,
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rische Betrachtung. Denn der Effekt im Handeln ist es, der uns angeht. In Indien gipfelt selbst eine so asketische Heilsmethodik wie die der Jainamönche in einem rein kontemplativen mystischen letzten Ziel, in Ostasien ist der Buddhismus die spezifische Erlösungsreligiosität geworden. Im Okzident dagegen schlägt, wenn von den vereinzelten Vertretern eines spezifischen Quietismus, die erst der Neuzeit angehören, abgesehen wird, selbst ausgesprochen mystisch gefärbte Religiosität immer erneut in aktive und dann natürlich meist asketische Tugend um, oder vielmehr: es werden im Wege einer inneren Auslese der Motive die vorwiegend zu irgendeinem aktiven Handeln, gewöhnlich zur Askese weisenden bevorzugt und in die Praxis umgesetzt. Sowohl die bernhardinische wie die franziskanisch-spiritualistische, wie die täuferische und die jesuitische Kontemplation^] wie die Gefühlsschwelgerei Zinzendorfs hinderten nicht, daß bei der Gemeinde und oft beim Mystiker selbst, Handeln und Bewährung der Gnade im Handeln immer wieder, wenn auch freilich in sehr verschiedenem Maße, asketisch rein oder kontemplativ gebrochen, die Oberhand behielten, und Meister Eckhardt stellt schließlich Martha über Maria, dem Heiland zum Trotz. 19 In einem gewissen Grade ist dies aber dem Christentum von Anfang an eigentümlich. Schon in der Frühzeit, als alle Arten von irrationalen charismatischen Gaben des Geistes als das entscheidende Merkmal der Heiligkeit galten, beantwortet dennoch die Apologetik die Frage: woran man denn die göttliche und nicht etwa satanische oder dämonische Provenienz jener pneumatischen Leistungen des Christus und der Christen erkennen könne, dahin: daß die offensichtliche Wirkung des Christen-
19 Maria u n d M a r t h a sind in neutestamentiicher Überlieferung Frauen aus Bethanien u n d S c h w e s t e r n d e s Lazarus, d e n J e s u s v o n d e n Toten e r w e c k t e (vgl. J o h a n n e s 1 1 , 1 44). N a c h Lukas 10, 3 8 - 4 2 n a h m Martha Jesus in ihr Haus auf und b e d i e n t e ihn, w ä h rend Maria lieber seiner R e d e zuhörte. Laut Lukas 10, 4 2 lobte J e s u s d a s Verhalten der z u h ö r e n d e n Maria mit d e n Worten: „eins aber ist not. Maria hat d a s gute Teil gewählt; d a s soll nicht v o n ihr g e n o m m e n werden". Meister Eckhardt „knüpft d e n G e g e n s a t z d e s w i r k e n d e n u n d d e s b e s c h a u l i c h e n L e b e n s an die Gestalten der Maria u n d der Martha", u n d er „bietet d e n äussersten Scharfsinn auf, um zu z e i g e n , d a s s a u c h n a c h d e n Worten Christi der S t a n d p u n k t der Martha der höhere ist". (Lasson, Adolf, Meister Eckhart, der Mystiker. Zur G e s c h i c h t e der religiösen S p e c u l a t i o n in D e u t s c h l a n d . - Berlin: Wilhelm Hertz 1868, S. 262).
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tums auf die Sittlichkeit seiner Anhänger k deren göttliche Herkunft bewähre. 20 So hätte kein Inder antworten können. Von den Gründen dieses fundamentalen Unterschieds ist an dieser Stelle auf folgende hinzuweisen: 1. Die Konzeption des einen überweltlichen, schrankenlos allmächtigen Gottes1 und der Kreatürlichkeit der von ihm aus dem Nichts geschaffenen Welt, welche, von Vorderasien aus, dem Okzident oktroyiert wurde. Der Erlösungsmethodik war damit der Weg zur Selbstvergottung und zum genuin mystischen Gottesbesitz wenigstens im eigentlichen Sinne des Worts als blasphemische KreaA 317 turvergötterung und | ebenso zu den letzten pantheistischen Konsequenzen "Verschlossen. Siem hat stets als heterodox gegolten. Alle Erlösung mußte immer erneut den Charakter einer ethischen „Rechtfertigung" vor jenem Gott annehmen, die letztlich nur durch ein irgendwie aktives Handeln zu leisten und zu gewähren war. Die „Bewährung" der wirklich göttlichen Qualität des mystischen Heilsbesitzes (vor dem eigenen Forum des Mystikers) führt eben nur durch diesen Weg, der in die Mystik selbst wieder Paradoxien, Spannungen und Ausschließung der letzten Abstandslosigkeit von Gott hineinträgt, welche der indischen Mystik erspart blieben. Die Welt des okzidentalen Mystikers ist ein „Werk", ist „geschaffen", nicht, auch nicht in ihren Ordnungen für alle Ewigkeit schlechthin gegeben, wie die des Asiaten. Weder konnte daher im Okzident die mystische Erlösung restlos im Bewußtsein der absoluten Einheit mit einer höchsten weisen „Ordnung" als dem einzig wahren „Sein" gefunden werden, noch war andererseits ein Werk von göttlicher Provenienz jemals in dem Sinn möglicher Gegenstand absolutester Flucht wie dort. 2. Diese Gegensätzlichkeit aber hing ferner mit dem Charakter der asiatischen Erlösungsreligionen als reiner Intellektuellenreligionen zusammen, welche die „Sinnhaftigkeit" der empirischen Welt nie aufgaben. Für den Inder konnte daher tatsächlich durch k A: Anhänger,
I A: Gottes,
m A: verschlossen und
2 0 Als in d e n frühchristlichen G e m e i n d e n rivalisierende Charismatiker auftraten, stellte sich erneut d a s P r o b l e m der „ U n t e r s c h e i d u n g der Geister", d a s P a u l u s bereits in s e i n e m ersten Brief an die Korinther aufgeworfen hatte (1. Korinther 12, 10). Die D i d a c h e (11, 8) und die Schrift: Hirt d e s Hermas, m a n d a t a 11, forderten die G e m e i n d e n auf, zweifelhafte Charismatiker auf ihre sittlichen E i g e n s c h a f t e n hin zu untersuchen.
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„Einsicht" in die letzten Konsequenzen der Karmankausalität ein Weg zur Erleuchtung und Einheit von „Wissen" und Handeln führen, der jeder Religiosität, welche vor der absoluten Paradoxie der „Schaffung" einer feststehendermaßen unvollkommenen Welt durch einen vollkommenen Gott stand, also durch intellektuelle Bewältigung dieser nicht zu Gott hin, sondern von ihm fortgeführt wurde, ewig verschlossen blieb. Die rein philosophisch unterbaute Mystik des Abendlands steht daher, praktisch angesehen, der asiatischen weitaus am nächsten. 3. Von praktischen Momenten kommt in Betracht, daß[,j aus noch zu erörternden Gründen, 21 der römische Okzident allein auf der gesamten Erde ein rationales Recht entwickelt hatte und behielt. Die Beziehung zu Gott wurde in spezifischem Maß eine Art von rechtlich definierbarem Untertanenverhältnis, die Frage der Erlösung entschied sich in einer Art von Rechtsverfahren, wie dies ja noch bei Anselm von Canterbury charakteristisch entwickelt ist.22 Eine unpersönliche göttliche Macht oder ein Gott, der nicht schlechthin über, sondern innerhalb einer ewigen, sich selbst durch die Karmankausalität regulierenden Welt stand, oder das Tao, oder die himmlischen Ahnengeister des chinesischen Kaisers, und vollends die asiatischen Volksgötter konnten eine solche Wendung der Heilsmethodik nie produzieren. Die höchsten Formen der Frömmigkeit wendeten sich hier immer pantheistisch und in ihren praktischen Antrieben kontemplativ.
21 Siehe WuG 1 , S. 4 6 1 - 4 6 6 ( M W G I / 2 2 - 3 ) . 22 In seiner Schrift Cur d e u s h o m o ( „ W a r u m ist Gott M e n s c h g e w o r d e n ? " , 1098 vollendet) legte A n s e l m von C a n t e r b u r y dar, daß a u f g r u n d der E r b s ü n d e A d a m s alle Mens c h e n Gott G e n u g t u u n g s c h u l d e t e n . Gott hätte d a s Recht, die v e r w e i g e r t e Unterordn u n g unter seinen Willen u n d die Ihm vorenthaltene Ehrerbietung einzufordern, e n t w e d e r in Form v o n G e n u g t u u n g oder ewiger Bestrafung (aut satlsfactlo aut poena). Seine Liebe zu d e n M e n s c h e n läßt die Bestrafung nicht zu. Die G e n u g t u u n g kann j e d o c h nur ein Dritter g e b e n , Christus, d e s s e n Tod die W i e d e r g u t m a c h u n g für die E r b s ü n d e d e s Mens c h e n ist. Reinhold S e e b e r g bemerkte, daß A n s e l m die M e t h o d e der „juristischen Bet r a c h t u n g " a n w e n d e , A n s e l m k e n n e „nur ein Rechtsverhältnis z w i s c h e n Gott u n d M e n s c h " . (Seeberg, Reinhold, L e h r b u c h der D o g m e n g e s c h i c h t e , 2. Hälfte: Die D o g m e n g e s c h i c h t e d e s Mittelalters u n d der Neuzeit. - Erlangen u n d Leipzig: A. Deichert'sche V e r l a g s b u c h h a n d l u n g Nachf. ( G e o r g B ö h m e ) 1898, S.53). Ein B e z u g z w i s c h e n A n s e l m u n d d e m r ö m i s c h e n bzw. d e m g e r m a n i s c h e n Recht w u r d e bei Adolf H a r n a c k , L e h r b u c h der D o g m e n g e s c h i c h t e , 3. Band, 4. Aufl. - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul S l e b e c k ) 1910, S. 391 ff., diskutiert.
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4. Teils römischer, teils jüdischer Provenienz war der rationale Charakter der Erlösungsmethodik auch in anderer Hinsicht. Das Hellenentum schätzte, trotz aller Bedenken des Stadtpatriziates gegen den dionysischen Rauschkult, 23 die Ekstase, die akut orgiastische als göttlichen Rausch, die milde Form der Euphorie, wie sie vor allem Rhythmus und Musik vermittelten, als ein Innewerden des spezifisch Göttlichsten im Menschen. Gerade die Herrenschicht der Hellenen lebte mit dieser milden Form der Ekstasis von Kindheit auf. Es fehlt in Hellas seit der Herrschaft der Hoplitendisziplin 24 eine Schicht von solchem sozialen Prestige, wie der Amtsadel Roms es war. Die Verhältnisse waren in jeder Hinsicht kleiner und minder feudal. Das Würdegefühl des Römeradels, der ein rationaler Amtsadel war, auf zunehmend größtem Piedestal, schließlich mit Städten und Ländern in der Klientel der einzelnen Familien, lehnte dagegen schon in der Terminologie den der Ekstasis entsprechenden Begriff: die „superstitio", als das des vornehmen Mannes spezifisch Unwürdige," Unschickliche 0 ebenso ab, wie den Tanz. 25 Kultischer Tanz findet sich nur bei den ältesten Priesterkollegien und im eigentlichen Sinne des Tanzreigens nur bei den fratres arvales, und zwar charakteristischerweise hinter verschlossenen Türen nach Entfernung der Gemeinde. 26 Im übrin A: unwürdige,
o A: unschickliche
23 Erwin Rohde hielt Thrakien für die Heimat des Dionysos-Kultes. „Griechischer Religionsweise ist [...] alles fremd, was einem Aufregungscult nach Art der dionysischen Orgien der Thraker ähnlich sähe. [...] Dennoch [...] weckten die enthusiastischen Klänge dieses Gottesdienstes im Herzen vieler Griechen einen aus tiefem Innern antwortenden Widerhall [...]". (Rohde, Psyche II, S.22). In Griechenland traf dieser Kult auf Widerstand. „Was thrakischen Weibern anstehn mochte, das zügellose Herumschweifen in nächtlichen Bergfeiern, dem konnte, als einem Bruche aller Sitten und Sittsamkeit, griechisches Bürgerthum nicht ohne Kampf nachgeben" (ebd., S.42). 24 Seit dem 7.16. vorchristlichen Jahrhundert trat in den griechischen Poleis das aus disziplinierten Schlachtreihen schwerbewaffneter Fußsoldaten bestehende Hoplitenheer an die Stelle der alten adeligen Ritterheere. 25 Vgl. oben, S. 136, Anm.29. 26 Bei den Arvalbrüdern (tat.: fratres arvales) handelte es sich um ein Kolleg von zwölf Priestern, an dessen Spitze ein Magister stand und das schon von Romulus eingesetzt worden sein soll. An den Iden des Mai zogen sie, der Dea Dia (Ceres) opfernd, um die Felder, um deren Fruchtbarkelt sicherzustellen. Der Abschluß der Feier fand im Tempel statt lind erfolgte - wie Georg Wissowa berichtete - durch „die bei geschlossenen Türen von den Brüdern vorgenommene Absingung ihres alten, an die Lares und Mars gerichteten Kultgesanges, die sie mit einem altertümlichen Tanze im Dreischritt" begleiteten. (Wissowa, Religion und Kultus der Römer, wie oben, S. 142, Anm.39, S. 563).
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gen aber galt für den Römer das Tanzen als unschicklich, ebenso wie die Musik, in welcher daher Rom absolut unproduktiv blieb, und wie das | nackte Ringen im Gymnasion, welches der spartiati- A 318 sehe Exerzierplatz geschaffen hatte. Die dionysischen Rauschkulte 5 verbot der Senat. 27 Die Ablehnung jeder Art der Ekstase ebenso wie jeder Befaßtheit mit individueller Heilsmethodik seitens des weltbeherrschenden militärischen Amtsadels Roms - entsprechend etwa der jeder Heilsmethodik ebenfalls streng feindlichen konfuzianischen Bürokratie - war nun eine der Quellen jenes 10 durchaus praktisch politisch gewendeten, streng sachlichen Rationalismus, den die Entwicklung der okzidentalen Christengemeinden als feststehenden Charakterzug aller auf eigentlich römischem Boden möglichen Religiosität vorfand und den die römische Gemeinde speziell ganz bewußt und konsequent übernahm. Von der 15 charismatischen Prophetie angefangen bis zu den größten Neuerungen der Kirchenmusik hat diese Gemeinde keinerlei irrationales Element aus eigener Initiative der Religiosität oder der Kultur eingefügt. Sie war unendlich viel ärmer an theologischen Denkern nicht nur, sondern dem Eindruck der Quellen nach, ebenso an je20 der Art von Äußerungen des „Pneuma", als der hellenistische Orient und etwa die Gemeinde von Korinth. Dennoch und eben deshalb aber hat ihr praktisch nüchterner Rationalismus, das wichtigste Erbteil des Römertums in der Kirche, bei der dogmatischen und ethischen Systematisierung des Glaubens bekanntlich fast 25 überall den Ausschlag gegeben. Entsprechend war auch die weitere Entwicklung der Heilsmethodik im Okzident. Die asketischen Ansprüche der alten Benediktinerregel, 28 ebenso aber der klunia2 7 Im Jahr 186 v. Chr. ergriff der römische Senat strenge S t r a f m a ß n a h m e n g e g e n die A n h ä n g e r der d i o n y s i s c h e n Mysterien in Rom u n d d e n Provinzen ( „ B a c c h a n a l i e n s k a n dal"). Dies wird von d e m r ö m i s c h e n G e s c h i c h t s s c h r e i b e r Livius berichtet (Historia Rom a n a 39. 8 - 1 8 ) u n d v o n Inschriften bestätigt ( C o r p u s I n s c r i p t i o n u m Latinarum, vol. I, Inschrift 196; Inscriptiones Latinae Selectae, Nr. 18). Das Edikt Senatus C o n s u l t u m d e B a c c h a n a l i b u s (CIL, vol. I, p. 2, Inschrift 581: „Epistula C o n s u l t u m A d Teuranos De Bacc h a n a l i b u s " ) enthält die Auflagen, die d e m Dionysoskult n a c h der Verfolgung g e m a c h t wurden. 28 Die v o n B e n e d i k t von Nursia ( u m 4 8 0 - c a . 547) verfaßte O r d e n s r e g e l schreibt in 73 Kapiteln d e n M ö n c h e n ihre L e b e n s w e i s e vor: Pflicht z u m Verbleib Im Kloster bzw. im M ö n c h s s t a n d , Besitzlosigkeit, S c h w e i g e n , Demut, Keuschheit u n d G e h o r s a m . Der A b t enthält u m f a n g r e i c h e E n t s c h e i d u n g s g e w a l t , ist aber gehalten, bei w i c h t i g e n Entscheid u n g e n d e n Rat der M ö n c h e einzuholen. Das t ä g l i c h e O r d e n s l e b e n soll G e b e t u n d Arbeit v e r b i n d e n , S c h r i f t l e s u n g e n sind obligatorisch.
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zensischen Reform 29 sind, an indischen und auch altorientalischen Maßstäben gemessen, äußerst bescheiden und auf Novizen aus vornehmen Kreisen zugeschnitten; als wesentliches Charakteristikum aber tritt andererseits gerade im Okzident als hygienisch-asketisches Mittel die Arbeit hervor und steigert sich dann an Bedeutung in der ganz methodisch die rationalste Schlichtheit pflegenden Zisterzienserregel. 30 Das Bettelmönchtum wird im Gegensatz zu den indischen Bettelmönchen alsbald nach seinem Entstehen in den hierarchischen Dienst gezwungen und dient rationalen Zwecken: systematischer Caritas - die p im Okzident zum sachlichen „Betrieb" entwickelt wurde - oder der Predigt und der Ketzerjurisdiktion. Der Jesuitenorden endlich streifte die antihygienischen Elemente der alten Askese völlig ab und ist die vollendetste rationale Disziplinierung für Zwecke der Kirche.31 Diese Entwicklung aber hing offensichtlich ihrerseits damit zusammen, daß 5.q die Kirche hier eine einheitliche rationale Organisation ist mit monarchischer Spitze und zentralisierter Kontrolle der Frömmigkeit, daß also neben dem persönlichen überweltlichen Gott auch ein innerweltlicher Herrscher von ungeheurer Machtfülle und der Fähigkeit aktiver Lebensreglementierung stand. Den ostasiatischen Religionen fehlt dies teils aus historischen Gründen, teils aus solchen der Religiosität. Der straff organisierte Lamaisp A: der
q A: 6.
29 Die 910 im französischen Cluny gegründete Benediktinerabtei erstrebte ein asketisches Mönchsleben, ausgedehnte Gottesdienste, absoluten Gehorsam gegenüber dem Abt, Zurückdrängung des Einflusses von Bischöfen und Laien auf die Klöster. Die Klöster sollten der Obergewalt des Papstes unterstellt werden und sich zu Klosterverbänden zusammenschließen. Die von Cluny ausgegangene Reformbewegung (Kluniazenser) übte großen Einfluß aus. 30 Die Regel des 1098 von Robert von Molesme gegründeten benediktinischen Reformordens der Zisterzienser betonte die Innerlichkeit, die Einfachheit von Kult und Kunst, das Bibelstudium und die praktische Arbeit. Wegen ihrer landwirtschaftlichen Leistungen waren die Zisterzienser bedeutende Träger der deutschen Ostkolonisation. 31 Bei Willy Hellpach findet sich folgende Einschätzung zu Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens: „Er verbot die Askese, die er durch eine fast militärische Gesundheitspflege - er verbot die Planlosigkeit und Spielerei, die er durch die planvolle Ausgestaltung jeder Lebensstunde und durch systematische Einschulung der Phantasie auf die religiöse Vorstellungswelt ersetzte. [...] Loyola hat erreicht, was zu erreichen war: die Freihaltung seines Ordens von hysterischer Verwilderung". (Hellpach, Geistige Epidemien, wie oben, S.320, Anm.100, S.87). Vgl. Webers Postkarte vom 25. Januar 1906 an Willy Hellpach (MWG II/5, S.29 mit den Erläuterungen der Herausgeber).
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mus hat, wie später zu erörtern, 32 nicht die Straffheit einer bürokratischen Organisation. Die asiatischen Hierarchen, etwa der taoistischen oder andere Erbpatriarchen chinesischer und indischer Sekten^ werden immer teils Mystagogen, teils Objekte an5 thropolatrischer Verehrung, teils, wie der Dalai Lama und Taschilama, Chefs einer reinen Mönchsreligion magischen Charakters. Die außerweltliche Askese des Mönchstums ist nur im Okzident, wo sie undisziplinierte Truppe einer rationalen Amtsbürokratie wurde, zunehmend zu einer Methodik aktiv rationaler Lebensfüh10 rung systematisiert worden. Der Okzident allein aber hat dann weiter auch die Übertragung der rationalen Askese in das Weltleben selbst im asketischen Protestantismus gesehen. Denn die innerweltlichen Derwischorden des Islam pflegen eine unter sich verschiedene, letztlich aber immer noch an der indisch-persischen 15 entweder direkt orgiastischen oder pneumatischen oder kontemplativen, dem Wesen nach jedenfalls nicht in dem hier gebrauchten Sinne des Wortes asketischen, sondern mystischen Heilssuche der Sufis orientierte Heilsmethodik. Inder pflegen bei Derwischorgien führend beteiligt zu sein bis nach Bosnien hinein. 33 Die Derwisch20 askese ist nicht, wie die Ethik des asketischen Protestanten^ eine religiöse „Berufsethik", denn die religiösen Leistungen stehen mit den weltlichen Berufsansprüchen oft in gar keinem, höchstens aber in einem äußerlichen heilsmethodischen | Zusammenhang. A 319 Gewiß kann jene Heilsmethodik indirekt Wirkungen auf das Be25 rufsieben entfalten. Der schlicht fromme Derwisch ist unter sonst gleichen Umständen als Handwerker zuverlässiger als der irreligiöse, ebenso etwa wie der fromme Parse wegen des strengen Wahrheitsgebots als Kaufmann prosperiert. Aber eine prinzipielle und systematische ungebrochene Einheit von innerweltlicher Be30 rufsethik und religiöser Heilsgewißheit hat in der ganzen Welt nur die Berufsethik des asketischen Protestantismus gebracht. Die Welt ist eben nur hier in ihrer kreatürlichen Verworfenheit ausschließlich und allein religiös bedeutsam als Gegenstand der Pflichterfüllung durch rationales Handeln, nach dem Willen eines 35 schlechthin überweltlichen Gottes. Der rationale^] nüchterne,
32 Siehe WuG 1 , S. 804 (MWG I / 2 2 - 4 ) . 33 Vgl. oben, S.315, A n m . 8 8 .
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nicht an die Welt hingegebene Zweckcharakter des Handelns und sein Erfolg ist das Merkmal dafür, daß Gottes Segen darauf ruht. Nicht Keuschheit, wie beim Mönch, aber Ausschaltung aller erotischen „Lust", nicht Armut, aber Ausschaltung alles rentenziehenden Genießens und der feudalen lebensfrohen Ostentation des Reichtums, nicht die asketische Abtötung des Klosters, aber wache, rational beherrschte Lebensführung und Vermeidung aller Hingabe an die Schönheit der Welt oder die Kunst oder an die eigenen Stimmungen und Gefühle sind die Anforderungen, Disziplinierung und Methodik der Lebensführung das eindeutige Ziel, der „Berufsmensch" der typische Repräsentant, die rationale Versachlichung und Vergesellschaftung der sozialen Beziehungen die spezifische Folge der okzidentalen innerweltlichen Askese im Gegensatz zu aller anderen Religiosität der Welt. II. Die Erlösung kann ferner vollbracht werden nicht durch eigene Werke - welche dann als zu diesem Zweck völlig unzulänglich gelten - , sondern durch Leistungen, die entweder ein begnadeter Heros oder geradezu ein inkarnierter Gott vollbracht hat und die seinen Anhängern als Gnade ex opere operato zugute kommen. Entweder als direkt magische Gnadenwirkungen oder indem aus dem Überschuß der durch Leistungen verdienten Gnaden des menschlichen oder göttlichen Heilandes Gnade gespendet wird. Im Dienst dieser Art von Erlösung steht die Entwicklung der soteriologischen Mythen, vor allem der Mythen vom kämpfenden oder leidenden, vom menschwerdenden oder zur Erde niedersteigenden oder in das Totenreich hinabfahrenden Gott in seinen mannigfachen Formen. Statt eines Naturgotts, besonders eines Sonnengotts, der mit anderen Naturmächten, namentlich also mit Finsternis und Kälte ringt und dessen Sieg den Frühling bringt, ersteht auf dem Boden der Erlösungsmythen ein Retter, der aus der Gewalt der Dämonen (wie Christus), oder aus der Verknechtung unter die astrologische Determiniertheit des Schicksals (die sieben Archonten der Gnostiker), 34 oder, im Auftrag des verborgenen gnädigen Gottes, aus der ihrer Anlage nach durch den minderwer34 Die „sieben Archonten" sind in einigen gnostischen Systemen die weltbestimmenden planetarischen Mächte. Die menschliche Seele muß durch sieben Planetensphären, denen je ein Herrscher (griech.: archön) zugeordnet ist, zum höchsten unbekannten Gott oder zur Urmutter (griech.: meter) aufsteigen. (Vgl. Bousset, Hauptprobleme der
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tigen Schöpfungsgott (Demiurg oder Jehova) verderbten Welt (Gnosis), oder aus der hartherzigen Verstocktheit und Werkgerechtigkeit der Welt (Jesus) und der Bedrücktheit von dem durch das Wissen um die Verbindlichkeit ihrer unerfüllbaren Gesetzesforderungen erst entstandene^ Sündenbewußtsein (Paulus, etwas anders auch Augustin, Luther) von der abgrundtiefen Verderbtheit der eigenen sündigen Natur (Augustin) den Menschen zur sicheren Geborgenheit in der Gnade und Liebe des gütigen Gottes führt. Der Heiland bekämpft dazu, je nach dem Charakter der Erlösung, Drachen und böse Dämonen, muß unter Umständen, da er ihnen nicht alsbald gewachsen ist (er ist oft ein sündenreines Kind), erst im Verborgenen heranwachsen oder von den Feinden geschlachtet werden und in das Totenreich hinab, um von dort erst wieder siegreich aufzuerstehen. Daraus kann sich die Vorstellung entwickeln, daß sein Tod ein Ablösungstribut für das durch die Sünde erworbene Anrecht des Teufels auf die Seele des Menschen sei (altchristlich). 35 Oder umgekehrt sein Tod ist das Mittel, den Zorn Gottes zu versöhnen, bei dem er Fürsprecher ist, wie Christus, Muhammed und andere Propheten und Heilande. Oder er bringt den Menschen, wie die alten Heilande der magischen Religionen, die verbotene Kenntnis des Feuers oder der technischen Künste oder | der Schrift, so seinerseits die Kenntnis der Mittel, A 320 die Dämonen in der Welt oder auf dem Wege zum Himmel zu r A: entstandene Gnosis, wie oben, S.298, A n m . 6 7 , S. 5 8 - 8 3 ) . „Diese Spekulation über d e n höchsten, unbekannten Gott, der im Gegensatz namentlich auch zu den weltschöpferischen Mächten steht, kann nicht irgendwie auf jüdischen Einfluß zurückgeführt werden, steht vielmehr fast von vornherein in striktem Gegensatz zum jüdischen Glauben an den S c h ö p fergott und dessen partikulare Beschränktheit" (ebd., S.85). 35 Diese Vorstellung stützt sich auf Markus 10, 45: „Denn auch des M e n s c h e n Sohn ist nicht kommen, daß er ihm dienen lasse, sondern daß er diene, und g e b e sein Leben zur Bezahlung für viele". In 1. Korinther 15, 3 heißt es: „Denn ich [Paulus] habe euch zuvörderst g e g e b e n , was ich auch e m p f a n g e n habe, daß Christus gestorben sei für unsre Sünden nach der Schrift". Adolf Harnack führte aus: „Wo bei Paulus die Versöhnung durch Christus steht, steht bei Jesus die Macht Sünden zu vergeben und die B e u r t e i lung seines Todes als eines Vüxpov [griech.: Lösegeld]". (Harnack, D o g m e n g e s c h i c h t e I, S. 107). Adolf Deissmann interpretierte Paulus' Metapher einer Befreiung durch Christus aus der Sklaverei der Sünde mit Hilfe der Praxis antiker sakraler Sklavenbefreiung: „Man hat in der späteren kirchlichen Spekulation meist an die Loskaufung aus der Sklaverei des Satans gedacht". (Deissmann, Licht v o m Osten, S.246, A n m . 3 ) . Vgl. auch oben, S. 244, A n m . 6 8 .
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überwinden (Gnosis). Oder endlich^ seine entscheidende Leistung liegt nicht in seinem konkreten Kämpfen und Leiden, sondern in der letzten metaphysischen Wurzel des ganzen Vorgangs: in der Menschwerdung eines Gottes rein als solcher (Abschluß der hellenischen Erlösungsspekulation bei Athanasius)36 als dem einzigen Mittel, die Kluft zwischen Gott und aller Kreatur zu schließen. Gottes Menschwerdung gab die Möglichkeit, den Menschen wesenhaften Anteil an Gott zu verschaffen, „die Menschen zu Göttern werden zu lassen", heißt es schon bei Irenäus,37 und die nachathanasianische Philosophenformel: er habe durch Menschwerdung das Wesen (die platonische Idee) des Menschentums an sich genommen, zeigt die metaphysische Bedeutung des „¿nooiioiog".38 Oder der Gott begnügt sich nicht mit einem einmaligen Akt der Menschwerdung, sondern in Konsequenz der Ewigkeit der Welt, wie sie dem asiatischen Denken fast durchweg feststeht, inkarniert er sich in Zwischenräumen oder auch kontinuierlich aufs neue: so die Idee des Bodhisattva, konzipiert im mahayanischen Buddhismus (einzelne Anknüpfungen schon in gelegentlichen Äußerungen des Buddha selbst, in welchem der Glaube an die begrenzte Dauer seiner Lehre auf Erden hervorzutreten scheint). Der Bodhisattva wird dabei gelegentlich als das höhere Ideal gegenüber dem Buddha hingestellt, weil er auf das nur ex36 Der Kirchenvater Athanasius interpretierte die neutestamentliche Stelle Johannes 1, 14 („Und das Wort [griech.: logos] ward Fleisch, und wohnte unter uns [...]") als eine Identifizierung der Menschwerdung Gottes mit der Fleischwerdung. Der Logos wurde Mensch, indem er das Fleisch annahm und sich damit zu einem Menschen machte, wodurch er auch an seinem Leiden teilhat. Auf der alexandrinischen Synode im Frühjahr 362 setzte Athanasius den Glaubenssatz durch, daß Jesus als fleischgewordener Logos gleichzeitig Mensch und Gottessohn sei. 37 Irenäus entwarf in seiner Schrift: Adversus haereses folgendes Bild: Jesus Christus sei zugleich wahrer Mensch und wahrer Gott (vere homo vere Deus), nicht nur göttlicher Logos, sondern auch fleischgewordener Mensch. „Dazu nämlich ist das Wort Gottes Mensch geworden, damit der Mensch das Wort in sich aufnehme und, an Kindesstatt angenommen, zum Sohn Gottes werde". (Adversus Haereses III, 19). Gestützt auf Psalm 82, 6f. („[...] Ihr seid Götter und allzumal Kinder des Höchsten; aber ihr werdet sterben wie Menschen [...]") führte Irenäus weiter aus, daß das göttliche Angebot der Gotteskindschaft (lat.: adoptio, griech.: hyiothesia) denjenigen Menschen, die an die Fleischwerdung Gottes glauben, eine Einheit mit Gott garantiere. Christus mußte Mensch werden, damit die Menschen zu Göttern werden können. 38 Das griechische Adjektiv ¿noowncx; bedeutet „gleichen Wesens seiend [mit Gott]". Auf dem Konzil von Nicäa wurde 325 als kirchliche Lehre festgelegt, daß Jesus Christus als der wahre Sohn Gottes das gleiche Wesen habe wie der Vater.
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emplarisch bedeutsame eigene Eingehen in das Nirwana verzichtet zugunsten seiner universellen Funktion im Dienst der Menschen: 39 auch hier also „opfert" sich der Erlöser. Wie nun aber seinerzeit der Jesuskult den Erlösern der anderen konkurrierenden soteriologischen Kulte schon dadurch überlegen war, daß hier der Heiland ein leibhaftiger, von den Aposteln persönlich als von den Toten auferstanden gesehener Mensch war, 40 so ist die kontinuierlich leibhaftig lebende Gottesinkarnation im Dalai Lama das logische Schlußglied jeder Inkarnationssoteriologie. Aber auchj,] wo der göttliche Gnadenspender als Inkarnation lebt[,j und erst recht[,j wo er nicht mehr kontinuierlich auf Erden weilt, bedarf es angebbarer Mittel für die Masse der Gläubigen, seiner Gnadengaben nun auch persönlich teilhaftig zu werden. Und diese Mittel erst entscheiden über den Charakter der Religiosität, sind aber untereinander sehr mannigfaltig. Wesentlich magisch ist die Vorstellung, daß man durch physischen Genuß einer göttlichen Substanz, eines heiligen Totemtiers,41 in dem ein machtvoller Geist inkarniert war, oder einer durch Magie in den göttlichen Leib verwandelten Hostie sich selbst Götterstärke einverleiben oder daß man durch irgendwelche Mysterien seines Wesens direkt teilhaftig und dadurch gegen die bösen Mächte gefeit werden könne („Sakramentsgnade"). Die Aneignung der Gnadengüter kann dann eine s magische oder ris Fehlt in A; eine sinngemäß ergänzt. 3 9 Das Mahaparinirvana-Sutra (16, 1 ff.), ein literarisches Werk d e s M a h a y a n a b u d d h i s mus, berichtet von einer Versuchung des B u d d h a . Mara (der Versucher, Verkörperung des Bösen) wollte Buddha, der die Erleuchtung bereits erlangt hatte, d a z u überreden, sofort ins Nirvana einzugehen. Er wollte so verhindern, daß andere Menschen durch d a s Wirken B u d d h a s ebenfalls zur Erleuchtung k o m m e n würden. B u d d h a lehnte ab. Er werde erst ins Nirvana eingehen, wenn seine Lehre sich ausreichend verbreitet hätte und die G e m e i n d e (sangha) fest etabliert wäre. (Vgl. O l d e n b e r g , Buddha, wie oben, S. 180, A n m . 2 3 , S. 118f.). 4 0 Paulus überliefert in 1. Korinther 15, 5 - 7 , daß Jesus nach seiner Auferstehung erst Petrus, d a n a c h „den Zwölfen" erschienen sei, anschließend „fünfhundert Brüdern auf einmal", dann d e m Jakobus, „darnach allen Aposteln" und am Ende a u c h ihm selber. Bevor sich die Vorstellung von den zwölf Aposteln bildete, galt im frühen Christentum jeder als Apostel, d e m der Herr nach der Auferstehung erschienen war. Daher war a u c h Paulus ein „Apostel". 41 Das Schlachten eines Totemtieres, das als S t a m m e s g e n o s s e galt, zu privaten Zwekken war verboten, das gemeinschaftliche Schlachten zu O p f e r z w e c k e n erlaubt. (Vgl. Smith, Religion der Semiten, wie oben, S. 155, A n m . 7 4 , S. 2 1 7 - 2 2 0 ) .
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tualistische Wendung nehmen und bedarf jedenfalls neben dem Heiland oder dem inkarnierten lebenden Gott noch der menschlichen Priester oder Mystagogen. Der Charakter der Gnadenspendung hängt dann weiter erheblich davon ab, ob von diesen Mittlern zwischen den Menschen und dem Heiland auch ihrerseits der persönliche Besitz und die Bewährung charismatischer Gnadengaben verlangt wird, so daß derjenige, der ihrer nicht teilhaftig ist, der Priester z. B., der in Todsünde lebt, die Gnade nicht vermitteln, das Sakrament nicht gültig spenden kann. Diese strenge Konsequenz (charismatische Gnadenspendung) zog z.B. die Prophetie der Montanisten, Donatisten und überhaupt die aller, auf dem Boden der prophetisch-charismatischen Herrschaftsorganisation der Kirche stehenden, Glaubensgemeinschaften der Antike: nicht jeder bloß durch „ A m t " anstaltsmäßig und äußerlich beglaubigte Bischof, sondern allein der durch Prophetie oder die anderen Zeugnisse des Geistes Beglaubigte kann wirksam Gnade spenden, 42 zum mindesten im Fall einer Todsünde des Gnadesuchenden. Sobald von dieser Forderung abgesehen wird, befinden wir uns bereits auf dem Boden einer anderen Auffassung. Die Erlösung erfolgt dann durch Gnaden, welche eine[,] ihrerseits durch göttliche oder prophetische Stiftung beglaubigte, Anstaltsgemeinschaft kontinuierlich spendet: Anstaltsgnade. Sie kann ihrerseits A 321 wieder direkt durch rein magische Sakra |mente oder kraft der ihr übertragenen Verfügung über den Thesaurus der überschüssigen, gnadenwirkenden Leistungen ihrer Beamten oder Anhänger wirken. Immer aber gelten bei konsequenter Durchführung die drei Sätze: 1. extra ecclesiam nulla salus.43 Nur durch Zugehörigkeit zur 42 G e g e n die verbreitete A u f f a s s u n g (vertreten v o n Montanisten, Donatisten u n d a n d e ren rigoristischen G r u p p e n ) , daß eine V e r g e b u n g der S ü n d e n nur d u r c h G e i s t b e g a b t e (darunter Märtyrer) m ö g l i c h sei, nicht aber d u r c h Amtsträger, die g e s ü n d i g t hatten, vertraten die r ö m i s c h e n Bischöfe Caiixtus I. (Amtszeit 2 1 7 - 2 2 2 ) u n d S t e p h a n u s I. (Amtszeit 2 5 4 - 2 5 7 ) die A u f f a s s u n g , daß ein geweihter Kleriker seine A m t s w ü r d i g k e i t n i e m a l s verlieren könne ( c h a r a c t e r indelebilis der Weihe) u n d daß die sittliche Qualifikation unmaßg e b l i c h sei für die A u s ü b u n g d e s A m t e s . Seit d e m K a m p f g e g e n d e n D o n a t i s m u s unters c h i e d man im Blick auf die Wirksamkeit der Sakramente die Helligkeit d e s A m t e s v o n der Würdigkeit d e s jeweiligen A m t s t r ä g e r s . 43 Im R a h m e n d e s sog. „Ketzertaufstreites" v o n 255/56 z w i s c h e n d e m r ö m i s c h e n Bischof S t e p h a n u s I. u n d d e m Bischof von Karthago, Cyprian, vertrat C y p r i a n ( 2 0 0 / 2 1 0 258) die A u f f a s s u n g , daß es „außerhalb der Kirche kein Heil" g e b e . Er bestritt die Wirksamkeit v o n Sakramenten, die nicht v o n A m t s t r ä g e r n der Kirche g e s p e n d e t w o r d e n seien.
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Gnadenanstalt kann man Gnade empfangen. - 2. Das ordnungsmäßig verliehene Amt und nicht die persönliche charismatische Qualifikation des Priesters entscheidet über die Wirksamkeit der Gnadenspendung. - 3. Die persönliche religiöse Qualifikation des Erlösungsbedürftigen ist grundsätzlich gleichgültig gegenüber der gnadenspendenden Macht des Amts. Die Erlösung ist also universell und nicht nur den religiösen Virtuosen zugänglich. Der religiöse Virtuose kann sogar leicht und muß jedenfalls dann, wenn er auf eigenem besonderen Wege zu Gott zu gelangen hofft, statt letztlich auf die Anstaltsgnade zu vertrauen, in seinen Heilschancen und in der Echtheit seiner Religiosität sehr gefährdet erscheinen. Das, was Gott verlangt, so weit zu erfüllen, daß das Hinzutreten der gespendeten Anstaltsgnade zum Heil genügt, müssen prinzipiell alle Menschen zulänglich sein. Das Niveau der erforderlichen eigenen ethischen Leistung kann also dann nur nach der Durchschnittsqualifikation, und d. h. ziemlich tief[,j gegriffen werden. Wer mehr leistet, also der Virtuose, kann dadurch außer dem eigenen Heil noch Werke für den Thesaurus der Anstalt vollbringen, aus dem diese dem Bedürftigen spendet. - Dies ist der spezifische Standpunkt der katholischen Kirche, der ihren Charakter als Gnadenanstalt konstituiert und in jahrhundertelanger Entwicklung, abschließend seit Gregor dem Großen, festgelegt ist, in der Praxis schwankend zwischen mehr magischer und mehr ethisch-soteriologischer Auffassung. - Wie nun aber die charismatische Gnadenspendung und die Anstaltsgnadenspendung die Lebensführung beeinflussen, hängt von den Voraussetzungen ab, an welche die Gewährung der Gnadenmittel geknüpft wird. Die Verhältnisse liegen also ähnlich wie beim Ritualismus, mit welchem Sakramentsgnade und Anstaltsgnade denn auch intime Wahlverwandtschaft zeigen. Und noch in einem unter Umständen wichtigen Punkt fügt jede Art von eigentlicher Gnadenspendung durch eine Person, einerlei ob charismatisch oder amtlich legitimiert, der ethischen Religiosität eine in der gleichen Richtung wirkende, die ethischen Anforderungen abschwächende Besonderheit hinzu. Sie bedeutet stets eine innere Entlastung des Erlösungsbedürftigen, erleichtert ihm also das Ertragen von Schuld und erspart ihm unter sonst gleichen Verhältnissen wesentlich mehr die Entwicklung einer eigenen ethisch systematisierten Lebensmethodik. Denn der Sündigende weiß, daß er von allen Sünden immer wieder durch ein reli-
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giöses Gelegenheitshandeln Absolution erhalten kann. Und vor allem bleiben die Sünden einzelne Handlungen, denen andere einzelne Handlungen als Kompensation oder Buße gegenübergestellt werden. Nicht der gesamte, durch Askese oder Kontemplation oder beständig wache Selbstkontrolle und Bewährung stets neu festzustellende Habitus der Persönlichkeit, sondern das konkrete einzelne Tun wird gewertet. Es fehlt daher die Nötigung, die certitudo salutis selbst, aus eigener Kraft, zu erringen, und diese ganze, ethisch so wirksame Kategorie tritt überhaupt an Bedeutung zurück. Die unter Umständen sehr nachdrücklich wirksam gewesene ständige Kontrolle der Lebensführung durch einen Gnadenspender (Beichtvater, Seelendirektor) 44 wird sehr oft weit überkompensiert durch den Umstand, daß eben immer erneut Gnade gespendet wird. Insbesondere das Institut der mit Sündenvergebung verbundenen Beichte zeigt in seiner praktischen Wirkung ein doppeltes Gesicht und fungiert verschieden, je nach der Handhabung. Die ganz allgemeine, wenig spezialisierte Art des Sündenbekenntnisses - oft in Form eines kollektiven Zugeständnisses, gesündigt zu haben - , welche speziell die russische Kirche praktiziert, ist kein Mittel nachhaltiger Einwirkung auf die Lebensführung, und auch die altlutherische Beichtpraxis war zweifellos wenig wirksam. Die Sünden- und Bußkataloge der indischen heiligen Schriften knüpfen den Ausgleich 'ritueller und ethischer Sünden in gleicher Weise ' fast durchweg an rein rituelle (oder durch das StandesinA 322 teresse der Brahmanen eingegebene) Obödienz|leistungen, so daß von hier aus die Alltagslebensführung nur im Sinne des Traditionalismus beeinflußt werden konnte, und die Sakramentsgnade der hinduistischen Gurus schwächte die etwaige Nachhaltigkeit der Einwirkung eher noch weiter ab. Die katholische Kirche des Okzidents hat durch ihr in seiner Art in der ganzen Welt unerreichtes, unter Verbindung der römischen Rechtstechnik mit germanischen Wergeidsgedanken 45 entwickeltes, Beicht- und Bußsystem die t A: in gleicher Weise ritueller und ethischer Sünden 44 Weber verwendete gelegentlich auch das französische Wort Directeur de l'âme als Bezeichnung für „Guru" (MWG 1/20, S . 7 9 und 286). 45 Nach altgermanischem Recht hatte die Sippe eines Getöteten oder Verletzten das Recht auf eine Geldbuße v o m Täter bzw. von dessen Sippe. Die Höhe dieses Wergeides (althochdeutsch: wer, „Mann") richtete sich nach Stand, Alter und Geschlecht d e s Geschädigten.
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Christianisierung der westeuropäischen Welt mit einzigartiger Wucht durchgesetzt. Aber die Schranke der Wirksamkeit im Sinn der Entwicklung einer rationalen Lebensmethodik hätte auch ohne die unvermeidlich drohende laxe Ablaßpraxis bestanden. Dennoch ist z. B. etwa in der fühlbaren Hintanhaltung des Zweikindersystems bei frommen Katholiken die Beichteinwirkung noch heute zuweilen „ziffernmäßig" greifbar, so sehr sich in Frankreich die Schranken der kirchlichen Macht auch hierin zeigen. 46 Aber daß das Judentum einerseits, der asketische Protestantismus andererseits keinerlei Beichte und Gnadenspendung durch irgendeine menschliche Person und keinerlei magische Sakramentsgnade kennen, hat historisch jenen ungeheuer scharfen Druck im Sinn der Entwicklung einer ethisch rationalen Lebensgestaltung geübt, der beiden Arten von Religiosität, so stark sie sonst voneinander abweichen, gemeinsam ist. Es fehlt eine solche Möglichkeit einer Entlastung, wie sie das Beichtinstitut und die Anstaltsgnade verschafft hatte. Nur etwa das Sündenbekenntnis in den Zwölferversammlungen der Methodisten 47 war eine derart wirkende Beichte, nur in stark abweichendem Sinn und mit abweichender Wirkung. Allerdings aber konnte daraus die halb orgiastische Bußpraxis der Heilsarmee 48 erwachsen. 46 In Frankreich w u r d e ein System der F a m i l i e n p l a n u n g praktiziert, bei d e m d u r c h d e n Einsatz von Verhütungsmitteln u n d A b t r e i b u n g e n die Anzahl der N a c h k o m m e n auf nur zwei b e s c h r ä n k t w u r d e , d a s „ Z w e i k i n d e r s y s t e m " , v o n W e b e r a u c h als „ o n a n i s m u s matrimonialis" b e z e i c h n e t (vgl. unten, S . 3 6 9 ) . A u g u s t B e b e l b e m e r k t e dazu: „[...] sowohl die E h e s c h l i e ß u n g e n wie die G e b u r t e n w e r d e n v o n d e n ö k o n o m i s c h e n Z u s t ä n d e n beherrscht. A m klassischsten zeigt sich d i e s e s in Frankreich. Dort herrscht in der Landwirtschaft d a s Parzellensystem. A b e r G r u n d u n d B o d e n , unter eine g e w i s s e G r e n z e zerstückelt, ernährte keine Familie mehr. Daher d a s b e r ü h m t u n d b e r ü c h t i g t g e w o r d e n e Z w e i k i n d e r s y s t e m , d a s sich in Frankreich zur sozialen Institution a u s g e b i l d e t hat u n d sogar die B e v ö l k e r u n g in vielen Provinzen, z u m S c h r e c k e n der Staatslenker, fast stationär erhält, ja einen e r h e b l i c h e n R ü c k g a n g d e r s e l b e n verursacht". (Bebel, A u g u s t , Die Frau u n d der Sozialismus, 50. Aufl. - Stuttgart: J.H.W. Dietz N a c h f o l g e r 1910, S. 106f. ). 4 7 Das sog. „Klassen-System" der M e t h o d i s t e n w u r d e am 15. Februar 1742 in Bristol b e g r ü n d e t . Je zwölf G e m e i n d e g l i e d e r waren zu einer class („Klasse") z u s a m m e n g e schlossen. Der „Klassenführer" hatte die A u f g a b e , j e d e s Mitglied einmal w ö c h e n t l i c h s e e l s o r g e r i s c h zu betreuen, e n t w e d e r privat o d e r bei d e n class meetings, d e n „Klassenv e r s a m m l u n g e n " , bei d e n e n ein a l l g e m e i n e s S ü n d e n b e k e n n t n i s der Teilnehmer üblich war. (Vgl. Loofs, Friedrich, M e t h o d i s m u s , in: RE 3 , B a n d 12, 1903, S. 7 4 7 - 8 0 1 , Zitate: S. 770, 772). In der „Protestantischen Ethik" charakterisierte W e b e r d e n Artikel von Loofs als „ v o r z ü g l i c h " . (Weber, Protestantische Ethik II, S . 5 7 , Fn. 114). 48 T h e o d o r K o l d e b e s c h r i e b die Praktiken der Heilsarmee: „ G e g e n Ende einer Vers a m m l u n g [...] w e r d e n d e s . K o m m a n d i e r e n d e n ' M a h n u n g e n an die Sünder, e n d l i c h
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Die Anstaltsgnade hat endlich und namentlich, der Natur der Sache nach, auch die Tendenz, als Kardinaltugend und entscheidende Heilsbedingung den Gehorsam, die Unterwerfung unter die Autorität, sei es der Anstalt als solcher oder des charismatischen Gnadespendenden, in Indien z. B. des zuweilen schrankenlose Autorität ausübenden Guru, zu entwickeln. Die Lebensführung ist in diesem Fall nicht eine Systematisierung von innen und aus einem Zentrum heraus, welches der Einzelne selbst errungen hätte, sondern sie speist sich aus einem außer ihr liegenden Zentrum. Das kann für den Inhalt der Lebensführung an sich keine auf ethische Systematisierung drängende Wirkung äußern, sondern nur das Gegenteil. Dagegen macht es allerdings, nur mit anderer Wirkung als die Gesinnungsethik, die Anpassung konkreter heiliger Gebote an veränderte äußere Bedingungen durch Steigerung ihrer Elastizität praktisch leichter. Beispielsweise ist in der katholischen Kirche im 19. Jahrhundert das Zinsverbot trotz seiner biblischen und durch päpstliche Dekretalen festgelegten ewigen Geltung dennoch faktisch außer Kraft gesetzt. Nicht offen in Gestalt seiner (unmöglichen) Aufhebung, sondern durch eine unscheinbare interne Anweisung des heiligen Offizium an die Beichtväter, fortan nach Verstößen gegen das Zinsverbot im Beichtstuhl nicht weiter zu forschen und die Absolution zu erteilen, vorausgesetzt: daß die Gewißheit bestehe, das Beichtkind würde, falls der Heilige Stuhl künftig einmal auf die alten Grundsätze zurückgreifen sollte, sich diesem Entscheid in Gehorsam fügen. 49 In Frankreich agitierte Buße zu thun, d.h. hier konkret, hervorzutreten und sich an der Bußbank niederzuwerfen, immer d r i n g e n d e r [...]. In der Regel f i n d e n sich a u c h s o l c h e Sünder, die unter d e m Eind r u c k jener unmittelbaren Bußpredigt u n d d e s e i g e n e n materiellen Elends im Vergleiche mit der so offen zur S c h a u g e t r a g e n e n j a u c h z e n d e n Fröhlichkeit der Erlösten zur Bußbank h i n w a n d e r n [...]". Einige Büßer w u r d e n unfreiwillig zur Bußbank g e d r ä n g t , u m dort „in d e n Brunnen (des Blutes)" g e t a u c h t zu werden. „Mit s o l c h e n S c e n e n , unter A b g e b u n g v o n .Salven' aus F r e u d e über j e d e n Erlösten, d.h. lautem Halleluja u n d Gloriarufen schließen in der Regel d i e s e V e r s a m m l u n g e n [...]". (Kolde, Heilsarmee, w i e o b e n , S. 246, A n m . 7 2 , S . 5 8 9 f . ) . 49 Das Zinsverbot g e h t auf 5. M o s e 23, 20 zurück: „ D u sollst v o n d e i n e m B r u d e r nicht W u c h e r n e h m e n , w e d e r mit G e l d , n o c h mit Speise, n o c h mit allem, w o m i t m a n w u c h e r n kann". Wie es im 19. J a h r h u n d e r t außer Kraft gesetzt wurde, b e s c h r i e b Franz Xaver Funk: „Als einer D a m e In Lyon i. J. 1822 die A b s o l u t i o n verweigert w u r d e , weil sie v o n ihrem V e r m ö g e n d e n g e s e t z l i c h e n Zins b e z o g , w a n d t e sie sich n a c h Rom, u n d d a s hl. Officium [die R ö m i s c h e K u r i a l b e h ö r d e z u m Schutz der G l a u b e n s - u n d Sittenlehre] ents c h i e d g e g e n d e n Beichtvater, sofern der Pönitent nur bereit sei, sich d e m kirchlichen
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zeitweilig der Klerus für eine ähnliche Behandlung des Zweikindersystems. Der rein als solcher verdienstliche Anstaltsgehorsam also, nicht die konkrete inhaltliche ethische Pflicht, aber auch nicht die methodisch selbst gewonnene ethische Virtuosenqualifikation ist der letzte religiöse Wert. Formale Gehorsamsdemut ist das einzige, die Lebensführung einheitlich umspannende, in der Wirkung mit der Mystik durch die spezifische „Gebrochenheit" des Frommen verwandte Prinzip bei konsequenter Durchführung der Anstaltsgnade. Der Satz Mallinckrodts: die Freiheit des Katholiken bestehe darin, dem Papst gehorchen zu dürfen, 50 ist in dieser Hinsicht von universeller Geltung. Oder es wird die Erlösung an den Glauben geknüpft. Sofern dieser Begriff nicht identisch gesetzt wird mit der Unterwerfung unter praktische Normen, setzt er stets irgendein Fürwahrhalten irgendwelcher metaphysischer Tatsachen, also irgendeine Entwicklung von „Dogmen" voraus, deren Annahme als wesent-| liches Merkmal der Zugehörigkeit gilt. Wie wir sahen, 51 ist aber A 323 das Maß der Dogmenentwicklung innerhalb der einzelnen Religionen ein sehr verschiedenes. Aber irgendein Maß von „Lehre" ist Unterscheidungsmerkmal der Prophetie und Priesterreligiosität gegenüber der reinen Magie. Natürlich beansprucht schon jede Magie den Glauben an die magische Macht des Zauberers. Zunächst seinen eigenen Glauben an sich selbst und sein KönUrtheil zu unterwerfen. In den Jahren 1830 bis 1838 folgten in Rom weitere Anfragen und wenn der apostolische Stuhl es auch noch nicht angezeigt fand, die Frage zu einer förmlichen Entscheidung zu bringen, so wollte er doch eine sichere Norm für den Beichtstuhl geben und die Beichtväter wurden im Allgemeinen angewiesen, die Pönitenten wegen des Zinsnehmens nicht zu behelligen, sofern sie nur das noch ausstehende definitive Urthell der Kirche anzuerkennen gewillt seien". (Funk, Franz Xaver, Geschichte des kirchlichen Zinsverbotes (Tübinger Universitätsschriften aus dem Jahre 1876). - Tübingen: Heinrich Laupp 1876, S.69f.). 5 0 In WuG1, S. 816 (MWG I/22-4), verwendete Weber ein ähnliches Zitat: „,Die Gewissensfreiheit des Kathollken besteht', wie Mallinckrodt im Reichstag ausdrückte, .darin: dem Papst gehorchen zu dürfen"1. Das von Weber angeführte Zitat konnte in den Reichstagsreden des Zentrumsabgeordneten Hermann von Mallinckrodt nicht nachgewiesen werden. Im Preußischen Abgeordnetenhaus betonte von Mallinckrodt am 30. Januar 1873 jedoch Im Namen der Kathollken, „[...] daß unsere individuelle Gewissensfreiheit ja gerade und allein dadurch ihre Befriedigung findet, daß die Autorität der Kirche anerkannt wird [...]". (Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 1. November 1872 einberufenen beiden Häuser des Landtages. Haus der Abgeordneten, 2. Band. - Berlin: W. Moeser 1873, S. 865). 51 Siehe oben, S.208ff.
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nen. Das gilt für jede, auch die frühchristliche Religiosität. Weil die Jünger an ihrer eigenen Macht zweifelten, konnten sie, so belehrt sie Jesus, einen Besessenen nicht heilen. 52 Wer dagegen vollkommen von seiner Fähigkeit überzeugt ist, ein Wunder zu tun, dessen Glaube kann Berge versetzen. 53 Auf der anderen Seite aber benötigt auch die Magie - noch heute - den Glauben derjenigen, welche das magische Wunder verlangen. In seiner Heimat und gelegentlich in anderen Städten vermag Jesus kein Wunder zu tun und „wundert sich ihres Unglaubens". 54 Weil Besessene und Krüppel an ihn und seine Macht glauben, heilt er sie, wie er wiederholt erklärt. 55 Dies wird nun einerseits nach der ethischen Seite sublimiert. Weil die Ehebrecherin an seine Macht zur Sündenvergebung glaubt, kann er ihr die Sünden vergeben. 56 Andererseits aber - und darum handelt es sich hier zunächst entwickelt sich der Glaube zum Fürwahrhalten intellektuell verstandener Lehrsätze, die ihrerseits Produkt intellektueller Überlegung sind. Der Konfuzianismus, der von Dogmen gar nichts weiß, ist eben deshalb auch keine Erlösungsethik. Der alte Islam und das alte Judentum stellten keine eigentlich dogmatischen Ansprüche, sondern verlangen nur, wie die urwüchsige Religion überall, den Glauben an die Macht (und also: Existenz) des eigenen, jetzt als „einzig" angesehenen Gottes und die Mission seiner Propheten. Da sie aber Buchreligionen sind, so müssen immerhin die heiligen Bücher für inspiriert, im Islam sogar als gottgeschaffen, und also auch ihr Inhalt für wahr gehalten werden. Allein außer kosmogonischen, mythologischen und geschichtlichen Erzählungen enthalten Gesetz und Propheten und der Koran wesentlich praktische Gebote und verlangen an sich keine intellek-
5 2 Matthäus 1 7 , 1 9 - 2 0 : „ D a traten z u ihm seine J ü n g e r b e s o n d e r s , und s p r a c h e n : Warum konnten wir ihn [einen K r a n k h e i t s d ä m o n aus d e m Körper eines K n a b e n ] nicht austreiben? J e s u s a b e r antwortete und s p r a c h z u ihnen: U m eures U n g l a u b e n s willen [...]". 5 3 Matthäus 17, 20: „Denn ich s a g e e u c h wahrlich: S o ihr G l a u b e n habt als ein Senfkorn, so möget ihr s a g e n z u d i e s e m Berge: H e b d i c h von hinnen dorthin! S o wird er sich heben; und e u c h wird nichts u n m ö g l i c h sein". 5 4 M a r k u s 6, 4 - 6 : „ J e s u s a b e r s p r a c h z u ihnen: Ein Prophet gilt nirgend w e n i g e r d e n n im Vaterland und d a h e i m bei d e n Seinen. U n d er konnte allda nicht eine e i n z i g e Tat tun, außer, w e n i g S i e c h e n legte er die H ä n d e auf, u n d heilte sie. U n d er verwunderte s i c h ihres U n g l a u b e n s . [...]". 5 5 M a r k u s 5, 34; M a r k u s 9, 2 3 - 2 4 ; M a r k u s 10, 52; L u k a s 18, 42. 5 6 J o h a n n e s 8, 3 - 1 1 .
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tuelle Einsicht bestimmter Art. Den Glauben als bloßes heiliges Wissen kennen nur die unprophetischen Religionen. Bei ihnen ist die Priesterschaft noch, wie die Zauberer, Hüterin des mythologischen und kosmogonischen Wissens und, als heilige Sänger, zugleich der Heldensage. Die vedische und die konfuzianische Ethik knüpfen die ethische Vollqualifikation an die schulmäßig überlieferte literarische Bildung, die im weitesten Umfang mit bloßem gedächtnismäßigem Wissen identisch ist. Das intellektuelle „Verstehen" als Anforderung führt bereits zur philosophischen oder gnostischen Erlösungsform hinüber. Damit ist aber eine ungeheure Kluft zwischen den intellektuell voll Qualifizierten und den Massen geschaffen. Eine eigentlich offizielle „Dogmatik" gibt es damit aber noch nicht; nur mehr oder minder als orthodox geltende Philosophenmeinungen, wie das orthodoxe Vedanta, das heterodoxe Sankhya im Hinduismus. Dagegen haben die christlichen Kirchen mit zunehmendem Eindringen des Intellektualismus und zunehmender Auseinandersetzung mit ihm ein sonst unerreichtes Maß offizieller bindender rationaler Dogmen, einen Theologenglauben, entwickelt. Die Forderung universellen Wissens, Verstehens und Glaubens dieser Dogmen ist praktisch undurchführbar. Es fällt uns heute sogar schwer, uns vorzustellen, daß selbst nur der komplizierte Inhalt etwa des Römerbriefs von einer (vorwiegenden) Kleinbürgergemeinde wirklich intellektuell voll angeeignet worden sei, wie es doch anscheinend der Fall gewesen sein muß. Immerhin wird hier noch mit soteriologischen Vorstellungen gearbeitet, welche innerhalb einer an das Grübeln über die Bedingungen der Erlösung gewöhnten städtischen, dabei mit jüdischer oder hellenischer Kasuistik irgendwie vertrauten Proselytenschicht gangbar waren, und es ist andererseits bekannt, daß auch im 16. und 17. Jahrhundert breite Kleinbürgerkreise die Dogmen der Dortrechter 57 und der West5 7 In der südholländischen Stadt Dordrecht hielten vom 13. November 1618 bis 29. Mai 1619 Vertreter aller größeren reformierten Kirchen mit Ausnahme der Hugenotten eine Generalsynode ab, um die Streitigkeiten zwischen den Remonstranten und den Calvinisten über die Prädestinationslehre zu beenden. Die Teilnehmer der Dordrechter Synode bekräftigten die Prädestinationslehre Calvins und schlössen die Arminianer (vgl. oben, S.236, A n m . 5 2 ) aus. In fünf Artikeln vom 6. Mai 1619 legten sie folgende Beschlüsse bezüglich der Prädestination fest: Die Erwählung und Verwerfung erfolge nach Gottes ewigem Beschluß; Christi Tod habe nur die Erwählten erlöst; alle Menschen seien von Gott berufen, aber nur die Erwählten würden wiedergeboren; Gottes Gnade sei unverlierbar.
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minstersynode 58 und die vielen komplizierten Kompromißformeln der Reformationskirchen sich intellektuell angeeignet haben. Allein unter normalen Verhältnissen ist eine solche AnforA 324 derung in Gemeindereligionen undurchführbar ohne | die Konsequenz u entweder des Ausschlusses aller nicht zu den philosophisch Wissenden (Gnostikern) Gehörigen v (der „Hyliker" und der mystisch unerleuchteten „Psychiker") vom Heil oder doch der Beschränkung auf eine Seligkeit geringeren Grades für die unintellektuellen Frommen (Pistiker), wie sie in der Gnosis und ähnlich auch bei indischen Intellektuellenreligionen vorkommt. Im alten Christentum geht denn auch durch die ersten Jahrhunderte der Streit darüber: ob theologische „Gnosis" oder schlichter Glaube: „Pistis", die das höhere oder das einzige Heil verbürgende Qualität sei, ausdrücklich oder latent hindurch, im Islam sind die Mutaziliten die Vertreter der Theorie, daß das im gewohnlichen Sinn „gläubige", nicht dogmatisch geschulte Volk gar nicht zur eigentlichen Gemeinschaft der Gläubigen gehöre, und überall haben die Beziehungen zwischen theologischem Intellektuellentum, dem intellektuellen Virtuosen der religiösen Erkenntnis und der Frömmigkeit der Unintellektuellen, vor allem aber der Virtuosenreligiosität der Askese und Kontemplation, die beide „totes Wissen" gleich wenig zur Erlösung qualifizierend finden mußten, die Eigenart einer Religiosität jeweils bestimmend geprägt. Schon in den Evangelien selbst wird die Gleichnisform der Verkündigung Jesus als absichtliche Esoterik hingestellt. 59 Soll diese Konsequenz einer Intellektuellenaristokratie nicht gezogen werU A: Konsequenz,
v A: gehörigen
5 8 Die W e s t m i n s t e r s y n o d e (1. Juli 1 6 4 3 - 2 5 . M ä r z 1652) wurde 1 n a c h A u f h e b u n g der E p i s k o p a l k i r c h e auf V e r a n l a s s u n g d e s L a n g e n Parlaments zur Reform von V e r f a s s u n g , Kultus, Bekenntnis und K a t e c h i s m u s der Kirche E n g l a n d s und zur Beratung d e s Parlaments in G l a u b e n s f r a g e n einberufen. Auf dieser S y n o d e wurde die „Westminster C o n fesslon" b e s c h l o s s e n , ein streng c a l v i n i s t i s c h e s Bekenntnis. 5 9 N a c h d e m J e s u s in aller Öffentlichkeit d a s G l e i c h n i s v o m S ä m a n n erzählt hatte, s a g te er zu seinen Jüngern, als sie allein waren: „ E u c h ist's g e g e b e n , d a s G e h e i m n i s d e s R e i c h s Gottes zu wissen; d e n e n a b e r draußen widerfähret es alles d u r c h G l e i c h n i s s e " (Markus 4, 11). William W r e d e hat d a r a u s d e n S c h l u ß g e z o g e n , M a r k u s s c h e i d e „zwis c h e n einer e s o t e r i s c h e n und einer e x o t e r i s c h e n Belehrung J e s u " . (Wrede, William, D a s M e s s i a s g e h e i m n i s in d e n Evangelien. Z u g l e i c h ein Beitrag z u m Verständnis d e s M a r k u s evangeliums. - Göttingen: V a n d e n h o e c k & Ruprecht 1901, S . 5 5 ) .
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den, dann muß der Glaube etwas anderes sein als ein wirkliches Verstehen und Fürwahrhalten eines theologischen Dogmensystems. Und tatsächlich ist er dies in allen prophetischen Religionen entweder von Anfang an gewesen oder mit Ausbildung der Dogmatik namentlich dann geworden, wenn sie Gemeindereligion wurden.™ Die Annahme der Dogmen ist, außer in den Augen der asketischen oder - und namentlich - mystischen Virtuosen, zwar nirgends irrelevant. Aber die ausdrückliche persönliche Anerkennung von Dogmen, im Christentum technisch „fides explicita" genannt, pflegt lediglich für bestimmte, im Gegensatz zu anderen Dogmen als absolut wesentlich angesehene „Glaubensartikel" gefordert zu werden. Verschieden weit für andere Dogmen. Die Ansprüche, welche in dieser Hinsicht der Protestantismus, auf Grund der „Rechtfertigung durch den Glauben", 60 stellte, waren besonders hohe, und zwar namentlich (wenn auch nicht nur) a die des asketischen® Protestantismus, für den die Bibel eine Kodifikation göttlichen Rechts war. Die Einrichtung universeller Volksschulen nach jüdischer Art, die intensive Schulung namentlich des Sektennachwuchses, ist sehr wesentlich dieser religiösen Anforderung zu danken, die „Bibelfestigkeit" der Holländer etwa, ebenso der angelsächsischen Pietisten und Methodisten (im Gegensatz zu den sonstigen englischen Volksschulzuständen), erregte noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts das Staunen der Reisenden. Hier war eben die Überzeugung von der dogmatischen Eindeutigkeit der Bibel die Grundlage des weitgehenden Verlangens eigener Kenntnis des Glaubens. Der Masse der Dogmen gegenüber kann in einer dogmenreichen Kirche dagegen nur die fides implicita, die allgemeine Bereitschaft der Unterstellung aller eigenen Überzeugung unter die im Einzelfall maßgebende Glaubensautorität verlangt werden, wie dies die katholische Kirche in weitestem Umw A: wurde,
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60 Für Luther g e s c h a h die Rechtfertigung des Sünders sola fide, „allein aus d e m Glauben", dies im Unterschied zur katholischen Auffassung von der Notwendigkeit von Werken, der sog. „Werkgerechtigkeit". Luthers „Erste Disputation über Römer 3, 28" v o m 11. September 1535 stand unter d e m Thema: „Arbltramur hominem iustiflcari fide a b s q u e operlbus legis". [So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht w e r d e durch d e n Glauben ohne des Gesetzes Werke"]. (Zitiert nach D. Martin Luthers Werke. Kritische G e s a m t a u s g a b e , 39. Band, 1. Abteilung. - Weimar: Herman Böhlaus Nachfolger 1926, S. 44).
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fang tat61 und tut. Eine fides implicita aber ist tatsächlich eben kein persönliches Fürwahrhalten von Dogmen mehr, sondern eine Erklärung des Vertrauens und der Hingabe an einen Propheten oder an eine anstaltsmäßig geordnete Autorität. Damit verliert der religiöse Glaube aber seinen intellektualistischen Charakter. Sobald die Religiosität vorwiegend ethisch rational wird, besitzt er diesen ohnehin nur in nebensächlichem Maße. Denn das bloße Fürwahrhalten von Erkenntnissen genügt einer „Gesinnungsethik" höchstens als unterste Stufe des Glaubens, wie dies u.a. Augustin betont. Auch der Glaube muß eine Gesinnungsqualität werden. Die persönliche Anhänglichkeit an einen Sondergott ist mehr als „Wissen" und wird eben deshalb als „Glaube" bezeichnet. So im Alten wie Neuen Testament. Der „Glaube", welcher Abraham „zur Gerechtigkeit gerechnet" 62 wird, ist kein intellektuelles Fürwahrhalten von Dogmen, sondern Vertrauen auf die Verheißungen Gottes. Genau das gleiche bedeutet der Glaube seiA 325 nem zentralen Sinne nach bei Jesus und Paulus. | Das Wissen und die Dogmenkenntnis treten weit zurück. Bei einer anstaltsmäßig organisierten Kirche pflegt^] mindestens in der Praxis, die Zumutung der fides explicita auf den dogmatisch geschulten Priester, Prediger, Theologen beschränkt zu werden. Jede systematisch theologisierte Religiosität läßt diese Aristokratie der dogmatisch Gebildeten und Wissenden in ihrer Mitte entstehen, welche nun, in verschiedenem Grade und mit verschiedenem Erfolge, den Anspruch erheben, deren eigentliche Träger zu sein. Die noch heute vielfach populäre Vorstellung der Laien, daß der Pfarrer mehr zu verstehen und zu glauben sich imstande zeigen müsse, als der gewöhnliche Menschenverstand fasse - eine namentlich bei den Bauern verbreitete Konzeption - , ist nur eine der Formen, in welchen die „ständische" Qualifikation durch „Bildung", die in der 61 Bei Thomas von Aquin beispielsweise ist folgendes ausgeführt: „Hinsichtlich der anderen Glaubensdinge aber ist der Mensch nicht verpflichtet, sie ausdrücklich für wahr zu halten [explicite credere], sondern nur einschlußweise [implicite] oder in der Bereitschaft des Geistes, sofern er bereit ist, alles zu glauben, was die göttliche Schrift enthält. Aber nur dann ist er gehalten, derartiges ausdrücklich zu glauben [explicite credere], wenn es für ihn feststeht, daß es in der Glaubenslehre mitenthalten ist". (Thomas von Aquin, Summa fheologica, Traktat Glaube als Tugend, Quaestio 2, 5: „Utrum homo teneatur ad credendum aliquid explicite"). 62 1. Mose 15, 6: „Abram glaubte dem HErrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit". (Vgl. auch Römer 4, 3 und 4, 22; Galater 3, 6; Jakobus 2, 23).
