Management von Organisationsänderungen in der öffentlichen Verwaltung: Zur Wirksamkeit von Strategien des geplanten Organisationswandels [1 ed.] 9783428451142, 9783428051144


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German Pages 194 Year 1982

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Management von Organisationsänderungen in der öffentlichen Verwaltung: Zur Wirksamkeit von Strategien des geplanten Organisationswandels [1 ed.]
 9783428451142, 9783428051144

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Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 86

Management von Organisationsänderungen in der öffentlichen Verwaltung Zur Wirksamkeit von Strategien des geplanten Organisationswandels

Von

Rainer Koch

Duncker & Humblot · Berlin

RAINER

KOCH

Management von Organisationsänderungen in der öffentlichen Verwaltung

S c h r i f t e n r e i h e der H o c h s c h u l e Speyer Band 86

Management von Organisationsänderungen in der öffentlichen Verwaltung Zur Wirksamkeit von Strategien des geplanten Organisationswandels

Von Rainer Koch

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 05114 9

Vorwort I n Regierungssystemen, i n denen sich Inhalte und Zielsetzungen der Politik je nach ihrer politischen Durchsetzbarkeit erneut verändern, ist auch damit zu rechnen, daß sich öffentliche Verwaltungen ihrerseits einem steten Druck auf Anpassung bzw. Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit ausgesetzt sehen. Dabei hat sich allerdings gerade i m letzten Jahrzehnt gezeigt, daß öffentliche Verwaltungen entsprechend sachlich notwendige Anpassungen oder Reformvorhaben (wie etwa bei Strukturinnovationen i m Ministerialbereich oder der zunächst beabsichtigten Gesamtreform des öffentlichen Dienstrechts) i n der Regel nur mit hohen Wirkungsverlusten durchzuführen vermögen. Wie es sich mittlerweile auch für Reformvorhaben unterschiedlicher A r t nachweisen läßt, spielen hier nicht nur die politische Großwetterlage (politischer Konsensbedarf) und die bekannte Anpassungsträgheit bürokratischer Organisationen m i t hinein, sondern ebenso die A r t und Weise, wie diese Reformvorhaben durchgeführt werden. Dabei kann zumindest für den Einzelfall angenommen werden, daß allein schon die bewußt oder unbewußt angewandte Strategie des geplanten Organisationswandels über den Erfolg bzw. Mißerfolg eines Vorhabens (etwa auch bei der Einführung moderner Bürotechnologien) zu entscheiden vermag. Wenngleich es sich hierbei um eine äußerst kritische Voraussetzung erfolgreicher Verwaltungsreformen handelt, gibt es bis auf den heutigen Tag kein auf die speziellen Bedingungen öffentlicher Verwaltungen hin angepaßtes Verfahren, m i t dem sich ein Organisationswandel i m umfassenden Sinn (also von der Initiierung bis zur praktischen Durchführung) unter Wirksamkeitsgesichtspunkten steuern und gestalten läßt. Aus diesen Gründen ist in der folgenden Arbeit versucht worden, zumindest die Grundzüge eines entsprechenden Managementmodells (im Sinne eines „offenen" Entscheidungsmodells) zu entwickeln. Dabei geht es zunächst darum, m i t Hilfe gezielt durchgeführter Fallstudien die überhaupt für die Wirksamkeit eines Organisationswandels ausschlaggebenden Einflußgrößen (seien es Situations- oder Prozeßvariablen) zu bestimmen. Die dabei aufgedeckten Wirkungszusammenhänge (Bezugsrahmen zur Effektivität eines geplanten Organisationswandels) dienen uns sodann dazu, die logisch-analytisch notwendigen Bestandteile eines Managementmodells (wie Situationsbedingungen, verfügbare Maßnahmen und Ziele) nun auch inhaltlich zu bestim-

6

Vorwort

men. Wenn sich aus diesem Modell auch nicht schon automatisch die jeweils garantiert richtigen Entscheidungen bzw. Lösungen ableiten lassen, so soll m i t diesem Modell den Organisatoren i n den öffentlichen Verwaltungen zumindest die Möglichkeit eröffnet werden, unter Berücksichtigung der dem Prinzip nach ausschlaggebenden Einflußgrößen zu vergleichsweise brauchbaren Strategien des Organisationswandels zu kommen. Diese Arbeit ist i m Rahmen eines Forschungsprojekts entstanden, das am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer m i t finanzieller Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft durchgeführt worden ist. Beiden Einrichtungen gebührt für ihre Unterstützung aufrichtiger Dank, wenngleich diese Arbeit auch nicht ohne die fortdauernde Unterstützung des damaligen Projektleiters, Prof. Dr. H. Siedentopf, die bereitwilligen Auskünfte einer Vielzahl hier ungenannt bleibender Verwaltungsangehöriger und nicht zuletzt auch nicht ohne die Rücksicht entstanden wäre, die i n solchen Fällen erfahrungsgemäß Ehefrau und Kinder zu gewähren haben. Köln, i m November 1981

Rainer Koch

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

11

1.1. Problemstellung

und Ziel der Untersuchung

11

1.2. Methodologische

Probleme

17

1.3. Theoretische 1.4. Bezugsrahmen 1.5. Vorgehen

der Untersuchung

Ansätze

22

der Untersuchung

und Gegenstand

28

der Untersuchung

37

2. Zur Initiierung der Organisationsänderung 2.1. Allgemeine Rahmenbedingungen tionsänderungen 2.2. Zur Definition

der Initiierung

41 von

Organisa41

einer Reorganisationsnotwendigkeit

45

2.2.1. Objektiver Innovationsdruck

46

2.2.2. Unterschiedliche Problemdefinitionen u n d Zielsetzungen . . .

49

2.2.3. Zeitverlust i m Entscheidungsprozeß

53

2.2.4. Folgen für die Initiierungsbedingungen

57

2.3. Reaktion

auf die Reorganisationsforderung

60

2.3.1. Wahrnehmung einer Reorganisationsnotwendigkeit

61

2.3.2. Unterschiedliche Reaktionsmuster

64

2.3.3. Reaktionsmuster u n d Folgen f ü r die Durchführbarkeit

67

3. Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung 3.1. Strukturelle keiten

Bedingungen

3.1.1. Rationalisierung

der

70

Informationsverarbeitungsfähig72 72

8

Inhaltsverzeichnis 3.1.2. Professionalisierung

74

3.1.3. Institutionalisierung

76

3.1.4. Folgen für die Durchführbarkeit der Organisationsänderung

78

3.2. Organisation

der Informationserfassung

und -Verarbeitung

79

3.2.1. Zentralisierung der Informationsverarbeitung

80

3.2.2. Spezielle „Unterorganisiertheit" der Vorbereitung

81

3.2.3. Einrichtung einer Projektgruppe

84

3.2.4. Die Organisationsformen i m Vergleich

87

3.3. Ergebnisse

der Informationsverarbeitung

3.3.1. Beiträge zur Regelungsfähigkeit 3.3.1.1. Geringe Planungskomplexität

88 89 89

3.3.1.2. Unstrukturierte Planungskomplexität

91

3.3.1.3. Hohe Planungskomplexität

94

3.3.2. Beiträge zur Akzeptanzbildung

96

3.3.2.1. Produktion von Abhängigkeit

96

3.3.2.2. Produktion von Unsicherheit

97

3.3.2.3. Entfachung positiver Einstellungen

98

4. Entscheidungsfindung und Autorisierung 4.1. Anwendung

von Amtsautorität

4.1.1. Zentralisierung des Entscheidungsprozesises

101 102 103

4.1.2. Amtsautorität u n d Sachgesetzlichkeit als Entscheidungskriterien 105 4.1.3. Sachliche u n d soziale Folgen 4.2. Anwendung

von Charisma

106 107

4.2.1. Konzentration der Entscheidungen bei der Führungsspitze 108 4.2.2. Charisma als Entscheidungskriterium

109

4.2.3. Sachliche und soziale Folgen

110

4.3. Anwendung

von Verfahrensrationalität

112

4,3,1. Öffnung des K o m m u n i k a t i o n s - u n d Entscheddungssystems 113

Inhaltsverzeichnis 4.3.2. Sachverständigkeit u n d Interessenausgleich

114

4.3.3. Sachliche und soziale Folgen

115

5. Implementation 5.1. Allgemeine

117 Bedingungen

5.2. Organisation

der Akzeptanzbildung

118

der Implementation

121

5.2.1. Implementation durch die Hierarchie

121

5.2.2. Implementation über die Führungsspitze

125

5.2.3. Implementation durch eine spezielle Änderungsorganisation 127 5.3. Anreizangebote

130

5.3.1. Strategie der Negativ-Motivation

131

5.3.2. Entwicklung von Neutral-Verhalten

134

5.3.3. Strategie der Positiv-Motivation

137

5.4. Reaktion

und Akzeptanz

141

5.4.1. Hohes Konfliktniveau u n d geringe Akzeptanz

142

5.4.2. Mittleres Konfliktniveau und problematische Akzeptanz . . . 145 5.4.3. Fehlendes Konfliktniveau und hohe Akzeptanz

149

6. Zum Management von Organisationsänderungen 6.1. Zur Effektivität

152

von Änderungsstrategien

152

6.1.1. Erfolgskriterien: Regelungsfähigkeit und Akzeptanzbildung 153 6.1.2. Prozeßvariablen und Erfolgsbedingungen

156

6.1.2.1. Initiierungsphase 6.1.2.2. Organisation der Informationserfassung mationsverarbeitung

157 und I n f o r 159

6.1.2.3. Entscheidungsfindung und Autorisierung

161

6.1.2.4. Implementation

163

6.1.3. Prozeß dynamische Faktoren

166

6.1.3.1. Situative Fehlangepaßtheit von Strategiemaßnahmen 166 6.1.3.2. Phasengliederung

167

6.1.3.3. Vergabe- oder Übernahmebedingungen bei Anreizen 168

10

Inhaltsverzeichnis 6.1.4. Z u einer Theorie des geplanten Organisationswandels der öffentlichen V e r w a l t u n g 169 6.2. Empfehlungen

zur Durchführung

von Organisationsänderungen

6.2.1. Bestandteile des Modells

173 175

6.2.1.1. Ziele

175

6.2.1.2. Maßnahmen-Teil

176

6.2.1.3. Situationsbedingungen

177

6.2.1.4. Anwendungsregeln

178

6.2.2. Instrumente des Modells

179

6.2.2.1. Vorgaben zur Situationsanalyse

180

6.2.2.2. Maßnahmen

184

Literaturverzeichnis

187

1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

1.1. Problemstellung und Ziel der Untersuchung Wenn man heute von der Schwerregierbarkeit westlicher Demokratien spricht, so meint man damit zumeist die bedeutungsvolle Erscheinung, daß diese Form von Regierungsweise zumindest der Tendenz nach mehr Probleme produziert als sie mit Hilfe ihrer eigenen Institutionen und Verfahrensweisen zu verarbeiten vermag 1 . Zu den speziellen Formen der Schwerregierbarkeit kommt es dabei, weil die Politikprozesse fast schon systematisch zusätzliche Ansprüche und Erwartungen entfachen, es i m Rahmen dieser Regierungsweise aber nicht schon eine Regelung gibt, mit der sich nun Ansprüche und Erwartungen an den Staat auf das Ausmaß ihrer Finanzierbarkeit hin begrenzen ließen. Diesen speziell i m Parteienwettbewerb entfachten Erwartungen muß sogar notwendigerweise ohne große Abstriche nachgekommen werden, weil ansonsten — und zwar entsprechend der neuzeitlichen Legitimation staatlicher Herrschaft — mit einem Entzug an politischer Unterstützung und Folgebereitschaft zu rechnen ist. Wenn es somit auf der einen Seite fast systematisch zu steigenden Ansprüchen an den Staat kommt, so bleibt es dem Staat auf der anderen Seite allerdings verwehrt, die entsprechend zusätzlich notwendig werdenden Ausgaben durch ein quasi bedingungsloses Abschöpfen finanzieller Mittel aus dem ökonomischen Reproduktionsprozeß zu finanzieren. Die Schwerregierbarkeit westlicher Demokratien zeigt sich daher auch i n aller Regel an dem groben Mißverhältnis von Ansprüchen an das staatliche Leistungsangebot und den Möglichkeiten ihrer Finanzierung. I n einer Situation, i n der die Leistungsfähigkeit des Staates mehr oder weniger dauerhaft überlastet wird, ist es gewissermaßen selbstverständlich, daß die Reform von Regierung und Verwaltung zu einem zentralen Thema der Auseinandersetzung wird. So ist ja schon einmal an die vielfältigen Versuche zu denken, diesem Mißverhältnis von öffentlichen Aufgaben und finanziellen Ressourcen durch Sparmaßnah1 F ü r diese i n der Neuen Politischen Ökonomie typischen Betrachtungsweise vgl. Franz Lehner, Grenzen des Regierens, Eine Studie zur Regierungsproblematik hochindustrialisierter Demokratien, Königstein/Ts 1979, S. 26 ff.

12

1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

men bzw. durch eine Reduzierung des finanziellen Aufwandes beizukommen. Zudem w i r d zumindest erwogen, diesem Leistungsdilemma auch durch eine gezielte Reduzierung des out-put staatlichen Handelns und somit durch einen Aufgabenabbau bzw. m i t dem Mittel der Entstaatlichung oder Privatisierung zu begegnen. Schließlich ist i n diesem Zusammenhang ebenso an die quasi traditionelle Strategie der Regierungs- und Verwaltungsreform im engeren Sinne zu denken. I n diesen Fällen versucht man durch eine Verbesserung der Organisations- und Entscheidungsstrukturen gewissermaßen die Produktivität des Regierungs- und Verwaltungshandelns zu erhöhen 2 . Während die beiden anderen Strategien entweder bei den Aufwendungen selbst oder bei dem Leistungsangebot ansetzen, handelt es sich also bei der traditionellen Regierungs- und Verwaltungsreform um den Versuch, durch Organisationsreformen die Relation von Aufwendungen und Leistungen im Rahmen weitgehend vorgegebener Größen zu verbessern. Wenngleich es aus verschiedenen Gründen recht schwierig ist, den Erfolg der einzelnen Strategien mit der methodisch jeweils wünschenswerten Präzision nachzuweisen, so ist doch zumindest zweifelsfrei, daß sich mit den bisher eingeschlagenen Strategien das grundlegende Leistungsdilemma staatlichen Handelns zumindest nicht nachhaltig oder spürbar beheben ließ. Ein i n diesem Zusammenhang besonders bezeichnendes Beispiel bildet die Regierungs- und Verwaltungsreform im engeren Sinn, die ja mit dem Mittel der Struktur- bzw. Organisationsreform versucht, die Leistungsfähigkeit öffentlichen Handelns zu verbessern 3. So ist es i m Zuge dieser Regierungs- und Verwaltungsreform zwar durchaus gelungen, eine Vielzahl an Modellen zu einer mehr oder weniger umfassenden Strukturreform von Regierung und Verwaltung zu entwickeln; die Durchsetzbarkeit dieser Reformen bzw. die von diesen Reformen erzielte Verbesserung des Regierungs- und Verwaltungshandelns blieb allerdings regelmäßig hinter den selbst gesetzten Zielen und Erwartungen zurück 4 . Dabei ist die Regierungs- und Verwaltungsreform aber nicht nur rein faktisch ein Beispiel für die bisher erfolglos 2 Z u einer detaillierten Darstellung bisheriger Bemühungen vgl. Heinrich Siedentopf / Rainer Koch, Strategien der Verwaltungsreform, Grenzen u n d Möglichkeiten der Rationalisierung öffentlicher Verwaltungen, i n : K . Krüger / G. Rühl / J. Zink (Hrsg.) Industrial Engineering und Organisationsentwicklung i m kommenden Dezennium, Darmstadt 1979, S. 319 ff. 3 Kritisch i n dieser Hinsicht daher auch Heribert Schatz, Regierungs- und Verwaltungsreform i m politisch-administrativen Spannungsfeld, i n : Studien zur Reform von Regierung und Verwaltung, Schriftenreihe des Vereins für Verwaltungsreform und Verwaltungsfoschung, Bonn 1978, S. 9—20. 4 Einen beschreibenden Überblick dazu geben Gerd Pflaumer / Gotthard Scholz, Verwaltungsorganisation i m Wandel, i n : Ziel- u n d ergebnisorientiertes Verwaltungshandeln, Verwaltung u n d Fortbildung, Sonderheft 4, K ö l n 1979, S. 105 ff.

1.1. Problemstellung und Ziel der Untersuchung

13

gebliebenen Bemühungen, m i t Hilfe von Strukturreformen die Planungs- und Entscheidungsfähigkeit und somit letztlich auch die gesellschaftsbezogene Steuerungsfähigkeit staatlichen Handelns zu verbessern ; denn der Verlauf dieser Regierungs- und Verwaltungsreform bildet zugleich ein recht günstiges Anschauungsbeispiel dafür, auf welche Probleme man quasi prinzipiell bei dem Versuch stößt, einen geplanten Organisationswandel möglichst effektiv durchzuführen 5 . A u f entsprechend einschlägige Probleme stößt man i n verschiedener Hinsicht. So kann bei Organisations- und Strukturreformen der erhoffte Erfolg schon einmal ausbleiben, weil bereits in sachlogischer Hinsicht auf ein untaugliches (alternatives) Organisationsmodell zurückgegriffen wird. Wenn es hier noch gewissermaßen um die i m technischen Sinne unzureichende Problembeseitigungskraft einer Organisationsmaßnahme geht, so kann es darüber hinaus zu Erfolgseinbußen und Wirkungsverlusten kommen, weil vorgesehene Maßnahmen nicht i m Rahmen ansonsten unverändert gebliebener sozialer und gesellschaftlicher Gegebenheiten durchzusetzen sind bzw. zu funktionieren vermögen. Zu einer solchen Fehlangepaßtheit von Organisationsreformen kommt es schon fast regelmäßig bei dem Versuch, staatliches und administratives Handeln an Zielen bzw. übergreifenden Gemeinwohlkriterien festzumachen, die dazu vorgesehenen organisatorischen Maßnahmen es aber selbst nicht schon verhindern können, daß sich i m umfassenden Gesellschaftssystem der Wert bzw. Nutzen von Gütern und Dienstleistungen weiterhin erst nach einem Tausch entsprechend Marktbedingungen einstellt 6 . Diese eher grundsätzliche Diskrepanz i m System/Umwelt-Verhältnis ist also ebenfalls zu berücksichtigen, wenn es um die Erklärung der nur geringen Funktionstauglichkeit bisheriger zielorientierter Planungsund Managementsysteme, sei es i n Form zielorientierter Führungskonzepte, des Programmhaushaltes oder der Programmorganisation, geht 7 . δ I n diese Richtung geht auch schon der Beitrag von Edda Müller, Konzeptionen u n d Umsetzungsstrategien der Projektgruppe Regierungs- und V e r waltungsreform zur Verbesserung der internen Ministerialorganisation, i n : Studien zur Reform von Regierung u n d Verwaltung, Schriftenreihe des V e r eins für Verwaltungsreform u n d Verwaltungsforschung, Bonn 1978, S. 49—78. * Z u diesem logischen Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen M e chanismus der Machtverteilung und den bisherigen Konzeptionen der Regierungs· u n d Verwaltungsreform vgl. Frieder Naschold / Werner Väth, Politische Planungssysteme i m entwickelten Kapitalismus, i n : dieselben (Hrsg.) Politische Planungssysteme, Opladen 1973, S. 16 ff. sowie Erhard Blankenburg / Günther Schmid / Hubert Treiber, Von der reaktiven zur aktiven Politik? Darstellung u n d K r i t i k des Policy-Science-Ansatzes, i n : Peter Grottian / Axel Murswiek (Hrsg.), Handlungsspielräume der Staatsadministration, Hamburg 1974, S. 35—49. 7 Eine entsprechende Beurteilung bisheriger Regierungs- und Verwaltungsreformen findet sich bei Rainer Prätorius, Folgen der Planung; Ursachen, Bedingungen und Grenzen moderner Verwaltungsreformen, L o l l a r / L a h n 1977.

14

1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

Darüber hinaus sind allerdings verschiedene interne — also i n gewisser Weise durch die Verwaltung selbst kontrollierbare — Gegebenheiten zu berücksichtigen. Als einflußnehmende Größen kommen dabei sowohl strukturell-organisatiorische als auch personelle Gegebenheiten der öffentlichen Verwaltung i n Betracht 8 . Je nach dem, was mit einer Organisationsreform beabsichtigt wird, kann der Erfolg einer Organisationsreform schon einmal durch das für bürokratische Organisationen mehr oder weniger typische Besitzstandswahrungs- und Wachstumsinteresse geschmälert werden. Zum anderen ist bei der Durchführung solcher Organisationsreformen in aller Regel damit zu rechnen, daß sich allein schon aufgrund der psychologischen Befindlichkeit einzelner Mitarbeiter, etwa aufgrund einer übermäßig starken Angst vor den zunächst nicht zu kalkulierenden Folgewirkungen einer Organisationsänderung, Widerstand einstellt. Schließlich ist zu vermuten, daß der Erfolg einer Organisationsreform nicht nur von den bisher erwähnten externen oder internen Rahmenbedingungen, sondern ebenso durch bestimmte Prozeßbedingungen und somit durch die beim Vollzug einer Organisationsreform angewandten Strategien bzw. Vorgehensweise beeinflußt w i r d 9 . Hierbei handelt es sich gewissermaßen um die positiven oder negativen Wirkungen, die sich allein schon durch die Abwicklung des Änderungsprozesses bzw. durch die Anwendung einer bestimmten Strategie des Organisationswandels einstellen, also nicht schon mit der Ausprägung der allgemeinen Rahmenbedingungen notwendigerweise vorausbestimmt sein müssen. Da i n der Durchführung von Organisationsreformen bisher zu weiten Teilen kein besonderes Führungs- und Organisationsproblem gesehen wird, öffentliche Verwaltungseinheiten bei der 8

Entsprechende Unterscheidungen zwischen strukturellen u n d personellen oder zwischen internen und externen Bedingungen eines Organisationswandels finden sich i n nahezu allen übergreifenden (insbesondere systemtheoretischen) Konzeptionen, vgl. etwa Arne F. Leemans, A Conceptual Framework for the Study of Reform of Central Government, i n : A.F. Leemans (ed.) The Management of Change i n Government, The Hague 1976, S. 65 ff.; Hans D. Jarass, Die Innovationsfähigkeit von Bürokratien, i n : Die Verwaltung, Heft 1/1978 S. 27—42 sowie ein spezielles Mehr-Ebenen-Modell der Organisationsänderung bei Rainer Koch, Organisationsplanung für den Personalbereich, E i n theoretisch-empirischer Beitrag zur Verwaltungsreformlehre, B e r l i n 1978, S. 88 ff. 9 I m Sinne eines empirisch bedeutsamen Faktors vgl. etwa Gerald E. Calden, Implementation — The Achilles Heel of Administrative Reform, i n : Arne F. Leemans, The Management of Change i n Government, The Hague 1976, S. 142—164 sowie Eduard Gabele, Das Management von Neuerungen, i n ZfbF, 30 (78), S. 194—217; relativ unabhängig von den Entwicklungen i n der Organisationstheorie hat die durchschlagende Bedeutung des Programmvollzugs für die W i r k u n g von Politikprogrammen zur Ausbildung eines speziell makroskopischen Forschungsansatzes der Implementation geführt, vgl. hierzu richtungsweisend Jeffrey L. Pressman / Aaron Β. Wildarsky, Implementation, Berkeley 1973.

1.1. Problemstellung u n d Ziel der Untersuchung

15

Durchführung organisatorischer Innovationen zumeist auf Routineprogramme zurückgreifen, dürfte i n aller Regel auch damit zu rechnen sein, daß die öffentliche Verwaltung schon aus diesem Grund den ihr verbleibenden Spielraum für einen geplanten Organisationswandel nicht optimal zu nutzen vermag 1 0 . Soweit man sich bisher um einen geplanten Organisationswandel bemüht, lag zudem der Akzent vorrangig auf der Entwicklung der vermeintlich sachlich richtigen Organisationsmodelle. Durch dieses vorrangige Interesse an der Entwicklung neuartiger oder alternativer Organisationsmodelle übersah man allerdings weitestgehend, daß mitunter allein schon die bei einer Organisationsänderung angewandte Strategie oder Vorgehensweise darüber entscheidet, wie wirkungsvoll sich eine Organisationsmaßnahme i m nachhinein erweist 1 1 . Bei veränderter Betrachtung kann allerdings leicht deutlich werden, daß sich dann gerade an diesem Punkt für die öffentliche Verwaltung eine günstige Gelegenheit bietet, den Erfolg von Organisationsreformen zu verbessern. Denn anders als bei den kurzfristig kaum veränderbaren Rahmenbedingungen hat es hier die öffentliche Verwaltung weitgehend selbst i n der Hand, mit einer überlegten Planung und Durchführung des Organisationswandels (bzw. des Änderungsprozesses) den Erfolg von Organisationsreformen günstiger zu gestalten. Die überlegte Planung und Durchführung eines Organisationswandels könnte also ganz wesentlich mit dazu beitragen, daß sich die Strukturreform (beispielhaft Maßnahmen zur Aufbau- und Ablauforganisation) besser als bisher oder i m überhaupt denkbaren Rahmen als ein Mittel zur Leistungssteigerung öffentlichen und staatlichen Handelns einsetzen läßt 1 2 . I n diesem Zusammenhang bekommt der geplante Organisationswandel wiederum seine spezielle Bedeutung für die Steuerungsfähigkeit staatlichen und administrativen Handelns und i n dieser Weise auch für die Frage der Regierbarkeit westlicher Demokratien. Ausgehend von dieser übergeordneten Problemstellung wollen w i r uns i m folgenden der faktisch bedeutsamen Frage annehmen, wie sich die Anwendung verschiedener Strategien eines geplanten Organisations10 Z u diesen Zusammenhängen vgl. Rainer Koch, Führungssystem und I m plementationsstrategien i n der öffentlichen Verwaltung, i n : Staats- u n d Kommunalverwaltung, Heft 2, 1977, S. 34 ff. 11 Darauf w i r d dann auch insbesondere bei der Evaluation des Erfolgs der Projektgruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform hingewiesen, vgl. dazu Manfred Lepper, Das Ende eines Experiments, Z u r Auflösung der P r o j e k t gruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform, i n : Die Verwaltung, Heft 4,1976, S. 478 ff. 12 H i e r w i r d also auf die f ü r die herkömmliche Regierungs- und V e r w a l tungsreform typische Perspektive bisher noch unzureichend genutzter interner Rationalisierungsreserven zurückgegriffen; vgl. hierzu insbesondere Fritz W. Scharpf, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, Göttingen 1974, insbesondere S. 90 ff.

16

1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

wandels auf den Erfolg von Organisationsreformen auswirkt. Da es hier i m weiteren Zusammenhang um das Problem einer Leistungsverbesserung staatlichen Handelns geht, kann es hier naturgemäß nicht quasi beliebig um die Wirkungsweise oder die Folgewirkungen von Strategien des Organisationswandels gehen. Entsprechend unserer übergeordneten Erkenntnisabsicht werden die Strategien des Organisationswandels vielmehr unter dem speziellen Gesichtspunkt ihrer Effektivität oder Zweckeignung für eine möglichst erfolgreiche Umsetzung von Organisationsreformen beurteilt. M i t dieser Erkenntnisabsicht w i r d also i n recht eindeutiger Weise festgelegt, daß in unserer Arbeit gewissermaßen nur die in diesem Sinne gewollten Wirkungen, nicht jedoch die nicht gewollten (aus anderen Perspektive aber ebenfalls bedeutsamen) Wirkungen von Strategien zum Gegenstand einer empirischen Analyse werden. Wie w i r später noch sehen werden, geht es hier der Forschungsanordnung nach um eine sozialwissenschaftliche Effektivitätsanalyse. Wenn w i r uns i n diesem Sinne um die Effektivität von Änderungsstrategien bemühen, so reiht sich unsere Untersuchung zugleich auch i n die übergreifende Forschungsrichtung des „geplanten Organisationswandels" ein 1 3 . Die Untersuchimg des Managements einzelner Organisationsänderungen soll uns daher auch dazu dienen, auf der Basis erster Daten zumindest einige konzeptionelle Bruchstücke zu einer Theorie des geplanten Organisationswandels i n der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. Wie w i r noch näher sehen werden, geht es hier um Aussagen zu den Einflußgrößen und Wirkungszusammenhängen, die notwendigerweise bei der Erklärung der Effektivität eines Organisationswandels zu berücksichtigen sind. I m Rahmen einer solchen Theorie kann dann zum einen die jeweilige Effektivität der untersuchten Strategien bestimmt als auch erklärt werden. Was im Rahmen einer solchen Theorie als „Ursache" für die Erklärung der relativen Eignung einer Strategie herangezogen wird, kann nun von anderer Seite her betrachtet zugleich als eine notwendige bzw. ausschlaggebende Situationsbedingung für einen wirkungsvollen Einsatz von Strategien angesehen werden. Die Aussagen einer solchen Theorie eignen sich also nicht nur zur Erklärung der relativen Eignung von Strategien, sondern aus dieser Theorie lassen sich aufgrund ihres 13 Wie es auch an den folgenden Ausführungen deutlich w i r d , handelt es sich dabei aus unserer Sicht u m jene Ansätze der Organisationstheorie, die auf der Basis vergleichender Untersuchungen zu Aussagen, bzw. Empfehlungen zu einer möglichst effektiven Durchführung von Organisationsänderung zu kommen versuchen, vgl. zu einer hierzu einschlägigen wissenschaftstheoretischen Klassifikation organisationstheoretischer Ansätze Werner Kirsch et. al., Betriebswirtschaftliche Logistik, Wiesbaden 1973, S. 435 ff. sowie derselbe, Betriebs Wirtschaftspolitik und geplanter Wandel betriebswirtschaftlicher Systeme, i n : Unternehmensführung u n d Organisation, hrsg. von W e r ner Kirsch, Wiesbaden 1973, S. 15—40.

1.2. Methodologische Probleme der Untersuchung

17

speziellen Erkenntniszieles zugleich auch die Prognosen oder Empfehlungen zu einer „richtigen" Vorgehensweise bei einem künftigen Organisationswandel ableiten 1 4 . Dem praktischen Bemühen u m eine Lösung dieser Probleme entspricht dann schließlich auch unser Versuch, m i t Hilfe unserer Effektivitätsüberprüfung zumindest die Grundzüge eines Managementmodells zum Organisationswandel zu entwickeln. Wenn es also einerseits noch darum geht, anhand bestimmter Fälle herauszufinden, was die Bedingungen eines wirkungsvollen Managements von Organisationsänderungen sind, so geht es andererseits bereits darum, diese ersten Erfahrungen für die Entwicklung eines Managementmodells oder eines „Strategie-Auswahl-Modells" zu nutzen 1 6 . I m übergeordneten Sinne kann sich unsere Untersuchung sodann auch als ein Beitrag zu einer Verwaltungsreformlehre verstehen, die sich bei der Entwicklung ihrer Vorschläge auch um die empirischen Bedingungen ihrer Durchführung bemüht.

1.2. Methodologische Probleme der Untersuchung Das übergeordnete Ziel unserer Untersuchung läßt sich i n dem Versuch sehen, einen Beitrag zu einer Theorie des geplanten Organisationswandels i n der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. Die Untersuchung dient dabei allerdings nicht nur der empirischen Bestimmung und der Erklärung der Effektivität von Änderungsstrategien, sondern die bei der Effektivitätsuntersuchung ermittelten Zusammenhänge sollen selbst dazu verwandt werden, einige Grundzüge eines Managementmodells zum Organisationswandel zu formulieren. Die Zielsetzung der Untersuchung besteht also gleichermaßen darin, nützliche Vorschläge zu einer Verbesserung gegebener Verhältnisse i n der öffentlichen Verwaltung zu machen. Da m i t dieser Untersuchung nicht nur ein theoretisches (oder empirisch-analytisches), sondern ebenso ein pragmatisches (oder praktisch-normatives) Ziel verfolgt w i r d 1 6 , muß i m Gang der 14 Bei dem Versuch, aus empirischen Aussagen treffsichere Gestaltungsaussagen abzuleiten, stellt sich allerdings i m m e r wieder das Problem, i n w i e w e i t man i n den Bedingungen der empirischen Aussage n u n auch f ü r den praktischen F a l l einer gezielten Manipulation (also aus Z w e c k - M i t t e l - P e r spektive betrachtet) die zugleich hinreichenden Bedingungen (einer hohen Effektivität) sehen kann, vgl. hier zunächst Alfred Kieser / Herbert Kubicek, Organisationstheorien, Bd. 1, Stuttgart 1978, S. 63; zudem zu dem Umstand, daß hierbei jeweils auch das Auftreten dieser Randbedingungen selbst prognostiziert werden muß Jürgen Wild, Theorienbildung, Betriebswirtschaft, i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage, hrsg. von E. Grochla / W. W i t t m a n n , Stuttgart 1976, Sp. 3899. 15 Methodisch geht es hier also u m die Entwicklung eines entscheidungsunterstützenden Verfahrens, vgl. zu einem entsprechenden Vorgehen. Alfred Kieser / Herbert Kubicek, Organisation, B e r l i n / N e w Y o r k 1977, S. 33.

2 Speyer 86

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

Untersuchung nun auch auf verschiedene, speziell methodische und logische Anforderungen Rücksicht genommen werden. Die Berücksichtigung dieser methodologischen Anforderungen ist dabei selbst eine Voraussetzung dafür, daß sich die der Untersuchung vorangestellte inhaltliche Problemstellung nun auch sachlich zutreffend bearbeiten läßt. Diese Anforderungen ergeben sich in der Regel aus der speziellen Erkenntnisabsicht von Effektivitätsuntersuchungen. So geht es ja auch i n unserem Fall nicht etwa um eine quasi beliebige Bestimmung der Wirkungsweise sowie Folgewirkungen von Änderungsstrategien, sondern i n der Regel werden hier die Wirkungen nur insoweit zum Gegenstand einer empirischen Analyse gemacht, als ihnen eben in erkennbarer Weise eine Bedeutung für die Einschätzung der Effektivität einer Änderungsstrategie zukommt. Aus dieser besonderen Erkenntnisabsicht folgt allerdings nicht nur eine hohe Selektivität i n der Gegenstandserfassung, sondern ebenso die methodologische Notwendigkeit, für die empirische Analyse selbst noch sogenannte Erfolgskriterien zu formulieren. Was w i r i n diesem Zusammenhang benötigen, sind also Maßstäbe zur Beurteilung der Effektivität von Änderungsstrategien 17 . Bei der Bestimmung solcher Maßstäbe muß zunächst sichergestellt werden, daß die Effektivität i n der Tat an inhaltlich relevanten Kriterien gemessen w i r d 1 8 . Bei der Beurteilung der Wirksamkeit eines geplanten Organisationswandels ist dabei allgemein gesagt also auf Gesichtspunkte zurückzugreifen, die für die Gesamteffektivität von Organisationen selbst ausschlaggebend sind. Die i n dieser Hinsicht sachlich zutreffenden Maßstäbe wären sodann hinreichend eindeutig zu operationalisieren bzw. in spezielle Meßgrößen umzuformulieren. Denn erst eine eindeutige Operationalisierung dieser Maßstäbe würde es erlauben, in der Untersuchung selbst zu einer klaren Unterscheidung zwischen Fällen des Mißerfolges und denen eines Erfolgs bei Organisationsänderungen zu kommen. Unter dem Aspekt einer zielgerechten Intervention i n einen Änderungsprozeß wäre es in diesem Zusammenhang w ü n schenswert, wenn sich mit Hilfe dieser Maßstäbe zugleich auch die notwendigen „Mindestwerte" festlegen ließen. I n dieser Weise bekäme man eine praktisch nützliche Vorstellung davon, welche „Zielerreichungs16 Z u dieser wissenschaftstheoretischen Unterscheidung vgl. Friedrich Hoffmann , E n t w i c k l u n g der Organisationsforschung, 2. Auflage, Wiesbaden 1976, S. 16 ff. 17 A u f welche unterschiedlichen organisationstheoretischen Modelle man dabei zurückgreifen kann, zeigt W. H. Staehle / G. Grabatin, Effizienz von Organisationen, i n : Die Betriebswirtschaft, Bd. 39/1979, S. 93 ff. 18 Z u den meßtheoretischen Problemen vgl. Rainer Knopf / Clemens Börsig / Werner-Michael Esser / Werner Kirsch, Die Effizienz von Reorganisationsprozessen aus der Sicht der Praxis, München 1976, S. 3 ff., sowie Roland Gzûk, Messung der Effizienz von Entscheidungen, i n : Wirtschaftliche Meßprobleme, hrsg. von Hans-Christian Pf ohi / Bert Rürupp, K ö l n 1977, S. 37—54.

1.2. Methodologische Probleme der Untersuchung

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grade" man für eine erfolgreiche Durchführung eines Organisationswandels auf jeden Fall zu erreichen hätte. Schließlich sollten sich die Maßstäbe auch zur Erfassung und Verrechnung negativer, also nicht gewollter Wirkungen (Negativnutzen) eignen. Denn in dieser Weise ließe sich auch auf die potentielle Konflikthaftigkeit des faktischen Zielsystems von Organisationen Rücksicht nehmen. Unserem Erkenntnisinteresse entsprechend soll die Gestaltung und Steuerung von Änderungsprozessen unter dem Gesichtspunkt ihrer zweckmäßigen und gewünschten Wirkungen untersucht werden. M i t der von uns beabsichtigten Effektivitätsprüfung soll die relative Zweckeignung von Änderungsstrategien allerdings nicht nur i n Form von Abweichungen von vorgegebenen Soll- oder Mindestwerten bestimmt werden. Es geht also nicht nur u m die Bestimmung von Ist-Soll-Differenzen oder, wie es für Effizienzuntersuchungen noch typisch ist, um den Ausweis eines bestimmten Verhältnisses von Aufwendungen und Erträgen, sondern m i t dieser Untersuchung w i r d vorrangig der Versuch gemacht, die relative Effektivität von Strategien unter Hinweis auf vorausliegende Ursachen zu erklären 1 9 . Dieser weitergehende Versuch, die erzielte Effektivität i m Rahmen einer Theorie bzw. eines übergreifenden Erklärungs- und Begründungszusammenhanges erklären zu wollen, kann auch als ein besonderes Charakteristikum einer sozialwissenschaftlichen (im Gegensatz zu einer betriebswirtschaftlichen) Effektivitätsuntersuchung angesehen werden 2 0 . I n unserem Zusammenhang betrachtet ist eine Erklärung der Effektivität allerdings die schon logisch zwingende Voraussetzung dafür, daß sich — und zwar durch eine logische Transformation von Wenn-dann-Aussagen — überhaupt informative Hinweise für eine praktische Manipulation und somit für ein erfolgreiches Management von Änderungsprozessen formulieren lassen. Bei einer solchen Erklärung läßt sich allerdings nicht schon umstandslos auf das herkömmliche Schema einer kausalen Erklärung zurückgreifen. So w i r d ja bei Anwendung dieses Schemas zunächst auch nur der Versuch gemacht, Auftretens- oder Entstehungsursachen aufzufinden. I n dieser Weise versucht ζ. B. die klassische Theorie des Organisationswandels die Frage zu klären, warum einige Organisationen eher als andere m i t Blick auf ihre grundsätzlichen Strukturen und Verfahrens19 I n dieser Weise w i r d auch auf die notwendige Unterscheidung zwischen einem Effizienzb egriff u n d einer Effizienztheorie hingewiesen, vgl. hierzu Rainer H. Knopf, Dimensionen des Erfolgs von Reorganisationsprozessen, Heidelberg 1975, S. 4 ff. 20 I n entsprechender Weise hat sich auch schon m i t der sozialwissenschaftlichen Wirkungsforschung eine spezielle forschungslogische Konzeption durchgesetzt; vgl. hierzu stellvertretend Hellmut Wollmann / Gerd-Michael Hellstern, Sanierungsmaßnahmen, Städtebauliche u n d stadtstrukturelle W i r kungen, Methodische Vorstudie, Bonn-Bad Godesberg 1978, S. 37 ff.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

weisen zu höheren „Veränderungsraten" kommen 2 1 . Was hier freilich als Grund für eine erfolgreiche Durchführung eines Organisationswandels (etwa ein geringer Grad an Formalisierung oder ein hohes Maß an Professionalisierung) angenommen wird, kann nun andererseits nicht schon als Erklärung dafür dienen, warum sich nun eine durchgeführte Organisationsmaßnahme obendrein auch als wirkungsvoll i m Sinne einer speziellen Zielverfolgung zu erweisen vermag. Bei der Erklärung der Effektivität von Organisationsmaßnahmen ist daher konzeptionell auch auf Gegebenheiten oder Umstände abzustellen, die eine Entfaltung der eigentlich gewollten bzw. zielrelevanten Wirkungen entweder begünstigen oder beschränken. Wenn w i r uns in dieser Weise u m die Erklärung der Effektivität von Strategien des geplanten Organisationswandels bemühen werden, so werden zwar auch i n diesem Fall W i r kungen wieder auf vorausliegende Ursachen zurückgeführt; dabei handelt es sich jetzt aber um Gesichtspunkte, m i t denen sich jeweils relativ zu bestimmten Zielen die Bedingungen für ein wirkungsvolles Funktionieren angewandter Maßnahmen oder Strategien bestimmen lassen. Angesichts dieser besonderen konzeptionellen Struktur einer Erklärung spricht man i n diesem Zusammenhang auch von sogenannten Erfolgsbedingungen oder Effektivitätsdeterminanten 2 2 . Unserer übergeordneten Zielsetzung nach geht es allerdings nicht nur u m eine bloße Erklärung der relativen Effektivität verschiedener Strategien des Organisationswandels, sondern w i r wollen darüber hinaus den Versuch machen, Vorschläge zu einer zumindest relativen Verbesserung der herkömmlichen Praxis von Organisationsänderungen zu entwickeln. Spezieller gesagt muß sich mit der Effektivitätsüberprüfung zugleich ermitteln lassen, wie sich die verfügbaren Strategien eines geplanten Organisationswandels nun auch künftig m i t jeweils größtem Nutzen oder Erfolg einsetzen lassen. Erst i n dieser Weise kommen w i r ja zu den auch praktisch relevanten Handlungsempfehlungen. U m diesem Ziel gerecht zu werden, bedarf es nun wiederum unter methodologischen Gesichtspunkten einer übergreifenden Forschungsanordnung, m i t der sich auch schon aufgrund der Auswahl, Anordnung und Ver21 Beispielhaft f ü r diesen Ansatz Jerald Hage / Michael Aiken, Program Change and Organizational Properties, A Comparative Analysis, i n : A m e r i can Journal of Sociology, Vol. 72, 1966/67, S. 503—519 sowie die A u s f ü h r u n gen bei Richard Hall, Organizations: structures and processes, Englewood Cliffs 1977, 2. Auflage, S. 295. 22 Eine weitergehende Frage besteht darin, ob sich diese Erfolgsbedingungen n u n schon konzeptionell bzw. theoretisch oder vorerst n u r m i t Hüfe methodischer M i t t e l und daher m i t Hilfe der Stichprobenspaltung bestimmen lassen; vgl. dazu Erwin Grochla / Martin Welge, Z u r Problematik der Effizienzbestimmung von Organisationsstrukturen, i n : Wirtschaftliche Meßprobleme, hrsg. von Hans-Christian Pf ohi / Bert Rürupp, K ö l n 1977, S. 75 ff.; R. Buhner, Messung des Erfolgs von Organisationen unter Berücksichtigung situativer Einflußfaktoren, i n : M I R , Heft 3/1977, Vol. 17, S. 51—59.

1.2. Methodologische Probleme der Untersuchung

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knüpfung einzelner Untersuchungsgrößen die jeweils optimalen Einsatzmöglichkeiten oder Anwendungsvoraussetzungen für diese Strategien kenntlich machen lassen 23 . Z u einer solchen übergreifenden Forschungsanordnung kommen wir, indem w i r unsere einzelnen Untersuchungsgrößen entsprechend dem Schema des sogenannten situativen Ansatzes bestimmen und interpretieren 2 4 . Bekanntlich bemüht sich ja auch der situative Ansatz speziell darum, die Frage zu klären, unter welchen Situationsbedingungen sich eine Organisationsmaßnahme als am wirkungsvollsten erweist. Methodisch gesehen muß man dabei allerdings die i n Betracht kommenden Organisationsmaßnahmen noch der Reihe nach systematisch gegen die jeweils unverändert bleibenden Situations- oder Rahmenbedingungen variieren 2 5 . Erreicht eine Organisationsmaßnahme i n diesen „Untersuchungsgängen" die vergleichbar besten Wirkungen, so sind in den dabei vorliegenden Situationsbedingungen zugleich die optimalen Einsatzmöglichkeiten oder Anwendungsbedingungen zu sehen. Soweit w i r also unsere eigenen Untersuchungsgrößen, wie Effektivitätsdeterminanten, Strategien des geplanten Wandels und Erfolgskriterien, entsprechend dieser Forschungsanordnung des situativen Ansatzes gruppieren und miteinander verknüpfen, w i r d es dann auch möglich, die vergleichsweise günstigen Einsatzmöglichkeiten und Anwendungsbedingungen zu benennen. Potentiell handelt es sich daher auch bei den Effektivitätsdeterminanten um die jeweils optimalen Einsatzmöglichkeiten und A n wendungsbedingungen 26 .

23 Hierbei geht es also erneut u m die Frage, w i e sich das inhaltliche Problem formalrichtig lösen läßt; aus forschungslogischer Perspektive unterscheidet man hier daher auch eine realanalytische Ebene von einer ojperationsanalytischen Ebene; vgl. Friedrich Hoff mann, Entwicklung der Organisationsforschung, 2. Auflage, Wiesbaden 1976, S. 17. 24 I n diesem F a l l sehen w i r also i m situativen Ansatz keinen inhaltlichen Erklärungsansatz, sondern eine forschungslogische Konzeption; entsprechend kritisch auch Alfred Kieser / Herbert Kubicek, Organisationstheorien, Bd. 2, Stuttgart usw., S 105 ff. sowie S. 135. 25 D a r i n ist daher auch die typische Methode der vergleichenden Organisationsforschung zu sehen; vgl. Wolf V. Hey debrand, Comparative Organizations, the result of empirical research, Englewood Cliffs 1973, speziell die Einleitung, S. 1 ff. sowie Helmut Klages (unter Mitarbeit von Rolf W. Schmidt), Quantitativ-vergleichende Organisationsanalyse als moderner wissenschaftlicher Arbeitsansatz und H i l f s m i t t e l der Organisationsverbesserung, Speyerer Arbeitshefte Nr. 1, 1975. 26 Als ein Beispiel dafür, w i e der situative Ansatz i m Sinn eines E n t w i c k lungsmodells genutzt werden kann, Jürg Rohmer, Reorganisation industrieller Unternehmungen, Bern 1976, insbesondere S. 53 ff.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

1.3. Theoretische Ansätze Bisher hat man sich bereits mit Hilfe verschiedener Sichtweisen und mit unterschiedlichen Zielsetzungen m i t dem Phänomen des Organisationswandels beschäftigt. Für die Entwicklung unseres eigenen theoretischen Ansatzes ist dabei allerdings von Bedeutung, inwiefern und zu welchen Teilen man sich mit dem Organisationswandel unter Berücksichtigung der zuvor angesprochenen methodischen und sachlichen Erfordernisse beschäftigt hat. Letztlich geht es also u m die Frage, inwieweit eben theoretische Ansätze vorliegen, m i t denen sich eine Effektivitätsanalyse von Änderungsstrategien durchführen läßt. Soweit man sich heute mit dem Phänomen des Organisationswandels beschäftigt, w i r d dabei i n aller Regel auch auf das Konzept der Organisaitonsentwicklung verwiesen. I m engeren (gruppendynamischen) Sinne besteht das Konzept der Organisationsentwicklung allerdings nur aus einer Vielzahl an psychodynamischen Techniken der Verhaltensbeeinflussung 27 . Die in dieser Hinsicht bedeutungsvollsten Techniken oder Methoden können immer noch i n dem Sensitivitätstraining bzw. der Laboratoriumsmethode generell sowie i n der Datenerhebung und Datenrückkoppelung gesehen werden. I n Form solcher Techniken oder Methoden w i r d der Organisationsentwicklung das zentrale Effektivitätsproblem dann auch nur i m Sinne praktischer Einflußnahmen und somit lediglich auf „Objektebene" zum Gegenstand; die Technik selbst kann also nicht schon den theoretischen Rahmen für eine Erörterung ihrer eigenen Wirkungen bzw. ihrer Effektivität abgeben 28 . Aus diesem Grund kann zwar die Organisationsentwicklung Hinweise zu einer praktischen Gestaltung von Änderungsprozessen geben; was allerdings nicht von einem solchen Konzept der Organisationsentwicklung zu erwarten ist, sind die Gesichtspunkte zur Bestimmung und Erklärung der Effektivität dieser Maßnahmen. Darüber hinaus gibt es allerdings verschiedene Ansätze, die das Problem des Organisationswandels auch auf „Meta-Ebene" behandeln und somit auch den Versuch machen, die faktisch ablaufenden Objekt27 Z u dieser Einschätzung des Konzepts der Organisationsentwicklung vgl. Klaus J. Zink, Traditionelle u n d neuere Ansätze der Organisationsentwicklung, i n : K. Krüger / G. Rühl / K. J. Zink (Hrsg.), I n d u s t r i a l Engineering u n d Organisationsentwicklung i m kommenden Dezennium, München 1978, S. 61. 28 Entsprechend kritische Hinweise bei Robert L. Kahn, Organisationsentw i c k l u n g : Einige Probleme u n d Vorschläge, i n : B. Sievers (Hrsg.), Organisationsentwicklung als Problem, Stuttgart 1977, insbesondere S. 290 ff.; Diether Gebert, Organisationsentwicklung, Stuttgart 1974, insbesondere S. 167; gener e l l zum geringen Grad an Effektivitätsüberprüfungen gruppendynamischer Verfahren, vgl. Jörg Küchler, Gruppendynamische Verfahren i n der Ausu n d Weiterbildung, München 1979,

1.3. Theoretische Ansätze

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prozesse des Organisationswandels i m Rahmen bestimmter Erklärungsschemata zu erörtern. Ein entsprechendes Schema w i r d bekannterweise von der mehr oder weniger klassischen Theorie des Organisationswandels angeboten, wenngleich sich hier wiederum nachteilig auswirkt, daß von dieser Theorie der Organisationswandel nicht ausdrücklich als ein „Steuerungs- oder Führungsproblem konzipiert wird. I m Rahmen dieser Theorie w i r d also nicht nach der Effektivität oder Funktionalität einer gezielten Steuerung des Organisationswandels gefragt, sondern typischerweise nach der Zahl an Änderungen und somit nach den Veränderungsraten. Letztlich w i r d damit auch nur die Frage zu beantworten versucht, warum es zu einem Organisationswandel k o m m t 2 9 . Wenn sich somit aufgrund dieses unterschiedlichen Erkenntnisintere^ses eine umstandslose Übernahme dieses Ansatzes verbietet, so soll damit nicht schon gesagt sein, daß die Ergebnisse einer „kausalen" Betrachtung des Organisationswandels für eine Effektivitätsprüfung mit praktisch-normativer Absicht vollends ohne Bedeutung sind. So ist ja auch für eine solche Effektivitätsprüfung die Frage relevant, wie sich denn bestimmte strukturelle (oder Rahmen-) bedingungen — und zwar unabhängig von den Wirkungen speziell prozeßfördernder Maßnahmen — auf die Initiierung und Durchführbarkeit eines Organisationswandels auswirken. I n diesem Zusammenhang kann dann zumindest auch auf die unterschiedlichen „innovationsfordernden" oder „innovationshemmenden" Merkmale von Organisationen — sei es auf struktureller oder personeller Ebene — zurückgegriffen werden 3 0 . Wesentlich einschlägiger für unsere Bemühungen sind sodann verschiedene, bereits ausgearbeitete Beiträge zu einer Theorie des geplanten Organisationswandels. Diese Ansätze beschäftigen sich schon traditionell m i t der Frage einer möglichst optimalen Gestaltung und Steuerung von Änderungsprozessen. Während sich die anderen Ansätze also noch m i t Fragen einer wirkungsvollen Verhaltensänderung oder den Ursachen eines Organisationswandels schlechthin beschäftigen, geht es hier i m Kern darum, wie sich m i t Hilfe von Änderungsstrategien geplante Organisationsänderungen möglichst erfolgreich durchsetzen 29 Hierzu beispielhaft die Ausführungen bei J. Eugene Haas / Thomas E. Drabek, Complex Organizations: A Sociological Perspective, New Y o r k 1973, insbesondere S. 275 ff. sowie J. Victor Baldrigde / Robert A. Burnham, Organizational Innovation: I n d i v i d u a l , Organizational and Environmental Impacts, i n : ASQ, June 1975, Vol. 20, S. 165; einschlägig ist hier auch die sog. Diffusionsforschung, die nach den Bedingungen der Ausbreitung von Neuerungen fragt, dabei aber vorrangig auf Personenmerkmale u n d Merkmale des Änderungsgegenstandes abstellt; vgl. dazu umfassend Jörg Bamberger / Urs Max Gmür / Hanspeter Käser, Ausbreitung u n d Übernahme von Neuerungen, Bern 1973. 30 Hierzu beispielhaft Kurt Aregger, Innovation i n sozialen Systemen, Bd. 1, B e r n / S t u t t g a r t 1976, S. 178 u n d S. 193.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

l a s s e n 3 1 . F ü r unsere B e m ü h u n g e n i m e n g e r e n S i n n (Theorie z u r E f f e k t i v i t ä t s ü b e r p r ü f u n g ) s i n d diese A n s ä t z e a l l e r d i n g s w i e d e r u m n u r insow e i t interessant, als m i t diesen A n s ä t z e n n i c h t n u r Vorschläge z u m E i n satz b e s t i m m t e r M a ß n a h m e n gemacht w e r d e n , s o n d e r n ebenso eine „ T h e o r i e " m i t g e l i e f e r t w i r d . D i e A n s ä t z e müssen also genau g e n o m m e n ü b e r eine T h e o r i e v e r f ü g e n , m i t der sich d e r E r f o l g e i n e r S t r a t e g i e auch a b h ä n g i g v o n v o r a u s l i e g e n d e n Ursachen b z w . R a n d b e d i n g u n g e n e r k l ä r e n läßt. Dies g i b t j a e r s t d i e M ö g l i c h k e i t , eine S t r a t e g i e auch e n t sprechend i h r e n p r o g n o s t i z i e r t e n Erfolgschancen a n z u w e n d e n . E i n e entsprechende theoretische F u n d i e r u n g ist f r e i l i c h w i e d e r u m n u r i n d e n seltensten F ä l l e n gegeben. I m F a l l d e r m e h r u n d m e h r d i f f e r e n z i e r t e n T y p e n an C h a n g e - A g e n t s (Experte, Prozeßberater etc.) l ä ß t sich z w a r feststellen, daß d i e A n w e n d b a r k e i t des C h a n g e - A g e n t - K o n zepts v o n d e m H i n t e r g r u n d e i n e r ü b e r g r e i f e n d e n T h e o r i e d e r V e r ä n d e r b a r k e i t v o n O r g a n i s a t i o n e n oder des O r g a n i s a t i o n s w a n d e l s e r w o g e n w i r d 3 2 . U n d ebenso k a n n f ü r die w o m ö g l i c h p r o m i n e n t e s t e T y p o l o g i e v o n Veränderungsstrategien (empirisch-rationale, normativ-reedukative u n d Z w a n g s s t r a t e g i e n ) gesagt w e r d e n , daß auch h i e r das W i r k s a m w e r d e n einzelner Stategien zumindest i m Zusammenhang m i t allgemein e n theoretischen Aussagen, e t w a e i n e r T h e o r i e des E i n s t e l l u n g s w a n dels, e r ö r t e r t w i r d 3 3 . I n d e r ü b e r w i e g e n d e n Z a h l d e r F ä l l e h a n d e l t es 31 Wenngleich die „Grenzen" zwischen der „Organisationsentwicklung" u n d dem „geplanten Organisationswandel" fließend sein mögen, gibt es doch jeweils unterschiedliche Akzentsetzungen; so beschäftigt sich der „geplante Organisationswandel" m i t dem Einzelfall einer Organisationsänderung, orientiert sich dabei allerdings nicht schon an einem inhaltlich vorbestimmten M o dell künftiger Veränderungen (etwa partizipatives Management) u n d v e r sucht auch nur, die für spezielle Situationen tauglichen bzw. wirksamen Änderungsstrategien zu ermitteln; vgl. dazu Horst Dienstbach, D y n a m i k der Unternehmensorganisation, Anpassung auf der Grundlage des „Planned O r ganizational Change", Wiesbaden 1972, insbesondere S. 128; Werner Kirsch / Werner-Michael Esser / Eduard Gabele, Das Management des geplanten W a n dels von Organisation, Stuttgart 1979, S. 145 ff. u n d Rainer H. Knopf, Dimensionen des Erfolgs von Reorganisationsprozessen, Heidelberg 1975, S. 19. 32 Vgl. hier Werner Kirsch / Michael Esser / Eduard Gabele, Reorganisation, München 1978, S. 181, die i n diesem Zusammenhang von der Konzeption einer „innovativen" oder „fortschrittsfähigen" Organisation ausgehen, sowie Garth Ν. Jones, Planned Organizational Change, A Study i n Change D y n a mics, New Y o r k 1969, S. 23 ff. u n d Gerald Zaltman / Robert Duncan, Strategies for Planned Change, New Y o r k 1977, insbesondere S. 193 f. 83 Besonders prominent ist i n diesem Zusammenhang die „ f e l d " - u n d „dissonanztheoretische" E r k l ä r u n g von Einstellungs- u n d Verhaltensänderungen durch K . L e w i n geworden; vgl. etwa Edgar H. Schein, Wie vollziehen sich Veränderungen?, i n : Warren G. Bennis et al., Änderungen des Sozialverhaltens, Stuttgart 1975, S. 128 ff.; Herbert C. Kelman / Donald P. Warwick, B r i d g i n g Micro and Macro Approaches to Social Change: A Social-Psychological Perspective, i n : Gerald Zaltman, Processes and Phenomena of Social Change, New Y o r k 1973, S. 20 ff. u n d zur Verknüpfung beider Aspekte Garth Ν. Jones, Strategies and Tactics of Planned Organizational Change, i n : Gera Id Zaltman et. al. (Hrsg.) t Creating Social Change, New Y o r k 1972, S. 254 ff,

1.3. Theoretische Ansätze

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sich allerdings lediglich um Schemata zur Beschreibung und/oder Strukturierung einzelner Phasen eines Änderungsprozesses 34 . Da man sich bisher — wie es am deutlichsten an den verschiedenen Phasenmodellen zu erkennen ist — auf der Ebene deskriptiver bzw. klassifikatorischer Aussagen bewegt, ist eben auch von diesem Ansatz noch keine nach Erfolgsbedingungen, Maßnahmen und Erfolgskriterien unterscheidende Konzeption zur Effektivitätsprüfung zu erwarten. Da w i r uns für die Effektivität von gezielt beeinflußten Änderungsprozessen interessieren, sind für uns naturgemäß auch die Ergebnisse der Führungsforschung i n einem weiteren Sinne von Bedeutung. Bei den Ergebnissen oder Aussagen der Führungsforschung stößt man allerdings gleichfalls auf ein gewisses Mißverhältnis von „Lehre" und „Theorie". So gibt es zwar — wie etwa am MbO, dem Verhaltensgitter und den Konzepten eines kooperativen und partizipativen Führungsstils zu erkennen — eine Vielzahl an Empfehlungen dafür, wie man denn unter Effektivitätsgesichtspunkten einen Führungsprozeß gestalten sollte; viel schwerer tut man sich allerdings darin, die jeweils beanspruchte Überlegenheit der eigenen Vorschläge nun auch konzeptionell zu begründen und empirisch zu überprüfen 3 5 . Wie es sich an der Führungsstil-Forschung und dem Führer-Verhaltens-Ansatz zeigt, hat es schon einmal eine gewisse Zeit gekostet, bis man überhaupt bereit war, den angenommenen direkten bzw. unbedingten Zusammenhang zwischen Führungsmaßnahmen und Führungserfolg aufzugeben 36 . Die sodann einsetzende Suche nach Rahmen- oder Situationsbedingungen, die schon von sich aus die Wirksamkeit von Führungsmaßnahmen begünstigen oder beeinträchtigen können, hat bisher aber bestenfalls zu einer logisch oder analytisch plausiblen Gruppierung einschlägiger Variablenbereiche geführt. Wie schwierig es nämlich ist, m i t Hilfe solcher situationsmäßig relativierten Annahmen zur Führungseffektivität die nun auch empirisch erkennbaren Unterschiede zwischen geringer und hoher Führungseffektivität zu erklären, zeigt sich an dem Beispiel des sogenannten Kontingenzmodells der Führung 3 7 . Die am Kontingenzmodell der Führung geübte K r i t i k be94 Allerdings w i r d dabei gelegentlich auch versucht, die Phasenabfolge selbst als eine ausschlaggebende Bedingung für den Erfolg einer Organisationsänderung anzusehen, vgl. dazu Larry E. Greiner, Patterns of Organization Change, i n : Gene W. Dalton / Paul R. Lawrence (Hrsg.), Organizationa l Change and Development, Homewood 1970, S. 213 ff. 85 Einen einschlägigen Überblick hierzu geben Peter Nieder / Christian Naase, Führungsverhalten und Leistung, Stand der Forschung und Konsequenzen, Bern/Stuttgart 1977; ein neuerer Versuch, Empfehlungen zur Gestaltung des Führungsprozesses auf der Basis empirisch überprüf ter Aussagen zu formulieren, findet sich bei Claus Steinle, Führung, Stuttgart 1980. 36 Hierzu vgl. Oswald Neuberger, Führung, i n : A. Mayer (Hrsg.), Organisationspsychologie, Stuttgart 1978, insbesondere S. 289.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

zieht sich allerdings nicht nur auf die statistisch wenig überzeugenden Nachweise, sondern geht eigentlich darüber hinaus und zielt somit auch auf das bei bisherigen konzeptionellen Bemühungen zugrundegelegte Führungsparadigma. So ist es heute durchaus fraglich, ob sich angesichts der gegebenen Komplexität organisatorischer Führungs- und Arbeitsprozesse die für einen Führungserfolg ausschlaggebenden Schlüsselvariablen überhaupt noch in Anknüpfung an das herkömmliche Führungsparadigma, also das Vorgesetzten-Mitarbeiter-Verhältnis, bestimmen lassen 38 . Wenn die Führungsforschung daher auch noch keine vollständige bzw. übergreifende Konzeption zur Erklärung oder Prüfung der Effektivität anzubieten hat, so läßt sich gleichwohl auf zumindest einige Grundgedanken der Führungsforschung zurückgreifen. So w i r d ja auch i m Rahmen höchst unterschiedlicher Führungsansätze konzeptionell mehr oder weniger unterschiedslos davon ausgegangen, daß für eine erfolgreiche Durchführung von Führungsprozessen gewisse soziale bzw. motivationsbezogene und sachliche bzw. informationsverarbeitende A k t i v i täten unabdingbar sind. Entsprechende Aktivitäten werden schon einmal von der „Führungsstil-Forschung" unter dem Gesichtspunkt der „Mitarbeiter-" und/oder „Aufgabenorientierung" von Vorgesetzten angesprochen 39 . Der gleiche Grundgedanke findet sich i m sogenannten Promotorenmodell, das ja eine Unterscheidung von Fach- und Machtpromotoren kennt 4 0 , sowie in der Rollendifferenzierungshypothese der Kleingruppenforschung, m i t der auf die jeweilige funktionelle Notwendigkeit von Beliebtheits- und Tüchtigkeitsrollen hingewiesen w i r d 4 1 . Diese recht grundlegenden Voraussetzungen von Führungserfolgen finden sich schließlich auch in Ansätzen, die die Führungsproblematik von der Systemebene her und somit aus der Perspektive einer gesamtgesellschaftlichen Steuerung zu erschließen versuchen 42 . So macht man ja im 37 Hierzu einschlägig Georg Schreyögg, K r i t i k situativer Führungstheorien am Beispiel des Fiedlerschen Kontingenzmodells, i n : Klaus Macharzina / Walter A. Oechsler (Hrsg.), Personalmanagement, Bd. 1, Mitarbeiterführung u n d Führungsorganisation, Wiesbaden 1977, S. 109—144. 38 Entsprechend auch die K r i t i k bei Klaus Macharzina, Führungstheorien u n d Führungssysteme, i n : Klaus Macharzina / Walter A. Oechsel (Hrsg.), Personalmanagement, Bd. 1, Mitarbeiterführung und Führungsorganisation, Wiesbaden 1977, S. 29 u n d S. 35. 39 Zusammenfassend dazu Werner R. Müller / Wilhelm Hill, Die situative Führung, i n : Die Betriebswirtschaft, Jg. 37, 1977, S. 353 ff. sowie Martin Irle , Führungs verhalten i n organisierten Gruppen, i n : A. Mayer / B. Herwig (Hrsg.), Handbuch der Psychologie i n 12 Bänden, Bd. 9, Betriebspsychologie, Göttingen 1970, S. 539. 40 Hierzu E. Witte, Organisation für Innovationsentscheidungen, Göttingen 1973. 41 Vgl. etwa Hans Wolfgang Hoefert, Psychologische und soziologische Grundlagen der Organisation, Gießen 1976, S. 238. 42 Hierzu umfassend Amitai Etzioni, Die A k t i v e Gesellschaft, Opladen 1975

1.3. Theoretische Ansätze

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Rahmen des makro-soziologischen Konzepts einer „aktiven Gesellschaft" die Fähigkeit zu einem gezielten Wandel bzw. zur Selbsttransformation von Gesellschaftssystemen sowohl von bestimmten (kybernetischen) Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung als auch von den Fähigkeiten zur Machtanwendung und/oder der Konsensbildung abhängig. Für unsere eigenen Überlegungen mögen diese Hinweise dazu dienen, sachlich angemessene prozeßbezogene Steuerungsaktivitäten und Erfolgskriterien zu bestimmen. Eine weitere Forschungsrichtung, auf die man bei der Konzipierung eines eigenen Untersuchungsansatzes zurückgreifen könnte, ließe sich schließlich i n der sogenannten Kontingenztheorie der Organisationsforschung sehen. So w i r d ja gerade i m Rahmen dieses Ansatzes der auch für uns ausschlaggebenden Frage nachgegangen, wie effektiv sich bestimmte Organisationsmaßnahmen unter bestimmten Situationsbedingungen, wie etwa A r t der Aufgabenstruktur oder A r t der Problemlösungsfähigkeiten sowie Motivationslagen der Mitarbeiter, zu erweisen vermögen 43 . Welche Bedeutung man gerade den Situationsbedingungen im Rahmen dieses Ansatzes einräumt, zeigt sich zudem daran, daß man hier mit der Konzipierung von Situationsbedingungen eben nicht nur der ohnedies selbstverständlich gewordenen methodologischen Forderung nachkommt, den Geltungsbereich von gesetzesartigen (oder erklärenden) Aussagen nach bestimmten Anfangs- oder Randbedingungen einzuschränken. Wie es sich speziell am Theorem der „Angepaßtheit" (fit) zeigt 4 4 , werden ja im Rahmen dieses Ansatzes die Situationsbedingungen zudem insoweit zu einem materiellen Erklärungsprogramm gemacht, als man m i t der jeweiligen Angepaßtheit von Organisationsstrukturen gegenüber Umweltgegebenheiten zugleich auch ihre Effektivität inhaltlich zu erklären versucht. Wenn sich hiermit auch eine für uns geeignete Forschungsanordnung anbietet, so ist wiederum doch nur diese Anordnung, nicht jedoch schon ihre weitere konzeptionelle Ausarbeitung i m Sinne der Kontingenztheorie zu einer Übernahme geeignet. Inhaltlich betrachtet beschäftigt sich diese Theorie auch nicht m i t der Wirksamkeit organisationsinterner Prozeßabläufe, wie es für unsere Fragestellung von Bedeutung wäre, sowie derselbe, Die A k t i v e Gesellschaft, Elemente einer Makrosoziologie, i n : Wolfgang Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, K ö l n / B e r l i n 1969, S. 147—176. 43 Aus praktisch-normativer Perspektive dazu umfassend W. Hill / R. Fehlbaum / P. Ulrich, Organisationslehre, B e r n / S t u t t g a r t 1974, Bd. 1, S. 319 ff. 44 Grundlegend hierzu Jay W. Lorsch / John J. Morse, Organizations and their Members, New Y o r k 1974, S. 317; kritisch dazu Johannes M. Pennings, The Relevance of the Structural-Contingency Model for Organizational E f fectivenesss, i n : ASQ, Sept. 1975, Vol. 20, insbesondere S. 405, sowie Raimund Höfer, Organisationen u n d ihre Umwelten, F r a n k f u r t / M a i n 1977, insbesondere S. 135 ff.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

sondern diese Theorie versucht i m Wege vergleichender Untersuchungen die optimale Zuordnung von Umweltgegebenheiten (etwa von turbulent bis überschaubar) und organisatorischen Strukturmodellen (etwa organisch versus mechanisch) zu ermitteln. Auch in diesem Fall zeigt sich also wieder, daß zwar Teilstücke für einen sachlich und logisch angemessenen Aufbau eines Ansatzes vorhanden sind, daß aber die Verbindung zwischen diesen Teilstücken und daher die übergreifende Struktur doch noch selbst bestimmt werden muß.

