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German Pages 1190 [1192] Year 2007
Großkommentare der Praxis
w G DE
RECHT
Löwe-Rosenberg
Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz Großkommentar 26., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von
Volker Erb, Robert Esser, Ulrich Franke, Kirsten Graalmann-Scheerer, Hans Hilger, Alexander Ignor
Vierter Band §§112-150; Sachregister Bearbeiter: §§112-132: Hans Hilger §§ 132a-136a: Sabine Gieß §§ 137-150: Klaus Lüderssen/Matthias Jahn Sachregister: Christian Pfaff
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RECHT
De Gruyter Recht · Berlin
Stand der Bearbeitung: Juli 2007
ISBN 978-3-89949-199-9
Bibliografische Information der Deutschen
Nationalbibliothek
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Die Bearbeiter der 26. Auflage Jörg-Peter Becker, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe und Obernburg Dr. Werner Beulke, Professor an der Universität Passau Dr. Reinhard Böttcher, Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg a. D., Honorarprofessor an der Ludwig Maximilians-Universität München Ottmar Breidling, Vors. Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf Dr. Gabriele Cirener, Richterin am Landgericht Berlin Dr. Volker Erb, Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Dr. Robert Esser, Professor an der Universität Passau Dr. Ulrich Franke, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe und Hemdingen Dr. Sabine Gieß, Professorin an der Universität Basel Dr. Karl Heinz Gössel, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht a. D., München Dr. Kirsten Graalmann-Scheerer, Generalstaatsanwältin in Bremen, Honorarprofessorin an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Bremen Dr. Hans Hilger, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Justiz a. D., Bad Honnef Dr. Dr. Alexander Ignor, Rechtsanwalt in Berlin, Apl. Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Christian Jäger, Professor an der Universität Trier Dr. Matthias Jahn, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Richter am Oberlandesgericht Nürnberg Dr. Daniel M. Krause, Rechtsanwalt in Berlin Dr. Hans-Heiner Kühne, Professor an der Universität Trier Dr. Klaus Lüderssen, Professor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Dr. Holger Matt, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Andreas Mosbacher, Vorsitzender Richter am Landgericht Berlin Dr. Günther M. Sander, Vors. Richter am Landgericht Berlin, Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Gerhard Schäfer, Vors. Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe und Stuttgart Dr. Wolfgang Siolek, Vors. Richter am Oberlandesgericht Celle Dr. Carl-Friedrich Stuckenberg, Privatdozent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Thomas Wickern, Leitender Oberstaatsanwalt beim Generalstaatsanwalt in Düsseldorf
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Vorwort Der LÖWE-ROSENBERG hatte 2 0 0 4 seinen 125. Geburtstag und ist damit - soweit ersichtlich - das älteste weiterhin aktuelle Erläuterungsbuch. Als Großkommentar hat er die Aufgabe, den Erkenntnisstand und die rechtlichen Probleme des Strafverfahrensrechts möglichst vollständig darzustellen und Wege zur Lösung auch entlegener Fragen aufzuzeigen. In einem Großkommentar der Praxis muss dabei der Praxisbezug theoretischer Streitfragen und der historischen Entwicklung deutlich werden. Die Entwicklungsgeschichte der Strafprozessordnung und der Strafgerichtsverfassung seit dem Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze, nebst Strafverfahrensrecht der D D R und dem Recht der Vereinigung, sowie die Entstehungsgeschichte der einzelnen Vorschriften sind sorgfältig darzustellen. Die mehr als 120-jährige Entwicklung des Strafprozessrechts in Deutschland, die namentlich in neuerer Zeit hektische Gesetzgebungstätigkeit sowie eine sich zunehmend verfeinernde und immer stärker ausdifferenzierende wissenschaftliche Entwicklung und Rechtsprechung bedeuten auch für dieses Rechtsgebiet eine kodifikatorische Spätzeit, in der die Grundlagen von einem fast undurchschaubaren Geflecht von Einzelheiten überlagert werden. Ein Großkommentar kann, auch wenn er dazu beitragen muss, den Rückgriff auf Grundprinzipien zu ermöglichen, nicht darauf verzichten, diese Ausdifferenzierung zu dokumentieren und soweit erforderlich zu bewerten und zu systematisieren. Inhaltlich wird diese Konzeption in der 2 6 . Auflage im Wesentlichen beibehalten und ergänzt. Stärker als bisher soll der Einfluss der Entwicklung des europäischen Rechts und der Rechtsprechung der europäischen Gerichte auf das Strafverfahrensrecht und das Recht der Strafgerichtsverfassung sowie die nationale Rechtsprechung hierzu berücksichtigt werden. Dies wird sich schon in der neuen Einleitung in diesem Band sowie in der Kommentierung zu den einzelnen Bestimmungen zeigen; die gesonderte Kommentierung der für das Strafverfahren bedeutsamen Vorschriften der E M R K wird weitergeführt. Auf der Grundlage dieser Konzeption ist jeder Autor für den Inhalt seiner Kommentierung verantwortlich. Die zunehmende Flut der Veröffentlichungen hat inzwischen einen Umfang erreicht, der es nicht mehr in allen Bereichen möglich macht, den Grundsatz der vollständigen Dokumentation des Materials uneingeschränkt zu erfüllen. Es bleibt daher der Verantwortung eines jeden Autors überlassen, ob und in welchem Umfang er eine Auswahl trifft. Für die 2 6 . Auflage sind zehn Bände geplant, insgesamt voraussichtlich 10.000 Seiten. Sie wird jedoch nicht mehr in Einzellieferungen erscheinen, sondern bandweise. Das Werk soll im Jahre 2010 abgeschlossen werden. Herausgeber, Verlag und bisherige Autoren möchten an dieser Stelle dem Herausgeber der 24. und 25. Auflage, Herrn M D a.D. Prof. Dr. Peter Rieß, noch einmal herzlich für seine unermüdliche und umsichtige Arbeit danken. Seine Aufgabe übernehmen jetzt für die 26. Auflage sechs neue Herausgeber. Jeweils zwei Herausgeber sind als Bandredakteure verantwortlich. Ausgeschieden sind aus dem Kreis der 19 Autoren, die an der 25. Auflage mitgewirkt haben: Präs. LG Olaf Boll, RA Prof. Dr. Hans Dahs, MinDgt. a.D. Dr. Walter Gollwitzer, Prof. Dr. Ernst-Walter Hanack, M D a.D. Prof. Dr. Peter Rieß, GStA a.D. Günter Wen-
VII
Vorwort disch. Verlag und Herausgeber danken diesen Autoren für ihre langjährige, engagierte Mitarbeit, die Erscheinungsbild und Ruf des Kommentars maßgeblich mitgeprägt hat. Folgende neue Autoren werden in der 26. Auflage mitarbeiten: RiBGH Jörg-Peter Becker, RiLG Dr. Gabriele Cirener, Prof. Dr. Volker Erb, Prof. Dr. Robert Esser, Prof. Dr. Sabine Gieß, RA Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, Prof. Dr. Christian Jäger, RiOLG Prof. Dr. Matthias Jahn, Prof. Dr. Hans-Heiner Kühne, Vors. RiLG Dr. Andreas Mosbacher, Vors. RiLG Prof. Dr. Günther Sander und PrivDoz. Dr. Carl-Friedrich Sickenberg. Verlag, Herausgeber und Autoren werden weiterhin bemüht sein, die hohen Erwartungen zu erfüllen, die sich mit diesem Kommentar seit jeher verbinden. Der hiermit vorgelegte Band IV hat durchgehend den Bearbeitungsstand 31. Juli 2007; teilweise konnte auch noch später erschienene Rechtsprechung und Literatur berücksichtigt werden. Berlin, im Oktober 2007
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Die Herausgeber
Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg 1. Inhalt der Kommentierung Der LÖWE-ROSENBERG kommentiert die StPO, das EGStPO, das G V G , das E G G V G und die G V G V O mit Ausnahme der nur den Zivilprozess betreffenden Teile, sowie - mit dem Schwerpunkt auf den strafverfahrensrechtlich besonders bedeutsamen Regelungen die E M R K und den IPBPR. Wenig bekannte oder schwer auffindbare strafverfahrensrechtliche Nebengesetze, deren Wortlaut für die Kommentierung erforderlich ist, werden bei den einschlägigen Erläuterungen im Kleindruck wiedergegeben. 2. Erscheinungsweise und Stand der Bearbeitung Die 26. Auflage des LÖWE-ROSENBERG erscheint erstmals in Bänden, deren Erscheinungs-Reihenfolge von der des Gesetzes abweichen kann. Die Bände werden aber in der vom Gesetz vorgegebenen Reihenfolge durchnumeriert. Der Stand der Bearbeitung ist dem Vorwort jedes Bandes zu entnehmen. Die Autoren sind bemüht, besonders wichtige Änderungen und Entwicklungen auch noch nach diesem Stichtag bis zur Drucklegung des Bandes zu berücksichtigen. 3. Bearbeiter Jeder Bearbeiter (in der Fußzeile angegeben) trägt für seinen Teil die alleinige inhaltliche Verantwortung. Die Stellungnahmen zu Rechtsfragen, die an mehreren Stellen des Kommentars behandelt werden, können daher voneinander abweichen. Auf solche Abweichungen wird nach Möglichkeit hingewiesen. 4. Aufbau und Kommentierung Neben der umfassenden Einleitung zum Gesamtwerk sind den Untereinheiten der kommentierten Gesetze (Bücher, Abschnitte, Titel), soweit erforderlich, Vorbemerkungen vorangestellt, die das für die jeweilige Untereinheit Gemeinsame erläutern. Der den Vorbemerkungen und den Kommentierungen der einzelnen Vorschriften erforderlichenfalls vorangestellte Abschnitt Geltungsbereich enthält Hinweise auf zeitliche und örtliche Besonderheiten. Der Abschnitt Entstehungsgeschichte gibt, abgesehen von ganz unwesentlichen Änderungen, die Entwicklung der geltenden Fassung der Vorschrift vom Erlass des jeweiligen Gesetzes an wieder. Fehlt er, so kann davon ausgegangen werden, dass die Vorschrift unverändert ist. Der Hinweis auf geplante Änderungen verzeichnet Änderungsvorschläge, die sich beim Abschlusszeitpunkt der Lieferung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren befinden. Die Erläuterungen sind nach systematischen Gesichtspunkten gegliedert, die durch Überschriften oder Stichworte hervorgehoben sind. In der Regel ist den Erläuterungen eine systematische Übersicht vorangestellt. Soweit angebracht wird sie bei besonders
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Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg
umfangreichen Erläuterungen durch eine alphabetische Übersicht ergänzt. Bei den Erläuterungen selbst werden für jede Vorschrift (zur Erleichterung des Zitierens) durchlaufende Randnummern verwendet. 5. Schrifttum Der Kommentar enthält am Anfang jedes Bandes ein allgemeines Literaturverzeichnis, das nur die häufiger verwendete oder allgemeine Literatur enthält. Den Vorbemerkungen und den Kommentierungen der einzelnen Vorschriften sind Schrifttumsverzeichnisse vorangestellt, die einen Überblick über das wesentliche Schrifttum zu dem jeweils behandelten Thema geben. 6. Zitierweise Literatur, die in diesen Schrifttumsverzeichnissen enthalten ist, wird im laufenden Text im allgemeinen nur mit dem Namen des Verfassers (ggfs. mit einer unterscheidenden Kurzbezeichnung) oder der sonstigen im Schrifttumsverzeichnis angegebenen Kurzbezeichnung zitiert, doch wird bei Veröffentlichungen in Zeitschriften vielfach auch die genaue Fundstelle nachgewiesen. Sonst sind selbständige Werke mit (gelegentlich verkürztem) Titel und Jahreszahl, unselbständige Veröffentlichungen (auch Beiträge in Festschriften u.a.) mit der Fundstelle angegeben. Auflagen sind durch hochgestellte Zahlen gekennzeichnet; fehlt eine solche Angabe, so wird aus der Auflage zitiert, die im allgemeinen Schrifttumsverzeichnis angegeben ist. Hat ein Werk Randnummern, so wird nach diesen, sonst nach Seitenzahl oder Gliederungspunkten zitiert. Befindet sich beim Zitat anderer Kommentare die in Bezug genommene Stelle im gleichen Paragraphen, so wird nur die Randnummer oder (bei deren Fehlen) der Gliederungspunkt angegeben; wird auf die Erläuterungen bei einem anderen Paragraphen Bezug genommen, so wird dieser genannt. Entsprechend wird auch im LÖWE-ROSENBERG selbst verwiesen. Bei diesem wird, wenn nichts anderes angegeben ist, auf die gegenwärtige 26. Auflage verwiesen. Ist der Band mit den Erläuterungen, auf die verwiesen werden soll, noch nicht erschienen, so ist, soweit dies sachdienlich erschien, in Klammern ergänzend die genaue Fundstelle in der 25. Auflage angegeben. Zeitschriften werden regelmäßig mit dem Jahrgang zitiert. Ausnahmen (Bandangabe) bilden namentlich ZStW, GA (bis 1933) und VRS; hier ist regelmäßig die Jahreszahl zusätzlich angegeben. Bei der Angabe der Fundstelle eines amtlichen Verkündungsblattes wird die Jahreszahl nur angegeben, wenn sie von der Jahreszahl der Rechtsvorschrift abweicht. Entscheidungen werden im allgemeinen nur mit einer Fundstelle angegeben. Dabei hat die amtliche Sammlung eines obersten Bundesgerichtes den Vorrang, sonst die Fundstelle, die die Entscheidung mit Anmerkung oder am ausführlichsten wiedergibt. 7. Abkürzungen Die verwendeten Abkürzungen, namentlich von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Entscheidungssammlungen, Zeitschriften usw. sind im Abkürzungsverzeichnis nachgewiesen.
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Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis Vorwort Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis
V VII IX XV XLVII
STRAFPROZESSORDNUNG ERSTES BUCH ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN Neunter Abschnitt Verhaftung und vorläufige Festnahme Vor § 112 §112 § 112a §113 §114 § 114a § 114b §115 § 115a §116 § 116a §117 §118 § 118a § 118b §119 § 120 §121 § 122 § 122a § 123 § 124 § 125
1 42 84 103 106 125 127 137 148 154 177 185 200 206 214 216 296 315 346 364 367 377 392
XI
Inhaltsübersicht
§ § § § S § S §
126 126a 127 127a 127b 128 129 130
399 408 418 439 444 454 461 463
9a. Abschnitt Weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung Vor § 131 ξ 131 S 131a § 131b § 131c § 132
469 475 485 489 491 493
9b. Abschnitt Vorläufiges Berufsverbot Vor § 132a § 132a
501 501
Zehnter Abschnitt Vernehmung des Beschuldigten Vor § 133 §133 § 134 § 135 § 136 § 136a
513 513 521 524 528 580
Elfter Abschnitt Verteidigung Vor § 137 § 137 § 138
XII
633 721 753
Inhaltsübersicht
§ 138a § 138b § 138c § 138d § 139 § 140 §141 § 142 § 143 § 144 § 145 § 145a § 146 § 146a § 147 § 148 § 148a § 149 $ ISO
(weggefallen)
(weggefallen)
Sachregister
772 816 819 836 843 849 900 924 939 950 950 964 970 986 993 1050 1072 1080 1089 1091
XIII
Abkürzungsverzeichnis AA a.A. aaO Abg. AbgG
abl. ABl. AB1EG
AblEU
ABMG Abs. Abschn. abw. AChRMV AcP AdoptG AdVermiG a.E. ÄndG ÄndVO a.F. AfP AG AGIS
AGGewVerbrG
AGGVG AGS AGStPO AHK AIDP
Auswärtiges Amt anderer Ansicht am angegebenen Orte Abgeordneter Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz - AbgG) vom 18.2.1977 i.d.F. der Bek. vom 21.2.1996 (BGBl. I S. 327) ablehnend Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften; Ausgabe C: Mitteilungen und Bekanntmachungen; Ausgabe L: Rechtsvorschriften (zit.: AB1EG Nr. L .../(Seite) v o m . . . ) Amtsblatt der Europäischen Union (ab 2003); Ausgabe C: Mitteilungen und Bekanntmachungen; Ausgabe L: Rechtsvorschriften (zit.: AblEU Nr. L.../(Seite) v o m . . . ) Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge vom 5.4.2002 (BGBl. I S. 1234) Absatz Abschnitt abweichend Afrikanische Charta der Rechte der Menschen und Völker vom 26.6.1981, deutsche Übersetzung EuGRZ 1990 348 Archiv für die civilistische Praxis Adoptionsgesetz vom 2.7.1976 (BGBl. I S. 1749) Adoptionsvermittlungsgesetz vom 27.11.1989 (BGBl. I S. 2014) i.d.F. der Bek. vom 22.12.2001 (BGBl. 2002 I S. 354) am Ende Änderungsgesetz Änderungsverordnung alte Fassung Archiv für Presserecht (Beilage zu „Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag") Amtsgericht; in Verbindung mit einem Gesetz: Ausführungsgesetz Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22.7.2002 über ein Rahmenprogramm für die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen - AGIS (AB1EG Nr. C 203/5 vom 1.8.2002) Ausführungsgesetz zum Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 (RGBl. I S . 1000) Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (Landesrecht) Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht und Anwaltsmanagement Ausführungsgesetz zur Strafprozessordnung (Landesrecht) Alliierte Hohe Kommission Association Internationale de Droit Penal
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Abkürzungsverzeichnis AJIL AktG AktO
allg. M. Alsb.E Alt. a.M. AMRK amtl. amtl. Begr. Anh. AnhRügG
Anl. Anm. AnwBl. AöR AO AOStrÄndG ArbGG ArchKrim. ArchPF ArchVR arg. Art. AsylVfG AtomG AufenthG/EWG
aufg. Aufl. ausf. AuslG AusnVO
XVI
American Journal of International Law Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 6.9.1965 (BGBl. I S. 1089) Anweisung für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften (Aktenordnung), abgedruckt bei Piller/Hermann, 1 allgemeine Meinung Die strafprozessualen Entscheidungen der Oberlandesgerichte, herausgegeben von Alsberg und Friedrich (1927), 3 Bände Alternative anderer Meinung Amerikanische Menschenrechtskonvention vom 22.11.1969 (Pact of San Jose), deutsche Übersetzung EuGRZ 1980, 435 amtlich amtliche Begründung Anhang Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9.12.2004 (BGBl. I 3220) Anlage Anmerkung Anwaltsblatt Archiv des öffentlichen Rechts Abgabenordnung vom 16.3.1976 (BGBl. I S. 613) i.d.F. der Bek. vom 1.10.2002 (BGBl. I S. 3866) Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 10.8.1967 (BGBl. I S. 877) Arbeitsgerichtsgesetz vom 3.9.1953 i.d.F. der Bek. vom 2.7.1979 (BGBl. I S. 853) Archiv für Kriminologie Archiv für das Post- und Fernmeldewesen Archiv des Völkerrechts argumentum Artikel Gesetz über das Asylverfahren vom 26.6.1992 (BGBl. I S. 1126) i.d.F. der Bek. vom 27.7.1993 (BGBl. I S. 1361) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 31.10.1976 (BGBl. I S. 3053) i.d.F. der Bek. vom 15.7.1985 (BGBl. I S. 1565) Gesetz über die Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Aufenthaltsgesetz/EWG) v. 22.7.1969 (BGBl. I S. 927) i.d.F. der Bek. vom 31.1.1980 (BGBl. I S. 116) aufgehoben Auflage ausführlich Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Bundesgebiet (Ausländergesetz) vom 9.7.1990 (BGBl. Ausnahme-(Not-)Verordnung (1) VO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen (RGBl. I S. 517) (2) VO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen (RGBl. I S. 537, 563)
Ausländern im I S. 1354) vom 1.12.1930 vom 6.10.1931
Abkürzungsverzeichnis
AV AWG Az AZR-Gesetz
BAG BÄO
BÄK BAnz. BaWü. Bay. BayAGGVG
BayBS BayObLG BayObLGSt BayRS BayVerf. BayVerfGHE BayVerwBl. BayVGH BayVGHE
BayZ BB BBG Bbg. BbgVerfG Bd. BDG BDH BDSG Begr. BegrenzungsVO
BEG-SchlußG Bek. Bek. 1924
(3) VO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens vom 8.12.1931 (RGBl. I S. 743) (4) VO über Maßnahmen auf dem Gebiet der Rechtspflege und Verwaltung vom 14.6.1932 (RGBl. I S. 285) Allgemeine Verfügung Außenwirtschaftsgesetz vom 28.4.1961 (BGBl. I S. 481) Aktenzeichen Gesetz über das Ausländerzentralregister (AZR-Gesetz) vom 2.9.1994 (BGBl. I S. 2265) i.d.F. der Bek. vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) Bundesarbeitsgericht Bundesärzteordnung i.d.F. der Bek. vom 16.4.1987 (BGBl. I S. 1218) zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung der Bundesärzteordnung und anderer Gesetze vom 21.7.2004 (BGBl. I S. 1776) Blutalkoholkonzentration Bundesanzeiger Baden-Württemberg Bayern, bayerisch Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes vom 23.6.1981 (BayGVBl. S. 188) Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts (1802 bis 1956) Bayerisches Oberstes Landesgericht Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Bayerische Rechtssammlung (ab 1.1.1983) Verfassung des Freistaates Bayern vom 2.12.1946 (BayBS. I 3) s. BayVGHE Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, des Bayerischen Dienststrafhofs und des Bayerischen Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (1905-34) Der Betriebsberater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz vom 14.7.1953 (BGBl. I S. 551) i.d.F. der Bek. vom 31.3.1999 (BGBl. I S. 675) Brandenburg Brandenburgisches Verfassungsgericht Band Bundesdisziplinargesetz vom 9.7.2001 (BGBl. I S. 1510) Bundesdisziplinarhof (jetzt Bundesverwaltungsgericht) Bundesdatenschutzgesetz i.d.F. der Bek. vom 14.1.2003 (BGBl. I S. 66) Begründung Verordnung über die Begrenzung der Geschäfte des Rechtspflegers bei der Vollstreckung in Straf- und Bußgeldsachen vom 26.6.1970 (BGBl. I S. 992) i.d.F. der Bek. v. 16.2.1982 (BGBl. I S. 188) Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes vom 14.9.1965 (BGBl. I S. 1315) Bekanntmachung Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 22.3.1924 (RGBl. I S. 299, 322)
XVII
Abkürzungsverzeichnis Bek.1950 Bek. 1965 Bek. 1975 Bek. 1987 ber. BerathG
BerlVerfGH BerRehaG
Beschl. Bespr. BeurkG BewHi. BezG BFH BfJG
BGB BGBl. I, II, III BGH BGH-DAT BGHE Strafs. BGHGrS BGHR BGHRZ BGHSt BGHZ BGSG BGSNeuRegG
BinnSchiffG
BinSchiffVfG BKA BKAG
Bln. Bln.GVBl.Sb. Blutalkohol
XVIII
Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 12.9.1950 (BGBl. S. 629) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 17.9.1965 (BGBl. I S. 1373) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 7.1.1975 (BGBl. I S. 129) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 7.4.1987 (BGBl. I S. 1074) berichtigt Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz) vom 18.6.1980 (BGBl. I S. 689) Berliner Verfassungsgerichtshof Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (Berufliches Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG) vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1314) Beschluss Besprechung Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969 (BGBl. I S. 1513) Bewährungshilfe (Zeitschrift) Bezirksgericht Bundesfinanzhof Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Justiz = Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamtes für Justiz vom 17.12.2006 (BGBl. I 3171) Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl. S. 195) i.d.F. der Bek. vom 2.1.2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. 12003, S. 738) Bundesgesetzblatt Teil I, II und III Bundesgerichtshof Datenbank der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf CDROM, herausgegeben von Werner Theune Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Strafsachen auf CDROM, herausgegeben von Mitgliedern des Gerichts Bundesgerichtshof, Großer Senat (hier in Strafsachen) BGH-Rechtsprechung in Strafsachen (Loseblattsammlung) BGH-Rechtsprechung in Zivilsachen (Loseblattsammlung) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzgesetz BGSG) vom 19.10.1994 (BGBl. I S. 2978) Gesetz zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz - BGSNeuRegG) vom 19.10.1994 (BGBl. I S. 2978) Gesetz betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) vom 15.6.1895 i.d.F. der Bek. vom 15.6. 1898 (RGBl. S. 868) Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen vom 27.9.1952 (BGBl. I S. 641) Bundeskriminalamt Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG) vom 7.7.1997 (BGBl. I S. 1650) Berlin Sammlung des bereinigten Berliner Landesrechts, Sonderband I (1806 bis 1945) und II (1945 bis 1967) Blutalkohol, Wissenschaftliche Zeitschrift für die medizinische und juristische Praxis
Abkürzungsverzeichnis BMI BMinG
BMJ BNDG Bonn.Komm. BORA BPolBG BR BRAGO BRAK BRAK-Mitt. BranntWMonG BRAO BRat BRDrucks. BReg. Brem. BRProt. BS BSG Bsp. BT BTDrucks. BtG BtMG
BTProt. BTRAussch. BTVerh. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerfGK BVerfSchG
BVerwG BVerwGE BW bzgl. BZRG
Bundesminister(-ium) des Innern Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (Bundesministergesetz) vom 17.6.1953 (BGBl. I S. 407) i.d.F. der Bek. vom 27.7.1971 (BGBl. I S. 1166) Bundesminister(-ium) der Justiz Gesetz über den Bundesnachrichtendienst vom 2 0 . 1 2 . 1 9 9 0 (BGBl. I S. 2 9 7 9 ) i.d.F. der Bek. vom 9.1.2002 (BGBl. I S. 361 ff.) Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Loseblattausgabe) Berufsordnung für Rechtsanwälte i.d.F. der Bek. vom 1.11.2001 Bundespolizeibeamtengesetz i.d.F. der Bek. vom 3.6.1976 (BGBl. I S. 1357) s. BRat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26.7.1957 (BGBl. I 907); ersetzt durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) Bundesrechtsanwaltskammer Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Branntweinmonopolgesetz vom 8.4.1922 (RGBl. I S. 4 0 5 ; BGBl. III 612-7) Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1.8.1959 (BGBl. I S. 565) Bundesrat Drucksachen des Bundesrats Bundesregierung Bremen Protokolle des Bundesrates Sammlung des bereinigten Landesrechts Bundessozialgericht Beispiel Bundestag Drucksachen des Bundestags Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz - BtG) vom 12.9.1990 (BGBl. I S. 2 0 0 2 ) Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) vom 28.7.1981 (BGBl. I S. 681) i.d.F. der Bek. vom 1.3.1994 (BGBl. I S. 358) s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des Deutschen Bundestags Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12.3.1951 i.d.F. der Bek. vom 11.8.1993 (BGBl. I S. 1473) Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) vom 20.12. 1990 (BGBl. I S. 2954) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-Württemberg bezüglich Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz) vom 18.3.1971(BGB1. I S. 2 4 3 ) i.d.F. der Bek. vom 21.9.1984 (BGBl. I S. 1229)
XIX
Abkürzungsverzeichnis 2. BZRÄndG bzw. CCBE CCC CD
CDE ChE
ChemG CJ CJEL CPP CCPR CMLRev CPS CPT
CWÜAG
DA DAG DAR DAV DB DDevR DDR ders. DERechtsmittelG
DG Die Justiz Die Polizei dies. Diss. DiszO DJ DJT DJZ DNA-AnalyseG DNA-IFG DNP
XX
Zweites Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (2. BZRÄndG) vom 17.7.1984 (BGBl. I S. 990) beziehungsweise Council of the Bars and Law Societies of the European Union Constitutio Criminalis Carolina Collection of Decisions Bd. 1 bis 46 (1960 bis 1974), Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte über die Zulässigkeit von Beschwerden Cahiers de droit europeen (Zeitschrift) Chiemsee-Entwurf (Verfassungsausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz der Westlichen Besatzungszonen. Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23.8.1948) (1948) Chemikaliengesetz i.d.F. der Bek. vom 20.6.2002 (BGBl. 12090) Corpus Juris Columbia Journal of European Law Code Procedure Penal Human Rights Committee/Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen Common Market Law Review Crown Prosecution Service Committee for the Prevention of Torture - Europäischer Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Europarat) Ausführungsgesetz zum Chemiewaffenübereinkommen vom 2.8. 1994 (BGBl. 1 1954) Dienstanweisung Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23.12.1929 (BGBl. I. S. 239), aufgehoben durch IRG vom 23.12.1982 (BGBl. I S. 2071) Deutsches Autorecht (Zeitschrift) DeutscherAnwaltVerein Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Devisen-Rundschau (1951-59) Deutsche Demokratische Republik derselbe Diskussionsentwurf für ein Gesetz über die Rechtsmittel in Strafsachen, im Auftrag der JMK vorgelegt von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Strafverfahrensreform (1975) Disziplinargesetz (der Länder) Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Die Polizei (seit 1955: Die Polizei - Polizeipraxis) dieselbe Dissertation Disziplinarordnung (der Länder) Deutsche Justiz, Rechtspflege und Rechtspolitik (1933-45) Deutscher Juristentag (s. auch VerhDJT) Deutsche Juristenzeitung (1896-1936) Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse v. 12.8.2005, BGBl. I, 2360 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 7.9.1998 (BGBl. I S. 2646; 1999 I S. 1242). Die Neue Polizei
Abkürzungsverzeichnis DNutzG DÖV DOGE DPA DR
DRechtsw. DRiG DRiZ DRpfl. DRsp. Drucks. Drucks. KOM DRZ DSteuerR DStR DStrZ DStZ dt. DtBR DtZ DuD DuR DVB1. DVO DVollzO DVOVereinf.VO
DVOZust.VO
DVR DWiR Ε ebda. EA EAG EAGV
EB EBAO
Gesetz zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften vom 10.9.2004 (BGBl. I 2318) Die Öffentliche Verwaltung Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Patentamt Deutsches Recht (1931 bis 1945); Decisions and Reports (ab 1975): Entscheidungen über die Zulässigkeit von Beschwerden; Berichte der Europäischen Kommission für Menschenrechte; Resolutionen des Ministerkomitees des Europarates Deutsche Rechtswissenschaft (1936-43) Deutsches Richtergesetz vom 8.9.1961 (BGBl. I S. 1665) i.d.F. der Bek. vom 19.4.1972 (BGBl. I S. 713) Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtspflege (1936 bis 1939) Deutsche Rechtsprechung, herausgegeben von Feuerhake (Loseblattsammlung) Drucksache Drucksache der Kommission Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946 bis 1950) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Strafrecht (1934 bis 1944) Deutsche Strafrechts-Zeitung (1914 bis 1922) Deutsche Steuer-Zeitung deutsch Das Deutsche Bundesrecht, Gesetzessammlung mit Erläuterungen (Loseblattausga be) Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit (Zeitschrift) Demokratie und Recht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Verordnung zur Durchführung der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 8.9.1939 (RGBl. I S. 1703) Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sonderstrafgerichte sowie sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften vom 13.3.1940 (RGBl. I S. 489) Datenverarbeitung im Recht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurf Ebenda Vertrag über Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft i.d.F. nach dem 1.5.1999 Europäische Atomgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25.3.1957, Ges. vom 27.7.1957 (BGBl. II S. 753), Bek. vom 27.12. 1957 (BGBl. II 1958 S. 1) Ergänzungsband Einforderungs- und Beitreibungsanordnung i.d.F. der Bek. vom 1.4. 2001
XXI
Abkürzungsverzeichnis ECBA ECR EDS/EDU EDV EEA EFG EG EGBGB EGFaxÜbk
EGFinSchÜbk
EGFinSchG
EGG
EGGVG EGH EGInsO EGKS EGKSV EGMR EGMR Serie A/B; Reports
EGMRVerfO
EG-ne bis in idem-Übk
EGOWiG EGStGB 1870 EGStGB 1974 EGStPO EGV EGVollstrÜbk
XXII
European Criminal Bar Association Europäische Charta der Grundrechte Europäische Drogeneinheit (Vorläufer von Europol)/European Drug Unit Elektronische Datenverarbeitung Einheitliche Europäische Akte Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Vertrag zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft i.d.F. nach dem 1.5.1999 (vor dem 1.5.1999: EGV); Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl. S. 604) i.d.F. der Bek. vom 21.9.1994 (BGBl. I S. 2494) Abkommen vom 26.5.1989 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über die Vereinfachung und Modernisierung der Verfahren zur Übermittlung von Auslieferungsersuchen (BGBl. 1995 II 969) Übereinkommen vom 26.7.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (PIF-Übereinkommen; AB1EG Nr. C 316/49 v. 27.11.1995) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EGFinanzschutzgesetz - EGFinSchG) vom 10.9.1998 (BGBl. II 2322) Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz - EGG) vom 14.12.2001 (BGBl. I 3721) Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 (RGBl. S. 77) Ehrengerichtshof in Anwaltssachen Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2911) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag über die Gründung der EGKS vom 18.4.1951 (BGBl. II S. 447) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Sammlung in deutscher Übersetzung, Band, Seite; ab 1996: Reports of Judgments and Decisions) Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Rules of Court) i.d.F. der Bek. vom 1.11.2003 (www. echr.coe.int); VerfO i.d.F. der Bek. vom 4.11.1998 (BGBl. 2002 II S. 1080) Übereinkommen vom 25.5.1987 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über das Verbot der doppelten Strafverfolgung - EG-ne bis in idem-Übk (BGBl. 1998 II S. 2227) Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968 (BGBl. I S. 503) Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 31.5.1870 (RGBl. S. 195) Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2.3.1974 (BGBl. I S. 469) Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1.2.1877 Vertrag zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft i.d.F. vor dem 1.5.1999 (nach dem 1.5.1999: EG) Übereinkommen vom 13.11.1991 zwischen den Mitgliedstaaten der
Abkürzungsverzeichnis
EGZPO EhrenGHE EhrRiVG
Einf. EinigungsV
EinigungsVG
Einl. EIS EJB
EJG
ELJ ELRev EJF EJN EKMR EKMRVerfO EmmingerVO EMRK
Europäischen Gemeinschaft über die Vollstrekcung ausländischer strafrechtlicher Verurteilungen Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung vom 30.1.1877 (RGBl. S. 244) Ehrengerichtliche Entscheidungen (der Ehrengerichtshöfe der Rechtsanwaltschaft des Bundesgebietes und des Landes Berlin) Gesetz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamlicher Richter vom 21.12. 2004 (BGBl. I 3599) Einführung Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl. II S. 889) Gesetz zu dem Vertrag vom 31.8.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertragsgesetz und der Vereinbarung vom 18.9.1990 vom 23.9.1990 (BGBl. II S. 885) Einleitung Europol-Informationssystem Beschluss des Rates (2002/187/JI) vom 28.2.2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABl. EG Nr. L 63/1 v. 6.3.2002) Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses (2002/187/JI) des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (Eurojust-Gesetz - EJG) vom 12.5.2004 (BGBl. I 902) European Law Journal European Law Review Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht (1951-1969) Europäisches Justitielles Netz Europäische Kommission für Menschenrechte Verfahrensordnung der Europäischen Kommission für Menschenrechte i.d.F. der Bek. vom 29.5.1991 (BGBl. II S. 838) Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege vom 4.1. 1924 (RGBl. I S. 23) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. II S. 685, 953) i.d.F. der Bek. vom 17.5.2002 (BGBl. II S. 1054) 1. ZP-EMRK vom 20.3.1952 (BGBl. II 1956 S. 1880) 2. P-EMRK vom 6.5.1963 (BGBl. II 1968 S. 1112) 3. P-EMRK vom 6.5.1963 (BGBl. II 1968 S. 1116) 4. ZP-EMRK vom 16.9.1963 (BGBl. II 1968 S. 423) 5. P-EMRK vom 20.1.1966 (BGBl. Π 1968 S. 1120) 6. ZP-EMRK vom 28.4.1983 (BGBl. II 1988 S. 662) 7. ZP-EMRK vom 22.11.1984 8. P-EMRK vom 19.3.1985 (BGBl. II 1989 S. 547) 9. P-EMRK vom 6.11.1990 (BGBl. II 1994 S. 490) 10. P-EMRK vom 25.3.1992 (BGBl. Π 1994 S. 490) 11. P-EMRK vom 11.5.1994 (BGBl. II 1995 S. 578) 12. ZP-EMRK vom 4.11.2000 13. ZP-EMRK vom 3.5.2002 (BGBl. II 2004 S. 982) 14. P-EMRK vom 13.5.2004 (BGBl. II 2006 S. 138)
XXIII
Abkürzungsverzeichnis ENeuOG EntlG Entsch. entspr. Entw. Entw. 1908
Entw. 1909
Entw. 1919/1920
Entw. 1930
Entw. 1939 EPA EPZ ERA ERA-Forum erg. Erg. ErgBd. Erl. EStG ETS EU EuAbgG EuAlÜbk
EUAlÜbk
EuArch EuBa EUBestG
EUC
XXIV
Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz - ENeuOG) vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378) Gesetz zur Entlastung der Gerichte vom 11.3.1921 (RGBl. S. 229) Entscheidung entsprechend Entwurf Entwurf einer Strafprozeßordnung und Novelle zum Gerichtsverfassungsgesetz nebst Begründung (1908), Ε 1908, MatStrR-Ref. Bd. 11 Entwürfe 1. eines Gesetzes, betreffend Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, 2. der Strafprozeßordnung (1909), Ε 1909 RT-Verhandl. Bd. 254 Drucks. Nr. 1310 = MatStrRRef Bd. 12; Bericht der 7. Kommission des Reichstags 1909 bis 1911 zur Vorbereitung der Entwürfe 1. eines Gesetzes betreffend die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, 2. einer Strafprozeßordnung, 3. eines zu beiden Gesetzen gehörenden Einführungsgesetzes = MatStrRRef. Bd. 13 Entwürfe 1. eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes (1919), 2. eines Gesetzes über den Rechtsgang in Strafsachen (1920), Ε 1919/1920, MatStrRRef. Bd. 14 Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuch und zum Strafvollzugsgesetz 1930, EGStGB-Entw. 1930, RT-Drucks. Nr. 2070 = MatStrRRef. Bd. 7 Entwurf einer Strafverfahrensordnung und einer Friedens- und Schiedsmannsordnung (1939), StPO-Entw. 1939, Nachdruck 1954 Europäisches Patentamt Europäische Politische Zusammenarbeit Europäische Rechtsakademie (Trier) ERA-Forum (Zeitschrift) ergänzend Ergänzung; Ergebnis Ergänzungsband Erlass; Erläuterung(en) Einkommensteuergesetz European Treaty Series; Übereinkommen des Europarates (fortlaufend nummeriert; www.coe.int) Vertrag über die Europäische Union i.d.F. nach dem 1.5.1999 (vor dem 1.5.1999: EUV); Europäische Union Europaabgeordnetengesetz vom 6.4.1979 (BGBl. I S. 413) Europäisches Auslieferungsübereinkommen vom 13.12.1957 (ETS 024; BGBl. II 1964 S. 1369); 2. ZP EuAlÜbk v. 17.3.1978 (ETS 098; BGBl. II 1990 S. 118; II 1991 S. 874) Übereinkommen vom 27.9.1996 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (AB1EG Nr. C 313/11 vom 23. 10.1996; BGBl. 1998 II S. 2253) Europa-Archiv Europäische Beweisanordnung Gesetz zu dem Protokoll vom 27. September 1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EU-Bestechungsgesetz - EUBestG) vom 10.9.1998 (BGBl. II 2340) Europäische Charta der Grundrechte
Abkürzungsverzeichnis EuDrogenÜbk
EuFoltKonv.
EuG EuGeldwÜbk
EuGH EuGH Slg. EuGHG
EuGRAG
EuGRZ EuHb EuHbG
EuKonv EuOEÜbk
EuR EuRAG EuRhÜbk
EURhÜbk
Eurojust Europol EuropolÜbk
Europol G EuStA
Übereinkommen vom 31.1.1995 über den unerlaubten Verkehr mit Drogen auf hoher See zur Durchführung des Art. 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20.12.1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (ETS 156; BGBl. 2000 II S. 1313) Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vom 26.11.1987 (ETS 126; BGBl. II 1989 S. 946) Europäisches Gericht erster Instanz (Luxemburg) Übereinkommen vom 8.11.1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (ETS 141; BGBl. 1998 II S. 519) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) - Amtliche Sammlung Gesetz vom 6.8.1998 betreffend die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit und der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen nach Art. 35 des EU-Vertrages - EuGHG (BGBl. 1998 I S. 2035; 1999 II S. 728) Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der EG vom 22.3.1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte vom 16.8.1980 (BGBl. I S. 1453) Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europäischer Haftbefehl Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz - EuHbG) vom 21.7.2004 (BGBl. I 1748) und vom 20.7.2006 (BGBl. 11721) Europäischer Konvent Europäisches Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten - EuOpferEntschädigungsÜbk (ETS 116; BGBl. 2000 II S. 1209) Europarecht (Zeitschrift) Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland vom 9.3.2000 (BGBl. I S. 182) Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.4.1959 (ETS 30; BGBl. 1964 II S. 1369; 1976 II S. 1799); Z P EuRhÜbk vom 17.3.1978 (ETS 99; BGBl. 1990 II S. 124; 1991 II S. 909); 2. ZP EuRHÜbk v. 8.11.2001 (ETS 182) Rechtshilfeübereinkommen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29.5.2000, AB1EG Nr. C 197/1 vom 12.7.2000; ZP EuRHÜbk v. 16.10.2001 (AB1EG Nr. C 326/1 vom 21.11.2001) Europäische Justitielle Clearing- und Dokumentationsstelle (Den Haag) Europäisches Polizeiamt (Den Haag) Übereinkommen vom 26.7.1995 auf Grund von Artikel K.3 des EUV über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes, AB1EG Nr. C 316/1 v. 27.11.1995. Europolgesetz vom 16.12.1997 (BGBl. II 2150) Europäische Staatsanwaltschaft (geplant)
XXV
Abkürzungsverzeichnis EuTerrÜbk EUV EuVEntw
EUVereinfAlÜbk
EuVKonv EuZW EV
evt. EWG EWGV EWR-Abk. EzSt
f., ff. FAG FamPLG FamRZ FAO FG FGG FGO FinB FinVerwG F1RG Fn. FN A FN Β FO
XXVI
Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27.1.1977 (ETS 90; BGBl. 1978 II S. 321, 907) Vertrag über die Europäische Union vor dem 1.5.1999 (nach dem 1.5.1999: EU) Entwurf einer Europäischen Verfassung i.d.F des am 18.6.2004 zwischen den Staats- und Regierungschefs erzielten Konsenses (Dokument der Regierungskonferenz CIG 86/04 v. 25.6.2004) Übereinkommen vom 10.3.1995 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (AB1EG Nr. C 78/1 vom 30.3.1995; BGBl. 1998 II S. 2229) Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa - vom Europäischen Konvent im Konsensverfahren angenommen am 13.6. und 10.7.2003 - dem Präsidenten des Europäischen Rates in Rom überreicht am 18.7.2003 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Einigungsvertrag (Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands) vom 31.8.1990 (BGBl. II 889) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957 (BGBl. II S. 766) Gesetz zu dem Abkommen vom 2.5.1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum Entscheidungssammlung zum Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 1983 bis 1990 (Loseblattausgabe) folgende Gesetz über Fernmeldeanlagen vom 6.4.1892 i.d.F. der Bek. vom 3.7.1989 (BGBl. I S. 1455); ersetzt durch das TKG Gesetz über Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und Beratung vom 27.7.1992 (BGBl. I S. 1398) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung i.d.F. der Bek. vom 22.3.1999 (BRAK-Mitt. 1999, 131) Finanzgericht/Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.5.1898 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 771) Finanzgerichtsordnung vom 28.3.2001 (BGBl. I S. 422) Finanzbehörde Gesetz über die Finanzverwaltung vom 6.9.1950 (BGBl. S. 448) i.d.F. der Bek. vom 30.8.1971 (BGBl. I S. 1426) Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) vom 8.2.1951 i.d.F. der Bek. vom 29.10.1994 (BGBl. I S. 3140) Fußnote Fundstellennachweis des Deutschen Bundesrechts, Bundesrecht ohne völkerrechtliche Vereinbarungen und Verträge mit der DDR Fundstellennachweis des Deutschen Bundesrechts, Völkerrechtliche Vereinbarungen und Verträge mit der DDR Fernmeldeordnung i.d.F. der Bek. vom 5.5.1971 (BGBl. I S. 541)
Abkürzungsverzeichnis FP-IPBPR 2. FP-IPBPR
FS G 10 GA
GASP GBA GBl. GBl ./DDR I, II GedS GemDatG
GemProt. GenG GenStA GerS Ges. GeschlkrG GeschO GewO GewSchG
GewVerbrG GG
GKG GKI GLY GmbH GmbHG GMB1. GmS-OGB GnO GoltdA grds.
(1.) Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. II 1992 S. 1247) 2. Fakultativprotokoll zu dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe vom 15.12. 1989 (BGBl. II 1992 S. 390) Festschrift, auch Festgabe usw. (angefügt Name des Geehrten) Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses vom 26.6.2001 (BGBl. I S. 1254) (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz Goltdammer's Archiv für Strafrecht, zitiert nach Jahr und Seite; (bis 1933: Archiv für Strafrecht und Strafpolitik, zitiert nach Band und Seite) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Generalbundesanwalt Gesetzblatt Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil I und II (1949 bis 1990) Gedächtnisschrift (angefügt Name des Geehrten) Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder vom 22.12.2006 (Gemeinsame-Dateien-Gesetz) (BGBl. I 3409) Gemeinsames Protokoll Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1.5.1889 i.d.F. der Bek. vom 19.8.1994 (BGBl. I S. 2202) Generalstaatsanwaltschaft Der Gerichtssaal (1849-1942) Gesetz Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23.7.1953 (BGBl. I S. 700) Geschäftsordnung Gewerbeordnung vom 21.6.1869 i.d.F. der Bek. vom 1.1.1987 (BGBl. I S. 425) Gesetz vom 11.12.2001 zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutze bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung (Gewaltschutzgesetz GewSchG; BGBl. I 3513) Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 (RGBl. I S. 995) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 (BGBl. S. 1) gegebenenfalls Gerichtskostengesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718) Gemeinsame Kontrollinstanz (jeweils eingerichtet bei Europol und Eurojust) German Law Journal (Internet-Zeitschrift; www.germanlawjournal.de) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20.4.1892 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 846) Gemeinsames Ministerialblatt Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Gnadenordnung s. GA grundsätzlich
XXVII
Abkürzungsverzeichnis GrSSt Gruchot GRUR GS GSNW GSSchlH GStA GÜG
GÜV GV GVB1. GVB1. II GVG GVGA GVGÄG 1971 GVGÄG 1974 GVG/DDR
Großer Senat in Strafsachen Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, begründet von Gruchot Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gesetzessammlung Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen (1945-56) Sammlung des schleswig-holsteinischen Landesrechts, 2 Bde. (1963) Generalstaatsanwalt Gesetz zur Überwachung des Verkehrs mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln mißbraucht werden können (Grundstoffüberwachungsgesetz - GÜG) vom 7.10.1994 (BGBl. I S. 2835) Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24.5.1961 (BGBl. I S . 607) Gemeinsame Verfügung (mehrerer Ministerien) Gesetz- und Verordnungsblatt Sammlung des bereinigten Hessischen Landesrechts Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 i.d.F. der Bek. vom 9.5. 1975 (BGBl. S. 1077) Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher, abgedruckt bei Piller/ Hermann, 9c Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 8.9.1971 (BGBl. I S. 1513) Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 25.3. 1974 (BGBl. I S. 761) Gesetz über die Verfassung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik - Gerichtsverfassungsgesetz - vom 27.9.1974 (GBl. I S. 4 5 7 ) , zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.7.1990 (GBl. I S. 595)
GVO GWO
Gerichtsvollzieherordnung, abgedruckt bei Piller/ Hermann, 9d Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20.3.1935 (RGBl. I S. 403) in der im BGBl. III Gliederungsnummer 300-5 veröffentlichten bereinigten Fassung
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27.7.1957 i.d.F. der Bek. vom 26.8.1998 (BGBl. I S. 2 5 4 6 ) Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz - GwG) vom 25.10.1993 (BGBl. I S. 1770) German Yearbook of International Law (Zeitschrift)
GwG GYIL Haager Abk.
Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17.7.1905 (RGBl. 1909 S. 409)
HalbleiterschutzG
Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) vom 2 2 . 1 0 . 1 9 8 7 (BGBl. I S. 2 2 9 4 ) Hamburg Hamburgisches Justizverwaltungsblatt Hanseatisch Hanseatische Gerichtszeitung (1880 bis 1927) Hanseatisches Justizverwaltungsblatt (bis 1946/47) Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Strafsachen (1879 bis 1932/33) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift ( 1 9 2 8 - 4 3 ) , vorher: Hanseatische Rechtszeitschrift für Handel, Schiff-Fahrt und Ver-
Hamb. HambJVBl. Hans. HansGZ HansJVBl. HansOLGSt HansRGZ HansRZ
XXVIII
Abkürzungsverzeichnis
HdR Hess. HESt
HGB h.M. HRR HRRS HRSt HRLJ Hs. HUDOC HV IAGMR ICLR i.d.F. i.d.R. i.e.S. IGH IKV ILO INPOL InsO IPBPR IPBPRG IPWSKR IRG i.S. IStGH IStGHG IStGHSt
i.V.m. i.w.S. JA JahrbÖR JahrbPostw. JAVollzO
Sicherung, Kolonial- und Auslandsbeziehungen sowie für Hansestädtisches Recht (1918 bis 1927) Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, herausgegeben von StierSomlo und Elster (1926 bis 1937) Hessen Höchstrichterliche Entscheidungen, Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Strafsachen (1948-49) Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl. S. 219) herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928 bis 1942) Online-Zeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (www.hrr-strafrecht.de) Entscheidungen zum Strafrecht, Strafverfahrensrecht und zu den Nebengebieten (Höchstrichterliche Rechtsprechung) (ab 1996) Human Rights Law Journal Halbsatz Human Rights Documentation des Europarates Hauptverhandlung Interamerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte International Criminal Law Review in der Fassung in der Regel im engeren Sinne Internationaler Gerichtshof (Den Haag) Internationale Kriminalistische Vereinigung International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation) Informationssystem der Polizei Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2866) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. II 1973 S. 1534) Zustimmungsgesetz zu dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 15.11.1973 (BGBl. II S. 1533) Internationaler Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. II 1973 S. 1570) Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 23.12. 1982 i.d.F. vom 27.6.1994 (BGBl. I S. 1537) im Sinne Internationaler Strafgerichtshof (Den Haag) Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof vom 21.6.2002 (BGBl. I S . 2144) Gesetz vom 4.12.2000 zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 - IStGH-Statutgesetz (BGBl. II S. 1393). in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Jahrbuch des Postwesens (1937 bis 1941/42) Jugendarrestvollzugsordnung vom 12.8.1966 i.d.F. der Bek. vom 30.11.1976 (BGBl. I S. 3270)
XXIX
Abkürzungsverzeichnis JBeitrO JB1. JBIRhPf. JBlSaar JGG JIR JKassO JKomG
JKostG JMB1. JMB1NRW, JMB1NW JMK JöR JP JR JSt JugG JugK JugSchG JugStrafgG
Jura JurBüro JurJahrb. JuS Justiz JV JVA JVB1. JVEG
JVerwA JverwB JVKostO JVollz. JW JZ 1. J u M o G 2. J u M o G
Kap. KFZ
XXX
Justizbeitreibungsordnung vom 11.3.1937 (RGBl. I S. 2 9 8 ) Justizblatt Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes Jugendgerichtsgesetz vom 4.8.1953 i.d.F. der Bek. vom 11.12.1974 (BGBl. I S. 3 4 2 7 ) Jahrbuch für internationales Recht Justizkassenordnung, abgedruckt bei Piller/Hermann, 5 Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz - JKomG) vom 2 2 . 3 . 2 0 0 5 (BGBl. I 832) Justizkostengesetz (Landesrecht) Justizministerialblatt Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Justizministerkonferenz (Konferenz der Landesjustizministerinnen und -minister) Jahrbuch des öffentlichen Rechts Juristische Person Juristische Rundschau Journal für Strafrecht Jugendgericht Jugendkammer Jugendschöffengericht Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz) vom 10.4.1995 (BGBl. I S . 485) Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Das juristische Büro (Zeitschrift) Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung (Zeitschrift) Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Justizverwaltung Justizvollzugsanstalt Justizverwaltungsblatt Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) vom 5 . 5 . 2 0 0 4 (BGBl. I S. 718) Justizverwaltungsakt Justizverwaltungsbehörde Verordnung über Kosten im Bereich der Justizverwaltung vom 14.2. 1940 (RGBl. I S. 357) Jugendstrafvollzugsordnung: s. auch JAVollzO Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 2 4 . 8 . 2 0 0 4 (BGBl. I S. 2198) Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz) vom 2 2 . 1 0 . 2 0 0 6 (BGBl. I S . 3416) Kapitel Kraftfahrzeug
Abkürzungsverzeichnis KG KGJ
KJ KO KOM KonsG KostÄndG KostRMoG KostMaßnG KostO KostRÄndG 1994
KostRspr. KostVfg. KrG Kriminalist Kriminalistik KrimJ KrimPäd. Krit. KritV KronzG
KronzVerlG
2. KronzVerlG
KSZE KUG KUP k +ν
Kammergericht/Kommanditgesellschaft Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881-1922) Kritische Justiz (Zeitschrift) Konkursordnung vom 10.2.1877 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 612) Kommissionsdokument(e) Gesetz über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz) vom 1.9.1974 (BGBl. I S. 2317) Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26.7.1957 (BGBl. I S. 861) Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004 - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BGBl. I S. 718) Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Kostenrechts vom 7.8. 1952 (BGBl. I S . 401) Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit i.d.F. der Bek. vom 26.7.1957 (BGBl. I S. 861) Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 - KostRÄndG 1994) vom 24.6. 1994 (BGBl. I S. 1325) Kostenrechtsprechung (Loseblattsammlung) Kostenverfügung, Durchführungsbestimmungen zu den Kostengesetzen, abgedruckt bei Piller/Hermann Kreisgericht Der Kriminalist (Zeitschrift) Kriminalistik, Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis Kriminologisches Journal Kriminalpädagogische Praxis (Zeitschrift) Kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Gesetz zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Art. 4 des StGBÄndG 1989) vom 9.6.1989 (BGBl. I S. 1059) Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) vom 16.2.1993 (BGBl. I S. 238) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (2. Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz vom 19.1. 1996 (BGBl. I S. 58) Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Gesetz über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie vom 9.1.1907 (RGBl. S. 7) Kriminologie und Praxis (Schriftenreihe der Kriminologischen Zentralstelle) Kraftfahrt und Verkehrsrecht, Zeitschrift der Akademie für Verkehrswissenschaft
XXXI
Abkürzungsverzeichnis KVGKG KWKG
Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen i.d.F. der Bek. vom 22.11.1990 (BGBl. I S . 2506)
LegPer. Lfg. LG LJV LKA LM
Legislaturperiode Lieferung Landgericht Landesjustizverwaltung Landeskriminalamt Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs (Loseblattsammlung), hrsg. von Lindemaier/Möhring u.a. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittelund Bedarfsgegenständegesetz) i.d.F. der Bek. vom 9.9.1997 (BGBl. I S. 2297) Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) vom 5.7.1927 i.d.F. der Bek. vom 17.1. 1936 (RGBl. I S . 17) Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266) Landespressegesetz Sammlung lebensmittelrechtlicher Entscheidungen Leitsatz Luftverkehrsgesetz i.d.F. der Bek. vom 27.3.1999 (BGBl. I S. 550) Luftverkehrs-Ordnung i.d.F. der Bek. vom 27.3.1999 (BGBl. I S. 580) Literaturverzeichnis, Schrifttumsverzeichnis Landesverfassung Landesverwaltungsgericht
LMBG
L M G (1936)
LPartG LPG LRE LS LuftVG LuftVO LV LVerf. LVG LZ MAB1. MarkenG Mat. MatStrRRef. MB1. MDR MedR MiStra.
MittKV MOG Mot. MRG MSchrKrim. MschrKrimPsych. MStGO
XXXII
Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907 bis 1933) Ministerialamtsblatt Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz - MarkenG) vom 25.10.1994 (BGBl. I S. 3082) s. Hahn Materialien zur Strafrechtsreform, herausgegeben vom BMJ, Bd. 1-15 (1954-1960) (s. auch Entw.) Ministerialblatt Monatsschrift für Deutsches Recht Medizinrecht (Zeitschrift) Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen vom 15.3.1985 i.d.F. der Bek. vom 29.4.1998, bundeseinheitlich, abgedruckt bei Piller/ Hermann Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung (1889 bis 1914; 1926 bis 1933) Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation vom 31.8.1972 (BGBl. I S. 1617) Begründung zur Strafprozeßordnung bei Hahn (s. dort) Militärregierungsgesetz Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform (1904/05 bis 1936) Militärstrafgerichtsordnung i.d.F. der Bek. vom 29.9.1936 (RGBl. I S. 755)
Abkürzungsverzeichnis Muster-Entw.