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staatlichen, militärischen, kirchlichen und auch jeder Privatbürokratie sich äußert, hervortritt. Das Urwüchsigere ist demgegenüber die erwähnte, 63 auch neutestamentliche Vorstellung von dem Glauben als einem spezifischen Charisma eines außeralltäglichen Vertrauens auf Gottes ganz persönliche Providenz, welches die Seelenhirten oder Glaubenshelden haben sollen. Kraft dieses Charisma eines über die gewöhnliche Menschenkraft hinausgehenden Vertrauens auf Gottes Beistand kann der Vertrauensmann der Gemeinde, als Glaubensvirtuose, praktisch anders handeln und praktisch andere Dinge vollbringen^ als der Laie vermag. Der Glaube gibt hier eine Art von Surrogat magischer Fähigkeiten. Diese spezifisch antirationale innere Haltung aber einer Religiosität des schrankenlosen Gottvertrauens, welche zuweilen bis zu akosmistischer Indifferenz gegen verstandesmäßig praktische Erwägungen, sehr oft zu jenem bedingungslosen Zutrauen auf Gottes Vorsehung führt, welches die Folgen des eigenen, als gottgewollt empfundenen Tuns grundsätzlich ihm allein anheimstellt, steht sowohl im Christentum wie im Islam und überall im schroffen Gegensatz zum „Wissen", gerade zum theologischen Wissen. Sie kann stolze Glaubensvirtuosität sein oder umgekehrt, wo sie diese Gefahr kreaturvergötternden Dünkels meidet, eine Haltung unbedingter religiöser Hingabe und gottinniger Demut, welche vor allem anderen die Abtötung des intellektuellen Hochmuts verlangt. Sie spielt besonders im alten Christentum bei Jesus und Paulus, weiterhin im Kampf gegen die hellenische Philosophie, dann in der Theologenfeindschaft der mystisch-pneumatischen Sekten des 17. Jahrhunderts in Westeuropa, des 18. und 19. in Osteuropa eine beherrschende Rolle. Jede, wie immer geartete, genuin religiöse Glaubensfrömmigkeit schließt direkt oder indirekt an irgendeinem Punkte das „Opfer des Intellekts" 64 ein, zugunsten jener 63 Siehe oben, S . 3 5 2 f . 64 Mit „Opfer des Intellekts" (lat.: sacrificium intellectus) wird die Verleugnung eigener vernünftiger Ü b e r z e u g u n g e n zugunsten des Gehorsams g e g e n ü b e r der Kirche bezeichnet. Nach d e m Vatikanischen Konzil von 1869/70, auf d e m das D o g m a von der Unfehlbarkeit des Papstes verkündet wurde, wurde der Begriff häufig verwendet. Er geht möglicherweise auf 2. Korinther 10, 5 zurück: „Wir verstören damit die A n s c h l ä g e und alle Höhe, die sich erhebet wider die Erkenntnis Gottes, und nehmen g e f a n g e n alle Vernunft unter den G e h o r s a m Christi".
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überintellektuellen spezifischen Gesinnungsqualität der absoluten Hingabe und des vertrauensvollen: credo, non quod, sed quia absurdum est. 65 Hier wie überall betont die Erlösungsreligiosität der Religionen mit überweltlichem Gott die Unzulänglichkeit der eigenen intellektuellen Kraft gegenüber der Erhabenheit Gottes und ist daher etwas spezifisch gänzlich anderes als der buddhistische Verzicht auf das Wissen vom Jenseits - weil es der allein erlösenden Kontemplation nicht frommt - oder der b allen Intellektuellenschichten aller Zeiten, den hellenistischen Grabschriften so gut wie den höchsten Renaissanceprodukten (etwa Shakespeare), wie der europäischen, chinesischen, indischen Philosophie, wie dem modernen Intellektualismus gemeinsame, skeptische13 Verzicht auf die Kenntnis eines „Sinns" der Welt, den sie vielmehr schroff bekämpfen muß. Der Glaube an das „Absurde", der schon in den Reden Jesus hervortretende Triumph darüber, daß es die Kinder und Unmündigen, nicht die Wissenden, sind, denen dies Charisma des Glaubens von Gott gegeben ist,66 deutet die ungeheure Spannung dieser Religiosität gegen den Intellektualismus an, den sie doch zugleich immer wieder für ihre eigenen Zwecke zu verwenden trachtet. Sie fördert ihn d kraft ihrer zunehmenden Durchtränkung mit hellenischen Denkformen schon im Altertum, dann erneut und weit stärker noch im Mittelalter e durch die e Schaffung der Universitäten eigens als Stätten der Pflege der Dialektik, die b A: den c A: gemeinsamen, skeptischen e Fehlt in A; durch die sinngemäß ergänzt.
d Fehlt in A; ihn sinngemäß ergänzt,
6 5 Die in der zeitgenössischen Literatur häufig dem Augustinus zugeschriebene Formel „credo quia absurdum [„ich glaube, weil es widersinnig ist"] geht vermutlich auf Tertullian zurück, de carne Christi V, 3, wo es heißt: „Et mortuus est Dei Filius; prorsus credibile, quia ineptum est" [„Der Sohn Gottes ist gestorben; das ist völlig glaubhaft, weil es widersinnig ist"]. Zur Interpretation dieser Passage vgl. auch Windelband, Wilhelm, Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, 4. Aufl. - Tübingen: J.C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907, S. 187: „Das Evangelium ist nicht nur unbegreiflich, sondern es ist auch im notwendigen Widerspruch mit der weltlichen Einsicht: credibile est, quia ineptum est; certum est, quia impossibiie est - credo quia absurdum". Der letzte Teil des lateinischen Satzes ist im Handexemplar Max Webers (Arbeitsstelle der Max Weber-Gesamtausgabe, Bayerische Akademie der Wissenschaften, München) unterstrichen. Vgl. hierzu auch Weber, Wissenschaft als Beruf (MWG 1/17, S. 108, mit Anm.58). 66 Markus 10, 14: „Laßt die Kindlein zu mir kommen, und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes". Matthäus 11, 25: „[...] Ich preise dich, Vater und Herr Himmels und der Erde, daß du solches den Weisen und Klugen verborgen hast, und hast es den Unmündigen offenbaret".
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sie, unter dem Eindruck der Leistungen der romanistischen Juristen für die konkurrierende Macht | des Kaisertums, ins Leben rief. A 326 Glaubensreligiosität setzt jedenfalls stets einen persönlichen Gott, Mittler, Propheten voraus, zu dessen Gunsten an irgendeinem 5 Punkt auf Selbstgerechtigkeit und eigenes Wissen verzichtet wird. Sie ist daher den asiatischen Religiositäten in dieser Form spezifisch fremd. Der „Glaube" kann, sahen wir,67 je nach seiner spezifischen Wendung verschiedene Formen annehmen. Nicht dem urwüchsi10 gen, noch in der Jahvereligion und im alten Islam vorwaltenden, Vertrauen des Kriegers auf die gewaltige Macht des eigenen Gottes, wohl aber der „Erlösung" suchenden Glaubensreligiosität befriedeter Schichten ist eine gewisse, freilich sehr verschieden starke Verwandtschaft mit der kontemplativen Mystik gemeinsam. 15 Denn stets hat ein solches als „Erlösung" erstrebtes' Heilsgut wenigstens die Tendenz, zu einer vorwiegend „zuständlichen" Beziehung zum Göttlichen, einer unio mystica, zu werden. Und gerade je systematischer dann der praktische Gesinnungscharakter des Glaubens herauspräpariert wird, desto leichter können, ganz wie 20 bei aller Mystik, direkt anomistische Konsequenzen auftreten. Schon die Paulusbriefe 68 zeigen, ebenso wie gewisse Widersprüche in den überlieferten Äußerungen von Jesus, die große Schwierigkeit^] eine, auf „Glauben" in diesem Sinn einer Vertrauensbeziehung ruhende, eigentliche „Erlösungs"-Religiosität mit bestimm25 ten ethischen Anforderungen in eindeutige Beziehung zu setzen. Mit den naheliegenden Konsequenzen seiner eigenen Anschauung hat denn auch Paulus fortwährend in sehr komplizierten Deduktionen zu kämpfen. Die konsequente Durchführung der paulinischen Glaubenserlösung im Marcionitismus 69 vollends zeigte die 30 anomistischen Folgerungen. Normalerweise wirkt die Glaubenserlösung, je mehr der Nachdruck auf sie fällt, innerhalb einer Alltagsreligion nicht leicht in der Richtung ethisch aktiver Rationalif A: erstrebte 6 7 Siehe oben, S.349f. 6 8 Von Paulus selbst verfaßt sind nach Ansicht kritischer Neutestamentier nur der 1. Thessalonicher-, Galater-, 1. Korinther-, Philipper-, Philemon-, 2. Korinther- und der Römerbrief. 6 9 Vgl. dazu Harnack, Dogmengeschichte I, S. 292^309.
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sierung der Lebensführung, wie dies beim Propheten persönlich naturgemäß sehr wohl der Fall sein kann. Unter Umständen wirkt sie direkt im antirationalen Sinn, im einzelnen sowohl wie im Prinzip. Wie im kleinen manchen gläubigen Lutheranern der Abschluß von Versicherungsverträgen als Bekundung ungläubigen Mißtrauens in Gottes Vorsehung erschien, so erscheint im großen jede rationale Heilsmethodik, jede Art von Werkgerechtigkeit, vor allem jede Überbietung der normalen Sittlichkeit durch asketische Leistungen der Glaubensreligiosität als frevelhaftes Pochen auf Menschenkraft. Wo sie konsequent entwickelt ist, lehnt sie - wie der alte Islam - jedenfalls die überweltliche Askese, insbesondere das Mönchtum, 70 ab. Sie kann dadurch, wie es der lutherische Protestantismus getan hat, der religiösen Wertung der innerweltlichen Berufsarbeit direkt zugute kommen und deren Antriebe namentlich dann stärken, wenn sie auch die priesterliche Büß- und Sakramentsgnade zugunsten der alleinigen Wichtigkeit der persönlichen Glaubensbeziehung zu Gott entwertet. Dies hat das Luthertum prinzipiell von Anfang an, noch verstärkt in seiner späteren Entwicklung nach völliger Beseitigung der Beichte 71 und speziell in den Formen des von Spener und Francke her asketisch, durch quäkerische und andere ihnen selbst wenig bewußte Kanäle, beeinflußten Pietismus getan. Aus der lutherischen Bibelübersetzung zuerst stammt überhaupt das deutsche Wort „Beruf", 72 und die
70 Ignaz Goldziher war der Ansicht, daß der Islam zu Mohammeds Lebzeiten „vom Gedanken der Weitverneinung beherrscht" war (Goldziher, Vorlesungen über den Islam, wie oben, S. 172, Anm. 5, S. 139), daß jedoch nach dem Tod des Mohammed „an Stelle der Weltverneinung [...] die Idee der Welteroberung" trat (ebd., S. 140). Der dem Mohammed zugeschriebene Lehrsatz: „Es gibt kein Mönchtum (rahbänijja [rahbänTyä]) im Islam; das Mönchtum dieser Gemeinde ist der Religionskrieg" unterstreiche - so die Ansicht von Goldziher, (ebd., S. 145) - das Schwinden „der asketischen Tendenzen des Urislams". Die gegen das Mönchtum gerichteten Prophetenaussprüche seien eine „direkte Polemik gegen das Asketenleben im Christentum" (ebd., S. 145), besonders gegen die Ehelosigkeit christlicher Mönche. Goldziher bemerkte weiterhin, daß die Ehelosigkeit als traditionswidrig empfunden wurde: „die mönchische Lebensweise, rahbänijja, fällt unter den Gesichtspunkt der bid'a [der „Neuerung", das, was der Sünna widerspricht]." (Ebd., S. 187, Anm. 11). 71 Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in der lutherischen Kirche die Privatbeichte durch eine allgemeine Beichte der Gemeinde vor dem Abendmahl ersetzt. 72 Zu Luthers Berufskonzeption und dem neutestamentlichen Begriff KMjcu; äußerte sich Weber in seiner „protestantischen Ethik" (Weber, Protestantische Ethik I, S. 23-54).
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Wertung der innerweltlichen Berufstugend als einziger Form gottwohlgefälligen Lebens ist dem Luthertum von Anfang an durchaus wesentlich. Da aber die „Werke" weder als Realgrund der Seelenrettung, wie im Katholizismus, noch als Erkenntnisgrund 5 der Wiedergeburt, wie im asketischen Protestantismus, in Betracht kamen, und da überhaupt der Gefühlshabitus des Sichgeborgenwissens in Gottes Güte und Gnade die vorwaltende Form der Heilsgewißheit blieb, so blieb auch die Stellung zur Welt ein geduldiges „Sich-Schicken" in deren Ordnungen, im ausgeprägten Ge10 gensatz gegen alle jene Formen des Protestantismus, die zur Heilsgewißheit eine Bewährung (bei den Pietisten fides efficax, 73 bei den islamischen Charidschiden ,,'amal") 74 in guten Werken oder einer spezifisch methodischen Lebensführung forderten, und vollends zu der Virtuosenreligion der asketischen Sekten. Es fehlen 15 dem Luthertum jegliche Antriebe zu sozial oder politisch revolutionärer oder auch nur rational-reformerischer | Haltung. Es gilt in A 327 der Welt und gegen sie das Heilsgut des Glaubens zu bewahren, nicht[,] sie rational ethisch umzugestalten. Wo nur das Wort rein und lauter verkündet wird, findet sich alles für den Christen We20 sentliche von selbst, und es ist die Gestaltung der äußeren Ordnung der Welt, selbst der Kirche, ein Adiaphoron. 75 Dieser fügsame, relativ weltindifferente, im Gegensatz zur Askese „weltoffene" Gefühlscharakter des Glaubens ist allerdings erst Entwicklungsprodukt. Die spezifische Glaubensreligiosität kann nicht leicht an25 titraditionalistisch rationale Züge der Lebensführung erzeugen, und es fehlt ihr aus sich heraus jeder Antrieb zu einer rationalen Beherrschung und Umgestaltung der Welt. Der „Glaube" in der Form, wie ihn die Kriegerreligionen des alten Islam und auch der älteren Jahvereligion kennen, trägt das Ge30 präge der einfachen Gefolgschaftstreue gegen den Gott oder Pro-
73 Der Terminus fides efficax (lat.) bezeichnet einen „praktisch wirksamen Glauben". 74 Der Terminus 'amal (arab.: „Handlung", „Tat") war für einige islamischen Theologen Teil des Glaubens (7man), für andere nicht. Ignaz Goldziher übersetzte ihn mit „ Ü b u n g " oder „Werke". (Goldziher, Vorlesungen über den Islam, wie oben, S. 172, Anm. 5, S. 88). 75 Adiaphoron (griech. Adj., „nicht verschieden", „gleich gültig") bezeichnet das, was vom ethischen Standpunkt aus gleich gültig ist und „das man tun oder lassen kann". Der Begriff stammt aus der älteren Stoa und wurde für Handlungen und Güter verwendet, die es nicht wert waren, erstrebt zu werden.
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pheten, ganz wie sie allen Beziehungen zu anthropomorphen Göttern urwüchsig eigen ist. Für die Gefolgschaftstreue lohnt der Gott, Untreue straft er. Andere Qualitäten gewinnt diese persönliche Beziehung zu Gott erst, wo befriedete Gemeinden und speziell Anhänger aus bürgerlichen Schichten Träger einer Erlösungsreligiosität sind. Dann erst kann der Glaube als Erlösungsmittel seinen gefühlsmäßigen Charakter gewinnen und dabei die Züge der Gottes- oder Heilands//eöe annehmen, wie sie schon in der exilischen und nachexilischen Religiosität des Judentums und verstärkt im frühen Christentum, vor allem bei Jesus und Johannes, auftreten. Gott erscheint als gnädiger Dienstherr oder als Hausvater. Zwar ist es ein gröblicher Unfug, wenn man in der Vaterqualität des Gottes, den Jesus verkündet, einen Einschlag unsemitischer Religiosität hat finden wollen, weil die Götter der (meist semitischen) Wüstenvölker die Menschen „schaffen", die hellenischen sie „zeugen". 76 Denn der christliche Gott hat niemals daran gedacht, Menschen zu zeugen (Y8vvr|f)EvxoL [ir] jioLT]f)evxa, gezeugt und nicht geschaffen, 77 ist gerade das auszeichnende Prädikat des
7 6 Laut Lukas 1, 35 s p r a c h der Engel Gabriel zu Maria: „Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft d e s Höchsten wird d i c h überschatten; darum a u c h das Heilige, das von dir g e b o r e n wird, wird Gottes Sohn genannt werden". Hermann Usener meinte, diese Auffassung der Gottessohnschaft Jesu sei im Anschluß an die Geburtsleg e n d e n von Pythagoras, Piaton oder Apollonios von Tyana entstanden. Von diesen wird erzählt, sie seien aus einer Verbindung eines Gottes mit ihrer Mutter h e r v o r g e g a n g e n . (Usener, Hermann, Das Weihnachtsfest, Kap. I bis III, 2. Aufl. (Religionsgeschichtliche Untersuchungen, I.Teil). - Bonn: Friedrich Cohen 1911, S . 7 1 ff.). Weber b r a c h t e dies mit der religionswissenschaftlichen U n t e r s c h e i d u n g semitischer von indo-europäischen Religionen in Verbindung. William Robertson Smith führte aus, bei den Griechen sei die Vaterschaft der Gottheit ein natürlich b e g r ü n d e t e s Verhältnis gewesen, bei d e n Semiten h i n g e g e n sei sie im Laufe der Geschichte von jeder physischen Grundlage gelöst worden. „Der M e n s c h war nach d e m Ebenbilde Gottes geschaffen, aber nicht von ihm gezeugt". (Smith, Religion der Semiten, wie oben, S. 155, A n m . 7 4 , S. 28). Bei Homer ist Zeus „Vater der Menschen und Götter" (z. B. Odyssee 1. 28). Im Unterschied zur Vorstellung von Gott als Erzeuger herrscht im Alten Testament die Ansicht vor, die Beziehung zu Gott als Vater sei ein Rechtsverhältnis. Daß die eine Vorstellung hellenisch und die andere semitisch sein soll, ging auf die A n n a h m e Friedrich Max Müllers zurück, man müsse die Religionen entsprechend der großen Sprachfamilien in arische und in semitische Religionen unterteilen. 7 7 Bestandteil d e s Nicaenums, d e s auf d e m Konzil von N i c ä a am 19. Juni 325 beschlossenen dreiteiligen G l a u b e n s b e k e n n t n i s s e s zur A b g r e n z u n g g e g e n d e n Arianismus. Jesus sei „[...] als Einziggeborener aus d e m Vater gezeugt, daß heißt aus d e m Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, w e s e n s g l e i c h d e m Vater [...]".
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trinitarisch vergotteten Christus im Gegensatz zum Menschen), und er ist, obwohl er die Menschen mit übermenschlicher Liebe umfängt, ganz und gar kein zärtlicher moderner Papa, sondern vorwiegend ein wohlwollender, aber auch zorniger und strenger königlicher Patriarch wie schon der jüdische Gott. Aber allerdings kann nun das Stimmungsmäßige der Glaubensreligiosität durch das Gotteskindschaftsbewußtsein (statt der asketischen Gotteswerkzeugvorstellung) weiter gesteigert, die Einheit der Lebensführung dadurch noch mehr im gefühlsmäßigen Stimmungsgehalt und Gottvertrauen, statt im ethischen Bewährungsbewußtsein gesucht und so ihr praktisch rationaler Charakter noch weiter abgeschwächt werden. Schon der mit der „Sprache Kanaans" seit der Renaissance des Pietismus eingerissene, winselnde Tonfall typischer lutherischer Kanzelreden in Deutschland deutet jene Gefühlsforderung an, die kraftvolle Männer so oft aus der Kirche gescheucht hat. 78 Vollends antirational wirkt auf die Lebensführung die Glaubensreligiosität normalerweise da, wo die Beziehung zu Gott oder Heiland den Charakter der leidenschaftlichen Devotion, der Glaube also einen latent oder offen erotischen Einschlag zeigt. So in den verschiedenen Spielarten der sufistischen Gottesliebe und der bernhardinischen Hohe-Lied-Mystik, im Marien- und Herz-JesuKult 79 und anderen hierher gehörigen Devotionsformen und auch in einzelnen gefühlsschwelgerischen Entfaltungen des spezifisch lutherischen Pietismus (Zinzendorf). Vor allem aber in der spezifisch hinduistischen, die stolze und vornehme Intellektuellenreligiosität des Buddhismus seit dem 5./6. Jahrhundert radikal verdrängenden Bhakti-(Liebes-)Frömmigkeit, der dort populären Form der Massenerlösungsreligion, insbesondere der soteriologischen Formen des Vischnuismus. Die Devotion zu dem aus dem
7 8 In e i n e m Brief v o m 14. Juni 1903 an M a r i a n n e W e b e r b e m e r k t e Max W e b e r zu d e n G o t t e s d i e n s t e n in A m s t e r d a m : „Zwar fehlte a u c h hier die .Sprache Canaans 1 , die unser Einem bei uns zu L a n d e d a s K i r c h e n g e h e n verleidet [...]". ( B e s t a n d Max Weber-Schäfer, D e p o n a t BSB M ü n c h e n , A n a 446; M W G 11/4). 79 Der Marien- u n d Herz-Jesu-Kult w u r d e seit d e m 12. J a h r h u n d e r t vor allem in D e u t s c h l a n d g e p f l e g t . Das Herz-Jesu-Fest w u r d e v o n Papst Pius IX. eingesetzt u n d a m Freitag n a c h d e m zweiten Sonntag nach Pfingsten gefeiert. Die Herz-Mariae-Verehrung w u r d e b e s o n d e r s v o n d e m Jesuitenorden gefördert.
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Mahabharata 80 durch Apotheose zum Heiland erhobenen Krischna, namentlich zum Krischnakinde, wird hier durch die vier Stufen der Kontemplation: Dienerschafts-, Freundschafts-, Kindes- (oder Eltern-)Liebe bis zur höchsten Stufe der ausdrücklich erotisch, nach Art der Gopisliebe 81 (der Liebe von Krischnas Maitressen zu 5 ihm), gefärbten Devotion gesteigert. Diese Religiosität, welche A 328 überdies schon infolge ihrer alltagsfeindlichen | Form der Heilsgewinnung stets irgendwelchen Grad sakramental-priesterlicher Gnadenvermittlung durch die Gurus und Gosains voraussetzt, ist, auf ihre praktische Wirkung hin angesehen, ein sublimierteres Sei- 10 tenstück der in den untersten Schichten populären hinduistischen Saktireligiosität, einer Devotion für die Götterweiber, welche nicht selten erotischen Orgienkult einschloß, immer aber der Orgienreligiosität nahesteht. Sie steht namentlich den christlichen Formen der reinen Glaubensreligiosität: dem kontinuierlichen un- 15 erschütter liehen Zutrauen in Gottes Vorsehung, in jeder Hinsicht fern. Die erotisch gefärbte Heilandsbeziehung wird wesentlich technisch, durch Devotionsübung, erzeugt. Der christliche Vorsehungsglaube dagegen ist ein willensmäßig festzuhaltendes Charisma. 20 Die Erlösung kann endlich ganz freies grundloses Gnadengeschenk eines in seinen Ratschlüssen unerforschlichen, kraft seiner Allwissenheit notwendig unwandelbaren, durch menschliches Verhalten überhaupt nicht zu beeinflussenden Gottes sein: Prädestinationsgnade. Sie setzt den überweltlichen Schöpfergott am unbe- 25 dingtesten voraus und fehlt daher aller antiken und asiatischen Religiosität. Sie scheidet sich von der in kriegerischen Heldenreligionen sich findenden Vorstellung an ein übergöttliches Verhängnis durch ihren Charakter als Vorsehung, d.h. als eine zwar vom Menschen aus gesehen irrationale, dagegen von Gott aus gesehen 30 rationale Ordnung, an ein Weltregiment. Dagegen schaltet sie die Güte Gottes aus. Er wird zu einem harten^ majestätischen König. 80 Das Mahabharata (Skt., „der große Kampf der Nachfahren des Bharata") ist ein Epos Altindiens, das den Kampf zwischen den Fürstengeschlechtern der Kauravas und der Pandavas schildert. Einer der bedeutendsten Abschnitte Ist die Bhagavadgita („Gesang des Erhabenen"), die von Krischna und dem Fürsten Arjuna handelt. 81 Die Gopis („Hirtenmädchen") gelten als Geliebte des jugendlichen Gottes Krischna. Sie wurden durch den Klang seiner Flöte veranlaßt, ihre Häuser zu verlassen und mit dem Gott Im Wald zu tanzen.
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Sie selbst teilt mit dem Verhängnisglauben die Konsequenz, Vornehmheit und Härten zu erzielen, 9 obwohl oder vielmehr gerade weil diesem Gott gegenüber die völlige Entwertung aller eigenen Kraft des Einzelnen die Voraussetzung der Errettung allein aus freier Gnade ist. Leidenschaftslose, ernst sittliche Naturen wie Pelagius konnten an die Zulänglichkeit der eigenen Werke glauben. Die Prädestination ist unter den Propheten der Glaube von Menschen, die entweder, wie Calvin und Muhammed, ein rationaler religiöser Machttrieb übermächtig beseelt: die Sicherheit der eigenen, weniger aus persönlicher Fleckenlosigkeit als aus der Situation der Welt und aus Gottes Willen folgenden Mission, oder die, wie Augustinus und ebenfalls wieder Muhammed, ungeheure Leidenschaften zu bändigen hatten und in dem Gefühle lebten, daß dies, soweit überhaupt, nur durch eine außer ihnen und über ihnen waltende Macht gelungen sei. In der gewaltig erregten Zeit nach seinen schweren Sündenkämpfen kannte sie daher auch Luther, um sie später mit zunehmender Weltanpassung zurücktreten zu lassen. Die Prädestination gewährt dem Begnadeten das Höchstmaß von Heilsgewißheit, wenn er einmal sicher ist, zu der Heilsaristokratie der wenigen zu gehören, die auserwählt sind. Ob aber der Einzelne dies unvergleichlich wichtige Charisma besitzt, dafür muß es - da die absolute Ungewißheit dauernd nicht ertragen wird - Symptome geben. Da nun Gott sich herbeigelassen hat, immerhin einige positive Gebote für das ihm wohlgefällige Handeln zu offenbaren, so können jene Symptome nur in der hier, wie für jedes religiös aktive Charisma, ausschlaggebenden Bewährung der Fähigkeit liegen, als Gottes Werkzeug an ihrer Erfüllung mitzuwirken, und zwar kontinuierlich und methodisch, da man die Gnade entweder immer hat oder nie. Nicht einzelne Verstöße - die dem Prädestinierten als Kreatur wie allen Sündern widerfahren - , sondern das Wissen, daß nicht diese Verstöße, sondern das gottgewollte Handeln aus der eigentlichen, durch die geheimnisvolle Gnadenbeziehung gestifteten inneren Beziehung zu Gott fließt, h die zentrale und konstante Qualität der Persönlichkeit also, gibt Gewißheit des Heils und der Gnadenperseveranz. Anstatt der schein-
g A: erziehen,
h A: fließen,
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baren „logischen" Konsequenz des Fatalismus hat daher der Prädestinationsglaube gerade bei seinen konsequentesten Anhängern die denkbar stärksten Motive gottgewollten Handelns anerzogen. Naturgemäß je nach dem primären Inhalt der Prophetie verschieden geartet. Die rücksichtslose Selbstvergessenheit der unter dem 5 religiösen Gebot des Glaubenskrieges zur Welteroberung stehenden, islamitischen Glaubenskämpfer der ersten Generationen, ebenso wie der ethische Rigorismus, die Legalität und rationale A 329 Lebensmethodik der unter dem christlichen Sittengesetz | stehenden Puritaner folgten beide aus dem Einfluß jenes Glaubens. Dis- 10 ziplin im Glaubenskriege war die Quelle der Unüberwindlichkeit der islamischen ebenso wie der Cromwellschen Kavallerie, innerweltliche Askese und disziplinierte Heilssuche im gottgewollten Beruf die Quelle der Erwerbsvirtuosität bei den Puritanern. Die radikale und wirklich endgültige Entwertung aller magischen, sa- 15 kramentalen und anstaltsmäßigen Gnadenspende gegenüber Gottes souveränem Willen ist die unvermeidliche Folge jeder konsequent durchgeführten Prädestinationsgnade und ist auch, wo immer sie in voller Reinheit bestand und erhalten blieb, eingetreten. Die weitaus stärkste Wirkung hatte sie in dieser Hinsicht im Puri- 20 tanismus. Die islamische Prädestination kannte einerseits das doppelte Dekret 82 nicht: die Prädestination zur Hölle wagte man Allah nicht zuzuschreiben, sondern nur die Entziehung seiner Gnade und damit die „Zulassung" des - bei der Unzulänglichkeit des Menschen - unvermeidlichen Irrens. 83 Und sie hatte, dem Charak- 25 ter der Kriegerreligion entsprechend, insofern die Färbung der 8 2 Das doppelte Dekret (lat.: decretum duplex / decretum absolutum, „doppelte" / „absolute Bestimmung Gottes") ist eine radikale Form der Prädestination, nach der Gott den Menschen sowohl zum Heil als auch zur Verdammnis unabänderlich vorherbestimmt. Seit dem Mönch Gottschalk (ca. 8 0 5 - c a . 868) belegt. Gottschalk betonte Gottes unverdiente Gnade, mit der er vor Erschaffung der Welt die Erwählten („electi") zum Heil bestimmt habe, andererseits Gottes Gerechtigkeit, mit der er die Verworfenen („reprobi") In der von Gott vorausgewußten Sünde belasse. Bei Calvin heißt es: „Prädestination nennen wir Gottes ewigen Ratschluß (decretum), durch den er bei sich selbst beschlossen gehabt hat, was er wollte, daß mit jedem einzelnen Menschen geschehen sollte. Denn nicht alle werden mit gleicher Bestimmung (pari conditione) erschaffen, sondern den einen wird das ewige Leben, den andern die ewige Verdammnis zuvor verordnet (praeordinatur)". (Calvin, Institutio christianae religionis III, 21, 5). 8 3 Koran, Sure 16, 38: „[...] aber so führt er in den Irrthum und auf den rechten Weg, wen er will, und ihr werdet einst Rechenschaft geben müssen über Das, was ihr gethan".
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hellenischen „moira", als einerseits die spezifisch rationalen Elemente des „Weltregiments" und andererseits die Determination des religiösen Jenseitsschicksals des Einzelnen dabei weit schwächer entwickelt waren. Die Vorstellung waltete vor, daß nicht das jenseitige, sondern gerade das diesseitige außeralltägliche Schicksal, die Frage z.B. (und namentlich): ob der Glaubenskämpfer in der Schlacht falle oder nicht, durch Prädestination bestimmt sei. Das jenseitige Schicksal des Einzelnen war dagegen schon durch seinen bloßen Glauben an Allah und den Propheten hinlänglich gesichert und bedurfte daher - nach der älteren Vorstellung wenigstens - keiner Bewährung in der Lebensführung: ein rationales System der Alltagsaskese war dieser Kriegerreligion ursprünglich fremd. Daher entfaltete die Prädestination im Islam ihre Macht zwar stets erneut in den Glaubenskämpfen, wie noch in denen des Mahdi, 84 büßte sie dagegen mit jeder „Verbürgerlichung" des Islam ein, weil sie keine inneralltägliche Lebensmethodik stiftete, wie im Puritanismus, wo die Prädestination gerade das Jenseitsschicksal betraf und also die „certitudo salutis" gerade an der /nneralltäglichen Tugendbewährung hing, daher allein mit der Verbürgerlichung der Religiosität Calvins ihre Bedeutung gegenüber dessen eigenen ursprünglichen Anschauungen stieg. Höchst charakteristischerweise ist - während der puritanische Prädestinationsglaube den Autoritäten überall als staatsgefährlich und autoritätsfeindlich, weil jeder weltlichen Legitimität und Autorität gegenüber skeptisch, galt - das als spezifisch „weltlich" verschriene Ommajadengeschlecht Anhänger des Prädestinationsglaubens gewesen, weil es seine eigene illegitim erworbene Herrschaft durch den prädestinierenden Willen Allahs legitimiert zu sehen erwartete: man sieht, wie die Wendung zur Determination konkreter Weltvorgänge, statt 'des Bezugs' auf das Jenseitsschicksal, sofort den i Fehlt in A; des Bezugs sinngemäß ergänzt. 84 M o h a m m e d A h m a d ( 1 8 4 3 - 1 8 8 5 ) leitete als Angehöriger des Ordens der S a m m a nlya u n d Mahdl im Sudan eine A u f s t a n d s b e w e g u n g g e g e n die Macht der Engländer (1881). Der von Ihm g e g r ü n d e t e Mahdistaat existierte bis 1898. Mahdl (arab.: „der [von Gott] Geleitete") Ist im Islam eine in der Endzeit der Welt erwartete Führergestalt aus der N a c h k o m m e n s c h a f t des Propheten Muhammed, der den Islam erneuern und ihn zur herrschenden Religion machen, die Unterdrückung b e e n d e n und Gerechtigkeit durchsetzen wird. Bei den Schiiten ist es der am Weltenende aus der Verborgenheit wiederkehrende Imam.
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ethisch rationalen Charakter der Prädestination schwinden läßt. Und soweit sie asketisch wirkte - was bei den alten schlichten Glaubenskämpfern immerhin auch der Fall war wurde diese Wirkung im Islam, der an die Sittlichkeit überdies vornehmlich äußere und im übrigen rituelle Anforderungen stellte, im Alltag 5 zurückgedrängt und nahm ihres weniger rationalen Charakters halber in der Volksreligiosität leicht fatalistische Züge (Kismet) an, verdrängte auch eben deshalb die Magie aus der Volksreligion nicht. Dem Charakter der konfuzianischen Ethik der chinesischen Patrimonialbürokratie endlich entspricht es, daß dort das Wissen 10 um ein „Verhängnis" einerseits als das gilt, was die vornehme Gesinnung garantiert, andererseits dies Verhängnis im magischen Massenglauben zuweilen fatalistische Züge, im Glauben der Gebildeten aber eine gewisse Mittelstellung zwischen Vorsehung und „moira" annimmt. Wie die moira und der Trotz, sie zu bestehen, 15 den kriegerischen Heldenstolz, so speist die Prädestination den („pharisäischen") Stolz heroistischer bürgerlicher Askese. Nirgends aber ist der Stolz der prädestinierten Heilsaristokratie so eng mit dem Berufsmenschentum und mit der Idee: daß der Erfolg rationalen Handelns Gottes Segen erweise, verknüpft, nirgends da- 20 her die Wirkung der asketischen Motive auf die WirtschaftsgesinA 330 nung so intensiv wie | im Geltungsbereich der puritanischen Prädestinationsgnade. Auch die Prädestinationsgnade ist der Glaube religiösen Virtuosentums, welches allein den Gedanken des „doppelten Dekrets" von Ewigkeit her erträgt. Mit zunehmendem Ein- 25 strömen in den Alltag und in die Massenreligiosität wird der düstere Ernst der Lehre immer weniger ertragen, und als caput mortuum 85 blieb schließlich im okzidentalen asketischen Protestantismus jener Beitrag zurück, den speziell auch diese Gnadenlehre in der rational kapitalistischen Gesinnung: dem Gedanken der me- 30 thodischen Berufsbewährung im Erwerbsleben, als Einschlag zurückgelassen hat. Der Kuypersche Neocalvinismus 86 wagt die rei-
8 5 Im übertragenen Sinn: ein unnützer Rückstand nach Aussortieren des Brauchbaren. 86 Der niederländische Theologe Abraham Kuyper erneuerte 1867 den Kampf um Bekenntnis und Kirchenordnung. Er griff den Liberalismus an und setzte sich für ein unverkürztes reformatorisches Bekenntnis ein. Dazu gehörte auch das Bekenntnis zur Prädestinationslehre.
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ne Lehre nicht mehr voll zu vertreten. Aber wirklich ausgerottet ist der Glaube als solcher nicht. Er wechselt nur die Form. Denn unter allen Umständen war der Prädestinationsdeterminismus ein Mittel der denkbar intensivsten systematischen Zentralisierung der „Gesinnungsethik". Die „Gesamtpersönlichkeit", wie wir heute sagen würden, ist durch „göttliche Wahl" mit dem Ewigkeitswertakzent versehen, nicht irgendeine einzelne Handlung. Das religionslose, auf diesseitig gewendetem Determinismus ruhende Pendant dieser religiösen Glaubenswertung ist jene spezifische Art von „Scham" und - sozusagen - gottlosem Sündengefühl, welche dem modernen Menschen ebenfalls kraft einer, einerlei wie metaphysisch unterbauten, ethischen Systematisierung zur Gesinnungsethik eignen. Nicht daß er dies getan hat, sondern daß er, ohne sein Zutun, kraft seiner unabänderlichen Geartetheit so „ist", daß er es tun konnte, ist die geheime Qual, die er trägt, und ebenso das, was der deterministisch gewendete „Pharisäismus" der anderen in ihrer Ablehnung ihm zum Ausdruck bringt, - ebenso menschlichkeitsfremd, weil ebenso ohne die sinnvolle Möglichkeit einer „Vergebung" und „Reue" oder eines „Wiedergutmachens", in ganz der gleichen Art wie der religiöse Prädestinationsglauben selbst es war, der immerhin irgendeine geheime göttliche ratio vorstellen konnte.
11 j Religiöse Ethik und „Welt".k Die Erlösungsreligiosität bedeutet, je systematischer und „gesinnungsethisch" verinnerlichter sie geartet ist, eine desto tiefere Spannung gegenüber den Realitäten der Welt. Solange sie einfach rituelle oder Gesetzesreligiosität ist, tritt diese Spannung in wenig prinzipieller Art hervor. Sie wirkt in dieser Form wesentlich ebenso wie die magische Ethik. Das heißt, allgemein gesprochen: sie gibt erst den von ihr rezipierten Konventionen die unverbrüchliche Weihe, weil auch hier an der Vermeidung des göttlichen Zornes, also an der Bestrafung des Übertretens der Normen die Ge-
j A: § 11.
k In A folgt eine Inhalts- und Seltenübersicht.
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samtheit der Anhänger des Gottes als solche interessiert ist. Wo daher einmal ein Gebot die Bedeutung einer göttlichen Ordnung erlangt hat, steigt es damit aus dem Kreise veränderlicher Konventionen zum Rang der Heiligkeit auf. Es hat nun, wie die Ordnungen des Kosmos, von jeher gegolten und wird für immer gelten, es 5 kann nur interpretiert, nicht geändert werden, es sei denn, daß der Gott selbst ein neues Gebot offenbart. Wie der Symbolismus in bezug auf bestimmte inhaltliche Kulturelemente und die magischen Tabuvorschriften in bezug auf konkrete Arten von Beziehungen zu Menschen und Sachgütern stereotypierend wirken, so die Reli- 10 gion in diesem Stadium auf das gesamte Gebiet der Rechtsordnung und der Konventionen. Die heiligen Bücher sowohl der Inder wie des Islam, der Parsen wie der Juden und ebenso die klassischen Bücher der Chinesen behandeln Zeremonial- und Ritualnormen und Rechtsvorschriften völlig auf gleicher Linie. Das 15 A 331 Recht ist „heili|ges" Recht. Die Herrschaft religiös stereotypierten Rechtes bildet eine der allerwichtigsten Schranken für die Rationalisierung der Rechtsordnung und also der Wirtschaft. Auf der anderen Seite kann die Durchbrechung von stereotypierten magischen oder rituellen Normen durch ethische Prophetie tiefgreifen- 20 de - akute oder allmähliche - Revolutionen auch der Alltagsordnung des Lebens und insbesondere der Wirtschaft nach sich ziehen. In beiden Richtungen hat selbstverständlich die Macht des Religiösen ihre Schranken. Bei weitem nicht überall, wo sie mit Umgestaltung Hand in Hand geht, ist sie das treibende Element. 25 Sie stampft insbesondere nirgends ökonomische Zustände aus dem Boden, für welche nicht mindestens die Möglichkeiten, oft sehr intensive Antriebe in den bestehenden Verhältnissen und Interessenkonstellationen gegeben waren. Und ihre konkurrierende Gewalt ist mächtigen ökonomischen Interessen gegenüber auch 30 hier begrenzt. Eine allgemeine Formel für die relative inhaltliche Macht der verschiedenen Entwicklungskomponenten und der Art ihrer „Anpassung" aneinander ist nicht zu geben. Die Bedürfnisse des ökonomischen Lebens machen sich entweder durch Umdeutung der heiligen Gebote geltend oder durch ihre kasuistisch mo- 35 tivierte Umgehung, zuweilen auch durch einfache praktische Beseitigung, im Wege der Praxis der geistlichen Büß- und Gnadenjurisdiktion, die z.B. innerhalb der katholischen Kirche eine so wichtige Bestimmung wie das Zinsverbot in bald zu erwähnender
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Weise 87 auch in foro conscientiae 88 völlig ausgeschaltet hat, ohne es doch - was unmöglich gewesen wäre - ausdrücklich zu abrogieren. 8 9 Dem ebenso verpönten „Onanismus matrimonialis" (Zweikindersystem) dürfte es ebenso ergehen. Die Konsequenz der an sich naturgemäß häufigen Vieldeutigkeit oder des Schweigens religiöser Normen gegenüber neuen Problemen und diesen Praktiken ist das unvermittelte Nebeneinanderstehen absolut unerschütterlicher Stereotypierungen einerseits mit außerordentlicher Willkür und völliger Unberechenbarkeit des davon wirklich Geltendem andererseits. Von der islamischen Scherl'a 90 ist im Einzelfall kaum angebbar, was heut noch in der Praxis gilt, und das gleiche trifft für alle heiligen Rechte und Sittengebote zu, welche formal ritualistisch-kasuistischen Charakter haben, vor allem auch für das jüdische Gesetz. Demgegenüber schafft nun gerade die prinzipielle Systematisierung des religiös Gesollten zur „Gesinnungsethik" eine wesentlich veränderte Situation. Sie sprengt die Stereotypierung der Einzelnormen zugunsten der „sinnhaften" Gesamtbeziehung der Lebensführung auf das religiöse Heilsziel. Sie kennt kein „heiliges Recht", sondern eine „heilige Gesinnung", welche je nach der Situation verschiedene Maximen des Verhaltens sanktionieren kann, also elastisch und anpassungsfähig ist. Statt stereotypierend kann sie, je nach der Richtung der Lebensführung, die sie schafft, von innen heraus revolutionierend wirken. Aber sie erkauft diese Fähigkeit um den Preis einer wesentlich verschärften und „verinnerlichten" Problematik. Die innere Spannung des religiösen Postulats gegen die Realitäten der Welt nimmt in Wahrheit nicht ab, sondern zu. An Stelle des äußerlichen Ausgleichspostulats der Theodizee treten mit steigender Systematisierung und Rationalisierung der Gemeinschaftsbeziehungen und ihrer Inhalte die Konflikte der Eigengesetzlichkeiten der einzelnen Lebenssphären ge-
8 7 Der Bezug ist unklar. Die Umgehung des Zinsverbotes ist bereits oben, S. 348, aber auch noch einmal in WuG1, S.802 (MWG I/22-4), behandelt. Unten im Text, S.382, kommt Weber auf die Umgehung des Zinsverbotes in den Montes pietatis zu sprechen. 88 Vor dem Gewissen als Richter. 8 9 Gesetze aufheben. 9 0 Der Ausdruck „sarT'a" (arab.: „der Weg") ist terminus technicus für das verbindliche Recht im Islam. Es setzt sich aus vier Quellen zusammen: dem Koran, dem Hadith (Berichte über Worte und Handlungen des Propheten), dem Analogieschluß und der Übereinstimmung von Rechtsgelehrten in ungeklärten Fragen.
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genüber dem religiösen Postulat und gestalten so die „Welt", je intensiver das religiöse Bedürfen ist, desto mehr zu einem Problem; dieses müssen wir zunächst an den Hauptkonfliktspunkten uns verdeutlichen. Die religiöse Ethik greift in die Sphäre der sozialen Ordnung sehr verschieden tief ein. Nicht nur die Unterschiede der magischen und rituellen Gebundenheit und der Religiosität entscheiden hier, sondern vor allem ihre prinzipielle Stellung zur Welt überhaupt. Je systematisch-rationaler diese unter religiösen Gesichtspunkten zu einem Kosmos geformt wird, desto prinzipieller kann ihre ethische Spannung gegen die innerweltlichen Ordnungen werden, und zwar um so mehr, je mehr diese selbst ihrerseits nach ihrer Eigengesetzlichkeit systematisiert werden. Es entsteht die weltablehnende religiöse Ethik, und dieser fehlt, eben als solA 332 eher, der stereo |typierende Charakter der heiligen Rechte. Gerade die Spannung, welche sie in die Beziehungen zur Welt hineinträgt, ist ein starkes dynamisches Entwicklungsmoment. Soweit die religiöse Ethik lediglich die allgemeinen Tugenden des Weltlebens übernimmt, bedürfen diese hier keiner Erörterung. Die Beziehungen innerhalb der Familie, daneben Wahrhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Achtung fremden Lebens und Besitzes, einschließlich desjenigen an Weibern, versteht sich von selbst. Aber der Akzent der verschiedenen Tugenden ist charakteristisch verschieden. So die ungeheure Betonung der Familienpietät im Konfuzianismus, magisch motiviert infolge der Bedeutung der Ahnengeister, praktisch geflissentlich gepflegt von einer patriarchalen und patrimonialbürokratischen politischen Herrschaftsorganisation, welcher, nach einem Ausspruch des Konfuzius, „Insubordination schlimmer als gemeine Gesinnung" 91 gilt und daher die Subordination den Familienautoritäten gegenüber, wie dies ebenfalls ausdrücklich gesagt wird, auch als Merkmal der gesellschaftlichen und politischen Qualitäten gelten mußte. Im polaren Gegensatz dazu die Sprengung aller Familienbande durch die radikalere Form der Gemeindereligiosität: wer nicht seinen Vater hassen
91 Von Konfuzius wird überliefert: „The Master said: .Extravagance leads to insubordination, and parsimony to meanness. It is better to be mean than to be insubordinate'". (Zitiert nach Legge, Chinese Classics I, wie oben, S. 233, A n m . 4 3 , S. 207).
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kann, kann nicht Jesu Jünger sein. 92 Oder etwa die strengere Wahrheitspflicht1 der indischen und zarathustrischen Ethik gegenüber der des jüdisch-christlichen Dekalogs (Beschränkung auf die gerichtliche Zeugenaussage) 93 und andererseits das völlige Zurücktreten der Wahrheitspflicht gegenüber den zeremoniellen Schicklichkeitsgeboten in der Standesethik der konfuzianischen chinesischen Bürokratie. Oder das, über die ursprünglich durch die antiorgiastische Stellung des Zarathustra 94 bedingte, Tierquälereiverbot seiner Religion weit hinausgehende, in animistischen (Seelenwanderungs-)Vorstellungen begründete, absolute Verbot der Tötung irgendeines lebenden Wesens (ahimsa) bei aller spezifisch indischen Religiosität im Gegensatz zu fast allen anderen. Im übrigen ist der Inhalt jeder, über magische Einzelvorschriften und die Familienpietät hinausgehenden, religiösen Ethik zunächst bedingt durch die beiden einfachen Motive, welche das nicht familiengebundene Alltagshandeln bestimmen: gerechte Talion 95 gegen Verletzer und brüderliche Nothilfe für den befreundeten Nachbarn. Beides ist Vergeltung: der Verletzende „verdient" die Strafe, deren Vollziehung den Zorn besänftigt, ebenso wie der Nachbar die Nothilfe. Daß man den Feinden Böses mit Bösem vergelte, versteht sich für die chinesische, vedische und zarathustrische Ethik ebenso wie bis in die nachexilische Zeit für die der Juden. Alle gesellschaftliche Ordnung scheint ja auf gerechter Vergeltung zu beruhen, und daher lehnt die weltanpassende Ethik des Konfuzius die in China teils mystisch, teils sozialutilitarisch motivierte Idee der Feindesliebe direkt als gegen die Staatsräson gehend ab. Akzeptiert wird sie von der jüdischen nachexilischen Ethik im Grunde, wie Meinhold ausführt, 96 auch nur im Sinn einer I A: Wahrheit 92 Lukas 14, 26: „So j e m a n d zu mir kommt, und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, S c h w e s t e r n , a u c h d a z u sein e i g e n Leben, der kann nicht mein J ü n g e r sein". 9 3 Das achte G e b o t d e s Dekalogs: „ D u sollst kein falsch Z e u g n i s reden wider d e i n e n Nächsten". (2. Mose 20, 16). 94 Vgl. o b e n , S . 2 0 2 , A n m . 6 8 . 95 Talion b e s c h r e i b t einen Strafrechtsgrundsatz, bei d e m G l e i c h e s mit G l e i c h e m vergolten wird. 96 Meinhold, J e s u s u n d d a s Alte Testament, S. 9 3 - 9 8 , u n d Meinhold, Weisheit Israels, S. 1 3 1 - 1 3 8 .
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um so größeren, vornehmen Beschämung des Feindes durch eigene Guttaten und vor allem mit dem wichtigen Vorbehalt, den auch das Christentum macht: daß die Rache Gottes ist und er sie um so sicherer besorgen wird, je mehr der Mensch sich ihrer enthält. Den Verbänden der Sippe, der Blutsbrüder und des Stammes fügt die 5 Gemeindereligiosität als Stätte der Nothilfepflicht den Gemeindegenossen hinzu. Oder vielmehr, sie setzt ihn an die Stelle des Sippengenossen: wer nicht Vater und Mutter verlassen kann, kann nicht Jesu Jünger sein, 97 und in diesem Sinn und Zusammenhang fällt auch das Wort, daß er gekommen sei, nicht um den Frieden zu 10 bringen, sondern das Schwert. 98 Daraus erwächst dann das Gebot der „Brüderlichkeit", welches der Gemeindereligiosität - nicht etwa aller, aber doch gerade ihr - spezifisch ist, weil sie die Emanzipation vom politischen Verbände am tiefsten vollzieht. Auch in der frühen Christenheit, z.B. bei Klemens von Alexandrien, 1 gilt 15 die Brüderlichkeit in vollem Umfang nur innerhalb des Kreises der Glaubensgenossen, nicht ohne weiteres nach außen. Die brüderliche Nothilfe stammt, sahen wir, 2 aus dem Nachbarverband. Der „Nächste" hilft dem Nachbar, denn auch er kann seiner einA 333 mal bedürfen. Erst eine starke | Mischung der politischen und eth- 20 nischen Gemeinschaften, und die Loslösung der Götter als universeller Mächte vom politischen Verband führt zur Möglichkeit des Liebesuniversalismus. Gegen die fremde Religiosität wird sie gera-
97 Max Weber verbindet zwei Evangelienworte: Lukas 14, 26 („So jemand zu mir kommt, und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein") mit Markus 10, 29f. („Jesus antwortete und sprach: Wahrlich, Ich sage euch: Es Ist niemand, so er verläßt Haus oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und um des Evangeliums willen, Der nicht hundertfältig empfahe, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mit Verfolgungen, und in der zukünftigen Welt das ewige Leben"). 98 Matthäus 10, 34: „Ihr sollt nicht wähnen, daß ich kommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht kommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert". 1 In seiner Schrift „Welcher Reiche wird gerettet werden?" legt Klemens von Alexandrien dar, daß der Reiche sein Vermögen um seiner Brüder willen besitzt (16, 3). Ernst Troeltsch bemerkte zu dieser Schrift: „Es ist eine Allegorisierung der Geschichte vom reichen Jüngling, der nicht die Güter, sondern die an den Gütern hängende Gesinnung veräußern, übrigens aber den Reichtum durch Liebestätigkeit energisch nützen soll. Es ist die dem Reichtum günstigste und dabei ökonomisch verständigste Schrift [...]". (Troeltsch, Soziallehren, S. 113, Fn. 57). 2 Siehe WuG1, S. 198 (MWG 1/22-1).
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de bei Hervortreten der Konkurrenz der Gemeindereligiositäten und dem Anspruch auf Einzigkeit des eigenen Gottes sehr erschwert. Die Jainamönche wundern sich in der buddhistischen Überlieferung, daß der Buddha seinen Jüngern geboten hat, auch ihnen Speise zu geben. Wie nun die Gepflogenheiten nachbarschaftlicher Bittarbeit 3 und Nothilfe bei ökonomischer Differenzierung auch auf die Beziehungen zwischen den verschiedenen sozialen Schichten übertragen werden, so schon sehr früh auch in der religiösen Ethik. Die Sänger und Zauberer als die ältesten vom Boden gelösten „Berufe" leben von der Freigebigkeit der Reichen. Diese preisen sie zu allen Zeiten, den Geizigen aber trifft ihr Fluch. In naturalwirtschaftlichen Verhältnissen nobilitiert aber überhaupt, sahen"1 wir,4 nicht der Besitz als solcher, sondern die freigebig gastfreie Lebensführung. Daher ist das Almosen universeller und primärer Bestandteil auch aller ethischen Religiosität. Die ethische Religiosität wendet dies Motiv verschieden. Das Wohltun an den Armen wird noch von Jesus gelegentlich ganz nach den Vergeltungsprinzipien so motiviert: daß gerade die Unmöglichkeit diesseitiger Vergeltung seitens des Armen die jenseitige durch Gott um so sicherer mache. 5 Dazu tritt der Grundsatz der Solidarität der Glaubensbrüder, der unter Umständen bis zu einer an „Liebeskommunismus" 6 grenzenden Brüderlichkeit geht. Das Almosen gehört im Ism A:sehen 3 Von „Bittarbeit" s p r a c h der N a t i o n a l ö k o n o m Karl Bücher: „Eine s o l c h e Pflicht entspringt bei einer sehr großen Zahl von Völkern aus d e m Verhältnis der D o r f n a c h b a r schaft. Bei Feldarbeiten, b e i m H a u s b a u und g e w i s s e n h ä u s l i c h e n Verrichtungen, die keinen A u f s c h u b erleiden, namentlich solchen, die mit der Ernte z u s a m m e n h ä n g e n , werd e n freiwillige Hülfskräfte zur Unterstützung v o n d e n N a c h b a r n erbeten; an die Arbeit schließt sich in der Regel eine festliche Bewirtung im H a u s e d e s .Arbeitgebers' an. Beruht d i e s e Bittarbeit bei d e n g e w ö h n l i c h e n D o r f g e n o s s e n auf Gegenseitigkeit, so wird sie d e m H ä u p t l i n g e g e g e n ü b e r leicht z u m Dienste o d e r zur Fronde, wie sie ähnlich v o n ihm a u c h für öffentliche Leistungen in A n s p r u c h g e n o m m e n wird". (Bücher, Karl, Arbeit u n d Rhythmus, 4. Aufl. - Leipzig, Berlin: B.G. Teubner 1909, S . 2 5 6 ) . 4 Siehe WuG 1 , S . 2 0 9 ( M W G 1/22-1). 5 Lukas 14, 13f.: „Sondern, w e n n d u ein Mahl m a c h e s t , so lade die Armen, die Krüppel, die L a h m e n , die Blinden, So bist d u selig; d e n n sie haben's dir nicht zu vergelten; es wird dir aber vergolten w e r d e n in der A u f e r s t e h u n g der Gerechten". 6 Bei Ernst Troeltsch findet sich f o l g e n d e Definition v o n Liebeskommunismus-. „Innerhalb der [urchristlichen] G e m e i n d e selbst aber, klein u n d d e n s e l b e n a l l g e m e i n e n Lebensverhältnissen a n g e h ö r i g wie sie war, blieb d a n n keine a n d e r e Möglichkeit, als die der Organisation eines K o m m u n i s m u s , d e n m a n im U n t e r s c h i e d v o n allem a n d e r n Kom-
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lam zu den fünf absoluten Geboten der Glaubenszugehörigkeit, 7 es ist im alten Hinduismus ebenso wie bei Konfuzius und im alten Judentum das „gute Werk" schlechthin, im alten Buddhismus ursprünglich die einzige Leistung des frommen Laien, auf die es wirklich ankommt, und hat im antiken Christentum nahezu die Dignität eines Sakraments erlangt (noch in Augustins Zeit gilt Glaube ohne Almosen als unecht). 8 Der unbemittelte islamische Glaubenskämpfer, der buddhistische Mönch, die unbemittelten Glaubensbrüder des alten Christentums (zumal der jerusalemitischen Gemeinde) sind ja alle, ebenso wie die Propheten, Apostel und oft auch die Priester der Erlösungsreligionen selbst vom Almosen abhängig, und die Chance des Almosens und der Nothilfe ist im alten Christentum und später bei den Sekten, bis in die Quäkergemeinden hinein, als eine Art von religiösem Unterstützungswohnsitz, eines der ökonomischen Hauptmomente der Propaganda und des Zusammenhalts der religiösen Gemeinde. Daher verliert es sofort mehr oder minder an Bedeutung und mechanisiert sich ritualistisch, wenn eine Gemeindereligiosität diesen ihren Charakter einbüßt. Dennoch bleibt es grundsätzlich bestehen. Im Christentum erscheint trotz dieser Entwicklung das Almosen für einen Reichen als so unbedingt erforderlich zur Seligkeit, daß die
m u n i s m u s d e n religiösen Liebeskommunismus n e n n e n muß. Das ist ein K o m m u n i s m u s , der die G e m e i n s a m k e i t der Güter als Beweis der Liebe u n d d e s religiösen O p f e r s i n n e s betrachtet, der lediglich ein K o m m u n i s m u s der K o m s u m t i o n ist u n d d e n f o r t d a u e r n d e n privaten Erwerb als die Voraussetzung der M ö g l i c h k e i t von S c h e n k u n g und Opfer zur B e d i n g u n g hat. Ihm fehlt vor allem j e d e G l e i c h h e i t s i d e e [...]". (Troeltsch, Soziallehren, S. 49). 7 Diese fünf Pflichten der Moslems, „Säulen" g e n a n n t , b e s t e h e n aus d e m G l a u b e n s b e kenntnis ( s a h ä d a ) , d e n t ä g l i c h e n G e b e t e n (salät), d e m Fasten (saum), der A b g a b e (zakät) u n d der Wallfahrt n a c h M e k k a ( h a g g ) . Die A b g a b e war in der m e k k a n i s c h e n Periode d e s Propheten ein Werk der Frömmigkeit. N a c h der higra erhielt d a s A l m o s e n g e b e n in M e d i n a einen u m f a s s e n d e r e n Sinn und w u r d e zu e i n e m m u s l i m i s c h e n Fürsorgesystem, bei d e m jene, die Einkünfte hatten, diese mit d e n e n teilten, die nicht g e n u g hatten. 8 G e r h a r d Uhlhorn s c h r i e b über die Stellung A u g u s t i n s zur A l m o s e n g a b e : „ G a n z ähnlich schließt A u g u s t i n eine Predigt über A l m o s e n mit d e n Worten: .Gebt d a r u m d e n Armen, ich bitte euch, ich e r m a h n e euch, ich s c h r e i b e e u c h vor, ich befehle es. [...]"'. (Uhlhorn, Gerhard, Die christliche Liebesthätigkeit in der alten Kirche, 2. Aufl. - Stuttgart: D. G u n d e r t 1887, S. 163). Auf S. 168 heißt es: „So k o m m t d e n n a u c h n a c h A u g u s t i n der Liebe ein Verdienst zu, w e n n g l e i c h A u g u s t i n d i e s e s Verdienst als einen Ausfluß der G n a d e betrachtet; u n d hier wurzelt der a u c h bei A u g u s t i n so oft w i e d e r k e h r e n d e Satz, ,daß die A l m o s e n große Kraft haben, die S ü n d e n a u s z u l ö s c h e n u n d zu tilgen'".
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Armen geradezu als ein besonderer und unentbehrlicher „Stand" innerhalb der Kirche gelten. In ähnlicher Weise kehren die Kranken, die Witwen und Waisen als religiös wertvolle Objekte ethischen Tuns wieder. Denn die Nothilfe erstreckt sich natürlich weit über das Almosen hinaus: unentgeltlicher Notkredit und Notversorgung seiner Kinder erwartet man vom Freund und Nachbar, daher auch vom Glaubensbruder - noch die an die Stelle der Sekten tretenden säkularisierten Vereine in Amerika stellen vielfach diese Ansprüche. Und speziell erwartet er n dies von der Generosität der Mächtigen und der eigenen Gewalthaber. Innerhalb bestimmter Grenzen ist ja Schonung und Güte auch gegen die eigenen Gewaltunterworfenen ein eigenes wohlverstandenes Interesse des Gewalthabers, da von deren Gutwilligkeit und Zuneigung, in Ermangelung rationaler Kontrollmittel, seine Sicherheit und Einkünfte weitgehend abhängen. Die Chance, Schutz und Nothilfe von einem Mächtigen zu erlangen, ist andererseits für jeden Besitzlosen, speziell die heiligen Sänger, ein Anreiz, ihn aufzusuchen und seine Güte zu preisen. Überall, wo patriarchale Gewaltverhältnisse die soziale Gliederung bestimmen, haben daher - besonders im Orient - die prophetischen Religionen eine Art von „Schutz der Schwachen", Frauen, Kinder, Sklaven, auch | schon in A 334 Anknüpfung an jene rein praktische Situation schaffen können. So namentlich die mosaische und islamische Prophetie. Dies erstreckt sich nun auch auf die Klassenbeziehungen. Im Kreise der minder mächtigen Nachbarn gilt rücksichtslose Ausnutzung derjenigen Klassenlage, welche der vorkapitalistischen Zeit typisch ist: rücksichtslose Schuldverknechtung und Vermehrung des eigenen Landbesitzes (was beides annähernd identisch ist), Ausnutzung der größeren Kaufkraft durch Aufkauf von Konsumgütern zur spekulativen Ausnutzung der Zwangslage der anderen, als0 ein mit schwerer sozialer Mißbilligung, daher auch mit religiösem Tadel beantworteter Verstoß gegen die Solidarität. Andererseits verachtet der alte Kriegsadel den durch Gelderwerb Emporgekommenen als Parvenü. Überall wird deshalb diese Art des „Geizes" religiös perhorresziert, in den indischen Rechtsbüchern ganz ebenso wie im alten Christentum und im Islam; im Judentum mit dem charak-
n Lies: d e r A r m e
o Fehlt in A; als s i n n g e m ä ß ergänzt.
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teristischen Institut des Schulderlaß- und Freilassungsjahres 9 zugunsten der Glaubensgenossen, aus welchem dann theologische Konsequenzmacherei und Mißverstand einer rein stadtsässigen Frömmigkeit das „Sabbatjahr" konstruierte. Die gesinnungsethische Systematisierung konzipiert aus all diesen Einzelansprüchen die spezifisch religiöse Liebesgesinnung: die „Caritas". In fast allen ethischen Lebensreglementierungen kehrt nun auf ökonomischem Gebiet als Ausfluß dieser zentralen Gesinnung die Verwerfung des Zinses wieder. Gänzlich fehlt sie in der religiösen Ethik außerhalb des Protestantismus nur da, wo, wie im Konfuzianismus, diese eine reine Weltanpassung geworden ist oder, wie in der altbabylonischen Ethik und in den antiken Mittelmeerethiken, das Stadtbürgertum, insbesondere der stadtsässige und am Handel interessierte Adel die Entwicklung einer durchgreifenden karitativen Ethik überhaupt verhindert. In den indischen religiösen Rechtsbüchern gilt wenigstens für die beiden höchsten Kasten das Zinsnehmen als verpönt. 10 Bei den Juden unter Volksgenossen, im Islam und im alten Christentum zunächst unter Glaubensbrüdern, dann unbedingt. Im Christentum ist das Zinsverbot als solches vielleicht nicht ursprünglich. Gott wird nicht vergelten, wo man ohne Risiko leiht, - so wird bei Jesus die Vorschrift: auch den Unbemittelten zu leihen, motiviert. Aus dieser Stelle hat dann ein Lese- P und Übersetzungsfehler das Verbot des Zinses gemacht p A: Lehr9 Das biblische Bundesbuch aus der Zeit vor dem Exil schrieb Israel eine Brache des Landes im siebten Jahr vor (2. Mose 23, 10f.). Diese Vorschrift wurde jedoch offensichtlich kaum mehr eingehalten. Nur so ist zu verstehen, daß die Unterlassung als Grund dafür angesehen wurde, daß Israel ins Exil gehen mußte und daß dem Land auf diese Weise die Sabbatjahre ersetzt werden sollten (3. Mose 26, 34; 2. Chronik 36, 21). Als Nehemia nach dem Exil (432 v. Chr.) die Verhältnisse in der Provinz Juda politisch neu ordnete, vereinbarte er mit den Priestern und Vornehmen Jerusalems schriftlich, daß die Juden in Zukunft im siebten Jahr auf den Ertrag des Boden sowie auf die Haftung für Schulden verzichten sollten (Nehemia 10, 31 bzw. 32). Im Sabbatjahr soll ein Gläubiger seinem „Nächsten oder seinem Bruder" die Schulden erlassen (5. Mose 15, 1 - 3 ) . Vgl. dazu auch oben, S.223, Anm.22. 10 Dazu bemerkte Weber in seiner Hinduismusstudie: „Für beide [den Brahmanen und den Kschatriya] galt das, was der Vaigya tut: das Führen der Landwirtschaft und der Handel (vor allem auch das Geldgeben auf Zins) nicht als primär standesgemäß". Mit „religiösen Rechtsbüchern" ist wohl hauptsächlich die Rechtsliteratur wie die Dharmasästras, darunter besonders die Manusmrti, gemeint (vgl. MWG I/20, S. 118 mit Anm. 6).
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„Welt"
(fir]6ev statt [ir|&ev« djteA.jtü;ovTeg, daraus die Vulgata: „nihil inde sperantes"). 11 Der ursprüngliche Grund der Zinsperhorreszierung liegt durchweg in dem Bittleistungscharakter des primitiven Notdarlehens, welche den Zins „unter Brüdern" als Verstoß gegen die Nothilfepflicht erscheinen lassen mußte. Für die steigende Einschärfung des Verbots im Christentum unter ganz anderen Bedingungen aber waren teilweise andere Motive maßgebend. Nicht etwa das Fehlen des Kapitalzinses infolge der allgemeinen Bedingungen der Naturalwirtschaft, deren „Wiederspiegelung" angeblich das Verbot (nach geschichtsmaterialistischer Schablone) sein sollte. Denn wir sehen gerade im Gegenteil, daß die christliche Kirche und ihre Diener, einschließlich des Papstes, selbst im frühen Mittelalter, also gerade im Zeitalter der Naturalwirtschaft, ganz unbedenklich Zins genommen und erst recht ihn geduldet haben, und daß vielmehr fast genau parallel mit dem Beginn der Entwicklung wirklich kapitalistischer Verkehrsformen und speziell des Erwerbskapitals im Überseehandel die kirchliche Verfolgung des Darlehenszinses entstand und immer schärfer einsetzte. Es handelt sich also um einen prinzipiellen Kampf der ethischen mit
11 L u k a s 6, 3 4 f . : „ U n d w e n n ihr leihet, v o n d e n e n ihr hoffet zu n e h m e n , w a s D a n k s h a b t ihr d a v o n ? D e n n d i e S ü n d e r leihen d e n S ü n d e r n a u c h , auf d a s sie G l e i c h e s w i e d e r n e h m e n . Vielmehr liebet eure F e i n d e ; tut w o h l u n d leihet, daß ihr n i c h t s d a f ü r hoffet, so w i r d euer L o h n groß sein, u n d ihr w e r d e t K i n d e r d e s A l l e r h ö c h s t e n sein". Die Ü b e r s e t z u n g der l a t e i n i s c h e n V u l g a t a v o n L u k a s 6, 3 5 lautet: „Vielmehr liebet eure F e i n d e , tut G u t e s u n d leihet, o h n e e t w a s z u r ü c k z u e r w a r t e n , [ . . . ] " . Laut A d a l b e r t Merx ist a l l e r d i n g s d i e h i e r b e i v o r a u s g e s e t z t e Lesart |xti8ev äneX7u£ovtedfjoig) 66 Untertan der Obrigkeit, es sei denn, daß sie die Sünde von ihm verlangt.*1
h In A bindet die Anmerkung der Erstherausgeber an: sollte dieser Abschnitt weitergeführt werden.
Nach Notizen im Manuskript
get nicht für d e n andern Morgen; denn der morgende Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigne Plage habe". 64 Matthäus 7, 1 6 - 2 0 , besonders 7, 20: „Darum an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen". (Ähnliche A u s s a g e n in Matthäus 12, 33 und Lukas 6, 43f.). 65 Die B e k e h r u n g s g e s c h i c h t e des Paulus findet sich Galater 1 , 1 5 - 2 4 (vgl. auch A p o stelgeschichte 9, 1 - 1 8 ) . 66 Der Terminus lcWicn; (klesis, griech.: „Ruf", „Einladung", „Vorladung vor Gericht") bezeichnet im frühchristlichen S p r a c h g e b r a u c h die göttliche Berufung sowie den sozialen Stand. 1 Korinther 7, 20: „Ein jeglicher bleibe in d e m Beruf, darinnen er berufen ist" (vgl. auch 1. Korinther 7, 17; 7, 24 und Sirach 11, 20f.). Zum Begriff K ^ f j a n ; äußerte sich Weber im Kontext des Berufsbegriffs ausführlich in seiner „Protestantischen Ethik" (Weber, Protestantische Ethik I, S.35ff.).
Anhang
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Fragment einer Manuskriptseite
Im folgenden ist ein einseitiges, handschriftliches Fragment Max Webers als Faksimile abgedruckt und in Transkription wiedergegeben. Es findet sich im Nachlaß Max Weber in der Bayerischen Staatsbibliothek, Deponat Max Weber-Schäfer, Ana 446. Der Bogen ist am linken Rand abgeschnitten und von Max Weber mit schwarzer Tinte beschrieben. Von dritter Hand sind am oberen linken Blattrand der Zusatz „VII. Abschn. 97" sowie zwei Unterstreichungen mit blauem Stift im Text eingefügt. Letztere stammen vermutlich vom Setzer, der zwei Worte nicht lesen konnte. Bei dem vorliegenden handschriftlichen Fragment handelt es sich daher mit größter Wahrscheinlichkeit um die direkte Druckvorlage zu Seite 292 der Erstausgabe von „Wirtschaft und Gesellschaft". Die Edition (oben, S. 278, Zelle 16 bis S. 280, Zeile 24) folgt der Erstausgabe und berücksichtigt das Manuskript Max Webers an den Stellen, wo es sich bei den Erstherausgebern um fehlerhafte Lesungen und sinnverändernde Abweichungen handelte. Die Transkription des Manuskripts erfolgt mit den in der Briefedition üblichen diakritischen Zeichen.