1.4. Bezugsrahmen der Untersuchung Es entspricht heute mehr oder weniger allgemeingültigen wissenschaftstheoretischen Standards, daß Managementlehren oder allgemeiner gesagt praxeologische Aussagen nicht etwa nur aus moralischen Geboten (Zielen) oder logisch fundierten Möglichkeitsanalysen (Idealtheorien) abzuleiten sind, sondern ebenfalls über eine empirische Basis verfügen sollten. I n entsprechender Weise wäre daher das vorgesehene Managementmodell zu Organisationsänderungen auf der Basis empirisch gehaltvoller Aussagen zur Effektivität unterschiedlicher Änderungsstrategien zu bilden. Die i m Sinne eines Strategie-Auswahl Modells zusammenzutragenden Handlungsempfehlungen ergäben sich also aus situativ relativierten Prognosen zur speziellen Zweckeignung der untersuchten Ä n derungsstrategien. Wie w i r allerdings anhand der Analyse bisheriger Ansätze sehen müssen, liegt eine hierfür einschlägige Theorie des geplanten Organisationswandels noch nicht einmal auf konzeptioneller Ebene, geschweige denn in Form eines bereits empirisch überprüften Aussagesystems vor. Was hier schon allgemein gilt, gilt nun naturgemäß i n besonderer Weise mit Blick auf den speziellen Gegenstandsbereich der öffentlichen Verwaltung. Wenn daher Konzeptionsbildungen zu durchaus wichtigen Teilbereichen vorliegen mögen, so ist doch für den heutigen Stand dieser Theorieentwicklung insgesamt gesehen eher charakteristisch, daß es noch an einer übergreifenden Konzipierung der für die Wirksamkeit eines Organisationswandels ausschlaggebenden Zusammenhänge fehlt. Daher kann hier einerseits bei der Effektivitätsüberprüfung nicht schon auf eine vollständige Theorie zurückgegriffen werden, sondern muß erst selbst noch ein Bezugsrahmen entwickelt werden, mit dem i n hypothetischer Weise die Bedingungen für die Wirksamkeit von Änderungsstrategien deutlich zu machen sind. Da es hier also noch weitestgehend (statt einer Hypothesenüberprüfung) u m eine Hypothesenentwicklung geht, muß dies andererseits nun auch Rückwirkungen für den technologischen

1.4. Bezugsrahmen der Untersuchung

29

Nutzen des zu entwickelnden Managementmodells haben. So werden die von uns i m Rahmen dieses Modells zu formulierenden Handlungsempfehlungen ja nicht schon selbst — was sich aus wissenschaftstheoretischer Perspektive durchaus fordern läßt — an empirisch hinreichend überprüften Gesetz- und Regelmäßigkeiten anknüpfen. Für die Konzipierung eines Bezugsrahmens und somit für die Auswahl sowie Verknüpfung der Variablen ist sodann bekanntlich ausschlaggebend, wie das als grundlegend angenommene Problem eines Organisationswandels (speziell das Implementationsproblem) eingeschätzt bzw. definiert wird. Wenn es auch durchaus möglich erscheint, diesem grundlegenden Problem des Organisationswandels eine unterschiedliche Fassung zu geben, so ist unsere Fassung und Definition eben doch bereits m i t unserer speziellen Erkenntnisabsicht vorgegeben. Da w i r ja die Effektivität von Änderungsstrategien zu bestimmen versuchen, ist mit diesem Interesse auch bereits mehr oder weniger festgelegt, daß der Organisationswandel als Steuerungs- oder Führungsproblem zu konzipieren ist 4 5 . I n entsprechender Weise w i r d von uns der Ablauf von Änderungsprozessen primär unter dem Aspekt betrachtet, wie sich m i t einer angemessenen Gestaltung des Änderungsprozesses die positiven Wirkungen für den Gesamterfolg einer Organisationsänderung maximieren lassen. Als wissenschaftlich zu lösendes Problem w i r d hier also die Effektivitätsverbesserung von Änderungsstrategien i n den Mittelpunkt gestellt. Entsprechend dieser Erkenntnisabsicht könnte man nun geneigt sein, die Effektivität von Änderungsprozessen m i t Blick auf das übergeordnete Ziel einer Leistungsverbesserung von Verwaltungsorganisationen zu bestimmen. Wollte man so vorgehen, so wäre im einzelnen zu prüfen, inwieweit die Aufgabenerledigung von Verwaltungsorganisationen durch eine einzelne Organisationsmaßnahme wirksamer oder doch zumindest wirtschaftlicher gestaltet werden kann. Bei einem solchen Versuch, die Effektivitätsbestimmung auf „Systemebene" vorzunehmen, wäre allerdings konzeptionell zu berücksichtigen, daß die denkbare Verbesserung des Leistungsniveaus weder vorrangig noch allein von der A r t und Weise der Durchführung einer Organisationsmßnahme abhängig sein muß. I n diesem Zusammenhang wären vielmehr auch die technische Qualität bzw. die Problembeseitigungskraft von Organisationsmaßnahmen oder — bei gegebenen Umwelteinflüssen auf das Verwaltungshandeln — prinzipiell auch die Reaktionsbereitschaften des Publikums zu berücksichtigen. Eine Effektivitätsbestimmung entsprechend diesem Muster würde demgemäß auch voraussetzen, daß sich 45 I n entsprechender Weise Werner Kirsch / Werner-Michael Esser / Eduard Gabele, Das Management des geplanten Wandels von Organisationen, Stuttgart 1979, S. 20.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

die uns interessierenden, allein prozeßabhängigen, Wirkungen gegenüber anderen, aber gleichfalls von der Organisationsänderung ausgelösten Wirkungen isolieren ließen. Da es heute (auch konzeptionell) kaum möglich ist, die insgesamt denkbaren zielbedeutsamen Wirkungen auf solche getrennte Ursachenbereiche h i n zuzurechnen, wollen w i r hier die Effektivität von Änderungsstrategien auch nicht schon auf „Systemebene", sondern mit weitaus engerem Zuschnitt auf „Prozeßebene" bestimmen 4 6 . W i r werden daher, was die Ziele oder Erfolgskriterien anbelangt, von Gesichtspunkten ausgehen, die unmittelbar durch die Gestaltung und Steuerung des Änderungsprozesses selbst zu beeinflussen sind. Unter inhaltlichen Gesichtspunkten werden w i r uns daher bei der Beurteilung der Effektivität eines Änderungsprozesses vorzugsweise an dem K r i t e r i u m orientieren, ob bzw. inwieweit die Gestaltung und Steuerung eines Änderungsprozesses dazu beiträgt, daß Organisationsänderungen überhaupt durchgeführt und somit wie erhofft praktiziert werden. Wenn hier die Effektivität eines Änderungsprozesses generell an dem K r i t e r i u m der Durchführbarkeit bemessen werden soll, so wollen w i r dieses allgemeine K r i t e r i u m entsprechend den oben ausgeführten organisations- und führungstheoretischen Annahmen i n sich noch einmal nach speziellen sachlichen und sozialen Gesichtspunkten unterscheiden 47 . So erscheint denn i m Rahmen unserer Betrachtung die Durchführbarkeit einer Organisationsänderung zum einen nur insoweit gesichert, als i m Prozeß der Organisationsänderung selbst eine hinreichende Regelungs- und Planungsfähigkeit entwickelt wird. Unter diesem sachlichen Aspekt geht es also um das Kriterium, inwieweit i m Prozeß der Änderung durch spezielle Maßnahmen der Informationsverarbeitung alle planerischen Voraussetzungen getroffen werden, um nun die Organisationsänderung auch als einen sachlichen Prozeß bzw. i m Sinne einer gezielten Veränderung des hergebrachten Organisationsaufbaues vollziehen zu können. U m die Durchführbarkeit einer Organisationsänderung zu gewährleisten, muß es nun zum anderen unter sozialen Gesichtspunkten gelingen, i m Änderungsprozeß eine hinreichende Fähigkeit 46 Allgemein zu den meßtheoretischen Problemen vgl. Richard M. Steers, Problems i n the Measurement of Organizational Effectiveness, i n ASQ, Dec. 1975/Vol. 20, S. 546—558; zu entsprechenden Zurechnungsproblemen bei der E r k l ä r u n g vgl. auch Friedrich Hoff mann, Führungsorganisation, Bd. 1, Stand der Forschung u n d Konzeption, Tübingen 1980, S. 86/87; zu einem methodisch übereinstimmenden Vorgehen Rainer H. Knopf, Dimensionen des Erfolgs von Reorganisationsprozessen, Heidelberg 1975, insbesondere S. 89 ff. 47 Z u entsprechenden Beispielen vgl. W. Hill / R. Fehlbaum J P. Ulrich, Organisationslehre, Bd. 1, Bern 1977, die zwischen „instrumentaler" u n d „sozio-emotionaler" Rationalität unterscheiden; oder Werner Kirsch, E n t scheidungsverhalten u n d Handhabung von Problemen, München 1976, der i n diesem Zusammenhang von einer aus „Erkenntnisfortschritt" und „Interessenberücksichtigung" zusammengesetzten Handlungsfähigkeit spricht (S. 176).

1.4. Bezugsrahmen der Untersuchung

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zur Akzeptanzbildung zu entwickeln. Hierbei handelt es sich u m die Fähigkeit, möglichst wirksame Maßnahmen zu einer den Gegebenheiten der Organisationsänderung angemessenen Verhaltens- und Bewußtseinsveränderung zu entwickeln. I n der Fähigkeit zur Akzeptanzbildung ist daher auch die Voraussetzung dafür zu sehen, daß sich die beteiligten und betroffenen Bediensteten zur Übernahme oder gar aktiven Unterstützung der Organisationsänderung bewegen lassen. Hier geht es also um die Durchführbarkeit einer Organisationsänderung i m Sinne eines sozialen Prozesses. I n diesen Gesichtspunkten lassen sich zum einen Kriterien oder Maßstäbe sehen, an denen sich gewissermaßen nachträglich die faktisch eingetretenen Wirkungen nach ihrem jeweiligen Erfolg oder Mißerfolg beurteilen lassen. Zum anderen lassen sich i n diesen Gesichtspunkten die Aufgabenstellungen oder Ziele sehen, die i m Prozeß der Organisationsänderung noch durch einen bestimmten Maßnahmeeinsatz zu erfüllen sind. Soweit es i m Rahmen dieser Effektivitätsprüfung sodann um die Analyse des Änderungsprozesses geht, muß eben konzeptionell vorrangig auf die i n dieser Hinsicht einschlägigen bzw. potentiell nützlichen Aktivitäten abgestellt werden. U m nun quasi a-priori festlegen zu können, um welche Aktivitäten es sich dabei handelt, haben w i r folgende zwei Wege eingeschlagen. Zum einen haben w i r — trotz der dabei verbleibenden logischen Schwächen — ein eher deduktives Vorgehen gewählt. So versuchen w i r zunächst auch auf die erfolgsbedeutsamen Aktivitäten zu kommen, indem w i r sie aus den i m Änderungsprozeß anzustrebenden Zielen selbst ableiten. Bei einem solchen Vorgehen liegt es dann auch nahe, von der anzustrebenden Akzeptanz einer Organisationsänderung durch Beteiligte und Betroffene nun zumindest in Form eines pauschalen Schlusses auf die Notwendigkeit der Anwendung entsprechend verhaltenswirksamer Anreize zu schließen. I n Form solcher pauschaler (also i m einzelnen noch undifferenzierter) Schlüsse kann zudem auch gesagt werden, welche informationsverarbeitenden Aktivitäten, etwa die Erarbeitung von Soll-Konzepten oder von Umsetzungsplanungen, zur Entwicklung einer hinreichenden Regelungs- und Planungsfähigkeit notwendig sind 4 8 . Eine jeweils spezifische, also auch für den Einzelfall gültige Verknüpfung zwischen Aktivitäten und Zielen läßt sich allerdings nicht schon auf 48 E i n solch „konzeptionelles" Vorgehen ist heute aufgrund des bisherigen Forschungsstandes geradezu zwangsläufig; vgl. entsprechend Gerd Mayer, Divisionalisierung — Beispiel eines geplanten Wandels von Organisationen, Mannheim 1974; Oswald Neuberger, F ü h r u n g u n d Macht, E n t w u r f einer „Alltagstheorie der Führung", i n : Gerhard Reber (Hrsg.), Macht i n Organisationen, Stuttgart 1980, S. 173 u n d Randall L. Schultz / Dennis P. Slevin, A Program of Research on Implementation, i n : Randall L. Schultz / Dennis P. Slevin, Implementing Operation Research/Management Science, New Y o r k 1973, insbesondere S. 35 ff.

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

deduktivem Wege, sondern nur unter Verwendung sachlich einschlägiger Motivations- sowie Planungs- und Entscheidungstheorien vornehmen. Zum anderen greifen w i r auf bestimmte Phasenschemata zu Änderungsprozessen zurück, u m so a-priori und m i t heuristischer Absicht auf funktions- und zielrelevante Aktivitäten zu kommen. So w i r d eben unsere Analyse des Änderungsprozesses auch davon ausgehen, daß sich der Änderungsprozeß seiner zeitlichen Gliederung nach i n die Phasen der Initiierung, der informationellen Vorbereitung, der Entscheidung bzw. Autorisierung und der Implementation im engeren Sinn einteilen läßt 4 9 . M i t einer solchen Gliederung des Ablaufs w i r d dann auch von dieser Seite festgelegt, welchen i m Verlauf eines Änderungsprozesses typischen Aufgaben oder Funktionen w i r i n der Analyse nachgehen wollen. Wie w i r sehen werden, muß es dabei allerdings nicht nur um diese zeitlich differenziert wahrzunehmenden Funktionen gehen; die zeitliche Gliederung kann womöglich als solche schon zu einem relevanten Faktor werden 5 0 . Die Besonderheit unseres Vorgehens besteht schließlich darin, daß w i r nicht die eine Perspektive zu Lasten der jeweils anderen aufgeben, sondern daß w i r beide Perspektiven quasi kombiniert zum Tragen kommen lassen wollen. So werden w i r bei der Analyse des Änderungsprozesses in der Regel auch fragen, wie denn die erfolgsbedeutsamen primär sachlichen oder primär motivationalen Aktivitäten nun gewissermaßen quer zu den für den Ablauf eines Änderungsprozesses typischen Phasen nachgekommen wird. Beispielsweise werden w i r also i n der Phase der informationellen Vorbereitung eben nicht nur nach den gerade hier schwerpunktmäßig anfallenden sachlichen bzw. informationsverarbeitenden Aktivitäten, sondern zugleich danach fragen, ob überhaupt bzw. inwieweit diese Phase n u n auch schon unter sozialen Aspekten, also unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanzbildung, genutzt w i r d 5 1 . Wie es sich an diesem Beispiel schon zeigt, sollen die jeweiligen sozialen und sachlichen Aktivitäten i m übergreifenden Erklärungszusammenhang zwar einen vergleichsweise „höherwertigen Status" einnehmen; dies soll und 49 Als Beispiel die Untersuchungen von Hans Strutz, Wandel industriebetrieblicher Organisationsformen, Stuttgart 1976 und Roland Dumont du Voi tel, A k t o r e n i n der I n i t i i e r u n g von organisatorischem Wandel, M a n n h e i m 1976; vgl. aber auch Rainer Koch / Arthur Neubauer, Implementationsfehler bei Organisationsänderungen, i n : VOP, 2/1979, S. 84 ff. 50 Vgl. hierzu die Hypothese von einer bestimmten zeitlichen A n o r d n u n g einzelner Phasen bei Larry E. Greiner, Patterns of Organizational Change, i n : Gene W. Dalton / Paul Lawrence (Hrsg.), Organizational Change and Development, Homewood 1970, S. 54. 51 Entsprechend w i r d hier auch von der „eingeflochtenen" Konsensbildung gesprochen, vgl. Amitai Etzioni, Die aktive Gesellschaft, Opladen 1975, S. 485 ff.

1.4. Bezugsrahmen der Untersuchung

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kann aber wiederum theoretisch nicht ausschließen, daß auch schon die Phasengliederung als solche bei der Erklärung der Effektivität von Änderungsprozessen eine Rolle spielen kann. Die A r t und Weise, i n der die verschiedenen motivationalen und sachlichen Aktivitäten i m Vergleich vollzogen werden, soll i m Rahmen unserer Überlegung als die Strategie des geplanten Organisationswandels bzw. als Änderungsstrategie bezeichnet werden. Welche Strategie dabei jeweils zum Tragen kommt, ergibt sich i n der Regel aus den Führungsstilen, die auch ansonsten, also i m alltäglichen Geschäftsbetrieb, angewandt werden 5 2 . Führungsstile erzielen auch in dieser Hinsicht einschlägige Wirkungen, w e i l sich m i t der Anwendung eines Führungsstils auf den Fall einer Organisationsänderung spezielle Problem- oder Situationsdefinitionen und — daraus abgeleitet — Organisations- und Verhaltensangebote einstellen. Wieweit solche Problemdefinitionen und Verhaltensgebote auf die Gestaltung eines Änderungsprozesses durchschlagen können, zeigt sich etwa, wenn eben bedingt durch diese Faktoren eine Organisationsänderung von Anfang an weniger als ein Planungs- und Informationsverarbeitungsproblem als vielmehr als ein Problem der Konfliktregelung wahrgenommen wird. Die für unsere Untersuchung ausschlaggebenden Änderungsstrategien werden von uns daher nicht schon auf der Ebene einzelner funktionsbezogener Aktivitäten gebildet, sondern ergeben sich aus den zur Steuerung der Änderungsprozesse eingesetzten Führungsstilen selbst. W i r werden später noch sehen, daß w i r uns aus diesen Gründen auch mit den speziellen Wirkungsweisen eines autokratischen bzw. autoritären, eines patriarchalischen und eines situationsbezogenen oder kooperativen Führungsstils zu beschäftigen haben 5 3 . Die sich mit der Anwendung dieser Führungsstile einstellenden Strategien bestimmen nun nicht schon i n direktem Wege über die Effektivität von Änderungsprozessen. Die Effektivität eines Änderungsprozesses ergibt sich vielmehr — wie w i r es bereits in den vorausgegangenen methodologischen Teilen näher ausgeführt haben — erst aus der Eignung, nun auch angesichts spezieller Situationsbedingungen die i m Sinne unserer Erfolgskriterien positiven Wirkungen zu entfachen. I n diesen Situationsbedingungen sind quasi Potentiale zu sehen, die je nachdem, 52 Insofern muß also beim Organisationswandel nicht unbedingt auf eine besondere Strategie zurückgegriffen werden, vgl. Martin M. Rosner, A d m i n i strative Controls and Innovation, i n : Behavioral Science, Vol. 17, 1968, S. 36 ff. 53 W i r orientieren uns dabei zwar auch an den herkömmlichen idealtypischen Klassifikationen u n d Definitionen, wenngleich diese „Grenzziehungen" empirisch betrachtet einen fließenden Charakter haben; zu den Definitionen vgl. Manfred Timmermann (Hrsg.), Personalführung, Stuttgart 1977, S. 19 ff. sowie Charles Lattmann, Führungsstil u n d Führungsrichtlinien, B e r n / S t u t t gart 1975, S. 9 ff.

3 Speyer 86

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

w i e sie b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n , die W i r k u n g e n e i n z e l n e r A k t i v i t ä t e n selbst b e s c h r ä n k e n oder erst z u i h r e r v o l l e n E n t f a l t u n g k o m m e n lass e n 5 4 . I n d e r Regel entscheidet d a n n auch erst das geordnete Z u s a m m e n w i r k e n v o n A k t i v i t ä t e n oder S t r a t e g i e n u n d diesen P o t e n t i a l e n d a r ü b e r , ob u n d i n w i e w e i t es zu zielbezogenen oder z i e l a b w e i c h e n d e n W i r k u n g e n k o m m t . U m d a h e r n i c h t n u r das b e l i e b i g e W i r k e n v o n Ä n d e r u n g s p r o zessen beschreiben, s o n d e r n i h r e E f f e k t i v i t ä t i n dieser Weise e r k l ä r e n z u k ö n n e n , m ü s s e n w i r also noch entsprechende E f f e k t i v i t ä t s - oder Erfolgsdeterminanten i n unseren Bezugsrahmen aufnehmen. A u s diesem G r u n d w o l l e n w i r n u n a u c h gezielt verschiedene S i t u a t i o n s b e d i n g u n g e n eines Änderungsprozesses als E r f o l g s d e t e r m i n a n t e n a n s e h e n 5 5 . D a z u w o l l e n w i r einerseits verschiedene M e r k m a l e der ü b e r g r e i f e n d e n Ä n d e r u n g s s i t u a t i o n zählen, w i e e t w a A r t u n d Weise der I n i t i i e r u n g oder S t ä r k e des s u b j e k t i v e m p f u n d e n e n P r o b l e m d r u c k s 5 6 , aber auch d e n T y p u s oder das Z i e l d e r g e p l a n t e n O r g a n i s a t i o n s ä n d e r u n g 5 7 . A n d e r e r s e i t s w o l l e n w i r f r e i l i c h a u f die m i t g e b r a c h t e b z w . ü b e r d a u e r n d e Ä n d e r u n g s b e r e i t s c h a f t der B e d i e n s t e t e n 5 8 sowie a u f das i n V e r waltungseinheiten durch Verfahren u n d Routinen abrufbare Reorganisationswissen a b s t e l l e n 5 9 . D a b e i s o l l e n u n s gerade die b e i d e n z u l e t z t ge54 Entsprechend W. Kirsch / W.-M. Esser / E. Gabele, Reorganisation — Theoretische Perspektiven des geplanten organisatorischen Wandels, M ü n chen 1978, S. 44. 55 Z u m Versuch einer eher umfassenden konzeptionellen Bestimmung vgl. Peter L. Scanton, Urban Public Services: Ten Case Studies, i n : Richard R. Nelson, Innovation and Implementation i n Public Organization, Lexington 1978, insbesondere S. 139. 56 Hier geht es u m die krisen- und/oder stresstheoretischen Erklärungen des Organisationswandels, vgl. hierzu z. B. James G. March / Herbert A. Simon, Organisation u n d I n d i v i d u u m , Wiesbaden 1976, S. 169 ff. 57 A u f die A r t der Änderung w i r d typischerweise von der Diffusionsforschung verwiesen, vgl. hierzu Everett M. Rogers / F. Floyd Shoemaker, Communication of Innovations, 2. Auflage, New Y o r k 1971. 58 Z u r Änderungsbereitschaft u. a. Diether Gebert, Organisationsentwicklung, Stuttgart 1974, S. 82 ff. sowie Ralph H. Kliman, Social Systems Design, Normative Theory and the M A P S Design Technology, Amsterdam / N e w Y o r k 1977, S. 37 ff.; zu einer speziellen Berücksichtigung der Mehr-Ebenen-Problem a t i k (personale u n d strukturelle Bedingungen) vgl. insbesondere Horst Dienstbach, D y n a m i k der Unternehmungsorganisation, Wiesbaden 1977, S. 69 ff. und S. 88 ff. sowie Michael Tushman, Organizational Change: an E x ploratory Study and Case History, Ithaca, New Y o r k 1974, S. 73. 59 Z u r Bedeutung dieser Variable insbesondere Wolf V. Heydebrand / James J. Noell, Task Structure and Innovation i n professional Organizations, i n : W. V. Heydebrand (Hrsg.), Comparative Organizations, London 1973, Seiten 294—322; direkt bezogen auf die Anwendung von Führungsstrategien Bernhard M. Bass / Enzor R. Valenzi, Contingent Aspects of Effective M a nagement Styles, i n : James G. Hunt / Lars L. Larson (Hrsg.), Contingency Approaches to Leadership, London/Amsterdam 1973, S. 142, sowie Victor H. Vroom / Philip W. Yetton, A Normative Model of Leadership Styles, i n : Kenneth N. Wexley / Gary A. Yukl (Hrsg.), Organizational Rehavior and I n d u strial Psychology, London 1975, S. 139.

1.4. Bezugsrahmen der Uhtersuchung

35

nannten Faktoren i n die Lage versetzen, die Wirksamkeit der Änderungsstrategien nun auch relativ zu den von uns eingesetzten Erfolgskriterien zu erklären. Wie durchschlagend diese Effektivitätsdeterminanten wirken können, zeigt sich schon daran, daß eben vorgesehene Anreizmaßnahmen (etwa Statusverbesserung) nur insoweit die Akzeptanz einer Organisationsänderung zu verbessern vermögen, als diesen A n reizen nun auch i m Lichte subjektiver Bedürfnisse (Art der Änderungsbereitschaft) eine Anreizwirkung zukommt. I n diesem Zusammenhang ist. allerdings noch zu bedenken, daß diese Situationsbedingungen — wie etwa der Typus der geplanten Organisationsänderung — selbst zum Gegenstand einer gezielten Einflußnahme oder Manipulation werden und i n dieser Weise ihren logischen Status als Effektivitätsdeterminanten verlieren können. Schließlich können sich diese Situationsbedingungen — wie etwa an den Folgen einer Initiierung von Organisationsänderungen für die Änderungsbereitschaft erkennbar — auch untereinander beeinflussen. (Vgl. zu dem Aufbau unseres Bezugrahmens folgendes Schaubild) Wie es sich aus den bisher aufgeführten Zusammenhängen ergibt, können w i r an dieser Stelle bestenfalls eine Erklärungsskizze zur Effektivität von Änderungsprozessen entwickeln 6 0 . Für eine vollständige Theorie fehlt es eben schon einmal an einer weiteren Spezifizierung und auch nur annähernd vollständigen Erfassung relevanter Situationsbedingungen sowie faktisch verfügbarer oder gedanklich möglicher Gestaltungsstrategien. Zudem sind w i r auch nicht in der Lage, das Zusammenwirken einzelner Faktoren bzw. Variablen i n Form von Gesetzmäßigkeiten oder expliziten Hypothesen darzulegen. Wissenschaftslogisch bewegt sich diese Untersuchung also auf der Ebene eines Bezugsrahmens. I n dieser Weise geht es der Funktion nach nicht schon um eine Hypothesenüberprüfung anhand großer „Stichproben", sondern zunächst nur um eine je nach Gelegenheit vorzunehmende Entwicklung solcher Hypothesen. Der Bezugsrahmen soll also nur dazu -dienen, erste Aussagen zu den für die Wirkungsweise von Änderungsstrategien ausschlaggebenden Zusammenhänge zu formulieren. Die bei einem solchen Vorgehen gleichwohl verbleibende Ungewißheit über die tatsächlich ausschlaggebenden Regel- und Gesetzmäßigkeiten w i r d allerdings auch Folgen für die Aussagen unseres Managementmodells haben. Da w i r eben nicht an einer (was das Explanans anbetrifft) vollständigen und zudem empirisch überprüften Theorie anzuknüpfen vermögen, sind in den Aussagen oder Empfehlungen unseres Managementmodells nicht schon immer logisch 60

Z u r Erklärungsskizze als eine F o r m der unvollständigen E r k l ä r u n g vgl. Alfred Kieser / Herbert Kubicek, Organisationstheorien, Bd. 1, Stuttgart 1978, S. 40. 3*

>

Initiierung

Strategien

Erfolgskriterien

Sachliche Aktivitäten Informationserfas(Informationsverarbeitung) sung/-verarbeitung Soziale Aktivitäten I Entscheidungs(Motivierung) j findung Implementation

Prozeßvariable

- Stärke des Problemdrucks - Typ der geplanten Organsationsänderung - Änderungsbereitschaft - Reorganisationswissen

- Art der Innitiierung

Situationsbedingungen

- Regelungs- und Planungsfähigkeit - Fähigkeit zur Akzeptanzbildung

Durchführbarkeit " s

Schaubild 1: Bezugsrahmen zur Effektivität von Strategien des geplanten Organisationswandels

1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

1.5. Vorgehen und Gegenstand der Untersuchung

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zwingende und in jeder Hinsicht empirisch überprüfte Ableitungen zu sehen; das hier i m Sinne eines Strategie-Auswahl-Modells entwickelte Managementmodell gibt also nicht schon Empfehlungen mit einer eindeutigen oder zweifelsfreien „Lösungsgarantie" an die Hand, sondern bietet zunächst nur ein Verfahren, mit dem man von bestimmten Situationsgegebenheiten auf die vorerst nur denkbar richtigen Vorgehensweisen zur Durchführung einer Organisationsänderung zu schließen vermag. Bei einer K r i t i k an diesem Vorgehen sollte prinzipiell bedacht werden, daß sich Technologien schon m i t einer „Genauigkeit zweiten Grades" und somit auch schon m i t einer relativen Verbesserung der herkömmlichen Praxis zufriedengeben können 6 1 .

1.5 Vorgehen und Gegenstand der Untersuchung Aufgrund des bisherigen Entwicklungsstandes einschlägiger Theorieii geht es bei unserer Untersuchung i n wissenschaftslogischer Hinsicht darum, einen Bezugsrahmen zur Analyse der Effektivität von Änderungsstrategien zuerst noch zu entwickeln. Das sich damit verbindende Ziel, den für die Effektivität von Änderungsstrategien ausschlaggebenden Zusammenhängen auf die Spur zu kommen, läßt sich allerdings selbst wiederum nur erreichen, wenn die Untersuchung an die Regeln einer dafür speziell geeigneten Methodik angebunden wird. Zur Entwicklung eines solchen Bezugsrahmens scheint es dann auch sehr angemessen, i n methodischer Hinsicht auf die Vorgehens weise „vergleichender Fallstudien" zurückzugreifen 62 . Die Methodik der vergleichenden Fallstudie eignet sich insoweit i n besonderer Weise für unsere Untersuchung, als sie eben nicht schon ein spezielles Prüfverfahren (Bewährung von Hypothesen), sondern ein spezielles Verfahren der Erkenntnisgewinnung darstellt. Während es i n anders gearteten, beispielsweise experimentellen Studien bereits dfcrum geht, mit dem M i t t e l statistischer Verfahren und der Datenmanipulfttion (etwa Stichprobenteilung) Variablenzusammenhänge m i t einem friöglichst hohen Bewährungs- und Bestätigungsgrad aufzufinden, w i r d mit der vergleichenden Fallstudie erst noch versucht — und zwar durch eine gezielte Beeinflussung der Datenerhebung selbst —, solch potentiell generalisierbare Zusammenhänge erst noch zu entdecken. Die zu unter61 Vgl. hierzu Günter Schanz, Einführung i n die Methodologie der Betriebswirtschaftslehre, K ö l n 1975. 62 Vgl. hierzu Hellmut Wollmann ! Gerd^Michael Hellstern, Sozialwissenschaftliche Untersuchungsregeln u n d Wirkungsforschung, i n : P. Haungs (Hrsg.), Res Publica, Dolf Starnberger zum 70. Geburtstag, München 1977, S. 441 sowie Harry Eckstein, Case Study and Theory i n Political Science, i n : Handbook of Political Science, Vol. 7, hrsg. von Fred J. Greenstein / Nelson W. Polsby, Reading 1975, S. 80 ff.

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1. Einleitung : Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

suchenden Fälle werden bei diesen Vorgehen daher auch nicht mit dem M i t t e l der Zufallsauswahl bestimmt, sondern die Auswahl von Untersuchungsfällen w i r d von vornherein so vorgenommen, daß sich die für die Formulierung von Hypothesen oder Wenn-dann-Aussagen voraussichtlich interessanten Merkmale des Untersuchungsgegenstandes über die Fälle hinweggesehen nun systematisch wechselweise konstant halten oder aber variieren lassen. I n der vergleichenden Fallstudie ist daher auch eine ideale methodische Voraussetzung dafür zu sehen, daß sich feststellbare Veränderungen auf der abhängig gedachten Variable (Erfolg) zunächst als solche erfassen, sodann allerdings bei konstant gehaltenen Rahmen- oder Situationsbedingungen (etwa Typ der Verwaltungseinheit) nun auch logisch zwingend auf die systematisch variierten Aktionsvariablen (Strategien) zurückführen lassen. Aus diesen verständlichen Gründen haben nun auch w i r versucht, uns bei unserer Vorgehensweise an dieser Methodik zu orientieren. So können w i r es entsprechend dieser Vorgehens weise schon einmal einrichten, daß der uns interessierende Änderungsprozeß i m weiteren Rahmen organisatorisch und funktionell annähernd gleichgearteter Verwaltungseinheiten untersucht wird. Die Untersuchung erstreckt sich daher auch i n jedem der insgesamt drei untersuchten Fälle auf Örganisationsänderungen, die bei Landkreisverwaltungen des Landes Rheinland-Pfalz durchgeführt worden sind ( L K V Südliche Weinstraße/Landau-Bad Bergzabern; Mainz-Bingen; Mayen-Koblenz). Indem w i r die Änderungsprozesse ein jedes M a l bei Landkreisverwaltungen untersuchen, ist damit zwar noch keineswegs sichergestellt, daß es nicht dennoch — wie es auch leicht etwa an der Größe des Personalbestandes, der Aufgabenlage oder der überbrachten Organisationsgliederung zu erkennen wäre — zu erheblichen Variationen auf wesentlichen Kontextvariablen kommen kann; die hier zu erwartenden Unterschiede dürften allerdings i n jedem Fall geringer sein als jene, die man bei einer Untersuchung von Verwaltungseinheiten verschiedener Verwaltungsebenen — also etwa über die Kreis- und Bezirksebene hinweg — zu erwarten hätte. Zudem haben w i r erfolgreich den Versuch gemacht, neben den allgemeinen organisatorischen Rahmen- und Situationsbedingungen nun auch noch den Typ der jeweils angestrebten Organisationsänderung konstant bzw. vergleichbar zu halten. I n jedem der drei untersuchten Fälle handelt es sich dabei um eine Neugliederung von Abteilungsstrukturen, die den Landkreisen des Landes Rheinland-Pfalz durch Erlaß des Innenministeriums vom 9. November 1976 bis zum 1. A p r i l 1977 zur Durchführung angeordnet w i r d 6 3 . Genauer gesagt, geht es dabei 63

Vgl. Muster-Verwaltungsgliederungsplan f ü r die Kreisverwaltungen i n Rheinland-Pfalz, M i n B l . der Landesregierung v. Rheinland-Pfalz, 9. Nov. 1976, Sp. 1336.

1.5. Vorgehen und Gegenstand der Untersuchung

39

um einen neuen Muster-Verwaltungsgliederungsplan, mit dem versucht wird, den sich speziell i m Zuge der Gebiets- und Funktionalreform quantitativ und qualitativ verändernden Aufgabenbestand der Landkreisverwaltungen nach neuen Aufgabengruppen zu gliedern. Wie es i m Erlaß selbst heißt, soll damit die Grundlage für eine insgesamt zeitgemäße und rationelle Organisation gelegt werden, i m besonderen also auch den Forderungen nach Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Bürgernähe der Verwaltung nachgekommen werden. Von den organisatorischen Folgewirkungen her betrachtet führt dies (im Vergleich zu dem überkommenen Musterplan von 1957) zur Abschaffung von Unterabteilungen, zu einem fachlichen Neuzuschnitt von Abteilungen, zur Festlegung auf zwei Organisationsstufen (Abteilung und Dezernat), zur weitgehenden Abschaffung abteilungsfreier Referate i m Führungsbereich sowie gemessen an den faktischen Verhältnissen tendenziell zu einer Verringerung von Abteilungen, von Referaten und schließlich Stellen. Wie es leicht einzusehen ist, werden die Folgewirkungen dieser Organisationsänderung zwar nicht i n jeder Hinsicht gleich ausfallen. So w i r d ja bei der Ermittlung des Änderungsbedarfs, der i m Zuge einer Organisationsänderung auf die einzelnen Landkreisverwaltungen zukommt, schon einmal die jeweilige Ausgangslage oder die Ist-Situation mit i n Rechnung zu stellen sein. Je nach dem, ob es bereits bei den einzelnen Landkreisverwaltungen zu spontanen oder vorausgezogenen Selbstanpassungen gekommen ist oder nicht, w i r d dann auch dieser objektive Änderungsbedarf unterschiedlich ausfallen. Wenn es also i n dieser Hinsicht nicht gelingen mag, den Gegenstand der Organisationsänderung über die einzelnen Untersuchungsfälle hinweg absolut konstant zu halten, so zeigt sich hier dennoch wieder eine Gleichartigkeit zumindest mit Blick auf die sich beim Vollzug dieser Organisationsänderung einstellenden Problemtypen und Regelungsnotwendigkeiten. Denn unabhängig von der jeweiligen Reichweite der Änderung werden die einzelnen Landkreise bei der Änderung der Aufgabengliederung auf etwa gleiche Weise vor die Situation gestellt, neue Organisationspläne entwerfen zu müssen, Statusprobleme i m engeren Sinne oder Loyalitätsprobleme infolge veränderter Unterstellungsverhältnisse zu lösen, nicht zuletzt auch die beim Neuzuschnitt von Abteilungsgrenzen auftretenden Raumprobleme planerisch i n Griff zu bekommen. M i t den angestrebten Erkenntnisgewinnen kann allerdings nur gerechnet werden, soweit nun zusätzlich die eigentlich interessierenden Aktionsvariablen gegen die konstant gehaltenen Rahmenbedingungen oder Kontextvariablen variiert werden. Bei einer Variation der Änderungsstrategie innerhalb ansonsten gleichbleibender Rahmenbedingungen (wie Typ der Verwaltungseinheit und Organisationsänderung) kann

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1. Einleitung: Konzeptionelle Gesichtspunkte der Untersuchung

man m i t einiger Sicherheit davon ausgehen, daß die nun i m Vergleich auftretenden Änderungen auf der abhängigen Variable (Effektivität) eben weniger auf die Rahmenbedingungen als vielmehr auf die unterschiedlichen Änderungsstrategien selbst zurückzuführen sind. Dieser Forderung nach einer Variation auf unserer zentralen Untersuchungsvariablen können w i r entsprechen, indem w i r bei der Auswahl der Untersuchungsfälle größten Wert auf jeweils unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Einführung des Muster-Verwaltungsgliederungsplans gelegt haben. Wie w i r noch näher sehen werden, w i r d auch bei der Einführung dieses Verwaltungsgliederungsplans jeweils getrennt nach einzelnen Untersuchungsfällen ein eher autokratischer, ein patriarchalischer oder ein kooperativer (situativer) Führungsstil angewandt. Bei der weiteren Kennzeichnung dieser Führungsstile greifen w i r i m übrigen auf die gängigen Unterscheidungsmerkmale der Führungs- und Organisationsforschung zurück. U m nun auch bei der Erhebung der Daten dem explorativen Charakter unserer Untersuchung entsprechen zu können, wurde i n dieser Phase der Untersuchung konsequenterweise auf ein allzu enges und standardisiertes Erhebungsinstrument (etwa geschlossene Fragen, Skalen und schriftliche Befragung) verzichtet und m i t dem M i t t e l der mündlichen Intensivbefragung gearbeitet. Der Befragung wurde daher unsererseits auch nur ein halb-standardisierter Fragebogen zugrundegelegt. Da das Interesse dieser Untersuchung vorrangig bestimmten Struktur- und Prozeßdaten (beispielsweise Organisation einzelner Phasen des Änderungsprozesses) gilt, also Daten, deren Ausprägimg nicht von vornherein m i t bestimmten Merkmalen der Befragten, wie etwa Einstellungen, Meinungen etc. variieren, wurde es zudem auch nicht notwendig, den Kreis der Befragten durch eine Stichprobenbildung i m herkömmlichen Sinne zu bestimmen. Wie es vielmehr dem Charakter von Fallstudien bzw. einer Untersuchung gezielt ausgewählter Fälle entspricht, wurden in die Befragung Bedienstete einbezogen, die sich gewissermaßen als Experten, also aufgrund von Erfahrungen bzw. der eigenen Teilnahme an den Änderungsprozessen, zu bestimmten Aspekten von Organisationsänderungen zu äußern vermochten. Aufgrund der von außen auf den Änderungsprozeß einwirkenden Einflüsse sind dabei allerdings nicht nur jeweils die Organisationsreferenten, Personalreferenten, die Büroleiter und die einschneidend betroffenen Abteilungsleiter der Landkreisverwaltungen befragt worden, sondern ebenso Vertreter externer Institutionen, so des Rechnungshofs, Landesinnenministeriums und des Landkreistages. Die Datenerhebung wurde schließlich dadurch begünstigt, daß w i r i n die bei den jeweiligen Verwaltungen verfügbaren A k t e n bzw. Sitzungsprotokolle çinsçhçn konnten»

2. Z u r Initiierung der Organisationsänderung

2.1 Allgemeine Rahmenbedingungen der I n i t i i e r u n g von Organisationsänderungen

I n der klassischen Theorie des Organisationswandels gibt es einige grundlegende Annahmen, mit denen sich zumindest für betriebswirtschaftliche Unternehmungen die Bedingungen und Formen organisatorischer Innovationen relativ plausibel darlegen lassen. So w i r d i m Rahmen dieser Theorie insbesondere darauf abgestellt, daß mit Innovationen bei exakt zu ermittelnden Leistungsdefiziten angeknüpft werden kann 1 . Innovationen werden i m Fall betriebswirtschaftlicher Unternehmungen i n aller Regel durch kritische bzw. gar bestandsgefährdende Veränderungen einiger relativ leicht erfaßbarer Variablen, wie etwa Gewinn, Liquidität oder Rentabilität, ausgelöst. I n diesen Fällen erfolgt also die Initiierung organisatorischer Innovationen nicht nur auf der Basis eines „subjektiven Wollens", sondern der Regel nach i n Reaktion auf einen als objektiv empfundenen Innovations» bzw. Veränderungsdruck. Anders betrachtet würde daher auch ein Verzicht auf organisatorische Innovation — zumindest bei vollständigen Marktbedingungen — zu einem Untergang selbst führen. Der I n i t i ierung von Organisationsänderungen unterliegt i n diesen Fällen allerdings nicht nur ein objektiver Innovationsdruck, sondern w i r d hier — den Annahmen entsprechend — zumeist von einem entsprechenden subjektiven Problembewußtsein begleitet 2 . Die Ausprägung eines solchen Bewußtseins w i r d dabei schon einmal durch die leichte bzw. annähernd zweifelsfreie Wahrnehmbarkeit ökonomischer Leistungsdefizite begünstigt; zum anderen ist hier nun eine vergleichsweise stark ausgeprägt (subjektive) Orientierung am Muster zielorientierten Handelns zu unterstellen, was nun seinerseits fast schon zwangsläufig dazu führen dürfte, 1 Z u diesem „performance-gap"-Theorem vgl. wieder Arne F. Leemans, A Conceptual Framework for the Study of Reform of Central Government, i n : A. F. Leemans (Hrsg.), The Management of Change i n Government, The Hague 1976, S. 75 sowie J. Eugene Haas / Thomas E. Drabek, Complex Organizations: A Sociological Perspective, New Y o r k 1973, S. 275 ff. 2 Hierzu wieder James G. March / Herbert A. Simon, Organisation u n d I n d i v i d u u m , Wiesbaden 1976, S. 170 sowie Diether Gebert, Organisationsentwicklung, Stuttgart 1974, S. 108.

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

daß sich i m Falle zielabweichender Handlungsergebnisse ein übermäßiger Streß oder Leistungsdruck einstellt. Wie es an den relativ eindeutig feststellbaren Leistungsdefiziten, einem bestandskritischen Innovationsdruck und einem damit korrespondierenden Problembewußtsein deutlich wird, werden hier Organisationsänderungen durch Gegebenheiten ausgelöst, die sich zugleich recht förderlich für die Durchführung von Organisationsänderungen unter sachlichen und sozialen Aspekten auswirken können 3 . So sind ja die bei der Definition eines Innovationsanlasses verwandten Leistungskriterien so definiert, daß sich die Organisationsänderungen auch auf tatsächlich regelungsbedürftige Probleme beziehen und die Reformmodelle unter sachlichen Gesichtspunkten eine für die Unternehmung auch tatsächlich relevante Problembeseitigungskraft erhalten. I m Rahmen dieser A n sätze lassen sich Organisationsänderungen daher auch stets i m übergeordneten Zusammenhang m i t einer beabsichtigten Verbesserung der Ziel Verfolgung betrachten. Zudem stellt sich ja mit der Wahrnehmung dieser Zusammenhänge nicht nur Streß, Leistungsdruck etc. ein, sondern auch eine hinreichende Bereitschaft, solche bestandskritischen Änderungen nun auch aktiv zu unterstützen. I n diesen Fällen ist also i n der Regel auch damit zu rechnen, daß eine erkannte Innovationsnotwendigkeit zugleich auch eine hinreichende Innovations- bzw. Änderungsbereitschaft zu entfachen vermag. I m Fall der öffentlichen Verwaltung dürften die hier aufgeführten und zudem durchaus erfolgskritischen Bedingungen und Formen der Initiierung von Organisationsänderungen nicht i n gleicher Weise ausgeprägt sein. So führt ja der typisch „öffentliche Charakter" des Verwaltungshandelns schon dazu, daß sich das Verwaltungshandeln eben nicht an einer gleichermaßen eindimensionalen wie einfach zu operationalisierenden Zielstruktur orientiert 4 . Das Verwaltungshandeln orientiert sich auch nicht am Gewinnstreben oder dem ökonomischen Nutzen seiner Wirkungen, sondern das Verwaltungshandeln ist auf übergeordneter Ebene i m Zusammenhang mit dem Bemühen politischer Spitzen zu sehen, zu einer konsensfähigen bzw. bedarfsgerechten Regelung gesellschaftlicher Problemlagen zu kommen. Demgemäß bestimmt sich die Güte bzw. die Leistung des Verwaltungshandelns wiederum grundsätzlich betrachtet primär in ihrer jeweiligen ideologischen Er3 Dabei müssen allerdings die Ursachen einer I n i t i i e r u n g nicht schon i n jedem F a l l identisch sein m i t den Ursachen für eine erfolgreiche Durchführung von Innovationen; vgl. hierzu etwa das Wilson-Theorem von der u n terschiedlichen Eignung von Organisationsstrukturen für die Entwicklung und Implementation von Innovationen, vgl. J. Q. Wilson, Innovatiion i n O r ganization, i n : J. D. Thompson (Hrsg.), Approaches to Organizational Design, Pittsburgh 1967, S. 193—218. 4 Vgl. hierzu Renate Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, H e i delberg 1978, S. 125 ff.

2.1. Rahmenbedingungen der I n i t i i e r u n g von Organisationsänderungen

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wünschtheit und nur sekundär an den berechenbaren „Kosten" des Verwaltungsvollzugs 5 . Da hier allerdings eher mit einer Vielzahl an politisch bedeutsamen Werthaltungen zu rechnen ist, w i r d es eben schon aus diesem Grund schwierig, die Leistungsfähigkeit anhand jeweils allseits akzeptierter und insofern zweifelsfreier Kriterien zu beurteilen. I m Fall der öffentlichen Verwaltung w i r d es daher auch ganz grundsätzlich zu einem Problem, Leistungsdefizite überhaupt zu erkennen oder zu objektivieren. Inwiefern etwas als Leistungsdefizit zu gelten hat, hängt damit zumeist von speziellen Interpretationsleistungen oder den bei der Einschätzung erst selbst herbeigezogenen (politischen) Zielsetzungen ab. Bei der Einschätzung von Leistungsproblemen der öffentlichen Verwaltung ist insbesondere — wie etwa an der nunmehr populären Bürokratiekritik erkennbar — damit zu rechnen, daß diesen Einschätzungen auch gesellschaftspolitische Standorte unterliegen. Leistungsprobleme werden also i n diesen Fällen auch unabhängig von ihren ökonomisch oder finanzwirtschaftlich exakten Ausmaßen nach speziellen politischen Nutzenkalkülen definiert. Die prinzipiell geringen Möglichkeiten, sich dabei auf eindeutige Kriterien zu einigen, eröffnen schließlich den Raum dafür, die Notwendigkeit von Organisationsänderungen gewissermaßen zu „inszenieren" und diese Änderungen eben zum Zweck übergreifender politischer Gesichtspunkte durchzuführen. Gerade für den Fall öffentlicher Verwaltungen ist also damit zu rechnen, daß Organisationsänderungen eine symbolische Funktion übernehmen und damit — wie etwa i m Fall der Einführung moderner Führungsstile — den Initiatoren dazu dienen, i n der Öffentlichkeit ihre Verpflichtungen gegenüber gesellschaftspolitisch bedeutsamen Standorten zu demonstrieren. Zum anderen dürfte die Situation wiederum nicht so geartet sein, daß sich m i t einer tatsächlich (etwa entsprechend den Sparsamkeit- und Wirtschaftlichkeitsgeboten) als objektiv erkannten Problemlast nun auch ein unentrinnbarer Innovationsdruck einstellt. So kommt ja i m Fall öffentlicher Verwaltungseinheiten noch die Besonderheit hinzu, daß sich öffentliche Verwaltungseinheiten einer allgemeinen Bestandsgarantie erfreuen. Da es sich bei solchen Verwaltungseinheiten eben nicht nur um Dienstleistungseinheiten, sondern auch um Instrumente der Ausübung einer legitimen staatlichen Herrschaft handelt, kann über ihren Bestand auch nicht schon ein Leistungsdefizit i m engeren, womöglich bloß ökonomisch definierten Sinn entscheiden 6 . Der Bestand 5 H i e r w i r d es dann auch zur Frage, ob man sich bei der Evaluation der Ergebnisse staatlichen Handelns an K r i t e r i e n einer methodischen oder politischen Rationalität orientiert; hierzu Carol H. Weiss, Wertmessungsforschung i m politischen Kontext, i n : Joachim Schmid (Hrsg.), Planvolle Steuer u n g gesellschaftlichen Handelns, Opladen 1975, S. 191—206 sowie Hans-XJlrich Derlien, Erfolgskontrolle staatlicher Planung, Baden-Baden 1976,

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

solcher Verwaltungseinheiten erscheint vielmehr zumindest so lange gesichert, als eben die übertragenen Ausgaben aufgrund politischer Gegebenheiten oder rechtlicher Zwänge weiterhin durchzuführen sind. I m Regelfall erreicht also ein Leistungsdefizit — selbst wenn es sich dabei um einen rechtlich beanstandungswürdigen Tatbestand handelt — nicht den gleichen bestandsbedrohenden Charakter. Diese faktisch gegebene Bestandsgarantie mindert allerdings nicht nur den objektiven Innovationsdruck, sondern dürfte darüber hinaus ebenso dazu beitragen, daß sich nun auch auf subjektiver Ebene oft nur ein unzureichendes Problem- und Reorganisationsbewußtsein ausbildet. Daß hier ein erkanntes Leistungsdefizit nicht i n gleicher Weise als Auslöser einer verstärkten Innovations- und Änderungsbereitschaft wirken mag, dazu dürfte darüber hinaus etwa auch die geringe Leistungsorientiertheit des öffentlichen Anreiz- und Belohnungssystems beitragen 7 . I m Fall öffentlicher Verwaltungseinheiten mögen daher ganz entscheidende Bedingungen einer erfolgreichen Durchführung einer Organisationsänderung nicht i n gewünschter Weise vorliegen. So kann es schon einmal die Vielzahl unterschiedlicher (und insofern auch schwankender) Leistungskriterien verhindern, daß sich hier Leistungsdefizite allgemein gültig bestimmen und i n dieser Weise objektivieren lassen. Daher w i r d es auch zumindest zu einer offenen Frage, ob mar\ bei der Initiierung tatsächlich von einem „bestandskritischen" Problem auszugehen vermag, also — bei anderer Betrachtung — von einem Problem, von dessen Regelung auch i n der Tat eine Verbesserung der Zielverfolgung zu erwarten ist. Zum anderen dürfte es die allgemeine Bestandsgarantie zumindest nicht begünstigen, daß sich von vornherein eine i n jeder Hinsicht zufriedenstellende Änderungsbereitschaft ausprägt. Hier w i r d also i n der Regel erschwerend hinzukommen, daß die Wahrnehmung eines Leistungsdefizites nicht zwingend zu einer verstärkten Änderungsbereitschaft führen muß. Während also i n anderen Fällen bei der Initiierung von Organisationsänderungen quasi per definitionem bei einem bestandskritischen Leistungsdefizit und einer entsprechend hohen Änderungsbereitschaft angeknüpft werden kann, müssen diese für eine er8 Hierzu Horst Bosetzky, Bürokratische Organisationsform i n Behörden und Industrieverwaltungen, i n : Renate Mayntz (Hrsg.), Bürokratische Organisation, K ö l n / B e r l i n 1968, S. 179 ff. 7 Zumindest von offizieller Seite erhofft man sich durch entsprechende Veränderungen des Dienstrechts eine verbesserte Leistungsbereitschaft; abwägend i n dieser Hinsicht Rainer Koch, Dienstrechtsreform und Leistungsbereitschaft: Z u r Wirkungsweise eines leistungsbezogenen Anreiz- und Belohnungssystems, i n : Hans-Wolf gang Hoefert / Christoph Reichard (Hrsg.), Leistungsprinzip u n d Leistungsverhalten i m öffentlichen Dienst, Stuttgart 1979, S. 200 ff.

2.2. Z u r Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

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iolgreiehe Durchführung wesentlichen Bedingungen i m Fall öffentlicher Verwaltungseinheiten nicht notwendigerweise vorliegen bzw. müssen erst noch geschaffen werden. Wie w i r i m folgenden sehen werden, zeichnen sich einzelne Änderungsstrategien auch i n dieser Hinsicht durch eine unterschiedliche Zweckeignung aus.