MV m.w.N. NachtrSichVG NATO-Truppenstatut
Nds. NdsAGGVG NdsRpfl. n.F. Nieders. GVB1. Sb. I, II NJ NJW NKrimpol. NotVO NPA NRW NStE NStZ NStZ-RR NVwZ NZV OASG
OBLG OECD OEG
OG OGHSt ÖJZ OLAF OLG OLG-NL OLGR OLGSt OLGSt N . F OpferRRG
Muster-Entwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes, verabschiedet von der JMK am 10./11.6.1976, geändert durch Beschluß der JMK vom 25.11.1977 Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Einführung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 23.07.2004 (BGBl. I S. 1838) Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19.6.1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (BGBl. 1961 II S. 1183, 1190), Bek. vom 16.6.1963 (BGBl. II S. 745) Niedersachsen Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 5.4.1963 (GVB1. S. 225) Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Sonderband I und II, Sammlung des bereinigten niedersächsischen Rechts Neue Justiz (bis 1990 DDR) Neue Juristische Wochenschrift Neue Kriminalpolitik (Zeitschrift) s. Ausn. VO Neues Polizei-Archiv Nordrhein-Westfalen Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ - Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift, ab 1996) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Gesetz zur Sicherung der zivilrechtlichen Ansprüche der Opfer von Straftaten (Opferanspruchsicherungsgesetz) vom 8.5.1998 (BGBl. I S. 905) Oberstes Landesgericht Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 11.5.1976 (BGBl. I S. 1181) i.d.F. der Bek. vom 7.1.1985 (BGBl. I S. 1) Oberstes Gericht der DDR Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Strafsachen (1949/50) Österreichische Juristen-Zeitung Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (Office de la Lutte Antifraude) Oberlandesgericht OLG-Report Neue Länder OLG-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- und Strafverfahrensrecht, (Loseblattausgabe, bis 1983) Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- und Strafverfahrensrecht, Neue Folge (Loseblattausgabe, ab 1983) Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz - OpferRRG) vom 24.6.2004 (BGBl. I S. 1354)
XXXIII
Abkürzungsverzeichnis OpferschutzG OrgKG
OrgStA ÖRiZ OStA ÖstAnwBl. ÖstJZ Öster.OGH Öster.VfGH OVG OWG/DDR
OWiG OWiGÄndG
ParlStG PaßG PatAnwO PatG PAuswG PflVG PJZS PKH PKHÄndG
PlenProt. POGNW PolGBW Polizei PostG PostO PostStruktG
Pr. PräsLG PräsOLG
XXXIV
Erstes Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren (Opferschutzgesetz) vom 18.12.1986 (BGBl. I S. 2496) Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.7.1992 (BGBl. I S. 1302) Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften Österreichische Richterzeitung Oberstaatsanwalt Österreichisches Anwaltsblatt Österreichische Juristen-Zeitung Österreichische Oberster Gerichtshof Österreichischer Verfassungsgerichtshof Ο berverwaltungsgericht Gesetz zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten (der Deutschen Demokratischen Republik) vom 12.1.1968 (GBl. I S. 101), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.6.1990 (GBl. I S. 526) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968 i.d.F. der Bek. vom 19.2.1987 (BGBl. I S. 602) Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 7.7.1986 (BGBl. I S. 977) Gesetz über die Rechtsverhältnisse der parlamentarischen Staatssekretäre vom 24.7.1974 (BGBl. I S. 1538) Paßgesetz vom 19.4.1986 (BGBl. I S . 537) Patentanwaltsordnung vom 7.9.1966 (BGBl. I S. 557) Patentgesetz i.d.F. der Bek. vom 16.12.1980 (BGBl. 11981 S. 1) Gesetz über Personalausweise vom 19.12.1950 (BGBl. S. 807) i.d.F. der Bek. vom 21.4.1986 (BGBl. I S. 548) Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter i.d.F. der Bek. vom 5.4.1965 (BGBl. I S. 213) Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen Prozesskostenhilfe Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe (Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz - PKHÄndG) vom 10.10.1994 (BGBl. I S. 2954) Plenarprotokoll, Stenographische Berichte der Sitzungen des Deutschen Bundestages Polizeiorganisationsgesetz (des Landes NRW) i.d.F. der Bek. vom 22.10.1994 (GVNW S. 852) Polizeigesetz (des Landes BW) i.d.F. der Bek. vom 13.1.1992 (GBl. S.l) s. Die Polizei Gesetz über das Postwesen i.d.F. der Bek. vom 3.7.1989 (BGBl. I S. 1449) Postordnung vom 16.5.1963 (BGBl. I S. 341) Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz - PoststruktG) vom 8.6.1989 (BGBl. I S. 1026) Preußen Präsident des Landgerichts Präsident des Oberlandesgerichts
Abkürzungsverzeichnis PräsVerfG
PrGS PrG Prot. ProzeßkostenhG Pro-Eurojust PrPG
PrZeugnVerwG PStR PTNeuOG
PV PVG PVR RA RAG/DDR RAHG RANotz.PrG
RAO RAussch. RB RBEuHb
RBerG RdErl. RdJ RdK RDStH RDStO RDV Recht recht RefE Reg. RegBl. RegE RegE TKÜ
Gesetz über die Änderung der Bezeichnungen der Richter und ehrenamtlichen Richter und der Präsidialverfassungen der Gerichte vom 26.5.1972 (BGBl. I S. 841) Preußische Gesetzessammlung (1810-1945) Pressegesetz (Landesrecht) Protokoll Gesetz über die Prozeßkostenhilfe vom 13.6.1980 (BGBl. I S. 677) Vorgänger- und Gründungseinheit von Eurojust Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie (PrPG) vom 7.3.1990 (BGBl. I S. 422) Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk vom 25.7.1975 (BGBl. I S. 1973) Praxis Steuerstrafrecht Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz - PTNeuOG) vom 14.9.1994 (BGBl. I S. 2325) Personenvereinigung Polizeiverwaltungsgesetz Praxis Verkehrsrecht Rechtsanwalt Rechtsanwaltsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 13.9.1990 (GBl. I S. 1504) s. R H G Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter vom 24.6.1992 (BGBl. I S. 1386) Reichsabgabenordnung vom 13.12.1919, aufgehoben durch AO vom 16.3.1976 Rechtsausschuss Rahmenbeschluss (Art. 34 EU) Rahmenbeschluss des Rates (2002/584/JI) vom 13.6.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (AblEG Nr. L 190/1 v. 18.7.2002) Gesetz zur Verhütung von Mißbrauch auf dem Gebiet der Rechtsberatung vom 13.12.1935 (RGBl. I S. 1478) Runderlass Recht der Jugend und des Bildungswesens (Zeitschrift) Das Recht des Kraftfahrers (1926-43, 1949-55) Entscheidungen des Reichsdienststrafhofs (1939-41) Reichsdienststrafordnung vom 26.1.1937 (RGBl. I S.71) Recht der Datenverarbeitung Das Recht, begründet von Soergel (1897 bis 1944) Information des Bundesministers der Justiz Referentenentwurf Regierung Regierungsblatt Regierungsentwurf Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/EG vom 18.4.2007
XXXV
Abkürzungsverzeichnis RehabG RevMC RG RGBL, RGBl. I, II RGRspr. RGSt RGZ RheinSchA RHG RHGDVO
RhPf. RichtlRA RiG/DDR RiJGG RiStBV
RiVASt.
RIW RKG(E) RL RMB1. RMilGE Rn. ROW RpflAnpG
RpflAnpÄndG Rpfleger RpflEntlG RpflG RpflVereinfG Rspr. RT RTDE RTDrucks. RTVerh. RuP RVerf.
XXXVI
Rehabilitierungsgesetz (der Deutschen Demokratischen Republik) von 6.9.1990 (GBl. I S. 1459), aufgehoben durch StrRehaG Revue du Marche commun et de l'Union europeenne Reichsgericht Reichsgesetzblatt, von 1922 bis 1945 Teil I und II Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen (1879 bis 1888) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Revidierte Rheinschiffahrtsakte (Mannheimer Akte) i.d.F. der Bek. vom 11.3.1969 (BGBl. II S. 597) Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2.5.1953 (BGBl. I S. 161) Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 23.12.1953 (BGBl. I S. 1569) Rheinland-Pfalz Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts - Richtlinien gem. § 177 Abs. 2 Satz 2 BRAO vom 21.6.1973, abgedruckt bei Isele S. 1760ff. Richtergesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 5.7. 1990 (GBl. I S. 637) Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz i.d.F. der Bek. vom 20.5.1980, bundeseinheitlich, abgedruckt bei Piller/Hermann 2e Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren vom 1.12.1970 (BAnz. Nr. 17/1971), i.d.F. der Bek. vom 1.2.1997 mit spät. Änderungen, bundeseinheitlich, abgedruckt Piller/Hermann Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten vom 15.1.1959, i.d.F. der Bek. vom 1.10. 1978, bundeseinheitlich, abgedruckt bei Piller/Hermann 2 f. Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Reichskriegsgericht (Entscheidungen des RKG) Richtlinie Reichsministerialblatt, Zentralblatt für das Deutsche Reich (1923-45) Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts Randnummer Recht in Ost und West (Zeitschrift) Gesetz zur Anpassung der Rechtspflege im Beitrittsgebiet (Rechtspflege-Anpassungsgesetz - RpflAnpG) vom 26.6.1992 (BGBl. I S. 1147) Gesetz zur Änderung des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes - RpflAnpG vom 7.12.1995 (BGBl. I S. 1590) Der Deutsche Rechtspfleger Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl. I S. 50) Rechtspflegergesetz vom 5.11.1969 (BGBl. I S. 2065) Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 (BGBl. I S. 2847) Rechtsprechung Reichstag Revue trimestrielle de droit europeen Drucksachen des Reichstags Verhandlungen des Reichstags Recht und Politik s. WeimVerf.
Abkürzungsverzeichnis RVG RVO
S. Sa. SaAnh. SaBremR SächsArch. SächsOLG SchiedsmZ SchiedsstG SchlH SchlHA SchrR SchrRAGStrafR SchrRBRAK SchwarzArbG
SchwBG SchwJZ SchwZStr. SDÜ
1. SED-UnberG
2. SED-UnberG
SeeAufgG
SeemG SeuffBl. SFHÄndG SFHG
Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718) Reichsversicherungsordnung vom 19.7.1911 i.d.F. der Bek. vom 15.12.1924 (RGBl. I S. 779) Satz, Seite Sachsen Sachsen-Anhalt Sammlung des bremischen Rechts (1964) Sächsisches Archiv für Rechtspflege, seit 1924 (bis 1941/42) Archiv für Rechtspflege in Sachsen, Thüringen und Anhalt Annalen des Sächsischen Oberlandesgerichts zu Dresden (1880 bis 1920) Schiedsmannszeitung (1926 bis 1945), seit 1950 Der Schiedsmann Gesetz (der Deutschen Demokratischen Republik) über die Schiedsstellen in den Gemeinden vom 13.9.1990 (GBl. I S. 1527) Schleswig-Holstein Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schriftenreihe Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltverein Schriftenreihe der Bundesrechtsanwaltskammer Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vom 23.7.2004 (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG), BGBl. I S. 1842 Schweizerisches Bundesgericht Schweizerische Juristenzeitung Schweizer Zeitschrift für Strafrecht Übereinkommen vom 19.6.1990 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg und dem Königreich der Niederlande zur Durchführung des am 14.6.1985 in Schengen unterzeichneten Übereinkommens betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen; AB1EG Nr. L 239/19 vom 22.9.2000) Erstes Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Erstes SEDUnrechtsbereinigungsgesetz - 1. SED-UnberG) vom 29.10.1992 (BGBl. I S. 1814) Zweites Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Zweites SED-Unrechtsbereinigungsgesetz - 2. SED.UnBerG) vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1311) Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz - SeeAufgG) vom 24.5.1965 i.d.F. der Bek. vom 27.9.1994 (BGBl. I S. 2802) Seemannsgesetz vom 26.7.1957 (BGBl. 11 713) Seufferts Blätter für Rechtsanwendung (1836-1913) Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) vom 21.8.1995 (BGBl. I S . 1050) Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfe im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) vom 27.7.1992 (BGBl. I S. 1398)
XXXVII
Abkürzungsverzeichnis SGB
SGG SGV.NW SichVG SIRENE SIS SJZ SkAufG
s.o. SortSchG SprengG SprengstG StA StAG/DDR
StaatsGH StaatsschStrafsG
XXXVIII
Sozialgesetzbuch SGB I - Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil (1. Buch), vom 27.12. 2003 (BGBl. I S. 3022) SGB II - Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (2. Buch), vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954), SGB III - Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung (3. Buch), vom 27.12. 2003 (BGBl. I S. 3022), SGB IV - Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (4. Buch) vom 24.7.2003 (BGBl. I Bl. 1526), SGB V - Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung (5. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022), SGB VI - Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Rentenversicherung (6. Buch) vom 29.4.2004 (BGBl. I S . 678), SGB VII - Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung (7. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3019), SGB VIII - Sozialgesetzbuch, Kinder- und Jugendhilfe (8. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022), SGB IX - Sozialgesetzbuch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (9. Buch) vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606), SGB X - Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren (10. Buch) vom 5.4.2004 (BGBl. I S. 718) SGB XI - Sozialgesetzbuch, Soziale Pflegeversicherung (11. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S . 3022), SGB XII - Sozialgesetzbuch, Sozialhilfe (12. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I Bl. 3022) Sozialgerichtsgesetz vom 24.7.2003 (BGBl. I Bl. 1526) Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblatts für das Land Nordrhein-Westfalen (Loseblattsammlung) Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung (SichVG) vom 16.6.1995 (BGBl. I S. 818) Supplementary Information Request at the National Entry (nationale Kontaktstelle des SIS) Schengener Informationssystem Süddeutsche Juristenzeitung (1946-50), dann Juristenzeitung Gesetz über die Rechtsstellung ausländischer Streitkräfte bei vorübergehenden Aufenthalten in der Bundesrepublik Deutschland (Streitkräfteaufenthaltsgesetz - SkAufG) vom 20.7.1995 (BGBl. II S. 554) siehe oben Gesetz über den Schutz von Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz) vom 20.5.1968 i.d.F. der Bek. vom 4.1.1977 (BGBl. I S. 105) Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz SprengG) vom 13.9.1976 (BGBl. I S. 2737) i.d.F. der Bek. vom 17.4. 1986 (BGBl. I S. 577) Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) vom 25.8.1969 (BGBl. I S. 1358, ber. BGBl. 1970 I S. 224), aufgehoben durch SprengG vom 13.9.1976 Staatsanwalt, Staatsanwaltschaft Gesetz über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.4.1977 (GBl. I S. 93), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.7.1990 (GBl. I S. 635) Staatsgerichtshof Gesetz zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in Staatsschutz-Strafsachen vom 8.9.1969 (BGBl. I S. 1582)
Abkürzungsverzeichnis StÄG StenB StGB StGB/DDR
StGBÄndG 1976
StGBÄndG 1989
StPÄG 1964 StPÄG 1972 StPÄG 1978 StPÄG 1986 StPÄG 1988 StPO StPO/DDR StraFo StrafrAbh. StRÄndG
s. StRÄndG Stenographischer Bericht Strafgesetzbuch vom 15.5.1871 i.d.F. der Bek. vom 10.3.1987 (BGBl. I S. 1160) Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.1. 1968 in der Neufassung vom 14.12.1988 (GBl. I S. 93), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.6.1990 (GBl. I S. 526) Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Bundesrechtsanwaltsordnung und des Strafvollzugsgesetzes vom 18.8.1976 (BGBl. I S. 2181) Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten vom 9.6.1989 (BGBl. I S. 1059) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 19.12.1964 (BGBl. I S. 1067) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 7.8.1972 (BGBl. I S. 1361) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 14.4.1978 (BGBl. I S. 497) Paßgesetz und Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 19.4.1986 (BGBl. I S. 537) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 17.5.1988 (BGBl. I S. 606) Strafprozeßordnung vom 1.2.1877 i.d.F. der Bek. vom 7.4.1987 (BGBl. I S. 1074) Strafprozeßordnung der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.1.1968 in der Neufassung vom 19.12.1974 (GBl. 1 1975 S. 61) Strafverteidiger Forum (Zeitschrift) Strafrechtliche Abhandlungen, herausgegeben von Bennecke, dann von Beling, v. Lilienthal und Schoetensack Strafrechtsänderungsgesetz 1. - vom 30.8.1951 (BGBl. I S. 739) 2. ~ vom 6.3.1953 (BGBl. I S. 42) 3. - vom 4.8.1953 (BGBl. I S. 735) 4. - vom 11.6.1957 (BGBl. I S. 597) 5. - vom 24.6.1960 (BGBl. I S. 477) 6. - vom 30.6.1960 (BGBl. I S. 478) 7. ~ vom 1.6.1964 (BGBl. I S. 337) 8. ~ vom 25.6.1968 (BGBl. I S. 741) 9. - vom 4.8.1969 (BGBl. I S. 1065) 10. ~ vom 7.4.1970 (BGBl. I S. 313) 11. - vom 16.12.1971 (BGBl. I S. 1977) 12. - vom 16.12.1971 (BGBl. I S. 1779) 13. - vom 13.6.1975 (BGBl. I S. 1349) 14. - vom 22.4.1976 (BGBl. I S. 1056) 15. - vom 18.5.1976 (BGBl. I S. 1213) 16. ~ vom 16.7.1979 (BGBl. I S. 1078) 17. ~ vom 21.12.1979 (BGBl. I S. 2324) 18. ~ vom 28.3.1980 (BGBl. I S. 379) - Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität 19. - vom 7.8.1981 (BGBl. I S. 808) 20. - vom 8.12.1981 (BGBl. I S. 1329) 21. ~ vom 13.6.1985 (BGBl. I S. 963)
XXXIX
Abkürzungsverzeichnis
StraßenVSichG
StREG StrEG StrFG
StRG
StrRehaG
st.Rspr. StUG
StuR StuW StV
XL
22. - vom 18.7.1985 (BGBl. I S. 1510) 23. - vom 13.4.1986 (BGBl. I S . 1986) 24. ~ vom 13.1.1987 (BGBl. I S. 141) 25. ~ vom 20.8.1990 - § 201 StG - (BGBl. I S. 1764) 26. - vom 24.7.1992 - Menschenhandel - (BGBl. I S. 1255) 27. ~ vom 23.7.1993 - Kinderpornographie - (BGBl. I S. 1346) 28. - vom 13.1.1994 - Abgeordnetenbestechung - (BGBl. I S. 84) 29. ~ vom 31.5.1994 - § 175,182 StGB - (BGBl. I S. 1168) 30. ~ vom 23.6.1994 - Verjährung von Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen - BGBl. I S. 1310) 31. ~ vom 27.6.1994 - 2. Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität - (BGBl. I S. 1440) 32. ~ vom 1.6.1995 - § § 44, 69b StGB - (BGBl. I S. 747) 33. ~ vom 1.7.1997 - §§ 177,178 StGB (BGBl. I S. 1607) 34. - vom 22.8.2002 - § 129b StGB (BGBl. I S. 3390) 35. - vom 22.12.2003 - Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (BGBl. I S. 2838) 36. ~ vom 30.7.2004 - § 201a StGB (BGBl. I S . 2012) 37. ~ vom 18.2.2005 - § 180b, 181 StGB (BGBl. I 239) 40. - vom 22.3.2007 - Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen (Anti-Stalking-Gesetz) (BGBl. I S. 354) 41. ~ vom 7.8.2007 - Bekämpfung der Computerkriminalität (BGBl. I S. 1786) 1. Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (Straßenverkehrssicherungsgesetz) vom 19.12.1952 (BGBl. I S. 832) 2. Zweites - vom 26.11.1964 (BGBl. I S. 921) Gesetz über ergänzende Maßnahmen zum 5. StrRG (Strafrechtsreformergänzungsgesetz) vom 28.8.1975 (BGBl. I S. 2289) Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8.3.1971 (BGBl. I S. 157) Straffreiheitsgesetz - 1949 vom 31.12.1949 (BGBl. I S. 37) - 1954 vom 17.7.1954 (BGBl. I S. 203) - 1968 vom 9.7.1968 (BGBl. I S . 773) - 1970 vom 20.5.1970 (BGBl. I S. 509) Gesetz zur Reform des Strafrechts 1. - vom 25.6.1969 (BGBl. I S. 645) 2. ~ vom 4.7.1969 (BGBl. I S. 717) 3. - vom 20.5.1970 (BGBl. I S. 505) 4. - vom 23.11.1973 (BGBl. I S. 1725) 5. - vom 18.6.1974 (BGBl. I S. 1297) 6. ~ vom 26.1.1998 (BGBl. I S. 164) Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG) vom 29.10.1992 (BGBl. I S. 1814) i.d.F. der Bek. vom 17.12.1999 (BGBl. I S. 2664) ständige Rechtsprechung Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz StUG) vom 20.12.1991 (BGBl. I S. 2272) Staat und Recht (Zeitschrift DDR, 1950 bis 1990) Steuern und Wirtschaft (Zeitschrift) Strafverteidiger (Zeitschrift)
Abkürzungsverzeichnis StVÄG 1979 StVÄG 1987 StVÄG 1999 StVG StVO StVollstrO StVollzG
StVollzGK StVollzK 1. StVRErgG 1. StVRG StVZO s.u. SubvG SVR TerrorismusG TerrorBekG TerrorBekErgG Thür. TiefseebergbauG TierschG TKG TKO TREVI UCLAF UdG ÜAG
ÜberlG ÜberstÜbk
Übk
Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 vom 5.10.1978 (BGBl. I S. 1645) Strafverfahrensänderungsgesetz 1987 vom 27.1.1987 (BGBl. 1 S. 475) Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 vom 2.8.2000 (BGBl. I, S. 1253) Straßenverkehrsgesetz vom 3.5.1909 i.d.F. der Bek. vom 19.12.1952 (BGBl. I S. 837) Straßenverkehrsordnung vom 16.11.1970 (BGBl. I S. 1565, ber. 1971, S. 38) Strafvollstreckungsordnung vom 1.4.2001 (BAnz. Nr. 87) bundeseinheitlich, abgedruckt bei Piller/Hermann 2b Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsg e s e t z - v o m 16.3.1976 (BGBl. I S. 581) Strafvollzugsgesetz-Kommissionsentwurf, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz Blätter für Strafvollzugskunde (Beilage zur Zeitschrift „Der Vollzugsdienst") Gesetz zur Ergänzung des 1. StVRG vom 20.12.1974 (BGBl. I S. 3686) Erstes Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9.12.1974 (BGBl. I S. 3393) Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 13.11.1937 i.d.F. der Bek. vom 28.9.1988 (BGBl. I S. 1793) siehe unten Subventionsgesetz vom 29.7.1976 (BGBl. I S. 2034) Straßenverkehrsrecht (Zeitschrift) Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus vom 19.12.1986 (BGBl. I S. 2566) Gesetz vom 9.1.2002 zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) (BGBl. I S. 361) Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz) vom 5.1.2007 (BGBl. I S. 2) Thüringen Gesetz zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus vom 16.8. 1980 (BGBl. I S. 1457) Tierschutzgesetz vom 24.7.1972 (BGBl. I S. 1277) Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25.7.1996 (BGBl. I S. 1120) Telekommunikationsordnung vom 16.7.1987 (BGBl. I S. 1761) Terrorisme, Radicalisme, Extremisme, Violence Internationale (1975) Unite de Coordination de la Lutte Anti-Fraude Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Gesetz vom 26.9.1991 zur Ausführung des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983 - Überstellungsausführungsgesetz (BGBl. 1991 I S. 1954) Gesetz zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) (Sechstes Überleitungsgesetz) vom 25.9.1990 (BGBl. I S. 2106) Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983 (ETS 112; BGBl. 1991 II S. 1006; 1992 II S. 98); ZP ÜberstÜbk vom 18.12.1997 (ETS 167) Übereinkommen
XLI
Abkürzungsverzeichnis ÜF UHaftÄndG UN UN-FoltKonv.
UN-KindKonv. UNO-Pakt UnterbrSichG
UrhG UVollzO
UZwG
VA VDA VDB VerbrbekG
VerbringungsverbG VereinfVO
VereinhG
VereinsG VerfGH Verh. 1. VerjährungsG 2. VerjährungsG
XLII
Übergangsfassung Gesetz zur Abänderung der Untersuchungshaft vom 27.12.1926 (RGBl. I S. 529) Vereinte Nationen Übereinkommen (der Vereinten Nationen) gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10.12.1984 (BGBl. II 1990 S. 246) Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (BGBl. II 1992 S. 122) s. IPBPR Gesetz zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.7. 2007 (BGBl 1,1327) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9.9.1965 (BGBl. I S. 1273) Untersuchungshaftvollzugsordnung vom 12.2.1953 i.d.F. der Bek. vom 15.12.1976, bundeseinheitlich, abgedruckt bei Piller/Hermann 2a Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 10.3.1961 (BGBl. I S. 165) Vorzeitige Anwendung (internationaler Übereinkommen) Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, Bd. 1 bis 6 (1908) Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Besonderer Teil, Bd. 1 bis 9 (1906) Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetz (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28.10. 1994 (BGBl. I S. 3186) Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24.5.1961 (BGBl. I S. 607) Vereinfachungsverordnung 1. VO über Maßnahmen auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung und Rechtspflege vom 1.9.1939 (RGBl. I S. 1658) 2. - , VO zur weiteren Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 13.8. 1942 (RGBl. I S. 508) 3. Dritte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 29.5. 1943 (RGBl. I S. 342) 4. Vierte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 13.12. 1944 (RGBl. I S. 339) Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12.9.1950 (BGBl. S. 455) Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) vom 5.8.1964 (BGBl. I S. 593) Verfassungsgerichtshof Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw. Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten vom 26.3.1993 (BGBl. I S . 392) Gesetz zur Verlängerung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 27.9.1993 (BGBl. I S. 1657)
Abkürzungsverzeichnis VerkMitt. VerpflichtG VerschG VersR VerwArch. VG VGH vgl. Vhdlgen VO VOB1. VOR VRS VStGB VStGBG WStVollzG VwGO VwRehaG
VwVfG VwZG WDO WehrbeauftrG WeinG
Wiener Übereinkommen
1. WiKG 2. WiKG WiStG
wistra WoÜbG
WRV
Verkehrsrechtliche Mitteilungen Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) vom 2.3.1974 (BGBl. I S. 469) Verschollenheitsgesetz vom 15.1.1951 (BGBl. I S. 59) Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verfassungsgerichtshof; Verwaltungsgerichtshof vergleiche s. Verh. Verordnung; s. auch AusnVO Verordnungsblatt Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht Verkehrsrechts-Sammlung Völkerstrafgesetzbuch Gesetz vom 26.6.2002 zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches (BGBl. I 2254) Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz (bundeseinheitlich) vom 1.7.1976 Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.1.1960 i.d.F. der Bek. vom 19.3.1991 (BGBl. I S. 686) Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG) vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1311) Verwaltungsverfahrensgesetz vom 25.5.1976 (BGBl. I S. 1253) Verwaltungszustellungsgesetz vom 3.7.1952 (BGBl. I S. 379) Wehrdisziplinarordnung vom 15.3.1957 i.d.F. der Bek. vom 9.6. 1961 (BGBl. I S. 697) Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages i.d.F. der Bek. vom 16.6.1982 (BGBl. I S. 673) Gesetz über Wein, Likörwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (Weingesetz) vom 14.1.1971 (BGBl. I S. 893) 1. Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961 (Zustimmungsgesetz vom 6.8.1964, BGBl. II S. 957) 2. Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24.4.1963 (Zustimmungsgesetz vom 26.8.1969, BGBl. II S. 1585) Erstes Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29.7. 1976 (BGBl. I S. 2034) Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.5.1986 (BGBl. I S. 721) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) vom 9.7.1954 i.d.F. der Bek. vom 3.6.1975 (BGBl. I S. 1313) Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) vom 24.6. 2005 (BGBl. 11841) Weimarer Verfassung, Verfassung des Deutschen Reichs vom 11.8.1919 (RGBl. S. 1383)
XLIII
Abkürzungsverzeichnis WStG WM WuV WuW WÜD WÜK WVK WWSUV
WWSUVG
WZG
Wehrstrafgesetz vom 30.3.1957 i.d.F. der Bek. vom 24.5.1974 (BGBl. I S. 1213) Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift) Entscheidungssammlung der Zeitschrift Wirtschaft und Wettbewerb s. 1. Wiener Übereinkommen s. 2. Wiener Übereinkommen Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.5.1969 (BGBl. II 1985 S. 926) Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.5.1990 (BGBl. II S. 537) Gesetz zu dem Vertrag vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ... vom 25.6.1990 (BGBl. II S. 518) Warenzeichengesetz vom 5.5.1936 i.d.F. der Bek. vom 2.1.1968 (BGBl. I S. 29)
YEL YB
Yearbook of European Law Yearbook of the European Convention of the Human Rights, the European Commission and the European Court of Human Rights/ Annuaire de la Convention Europeenne des Droits de PHomme; Commission et Cour Europeenne des Droits de l'Homme, hrsg. vom Europarat
ZahlVGJG
Gesetz über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden vom 22.12.2006 = Art. 2 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes (BGBl. 2006 I 3416) Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (1934-44) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (Online-Zeitschrift) Zollkriminalinstitut Zeitschrift für Lebensmittelrecht Zollgesetz vom 14.6.1961 i.d.F. der Bek. vom 18.5.1970 (BGBl. I S. 529) Zusatzprotokoll Zivilprozeßordnung vom 30.1.1877 i.d.F. der Bek. vom 12.9.1950 (BGBl. I S. 533) Zeitschrift für Rechtspolitik Gesetz vom 30.4.1998 zum Schutz von Zeugen bei Vernehmungen im Strafverfahren und zur Verbesserung des Opferschutzes (Zeugenschutzgesetz - ZSchG) (BGBl. I S. 820). Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vom 26.7.1957 i.d.F. der Bek. vom 1.10.1969 (BGBl. I S. 1756); abgelöst durch das JVEG vom 5.5.2004 Gesetz zur Harmonisierung des Schutzes gefährdeter Zeugen (Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz) vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3510)
ZAkDR ZaöRV ZBIJugR ZEuS ZfSch ZfStrVo ZfZ ZIP ZIS ZKA ZLR ZolIG. ZP ZPO ZRP ZSchG
ZSEG
ZSHG
XLIV
Abkürzungsverzeichnis ZStW ZusatzAbk. Zusatzvereinb.
zust. ZustErgG
ZustG ZustRG
ZustVO
Zuwanderungsgesetz
ZVG
ZWehrR ZZP
Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 3.8.1959 (BGBl. II 1961 S. 1183, 1218) Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Durchführung und Auslegung des am 31.8.1990 in Berlin unterzeichneten Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 18.9.1990 (BGBl. II S. 1239) zustimmend Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Zuständigkeitsergänzungsgesetz) vom 7.8.1952 (BGBl. I S. 407) Gesetz über die Zuständigkeit der Gerichte bei Änderung der Gerichtseinteilung vom 6.12.1933 (RGBl. I S. 1037) Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellung im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz - ZustRG) vom 25.6.2001 (BGBl. I S. 1206) Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften vom 21.2.1940 (RGBl. I S. 405) Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) vom 24.3.1897 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 369, 713) Zeitschrift für Wehrrecht (1936/37-44) Zeitschrift für Zivilprozeß
XLV
Literaturverzeichnis AE-EV
AE-EuStV AE-StuM
AK
AK-GG AK-StGB AK-StVollzG Albrecht Albrecht (Krim.) Alsberg/Nüse/Meyer Ambos Arloth Arloth/Lückemann Aschrott
Barton Barton (Verfahrensg.) Barton (Strafverteidigung) Baumann Baumann/Weber/Mitsch Baumbach/Lauterbach Beck/Berr Beck/Bemmann Beling Bender/Nack/Treuer
Alternativ-Entwurf Reform des Ermittlungsverfahrens (AE-EV); Entwurf eines Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer (2001) Alternativentwurf Europäische Strafverfolgung; hrsg. von Schünemann (2004) Alternativ-Entwurf Strafjustiz und Medien (AE-StuM: Entwurf eines Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer (2004) Alternativkommentar zur Strafprozeßordnung, Bd. I (SS 1 bis 93, 1988), Bd. II 1 (S§ 94 bis 212b, 1992), Bd. II 2 (SS 213 bis 275, 1993), Bd. III (SS 276 bis 477, 1996) Alternativkommentar zum Grundgesetz, Bd. I (Art. 1 bis 37, 1989), Bd. II (Art. 38 bis 148, 1989) Alternativkommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. I (SS 1 bis 21, 1990), Bd. III (SS 80 bis 145d, 1986) Alternativkommentar zum Strafvollzugsgesetz, hrsg. von Feest, 5. Aufl. (2006) Albrecht, Jugendstrafrecht, 3. Aufl. (2000) Albrecht, Kriminologie, 3. Aufl. (2005) Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 6. Aufl. (1995) Ambos, Internationales Strafrecht (2006) Arloth, Strafprozeßrecht (1995) Arloth/Lückemann, Strafvollzugsgesetz (2004) Reform des Strafprozesses, kritische Besprechung der von der Kommission für die Reform des Strafprozesses gemachten Vorschläge, hrsg. von Aschrott (1906) Barton, Mindeststandards der Strafverteidigung (1994) Barton, Verfahrensgerechtigkeit und Zeugenbeweis (2002) Barton, Einführung in die Strafverteidigung (2007) Baumann, Grundbegriffe und Verfahrensprinzipien des Strafprozeßrechts, 3. Aufl. (1979) Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 11. Aufl. (2003) Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, Kurzkommentar, 65. Aufl. (2007) Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 5. Aufl. (2006) Beck/Bemmann, Fälle und Lösungen zur StPO (2004) Beling, Deutsches Reichsstrafprozeßrecht (1928) Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2007)
XLVII
Literaturverzeichnis Benfer Bente Berz/Burmann Beulke Birkenstock Birkmeyer Bockemühl Bohnert (Ordnungsw.) Bohnert (OWiG) Bohnert Bonn.Komm. Booß Bouska/Laeverenz Böhm/Feuerhelm Böhm (Strafvollzug) Brandstetter Brenner Breyer/Mehle/Osnabrügge/Schaefer von Briel Bringewat Brodag Brunner Brunner/Dölling Bruns/Schröder/Tappert Brüssow/Gatzweiler/Krekeler/ Mehle Burchardi/Klempahn Burhoff (Ermittlungsv.) Burhoff (Hauptv.) Burhoff/Stephan
X LVIII
Benfer, Rechtseingriffe von Polizei und Staatsanwaltschaft, 3. Aufl. (2005) Bente, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht (2004) Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Loseblattausgabe, 2 Bände (2004) Beulke, Strafprozeßrecht, 9. Aufl. (2006) Birkenstock, Verfahrensrügen im Strafprozess - Rechtsprechungssammlung, 2 Bände (2003) Birkmeyer, Deutsches Strafprozeßrecht (1898) Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, hrsg. von Bockemühl, 3. Aufl. (2006) Bohnert, Ordnungswidrigkeitenrecht - Grundriss für Praxis und Ausbildung, 2. Aufl. (2004) Bohnert, Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, 2. Aufl. (2007) Bohnert, Beschränkungen der strafprozessualen Revision durch Zwischenverfahren (1983) Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Loseblattausgabe (ab 1950) Booß, Straßenverkehrsordnung, Kommentar, 11. Aufl. (2002) Bouska/Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, 3. Aufl. (2004) Böhm/Feuerhelm, Einführung in das Jugendstrafrecht, 4. Aufl. (2004) Böhm, Strafvollzug (2003) Brandstetter, Straffreiheitsgesetz, Kommentar (1956) Brenner, Ordnungswidrigkeitenrecht (1996) Breyer/Mehle/Osnabrügge/Schaefer, Strafprozessrecht (2005) von Briel, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. (2001) Bringewat, Strafvollstreckung, Kommentar zu den §§ 449 bis 463d StPO (1993) Brodag, Strafverfahrensrecht, Kurzlehrbuch zum Ermittlungsverfahren, 11. Aufl. (2005) Brunner, Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft, 9. Aufl. (2005) Brunner/Dölling, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 11. Aufl. (2002) Bruns/Schröder/Tappert, Kommentar zum strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (1993) Brüssow/Gatzweiler/Krekeler/Mehle, Strafverteidigung in der Praxis, 4. Aufl. (2007) Burchardi/Klempahn/Wetterich, Der Staatsanwalt und sein Arbeitsgebiet, 5. Aufl. (1982) Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 4. Aufl. (2006) Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 5. Aufl. (2007) Burhoff/Stephan, Strafvereitelung durch Strafverteidiger (2007)
Literaturverzeichnis Calliess/Müller-Dietz Ciolek-Krepold Corstens/Pradel Cramer Cramer/Bürgle Cramer/Cramer Cullen/Jund
Dahs (Hdb.) Dahs/Dahs Dalcke/Fuhrmann/Schäfer Dallinger/Lackner Dallmayer/Eickmann Delmas-Marty Delmas-Marty/Vervaele
Diemer/Schoreit/Sonnen Drees/Kuckuk/Werny
Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. (2005) Ciolek-Krepold, Durchsuchung und Beschlagnahme in Wirtschaftsstrafsachen (2000) Corstens/Pradel, European Criminal Law (2002) Cramer, Straßenverkehrsrecht StVO - StGB, Kommentar, 2. Aufl. (1977) Cramer/Bürgle, Die strafprozessualen Beweisverwertungsverbote, 2. Aufl. (2004) Cramer/Cramer, Anwalts-Handbuch Strafrecht (2002) Strafrechtliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union nach Tampere, hrsg. von Cullen/Jund (2002) Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 7. Aufl. (2005) Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozeß, 6. Aufl. (2001) Dalcke/Fuhrmann/Schäfer, Strafrecht und Strafverfahren, Kommentar, 37. Aufl. (1961) Dallinger/Lackner, Jugendgerichtsgesetz und ergänzende Vorschriften, Kommentar, 2. Aufl. (1965) Dallmayer/Eickmann, Rechtspflegergesetz, Kommentar, 31. Aufl. (1996) Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union, hrsg. von Delmas-Marty (1998) The Implementation of the Corpus Juris in the Member States, 4 Bände, hrsg. von Delmas-Marty/Verwaele, Antwerpen (2001) Diemer/Schoreit/Sonnen, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 4. Aufl. (2002) Drees/Kuckuk/Werny, Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl. (1996)
Eb. Schmidt
Eberhard Schmidt, Lehrkommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, Teil I: Die rechtstheoretischen und die rechtspolitischen Grundlagen des Strafverfahrensrechts, 2. Aufl. (1964), Teil II: Erläuterungen zur Strafprozeßordnung und zum Einführungsgesetz (1957), Teil III: Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz und zum Einführungsgesetz (1960), Nachtrag I: Nachträge und Ergänzungen zu Teil Π (1967), Nachtrag II: Nachtragsband II (1970)
Eb. Schmidt (Geschichte)
Eberhard Schmidt, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3. Aufl. (1965) Eberhard Schmidt, Deutsches Strafprozeßrecht, ein Kolleg (1967) Verteidigung in Betäubungsmittelsachen, 4. Aufl. (2004) Eisenberg, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 12. Aufl. (2007) Eisenberg, Persönliche Beweismittel in der StPO, 2. Aufl. (1996)
Eb. Schmidt (Kolleg) Ebert h/Müller Eisenberg Eisenberg (Beweismittel)
XLIX
Literaturverzeichnis Eisenberg (Beweisrecht)
Eisenberg,
Beweisrecht
der
StPO,
Spezialkommentar,
5. Aufl. (2006) Eisenberg (Krim.)
Eisenberg, Kriminologie, 6. Aufl. (2005)
Endriß (BtM-Verfahren)
Endriß, Verteidigung in Betäubungsmittelverfahren (1998)
Endriß/Malek
Endriß/Malek, Betäubungsmittelstrafrecht, 2. Aufl. (2000)
Engländer
Engländer, Examensrepetitorium Strafprozessrecht, 3. Aufl.
Erbs/Kohlhaas
Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze,
(2007) Kurzkom-
mentar, Loseblattausgabe (ab 2 0 0 4 ) Eser Eser/Hassemer/Burkhardt Eser/Lagodny/Wilkitzki Esser Fahl Fehn/Wamers Feisenberger Ferner Feuerich/Weyland Fezer Franke/Wienroeder Franzen/Gast/Joecks Freyschmidt Frowein/Peukert FS Androulakis FS Augsburg FS BayVerfGH FS Bemmann FS BGH FS II BGH
Eser, Einführung in das Strafprozeßrecht (1983) Eser/Hassemer/Burkhardt, Die deutsche Strafrechtswissenschaft vor der Jahrtausendwende (2000) Eser/Lagodny/Wilkitzki, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 2. Aufl. (1993) Esser, Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002) Fahl, Rechtsmißbrauch im Strafprozeß (2004) Fehn/Wamers, ZfdG - Zollfahndungsdienstgesetz - Handkommentar (2003) Feisenberger,
Strafprozeßordnung
und
Gerichtsverfas-
sungsgesetz (1926) Ferner, Strafzumessung (2003) Feuerich/Weyland,
Bundesrechtsanwaltsordnung,
Kom-
mentar, 6. Aufl. (2003) Fezer, Strafprozeßrecht, 2. Aufl. (1995) Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl. (2007) Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht mit Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, 6. Aufl. (2005) Freyschmidt,
Verteidigung
in
Straßenverkehrssachen,
8. Aufl. (2005) Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Aufl. (1996) Festschrift für Nikolaos Androulakis zum 70. Geburtstag, (2003) Recht in Europa - Festgabe zum 30-jährigen Bestehen der Juristischen Fakultät Augsburg (2002) Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (1997) Festschrift für Günther Bemmann zum 70. Geburtstag (1997) Festschrift aus Anlass des 50-jährigen Bestehens von Bundesgerichtshof,
Bundesanwaltschaft
und
Rechtsanwalt-
schaft beim Bundesgerichtshof (2000) 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft,
hrsg.
von
Roxin/Widmaier,
Bd.
IV:
Strafrecht
(2000) FS Blau
Festschrift für Günter Blau zum 70. Geburtstag (1985)
FS Bockelmann
Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag (1979)
FS Böhm
Festschrift für Alexander Böhm zum 70. Geburtstag (1999)
L
Literaturverzeichnis FS Böttcher FS Boujong FS BRAK FS Brauneck FS Bruns
Recht gestalten - dem Recht dienen, Festschrift für Reinhard Böttcher zum 70. Geburtstag (2007) Verantwortung und Gestaltung, Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift zu Ehren des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer (2006) Ehrengabe für Anne-Eva Brauneck (1999) Festschrift für Hans-Jürgen Bruns zum 70. Geburtstag (1978)
FS Burgstaller
Festschrift für Manfred Burgstaller zum 65. Geburtstag (2004)
FS Carstens
Einigkeit und Recht und Freiheit, Festschrift für Karl Carstens zum 70. Geburtstag (1984) Festschrift für Hans Dahs zum 70. Geburtstag (2005) Staat und Völkerrechtsordnung, Festschrift für Karl Doehring; Beiträge zum ausländischen Recht und Völkerrecht Bd. 98 (1989)
FS Dahs FS Doehring
FS Dreher FS Dünnebier FS Engisch FS Ermacora
FS Eser FS FS FS FS
Faller Flume Friauf Friebertshäuser
FS Gallas FS Geerds FS Geiger
FS Geiß FS Gössel FS Gollwitzer FS Graßhoff FS Grünwald FS Grützner FS Hacker
Festschrift für Eduard Dreher zum 70. Geburtstag (1977) Festschrift für Hanns Dünnebier zum 75. Geburtstag (1982) Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag (1969) Fortschritt im Bewußtsein der Grund- und Menschenrechte, Festschrift für Felix Ermacora zum 65. Geburtstag (1988) Menschengerechtes Strafrecht, Festschrift für Albin Eser zum 70. Geburtstag (2005) Festschrift für Hans Joachim Faller (1984) Festgabe für Werner Flume zum 90. Geburtstag (1998) Festschrift für Karl Heinrich Friauf (1996) Festgabe für den Strafverteidiger Dr. Heino Friebertshäuser (1997) Festschrift für Wilhelm Gallas zum 70. Geburtstag (1973) Kriminalistik und Strafrecht, Festschrift für Friedrich Geerds zum 70. Geburtstag (1995) Verantwortlichkeit und Freiheit. Die Verfassung als wertbestimmende Ordnung; Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag (1989) Festschrift für Karlmann Geiß zum 65. Geburtstag (2000) Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag (2002) siehe Gollwitzer-Koll Der verfasste Rechtsstaat, Festgabe für Karin Graßhoff (1998) Festschrift für Gerald Grünwald zum 70. Geburtstag (1999) Aktuelle Probleme des Internationalen Strafrechts, Heinrich Grützner zum 65. Geburtstag (1970) Wandel durch Beständigkeit, Festschrift für Jens Hacker (1998)
LI
Literaturverzeichnis FS Hanack FS Heinitz FS Helmrich FS Henkel FS Heusinger FS Hilger FS Hirsch FS H. J. Hirsch FS Hubmann
FS Huber FS Jakobs FS Jahrreiß FS II Jahrreiß FS Jescheck FS Jung FS JurGes. Berlin FS Kaiser FS Arthur Kaufmann FS Kern FS Kleinknecht FS Klug FS Koch FS Kohlmann FS Krause FS Kriele FS Küper FS Lackner FS Lampe
LH
Festschrift für Ernst-Walter Hanack zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Ernst Heinitz zum 70. Geburtstag (1972) Für Staat und Recht, Festschrift für Herbert Helmrich zum 60. Geburtstag (1994) Grundfragen der gesamten Strafrechtswissenschaft, Festschrift für Heinrich Henkel zum 70. Geburtstag (1974) Ehrengabe für Bruno Heusinger (1968) Datenübermittlungen und Vorermittlungen, Festgabe für Hans Hilger (2003) Berliner Festschrift für Ernst E. Hirsch (1968) Festschrift Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag (1999) Beiträge zum Schutz der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Leistung; Festschrift für Heinrich Hubmann zum 70. Geburtstag (1985) Recht als Prozess und Gefüge, Festschrift für Hans Huber zum 80. Geburtstag (1981) Festschrift für Günther Jakobs zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift für Hermann Jahrreiß zum 70. Geburtstag am 19.8.1964 (1964) Festschrift für Hermann Jahrreiß zum 80. Geburtstag am 19.8.1974 (1974) Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Heike Jung zum 65. Geburtstag (2007) Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin (1984) Internationale Perspektiven in Kriminologie und Strafrecht, Festschrift für Günther Kaiser zum 70. Geburtstag (1998) Strafgerechtigkeit, Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag (1993) Tübinger Festschrift für Eduard Kern (1968) Strafverfahren im Rechtsstaat, Festschrift für Theodor Kleinknecht zum 75. Geburtstag (1985) Festschrift für Ulrich Klug zum 70. Geburtstag (1983) Strafverteidigung und Strafprozeß, Festgabe für Ludwig Koch (1989) Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Friedrich-Wihelm Krause zum 70. Geburtstag (1990) Staatsphilosophie und Rechtspolitik, Festschrift für Martin Kriele zum 65. Geburtstag (1997) Festschrift für Wilfried Küper zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag (1987) Jus humanum: Grundlagen des Rechts und Strafrechts, Festschrift für Ernst-Joachim Lampe zum 70. Geburtstag (2003)
Literaturverzeichnis FS Lange
Festschrift für Richard Lange zum 70. Geburtstag (1976)
FS Leferenz
Kriminologie -
Psychiatrie -
Strafrecht, Festschrift für
Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag (1983) FS Lenckner
Festschrift für Theodor Lenckner zum 70.
Geburtstag
(1998) FS Lerche
Wege und Verfahren des Verfassungslebens, Festschrift für Peter Lerche zum 65. Geburtstag (1993)
FS Lüderssen
Festschrift für Klaus Lüderssen zum 70. Geburtstag (2002)
FS Maihofer
Festschrift
für Werner Maihofer
zum
70.
Geburtstag
(1988) FS Maiwald
Fragmentarisches Strafrecht, Für Manfred Maiwald aus Anlass seiner Emeritierung (2003)
FS Mangakis
Festschrift für Georgios Mangakis (1999)
FS Maurach
Festschrift für Reinhard Maurach zum 70. Geburtstag
FS Mayer
Beiträge zur gesamten Strafrechtswissenschaft, Festschrift
(1972) für Hellmuth Mayer zum 70. Geburtstag (1966) FS Meyer-Goßner
Festschrift für Lutz Meyer-Goßner zum 65. Geburtstag
FS Mezger
Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag (1954)
FS Middendorf
Festschrift für Wolf Middendorf zum 70. Geburtstag (1986)
(2001)
FS Miklau
Strafprozessrecht im Wandel, Festschrift für Roland Miklau zum 65. Geburtstag (2006)
FS Miyazawa
Festschrift für Koichi Miyazawa (1995)
FS Mosler
Völkerrecht als Rechtsordnung, Internationale Gerichtsbarkeit, Menschenrechte; Festschrift für Hermann Mosler zum 70. Geburtstag (1983)
FS E. Müller
Opuscula Honoraria, Egon Müller zum 65. Geburtstag
FS Müller-Dietz
Grundlagen
(2003) staatlichen
Strafens, Festschrift
für
Heinz
Müller-Dietz zum 70. Geburtstag (2001) FS Nehm
Strafrecht und Justizgewährung, Festschrift für Kay Nehm zum 65. Geburtstag (2006)
FS Nishihara
Festschrift
für Harua
Nishihara
zum
70.
Geburtstag
(1998) FS Odersky
Festschrift für Walter Odersky zum 65. Geburtstag (1996)
FS Oehler
Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag (1985)
FS Partsch
Des Menschen Recht zwischen Freiheit und Verantwortung, Festschrift für Karl Josef Partsch zum 75. Geburtstag (1989)
FS Peters
Einheit und Vielfalt des Strafrechts, Festschrift für Karl
FS II Peters
Wahrheit und Gerechtigkeit im Strafverfahren, Festgabe
Peters zum 70. Geburtstag (1974) für Karl Peters zum 80. Geburtstag (1984) FS Pfeiffer
Strafrecht, Unternehmensrecht, Anwaltsrecht, Festschrift für Gerd Pfeiffer zum Abschied aus dem Amt als Präsident des Bundesgerichtshofes (1988)
FS Pfenniger
Strafprozeß und Rechtsstaat, Festschrift zum 70. Geburtstag von H. F. Pfenniger (1976)
FS Platzgummer
Festschrift für Winfried Platzgummer zum 65. Geburtstag (1995)
LIII
Literaturverzeichnis FS Rebmann FS Reichsgericht
Festschrift für Kurt Rebmann zum 65. Geburtstag (1989) Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts,
Bd. 5, Strafrecht
und
Strafprozeß
(1929) FS Reichsjustizamt
Vom Reichs justizamt zum Bundesministerium der Justiz, Festschrift zum 100jährigen Gründungstag des Reichsjustizamtes am 1.1.1877 (1977)
FS Remmers
Vertrauen in den Rechtsstaat, Beiträge zur deutschen Einheit im Recht, Festschrift für Walter Remmers (1995)
FS Ress
Internationale Gemeinschaft und Menschenrechte, Fest-
FS Richter
Verstehen
schrift für Georg Ress zum 70. Geburtstag (2005) und
Widerstehen,
Festschrift
für
Christian
Richter II zum 65. Geburtstag (2006) FS Rieß
Festschrift für Peter Rieß zum 70. Geburtstag (2002)
FS Rittler
Festschrift für Theodor
Rittler zu seinem
achtzigsten
Geburtstag (1957) FS Rolinski
Festschrift für Klaus Rolinski zum 70. Geburtstag (2002)
FS Rosenfeld
Festschrift
für
Ernst
Heinrich
Rosenfeld
zu
seinem
80. Geburtstag (1949) FS Roxin FS Rudolphi
Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag (2001) Festschrift für Hans-Joachim Rudolphi zum 70. Geburtstag (2004)
FS Rüter
Festschrift für C. F. Rüter zum 65. Geburtstag (2003)
FS Saiger
Straf- und Strafverfahrensrecht, Recht und Verkehr, Recht und Medizin, Festschrift für Hannskarl Saiger zum Abschied aus dem Amt als Vizepräsident des Bundesgerichtshofes (1995)
FS Sarstedt
Festschrift für Werner Sarstedt zum 70. Geburtstag (1981)
FS Sauer
Festschrift für Wilhelm Sauer zu seinem 70. Geburtstag
FS G. Schäfer
NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer zum 65. Geburtstag
FS Schäfer
Festschrift für Karl Schäfer zum 80. Geburtstag (1980)
FS Schindler
Im Dienst an der Gemeinschaft, Festschrift für Dietrich
(1949) (2002)
Schindler zum 65. Geburtstag (1989) FS Schmidt
Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70.
Geburtstag
(1961) FS Schlochauer
Staatsrecht-Völkerrecht-Europarecht, Festschrift für Hans Jürgen Schlochauer (1981)
FS Schlüchter
Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit, Kritische Studien aus vorwiegend
straf(prozess-)rechtlicher
Sicht
zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Ellen Schlüchter (1998) FS Schmidt-Leichner
Festschrift für Erich Schmidt-Leichner zum 65. Geburtstag
FS Schneider
Kriminologie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, Fest-
(1975) schrift für Hans Joachim Schneider zum 70. Geburtstag (1998) FS Schreiber
Strafrecht,
Biorecht,
Rechtsphilosophie,
Festschrift
Hans-Ludwig Schreiber zum 70. Geburtstag (2003)
LIV
für
Literaturverzeichnis FS Schroeder
Festschrift für Friedrich-Christian Schroeder zum 70. Geburtstag (2006)
FS Schüler-Springorum
Festschrift für Horst Schüler-Springorum zum 65. Geburtstag (1993) Lebendiges Strafrecht. Festgabe zum 65. Geburtstag von Hans Schultz (1977)
FS Schultz FS Schwind
FS Seidl-Hohenveldern
FS Sendler
Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen, Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag (2006) Völkerrecht, Recht der Internationalen Organisationen, Weltwirtschaftsrecht; Festschrift für Ignaz Seidl-Hohenveldern zum 70. Geburtstag (1988) Bürger-Richter-Staat, Festschrift für Horst Sendler zum Abschied aus seinem Amt (1991)
FS Spendet FS Spinellis
Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift für Dionysios Spinellis zum 70. Geburtstag (1999-2003)
FS StA Schleswig-Holstein
Strafverfolgung und Strafverzicht, Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Staatsanwaltschaft SchleswigHolstein (1992) Studien zur Strafrechtswissenschaft, Festgabe für Ulrich Stock zum 70. Geburtstag (1966) Festschrift zu Ehren des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer anlässlich seiner 196. Tagung vom 13.-15.10.2006 in Münster (2006)
FS Stock FS Strauda
FS Stree/Wessels FS Tondorf FS Trechsel FS Triffterer FS Tröndle FS Verdross FS II Verdross FS Verosta FS Wassermann FS v. Weber FS Weber FS Welzel FS Wolff FS Würtenberger FS Würzburger Juristenfakultät
Beiträge zur Rechtswissenschaft, Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag (1993) Festschrift für Günter Tondorf zum 70. Geburstag (2004) Strafrecht, Strafprozessrecht und Menschenrechte, Festschrift für Stefan Trechsel zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift für Herbert Tröndle zum 70. Geburtstag (1989) Völkerrecht und zeitliches Weltbild, Festschrift für Alfred Verdross zum 70. Geburtstag (1960) Ius humanitas, Festschrift für Alfred Verdross zum 90. Geburtstag (1980) Völkerrecht und Rechtsphilosophie, Internationale Festschrift für Stephan Verosta zum 70. Geburtstag (1980) Festschrift für Rudolf Wassermann zum 60. Geburtstag (1985) Festschrift für Hellmuth von Weber zum 70. Geburtstag (1963) Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag (2004) Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag (1974) Festschrift für Ernst Amadeus Wolff zum 70. Geburtstag (1998) Kultur, Kriminalität, Strafrecht, Festschrift für Thomas Würtenberger zum 70. Geburtstag (1977) Raum und Recht, Festschrift 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät (2002)
LV
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Gaede
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GedS Geck GedS GedS GedS GedS
A. Kaufmann H. Kaufmann Keller Küchenhoff
GedS GedS GedS GedS GedS
Meurer Meyer Noll H. Peters Ryssdal
GedS Schlüchter GedS Schröder GedS Vogler GedS Zipf Geerds Geiger Gerland Gerold/Schmidt Glaser
Göbel Göhler
Götz/Tolzmann Gössel Gössel/Dölling Goldschmidt Gollwitzer-Koll.