Aber zweifellos gab es andrerseits |:schon in vorchristlicher Zeit:] im hellenistischen Orient [...] durch die |:verschiedenen:! sozialen Schichten hindurchreichenden Intellektualismus, [...] den verschiedenen |:sacramentalen:| Erlösungsculten und Weihen durch Allegorese 3 [...] Spekulation ähnliche |::| |:soteriologische:| Dogmatiken produzierte 0 , wie die wohl [...] meist den Mittelschichten angehörigen Orphiker es gethan hatten, [.. .]ns einem Diaspora- c Schriftgelehrten wie Paulus waren diese Mysterien [...] - der Mithrascult war in Kilikien als Seeräuberglauben [...Jus' Zeit verbreitet, wenn |:er:| auch |:speziell:| in Tarsos erst | :in: | nachchristlicher [...] ausdrücklich inschriftlich bezeugt ist -1 :sicher wohl: | bekannt und verhaßt, [.. .Jich aber liefen d soteriologische Hoffnungen der verschiedensten Prägung [...] des Judentums, zumal des Provinzialjudentums |:seit langem:| neben einander, [...] neben den Zukunftsmonarchen des herrschenden jüdischen [...] schon in prophetischer Zeit der auf dem Lastesel e einziehende König [...] Leute stehen und die Idee' des „Menschensohnes" (eine [,..]t werden können. An jeglicher complizierten, über den reinen am [...] |:oder die schlichte Weissagung eines guten Zukunftskönigs, der irgendwo schon verborgen sitzt,: | hinausgehenden, |: Abstraktionen 9 entfaltenden und 9 kosmische Perspektiven |:eröffnenden:|:| Soteriologie aber ist stets der [...Jtualismus, |: [d]er vornehme oder der Pariaintellektualismus,:| irgendwie beteiligt. a Wort mit blauem Stift unterstrichen,
d bildeten > liefen
e Esel > Lastesel
b schuf > p r o d u z i e r t e
f Figur > Idee
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Diaspora-
g oder > entfaltenden und
450
Anhang:
Fragment
einer
Manuskriptseite
[,..]s Schriftgelehrtentum nun und der dadurch gepflegte |:Kleinbürger:|Intellek[...]mus drang |: [...] Judentum aus:| auch in das Frühchristentum ein. Paulus h ist ein sehr hervorragender Vertreter des Typus (nur daß in ihm freilich [...] |:Spezifischeres:| als nur dies Element steckt); seine „Gnosis" konnte, obwohl sie dem [...] das spekulative |:hellenistische-orientalische:| Intellektuellentum darunter verstand, sehr fremd ist, [...]rhin später dem Marcionitismus1 Anhaltspunkte [...]) Sein Dualismusk von „Fleisch" und „Geist", [...] in eine andre Conzeption eingebettet, hat1 dennoch auch [...]andtschaft mit der Stellungnahme der ^typischen:! Intellektuellensoteriologie [...] Sinnlichkeit, eine verrnutlich m etwas oberflächliche Bekanntschaft mit [.. .]nischer Philosophie scheint "vorhanden. Vor" Allem ist seine Bekehrung [...] nur eine Vision im Sinn des halluzinatorischen Sehens, sondern zugleich [...]|:n pragmatischen:! Zusammensehens des | :persönlichen:| Schicksals des Auferstandenen mit den ihm wohlbekannten allgemeinen Conzeptionen p [..Orientalischen Heilandssoteriologie und ihrer Cultpragmatiken, in welche [...] ihm nun die Verheißungen der jüdischen Prophetie einordnen. Seine [...]teln sind in ihrer Argumentation höchste Typen der Dialektik [...] kleinbürgerlichen Intellektualismus: q man staunt, [...]hes Maß von direkt „logischer Phantasie" |:in einem Schriftstück wie dem Römerbrief:| bei den Schichten, an die [...] sich wendet, vorausgesetzt wird, und [.. .]erdings ist ja wohl nichts sicherer, als [...] nicht seine Rechtfertigungslehre, sondern seine Conzeptionen der Beziehung [...]ischen Pneuma und Gemeinde und die Art der |:relativen:| Anpassung an die [...]tagsgegebenheiten r der Umwelt |:damals:| wirklich rezipiert wurden.
h Es folgt ein Einschubzeichen; der entsprechende Text fehlt. i Mit blauem Stift unterstrichen, j Es folgt ein Einschubzeichen; der entsprechende Text fehlt, k Begriff > Dualismus I enthält > hat Unsichere Lesung; es könnte auch entbehrt heißen. m vielleicht > wohl > vermutlich n vorhanden; vor > vorhanden. Vor o Unleserlich. Es könnte auch sehr heißen. p Gedankengängen > Conzeptionen q Intellektualismus, eingestellt auf die > Intellektualismus: r tagsbedürfnisse > tagsgegebenheiten
Verzeichnisse und Register
Personenverzeichnis
Dieses Verzeichnis berücksichtigt nur Personen, die im Text Webers selbst Erwähnung finden, mit Ausnahme allgemein bekannter Persönlichkeiten. Mythische Personen und Dynastien werden im Glossar aufgeführt. Abraham (ursprüngl.: 'abräm) (beide Namen entsprechen in der Bedeutung der Grundform 'äbträm, sem.: „[mein] Vater ist erhaben". In 1. Mose 17, 5 wird der Name Abraham als „Vater einer Menge" (hebr.: ab-hamon) gedeutet. Religiöser Stammvater des Judentums, des Christentums und des Islam und Träger der Verheißung Gottes; 1. Mose 1 2 - 1 5 schildert seinen Auszug aus dem chaldäischen Ur ins Land Kanaan und seine weitere Lebensgeschichte. Achan;7i. (hebr.): 'Äkän (unsichere Namensbedeutung). Biblische Gestalt. Josua 7, 1 - 2 6 berichtet, daß Achan Im eroberten Jericho, auf dem Jahwes Bann lag, trotz Zutrittsverbots geplündert habe. Dies habe den Zorn Jahwes auf das gesamte israelitische Volk nach sich gezogen; -H> Josua stellte den Frevler und Heß ihn mitsamt seiner ganzen Familie steinigen. Aeschylos; Tl. (griech.): Aischylos (525/4-456/5 v. Chr.). Athenischer Tragiker. Führte den Auftritt mehrerer Schauspieler sowie bühnentechnische Innovationen ein. Neben Fragmenten sind sieben seiner Tragödien erhalten. Alexander (III.) der Große (Juli 3 5 6 - 1 3 . 6. 323 v. Chr.). König von Makedonien (seit 336 v. Chr.) und Gründer eines Großreiches, das sich seit 327/326 v. Chr. bis nach Indien erstreckte. Einer der bedeutendsten Feldherren und Eroberer der Antike. Alexandros Jannaios. König der Makkabäer ( 1 0 3 - 7 7 v. Chr.). Hohepriester und Herrscher der Juden. Führte Kriege gegen die Ptolemäer, Seleukiden und Nabatäer, Moabiter und Galaaditer und trug einen sechsjährigen Bürgerkrieg mit den Pharisäern aus. Ali; Tl. (arab.): 'Ali b. Abi Jällb (um 6 0 0 - 2 4 . 1 . 6 6 1 ) . Vetter und Schwiegersohn Muhammeds, dessen Tochter Fatima er heiratete, vierter Kalif (seit 656). Vater des Muhammed b. Al-Hanaflya. Nach Muhammeds Tod 632 kam es zum Konflikt zwischen Ali und Abu Bakr um die Leitung der Gemeinde. Alis Anhänger bildeten die „Schla", die „Partei Alis". All gilt den Schiiten als erster Imam. Amenophis IV. (ägypt.: „Amun ist zufrieden"); benannte sich um in Echnaton(ägypt.: „dem Aton wohlgefällig"). Ägyptischer Pharao ( 1 3 7 8 - 1 3 6 1 v.Chr.). Verlegte die Reichshauptstadt von Theben nach Achet-Aton (Tell-el-Amarna) In Mittelägypten; sein religiöser Reformversuch, die ausschließliche Verehrung des Gottes Aton (der Sonnenscheibe als Lebensspenderin) zu fordern, wurde nach seinem Tod von den ägyptischen Amunpriestern rückgängig gemacht. Er erhob die gesprochene Sprache zur Schriftsprache.
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Personenverzeichnis
Arnos;Tl. (hebr.): Amasja („Jahwe trägt"). Biblischer Prophet; zuvor Hlrte a u s T e k o a an der Grenze der Wüste J u d a w ä h r e n d der Regierungszeit Jerobeams II. ( 7 8 3 - 7 4 3 v.Chr.). Arnos betonte die ethischen Forderungen der Jahwereligion, w a n d t e sich g e g e n Korruption, soziale Ungerechtigkeiten und rein formale Riten; kündigte für den „Tag Jahwes" ein göttliches Strafgericht über Israel an. Anselm von Canterbury ( 1 0 3 3 / 3 4 - 2 1 . 4.1109). Benediktinerabt, Erzbischof von Canterbury. Bekämpfte den weltlichen Einfluß auf die Kirche. Mitbegründer der mittelalterlichen Scholastik; die Wahrheit des Glaubens war für ihn nur über die Vernunft zu erreichen („Credo ut intelligam"; „ich glaube, um zu verstehen"); versuchte, einen ontologischen Gottesbeweis zu erbringen. Arnold von Brescia (um 1 1 0 0 - c a . 1155). Augustiner, Schüler und Freund des Abaelard. Kämpfte g e g e n die Verweltlichung von Klerus und Kirche, g e g e n weltlichen Besitz der Kirche, betonte das A r m u t s g e b o t der Evangelien und trat für eine asketische Lebensführung der Kleriker ein; lebte nach der Verbannung aus Italien 1139 in Frankreich, w u r d e aus Frankreich vertrieben, g i n g nach Zürich und endlich nach Rom, wo er hingerichtet wurde. Seine Anhänger, die Arnoldisten oder Lombarden, hielten sich in Oberitalien und verschmolzen allmählich mit den Waldensern. Artaxerxes; J\. (iran.); Artachsasa („der ein Reich der Gerechtigkeit hat"). Name mehrerer persischer Könige. Das biblische Buch Esra ( 7 , 1 3 - 2 6 ) überliefert den „Erlaß des Artaxerxes", ein Dokument, d a s ^ Esra bevollmächtigt, nach der Babylonischen Gefangenschaft Israels das mosaische Gesetz unter den Heimkehrern in Jerusalem wieder zu etablieren. A u f g r u n d der a b w e i c h e n d e n Chronologien in d e n Büchern Esra und Nehemia ist es unsicher, o b Artaxerxes I. ( 4 6 5 - 4 2 5 / 2 4 v. Chr.) oder Artaxerxes II. ( 4 0 4 - 3 5 9 v. Chr.) gemeint ist. Äschylos
-»Aeschylos.
Athanasius ( 2 9 5 - 2 . 5 . 3 7 3 ) . Bischof von Alexandrien (ab 328); griech. Kirchenvater. G e g ner des alexandrinlschen Presbyters Arius und dessen Lehre über die Wesensungleichheit von Gott und Christus. Athanasius wurde fünfmal verbannt. Augustin(us), Aurelius ( 1 3 . 1 1 . 3 5 4 - 2 8 . 8.430). Kirchenlehrer. Seit 396 Bischof von H i p p o Regius in Nordafrika; bekämpfte in seinem Bischofsamt den Manichäismus, d e m er vor seiner Konversion zum Christentum als Auditor v e r b u n d e n war; Gegner des Donatismus und der Anhänger des Pelaglus; lehrte die göttliche Vorherbestimmtheit des Menschen; g a b d e m Trinitätsdogma seine endgültige Form; sein literarisches Hauptwerk ist „De civitate Del". Augustus (elgentl.: Galus Octavius, nach seiner Adoption: Octavian(us)) (63 v . C h r . - 1 4 n. Chr.). Römischer Kaiser (ab 27 v. Chr.). Adoptivsohn Caesars. Der Ehrentitel „augustus" (tat.: „der Erhabene") w u r d e ihm vom Senat am 16. Januar 27 v. Chr. verliehen. Der Titel hatte sakralen Charakter und wurde Bestandteil der Kaisertitulatur. Augustus belebte als Pontifex Maximus die römischen Kulte neu und ließ verfallene Tempelanlagen restaurieren; seine Hausgottheit, die Vesta Augusta, verknüpfte er mit d e m Staatskult; genoß bereits zu Lebzelten als „Imperator Caesar Divi Filius" göttliche Verehrung; wurde nach seinem Tod v o m römischen Senat zum Gott erklärt.
Personenverzeichnis
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Bartholomae, Christian ( 2 1 . 1 . 1 8 5 5 - 9 . 8 . 1 9 2 5 ) . Iranist und Indogermanist. Studium in Erlangen, München und Leipzig, 1879 Habilitation in Halle; 1884 a.o. Professor ebd., 1885 in Münster, 1898 o. Professor für indogermanische Sprachen In Gießen, 1909 In Straßburg und Heidelberg. Baudelaire, Charles ( 9 . 4 . 1 8 2 1 - 3 1 . 8.1867). Französischer Dichter, Kunstkritiker und Essayist. Seine bekanntesten Werke sind „Les fleurs d u mal" (1857) und „Petits p o è m e s en proses" (1868). Er entwarf eine neue Ästhetik, die über d e n klassischen Schönheitsbegriff hinausging und auch d e m Bösen und Häßlichen einen ästhetischen Wert zubilligte. Baxter, Richard ( 1 2 . 1 1 . 1 6 1 5 - 8 . 1 2 . 1 6 9 1 ) . Englischer Reformtheologe und Puritaner. 1645 Kaplan In Cromwells Armee; 1649 Pfarrer in Kldderminster, einer westengilschen Stadt in der Grafschaft Worcester; gründete nach der Stuart-Restauration 1653 die „Worcester Association"; 1662 A m t s e n t h e b u n g als Pfarrer w e g e n seiner puritanischen Gesinnung; mehrjährige Haft. Einer der Vorläufer des Pietismus. Beatrice (ca. 1 2 6 6 - 1 2 9 0 ) . J u g e n d l i e b e von -¡> Dante Alighieri. Gattin des Simone d e Bardi. Sie wird mit Bice, der Tochter des Folco Portinah Identifiziert, eines w o h l h a b e n d e n und wohltätigen Nachbarn von Dantes Familie. Sie starb im Alter von 24 Jahren, nach Dantes A n g a b e im Juni 1290. Die literarische Figur der Beatrice In Dantes „Divina Comedia" verkörpert die Führerin des Dichters zu Gott. Bernhard von Clairvaux ( 1 0 9 0 - 2 0 . 8 . 1 1 5 3 ) . Theologe und Kirchenlehrer. Abt von Cialrvaux und Förderer der Zisterzienser. In seinen Predigten über das erotisch gefärbte, alttestamentliche Hohelied entwickelte er seine „Mystik der Jesusliebe", die Innige Verehrung Jesu als Bräutigam der Seele. Bousset, Wilhelm ( 3 . 9 . 1 8 6 5 - 8 . 3 . 1 9 2 0 ) . Evangelischer Theologe. Theologiestudium In Erlangen, Leipzig und Göttingen; 1889 Privatdozent; 1896 a.o. Professor für neutestamentliche Theologie und Exegese in Göttingen; 1916 Berufung nach Gießen durch die Fürsprache Adolf von Harnacks. Mitbegründer der sog. „Religionsgeschichtlichen Schule" in Göttingen, die J u d e n t u m und Christentum als historische Erscheinungen im Kontext der antiken Rellglonsgeschlchte studierte. Seine H a u p t f o r s c h u n g s g e b i e t e waren das antike Judentum, Jesus sowie das Urchristentum. Bousset war mit Ernst Troeltsch befreundet. Breysig, Kurt ( 5 . 7 . 1 8 6 6 - 1 6 . 6 . 1 9 4 0 ) . Kulturhistoriker. 1889 Promotion zum Dr. phll. in Berlin bei Gustav Schmoller, 1892 Habilitation ebd.; 1896 a.o. Professor für neuere Geschichte, 1 9 2 3 - 3 4 o. Professor für Soziologie in Berlin. Seine empirischen Forschungen sollten universalhistorische Entwicklungsgesetze nachweisen, nach d e n e n sich die Menschheit zu immer höheren Kulturstufen entwickelt. Buddha^
Siddharta.
Calvin, Johannes (eigentl.: Jean Cauvin) ( 1 0 . 7 . 1 5 0 9 - 2 7 . 5 . 1 5 6 4 ) . Theologe und Reformator, der vor allem in Genf wirkte; sein theologischer Einfluß, insbesondere seine Prädestinationslehre, prägte die reformatorische Entwicklung in weiten Teilen Europas. Camlllus (eigentl.: Marcus Furius Camlllus) (gest. ca. 365 v. Chr.). S a g e n u m w o b e n e r römischer Politiker; Mitglied der etruskischen gens Furia. Begann seine Ämterlaufbahn 403 v. Chr. als Zensor, hatte sechs Konsulartribunate Inne; 396 v. Chr. Eroberung der etruskl-
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Personenverzeichnis
sehen Stadt Veji nördlich von Rom. Erfolgreicher Kampf gegen fremde Eroberungsversuche. Qankara; Tl. (Skt.): Sankara („er, der Segen bringt") (6. Jahrhundert n. Chr.; seine Lebensdaten: 7 8 8 - 8 2 0 , sind später konstruiert). Hinduistischer Metaphysiker und religiöser Führer. Gilt als Vedantaphilosoph und Hauptvertreter des Advaita (einer monistischen Richtung des Vedanta, in der die Schöpfung, das Atman und das Brahman Identisch sind). Ihm werden zahlreiche Kommentare zu den Upanishaden, der Bhagavadglta (ein ins Mahabharata, einem altindischen Epos, eingefügtes Lehrgedicht) sowie selbständige Werke zugeschrieben. Charondas (wahrscheinlich zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts v.Chr.), Gesetzgeber aus Katane. Auf ihn werden die Gesetze der chalkidischen Kolonien Sizilien und Unteritalien zurückgeführt, über deren Inhalte es keine zuverlässigen Quellen gibt. Piaton und Diodorus Siculus erwähnen Charondas in ihren Schriften. Commodus (eigentl.: Marcus Aurelius Gaius Antonlnus) ( 1 6 1 - 3 1 . 1 2 . 1 9 2 ) . Römischer Kaiser. 177 wurde er zum Augustus ernannt; seit 1 7 . 3 . 1 8 0 Alleinherrscher. Als Garant eines „goldenen Zeitalters" (Saeculum Commodlanum) förderte er die Kulte der orientalischen Mysteriengötter und -göttinnen und war auch den Christen gegenüber tolerant; Gegner im Senat ließen ihn ermorden. Condä->
Louis I. de Bourbon.
Cromwell, Oliver ( 2 5 . 4 . 1 5 9 9 - 3 . 9 . 1 6 5 8 ) . Englischer Heerführer und Staatsmann. Seit 1628 Mitglied des Unterhauses; 1 6 4 0 - 5 3 Mitglied des „Langen Parlaments" und einer der Führer gegen die absolutistische Politik Karls I. Cromwell ließ als Oberhaupt des Staatsrates 1649 den König hinrichten und proklamierte das „Commonwealth of England". Seit 1653 Lord-Protector. Dante Alighieri (Mai 1 2 6 5 - 1 4 . 9.1321). Italienischer Dichter, Verfasser des allegorischen Lehrgedichtes „Dlvina Comedia". Anhänger der antipäpstlichen Guelfenpartei, wurde 1302 aus Florenz verbannt. Deissmann, Gustav Adolf ( 7 . 1 1 . 1 8 6 6 - 5 . 4 . 1 9 3 7 ) . Evangelischer Theologe und Religionshistoriker. 1892 Habilitation In Marburg; 1 8 9 5 - 9 7 Lehrer des Theologischen Seminars Herborn; 1 8 9 7 - 1 9 0 8 o. Professor In Heidelberg und 1 9 0 8 - 1 9 3 4 in Berlin; 1914 Mitglied der Preußischen Generalsynode; 1 9 1 4 - 2 1 Herausgeber des „Evangelischen Wochenbriefes". Gehörte zu den Gründern und Führern der „Ökumenischen Bewegung". Gründete In Heidelberg den religionswissenschaftlichen „Eranos"-Krels (erste Protokolleintragung von 1904), an dem sich auch Max Weber beteiligte. Dezius (eigentl.: Gaius Messius Quintus Traianus Decius ) (um 2 0 0 - 2 5 1 ) . Römischer Kaiser (249-251). Im Juni 249 wurde er von den Truppen zum Imperator ausgerufen. Im Herbst 249 ordnete er nach einer supplicatlo, einem Befehl, den römischen Göttern zu opfern, die erste reichsweite Verfolgung der sich verweigernden Christen im römischen Reich an. Sie dauerte bis zu seinem Tod im Kampf gegen die über die Donau vordringenden Goten. Diokletian (eigentl.: Gaius Aurelius Valerius Dlocletlanus) (nach 2 3 0 - 3 . 1 2 . 3 1 3 ) . Römischer Kaiser ( 1 7 . 1 1 . 2 8 4 - 3 0 5 ) . Gemeinsam mit Maximlanus, Constantius I. und Galerlus
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bildete er eine Tetrarchle, eine Viererherrschaft. Diokletian erhob den Kult des Gottes Jupiter zum verbindlichen Staatskult, ging 297 gegen die Manichäer vor. Er sicherte die Reichsgrenzen gegen Germanen und Perser, teilte die Mehrzahl der Provinzen in kleinere Verwaltungsgebiete auf, setzte eine Steuerreform und Münzordnung durch. 301 Erlaß eines Höchstpreisedikts. Eine Christenverfolgung unter Diokletian begann mit mehreren Edikten aus dem Jahr 303, die die Christen ihrer Kirchen, heiligen Schriften und liturgischen Geräte beraubten. Durch ein Edikt von 304 wurde der Opferzwang für die römischen Götter verschärft; bei Nichteinhaltung drohte Zwangsarbelt oder Tod. Die Repressalien gegenüber den Christen dauerten bis 311 an, obwohl Diokletian bereits 305 abdankte. Dostojewsky; Tl. (russ.): Dostoevskij, Fedor Michajlovic ( 1 1 . 1 1 . 1 8 2 1 - 9 . 2 . 1 8 8 1 ) . Russischer Dichter. 1 8 3 8 - 4 3 Studium an der Militäringenieursschule in Sankt Petersburg; Anhänger der später als „utopischer Sozialismus" bezeichneten Bewegung. 1849 Verhaftung wegen Mitgliedschaft in einem politischen Geheimbund, acht Monate später zum Tode verurteilt, zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe in Sibirien begnadigt (1850-54); 1859 Rückkehr nach Rußland. Herausgeber mehrerer Zeitschriften. Dvorak, Rudolf ( 1 2 . 1 1 . 1 8 6 0 - 1 . 2 . 1 9 2 0 ) . Orientalist und Begründer der tschechischen Orientalistik. 1884 Privatdozent, 1890 a.o. Professor, 1896 o. Professor an der tschechischen Universität in Prag. Kenner der hebräischen, arabischen, persischen und türkischen Sprache, der chinesischen Kultur- und Literaturgeschichte. Sein zweibändiges Werk „Chinas Religionen" (Confuclus 1895 und Lao-tsi 1903) zählten zu den bedeutendsten Arbelten über China zu seiner Zeit. Er übersetzte Teile des Alten Testaments (Ruth, Psalmen, Hiob) und das chinesische Shu-ching („klassisches Buch der Urkunden"), eine angeblich von Konfuzius vorgenommene Zusammenstellung von historischen und mythologischen Texten, die teilweise aus dem 10. bis 5. Jahrhundert v. Chr. stammen, ins Tschechische. 1908 Herausgeber der Poesie des türkischen Lyrikers Baki. Echnaton->
Amenophls IV.
Eckhardt, Meister Eckhart oder Eckehart (ca. 1 2 6 0 - v o r 30.4.1328). Mystiker, Dominikaner. Hauptvertreter der deutschen Mystik, Lehrer von Johannes -> Tauler und Heinrich Seuse; lehrte die Rückkehr der menschlichen Seele zu Gott und die zu erstrebende Einheit des begnadeten Menschen mit Gott, die „Unio mystica". 1326 eröffnete Erzbischof Heinrich von Virneburg ein Häresieverfahren gegen ihn; 1329 verurteilte P a p s t e Johannes XXII. In seiner Bulle „In agro domlnico" einige von Eckharts Lehrsätzen. Egidy, Christoph Moritz ( 2 9 . 8 . 1 8 4 7 - 2 9 . 1 2 . 1 8 9 8 ) . Preußischer Offizier. Verfechter eines dogmenfreien Christentums. 1890 Veröffentlichung seiner Schrift „Ernste Gedanken", in der er die kirchlichen Dogmen und die christlichen Wundererzählungen verwarf; daraufhin im gleichen Jahr Ausschluß aus dem Militärdienst; Herausgeber der Zeitschriften „Das einige Christentum" (ab 1892) und „Versöhnung" (ab 1894). £//a;TI. (hebr.): 'Elijjä („Jahwe ist Gott") (griech.; Elias). Biblischer Prophet des 9. Jahrhunderts v. Chr. im Nordreich. Militanter Bekämpfer des kanaanitischen Baalglaubens; wurde der Legende nach in einem Feuerwagen in den Himmel entrückt. Der Elia-Zyklus ist in 1. Könige 1 7 - 2 . Könige 2 aufgezeichnet. Empedokles ( 4 8 3 - 4 2 3 v.Chr.). Griechischer Vorsokratiker, Arzt, Philosoph, Priester. Schöpfer der klassischen Lehre von den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft; er ging
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davon aus, daß es weder Werden noch Vergehen gibt, sondern nur M i s c h u n g u n d Trennung; zwei fragmentarische Dichtungen („Über die Natur" und die „Reinigungen") sind erhalten. Erasmus von Rotterdam (seit 1496 nannte er sich Erasmus Desiderius) ( 2 8 . 1 0 . 1 4 6 6 12. 7.1536). Theologe und Humanist. 1492 Priesterweihe; 1 4 9 5 - 9 9 Theologiestudium in Paris, 1 5 0 6 - 0 9 in Italien, 1506 Promotion ebd., 1 5 0 6 - 1 4 Aufenthalt in L o n d o n bei Thomas Morus. Erasmus übte Kritik an der Macht des Klerus und am Reliquienkult. Er verwarf Martin Luthers Bestreitung der menschlichen Willensfreiheit und d e s s e n Position im Bauernkrieg. 1516 Veröffentlichung einer eigenständigen Exegese des Neuen Testaments, zwischen 1520 und 1530 erschienen Neubearbeitungen der Werke einiger Kirchenväter. Erasmus versuchte, zwischen den verschiedenen Konfessionen zu vermitteln. Esra; Tl. (hebr.): 'Ezra („Gott ist Hilfe"). Schriftgelehrter aus priesterlichem Geschlecht. Beamter („Schreiber") für jüdische Angelegenheiten am Hof des Perserkönigs Artaxerxes (I. oder II.); kehrte nach d e m Babylonischen Exil mit einer großen G r u p p e von J u d e n nach Jerusalem zurück; stellte d e n Jahwekult wieder her (Esra 3) u n d annullierte die Ehen von Juden mit Nicht-Jüdinnen (Esra 9 und 10). Fox, George (Juli 1 6 2 4 - 1 3 . 1 . 1 6 9 1 ) . Begründer der Quäker. Zunächst Schuhmacher, brach er 1643 mit seiner bisherigen Lebensweise, zog durch Mittelengland, suchte Gespräche mit Klerikalen und Sektierern; hatte mehrere Auditionen, in d e n e n er Gottes Stimme zu hören glaubte; wurde mehrfach inhaftiert; 1652 Niederlassung in Swarthmoor Hall, rasche G e m e i n d e b i l d u n g ; a b 1670 Missionsreisen nach Westindien, Nordamerika, Deutschland und Holland. Fox vermutete ein „inneres Licht" (gestützt auf J o h a n n e s 1, 9) in j e d e m Menschen, das zur Erleuchtung führt. Er forderte für seine G e m e i n d e n die Autonomie von kirchlichen Institutionen, der Bibel und den Sakramenten; b e k ä m p f t e Sklaverei, Luxus und Trunksucht; trat für die Gleichberechtigung der Frauen ein. Francke, August Hermann ( 2 2 . 3 . 1 6 6 3 - 8 . 6 . 1 7 2 7 ) . Hauptvertreter des Halleschen Pietismus. Studium in Erfurt, Kiel und Leipzig; 1685 Magister der Theologie. 1687 hatte er in Lüneburg ein Bekehrungserlebnis. In Leipzig, wo er seit 1689 Dozent war, hielt er unter d e m Einfluß Philipp Jakob - > Speners „erweckliche theologische Vorlesungen" (Collegia biblica) und wurde d e s h a l b 1690 aus Leipzig vertrieben. 1690 Diakon an der Augustinerkirche in Erfurt; erhielt nach kurzer Zeit Vorlesungs- und Versammlungsverbot u n d mußte Erfurt verlassen; 1692 Berufung als Professor für orientalische Sprachen an die Universität Halle, gleichzeitig Pfarrer an der Georgenkirche in Glaucha bei Halle; 1698 Professor der Theologie; 1715 Pfarrer an der Ulrichskirche in Halle. Francke gründete und leitete die nach ihm benannten „Franckeschen Stiftungen", Erziehungsanstalten für Kinder unterschiedlicher sozialer Herkunft, die teilweise mit Waisenhäusern v e r b u n d e n waren und in denen Kinder „zur beständigen Furcht und Liebe des allgegenwärtigen Gottes" erzogen werden sollten. Den Schulen angegliedert waren die Ostindische Missionsgesellschaft (1705) und die Cansteinsche Bibelanstalt (1710). Seit 1946 sind die „Franckeschen Stiftungen" der Universität Halle angegliedert. Frank, Dr. Die gemeinte Person konnte nicht zweifelsfrei identifiziert werden. Franziskus, Franz von /Ass/s/' ( 1 1 8 1 / 8 2 - 3 . 1 0 . 1 2 2 6 ) . Gründer des Franziskanerordens. Sein Bekehrungserlebnis von 1204/05 führte ihn zu einer Lebensweise in Armut und Demut; seit etwa 1211 bildeten sich in Italien, später in ganz Europa, franziskanische Bruder-
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schatten, aus denen 1223 mit päpstlicher Bestätigung der Franziskanerorden hervorging; 1228 Heiligsprechung. AI Ghazzali;J\. (arab.): A b u Hamid M u h a m m e d b. M u h a m m e d Al-Tüsi A l - S ä f i (um 1 0 5 9 1 9 . 1 2 . 1 1 1 1 ) . Islamischer Denker und Theologe. Nach seiner Lehrtätigkeit an der Hochschule in B a g d a d w a n d t e er sich d e m Suflsmus zu, den er als Methode der inneren Vervollkommnung des M e n s c h e n verstand, und lebte fortan als w a n d e r n d e r Derwisch; im Anschluß an seine Mekkawallfahrt im Jahr 1097 lebte er mehrere Jahre in Z u r ü c k g e z o g e n heit; Ghazzali lehrte, daß die eigene Erfahrung die einzige zuverlässige Quelle der Gotteserkenntnis sei; Kritiker des Avicenna (Ibn Sinä, 9 8 0 - 1 0 3 7 ) und des al-Faräbl ( 8 7 0 950). Gideon (hebr.: „ H a u d e g e n " , auch: „mit verletzter Hand"). Biblischer Richter Israels aus d e m Stamm Manasse (Richter 6, 11 - 8 , 32); erhielt von Jahwe den Auftrag, das Volk Israel von den Mldianitern zu befreien. Goliath. Legendärer Held der Philister. Zeichnete sich durch seine Körperkraft und seine Ausrüstung aus. I . S a m u e l 4 0 - 5 4 schildert seinen Kampf g e g e n den noch j u g e n d l i c h e n David, d e n späteren König Israels, der ihn tötete. Gregor (I.) der Große ( 5 4 0 - 1 1 . 3 . 6 0 4 ) . Papst (seit 3 . 9 . 5 9 0 ) . Kirchenlehrer, Benediktinermönch. 572/73 römischer Stadtpräfekt; Gründer des Benediktinerklosters Sankt Andreas In Rom; 577 Weihe zum Regionaldiakon; Neuordnung der Verwaltung des päpstlichen Grundbesitzes; Auseinandersetzungen mit den Langobarden. Gregor der Große g a b erste Anstöße zur Christianisierung Britanniens, förderte Kirchengesang und Liturgie; Nam e n s g e b e r der „Gregorianischen Gesänge". Gregor VII. (Klostername: Hildebrand; um 1 0 2 0 - 2 5 . 5 . 1 0 8 5 ) . Papst (seit 2 2 . 4 . 1 0 7 3 ) und Kirchenreformer. Er setzte eine Kirchenreform in Gang, die den päpstlichen Jurisdiktionsund Lehrprimat und die Unterordnung des weltlichen Herrschers unter den Papst forderte. Zugleich bekämpfte er den Kauf geistlicher Ämter (Simonie) und die Priesterehe. Seine Forderungen formulierte Gregor VII. im „Dictatus Papae". 1075 Erlaß des Verbotes der Laieninvestitur (der Besetzung der Bischofsstühle u n d Abtelen durch weltliche Herren, speziell des Königs oder Kaisers), was zum Investiturstreit mit König Heinrich IV. führte. Guttmann, Julius ( 1 5 . 4 . 1 8 8 0 - 2 0 . 5 . 1 9 5 0 ) . Religionsphilosoph. 1919 Dozent für jüdische Religionsphilosophie an der Hochschule für die Wissenschaft des J u d e n t u m s in Berlin; 1934 Emigration nach Jerusalem; o. Professor an der Hebräischen Universität e b d . Rezensierte 1913 Im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" Werner Sombarts Buch „Die Juden und das Wirtschaftsleben". Hadrian (eigentl.: Publius Aelius Hadrianus) (24.1. 7 6 - 1 0 . 7.138). Römischer Kaiser (seit 117). Er ließ die römischen Provinzen ausbauen, führte eine Heeresreform durch, stärkte die Stellung des Senats, reformierte die Rechtsprechung. Hadrians Absichten, in Jerusalem die römische Kolonie Aelia Capitolina zu gründen und an die Stelle des alten Jerusalemer Jahweheiligtums einen Tempel für Jupiter Capitolinus zu errichten, führten z u m jüdischen Aufstand unter Bar-Kochba ( 1 3 2 - 3 5 ) . Nach der Einnahme Jerusalems durch die Römer und der Vernichtung der jüdischen W i d e r s t a n d s g r u p p e n wurde aus J u d ä a die römische Provinz Syria Palästina.
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Hammurabi (auch: Hammurapi) (ca. 1 7 2 8 - 1 6 8 6 v.Chr.). Altbabylonischer Herrscher. Sechster König der 1. Dynastie von Babylon. Reformer der Rechtsprechung; richtete eine zentralistisch organisierte Verwaltung ein; der 1902 publizierte „Codex Hammurapi", der auf älteren sumerischen und babylonischen Rechtssammlungen fußte, regelte Fragen des öffentlichen und privaten Rechts auf der Basis von Talionsrecht; der Gott Schamas sollte die Gerechtigkeit der Gesetze garantieren. Harnack, Adolf (seit 1914) von ( 7 . 5 . 1 8 5 1 - 1 0 . 6 . 1 9 3 0 ) . Evangelischer Theologe. 1873 Promotion in Leipzig, 1874 Habilitation ebd.; 1876 a.o. Professor für Kirchengeschichte ebd., 1879 o. Professor in Gießen, 1886 in Marburg, 1 8 8 8 - 1 9 2 1 in Berlin; 1890 Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses, dessen Vorsitzender er von 1 9 0 3 - 1 1 war; 1 9 0 5 - 2 1 Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek; Begründer und erster Präsident der 1911 ins Leben gerufenen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften; aus seinem Schülerkreis konstituierte sich 1886/87 die „Christliche Welt"; 1892 trat er im sog. „Apostolikumsstreit" für eine zeitgemäße Neufassung des apostolischen Glaubensbekenntnisses ein; 1893/94 war er führend an der Bewegung gegen den Agendenentwurf der preußischen Landeskirche beteiligt. Harnack trat schon früh unter dem Einfluß von Albrecht Ritsehl für eine historische Betrachtung des Christentums ein. Die kirchliche Dogmenbildung betrachtete er als eine hellenistische Überfremdung der Botschaft Jesu Christi. In seinen Vorlesungen „Wesen des Christentums" entdogmatisierte Harnack die christliche Botschaft zugunsten ihres ethischen Gehaltes. Herodes I. (der Große) (um 7 3 - 4 v. Chr.). König von Judäa, Idumäa, Samaria und Galiläa ( 3 7 - 4 v. Chr.). Durch Eheschließung sicherte er sich die Unterstützung der Dynastie des Hohepriesters Hyrkanos II. Im Kampf gegen die Parther (41 - 3 7 v. Chr.). Von - » Augustus unterstützt, macht Herodes Judäa zu einem föderierten Staat mit Kaiserkult in Samaria und Caesarea Palaestinae. Innerjüdische Opposition unterdrückte er. Hesekiel; Ezekiel, Tl. (hebr.): J e hezqe'l („Gott gebe Stärke/Härte"). Jüdischer Priester und Prophet des 6. Jahrhunderts v. Chr.; wurde nach Babylon deportiert; konzipierte einen politischen und religiösen Entwurf für die Nachexilszeit. Hesiod (um 700 v. Chr.). Griechischer Dichter. In seinen Hauptwerken schilderte er die Entstehung der Göttinnen und Götter („Theogonie") und die fünf Weltalter („Werke und Tage"). Hiskia (hebr.: „meine Kraft ist Jahwe") ( 7 1 6 - 6 8 7 v. Chr.). 13. Herrscher des Königreiches von Juda. Der Bedrohung des assyrischen Königs Sanherib soll sich Hiskija zunächst durch Tributzahlungen entzogen haben. Die Belagerung Jerusalems duch Sanheribs Truppen („im vierzehnten Jahr des Königs Hiskija"), die Verhandlungen zwischen den Parteien, die wundersame Rettung Jerusalems und den anschließenden Abzug der Assyrer schildern mehrere biblische Berichte (2 Könige 18, 1 3 - 1 9 , 37; 2 Chronik 32, 1 - 2 2 und Jesaia 3 6 - 3 8 ) . Verschiedene alttestamentliche Bücher berichten über Hiskijas religiöse Reformen und seine Bautätigkeit in Jerusalem. Hosius (Ossius) von Cordoba (257-357/8). Theologischer Berater K a i s e r - » Konstantins (seit 313); um 296 Weihung zum Bischof. Im Rahmen des sog. „Ananischen Streits" (318— 337) zwischen dem alexandrinischen Bischof Arius und Bischof Alexander, ausgelöst wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Christologie, schickte Konstantin Hosius als Vermittler nach Alexandrien. Sein Verhandlungsversuche scheiterten. Hosius führte u.a. den Vorsitz auf dem Konzil von Nicäa (Juni/Juli 325) und in Serdika (342/43). Kurz vor
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seinem Tod ließ ihn Konstantin in Sirmium ein arianisches Glaubensbekenntnis unterzeichnen. Irenaus (um 1 4 0 / 5 0 - 2 0 2 ) . Theologe. Schüler des Polykarp von Smyrna. Seit 177/78 Bischof von Lyon ( L u g d u n u m ) . Seine Schrift „Adversus haereses" b e k ä m p f t e die gnostischen G r u p p i e r u n g e n d e s zweiten nachchristlichen Jahrhunderts. Jakobus („Bruder von Jesus Christus" laut Matthäus 13, 55 und Markus 6, 3). Spielte in der Jerusalemer U r g e m e i n d e eine herausragende Rolle ( A p o s t e l g e s c h i c h t e 15, 1 3 - 2 1 und 21, 1 8 - 2 6 ) . Laut 1. Korinther 15, 7 ist er d e m auferstandenen Christus b e g e g n e t . Ihm wird der neutestamentliche „Jakobusbrief" z u g e s c h r i e b e n . Er gilt als einer der „Säulenapostel" (Galater 2, 9). Jesaia (hebr: „Jahwe ist Rettung") (griech.: Isaias). J ü d i s c h e r Prophet, wirkte in der zweiten Hälfte d e s 8. vorchristlichen Jahrhunderts; 740 v. Chr. Berufung z u m Propheten; klagte die führenden Schichten Israels und J u d a s w e g e n ihres H o c h m u t s an und prophezeite ihren Untergang. Jesaia war a u c h politisch aktiv, als Ratgeber von König Hiskija, d e m 13. König von J u d a ( 7 1 6 - 6 8 7 v. Chr.). Jesus Sirach (auch: Jesus ben Sira) (griech.: Sirach) ( 2 . J a h r h u n d e r t v.Chr.). Verfasser d e s biblischen Buches Jesus Sirach. Johannes; Tl. (hebr.): J ö h ä n ä n („Jahwe hat G n a d e erwiesen"). N a m e n s g e b e r d e s vierten kanonischen Evangeliums, verfaßt von „ d e m Jünger, d e n Jesus liebte" (21, 24). Die historische Autorenschaft des Johannesevangeliums ist unklar. Die frühe Tradition (Irenäus und Eusebius) benennt Johannes, den Sohn des Z e b e d ä u s . Johannes der Z e b e d a i d e gilt als A u g e n z e u g e Jesu und zählte zu d e m Kreis der zwölf Teilnehmer am letzten Mal Jesu. Johannes XXII. (eigentl.: J a c q u e s Dueze) (um 1 2 4 5 - 4 . 1 2 . 1 3 3 4 ) . Papst ( 7 . 8 . 1 3 1 6 4 . 1 2 . 1 3 3 4 ) . 1310 Bischof von Avignon; 1312 Kardinalbischof von Porto; Auseinandersetz u n g e n im „ d e u t s c h e n Thronstreit" mit L u d w i g IV., d e m Bayern, den Johannes 1324 exkommunizierte und seiner Königswürde enthob. 1327 erhob L u d w i g g e g e n Johannes XXII. d e n Verdacht der Ketzerei und stellte, mittlerweile zum Kaiser gekrönt, einen G e g e n papst auf. Johannes v e r d a m m t e in der Bulle „In agro dominico" einige Lehrsätze Meister - > Eckharts. Die Meinungen über Johannes XXII. als Papst sind geteilt. Man wirft ihm Vetternwirtschaft und Willkür vor, honoriert aber auch seine Neueinteilung der Bistümer und die N e u o r d n u n g des Benefizien- und Provisionswesens. Josia; Tl.: (hebr.): Josljähü („Jahwe unterstützt"). 16. König des Südreiches J u d a ( 6 3 9 609 v. Chr.). Er erweiterte d a s Staatsgebiet J u d a s nach Norden hin und fiel im Krieg g e g e n den mit d e n Assyrern v e r b ü n d e t e n Pharao N e c h o II. 609 v.Chr. in der Schlacht von Meg i d d o ; reinigte d e n Jahwekult von kanaanitischen und assyrischen Einflüssen. Josua; Tl. (hebr.): J e hö§u a ' („Jahwe hilft"). Nachfolger von Israeliten ins Gelobte Land; aus d e m Stamm Ephraim.
Moses bei der Führung der
Julianus (eigentl.: Flavius Claudius luiianus) (Beiname: Apostata, lat.: „der A b t r ü n n i g e " ) (Ende 331 - 2 6 . 6 . 3 6 3 ) . Römischer Kaiser ( 3 6 1 - 6 3 ) . Schüler des Neuplatonikers Maximus von Tyros; wollte das Heidentum im Römischen Reich wieder einführen; erteilte d e n Christen per Edikt vom 1 7 . 6 . 3 6 2 Lehrverbot; förderte besonders die Kulte des Sol Invictus und d e s Mithras.
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Klemens von Alexandrien (eigentl.: Titus Flavius Clemens) (ca. 1 5 0 - v o r 215). Früher Philosoph des Christentums. Hellenistisch gebildet, konvertierte er zum christlichen G l a u b e n und leitete eine Katechetenschule. Klemens sah die Philosophie als Vorstufe zur christlichen Wahrheit an, als Wegbereiterin zur vollständigen Erkenntnis des göttlichen Logos. Konfuzius; Ts. (chin.): K'ung Ch'iu (auch: K'ung-tzu, K'ung-fu-tzu, Kung Tse, Kung-fuh-tze; latinisierte Form: Konfuzius) (551 - 4 7 9 v. Chr.). Chinesischer Philosoph, auf d e n die weltanschauliche, ethische und staatspolitische Lehre des Konfuzianlsmus zurückgeht. Hatte zunächst eine niedere Beamtenstelle In seinem Heimatstaat Lu inne, wirkte später dort als Lehrer. Er verfaßte einige klassische Werke der chinesischen Literatur. Konstantin (I.) der Große (eigentl.: Flavius Valerius Constantinus) (um 2 8 5 - 3 3 7 ) . Römischer Kaiser (25. 6. 3 0 6 - 3 3 7 ) . N a c h seinem Übertritt zum Christentum 312 Förderer des christlichen Glaubens. Mit Konstantin endete die Zeit der Christenverfolgungen, offiziell durch das Mailänder Toleranzedikt v o m Herbst 313. Konstantin berief 325 das Konzil von Nlcäa ein; g i n g mit staatlicher Gewalt g e g e n den Arianismus vor, der Lehre des alexandrinischen Presbyters Arius, der behauptete, Christus sei nicht d e m Vater gleich, sondern nur sein vornehmstes Geschöpf. Ließ die Donatisten verfolgen. Kuyper, A b r a h a m ( 2 9 . 1 0 . 1 8 3 7 - 8 . 1 1 . 1 9 2 0 ) . Holländischer Publizist, Theologe und Politiker. 1862 Promotion in Theologie; 1863 Pfarrer in Bees, 1867 in Utrecht, 1870 in Amsterdam; 1871 Chefredakteur des Wochenblattes „ H e r a u f ; 1872 gründete er die Tageszeitung „De Standaard"; seit 1874 Abgeordneter im Parlament; 1880 Professor für Systematik an der Vrije Universiteit in Amsterdam; 1886 G r ü n d u n g eines eigenen Kirchenverbandes, der „Doleantie"; 1901-05 niederländischer Innenminister; 1 9 1 3 - 2 0 Senator. Kyros II. (griech. Form von altpers.: kurus, „Hirte"). Achämenidischer Großkönig ( 5 5 9 - 5 2 9 v. Chr.). Er befreite Persien von der m e d i s c h e n Oberherrschaft und legte mit seinen Eroberungen den Grundstein für das persische Weltreich; 539 v. Chr. Eroberung der Stadt Babylon, was für die Juden das Ende der Babylonischen Gefangenschaft bedeutete; Kyros respektierte in den eroberten Ländern die lokalen religiösen Kulte; das biblische Buch Esra (1, 2 - 4 ) enthält d e n Erlaß des Königs aus d e m Jahr 538 v.Chr. zur Rückkehr der Juden nach Jerusalem. Lainez, Diego (auch: Jakob Laynez) ( 1 5 1 2 - 1 9 . 1 . 1 5 6 5 ) . Zweiter Ordensgeneral der Jesuiten. Empfing 1537 z u s a m m e n mit Ignatius von Loyola die Priesterweihe; 1552 Provinzial der Ordensprovinz Toskana; 1556 Generalvikar; 1558 Generaloberer des Jesuitenordens; erlangte von Papst Pius IV. das Recht, daß sein Orden a k a d e m i s c h e G r a d e vergeben durfte. Berater der Kardinallegaten bei den Tagungen des Tridentinums (des Konzils von Trient in drei Tagungsperioden) 1546, 1551 u n d 1562; Teilnehmer an den Religionsgesprächen von Poissy 1561/62; unterstützte den Primat des Papstes, verwarf die Priesterehe und d e n Laienkelch. Laotse, Tl. (chin.): Lao-tzu. Chinesischer Ehrentitel mit der B e d e u t u n g „alter Meister". Historisch schwer faßbarer chinesischer Philosoph. Nach neueren Datierungsversuchen im 4. oder 3. Jahrhundert v.Chr. anzusetzen, nicht im 6. vorchristlichen Jahrhundert, das in der chinesischen Überlieferung a n g e g e b e n wird. Ihm wird die Verfasserschaft am „Taote-ching", der Grundschrift des Taoismus, zugeschrieben. Wird im taolstischen Pantheon als Gottheit aufgefaßt, gilt als Personifikation des Tao.
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LeoX. (eigentl.: Giovanni de Medici) ( 1 1 . 1 2 . 1 4 7 5 - 1 . 1 2 . 1 5 2 1 ) . Papst ( 1 5 1 3 - 1 5 2 1 ) . Verhängte 1521 mit der Bulle „Decet Romanum Pontificem" den Kirchenbann über Luther. Levy, Hermann ( 2 2 . 5 . 1 8 8 1 - 1 6 . 1 . 1 9 4 9 ) . Nationalökonom. 1902 Promotion in München, 1905 Habilitation in Halle, 1907 Umhabilltation in Heidelberg; 1910 a.o. Professor ebd., 1 9 0 7 - 2 0 hauptamtlicher Dozent an der Handelshochschule Mannheim, 1 9 2 0 - 3 3 a.o. Professor an der TH Berlin. Während des Ersten Weltkrieges wirtschaftspolitischer Berater der deutschen Regierung. 1933 Emigration nach England; 1934 Lehrauftrag In Cambridge, 1935 in Oxford. Liguori, Alfonso Maria von ( 2 7 . 9 . 1 6 9 6 - 1 . 8 . 1 7 8 7 ) . Italienischer Bischof. 1726 Priesterweihe; 1732 Mitbegründer des zunächst nur in Italien verbreiteten, den Jesuiten nahestehenden Ordens der Redemptoristen, der „Kongregation v o m Heiligsten Erlöser". Liguori lebte als extremer Asket, praktizierte die Selbstgeißelung, lehnte jede Form der Sexualität entschieden ab, huldigte der Marienverehrung und sah in Maria als keuscher Jungfrau das Vorbild für das Leben von Menschen. Lilburne, John (auch: Johann Lilburn) ( 1 6 1 8 - 2 9 . 8 . 1 6 5 7 ) . Englischer Republikaner. Anführer der „levellers", einer politisch-religiösen G r u p p e der englischen Revolution, die aus d e n Independenten h e r v o r g e g a n g e n war und um 1647 besonders in der Armee - » Cromwells zahlreiche Anhänger hatte. Sie kämpften für die A u f h e b u n g der sozialen Unterschiede, A b s c h a f f u n g des Königtums, Kontrolle des Parlaments, Gleichheit aller M e n s c h e n vor d e m Gesetz und für religiöse Freiheit. Ihre Forderungen kamen besonders im „Agreement of the People" (1648) zum Ausdruck. Lilburne wurde w e g e n seiner kritischen Schriften g e g e n die Bischöfe und die Regierung mehrfach inhaftiert; 1652 Verbannung aus England, Aufenthalt in den Niederlanden. In seinen letzten Lebensjahren bekannte er sich z u m Quäkertum und lebte als Prediger. Titus Livius (59 v . C h r . - 1 7 n.Chr.). Römischer Geschichtsschreiber; schrieb in 142 Büchern die Geschichte Roms von der G r ü n d u n g bis zum Tod des Drusus (9 v. Chr.) auf. Louis I. de Bourbon, erster Prince de C o n d e ( 7 . 5 . 1 5 3 0 - 1 3 . 3 . 1 5 6 9 ) . Führer der Hugenotten und Feldherr. Beim A u s b r u c h der Religionskriege in Frankreich zwischen Kathollken und Hugenotten stellte er sich z u s a m m e n mit Gaspard de Coligny ( 1 5 1 9 - 1 5 7 2 ) an die Spitze der französischen Protestanten. Wegen seiner Teilnahme an der „Verschwörung von Amboise" (1560) wurde er im Oktober 1560 verhaftet und zum Tode verurteilt, letztendlich aber freigelassen. Erneute Inhaftierung am 19. Dezember 1562, Freilassung im März 1563. Wurde in der Schlacht von Jarnac mit d e m katholischen Heer unter d e m Herzog von Anjou gefangen g e n o m m e n und erschossen. Mahavira
Vardhamana.
Mallinckrodt, Hermann von ( 5 . 2 . 1 8 2 1 - 2 6 . 5 . 1 8 7 4 ) . Zentrumspolitiker und Publizist; Mitbegründer der Zentrumspartei. 1 8 3 8 - 4 2 Studium der Rechts- und Kameralwissenschaften in Berlin und Bonn; 1 8 5 0 - 5 1 kommissarischer Bürgermeister in Erfurt; 1 8 5 2 - 6 3 und 1868 Mdpr.AH; 1859 Mitarbeit im Preußischen Ministerium des Innern in Berlin; 1 8 6 0 - 6 7 Regierungsrat in Düsseldorf; 1867 Versetzung nach Merseburg; 1 8 6 7 - 7 1 Mitglied des Norddeutschen Reichstags; 1 8 7 1 - 7 4 MdR; seit 1871 im Vorstand der Zentrumspartei. Marii (um 2 1 6 - c a . 276). Persischer Stifter des Manichäismus. Wuchs in der Taufsekte der Elkesaiten in Südbabylonlen auf, in einer Umwelt mit stark synkretistischen Einflüssen; Im
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Alter von 24 Jahren erhielt er göttliche Offenbarungen und den Auftrag, eine neue Lehre zu verbreiten; unternahm unter dem Schutz von König Schahpur I. (242-273) ausgedehnte Missionsreisen; unter Bahram I. (274-277) wurde Mani wegen seiner Lehre inhaftiert und starb als Märtyrer; verstand sich selbst als „Siegel der Propheten" und wollte die Lehren Buddhas, Zarathustras und Jesu mit seiner eigenen verbinden. Meinhold, Johannes (Hans) (12.8.1861-Juni 1937). Evangelischer Theologe, Alttestamentler. Schüler von Franz Delitsch und August Dillmann; 1884 Privatdozent in Greifswald; 1888 a.o. Professor ebd., 1889 a.o. Professorin Bonn, 1903 o. Professor ebd.; 1928 Emeritierung. Meinhold setzte sich im Vorwort der von Weber erwähnten Abhandlung „Jesus und das Alte Testament" (1896) u.a. mit den Angriffen des Schweizer Theologen Hans Conrad von Orelli auseinander, dem das Alte Testament als Dokument der Offenbarung Gottes galt, während Meinhold es mit Hilfe historisch-kritischer Exegese auslegte. Montanus (gest. vor 179 n. Chr.). Begründer des Montanismus. Montanus erhob den Anspruch, der im Neuen Testament (Johannes 14-16) angekündigte Paraklet („Fürsprecher", „Tröster"; griech. Bezeichnung für den Heiligen Geist, der nach Jesu Tod die Gemeinde leiten sollte) zu sein und prophezeite mit den Prophetinnen Maximilla und Prisca das bevorstehende Ende der Welt. Moses; Tl. (hebr.): Moäeh (ägyptischer Name) (griech.: Moyses). Lebte vermutlich im 13. Jahrhundert v. Chr.; gilt als Sohn einer levltischen Familie, der, auf dem Nil ausgesetzt, von einer ägyptischen Prinzessin gerettet und erzogen wurde; am Horeb erschien ihm Jahwe und erteilte ihm den Auftrag, die Hebräer aus Ägypten ins Land Kanaan zu führen; nach dem Exodus aus Ägypten und der vierzigjährigen Wüstenwanderung erhielt Moses von Jahwe den Dekalog, die Zehn Gebote. Muhammed; Tl. (arab.): Muhammad (um 5 7 0 - 9 . 6 . 6 3 2 ) . Arabischer Prophet und Stifter des Islam. Hatte im Alter von ca. 40 Jahren am Berg Hira ein Offenbarungserlebnis, das ihn als Prophet Allahs zunächst in Mekka auftreten ließ; pries die Schöpfergewalt Allahs und prophezeite das kommende Jüngste Gericht; seine, der Tradition nach vom Erzengel Gabriel diktierten, Suren sind im Koran verzeichnet. Im September 622 verließ er Mekka und emigrierte mit einigen Anhängern nach Yathrib, dem späteren Medina. Gründete eine Gemeinde (Umma) seiner Gläubigen, der er selbst mit göttlicher Autorität vorstand. Nach dem Sieg über Mekka 631 wurden die noch nicht islamisierten arabischen Stämme mit Waffengewalt zur Annahme des neuen Glaubens gezwungen. Muhammed b. Al-Hanafiya (637-700/01). Sohn des - » Ali und einer Kriegsgefangenen aus dem Stamm der Banü HanTfa. Nach dem Abdanken bzw. dem Tod der beiden anderen Söhne des Ali, Hasan und Husain, führte er die Linie seines Vaters fort. Der politischen Bewegung unter Muhtär im Irak gegenüber verhielt er sich zurückhaltend, den Titel „al-Mahcfl" lehnte er ab (Ibn Sa'd V, 68). Seine politische Passivität gilt als religiös motiviert, seine Vorliebe für kostbare Kleidung und kosmetische Mittel ist sprichwörtlich. Nach schiitischem Glauben ist Muhammed auf ein nicht reales Reich auf dem Berg Radwä westlich von Medina entrückt worden, von wo er als siegreicher Heerführer zurückkehren soll. Müller, Friedrich Max ( 6 . 1 2 . 1 8 2 3 - 2 8 . 1 0 . 1 9 0 0 ) . Sprachwissenschaftler, Indologe und Religionswissenschaftler. 1854-75 o. Professor in Oxford. Begründer der Vergleichenden Religionswissenschaft auf der Grundlage der Vergleichenden Sprachforschung; zu seinen wissenschaftlichen Hauptleistungen zählt die Edition und Übersetzung des Rigveda
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und die Herausgabe der „Sacred Books of the East", einer 50-bändigen Übersetzungsreihe religiöser Texte aus dem Orient. Nietzsche, Friedrich ( 1 5 . 1 0 . 1 8 4 4 - 2 5 . 8 . 1 9 0 0 ) . Philosoph und Religionskritiker. 1 8 6 4 - 6 8 Studium der klassischen Philologie in Bonn und Leipzig; 1869 Professor für klassische Philologie in Basel; Teilnahme am deutsch-französischen Krieg als Krankenpfleger; 1879 krankheitsbedingte Aufgabe seiner Professur; 1888 Zusammenbruch, verbrachte die letzten Lebensjahre in geistiger Umnachtung; Freund von Erwin - > Rohde. Nietzsche kritisierte in seinen Werken den blinden Fortschrittsglauben, die anerkannten Wertmaßstäbe und moralischen Urteile, lehnte die Existenz eines Jenseits ab, das die Erkenntnisse des Menschen übersteigt und seine Erfahrungen überdauert, und griff das Christentum mit seiner „Sklavenmoral" und seiner „Mitleidsethik" an. Novatianus(3. Jahrhundert n. Chr.). Theologe und Gegenpapst zu Cornelius. Er lehnte die Wiederaufnahme von unter den Christenverfolgungen des römischen Kaisers Decius (-> Dezius) abtrünnig gewordenen Christen ab, was zum sog. „novatlanischen Schisma" führte. Die Kirche hätte kein Recht, die Sünde der Apostasie zu vergeben; wurde 251 exkommuniziert und starb als Märtyrer, wohl unter Valerian. Seine Gegenkirche der „Reinen" bestand noch bis Ins 7. Jahrhundert. Oldenberg, Hermann ( 3 1 . 1 0 . 1 8 5 4 - 1 8 . 3.1920). Sanskritist, Buddhologe und Religionshistoriker. 1875 Promotion in klassischer und Indischer Philologie In Berlin, 1878 Habilitation; 1 8 9 8 - 1 9 0 8 o. Professor in Kiel, 1 9 0 8 - 2 0 in Göttingen. Omar; Tl. (arab.): 'Umar 644), enger Vertrauter politischen Institutionen Muslim, den Schiiten Ist
b. Al-Khattäb (um 5 9 2 - 3 . 1 1 . 6 4 4 ) . Zweiter Kalif des Islam ( 6 3 4 Muhammeds. Unter seiner Herrschaft entstanden angeblich alle des islamischen Staates. Den Sunniten gilt Omar als vorbildlicher er verhaßt.
Paulus (jüd. Name: Saulus) (ca. 1 0 - 6 3 / 6 4 n.Chr.). Bedeutendster Heldenmissionar des frühen Christentums. In Tarsos geborener Jude mit römischem Bürgerrecht; zunächst Bekämpfer des Christentums; nach seiner Christusvision vor Damaskus (Apostelgeschichte 9, 1 - 1 8 und Galater 1, 1 5 - 2 4 ) Übertritt zum Christentum; fand wohl unter Nero den Märtyrertod. In seinen Briefen entfaltete er die Gottessohnschaft Christi und die Erlösung aller Menschen durch den Glauben an Jesus Christus. Pausanias (5. Jahrhundert v. Chr.). Spartlate aus dem Geschlecht der Agladen und Oberbefehlshaber über die siegreichen Griechen bei der Schlacht von Plataial im südlichen Böotlen (479 v. Chr.) gegen das persische Landheer unter Mardonlos. Pelagius (um 3 5 4 - n a c h 418). Theologe und mönchischer Asket. In Rom als Häretiker verurteilt. Er unterstützte die gegenseitige religiöse Unterweisung von Laien; seine Verwerfung der Erbsünde und der Lehre von der Sündenvergebung führten zu Auseinandersetzungen mit -»Augustinus. Petrus (Geburtsname: Simon). Apostel. Führende Gestalt im Kreise der zwölf Jünger um Jesus; nach dem Tod Jesu führte er die Gemeinde In Jerusalem, war danach als Missionar tätig; ihm werden die beiden Petrusbriefe des Neuen Testaments zugeschrieben. Laut Petrusakten hat er unter Nero in Rom den Märtyrertod gefunden (64 oder 67).
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Philo von Alexandrien (um 25 v . C h r . - c a . 50 n.Chr.). Jüdisch-griechischer Philosoph. Er verband das Judentum mit der griechischen Philosophie (beeinflußt durch Piaton, die ältere Stoa und - » Pythagoras) und hatte großen Einfluß auf die christlichen Kirchenväter. Bereits im Pentateuch (den fünf Büchern Mosis) seien Ergebnisse der griechischen Philosophie festzustellen, der Dekalog (die Zehn Gebote) sei eine Sammlung natürlicher Gesetze. Der Logos, die oberste Idee und erster Sohn Gottes, vermittele zwischen Gott und der Welt. Askese und ekstatische Gottesschau proklamierte Philo als religiöses Ideal. Pisano, Giovanni (ca. 1 2 5 0 - n a c h 1314). Italienischer Bildhauer. Sohn von Pisano.
Nicolo
Pisano, Nicolo (auch: Nicola oder Niccolö) (um 1 2 2 5 - n a c h 1278). Italienischer Bildhauer. Piaton (um 4 2 7 - c a . 347 v.Chr.). Griechischer Philosoph und Schüler des Sokrates. Nach dem Tod des Sokrates gründete er eine eigene Schule, die Akademie. Piatons Ideentheorie und Erkenntnisproblematik beruhte auf einem dualistischen Weltbild: Der Welt des Wahrnehmbaren und Vergänglichen steht eine Welt der ewigen Ideen gegenüber. Ausgehend von der Lehre der Eleaten (den Vertretern der Philosophenschule in Elea, die im 6.15. vorchristlichen Jahrhundert von Xenophanes gegründet wurde), daß Gleiches nur durch Gleiches erkannt werden kann, lehrte Piaton, daß ein Teil der menschlichen Seele mit den Ideen verwandt sei und diese erkennen könne. Die höchste Idee sei das Gute, der Grund alles Seienden, den jeder Mensch anstrebe. Seine Staatstheorie basierte auf der Annahme, daß die Struktur der menschlichen Seele analog der Struktur des idealen Staates sei; sein überliefertes Werk ist überwiegend in Dialogform abgefaßt. Pompejus (eigentl.: Cnaeus Pompeius) (Beiname: Magnus, lat.: „der Große") ( 1 0 6 28. 9 . 4 8 v. Chr.). Römischer Feldherr und Politiker. Pythagoras (um 5 7 0 - c a . 496 v.Chr.). Griechischer Philosoph, Mathematiker und Astronom. Begründer der Religionsgemeinschaft der Pythagoräer im süditalienischen Crotone (Kroton). Ramanuja(um 1050-1137). Religionsstifter. Südindischer Brahmane und Begründer des „qualifizierten Monismus" (vishishta advaita). Es gab für ihn drei Prinzipien: Gott/die höchste Seele, die unbeseelte Welt und die Einzelseele. Alle drei Prinzipien zusammen bilden eine Einheit, das Brahma, wobei Gott der innere Lenker der Welt und der Einzelseele ist. Den Weg zur Erlösung bietet die Bhakti, durch die die Einzelseele mit Gott lebt, ohne ins Samsara (in den Kreislauf der Wiedergeburten) einzutreten. Rohde, Erwin ( 9 . 1 0 . 1 8 4 5 - 1 1 . 1 . 1 8 9 8 ) . Klassischer Philologe. 1872 Professor für klassische Philologie in Kiel, 1876 in Jena, 1878 in Tübingen, 1886 in Leipzig und Heidelberg. Studien zum griechischen Roman; seine bekannteste Veröffentlichung ist „Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen" (1890-94). Befreundet mit Friedrich -> Nietzsche. Rousseau, Jean Jacques ( 2 8 . 6 . 1 7 1 2 - 2 . 7 . 1 7 7 8 ) . Philosoph und Kulturkritiker. In seiner 1752 erschienenen Schrift „Discours qui a remporté le prix à l'Académie de Dijon en l'année 1750: Sur cette question proposées par la même Académie: Si le rétablissement des sciences et des arts a contribué à épurer les mœurs" schilderte er den glücklichen natürlichen Urzustand der Menschen in unberührter Natur mit Rechtsgleichheit, der durch Wissenschaft und Zivilisation zerstört worden sei. Mit der Einführung von Eigentum seien
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Unterdrückung, Armut und Egoismus entstanden. In seinem „Contrat social" (1762) entwarf Rousseau eine normative Gesellschaftsordnung: Gesellschaft war für ihn das Ergebnis einer vertraglichen Übereinkunft von Individuen, wobei der Gesamtwille Recht und Gesetz bestimmen sollte. 1762 Erscheinen des „Emile", einer p ä d a g o g i s c h e n Schrift, die sich für eine natürliche Erziehung von Kindern einsetzte; sie stellte die Intuition in den Vordergrund. Salmasius, Claudius (auch: Claude de Saumaise) ( 1 5 . 4 . 1 5 8 8 - 3 . 9 . 1 6 5 3 ) . Philologe, Historiker, Publizist und Rechtsanwalt. 1604 konvertierte er z u m Calvinismus. 1632 Professor in Leiden als Nachfolger des Philologen und Historikers Joseph Justus Scaliger. Salmasius betonte in der Auseinandersetzung mit d e m englischen Dichter John Milton das göttliche Recht der Monarchie. 1638 veröffentlichte er seine Schrift „De usuris", in der er d e n Kapitalzins verteidigte und das Zinsgeschäft für naturrechtlich erklärte. Salmeron, Alphonso ( 9 . 6 . 1 5 1 5 - 1 3 . 2 . 1 5 8 5 ) . Spanischer Theologe. Gefährte des Ignatius von Loyola. 1 5 4 1 - 1 5 4 2 apostolischer Nuntius in Irland; 1549 Promotion in Bologna und Professor in Ingolstadt; gründete 1551 das Jesuitenkolleg in Neapel; 1 5 5 8 - 7 6 Provinzial von Neapel; 1561 Generalvikar; 1562 Theologe der päpstlichen Indexkommission. Nahm mit D i e g o L a i n e z 1546, 1551 und 1562 am Konzil von Trient teil. Salomo (hängt mit hebr.: sälöm, „Gedeihen", „Wohlergehen", „Frieden" z u s a m m e n ) (ca. 9 7 0 - 9 3 1 v.Chr.). Israelitischer König. Sohn und Erbe Davids. I . K ö n i g e 3 - 1 1 schildert seine berühmt g e w o r d e n e Weisheit, seinen Reichtum, die Pracht seiner Bauten, sein diplomatisches statt kriegerisches Vorgehen. Im Alter w e n d e t e er sich p a g a n e n Gottheiten zu. Nach seinem Tod 931 v.Chr. spaltete sich das Reich in die „beiden Häuser Israels" (Jesaia 8, 14), d.h. in die zehn Stämme des Nordreiches und in das Reich Juda. Schulte, Aloys ( 2 . 8 . 1 8 5 7 - 4 . 2 . 1 9 4 1 ) . Historiker. 1879 Promotion in Münster; 1 8 7 9 - 8 3 Bearbeiter des U r k u n d e n b u c h s der Stadt Straßburg; 1 8 8 3 - 8 5 Archivsekretär in Donaueschingen, 1 8 8 5 - 9 2 Archivrat in Karlsruhe; 1893 Professor in Freiburg i.Br., 1896 in Breslau, 1 9 0 3 - 2 5 in Bonn. 1902/03 leitete er das Preußische Historische Institut in Rom. Neben d e m landesgeschichtlichen Forschungsschwerpunkt betrieb er Studien zur Sozial-, Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte des Mittelalters. Siddharta; Tl.: Siddhärtha (persönlicher Name des historischen Buddha; Klanname: Gautama). Indischer Stifter des Buddhismus mit dem Ehrentitel Buddha (Skt.: „der Erwachte", „der Erleuchtete"). Seine Lebensdaten werden traditionell im sechsten oder fünften vorchristlichen Jahrhundert angesetzt. Nach eigener Auffassung verstand er sich als Wiederentdecker alter Weisheiten; in seinen Reden bezeichnete er sich häufig als „Tathagata" („der so [auf d e m Heilsweg] Gegangene"); wählte anstelle eines Lebens in Luxus die Heimatlosigkeit und den Verzicht. Laut Überlieferung erlangte er im Alter von 35 Jahren unter einem B o d h i b a u m die Erleuchtung; zog d a n a c h als Wanderprediger und -lehrer bis zu seinem Tod im 80. Lebensjahr durch Nordostindien und sammelte eine M ö n c h s g e m e i n d e um sich. Siracide->
Jesus Sirach.