2.2 Zur Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit Ganz generell kann der speziell öffentliche Charakter des Verwaltungshandelns dazu führen, daß Leistungsdefizite nicht zweifelsfrei bzw. unstrittig definierbar sind und zudem auch keinen unentrinnbaren Innovationsdruck auszulösen vermögen. I m Fall öffentlicher Verwaltungen ist somit die Initiierung von Organisationsänderungen i n weit stärkerem Maße von Interpretationsleistungen abhängig, wie überhaupt i n diesen Fällen damit zu rechnen ist, daß hier selbst i m Fall gleichermaßen anerkannter Leistungsdefizite die eigentlich regelungsbedürftigen Probleme unterschiedlich definiert und daher auch unterschiedliche Reorganisationsvorschläge entwickelt werden 8 . I m Fall öffentlicher Verwaltung muß es also i n einem besonderen Maße als unbestimmt gelten, wie auf ein einmal erkanntes Leistungsdefizit reagiert wird. I n den von uns untersuchten Fällen kommt hier aber noch eine spezielle Besonderheit hinzu, die sich aus der Stellung der Landkreisverwaltungen i m übergreifenden Mehr-Ebenen-System der gesamtstaatlichen Verwaltung ergibt. I m gesamtstaatlichen Aufbau der Verwaltung gelten die Landkreisverwaltungen einmal als untere staatliche Behörden, sind aber zum anderen zugleich Organe der kommunalen Selbstverwaltung. Als Organ der kommunalen Selbstverwaltung besitzen die Landkreisverwaltungen zwar einen gewissen unbeschränkten Handlungsspielraum bei der Regelung organisatorischer Fragen (insbesondere „innere" Organisation), unterliegen hier allerdings gewissen Aufsichts- und Einwirkungsmöglichkeiten des Landesinnenministeriums 0 . Das Landesinnenministerium w i r d hier auch speziell aus seiner Verantwortung für einen rechtmäßigen als auch zweckmäßigen Verwaltungsvollzug tätig. Aufgrund dieser Verteilung der Organisationsgewalt können also die untersuchten Landkreisverwaltungen ihre Organisationsstrukturen — hier auch speziell Fragen der Aufgabenzuweisung — nicht schon aus 8 Z u dem hier einschlägigen Problem der „selektiven Wahrnehmung" bei der Beurteilung von Leistungsdefiziten u n d Reorganisationsmöglichkeiten vgl. D. C. Dearborn / Η. Α. Simon, Selective Perception: A Note on the Departmental Identification of Executives, i n : Sociometry, Vol. 21, 1958, S. 140—144. • Vgl. Hans J. Wolff / Otto Bachof , Verwaltungsrecht I I , 4. Auflage, M ü n chen 1976, S. 134 ff.

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

eigenen Stücken ändern, sondern solche Organisationsänderungen setzen „èbenenûbergreifende" Entscheidungsprozesse voraus, A n solchen Entscheidungsprozessen sind neben den Landkreisverwaltungen und dem Innenministerium häufig auch Vertreter der Bezirksregierungen und gelegentlich auch des Rechnungshofes beteiligt. Dabei entspricht es allerdings wiederum einer Regel, daß die Position der Landkreisverwaltungen i n diesen ebenenübergreifenden Entscheidungsprozessen quasi „kollektiv" und somit auch von ihrer speziellen Interessenvertretung, dem Landkreistag, vertreten wird. I n diesen Entscheidungsprozessen ist schließlich ein weiterer Grund dafür zu sehen, daß speziell i n den von uns untersuchten Fällen regelungsbedürftige Probleme unterschiedlich eingeschätzt und Maßnahmen unterschiedlich abgeleitet werden. I m folgenden soll nun zunächst geklärt werden, i n welcher Weise bei der Initiierung der uns interessierenden Organisationsänderung ein irgendwie objektiver (unentrinnbarer) Innovationsdruck vorliegt. A n Hand des eben angesprochenen Entscheidungsprozesses soll dann der Frage nachgegangen werden, wie die regelungsbedürftigen Probleme definiert werden und welche entsprechenden Reorganisationsmaßnahmen man dabei ins Auge faßt. Da eben dem Ergebnis dieses Entscheidungsprozesses — und zwar schon aufgrund der gegebenen Verteilung der Organisationsgewalt — eine relativ hohe Verbindlichkeit zukommt, können dann mit diesen Ergebnissen auch schon recht grundsätzlich die Initiierungsbedingungen der Organisationsänderung für die einzelnen Landkreisverwaltungen gesetzt werden. M i t den Ergebnissen dieses Entscheidungsprozesses — namentlich mit der Reaktion der Einzelverwaltungen auf dieses Ergebnis — kann dann auch schon deutlich werden, ob bzw. inwieweit sich schon zum Zeitpunkt der Initiierung an Gegebenheiten anknüpfen läßt, die sich funktional bzw. begünstigend für die Durchführung einer Organisationsänderung auswirken. I n diesem Zusammenhang denken w i r naturgemäß wieder an den „objektiven" Innovationsdruck und ein entsprechendes subjektives Problembewußtsein. 2.2.1 Objektiver

Innovationsdruck

Wenn es auch i n dieser allgemeinen Weise Schwierigkeiten bei der Initiierung von Organisationsänderungen geben mag, so zeigt sich doch i m Fall der Einführung eines neuen Muster-Verwaltungsgliederungsplans, daß diese Organisationsänderung i m Zusammenhang mit einem recht unzweifelhaften Innovationsdruck steht. Bei der Definition regelungsbedürftiger Organisationsprobleme handelt es sich daher auch nicht einseitig etwa um sozial oder politisch bedingte Inszenierungen, sondern kann an relativ klar erkennbare Leistungsdefizite angeknüpft werden. Der Innovationsdruck w i r d i n diesem Fall typischerweise durch die in

2.2. Z u r Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

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den Jahren von 69—74 durchgeführte bzw. begonnene Gebiets- und Funktionalreform ausgelöst. Wie bekannt, w i r d Ende der sechziger bis weit i n die siebziger Jahre hinein i n allen Bundesländern zunächst eine Gebiets- und sodann eine Funktionalreform durchgeführt 1 0 . Während es bei der Funktionalreform der Konzeption nach u m eine Neuzuweisung von Aufgaben auf einzelne Verwaltungsebenen geht, kommt es bei der Gebietsreform t y pischerweise zu einer recht drastischen Vergrößerung der Verwaltungsräume auf der Landkreisebene. Durch diesen räumlich vergrößerten Zuschnitt geht auch allein i n Rheinland-Pfalz die Zahl der Landkreisverwaltungen von 39 auf 24 zurück. Die Gebietsreform soll durch eine Konzentration sächlicher Mittel, einer Verbesserung des Personalbestandes und insbesondere eben durch eine Vergrößerung der Einzugsbereiche die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die den Landkreisen zugewiesenen ordnenden, sozialpolitischen und wirtschaftsstrukturellen Aufgaben auch wirksam und wirtschaftlich wahrgenommen werden können 1 1 . M i t der Veränderung des räumlichen Zuschnitts und des A u f gabenbestandes zeigt sich auch seit Durchführung der Gebiets- und Funktionalreform, daß die Landkreisverwaltungen auf dem besten Wege sind, zur wichtigsten Schnittstelle i n den Leistungsbeziehungen zwischen Verwaltung und Publikum zu werden 1 2 . Während nun der räumliche Neuzuschnitt der einzelnen Verwaltungseinheiten relativ intensiv vorbereitet und geplant wird, gibt es i m Zuge der Gebietsreform darüber hinaus keine erkennbaren Versuche, ähnlich tiefgreifende Planungen mit Blick auf die „innere Organisation" der neuzubildenden Landkreisverwaltungen vorzunehmen. Insbesondere w i r d hier nicht näher geprüft, ob die Landkreisverwaltungen angesichts veränderter Funktionen und Aufgaben nicht auch eines grundsätzlich veränderten Behördenaufbaus bedürfen 1 3 . I n organisatorischer Hinsicht w i r d die Gebietsreform daher zumeist auch nur durch Auflösung bzw. durch Zusammenlegung zuvor selbständiger Verwaltungsorganisatio10 Als zusammenfassende Würdigungen i n dieser Hinsicht vgl. Frido Wagener, Die rheinland-pfälzischen Landkreise i m Gefüge der Gesamtverwaltung, Heft 7 der Schriftenreihe des Landkreistages Rheinland-Pfalz zur K o m m u n a l p o l i t i k 1977 sowie Willi Blümel, Gemeinden und Kreise von den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart, i n : Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Bd. 36, B e r l i n 1978, S. 171—272. 11 Z u r Aufgabenentwicklung insbesondere Erfahrungsbericht zu Fragen der Kreisstufe, Sonderarbeitskreis der Ständigen Konferenz der I n n e n m i n i ster der Länder, Nov. 1975. 12 Z u entsprechenden Entwicklungstendenzen wiederum Frido Wagener, Z u r zukünftigen Aufgabenstellung u n d Bedeutung der Kreise, i n : Der L a n d kreis, Heft 6, 1976. 1S Allgemein dazu Erhard Mäding, Innere Organisation der Kreisverwaltung, i n : Der Kreis, Bd. 1, 1972, S. 186 ff.

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

nen vollzogen. Das bloße Angliedern von Organisationseinheiten führt fast zwangsläufig zu einer Verdopplung der Organisationsstrukturen, nicht jedoch zu einer zügigen führungsmäßigen Integration bisher getrennter Aufbaustrukturen und Arbeitsabläufe. Wenngleich m i t unterschiedlicher Intensität, kommt es daher i n den von uns untersuchten Fällen zu personellen Überkapazitäten, zu Kompetenzüberschneidungen und Doppelarbeit, zur Kultivierung organisatorischer Kleinsteinheiten und — bei einer zu weitgehenden horizontalen Gliederung — zu einer ungerechtfertigten Zahl hoch bewerteter Vorgesetztenpositionen 14 . Dieses unkontrollierte Größenwachstum der Landkreisverwaltungen kann schon generell das Verhältnis von Aufwand und Ertrag beim Verwaltungshandeln nachteilig beeinflussen und auf diesem Weg auch das von der Gebietsreform angestrebte Ziel einer verbesserten Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns i n Frage stellen. Dabei führt dieses unkontrollierte Größenwachstum allerdings auch bei den i m einzelnen untersuchten Landkreisverwaltungen zu einer relativ eindeutig wahrnehmbaren Belastung der.inneren Organisation und somit schließlich auch der Funktions- und Leistungsfähigkeit. Führungsprobleme ganz genereller A r t entstehen schon einmal aus einer zu weitgehenden (vertikalen) Tiefengliederung der Organisation. Dabei begünstigt es insbesondere die zusätzlich eingeführte Organisationsstufe der Hauptabteilungen, daß sich an der Basis, also bei den Referaten, Tendenzen zur Verselbständigung breitmachen. Zudem sind auf horizontaler Ebene quasi erwartungsgemäß Koordinationsschwierigkeiten spürbar. I n den untersuchten Fällen werden diese Schwierigkeiten allerdings nicht nur auf eine unzureichende Organisation, also namentlich auf Kompetenzüberschneidungen oder einen nicht hinreichend durchgeforsteten Aufgabenbestand, zurückgeführt. So geht es ja bei der Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten nicht nur um einen „Neubau der Verwaltung" i m technischen Sinn, sondern zugleich u m die Integration womöglich ganz unterschiedlich gearteter Personalkörper. I n den von uns untersuchten Fällen ist i n diesem Zusammenhang daher auch feststellbar, daß Koordinations- und insbesondere Kommunikationsprobleme sozialpsychologisch bedingt, teilweise also auch auf „Mentalitätsunterschiede" bzw. landsmannschaftlich bedingte Abneigungen zurückzuführen sind. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltungen w i r d schließlich auch durch das System der Kleinstreferate belastet. So fördert dieses System schon einmal einen vollkommen überflüssigen Perfektionismus i m Detail; 14 A u f diese Umstände w i r d dann auch wiederholt v o m Landesrechnungshof hingewiesen, vgl. hierzu etwa Jahresbericht des Rechnungshofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie der Länderhaushaltsrechnung 1974, Landtag Rheinland-Pfalz, 8. Wahlperiode Drucksache 8/691.

2.2. Z u r Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

49

darüber hinaus schafft dieses System Probleme bei Vertretungen i m Urlaubs- und Krankheitsfall und führt mehr oder weniger regelmäßig zu Engpässen beim Auffangen von Arbeitsspitzen. Durch die recht ungeplante A r t und Weise, i n der die Gebietsreform mit Blick auf die i n nere Organisation der neuzubildenden Landkreisverwaltungen durchgeführt wird, gerät also diese innere Organisation unter einen quasi objektiven bzw. recht zweifelsfreien Innovations- oder Veränderungsdruck. Hierbei mag allerdings zunächst mit hineinspielen, daß hier leistungskritische Gegebenheiten bzw. Leistungsdefizite — abweichend von der allgemeinen Situation — doch recht eindeutig wahrnehmbar sind. Kompetenzüberschneidungen und insbesondere personelle Überkapazitäten gelten eben als Abweichungen von einem rechtmäßigen als auch wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltungsvollzug. Wie an der Tatsache einer Verdopplung von Verwaltungsstrukturen erkennbar, nehmen diese leistungskritischen Gegebenheiten zudem ein solches Ausmaß an, daß sie eben — auch ohne über eindeutige Richtwerte verfügen zu können — als unhaltbar angesehen werden. Wie wenig es hier i m übrigen eindeutig definierter „Schwellenwerte" bedarf, mag sich schon daran zeigen, daß allein schon eine recht frühzeitig vom Rechnungshof vorgetragene Forderung nach einer Überprüfung des Personalbestandes zumindest eine Organisationsprüfung, wenn nicht gar eine Organisationsänderung selbst auszulösen vermag. Die Initiierung der Organisationsänderung kann hier also — trotz der von uns oben gemachten Einschränkungen — (zumindest zunächst) an relativ klar erkennbare Leistungsdefizite, an einem zweifelsfreien Veränderungsdruck und ebenso — wie noch näher auszuführen ist — an einem entsprechenden subjektiven Problembewußtsein anknüpfen. 222

Unterschiedliche

Problemdefinitionen

und Zielsetzungen

I n der Regel geben Leistungsdefizite oder Effizienzverluste nicht schon von sich aus zu erkennen, welche A r t an Organisationsänderung zu ihrer Behebung durchzuführen ist. I n sozialen Zusammenhängen ist dies vielmehr stets davon abhängig, was überhaupt als ein regelungsbedürftiges (bzw. für die Verursachung des Leistungsdefizits ausschlaggebendes) Problem wahrgenommen wird. Wahrnehmungen haben dabei selbst wiederum Hypothesencharakter, werden also i n der Regel von Erwartungen, Erfahrungen, insbesondere allerdings von den unterschiedlichen Zielsetzungen der beteiligten Akteure beeinfiußt 15 . I m Prinzip hat man 15 Während dieser Umstand i n der Wahrnehmungspsychologie als look" bekannt geworden ist, spricht die Organisationstheorie i n diesem sammenhang von dem Phänomen des „organizational choice", vgl. dazu John Child , Organizational Structure, Environment and Performance: Role of strategic choice, i n : Sociology, Heft 6, 1972, S. 1—22.

4 Speyer 86

„new Zuu. a. The

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

auch damit zu rechnen, daß der regelungsbedürftige Aspekt eines Leistungsdefizits unterschiedlich eingeschätzt wird. Soweit dies geschieht, ist auch wiederum nur selbstverständlich, daß man i n der Frage der notwendigen Organisationsänderung zu unterschiedlichen Schlußfolgerungen kommt. Zu Anfang besteht allerdings unter den Akteuren, die an den Entscheidungsprozessen beteiligt sind, eine weitgehende Übereinstimmung i n den Einschätzungen. So ist man sich beim Innenministerium, dem Landkreistag und den Einzelverwaltungen darin einig, den leistungskritischen Folgewirkungen für die innere Organisation der Landkreisverwaltungen m i t einer neuen Aufgabengliederung (Muster-Verwaltungsgliederungsplan) zu begegnen. Dabei werden allerdings diese Folgewirkungen der Gebietsreform auch als ein willkommener Anlaß genommen, um die schon seit langer Zeit geplante Überarbeitung des alten, noch aus den fünfziger Jahren stammenden Verwaltungsgliederungsplanes vorzunehmen. Daß dieses Reformvorhaben von allen Beteiligten mehr oder weniger gleichmäßig getragen wird, zeigt sich an frühzeitigen (einschlägigen) Anfragen einzelner Landkreisverwaltungen, an Erörterungen zwischen dem Landkreistag und Innenministerium, einem zunächst gegebenen sachlichen Engagement der Staatskanzlei, nicht zuletzt allerdings an dem frühzeitigen Eintreten des Rechnungshofes (1969) für eine Erhebung des Personalbestandes. Entsprechende Anstöße des Rechnungshofes tragen i m übrigen mit dazu bei, daß die Aufgabenneugliederung fortwährend und somit auch i n Zeiten einer mitunter gedämpften Innovatiosbereitschaft ein zentrales Reformthema bleibt. Der Rechnungshof übernimmt hier also — auch schon aufgrund des i h m von anderen Seiten unterstellten Einflusses — gewissermaßen die Funktion eines Katalysators. Wenn somit für den allerersten Anfang des Änderungsprozesses noch eine gleichartige Wahrnehmung regelungsbedürftiger Probleme sowie für alle Akteure eine ungeteilte Innovations- oder Änderungsbereitschaft unterstellt werden kann, so kommt es i m weiteren Verlauf des Entscheidungsprozesses i n dieser Hinsicht doch zu erheblichen Unterschieden. Bei einer näheren Ausarbeitung des Reformvorhabens w i r d dann auch relativ schnell deutlich, daß die eine Seite (Innenministerium, Staatskanzlei, Rechnungshof) bei der Aufgabenneugliederung das eigentlich regelungsbedürftige Problem i n der Eindämmung des personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwandes des Verwaltungshandelns sieht. Folgerichtig schlägt sich dies dann auch i n den Konzeptionen nieder, die man bei der Ausarbeitung der Aufgabengliederung zugrundelegt. So denkt man i n der Staatskanzlei zu Anfang an eine sog. große Lösung, mit der eine ganze Funktionsebene — namentlich die Ebene der A L — eingespart werden soll. Das Innenministerium

2.2. Z u r Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

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fühlt sich zwar i m allgemeinen dem Gebot eines ordnungsgemäßen als auch zweckmäßigen Verwaltungsvollzugs verpflichtet, ist dabei i m weiteren Verlauf des Entscheidungsprozesses allerdings primär an einer zahlenmäßigen Verringerung von Abteilungen und Referaten interessiert. Der Rechnungshof schließlich sieht i n dem überarbeiteten A u f gabengliederungsplan eine passende analytische Bemessungsgrundlage, um zwischen den Landkreisverwaltungen Wirtschaftlichkeitsvergleiche durchführen zu können 1 6 . Soweit man also das eigentlich regelungsbedürftige Problem i n dem betriebsmäßigen oder finanziellen Aufwand sieht, neigt man auch dazu, die Aufgabenneugliederung speziell als ein Instrument der Rationalisierung auszugestalten. I m Vergleich dazu kommen nun die eigentlich Betroffenen, also die Landkreisverwaltungen, zumindest der Tendenz nach zu einer andersartigen Problemwahrnehmung. Das für die einzelnen Landkreisverwaltungen ausschlaggebende Problem ist naturgemäß i n dem durch die Gebietsreform fällig werdenden „Neubau" der Verwaltungsorganisation zu sehen. Die einzelnen Landkreisverwaltungen stehen ja auch vor dem Problem, zwei bisher getrennte Verwaltungseinheiten (bei gleichzeitig verändertem Aufgabenbestand) nun auch führungsmäßig zusammenzufassen. Demgemäß liegt ihnen auch weniger oder gar nichts an einer Begrenzimg der finanziellen Auswirkungen, sondern erwarten i m Zusammenhang mit der Aufgabengliederung eine Organisationshilfe i m umfassenden Sinn. Konzeptionell w i r d daher auch eher von der Frage ausgegangen, wie sich m i t einer Veränderung der Aufgabengliederung der Aufgabenvollzug verbessern läßt. I n diesem Zusammenhang betrachtet drängen beispielsweise die Einzelverwaltungen von sich aus auf eine Klärung der Frage, wo die neu zugewiesene Aufgabe des Umweltschutzes — ob im Rahmen der Naturund Landschaftspflege oder von der Wirtschaftsabteilung — vollzogen werden soll. I n der Regel steht bei ihnen wie vor allem bei den Vertretern des Landkreistages weniger die bloße Zahl an Abteilungen i m Vordergrund als vielmehr der Gesichtspunkt, die sachgerechte Durchsetzbarkeit spezieller Fachaufgaben etwa durch ihre Bündelung bzw. Zentralisierung auf Abteilungsebene zu begünstigen. Allgemein betrachtet man daher auch i n der neuen Aufgabengliederung eine erste Gelegenheit, die durch organisatorisches Größenwachstum sowie qualitativer Veränderung des Aufgabenbestandes auftretenden Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprobleme i n den Griff zu bekommen. Wie w i r noch sehen werden, kann daher die Frage einer neuen Auf16 Diese Zielsetzung w i r d auch noch einmal i n einer später vorgenommenen Wirkungsanalyse zum Muster-Verwaltungsgliederungsplan deutlich, vgl. hierzu die Untersuchung Organisation und Personalbedarf der Kreisverwaltungen, Rechnungshof Rheinland-Pfalz, Speyer, den 21. August 1978.

4*

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

gabengliederung selbst zum Anlaß werden, die Organisation der Landkreisverwaltung insgesamt und somit auch m i t Blick auf die Führungsstrukturen umzugestalten. Während also bei der Initiierung der Organisationsänderung auf der einen Seite quasi von den finanziellen Restriktionen des Verwaltungshandelns ausgegangen wird, läßt man sich auf der anderen Seite — zumindest der Tendenz nach — eher von der Absicht leiten, m i t dieser Organisationsänderung zu einer verbesserten Leistungsdarbietung bzw. zu höheren Zielerrreichungsgraden zu kommen. Die am Entscheidungsprozeß beteiligten Akteure bzw. Verwaltungen verhalten sich — was ihre Positionen anbetrifft — gewissermaßen auch nur „rollenkonform". So dürfte für die Position des Innenministeriums zum einen ausschlaggebend sein, daß sich m i t seiner Konzeption einer Aufgabengliederung auch auf entsprechend gelagerte Erwartungen und Ansprüche aus dem politischen Raum reagieren läßt. Ein wesentliches politisches Ziel der Gebietsreform ist es ja auch, der öffentlichen Verwaltung zu einer größeren Wirtschaftlichkeit zu verhelfen. Z u m anderen dürfte sich hier die für vorgesetzte Verwaltungen mehr oder weniger typische Erfahrung durchgesetzt haben, daß sich das Handeln nachgeordneter Verwaltungen noch am besten mit Hilfe formaler Kriterien — seien es Haushaltsstellen oder Kriterien anderer A r t — steuern läßt. Daß die einzelnen Landkreisverwaltungen hingegen durch eine Organisationsänderung eher eine Verbesserung des Verwaltungsvollzugs anstreben, dürfte sich i n dieser Weise aus ihrem vorrangigen Interesse an einem auch materiell zufriedenstellenden Verwaltungsvollzug und entsprechend gut funktionierenden Organisationsstrukturen ergeben. Da den Landkreisverwaltungen ja die HandlungsVerantwortung i n dieser Hinsicht übertragen ist, können für sie Leistungsdefizite (materieller A r t ) zumindest in einem übergeordneten Sinn einen durchaus „bestandskritischen" Charakter annehmen. Diese unterschiedlichen Problemdefinitionen und Zielsetzungen dürften nun dazu führen, daß auch der mögliche Nutzen einer Organisationsänderung unterschiedlich eingeschätzt wird. Daher ist auch damit zu rechnen, daß der objektive Innovationsdruck i n diesem Fall nicht ungeteilt auch zur Unterstützung der Ein- und Durchführung einer Organisationsänderung anhält. Ein anhaltender positiver Effekt w i r d sich für die Initiierung und Durchführung nur insoweit einstellen, als sich von dieser Organisationsänderung eine für die jeweiligen Verhältnisse relevante Problembeseitigungskraft erwarten läßt. Dies ist allerdings wiederum abhängig von den Zielen und der näheren Ausgestaltung der Organisationsänderung selbst.

2.2. Z u r Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

2.2.3 Zeitverlust

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im Entscheidungsprozeß

Die inhaltliche Ausgestaltung bzw. die Konzeption der Aufgabengliederung ergibt sich nun naturgemäß nicht schon aus den zuvor ermittelten Zielsetzungen, sondern stellt sich erst i m Wege der Informationsverarbeitung und somit eines Entscheidungsprozesses ein. Dem Entscheidungsprozeß kommt allerdings nicht nur unter diesem sachlich-konzeptionellen Gesichtspunkt eine besondere Bedeutung zu; so ist eben i m Fall einer Organisationsänderung schon regelmäßig damit zu rechnen, daß dieser Entscheidungsprozeß auch unter dem bloßen Gesichtspunkt des Zeitablaufs bzw. seiner zeitlichen Dauer an Bedeutung zu gewinnen vermag 1 7 . Von speziellem Interesse ist dabei die Frage, ob es dabei trotz der notwendigen vorausgehenden Informationsverarbeitungen gelingt, m i t der Organisationsänderung mehr oder weniger direkt an dem innovationsauslösenden Ereignis anzuknüpfen. So ist etwa einer Regel entsprechend davon auszugehen, daß die Innovations- oder Änderungsbereitschaft bei zunehmendem Zeitablauf abnimmt. Hierfür mögen die sich zwangsweise verändernden Prioritäten bei erneutem Übergang ins Alltagsgeschäft ebenso ausschlaggebend sein wie etwa spontane Selbsthilfen bzw. Selbstanpassungen. Gerade die vorgezogenen Selbstanpassungen der Organisation können erheblich dazu beitragen, daß die überbrachte Organisation wieder als leistungsfähig eingeschätzt w i r d 1 8 . Bei einer solchen Analyse des Entscheidungsprozesses fällt sofort auf, daß er — gerechnet vom Eintritt einer Innovationsnotwendigkeit bis hin zur Veranlassung einer Organisationsänderung — ausgesprochen viel Zeit in Anspruch nimmt. So sind auch die ersten Anstöße zu einer Beschäftigung mit der Frage einer Aufgabenneugliederung bereits für das Jahr 1968 zu verzeichnen. Die in dieser Hinsicht zwischen Landkreistag und Innenministerium aufgenommenen Erörterungen führen dann auch schon 1969 zu einer ersten Einigung auf einen neuen MusterVerwaltungsgliederungsplan. Dabei verhindert es allerdings eine spezielle Intervention der Staatskanzlei, daß dieser Plan als eine verbindliche Organisationsgrundlage an die Landkreisverwaltungen ergeht. 17

A u f der Ebene der Gesamtorganisation ist hier etwa der Vorrang der Routine vor der Planung oder der Innovation oder auch der Vorrang von Bestandszielen gegenüber Leistungszielen zu berücksichtigen; i m Sinne e m p i r i scher Beispiele vgl. Jeffrey L. Pressman / Aaron Β. Wildavsky, Implementation, Berkeley 1973, S. 92 und Rainer H. Knopf, et. al., Der Abbruch von Reorganisationsprozessen, München 1976, S. 82. 18 Aus sozialpsychologischer Sicht sind hier spezielle Prozesse der A n spruchsniveauverschiebung u n d der Dissonanzreduktion zu berücksichtigen, vgl. hierzu Werner Herkner, Einführung i n die Sozialpsychologie, Bern usw. 1981, S. 42 ff. sowie Bernard Weiner, Theorien der Motivation, Stuttgart 1976, S. 53.

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2. Zur I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

Nach diesem Eingreifen der Staatskanzlei kommt es zwar i n dieser Frage noch zu einigen bemerkenswerten Vorstößen der Landkreisverwaltungen selbst; weitere Beratungen werden allerdings nicht vor dem zweiten Halbjahr 1974 aufgenommen. I n der Zeit von Herbst 1974 bis Sommer 1975 w i r d dann erneut an Entwürfen zu einem Muster-Verwaltungsgliederungsplan gearbeitet. Die Ausarbeitung eines Plans liegt diesmal bei einer beim Landkreistag eingesetzten Arbeitsgruppe, der Vertreter des Landkreistags selbst, des Innenministeriums, des Rechnungshofes, ausgewählter Bezirksregierungen und Landkreisverwaltungen angehören. Die hier i m Sommer 1975 verabschiedete Fassung w i r d schließlich — wiederum mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung — Ende 1976 (9. November) förmlich erlassen. Obwohl sich die tatsächlich regelungsbedürftigen Probleme bereits 1969 eingestellt haben, w i r d eine entsprechende Organisationsänderung erst einige Jahre — mitunter erst sieben Jahre — später eingeleitet. Die zeitliche Verzögerung kann zum einen — und zwar generell — auf erschwerte Möglichkeiten der Konsensbildung i n „ebenenüberschreitenden" Entscheidungsprozessen zurückzuführen sein. Entsprechend der komplizierten Lagerung der Organisationsgewalt schlägt das Innenministerium eine flexible Gangart ein und versucht auf diesem Wege, i n jedem Fall zu einer einvernehmlichen Lösung unter den Beteiligten zu kommen. Darüber hinaus gibt es allerdings verschiedene weitere (situative) Bedingungen, die zu dieser Verzögerung führen. Dabei ist zuallererst an die Intervention der Staatskanzlei zu denken. Der eigentlichen Absicht nach läßt die Staatskanzlei die weitere Ausarbeitung unterbrechen, u m so die Möglichkeit zu behalten, die sich vermeintlich zügig abzeichnenden Ergebnisse der Funktionalreform i n der neuen Aufgabengliederung berücksichtigen zu können. Die Staatskanzlei sieht sich also aufgrund sachlicher oder methodischer Notwendigkeiten zu diesem Schrit veranlaßt. Wie bekannt, gerät nun aber die Funktionalreform — nicht zuletzt auch wegen der kritischen Frage einer Integration von Sonderbehörden — selbst ins Stocken. Die Entscheidung, zunächst die Ergebnisse der Funktionalreform abzuwarten, führt also dazu, daß die Arbeiten an der Aufgabengliederung zwischenzeitlich vollkommen eingestellt werden. Daß es i n dieser Zeit zu keinen weiteren Vorstößen i n der Sache kommt, liegt allerdings nicht zuletzt auch an der Position des Innenministeriums. Das Innenministerium muß sich dabei auch nicht für eine vorgezogene Befassung mit der Aufgabengliederung stark machen, w e i l die Intervention der Staatskanzlei dem Ministerium imer noch genügend Raum läßt, auch zwischenzeitlich sein womöglich primäres Anliegen zu vertreten. So w i r d das Ministerium ja nicht daran gehindert, den anfänglichen Entwurf der Aufgabengliederung den Kreisverwaltungen als

2.2. Zur Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

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Bemessungsgrundlage für die Personalbedarfsplanung (Musterstellenplan) zuzusenden. Zudem w i r d das Abwarten der Funktionalreform auch unter Strategiegesichtspunkten zusehends gutgeheißen. So erhofft man sich, daß durch bloßes Zuwarten „Selbstheilungskräfte" bei den Kreisverwaltungen freiwerden. Man hofft also, die Landkreisverwaltungen auf diesem Wege ohne einschneidende personalwirtschaftliche Entscheidungen zu einem Abbau ihrer überhöhten Personalbestände bewegen zu können. Daß i n dieser Zeit auch durchaus andere Positionen (und speziell auch von den betroffenen Landkreisverwaltungen) vertreten werden, mag sich beispielhaft an einer Intervention des Landeswohlfahrtsausschusses zeigen. Angesichts der sich bei den Jugendämtern einstellenden Probleme w i r d hier darauf gedrängt, unabhängig von den Ergebnissen der Funktionalreform zu einer möglichst raschen organisatorischen Neuregelung zu kommen. Wie an den Positionen der Staatskanzlei und dem Innenministerium zu erkennen ist, tragen zunächst sachlich-technische Gegebenheiten (Funktionalreform) oder strategische Überlegungen (Zuwarten als I m plementationshilfe) dazu bei, daß sich eine weitere Befassung mit der Aufgabengliederung bis ins Jahr 1974 verzögert. So werden die Beratungen i n dem speziell beim Landkreistag gebildeten Arbeitskreis auch ef-ßt i m September 1974 aufgenommen. Beratungen i n Arbeitskreisen benötigen naturgemäß Zeit, wenngleich gerade diese Beratungen i m Vergleich gesehen noch am wenigsten zu einer zeitlichen Verzögerung beitragen. Z u einer wesentlichen Vereinfachung der Beratung trägt offensichtlich bei, daß man zu diesem Zeitpunkt (1974) unter den Beteiligten von wiederum recht stark angeglichenen Problemwahrnehmungen und Zielsetzungen auszugehen vermag. Wie w i r noch sehen werden, w i r d zwar parallel zu diesen Beratungen i n einer Landkreisverwaltung noch geprüft, ob sich i m Zusammenhang m i t der Aufgabengliederung nicht noch eine übergreifende Veränderung der Aufbau- und Ablaufstrukturen anbietet. Die bereits eingetretene zeitliche Distanz zum Innovationsanlaß — insbesondere aber auch die Zentralisierung der Beratungen i n diesem Arbeitskreis — haben allerdings dazu beigetragen, daß die zunächst durchaus greifbare Alternative „Aufgabengliederung als Rationalisierungsinstrument oder als Organisationshilfe i m weiteren Sinn" vom Tisch ist. I n gleicher Weise problem- und konfliktentlastend w i r k t i m übrigen der Umstand, daß man auf der Ebene des praktischen Vorgehens ein relativ eindeutiges Entscheidungskriterium zur Hand hat. Fragen der Zuweisung von Aufgaben auf Abteilungen werden m i t dem einfachen K r i t e r i u m des tätigkeitsmäßigen Sachzusammenhanges geregelt.

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

Wenn diese Beratungen zwar überwiegend konfliktfrei ablaufen, so besagt dies jedoch nicht, daß es nicht auch hier zu den auch ansonsten üblichen — teilweise auch zeitraubenden — Begleiterscheinungen kollektiver Entscheidungsprozesse kommt. So bleibt eben auch nach mehreren Anläufen ungeklärt, ob die Kommunalaufsicht mit den Finanzen zu einer Abteilung zusammengelegt w i r d oder ob die Gemeinde- und Rechnungsprüfung an den Rechnungshof übergehen soll. Wie leicht zu vermuten ist, versagt bei solchen mikro-politischen bzw. Machtfragen das ansonsten noch einfach zu handhabende Entscheidungskriterium des tätigkeitsmäßigen Sachzusammenhanges oder das gleichfalls einfache K r i t e r i u m der ausgeglichenen „Größenverhältnisse" auf Abteilungsebene. Zu einer Einigung kommt es hier auch erst mit Hilfe der für kollektive Entscheidungsprozesse (oder politische Prozesse) ansonsten schon bekannten Handlungsformen der „Aushandlung" oder der eines „fairen" Tausches von Leistungen und Gegenleistungen 19 . So rückt der Rechnungshof von seinem Wunsch nach Übernahme der Gemeindeund Rechnungsprüfung erst ab, als eben i n seinem Sinn sichergestellt ist, daß die Kommunalaufsicht und die Finanzen bei getrennten Abteilungen ressortieren. Z u einem eigentlichen, durch die Form des Entscheidungsprozesses bedingten Tempoverlust i n nennenswertem Umfang kommt es allerdings erst, als eben das Innenministerium erst nach einiger Zeit von seiner (im Gesamtzusammenhang durchaus verständlichen) Forderung nach einer weiteren Verringerung der Zahl der Abteilungen abzubringen ist. Die Beratungen i m Arbeitskreis können aber immerhin i m Mai 1975 abgeschlossen werden. Wesentlich mehr Zeit — nämlich eineinhalb Jahre — nehmen schließlich die Abstimmungsprozesse i n Anspruch, die nach Beendigung der Beratungen beim Landkreistag zwischen dem Innenministerium und den Ressorts auf Ministerialebene einsetzen. Ein Abstimmungsbedarf entsteht dabei für die Ressorts immer schon insoweit, als m i t Organisationsfragen zugleich Vollzugsfragen und damit auch Fragen der Fachaufsicht berührt werden. Ein schon generelles — sich i m Zeichen der Integration von Sonderbehörden sogar noch verstärkendes — Ziel der Fachverwaltungen besteht darin, die Bedeutung der eigenen Fachaufgabe durch ihre Zusammenfassung i n Form einer selbständigen Abteilung zu vergrößern. Die Fachverwaltungen versprechen sich zudem von einem eigenen organisatorischen „Unterbau" (innerhalb der allgemeinen inneren Verwaltung) eine verstärkte Spezialisierung und i n dieser Weise eine verbesserte Leistungsfähigkeit. M i t dieser Vorgehensweise begünstigen die höherstufigen Verwaltungen allerdings nicht nur ein 19 Z u diesen Merkmalen kollektiver Entscheidungsprozesse vgl. Werner Kirsch, Entscheidungsprozesse, 3. Bd., Entscheidungen i n Organisationen, Wiesbaden, 1971, S. 52 ff.

2.2. Zur Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

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(bürokratisches) Größenwachstum bei den nachgeordneten Verwaltungen, sondern geraten auch potentiell i n einen Konflikt m i t dem Innenministerium, das ja schon ohnedies die Strategie einer weiteren Reduktion der Zahl an Abteilungen verfolgt. Wenn auch diese Abstimmungsprozesse zu keinen inhaltlichen Veränderungen geführt haben, so haben sie aber als solche doch dazu beigetragen, daß vom Abschluß der eigentlichen Beratungen bis hin zur Veröffentlichung des endgültigen A u f gabengliederungsplanes noch einmal eineinhalb Jahre vergehen. Da nun von dem eigentlichen Auftreten einer Innovationsnotwendigkeit bis zur Anweisung bzw. Durchführung der Organisationsänderung mehr als sechs Jahre verstreichen, muß auch damit gerechnet werden, daß die womöglich anfänglich gegebene Einsicht i n eine Reformnotwendigkeit oder die Reformbereitschaft allein schon aus Zeitgründen am Schwinden ist. Wie es sich an der zusehends geringer werdenden Zahl an A n - und Nachfragen einzelner Landkreisverwaltungen zeigen läßt, geht auch das Interesse der Landkreisverwaltungen an einer Aufgabenneugliederung mit bloßem Zeitablauf spürbar zurück. Es ist daher auch nicht nur zu vermuten, daß sich die Landkreisverwaltungen bei anhaltender Inaktivität m i t ihren Problemen „arrangieren" und schlicht zur Tagesordnung übergehen. Bemerkenswerterweise ist sich der Landkreistag dieser Problematik anscheinend durchaus bewußt und unternimmt zumindest den Versuch, mit den Einzelverwaltungen über die Aufgabengliederung fortwährend i m Gespräch zu bleiben. Die dabei auch absichtsvoll zu diesem Zweck eingesetzten Mittel — wie Landrätekonferenz, Konferenz der Büroleiter — reichen freilich nicht aus, daß diese Rückkopplung die notwendige Tiefenwirkung bekommt und somit auch die jeweilige Basis der Landkreisverwaltungen erreicht. Die Organisationsänderung bleibt i n ihrem Vorlauf — naturgemäß auch bedingt durch die Struktur der Entscheidungsprozesse — eine Angelegenheit des „Topmanagements". Wenn es damit auch keineswegs einem ausgeklügelten Plan zu entsprechen vermag, so ergänzt sich das Vorgehen der einzelnen Parteien doch i n einer A r t und Weise, daß man i n der mehr oder weniger systematischen Zerstörung der Reformbereitschaft fast schon wieder einen gezielten Willen wirken sehen kann. 2.2.4 Folgen für die

Initiierungsbedingungen

Wie w i r schon eingangs zu diesem Teil feststellen mußten, gibt es für öffentliche Verwaltungen schon generell einige spezielle Probleme bei der Initiierung von Organisationsänderungen. I m Vergleich zu privatwirtschaftlichen Unternehmungen läßt sich etwa feststellen, daß i m Fall

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2. Zur I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

öffentlicher Verwaltungen innovationsauslösende Ereignisse bzw. Leistungsdefizite nur sehr schwer zu objektivieren sind und zudem auch nicht unbedingt einen unentrinnbaren Innovationsdruck auslösen müssen. Das eigentlich Bemerkenswerte an unserer Untersuchung ist daher vor diesem Hintergrund, daß w i r es i n unserer Untersuchung — gewissermaßen als Abweichung von dieser Regel — zunächst gar nicht mit entsprechenden Initiierungsschwierigkeiten zu tun haben, sich diese Initiierungsschwierigkeiten also erst mit der Bestimmung einer Reorganisationsnotwendigkeit i m ebenenüberschreitenden Entscheidungsprozeß einstellen. Also nicht schon die A r t des innovationsauslösenden Ereignisses selbst und seine unmittelbare Wahrnehmung, sondern insbesondere dieser Entscheidungsprozeß ist dafür verantwortlich, daß bei den betroffenen Landkreisverwaltungen zum Zeitpunkt der eigentlichen Durchführung der Reorganisation doch nur recht ungünstig ausgeprägte Rahmen- oder Initiierungsbedingungen vorliegen. So w i r d ja schon einmal i m Wege des Entscheidungsprozesses ein Reformmodell entwickelt, das nicht notwendig dem zumindest anfänglich von den Landkreisverwaltungen als objektiv empfundene Innovationsbedarf zu entsprechen vermag. Während sich die Einzelverwaltungen zumindest anfänglich eine Organisationshilfe i m weiteren Sinne erhoffen, setzt sich i m Entscheidungsprozeß tendenziell doch der vergleichsweise verkürzte Gedanke eines Rationalisierungsinstrumentes und zudem ein „ Steuer ungsinteresse" der höherstufigen, insbesondere der Ministerialverwaltung durch. Der letztlich verabschiedete Verwaltungsgliederungsplan senkt die Zahl der Abteilungen, bereinigt augenfällige Aufgabenüberschneidungen, vermindert damit womöglich interne Koordinationserfordernisse, untersagt aber auf jeden Fall neben der Abteilungs- und Dezernentenebene eine dritte Organisationsstufe (etwa Hauptabteilungen) 20 . Von einer Regelung unberührt bleiben also typischerweise die eigentlich ebenen- und somit auch behördenspezifischen Probleme der Führungs- und Ablauforganisation, so daß auch konsequenterweise die Fragen eines funktionell aufzuwertenden Querschnittsbereichs (Zusammenlegen von Finanzen und Kreisentwicklungsplanung) sowie die Frage kollektiver Führungs- und Leitungsorgane (Ausschüsse und Arbeitskreise) nicht aufgegriffen werden 2 1 . Durchgesetzt hat sich daher auch erwartungsgemäß der übergeordnete Gesichtspunkt eines 20 Vgl. hierzu wieder Muster-Verwaltungsgliederungsplan für die Kreisverwaltungen in Rheinland-Pfalz, Ministerialblatt der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, 9. Nov. 1976, Sp. 1336. 21 Bemerkenswerterweise sind dies allerdings die Forderungen, die gerade zum Zeitpunkt der Organisationsänderung von den einschlägigen Fachwissenschaften gefordert werden, vgl. hierzu etwa Eberhard Laux, Die Steuerungsmittel der Kreisverwaltung und die Organisation allgemeiner Vewaltungsaufgaben, i n : Der Kreis, 2. Bd. 1976, insbesondere S. 29.

2.2. Z u r Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit

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organisatorisch gleichgeschalteten und insoweit auch vergleichbar gemachten Verwaltungsvollzügs. Da mit dieser Regelung also eher übergeordnete oder doch zumindest übergreifende Gesichtspunkte verfolgt werden und diese Regelung zudem i n Form eines Musterplanes ergeht — also situative Anpassungen zunächst einmal nicht gewünscht sind, kann es auch nicht gerade überraschen, daß die betroffenen Einzelverwaltungen die Problembeseitigungskraft oder den „technischen" Nutzen dieser Regelung nicht ungeteilt hoch einschätzen 22 . Der letztlich erlassene Musterplan mag daher mitunter die aus der Sicht der betroffenen Verwaltungseinheiten eigentlich regelungsbedürftigen Probleme (Stichwort vom „Neubau" der Verwaltung) gar nicht zutreffen. Wenn sich i n dieser Weise schon durch das ins Auge gefaßte Reformmodell ungünstige Initiierungsbedingungen abzuzeichnen beginnen, so mag dies pauschal gesagt auch unter motivationalen Aspekten gelten. So begünstigt es ja die zunehmende zeitliche Distanz zum innovationsauslösenden Ereignis, daß man sich an die eigentlich fragwürdigen innerorganisatorischen Folgen der Gebietsreform gewöhnt und dabei auch zusehends geneigt ist, von ihrem faktischen Wirken auf ihre unausweichliche Notwendigkeit als Leistungsvoraussetzung zu schließen. Hiermit ist also der Weg dafür bereitet, daß die gegebene Organisationsstruktur auch unter Leistungsgesichtspunkten als legitim erachtet wird. I n dieser Weise mag sich der ebenenüberschreitende Entscheidungsprozeß nun auch nachteilig für die (subjektive) Innovations- oder Änderungsbereitschaft auswirken. Zusammenfassend kann man daher zunächst auch sagen, daß durch die A r t und Weise, i n der unabhängig von dem Charakter des innovationsauslösenden Ereignisses das regelungsbedürftige Problem definiert und ein Reformmodell ausgearbeitet wird, doch recht ungünstige I n i t i ierungsbedingungen für eine Organisationsänderung gesetzt werden. Zum Zeitpunkt der eigentlichen Übernahme und Durchführung der Organisationsänderung kann aufgrund vorausgegangener Veränderungen und Entwicklungen weder ein als objektiv erkanntes Leistungsdefizit unterstellt noch von einem zweifelsfrei gegebenen Innovationsdruck ausgegangen werden, geschweige denn auf ein sich über die gesamte Zeit aufrecht erhaltendes Problembewußtsein zurückgegriffen werden. Zudem dürfte auch der Nutzen der geplanten Änderungen nicht ungeteilt hoch eingeschätzt werden, wie überhaupt damit zu rechnen ist, daß aufgrund des bisherigen Vorlaufs die Organisationsänderung nunmehr als von außen auferlegt empfunden wird. 22 Wie bedeutungsvoll diese Eigenschaft des Reorganisationsmodells für die erfolgreiche Durchführung von Organisationsänderungen ist, zeigt s ; ch allerdings ebenfalls i n anderen Untersuchungen, vgl. Peter L. Scanton, U r ban Public Services: Ten Case Studies, i n : Richard R. Nelson, Innovation and Implementation i n Public Organizations, Lexington 1978, S. 139.

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2. Zur I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

Wie w i r anschließend sehen werden, müssen diese Initiierungsbedingungen nicht i n jedem Fall eine unverändert schlechte Ausprägung beibehalten. Denn je nachdem, wie die Einzelverwaltungen der Landkreisebene auf die — nunmehr auch i n Form eines Musterplans vorliegende — Reorganisationsnotwendigkeit reagieren werden, können diese bisher negativ ausgeprägten Initiierungsbedingungen auch zum Gegenstand einer gezielten Beeinflussung unter taktisch-strategischen Gesichtspunkten werden. Und nur soweit auf eine solche Beeinflussung verzichtet w i r d (eben i m Fall eines Verzichts auf eine eigene Vorgehens weise), w i r d von einigen Initiierungsbedingungen, wie etwa fehlender objektiver Innovationsdruck und ebenfalls fehlendenes subjektives Problembewußtsein, eine fortwährend einschränkende Wirkung für die Durchführbarkeit der Organisationsänderung ausgehen.

2.3. Reaktion auf die Reorganisationsforderung Die letztlich verabschiedete Fassung des Muster-Verwaltungsgliederungsplans w i r d schließlich in Form eines Erlasses abgefaßt und im Ministerialblatt veröffentlicht (Oktober 1977). Bei einer solchen Neuregelung zur Aufgabengliederung auf Landkreisebene handelt es sich naturgemäß nicht bloß um eine Aufzählung von Zielen, Erwartungen und erhofften Wirkungen, sondern bereits um zu vollziehende Maßnahmen. Zudem sieht der Erlaß auch vor, daß die Landkreisverwaltungen die fällige Organisationsänderung innerhalb einer gewissen Frist durchführen und darüber den Bezirksregierungen Bericht zu erstatten haben. Da es sich bei Landkreisverwaltungen bekanntermaßen auch um untere staatliche Verwaltungsbehörden und i n diesem Sinn auch um nachgeordnete Verwaltungen handelt, verbleibt den einzelnen Landkreisverwaltungen zumindest aus dieser Sicht der Dinge nur die Möglichkeit, sich auf die Reorganisationsforderungen hin anzupassen. Analytisch und faktisch ist nun aber von vorrangiger Bedeutung, i n welcher A r t und Weise diese Anpassung von den Landkreisverwaltungen vorgenommen wird. Ganz entscheidend geht es dabei um die Frage, welches Maß an zumindest relativer Autonomie bzw. an Handlungsfreiheit gegenüber vermeintlich determinierende Umwelteinflüsse die einzelnen Landkreisverwaltungen zu erreichen vermögen. Dementsprechend w i r d es ja den einzelnen Verwaltungen unterschiedlich gelingen, i n fällig werdende Organisationsänderungen auch eigene Ziele einzubringen und die Änderung als solche ggf. auch mit jeweils überbrachten Strukturen, Traditionen und Besonderheiten abzustimmen. Wie hieran schon zu ersehen, w i r d die A r t der Reaktion ganz grundsätzlich über die

2.3. Reaktion auf die Reorganisationsforderung

61

Bedingungen und Möglichkeiten einer erfolgreichen Durchführung von Organisationsänderungen entscheiden. 2.3.1. Wahrnehmung

einer

Reorganisationsnotwendigkeit

Wie w i r bereits oben ausgeführt haben, w i r d der Musterplan zur Neugliederung der Aufgaben auf Landkreisebene erst erlassen, als die Landkreisverwaltungen die zeitliche Nähe zu den eigentlichen Ursachen einer solchen Reorganisation bereits verloren haben. Da für einige Jahre von offizieller Seite kein Anstoß zu einer Reorganisation ausgeht, unternehmen die Einzelverwaltungen auf Landkreisebene zudem den Versuch, ihre Organisation i m Wege verschiedener inkrementaler Änderungen an die geänderte Situation selbst anzupassen. Hierzu können Änderungen in der Geschäftsverteilung gehören, aber auch weitergehende Änderungen, wie etwa die Erprobung neuer Führungskonzepte oder die Einführung zentraler Schreibbüros und der Datenverarbeitung. Als es also zur Forderung kommt, die jeweils überbrachte Aufgabengliederung an den neuen Musterplan anzupassen, haben sich die überbrachten Ordnungen nicht nur i m Wege von Gewöhnungsprozessen und somit durch ihre alltägliche Praktizierung erneut legitimiert. Die überbrachten Ordnungen können nun auch insoweit als legitim erscheinen, als man sich ja m i t deutlich erkennbaren Versuchen bereits um ihre Verbesserung bemüht hat. Die Abwicklung eines Reorganisationsprozesses im Mehr-Ebenen-System der Verwaltung macht es damit von vornherein fragwürdig, ob bzw. inwieweit sich der offizielle Wunsch nach einer Änderung mit der Innovationsbereitschaft bei den betroffenen Einzelverwaltungen synchronisieren läßt. Einer allgemeinen Tendenz entsprechend läßt sich daher auch feststellen, daß zum Zeitpunkt des Erlasses des Musterplans von den betroffenen (und untersuchten) Verwaltungen i n der Regel keine entsprechenden Reorganisationsnotwendigkeiten wahrgenommen werden. I n keinem der untersuchten Fälle werden also Probleme bei der Leistungsdarbietung wahrgenommen, die man speziell auf eine reformbedürftige oder unsachgemäße Aufgabengliederung zurückführen wollte. Aus diesen Gründen bringt man dieser Reorganisation teilweise nicht nur ein vollständiges Unverständnis entgegen, sondern ist auch geneigt, von dieser Änderung lediglich negative Wirkungen zu erwarten. I n den betroffenen Kreisverwaltungen erwartet man also unter anderem auch, daß durch eine erneute Umstellung der eigenen Organisation die bisherigen Leistungsvorteile, wie sie sich durch eine zunehmende Routinisierung der Regelanwendung und durch einen hohen Grad an sozialer Integration einstellen können, gefährdet werden.

62

2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

Soweit eben keine eigentliche Notwendigkeit für eine Organisationsänderung wahrgenommen wird, ist i n diesem Zusammenhang auch nicht überraschend, daß sich bei den betroffenen Verwaltungen weitestgehend auch kein Zielbewußtsein ausbildet. Wenn Ziele überhaupt wahrgenommen werden, so sieht man diese in dem Versuch, insbesondere die zwischenbehördlichen Verhältnisse auf Landkreisebene selbst oder aber die Verhältnisse zwischen Landkreisen und höherstufigen Verwaltungen neu zu regeln. Dabei w i r d dann auch wiederholt auf das mögliche Interesse an einem vereinheitlichten und somit vergleichbaren Verwaltungsvollzug hingewiesen. Entsprechend diesen Einschätzungen ist man quasi erwartungsgemäß auch geneigt, die eigentlichen Ursachen für die Durchführung der Reorganisation in dem Verhalten und den Absichten externer Instanzen, namentlich höhere Verwaltungsebenen und politischer Bereich, zu sehen. Angesichts dieser Wahrnehmungen läßt sich also keineswegs unbesehen unterstellen, daß in diesen Fällen allein schon durch eine starke „Ich-Betroffenheit" oder eine als persönlich bedeutsam empfundene „Verwicklung" gewisse Handlungsbereitschaften ausgelöst werden könnten. Bei der Analyse von Wahrnehmungen ist allerdings schon prinzipiell zu berücksichtigen, daß die Möglichkeiten, Reorganisationsnotwendigkeiten gemäß ihrer objektiven Dringlichkeit richtig einzuschätzen, durch verschiedene strukturell-organisatorische Gegebenheiten geschmälert oder aber begünstigt werden können 2 3 . Unter Berücksichtigung solcher Gegebenheiten stellen sich daher auch Unterschiede ein, die unsere anfänglich festgestellte Tendenz nicht nur abflachen, sondern geradezu i n ihr Gegenteil verkehren können. Z u solchen Unterschieden kommen w i r schon einmal, wenn w i r die Bediensteten nach ihrer Ranghöhe und Funktion unterscheiden. So ist hier für die Abteilungsleiter der Landkreisverwaltungen — auch bedingt durch die alltägliche Routine — eine sehr weitgehende Anpassung und Identifikation mit der überkommenen Arbeitsordnung feststellbar. Die Gruppe an Bediensteten, die i m weiteren Verlauf des Änderungsprozesses vergleichsweise stark m i t Implementationsaufgaben beauftragt wird, nimmt also überwiegend keine Reorganisationsnotwendigkeit wahr. Berücksichtigt man i n dieser Weise die prägende Kraft ausgeübter Funktionen, so ist es dann auch nicht überraschend, daß hierzu i m Vergleich gesehen die Büroleiter über ein wesentlich stärker ausgeprägtes Reorganisationsbewußtsein verfügen. Hier sind allerdings nicht nur ihre herausgehobenen Führungsfunktionen zu berücksichtigen, sondern 23 Z u entsprechend strukturellen und personalen Voraussetzungen der Wahrnehmungen von Änderungsanlässen vgl. Roland Dumont du Voitel, A k toren i n der I n i t i i e r u n g von organisai ionalem Wandel, Mannheim 1976, insbesondere S. 43 ff. sowie Arne F. Leemans, A Conceptual Framework for the Study of Reform of Central Government, The Hague 1976, S. 89.

2.3. Reaktion auf die Reorganisationsforderung

63

ebenso, daß sich die Büroleiter auch während der Jahre der Untätigkeit auf sog. Büroleiterkonferenzen mit Fragen der Aufgabengliederung beschäftigt haben. Die allein schon aufgrund der Ranghöhe sichtbar werdenden Unterschiede werden also auf jeden Fall zusätzlich durch die jeweils ausgeübte Funktion oder Aufgabe verstärkt. I n ganz deutlicher A r t und Weise kann man diese Wirkung naturgemäß bei einem Vergleich von Bediensteten aus Querschnittseinheiten und der Linienorganisation feststellen. So tragen eben insbesondere bei Organisations- und Personalreferenten praktische Probleme der Vertretungsregelung sowie gelegentliche Interventionen des Rechnungshofes mit dazu bei, daß sie die überkommene Aufgabengliederung oder die überkommene Gliederung nach Referaten und Abteilungen als problematisch wahrnehmen. Soweit es sich im Rahmen dieser Arbeit feststellen läßt, dürfte der vergleichbar stärkste intervenierende Einfluß auf die Wahrnehmung einer Reorganisationsnotwendigkeit von der Struktur des jeweiligen Führungssystems und somit von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Verwaltung ausgehen 24 . So müssen w i r für die Fälle autoritär oder patriarchalisch gearteter Führungssysteme feststellen, daß vorzugsweise auf die Erledigung der alltäglichen Arbeit abgestellt wird, dabei allerdings die jeweiligen organisatorischen Voraussetzungen der Leistungsdarbietung so gut wie gar nicht berücksichtigt werden. Während in diesen Fällen eine K r i t i k an der Organisation zumindest der Tendenz nach als eine Störung des alltäglichen Arbeitsablaufs empfunden w i r d und eine K r i t i k an der Organisation aus verständlicher Statusfurcht auch unterbleibt, w i r d i n dem dritten untersuchten Fall die Beschäftigung mit Organisationsfragen zum belohnenswerten Verhalten. Begünstigt durch diesen Strukturunterschied gelingt es also in der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz, die eigene Reorganisation gewissermaßen zur Daueraufgabe zu machen. Probleme der Aufgabengliederung werden hier auch nicht erst nach einer „offiziellen" Aufforderung übernommen, sondern i n diesem Fall w i r d versucht, die einmal erkannten Probleme vom Zeitpunkt ihres Auftretens an in Form einer eigenständigen Vorgehensweise zu lösen. Diese Ergebnisse verändern wohlgemerkt nicht die Gesamteinschätzung, sondern treten erst zutage, wenn w i r die genannten Unterscheidungen nach Ranghöhe, Funktion und A r t des Führungssystems einführen.

24 Hier geht es dann auch u m den jeweiligen Einfluß der Werthaltungen der Führungsspitze auf die Innovationsfähigkeit von Organisationen, vgl. dazu J er aid Hage / Robert Dewar, Elite Values Versus Organizational Structure i n Predicting Innovations, i n : Administrative Science Quarterly, Vol. 18/1973, S. 279—290.