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Kindhäuser Kindhäuser (StPO) Kinzig Kirsch Kissel/Mayer Klein Klesczewski KK
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Meyer-Goßner/Appl Meyer-Ladewig Mitsch Möller/Wilhelm Müller Müller (Beiträge) Müller/Sax Müller-Gugenberger/Bieneck
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LXIII
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Stern
Strauda-Denkschrift
Streng Thomas/Putzo Tondorf Trechsel Tröndle/Fischer
Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, bearbeitet von Grunsky, Leipold, Münzberg, Schlosser, Schumann, 10 Bände, 21. und 22. Aufl. (ab 1993 und 2002) Stern, Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren, 2. Aufl. (2004) Reform der Verteidigung im Ermittlungsverfahren - Thesen mit Begründung, vorgelegt vom Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (2004) Streng, Strafrechtliche Sanktionen, 2. Aufl. (2002) Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, Kommentar, 28. Aufl. (2007) Tondorf, Psychologische und psychiatrische Sachverständige im Strafverfahren, 2. Aufl. (2005) Trechsel, H u m a n Rights in Criminal Prodeedings (2005) Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar, 54. Aufl. (2007)
Umbach
Umbach, Bundesverfassungsgerichtsgesetz: kommentar und Handbuch, 2. Aufl. (2005)
Verdross/Simma Vogler/Walter/Wilkitzki
Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. (1984) Vogler/Walter/Wilkitzki, Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Kommentar (1983) Volckart, Verteidigung in der Strafvollstreckung und im Vollzug, 3. Aufl. (2001) Volk, Prozeßvoraussetzungen im Strafrecht (1978) Volk, Grundkurs StPO, 5. Aufl. (2006) Handbuch für den Staatsanwalt, hrsg. von Vordermayer/ v. Heintschell-Heinegg, 3. Aufl. (2007)
Volckart Volk (Prozessvoraussetzungen) Volk (Strafprozessrecht) Vordermayer/v. Heintschell-Heinegg
Wabnitz/Janovsky Wagner/Kallin/Kruse Wankel Wasmeier/Grünheid Weber Welzel Werle Wieczorek/Schütze Wiesneth Wolf
Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal
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Mitarbeiter-
Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. (2007) Wagner/Kallin/Kruse, Betäubungsmittelstrafrecht, 2. Aufl. (2004) Wankel, Zuständigkeitsfragen im Haftrecht (2002) Wasmeier/Grünheid, Strafrecht der Europäischen Union 2. Aufl. (2007) Weber, Betäubungsmittelgesetz, 2. Aufl. (2003) Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl. (1969) Werle, Völkerstrafrecht, 2. Aufl. (2007) Wieczorek/Schütze, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, 3. Aufl. (ab 1995) Wiesneth, Handbuch für das ermittlungsrichterliche Verfahren (2006) Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige 6. Aufl. (1987) Strafrecht und Kriminalität in Europa, hrsg. von Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (2003)
Literaturverzeichnis Ziegert Zipf Zöller
Ziegert, Grundlagen der Strafverteidigung (2000) Zipf, Kriminalpolitik, 2. Aufl. (1980) Zöller, Zivilprozessordnung, Kommentar, 26. Aufl. (2007)
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Strafprozeßordnung Vom 1. Februar 1 8 7 7 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1 0 7 4 , 1 3 1 9 )
ERSTES BUCH Allgemeine Vorschriften NEUNTER ABSCHNITT Verhaftung und vorläufige Festnahme Vorbemerkungen Schrifttum 1. Allgemein. Abenhausen Statistische und empirische Untersuchungen zur Untersuchungshaft, in: Jung/Müller-Dietz, Reform der Untersuchungshaft (1983) 99; Alsberg Festnahme und Untersuchungshaft, JW 1925 1433; Ambos Europarechtliche Vorgaben für das (deutsche) Strafverfahren, NStZ 2003 14; Amelung Die Entscheidung des BVerfG zur „Gefahr im Verzug" i.S. des Art. 13 Π GG, NStZ 2001 337; ders. (Mitverf.) Die Untersuchungshaft, Gesetzentwurf und Begründung, Arbeitskreis Strafprozessreform (1983); Arbeitsgemeinschaft, sozialdemokratischer Juristen (ASJ) Thesen zur Reform des Rechts der Untersuchungshaft (1984); ders./Wirth Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit 1990 zum Schutz der materiellen Grundrechte im Strafverfahren, StV 2002 161; Aschaffenburg Die Bedeutung der Untersuchungshaft für die Ermittlung des Tatbestandes, MschrKrimPsych. 1932 257; Bauer Frühzeitige Verteidigerbestellung, ZRP 2002 85; Baumann Entwurf eines Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (1981); ders. Zur Revisibilität von Haftentscheidungen, FS Pfeiffer 255; ders. Gesetzliche Regelung des Vollzugs der Untersuchungshaft, J Z 1990 107; Beese „Haftentscheidungshilfe", ein zukunftsträchtiges Experiment für den weiteren Auf- und Ausbau der Gerichtshilfe für Erwachsene, BewHi. 1984 7; Benfer Voraussetzungen der Untersuchungshaft, JuS 1983 110; Bleckmann Zur Verfassungsbeschwerde gegen Untersuchungshaftbeschlüsse, NJW 1995 2192; ders. Verbotene Diskriminierung von EG-Ausländern bei der Untersuchungshaft, StV 1995 552; ders. Zum Sonderstatus insbesondere der Straf- und Untersuchungsgefangenen, DVB1. 1984 991; Boing Der Schutz der Menschenrechte im Strafverfahren - Eine Darstellung des Rechts der Untersuchungshaft und anderer strafprozessualer Eingriffe, ZStW 91 (1979) 379; Bohnert Untersuchungshaft, Akteneinsicht und Verfassungsrecht, GA 1995 468; Bosch Akteneinsicht, Aussageverweigerung und U-Haft - ein in der Strafprozessordnung nicht vorgesehenes Theater? StV 1999 333; BRAK Reform der Verteidigung im Ermittlungsverfahren (2004); Brüssow Strafprozessreform in Raten? FS Koch 57; Burhoff Das Akteneinsichtsrecht des Strafverteidigers nach § 147, HRRS 2003 182; ders. Untersuchungshaft des Beschuldigten - eine Übersicht zur neueren Rechtsprechung, StraFo 2006 51; Burmann Die Sicherungshaft gemäß § 453c StPO (1984); Carstensen Zur Dauer von Untersuchungshaft, MSchrKrim. 63 (1980) 289; ders. Dauer von Untersuchungshaft, Krim. Forschungen 13 1981; Conze Die Freiheitsbeschränkung durch Verhaftung und vorläufige Festnahme, Diss. Göttingen 1928; Cornel Vermeidung und Reduzierung von Untersuchungshaft
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(1987); ders. Die Praxis der Verhängung von Untersuchungshaft und Möglichkeiten, sie durch das Angebot sozialpädagogischer ambulanter Hilfen zu vermeiden oder zu reduzieren, MSchrKrim. 1987 65; ders. Alternativen zur U-Haft, NKrimpol. 1989 41; ders. Untersuchungshaftvermeidung und - reduzierung bei Erwachsenen durch Kooperation von Strafverteidigung und Sozialarbeit, StV 1994 202; ders. Der Beitrag der Sozialarbeit zur Vermeidung von Untersuchungshaft, BewHi. 1994 393; ders. Neuere Entwicklungen hinsichtlich der Anzahl der Inhaftierten in Deutschland, NKrimpol. 2002 42; Dabs Der Haftgrund der Fluchtgefahr, AnwBl. 1983 418; Dahs sen. Recht und Unrecht der Untersuchungshaft, NJW 1959 505; Dahs sen. Verfassungswidrige Untersuchungshaft? NJW 1966 761; Danckert Zur Reform der Untersuchungshaft, BRAK-Mitt. 1988 116; DAV AG Strafrecht/Strafrechtsausschuß Beschlusspapier, StraFo 2000 145; Deckers Untersuchungshaft, in: Brüssow/u.a., Strafverteidigung in der Praxis 365; ders. Die Vorschrift des § 112 Abs. 3 StPO, sogenannter „Haftgrund der Tatschwere", AnwBl. 1983 420; ders. Verteidigung in Haftsachen, NJW 1994 2261; ders. Reform der Untersuchungshaft, FS Koch 151; Diemer-Nicolaus Das geänderte Haftrecht, NJW 1972 1692; Dreves Die Bestimmungen des Strafänderungsgesetzes über den Haftbefehl, DRiZ 1965 110; Dünkel Zur Situation und Entwicklung von Untersuchungshaft und Untersuchungshaftvollzug in der Bundesrepublik Deutschland, ZfStrVo. 1985 334; ders. Untersuchungshaft als Krisenmanagment? NKrimpol. 1994 20; ders. Praxis der Untersuchungshaft in den 90er Jahren, StV 1994 610; Dünnebier Reform der Untersuchungshaft? in: Probleme der Strafprozeßreform (1975) 29; Ebermayer Die Haftunfähigkeit, JW 1925 1453; Ender Zur - erneuten - Reformbedürftigkeit des § 112 StPO, Kriminalistik 1968 523; Eser/Kaiser/Weigend Viertes deutsch-polnisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie. Strafrechtsreform in Polen und Deutschland Untersuchungshaft, Hilfeleistungspflicht und Unfallflucht (1991); Esser Europäische Initiativen zur Begrenzung der Untersuchungshaft in: Joerden/Szwarc (Hrsg.) Europäisierung des Strafrechts in Polen und Deutschland (2007) 233; ders. Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002); ders. Grenzen für verdeckte Ermittlungen gegen inhaftierte Beschuldigte aus dem europäischen nemo-tenetur-Grundsatz, J R 2004 98; Feest Untersuchungshaft: Beugung, Bestrafung, Vorbeugung? KJ 1977 308; Fezer Effektiver Rechtsschutz bei Verletzung der Anordnungsvoraussetzung „Gefahr im Verzug", FS Rieß 93; Frister Der Anspruch des Beschuldigten auf Mitteilung der Beschuldigung aus Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK, StV 1998 159; Fülber Die Hauptverhandlungshaft (2000); Gärditz Das Strafrecht in der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte, AöR 129 (2004) 584; ders. Strafprozess und Prävention (2003); ders./Gusy Zur Wirkung europäischer Rahmenbeschlüsse im innerstaatlichen Recht, GA 2006 225; Gärtner Untersuchungshaft zur Sicherung der Zurückgewinnungshilfe? NStZ 2005 544; Gallandi Das nicht vollständige Geständnis als Haftgrund der Verdunkelungsgefahr, StV 1987 87; Gatzweiler Möglichkeiten und Risiken einer effizienten Strafverteidigung, StraFo 2001 187; ders. Unerträgliche Realität - Zwang zur Totalreform der Untersuchungshaft in der Bundesrepublik Deutschland, StraFo 1999 325; Gebauer Die Rechtswirklichkeit der Untersuchungshaft in der Bundesrepublik Deutschland (1987); ders. Untersuchungshaft „Verlegenheitslösung" für nicht-deutsche Straftäter? KrimPäd. 1993 20; ders. Chancengleichheit und U-Haft-Verkürzung durch frühe Verteidigermitwirkung, StV 1994 622; Geerds Festnahme und Untersuchungshaft bei Antrags- und Privatklagedelikten, GA 1982 237; Gegenfurtner Das Strafprozeß-Änderungsgesetz in der Praxis, DRiZ 1965 334; Gehrlein Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Untersuchungshaft, FS Boujong 751; Geiter Untersuchungshaft in NordrheinWestfalen (1998); Grau Der Haftgrund der Fluchtgefahr bei Beschuldigten mit ausländischem Wohnsitz, NStZ 2007 10; Gropp Zum verfahrenslimitierenden Wirkungsgehalt der Unschuldsvermutung, J Z 1991 804; Gusy Freiheitsentziehung und Grundgesetz, NJW 1992 457; Hamm Verteidigung bei Zwangsmaßnahmen - Untersuchungshaft, in: Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des DAV, Der Bürger im Ermittlungsverfahren (1988) 61; Hardraht Modellversuch „Haftentscheidungshilfe" in Hamburg, BewHi. 1980 182; Härtung Das Recht der Untersuchungshaft (1927); Hassemer Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft, StV 1984 38 und AnwBl. 1984 64; Hengsberger Untersuchungshaft und Strafprozeßänderungsgesetz, J Z 1966 209; Heinz Recht und Praxis der Untersuchungshaft in der Bundesrepublik Deutschland, BewHi. 1987 5; v. Hentig Die Bedeutung der Untersuchungshaft für die Ermittlung des Tatbestandes, MschrKrimPsych. 1932 268; Hermes Der Haftgrund der Verdunklungsgefahr im deutschen Strafverfahren (1992); Hetzer Anordnung und Vollzug der Untersuchungshaft unter verfassungsrechtlichen Aspekten, in: Jung/Müller-Dietz, Reform der Untersuchungshaft (1983) 47; Hilger Die Entwicklung der Untersuchungshaft-Zahlen von
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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1981 bis 1987, NStZ 1989 107; ders. § 147 V StPO - Untersuchungshaft, GA 2006 294; Hiltl Die richterliche Praxis der Untersuchungshaft, Diss. Heidelberg 1977; Hindte Die Verdachtsgrade im Strafverfahren, Diss. Kiel 1973; Hinüber Schutz der Menschenwürde im Vollzug der Freiheitsentziehung aufgrund strafrichterlicher Entscheidung, StV 1994 212; Jabel Die Rechtswirklichkeit der Untersuchungshaft in Niedersachsen (1988); Jahn Stürmt Karlsruhe die Bastille? - Das Bundesverfassungsgericht und die überlange Untersuchungshaft, NJW 2006 652; Jehle Untersuchungshaft zwischen Unschuldsvermutung und Wiedereingliederung (1985); ders. Voraussetzungen und Entwicklungstendenzen der Untersuchungshaft, BewHi. 1994 373; ders./Hoch (Hrsg.) Oberlandesgerichtliche Kontrolle langer Untersuchungshaft, KUP Bd. 23 (1998); Jescheck Recht und Praxis der Untersuchungshaft in Deutschland, GA 1962 65; Jung/Müller-Dietz Reform der Untersuchungshaft (1983); Kaiser Die gesetzliche Regelung über den Vollzug der Untersuchungshaft und ihre Reform, FS JurGes. Berlin 299; Kalsbach Das Recht auf Beistand eines Rechtsanwalts während des Verfahrens in der Bundesrepublik Deutschland, ZStW 83 (1971) 112; Kamp Der Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO aus der Sicht der Praxis, FS Rudolphi 661; Kastendieck Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft, Diss. Göttingen 1965; Kawamura Zur Praxis der Vermeidung von Untersuchungshaft durch Angebote der Sozialarbeit, BewHi. 1994 409; Kay Der Haftbefehl in polizeilicher Wertung und Sicht, Die Polizei 1990 151; Kempf Die Rechtsprechung des EGMR zum Akteneinsichtsrecht und §§ 114, 115 Abs. 3, 115a Abs. 3 StPO, FS Rieß 217; Kerner Untersuchungshaft und Strafurteil, Analyse von Zusammenhängen nach neueren amtlichen Angaben, GedS Schröder 1978 549; Kieschke/Osterwald Art. 5 IV EMRK contra § 147 II StPO, NJW 2002 2003; Klefisch Zur Reform der Untersuchungshaft, JW 1925 1449; Kleinknecht Entscheidungen über die Untersuchungshaft, MDR 1965 781; ders./Janischowsky Das Recht der Untersuchungshaft (1977); Kohlrausch Untersuchungshaft, J W 1925 1440; Koop/Kappenberg Praxis der Untersuchungshaft (1988); Kölbel Strafrestaussetzung bei Überhaft, StV 1998 236; Krehl/Eidam Die überlange Dauer von Strafverfahren, NStZ 2006 1; Kropp Rechtswidrigkeit des gegenwärtigen Gefangenentransports ZRP 2005 96; Krümpelmann Aktuelle Probleme des Haftrechts in empirischer und verfahrensrechtlicher Sicht, in: Göppinger/Kaiser Kriminologie und Strafverfahren (1976) 44; Kühl Zur Göttinger Untersuchungshaft-Studie, StV 1988 355; ders. Der Einfluß der europäischen Menschenrechtskonvention auf das Strafrecht und Strafverfahrensrecht der Bundesrepublik Deutschland (Teil II) ZStW 100 (1988) 601; Kühne Europäische Methodenvielfalt und nationale Umsetzung von Entscheidungen Europäischer Gerichte, GA 2005 195; ders./Esser Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Untersuchungshaft, StV 2002 383; Lammer Verteidigungsstrategie zur Vermeidung von Untersuchungshaft, StraFo 1999 366; Langner Untersuchungshaftanordnung bei Flucht- und Verdunklungsgefahr (2003); v. Lilienthal Zur Reform der Untersuchungshaft, JW 1925 1448; Linke Zwischenhaft, Vollstreckungshaft, Organisationshaft: Haftinstitut ohne Rechtsgrundlage? JR 2001 358; Lobe/Alsberg Die Untersuchungshaft (1927); LübbeWolff/Geisler Neuere Rechtsprechung des BVerfG zum Vollzug von Straf- und Untersuchungshaft, NStZ 2004 478; Marberth-Kubicki Die Akteneinsicht in der Praxis, StraFo 2003 366; Mayer Modellprojekt elektronische Fußfessel (2004); Meyer Grenzen der Unschuldsvermutung, FS Tröndle 61; Michel Der Haftbefehl in der Berufungsinstanz, MDR 1991 933; Müller-Dietz Das Strafvollzugsgesetz, NJW 1976 919; ders. Grundlagen der Untersuchungshaft, in: Ev. Akademie Hessen-Nassau, Probleme der Untersuchungshaft (1977) 4; ders. Problematik und Reform des Vollzuges der Untersuchungshaft, StV 1984 79; ders. Kritik und Reform der Untersuchungshaft, in: 9. Strafverteidigertag (1986) 117; ders. Untersuchungshaft und Festnahme im Lichte der Menschenrechtsstandards, in: Eser/Kaiser/Weigend, Viertes deutsch-polnisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie (1991) 219; Münchhalffen Behinderung der Verteidigung bei Untersuchungshaft, StraFo 2003 150; dies./Gatzweiler1 Das Recht der Untersuchungshaft (2002); v. Neree Zur Zulässigkeit der Sicherungshaft gemäß § 112a StPO, insbesondere bei Anwendung von Jugendstrafrecht, StV 1993 212; Nix Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr, StV 1992 445; Oetjen/Endriß Leitfaden zur Untersuchungshaft (1999); Ohm Persönlichkeitswandel unter Freiheitsentzug (1964); Ollinger Die Entwicklung des Richtervorbehalts im Verhaftungsrecht (1997); Ostermann Haft ohne Rechtsgrundlage - Zum Übergang von der Untersuchungshaft in den Maßregelvollzug, StV 1993 52; Paeffgen Vorüberlegungen zu einer Dogmatik des Untersuchungshaft-Rechts (1986); ders. Apokryphe Haftverlängerungsgründe in der Rechtsprechung zu § 121 StPO, NJW 1990 537; ders. Haftgründe, Haftdauer, Haftprüfung, in: Eser/Kaiser/Weigend, Viertes deutsch-polnisches Kolloquium über
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Strafrecht und Kriminologie (1991) 113; ders. Wem dient der Strafprozeß, NJ 1993 152; ders./Seebode Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft (BR-Dr. 249/99 vom 30.4.1999) Z R P 1999 524; Parigger Tendenzen im Haftrecht in der Rechtswirklichkeit, AnwBl. 1983 423; ders. Aus der Praxis des Rechts der Untersuchungshaft, NStZ 1986 211; Peglau Haftbefehlserlass im Unterbringungsverfahren nach dem Straftäterunterbringungsgesetz, N J W 2002 3679; ders. Das Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung, JR 2002 449; Philipp Das künftige Haftrecht und seine Folgen, DRiZ 1965 83; Plemper Haftentscheidungshilfe - Kommentierung aus sozialwissenschaftlicher Sicht, BewHi. 1981 32; ders. U-HaftProjekte: Mehr oder weniger soziale Kontrolle? in: Cornel, Vermeidung und Reduzierung von Untersuchungshaft (1987) 18; Preusker Zur Notwendigkeit eines Untersuchungshaftvollzugsgesetzes, ZfStrVo. 1981 131; Prüllage Zur Dauer der Untersuchungshaft, DRiZ 1979 278; Roesen Voraussetzungen eines Haftbefehls, N J W 1953 1733; Rössner Praktische Grenzen einer Untersuchungshaftreform - vier Entwürfe im Vergleich, in: Koop/ Kappenberg, Praxis der Untersuchungshaft (1988) 156; ders. Auf dem Weg zu einem Untersuchungshaftvollzugsgesetz, J Z 1988 116; Rosenberg Zur Reform der Untersuchungshaft, J W 1925 1446; ders. Die Reform der Untersuchungshaft ZStW 26 (1906) 339; Rotthaus Unzulänglichkeiten der heutigen Regelung der Untersuchungshaft, NJW 1973 2269; ders. Die Reform der inhaltlich-vollzuglichen Gestaltung der Untersuchungshaft, FS Rebmann 401; Rückel Handlungsmöglichkeiten des Strafverteidigers im Haftverfahren, StV 1985 36; Rüping Rechtsfragen der „deutschen Magna Charta", FS Hirsch 959; Rupp Haftbefehl gemäß § 230 II StPO im Rahmen von Großverfahren, NStZ 1990 576; Sarstedt Reform der Untersuchungshaft, Justiz 1963 184; Sauer Die Praxis der Untersuchungshaft, N J W 1959 1933; Schaefer/Rühl Das Frankfurter Rechtsberatungsprojekt - Ein praktischer Beitrag zur U-Haft-Diskussion, StV 1986 456; Schloth Die Haftgründe der Wiederholungsgefahr und der Schwere der Taten (1999); Schlothauer Die Verteidigung des inhaftierten Mandanten, StraFo 1995 5; ders. Die Bedeutung des materiellen Strafrechts für die Verteidigung in Untersuchungshaftfällen, StV 1996 391; ders. Z u m Rechtsschutz des Beschuldigten nach dem StVÄG 1999 bei Verweigerung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft, StV 2001 192; ders./Weider Untersuchungshaft 3 (2001); Schlüchter Das neue Haftrecht: Bedeutung und Auslegung für die Praxis, M D R 1973 96; Eb. Schmidt Repression und Prävention im Strafprozeß JR 1970 204; G. Schmidt Die Untersuchungshaft nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland, Dt. strafrechtl. Landesreferate zum VIII. Intern. Kongreß für Rechtsvergleichung, 1975 77; U. Schmidt Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen, NStZ 2006 313; Schmidt-Leichner Haftbefehl und Regreß, N J W 1959 841; ders. Untersuchungshaft und Kleine Strafprozeßreform, NJW 1961 339; Schmitt Strafprozessuale Präventivmaßnahmen, J Z 1965 193; Schmitz Das Recht auf Akteneinsicht bei Anordnung von Untersuchungshaft, wistra 1993 319; Schmolz Die Untersuchungshaft in Theorie und Praxis, Diss. Köln 1930; Schnarr Besonderheiten des Rechtsinstituts der Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO und der Widerstreit richterlicher Kompetenzen im Rahmen dieses Verfahrens, M D R 1990 89; Schöch Kurze Untersuchungshaft durch frühe Strafverteidigung? StV 1997 323; ders. Wird in der Bundesrepublik Deutschland zu viel verhaftet? FS Lackner 991; ders. Untersuchungshaft im Übergang. Gegenwärtige Situation und Reformvorstellungen beim Vollzug der Untersuchungshaft. Dokumentation einer Tagung der Akademie Hofgeismar (1987); ders./Schreiber Rechtswirklichkeit der Untersuchungshaft - Zwischenergebnisse einer bundesweiten Untersuchung, DRiZ 1986 276; Schorn Die Rechtsstellung der Untersuchungsgefangenen, JR 1967 448; Schreiber/Schilasky Z u m Haftgrund der Wiederholungsgefahr, Kriminalistik 1969 393; Scbroeder Eine funktionelle Analyse der strafprozessualen Zwangsmittel, J Z 1985 1028; ders. „Untersuchungshaft" - Ein Gang durch die Grundprinzipien und die Geschichte des Strafprozesses, JuS 1990 176; Schubarth Die zeitliche Begrenzung von Untersuchungshaft, AnwBl. 1984 69; Schwenn Straferwartung - ein Haftgrund? StV 1984 132; Seebode Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Vorbeugehaft, ZRP 1969 25; ders. Der Vollzug der Untersuchungshaft (1985); ders. Das Recht der Untersuchungshaft und seine Anwendung in der Praxis, in: Koop/Kappenberg, Praxis der Untersuchungshaft (1988) 28; ders. Aktuelle Reformvorhaben: Weniger Untersuchungshaft, in: Koop/Kappenberg, Praxis der Untersuchungshaft (1988) 177; ders. Recht und Wirklichkeit der Untersuchungshaft, ZfStrVo. 1988 268; ders. Zwischenhaft, ein vom Gesetz nicht vorgesehener Freiheitsentzug (§ 345 StGB) StV 1988 119; ders. Z u r Bedeutung der Gesetzgebung für die Haftpraxis, StV 1989 118; ders. Rechtswirklichkeit der Untersuchungshaft, in: Eser/Kaiser/Weigend, Viertes deutsch-polnisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie (1991) 169; Seibert
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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Die Praxis in Haftsachen, DRiZ 1949 106; ders. Der Haftbefehl, NJW 1950 773; Senge Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur zeitweiligen Beschränkung des Rechtes der Verteidigung auf Akteneinsicht nach § 147 Abs. 2 StPO, FS Strauda 459; Sieverts Die Wirkungen der Freiheitsstrafe und der Untersuchungshaft (1929); Soine Zur Neuregelung der strafprozessualen Öffentlichkeitsfahndung, ZRP 1994 392; Sommer Strafprozessordnung und Europäische Menschenrechtskonvention, in: Brüssow/u.a., Strafverteidigung in der Praxis 1259; Sommermeyer Recht der Untersuchungshaft (Kritischer Überblick und Tendenzen) NJ 1992 336; Spartiol Grundrechtsschutz im Ermittlungsverfahren durch qualifizierten Richtervorbehalt und wirksame richterliche Kontrolle, FS Eser 473; Speck Die Geschichte der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft, der Art und Weise der Verhaftung und der Überprüfung der Dauer der Untersuchungshaft in der Gesetzgebung seit etwa 1800, Diss. Kiel 1969; Spiecker Reform der Haftjustiz, MSchrKrim. 1962 97; Strafrechtsausschuß der Bundesrecbtsanwaltskammer Reform der Verteidigung im Ermittlungsverfahren (2004); Stuckenberg Die normative Aussage der Unschuldsvermutung, ZStW 111 (1999) 422; VferfUfer Die Strafverteidigung des in U-Haft befindlichen Beschuldigten, in: Ziegert, Grundlagen der Strafverteidigung (2000) 121; Ullenbruch Nachträgliche Sicherungsverwahrung - Fragen über Fragen, NStZ 2002 466; Ullrich Handlungsmöglichkeiten des Strafverteidigers im Haftverfahren? StV 1986 268; Wagner Zur Anordnung von Untersuchungshaft in Ladendiebstahlsverfahren, NJW 1978 2002; Waldschmidt Probleme des neuen Haftrechts, NJW 1965 1575; Wankel Zuständigkeitsfragen im Haftrecht (2002); Welp Haft und Haftprüfung, FS Richter II 573; ders. Die Gestellung des verhandlungsunfähigen Angeklagten, JR 1991 265; Wendisch Anfechtung von Beschlüssen, die Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen, FS Dünnebier 239; Wiegand Untersuchungshaft und Aburteilung - eine statistische Bestandsaufnahme unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Situation, StV 1983 437; Wollweber Datenschutz in der Untersuchungshaft, ZRP 1999 405; Wolter Untersuchungshaft, Vorbeugungshaft und vorläufige Sanktionen, ZStW 93 (1981) 452; ders. Aspekte einer Strafprozessreform bis 2007 (1991); ders. Allgemeiner Überblick über Ermittlungsmaßnahmen und Verfahrenssicherung, in: Viertes deutsch-polnisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie (1991) 89; Zieger Akteneinsichtsrecht des Verteidigers bei Untersuchungshaft, StV 1993 320. 2. Jugendstrafrecht. Blumenberg Jugendliche in der Untersuchungshaft, ZfStrVo. 1978 139; Böhm Zur Reform der Untersuchungshaft an jungen Gefangenen, FS Dünnebier 677; Buchhierl Einstweilige Unterbringung nach §§ 71, 72 JGG, MSchrKrim. 1969 329; Cornel Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden, StV 1994 628; Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. Die jugendrichterlichen Entscheidungen - Anspruch und Wirklichkeit (1981); Dörlemann Möglichkeiten einer Reduktion der Untersuchungshaft im Jugendstrafverfahren (2001); Dünkel Freiheitsentzug für junge Rechtsbrecher (1990); Echtler Jugendliche in Untersuchungshaft - Ergebnisse einer zwei Jahre dauernden Fragebogenaktion, ZfStrVo. 1982 150; Eisenberg Streitfragen in der Judikatur zum Jugendstrafrecht, NStZ 2003 124; Eisenberg/Töth Über Verhängung und Vollzug von Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden, GA 1993 293; Eisenhardt Der Erziehungsauftrag des Jugendgerichtsgesetzes und seine Durchführung in Untersuchungshaft und Jugendarrest, ZBIJugR 1971 240; Giemulla/Barton Die Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden aus verfassungsrechtlicher Sicht, RdJ 1982 289; Heinz Junge Menschen in Untersuchungshaft (1986); Heßler Vermeidung von Untersuchungshaft bei Jugendlichen (2001); Hotter Untersuchungshaftvermeidung für Jugendliche und Heranwachsende in Baden-Württemberg (2004); Jehle Entwicklung der Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden vor und nach der Wiedervereinigung (1995); Kallien Untersuchungshaft an jungen Gefangenen und die Grenzen ihrer erzieherischen Ausgestaltung, KrimJ 1980 116; KlingerfWelt Alternativen zur Untersuchungshaft für Jugendliche und Heranwachsende, in: Cornel, Vermeidung und Reduzierung von Untersuchungshaft (1987) 49; Krause Anordnung und Vollzug der Untersuchungshaft bei Jugendlichen, Diss. Kiel 1971; Krebs Über die Durchführung der Untersuchungshaft, insbesondere die an Minderjährigen, MSchrKrim. 1966 301 und ZfStrVo. 1967 72; Kreuzer Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden, RdJ 1978 337; Kury Junge Rechtsbrecher und ihre Behandlung, ZStW 93 (1981) 319; ders. Untersuchungshaft - vorweggenommene Jugendstrafe? in: Die jugendrichterlichen Entscheidungen - Anspruch und Wirklichkeit (1981) 421; ders. Rechtliche und tatsächliche Situation der Untersuchungshaft, in: Kury, Prognose und Behand-
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
lung bei jungen Rechtsbrechern (1986) 87; Lüthke Vorläufige Maßnahmen nach §§ 71, 72 JGG, ZBIJugR 1982 125; Matenaer Haftentscheidungshilfen durch die Jugendgerichtshilfe, ZBIJugR 1985 158; Mrozynski Verfassungsrechtliche Probleme der Untersuchungshaft in Jugendstrafsachen, RdJB 1973 328; Schütze Jugendliche und Heranwachsende in der Untersuchungshaft, MSchrKrim. 1980 148; Schulz Untersuchungshaft - Erziehungsmaßnahme und vorweggenommene Jugendstrafe? in: Die jugendrichterlichen Entscheidungen - Anspruch und Wirklichkeit (1981) 399; Steinhilper Untersuchungshaft bei 14- und 15jährigen in Niedersachsen (1985); dies. Untersuchungshaft bei 14- und 15jährigen in Niedersachsen, ZfStrVo. 1985 140; Villmow Zur Untersuchungshaft und Untersuchungshaftvermeidung bei Jugendlichen, FS Schwind 469; ders./Robertz Vermeidung von Untersuchungshaft bei Jugendlichen in Hamburg (2003); Walter Untersuchungshaft und Erziehung bei jungen Gefangenen, MSchrKrim. 1978 337; Weinknecht Die Situation der Untersuchungshaft und der Unterbringung an Jugendlichen und Heranwachsenden, Diss. Kiel 1988; de Wyl Die Wirkung der Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden, RdJ 1958 305; Wolff Die benachteiligende Funktion der Untersuchungshaft, KrimJ 1975 20; Zender Untersuchungshaft an weiblichen und männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden (1998); Zirbeck Die Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden, KrimStudien 1973 185. 3. Rechtsvergleichung. Amendt Die Verfassungsmäßigkeit der strafprozessualen Sicherheitsleistungsvorschriften (SS 116, 116a, 127a; 132 StPO) (1986); Bertel Die Untersuchungshaft, ÖstAnwBl. 1981 199; ders. Die Reform der Untersuchungshaft im StrafrechtsänderungsG 1983, ÖstAnwBl. 1983 513; Brandstetter Aktuelle Probleme des Strafprozessrechts, ÖstJZ 1994 583; Budde Die zeitliche Begrenzung der Untersuchungshaft im italienischen Strafprozess, ZStW 98 (1986) 743; Czeczot/Grajewski/Skupinski Untersuchungshaft und andere strafverfahrenssichernde Maßnahmen, in: Viertes deutsch-polnisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie (1991) 89; Oesseckerl Geissler-Frank Empirische Forschungsarbeiten zum Strafverfahren und Strafverfahrensrecht (1995); Deu Die Untersuchungshaft im spanischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der Verfassung von 1978, ZStW 104 (1992) 201; Dünkel Neuere Entwicklungen im Bereich der Bewährungshilfe und -aufsieht im internationalen Vergleich, BewHi. 1984 163; ders./Vagg Untersuchungshaft und Untersuchungshaftvollzug (1994); Eser Entwicklung des Strafverfahrensrechts in Europa, ZStW 108 (1996) 86; Frommel Fremdenfeindliche Gewalt, Polizei und Strafjustiz, KJ 1994 323; Gammeltoft/ Hansen Die Untersuchungshaft in Dänemark und Norwegen, ZStW 88 (1976) 516; Grebing Die Untersuchungshaft in Frankreich, Rechtsvergleichende Untersuchungen zur gesamten Strafrechtswissenschaft, NF 48 (1974); Hetzel Die Untersuchungshaft nach deutschem, österreichischem, französischem und englischem Recht (1899); Jescheck/Krümpelmann Die Untersuchungshaft im deutschen, ausländischen und internationalen Recht; III. Die Untersuchungshaft in rechtsvergleichender Darstellung (1971); Jung Das Institut der Untersuchungshaft im rechtsvergleichenden Überblick, in: Jung/Müller-Dietz, Reform der Untersuchungshaft (1983) 79; Kam Grundrechte und Untersuchungshaft, ÖstRiZ 1988 81; Kamiguchi Zulässigkeit der polizeilichen Vernehmung des inhaftierten Beschuldigten in Japan, ZStW 96 (1984) 241; Korinek/Kain Grundrechte und Untersuchungshaft (1988); Krümpelmann Probleme der Untersuchungshaft im deutschen und ausländischen Recht, ZStW 82 (1970) 1052; Marx/Grilli Der neue italienische Strafprozeß, GA 1990 495; Morawetz/ Stangl Untersuchungshaft in Österreich, MSchrKrim. 1986 259; dies. Über den Rückgang der Untersuchungshaft in Österreich, ÖstJZ 1991 401; Müller Das beschleunigte Verfahren im französischen Strafprozeßrecht, GA 1995 169; Reindl Untersuchungshaft und Menschenrechtskonvention (1997); Rodriguez Die Unschuldsvermutung und die materiellen Voraussetzungen der Untersuchungshaft (1995); G. Schmidt Die Reform der Untersuchungshaft in Schweden, FS Tröndle 871; Soyer Reform der Untersuchungshaft in Österreich - Rückblick und Ausblick, StV 2001 536; Spinellis Erklärte und „apokryphe" Ziele, Funktionen und Gründe der „vorläufigen Haft" im griechischen Strafprozeßrecht, FS Schroeder 861; Swoboda Voraussetzungen der Außervollzugsetzung eines Haftbefehls vor dem Jugoslawientribunal, GA 2006 629; Venter Zum Grundrecht auf ein gesetzmäßiges Verfahren in Haftsachen, ÖstJZ 1994 798; ders. Das Recht der Untersuchungshaft (1999); Weigend Die Reform des Strafverfahrens, ZStW 104 (1992) 486.
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Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
Entstehungsgeschichte. D a s R e c h t der Untersuchungshaft und die Anwendung der Vorschriften in der Praxis sind seit l a n g e m 1 Gegenstand heftiger Kritik und Anlass zahlreicher Reformforderungen ( R n . 7 0 ) . D e n n o c h hat sich trotz vieler, zum Teil allerdings nur vorübergehender, Eingriffe in das H a f t r e c h t der ursprüngliche Bestand des neunten Abschnitts, selbst in der Fassung, 2 bis zum Strafprozessänderungsgesetz 1 9 6 4 weitgehend erhalten, lässt m a n die eingeschobenen Bestimmungen ( § § 1 1 4 a bis 114d, 1 1 5 a bis 115d, 1 2 6 a a.F.) unberücksichtigt. N a m e n t l i c h die „ k l a s s i s c h e n " Haftgründe des Fluchtverdachts und der Verdunkelungsgefahr sowie die Beschränkung auf sie, die erst das Strafprozessänderungsgesetz 1 9 6 4 aufgegeben hat, waren ursprünglicher Inhalt des Abschnitts. Selbst die sonst tief in den Strafprozess eingreifende „ E m m i n g e r - V e r o r d n u n g " hatte das H a f t r e c h t unberührt gelassen. Erst der weite Kreise erregende T o d des ehemaligen Ministers Höfle in der Untersuchungshaft war Ansporn, das Haftkontrollverfahren durch ein periodisches Haftprüfungsverfahren neu zu regeln, 3 das freilich schon acht J a h r e später wieder abgeschafft w u r d e . 4 Kurze Z e i t danach wurden die klassischen Haftgründe um zwei neue vermehrt. 5 Die Untersuchungshaft wurde für zulässig erklärt, wenn zu befürchten war, dass der Beschuldigte die Freiheit zu neuen Straftaten missbrauchen werde; oder wenn es mit R ü c k s i c h t auf die Schwere der Tat und die durch sie hervorgerufene Erregung der Öffentlichkeit nicht erträglich wäre, den Angeschuldigten in Freiheit zu lassen. 1 9 4 6 wurde der Haftgrund der Erregung der Öffentlichkeit beseitigt und anschließend kehrte das VereinhG allgemein zu dem Rechtszustand von 1 9 2 6 zurück. Erhalten blieb der 1 9 3 3 eingefügte 6 § 1 2 6 a über die einstweilige Unterbringung von Schuldunfähigen. Die §§ 1 1 4 a (jetzt 114b), 1 2 8 , 1 2 9 und 131 wurden an Art. 1 0 4 G G angepasst. Tiefere Eingriffe brachte erst das Strafprozessänderungsgesetz 1 9 6 4 mit dem Ziel, sowohl die Z a h l der Verhaftungen als auch die Dauer der Untersuchungshaft einzuschränken. D a z u bediente es sich im Wesentlichen folgender M i t t e l : Die Voraussetzungen der H a f t wurden bestimmter und enger umschrieben; der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr wurde erheblich eingeschränkt, die Begründungspflicht verschärft. Bei Bagatelldelikten wurde die Untersuchungshaft weitergehend als früher ausgeschlossen. D e r darin liegende G e d a n k e , die Untersuchungshaft müsse zu dem zu erwartenden Ergebnis des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis stehen, wurde darüber hinaus durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betont (§ 112 Abs. 1 Satz 2 , § 1 2 0 Abs. 1 Satz 1, 2 . Halbsatz). Die periodische Haftprüfung wurde abgeschafft, jedoch die Regelung eingeführt, dass die Untersuchungshaft vor einem freiheitsentziehenden Urteil grundsätzlich nicht länger als sechs M o n a t e dauern darf (5 121 Abs. 1 und 2 ) . Z u den bisherigen sichernden M a ß nahmen vor dem Urteil (§ l i l a : vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis; § 1 2 6 a : einst-
1
2 3
Vgl. zum Beispiel Heinemann ZStW 2 6 (1906) 507; Peterson GA 30 (1882) 322; Rosenberg ZStW 26 (1906) 339. Siehe zur Entstehungsgeschichte auch Speck; Seebode (Vollzug) 26; sowie Müller-Dietz (Kolloquium) 219. Hahn Mat. 2 2393. Gesetz zur Abänderung der Untersuchungshaft vom 27. Dezember 1926 (RGBl. I 529).
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Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. April 1934 (RGBl. 1341). Art. 5 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBl. I 844). AGGewVerbrG vom 24. November 1933 (RGBl. I 1000).
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
weilige Unterbringung eines Zurechnungsunfähigen) fügte der Gesetzgeber den Haftgrund der Wiederholungsgefahr bei Sittlichkeitsdelikten an. Das Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung 7 hat die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Verdunkelungsgefahr wieder weiter gefasst sowie den Haftgrund der Wiederholungsgefahr erheblich ausgebaut und als selbständige Vorschrift (§ 112a) ausgestaltet. Durch Art. 21 Nr. 3 4 , 35 und 3 7 EGStGB 1974 sind die §§ 126a Abs. 1, 127 Abs. 3 und 130, in der Substanz unverändert, neu gefasst worden. Der Deliktskatalog des § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 wurde durch Artikel 2 des StGBÄndG 1 9 8 9 erweitert und durch Art. 3 Nr. 10 des OrgKG Änderungen im B t M G angepasst. Durch das VerbrbekG wurde das Haftrecht weiter verschärft; durch Art. 4 Nr. 3 wurde der Deliktskatalog des § 112 Abs. 3 ergänzt und durch Art. 4 Nr. 4 § 112a Abs. 1 Satz 2 aufgehoben. Des Weiteren wurde durch Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 17. Juli 1 9 9 7 8 die sog. Hauptverhandlungshaft (§ 127b) nebst Festnahmebefugnis eingeführt. Spätere Änderungen in § 112 Abs. 3 und § 112a Abs. 1 durch weitere Gesetze folgten im wesentlichen Änderungen im Strafgesetzbuch. Desweiteren wurde § 116a A b s . l durch das 2 . Justizmodernisierungsgesetz ergänzt. 9 Schließlich wurde durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt 10 § 126a geändert.
Übersiebt Rn. 1. Die verschiedenen Haftgründe
Rn.
1
a) b) c) d) e) f) g)
Verfahrenssicherung 1 Vollstreckungssicherung 3 Unzulässige Zwecke 6 Präventivhaft 8 Einstweilige Unterbringung 10,10a Ungehorsamshaft 11 Vollstreckungssicherung (§§ 4 5 3 c , 4 5 7 ) 13 h) Weitere Freiheitsentziehungen . . . . 14 2. Verfassungsrechtliche Fragen 16 a) Allgemeines 16 b) Haftgrund der Schwerkriminalität . . 25 c) Haftgrund der Wiederholungsgefahr . 26 d) Regelungskompetenz § 126a 27 e) Sonderopfer 28 f) Verhältnismäßigkeit 29 g) Beschleunigungsprinzip 35 h) Unschuldsvermutung 37
Vom 7. August 1972 (BGBl. 11361). BGBl. I S. 1822. 9 S. die Entstehungsgeschichte zu diesen Vorschriften. 7
3. 4.
5. 6. 7. 8. 9. 10.
10
i) nemo-tenetur-Grundsatz j) Vollzug der Untersuchungshaft k) Landesverfassungsrecht E M R K und IPBPR Strafprozessuale Fragen a) Allgemeines b) Vollzug c) Praxis d) Mehrfache Haft e) Rechtskraft f) Privatklage g) J G G Haftentscheidungshilfe Nato-Truppenstatut Anrechnung, Entschädigung Statistik Reform Europäische Initiativen
BGBl. 1 2 0 0 7 2327.
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. . .
39 40 42 43 44 44 46 47 50 57 63 64 65 66 67 68 70 74
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme Alphabetische
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Übersicht Menschenwürde 3 8 , 4 0 Organisationshaft 13 Praxis 5 , 1 9 , 2 2 , 3 0 , 41, 4 7 Regelungskompetenz 2 6 , 27 Richtervorbehalt 2 4 a RiStBV 4 4 Schadensersatz 6 7 Schutzvorschriften 2 0 , 4 2 Sicherung 1, 5 4 , 57, 61 Spannungsverhältnis 17,19, 2 4 , 31, 41 Strafbefehlsverfahren 2 Überhaft 36, 5 0 Überstellungshaftbefehl 15b ultima ratio 19, 41 Umkehr der Beweislast 2 5 Ungehorsamshaft 11 Unterbrechung der Haft 5 2 , 5 4 , 5 5 Unterrichtungspflicht 2 3 Untersuchungshaftvollzugsordnung 4 4 , 4 6 , 51, 5 4 , 55 Verfahrensstraffung 35, 4 9 Verfolgung anderer Zwecke 6 Verhältnismäßigkeit 29, 33, 38, 41, 63 Verteidigung 2 4 , 41, 4 9 Verwertungsverbot 2 3 ff. Vollzug 4 0 , 4 6 , 71 ff. Vorweggenommene Strafe 7, 38 Wiederaufnahme 2 Wiedereinsetzung 62a Zurückgewinnungshilfe 6 Zuständigkeit 5 2 , 54, 55 Zwangsmaßnahmen 4 5 a
Abwägung 19, 31 Akteneinsicht 2 3 ff. Auslieferungshaft 36 Begleitmaßnahmen 45a Benachrichtigung 4 5 , 51, 67 Beschlagnahme 4 5 a Beschränkungen 41, 4 6 Beschwerde 5 6 Doppelakten 4 9 Doppelhaft 5 2 , 53 Einstweilige Unterbringung 10, 4 4 , 71 ff. Einzelhaft 4 0 EMRK43 Ermittlungen 3 4 , 65 Europäischer Haftbefehl 15a Europäische Initiativen 74 Faires Verfahren 2 3 , 38 Freiheitsanspruch 19 Freiheitsentziehungen 14, 15 Gegenstandsloser Haftbefehl 59, 6 0 , 62 Gehör 2 3 ff. Gemeinwohl 19 Grundrechtseingriffe 16, 23, 31, 41 Haftgrund 2, 25, 61 Haftvermeidungshilfe 65 Haftvoraussetzungen 33, 4 4 , 4 5 , 61 Haftzahlen 4 8 , 6 9 Hauptverhandlungshaft 2a, 4 4 IPBPR 4 3 J G G 64 Klärung von Zweifeln 3 4 , 38, 65
1. Die verschiedenen Haftgründe a) Verfahrenssicherung. Z w e c k der Untersuchungshaft gemäß § 112 ist nach herrsehender M e i n u n g 1 1 die Sicherung eines geordneten Verfahrens und der sich möglicherweise anschließenden Vollstreckung eines Freiheitsentzuges (Rn. 3 ) . 1 2 Der Z w e c k der Verfahrenssicherung, der in Rechtsprechung und Literatur unstreitig ist, bezieht sich grundsätzlich auf alle Abschnitte des Verfahrens (ausgen. § 1 2 7 b - Rn. 2 a ) . Eine Sicherung der Revisionsinstanz selbst ist zwar nicht erforderlich, weil das Revisionsverfahren grundsätzlich nicht die Anwesenheit des Angeklagten erfordert, notwendig kann die Verfahrenssicherung während dieses Abschnitts des Strafverfahrens jedoch schon wegen der Möglichkeit der Riickverweisung der Sache in die Tatsacheninstanz sein.
11
BVerfGE 19 342, 349; 2 0 49; 32 87, 93 („die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafvollstreckung sicherzustellen"); BVerfG NStZ 1991 142; BGHSt 34 362; OLG Frankfurt NJW 1958 1009; OLG Bremen NJW 1960 2260; OLG Karlsruhe MDR 1980 598; OLG Düsseldorf MDR 1986 956; Hassemer StV 1984 38; Roxin § 30, 1; Seebode (Vollzug) 70, 105; LRJ Wendisch14 1; KKIBoujong 1,
12
10; Meyer-Goßner 4; KMR/Wankel 3; AKDeckers § 112, 9; Kleinknecht/Janischowsky 354. Vgl. auch das Grünbuch der Kommission über die gegenseitige Anerkennung von Überwachungsmaßnahmen ohne Freiheitsentzug im Ermittlungsverfahren - KOM (2004) 562 endg., SEK (2004) 1046, Annex 2 sowie die Nachweise bei Rn. 74.
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Sicherung eines geordneten Verfahrens meint nicht nur die Sicherung der Durchführbarkeit, also die Sicherung der Anwesenheit des Angeklagten für die Hauptverhandlung 1 3 bei Flucht oder Fluchtgefahr oder gemäß § 127b (Rn. 2a), sondern gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 auch die Sicherung der Aufklärung. 14 Dieser Sicherungszweck gilt auch für den Haftgrund der Schwerkriminalität (§112 Abs. 3). 15 Allerdings sollen mit dieser Haft außerdem oder auch nur Präventivzwecke verfolgt werden können (Rn. 9, 25; § 112, 51). Der Zweck der Verfahrenssicherung bezieht sich grundsätzlich auch auf das Strafbefehlsverfahren 16 (s. aber § 112, 28, 41 ff., 55 ff., 64) und die Wiederaufnahme (§ 112, 11). Denn auch hier kann (wenn auch sehr selten) eine Sicherung, namentlich der Aufklärung (etwa bei Verdunklungsgefahr), erforderlich werden. In der Regel aber wird das Strafbefehlsverfahren als mildere Alternative zur Untersuchungshaft in Betracht kommen. 1 7 Zu allgemeinen Fragen siehe Rn. 44 ff.
2a
Die sog. Hauptverhandlungshaft (§ 127b) dient gleichfalls der Verfahrenssicherung, nämlich der Sicherstellung der Durchführbarkeit des beschleunigten Verfahrens (§ 417); sie ist daher systemgerecht. Zu Einzelfragen s. die Erl. zu § 127b.
3
b) Vollstreckungssicherung. Eine Mindermeinung 18 bestreitet, dass auch die Sicherung der Vollstreckung einer im rechtskräftigen Urteil verhängten Freiheitsentziehung (Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel nach § 61 Nr. 1 bis 4 StGB) Zweck der Untersuchungshaft gemäß § 112 sein soll. Im Wesentlichen wird angeführt, die vollstreckungssichernde Haft, die schon sprachlich nicht Untersuchungs-Haft sei, sei sachgerecht in anderem Zusammenhang, nämlich hauptsächlich in den §§ 453c, 457, mit der besonderen Kompetenz des § 457 Abs. 2, geregelt. Aus der Verfallsregelung des § 124 Abs. 1 Satz 1 (2. und 3. Alternative) 19 lasse sich keine Ermächtigung für einen Eingriff in die Freiheit ableiten (vgl. auch Rn. 57, 60).
4
Für diese Auffassung sprechen insbesondere die angeführten systematischen Gründe. Die §§ 112 ff. befassen sich grundsätzlich mit der Sicherung des Erkenntnisverfahrens, während das Instrumentarium zur Sicherung der Vollstreckung im Wesentlichen in den §§ 449 ff. geregelt ist. Und aus § 123 Abs. 1 Nr. 2, § 124 Abs. 1 Satz 1 (2. und 3. Alternative) sowie § 127a Abs. 1 Nr. 2 ergibt sich nicht zwingend Gegenteiliges, namentlich nicht zwingend ein weitergehender Haftzweck; die Vorschriften regeln nur eine sekundäre (im öffentlichen Interesse liegende) Nutzung einer sich aus einem vorliegenden Haftgrund (-zweck) ergebenden Verfahrenslage. 20
5
Allerdings kann diese Auffassung in der Praxis zu Problemen führen. Denn danach wäre es unzulässig, einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr zu erlassen, wenn der Angeklagte eine offensichtlich aussichtslose Revision einlegt (zum Beispiel in Fällen des S 346) und die Gefahr besteht, dass er spätestens mit Eintritt der Rechtskraft fliehen werde; ein Haftbefehl gemäß § 457 Abs. 2 könnte noch nicht ergehen - Staatsanwaltschaft und Gericht müssten also „tatenlos" Fluchtvorbereitungen des Verurteilten zur Kenntnis nehmen.
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14 15 16
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18
Vgl. Paeffgen (Dogmatik) 87 ff., 163; s. auch Michel M D R 1991 933 (zur Berufung). Vgl. Paeffgen (Dogmatik) 100 ff., 163. BVerfGE 19 3 4 2 , 3 4 9 ff.; BGHSt 3 4 362. Vgl. auch Gebauer 12, 142; a.A. Schlotbauer/ Weider 5 5 0 ff. Vgl. OLG Rostock StV 2 0 0 6 311; Schlothauer/ Weider 5 5 0 ff. SK/Paeffgen 5; vgl. auch Danckert BRAK-
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19 20
Mitt. 1988 116; Gropp JZ 1991 804, 810; Krauß in: Müller-Dietz Strafrechtsdogmatik und Kriminalpolitik (1971) 153, 162; krit. Gebauer 12. Siehe auch § 127a Abs. 1 Nr. 2. A.A. die h.M.; siehe z.B. OLG München StV 2 0 0 0 5 0 9 mit Anm. Sattele-, LRJ Wendisch24 § 123, 6; § 116a, 1.
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c) Unzulässige Zwecke. Die Verfolgung irgendwelcher anderer Zwecke mit der Untersuchungshaft sowie die Ausnutzung der besonderen Zwangssituation des Haftvollzuges sind unzulässig. 21 Keinesfalls ist Zweck, den Vollzug von vorbehaltener und nachträglicher Sicherungsverwahrung gemäß § 2 7 5 a (s. dazu R n . 10a), 2 2 nicht freiheitsentziehender Maßregeln (§ 61 Nr. 5, 6 StGB) oder einer Geldstrafe zu sichern. 2 3 Die Untersuchungshaft dient auch nicht der Sicherung des Verfahrens gegen andere Formen der „Verfahrenssabotage" (als Flucht, Verdunkelung und der Gefahr dazu) durch den Beschuldigten (ausgen. § 127b) oder sonstigen präventiven Zwecken. Sie ist insbesondere keine „Ordnungsstrafe" für einen Beschuldigten, der sich der Strafverfolgung nicht stellt. 2 4 Unzulässig ist grundsätzlich auch ein Haftbefehl im Vorfeld des § 2 3 0 Abs. 2 (Rn. 11), also wenn schon vor dem ersten Hauptverhandlungstermin zu befürchten ist, dass der Beschuldigte nicht zu diesem erscheinen werde (§ 112, 5 ff., 32 ff.), es sei denn, die Voraussetzungen des § 1 2 7 b 2 5 sind erfüllt. Sie hat auch nicht die Funktion, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen 2 6 (zu § 112 Abs. 3 siehe Rn. 9 und zu
6
§ 112a R n . 8). Untersuchungshaft ist namentlich keine vorweggenommene Strafe und darf nicht darauf abzielen. Sie darf auch keine erzieherischen oder strafverhütenden Zwecke erfüllen. Ebensowenig darf damit bezweckt werden, das Aussageverhalten des Beschuldigten oder Dritter - über eine Abwendung der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3) hinausgehend - zu beeinflussen oder die Ermittlungen allgemein zu erleichtern. 2 7 Zum „nemotenetur"-Prinzip siehe Rn. 39, zu den apokryphen Haftgründen § 112, 5 4 .
7
d) Präventivhaft. Zweck der Haft nach § 112a ist, die Allgemeinheit, namentlich potentielle (deliktsspezifisch gefährdete) Opfergruppen, vor weiteren schwerwiegenden Straftaten von Wiederholungstätern zu bewahren. 2 8 Diese Haft ist als „Untersuchungsh a f t " ausgestaltet, 2 9 nach ihrem Charakter jedoch in Wahrheit eine „präventiv-polizeiliche" M a ß n a h m e (Rn. 14, 2 6 ) . 3 0 Denn die Haft dient nicht, wie nach § 112, der Sicherung des Verfahrens (Rn. 2), sie soll vielmehr die Allgemeinheit vor Gefahren sichern, die dieser durch weitere erhebliche Straftaten gleicher Art von demselben Täter drohen. Zu verfassungsrechtlichen Fragen siehe Rn. 2 6 , zu allgemeinen Rn. 4 4 ff., zu systematischen
8
S 112a, 10.
21
S K / P a e f f g e n 11; Paeffgen (Dogmatik) 83 ff., 1 6 3 ; Gärtner N S t Z 2 0 0 5 5 4 4 (zur Zurückgewinnungshilfe); Hassemer StV 1 9 8 4 3 8 ; vgl. auch E G M R J R 2 0 0 4 1 2 7 (Nutzung für verdeckte Ermittlungen) - dazu auch Esser J R 2 0 0 4 9 8 ; BVerfG N S t Z 1 9 9 1 1 4 2 ; B G H N S t Z 1 9 9 5 6 0 5 mit Anm. Fezer StV 1 9 9 6 7 7 und Paeffgen N S t Z 1 9 9 7 119; BGHSt 4 4 1 2 9 ; LG Hamburg StV 1 9 9 4 5 9 3 sowie (probl.) O L G Hamburg StV 1 9 9 4 5 9 0 mit Anm. Rzepka; Volk N J W 1 9 9 6 8 7 9 ; s. aber BGHSt 4 4 139.
22
Vgl. Meyer-Goßtier § 2 7 5 a , 16, 17; s. auch Peglau J R 2 0 0 2 4 5 1 ; Ullenbruch N S t Z 2 0 0 2 469.
23
H . M . ; a.A. wohl Gössel GA 1 9 7 8 1 2 4 . O L G Düsseldorf N J W 1 9 6 9 4 3 9 . Vgl. Rn. 2 a ; § 1 2 7 b, 1, 3.
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Siehe aber Siegert J W 1 9 2 5 9 3 0 ; 9 2 6 ; Kastendieck 63.
27
BGHSt 3 4 3 6 2 ; BGH N S t Z 2 0 0 5 2 7 9 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 8 8 3 9 0 ; O L G Frankfurt StV 1 9 9 2 5 8 3 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 3 5 3 3 ; LG Bad Kreuznach StV 1 9 9 3 6 2 9 ; Seebode (Vollzug) 6 5 ff., 71; unklar Peters § 4 7 A 1: „Verwahrung zur Gewährleistung der Ermittlungsaufgaben". Vgl. auch B G H M D R 1989 86.
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BVerfGE 19 3 4 2 , 3 4 9 ff.; 3 5 185, 188. LRIWendisch 2 4 18. Vgl. BTDrucks. IV 3 2 8 4 , S. 3; BTProt. IV 6 4 3 8 B; BTProt. IV 6 4 4 4 A; BVerfGE 19 3 4 2 , 3 4 9 ff.; 35 185, 1 8 8 ; Roxin § 3 0 , 14; Rüping 2 1 4 ; Paeffgen (Dogmatik) 138 ff., 141, 147.
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Härtung
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Auch mit der Haft gemäß § 112 Abs. 3 sollen nach herrschender Meinung 3 1 nicht nur Zwecke der Sicherung des Strafverfahrens (Rn. 2), sondern auch präventive Ziele verfolgt werden können, nämlich - ähnlich wie gemäß § 112a - die Abwehr einer Wiederholungsgefahr. Gegen diese „Ausweitung" des Haftzwecks bestehen erhebliche, insbesondere systematische Bedenken (Rn. 25; § 112, 51 ff.).
10
e) Die einstweilige Unterbringung (§ 126a) dient weder der Verfahrenssicherung noch der Sicherung des künftigen Vollzugs einer Freiheitsentziehung. 32 Ihr Zweck ist vielmehr rein präventiv, nämlich die Allgemeinheit vor weiteren rechtswidrigen Taten eines Schuldunfähigen (§ 20 StGB) oder eines vermindert Schuldfähigen (§ 21 StGB) zu schützen. Weil der einstweiligen Unterbringung der Charakter des Vorläufigen anhaftet, wird sie weitgehend wie die Untersuchungshaft behandelt (§ 126a Abs. 2 Satz 1). Ihrer Bestimmung nach gehört sie mit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ l i l a ) , dem vorläufigen Berufsverbot (§ 132a) und mit der Präventivhaft gemäß § 112a zu den sog. vorläufigen Maßnahmen vor dem Urteil, die, um die Öffentlichkeit zu schützen, ungeachtet der Frage ihrer systematischen Einordnung - letztlich - im Ergebnis - die Wirkung des erwarteten Urteils vorwegnehmen (vgl. auch § 112a, 10). Zu verfassungsrechtlichen Fragen siehe Rn. 27, zu allgemeinen Rn. 4 4 ff., zu systematischen § 126a, 1, zu Reformfragen Rn. 71 ff. und § 126, 1.