Smith, J o s e p h jun. ( 2 3 . 1 2 . 1 8 0 5 - 2 7 . 6 . 1 8 4 4 ) . Stifter der „Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints" (am 6. April 1830), die als Wiederherstellung der seit der Apostelzeit fehlenden Kirche Christi gilt. Laut eigenen A n g a b e n ein „Prophet, Seher und Offenbarer". Übersetzer des „Book of Mormon", der „heiligen Schrift" des Mormonentums. Auf der Ba-
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sis „göttlicher Offenbarungen" organisierte Smith eine kirchliche Hierarchie: Erste Präsidentenschaft (Prophet und zwei Ratgeber), Melchisedekisches Priestertum (12 Apostel, Patriarchen, Hohepriester, Siebziger, Älteste) und Aaronitisches Priestertum (Priester, Lehrer). „Totentaufe" (Kirchenmitglieder können durch eine erneute Taufe verstorbene Verwandte zu Mitgliedern machen) und Polygamie sind üblich. 1841 kandidierte Smith für die US-Präsidentenwahl und wurde im Juni 1844 bei einem Fluchtversuch aus einem Gefängnis in Carthage, Illinois, erschossen. Sokrates (um 4 7 0 - 3 9 9 v. Chr.). Athenischer Philosoph. Verzichtete auf die schriftliche Niederlegung seiner Philosophie; die „somatischen Gespräche" sind von - » Piaton und Xenophon überliefert. In den „Gesprächen" brachte Sokrates, der als seine Lebensaufgabe ansah, Scheinwissen zu zerstören, seine Gesprächspartner dazu, über ihr vermeintliches Wissen nachzudenken, denn wirkliches Wissen führe nur über die Erkenntnis der eigenen Unwissenheit; Gegner der Naturphilosophen. Er befaßte sich mit anthropologischer Ethik. Sittlichkeit sei erkennbar und vermittelbar, ein Wissen um Sittlichkeit ziehe ein sittliches Verhalten nach sich. Solon (um 6 4 0 - c a . 560 v.Chr.). Athenischer Gesetzgeber. Mit einer Schuldentilgung (griech.: seisachtheia) befreite er Attika von den Hypothekensteinen (horoi) und die Bürger von der Schuldknechtschaft. Er zählte zu den „Sieben Weisen" der Antike; ihm wird die Maxime „Nichts zu sehr" zugeschrieben. Sombart, Werner ( 1 9 . 1 . 1 8 6 3 - 1 8 . 5 . 1 9 4 1 ) . Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei Gustav Schmoller in Berlin; 1888 Syndikus der Handelskammer in Bremen; 1 8 9 0 1906 a.o. Professor in Breslau, 1906 o. Professor an der Handelshochschule in Berlin, 1 9 1 7 - 3 1 als Nachfolger von Adolph —> Wagner o. Professor an der Universität Berlin; ab 1892 im Ausschuß des „Vereins für Socialpolitik", 1930 stellvertretender und 1932 Erster Vorsitzender des Vereins; 1909 Mitbegründer der „Deutschen Gesellschaft für Soziologie". 1 9 0 4 - 2 0 zusammen mit Edgar Jaffe und Max Weber Mitherausgeber des AfSSp, das er nach dem Tod von Max Weber verließ. Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Er betrieb umfangreiche Kapitalismusstudien auf systematisch-empirischer Grundlage, mit denen sich Max Weber auseinandersetzte. Seit den späten 1880er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber; in der Kriegs- und Nachkriegszeit zunehmende Distanz. Die Distanz wird bereits 1911 in der Auseinandersetzung mit Sombarts Buch „Die Juden und das Wirtschaftsleben"'offenbar. Spener, Philipp Jakob ( 1 3 . 1 . 1 6 3 5 - 5 . 2 . 1 7 0 5 ) . Evangelischer Theologe und Begründer des lutherischen Pietismus. Lehrer von Hermann August -> Francke; 1 6 5 1 - 5 9 Studium der Theologie in Straßburg; 1663 Freiprediger am Straßburger Münster; 1664 Promotion; 1666 Pfarrer und Senior an der Barfüßerkirche in Frankfurt/Main; 1668 Oberhofprediger in Dresden; 1675 Erscheinen seiner Schrift „Pia desideria oder herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirchen"; 1691 Probst und Pfarrer an der Sankt Nicolaikirche in Berlin-Brandenburg. Spener förderte die Heiden- und Judenmission, die kirchliche Jugendarbeit und die Bibelstunde. Pubiius Cornelius Tacitus ( 5 5 - n a c h 116). Römischer Geschichtsschreiber und Rhetor. 88 Prätor, 97 Konsul, Statthalter der Provinz Asia, Freund von Plinius dem Jüngeren. Bekannt sind seine Werke „Germania" (eigentl.: De origine et situ Germanorum), „Historiae" und „Annales" (eigentl.; Ab excessu divi Augusti). Von ihm stammt die Maxime „sine ira et studio".
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Tauler, Johannes (um 1 3 0 0 - 1 6 . 6 . 1 3 6 1 ) . Mystiker. Schüler Meister - > Eckharts und Anhänger der Lehre des - » Thomas von Aquin. Thomas von Aquin(o) ( 1 2 2 5 / 2 6 - 7 . 3 . 1 2 7 4 ) . Theologe und Philosoph. 1243 Eintritt in d e n Dominikanerorden; Theologieprofessor in Paris; Schüler des Albertus Magnus. Bekämpfer des Averrolsmus (einer philosophischen Richtung in der Tradition des spanisch-islamischen Denkers Ibn Ruschd, auch Averroes genannt, 1 1 2 6 - 9 8 ) . Sein Hauptwerk „ S u m m a theologica" führt die Verknüpfung von aristotelischer Philosophie und biblischer Offenbarung fort und gilt als Hauptwerk der Scholastik; 1323 Heiligsprechung. Tolstoi, Leo Graf, Tl. (russ.): Lev Nikolaevic Tolstoj ( 9 . 9 . 1 8 2 8 - 2 0 . 1 1 . 1 9 1 0 ) . Russischer Schriftsteller. In seinen späten Romanen und Erzählungen entwickelte er eine radikale Ethik friedfertiger Nächstenliebe unter Abwertung der b e s t e h e n d e n Kultur- und Sozialordnung. Sie diente Max Weber als Beispiel für den Idealtyp der weltflüchtigen, reinen Gesinnungsethik. Troeltsch, Ernst ( 1 7 . 2 . 1 8 6 5 - 1 . 2 . 1 9 2 3 ) . Evangelischer Theologe, Philosoph, Politiker und Historiker. 1891 Promotion in Theologie in Göttingen, 1891 Habilitation ebd.; 1892 a.o. Professor für Systematische Theologie in Bonn, 1894 o. Professor in Heidelberg, 1 9 1 5 - 2 3 o. Professor für Philosophie als Nachfolger von Wilhelm Dilthey in Berlin. 1918 Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei; 1 9 1 9 - 2 2 Unterstaatssekretär für evangelische Angelegenheiten im Preußischen Ministerium für Erziehung u n d Unterricht; 1922 Staatssekretär Im Preußischen Kultusministerium. Troeltsch war Mitglied des religionswissenschaftlichen „Eranos"-Kreises in Heidelberg und stand mit Max Weber im Austausch über religionssoziologische Fragen des Christentums und der protestantischen Sekten; 1 9 1 0 15 wohnte er - wie Max Weber - In der Ziegelhäuser Landstraße 17. Urban II. (eigentl.: Otto von Lagery oder O d o de Chätillon) (ca. 1 0 3 5 - 2 9 . 7.1099). Papst (seit 1 2 . 3 . 1 0 8 8 ) . Er proklamierte 1095 den ersten Kreuzzug und verstärkte im innerkirchlichen Bereich d e n päpstlichen Zentralismus; 1881 Heiligsprechung. Usener, Hermann ( 2 3 . 1 0 . 1 8 3 4 - 2 1 . 1 0 . 1 9 0 5 ) . Philologe und Religionshistoriker. 1 8 6 6 1902 Professor in Bonn. Useners philologischer Ansatz g i n g von der Deutung der Götternamen aus. Er stellte drei Phasen der Götterbildung fest: Augenblicksgötter, Sondergötter und u n a b h ä n g i g e Götter, die dann entstehen, sobald der Göttername nicht mehr mit seiner Funktion v e r b u n d e n ist. Er untersuchte auch die Übernahme paganer Riten und Feste durch das Christentum. Vallabha Swami ( 1 4 7 3 - 1 5 3 1 ; im 19. Jahrhundert w u r d e auch 1479 als Geburtsjahr genannt). Indischer Religionsstifter, Guru (geistlicher Lehrer) und Begründer der vishnuitischen Sekte der Vallabhacarya. Seine rein monistische Lehre von der Identität von Gott und seiner S c h ö p f u n g empfiehlt als besten Heilsweg die Bhakti (Verehrung eines persönlichen Gottes). „Swami" (Skt.) ist die indische Bezeichnung für einen Heiligen, besonders für einen heiligen Lehrer. Vardhamana (auch; Nataputta oder Jnatrputra) (5./4. Jahrhundert v. Chr.). Indischer Religionsstifter mit d e m Ehrennamen Mahavira (Skt.: „der große Held"), der letzte der 24 „erleuchteten Lehrer" (Tirthankara, Skt.: „Furtbereiter") des Jainismus. Von seinem zweiten Beinamen Jina, Tl. (Skt.): Dschina, „der Sieger", „der Überwinder", leitet sich die Bezeichnung Jinismus oder Dschainismus ab.
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Wagner, A d o l p h Heinrich Gotthilf ( 2 5 . 3 . 1 8 3 5 - 8 . 1 1 . 1 9 1 7 ) . Nationalökonom, Staatswissenschaftler. 1857 Promotion in Göttingen; 1858 Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Handelsakademie in Wien, 1 8 6 4 - 6 5 o. Professor für Statistik in Dorpat, 1868 in Freiburg, 1870 in Berlin. N e b e n Gustav von Schmoller führender deutscher Nationalökonom; Mitbegründer des „Vereins für Socialpolitik". 1878 G r ü n d u n g der „christlich-sozialen Arbeiterpartei" (mit Adolf Stoecker); 1 8 8 2 - 8 5 Mdpr.AH, seit 1910 Mdpr.HH; Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses; Begutachter des Fragebogens zur Erhebung des Evangelisch-sozialen Kongresses über die Lage der Landarbeiter, den Max Weber g e m e i n s a m mit Paul Göhre 1892 ausarbeitete. Wernle, Paul ( 1 . 5 . 1 8 7 2 - 1 1 . 4.1939). Schweizer evangelischer Theologe, Neutestamentler und Kirchenhistoriker. 1891 Theologiestudium in Basel, 1894 Studium in Göttingen, 1895 Erstes Theologisches Staatsexamen in Basel; 1896 Ordination; 1897 Privatdozent für neutestamentliche Wissenschaft ebd., 1900 a.o. Professor als Nachfolger von Rudolf Staehelin ebd., 1905 bis 1927 o. Professor für Neuere Kirchengeschichte, D o g m e n g e schichte und G e s c h i c h t e des protestantischen Lehrbegriffes e b d . 1903 Beitritt zur „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt"; 1923 Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Berlin. In Basel Kontakt zu Bernhard Duhm, in Göttingen Austausch mit Wilhelm - > Bousset und Johannes Weiß, Kontakt zu Vertretern der Religionsgeschichtlichen Schule. Bousset vermittelte die Bekanntschaft Wernles mit Ernst —> Troeltsch, aus der sich eine Freundschaft entwickelte, die durch Wernles kritische Rezeption von Troeltschs „Soziallehren" in den Jahren 1 9 1 2 - 1 5 angespannt war. Wernles Arbeiten z u m Neuen Testament bezogen sich hauptsächlich auf Paulus und die synoptische Forschung, weitere Fors c h u n g s s c h w e r p u n k t e waren die Reformation und die neuere Geschichte des schweizerischen Protestantismus. Wesley, John ( 1 7 . 6 . 1 7 0 3 - 2 . 3 . 1 7 9 1 ) . Mitbegründer der Methodisten. Er, sein Bruder Charles sowie George Whitefield gehörten ab 1729 in Oxford einem frommen Studentenclub an, dessen Mitglieder w e g e n ihrer Organisation spöttisch „Methodisten" genannt wurden. 1725 Weihe zum anglikanischen Diakon; 1728 erhielt er die anglikanische Priesterweihe; 1735 kam er in Nordamerika in Kontakt mit der Herrnhuter Brüdergemeine; 1738 Kontakt zu d e m Herrnhuter Peter Böhler, anschließend mehrmonatiger Aufenthalt in Herrnhut und fortgesetzte Evangelisierungsarbeit und Reisen als Erweckungsprediger, Zarathustra (dt. Form von altiran.: ZaraOustra, gräzisierte Form: Zoroaster). Iranischer Religionserneuerer und Begründer des Zarathustrismus. Seine genauen L e b e n s d a t e n sind unbekannt, es wird eine Zeit um ca. 600 v. Chr. oder früher a n g e n o m m e n . Er soll im Alter zwischen 30 und 40 Jahren von d e m Gott Ahura Mazda Offenbarungen e m p f a n g e n haben; zog d a n a c h mehrere Jahre durch den Iran, um Anhängerschaft für seine Lehre zu gewinnen; konnte den Fürsten Vischtaspa von seiner Lehre überzeugen, der ihm Schutz gewährte; Zarathustra gilt als Verfasser der Gathas. Zinzendorf, Nikolaus L u d w i g Reichsgraf von Zinzendorf und Pottendorf ( 2 6 . 5 . 1 7 0 0 9 . 5 . 1 7 6 0 ) . Theologe und und Begründer der pietistischen Herrnhuter Brüdergemeine. 1 7 1 0 - 1 6 im Halleschen P ä d a g o g i u m ( - » Francke) erzogen; Studium der Rechtswissenschaften und Theologie in Wittenberg; 1721—27 Hof- und Justizrat in Dresden. Seit 1722 ermöglichte Zinzendorf es d e n N a c h k o m m e n der sog. „Böhmischen Brüder", sich auf seinem Gut Herrnhut in der Oberlausitz anzusiedeln. 1728 g r ü n d e t e n die mährischen Exulanten z u s a m m e n mit anderen Separatisten und Pietisten die Herrnhuter Brüdergemeine, eine eigenständige politisch-religiöse G e m e i n d e der „erneuerten Brüder-Unität", von der Tochtergründungen in England, Pennsylvania und Dänemark ausgingen. Herrnhut gehör-
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te der sächsischen Landeskirche an, war aber gleichzeitig eine eigenständige Gemeinde mit Privatversammlungen und eigener Disziplin. Ihre Gottesdienste feierten die Herrnhuter als „Versammlungen" in einem „Saal" ohne Altar und Kanzel. Gemeinsame Gesänge in den „Singstunden" standen im Vordergrund. Die Herrnhuter zeichneten sich durch Missionstätigkeit aus. 1737 ließ sich Zinzendorf zum Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine weihen, die 1748 durch Annahme des Augsburger Bekenntnisses die Anerkennung der lutherischen Orthodoxie erhielt. Zinzendorf gab wesentliche Anstöße zur Begründung des Methodismus. Seine sog. „Herzenstheologie" mit ihrer Blut- und Wundeniehre Christi sowie seine schwärmerischen Reden und Schriften lassen Max Weber vom „Zinzendorfschen Gefühlspietismus" sprechen. Zwingli, Huldrych (auch: Ulrich) ( 1 . 1 . 1 4 8 4 - 1 1 . 1 0 . 1 5 3 1 ) . Schweizer Reformator. Bekanntschaft m i t ^ > Erasmus von Rotterdam. 1529 scheiterte das Marburger Religionsgespräch mit Luther. Zwingli fiel im „Zweiten Kappeler Krieg", zu d e m es durch den Versuch, die Reformation in der gesamten Schweiz durchzuführen, gekommen war.
Glossar
Dieses Verzeichnis berücksichtigt Begriffe, Gottheiten, mythische Gestalten und Dynastien, die Max Weber in seinem Text nennt. Die Einträge erfolgen in der Schreibung Max Webers.
Ablaß. Erlaß der kirchlichen Strafen, gegründet auf der Vorstellung des Thesaurus ecclesiae (-» Thesaurus). Im Spätmittelalter wurde zwischen „Erlaß der Strafe" und „Erlaß der Sünde" kaum noch unterschieden, was Martin Luther zur Reformierung des Ablaßwesens drängte. abrogieren
(von lat.: abrogare, „abschaffen"). Gesetze aufheben.
Achaemeniden. Griechischer Name einer altpersischen Dynastie. Von Achaimenes (altiran.: Uahämanis) um 705 v. Chr. begründet. Zu ihm gehörte das persische Königshaus; durch den griechischen Geschichtsschreiber Herodot ist der Name „Achaimenidai" für die Familie des Kyros belegt, durch eine Inschrift für die des Dareios. Unter Kyros II. schufen die Achämeniden das persische Weltreich, das große Teile Vorderasiens bis ins Industal hinein beherrschte. Alexander III. zerschlug in den Jahren 3 3 4 - 3 2 9 v. Chr. das Reich der Achämeniden. Ahimsa; Tl. (Skt.): ahimsä (f.), „das Nicht-Schädigen". Weitestgehende Schonung von Lebewesen. Grundbegriff der Ethik des Buddhismus und des -> Jainismus. Ahuramazda; Tl. (awestisch): ahura mazdä (m.), „der weise Herr". In der Religion des Parsismus der von Zarathustra verkündete allwissende Schöpfergott, endzeitliche Richter und Garant der sittlichen Ordnung. Im Avesta, der heiligen Schrift der Parsen, verkörpert er das Prinzip des Guten und Lichten und steht im Widerstreit mit seinem Antagonisten Angra Manju, den er am Weltenende endgültig überwinden wird. Die Entscheidung zwischen den beiden Prinzipien liegt beim einzelnen Menschen. Aisymneten (von griech.: aisymnetai, Subst. m.; PI., „vom Volk gewählte Kampfrichter", „Schiedsrichter"). Im 7. und 6. vorchristlichen Jahrhundert von den Poleis (-» Polis) bei politischen und sozialen Konflikten eingesetzte Schlichter mit Gesetzgebungsgewalt. Akosmismus (Neubildung von griech.: kosmos, Subst. m., „Schmuck", „Ordnung", „Weltordnung"). Ablehnung alles Zeitlichen und Vergänglichen, eine
Glossar
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Form der Weltablehnung. Die Welt ist nichtig, eine außerweltliche Instanz vereinigt alle Wirklichkeit in sich. Allah; Tl. (arab.): Allah (m.), „der Gott". In vorislamischer Zeit Name eines altarabischen Schöpfer- und Richtergottes. Im Islam der von Muhammed streng monotheistisch verkündete Gott. Amhaarez; Tl. (hebr.): 'am hä'äres (m.; PI.), „die Leute des Landes". Im vorexilischen Judentum die Bezeichnung für den judäischen Landadel, im Unterschied zu denen, die keinen Landbesitz haben. In der Nachexilszeit Bezeichnung für die Grundbesitzerschicht Palästinas, die teilweise nicht zum jüdischen Gemeinwesen gehörte. In der rabbinischen Literatur wurde der Begriff für Personen verwendet, die nicht die jüdischen Reinheits- und Speisegebote sowie die mosaischen Gesetze befolgten. Ammon (griech. Namensform für altägypt.: „der Verborgene", „der Unsichtbare"). Altägyptischer Gott der Stadt Theben, der Hauptstadt des vierten oberägyptischen Gaues. Durch Verbindungen mit anderen Göttern und Götterkreisen erhielt er seit dem Mittleren Reich ( 1 9 9 1 - 1 7 8 5 v. Chr.) eine dominante Stellung in Ägypten. Er galt u. a. als Schöpfer-, Königs- und Fruchtbarkeitsgott. Animismus (Neubildung von lat.: anima, Subst. f., „Seele"). Die Animismustheorie wurde von dem britischen Anthropologen Edward Burnett Tylor (Primitive Culture, 1871) entwickelt. Aufbauend auf der Vorstellung, daß in jedem Wesen eine Seele sei, trug Tylor eine Religionstheorie vor, wonach Menschen Träume, Visionen oder Krankheitszustände mit Hilfe dieser Vorstellung erklärten. Evolutionistisch soll sich aus dem Seelengedanken der Glaube an Geister und schließlich an Götter entwickelt haben. Anthropolatrie
(griech.; f.). Religiöse Verehrung lebender Menschen.
Apokalypse (von griech.: apokalyptein, „enthüllen", „offenbaren"). Der Begriff bezeichnet Schriften, die seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert hauptsächlich im Judentum auftauchen und das nahende Weltenende ankündigen, wobei das gegenwärtige Zeitalter in den Händen des Bösen liegt. Apollon. Griechischer Gott der Mantik (der Kunst der Wahr- und Weissagung) und der Musik; Garant für Recht, Ordnung und Frieden; Verbindung zur Heilkunst. Berühmt war das delphische Apollonorakel. Apologeten (von griech.: apologeisthai, „sich mit Worten verteidigen"). Gruppe von christlichen Schriftstellern (vor allem des zweiten und dritten Jahrhunderts), die sich in ihren Verteidigungsschriften an den Kaiser oder an die Öffentlichkeit wandten, um das Christentum gegen unberechtigte Verleumdungen zu verteidigen. Gleichzeitig stellten sie das Christentum als vernünftig, sittlich hochstehend und politisch zuverlässig dar. Zu ihnen zählen Aristides, Justin, Tatian, Athenagoras, Melito von Sardes und Theophil von Antiochien.
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Apotheose (von griech.: apotheoun, „zu Göttern machen", „vergöttlichen"). Vergottung eines lebenden oder verstorbenen Menschen und göttliche Verehrung desselben. Hat ihren Ursprung in der Vergöttlichung griechischer Heroen nach ihrem Tod und hellenistischer Herrscher bereits zu Lebzeiten. In Rom wurden die verstorbenen Kaiser zu Göttern erhoben. Arhat; Tl. 1. (Skt.): Arhat (m.), 2. (Pali): Arahä, „ehrwürdig", „heilig", „vollendet". Im Buddhismus der Ehrentitel für einen Mönch, der bereits im irdischen Dasein die Vorstufe zum Nirvana erreicht hat und das völlige Erlöschen unmittelbar nach diesem Leben erlangen wird. Das religiöse Ideal des Hinayanabuddhismus, dem „kleinen Fahrzeug" (über den Ozean des Leidens), bei dem die Erlösung aus eigener Kraft betont wird. Arier; Tl. (Skt.): ärya (m.). Bezeichnung für die Völker des indoiranischen Zweiges der indogermanischen Sprachfamilie (vor allem der Inder und Iranier). Etwa im 12. Jahrhundert v.Chr. wanderten die arischen Stämme von Nordiran und Armenien her nach Nordwest-Indien ein. Von daher auch Bezeichnung der drei oberen Kasten ( ^ Kaste). Arte di Calimala (ital.: „Zunft des schlechten Weges"). Die florentinische Arte di Calimala war eine Kaufmannskorporation mit einem gewerblichen Zweig, der alle mit ausländischen Wolltuchen handelnden Kaufleute erfaßte. Diese Kompanie wurde am I . S e p t e m b e r 1318 gegründet und war bis zum 31. August 1322 tätig. Die Zunft der Tuchgroßhändler wurde nach der engen Gasse benannt, in der sie ihre Geschäftssitze hatte. Atharva Veda, Atharvaveda; Tl. (Skt.): Atharvaveda (m.), „das Wissen von den Zaubersprüchen". Vierte literarische Sammlung (Samhita) der - » Veden. Attachement.
Anhänglichkeit, Zuneigung.
Babel. Hebräischer Name von Babylon, der Hauptstadt Babyloniens am Euphrat, südlich von Bagdad, mit dem Stadtgott Marduk. Vom Anfang des zweiten vorchristlichen Jahrtausends bis zu Alexander dem Großen eines der bedeutendsten kulturellen und politischen Zentren der vorderasiatischen Welt. Baptisten. Im 17. Jahrhundert in Holland entstandene, vor allem in England und Nordamerika verbreitete, freikirchliche Gemeindebewegung ( - » freikirchliche Gemeinden) von Calvinisten, die statt der Kindertaufe die Erwachsenentaufe durch Untertauchen praktizieren. berith; Tl. (hebr.): berTt (f.; Sg.), „Bund", „Bündnis". Im weiteren Sinn eine feierliche Abmachung, in der ein Mächtiger sich gegenüber einem weniger Mächtigen zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, wenn dieser gewisse Voraussetzungen erfüllt. Im engeren Sinn das Bundesverhältnis zwischen Jahwe (-» Jahve) und dem Volk Israel, geschlossen durch den Noahbund (etwa
Glossar
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I . M o s e 6, 18), den A b r a h a m s b u n d (etwa I . M o s e 15, 18), den Sinaibund (2. Mose 19, 5) und den Davidsbund (2. Samuel 7). Die Treulosigkeit des Volkes Israel zu seinem Gott veranlaßte Jahwe dazu, mit seinem auserwählten Volk in Zukunft einen neuen Bund zu schließen (vgl. Jeremia 31, 31 ff. und Hesekiel 37, 26).
bernhardinische zeichnis).
halberotische
Mystik
Bernhard von Clairvaux (Personenver-
Bhakti (SkU f., „Teilhabe"). Im Hinduismus Bezeichnung für die liebende und hingebungsvolle Verehrung eines persönlichen Gottes. Im hinduistischen —> Vischnuismus wird Bhakti hauptsächlich den Avataras (den verschiedenen Inkarnationen des Gottes Vischnu) Rama und -h> Krischna entgegengebracht. Bhikk$hu, bikkshu (möglicherweise die Vermischung des Sanskritwortes „bhik$u" mit d e m Pali-Wort „bhikkhu"). Bettler. Ordinierte Mitglieder buddhistischer Mönchsorden, gelegentlich auch Bezeichnung für hinduistische Mendikanten. Bilderstreit von Byzanz (auch als „Ikonoklasmus" bekannt, von griech.: eikön, Subst. n., „Bild", und griech.: klaein, „zerbrechen"). Streit um die Zulässigkeit der Verehrung religiöser Bilder (Ikonen) in Byzanz, der 726 begann. Für das spätantike Denken bedeutete ein Bild die reale Repräsentation der dargestellten Person. Die Bilderfeinde beharrten auf der Unverfügbarkeit Gottes, die eine Darstellung Christi verbot, die Bilderfreunde gingen davon aus, daß der göttliche Geist im Bild anwesend sei. Der Bilderstreit wurde 843 mit einer Synodalentscheidung zugunsten der Bilderverehrung beendet. Der Bilderkult w u r d e dogmatisiert, als notwendige „ehrerbietige Verehrung" (griech.: timetike proskynesis), aber unterschieden von der „wahren Anbetung" (griech.: alethine latreia) der göttlichen Natur. auch: latreia. Bodhisattva (Skt.; m., „Erleuchtungswesen"). Im M a h a y a n a b u d d h i s m u s ( - » Mahayana) ein Mensch, der seinen eigenen Eintritt ins Nirvana verzögert, um zuvor möglichst vielen Lebewesen zur Erlösung aus d e m Kreislauf der Wiedergeburten zu verhelfen (Bodhisattva-Ideal). Weber setzt den Bodhisattva gelegentlich mit „Heiland" gleich. Brahma; Tl. (Skt.): Brahma (m.). Indischer Schöpfergott, der neben Vischnu und Schiva Mitglied der hinduistischen Trimurti ist (der Triade aus Weltschöpfer, -erhalter und -Zerstörer), mit wesentlich geringerer kultischer Bedeutung als die beiden anderen Götter. Brahma wird ikonographisch stets mit vier Köpfen und vier Armen dargestellt. Der Name steht in Beziehung zu d e m Begriff „Brahman", in den Upanishaden die Bezeichnung für das höchste Wesen, die ewige, allgegenwärtige und unendliche Weltenseele.
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Brahmanas; Tl. (Skt.): Brähmana (n.). Religiöse Texte Indiens aus dem 9. bis 7. vorchristlichen Jahrhundert, die sich zeitlich und inhaltlich an die vier Veden anschließen und in Sanskrit verfaßt sind. Sie geben Anweisungen zur Auslegung der vedischen Hymnen und des vedischen Opfers, beschreiben Rituale und setzen diese zu Mythen in Beziehung. Brahmane; Tl. (Skt.): Brähmana (m.). Angehöriger der obersten Kaste des Hinduismus. Ursprünglich die Bezeichnung für eine bestimmte vedische Priesterkaste, später für die Kaste der Priester an sich. Buchreligionen. Religionen, die ein „heiliges" Buch besitzen. Der Koran kennt den Begriff „Leute des Buches", der die Juden und Christen als Schriftbesitzer göttlicher Offenbarung anerkennt (in Form der Thora bzw. des Evangeliums). Friedrich Max Müller führte den Begriff „Buchreligionen" 1873 in die religionswissenschaftliche Diskussion ein und zählte Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Zarathustrismus, Konfuzianismus und Taoismus zu den Buchreligionen. Unter diese Klassifizierung fallen auch die Sikhreligion, die —> Orphik, der Manichäismus, das Mormonentum und der Jainismus. Buddha (Skt.; m., „der Erwachte"). Im Buddhismus Titel eines Menschen, der sich selbst zur Erleuchtung gebracht hat und diese verkündet. Insbesondere Bezeichnung für den historischen Siddharta Gautama, aber auch für seine mythischen Vorgänger und die künftigen Buddhas sowie die transzendenten Wesen des Mahayanabuddhismus ( ^ Mahayana). Calvinismus. Bezeichnung für das reformierte Christentum, das auf Johannes Calvin zurückgeht. Die calvinistische Theologie, besonders die Prädestinationsund Abendmahlslehre, sowie die presbyterial-synodale Gemeindeverfassung der reformierten Kirchen prägten die historische Entwicklung weiter Teile des Protestantismus in Westeuropa und Nordamerika. Cäsaropapismus. Der Begriff ist im 18. Jahrhundert entstanden und basiert auf den Grundlagen des antiken Herrscherkultes. Die nahe Verbindung von weltlicher und geistlicher Herrschaft, bei der der mit göttlicher Weihe versehene Herrscher auch die oberste Leitung der Kirche inne hat, ist charakteristisch für das byzantinische Reich und die ehemalige Staatskirche Rußlands von 1721 bis 1917. certitudo salutis (lat.; „Gewißheit des Heils"). Persönliche Gewißheit des göttlichen Heils, deren Erlangung zwischen katholischer Kirche und den Reformatoren umstritten ist. Nach reformierter Ansicht die persönliche Gewißheit des göttlichen Heils, das durch die Rechtfertigung zuteil wird, und ein unverlierbarer Gnadenstand. Nach katholischer Auffassung ist die Heilsgewißheit nicht Gegenstand des Glaubens, sondern der Hoffnung.
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Chaberim; Tl. (hebr.): haberím (m., PI.), „Genossen". Hebräische Bezeichnung für die Mitglieder einer pharisäischen h a berüt, einer Genossenschaft. Als „häberim" im pharisäischen Sinn des Wortes wurden diejenigen bezeichnet, die sich den Verbandssatzungen unterworfen hatten: regelmäßige A b g a b e des zehnten Teils des Einkommens und Verwirklichung des Gesetzes im Alltag. Diese pharisäische Vereinigung hat mehrere Abstufungen gekannt und setzte eine Probezeit vor der Aufnahme voraus. -> auch: Peruschim. Charidschiden; Charigiten, Tl. (arab.): hawärig (m.; PI.), „Auszügler", „Ausziehende". Bezeichnung für die Anhänger der ältesten religiösen Sondergruppen des Islam. Ursprünglich Anhänger des Kalifen Ali, von dem sie sich nach der Schlacht von Siffin (657) trennten. Sie bildeten zahlreiche Untergruppen aus und bekämpften die islamischen Gegner als „Ungläubige" mit fanatischer Härte. Charisma (griech., Subst., n., „Gnadengabe", „Geschenk"). In 1. Korinther 12, 7 - 1 1 und Römer 12, 6 vertritt Paulus die Auffassung, daß jeder eine Begabung für das Wirken in der Gemeinde hat und mit folgenden Charismata ausgestattet sein kann: prophetischer Rede, dienendem Amt, Lehre, Ermahnung, Gemeindevorstand, Barmherzigkeit, Weisheit und Erkenntnis, ebenso Zungenreden und Heilen. Chassidäer; Tl. (hebr.): häsldim (m., PI.), „die Frommen". In den griechischen Makkabäerbüchern „Hasidaioi" genannt (1. Makk. 2, 42; 1. Makk. 7, 13; 2. Makk. 14, 6). In den Befreiungskriegen der Juden gegen die seleukidischen Herrscher im 2. vorchristlichen Jahrhundert werden die Hasidaioi als Oppositionsgruppe erstmalig erwähnt, als „tapfere Männer aus Israel, jeder dem Gesetz ergeben". Sie schlössen sich während der Herrschaft des Seieukiden Antiochus IV. Epiphanes zusammen, um der Hellenisierung Jerusalems entgegenzutreten. Chassidismus. Auf dem kabbalistischen System des jüdischen Mystikers Isaak Luria Aschkenasi ( 1 5 3 4 - 1 5 7 2 ) aufbauende Richtung des Judentums, die die Liebe Gottes betont und eine Verinnerlichung des religiösen Lebens anstrebt. Sie wurde Anfang des 18. Jahrhunderts in Osteuropa zu einer Massenbewegung. Chiliasmus (vom griech. Zahlwort: chilios, „tausend"). In der christlichjüdischen Apokalyptik (z.B. „Offenbarung [des Johannes]" 20, 1 - 6 ) vertretene Lehre von einem irdischen Gottesreich von tausendjähriger Dauer, für das die Gerechten vom Tode auferweckt werden und in dem weder Leiden noch Ungerechtigkeit existieren. Chlysten (russ.: „Geißler"). Fremdbezeichnung für die Mitglieder der von Danila Filipow 1645 in Rußland gegründeten Sekte, die sich selber „Christen" oder „Gottesleute" (liudi bozii) nannten und besonders in den Gouvernements Samara und Tambov verbreitet war. Die christlichen Sakramente wurden verworfen,
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jedes Mitglied galt als fähig und berufen, den Geist Gottes in sich zu tragen, sexuelle Askese war vorgeschrieben. Der Gottesdienst der Chlysten (radenje) war von ekstatischen Tänzen begleitet und schloß mit einem Gemeinschaftsmahl. Laut Lehre der Chlysten wird es immer wieder Neuinkarnationen von Christus, Maria und den Propheten geben. chthonisch (von griech.: chthön, Subst. f., „Erde"). Als die „chthonischen Mächte" werden die in und unter der Erde weilenden Toten, Gottheiten und Heroen bezeichnet. Chthonische Gottheiten haben ambivalenten Charakter, sie können lebensfördernd oder t o d b r i n g e n d sein. Qudra; Tl. (Skt.): Südra (m.). Im klassischen Vierkastensystem Indiens die vierte ^•Kaste, die dienende Funktion hatte und vom Studium der Veden ausgeschlossen war. Weber übersetzt den Begriff in seiner Hinduismusstudie als „Knechte" oder „Heloten" und spricht gelegentlich von der „Qudra-Klasse" (vgl. MWG 1/20, S. 55, 117, 171 und 173). Dalai Lama (von mongol.: dalai, „Ozean", und tib.: bla-ma, „der Obere"). Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts das geistliche und weltliche O b e r h a u p t Tibets. Titel des Oberhauptes des innerhalb des Lamaismus führenden Gelbmützenordens. Im Buddhismus gilt der Dalai Lama als die sich stets erneuernde Inkarnation des Bodhisattva Avalokitesvara, der Verkörperung des Mitleides, und wird in ununterbrochener Sukzession wiederverkörpert (sog. „Chubilganische Erbfolge"). Dämonen. Aus d e m Griechischen s t a m m e n d e Bezeichnung für ü b e r m e n s c h liche Mächte, ursprünglich zur Bezeichnung von Göttern oder für Wesenheiten im Gefolge von Göttern oder für das Schicksal verwendet. In der stoischen Philosophie galt der Dämon als der mit d e m Göttlichen verwandte Teil im Menschen. In der übrigen griechischen Philosophie ein Zwischenwesen, ein Mittler. Im Volksglauben als launisch, unberechenbar und furchterregend g e d a c h t und mit magischen Mitteln zu besänftigen oder fernzuhalten. Deferenz.
Rücksicht, Ehrerbietigkeit.
Deismus. Rational-theologische A b w e i c h u n g von der christlichen Orthodoxie. Danach wird ein persönlicher Schöpfergott zwar anerkannt, ihm aber jeder weitere Einfluß auf die Natur oder die Geschichte a b g e s p r o c h e n . Der Mensch hat sein Leben ohne Erwartung eines göttlichen Eingriffs durch Gnade oder Vorsehung zu gestalten. Als Vernunftwesen kann er Gott durch die Betrachtung der göttlichen Naturgesetze erkennen. Das Erkennen der eigenen Pflichten in Ents p r e c h u n g zu den moralischen Gesetzen stellt die reinste Form des Gottesdienstes dar und ist zugleich Kriterium, nach d e m der Mensch nach seinem Tod Heil oder V e r d a m m u n g erfährt.
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All
Dekalog (griech.; m.). Bezeichnung für die Zehn Gebote, die Moses von Jahwe (-> Jahve) auf dem Berg Sinai empfangen haben soll (vgl. 2. Mose 20, 1 - 1 7 und 5. Mose 5, 6 - 2 2 ) . Dekretalen (lat.). Päpstliche Entscheidungen. Seit dem vierten Jahrhundert briefliche Antworten auf konkrete Anfragen bezüglich des kirchlichen Rechtes. Sie wurden in Canones zusammengefaßt, erhielten normativen Charakter. Heute werden besonders feierliche Papsterlasse (etwa Heiligsprechungen) als Dekretalen bezeichnet. Demiurgos (von griech.: demiourgein, „bilden", „schaffen"). Der Begriff „Demiurg" hat eine philosophische Vorgeschichte: In Piatons „Timaios" bezeichnet er den Weltenschöpfer, den „Schöpfer des Alls", der die chaotische Materie nach dem Vorbild der ewigen Ideen zu einem geordneten Kosmos formt. Plotin identifiziert den Demiurg mit der Weltenseele. In der Gnosis wird der Begriff verstanden als der vom höchsten Gott unterschiedene Schöpfer der Sinnenwelt, der für das Böse in der Welt verantwortlich ist. Der jüdische Gott Jahwe kehrt u.a. in der Namensform —> „Jehova" wieder, als niederer Gott und Schöpfer der Welt (hyle), an der Böses haftet. Derwisch (von pers.: darwls (m.), „Pfortensucher", „Bettler"). Bezeichnung für islamische Asketen. Teilweise in religiösen Bruderschaften organisiert, teilweise bettelnde Wanderderwische ohne irgendwelche Form der Organisation. Das Streben nach der Vereinigung mit der Weltseele durch Gesang, Tanz und Meditation ist das oberste Ziel der Derwische. Derwische des „inneren Kreises" leben in Klöstern, stehen unter dem absoluten Gehorsam gegenüber dem Scheich und unterwerfen sich regelmäßigen Meditationen und asketischen Übungen zur Befreiung ihrer Seele. Derwische des „äußeren Kreises" kommen als Externe nur zu bestimmten Anlässen ins Kloster. Obwohl der Islam ein Mönchtum im strengen Sinn nicht kennt, gehören Derwische zum festen Erscheinungsbild dieser Religion. Derwisch-Scheikh. Der Titel „Scheich" (arab.: saih, „Ältester") ist ein Ehrentitel für Männer, denen Weisheit und geistige Qualitäten zugeschrieben werden. „Scheich" im Zusammenhang mit Derwischen ist die Bezeichnung für die Lehrer, welche die Neophyten („Neugepflanzte", d. h. Neueinzuweihende) in eine Bruderschaft einführen, oder für die Leiter eines Derwischordens. Deuteronomium (griech.; n.). Das biblische fünfte Buch Mose; es wiederholt den Dekalog und andere Gesetzeswerke der Sinaioffenbarung. Dharma (Skt., Subst. m., „Gesetz", „Pflicht", Pali: dhamma). Zentraler Begriff des Buddhismus, der unterschiedliche Bedeutungen hat: 1) das kosmische Gesetz, dem die Welt unterliegt, vor allem das Gesetz der vom Karman gesteuerten Wiedergeburt; 2) die Lehre des Buddha, der lediglich eine Manifestation dieses kosmischen Gesetzes ist; 3) Verhaltensnormen und ethische Regeln; 4)
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Manifestationen der Wirklichkeit; 5) Ideen, Denkobjekte und Geistesinhalte; 6) Daseinsfaktoren. Didache. Schrift der sog. „Zwölfapostellehre", die 1873 in einer Handschrift aus dem 11. Jahrhundert gefunden wurde und eine altchristliche Gemeindeordnung aus dem Anfang des 2. Jahrhunderts mit Anweisungen für den Kult und das Gemeindeleben enthält. Sie wurde erstmals 1883 von ihrem Entdecker Phllotheos Bryennios veröffentlicht. Diensthaus, ägyptisches. Begriff aus dem biblischen Buch 2. Mose für das Land Ägypten, in dem das Volk Israel zu Fronarbeiten gezwungen und der Knechtschaft ausgesetzt war. In 20, 2 heißt es: „Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus dem Ägyptenland, aus dem Diensthause, geführt habe" (Parallelstellen in 2. Mose 13, 3 und 13, 14). Der genaue Zeitpunkt des Auszuges aus Ägypten, des Exodus, Ist unklar. Er fällt In die Zelt der 19. Dynastie der Ägypter, ins 13. vorchristliche Jahrhundert. Dike (griech.: Subst. f., „Gerechtigkeit") In der griechischen Mythologie die als göttliche Person gedachte Schirmherrin von Recht und Ordnung. Eine der drei Hören. Dionysos. Griechischer Gott thrako-phrygischer Herkunft, Herr des Weines und Rausches, der Fruchtbarkeit und der Ekstase, Sohn des Zeus und der Semele. Seine Verehrerinnen, die Mänaden, zerrissen bei den orgiastischen Dionysosfeiern Tiere und verzehrten ihr rohes Fleisch. Von den Römern „Bacchus" genannt. Divination (von Iat.. divinatio, Subst. f., „Sehergabe", „Eingebung", „Weissagung"). Fähigkeit, den Willen einer Gottheit zu erkennen und in die Zukunft zu sehen. Dogmenproiiferation.
Verbreitung von Dogmen.
Donatismus. Im vierten Jahrhundert in Nordafrika entstand die schismatische Sekte der Donatisten, benannt nach ihrem Gründer Donatus, der seit 313 Bischof von Karthago war. Die Wirksamkeit von Sakramenten hing nach der Lehre der Donatisten von der ethischen Qualität und der Würdigkeit dessen ab, der sie spendet. Ihr Hauptgegner war Augustinus. Kaiser Konstantin I. ging gewaltsam gegen die Donatisten vor. Zum donatistischen Schisma kam es 312, als in Karthago Caecilian zum Bischof geweiht wurde. Die Gegner, angeführt von dem numidischen Bischof Donatus, erklärten Caecllians Weihe für ungültig, weil unter den ihn Weihenden ein Bischof gewesen sei, der in der Zeit der Verfolgung abtrünnig geworden war. Augustin, seit 396 Bischof von Hippo Regius in Nordafrika, formulierte in Auseinandersetzung mit dem Donatismus den Lehrsatz, daß die Sakramente durch ihren Vollzug wirksam seien, weil sie Gottes Gabe seien und der Heilige Geist ihnen ihre Wirkung verleihe.
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do ut des (lat.: „ich gebe, damit du gibst"). Ursprünglich ein Begriff aus dem römischen Recht für Verträge auf Gegenseitigkeit. In der religionswissenschaftlichen Terminologie die Bezeichnung für die Absicht von Opfernden, mit ihren Opfergaben eine Gegenleistung von der Gottheit zu erwirken. dschizja; Tl. (arab.): gizya (f.), „Tribut", „Kopfsteuer". Im alten Islam waren die männlichen, erwachsenen Angehörigen einer —>• „Buchreligion" in eroberten Gebieten zur Zahlung eines Schutzgeldes für sich und Ihre Familien verpflichtet. Frauen, Kinder, Arme, Alte und Behinderte waren von diesem Tribut ausgenommen. Dualismus. Auf religiösem Gebiet die Vorstellung von zwei metaphysischen Mächten, die sich feindlich gegenüberstehen. Beispiele für einen Dualismus liegen u. a. In der Lehre Zarathustras, In gnostischen Systemen (-> Gnosis) und im —> Manlchäismus vor. ecclesiae.
Kirchengemeinden.
Ekstase (griech.; f.). Religiöses Erlebnis der Entpersönlichung, oft verbunden mit dem Gefühl, von einer Gottheit erfüllt zu sein. Es gibt spontane Ekstasen und künstlich herbeigeführte, etwa durch Askese, Tanz, Musik oder Drogen. Eleusis^> Epiphanien
Mysterien. (griech.; f.). Gotteserscheinungen.
Epistel (griech/, f.). Eine „Epistel" Ist Im Sprachgebrauch des Neuen Testaments im Gegensatz zum „Brief" an die Öffentlichkeit gerichtet. Erbsünde (lat.: peccatum originale). Nach christlicher Lehre die durch den Sündenfall von „Adam und Eva" (Essen vom Baum der Erkenntnis) hervorgerufene, angeborene Sündhaftigkeit des Menschengeschlechts. Eschatologie (griech.; f.). Lehre von den letzen Dingen. Die Vorstellung verschiedener Religionen über das Endschicksal von Individuen oder das universelle Weltenende. Esoterik (griech.; f.). Lehren und Handlungen, die nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich und durch Geheimhaltung vor Profanisierung geschützt sind. In der Philosophie des antiken Griechenlands sowie in griechischen und orientalischen Mysterienkulten Mysterien) gab es diese Praxis. Exerzitien (von lat.: exercitia, „Übungen"). Als „exercltia spiritualia" Zeiträume der inneren Sammlung und geistigen Übung.
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Exil. W e b e r unterscheidet die vorexilische und nachexilische Zeit des Judentums als E p o c h e n der israelitischen G e s c h i c h t e . Im 6. vorchristlichen J a h r h u n dert ordnete der b a b y l o n i s c h e König N e b u k a d n e z a r II. (604-562 v.Chr.) die Z w a n g s v e r s c h l e p p u n g z u n ä c h s t führender Schichten, später a u c h Teile der G e s a m t b e v ö l k e r u n g d e s S ü d r e i c h e s J u d a nach Babylonien an. Die D e p o r t a t i o n erfolgte In mehreren Etappen. Die Zeit der b a b y l o n i s c h e n G e f a n g e n s c h a f t w i r d heute mit w e n i g e r als 70 Jahren a n g e g e b e n . N a c h d e m B a b y l o n v o n d e n Persern erobert w o r d e n war, erteilte der p e r s i s c h e König Kyros II. 538 v.Chr. d e n J u d e n die Erlaubnis, in ihre Heimat z u r ü c k z u k e h r e n . exilische
Zeit des Judentums
Exil.
Exogamie (griech.; f.). R e g e l u n g d e s Heiratsverhaltens, nach der Eheschließung nur z w i s c h e n A n g e h ö r i g e n v e r s c h i e d e n e r Clans erlaubt ist. Sie ist oft d u r c h totemistische A n s c h a u u n g e n (—> Totem) b e d i n g t . ex opere operato (lat.: „ d u r c h die vollzogene H a n d l u n g " ) . In der katholischen D o g m a t i k die Wirkkraft der Sakramente d u r c h Ihren bloßen Vollzug, konditioniert auf selten des Priesters d u r c h die Intention, das zu tun, was Christus u n d die Kirche wollten u n d auf selten d e s E m p f ä n g e r s d u r c h d a s Bewußtsein, sich nicht in einer T o d s ü n d e zu b e f i n d e n u n d der S a k r a m e n t s h a n d l u n g keinen W i d e r s t a n d entgegenzusetzen. Famulus (lat.: „Gehilfe"). B e z e i c h n u n g für einen Studenten, der als Assistent eines H o c h s c h u l l e h r e r s arbeitete. Fetisch (von portugies.: feltigo, nach lat.: factitius, „künstlich g e m a c h t " ) . Urs p r ü n g l i c h die B e z e i c h n u n g für die K u l t g e g e n s t ä n d e der Westafrikaner. Ein Geg e n s t a n d als Träger übernatürlicher Macht. fides
expiicita
(lat.: „entfalteter Glaube"). In der katholischen T h e o l o g i e der
G l a u b e , der auf eigener Kenntnis der G l a u b e n s i n h a l t e b a s i e r t u n d der bewußt geschieht. fides implicita (lat.: „[im K i r c h e n g l a u b e n ] e i n g e s c h l o s s e n e r Glaube"). Eine von der H o c h s c h o l a s t i k a u s g e b i l d e t e Lehre u n d fester Bestandteil der römisch-katholischen Theologie. Die Interpretation der christlichen O f f e n b a r u n g obliegt d e m kirchlichen Lehramt, die Kirche Ist die unfehlbare Vermittlerin von Glaubensinhalten. Mit d e m G l a u b e n an den offiziellen K i r c h e n g l a u b e n sind automatisch a u c h G l a u b e n s i n h a l t e e i n b e z o g e n , die d e m einzelnen G l ä u b i g e n unbekannt sein können. Von Martin Luther u n d J o h a n n e s Calvin scharf kritisiert. Freigelassene (lat.: „liberti"). R ö m i s c h e Unfreie oder Halbfreie, die d u r c h eine f ö r m l i c h e R e c h t s h a n d l u n g (die sog. „ m a n u m i s s l o " , die Entlassung eines Sklaven aus der Gewalt seines Herrn) aus Ihrem Status entlassen w u r d e n . Sie besaßen nicht die g l e i c h e n B ü r g e r r e c h t e wie frei G e b o r e n e : Diese Rechte w u r d e n
Glossar
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erst ihren Nachkommen zugestanden. Die iiberti waren durch Dienstverpflichtungen an ihren früheren Patron gebunden und trugen auch dessen Gentilnamen. In der römischen Kaiserzeit waren sie in der Verwaltung tätig, als Gewerbetreibende, als Ärzte und Lehrer. Augustus und Tiberius versuchten, durch Gesetze die Emanzipation der Iiberti einzudämmen. freikirchliche Gemeinden. Christliche Gemeinden, die weder an den Staat noch an die Volkskirche gebunden sind und sich über freiwillige Beiträge und nicht über Kirchensteuer finanzieren. Im Gegensatz zu Sekten sind sie in die Ökumene einbezogen. Die ersten Freikirchen wurden in England im 17. Jahrhundert von Puritanern gegründet. Fung-schui; Ts. (chin.): feng-shui, wörtlich: „Wind und Wasser". Im Rahmen der chinesischen Geomantik das Festlegen von günstigen und ungünstigen Orten für die Anlage von Gräbern, Altären, Tempeln und anderen Bauten nach den Prinzipien des Yin und Yang von Himmel und Erde. Zweck war das Fernhalten negativer Energien. Gathas; Tl. (awestisch): Gäthäs, „Lieder", „Gesänge". Die 17 Gathas sind die ältesten Teile des Avesta (der heiligen Schrift der Parsen), dem Yasna (Yasna 2 8 - 3 4 , Y. 4 3 - 5 1 und Y. 53). Sie werden direkt auf Zarathustra zurückgeführt oder stammen zumindest aus seiner näheren Umgebung. Gegenreformation. Erstmals 1776 auftauchende Bezeichnung für die reformationszeitlichen Versuche, protestantisch gewordene Gebiete wieder dem Katholizismus zuzuführen. In Spanien entstand der bedeutendste Orden der Gegenreformation, der der Jesuiten. Hier entstand auch die quietistische Mystik, die über Italien und Frankreich in andere Länder Europas gelangte. Das gegenseitige Durchdringen von mystischer Erfahrung und menschlicher Aktivität wurde zu einem Charakteristikum der Gegenreformation. gens (lat. Subst. f., „Geschlecht"). Ursprünglicher Verband mehrerer Familien mit demselben Namen und gemeinsamer Abstammung, mit -h> Exogamie, gemeinsamem Oberhaupt, Landbesitz, Kultstätten und Friedhöfen. Gilde (niederdtsch.: „Innung", „Trinkgelage", ursprüngl. wahrscheinlich: „gemeinsamer Trank nach einem abgeschlossenen Rechtsgeschäft"). Im europäischen Mittelalter genossenschaftliche Vereinigungen zum wechselseitigen Schutz, für religiöse und gewerbliche Zwecke und zur Pflege der Geselligkeit. Gnadenperseveranz
perseverantia gratiae.
Gnosis (griech. Subst. f., „Erkenntnis", „Einsicht"). Sammelbegriff für eine synkretistische religiöse Bewegung des zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhunderts. Sie setzte sich aus platonischen, jüdischen, altiranischen und altbabylonischen Elementen zusammen. Die gnostischen Richtungen weisen ge-
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Glossar
meinsame Merkmale auf: 1) ein dualistisches Weltbild, bei dem der höchste Weltengott, der Gott des Lichtes, von dem Schöpfergott (Demiurg) unterschieden wird. Dem Urgott steht die vom Demiurgos geschaffene Welt (hyle) gegenüber, an der Böses haftet; 2) die enge Verbindung zwischen Kosmologie und Anthropologie. In der Welt und auch im Menschen sind sowohl geistige als auch materielle Anteile vermischt. Diese geistigen Anteile gilt es durch innere Erkenntnis zu befreien und somit von ihrer Gefangenschaft zu erlösen. 3) Vorhandensein einer Erlösergestalt, die den Menschen die „Erkenntnis" über ihr Dasein vermittelt und den Aufstieg ins göttliche Lichtreich weist. 4) Die Welt wird als Gefängnis betrachtet, aus dem sich die Seele befreien, die Welt überwinden und wieder zu ihrem himmlisch-göttlichen Ursprung zurückkehren muß. Als Selbstdefinition ist Gnosis: „Die Erkenntnis dessen, wer wir waren, was wir geworden sind, wo wir waren, wohin wir geworfen wurden; wohin wir eilen, wovon wir erlöst werden; was Geburt ist, was Wiedergeburt". (Klemens von Alexandrien, Excerpta ex Theodoto 78). Gosain; Tl. (Hindi): gosäln (m.), „Herr der Rinder". Ehrentitel für Vischnu-Anhänger, die ihr Leben in Askese und Meditation verbringen. gregorianische chenreform.
Reformbewegung.
Auf Papst Gregor VII. zurückgehende Kir-
Guru (Skt.; m.). Im Hinduismus Bezeichnung für einen geistlichen Lehrer. Gymnasion (vom griech. Adj.: gymnos, „nackt"). In Griechenland ein öffentlicher Platz für nackt ausgeführte Leibesübungen wie Speerkampf, Ringen, Faustkampf und Wettlauf. Hades. Griechischer Gott der Unterwelt sowie Name seines unterweltlichen Reiches. Haoma. Aus arischer Zeit stammende Gottheit der heil- und zauberkräftigen Haomapflanze und des daraus bereiteten Rauschtrankes. auch: Sorna. Heiland (von altsächsisch: heliand und althochdt. Heilant, „der Heilende", „Erlösende"). Religionswissenschaftliche Bezeichnung für heilsvermittelnde Gestalten in verschiedenen Religionen, die von Schuld, Sünde und Krankheiten befreien, der Welt den Frieden schenken und zur Unsterblichkeit führen. Heiliger Stuhl. Seit Papst Damasus I. ( 3 6 6 - 3 8 4 ) Bezeichnung für das Amt des Papstes und die römische Kurie. Heilsarmee (engl.: Salvation Army). Von dem ehemaligen Methodistenprediger William Booth ( 1 8 2 9 - 1 9 1 2 ) und seiner Ehefrau Katharina im Jahr 1878 in London gegründete, äußerlich militärisch formierte Organisation, die sich der „Rettung" Verwahrloster, dem Kampf gegen Alkohol und Drogen und der Betreuung von Arbeitslosen widmet.
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herodianische
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Zeit ^ Herodes I. (Personenverzeichnis).
Heroen. 1. Bei den Griechen Helden, die zu Lebzeiten bedeutende Taten vollbrachten, nach ihrem Tod ein götterähnliches Dasein im Hades verbrachten und zwischen Göttern und Menschen vermitteln konnten. Bei Homer und Hesiod auch Bezeichnung für Helden der Vorzelt. 2. In einem allgemeineren Sinn wird der Begriff für deifizierte Helden verwendet. Hierarch (vom griech. Adj.: hieros, „heilig", und grlech.: archon, Subst. m., „Herrscher"). Ursprüngliche Bezeichnung für den Ausüber einer Priesterherrschaft, die verbunden war mit einer rangmäßigen Abstufung der Priesterämter. Hierokratie (vom griech. Adj.: hieros, „heilig", und griech.: kratos, Subst. m., „Stärke"). Ausübung der weltlichen Herrschaft durch religiöse Amtsträger. Hindu; Tl. (pers.): Hindü (m.). Mittelalterliche persische Bezeichnung für die Einwohner Indiens, abgeleitet aus der iranischen Namensform des Flusses Indus (Iran.: Hindu). Anhänger des Hinduismus. Hiob, Hiobbuch (unsichere Namensbedeutung, griech.: Job, „den man als Feind behandelt" oder „der sich gegen Gott wendet" oder „wo ist der Vater?"). Hauptgestalt des alttestamentlichen Hiobbuches. Hiob aus Uz In Edom wird zu Beginn des Hiobbuches als reichster und frömmster Mann des Orients vorgestellt. Nacheinander verliert er seinen Besitz, seine Kinder, seine Gesundheit, weigert sich aber, Gott deshalb zu verfluchen. Der Hauptteil des Buches besteht aus Dialogen Hiobs mit seinen Freunden und Jahwe, zentrales Thema ist die Gerechtigkeit Gottes und der leidende Gerechte in seinem Verhältnis zu Gott. Am Schluß des Buches erhält Hiob seine Kinder zurück sowie das Doppelte seines ursprünglichen Vermögens. Hyliker (von griech.: hyle, Subst. f., „unbearbeiteter Stoff", „Materie, aus der etwas hergestellt wird"). In der valentianlschen Gnosls entsprach der dreistufige Kosmos der Dreiteilung des Menschen in Geist, Seele und Körper (Nous, Psyche und Hyle); dementsprechend den drei Menschentypen Pneumatiker, —> Psychiker und Hyliker. Nach dieser Lehre hatte der Hyliker keine Pneumasubstanz (göttliche Lichtfunken) mehr in sich. Idolatrie (griech.; f.). Religiöse Verehrung von Bildern oder Gegenständen, von denen angenommen wird, daß eine göttliche Macht In Ihnen wohnt. Abwertende Bezeichnung für „Heidentum". Independenten. Die seit 1624 so genannten Independenten oder Kongregationalisten sind aus dem englischen Purltanlsmus hervorgegangen. Sie forderten die Unabhängigkeit von der anglikanischen Kirche und die Selbständigkeit der freiwillig zusammengeschlossenen christlichen Einzelgemeinden. In der engli-
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Glossar
sehen Revolution spielten sie unter Cromwells Führung eine zentrale Rolle. In England verfolgt, suchten sie in den Niederlanden Zuflucht, von wo aus sie als „Pilgerväter" nach Nordamerika auswanderten. Indra (Skt.; m.). Kriegerischer Gott der vedischen Religion, Dämonentöter, der durch den Genuß des Somasaftes Sorna) zu gewaltiger Kraft gelangte. Ist im späten Hinduismus zu einem unbedeutenden Regengott und zum Schützer der östlichen Himmelsgegend geworden. Inkarnation {lat., f.). Menschwerdung eines göttlichen Wesens. Jahve; Tl. (hebr.): Jahwe (m.). Eigenname des Gottes Israels. Tetragramm mit den vier hebräischen Konsonanten JHWH. Der Name des Gottes Israels wird in 2. Mose 3, 14 in der Bedeutung von: „Ich werde sein" verwendet. Seit etwa 300 v.Chr. vermieden es die Juden, den Namen „Jahwe" auszusprechen und lasen stattdessen „Adonai" („mein Herr") oder „Haschern" („der Name"). Jaina. Anhänger des
Jainismus.
Jainismus, Jinismus. Eine von Vardhamana Mahavira gestiftete indische Religion, deren Entstehungszeit ungefähr mit der des Buddhismus zusammenfällt. Der Jainismus beruht auf einer streng asketischen Erlösungslehre: Durch Meditation und asketische Übungen kann das Ansammeln von Karma ( ^ Karman) vermieden und die Seele von der Materie befreit werden. Jainamönche und -nonnen sind ebenso wie die Laien strengen ethischen Regeln unterworfen. Der Jainismus spaltete sich in zwei Schulen, in die Digambaras („Luftgekleidete") und in die Svetambaras („Weißgekleidete"). Janus. Doppelgesichtiger römischer Gott der Tore und Torbögen, Gott des Anfangs, der bei Gebeten und Opfern als Erster angerufen wurde. Jathrib; Tl. (arab.): Yatrib. Ursprünglicher Name der arabischen Stadt dina.
Me-
Jehova. Name Gottes bei Juden des Mittelalters. Durch die Arbeit jüdischer Textkritiker (der Massoreten, „Überlieferer") während des Mittelalters, die die rein konsonantischen hebräischen Texte der Bibel mit Vokalzeichen versahen, entstand aus den Konsonantenzeichen für JHWH (Jahwe) und den Vokalzeichen von „Adonai" die Lesung „Jehova". Jesuiten (lat.: Societas Jesu, „Gesellschaft Jesu"). 1534 von dem baskischen Adeligen Ignatius von Loyola in Paris gegründeter Orden, dessen Mitglieder ein Zusatzgelübde des strikten Gehorsams gegenüber dem Papst abzulegen haben, zu regelmäßigen Exerzitien verpflichtet sind und pädagogische, seelsorgerische und missionarische Aufgaben ausüben. Der führende Orden der -H> Gegenreformation. Die Gesellschaft Jesu war 1773-1814 aufgehoben, bestand
Glossar
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aber in Preußen weiter; sie wurde ab 1801 von Rom für verschiedene Länder wieder zugelassen. In Deutschland war der Orden von 1872 bis 1917 gesetzlich verboten. Juno. Römische Göttin etruskischer Herkunft mit Zügen der griechischen Hera. Als „Juno Regina" war sie die Gattin des Jupiter und Schützerin der Ehe. Kabbala; Tl. (hebr.): qabbälä (f.; Sg.), „Empfangen [durch Tradition]". Bezeichnung für verschiedene Richtungen der jüdischen Mystik, die u.a. von gnostischen und neuplatonischen Elementen mitgeprägt ist und den -> Chassidismus beeinflußt hat. Das Hauptschriftwerk der Kabbala ist der im 13. Jahrhundert anonym verfaßte „Sohar". Kanaan. Gebiet des palästinensisch-phönizischen Küstenstreifens, alter Name des Gelobten Landes, das zum Land Israel geworden ist. Kardinaltugend. Das Christentum kennt vier Kardinaltugenden: die Klugheit als Tugend der Erkenntniskraft, die Gerechtigkeit, die Mäßigung, die das Begehren und die Affekte ordnet und die Tapferkeit, die die Affekte beherrscht. Karman (Skt.: Karma, n., Pali: Kamma, „Tat"). Ursprünglich die Bezeichnung für rituelle Handlungen, die der Sicherung der individuellen Unsterblichkeit dienen sollten. In den Upanischaden wird mit „Karma" die Vorstellung von der Kausalität der Taten, die im Zusammenhang mit dem Seelenwanderungsglauben steht, bezeichnet: Die Art der Wiedergeburt wird bestimmt durch die Taten eines Menschen in seinem vorhergehenden Leben. Karolinger. Das fränkische Adelsgeschlecht erhielt 754 die fränkische Königswürde. In Frankreich regierten die Nachfolger Karls des Großen bis 987. Kaste (von portugies.: casta, „Stamm", „Abstammung"). Das Kastensystem im Hinduismus bezeichnet die Gliederung der indischen Gesellschaft in soziale Gruppen, die sich durch Geburt, Beruf, Heirats- und Reinheitsvorschriften voneinander unterscheiden. Die indische Gesellschaft gliedert sich in vier Varnas („Farben"), die im westlichen Sprachgebrauch mit „Kasten" wiedergegeben werden und die sich immanent noch stark aufgliedern. KOT' E^OXIIV;
Tl. (griech.): kat' exochen. Herausragend, par excellence, mit Vor-
zug. Khalif; Tl. (arab.): hadfa (m.), „Nachfolger [Muhammeds]". Titel des Oberhauptes der muslimischen Gemeinde (arab.: umma), als Nachfolger des Propheten. Kongregationalisten
—> Independenten.
Kontemplation (lat.; f.). Versenkung in das Übersinnliche mit dem Ziel der inneren Gottesschau, besonders in der Mystik.
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Glossar
Kontokorrent (ital.). Geschäftsverbindung, bei der Verbindlichkeiten plus Zinsen nicht einzeln, sondern in Form einer Verrechnung bezahlt wurden. Koran; Tl. (arab.): qur' an. Heilige Schrift des Islam, die aus 114 Suren besteht. Der Koran beruht auf den Offenbarungen Muhammeds durch den Erzengel Gabriel und wurde bereits eine Generation nach dem Propheten kodifiziert. Kreuzzugszeit. 1291.
Die Zeitspanne der insgesamt sieben Kreuzzüge von 1096 bis
Krischna; Tl. (Skt.): Krsna. Gott des Hinduismus. Er gilt als achte Inkarnation des Vischnu Vischnuismus). Kshatriya, Kschatriya; Tl. (Skt.): Ksatriya (m.). Name der Kaste der Krieger bzw. des landbesitzenden Adels im klassischen indischen Vierkastensystem. Sie standen in Opposition zu den Brahmanen und vertraten im Gegensatz zu diesen eine persönliche Gottesauffassung. Kybele (griech. Form von phryg.: „Matar Kubile", Namensableitung ist unsicher). Phrygische Mutter- und Mysteriengöttin, Herrin des Lebens und der Fruchtbarkeit. Die Kultlegende macht Attis, einen phrygischen Vegetationsgott, zu ihrem jugendlichen Geliebten, den sie mit Wahnsinn straft, als er das ihr abgelegte Keuschheitsgelübde brach. Im Wahn entmannte sich Attis selbst. In Rom wurde Kybele 204 v. Chr. unter dem Namen „Magna Mater" eingeführt. Kyniker (aus dem Griechischen). Vertreter des Kynismus, einer Richtung der griechischen Philosophie, die die Ideale von Bedürfnislosigkeit, Selbstbeschränkung und Aufhebung gesellschaftlicher Vorurteile und Konventionen vertrat und die Welt radikal ablehnte. Ihr berühmtester Vertreter war Diogenes von Sinope (um 4 1 2 - 3 2 3 v. Chr.). Lamaismus. Tibetische Sonderform des Buddhismus, die auch in Bhutan, der Mongolei und in Ladakh vorkommt. Der Lamaismus besitzt zwei kanonische Schriftsammlungen und zwei unterschiedliche Mönchsschulen: die liberalen „Rotmützen" und die zölibatären „Gelbmützen", eine mönchische Reformsekte (Gelugspa), deren Gründer Tsong-kha-pa (1357-1419) war. Aus letzterer Schule gingen der —> Dalai Lama und der Panchen Lama hervor. latreia (griech.; f.). Ursprüngliche Bedeutung: „Dienst des Söldners oder Lohnarbeiters", „Dienst gegen Lohn", bei Piaton: „Gottesdienst", „Gottesverehrung". Im Kontext des sog. „Bilderstreites" (-» Bilderstreit von Byzanz), wo es um das Verhältnis zwischen Abbildung und Urbild ging, unterschied Johannes Damascenus (um 670 bis um 750, Dogmatiker der alten Griechischen Kirche) zwischen einer „Anbetung" (griech.: proskynesis tes latreias) und einer „Ehrfurchtserweisung" (griech.: proskynesis he ek times) gegenüber der Christusikone.
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Lebensdurst (Skt.: trsnä, f., Pali: tanhä). Im Buddhismus die Ursache des leidvollen Daseins. Liebesakosmismus. In Max Webers Sprachgebrauch: „Eine eigentümliche Weltflucht in Gestalt objektloser Hingabe an jeden Beliebigen, nicht um des Menschen, sondern rein um der Hingabe als solcher [...] willen". (MWG 1/19, S. 490). -> auch: Akosmismus. livianische
Historiographie
- » Livius (Personenverzeichnis).
Lokalgott. Ein Gott, dessen Wirksamkeit und kultische Verehrung an einen bestimmten Ort gebunden ist. Lykos. Attischer Gerichtsdämon bzw. Gerichtsheros, dessen wolfsgestaltiges Bild zur Ausstattung der Gerichtsgebäude zählte. Ihm wurde angeblich vor jeder Gerichtssitzung der dritte Teil des Richtersoldes geopfert. Maat (ägypt.: mg't). Zentralbegriff des altägyptischen Denkens, „Wahrheit", „Ordnung", „Weltordnung", „Gerechtigkeit". Der Pharao stellte bei seiner Krönung die durch den Tod seines Vorgängers verlorengegangene Ma'at wieder her. In der späteren Entwicklung der ägyptischen Religion wird die personifizierte Ma'at zur Tochter des Sonnengottes Re. Mahayana; Tl. (Skt.): Mahäyana (n.), „großes Fahrzeug [über den Ozean des Leidens]". Richtung des Buddhismus mit starkem Laieneinfluß und der Möglichkeit, mit Hilfe eines Außenstehenden, eines -> Bodhisattvas, erlöst zu werden. Seine Anhänger stellen das eigene endgültige Eingehen ins Nirvana zugunsten der sonst nicht erlösungsfähigen Laien zurück. Verbreitet in Nordindien, Tibet, Zentralasien, China, Korea und Japan. Im Hinayanabuddhismus, dem „kleinen Fahrzeug" [über den Ozean des Leidens], muß die Erlösung aus eigener Kraft erlangt werden. Makkabäer. Beiname des jüdischen Herrschergeschlechts der Hasmonäer. Nach Judas Makkabäus (von hebr.: maqqäbäh, „Hammer", 1 6 6 - 1 6 0 v.Chr.) benanntes jüdisches Geschlecht, das den Aufstand der Juden gegen den Seleukidenherrscher Antiochos IV. Epiphanes anführte. Dieser Aufstand richtete sich gegen den Versuch der systematischen Unterdrückung religiöser Traditionen des jüdischen Volkes und der Zwangshellenisierung Jerusalems. Nach der siegreichen Erhebung über die Seleukiden lag die Leitung des jüdischen Staatswesens in den Händen der Hasmonäer, bis es durch den Einbruch der Römer 63 v. Chr. seine Autonomie verlor. -> auch: Chassidäer. mana (melanesisch: „das außerordentlich Wirksame"). Ein in der Religionswissenschaft etablierter Terminus zur Umschreibung einer übernatürlichen Macht.
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Glossar
Mandäismus, Mandäertum. Eine auf gnostischen Ideen (-> Gnosis) beruhende, noch heute existierende Taufgemeinschaft, die ihren Namen von dem Zentralbegriff ihrer Lehre (Manda, „Erkenntnis") ableitete. Der Vermittler des Wissens, der Manda d'Haije, ist in die Welt geschickt worden, um die Menschen über die Gefangenschaft ihrer Seelen in der Materie aufzuklären. Der Mandäismus ist vermutlich unter Einfluß judenchristlicher Taufsekten am Ostrand Syrien-Palästinas entstanden. Um 200 n. Chr. sind die Mandäer wohl ins nordmesopotamische Haran und von dort aus im 5 . - 7 . Jahrhundert unter dem Druck der byzantinischen Kirche und später des Islam zu ihren heutigen Wohnsitzen an den Unterläufen von Euphrat und Tigris und in den Schat el Arab gezogen. Manichäismus. Die von Mani im dritten nachchristlichen Jahrhundert gestiftete gnostische Erlösungsreligion (-> Gnosis), deren Anhängerschaft aus Electi („Auserwählte"), die einer streng asketischer Lebensweise unterworfen waren, und Laienanhängern (Auditores, „Hörer") bestand, die den Lebensunterhalt der Electi besorgten. Laut der dualistischen Lehre der Manichäer bestand ein Lichtreich und ein Reich der Finsternis, die ursprünglich voneinander getrennt waren. Der „König der Finsternis" drang in das Lichtreich ein, raubte die Lichtelemente und begann so einen Kampf zwischen Gut und Böse, in dessen Verlauf die Welt erschaffen wurde. Danach wurden verschiedene Mächte (der Urmensch und Jesus) auf die Erde gesandt, um den Menschen ihre wahre Aufgabe mitzuteilen und die in ihnen vorhandenen Lichtteile von der Materie ihres Leibes zu befreien. Das Ende der Welt wird als Weltenbrand vorgestellt, der die letzten Lichtelemente ausläutert: Die Electi kehren zum Lichtreich zurück, die Auditores gehen durch Wiedergeburt in die Körper der Electi ein, die NichtManichäer verfallen der Finsternis. Der Manichäismus erreichte den Verbreitungsgrad einer Weltreligion, verbreitete sich trotz Verfolgungen im Perser- und im Römerreich und hielt sich hier bis ins 5./6. Jahrhundert hinein. Durch konsequente Mission drang er seit dem 6./7. Jahrhundert nach Mittel- und Ostasien. Im Abendland wirkte sich sein Einfluß seit dem 11. Jahrhundert erneut aus bei der häretischen Bewegung der Katharer. Manu (Skt.: „der Mensch"). In der indischen Mythologie der Stammvater der Menschen, ihr Gesetzgeber und ihr erster König. Ein Brahmanatext ( - » Brahmanas) berichtet von dem siebten Manu, Vaivasvata, der nach der großen Sintflut, aus der ihn ein Fisch gerettet hatte, gemeinsam mit Ida (oder IIa) das Menschengeschlecht zeugte. Das „Gesetzbuch des Manu" (Skt.: „Manusmrti", auch „Manusamhita" oder „Manavadharmashastra") ist zwischen dem zweiten vorchristlichen und dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert entstanden. Neben juristischen Passagen und Anweisungen über Regierungsführung enthält das Buch auch Vorstellungen zur Weltenschöpfung und zur Seelenwanderung. Marcionitismus. Häretische Richtung innerhalb des frühen Christentums, die von Marcion von Sinope (ca. 8 5 - c a . 160) gegründet wurde und zu einer machtvollen Gegenkirche heranwuchs. Die Marcioniten lebten streng asketisch und behaupteten, daß der jüdische Schöpfergott nichts mit dem Gott des Neuen
Glossar
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Testaments zu tun haben könne und somit auch keine Bedeutung für den christlichen Glauben habe. Mazdasnanier.