64

2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

2.3.2. Unterschiedliche

Reaktionsmuster

Soweit nun i n den einzelnen Landkreisverwaltungen keine Reorganisationsnotwendigkeit wahrgenommen wird, kann sich dies in verschiedener Weise bereits negativ oder erschwerend auf die Durchführung der Änderung auswirken. Da unter diesen Bedingungen kaum der Eindruck entstehen dürfte, die Organisation sei auch wegen eines gravierenden sachlichen Mangels zu verändern, kann es hier beispielsweise schon an der Motivation fehlen, sich an der Durchführung dieser Änderung auch tatkräftig zu beteiligen. Solch negative Wirkungen für den Implementations Vorgang müssen allerdings nicht i n jedem Fall durchschlagen, sondern können durch die spezielle Reaktion der Landkreisverwaltung auf die gestellte Reorganisationsforderung abgefedert, wenn nicht gar gänzlich behoben werden. Je nach dem etwa, welcher Handlungsspielraum bzw. welches Maß an Selbständigkeit für die Durchführung beansprucht wird, w i r d man gewissermaßen noch i m nachhinein die Gelegenheit bekommen, die Reorganisation m i t einem sachlichen Bedarf zu verknüpfen und somit den Zweck der geplanten Änderung als Anreiz bei der Akzeptanzbildung einzusetzen. Soweit die Landkreisverwaltungen geneigt sind, in dieser Weise einen auch objektiv gegebenen Handlungsspielraum wahrzunehmen, läßt sich zudem nicht mehr sagen, daß die Umwelt, institutionell durch den Landkreistag und das Innenministerium repräsentiert, einen abschließend determinierenden Einfluß auf die Durchführung der Organisationsänderung ausüben würde. I n den von uns untersuchten Fällen stoßen w i r allerdings auf höchst unterschiedliche Reaktionsmuster. I n zwei der untersuchten Fällen zeichnen sich die Landkreisverwaltungen durch eine ausgesprochene Vollzugsorientierung aus. I n diesen Fällen w i r d also darauf verzichtet, den objektiv gegebenen Handlungsspielraum durch eine Anpassung des Musterplans an bestimmte lokale Bedingungen des Verwaltungsvollzugs zu nutzen. Für den verbleibenden dritten Fall der Untersuchung müssen w i r hingegen feststellen, daß der objektiv gegebene Handlungsspielraum in recht umfassender A r t und Weise genutzt wird. Da hier von Anfang an eigene Zielsetzungen i n den Reorganisationsprozeß eingebracht werden, w i r d die Reorganisation auch nicht nur als eine Gelegenheit ergriffen, die Aufgabengliederung im engeren Sinne neu zu organisieren. Die Wahrnehmung eines eigenen Handlungsspielraums führt denn auch i n diesem Fall dazu, daß die Aufgabenneugliederung zum Ansatzpunkt einer recht grundsätzlichen Reorganisation der Organisations- und Führungsstruktur wird. I m Vergleich gesehen w i r d hier also die externe Definition einer Reorganisationsnotwendigkeit nicht bloß übernommen, sondern w i r d die Reorganisationsnotwendigkeit als

2.3. Reaktion auf die Reorganisationsforderung

65

solche aufgegriffen, um sie nach eigenen Zielsetzungen sowie Bedingungen einer Regelung zuzuführen. Dabei handelt es sich allerdings typischerweise wieder um jene Landkreisverwaltung, die bei der Durchführung dieser Reorganisation nicht erst auf den externen bzw. offiziellen Anstoß wartet, sondern diese Reorganisation von Anbeginn nach eigenen Stücken betreibt. Die hier festgestellten Unterschiede i n der Beanspruchung eines eigenen Handlungsspielraums können n u n mit einiger Sicherheit wieder auf die jeweilige Struktur des Führungssystems der Landkreisverwaltungen zurückzuführen sein. I n diesem Fall dürfte dabei insbesondere ausschlaggebend sein, inwieweit die einzelnen Geschäftsstellen, insbesondere also der Landrat selbst, entweder über eine externe bzw. politische oder aber über eine administrative bzw. Managementorientierung verfügen. Dabei kann natürlich keinem Landrat abgesprochen werden, daß er sein Handeln überhaupt nach politischen Kriterien beurteilt und entwickelt; m i t der externen bzw. politischen Orientierung ist daher auch eher gemeint, daß man den eigenen beruflichen Erfolg oder die Karriere mit Hilfe positiver Reaktionen gerade der höherstufigen Verwaltungen (namentlich also des Landesinnenministeriums) zu begünstigen versucht. I n diesen Fällen — wie etwa in Mainz-Bingen sowie i n Landau/Südliche Weinstraße — ist daher auch nicht überraschend, daß man sich gewissermaßen u m einen buchstabengetreuen Vollzug des Musterplans bemüht. I n diesen Fällen mag es zwar (etwa durch den Vorsitz i m Landkreistag) zu einer vorgezogenen Einflußnahme auf die konzeptionelle Entwicklung des Musterplans gekommen sein; diese vorgezogene Einflußnahme kann es freilich nicht verhindern, daß die Organisationsänderung zum Zeitpunkt ihrer Durchführung vom Gros der Betroffenen dann dennoch als von „oben" angeordnet empfunden wird. Zur Beanspruchung eines wirklichen Handlungsspielraums kommt es daher auch erst in dem Fall, in dem eine ausgesprochene administrative oder Managementorientierung (Mayen-Koblenz) vorliegt. Unter dieser Bedingung w i r d ja auch die Wahrnehmung eines Handlungsspielraums zur notwendigen Voraussetzung dafür, daß sich dem Reorganisationsanlaß überhaupt unter Berücksichtigung lokal bedeutsamer Effizienzgesichtspunkte nachgehen läßt. Auch hier steht also die Reaktion i n einem deutlichen funktionellen Bezug zu den jeweils übergeordneten Orientierungen. Dabei ist allerdings nicht schon davon auszugehen, daß die Reaktion der einzelnen Landkreisverwaltungen ausschließlich durch diese Orientierung der Geschäftsstellen oder Landräte geprägt werden. Wenn es auch nicht geleugnet werden kann, daß der Landrat i m Vergleich zu anderen Positionsträgern seiner Verwaltung über ein eindeutiges Macht5 Speyer 86

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

surplus verfügt, so dürfte zunächst doch zu vermuten sein, daß über die jeweilige A r t und Weise der Reaktion auch i m Wege von behördeninternen Entscheidungsprozessen befunden wird. Für den Ablauf solcher Entscheidungsprozesse können dem Prinzip nach eine Vielzahl von organisatorischen Faktoren an Bedeutung gewinnen, wenngleich i n unseren Fällen doch wieder insbesondere die Führungsstile der jeweiligen Landkreisverwaltungen zu berücksichtigen sind. I n den Führungsstilen sind dann auch zusätzlich notwendige Bedingungen dafür zu sehen, daß es zu bestimmten Reaktionen auf externe Reorganisationsforderungen k o m m t 2 5 . So dürfte etwa für die L K V Südliche Weinstraße nicht nur die übergeordnete „politische Orientierung", sondern ebenso der für sie charakteristische autoritäre Führungsstil von Bedeutung sein. Da hier ein unbefragtes Akzeptieren von Anordnungen quasi zum allgemeinen Verhaltenskriterium erhoben wird, kann dies auch auf Seiten der jeweiligen Geschäftsleitung die Neigung ausprägen, Reorganisationen, zumal wenn sie von höheren Dienststellen „angeordnet" werden, mehr oder weniger bedingungslos zu übernehmen. I n diesen Fällen mag zudem die Gehorsamspflicht schon so sehr zu einer persönlichen Einstellung geworden sein, daß man schon aus diesem Grund objektiv gegebene Handlungsspielräume nicht für eigenständige Initiativen zu nutzen vermag. I n dem jeweiligen Führungsstil (und seinen verhaltensprägenden W i r kungen) ist also ggf. eine weitere notwendige Bedingung dafür zu sehen, daß sich einzelne Landkreisverwaltungen in vollständiger Weise den extern definierten Reorganisationsnotwendigkeiten anpassen. Z u einer ähnlichen Einschätzung kommen w i r für den Fall, i n dem w i r von einem patriarchalischen Führungsstil (Mainz-Bingen) sprechen können. Denn hier besteht einerseits die deutliche Neigung, die Güte einer Leistungsdarbietung eher von personenspezifischen Merkmalen (besonders vom persönlichen Willen) als von organisatorischen Gegebenheiten abhängig zu machen. Weiter gedacht entfällt damit andererseits die unbedingte Notwendigkeit, die Qualität der Leistungsdarbietung nun durch eine speziell gegenüber lokalen Bedingungen angepaßte Organisationsform zu verbessern 26 . Dabei ist natürlich nicht schon zu unterstellen, daß hier i n dieser Weise bewußt gehandelt w i r d ; plausibler erscheint vielmehr, daß durch die A r t der „ursächlichen Zurechnung" von Leistungsergebnissen diese möglichen Zusammenhänge überhaupt „übersehen" werden. 25 Entsprechende Hinweise auch bei Heribert Meffert, Die Durchsetzung von Innovationen i n der Unternehmung und i m M a r k t , i n : Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Heft 2, 1976, S. 80/81. 28 Vgl. zu solchen, für den patriarchalischen Führungsstü typischen E i n stellungen R. Baumgarten, Führungsstile und Führungstechniken, B e r l i n / New Y o r k 1977, S. 34.

2.3. Reaktion auf die Reorganisationsforderung

67

F ü r den dritten Fall (Mayen-Koblenz), i n dem es also zu dem genannten eigenständigen Vorgehen kommt, w i r k t die A r t des Führungsstils nun i n einer ganz besonderen Weise auf den hier interessierenden Vorgang ein. Wie bereits bekannt, bemüht sich hier die Geschäftsleitung um eine Anwendung ausgesprochen moderner Führungstechniken. Z u diesen modernen Führungstechniken zählt zunächst einmal, daß man Führungsprobleme schon generell als Entscheidungsprobleme und daher als Probleme einer sachlich angemessenen Informationsverarbeitung versteht. Schon aus diesem Grund ist hier also damit zu rechnen, daß man i n der Frage der Aufgabengliederung zu einem situationsbezogenen oder gar innovativem Vorgehen kommt. Darüber hinaus besitzen hier die Entscheidungsprozesse eine recht dezentrale bzw. partizipative Struktur. F ü r niedrigrangige Mitglieder besteht hier also eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich zum Zweck eines eigenen Karrierevorteils engagiert an Entscheidungsprozessen zu beteiligen 2 7 . Die über den Führungsstil vermittelte Möglichkeit, i n dieser Weise vielfältige „lokale" Bedürfnisse i n den Entscheidungsprozeß einzubringen, vergrößert also nochmals zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, daß es zumindest zu einem „situationsbezogenen" Vorgehen kommt. Je nach dem, welche Untersuchungsfälle i m einzelnen behandelt werden, müssen also bei der Erklärung der jeweiligen Reaktionsmuster nicht nur die spezielle A r t der übergreifenden Orientierung, sondern ebenfalls der jeweilige Führungsstil, wenn nicht gar gezielte Einflußnahmen bestimmter Organisationsmitglieder berücksichtigt werden. 2.3.3. Reaktionsmuster

und Folgen für die Durchführbarkeit

Wie es sich an diesen unterschiedlichen Reaktionsmustern zeigt, müssen die weiter oben genannten allgemeinen Initiierungsbedingungen nicht überall in gleicher Weise durchschlagen. Bei genauer Betrachtung sind es vielmehr diese Reaktionsmuster selbst, die darüber entscheiden, welchen Grad an (funktioneller) Autonomie und somit auch Unabhängigkeit gegenüber diesen Initiierungsbedingungen die einzelnen Änderungsprozesse erreichen. Anders gesagt, w i r d m i t diesen Reaktionsmustern dann allerdings auch über die Frage entschieden, wie die sozialen und sachlichen Bedingungen für eine erfolgreiche Durchführung aussehen und welche A r t an Implementationsstrategie sich i m weiteren Verlauf überhaupt noch anwenden läßt. M i t diesen Reaktions27 Hier übernimmt man also durch Imitationslernen die Einstellungen der Führungsspitze, vgl. dazu Howard M. Weiss, Subordinate Imitation of Supervisor Behavior: The Role of Modeling i n Organizational Socialisation, i n : Organizational Rehavior and Human Performance, Vol. 19, No. 1, June 1977, S. 98—105.

5*

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2. Z u r I n i t i i e r u n g der Organisationsänderung

mustern werden also ggf. Rahmenbedingungen für den Erfolg einer Organisationsänderung gesetzt, die dann vom Prozeß der Organisationsänderung her nur noch bedingt im Sinne ihrer positiven Veränderung zu beeinflussen sind. Wie w i r es bereits gesehen haben, macht es ja erst ein autonomes sowie situationsbezogenes Vorgehen möglich, bei auch behördenspezifischen Problemlagen und somit wieder bei quasi klar ersichtlichen Leistungsdefiziten anzusetzen. A u f diesem Wege mag die vorgesehene Organisationsänderung dann einerseits auch in den Augen der Betroffenen einen hohen „technischen" Nutzen erzielen; andererseits bietet sich erst bei diesem Vorgehen der an diesem Punkt ausschlaggebende Vorteil, daß sich m i t dieser Organisationsänderung nicht nur behördenspezifische Zielsetzungen verfolgen, sondern sich bei ihrer Konzipierung und Planung auch die überbrachten behördenspezifischen Bedingungen einer Leistungserbringung (neben solch „objektiven" Bedingungen wie Aufgabenlage und verfügbares Personal eben auch durch Gewohnheiten gewachsene Ansprüche) besser berücksichtigen lassen. Aus diesen Gründen läßt sich zu Recht vermuten, daß in diesen Fällen die motivationalen Bedingungen für die Durchführung einer Organisationsänderung von vornherein günstiger ausfallen dürften. Darüber hinaus kann nun das jeweilige Reaktionsmuster auch Folgen für die Durchführung einer Änderung unter sachlichen Gesichtspunkten erzielen. So ist ja vorrangig nur bei einem situationsbezogenen Vorgehen gewährleistet, daß mit der Änderung auch an den tatsächlichen Voraussetzungen einer weiterhin gleichen oder gar qualitativ verbesserten Leistungsdarbietung angesetzt wird. I m Fall eines weniger situationsbezogenen Vorgehens (oder des bloßen Anpassens an ein vorgegebenes Modell) besteht vielmehr das Problem, daß eben nur an „Symptomen" kuriert wird, es also häufiger zu nicht-zielbezogenen Wirkungen (verbesserte Leistungsdarbietung) und somit auch zu einem erhöhten Risiko durch planerisch nicht mehr kontrollierte, aber gleichwohl störende Nebenfolgen kommt. Eines der zentralen Durchführungsprobleme w i r d es dann auch sein, ob es unter beiden Bedingungen gelingt, den jeweiligen Informationsverarbeitungsbedarf („Wirklichkeitserfassung") richtig einzuschätzen. M i t diesen Reaktionsmustern werden allerdings nicht nur diese Rahmenbedingungen gesetzt, sondern m i t den Reaktionsmustern (teils auch vermittelt über die gesetzten Rahmenbedingungen) werden zudem auch recht feste Grenzen für die vermeintlich beliebige organisatorische Gestaltung des Änderungsprozesses selbst gezogen. Je nachdem, welches Reaktionsmuster gewählt wird, mag sich dann auch schon die Situation einstellen, daß sich mit dieser Reaktion zunächst zusätzlich erschwe-

2.3. Reaktion auf die Reorganisationsforderung

69

rende Bedingungen für die Durchführbarkeit einer Änderung einstellen, man aber aufgrund derselben Reaktion sodann auch daran gehindert ist, i m Änderungsprozeß die eigentlich wirksamsten Mittel zur Lösung dieser Probleme anzuwenden. So muß eben i m Fall einer bloßen Übernahme eines Musterplanes einerseits damit gerechnet werden, daß sich aufgrund einer ungenügenden Berücksichtigung situativer Bedingungen Widerstand einstellen w i r d ; da hier aber das Reformmodell als solches unverändert bleibt, hat man nun andererseits i m weiteren Verlauf auch nicht die Möglichkeit, eine hinreichende Innovationsbereitschaft etwa mit Hilfe spezieller Partizipationsregelungen (inhaltliche Ausarbeitung des Modells) noch zu entwickeln. I m anderen Fall jedoch, i n dem erst i m Wege des Änderungsprozesses selbst über das Reformmodell entschieden wird, kann eben — und zwar aufgrund dieser gegebenen Möglichkeiten — die Partizipation der Teilnehmer als ein überaus w i r k sames Mittel zur Erhöhung der Innovationsbereitschaft eingesetzt werden. Zumindest an diesen Stellen zeigt sich dann auch, inwieweit der Ablauf und Erfolg von Organisationsänderungen durch „Umweltgegebenheiten" determiniert wird.

3. Informationelle Vorbereitung der Organisationeänderung

I m übergreifenden Zusammenhang betrachtet sind in der Phase der informationellen Vorbereitung zwei wesentliche und somit für die Durchführung der Organisationsänderung durchaus erfolgskritische Funktionen zu erfüllen. Unter sachlichen Aspekten (also auch unter dem Aspekt der angestrebten Regelungsfähigkeit) sind in dieser Phase alle Voraussetzungen dafür zu treffen, damit sich die Organisationsänderung eben als ein bewußt gestalteter und insoweit als geplanter Prozeß des Organisationswandels vollziehen läßt. I n dieser Hinsicht w i r d es i m einzelnen also um die Entwicklung eines Soll-Konzepts (Änderungsmodell) gehen, u m die Erstellung eines Gestaltungs- oder Vollzugsplans (welche Maßnahmen sind zu ergreifen) und schließlich um die Ausarbeitung eines Implementations- oder Sozialplans (welche handlungsrelevanten Anreize sind zu gewähren). Während hier die Organisationsänderung lediglich auf Planungsoder Meta-Ebene zum Gegenstand der Auseinandersetzungen wird, kann nun unter dem zweiten bzw. sozialen Aspekt bereits direkt auf den ablaufenden Prozeß der Organisationsänderung eingewirkt werden. Unter dem sozialen Aspekt ist in der Phase der informationellen Vorbereitung darauf zu achten, daß sich ggf. schon durch die A r t und Weise, i n der nun Informationen erhoben und zu Plänen verarbeitet werden, die motivationalen Bedingungen für eine Durchführung der Organisationsänderung verbessern lassen. I n der Phase der informationellen Vorbereitung geht es also nicht nur u m Fragen der Regelungsfähigkeit, sondern ebenso um mögliche Beiträge zur Akzeptanzbildung. Die sich unter sachlichen und sozialen Aspekten einstellenden Anforderungen können dabei allerdings — und zwar im Sinn eines speziellen Bedarfs an Informationsverarbeitung — durchaus unterschiedlich ausfallen 1 . So ist für die von uns untersuchten Fälle damit zu rechnen, daß das quasi objektiv notwendig werdende Maß an Vorkehrungen oder Anstrengungen zum Beispiel m i t den unterschiedlich günstig ausgeprägten Initiierungsbedingungen variieren wird. Während sich i m ersten 1 Gelegentlich w i r d unter praktischen Gesichtspunkten i n diesem Zusammenhang auch v o m „Änderungsbedarf" gesprochen, vgl. etwa Gerald Zaltman ! Robert Duncan, Strategies for Planned Change, New Y o r k 1977, S. 12.

3. Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

Fall bei einer Organisationsänderung etwa an einem bereits gegebenen Problembewußtsein anknüpfen läßt, müssen i m anderen Fall womöglich noch spezielle planerische (Anreizprogramme) oder prozeßbezogene (Partizipation) Anstrengungen unternommen werden, um die Akzeptanz vorgesehener Maßnahmen zu sichern. Darüber hinaus w i r d das erforderliche Maß informationeller Aktivitäten auch danach variieren, ob man sich bei der Aufgabenneugliederung m i t einem Musterplan zufrieden gibt oder aber in diesem Zusammenhang ein situationsmäßig angepaßtes Modell für unerläßlich erachtet. Wenn es sich somit einerseits bei den Aktivitäten um keine absolut zu setzenden Größen handelt, so ist an dieser Stelle andererseits darauf hinzuweisen, daß sich der quasi objektive Bedarf an Aktivitäten nicht schon „linear" oder „mechanisch" etwa aus der Reichweite einer Änderung ableiten, sondern nur bei Berücksichtigung einer Vielzahl von Umständen zutreffend erfassen läßt. So werden auch w i r auf den Umstand treffen, daß sich der Widerstand von Betroffenen nicht schon durch die geplante Organisationsänderung motiviert, sondern sich aus bereits zurückliegenden negativen Erfahrungen mit Organisationsänderungen ergibt. Ob nun diese verschiedenen Aktivitäten in einem jeweils ausreichenden Maß erbracht werden, dürfte schließlich von unterschiedlich gearteten Faktoren oder Bedingungen abhängen. Dabei ist zunächst wieder an sog. strukturelle Bedingungen zu denken, also an Bedingungen, deren positive oder negative Einflußnahme nur sehr schwer oder auch gar nicht mehr durch ausschließlich prozeßbezogene Maßnahmen gänzlich ins Gegenteil zu kehren ist. So w i r d beispielsweise von der Professionalisierung der Organisationsmitglieder ein ganz entscheidender Einfluß auf die Güte der planerischen Aktivitäten ausgehen; dieser ausschlaggebende Grad an Professionalisierung läßt sich jedoch i m Änderungsprozeß selbst wiederum nur sehr schwer — etwa auch durch den Einsatz spezieller Führungsmaßnahmen — verbessern. Als weitere Faktoren dieser A r t sollen das in den Organisationsstellen verfügbare ReOrganisationswissen, die methodischen Hilfmittel der Organisationsarbeit und schließlich auch der Grad an (organisatorisch abgesicherter) fachlicher Spezialisierung der Organisationsarbeit berücksichtigt werden. Des weiteren ist in diesem Zusammenhang naturgemäß an die prozeßbezogenen und sodann auch speziell strategieabhängigen Maßnahmen der Informationserfassung sowie -Verarbeitung zu denken. Wie w i r sehen werden, w i r d es dabei speziell um die Frage gehen, in welcher Weise die Erfassung und Verarbeitung von Informationen zu gleicher Zeit hinreichend fachlich spezialisiert als auch gegenüber dem Gesamtsystem (kommunikativ) „geöffnet" erfolgen kann. Unter organisatorischen Aspekten geht es hier also nicht nur u m die funktionelle Aus-

7 2 3 .

Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

differenzierung, sondern zugleich auch u m die Frage der Durchlässigkeit von „Systemgrenzen" oder i m klassischen Sinn u m die Partizipation 2 . Ein gelungenes Verhältnis zwischen diesen beiden Aspekten eröffnet sodann günstige Möglichkeiten sowohl zur „Wirklichkeitsfassung" (und folglich zum Aufbau einer treffsicheren Regelungsfähigkeit) als auch zu einer parallel verlaufenden (eingeflochtenen) Konsensbildung.

3.1. Strukturelle Bedingungen der Informationsverarbeitungsfähigkeiten Die Güte der planerischen Vorbereitung w i r d — wie w i r bereits wissen — unter anderem auch von gewissen strukturellen Bedingungen abhängig sein. I n diesem Zusammenhang werden w i r auch gewissermaßen übergreifend auf das i n den einzelnen Landkreisverwaltungen verfügbare Re-Organisationswissen abzustellen haben. Dabei sind diese Randbedingungen zwar nur bedingt während des Ablaufs eines Änderungsprozesses selbst zu beeinflussen; zum anderen ist freilich zu bedenken, daß die möglichen Wirkungen solcher Randbedingungen zumindest i n Einzelfällen nicht schon von allein oder unvermittelt, sondern erst bei weiteren prozeßbezogenen Maßnahmen zum Tragen kommen. Wie etwa am Re-Organisationswissen zu erkennen, kann es sich also auch u m Potentiale handeln, die erst durch bestimmte Vorkehrungen organisatorischer A r t (ζ. B. Gewährung von Teilnahme) optimal zu nutzen sind. Die determinierende Wirkung für die Güte der Informationsverarbeitung ergibt sich also nicht schon notwendigerweise aus der jeweiligen Ausprägung einer strukturellen Bedingung selbst. 3.1.1. Rationalisierung Wie es aus der Diskussion um die Professionalisierung her bekannt ist, geht es bei der Rationalisierung des Reorganisationswissens generell gesagt um den jeweiligen Grad, zu dem sich eben Reorganisationen allein durch Rückgriff auf spezielle Verfahren erfolgreich durchführen lassen 3 . Die Verfahren müssen sich also entsprechend dem Zweck2 Theoretisch orientieren w i r uns hier an Ausführungen von Clayton P. Alder fer, Change Processes i n Organizations, i n : Marvin Dunette (Hrsg.), Handbook of I n d u s t r i a l and Organizational Psychology, Chicago 1976, S. 1591 ff. sowie i n einem übergreifenden Sinn an Werner Kirsch / Werner -

Michael Esser / Eduard Gabele, Das Management des geplanten Wandels von

Organisationen, Stuttgart 1979, S. 253, die entsprechend dem „Gesetz der e r forderlichen Eigenkomplexität" bei der Beurteilung der Effektivität von Ä n derungsprozessen von unterschiedlichen Strategien der Komplexitätshandl u n g ausgehen,

3.1. Bedingungen der Informationsverarbeitungsfähigkeiten

73

Mittel-Verhältnis zur Lösung von Problemen eignen, die bei Reorganisationen auftauchen. Gegen eine solche Rationalisierung können sich zunächst einmal fachspezifische Grenzen auf tun; man bedenke hier nur die geringe prognostische Qualität des Reorganisationswissens etwa i m Vergleich zur Prognosequalität medizinischen oder physikalischen Wissens. Darüber hinaus gibt es allerdings spezifische und daher auch verwaltungstypische Gründe, die den bisher i n allen Organisationseinheiten vergleichsweise geringen Grad an Rationalisierung bedingen. So ist es ja der öffentlichen Verwaltung aufgrund ihrer allgemeinen Funktionsbedingungen vorrangig daran gelegen, ihre Handlungsvollzüge speziell nach dem K r i t e r i u m ihrer gesetzmäßigen Richtigkeit zu organisieren. Die vorrangige Beschäftigung m i t der Frage eines richtigen Gesetzesvollzugs (vgl. hierzu auch das Verwaltungsverfahrensgesetz) hat es zumindest nicht erleichtert, ein systematisches Wissen zur materiellen Leistungsfähigkeit organisatorischer Strukturen und speziellen Methoden ihres Wandels zu entwickeln. A n dieser Einschätzung können auch erstere Bemühungen etwa der Rechnungshöfe, einiger Organisationsämter oder der KGSt nichts ändern 4 . I m Rahmen dieser allgemeinen Verhältnisse kommt es dann allerdings — was die Rationalisierung und somit die Zugänglichkeit des Reorganisationswissens anbetrifft — zu erheblichen Schwankungen. So können w i r dann auch zumindest zwischen der L K V Mainz-Bingen und den L K V Südliche Weinstraße sowie Mayen-Koblenz ein doch bemerkenswertes Gefälle i n der Ausstattung m i t Organisationsmitteln einfacherer A r t (vor der Reorganisation) feststellen. Während es i n den zuletzt genannten L K V durchaus aktuelle Geschäftsverteilungspläne, Stellenbeschreibungen, mehr oder weniger systematische Personalbeurteilungen, dementsprechend auch eine (zumindest versuchsweise) A n wendung spezieller Führungstechniken (KGSt-Modell, Harzburger Modell) gibt, fehlt es i m ersten Fall mehr oder weniger vollständig an diesen grundsätzlichen Organisationsmitteln. So t r i t t hier auch erst m i t der Änderung selbst eine gewisse Besserung ein — i m Augenblick geht man nach Einführung eines zentralen Schreibbüros dazu über, das Vordruck» und Formularwesen zu standardisieren. Wenngleich hier m i t Sicherheit noch andere Faktoren zu berücksichtigen sind — wie etwa die gerade i n diesen Punkten geradezu als K o m pensation gedachte Organisationsberatung durch den Landkreistag —, 3

Speziell zu diesen Unterscheidungen Wolf V. Heydebrand / James J.

Noell, Task Structure and Innovation i n professional Organizations, in: W. V. Heydebrand (Hrsg.), Comparative Organizations, London 1973, S. 295. 4 Als Uberblick vgl. Hartmut Kubier, Organisation und Führung i n Behörden, Bd. 1, Stuttgart 1974, S. 192 ff.

7 4 3 .

Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

so dürfte dieses Gefälle i n der Ausstattung m i t Organisationsmitteln nicht zuletzt auch auf den Führungsstil zurückzuführen sein. Sofern eben mit einem patriarchalischen Führungsstil zumindest stillschweigend die Neigung einhergeht, die A r t der Leistungsdarbietung ursächlich lediglich im Zusammenhang m i t personenbezogenen (Verhaltens-)Eigenschaften zu sehen, so w i r d auch verständlich, w a r u m hier — anders als i n Mayen-Koblenz — der Pflege und Entwicklung von Organisationsmitteln nur wenig Aufmerksamkeit zukommt. Bezeichnend mag auch sein, daß die hier zwischenzeitlich überhaupt unternommenen Versuche — wie die Einführung von Personalbeurteilungen für Beamte oder von Arbeitsplatzbewertungen — sehr schnell wieder zum Erliegen kommen. Unter funktionellen Gesichtspunkten können sich für diese Verwaltungen Schwierigkeiten in zweifacher A r t und Weise einstellen. Z u m einen sind sie nicht in der Lage, zur Vorbereitung der Änderung auf einfache, aber durchführungserhebliche Organisationsmittel zurückzugreifen. Sofern etwa keine exakten Geschäftsverteilungspläne oder Stellenbeschreibungen (Ist-Zustand) vorliegen, w i r d es auch nicht möglich sein, den beim Vollzug des Musterplans auftretenden Änderungsaufwand planerisch in den Griff zu bekommen. Zum anderen können sich schon an dieser Stelle negative Folgen für die Akzeptanz der Änderung einstellen. Denn sollte die geringe Qualität zugrundegelegter Organisationsmittel oder angewandter Methoden wahrgenommen werden, so ist auch nur damit zu rechnen, daß das Vertrauen i n die Richtigkeit oder Notwendigkeit erzielter Ergebnisse bzw. Schlußfolgerungen organisatorischer A r t verloren geht.

3.1.2. Professionalisierung Reorganisationswissen muß nun bekannterweise nicht immer „gespeichert" sein und damit über ein Verfahren oder eine Methode zugänglich gemacht werden. So kann ja in der Professionalisierung der Organisationsmitglieder, speziell des Führungspersonals und der Organisationsreferenten, eine weitere, teils auch alternative Quelle des Reorganisationswissen gesehen werden. Hierbei würde es sich dann einerseits um die persönlichen Fähigkeiten/Fertigkeiten zur Planung und Durchführung einer Organisationsänderimg handeln 5 , andererseits geht es allerdings auch um die berufsspezifische Neigimg, sich m i t Engage5 Definitionsgemäß w i r d hier unter Professionalisierung die spezielle Berufsqualifikation verstanden, vgl. Günter Büschges, Beruf, Berufswahl u n d

Berufsberatung, in: Elmar Lange / Günter Büschges (Hrsg.), Aspekte der Berufswahl i n der modernen Gesellschaft, F r a n k f u r t / M a i n 1975, S. 17 ff.

3.1. Bedingungen der Informationsverarbeitungsfähigkeiten

75

ment und allen verfügbaren Fertigkeiten bei der Abwicklung von Organisationsänderungen einzusetzen. Diese Professionalisierung kann i m Fall der öffentlichen Verwaltung bekannterweise nicht schon über eine spezielle externe Ausbildung, einen speziellen Vorbereitungsdienst etc. vermittelt werden, wenngleich es hier zumindest i n der Zukunft, wie an der Fachhochschulausbildung oder dem zumindest erwogenen Verwaltungsreferendariat zu ersehen, nicht unbeträchtliche Ausnahmen geben dürfte. Die eigentlichen Professionalisierungseffekte werden dann also vorrangig „on the job" und somit aufgrund gemachter einschlägiger Erfahrungen vermittelt. I n dieser Hinsicht können die speziellen problemlösenden Befähigungen notgedrungen nicht systematisch vermittelt werden, sondern richten sich selbst nach Zahl und A r t durchgeführter Änderungen, insgesamt gesehen also nach der Innovationsfreundlichkeit der Verwaltungseinheit selbst. Was nun die Erfahrungen des Organisationsreferats (teilweise eben auch des Büroleiters) anbetrifft, gibt es auch in diesem Zusammenhang nicht unerhebliche Unterschiede. So bieten in Landau (Südliche Weinstraße), aber erst recht in Mayen-Koblenz, eine Reihe von Organisationsänderungen — wie etwa Einführung der Datenverarbeitung, eines zentralen Schreibbüros, die Erprobung von speziellen Führungstechniken — durchaus Gelegenheiten, sich Kenntnisse im Umgang mit Organisationsproblemen anzueignen, während dies im Fall Mainz-Bingen nur i n beschränktem Umfang möglich war. Gegen eine weitgehende Professionalisierung i m letzten Fall spricht allerdings auch schon die Tatsache, daß die Position des Organisationsreferenten erst kurz vor Einführung des Muster-Planes neu besetzt wurde. Hält man sich an diese Merkmale, so schneiden Mayen-Koblenz und Landau in der Frage der Professionalisierung deutlich besser ab als die L K V Mainz-Bingen (zum Zeitpunkt der Durchführung der Änderung). Bei einem direkten Vergleich zwischen Landau und Mayen-Koblenz zeigt sich sodann wiederum, daß die L K V Mayen-Koblenz auch in dieser Frage über die günstigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung der Organisationsänderung verfügen dürfte. I m Vergleich zu den anderen Landkreisverwaltungen kommt hier allerdings auch die Besonderheit hinzu, daß von Seiten der Führung eine Professionalisierung auch explizit erwartet und somit zu einem belohnungs- und karriereträchtigen Verhalten erklärt wird. I m Zweifelsfall motiviert hier also nicht nur das womöglich schon „mitgebrachte" Interesse an der Organisationsarbeit, sondern auch die Aussicht, durch eine Entwicklung professioneller Fähigkeiten nun auch zu einem herausgehobenen Karriereerfolg zu kommen. I m Vergleich gesehen w i r d

7 6 3 .

Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

daher auch verständlich, w a r u m es gerade hier i m späteren Verlauf (bei Mitgliedern des Organisationsreferates und weiteren Personen des Führungsbereiches) sowohl zu einem hohen persönlichen Engagement als auch zur Mobilisierung aller nur denkbaren Fähigkeiten kommt. I n den beiden anderen Landkreisverwaltungen stoßen w i r hingegen eher auf einen taktisch-behutsamen Umgang m i t den Reorganisationsproblemen, oder es ist feststellbar, daß es gänzlich an einem Engagement i n der Sache fehlt. Diese Unterschiede setzen naturgemäß spezifische Grenzen für die Aktivierung von Informationsverarbeitungsfähigkeiten. Als ein gewisser Ausgleich — allerdings nicht i m Sinne einer Kompensation — kann hier die Tatsache gelten, daß für alle drei untersuchten Landkreisverwaltungen für die Zeit kurz vor oder kurz nach der Einführung des Muster-Plans Organisations- und Personalbedarfsuntersuchungen des Rechnungshofes angesagt sind. Diese Ankündigungen mögen — auch schon aufgrund des Sanktionsgewichts, das kritischen Feststellungen des Rechnungshofes zukommt — zu einer gewissen allgemeinen Ausbreitung eines gesteigerten Organisationsbewußtseins beigetragen haben. 3.1.3.

Institutionalisierung

Die Ausbildung von Reorganisationswissen (und sein systematischer Gebrauch) setzt schließlich eine dauerhafte, auch arbeitsteilige und kompetenzmäßig abgesicherte Beschäftigung m i t Organisationsproblemen voraus. Die Spezialisierung eigener Befähigungen (oder auch die Speicherung von Wissen), die ja erst einen Leistungsgewinn wahrscheinlich macht, setzt also i n organisatorischer Hinsicht eine funktionelle als auch strukturelle Ausdifferenzierung entsprechender Aufgabengebiete voraus 6 . Sieht man einmal von dem Umstand ab, daß Organisationsreferate überhaupt erst Anfang der siebziger Jahre als selbständige Einheiten auf Landkreisebene eingeführt worden sind, so geht es bei dem Grad der strukturellen Differenzierung speziell u m das Verhältnis zwischen Organisationsreferat und Büroleitung (bzw. büroleitenden Beamten). Insbesondere geht es dabei um die kritische Frage, inwieweit das Organisationsreferat i m Rahmen eigener Kompetenzen autonom und nach speziellen Zwecksetzungen zu arbeiten vermag. Auch in dieser Frage zeigen sich gewichtige Unterschiede zwischen den einzelnen Landkreisverwaltungen. So stoßen w i r vor allem i n Mainz-Bingen, also dort, wo es infolge eines patriarchalischen Führungsstils schon prinzipiell die Neigung gibt, Entscheidungen an die Spitze 6 Z u diesen Zusammenhängen Klaus Stuttgart 1978, S. 94/95.

Türk,

Soziologie der Organisation,

3.1. Bedingungen der Informationsverarbeitungsfähigkeiten

77

zu ziehen und einzelfallbezogen zu treffen, eine vollkommen unzureichende Differenzierung zwischen Büroleitung und Organisationsreferat. Hier stoßen w i r auch auf den vergleichsweise geringsten Grad einer funktionalen und strukturellen Differenzierung, so daß auch der Hauptteil der Tätigkeiten des Organisationsreferats vom büroleitenden Beamten wahrgenommen wird. Die eigentlichen Ursachen dafür sind zum einen sicherlich struktureller A r t , also diesbezüglich in dem Umstand zu sehen, daß es hier zu keiner sinnvollen Delegation von Aufgaben kommt. Zum anderen mögen die Ursachen auch i n der Person des Büroleiters liegen, der ja schon rolllenmäßig eine gewisse Allzuständigkeit entwickelt, in diesem konkreten Fall allerdings auch aus Tradition die Aufgaben weiterhin wahrnimmt. I m Ergebnis führt dies zu einer unzureichenden Versorgung des Organisationsreferenten mit Informationen (ζ. B. sind einschlägige Berichte des Rechnungshofes nicht bekannt), wie es nun auf der anderen Seite bei der Büroleitung — speziell aufgrund von Überbelastungen — nur noch bedingt zu einer systematischen (nicht sprunghaften) Beschäftigung m i t Organisationsfragen kommen kann. I m übrigen sind es dann auch diese binnenorganisatorischen Gegebenheiten, die sich neben den weiteren Umständen (geringe zeitliche Nähe zwischen Anlaß und Vollzug einer Reorganisation) negativ auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken. Einen etwas weitergehenden Grad an Autonomie erreicht das Organisationsreferat i n Landau. Entsprechend dem hier vorherrschend autoritären bzw. bürokratischen Führungsstil, der ja i m übrigen auf geschäftsgangmäßige und regelorientierte Behandlung von Dingen drängt, handelt es sich hier um eine eher formal eingeräumte Autonomie (etwa auch i m Sinne der Bewahrung von Mindestzuständigkeiten). I n diesem Sinn w i r d das Referat zwar eingeschaltet (zum Zweck der Durchführung von Aufgaben), dabei aber allem Anschein nach von problemlösungsorientierten und entscheidungserheblichen Aufgabenstellungen ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der eigentlichen Durchführung der Organisationsänderung w i r d diese Tendenz noch durch eine ausgesprochene Kontrollneigung des büroleitenden Beamten gefördert. Der büroleitende Beamte hatte gerade sein neues A m t angetreten, vermied also Fehler zu machen, oder versuchte bereits, den mehr oder weniger für die Gesamtverwaltung typischen (autoritären) Führungsstil zu kopieren. Damit kommt es schließlich auch nur i n Mayen-Koblenz zu der erwartbaren Ausdifferenzierung und relativen Autonomie des Organisationsreferats, wobei hier allerdings eine Vielzahl an Faktoren m i t hineinspielen dürften, wie etwa Größe und Problemlast der Landkreisverwaltung, schließlich aber auch entsprechende Erwartungen von Seiten der Führung und der Dezernentenebene.

7 8 3 .

Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

3.1.4. Folgen für die Durchführbarkeit

der Organisationsänderung

Insgesamt gesehen fallen damit die Ergebnisse zu quasi dauerhaft gegebenen Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung recht unterschiedlich aus. Anhand der von uns untersuchten Merkmale dürften diese Fähigkeiten vorrangig i n der L K V Mayen-Koblenz gegeben sein, mit einigen Abstrichen zudem i n der L K V Südliche Weinstraße, während die i n der L K V Mainz-Bingen i m Prinzip verfügbaren Informationsverarbeitungsfähigkeiten am schwächsten ausgeprägt sein dürften. Unter funktionellen Gesichtspunkten liegt es nun besonders nahe, bereits an dieser Stelle zu prüfen, ob eine der Landkreisverwaltungen quasi von vornherein — und somit schon aufgrund der strukturell gegebenen Möglichkeiten zur Informationsverarbeitung — mit der Durchführung der anstehenden Reorganisation überfordert schien. U m in dieser Hinsicht zu halbwegs brauchbaren Ergebnissen kommen zu können, sind allerdings nicht schon die strukturell gegebenen Möglichkeiten untereinander, sondern sind — nach Untersuchungsfällen getrennt — die strukturell gegebenen Informationsverarbeitungsmöglichkeiten jeweils mit der Reichweite (und dem auch dadurch ausgelösten Informationsverarbeitungsbedarf) der angestrebten Änderung zu vergleichen. A u f diesem Weg ließe sich sodann zumindest feststellen, daß die Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung für den Fall weitergesteckter Reformziele (situatives Modell der Aufgabengliederung) auch besonders „sprunghaft" zunehmen. Umgekehrt betrachtet stoßen w i r also in den Fällen, in denen lediglich die Übernahme des Musterplanes beabsichtigt wird, auf vergleichsweise schwach oder gar nicht ausgeprägte Informationsverarbeitungsfähigkeiten. Für diese Vergleiche kann naturgemäß keine allzu große Erklärungskraft beansprucht werden, da in diesen Vergleichen die Bedeutung „dynamischer" Faktoren vollkommen außer acht gelassen wird. I n dieser A r t der Erklärung bleibt ja schon einmal unberücksichtigt, daß sich i m Änderungsprozeß selbst zunächst also nicht wahrgenommene Informationsverarbeitungsprobleme (etwa i n Folge der Anwendung einer „falschen" Implementationsstrategie) einstellen können. Darüber hinaus wäre in diesem Zusammenhang zu bedenken, daß sich strukturell gegebene Informationsverarbeitungsmöglichkeiten zumindest teilweise auch durch prozeßbezogene Maßnahmen (etwa durch die Einrichtung von Projektgruppen verbessern) oder steigern lassen.

3.2. Organisation der Informationserfassung und -Verarbeitung

70

3.2. Organisation der Informationserfassung und -Verarbeitung I m übergeordneten Zusammenhang betrachtet geht es bei der informationellen Vorbereitung einerseits darum, die voraussichtlichen sachlich-technischen und sozialen Probleme einer Organisationsänderung richtig zu erfassen und dementsprechend wirkungsvolle Vorbereitungen oder Pläne zu entwickeln. Andererseits geht es in dieser Phase nicht ausschließlich um die planerische Vorbereitung der Organisationsänderung, sondern dieser Phase kommt zugleich eine Funktion für die A k zeptanzbildung zu. Wie w i r es noch später näher ausführen werden, kann es hierbei speziell auch u m die Methode der „eingeflochtenen" Konsensbildung gehen. Unter den speziellen Kriterien der organisatorischen Gestaltung läßt sich eine entsprechende Leistungsfähigkeit der Informationsverarbeitung i n etwa wie folgt erzielen. Einerseits muß die Organisationsform eine hinreichende fachliche Spezialisierung zulassen. Es muß also eine Organisationsform erreicht werden, m i t der sich einmal erfaßte oder erhobene Informationen nun auch sachverständig und zugleich speziell zweckorientiert verarbeiten lassen. Die dadurch erhoffte Leistungssteigerung läßt sich allerdings nur erzielen, sofern nun bei der Verarbeitung von Informationen zugleich auch „gültige" oder „zutreffende" Informationen zugrundegelegt werden können. Aus organisatorischer Sicht ist daher andererseits auch zu gewährleisten, daß die Informationsverarbeitung hinreichend „geöffnet" gegenüber dem Gesamtsystem erfolgt. Die geregelte „Öffnung" gegenüber dem Gesamtsysem ist also Voraussetzung dafür, daß es überhaupt zu einer zutreffenden „Wirklichkeitserfassung" kommt. I m einzelnen wäre die Gestaltung (also Ausmaß der Spezialisierung und Öffnung) schließlich wiederum m i t dem speziellen Informationsverarbeitungsbedarf (etwa Reichweite, technische K o m pliziertheit, soziale Durchsetzungsproblematik) abzustimmen. Dabei ist nun allerdings nicht schon anzunehmen, daß solche funktionalen Gesichtspunkte (oder das Erfolgskriterium selbst) i m real untersuchten Prozeß auch tatsächlich zu den ausschlaggebenden Ursachen für die Anwendung spezieller Organisationsformen werden. Von ganz grundlegender Bedeutung für die organisatorische Gestaltung der informationellen Vorbereitung ist hingegen, wie die Situation einer Organisationsänderung insgesamt und die daraus folgenden Organisationsund Verhaltensgebote durch die Geschäftsstellen/Führungsspitzen der Landkreisverwaltungen eingeschätzt bzw. definiert werden 7 . I n diesen Situationsdefinitionen werden gerade jene Probleme „nach vorne ge7 Z u dem Begriff der Definition der Situation vgl. Werner Kirsch, E n t scheidungsverhalten u n d Handhabung von Problemen, München 1976, S. 39.

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Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

stellt", die unter dem Aspekt der Durchführung von Änderungsprozessen als besonders kritisch wahrgenommen werden. Wie schon zu vermuten, gehen hier auch Erfahrungen aus alltäglichen Führungsprozessen ein. Wie nur selbstverständlich w i r d dann auch i m Falle innovativer Situationen auf die ansonsten schon als tauglich erachteten Führungsmittel und -stile zurückgegriffen. 3.2.1. Zentralisierung

der Informationsverarbeitung

I n der L K V Südliche Weinstraße haben w i r den Fall, daß die Organisationsänderung zwar als eine besondere Situation (mit speziellen Verhaltensgeboten) wahrgenommen wird, dabei allerdings Fragen der informationellen Vorbereitung (der Planung i m engeren Sinn) eindeutig zugunsten einer möglichst reibungslosen Entscheidungsfindung sowie Durchsetzung i n den Hintergrund gedrängt werden. Da man sich in diesem Fall auch dafür entschieden hatte, den sich abzeichnenden MusterPlan lediglich zu übernehmen, also lediglich eine Anpassung von relativ unbedeutendem Umfang vorzunehmen, kann auch funktionell betrachtet nur mit Vorbehalten von einer Phase der informationellen Vorbereitung gesprochen werden. Unter zeitlichen Aspekten ist hier auch zu berücksichtigen, daß man die endgültige Fassung des MusterPlanes (veröffentlicht 9.11.76) quasi erst abwartete, u m dann zu handeln. Die Entwicklung des eigenen Anpassungsmodells vollzieht sich — was für diesen bürokratisch-autokratischen Führungsstil auch ansonsten typisch ist — unter strenger Beachtung aller vorhandenen hierarchischen Gliederungen. Wenn es bei der Vorbereitung dieser Änderung überhaupt Gelegenheit gibt, gewisse Vorschläge unter dem Aspekt einer weiteren informationellen Verdichtung zu prüfen, so kann dies nur während einer einzigen (ganztägig andauernden) Klausurtagung stattfinden, zu der sich der Landrat lediglich mit den Dezernenten inklusive dem Büroleiter zusammenfanden. Da es sich i n dieser Weise u m einen vergleichsweise zentralisierten Prozeß der Informationsverarbeitung handelt, ist für diesen Prozeß auch typisch, daß das Organisationsreferat in dieser Phase überhaupt ausgeschlossen bleibt und erst nachträglich zur Ausfüllung einer Rahmenkonzeption i n den Änderungsprozeß einbezogen wird. Nachdem die grundsätzlichen Entscheidungen (etwa Dezernatsbildung) auf höherer Ebene getroffen worden sind, w i r d dem Organisationsreferat die Aufgabe der Fortschreibung des Geschäftsverteilungsplans übertragen. I m übrigen w i r d das Organisationsreferat auch bei der Implementierung keine bedeutsame Rolle spielen. Die informationelle Vorbereitung findet i n diesem Fall in der überaus deutlichen Zentralisierung aller Vorgänge ihre spezielle Organisa-

3.2. Organisation der Informationserfassung u n d -Verarbeitung

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tionsform. Was nun die voraussichtliche Leistungsfähigkeit dieser Organisationsform anbetrifft, so ist hier von vornherein zu berücksichtigen, daß i n diesem Fall die „Systembildung" (bei der Informationsverarbeitung und auch der Entscheidungsfindung) einseitig nach dem Kriterium der Rang- und Amtshöhe erfolgt. So werden an den entscheidenden Gesprächen zwar die Dezernenten sowie der Büroleiter beteiligt, nicht jedoch die Abteilungsleiter oder das Organisationsreferat. Da die Teilnahme also offensichtlich nicht unbedingt nach Fachkompetenz (oder auch Erfahrung), sondern primär nach Ranghöhe der Mitarbeiter und Bediensteten erfolgt, ist in diesem Fall eine Leistungssteigerimg auch nur in einem speziellen oder eingeschränkten Sinn zu erwarten. M i t der Zentralisierung werden insbesondere die Fähigkeiten zur Durchsetzung der Organisationsänderung als solcher, speziell also zur Konfliktregelung nach Amtshöhe, verbessert. I n der Phase der Vorbereitung treffen w i r allerdings nicht nur auf solche zunächst noch latent bleibende Funktionen. So w i r d eben mit der Zentralisierung aller Vorgänge auch absichtsvoll der Versuch unternommen, die weiteren Mitarbeiter der Landkreisverwaltung — eben auch die Abteilungsleiter — systematisch aus der Phase der informationellen Vorbereitung auszuschließen. Wenn die Zentralisierung schon nicht zu einer Verbesserung der Informationsverarbeitungsfähigkeiten i n einem engeren (kognitiven) Sinn beizutragen vermag, so kann in ihr allerdings die probate Organisationsform gesehen werden, um zu einer regelrechten (Ab-) Schließung der sozialen und insbesondere Kommunikationsbeziehungen zwischen unteren und höheren Rängen zu kommen. Neben der nur geringen oder unzureichenden fachlichen Spezialisierung zeigt sich also des weiteren eine nur unzureichende Integration der Vorbereitungen m i t dem Gesamtsystem. Dies mag zwar aus der Sicht der Führungsspitze eine notwendige Voraussetzung sein, um sodann die selbst als angemessen erachteten Methoden der Organisationsänderung (etwa Strategie des „Bombenwurfs") wirkungsvoll anwenden zu können; unter funktionellen Gesichtspunkten dürfte diese organisatorische Gestaltung dazu führen, daß sich bestimmte (sachliche sowie soziale) Funktionen der Informationsverarbeitung eben von vornherein nur begrenzt erfüllen lassen. 3.2.2. Spezielle „Unter organisiertheit"

der Vorbereitung

I m Fall der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen ist zu bezweifeln, ob die untersuchte Organisationsänderung überhaupt als ein Projekt wahrgenommen wird, das auch i n organisatorischer Hinsicht einer außeralltäglichen besonderen Reaktion bedarf. Ablauf und Durchführung der 6 Speyer 86

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Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

Änderung zeigen vielmehr — bis auf die Schlußphase, i n der die Landkreisverwaltung unter besonderen Handlungszwang gerät —, daß diesem Projekt keine übermäßige Bedeutung zugemessen wird. Insoweit dürfte hier auch in besonderer Weise der für diese Landkreisverwaltung schon ansonsten typische Führungsstil durchschlagen. Zieht man verschiedene Aspekte der Organisation der Vorbereitung i n Betracht, so w i r d man zu dem Urteil kommen müssen, daß die Zeit der Vorbereitung durch ein vergleichbar hohes Maß an organisatorischer Instabilität gekennzeichnet ist. Für einen patriarchalischen Führungsstil ist dabei zunächst typisch, daß alle mehr oder weniger bedeutsamen Entscheidungen von der Spitze her, also vom Landrat selbst, getroffen werden. Zum anderen kann es allerdings ebenso i n dieses B i l d gehören, daß diese Entscheidungen i m „direkten Durchgriff", also unter A b sehung vom Dienstweg bzw. bei Übergehen der hierarchischen Gliederungen getroffen werden. So stoßen w i r i n diesem Fall auch zunächst auf eine starke Zentralisierung der Vorgänge, müssen darüber hinaus freilich feststellen, daß das eigentliche Routinegeschäft der Vorbereitung eher spontan und informell und somit auch nicht auf der Basis einer festen Verteilung von Geschäften abgewickelt wird. Die einzige „dauerhafte" Organisation kann dabei in einem Gremium gesehen werden, zu dem sich Bedienstete unterschiedlicher Ränge und Einheiten (einschließlich Organisationsreferat) in zwangloser Reihenfolge sowie wechselnder Zusammensetzung zusammenfinden. Obwohl es zu gewissen organisatorischen Konturen kommt, kann man angesichts dieser Organisationsweise eben doch nicht von einer hinreichenden Systembildung i n sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht sprechen.. So w i r d etwa unter zeitlichen Aspekten das Thema des Muster-Plans sehr frühzeitig (etwa bei Abteilungsleiterkonferenzen) i n die Diskussion gebracht, ohne aber zu diesem Zeitpunkt (Frühjahr 1975) genau abschätzen zu können, wie das geplante Reformvorhaben eigentlich aussehen wird. Bei Aufnahme der Erörterungen ist also weder der Inhalt des Muster-Plans (etwa Zahl der Abteilungen und Referate) noch der Termin bekannt, zu dem die geplante Änderung vollzogen werden soll. Diese zeitliche Unbestimmtheit bzw. Ungeregeltheit zeigt sich i m weiteren Verlauf noch einmal i n aller Schärfe, als ein quasi sachfremdes oder prozeßunabhängiges K r i t e r i u m bei der Festlegung des Änderungszeitpunktes zugrundegelegt werden muß. So richtet sich hier die Durchführung der Änderung schließlich auch nicht nach den Fristen, wie sie später im Muster-Plan ausgewiesen werden, sondern das sich mittlerweile ankündigende Ausscheiden des damaligen Landrats w i r d selbst zum spätesten Zeitpunkt eines Änderungsvollzugs erklärt.

3.2. Organisation der Informationserfassung u n d -Verarbeitung

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Der Ablauf des Änderungsprozesses bleibt daher i n verschiedener Hinsicht von prozeßfremden oder auch „Umweltentwicklungen" (etwa den Beratungen beim Landkreistag oder bei höherstufigen Verwaltungen) abhängig. Diese starke Abhängigkeit von externen Ereignissen führt nun unter sachlichen Aspekten dazu, daß i n der Vorbereitungsphase eben für lange Zeit das Ziel bzw. die eigentlichen Aufgabenstellungen für die Erörterungen unscharf bleiben. Da hier also der gedachte Zweck oder das Ziel der Änderung noch zu wenig informativ ist, können die vorbereitenden Planungen notgedrungen eine nur sehr beschränkte fachliche Spezialisierung erreichen oder müssen sogar angesichts sich zwischenzeitlich verändernder Umweltgegebenheiten vollends umgeworfen werden. So sind eben die Planungen für eine Verringerung von Abteilungen und Referaten (und die daraus notwendig werdenden Umstellungen) mehr oder weniger fortlaufend an die aus dem Verhandlungsprozeß i m Landkreis bekanntwerdenden Obergrenzen oder Zahlen hin anzupassen. Wenn diese Vorbereitungen überhaupt eine gewisse Stabilität oder Kontinuität erreichen, dann noch am ehesten i n personeller Hinsicht. Aber auch i n dieser Hinsicht ist ja zu berücksichtigen, daß die Erörterungen (eher wahllos) auf unterschiedlichen Ebenen (Dezernenten- und Abteilungsleiterbesprechungen, informeller Arbeitskreis) und somit auf Zeit betrachtet auch bei einer unumgänglichen Personalfluktuation stattfinden. Bei einer Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Umstände kann man schließlich nur geneigt sein, i n diesem Fall von einer speziellen „Unter-Organisation" der Vorbereitungen zu sprechen. Der geringe Grad an funktioneller Ausdifferenzierung, den hier die Erörterungen erreichen, läßt schon einmal nicht vermuten, daß es hier zu einer spezialisierten, auch jeweils abschließend regelnden Vorbereitung kommt. So werden w i r noch sehen, daß man i n diesem Fall trotz häufiger Beschäftigung mit dem Reformvorhaben später die Zahl der Referate kürzt, ohne diese Kürzung auf der Basis einer stellenbezogenen Aufgabengliederung und -beschreibung vornehmen zu können. Darüber hinaus zeigt sich allerdings ebenfalls ein gewisser Grad an „Unter-Organisation", was nun die Einbettung der informationellen Vorbereitung i n das Gesamtsystem der Landkreisverwaltung anbetrifft. Für diesen Untersuchungsfall ist geradezu typisch, daß hier die „Öffnung" gegenüber dem Gesamtsystem gar nicht als Planungsproblem erkannt wird. Sofern es i n diesem Fall überhaupt zu einem Informationsaustausch kommt, entspricht dies naturgemäß keinem strategisch gewollten Vorgehen, sondern hat von der Führung und Büroleitung her den Charakter eines einzelfallorientierten und improvisierenden Vorgehens. Die Kommunikationsbeziehungen zwischen unteren und oberen Rängen werden daher zwar keinesfalls -— wie noch i n der Landkreisverwaltung Südliche 6*

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Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

Weinstraße — bewußt und systematisch geschlossen; zum anderen unternimmt hier die Führung allerdings ebenso wenig den Versuch, die Kommunikationsbeziehungen gezielt zum Zwecke der Informations- und Konsensbeschaffung zu öffnen. Wenn man i n diesem Fall überhaupt von einer „Öffnung" gegenüber dem Gesamtsystem sprechen kann, dann auch bestenfalls von einer „ungeregelten Öffnung". Als Folge eines solchen Vorgehens zeigt sich zunächst, daß die Betroffenen (etwa die Abteilungsleiter) sehr spät informiert werden, oder aber die Betroffenen selbst den Versuch machen müssen, sich zu informieren. Aufgrund der ansonsten gegebenen Offenheit und der bewußten Informalität der Beziehungen ist dies i n diesem Fall allerdings durchaus möglich. Zum anderen wäre es nun vollkommen voreilig zu vermuten, daß auch eine solche A r t der Öffnung wenn nicht schon vollständig, so doch i n zumindest beschränktem Umfang die gleichen positiven Wirkungen erzielen könnte wie eine geregelte Öffnung der Kommunikationsbeziehungen. Wie wenig eine solche Vermutung zutreffend wäre, kann sich schon daran zeigen, daß eine ungeregelte Öffnung bzw. eine zufällige und insoweit auch verzerrte Weitergabe von Informationen ja gerade i n besonderer Weise zu einer Bildung von Fehlbeurteilungen oder gar Vorurteilen beizutragen vermag. Wenn hier die Informationsweitergabe also eher zu zweckwidrigen Wirkungen führt, so ist nun des weiteren auch nicht schon damit zu rechnen, daß sich mit einer unsystematischen und insoweit auch ohne „Zielvorgaben" erfolgende Beteiligung möglicher Betroffener positive Wirkungen für die Änderungsbereitschaft erzielen ließen. Statt sich bereits gefügig zu zeigen gegenüber bestirnten Ansinnen der Geschäftsleitung, dürfte die partielle Öffnung der Kommunikationsbeziehungen vielmehr als Gelegenheit ergriffen werden, nun gewissermaßen i m Wege der Rückkopplung zunächst einmal eigene Interessen und Forderungen anzumelden. Ohne den Informationsaustausch also systematisch m i t der Planung der Organisationsänderung zu verbinden, setzt sich die Führung mit dieser Vorgehensweise bloß der Gefahr aus, daß ihre eigene Entscheidungsfähigkeit durch unverhoffte, also konzeptionell auch gar nicht zu berücksichtigende Forderungen überlastet wird. 3.2.3. Einrichtung

einer Projektgruppe

I m Vergleich gesehen stoßen w i r i n der dritten Landkreisverwaltung (Mayen-Koblenz) auf einige speziell ausgeprägte Rahmen- oder Randbedingungen. Da es hier zwischenzeitlich (1972—1975) noch nicht zu einer führungsmäßigen Integration der beiden Teil-Verwaltungen (keine Auflösung der Spiegelbild-Organisationen) gekommen ist, haben w i r

3.2. Organisation der Informationserfassung und -Verarbeitung

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es einerseits mit einem stärkeren objektiven Innovationsdruck, dementsprechend wohl auch mit einem höheren Informationsverarbeitungsund Regelungsbedarf zu tun. Zum anderen treffen w i r in diesem Fall auf eine Führungsspitze bzw. Geschäftsleitung, die aus Effektivitätsgesichtspunkten bereit ist, moderne Führungstechniken und somit auch einen empirisch-rationalen oder kooperativen Führungsstil anzuwenden. Unter diesen speziellen Bedingungen führt nun der hohe Innovationsdruck dazu, daß man in der Frage der Reorganisation einen Handlungsspielraum zu wahren versucht, dabei situativ bedeutsame Zielsetzungen einbringen möchte, insgesamt betrachtet, die Reorganisation als ein Problem der übergeordneten Leistungsverbesserung und somit der Informationsverarbeitung wahrnimmt. Unter diesen Bedingungen kommt es in der Phase der informationellen Vorbereitung zu einer speziellen Organisationsform in Gestalt einer hausinternen Projektgruppe. Diese Projektgruppe w i r d vom Landrat eingesetzt und mit der (auch i n Form eines Leistungsverzeichnisses präzisierten) Auftragstellung versehen, Vorschläge zu einer leistungswirksameren Aufbau- und Ablauforganisation (räumliche bzw. bauliche Aspekte ausgeschlossen) zu machen. Die Projektgruppe kann damit ihre eigenen Tätigkeiten schon einmal von einer klar definierten Zwecksetzung her steuern, ist also von Anfang an in der Lage, auch in sachr licher Hinsicht eine leistungsfördernde Spezialisierung zu erlangen. Die Projektgruppe erreicht darüber hinaus i n organisatorischer Hinsicht bzw. i n der Frage der eigenen Kompetenzen und Weisungsbefugnisse eine recht ausgeprägte Autonomie. So sind die Mitglieder, was i m übrigen nicht immer problemlos abläuft, selbst keinen Weisungen (ihrer absendenden Einheiten) unterworfen, haben aber zugleich die Möglichkeit, die Mitarbeit der Linieneinheiten etwa an der Informationssammlung und der Konzeptüberprüfung zu bewirken. Dieses Eigengewicht w i r d zudem durch die Berufung eines höherrangigen Bediensteten zum Projektgruppenleiter (ein Dezernent) verstärkt. Schließlich vermag hier auch die personelle Zusammensetzung der Projektgruppe zu einer funktionell sinnvollen Spezialisierung beizutragen. So werden die Mitarbeiter für ihre Projektgruppentätigkeit nicht nur zeitlich freigestellt, sondern diese Mitarbeiter sind auch i n einer Weise rekrutiert, daß sie schon aufgrund angestammter Positionen sowie ihrer bisherigen fachlichen Spezialisierung (sie kommen aus dem OrgR, dem Pref., der Z-Abt. sowie dem Innenministerium) zu zweckdienlichen Leistungen befähigt sind. Wie es sich an dieser Projektgruppe erkennen läßt, erreicht die informationelle Vorbereitung i n dieser Weise einen hohen Grad an struktureller Ausdifferenzierung (Kompetenzen). Das eigentlich Bemerkenswerte an dieser Ausdifferenzierung ist allerdings, daß sie zugleich nach

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Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

dem K r i t e r i u m einer sinnvollen funktionellen Differenzierung erfolgt. Die strukturelle Differenzierung folgt hier primär dem Zweck einer sachgerechten Informationsverarbeitung, weniger dem Zweck, mit dieser Differenzierung zugleich ein hohes Konfliktregelungspotential (etwa nach Amtshöhe) aufzubauen. Dieses vorrangige Interesse an einer sachgerechten Informationsverarbeitung zeigt sich sodann auch i n der Beauftragung einer Beratungsfirma (Prognos) m i t einer eingehenden Untersuchung der Landkreisverwaltung. Schließlich kann die Kapazität zur Informationsverarbeitung noch einmal insoweit gesteigert werden, als n u n die Projektgruppenarbeit i m Wege einer systematischen bzw. gezielten Öffnung der Kommunikationsbeziehungen i n das Gesamtsystem der Landkreisverwaltung eingebettet wird. Die gezielte Öffnung der Kommunikationskanäle zeigt sich dabei i n verschiedener Hinsicht. So werden schon einmal die niedrigrangigen Mitglieder als Informationslieferanten an ersten Teiluntersuchungen der Beratungsfirma (Schwachstellenanalyse, Stellenbeschreibung etc.) beteiligt. I n diesen Fällen werden die Mitarbeiter (eben i n der Phase der informationellen Vorbereitung) bereits m i t dem Zweck der Untersuchungen und des Besuchs der Beratungsfirma vertraut gemacht (Begleitung durch Projektgruppenmitglieder, teilweise auch Broschüren). Darüber hinaus werden dann nach Vorliegen des Untersuchungsgutachtens die einzelnen Abteilungen um eine schriftliche Stellungnahme zu den geplanten Veränderungen gebeten. Was nun die K r i t i k der Abteilungsleiter, die selbst auf umfangreiche Erörterungen m i t den eigenen Mitarbeitern basiert, betrifft, so geht es dabei um echte Fehlerbeseitigung (so etwa i m Fall der Zentralisierung des Bußgeldwesens, der nicht statthaften Delegation des Zeichnungsrechts i m Ausgleichsamt etc.). Eine weitere Öffnung der Kommunikationskanäle zeigt sich schließlich insofern, als i m Wege der Vorbereitungen die Projektgruppe durch die Aufnahme verschiedener Abteilungsleiter (Linieneinheiten) personell erweitert wird. Wie es sich an diesen verschiedenen organisatorischen Merkmalen zeigt, gelingt es i n diesem Fall offensichtlich, bei der informationellen Vorbereitung ein günstiges Verhältnis von funktioneller Ausdifferenzierung und Integration i n das Gesamtsystem zu erreichen. Daher sind i n diesem Fall auch nicht nur Leistungsvorteile bei der Informationsverarbeitung zu erwarten; die geregelte Abstimmimg der Vorbereitung mit dem Gros der Betroffenen läßt zudem erwarten, daß sich bereits hier positive Wirkungen für die Änderungsbereitschaft einstellen.