10a
Die einstweilige Unterbringung nach § 2 7 5 a Abs. 5 Satz 1 und 3, nicht Untersuchungshaft, 33 dient der Sicherung der vorbehaltenen bzw. nachträglichen Sicherungsverwahrung. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119, 126a Abs. 3 gelten entsprechend (§ 275a Abs. 5 Satz 4).
11
f) Die sogenannte Ungehorsamshaft nach §§ 2 3 0 Abs. 2, 236, 329 Abs. 4 Satz 1, 412 Satz 1 bezweckt gleichfalls eine Sicherung des Verfahrens. Sie soll bewirken, dass der Angeklagte nicht durch sein Ausbleiben eine Hauptverhandlung vereitelt. 34 Das Vorliegen eines Haftgrundes nach den §§ 112, 112a ist nicht erforderlich. S. im Übrigen § 112, 5 ff.
12
Die Regelungen des Haftrechts sind auf diese Haft weitgehend, teils unmittelbar, sonst entsprechend anwendbar. Von § 112 gilt nur Absatz 1 Satz 2 (§ 112, 5). § 121 ist nicht anzuwenden (§ 121, 3). Von § 125 hat nur Absatz 2 Satz 1, erste Alternative, von § 126 nur Absatz 2 Satz 1 und 3 Bedeutung. Die §§ 127 bis 129 können ihrem Inhalt nach, § 130 des Zeitpunkts wegen (§ 130, 15) nicht angewendet werden. Im Übrigen gilt nahezu das gesamte Haftrecht, nämlich §§ 114, 114a, 114b, 115, 115a, 116, 116a, 123, 124, 117, 118, 118a, 118b, 119, 120, 131. Auf die Erläuterungen zu diesen Vorschriften wird verwiesen.
13
g) Vollstreckungssicherung (§§ 453c, 457). Die Haft, die der Sicherung (Durchführung) der Vollstreckung einer im rechtskräftigen Urteil verhängten Freiheitsentziehung dienen soll, ist in den §§ 453c, 457 Abs. 2 speziell geregelt (Rn. 3 bis 5). Die Haft-
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32
Z.B. Meyer-Goßner § 112, 37 unter Bezug auf BVerfGE 19 3 4 2 ff. Zur (analogen) Anwendung der §§ 112 ff. zur Sicherung einer Unterbringung nach einem Unterbringungsgesetz vgl. OLG Naumburg NStZ 2 0 0 2 500; OLG Nürnberg NStZ 2 0 0 2 500; Peglau NJW 2 0 0 2 3679.
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33 34
Meyer-Goßner § 275a, 16, 17. Gollwitzer StV 1996 2 5 5 ; s. auch Kamp FS Rudolphi 661 ff.; zur Unanwendbarkeit der Haft nach § 2 3 0 Abs. 2 im beschleunigten Verfahren siehe OLG Hamburg NStZ 1983 40.
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Vor § 112
Voraussetzungen weichen zum Teil von denen der §§ 112, 112a ab. Wegen der unterschiedlichen Ausgangslage und Zielsetzungen sind die weiteren Regelungen des Haftrechts (§§ 113 ff.) bei Haft gemäß § 4 5 3 c nur teilweise und bei § 4 5 7 im Wesentlichen nicht (ausgenommen § 114) anwendbar. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erl. zu den §§ 4 5 3 c , 4 5 7 verwiesen. Keine Untersuchungshaft ist auch die sogenannte „Organisationshaft"; 3 5 zu Einzelheiten s. die Erl. Vor § 4 4 9 mit weiteren Nachweisen. 14
h) Weitere Freiheitsentziehungen. Weitere Haftformen sind z.B.: - sitzungspolizeiliche Ordnungshaft (§§ 177 Satz 1, 178 Abs. 1 Satz 1 GVG), - Ordnungshaft (§§ 7 0 Abs. 1, 161a Abs. 2 Satz 2) und Beugehaft (§§ 7 0 Abs. 2, 161a Abs. 2 Satz 2) gegen Zeugen, - Haft zur Sicherung der Auslieferung (§§ 15 ff. IRG), der Durchlieferung (§ 4 5 IRG), der Rücklieferung (§ 68 IRG), -
Gewahrsam nach dem Ordnungs- 3 6 und Polizeirecht, insbesondere zur Verhinderung von Straftaten.
Eine besondere Form der Freiheitsentziehung ist die einstweilige gemäß § 71 Abs. 2 J G G (Rn. 64).
Unterbringung
Daneben gibt es zahlreiche kurzfristige Freiheitsentziehungen aus verschiedenen Gründen, etwa Festnahmen (§§ 127, 127b Abs. 1, 164; § 183 Satz 2 GVG; § 19 IRG), kurzes Festhalten zur Durchführung von Maßnahmen (§§ 81, 81a, 81b, 102, 111 Abs. 1 Satz 2, § 163b Abs. 1 und 2), Vorführungen (§§ 51, 134, 161a Abs. 2 Satz 1, 163a Abs. 3 Satz 2, 2 3 0 Abs. 2 erste Alternative, 2 3 6 , 3 2 9 Abs. 4, 412 Satz 1), die Verwahrung (§ 231 Abs. 1 Satz 2) sowie (zum Teil) entsprechende polizeirechtliche Maßnahmen.
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Der Europäische Haftbefehl ist seinem Wesen nach kein Haftbefehl, sondern Element eines vereinfachten Auslieferungsverfahrens 37 (s. auch L R / K ü h n e Einl. D 108 ff.).
153
Der Überstellungshaftbefehl nach dem IStGHG ist Teil der internationalen Gerichtshilfe. Zu Einzelfragen (Fahndung, Festnahme, Haftprüfung, Zuständigkeit des OLG) s. UUKühne Einl. D 95 ff.
15b
2. Verfassungsrechtliche Fragen a) Allgemeines. Der staatliche Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 G G ) einer Person durch Untersuchungshaft ist grundsätzlich zulässig, weil Art. 2 Abs. 2 Satz 3 unter den Voraussetzungen und in den Grenzen des Art. 104 einen gesetzlich geregelten Eingriff in dieses Grundrecht zulässt. Dies entspricht der unbestreitbaren Erfahrungstatsache, dass das Institut der Untersuchungshaft im Hinblick auf die - aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 0 Abs. 3 G G ) abzuleitende - Notwendigkeit der Gewährleistung einer rechtsstaatlichen, der Gerechtigkeit verpflichteten Strafrechtspflege 38 prinzipiell unverzichtbar ist.
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37
Vgl. dazu BVerfG NStZ 1998 77. Zum Verhältnis Abschiebungs- und Untersuchungshaft vgl. BGH MDR 1995 536; KG StV 1996 107. Vgl. Europäisches Haftbefehlsgesetz vom 20. Juli 2006, BGBl. I S. 1721; s. auch das EuHBG vom 21. Juli 2004, BGBl. I S. 1748 und dazu BVerfG NJW 2 0 0 5 2289; Rahmen-
38
beschluss des Rates vom 13. Juni 2 0 0 2 über den Europäischen Haftbefehl - Abi. L 1 9 0 / 1 - 2 0 vom 18. Juli 2002. BVerfGE 80 367 ff.; 77 65; 64 116; 57 28; 53
152, 160; 35 185, 190; Lorenz GA 1992 254, 277; J Z 1992 1000; s. auch UUKühne
Einl.
Rn. Η 1 ff., 12, 14; Langner 24 ff.
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Aber nicht nur zwischen diesen, sondern auch im Verhältnis zu weiteren grundrechtlich geschützten Positionen und Erfordernissen (siehe z.B. Art. 2 Abs. 1, Art. 6, 11, 12 GG) besteht ein Spannungsverhältnis,39 das bereits der Gesetzgeber 40 in seine Überlegungen, namentlich in die Bedürfnisprüfung zur Notwendigkeit neuer gesetzlicher Regelungen und in seine Abwägungen zur Einzelausgestaltung der Vorschriften einzubeziehen hat. Bei diesem Entscheidungsprozess hat der Gesetzgeber selbst besondere, letztlich gleichfalls verfassungsrechtlich (insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip) ableitbare Gesichtspunkte zu berücksichtigen, 41 namentlich das Prinzip der Verhältnismäßigkeit (Rn. 29), das Beschleunigungsgebot (Rn. 35), die Unschuldsvermutung (Rn. 37), das „nemo-tenetur"-Prinzip (Rn. 39) und die Gewährleistung einer freien Verteidigung (vgl. auch Rn. 41).
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Unverkennbar ist, dass der Gesetzgeber in vielfacher Weise, namentlich über die Betonung des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Rn. 30), den Abwägungsprozess und die Verantwortung für die Auflösung des Spannungsverhältnisses im Einzelfall der Praxis (mit-) übertragen 42 und damit hohe Erwartungen in diese gerichtet hat. Diese Übertragung der Verantwortung entbindet jedoch den Gesetzgeber nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortung, zumal die Praxis bei der Erfüllung der in sie gesetzten Erwartungen vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt ist 4 3 (bedenkt man die zu Beginn der Ermittlungen oft dürftige, brüchige Entscheidungsgrundlage und dass zumeist schnell entschieden werden muss).
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Das bedeutet zunächst, dass der Gesetzgeber gerade im Haftrecht die Praxis sorgfältig zu beobachten und notfalls - frühzeitig - einzugreifen hat. Es bedeutet im Hinblick auf die dargestellte verfassungsrechtliche Ausgangslage des Weiteren, dass dem Gesetzgeber für neue Haftregelungen enge Grenzen gesteckt sind und z.B. eine Ausweitung des Haftrechts (etwa eine Erweiterung der Deliktskataloge in den §§ 112 Abs. 3, 112a) oder eine Lockerung der Haftvoraussetzungen, für die kein erhebliches praktisches Bedürfnis besteht, mit dem Verhältnisprinzip nicht vereinbar (eher wohl eine Gefahr für Missbräuche) und daher verfassungswidrig wäre. Es bedeutet aber auch - für die Praxis, dass stets der Freiheitsanspruch des Beschuldigten den für die Strafverfolgung erforderlichen und zweckmäßigen Freiheitsbeschränkungen als Korrektiv entgegenzuhalten ist und das Gewicht des Freiheitsanspruches sich gegenüber dem Strafverfolgungsinteresse des Staates mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft verstärkt. 4 4 Anordnung und Fortdauer einer Untersuchungshaft im Einzelfall ist nur dann zulässig, wenn eine Abwägung unter Einbeziehung des Freiheitsanspruches des als unschuldig geltenden Beschuldigten ergibt, dass überwiegende Belange des Gemeinwohls, namentlich die Gewährleistung einer rechtsstaatlichen Strafrechtspflege, die Haft zwingend gebieten, 45 es also zum
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BVerfGE 53 152, 158; BVerfG N S t Z 1994 604; siehe auch BVerfG StV 1991 565; NJW 1992 1749; StV 1993 1 mit Anm. Lammer·, OLG Bamberg N J W 1995 1689; Hetzer 51; Seebode (Vollzug) 136; Welp FS Richter II 573; s. auch L R / K ü h n e Einl. Rn. C 6 und Η 3 ff. BVerfGE 53 152, 159; 35 185, 189 ff.; vgl. auch Paeffgen (Dogmatik) 167 ff.; Danckert BRAK-Mitt. 1988 116; Gusy N J W 1992 457. BVerfGE 53 152, 158; 35 185, 190; 19 3 4 2 , 3 4 7 ff.; siehe auch SK/Paeffgen 20.
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SYJPaeffgen 9; vgl. auch BVerfG StraFo 2 0 0 6 490; OLG Bamberg NJW 1995 1689; Hetzer 4 7 ff. Vgl. SYJPaeffgen 9; Cornel MSchrKrim. 1987 65. BVerfG StraFo 2 0 0 5 456. EGMR StV 2 0 0 5 136; BVerfGE 53 152, 158; 35 185, 190; 2 0 45, 49; 2 0 144, 147; 19 3 4 2 , 347; siehe auch BVerfG StV 1991 565; N J W 1 9 9 2 1749.
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schwerwiegenden Grundrechtseingriff des Freiheitsentzugs durch Untersuchungshaft keine Alternative gibt, dieser vielmehr ultima ratio ist. 4 6 Eine derartige restriktive Haftpraxis liegt auch im rechtsstaatlichen Interesse der Strafrechtspflege (Rn. 41). Schon verfassungsrechtlich unverzichtbar sind deshalb auch - neben einer klaren Regelung der Haftgründe und -Voraussetzungen - flankierende Schutzvorschriften, etwa Regelungen über Alternativen zur Haft, zum rechtlichen Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; Rn. 2 3 ) , zur Begründung der Haftentscheidung, Benachrichtigungsregelungen (Art. 104 Abs. 4 GG), frühzeitige Einschaltung eines Verteidigers (§ 117, 3 4 ff.) und Gewährleistung einer freien, unbeeinträchtigten Verteidigung (Rn. 23, 41), sowie Haft-Kontrollmaßnahmen.
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Des Weiteren kann das grundrechtlich gebotene Ziel, Untersuchungshaft möglichst zu vermeiden oder auf die unerlässliche Dauer zu verkürzen, nur dann erreicht werden, wenn das übrige Verfahrensrecht so gesetzlich ausgestaltet und in der Praxis verwirklicht wird, dass es dieser Zielvorgabe entspricht, also der Erreichung dieses Ziels - etwa über Verfahrensvereinfachungen und -beschleunigungen (ohne Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung) - förderlich ist (Rn. 35, 4 9 ) .
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Letztlich gehört auch dazu, dass die Praxis - wenn sie wirklich den verfassungsrechtliehen Vorgaben entsprechen will - sich in jedem Einzelfall ihre hohe Verantwortung in diesem Eilverfahren und für die auf Verdachtsgrundlage zu treffende Entscheidung bewusst macht, besonders Zeit zur Vorbereitung der jeweiligen Haftentscheidung nimmt und - obwohl gerade für die Haftfrage eventuell erforderliche Ermittlungen besonders beschleunigt und konzentriert zu führen sind - mit äußerster Sensibilität und Genauigkeit allen Umständen nachspürt und diese - soweit möglich - aufklärt, wenn sie für die Entscheidung bedeutsam sein könnten (Rn. 33, 34). Keinesfalls hinnehmbar ist, dass Haftrichter - wie gelegentlich in der Praxis zu beobachten - sich auf die Richtigkeit der Angaben als zuverlässig bekannter Staatsanwälte in ihren Haftanträgen (ganz oder teilweise) verlassen und Haftentscheidungen (gleich aus welchen Gründen) nur formelhaft begründen (Rn. 4 7 ) . 4 7
22
Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs vor Erlass eines Haftbefehls s. die Erl. bei § 114, 2 5 ff. Aus Art. 103 Abs. 1 G G und Art. 2 Abs. 1, Art. 2 0 Abs. 3 G G (Prinzip des rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens) folgt grundsätzlich die Pflicht der Strafverfolgungsbehörden und des Haftrichters, den Beschuldigten so weitgehend wie möglich über Tatvorwurf, Verdachts- und Haftgründe zu unterrichten. Damit soll dem Beschuldigten insbesondere ermöglicht werden, eine wirksame Verteidigung (namentlich in der Haftsache) vorzubereiten. Die §§ 114 Abs. 2 , 114a (Begründung und Bekanntmachung des Haftbefehls oder wenigstens des Tatverdachts), § § 1 1 5 Abs. 3 Satz 1, 115a (Hinweis auf die belastenden Umstände in der Vernehmung), § 118a Abs. 3 Satz 1 (Anhörung in der mündlichen Haftprüfung) regeln dies verfahrensrechtlich (vgl. § 114, 15 ff.; § 115, 17; § 118a, 2 4 ff.). Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG und des E G M R ist eine auf Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung im Einzelfall gestützte Einschränkung der Unterrichtung nur sehr begrenzt zulässig. Grundsatz ist die uneingeschränkte Unter-
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EGMR StV 2005 136; BVerfGE 20 144, 147; BVerfG StraFo 2005 456; wistra 1994 341; Paeffgen (Dogmatik) 167; Wolter ZStW 93 (1981) 452; vgl. auch den Entwurf von Mindestgrundsätzen der Vereinten Nationen für das Strafverfahren, ZStW 105 (1993) 668.
47
Siehe z.B. BVerfG NJW 1992 2280; StV 1992 237; NJW 1991 689; 1991 2821; Kühne 427; Roxiti § 30, 20.
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richtung, die so substantiiert sein muss, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und Tatsachen vorzutragen, die ihn entlasten (§ 115 Abs. 3 Satz 2). Dazu ist dem Beschuldigten das gesamte gegen ihn vorliegende Belastungsmaterial, das den Gegenstand des Verfahrens bildet und für die Haftfrage bedeutsam sein kann, mitzuteilen. Er ist über Tatsachen, Beweise, Beweisanzeichen und sonstige Umstände, die den dringenden Tatverdacht und den Haftgrund ergeben, zu unterrichten; auch Entlastendes ist ihm bekanntzugeben. Eine Einschränkung der gemäß den §§ 114 Abs. 2, 115 Abs. 3 erforderlichen Unterrichtung ist grundsätzlich nicht zulässig; § 147 Abs. 2 gilt insoweit nicht analog (§ 114, 17). 23a
Außerdem müssen grundsätzlich, insbesondere wenn im Einzelfall die Unterrichtung durch das Gericht (z.B. auch über für eine Haftentscheidung erhebliche weitere Ermittlungen, Tatsachen oder Beweismittel) 48 nicht den Erfordernissen der Verteidigung (z.B. bei einer Vielzahl von oder zum Inhalt von Zeugenaussagen oder Urkunden in komplexen Sachverhalten) genügt, dem Beschuldigten über die in Rn. 23 genannten haftrechtlichen Informationsregelungen (§§ 114 ff.) hinaus weitere Informationsquellen durch - wenigstens teilweise - Akteneinsicht (§ 147) in Akten (-teile), die für die Haftfrage von Beutung sein können, insbesondere dazu dem Haftrichter vorliegen oder vorgelegen haben, eröffnet werden. 4 9 Schließlich hat der E G M R 5 0 in Fällen, in denen Haftentscheidungen ergangen waren, ohne dass der Verteidiger zuvor für die Entscheidung relevante Unterlagen einsehen und prüfen konnte, eine Verletzung von Art. 5 Abs. 4 EMRK bejaht; 5 1 eine mündliche Information über die Ermittlungsergebnisse durch den Richter wurde als nicht ausreichend 52 angesehen. Zur Gewährung nachträglichen rechtlichen Gehörs gemäß § 33a vgl. die Erl. zu dieser Vorschrift. 53
23b
Für das Haftrecht ist insbesondere die Konsequenz einer gegen diese Grundsätze verstoßenden rechtswidrigen „Informationsbeschränkung" von Bedeutung, etwa wenn die Justiz ihren haftrechtlichen Informationspflichten nicht genügt oder, z.B. wegen angeblicher Gefährdung der Ermittlungen (§ 147 Abs. 2), unberechtigt Akteneinsicht in für die Haftentscheidung möglicherweise relevante Teile der Akten verweigert. Das Gericht
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Vgl. dazu z.B. BVerfG StV 1994 1 mit Anm. Lammer·, 1994 465; BGH StV 1996 79; s. auch KG StV 1994 318; 1994 319 mit Anm. Schlothauer·, Burhoff HRRS 2 0 0 3 188; BVerfG N J W 2 0 0 4 2 4 4 3 . Vgl. dazu OLG Köln NStZ 2 0 0 2 659 mit Anm. Lange NStZ 2 0 0 3 348; OLG Hamm StV 2 0 0 2 318 mit Anm. Deckers sowie Lange NStZ 2 0 0 3 348; Welp FS Richter II 581; die Diskussion über Zeitpunkt der Akteneinsicht sowie Zulässigkeit und Umfang einer Beschränkung (§ 147 Abs. 2) ist nicht hier, sondern bei § 147 zu kommentieren - vgl. die dort. Erl.; s. auch BRAK: Reform der Verteidigung im Ermittlungsverfahren - These 21, 22; Senge FS Strauda 459. StV 2001 201 ff. mit Anm. Kempf sowie Lange NStZ 2 0 0 3 3 4 8 ; s. auch EuGRZ 1 9 9 9 320; StV 1993 2 8 3 ff. mit Anm. Zieger 3 2 0 ff.; EuGRZ 1988 523 ff.; Kempf FS Rieß
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217; Kühne/Esser StV 2 0 0 2 391; Esser (Weg) 351 ff.; Hilger GA 2 0 0 6 2 9 4 ; Kieschke/ Osterwald N J W 2 0 0 2 2 0 0 3 ; Deckers in: Strafverteidigung in der Praxis § 5, 2 7 ff.; Ufer/Ufer 125; Welp FS Richter II 581. Zur Entwicklung dieser Rspr. vgl. z.B. Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 9 0 ; Münchhalffen/ Gatzweiler 193; Marberth-Kubicki StraFo 2 0 0 3 367; zum Streit, inwieweit diese Rspr. über die des BVerfG hinausgeht s. z.B. auch Lange NStZ 2 0 0 3 348 ff. EGMR StV 2 0 0 1 2 0 4 Nr. 50; vgl. dazu z.B. Kempf TS Rieß 217 ff.; Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 9 0 ff.; Esser (Weg) 351 ff.; Lange NStZ 2 0 0 3 348 ff., 353 Nr. 1 - a.A. zum Umfang der Akteneinsicht 3 5 2 VIII und 353 Nr. 2; s. auch die Erl. zu § 147. Insbesondere LRJGraalmann-Scheerer § 33a, 43.
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kann nämlich auf diejenigen Tatsachen und Beweismittel, die unberechtigt nicht zur Kenntnis des Beschuldigten gelangen, seine Haftentscheidung (über Anordnung und Fortdauer) nicht stützen 54 mit der Folge, dass u.U. Haft unzulässig, ein Haftbefehl aufzuheben ist; entsprechendes (Verwertungsverbot) muss wohl im Hinblick auf die Entscheidungen des EGMR (Erfordernis eines kontradiktorischen Verfahrens) konsequenterweise auch gelten, wenn Akteneinsicht unberechtigt verweigert wird, die der Verteidiger benötigt, um sich gegen eine Haftentscheidung (die ihr zu Grunde liegenden, ihm zur Kenntnis gebrachten Tatsachen/Beweismittel) - z.B. durch Suche und Auffinden von Entlastendem - wehren zu können. 55 Das Verwertungsverbot sollte im Übrigen nicht nur im Falle des Haftvollzuges 56 gelten, sondern wegen der Gefährdung und Beschränkungen, die von einem nicht vollstreckten oder außer Vollzug gesetzten Haftbefehl (§ 116) zum Nachteil des Beschuldigten ausgehen können, grundsätzlich auch dann, wenn eine richterliche Haftentscheidung zu einem solchen Haftbefehl ansteht, 57 namentlich im Falle einer Beschwerde 58 oder eines Haftprüfungsantrages. Droht z.B. der Widerruf einer Haftverschonung, so ist der Verteidiger auf vollständige Akteneinsicht in alle „entscheidungsrelevanten" 5 9 Akten ebenso angewiesen wie dann, wenn Haft vollzogen wird und eine Aufrechterhaltung des Vollzugs droht. Das Verwertungsverbot bzgl. der betroffenen Tatsachen und Beweismittel sollte schließlich im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot sowie aus Gründen der „Zumutbarkeit" unabhängig davon greifen, ob der Beschuldigte (zunächst) versucht hat, Rechtsschutz über §§ 147 Abs. 5, 161a Abs. 3 zu erlangen. 60 Unverkennbar ist die Antinomie zwischen dem Bestreben der Strafjustiz, Ermittlungen im Interesse einer rechtsstaatlichen, an Gerechtigkeit ausgerichteten Strafrechtspflege (Rn. 16) ungehindert durchzuführen und dem Informationsbedürfnis des Beschuldigten. Die Wertentscheidung des EGMR, die der hohen Bedeutung einer wirksamen Verteidigung entspricht, namentlich verhindern soll, dass der Beschuldigte zum Objekt des Verfahrens wird, ist grundsätzlich zu begrüßen. Sie dürfte in der Regel nicht zu größeren oder gar unlösbaren, die Wirksamkeit der Strafrechtspflege nachhaltig beeinträchtigenden Schwierigkeiten bei der Praxis führen. Aber nicht völlig auszuschließen sind Einzel-
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Vgl. dazu z.B. BVerfG StraFo 2 0 0 6 165; 2 0 0 4 3 1 0 mit Anm. Kempf299-, StV 1 9 9 4 4 6 5 ; O L G H a m m StV 2 0 0 2 318 mit Anm. Deckers sowie Lange N S t Z 2 0 0 3 3 4 8 ; O L G Köln N S t Z 2 0 0 2 6 5 9 ; StV 1 9 9 8 2 6 9 ; O L G Brandenburg N S t Z - R R 1 9 9 7 1 0 7 ; KG StV 1 9 9 4 318; 1 9 9 4 3 1 9 mit Anm. Schlothauer sowie Paeffgen N S t Z 1 9 9 5 2 2 ; LG Aschaffenburg StV 1 9 9 7 6 4 4 ; LG Magdeburg StV 2 0 0 4 3 2 7 ; AG Halberstadt StV 2 0 0 4 5 4 9 ; Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 9 1 ; Ambos N S t Z 2 0 0 3 15; s. auch Esser (Weg) 351 ff.; Bohnert GA 1 9 9 5 4 6 8 ; Gehrlein FS Boujong 7 7 3 ; Amelung/Wirth StV 2 0 0 2 1 6 4 ; Schlothauer StV 2 0 0 1 195; Schlothauer/Weider 4 2 1 ; Pfeiffer FS Odersky 4 6 0 ; Bosch StV 1 9 9 9 3 3 5 , 3 3 8 ; vgl. aber auch O L G Saarbrücken N J W
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1 9 9 5 1 4 4 0 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 6 75. Ansätze für diese Folgerung finden sich bei E G M R StV 2 0 0 1 2 0 2 Nr. 4 4 2 . Absatz,
Nr. 4 7 2 . Absatz, 2 0 4 Nr. 5 0 1. Absatz, Nr. 51, 2 0 5 Nr. 5 3 , 2 0 6 Nr. 41 2 . Absatz; s. auch E G M R E u G R Z 1 9 9 9 3 2 0 Nr. 5 8 ; wie hier Kempf StV 2 0 0 1 2 0 7 ; vgl. auch BVerfG StraFo 2 0 0 6 1 6 5 ; s. dagegen Senge FS Strauda 4 5 9 . 56
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A.A. wohl BVerfG N S t Z - R R 1 9 9 8 108 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 9 7 4 ; O L G H a m m N S t Z - R R 1 9 9 8 19; 2 0 0 1 2 5 4 . Vgl. O L G Köln StV 1 9 9 8 2 6 9 (in besonderen Fällen); LG Aschaffenburg StV 1 9 9 7 6 4 4 ; AG Halberstadt StV 2 0 0 4 5 4 9 ; s. auch BVerfG StraFo 2 0 0 4 310. S. auch BVerfG StraFo 2 0 0 4 310. Vgl. dazu die Erl. zu § 1 4 7 ; Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 9 2 ; einschränkend die h . M . ; vgl. auch Senge FS Strauda 4 5 9 . Schlothauer StV 2 0 0 1 1 9 6 ; a.A. Meyer-Goßner § 147, 2 5 a ; s. dazu auch Senge FS Strauda 4 5 9 .
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fälle, etwa im Bereich der organisierten bzw. der Wirtschaftskriminalität, in denen eine hinreichende Unterrichtung (Akteneinsicht) des Beschuldigten z.B. an der Gefahr verstärkter Verdunkelung oder der Gefährdung von Zeugen infolge der Information scheitert, deshalb hingenommen werden muss, dass ein Haftbefehl nicht ergehen kann mit der Folge, dass der Beschuldigte sich nun der Strafverfolgung entziehen oder diese in anderer Weise behindern kann. Diese Gefahr der Beeinträchtigung einer rechtsstaatlichen Strafrechtspflege im Einzelfall muss im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes und einer ungehinderten, wirksamen Verteidigung des Beschuldigten hingenommen werden. O b im Übrigen die Unterrichtung des Beschuldigten im Einzelfall den genannten Grundsätzen (Rn. 2 3 ff.) entspricht, ist über § 147 Abs. 5 und die Rechtsbehelfe des Haftverfahrens zu prüfen. 61 Der verfahrensrechtliche Richtervorbehalt (§§ 125, 126, 128, 129) entspricht Art. 104 Abs. 2, 3 G G . Zweck ist - ggf. auch präventiv - der effektive Grundrechtsschutz (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 G G ) . 6 2 Daher kann der Richtervorbehalt auch im Haftrecht grundsätzlich begrenzende Auswirkungen auf den Zeitraum haben, innerhalb dessen ein Haftbefehl vollstreckt werden darf; die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts insoweit (zur Durchsuchung) 6 3 gelten hier - in vergleichbaren Fällen - sinngemäß. In der Praxis wird das Problem, dass ein Haftbefehl demgemäß nach einer gewissen Zeit, spätestens wohl auch nach sechs Monaten, seine rechtfertigende Kraft verliert, selten auftreten (s. auch § 117, 1). Denkbar ist aber z.B., dass die Staatsanwaltschaft nach Erlass eines Haftbefehls die Vollstreckung aus taktischen Gründen einige Zeit aufschiebt, etwa um das weitere Verhalten des Beschuldigten, von dem sie sich die Auffindung von Beweisen erhofft, zu beobachten. Des Weiteren kann sich das Problem ergeben, wenn ein Haftbefehl längere Zeit einer Fahndung nach § 131 zu Grunde gelegt wird. In solchen Fällen, in denen sich der Beschuldigte in der Regel z.B. schon mangels Kenntnis vom Erlass des Haftbefehls nicht mit einer Beschwerde oder einem Haftprüfungsantrag gegen diesen wehren kann oder sich nicht wehrt, können sich im Rahmen eines längeren Zeitablaufs wesentliche Grundlagen der richterlichen Entscheidung (z.B.: Tatverdacht, Haftgrund, Verhältnismäßigkeit) erheblich verändert haben, ohne dass dies in eine weitere richterliche Überprüfung einfließt. Der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde liegende Gedanke, dass der den Grundrechtseingriff anordnende Richter keine Aussage über dessen zukünftige Berechtigung nach einer längeren Zeit treffen kann und trifft, gilt auch in solchen Fallgestaltungen des Haftrechts; auch in solchen Fällen gewährleistet nach einer längeren Zeit die mehrere Monate zurückliegende richterliche Prüfung nicht mehr die rechtlichen Grundlagen für den Erlass bzw. den Bestand eines Haftbefehls. Dies gilt auch dann, wenn der Haftbefehl - wie im 2. Beispiel - zwar über § 131 „vollstreckt" wird, eine zwischenzeitliche richterliche Prüfung aber nicht erfolgt. b) Der Haftgrund der Schwerkriminalität nach § 112 Abs. 3 (Rn. 2, 9; § 112, 51 ff.) ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 6 4 dahingehend konkretisiert worden, dass diese Haft - entgegen dem Wortlaut der Vorschrift ( „ . . . darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht") - nur angeordnet werden darf, falls „Umstände vorliegen, die die Gefahr begründen, dass ohne Festnahme des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahn-
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S. dazu auch BGHSt 49 317, 329, 330. Vgl. MaunzIDürig Art. 104, 23 GG. BVerfG NJW 1997 2165.
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BVerfGE 19 342, 350 (bezogen auf Absatz 4 a.E - s. § 112a, 4); s. auch 36 276.
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dung der Tat gefährdet sein könnte", „der zwar nicht mit ,bestimmten Tatsachen' belegbare, aber nach den Umständen des Falles doch nicht auszuschließende Flucht- oder Verdunkelungsverdacht" könne unter Umständen bereits ausreichen und „ebenso könnte die ernstliche Befürchtung, dass der Beschuldigte weitere Verbrechen ähnlicher Art begeht, für den Erlass eines Haftbefehls genügen". Das Bundesverfassungsgericht sieht in dieser Vorschrift (nur) eine „Lockerung" der strengen Voraussetzungen der Haftgründe des § 1 1 2 Abs. 2 mit Rücksicht auf die Schwere der in Absatz 3 bezeichneten Straftaten, um die Gefahr auszuschließen, dass gerade besonders gefährliche Täter sich der Bestrafung entziehen. Letztlich hat das Bundesverfassungsgericht jedoch eine - insbesondere im Hinblick auf die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 E M R K ) - äußerst problematische, in ihren Voraussetzungen wenig konturierte Umkehr der Beweislast zugelassen 6 5 (Rn. 37; § 112, 53). c) Auch den Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a (Rn. 8) hat das BundesVerfassungsgericht nicht beanstandet 6 6 und dazu unter anderem auf Art. 5 Abs. 1 Buchstabe c E M R K verwiesen. Es hat jedoch betont, dass dem Gesetzgeber bei der Ausweitung dieses Haftgrundes auf nicht erfasste Straftatbestände im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 G G enge Grenzen gezogen sind; als Anlassdelikt könne nur eine Straftat in Betracht kommen, die schon nach ihrem gesetzlichen Tatbestand einen erheblichen, in der Höhe der Strafandrohung zum Ausdruck kommenden Unrechtsgehalt aufweise und den Rechtsfrieden empfindlich störe (s. auch § 112a, 10). In der Literatur 6 7 wird allerdings - neben weiterer Kritik (§ 112a, 10, 12) - aus verfassungsrechtlichen Gründen schon die Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers (Art. 7 0 ff. GG) bestritten, die Vorschrift damit als verfassungswidrig bezeichnet.
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d) Dementsprechend wird in der Literatur 6 8 auch die Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers (Art. 70 ff. GG) für die präventiv-polizeiliche Regelung des § 126a bestritten. Die h . M . 6 9 leitet dagegen die Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers als Annexkompetenz aus Art. 74 Nr. 1 G G ab. S. auch Rn. 73.
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e) Sonderopfer. Nach herrschender M e i n u n g 7 0 wird mit der Untersuchungshaft dem Betroffenen, jedenfalls dann, wenn er später nicht verurteilt wird, ein Sonderopfer abver-
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Zur Kritik siehe z.B. LRJWendisch24 17 mit weiteren Nachweisen; SYJPaeffgen 11; § 112, 43 ff.; Roxin § 30, 12; Wolter (Aspekte) 40; Beulke § 11, 214. BVerfGE 35 185, 188; dazu krit. SKIPaeffgen 15. SYJPaeffgen 11, 12 ff., 19; § 112a, 4 (kompetenzwidrig); Gärditz (Prävention) 219 ff., 354, 430 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Seebode (Kolloquium) 180; Hassemer StV 1984 41; Gusy StV 1991 499 (zu Art. 73 Nr. 10, 74 Nr. 1 GG); Hohmann StV 1997 311; krit. auch: LR/Wendisch 1 * § 112a, 11 ff. Gegen eine Vereinbarkeit mit der Unschuldsvermutung u.a. SKIPaeffgen 5; Wolter (Aspekte) 41; AKJDeckers 6; a.A. die h.M.; s. auch Schloth 165 ff. SKIPaeffgen 14 ff., 19; Vor § 126a mit wei-
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teren Nachweisen; Paeffgen (Dogmatik) 138 ff.; Gärditz (Prävention) 219 ff.; Seebode ZRP 1969 25 ff. S¥J Rudolph ι § l i l a , 1; AKJKrause 1; Möller Vorläufige Maßregeln, Diss. Bonn 1982, 188 ff., 194; Starke Die einstweilige Unterbringung (1991) 63, 68 mit weiteren Nachweisen; Winter Die vorläufigen Maßregeln im Strafprozessrecht, Diss. Mannheim 1984 124 ff., 158 (Direktkompetenz Art. 72, 74 Nr. 1 GG). Vgl. dagegen z.B. SYJPaeffgen Vor § 126a (auch zur Unschuldsvermutung). BGHZ 60 302 ff.; 72 302 ff.; KKIBoujong 12; Meyer-Goßner 4; Seebode (Vollzug) 136 ff.; einschränkend UUWendisch24 18 und § 112a, 10: die Haft nach § 112a sei vorweggenommene Urteilsvollstreckung.
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langt. Die Gegenmeinung 71 ist der Auffassung, der Beschuldigte müsse die pflichtgemäß angeordnete Untersuchungshaft als „Störer" des Verfahrens, zumindest als „Anscheinsstörer" hinnehmen; deshalb beruhe die gemäß § 2 StrEG zu zahlende Entschädigung nicht auf dem Aufopferungsgedanken, sondern sei eine Billigkeitsentschädigung (Gefährdungshaftung) eigener Art. 29
f) Verhältnismäßigkeit. Dem aus der Verfassung (Art. 2 0 Abs. 3 GG - Rechtsstaatsprinzip) abzuleitenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der für das gesamte öffentliche Recht gilt, 7 2 kommt im Strafverfahrensrecht und in der Verfahrenspraxis, namentlich im Bereich der Untersuchungshaft, besondere begrenzende Bedeutung 73 zu. Er wendet sich an Gesetzgeber und Strafverfolgungsorgane. Diese haben auf dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 74 in Erfüllung ihrer Aufgaben die dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit innewohnenden Kriterien der Notwendigkeit von „Geeignetheit", „Erforderlichkeit" und „Angemessenheit" 75 staatlicher Maßnahmen (Eingriffe) zu beachten, insbesondere ihre Entscheidungen daran auszurichten (s. auch die Erl. zu § 127b).
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Der Gesetzgeber hat die ihm insoweit obliegende Verantwortung weitgehend auf die Praxis verlagert, namentlich durch mittelbare oder ausdrückliche Hinweise auf den Grundsatz ( S S 112 Abs. 1 Satz 2, 112a Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz, 113, 116, 120 Abs. 1 Satz 1, 121, 122a, 126a Abs. 1; § 7 2 Abs. 1 Satz 1 J G G ) . 7 6 Der Grund hierfür mag unter anderem gewesen sein, die Praxis nicht durch (zu) starre Formulierungen zu binden, ihr vielmehr einen im Einzelfall erforderlich, oft vielschichtigen „Abwägungsspielraum" zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis ist allerdings eine wenig aussagekräftige, nur durch sehr allgemein gehaltene gesetzliche Leitlinien abgesicherte Anweisung an die Praxis, 7 7 die dieser im Einzelfall aufbürdet, was der Gesetzgeber nicht abstrakt-generell geleistet hat, und die die Gerichte 7 8 erheblich belastet.
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Paeffgen (Dogmatik) 211 ff., 237, 2 5 5 ff.; SK/Paeffgen 32; vgl. auch Hassemer StV 1984 4 0 ; Wolter ZStW 9 3 (1981) 4 9 4 . BVerfGE 3 383, 3 9 9 ; 7 377, 4 0 2 ff., 431 ff.; 19 3 4 2 ff.; 3 0 2 9 2 ff.; vgl. auch BVerfGE 7 0 2 9 7 ; SK/Paeffgen 2 0 . H.M.; krit. SYJPaeffgen 9, 20; Paeffgen (Dogmatik) 165 ff.; siehe auch Jehle 10, 14; Kühne 4 0 6 , 416; Schlothauer/Weider 4 6 6 ff.; Wolter (Aspekte) 44. Vgl. z.B. BVerfG N J W 2 0 0 6 668, 672, 6 7 7 mit Anm. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2 0 0 6 313 sowie Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 7 83 zu S. 668; StraFo 2 0 0 5 4 5 6 ; 2 0 0 5 152 mit Anm. Foth NStZ 2 0 0 5 4 5 7 und Krehl StV 2 0 0 5 561; StV 2 0 0 1 6 9 4 ; 1996 156; 1995 199; 1994 5 8 9 ; wistra 1994 341; NJW 1993 3190; 1992 1750; 1991 1043; BVerfGE 53 152, 158; 36 2 6 4 , 2 7 0 ; 35 185, 190; 32 87, 94; 2 0 144, 147; 19 342, 3 4 7 (im Kern: Der Freiheitsanspruch des Beschuldigten sei den zur Strafverfolgung erforderlichen Freiheitsbeschränkungen ständig als Korrektiv entgegenzuhalten und der Eingriff in die Freiheit
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nur hinzunehmen, soweit volle Aufklärung der Tat und rasche Entscheidung nicht anders als durch Haft gesichert werden könne; diese durch Art. 2 Abs. 1 GG und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 0 Abs. 3 GG) gebundene Maßnahme unterliege dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, müsse deshalb für den Beschuldigten zumutbar sein). S. auch die Nachweise zu Rn. 35. Vgl. BVerfGE 3 0 292, 316; Paeffgen (Dogmatik) 167 ff.; Hetzer 65. SYJPaeffgen 9, 20; Gebauer 18 ff. SYJPaeffgen 9, 20; Paeffgen (Dogmatik) 167 ff., 210; ablehnend Eb. Schmidt NJW 1969 1137 ff. Selbst das BVerfG muss relativ häufig korrigierend eingreifen - vgl. die Nachweise zur neueren Rspr. des BVerfG unter Rn. 29, 31, 34, bei den Erl. zu den §§ 120, 1 2 1 , 1 2 2 , sowie aus der ält. Rspr. z.B. StV 1996 156; 1995 199; 1994 5 8 9 ; wistra 1994 341; NJW 1993 3190; StV 1992 121; 1992 5 2 2 ; N J W 1992 1749; 1992 1750; StV 1991 565; N J W 1991 6 8 9 ; 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 530.
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist also eine besondere Schranke gegen strafprozessuale Grundrechtseingriffe.79 Er ist Maßstab für Haftanordnung und Haftdauer. In die insoweit erforderliche Abwägung sind namentlich Art und Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung unter Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse, insbesondere der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten, nebst der aus dem Eingriff resultierenden Folgen jeder Art, die Bedeutung der Sache, die möglicherweise zu erwartende Entscheidung, die Bedürfnisse der Strafverfolgungspraxis, die Dauer der Maßnahme und das mit ihr regelmäßig steigende Gewicht des Freiheitsanspruches sowie die Möglichkeiten der Strafverfolgungsorgane, aber auch des Beschuldigten zur Vermeidung oder Reduzierung des Eingriffs, die Unschuldsvermutung (Rn. 3 7 ) 8 0 und das Beschleunigungsprinzip 81 (Rn. 35) einzubeziehen. In diesem Zusammenhang kann die konkrete Straferwartung (oder erwartete Maßregel) eine Rolle spielen, muss es aber nicht unbedingt. 82
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Untersuchungshaft kann danach zum Beispiel unzulässig, weil unverhältnismäßig (nicht erforderlich oder nicht angemessen), sein, wenn ihr Zweck nicht mehr oder auch anders, namentlich durch mildere Maßnahmen erreicht werden kann, nicht mehr erreicht werden muss oder die Haft, etwa im Hinblick auf das zu erwartende Verfahrensergebnis, unzumutbar wäre. 8 3 In Betracht kommen unter anderem Verhandlungsunfähigkeit, Haftunfähigkeit (§ 112, 68 ff.), Alternativmaßnahmen 84 (s. auch Rn. 65), zu denen auch vom Beschuldigten freiwillig angebotene, ausreichende (die Haftgründe ausräumende) Ersatzmaßnahmen (§ 112, 64 ff.) gehören können, Erwartung einer milden Freiheits- oder einer Geldstrafe oder Erwartung einer niedrigen Restfreiheitsstrafe nach Anrechnung der Untersuchungshaft. Der Grundsatz gilt auch für die einstweilige Unterbringung (§ 126a); er gebietet auch hier die Suche nach und soweit möglich den Einsatz von milderen Alternativen (§ 126a, 11, 12). Zu Einzelfragen siehe bei den jeweiligen Vorschriften.
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Bleiben nach Abwägung Zweifel hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit, so gilt für die Haftentscheidung schon im Hinblick auf den Wortlaut des Gesetzes (§§ 112 Abs. 1 Satz 2, 120 Abs. 1 Satz 1) nicht der Grundsatz: „in dubio pro reo". 8 5 Dieses für die Beweiswürdigung in der Hauptverhandlung gültige Prinzip kann auch nicht auf eine Entscheidung übertragen werden, die in der Regel auf der Würdigung von Verdachtsmomenten aufbaut und sich in Prognosen erschöpft. 86 Das ändert jedoch nichts daran, dass die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall Haftvoraussetzung ist (Rn. 4 5 ) 8 7 (so
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BVerfG StraFo 2 0 0 5 4 5 6 ; StV 2001 694; NJW 2001 1341; OLG Düsseldorf StV 1988 390. BVerfGE 2 0 144, 147. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 5 4 5 6 ; 2 0 0 5 152 mit Anm. Foth NStZ 2 0 0 5 4 5 7 und Krehl StV 2 0 0 5 561. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 5 4 5 6 ; 2 0 0 5 152; StV 2 0 0 1 6 4 9 ; 1995 199; 1994 5 8 9 ; 1992 5 2 2 ; NJW 1992 1750; 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 5 3 0 ; BVerfGE 53 152, 158; 2 0 45, 49; 2 0 144, 147; BerlVerfGH NJW 1994 436 (Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt der Haftdauer auch unabhängig von der zu erwartenden Strafe Grenzen); vgl. auch OLG Hamburg StV 1985 66; 1986 66; AG Brühl StV 2 0 0 5 393.
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Vgl. BVerfGE 19 342, 3 4 7 ff.; BVerfG NJW 1993 3190; 1991 1043. OLG Rostock StV 2 0 0 6 311 (Suchvermerk; Strafbefehl); OLG Stuttgart NStZ 1982 217 (zu § 329); vgl. auch Cornel StV 1994 2 0 2 ; BewHi. 1994 3 9 3 ; Dünkel StV 1994 610; Jehle BewHi. 1994 373; Kawamura BewHi. 1994 409. H.M.; a.A. wohl Eb. Schmidt Nachtr. I § 112, 10. SK/Paeffgen § 112, 10; Paeffgen (Dogmatik) 183, 192 ff.; siehe auch Hengsberger J Z 1966 2 0 9 ; Wagner NJW 1978 2 0 0 5 ; Gössel § 5 Β IV a; Henket § 91 III 1. SK/Paeffgen § 112, 10; § 120, 5; Eb. Schmidt Nachtr. I § 112, 10; Gössel GA 1978 124; a.A. z.B. OLG Düsseldorf NStZ 1993 5 5 4
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auch der Wortlaut des § 112a Abs. 1 Satz 1). Ernste, namentlich auf Tatsachen gegründete Zweifel sind in die Abwägung und Prognoseentscheidung einzuführen und können, soweit sie sich im Rahmen der Eilentscheidung nicht ausräumen oder mindern lassen, je nach Bedeutung (Gewicht) zur Annahme der Unzulässigkeit der Haft mangels Verhältnismäßigkeit führen. 88 34
Der Haftrichter und die zuständige Staatsanwaltschaft sind gehalten, das Vorliegen der Haftvoraussetzungen zu prüfen und daher auch bei solchen Zweifeln verpflichtet, im Rahmen des (bei einer Eilentscheidung) Möglichen, Ermittlungen zur Frage der Verhältnismäßigkeit (etwa zu Tat- und eventuellen Haftfolgen) durchzuführen. Dies wird allerdings vor Haftanordnung - insbesondere nach vorläufiger Festnahme - im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidung nur selten und nur unvollkommen möglich sein. 89 Soweit eine (weitere) Prüfung vor der ersten Haftentscheidung ohne ernsthafte Gefährdung des Verfahrens (Haftzwecks) nicht (mehr) möglich ist, darf die Klärung fortbestehender Zweifel - falls ein Haftbefehl trotz dieser Zweifel erlassen (werden kann) wird (Rn. 33) - auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Die Auffassung, der Haftrichter sei berechtigt, allein nach Lage der Akten zu entscheiden, 90 müsse also keine Ermittlungen zur Verhältnismäßigkeit anstellen, ist in dieser Allgemeinheit 91 wohl schwerlich vereinbar mit der Bedeutung des Grundrechtseingriffs und den sich aus der Unschuldsvermutung (Rn. 37) ergebenden Anforderungen (§ 112, 55 ff., 61; § 114, 22).
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g) Beschleunigungsprinzip. Diesem aus dem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Satz 2 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden, auch in Art. 5 Abs. 3 Satz 2, Art. 6 Abs. 1 E M R K verankerten Grundsatz kommt im Haftrecht, namentlich im Hinblick auf die Unschuldsvermutung, als Korrektiv gegen überlange Haftdauer 9 2 hohe Bedeutung zu. 9 3 Er erfordert, dass die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte alle
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(Haftausschließungsgrund); Meyer-Goßner § 112, 8; KK/Boujong § 112, 4 4 ; AK/Krause § 120, 5; Hetzer 65; jehle 14; Kleinknecht J Z 1965 113; Seetzen NJW 1973 2 0 0 1 ; Sommermeyer NJ 1992 336. SK/Paeffgen § 1 1 2 , 1 0 ; a.A. die h.M.: z.B. OLG Düsseldorf NStZ 1993 5 5 4 (^Verhältnismäßigkeit ist nur dann zu berücksichtigen, wenn sie feststeht); KKJBoujong § 112, 44, 45; Meyer-Goßner § 112, 8; Kleinknecht/ Janischowsky 108. Ahnlich SKJPaeffgen § 112, 10; vgl. auch BerlVerfGH NJW 1994 436. Vgl. BTDrucks. IV 178, S. 22; siehe auch SK/Paeffgen § 112, 10 (Hinweis auf die Eilsituation). Relativierend wohl UUWendisch24 § 112, 56; vgl. auch BVerfGE 83 2 4 , 33 (zur richterlichen Sachaufklärung und Verantwortung bei Haftentscheidungen); BVerfGE 70 297, 308; BerlVerfGH NJW 1994 436. Es gilt grundsätzlich auch für die einstweilige Unterbringung nach § 126a - s. OLG Celle NdsRpfl. 2 0 0 2 369; OLG Koblenz StraFo 2 0 0 6 326; §126a, 18.
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S. z.B.: BVerfG StV 2 0 0 7 366 und 3 6 9 = StraFo 2 0 0 7 152; NJW 2 0 0 6 668, 672 und 6 7 7 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2 0 0 6 313 sowie Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 7 83 zu S. 668; StV 2 0 0 6 703, 251 und 318; StraFo 2 0 0 6 196; 2 0 0 5 456; 2 0 0 5 152 (zum weit. Verfahren BGH StraFo 2 0 0 5 237); NJW 2 0 0 3 2 8 9 5 ; 2 0 0 0 1401; StV 2 0 0 0 322; 1999 328 und 162; 1997 535; 1995 199; wistra 1994 341; StV 1994 589; 1993 481; NStZ 1991 3 9 7 ; NJW 1991 689; BVerfGE 53 152, 162; 4 6 194, 195; 3 6 2 6 4 , 273; 2 0 45; siehe auch: EGMR NJW 1990 3 0 6 6 mit Anm. Trechsel StV 1995 326; EuGRZ 1993 384; 1993 390; 1994 101; 2 0 0 1 391; NJW 2 0 0 1 2 6 9 4 ; StV 2 0 0 6 4 7 4 und 2 0 0 5 136, jeweils mit Anm. Pauly, EKMR Beschw. Nr. 13091/87, 13319/ 87 und 1 4 3 7 9 / 8 8 bei Strasser EuGRZ 1993 4 2 5 ; Nr. 1 2 8 5 0 / 8 7 bei Strasser EuGRZ 1994 143; BGHSt 21 81, 84; LR/Gollwitzer 1 5 Art. 5, 113 ff. EMRK mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des EGMR; LR/ Esser Erl. zu Art. 5 EMRK; SYJPaeffgen Art. 5, 58 ff. EMRK; Schlothauer/Weider 826 ff.; Ambos/Ruegenberg
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möglichen und zumutbaren M a ß n a h m e n ergreifen müssen, um eine rechtskräftige Entscheidung über den Tat(Anklage-)vorwurf mit der gebotenen Schnelligkeit herbeizuführen; 9 4 dies gilt grundsätzlich auch für das Verfahren in einer und infolge einer Rechtsmittelinstanz. 9 5 Die Erfüllung der Aufklärungspflicht und die Möglichkeit effektiver Verteidigung 9 6 sowie berechtigte Interessen des Verletzten 9 7 dürfen dabei allerdings nicht zu kurz kommen. Die Justiz hat zur Beschleunigung der Strafverfahren alle bestehenden organisatorischen, sächlichen und personellen Möglichkeiten auszuschöpfen, 9 8 der Staat die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. 9 9 Es gibt keine starren Grenzen für die Einhaltung des Prinzips. Allerdings sollte im Regelfall spätestens nach einem J a h r Untersuchungshaft ein Urteil ergehen oder wenigstens die Hauptverhandlung beginnen und zwischen Eröffnung und Verhandlungbeginn sollten nicht mehr als drei M o n a t e liegen; 1 0 0 dauert die Haft bereits ein Jahr, so kann schon eine kurzfristige (ein M o n a t ) der Justiz anzulastende Verzögerung das Beschleunigungsgebot verletzen. 1 0 1 Eine besondere Ausformung hat das Prinzip, dem namentlich im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (§ 120) besondere Bedeutung zukommen kann, in den §§ 121, 122 erhalten. Es gilt auch dann, wenn der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt ist (§ 116), 1 0 2 dem Beschuldigten nach Haftverschonung erneut Haft droht 1 0 3 oder Überhaft (Rn. 5 0 ff.) notiert ist. 1 0 4 Es gilt schließlich für die sog. Organisationshaft 105 sowie für die Auslieferungshaft. 106
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NStZ-RR 2000 194; Ambos NStZ 2003 15; Baumann FS Schmidt 536; Krey JA 1983 639; Vogler ZStW 82 (1970) 758; ZStW 89 (1977) 773; Wolter (Aspekte) 42; s. auch Sommer 142, 155 sowie die zahlreichen Nachweise in den Erl. zu §§ 120, 121. EGMR StV 2005 136 und 2006 474, jeweils mit Anm. Pauly; BVerfGE 20 45, 50; BVerfG NJW 2006 668, 672 und 677 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313; StV 2006 703, 645 sowie 451 mit Anm. Häger, StraFo 2007 18; 2005 456; 2005 152 mit Anm. Foth NStZ 2005 457 und Krehl StV 2005 561; NJW 2003 2895; StV 2000 322; 1999 328; 1997 535; 1994 589; s. aber OLG Bamberg NJW 1995 1689 (kein Vorrang auf Kosten des Kindeswohls - Art. 6 Abs. 1 GG); NJW 1996 1222. Vgl. auch die Richtlinien und Hinweise der Generalstaatsanwälte der Länder zur Bearbeitung von Haftsachen z.B. in StV 2006 612 (Brandenburg); Jehle/Hoch S. 213 ff.; Krehl/Eidam NStZ 2006 4 ff. Vgl. zur Problematik z.B.: BVerfG NJW 2006 672 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313; StraFo 2006 196; 2005 456; 2005 152 mit Anm. Foth NStZ 2005 457 und Krehl StV 2005 561; NJW 2003 2897; (krit. einschränkend) BGH NStZ 2006 346; NStZ-RR 2006 177; s. desw. OLG Koblenz StV 2006 645; 2004 329 (BGH und OLG Koblenz 2006 645 auch zu Art. 31 Abs. 1 BVerfGG); OLG Düsseldorf StraFo 2001 255; NStZ-RR 2000 250; 1998 350; OLG
Hamm StV 1998 553; 2006 191 (Beschleunigungsgebot auch im Haftbeschwerdeverfahren) Krehl/Eidam NStZ 2006 7; § 120, 16 und § 121, 40 ff.; vgl. auch BVerfG NStZ 2006 680. 9 6 EGMR StV 2005 136; s. auch BVerfG StV 2007 366; 2006 451 mit Anm. Hilger, OLG Hamm StV 2006 482 (zur Verteidigung durch den Verteidiger des Vertrauens). 9 7 Vgl. BGH J R 2006 297; s. aber OLG Celle StV 2007 293 (Vorrang der Beschleunigung vor Adhäsionsverfahren). 9 8 BVerfGE 36 264, 272 ff.; BVerfG StV 1995 199; 1994 589; NStZ 1994 604 (auch zur gesetzgeberischen, fiskalischen und organisatorischen Verantwortung des Staates); NJW 2006 668, 672, 677 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313; StraFo 2007 18; StV 2007 369; vgl. auch BGH bei Schmidt MDR 1993 508. 9 9 Vgl. BVerfG NJW 2006 668 mit Anm. Paeffgen NStZ 2007 83; StraFo 2006 196. 100 BVerfG NJW 2006 672 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313; s. auch BVerfG StV 2006 703. 101 BVerfG NJW 2006 672 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313. 102 BVerfG NJW 2006 668; StV 2003 30; s. auch § 116, 1. 103 OLG Köln StV 1988 345; KG StV 2003 627. 104 BVerfG StV 2006 251; 2003 30; OLG Dresden StV 2004 495; OLG Bremen StraFo 2005 378; StV 2000 35; OLG Karlsruhe StV 2002 317; KG StraFo 2007 27; 2005 422;
Hans Hilger
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Vor § 112
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
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h) Unschuldsvermutung. Zwischen diesem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 0 Abs. 3 G G ) 1 0 7 abzuleitenden, in Art. 6 Abs. 2 E M R K verankerten Grundsatz und dem unerlässlichen (Rn. 16), gemäß Art. 5 E M R K zulässigen Institut der Untersuchungshaft besteht ein grundsätzlicher Gegensatz. 108 Untersuchungshaft ist im Hinblick auf die Unschuldsvermutung nur hinnehmbar, wenn und weil sie auf eine ultima ratio-Maßnahme reduziert, der Beschleunigungsgrundsatz beachtet 1 0 9 und außerdem der betroffene Beschuldigte so unvoreingenommen wie ein Unschuldiger behandelt wird, so dass offenbar ist, dass das Strafverfahren (erst) der Verdachtsklärung dient. 110
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Demgemäß unterstreicht die Unschuldsvermutung die ohnehin bestehende Notwendigkeit der Achtung der Menschenwürde und der Einhaltung des Rechts auf ein faires Verfahren. 111 Sie ist nicht Teil des Verhältnismäßigkeitsprinzips, sondern ergänzt dessen Begrenzungsfunktion. 112 Sie gilt grundsätzlich während des gesamten Verfahrens unverändert, wird insbesondere nicht durch wachsenden Tatverdacht reduziert. 113 Haftmaßnahmen, die - etwa im Vorgriff auf eine zu erwartende Sanktion - in ihrer Wirkung der Vollziehung einer Freiheitsstrafe gleichkommen 1 1 4 würden, sind ausgeschlossen. Schließlich ist, wenn der Haftrichter Zweifel hinsichtlich der Haftvoraussetzungen, etwa der Verhältnismäßigkeit, hegt, nicht der Beschuldigte verpflichtet, zur Vermeidung der Haft notwendige Umstände darzulegen (obwohl dies zweckmäßig ist); vielmehr ist es Sache der Strafverfolgungsbehörden und des Haftrichters, die Zweifel im Rahmen der bei einer Eilentscheidung begrenzten Möglichkeiten (z.B. durch Einschaltung der Haftentscheidungshilfe - Rn. 65) zu klären.