Anhänger des -> Ahuramazda.
Medina; Tl. (arab.): al-Madina, „die Stadt [Muhammeds]". Mit seiner Grabesmoschee ist Medina nach Mekka der zweitwichtigste Wallfahrtsort der Muslims, letzter Wohnort Muhammeds. Mekka. Geburtsort Muhammeds, heiligste Stadt des Islam mit der Kaaba als Pilgerziel. Mennoniten. Anhänger der von Menno Simons ( 1 4 9 6 - 1 5 6 1 ) begründeten, täuferischen Reformbewegung, die aus schweizerischen, niederländischen und deutschen Täufergruppen hervorgegangen ist und ein calvinistisches Christentum vertritt. Kindertaufe, Eide und Kriegsdienst werden abgelehnt. Menschensohn (Übersetzung von hebr.: ben-adam und von aramäisch: bar'enos). Hoheitstitel Christi, in den Evangelien eine Selbstbezeichnung Jesu. In Daniel 7, 13 als endzeitlicher Heilbringer. Merowinger. Salfränkischer Teilstamm, Inhaber der fränkischen Königswürde von 482 bis 751. Messe; Meßopfer. In der katholischen Kirche die nach ihren Entlassungsworten („Ite, missa est"; „gehet hin, [die Gemeinde] ist entlassen") bezeichnete Feier der Eucharistie (griech.: „Dankeserweis"), des Abendmahlsgottesdienstes. Die Eucharistie wird als Wiederholung des Kreuzopfers aufgefaßt. Messias (gräzisierte Form von aramäisch: m e siha und hebr.: masiah, m., „Gesalbter"). Hoheitstitel Jesu. Im Alten Testament zunächst die Bezeichnung für den regierenden König, nach dem Untergang des davidischen Reiches der erhoffte Herrscher aus dem Stamm Davids. Metanoia (griech; Subst. f.). Sinnesänderung, Reue. Metaphysik (griech.; f.). Ursprünglich die von dem griechischen Philosophen Andronikos von Rhodos (wohl I.Jahrhundert v.Chr.) eingeführte Bezeichnung für diejenigen Schriften des Aristoteles, die sich mit den Ursachen des Seins beschäftigen. Im weiteren Sinn die philosophischen Lehren, die das „über" und „hinter" der sinnlich faßbaren Welt Liegende thematisieren. Methodismus. Die 1729 von den Brüdern Charles und John Wesley sowie George Whitefield in Oxford ins Leben gerufene Erweckungsbewegung, die sich 1797 von der anglikanischen Kirche trennte. Die Methodisten sind pietistisch und karitativ eingestellt und betonen ein persönliches Bekehrungserlebnis. Sie
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erbauten keine Kirchen, sondern mieteten Versammlungsräume an, in denen sie ihre Zusammenkünfte außerhalb der anglikanischen Gottesdienstzeiten abhielten. Sie verzichteten auf Sakrament und Liturgie, beschränkten sich auf Bibelnähe, Wortverkündung, Gesang, Wiedergabe persönlicher Heilserfahrungen und Zeugnisgottesdienst nach herrnhutischem Vorbild. Sie betonten die Mitarbeit von Laienpredigern und organisierten sich (teilweise ebenfalls nach Vorbild der Herrnhuter) in sog. „societies", die sich in „classes" (als übersichtliche Einheiten der Seelsorge und der christlichen Lebensführung) zu je 10 bis 12 Personen aufteilen; letzteren stand ein „leader" vor. Mischna (von hebr.: sänäh, „lernen", „lehren", „wiederholen"). Sammlung von mündlichen Aussprüchen von Rabbinen, die um 200 n. Chr. gesammelt und schriftlich festgelegt wurden. Die Mischna wurde mit ihren Kommentaren Bestandteil des -H> Talmud. Mithras; Mitra (von altiran.: MiGra, „Vertrag"). Indo-iranischer Gott des Rechts, der staatlichen Ordnung und der Schwüre. Im Iran war er der Schutzpatron von Männerbünden; Zarathustra verfolgte seinen Kult. Seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert erlangte er im Römischen Reich große Bedeutung als Mysteriengottheit (-> Mysterien). In Indien stand der Gott Mithras unter dem Namen „Mitra" in enger Beziehung zu dem über ethisches Verhalten wachenden —> Varuna. Moira (griech. Subst. f., „Teil, im Gegensatz zum Ganzen"). Bei Homer (Odyssee 3.40 und 3.66) die Portion beim Mahl, der Beuteanteil; auch der Anteil eines Gottes an der Weltherrschaft (lllias 10.253). Dann der Lebensanteil, den die Schicksalsgöttin zuweist oder Bezeichnung für die Schicksalsgöttin selbst. Monolatrie (Neubildung von griech.: monos, „allein", und griech.: latreia, Subst. f., „Verehrung"). Innerhalb polytheistischer Religionen die Verehrung nur eines Gottes, ohne daß damit die Existenz anderer Götter und Göttinnen bestritten wird. monophysitische Lehre (von griech.: monos, „allein", „einzig", und griech.: physis, Subst. f., „Natur", „Wesen", „Geschöpf"). Einnaturenlehre. Die Vertreter des Monophysitismus gingen davon aus, daß es in der Person Jesu Christi nur eine einzige Natur gebe, nämlich die göttliche. Das Konzil von Chalkedon (451) verurteilte den Monophysitismus als Irrlehre und bekannte sich zu Christus als zugleich wahrem Menschen und wahrem Gott. Monotheismus (Neubildung von griech.: monos, „allein", und griech.: theos, Subst. m., „Gott"). Glaube an einen einzigen Gott, der die Existenz anderer Götter grundsätzlich ausschließt.
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Montanismus. Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert im kleinasiatischen Phrygien entstandene häretische Bewegung, benannt nach ihrem Begründer Montanus. Der Montanismus war eine prophetisch-eschatologische Bewegung. Montes pietatis. Zur Bekämpfung von Wucher entstanden von kirchlicher Seite die „Montes pietatis", die gegen Pfand billige Darlehen gewährten. Mit „Montes" werden (zum Teil noch im 20. Jahrhundert) in Italien verschiedene Arten von Kapitalsammlungen und Leihformen bezeichnet, die karitative Aufgaben haben. Mormonen (Eigenbezeichnung: „Latter Day Saints"). Von Joseph Smith jr. (1805-1844) auf der Grundlage von Engelorakeln und eines von ihm angeblich gefundenen Offenbarungsbuches Mormon am 6. April 1830 gegründete religiöse Gemeinschaft im US-Staat Utah. Mortifikation Fasten.
(lat.). Abtöten der körperlichen Begierden durch Kasteiungen oder
Mufti (arab.). Islamischer Rechtsgelehrter, der auf Grundlage des - » Koran und der Sünna Rechtsfragen entscheidet und zur Ausstellung einer Fatwa (einer formellen gesetzlichen Auskunft) berechtigt ist. Mutaziliten; Tl. (arab.): Mu'tazila, „die sich Absondernden". Mitglieder einer Theologieschule des sunnitischen Islam, die unter den Abbasidenkhalifen ( 7 5 0 - 1 2 5 8 ) führend wurde. Jede menschliche Aussage über Gott ist ausgeschlossen, eine Prädestinationslehre ist ungerechtfertigt. Sie wandten sich gegen die vorherrschende Ansicht der Orthodoxie, daß der Koran seit Ewigkeit bei - » A l l a h existierte, bevor er Muhammed mitgeteilt wurde. Mutterrecht. Der Begriff wurde 1861 von dem Altertumsforscher und Rechtshistoriker Johann Jakob Bachofen (1815-1887) geprägt für die Anfänge der menschlichen Gesellschaft, in der nur die Abstammung von der mütterlichen Linie maßgeblich gewesen sei. Mystagoge (von griech.: mustagoges, Subst. m., „Führer der Mysten"). Priester, der die Neophyten („Neugepflanzte", d.h. Neueinzuweihende) in einen Mysterienkult einführte und ihnen die dazu nötigen Weihen erteilte. Mysten. Die in die kultischen Geheimnisse antiker Mysterienkulte Eingeweihten. Mysterien (von griech.: ta mysteria, Subst, n.; PI., „die Geheimnisse"). Antike Geheimkulte griechischer und orientalischer Herkunft, über deren kultischen Vollzug es keine öffentlichen Mitteilungen gab, da sie mit einem Schweigegebot belegt waren. Sie bestanden aus Initiationsriten, bei denen wohl die Kultlegende der jeweiligen Mysteriengottheit von den Mysten nachvollzogen wurde, sowie aus einer öffentlichen Feier. Die eleusinischen Mysterien, jährliche, geheime Initiationsfeiern im attischen Eleusis zu Ehren der Demeter und ihrer Tochter Per-
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sephone/Kore, gehen ursprünglich auf Fruchtbarkeitszeremonien zurück und waren die bekanntesten Mysterien der Antike. Die „großen Mysterien" fanden im September/Oktober in Eleusis statt, die „kleinen Mysterien" im Februar/März in Agrai. Die Mysterien von Eleusis sollen neben Keleos von Eumolpos gestiftet worden sein. Das auf ihn zurückgeführte Priestergeschlecht der Eumolpiden stellte bis in die späte Kaiserzeit das Amt der Hierophanten, der Zeiger der heiligen Gegenstände. nabi, nabijim. (PI.).
Im Hebräischen das Wort für „Prophet" (Sg.) bzw. „Propheten"
nachexilische
Zeit des Judentums
- » Exil.
Naturrecht. In seiner „Rechtssoziologie" definiert Weber den Begriff wie folgt: „.Naturrecht' ist der Inbegriff der u n a b h ä n g i g von allem positiven Recht und ihm gegenüber präeminent geltenden Normen, welche ihre Dignität nicht von willkürlicher Satzung zu Lehen tragen, s o n d e r n umgekehrt deren Verpflichtungsgewalt erst legitimieren. [...] Das Naturrecht ist daher die spezifische Legitimitätsform der revolutionär geschaffenen Ordnungen. [...]". (WuG 1 , S. 496, MWG I/22-3). Neuplatonismus. Die spätantike Weiterführung der Lehre Piatons, angereichert mit orientalischem und gnostischem Gedankengut, die mit d e m A n s p r u c h einer Universalreligion auftrat. Ziel des Menschen sollte sein, sich d u r c h mystische Versenkung vom Körper zu befreien, so daß die Seele zu Gott aufsteigen kann. Die Hauptvertreter des Neuplatonismus waren Ammonios Sakkas (um 1 7 5 - c a . 240), Plotin (205-270), Porphyrios ( 2 3 3 - 3 0 4 ) , lamblich (um 2 8 0 - c a . 330) und Proklos ( 4 1 2 - 4 8 5 ) . Nirvana, Nirwana; Tl. (Skt.: nlrväna, n., nibbäna), „Verlöschen". Begriff B u d d h a s zur Kennzeichnung seines Heilsziels: Die Ü b e r w i n d u n g aller Faktoren, die eine erneute Wiedergeburt erfordern würden, nämlich des - > „Lebensdurstes" und der Vorstellung, im Dasein die Realität erkennen zu wollen, führt aus d e m Kreislauf der Wiedergeburten hinaus. Die individuelle Existenz erlischt im Nirvana, wenn keine tatbedingte Wiedergeburt mehr nötig ist, wenn das K a r m a ( - ^ Karman) a b g e t r a g e n ist. Kennzeichen des Nirvana sind das Fehlen von Entstehen, Bestehen, Veränderung und Vergehen, das Eingehen in eine neue Existenzweise. Der Zustand des Nirvana kann bereits zu Lebzeiten erreicht werden: Nach seinem Tod gelangt der Erlöste dann ins vollkommene Nirvana, ins sog. „Parinirvana". numen, numina (lat.). Göttliche Funktion, göttliches Wesen und Wirken der Gottheit. Zentraler Begriff der römischen Religion. Während die Griechen ihre Götter als handelnde Personen begriffen, trat bei den Römern die Person hinter ihre Funktion und ihre Wirkung zurück: Das unpersönliche numen stand stellvertretend für die göttliche Persönlichkeit.
Glossar
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Ommajaden; Tl. (arab.): Umaiyaden. Erste Kalifendynastie. Namensgeber ist ihr Begründer M u ' ä w i y a b. AbT Sufyän, der d e m Hauptzweig der Familie Banü Umaiya angehörte. Die zunächst (661 - 7 5 0 ) in Damaskus residierenden, dann nach ihrer Vertreibung Im spanischen C o r d o b a vom 8. bis ins 11. Jahrhundert herrschenden Nachfolger des dritten Kalifen Othman. Orakel (aus d e m Lateinischen). Form der Mantik (der Kunst der Wahr- und Weissagung), in der der göttliche Wille durch einen dazu berufenen Menschen weit e r g e g e b e n wird. orenda (irokesisch, ein Anglizismus des Huron-Wortes „iarenda"). In der Religion der Irokesen eine übernatürliche, im wesentlichen unpersönliche Macht, die sich mit Menschen verbinden und die d u r c h Berührungsmagie übertragen werden kann. Orphik. Religiöse B e w e g u n g der Antike und des Hellenismus, die auf die mythische Gestalt des Orpheus zurückging und von Thrakien ihren A u s g a n g nahm. Durch Abstinenz, Keuschheit und vegetarische Lebensweise sollte die Seele zu ihrem himmlischen Ursprung zurückkehren. Unsterblichkeit der Seele und Seelenwanderung gehörten zu den zentralen Vorstellungen der Orphiker. Osiris (gräzisierte Form, altägypt. Lautwert: wsjr). Ursprünglich ein altägyptischer Gott aus d e m Nildelta, Totengott und Verkörperung des verstorbenen Pharao. Sein Mythos, in d e m er von seinem eigenen Bruder Seth getötet und zerstückelt und von seiner Schwestergattin Isis wieder zum Leben erweckt wird, hat im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Modifikationen erfahren und Osiris zu einem der bedeutendsten Mysterien- und Erlösergottheiten der griechischrömischen Welt gemacht. Ottonen. Deutsche Könige und Kaiser ( 9 1 1 / 9 3 6 - 1 0 2 4 ) aus d e m altsächsischen Adelsgeschlecht der Liudolfinger. Pantheismus (vom griech. Adj.: pan, „alles", und griech.: theoi, Subst. m., PI., „Götter"). Religiöse Vorstellung, nach der die Götter weltimmanent und mit ihr identisch sind. Der Pantheismus stellt einen Versuch der Auflösung des Gegensatzes zwischen Göttern und Welt dar. Pantheon (griech.; n.). In polytheistischen Religionen die Bezeichnung für die Versammlung aller Götter und Göttinnen. Paradiso. In Dantes allegorischem Lehrgedicht „Divina Comedia" ist das Paradiso neben Hölle und Fegfeuer einer der Orte, an denen sich die Menschen nach ihrem Tod aufhalten. Paria; Tl. (Tamil): paraiyan (m.; von Tamil: parai, „Trommel"). Ursprünglich die Bezeichnung für eine niedrige Trommlerkaste in Südindien, die außerhalb des
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Vierkasten-Systems (-> Kaste) stand. Von Weber auch allgemein und in einem übertragenen Sinn gebraucht für ökonomisch, sozial und rechtlich unterprivilegierte Bevölkerungsgruppen. Parsismus. Nach ihrem Ursprungsland Persien benannte, von Zarathustra gestiftete Religion, die auf dem Dualismus zwischen dem guten Prinzip ( - » Ahuramazda) und dem bösen Prinzip (Angra Manju) basiert. Ein endzeitlicher Retter der Menschheit (der Saoshyant) wird erwartet. Patres -> Senat. perseverantia gratiae, Gnadenperseveranz (lat. Subst. f., „Dauerhaftigkeit der Gnade"). Nach Johannes Calvin haben die Erwählten (die „Electi") den wahren und echten Glauben. Die Irresistibilität und Dauerhaftigkeit der göttlichen Gnade gibt ihm seinen Charakter. Die Gnade wird nicht durch Werkheiligkeit gesichert. Sie ist, einmal gegeben, unverlierbar. Peruschim; Tl. (hebr.): p e rüsim (m.; PI.), „Abgesonderte", griech.: pharisaioi, „Pharisäer". Mitglieder einer jüdischen Laienbewegung, die in der Opposition der Chassidäer des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts wurzelte. Die Peruschim lebten in religiös-sozialen Verbänden, die von „Schriftgelehrten" geleitet wurden, und bezeichneten sich selber als „Genossen" ( - » Chaberim). Sie forderten die strenge Einhaltung des mosaischen Gesetzes im Alltag und opponierten gegen die^> Makkabäer. Sie erlebten unter Herodes I. ihre Blütezeit. Die Peruschim sonderten sich von anderen Juden ab, die die Reinheitsgebote weniger gewissenhaft beachteten als sie, und bezeichneten diese als „Volk des Landes" ('am hä'äres). auch: Amhaarez. Pfründe (auch: kirchliches Benefizium). Bezeichnung für ein geistliches Amt, das mit einer Vermögensausstattung verbunden war (Land oder Geld), deren Ertrag zum Lebensunterhalt des Amtsinhabers diente. Pharao. Bezeichnung der Septuaginta für den ägyptischen König. Sie geht zurück auf das altägyptische pr-c>, „großes Haus", das sich ursprünglich auf den Palast bezog; seit Pharao Thutmosis III. ( 1 4 9 0 - 1 4 3 6 v. Chr.) auch für den König selbst verwendet. Pharisäer
Peruschim.
Philister; Tl. (hebr.): pelistTm (m.; PI.). Gruppe der sog. „Seevölker", die seit dem 14. vorchristlichen Jahrhundert aus dem ägäischen Raum über das Mittelmeer und Kleinasien in die westlichen Randgebiete des Vorderen Orients eindrangen. Phörtiker. Bewohner Phöniziens im syrischen Küstengebiet zwischen dem Karmel im Süden und Nahr-el-Kelb im Norden.
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Phratrie (von griech.: phratria, Subst. f.; „Bruderschaft"). Unterabteilung einer Phyle (einer auf fiktiver Abstammungsgemeinschaft beruhenden Unterabteilung der Bürgerschaften der Polis). Familienrechtlich und kultisch gebundene Gemeinschaft in Griechenland, ursprünglich wohl ein Rechtshilfe- und Wehrverband. Pietismus (aus dem Lateinischen). Im 17. Jahrhundert zunächst in England, den Niederlanden und dann auch in Deutschland auftretende Frömmigkeitsbewegung innerhalb des protestantischen Christentums. Die Pietisten wendeten sich gegen die Orthodoxie, forderten das allgemeine Priestertum aller Gläubigen und die Umsetzung des Glaubens in Taten und Nächstenliebe. Sie versammelten sich in Konventikeln von „Wiedergeborenen", die von pietistischen Theologen geleitet wurden. Das Programm des Pietismus wurde von Philipp Jakob Spener in seiner Schrift „Pia desideria" 1675 zusammengefaßt. Die Stadt Halle wurde unter Hermann August Francke zu einem deutschen Zentrum des Pietismus. Einen selbständigen Zweig bildete die Herrnhuter Brüdergemeine, gegründet von Nikolaus Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf. Pistiker (vom griech. Adj.: pistikos, „gläubig", „treu"). In der valentianischen Gnosis (der Schule des Gnostikers Valentin, der um die Mitte des 2. Jahrhunderts in Rom wirkte) werden die Pistiker mit den Psychikern gleichgesetzt. Pistis (griech. Subst. f., „Glaube", „Vertrauen"). Bei Piaton die unterste Erkenntnisstufe, die sich auf die Abbildungen von Gegenständen bezieht. Im Christentum im Umkreis der paulinischen Theologie ist „pistis" mit der Annahme der christlichen Verkündigung und des damit verbundenen Heilsglaubens verknüpft. platonische Idee. Nach Piaton ist die sinnliche Welt der Wahrnehmungen, die einem ständigen Wandel unterliegt, auf eine intelligible Welt der präexistenten, ewigen, ungemischten, eingestaltigen und unwandelbaren Ideen zurückzuführen, wobei Piaton die Ideen als Vorbilder und Prototypen versteht. Pneuma (griech. Subst. n., „Hauch", „Atem", „Geist"). Mit göttlicher Substanz versehener, lebensspendender Atem, alles durchdringende göttliche Macht. Podestà (ital.). In nord- und mittelitalienischen Städten (seit Mitte des 12. Jahrhunderts) gewählter, höchster Amtsträger für Verwaltung, Rechtsprechung und Heerwesen, der zumeist von auswärts geholt wurde. Polis (griech.; PI.: poleis). In Griechenland der seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert über das umliegende Land regierende Stadtstaat mit wirtschaftlicher, politischer und kultischer Autonomie. Polytheismus. notheismus.
Glaube an die Existenz mehrerer Götter, im Gegensatz zum Mo-
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Prädestination (lat.; f.). In der Religionsgeschichte die Erwählung oder die Verwerfung des Menschen durch den persönlichen Willen Gottes, unbeeinfluBbar durch menschliches Handeln. Das menschliche Leben wird dem ausschließlichen Willen eines allmächtigen Gottes unterstellt. Die Westminster Confession (das von der Westminster Synode (1643-1652) beschlossene reformierte Glaubensbekenntnis Englands) hat das Credo aufgenommen: „Gott hat von Ewigkeit her zur Offenbarung seiner Herrlichkeit einige Menschen bestimmt zu ewigem Leben und andere verordnet zu ewigem Tode". Im -> Calvinismus, der auch den Begriff der „Präordination" kennt, ist er bezogen auf das diesseitige Geschick. Der Islam kennt die Vorstellung einer göttlichen Vorherbestimmung des Geschickes der Menschen. Prädikanten (lat.; m.). Mitglieder des 1216 gegründeten Ordens der Dominikaner (Ordo Fratrum Praedicatorum). Presbyter (von griech.: presbyteroi, Subst. m., PI., „Ältere"). In der Antike Amtsbezeichnung für sakrale und bürgerliche Beamte. In christlicher Zeit die Gemeindeleiter, die den Bischof in Gottesdienst und Lehramt unterstützten und vertraten. Probabilismus (lat.). Anschauung, die davon ausgeht, daß endgültige Gewißheit nicht zu erreichen ist und daß sich Handeln und Denken nur auf Wahrscheinlichkeiten stützen kann. Bei den Jesuiten eine moralische Maxime, nach der Handlungen erlaubt sind, wenn sie wahrscheinlich durch triftige Argumente begründet werden können. prophetische Bücher. In der Bibel sind 16 Prophetenbücher enthalten, zwölf sog. „kleine" und vier „große", die diese Bezeichnung aufgrund ihres Textumfanges erhielten. Proselyten (von griech.: proserchomai, „hinzukommen"). Bezeichnung für Nichtjuden, die durch Annahme der Thoragesetze (-> Thora) und durch Beschneidung zum jüdischen Glauben übergetreten sind. Im allgemeinen Sprachgebrauch Bezeichnung für jemanden, der einen Bekenntniswechsel vollzogen hat. Providern.
Voraussicht, Fürsorge.
Psalmen. Religiöse Gesänge in Form von Hymnen, Bitt-, Dankes- und Klageliedern. Im Alten Testament sind 150 Psalmen im sog. „Psalter" gesammelt. Psychiker (von griech.: psyche, Subst. f., „Seele"). Als Psychiker wurden in der - * Gnosis diejenigen Menschen bezeichnet, die zwischen den Hylikern (den in der Materie haftenden) und den Pneumatikern (Trägern des göttlichen Geistes) standen und die Fähigkeit zur Erkenntnis hatten. Die Anhänger der valentianischen Gnosis (der Schule des Gnostikers Valentin, der um die Mitte des 2. Jahr-
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hunderts in Rom wirkte) gestanden den kirchlichen Christen den Rang der „Psychiker" zu. Puritanismus(aus dem Lateinischen). In England seit etwa 1560 die Sammelbezeichnung für religiöse und politische Gruppierungen, die vom Calvinismus geprägt waren. Die Anhänger der verschiedenen Abspaltungen des Puritanismus bekämpften das Bischofsamt, die Liturgie und den Lehrgehalt der anglikanischen Kirche. Aufgrund staatlicher Repressionen wanderten zahlreiche Puritaner seit etwa 1620 nach Nordamerika aus, als sog. „Pilgerväter". Max Weber definiert den Begriff „Puritanismus" wie folgt: „Wir brauchen hier den Ausdruck, wo wir ihn überhaupt anwenden, stets in dem Sinn, den er in der populären Sprache des 17. Jahrhunderts angenommen hatte: die asketisch gerichteten religiösen Bewegungen in Holland und England, ohne Unterschied der Kirchenverfassungsprogramme und Dogmen, also mit Einschluß der Jndependenten', Kongregationalisten, Baptisten; Mennoniten und Quäker". (Weber, Protestantische Ethik II, S. 2, Fn. 2). Purohita (Skt.; m., „der Vorangestellte"). Titel des Hofbrahmanen, von Weber auch als „Hauskaplan" übersetzt. Inhaber der Stellung eines königlichen Beraters und Ministers. Pythagoräer. Mitglieder der von Pythagoras gegen Ende des 6. vorchristlichen Jahrhunderts im süditalienischen Crotone gegründeten, ordensartigen Gemeinschaft. Ihre Mitglieder waren Aufnahmeprüfungen und strengen Regeln unterworfen. Ihre Lehre, die der Orphik nahestand, erstrebte die Befreiung der Seele aus dem Körper, wozu eine asketische Lebensweise dienen sollte. Aus der Beschäftigung mit der Mathematik entwickelte sie die Ansicht, die Prinzipien des Mathematischen seien auch die Prinzipien des Seienden und die Zahlenverhältnisse Abbilder der Harmonie der Welt. Quäker. Ursprünglicher Spottname, den die Mitglieder der „Society of Friends", wie sie sich selber nannten, wegen ihrer ekstatischen Verzückungen während ihrer Gottesdienste erhielten. Eine 1649 von George Fox in England gegründete Sekte, die kirchliche Einrichtungen ablehnte und ein „inneres Licht" als Quelle der Offenbarung Gottes in jedem Menschen vermutete. In England verfolgt, wanderten viele von ihnen bereits ab 1656 nach Amerika aus und siedelten sich großenteils im von William Penn gegründeten Staat Pennsylvania an. Quietismus (aus dem Lateinischen). Nach innen gerichtete Lebensweise, die Gemütsruhe und innere Harmonie fördern soll. Die Abkehr von der Teilhabe an weltlichen Dingen dient als Voraussetzung für mystische Versenkung. Rabbinen; Rabbiner (von hebr.: rabbi, „mein Meister"). Zur Zeit Jesu Ehrentitel der palästinensischen Schriftgelehrten. Das Amt des Rabbiners bildete sich seit dem dritten nachchristlichen Jahrhundert aus, als Bezeichnung für jüdische Geistliche, denen neben ihrem Amt als Prediger und Leiter einer Thora- und
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Talmudschule auch die weltliche Gerichtsbarkeit innerhalb einer jüdischen Gemeinde zustand. Radha; Tl. (Skt ): Rädhä (f.). Im zehnten Buch des Bhagavatam (dem heiligen, volkstümlichen Buch der Vischnu-Krischna-Verehrer, etwa im 13. Jahrhundert n.Chr. schriftlich fixiert) die bevorzugte Geliebte des indischen Gottes —> Krischna, eine der Gopis, der Hirtenmädchen. Verkörperung der Bhakti-devi, der „Göttin Bhakti". Rigveda; Tl. (Skt.): Rgveda (m.), „Veda der Lieder". Ältestes Werk der vedischen Literatur, die ältesten dieser Hymnen sollen in der Zeit zwischen 1 0 0 0 900 v.Chr. entstanden sein. Der Rigveda besteht aus 1028 Hymnen, die vom Hotar (Hauptpriester) beim Opfer rezitiert wurden. rita; Tl. (Skt.): rta (n.). Begriff aus der frühen vedischen Periode für „Wahrheit", „heilige Ordnung", für die kosmische Ordnung und die Verbindung des Menschen zur Ethik und zum Recht. Römerbrief. Umfassendster Brief des Neuen Testaments, zwischen 54 und 59 n. Chr. von Paulus an die christliche Gemeinde von Rom geschrieben. Rechtfertigung wird durch Christus zuteil, nicht durch die Befolgung der jüdischen Gesetze. Rudra (Skt.; m.). In der vedischen Zeit Indiens Gott des Schreckens und der Verderbnis, dessen Pfeile Krankheit und Tod brachte, und zugleich Heilgott und Quelle von Heilmitteln. Ging in nachvedischer Zeit teilweise in die Gestalt des Schiva ein. Sabbatjahr (hebr.: s e mittä). Die Brache der Felder und Weinberge in jedem siebten Jahr des jüdischen Kalenders. 3. Mose 25, 2 - 7 belegt folgende Vorschrift: „[...] Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch geben werde, so soll das Land seinen Sabbat dem Herrn feiern, daß du sechs Jahre dein Feld besäest und sechs Jahre deinen Weinberg beschneidest und sammelst die Früchte ein; aber im siebenten Jahr soll das Land seinen großen Sabbat dem Herrn feiern, darin du dein Feld nicht besäen noch deinen Weinberg beschneiden sollst. Was aber von selber nach deiner Ernte wächst, sollst du nicht ernten, und die Trauben, so ohne deine Arbeit wachsen, sollst du nicht lesen, dieweil es ein Sabbatjahr des Landes ist. Aber was das Land während seines Sabbats trägt, davon sollt ihr essen [...]; alle Früchte sollen Speise sein". (Vgl. auch 2. Mose 23, 11). Am Ende des Sabbatjahres soll ein Gläubiger seinem „Nächsten oder seinem Bruder" die Schulden erlassen (5. Mose 15, 1 - 3 ) . Sakti-, Saktireligiosität; Tl. (Skt.): Sakti (f.), „Energie", „Kraft". Verehrung der weiblichen Energie eines Gottes oder der weiblichen Urkraft des Kosmos, besonders im Tantrismus (-»Tantra).
Glossar Salier. Mittelrheinisches Adelsgeschlecht, Königs- und Kaiserhaus 1125).
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Samkhya, Sankhya; Tl. (Skt.): Sämkhya, Sätikhya (n.), „Aufzählung", „Zahl". Religionsphilosophisches System Indiens, das einen Dualismus zwischen Seele und Materie behauptet. Sassaniden. Persische Herrscherdynastie, die 227 n. Chr. unter Ardaschir die Nachfolge des Großkönigtums der Arsakiden antrat. Sie empfanden sich als Erneuerer des Achämenidenreiches (-> Achaemeniden) und beanspruchten Rom gegenüber die altpersischen Grenzen. 642 wurde das Reich der Sassaniden von den Arabern zerstört. Schaubrote. Die in der Bibel (2. Mose 25, 30 und I.Samuel 21, 7) erwähnten ungesäuerten Brote, die als Opfer für Jahwe ( Jahve) galten. Scheich (von arab.: saib, „Ältester", „Führer"). In der islamischen Tradition das Familien- und Stammesoberhaupt. Als Ehrentitel bezeichnet „Scheich" eine Persönlichkeit, die aufgrund ihres Alters und der damit verbundenen Erfahrungen und Weisheit Führungspositionen übernimmt. Schiitismus (von arab.: sT'a, Subst. f., „Partei [Alis]"). Aus verschiedenen Sekten bestehende Richtung des Islam, die Ali als rechtmäßigen Nachfolger Muhammeds ansieht. Nach schiitischer Auffassung gelten bestimmte Nachkommen Alis als Imame, als „Führer der Gemeinde". Der letzte dieser Imame (je nach Schulrichtung werden fünf, sieben oder zwölf anerkannt) soll bei seiner Rückkehr aus der Verborgenheit ein islamisches Friedensreich errichten. Schinto; Ts. (jap.): Shintö. Der Shintoismus ist die einheimische Religion Japans mit stark ausgeprägtem Ahnenkult, die vom chinesischen Konfuzianismus und vom Buddhismus beeinflußt wurde. 1868 wurde er zur japanischen Staatsreligion erhoben. Senat (lat.; m.). Ältestenrat in Rom. Die Aufnahme war an das Amt der Quaestur (dem niedrigsten Amt in der römischen Ämterlaufbahn) gebunden. Die offizielle Anrede der Senatoren lautete: Patres et conscripti („Patrizier und Beigeschriebene"). Sikh (Panjabi; m.; von sisya, „Schüler"). Anhänger der indischen Sikh-Religion, deren Stifter und erster Guru Nanak (1469-1538) war. Nanak war von seinem Lehrer Kabir stark beeinflußt, einem Dichter und Mystiker, der in seinen Lehren eine Verbindung zwischen islamischer Mystik und hinduistischer Bhakti anstrebte. Bildlose Verehrung Gottes, göttliche Verehrung ihrer heiligen Schrift, des Adi Granth Sahib, und Ablehnung des indischen Kastensystems (—> Kaste) sind einige der Hauptmerkmale des Sikhismus.
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Sirachbuch (in der lat. Obersetzung: Ecclesiasticus). Nach dem Siraciden benanntes Buch, entstanden am Anfang des zweiten Jahrhunderts v. Chr. Es zählt zu den apokryphen Büchern der Bibel, die im hebräischen Kanon fehlen, in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments jedoch enthalten sind. Skopzen; Tl. (russ.): Skopzy, „Selbstverstümmler". Anhänger einer von Kondratij Seliwanov zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Rußland gegründeten asketischen Sekte, die von ihren Mitgliedern die Kastration forderte. Die Sekte, besonders verbreitet in den Gouvernements Orel, Tambov und Tula, soll als Reaktion auf die den —> Chlysten nachgesagte Zügellosigkeit entstanden sein. Slawophile. Russische Intellektuelle in der Mitte des 19. Jahrhunderts, die die Eigenständigkeit der russischen Kultur und der slawischen Tradition gegenüber dem Westen hervorhoben. Sorna (Skt; m.). Vedischer Rauschtrank. Dem iranischen Hauma (Haoma) entsprechend, der als todesabwehrend galt. Aus den Stengeln der (nicht eindeutig identifizierten) Somapflanze gewonnener Saft, der von den ältesten Ariern als berauschender und heilender Opfertrank, von den Iraniern später als Opfertrank sakramental verwendet wurde. Die berauschende Macht des Trankes führte bereits in indoiranischer Zeit dazu, den Saft als Gott Sorna zu verehren. Im - » Rigveda galt der Gott Indra als Brauer des Somasaftes. Sondergott. Der Philologe und Religionshistoriker Hermann Usener bezeichnete damit eine göttliche Macht, die ein begrenztes Gebiet verwaltet und eine spezielle Funktion hat. Soteriologie (griech.; f.). Lehre von der Erlösung, Heilslehre. Als „Soter" (m.) bzw. „Soteira" (f.) wurden ursprünglich Götter und Göttinnen bezeichnet, die in Notsituationen halfen. Im hellenistischen und römischen Kaiserkult auch Titel der Herrscher. Spartiaten. Die vollberechtigte Bevölkerung Spartas, deren Güter von den unfreien Heloten bewirtschaftet wurden. Sie bildeten eine geschlossene Gruppe, deren männliche Mitglieder ab dem 7. Lebensjahr in Wohn- und Speisegemeinschaften militärisch erzogen wurden. Im wehrfähigen Alter lebten die Spartiaten in Syssitien (Speisegenossenschaften). Das Betreiben von Handel und Handwerk war ihnen untersagt; diese Gewerbe lagen in den Händen der Periöken, der freien, aber den Spartiaten gegenüber politisch minderberechtigten Bevölkerung Lakoniens und Messeniens. Sramana; Tl. (Skt.): Sramana (m.; Pali: Samana). Buddhistischer Asket oder Bettelmönch. Bei Weber auch im Sinne von „Eremit" verwendet. Staufer. Schwäbisches Adelsgeschlecht, Königs- und Kaiserhaus (1138 -1268).
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Stundisten. Mitglieder der pietistischen E r w e c k u n g s b e w e g u n g unter südrussis c h e n B a u e r n in der zweiten Hälfte des 19. J a h r h u n d e r t s . Sufismus (von arab.: sût, „ g r o b e r Wollstoff" [der K l e i d u n g der islamischen Asketen]). Mystische Richtung des Islam, d e r e n Anhänger, d i e Sufis, d u r c h Meditation, Tanz u n d Musik die Vereinigung mit Gott anstreben. Sure (arab.). Die 114 A b s c h n i t t e des Koran, die mit A u s n a h m e der Fatiha (der Eröffnungssure) nach d e m Prinzip der a b n e h m e n d e n L ä n g e a n g e o r d n e t sind. sustentieren.
Ernähren, unterhalten.
Synkretismus (aus d e m Griechischen). Religionswissenschaftlicher Terminus für die V e r b i n d u n g v e r s c h i e d e n e r Religionen bzw. einzelner religiöser Phänom e n e miteinander. Tabu (polynesisch, „das stark Gezeichnete", im G e g e n s a t z zu noa, „ d a s Gewöhnliche"). B e z e i c h n u n g für eine Person oder Sache, die g e m i e d e n w e r d e n muß. Tabuiert w u r d e n H a n d l u n g e n auf G r u n d von Konventionen, Vorschriften, Privilegien oder Verboten. A n t h r o p o l o g e n des 19. J a h r h u n d e r t s lösten die Bez e i c h n u n g von ihrer regulativen Funktion und m a c h t e n sie zu einer religiösen Kategorie, e n t s p r e c h e n d d e m „Heiligen". taciteische
ZeitTacitus
(Personenverzeichnis).
Talmud (bebt.: „die von der Tora a u s g e h e n d e Belehrung"). Literarisches Hauptwerk d e s n a c h b i b l i s c h e n J u d e n t u m s , b e s t e h e n d aus - » M i s c h n a u n d G e m a r a ( M i s c h n a k o m m e n t i e r u n g e n in aramäischer Sprache). Der Talmud ist in zwei Versionen überliefert: als Jerusalemischer Talmud u n d als Babylonischer Talmud. Die Endredaktion des letzteren erfolgte im 6. J a h r h u n d e r t n. Chr. Tantra (Skt.; n., „ G e w e b e " ) . Schriften und Lehrsysteme des Tantrismus, einer religiösen Strömung, die im 6. J a h r h u n d e r t n.Chr. von Indien a u s g i n g u n d d e n Hinduismus, B u d d h i s m u s u n d Lamaismus beeinflußte. Die G e g e n s ä t z e innerhalb der s i c h t b a r e n Welt sollen d u r c h die Erkenntnis d e s A b s o l u t e n aufgelöst w e r d e n ; d u r c h erotische u n d esoterische Z e r e m o n i e n w i r d die V e r s c h m e l z u n g mit d e m A b s o l u t e n a n g e s t r e b t . Tao; Tl. (chin.): dao, „Weg", „Prinzip". Zentralbegriff der c h i n e s i s c h e n Philosophie, der U r g r u n d allen Seins, die e w i g e O r d n u n g des K o s m o s u n d d e s Lebens, der Weg, d e n ein M e n s c h beschreiten soll. Taoismus. Eine der Religionen Chinas, die auf Laotse u n d seinen Schüler Tschuang-tse z u r ü c k g e f ü h r t wird u n d in der n a t u r p h i l o s o p h i s c h e u n d religiöse Elemente mit b u d d h i s t i s c h e n Vorstellungen u n d B r ä u c h e n v e r b u n d e n w u r d e n .
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tapas (Skt.; n., „Erhitzung"). Magische Gluthitze, die durch Askese verursacht wird, oder auch die Askese selbst. Taschilama; Tl. (tib.): tashi blama. Europäische und indische Bezeichnung für den Pan-chen rin-po-che, dem neben dem —> Dalai Lama ranghöchsten Hierarchen des ehemaligen tibetischen Priesterstaates. Nach buddhistischer Auffassung gilt er als Inkarnation des Buddha Amithabha (des Herrn im „Paradies des Westens"). Er residierte im Kloster Taschi-Iunpo, ca. 200 km von Lhasa entfernt. Täufer. Anhänger christlicher Bewegungen, die anstelle der Kindertaufe die Erwachsenentaufe praktizieren, wie die Baptisten und —> Mennoniten. Im besonderen die schwärmerische Bewegung der Täufer, die im westfälischen Münster 1535 blutig zerschlagen wurde. Themis. Griechische Göttin der Sitte und Ordnung, Schützerin des Gastrechts und der Verfolgten. Vor - » Apollon war sie die Inhaberin des delphischen Orakels. Theodizee (von griech.: theos, Subst. m., „Gott", und griech.: dike, Subst. f. „Gerechtigkeit"). Frage nach der Vereinbarkeit des Bösen und Leidens in der Welt mit der Vorstellung eines vollkommenen, guten und gerechten Gottes. Die Frage nach Theodizee wird in allen Religionen gestellt, jedoch jeweils anders beantwortet. Theokratie (griech.; f.). Gottesherrschaft. Thesaurus (lat.; m.). Nach katholischer Lehre, speziell der Bulle „Unigenitus Dei Filius" von Papst Clemens VI. von 1343, haben Christus und die Heiligen einen Vorrat an Verdiensten erworben. Dieser Überschuß kann vom Papst an bedürftige Personen weitergegeben werden, etwa in Form eines Erlasses kirchlicher Bußstrafen, dem -H> Ablaß. Thora (von hebr.: törä, „Unterweisung"). Hebräische Bezeichnung für den Pentateuch, die Fünf Bücher Mosis. Totem. Der Begriff „Totemismus" wurde gebildet aus totam, das in der Sprache der nordamerikanischen Ojibwa-Indianer (einer Gruppe der Algonkin) ein nichtmenschliches Wesen (meist Tier) bezeichnet, das eine Gruppe von Menschen repräsentiert, das bei den Gruppenmitgliedern als Urahne gilt, sie beschützt und durch Tabuvorschriften vor profanem Gebrauch geschützt ist. Die Gruppe, in der ein absolutes Heiratsverbot untereinander gilt, führt den Namen des Totems. Totemismus. Vorstellung von der Verwandtschaft und Schicksalsgemeinschaft zwischen Menschen und —> Totem.
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Totenbuch, ägyptisches. Von Richard Lepsius in die Ägyptologie eingeführter Begriff für den jüngsten Teil der altägyptischen Totenliteratur. Altägyptische S p r u c h s a m m l u n g e n seit der 17. Dynastie, die ü b e r w i e g e n d auf Papyri geschrieben und den Toten auf den Sarkophag gelegt oder in die Mumienbinden gewikkelt oder auch auf Teilen der Grabausstattung angebracht wurden. Keine geschlossene Textsammlung mit einheitlichem Inhalt und festgelegter Reihenfolge. Jedes Exemplar des Totenbuchs enthält seine eigene Auswahl an Texten. Hauptzweck der Sprüche war die magische Befähigung der Verstorbenen z u m „Herausgehen bei Tage". tritheistisch (vom griech. Zahlwort: treis, „drei", und griech.: theos, Subst. m., „Gott"). Annahme dreier, im Wesen unterschiedlicher, göttlicher Personen innerhalb der christlichen Trinität. Unitarier. Mitglieder von im 16. Jahrhundert entstandenen christlichen Gemeinschaften, die die Trinitätslehre verwarfen und Jesus als göttlich inspirierten Lehrer ansahen. Die Unitarier wahrten einen strengen Monotheismus. In Polen schufen die sog. „Sozinianer" eine unitarische Kirche, wurden dort aber d u r c h die Gegenreformation unterdrückt und wanderten ab. Im 17. und 18. Jahrhundert v e r b a n d sich in England der Unitarismus mit d e m Deismus zu einer Vernunftreligion. In den USA bildete sich im 19. Jahrhundert die „amerikanische unitarische Gesellschaft". Upanishaden (von Skt.: upa-ni-sad, „danebensitzend" [neben d e m Lehrer]). Umfangreiche G r u p p e religiöser Texte Indiens, seit etwa 800 v. Chr. entstanden, mit Gedanken des Pessimismus und der Weltablehnung. Sowohl die Upanishaden selbst als auch die nachfolgenden religionsphilosophischen Versuche der systematischen Zusammenfassung ihres Inhaltes werden mit „Vedanta" (Skt., Subst. m., „Ende, Vollendung des Veda") bezeichnet. Upasakas, Upäsakas; Tl. (Skt.): upäsaka (m.); upäsakä (f.). Buddhistische Laienanhängerschaft, die für das leibliche Wohl der Nonnen und Mönche sorgen. Vagant (von lat.: vagari, „umherziehen", „unstet sein"). Mittelalterlicher Begriff für fahrende Studenten oder Studierte und Kleriker. Vallabhacharis; Vallabhachianer; Tl. (Skt.): Vallabhacarin. Anhänger der Lehre des Vallabha Swami, des Begründers der vischnuitischen Sekte der Vallabhacarya und Vertreter des „reinen Monismus": Gott und die Schöpfung sind identisch; durch völlige Hingabe an die göttliche Macht wird Erlösung erlangt. Varuna; Tl. (Skt.): Varuna (m.). Gott des vedischen Pantheons, Herr über Wunder und Naturerscheinungen, Hüter der Wahrheit und des Rechts, Wächter über ethisches Verhalten. Er galt als allwissender Gott und stand in Indien in enger Beziehung zu d e m Gott Mitra ( ^ Mithras).
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Vasallen. Lehnsmänner, Dienstleute. Vedanta - » Upanishaden. Veden (von Skt.: Veda (m.), „Wissen"). Älteste Schrift der indischen Religion, die in vier Hymnen- und Spruchsammlungen (Samhitas) aufgeteilt ist: -> Rigveda, Samaveda, Yajurveda und Atharvaveda, die ursprünglich nicht niedergeschrieben, sondern auswendig gelernt, rezitiert und gehört wurde, „Schruti". Vischnuismus. Richtung innerhalb des Hinduismus, deren Anhängerschaft den Gott Vischnu (Tl. (Skt.): Vi§nu) als oberstes kosmisches Prinzip verehren. Vischnu ist in seiner Funktion als Welterhalter, neben Brahma und Schiva ein Teil der Trimurti (der hinduistischen Götterdreiheit). Nach hinduistischer Auffassung inkarniert sich Vischnu immer dann auf der Erde, wenn die göttliche Weltenordnung durch den Einfluß des Bösen gestört ist. Seine berühmtesten Avataras (irdische Erscheinungen) sind Rama und ->• Krischna. Vulgata. Lateinische Bibelübersetzung des Hieronymus ( 3 4 7 - 4 1 9 ) . Auf dem Konzil von Trient (1546) wurde die Vulgata zu der für die katholische Kirche maßgeblichen Bibelübersetzung bestimmt. Wiedergeburt. Übergang in ein neues Leben. „Wiedergeburt" setzt den Glauben an ein Jenseits oder an Reinkarnation und Seelenwanderung voraus. Im übertragenen Sinn kann „Wiedergeburt" auch das Lossagen von der bisherigen Lebensweise bedeuten, um in eine neue Daseinsphase einzutreten, etwa durch Einweihungszeremonien in Kultgemeinschaften. Yoga (Skt.; m.). Eine der sechs klassischen indischen Philosophenschulen und eine Psychotechnik, die davon ausgeht, daß es zwischen Körper und Seele eine Wechselwirkung gibt. Die Seele kann in Verbindung mit dem Körper ihr wahres Wesen nicht erkennen, muß also, um zu religiöser Erfahrung gelangen zu können, durch Körperübungen und Atemtechniken von ihm losgelöst werden. Zebaoth (hebr.: „Heere"). Häufiger biblischer Beiname zum Gottesnamen Jahwe, insbesondere, wenn er auf der Bundeslade über den himmlischen Heerscharen thront. Gemeint sind möglicherweise Sterne oder Engel. Zoolatrie (griech.; f.). Verehrung von Tieren, Tierkult.
Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur
Max Weber hat im Text in d e n meisten Fällen auf die von ihm benutzten Werke lediglich durch Nennung des Verfassernamens hingewiesen. Das f o l g e n d e Verzeichnis enthält nur die Werke, die sich eindeutig oder mit höchster Wahrscheinlichkeit identifizieren lassen. In Klammern stehen die v o m Editor benutzten Kurztitel.
Bartholomae, Christian, Altiranisches Wörterbuch. - Straßburg: Karl J. Trübner 1904. (Bartholomae, Altiranisches Wörterbuch) - , Die Gatha's des Awesta. Zarathustras Verspredigten. - Straßburg: Karl J. Trübner 1905. (Bartholomae, Gatha's des Awesta) Baudelaire, Charles, Petits poèmes en proses, XII: Les foules, in: ders.: Œuvres complètes, Tome IV. - Paris: Michel Lévy Frères 1869, S. 3 1 - 3 2 . (Baudelaire, Petits poèmes en proses) Bousset, Wilhelm, Die Religion des Judentums im neutestamentlichen Zeitalter, 2. Aufl. - Berlin: Reuther und Reichard 1906. (Bousset, Religion des Judentums) Breysig, Kurt, Die Entstehung des Gottesgedankens und der Heilbringer. - Berlin: Georg Bondi 1905. (Breysig, Entstehung des Gottesgedankens) Butler, Samuel, Hudibras. In three Parts. Written in the Time of the Late War. With Notes and Préfacé by Zachary Grey. - London: Murray 1871. (Butler, Hudibras) Dante Alighieri's Göttliche Comödie. Metrisch übertragen und mit kritischen und historischen Erläuterungen versehen von Philalethes [König Johann von Sachsen], unveränderter A b d r u c k der berichtigten Ausgabe von 1 8 6 5 - 6 6 . - Leipzig: B.G. Teubner 1868. (Dante Alighieri, Göttliche Comödie) Deissmann, Adolf, Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt, 2. und 3., verbesserte und vermehrte Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1909. (Deissmann, Licht vom Osten) Dvorak, Rudolf, Chinas Religionen, I.Teil: Confucius und seine Lehre (Darstellungen aus dem Gebiete der nichtchristlichen Religionsgeschichte, 12. Band). Münster: Aschendorff 1895. (Dvorak, Chinas Religionen)
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Verzeichnis der von Max Weber zitierten
Literatur
Guttmann, Julius, Die Juden und das Wirtschaftsleben, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 36, Heft 1, 1913, S. 1 4 9 - 2 1 2 . (Guttmann, Juden und Wirtschaftsleben) Harnack, Adolf, Lehrbuch der Dogmengeschichte (Sammlung theologischer Lehrbücher), I . B a n d : Die Entstehung des kirchlichen Dogmas, 4., neu durchgearbeitete und vermehrte Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1909. (Harnack, Dogmengeschichte I) - , Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, Band 2: Die Verbreitung, 2., neu durchgearbeitete Aufl. - Leipzig: J.C. Hinrichs 1906. (Harnack, Mission II) Levy, Hermann, Die Grundlagen des ökonomischen Liberalismus in der Geschichte der englischen Volkswirtschaft. - Jena: Gustav Fischer 1912. (Levy, Grundlagen des ökonomischen Liberalismus) Meinhold, Johannes, Jesus und das Alte Testament. Ein zweites ernstes Wort an die evangelischen Christen. - Freiburg i.Br., Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1896. (Meinhold, Jesus und das Alte Testament) - , Die Weisheit Israels In Spruch, Sage und Dichtung. - Leipzig: Quelle & Meyer 1908. (Meinhold, Weisheit Israels) Müller, [Friedrich] Max, Vorlesungen über den Ursprung und die Entwickelung der Religion. Mit besonderer Rücksicht auf die Religionen des Alten Indiens. Straßburg: Karl J. Trübner 1880. (Müller, Vorlesungen über den Ursprung) Nietzsche, Friedrich, Die fröhliche Wissenschaft (Ja gaya scienza"), 2. Aufl. Leipzig: C.G. Naumann 1895. (Nietzsche, Fröhliche Wissenschaft) - , Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift, 2. Aufl. - Leipzig: C.G. Naumann 1892. (Nietzsche, Genealogie der Moral) Oldenberg, Hermann, Die Religion des Veda. - Berlin: Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) 1894. (Oldenberg, Religion des Veda) Rohde, Erwin, Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube bei den Griechen, 2 Bände, 2. Aufl. - Freiburg i.Br., Leipzig und Tübingen: J.C.B Mohr (Paul Siebeck) 1898. (Rohde, Psyche I und II) Schulte, Aloys, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig, I . B a n d : Darstellung. - Leipzig: Duncker & Humblot 1900. (Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels)
Verzeichnis
der von Max Weber zitierten
Literatur
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Sombart, Werner, Das Proletariat. Bilder und Studien (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien, hg. von Martin Buber, Band 1). Frankfurt a.M.: Rütten & Loening 1906. (Sombart, Das Proletariat) - , Die Juden und das Wirtschaftsleben. - Leipzig: Duncker & Humblot 1911. (Sombart, Juden und Wirtschaftsleben) Troeltsch, Ernst, Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht, in: Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.22. Oktober 1910 in Frankfurt a.M. Reden und Vorträge [...] und Debatten. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S. 166-192. (Troeltsch, Naturrecht) - , Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1912. (Troeltsch, Soziallehren) Usener, Hermann, Götternamen. Versuch einer Lehre von der religiösen Begriffsbildung. - Bonn: Friedrich Cohen 1896. (Usener, Götternamen) Wernle, Paul, Die Anfänge unserer Religion. - Tübingen, Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1901. (Wernle, Anfänge unserer Religion)
Personenregister
G e r a d e g e s e t z t e Z a h l e n v e r w e i s e n auf W e b e r s Text, kursiv g e s e t z t e Z a h l e n auf d i e Hera u s g e b e r r e d e . F a m i l i e n v e r b ä n d e , Dynastien, m y t h i s c h e , rein l e g e n d ä r e u n d literarische Figuren s o w i e Götter s t e h e n Im Sachregister. M a x W e b e r w i r d nur im Z u s a m m e n h a n g mit seinen Schriften a n g e f ü h r t . Die P e r s o n e n n a m e n w e r d e n In der v o n M a x W e b e r b e v o r z u g ten S c h r e i b u n g (vgl. d a s P e r s o n e n v e r z e i c h n i s ) w i e d e r g e g e b e n .
'Abd Allah b. AI- Ä b b ä s 319 A b r a h a m 47,354,431,452 A b u Bakr 206 A c h a n 168,457 Aeschylos, Aischylos 138,291,451 Ä'isa 319 A k b a r 289 Alexander der G r o ß e 207,270,275,451 Alexander I. (Bischof von Alexandrien) 386 Alexander V. (Papst) 284 Alexandras Jannaios 259,441, 451 Ali ('All b . A b ï l a l i b ) 434,457 Amenophis IV. Echnaton 131,152,192, 457 Amos 180,452 Anselm von Canterbury 335,452 Antiochos I. Epiphanes 277 Apollonius von Tyana 360 Arad 229 Archimedes 274 Ardschataspa 203 Aristodemos 310 Aristoteles 145 Arius 386 Arminius, Jacobus 236 Arnobius 136 Arnold von Brescia 381,452 Arnold, Matthew 11 f . Artaxerxes (I. oder II.) 198,207,277,452 Ashley, Sir William James 89,416 Athanasius 342,452 Augustin(us) 123,136,229,322,341,354, 356,363,374,452 Augustus 142,236,452 Bachofen, Johann Jakob 81,138f., Baeck, Leo 42
403
Baentsch, Bruno 79,152 Baldricus von Dolé 230 Barak 279,259 Barnabas 777 Bartholomae, Christian 83,122,178,194, 202 f.,302,309,453,505 Bast, Rainer A. 32 Baudelaire, Charles 386,453, 505 Baxter, Richard 78,225,322,453 Beatrice 399,453 Bebel, August 347 Benedikt von Nursia 337 Benveniste, Émile 35 Berg, Leo 77,272 Bergmann, Jörg 36 Bering, Dietz 63 Bernhard von Clairvaux 315,361,453 Blaschko, Alfred 410 Bloch, Ernst 64 Boas, Franz 130,160 Böhm-Bawerk, Eugen von 294 Booth, William 246 Bousset, Wilhelm 56 f., 75, 79,81,184,276, 296, 298,309,340f.,390,414,428,453, 505 Braun, Christoph 19,317 Breysig, Kurt 75, 82,113,130,160, I I I , 453,505 Bruch, Rüdiger vom 13 Bryennios, Philotheos 281 Buber, Martin 14,16, 77,320,397 Bücher, Karl 87,373, 402f. Büchmann, Georg 400 Buddha [historischer] —> Siddharta Bühler, Georg 76, 78,172,270,309 Al-Buharl 319 Burckhardt, Jakob 81,310 Busch, Dora 22
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Personenregister
Butler, Samuel 77,286,505 Calixtus I. 344 Calvin, Johannes 185,188,228, 237,328, 351,363,364,365,393,416,453 Camillus (Marcus Furius Camillus) 144, 453f. Qankara 188,153f., 454 Cassius Dio Cocceianus 243 Cato der Ältere (Marcus Porcius Cato Censorius) 245 Cavalli, Alessandro 26 Censorinus 136 Chantepie de la Saussaye, Pierre Daniel 54, 78,81f., 121,133,191 Charondas 182,454 Cicero (Marcus Tullius Cicero) 35,135 Claudius 243 Codrington, Robert Henry 82,122 Coligny, Gaspard de 228 Commodus 232, 454 Conde —> Louis I. de Bourbon Cromwell, Oliver 321,364,394,454 Cumont, Franz 81,244 Cyprian 344 Dahlmann, Dittmar 288 Daniel 279 Dante Alighieri 295,399,454,505 Darwin, Charles 34 Debora 219 Deissmann, Adolf 23, 77,239, 244,341, 432,454,505 Despland, Michel 35-37 Dezius 319,454 Diederichs, Eugen 290 Dieterich, Albrecht 23, 81,138f. Diokletian 298,3X9,454f. Diskin, Moses Joshua Judah Leib 224 Djoser 147 Donati, Corso 399 Donati, Forese 399 Dorson, Richard M. 57 Dostojewsky, Fedor Michajlovic 15, 64, 288,455 Drescher, Hans-Georg 23 Dreyfus, Alfred 63 Duhm, Bernhard 79,259f. Dürkheim, Emile 21, 47,170 Duvignaud, Jean 21 Dvorak, Rudolf 81, 275,455,505
Echnaton —» Amenophis IV. Eck, Samuel 31 Eckhardt (Meister Eckhart) 77, 333,455 Egidy, Christoph Moritz von 233,455 Elia 181,455 Elisa 146 Empedokles 186,455/ Endemann, Wilhelm 77,382 Epiphanius von Salamis 272 Erasmus von Rotterdam 285,456 Esra, Ezra 198, 205,276,277, 456 Eulenberg, Franz 397 Fabricius, Cajus 69 Feil, Ernst 35f. Fischoff, Ephraim lf. Fox, George 188,456 Francke, August Hermann 358,456 Frank, Dr. 89,315,339,436,456 Franziskus, Franz von Assisi 318,413, 456f. Frazer, James George 36,46,48, 50, 75, 132,168 Freud, Sigmund 3,62 Friedberg, Emil 381 Friedrich Wilhelm IV. (preußischer König) 400 Fück, Johann 41 Funk, Franz Xaver 77, 348f. Gardiner, Alan H. 291 Gehrich, Georg 55, 76, 81,244 Gephart, Werner 19 AI Ghazzali 268,457 Gibbon, Edward 82,212 Gideon 219,220,457 Gierke, Otto von 147 Gillen, Francis James 83,179 Gladigow, Burkhard 48 GokulaNath 236 Goldenweiser, Alexander A. 83,170 Goldziher, Ignaz 40-42,61, 79,172,213, 229,358f., 433 - 436 Goliath 219, 457 Golzio, Karl-Heinz 327 Gordian 278 Gorgias von Leontinoi 181 Gothein, Eberhard 14, 23, 86,397 Gottschalk (Mönch) 364 Graetz, Heinrich 79, 222 Graf, Friedrich Wilhelm 8,13, 69
Personenregister Gregor I. (der Große) 345,457 Gregor VII. 284,292,457 Greßmann, Hugo 169 Groethuysen, Bernhard 36 Groot, Johann Jakob Maria de 81,129, 161 Gross, Otto 52 Grube, Wilhelm 81,187 Guttmann, Julius 80,89,417,421,424, 426,457,506 Hackmann, Heinrich 76,265 Hadrian 391,430,457 Hahn, Alois 36 Hammer-Purgstall, Joseph von 79,230 Hammurabi 192, 238,458 Hanke, Edith 64 Hardy, Edmund 34 Harnack, Adolf (von) 42, 77,213,226, 279f., 281,303,335,341,357,458,506 Hauck, Albert 381 Haußig, Hans-Michael 38 Hefele, Carl Joseph 77,251 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 35,37, 68, 70, 73 Hehn, Johannes 80,192 Helle, Horst Jürgen 16 Hellpach,Willy 77,271f.,320,338 Hennis, Wilhelm 2 f . Herodes I. (der Große) 255,277,458 Herodot 122,164,185,310 Hesekiel 184,458 Hesiod 181,220,266,458 Hewitt, John Napoleon Brinton 48, 83, 122 Hieronymos (Kirchenlehrer) 179 Hildebrandt, Bruno 77, 382 Hinneberg, Paul 39-42, 79, 81,129,140 Hintze, Otto 109f. Hippias von Elis 181 Hiskia 161, 458 Hodgen, Margaret T. 45 Hofmann, Melchior 331 Homann, Harald 7 Homer 51,181,253,560 Honigsheim, Paul 23, 64 Hopkins, Edward Washburn 78,231 Horch, Hans Otto 11 Hosius (Ossius) von Cordoba 386,458 Hubert, Henri 48 Hübinger, Gangolf 13, 63 f .