3.2. Organisation der Informationserfassung und -Verarbeitung

3.2.4. Die Organisationsformen

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im Vergleich

Bei einem Vergleich der Organisationsformen fällt sofort auf, daß es i n den drei Fällen i n einem unterschiedlichen Ausmaß zu einer organisatorisch abgehobenen als auch fachlich spezialisierten Behandlung der informationellen Vorbereitung kommt. Wie nicht anders zu erwarten, w i r d die jeweilige Organisationsform — bei gleichzeitiger Berücksichtigung der verschiedenen Randbedingungen — auch über die erreichbare Leistungsfähigkeit der informationellen Vorbereitung entscheiden. I m Gegensatz zu den L K V Südliche Weinstraße und Mayen-Koblenz kann für den Fall der L K V Mainz-Bingen nur mit größten Vorbehalten von einer speziellen Organisationsform gesprochen werden. Da es hier i n der Anfangsphase keine hinreichend informative Zielsetzung gibt, fehlt es hier allerdings schon an einer zumindest nicht unerheblichen Voraussetzung, um die Vorbereitung überhaupt spezialisiert voranzutreiben (womit allerdings nicht schon die Möglichkeiten zu einer „Problemdefinition und -findung" abgestritten werden sollen). So müssen auch die vorbereitenden Aktivitäten zwischenzeitlich quasi notgedrungen richtungslos werden, muß der Prozeß als solcher auch an Autonomie gegenüber Umweltereignissen (speziell Landkreistag) verlieren und gibt es schließlich auch keine hinreichend präzisen Leistungs- und Qualitätskriterien. Letztlich kann sich in Mainz-Bingen auch immer nur m i t der Aufmerksamkeit der geplanten Organisationsänderung zugewandt werden, die der Führung neben dem ansonsten schon belastend wirkenden Tagesgeschäft verbleibt. Diese spezielle Form der „Unterorganisiertheit" kann dann in der Phase der Vorbereitung auch nicht dazu führen, daß man sich überhaupt „spezialisiert" und zudem auch abschließend mit bestirnten Themen der Änderung beschäftigt. I n Landau als auch Mayen-Koblenz erreicht man hingegen bei den Vorbereitungen ein klar erkennbares Ausmaß an organisatorischer oder struktureller Ausdifferenzierung. Dieser Unterschied führt dann auch dazu, daß die Vorbereitungen eben nicht improvisierend, stückwerkhaft und mit „Ende-Offen-Regelungen" betrieben werden. Dabei stoßen w i r allerdings unter diesen Landkreisverwaltungen auf ebenso klar erkennbare Unterschiede. So erfolgt eben in der L K V Südliche Weinstraße die organisatorische Ausdifferenzierung nach dem Gesichtspunkt der Amtshöhe bzw. der hierarchischen Gliederung (Büroleitung, Dezernenten, Landrat), während eben i n Mayen-Koblenz zumindest gleichermaßen neben der Ranghöhe auch der Sachverstand zum K r i t e r i u m der Ausdifferenzierung gemacht wird. Die i n der L K V Südliche Weinstraße gewählte Organisationsform eignet sich daher vorrangig für eine Konfliktregelung nach dem Prinzip der Amtshöhe, also primär für die Durchsetzung von Organisationsänderungen; i m anderen Fall ist hin-

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3. Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

gegen zusätzlich die Möglichkeit zu einer fachlichen Spezialisierung gegeben. Die beiden Landkreisverwaltungen unterscheiden sich freilich auch noch unter einem anderen Aspekt. So stoßen w i r i n Mayen-Koblenz ja nicht nur auf eine Form der organisatorischen Ausdifferenzierung, die eine hinreichende Berücksichtigung des verfügbaren Sachverstandes zuläßt; wie w i r gesehen haben, erweist sich diese Organisationsform (Projektgruppe) ja zugleich so elastisch und durchlässig für äußere Einflüsse, daß die gleichzeitige Integration der fachlich spezialisierten Vorbereitung ins Gesamtsystem zu keiner Zeit gefährdet erscheint. M i t einer gezielten Öffnung der Systemgrenzen für das Wissen, aber auch für die K r i t i k und Proteste der Betroffenen sichert man sich allerdings nicht nur die notwendigen Informationen für eine zutreffende Wirklichkeitserfassung, sondern vermag man auch hier bereits i m Prozeß der Vorbereitungen ein gewisses Durchsetzungspotential zu entwickeln. Da man hier allerdings methodisch betrachtet statt einer „Schließung" eine gezielte „Öffnung" der Kommunikationsbeziehungen vornimmt, w i r d in diesem Fall das erreichbare Durchsetzungspotential — anders als i n der L K V Südliche Weinstraße — auch auf der Mobilisierung von Konsens bzw. Zustimmung basieren.

3.3. Ergebnisse der Informationsverarbeitung Nachdem w i r uns m i t den strukturell (also überdauernd) gegebenen Möglichkeiten zur Informationsverarbeitung und den i m Prozeß selbst angewandten Organisationsformen der Informationsverarbeitung beschäftigt haben, wollen w i r uns nunmehr den unter diesen Bedingungen jeweils i n Gang gesetzten Aktivitäten und Ergebnissen der Informationsverarbeitung selbst zuwenden. Dabei geht es naturgemäß nicht nur u m eine bloße Beschreibung der Aktivitäten, sondern speziell auch um die Frage, inwieweit sich mit ihnen möglichst positive Wirkungen für die Durchführbarkeit der Organisationsänderung erzielen lassen. Daher wollen w i r auch zum einen ermitteln, i n welchem Maße Voraussetzungen dafür getroffen worden sind, u m den Prozeß der Organisationsänderung nunmehr mit Hilfe bestimmter Planungen zielbezogen und somit auch m i t Hilfe bewußt ausgewählter Maßnahmen steuern zu können. Zum anderen geht es hier allerdings ebenfalls u m die bereits durchführungsorientierten Maßnahmen oder Wirkungen und somit u m die Frage der Akzeptanzbildung. Hierbei w i r d auch speziell die Frage interessieren, inwieweit von den vorbereitenden Aktivitäten (und ihrer Organisationsform) bereits positive Wirkungen auf die Änderungsbereitschaft der Betroffenen ausgehen.

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der Informationsverarbeitung

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M i t der Feststellung und Analyse entsprechender Wirkungen können w i r auch schon zu einem Gutteil die Effektivität der informationellen Vorbereitungen bestimmen. So gehen w i r ja nicht beliebigen Wirkungen nach, sondern stellen speziell auf Beiträge zur Hegelungsfähigkeit und Akzeptanzbildung ab, also auf Beiträge, denen für die Durchführbarkeit von Organisationsänderungen ein durchaus kritischer Stellenwert zukommt. Dabei w i r d allerdings die Effektivitätsüberprüfung schon insoweit recht allgemein bleiben, als w i r sie nur i m Wege eines Vergleichs der einzelnen Fälle vornehmen werden. Bei diesem Vorgehen w i r d es also nicht schon gelingen, die Effektivität bzw. Zweckeignung von Strategien i m Sinne ihrer „fallspezifischen" Angemessenheit zu bestimmen. M i t unserer Vorgehensweise können w i r also nicht hinreichend berücksichtigen, daß eben die zu erzielenden Wirkungen — etwa wegen unterschiedlich ausgeprägter Initiierungsbedingungen oder einer unterschiedlichen Reichweite der jeweiligen Änderungen — nicht immer gleich zu sein brauchen. Zudem muß i m folgenden die Wirksamkeit spezieller Strategien noch anhand recht einfacher Maßstäbe oder Unterscheidungen bestimmt werden. So wollen w i r die Beiträge zur Regelungsfähigkeit bereits anhand der erreichten Planungskomplexität, letztlich also an der Vielfalt und Vielzahl erstellter Pläne bestimmen. Hier steht also das formal faßbare Ergebnis, nicht jedoch die inhaltliche Treffsicherheit der Planungen selbst i m Vordergrund. Und i m Zusammenhang mit der Akzeptanzbildung w i r d zunächst auch nur sehr allgemein auf die einstellungsbildende und motivationale Wirkung bisher angewandter Vorgehensweisen abgestellt. Es muß hier also offenbleiben, wie die Wirksamkeit i m Wechselspiel zu unterschiedlich ausgeprägten persönlichen Bedingungen der Änderungsbereitschaft ausfällt. 3.3.1. Beiträge zur Regelungsfähigkeit 3.3.1.1. Geringe Planungskomplexität I m Vergleich gesehen ist Landau relativ günstig mit bestimmten Informationsreserven (Organisationsmittel, personengebundenes Reorganisationswissen, Erfahrung) ausgestattet. Dabei ist aber die Phase der Vorbereitung durch eine übermäßig starke Zentralisierung gekennzeichnet, zum anderen durch eine bewußte Schließung von Kommunikationskanälen. Diese A r t der organisatorischen Gestaltung der Vorbereitungsphase läßt es einmal nicht zu, daß das i m Organisationsreferat durch Erfahrung sowie arbeitsteilige Spezialisierung angehäufte Wissen voll i n den Informationsverarbeitungsprozeß eingebracht wird. Zudem ist auch aufgrund einer gewollten Geheimhaltung kein geregelter Informa-

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Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

tionsaustausch mit den einzelnen Organisationseinheiten (bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Änderungskonzept fertig ist) möglich. Insgesamt gesehen werden durch diese Organisationsform, die einer Subsystembildung nach hierarchischen Kriterien gleichkommt, weder die gegebenen Möglichkeiten v o l l genutzt, noch werden weitere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung neu erschlossen. Faktisch erreicht dann auch i n dieser Landkreisverwaltung die vorbereitende Planung ein nur relativ geringes Komplexitätsniveau. Die A r t der Organisationsform (speziell die bewußte Schließung der Kommunikationskanäle) verhindert es zunächst einmal, daß die geplanten Änderungen überhaupt von einer erneuten und somit richtigen Erfassung der sozialen Wirklichkeit auszugehen vermögen. Für die A u f gabenneugliederung w i r d also nicht eigens der Ist-Zustand aktuell erhoben, sondern die Aufgabengliederung erfolgt auf der Basis einer älteren, später selbst für unzulänglich erachteten Stellenbeschreibung. Die eigentliche Informationsverarbeitungsaktivität (die nach Festlegung der Rahmenkonzeption durch Landrat und Dezernenten beim Organisationsreferat liegt) besteht lediglich i n der Feststellung von IsWSoll-/ Diskrepanzen zwischen Musterplan und offiziell überbrachter Gliederung sowie ihrer Anpassung i n Form einer Fortschreibung des Geschäftsverteilungsplans. Die Vorbereitungen beziehen sich hier also bestenfalls auf die Entwicklung eines neuen Soll-Modells, nicht jedoch auf ein Maßnahmenprogramm, geschweige denn auf die Entwicklung eines begleitenden Sozialplans i m positiven Sinn. Von der Planung werden daher auch wesentliche Voraussetzungen eines Vollzugs dieses Soll-Modells (im technischen und sozialen Sinn) einfach „übersehen". So vermag man sich hier vorab etwa kein richtiges B i l d davon zu machen, wie nachteilig sich eine durch die Aufgabenneugliederung bedingte örtliche Trennung von Untereinheiten auf eine geregelte Führung der Gesamteinheit auswirken würde. Da es hier an einer richtigen Vollzugs» oder Maßnahmenplanung fehlt, müssen die betroffenen Untereinheiten i m späteren Verlauf der Änderung auch selbst dafür sorgen, daß sie die nunmehr angemessenen Kommunikationsmittel (Installation eines Telefons!) bekommen. Was nun die sozialen Probleme der Durchführbarkeit der Änderung anbetrifft, so werden entsprechende Probleme zwar für möglich erachtet und ihre Handhabung auch i n bewußter Weise zum Gegenstand der Einführungsplanung gemacht. Dabei reicht allerdings das Informationsverarbeitungspotential i n diesem Fall nicht aus (Zentralisierung und Schließung der Kommunikationskanäle), um bei der Bestimmung i r gendwelcher Maßnahmen von einer tatsächlichen Analyse dieser Probleme ausgehen zu können. So w i r d eben ohne weitere Analyse nur dezidiert davon ausgegangen bzw. vorgegeben, daß die Organisations-

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änderung als Überrumpelungsaktion bzw. gemäß der Strategie des Bombenwurfs 8 durchzuführen ist. Die Wahl gerade dieser Strategie kann sich also bestenfalls auf Vermutungen stützen, die i m Führungsbereich über die bei Organisationsänderungen auftretenden Akzeptanz- und Motivationsprobleme gehegt werden. Bei dieser „Planung" muß also von vornherein zweifelhaft bleiben, ob die richtigen Maßnahmen ergriffen werden; oder es muß sogar befürchtet werden, daß durch die Wahl der Maßnahmen zu einer Problemverschärfung beigetragen wird. A u f jeden Fall ist es i m Rahmen dieser Vorbereitung nicht möglich gewesen, planerisch die sich i m Zeichen der Neubildung von Arbeitseinheiten entwickelnden „Unterstellungs- und Loyalitätskonflikte" oder allgemeiner: die bei Änderung der Aufbau- und Ablauforganisation stets zu gegenwärtigenden Probleme sozialer Desintegration i n den Griff zu bekommen. Da es i n diesem Fall keine situationsspezifische Maßnahmen- und Sozialplanung gibt, sind die Beiträge zur Regelungsfähigkeit auch nur als gering einzustufen. Bei der Durchführung der Änderung muß man also wieder auf herkömmliche M i t t e l zur Steuerung solcher Prozesse zurückgreifen. Die geringe Zweckeignung dieses Vorgehens für eine erfolgreiche Durchführung von Änderungen läßt sich sodann i n empirischer Hinsicht an den Planungslücken oder den sich daraus ergebenden prozeßbedingten Implementationsschwierigkeiten deutlich machen. Fragt man hier i n einem kausalen Sinn nach den ausschlaggebenden U r sachen, so muß allerdings wiederum festgestellt werden, daß diese an sich unzureichenden Ergebnisse nicht nur i m Zusammenhang mit einer ebensowenig angemessenen Organisationsform der Informationsverarbeitung zu sehen sind. Denn i n Landau könnte auch schon deswegen auf eine nähere Analyse der sozialen Bedingungen einer Organisationsänderung verzichtet werden, w e i l man etwaige soziale und insbesondere Motivationsprobleme aufgrund des eigenen Führungsstils für nicht berücksichtigungswert hält. 3.2.1.2. Unstrukturierte Planungskomplexität I n Mainz/Bingen kommt es zu keiner speziellen organisatorischen Reaktion auf das Problem der Organisationsänderung. Die fehlende spezielle Organisationsform trägt i n diesem Fall sicherlich dazu bei, daß die Vorbereitung keine hinreichend spezialisierte Fassung erfährt. Zudem findet hier der gesamte Prozeß der Organisationsänderung nicht gerade die Autonomie gegenüber Umweltereignissen (Entwicklungen i m Landkreistag, Ausscheiden des Landrats), um diesen Prozeß überhaupt 8 Zu dieser Strategie ausführlich Werner Kirsch / Werner-Michael Eduard Gabele, Reorganisation, München 1978, S. 247.

Esser !

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absichtsvoll gestalten zu können. Die Vorbereitung entspricht i n dieser Hinsicht einer Kette von Improvisationen und ad hoc-Entscheidungen. Neben der geringen Spezialisierung, die sich infolge einer unzureichenden funktionellen und strukturellen Ausdifferenzierung einstellt, gibt es zudem keine zumindest systematische Integration der Vorbereitungen i n das Gesamtsystem, also keine gezielte Öffnung der Kommunikationskanäle. Infolge der insgesamt geringen strukturellen Stabilität der Vorbereitungen muß es schon einmal zweifelhaft erscheinen, ob das — wenn überhaupt, dann beim Büroleiter und über Rückkoppelungen vom Landkreistag verfügbare — Reorganisationswissen genutzt werden kann. Zumindest läßt sich umgekehrt behaupten, daß das (eben i n Grenzen verfügbare) Reorganisationswissen nicht unbedingt i n optimaler Weise i n den Planungen zum Tragen kommt. Das geringe faktische A k tivitätsniveau zeigt sich schon einmal insoweit, als es hier trotz des erheblichen Zeitverlaufs zwischen Beginn der Vorbereitungen und Durchführung einer Reorganisation nicht gelingt, den selbst für eine Anpassungsentscheidung notwendigen Ist-Zustand der Aufgabenverteilung systematisch zu erheben. Die Zeit der Vorbereitung kann — obwohl verschiedene, eben aber nicht durchgehaltene Versuche zu verzeichnen sind — nicht dazu genutzt werden, die hier nur unzureichend vorliegenden Organisationsmittel (insbesondere Aufgaben- und Stellenbeschreibungen) zu verbessern. Da es hier an einer systematischen Erhebung des Ist-Zustandes der Aufgabenverteilung fehlt, kann es sich bei den verschiedentlich erwogenen Modellen (April und Mai 1975) quasi zwangsweise nur um Streichungen von Referaten handeln. Es geht also weitestgehend nur um Veränderungen am Organisationsplan, nicht jedoch um eine Neugliederung und Wanderung von Aufgaben nach inhaltlichen Kriterien. Der Ist-Zustand der Aufgabenverteilung w i r d dann auch erst aufgenommen, als sich mit Veröffentlichung des Musterplans zeigt, daß zumindest i n Einzelfällen nun auch die A r t der Aufgabenbündelung bei einzelnen Organisationseinheiten (Referaten) verändert werden muß. Bezeichnenderweise bleibt dabei allerdings nur noch die Zeit, die Ist-Aufnahme nun selbst anhand des nach „unten" durchgereichten Musterplans (Ermittlung von Fehlbeständen bzw. Überschüssen) vorzunehmen. Diese A r t des planerischen Vorgehens ist aber wiederum nicht nur auf die Organisationsform der Vorbereitungen zurückzuführen, sondern i n einem grundlegenden Sinn auf die nur beschränkten Möglichkeiten, den Prozeß der Vorbereitungen überhaupt autonom gestalten bzw. sinnvoll staffeln zu können. Wie schon das Aktivitätsniveau, so ist auch die erreichte Planungskomplexität als relativ gering — oder besser ausgedrückt — als un-

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strukturiert zu bezeichnen. Faktisch handelt es sich auch eher um stark stückwerkhafte Planungsergebnisse, also um Teilstücke, die untereinander nur recht unzureichend verbunden sind. So gelingt es ja i n diesem Fall schon einmal nicht, den zeitlichen Ablauf der Änderung selbst zum Gegenstand einer Planung zu machen. Sodann gibt es zwar einige Änderungsmodelle, denen entsprechend die Aufbauorganisation geändert wird, die sich jedoch i m Blick auf die Erfassung der faktischen A u f gabenverteilung bis zur nach der Veröffentlichung des Musterplans stattfindenden Bestandsaufnahme als unvollständig erweisen. Diese geringe oder unstrukturierte Komplexität der Planungen verringert dann zwangsläufig die Möglichkeiten, die Durchführung der Organisationsänderung zielorientiert zu steuern. Wie sehr eben bestimmte Planungsmängel auf die erreichbare Regelungsfähigkeit durchschlagen, kann dabei bereits i n dem Umstand gesehen werden, daß man später bei der Umstellung bestimmte Sachgebiete bzw. Referate, die eigentlich dem Unterstellungsverhältnis nach wechseln sollten, übersieht. Entsprechende Veränderungen werden dann auch erst später nach Intervention der Betroffenen (etwa das Sachgebiet Bundesjugendspiele) vollzogen. Zum anderen zeigt die Planung auch i n sozialer Hinsicht eine nur geringe (oder wieder unstrukturierte) Komplexität. So ist es zwar unter der Bedingung eines patriarchalischen Führungsstils noch durchaus erwartungsgemäß, daß man sich auch Gedanken um die mit einer Organisationsänderung verbundenen sozialen Probleme macht. Die Problematik gegebenenfalls prekärer sozialer Folgewirkungen w i r d daher auch durchaus wahrgenommen, wenngleich es dann auch in dieser Hinsicht wieder nicht gelingt, dieses Problem durch gezielte Analysen und Maßnahmen planerisch i n den Griff zu bekommen. Wenn man hier auch davon ausgeht, das bei Stellenstreichungen immer zu gegenwärtigende Problem möglicher Status- und Funktionsverluste gelegentlich durch Nichtwiederbesetzung frei werdender Stellen mindern zu können, so gibt es i n dieser Hinsicht dennoch keine umfassenden vorbeugenden Maßnahmen. Später zeigt sich dann auch, daß sich die hier gehegte Hoffnung, solche Probleme werden sich i m Wege einer natürlichen Personalfluktuation (speziell zu den Landesministerien) lösen, nicht i m erwarteten Umfang erfüllt. Da hier allerdings nicht wie in Landau von vornherein daran gedacht wird, den sozialen Problemen eine Organisationsänderung m i t einer Überrumpelungsstrategie zu begegnen, gibt es i n Mainz/Bingen — i m übrigen entsprechend dem grundlegenden Führungsstil — immer noch die Möglichkeit, auf nicht-antizipierte Probleme sozialer A r t m i t ad hoc-Entscheidungen zu reagieren. I n Mainz/Bingen verliert man also durch einen Planungsverzicht nicht sogleich vollständig die Chance, doch noch — zumindest i m gewissen Umfang — zweckdienliche Maß-

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Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

nahmen zu ergreifen. Dabei kann es dann allerdings weider zu einem Problem werden, ob denn zum Zeitpunkt des Auftretens entsprechender Durchführungsschwierigkeiten die sachlich zutreffenden Maßnahmen überhaupt noch verfügbar sind. Die unzureichende Planung der Durchführung mindert dann zumindest die Chance, aus dem Prozeßablauf heraus diesen Prozeß selbst noch zielorientiert steuern zu können. I i i dieser Hinsicht zeigt sich dann auch, wie die Regelungsfähigkeit durch unzureichende Planungen beeinträchtigt wird. 3.3.1.3. Hohe Planungskomplexität Wie w i r bereits sahen, unterscheidet sich die Organisationsweise der informationellen Vorbereitung i n Mayen/Koblenz i n auffälliger Weise von denen i n Mainz/Bingen und Landau. So stoßen w i r i n Koblenz einerseits — und zwar bedingt durch die gewählte Form der strukturellen und funktionellen Ausdifferenzierung (Projektgruppe und Beratungsfirma) — auf eine ausgesprochen starke Spezialisierung bei der Beschäftigung mit der Organisationsänderung. Andererseits gelingt es hier — bedingt durch eine gezielte Öffnung der Kommunikationskanäle —, ein hohes Maß an Integration m i t dem Gesamtsystem zu bewahren. Die durch Spezifikation und Integration erwartbaren Leistungsgewinne schlagen sich dann auch i n einer hohen Planungskomplexität nieder. Der hohe Grad der Aktivierung zeigt sich schon einmal insoweit, als hier (teilweise auch bedingt durch das andersgeartete Änderungsziel) die Organisationsänderung auf der Basis einer recht umfassenden Untersuchung bzw. Feststellung des Ist-Zustandes geplant und vollzogen werden kann. Die Informationsverarbeitung kann daher nicht nur auf der Basis der bereits verfügbaren Organisationsmittel stattfinden, sondern ebenso auf der Basis einiger speziell für diese Organisationsänderung erhobener Daten (Gutachten etc.). I m Gegensatz zu den beiden anderen Fällen geht es hier auch nicht nur u m die Entwicklung eines A n passungsmodells. Da hier eine Organisationsform der Aufgabengliederung gefunden werden soll, die sich speziell für die situativen Bedingungen der Aufgabenerledigung als optimal erweist, werden hier i m Zuge der Informationsverarbeitung auch alternative Organisationsmodelle entwickelt sowie bewertet. Bei den Organisationsmodellen geht es dann naturgemäß auch nicht mehr um die Aufgabengliederung i m engeren Sinn, sondern um einen insgesamt neuen Zuschnitt der Aufbauund Ablauforganisation, nicht zuletzt auch um bestimmte Veränderungen i m Führungsbereich 9 . I m Gegensatz zu den anderen Fällen — aber 9 Richtungsweisend ist dafür das von der Beratungsfirma Prognos e n t w i k kelte Organisationsmodell, das später auch der breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde; vgl. hierzu Bernd Koberg / Wühelmine Stürmer,

3..

gen

der Informationsverarbeitung

95

entsprechend den eigenen Zielsetzungen durchaus erwartbar — kommt es hier dann auch zu einer Informationsverarbeitung i m engeren Sinn (Suchen, Alternativenbildung, Bewertung). Dabei zeigen die Planungen ein auffallend hohes Maß an Komplexität sowohl unter sachlichen als auch sozialen Aspekten. Die Organisationsänderung vermag sich zunächst einmal an einem i m Prinzip vollständig durchgearbeiteten Soll-Modell der neuen Organisation zu orientieren. Als Organisationsmittel dienen hier Verwaltungsgliederungsplan, Geschäftsverteilungsplan, Stellenbeschreibungen und Funktionsgliederungspläne. Neben diesem Soll-Modell gibt es dann eine ausgesprochene Maßnahmenplanung, die dem praktischen Vollzug des Modells dienen soll. Dieser Teil der Planungen umfaßt zeitliche Gliederungen, Versetzungspläne sowie Regelungen zu gegebenenfalls notwendig werdenden Einarbeitungen und zu Raumproblemen. Zur Durchführungsplanung i m technisch-sachlichen Sinn ist schließlich ebenso zu zählen, daß schon von der Planung der Änderung her eine zeitlich auf die Durchführung folgende Nachanalyse bzw. Evaluation vorgesehen wird. Die Änderung bekommt damit auf Planungsebene einen quasi experimentellen bzw. rollierenden Charakter, so daß sie von der Konzeption her nach vornehin offen ist für praktische Erfahrungen und somit für weitere gegebenenfalls notwendig erscheinende Änderungen. Die Planung erstreckt sich also nicht nur auf die Entwicklung eines Soll-Modells und einer Maßnahmenplanung, sondern gibt mit der Evaluation zugleich die Möglichkeit ihrer eigenen Änderbarkeit vor. Bei dieser Planung ist von Anfang an auch die soziale Problematik ihrer eigenen Durchführbarkeit bedacht worden. So kann ja die Phase der Informationsverarbeitung — und zwar infolge einer gezielten Öffnung der Kommunikationskanäle — selbst schon strategisch für die Durchsetzung verwandt werden. Zudem w i r d hier frühzeitig und umfassend ein Programm der Nichtwiederbesetzung freiwerdender Stellen erwogen. Und schließlich lassen es die sachlich-materiellen Planungen — wie an ihrem rollierenden Charakter und der Unterscheidung von Rahmenplanung und Detailkonzeption ersichtlich — von Anfang an zu, bei der Durchführung der Planung die Partizipation der Betroffenen zu gewährleisten. Da das Dienstrecht bekanntlich nur sehr wenig Möglichkeiten zu einer positiven Motivierung eröffnet, glaubt man i n der Partizipation ein entsprechendes Mittel gefunden zu haben. Insgesamt betrachtet erreichen hier die Planungen auch die vergleichbar höchste Regelungsdichte, was auch die Geschäftsleitung dieser Landkreisverwaltung später am besten i n die Lage versetzen wird, die Durchführung dieser Organisationsänderung zielorientiert zu steuern. Organisation einer Kreisverwaltung, i n : Management i n der öffentlichen V e r waltung, hrsg. von Manfred Timmermann.

96

3. Informationelle Vorbereitung der

3.3.2. Beiträge zur

rganisationsnderung

Akzeptanzbildung

3.3.2.1. Produktion von Abhängigkeit I n Landau haben w i r den Fall, daß die sozialen Probleme der Durchführbarkeit von Änderungen bzw. das Akzeptanzproblem zwar erkannt werden. Die Wahrnehmung solcher Probleme führt allerdings i n Landau (und bezeichnenderweise unter der Bedingung eines bürokratischautoritären Führungsstils) dazu, solche Durchführungsprobleme gegebenenfalls mit dem M i t t e l der Negativ-Motivation zu begegnen 10 . Da von der Planung her bestenfalls vorgesehen ist, die Organisationsänderung als Überrumpelungsaktion durchzuführen, w i r d dann auch i n der Phase der Informationsverarbeitung zu einer strengen Geheimhaltung über Absicht, Termin und Reichweite der Änderrung geschritten. I n organisatorischer Hinsicht entspricht diesem Vorgehen die mehr oder weniger vollständige Schließung der Kommunikationskanäle bzw. die vollständig fehlende Integration der Vorbereitungen i n das Gesamtsystem. Faktisch werden also — eine Ausnahme bildet hier eine kurze M i t teilung am schwarzen Brett i m Sommer 1976 — bis zum Zeitpunkt der Änderung selbst keine Information über die Änderung verbreitet. Auch schon aus diesem Grund besteht hier also keine Gelegenheit für die geplante Änderung positiv zu werben, wenngleich eine solche, an den Zielen der Änderung selbst anknüpfende Werbung wiederum aufgrund der Eigenart des Änderungsmodells (Anpassungsmodell) nur bedingt möglich ist. Die organisatorische Gestaltung der Informationsverarbeitungsphase zielt dann unter diesem Aspekt lediglich darauf ab, durch einen mehr oder weniger vollständigen Entzug von Informationen, eine bedachte Einstellungsbildung zu verhindern und die Betroffenen durch strategisch angelegte Ungewißheit handlungsmäßig i n Abhängigkeit gegenüber der Führung zu bringen 1 1 . Anders gesagt soll hier durch Übung sozialer Distanz ein hinreichendes Autoritätspotential für die Phase der Durchsetzung selbst bewahrt werden. Bei einem solchen Vorgehen w i r d mit Sicherheit erreicht, daß das Konfliktniveau (und somit die Forderung gegebenenfalls konträr ausfallende Informationen faktischer und wertender A r t verarbeiten zu müssen) i n der Phase der Vorbereitung sehr niedrig bleibt. Ob es sich auch aufs Ganze gesehen u m eine voraussichtlich richtige Vorgehens10 Die für unsere Argumentation impliziten motivationstheoretischen A n nahmen werden hier i n den weiteren K a p i t e l n (insbesondere i m 5. Kapitel) näher ausgeführt. 11 Z u ener solchen Strategie, durch Informationsentzug Macht auszuüben, vgl. D. J. Hickson et al., A Strategie Contingencies Theory of Interorganizational Power, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 16, 1971, S. 216—229.

3..

gen

der Informationsverarbeitung

weise handeln kann, muß freilich i m Zusammenhang der vorfindlichen Änderungsbereitschaft abgeschätzt werden. Dabei ist es aber für Landau weitaus typischer als für Mainz/Bingen und Mayen/Koblenz, daß auf Seiten der voraussichtlich Betroffenen, speziell den Abteilungsleitern, überhaupt kein Problembewußtsein i n der Sache vorliegt, sie sich also von der Lösung eines für sie subjektiv unbedeutsamen Problems letztlich auch keinen „Nutzen" erhoffen können. I n dieser Situation, i n der ja auf eine Akzeptanzbildung i m positiven Sinn verzichtet wird, ist daher zunächst einmal zu erwarten, daß es zum Zeitpunkt der Änderung selbst zu einer momentanen Orientierungslosigkeit kommen wird, sich darüber hinaus allerdings nunmehr schwer bzw. gar nicht kontrollierbare Reaktionen einstellen werden. Die nur mangelhaft ausgeprägte Änderungsbereitschaft — zum Ausgangspunkt der Änderung — könnte sodann dafür sprechen, daß es zu spontanen Protesten kommt. Die hier eingeschlagene Strategie vermag daher das Konfliktnievau zunächst noch sehr niedrig zu halten, dürfte allerdings i m weiteren Verlauf dann selbst zu einer Verschärfung des Akzeptanzproblems beitragen, wobei nun dieses Strategie — und zwar aufgrund ungenügender Komplexität der Planungen — keine Maßnahmen bereitstellt, m i t denen sich diese Schwierigkeiten nun auch ausräumen ließen. 3.3.2.2. Produktion von Unsicherheit Der relativ unstrukturierte, i m Ablauf sehr stark von außen beeinflußte Prozeß der Vorbereitung schränkt es i n Mainz/Bingen von vornherein ein, diesen Teil des Änderungsprozesses gezielt als M i t t e l der Implementation einzusetzen. So bleibt hier ja auch über lange Strecken hinweg das eigentliche Ziel sowie die Reichweite der Änderungen (zwangsweise!) i m Dunkeln. Hier gibt es also von vornherein nur geringe Möglichkeiten, etwa von der A r t der Problemlösungskraft der Änderung her positiv auf die Änderungsbereitschaft bzw. die Akzeptanz einzuwirken. Darüber hinaus verhindert es allerdings auch die Organisationsweise selbst, diese Phase der Vorbereitung zum Zwecke der Akzeptanzbildung einzusetzen. Die starke Konzentration der Geschäfte beim Landrat sowie die eher spontanen Zusammenkünfte i n dem erwähnten Gesprächskreis verhindern es ja schon unter organisatorischen Gesichtspunkten, daß man überhaupt zu einem geregelten Kontakt mit den voraussichtlich Betroffenen der Änderung kommen kann. Schließlich gibt es für diese Phase auch keine expliziten Planungen der Führung. Die Folgen für die Änderungsbereitschaft stellen sich i n diesem Fall daher auch gewissermaßen ungeplant, gegebenenfalls auch unbewußt oder gar ungewollt ein.

7 Speyer 86

9 8 3 .

Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

Dabei ist allerdings i n Mainz/Bingen anders als i n Landau davon auszugehen, daß auf Seiten der potentiell Betroffenen i n der Tat i m Zusammenhang mit der Aufgabengliederung ein zumindest verhaltenes Interesse an einer Änderung vorliegt. So w i r d hier schon selbst die unzureichende Größe einzelner Organisationseinheiten wahrgenommen, wie man sich i m übrigen diesem Problem auch persönlich gegenübergestellt sieht. I n den Referaten und Abteilungen werden i n diesem Zusammenhang wiederholt die schlecht funktionierenden Vertretungsregelungen kritisiert. Wenn auch somit bei Referenten oder Abteilungsleitern eine gewisse Einsicht i n bestimmte Änderungsnotwendigkeiten vorliegt, so w i r d doch von offizieller Seite nichts unternommen, um diese Bereitschaften nutzbringend für die Durchführung der Änderung aufzunehmen. So w i r d hier ja noch nicht einmal der Versuch gemacht, gezielt bzw. umfassend über die voraussichtlich notwendig werdenden Änderungen zu informieren. Da die Informationen zwangsläufig bruchstückhaft bzw. unvollständig bleiben müssen, besteht dann i n dieser Phase auch die Gefahr, daß die anfänglich gegebene Änderungsbereitschaft i n Verunsicherung und sodann i n Widerstand umschlägt. Unter der Bedingung einer nur unzureichenden Information über die erwartbaren Folgen einer Änderung ist also zunächst damit zu rechnen, daß die anfängliche Bereitschaft einer persönlich empfundenen Zukunftsbedrohung (Status, aufgabenmäßige Belastung, Karrierechancen) weicht; und dies selbst wiederum kann dazu führen, daß man geradezu i n Umkehrungen seiner anfänglichen Einstellungen Widerstand gegenüber einer Änderung ü b t 1 2 . M i t dem unstrukturierten Vorgehen i n Mainz/Bingen verspielt man also nicht nur situationsmäßig gegebene Vorteile, sondern kehrt diese Vorteile möglicherweise i n Nachteile bzw. zusätzliche Implementationsschwierigkeiten um. 3.3.2.3. Entfachung positiver Einstellungen I n Mayen/Koblenz ist der Prozeß der Informationsverarbeitung von vornherein so organisiert worden, daß sich diese Phase auch zweckdienlich und somit i m Sinne einer Positiv-Motivierung für die Implementation der geplanten Änderung einsetzen läßt. I n diesem Fall w i r d eine solche Vorgehensweise allerdings noch durch verschiedene, spezielle Rahmenbedingungen begünstigt. So hat dieser Prozeß von Anfang an (bedingt wiederum durch das autonome Vorgehen) eine ausgesprochen starke Zielorientierung (mehrfache Erläuterungen i n schriftlichen Unterlagen, Vorträgen des Landrats, Verlautbarungen), während es i n den 12 Z u diesen Zusammenhängen ebenfalls Karl Berkel, Konflikte u n d K o n fliktverhalten, i n : Arthur Mayer (Hrsg.), Organisationspsychologie, Stuttgart 1978, S. 310 ff.

3.3. Ergebnisse der Informationsverarbeitung

99

anderen Fällen dodi eher u m einen Vollzug einer scheinbar zweckunspezifischen Änderung geht. I n viel stärkerem Maße als i n den anderen Fällen gibt es hier also inhaltliche Gesichtspunkte (letztlich wieder Leistungswirksamkeit sowie Publikumsorientierung), die als Gegenstand einer Identifikation dienen können. Zudem ist von der Änderung auch eine faktische Problemlösungskraft zu erwarten, weil m i t der Mödellbildung bei den örtlichen Bedingungen der Leistungsdarbietung angesetzt wird. So ist dann die Informationsphase speziell dadurch gekennzeichnet, daß die Organisationsmitglieder relativ frühzeitig i n den Prozeß der Informationsverarbeitung eingeschaltet werden. Charakteristisch ist dabei, daß dieses Einschalten i n den Informationsprozeß einerseits speziell dem Zweck der Aufklärung dient. I n dieser Hinsicht ist insbesondere der Informationsmarkt zu erwähnen, auf dem sich die Mitglieder umfassend über die bereits geplante Änderung informieren können. Zum anderen werden die Organisationsmitglieder (speziell über die einzelnen Abteilungsleiter) i n diesen Prozeß der Informationsverarbeitung als Experten bzw. Lieferanten problemlösungsrelevanter Informationen eingeschaltet. I n dieser Hinsicht geht es beispielsweise u m Stellungnahmen, die die einzelnen Abteilungen zu den Organisationsvorschlägen der Beratungsfirma abgeben. Bei der Beurteilung der Wirkungen dieser Vorgehensweise ist zunächst zu berücksichtigen, daß zum Zeitpunkt der ersten vorbereitenden Maßnahmen eine ausgesprochene Unzufriedenheit und abwehrende Haltung gegenüber Organisationsmaßnahmen vorliegt. Die Unzufriedenheit resultiert dabei aus einer Forderung des Rechnungshofes, einen Stellenüberhang abzubauen, den dieser i m Wege einer kurz zuvor durchgeführten Untersuchung entdeckt zu haben glaubt. M i t dem M i t t e l der Aufklärung sowie der inhaltlichen Beteiligung gelingt es dann allerdings, Lerneffekte i m Zeitablauf auszulösen und somit die Organisationsmitglieder zu einem Einstellungswandel anzuhalten. I n diesem Zusammenhang w i r d dann auch von einer hohen Kooperationsbereitschaft der Mitglieder während der Vorbereitungsphase berichtet. Da die M i t glieder zudem als Experten angesprochen werden, ihre Beteiligung also auch unter dem Gesichtspunkt der Stärkung ihres Selbstwertgefühles vorgenommen wird, ist daher zumindest sehr wahrscheinlich, daß sich damit Identifikationen und somit auch Selbstverpflichtungen gegenüber einem Vollzug von Änderungen aufbauen. I m Vergleich gesehen gelingt es also wieder hier am besten, die Phase der informationellen Vorbereitung für eine Akzeptanzbildung einzusetzen. Wie schon generell, so w i r k t sich sodann auch hier eine Beteiligung der Mitarbeiter i n der Vorlaufphase nicht nur entlastend bzw. problem7*

100

3. Informationelle Vorbereitung der Organisationsänderung

vereinfachend auf den weiteren Verlauf der Änderung aus. So eröffnet die Beteiligung schon einmal die Gelegenheit, das eigene Mißtrauen und die eigenen Vorbehalte gegenüber der beteiligten Beratungsfirma zu artikulieren. Der Beratungsfirma w i r d hier erwartungsgemäß (und auch nachweisbar) Betriebsblindheit vorgehalten, wie sich überhaupt A b wehrhaltungen auszubreiten vermögen, da man sich durch die Vorgehensweise der Firma (überlegendes Expertenwissen) laiisiert und der eigentlichen Kontrollmöglichkeiten beraubt empfindet 1 3 . Hinzu kommt noch, daß sich infolge der ermöglichten Teilhabe an den Vorbereitungen eine nicht unbeträchtliche Vielzahl an individuellen (lokalen) Interessen und Zielsetzungen m i t den Änderungen verbinden. Die Problemkomplexität (insbesondere die Konsensprobleme), die von dem folgenden Entscheidungsprozeß zu bearbeiten ist, muß damit notwendigerweise ansteigen.

18 Z u dem hier auftretenden Phänomen der „Beraterbeschimpfung" vgl. Hans Strutz, Wandel industriebetrieblicher Organisationsformen, Stuttgart 1976, S. 87 ff.

4. Entscheidungsfindung und Autorisierung Zur Durchführung einer Organisationsänderung bedarf es nicht nur der Ausarbeitung bestimmter Modelle bzw. Pläne, sondern ebenso der Entscheidung zugunsten eines Änderungsmodells, sei es auch nur i m Sinne von Zielsetzungen oder Rahmenkonzeptionen. Unter dem Gesichtspunkt einer erfolgreichen Durchführung von Organisationsänderungen ist dabei wiederum zu fragen, inwieweit nun durch die spezielle Organisation des Entscheidungsprozesses der Aufbau einer hinreichenden sachlichen Regelungsfähigkeit und i n sozialer Hinsicht die Akzeptanz der Änderung begünstigt wird. I n welcher Weise diesen Anforderungen entsprochen werden kann, hängt nun selbst davon ab, auf welche Autoritätsbasen bzw. Machtmittel die Führungsspitzen bei der Durchführung dieser Entscheidungsprozesse zurückgreifen 1 . Wie w i r sehen werden, w i r d mit der Anwendung oder Mobilisierung bestimmter Autoritätsbasen zum einen darüber bestimmt, ob und inwieweit i n die Entscheidungsprozesse überhaupt problemrelevante I n formationen einfließen, oder anders gesagt, ob i m Entscheidungsverfahren bzw. bei der Autorisierung die eigentliche sachliche Komplexität (Voraussetzungen/Folgewirkungen) einer Änderung überhaupt bedacht wird. I n dieser Weise w i r d dann m i t der Mobilisierung von Autoritätsbasen zugleich darüber entschieden, ob die Steuerung der Organisationsänderung i n sachlicher Hinsicht i n der Tat nach den Erfordernissen einer inhaltlich angemessenen Problemlösung erfolgt, oder aber ganz i m Gegensatz dazu, sich der Vollzug der Änderung lediglich aus dem Vermögen der Führungsspitzen ergibt, Änderungen durch Androhen von Sanktionen zu erzwingen 2 . Während sich i m ersten Fall alsb eine Problemlösungsorientierung durchzusetzen vermag, basiert die Regelungsfähigkeit i m zweiten Fall auf dem sachlich unspezifischen Durchsetzungspotential der Führungen. M i t der Anwendung bestimmter Machtmittel w i r d aber nicht nur i n dieser Weise über die Regelungsfähigkeit entschieden, sondern werden 1 W i r orientieren uns hier insbesondere an Ursula Wagner, A u t o r i t ä t — M o tivation—Führung unter den Bedingungen des institutionellen Wandels. B o chum 1974, insbesondere S. 78 ff. 2 Z u den analytisch jeweils ausschlaggebenden Zusammenhängen vgl. w i e derum Amitai Etzioni, Die aktive Gesellschaft, Opladen 1975, insbesondere S. 320 ff. ; und soweit es u m Strategiegesichtspunkte geht Werner Kirsch / Werner-Michael Esser / Eduard Gabele, Reorganisation, München 1978, S. 339.

102

4. Entscheidungsfindung u n d Autorisierung

auch die Bedingungen gesetzt, unter denen die einmal getroffenen Entscheidungen zu akzeptieren sind. Durch die Anwendung bestimmter Machtmittel w i r d also zugleich deutlich, welche A r t an Motivation man für die Akzeptanz der Änderung durch die Betroffenen für notwendig oder sinnvoll erachtet. Pauschal gesagt kann es dabei vorrangig entweder um eine positive oder u m eine negative Motivation gehen. I m ersten Fall würde man also eine Veränderung aufgrund einer inhaltlichen Zustimmung akzeptieren, i m zweiten Fall allerdings, w e i l man anderenfalls m i t negativen Sanktionen zu rechnen hätte. Wie es an dieser Unterscheidung schon deutlich wird, w i r d uns daher i m späteren Verlauf der Darstellung auch insbesondere interessieren, mit welchen speziellen psychischen Kosten die jeweilige A r t an Akzeptanzbildung gegebenenfalls verbunden ist 3 . I m folgenden können w i r nun auch zeigen, daß i n den untersuchten Fällen auf ganz unterschiedliche Autoritätsbasen zurückgegriffen wird. Wie w i r sehen werden, verläßt man sich i n einem ersten Fall auf das M i t t e l der Amtsautorität, i n einem anderen Fall versucht man hingegen, das persönliche Charisma der Führungsspitze einzubringen, während man i m letzten Fall die angesprochenen Probleme durch Anwendung einer speziellen Verfahrensrationalität zu lösen sucht 4 . Die hier genannten M i t t e l werden i n den einzelnen Landkreisverwaltungen allerdings nicht nur deswegen angewandt, weil sie unter den von uns gewählten funktionalen Gesichtspunkten, also zum Zweck der Akzeptanzbildung und der Entwicklung der Regelungsfähigkeit, als besonders wirkungsvoll erachtet werden. Ausschlaggebender i n diesem Zusammenhang dürfte vielmehr sein, wie die Führungsspitzen selbst Änderungssituationen wahrnehmen und ob sie aus ihren Einschätzungen jeweils spezielle Verhaltensanforderungen bzw. organisatorische Erfordernisse ableiten. 4.1. Anwendung von Amtsautorität Für den Ablauf des Änderungsprozesses i n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße ist charakteristisch, daß die Durchführung der Änderung als ein spezielles Führungsproblem erkannt wird. Dazu trägt 8 Z u einer differenzierten Ausarbeitung der i n diesem Zusammenhang relevanten Folgewirkungen vgl. ebenfalls Helmut Ziegler, Strukturen u n d Prozesse der A u t o r i t ä t i n der Unternehmung, Stuttgart 1970, S. 49 u n d S. 53 ff. 4 A u f die auch organisatorisch-strukturellen sowie entscheidungsprozessualen Folgewirkungen dieser Machtbasen u n d Führungsstile verweisen Wolfgang Schluchter, Aspekte bürokratischer Herrschaft, München 1972, S. 68 ff.; Max Weber, Wirtschaft u n d Gesellschaft, K ö l n / B e r l i n 1964, S. 159; u n d speziell zu den Führungsstilen Charles Lattmann, Führungsstil u n d F ü h rungsrichtlinien, B e r n / S t u t t g a r t 1975, S. 16 ff.

4 . . Anwendung von

satoität

103

zum einen sicherlich bei, daß sich der Landrat selbst gegenüber bestimmten externen Instanzen (Landkreistag, Innenministerium) verpflichtet fühlt und demgemäß an einer zügigen bzw. störungsfreien, vor allem aber buchstabengetreuen Umsetzung der Muster-Verwaltungsgliederungsplanes interessiert ist. Hier dürfte also schon einmal m i t hineinspielen, daß sich der Landrat durch wohlfälliges Verhalten nach außen (was nicht notwendigerweise bewußt geschehen muß) seine weiteren Teilnahmechancen an externen politischen Prozessen zu wahren bzw. zu verbessern sucht. Zum anderen w i r d nun — vermutlich bedingt durch vorausgehende Erfahrung — die Durchführung von Änderungen prinzipiell als risikoreiches Geschäft wahrgenommen. Dabei befürchtet man insbesondere, daß Konsenslücken entstehen und die Durchführung der Änderung durch Widerstände zeitlich verzögert wird. Die Durchführung der Organisationsänderung w i r d demgemäß auch weniger (oder auch gar nicht) als ein Problem der sachgerechten Informationsverarbeitung identifiziert. Als ein besonders kritisch einzuschätzender Aspekt gilt vielmehr von Anfang an die Vermeidung von Konflikten sowie Machtverteilungskämpfen. Angesichts dieser Wahrnehmung und Beurteilung w i r d dann auch verständlich, warum bei der Mobilisierung von Macht bzw. eines Durchsetzungspotentials in ganz besonderer Weise auf das M i t t e l der Amtsautorität zurückgegriffen wird. Bei einer Erklärung dieser Vorgehensweise sind allerdings nicht nur diese situationsspezifischen, sondern ebenso einige strukturelle Bedingungen zu berücksichtigen. So haben w i r es ja i n diesem Fall m i t einer Landkreisverwaltung zu tun, i n der schon unabhängig von diesem konkreten Fall einer Organisationsänderung vorzugsweise auf einen bürokratischen Führungsstil zurückgegriffen wird.

4.1.1. Zentralisierung

des Entscheidungsprozesses

I m Zeichen der Anwendung von Amtsautorität leitet sich der A n spruch, i n abschließender Weise über bestimmte Dinge zu entscheiden und Fügsamkeit gegenüber solchen Entscheidungen zu verlangen, bekanntlich aus den amtsmäßig verliehenen Entscheidungs- und Anweisungsbefugnissen und somit aus der jeweiligen Ranghöhe der Beteiligten ab. So ist denn auch für den Fall der Mobilisierung von Amtsautorität zunächst einmal typisch, daß es zu einer ausgesprochen weitgehenden Zentralisierung des Entscheidungsprozesses kommt. Da es nun i m Zeichen eines bürokratischen Führungsstils üblich ist, Entscheidungsverfahren unter strenger Einhaltung hierarchischer (und kompetenzmäßiger) Gliederungen abzuwickeln, besagt diese Zentralisierung allerdings nicht schon, daß alle weiteren Ebenen bis auf die Führungs-

104

4. Entscheidungsfindung u n d Autorisierung

spitze von dem Entscheidungsverfahren ausgeschlossen bleiben. Der allgemeinen Gliederung von Landkreisverwaltungen entsprechend werden daher i n diesem Fall zumindest noch die Dezernenten am Entscheidungsprozeß beteiligt. So w i r d — nach Vorbereitung durch den Landrat und Büroleiter — die Konzeption der geplanten Änderung anläßlich einer ganztägigen Klausurtagung ausgiebig mit den Dezernenten besprochen. Dabei ist allerdings die eigentliche Entscheidung — Zahl an Referaten und Abteilungsbildung — bereits durch die genannte Absicht des Landrats vorgegeben, den vom Innenministerium vorgegebenen Erlaß mehr oder weniger buchstabengetreu umzusetzen. Die Dezernenten fallen hier also als Machtfaktoren bzw. Lösungsgeneratoren gewissermaßen aus, wenngleich sie aufgrund ihrer (personenbezogenen) Eigenschaften zumindest den Raum denkbarer Lösungen beschränken können. So w i r d i n einem ersten Fall etwa aus gesundheitlichen Gründen ad personam organisiert, während i n einem weiteren Fall die Bauabteilung einem speziellen Dezernenten unterstellt wird, u m so eine bisherige „harte Linie" bei der Behandlung von Bauanträgen weiter verfolgen zu können. Bei der Dezernatsbildung handelt es sich allerdings um Fragen, deren Regelung nicht vom Musterplan vorgesehen wird. Die Berücksichtigung hierarchischer Gliederungen i m Fall der Dezernenten besagt nun allerdings nicht schon, daß nun auch die eigentliche Führungszwischenschicht, also die einzelnen Abteilungsleiter, bei der Entscheidung über eine neue Aufbauorganisation berücksichtigt wird. Wie es zu beobachten ist, gilt hier auch nicht mehr die bürokratische Gepflogenheit, weitere Ebenen der Organisation schrittweise nach ihrer jeweiligen Ranghöhe einzuschalten, sondern w i r d sich erkennbar an dem sich offensichtlich auch hier duchschlagenden Prinzip einer Trennung von Politik und Verwaltung orientiert. Wenn hier die unter administrativen Gesichtspunkten mehr oder weniger bedeutsamste Funktions- und Statusebene von der Entscheidungsfindung ausgeschlossen bleibt, dann geschieht dies i n diesem Fall wohl vorrangig deshalb, weil man ihren Einfluß i n diesen Fragen aus politischer Perspektive für illegitim erachtet. Die Ausübung der Organisationsgewalt (innere Organisation) w i r d hier offensichtlich als das ureigenste Geschäft der Politik angesehen. Das Festhalten an dem normativen Prinzip einer Trennung von Polit i k und Verwaltung führt dann organisatorisch betrachtet gerade an dieser Stelle dazu, daß sich die Führungsspitze (Geschäftsleitung) und Verwaltungsapparat gemäß einem „dezisionistischen" Verhältnis, funktionell betrachtet also bestenfalls i m Sinn von Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfällung, gegenüberstehen. Daß hier dieses Prinzip zudem zu einer allgemeinen Regel geworden ist, soll sich an dem

4 . . Anwendung von

satoität

105

einfachen Umstand zeigen, daß eben auf dieses Prinzip ganz bewußt von dem Landrat bei der Gestaltung sowie Durchführung von Dezernenten- und Abteilungsleiterbesprechungen zurückgegriffen wird. Der Ausschluß der Führungszwischenschicht vom Entscheidungsprozeß mag daher nicht nur durch den speziellen Fall einer Organisationsänderung bedingt sein, sondern kann möglicherweise auch strukturell und somit durch die Ausprägung eines allgemeinen Führungsprinzips erklärt werden. 4.1.2. Amtsautorität und Sachgesetzlichkeit als Entscheidungskriterien Der Rückgriff auf Amtsautorität besagt nun allerdings nicht schon, daß die Festlegung auf eine bestimmte Änderungskonzeption sowie ihre Durchführung ausschließlich aufgrund eines vergleichsweise größeren Sanktionspotentials erfolgt. Zu den speziellen Eigenarten solcher Entscheidungsprozesse gehört es offensichtlich auch, daß die zu fällenden Entscheidungen durch ihre vermeintliche Sachgesetzlichkeit legitimiert werden. Der Ausschluß möglicher konträr ausfallender Alternativen erfolgt also i n diesem Fall nicht nur unter stillem Verweis auf die A n weisungsbefugnisse (bzw. organisatorisch durch eine Zentralisierung der Entscheidungsprozesse), sondern ebenso mit Verweis auf die besondere zweckspezifische Eignung und insoweit Unausweichlichkeit bestimmter Maßnahmen. Indem hier die Notwendigkeit gewisser Regelungen quasi aus der „Natur der Sache" selbst abgeleitet wird, bekommt man also eine Argumentation an die Hand, m i t der sich eine Diskussion um alternative Ziele und/oder Maßnahmen von Anfang an unterbinden läßt. Anders betrachtet, sieht man also i n der Sachgesetzlichkeit einer Maßnahme ein probates Mittel, um keine Abstriche an seinem eigenen Änderungskonzept machen zu müssen. Der Entwurf des neuen Aufgabengliederungsplans kommt einer solchen Argumentationsweise allerdings insoweit entgegen, als er die A u f gaben auf Kreisebene nach tätigkeitsmäßigen Sachzusammenhängen (also nicht etwa nach Zielbezügen) gliedert. Die Anwendung dieses einfachen Kriteriums führt dann — was die einzelnen Maßnahmen anbet r i f f t — zu Regelungen mit großer Zwangsläufigkeit. Da es hier ohne Austausch der Zwecke selbst kaum zu anderen Regelungen kommen kann, lassen sich nun von den eigenen Bediensteten auch schlechterdings keine weiteren Problemlösungen bzw. eigentlichen Entscheidungsleistungen erwarten. Wo es diese Möglichkeiten von vornherein nicht gibt, kann sich die Teilnahme der Bediensteten schließlich auch nur auf einen Vollzug einmal gemachter Vorgaben beziehen. Aus der Sicht der Bediensteten mögen damit aber wiederum gewisse Voraussetzungen ge-

106

4. Entscheidungsfindung und Autorisierung

geben sein, daß die Fügsamkeit gegenüber solchen Regelungen nicht unbedingt als eine zwangsweise Unterwerfung empfunden werden muß. Dabei dürfte allerdings außer Zweifel stehen, daß der Gesichtspunkt der Sachgesetzlichkeit i m Rahmen solcher Autorisierungsprozesse primär ideologische Funktionen erfüllt. Der Gesichtspunkt der Sachgesetzlichkeit dient daher weniger einer durch Alternativenabwägung zu findenden Entscheidung als vielmehr speziell der Verschleierung bzw. Abwehr von Ziel- und Maßnahmekonflikten, zumindest aber soll damit eine öffentliche Austragung von Konflikten vermieden werden. Diese Funktion w i r d auch i n dem von uns untersuchten Fall deutlich, wenn man eben selbst die durch Widerstände erzwungenen Abweichungen vom Musterplan aus der Sicht ihrer fachlichen Notwendigkeit zu rechtfertigen versucht. So verbleibt das Referat Personenstandwesen entgegen den allgemeinen Regelungen bei der Kommunalaufsicht, nicht etwa, weil i n dieser Weise drohende Widerstände aufgefangen werden können, sondern weil sich nur so eine weiterhin fachmännische Bearbeitung sichern läßt. Indem es der Führung i n dieser Weise gelingt, abweichende Regelungen wieder i n den Zweck-Mittel-Zusammenhang von Sachgesetzlichkeiten einzustellen, kann zunächst einmal der Anschein vermieden werden, als ob die Führung selbst gezwungen sei, Verhandlungspositionen gegenüber ihren Mitarbeitern einzunehmen. Die Führung vermag es in dieser Weise zu verhindern, daß sie selbst die bisherige Basis ihrer Einflußnahme, nämlich den Glauben an die Legitimität ihres uneingeschränkten Anweisungsrechts, untergräbt. Der verbleibende Schein der Sachgesetzlichkeit gibt allerdings darüber hinaus — auch wenn der ideologische Charakter durchschaut w i r d — den Betroffenen prinzipiell die Möglichkeit, Anweisungen gewissermaßen auch i m Sinne moderner Kriterien (Glauben an die sachliche Notwendigkeit einer Regelung) zu akzeptieren. Dieses Verhältnis von Amtsautorität und Sachgesetzlichkeit w i r d uns auch noch unter dem Gesichtspunkt der Implementierung zu beschäftigen haben. 4.1.3. Sachliche und soziale Folgen Wie es sich an den einzelnen Begleitumständen der Entscheidungsfällung — wie Zentralisierung des Entscheidungsprozesses, Berufung auf Sachgesetzlichkeiten sowie Verschleierung bzw. Verdrängung von Konflikten — zeigt, gelingt es hier m i t der Anwendung von Amtsautorität, das Entscheidungsproblem drastisch zu vereinfachen. Da die Organisation und die Kriterien der Entscheidungsfindung geradezu darauf angelegt sind, alternative Ziele oder Maßnahmen aus dem Prozeß fernzuhalten, kann es auch nicht überraschen, daß man i n diesem Fall

4 . . Anwendung von

h r s a

107

bereits nach der genannten eintägigen Klausurtagung zwischen Landrat und Dezernenten zü einer endgültigen Entscheidung bzw. Festlegung auf eine Änderungskonzeption kommt. Zum anderen zeigt sich freilich ebenso, daß es mit der Anwendung von Amtsautorität zugleich zu charakteristischen Verdrängungen einer objektiv gegebenen Entscheidungskomplexität kommt. Wie w i r es schon aus vorangegangenen Abschnitten wissen, kommt es durch diese Verdrängung schon einmal zu bemerkenswerten Beschränkungen sachlicher Steuerungsressourcen bzw. der Regelungsfähigkeit. So begünstigt zwar die Zentralisierung des Entscheidungsprozesses eine momentane Konfliktentlastung, verhindert aber zugleich eine hinreichende „Wirklichkeitserfassung", was nun selbst eine spätere planvolle Steuerung des eigentlichen Vollzugs der Änderung zumindest erschwert. Da es insbesondere an einer Raumplanung und an einer Sozialplanung i m umfassenden Sinne fehlt, gelingt es dann auch i n der Tat i m späteren Verlauf nicht, die Durchführung der Organisationsänderung nach den Erfordernissen einer inhaltlich angemessenen Problemlösung vorzunehmen. Zum anderen w i r d mit der Anwendung von Amtsautorität auch Entscheidungskomplexität i n sozialer Hinsicht verleugnet. Die Abwicklung des Entscheidungsprozesses macht eben schon prinzipiell deutlich, daß man eine Teilnahme niedrigrangiger Mitglieder an Entscheidungen für nur bedingt legitim, wenn nicht gar als gänzlich illegitim erachtet. A n ders gesagt erwartet man i n diesem Fall von den Bediensteten, daß sie die Änderung bereits aus den allgemeinen Mitgliedschaftsverpflichtungen heraus und somit quasi motivlos akzeptieren. Da die Bediensteten i n dieser Weise also keine Möglichkeit besitzen, eigene Interessen bzw. Vorstellungen (Zuschnitt von Abteilungsgrenzen) einzubringen, können sie sich letztlich auch nur aus einer A r t Negativ-Motivation zur Akzeptanz der Änderung bereitfinden. Die Bediensteten akzeptieren die Ä n derungen vorrangig, um nicht gewisse Mitgliedschaftsvorteile (der Verbleib als solcher und künftige Entwicklungsmöglichkeiten) aufs Spiel zu setzen. 4.2. Anwendung von Charisma Für den Ablauf des Änderungsprozesses i n der Landkreisverwaltung Mainz/Bingen ist insgesamt gesehen charakteristisch, daß die Organisationsänderung — anders als in der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße — weder von der Vorbereitung noch von der Durchführung her als ein besonderes Führungsproblem (mit speziellen Verhaltensgeboten) wahrgenommen wird. Da man hier schon prinzipiell geneigt ist, A r t und