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i) nemo-tenetur-Grundsatz. Rechtsgrundlage, -natur und Reichweite dieses in Art. 14 Abs. 3 Buchstabe g IPBPR verbrieften Grundsatzes sind unklar und umstritten. 115 Jedenfalls ergibt sich aus ihm das Verbot, die Untersuchungshaft - zum Beispiel mit Hilfe der damit verbundenen, insbesondere psychischen Belastungen oder unter Gebrauch von Täuschungen - einzusetzen oder zu nutzen, um Erklärungen des Inhaftierten zu erlangen. 116 Verwertbar sind dagegen Tatsachen, die der Beschuldigte unter normalen
105 106
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2002 242; OLG Stuttgart NStZ-RR 2 0 0 3 2 9 und 2 8 5 ; OLG München StV 2 0 0 2 5 5 5 ; OLG Oldenburg StV 2 0 0 1 5 2 0 ; StraFo 1998 137; OLG Brandenburg StV 1 9 9 9 161; OLG Hamburg StV 1996 495; LG Krefeld StV 2 0 0 3 516; allg. M.; vgl. dagegen OLG Karlsruhe MDR 1986 1048 (zum Verhältnismäßigkeitsprinzip bei Überhaft). BVerfG NJW 2 0 0 6 427. BVerfGE 61 28, 34; BVerfG StV 2 0 0 0 2 7 ; 2 0 0 0 318 mit Anm. Wallasch·, OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 6 24; OLG Karlsruhe NStZRR 2 0 0 5 116; StV 2 0 0 4 325; OLG Hamm StraFo 2 0 0 0 2 9 ; vgl. auch EGMR NJW 1 9 8 9 2179. BVerfGE 2 2 254, 265; BVerfG 2 0 0 5 152; vgl. auch SK/Paeffgen 21; SK/Rogall Vor § 133, 74; Tiedemann ZStW 105 (1993) 931. Vgl. Hassemer StV 1984 4 0 ; siehe aber auch Paeffgen (Dogmatik) 4 2 ff.; Wolter (Aspekte) 4 0 . S. auch BVerfGE 2 0 147; BVerfG StraFo 2 0 0 5 152.
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EGMR StV 2 0 0 5 136; BVerfGE 53 152, 162; BVerfG StV 2 0 0 5 2 2 0 = StraFo 2 0 0 5 152. Eingehend dazu Stuckenberg ZStW 111 (1999) 4 2 2 , 459. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 5 152; Gropp J Z 1991 804; vgl. auch BerlVerfGH N J W 1994 436. Vgl. Haberstroh NStZ 1984 2 8 9 ; vgl. auch Wolter (Aspekte) 42; SYJPaeffgen 22. Gropp J Z 1991 804; Paeffgen (Dogmatik) 48; relativierend BVerfGE 82 106, 116 ff. mit Anm. Paulus NStZ 1990 600. Vgl. BVerfGE 35 311, 320; Stuckenberg ZStW 111 (1999) 459. SK/Paeffgen 31; Lorenz J Z 1992 1000. BGHSt 34 3 6 2 mit Anm. Fezer StV 1987 2 8 3 ; Grünivald StV 1987 4 7 0 ; Seebode J Z 1987 936; Wagner J R 1988 4 2 6 ; LG Bad Kreuznach StV 1993 629; KKIBoujong 11; SYJPaeffgen 31; Seebode (Vollzug) 65 ff.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
Haftbedingungen freiwillig, ohne getäuscht worden zu sein, einem Zellengenossen, dem er vertraut, offenbart. 1 1 7 j) Auch für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben sich aus der Verfassung 4 0 Maßstäbe und insbesondere Begrenzungen. Selbstverständlich ist, dass die Ausgestaltung des Vollzugs durch den Gesetzgeber (Rn. 71) und die Haftbedingungen in der Praxis den Anforderungen des Prinzips der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) entsprechen müssen. Dies gilt für den Inhalt von Vollzugsanordnungen (§ 119 Abs. 3) und die Art und Weise ihrer Durchführung. 1 1 8 Grundlegende Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz müssen auch in der Haft dem Gefangenen erhalten bleiben. 119 Diese Verpflichtung kann in der Praxis über die Einzelhaft als Regelvollzug und die Gemeinschaftshaft auf Wunsch des Betroffenen gemäß § 119 Abs. 1, 2 (§ 119, 14 ff.) und muss mit Hilfe der erforderlichen organisatorischen, insbesondere baulichen Maßnahmen erfüllt werden. Des Weiteren ist der Vollzug der Untersuchungshaft - durch Gesetzgeber und Praxis - 41 so auszugestalten, dass Grundrechtsbeeinträchtigungen generell und in jedem Einzelfall möglichst vermieden oder auf das Unerlässliche reduziert werden. Darauf zielt insbesondere § 119 Abs. 3, 4, wenn auch der Wortlaut der Vorschrift dies nicht klar genug zum Ausdruck bringt (§ 119, 21 ff.). Die Grundrechte (Rn. 17), insbesondere Art. 2 GG, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwingen dazu, in jedem Einzelfall, soweit Anlass besteht auch wiederholt, bei Abwägung aller Umstände zu prüfen, ob und wie der Vollzug für den Betroffenen „erleichtert", also grundrechtsfreundlicher gestaltet und auf unvermeidliche Beschränkungen begrenzt werden kann. 1 2 0 Auf jeden Fall ist die gesetzlich garantierte (möglichst) ungehinderte Verteidigung (§§ 148, 148a; Art. 6 Abs. 3 Buchstabe b), c) EMRK) in der Praxis des Vollzugs sicherzustellen; 121 dies ist namentlich im Hinblick auf die praktischen und psychischen Folgen des Haftvollzuges, die die Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten erheblich beeinträchtigen können und damit auch unter dem Blickwinkel des rechtsstaatlichen Interesses an der Wahrheitsfindung von besonderer Bedeutung.
117 1,8
119
BGH NJW 1989 844. S. auch EGMR NJW 2001 2694; Grundsätze und Standards des CPT unter: www.cpt.coe.int. BVerfG NJW 1993 3190; BVerfGE 45 187, 228; vgl. auch den Entwurf von Mindestgrundsätzen der VN für das Strafverfahren, ZStW 105 (1993) 668, die „Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen" des Ministerkommitees des Europarates vom 12. Februar 1987 bei C. F. Müller (1988) sowie die „Europäische Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe" vom 26. Juni 1987 - EuGRZ 1989 502; Müller-Dietz (Kolloquium) 228; Hinüber StV 1994 212; Deckers/Püschel NStZ 1996 419; Gatzweiler StV 1996 283; Wulf NJ 1996 227; LG Bremen StV 1995 93 mit weiteren Nachweisen.
120
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Siehe z.B. BVerfG NStZ 1994 604 (auch zur Verantwortung des Staates insoweit); StV 1993 592; NJW 1993 3059; StV 1991 306; BVerfGE 42 95; EGMR EuGRZ 1992 99; Müller-Dietz (Kolloquium) 235; vgl. auch Dünkel 395; Deckers/Püschel NStZ 1996 419; Lübbe-Wolff/Geisler NStZ 2004 478 (auch zu den Voraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde); LG Karlsruhe StV 2004 550 sowie die Erl. zu § 119. Vgl. auch § 117, 34 ff. und die Erl. zu den §§ 140,147, 148, 148a sowie UUGollwitzer25 Art. 6, 174 ff. EMRK; LR/Esser Erl. zu Art. 6 EMRK; EGMR EuGRZ 1992 298; StV 1993 283; BGHSt 37 204 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 533; OLG Frankfurt ZfStrVo. 1984 383; OLG Köln StV 1992 8; siehe auch Seebode (Vollzug) 125, 137 ff., 189 ff.; Deckers NJW 1994 2261; Schmitz wistra 1993 319; Zieger StV 1993 320.
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Vor § 112
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
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k) Landesverfassungsrecht. Einige Landesverfassungen 122 enthalten Bestimmungen, die Landesgrundrechte sowie Schutzvorschriften des Haftrechts festlegen, zum Teil über die Schutzvorschriften der StPO hinausgehend, zum Teil der StPO widersprechend. Ihr Bestand richtet sich nach den Art. 31, 142 GG. Der Fortbestand der Landesgrundrechte, die mit denen des GG übereinstimmen (Art. 142 GG), ist deshalb von Interesse, weil auf diese Weise die Anrufung der Landesverfassungsgerichte ermöglicht wird. 1 2 3 Auf die sich daraus ergebenden zahlreichen verfassungsrechtlichen Fragen 1 2 4 ist hier nicht näher einzugehen. Soweit durch die Landesverfassungen von der StPO abweichende Schutzvorschriften festgelegt werden, sind diese - auch wenn ihnen Landesverfassungsrang zukommt - gemäß Art. 31 GG nichtig. 125
43
3. EMRK und IPBPR. Konvention 1 2 6 und Pakt sind für das Haftrecht insbesondere im Hinblick auf Art. 5 EMRK, Art. 9 IPBPR (Recht auf Freiheit) und Art. 6 E M R K , Art. 14 IPBPR (rechtsstaatliches Verfahren, insbesondere Beschleunigungsprinzip, Unschuldsvermutung, Verteidigung), aber auch Art. 3 EMRK, Art. 7 IPBPR (Verbot erniedrigender Behandlung) und Art. 8 E M R K , Art. 17 IPBPR (Schutz des Privat- und Familienlebens, der Korrespondenz) bedeutsam (vgl. auch Rn. 38, 40). Die in ihnen gewährleisteten Rechte haben keinen Verfassungsrang, auch nicht, soweit sie mit Grundrechten des GG übereinstimmen, sondern sind prinzipiell einfaches Bundesrecht. 127 Dem Beschuldigten günstigere Regelungen des nationalen Rechts haben Vorrang. Bei der Auslegung nationalen Rechts sind die Wertentscheidungen der E M R K und des IPBPR zu beachten. 128 Übereinstimmendes nationales Recht hat durch die Gewährleistungen übernationale Garantien erhalten. Zur Anrufung des E G M R s. Art. 34, 35 E M R K . 1 2 9
43a
Schwerpunkte der Rechtsprechung 130 des EGMR zu Recht und Praxis der Untersuchungshaft bilden demgemäß folgende Problemkreise: 131
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S. z.B. Art. 8 LVerf. Berlin; Art. 5 LVerf. Bremen; Art. 19 LVerf. Hessen; Art. 5 LVerf. Rheinland-Pfalz. Vgl. BVerfGE 9 6 345; z.B. SächsVerfGH NJW 1996 1736; BerlVerfGH NJW 1993 513; 1993 515; NJW 1994 436; vgl. auch BayVerfGH NVwZ 1994 64; HessStGH NVwZ 1994 64; Gärditz AöR 129 (2004) 5 8 4 mit weiteren Nachweisen. Dazu z.B. Bartlsperger DVB1. 1993 333; Berkemann NVwZ 1993 4 0 9 ; Endter EuGRZ 1995 2 2 7 ; Koppernock/Staechelin StV 1993 4 3 3 ; Gärditz AöR 129 (2004) 5 8 4 ; Kunig NJW 1994 687; Meurer JR 1993 89; Paeffgen NJ 1993 152; Pestalozza NVwZ 1993 340; Sachs JuS 1993 595; Schoreit NJW 1993 881; Starck J Z 1993 231; Wilke NJW 1993 887; vgl. auch BerlVerfGH NJW 1994 4 3 6 mit weiteren Nachweisen; KG NJW 1993 673. Vgl. BVerfGE 36 365; 51 96; OLG Koblenz GA 1984 130; OLGSt N.F. § 128, 1; vgl. auch BVerfGE 1 264, 281; Küttig NJW 1994 687; a.A. im Wesentlichen Paeffgen (Dogmatik) 2 0 7 ; SK/Paeffgen § 115, 6, § 115a, 3,
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§ 128, 5 mit weiteren Nachweisen; Endter EuGRZ 1995 2 2 7 mit weiteren Nachweisen. Eingehend hierzu L R / K ü h n e Einl. Rn. D 36 ff., 46 ff., 79 ff. Vgl. BVerfG NJW 2 0 0 4 3 4 0 7 ; Esser (Weg) 868 ff.; UUEsser Erl. zur EMRK. BVerfG NJW 2 0 0 4 3 4 0 7 ; BVerfGE 74 358, 370; vgl. auch Esser (Weg) 868 ff. mit weiteren Nachweisen; Kühne GA 2 0 0 5 2 0 0 , 2 0 7 ff.; zur Beachtung von Rahmenbeschlüssen der EU vgl. EuGH NJW 2 0 0 5 2 8 3 9 ; BVerfG NJW 2 0 0 4 3 4 0 7 ; s. auch LR/ Kühne Einl. Rn. D 15; Gärditz/Gusy GA 2 0 0 6 2 2 5 ; zum europäischen „Arrest Warrant Project" s.: www.eurowarrant.net. Einzelheiten bei LR/Gollwitzer25 Anhang Verfahren-EMRK; LRJ Esser Erl. zur EMRK; Entscheidungen des EGMR sind im Internet unter: www.echr.coe.int zugänglich. Zur Zuständigkeit des EuGH s. Kühne GA 2 0 0 5 199; UUKühne Einl. Rn. D 92. Zu wachsendem Umfang und wachsender Bedeutung der Rechtsprechung des EGMR vgl. Kühne/Esser StV 2 0 0 2 383; Esser (Weg) 875 ff.; Sommer 129 ff.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
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Schutz vor rechtswidriger Festnahme und Verhaftung; Haftzweck, Tatverdacht und Haftgründe;
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Information des Beschuldigten über Tatvorwürfe und Haftgründe; Akteneinsicht; Verteidigerkorrespondenz;
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unverzügliche Vorführung vor den gesetzlichen Richter; effektive richterliche Haftkontrolle;
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Haftdauer und Folgerungen daraus;
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Umfang und Inhalt getroffener Entscheidungen;
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Ausgestaltung des Vollzugs.
Aus der Sicht der deutschen Haftrechtsprechung und -praxis kommt dabei nach den bisherigen Erfahrungen den Problemkreisen: Begründung der Haftentscheidung (§ 114), Vorführung zum zuständigen Richter ( S S 115, 115a), faires Verfahren und Akteneinsicht ( S S 115, 128, 147), Beschleunigung, Haftdauer und Verhältnismäßgkeit ( S S 120, 121), sowie Ausgestaltung des Vollzugs besondere Bedeutung zu. 4. Strafprozessuale Fragen a) Allgemeines. Untersuchungshaft gemäß § S H 2 , 112a, 127b Abs. 2 ist die auf 4 4 Grund eines richterlichen Haftbefehls durchgeführte behördliche Verwahrung des Beschuldigten zur Verwirklichung der mit den genannten Vorschriften verfolgten Haftzwecke. Einstweilige Unterbringung gemäß S 126a ist entsprechend die richterlich angeordnete Verwahrung eines möglicherweise vermindert schuldfähigen oder schuldunfähigen Beschuldigten in einer speziellen Anstalt zum Schutz der Allgemeinheit ( S 126a, 1, 3). Die materiellen Voraussetzungen der richterlichen Anordnung sind in den SS H 2 , 112a, 113, 126a, 127b geregelt. Die S S 127, 127a, 127b Abs. 1, 128, 129 regeln die vorläufige Sicherung der Maßnahmen in Form der vorläufigen Festnahme. Die S S 114 bis 115a, S S 117 bis 118b, S S 120 bis 126a, § 130 bestimmen Einzelheiten des Verfahrens, die S S 117 bis 118b, S S 120 bis 122a speziell Haftüberprüfung und -begrenzung. Die S S H 6 , 116a betreffen Alternativen zum Untersuchungshaftvollzug; die SS 123, 124 stehen damit im Zusammenhang. Schließlich regeln J 119 Grundsätze des Haftvollzugs, SS 131 ff. Ausschreibung zur Festnahme und Aufenthaltsermittlung, S 132 Sicherheitsleistung und Zustellungsbevollmächtigung. Weitere Anordnungen zur Untersuchungshaft und zur einstweiligen Unterbringung treffen S 2 0 7 Abs. 4 und S 268b. Ergänzende Bestimmungen finden sich in Nr. 4 6 bis 60 der RiStBV, die sich im Wesentlichen an die Staatsanwaltschaft richten. Einzelfragen (Richtlinien) des Vollzugs ( S 119) sind in der UVollzO geregelt; zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung siehe Rn. 71. Die richterliche Anordnung gemäß S S H 4 Abs. 1, 126a Abs. 1 ist die formelle Vor- 4 5 aussetzung der Untersuchungshaft oder Unterbringung ( S 112, 4; S 126a, 1, 12; S 127b, 8). 1 3 2 Materielle Voraussetzungen der Untersuchungshaft und des Haftbefehls sind Tatverdacht, Haftgrund und Verhältnismäßigkeit 133 (vgl. auch Rn. 33; § 112, 15, 60; S 126a, 3; S 127b, 8). Erforderlich für den Vollzug ist außerdem ein schriftliches richter-
131
Eingehend hierzu Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 8 3 ; Esser (Weg) 1 9 9 ff.; Ambos N S t Z 2 0 0 3 14; Einzelnachweise der Rechtsprechung bei den jeweiligen Vorschriften.
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Gössel GA 1 9 7 8 124.
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Gössel GA 1 9 7 8 1 2 4 ; a.A. UUWendtsch24 § 112, 2 0 ; vgl. auch L R / W e n d i s c h 1 4 § 112, 5 6 ; Schlüchter 2 2 1 .
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Vor § 112
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
liches Aufnahmeersuchen (Nr. 15 UVollzO). Haftbefehl und Unterbringung können nur durch eine richterliche Anordnung aufgehoben werden. Voraussetzung der Entlassung aus der Haft ist außerdem eine richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung (Nr. 17 UVollzO; Nr. 55 RiStBV). Automatische Folgen der Verletzung richterlicher Pflichten, etwa einer unterlassenen Vernehmung (§ 115 Abs. 2, § 115a Abs. 2), einer übersehenen Entscheidung über einen Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 118 Abs. 1), eines unterbliebenen Haftprüfungsverfahrens (§ 117), sieht das Gesetz nicht vor. Deshalb kommt der Benachrichtigung Außenstehender von jeder Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung (§ 114b Abs. 1 Satz 1; § 126a Abs. 2) die hohe Bedeutung einer, wenn auch beschränkten, öffentlichen Kontrolle zu. Zur Anfechtung von (auch aufgehobenen/gegenstandslosen) Haftbefehlen, etwa zur Feststellung ihrer (schon anfänglichen) Rechtswidrigkeit, s. die Erl. zu §§ 112, 114, 117 und zu §§ 304, 310. 45a
Der Haftbefehl enthält grundsätzlich auch die konkludente Ermächtigung zur Durchführung solcher Maßnahmen, die zur Ergreifung des Beschuldigten typischerweise unerlässlich und verhältnismässig sind. Dies sind die unerlässlichen Vorbereitungs- und Begleitmaßnahmen, soweit sie den ausdrücklich zugelassenen Eingriff in ihrer Intensität nicht übertreffen. 134 Die Eingriffsvoraussetzungen (-schwellen) besonderer gesetzlicher Regelungen für Zwangsmaßnahmen (z.B. §§ 100a, 127, 131, 163d, 163e, 163f) sind jedoch zu beachten. Die Beschlagnahme von Personalpapieren des Beschuldigten, auch wenn sie sich im Besitz der Strafverfolgungsbehörden befinden, ist nur analog § 94 zulässig. 135
46
b) Vollzug. Untersuchungshaft einerseits, Strafvollzug andererseits unterscheiden sich in der Zielsetzung (vgl. § 2 StVollzG) und Ausgestaltung erheblich. Eingriffe in die Lebensführung der Strafgefangenen sind in der Regel wesentlich tiefer als bei Untersuchungsgefangenen. Andererseits erlaubt der Strafvollzug Vergünstigungen (vgl. § § 1 0 Abs. 1, 11, 13 StVollzG), die mit dem Zweck der Untersuchungshaft nicht vereinbar sind. Die Haftzwecke können außerdem in Einzelfällen (z.B. bei „Ausbrechern", Verdunkelungsgefahr) zu Vollzugsausgestaltungen zwingen, die tiefer als der normale Vollzug einer Freiheitsstrafe in die Lebensführung des Verhafteten eingreifen. Die Ausgestaltung des Untersuchungshaftvollzuges (vgl. auch Rn. 41) wird in § 119 in Grundzügen festgelegt. Danach muss die zivile Lebensführung soweit wie möglich unangetastet bleiben, kann aber aus konkretem Anlass soweit eingeschränkt werden, wie es notwendig ist, um den Haftzweck zu sichern und die Ordnung in der Vollzugsanstalt aufrecht zu erhalten (§§ 119 Abs. 3 bis 5). Die erforderlichen Maßnahmen ordnet der Richter an (§ 119 Abs. 6); dabei kann er sich an den (wenigen) Leitlinien des § 119 orientieren. In Wirklichkeit wird der Alltag des Untersuchungshaftvollzugs derzeit durch die UVollzO bestimmt, deren Richtlinien durch richterliche Anordnungen verdrängt werden können. S. auch Rn. 71.
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c) Praxis. Ob die Praxis den gesetzlichen Anforderungen immer gerecht wird, ist fraglich. Von der Anwaltschaft und in der Literatur sind in den letzten Jahren wiederholt erhebliche Vorwürfe gegen Haftrecht (zu Reformforderungen vgl. Rn. 70) und Haftpraxis erhoben worden, namentlich: Das Haftrecht sei nicht präzise genug, lasse dem
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SYU Rudolph ι Vor § 94, 31 ff.; Wohlers StV 2 0 0 0 32. Im Ergebnis ebenso LG Offenburg StV 2 0 0 0
32 mit krit. Anm. Wohlers und - abl.-Paeffgen NStZ 2 0 0 1 74.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
Haftrichter zu viel Spielraum bei Haftanordnung, -kontrolle und Haftdauer. Es werde zu schnell und zu viel verhaftet, das Verhältnismäßigkeitsprinzip werde, wie z.B. Verhaftungen im Bereich der Bagatellkriminalität oder die Ergebnisse vieler Strafverfahren zeigten, nicht hinreichend beachtet. Die Haft diene in manchen Fällen vermutlich unzulässigen Zwecken. Haftbefehle seien auf apokryphe Haftgründe gestützt. Oft seien sie unzureichend begründet. Häufig sei die Haftdauer unverhältnismäßig hoch. 136 Gerade aus der Sicht der Verteidiger ist Untersuchungshaft nicht nur ein schwerwie- 4 7 8 gender Eingriff in ein Grundrecht und die Möglichkeit der persönlichen Lebensgestaltung des Beschuldigten (Rn. 16 ff.), 137 sondern steht in einem besonderen Spannungsverhältnis zur - unter rechtsstaatlichen Aspekten (Art. 6 Abs. 1, 3 EMRK) 1 3 8 bedeutsamen Möglichkeit der „Effektivität" der Verteidigung. Sie wirkt sich in der Praxis in ganz erheblichem Maße auf die Verteidigung aus, kann insbesondere erheblich deren Ausgangsbedingungen und Möglichkeiten verschlechtern und Strategien behindern. 139 Die Weichen eines Verfahrens werden in der Regel im Ermittlungsverfahren gestellt und dort häufig besonders prägend durch Erlass und Vollzug eines Haftbefehls. Die möglichen Auswirkungen auf Anlass und Inhalt einer Einlassung des Beschuldigten (Geständnis) sind unbestritten. Ebenso die mögliche Rückwirkung der Einlassung auf die Haft. Verteidigung gegen die Untersuchungshaft kann vorbestimmend sein für die Verteidigung zur Hauptsache und im Hauptverfahren. Sie kann sich gegen alle Haftvoraussetzungen richten, wird sich in der Praxis aber häufig, namentlich um Festlegungen in der Verteidigung zur Hauptsache zu vermeiden, auf die Haftgründe und die Prüfung von Alternativen konzentrieren. Damit kann Untersuchungshaft auch in besonderem Maße Anlass für intensive Akteneinsicht (Rn. 23) und die Nutzung von Rechtsbehelfen sein. Entsprechendes gilt für den Anreiz, „Absprachen" zu treffen (s. aber Rn. 6, 47; § 112, 54). Das geltende Haftrecht ist, wenn es richtig angewendet wird, grundsätzlich weitgehend geeignet, sowohl der Forderung zu entsprechen, dass Untersuchungshaft ultima ratio ist und zudem die Verteidigung nicht mehr als unvermeidbar tangieren darf, als auch dem Zweck der Untersuchungshaft zu dienen. Das gilt grundsätzlich auch für das System der obergerichtlichen Haftprüfung, obwohl sie sich in der Praxis nicht sonderlich bewährt hat (§ 121, 8). Andererseits ist nicht zu verkennen, dass einzelne Bereiche des Haftrechts einfacher und zugleich präziser geregelt (formuliert) werden könnten. Das
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Z u Einzelfragen, insbesondere zur Haftpraxis vgl. z.B. Bleckmann StV 1995 552; Cornel StV 1994 202; 1994 628; Dahs AnwBl. 1983 418; Deckers NJW 1994 2261; Dünkel NKrimPol. 1994 20; StV 1994 610; Gatzweiler StraFo 2 0 0 1 187; 1999 325; Gebauer 26 ff., 120 ff.; KrimPäd. 1993 20; Geiter 34, 174 ff., 2 2 4 , 2 4 2 , 2 5 5 ff., 338, 344; Gusy NJW 1992 4 5 7 ff.; Hamm 61; Hilger N S t Z 1989 107 ff.; Jehle 109 ff.; BewHi. 1994 373; Koop in: Koop/Kappenberg 9 ff.; Kühne 427; Nix StV 1992 445; Langner 21 ff., 115, 129, 182 ff. sowie die Nachweise zu Langner bei Rn. 69; Parigger AnwBl. 1983 423; N S t Z 1986 211; Paeffgen (Kolloquium) 113 ff.; Schlothauer/Weider 6 ff., 6 3 3 ff.; Schwenn 9. Strafverteidigertag
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1985 68; Seebode (Vollzug) 65 ff.; in: Koop/ Kappenberg 28 ff.; Sommermeyer NJ 1992 336; Weinknecht 4 7 ff., 201; siehe auch die Nachweise bei: Reform, Rn. 7 0 sowie Dessecker/Geissler-Frank 2 3 7 ff. S. auch z.B. Münchhalffen/Gatzweiler 3. Vgl. Esser (Weg) 4 5 0 ff. Zu Einzelfragen vgl. z.B. Schlothauer/Weider 19 ff., 127 ff., 418 ff., 6 3 3 ff., 6 9 4 ff.; Widmniei/König § 4 S. 153 ff.; s. auch Lammer StraFo 1999 366; Schlothauer StV 1996 391; Deckers in: Strafverteidigung in der Praxis, 366 ff.; Ufer/Ufer 122 ff.; Münchhalffen/Gatzweiler 2 ff.; Oetjen/Endriß 13 ff.; s. auch Münchhalffen StraFo 2 0 0 3 150.
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geltende Haftrecht gibt der Praxis einen erheblichen (möglicherweise zu weiten) Entscheidungsrahmen, wie z.B. die Tatsache zeigt, dass im Verlauf der Haftrechtsdiskussion ab 1981 (wahrscheinlich im Wesentlichen infolge der Sensibilisierung der Praxis durch die Diskussion) die jährlichen Haftanordnungen von rund 4 2 5 0 0 (1982) auf 2 6 6 0 0 (1988) sanken 1 4 0 und seitdem wieder deutlich gestiegen sind (Rn. 69). 1 4 1 Außerdem bestehen erhebliche Unterschiede in der Haftpraxis einzelner Bundesländer. 142 49
Der Praxis stehen jedenfalls zahlreiche Maßnahmen zur Verfügung, die es ermöglichen, Haftentscheidungen auf eine fundierte Grundlage zu stützen und namentlich die Haftdauer zu verkürzen. So können schon vor Erlass des Haftbefehls (soweit bei einer Eilentscheidung möglich) und jedenfalls danach die Informationsmöglichkeiten und Erkenntnisse der Haftentscheidungshilfe (Rn. 65) genutzt werden. Hilfreich kann auch die frühzeitige Einschaltung eines Pflichtverteidigers 143 (§ 140 Abs. 2) sein. Haftsachen sollten, als solche gekennzeichnet, 144 besonders beschleunigt ausermittelt und bevorzugt terminiert werden. 145 Auch die Anlage von Doppelakten und Hilfsakten 1 4 6 ist hilfreich. Das Gericht sollte notfalls zusätzliche Sitzungstage einlegen. 147 Von Möglichkeiten der Verfahrensstraffung und -Vereinfachung sowie der Beschränkung des Prozessstoffes (vgl. §§ 153 ff.) sollte „großzügig" Gebrauch gemacht werden. Vgl. auch Rn. 23, 35 sowie S 113, 11.
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d) Mehrfache Haft. Mehrere Haftbefehle wegen derselben Tat im prozessualen Sinne (§ 264) gegen denselben Beschuldigten sind unzulässig; das ergibt sich schon aus dem in Art. 103 Abs. 3 GG verbürgten Grundsatz der Einmaligkeit der Strafverfolgung. 148 Also nur dann, wenn mehrere Strafverfahren gegen denselben Beschuldigten anhängig sind, sind mehrere Haftbefehle gegen ihn zulässig. Werden die Verfahren miteinander verbunden, so besteht nur noch ein Haftbefehl; durch eine Neufassung in Form eines einheitlichen Haftbefehls ist dies klarzustellen. 149 Dass ein Haftbefehl auch dann erlassen werden kann, wenn bereits in anderer Sache ein Haftbefehl besteht oder Strafhaft vollstreckt wird oder der Beschuldigte sich sonst in behördlicher Verwahrung befindet, folgt schon daraus, dass jederzeit, in der Regel ohne Einfluss des Haftrichters, der andere Haftbefehl aufgehoben, Haftverschonung gewährt, die Strafhaft oder sonstige behördliche Verwahrung unterbrochen werden oder enden könnte; 1 5 0 außerdem kann die Vollzugsform des
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Gebauer KrimPäd. 1993 20; Hilger NStZ 1 9 8 9 107 ff.; Schlothauer/Weider 6 ff. S. auch Münchhalffen/Gatzweiler 4 ff. Hilger NStZ 1 9 8 9 107 ff.; vgl. auch Cornel StV 1994 2 0 2 . Vgl. BTDrucks. 11 5829, S. 28; Bauer ZRP 2 0 0 2 85; Scbäfer/Rühl StV 1986 4 5 6 ; Gebauer KrimPäd. 1993 20; StV 1994 6 2 2 ; Schock StV 1997 323; Schock S. 2 7 ff. in Jehle/Hoch; s. auch Deckers N J W 1994 2 2 6 1 ; Cornel StV 1994 2 0 2 ; Schlothauer/ Weider 7 9 ff. Nr. 52 RiStBV. S. die Nachweise bei § 120, 16 und § 121, 38, 40. Nr. 12 Abs. 2, 54 Abs. 3, 56 Abs. 3 RiStBV; vgl. auch Spiecker 102 sowie die Nachweise bei § 120, 16 und § 121, 3 4 ff., 38.
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S. zu all dem § 120, 16 und § 121, 2 9 ff. BGHSt 38 54 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 481; s. auch LG Rostock NStZ 1997 9 7 mit Anm. Fahl (zulässig aber, wenn die andere prozessuale Tat „dieselbe Tat" i.S.v. ξ 121 ist). OLG Karlsruhe N J W 1974 510. OLG Koblenz MDR 1969 950; OLG Hamm N J W 1971 1956; NStZ 2 0 0 4 221; OLG Düsseldorf N J W 1982 1826; OLG Köln NStZ 1991 6 0 5 mit krit. Anm. Möller und Anm. Paeffgen NStZ 1992 481; vgl. auch BGH bei Schmidt MDR 1991 189; Kölbel StV 1998 2 3 6 ff.; OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 139 (anders für den Fall, dass solche Gefahren völlig ausgeschlossen sind).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
Strafvollzugs (z.B. offener Vollzug) Verfahrenssabotage ermöglichen ( R n . 5 4 ; §
112,
4 1 ff.). 1 5 1 D a s Beschleunigungsprinzip ist auch in diesen Fällen zu beachten ( R n . 3 6 ) . Beim Vollzug des Haftbefehls kann H a f t in anderer Sache von Bedeutung sein ( R n . 5 2 ) . W i r d ein H a f t b e f e h l erlassen, der erst n a c h A b l a u f von Untersuchungshaft in anderer Sache oder von Strafhaft vollstreckt werden soll ( Ü b e r h a f t ) , 1 5 2 so ist er dem Beschuldigten b e k a n n t z u m a c h e n (§ 3 5 ) , 1 5 3 damit dieser gegen ihn Beschwerde, die zulässig ist ( R n . 5 6 ) , einlegen k a n n . Die § § 1 1 6 , 1 1 6 a sind sofort a n w e n d b a r . 1 5 4 Die § § 1 1 4 b bis 1 1 5 a , 117 bis 1 1 8 b finden erst Anwendung, wenn der Haftbefehl vollzogen w i r d . 1 5 5 Entsprechendes gilt für § 121; s. auch § 121, 1 6 a . Allerdings sollte eine Vorführung vor den R i c h t e r des nächsten Amtsgerichts (§ 1 1 5 a ) im Hinblick auf dessen eingeschränkte Entscheidungsmöglichkeiten (§ 1 1 5 a , 8 ff.) tunlichst - ggf. durch rechtzeitige Verschubung des Inhaftierten - vermieden w e r d e n . 1 5 6 D e r Haftbefehl ist der H a f t a n s t a l t mitzuteilen (Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 UVollzO; Nr. 4 1 V G O ) . Diese notiert Überhaft und vollzieht den Haftbefehl o h n e weitere Anordnung von dem Augenblick an, in dem der zunächst vollzogene Haftbefehl aufgehoben, sein Vollzug ausgesetzt oder eine Strafvollstreckung beendet oder unterbrochen wird. Es ist Sache der zuständigen Gerichte, für das Verfahren nach § 115 zu sorgen. Die Staatsanwaltschaft hat hierzu Anträge zu stellen.
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Befindet sich der Beschuldigte in einer Sache in Untersuchungshaft und ist für ein weiteres Verfahren Überhaft notiert, wird meist in beiden Fällen Fluchtgefahr der Haftgrund sein, und, weil der Fluchtgefahr schon dadurch wirksam begegnet wird, dass ein H a f t befehl vollzogen wird, kein Anlass bestehen, auch n o c h den H a f t b e f e h l in der zweiten Sache zu vollziehen. Ausnahmsweise k a n n der Vollzug des zweiten Haftbefehls aber geboten sein, namentlich wenn die Haftbefehle aus unterschiedlichen Gründen ergangen sind, z.B. der erste Haftbefehl wegen Fluchtgefahr oder nach § 1 1 2 a und der zweite wegen Verdunkelungsgefahr. D a n n kann es angebracht sein, die Untersuchungshaft in der ersten Sache zu unterbrechen (Rn. 5 4 ) und den H a f t b e f e h l in der zweiten Sache zu vollziehen. In seltenen Fällen kann es aber unabweislich sein, die Haftbefehle in beiden Sachen zu vollziehen, z.B. wenn zwei Richter zuständig sind und keiner darauf verzichten k a n n , den Verkehr des Beschuldigten mit der Außenwelt zu überwachen. Diese Doppelhaft ist grundsätzlich zulässig. 1 5 7 Dagegen wäre es unzulässig (und zuweilen auch nicht ausreichend), anstelle der (Mit-)Vollziehung des zweiten Haftbefehls dem Beschuldigten in der Sache, in der er bereits Untersuchungshaft erleidet (zusätzlich) Beschränkungen aufzuerlegen und damit den Untersuchungszweck in der neuen Sache zu sichern. Diese Sicherung scheitert für den ersten Richter daran, dass er in der zweiten Sache nicht zuständig ist, und für den zweiten, dass der Beschuldigte in dessen Sache nicht verhaftet,
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SKJPaeffgen 34; OLG Hamm NJW 1971 1956; OLG Köln NStZ 1991 605 mit krit. Anm. Möller. OLG München NStZ 1983 236: Reihenfolge der Vollstreckung nach Eingang der Aufnahmeersuchen, bei gemeinsamem Aufnahmeersuchen wird grundsätzlich der zuerst genannte Haftbefehl vollstreckt. Zum Verhältnis Untersuchungshaft - Abschiebehaft (Überhaft?) vgl. z.B. OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 377; zur Auslieferungshaft z.B. OLG Stuttgart NStZ-RR 2003 91; OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 139.
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Vgl. KMRJWankel § 115, 15; Schlothauer/ Weider 686. KKIBoujong 16; SYUPaeffgen 35. Vgl. auch OLG Königsberg JW 1932 965. Ähnlich KMRJWanket § 115, 15. OLG Schleswig Rpfleger 1966 109; SYUPaeffgen 35; § 119, 15; a.A. KKIBoujong 16; Meyer-Goßner 12; SchlothauerfWeider 686; Kleinknecht/Janischowsky 143, 144; Peters § 47 A II 5; Pohlmann Rpfleger 1966 109; Olbricht GA 48 (1901) 399; s. auch Wankel 62.
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die Verhaftung aber Voraussetzung von Beschränkungen ist (§ 119 Abs. 3). Der Richter, für dessen Haftbefehl Überhaft notiert ist, kann nicht dem Richter, der für die zu vollziehende Untersuchungshaft zuständig ist, die Zuständigkeit für die nach § 119 erforderlichen Maßnahmen übertragen. 158 Dafür fehlt die gesetzliche Grundlage. § 126 Abs. 1 Satz 3 erlaubt nur - und allein im vorbereitenden Verfahren - die Übertragung der gesamten Zuständigkeit. Weil dem Gesetz die Übertragung von Teilzuständigkeiten fremd ist, wäre der Empfänger einer solchen, gleichwohl vorgenommenen Übertragung nicht der zuständige Richter. 53
Dagegen kann der für die Überhaft zuständige Richter dem die Haft vollziehenden Richter - wenn dieser zustimmt und wenn das ausreicht, den Haftzweck zu sichern Kontrollbefugnisse in gleicher Weise übertragen wie dem Staatsanwalt (§ 119, 138) oder dem Berichterstatter (§ 119, 134). Das macht aber den Vollzug des zweiten Haftbefehls nicht entbehrlich, denn Entscheidungen, die zufolge der Kontrolle notwendig werden, muss der Richter, der die Kontrolle übertragen hat, selbst treffen. Das kann er nur, wenn der Beschuldigte in seiner Sache verhaftet ist (§ 119 Abs. 3). In einzelnen Fällen kann nach § 126 Abs. 1 Satz 3 verfahren werden. Dann geht die gesamte Zuständigkeit über; der Vollzug der mehreren Haftbefehle vereinigt sich. Werden mehrere Haftbefehle gleichzeitig vollzogen, so entstehen durch die doppelte Kontrolle Umständlichkeiten; auch kann die Zuständigkeit zweier Haftrichter Anlass zu widersprechenden Anordnungen sein. Das lässt sich vermeiden, wenn die Richter sich abstimmen; gelingt das nicht, hat die Anstalt die Beschränkung zu beachten, die am weitesten geht. Auch bei der Anrechnung der Untersuchungshaft können sich Schwierigkeiten ergeben. Deshalb sollte der Doppelvollzug vermieden werden.
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Wenn solche seltenen Ausnahmefälle nicht vorliegen und die besondere Notwendigkeit besteht, einen späteren Haftbefehl alsbald zu vollstrecken, kann die Untersuchungshaft in der ersten Sache unterbrochen werden, um die später angeordnete Untersuchungshaft zu vollziehen. Ebenso kann die Untersuchungshaft unterbrochen werden, um Strafhaft 1 5 9 zu vollstrecken (§ 122 Abs. 1 StVollzG; Nr. 9 2 Abs. 1 UVollzO; Nr. 32 Abs. 2 V G O ) . So enthält § 2 8 Abs. 1 Satz 2 StVollstrO die Anordnung, rechtskräftige Strafen „möglichst in Unterbrechung der Untersuchungshaft zu vollstrecken". Dagegen können schon deshalb keine Bedenken erhoben werden, weil das Interesse an einer rechtsstaatlichen Strafrechtspflege auf eine möglichst kurze Dauer der Untersuchungshaft gerichtet sein muss (vgl. Art. 5 Abs. 3 Satz 2 E M R K ) und dem Verurteilten nicht die Möglichkeit abgeschnitten werden darf, durch Verbüßung seiner Strafe während der Untersuchungshaft eine frühere Entlassung herbeiführen zu können. Die Zwecke der Untersuchungshaft werden in einem solchen Fall dadurch hinreichend gewährleistet, dass der Gefangene abweichend von § 4 Abs. 2 StVollzG auch denjenigen Beschränkungen seiner Freiheit unterliegt, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert (§ 122 Abs. 1 Satz 1 StVollzG; Nr. 92 Abs. 2, 3 UVollzO). Gefangene, die in Unterbrechung der Untersuchungshaft Strafhaft verbüßen, sind daher regelmäßig nicht nur vom Urlaub und vom offenen Vollzug, sondern auch von Vollzugslockerungen wie Außenbeschäftigung, Freigang und Ausgang ausgeschlossen. Die Unterbrechung hat der Richter zu bewilligen, der für die Entscheidungen zuständig ist, die sich auf die zu unterbrechende Untersuchungs-
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A.A. KKJBoujong § 119, 20 (analog § 122 StVollzG); Meyer-Goßner 12; Kleinknecht/ Janischowsky 144, 359. Ebenso zur Vollstreckung einer freiheitsent-
ziehenden Maßregel - OLG Düsseldorf JMB1NW 1996 138; Erzwingungshaft - KG Rpfleger 1995 269; OLG Hamm StV 1999 332 (auch zur Beschwer).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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haft beziehen (§ 1 2 6 ; § 1 2 2 Abs. 1 Satz 2 StVollzG; Nr. 9 2 Abs. 2 , 3 U V o l l z O ) . Er ordnet auch die wegen des Z w e c k s der Untersuchungshaft erforderlichen B e s c h r ä n k u n g e n 1 6 0 an. E r darf insbesondere seine Z u s t i m m u n g zur Unterbrechung mit der Anordnung verbinden, dass ihm - wie in Nr. 9 2 Abs. 3 U V o l l z O vorgesehen - der Briefverkehr zur M i t prüfung vorgelegt oder vor der Zulassung von Besuchen seine Z u s t i m m u n g eingeholt w i r d . 1 6 1 Auch nach Unterbrechung der Untersuchungshaft darf der H a f t r i c h t e r (§ 1 2 6 ) g e m ä ß § 119 analog - einzelne zur Sicherung des Verfahrens erforderliche M a ß n a h m e n (nicht M a ß n a h m e n , die nur der O r d n u n g in der Vollzugsanstalt dienen) a n o r d n e n ; 1 6 2 die Ersatzzuständigkeit g e m ä ß § 119 Abs. 6 Satz 2 , 3 bleibt unberührt (§ 1 2 2 Abs. 1 Satz 3 StVollzG). Die der Strafvollstreckungsbehörde erteilte Genehmigung, in Unterbrechung der Untersuchungshaft eine anderweitig erkannte Freiheitsstrafe zu vollstrecken, k a n n vom H a f t r i c h t e r jederzeit widerrufen werden. Sie kann jedoch von dem Untersuchungsgefangenen mangels Beschwer nicht angefochten w e r d e n . 1 6 3 D e r Beschuldigte hat kein R e c h t darauf, dass gegen ihn angeordnete Untersuchungshaft auch vollstreckt wird. Die Ablehnung der richterlichen Genehmigung k a n n er dagegen a n f e c h t e n . 1 6 4 Die Strafhaft zu unterbrechen, um Untersuchungshaft zu vollstrecken, ist rechtlich möglich, sollte grundsätzlich vermieden werden, wird in seltenen Fällen jedoch nicht zu umgehen sein (obwohl § 1 2 2 Abs. 1 Satz 1 StVollzG bei Anordnung von Untersuchungs(-über)haft neben Strafhaftvollstreckung die nach dem Z w e c k der Untersuchungshaft erforderlichen Freiheitsbeschränkungen erlaubt), etwa wenn sich der Verurteilte im gelockerten Vollzug in einer halboffenen Anstalt befindet oder wenn bei Verdunkelungsgefahr die Überwachung im Strafvollzug nicht gewährleistet ist (§ 4 5 5 a ; Nr. 9 3 U V o l l z O ) . 1 6 5 Zuständig, die Strafvollstreckung zu unterbrechen, ist die Staatsanwaltschaft, welche die Strafe vollstreckt. G e m ä ß Nr. 3 2 Abs. 3 V G O wird für die jeweils unterbrochene Freiheitsentziehung Überhaft notiert.
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Die (weitere) Beschwerde gegen einen Ü b e r h a f t b e f e h l ist nach h . M . 1 6 6 grundsätzlich zulässig. Die Problematik entspricht der zur Zulässigkeit der (weiteren) Beschwerde bei der Aussetzung des Vollzugs g e m ä ß § 116 (§ 116, 3 4 ff.). Schon der Bestand des H a f t befehls und die mit ihm verbundenen Ü b e r h a f t - M a ß n a h m e n ( R n . 51 ff.) k ö n n e n erheblich in das Persönlichkeits- und Freiheitsrecht des Betroffenen eingreifen. Folgt man der h . M . zur Beschwerdemöglichkeit bei § 116 wegen der entsprechenden Fallgestaltung auch hier, so ist die (weitere) Beschwerde grundsätzlich auch in den Fällen der § § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5, 3 0 5 Satz 2 , 3 1 0 Abs. 1 zulässig (§ 116, 38, 3 9 ) ; zweifelhaft bleibt jedoch, o b in diesen Fällen auch eine Anfechtung allein der überhaftbedingten Vollzugsbeschränkungen zulässig ist (§ 1 1 6 , 4 1 ff.). Z u r Haftprüfung bei Überhaft vgl. § 117, 8.
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OLG Düsseldorf JMB1NW 1996 138; s. auch OLG Schleswig bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2 0 0 5 257. OLG Hamburg NJW 1968 1641; vgl. auch OLG Frankfurt NStZ 1985 2 8 4 (zum Zusammentreffen von Maßregelvollzug und § 126a). Vgl. OLG Hamm NStZ 1985 93; OLG Hamburg StV 1993 489; KG StV 1996 327; SYJPaeffgen § 119, 13; Seebode (Vollzug) 96. OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 96; OLG Oldenburg MDR 1979 78; OLG Düsseldorf NStZ 1984 236; MDR
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1988 987; Thür.OLG NStZ 1997 510; a.A. wohl Schlothauer/Weider 687; OLG Hamm StV 1999 332 (bei Vollstreckung von Erzwingungshaft). OLG Hamburg NStZ 1992 206. OLG Düsseldorf JMB1NW 1957 108; s. auch KG NStZ 2 0 0 6 695; Meyer-Goßner 15. Vgl. OLG Karlsruhe StV 2 0 0 2 317; OLG Köln MDR 1994 609; OLG Koblenz NStZ 1990 102 mit Anm. Hohmann NStZ 1990 507; StV 1986 442; Hohmann NJW 1990 1649; Matt NJW 1991 1802; JA 1991 85.
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e) Rechtskraft. Ein Haftbefehl kann grundsätzlich bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils erlassen werden. Folgt man der h . M . zum Haftzweck (Rn. 1), so ist der Erlass noch nach dem Urteil allein zur Vollstreckungssicherung zulässig, 1 6 7 auch dann, wenn eine rechtskräftig verhängte Strafe nicht zu vollstrecken, wohl aber der künftige Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel zu sichern ist, gegen die Rechtsmittel eingelegt wurde. 1 6 8 Folgt man der Mindermeinung (Rn. 3), so ist ein Haftbefehl nach § 112 allein zum Zwecke der Vollstreckungssicherung unzulässig. 169
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Anordnung von Untersuchungshaft nach Rechtskraft ist grundsätzlich unzulässig (s. aber § 112, 10 ff.). Die Zulässigkeit kann nicht aus § 4 5 0 Abs. 1 abgeleitet werden. 1 7 0 Diese Vorschrift regelt nur die Anrechnung der Untersuchungshaft. Will die Staatsanwaltschaft nach Rechtskraft die Vollstreckung sichern, so muss sie - wenn erforderlich - gemäß § 4 5 7 Abs. 2 verfahren. Der Staatsanwalt kann z.B., wenn die schriftliche Urteilsformel (§ 2 6 8 Abs. 2 Satz 1) verlesen ist und allseits Rechtsmittelverzicht erklärt wurde, den Angeklagten mündlich zum sofortigen Strafantritt laden und gegen ihn, wenn er der Flucht verdächtig ist, mündlich Haftbefehl nach § 4 5 7 Abs. 2 erlassen. Auch die Vollstreckbarkeitsbescheinigung (§ 451 Abs. 1) kann sofort erteilt werden. 1 7 1
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Wird ein Urteil rechtskräftig, in dem nicht auf freiheitsentziehende Strafe oder Maßregel erkannt wird, in dem die Vollstreckung einer erkannten Freiheitsstrafe ausgesetzt wird, oder in dem festgestellt wird, dass die erkannte Freiheitsstrafe durch Untersuchungshaft verbüßt ist, so wird bestehende Untersuchungshaft unzulässig; eine Verfahrenssicherung ist nicht mehr erforderlich. Der Haftbefehl ist aufzuheben. Zur Zuständigkeit siehe § 126, 3 0 . Entsprechendes gilt, wenn ein Urteil rechtskräftig wird, in dem auf eine zu vollstreckende freiheitsentziehende Strafe oder Maßregel erkannt wird und der Angeklagte sich - trotz Bestehens eines Haftbefehls gemäß § 112 - nicht in Untersuchungshaft befindet (etwa bei Haftverschonung). Eine Aufhebung des nach der h . M . gegenstandslosen Haftbefehls auch in diesem Fall 1 7 2 - als actus contrarius erscheint schon aus dogmatischer Sicht angebracht; im Übrigen sprechen dafür Gründe der Rechtsklarheit und -Sicherheit. 173 Zu Einzelheiten, namentlich zur Entscheidung über eine Sicherheitsleistung siehe § 123, 6, § 124, 9, 10, § 126, 31. Zu nachträglichen Entscheidungen gemäß § 119 siehe § 119, 1 5 0 , 1 5 7 .
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Umstritten ist, ob Haftbefehl und Untersuchungshaft nach Rechtskraft des Urteils fortbestehen, wenn der in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte zu einer zu vollstreckenden Freiheitsentziehung (Strafe, Maßregel) verurteilt worden ist. Nach der h . M . wird in diesen Fällen der Haftbefehl mit Eintritt der Rechtskraft gegenstandslos; 174 er
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OLG Hamm NJW 1954 403; KK/Boujong § 112, 55; Meyer-Goßner § 112, 2; AKDeckers § 112, 10; LRJWendisch24 § 112, 10; Schneidewin NJW 1954 298; Schroeder J Z 1985 1028; a.A. W o / / N J W 1954 60. OLG Karlsruhe NJW 1957 312; OLG München NJW 1958 431; KK/Boujong $ 112, 55; Meyer-Goßner § 112, 2; UUWendisch24 § 112, 10; Eb. Schmidt Nachtr. I § 120, 14 (Argument aus § 124). Unklar SYUPaeffgen % 112, 49. UUWendisch24 § 112, 13. UUWendisch24 § 112, 14; vgl. Bringewat $ 451, 27 ff.
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A.A. die h.M.: eine Aufhebung kann, muss aber nicht erfolgen - vgl. KK/Boujong § 120, 22. Vgl. z.B. OLG Düsseldorf NStZ 1999 585. BVerfG StraFo 2005 416; BVerfGE 9 160; OLG Düsseldorf NStZ 1981 366; Rpfleger 1984 73; StV 1988 110 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 520; NStZ 1999 585; OLG Hamburg MDR 1977 949; NJW 1977 210; OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 100 mit Anm. Nobis·, OLG Karlsruhe MDR 1980 598; OLG Köln JMB1NRW 2 0 0 5 22; OLG Schleswig GA 1983 186; bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 97, 104; bei Lorenzen/
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
kann, muss aber nicht aufgehoben werden. Untersuchungshaft wandelt sich automatisch (ohne förmliche Einleitung der Vollstreckung) in Strafhaft (Maßregelvollzug), 175 nach einer vermittelnden Meinung in Vollstreckungshaft. Haftprüfung und -beschwerde werden in der Regel 1 7 6 gegenstandslos. 177 Nach einer anderen Meinung 1 7 8 besteht die Untersuchungshaft bis zur Einleitung der Vollstreckung zu deren Sicherung fort. Nach einer dritten Auffassung 1 7 9 ist die Fortdauer der Haft zwischen Eintritt der Rechtskraft und Einleitung der Vollstreckung rechtswidrig. Die h.M. (automatischer Eintritt von Strafhaft/Maßregelvollzug) und die vermittelnde 61 Auffassung (Vollstreckungshaft) vertreten wohl die für die Praxis brauchbarsten Lösungen. Eine Fortdauer der Untersuchungshaft ist nicht möglich. Der Haftbefehl ist gegenstandslos geworden. 1 8 0 Andererseits dürfte in der Regel ein Sicherungsbedürfnis bestehen. Materielle Rechtsgrundlage der Vollstreckung ist das Urteil. Allein die formelle Rechtsgrundlage gemäß § 451 Abs. 1 fehlt, bei der vermittelnden Lösung der Haftbefehl gemäß § 457 Abs. 2. In der Praxis dürfte dieses Problem in den meisten Fällen zu lösen sein, indem unverzüglich die Vollstreckung eingeleitet wird 1 8 1 (Rn. 58). Für die Fälle, in denen dies nicht möglich ist, sollte im Vollstreckungsrecht eine klarstellende gesetzliche Regelung über die Zulässigkeit der Fortdauer der Haft getroffen werden. 1 8 2 Die Gerichte sollten in den genannten Fällen den gegenstandslosen Haftbefehl (abgesehen von dogmatischen Erwägungen) im Interesse der Rechtsklarheit - wenigstens deklaratorisch aufheben. 183 Das wäre nur konsequent im Hinblick auf vergleichbare Fälle (Rn. 59). Zur Zuständigkeit siehe § 126, 29. Ist der Verurteilte der Auffassung, dass sich die Untersuchungshaft nicht automatisch in Strafhaft (oder Vollstreckungshaft) ver-
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Thamm SchlHA 1991 124; OLG Stuttgart Justiz 1984 213; s. auch OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 3 143; a.A. OLG Braunschweig M D R 1950 755; OLG Celle NJW 1963 2 2 4 0 ; OLG Frankfurt NJW 1979 665. S. auch die Erl. zu § 450. Vgl. dazu BGHSt 38 63; BGH bei Kusch N S t Z 1993 31; OLG Düsseldorf N S t Z 1999 585; OLG Karlsruhe NJW 1 9 6 4 1085; OLG München Rpfleger 1964 370; OLG Köln NJW 1966 1829; OLG Hamburg NJW 1977 210; M D R 1977 949; OLG Stuttgart Justiz 1979 144; OLG Schleswig bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1986 104; ähnlich: OLG Bremen M D R 1966 349; OLG Celle NJW 1963 2 2 4 0 ; N S t Z 1985 188; OLG Düsseldorf NStZ 1981 366; StV 1988 110 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1989 5 2 0 (Untersuchungshaft geht in Vollstreckungshaft über); offen gelassen durch BGHSt 2 0 65; a.A. OLG Braunschweig M D R 1950 755; OLG Frankfurt NJW 1979 665. Eingehend mit weiteren Nachweisen zur Problematik Seebode StV 1988 119 ff.; (Vollzug) 97 ff.; Bringewat § 4 5 0 , 9, 10 (Vollstreckungshaft); Linke JR 2 0 0 1 358. Vgl. Nr. 91 Abs. 1 UVollzO.