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Hume, David 35f. Hutzmann, Rüdiger 382 IbnMäga 319 Ibn Sa'd 433,436 Ignatius von Loyola 338 Innozenz III. 240 Irenäus 342,459 Isaak 431 Jakob 431 Jakobus 171,343,431,459 James, William 2 f., 75,304f. Jaspers, Karl lf., 26, 56 Jellinek, Georg 22 f., 431 Jenkyn, Thomas W. 78,225 Jeremias, Friedrich 82,121 Jesaia 152, 78,161,194,459 Jesus Christus 123,171,178 f., 184,205/, 212,239,244,250,263,264,280,303, 321,333,340f., 342f., 350,352, 354 - 357,360,371 - 373,376,381,389, 395,406,409,424,431f., 442 - 444,446 Jesus Sirach 223,216,459 Jethro 142 Johannes (Apostel) 171,431 Johannes (Evangelist) 332,360,459 Johannes XXII. (Papst) 381,459 Jonadab ben Rekab 209 Josephus (Geschichtsschreiber) 207 Josia 40,259,425,459 Josua 168,220,459 Julianus (Beiname „Apostata") 232,459 Kaibel, Georg 145 Kant, Immanuel 28f., 31,35,37,68, 73, 75, 176 Kantorowicz, Hermann 14, 397 Karädi, Eva 64 Karl der Große 208 Karl V. (deutscher Kaiser) 382 Kattenbusch, Ferdinand 77,130 Kautsky, Karl 264,388,424,443 Kautzsch, Emil Friedrich 80,229 Kiessling, Adolf 145 King, Richard 38 Kippenberg, Hans G. 45, 48- 50,53,55f., 64 Kleisthenes (Tyrann von Sikyon) 185 Klemens VII. (Papst) 284 Klemens von Alexandrien 372,460
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Personenregister
Koeppen, Carl Friedrich 76,180,196,202, 210,325,327,408 Kohl, Karl-Heinz 44 Kolde, Theodor 246,347f. Kolonko, Petra 321 KondoidiV. 288 Konfuzius 56,187,255,268,302,370f.,374, 460 König, René 2,21-23 Konstantini. 209,386,396,460 Kook, Abraham Isaac 224 Koselleck, Reinhart 39 Krech, Volkhard 16,26 Küenzlen, Gottfried 55 f., 66 f . Kuper,Adam 49 Kuyper, Abraham 366,460 Kyprian (russischer Metropolit) 149 Kyros II. 152,192,198,460 Lactantius Caelius Firmianus 35,135 Lainez, Diego 268,460 Lang, Andrew 58 Lang, Bernhard 53, 56 Laotse 189,217,268,323,331,460 Lappidot 219 Lask, Emil 29 Lasson, Adolf 77,333 Lazarus aus Bethanien 333 Legge, James 81,233,302,331,370 Lehmann, Edvard 38, 75f., 78, 133,184, 196 f., 202,265,380 Lehmann-Haupt, Carl Friedrich Ferdinand 80,182 Leibniz, Gottfried Wilhelm 440f. Leitner, Friedrich 86 Lenger, Friedrich 13 Leo X. 381,382,461 Lepsius, M. Rainer 13,22 f., 26,61,85,139, 338 Lesser, Ernst J. 224 Leuba, James H. 37 Levenstein, Adolf 292 Levy, Hermann 385,461,506 Lichtblau, Klaus 26 Liguori, Alfonso Maria von 406,461 Lilburne, John 331,461 Livius (Titus Livius) 137,144,337, 461 Loofs, Friedrich 347 Louis I. de Bourbon 228,461 Luchesi, Brigitte 48 Lucius III. 240
Luckmann, Thomas 36 Lukäcs, Georg 19, 64 Luther, Martin 174,188,225,240,297, 331,355,341,346,353,358,361,363, 393 f., 398,399, 408,434 MacLennan, John Ferguson 34 f., 49,83, 170 Mahavira —> Vardhamana Mallinckrodt, Hermann von 349, 461 Mani 188,461f. Manly, Thomas 385 Mar bar Rabina 261 Marcion 279 Mardonios 164 Marett, Robert Ranulph 44-48,50,54, 75,122 f . Maria (Gottesmutter) 123,249,360 Maria aus Bethanien 333 Markus (Evangelist) 352 Martha aus Bethanien 333 Marti, Karl 79,259f. Martin V. (Papst) 284 Marx, Karl 5 Matthes, Joachim 55 Maurenbrecher, Max 77,224 Maus, Heinz 103 Mauss, Marcel 48 Meinecke, Friedrich lf. Meinhold, Johannes (Hans) 80,276,371, 462,506 Meister Eckhart —» Eckhardt Merill, Selah 172 Merx, Adalbert 78,80,152,377 Merz, Peter-Ulrich 31f . Meyer,Eduard 78,80,82,132 f., 157,182, 184,188,199,209 Meyer, Michael 105 Micha 180 Michaels, Axel 44f. Michels, Robert 91,401 Mohammed —» Muhammed Mohammed Ahmad (Mahdi vom Sudan) 365 Molendijk, Arie Lendert 14,37, 45, 59 Mommsen, Theodor 82,146 Mommsen, Wolfgang J. 26,29,52,63f., 85, 104f., 288,338,356 Montanus 188,462 Morgan, Lewis Henri 83, 403 Morgenbrod, Birgitt 356
Personenregister Mose, Moses 142,182 - 184,207,219 f., 222,313,375,405,415,443,462 Mosse, Werner 42 Muhammed 41,178,183 -185,187 -189, 203,206 f., 209,217,228 f., 291,303,319, 332,341,358,363,365,369,374,405, 432-435,436,462 Muhammed b. Al-Hanafiya 434,462 Müller, Bruno 242 Müller, Friedrich Max 34,37f., 43 f., 57f., 79,81,89,135,139,149,331,360,462f., 506 Müller, Georg 242 Müller, Richard 242 Müller, Wina 242 Naeman (syrischer Feldherr) 146 Napoleon I. 401 Narcissus, Narzissus 243 Narses 298 Nathusius, Martin von 395 Necho 259 Nedelmann, Birgitta 13 Nehemia 376 Nehorai 424 Nero 243 Nietzsche, Friedrich 3,27,62, 75,251,263, 264,265,388, 463,506 Nikon 130 Nottmeier, Christian 239 Novatianus 188,465 Oakes, Guy 29, 31 Oeri, Jakob 81,310 Oldenberg, Hermann 40, 42f., 50, 76, 79, 139 f., 157,180,204,206,216,217,327, 343,463,506 Ölender, Maurice 57 Omar 184,318,436,437,463 Oncken, Wilhelm 80,219 Orihara, Hiroshi 25, 94, 99 'Otman 206 Otto,Walter 82,198f.,378 Otto, Walter Friedrich 35, 82,135f. Pascal, Blaise 285 Pal, Ram Sarana 248 Palyi, Melchior 24,89,100,102f., 105f., 108,110 Parsons,Talcott 1 Paulus (Apostel) 171,174,180,206,239, 244,250,278 - 280,282,286,330,334,
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341,343,354 f., 357,406,408,414, 430 - 432,443,447,449f., 463 Pausanias 164,463 Pautler, Stefan 70 Peisistratos 185 Pelagius 363, 463 Pels, Peter 45 Penn, William 321,392 Periander 185 Perlitt, Lothar 41 Peter der Große (Zar) 130 Petrus (Apostel) 171,343,431,463 Philemon 206 Philo von Alexandrien 278,308,464 Piccarda 399 Pickering, WilliamS. F. 21 Pisano, Giovanni 249,464 Pisano, Nicolo 249,464 Pius IX. 361 Plato, Platon 181,187,268,269,342,360, 464 Platvoet, Jan G. 37,56 Plutarch 278 Pöhlmann, Robert von 82,264,388,424, 443 Pompejus 278,464 Preuß, Hugo 147 Prodikos von Keos 181 Ptolemaios II. Philadelphos 199 Ptolemaios V. Epiphanes 199 Pythagoras 186,250,360,406,464 Ramanuja 188,464 Rehberg, Karl-Siegbert 11 Rendtorff, Trutz 8, 70 Renesse, Emil von 180,281 Renz, Horst 69 Rickert, Heinrich 1,31 -33,49,86f. Riesebrodt, Martin 45, 50,53,56, 64 Rivers, William Halse R. 46 Rivière, Peter 34 Robert von Molesme 338 Rohde, Erwin 50f., 82,125,181,336,464, 506 Romulus 336 Rost, Reinhold 79, 248 Roth, Guenther 19, 54,113 Röttgers, Kurt 31 Rousseau, Jean Jacques 22, 35, 273,464f. Roy, Rammohun 289 Rudhard, Birgit 26, 85,338
514
Personenregister
Rüsen, Jörn 39 Said, Edward W. 39,43 Salant, Samuel 224 Salmasius, Claudius 384,465 Salmeron, Alphonso 268,465 Salomo 206,276,428,465 Salomon, Albert 110 Samuel 220 Sauerland, Karol 23 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 76, 149,153 Schiele, Friedrich Michael 68,80,152 Schleiermacher, Friedrich 29,37,53 Schluchter, Wolfgang 7,10f., 18f., 24 f., 31, 65, 71,88, 92, 94, 99,101,107,111,356 Schmidt, Richard 255 Schmidt-Glintzer, Helwig 101,292,321, 327 Schön, Manfred 26, 85,338 Schrempf, Christoph 245 Schulte, Aloys 380,465,506 Schulze-Gävernitz, Gerhart von 322f. Schurtz, Heinrich 83,130,160,250 Schwentker, Wolfgang 29,52,64 Schwiedland, Eugen 86 Sebeok, Thomas Albert 57 Seeberg, Reinhold 78,335 Seleukos I. Nikator 171 Servius (Marius Servius Honoratus) 136 Shakespeare, William 356 Siddharta 178,183,189 f., 195,201,210, 250,323,343,373,406,445,453,465 Siebeck, Hermann 66-68, 71f., 76 Siebeck, Oskar 102 f., 105 f., 108-112,184 Siebeck, Paul 1,86-88, 90- 93, 99,102, 104 Siebeck, Werner 102,110 Sieveking, Heinrich 86 Simmel, Georg 11,14-16,25 f., 31, 397 Siracide —» Jesus Sirach Sisera 219, 259 Sloterdijk, Peter 16 Smith, Jonathan Z. 35,37, 61 Smith, Joseph jun. 188,465f. Smith, William Robertson 80,155,170, 343,360 Sokrates 181,187,466 Solms, Max Graf zu 103 Solon 182,183,253,466
Sombart, Werner 9-11,13,52, 71,80,222, 246,302,415,417 f., 420 f., 422,429,466, 507 Sommerlad, Theo 382 Sorskii, Nil 284 Southey, Robert 78,416 Spektor, Isaac Elhanan 224 Spencer, Baldwin 83,179 Spener, Philipp Jakob 321, 358,466 Stade, Bernhard 80,219 Stauth, Georg 43 Stephanus I. (römischer Bischof) 344 Steinmann, Theophil 68f. Sterbling, Anton 64 Stocking,G.W.jr. 44 Sueton (Gaius Suetonius Tranquillus) 243 Swidler,Ann If. Al-Taban 206 Tacitus (Cornelius Tacitus) 221,401,466 Tal, Uriel 42 Tamar 407 Tauler, Johannes 323,331,467 Taylor, MarkC. 35 Teisamenos 164 Tenbruck, Friedrich H. 6f., 36, 66 Tertullian 136,319,356 Theodor Beza (Théodore de Bèze) 228 Theodosius I. 396 Thomas von Aquin(o) 77, 224,354,397, 400,467 Thomas, Northcote Whitridge 46 Tiele, Cornelis Petrus 54-62,66-68, 71, 76,282 Titus (römischer Kaiser) 255 Titus Flavius Hyginus Ephebianus (kaiserlicher Freigelassener) 244 Tolstoi, Leo Graf 15, 64, 288,467 Tönnies, Ferdinand 14 f., 31,397 Treiber, Hubert 20,23 Trilling, Lionel 12 Troeltsch, Ernst 3, 7-9,13-17,23,39,42, 69f., 74, 78, 87, 90,226,264,297, 372 - 374,386,388,393 - 395,396 f., 424, 443,467,507 Tylor, Edward Burnett 36, 44-46, 51, 54, 83,123,125f. Tyrell, Hartmann 32,64 Uhlhorn, Gerhard 78, 374 Ulbricht, Justus H. 64
Personenregister Ullman, Lion 405 Urban II. (Papst) 230, 467 Urban VI. (Papst) 284 Usener, Hermann 53, 76,82,126,136,142, 360,467,507 Vallabha Swami 236,467 Vardhamana („Mahavira") 190,195,467 Varro (Marcus Terentius Varro) 136 Vatke, Wilhelm 41 Vincentius von Cartenna 229 Visthaspa 203 Vogelstein, Theodor 86 Voltskii, Josif 284 Vorländer, Karl 75,176 Vossler, Karl 295 Wagner, Adolph Heinrich Gotthilf 400, 468 Wagner, Gerhard 26 Al-Walld b.Äbd al-Malrk (Kalif) 437 Weber, Adolf 86 Weber, Alfred 86 Weber, Helene 233 Weber, Marianne 8,18 f., 23 f., 34, 88f., 93, 100,102f., 105-112,233,315,361,385, 408,415 Weber, Max - , Agrarverhältnisse im Altertum 3 (1909) 182,198,219,395 - , Das antike Judentum (1917/19) 71,101, 144 f., 180,183,192 f.,209,222,293 - , Antikritisches zum „Geist" des Kapitalismus (1910) 7 - , Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik" (1908) 8,17 - , Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie 9,11, 93,100,110 - , Zur Geschichte der Handelsgesellschaften (1889) 382 f. - , Hinduismus und Buddhismus (1916/17) 101,149,210,231,236,302,326f.,346, 376,405,442 - , Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie (1913) 25-27,140,145 - , Konfuzianismus und Taoismus (1915/ 20) 19,62,88,100f., 128,147,164,191, 220,227,235,257,282,292,330,380, 403,405,442 - , Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland (1906) 101,221,288, 403
515
- , Die „Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904) 32 - , Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1904/05/1920) 3,6-9, llf., 17f., 20, 71,85f., 89,100, 174,224f.,237,271f.,286,297,322,347, 358,377,380,383,413,416,420,426, 432,441,447 - , Zur Psychophysik der industriellen Arbeit (1908/09) 242 - , Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik (Nachlaß 1921) 19,130,317 - , Die römische Agrargeschichte (1891) 245 - , Roscher und Knies (1905/06) 25 - , Soziale Gründe des Untergangs der antiken Kultur (1896) 245 - , Verhandlungen des Ersten deutschen Soziologentages (1910) 13,15 f., 226, 386 - , Wirtschaftsethik der Weltreligionen (1915 - 2 0 ) 1,6,19, 62, 71,87 f., 91-93, 95,100f., 105 - , Wissenschaft als Beruf (1917/19) 64, 290,356 WuG 1,6f., 19f., 23,25,27,85,87, 9095,102,105,109-112,116f. - , WuG /1. Lieferung 24,103f. - , WuG / Gemeinschaften 24,28,30f., 96-100,105,170f., 238,250-252,264, 372f. - , WuG / Herrschaft 25,50, 96-99,101, 109 f., 159,194,199f., 208,213,235,283, 310f.,335,339,349,369,377,380,400, 441 - WuG / Recht 24, 97-99,133,213,221, 247,335,396,418 - , WuG / Die Stadt 96,145,236,241 Wellhausen, Julius 40 f., 53, 79f., 209,219, 256,412 Wernle, Paul 78,430,468,507 Wesley, John 89,188,416,468 Weyermann, Moritz Rudolf 86 Wide, Sam 82,138 Wieser, Friedrich von 294 Wilhelm II. (deutscher Kaiser) 233 Willowski, Jacob David Ben Ze'ev 224 Wilson, Horace Hayman 79,248
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Personenregister
Winckelmann, Johannes 2, 7f., 17,22 f., 85 - 88,103f., 110,113 Windelband, Wilhelm 23,28-31, 72, 76, 356 Wissowa, Georg 82,142,336 Wittich, Claus 113 Wolff, Fritz 83,222 Woodhouse, A.S.P. 394 Wrede, William 78,352 Wundt, Wilhelm 48, 76,132 Wünsche, August 80,261,426 Xenophon 181,192 YazTd II. 412
Zadäus (Zöllner aus Jericho) 263 Zaid b. Hanta 207 Zaid b. Täbit 206 Zainab 207 Zarathustra 122,178,184,189,193,199, 202,203,217,221f., 228,237,296,302 f., 309,313,371,406,468 Zeller, Karl 110 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig 315,333, 361,468 f . Zipprian, Heinz 26, 64 Zscharnack, Leopold 68 Zwiedineck-Südenhorst, Otto von 86 Zwingli, Huldrych (Ulrich) 188,469
Sachregister
Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Das Register erfaßt Begriffe sowie Sach- und geographische Angaben, Familienverbände, Dynastien, mythische, rein legendäre und literarische Figuren sowie Gottheiten.
abalienatio mentis 136 Abendland 20, 60, 74,186,212,215,284, 317,332,335,404 -» auch: Okzident Abendmahl 209f., 307,358,391 Abendmahlsgemeinschaft 391 Ablaß 347,383,470 abrogieren 369,431,470 Absolution 346,348 Abstinenz, sexuelle 404,408 Abstraktion, Abstraktionen 123 -125, 137,279 Abt 284,338 Achaemeniden 192,198,199,277,470 achtfältiger Pfad 210 Ackerbau(produkte) 136,138 f., 222 f., 237,327 Ackerbürger, ackerbürgerlich 220 Adams Fall —» Sündenfall Adäquanz, adäquate Beziehungen 24, 151 Adel, Adelsgeschlechter, adelig 121,138, 168,185,189,203,225,227,230,234 f., 252,270,288,336,376,386 -, apolitischer 274 - , kriegerischer 150,249 —> auch: Amtsadel; Aristokratie; Bürger-; Kriegeradel; Kshatriya, KschatriyaAdel; Patriziat; Polis-; Priester-; Römer-; Seefahreradel Adiaphoron 359 Admonitions 291 Adrastos 185 Afrika 217,221,295 —» auch: Sudan Agnaten 141 Agni —> Feuergott Agrarkommunismus 221, 288
„Agreement of the People" 394 Ägypten, ägyptisch 34,131,147,150,169, 191f., 198,208,216,219f., 266 f., 272,275, 291,378 f. —» auch: Diensthaus, ägyptisches; Kultgemeinden, ägyptische; Totenbuch, ägyptisches Ahimsa 223,371,470 Ahimsareligiosität 252 Ahnen 140-142,179,293 Ahnengeister 159,335,370 Ahnenkult, Ahnenkulte 141,211,233 f., 241,440 Ahnenpietät 379 Ahnenseele 130,295 Ahuramazda, Ahura Mazda 199,202,470 airyäman —> Sodalen Aisymneten 1821,185,470 Aitoler 147,219 Akkumulation —» Vermögensakkumulation Akosmismus, akosmistisch 264,288,318, 3311,355,3891,402,407,439,445,470f. —» auch: Liebesakosmismus Aktiengesellschaften 419 Aktionär 379 alethiné latreia 123 Alexandria, Alexandrien 199,386 Alkohol 124,312,3801 Allah 296,3641,436,471 Allmacht 152,291,296,299 Alltag 124,135,148,150,157,172,197, 215,222,242,249,253,280,305,307 f., 312,3141,317,366,368,403,419,435 Alltäglichkeit, alltäglich 2, 50, 122,141, 167,227,315 —» auch: Außer-; Überalltäglichkeit; Veralltäglichung
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Sachregister
Alltagsaskese 365 Alltagsbetrieb 215 Alltagschristen 319 Alltagsethik 306,308,437 Alltagshandeln 371 Alltagsinteressen 314, 323 Alltagskult 203 Alltagslebensführung 215, 315, 346 Alltagsmenschen 124,242,314 Alltagsreligion 153, 357 Alltagsreligiosität 148,150,156,175 Almosen 180,327,374,373 f., 384,446 alter Orient Orient, alter Altertum 149,212,221,233,237,308,356, 409,421 —» auch: Antike Altes Testament, alttestamentlich 175, 179,180,194,202,206,209,219f., 291, 244,354,360,407,415,428,432 —> auch: berith; Chroniken; Dekalog; Deuteronomium; gä'al; Hohelied; pädä; Prophetenbücher Älteste 141 amal —> Charidschiden American Palestine Exploration Society 172 Amerika, Amerikaner 8,15, 286,375,392, 425,432 —> auch: Neuengland; Nordamerika; Vereinigte Staaten von Amerika Amhaarez ('am ha ärcs) 223,308,318,471 Ammon 148,471 Amsterdam 361,385 Amt, Ämter 128,145,160,178,182,207, 226,344 f., 404 —» auch: Lehr-; Priesteramt Amtsadel 336 f. Amtsanwärterschicht 268 Amtsaristokratie 268 Amtsbürokratie 339 Amtshierarchie 194 Anachoret 327 Analogie, Analogien 133,154 Anarchie, anarchisch 392,397 Anarchismus, anarchistisch 274,392 -, religiöser 391f. Andacht 123,306 f., 439 —» auch: Devotion; Gelegenheitsandacht Andachtsfrömmigkeit 306 Andachtsreligiosität 306 anethisch 396 Angelologie 428
—» auch: Engel, Engellehre angelsächsisch 286-288,321,353 —> auch: England anglikanisch 200,285,385 Animatismus 45 Animismus, animistisch 47,123,125,131, 170,190,192,204,216,222,227,239, 257,300,311,371,397,402,407,471 —» auch: Präanimismus; Seele; Totem Anomismus, anomistisch 329,357,407 Anstalt, anstaltsmäßig 15,145,147,226, 287,344 f., 348,354,364,382 —> auch: Gnaden-; Staatsanstalt Anstaltsgehorsam 349 Anstaltsgemeinschaft 344 Anstaltsgnade 344f., 347-349,396,398, 430 Anstaltskirche, anstaltskirchlich 240,383, 393 Anstaltsorthodoxie 398 Anstaltsreligiosität 381 Anthropolatrie, anthropolatrisch 248, 339,439,471 Anthropomorphic, Anthropomorphisierung 134,137,154,162,360 —> auch: Götter, anthropomorphe; Personifikation Antichrist 395 antiethisch 396 Antike, antik 15,18,34f., 148,160,172, 183,187,218,228,229,235 f., 239,244 f., 257,266 f., 269,282,298,307,341,344, 362,376,386,395,397,406,418-420, 424 f., 441 —» auch: Altertum Antiochia 49,171 antiökonomisch 379, 381 antipolitisch 270,287,388 f., 391 antirational 237,355,358,361 antirationalistisch 225 Apokalypse, apokalyptisch 205,471 Apolitismus, apolitisch 270,273-275,287, 389,392 f., 402 Apollon 165,198,244,471 Apologeten, Apologetik 281,333,471 Apostasie 319 Apostel 180,202,286,288,344,374,381 —» auch: Säulen-, Wanderapostel Apostelkonzil von Jerusalem 171,431 Apostellehre —> Didache apostolisches Zeitalter 179,207 Apotheose 362,472
Sachregister apotropäisch 131, 410 Apparat, technischer 155 —»• auch: Gewalt-; Kultapparat Araber, Arabien, arabisch 142,187,191, 208,418,426,433 Arbeit 168,173,180,241f., 306,322,327, 331,338,380,385,407,410,416,419t, 426,438 —» auch: Berufs-; Bitt-; Massenaufklärungsarbeit Arbeiter 173,246,292,379,590,419 Arbeiterbewegung 287 Arbeitslosigkeit 385,438 archimedischer Punkt 274 Archonten 340 Arhat 319,472 Arianismus, Arianischer Streit 360,386 Arier, arisch 57,155,270,313,360,472 Aristokratie, aristokratisch 299,317,321, 354 —> auch: Amts-; Feudal-; Heils-; Intellektuellenaristokratie Arjuna 362 Arme, arme Leute 158,183,245,263,265, 279,294,373,375,382,384,443,445 „Arme am Geist", geistig Arme 264,282, 442,444 Armee 205, 394 —» auch: Heer Armenpflege —» Karitas Armensteuer, islamische 384 Arminianer 236,237,351 Armut 263 f., 294,340,373,375,381,382, 384 f. Armutsstreit 381 Arte di Calimala 110, 236,383, 472 Arvalbrüder —> fratres arvales Asiaten, asiatisch, Asien 18,60,181,185, 210,212,221,267,283,324,332,334 f., 339,342,357,362,379,440,442 —» auch: Klein-; Ost-; Vorderasien Askese, Asketen, Asketismus, asketisch 15,33,41 -43,60,69,123,176,251,262 f., 270,273,318,320-333,337-340,346, 352,358 f., 361,366,380,403 f., 411, 413t, 427-430,434,437 - , außerweltliche 339,405 - , innerweltliche 262,321,323,328,340, 364,384,389-391,393,402,407,428 - , überweltliche 358 -weltablehnende 318,321,324 f.
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—» auch: Alltagsaskese; Berufsethik, asketische; Charisma, asketisches; Derwischaskese; Ethik, asketische; Helden-; Keuschheits-; Laienaskese; Lebensführung, asketische; Protestantismus, asketischer; Rationalismus, asketischer; religiös-asketisch; Religiosität, asketische und asketischrationale; Sekten, asketische; Sexualaskese; Sramana; Systematik, bürgerlich asketische; tapas; Virtuosen, asketische; Weltanschauung, asketische Asketenregeln 199 Assimilationsjuden 432 Assur 149 Assyrien 149 Assyrerheer 161 Ästhetik, ästhetisch 29,37,135,233,411, 424 —» auch: Kunst astraler Monotheismus 192 Astrologie 131,151,340 Atharva Veda, Atharvaveda 156,216,472 Atheismus, atheistisch 248,288 Athen 145,183,234,269 atman 43,127 Attachement 126,149,472 Attika 165 Auferstehung 447 Aufklärung 22,37, 286,289,431,436 Augenblicksgötter 126 Augustalen 236 auspicia publica, Auspicien 146 Aussatz 146,254 Außenhandel 170 Außeralltäglichkeit, außeralltäglich 33, 37,44,50,53,122,315 f., 355,365,403 f., 437 Außerweltlichkeit, außerweltlich 157, 326,329,339,405,441 Australien 178,179 Autohypnose 325 Autonomie, autonom 255 Autorität 178 f., 186,195,248,354,365, 378,387,398 —» auch: Familien-; Glaubensautorität; Lehrautoritäten Avataras 136 Avesta 34,203,217 —» auch: Gathas Avignon 284
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Sachregister
Babel, Babylon, Babylonien, babylonisch 148,151f, 162,169,198,234,261,266 f., 271,277,298,376,395,418,472 Bacchanalienskandal 337 auch: Dionysoskult Bankiers 236 Bann, Bannung 168,228 f., 442 —> auch: Forstbann Baptisten 238,302,423,472 Barebone's Parliament 321 Bar-Kochba-Aufstand 391 Barmherzigkeit 439 Basileus 192 Bauern, bäuerlich 62, 74,138,172,191, 203,218-225,240-242,272,274,286, 354,398,409 f., 440 —» auch: Landmann Bauernbewegung 221 Bauernfrömmigkeit 220 Bauernintelligenz 274,288 Bauernkrieg, deutscher 221 Bauernkulte 220 Bauernreligion 135 Bauernreligiosität 223 Bauernsektierer, russische 221 —» auch: Rußland, Sektierertum Bauernstand 225 Beamte, Beamtentum 62,128,146,149, 165,207,232,234,268,270,274,288,344 —> auch: Bürokratie; Dokimasie; Gemeinde-; Hausbeamtentum; Hof-; Patrimonial-; Sonderbeamte; Staatsbeamtenschaft Beamtenstaat 151 Bedarf 197,235 —» auch: Kreditbedarfsdeckung; Notkredit, Notkreditbedarf Bedürfnisse 124,132,150,153,164,172, 201,208 f., 247,253 f., 272,289f.,293, 294,297,301,314,368,403,419,442 - , metaphysische 266 - , rationalistische 272 - , religiöse 248 - , seelische 253 —> auch: Erlösungsbedürfnis; Laien-; Massenbedürfnisse; Rache, Rachebedürfnis Befriedung 165,250f., 357,360,388 Beichte 214,307f.,346f.,358,430 Beichtstuhl 348,422 Beichtväter 186,215,346,348 Bekehrung 313 f., 390,447
Benediktinerregel 337 Bengalen 248 Bergpredigt 321 berith (b e rit), Bund 143,209, 472f. Beruf, Berufe 124 f., 131,134,147,150, 158,173,174,179,195,197,214,231, 242,247,250,252,262,274,283,322, 328,331,339,358,364,373,383,394, 397,399 f., 429,441f., 447 —» auch:; icWiaic; Vergesellschaftung, berufliche Berufsarbeit 358,385 Berufsbewährung 262,366 Berufsethik 173,339,397-399,402 - , asketische 397 - , organische 17, 397-399 Berufsgötter 249 Berufsheer 231 Berufskrieger 313 Berufsmensch, Berufsmenschentum 15, 328,340,366 Berufspflicht 401 Berufspriesterschaft 160 Berufsspezialisierung 62, 170 Berufstugend 318,359 Berufsverbände 240 Berufszauberer 313 Berufung 178 Beschneidung 209,431 Beseelung 123,154 Besessenheit, Besessenheitslehre 131, 167,169,312,330,350 Besitz (materieller) 128,175,320,370, 373,378,419,433,445 —> auch: Boden-; Grund-; Landbesitz Besitzende 172,217,294,306 —» auch: Großgrund-; Pfandbriefbesitzer Besitzlosigkeit 381 Bestattung 122,127 Bethanien 333 Bethsaida 443 Betrieb 87,89, 99,124,158,173,187,201, 235,268,278,338,385,419 f., 423 —» auch: Alltags-; Gebets-; Heils-; Kultus-; Priesterbetrieb Betriebsökonomik 238 Bettel, Bettler 180,327,384f., 438 Bettelmönche, Bettelmönchtum 195,240, 249,283,527,338 Beuteinteressen 185
Sachregister
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Bewährung 16,158,161,173 f., 262,302, 307,318 f., 322,328,334,344,346,359, 361,363,365,385,416,423,447 —> auch: Berufs-; Gnaden-; Heilsbewährung Bewegungen 221,269,286,288 —» auch: Arbeiter-; Bauern-, Intellektuellen-; Reform-; Revolutionsbewegung Bhagavadgita 362 Bhakti 248,361,473 Bhaktifrömmigkeit 440 Bhikkshu, bikkshu 265,327,473 Bibel, biblisch 40,174,274,286,348,353, 358,424
brahman 127 Brahmanas 156,216,474 Brahmanen, Brahmanentum, brahmanisch 151,160,166,172,178,186,199, 204,215 f., 251,266-270,275,309,346, 387,474 Brahmanenpriester 140 Brahma-Samaj 289 Brandopfer 202 Brautpreis —» mohar Brautschatz 425 Britisch-Kolumbien 160 Bruderhilfe 245 —> auch: Nothilfe
—» auch: Altes Testament; Neues Testament Bilderdienst 380 Bilderstreit von Byzanz 123,281,412,473 Bilderstürmer 231, 412 Bilderverbot 428 Bildung 205,207,248,268 f., 274f., 277, 284-287,351,354 auch: 'EWoivikti icaiSeia; Laien-; Priester-; Universitäts-; Volksschulbildung Bildungsschichten 212,271,275,283 f., 289 Bischöfe 212 f., 251,281,344,380,381,384 Bismarck-Archipel 250 Bittarbeit 373 Blutbad von Vassy 228 Bluträcher 292 Blutsbrüder 372 Blutschuld 236,307 Blutsverbände 240 Bodenakkumulation 221 Bodenbesitz 242 —> auch: Grund-; Landbesitz Bodhisattva 248 f., 342,473 Böhmen —» Südböhmen bona fides 310 Bonzen —» Bozu „Book of Mormon" 188 Böotien 164 Bordell 403 Börse 418 Börsengesetzgebungen 383 Börsenhandel 418 Bosnien 315, 339 Bourgeoisie 234,245 f., 419 Bozu 196 Brahma 43,140,473
Brüderlichkeit, brüderlich 16, 31, 371373,385,387,390,445 Brüderlichkeitsethik 388f.,401,411 Brüderlichkeitsgesinnung 390 Brüderlichkeitspflichten 169 Brüderlichkeitsreligiosität 410 Bruderliebe 15, 252, 332 Bruderschaft 159f.,312 —> auch: Bußbruderschaften; Phratrien Buch, heiliges —» Schriften, heilige Buchdruckereien 380 Buchreligion, Buchreligionen 159,205, 207 f., 229,350,411,433,474 Buddha, Buddhaideal 56,248f., 342,343, 474 Buddhamönche 231 Buddhismus, Buddhisten, buddhistisch 38,40,42f., 55,59-61, 67,69f., 72,127, 180,184,186,202,210,214,223,243, 250 f., 258,261,264 f., 270,272,289,301£, 305,319,325,327,356,373,438,440,442 - als Erlösungsreligion 223,333 - als Mönchsreligiosität 440 - , alter, altbuddhistisch 160,196,200,205, 212,217,265,296,300,305,317,332, 374,438 -, laienbuddhistisch 416 -, popularisierter 249 - , spätbuddhistisch 290 - und Erlösung 202,248,267,301,305 —» auch: Ahimsa; Arhat; Bhikkshu; Bozu; Ethik, buddhistische; Hinayana-; Mahayanabuddhismus; MahaparinirvanaSutra; Mönche, buddhistische; Mönchsregel, buddhistische; Sramana;Theravadabuddhisten; Upasakas Bund, Bundesschluß, jüdischer —» berith Bundesbuch 220,376
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Sachregister
Bundschuh 221 Bürgeradel 235 Bürgerheer 181 Bürgertum, bürgerlich 14,35, 64,185,203, 223,232-234,237 f., 248 f., 265,269,284, 286,360,366,380,436 f. —» auch: Ackerbürger; Großstadtbürgertum; Kleinbürger; Religiosität, bürgerliche; Stadtbürgertum; Verbürgerlichung Bürokratenkirche 225 Bürokratie, Bürokraten, bürokratisch 61, 153,166,190 f., 207,231-234,247,253, 269,272,283,337,339,371 —» auch: Amts-; Patrimonial-; Privatbürokratie Bürokratisierung 147,207,388 Büß- und Gnadenjurisdiktion 368 Bußbruderschaften 240 Buße, Bußopfer 137,156,191,215,346 f., 434,444 Bußgnade 358 Byzanz, byzantinisch 208,231, 380,386, 412,418 —> auch: Klosterstiftungen, byzantinische Cakas 204 Calvinismus, Calvinisten, calvinistisch 8f., 15f., 224,228,236,238,297,302,328, 351,352,364,384 f., 391,393,416,429, 474 —> auch: Früh-; Neocalvinismus Caritas —> Karitas Cäsaropapismus, cäsaropapistisch 412, 474 certitudo salutis 10f., 262,316,346,365, 428,474 —> auch: Heilsgewißheit Chaberim 223,278,475 Chance 148,150,198,227,261,289,374 f., 389,399,420,439 —> auch: Diesseits-; Erlösungs-; Heils-; Jenseits-; Lebens-; Macht-; Wiedergeburts-; Zukunftschancen Charidschiden (Charigiten) 359,475 Charisma, Charismata, charismatisch 49f., 122-124,154,161,167 f., 195,204, 214-216,218,220,247,250,280,311, 313,317-319,333,344 f., 348,355 f., 362f., 442-444,447,475 - , asketisches 270
- , individuelles 307 - , magisches 124,161,168,179,242, 305,318,442 - , persönliches 158,178,319,392,408 - , prophetisches 203, 207,218 - , religiöses 319,322, 383 - , sakramentales 188 —* auch: Prophetie, charismatische; Qualifikation, charismatische Charismaträger, Charismatiker 177,334 Chassidäer, Chassidismus 427,475 Chiliasmus, chiliastisch 355,321,330,331, 475 China, Chinesen, chinesisch 34, 56, 92, 129,135,141f., 151,161,163,189-191, 196,211,215,221,234 f., 239,243,251, 253,268 f., 275,302,312,315,339,380, 406,440 f. - , altchinesisch 293 - , klassische Bücher 189, 368, 387 -, Heer 147,231 - und Beamte, Bürokratie 128,151,166, 191,253,269,366,371 - und Kult 159,241,251,269 - und Philosophie 187,268,356 —» auch: Ethik, chinesische; Fung-schui; Kaiser, chinesischer; Nordchina; Prophetie, chinesische; Religiosität, chinesische; Sehen ling; Schu King; Suppentage, chinesische; Trauervorschriften, chinesische; wu-wei Chios 418 Chlysten 402,403,475f. —»auch: Skopzen Chorazin 443 Christen, Christenheit, Christentum, christlich 8,13-17,35,41f., 55,59-61, 67,69f., 72,148,154,158,179,187,202, 205,208,209-212,215,224,226,229, 231f., 237,239,245,250-252,264f., 267, 282,290 f., 296,298,307,319,333 f., 351, 353 f., 362,358,377,381,383 f., 393, 395 f., 409,418 f., 430-432,433,436 - , altes 180,200,239,263,266,281f., 332, 341,352,355,374-376,395,413,442 antike 239,374,396 - , frühes 226,303,318,333,343,360,372, 406 —» auch: Frühchristentum - , mittelalterliches 266,283,395 - , modernes 266
Sachregister okzidentales 404 - , orientalische 256 —» auch: Alltagschristen; Antichrist; Apokalypse; Apostel; Bilderstreit von Byzanz; coge intrare; creatio ex nihilo; Donatismus; Entwicklung, christliche; Gemeinde, christliche; Heiden-; Judenchristen; Kirchen, christliche; Kopten; Lehre, christliche; Loskauf der Christen; Menschensohn; Monarch, christlicher; Mönche, christliche und orientalisch-christliche; Monophysitismus; Nicaenum; Schisma; Synoden, christliche; Tritheismus; Urchristentum; Urgemeinde, christliche; Virtuosen, christliche; Wanderapostel Christengemeinden 212,243,281,337, 406 —» auch: Gemeinden, christliche Christengott 386 Christenverfolgungen 319 Christianisierung 347 Christkind 249 Christologie 212,386 —» auch: Arianismus; filioque; yevvnOEvxa l^fl 7toiTi0evTa; logos; Monophysitismus; 6|iooijctioi; Christuskult 212 Chroniken 179 chthonisch 138 f., 476 „Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints" 188 Cluny 338 coge intrare 229 coitus interruptus 407 commenda dare ad proficuum de mari 383 communio 155 —» auch: Tischgemeinschaft Cordoba 386 Corpus Iuris Canonici 381 Couleurwesen, deutsches 186,311,380 creatio ex nihilo 191,211,291,294,298, 334 credo, non quod, sed quia absurdum est 356 crimen 295 Qudra 204,476 culpa 310 Daeva-Religion 203
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daimonion 187 Dalai Lama 213,339,343,476 Damaskus 146 Dämon, Dämonen 124,126,128 f., 137 f., 148,157 f., 161 -163,176,190,214,218, 240,253,264,303,312,330,333,340 f., 442 f., 476 —> auch: Naturdämonen Darlehen 10, 418 Darlehenskassen 378 Darlehenswucher 419 Darlehenszins 377 Dauergemeinschaft 134 Dauerverband, politischer 143 Dea Dia 336 Deboralied 219 Deferenz 286,476 Deisidämonie, deisidaimonia 136,239 Deismus, deistisch 29, 65, 286,288,476 Dekalog 371,405,477 Dekretalen 348,477 Dekret, doppeltes 364,366 Demagoge, Demagogie, demagogisch 187,192,203,216,285 -» auch: Laiendemagoge Demiurg, Demiurgos 211,298,341,477 Demut 329,331,355,389,433 —» auch: Gehorsamsdemut Deo placere non potest 381 Depositenkassen 378 Derwischaskese 339 Derwische 318,339,477 Derwischfrömmigkeit 283 Derwischorden 436 Derwischorgie 315,339 Derwischreligiosität 237,239,315,437 Derwisch-Scheikhs 215,477 deus absconditus 297 deus revelatus 297 Deuteronomium 40, 267,276,220,477 Deutsche Gesellschaft für Soziologie 226 —> auch: Erster Deutscher Soziologentag Deutschland, deutsch 12 f., 17f., 20,23, 36f., 39-41,43f., 55f., 63, 65, 67, 73,186, 221,232,271,285,287,289,292,311, 358,361,380,397,432 Devotion 196,249f., 361f. —> auch: Krischnadevotion; Radha, Radhadevotion Dharma 376,439,477f. Diakone 281
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Sachregister
Dialektik 268,280 f., 356,430,450 Diaspora 428 Diasporajudentum 280,431 Diasporaschriftgelehrte 278,449 Dichtung 165,266 Didache 179f., 281,334,478 ôiôàaxaÀoi 280 Dienerschaftsliebe 362 Diensthaus, ägyptisches 192,303,478 Dienstherr 360 Diesseits, diesseitig 121,156,227,233,235, 252,265,269,292-296,300, 302-304,313,331,365,367,373,398, 435,438-440,442 Diesseitschancen 297 Diesseitsverheißung 232,260,414 Diesseitsschicksal 397 diggers 321 dii certi 136 dii incerti 136 Dike 165,478 Dionysien —» Dionysoskult Dionysos 185,406,478 Dionysoskind 249 Dionysoskult 51,181,185,251,336 f. Dionysosorgiastik 239 Directeur de l'âme —» Seelendirektor „Distanz von den Geistern" 233 Disziplin, Disziplinierung 159,330,338, 340,364 —» auch: Hoplitendisziplin Divination 122,163 f., 178 f., 187,297,478 Divinationspriester 196, 215 Dogma, Dogmatik, dogmatisch 129,203 205,208,210-213,249,278,281,286, 288,300,332,337,349-354,355,435, 449 —» auch: fides explicita; fides implicita Dogmenbildung 212,282 Dogmenentwicklung 212,349 Dogmenproliferation 211,213,478 Dokimasie 145 dolus 310 Domestikation, Domestikationsmittel 198,233,251,289 —» auch: Frauen-; Massendomestikation Donatismus, Donatisten 229,344,478 Donatistensekte 221 „doppeltes Dekret" 364, 366 Dordrechter Synode 237, 351 Dorf, Dörfer 241,257 „do ut des" 156,222,479
Dover 45 Drama 154,428 „drittes Element" —> Narodniki Druggenossen 203 dschizja (gizya) 229,433,479 Dualismus, dualistisch 29,193,269,272, 280,298-301,397,450,479 Duk-Duk 250 Durchschnittsmenschen 320f., 408 ecclesia pura 391 ecclesiae 318,479 Educational Alliance 432 Ehe 323,405-407,415 —> auch: Heiratsverbote Ehebruch 141,350,406,408 —»auch: Upasakas Ehefrau, Ehemann 141,171,405,407,410, 424 Ehegebot 407 Ehescheidung 435,443 Ehre 259,435 - , Gottes Ehre 385, 394 - , soziale 318 Ehrfurcht 122 f . Eid, Eidschwur 380 Eidgenossen, Eidgenossenschaft, Eidgenossenschaftsbildung 147,152, 183,219,228 Eigengesetzlichkeit, eigengesetzlich 24, 30,168,369f., 388,401,410 Einflußsphäre 148 Einheitsgott 291 Einheitskultur 388 Einheitsstaat, Einheitsstaatsgewalt 153, 269 Einverständnishandeln 140 Einzelgötter 153 Eisenbahn 164,172 Ekstase, Ekstasis 16,50-52,122,124 f., 127,132,136,155,179,305,312f., 317, 336 f., 402,404,410 f., 479 —> auch: Helden-; Intellektuellenekstase; Orgie; Rauschekstasen; superstitio 'EM.TIVIKTI 7tav5eia 212
Elementarlehrer 274 Eleusis —» Mysterien, eleusinische Elternliebe 362 Emissionsfinanzierungen 418 empirisch 159,328,334,413 empirische Betrachtung 332 f. Engel, Engellehre 123,298,428
Sachregister Engel Gabriel 206,360 England, englisch 8,11f., 17, 36, 47f., 65, 221,286,321,352,353,365,385,390,394 - , langes Parlament 352 - , Parlament 321,394 —» auch: angelsächsisch; Großbritannien Engroshandel 418 Entmilitarisierung 269 Entpolitisierung 227,269 f. Entwaffnung 198,387 Entwicklung 24,34,44f., 52,59f., 123-125,127,131,135,139,141, 143-146,151 -153,159,162 f., 167,169171,177,181,201,203,207 f., 213,218, 225,235,241,261,266 f., 269 f., 273, 285-287,293,313-315,337 f., 340,345, 347,358,374,376 f., 388,402,409,432 - , außerökonomische 157 - , bürgerliche 223 - , christliche 171, 220 - , geschichtliche 32 f . - , historische 157 - , kapitalistische 9, 238 - zum Kapitalismus 10, 441 - , kirchliche 234,283 - , moderne 224 - , religiöse 15,20, 72,194,292 - , ständische 160 —> auch: Dogmen-; Kultur-; Religions-; Städteentwicklung entwicklungsgeschichtlich 124 Entwicklungsgesetz 67, 74 Entwicklungsprodukt 294,359 Entwicklungsstufe 35,40f., 68, 73,149 Entzauberung 18,27, 65, 273 Epen, Epik 151,165,235,253,266,362 —> auch: Heldenepen, Mahabharata Epiphanien 250,479 Episkopalkirche 352 Epistel 180,239,280,479 —* auch: Paulusbriefe Eranos-Kreis in Heidelberg 22 f., 28,138 Erbe, Erben 127,128,141,379,425 Erbpatriarchen 339 Erbpriestergeschlecht 189 Erbrecht 141 Erbsünde 322,334,397,408,479 Erde —> Mutter Erde Erdgott, Erdgötter, Erdgottheiten 138 f., 301 Ergasterien 172 Erlaßjahr —» Sabbatjahr
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Erleuchtung 313 f., 323,327,335,438 f., 441 Erleuchtungsmystik 271,439 Erlöser 188,247,278,303,343 Erlösergnade 248 Erlösung 43,62, 66,148,153,175,186,227, 256,264,292 f., 301,312,317,320,324, 3341,340-342,344 f., 349,351f., 357, 360,362,391,405,411,428,440 - , atheistische 248 - , ethische 313,435 - , exemplarische 248 f. - , innerweltliche 411 -, mystische 334 - , persönliche 257 -, religiöse 176 -, rituelle 306 - vom Leid, Leiden 254,303 f., 438 - von der Klassenherrschaft 287 - von Not 273 - von Schuld 307 - von Sünden 438 —> auch: Glaubens-; Intellektuellen-; Mysterienerlösung Erlösungsarbeit 211 Erlösungsbedürfnis, Erlösungsbedürftige 62,233,247,253 f., 263,265,287,292, 301,309,345 Erlösungschance 263 Erlösungsethik 177,199,226,231,257, 272,301,350 erlösungsfremd 272 Erlösungshoffnung 254-256,304 Erlösungsideen 292 Erlösungsinteressen 153 Erlösungskonzeptionen 303 Erlösungskulte 271,278,449 Erlösungslehre 65, 87, 209 f., 212,232,237, 248,265,267 f., 270-273,281,283,301, 389,391,399,439 —> auch: Soteriologie Erlösungsmethodik 334,336 Erlösungsmythen 340 Erlösungsphilosophie 439 Erlösungsprophetien 307 Erlösungsreligionen 66, 68, 70- 72,127, 181,205,223,261,270,301,305 f., 318, 334,374,391,402,408 - , ethische 30, 226,231,435 - , innerweltliche 331f. —»auch: Massenerlösungsreligion
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Sachregister
Erlösungsreligiosität 60, 223,231f.,235, 240,247,252,257,261,269,211,330, 332 f., 356 f., 360,367,389,409 Erlösungssehnsucht 271,304,314 Erlösungstechnik 182 Erlösungsverheißungen 230 Erlösungsweg 282, 305 Erlösungswerke 308 Ernte, Ernteausfall 138 f., 190 f., 301 Erotik, erotisch 52, 253,266,312,315 f., 321t, 340,361t, 402 t , 405,407,409,428 Erster Deutscher Soziologentag 12 f., 26, 90,226,397 Erwählung 429,431, 437,444 Erweckung, Erweckungserziehung 159, 313 Erwerb 182,242,262,306,322,366,378, 380 f., 384,389,416 f., 422 f., 425,440 f. —» auch: Geld-; Tauscherwerb Erwerbshandeln 422 Erwerbsinteressen 389 Erwerbskapital 377 Erwerbskreditverträge 382 Erwerbsvirtuosität 364 Erwerbswirtschaft 173 Erziehung, Erziehungssystem 204,207 f., 212,268,278,304 —» auch: Erweckungs-; Jugend-; Kloster-; Krieger-; Laien-; Mönchserziehung Erzväter Israels 431 Eschatologien, eschatologisch 264,287, 292,295,299,303,396,432,479 Esoterik 272,318,352,479 Ethik, ethisch 28-30, 41, 62,160,165167,174-177,185,189t, 210,214 t , 227 f., 232 f., 235-238,243,247,262, 265 f., 268,272 f., 275,283,291,294-297, 299-301,307-309,313 f., 316,319 t , 323,328,334,339,345 f., 349 f., 357,361, 370,376,378,388-390,396 f., 400,402, 407,409-411,420,422 t , 426,428,431, 435 f., 438 f., 441 - , akosmistische 402 - , altbabylonische 376 - , asketische 390 - , brahmanische 309 - , buddhistische 62, 160,272 - , chinesische 160,181,190,192,266,371 - , des asketischen Protestantismus 173 - , formalistische 222 - , gottlos religiöse 192 - , hinduistische 62, 407
- , indische 192,302, 371 -, individuelle 396 - , innerweltliche 74, 302 - , jesuitische probabilistische 383 - j ü d i s c h e 295,371,420,423 - , kapitalistische 384 - , karitative 376 - , kirchliche 401 - , konfuzianische 62,176,196,211,268, 270,275,351,366,399,405 - , magische 174 f., 367 - , philosophische 186 - , priesterliche 216,387,406 f. -prophetische 73,216,406 f. - , rationale 390,407,438 —» auch: ethisch-rational - , rationale religiöse 301 - , religiöse 3,17,27,30,52,54,56,62, 74, 87,159-161,167,175-177,187,192, 227,246,249,257,261,269,291,301f., 367,370 f., 373,376,378 f., 396,398,438 —> auch: religiös-ethisch - , tabuistische 299 - , vedische 171,407 - , weltanpassende 371 - , zarathustrische 371 —> auch: Alltagsethik; anethisch; antiethisch; Berufs-; Brüderlichkeitsethik; Erlösung, ethische; Erlösungsethik; Erlösungsreligionen, ethische; Gebote, ethische; Geschäftsethiks; Gesinnungsethik; Gott, ethischer; Handeln, ethisches; Handwerkerethik; Interessen, ethische; Kastenethik; Kasuistik, ethische; Krieger-; Laienethik; Lebensführung, ethische; Lehre, ethische; Mittelmeerethiken; Monotheismus, ethischer; Nothilfeethik; Ordnungen, ethische; Pflicht, ethische; Priesterethik; Prophet, ethischer; Prophetenethik; Prophetie, ethische; Qualifikation, ethische; Rationalisierung, ethische; Rationalismus, ethischer; Religion, ethische; religiösethisch; Religiosität, ethische; Sexual-; Sozial-; Standesethik; Sublimierung, ethische; Systematisierung, ethische; Typus, ethischer; Vergeltungsethik; Verhalten, ethisches; Virtuosen-; Wirtschaftsethik ethisch-dualistisch 300 „ethisches Minimum" 431 ethisch indifferent 166,421,423
Sachregister ethisch irrational 320,323,328,378,411 ethisch-rational 166,237 f., 241 -243,245, 249,313,322,330,347,354,359,366, 386,394,440 —» auch: Rationalisierung, ethische; Rationalismus, ethischer ethisch-revolutionär 273 ethisch-rigoristisch, ethisch rigoros 239, 275,383 f., 389 f. —» auch: Rigorismus, ethischer ethisch-soteriologisch 345 ethisch sozial 166 —» auch: Sozialethik, sozialethisch Ethnie, ethnisch 87, 89, 99, 372 Ethnologie 45, 54, 93, 217 Ethos der Musik 317 Etrusker, etruskisch 136 Euphrat 219 Europa, europäisch 38,57, 234,356 —» auch: Nord-; Ost-; Westeuropa Evangelisch-sozialer Kongreß 408 Evangelium, Evangelien 171,352,372, 442 evocare Deos, Evokation 144 exemplarisch 196,282,306,342 f. —» auch die entsprechenden Unterpunkte zu: Erlösung; Gemeinde; Prophet; Prophetie Exerzitien 316,479 Exil 193,198,255,376,480 —» auch: Judentum, exilisches und nachexilisches Exkommunikation 292, 380 Exkommunikationsgewalt 213 Exogamie 169,170,480 —» auch: Sippenexogamie ex opere operato 307, 340, 480 Exorzismus, exorzistisch 131,410 extra ecclesiam nulla salus 344 Fabrik 164,379,419 Fachtheologie 285 Familie 14,141,144,206,248 f., 252,320, 370f., 380,398,399f., 415,423,439,443, 445 Familienautorität 370 Familienpietät 186,370 f. Famulus 186,450 Fasten im Islam 434 f. Fastenmonat —> Ramadan Fatalismus 364,366,437 - , astrologischer 151
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Fegefeuer, Fegfeuer 296 Feigenbaum 444 Feigheit,Feigheitssünde 318f.,411 Feinde 127,131,144,162,174,228 f., 259, 261,324,341,371f., 387,421f., 425,427, 429,445 Feindesliebe 371 Feldbestellung 136 Feldgemeinschaft 221 feng-shui —» Fung-schui Fetisch, Fetischismus 49,122,161,170, 480 Feudalaristokratie 437 Feudalherren 386 Feudalismus, feudal 223,226 f., 230,284, 336,340,433,435 f., 440 Feuer 133 f., 138,341 Feuergott 133 fides efficax 359 fides explicita 353 f., 480 fides implicita 353L, 480 filioque 208 Finanzen 229 Finanzierung 418 f. Finsternis 298-301,340 fiskalisch 195,218,221 Flüche 381 Formalismus, formalistisch 135,222,226, 281,308 Forstbann 168 Frankfurt a.M. 13,16, 90, 226,397 Frankreich, französisch 13,17,21 f., 36 f., 48,63,65,228,231,288,347 - 349,357, 392 -» auch: Port Royal; Zweikindersystem Franziskaner, Franziskanerobservanten 333,381 fratres arvales 336 Frauen 171f., 232,249-251,294,370,375, 388,405 f., 415, 425,437 Frauendomestikation 436 Frauenhaushalt 251 Frauenprophetie 406 Frauenverachtung 436 Freigelassene, Freigelassenenschicht 236, 243 f., 480/ Freihandel 390 Freiheitskrieg 390 freikirchliche Gemeinden 288,481 Freimaurer, Freimaurertum 232,289 Fremdenliebe —» Xenophilie Fremdenrecht 423
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Sachregister
Fremder 242,420-423,425f. Fremdherrschaft 388,390 Freundschaftsliebe 362 Friesland 240 Frömmigkeit 175,205,224-226,232,240, 248 f., 277,292,297,307,335,338,352, 374,376,423,427,430,440,442 —» auch: Andachts-; Bhakti-; Bauern-; Derwisch-; Gemeinde-; Glaubens-; Volksfrömmigkeit Frühcalvinismus 267 Frühchristentum, frühchristlich 179,223, 225 f., 279,334,350,414,450 —* auch: Christentum, frühes; Urchristentum Frühgeschichte 57 Frühkapitalismus 8 Füchse —> Leibfuchs Fung-schui 163,172,481 Funktionäre 158,215 Funktionsgötter, Funktionsgottheiten 163,249,402 Funktionsgötterkult 249 Fürsten, fürstlich 167,185,187,197,222, 225,384,398,419 —> auch: Kleinfürsten, indische Fürstengeschlechter 203 Fürstengewalt 285 gä'al 244 Galaterbrief 431 Galiläerstädte 443 Gathas 122,178,194,202,203,309,481 Gaue 147 Gayatri-Gebet 204 Gebet, Gebete 46,140,143,154-156,166, 178,227,260,293,296,438 —» auch: Gayatri-; Kurzgebete; SchemoneEsre Gebetsbetrieb 155 Gebetsmühlen 155 Gebietskörperschaft 147 Gebot, Gebote 31,175,178,258,350,368, 372,374,415,428,435 f., 443,445,447 - , ethische 215 - , Gottes 261,417,422 f. - , göttliche 277,293,440 - , heilige 348,368 - , positive 293,363,436 - , religiöse 364,391,433 - , sittliche 425 - , „zweites" 413,427
—> auch: Ehe-; Reinheits-; Ritual-; Sitten-; Spezial-; Wahrheitsgebot(e) Gebrechen, körperliche 253 f. „Gebrochenheit" 329,349 Geburt 138,167,261 —> auch: Unwiedergeborene; zweimal Geborene Gefolgschaftstreue 359 f. Gefühlspietismus 315 Gegenprophet 203 Gegenreformation, gegenreformatorisch 215,267 f., 315,383,481 Gegenreformationskirchen 285 Geheimkult 301 Geheimlehren 124,181 Geheimwissen 204 f. Gehorsam 189,348,423 Gehorsamsdemut 349 Geist 179,265,280,301,331,333,344,444, 447 - des Gesetzes 184, 415 - der Wirtschaftsführung 173 - , feudaler 436 - , kapitalistischer 7, 9, 417,441 - , kriegerischer 250 —» auch: „Arme am Geist"; Heiliger Geist Geister, Geisterglaube, Geisterwelt 124, 125 f., 128,131f., 140,148,154,163 f., 167, 169,172,174,176,179,190 f., 211,214, 233,304,312,343,390,442 —> auch: Ahnen-; Natur-; Totengeister Geisterzwang 315 Geld 173,195,220,234,236 f., 242,244, 263,378,384 —» auch: Gewissen-; Mündel-; Papier-; Wergeid Gelderwerb 375 Geldhandel 420 Geldleihgeschäft 426 Geldreichtum 182 Geldüberweisungsgeschäfte 418 Geldwechsel 418 Geldwirtschaft 183,219,235 Gelegenheitsandacht 307 Gelegenheitsgelderwerb 235 Gelegenheitshandeln 124,195,346 Gelegenheitslaien 197 Gelegenheitsvergesellschaf tung 196 Gemeinde, Gemeinden 42,180,188,195201,205,211,213,226,229,239,241, 250,260,280 f., 288,319,333,336 f., 355, 358,360,384,423,425,447,450
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Sachregister
- , christliche 174,111,334 - , esoterische 318 -.exemplarische 195 f., 199 - , freikirchliche 288,361 - , heidenchristliche 171, 414 - , religiöse 30,99,195,198 f. - , römische 213,236,337 —» auch: Christen-; Kleinbürger-; Kult-; Laien-; Massen-; Missions-; Mönchs-; Mystagogen-; Quäker-; Sondergemeinde; Täufer; Zwangsgemeinde Gemeindebeamtentum 278 Gemeindebildung 197,208,268,447 Gemeindefrömmigkeit 223 Gemeindegenossen 318,372 Gemeindeglaube 245 Gemeindelehrer 211 Gemeindeorganisation 200 Gemeinderecht 200 Gemeindereligion 214,231,352 t , 387 Gemeindereligiosität 62,181,199 -201, 211f., 226 f., 231,234,237-241,243,245, 261,263,289,372-374,388 f., 391 Gemeinschaft, Gemeinschaften 14-17, 20,30,49,54,66,87,89, 99,128,148,150, 169-171,178,186,195,224,245,254, 267,318,320,331t, 352,372,410,420, 432 —> auch: Abendmahls ; Anstalts-; Dauer-; Feld-; Glaubens-; Haus-; Kult-; Laien-; Markt-; Mönchs-; Paria-; Religions-; Tischgemeinschaft; Vergemeinschaftung Gemeinschaftsbeziehungen 178,369 Gemeinschaftsformen 87 - , religiöse 396 Gemeinschaftshandeln 23 f., 27,48f., 53f., 62, 73, 93, 99,105,121,140,147,199 f., 332,402 Generalablässe 383 Genf 185 genius, genii 142 Yevvr|dévTa |xri rawydevTa 360 Genossen 169,171,387,433 —» auch: Drug-; Eid-; Gemeinde-; Glaubens-; Kriegsverbands-; Kult-; Sippen-; Stammes-; Totem-; Verbands-; Volksgenossen gens 141,481 Gentleman 275,424 Genua 418 f. Geomantik - * Fung-schui
Gericht —»Totengericht Germanen, germanisch 162, 346,418 —> auch: Odin Gesang 130,154,412 Geschäftsethik 421 Geschäftsgeist 383 Geschichte, geschichtlich 31-33,60,235, 243,315,350,419,427,437 —» auch: Frühgeschichte; historisch; Ideen-; Kirchen-; Kultur-; Religions-; Universal-; W e l t ; Wirtschaftsgeschichte Geschichtskonstruktion 259 geschichtsmaterialistisch 377 —> auch: Materialismus, historischer Geschichtsphilosophie, materialistische 3, 12
Geschichtswissenschaft 28,31 f., 42 f. —> auch: Historiker Geschlecht, Geschlechter 142,271,275, 433,446 —» auch: Adels-; Erbpriester-; Fürstengeschlechter; gens; Krieger; Opferpriester-; Priestergeschlechter Geschlechterfehden 182 Geschlechtlichkeit, Geschlechtsverkehr 402,407-409,415,435 Geschlechtsgottheiten 145 Gesellschaft, gesellschaftlich 21,37, 44, 46f., 54,69, 74,134,186,245f., 274f., 278,371,440 - * auch: Vergesellschaftung Gesellschaftsauffassung, organische 440 Gesellschaftsgesinnung 402 Gesellschaftshandeln 93, 379 Gesetz des Grenznutzens —> Grenznutzgesetz Gesetz, Gesetze 32, 46, 73,167,171,178, 182,184,191f., 260,274,277,282,308, 318,323,341,350,369,414 t , 421, 423-432,437,442,447 —» auch: Börsengesetzgebungen; Entwicklungs-; Grenznutzgesetz; Heiligkeits-; Korn-; Kriegs-; Natur-; Priester-; Ritual-; Sitten-; Sklavengesetz; Sozialgesetze, mosaische; Weltgesetz, göttliches Gesetzesknechtschaft 244 Gesetzeskorpus des Hammurabi 192 Gesetzeskundiger 424 Gesetzesreligion 41 Gesetzesreligiosität 367 Gesetzesstudium 278,426
530
Sachregister
Gesetzestreue 239,277 f., 437 Gesetzestugend 262 Gesetzesvirtuosen 424,443,445 Gesetzeswissen 424 Gesetzgeber 182 Gesetzlichkeit —» Laiengesetzlichkeit Gesinnung 30,175,305 f., 321f., 326,354, 356 f., 366,369f.,423,447 —> auch: Brüderlichkeits-; Gesellschafts-; Helden-; Intellektuellen-; Liebes-; Virtuosen-; Wirtschaftsgesinnung Gesinnungsethik, gesinnungsethisch 41, 216 f., 310 f., 318,348,354,367,369,376, 445 Gestirne, Gestirngötter 138 f., 150 f. Getaufte —> Taufe Gewalt, Gewalten 150,157,163,165,168, 175,221,284 f., 368,375,389,391,393, 395,400f.,412,445 politische 164,199,205,212,229,256, 266,387,390,393,399 -, priesterliche 157,212 - , übersinnliche 154,157 —> auch: Exkommunikations-; Lehramts-; Schlüsselgewalt Gewaltapparat 390 Gewalthaber 140,375,388 Gewaltherrschaft 391,402 Gewaltordnung 17, 389,396,401 Gewaltsamkeit 326,389,391-394,402 Gewaltsamkeitsrationalisierung 402 Gewandschneider, mittelalterliche 234 Gewerbe 147,180,242,420 Gewerkschaft 287 Gewissen 175,187,394 Gewissensgelder 383 Gewittergott 150 —> auch: Indra Ghetto 257,303,419 Ghetto-Juden 262 Ghettoproletariat 419 Gilde 383,481 —» auch: Händlergilde gizya —> dschizja Glasgow 37 Glaube 16,128,166,169,179,184,203, 224,287-289,297 f., 332,337,349-361, 363-367,374,393 f., 431,443 —» auch: fides ...; Gemeinde-; Götter-; Massenerlösungs-; Massen-; Prädestinations-; Propheten-; Schöpfer-; Seelenglaube; Seelenwanderung; Seeräuber-;
Theologen-; Vergeltungs-; Vorsehungsglaube Glaubensartikel 353 Glaubensautorität 353 Glaubensbruder 262,373-375 Glaubenserlösung 357 Glaubensfreiheit 392 Glaubensfrömmigkeit 355 Glaubensgemeinschaften 344 Glaubensgenossen 372,376 Glaubenshelden 355 Glaubenskampf, Glaubenskämpfer 228, 231,286,364-366,374,387,391 Glaubenskrieg 229 f., 303,364,376,393 f., 405 Glaubenslehrejüdische 211 Glaubensreligiosität 357-359,361f.,393 Glaubensrevolution 393 f. Glaubensvirtuosen, Glaubensvirtuosität 355 Gläubige 14,37, 42,185,303,318,343, 352,391,398 Gleichnisse 133,280,352 Glück 253 f., 258 Gnade 14,154,193,246,262,298,302,319, 324,340,341,344-346,359,363,399, 401,429,438,440,444 —» auch: Anstalts-; Bußgnade; certitudo salutis; Erlösergnade; gratia infusa; Kultus-; Prädestinations-; Priester-; Ritual-; Sakramentsgnade Gnadenanstalt 345 Gnadenbewährung 329, 333 Gnadengaben 343 f. Gnadengeschenk 311, 362 Gnadengewißheit 316f.,319 —» auch: certitudo salutis; perseverantia gratiae Gnadengüter 343 Gnadenlehre 123,211,522,366 —» auch: gratia infusa Gnadenmittel 345 Gnadenperseveranz —» perseverantia gratiae Gnadenspender, Gnadenspendung 195, 214,232,343-348,364 —» auch: Beichtväter; Seelendirektor Gnadenstand 297,302,322,324,326-329 Gnadenvermittlung 362 Gnadenwirkung 340,564
Sachregister Gnosis, Gnostiker, gnostisch 179,205, 211,252,265,271 -273,279,282,298, 340-342,351£, 430,450,481f. —» auch: Demiurg; Hyliker; Jehova; Pistiker; Psychiker Gokulastha Gosains 236 Gopis, Gopisliebe 362 Gosain 215,362, 482 Gott „Antreiber" —» Savitar „Gott unserer Väter" 386 Gott, Götter, Gottheiten, göttlich 43,53, 70,123-159,161-167,170,17359,66, 177,179,184 f., 189-193,196 f., 200,202, 206,211-215,217,218,222,227 f., 235, 237,244,248 f., 253 f., 258-264,280,289, 291-303,310,313 f., 320-324,326,328331,334 f., 338-342,344,350,354-364, 366-368,372 f., 376,385-387,391, 394 f., 398f., 408,412,414,416f., 422 f., 426-436,440f., 444,445 f. - , alleiniger 148 - , allmächtiger 294,300,313,334 - , anthropomorphe, anthropomorphisierte 162,165,177 - , astrale 151 - , calvinistischer 328 - , chtonische 138 f. - , christlicher 360 - , ethische(r) 163,165,190,291,313,386 f. - , ethisch qualifizierte 163,294 - , gnädiger 340 - g u t e 162 f., 298 - , gütiger 341 - , himmlische 139,151 - h ö c h s t e r 140,148,211 - , inkarnierter 340, 344 - , jenseitiger 296 - , jüdischer 361 - , kriegerischer 152 - , mächtiger 386 -.menschgewordener 148,248 f., 342 - , persönliche 57,139,142,190,291,300, 338,357 - , vedische 134,217 - , verborgener 297, 340 - , übermächtiger 154 - , überweltlicher 57,154,190,211,227, 249,291,313,334,338 f., 356,362,412, 416 - , unerforschlicher 385 - , universelle 149f. - , weibliche —» Dea Dia
531
—» auch: Augenblicks-; Berufs-; Christengott; deus ...; Einheits-; Einzel-; Erd-; Feuer-; Funktions-; Geschlechtsgottheiten; Gestirne; Gewitter-; Haus-; Helden-; Himmels-; Indigitamenten-; Konföderations-; Kriegs-; Lokalgott; Inkarnation; National-; Naturgott; numen; Pantheon; Polis-; Priester-; Reichtums-; Schlachten-; Schöpfer-; Schöpfungs-; Schreibergott; Selbstvergottung; Sonder-; Sonnen-; Speziai-; Stadt-; Stammes-; Universal-; Vater-; Verbands-; Völker-; Volks-; Weltgott; Zuchtruten Gottes Götterbild, Götterbilder 155,303 Götterbildung 140,150 Götterglauben 174 Götterhimmel 147 Götterpartikularismus 145 Götterstaat 134 Götterzwang 140,155 Gottes freier Ratschluß 297,362 Gottesbegriffe 137 Gottesbesitz 334 Gottesdienst 154 f., 162,209,260,305,385, 428,435,438 —» auch: Synagogengottesdienst Gottesideen 291f. Gottesinkarnation 343 Gotteskämpfer 324 Gotteskindschaftsbewußtsein 361 Gotteskonzeption 57, 60, 292 Gottesliebe 360f.,403,447 Gotteslohn 387 Gottesmutter 123 Gottesreich 14,263f., 293,303,326,331, 409,445 Gottesstreiter 185 Gottesurteile 164 f. Gottesverehrung 137,166 Gottesvorstellung 137 Gotteswerkzeugvorstellung 314,320f., 326,329,361,363 Gotteszwang 154 f., 162,166,404 Gottinnigkeit 248,260,314,329 f., 355 „Göttliche Komödie" 295,399 —> auch: „Paradiso" Gottverlassenheit 316 Gottvertrauen 355,361 Gottwohlgefälligkeit 417 Grab 128,163 Grabinschriften, hellenistische 356
532
Sachregister
Grabräuberei 129 Grshma 203 gratia infusa 123 gregorianische Reformbewegung 284, 482 Grenznutzgesetz 294 Griechen, Griechenland 15,18,51,56, 134,147,164,181,560 —> auch: Adrastos; daimonion; deisideimonia; Dike; Dokimasie; 'E>.ät|vikti rraiäei«; Helios; Hellas; Lykos; Kyrupaideia; Metöken; Moira; Plataiai; Religion, griechische; Sikyon; Sophrosyne;Themis; Zeus herkeios Großbritannien 392 —> auch: England Großgeldgeberkreise, Großgeldgebertum 237,420 Großgrundbesitzer 220 Großhändler(schaften) 236 f. Großhaushalt 142 Großkaufleute 235 Großkönig, persischer Basileus Großmächte 193,388 —» auch: Kolonialgroßmächte Großstaaten 418 Großstadt 239 Großstadtbürger 424 Großwucher 238 Grundbesitz 235 —» auch: Boden-; Landbesitz Grundherren, grundherrlich 197,218 f., 221f., 230,235,386 Guan Di 235 Guelfen, Guelfenstädte 236 Guru 186,188,213,215,248,346,348,362, 482 Güte 175,260,318,359,362,375,385,402 Güterverkehr 172 Gymnasion 337,482 Hades 227,303,482 Hadith 369 hadrianische Tempelzerstörung 391 Hagiologie 435 Hamestakan 296 Hametzen 160 Handel 236 f., 376,412,420,425 —> auch: Außen-; Börsen-; Engros-; Frei-; Geld-; Kleinkram-; Produkten-; Übersee-; Wander-; Waren-; Wertpapier-; Zwischenhandel
Handeln, Handelnde 13,25-27, 35, 41, 43f., 53, 73,135,140,165,175 f., 216,291, 294,301,304,306,308,310f., 323-325, 335,340,389,391,417,423,438 - a k t i v e s 333 f., 430 - , alltägliches 2, 50 - , außeralltägliches 315 - , ethisches 320,322, 326 - , gottgewolltes 363 f. - , innerweltliches 326,329 - , magisches, magisch motiviertes 27, 44, 49,121f. menschliches 2 politisches 147,386 praktisches 12 rationales 27, 73,121,307,322,326, 328 f., 332,339,366,439 - , religiöses, religiös motiviertes 27,44, 49,121f., 126 f., 140,154,167 - , rituelles 308 - s o z i a l e s 7 2 9 3 , 332 - , symbolisches 50, 129 —» auch: Alltags-; Einverständnis-; Erwerbs-; Gelegenheits-; Gemeinschafts-; Gesellschafts-; Verbands-; Zweckhandeln Händler, Händlerschaft, Händlertum 61,
-, -, -, -,
234f.,241,283,420 —» auch: Groß-; Kleinhändler(schaft) Händlergilde 383 Händlerschichten 234 Händlerstädte 235 Händlerstand 235 Handlung, Handlungen 3,21, 26, 46, 62, 65,67,136 f., 163,165,168,215,296,309, 311f., 346,359,367,429 - , gute und böse 300, 310 - , magische 121,188 - , religiöse 121,301 - , symbolische 129 —> auch: Kult-; Opfer-; Tugend-; Untugendhandlungen Handlungsgehilfen 426 Handlungstypen 2 Handwerk, Handwerker, Handwerkertum 172 f., 239 f., 241-244,279,339,398,419, 440 f. -» auch: Landhandwerker; Stör;Textilhandwerk Handwerkerethik 243 Handwerkerreligiosität 239 Handwerkerschichten 419
Sachregister Handwerkertum 240 Handwerksburschen 61, 239,275,283,286 Handwerksburschenintellektualismus 275 Handwerksgesellen, Handwerksgesellentum 245,274 Haoma, Haomakult 202,217,313,482 Häresie, Häretiker 231,240,381 —» auch: Ketzer Hasardspiel 435 Häuptlinge 126,294 Hausbeamtentum 243 Hausgemeinschaft 87, 89, 99,1411,171 Hausgott, Hausgötter, Hausgottheiten 142,145 Haushalt 142 —» auch: Frauenhaushalt Hausherr, Hausherrschaft 141 Hausindustrie, hausindustriell 225,419 Hauskult 141 Hauspriester, Hauspriestertum 141,197 Haussöhne 141 Hausvater 159,360 Hebräerbrief 281 hebräisch 228 Hebraismus 12 Heer 147,164,208,231,412 —> auch: Armee; Assyrer-; Berufs-; Bürgerheer; Hoplitendisziplin; Ritter-; Soldheer Heidelberg 19,22 f., 63, 91,102,138 Heiden, Heidentum 159,2581,262,396, 443 Heidenchristen 171,414,431 Heidenmission 447 Heil 2, 73,177,189,193,195 f., 202,247, 273,301,305,3191,324,3291,345,348, 352,364,429,438 f., 442,445 —» auch: certitudo salutis; Seelenheil Heiland, Heilande 177,186,219,228,236, 239,2481,333,3401,343 f., 3611,431, 442,482 —> auch: Messias; Moschuach Heilandsliebe 360,403 Heilandsreligion, Heilandsreligionen 4391 Heilandsreligiosität 247,273 Heilandssoteriologie 272,280,450 Heilbringer 177,182 heilig, Heiliges, Heiligkeit, Heiligung 14, 29,53,131,152,167,169,176,203-207,
533
249,270,300 f., 304,307,330,333,406, 412 —» auch: Lehre, heilige; Normen, heilige; Ordnung, heilige; Sabbatheiligung; Sänger, heilige; Schriften, heilige; Tiere, heilige; Werkheiligkeit; Wissen, heiliges Heilige (die Heiligen) 123,130,147,196, 249,321,435 -» auch: Spezialheilige Heiligenbild 123,155 Heiligenkult 249,290,438 Heiligenreliquien 149 Heiliger Geist 123,119,208,333,344,444 Heiliger Krieg —» Krieg, heiliger Heiliger Stuhl 348,482 Heiliges Offizium 348 Heiliges Recht —» Recht, heiliges Heiligkeitsgesetz 220, 425 Heilsaristokratie, heilsaristokratisch 318, 327,363,366,444 Heilsaristokratismus 329 Heilsarmee 52, 246,347,348,482 Heilsbedürftige 189 Heilsbesitz 3051,334 Heilsbetrieb 178 Heilsbewährung 320,389 Heilschancen 345,429 Heilsgewinnung 362 Heilsgewißheit 318,329,339,359,363,426 —» auch: certitudo salutis Heilsgut, Heilsgüter 178,188,3151,320, 3221,325,329-331,357,359 Heilslehre 182,186,318 auch: Intellektuellenheilslehre; Soteriologie Heilslehrer 178 Heilsmethodik 52, 60, 311-318,320,325, 333,335,337,339,358 Heilsprophetie 187 Heilsqualifikation 271 Heilsspender 1881 Heilssuche 330,339,364,3881,398,404, 435,4411 Heilsweg 189,195,271 Heilsziel 369 Heiratsverbote 169 Held, Heldentum 126,166,204,251-253, 292,312,316,366 -»auch: Glaubenshelden; Heroen; Kriegsheld Heldenaskese 295 Heldenekstase 132,316
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Sachregister
Heldenepen 206 Heldengesinnung 311, 402 Heldengott, Heldengötter 135,150 Heldenhimmel 227 Heldenjenseits 138 Heldenlehre 186 Heldenmythen 248 Helden-Numen 251 Heldenparadies 230 Heldenreligion, Heldenreligionen 319, 362 Heldensage 351 Heldentod 387 Helios 235 Hellas, Hellenen, Hellenentum, hellenisch 134-136,151,166,181-187,189,192, 212,220,227,229,234 f., 239,251,266, 268 f, 271,276 f., 280,316,336,342,351, 355 f., 360,364,406,418,430 f., 444 Hellenisierung 276,442 Hellenismus, hellenistisch 12,198 f., 212, 226,243,265,270,278 f., 281,303,337, 356,449 f. Henotheismus 145,149 - » auch: Monotheismus Hermes 147 Heroen, Heroenkult 126,231,249,340, 483 —> auch: Held, Heldentum „herrenlose Sklaverei" 400 Herrenreligion 433 Herrenschichten 248,336 Herrschaft 20,30, 87,89, 99,101,191,199, 208,365,441 - , patrimoniale 142 - , politische 388 —» auch: Fremd-; Gewalt-; Haus-; Klassen-; Welt-; Zinsherrschaft Herrschaftsformen 100, 159,194,396 Herrschaftsinteressen 389 Herrschaftsorganisation 344, 370 Herrscher 142,277,338 Hetärismus 403 Heterodoxie, heterodox 190,205,240, 269,283,334,351 Hierarch 188f.,339,4S3 Hierarchie, hierarchisch 212,268,338,404 - , soziale 267,274 - von Weihen 232,273 —» auch: Amtshierarchie Hierokratie 159,483 higra 436
Himmelsgötter 138,150 Hinayanabuddhismus 205 Hinduismus, Hindu, hinduistisch 38,40, 43,61 f., 70,135,148,198,213,215,217, 223,248,251,256-258,261,267 f., 273, 283,289 f., 306,346,351,399,405,415, 426,440,442,483 - , alter 374 - , pazifistischer 231 —» auch: Bhagavadgita; Ethik, hinduistische; Gayatri-Gebet; Gokulastha Gosains; Gosain; Krischna; Mahabharata; Om; Radha; Religiosität, hinduistische; Rudra; Savitar; Unwiedergeborene; Upanayana-Zeremonie; Upanishaden; Vanaprastha; Vischnuismus; zweimal Geborene Hiob, Hiobbuch 260,272,275,291,296, 483 Hirten —» Gopis; Seelenhirten Historiker 56 —» auch: Geschichtswissenschaft Historikertag 1906 7, 9 Historiographie 137 historisch 3,38,59,68f., 72 f., 138,141, 152 f., 157,161,176,182,193,235,259, 261,317,332,338,347,392 Historismus 39, 41 Hochkapitalismus, hochkapitalistisch 246 Hochschulen 283 Hochschulpfründner 274 Hofbeamte 386 Hofbischof, byzantinischer 386 Hofbrahmane Purohita Hofpriester, Hofpriestertum 197 Hohelied 206,361,428 Hohepriester, jüdischer 155,220 Holland, Holländer 8, IIA, 286,353,385 Hölle 260,294,295,296,364,428,438 holy experiment —» Quäker homo oeconomicus 401 homo politicus 401 Homöopathie 131 Homosexualität 409 Hoplitendisziplin 336 Hostie 343 Hotar 216 Hudibras 286 Hugenotten 228,351 Hugenottensynoden 228 Humanismus 268,284 Humanistenschichten 285
Sachregister Humiliaten 240 Hurerei 405 f., 408 Hussiten 221 Hygienik 316 f., 338 Hyliker 352,483 Hypnose 314 Hypothekenbank 379 Hypothekenschuldner 379 Hysterie, hysterisch 176,252,312,314, 316,406 Idee, Ideen 3,13,39 f., 53 f., 61,180,231, 252,279,332,342,371,449 —» auch: Erlösungs-; Gottesideen; platonische Idee; Selbstvergottungs-; Vergeltungsideen ideengeschichtlich 147 Ideenpropaganda 181 Ideologie, ideologisch 17, 283 f. Idolatrie, idolatrisch 272,412,442,483 Idole 410 idschmä, igmä 213,369 Ikonen 123, 410, 412 Ikonenhandel 412 Ikonoklasmus —» Bilderstreit von Byzanz Imam 42, 200,365 imperium 146 Independenten 2 0 1 , 4 8 3 f . Indianer, indianisch 130,160,169,392 —» auch: Hametzen; Irokesen; OjibwaIndianer Indien, Inder, indisch 17, 34, 56f., 60,131, 133,137,140,146 f., 155 f., 160,163,166, 172,173 f., 176,178,188-190,194 f., 198, 206,210,216,220,223,230 f., 234,236 f., 239,241,243,248-250,252,255 f., 266, 268-270,275,289,299,307,310,312, 313,314-318,327,333 f., 338 f., 342,346, 352,356,362,368,386-388,391,399., 402,405,408,413,420,424,436,439441 —» auch: Agni; Atharvaveda; Bengalen; Brahma-Samaj; (Jakas; Ethik, indische; Hotar; Indra; Kartabhajas; Priester, indische; Propheten, indische; Prophetie, indische; Recht, indisches; Rechtsbücher, indische; Religion, indische; Religiosität, indische; rita; Sakti; Sorna; tapas; Upasakas; Varuna indigitamenta 135 f. Indigitamentengötter 136 indigitare 137
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indisch-persisch 339 Individualismus, individualistisch 13,285 Individuation 300,412,438 f. Individuum, individuell 47,69f., 140,155, 158,168,214 f., 233,250,257-259,273, 307,337,378,396 f., 406,435,438 Indo-Europäer, indo-europäisch 360 Indonesien 168 Indra 150,206,454 Industrialisierung 12 Industrie 379,419 f. —» auch: Hausindustrie Initiation 204 Inkarnation 218,256f., 289,313,343,484 —» auch: Gottes-; Tierinkarnationen Inkarnationssoteriologie 343 Innerweltlichkeit, innerweltlich 262,302, 306,318,321,323,326,328 f., 3311, 338-340,3581,364,370,384,389-391, 393,402,407,411,428,4371,441 Institutionen, institutionell 14, 20, 36, 39, 42,137,197,204,221,267,307,403,407 „instrumentum vocale" 245 Intellekt 427 Intellektualismus, intellektualistisch f., 62 - 65,194,212,223,225,247,265 271-275,278-280,2821,286,351,354, 356,3891,411,414,424,426,430, 439-442,4491 —» auch: Handwerksburschen-; Kaffeehaus-; Kleinbürger-; Laien-; Massen-; Paria-; Plebejer-; Schreiberintellektualismus Intellektuelle, Intellektuellentum, intellektuell 63f., 190,205,212,249, 267-270,2721,277,279,281,2891,301, 308,335,350-352,354-356,389,424, 444,450 Intellektuellenaristokratie 282,352 Intellektuellenbewegungen 269,288 Intellektuellenekstase 315 Intellektuellenerlösung 248 Intellektuellengesinnung 270 Intellektuellenheilslehren 186 Intellektuellenkontemplation 217 Intellektuellenkulte 252 Intellektuellenprophetien 247 Intellektuellenreligionen 60, 268,334,352 Intellektuellenreligiosität 63, 65, 251,271, 274,361 Intellektuellenschichten 260,265,267f., 271,278,284,286-288,356
536
Sachregister
Intellektuellensoteriologie 205,280,450 Intellektuellenspekulation 166,211 Intellektuellenweltflucht 273 Intelligenz 288 —» auch: Bauern-; Laien-; Mönchs-; Proletarierintelligenz „intentio" 310 Interessen, Interessenten 3, 61, 73, 131, 139,141,148,150,152,172,188 f., 197 f., 201,203 f., 216,225,230,242,284,286, 289,293,300,321,375,438 - , adelige 225,270 - , ethische 291 - , hierarchische 404 - , ideelle und materielle 153 - , ökonomische 168,222,241f., 256,284 f., 287,368,378,389,409,412 - , politische 271,320f., 386 -, praktische 12 - , priesterliche 161,319,401 - , religiöse 148,150,153,168,236,271, 290,297 - s o z i a l e 168,402 - , sozialpolitische 388 - , wissenschaftliche 283 —» auch: Alltags-; Beute-; Erlösungs-; Herrschafts-; Klassen-; Kultur-; Macht-; Monopol-; Nahrungs-; Prestige-; Standesinteresse(n) Interessengegensätze 183 Interessenkonstellation 368 Interessenvertretung 287 Internationalisierung 275 Interzessionsrecht 146 Irak 149 Iran, Iranier, iranisch 34,56,122,147,148, 151,190,199,200,313 —» auch: Mithras Irenik, irenisch 285 Irokesen 122 Irrationalisierung des Religiösen 272 Irrationalität, irrational 64, 122,128,150, 157,159,166,168 f., 175,227,233,323, 328,330,332 f., 337,362,378,402,404 f., 410f.,426,437 Islam, islamisch, islamitisch 34,38, 40-42, 55,59-62, 70,131,172,194,200,209, 213,215,217,228,230,237,239,256, 268,277,289,296,315 f., 318,339,352, 355,364-366,373-376,394,398,407, 415,432-437,441f.