108

4. Entscheidungsfindung und Autorisierung

Umfang einer Leistungsdarbietung weniger auf organisatorische Bedingungen als vielmehr personengebundene Eigenarten der Mitarbeiter (guter Wille etc.) zurückzuführen, besteht hier schon aus diesem Grunde kein übermäßig starkes sachliches Interesse an einer organisatorischen Änderung. Lediglich i n der Schlußphase des Änderungsprozesses spielt ein gewisses zeitbezogenes Anliegen des Landrats hinein, die Änderung der Aufgabengliederung möglichst noch vor dem nun für September 1976 geplanten persönlichen Ausscheiden durchzuführen. Dieses Interesse des Landrates, das sich aus seiner starken externen Orientierung am Landkreistag ergibt, führt zwar zu einer charakteristischen Beschleunigung des Prozeßablaufs, begründet i n diesem Fall allerdings nicht schon einen zwingenden Anlaß, sich nun etwa m i t Hilfe einer speziellen Organisationsweise bzw. besonderen Verfahrensregeln um die Durchführung der Änderung zu bemühen. Bei der Autorisierung und auch Durchsetzung der Änderung w i r d daher i n diesem Fall auch auf eine Machtressource zurückgegriffen, die typischerweise auch i m sonstigen bürokratischen Alltag und somit bei Routineentscheidungen eingesetzt w i r d — auf das spezielle Charisma des Landrats. 4.2.1. Konzentration

der Entscheidungen bei der Führungsspitze

Beim Charisma handelt es sich um die spezifische Machtressource des patriarchalischen Führungsstils. Bei einem Rückgriff auf diese Machtressource erfolgt die Einflußnahme auf eine Entscheidung oder das Verhalten der eigenen Mitarbeiter aufgrund einer außeralltäglichen Befähigung zur Entscheidungsfällung, die dem Landrat auch i n den Wahrnehmungen der gegebenenfalls Betroffenen als persönliche Gabe ausdrücklich zuerkannt wird. Die Anwendung dieser Machtressource muß dann naturgemäß auch dazu führen, daß es zu einer übermäßigen Konzentration des gesamten Entscheidungsvorganges beim Landrat selbst kommt. Wie es dabei allerdings für dieses Machtmittel typisch ist, w i r d hier i n der Konzentration des Entscheidungsvorganges beim Landrat nicht schon ein probates Mittel zur Herrschaftssicherung bzw. zur Abwehr von Partizipationsversuchen gesehen. Die Konzentration des Entscheidungsvorgangs ist hier vielmehr die gewissermaßen notwendige organisatorische Voraussetzung dafür, daß sich die personengebundene Machtressource überhaupt „ausspielen" läßt. Das Charisma, das dem Landrat auch von Seiten seiner Mitarbeiter zuerkannt wird, begründet sich i n diesem Fall offensichtlich i n einer mehr als perfektionistischen Beherrschung juristischer bzw. richterlicher Argumentations- und Entscheidungstechniken. Darüber hinaus führt nun die Anwendung dieses Machtmittels dazu, daß sich ein Entscheidungsvorgang weit weniger gut als üblich i n das

4 . . A n w e n d u n g von

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Schema eines herkömmlichen Geschäftsganges pressen läßt. Für diese Landkreisverwaltung ist daher auch wiederholt feststellbar, daß Führungsaufgaben i m Wege eines „direkten Zugriffs" und somit auch unter gelegentlicher Mißachtung des Dienstweges geregelt werden. Dies mag nun auch schon ein allgemeiner Grund dafür sein, warum auch i n diesem Fall den hierarchischen Gliederungen bzw. Instanzen eine weitaus geringere Bedeutung bei der Autorisierung der geplanten Organisationsänderung zukommt. Soweit ja überhaupt auf breiterer Basis bestimmte Reorganisationsmodelle erörtert werden, geschieht dies vorzugsweise i m Rahmen der bereits erwähnten Gesprächskreise, also m i t Hilfe einer organisatorischen Einrichtung, i n der jeweils Bedienstete ganz unterschiedlicher Status- und Funktionsebenen vertreten sind. Während man sich also i n anderen Landkreisverwaltungen bei der Entscheidungsfindung noch eher systematisch an den hierarchischen Gliederungen orientiert, kann dies für diesen Fall — trotz gelegentlicher Information der Dezernenten und Abteilungsleiter — nicht gesagt werden. I m übrigen kann es keinen Zweifel daran geben, daß die i m Frühjahr 1976 fallenden Entscheidungen mehr oder weniger vollständig auf den Einfluß des Landrats selbst zurückgehen. Wenn hier die Dezernentenschaft zumindest nicht systematisch an den Entscheidungen beteiligt wird, so hat dies allerdings gerade i n diesem Fall wieder mehrere Gründe. So ist hier beispielsweise zu berücksichtigen, daß Dezernentenstellen nicht selten zum Zweck der Ausbildung höherer Beamte besetzt werden (Kinderlandverschickungsaktionen). Daß die Dezernentenebene also als gewichtiger Machtfaktor ausfällt, kann daher schon i n der zwangsläufig sehr hohen personellen Fluktuation liegen. Wenn daher die Dezernentenschaft schon aus diesem Grund i m Entscheidungsprozeß nicht als Lösungsgenerator fungieren kann, so übt sie allerdings gleichwohl — und zwar wegen ihrer hohen Fluktuation — einen gewissen Einfluß auf die Entscheidungen aus. Denn um die auszubildenden Bediensteten i m Einzelfall führungsmäßig nicht zu überlasten, führt man gelegentlich ganz gezielt sich quasi selbststeuernde Abteilungen zu einem Dezernat zusammen. 4.2.2. Charisma als Entscheidungskriterium Die wesentlichsten Gründe, die gegen „einsame Entscheidungen der Führungsspitze" sprechen, ergeben sich nun weniger aus den organisatorischen Begleitumständen eines patriarchalischen Führungsstils als vielmehr aus den spezifischen Bedingungen, unter denen seine typische Machtressource, das Charisma der Führungsspitze, ihre Funktionsfähigkeit bewahrt. Dabei ist schon prinzipiell zu berücksichtigen, daß sich i n Hesem Fall die für legitim erachteten Einflußnahmen nicht schon wie

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4. Entscheidungsfindung u n d Autorisierung

i m Fall der Anwendung von Amtsautorität aus dem höheren Sanktionspotential ergeben. Bei einem Rückgriff auf das Charisma ergibt sich die akzeptierte Einflußnahme auf die Änderungskonzeption sowie auf das Verhalten der Betroffenen zunächst aus speziellen kognitiven Gegebenheiten, insbesondere aus der dem Landrat bzw. der Führungsspitze unterstellten außeralltäglichen Befähigung, auch unter kritischen Bedingungen (etwa innovativen Situationen) zutreffende Entscheidungen fällen zu können. Unter diesem Aspekt betrachtet sind also durchaus Möglichkeiten gegeben, i n autonomer Weise „harte Entscheidungen" zu treffen, Entscheidungen also, die von den Betroffenen auch ausgesprochene Opfer abverlangen. Diese Möglichkeit gewinnt zudem i n unserem Fall besondere Bedeutung, da Änderungen i n der Aufbauorganisation zumeist nicht ohne persönlich als schmerzlich empfundene Funktionsund Statusverluste vonstatten gehen. Zum anderen kann die Funktionsfähigkeit des Charismas als w i r k sames M i t t e l der Verhaltensbeeinflussung offenbar nur gewahrt werden, solange zugleich auch gewisse soziale Begleitumstände bedacht bzw. erfüllt sind. Neben den rein kognitiven Bedingungen, wie etwa der Demonstration überlegener Entscheidungsfähigkeiten, muß hier ein spezielles Fürsorgeempfinden bzw. eine „Gesinde-Orientierung" vorliegen. Die Fügsamkeit gegenüber den speziellen Entscheidungsleistungen des Landrats ist dann zumindest i n diesem Zusammenhang nur insoweit gegeben, als ihm zugleich der glaubhafte Nachweis gelingt, daß er sich i m Sinn der beanspruchten Vaterfigur auch tatsächlich zum aufrechten Sachverwalter der gegebenenfalls persönlichen Belange seiner Mitarbeiter zu machen vermag. I n dieser Weise wirken schon einige allgemeine Strukturmerkmale der untersuchten Landkreisverwaltung, wie etwa die Möglichkeit zu direkten Kontakten, der von „Person zu Person Kommunikation" und der Verzicht auf eine spezielle Förmlichkeit. Ein entsprechendes Vertrauen kann allerdings dauerhaft nur gewahrt werden, wenn eben auch i m konkreten Einzelfall die Folgebereitschaft nicht schon wegen der vermeintlichen inhaltlichen Richtigkeit einer Regelung abverlangt w i r d ; die Regelungen selbst müssen letztlich die persönlich als berechtigt empfundenen Anliegen der Mitarbeiter berücksichtigen. Und i n der Tat werden w i r feststellen können, daß es genau aus diesem Grund zu A b strichen an den zunächst geplanten Änderungen, also zu Zugeständnissen i n der Sache selbst kommt. 4.2.3. Sachliche und soziale Folgen Die starke Konzentration, also der Zuschnitt des VorgängePerson des Landrats, aber auch das Übergehen gewisser l r

4 . . A n w e n d u n g von

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Instanzen und Gliederungen erweckt zunächst wieder den Eindruck, als ob sich hier das Entscheidungsproblem ebenfalls i n drastischer Weise vereinfachen läßt. Diese Vereinfachung zeigt sich ja auch insoweit, als eben schon durch die Organisation des Entscheidungsprozesses objektiv betrachtet eine Diskussion alternativer Konzepte oder auch nur eine eingehende Erörterung von Einzelpunkten verhindert wird. Aus diesem Grund mag man sich auch hier recht zügig auf eine bestimmte Ände·^ rungskonzeption festlegen. Z u m anderen zeigt sich freilich, daß man m i t dieser Vereinfachung zu weiten Teilen eben nicht der eigentlichen Entscheidungskomplexität gerecht zu werden vermag. So läßt das hier angewandte Autoritätsmittel ja von vornherein nur bedingt erwarten, daß es i m Wege der Entscheidungsfindung zu sachlich angemessenen Problemlösungen kommt. M i t der Konzentration des Entscheidungsvorganges an der Spitze (ob nun beim Landrat oder dem Büroleiter) vermag man zwar wiederum recht günstig kontroverse Erörterungen bzw. Konflikte zu unterdrücken, verhindert aber damit zugleich die Einrichtung einer sachlich notwendigen Informationsverarbeitungskapazität. Statt eines bedachten und problemlösungsorientierten Vorgehens ist dann auch nur mehr eine jeweils improvisierende und spontane Behandlung der Organisationsänderung möglich. Wenn w i r gerade hier auf eine nur höchst unvollkommen entwickelte Regelungsfähigkeit — es fehlt mehr oder weniger an allen sachlichen Steuerungsressourcen — stoßen werden, so ist dies i n diesem Fall auch schon — und somit unabhängig von Einflüssen anderer Gegebenheiten — auf die unzureichende sachliche Problemlösungsfähigkeit des hier angewandten Autoritätsmittels zurückzuführen. Denn die außeralltägliche Entscheidungsfähigkeit des Landrats findet offenbar dort ihre Grenze, wo es eben nicht mehr um überschaubare Einzelfallentscheidungen geht, sondern um komplexe und insoweit planungsbedürftige Vorhaben. Das hier angewandte Autoritätsmittel eignet sich offensichtlich besser dazu, die sozialen Probleme einer Organisationsänderung i n den Griff zu bekommen. So w i r d hier zwar einerseits beansprucht, i n autonomer Weise über die angemessenen Entscheidungen befinden zu können; andererseits büßt das „Charisma" aber seine Wirksamkeit als M i t t e l der Verhaltensbeeinflussung ein, sofern nicht zumindest i n einem gewissen Umfang Rücksicht auf die Interessen der Mitarbeiter genommen wird. Gewisse Interessen oder Bedenken der Betroffenen sind also quasi antizipatorisch bei der Entscheidung zugunsten einer Änderungskonzeption zu berücksichtigen. Insoweit kann hier voraussichtlich auch verhindert werden, daß man die Änderung eben bloß als durch formale Autorität erzwungen empfindet. Vermutlich ist darin auch ein wesentlicher Grund dafür zu sehen, daß es i m späteren Verlauf nicht i m gleichen Umfang zu einer Entfremdung zwischen Mitgliedschaft und Führung kommt.

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4. Entscheidungsfindung u n d Autorisierung

4.3. Anwendung von Verfahrensrationalität I m Vergleich gesehen stoßen w i r i n der Landkreisverwaltung Mayen/ Koblenz auf einige abweichende bzw. besondere Randbedingungen. So sieht sich diese Landkreisverwaltung schon einmal einem vergleichsweise stärkeren Innovationsdruck ausgesetzt, da die organisatorischen Folgebelastungen der Gebietsreform nicht i n gleicher Weise graduell oder schrittweise abgebaut worden sind. Es gibt also noch eine verhältnismäßig große Zahl an organisatorischen Überkapazitäten (15 Abteilungen; Hauptabteilungen), wie es hier überhaupt noch Schwierigkeiten bereitet, wegen der starken Tiefen- und Quergliederungen der Aufbauorganisation zu einer hinreichenden führungsmäßigen Integration des neuen Verwaltungsapparates zu kommen. Des weiteren haben w i r hier den Fall, daß die Forderung nach einer neuen Aufgabengliederung zum Anlaß genommen wird, i n umfassender und situationsbezogener A r t und Weise eine Reorganisation von A u f bau- und Ablaufstrukturen durchzuführen. Die Führungsspitze strebt also nicht die bloße Übernahme eines vorgegebenen Musterverwaltungsgliederungsplanes an, sondern bemüht sich i n diesem Zusammenhang um eine situationsspezifische und insofern auch autonome Lösung. Dam i t ist es also von Anfang an ein erklärtes Ziel, bei der Änderung der Organisation die situationsgegebenen Bedingungen einer allgemeinen Leistungsverbesserung — wie etwa gegebene Aufgabenlage, Frequentierung von Verwaltungsdiensten oder Qualität und Erwartungen des verfügbaren Personals — i n der Änderungskonzeption m i t zu berücksichtigen. Angesichts dieser besonderen Umstände ist es auch nur selbstverständlich, daß hier die Planung und Durchführung der Organisationsänderung ganz grundsätzlich als eine besondere Führungsaufgabe m i t bestimmten Verhaltensgeboten wahrgenommen wird. Da nun die Führungsspitze (also inklusive einige Dezernenten sowie das Organisationsreferat) das eigentliche Führungsproblem von vornherein sowohl i n einer angemessenen Informationsverarbeitung als auch i n einer geregelten Konsensbildung sieht, w i r d auf diese beiden Probleme auch bei der Autorisierung eines bestimmten Änderungsmodells Rücksicht genommen. A u f etwas idealisierende A r t und Weise läßt sich auch sagen, daß hier auf das M i t t e l der Verfahrensrationalität als Machtressource zurückgegriffen w i r d 5 . Bei Anwendung dieses Mittels unterstellt man 5 Dabei orientieren w i r uns wieder an Begleiterscheinungen des kooperat i v e n Führungsstils, vgl. dazu wieder Manfred Timmermann (Hrsg.), Personalführung, Führungsstil, Motivation, Mitbestimmung, Stuttgart 1977, S. 29; sowie an speziellen idealtypischen Formen der Konflikthandhabung i m Rahmen kollektiver Entscheidungsprozesse vgl. Werner Kirsch, Entscheidungsprozesse, 3. Bd., Wiesbaden 1971, S. 57.

4.3. Anwendung von Verfahrensrationalität

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keine für alle Beteiligten gleichermaßen verbindliche Zielsetzung, sondern geht davon aus, daß es i n sozialen Zusammenhängen möglich ist, durch einen geregelten Austausch von Informationen bzw. Argumenten zu tragfähigen Entscheidungen zu kommen. Durch Anwendung eines solchen Verfahrens glaubt man dabei sowohl zu sachverständigen Entscheidungen (und zwar durch optimale Informationszufuhr) als auch zu Entscheidungen zu kommen, die von den Betroffenen akzeptiert werden können (partielle Interessenberücksichtigung durch Beteiligung). 4.3.1. Öffnung des Kommunikations-

und Entscheidungssystems

Zu einer partiellen Berücksichtigung von Interessen sowie zu einer annähernd optimalen Informationszufuhr läßt sich allerdings i n der Regel nur kommen, soweit es zu einer relativ weitreichenden Öffnung des Kommunikations- und Entscheidungssystems kommt. Für den von uns untersuchten Fall ist daher bei der Autorisierung einer bestimmten Änderungskonzeption charakteristisch, daß hier ohne spezielle Rücksichtnahme auf herkömmliche Statusunterschiede Partizipationsmöglichkeiten eröffnet werden. So kommt es i m Zeitraum Mai—Juli 1976 zu einem recht umfassenden schriftlichen Meinungsaustausch zwischen Basis und Führung über den Organisationsvorschlag der Beratungsfirma. Bezeichnenderweise werden i n diesem Zusammenhang die organisatorischen Untereinheiten nicht nur zum Zweck der Fehlerkorrektur eingeschaltet, sondern diese Einheiten haben auf diesem Wege auch die Gelegenheit, Forderungen unterschiedlichster A r t einzubringen (Verzicht auf Zentralisierung des Bußgeldwesens, Verzicht auf Versetzungen oder Statusänderungen). Schließlich w i r d i n diesem Fall das abschließend für gut befundene Änderungsmodell vor seiner Implementation der Gesamtmitgliedschaft i m Wege eines „Informationsmarktes" vorgestellt. Der Versuch, über einen verfahrensmäßig geregelten Austausch von Informationen und Meinungen zu einer Lösung zu kommen, zeigt sich des weiteren auch bei der abschließenden Entscheidung zugunsten eines bestimmten Änderungsmodells. Dabei mag schon einmal unter organisatorischen Aspekten bezeichnend sein, daß diese Entscheidung faktisch von der zwischenzeitlich durch zusätzliche Abteilungsleiter sowie Vertreter des Personalrats erweiterten Projektgruppe gefällt wird. Was dabei naturgemäß für den Gesichtspunkt der Verfahrensrationalität besonders charakteristisch ist, das ist eben der Versuch, i n jeder Phase der Beratungen an dem Prinzip der Einstimmigkeit von Entscheidungen und somit auch an dem Prinzip eines vollständigen (gegebenenfalls kompromißförmigen) Austragens von Meinungsverschiedenheiten festzuhalten. Daß sich eine solche Technik der Entscheidungsfindung durch8 Speyer 86

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4. Entscheidungsfindung u n d Autorisierung

zusetzen vermag, geht i n diesem Fall auch auf einen entsprechenden persönlichen Führungsstil des Landrats zurück. Dabei kann es allerdings unter verschiedenen Aspekten durchaus als fragwürdig erscheinen, ob sich auf diesem Wege überhaupt genügend Macht zur Autorisierung wie zum Vollzug einer Änderungskonzeption mobilisieren läßt. M i t einer Öffnung der Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen mag sich zwar noch sicherstellen lassen, daß die verfügbaren änderungsrelevanten Informationen auch tatsächlich i n den Entscheidungs- und Autorisierungsprozeß einfließen. Zum anderen kann ein solches Verfahren zu einer Überlastung der Entscheidungsstrukturen durch nicht mehr aggregierbare Forderungen führen, was nun selbst die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit i n Frage zu stellen vermag. I n dem von uns untersuchten Fall kommt es allerdings nicht zu einer solchen Überlastung des Entscheidungssystems, weil hier das tradierte und ad-hoc nicht abzulegende bürokratische Rollenverständnis der Beteiligten i n ganz besonderer Weise als ein Regulativ bzw. Filter w i r k t . So ist einerseits nicht i n jedem Fall die eigentlich gewünschte Teamfähigkeit vorhanden, was unter anderem auch dazu führt, daß eigene Zielsetzungen sowie Ansprüche nur unzureichend formuliert und gegenüber kontroversen Vorstellungen durchgesetzt werden. Andererseits kann sich aus diesem Rollenverständnis auch die Bereitschaft ergeben, einmal vorliegende Vorschläge zu einer Reorganisation auch aus traditionellen Motiven heraus und somit aufgrund eines situativ nicht abzulegenden Unterstellungsempfindens zu akzeptieren. 4.3.2. Sachverständigkeit

und Interessenausgleich

Indem mit diesem Verfahren ein systematischer Austausch von Informationen und ein überlegtes Abwägen von Alternativen i n Gang gesetzt wird, w i r d auch ganz zwangsläufig die Sachverständigkeit eines Vorschlags zum ausschlaggebenden K r i t e r i u m bei der Entscheidungsfindung. Dieses Verfahren begünstigt damit Entscheidungen, m i t denen sich das selbstgesteckte Ziel einer möglichst situationsbezogenen Lösung des Innovationsproblems auch erreichen läßt. Die Orientierung der Entscheidung am Gesichtspunkt der Sachverständigkeit dürfte eben wesentlich mit dazu beitragen, daß man bei der Konzipierung der Aufbaustrukturen zu durchaus neuartigen Vorstellungen kommt. Entgegen der i m Musterplan vorgesehenen Regelung kommt man ja hier aus sachlichen Erwägungen zu der Entscheidung, die Bereiche Soziales und Jugend sowie Finanzen und Kommunalaufsicht abteilungsmäßig jeweils zusammenzulegen.

4.3. Anwendung von Verfahrensrationalität

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Die Sachverständigkeit kann dabei allerdings nur insoweit als w i r k sames Autoritätsmittel fungieren, als auf Seiten der Beteiligten jeweils ein Glaube i n die Legitimität entsprechender Lösungen besteht. Die Sachverständigkeit verliert also notgedrungen i n dem Augenblick ihre Funktion als allseits akzeptiertes Entscheidungskriterium, i n dem i m Entscheidungsverfahren quasi unüberbrückbare Interessengegensätze oder nicht mehr zu harmonisierende Zielsetzungen sichtbar werden. U m nun auch unter diesen Bedingungen tragfähige Entscheidungen treffen zu können, muß es hier Möglichkeiten zu einem Interessenausgleich geben. Wie es sich später i m Zusammenhang m i t der Implementation noch näher zeigen wird, w i r d aber auch diese Möglichkeit von dem hier angewandten Verfahren mehr oder weniger nahtlos eröffnet. Denn ein vollständiges Austragen von Meinungsverschiedenheiten i m Wege von Informationsverarbeitungsprozessen schließt ja i n letzter Konsequenz mit ein, daß die Verpflichtung für ein bestimmtes Änderungskonzept auch durch die Befriedigung begründbarer Interessen erfolgen kann. Bei der Durchführung dieses Interessenausgleichs kommt es allerdings der Führung sehr entgegen, daß die Beteiligten i n der Regel jeweils nur selektiv und somit nur unter Berücksichtigung der Folgen für den eigenen Geschäftsbereich auf bestimmte Lösungsvorstellungen reagieren. Der vorgesehene Interessenausgleich zwingt daher zumeist nur dazu, die negativ empfundenen Folgen für den Status oder das unmittelbare Aufgabengebiet einzelner Mitarbeiter zu beheben. Der Interessenausgleich kann hier also erfolgen, ohne daß man damit die geplante Gesamtkonzeption der Änderung i n Frage zu stellen hätte. 4.3.3. Sachliche und soziale Folgen Die i n diesem Fall angewandten Entscheidungskriterien führen dazu, daß die gegebene Problemkomplexität einer Organisationsänderung i n ihrer ganzen Breite erfaßt wird. So begünstigen diese Entscheidungskriterien schon einmal eine annähernd optimale Erfassung und Verarbeitung der tatsächlich entscheidungserheblichen Informationen. Wie es sich schon an den verschiedenen Planungen zeigt, erreicht man i n diesem Fall daher auch eine sprichwörtlich hohe sachliche Regelungsfähigkeit. Während man i n den anderen Fällen noch gezwungen sein dürfte, bei der Durchführung der Organisationsänderung mit äußeren Verhaltenszwängen zu arbeiten, dürfte es hingegen i n diesem Fall noch am ehesten gelingen, die Durchführung nach Erfordernissen einer auch inhaltlich angemessenen Problemlösung vorzunehmen. Wie w i r gesehen haben, begünstigt hier die Form der Entscheidungsfindung nicht nur eine optimale Informationsverarbeitung, sondern gibt 8*

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4. Entscheidungsfindung u n d Autorisierung

den Beteiligten zumindest i n einem gewissen Umfang die Möglichkeit, bei der Durchführung der Organisationsänderung ihre eigenen Interessen zu vertreten. Von der Entscheidungsfindung her sind also i n dieser Weise auch positive Wirkungen für die Akzeptanzbildung zu erwarten. So w i r d ja i n diesem Fall auch nicht mehr unterstellt, daß sich die Bereitschaft, eine wo möglich auch i n persönlicher Hinsicht folgenschwere Änderung zu akzeptieren, bereits aus den allgemeinen Mitgliedschaftsverpflichtungen ergeben kann. Wie es sich an den Bedingungen, unter denen hier Entscheidungen getroffen werden, bereits zeigt, wünscht man sich i n diesem Fall vielmehr, daß man den getroffenen Entscheidungen möglichst aus Überzeugung i n der Sache, wenn nicht gar aus einem persönlichen Vorteil heraus folgt. Insoweit könnte hier die Akzeptanz einer Änderung auch durch eine A r t von Motivation getragen werden, die nun ihrerseits — und zwar auf Verhaltensebene — eine Identifikation m i t der Änderung selbst zuläßt.

5. Implementation Bei der Implementation geht es um die systemweite Durchführung sowie Umsetzung einer geplanten Organisationsänderung. Gliedert man den Änderungsprozeß unter funktionellen Gesichtspunkten i n bestimmte Phasen ein, so handelt es sich bei der Implementation gerade um die Phase, i n der die eigentliche Umstellung der hergebrachten Organisation gemäß einer neu entworfenen Soll-Konzeption vorgenommen wird. M i t der Implementation gerät dann auch der Änderungsprozeß bereits i n jene Phase, i n der Planungslücken, Regelungsschwächen oder erste Widerstände auftreten können, i n der also schon über Erfolg oder Mißerfolg einer Organisationsänderung insgesamt entschieden werden kann. Es geht also nicht nur u m einen weiteren Prozeßabschnitt, sondern zugleich auch u m das Ergebnis der Organisationsänderung selbst 1 . Analytisch betrachtet geht es dabei zunächst um die Änderung der Organisation i m quasi gegenständlichen Sinn. Zu fragen wäre hier etwa nach den tatsächlich all der Aufbauorganisation bzw. Aufgabengliederung vorgenommenen Änderungen. Unter dem Aspekt des Erfolgs ließe sich hier etwa nach der Reichweite der vollzogenen Änderungen oder aber nach den i m Vergleich zur Soll-Konzeption tatsächlich vollzogenen Änderungen fragen. Zum anderen geht es hier wiederum u m die A b wicklung der Organisationsänderung als sozialen Prozeß. Unter diesem Aspekt geht es hier u m die faktische Verhaltens- oder einstellungstnäßige Akzeptanz der Änderung durch Beteiligte und Betroffene. Bei diesen sachlichen und sozialen Aspekten handelt es sich wohlgemerkt um analytische Unterscheidungen, die sich i m Raum praktischer Erfahrungen bzw. faktischen Erlebens aufzuheben oder i n Übereinstimmung zu geraten vermögen. Stellt man i n diesem Zusammenhang vergleichsweise stärker auf den Prozeß oder Vorgang der Implementation ab, so geht es dabei u m die Fragen, wie n u n die Umstellungen bzw. Änderungen an der Aufbauorganisation vorgenommen und welche sozialen Maßnahmen dabei zum Zweck der Akzeptanzbildung angewandt werden. Was i n diesem Sinn 1 Z u diesen beiden Aspekten Randall L. Schultz / Dennis P. Slevin, A Program of Research on Implementation, i n : dieselben (Hrsg.), Implementating Operations Research /Management Science, NeW Y o r k 1973, insbesondere S. 32 sowie Erhard Blankenburg, Research Concept for the Study of I m p l e mentation, International Institute of Management, B e r l i n 1975, der insbesondere das Verhältnis zur Evaluation u n d Wirkungsforschung betont.

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5. Implementation

als Implementationsstrategie zum Tragen kommt, hängt nun von den i m Prozeß selbst entwickelten Möglichkeiten ab, die Ein- und Durchführung der Änderung unter den genannten Aspekten zu steuern. Dabei handelt es sich allerdings nicht nur u m bewußt geplante und speziell für diesen Zweck vorgesehene Maßnahmen; aus funktioneller Sicht sind hierbei zudem sich alle weiteren quasi stillschweigend durchsetzenden, aber gleichermaßen „implementationsrelevanten" Wirkungen der vorausgegangenen Phasen zu berücksichtigen. So kann ja m i t der Anwendung eines bestimmten Machtmittels bei der Entscheidungsfindung bereits darüber bestimmt werden, welches Anreizangebot bzw. welche Motivationsmittel sich i n der Implementationsphase überhaupt noch einsetzen lassen. Ob und inwieweit es sodann bei der Implementation zu den jeweils gewünschten Wirkungen kommt, hängt schließlich wieder von einem speziell „geordneten" Zusammenspiel dieser Maßnahmen und vorausliegenden Situationsbedingungen, wie etwa der A r t an überbrachter Änderungsbereitschaft, ab.

5.1. Allgemeine Bedingungen der Akzeptanzbildung Bei öffentlichen Verwaltungseinrichtungen handelt es sich typischerweise nicht schon u m Systeme, die gewissermaßen automatisch nach einer Rationalisierung oder Verbesserung ihrer Strukturen und Arbeitsabläufe streben. Wenngleich öffentliches Handeln i m allgemeinen ein relativ hohes Maß an Berechenbarkeit erzielt, ist für den Fall einer Organisationsänderung doch eher damit zu rechnen, daß es beim Ablauf solcher Prozesse zu erheblichen Unwägbarkeiten kommt. Daß i n Organisationsänderungen nicht die quasi logisch richtigen und insoweit auch automatischen Reaktionen auf einen Änderungsreiz zu sehen sind, mag schon einmal darin liegen, daß in Änderungsprozessen regelmäßig auch auf kollektiver Ebene, also zwischen einzelnen Untereinheiten, unterschiedliche Interessen und Ziele vertreten werden. Darüber hinaus ist auch schon insoweit nicht m i t eijiem gleichsam automatischen Ablauf von Änderungsprozessen zu rechnen, als man eben auch auf individueller Ebene, also m i t Blick auf die einzelnen Beteiligten und Betroffenen, die jeweils gewünschten Reaktionen nicht unbesehen unterstellen kann. Da sich Organisationsänderungen also offensichtlich nicht schon unter dem Zwang der Verhältnisse von allein durchsetzen, muß man sich um ihre Implementation bzw. Akzeptanz auch ausdrücklich bemühen. Wenngleich es in den untersuchten Fällen vereinzelt auch zu kollektiven bzw. gruppenmäßigen Reaktionen kommt, stellt sich hier das Implementationsproblem vorzugsweise doch auf der zuletzt erwähnten

5.1. Allgemeine Bedingungen der Akzeptanzbildung

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individuellen oder personalen Ebene. Ob bzw. inwieweit es zu einer erfolgreichen Durchsetzung oder Akzeptanz der Änderung kommt, ist i n den untersuchten Fällen daher auch überwiegend von der individuellen Änderungsbereitschaft der jeweils betroffenen oder beteiligten Bediensteten der Landkreisverwaltungen abhängig. So gesehen geht es zunächst auch einmal um die motivationalen Voraussetzungen der Ä n derungsbereitschaft. I m einzelnen kann es hier durch veränderte Unterstellungsverhältnisse, durch Status- bzw. Funktionsverluste, gegebenenfalls aber auch durch den Verlust bisher geschätzter Kollegen- oder Freundeskreise zu ausgesprochenen Belastungen kommen. Zum anderen sind bei der Änderungsbereitschaft auch gewisse kognitive Voraussetzungen zu berücksichtigen. I n dieser Hinsicht kann sich dann eine aufgabenmäßige Mehrbelastung oder eine nicht mehr kalkulierbare Leistungsherausforderung als nachteilig für die Änderungsbereitschaft erweisen. Wenn die geplanten Änderungen mit den erwarteten positiven Folgewirkungen oder Leistungsgewinnen vollzogen werden sollen, sind also diese Bedingungen einer Akzeptanz von Organisationsänderungen zu bedenken. Inwieweit und mit welchen Mitteln es gelingen wird, die Änderungsbereitschaften zu mobilisieren, w i r d nun seinerseits von den typischen Berufsauffassungen und beruflichen Werthaltungen der Bediensteten abhängen 2 . Zum einen ist in diesem Zusammenhang zu fragen, inwieweit die A r t der Rollenausführung öffentlicher Bediensteter überhaupt noch durch das traditionelle Beamtenethos, genauer gesagt, durch die Sozialisationswirkung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums geregelt wird. I n diesem Fall würde eine stillschweigende A n passung an neuen Rollenanforderungen von den Betroffenen als normale Mitgliedschaftsverpflichtung und insoweit auch als selbstverständlich betrachtet werden. Zur Durchsetzung einer Organisationsänderung bedürfte es in diesem Fall voraussichtlich nur eines Appells an solch traditionelle Gebote wie etwa dem der allgemeinen bzw. unbedingten Gehorsamspflicht. Darüber hinaus kann es allerdings so sein, daß man den beruflichen Verpflichtungen aus dem vergleichsweise profanen G r u n d des Gelderwerbs nachkommt. I n diesem Fall orientiert man das eigene Handeln nicht schon an Kriterien einer besonderen Berufstandsmoral, sondern 2 Z u m Zusammenhang von Berufsauffassungen u n d A r t der Rollenausführung vgl. Horst Bosetzky, Selbstverständnis u n d Ansehen des öffentlichen Dienstes, i n : Eberhard Laux (Hrsg.), Das Dilemma des öffentlichen Dienstes, Bonn 1978, S. 105 ff. sowie Rainer Koch, Berufsethos u n d Rollenausführung öffentlicher Bediensteter, i n : A. Remer (Hrsg.), Verwaltungsführung, Probleme u n d Strategien der Steuerung öffentlicher Verwaltungen, B e r l i n 1981 ; zu den analytischen Unterscheidungen vgl. allerdings auch Wolfgang Laupert, Leistungsprinzip u n d Emanzipation, F r a n k f u r t / M . 1971, S. 199 ff.

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5. Implementation

an ökonomischen Nutzenkalkülen. I n solchen Fällen w i r d man auch Veränderungen am eigenen Arbeitsplatz nur insoweit akzeptieren, als einem dadurch entstehende Mehrbelastungen durch i n etwa proportional entsprechende Gegenleistungen ausgeglichen werden. M i t einer Unterstützung der Organisationsänderung kann i n diesem Fall also nur gerechnet werden, soweit es i n diesem Sinne zu einem gerechten „Tausch" zwischen Dienstherrn und Bediensteten kommt. Schließlich ist i n diesem Zusammenhang nicht gänzlich ausgeschlossen, daß man eine Organisationsänderung — auch unabhängig von einem persönlichen Kosten/Nutzen-Vergleich — schon wegen ihres sachlichen Anliegens bzw. ihrer technischen Qualität unterstützt. M i t entsprechenden Reaktionen wäre auch schon insoweit zu rechnen, als sich Bedienstete m i t gewissen übergreifenden Organisationszielen der öffentlichen Verwaltung, namentlich der Effizienz und Effektivität öffentlichen Handelns, identifiziert haben. I n solchen Fällen ließe sich also die Übernahme einer Organisationsänderung bereits durch ein sachlich überzeugendes Änderungskonzept begünstigen. Da es sich allerdings bei einer Identifikation m i t solchen Oberzielen nicht gerade um typische berufliche Orientierungen öffentlicher Bediensteter handeln dürfte, dürfte diese Möglichkeit auch nur vergleichsweise selten gegeben sein. Wenn hier auf diese beruflichen Orientierungen verwiesen wird, dann darf damit nicht das Mißverständnis entstehen, als ob sich i n der öffentlichen Verwaltung Organisationsänderungen immer nur unter Berücksichtigung dieser individuellen Bedingungen einer Änderungsbereitschaft vollziehen ließen. Wie es sich schon aus allgemeinen dienstrechtlichen Regelungen ergibt, hat der Dienstherr genau umgekehrt die Möglichkeit, Organisationsänderungen zumindest i m Rahmen gewisser Bandbreiten (Personalvertretungsrecht, Rationalisierungsschutzabkommen) gegebenenfalls bedingungslos zu erzwingen und i n dieser Weise die Folgebereitschaft auch zum K r i t e r i u m eines weiteren Verbleibs im öffentlichen Dienst zu machen. Wenn sich damit also nicht schon die Frage beantworten läßt, ob Änderungen überhaupt durchführbar sind, dann läßt sich ausgehend von diesen individuellen Bedingungen einer Änderungsbereitschaft allerdings doch schon ausmachen, m i t welcher Qualität voraussichtlich Organisationsänderungen vollzogen werden. Denn je nach dem, i n welcher Weise mit der Organisation der Implementation auf diese individuellen Bedingungen der Änderungsbereitschaft Rücksicht genommen wird, w i r d auch der Grad an bereitwilliger Teilnahme auf Seiten der Betroffenen und somit auch die voraussichtliche Funktionstauglichkeit der Organisationsänderung selbst unterschiedlich ausfallen,

5.2. Organisation der Implementation

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5.2. Organisation der Implementation M i t der Organisation der Implementation w i r d einem engeren Sinn entsprechend festgelegt, wie i n dieser kritischen Phase des Änderungsprozesses die Autoritätsverteilung und der Kommunikationsverlauf unter den Beteiligten aussehen soll 3 . Die jeweils angewandte Organisationsform kann damit auch schon einen ersten Rahmen dafür bieten, wie die gegebenenfalls während der Implementation auftretenden Motivations- und Informationsverarbeitungsprobleme zu regeln sind. Insbesondere ist an der jeweiligen Organisationsform bereits recht gut zu erkennen, welches Anreizangebot sich in jedem Einzelfall entwickeln läßt, um nun die in diesem Zusammenhang ausschlaggebende Änderungsbereitschaft der Beteiligten und Betroffenen zu mobilisieren. Wenngleich es i n dieser Hinsicht nur einen begrenzten Spielraum gibt, böte es sich gerade an dieser Stelle an, m i t Hilfe eines geplanten Vorgehens (Implementationsstrategie) eine erfolgreiche Durchführung der Organisationsänderung zu begünstigen. Wie w i r es allerdings bereits wissen, w i r d i n dieser Phase nicht schon auf eine besondere Implementationsstrategie zurückgegriffen. Was also in den untersuchten Fällen als Implementationsstrategie zum Zuge kommt, entspricht bereits den ansonsten schon gegebenen Führungsgepflogenheiten und Führungsphilosophien. Insofern geht es i m folgenden auch darum, nun die jeweils implementationsrelevanten Wirkungen der bereits i m Prinzip bekannten Führungsstile herauszuarbeiten. 5.2.1. Implementation

durch die Hierarchie

Für die Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße ist zunächst eine vergleichsweise weitgehende Ausdifferenzierung der Implementation unter zeitlichen und sachlich-funktionellen Gesichtspunkten typisch. So läßt sich für diesen Änderungsprozeß nicht nur Anfang und Ende der Implementationsphase eindeutig feststellen, sondern ebenso, daß die einzelnen denkbaren Phasen eines Änderungsprozesses auch unter sachlichen Gesichtspunkten nicht überlappen. Die Implementation dient hier also von vornherein dem bloßen Vollzug einer bestimmten Änderungskonzeption, nicht jedoch i n irgendeiner Weise der noch näheren inhaltlichen Präzisierung oder Anpassung einer Änderungskonzeption an situationsspezifische Besonderheiten. Diese scharfe Trennung einzelner Phasen nach funktionellen Gesichtspunkten kann sich zum einen durch3 Z u Fragen einer i n diesem Sinn speziellen Änderungsorganisation Heribert Meffert, Die Durchsetzung von Innovationen i n der Unternehmung u n d i m M a r k t , i n : Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1976, Heft 2, S. 88/89.

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5 Implementation

aus positiv für den Aufbau einer sachlich angemessenen Regelungsfähigkeit erweisen; zum anderen ist freilich zu bedenken, daß eben i m Rahmen einer solchen „Konzeption der vollendeten Tatsachen" kein Raum mehr besteht, das Objekt der Änderung (Aufbauorganisation; Aufgabengliederung) in irgendeiner Weise selbst zum Anreiz der Änderungsbereitschaft zu machen. Wenn es bisher auch noch i n keiner Phase des Änderungsprozesses zu einer inhaltlichen Beteiligung niedrigrangiger Mitarbeiter gekommen ist, so widerspricht es nun allerdings den Führungsprinzipien dieser Landkreisverwaltung keineswegs, die bisher vom Änderungsprozeß eigentlich ausgeschlossenen Mitarbeiter zu den Umsetzern bzw. Implementationsträgern zu machen. So werden die Abteilungsleiter einen Tag nach der Klausurtagung m i t den Dezernenten (Oktober 1976) vom Landrat über die Konzeption der geplanten Änderung informiert und zugleich angewiesen, diese Änderung unter der Gesamtleitung des büroleitenden Beamten zum 1. Januar nächsten Jahres durchzuführen. Wie schon bei der Vorbereitung und bei der Entscheidung über die Änderungskonzeption w i r d also auch i n dieser Phase nicht auf eine organisatorisch speziell ausdifferenzierte Änderungsorganisation zurückgegriffen, sondern dem normalen Geschäftsgang entsprechend auf die herkömmlichen hierarchischen Gliederungen. Demgemäß sind auch die Abteilungsleiter wiederum angehalten, ihre eigenen Untergebenen i m Rahmen von Abteilungsbesprechungen von den geplanten Änderungen ins B i l d zu setzen, so daß die Organisationsänderung letztlich auch über die Hierarchie der Vorgesetzten/Untergebenen-Verhältnisse implementiert wird. M i t dem für diese Landkreisverwaltung typischen Grundsatz, die Organisationsänderung nach bekannten Bedingungen durch die Hierarchie vollziehen zu lassen, verbindet sich zunächst einmal der Umstand, daß gemäß der Unterscheidung von Anordnimg und Durchführung die Führungsspitze in der Sache entscheidet und die Hierarchie bzw. der Verwaltungsapparat zur Durchführung einer mehr oder weniger feststehenden Konzeption angewiesen wird. I m Rahmen dieser Vorgehensweise ist dann auch eher typisch, daß an der Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung auf das Kommunikationsmittel der Anweisung zurückgegriffen und die Änderungskonzeption (inklusive ihrer gegebenenfalls individuell brisanten Folgewirkungen) quasi „quoram publicum" und somit i n den turnusmäßig stattfindenden Routinebesprechungen (Abteilungsleiter- und Abteilungsbesprechungen) vermittelt wird. Die typischen Kommunikationsformen der Hierarchie lassen es also zum anderen weniger oft zu, daß die kritischen Folgewirkungen der Organisationsänderung ζ. B. für den Status und den Aufgabenbereich eines einzelnen Mitarbeiters nun auch als persönlich bedeutsame Einzelfälle

5.2. Organisation der Implementation

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behandelt werden. Einer Regel entsprechend werden hier die Folgewirkungen der Organisationsänderung nicht i n „Vier-Augen-Gespräche" zwischen Führungsspitze und direkt Betroffenen besprochen. Darüber hinaus führt die Anwendung der Hierarchie als Implementationsinstrument zu zwei weiteren, gleichfalls bedeutsamen Folgewirkungen. M i t der Überantwortung der Implementation an die Hierarchie verbindet sich ja auf Seiten der Führungsspitze die Einstellung, daß bereits m i t der Anweisung als solcher die Gewähr für einen gewissermaßen bedingungslosen oder von nun an mechanisch ablaufenden Vollzug gegeben sei. V o m Zeitpunkt der Anweisung an kann sich hier also — und zwar relativ unabhängig von der „Bedeutsamkeit" einer Änderung — die Erwartung breit machen, daß die angewiesene Sache den allgemeinen Regeln des Geschäftsganges entsprechend und somit auch ohne ein besonderes Bedürfnis nach Rückkopplung erledigt wird. I n dem von uns untersuchten Fall führt dann auch die Überantwortung der Implementation an die Hierarchie dazu, daß sich die eigentliche Führungsspitze, also der Landrat, relativ schnell (aus welchen persönlichen Motiven auch immer) von der „Reorganisationsszene" zurückzieht. So kommt es zwar auf verschiedenen weiteren Abteilungsleiterbesprechungen noch zu Aussprachen über die zu vollziehende Organisationsänderung; dem Vernehmen nach t r i t t der Landrat jedoch nicht mehr als ein eigentlicher „Promoter" oder „Impulsgeber" für die I m plementation der Änderung auf. Den bürokratischen Arbeitsverfahren entspricht es nun allerdings, delegierte Aufgabenstellungen i m Falle ihrer konflikthaften Zuspitzung von den unteren Rängen wieder noch oben zu geben und i n dieser Weise zu re-zentralisieren. Bemerkenswerter Weise stoßen w i r nun i n diesem Fall auf gewisse institutionelle Sicherungen, die einen solchen Prozeß der Re-Zentralisierung von vornherein verhindern sollen. So ist ja der büroleitende Beamte fortan nicht nur für die Abwicklung der Implementation von zentraler Stelle her verantwortlich, sondern er übernimmt i m weiteren Prozeß der Implementation auch relativ eindeutig die Funktion eines „gate-keepers" für den Führungsbereich i m engeren Sinn 4 . I n verschiedenen Fällen gelingt es i h m dabei auch, Partizipationsversuche unterer Ränge und somit Forderungen nach einer erneuten Diskussion der Inhalte der Änderung abzuweisen. Dabei w i r d allerdings nicht nur auf das Sanktionspotential der eigenen herausgehobenen Position zurückgegriffen, sondern ebenso der Gesichtspunkt der „Sachgesetzlichkeit" sowie die Verpflichtung gegenüber externen Instanzen, insbesondere dem Rechnungshof, angesprochen. Soweit nun das Organisationsreferat überhaupt Funktionen bei der Implementation 4 Zu entsprechenden Vergleichsbeispielen Richard H. Hall, Organizations: Structure and processes, Englewood Cliffs, 1977, 2. Auflage, S. 312/313.

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5. Implementation

übernimmt, liegen sie i n etwa auf dieser gleichen Linie. Insgesamt gesehen entspricht hier dem Rückzug der Führungsspitze der Versuch, mögliche Prozesse der Re-Zentralisierung durch spezielle Mechanismen von vornherein aufzufangen. Wie w i r an anderer Stelle bereits erwähnt haben, ist in diesem Fall die Implementation von vornherein i m Sinne eines Handstreiches bzw. einer Überrumpelung geplant gewesen. Hierzu gehört schon einmal die mehr oder weniger vollständige Schließung der offiziellen Kommunikationskanäle zum Zeitpunkt der Vorbereitung und Entscheidung. Unter dem Gesichtspunkt des Handstreiches dürfte sich der Rückgriff auf die Hierarchie auch insoweit als funktional erweisen, als sich eben unter dieser Bedingung die Durchführung einer Änderung gewissermaßen als Routineproblem und insoweit auch ohne weiteren Begründungszwang vornehmen läßt. Zudem läßt sich i m Rahmen eines solchen Verfahrens eine Änderung kurzfristig ansetzen (Zeit zwischen Ankündigung und Durchführung beträgt einen Monat), wie sich unter diesen Bedingungen (insbesondere Verhinderung von Re-Zentralisierungen) Organisationsänderungen ebenfalls nach feststehenden Endterminen abschließen lassen. Wenn sich i n dieser Hinsicht noch einige Vorteile ausmachen lassen, so zeigt sich allerdings an verschiedenen anderen Punkten, daß diese Organisationsform der Implementation relativ schnell auf die Grenzen ihrer Belastbarkeit bzw. Funktionstauglichkeit zu stoßen vermag. So macht man im Rahmen dieser Vorgehensweise ja gerade jene Mitarbeiter zu den eigentlichen Implementationsträgern bzw. Umsetzern, die schon selbst — und zwar in der Regel als Abteilungsleiter — negativ von der Änderung betroffen sein können. Da von diesen Zwischenvorgesetzten gegebenenfalls von vornherein abweichende Ziele und Interessen verfolgt werden, ist auch gar nicht auszuschließen, daß sie die ihnen i m Zusammenhang der Implementation zugedachten Rollenverpflichtungen als ausgesprochen diskrepant und konflikthaft empfinden. Die Überantwortung der Implementation an diese Gruppe von Vorgesetzten macht es daher auch geradezu unwahrscheinlich, daß die einmal angewiesene Änderung auch nur m i t dem zumindest routinemäßig zu erwartenden Engagement an der Basis der Organisation umgesetzt wird. Darüber hinaus kann sich dieses Vorgehen allerdings auch unter sachlichen Gesichtspunkten als störanfällig erweisen. Soweit man sich bei der Implementation einer Organisationsänderung lediglich der jeweiligen Zwischenvorgesetzten bedienen w i l l , muß man ja zumindest stillschweigend davon ausgehen, daß sich alle weiteren, während des Vollzugs der Änderung auftretenden Probleme durch diese Vorgesetzten, und zwar bereits aufgrund ihrer jeweiligen persönlichen Führungs- oder Handlungskompetenzen, regeln lassen. Wenngleich es sich hierbei um

5.2. Organisation der Implementation

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einen sehr unkomplizierten Versuch handelt, i m Vollzug der Änderung eine sachlich angemessene Regelungsfähigkeit zu bewahren, muß er doch schon insoweit scheitern, als es eben gerade auf dieser Ebene des Verwaltungsapparates an den Fähigkeiten zur Behandlung auch nur gering innovativer Vorhaben fehlt. Die hier sichtbar werdenden Schwierigkeiten wiegen zudem so schwer, weil ja m i t der einmal vorgenommenen Delegation der Implementationsaufgabe der gesamte Prozeß sodann auch seine herausgehobene zentrale Steuerung durch den Landrat selbst verliert. 5.2.2. Implementation

über die Führungsspitze

Die Organisation der Implementation i m Fall der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen w i r d durch eine Zahl prozeßübergreifender Besonderheiten beeinflußt. Da hier der Änderungsprozeß quasi parallel zu den eigentlich vorbereitenden Arbeiten im Landkreistag vollzogen wird, gibt es hier schon einmal objektiv betrachtet nur geringe Möglichkeiten, diesen Prozeß überhaupt zu planen oder absichtsvoll zu steuern und zu gestalten. Zum anderen kann allerdings auch nicht für die Führungsspitze behauptet werden, daß sie die Organisationsänderung als ein irgendwie besonders zu behandelndes Innovationsproblem anerkennt. Auch schon aus diesem Grund kommt es also zu keiner organisatorisch besonderen Betreuung der Angelegenheiten, sondern muß die Organisationsänderung m i t Hilfe von Einzelentscheidungen vorangetrieben werden. Bei einem solchen Vorgehen ist dann schließlich nur selbstverständlich, daß nun auch die Implementation gewissermaßen in den Händen des Landrats selbst liegt, bzw. von der Führungsspitze her wahrgenommen wird. Diese verschiedenen Rahmenbedingungen führen dabei schon einmal dazu, daß dieser Änderungsprozeß keine vergleichbar eindeutige Phasengliederung erreicht. Da es hier aufgrund besonderer Bedingungen eben nicht gelingt, vorgängig ein endgültig ausgearbeitetes Änderungskonzept zu entwickeln, stehen sich hier die Implementation und die Vorbereitung einer Änderung auch nicht nach dem bekannten Schema von Anordnung und Durchführung gegenüber. Bei genauer Betrachtung ist für diesen Fall auch keine lupenreine Differenzierung nach einzelnen Phasen feststellbar, sondern genau umgekehrt ist für diesen Verlauf typisch, daß es zu einem Überlappen gedanklich unterscheidbarer Phasen oder zu einer funktionsmäßigen Vermischung kommt. Faktisch kommt es daher auch verschiedentlich zu sogenannten Iterationen zwischen den verschiedenen Phasen eines Änderungsprozesses. Da hier eben nicht erst „entschieden" und dann „implementiert" wird, bestehen dann auch immer noch Möglichkeiten, Veränderungen am Ände-

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5. Implementation

rungsobjekt quasi ad-hoc vorzunehmen und auf diese Weise das Änderungsobjekt selbst als ein Anreiz für die Änderungsbereitschaft einzusetzen. Sieht man von diesen Überlappungen einzelner Phasen ab, so ist dann für diesen Fall charakteristisch, daß die Implementation der Organisationsänderung schwerpunktmäßig von der Führungsspitze her und somit von dem Landrat selbst abgewickelt wird. So ist zwar auch hier zu erkennen, daß der Implementationsprozeß unter Benachrichtung der einzelnen hierarchischen Instanzen, und zwar i m Wege von Dezernenten- und Abteilungsleiterbesprechungen (27. 9. 76), quasi förmlich eröffnet wird. Die eigentliche Implementation i m Sinne der Durchsetzung bzw. Akzeptanzbildung erfolgt allerdings mitlaufend zu den einzelnen Modellentscheidungen (April, Mai 1976) überwiegend durch die Person des Landrats selbst. I n diesem Fall werden die Betroffenen von den gegebenenfalls negativen Folgewirkungen (Status- und Funktionsverluste von Abteilungsund Referatsleitern) also nicht routinemäßig oder gar wie i n Landau „quoram Publikum" informiert, sondern i m Wege von „Vier-AugenGesprächen" durch den Landrat. M i t diesen „Vier-Augen-Gesprächen" verbindet sich zunächst naturgemäß die Hoffnung, die Betroffenen allein schon durch die angebotene Chance, mit dem deutlich herausgehobenen Statusträger zu kommunizieren, zu einer Akzeptanz der Änderung zu bewegen. Dabei soll also das psychologisch bedeutsame Erlebnis einer „Sonderbehandlung" dazu führen, die gegebenenfalls nachteiligen Wirkungen einer Änderung zu akzeptieren. Diese Gespräche bieten allerdings nicht nur i n dieser Weise der einen Seite die Gelegenheit, die Betroffenen mit eher symbolischen oder manipulativen Techniken zu einer Verhaltens- oder Einstellungsänderung zu bewegen; so haben ja die Betroffenen im Wege dieser Gespräche durchaus die Möglichkeit, ihre eigenen Interessen in den Implementationsvorgang bzw. in das Entscheidungszentrum einzubringen. Soweit nun die Implementation der Änderung mit Hilfe direkter Durchgriffe des Landrats vorgenommen wird, besagt dies nun zugleich, daß die ansonsten gegebenen hierarchischen Zwischenstufen (namentlich die Abteilungsleiter) übersprungen, zumindest aber nicht als eigentliche Umsetzer oder Implementeure eingeschaltet werden. Hierfür spricht schon einmal die Tatsache, daß die Abteilungsleiter erst drei Tage vor dem Re-Organisationstermin von dem Landrat über die geplanten Änderungen informiert werden. Zum anderen w i r d die Führungszwischenschicht auch nicht oder nur unzureichend darüber informiert, zu welchen Absprachen oder Regelungen es i m Wege eines direkten Durchgriffs des Landrats auf die einzelnen Betroffenen gekommen ist. Damit

5.2. Organisation der Implementation

127

werden zwar den Zwischenvorgesetzten offiziell keine Rollen oder Funktionen bei der Implementation übertragen, gleichwohl müssen sie aber damit rechnen, daß die Folgewirkungen solcher Absprachen des Landrats direkt auch i n ihre Geschäftsbereiche durchschlagen. Dieses Vorgehen des Landrats birgt also von vornherein die Gefahr in sich, daß gerade die Fühungszwischenschicht beim Vollzug der Änderung durch ad-hoc auftretende Managementaufgaben überfordert wird. Die Beurteilung der voraussichtlichen Tauglichkeit dieser Organisationsform muß daher von vornherein zwiespältig ausfallen. So kann zwar das überaus starke Engagement des Landrats dazu beitragen, daß für den Prozeß der Änderung eine stete „zentrale" Steuerung gewahrt bleibt. I m übrigen bestünde damit auch eine gewisse Möglichkeit, die spätestens i n der Implementationsphase auftretenden negativen Folgen bisheriger Planungsversäumnisse gewissermaßen durch das M i t t e l der ad-hoc-Entscheidung aufzufangen. Soweit man mit einem solchen Vorgehen aber die hierarchischen Gliederungen von Verwaltungseinrichtungen übergeht, nimmt man sich damit allerdings zugleich die Möglichkeit, die Implementation mit Hilfe einer auf Dauer gestellten und zudem bis an die Basis der Verwaltungseinrichtung durchreichenden Organisationsform vorzunehmen. Da es hier also an einem eigentlichen organisatorischen Unterbau fehlt, ist schließlich auch damit zu rechnen, daß es i n diesem Fall relativ schnell zu einer deutlichen Überlastung der verfügbaren sozialen und sachlich-orientierten Steuerungsmöglichkeiten kommt. 5.2.3. Implementation

durch eine spezielle

Änderungsorganisation

I m Fall der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz stoßen w i r einerseits auf eine relativ klare funktionelle Differenzierung des Änderungsprozesses. So kann man hier relativ deutlich eine Phase der informationellen Vorbereitung (Beauftragung einer Beraterfirma) und der Entscheidungsfindung (Beratung i n der Projektgruppe) von einer Phase der Implementation sowie der späteren Evalution unterscheiden. Andererseits überschneiden sich jedoch diese Phasen i n Form jeweils geringer Anteile. So ist ja die Phase der Informationsverarbeitung (Einbindung der Abteilungen) als auch die der Entscheidungsfindung (Erweiterung der Projektgruppe) zugleich durch den Versuch der Akzeptanzbildung gekennzeichnet. Wenn hier also schon i m Prinzip von einer Phasenüberschneidung gesprochen werden kann, so gilt naturgemäß gleiches für die Implementation. So w i r d hier zwar mit einer bereits sehr detaillierten Rahmenkonzeption i n die Implementationsphase eingetreten; als Rahmenkonzeption ist dieses Änderungsmodell jedoch wieder für Einfluß-

128

5. Implementation

nahmen der direkt Betroffenen offen. Die Implementation dient somit funktionsmäßig nicht nur dem Vollzug feststehender Planungen, sondern ebenso der Bestimmung von Detailregelungen durch die Betroffenen selbst. I n diesem Fall ist somit wiederum die Möglichkeit gegeben, das Änderungsobjekt selbst bzw. die Möglichkeit zu seiner näheren Ausgestaltung als Anreiz für die Änderungsbereitschaft einzusetzen. I m Vergleich gesehen ist für diese Landkreisverwaltung charakteristisch, daß die geplante Organisationsänderung mit Hilfe einer relativ vollentwickelten Änderungsorganisation implementiert wird. Unter organisatorischen Gesichtspunkten handelt es sich dabei um einen Verbund neuartiger (Projektgruppe, Informationsmarkt) mit traditionellen Organisationselementen (Vorgesetztenhierarchie), der zum Zeitpunkt der Implementation die mit Daueraufgaben bedachte Routineorganisation funktionell überlagert. I m Rahmen dieser Organisation (die i m übrigen ja auch für die informationelle Vorbereitung gilt) kommt es dann i m Verlauf der Implementation zu einer relativ starken kommunikativen Vermaschung einzelner Hierarchieebenen bzw. zu einer relativ offenen Aufwärts- und Abwärtskommunikation analog einer Vollstruktur. Dementsprechend sind i m Rahmen dieser Organisation auch zwei i n etwa gegenläufige Prozesse feststellbar. So kommt es einerseits zu einer relativ intensiven zentralen und zugleich zielorientierten Steuerung des Implementationsprozesses auf der Basis der i n der Projektgruppe beschlossenen Rahmenkonzeption. Der Vollzug dieser Rahmenkonzeption i m technischen Sinne w i r d dabei von der Projektgruppe i m engeren Sinn, also vom Organisationsreferat, gesteuert und betreut. Die technischen Grundlagen für diese Aktivitäten bilden eine Organisationsverfügung sowie abteilungsbezogene Vollzugsplanungen, mit denen vorbeugend Versetzungen, gegebenenfalls Ausbildungsfragen oder auch Raumprobleme geregelt werden. Damit ist es dann auch das Organisationsreferat, das i m Verlauf der I m plementation vorrangig die Rolle des Fachpromotors übernimmt und somit gegenüber den Abteilungen sachliche Hilfestellungen anbietet. Die Beratungsfirma, die noch schwergewichtig an der Ausarbeitung der Änderungskonzeption beteiligt war, übernimmt also bemerkenswerter Weise keinerlei Implementationsfunktionen. Unter ähnlichen Aspekten ist nun auch der Landrat selbst i n diese Änderungsorganisation eingebunden. Der Landrat zieht sich i n diesem Fall also keineswegs frühzeitig von der Re-Organisationsszene zurück, sondern übernimmt selbst Implementationsaufgaben oder versucht durch seine bloße „soziale Präsenz" für den Zweck der Organisationsänderung zu werben. So nimmt er sich auch typischerweise der besonders kritisch Betroffenen der Organisationsänderung (funktionsmäßige

5.2. Organisation der Implementation

129

Rückstufungen) an und versucht eben durch direkten Kontakt und somit i n Form von „Vier-Augen-Gesprächen" die mehr oder weniger unausweichlichen Folgewirkungen der Organisationsänderung zu vermitteln. M i t seiner steten „sozialen Präsenz" vermag der Landrat zu einer deutlichen „Personalisierung" der Organisationsänderung beizutragen. I n dieser Weise werden also durch die „soziale Präsenz" des Landrats motivationsfördernde sowie vertrauensbildende Wirkungen ausgelöst 5 . Zum anderen fällt dem Landrat naturgemäß die Funktion eines „Machtpromotors" zu. Durch die Einbeziehung des Landrats ist also sichergestellt, daß i m Zweifelsfall eine zielorientierte Steuerung des Änderungsprozesses auch durch Machteinsatz erfolgen kann. Darüber hinaus ist nun der Implementationsprozeß durch eine vermehrte Zahl von „Aufwärts-Kommunikationen" gekennzeichnet. I n eine entsprechende Richtung verweist schon einmal die frühzeitige inhaltliche Beteiligung der verschiedenen Abteilungen an der Informationsverarbeitung (April 1976), wie i m übrigen auch die personelle Erweiterung der Projektgruppe, durch die eine vermehrte Zahl an direkt Betroffenen an den Entscheidungsprozessen beteiligt wird. Was den I m plementationsprozeß i m engeren Sinne anbetrifft, geht es hier allerdings einerseits u m den etwa 14-Tage vor der Umstellung selbst stattfindenden „Informationsmarkt". Bei diesem Informationsmarkt geht es der Absicht nach u m eine (kritische) Aussprache zwischen Führungsschicht (inklusive Projektgruppe) und einfachen Organisationsmitgliedern, bei der Forderungen und Bedenken gegenüber der geplanten Änderung vorgebracht werden sollen. Andererseits geht es dabei u m eine an die Abteilungen sowie Referate addressierte Aufforderung, durch eigene „aktive" Beiträge die vorgegebene Rahmenkonzeption nach „lokalen" Gesichtspunkten auszufüllen. Hierzu gehört die Regelung der abteilungs- und referatsinternen Geschäftsverteilung ebenso wie die M i t w i r k u n g bei der Stellenbesetzung i m allgemeinen und der Ernennung der stellvertretenden Referatsleiter i m besonderen. Schließlich ist i n diesem Zusammenhang noch zu berücksichtigen, daß die „Vier-Augen-Gespräche" des Landrats — nun umgekehrt betrachtet — für die Betroffenen eine weitere Möglichkeit der „Partizipation" am Vollzug der Organisationsänderung bieten. I m Vergleich gesehen setzt sich diese A r t der Implementation also i n verschiedenen Punkten recht deutlich von den andern Fällen ab. Die eigentliche Besonderheit i n diesem Fall ist dabei i n dem Umstand zu sehen, daß es hier durch die spezielle Organisationsform begünstigt zu einem geregelten, recht intensiven und alle Instanzen sowie Ränge 5 Z u m „Vertrauen" als Mechanismus der Reduktion von K o m p l e x i t ä t vgl. Niklas Luhmann, Vertrauen, Stuttgart 1973, 2. Auflage, S. 7 ff.