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Zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit s. § 114, 33. OLG Bremen NJW 1963 1024; M D R 1966 349; OLG Düsseldorf N S t Z 1981 366; StV 1988 110 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 5 2 0 (auch zur Frage des Rechtsbehelfs); OLG Hamburg NJW 1977 210; M D R 1977 949; OLG Karlsruhe M D R 1980 598; OLG Köln NJW 1966 1829; OLG München Rpfleger 1964 370; K K / B o u j o n g § 120, 22; Meyer-Goßner § 120, 15; § 117, 13; a.A. OLG Celle NJW 1963 2 2 4 0 (Haftbefehl ist Grundlage der Vollstreckungshaft); OLG Frankfurt NJW 1979 665 (erst nach Strafantritt). OLG Braunschweig M D R 1950 755; OLG Frankfurt NJW 1979 665; OLG Hamm JZ 1967 185; Linke JR 2 0 0 1 358; Schlothauer/ Weider 9 2 4 ff., 930. S K / P a e f f g e n § 120, 19; Seebode StV 1988 119; (Vollzug) 97 ff., 106; Ostermann StV 1993 52. BVerfG StraFo 2 0 0 5 416; BVerfGE 9 160; S K / P a e f f g e n § 120, 14, 17. Seebode StV 1988 124. SYJPaeffgen § 120, 19. SYJPaeffgen § 120, 14.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
wandelt hat, so kann er gemäß § 4 5 8 Abs. 1, § 4 6 2 Abs. 1 Satz 1 Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erheben. 1 8 4 Nr. 55 RiStBV findet in den genannten Fällen, falls die Haft als Strafhaft oder Vollstreckungshaft fortdauern soll, keine Anwendung. 62a
Für eine kurze Übergangszeit war Folge der Gegenstandslosigkeit schließlich, dass ggf. ein neuer Haftbefehl erlassen werden musste, wenn ein Wiedereintritt in das Verfahren möglich war (erfolgte), etwa wenn Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsfrist gewährt wurde. 1 8 5 Entsprechendes galt für die einstweilige Unterbringung nach § 126a. Inzwischen regelt § 4 7 Abs. 3, eingefügt durch Art. 14 Nr. 1 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes, dass - wenn die Wiedereinsetzung die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung durchbreche - Haft- und Unterbringungsbefehle sowie sonstige Anordnungen, die im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft bestanden, wieder wirksam werden. Allerdings ordnet bei einem Haft- oder Unterbringungsbefehl das die Wiedereinsetzung gewährende Gericht dann dessen Aufhebung an, wenn sich ohne weiteres ergibt, dass dessen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Andernsfalls hat das nach § 126 Abs. 2 zuständige Gericht unverzüglich eine Haftprüfung durchzuführen. Die genannte Pflicht zur Aufhebung ergibt sich grundsätzlich schon aus § 120 Abs. 1. Die Haftprüfung richtet sich nach den §§ 117 ff.
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f) Privatklage. Im Privatklageverfahren sind Untersuchungshaft und einstweilige Unterbringung ausgeschlossen. 186 Dies lässt sich schon aus § 387 Abs. 3 ableiten. Denn diese Vorschrift lässt, wenn der Angeklagte im Privatklageverfahren ausbleibt, nur die Vorführung, aber keinen Haftbefehl zu. Auch aus dem Gegensatz zu § 2 3 0 Abs. 2 kann auf die Unzulässigkeit der Untersuchungshaft im Privatklageverfahren geschlossen werden. 1 8 7 Ausschlaggebend ist aber wohl die Erwägung - die auch das gesetzgeberische Motiv für § 387 Abs. 3 sein dürfte dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der schwere Eingriff der Untersuchungshaft bei solchen Delikten ausgeschlossen ist, die zu verfolgen der Staat dem Privaten überlässt, weil kein öffentliches Interesse besteht, das von Amts wegen zu tun. Auch die einstweilige Unterbringung scheidet aus ähnlichen Erwägungen aus. Kommt Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung in Betracht, was nach der Art der Delikte ohnehin selten der Fall sein wird, liegt die Verfolgung im öffentlichen Interesse (§ 376). 1 8 8
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g) J G G . Die Anordnung von Untersuchungshaft ist grundsätzlich auch im jugendgerichtlichen Verfahren zu lässig. Allerdings führt der Haftgrund des § 112a wegen seines präventiv-polizeilichen Charakters zwangsläufig zu Schwierigkeiten. 189 Außerdem scheidet Untersuchungshaft - jedenfalls in der Regel - als unverhältnismäßig aus, wenn Jugendstrafe nicht in Betracht kommt. 1 9 0 Spezielle Regelungen zur Untersuchungshaft enthalten die §§ 68, 72, 72a J G G . § 68 Nr. 5 regelt die unverzügliche Bestellung eines
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OLG Düsseldorf StV 1988 110 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1989 5 2 0 (§ 2 3 EGGVG). S. auch Rn. 60. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 5 416; eingehend hierzu LRJGraalmann-Scbeerer § 4 6 , 15 ff.; s. auch Burhoff StraFo 2 0 0 6 60. H.M.; ausführliche Nachweise bei den Erl. zu § 387.
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Eb. Schmidt Nachtr. I § 112, 2; a.A. Sangmeister 1964 16. Vgl. die Erl. zu §$ 376, 387. Vgl. Eisenberg $ 72, 7 JGG; Eisenberg NStZ 2 0 0 3 131. Vgl. Eisenberg § 72, 3, 5 JGG; Eisenberg NStZ 2 0 0 3 131.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
Pflichtverteidigers, wenn Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung gegen einen noch nicht 18jährigen Jugendlichen vollstreckt wird. § 72, eine besondere Ausformung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, 191 betont in Absatz 1 namentlich die Subsidiarität der Untersuchungshaft gegenüber anderen jugendgerechteren Maßnahmen (vgl. z.B. § 71 J G G ) . 1 9 2 Außerdem wird darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die besonderen Belastungen des Vollzuges für Jugendliche zu berücksichtigen sind. Des Weiteren wird bestimmt, dass im Haftbefehl die Gründe anzuführen sind, warum mildere Alternativmaßnahmen nicht ausreichen und die Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist. Absatz 2 schränkt die Zulässigkeit der Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr gegen 14- und 15jährige Jugendliche ein. Absatz 5 betont das Beschleunigungsprinzip. § 72a regelt die Einschaltung der Gerichtshilfe als Haftentscheidungshilfe (Rn. 65). S. auch Nr. 77 ff. UVollzO. 5. Die Haftentscheidungshilfe ist nicht eine Institution. Sie ist ein Verfahren der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte, nämlich die auf die §§ 160, 161, 117 Abs. 3 (analog) gestützte 1 9 3 Einschaltung geeigneter öffentlicher und nichtöffentlicher Stellen. Ziel ist die Ermittlung und Nutzung der dort oder durch diese Stellen erreichbaren Erkenntnisse über die persönlichen Verhältnisse und das soziale Umfeld des Beschuldigten, um eine bessere Entscheidungsgrundlage für Haftentscheidungen zu erhalten. Das Verfahren hat sich in zahlreichen Modellversuchen der Länder bewährt. 1 9 4 Üblicherweise werden Sozialdienste der Justiz (Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe) 195 ersucht, möglich ist aber auch die Einschaltung freier Straffälligenhilfen, von Suchtberatungsstellen, freier Träger von Jugendwohnmodellen und ähnlicher vertrauenswürdiger Institutionen. Die Klärung der Persönlichkeit des Beschuldigten, seiner persönlichen Verhältnisse und des sonstigen haftentscheidungserheblichen sozialen Umfeldes mit Hilfe dieser Stellen sollte möglichst vor der Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls erfolgen; dies dürfte in vielen Fällen (trotz der Eilbedürftigkeit mancher Haftentscheidungen) bei entsprechender Voraussicht und Organisation auch möglich sein. Sie sollte jedenfalls unverzüglich erfolgen. Das Verfahren kann auch als Haftvermeidungshilfe 196 genutzt werden, nämlich um durch geeignete sozialhelfende (z.B. Beschaffung von Wohnung, Arbeitsplatz) und therapeutische Betreuungsmaßnahmen Haftgründe, namentlich Fluchtgefahr, völlig auszuräumen (§ 112, 64 ff.) oder wenigstens den Einsatz milderer Alternativen
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Vgl. z.B. O L G H a m m StV 1 9 9 6 2 7 5 .
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Vgl. O L G H a m m StV 2 0 0 2 4 3 2 ; O L G Zweibrücken N S t Z - R R 2 0 0 1 5 5 ; StV 2 0 0 2 4 3 3 ; s. auch Hotter 7 3 ff., 1 0 9 ff., 3 0 3 ff. In Betracht kommen z.B. Maßnahmen nach dem BSHG. Siehe auch §§ 3 8 Abs. 2 , 7 2 a J G G . Z u Einzelheiten Beese BewHi. 1981 7 ; Cornel (Vermeidung) 4 ff.; MSchrKrim. 1 9 8 7 6 5 ; NKrimPol. 1 9 8 9 4 1 ; StV 1 9 9 4 2 0 2 ; BewHi. 1 9 9 4 3 9 3 ; Dünkel NKrimPol. 1 9 9 4 2 0 ; StV 1 9 9 4 6 1 0 ; Eisenberg/Töth GA 1 9 9 3 2 9 3 ; Geiter 81 ff., 1 6 9 ff., 2 6 2 ff., 3 2 0 ff., 3 3 4 ff., 3 4 4 ff.; Geiter/Schuldzinski/Walter BewHi. 1 9 9 4 4 2 5 ; Hardrabt BewHi. 1 9 8 0 1 8 2 ; 1981 1; Hubert ZfJ 1 9 9 5 4 3 9 ; Jehle
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2 7 9 ; BewHi. 1 9 9 4 3 7 3 ; Kawamura BewHi. 1 9 9 4 4 0 9 ; Middelbof DVJJ-Journal 1991 4 0 0 ; Paeffgen (Dogmatik) 1 7 0 ; Scböch FS Leferenz 1 3 7 ; Schlothauer/Weider 516, 521, 6 4 9 ; Seebode in: Koop/Kappenberg 1 9 4 ; ZfStrVo. 1 9 8 8 2 6 8 ; ViUmow FS Schwind 4 6 9 . Vgl. auch den Vorschlag eines neuen § 131a im SPD-Entwurf BTDrucks. 11 6 8 8 . Anders möglicherweise bei Jugendlichen vgl. z.B. Hotter 1 9 7 ff.; Villmow/Robertz 70, 8 7 ff. 195
Z u r Gerichtshilfe siehe die Erl. zu § 1 6 0 ; Geiter 6 2 ff., 3 4 2 .
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S. auch Hotter 7 3 ff., 1 0 9 ff., 3 0 3 ff.; Mayer 3 4 ff., 351.
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(§ 116) zu ermöglichen. Die Einschaltung der genannten Stellen unterbleibt, wenn eine Gefährdung der Ermittlungen zu befürchten ist. 66
6. Nato-Truppenstatut. Die §§ 112 ff. sind auch dann anzuwenden, wenn in Ausübung deutscher Gerichtsbarkeit ein Haftbefehl gegen ein Mitglied der Stationierungsstreitkräfte ergeht und die Untersuchungshaft auf der Grundlage dieses Haftbefehls nach Art. 22 Abs. 3 des Zusatzabkommens im Gewahrsam des Entsendestaates vollzogen wird. 197 Wurde der Beschuldigte nach dem Nato-Truppenstatut aufgrund einer Haftentscheidung des Entsendestaates inhaftiert, so wird nicht deutsche Untersuchungshaft vollzogen, die 121 ff. gelten grundsätzlich nicht. 1 9 8 Zu Einzelfragen s. § 121, 9. Die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Behörden des Entsendestaates für die Fälle, in denen die Entsendebehörden die Gerichtsbarkeit ausüben, ist in Teil II, Kapitel 1, Artikel 4a des Gesetzes zum Nato-Truppenstatut näher geregelt. 199 Nato-Truppenstatut und Zusatzabkommen gelten nicht im Beitrittsgebiet. 200
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7. Anrechnung, Entschädigung. Die Untersuchungshaft ist grundsätzlich auf eine erkannte zeitliche Freiheitsstrafe und Geldstrafe anzurechnen (§ 51 StGB). 2 0 1 Art. 5 Abs. 5 EMRK regelt für den Fall rechtswidriger Festnahme oder Freiheitsentziehung einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch gegen den Staat. 2 0 2 Dieser besteht neben Ansprüchen aus dem StrEG und dem BGB. Wird der Beschuldigte nicht verurteilt, so richtet sich die Entschädigung für das „Sonderopfer" der Untersuchungshaft (Rn. 28) nach dem StrEG. 2 0 3 Außerdem kann die Anordnung oder Unterlassung einer Maßnahme nach den § § 1 1 2 ff., §§ 131 ff. einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB begründen, so etwa die Verletzung der Benachrichtigungspflicht gemäß Art. 104 Abs. 4 G G . 2 0 4 Schließlich kann im Zusammenhang mit Untersuchungshaft auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Verteidiger entstehen, 205 etwa wegen fehlerhafter Beratung. Zur Erstattung von Auslagen in Haftsachen vgl. die Erl. zu § 464a.
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8. Statistik. Die Zahl der jährlichen Haftanordnungen und die Haftdauer waren ab 1981 verstärkt Gegenstand der öffentlichen rechtspolitischen Diskussion. Die statisti-
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OLG Hamm JMB1NW 1974 166; NStZ 1981 272; OLG Koblenz NJW 1974 2193; a.A. SKIPaeffgen § 121, 4; OLG Frankfurt NJW 1973 2218; Marenbach NJW 1974 394. Zum Ausgehverbot (Restriktion) auf Grund eines Haftbefehls s. OLG Zweibrücken NJW 1975 2150; Schwenk J Z 1976 581; vgl. auch UUKühne Einl. Rn. Ε 7; Dunn NJW 1979 1747; Marenbach NJW 1978 2 4 3 4 . KKJBoujong 13. BGBl. II 1993, 2 5 9 4 . Einigungsvertrag Art. 11, Anl. I Kap. I Abschnitt I Nr. 5, 6. Vgl. Schlothauer/Weider 1122. Vgl. dazu LR/Esser Erl. zu Art. 5 EMRK; LRIGollwitzer 15 EMRK Art. 5, 130 ff.; s. auch EGMR StV 2 0 0 6 4 7 4 mit Anm. Pauly (Wegfall der Opfereigenschaft).
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S. auch EGMR NJW 2 0 0 6 1113 (keine Entschädigung für rechtmäßige Haft). Maunz/Dürig Art. 104, 43. Zum Schadensersatz, wenn ein Haftbefehlsantrag nicht gestellt wird, s. BGH NJW 1996 2 3 7 3 . Zur Amtspflichtwidrigkeit eines Haftbefehlsantrages vgl. BGH StV 2 0 0 4 330; 1998 150; LG Dortmund StV 2 0 0 5 451. Zum Schadensersatz wegen der Art des Vollzuges s. z.B. BVerfG StV 2 0 0 6 7 0 8 mit krit. Anm. Ostendorf/Nolte; BGH JR 2 0 0 4 2 9 2 mit Anm. Deiters; BGHZ 161 33; OLG Karlsruhe NJW-RR 2 0 0 5 1267; LG Hannover StV 2 0 0 3 568; LG Karlsruhe StV 2 0 0 4 550. Vgl. auch Sommer 16 sowie §119 Fn. 1. S. dazu z.B. BGH StV 2 0 0 4 661 (§ 116, Kaution); KG StV 2 0 0 5 4 4 9 ; Schlothauer/ Weider 579.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 112
sehen Angaben hierzu können zwar im Wesentlichen der Strafverfolgungsstatistik und den Geschäftsstatistiken der Justizvollzugsämter entnommen werden. Die Zahlen in diesen Statistiken besitzen jedoch nur einen begrenzten Aussagewert. Die Geschäftsstatistiken 2 0 6 erfassen zu Verwaltungszwecken den Haftbestand und die -bewegungen von Untersuchungsgefangenen zu bestimmten Zeitpunkten. Die Strafverfolgungsstatist i k 2 0 7 erfasst im Wesentlichen deliktsbezogen die jährliche Z a h l der Haftanordnungen, nebst Haftgründen und Haftdauer oder nebst Art der späteren Entscheidung, jedoch nicht die Fälle von Untersuchungshaft, in denen das Verfahren schon vor Anklageerhebung eingestellt oder die Eröffnung abgelehnt w i r d . 2 0 8 Beide Statistiken ermöglichen damit nicht eine tiefergehende, einigermaßen verlassliehe Analyse einer Veränderung der jährlichen Haftzahlen. Z w a r lässt sich z.B. über die Strafverfolgungsstatistik, soweit veröffentlicht, ermitteln, in welchen Deliktsbereichen sich Haftanordnungen oder -dauer verstärkt verändert haben und w o möglicherweise in der Haftpraxis „Änderungsspielräume" liegen k ö n n t e n . 2 0 9 Eine genauere Erforschung der Veränderung von Haftzahlen, namentlich ein Ermitteln und Erklären der Ursachen (z.B. ob: gesellschaftliche, insbesondere soziologische Änderungen; Anwachsen bestimmter Kriminalität; Änderung des Anzeigeverhaltens; verbesserte Aufklärung; „härteres Durchgreifen" der Praxis?) ist jedoch über die in den Statistiken veröffentlichten Erkenntnisse nicht möglich. 2 1 0 Unverkennbar ist aber, dass die Zahl der Haftanordnungen seit 1 9 8 9 wieder erheblich gestiegen i s t 2 1 1 (Rn. 4 8 ) .
206 Ygj Statistisches Bundesamt, Rechtspflege, Strafvollzug Qualitätsbericht Punkt 7, www.destatis.de. 2 0 7 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege, Fachserie 10, Reihe 3, Tabellen 6.1 und 6.2. Weitere Zahlen bei Stat. Bundesamt, Rechtspflege, Fachserie 10, Reihe 2.3 (Strafgerichte), z.B. Tabelle 1.1 und 6.1, sowie Reihe 2.6 (Staatsanwaltsschaften) Tabelle 5.1; s. www.destatis.de. 2 0 8 Vgl. Gebauer 44 ff. 2 0 9 Vgl. Gebauer KrimPäd. 1993 20 ff.; Hilger NStZ 1989 107 ff. S. aber Jehle (Untersuchungshaft bei Jugendlichen) 3, 9, 28, 91 (Rückgriff auf nicht publizierte Teile der Statistik). 2 1 0 Zu statistischen Einzelfragen und -ergebnissen Cornel (Vermeidung) 4; MSchrKrim. 1987 65; StV 1994 202; 1994 628; NKrimpol. 2002 42; Deckers FS Koch 151; AK/ Deckers § 112, 6, 7; Schlothauer/Weider 6; Dünkel ZfStrVo. 1985 334; NKrimPol. 1994 20; StV 1994 610; Eisenberg/Toth GA 1993 293; Gebauer 44 ff.; KrimPäd. 1993 20 ff.; StV 1994 622; Geiter 4 3 ff., 218 ff.; Hassemer StV 1984 38; Heinz BewHi. 1987 5; Heinz in: Strafrechtliche Probleme der Gegenwart (1995) 85; Hilger NStZ 1989 107; Hoch S. 155 in Jehle/Hoch; Hotter 17 ff., 30 ff.; Kühl StV 1988 355; Langner 20, 125, 129 ff., 137, 171, 191, 2 0 0 ff., 208;
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Schöch FS Lackner 991; Steinhilper ZfStrVo. 1985 140; Abenhausen 108 ff.; Amendt 21 ff.; Dessecker/Geissler-Frank 216 ff.; Hiltl 22 ff.; Jabel 46 ff.; Jehle 31, 80, 109 ff.; BewHi. 1994 373; (Untersuchungshaft bei Jugendlichen) 2, 18 ff.; Kaiser/Kerner/ Schöch 91 ff.; Kalinowsky Rechtsextremismus und Strafrechtspflegerecht 162, 176; Krümpelmann 45 ff.; Kury (Situation) 90 ff.; Seebode (Vollzug) 14 ff.; (Kolloquium) 169; in: Koop/Kappenberg 28 ff.; ZfStrVo. 1988 268; StV 1989 118; Villmow FS Schwind 469; Weinknecht 47 ff.; Wiegand StV 1983 437; Wolter (Kolloquium) 89; ZStW 93 (1981) 452; BTDrucks. 9 1735 (zu § 116); BTDrucks. 9 2 4 0 4 , S. 4; s. auch Fromme! KJ 1994 323; Münchhalffen/Gatzweiler 4 ff. Vgl. Strafverfolgungsstatistik 2 0 0 4 Tabellen 6.1, 6.2 - www.destatis.de: etwa 3 2 0 0 0 Haftanordnungen; dazu s. auch Statistik Strafgerichte 2 0 0 4 Tabelle 1.1: 110000 amtsgerichtliche Haftentscheidungen (2005: 109000); Schlothauer/Weider 6; Cornel StV 1994 202; Deckers NJW 1994 2261; Dünkel NKrimpol. 1994 20; StV 1994 610; Gebauer KrimPäd. 1993 20 (Versuch einer Analyse); s. auch Brunner/Dölling § 72, 1 JGG; Eisenberg § 72, 4 JGG; Grünbuch der Kommission Fn. 12.
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9. Reform. Eine Reform 2 1 2 des Haftrechts, insbesondere mit dem Ziel der Reduzierung 213 der Haftanordnungen und der Haftdauer, wurde lange, verstärkt ab 1982, hauptsächlich von der Anwaltschaft und im wissenschaftlichen Schrifttum, gefordert. 214 Zahlreiche Vorschläge 215 wurden unterbreitet, z.B.: -
Einrichtung einer besonderen Zulässigkeitsschwelle, Präzisierung (Einengung) der Haftgründe und stärkere Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips,
-
Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen,
-
Erhöhung des Haft-Begründungszwangs,
-
frühzeitige Überprüfung der Haftanordnung, Verbesserung der Verteidigungsmöglichkeiten und der Effektivität der geltenden Haftkontrollmittel,
-
Verbesserung der Haftalternativen,
-
zeitliche Haftobergrenze,
-
Streichung der §§ 112 Abs. 3 , 1 1 2 a , 115a.
212
Zum Vorschlag (Leitgedanken) der Europ. Kommission, Untersuchungshaft durch eine Überwachungsmaßnahme ohne Freiheitsentzug zu ersetzen, vgl. Grünbuch der Kommision Fn. 12 sowie Rn. 74; BRDrucks. 711/04; BRAK Nachrichten aus Brüssel Rs. 17/2004; BRAK Rundschreiben 105/ 2005. Zu neueren (abgelehnten) Entwürfen mit dem Ziel der Ausweitung des Haftrechts vgl. z.B. BRDrucks. 45/03; BRDrucks. 459/03 (teilw. identisch); BRDrucks. 552/04; BTDrucks. 15 3651; BTDrucks. 15 4489; 157. BTSitzg. vom 17.2.2005 Plenarprot. 15 157, S. 14747 ff.; DAV Stellungn. 29/2003. S. auch BTDrucks. 16 1110 (zu §§ 116,121,126a). Brüssow AnwBl. 1983 115; AnwBl. 1984 34; FS Koch 57 ff.; Gatzweiler StraFo 2001 187; Schlothauer StV 1984 48; Stab NJW 1983 1039; DAV-Stellungnahme Juni 1986; DAV-Pressedienst vom 23.6.1988; 9. Strafverteidigertag 1985 47; 13. Strafverteidigertag 1989 65, 274; SPD-Pressedienst 79/84 vom 22. 2. 1984; BTDrucks. 9 2404, S. 4; recht 17/1983; 83 / 1983; 11/1987; 26/1988; 42/1988; 64/1989; 69. BTSitzg. vom 11.3. 1988 Plenarprot. 11 69, S. 4685; 103. BTSitzg. vom 27.10.1988 Plenarprot. 11 103, S. 7157, 7205. Weitere Nachweise in der folg. Fn. Zu Einzelheiten, auch zur Haftpraxis, z.B.: Abenhausen, Untersuchungshaft und Massenmedien in: Jung/Miiller-Dietz (Reform) 205 ff.; ASJ-Thesen (1984); Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte (1981), Thesen 441 ff.; DAV StraFo 2000 145; Deckers FS Koch 151; AnwBl. 1983 420; NJW 1994
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2261; Fachausschuss I des Bundeszusammenschlusses für Straffälligenhilfe in: Jung/ Müller-Dietz (Reform) 6 ff.; Fülber 147; Gatzweiler StraFo 1999 325; Gebauer 26, 389 ff.; KrimPäd. 1993 20; Geiter 39; Grau NStZ 2007 10; Hermes 244 ff.; Jabel 8 ff., 20 ff., 62 ff., 203 ff.; Jehle 272; BewHi. 1994 373; Jung in: Jung/Müller-Dietz (Reform) 79 ff., 91; Koop in: Koop/Kappenberg 9 ff.; Krauß in: Müller-Dietz Strafrechtsdogmatik und Kriminalpolitik (1971) 176; Kropp ZRP 2005 96; Kury (Situation) 88 ff.; Müller-Dietz (Kolloquium) 219 ff.; StV 1984 79 ff.; Paeffgen (Dogmatik) 206 ff.; (Kolloquium) 113 ff.; Schöch FS Lackner 992 ff; Seebode (Vollzug) 43 ff.; (Kolloquium) 169; in: Koop/Kappenberg 28 ff., 177 ff.; ZfStrVo. 1988 268; StV 1989 118; Weinknecht 227, 276; Wolter (Aspekte) 40 ff.; (Kolloquium) 89 ff.; ZStW 93 (1981) 452; Böhm FS Dünnebier 677 ff.; Cornell (Vermeidung) 4 ff.; MSchrKrim. 1987 65 ff.; StV 1994 202; Danckert BRAK-Mitt. 1988 116; Dünkel ZfStrVo. 1985 334; NKrimpol. 1994 20; StV 1994 610; Eisenberg/Toth GA 1993 293; Gropp J Z 1991 804; Hassemer AnwBl. 1984 64; Heinz BewHi. 1987 5; Kraushaar NStZ 1996 528; Kühl StV 1988 355; Matt]A 1991 85; Schlothauer StV 1984 48; Schubarth AnwBl. 1984 69 ff.; Steinhilper ZfStrVo. 1985 140; Villmow FS Schwind 469; LBJWendisch24 Vor § 112, 14 ff.; AK/Deckers § 112, 38. Zu § 126a siehe das dort angegebene Schrifttum. Vgl. auch den Entwurf von Mindestgrundsätzen der VN für das Strafverfahren in ZStW 105 (1993) 668. Zur Haftpraxis auch Rn. 47.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Vor § 1 1 2
Dazu wurden Gesetzentwürfe 2 1 6 vorgelegt, auch ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz. 2 1 7 Inzwischen ist es zu dem Thema: „Reform zur Haftreduzierung" stiller geworden, obwohl die Haftzahlen nach wie vor hoch sind (Rn. 68). Dringend erforderlich ist auch eine gesetzliche Regelung des Untersuchungshaftvollzuges. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung (anstelle der UVolIzO), die den Vollzug - wenn auch in Generalklauseln, aber präziser als § 119 - im Einzelnen regelt, folgt schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen. 2 1 8 Entwürfe 2 1 9 hierzu liegen schon länger vor. Zuletzt scheiterten - im Wesentlichen am Widerstand der Länder - ein Regierungsentwurf (BRDrucks. 2 4 9 / 9 9 ) 2 2 0 sowie ein Referentenentwurf des B M J vom 22.9. 2004.221
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Die Gesetzgebungskompetenz liegt jetzt gemäß Art. 7 0 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 G G 2 2 2 bei den Ländern. Es ist zu befürchten, dass dies die Verabschiedung im Wesentlichen einheitlicher gesetzlicher Regelungen nicht gerade beschleunigen und eher zu in wesentlichen Punkten unterschiedlichen Regelungen in den Ländern führen wird. § 1 1 9 StPO gilt jedenfalls derzeit gemäß Art. 125a Abs. 1 G G als Bundesrecht weiter, kann aber durch Landesrecht ersetzt werden.
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Auch der Vollzug der einstweiligen Unterbringung (§ 126a) bedarf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Regelung, denn derzeit verweist § 126a Abs. 2 Satz 1 nur auf den verfassungsrechtlich unzureichenden § 119. Hinzu kommt, dass die Verweisung leer läuft, wenn § 119 aufgehoben und gemäß Art. 70, 125a G G durch landesrechtliche Regelungen ersetzt wird; für diesen Fall muss das Landesrecht (Gesetzgebungskompetenz: Art. 7 0 Abs. 1 GG) auch verfassungsgemäße Regelungen für den Vollzug nach § 126a vorsehen.
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10. Darüber hinaus haben politische Europäische Initiativen das Ziel, nicht nur konkrete Mindeststandards für Anordnung und Vollzug der Untersuchungshaft festzulegen,
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Entwurf des Arbeitskreises Strafprozessreform 1983; Entwurf der SPD-Fraktion BTDrucks. 11 688 vom 11.8.1987; wistra 1987 Heft 8 S. IX; wistra 1988 Heft 5 S. V; Entwurf der Fraktion Die Grünen BTDrucks. 11 2181 vom 21.4.1988 sowie 11 1403 vom 1.12.1987; wistra 1988 Heft 5 S. VIII; s. auch BRDrucks. 326/93 (zu § 121 Abs. 1). Rössner J Z 1988 116 ff.; Seebode in: Koop/ Kappenberg 177 ff.; Siegert wistra 1988 Heft 6 S. V; Jabel 216 ff.; BRAK-Mitt. 1988 185; DAV-Stellungnahme Juni 1986. Vgl. z.B. Baumann JZ 1990 107; Böhm FS Dünnebier 677; Kaiser FS JurGes. Berlin 299; Müller-Dietz StV 1984 79; (Kolloquium) 235; Rössner JZ 1988 116; Rotthaus FS Rebmann 401; Roxin § 30, 43; Hetzer 73; Jehle 272 ff.; Paeffgen/Seebode ZRP 1999 524; Poltähne Recht Sc Psychiatrie 2003 67; Wollweber ZRP 1999 405; § 119, 9; zur Vollzugspraxis s. auch Dünkel 363; Deckers/Püschel NStZ 1996 419; Eisenberg/
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Totb GA 1993 293; Jeble 176 ff.; Kury (Prognose) 87, 297, 781; Seebode (Vollzug) 111 ff.; in: Koop/Kappenberg 28 ff.; ZfStrVo. 1988 268; (Kolloquium) 169; Steinhilper in: Koop/Kappenberg 79 ff.; vgl. auch BTDrucks. 11 6875 sowie die Beiträge bei Schöch: Untersuchungshaft im Übergang. Nachweise z.B. bei Baumann JZ 1990 107; Kaiser FS JurGes. Berlin 299; Rössner JZ 1988 116; in: Koop/Kappenberg 156 ff.; Seebode StV 1989 120; in: Koop/Kappenberg 28 ff.; 9. Strafverteidigertag 1985 52. S. dazu z.B. Paeffgen/Seebode ZRP 1999 524 ; Wollweber ZRP 1999 405; Stellungnahme des DAV vom Juni 2001 Rundschrei ben Nr. 27/2001; Schlothauer/Weider 960; Müncbhalffen/Gatzweiler 438 ff. Vgl. Rundschreiben der BRAK vom 28.9.2004 Nr. 508/2004. Vgl. Art. 1 Nr. 7 a), aa) des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8. 2006 (BGBl. I S. 2034).
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
sondern auch, die Zahl der Anordnungen von Untersuchungshaft (ultima ratio) zu reduzieren und, soweit eine Verfahrenssicherung erforderlich ist, Haft durch Alternativen zu ersetzen. 223 Besondere Bedeutung dürfte insoweit dem Kommissionsvorschlag eines Rahmenbeschlusses des Rates über die Europäische Überwachungsanordnung in Ermittlungsverfahren innerhalb der EU zukommen; die Kommission will sicherstellen, dass die Strafverfolgung gegen im Ausland lebende Beschuldigte weitgehend ohne Untersuchungshaftvollzug gesichert wird. 2 2 4
§ 112 (1) *Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. 2Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht. (2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen 1. festgestellt wird, dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, 2. bei Würdigung der Umstände des Einzelfalls die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder 3. das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde a) Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder b) auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder c) andere zu solchem Verhalten veranlassen, und wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr). (3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 211, 212, 226, 306b oder § 3 0 6 c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 3 0 8 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
Schrifttum Anagnostopoulos Haftgründe der Tatschwere und der Wiederholungsgefahr (§§ 112 Abs. 3, 112a StPO) (1983); Benfer Der Haftgrund „Fluchtgefahr", Die Polizei 1983 81; Böhm Auswirkungen des Zusammenwachsens der Völker in der Europäischen Gemeinschaft auf die Haftgründe des § 112 II StPO, NStZ 2 0 0 1 633; Dahs sen. Untersuchungshaft wegen „erkennbarer Absicht" der Ver-
223 Ygj die Empfehlungen des Europarates, insbes. Ree (2006)13 - Empfehlung des Ministerrats vom 29.8.2006 (www.coe.int): BMJ (Hrsg.) Freiheitsentzug - Die Empfehlungen des Europarates 1 9 6 2 - 2 0 0 3 ; Esser (Initiativen) 233.
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KOM (2006) 4 6 8 endg.; Ratsdok. 12367/ 06; BRDrucks 654/06; s. auch Grünbuch der Kommission Fn. 12; eingehend dazu mit weiteren Nachweisen - Esser (Initiativen) 233.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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dunkelung, NJW 1965 889; ders. Apokryphe Haftgründe - Erwartung einer hohen Strafe = Fluchtgefahr; Charakter der Straftat = Verdunkelungsgefahr, FS Dünnebier 227; ders. Der Haftgrund der Fluchtgefahr, AnwBl. 1983 418; ders./Riedel Ausländereigenschaft als Haftgrund? StV 2003 416; Deckers Die Vorschrift des § 112 Abs. 3 StPO, sogenannter „Haftgrund der Tatschwere", AnwBl. 1983 420; Dreves Der dringende Tatverdacht im Haftbefehl, DRiZ 1966 368; Dünnebier Untersuchungshaft bei Verbrechen wider das Leben, NJW 1966 231; Fiegenbaum/Raabe Verhandlungs-, Haft- und Schuldfähigkeit bei Patienten mit Angst- bzw. Panikstörungen, StraFo 1997 97; Franzheim Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr bei Wirtschaftsstrafsachen, GA 1970 109; Fröhlich Fluchtprognose durch Strafprognose? NStZ 1999 331; Gärtner Untersuchungshaft zu Sicherung der Zurückgewinnungshilfe? NStZ 2005 544; Gatzweiler Haftunfähigkeit, StV 1996 283; Geppert Vorläufige Festnahme, Verhaftung, Vorführung und andere Festnahmearten, Jura 1991 269; Gercke Der Haftgrund der Fluchtgefahr bei EU-Bürgern, StV 2004 675; Habenicht Englische Haftpraxis und Haftgrund der Verdunkelungsgefahr, JR 1964 401; Haberstroh Voraussetzungen und Vollzug der Untersuchungshaft, Jura 1984 225; Hamm Zur Prognosegenauigkeit der Haftentscheidungen, StV 1986 499; Happel Aufhebung des Haftbefehls nach § 121 StPO, StV 1986 501; Härtung Krankheit und Untersuchungshaft, JR 1925 928; Hausen Zum Haftgrund der Fluchtgefahr, Die Polizei 1983 65; Heidig/Langner Haftbefehl bei Verstoß gegen das Ausländergesetz, StraFo 2002 156; Helmken Bedingte Fluchtgefahr: Scheinproblem oder Regelungslücke im Bereich der Haftgründe des § 112 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 StPO? MDR 1984 532; Hermes Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr im deutschen Strafverfahren (1992); Kanka Untersuchungshaft bei Mord, Totschlag und Völkermord, NJW 1966 428; Kastendieck Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft, Diss. Göttingen 1965; Koch Begründungstatsachen der Haftgründe „Flucht" und „Sichverborgenhalten", NJW 1968 1711; König/Settz Die straf- und strafverfahrensrechtlichen Regelungen des Verbrechensbekämpfungsgesetzes, NStZ 1985 1; Kohnke Die Neuformulierungen zum Haftrecht im StPÄG 1964, Diss. Heidelberg 1972; Krekeler Zum Haftgrund der Verdunkelungsgefahr, insbesondere bei Wirtschaftsdelikten, wistra 1982 8; Kühne Die Definition des Verdachts als Voraussetzung strafprozessualer Zwangsmaßnahmen, NJW 1979 617; Lemme Apokryphe Haftgründe im Wirtschaftsstrafrecht? wistra 2004 288; Löchner Politische Verteidigung in Verfahren gegen terroristische Gewalttäter, FS Rebmann 303; Löwenstein Die Haftunfähigkeit, JW 1925 1458; v. Münch Greise vor Gericht, JZ 2004 184; Münchhalffen Apokryphe Haftgründe in Wirtschaftsstrafverfahren, StraFo 1999 332; dies. Tendenzen in der neueren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Untersuchungshaft in Wirtschaftsstrafsachen, FS Rieß 347; dies. Behinderung der Verteidigung bei Untersuchungshaft, StraFo 2003 150; Naujok Kann eine (hohe) Straferwartung zur Begründung der Fluchtgefahr i.S.d. § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO beitragen? StraFo 2000 79; Neumann Zum Entwurf eines Verbrechensbekämpfungsgesetzes, StV 1994 273; Oppe Der unbenannte Haftgrund des § 112 Abs. 4 StPO, NJW 1966 93; ders. Das Bundesverfassungsgericht und der Haftgrund des § 112 Abs. 4 StPO, MDR 1966 641; Park Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, wistra 2001 247; Rüping Zur Verhältnismäßigkeit der Haft im Steuerstrafverfahren, wistra 2000 11; Rupprecht Verfassungsrechtsprechung zur Untersuchungshaft, NJW 1973 1633; Schmidt-Leichner Untersuchungshaft und Grundgesetz, NJW 1966 425; Schreiber/Schilasky Zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr, Kriminalistik 1969 393; Schwenn Straferwartung - Ein Haftgrund? StV 1984 132; Seetzen Zur Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft, NJW 1973 2001; Strafrechtsausschuß des DAV Zum Entwurf eines Kriminalitätsbekämpfungsgesetzes, StV 1984 153; Theile Apokryphe Haftgründe in Wirtschaftsstrafverfahren, wistra 2005 327; Wagner Zur Anordnung von Untersuchungshaft in Ladendiebstahlsverfahren, NJW 1978 2002; Weihrauch Anpassung des Haftgrundes der Tatschwere an die Rechtsprechung des BVerfG, ZRP 1988 119.
Entstehungsgeschichte. Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 enthalten im Kern Recht, das seit Erlass der Strafprozessordnung in Geltung war. Die Fassung von Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1 beruht auf Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964. Dieses Gesetz gebrauchte auch s o w o h l für die Flucht- als auch für die Verdunkelungsgefahr die Wendung, dass „auf Grund bestimmter Tatsachen" eine bestimmte „Gefahr" bestehe. Bei der Verdunkelungsgefahr wurde zudem auf die Absicht des Beschuldigten abgestellt, die in Absatz 2 Nr. 3 aufgeführten Verdunkelungshandlungen vorzunehmen.
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Durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1972, dem die jetzige Fassung von Absatz 2 Nr. 2 und 3 sowie Absatz 3 entstammt, wurden die Haftvoraussetzungen wieder gelockert und der alte Absatz 3 (Wiederholungsgefahr bei gewissen Sittlichkeitsverbrechen) erweitert und als § 112a aufgeführt. Der jetzige Absatz 3 war als Absatz 4 durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 eingefügt worden. Er erhielt durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 7.8.1972 grundsätzlich die jetzige Fassung. Durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 18.8.1976 - BGBl. I 2181 - wurde in den Katalog der Straftaten § 129a Abs. 1 StGB eingefügt, durch Art. 4 Nr. 3 des VerbrbekG § 225 und § 307 StGB. Durch Art. 3 Nr. 2 des 6. StRG wurde in Absatz 3 die Angabe „§ 225 oder § 307" durch die Angabe „§ 226, 306b oder § 306c" und die Angabe „§ 311 Abs. 1 bis 3" durch die Angabe „§ 308 Abs. 1 bis 3" ersetzt. Durch Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches vom 26.6.2002 (BGBl. I S. 2254) wurde des Weiteren die Angabe „220a Abs. 1 Nr. 1, §§" durch die Angabe von § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches ersetzt. Durch Art. 3 Nr. 3 des 34. StRÄndG wurde in Absatz 3 der Hinweis auf § 129b StGB eingefügt. Schließlich wurde durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2836) in Absatz 3 nach § 129a Abs. 1 „oder Abs. 2 " eingefügt. Die letztgenannten Änderungen folgen Änderungen im Strafgesetzbuch.
Übersicht Rn. I. Reichweite der Vorschrift 1. Abschließende Regelung 2. Verhältnis zur Ungehorsamshaft . . . . 3. Rechtskraft a) Untersuchungshaft im Wiederaufnahmeverfahren b) Sicherungshaft nach § 453 c . . . . 4. Sonstiges
Rn.
1 5
10
3. 4.
11 13 14
c) Selbstmordgefahr d) Einwirkungen auf den Körper . . . e) Straferwartung Verdunkelungsgefahr (Absatz 2 Nr. 3) Verdunkelungshandlungen a) Grundsatz b) Vernichten von Beweismitteln . . . c) Einwirken auf Zeugen d) Veranlassung eines anderen Haftgrund der Schwerkriminalität . . Apokryphe Haftgründe
II. Voraussetzungen der Untersuchungshaft (Absatz 1 Satz 1) 1. Überblick 2. Dringender Tatverdacht 3. Tatsachengrundlage 4. Gefahr (Absatz 2 Nr. 2, 3) 5. Dringender Verdacht (Absatz 2 Nr. 3) .
15 16 22 25 27
IV. Verhältnismäßigkeit (Absatz 1 Satz 2) 1. Allgemeines 2. Einzelfragen 3. Subsidiarität
III. Fortsetzung, Haftgründe (Absätze 2 und 3) 1. Flucht (Absatz 2 Nr. 1) 2. Fluchtgefahr (Absatz 2 Nr. 2) a) Begriff b) Entziehungshandlungen
28 28 32 34
V. Sonstiges 1. Haft- und Verhandlungsunfähigkeit a) Haftunfähigkeit b) Verhandlungsunfähigkeit 2. Gesamtwürdigung
5. 6.
Alphabetische Übersicht Ausland 29, 33a, 36, 38 Aussetzung 20 Bedeutung der Sache 56, 58 Berufung 33 Beschwerdegericht 20 Besprechung mit Zeugen 48 Beweislastumkehr 53
44
Beweiswürdigung 21, 26 Einwirken auf Beweismittel 46, 48 Einwirkungen auf den Körper 32, 38 Erfahrungen 20, 21, 24, 39 Erkrankungen 38, 68, 72 Ermessen 74 Ermittlungen 20
Hans Hilger
37 38 39 41 44 44 46 48 49 51 54 55 62 64
. .
68 68 71 74
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Schweigen des Beschuldigten 21, 42 Selbstmord 37 Sicherungshaft 13 Spannungsverhältnis 55, 72 Spezialbestimmungen 6 Strafantrag 14 Subsidiarität 9, 33, 55, 64, 66 Terminsladung 33 Übermaßverbot 62 Umwandlung des Haftbefehls 6 Ungehorsam 29, 33 Ungehorsamshaft 5 Unschuldsvermutung 58, 59 Verdunkelungshandlungen 42, 45 Verfahrenshindernis 14, 71 Verhältnismäßigkeit 2, 9, 17, 38, 55, 61, 68 Vermutungen 22, 53 Vollzugsunfähigkeit 69 Vorführung 6, 33 Wahrscheinlichkeit 17, 25, 26, 27, 34, 41, 72 Widerruf der Strafaussetzung 40 Wiederaufnahme 11
Festnahme 3 Freibeweis 20 Gerichtsverwertbarkeit 21 Haftalternativen 66 Haftanordnungspflicht 74 Haftgründe 22, 31, 53, 54 Haftunfähigkeit 68 Haftvoraussetzungen 2 , 4 , 1 5 , 22, 60 Hauptverhandlung 20 Hauptverhandlungshaft 13, 33, 54 Hohes Alter 72 Indizien 19, 21, 36, 39, 43 Jugendsachen 67 Lebensgefährdung 37, 68 Menschenwürde 68 Missbrauch des Haftrechts 54 Parallelverfahren 40 Persönliche Verhältnisse 34, 39, 43, 57 Prognose 17,45, 59, 72 Rechtsfolgenerwartung 24, 39, 56, 59, 62, 63 Rechtsfragen 18 Schuldschwere 58 Schwangerschaft 70
I. Reichweite der Vorschrift 1. Abschließende Regelung. Die sachlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft 1 sind in §§ 112, 112a, 127b abschließend aufgeführt und in § 113 begrenzt. Flucht (Absatz 2 Nr. 1), Fluchtgefahr (Absatz 2 Nr. 2), Verdunkelungsgefahr (Absatz 2 Nr. 3) und Wiederholungsgefahr (§ 112a) werden als Haftgründe bezeichnet; zu § 127b s. dort Rn. 5, 9. Sie schließen eine Erweiterung aus; weder der Erlass eines Haftbefehls noch die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft darf daher über den eigentlichen Haftgrund hinaus mit zusätzlichen Erwägungen mit dem Hinweis auf deren mögliche Auswirkungen auf den Beschuldigten begründet werden 1 (s. auch Rn. 54). Etwas anders gelagert ist der Fall des Absatzes 3 (Verbrechen wider das Leben), wo das Wort „Haftgrund" ausdrücklich vermieden wird. Das kann Bedeutung für den Inhalt des Haftbefehls (§114, 16) haben. Dringender Tatverdacht und Haftgrund gehören zu den insgesamt drei (sachlichen) 2 Voraussetzungen der Untersuchungshaft (§ 120 Abs. 1 Satz 1). Sie rechtfertigen die Haft nur, wenn diese nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung steht (§ 112 Abs. 1 Satz 2; § 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz). Ein zusammenfassender Ausdruck, der auch diese „negative Voraussetzung" einbezieht, fehlt in § 112, der sich schon (aber nicht allein) dadurch in der Ausdrucksweise als recht kompliziert und missverständlich abgefasst erweist (vgl. Rn. 60). Der zusammenfassende Begriff „Voraussetzungen eines Haftbefehls" findet sich erst in § 127 Abs. 2, § 127a, Abs. 1, § 132 Abs. 1 (§ 132, 5) und - in etwas komplizierterer Form („Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls") - in § 112a Abs. 2 für den speziellen Fall der Subsidiarität gegenüber § 112.
1
Cornel StV 1994 202; Oehler JR 1983 515; s. auch OLG Köln StV 1989 486.
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Die sachlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft gelten auch für die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 (§ 127, 37). Die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 1 ist dagegen auch bei weniger strengen Voraussetzungen zulässig (§ 127, 21). Zu § 127b Abs. 1 s. § 127b, 17.
4
Formelle Voraussetzung (Vor § 112, 45) der Untersuchungshaft ist ein schriftlicher Haftbefehl „des Richters" (§ 114), wobei unter Richter auch ein Kollegialgericht zu verstehen ist ($ 125 Abs. 2, § 126 Abs. 2).
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2. Verhältnis zur Ungehorsamshaft. Für die sog. Ungehorsamshaft (§ 2 3 0 Abs. 2, § 236, je zweite Alternative) gilt von den sachlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft (Rn. 2) nur der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.2 Allerdings wird er mehr bei der Auswahl der drei Zwangsmaßnahmen (Rn. 9) eine Rolle spielen als bei der Abwägung zu der Bedeutung der Sache und zu der Sanktion, die zu erwarten ist, wenn auch diese Abwägung bei der Auswahl mit zu berücksichtigen ist. Unmittelbar wird er seltener Anwendung finden als bei der Untersuchungshaft. Denn die Ungehorsamshaft endet mit der Hauptverhandlung;3 sie wird daher häufig kurz sein. Freilich können die Art des Delikts und die zu erwartende Strafe auch einen Haftbefehl der genannten Art ausschließen mit der Folge, dass - wie bei § 113 - das Delikt u.U. unverfolgt bleibt.
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Abgesehen davon ist die Ungehorsamshaft von den sachlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft ebenso unabhängig wie der Vorführungsbefehl (§ 2 3 0 Abs. 2, § 236, je erste Alternative). Die genannten Vorschriften sind gegenüber § 112 und § 134 Abs. 1 Spezialbestimmungen. Die Ungehorsamshaft hat ihre Grundlage in dem Ungehorsam des Angeklagten gegenüber einer Ladung (§ 230 Abs. 2) oder Anordnung (§ 236) und in der Aufklärungspflicht des Gerichts. Voraussetzung ist nur die ordnungsgemäße Ladung und das unentschuldigte Ausbleiben. 4 Die Haftgründe spielen bei ihr keine Rolle. Ebenso wird kein dringender Tatverdacht gefordert, vielmehr genügt der in der Eröffnung des Hauptverfahrens zum Ausdruck kommende hinreichende Verdacht (§ 203). Ein auf § 230 Abs. 2 gestützter Haftbefehl kann deshalb auch nicht auf eine Beschwerde des Angeklagten vom Beschwerdegericht als Haftbefehl nach § 112 aufrechterhalten werden. 5
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Nähme man eine Geltung des § 112 an, wären die Sondervorschriften überflüssig. Denn wenn die Haftgründe des § 112 vorliegen, kann auch das erkennende Gericht einen Haftbefehl erlassen (§ 125 Abs. 2). § 230 Abs. 2 und § 236, je 2. Alternative, wären dann inhaltslose Verweisungsvorschriften. Dass sie das sein sollten, wird durch folgende Überlegung widerlegt: Der Angeklagte entzieht sich dem Verfahren noch nicht, wenn er Ladungen keine Folge leistet, sondern erst, wenn er auch für Zwangsmaßnahmen nicht zur Verfügung steht; der bloße prozessuale Ungehorsam ist kein Entziehen (Rn. 33; § 124, 17). Wer also auf Ladung ausbleibt, kann nicht mit einem Haftbefehl nach § 114 überzogen werden. Es ist aber ausgeschlossen anzunehmen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit preisgeben wollte (und konnte), auf die Hauptverhandlung und damit auf den Fortgang des Verfahrens dann zu verzichten, wenn sich der Angeklagte nur einem bestimmten Termin (ggf. mehrfach) entzieht, nicht aber dem ganzen Verfahren. Demzufolge können die Haftbefehle des § 230 Abs. 2 und des § 236 nicht von den Haftgründen des § 112 abhängen. Auch die Motive 6 bringen die „Zwangsmaßregeln des § 193
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BVerfGE 32 93. Hahn Mat. 1 187; h.M. OLG Celle NdsRpfl. 1963 238; OLG Karlsruhe MDR 1980 868.
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OLG Karlsruhe MDR 1980 868; OLG Köln NStZ-RR 2 0 0 6 23. Hahn Mat. 1 187.
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§ 112
Abs. 3 " (jetzt § 2 3 0 Abs. 2) nicht mit den Haftgründen des § 112 in Verbindung, sondern stellen allein auf das Erfordernis ab, den Angeklagten während der Verhandlung anwesend zu haben. Die drei Zwangsmaßnahmen (Vorführung, Ungehorsamshaftbefehl und Haftbefehl nach § 114) stehen zunächst in einem zeitlichen Verhältnis: Der Ungehorsamshaftbefehl kann erst in Betracht kommen, wenn eine Hauptverhandlung anberaumt war und der Angeklagte nicht erschienen ist. 7
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Weiter ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität folgendes Verhältnis: Wenn irgend möglich, ist das am wenigsten einschneidende Mittel der Vorführung zu wählen. 8 Die Vorführung ist in der Regel auch zunächst zu versuchen, doch braucht das Gericht das nicht zu tun, wenn die Unsicherheit, dass der Vorführungsbefehl genügen werde, größer ist als die Erwartung, er werde zum Erfolge führen. 9 Ist zu erwarten, dass der Angeklagte am Vorführungstag mit großer Sicherheit nicht zu Hause zu erreichen sein werde, hat er seinen Aufenthalt mehrfach gewechselt, besteht aber Anlass zu der Annahme, dass er sich nicht dem ganzen Verfahren, sondern nur dem Termin entziehen will, dann ist Haftbefehl nach § 2 3 0 Abs. 2, § 2 3 6 zu erlassen. Für einen Haftbefehl nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 ist erst Raum, wenn die Gefahr besteht, dass sich der Angeklagte dem ganzen Verfahren entziehen wolle. Liegen die sonstigen Haftgründe vor, scheiden § 2 3 0 Abs. 2 und § 2 3 6 aus. Zur Anwendbarkeit der weiteren Vorschriften des Haftrechts s. Vor § 1 1 2 , 1 2 .
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3. Rechtskraft. Untersuchungshaft kann grundsätzlich (nur) bis zur Rechtskraft des Urteils angeordnet werden (zu Einzelfragen s. Vor § 112, 5 7 ff.). Auf zwei Sonderfälle sei jedoch hingewiesen. In beiden läuft nach der Rechtskraft eine neue Untersuchung; sie rechtfertigt die Haft, die im ersten Fall Untersuchungshaft ist, im zweiten Sicherungshaft, in der der Verhaftete wie ein Untersuchungshäftling behandelt wird. 1 0
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a) Der erste Fall ist die Untersuchungshaft im Wiederaufnahmeverfahren. Hierzu ist gelegentlich die Auffassung vertreten worden, sie sei erst zulässig, wenn die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet (§ 3 7 0 Abs. 2) und dadurch das erste Urteil beseitigt worden sei. 1 1 Aus § 120 Abs. 1 Satz 2 ist das jedoch nicht abzuleiten; dessen Schranke gegen einen neuen Haftbefehl wird vielmehr gerade durch neue Tatsachen und Beweismittel beseitigt (§ 120, 38). Diese sind stets Voraussetzungen der Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten (§ 359). Auch sonst sind keine Gründe gegen eine Untersuchungshaft für das Beweisverfahren ersichtlich, das dem Beschluss aus § 3 7 0 Abs. 2 vorausgeht. Sie ist vielmehr gegen den Angeklagten, zu dessen Ungunsten die Wiederaufnahme betrieben wird, statthaft, sobald der Antrag für zulässig befunden worden ist (s. die Erl. zu § 369).
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Hat das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet (§ 3 7 0 Abs. 2), wird das Verfahren wieder rechtshängig. 1 2 Für die Untersuchungshaft gelten dann die allge-
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OLG Hamm NJW 1972 653; OLG Karlsruhe NJW 1972 2099. S. auch OLG Hamm StV 1996 159 (Unzulässigkeit eines Haftbefehls, wenn bei ordnungsgemäßem Verfahren ein Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 hätte ergehen können). BVerfGE 32 93; OLG Düsseldorf NStZ 1990
295; SKJSchlüchter § 230, 16. S. auch LG Zweibrücken NJW 1996 737; Michel MDR 1991 933 (zu § 329). 9 Kühne DRiZ 1963 179. 10 BTDrucks. 7 551, S. 98. 11
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Lobe/Alsberg
III 2.
BGHSt 14 64.
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meinen Vorschriften (§ 125 Abs. 2). Bei der Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten sind neue Tatsachen und Beweismittel, die einen neuen Haftbefehl rechtfertigen würden, allerdings kaum denkbar. Denn in diesem Fall werden sie nicht vorgebracht, um den Schuldspruch zu stützen, sondern um ihn zu beseitigen. Demgemäß kommt, wenn das Verfahren zugunsten des Verurteilten wieder aufgenommen wird, keine Untersuchungshaft in Betracht. 13
b) Den anderen Fall eines Haftbefehls, der nach Rechtskraft des Urteils zulässig ist, bildet die Sicherungshaft13 nach § 453c. Sie ist zulässig gegen einen Straftäter, der zu Freiheitsstrafe unter Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung (§ 56 Abs. 1 und 2, § 56e, § 5 7 Abs. 1 und 2 StGB) verurteilt worden ist, wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Aussetzung widerrufen wird. Hier kann der Richter, um sich der Person des Verurteilten während der Vorbereitung seiner Entscheidung zu versichern, vorläufige Maßnahmen treffen, notfalls unter den Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 (Flucht und Fluchtgefahr) - nicht § 112a (Wiederholungsgefahr) - einen Haftbefehl erlassen. Für diesen gelten die §§ 114 bis 115a und § 119 entsprechend, nicht aber die Bestimmungen über die Haftverschonung (§ 116 und dazu §§ 123, 124) und die Haftprüfung (§§ 117 bis 118b, §§ 121 bis 122b). Wegen weiterer Einzelfragen s. die Erl. zu § 453c.
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4. Sonstiges. Ist anzunehmen, dass (wahrscheinlich) Strafaufhebungsgründe vorliegen oder nicht behebbare Verfahrenshindernisse eingreifen (z.B. Verjährung), deshalb also voraussichtlich die Verurteilbarkeit wegen der Tat ausgeschlossen ist, so fehlt nach h.M. normativ der dringende Tatverdacht im Sinne von § 112. 1 4 Ist von vornherein unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen, dass ein erforderlicher Strafantrag gestellt werden wird, soll aus dem gleichen Grund der Erlass eines Haftbefehls unzulässig sein. 15 Im Ergebnis ist dem zuzustimmen. Jedoch ist der Grund hierfür, nämlich der erweiternde Einbezug außerhalb der Tat liegender Kriterien in den Begriff des dringenden Tatverdachts (Rn. 17) weder semantisch noch dogmatisch überzeugend und auch nicht erforderlich. Der Haftbefehl darf vielmehr in diesen Fällen nicht ergehen, weil er nicht erforderlich ist; es fehlt also ein Element des Verhältnismäßigkeitsprinzips. 16
Π. Voraussetzungen der Untersuchungshaft (Absatz 1 Satz 1) 15
1. Überblick. Materielle Voraussetzungen der Untersuchungshaft und damit zugleich eines Haftbefehls sind (Absatz 1 Satz 1 und 2) der dringende Tatverdacht (Rn. 16 ff.), ein Haftgrund (Rn. 28 ff.; § 112a, 6, 9, 15), im Falle des Absatzes 3 gewisse Umstände
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BTDrucks. 7 5 5 1 , S. 9 8 . O L G Bremen StV 1 9 9 0 2 5 ; O L G München StV 1 9 9 8 2 7 0 ; StraFo 1 9 9 8 2 0 8 (keine Geltung deutschen Strafrechts); SYJPaeffgen 6; (Kolloquium) 115; Kleinknecht/Janischowsky 16; Langner 4 0 ; vgl. auch Hindte 1 9 4 . Ähnlich wie hier L G H a m b u r g StV 1 9 9 6 3 8 9 (zu § 3 7 Abs. 1 B t M G ) . S. auch O L G Dresden StV 2 0 0 1 5 1 9 mit Anm. Hübel (zur Zeit nicht behobenes Verfahrenshindernis der
Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes); LG Bielefeld StV 2 0 0 6 6 4 2 . 15
Kleinknecht/Janischowsky N J 1 9 9 2 3 3 6 Fn. 9.