- als Buchreligion 159,229,350,368 f., 123 - als Kriegerreligion 231,283,319,433 - als monotheistische Religion 148,153, 290,432 - , alter, altislamisch 211,217,231,303, 350,357-359,390,434 f., 437 - , orthodoxer 405,436 - , spiritualistischer 412 - und Frauen 250,434,436 - und Krieg 229f.,303,437 - * auch: Allah; Armensteuer, islamische; Charidschiden; dschizja; Fasten im Islam; Hadith; higra; idschmä; Kaufmannsreligiosität, islamische; mawäll; Mönche im Islam; Moslem; Mufti, Mutaziliten; Orden im Islam; Priester, islamische; rahbanija; Sammaniya; Schirk; ulamä; zakät Israel, Israeliten, israelitisch 40 f., 56, 141f., 144,147,152,155,168,175,183, 192 f., 201-203,218-220,223,228 f., 258 f., 266,272,277,303,376,406,428, 431,437,444 —» auch: Eidgenossenschaft; Erzväter; Palästina; Prophet, israelitischer; Prophetie, israelitische; Religion, altisraelitische und israelitische; Religiosität, israelitische; Wüstenwanderung Italien, Italiener 185,196,382 Jahne —> Jamnia 40,142-144,146,152,162, Jahve, Jahwe 168,1911,209,219f., 228 f., 255 f., 259, 262,277,391,401,407,415,422,425, 427 f., 431,484 Jahvekult 152,220 Jahvereligion 219,357,359,387 Jaina, Jainismus, jainistisch 43,267 f., 270, 318,391,484 Jainamönche 333,373 Jainasekte 237 Jamnia 205 Jansenismus 285 Janus 140,484 Japan, Japaner, japanisch 34,141,159, 164,231,438,440 - , russisch-japanischer Krieg 164 Jathrib 228,436,484 —»auch: Medina Jehova 298,341,454
Sachregister Jenseits, jenseitig 121,151,156,227,232, 252,254,265,282,293-297,300, 302-304,314,356,365,373,380, 397-399,405,429,435,438 f., 442 —> auch: Heldenjenseits Jenseitschancen 295-297 Jenseitsreligion 235 Jenseitsschicksal 139,151,297,365,397 Jenseitsverheißung 232,302,405 Jericho 168,263 Jerusalem 40,161,171,179,198,229,255, 277,374,376,391,445 - Apostelkonzil 171, 431 - , Polis 152,183,220,424 - Zweiter Tempel 179,198,205,209,255, 391,444 Jesuiten, Jesuitenorden 268,317,333,338, 361,383,484f. Jesuskult 343 Jinismus —> Jainismus Josephiten, Josiflianen, Ossipijanen 284 Journalisten 289 Juda (Königreich) 198,259,277,284,376 Juden, Judentumjüdisch 10f., 34,38, 40-42,51f., 61f., 70,135,137,142,171, 198,200,205,209,211,215,219-223, 228 f., 231,244,249 f., 253,255-263, 266 f., 274,277,278-280,282 f., 298, 302 f., 308,310,318,336,347,350f., 353, 368 f., 375 f., 382,384,387,391,413 -432, 433,436 f., 442,445 f., 449 f. - , altes, altjüdisch 253 f., 262,350,374,407 - , antikes 239 - , exilisches 254,260,262,267,360 - f r o m m e 390,414,417,419,422 f., 425-427,429 f., 432 - , getaufte 432 - , großstädtisches 239 - , nachexilisches 223,254,269,360,371, 414 ff., 425 - , orthodoxe 425,432 - , pharisäische 318 - , spätes, spätjüdisch 223,286 -talmudisches 407,414f.,432 —» auch: Amhaarez; Assimilationsjuden; Bar-Kochba-Aufstand; berith; Chaberim; Chassidismus; Diasporajuden(tum); Educational Alliance; Ethik, jüdische; Ghetto-Juden; Glaubenslehre, jüdische; Gott, jüdischer; Hohepriester, jüdischer; Israel, Israeliten; Jahve; Jamnia; k c tubbä; Makkabäer; Megiddo;
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Mischna; mohar; Pariavolk; Peruschim; Priester, jüdische; Prophetjüdischer; Prophetie, altjüdische und jüdische; Provinzialjudentum; Rabbinat; Rechabiten; Reformjuden(tum); Religiosität, jüdische; Sabbatjahr; Sanhédrin; Spätjuden(tum); theschuba; Zebaoth Judenchristenjudenchristlich 281,431f. Judenprivileg von Speyer (1544) 382 Jugenderziehung 424 Jünger 179,194 f., 197,264,350,352, 371-373,381,406,445,445 -» auch: Apostel Jünglingsweihe 204,312 Juno 142,143 f.,485 Jupiter Capitolinus 391 Jurisdiktion —> Ketzerjurisdiktion; Rechtsprechung Jurisprudenz —> Kautelarjurisprudenz Juristen, juristisch 132,137,357,436 Justiz 399,401 Kabbala 427,485 Kadi 255 Kadi-Justiz 255 Kaffeehausintellektualismus 289 Kaiser, Kaisertum 142,412 - , chinesischer 128,161,187,190f., 335 - , mittelalterliches 357 - , römische 232,236,281,319f.,395,446 Kaiserkult 236, 395 Kalender 131,169,183 - , gregorianischer 92, 130 Kalif ^ Khalif Kampf 132,184 f., 205,219,222,225,228, 285,288,298-300,324,355,377,382, 438 —» auch: Glaubens-; Machtkampf; Propagandakampfreligionen; Ständekämpfe Kanaan, Kanaaniter 219,229,259,485 Kanalbauten 191 Kanon, Kanonisierung, kanonisch 205 -208,231 —» auch: Schriften, heilige; Tripitaka Kapernaum 443 Kapital 235,237,384,420 —» auch: Erwerbskapital Kapitalismus, kapitalistisch 9-11,13,15, 17,86,164,172,225,238,366,377,379, 384,418 f., 441 - , „kapitalistischer Geist" 7, 9, 417,441
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Sachregister
- , moderner 7,20,173,417,419 f., 441 -, okzidentaler 418 -, politisch bedingter 238 - vorkapitalistische Zeit 375 —» auch: Früh-; Hoch-; Kolonial-; Staatskapitalismus Kapitalzins 377 Kardinaltugend 348,485 Karitas, karitativ 338,376,379,382,384 f., 388 Karma, Karman, Karmanlehre 43, 243, 272,299 f., 310,335,397,401,438 f., 485 Karolinger 284,485 Kartabhajas 248 Kaste,Kasten 17,171-174,204,255-257, 263,265,267 f., 275,312,376,391,397, 399,485 —» auch: (¡.'udrà; Kartabhajas; Kriegerkaste; Kshatriya; Paria-; Trommlerkaste; Vaigyas Kastenethik 173,399 Kastenordnung 173,261 Kastenpflichten 255,387 Kastenreligiosität 256 f. Kastentabu, Kastentabuvorschriften 172, 239,241,243,248,294 Kastraten —> Skopzen Kasuistik, kasuistisch 33,86,135-137, 194,215 f., 262,273,278,295,308,351, 368 f., 415,424,426,436 f., 443 - , ethische 215 —> auch; Laienkasuistik kasuistisch-rational 207 Katechumenen 319 Kcnfe^oxriv 192,259,485 Kategorien 30,32f., 47,67, 73, 125,188, 195,318,346 - , soziologische 16 Katholizismus, katholisch 200,215,228, 249,268,290,296,310,345-349,353, 359,368,398,401,407 f., 415,422,429 f. Kaufleute, Kaufmann, Kaufmannschaft 147,185,234- 236,238,339,381,418,441 —» auch: Großkaufleute Kaufmannsreligiosität, islamische 237 Kauravas 362 Kautelarjurisprudenz 137 Kavallerie 364 k e tubbä 425 Ketzer, Ketzerei, ketzerisch 42,229,237 f. —» auch: Häresie Ketzerjurisdiktion 338
Ketzertaufstreit 344 Keuschheit 340,404,434,438 Keuschheitsaskese 404 Khalif 206,437, 485 —» auch: Ommajaden Kidderminster 225 Kiew 149 Kilikien 278,449 Kinder 293,341,356,375,407,410,415, 444 —» auch: Zweikindersystem Kinderzeugung 322, 407 Kindesliebe 362 Kindespietät 233 Kirche, kirchlich 15,22,123,145,199,208, 221,236,274,283-285,289,337 f., 344-348,352,353-355,359,361,375, 377 f., 381,386,390,397f., 410,412,430 - , abendländische 60, 215 - als Heilsanstalt 13 - , christliche 13, 212,351,377 - , fränkische 208 - , katholische 154,315,345f., 348,353, 368,401 - , koptische 208 - , lutherische 358 - , mittelalterliche 17,22, 224,396,397 - , orientalische 212f.,310,332,408 - , östliche 281 - , reformierte 201 - , „reine" 391 -, russische 130, 346 —» auch: Anstalts-; Bürokratenkirche; Entwicklung, kirchliche; Episkopalkirche; Ethik, kirchliche; freikirchliche Gemeinden; Gegenreformationskirchen; Macht, kirchliche; Massen-; Mormonenkirche; Organisation, kirchliche; Ost-; Reformations-; Reichskirche; Religiosität, kirchliche Kirchenfeindschaft 286 Kirchengeschichte 282 Kirchenindifferenz 286 f. Kirchenlehre 233 Kirchenmusik 337 Kirchenräson 401 Kirchenreformation 268 —> auch: Gegenreformation; Reformation Kirchenreligiosität 437 Kirchensuprematie 208 Kirchenväter 281 Kismet 366
Sachregister kiün-ts'f 275 Klassen 17,54,61 f., 74,85,247,252,261, 271,273,277,283,321,375,397,426 - , Mittelklassen 275 Klassendifferenzierung, antike 183 Klassenherrschaft 287 Klasseninteressen 61, 283 Klassenlage 261,375,397 Klassenreligiosität 246 Klassenschichten 228 Kleinasien 278 Kleinbürger, Kleinbürgertum, kleinbürgerlich 205,212,221,239-245,251,274, 280,283,351,437 Kleinbürgergemeinde 351 Kleinbürgerintellektualismus 2 7 5 , 2 7 8 280,450 Kleinbürgerreligiosität 245 Kleinbürgerschicht, Kleinbürgerschichten 241,246,275 Kleinfürsten, indische 270 Kleinhändler 241-243 Kleinhandwerkerschicht 245 Kleinkrämer 426 Kleinkramhandel 418 Kleinpfründner 274 Kleinstädte, Kleinstädter, kleinstädtisch 257,424,442 Kleinwucherer 264 Klerus 281,348 KXticti; 358,447 Klient —» mawäll Kloster, klösterlich 268,274,330,340,380 - » auch: Benediktinerregel; Kluniazenser; Mönche, christliche; Zisterzienser Klostererziehung 380 Klosterstiftungen, byzantinische 384 Kluniazenser, kluniazensische Reform 337 f. Knabenliebe 186 Kolonialgroßmächte 392 Kolonialgründungsfinanzierung 418 Kolonialkapitalismus 235 Kolonialparlament 392 Koloniefinanzierungen 419 Kolonien, amerikanische 286 Kolonisation 181,238 Koloratur 131 Kolossai (Stadt in Kleinasien) 206 Kommandite 418,423 Kommunismus, Kommunisten, kommunistisch 221,245,321; 373f.
539
—> auch: Agrar-; Konventikel-; Liebeskommunismus Kompagnien 418 Kompetenzen, Kompetenzabgrenzung 134,136,149 Konfession, Konfessionen 171f., 196,199, 307 Konföderation 142 f. Konföderationsgott 142 Konfuzianismus, Konfuzianer, konfuzianisch 61f., 166,186,196,205,233,249, 268,275,282,315,317, 370,390,407, 423,426 - als erlösungsfremde Ethik 272, 301, 350 - als Standesethik 272,371 - , Beamte, Bürokratie 270,337,371 —» auch: Ethik, konfuzianische; Mandarine; Weltanpassung, konfuzianische Kongregationalisten 201,485 Könige, Königtum, königlich 141,153, 165,168,171,190-193,198,220,222, 276 f., 279,309,361f., 390,392,445 —» auch: Basileus; Monarch; Preußen-; Volks-; Zukunftskönig Königsforsten —» Forstbann Konkubinat 435 Konkupiszenz 408 f. Konnubialvergemeinschaftung 255 Kontemplation, kontemplativ 1,33, 60, 74,86f., 273,312,318,323-333,335, 339,346,352,356 f., 362,398,404 f., 408, 414,438,441,485 —» auch: Intellektuellenkontemplation Kontokorrent 309 f., 429,486 Konventikel 185,228,301 —> auch: Pietistenkonventikel Konventikel-Kommunismus 321 Konventionen, konventionell 165,216, 251,273,275,320,367 f., 409 —> auch: Standeskonventionen; ständischkonventionell Konzilien - von Chalkedon 208,212 - von Konstantinopel 212 - von Nicäa (325) 212,342,360 —» auch: Nicaenum - , VII. ökumenisches 123 - , vatikanisches (1869/70) 355 - vonVesali 210 —» auch: Apostelkonzil von Jerusalem Konziliarismus 284
540
Sachregister
Kopten 208 Koran 206,350,369,412,434 f., 486 —»auch: Sure Korinth, Korinther 174,185,250,337 Korngesetze 390 Kornzölle 390 Körperbemalung Tätowierungen; Unterscheidungslehre, Unterscheidungsmerkmal Körperschaft 226 —» auch: Gebietskörperschaft Kosmogonie, kosmogonisch 181 Kosmologie, kosmologisch 43, 67, 73, 211, 350 f. Kosmos, kosmisch 165 f., 191,193,246, 249,272 f., 275,279,282,299 f., 368,370, 379,386,394,399 f., 438 Kotau 187 Krämer, Krämertum 420,423,440 f. Krankheiten 138,169,214 Kreaturvergötterung 298,322 f., 326,334, 355 Kredit 380,384,419 Kredit- und Bankgeschäfte 418 Kreditbedarfsdeckung 419 Kreuz 390,431 Kreuzschlagen mit zwei oder drei Fingern 130 Kreuzritter 229 Kreuzzug, Kreuzzugszeit 230,260,486 Krieg, Kriege 238,241,387,392-394,435 - , amerikanischer Unabhängigkeitskrieg 392 - , „gerechte" und „ungerechte" 387 - , heiliger 228 f., 303,433 - , Russisch-japanischer 164 - , siebenjähriger Krieg 392 - , Türkenkrieg 393 —» auch: Bauern-; Freiheits-; GlaubensReligionskriege; Schlachten Krieger, Kriegerschaft 62,182,200,219, 227,230,241,247,283,357,398,437 —» auch: Berufskrieger; Hopliten; Soldaten; Söldner Kriegeradel, Kriegsadel 182 ,207,227, 375,378 —» auch: Adel, kriegerischer Kriegererziehung 251 Kriegerethik 387 Kriegergeschlechter 185 Kriegerhaus 251 Kriegerhimmel 231
Kriegerkaste 265 Kriegerlehen, türkische —» Sipahi Kriegerreligion 231,359,364f., 433 Kriegerstand 231 Kriegsbeute 168,433 Kriegsfinanzierung 418 f. Kriegsführung 193 Kriegsgesetz 229 Kriegsgott, Kriegsgötter 147 f., 309 Kriegsheld 227,230,305, 312 Kriegslager 437 Kriegsorden, islamischer 231 Kriegstanz 132 Kriegsverbandsgenossen 209 Krischna 43, 249,362,366 Krischnadevotion 236 Krischnakult 249,315 Krüppel 350,385 Kshatriya, Kschatriya-Adel 204,230,268, 387,486 Kuli, Kulikonkurrenz 380,441 Kult, Kulte, kultisch 41, 54, 73, 135,141f., 153,156,169,181,197,216 f., 231t, 235, 236,237,239,240,247,249,250 f., 263, 266,271,278,302,308,315,336,353, 403 f., 428 —» auch: Ahnen-; Alltags-; Bauern-; Christus-; Erlösungs-; Funktionsgötter-; Geheim-; Haoma-; Haus-; Heiligen-; Heroen-; Intellektuellen-; Jahve-; Jesus-; Kaiser-; Krischna-; Laren-; Marien- und Herz-Jesu-; Messen-; Mithras-; Mysterien-; Opfer-; Orgien-; Phallus-; Rausch-; Sekten-; Sorna-; Sonnen-; Spezial-; Tempel-; Tier-; Totenkult Kultapparat 158 Kultfeier 272 Kultgemeinden, ägyptische 199 Kultgemeinschaften 41,143,200,251 Kultgenossen, Kultgenossenschaften 145, 170 Kulthandlungen, Kultushandlungen 123, 305,410 Kultmahl 171,236 Kultobjekt 218 Kultpflichten 196,269 Kultstätten 153,158 Kultteilnehmer 404 Kultträger 147 Kultur 18,20,28f., 32,35, 71,139,247,289, 337,368,410
Sachregister —» auch: Einheits-; Mittelmeer-; Ritter-; Stadtkultur Kulturbedeutung 289 Kulturentwicklung 8,51, 74,131,220 Kulturgeschichte 13,19, 72 Kulturgüter 188 Kulturinteressen 288 Kulturländer, westliche 193 Kulturmensch 276 Kulturorganisation 284 Kulturpublizisten 289 Kulturreligion 10, 68, 70f., 414 Kulturstufen 409 Kulturwissenschaft 11,13,28, 31, 37 Kultus 35,43,134,154,157-162,216,411, 436 Kultusbetrieb 53,159 f. Kultusgnade 439 Kultverband 145 f. Kultverein 269 Kunst 128,131,242,249,251,321,323, 340,410-414,424,427 f. Kunstlehre 181,189,204,233,258 Kunstproduktion, Kunstproduktivität 266,414 Kurzgebete 261 Kwakiutl 130,160 Kybele252,486 Kyniker 187,486 Kyrupaideia 192 Lade Jahves 144 Laien 33,122,124,153,160,199 - 203,205, 207,212,214-218,247,272,306,308, 354 f., 374,402,413,440 —» auch: Gelegenheitslaien; Upasakas Laienaskese 266 Laienbedürfnisse 201,218 Laienbildung 228,249,410 f. Laienbildungsschichten 439 Laiendemagoge 217 Laienerziehung 205 Laienethik 406,408 Laiengemeinde 196 f. Laiengemeinschaft 391 Laiengesetzlichkeit 431 Laienintellektualismus 201,270,279,283 Laienintelligenz 267 Laienkasuistik 215 Laienprophetie 266 Laienrationalismus 153,212,218
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Laienreligion 217 Laienschichten 218 Laiensittlichkeit 302 Laientraditionalismus 201 Laientugend 327 Lamaismus 267,338 f., 440,486 - » auch: Dalai Lama;Taschilama Landbesitz 375 Landessynoden 198 Landhandwerker 424 Landmann 224, 425 —» auch: Bauern Landnahme 229 landstädtisch 239 Landwirtschaft 425 „langes Parlament" 352 Laodicea (Stadt in Phönizien) 412 Laren 144 Larenkult 142 Lastenverband, kirchlicher 200 latreia 123, 486 Lazaruslegende 263,446 Lebenschancen 293 Lebensdurst 300,438 f., 487 Lebensführung 20, 33, 41, 54, 62, 65, 67, 74, 93,131,175,186f., 193f., 214f., 227, 232,243,252 f., 255,262,271,273,288, 304-306,310 f., 323,345 f., 348 f., 361, 365,369,373,413,423,429 f., 437 - , asketische 288 - , einheitliche 243,311,316,361 - , ethische 52 - , kapitalistische 17 - , methodische 11,18, 311,323, 332,340, 359,429 ökonomische 241,322 rationale 11, 339f., 359,384,411 rationalisierte 11, 325,358 religiöse 281,304 systematische ethische 56, 67, 313 systematisierte 52, 304,320,339,348, 411 —» auch: Alltagslebensführung Lebensmethodik 11, 262,345,347,364 f., 383,404,414,426,437 f., 440,442 Lebensreglementierung 338, 376 Lebenssphären 30, 369 legitim 146,406 f. 435 Legitimation 62, 141,179,291 Legitimierung, legitimieren 62,142,178, 253 f., 258,345,365,384,405,423 -, -, -, -, -, -,
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Sachregister
Legitimität - der Ehefrau 141 - des Glücks 253 f. weltliche 365 Lehen 230,386 Lehensrecht, türkisches 230 Lehramt, Lehramtsgewalt 213 Lehramtsträger 213 Lehrautoritäten 332 Lehre 18,158 f., 178 f., 181,186,190,203, 208 f., 213,217 f., 268 f., 285,302,307 f., 330,342,349,366 f., 381,397 f., 428 - , christliche 22 - , ethische 189 - , heilige 214 - , priesterliche 216,437 - , prophetische 197,203 - , religiöse 177,267 —> auch: Besessenheits-; Elementar-; Erlösungs-; Geheim-; Gemeinde-; Glaubens-; Gnaden-; Heils-; Helden-; Intellektuellenheils-; Karman-; Kirchen-; Kunst-; Prädestinations-; Priester-; Rechtfertigungs-; Seelenwanderungs-; Sünden-; Unterscheidungs-; Virtuosen-; Weisheitslehre Lehrer 178,180,185-187,197,277,280, 281,296,380 —» auch: SiSóckcAoi, Elementar-; Heils-; Gemeinde-; Voksschullehrer Leibbursche 186 Leibfuchs 186 Leid, Leiden 254,258,282,292,295,299, 304,342,397,438,440f. Leidensreligiosität 258 Leutnant 233,380 levellers 321 Leviratsehe 407 Leviten 425 Liberalismus 22, 366,390 liberti —» Freigelassene Liebe, Liebesempfinden, Liebesgefühl 264,326,331t, 341,361,386,389,399, 401,405,407,423,429,439,445 —» auch: Akosmismus; Bruder-; Dienerschafts-, Eltern-; Feindes-; Freundschaftsliebe; Gopis; Gottes-; Heilands-; Kindes-; Knaben-; Nächstenliebe Liebesakosmismus 16,374,386,446,487 Liebesgesinnung 376,398,445 Liebeskommunismus 373,374
Liebeslied 206 —»auch: Hohelied Liebesreligion 389 Liebesreligiosität 412 Liebesuniversalismus 372 Lied, Lieder 189,206,413 —> auch: Indra; Liebeslied Literaten, Literatenzunft 223,266,437 Literatenopposition 223 Literatur, literarisch 15, 204 f., 207,220, 266-268,272,275,289,291,351,411, 413,351,424 Logen 232 logos 342 Lokalgott, Lokalgötter, Lokalgottheit 143-148,152,249,386,487 London 12, 225 Loskauf der Christen 244,341 Luthertum, Lutheraner, lutherisch 200, 224 f., 238,240,267,285,331,346,358 f., 361,398 f. Luxus 415, 433 Lykos 165,487 Lynchjustiz 164 Lyrik, lyrisch 266f.,413,428 Maat 165,487 Macht, Mächte 14,17,20,51,53,128,141, 150,154,160 f., 163,165 f., 172,174-176, 179,192,201,215 f., 218,249,258,294, 298,303,305,314,345,350f., 363,365, 368,388 f., 402,435,437,440 - , außerpriesterliche 160 - , böse 53, 343 - , diabolische 163 - eines Gottes 143,156,161,163,322,357 - , feudale 226 f. - , göttliche 126,335 - , grundherrliche 218 - , intellektualistische 283 -, irrationale 410 - , kirchliche 347 -, magische 349 -, ökonomische 246 -, persönliche 46 -, politische 218 -.religiöse 315,440 -, satanische 298 - , schädliche 162 f. - , teuflische 176 - , traditionalistische 218,440 - , überirdische 151,305
Sachregister - , übernatürliche 46,122 f., 125-127 - , übersinnliche 125,127,131,136,154, 157,167 - , universelle 372 - , unpersönliche 165 f., 190,335 - , weltliche 387,401 —» auch: Allmacht; Groß-; Kolonialgroßmächte; maga; maya; magoi; mana; Naturmächte; orenda; Sehen ling; Schicksal, Schicksalsmächte; Zaubermacht Machtchancen 286 Machtinteressen 285,401f. Machtkampf 284,388 Machtlosigkeit 208,260 Machtsphären 286 Machtstellung 128,140,150,153,164,186 - der Priester(schaft) 160,201,267,387 Madonna 143,149 maga 49,122 maya 122 Magie, Magier, Magisches, magisch 18,35, 46- 48,51,53,55, 65, 73f., 126,128-133, 135,140,154-158,160-163,167 f., 170£, 174-176,178 f., 181,184, 186-190,201f., 204,206,209,211, 214-217,226,233-235,239,241 -243, 246-249,254 f., 257,268,275,281,283, 293,297,299,305 - 308,311-315,317, 330,339 f., 343-345,347,349f., 364, 366-368,370 f., 390,402-404,411-413, 438-443 - , animistische 222 - , symbolistisch rationalisierte 133 - , sympathetische 132 - , tabuistische 273 - , taoistische 272 —» auch die entsprechenden Unterpunkte zu: Charisma; Ethik; Handeln; Handlungen; Macht; Normen; Qualifikation; Religionen; Religiosität magisch-anthropolatrisch 439 magisch-orgiastisch 246 magisch-sakramental 190,214,232 Magister 186,336 Magistrate, römische 146 magoi 122 Mahabharata 362 Mahaparinirvana-Sutra 343 Mahayana(-Buddhismus) 205,210,217, 342,343,442,487 Mahdi, Mahdismus 42, 365,394,434
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Mahlzeit —» Verspeisung „Mahnworte des Ipu-wer" 291 Mailänder Toleranzedikt 396 Makkabäer 277,390,428,487 mala fides 310 Malerei 428 mana 44-49,122,487 Manchestertum 390 Mandäertum, Mandäismus 271,298,488 Mandarine, konfuzianische 227 Manen 129 Manichäer, Manichäismus, manichäistisch 252,265,268,271f., 298,488 Manu 270,309,488 Manufaktur 419 Maonen 418 f. Mara —» Mahaparinirvana-Sutra Marburg 103 Marcionitismus 279,357,450, 488f. Marduk 148 Marien- und Herz-Jesu-Kult 361 Marienverehrung 315 Marktgemeinschaft 171 Marktvergesellschaftung 379 Märtyrer, Märtyrertum, Martyrium 203, 318,319,344,381,390f., 393 Marxismus 288 massa damnata 322 massa peccati 322 massa perditionis 322 Masse, Massen 185,208,215-218,245, 248 f., 256,274,343,351,439 Massenaufklärungsarbeit 289 Massenbedürfnisse 247,249,412 Massenbekehrungen 256 Massendomestikation 234, 388 Massenerlösungsglaube 439 Massenerlösungsreligion 361 Massengemeinden 319 Massenglauben 254,366 Massenintellektualismus 286 Massenkirche 319 Massenreligion 272,412 f. Massenreligiosität 156,366,412 Materialismus, materialistisch 74, 269 - , historischer 18, 85 f., 92 —» auch: geschichtsmaterialistisch - , ökonomischer 26 Mauerbauten 191 mawäll 256 Mazdasnanier 199, 489 —» auch: Ahuramazda
544
Sachregister
Utiöev djceXm^ovTe^ —» Zinsverbot Meder 148,749 Medina 185,228,374,434,436,432,436, 489 Meditation 316, 387 Medizinmann 162 Megiddo 259 Mekka, mekkanisch 228,374,432,436, 489 Melanesien, Melanesier 45, 47,122,250 Mennoniten, Mennonitentum 238,302 f., 392,432,489 Menschen —» Alltags-; Durchschnittsmenschen; Handeln, menschliches; Verhalten, menschliches Menschennatur, rohe 318 Menschenopfer 121,155 Menschenrechte 13, 22 Menschensohn 279,449,489 Menschentum 342 —»auch: Berufsmenschentum Menschwerdung (eines) Gottes 148, 248 f., 342 Menstruation 167 Mensur 310,311 Merowinger 251,489 Mesopotamien 34,149,191f. Meßandacht 302 Messe, Messen 158,306,489 —»auch: Seelenmessen Messenkult 290 Messias, messianisch 219,229,256,260, 292 f., 391,427,430,432,437,442 £, 445, 489 Meßwunder 154 Metanoia 304, 489 Metaphysik, metaphysisch 51,56, 65,150, 160,194,211f., 265 f., 287,291,342,349, 367,397,438,489 Meteorologie, meteorologisch 122,165, 190 f., 246 Methode 131,280,314 f. - , historisch-kritische 40 Methodik, methodisch 280-282,306, 314 f., 317 f., 330,332,338-340,349,363, 366,423,426,430,442 —» auch: Erlösungs-; Heilsmethodik; Lebensführung, methodische; Lebensmethodik Methodismus, Methodisten 238,303,347, 353,489f. Methodistenprediger 246
Methodologie 31-33 Metöken 264 Midianiter 142,220 Militär, Militärdienst, militärisch 141,147, 233,250,337,355,392,409 Militarisierung, militaristisch 250 f. Minen 172 Minimisierung, minimisieren 324,328 f., 332,389 f. Mischna 206, 490 Mission 177 f., 184 f., 187,195,203,239, 246,252,275,286,350,363,431,439,447 —» auch: Heiden-; Paulus-; Welt-; Zeltmission Missionare 180,239,245 Missionsgemeinden 286 Mithras, Mitra 150,231,490 Mithraskult 271,278,449 Mithrasmysterien 232 Mithrasreligion 244,251 Mitleidsstimmung 439 Mittelalter, mittelalterlich 14 f., 151,187, 207,212,226,231,234 f., 239,268,277, 283,356,380,382-384,386,398 f., 418-420,425,441 - , Hochmittelalter 267 - , Spätmittelalter 380 —» auch die entsprechenden Unterpunkte zu: Christen, Christentum; Kirchen; Rechtsformen; Religiosität Mittelmeerethiken 376 Mittelmeerkultur 226 Mittelstand 12, 286,382 Moderne,modern 70,147,197,223 - 225, 237 f., 242,245,253 f., 259,266,273,356, 361,367,380,395,400-402,409,418420,422 —» auch: Kapitalismus, moderner Modernisierung 237 mohar 425 Moira 165,212,364,366,490 Monarch, monarchisch 153,191,338 - , christliche 295 —» auch: Könige; Zukunftsmonarch Mönche, Mönchtum, mönchisch 42,267, 270,281,328,340,404,406,413,437 -, asiatisches 283 -, buddhistische 195f.,200,266f.,317f., 327f.,332,374,426 - , byzantinische 380,412 - , christliche 212,266 f., 337f., 358 - im Islam 358,409,434
Sachregister - , okzidentales 283,339 -orientalisches 212,281,283 - , ossipijanische 284 -» auch: Benediktinerregel; Bettel-; Buddha-; Jainamönche; Kluniazenser; rahbanija; Vajjimönche; Zisterzienser Mönchserziehung 186 Mönchsgemeinde 328, 332 Mönchsgemeinschaft 332 Mönchsintelligenz 267 Mönchsorden 317 f. Mönchsprophetien, indische 406 Mönchsrationalismus 283 Mönchsregel, buddhistische 180,210 Mönchsreligion, Mönchsreligionen 318, 339 Mönchsreligiosität 332,440 Mönchsstand 272 Mönchsweihe 305 Monogamie 406 Monolatrie 145,152,490 Monophysitismus, monophysitische Lehre 208,490 Monopol, Monopolisierung 140,142,148, 195,250,266,281,284 Monopolinteressen 284 Monotheismus, monotheistisch 55,131, 145,148,149,151,153,162,192 f., 290, 432,490 - , astraler 192 - , ethischer 291 - , relativer 153 - , universalistischer 152 f. - , vorderasiatischer 432 —> auch: Henotheismus Montanismus, Montanisten 319,344,491 Montes pietatis 369,382,384,491 Moralismus, moralistisch 258,268,285 f. —» auch: Ressentiments-; Sozialmoralismus Moralitätsreligion 66, 68 Morgenland 60, 332 —» auch: Orient Mormonen, Mormonentum 188,491 Mormonenkirche 188 Mortifikation 176,295,491 Moschuach —» Messias Moskau 149 Moslem 224,318,374 Mufti 215,276,491 Mumie 379 München 102
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Mündelgelder 382 Münster (Stadt) 240,331 musar 277 Musik 19,124,125,131,301,312,316 f., 336f.,410,413 —» auch: Kirchenmusik; Koloratur; Pentatonik; raga Mutaziliten 352, 491 Mutproben 204,295 Mutter Erde 138,759 Mutterrecht, mutterrechtlich 138,139, 491 Mystagoge, Mystagogentum, Mystagogie, mystagogisch 187-189,195-198,209 f., 239,270,273,278,330,339,344,413,491 Mystagogengemeinde 195 Mystagogenpropaganda 406 Mysten 195,302,491 Mysterien 182,188,227,232,251,278,308, 343,449,491f. -, dionysische 337 -, eleusinische 139,189,235,371 -, gnostische 272 —» auch: Mithrasmysterien; Osiris; Sakramentsgnade Mysterienerlösung 306 Mysterienkulte 307 Mysterienpropaganda 406 Mysterienreligiosität 135,440 Mystik, Mystiker, mystisch 13-16,18, 60, 267 f.,285,306 f., 312f., 314-316, 323-335,339,349,352,355,357,361, 371,385 f., 388-390,393,398,402-405, 407 f., 411-413,435,437-439,445 -» auch: Erleuchtungsmystik; Erlösung, mystische; Religiosität, mystische; unio mystica; Virtuosen, mystische; Wissen, mystisches Mythologie, mythologisch 44, 230,350 f. mythologisches Denken 132,133 Mythos, Mythen 126,209,211,249,279, 281,340,447 auch: Erlösungs-; Heldenmythen nabi 179 f., 492 nachapostolisches Zeitalter 179 Nachbar, nachbarschaftlich 30,193,371373,375 Nachbarschaftsverband 30f., 195,198, 372,445
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Sachregister
nachexilische Zeit —» Judentum, nachexilisches Nachkommenschaft 407 Nächstenliebe 309,311,385,447 Nahrungsinteresse 440 Narkotika 124,125 Narodniki, Narodnitschestwo 225,273, 288 Nasks 217 Nationalgott, Nationalgötter 148,183 Nationalismus 208 Nationalökonomie 373,401 Nationalreligionen 55 Naturalismus, naturalistisch 50,123,127, 129,131 -133,153 f., 262,300,414,428 Naturalwirtschaft, naturalwirtschaftlich 373,377 f. Naturdämonen 217 Naturgeister 142,241 Naturgesetz, naturgesetzlich 14, 21, 28, 165 Naturgott, Naturgötter 43, 340 Naturmächte 340 Naturobjekte 300 Naturrecht, naturrechtlich 14-17, 90, 247, 288,321,396,398,426,492 -, revolutionäres 221 Naturreligionen 55,67f. Naturvölker 407,409 Naturvorgänge 246 Naturwissenschaften 28, 31, 48 Nazareth 303, 424 Neapolitaner 143 negativ Privilegierte —» Privilegierung, negative Neocalvinismus 366 Neuengland 391 Neues Testament, neutestamentlich 194, 263,281,333,342,354 f., 395,432 —» auch: öiöaoxa/.ot; Epistel; Galater-; Hebräer-; Philemon-; Römerbrief Neukantianismus —» Südwestdeutsche Schule Neuplatonismus, Neuplatoniker 265,269, 492 Neurasthenie —» Sexualneurastheniker Neurologie, neurologisch 403 f. Neurose, neurotisch 258 Neuzeit 10, 234,239,308,333,419 Nicaeno-Constantinopolitanum —» Nicaenum
Nicaenum 208,360 Nichthandeln 324,326 Nichtwiderstandsprinzip 402 Niederlande —>Holland „nihil inde sperantes" —» Zinsverbot Nirvana, Nirwana 43,127,248,265,343, 439,441,492 Nordafrika 298 Nordamerika 22, 321,392 Nordchina 190 Nordeuropa 147 Nordseestrand 386 Nordsyrien 149 Normen 29,32,159,167-169,174,189, 349,367-369,379,384,401,425,429, 431 f. - , heilige 150,207,398 - , magische, magisch motivierte 56,167, 368 -, religiös-ethische 411 -, rituelle 56, 368 -, tabuartige 169,171 —» auch: Rechts-; Ritual-; Tabu-; Zeremonialnormen Normwidriges 29 Notdarlehen 377 Nothilfe, Nothelfer 214,371,373 - 375 Nothilfeethik 445 Nothilfepflicht 30, 372,377 Notkredit, Notkreditbedarf 375,382 Notversorgung 375 Novize, Novizen, Noviziat 159,186,204, 338 numen, numina 134-137,140-142,492 —> auch: Helden-Numen Oberpriester 142 Obödienz 186 Obrigkeit 394-396,447 Odin 230 Odyssee 235 Odysseus 235 Oerlinghausen 242 Offenbarung, Offenbarungen 159 f., 177 f., 185,187 f., 193,203 f., 214 f., 396 Offiziere 231f. Ojibwa-Indianer 169 Ökonomie, ökonomisch 9,12,15, 122, 124,128,137 f., 141,157,165,179,181f., 184,189,195,197,200,218,238-241, 243-247,252 f., 255,274,284,287,289,
Sachregister 303 f., 314,320,368,373 f., 376,378-381, 383,385,389,399,402,407,409,415, 418 f., 422,425 f., 435,438,442 —» auch: antiökonomisch; Nationalökonomie; sowie die entsprechenden Unterpunkte zu: Interessen; Lebensführung; Macht; Ordnungen; Rationalisierung; Rationalismus; Rationalität; Vergesellschaftung; Verhalten Ökonomik —> Betriebsökonomik Okzident, okzidental 18f., 60, 62,141,186, 200,208,211,220,226,228,238,240, 251f., 267,269,283,297,315,330,332335,337-340,346,366,418,441 —> auch: Abendland Om 316 omina 163 Ommajaden, Ommayyaden 256,365,437, 493 o|xooi3aioi; 342 Onan 407 „Onanismus matrimonialis" 369 —> auch: Zweikindersystem ontologischer Dualismus 301 „Opfer des Intellekts" 355 Opfer, Opferung 50,122,129,141,143, 155-157,190 f., 202,216,254,293,296, 343 —>auch: Brandopfer; Buße; Menschen-; Tieropfer Opferblut 162 Opfergaben 196 Opferhandlung 156,217 Opferkult 56, 73 Opferpriester, Opferpriestergeschlecht 197 Opferrituale 156 Orakel 163-165,178,214,493 Orden - der Humiiitaten 240 - im Islam 231,318,391 —» auch: Derwischorden; Franziskaner; Jesuiten; Kluniazenser; Kriegs-; Mönchs-; Ritterorden; Sammaniya; Templer; Zisterzienser Ordinationsformular (Buddhismus) 180 Ordnung, Ordnungen 24,28-30, 61, 74, 134,165-167,174,190-192,261,273, 275,321-323,327-332,334,359,362, 370 f., 393-395,398-401,433,441 - , ethische 174,185,249
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-, ethisch-rationale 330 ewige 300f., 313 - h e i l i g e 150 f., 393 - , kosmische 191,368 - , moralische 66 -, objektive 47 -, ökonomische 396,401 -, organische 398 - , rationale 10, 43,166,323,330 f., 362, 393,401,426 - , sakralrechtliche 143 -, soziale 20,30,36,49, 61, 331,370 -, ständische 399 f. -, übergöttliche 166,292 -» auch: Gewalt-; Rang-; Rechts-; Rechtsstaats-; Sippen-; Weltordnung orenda 44,122,493 Organisation 129,183,185,198,201,212, 331f.,381,419f. -, bürokratische 339 - , hierarchische 212 -kirchliche 198,213,224 f. - , rationale 338,420 - , religiöse 199 - , soziale 193 —» auch: Gemeinde-; Herrschafts-; Kultur-; Sonder-; Städteorganisation organische Auffassungen 398,440 —» auch: Berufsethik, organische Organisches, organische Prozesse 138, 218,293,312,407,410 Orgiastik, orgiastisch 43,154,246,312 f., 315 f., 336,339,402 f., 405 f., 41 lf., 428, 437,440 —> auch: Dionysos-; Tanzorgiastik Orgie, Orgien 51f., 73,124f.,246,251,272, 312 f., 315 f., 402,405 —» auch: Derwischorgie; Dionysos; Ekstase, Rausch-; Tanzorgie Orgienkult 362 Orgienreligiosität 222,239, 362 Orient, orientalisch 18f., 34, 39, 74,188, 200,208,212 f., 245,256,267,270,275, 278-280,282 f., 307,310,330,337,375, 408,418,425,449 f. - , alter 338 —» auch: Morgenland orientalisch-christlich 267 Orientalismus, Orientalistik 39, 41, 43 Orontes (Fluß in Syrien) 171 Orphik, orphisch 198,227,278,449,493
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Sachregister
Orthodoxie 211,213,223,231,239,268 f., 351,392,398,405,425,432,436 —> auch: Anstaltsorthodoxie; Heterodoxie Osiris 150,249,493 Ossipijanen 284 Ostasien, ostasiatisch 141f., 147,223,275, 418,420,440 Osteuropa, osteuropäisch 223,238,251, 274,308,355 Ostkirche 208 Ostkolonisation 338 Ottonen 168,284,493 Oxford 45, 47 Pacht —» Steuerpacht pädä 244 paganus 224 7iai8eia 277 Palästina, palästinensisch 146,172,223, 224,231,263,264,425,430 —»auch: Sabbatjahr Pali-Kanon 205 Pandavas 362 návxa (íoi e^eaxiv 330 Pantheismus, pantheistisch 29,190,334 f., 493 Pantheon 138,140,148,150 f., 163,192, 196,249,493 Pantheonbildung 134,149 f., 163 Pantheongott 151 „paper mock money" 129 Papiergeld 129 Papst, Papsttum, päpstlich 236,284,348 f., 355,381,422 Papstgewalt 284 Paradies 230,265,294,309 —» auch: Helden-; Soldatenparadies „Paradiso" (bei Dante) 399,493 Paramente 410 Paria, Pariastellung 234,255 f., 422,428, 430- 432,437,442,493f. Pariagemeinschaft 256 Pariaintellektualismus 65, 274 f., 278 f., 283,286 f., 449 Pariakaste 242,255 Pariarecht 423,442 Pariareligion 391 Pariareligiosität 255,447 Pariavolk, Pariavölker 255 - 258,263,294, 303,398,477,420 Paris (Stadt) 228
„Parlament der Heiligen" 321 Parochien 200 Parsen, Parsis, Parsismus 70,217,222,237, 339,368,494 —» auch: Ahura Mazda; Avesta; Gathas; Nasks; Zarathustrier Partikularismus 145 Parusie 303,595 Pascha-Justiz —* Kadi-Justiz Patres 146,379 —» auch: Senat, römischer patria potestas 141 Patriarchalismus, patriarchal, patriarchalistisch 141,223, 370,375,379,388,435 Patrimonialbeamte 149, 386 Patrimonialbürokratie, patrimonialbürokratisch 211,366,370,440 Patrimonialherrenreligion 135 Patrimonialismus, patrimonial 142,147, 149,440 Patriziat, Patrizier 234 —> auch: Stadtpatriziat Paulusbriefe 357 —» auch: Galater-; Hebräer-; Philemon-; Römerbrief Paulusmission 414 Pazifismus, pazifistisch 231,245,251,270, 392-394 Penaten 144 Pennsylvanien, Pennsylvania 321, 392 Pentatonik 317 Perser, Persien, persisch 164,198,289, 388,424,436 —> auch: Achaemeniden; Basileus; Iran; Meder; Sassaniden; Schah perseverantia gratiae 316,363,494 Personifikation 126,134 Peruschim 278,318,494 —» auch: Amhaarez; Chaberim Pfandbriefbesitzer 379 Pfandleihgeschäft 382,418 Pfändung 379 Pfandwucher, Pfandleihwucher 257,422 Pfarrer 200, 354, 386 Pfarrpfründe 407 f. Pflicht, Pflichten 143,155,165, 174,195197,320 f., 383,390 f., 393 f., 399,435 -, ethische 189,349 - , kultische, kultartige 169,308 - , politische 407 - , religiöse 174,214,255,262,436
Sachregister rituelle 143, 308 ständisch-konventionelle 234 —> auch: Berufs-; Brüderlichkeits-; Kasten-; Kult-; Nothilfe-; Wahrheitspflichten) Pflichterfüllung 241,339 religiöse 256,302 Pfründe, Pfründner 128,274,284,381, 404,494 —»auch: Hochschul-; Kleinpfründner; Pfarrpfründe; Sipahi Phalluskulte 402 Pharaonen, pharaonisch 152 f., 192,494 Pharisäer, Pharisaioi 223,259,274,277, 278,318,425,443 f., 494 auch: Peruschim Pharisäismus, pharisäisch 366 f., 387 Philemonbrief 206 Philister 144,219,494 Philosophen, Philosophenschulen 14, 186 f., 211,268 f., 342,351,436 —* auch: Kyniker; Pythagoräer; Sophisten Philosophie, philosophisch 28,33,36, 49, 153,181,185 f., 194,268,270 f., 274, 279 f., 282,289,335,351f., 355 f., 440,450 —» auch: Erlösungs-; Geschichtsphilosophie; Neuplatonismus; Orphik; Religionsphilosophie; Samkhya; Stoa; Upanishad-Philosophie Phöniker, Phönikien, phönizisch 121,159, 235,266,494 Phratrien 200,312,495 Pietät 186,399 —» auch: Ahnen-; Familien-; Kindespietät Pietismus, Pietisten, pietistisch 185,215, 228,232,238,302,318,321,353,358 f., 361,432,436, ¥95 —» auch: ecclesiae; fides efficax; Gefühlspietismus Pietistenkonventikel 185,228,432 Pisaner Constitutum Legis 382 Pisaner Constitutum Usus 382 Pistiker 273,282,352,495 Pistis 352,495 Planeten 151 Plantagen, Plantagenarbeiter, Plantagenfinanzierung 245,419 Plastiken 428 Plataiai (Stadt in Böotien) 164 platonische Akademie 268 f. platonische Idee 342, 495
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Plebejer, plebejisch 146,220,286 Plebejerintellektualismus 286 - 288 Pluto 235 Plutokratie, plutokratisch 235,247 Pneuma, pneumatisch 240,250f., 267,280, 282,303,314,316,333,337,339,355, 406,447,450,495 Podestà 182,185,228,495 Polis Jerusalem —» Jerusalem, Polis Polis, Poleis 143,145,220,336,386,495 Polisadel 235 Polisbildung 181,185 Polisgottheit 143 Politik, politisch 128,142-149,151,163 f., 171,182,187,192 f., 195,197-200,208, 213,215,223,225,227,231,235 f., 241, 250,252-255,260,269-271,286,292, 303,317,337,359,370,372,384,386396,399,401,423,433,435 f., 441 - , auswärtige, außenpolitisch 184,203,388 - , internationale 152 —» auch: antipolitisch; Apolitismus; Entpolitisierung; Gewalt, politische; Handeln, politisches; Herrschaft, politische; homo politicus; Interessen, politische; Kapitalismus, politisch bedingter; Macht, politische; Pflichten, politische; Realpolitik; Religion, politisch orientierte; Religions-; Sexual-; Sozialpolitik; status politicus; Verband, politischer; Vergesellschaftung, politische Polygamie 436 Polynesien 167 Polytheismus 291,495 Port Royal 284 positiv Privilegierte —» Privilegierung, positive potestas 146 Präanimismus, präanimistisch 44f., 49, 122,123,131,161 Prädestination 166,237,260,297,300,351, 363,364-366,416,438,496 —> auch: „doppeltes Dekret" Prädestinationsdeterminismus 367 Prädestinationsglaube 15, 301,364 f., 367 Prädestinationsgnade 362,364,366 Prädestinationslehre 131,351,366 Prädikanten 285, 496 Präjudizien 133 Prediger 214,277, 354, 385
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Sachregister
—» auch: Methodisten-; Wanderprediger Predigerbuch 206 Predigerstand 285 Predigt 187,189,210,214 f., 263,330,338, 331,387,389,443 —» auch: Bergpredigt „Predigt von Benares" 210 Presbyter 281,496 Prestige 161f., 188,203,229,257,289,439 - , religiöses 303 - , soziales 303,336,433 - , ständisches 168 Prestigegefühl 299 Prestigeinteressen 402 Preußen 232 f. Preußenkönige 232 Priester, Priesterschaft, Priestertum 41, 73,141,145,150-154,15750,53,66, 163,166,168,176-178,180f., 184,192, 194-205,207 f., 210-216,218,222,227, 253 f., 258 f., 266 f., 270,285,294,296, 336,344 f., 351,354,358,374,376,378 f., 386-388,404 f., 413 - , ägyptische 216,378 - , christliche 210 - , homerische 181 - , indische 151f. - , islamische 266 - , jüdische 405 - , katholische 154,158 - , taoistische 163 - , vischnuitische 236 - , zarathustrische 199 —» auch: Berufs-; Brahmanen-; Divinationspriester; Ethik, priesterliche; Gewalt, priesterliche; Haus-; Hof-; Hohepriesterjüdischer; Hotar; Interessen, priesterliche; Lehre, priesterliche; Machtstellung der Priester(schaft); Ober-; Opferpriester; Qualifikation, priesterliche; Religiosität, priesterlich systematisierte; Schintopriester; Seelsorger; Sonnenpriester; Systematisierung, priesterliche; Tempel-; Verbands-; Zauberpriester(tum) Priesteradel 178,277 Priesteramt 178 Priesterbetrieb 201f., 214 Priesterbildung 411 Priesterethik 261 Priesterfunktion 250
Priestergeschlechter 197 f., 386 —» auch: Erbpriestergeschlecht Priestergesetz 205,254 Priestergewalt 212 Priestergnade 217 Priestergötter 153 Priesterinnen 250 Priesterkollegien 336 Priesterlehre, Priesterlehren 204 f., 208 Priesterrationalismus 150 Priesterreligiosität 349 Priesterstand 151 Priesterweisheit 194 Priesterwissenschaft 151 Priesterzölibat —» Zölibat Princeps, römischer 142 Prinzipat 231 Privatbürokratie 355 Privateigentum 321 Privatfehde 435 Privatrecht 192 Privilegierung, Privilegierte - , negative 62, 234,243,246 f., 249,252, 254 f., 257 f., 261f., 265,274 - , positive 62, 234,247,252-254, 258 - , sexuelle 435 Probabilismus, probabilistisch 383,422, 496 Produktenhandel 418 Produktion - , gewerbliche 173 - , literarische 266 f. Proletariat, proletarisch 245 f., 254,264, 289,400 —» auch: Ghettoproletariat; „herrenlose Sklaverei" „proletarische Instinkte" 264,388,424, 443 Proletarierintelligenz 274 Proletarisierung 218,221,225,246 proletaroid 246,274,277,288 Promiskuität —» Sippen-; Stammespromiskuität Propaganda, propagandistisch 181,185, 205,208,221,230,244,251,271,282, 374,390,406,437 —> auch: Mystagogen-; Mysterienpropaganda Propagandakampfreligionen 393 Prophet, Propheten(tum), prophetisch 50, 52,55f., 66, 73,126,160f. 175,177-190,
Sachregister 193-198,201-203,206 f., 211,215-217, 222,227 f., 242,247,250,264,267,276, 21M., 281,291,293,296,312 f., 330,341, 350,354,357-360,363,365,374,405 f., 412f., 416,433,435 f., 445,447,449 - , Begriff, Merkmal des 177ff., 188 - , ethischer 201 - , exemplarischer 189,195,201 - , hellenischer 181 - , indischer 202 f. - , israelitischer 40f., 183,201-203 - j ü d i s c h e r 188,291 - , orphischer 198 - , wandernder 179 —> auch: Charisma, prophetisches; Ethik, prophetische; Gegenprophet; Lehre, prophetische; nabi; Religion, prophetische; Religiosität, prophetische; Schrift-; Wanderprophet; Zeitalter, prophetisches prophetische Bücher 179,180,496 —» auch: Schriften, prophetische Prophetenethik 215 Prophetenglaube 161 Prophetie 41,51,53-56,176-184,187, 189 f., 192-195,201,203-205,207 f., 214,217 f., 220-222,229,240,254,263, 309,313,344,349,364,379,390,404406,411f., 428,445,447 - , altjüdische 445 - , apokalyptische 205,351 - , charismatische 337 - , chinesische 189 - , demagogische 192 - , ethische 56,153,189,193,211,291,368 —> auch: Ethik, prophetische; Prophetenethik - , exemplarische 153,187,189,193,195, 198,210 - , indische 176t, 181,183,189,211,405t - , islamische 375 - , israelitische 153,178,181,184,192 - j ü d i s c h e 152,280,388,450 - , monotheistische 193 - , mosaische 375 - , mystagogische 198 - , persische 181 - , politisch-militärische 250 - , religiöse 221 - , vorderasiatische 189 -, zarathustrische 221f.
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—» auch: Erlösungs-; Frauen-; Heils-, Intellektuellen-; Laien-; Mönchs-; Urprophetie Proselyten, Proselytenschicht 171,432, 496 Prostitution 405,409 - „heilige Prostitution der Seele" 386 —» auch: Hetärismus; Hurerei; Tempelprostitution Protestantismus, protestantisch 9,11,153, 201,214,224,228,236,239,249,318, 321,353,359,376,384,414,441 - , asketischer 17, 173,238,302,307,323, 339,347,353,359,366,384,413,416,441 - , lutherischer 358 —» auch: Arminianer; Hugenotten; Independenten,Kongregationalisten; Täufer Providenz, providenziell 246,355,397, 496 Provinzialjudentum 279,449 Provinzialkathedralen 149 Prozessionen 251 Psalmen, Psalmisten 258 f., 277,416,496 Psalmenreligiosität 229, 258 Psychiker 352,496f. Psychologie, psychologisch 28, 47,267, 269,271f„ 282,297,324,332,389,412, 439 Psychopathologie 271 Ptolemäer 198f . Pubertät 167 Publizisten, Publizistik 187,290 —» auch: Kulturpublizisten Puritaner, Puritanismus, puritanisch 9-12,221,231,260,262,274,285-287, 306,308,322,364-366,385,390,407, 414,416 t , 419,422 f., 426,428-430, 432f., 437,441,497 —» auch: Independenten; Kongregationalisten Purohita 186,215,269, 271,386,497 Pythagoräer 187,497 Quäker 9,238,303,321,323,331,358,392, 423,497 Quäkergemeinden 374 Quäkerstaat 392 Qualifikation, Qualifizierte 275,311f„ 314 -, charismatische 124 - , ethische 163
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Sachregister
- , intellektuelle 351 - , magische 158,171 priesterliche 250 - , religiöse 311,317,319,321,323,345 - , ständische 354 —» auch: Heils-; Virtuosenqualifikation Quietismus 315,333,497 Rabbinat, Rabbiner, rabbinisch 205,207, 215,223,224,267,278,421,425,428430,444,497/ Rabbinentheologie 223 Rache, Rachebedürfnis 258-260,263, 296,323,372,387,401,446 —» auch: Bluträcher „Racker von Staat" 400 „ R a d " der Wiedergeburten 300 Radha, Radhadevotion 236,498 „radikal Böses" 176 raga 131 rahbanija, rahbänijja, rahbämyä 358,434 Ramadan 435 Rangordnung 252,257,414,427 Raskol 130 ratio, göttliche 367 rational 36,124,131,135,137,149-151, 155 f., 159 f., 165,168 f., 173,175,188, 190,192,212,214£, 220,237 f., 241-243, 245 f., 262,283,292,295,298,302,311, 317,321-323,326,328,330,332,336, 338-340,347,351,358 f., 361,363-366, 375,378-380,383-385,387,393 f., 400 f., 404,407,411,414,418,420,423, 426,429 f., 438-442 —»auch: antirational; ethisch-rational; kasuistisch-rational sowie die entsprechenden Unterpunkte zu: Ethik; Handeln; Lebensführung; Ordnung; Organisation; Recht; Religion; Religiosität; Subsumtion; Systematisierung; Vergesellschaftung rational-bürokratisch 190 Rationalisierung, rationalisiert 18,24, 52 f., 129,134,137,155 f., 160,168,173 f., 177,188,193,211,291,297,300,308, 313-316,325,357 f., 368 f., 378,385, 409 f., 413,426 f., 442 - , ethische 220,357 f., 377 f. - , ökonomische 378 —»auch: Gewaltsamkeitsrationalisierung; Irrationalisierung des Religiösen;
Lebensführung, rationalisierte; Magie, symbolistisch-rationalisierte; Religion, rationalisierte Rationalismus, rationalistisch 18f., 52, 156,166,173,181,188,221,225,232, 238,243,246,252,265,285,315,317, 323,332,337,413,426 f., 437 - , asketischer 393 - , ethischer 166,187,313 - , moderner 225 - , ökonomischer 172,238,379,441 - , okzidentaler 18f. - , utilitarischer 187 —> auch: antirationalistisch; Laien-; Mönchs-; Priester-; Wirtschaftsrationalismus Rationalität 26f., 93 - , ökonomische 163 —» auch: Irrationalität; Zweckrationalität rationell 425 Raubverdienste 423 Rausch 51 f., 56, 73,124,312f., 316,336, 402 —» auch: Orgie; Tanzrausch Rauschekstasen 181 Rauschkult, Rauschkulte 52,184f., 222, 313,336 f. —» auch: Soma-Rauschkult Rauschorgie 403 Rauschtrank - » Haoma; Sorna Razzia 191 Realpolitik, realpolitisch 236 Rechabiten 209 Recht, Rechtsformen 20,30,133,146 t , 167,182,191,195-197,250,346,382, 389,423 - , „göttliches" 221 - , heiliges 182 f., 185 f., 294,318,368-370, 378,398,405 - , indisches 186, 294, 308 - , israelitisches 183 - , mittelalterliche 418 f. - , profanes 398 - , rationales 335 - , römisches 141,146,215,295,310,335 —» auch: Erb-; Fremden-; Gemeinde-; Mutter-; Natur-; Paria-; Privat-; Sakral-; Staats-; Stadt-; Straf-; Staats-; Verwandtschafts-; Zivilrecht Rechtfertigung, Rechtfertigungslehre 280,334,440,450
Sachregister - „durch den Glauben" 353 Rechtsbücher, indische 375f., 387,398 Rechtsfindung 139,165 Rechtsformen, mittelalterliche 418 f. Rechtsgelehrte—> 'ulamä Rechtsnormen 398 Rechtsordnung 53,164 f., 368 Rechtsprechung 255 —» auch: Ketzerjurisdiktion Rechtsschulen 283 Rechtsstaat 63 Rechtsstaatsordnung 401 Rechtstechnik, römische 346 Rechtsvorschriften 368 Reformation 18, 148,268 —» auch: Gegenreformation Reformationskirchen 240,285,352 Reformatoren, reformatorisch 178,188, 227,242 Reformbewegungen 198,284,389,413 —> auch: Brahma-Samaj; gregorianische Reformbewegung Reformen, Reformer 174,181,184,259, 268,321,359 —» auch: Religionsreformer; Sozialreformen Reformierte 238 Reformjuden 425,432 Reformkonzilien 284 Regen, Regenmacher 121f., 138,190 f., 438 Reichtum 139,263,277,294,302 f., 322, 340,372,373 f., 378,414-416,423,433 435,442,445 f. - reicher Jüngling 264,445 —»auch: Geldreichtum Reichtumsgott 235 „reine Kirche" 391 reine Typen —» Typen, reine Reinheit 236,302,307 f., 425 —> auch: Sündenreinheit Reinheitsgebote, Reinheitsvorschriften 231,425 Reinheitsreligion 232 Reinigungsmensur —» Mensur Reinigungsschonzeiten 415 relegere 135 religare 135 religio 135 f. Religion, Religionen 2 f., 9, II f., 15-18, 20f., 24,26-28,30,32,34, 46, 67f., 73f.,
553
121,122 f., 132,139,156-158,160,168, 170,200,206,211,246 f., 249 £, 252 f., 256,266,269,275,289 f., 295 f., 301,302, 303-305,318,349 f., 356,360,368,378, 386,388,390,394,396,406,410,413 f., 416,433,442 - , altisraelitische 218 - , asiatische, ostasiatische 54, 60, 70, 210, 212,338 -, babylonische 151,271,298 -, christliche 214,220 - , ethische 55,60,67, 71,214f., 220,378, 384,435 - , ethisch orientierte 299 - , ethisch-rationale 313 - , griechische 51, 70 -, indische 51, 72 -, israelitische 70 -, jenseitige 156 - , jüdische 52 - , magische 215,341 - , nationale 135,151 offenbarte 214 - , phönizische 235 - , politisch orientierte 185 - , prophetische 214,353,375,412,415 -, rationale 413 -, rationalisierte 129,148,160 -, rigoristische 237 - , ritualistische 415 - , rituelle 41 - , römische 134-138, 266 - , theistische 297 - , traditionelle 131 - , undifferenzierte 155 - , unprophetische 195,351 - , weltablehnende 67, 442 -, zarathustrische 237,298,309,371 —» auch: Alltags-; Bauern-; Buch-; Daeva-; Erlösungs-; Gemeinde-; Gesetzes-; Heilands-; Helden-; Herren-; Intellektuellen-; Jahve-; Jenseits-; Krieger-; Kultur-; Laien-; Liebes-; Massen-; Massenerlösungs-; Mithras-; Mönchs-; Moralitäts-; National-; Natur-; Paria-; Patrimonialherren-; Propagandakampf-; Reinheits-; Sonnen-; Staats-; Stammes-; Vernunft-; Virtuosen-; Volks-; Weltreligionen Religionsbegriff 34-37, 44, 72,121
554
Sachregister
Religionsentwicklung 33,39,54f., 58, 72, 220 Religionserneuerer 177 Religionsfrevel 436 Religionsgemeinschaften 21,30, 212,252 Religionsgeschichte 2,8,11-13,17f., 20f., 27-29,33-36,38-41, 43,45,47, 49,51f., 54, 57, 59, 65 -67, 69, 73f., 112,152 Religionsgespräche von Poissy 228 Religionskriege 42, 228 Religionsphilosophie 29, 35, 43, 66f., 71, 73 Religionspolitik 185 Religionsreformer 188,217 Religionsschwärmerei 288 Religionsstifter 177 Religionstheorie 25, 44, 48,125 Religionsvirtuose 404 Religionswissenschaft, religionswissenschaftlich 10,23,33f., 36-38, 43 f., 47f., 54,56,59, 66f., 71, 73,85,87, 112,149,360 —» auch: Animismus; Fetischismus; Henotheismus; Monolatrie; Monotheismus; Präanimismus; Religionstheorie; Totemismus religiös —» die entsprechenden Unterpunkte zu: Anarchismus; Bedürfnisse; Charisma; Entwicklung; Erlösung; Ethik; Gebote; Gemeinde; Handeln; Handlung; Interessen; Lebensführung; Lehre; Nonnen; Organisation; Pflicht; Pflichterfüllung; Prestige; Prophetie; Qualifikation; Verband; Vergewaltigung; Virtuosen; Wert religiös-asketisch 320 religiös-ethisch 69, 160,275,320,410-412 —» auch: Ethik, religiöse; Religion, ethische; Religiosität, ethische religiös indifferent 394,398 Religiöses —» Irrationalisierung des Religiösen Religiosität 1,16,27,32, 68, 86,151,201, 205,214,216-218,223,227,231 -235, 237,240,246-248,252,259,261,263, 267,269,272,275,283,285-287,317, 330, 335,337f., 340,343,345,347,352, 354-356,360,362,365,370-372,379 f., 388-391,394,396,398,402,411-413, 432,437,441f. - , antierotische 403
-, -, -, -, -, -, -, -, -, -,
asiatische 228,357,362,379,440,442 asketische 237,403 asketisch-rationale 385 bürgerliche 237 f. bürgerlich-städtische 436 calvinistische 228 chinesische 200,414,416,438 christliche 16, 267 empirische 413 ethische 56, 211,214,221t, 227 f., 235, 243,246,254,265,311,345,373,404, 410 f. - , ethisch-rationale 237,240-243,386 - , ethisch-rigoristische 238 - , frühchristliche 225, 350,414 - , griechische 51 - , hinduistische 190,200,236,315,361f. - , indische 154,200,292,371 - , irrationale 233, 437 - , islamische 237 - , israelitische 143,223 - , jüdische 254,256,258-261,360,414, 416,420,423,428,437 - , kirchliche 234,240 -, kultische 247 - , lutherische 267,331 - , magische 221,306, 387,442 - , magisch-ritualistische 213 - , mittelalterliche 240 mystische 60, 288,333,389,403 -, orientalisch-christliche 267 -, orgiastisch-ekstatische 135 -, priesterlich systematisierte 216 f. -prophetische 220,227f.,235,312 - , rationale 243 -, ritualistische 308 -, römische 135 -, russische 224 -, sektenhafte 242,245 -, sektiererische 226 -, städtische 225 f. -, systematisierte 402 -, systematisch theologisierte 354 -, universalistische 388 - , volkstümliche 190,440,442 - , weltablehnende 16, 416 - , zarathustrische 267 - , zoolatrische 147 —» auch: Ahimsa-; Alltags-; Andachts-; Anstalts-; Bauern-; Brüderlichkeits-; Derwisch-; Erlösungs-; Gemeinde-;
Sachregister Gesetzes-; Glaubens-; Handwerker-; Heilands-; Intellektuellen-; Kasten-; Kaufmanns-; Kirchen-; Klassen-; Kleinbürger-; Leidens-; Liebes-; Mahayana-; Massen-; Mönchs-; Mysterien-; Orgien-; Paria-; Priester-; Psalmen-; Sakraments-; Sakti-; Sekten-; Stimmungs-;Vergeltungs-; Virtuosen-; Volks-; Vorsehungsreligiosität Remonstranten —» Arminianer Remonstrantsche Broederschap —» Arminianer Renaissance 356 Renten, Rentner 230,274,340 Republik, römische 142 Ressentiment 3,62, 257 f., 261,263 f., 265, 427 —* auch: „Sklavenaufstand in der Moral" Ressentimentsmoralismus 262,265 Revolutionäre, revolutionär 221,245,273, 288,321,330 f., 359 —» auch: Naturrecht, revolutionäres Revolutionen, Revolutionsbewegungen 13,36 f., 174,287,368 f. - , russische 288 —» auch: Glaubensrevolution Richter 398 - , alttestamentliche 219 f. —» auch: Deboralied; Kadi Rigorismus, ethischer 236,311,364 —» auch: ethisch-rigoristisch Rigveda 206,216,498 Rimmon 146 Rinder - bei Zarathustra 221,313 - des Sonnengottes Helios 235 rita 166,190,498 Riten 132,150,190,227,282,402 —» auch: Staatsriten Ritter, Rittertum, ritterlich 219,228,231, 440 Ritterheer 336 Ritterkultur 135 Ritterorden 231,437 Ritterschaft, römische 234 Ritual, Rituale, rituell 41,137,143,157, 187,202,210,216,255,262,294,302, 305-307,346,366-368,370,384,424, 432,436,443 —» auch: Opfer-; Zauberritual Ritualgebote 308
555
Ritualgesetze 135,223,424 Ritualgnade 272 Ritualismus, ritualistisch 213,217,222, 226 f., 232,237,242,248,305-308,343345,369,374,411-413,415,436,442 Ritualnormen 368,414 Ritus, Riten 196,306,308 Rohstoffverbraucher 379 Rohstoffvölker 242 Rom, Römer, Römertum, römisch 35,51, 60,134-137,140,141,142-144,146, 158,183,207f.,213,219,220£, 226,231, 239,245,251,255,263,211,284,294, 310,315,335-337,391,406,418,428, 443 —» auch: Gemeinde, römische; Kaiser, römische; Patres; Princeps; Recht, römisches; Rechtstechnik, römische; Religion, römische; Religiosität, römische; Ritterschaft, römische; Senat, römischer romanisch 286 f. romanistisch 357 Romantik 173,288,400 Römeradel 227, 336 Römerbrief 243,280,351,450,498 Römerreich 388,395,396 Romulus 336 Rosenkranzleistungen 155 Rudra 163,498 Ruhetage R Sabbat Rußland, russisch 15, 65, 92,130,149,274, 284,288 - , russisch-japanischer Krieg 164 - , Revolution 288 - , Sektierertum 221,225,392 —» auch: Chlysten; Josephiten; Kirche, russische; Narodniki; Raskol; Religiosität, russische; Skopzen; Slawophile; Zemstwo Sabbat 168 f., 209,424 Sabbatheiligung 443 Sabbatjahr 181,224,316,425,498 - als Seisachthie 183 - , Dispens von 223,224,425 Sabbattabu 168 f., 209 „sacrificium intellectus" 355 sacro sanctus, sacrosanctitas 146 Sais (Stadt in Ägypten) 199 sakral 141f.