9 Speyer 86

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5. Implementation

überschreitenden Informationsaustausch kommt. Diese starke kommunikative Vermaschung einzelner Hierarchieebenen bietet einerseits dem Landrat und dem Organisationsreferat die Möglichkeit, dem Vollzug der Organisationsänderung eine zentrale und zu dem auch überlegte zielorientierte Steuerung zu geben. Andererseits bietet diese Vermaschung nun auch verschiedene Ansatzpunkte zu einer inhaltlichen Teilnahme oder Partizipation der Basisorganisationen. Durch das über die gesamte Organisation gestülpte Netz zusätzlicher Kommunikationsmöglichkeiten kann also die Implementation der Änderung auch an der Basis abgesichert werden. Aufgrund dieser organisatorischen Vorkehrungen ist also damit zu rechnen, daß man hier bereits aus dem Prozeß heraus sachliche und soziale Implementationsprobleme wirkungsvoll zu regeln vermag. 5.3. Anreizangebote M i t der Organisation des Implementationsprozesses können nun verschiedene, für die Aktivierung der Änderungsbereitschaft bedeutsame Motivierungseffekte ausgelöst werden. Den allgemeinen Regeln der Motivierung entspricht es dabei allerdings, daß den Merkmalen des Implementationsprozesses als solchen noch keine irgendwie geartete „objektive" Anreizqualität zukommt. Von einer Implementationsstrategie werden daher auch n u r insoweit Anreizwirkungen für eine A k t i v i e rung der individuellen Änderungsbereitschaft ausgehen können, als eben der Implementationsprozeß auch aus der Sicht und Einschätzung der betroffenen Bediensteten spezielle Gelegenheiten zu einer persönlich bedeutsamen Bedürfnisbefriedigung eröffnet. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit eines Anreizangebotes ist also nicht einseitig auf die M e r k male der Implementationsstrategie abzustellen, sondern muß das übergreifende Zusammenspiel von angebotenen Anreizen und mitgebrachten Motivationsstrukturen der Bediensteten i m Auge behalten werden 6 . Was nun die hier ausschlaggebenden Motivationen der Bediensteten anbetrifft, so haben w i r m i t verschiedenen Gegebenheiten zu rechnen. Zum einen haben w i r i n diesem Zusammenhang m i t einer sich vermutlich stärker ausbreitenden Orientierung an der „Reziprozitätsnorm" zu rechnen. Entsprechend diesen Orientierungen w i r d es also bedeutungsvoll, ob und inwieweit die i m Zuge einer Änderung abverlangten zusätzlichen Leistungen durch Gegenleistungen ausgeglichen werden. Wie 8 W i r folgen hier also Annahmen, w i e sie insbesondere von W e r t - E r w a r tungs-Theorien der M o t i v a t i o n entwickelt werden, vgl. dazu Edward E. Law1er, M o t i v i e r u n g i n Organisationen, Bern 1977, insbesondere S. 73 ff. sowie

Lutz von Rosenstiel, Arbeitsmotivation und Anreizgestaltung, in: K. Machar-

zina / W. A. Oechsler S. 55—77.

(Hrsg.), Personalmanagement, Bd. 1, Wiesbaden 1977,

5.3. Anreizangebote

131

bereits näher ausgeführt, kann die Änderungsbereitschaft darüber hinaus auch durch eine technisch oder sachlich überzeugende Regelung ausgelöst werden. I n diesem Fall muß allerdings eine gewissermaßen professionelle Orientierung oder eine Identifikation mit dem Gesichtspunkt der Effizienz oder Effektivität vorliegen. Schließlich ist auch noch damit zu rechnen, daß sich die Änderungsbereitschaft aus dem traditionellen Gehorsamsmotiv und somit aus einer diffusen Loyalität gegenüber dem Dienstherrn ergibt. M i t den i n den Landkreisverwaltungen verfügbaren „Anreizangeboten" ist man nun nicht schon i n der Lage, diesen Bedingungen einer individuellen Änderungsbereitschaft jeweils i n gleicher A r t und Weise gerecht zu werden. So gelingt es eben jeweils nur zu einem unterschiedlichen Ausmaß, bei der Änderung etwa einen Bezug zu „Oberzielen" herzustellen, eine sachlich überzeugende Regelung als Anreiz einzusetzen oder aber die Änderungsbereitschaft quasi i m Tausch zu „ w e r t gleichen" Gegenleistungen einzuholen. Je nach dem, wie es dabei gelingt, diesen unterschiedlichen Bedingungen einer individuellen Änderungsbereitschaft gerecht zu werden, lassen sich die „Anreizangebote" auch i m Sinne bestimmter Motivationsstrategien unterscheiden. 5.3.1. Strategie der Negativ-Motivation I n der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße werden keine besonderen Vorkehrungen zur Implementation der Änderung getroffen, sondern w i r d der Vollzug der Änderung der Hierarchie als eine Routineaufgabe überantwortet. Unter motivationalen Gesichtspunkten w i r d damit implizit oder explizit an der vermeintlichen Motivierungs- und Sozialisationswirkung der Mitgliedschaftsrolle angeknüpft. Unter dieser Bedingung geht also die Führungsspitze davon aus, daß es sich bei der Folgebereitschaft gegenüber einer geplanten Organisationsänderung noch um normale Erwartungen und somit um eine Mindestvoraussetzung für eine weitere Mitgliedschaft oder Verbleib handelt. Da hier eine besondere situationsspezifische Motivierung nicht für notwendig erachtet wird, fällt sodann auch das eigentliche Anreizangebot relativ schmal aus. So fehlt es hier schon einmal an wesentlichen Voraussetzungen, um etwa die Änderung selbst bzw. das damit verbundene Ziel wirkungsvoll als Anreiz für die Änderungsbereitschaft einsetzen zu können. I n diesem Zusammenhang ist zunächst der Umstand zu berücksichtigen, daß hier die Organisationsänderung nicht an behördenspezifischen „objektiven" Leistungsdefiziten anknüpft, sondern dem Typ nach eine Umstellung der internen Organisation nach extern vorgegebenen Maßstäben (Musterplan) vorsieht. Die geplante Organi9*

132

5. Implementation

sationsänderung ist also von vornherein nicht so geartet, als daß man ihre behörden- oder arbeitsplatzbezogene Problembeseitigungskraft oder ihre Leistungsfähigkeit i m Sinne einer Reformkonzeption als verhaltensverändernden Anreiz einsetzen könnte. Hinzu kommt allerdings i n diesem Fall, daß hier auch i m Wege der Implementation keine weiteren Anstrengungen unternommen werden, um einen möglichst engen Zusammenhang zwischen der durchzuführenden Änderung und den allgemeinen Oberzielen des Verwaltungshandelns — sei es die Leistungswirksamkeit oder die Publikumsorientierung — herzustellen. I n besonders negativer Weise macht sich hier der Umstand bemerkbar, daß die Änderung gewissermaßen unter Ausschluß der Mitglieder vorbereitet wurde. Es fehlt also (vor allem bei den niedrigrangigen Mitgliedern) schon einmal an den informationellen bzw. kognitiven Voraussetzungen, um solche Bezüge überhaupt erschließen zu können. Zudem w i r d hier auch nicht der Versuch gemacht, diesen Bezug zu den Oberzielen zumindest durch einen gezielten Einsatz der Person des Landrats sichtbar zu machen. Da hier der Landrat so gut wie gar nicht als „Umsetzer" auftritt, vermag er auch keine „Vorbild-Funktion" gegenüber den niedrigrangigen Mitgliedern wahrzunehmen. Es kommt hier also zu keiner „Personalisierung" der Organisationsänderung, so daß damit auch die Möglichkeit hinfällig wird, die gegebenenfalls diffuse Folgebereitschaft gegenüber der Person des Landrats als Anreiz für die Änderungsbereitschaft „auszuspielen". Damit fehlt es aber i n diesem Fall an Anreizen, die eben Mitglieder, die primär aus einem tätigkeitsbezogenen bzw. professionellen Interesse oder aus einer diffusen Loyalität gegenüber ihren Dienstherrn handeln, zu einer hinreichenden Änderungsbereitschaft zu motivieren. Darüber hinaus bestehen bei diesem Vollzug der Organisationsänderung auch keine Möglichkeiten, die Bediensteten durch Gegenleistungen für ihre subjektiv erfahrenen „Mehrbelastungen" und somit gemäß den Gesichtspunkten der Reziprozitätsnorm für die Organisationsänderung zu motivieren. So lassen es i n diesem Fall verschiedene organisatorische Vorkehrungen von vornherein nicht zu, daß die infolge der Organisationsänderung erwartbaren und i n der Regel schmerzhaft empfundenen Status- bzw. Funktionseinbußen durch eine vorausgehende Abänderung der Änderungskonzeption selbst aufgefangen werden können. Während ja i n den anderen Fällen für die kritisch betroffenen Mitarbeiter noch die Möglichkeit besteht, etwa durch ein „Vier-Augen-Gespräch" mit dem Landrat direkt ins „Machtzentrum" vorzudringen und die eigenen Interessen vorzutragen, gibt es i n diesem Implementationsprozeß institutionelle Vorkehrungen, die — wie etwa der Rückgriff auf hierarchi-

5.3. Anreizangebote

133

sehe Gliederungen oder die „gate-keeper-Funktion" des Büroleiters — als ausgesprochene Kommunikationsbarrieren zwischen Führungsspitze und niederrangigen Mitgliedern wirken. Die sodann auch faktisch prinzipiell geringe Bereitschaft, Konzessionen i n der Sache bzw. Abänderungen der Änderungskonzeption als Anreiz für die Änderungsbereitschaft einzusetzen, w i r d in besonderer Weise deutlich, wenn eben trotz schärfster Intervention der Betroffenen die ehemals „autonome" Kreiskasse als Sachgebiet i n die Finanzabteilung integriert und dem — i m Zuge der schrittweisen Auflösung von Sonderverwaltungen — eingegliederten Veterinärwesen als Organisationseinheit der Status eines Dezernats verwehrt wird. Und kommt es nun gleichwohl zu — wenn auch nur marginalen — Abweichungen von der Soll-Konzeption, so w i r d die dann vorgenommene Abweichung — wie eben i m Fall des weiterhin bei der Kommunalaufsicht verbleibenden Personenstandswesens — als notwendige Sachgesetzlichkeit dargestellt und i n dieser Weise wieder i n den übergreifenden Zweck-Mittel-Zusammenhang der Gesamtänderung eingebettet. Die Führungsspitze läßt also auch hier nicht den Eindruck entstehen, als ob sie eine „Verhandlungsposition" einnehmen und sich i m Wege des Tausches von Gegenleistungen um die Änderungsbereitschaft dieser Mitarbeiter bemühen würde. Dabei ist i n diesem Fall zudem auch nicht vorgesehen, daß die durch die Organisationsänderung ausgelösten Nachteile oder Mehrbelastungen nun etwa durch Vergünstigungen auf anderen Gebieten (etwa der Zusicherung künftiger Karrieremöglichkeiten) und somit kompensatorisch ausgeglichen werden. Die einzige Konzession, die i n dieser Hinsicht gemacht wird, ist darin zu sehen, daß man für den Fall unverträglich empfundener neuer Unterstellungsverhältnisse die A n wendung eines kooperativen Führungsstils vorschlägt. Wenn hier also nicht der Versuch gemacht wird, die Bediensteten quasi positiv zu einer Übernahme der Änderung zu motivieren, so heißt dies allerdings nicht schon, daß von der angewandten Implementationsstrategie überhaupt keine Motivationseffekte oder verhaltenswirksame A n reize ausgehen. So ist ja beispielsweise schon zu berücksichtigen, daß sich mit dem Vollzug der Organisationsänderung über die direkten Vorgesetzten/Untergebenen-Verhältnisse — wenn auch möglicherweise unbeabsichtigt — neue und andersartige Motivationsquellen erschließen lassen. Denn mit der Delegation des Vollzugs der Änderung an die A b teilungen sowie Referate w i r d nun auch die Arbeitsgruppe als ein wesentlicher Bezugsrahmen individuellen Verhaltens m i t ins Spiel gebracht. Die Delegation der Vollzugsaufgaben an die Basis der Organisation kann dann bei den Mitgliedern ein Empfinden verstärken, dem entsprechend sie sich i n ihrem Verhalten eben nicht mehr nur durch „externe" Instanzen, sondern ebenso durch die ohnedies als Instanz der

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5. Implementation

Verhaltensregulierung akzeptierten persönlichen Bezugsgruppen kontrolliert sehen. I n unserem Fall unternehmen daher auch die direkten Vorgesetzten gelegentlich den Versuch, die Organisationsänderung als ein „kollektiv" bzw. gruppenmäßig bedeutsames Problem zu definieren und auf diesem Wege individuelle Handlungszwänge auszulösen. Wenn man hier von offizieller Seite versucht, den Mitgliedern die Ä n derungsbereitschaft quasi als eine Routineverpflichtung abzuverlangen, so w i r d damit zudem deutlich, daß man hier zumindest auf die Motivationskraft der mit der Mitgliedschaft als solcher übernommenen Verpflichtungen setzt. Die motivierende Wirkung eines solchen Vorgehens ergibt sich dann auch aus dem Umstand, daß man durch Verstoß gegen solche Routineverpflichtungen gegebenenfalls die eigene weitere M i t gliedschaft, zumindest aber seine weiteren zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten aufs Spiel setzt. Das eigene Handeln w i r d demgemäß auch nicht von der Aussicht auf eine verbesserte und persönlich relevante Bedürfnisbefriedigung, sondern durch das Bemühen motiviert, ein solches Risiko abzuweisen. Die ausschlaggebende Motivation hat daher auch keinen positiven, sondern lediglich einen negativen Charakter. 5.3.2. Entwicklung

von

Neutral-Verhalten

I m Fall der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen erfolgt die Implementation der Organisationsänderung von der Führungsspitze her und somit in der Regel i m Wege eines direkten „Zugriffs" des Landrats auf die von der Organisationsänderung kritisch betroffenen Mitglieder oder Personengruppen. Aus dieser Organisationsweise der Implementation folgt dann auch konsequenterweise, daß beim Versuch der Verhaltensbeeinflussung bzw. der Aktivierung von Änderungsbereitschaften insbesondere auf die motivationsstiftenden Kräfte des Charismas des Landrats gesetzt werden muß. I n diesem Fall w i r d dann die Änderungsbereitschaft auch nicht schon als eine Routineverpflichtung abverlangt, sondern man versucht hier, die Änderungsbereitschaft durch Vorgabe von Anreizen und i n dieser Weise unter zumindest partieller Berücksichtigung der für die betroffenen Mitglieder relevanten Bedingungen zu entfachen. Das i n diesem Fall festzustellende Anreizangebot w i r d zu wesentlichen Teilen durch das Auftreten bzw. die starke Einbindung des Landrats i n den Implementationsprozeß vermittelt. So ergibt sich ja mit der steten „sozialen Präsenz" des Landrats die Gelegenheit, gegenüber den Betroffenen zu demonstrieren, welche große Bedeutung die geplante Organisationsänderung für die grundsätzlichen Anliegen und Zwecksetzungen der öffentlichen Verwaltung haben muß. Objektiv gesehen gibt es

5.3. Anreizangebote

135

hier zwar grundlegende Schwierigkeiten, von der geplanten Organisationsänderung selbst her einen solchen Zusammenhang zu den allgemeinen Oberzielen und entsprechenden Handlungsnotwendigkeiten der öffentlichen Verwaltung herzustellen. Wie w i r es ja wissen, gibt es hier aufgrund mangelhafter Planungen nicht genügend „Anschauungsmaterial", m i t dem sich ein solcher Zusammenhang überhaupt kognitiv erschließen ließe. Diese „kognitiven Lücken" lassen sich freilich zu gewissen Anteilen durch die starke „Personalisierung" des Implementationsvorgangs schließen. Da der Landrat ohnedies als glaubwürdiger Repräsentant bzw. Interpret allgemein bedeutsamer Anliegen gilt, reicht hier also weitestgehend schon sein persönliches Engagement, um diesen Bezug zu allgemeinen Zielen und Prinzipien öffentlichen Handelns glaubhaft werden zu lassen. M i t dieser Anknüpfung an allgemein bedeutsame Ziele und Prinzipien ist es dann auch relativ sicher, daß nun auf Seiten der Mitglieder korrespondierende Verpflichtungen geweckt und somit auf diese Weise auch eine diffuse Loyalität bzw. Identifikation m i t den Belangen des Dienstherrn zum grundliegenden Motiv der Änderungsbereitschaft werden kann. Eine besondere Wirkung in dieser Hinsicht dürfte das „Vier-Augen-Gespräch" und somit der direkte persönliche Kontakt mit dem Landrat erzielen. Darüber hinaus sind i m Rahmen dieses Implementationsprozesses ebenfalls die Bedingungen dafür gegeben, daß entsprechend der Reziprozitätsnorm auch ein Tausch von Gegenleistungen zum Anreiz für die Änderungsbereitschaft werden kann. Die damit von Seiten der Führungsspitze gegebene Bereitschaft, sich der Änderungsbereitschaft der Bediensteten tauschförmig zu versichern, zeigt sich während des A b laufs des Implementationsprozesses zudem i n zweierlei Hinsicht. Zum einen bietet hier die „Gesinde- bzw. Fürsorge-Orientierung" den Bediensteten die Gelegenheit, Änderungen i n der Änderungskonzeption (Konzession i n der Sache) durchzusetzen und i n dieser Weise die für sie nachteiligen Folgen aufzufangen. So gelingt es etwa schon, die i n der Regel schmerzhaften Funktions- und Statusverluste zu vermeiden, indem man die vorgesehene Zusammenlegung von Referaten nur der „äußeren" Form nach vollzieht und damit aber die alten Referate i n einer Unterscheidung von „a" und „ b " i m Rahmen einer übergreifenden Organisationshülse fortbestehen läßt. Weiterhin verzichtet man auch gelegentlich auf eine Neuzuweisung oder Trennung von Sachgebieten, um damit nicht „zusammengewachsene Einheiten" oder Gruppenbildungen i n einem soziologischen Sinn unnötigerweise zu zerreißen. So verzichtet man beispielsweise darauf, das Referat Personalstandswesen aus der Kommunalaufsicht herauszulösen und es der neu zu bildenden Abteilung „Ordnung, Sicherheit und Verkehr" zuzuweisen, da es sich hierbei u m eine stark teamförmig arbei-

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5. Implementation

tende und insoweit soziologisch gesehen um eine hoch integrierte A r beitseinheit handelt. I n diesem Fall sind es also gewisse „soziale" Bedürfnisse der Mitarbeiter, wie etwa das Zugehörigkeitsgefühl, die bei der Implementation zu einer „Konzession i n der Sache" führen. Wie weit eine entsprechende Konzessionsbereitschaft gehen kann, zeigt sich zudem i n dem Umstand, daß man hier — weit über die gesetzlichen Mindestregelungen hinaus — dem Veterinärwesen organisatorisch den Dezernatscharakter zuerkennt. Der hier typischen Vorgehensweise entsprechend handelt es sich hierbei allerdings nicht um strategisch abgewogene Maßnahmen, sondern diese Maßnahmen ergeben sich — wie noch näher auszuführen ist — relativ unbewußt und somit auch aus dem jeweiligen Zwang der Verhältnisse. Zum anderen ist man versucht, harte Entscheidungen auch durchzusetzen, versucht also, Abstriche am Konzept zu vermeiden, wobei man dann i n diesem Fall allerdings zugleich bereit ist, die nunmehr unvermeidlich negativen Folgen für die „Besitzstände" der betroffenen M i t glieder durch Gegenleistungen auf anderen Gebieten auszugleichen. So w i r d beispielsweise einem Mitarbeiter, dem i m Zuge der Abteilungsumbildung die Funktion des Abteilungsleiters genommen wird, schriftlich zugesichert, daß er bei nächster Gelegenheit, also bei kurzfristig zu erwartendem Übertritt des jetzigen Abteilungsleiters i n den Ruhestand, wieder i n die zuvor innegehabte Funktion aufrücken kann. Die Anwendung kompensatorischer Maßnahmen w i r d hier auch insoweit deutlich, als i n diesem Fall der Verlust der Funktion des Abteilungsleiters durch die gleichzeitige Übertragung der Funktion eines Ausbildungsleiters gemindert werden soll. Diese Tendenz, subjektiv empfundene „Mehrbelastungen" durch Gegenleistungen auszugleichen, ergibt sich einerseits aus den i n diesem Fall angewandten Führungsmitteln. So erweist sich ja das Charisma des Landrats nur so lange als ein funktionstaugliches Führungsmittel, als sich mit seiner Anwendung zugleich das „Wohlergehen" der Betroffenen sicherstellen läßt. Zum anderen w i r d hier eine solche Vorgehensweise durch die große Elastizität der Modellplanungen begünstigt, die sich i n diesem Fall aufgrund der Technik einstellt, alle Planungs- und Entscheidungsprobleme i n Form von „ad-hoc-Entscheidungen" zu regeln. Wenn es eben aus demselben Grund zu einer nur ungenügenden Regelungsfähigkeit oder Prozeßsteuerung unter sachlichen Gesichtspunkten (Zieldefinitionen, Maßnahmenbestimmungen) kommt, so werden bei diesem schrittweisen Vorgehen aber immerhin — und zwar anders als i n Landau — nicht von vornherein „Implementationschancen" vertan, oder aber — was die später noch anwendbaren Implementationsstrategien anbetrifft — Handlungskomplexität endgültig vernichtet. Während man i n Landau wegen der „harten" Unterscheidung

5.3. Anreizangebote

137

zwischen Vorbereitung/Anordnung und Durchführung kaum mehr die Möglichkeit hat, i m Verlaufe der Implementation auf andere M i t t e l der Verhaltensbeeinflussung „umzusteigen", bewahrt man sich hier in diesen Fragen offensichtlich eine größere Handlungsfreiheit. Zusammenfassend betrachtet ist für das i n diesem Implementationsprozeß entwickelte Anreizangebot zunächst typisch, daß hier die Änderungsbereitschaft nicht unbedingt als Mindestvoraussetzung einer weiteren Mitgliedschaft angesehen oder als Routineverpflichtung abverlangt wird. Wie w i r gesehen haben, gibt es hier vielmehr Versuche, die Änderungsbereitschaft der Bediensteten durch Einsatz von Anreizen und insoweit unter Berücksichtigung der für die Bediensteten verhaltenserheblichen bzw. relevanten Motive zu entfachen. Von diesen A n reizen w i r d dann auch zum einen eine diffuse Loyalität gegenüber dem Dienstherrn angesprochen, zum anderen der Erwartung der betroffenen Mitglieder entsprochen, daß Mehrbelastungen durch Gegenleistungen abzugleichen sind. M i t dieser Form der Aktivierung der Änderungsbereitschaft ist allerdings zunächst nur sichergestellt, daß die aktivierte Änderungsbereitschaft nicht — wie i m zuvor behandelten Fall — auf dem individuellen Versuch der „Schadensabwehr" aufbaut und i n dieser Weise negativ motiviert ist. Die hier zu unterstellende Form der A k t i vierung besagt daher also nicht schon, daß sich die Änderungsbereitschaft aus einer „Positiv-Motivation", also aus einer Übereinstimmung von sachlichem Anliegen der Organisationsänderung und persönlicher Motivation, ergibt. Gegen eine solche Vermutung spricht bereits die Tendenz, nach der die Änderungsbereitschaft zu weiten Teilen quasi „abgetauscht" und somit durch eine Befriedigung von Motiven entfacht werden muß, die nun der „Sache" nach nichts mit dem Anliegen einer Organisationsänderung zu tun haben müssen. Die Form der Aktivierung spricht i n diesem Fall eher dafür, daß die betroffenen Bediensteten weitgehend zu einer „uninteressierten Hinnahme" bzw. zu einem Neutral verhalten gegenüber der Organisationsänderung veranlaßt werden. Bei einer entsprechenden Reaktion muß man zwar einerseits nicht mit einem Widerstand gegenüber der Änderung rechnen; andererseits ist allerdings ebenso wenig damit zu rechnen, daß man aus eigenen Stücken den Vollzug begünstigt und i n dieser Weise eigene Initiativen oder „störungsabweisende" Handlungen vornehmen wird.

5.3.3. Strategie der Positiv-Motivation Wie w i r es bereits oben gesehen haben, w i r d i n der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz bei der Festsetzung und Durchsetzung der ge-

138

5. Implementation

planten Organisationsänderung auf die spezielle Regelungskraft eines mehr oder weniger systemweiten Austausches von Informationen und Meinungen gesetzt. Indem hier nun auch für die Implementationsphase auf die verhaltensbeeinflussenden Wirkungen einer solchen Verfahrensrationalität zurückgegriffen wird, w i r d hier auch nicht der Versuch gemacht, die geplante Änderung unter Hinweis auf allgemeine Mitgliedschaftsbedingungen oder i n Beanspruchung einer höheren personalen Entscheidungsfähigkeit durchzusetzen. Die hier vorgesehenen Implementationsmaßnahmen zielen vielmehr darauf, die auch subjektiv für eine Änderungsbereitschaft relevanten Motive als legitime Handlungsgrundlagen anzuerkennen. I m Vergleich gesehen handelt es sich hier also um den Fall, i n dem man die Änderungsbereitschaft gewissermaßen situationsbezogen und insofern unter Berücksichtigung subjektiv relevanter Umstände bzw. Bedingungen zu entfachen versucht. Das hier bei der Implementation entwickelte Anreizangebot zeigt zudem, daß von den Anreizen her betrachtet auch den unterschiedlich ausgeprägten individuellen Motiven und Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann. So ist i n diesem Fall der Re-Organisationsprozeß von vornherein so angelegt, daß hier ein allgemein wahrgenommenes Leistungsdefizit unter einer ebenfalls allgemein akzeptierten Zielsetzung, nämlich dem Gesichtspunkt der Effizienz- und Effektivitätssteigerung, behoben werden kann. Die Organisation der informationellen Vorbereitung sowie der Entscheidungsfindung i m engeren Sinn sind dabei zudem so gewählt, daß sich eben die „Sachverständigkeit" eines Lösungsbeitrags als vorzugsweise akzeptiertes Entscheidungskriterium durchzusetzen vermag. Von der ganzen Anlage der Organisationsänderung her geht es hier also auch nicht um die bloße Übernahme vorgegebener Regelungen, sondern um die Entwicklung von Organisationsmodellen mit großer Zweckeignung. Aufgrund dieser Gegebenheiten w i r d es dann auch im Implementationsprozeß einerseits möglich, allein schon die situationsspezifische „Problembeseitigungskraft" des entwickelten Organisationsmodells als Anreiz für die Änderungsbereitschaft einzusetzen. Diese Problembeseitigungskraft läßt sich schon einmal durch die verschiedenen Beteiligungsregelungen vermitteln. So haben die Mitarbeiter nicht nur bei der Vorbereitung, wie etwa bei der Diskussion des Organisationsvorschlags der Beratungsfirma i n den Abteilungen oder beim Informationsmarkt, sondern ebenso bei der Implementation i m engeren Sinn — speziell bei der Ausführung der Rahmenplanung — Gelegenheit, sich von der Zweckeignung zu überzeugen und sich somit mit der Problembeseitigungskraft auseinander zu setzen. Wenn hiermit Möglichkeiten gegeben sind, sich von der Zweckeignung der geplanten Änderung auf der Basis einschlägiger Informationen zu

5.3. Anreizangebote

139

überzeugen, so bietet das Implementationsverfahren insgesamt betrachtet zudem Gelegenheit, einen entsprechenden Eindruck gegenüber den Betroffenen gewissermaßen auch symbolisch (also mit Hilfe von Ersatzobjekten) zu vermitteln. So haben w i r es ja hier auch wieder m i t einem Fall zu tun, i n dem gerade der Landrat versucht, durch ein starkes persönliches Engagement Hinweise für die Zweckeignung oder Nützlichkeit der Änderung i m Sinne übergreifender Oberziele zu geben. Aus der Sicht der Betroffenen könnte es daher auch das Vertrauen i n den Landrat als einen zuverlässigen Interpreten allgemeiner Belange der öffentlichen Verwaltung sein, das die gegebenenfalls verbleibenden Zweifel und die verbleibende Ungewißheit über die offiziell beanspruchte Zweckeignung zu absorbieren vermag. Offen bleibt in diesem Zusammenhang allerdings wieder die Frage, ob nicht allein schon der direkte Kontakt m i t dem Landrat und somit das Erlebnis einer psychisch bedeutsamen Wertschätzung der eigenen Person ausreicht, um die betroffenen Bediensteten zur Übernahme oder gar aktiven Unterstützung der Änderung zu veranlassen. Auf jeden Fall sind hier aber günstige Bedingungen gegeben, daß man sich auch aus einem Interesse an der Sache, also auch einer intrinsischen Motivation heraus, zur Unterstützung der Änderung veranlaßt sieht. Darüber hinaus muß nun allerdings der Versuch, allein schon mit Hilfe eines gezielten Informations- und Meinungsaustausches zu einer wirkungsvollen Durchführung der geplanten Änderung zu kommen, auf Schwierigkeiten stoßen, sobald sich i m Implementationsverfahren unvereinbare Zielsetzungen bzw. Interessen einstellen. I n diesen Fällen sind tragfähige Problemlösungen auch nurmehr unter Berücksichtigung der kontrovers verbleibenden Interessen denkbar. Konsequenterweise gibt es daher hier auch die Möglichkeit, sich i m Bedarfsfall der Änderungsbereitschaft der Bediensteten auch i m Wege eines „Tausches" und somit nach den Gesichtspunkten der Reziprozitätsnorm zu vergewissern. Insbesondere zielt hier auch die Planung und Implementation der Organisationsänderung darauf, die für die Akzeptanz einer Änderung so kritischen Status- und Funktionsprobleme zu beheben. So versucht man diesen Problemen etwa schon insoweit vorzubeugen, als man sich die Vorteile einer „natürlichen Personalfluktuation" zu eigen macht und schon recht frühzeitig später einmal einzusparende Stellen nicht wieder besetzt oder nur kommissarisch verwalten läßt. Sodann ist man aufgrund dieser Gegebenheiten auch bereit, aus vorrangig personalpolitischen Gründen Abstriche an den Organisationsmodellen oder Planungsinhalten zu machen und somit Änderungen auf der Ebene der Referate quasi nur symbolisch durchzuführen. So werden zwar i n Einzelfällen Referate aufbauorganisatorisch zusammengelegt; die Leitung des Referats teilen sich dann allerdings die ehemaligen Referenten (Doppel-

140

5. Implementation

kopf-Referate) nach den jeweils eingebrachten Sachgebieten. Oder aber es sind Fälle bekannt, in denen bei Entzug der Aufgabe und der Position eines Abteilungsleiters wiederum das Recht zuerkannt wird, bis zur erneuten Übernahme einer entsprechenden Funktion die äußerlichen bzw. formalen Attribute beizubehalten (Titelführung, Teilnahmeberechtigungen etc.). I m Rahmen dieser relativ stark geplanten Vorgehensweise dürfte es damit auch gelingen, die Änderungsbereitschaft über die i n diesem Zusammenhang auch individuell bedeutsamen Handlungsmotive oder Bedingungen zu aktivieren. Während sich i n dem einen Fall die Motivation aus einer diffusen Loyalität oder einem sachlich übereinstimmenden Interesse ergeben könnte, dürfte i n dem anderen Fall die Aussicht auf weitere Statussicherheit (oder gar auf künftige Statusverbesserung) ausschlaggebend sein. Dabei spricht sogar einiges dafür, daß in diesem Fall — aufgrund allgemeiner Rahmenbedingungen sowie des speziellen Anreizangebotes — die Organisationsänderung zu erheblichen Teilen aus einem persönlichen Interesse an den dabei verfolgten sachlichen Zielsetzungen akzeptiert wird. So ist i n diesem Fall ja schon einmal ein nur geringer „Legitimitätsgrad" für die hergebrachte Organisation feststellbar, während die Notwendigkeit einer Änderung relativ weit verbreitet scheint. Sodann gelingt es hier zudem i m Änderungsprozeß, das sachliche Anliegen der Organisationsänderung und ihre Problembeseitigungskraft recht glaubwürdig zu vermitteln. I n dieser Hinsicht ist hier auch eine vergleichsweise günstige Situation dafür gegeben, daß das wahrgenommene Ziel und/oder die erhoffte Problembeseitigungskraft zum ausschlaggebenden Motiv für die eigene Änderungs- und Folgebereitschaft wird. Daß sich in diesem Fall eine entsprechend fördernde und unterstützende Motivation breit zu machen vermag, dafür sind allerdings nicht nur die überdauernden Reaktionsbereitschaften intrinsisch motivierter Bediensteter und ein für diese Gruppe von Bediensteten attraktiv w i r kendes Anreizgebot verantwortlich. Z u dieser weit gestreuten, speziellen A r t an „Positiv-Motivation" dürfte es vielmehr auch hier nur kommen, weil hier zugleich die ebenfalls bedeutsamen Statusmotive befriedigt werden. Die Befriedigung dieser bedeutsamen Motive gibt dann auch individuell bzw. psychisch erst die Gelegenheit, das eigene Handeln nun auch an den „sachlichen", psychisch gleichsam höherwertigen Zwecksetzungen der Organisationsänderung zu orientieren. Gelingt es damit, den Vollzug der Änderung als ein persönlich bedeutsames Interesse einzurichten, dann ist bei dieser A r t der Positiv-Motivation auch damit zu rechnen, daß gegebenenfalls auftretende Vollzugsschwierigkeiten durch spontane und insofern weder geplante noch befohlene Handlungsbeiträge behoben werden. W i r stoßen hier also auf den inter-

5.4. Reaktion und Akzeptanz

141

essanten Fall, daß ein geplantes Verfahren — und zwar i m Sinne der Stiftung von Eigeninitiative — zugleich planungsentlastende Wirkungen zu produzieren vermag.

5.4. Reaktion und Akzeptanz Die Reaktion der Bediensteten bzw. der Grad an Akzeptanz ergibt sich aus bestimmten überdauernden Rahmenbedingungen, verschiedenen situativen Faktoren sowie dem Zusammenwirken dieser beiden Faktorengruppen. Zu diesen überdauernden Faktoren lassen sich beispielsweise die Ausprägung des traditionellen Gehorsamsmotivs oder der subjektiv empfundene Legitimitätsgrad der hergebrachten Organisationsstrukturen zählen. I n ganz besonderer A r t und Weise sind in diesem Zusammenhang allerdings die individuell bedeutsamen Bedingungen einer Änderungsbereitschaft zu berücksichtigen, also jene Bedürfnisse oder Motivationen, deren Befriedigung aus individueller Sicht zur Voraussetzung der Änderungsbereitschaft gemacht wird. Dabei ist es nur selbstverständlich, daß i n diesen Einschätzungen objektiv gesehen auch kollektive und insoweit durch die jeweiligen Arbeitsgruppen geprägte Normen bzw. Vorzugsgesichtspunkte durchschlagen können. Über den Grad der Akzeptanz oder der Übernahme einer Organisationsänderung entscheidet dann allerdings erst das spezielle Zusammenwirken mit einigen situativen Faktoren. Hierzu sind schon einmal die jeweils fallweise unterschiedlich ausfallenden Anreizangebote zu zählen. Wir müssen also in diesem Punkt offenbar damit rechnen, daß sich mit den Anreizangeboten nicht immer alle „Motivationsklassen" gleichermaßen gut ansprechen lassen. Was die situativen Faktoren anbetrifft, so ist darüber hinaus zumindest noch zu berücksichtigen, in welcher — gegebenenfalls auch organisatorisch geregelten — A r t und Weise die von den Führungsspitzen angebotenen Anreize von den Bediensteten in Anspruch genommen werden können. Die Reaktion der Bediensteten ergibt sich also nicht schon direkt oder „mechanisch" aus einem Vergleich von Verhaltensdispositionen und angebotenen Anreizen, sondern w i r d zudem auch über den spezifischen „Verhaltensaufwand" vermittelt, den die Bediensteten bei Beanspruchung der angebotenen Anreize zu erbringen haben. Da die öffentliche Verwaltung die Fügsamkeit gegenüber Organisationsänderungen (vgl. die beamtenrechtlich geregelte Gehorsamspflicht) gegebenenfalls erzwingen kann, wäre es bei der Feststellung der W i r k samkeit von Implementationsstrategien relativ unergiebig, sich allein auf das K r i t e r i u m des äußeren (faktischen) Vollzugs einer Änderung zu

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5. Implementation

beziehen. Wenn sich also aus diesem Grund eine eher „gradweise" Bestimmung der Akzeptanz anbietet, so soll dabei die Frage ausschlaggebend sein, inwieweit den Bediensteten eben i n Abstimmung m i t den für sie selbst ausschlaggebenden Bedingungen die Änderungsbereitschaft abverlangt worden ist. Je nach dem, zu welchen subjektiv empfundenen Diskrepanzen es dabei kommt, w i r d sich sodann subjektiv ein Zwangserlebnis und infolge einer ungenügenden Berücksichtigung eigener Handlungsmotive ebenfalls ein Empfinden des Konflikts und der Entfremdung einstellen 7 . Die Akzeptanz kann dann auch indirekt an dem jeweils erkennbaren Konfliktniveau bestimmt werden. Da nun individuell empfundene Konflikte auch i n die formalisierten Interaktions- und Kommunikationsbeziehungen der untersuchten Landkreisverwaltungen eingebracht werden, läßt sich dabei der K o n f l i k t gewissermaßen auch als „Organisationsmerkmal" (Zusammenbruch von Kommunikationsbeziehungen sowie Entscheidungsregeln, Blockierung von Handlungssituationen) bestimmen 8 .

5.4.1. Hohes Konfliktniveau

und geringe

Akzeptanz

I n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße gibt es bereits verschiedene Rahmenbedingungen, die sich nachteilig auf eine Aktivierung der Änderungsbereitschaft und somit auf die Akzeptanzbildung ausw i r k e n können. So setzt die Organisationsänderung i n diesem Fall ja nicht bei klar erkennbaren Ursachen einer behördenintern bedingten Leistungsminderung an, was dann i n der Wahrnehmung der Betroffenen auch dazu führt, daß der geplanten Organisationsänderung kein eigentlicher (interner) Zielbezug noch eine besondere Problembeseitigungskraft zugeschrieben wird. I n diesem Fall muß vielmehr von Anfang an davon ausgegangen werden, daß der hergebrachten Organisation — bedingt teils durch Gewöhnungseffekte, teils aber auch durch tatsächlich durchgeführte Versuche einer Leistungsverbesserung (Harzburger Modell) — ein hoher Legitimitätsgrad unterstellt wird. Für die Reaktion der Betroffenen sind allerdings darüber hinaus auch prozeßbedingte bzw. situative Faktoren ausschlaggebend, vor allem der Versuch, die Organisationsänderung i m Stile einer „Überrumpelungsaktion" oder anders gesagt m i t dem M i t t e l der Negativ-Motivierung durchzusetzen. 7 Zu einer entsprechenden intra-personalen Bestimmung des Konfliktphänomens vgl. zunächst Karl Berkel, Konflikte und Konfliktverhalten, in: A. Mayer (Hrsg.), Organisationspsychologie, Stuttgart 1978, S. 305 ff.; zu den aufgezeigten Zusammenhängen insbesondere A. Etzioni, Die aktive Gesellschaft, Opladen 1965, S. 383 ff.

8

Hierzu James G. March / Herbert A. Simon, Organisation und Indivi-

duum, Wiesbaden 1976, S. 107 ff.

5.4. Reaktion und Akzeptanz

143

Was nun die Reaktion der unmittelbar Betroffenen angeht, so stellt sich bei ihnen nach Bekanntgabe sowie Anweisung der Änderung zunächst noch genau jene Reaktion ein, die von der Führungsspitze gewissermaßen gewollt und geplant ist. So löst die angeordnete Organisationsänderung zunächst zwar auch größte „Ratlosigkeit" sowie „Überraschtsein" aus (man fühlt sich vor den Kopf gestoßen), was bei den Betroffenen momentan auch zur Hilf- und Organisationslosigkeit führt. Dieses Schockerlebnis führt nun allerdings nicht schon dazu, daß man sich quasi in Ermanglung alternativer Handlungsmöglichkeiten fraglos den Anweisungen der Führung unterwirft. So werden die Betroffenen ja nicht mit völlig neuartigen Verhaltensweisen der Führungsspitze konfrontiert, sondern diese Vorgehensweise bzw. Überrumpelung w i r d von den Betroffenen als ein mehr oder weniger typisches Merkmal des dauerhaften Führungsstils bereits antizipiert. Die Betroffenen erwarten also zu einem Gutteil ein solches Vorgehen, wenngleich eben dies nicht schon verhindern kann, daß sie eine erneute Bestätigung ihrer Vorurteile nur m i t größter Bitterkeit hinnehmen. I n unserem Fall handelt es sich dabei speziell um das Vorurteil oder um die stereotype Annahme, daß die Führung i m Zeichen eines autoritären Führungsstils durchaus geneigt ist, auch an grundlegenden Bedürfnissen der Mitarbeiter „vorbei zu handeln". Diese Erwartung hält die Bediensteten nun ihrerseits aber dazu an, entsprechend ihren bisherigen Erfahrungen gewissermaßen schon vorbeugend auf das bei einer vermuteten Überrumpelungsaktion überhaupt noch i n Frage kommende Abwehrmittel, auf Widerstand und Protest, zurückzugreifen. Aufgrund dieser Ausgangssituation provoziert man hier offenbar Verhaltensbereitschaften, die man eigentlich taktisch-strategisch am Auftreten hindern wollte. Während des Ablaufs der Implementation zeigt sich dabei zudem, daß die Mitglieder m i t ihrem Widerstand bzw. Protest insbesondere auf subjektiv als unerträglich empfundene Verletzungen ihrer Statusbedürfnisse sowie gruppen- oder abteilungsbezogenen Identitätsempfindungen reagieren. Während das erste Motiv etwa für den Protest der Kassenbeamten gegenüber einer Eingliederung der Kreiskasse in die Finanzabteilung (somit Auflösung des Status einer gesonderten Unterabteilung) verantwortlich sein dürfte, ist es nun des weiteren die subjektiv geschätzte Zugehörigkeit zum „sozialen System" der Kommunalaufsicht, die es den Bediensteten der Vollzugs- und insbesondere Verwaltungspolizei erschwert, eine Integration i n die Abteilung „Sicherheit, Ordnung und Verkehr" zu akzeptieren. Diese negativen Folgewirkungen werden dabei offensichtlich als so gravierend empfunden, daß man eben nicht bereit ist, die Folgewirkungen durch eine bloß „interne" Umstrukturierung der eigenen Bedürfnislagen in Kauf zu nehmen. Das

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5. Implementation

empfundene Zwangserlebnis, das sich aus einer unzureichenden Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse ergibt, löst vielmehr bei den Betroffenen Konflikte aus, die aufgrund ihrer Schwere nach außen drängen und somit ihre vorerste Entladung i n offenen Protesten und Widerständen finden. Während i m ersten Fall Widerstand durch eine Verletzung von Statusmotiven ausgelöst wird, steht i m zweiten Fall die drohende Auflösung einer sozialen Gruppe selbst i m Zentrum, was dann auch zu den typisch kollektiven Reaktionen überführt und das Konfliktniveau drastisch verschärft. Obwohl sich damit bei den Betroffenen Konflikte breit machen, gibt es dennoch — und zwar aufgrund der vorgegebenen Implementationsstruktur — keine hinreichenden Möglichkeiten, diese Konflikte quasi positiv oder institutionell geregelt zu behandeln. So w i r d zwar auf Abteilungsleiterbesprechungen oder i m Wege schriftlicher Proteste gelegentlich der Versuch gemacht, die negativ empfundenen Folgewirkungen der Organisationsänderung erneut zum Thema einer Auseinandersetzung zu machen. Die Hierarchie ist dabei allerdings nach „oben" hin nicht hinreichend durchlässig — man denke hier ζ. B. an die gate-keeping-Funktion des Büroleiters — und die Gesprächsbereitschaft der Führungsspitze viel zu gering, u m die Konflikte (sowie seine leistungsmindernden Folgen) mit Aussicht auf Erfolg in einem direkten Verhältnis zwischen Basis und Führungsspitze austragen zu können. Wie w i r aus der Schilderung der Implementationsstruktur bereits wissen, handelt es sich hier zudem u m einen absichtsvollen Versuch, eine Re-Zentralisierung von Entscheidungen i m Falle von Konflikten abzuwehren. Die unzureichenden Möglichkeiten, die empfundenen Konflikte nun auch „ursachengerecht" an die Führungsspitze zu adressieren, führt im weiteren Verlauf der Implementation allerdings zu charakteristischen Konfliktverschiebungen und erkennbaren Konfliktverschärfungen. Da nun offiziell darauf verzichtet wird, die Konflikte zu behandeln, verbleiben diese Konflikte an der Basis der Hierarchie und müssen daher auch auf der Ebene der reorganisierten Abteilungen selbst ausgetragen werden. Was dabei die Übernahme der Verwaltungspolizei in die neue Abteilung „Sicherheit, Ordnung und Verkehr" anbetrifft, so zeigt sich hier dann auch der für Inter-Gruppen-Verhältnisse mehr oder weniger typische Konfliktverlauf. So zeigen sich die Bediensteten der Verwaltungspolizei wegen ihrer stark ausgeprägten Identifikation m i t der alten Abteilung weiterhin ausgesprochen unwillig, sich in die neue Abteilung sozial integrieren zu lassen, was nun allerdings auf der anderen Seite — bei der aufnehmenden Abteilung — seinerseits dazu führt, von ersten Integrationsbemühungen wieder abzusehen und nun selbst auf Distanz zu gehen. Die Bemühungen, über eine Intensivierung

145

5.4. Reaktion und Akzeptanz

des Kontaktes (etwa gemeinsame außerdienstliche Veranstaltungen) die Integration zu fördern, bringt hier die beiden „Parteien" also keineswegs näher, sondern führt letztlich nur dazu, daß man wechselseitig zu überbrachten Vorbehalten zurückkehrt und sich die Konfliktlage verschärft. Wie angespannt letztlich die Verhältnisse sind, zeigt sich schon daran, daß von der Abteilungsleitung wegen vermuteter Illoyalitäten und persönlich gedrosseltem Arbeitseinsatz m i t dem Mittel der verschärften Dienstaufsicht vorgegangen wird. Was sich zunächst nur als ein Konflikt um einen speziellen Aspekt einer Organisationsänderung ausnimmt, w i r d hier aufgrund der Implementationsstrategie bzw. aufgrund der Konfliktverleugnung zu einer dauerhaften Belastung der Arbeitseffektivität ganzer Abteilungen. I n einem anderen Fall führt diese offizielle Verleugnung von Konflikten allerdings nicht gleichermaßen zu einer Verschärfung der internen Konfliktlage, sondern zwingt gewissermaßen die Betroffenen dazu, den Konflikt nach außen, in die interessierte Öffentlichkeit zu tragen. Die unzureichenden Möglichkeiten, empfundene Konflikte direkt mit der Führungsspitze auszutragen, veranlassen daher etwa die Kassenbediensteten dazu, zur Durchsetzung ihrer Anliegen auf die eigene externe standespolitische Vertretung (hier die Rentmeister) zurückzugreifen. Wie es sich an diesem vergleichsweise hohen Konfliktniveau zeigt, kommt es i n diesem Fall also offensichtlich zu einer recht gravierenden Diskrepanz zwischen faktisch vorgenommener Durchführung der Änderung und individuell für akzeptabel erachteter Vorgehensweise. Während die Führung von einer Routineverpflichtung ihrer Mitarbeiter ausgeht, fordern diese allerdings eine besondere Berücksichtigung speziell ihrer status- und gruppenbezogenen Gesellungsbedürfnisse. Diese Diskrepanz zwischen unterstellter Verpflichtung und erwarteter Befriedigung persönlicher Anliegen führt hier schließlich nicht nur zu einem hohen Könfliktniveau, sondern dieses Konfliktniveau läßt selbst wiederum den Schluß zu, daß in diesem Fall m i t einem hohen Grad an Entfremdung und zugleich mit einer faktisch nur sehr geringen Akzeptanz der Organisationsänderung zu rechnen ist. 5.4.2. Mittleres

Konfliktniveau

und problematische

Akzeptanz

I n der Landkreis Verwaltung Mainz-Bingen stoßen w i r zunächst wieder auf einige relativ ungünstig ausgeprägte Rahmenbedingungen. So bietet hier der Änderungsprozeß objektiv betrachtet von Anfang an keine ausreichende Gelegenheit, für die beabsichtigte Organisationsänderung einen erkennbaren Zielbezug oder eine überzeugende Problembeseitigungskraft zu entwickeln. Dabei besteht hier zwar für län10 Speyer 86

146

5. Implementation

gere Zeit — insbesondere i n den Kleinst-Referaten und Kleinst-Abteilungen — durchaus eine gewisse Einsicht i n Re-Organisationsnotwendigkeiten; die anfänglich von der Sache her bedingte Änderungsbereitschaft kann allerdings aufgrund der Vorgehensweise der Führungsspitze nicht hinreichend gezielt genutzt werden, so daß auch hier die überbrachte Organisationsstruktur i n den Augen der Betroffenen zusehends wieder einen hohen „Legitimitätsgrad" gewinnt. Die Frage ist hier überdies, ob und inwieweit faktisch gegebene Organisationsprobleme — wie etwa zu kleine Referats- und Abteilungsgrößen —, die man ja nicht persönlich verschuldet hat, subjektiv überhaupt zum Anlaß dafür werden können, daß man die m i t Organisationsänderungen verbundenen Folgepröbleme bereitwillig in Kauf nimmt. I m Verlauf des Implementationsprozesses w i r d dann auch sehr schnell deutlich, daß die Betroffenen sich bei ihrer Reaktionsbildung vorzugsweise wieder an bestimmten gruppenbezogenen Gesellungs- sowie Status» und Funktionsbedürfnissen orientieren. Wenn man in diesem Fall auch nicht gezielt den Versuch macht, auf die Änderungsbereitschaft einzuwirken, so kann es doch auf den ersten Blick so erscheinen, als ob sich m i t dem in diesem Fall gleichwohl gegebenen Anreizangebot diesen individuell bedeutsamen Voraussetzungen einer Änderungsbereitschaft Rechnung tragen ließe. So setzt man ja hier nicht nur den quasi fraglos unterstellten Glauben an die überlegene Entscheidungsfähigkeit bzw. das Charisma des Landrats als M i t t e l der Verhaltensbeeinflussung ein, sondern ist zumindest in allgemeiner Weise ebenso bereit, sich der Änderungsbereitschaft auch durch eine Befriedigung der individuell bedeutsamen Status- und Funktionsbedürfnisse zu vergewissern. I m weiteren Verlauf des Implementationsprozesses zeigt sich allerdings, daß man gerade diese Anreize — ob nun bewußt oder unbewußt — lediglich selektiv und somit je nach Status bzw. Konfliktfähigkeit der Betroffenen einsetzt. Während man also bei den niedrigrangigen M i t gliedern eine Fügsamkeit aus dem Glauben an die überlegene Entscheidungsfähigkeit des Landrats erwartet, ist man einer Tendenz nach nur bei höheren Positionsinhabern bereit, sich der Änderungsbereitschaft im Wege eines „Tauschgeschäftes" zu vergewissern. So dient denn auch das „Vier-Augen-Gespräch" den niedrigrangigen Mitgliedern (vor allem Referenten) nicht als Instrument zur Durchsetzung eigener Interessen, sondern umgekehrt dem Landrat dazu, die Betroffenen zu beschwichtigen oder sie i n symbolischer Weise i n den Prozeß der Organisationsänderung einzubinden. Das m i t dem Landrat geführte „Vier-Augen-Gespräch" mag dabei zwar den Wunsch nach Selbstbestätigung befriedigen und somit zumindest die emotional bedeutsamen Motive für eine Änderungsbereitschaft i n Kraft setzen; bei

5.4. Reaktion u n d Akzeptanz

147

diesem direkten Kontakt m i t dem „höchsten" Vorgesetzten werden allerdings zugleich Kommunikationsschwellen deutlich, die insbesondere als psychisches Hemmnis gegenüber einer offenen Austragung von Meinungsunterschieden wirken dürften. Die bei diesen Gesprächen erfahrene „soziale Distanz" kann dabei sogar dazu führen, die verhaltensbeeinflussende Wirkung traditioneller Gehorsamsmotive auszulösen. Die demonstrative Inszenierung sozial direkt erlebbarer Abhängigkeitsbeziehungen macht es daher in diesen Fällen möglich, in der Frage der Akzeptanz eben bei frühzeitig erlernten, teilweise auch unbewußt funktionierenden „Unterwerfungsbereitschaften" anzuknüpfen. Wie wirksam solche womöglich nicht immer bewußt kontrollierbare Appelle an das traditionelle Gehorsamsmotiv sein können, zeigt sich beispielsweise daran, daß selbst einige Abteilungsleiter ohne erkennbaren Widerspruch auf ihre Funktion als Abteilungsleiter verzichten. Die erzielte Akzeptanz basiert zumindest in diesen Fällen nicht auf dem erwarteten, subjektiv akzeptablen Interessenausgleich, sondern auf stillschweigend hingenommene Abhängigkeitsverhältnisse, bestenfalls auf dem psychisch bedeutsamen Erlebnis einer „Sonderbehandlung" durch den Landrat. Objektiv betrachtet gibt es hier also nur unbedeutende Unterschiede gegenüber dem autoritären Vorgehen i n der Landkreisverwaltung Landau, wenngleich eben hier die faktisch gleiche Vorgehensweise aufgrund des persönlichen Engagement des Landrats nicht im gleichen Maße als autoritär wahrgenommen wird. Wenn die Fühungsspitze i n diesen Fällen nicht zu „Tauschgeschäften" bereit ist, so ist sie dies in anderen Fällen auch nur unter bestimmten Bedingungen. So w i r d eben die Möglichkeit, die eigene Änderungsbereitschaft gegen die Befriedigung von Statusbedürfnissen eintauschen zu können, nicht von vornherein signalisiert, sondern ist zu solchen „Tauschgeschäften" erst bei einer offenen Androhung von Widerständen oder Protesten bereit. Die Bedingungen, unter denen man diesen A n reiz auch „ i n Anspruch" nehmen kann, sind hier also so geartet, daß man zuvor — was genau überlegt widersinnig erscheinen mag — Konflikte anzudrohen oder gar zu entfachen hat. Wie w i r allerdings bereits angedeutet haben, hängt dabei die Durchsetzbarkeit eigener Wünsche zudem vom Status bzw. der Konfliktfähigkeit der Betroffenen und somit von der Frage ab, ob sich ein für die Führungsspitze selbst bedrohlich werdendes Sanktionspotential mobilisieren läßt. So w i r d ζ. B. i n einem Fall die „Anwartschaft" auf eine Abteilungsleiterstelle in schriftlicher Form erst zugesichert, als der Betroffene sich bereits (subjektiv) durchgerungen hatte, gegebenenfalls an die „Außenwelt" zu gehen und speziell lokale Parteiorganisationen einzuschalten. Unabhängig vom jeweiligen Ausgang dieser Auseinandersetzung führt der Prozeß der

10*

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5. Implementation

Akzeptanzbildung in dieser Weise zu spannungsreichen Verhältnissen mit der Führungsspitze. Obwohl es zunächst gar nicht zu erwarten ist, führt die Anwendung des hier entwickelten Anreizangebotes doch zu erheblichen Konflikten. Die Ursachen dieser Konflikte sind bemerkenswerter Weise nicht schon i n den Anreizen als solchen angelegt, sondern ergeben sich erst durch die situativen Bedingungen, unter denen diese Anreize gewährt oder „ i n Anspruch genommen" werden können. So erweist sich schon einmal der Versuch, speziell die niedrigrangigen Mitglieder durch emotional bedeutsame Erlebnisse oder durch gut inszenierte Appelle an traditionelle Gehorsamsmotive für die Organisationsänderung zu gewinnen, als wenig erfolgreich. Die Versuche einer eher symbolischen Einbindung können nicht verhindern, daß namentlich Heferats- oder Abteilungsleiter i m Fall funktionaler Herabstufungen Diskrepanzen zwischen den eigenen Erwartungen bzw. Strebungen und dem Handeln der Führungsspitze erleben. Die durch entsprechende Diskrepanzen ausgelösten Konflikte übertragen sich dabei typischerweise wieder auf die formellen Entscheidungs- und Kommunikationsstrukturen. I n Fällen, i n denen es bei Referenten zum Verlust von Vorgesetztenpositionen kommt, führt eine solche Verletzung des Statusbedürfnisses mehr oder weniger dauerhaft dazu, daß die Führungsansprüche des neuen Vorgesetzten — m i t eben den bedenklichen Folgen für die Arbeitsprozesse — zurückgewiesen werden. Sollten allerdings Statusbedürfnisse gleichwohl befriedigt werden, so ist — wie w i r gesehen haben — auch unter dieser Bedingung m i t einem Anwachsen des Konfliktniveaus zu rechnen. I n Fällen, i n denen — wie vorzugsweise bei Abteilungsleitern — Statusbedürfnisse befriedigt werden, gelingt ja ein Durchsetzen eigener Interessen nur, w e i l zunächst Konflikte provoziert oder gegenüber der Führung angedroht werden. I n diesem Fall zeigen sich Konflikterscheinungen, die sich aufgrund ihrer speziellen Ursachen sowie Folgewirkungen nicht i n unbedingter Weise unter dem Gesichtspunkt einer abnehmenden Akzeptanz der Organisationsänderung verarbeiten lassen. So werden ja in dem einen Fall die individuell ausschlaggebenden Motive der Änderungsbereitschaft (Statusbedürfnisse) befriedigt, während für die anderen Fälle zugute zu halten ist, daß hier das durch Statusverletzungen empfundene Zwangserlebnis durch die erfahrenen „Sonderbehandlungen" oder die subjektiv gegebenenfalls auch nicht durchschaute Wirkungsweise eines Appells an traditionelle Gehorsamsmotive gemildert wird. Wenn w i r es auf der einen Seite mit einem zumindest mittleren Konfliktniveau zu t u n haben, so kann dieses Konfliktniveau allerdings aus eben diesen Gründen nicht schon so interpretiert werden, als ob damit in jedem Fall eine zunehmende Entfremdung oder eine abnehmende Akzeptanz ein-

5.4. Reaktion und Akzeptanz

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hergehen müsse. Die Bedingungen, unter denen die Folgebereitschaft erzielt wird, sprechen zunächst auch nur dafür, für diesen Fall eine problematische Akzeptanz der Organisationsänderung anzunehmen. So läßt sich i n diesem Fall auch nicht mit einer positiven Unterstützung der Organisationsänderung rechnen; zu einem weiteren „offenen" W i derstand gegenüber der Organisationsänderung kommt es allerdings ebenso wenig. 5.4.3. Fehlendes Konfliktniveau

und hohe Akzeptanz

I n diesem dritten, sich wiederum auf die Kreisverwaltung MayenKoblenz beziehenden Untersuchungsfall sind verschiedene Rahmen- und Situationsbedingungen so ausgeprägt, daß sich auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer positiven Reaktion der Betroffenen rechnen läßt. So gelingt es hier ja nicht nur, ein gewisses Re-Organisationsbewußtsein wachzuhalten, sondern auch ein Re-Organisationsmodell zu entwickeln, das bei behördeninternen Ursachen von Leistungsdefiziten ansetzt und somit von vornherein einen situationsspezifischen Bezug hat. Aus diesen Gründen wiederum kann die geplante Organisationsänderung i n den Augen der Betroffenen auch die wünschenswerte hohe Problembeseitigungskraft erreichen. Für eine positive Reaktion der Betroffenen sprechen allerdings nicht nur diese Rahmenbedingungen, sondern ebenso Faktoren, die sich erst m i t dem Prozeß der Organisationsänderung i m engeren Sinn einstellen. I n dieser Hinsicht ist an die unterschiedlichen Bemühungen zu denken, die Mitglieder durch eine frühzeitige Einbindung i n den Prozeß der Organisationsänderung von der Notwendigkeit sowie der Zweckeignung der geplanten Organisationsänderung zu überzeugen. Dabei geht es auch typischerweise nicht nur um eine informationelle Aufklärung, etwa m i t Hilfe eines Info-Marktes, sondern ebenso um Möglichkeiten, sich an der Entwicklung der Änderungskonzeption auch inhaltlich zu beteiligen. Zudem zeigt sich die deutliche Tendenz, Statusinteressen zu berücksichtigen oder Statusprobleme durch eine vorausschauende Planung (ζ. B. Nichtwiederbesetzung) vollends zu vermeiden. Stellt man also allein auf die Rahmenbedingungen sowie auf die einzelnen Merkmale des Anreizangebotes ab, so ließe sich durchaus mit einer „positiven Motivation" und somit auch m i t einer aus der Sache heraus erfolgenden Identifikation rechnen. Hierfür könnte i m übrigen auch die bereits für die Vorbereitungsphase zu erwähnende „Kooperationsbereitschaft" der Betroffenen sprechen. Wie es sich sodann bei bzw. nach der Organisationsänderung zeigt, kommt es i n diesem Fall auch zu keinem Protest, geschweige denn zu einem Widerstand bei den Betroffenen. Da hier ja auf die persönlichen

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5. Implementation

Umstände der Änderungsbereitschaft — seien es nun Status- und Funktionsbedürfnisse oder Gesellungsbedürfnisse — absichtsvoll Rücksicht genommen wird, kommt es hier auch bei der Durchführung der Organisationsänderung zu keinen irgendwie nennenswerten Konflikten. M i t der A r t und Weise, i n der die Organisationsänderung durchgeführt wird, kann also sichergestellt werden, daß die betroffenen Bediensteten beim Vollzug der Änderung nicht „zwangsweise" und somit unter offenem Verstoß gegen ihre eigenen subjektiven Bedürfnisse handeln müssen. Aus diesen Gründen ist i n diesem Fall zunächst auch — trotz der i n der Sache recht weitgehenden Änderungen — eine stark ausgeprägte Akzeptanz bzw. Übernahme der Organisationsänderung zu verzeichnen. Den noch „schwankenden" oder „zweifelnden" Bediensteten w i r d hier ja — wie bereits vermerkt — zudem die Gelegenheit eröffnet, nach einem Probelauf von einem halben Jahr nochmals Stellung zu der Organisationsänderung zu beziehen. Wenn sich somit auch entsprechend unseren eigenen Definitionen von einer quasi konfliktfreien Situation einer faktisch hohen Akzeptanz sprechen läßt, so ist hier dennoch einschränkend festzuhalten, daß sich die hier feststellbare Akzeptanz nicht immer schon aus der Qualität der Organisationsänderung selbst ergeben muß. Die Akzeptanz ergibt sich hier also nicht schon immer aus einem übereinstimmenden sachlichen Interesse, wenngleich eine solche Identifikation für den engeren Kreis der Promotoren, wie Organisationsreferent, einigen Dezernenten und dem Landrat, wiederum nicht auszuschließen ist. Dem Vernehmen nach ergibt sich daher i n diesem Fall die Akzeptanz doch eher aus traditionellen Gehorsamsmotiven und somit womöglich auch aus der Sozialisationswirkung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Hier w i r d also entsprechend einer Verpflichtung gehandelt, die einem selbstverständlich und insoweit auch als ein Bestandteil der eigenen Mitgliedschaftsrolle erscheint. Auch wenn man sich hier teilweise ganz bewußt auf eine diffuse Loyalität gegenüber dem Dienstherrn beruft, bedarf diese A r t der Begründung des eigenen Verhaltens doch einer Interpretation. So ist vermutlich auch für diesen Fall wiederum nicht zu unterstellen, daß hier allein schon traditionelle Gehorsamsmotive oder die subjektiv empfundenen allgemeinen Mitgliedschaftsverpflichtungen zum Tragen kommen. Da sich schon einer allgemeinen Tendenz entsprechend bei den Bediensteten zusehends ein Interesse an den Begleitumständen von Tätigkeiten, wie etwa Bezahlung, Sozialleistungen und Aufstieg, durchsetzt, ist vielmehr auch für diesen Fall zu vermuten, daß es auch hier ohne eine Befriedigung von Status- und Funktionsbedürfnissen zu erheblichen Konflikten und Widerständen gekommen wäre. Zu den hier feststellbaren bzw. unterstellten Akzeptanzmotiven (diffuse Loyalität) könnte

5.4. Reaktion u n d Akzeptanz

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es daher auch aufgrund einer bestimmten nachträglichen „kognitiven Manipulation" gekommen sein. So ist denn für diesen Fall auch zumindest zu vermuten, daß die Bediensteten die Bedingungen der Akzeptanz auf die jeweils sozial „wünschenswerten" Motive hin anpassen, nachdem einmal die individuell vermutlich vorrangig gebliebenen Statusbedürfnisse befriedigt waren. Daß man sich dabei auf die allgemeine Gehorsamspflicht, nicht jedoch schon auf ein spezielles Interesse an der Sache beruft, mag sich einerseits aus der zumindest noch offiziell gegebenen Geltungskraft einer solchen Regelung ergeben; andererseits dürfte aber das Interesse i n der Sache auch schon deshalb weniger i n Frage komen, weil der hierfür notwendige Professionalisierungsgrad bzw. ein korrespondierendes intrinsisches berufliches Interesse faktisch zu schwach ausgeprägt sind. Daher ist zwar der angewandten Strategie der Implementation zugute zu halten, daß sie dieses hohe Maß an Akzeptanz angesichts dieser komplizierten individuellen Bedingungen überhaupt hat sicherstellen können; dabei hat es diese Strategie allerdings nicht vermocht, die sich selbst gesetzten Ziele zu erreichen, da sie die dafür notwendigen Voraussetzungen bei den Bediensteten nicht schon selbst und somit ad-hoc schaffen konnte. Die hohe Akzeptanz bedeutet also auch keine „Positiv-Motivation" i m engeren Sinn, sondern eher ein äußerliches und pflichtgemäßes Übernehmen der Änderung.