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S. aber B G H Beschl. vom 2 3 . 8 . 2 0 0 1 - 2 StE 1 1 / 0 0 - mit krit. Anm. Gaede StraFo 2 0 0 2 9 8 (probl. Berücksichtigung auch verjährter Taten bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit).
Hans Hilger
17;
Sommermeyer
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(Rn. 53) sowie die Verhältnismäßigkeit der Haftanordnung unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel (Vor § 112, 45; Rn. 2, 55). Der Wortlaut der Vorschrift bringt dies allerdings nicht (ebensowenig § 120 Abs. 1) mit der wünschenswerten Klarheit zum Ausdruck (Rn. 60). 2. Der dringende Tatverdacht muss sich darauf erstrecken, dass der Beschuldigte eine 1 6 Straftat als Täter oder mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 StGB) oder als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) begangen oder versucht (§ 22 StGB) oder dass er den Täter zu dessen vorsätzlich begangener, sei es dann auch nur versuchten, Straftat bestimmt (§ 26 StGB) oder ihm Hilfe geleistet (§ 27 Abs. 1 StGB) hat. Der Verdacht besteht nicht, wenn Gründe vorliegen, welche die Tat rechtfertigen oder entschuldigen; 17 es genügt die Wahrscheinlichkeit, dass die Tat aus diesen Gründen nicht strafbar ist. 18 Der dringende Tatverdacht steht (rein) begrifflich im Gegensatz zu dem Verdacht einer Straftat (§ 160 Abs. 1) und dem genügenden Anlass, die öffentliche Klage zu erheben (§ 170 Abs. 1); der letzte fällt mit dem Begriff des hinreichenden Verdachts (§ 203) zusammen. 19 Verdacht (§ 160 Abs. 1) liegt vor, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sind, gegen den Beschuldigten einzuschreiten (§ 152 Abs. 2), hinreichender Verdacht, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die demnächst vom Gericht festgestellten Tatsachen bei Annahme der Strafbarkeit der Tat die Verurteilung erwarten lassen. Der Begriff des dringenden Tatverdachts bringt nach h.M. einen stärkeren Verdachtsgrad zum Ausdruck 2 0 (Rn. 19), verlangt also einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit der Täterschaft und der Schuld 21 (retrospektive Prognose). Darüber hinausgehend wird von der h.M. 2 2 (im Wesentlichen im Hinblick auf die Erweiterung des Begriffes des dringenden Tatverdachts durch Einbezug außerhalb der Tat liegender Kriterien - Rn. 14) gefordert, die Verurteilung müsse mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (prospektive Prognose). Dem kann jedenfalls im Ergebnis zugestimmt werden, weil sich die hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit in der Regel schon aus der retrospektiven Prognose ergeben dürfte und sonstige Voraussetzungen der Verurteilung (Rn. 14)
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KKJBoujong 4; Kleinknecht/Janischowsky 14. Allg. M.; z.B. KKJBoujong 4; Langner 28. Lüttger GA 1957 195; Erl. zu § 170 unter II 3. Eb. Schmidt Nachtr. I 4; offengelassen von BGH AnwBl. 1981 115. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 94; BGHSt 38 276 mit Anm. Baumann NStZ 1992 449 und Klinghardt NJ 1992 321; OLG Dresden StV 2006 700; OLG Koblenz StV 1994 316; OLG Köln StV 1991 304; Rosenberg 348; Alsberg 1434; Henkel § 67 A II 1 a; Peters § 47 A II 2 a; Kleinknecht/Janischowsky 9; Schlüchter 206; Geppert Jura 1991 269; Parigger NStZ 1986 211; Sommermeyer NJ 1992 336; ähnlich KKJBoujong 3 (große Wahrscheinlichkeit); Meyer-Goßner 5; SK/ Paeffgen 4; AK/Deckers 11; Deckers NJW 1994 2264; enger Feisenberger 3 (an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit); Beling § 102 II 1 b Anm. 4 (nahe an Gewissheit reichender Verdacht); Benfer JuS 1983 111;
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Hindte 167 ff. (sehr hoher Verdachtsgrad, obere Grenze); krit. auch Dahs FS Dünnebier 231; AnwBl. 1983 419; einschränkend Kühne NJW 1979 618 ff. Zur Problematik der Prognose vgl. z.B. Gebauer 172, 212; Jabel 108, 187. OLG Koblenz StV 1994 316; OLG Köln JMB1NW 1968 235; StV 1996 389; Eb. Schmidt 9; KKJBoujong 3; AnwKStPOHammer 10; Nelles StV 1992 385; Parigger NStZ 1986 211; Hindte 167 ff.; ähnlich S K / P a e f f g e n 6, 9; Paeffgen (Dogmatik) 56, 183 ff. (Möglichkeit der Verurteilung); (Kolloquium) 115; Meyer-Goßner 5; s. auch OLG Brandenburg StV 1996 157; a.A. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 94; AK/ Deckers 11; s. auch Langner 41 (während der Ermittlungen reicht Möglichkeit der Verurteilung). Zur Schwierigkeit der Prognose s. die Nachweise in Fn. 21.
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eigentlich nicht Elemente des dringenden Tatverdachts sind, ihr Fehlen vielmehr im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist. Sinn macht das Erfordernis dieser prospektiven Prognose aber z.B. für den Fall des Verlustes zentraler, für eine Verurteilung unverzichtbarer Beweismittel, 23 weil die hohe Wahrscheinlichkeit von Täterschaft und Schuld weiter bestehen, eine Verurteilung aber infolge des Beweismittelverlustes weniger wahrscheinlich werden könnte; allerdings könnte auch diese Fallvariante über die (Un)Verhältnismäßigkeit gelöst werden. Das Bundesverfassungsgericht 24 hat jedenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Annahme eines dringenden Tatverdachts, wenn nach den Feststellungen im Haftbefehl der Beschuldigte im unmittelbaren Zusammenhang mit der Tat festgenommen wird. 18
Der Verdacht bezieht sich nur auf die Tatfrage (vgl. § 152 Abs. 2: tatsächliche Anhaltspunkte); für die Rechtsfrage gibt es keine Wahrscheinlichkeit. 25 Daher kann der Richter bei zweifelhafter Rechtslage die Auslegung nicht mit der Begründung offen lassen, wenn es auch zweifelhaft sei, ob eine (nach den Tatsachen eindeutig zu beurteilende) Tat den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirkliche, so sei (weil die Auslegung zweifelhaft) doch auf jeden Fall dringender Verdacht begründet. Deshalb darf der Richter, wenn er die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) einholt, weil er ein Strafgesetz für verfassungswidrig hält, keinen Haftbefehl erlassen und hat einen bestehenden aufzuheben. 26 Die Auffassung, 27 es sei zwar unzulässig, in dieser Lage einen Haftbefehl zu erlassen, das Gericht sei jedoch nicht befugt, einen bestehenden Haftbefehl aufzuheben, weil ihm durch den Aussetzungsbeschluss die Entscheidungsbefugnis insgesamt genommen sei, ist für Haftentscheidungen unzutreffend. Die Haftfrage ist nicht vom Bundesverfassungsgericht, sondern vom letzten Tatrichter (§ 126 Abs. 2 Satz 2) zu entscheiden. 28 Diesem sind die Akten mit dem Vorlegungsbeschluss zuzuleiten, ehe die Sache ans Bundesverfassungsgericht geht. Der Tatrichter hat den Haftbefehl aufzuheben, weil kein dringender Tatverdacht (mehr) vorliegt. Ggf. muss dies das Oberlandesgericht auf Beschwerde tun.
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Der begriffliche Unterschied zwischen hinreichendem und dringendem Tatverdacht darf jedoch nicht dazu führen, den dringenden Verdacht an dem hinreichenden Verdacht des § 2 0 3 zu messen. Denn dieser ist auf die breitere Beurteilungsbasis im Zeitpunkt der Anklageerhebung bezogen, der dringende Verdacht dagegen auf den jeweiligen, sich in der Regel stetig ändernden Stand der häufig noch unvollständigen Ermittlungen. 29 Demgemäß ist er nicht für das ganze Verfahren gleich, 30 so dass etwa zu Beginn der Ermittlungen einzelne starke Indizien auch dann einen dringenden Tatverdacht begründen, wenn die Indizienkette noch nicht geschlossen ist 3 1 und die Möglichkeit besteht, dass der dringende Tatverdacht bei weiteren Ermittlungen wieder zerstört werde. 32 Sobald aber feststeht, dass Lücken im Indizienbeweis auch bei weiterer Ermittlung nicht ausgefüllt
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Paeffgen (Dograatik) 56. BVerfG NJW 1982 29. Lüttger GA 1957 211; Stratenwerth J Z 1957 301; allg. M.; s. auch Schlothauer StV 1996 391. Stratenwerth J Z 1957 301. OLG Köln NJW 1955 1489 mit Anm. Schmidt-Leichner. SK/Paeffgen 6. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 94; OLG Celle StV 1986 392; OLG Brandenburg StV 1996
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157; OLG Köln StV 1999 156; KKJBou/ong 6. S. auch OLG Frankfurt StV 1995 593; EGMR NJW 2 0 0 1 2 6 9 4 ; StV 2 0 0 5 136. Peters § 4 7 A II 2 a. BGH AnwBl. 1981 116; bei Pfeiffer NStZ 1981 94; OLG Celle StV 1986 392; vgl. auch OLG Frankfurt StV 1987 110; S K / P a e f f g e n 8; s. aber (einschränkend) LG Berlin StV 1999 322. BGHZ 2 7 351; s. auch OLG Brandenburg StV 1996 157.
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werden können, ist der Verdacht nicht mehr dringend. 33 Nach h.M. kann im Verlauf des Ermittlungsverfahrens die Dringlichkeit entfallen, wenn die Strafverfolgungsbehörden die gebotenen (weiteren) Ermittlungen nicht mit der notwendigen Beschleunigung betreiben. 3 4 Im Zeitpunkt der Anklageerhebung muss der dringende Verdacht mindestens ein hinreichender 35 sein, doch kann, was keiner Ausführung bedarf, dieses Verhältnis auch schon früher entstehen, und kann ein zur Anklageerhebung nötigender Verdacht auch noch stärker sein. Ob dringender Tatverdacht gegeben ist, hat der Haftrichter im Freibeweis „aufgrund bestimmter Tatsachen" (Rn. 22) zu prüfen. 36 Zwar stellt das Gesetz ausdrücklich nur im Zusammenhang mit den Haftgründen darauf ab; jedoch gilt die Einschränkung auch in Bezug auf den dringenden Tatverdacht. 37 Vermutungen, Gerüchte oder anonyme Anzeigen z.B. scheiden, soweit nicht objektivier bar, als Verdachtsbasis aus. 3 8 Kriminalistische oder sonstige Erfahrungen sind keine bestimmten Tatsachen, dürfen aber zu deren Beurteilung und Bewertung herangezogen werden. 39 Im Ermittlungsverfahren bilden die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhandenen Ermittlungsakten mit dem darin zusammengetragenen Beweismaterial die Tatsachengrundlage. 40 Das Ergebnis noch ausstehender Ermittlungen bleibt außer Betracht; denn grundsätzlich wird nur das im Zeitpunkt der Haftentscheidung bereits angefallene Beweismaterial verwertet. 41 Das Gericht ist jedoch befugt, ergänzende Ermittlungen zu veranlassen oder selbst durchzuführen, wenn dadurch keine unzulässige Verzögerung (§ 128, 9 bis 11; Art. 104 Abs. 3 Satz 2 GG) eintritt. 4 2 Der Haftrichter hat seine Entscheidung immer auf den aktuellsten Stand der Ermittlungen und der Beweislage zu stützen. 43 Bei Haftentscheidungen in oder am Ende der Hauptverhandlung bildet also regelmäßig das Ergebnis der Beweisaufnahme die Tatsachengrundlage; 44 dies führt jedoch nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren mit umfassender Würdigung der Beweislage. 45 Der Tatrichter kann im Übrigen entsprechende Begründungsmängel durch nachträgliche Ergänzung seiner Haftentscheidung um das Ergebnis der Beweisaufnahme heilen. 46 Besondere Regeln gelten, wenn das Beschwerdegericht während der Hauptver-
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O L G Karlsruhe StV 2 0 0 4 3 2 5 ; s. auch O L G Köln StV 1 9 9 9 1 5 6 ; StraFo 1 9 9 9 2 1 4 .
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O L G Celle StV 1 9 8 6 3 9 2 ; LG Köln StV 1 9 9 4 5 8 1 ; AG Frankfurt StV 1 9 9 4 3 8 0 . Vgl. auch O L G Brandenburg StV 1 9 9 6 1 5 7 ; O L G Karlsruhe StV 2 0 0 4 3 2 5 . Vgl. LR!Rieß15 § 2 0 3 , 12; S K / P a e f f g e n 9; Ranft 6 2 3 ; a.A. (muss stärker sein) die h.M.; O L G Koblenz bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 5 2 ; O L G Köln StraFo 1 9 9 8 2 0 7 ; O L G Frankfurt StV 1 9 8 7 110; 1 9 9 5 5 9 3 ; Meyer-Goßner 6; KK/Boujong 6; Langner 38. Z u den den möglichen Verteidigungsstrategien s. z.B. Münchhalffen/Gatzweiler 20 ff.; Schlotbauer/Weider 3 9 7 ff.
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KK/Boujong 7; Meyer-Goßner 5. O L G Frankfurt StV 1 9 9 2 5 8 3 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 3 5 3 3 ; KK/Boujong 9; AK-Deckers 12. Vgl. KK/Boujong 8; KKJDeckers 12; Kleinknecht/Janischowsky 13; krit. Schlothauer/ Weider 4 1 3 ; Münchhalffen/Gatzweiler 17.
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KK/Boujong 7; zur Verteidigung s. Schlothauer StV 1 9 9 6 391 ff. O L G Koblenz StV 1 9 9 4 316 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 5 2 2 ; KK/Boujong 7; SKIPaejffgen 7 ; Parigger N S t Z 1 9 8 6 2 1 1 ; s. auch O L G Köln StraFo 2 0 0 2 2 4 3 (unzureichendes ausl. Urteil). KK/Boujong 8; S K / P a e f f g e n 8. S K / P a e f f g e n 7.
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O L G Jena StV 2 0 0 5 5 5 9 ; O L G Frankfurt StV 2 0 0 0 3 7 4 ; O L G Koblenz StV 1 9 9 4 3 1 6 ; KK/Boujong 7; S K / P a e f f g e n 7; s. auch B G H StV 1991 5 2 5 mit Anm. Weider; KG StV 1 9 9 3 2 5 2 ; StV 1 9 8 6 5 3 9 (Vermutung des Fehlens des dringenden Tatverdachts bei Freispruch); O L G Köln StV 1 9 9 6 389.
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BGH NStZ-RR 2 0 0 3 368. O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 118; s. auch O L G Frankfun StV 2 0 0 0 3 7 4 .
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handlung eine Haftentscheidung überprüft. 47 Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts ist nur in beschränktem Umfang überprüfbar; der Prüfungsumfang ist insbesondere dann erheblich eingeschränkt, wenn die Beweisaufnahme unmittelbar vor dem Abschluss steht und Beweismittel betrifft, deren mögliche Beweisbedeutung aus den Akten nicht ersichtlich wird. 48 Das Beschwerdegericht kann nicht prüfen, ob die für die Haftentscheidung verwerteten Ergebnisse der Hauptverhandlung richtig und in der Haftentscheidung zutreffend dargestellt sind, weil es die hierfür nötigen Kenntnisse vom Verlauf der Beweisaufnahme nicht hat und sich auch in der Regel nicht verschaffen kann; es hat aber z.B. zu untersuchen, ob alle entscheidungserheblichen Tatsachen in der angefochtenen Entscheidung widerspruchsfrei berücksichtigt und gewürdigt worden sind oder ob sonst Rechtsfehler vorliegen. 49 Sinngemäß gilt dies - mangels detaillierter Kenntnis des Ergebnisses der Beweisaufnahme - auch für die Beurteilung der rechtlichen Wertung der Tat und des Haftgrundes. 50 Ist der Angeklagte in erster Instanz verurteilt worden, so ist das in der Regel ein Indiz für den dringenden Tatverdacht. Grundlage der Haftentscheidung ist dann die Tatsachendarstellung und Beweiswürdigung des Urteils; 51 erforderlich ist jedoch auch hier - soweit möglich - eine genaue Prüfung aller Haftvoraussetzungen und der Begründung hierzu. 52 Grundsätzlich ist es dem Haftrichter bzw. dem Beschwerdegericht nicht verwehrt, die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels vorausschauend zu beurteilen; doch die Hauptverhandlung bietet in der Regel die bessere Entscheidungsgrundlage als der bloße Akteninhalt. Es kann aber im Einzelfall eine vom Urteil abweichende Beurteilung geboten sein oder die Beweislage kann sich nachträglich wesentlich geändert haben. 5 3 Neue Beweismittel sind, falls Berufung zulässig ist, grundsätzlich in die Bewertung einzubeziehen; ist nur Revision zulässig, sind neue Beweismittel in die Prüfung des Tatverdachts nur dann einzubeziehen, wenn auf der Grundlage dieser Beweismittel ein Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich erscheint. 54 Auch der Umstand, dass der Tatrichter nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht zu einer Verurteilung gelangt, sondern das Verfahren aussetzt, kann für die Frage des dringenden Tatverdachts von erheblicher Bedeutung sein. 55 Der Haftrichter trifft seine Entscheidung auf der Grundlage freier Beweiswürdigung. 56 Die Bejahung des dringenden Tatverdachts erfordert nicht, wie bei einer Verurteilung erforderlich, die volle richterliche Überzeugung (§ 261), dass der Beschuldigte tatbestandlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat. 5 7 Dies entspricht nicht dem
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KMSJWankel §117, 15; krit. Müncbhalffen FS Rieß 357. BGH StV 2 0 0 4 143. Vgl. BGH StV 2 0 0 4 143; NStZ-RR 2 0 0 3 368; 2 0 0 3 2 Nr. 4 bei Becker, StV 1991 5 2 5 mit Anm. Weider; bei Schmidt MDR 1992 5 4 7 ; OLG Jena StV 2 0 0 5 559; OLG Schleswig bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2 0 0 3 188; OLG Karlsruhe StV 2001 118; 1997 312; KG StV 2001 689; 1993 252; OLG Koblenz StV 1994 316; OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 374; 1995 593 (Schlüssigkeitsprüfung); s. auch OLG Hamm bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 60; Welp FS Richter II 583. OLG Stuttgart Justiz 2 0 0 3 457. Vgl. BGH StV 2 0 0 4 142; OLG Koblenz StV 1994 316; KKIBoujong 7.
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OLG Brandenburg StV 2 0 0 0 5 0 5 (es kann trotz Verurteilung am dringenden Tatverdacht fehlen). Vgl. OLG Brandenburg StV 2 0 0 0 505; Kleinknecht/Janischowsky 15; s. auch KG StV 1986 5 3 9 (Veränderung der Beweislage nach Freispruch). BGH StV 2 0 0 4 142. OLG Koblenz StV 1994 316. KKIBoujong 8. KKJBoujong 8; SYJPaeffgen 8; Kleinknecht/ Janischowsky 12; enger wohl Hengsberger J Z 1966 211 (Tatsachen müssen festgestellt sein).
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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Freibeweisverfahren, dem verfahrensförmige Garantien zur Wahrheitsfindung fehlen. 58 Das Schweigen des Beschuldigten darf ihm jedoch nicht nachteilig angelastet werden. 5 9 Bestimmte Tatsachen und sie stützende Beweismittel dürfen nur genutzt werden, wenn sie gerichtsverwertbar, also vor Gericht zu Beweiszwecken verwendbar, sind. 6 0 Die Entscheidung ist unter Benutzung möglichst tatnaher Beweismittel zu treffen. 61 Das vorliegende gerichtsverwertbare Beweismaterial ist auszuwerten und zu würdigen; Schwächen in der Beweiskraft sind sorgfältig zu berücksichtigen. 62 So kann im Einzelfall einer Zeugenaussage nur ein geringer Beweiswert zukommen, wenn der Verdacht besteht, dass es sich um eine eigennützige Aussage handeln könnte. 6 3 Die Anforderungen an die Überprüfung der Tatsachen und Beweismittel und die Art der Beweiserhebung sind umso höher anzusetzen, je schwächer deren Beweiskraft ist. 6 4 Auch entlastende Umstände sind zu prüfen. Aus bewiesenen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegenden Tatsachen kann auf weitere entscheidungserhebliche Tatsachen, auch die subjektive Tatseite, geschlossen werden; in diesem Zusammenhang dürfen allgemeine, kriminalistische und strafprozessuale Erfahrungen, allerdings mit äußerster Zurückhaltung, berücksichtigt werden. 65 Aussagen mittelbarer Zeugen vom Hörensagen sind besonders kritisch zu würdigen. 66 Der Haftrichter hat sich bei seiner Entscheidung mit der Qualität der Beweismittel sorgfältig auseinanderzusetzen; 67 zur Frage, ob die Erwägungen hierzu in die Begründung der Haftentscheidung aufzunehmen sind, vgl. § 114, 15. 3. Tatsachengrundlage. Auch bei den vier Haftgründen § 112a Abs. 1 darf der Schluss, dass der Haftgrund vorliege wird" (Nr. 1); „die Gefahr besteht" (Nr. 2); „den dringenden „die Gefahr droht" (Nr. 3); „die Gefahr begründen" (§ 112a) ter Tatsachen gezogen werden. 68 Damit sind Vermutungen
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Allg. M . KKJBoujong 7, 8; Deckers N J W 1 9 9 4 2 2 6 2 ; vgl. BGHSt 3 4 3 6 2 ; 3 6 3 9 6 ; 3 8 2 7 6 (Erkenntnisse des MfS) mit Anm. Baumann N S t Z 1 9 9 2 4 4 9 und Klinghardt N J W 1 9 9 2 3 2 1 ; B G H bei Schmidt M D R 1 9 9 4 2 4 0 ; B G H N S t Z 1 9 8 9 2 8 2 ; StV 1 9 9 3 1; O L G Köln StraFo 1 9 9 9 2 1 4 ; LG Berlin N S t Z 1 9 9 3 99 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 3 5 3 0 ; LG Bad Kreuznach StV 1 9 9 3 6 2 9 . KKIBoujong 8. SKI Paeffgen 6 ; vgl. auch Hindte 1 9 4 (keine Zweifel an Beweiskraft); B G H StV 1 9 9 7 1 9 6 ; O L G Frankfurt StV 2 0 0 6 6 4 2 (Belastung nur durch Mitbeschuldigten ohne bestätigende Umstände unzureichend); O L G Schleswig StV 2 0 0 5 1 4 0 ; O L G Koblenz StraFo 2 0 0 2 3 6 5 (Aussage gegen Aussage); O L G Köln StV 1 9 9 5 2 5 9 (Lichtbildvorlage); O L G Bremen StV 1 9 9 2 3 8 3 (Lichtbildvorlage) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 3 5 3 0 ; O L G Frankfurt StV 1 9 8 3 3 3 7 (Widerruf einer Zeugenaussage bzgl. eines Mittäters); LG Berlin N S t Z
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des Absatzes 2 und des im Einzelnen: „festgestellt Verdacht begründet" und - , nur aufgrund bestimmausgeschlossen, die beim
1 9 9 3 99 (Militärstaatsanwalt der NVAD D R ) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 3 5 3 0 ; LG Frankfurt StV 1 9 8 6 13 (Lichtbildvorlage). 63
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Vgl. O L G Köln StV 1991 3 0 4 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 2 4 8 1 ; O L G Frankfurt StV 1 9 8 7 110; LG Hamburg StV 1 9 9 4 317. AK/Deckers 12. KKJBoujong 8 ; SYJPaeffgen 8. Vgl. KKJBoujong 8; S K I P a e f f g e n 6 ; s. auch BGHSt 3 8 2 7 6 ; LG Frankfurt StV 1 9 8 5 331. KKJBoujong 8; s. auch B G H StV 1 9 9 7 1 9 6 ; O L G Frankfurt StV 2 0 0 1 6 8 4 (widersprüchliche Zeugenaussage); LG Frankfurt N J W 1 9 9 8 3 7 2 7 ; LG Koblenz StV 2 0 0 0 5 0 8 ; a.A. wohl O L G Düsseldorf StV 1 9 9 1 5 2 1 mit Anm. Schlothauer sowie Paeffgen N S t Z 1 9 9 2 4 8 2 ; StV 1 9 8 8 5 3 4 mit Anm. Rudolphi. H . M . ; O L G H a m m StV 1 9 8 5 114; StraFo 2 0 0 4 134; O L G Köln StV 1 9 9 2 3 8 3 ; 1 9 9 5 4 1 9 ; O L G Zweibrücken StV 1 9 9 2 4 7 6 ; LG Verden StV 1 9 8 5 4 6 4 . S. auch O L G Köln StV 1 9 9 5 4 7 5 (Verwertbarkeit kriminalistischer Erfahrungen).
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Fluchtverdacht des früheren Rechts aufgrund einer damals eingeräumten Begründungserleichterung in der Praxis eine gewisse Rolle gespielt hatten und in abgewandelter Form im Fall des Absatzes 3 in der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts 69 wieder spielen, weil danach der nicht mit bestimmten Tatsachen belegbare, aber nach den Umständen doch nicht auszuschließende Flucht- oder Verdunkelungsverdacht ausreichen kann. Ausgeschlossen sind damit aber auch unsubstantiierte Befürchtungen, abstrakte Gefahren, intuitiv in Betracht gezogene Möglichkeiten und nicht hinreichend bestätigte Alltagstheorien. 70 23
Die Tatsachen müssen bestimmt sein. Weil aus unbestimmten Tatsachen ohnehin nichts gefolgert werden kann, 7 1 muss der unklare Ausdruck 72 durch Auslegung bestimmt werden. Nach der Ansicht des Bundestags soll auf „bestimmte (objektiv) festgestellte Tatsachen" abgestellt werden. 73 Danach soll sich der Ausdruck auf die Feststellung der Tatsachen durch den Beobachter beziehen. Damit scheint der Gesetzeswortlaut wenn man ihm einen Sinn abgewinnen will, was angestrebt werden muss - , weil die meisten unserer Wahrnehmungen Schlüsse sind, als Grundlage des logischen Urteils des Haftrichters äußerlich wahrnehmbare Ereignisse („bestimmte Tatsachen") zu fordern, die zu deuten der Beobachter keiner oder nur einfacher Schlüsse bedarf (Passage buchen, abreisen, einen Brief erbitten, einen Zeugen fragen, ob er sich an den Umstand X erinnere, obwohl der Zeuge, wie der Beschuldigte weiß, den Umstand Y wahrgenommen hat). Für den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr - aus dessen früherer Fassung die Klausel stammt - dürfte ein solcher Tatsachenbegriff auch der Vorstellung des Gesetzgebers entsprechen.
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Im Übrigen ergibt der vierte Haftgrund, dass die Textfassung nicht fordern kann, nur auf äußerlich zutage liegende Tatsachen abzustellen. Dort (§ 112a Abs. 1) sind die „bestimmten Tatsachen", die die Gefahr begründen, der Beschuldigte werde eine bestimmte Straftat wiederholt begehen, nicht allein die Vortaten und die gesamten Lebensumstände (persönliche, familiäre, berufliche, wirtschaftliche; soziales Umfeld; Beziehungen zu Dritten) des Beschuldigten, sondern auch sein nach wissenschaftlichen Erkenntnissen daraus zu erschließender (innerer) Hang, bestimmte Straftaten zu begehen. 74 Ist aber Inhalt des Tatsachenbegriffs nicht allein das äußerlich wahrnehmbare, leicht zu deutende Ereignis, dann muss auch bei der Fluchtgefahr das als Tatsache bewertet werden, was nach der Lebenserfahrung aus dem Inneren eines Menschen erschlossen werden kann, nämlich die Antwort auf einen Fluchtreiz. Strafe und die Änderung wesentlicher Lebensumstände können häufig, natürlich je nach Lage des Einzelfalles insbesondere unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beschuldigten, ein Anreiz sein, zu fliehen. Dabei ist der subjektive Erwartungshorizont des Beschuldigten von erheblicher Bedeutung. 75 Die (mehr objektive) Erwartung des Haftrichters dagegen korrigierend zu berücksichtigen, 76 über-
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BVerfGE 19 342. Vgl. OLG Hamm StV 1985 114; OLG Köln StV 1992 383; OLG Zweibrücken StV 1992 476; AK/Deckers 13; Schlothauer/Weider 480. Schlächter 209. Vgl. KG NJW 1965 1390. BTDrucks. IV 1020, S. 2. S. auch KKJBoujong 9: Objektivierung der Haftgründe; ähnlich AK/Deckers 13; Benfer JuS 1983 111; Krekeler wistra 1982 8; Koch NJW 1968 1711.
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KG NJW 1965 1390; KKJBoujong 9. OLG Koblenz StraFo 1998 170; OLG München StraFo 1998 2 0 6 ; OLG Köln StV 1996 389; StraFo 1998 2 0 7 ; s. auch OLG Hamm StV 2 0 0 0 320; OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 1 142; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 5 33; Münchhalfen/Gatzweiler 75. OLG Hamm StV 2001 115 mit Anm. Deckers; Fröhlich NStZ 1999 333; KMR/ Wankel 8; a.A. OLG München StraFo 1998 206.
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zeugt in der gewählten Begründung nicht. Wenn infolge der Erwartungshaltung des Beschuldigten, mag sie auch falsch sein, kein subjektiver Fluchtanreiz besteht, ändert daran die realistischere Erwartung des Haftrichters nichts. Die Fluchtgefahr könnte in einem solchen Fall aber z.B. - je nach den speziellen Umständen - aus der realistischen (durch bestimmte Tatsachen belegbaren) Erwartung gefolgert werden, dass der Beschuldigte alsbald seinen Irrtum erkennen und dann mit hoher Wahrscheinlichkeit Konsequenzen (Flucht) ziehen wird. Einen Erfahrungssatz, dass allein schon die Anklageerhebung oder die Eröffnung des Verfahrens dem Beschuldigten „den Ernst der Lage" verdeutliche und den Fluchtanreiz erhöhe, gibt es nicht. 7 7 Die Erwartung einer hohen Strafe kann (aber nur) im Zusammenhang mit anderen Kriterien für eine Fluchtgefahr sprechen (Rn. 39). Die erforderliche Einzelfallprüfung kann aber auch ergeben, dass der nach einer solchen Straferwartung zu befürchtende Fluchtanreiz im konkreten Fall gerade nicht besteht, die „Erfahrung" also in diesem Falle nicht zutrifft. 7 8 So kann z.B. gegen Fluchtgefahr sprechen, dass der Beschuldigte eine Flucht als sinnlos ansieht, weil er mit alsbaldiger Auslieferung rechnet oder rechnen müsste. 7 9 Schließlich dürfen auch kriminalistische und sonstige gesicherte Erfahrungen, etwa über typische Verhaltensweisen bestimmter Tätergruppen, bei der Bewertung von Indizien für das Vorliegen eines Haftgrundes berücksichtigt werden. 8 0 4 . Gefahr (Absatz 2 Nr. 2, 3). Bei den Haftgründen der Fluchtgefahr (Absatz 2 Nr. 2), der Verdunkelungsgefahr (Absatz 2 Nr. 3) und der Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1) ist die Anordnung der Untersuchungshaft davon abhängig, dass eine bestimmte Gefahr bestehe, drohe oder begründet sei. Gefahr ist die hohe Wahrscheinlichkeit eines schädlichen Erfolgs, der nach den Gesetzen der Kausalität und der Lebenserfahrung zu erwarten ist. 81 In anderem Zusammenhang (Gemeingefahr) hat der Bundesgerichtshof angenommen, Gefahr liege nur vor, wenn es wahrscheinlicher sei, dass der Erfolg eintrete, als dass er ausbleibe. 8 2 Zwar ist der Gefahrenbegriff an den vielen Stellen, an denen er im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung verwendet wird, keineswegs überall gleichmäßig auszulegen. Im Haftrecht ist die Gefahrenklausel eine der geradezu gehäuften Kautelen, mit denen der Gesetzgeber bemüht ist, die Untersuchungshaft zu beschränken. Daher liegt es im Sinn der Gesetzesstelle, den Begriff so auszulegen, dass der Gefahrenfall möglichst selten eintritt. Daher ist dafür, dass der zu vermeidende Erfolg eintritt, eine hohe Wahrscheinlichkeit zu fordern, die stets deutlich höher sein muss als die, dass er ausbleibt. 8 3
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OLG Hamm StV 2000 320; LG München StV 2001 686. Vgl. z.B. OLG Brandenburg StV 2002 147; OLG Frankfurt NJW 1965 1342; 1985 463; OLG Hamm StraFo 1999 248; OLG Köln StV 1997 139; Dahs FS Dünnebier 228; Wendisch NStZ 1983 479; s. auch OLG Köln StV 2000 628; 2003 510. Vgl. OLG Köln StV 1997 139; s. auch StV 2003 510; OLG Düsseldorf StraFo 2006 24 mit Anm. Paeffgen NStZ 2007 81; Münchhalffen/Gatzweiler 82 ff. KKIBoujong 9 (z.B. von Agenten; Terro-
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risten); krit. Schlothauer/Weider 480; einge hend dazu Langner 65 ff., 74. RGSt 6 397; 66 100; BGH NJW 1951 769. BGHSt 8 31. Vgl. OLG Celle NdsRpfl. 1963 214; OLG Köln StV 1994 582; 1995 419; 1995 475; 1996 382; 1996 389; 2000 628 (stand. Rspr.); OLG Hamm StV 2003 509 (stand. Rspr.); SYJPaeffgen 24; Geppert Jura 1991 270; Parigger NStZ 1986 212; Langner 55 ff., 62 (hohe subjektive Wahrscheinlichkeit).
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Wenn auch durch die Gesetzesfassung erreicht werden soll, dass Untersuchungshaft nur mit äußerster Zurückhaltung angeordnet wird, so kann doch der Gesetzgeber nichts Unmögliches verlangen. Dass die Gefahr bestehe, drohe oder begründet sei, kann im Haftverfahren regelmäßig nicht mit der gleichen Sicherheit festgestellt werden wie bei Notwehr oder Verkehrsgefährdung in einer Hauptverhandlung. Vielmehr muss der hohe Grad von Wahrscheinlichkeit ausreichen, wie er für die Feststellung des dringenden Tatverdachts erforderlich aber auch genügend ist; 8 4 die Ausführungen unter Rn. 20, 21 gelten entsprechend. 85 Der Gefahrenbegriff gilt auch für die weitere Gefahr, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde.
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5. Dringender Verdacht (Absatz 2 Nr. 3). Im Fall der Nr. 1 wird - zu weitgehend (Rn. 30) - eine Feststellung verlangt, im Fall der Nr. 2 eine Gefahr, dass ein Haftgrund vorliegt. Dagegen verlangt Nr. 3 den dringenden Verdacht, dass der Beschuldigte gewisse Verdunkelungshandlungen begehen werde. Als Inhalt des Gefahrbegriffs ist eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür gefunden worden, dass der zu vermeidende Erfolg eintrete, die deutlich höher sein muss als die, dass er ausbleibt (Rn. 2 5 ) . 8 6 Der zum Vergleich heranzuziehende dringende Tatverdacht verlangt einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit der Täterschaft und der Schuld bzw. der Verurteilung (Rn. 17), der aber etwas Gleitendes in sich trägt und zu Beginn des Verfahrens anders gestaltet sein kann, als bei der Anklage. Für diesen Zeitpunkt kann eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert werden; 87 solch strenge Anforderungen kann man in dem vorläufigen Stadium des Erlasses eines Haftbefehls nicht stellen. Man wird vielmehr wie beim dringenden Tatverdacht zu Beginn des Verfahrens von einer hohen Wahrscheinlichkeit sprechen müssen, dass der Täter, bliebe er in Freiheit, Verdunkelungshandlungen vornehmen werde. Damit unterscheidet sich der Begriff nicht von dem der Gefahr, 88 und es wäre besser gewesen, einen einheitlichen Begriff zu verwenden, um wenigstens den Beginn zu machen, die überkomplizierten Tatbestände des Haftrechts etwas zu vereinfachen.
ΙΠ. Fortsetzung; Haftgründe (Absätze 2 und 3) 28
1. Flucht (Abs. 2 Nr. 1). Der erste Haftgrund liegt vor, wenn der Täter flüchtig ist oder sich verborgen hält. Nach h.M. 8 9 besteht dieser Haftgrund nicht, wenn die Anwesenheit des Beschuldigten im Verfahren nicht erforderlich ist; in diesem Falle wäre aber auch der Erlass eines Haftbefehls unverhältnismäßig. Flucht ist anzunehmen, wenn der Beschuldigte sich von seinem bisherigen räumlichen Lebensmittelpunkt absetzt, um für die Strafverfolgungsbehörden und das Gericht in dem gegen ihn anhängigen Verfahren
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Vgl. OLG Bremen NJW 1955 1891; OLG Köln NJW 1959 544; SKIPaeffgen 21; a.A. z.B. AYJDeckers 19, 23; Schlothauer/Weider 4 8 0 ; Dahs sen. NJW 1959 5 0 9 ; 1965 890; Koch NJW 1968 1711; Krekeler wistra 1982 8; Müncbhalffen FS Rieß 356; eingehend dazu Langner 50 ff., 5 5 (bestimmte Tatsachen müssen feststehen, nicht jedoch Ergebnisse aus Folgerungen). Zur Schwierigkeit von Haftprognosen vgl. Hamm StV 1986 4 9 9 ; Happel StV 1986 501; Gebauer 172,
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212, 247, 365 ff.; Jabel 108, 134, 187,189. S. auch Schivenn StV 1984 133. S. auch OLG Koblenz StV 2 0 0 4 491 (Notwendigkeit der Aufklärung und Gesamtabwägung aller relevanten Umstände). OLG Hamm StraFo 2 0 0 4 134; OLG Köln StV 2 0 0 0 628; KK/Boujong 2 4 . Vgl. auch Feisenberger § 112, 1. A.A. Langner 64. KG JR 1977 34; OLG Stuttgart NStZ 1982 217 (zu $ 329); KK/Boujong 10.
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unerreichbar, nicht zugreifbar zu sein; 9 0 es genügt, wenn der Beschuldigte dies billigend in Kauf nimmt. 9 1 Erforderlich ist der bedingte Vorsatz, sich dem Strafverfahren zumindest für längere Zeit zu entziehen; dies lässt sich aus Absatz 2 Nr. 2 ableiten. 92 Dieser Vorsatz kann z.B. fehlen, wenn ein Elternteil sich mit einem Kind nur verbirgt, um dessen Herausgabe zu verhindern. 93 Auch wer ohne Wissen der Strafbarkeit eines Verhaltens, ohne Kenntnis eines gegen ihn eingeleiteten Verfahrens und ohne den Willen, unerreichbar zu sein, sich auf Reisen begibt, ist nicht flüchtig, auch wenn er tatsächlich nicht erreichbar ist. Ist in der Annahme, er sei flüchtig, gegen ihn ein Haftbefehl ergangen, so muss er freigelassen werden, wenn feststeht, dass er nicht fliehen wollte und dass er unter einer festen Anschrift erreicht werden kann. Flüchtig ist danach vor allem, wer, um unerreichbar zu sein, seine Wohnung verlassen hat, ohne eine neue zu beziehen oder wenigstens eine feste Anschrift zu haben, unter der ihn Post sicher erreichen kann. 9 4 Danach ist ein Fahnenflüchtiger, der im Ausland studiert, dort polizeilich gemeldet ist und einen Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung beauftragt hat (§ 145a Abs. 1) nicht flüchtig. 95 Um Flucht kann es sich auch handeln, wenn sich der Beschuldigte schon vor Beginn oder Vollendung der Tat wegen des zu erwartenden Verfahrens absetzt. 96 Deshalb kann Flucht vorliegen, wenn ein Wehrpflichtiger vor der Einberufung seinen ständigen Aufenthalt ins Ausland verlegt und dort bleiben will, um sich den Zugriffsmöglichkeiten der deutschen Justiz zu entziehen. 97 Postalische Erreichbarkeit (trotz Flucht) ist unerheblich. 98 Flüchtig kann sein, wer dauernd sein Quartier wechselt, auch wenn er täglich Meldezettel ausfüllt. Dagegen ist z.B. der Seemann nicht flüchtig, der über seine Reederei, der Reisende, der über seine Firma oder ein Reiseunternehmen erreicht werden kann. 9 9 Auch wenn der Beschuldigte seinen Wohnsitz zum Zwecke der Arbeitsaufnahme ins Ausland verlegt 1 0 0 oder wenn er seinen Lebensmittelpunkt aus sonstigen verfahrensunabhängigen Gründen im Ausland hat oder dorthin verlegt 101 und demgemäß dort wohnt, 1 0 2 ist das grundsätzlich keine Flucht. Fluchtwille kann fehlen, wenn ein ausländischer Beschuldigter seinen Gepflogenheiten entsprechend sich zu seinem im Ausland gelegenen Wohnsitz begibt. 1 0 3 Ein Ausländer ist
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OLG Bremen StV 1997 5 3 3 ; OLG Düsseldorf NJW 1997 2 9 6 5 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1 9 9 9 73; 1986 2 2 0 4 ; OLG Frankfurt StV 1994 581; OLG Saarbrücken StV 2 0 0 0 2 0 8 ; KK/Boujong 11, SKIPaeffgen 22. OLG Koblenz NStZ 1985 88; LG Hamburg StV 1987 399; KK/Boujong 11; Ranft 630; enger wohl AK/Deckers 14 (unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen Ermittlungsverfahren und Flucht); vgl. auch Kleinknecht MDR 1965 732. KK/Boujong 10. OLG Schleswig MDR 1980 1042. KKJBoujong 11; AK/Deckers 15. OLG Hamm NJW 1972 653. H.M.; a.A. wohl OLG Karlsruhe NJW 1972 2 0 9 8 ; SK/Paeffgen 2 2 ; Paeffgen NStZ 1989 417. OLG Frankfurt NJW 1974 1835; OLG Koblenz NStZ 1985 88; OLG Düsseldorf NJW 1986 2 2 0 4 ; KKJBoujong 11; Meyer-
Goßner 13; a.A. wohl OLG Karlsruhe NJW 1972 2 0 9 8 mit Anm. Kohlhaas JR 1973 76; LR/Wendisch24 32; SK/Paeffgen 22; Paeffgen NStZ 1989 417; Sommermeyer NJ 1992 336; vgl. auch LG Verden StV 1986 2 5 6 . 9 8 OLG Düsseldorf NJW 1986 2 2 0 4 ; JMB1NW 1989 261; OLG Frankfurt NJW 1974 1835; LG Verden StV 1986 2 5 6 ; KK/ Boujong 11; SK/Paeffgen 22. 99 KKJBoujong 11; SK/Paeffgen 2 2 . 1 0 0 OLG München StV 2 0 0 2 205. 1 0 1 OLG Karlsruhe StV 1999 36. 1 0 2 OLG Köln StV 1998 2 6 9 ; OLG Brandenburg StV 1996 381; LG Offenburg StV 2 0 0 4 326; LG Hamburg StV 2 0 0 2 2 0 5 ; s. auch OLG Bremen StV 1997 533. 1 0 3 OLG Bremen StV 1997 5 3 3 ; OLG Saarbrücken StV 1991 265 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 481; a.A. Weyand wistra 1991 358.
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auch dann nicht flüchtig, wenn er sich in sein Heimatland zurückbegibt, ohne dass dies mit der ihm vorgeworfenen Straftat zusammenhängt, 1 0 4 etwa um seinen ausländerrechtlichen Verpflichtungen zu genügen. 105 Ein Ausländer, der sich grundsätzlich schon immer, z.B. auch bei der Tat, im Ausland aufgehalten hat und sich nicht freiwillig für das in der Bundesrepublik betriebene Strafverfahren zur Verfügung stellt, ist nicht flüchtig. 106 Jedoch kann bei einer Einreise in die Bundesrepublik, je nach Lage des Einzelfalles, Fluchtgefahr bestehen. 107 Bloßer Ungehorsam gegen Vorladungen oder schlichtes Untätigsein sind keine Flucht, 108 ebenso nicht bloß unbekannter Aufenthaltsort oder schlechte Erreichbarkeit im Ausland. 109 S. auch Rn. 33, 33a. 30
Verborgen hält sich der Täter, der seinen Aufenthalt den Behörden vorenthält, namentlich unangemeldet oder unter falschem Namen lebt, seinen Aufenthalt in sonstiger Weise verschleiert oder in anderer Weise bewerkstelligt, dass er für Strafverfolgungsorgane und Gericht nicht auffindbar ist. 110 Ein „Nichtsesshafter" ist also nicht flüchtig und hält sich nicht verborgen, wenn er über eine soziale Anlaufstelle erreichbar ist. 111 Für die subjektive Seite gilt dabei das oben Gesagte entsprechend. Selbstverständlich kann jemand zugleich flüchtig sein und sich verborgen halten. 112 Dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält (Nummer 1), muss der Richter auf Grund bestimmter Tatsachen (Rn. 20, 22 ff.) feststellen. Bei den Nummern 2 und 3 und bei § 112a Abs. 1 genügt die Feststellung, dass die Gefahr besteht (droht, begründet ist), ein gewisses Ereignis (Flucht, Verdunkelung, Wiederholung) werde eintreten. Hier - bei Nummer 1 - wird dagegen die Feststellung gefordert, dass ein bestimmtes Ereignis (Flucht, Verbergen) eingetreten ist. Nähme man die Vorschrift wörtlich, könnte der erste Haftgrund nur festgestellt werden, wenn der Beschuldigte einem anderen vor der Flucht offenbart hat, dass er fliehen wolle, oder nach ihr, dass er geflohen ist. Denn dass eine nicht erreichbare Person verunglückt oder verschleppt worden ist oder mit verlorenem Gedächtnis umherirrt, ist, wenn man ihren Willen nicht kennt, nach den äußeren Umständen allein theoretisch meist nicht auszuschließen. Daher sind sichere Feststellungen nur selten möglich, bevor der Täter wieder aufgefunden ist. Von einem so wörtlichen Begriff der Feststellbarkeit kann aber der Gesetzgeber, dem die Regelfälle des täglichen Lebens nicht fremd sind, nicht ausgegangen sein. Es muss daher ausreichen, dass nach den Umständen (Verschwinden, nachdem ein Strafverfahren eingeleitet worden ist)
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Vgl. OLG Frankfurt StV 1994 581 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 23; OLG Saarbrücken StV 2000 208; OLG Stuttgart StV 1995 258; 1999 33; LG Berlin StV 1989 253; Böhm NStZ 2001 635; s. auch AG Bremerhaven StV 1993 426 (Abschiebung) mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 21; LG Verden StV 1986 256; vgl. auch Gercke StV 2004 675. S. auch Heidig/Langner StraFo 2002 156 (Ausweisung); Münch halffen/Gatzweiler 80. BGH StV 1990 309 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 431; OLG Köln StV 1998 269; KKJBoujong 11; s. auch OLG Brandenburg StV 1996 381; LG Hamburg StV 2002 205. KKJBoujong 11; vgl. auch BGH StV 1990 309 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 431;
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Helmken MDR 1984 532 (zur bedingten Fluchtgefahr). OLG Bremen StV 1997 533; s. auch BGHSt 23 380; Langner 75. OLG Düsseldorf JMB1NW 1989 261; OLG Frankfurt StV 1994 581 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 23; SYJPaeffgen 22; vgl. auch OLG Koblenz StV 1992 424; OLG Brandenburg StV 1996 381; LG Verden StV 1986 256. OLG Saarbrücken StV 2000 208; OLG Schleswig bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2006 260; LG Verden StV 1986 256. Vgl. LG Zweibrücken NJW 2004 1679 (Haft wäre unverhältnismäßig). Kastendieck 108.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§
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Flucht oder Verbergen näher liegen als - theoretisch ebenfalls denkbare - andere Gründe der Unerreichbarkeit. 113 Der Haftgrund entfällt, wenn der Täter, der flüchtig war oder sich verborgen gehalten hatte, ereilt oder aufgespürt worden ist. Dass jemand flüchtig war oder sich verborgen gehalten hatte, ist kein gesetzlicher Haftgrund. Ob die Untersuchungshaft, nachdem der Flüchtige festgenommen worden ist, aufrechterhalten werden kann, ist nunmehr nach Nummer 2 zu beurteilen. Allerdings wird es im Allgemeinen nicht zweifelhaft sein, dass Fluchtgefahr besteht, wenn der Beschuldigte schon einmal geflohen war oder sich verborgen gehalten hatte; anders kann dies sein, wenn der Beschuldigte sich selbst stellt. 114
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2. Fluchtgefahr (Absatz 2 Nr. 2) a) Begriff. Fluchtgefahr ist gegeben, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen (Rn. 23 ff.) die hohe Wahrscheinlichkeit 115 (Rn. 25, 26) besteht, der Täter werde sich - zumindest für eine gewisse Zeit 1 1 6 - demjenigen Verfahren entziehen, in dem erwogen wird, die Untersuchungshaft anzuordnen; 117 dass er in anderer Sache Strafhaft verbüßt, steht dem nicht entgegen (Vor § 112, 50). Entziehen ist das vom Beschuldigten oder mit seinem Wissen von anderen vorgenommene Verhalten, das den vom Beschuldigten beabsichtigten, erkannten oder in Kauf genommenen Erfolg hat, den Fortgang des Verfahrens dauernd oder vorübergehend durch Aufheben der Bereitschaft zu verhindern, für Ladungen, Vollzugs- und Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung zu stehen 1 1 8 (§ 124, 15 bis 17). Bei dem Entziehen ist zwar in erster Linie daran gedacht, dass der Täter flüchten oder sich verbergen werde, doch wird der Begriff des Entziehens damit nicht ausgefüllt. Dem Verfahren kann sich nach h.M. auch entziehen, wer sich durch Einwirkungen auf seinen Körper, namentlich durch Rauschgift, verhandlungsunfähig macht (Rn. 38). Die Klammerbezeichnung „Fluchtgefahr" steht so schlagwortartig nur für die auffälligste Entziehungsart. 119
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Dem Verfahren entzieht sich noch nicht, wer auf Terminsladungen nicht erscheint. Gegen ihn ist zunächst das mildere Zwangsmittel der Vorführung anzuwenden. Nur wenn die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde es auch unmöglich machen, ihn vorzuführen, etwa indem er sich verborgen hält, kann ein Haftbefehl zulässig sein. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Beschuldigte seine Wohnung beibehält, es jedoch so einrichtet, dass er bei der Vorführung nicht angetroffen werden wird (etwa zur Arbeitsstelle geht, einen Spaziergang macht usw). Dies ergibt sich daraus, dass Nr. 2 die Vorbereitungsphase zu Nr. 1 (Flucht, Verbergen) erfassen soll, solche Fälle jedoch nicht darunter zu fassen sind. Denn es besteht nicht die Gefahr, dass der Beschuldigte fliehen oder
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KK/Boujong 13; Meyer-Goßner 15; a.A. KMRJWankel 4 ; Koch N J W 1 9 6 8 1711 (dringender Tatverdacht reicht nicht; beweisbar).
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SK/Paeffgen 23. S. auch Kühne/Esser Rspr. des E G M R .
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O L G Köln J M B 1 N W 2 0 0 5 2 8 4 ; Parigger N S t Z 1 9 8 6 2 1 1 ; krit. Langner 7 8 ; für einen erweiterten Begriff des Entziehens Grau N S t Z 2 0 0 7 12, 14 (auch passives Verhalten im Ausland, wenn Beschuldigter ausnutzt, dass Justiz Strafanspruch nur bei seiner Anwesenheit in der Hauptverhandlung durchsetzen kann; aktive Verfahrenssabotage nicht erforderlich). Z u R a t und Hilfe durch den Verteidiger s. Krekeler FS Friebertshausen
StV 2 0 0 2 3 8 9 zur
O L G H a m m N J W 1 9 6 6 2 0 7 5 ; KK/Boujong 15. KKJBoujong 15; Meyer-Goßner 18; Kleinknecht/Janischowsky 26. BGHSt 2 3 3 8 4 ; B G H StV 1 9 9 0 3 0 9 ; KG J R 1 9 7 4 165; O L G Brandenburg StV 1 9 9 6 3 8 1 ;
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Vgl. Kohlbaas J R 1 9 7 4 166.
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sich verbergen wird, insbesondere wird er nicht seinen Aufenthalt verschleiern oder unauffindbar sein. Er hält sich nur nicht (für die zu erwartende) Vorführung bereit, weicht aber nicht von normalen Verhaltensweisen ab (zur Sicherung des beschleunigten Verfahrens in solchen Fällen vgl. § 127b, 13). Ein Entziehen i.S. von Absatz 2 Nr. 2 ist auch zu verneinen, wenn nur der Angeklagte gegen ein Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt hat, in der darauf anberaumten Berufungsverhandlung aber unentschuldigt ausgeblieben ist. In diesem Fall richtet sich das weitere Verfahren nach § 3 2 9 . 1 2 0 Andere Vorschriften, die weitere Zwangsmaßnahmen gegen einen nicht erschienenen Angeklagten zulassen, sind nicht anwendbar. 1 2 1 Ihrer bedarf es deshalb nicht, weil § 3 2 9 Abs. 1 dem besonderen Zweck dient, einen Angeklagten daran zu hindern, die Entscheidung über sein Rechtsmittel dadurch zu verzögern, dass er sich der Verhandlung entzieht. 1 2 2 Schwierigkeiten können insbesondere Fälle mit Auslandsbezug bereiten. 1 2 3 Grundsätzlich gilt: Der Beschuldigte entzieht sich dem Verfahren nicht, wenn er Maßnahmen vorbereitet und trifft (z.B. Reisen oder Übersiedlung bzw. Rückkehr ins Ausland), die im Ergebnis nicht als Flucht anzusehen wären (Rn. 2 8 bis 30), gleichgültig ob der Beschuldigte Deutscher oder Ausländer ist. 1 2 4 Dies gilt namentlich, wenn er nur die Strafverfolgung nicht erleichtert, also etwa im Ausland, wo er eine den Strafverfolgungsbehörden bekannte Wohnung hat, verbleibt. 1 2 5 Fluchtgefahr liegt dagegen vor, wenn der Beschuldigte sich, um dem Verfahren zu entgehen, ins Ausland absetzen w i l l 1 2 6 oder, wenn er sich bereits dort befindet (ohne flüchtig zu sein - Rn. 2 9 ) , dort „untertauchen" oder sich in sonstiger Weise der Erreichbarkeit für Strafverfolgungsbehörden und Gericht entziehen will. 1 2 7 Bloßes Untätigbleiben im Ausland begründet nach wohl h . M . keine Fluchtgefahr, insbesondere dann nicht, wenn der Beschuldigte sich bis dahin „kooperativ" verhalten hat oder z.B. versichert, er werde zur Hauptverhandlung erscheinen. 1 2 8 Bei er-
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KG JR 1977 34; s. auch OLG Stuttgart NStZ 1982 217; Michel MDR 1991 933 (Berufung der StA). OLG Bremen MDR 1970 165. BGHSt 23 334. Eingehend hierzu Langner 133 ff. S. auch Gercke StV 2004 675 (auch zu EUAuslieferungsabkommen); s. auch Vor §112 Rn. 74. Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1972 2099; OLG Stuttgart StV 1995 258; OLG Brandenburg StV 1996 381; OLG Dresden StV 2005 224; s. auch OLG Düsseldorf StraFo 2005 207 (Wohnsitzwechsel in der EU); LG Frankfurt StV 2005 225; Heidig/Langner StraFo 2002 156; a.A. Grau NStZ 2007 12 ff. H.M.; LG Hanau NStZ 1987 41. S. auch h¥JDeckers 19; Bleckmann StV 1995 552, 554 (Fluchtgefahr entfalle, wenn damit zu rechnen sei, dass ein EU-Ausländer an die Bundesrepublik ausgeliefert werden wird in dieser Allgemeinheit formuliert eine problematische Auffassung, weil sie dahin missverstanden werden könnte, ein Haftbefehl könne auch dann nicht ergehen, wenn alle Voraussetzungen der Fluchtgefahr erfüllt
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sind, weil der Beschuldigte ja später auf jeden Fall festgenommen werden könne, was allerdings auch wieder den Erlass eines Haftbefehls erfordert); krit. auch KKtBoujong 20; vgl. dazu auch OLG Köln StV 1997 139; 2003 510; 2005 393; OLG Düsseldorf StraFo 2006 24 mit Anm. Paeffgen NStZ 2007 81; OLG Schleswig bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2006 260; Münchhalffen/Gatzweiler 82 ff.; s. im Übrigen Rn. 24, 36. OLG Frankfurt StV 1994 581 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 23; OLG Düsseldorf JMBINW 1989 261; s. auch LG Hamburg StV 2002 205; Böhm NStZ 2001 637; Münchhalffen/Gatzweiler 100. Vgl. OLG Karlsruhe StV 2005 33 mit zust. Anm. Hilger; 1999 36; OLG Köln JMBINW 2005 284; StV 2005 393; OLG Bremen StV 1997 533; OLG Naumburg StV 1997 138; OLG Brandenburg StV 1996 381; OLG Stuttgart StV 1995 258; LG Hamburg StV 2002 205; Dahs/Riedel StV 2003 416, Beulke §11 Rn. 212; krit. dagegen, letztlich offen lassend OLG Köln NStZ 2003 219 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2004 78.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112
kennbar werdendem oder gar bekundetem Willen dagegen, nicht freiwillig nach Deutschland für Zwecke des Verfahrens zurückzukehren, soll nach h.M. 1 2 9 Fluchtgefahr vorliegen; gegen diese Lösung bestehen jedoch in mehrfacher Hinsicht schwerwiegende Bedenken. Sie ist mit der in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Rn. 29) zum Ausdruck kommenden Tendenz 130 zur Begrenzung der Definition von Flucht und Fluchtgefahr schwerlich vereinbar. Soweit diese Lösung damit begründet wird, der Beschuldigte verletze in solchen Fällen seine „Gestellungspflicht", mag man darüber streiten, ob eine solche besteht.131 Entscheidend ist, ein solcher Haftbefehl ergeht im Vorfeld des § 230 Abs. 2. Würde ein im Inland wohnender Beschuldigter deutlich machen, er werde keinesfalls zur Hauptverhandlung kommen, würde das (allein) erfahrungsgemäß nicht zum Erlass eines Haftbefehls nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 führen - in der Praxis würde über § 230 vorgegangen werden. Falls in solchen Fällen wegen des Auslandsbezugs nicht gemäß § 230 verfahren werden kann 1 3 2 (wird), offenbart der (ersatzweise) Erlass eines Haftbefehls über § 112 Abs. 2 Nr. 2, dass hier mit einer im Haftrecht wohl unzulässigen, zumindest äußerst problematischen Analogie 133 zu Lasten des Beschuldigten gearbeitet wird; helfen kann nur - wenn dies überhaupt rechtspolitisch gewollt wird - der Gesetzgeber. 134 b) Entziehungshandlungen. Bei der Prüfung der Fluchtgefahr sind alle Umstände des 3 4 Einzelfalles zu würdigen,135 namentlich die persönlichen Verhältnisse (z.B. Alter; persönliche, namentlich familiäre Bindungen; Freundeskreis; Beruf, Einkommen, Vermögen, Kaution der Familie, Wohnverhältnisse, ggf. Erkrankungen) 136 des Beschuldigten sowie 129
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OLG Köln NStZ-RR 2006 22; NStZ 2003 219 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2004 78; OLG Hamm StV 2005 35 mit krit. Anm. Hilger; OLG Stuttgart Justiz 1983 311; StV 1999 33 mit krit. Anm. Lagodny; OLG Düsseldorf JMB1NW 1989 261; vgl. auch AG Bremerhaven StV 1993 426; MeyerGoßner 17a; KMR/Wanket 5; HK/Lemke 17; Helmken MDR 1984 532; a.A. (wie hier) Schlothauer/Weider 494. Vgl. BGH StV 1990 309 (dort wurde diese Frage allerdings ausdrücklich offen gelassen) mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 431; a.A. Grau NStZ 2007 12 ff. Dafür: OLG Köln NStZ-RR 2006 22; OLG Hamm StV 2005 35 mit krit. Anm. Hilger; OLG Stuttgart StV 1999 33 mit abl. Anm. Lagodny; dagegen: OLG Karlsruhe StV 1999 36; Böhm NStZ 2001 636; Paeffgen NStZ 2006 139; Schlothauer/Weider 494; s. auch OLG Karlsruhe StV 2005 33. So OLG Köln NStZ-RR 2006 22; Grau NStZ 2007 12 ff.; krit. auch OLG Hamm StV 2005 35; Böhm NStZ 2001 636 (§ 230 unpraktikabel); a.A. OLG Brandenburg StV 1996 381; OLG Karlsruhe StV 2004 325; Lagodny StV 1999 35; s. auch OLG Karlsruhe StV 2005 33; OLG Oldenburg StV 2005 432.