556
Sachregister
Sakralkönigtum 303 Sakralrecht, sakralrechtlich 135,137,143 Sakrament, sakramental 123,188,190, 212,214,217,232,278,307 f., 344,362, 364,374,378,398,403 f., 406,442 —> auch: ex opere operato Sakramentsgnade 188,248,272,307,343, 345-347,358,439 Sakramentsreligiosität 239 Sakramentssoteriologie 217 Sakti, Saktireligiosität 362,402,498 Säkularisation 178,375 Salier 284,499 Samkhya 269,351,499 Sammaniya 365 Samniten 219 Sänger 206,266,274,351,373 heilige 160,189,216,375,387,410 —»auch: Hotar Sanhedrin 277 Sankhya —» Samkhya Sassaniden 217,298,499 Satan, satanisch 298,333 Saturntag 209 Säulenapostel 171,431 Savitar 139f . Schächter 425 Schah 200 Scharia 369 Schaubrote 129,499 Scheich 426,499 —» auch: Derwisch-Scheikh Scheinerlösungsleistung 412 Schemone-Esre 261 Sehen ling, schen-ling 161 Scheri'a —» Scharia Schia 42 Schicht, Schichten 54, 61, 65, 74, 163,166, 182,192,207,218,221,227 f., 234-239, 241,244-246,253 f., 260,266 f., 271, 274 f., 280,282,284,288 f., 336,357,387, 389,413,424 f. - , bäuerliche 240 - , bürgerliche 62, 234,269,360 -, herrschende 227,256,269,285,295 -, kleinbürgerliche 251 - , Mittelschichten 278 - , negativ privilegierte 234,243,246 f., 252,261,263,274 - , nicht privilegierte 241,273 - , Oberschichten 439
positiv privilegierte 234,247,253 f. - , privilegierte 239,252,256,269,271,274, 289,440 - , proletaroide 277 f. - , soziale 61f., 190,253,278,281,373,449 - , ständische 228 - , unterste 245,248,362 —» auch: Bildungsschicht; Freigelassene; Händler-; Herren-; Humanisten-; Intellektuellen-; Klassen-; Kleinbürger-; Kleinhandwerker-; Laienbildungs-; Laien-; Proselyten-; Zenturionenschicht Schicksal, Schicksalsmächte 138,165 f., 214,227,253 f., 259,266,280-282,294, 297,299,309,327,340,365,388,427, 429,445 f. —» auch: Moira; Vorsehung Schiiten, Schiitismus 172,200,365,499 Schinto, Schintopriester 159,499 Schirk 436 Schisma, schismatisch 238 - , abendländisches (1378-1417) 284 - der russischen Kirche 130 Schlachten 164,230,259,309 f., 365,434 Schlachtengott 386 Schlüsselgewalt 154 Scholastik 123,283,310 Schöpferglaube 296 Schöpfergott 35, 60, 362 Schöpfungsgott 341 Schottland, schottisch 49, 228,286 Schreibergott, altägyptischer 147 Schreiberintellektualismus 275 Schreibkunst 278 Schriften - , heilige 206,260,266 f., 346,350 f., 368, 387,424,430 -, kanonische 203-205 - , prophetische 206 —» auch: Kanon Schriftgelehrte, Schriftgelehrsamkeit, Schriftgelehrtentum 276f., 279-281, 308,415,424 f., 442 -444,450 —»auch: Diasporaschriftgelehrte Schriftgelehrtenschulen 277 Schriftpropheten 202 Schriftsymbole 131 SchuKing 302 Schuld, Schuldner 165,257,299,307,345, 379,440
557
Sachregister Schulderlaß- und Freilassungsjahr —> Sabbatjahr Schuldknechte, Schuldverknechtung 182, 183,257,375 Schuldsklaverei 220 Schuldversprechen 380 Schulen 187,285 —» auch: Rechts-; Schriftgelehrten-; Theologenschulen Schüler 185,188,194 f., 197 „schwarze Listen" 383 Schweiz, Schweizer 219 Seefahreradel 235 Seele 43f., 51, 124-128,132,176,204,251, 256 f., 261,282,293,296,299 f., 304 f., 308,311f., 316 f., 320,323,329 f., 340,341, 438 - „heilige Prostitution der Seele" 386 —» auch: Ahnenseele; atman; Beseelung; b r a h m a n ; Totenseele Seelendirektor, Seelendirektoren 215, 346 Seelenglaube 51, 227,293,397 Seelenheil 383 Seelenhirten 215,355 Seelenkonzeption 36,123 Seelenmessen, buddhistische 196 Seelenrettung 359 Seelenvorstellungen 122 f . Seelenwanderung 293,371,399 Seelenwanderungsglauben 174,243,299f. Seelenwanderungslehre 227,257,301, 399,438 Seelsorge, Seelsorger 196 f., 2 1 4 - 2 1 6 , 2 7 7 Seeraub, Seeräuber 235,238,278 Seeräuberglauben 278,449 Seestädte, phönikische 121 Seevölker 144 Sekte, Sekten(tum), s e k t e n h a f t 13-15, 42, 188,200 f., 2 0 9 , 2 2 4 - 2 2 6 , 2 3 7 f., 242,245, 248,251,248,271,283,286 f., 321,339, 353,355,374 f., 394,402 asketische 188,318,359,437 —> auch: Chlysten; Donatisten-, Jainasekte; Kartabhajas; Skopzen; Stundisten; Virtuosensekten Sektenhäupter 189 Sektenkulte 406 Sektenreligiosität 15,239 f. Selbstgerechtigkeit 357
Selbstvergottung, Selbstvergottungsideal 281,312-315 Selbstvergottungsideen 314 Selbstvervollkommnung 311 Selbstverwaltungskörper 288 Seleukiden 171 Seligkeit 320,352,374 Semiten, semitisch 57f., 279,360 Senat, Senator, römischer 337,426,499 Sexualaskese 415 Sexualethik 262 Sexualfeindschaft 403 f. Sexualität, sexuell 52,168,170,316,318, 4 0 2 - 4 0 6 , 4 0 8 f., 414 f., 428,435 f. —» auch: Homosexualität Sexualneurastheniker 406 Sexualpolitik 170 Sexualsphäre 404, 409 Shinto —> Schinto Sichverhalten, religiöses 156 f. Sikhs 231,394,499 Sikyon 185 Sinai 144 sine ira et studio 401 Singtanz 130 „Sinn" - des Verhaltens 26,156 - (subjektiv gemeinter) 25, 49, 73,121 „Sinn", sinnvoll 64,165,193 f., 262,265, 272 f., 292,304,324,328,367 - der Welt 77,324,328,356 - des Kosmos 275 Sinnhaftigkeit, sinnhafte Beziehung etc. 193,202,216,312 f., 334,369,404 Sinnlichkeit, Sinnenlust 280,318,320,405, 438,450 Sintflut 191 Sipahi 230 Sippe 87, 89, 99,141f, 1 4 5 , 1 6 9 - 1 7 1 , 1 7 8 , 179,240f., 292f., 372,409f. Sippenexogamie 241 Sippenfehde 164 Sippengenossen 372 Sippenordnung, mutterrechtliche 138 Sippenpromiskuität 403 Sirachbuch 216,500 Sittengebote 369 Sittengesetz 364 Sittlichkeit 68, 358 Sklaven, Sklaverei 435 f.
206,243-245,375,432,
558
Sachregister
- „herrenlose Sklaverei" 400 —» auch: Schuldsklaverei; Staatssklaven; Versklavung „Sklavenaufstand in der Moral" 257,263, 388 f. —»auch: Ressentiment Sklavenfreilassung 243 f.,341 Sklavengesetz 432 Sklavensparkasse 244 Skopzen, Skopzentum 238,318,500 Skopzensekte 403 Slawophile, slawophil 224f., 288,332,500 Sodalen 194 softim —» Richter, alttestamentliche sola fide 353 Soldaten 336,443 Soldatenparadies 435 Soldatenverheißungen 435 Soldheer 394 Söldner 394 Sorna, Somasaft 155,162,202,313,500 Soma-Rauschkult 315 Sonderbeamter, plebejischer 146 Sondergemeinschaft 255 Sondergott, Sondergötter 136,142,354, 500 Sonderorganisation 210,321 Sonderverband, politischer 146 Sonnengott 209,255,340 Sonnenkult 152 Sonnenpriester 153 Sonnenreligion 209 Sonntag 209,361 Sophisten 181 Sophrosyne 317 Soteriologie, soteriologisch 52,150,153, 205,209,211,241,246,248 f., 271,278 f., 2811,314,340,343,345,351,361,447, 449,500 —> auch: Heilands-; Inkarnations-; Intellektuellen-; Sakramentssoteriologie sozial —» ethisch-sozial; sowie die entsprechenden Unterpunkte zu: Ehre; Handeln; Hierarchie; Interessen; Ordnung; Organisation; Prestige; Privilegierung; Schicht; Verband Sozialethik, sozialethisch 143,185,222, 311,439 Sozialgesetze, mosaische 220
Sozialismus, sozialistisch 183,225,264, 214,281 Sozialmoralismus 220 Sozialpolitik, sozialpolitisch 182-184, 247,388 Sozialreformen, Sozialreformer 181,187 Sozialrevolutionär 240,261 sozialutilitarisch 371 Soziologentag, Erster Deutscher —» Erster Deutscher Soziologentag Soziologie, soziologisch 13 f., 26, 87f., 99, 102,134,157,177,187,283f.,287f.,318, 402,414 —> auch: Deutsche Gesellschaft für Soziologie Spahipfründe —> Sipahi Spartiaten 310,337,500 Spätjudentum 267,424 Speise 162,167,171,373,435 Speiseverbote 168-171 Speisevorschriften, levitische 425 Spezialberuf 274 Spezialgebote 256 Spezialgott, Spezialgottheiten 140,143, 147,231 Spezialheilige 147 Spezialisierung 139,243 —» auch: Berufsspezialisierung Spezialkulte 145 Spezialkultverbände 145 Sphäre, Sphären 370,394,402,410,421 423,428 —> auch: Einfluß-; Lebens-; Macht-; Sexual-; Tätigkeitssphäre(n) Spiritismus 36, 234 spiritualistisch 300,333,41 lf. spirituell 299,304 Spital, mittelalterliches 384 „Sprache Kanaans" 361 Sprachwissenschaft, vergleichende 57, 59 „sprechendes Inventar" 245 Spruchweisheit 275,416 Sramana 270, 327,439,500 Staat, staatlich 85,87, 89, 99,145,192,205, 231,289,323,355,365,390 f., 394-396, 398,402,419 - „Racker von Staat" 400 —» auch: Beamten-; Götter-; Quäker-; Rechts-; Stadtstaat; Zwergstaaterei Staatsanstalt 400 Staatsbeamtenschaft 269
Sachregister Staatsindifferenz 395 Staatskapitalismus 236 Staatskredit 235 Staatslieferanten, Staatslieferungen 235, 238,418 f. Staatsorgane 159 Staatspension 386 Staatsräson 371,401 Staatsrecht 137 Staatsreligion 396 Staatsriten 234 Staatsschuldscheininhaber 379 Staatssklaven 244 Staatssteuerzahler 379 Stadt, Städte, städtisch 15, 62,146,191, 225 f., 234,236,239-243,245,336,350 f., 382,391,419,425,432,436 —» auch: Großstadtbürger; Guelfen-; Händler-; Klein-; Seestädte, phönizische stadtartige Siedlungen 241 Stadtbürgerschaft, Stadtbürgertum 240, 257,275,278,376 Städteentwicklung 226 Städteorganisation 147 Stadtgott 145 Stadtkultur 223 Stadtpatriziat 336 Stadtrecht 226 Stadtsässigkeit 218-220,235,376 Stadtstaat 147,229 Stadtvolk, Stadtvölker 121,266 Stamm 132,372 Stammesgenosse 343 Stammesgott, Stammesgottheiten 145, 147 Stammespromiskuität 403 Stammesreligionen 34, 54 Stand, Stände, ständisch 54,85,160,168, 171,197,199,227 f., 233 f., 247,252,293, 318,346,354,375,383,393,397-400, 409,400,433 f., 436,440,444,447 —> auch: Händler-; Krieger-; Mittel-; Mönchs-; Prediger-; Priesterstand Ständeausgleich 182f.,220 Ständeeinigung 219 Ständekämpfe 146, 388 Standesethik 272, 275, 371 Standesinteresse 346 Standeskonventionen, Standeskonventionalismus 227,233,289 Standesunterschiede 295
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ständisch-konventionell 234,440 status ecclesiasticus 398 status oeconomicus 398 status politicus 398 Staufer 284,500 Stereotypierung, stereotypiert 130f., 141, 150,242 f., 368-370 sterilisierte Begattung 407 Steuern 418 —> auch: Armensteuer; dschizja; fiskalisch Steuerpacht 238,418 f. Steuerzahlung 395 - » auch: Staatssteuerzahler Stiftung, Stiftungen 196,383 f. —» auch: Klosterstiftungen, byzantinische Stimmungsreligiosität 285,412 Stoa, stoisch 14,165,359,397 Stör, Störer 242 Strafrecht 192,255,310,371 Straßburg 28, 408 Struktur 135,141,193 - , patriarchale 141 Strukturformen 413,441 studentische Verbindungen 63,186,311 Stundisten 238,501 Subalternoffiziere 232 Sublimierung, Sublimation 3,52, 54 - , ethische 177, 350 - der Frömmigkeit 175 - der Gesinnung 306 - der Methoden 315 - der Religiosität 362 - des Sexuellen 272,403,409,428 Subordination gegenüber Autoritäten (Konfuzius) 233,370 Subsumtion, rationale 133 Sudan 365 Südböhmen 221 Südeuropäer 123 Südindien 255 Südsee 47,168 Südwestdeutsche Schule 28, 31 Sufis, Sufismus, sufistisch 42, 283,289,315, 318,339,361,413,436,507 Sühne 168 Sünden- und Bußkataloge 346 Sünden, Sünder 14,36,137,156,174-176, 202, 227,244,258,261,292f., 295,297301,304,308 f., 319,322 f., 327,341,344, 345 f., 350,363,367,389,391,394-397, 406-408,428 f., 434-439,443 f., 447
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Sachregister
—» auch: Erb-; Feigheits-; Todsünde; Versündigung Sündenbekenntnis 346 f. Sündenbock 155 Sündenfall 322,395,409 Sündenkämpfe 363 Sündenknechtschaft 244 Sündenlehre 310 Sündenreinheit 308 Sündenschmerz 314 Sündenvergebung 346,350 Sunna 358 superstitio 35,136,336 Suppentage, chinesische 384 Sure, Suren 187,206,405,501 Susa 192 sustentieren 196,501 „Sutra der Befreiung" 180,327 „Sutra der 162 Sätze" 327 Symbole, Symbolismus, symbolisch 125129,131f., 133,169,306,312,368 -» auch: Schriftsymbole Synagogen, synagogal 277,415,428 Synagogengottesdienst 412 Syndikalismus 224,287 Synkretismus 288,501 Synode, Synoden 198 - von Aachen (809) 208 - , alexandrinische (362) 342 - , christliche 251 - von Clermont (1095) 230 - von Ephesos (431) 249 - von Jamnia 205 - von Mäcon (585) 251 - der Russischen Kirche 130,284 - von Verona (1184) 240 —» auch: Dordrechter -; Hugenotten-; Landes-; Westminstersynode Synoikismos, synoikisieren 143,149 Syrien 171 —» auch: Nordsyrien Systematik, systematisch 150,168,182, 203 f., 207,211,214,216,227,262,273, 278,298,308 f., 316 f., 323,332,338 f., 357,367,370,388,413 f., 430,437 - , bürgerlich asketische 437 - , methodische 332 —> auch: Lebensführung, systematische; Religiosität, systematische Systematisierung, systematisiert 53,134, 151,156,159,173,175,177,192 f., 207,
214 f., 285,304,306,309,311,315,337, 348,369f.,384,445 - , ethische 310,337,345,348,367 - , gesinnungsethische 217,311,376 - , priesterliche 404 - , rationale 218,323,411 —» auch: Lebensführung, systematisierte; Religiosität, priesterlich systematisierte Tabak 124,312 Tabor, Taboriten 221 Tabu,Tabuierungen, tabuistisch 44, 46f., 168 f., 171t, 206,226,240,242,255,368, 404,414 t , 424,430,501 —» auch: Ethik, tabuistische; Kastentabu; Magie, tabuistische; Sabbattabu Tagelöhner 243 Talion 371 Talmud, talmudisch 223,261,278,407, 414f., 415,426,432,434,501 —» auch: Mischna; Schemone-Esre Tantra 440,501 Tanz 125,131t, 154,336 t , 402 —» auch: Kriegs-; Singtanz Tanzorgiastik 402 Tanzorgie 313 Tanzrausch 316 Tao, Taoismus, Taoisten, taoistisch 135, 163,166,189 f., 196,235,249,251,272, 290,326,331,335,339,440f., 501 —» auch: Guan Di, wu-wei Tao te Ching 331 tapas 176,502 Tarsos (Stadt in Kleinasien) 278,449 Taschilama 339,502 Tätigkeitssphären 174 Tätowierungen 209 —» auch: Unterscheidungsmerkmal Taufe im Urchristentum 319 Täufer, Täufertum, Täufergemeinden 201,240,286,331,333,392,502 Tausch 170 Tauscherwerb 378 Tempel 160,187,255,378,410,444 —» auch: Jerusalem, Tempel Tempelkult 428 Tempelpriesterschaften 196 Tempelprostitution 313,403 Tempelzerstörung, hadrianische 391 Templer 231 Teufel 176,341
Sachregister —» auch: Antichrist Textilhandwerk 242 Thebais 378 Theben 148 Theismus, theistisch 29,297 Themis 165,502 Theodizee 11,41,63,257,258 f., 261,263, 291-301,369,399,440,502 —» auch: Admonitions; Wiedergeburtstheodizee Theokratie, theokratisch 58,166,198,205, 277,332,391,398,440,502 Theologen 42,53,211,213,220,223,354 Theologenfeindschaft 355 Theologenglaube 351 Theologenschulen 283 Theologie, theologisch 35,148,266,268, 281,285,337,352-355,376,435 f. —» auch: Fach-; Rabbinentheologie Theotokos 249 Theravadabuddhisten 205 Thesaurus 344 f., 398,502 theschuba 430 Thora,Tora 206,415,502 Thoth 147 Thrakien 51,181,327,336 Tibet, tibetanisch 438 Tiere 125,127,132,169,293,297,438 - , heilige 155 f. —> auch: Totemtier Tierinkarnationen 169 Tierkult 216 —> auch: Zoolatrie Tieropfer 155 Tierquälerei 222,313,371 timetiké proskynesis 123 Tischgemeinschaft 49,155,170f.,248,425 - in Antiochia 171 - Jesu mit Zöllnern und Sündern 263 Tischvergemeinschaftung 255 Tod 45,125 -127,138,142,161,218,227, 293 f., 297,303,310,319,335,341,401 —» auch: Heldentod Todsünde 202,319,344,406 f., 444 Tonformeln —> Musik Tora —» Thora Totem (totam) 169,110,502 Totemgenossen 209 Totemismus, totemistisch 17, 49,169f., 242,502 —» auch: Fetisch
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Totemtier 169 f., 343 Totenbuch, ägyptisches 207,503 Totengeister 300 Totengericht 295 f., 309 Totenkult 293,407 Totenreich 293,302,340f. Totenrichter 295,309 Totenseele 128,293 Totenzauber 128 Toter, Tote 127,128 f., 139 Tötung, Tötungsverbot 168,223,371 Tradition, traditionell 56,135,146,178, 203-205,216,233,263,286,378,388, 398 f., 411,426,429,433,441,443 Traditionalismus, traditionalistisch 173, 218,262,331,346,379,398 f., 420,422, 430,440,442 —> auch: Laientraditionalismus Träger -, ideologische 283 f. —» auch: Charisma-; Kult-; Lehramtsträger Tragödie 165 Transzendenz 29 Trauervorschriften, chinesische 128 Traum,Träume 45,122,125,127,178,179, 325 Tribaden 409 tribunus plebis 146 Tributpflichtige (Islam) 433 Triebhaftigkeit 438 Trinität 290,361 Tripitaka 205 Tritheismus, tritheistisch 290,503 Trommlerkaste 255 Tugend, Tugenden 167,191,252 f., 259, 277,320,330,333,370,379,387 f., 390 —»auch: Berufs-; Gesetzes-; Kardinal-; Laientugend Tugendbewährung 365 Tugendhandlungen 309 Türkei, türkisch 230 Typus, Typen 13,15,24,43, 50,54,68, 72, 93,185 f., 188-190,198,223,243,268, 275,280 f., 285,305 f., 323,331,375,378, 440 - , ethischer 190 reine 158-160,169,292,301 —»auch: Handlungstypen Tyrannen 185,393 Überalltäglichkeit, überalltäglich 253,409
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Sachregister
Überpersönlichkeit, überpersönlich 127 Übersee 181,382 Überseehandel 377,382,383 Übersinnliches, übersinnlich 125,127, 135,157 Überweltlichkeit, überweltlich 13,152, 192,291,300 —» auch: Askese, überweltliche; Gott, überweltlicher "ulamä 200,369 Unentgeltlichkeit 179-181,375 unio mystica 324,331,357 Unitarier 288,503 Universalgeschichte 8,13 Universalgott 229, 259 —» auch: Gott, Götter, universelle Universalisierung, Universalismus, universalistisch, universell 15, 60f., 140, 142,149-154,159,165,169 f., 175,201, 204,233,253,264,291,295 f., 300,331, 343,349,351,353,372 f., 386,388-390, 398,402,407,415,429,437,439,444 f. —» auch: Liebesuniversalismus Universitäten 285,356 —* auch: Hochschulen Universitätsbildung, Universitätsschulung 268,284 Univira 406 Unreinheit 167,171f., 254,298 f., 435 f. —» auch: Verunreinigung der Hände Unternehmer 173,232,390,419 Unterscheidungslehre, Unterscheidungsmerkmale der Religionen 208-211, 435 —» auch: Beschneidung; Rechabiten; Sabbattabu; Tätowierungen Untertanen, Untertanenhaushalt 142 Untugendhandlungen 309 Unwiedergeborene 204 Upanayana-Zeremonie 204 Upanishaden 127,351,503 Upanishad-Philosophie 266 Upasakas 195 f., 408,503 wtepnopov 166 Urchristentum, urchristlich 263,319,430 Urgemeinde, christliche 431 Urprophetie 222 usuraria pravitas 383 Vagant 158,505 Vaigali —> Vesali
Vaigyas 204 Vajjimönche 210 Vallabhacharis, Vallabhachianer 236 f., 503 Vanaprastha 270 Varuna 150,165,503 Vasallen 165,504 Vatergott 139 Veda, Veden, vedisch 34, 42,50,58,133, 147,166,189 f., 202,205 f., 216 f., 248, 266,268,315,351,371,407,439,504 —» auch: Atharvaveda; Gokulastha Gosains; Hotar; Rigveda; Rudra Vedanta —» Upanishaden Veji (etruskische Stadt), Vejienter 143 f. Veralltäglichung 41,195,214f.,228,250, 254,306 f. Verband,Verbände 53,85,134,140t, 143-147,149,158 f., 169 f., 200,215,219, 372 - , patriarchale 379 - , politische 73, 99f., 141-143,146-148, 165,169,195,197 f., 200,251,254 f., 372, 386,396 - , religiöse 141 - s o z i a l e 158,169 t —» auch: Berufs-; Bluts-, Dauer-; Kult-; Lasten-; Nachbar-; Nachbarschafts-; Sonder-; Spezialkult-; Zweckverband Verbandsbildung, politische 143 Verbandsgenossen 143 —» auch: Kriegsverbandsgenossen Verbandsgott, Verbandsgottheiten 143 f., 146,197 Verbandshandeln, politisches 143 Verbandspriester, Verbandspriestertum 197 f. Verbannung 437 Verbrecher 191 Verbrüderung, Verbrüderungen 49,155, 169-171 —> auch: Brüderlichkeitspflichten; communio Verbürgerlichung 365 Verdammte 297 „Verdrängungs"-Schema 62, 264 Vereine 375 —» auch: Kultverein Vereinigte Staaten von Amerika 321 —» auch: Amerika; Nordamerika Vergebung 367
Sachregister —» auch: Sündenvergebung Vergeltung 254,259f., 263,294f., 299,438, 440,446 Vergeltungsethik 241 Vergeltungsglauben 241 Vergeltungshoffnung 254,258 f. Vergeltungsideen 302 Vergeltungsreligiosität 258 f. Vergemeinschaftung 24, 93,124,171, 195 f., 240 —» auch: Konnubial-; Tischvergemeinschaftung Vergesellschaftung 24,30,53,140,148, 178,194-197,199 t , 251,332,340 - , berufliche 147 - , geschlossene 201 - , kriegerische 204 - , ökonomische 379 - , politische 142,149 - , rationale 321 —» auch: Gelegenheits-; Marktvergesellschaftung Vergesellschaftungsformen 418 Vergewaltigung, religiöse 393 Vergötterung des Kreatürlichen - * Kreaturvergötterung Vergottung 361 —» auch: Selbstvergottung Verhalten - , außeralltägliches 404 - , ethisches 297,300,422 - , geschäftliches 421 - , menschliches 193,362 - , ökonomisches 425 - , praktisches 193,304,320,427 Verhängnis -» Moira Verheißungen 143,152,228,232,252,254, 256,262 f., 280,293,354,391,415 f., 422, 428-431,433,435,437,442,450 —» auch: Erlösungs-; Soldatenverheißungen Verkehr 171t Verkündigung 444 Verleger 290 Vermögensakkumulation 380 Vernunftreligion 28 Versachlichung 379,402 Versailles 285 „Verschwörung von Amboise" 228 Versicherungsverträge 358 Versklavung 218,378
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Versöhnungstag, jüdischer 155 Verspeisung 127,132 —» auch: Speise Verstehen, objektives 25f. Versündigung 214,254 Verunreinigung der Hände 206 Verwaltung 191,207,399 Verwaltungssprengel 199 Verwandtschaftsrecht 244 Verwerfung des Zins —» Zinsverbot Vesali (Stadt in Indien) 210 Viehzucht, Viehzüchter 138,222 Vielgötterei —» Schirk vierfache Wahrheit (Buddhismus) 210 Virtuosen, Virtuosentum, Virtuosität -, asketische 353, 398, 404 -, christliche 297 -, kasuistisches 443 -, mystische 353 -, religiöse 317t, 320t, 345,366,379,391, 398,408 -» auch: Erwerbsvirtuosität; Gesetzes-; Glaubens-; Religionsvirtuosen Virtuosenethik 318 Virtuosengesinnung 318 f. Virtuosenlehre 319 Virtuosenqualifikation 349 Virtuosenreligion 359 Virtuosenreligiosität 319,398 Virtuosensekten 413 Vischnuismus, vischnuitisch 236,248,361, 440,504 Vision 127,280,314 Völkerpsychologie 217 Volksfrömmigkeit 277 Volksgenossen 168,204,262,376,415 Volksgott, Volksgötter 144,335 Volkskönig 192 Volksreligionen 54,139,248,366 Volksreligiosität 123,150,220,234,253, 272,352,366,438-440 Volksschulen, Volksschulbildung 278,308, 353 Volksschullehrer 288 Volkstribunen —» tribunus plebis Vorderasien, vorderasiatisch 57,153,181, 189-191,198,209,220,268,270 f., 278, 297 f., 324,334,432 Vorsehung 252,355,358,362,366 Vorsehungsglaube 297,362,437 Vorsehungsreligiosität 300
564
Sachregister
Vulgata 311,504 Wahlverwandtschaft 227,238 Wahrheit 398 Wahrheitsgebot 339 Wahrheitspflicht 371 Wahrsager 194,202 Wahrsagerinnen 250 Waisen 375,385 Wald-und Wildschutz 168 Walhall 230 Wanderapostel 179 Wanderhandel 418 Wanderhändler 234 Wanderprediger 286 Wanderprophet 179 Warenhandel 418 Wasserwirtschaft 191 Weber, Weberei 225,242 Webstuhl 242 Wehrhaftmachung 204,312 Weihe 204,232,273,367,449 —> auch: Jünglings-; Mönchsweihe Weinverbot 209,435 Weinzwang 209 Weisheit 185,187,233 f., 253,276,444 —» auch: Priester-; Spruchweisheit Weisheitslehre 279 Welt 10,14,18,65, 264,324,367,370,414, 423 - als „sinnvoller Kosmos" 54, 63, 66,193, 265,272 —» auch: „Sinn" der Welt - Ausscheiden aus der 264,320 - Beziehung zur 10, 49,194,207,301,313, 370,391,428 - , diesseitige 269,294 - , empirische 328,334 - im religiösen Sprachgebrauch 320 - , irrationale 64 - Konzeptionen der 193f., 273,299-301, 322,334,341 - , kreatürliche 440,447 - Ordnung(en) der 14,166,190,192,292, 300,321 - 323,328 f., 359,393 - 396,441 —» auch: Weltordnung - Stellung zur 193,292,359,370 - , sündige 391 - , unvollkommene 335 —» auch: Weltunvollkommenheit
Weltablehnung, weltablehnend 17,61, 72, 270,318,324,328,370,379,381,388, 416,438,442 —» auch: Askese, weltablehnende Weltabwendung 43, 321,330 f., 432 Weltänderung 273 Weltanpassung 363,371,390,414,432,442 -, konfuzianische 270,376,405,442 Weltanschauung 41, 72 -, asketische 324 Weltbeherrschung 18,41, 337,330,359, 393 weltdurchwandernder Bettelmönch 61, 283 Weltdurst 438 Weltentsagung 270 —» auch: Vanaprastha Welteroberung 60, 318,364 Weltflucht, weltflüchtig 68, 72, 74, 273, 323-325,327 f., 386,391,404 f., 414,439 —»auch: Intellektuellenweltflucht Weltgeschichte 152 Weltgesetz, göttliches 291 Weltgott 151,228 Weltherrschaft 298,303 Weltindifferenz, weltindifferent 264,331, 393,446 Weltlichkeit —» Außer-; Inner-; Überweltlichkeit Weltlust 329 Weltmission 432 Weltordnung, weltordnend 57,61, 283, 397 —» auch: Welt, Ordnung der Weltregiment 362,365 Weltreiche, Weltreichbildung 151,181, 198,239,388 Weltreligionen 7, 34, 42, 55, 60f., 67f., 71, 74,282 Weltschöpfer 150,176,298 Weltseele —» brahman Weltüberwindung 68, 72, 74 Weltunbefangenheit 262 weltunterwerfender Krieger 61, 283 Weltunvollkommenheit 291,296,298 —» auch: Theodizee Weltverderb 397 Weltverneinung 41, 66 Weltwaltung 442 Welt weisen 186 Weltzuwendung 414 Wergeid 346
Sachregister Werkgerechtigkeit 123,341,353,358 Werkheiligkeit 262,311 Wert, Werte 30,32f., 37, 259f., 262,304, 311,322,325,386,407,410f., 414 - , jenseitige 294 - , religiöser 349 - , spezifischer 224 Wertmaßstab 232 Wertpapier 418 Wertpositionen 207 Wertvorzeichen 422 Westeuropa, westeuropäisch 238,251, 274,287f.,347,355 Westminstersynode 351f. Wetterzauber 222 Wiedergeburt 43,159,174,204,251,255 f., 265,299 f., 304-307,310-312,317,322, 359,504 Wiedergeburtschancen 174,256,300 Wiedergeburtstheodizee 261 Wien 92 Wirtschaft, wirtschaftlich 9,18,30,85, 124,128 f., 131,138,147,150,163,165, 322,368,378 f., 385,417,422,427 —> auch: Erwerbs-; Geld-; Landwirtschaft; Ökonomie; Natural-; Wasserwirtschaft Wirtschaftsertrag 173 Wirtschaftsethik 262,417,433,439 Wirtschaftsgeschichte 417 Wirtschaftsgesinnung 8,10,20, 86, 366, 420,432 Wirtschaftsmoral 237 Wirtschaftsrationalismus 173 Wirtschaftssystem 10,418,420 Wirtschaftsverkehr 420 Wissen 158,282,341,351-357,363,411 - h e i l i g e s 203 f., 351 -.mystisches 324-326,335 —> auch: Geheim-; Gesetzeswissen Wissenschaft, wissenschaftlich 266,269, 283 - , Verklärung der 287 > auch: Geschichts-; Kultur-; Natur-; Religionswissenschaft Wissenschaftstheorie 28 Witwen, Witwenverbrennung 375 Wucher 384,435 -» auch: Darlehens-; Großwucher; Kleinwucherer; Pfandwucher Wucherverbot 236,381f. —»auch: Zinsverbot
565
Wunder 158,350,429,443 Wüste 191 Wüstenvölker 360 Wüstenwanderung 144 wu-wei 326 Xenophilie 277 Yoga 316,504 zakät 384 Zarathustrier, Zarathustrismus, zarathustristisch 52,153,199,211,222 f., 266, 275,289,298,309,371 —» auch: Daeva-Religion; Druggenossen; Grohma; Hamestakan; Mazdasnanier; Sodale Zauber, Zauberei, Zauberwesen 55,122, 124,127,130,156-158,168 f., 174 f., 178, 188,195,217,227,247,256,272,303, 305,380,440 —» auch: Toten-; Wetterzauber Zauberer, Zaubererschaft 50, 73,124,126, 150,157-161,164,178,188,190,197, 204,214,218,305,317,349,351,373,410 - , magische, magisch qualifizierte 214, 317 —»auch: Berufszauberer Zaubergarten 442 Zauberinnen 250 Zauberkreis 129 Zaubermacht 154 Zauberpriester 155 Zauberritual 43, 216 f. Zaubertrank 162 Zebaoth 144,504 Zeitalter - , apostolisches 179,207 - , deuteronomistisches 267 - , goldenes 397 - , homerisches 135 - , nachapostolisches 179 - , prophetisches 189 - , vedisches 266 Zeltmission 246 Zemstvo (Zemla i Volja) 288 Zendavesta, Avesta 203, 217 Zenturionenschicht 232 Zeremonialnormen 368 Zeugung 138 Zeus 360
566
Sachregister
Zeus herkeios 145 Zins 10, 244, 376-378,382,384,421 —> auch: Darlehens-; Kapitalzins Zinsherrschaft der Gläubigen 229 —> auch: dschizya Zinsverbot 348,349,368,369,376-378, 384 —» auch: Wucherverbot Zionismus, zionistisch 223,425 Zisterzienser, Zisterzienserregel 285,338 Zivilisation 411 Zivilrecht 255 Zölibat 380,404 Zöllner 263,443 Zoolatrie 147,504 —» auch: Tierkult Zoroastrismus —> Zarathustrier Zuchtruten Gottes 193 Zukunftschancen 256,438 Zukunftskönig, Zukunftsmonarch 279, 449
Zunft, zünftig 158,195,204,383,425 —» auch: Literaten; Stör Zungenreden 181,314 Zürich 331 Zwangsgemeinde 198 Zweckhandeln 122,326,426,438 Zweckrationalität, zweckrational 27, 241 Zweckverband, Zweckverbände 147,170, 322 Zweckverein 145 Zweikindersystem 347,349,369 zweimal Geborene 204,312 Zweistromland —» Mesopotamien „zweites Gebot" 413,427 Zwergstaaterei 270 Zwinglianer 238 Zwischenhandel 419 Zwischenreich 296 „Zwölfapostellehre" —» Didache
Seitenkonkordanzen Die Seitenkonkordanzen beziehen sich auf die bisher gebräuchlichen Voreditionen des in diesem Band edierten Textes. Es handelt sich um: WuG 2 /WuG 3
Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung III), 2. vermehrte Auflage. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1925; 3., unveränderte Auflage 1947.
WuG 4
Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Mit einem Anhang: Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik, hg. von Johannes Winckelmann, 4. Auflage. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1956.
WuG 4a
Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der versteheneden Soziologie. Studienausgabe, hg. von Johannes Winckelmann. - Köln, Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1964.
WuG 5
Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, hg. von Johannes Winckelmann, 5., revidierte Auflage. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1976.
Die Paginierung des Textzeugen, der der Edition zugrundeliegt, wurde dem edierten Text marginal beigefügt.
MWG I/22-2
WuG 5 ' 4
WuG4a
WuG3' 2
121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142
245 245/246 246 246 246/247 247 247/248 248 248 248/249 249 249 249/250 250 250/251 251 251 251/252 252 252 252/253 253
317 317/318 318 318/319 319 319/320 320 320/321 321 321/322 322 322/323 323 323 323/324 324 324/325 325 325/326 326 326/327 327
227 227/228 228 228 228/229 229 229/230 230 230 230/231 231 231 231/232 232 232/233 233 233 233/234 234 234 234/235 235
568
Seitenkonkordanzen
MWG 1/22-2
WuG5'
4
143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191
253/254 254 254 254 254/255 255 255/256 256 256 256/257 257 257/258 258 258/259 259 259/260 260 260/261 261 261 262 262 262/263 263 263/264 264 264/265 265 265/266 266 266 266/267 267 267/268 268 268/269 269 269 269/270 270 270 270/271 271 271/272 272 272/273 273 273/274 274
WuG4a
WuG 3 ' 2
327/328 328 328 328/329 329 329/330 330 330/331 331 331/332 332 332/333 333/334 334 334/335 335 335/336 336/337 337 337/338 338/339 339 339/340 340 340/341 341 341/342 342 342/343 343 343/344 344 344/345 345/346 346 346/347 347 347/348 348 348/349 349 349 349/350 350/351 351 351/352 352 352/353 353/354
235/236 236 236 236 236/237 237 237/238 238 238 238/239 239 239/240 240 240/241 241 241/242 242 242/243 243 243/244 244 244 244/245 245 245/246 246 246/247 247 247/248 248 248 248/249 249 249/250 250 249/250 251 251 251/252 252 252 252/253 253 253/254 254 254/255 255 255/256 256
Seitenkonkordanzen
569
MWG 1/22-2
WuG54
WuG 4 a
WuG 3 ' 2
192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240
274 274/275 275 275/276 276 276/277 277 277 277/278 278 278/279 279 279 279/280 280 280/281 281 281 281 281/282 282 282/283 283 283/284 284 284/285 285 285/286 286 286 286 287 287 287 287/288 288 288/289 289 289 289/290 290 290 290/291 291 291/292 292 292/293 293 293
354 354/355 355 355/356 356 356/357 357/358 358 358 358/359 359 359/360 360 360/361 361 361/362 362 362/363 363 363/364 364 364 365 365/366 366/367 367 367/368 368 368/369 369 369 369/370 370 370/371 371 371/372 372 372 372/373 373 373/374 374 374/375 375/376 376 376 376/377 377/378 378
256 256/257 257 257/258 258 258/259 259 259 259/260 260 260/261 261 261 261/262 262 262/263 263 263 263 263/264 264 264/265 265 265/266 266 266/267 267 267/268 268 268 268 269 269 269 269/270 270 270/271 271 271 271/272 272 272 272/273 273 273/274 274 274/275 275 275
570
Seitenkonkordanzen
MWG 1/22-2
WuG 5 ' 4
WuG 4 a
WuG3'2
241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289
293/294 294 294/295 295 295 295/296 296 296/297 297 297/298 298 298/299 299 299/300 300 300 300/301 301 301/302 302 302 302/303 303 303/304 304 304 304/305 305/306 306 306/307 307 307 307/308 308 308/309 309 309 309/310 310 310/311 311 311 311/312 312 312 312/313 313 313/314 314
378/379 379 379/380 380 380/381 381 381/382 382 382/383 383/384 384 384/385 385/386 386 386/387 387 387 387/388 388 388/389 389 389/390 390/391 391 391 391/392 392/393 393 393/394 394/395 395 395/396 396 396/397 397/398 398 398 398/399 399 399/400 400 400 400/401 401/402 402 402/403 403 403/404 404
275/276 276 276/277 277 277 277/278 278 278/279 279 279/280 280 280/281 281 281/282 282 282 282/283 283 283/284 284 284 284/285 285 285/286 286 286 286/287 287/288 288 288/289 289 289 289/290 290 290/291 291 291 291/292 292 292/293 293 293 293/294 294 294 294/295 295 295/296 296
571
Seitenkonkordanzen
MWG 1/22-2
WuG 5 ' 4
WuG 4a
WuG 3 ' 2
290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338
314 314/315 315 315/316 316 316 316/317 317 317/318 318 318/319 319/320 320 320 320/321 321 321/322 322/323 323 323 323/324 324 324/325 325 325/326 326 326/327 327 327/328 328 328/329 329 329 329/330 330 330/331 331 331/332 332 332/333 333 333 333/334 334 334/335 335 335 335/336 336
404/405 405 405/406 406 406/407 407 407/408 408 408/409 409/410 410 410/411 411 411/412 412/413 413/414 414 414/415 415/416 416 416/417 417 417/418 418 418/419 419/420 420 420/421 421/422 422 422 422/423 423 423/424 424/425 425 425/426 426 426/427 427/428 428 428/429 429 429/430 430 430/431 431 431/432 432
296 296/297 297 297/298 298 298 298/299 299 299/300 300 300/301 301/302 302 302 302/303 303 303/304 304/305 305 305 305/306 306 306/307 307 307/308 308 308/309 309 309/310 310 310/311 311 311 311/312 312 312/313 313 313/314 314 314/315 315 315 315/316 316 316/317 317 317 317/318 318
572
Seitenkonkordanzen
MWG 1/22-2
WuG 5 ' 4
WuG 4 a
WuG3,2
339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387
336/337 337 337/338 338 338 338/339 339 339/340 340 340 340/341 341 341 341/342 342 342/343 343 343 343/344 344 344/345 345 345 345/346 346 346/347 347 347/348 348 348/349 349 349/350 350 350/351 351 351 351/352 352 352 352/353 353 353/354 354 354 354 354/355 355 355/356 356
432/433 433 433/434 434 434/435 435 435/436 436 436/437 437 437/438 438 438/439 439 439/440 440 440/441 441 441/442 442 442/443 443 443/444 444 444/445 445 445/446 446 446/447 447/448 448 448/449 449/450 450 450/451 451 451/452 452 452 452/453 453/454 454 454 454/455 455 455/456 456 456/457 457
318/319 319 319/320 320 320 320/321 321 321/322 322 322 322/323 323 323 323/324 324 324/325 325 325 325/326 326 326/327 327 327 327/328 328 328/329 329 329/330 330 330/331 331 331/332 332 332/333 333 333 333/334 334 334 334/335 335 335/336 336 336 336 336/337 337 337/338 338
573
Seitenkonkordanzen MWG 1/22-2
WuG5'4
WuG4a
WuG3'2
388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436
356/357 357 357/358 358 358 358/359 359 359 359/360 360 360/361 361 361 361/362 362 362 362/363 363 363/364 364 364 364/365 365 365/366 366 366/367 367 367/368 368 368 368/369 369 369 369/370 370 370/371 371 371 371/372 372 372/373 373 373/374 374 374/375 375 375 375/376 376
457/458 458 458/459 459/460 460 460 460/461 461 461/462 462 462/463 463 463 463/464 464/465 465 465/466 466 466/467 467 467/468 468 468/469 469 469/470 470 470/471 471/472 472 472 472/473 473 473/474 474 474/475 475 475/476 476 476/477 477/478 478 478/479 479 479/480 480 480/481 481 481/482 482
338/339 339 339/340 340 340 340/341 341 341 341/342 342 342/343 343 343 343/344 344 344 344/345 345 345/346 346 346 346/347 347 347/348 348 348/349 349 349/350 350 350 350/351 351 351 351/352 352 352/353 353 353 353/354 354 354/355 355 355/356 356 356/357 357 357 357/358 358
Seitenkonkordanzen
574
MWG 1/22-2
WuG5'4
WuG4a
WuG3'2
437 438 439 440 441 442 443 444 445 446 447
376 376/377 377/378 378 378/379 379 379 379/380 380 380 380/381
482/483 483 483/484 484/485 485 485/486 486 486/487 487 487/488 488
358 358/359 359/360 360 360/361 361 361 361/362 362 362 362/363
Bildnachweise
Friedrich Max Müller, aus: Archiv für Kunst und Geschichte, Berlin. Cornelis Petrus Tiele, aus: Onze hoogleeraren: portretten en biografieen, vol. 64. Rotterdam 1898. Hermann Usener, aus: Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz, Berlin. Erwin Rohde, aus: Otto Crusius, Erwin Rohde. Ein biographischer Versuch. Tübingen: Mohr Siebeck 1902. Ignaz Goldziher, aus: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, Band 26, Straßburg: Karl J. Trübner 1912. Wilhelm Bousset, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen: Voitsche Sammlung. Ernst Troeltsch, aus: Walther Köhler, Ernst Troeltsch. Tübingen: Mohr Siebeck 1941. Robert Ranulph Marett, aus: ders. A Jerseyman at Oxford. London u.a.: Oxford University Press 1941.
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe Abteilung I: Schriften und Reden
1. Aufbau
der
Gesamtausgabe
In der Max W e b e r - G e s a m t a u s g a b e w e r d e n die veröffentlichten und die nachgelassenen Texte Max Webers mit A u s n a h m e seiner Exzerpte, Marginalien, Anstreichungen oder redaktionellen Eingriffe in die Texte anderer w i e d e r g e g e ben. Berichte anderer über Webers Reden, Diskussionsbeiträge und Vorlesungen w e r d e n nur d a n n w i e d e r g e g e b e n , w e n n ein autoreigener Z e u g e nicht überliefert ist. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, so w e r d e n alle mitgeteilt. Editionen der Texte Webers, die er nicht selbst zum Druck g e g e b e n hat, w e r d e n nur d a n n berücksichtigt, w e n n d e m betreffenden Herausgeber Manuskripte vorlagen, die uns nicht mehr überliefert sind. J e d e m Band ist eine Konkordanz mit den bisher g e b r ä u c h l i c h e n A u s g a b e n b e i g e g e b e n . D i e Max W e b e r - G e s a m t a u s g a b e gliedert sich in drei Abteilungen: Abteilung I: Schriften und Reden Abteilung II: Briefe Abteilung III: Vorlesungen
2. Aufbau
der Abteilung
I: Schriften
und
Reden
Die Abteilung I umfaßt Max Webers veröffentlichte und n a c h g e l a s s e n e Schriften und Reden, unter Einschluß seiner Diskussionsbeiträge und Stellungnahmen. Ebenso w e r d e n Paralipomena, Entwürfe und andere Vorarbeiten mitgeteilt. Einzelne Äußerungen sind uns nur durch Zeitungsberichte, Sitzungsprotokolle, Kongreßprotokolle und ähnliches überliefert. Solche Ersatzzeugen w e r d e n d a n n in die A u s g a b e a u f g e n o m m e n , w e n n sie in unmittelbarem zeitlichen Z u s a m m e n hang mit der betreffenden Rede oder Stellungnahme W e b e r s entstanden. Außerd e m sind Texte w i e d e r g e g e b e n , die er z u s a m m e n mit anderen Personen verfaßte oder unterzeichnete. Für die Verteilung der Texte auf die Bände w e r d e n zwei Kriterien verwendet: der S a c h z u s a m m e n h a n g und die Chronologie. D a d u r c h w e r d e n thematisch und zeitlich nahestehende Texte zu B ä n d e n vereinigt und die S c h w e r p u n k t e des Werkes in ihrer zeitlichen Folge und ihrem Nebeneinander sichtbar g e m a c h t . Jeder Bandtitel enthält deshalb eine thematische und eine zeitliche A n g a b e . Für die thematische A n g a b e wird entweder ein Titel von Weber v e r w e n d e t oder, w o dies w e g e n der Vielfalt der Texte nicht möglich ist, ein seinem W o r t g e b r a u c h nahestehender Titel neu gebildet. J e d e m Bandtitel ist ferner eine Z e i t a n g a b e
576
MWG Abteilung
I • Aufbau und
Editionsregeln
zugeordnet. Dabei bezieht sich die erste Jahreszahl auf das Datum der Veröffentlichung des ersten, die zweite auf das Datum der Veröffentlichung des letzten in den Band a u f g e n o m m e n e n Textes. Bei Texten aus d e m Nachlaß ist das Entstehungsjahr m a ß g e b e n d . Dies gilt sowohl für Texte, die uns im Original vorliegen, als a u c h für solche, von d e n e n wir nur noch eine Edition aus d e m Nachlaß besitzen, weil das Original Inzwischen verloren Ist. Wo das Datum der Entsteh u n g a u c h nicht a n n ä h e r n d ermittelt w e r d e n kann, wird der Text am Ende d e s B a n d e s eingeordnet, d e m er thematisch nahesteht. B ä n d e mit einem oder mehreren n a c h g e l a s s e n e n Texten tragen als zweite Jahreszahl 1920, Webers Todesjahr, w e n n wir Hinwelse haben, daß er an diesen Texten bis zu seinem Tode arbeitete. Für die Bandfolge ist das Chronologieprinzip m a ß g e b e n d . Über die Stellung eines B a n d e s in der Bandfolge entscheidet d a s Datum des ersten darin a b g e d r u c k t e n Textes. A b w e i c h e n d davon sind die „ G e s a m m e l t e n Aufsätze zur Religionssoziologie" und das Textkonvolut „Wirtschaft und Gesellschaft" an das Ende der Abteilung gestellt. Dies ergibt sich aus der b e s o n d e r e n Überlieferungslage. Die Abteilung I hat f o l g e n d e n Aufbau: Band
1: Zur G e s c h i c h t e der Handelsgesellschaften im Mittelalter Schriften 1 8 8 9 - 1 8 9 4
Band
2: Die römische A g r a r g e s c h i c h t e In ihrer B e d e u t u n g für das Staats- und Privatrecht. 1891 Hg. von J ü r g e n Deininger; 1986 ( S t u d i e n a u s g a b e 1988)
Band
3: Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland. 1892 Hg. von Martin Riesebrodt; 2 H a l b b ä n d e , 1984
Band
4: Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik Schriften und Reden 1 8 9 2 - 1 8 9 9 Hg. von W o l f g a n g J. M o m m s e n in Z u s a m m e n a r b e i t mit Rita Aldenhoff; 2 H a l b b ä n d e , 1993
Band
5:
Börsenwesen Schriften und Reden 1 8 9 3 - 1 8 9 8 Hg. von Knut Borchardt in Zusammenarbeit mit Cornelia Meyer-Stoll; 2 Halbbände, 1999, 2000
Band
6: Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Altertums Schriften 1 8 9 3 - 1 9 0 9
Band
7: Zur Logik und Methodologie der Kultur- und Sozialwissenschaften Schriften 1 9 0 0 - 1 9 0 7
MWG Abteilung Band
8:
I • Aufbau und
Editionsregeln
Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik Schriften und Reden 1 9 0 0 - 1 9 1 2 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Peter Kurth und Birgitt Morgenbrod; 1998 (Studienausgabe 1999)
Band
9:
Band 10:
Asketischer Protestantismus und Kapitalismus Schriften und Reden 1 9 0 4 - 1 9 1 1 Zur Russischen Revolution von 1905 Schriften und Reden 1 9 0 5 - 1 9 1 2 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Dittmar Dahlmann; 1989 (Studienausgabe 1996)
Band 11:
Zur Psychophysik der industriellen Arbeit Schriften und Reden 1 9 0 8 - 1 9 1 2 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Sabine Frommer; 1995 (Studienausgabe 1998)
Band 12:
Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1 9 0 8 - 1 9 2 0
Band 13:
Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik Schriften und Reden 1 9 0 8 - 1 9 2 0
Band 14:
Rationale und soziale Grundlagen der Musik Nachlaß 1921
Band 15:
Zur Politik im Weltkrieg Schriften und Reden 1 9 1 4 - 1 9 1 8 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Gangolf Hübinger; 1984 (Studienausgabe 1988)
Band 16:
Zur Neuordnung Deutschlands Schriften und Reden 1 9 1 8 - 1 9 2 0 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schwentker; 1988 (Studienausgabe 1991)
Band 17:
Wissenschaft als Beruf 1917/1919 - Politik als Beruf 1919 Hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Birgitt Morgenbrod; 1992 (Studienausgabe 1994)
Band 18:
Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus/ Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1 9 0 4 - 1 9 2 0
578
MWG Abteilung I • Aufbau und
Band 19:
Editionsregeln
Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzlanismus und Taoismus Schriften 1 9 1 5 - 1 9 2 0 Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Petra Kolonko; 1989 (Studienausgabe 1991)
Band 20:
Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus 1916-1920 Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer In Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Golzlo; 1996 (Studienausgabe 1998)
Band 21:
Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum Schriften und Reden 1917-1920
Band 22:
Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß 2 2 - 1 : Gemeinschaften Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Michael Meyer; 2001 2 2 - 2 : Religiöse
Gemeinschaften
Hg. von Hans G. Kippenberg in Zusammenarbeit mit Petra Schllm unter Mitwirkung von Jutta Nlemeler;
2001 2 2 - 3 : Recht 2 2 - 4 : Herrschaft 2 2 - 5 : Die Stadt Hg. von Wilfried Nippel; 1999 (Studienausgabe 2000)
2 2 - 6 : Materialien und Register Band 23:
Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie Unvollendet 1 9 1 9 - 1 9 2 0
3. Aufbau der
Bände
Jeder Band enthält eine Einleitung des Herausgebers, die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers, denen jeweils ein Editorischer Bericht vorangestellt ist, Verzeichnisse und Register. Innerhalb der Bände sind die Edierten Texte chronologisch geordnet. Bei von Weber veröffentlichten Texten ist das Datum der Veröffentlichung, bei nachgelassenen Texten das Datum der Entstehung maßgebend. Äußerungen Webers, über die wir nur Ersatzzeugen besitzen, werden im zweiten Teil eines Bandes zusam-
MWG Abteilung
I • Aufbau und
Editionsregeln
579
mengefaßt und nach dem Datum der Äußerung wiederum chronologisch angeordnet. Einzelnen Bänden sind Anhänge beigegeben. Darin finden sich zunächst Texte, die Weber mit anderen Personen zusammen verfaßte oder unterzeichnete, gegebenenfalls Hinweise auf verlorene Texte sowie auf Dokumente.
4.
Bandeinleitung
Die Einleitung des Herausgebers informiert über die Anordnung, die thematischen Schwerpunkte und über den wissenschaftsgeschichtlichen und zeitgeschichtlichen Hintergrund der Texte. Enthält ein Band mehrere Texte, geht die Einleitung außerdem auf deren Zusammenhang ein. Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte sowie die Geschichte von Nacheditionen dagegen bleiben in der Regel außer Betracht. Die Einleitung berichtet ferner über bandspezifische Editionsfragen, z. B. über sprachliche Eigentümlichkeiten Webers und deren editorische Behandlung. Alle textspezifischen Informationen geben die Editorischen Berichte.
5. Editorische
Berichte
Jedem Text ist ein Editorischer Bericht vorangestellt, der über dessen Entstehung, Entwicklung und Überlieferung sowie über editorische Entscheidungen informiert. Er ist in die Abschnitte „Zur Entstehung" und „Zur Überlieferung und Edition" gegliedert.
5.1 „Zur
Entstehung"
Dieser Abschnitt skizziert die historisch-politischen, wissenschaftlichen und biographischen Zusammenhänge, in denen ein Text steht. Er stellt ferner seine Entstehung und Entwicklung dar. Sofern mehrere Fassungen eines Textes vorliegen, wird deren Verhältnis zueinander beschrieben.
5.2 „Zur Überlieferung
und
Edition"
Dieser Abschnitt informiert über Textbefund und Überlieferungslage. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, wird dargelegt, welche der Fassungen Edierter Text und welche Variante ist. Ferner werden alle weiteren editorischen Entscheidungen begründet. Dazu gehört unter anderem auch die Behandlung textspezifischer Eigentümlichkeiten.
580
MWG Abteilung
I • Aufbau und
Editionsregeln
6. Texte Bearbeitung und Präsentation der Texte folgen der historisch-kritischen Methode. Dies geschieht mit Hilfe von drei Apparaten: d e m Korrekturen- und d e m Variantenapparat, die z u m textkritischen A p p a r a t zusammengefaßt sind, und d e m Erläuterungsapparat. 6.1 Textkritischer
Apparat
Der textkritische A p p a r a t hat in erster Linie zwei A u f g a b e n : Aufweis der Textentw i c k l u n g und N a c h w e i s der Texteingriffe. 6.1.1
Textentwicklung
Liegt ein Text in mehreren autorisierten Fassungen vor, ist eine Fassung zum Edierten Text bestimmt. Dies ist in der Regel die Fassung letzter Hand. J e d e zur Variante bestimmte Fassung wird im textkritischen A p p a r a t mitgeteilt, in der Regel mit Hilfe eines negativen Apparats. Wo es die Sachlage erfordert, insbesondere bei u m f a n g r e i c h e n Varianten, ist der positive A p p a r a t oder die synoptische Darstellung gewählt. Die früheste oder einzige Fassung eines Textes trägt die Sigle A. Spätere Fass u n g e n sind in chronologischer Folge mit B, C usw. bezeichnet. 6.1.2
Texteingriffe
Texteingriffe sind auf ein M i n i m u m beschränkt. Sie w e r d e n bei Textverderbnissen v o r g e n o m m e n . Als verderbt gelten Textstellen, die den S i n n z u s a m m e n h a n g zerstören. Der Eingriff wird d a d u r c h nachgewiesen, daß die verderbte Stelle im textkritischen A p p a r a t mitgeteilt wird. Läßt sich eine unklare Stelle nicht eindeutig als verderbt erkennen, so wird sie unverändert gelassen. Je nach Sachlage bietet der A p p a r a t d a n n Lesarten in Voreditionen oder a n d e r e Verständnishilfen an. Nicht als Textverderbnis gelten Spracheigentümlichkeiten, einschließlich regelwidriger, aber nicht sinnentstellender grammatischer Konstruktionen, nicht mehr g e b r ä u c h l i c h e r Lautstand, veraltete O r t h o g r a p h i e und Interpunktion. In f o l g e n d e n Fällen w e r d e n Texteingriffe ohne N a c h w e i s im textkritischen A p p a r a t vorgenommen: a) Bei der Gestaltung von Überschriften, Zwischentiteln, anderen Gliederungsmerkmalen (z.B. Paragraphen) sowie H e r v o r h e b u n g e n : Sie w e r d e n typographisch vereinheitlicht. b) Bei Umlauten: Sie w e r d e n - soweit sie Folge der zu Webers Zeit üblichen Drucktechnik sind - der heutigen Schreibweise a n g e g l i c h e n (Ä statt Ae). Die Schreibweise ss für ß wird zu ß vereinheitlicht. c) Bei A b k ü r z u n g e n : Sie werden, sofern sie schwer verständlich und heute nicht mehr üblich sind, in e c k i g e n K l a m m e r n ausgeschrieben. d) Bei offensichtlichen Druckfehlern: Sie w e r d e n korrigiert (z.B. „Erleicherung", „aucht").
MWG Abteilung
I • Aufbau und
Editionsregeln
581
e) Bei Interpunktionsfehlern: Sie werden bei der Reihung von Hauptsätzen, Aufzählungen, Relativsätzen und „daß"-Sätzen korrigiert. In allen anderen Fällen werden eingefügte Satzzeichen durch eckige Klammern kenntlich gemacht. f) Bei der Numerierung von Anmerkungen: Sie werden text- oder kapitelweise durchgezählt. Entsteht dadurch eine Abweichung gegenüber Webers Zählung, so wird dies im Editorischen Bericht vermerkt. g) Bei der Einfügung von Titeln und Zwischenüberschriften: Sie werden in eckige Klammern gesetzt und im Editorischen Bericht begründet
6.2
Erläuterungsapparat
Der Erläuterungsapparat dient dem Nachweis, der Ergänzung oder der Korrektur der Zitate und der Literaturangaben sowie der Sacherläuterung. 6.2.1
Zitate
Webers Zitate werden überprüft. Sind sie indirekt, unvollständig oder fehlerhaft, gibt der Apparat den richtigen Wortlaut wieder. Hat Weber ein Zitat nicht belegt, wird es im Apparat nachgewiesen. Ist uns der Nachweis nicht möglich, so lautet die Anmerkung: „Als Zitat nicht nachgewiesen". 6.2.2
Literaturangaben
Webers Literaturangaben werden überprüft. Sind sie nicht eindeutig oder fehlerhaft, werden sie ergänzt oder berichtigt, wenn möglich, unter Verwendung der von Weber benutzten Ausgabe. Es wird dafür ein Kurztitel verwendet. Die vollständigen bibliographischen Angaben finden sich im Verzeichnis der von Weber zitierten Literatur. Verweist Weber ohne nähere Angaben auf Literatur, so ist sie, wenn möglich, im Apparat nachgewiesen. Literaturangaben des Herausgebers werden beim ersten Auftreten vollständig aufgeführt, bei Wiederholungen wird ein Kurztitel verwendet. 6.2.3
Sacherläuterung
Erläutert werden Ereignisse und Begriffe, deren Kenntnis für das Verständnis des Textes unerläßlich erscheint. Informationen über Personen finden sich im Personenverzeichnis am Ende des Bandes. Erfordert eine Textstelle darüber hinausgehende Informationen über eine Person, so bietet sie der Apparat. Sachliche Fehler Webers werden im Apparat berichtigt. Für Wörter aus fremden Schriftsystemen verwendet der Editor in seinen Erläuterungen die Transliteration nach den heute gültigen Richtlinien.
6.3
Präsentation
Um die Benutzung der Ausgabe zu erleichtern, erscheinen Webers Text und die dazugehörigen Apparate in der Regel auf derselben Seite.
582
MWG Abteilung
I • Aufbau und
Editionsregeln
Edierter Text und Varianten sind gleichwertig. Die Varianten w e r d e n so präsentiert, daß der Leser die Textentwicklung erkennen kann. Kleine lateinische Buchstaben v e r b i n d e n d e n Edierten Text mit d e m textkritischen A p p a r a t . Sie stehen hinter d e m Varianten oder emendierten Wort. Bezieht sich die textkritische A n m e r k u n g auf mehr als ein Wort, so markiert ein g e r a d e gesetzter Index den A n f a n g und ein kursiv gesetzter Index das Ende der fraglichen Wortfolge ( a mit Amerika 3 ). Die Ersatzzeugen von W e b e r s Äußerungen, auf die wir zurückgreifen müssen, stimmen nicht immer überein. In solchen Fällen sind sie alle ohne W e r t u n g aufeinanderfolgend oder synoptisch w i e d e r g e g e b e n . Zeitungsberichte enthalten in der Regel einen redaktionellen Vorspann, Zwischentexte oder N a c h b e m e r k u n g e n ; Sitzungs- und Kongreßprotokolle g e b e n auch Beiträge anderer Redner wieder. Wenn diese Texte in unmittelbarem sachlichen Z u s a m m e n h a n g mit W e b e r s Äußerungen stehen, w e r d e n sie e n t w e d e r in Form eines Regests, wörtlich in kleinere!" Drucktype oder im textkritischen A p p a rat mitgeteilt. Die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers und die Erläuterungen des Herausgebers sind d u r c h arabische Ziffern ohne K l a m m e r n miteinander v e r b u n den. U m die H e r a u s g e b e r r e d e von W e b e r s Text a b z u h e b e n , ist sie in anderer Schriftt y p e gesetzt.
7. Verzeichnisse
und
Register
D e m Band sind f o l g e n d e Verzeichnisse und Register beigefügt: 1. Ein Inhaltsverzeichnis. 2. Ein Verzeichnis der Siglen, Zeichen und A b k ü r z u n g e n . 3. Ein Literaturverzeichnis: Es enthält die von Weber zitierte Literatur vollständig bibliographisch erfaßt. Auf den Titel folgt in Klammern der v o m Editor in seinen Erläuterungen g e b r a u c h t e Kurztitel. 4. Ein Personenverzeichnis: A u f g e n o m m e n sind alle Personen, die W e b e r erwähnt, mit A u s n a h m e allgemein bekannter (z. B. Bismarck, Wilhelm II.) und in Literaturangaben genannter Personen. Es liefert die wichtigsten L e b e n s d a ten, gibt die berufliche oder politische Stellung an und führt ggf. die v e r w a n d t schaftlichen oder persönlichen Beziehungen zu W e b e r auf. Das Personenverzeichnis hat d e n Z w e c k , den Erläuterungsapparat zu entlasten. 5. Ein Personenregister:. Es verzeichnet sämtliche von W e b e r und v o m Editor erwähnten Personen einschließlich der Autoren der von Weber und v o m Editor zitierten Literatur. 6. Ein Sachregister: Es enthält alle wichtigen Begriffe und S a c h b e z e i c h n u n g e n . Ist ein Begriff für einen Text thematisch, w e r d e n nur zentrale Stellen und besondere B e d e u t u n g e n verzeichnet. Es verzeichnet ferner alle g e o g r a p h i schen Namen, mit A u s n a h m e der Verlagsorte in Literaturangaben u n d der Archivorte. Es w e r d e n die N a m e n benutzt, die im d e u t s c h e n S p r a c h r a u m vor
MW G Abteilung I -Aufbau und
Editionsregeln
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1920 üblich waren oder amtlich gebraucht wurden. Kann ein Ort nicht als bekannt vorausgesetzt werden, wird zur Erläuterung die Verwaltungseinheit nach dem Gebietsstand von 1920 (z.B. Kreis, Regierungsbezirk) und ggf. auch der heute amtliche Name beigefügt. Personen- und Sachregister erfassen Webers Texte und die Herausgeberrede. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Einem Band können weitere Verzeichnisse, wie z.B. Glossare, Konkordanzen, Maß- und Gewichtstabellen sowie Karten beigefügt sein.
8. Indices und
Zeichen
Folgende Indices werden verwendet: a) Arabische Ziffern mit runder Schlußklammer ( 1 ) , 2 ) , 3 ) . . . ) kennzeichnen Webers eigene Anmerkungen. b) Arabische Ziffern ohne Klammern ( 1 , z , 3 ...) und in von a) abweichender Schrift markieren die Erläuterungen des Editors. c) Kleine lateinische Buchstaben ( a , b , c ...) kennzeichnen eine textkritische Anmerkung. Folgende Zeichen werden verwendet: d) Das Zeichen | gibt die Stelle des Seltenwechsels nach der ursprünglichen Paginierung einer Textfassung wieder. e) Das Zeichen [ ] markiert Hinzufügungen zum Text durch den Editor.
Bandfolge der Abteilung II: Briefe
Band Band Band Band Band
1: 2: 3: 4: 5:
J u g e n d b r i e f e bis 1886 Briefe 1 8 8 7 - 1 8 9 4 Briefe 1 8 9 5 - 1 9 0 0 Briefe 1 9 0 1 - 1 9 0 5 Briefe 1 9 0 6 - 1 9 0 8 Hg. von M. Rainer Lepsius und W o l f g a n g J. M o m m s e n in Z u s a m m e n a r b e i t mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1990
Band 6: Briefe 1 9 0 9 - 1 9 1 0 Hg. von M. Rainer Lepsius und W o l f g a n g J. M o m m s e n In Z u s a m m e n a r b e i t mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1994
Band 7: Briefe 1 9 1 1 - 1 9 1 2 Hg. v o n M. Rainer Lepsius und W o l f g a n g J. M o m m s e n in Z u s a m m e n a r b e i t mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2 H a l b b ä n d e , 1998
Band 8: Briefe 1 9 1 3 - 1 9 1 4 Band 9: Briefe 1 9 1 5 - 1 9 1 7 Band 10: Briefe 1 9 1 8 - 1 9 2 0 In Band 10 w e r d e n als N a c h t r ä g e auch solche Briefe a u f g e n o m m e n , die nach Erscheinen der einschlägigen B ä n d e noch a u f g e f u n d e n w e r d e n oder die nicht datierbar sind.