6. Zum Management von Organisationsänderungen

6.1. Zur Effektivität von Änderungsstrategien I m folgenden ersten Abschnitt unseres letzten Kapitels wollen w i r uns zusammenfassend und gezielt zur Frage der Effektivität einzelner Strategien des geplanten Organisationswandels äußern. B e i unseren weiteren Überlegungen geht es allerdings nicht nur darum, die Effektivität von Änderungsstrategien erneut i n einem konkreten Vergleich, also auf der Ebene fallspezifischer empirischer Ergebnisse zu bestimmen. Wie w i r sehen werden, sollen uns diese ersten Ergebnisse vielmehr i n konzeptioneller Hinsicht dazu dienen, die für die Effektivität von Änderungsstrategien allgemein bedeutsamen Variablen und Erklärungszusammenhänge herauszuarbeiten. Der Akzent unserer weiteren Überlegungen w i r d daher auch auf dem Versuch liegen, den von uns eingangs dargestellten Bezugsrahmen zur Effektivität von Änderungsstrategien weiter auszubauen und zu präzisieren. I n dieser Weise können w i r sodann auch unserem empirisch-analytischen bzw. dem theoretischen Ziel unserer Arbeit gerecht werden, einen konzeptionellen Beitrag zu einer Theorie des geplanten Organisationswandels i n der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. Bei der weiteren Ausarbeitung unseres Bezugsrahmens unterscheiden w i r — wie bereits i n unseren ersten Überlegungen — drei Variablenbereiche. Zunächst geht es u m die zentrale abhängige Variable i n unserem Konzept, um die Effektivitätsvariable bzw. u m die Erfolgskriterien. Sodann gehen w i r näher auf die voraussichtlich erfolgsbedeutsamen Prozeß- oder Strategievariablen ein. Hierbei handelt es sich u m Unterschiede i n den Änderungsprozessen, die aller Wahrscheinlichkeit nach für eine Erklärung der jeweils erreichten Effektivität von Bedeutung sind. Die negativen oder positiven Wirkungen für die Erfolgskriterien werden dabei allerdings nicht autonom ausgelöst, sondern diese W i r kungen werden i n aller Regel durch sogenannte Effektivitätsdeterminanten bzw. Erfolgsbedingungen vermittelt. U m eine Änderung auf den Erfolgskriterien erklären zu können, muß also zuvor geklärt werden, wie die Wirkungen von Strategievariablen durch solche Effektivitätsdeterminanten bedingt, also positiv verstärkt oder i n einem nicht gewünschten Sinn abgeschwächt werden. Aus diesem Grund wollen w i r

6.1. Zur Effektivität von Änderungsstrategien

153

diese beiden Variablenbereiche auch i n einem Zusammenhang darstellen. Schließlich werden w i r bei der Ausarbeitung unseres Bezugsrahmens noch auf eine letzte Gruppe von Variablen eingehen müssen. Hierbei w i r d es sich u m sogenannte prozeßdynamische Faktoren handeln, also um erfolgsbedeutsame Gegebenheiten, die — kurz gesagt — ihre Ursachen i n einem speziellen Verlauf des Änderungsprozesses selbst finden. 6.1.1. Erfolgskriterien:

Regelungsfähigkeit

und

Akzeptanzbildung

Da sich eine Theorie des geplanten Organisationswandels speziell um die Erklärung der unterschiedlichen Effektivität von Änderungsprozessen bemüht, muß es zunächst einmal gelingen, die i n diesem Sinn brauchbaren Erfolgskriterien zu formulieren. Theoretisch haben w i r uns dabei an jüngere Entwicklungen i n der Führungs- und Organisationsforschung gehalten. So w i r d eben von unseren Kriterien schon einmal berücksichtigt, daß i m Prozeß des geplanten Organisationswandels, also einem speziellen Unterfall von Führungsprozessen, auch gewisse sachliche bzw. informationsverarbeitende als auch soziale Aktivitäten zu erbringen sind. Zudem sollte es sich dabei um Kriterien handeln, die i n ihrer Ausprägung auch mehr oder weniger unmittelbar durch solche Aktivitäten i m Änderungsprozeß beeinflußbar sind. Die Effektivität von Änderungsstrategien w i r d daher auch nicht an der Funktionsfähigkeit einer Organisationsänderung gemessen, die sie i m übergeordneten Leistungszusammenhang einer Verwaltungseinrichtung erreicht, sondern anhand spezieller funktioneller Beiträge, die erst einmal aus dem Prozeß selbst heraus zum Zweck der Ein- und Durchführbarkeit eines Organisationswandels erbracht werden müssen. Geht man von diesem Gesichtspunkt der Durchführbarkeit eines Organisationswandels aus, dann sind auch die entsprechenden funktionalen Leistungen oder die Erfolgskriterien einmal i n der Regelungs- und Planungsfähigkeit und zum anderen i n der Fähigkeit zur Akzeptanzbildung zu sehen. Bei der näheren Operationalisierung unserer Kriterien haben w i r sodann Beschränkungen zu beachten, wie sie eben durch die sachliche Komplexität von Prozessen des geplanten Organisationswandels vorgegeben werden. I n dieser Hinsicht würde es sich für den Fall der öffentlichen Verwaltung schon einmal grundsätzlich verbieten, die Effektivität von Änderungsstrategien einfach an der Frage zu bemessen, ob ein Organisationswandel überhaupt durchgeführt wird. I n dieser Weise würde man zwar ein meßtechnisch sehr einfach handhabbares K r i terium an die Hand bekommen, liefe dabei aber Gefahr, die eigentlich interessanten Wirkungen eines geplanten Organisationswandels aus dem Blick zu verlieren. Da i n der öffentlichen Verwaltung — und zwar

154

6. Z u m Management von Organisationsänderungen

bedingt durch die besonderen Mitgliedschaftsverhältnisse — einmal angeordnete Organisationsänderungen i n der Regel auch vollzogen werden, lohnt es sich i n diesem Zusammenhang i n der Tat nicht, i n einer so verkürzten Weise nach der Effektivität zu fragen, sondern muß sich schon prinzipiell um eher qualitative Kriterien der Durchführbarkeit bemüht werden. Aus diesem Grunde haben w i r beispielsweise auch unter sachlichen Gesichtspunkten gefragt, inwieweit i m Änderungsprozeß eine Regelungsfähigkeit entwickelt wird, mit der sich nun der Organisationswandel auch nach den Erfordernissen einer sachlich angemessenen Problemlösung (vgl. i n diesem Zusammenhang die Problembeseitigungskraft von Änderungsmodellen) vollziehen läßt. Oder aber w i r haben nicht nur gefragt, ob und inwieweit Änderungen als solche akzeptiert werden, sondern haben dabei zugleich zu erfassen versucht, mit welchen psychischen Kosten, etwa einer zunehmenden persönlichen Entfremdung gegenüber der Arbeit, dies geschieht. Methodisch gesehen sollte man sich also weiterhin um Kriterien bemühen, die die an sich von Haus aus „unproblematische" faktische Durchführbarkeit einer Organisationsänderung nun auch unter qualitativen Gesichtspunkten zu unterscheiden vermag. Solche qualitativen Unterscheidungen haben w i r nun auch bei der vergleichenden Analyse der Effektivität einzelner Strategien des geplanten Organisationswandels angelegt. So haben w i r etwa unter dem Gesichtspunkt der Regelungsfähigkeit ganz grundsätzlich danach unterschieden, inwieweit es gelingt, i m Verlauf der Änderungen planorientiert oder aber nur improvisierend und somit auf der Basis von ad-hoc-Entscheidungen vorzugehen. Bei einem solchen Vergleich schneidet die Landkreisverwaltung Mainz-Koblenz eindeutig am besten ab (hohe Regelungsfähigkeit). I n dieser Landkreis Verwaltung ist man ja auch i n der Lage, die Änderung nach den jeweils sachlichen Erfordernissen (hohe Problemangemessenheit des Änderungsmodells sowie durchdachte Maßnahmen- oder Durchführungsplanung) vorzunehmen. I n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße zeigen sich hingegen schon relativ starke Einbußen (ungenaue Wirklichkeitserfassung und keine eigentliche Umsetzungsplanung), während die Landkreisverwaltung Mainz-Bingen eben als Beispiel für eine mehr oder weniger vollständig fehlende materielle Regelungsfähigkeit zu bezeichnen ist. Wollte man die drei Fälle i n dieser Hinsicht auf einer Dimension m i t zwei Polen abtragen, so nimmt i n den beiden letzten Fällen die Fähigkeit zu einem planorientierten, also auch durch Informationsverarbeitung angeleiteten Vorgehen deutlich ab und damit gegenläufig dazu die Tendenz zu bloßem Aktivismus zu. Wie es sich an dieser Bestimmung

6.1. Z u r Effektivität von Änderungsstrategien

155

zeigt, geht m i t der abnehmenden materiellen Regelungsfähigkeit die Durchführbarkeit einer Organisationsänderung nicht zugleich auf N u l l zurück. Die abnehmende materielle Regelungsfähigkeit besagt zunächst einmal nur, daß i n diesen Fällen der Änderungsprozeß zusehends weniger durch problemorientierte Lösungsentwürfe als vielmehr durch M i t t e l einer äußeren Verhaltensbeeinflussung (etwa Zwang) gesteuert wird. Wie w i r es aus den einzelnen Fallschilderungen noch wissen, führt dieser Übergang auf den anderen Pol der Dimension dann allerdings zu bedeutsamen qualitativen Einbußen bei der Durchführung der Organisationsänderung. Unter sozialen Gesichtspunkten, also bei der Bestimmung der Akzeptanzbildungsfähigkeit, läßt sich ähnlich differenziert vorgehen. Auch hier scheint es wieder möglich, die drei untersuchten Fälle über eine Dimension (mit zwei Ausprägungen) hinweg zu vergleichen. Auf der einen Seite findet sich dabei wieder die Landkreisverwaltung MayenKoblenz, die i m Vergleich gesehen noch die besten Möglichkeiten besitzt, ihre Mitarbeiter auf der Basis eines gemeinsamen Interesses i n der Sache oder aus Überzeugung zu einer Übernahme oder gar aktiven Unterstützung der Organisationsänderung zu motivieren. Diese Möglichkeiten nehmen nun über die Landkreisverwaltung Mainz-Bingen bis zur Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße deutlich ab. Diese A b nahme an einer Akzeptanzbildung i m positiven Sinne bedeutet allerdings wiederum nicht, daß damit die Durchführbarkeit der Organisationsänderung auf N u l l zurückzugehen hat. Wie es sich an unseren Fallschilderungen gezeigt hat, spricht diese Abnahme zunächst auch nur dafür, daß sich das inhaltliche K r i t e r i u m für die Akzeptanz verändert. Soweit eben ein Interesse an der Sache oder eine Identifikation mit der Änderung nicht eingerichtet werden kann, w i r d eben die Akzeptanz vorzugsweise mit dem M i t t e l des Zwanges erreicht, was dann allerdings qualitativ betrachtet zu einer vermehrten Zahl von leistungshemmenden Konflikten führt. Da es sich bei unseren Erfolgskriterien jeweils um funktionell notwendige Voraussetzungen oder Fähigkeiten zur Durchführung eines Organisationswandels handelt, dürften sich aus der Ausprägung der einzelnen Kriterien nun auch brauchbare Prognosen für die faktische Durchführung der Organisationsänderung ableiten lassen. Hält man sich i n dieser Weise an die Ausprägung der Kriterien, so erscheint auch eine inhaltlich angemessene Durchführung der Organisationsänderung lediglich für einen Fall (Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz) gesichert, während eine solche Durchführung für die beiden anderen Fälle aus jeweils unterschiedlichen Gründen doch erheblich gefährdet erscheint. So ist ja i n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße aufgrund der dort angewandten Implementationsstrategie mit erheblichen Akzep-

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6. Z u m Management von Organisationsänderungen

tanzschwierigkeiten zu rechnen, was nun selbst und zwar infolge erwartbarer Widerstände oder weit verzweigter Konflikte zu erheblichen Leistungsproblemen auf der Ebene der Gesamtorganisation führen dürfte. Sind hier noch die eher sozialen Probleme von Bedeutung, so fehlt es nun i n der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen weitgehend an den sachlichen Steuerungsressourcen, um die Organisationsänderung überhaupt als einen zielorientierten oder gegenständlichen Prozeß (Anpassung der überbrachten Organisation an ein Soll-Konzept) zu vollziehen. Aus diesen Gründen wäre nachträglich auch mit einer nicht unerheblichen Abweichung vom Muster-Plan bzw. mit einer verhältnismäßig geringen Reichweite der Änderung zu rechnen. Wie w i r es nun anhand weiterer Untersuchungsergebnisse sehen können, lassen sich die hier aus der Ausprägung unserer Erfolgskriterien abgeleiteten Prognosen auch mehr oder weniger vollständig bestätigen 1 . A n diesen Ergebnissen können w i r zugleich ersehen, daß w i r i n unserer Untersuchung bei der Bestimmung der Effektivität auch halbwegs gültige Indikatoren verwandt haben. 6.1.2. Prozeßvariablen

und Erfolgsbedingungen

Wenn sich hiermit überaus bemerkenswerte Effektivitätsunterschiede feststellen lassen, dann erhebt sich sogleich die Frage, ob bzw. inwieweit diese Unterschiede nun selbst auf ein unterschiedliches Vorgehen i m Änderungsprozeß, also auch auf unterschiedliche Strategien des Organisationswandels, zurückzuführen sind. Diese Frage läßt sich nun methodisch annähernd zweifelsfrei beantworten, sofern sich feststellen läßt, daß man bei ansonsten gleichen Situationsbedingungen auf unterschiedliche Strategien oder Vorgehensweisen zurückgegriffen hat. I n diesen Fällen sind dann Unterschiede i m Erfolg auch schon logisch zwingend auf Unterschiede i n den Vorgehensweisen zurückzuführen. Wenn w i r nun auf diesem methodischen Weg den jeweiligen Einfluß von Änderungsstrategien freizulegen versuchen, so können w i r dies allerdings nicht mehr auf der Basis fallspezifischer Einzelergebnisse tun; um schon über die Fälle hinweg das notwendige Maß an Vergleichbarkeit zu sichern, müssen w i r vielmehr von höher aggregierten Daten und insoweit auch von möglichst allgemein bedeutsamen Variablen ausgehen. Bei der Darstellung werden w i r jeweils zunächst eine nähere Definition bzw. Bestimmung erfolgsbedeutsamer Strategievariablen vornehmen, 1 W i r stützen uns hier zu Vergleichszwecken auf eine „Evaluation" dieser Organisationsänderung durch das Innenministerium, m i t der auf der Basis aller Landkreis Verwaltungen die jeweiligen Ist-Soll-Abweichungen nach t y pischen Vorgaben des Änderungsmodells (Abteilungsgliederung, Referatszahl etc.) aufgezählt werden.

6.1. Z u r Effektivität von Änderungsstrategien

157

werden dann allerdings bei der Erklärung ihrer effektivitätsbezogenen Wirkungen zugleich auf die vermittelnden Wirkungen der jeweils einschlägigen Situations- oder Erfolgsbedingungen eingehen. 6.1.2.1. Initiierungsphase Fängt man m i t einem Vergleich erfolgsbedeutsamer Strategievariablen i n der Initiierungsphase an, so zeigen sich über die einzelnen Fälle hinweg verglichen bereits an dieser Stelle deutliche Unterschiede. Während man sich i n den Landkreisverwaltungen Mainz-Bingen und Südliche Weinstraße für ein „musterhaftes" Vorgehen i n der Frage der A u f gabengliederung entscheidet, schlägt die Landkreisverwaltung MayenKoblenz von vornherein ein (wenn auch abgestimmtes) selbständiges Vorgehen ein. Diese Landkreisverwaltung übernimmt also unter Strategieaspekten betrachtet nicht eine von außen vorgegebene Organisationsänderung, sondern versucht eben die allgemeine Reorganisationsnotwendigkeit unter gleichzeitiger Berücksichtigung lokalbedeutsamer Ziele und Gegebenheiten zu lösen. Indem man sich i n dieser Landkreisverwaltung zu einem selbständigen Vorgehen entschließt, vermag man sich hier auch ganz i m Unterschied zu den anderen Fällen methodisch gesprochen die Vorteile eines „situationsbezogenen" Vorgehens zu sichern. Diese Vorteile liegen nun generell gesagt darin, daß man bei einem solchen Vorgehen mit der Organisationsänderung bei einem auch behördenspezifisch relevanten und auch von den Betroffenen weitestgehend wahrgenommenen Leistungsproblem anzuknüpfen vermag. I m weiteren Verlauf vermag sich dies schon einmal positiv auf die Regelungsfähigkeit auszuwirken. So vergrößert sich hier zwar der Aufwand an Informationsverarbeitung, durch die angestrebte selbständige Lösung kann man dann aber auch halbwegs sicher gehen, daß man mit den Verbesserungsbemühungen an tatsächlich leistungsbedeutsamen Problemen ansetzt. Soweit man sich hier bei der Entwicklung eines Soll-Konzepts i m Rahmen eines behördenspezifisch relevanten Datenkranzes bewegt, w i r d dann von dem entwickelten Modell selbst eine vergleichsweise höhere Problembeseitigungskraft zu erwarten sein. Zum anderen ergeben sich aus einem solchen Vorgehen nun auch positive Wirkungen für die Akzeptanzbildung. I n aller Regel muß bei einem solchen Vorgehen ein speziell für die Durchführung einer Änderung bedeutsames Problembewußtsein bei den Betroffenen nicht „künstlich" entfacht werden, sondern ein solches Bewußtsein u m die Notwendigkeit einer Änderung dürfte hier durch eine quasi alltägliche Auseinandersetzung mit bestimmten Leistungsbeschränkungen bereits vorliegen. Bei einem situationsbezogenen Vorgehen kann also schon die

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6. Z u m Management von Organisationsänderungen

Aussicht, sich von einem alltäglich wiederkehrenden Leistungsproblem zu befreien, zu einem ausschlaggebenden Anreiz werden, eine geplante Änderung zu unterstützen. Positive Wirkungen für die Akzeptanzbildung sind i n diesem Fall allerdings auch schon insoweit zu erwarten, als man sich ja gerade bei einem situativen Vorgehen berechtigte Hoffnung machen kann, i n die letztlich akzeptierten Lösungsentwürfe auch eigene Interessen oder „Besitzstände" einbringen zu können. I n der Reaktion der Landkreisverwaltungen (musterhaftes oder situatives Vorgehen) auf eine bestimmte Reorganisationsnotwendigkeit ist nun eine überaus bedeutsame Strategievariable unseres übergreifenden Erklärungszusammenhanges zu sehen. Denn je nachdem, welches Vorgehen von den Landkreisverwaltungen gewählt wird, kann dann bei der Organisationsänderung entweder i n vorteilhafter A r t und Weise an den quasi „natürlichen" Initiierungsbedingungen (wie Leistungsdefizite und Problembewußtsein) angeknüpft werden, oder man ist gezwungen, diese durchaus erfolgsbedeutsamen Gegebenheiten erst noch durch den Einsatz „künstlicher" M i t t e l zu schaffen. Zum anderen kommt dieser Variablen insoweit eine hervorragende Bedeutung zu, als sich m i t den unterschiedlichen Reaktionen zugleich auch gewisse Zwangsläufigkeiten für den weiteren Verlauf einer Organisationsänderung i n ganz unterschiedlicher A r t und Weise einstellen. Während es beispielsweise i m ersten Fall noch durchaus möglich ist, über den gesamten Verlauf der Änderung hinweg m i t dem geplanten Konzept der Änderung zu „werben", sind i n den beiden anderen Fällen gewissermaßen von Anfang an die Wege dafür verbaut, etwa auch nur eine Teilnahme an der Entwicklung des Soll-Konzepts als ein Anreiz für die Akzeptanz der Organisationsänderung einzusetzen. Die hier deutlich gemachten Effektivitätsunterschiede werden nun nicht schon autonom durch die angesprochene Strategievariable bedingt; denn auch i n diesem Fall ergeben sich die ausschlaggebenden Wirkungen aus einem bestimmten Wechselspiel zwischen Strategie- und Situationsvariablen. Vereinfacht gesagt geht es hier um die kritische Frage, ob durch das Tun oder Lassen der Führungsspitzen die A r t der Initiierung einer Organisationsänderung überhaupt zu einer manipulierbaren Strategievariablen wird. So ist ja auch i n dem einen Fall erst m i t dem günstigen Problembewußtsein zu rechnen, als man die A r t der Initiierung zu einer Strategiefrage macht und mit der Organisationsänderung konsequenterweise an behördenspezifischen Problemen ansetzt. I n den beiden anderen Fällen müssen sodann die Wirkungen aller weiteren Maßnahmen von vornherein beschränkt bleiben, weil man die A r t der Initiierung eben nicht zur Disposition stellt. I n diesen Fällen handelt es sich dann bei der „ A r t der Initiierung" — logisch betrachtet — auch nicht um eine Strategievariable, sondern um eine Situationsvariable,

6.1. Z u r Effektivität von Änderungsstrategien

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die aufgrund ihrer nachteiligen Ausprägung die Durchführung der Organisationsänderung erheblich belastet. 6.1.2.2. Organisation der Informationserfassung und Informationsverarbeitung Weitere erfolgskritische Wirkungen gehen nun von der A r t der Informationserfassung und Informationsverarbeitung aus. Wie w i r es an unseren bisherigen fallbezogenen Schilderungen gesehen haben, gewinnt dabei ganz offensichtlich die Variable an Bedeutung, ob und i n wieweit es dabei zu einer fachlich (auch organisatorisch abgesicherten) Spezialisierung und zur gleichen Zeit zu einer Öffnung und Integration dieser Vorbereitungen i n das Gesamtsystem kommt. Von der jeweils gewählten Organisationsform w i r d zum einen die A r t der möglichen „Wirklichkeitserfassung" und die quasi technische Qualität der Modellplanungen beeinflußt, was sodann auch zwangsläufig wieder i n einem unterschiedlichen Maß positive oder negative Wirkungen für die übergeordnete Regelungsfähigkeit auslöst. Zum anderen bieten die verschiedenen Organisationsformen nun auch unterschiedliche Möglichkeiten, Aktivitäten der Informationsverarbeitung zum Zwecke einer eingeflochtenen bzw. mitlaufenden Akzeptanzbildung zu nutzen. Vergleicht man die informationelle Vorbereitung auf der Basis der hier angesprochenen Strategievariable, so w i r d relativ schnell deutlich, wie die i n den einzelnen Fällen auftretenden Wirkungsverluste oder Effektivitätseinbußen zu erklären sind. So gelingt es ja auch nur i n einem Fall, i n der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz, die informationelle Vorbereitung gleichermaßen gut für die Akzeptanzbildung und die Entwicklung einer hinreichenden Regelungsfähigkeit vorzunehmen. Dabei kann auch speziell i n der mehrfach erwähnten Projektgruppe die Organisationsform gesehen werden, die sowohl eine expertenhafte Behandlung der Planungsprobleme i m engeren Sinne als auch eine Akzeptanzbildung durch weitreichende Partizipationsgelegenheiten ermöglicht. Ein ganz entscheidender Gesichtspunkt i n diesem Zusammenhang ist auch, daß die Partizipation i n aller Regel durch Vorgabe konkreter Ziele oder Aufträge auf die übergreifenden Planungen bezogen bleibt. I m Vergleich betrachet sind dann auch die i n den anderen Fällen feststellbaren Wirkungsverluste einerseits auf eine zu weit gehende Zentralisierung bzw. auf eine bewußte Schließung der Kommunikationskanäle zurückzuführen; andererseits kommt hier — wie es sich i m Fall der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen zeigt — ein bereits vom Ansatz her unzureichender Organisationsgrad der informationellen Vorbereitung ins Spiel. Die beiden Fälle unterscheiden sich allerdings wieder insoweit, als die unzureichende Organisation in dem einen Fall zu Lasten

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6. Z u m Management von Organisationsänderungen

der Akzeptanzbildung geht, i m anderen Fall jedoch zu einer schon drastischen Einbuße an Regelungsfähigkeit führt. Die erfolgsbedeutsamen Wirkungen dieser Strategievariablen werden nun auch i n diesem Fall durch verschiedene Situationsvariablen bzw. Effektivitätsdeterminanten vermittelt. Zu diesen Variablen dürften schon einmal die Vorstellungen der Mitarbeiter von der A r t und Weise zählen, wie aus ihrer Sicht Organisationsänderungen durchzuführen sind. I n diesem Zusammenhang erweist sich wohl ganz offenbar die Strategie der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz auch schon insoweit als effektiver, als hier eben vergleichsweise besser der Wunsch der M i t arbeiter nach einer aktiven Teilnahme am Änderungsprozeß befriedigt werden kann. Wie w i r später noch ausführlicher sehen werden, ist eben aufgrund veränderter Einstellungen zur Berufsarbeit die Änderungsbereitschaft der Bediensteten zu einer ausgesprochenen Schlüssel variable bei der Erklärung der Effektivität unterschiedlicher Strategien des Organisationswandels geworden. Zum anderen geht es i n diesem Zusammenhang naturgemäß um Variablen, die für die Informationsverarbeitung i m engeren Sinne von Bedeutung sind, wie etwa der Typ der geplanten Änderung selbst (Modell bzw. Reichweite), die institutionell verfügbaren Möglichkeiten zur Informationsverarbeitung und ganz grundsätzlich der eigentliche Bedarf an Informationsverarbeitung. Dabei wollen w i r an dieser Stelle allerdings nicht schon auf die Folgen eines quasi typenmäßig unterschiedlichen Informationsverarbeitungsbedarfs eingehen, sondern von einem vergleichbar allgemeineren Problem ausgehen. Was an den Ergebnissen auch am stärksten auffallen dürfte, ist offenbar die Schnelligkeit, mit der sich Wirkungsverluste i n der Informationsverarbeitung bei einer auch nur geringfügigen Vernachlässigung oder unsachgemäßen Behandlung entsprechender Aufgaben einstellen. Diese WirkungsVerluste oder Störungen treten ja auch nicht erst unter der Bedingung eines extrem hohen Informationsverarbeitungsbedarfs (situatives Vorgehen) auf, sondern sind bereits bei dem bloßen Versuch zu erkennen, die überbrachte Aufbauorganisation entsprechend einem allgemeinen organisatorischen Muster zu verändern. Anders betrachtet stellt sich also offenbar bereits bei nur geringfügigen Änderungen ein Bedarf an Informationsverarbeitung (wie ζ. B. die Notwendigkeit von einem aktuellen Ist-Zustand auszugehen) ein, der sich kaum mehr i m organisatorischen Rahmen herkömmlicher Routineverfahren bzw. alltäglicher Arbeitsprozesse befriedigen läßt. Eine vergleichbar hohe Effektivität ist also aus diesen Gründen um so eher zu erwarten, je schneller oder frühzeitiger man zu einer organisatorisch ausdifferenzierten und insofern fachlich spezialisierten Behandlung der Informationsverarbeitung kommt. Als überaus nachteilig muß es sich daher naturgemäß erweisen, wenn man unter diesen

6.1. Zur Effektivität von Änderungsstrategien

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Bedingungen noch nicht einmal bereit ist, die an sich schon verfügbaren M i t t e l der Organisationsarbeit (etwa gezieltes Einschalten des Organisationsreferates) zu nutzen. 6.1.2.3. Entscheidungsfindung und Autorisierung I m Zusammenhang m i t der Entscheidungsfindung und Autorisierung kommen nun weitere Variablen ins Spiel, m i t denen sich die Effektivität der angewandten Strategien des Organisationswandels erklären lassen. Analytisch betrachtet ist hier der Gesichtspunkt ausschlaggebend, ob bzw. inwieweit die Entscheidungsfindung lediglich i m Sinne einer Beschlußfassung oder aber darüber hinausgehend auch als M i t t e l der I n formationsverarbeitung verstanden wird. Während es i m ersten Fall vorzugsweise darum geht, durch Anwendung von Macht „äußerliche" Verhaltenszwänge zu entwickeln, gibt es nur i m zweiten Fall die organisatorischen Möglichkeiten, Entscheidungen eben auch nach den Erfordernissen einer sachlich angemessenen Problemlösung zu treffen. Insoweit w i r d denn auch die A r t und Weise, i n der die Entscheidungsfindung vorgenommen wird, zwangsläufig Folgen für die Regelungsfähigkeit und die Akzeptanzbildung haben. Wie w i r es i n unserer detaillierten Analyse gesehen haben, gibt es nun auch deutlich unterscheidbare Vorgehensweisen bei der Entscheidungsfindung. Der Rückgriff auf Amtsautorität i n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße steht dabei gewissermaßen als ein Beispiel dafür, wie durch die Entscheidungsfindung und Autorisierung vorzugsweise äußere Verhaltenszwänge gesetzt werden. Durch dieses Vorgehen büßt man zwar die funktionell notwendige Regelungsfähigkeit nicht schon gänzlich ein, kann aber die Änderung — überspitzt gesagt — weitestgehend nur auf der „Verhaltensebene" erzwingen, nicht jedoch sicher sein, daß man auch auf der „Sachebene" immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Darüber hinaus löst dieses Vorgehen die bereits latent vorhandenen Konfliktbereitschaften aus, mindert damit also zugleich die Möglichkeiten zur Akzeptanzbildung. Wenn i n diesem Fall aber immerhin noch die i m mindesten notwendige sachliche Regelungsfähigkeit gewahrt bleibt, so kann dies für den Fall einer Anwendung von Charisma als M i t t e l der Entscheidungsfindung nicht mehr gesagt werden. Der Versuch, die Organisationsänderung (zudem unter erschwerend wirkenden externen Bedingungen) i n Form unverbundener, einzelner „Durchgriffe" zu vollziehen, macht vielmehr deutlich, daß sich die Durchführung schon dieser Organisationsänderung eben nicht mehr durch „Einzelentscheidungen", sondern vorzugsweise nur über „Pläne" steuern läßt. Anders betrachtet erklärt sich allerdings die nun für den Fall der Landkreisverwaltung Mayen11 Speyer 86

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6. Z u m Management von Organisationsänderungen

Koblenz feststellbare hohe Effektivität nicht nur aus dem einfachen Umstand, daß hier bei der Entscheidungsfindung auf ein vergleichbar hohes Maß an problemrelevanten Informationen zurückgegriffen werden kann. Die Effektivität dieses Vorgehens w i r d dadurch bedingt, daß man hier zumindest tendenziell für den Fall unausräumbarer Zielkonflikte zu einem Interessenausgleich zwischen Führung und Mitgliedschaft bereit ist. Die hier feststellbaren Wirkungen werden zum einen wieder durch die A r t der Änderungsbereitschaft der beteiligten und betroffenen M i t arbeiter vermittelt. A n den hier einschlägigen Reaktionen der Mitarbeiter ist auch deutlich zu erkennen, daß sie nicht mehr bereit sind, die durch eine Organisationsänderung ausgelösten Folgen für die eigene Arbeitssituation bedingungslos zu akzeptieren. Da die m i t einer Organisationsänderung verbundenen Schwierigkeiten motivationsmäßig offenbar nicht mehr von der sogenannten Indifferenzzone abgedeckt werden, stellen die Mitarbeiter i n der Regel Bedingungen und sind weitestgehend auch nur bereit, ihre Folgebereitschaft i m Tausch gegen spezielle Vergünstigungen zu gewähren. Daher ist i m Zusammenhang m i t der Entscheidungsfindung i n aller Regel nur insoweit m i t akzeptanzförderlichen Wirkungen zu rechnen, als eben die Mitarbeiter ausdrücklich als Konsenspartner an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden. I n welchem Umfang man hingegen mit Wirkungsverlusten zu rechnen hat, zeigt wieder das Beispiel, i n dem man nun genau umgekehrt systematisch eine Teilnahme der Mitarbeiter verhindert, dabei aber nicht die erhoffte Konfliktentlastung erzielt, sondern K o n f l i k t handlungen eben erst provoziert. Unter dem Gesichtspunkt der Regelungsfähigkeit sind dabei wieder das Änderungsmodell bzw. der Gegenstand der Informationsverarbeitung von Bedeutung. So w i r d auch das erreichte Maß an Regelungsfähigkeit ganz entscheidend dadurch bedingt, inwieweit es gelingt, ein noch für die besonderen Aufgabenstellungen einer Organisationsänderung angemessenes Entscheidungsprogramm anzuwenden. Da es sich bei einer Organisationsänderung i n der Regel um eine innovative Aufgabenstellung handelt, kann man zur Regelung dieser Aufgabe auch nur unter Inkaufnahme erheblicher Wirkungsverluste auf die hierzu fehlangepaßten Routineprogramme des Entscheidens, etwa auch auf das M i t t e l der bloßen Anweisung, zurückgreifen. M i t dem Mittel der bloßen Anweisung lassen sich zwar noch Verhaltensnormen oder Ziele setzen, i n aller Regel kann damit allerdings noch nicht gesagt werden, mit welchen Programmen oder Plänen diese Ziele nun auch zu erreichen sind. U m nun gerade solche handlungsrelevanten Informationen an die Hand zu bekommen, bedarf es vielmehr eines Entscheidungsverfahrens, m i t dem sich die vergleichbar zielwirksamsten Pläne oder Programme

6.1. Z u r Effektivität von Änderungsstrategien

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erst noch auswählen lassen. Eine hohe Regelungsfähigkeit erzielen w i r daher typischerweise auch nur i n jenem Fall, i n dem die Entscheidungsfindung genau nach diesem Muster der Zweckprogrammierung vorgenommen wird. 6.1.2.4. Implementation Eine vorerst letzte Strategievariable ist i n der Implementation zu sehen. Unter Implementation w i r d hier bekanntlich der Prozeß der Einund Durchführung einer Organisationsänderung verstanden. Zu einem durchaus erfolgsbedeutsamen Gesichtspunkt kann es hier zum einen werden, wie denn nun die herkömmliche Organisation (im Sinn einer Veränderung ihrer Aufbauorganisation) konkret umgestaltet wird. Diesen gerade für die Regelungsfähigkeit ausschlaggebenden Gesichtspunkten (Frage nach der Gestaltungsstrategie) können w i r hier zwar nicht umfassend nachgehen, wollen dazu aber immerhin i m Zusammenhang mit der von uns näher untersuchten Organisation der Implementation Stellung beziehen. Zum anderen geht es hier wieder um die Implementation unter sozialen Gesichtspunkten. I n diesem Zusammenhang geht es ganz entscheidend um das jeweilige Anreizangebot, oder anders gesagt, u m die A r t der Motivationsstrategie, mit der man bewußt oder unbewußt die beteiligten und betroffenen Mitarbeiter zu einer bloßen Übernahme oder gar Unterstützung der Änderung anhalten w i l l . Wie w i r es bereits aus unserer Analyse wissen, werden nicht nur höchst unterschiedliche Anreize angewandt, sondern die Anwendung der unterschiedlichen Anreize ist zudem mit höchst verschiedenen W i r k u n gen für die Akzeptanzbildung verbunden; dabei kann man auch anhand der Reaktionen der Mitarbeiter feststellen, daß man die Abwicklung und die Duldung einer auch nur einigermaßen großen Organisationsänderung motivationsmäßig nicht mehr als eine allgemeine bzw. normale Mitgliedschaftsverpflichtung ansieht. Wo eben noch der Versuch gemacht w i r d (wie i n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße), den Vollzug der Organisationsänderung i m Sinn einer selbstverständlichen Pflicht anzuweisen, provoziert man daher tendenziell auch nur Widerstände und Konflikte, die nun selbst wiederum die Verwirklichung des eigentlichen sachlichen Anliegens der Organisationsänderung (Verbesserung der Aufgabenerfüllung) i n Gefahr bringen. Z u besseren Ergebnissen kommt man, wenn man — wie nun i m Fall der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen — den Bediensteten ein Neutraloder Wohlverhalten i m Wege eines „Tausches" quasi abkauft. Indem man die durch die Organisationsänderung entstehenden „Verluste" durch subjektiv relevante „Gewinne" auszugleichen versucht, vermeidet man damit aber bestenfalls Unzufriedenheit, kann also die für den u»

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Erfolg einer Organisationsänderung so wichtige Identifikation noch nicht erzielen. Zu einer solchen Identifikation bzw. positiven Motivation scheint es auch erst kommen zu können, soweit sich dem Einzelnen m i t der Organisationsänderung zusätzliche Chancen zur Befriedigung bzw. Verfolgung persönlich bedeutsamer Ziele oder Interessen bieten. Diese unterschiedlichen Wirkungen werden nun mit Sicherkeit von einer veränderten A r t der Änderungsbereitschaft, i m übergeordneten Sinn von einer womöglich insgesamt veränderten Einstellung zur Berufsarbeit bedingt. Die Mitarbeiter sind zumindest der Tendenz nach nicht mehr i n gleichem Umfang bereit, Ansprüche und Erwartungen gegenüber ihrem Verhalten pauschal und somit auch gegenüber den leistungsunabhängig gewährten allgemeinen Mitgliedschaftsvergünstigungen „abzurechnen", sondern versuchen offenbar die Bilanz von A n sprüchen und Vergünstigungen entsprechend einer vielfach zitierten „Angestelltenmentalität" jeweils aufs Neue zu bestimmen. Akzeptanzbildende Maßnahmen werden sich daher auch nur insoweit als w i r kungsvoll erweisen, als eben die Motivierung bei den unmittelbaren Motiven und Belangen der Personen und nicht erst auf der Ebene bereits rollenmäßig vorbestimmter Verhältnisse von Pflichten und Rechten ansetzt. Dabei handelt es sich zudem um Veränderungen i m Berufsethos, die weit über den öffentlichen Dienst hinaus gehen, i n dieser Weise ihre Ursachen auch i n eher allgemeinen Veränderungen der Arbeitswelt, wie etwa der Einbuße an Identifikationsmöglichkeiten infolge drastischer Rationalisierungen, haben. Da nun das Dienstrecht (oder auch der BAT) bisher nicht gerade viele Möglichkeiten anbietet, die Mitarbeiter jeweils gemäß ihren persönlichen Vorstellungen zu motivieren, w i r d es auch zu einer durchaus wichtigen Frage, auf welche weiteren, eben nicht schon kompensatorischen Anreize man zurückgreifen kann. So haben w i r ja i n dem Fall der Landkreisverwaltung Mainz-Bingen recht gut sehen können, wie ein i m Prinzip gleichermaßen autoritäres Vorgehen i n seinen nachteiligen W i r kungen durch eine starke Personalisierung des gesamten Vorganges abgefedert werden kann. Wie es sich i n diesem Fall zeigt, kann schon der psychisch bedeutsame Eigenwert einer „Sonderbehandlung" durch den Landrat als ein akzeptanzfördernder Anreiz wirken. Darüber hinaus zeigt sich wiederum am Vorgehen der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz, wie sich auch mit der voraussichtlichen Problembeseitigungskraft eines Änderungsmodells und somit mit der Bezugnahme auf Oberziele der öffentlichen Verwaltung, wie etwa Effizienz und Effektivität, positive Wirkungen erzielen lassen. Hierbei handelt es sich zwar um Anreize, die sich gewissermaßen ohne weitere materielle „Mehraufwendungen" einsetzen lassen und insoweit auch einen eher symbolischen Charakter besitzen; gleichwohl muß der Einsatz solcher

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Anreize i n aller Regel auch i m Rahmen einer übergreifenden Strategie des Organisationswandels bedacht und geplant werden. Einen weiteren wichtigen Einfluß auf die Implementation i n einem sowohl sachlichen als auch sozialen Sinn nimmt nun schließlich noch die Organisation der Implementation. I n diesem Zusammenhang zeigt sich ganz grundsätzlich, wie nachteilig es ist, für die Implementation einer Organisationsänderung i m sachlichen Sinn überhaupt keine besonderen organisatorischen Vorkehrungen vorzusehen. Wie es sich dabei an den Landkreisverwaltungen Mainz-Bingen und Südliche Weinstraße zeigt, kann es sich dabei als besonders problematisch erweisen, die Implementationsaufgaben einer weder sachlich noch motivational vorbereiteten Führungszwischenschicht (Abteilungsleiter) zu übertragen. Denn wo es prinzipiell an einem Implementationsprogramm fehlt, lassen sich die i n dieser kritischen Phase auftretenden Schwierigkeiten (wie etwa Raumoder Loyalitätsprobleme bei neugebildeten Einheiten) bestenfalls nach dem zufallsbedingt vorhandenen oder persönlich verfügbaren Geschick zum Krisenmanagement bewältigen. I n der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße spitzt sich dieses Problem nochmals insoweit zu, als hier zudem einige Positionsträger zu Promotoren der Implementation gemacht werden, die von der Organisationsänderung selbst nachteilig betroffen sind und sich durch die neuen Rollenverpflichtungen in Rollenkonflikte gestürzt sehen. Geht man von den hier dargestellten Zusammenhängen aus, so sind die ausschlaggebenden Ursachen für die i n der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz erzielte hohe Effektivität offenbar bereits i n dem einfachen Umstand zu sehen, daß hier die Implementation überhaupt von einer speziellen Änderungsorganisation vorgenommen wird. Die überaus positiven Wirkungen werden i n diesem Fall allerdings nicht nur durch diesen organisatorischen Vorteil i m engeren Sinn bedingt, sondern auch durch die Tatsache, daß hier bei der Implementation i m sachlichen Sinne auch auf eine Gestaltungsplanung zurückgegriffen werden kann. So bekommt man mit der Gestaltungsplanung zum einen die notwendigen instruktiven Informationen zur Hand, wie nun aus sachlicher Perspektive die faktische Veränderung der überbrachten Aufbauorganisation vorzunehmen ist. Zum anderen bietet die Gestaltungsplanung nun auch den Raum, um die Mitarbeiter direkterweise am sachlichen Vollzug dieser Änderung teilnehmen zu lassen; diese nun auch unter Akzeptanzgesichtspunkten sinnvolle Teilnahme — und das ist an dieser Stelle der springende Punkt — kann im Rahmen dieser Gestaltungsplanung wiederum vorgenommen werden (Ausführung der Detailplanung), ohne daß dadurch das eigentliche Ziel der Gesamtkonzeption (Rahmenplanungen) gefährdet wird. Diese überlegte funktionale Verschränkung sachlich und sozial orientierter Planung trägt also ebenso zu

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der insgesamt hohen Effektivität dieser Strategie des Organisationswandels bei. 6.1.3. Prozeßdynamische Faktoren I n unserem Bezugsrahmen tauchen allerdings nicht nur die bisher erwähnten Variablen, wie Erfolgskriterien, Strategievariable und Effektivitätsdeterminanten, auf. Denn soweit es um die Erklärung der Effektivität geht, wollen w i r zusätzlich auf sogenannte prozeßdynamische Faktoren zurückgreifen. Analytisch gesehen handelt es sich dabei u m Gegebenheiten oder Wirkungen, die sich nicht schon aus der A n wendung bloß einer der bisher genannten Strategievariablen einstellen. Typisch ist für diese prozeßdynamischen Faktoren vielmehr, daß sie sich erst aus der Interaktion bzw. dem kombinierten Auftreten einzelner Strategievariablen einstellen. Zu den eigentlich bedeutsamen erfolgskritischen Wirkungen kommt es dann auch erst, wenn zusätzlich zu einem ersten Prozeßmerkmal nun i m weiteren Verlauf des Änderungsprozesses ein weiteres, hierzu bedeutsames Merkmal auftritt. Analytisch gesehen handelt es sich hier also um effektivitätsbedeutsame W i r k u n gen, die ihre eigentlichen Ursachen i m eigentypischen Verlauf des Ä n derungsprozesses selbst haben. Zu solchen prozeßdynamischen Faktoren wollen w i r eine bestimmte „Fehlangepaßtheit" von Strategiemaßnahmen, die Phasengliederung des Änderungsprozesses und spezielle „Vergabe· oder Übernahmebedingungen" bei der Anwendung von Anreizen zählen. 6.1.3.1. Situative Fehlangepaßtheit von Strategiemaßnahmen Wie es sich i n den verschiedenen Fällen unserer Untersuchung zeigt, kommt offensichtlich m i t der Anwendung spezieller Führungsmittel eine beträchtliche Selbstdynamik i n den Änderungsprozeß. I n allen Fällen zeigt sich quasi gleichermaßen, daß sich nach einer ersten Anwendung eines Führungsmittels dieses Führungsmittel i m weiteren Verlauf nicht mehr wechseln läßt. So ist beispielsweise für die Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße zu erkennen, wie durch die Überrumpelungsaktionen Konflikte bei den Betroffenen erst ausgelöst werden, diese i n jeder Hinsicht effektivitätsmindernden Konflikte sodann aber geleugnet oder aber durch eine erneute Anwendung von Zwang zu regeln versucht werden. I n dem anderen Fall der Landkreisverwaltung Mayern-Koblenz zeigt sich zumindest i m Prinzip eine gleiche Zwangsläufigkeit, wenn man hier zunächst die Mitarbeiter bei der informationellen Vorbereitung stark beteiligt, diesen Mitarbeitern dann aber aufgrund geweckter Erwartungen auch Partizipationsgelegenheiten für die eigentliche Entscheidungsphase eröffnet. Die Öffnung der

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Entscheidungsstrukturen könnte dabei allerdings zu einer gegebenenfalls prekären Überlastung des Entscheidungssystems infolge einer Vielzahl sachlich nicht zu erfüllender Forderungen und Ansprüche führen. Wie es an diesen Beispielen zu erkennen ist, ergibt sich eine effektivitätsmindernde Wirkung nicht schon durch das Vorgehen i n der jeweiligen ersten Phase des Änderungsprozesses. Zu den eigentlich bedenklichen Folgen (mit neuer Qualität) kommt es erst, als man nun selbst i m Falle einer grundlegend veränderten Situation schematisch an seinem bisherigen Vorgehen festhält, es also zu einer deutlichen situativen Fehlangepaßtheit von Strategiemaßnahmen kommt. Die Zwangsläufigkeit, m i t der es jeweils zu diesen Fehlangepaßtheiten kommt, läßt sich zwar mit Hilfe der Situationseinschätzungen der Geschäftsleitungen bzw. Führungsspitzen noch recht gut erklären. So verbleibt man eben bei einem weiteren Einsatz von Amtsautorität, um so nicht Gefahr zu laufen, durch eine offizielle Anerkennung von Konflikten oder unüberbrückbaren Gegensätzen gegebenenfalls „Verhandlungspositionen" einnehmen und auf diesem Wege die eigentlichen Voraussetzungen der Autoritätsübung selbst i n Frage stellen zu müssen. Zum anderen kommt es aber gerade durch dieses Festhalten zu den uns hier speziell interessierenden „Interaktions-Effekten". Die eigentlich effektivitätsmindernden Wirkungen (hier i m Sinne einer Problemverschärfung) treten i m Fall der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße auch erst auf, als man auf die weitgehend selbstprovozierten Konflikte nun auch noch mit dem Versuch einer Konfliktverdrängung reagiert. 6.1.3.2. Phasengliederung Zu solchen entweder positiven oder negativen „Interaktions-Effekten" kann es darüber hinaus durch die Form der Phasengliederung kommen. Unseren analytischen Bestimmungen entsprechend geht es dabei allerdings nicht schon u m die Frage, ob und inwieweit es i n einem Änderungsprozeß überhaupt zu einer bestimmten Phasengliederung und som i t zeitlich spezialisierten Wahrnehmung unterschiedlicher Funktionen kommt. Wesentlicher i n unserem Zusammenhang ist vielmehr der Gesichtspunkt, wie die einzelnen Phasen wechselseitig aufeinander zugeordnet sind und somit auch das Ausmaß, i n dem es zu einer zeitlich scharf getrennten oder aber phasenmäßig vermischten Behandlung einzelner Aufgabenstellungen kommt. Wie sich durch solche Formen der Phasengliederung wieder „Interaktions-Effekte" einstellen können, zeigt sich schon einmal am Fall der Landkreisverwaltung Mayen-Koblenz. Hier ist ja zum einen typisch, daß einzelne Funktionen — wie Informationsverarbeitung oder Impie-

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mentation — schwerpunktmäßig getrennt und somit auch zeitlich bzw. phasenmäßig spezialisiert wahrgenommen werden. Zum anderen ist aber hier gleichermaßen typisch, daß es über diese prinzipielle Phasengliederung hinweg zu einer gewissen Vermischung bei der Wahrnehmung von Funktionen kommt. So dient eben die Phase der Informationsverarbeitung nicht nur allein diesem Zweck, sondern eröffnet zugleich Möglichkeiten der Akzeptanzbildung. Daher ist dann der insgesamt feststellbare hohe Wirkungsgrad bei der Akzeptanzbildung nicht nur und schon gar nicht ausschließlich auf die spätere Organisation der Implementation zurückzuführen, sondern auch auf Wirkungen, die sich als „Interaktions-Effekte" aus der speziellen wechselseitigen Zuordnung einzelner Phasen ergeben. Zu gleichen Ergebnissen — allerdings mit umgekehrten Vorzeichen — kommen w i r i m Fall der Landkreisverwaltung Südliche Weinstraße. Da i n diesem Fall bei der Organisationsänderung ein autoritärer oder bürokratischer Führungsstil angewandt wird, kommt es zu der auch ansonsten so typischen sauberen bzw. scharfen Trennung zwischen Entscheidung und Durchführung. Bei einer solchen Phasengliederung treten die eigentlich Betroffenen einer Organisationsänderung erst i n der Phase der Implementation auf den Plan, wodurch naturgemäß die Chance genutzt werden kann, die Betroffenen gegebenenfalls frühzeitig m i t der Änderung vertraut zu machen, sie also gegebenenfalls auch als „Ideen-Lieferanten" i n den Prozeß der Vorbereitung einzubinden. Da hier die Phase der Implementation vielmehr relativ abrupt bzw. i n einem scharfen Übergang auf die der Entscheidung folgt, ist hier sodann schon aus dieser A r t der Aufeinanderfolge einzelner Phasen damit zu rechnen, daß die Anweisung einer Organisationsänderung als „Überrumpelung" und — infolge eben der nicht verbleibenden Zeit für einen glaubhaften Rollen Wechsel — subjektiv auch als Zwang empfunden wird. 6.1.3.3. Vergabe- oder Übernahmebedingungen bei Anreizen Ein letztes Beispiel für effektivitätsbedeutsame Wirkungen, die erst aus dem speziellen Prozeßverlauf heraus auftreten, kann i n speziellen Vergabe- oder Übernahmebedingungen gesehen werden. Dabei handelt es sich u m Bedingungen, unter denen die an sich bereits für eine A n wendung vorgesehenen Anreize nun tatsächlich gewährt werden. Die für uns spezielle Problematik besteht nun (wieder i m Sinne eines weiteren Interaktions-Effekts) darin, ob nicht durch diese Vergabebedingungen die eigentlich anzunehmenden positiven Wirkungen eines zum Zweck der Akzeptanzbildung eingesetzten Anreizprogrammes i n ihr Gegenteil verkehrt werden.

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So haben w i r ja auch für den Fall der Landkreisverwaltung MainzBingen eine gewisse Bereitschaft der Führungsspitze feststellen können, subjektiv bedeutsame Anreize (ζ. B. Statussicherheit) i m Tausch für eine Akzeptanz der Organisationsänderung zu gewähren. Eine i n dieser Weise demonstrierte Fürsorgepflicht gegenüber den eigenen Mitarbeitern kann hier zudem als eine notwendige Voraussetzung für eine insgesamt effektive Anwendung eines patriarchalen Führungsstils angesehen werden. I m weiteren Verlauf des Änderungsprozesses zeigt sich freilich, daß diese Anreize nicht schon entsprechend den subjektiven Bedarfslagen, sondern vorzugsweise nach dem Gesichtspunkt einer überzeugend demonstrierten Konfliktfähigkeit gewährt werden. I n den Genuß dieser Anreize kommt man also erst, wenn man der Führungsspitze überzeugend klarmachen kann, daß sie für den Fall des Zuwiderhandelns mit bedrohlichen Konflikten und Protesten zu rechnen hat. Da man der Führungsspitze die Anreize i n dieser Weise erst abtrotzen muß, kommen hier die Wirkungen der Anreize auch nicht gewissermaßen ungebrochen (positiv) zur Entfaltung; indem die Vergabe der Anreize i m weiteren Prozeß an solche Bedingungen geknüpft wird, w i r d der mit der hier insgesamt angewandten Strategie zunächst auch nur ein höheres Konfliktniveau ausgelöst.

6.1.4. Zu einer Theorie des geplanten Organisationswandels der öffentlichen Verwaltung Zum Abschluß wollen w i r uns noch kurz mit einigen meta-theoretischen Fragen einer Theorie des geplanten Organisationswandels auseinandersetzen. Hierbei handelt es sich also nicht schon um Aussagen, die als solche i n den zuvor entwickelten zweckbezogenen Erklärungszusammenhang gehören. Es handelt sich vielmehr vorrangig um strategische bzw. auch erkenntnistheoretische Vor-Entscheidungen zu einer solchen Theoriebildung selbst. a) Zunächst einmal muß festgehalten werden, daß der Änderungsprozeß selbst eine überaus bedeutsame Variable bei der Erklärung der Gesamteffektivität einer Organisationsänderung (auch hinsichtlich ihres Funktionierens i m übergeordneten Leistungszusammenhang) darstellt. Wie es sich eben an den Ergebnissen unserer Untersuchungsfälle zeigt, gehen Wirkungsverluste nicht einseitig auf prozeßunabhängige Faktoren, wie etwa eine prinzipielle Anpassungsträgheit von Großorganisationen oder restriktiv wirkende Umwelteinflüsse, zurück, sondern anteilsmäßig ebenso auf die jeweils angewandten Strategien des Organisationswandels. Insoweit mag dies zum einen unsere eingangs formulierte Hypothese bestätigen, daß i n der A r t und Weise, wie Organisations-

.

\

Führungsphilosophie Führungsstil

Prozeßvariable

. '

„ , . . ., Regelungs- und Planungsfahigkeit

Erfolgskriterien/Wirksamkeit

—^Konflikt/



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> Zwang

Entfremdung

^

Fähigkeit zur Akzeptanzbildung ^ Identifikation