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Vgl. Lüderssen/Jahn Einl. Μ 47; Paeffgen NStZ 1990 431; 2006 139; Lagodny StV 1999 37; Hilger StV 2005 38; s. auch Münchhalffen/Gatzweiler 100; a.A. Grau NStZ 2007 12 ff. Lagodny StV 1999 35; Böhm NStZ 2001 636; s. auch Grau NStZ 2007 12 ff.; dagegen Münchhalffen/Gatzweiler 101. Eingehend zur Indizverwertung Langner 127 ff., 132 ff. Vgl. BGH bei Schmidt MDR 1992 548 (Erkrankung als Fluchtanreiz); OLG Brandenburg StV 2002 147; OLG Celle StV 1989 253 (familiäre Bindungen); 1991 266 (keine sozialen Bindungen in Deutschland); 1991 473 (Fluchtgefahr trotz familiärer Bindungen); OLG Düsseldorf StraFo 2006 24 (soziale Integration in einem EU-Land) mit Anm. Paeffgen NStZ 2007 81; StraFo 2005 207 (Wohnsitzwechsel innerhalb der EU); OLG Frankfurt StV 1997 138; 2000 151 (auch zum drohenden Berufsverbot); 2001 687; OLG Hamburg StV 1987 496 (zurückhaltend bei homosexueller Partnerschaft); 2002 490 mit abl. Anm.}. Meyer; OLG Hamm StraFo 1999 248; StV 2001 685; StraFo 2002 177; StV 2003 509 (ständ. Rspr.); OLG Karlsruhe StV 2006 312 (Erkrankung); OLG Köln StV 1996 382; 1996
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sein bisheriges Verhalten im Verfahren (unter Respektierung seiner Rechte). 137 Eine Schematisierung der Gründe und Erwägungen wäre in Anbetracht der zahlreichen möglicherweise zu berücksichtigenden Kriterien und der Schwere des Grundrechtseingriffs nicht sachgerecht. 138 Stets sind die Umstände, die für eine Flucht sprechen, gegen diejenigen abzuwägen, die ihr entgegenstehen. Zu den Umständen, die zur Flucht anreizen können, gehört auch die Verfolgung wegen des dringenden Verdachts weiterer Straftaten, auch wenn sie nicht Gegenstand des Verfahrens sind, in dem der Haftbefehl erlassen werden soll. 139 Indessen genügt es nicht, dass die äußeren Gelegenheiten einer Flucht günstig sind, vielmehr ist zu prüfen, ob der Beschuldigte von ihnen auch Gebrauch machen wird. 1 4 0 Das wird häufig anzunehmen sein, wenn der Beschuldigte schon einmal geflohen war oder sich verborgen gehalten hatte, nicht aber schon, wenn er beim Erscheinen des Polizeiautos wegläuft, um unerkannt zu bleiben. 141 Die Tatsachen, die der Fluchtgefahr zugrunde liegen, brauchen nicht zur vollen richterlichen Gewissheit i.S. des § 2 6 7 Abs. 1 und 2 festzustehen, vielmehr reicht derjenige hohe Grad von Wahrscheinlichkeit aus, der im Haftverfahren erfordert wird, den Tatverdacht festzustellen 142 (Rn. 17 ff., 2 5 ff.). 35
Familiäre Bindungen und gesicherte Arbeits- und Wohnverhältnisse streiten häufig gegen Fluchtgefahr, charakterliche Labilität, starke Drogenabhängigkeit, 143 Ausweislosigkeit sowie gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ruin, der durch die Straftat oder durch eine Verurteilung eintreten wird, können für sie sprechen. Bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind - neben den schon genannten Umständen, insbesondere den persönlichen Verhältnissen und dem sozialen Umfeld des Beschuldigten, seinem Vorleben, Art und Schwere der vorgeworfenen Tat sowie dem Verhalten des Beschuldigten davor und danach - auch: ob der Beschuldigte in früheren Verfahren Anstalten zur Flucht getroffen hatte; dass der Beschuldigte ein umfassendes glaubhaftes Geständnis abgelegt oder in sonstiger Weise die Ermittlungen gefördert hat; dass er sich dem Verfahren - selbst in Kenntnis eines drohenden Haftbefehls - gestellt hat sowie die Einschätzung der Verteidigungschancen durch den Beschuldigten selbst (Rn. 24); Unterstützung durch Institutionen, etwa die Hafthilfe. 144
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386; 1996 389; 1997 139 und 6 4 2 (Ausländer, sozial verwurzelt); 2 0 0 0 5 0 8 und 628; OLG Saarbrücken StV 2 0 0 0 2 0 8 (Straferwartung, familiäre Beziehung ins Ausland reichen in der Regel nicht); LG Köln StV 1996 385; 1996 386; verfehlt jedoch OLG Hamburg StV 1994 142 (Selbstmordversuch als Indiz für Fluchtgefahr) mit Anm. Schlothauer sowie Paeffgen NStZ 1995 21 und J R 1995 72 ff. Vgl. OLG Frankfurt StV 1997 138; OLG Hamm StV 2 0 0 3 509; OLG Karlsruhe StraFo 2 0 0 6 107 (keine Flucht trotz Gelegenheit dazu); StV 1999 323; KG StV 1998 2 0 7 ; LG München StV 2 0 0 0 371; Böhm NStZ 2 0 0 1 636; Münchbalffen/Gatzweiler 65 ff. Vgl. S K / P a e f f g e n 24; KYJBoujong 15; Geppert Jura 1991 269. Vgl. OLG Düsseldorf StV 1994 85; MeyerGoßtter 19; S K / P a e f f g e n 25.
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OLG Köln NJW 1959 544; KYJBoujong 15. OLG Zweibrücken StV 1984 339. OLG Bremen NJW 1955 1891; 1962 649; Meyer-Goßner 22; Dreves DRiZ 1965 111; a.A. AK/Deckers 19 (voller Beweis erforderlich). S. aber OLG Koblenz bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 53 (Therapiebereitschaft). Vgl. BGH bei Schmidt MDR 1994 2 4 0 (Flucht in früheren Verfahren); OLG Braunschweig StV 1995 2 5 7 (Handel mit Haschisch; Einschätzung der Schuld und der Resozialisierungschancen; Beschuldigter stellt sich); OLG Bremen StV 1995 85 (Mitwirkung bei Aufklärung); OLG Köln StV 1989 4 8 6 (frühere Fluchtversuche); 1993 201 (keine Flucht trotz drohenden Haftbefehls); 1993 371 (Beschuldigter hat sich bisher dem Verfahren gestellt); 1994 582 (Verteidigungschancen, wenn Beschuldigter
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Hat der Beschuldigte im Inland weder festen Wohnsitz noch Aufenthalt, so kann das ebenso ein gewichtiges Indiz für die Annahme von Fluchtgefahr 1 4 5 sein wie ein häufiger Wohnungswechsel ohne polizeiliche Ummeldung. Andererseits darf Fluchtgefahr nicht stets und ohne weitere Nachprüfung verneint werden, wenn der Beschuldigte einen festen Wohnsitz h a t . 1 4 6 Fluchtgefahr ist in der Regel zu bejahen, wenn der Beschuldigte Fluchtvorbereitungen oder sonstige Maßnahmen - Mieten einer Wohnung unter falschem Namen, Besorgung von falschen Pässen und größerer Geldbeträge - trifft, die auf ein Untertauchen hindeuten. Sie kann auch anzunehmen sein, wenn der Beschuldigte keine näheren Inlandsbindungen, wohl aber gute Auslandsbeziehungen, insbesondere Beziehungen zu dortigen kriminellen Kreisen, unterhält und (oder) über Auslandskonten 1 4 7 oder (zusätzlich) über gute Fremdsprachenkenntnisse verfügt; 1 4 8 auch bei diesen für Fluchtgefahr sprechenden Kriterien muss stets geprüft werden, ob der Beschuldigte die Möglichkeiten nutzen wird. 1 4 9 In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, mit welchen Folgen/Konsequenzen der Flucht im Ausland der Beschuldigte rechnet oder ersichtlich rechnen muss (Rn. 24), etwa mit einer besonders rigorosen Strafverfolgung im Ausland. Schließlich dürfen bei bestimmten Delikten - so bei Landesverratsdelikten oder Bildung krimineller Vereinigungen - auch deliktsspezifische, auf die Fluchtgefahr bezogene Erfahrungen verwertet werden. 1 5 0
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c) Selbstmordgefahr. Ein Haftbefehl kann nicht deshalb ergehen, weil der Beschuldigte beabsichtigt, Selbstmord zu begehen. Zwar kann kein Zweifel bestehen, dass bei einem Selbstmordkandidaten die Gefahr besteht, er werde sich dem Verfahren entziehen. Doch will ein freier Beschuldigter sich den Zwecken des Strafrechts und des Strafverfahrens durch den Tod entziehen und damit das Verfahren beenden, besteht keine rechtliche Grundlage, ihn mit Mitteln des Strafprozesses daran zu hindern. Demzufolge ist Selbstmordgefahr nicht als Haftgrund i.S. des § 112 Abs. 2 Nr. 2 anzusehen. 1 5 1
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d) Dagegen können Einwirkungen auf den Körper mit dem Ziel, VerhandlungsUnfähigkeit herbeizuführen oder aufrechtzuerhalten, ein Entziehen i.S. von Absatz 2
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sich stellt; bisher jeweils Rückkehr von Auslandsreisen); 1 9 9 5 4 7 5 ; 1 9 9 6 3 8 2 (Ausländer); 1 9 9 6 3 8 6 ; 1 9 9 6 3 8 9 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 9 4 85 (Art und Gehalt der vorgeworfenen Taten, Vorleben, Vor- und Nachtatverhalten); O L G Frankfurt StV 1 9 9 7 138; LG Siegen StV 1 9 9 9 6 0 8 (längere Haftverschonung); LG Köln StV 1 9 9 6 3 8 5 ; 1 9 9 6 386. 145
KK/Boujong 19; Kleinknecht/Janischowsky 31 ff.; s. auch O L G Düsseldorf J M B 1 N W 1 9 9 2 2 5 1 ; krit. S K / P a e f f g e n 2 6 , 2 7 (auch zur „Obdachlosigkeit" als apokryphem Haftgrund); anders - im Ergebnis zutreffend LG Zweibrücken N J W 2 0 0 4 1 6 7 9 (für den Fall der Erreichbarkeit über eine soziale Anlaufstelle); s. dazu auch Rn. 3 0 , 5 4 .
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Bericht des BTRAussch. zu BTDrucks. VI 3 5 6 1 , S. 2.
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Vgl. O L G Saarbrücken StV 2 0 0 0 4 8 9 (Auslandsvermögen allein indiziert nicht).
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B G H bei Schmidt M D R 1 9 9 2 5 4 7 ; K K / ß o « jong 2 0 ; SKJ Paeffgen 2 6 , 27.
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O L G Köln N J W 1 9 5 9 5 4 4 . Vgl. auch (einschränkend) Bleckmann StV 1 9 9 5 5 5 2 . YXJBoujong 2 1 ; vgl. auch B G H bei Schmidt MDR 1992 547; 1993 508; 1994 240; OLG Köln StV 1 9 9 5 4 7 5 ; krit. Dahs FS Dünnebier 2 3 4 ff.
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O L G Dresden Alsb. Ε 1 2 9 3 ; O L G Oldenburg N J W 1 9 6 1 1 9 8 4 ; O L G Köln StraFo 1 9 9 8 1 0 2 mit Anm. Münchhalffen; KK/Boujong 1 7 ; Meyer-Goßner 18; SYJPaeffgen 2 8 , (Dogmatik) 9 5 ff.; Eb. Schmidt Nachtr. I 17; Seetzen D R i Z 1 9 7 4 2 6 1 ; Langner 8 2 ff., 9 0 ; vgl. auch Ostendorf GA 1 9 8 4 3 2 1 ; a.A. O L G Bremen J Z 1 9 5 6 3 7 5 mit krit. Anm. Bader; im Ergebnis auch O L G Hamburg StV 1 9 9 4 142 (Selbstmordversuch als Indiz für Fluchtgefahr) mit Anm. Schlothauer und Paeffgen N S t Z 1 9 9 5 21 sowie J R 1 9 9 5 7 2 ff.
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Nr. 2 sein. Erforderlich ist jedoch ein Handeln des Beschuldigten oder Dritter auf seinen Wunsch hin, etwa Gewalteinwirkungen auf den Körper oder die Einnahme von Drogen oder Medikamenten 1 5 2 mit dem genannten Ziel. Es macht keinen Unterschied, ob der (grundsätzlich lebenswillige) Beschuldigte ins Ausland oder in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit „flieht". Der Erlass eines Haftbefehls kann jedoch, als unverhältnismäßig, unzulässig sein, wenn ein Abwesenheitsverfahren (§§ 231, 231a) möglich und die Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht erforderlich ist. 1 5 3 Schon im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Irrelevanz bloßer Untätigkeit 154 fehlt ein „Entziehen", wenn der Beschuldigte die Verhandlungsunfähigkeit dadurch bewirkt, dass er nur Medikamente zur Erhaltung oder Herstellung der Verhandlungsfähigkeit nicht einnimmt 1 5 5 oder in einen darauf abzielenden (insbesondere einen schwerwiegenden, gefährlichen) ärztlichen Eingriff nicht einwilligt. 156 Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass für Zwecke des Strafverfahrens seine Gesundheit erhalten oder wiederhergestellt wird; nur aktive Verfahrenssabotage ist unzulässig. 157 Abgesehen davon wäre zu prüfen, ob ein Verlangen der Strafverfolgungsbehörden zur Mitwirkung des Beschuldigten an seiner Aburteilung zumutbar wäre. 1 5 8 39
e) Straferwartung. Die Erwartung 1 5 9 einer (besonders) hohen (Freiheits-)Strafe kann bei der Frage, ob Fluchtgefahr zu bejahen ist, eine erhebliche Rolle spielen, aber nicht in dem Maße, wie dies gelegentlich von der Praxis angenommen wird. Sie kann erfahrungsgemäß einen Beschuldigten veranlassen, Flucht in Erwägung zu ziehen und bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ein Indiz für Fluchtgefahr sein, wenn gleichzeitig weitere Gründe für die Möglichkeit einer Flucht sprechen oder (und) wesentliche (üblicherweise) fluchthemmende Kriterien (Familie, sonstige persönliche Bindungen, Beruf usw.) fehlen oder kein ausreichendes Gegengewicht bilden. 160 Hohe Straferwartung 161
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KG JR 1974 165 mit Anm. Kohlhaas·, OLG Koblenz StV 1992 424; KK/Boujong 17; Meyer-Goßner 18; Kleinknecht/Janischowsky 30; Schlothauer/Weider 5 5 9 ; Schlüchter 211.1 und 3; Benfer JuS 1983 110; Langner 82 ff., 89; vgl. auch OLG Düsseldorf NStZ 1990 2 9 6 ; a.A. Paeffgen (Dogmatik) 100; Kühne 417. Schlothauer/Weider 559; Wendisch StV 1990
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Vgl. z.B. BGHSt 23 383; BGH StV 1990 309; OLG Frankfurt StV 1994 581; OLG Koblenz StV 1992 4 2 4 . Vgl. S K / P a e f f g e n 28; Paeffgen NStZ 1990 431; s. auch Paeffgen NJ 1993 152, 156; Kühne 417; Sommermeyer NJ 1992 336; Schlothauer/Weider 559; a.A. OLG Oldenburg StV 1990 165 mit Anm. Wendisch und (krit.) Oswald StV 1990 500; KKJBoujong 17; Meyer-Goßner 18. Vgl. auch BVerfG StV 1993 619, 620; BGH StV 1992 553; Paeffgen NJW 1993 156. Paeffgen NStZ 1990 431; Sommermeyer NJ 1992 336.
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Vgl. auch BVerfG StV 1993 619, 620; BGH StV 1992 553. Zu den Prognoseproblemen vgl. z.B. Happel, Hamm, Gebauer, Jabel, alle bei Rn. 26. Unklar sind auch weitergehende (unmittelbare) Auswirkungen solcher Prognosen (z.B. self fulfilling prophecy? Strafaussetzung als mittelbare Folge derart begründeter Haft?); vgl. zur Problematik auch z.B. SYJPaeffgen 17,18, 24; Gebauer 2 3 7 ff.; Jehle 126 ff.; Roxin § 30, 10; Schlothauer/ Weider 553; Cornel StV 1994 2 0 2 ; Dahs FS Dünnebier 231; AnwBl. 1983 418; Deckers NJW 1994 2261; Deckers/Püschel NStZ 1996 419; Langner 96 ff., 110, 112, 125; Rüping wistra 2 0 0 0 11; Sommermeyer NJ 1992 336; Schwenn StV 1984 132. Vgl. EGMR EuGRZ 1994 101; OLG Bamberg StV 1991 167 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 2 ; NJW 1995 1689; OLG Bremen StV 1995 85; OLG Celle StV 1989 2 5 3 ; 1991 473; OLG Düsseldorf StV 1991 305; JMB1NW 1992 251; VRS 86 (1994) 446; OLG Frankfurt NJW 1965 1342; StV 1985
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allein ist kein für die Bejahung von Fluchtgefahr ausreichendes Kriterium. 1 6 2 Es gibt insbesondere keine Erfahrung, wonach Fluchtgefahr besteht, wenn mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu rechnen ist. 1 6 3 Es gibt auch keinen hinreichend gesicherten Erfahrungssatz, 1 6 4 dass der Anreiz zu fliehen oder die Neigung eines Beschuldigten hierzu mit der Höhe der zu befürchtenden Strafe steigt. Deshalb ist die Auffassung zu schematisch und abzulehnen, 165 je höher die Straferwartung ausfalle, um so geringer seien die Anforderungen an die übrigen Abwägungskriterien 1 6 6 und wenn mit besonders hoher Strafe zu rechnen sei, könne bereits allein daraus Fluchtgefahr gefolgert werden, es bedürfe dann nur noch der Prüfung, ob ausnahmsweise die indizierte Fluchtgefahr ausgeschlossen werden könne. 1 6 7 Abgesehen von der wissenschaftlich-empirischen Fragwürdigkeit dieses
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374; 1985 463; 1991 27 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 422; OLG Hamburg StV 1987 496; KG NJW 1965 1390; StV 1986 107 (die Strafe ist nicht nach dem abstrakten Strafrahmen zu ermitteln); OLG Koblenz (mit probl. Begründung) bei Paeffgen NStZ 1996 24; 2002 79 und 80; StraFo 2002 365; bei Burhoff StraFo 2006 53; OLG Köln StV 1991 472; 1993 86 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 532; StV 1993 201; 1993 371; 1995 419; 1995 475; OLG Zweibrücken StV 1984 339; LG Essen StV 1991 219; LG Hagen StV 1990 554; LG München StV 2005 38; AG Bremerhaven StV 1993 86. S. auch Naujok StraFo 2000 79 (gegen Berücksichtigung der Straferwartung). Vgl. EGMR EuGRZ 1994 101; NJW 2001 2694; OLG Brandenburg StV 2002 147; OLG Bremen StV 1995 85; OLG Düsseldorf StV 1991 305 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 481; OLG Frankfurt StV 1985 463; OLG Hamm StV 1999 37 und 215 mit Anm. Hohmann StV 2000 152; 2001 115 mit Anm. Deckers; StV 2003 170; StraFo 2002 338; 2004 134 (stand. Rspr.); OLG Karlsruhe StV 2000 513; KG StV 1996 383; 1998 207; OLG Koblenz StV 2004 491; StraFo 2002 365; OLG Köln StV 1993 86 (auch zum Verlust der Arbeitslosenhilfe) mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 532; StV 1993 371; 1995 419; StraFo 1997 279 mit Anm. Hiebl·, StV 1997 642; 2000 628; 2006 313 (stand. Rspr.); OLG Saarbrücken StV 2000 208; LG Hagen StV 1990 554; LG München StV 2000 371; AG Bremerhaven StV 1993 86; vgl. auch YXJBoujong 18; Meyer-Goßner 24; SK/Paeffgen 25; Schlothauer/Weider 545; Benfer JuS 1983 110; Dabs FS Dünnebier 227; Deckers NJW 1994 2261; Sommermeyer NJW 1992 336; Münchhalffen FS Rieß 351; a.A. wohl OLG Düsseldorf VRS
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86 (1994) 446; HKHemke 22; Krey (DStrvr) 501. S. auch, (krit.) einen problematischen, Unrechts- und schuldbezogenen Prüfungsansatz vorschlagend Fröhlich NStZ 1999 331. Vgl. OLG Celle NJW 1950 240; OLG Düsseldorf StV 1991 305 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 481; OLG Frankfurt NJW 1965 1342; OLG Köln StV 1993 371; LG Oldenburg StV 1983 248; LG Hagen StV 1990 554; KYJBoujong 18; Dahs sen. NJW 1959 111; Wendisch NStZ 1983 479; s. auch OLG Frankfurt StV 1985 20 (4 Jahre Freiheitsstrafe nach 22 Monaten Untersuchungshaft); OLG Hamm StV 1985 114 (Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten; zu verbüßender Strafrest von 1 Jahr, 11 Monaten); OLG Zweibrücken StV 1984 339 (Handel mit 2,5 kg Haschisch); LG Essen StV 1991 219 (Reststrafe von 2 Jahren); LG Hagen StV 1990 554 (Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr); LG München StV 2000 371. Vgl. dazu SYJPaeffgen 25; KYJDeckers 21; Krekeler wistra 1983 44; Dahs FS Dünnebier 228 ff.; AnwBl. 1983 418; Deckers NJW 1994 2261; Schwenn StV 1984 133; Roxin § 30, 10; Schlothauer/Weider 545; Hohmann StV 2000 152; a.A. KG NJW 1965 1390; h.M. Wie hier z.B. Dahs FS Dünnebier 229 ff.; AnwBl. 1983 418; Schwenn StV 1984 132; Schlothauer/Weider 545; Münchhalffen/ Gatzweiler 89 ff.; Hohmann StV 2000 152. Vgl. dazu OLG Karlsruhe NJW 1978 333; KG StV 1996 383 mit Anm. Wattenberg; KYJBoujong 18; Meyer-Goßner 24; KMR/ Wankel 8; Benfer JuS 1983 110; Böhm NStZ 2001 635. Vgl. dazu OLG Braunschweig JZ 1965 619 mit Anm. Neidhard; OLG Frankfurt NJW
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(angeblichen) Erfahrungssatzes168 ist eine solche Praxis auch deshalb zu beanstanden, weil sie - in Zielrichtung und Verfahren nicht gerade „grundrechtsfreundlich" - eine „Fluchtvermutung" aufstellt, die Beweislast praktisch umkehrt und dadurch mit der Unschuldsvermutung kollidiert.169 40
Zu berücksichtigen ist auch, ob in einem Parallelverfahren eine (möglicherweise zu vollstreckende) Freiheitsstrafe droht, 170 ob Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt, 171 ob mit einer Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB), mit Aussetzung der Reststrafe (§ 57 StGB) oder Anrechnung der Untersuchungshaft (§ 51 StGB) 172 oder mit offenem Vollzug173 gerechnet werden kann oder ob in anderer Sache ein Widerruf der Strafaussetzung174 droht. Erwartung einer niedrigen Freiheitsstrafe175 kann (muss aber nicht) einen nur geringen Fluchtanreiz auslösen.
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3. Verdunkelungsgefahr (Absatz 2 Nr. 3). Mit dem Haftgrund der „Kollusionsgefahr" wird das Ziel verfolgt, unzulässige Einwirkungen des Beschuldigten auf Beweismittel, durch die die Feststellung des Sachverhalts beeinträchtigt werden könnte, zu verhindern.176 Verdunklungsgefahr liegt vor, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen (Rn. 22 ff.) das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht (Rn. 17, 27) begründet, er werde bestimmte Tätigkeiten (Rn. 46 bis 49) vornehmen,177 und wenn deshalb die Gefahr (Rn. 25) droht, dass die Ermittlung der Wahrheit im Verfahren gegen
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1965 1342; KG NJW 1965 1390; OLG Karlsruhe NJW 1978 333; OLG Düsseldorf StV 1982 585; LKJ Wendisch24 38; KK/Boujong 18; Meyer-Goßner 25; vgl. auch OLG Hamburg NJW 1961 1881 mit abl. Anm. Dahs sen.·, Kleinknecht MDR 1965 783; a.A. SKJPaeffgen 25; (Kolloquium) 121; Dahs AnwBl. 1983 418; FS Dünnebier 234; Krekeler wistra 1983 44; Schwenn StV 1984 132; Schlothauer/Weider 545. AKJDeckers 21; Schwenn StV 1984 132; s. auch Dahs FS Dünnebier 227 ff. Vgl. AKJDeckers 21; s. auch SKJPaeffgen 17, 18; a.A. z.B. KG StV 1996 383 mit Anm. Wattenberg. Vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1994 85; Meyer-Goßner 19. Dies ist für rechtskräftig verhängte Strafen leichter und zuverlässiger zu beurteilen als für in Parallelverfahren mögliche Strafen. Vgl. OLG Düsseldorf NJW 1982 1826; StV 1991 305; JMB1NW 1992 251; OLG Frankfurt StV 1983 337; 1985 20; 1988 392; 1989 486 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 431; 2001 687; OLG Hamm StV 1985 114 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 431; StV 2003 170; bei Burhoff StraFo 2006 53; KG NJW 1965 1390; StV 1986 107; OLG Köln StV 1989 486; 1993 86 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 532; StV 1996 382; LG Essen StV 1991 219; LG Köln StV 1996 385;
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KK/Boujong 18; Schlothauer/Weider 548 ff. S. auch OLG Düsseldorf MDR 1992 1173 (Berufung der StA mit dem Ziel des Wegfalls der erstinstanzlich gewährten Strafaussetzung). OLG Köln StV 2006 313. OLG Köln StV 1995 475 (Gesamtverbüßungsdauer bei drohendem Widerruf der Strafaussetzung); KG StV 1996 383 mit Anm. Wattenberg·, KKJBoujong 18; a.A. OLG Oldenburg StV 1987 110; AK/Deckers 22. Vgl. auch OLG Bamberg StV 1991 167 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 422; Schlothauer/Weider 524 ff., 549; Münchhalffen/ Gatzweiler 98; Widmaier/König S. 158 Rn. 13. Vgl. OLG Frankfurt StV 1983 337 und 1989 486 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 431. Vgl. OLG Hamm StV 1985 114; Dahs sen. NJW 1959 507 (abschließende Regelung); s. auch Langner 161 (auch zu Ungunsten). Rechtstatsächliches z.B. bei Schöch FS Lackner 1007; Gebauer 230, 240 ff.; Jabel 127. S. zur Kritik u.a. Paeffgen (Dogmatik) 102 ff.; Dahs FS Dünnebier 227 ff.; Nix StV 1992 445; Parigger AnwBl. 1983 423. Zur Haft in Bagatellsachen vgl. § 113, 6. OLG Köln StV 1997 27 (Gefahr, dass der Beschuldigte beeinflusst werden könnte, genügt nicht).
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den Beschuldigten 178 erschwert werde. Die Tatsachen müssen nicht voll erwiesen sein. 179 Es genügt dieselbe hohe Wahrscheinlichkeit 180 wie beim Tatverdacht und den übrigen Haftgründen; im Übrigen gelten die Ausführungen in den Rn. 20, 21 entsprechend. Es kommt auch nicht darauf an, dass gerade der Beschuldigte selbst die Ermittlungen der Wahrheit erschwert oder erschweren will - wenn das auch in der Regel der Fall sein wird - , sondern allein darauf, dass die Verdunkelungshandlungen zu der Gefahr führen, jene Erschwernis werde eintreten. Der streng subjektive Aufbau der 1964er Fassung („die Absicht des Beschuldigten erkennbar ist" [Verdunkelungshandlungen vorzunehmen] 181 und wenn deshalb die Gefahr droht, dass er die Ermittlungen der Wahrheit erschweren werde), ist 1972 durch eine weitgehend objektivierte Fassung abgelöst worden. Denn selbst das Verhalten des Beschuldigten wird noch nicht schlechthin abwertend charakterisiert. Es erhält seinen Akzent allein aus der von ihm ausgehenden Wirkung, dass es vom Standpunkt eines objektiven Beobachters aus den dringenden Verdacht (Rn. 27) einer bestimmten Handlungsweise begründet, die im Fall des Buchstaben a) moralisch und unter Umständen auch prozessual nicht zu beanstanden ist, aber doch (objektiv, wenn auch vielleicht absichtslos) die Gefahr der Verdunkelung drohen lässt. Die Tendenz von 1972 könnte der von 1964 nicht schärfer widersprechen (der Unterschied in der Praxis wird weniger bedeutend sein), wenn nicht durch das Erfordernis des dringenden Verdachts eine gewisse Schranke bestünde, die an die Perhorreszierung des Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr durch die Fassung von Art. 1 Nr. 1 StPÄG eben noch erinnert. Der klare Gesetzeswille, den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr wieder auszubauen, muss beachtet, doch darf nicht übersehen werden, dass dieser Haftgrund am ehesten der, gewiss meist unbewussten, Gefahr unterliegt, missbraucht zu werden. Erforderlich ist immer, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Verdunkelungshandlungen erwartet werden müssen, falls der Beschuldigte nicht in Haft genommen wird 1 8 2 (Rn. 44 ff.). Die bloße Möglichkeit oder Befürchtung solcher Handlungen oder eine günstige Ausgangslage hierfür genügt nicht; 183 es muss vielmehr der dringende Verdacht bestehen, dass der Beschuldigte die Gelegenheit wahrnehmen wird. 184 Keinesfalls rechtfertigen noch ausstehende Ermittlungen die Untersuchungshaft. 185 Weil der Beschuldigte
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OLG Nürnberg StraFo 2 0 0 3 89. So aber KKIBoujong 25; AK/Deckers 23; Schlothauer/Weider 599; Widmaier/Körtig S. 160 Rn. 21; Kleinknecht/Janischowsky 64; Dahs sen. NJW 1959 509; 1965 890; Schorn NJW 1965 842; Krekeler wistra 1982 8; Park wistra 2001 2 4 9 ; Sommermeyer NJ 1992 337; Münchhalffen FS Rieß 356; vgl. auch Hengsberger J Z 1966 210; Kleinknecht JZ 1965 115; OLG Köln StV 1986 539. OLG Bremen NJW 1955 1891; 1962 649; OLG Düsseldorf StV 1997 534; Meyer-Goßner 27, 28, 22; SYJPaeffgen 30; Franzheim GA 1966 50; s. auch OLG Zweibrücken StV 1992 4 7 6 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 532; OLG Köln StV 1994 583; OLG München StV 1995 86. Dahs sen. NJW 1965 889; Kleinknecht J Z 1965 115; Dahs FS Dünnebier 236. OLG Bremen NJW 1955 1891; OLG Celle
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NJW 1963 1264; OLG Köln NJW 1959 544; Meyer-Goßner 27; KKJBoujong 24. OLG Hamm StV 1985 114; StraFo 2 0 0 4 134; OLG Köln NJW 1961 1880; StV 1992 383; 1997 27 und 642; 1999 37; StraFo 2 0 0 0 135; OLG München StV 1995 86; LG Köln StV 1997 28; LG Oldenburg StV 1983 248; s. auch OLG Zweibrücken StV 1992 4 7 6 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 532. OLG Hamm StraFo 2 0 0 4 134; StV 1985 114; OLG Köln StV 1992 383; OLG München NJW 1996 941 (tatsachengestützte Mutmaßung); OLG Saarbrücken StV 2 0 0 2 489; KK/Boujong 26; SYJPaeffgen 30; Dahs sen. NJW 1965 8 8 9 ff. OLG Schleswig SchlHA 1954 2 5 ; OLG Hamm StV 1985 114; OLG München StV 1995 86; NJW 1996 941; Dahs sen. NJW 1959 508; NJW 1965 890; s. auch SchmidtLeichner NJW 1959 8 4 4 (flüchtige Mittäter).
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nicht verpflichtet ist, sich einzulassen (§ 136 Abs. 1 Satz 2), wird dadurch, dass er sich nicht zur Sache erklärt, keine Verdunkelungsgefahr begründet. 1 8 6 Entsprechendes gilt mangels Mitwirkungspflicht des Beschuldigten - , falls er bestreitet, 187 mögliche Mittäter nicht benennt, 1 8 8 für die Aufklärung möglicherweise erhebliche Unterlagen nicht freiwillig herausgibt oder die Einsicht in diese verweigert. 43
Der dringende Verdacht (Rn. 2 5 , 27, 17) kann aus vielerlei, jedoch nicht allein auf bestimmten Tatsachen beruhenden Indizien hergeleitet werden. So ist es nach h.M. zulässig, die Verdunkelungsgefahr aus unternommenen oder durchgeführten Verdunkelungsmaßnahmen, z.B. der Verwendung ge- oder verfälschter Schriftstücke, der Einschüchterung, Bedrohung oder Bestechung von Zeugen zu folgern, 1 8 9 selbst wenn der Beschuldigte diese Maßnahmen vor dem anhängigen Verfahren angewendet hatte, etwa in einem Zivilprozess, aus dem ein Verfahren wegen Verleitung zum Meineid hervorgegangen war. 1 9 0 Der Ansicht, Verdunkelungsgefahr bestehe jedenfalls häufig, wenn die ganze Lebensführung des Beschuldigten 191 auf Verheimlichen, Verbergen und Verdunkeln, auf Täuschung, Drohung und Gewalt abgestellt sei, 1 9 2 kann mit der Einschränkung gefolgt werden, dass außerdem weitere bestätigende Indizien vorliegen müssen. 1 9 3 Nach einer älteren, aber wohl noch h . M . 1 9 4 kann der dringende Verdacht aus früheren Straftaten oder der verfolgten Tat, wenn diese ihrer Natur nach auf Irreführung und Verschleierung
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OLG Frankfurt NJW 1960 352; OLG Hamm StV 1985 114; OLG Köln StV 1992 383; OLG München StV 1995 86; OLG Düsseldorf StV 1997 534; Gallandi StV 1987 87; Volk NJW 1996 883; Münchhalffen/Gatzweiler 102. Vgl. OLG Hamm StV 1985 114; OLG Köln StV 1992 383; LG Verden StV 1985 464. OLG Köln StV 1999 37; 1992 383 (unwahre Angaben über Mittäter); LG Verden StV 1982 374. OLG Frankfurt NJW 1960 352; vgl. auch OLG Zweibrücken StV 1992 476 mit Anm. Faeffgen NStZ 1993 532; vgl. auch Kleinknecht/Janischowsky 61 (vor der Tat abgesprochene Einlassung); Dahs sen. NJW 1965 892, 893; s. aber (krit. bzgl. Bestechlichkeit) OLG Frankfurt StV 1994 583 mit Anm. Faeffgen NStZ 1996 25; OLG München StV 1995 86. Vgl. Meyer-Goßner 30; KYJBoujong 29; Dahs sen. NJW 1965 892, 893; Kleinknecht J Z 1965 116 (z.B. auch Vortäuschen einer Straftat oder sonstige einschlägige Störung der Rechtspflege); zu Recht krit.: Eb. Schmidt Nachtr. 123; S K / F a e f f g e n 31; Benfer JuS 1983 112. Letztlich kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, insbes. wie massiv die Einflussnahme war, ob sie zum Tatbestand der verfolgten Tat gehörte, ob eine Fortsetzung zu befürchten ist, ob weitere bestätigende Indizien vorliegen.
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Z.B. gewerbsmäßige Hehler; Betrüger; Zuhälter; Agenten; Angehörige krimineller oder terroristischer Vereinigungen; Mitglieder von Banden der Organisierten Kriminalität. Vgl. OLG Köln NJW 1961 1880; JMB1NW 1963 252; StV 1999 37; Meyer-Goßner 30; KYJBoujong 30; Dahs sen. NJW 1965 893; Kleinknecht/Janischowsky 65, 71 bis 73; Eb. Schmidt Nachtr. I 24; s. auch Fhilipp DRiZ 1965 84; Dreves DRiZ 1965 111; Franzheim GA 1970 109; Benfer JuS 1983 112; a.A. S K / F a e f f g e n 32; AK/Deckers 24; krit. auch Schlothauer/Weider 599 ff.; Volk NJW 1996 879; OLG Bamberg StV 1991 167; OLG Frankfurt StV 1994 583 mit Anm. Faeffgen NStZ 1996 25; OLG München StV 1995 86. Ähnlich Dahs sen. NJW 1965 892; s. auch OLG Köln StV 1999 37 und 323; OLG Frankfurt NStZ 1997 200 mit Anm. Otto-, OLG Hamm wistra 2002 236. Vgl. dazu OLG Köln NJW 1961 1880; Meyer-Goßner 30; KYJBoujong 29, 30; KMR/Wankel 10; Kleinknecht/Janischowsky 65 bis 67, 71; Dahs sen. NJW 1965 892, 893 (krit. aber gegen Rückschlüsse aus den Umständen der Tat); Dreves DRiZ 1965 111; Philipp DRiZ 1965 85; s. auch Kleinknecht ]Z 1965 116; Böhm NStZ 2001 634.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§
112
angelegt sind (z.B. Betrug; Bestechung; gewerbsmäßige Hehlerei; Urkundenfälschung; kriminelle oder terroristische Vereinigung; Banden der organisierten Kriminalität), oder aus den besonderen Umständen der Tatbegehung (Anlage und Durchführung) abgeleitet werden. In der neueren Rechtsprechung und Literatur 195 wird dies zu Recht differenzierter und kritisch gesehen und überwiegend abgelehnt. Die h.M. läuft nämlich auf eine unzulässige Vermischung von dringendem Tatverdacht und Haftgrund und damit auf einen gesetzeswidrigen Haftgrund der Tatbegehung hinaus. 196 Vertretbar wäre es aber wohl, im Falle des Vorliegens erheblicher Indizien für eine Verdunkelungsgefahr, Deliktsnatur (Typus) und (oder) Begehungsart ergänzend heranzuziehen, um zu verdeutlichen, dass die Annahme der Verdunkelungsgefahr damit nicht unvereinbar wäre. Auch Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Beschuldigten und Zeugen oder Mitbeschuldigten können ein Indiz für Verdunkelungsgefahr sein, namentlich wenn weitere Indizien in diese Richtung deuten. 197 Letztlich kommt es immer auf die einzelfallbezogene Würdigung aller Umstände an, wobei die bestimmten (inneren und äußeren) 198 Tatsachen, aus denen sich der dringende Verdacht der Verdunkelung ergeben soll, nur der Person des Beschuldigten, etwa seine Neigungen, seinem Verhalten, seinen Beziehungen und sonstigen Lebensumständen (nicht der Person eines Dritten) entnommen werden dürfen. 199 Außerdem ist zu prüfen, ob es überhaupt (noch) Möglichkeiten der Verdunkelung gibt (Rn. 45, 50). 4. Verdunkelungshandlungen a) Grundsatz. Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr besteht nur, wenn aufgrund 4 4 bestimmter Tatsachen das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde eine oder mehrere der drei in Nr. 3 (Rn. 46, 48, 49) abschließend 200 aufgeführten Verdunkelungshandlungen begehen, und wenn weiter deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit in dem Verfahren wegen derjenigen Tat erschwert wird, deren der Beschuldigte dringend verdächtig ist. 201 Der Haftgrund bezieht sich demgemäß nur auf die Taten, die dem Haftbefehl zugrunde liegen; unerheblich ist, ob die Verdunkelungsgefahr auch in anderen Fällen, selbst wenn sie Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sind, vorliegen könnte. 202 Auch die Vermutung weiterer Taten, die sich noch nicht zu einem dringenden Tatverdacht verdichtet hat, muss außer Betracht bleiben. 203
195
196
Vgl. O L G Frankfurt StV 1 9 9 4 5 8 3 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 6 2 5 ; N S t Z 1 9 9 7 2 0 0 mit Anm. Otto; StV 2 0 0 0 151; O L G H a m m wistra 2 0 0 2 2 3 6 ; O L G Köln StV 1 9 8 6 5 3 9 ; StraFo 1 9 9 7 2 8 ; 1 9 9 9 3 7 und 3 2 3 ; StraFo 2 0 0 0 135; O L G München StV 1 9 9 5 8 6 (krit. bzgl. Bestechlichkeit); N J W 1 9 9 6 9 4 1 ; O L G Saarbrücken StV 2 0 0 2 4 8 9 ; O L G Schleswig bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1 9 9 9 174; MUDeckers 2 4 ; S K / P a e f f g e n 3 2 ; (Kolloquium) 1 2 3 ; Schlothauer/Weider 5 9 9 ff.; Dahs FS Dünnebier 2 3 4 ; Krekeler wistra 1 9 8 2 8; Nix StV 1 9 9 2 4 4 6 ; Parigger AnwBl. 1983 4 2 3 ; NStZ 1986 213; Sommermeyer N J 1 9 9 2 3 3 7 ; Volk N J W 1 9 9 6 8 7 9 ; s. auch Böhm N S t Z 2 0 0 1 6 3 4 . Ähnlich Dahs FS Dünnebier 2 3 4 ; Parigger N S t Z 1 9 8 6 2 1 3 ; Park wistra 2 0 0 1 2 5 0 ;
197
Münchhalffen FS Rieß 3 5 5 ; Münchhalffen/ Gatzweiler 1 0 3 ; s. auch Krekeler wistra 1 9 8 2 8 (u.a. Umkehr der Beweislast). KKIBoujong 2 9 ; S K / P a e f f g e n 31; Kleinknecht/Janischowsky 6 8 ff.; Philipp D R i Z 1 9 6 5 85.
198
KKIBoujong 2 7 ; Kleinknecht/Janischowsky 6 4 ; Dahs sen. N J W 1 9 6 5 8 8 9 .
199
O L G Köln StV 1 9 9 2 3 8 3 ; h . M . ; s. auch O L G H a m m wistra 2 0 0 2 2 3 8 (auch früheres Verhalten). Dahs sen. N J W 1 9 5 9 5 0 7 ; allg. M .
200 201 202
203
Vgl. O L G Celle NdsRpfl. 1 9 6 3 2 1 2 . O L G Stuttgart StV 1 9 8 7 110; O L G Frankfurt StV 1 9 9 4 5 8 3 ; O L G Schleswig bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1 9 9 9 174; O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 6 8 6 ; allg. M . Sauer N J W 1 9 6 0 351.
Hans Hilger
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
45
Die Verdunkelungshandlungen müssen zu dem Zweck, zu verdunkeln, geeignet, 204 der Zweck muss ein künftiger sein. Nicht erforderlich ist, dass der Beschuldigte die Verdunkelungsmaßnahmen schon (weitgehend) vorbereitet, versucht oder gar vollendet hat. 2 0 5 Es genügt, wenn die geplanten oder bereits getroffenen Maßnahmen prozessordnungswidrig sind und nicht aussichtslos erscheinen. Die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr ist aber weder Prozessstrafe noch Beugehaft. 206 Selbst wenn der Beschuldigte Beweismittel vernichtet und Zeugen beeinflusst hat, ist sie unzulässig, wenn durch das Verhalten und durch die Verhältnisse des Beschuldigten und die sonstigen Umstände des Falls und des Verfahrens ausgeschlossen oder wenigstens der Verdacht ausgeräumt ist, dass er auch in Zukunft geeignete Verdunkelungshandlungen vornehmen werde, und dass deshalb die Gefahr drohe, die Ermittlung der Wahrheit werde erschwert 2 0 7 (s. auch Rn. 50). Welche der in Nr. 3a) bis c) umschriebenen Verdunkelungshandlungen drohen, braucht nach h . M . 2 0 8 nicht abschließend festgestellt werden; ausreichend ist die Feststellung, dass überhaupt eine der gesetzlich missbilligten Handlungen zu befürchten ist. Dies entspricht dem Prognosecharakter der Entscheidung. 209 Die Verdunkelungshandlungen sind im Einzelnen:
46
b) Das Vernichten, Beiseiteschaffen und Unterdrücken, das Verändern und Fälschen von Beweismitteln. Ob der Beschuldigte berechtigt ist, über das Beweismittel zu verfügen (ein von ihm gefertigtes Tonband zu löschen; einen von ihm geschriebenen, aber noch nicht abgesandten Brief zu verbrennen; die in seinem Eigentum stehende Mordwaffe zu vernichten; eine in der Natur gesetzte Spur zu verwischen), ist gleichgültig. Wer den Verdacht hervorruft, Beweismittel anzugreifen, setzt sich, wenn zugleich die sonstigen Voraussetzungen der Nr. 3 vorliegen, der Verhaftung aus, gleichviel ob sein Verhalten „anstößig" ist 2 1 0 oder edel (etwa um eine an der Tat unbeteiligte Frau nicht zu kompromittieren). Das Merkmal „unlauter" des Buchstaben b darf nicht auf den Fall des Buchstaben a übertragen werden; insoweit bedarf es keiner Feststellungen. 211
47
Beiseiteschaffen ist auch die Veräußerung, aber nur dann, wenn sie bewirkt, dass das Beweismittel nicht mehr jederzeit und unverändert den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung steht. 212 Das Verändern umfasst auch das Unbrauchbarmachen, etwa das Löschen eines Tonträgers oder der Aufzeichnung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage und den „Nachtrank", wenn der Blutalkoholgehalt zur Tatzeit eine Rolle spielt. Dagegen verändert ein Beweismittel nicht, wer sich einer Blutalkoholuntersuchung entzieht; er verhindert nur, dass von einem sich verändernden und vergehenden Beweismittel Gebrauch gemacht werden kann. Die Belastung einer Immobilie mit einem Grundpfandrecht dürfte in der Regel keine Verdunklungshandlung sein, weil es an dem Veräußern oder Verändern eines Beweismittels fehlt. 213 Fälschen ist das Verändern eines Beweismittels in der Weise, dass es seinen Beweiswert verliert oder einen anderen Beweisinhalt darbietet, als es ursprünglich hatte, oder das Anfertigen eines Beweismittels,
204 205 206
207
208 209
70
KG JR 1956 192. OLG Köln NJW 1961 1881; h.M. OLG Oldenburg StV 2 0 0 5 394; LG Verden StV 1982 374. OLG Köln StraFo 1997 2 7 9 mit Anm. Hiebl; Dreves DRiZ 1965 111. Kleinknecht MDR 1965 782. SYJPaeffgen 34; s. auch OLG Hamm wistra 2 0 0 2 238.
210 211
212
213
Kleinknecht J Z 1965 116. Vgl. KYJBoujong 32, 33; Meyer-Goßner 32; AK/Deckers 27; s. auch Nix StV 1992 4 4 6 ; Kleinknecht/Janischowsky 53. Vgl. auch OLG Köln StV 2 0 0 0 628 (dass „Tatwaffen" nicht sichergestellt werden können, genügt nicht). Gärtner NStZ 2 0 0 5 544.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§
112
gleichgültig ob sein Inhalt richtig oder falsch ist, das den Eindruck erweckt, es sei vor seiner Anfertigung entstanden. 214 Die genannten Verdunkelungshandlungen können auch beschlagnahmefreie Gegenstände betreffen, falls der Beschuldigte mit einer freiwilligen Herausgabe durch einen Dritten rechnen muss. 2 1 5 c) Das Einwirken auf Mitbeschuldigte, Zeugen und Sachverständige - auch wenn sie noch nicht in dieser Eigenschaft am Verfahren beteiligt sind, der Beschuldigte aber damit rechnet 2 1 6 - , jedoch nur, wenn sie in unlauterer Weise (gesetzeswidrig oder die Wahrheitsfindung in vom Gesetz nicht gebilligter Weise störend; bezogen auf die Mittel der Einwirkung oder (und) das Ziel) 2 1 7 vorgenommen wird. Das ist immer der Fall, wenn der Mitbeschuldigte oder Zeuge beeinflusst wird, 2 1 8 die Unwahrheit zu sagen, oder der Sachverständige, ein falsches Gutachten abzulegen oder Befundtatsachen 219 falsch zu bekunden, auch wenn die Aussage oder das Gutachten im Ergebnis (objektiv) richtig sind oder der Beschuldigte sie (subjektiv) für zutreffend hält. 2 2 0 Dagegen ist eine bloße Besprechung mit Verfahrenszeugen,221 z.B. über die Frage, wie sich ein Hergang ereignet oder ob sie sich an einen bestimmten Umstand erinnern, nicht unlauter; sie wird es aber, wenn ihnen eine Erinnerung, die sie nicht haben - auch wenn sie sie haben können - , suggeriert 2 2 2 oder der Zeuge unter Druck gesetzt 2 2 3 wird. Es ist auch nicht unlauter, dass der Beschuldigte Zeugen bittet, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. 2 2 4 Denn zu seinen Gunsten ist es dem Zeugen eingeräumt, und der Beschuldigte kann ihm wohl die Folgen einer Aussage vorstellen. 225 Dies darf jedoch nicht unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses oder in sonstiger unlauterer Weise (Druck, Täuschung) geschehen. 2 2 6 Unzulässig ist auch die Einwirkung auf Zeugen und Mitbeschuldigte mit dem Ziel, dass diese sich dem Verfahren durch Flucht oder die Verletzung ihrer Zeugenpflichten entziehen. 227
48
d) Die Veranlassung eines anderen, die vorgenannten Verdunkelungshandlungen vorzunehmen. Der Beschuldigte muss den Anlass geben, dass der andere handelt, gleichviel
49
214
215 216
217
O L G Zweibrücken StV 1 9 9 2 4 7 6 (Änderung einer sich nicht auf die angeklagte Tat beziehenden Urkunde, die einem Zeugen vorgehalten werden soll) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 3 5 3 2 ; a.A. Langner 1 6 3 (jede Neuanfertigung); s. auch Dahs sen. N J W 1 9 5 9 507. KKJBoujong 33. KKJBoujong 3 4 ; Meyer-Goßner 3 3 ; a.A. Nix StV 1 9 9 2 4 4 7 (auf objektive Beurteilung abstellend); Langner 164. O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 118; KKJBoujong 3 2 , 3 5 ; KKJDeckers 2 7 ; S K / P a e f f g e n 3 7 ; (Dogmatik) 1 1 0 ff.; Wolter Z S t W 9 3 ( 1 9 8 1 ) 4 5 2 ; krit. zu Einzelfällen Parigger N S t Z 1 9 8 6 213.
218
O L G H a m m StV 2 0 0 1 6 8 8 ; KKJBoujong 3 4 ; s. auch B G H bei Schmidt M D R 1 9 9 2 5 4 8 (Einwirkung auf Zeugen - Mitarbeiter - des MfS); s. aber (wohl einschränkend) O L G München StraFo 1 9 9 7 2 9 .
219
Vgl. BGHSt 18 108.
220
Vgl. KKJBoujong 3 4 ; Kleinknecht/Janischowsky 5 4 ; S K J P a e f f g e n 3 6 .
221
O L G Köln N J W 1 9 5 9 5 4 4 ; O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 6 8 6 . Dahs sen. N J W 1 9 6 5 8 9 0 . Schlächter 213. O L G Bremen M D R 1951 5 5 mit Anm. Dallinger; O L G Köln N J W 1 9 5 9 5 4 4 ; O L G München StV 1 9 9 5 8 6 .
222 223 224
225
Vgl. Meyer-Goßner 3 3 ; KKJBoujong 35; Dahs sen. N J W 1 9 6 5 8 9 0 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 2 0 , 2 3 ; krit. Hengsberger J Z 1 9 6 6
211. 226
O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 118; KKJBoujong 3 5 ; Dahs sen. N J W 1 9 6 5 8 9 0 ; Schlothauer/ Weider 5 9 5 ; s. auch O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 118 (bei Lebensgemeinschaften); O L G Saarbrücken StV 2 0 0 0 4 8 9 (Benennung abhängiger Zeugen zulässig); s. auch Langner 1 6 6 .
227
KKJBoujong
H a n s Hilger
3 4 ; SKJPaeffgen 36.
71
§112
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
ob der andere weiß, welchem Ziel seine Handlungen dienen. 2 2 8 Auf der Seite des Beschuldigten genügt nicht jede, auch eine fahrlässige Veranlassung, vielmehr nur eine, die vom Vorsatz des Beschuldigten getragen ist, das Handeln des anderen herbeizuführen. 50
Als Folge des prozessordnungswidrigen 229 Verhaltens des Beschuldigten muss die Gefahr drohen (Rn. 22, 25, 27, 41), dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde. Diese Gefahr droht nicht bei ungeeigneten (Rn. 45) Maßnahmen, insbesondere, wenn die gefährdeten Beweise so gesichert sind, dass eine Veränderung der Beweislage trotz prozessordnungswidriger Maßnahmen oder Versuche des Beschuldigten nicht zu befürchten ist. 2 3 0 Dies wird in der Regel spätestens mit Ende der letzten Tatsacheninstanz der Fall sein, so dass dann ein allein auf Verdunkelungsgefahr gestützter Haftbefehl aufzuheben ist. 2 3 1 Eine solche Beweissicherung kann auch schon früher erreicht sein, 2 3 2 häufig mit der Erhebung der Anklage; 2 3 3 dies ist jedoch nicht zwingend, 2 3 4 hängt vielmehr u.a. wesentlich von der Sicherung der Beweise in diesem Zeitpunkt ab. Ist der Sachverhalt ausermittelt und sind alle in Betracht kommenden Beweispersonen vernommen, so kann Verdunkelungsgefahr nur noch dann angenommen werden, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Gefahr nachträglicher Einflussnahmeversuche vorliegen. 235
51
5. Haftgrund der Schwerkriminalität (Absatz 3). Voraussetzung der Untersuchungshaft nach Abs. 3 ist, dass der Beschuldigte einer Straftat nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches, nach § 129a Abs. 1, 2 StGB, § 129b Abs. 1 StGB, nach den §§ 211, 212, 2 2 6 , 306b, 306c S t G B 2 3 6 oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist - nach § 308 Abs. 1 bis 3 StGB dringend verdächtig ist. Da das bei allen anderen Haftfällen der §§ 112, 112a verwendete Wort Haftgrund vermieden worden ist, könnte man an eine Art automatischer Haft bei Straftaten wider das Leben denken, doch ist das mit der Entstehungsgeschichte kaum vereinbar.
228 229 230
231
232
72
H.M.; krit. Nix StV 1992 447. OLG Hamm StV 1985 114. Z.B. bei gesichertem, etwa richterlich protokolliertem Geständnis, gesicherten Zeugenaussagen oder objektiven Beweisen (etwa Fingerabdrücken; Urkunden; Sicherstellung von Tatwerkzeug oder Beute); vgl. OLG Oldenburg StV 2 0 0 5 3 9 4 (auch wenn frühere Verdunklungshandlungen fortwirken); OLG Stuttgart StV 2 0 0 5 2 2 5 ; OLG Frankfurt StV 1994 5 8 3 ; OLG Karlsruhe NJW 1993 1148; StraFo 2 0 0 6 3 7 7 ; OLG Düsseldorf StV 1984 3 3 9 ; KG J R 1956 193; LG Zweibrücken StV 2 0 0 2 147; LG Hamburg StV 2 0 0 0 373 mit Anm. J. Meyer; LG Oldenburg StV 1983 2 4 8 ; LG Verden StV 1982 374; Dahs sen. NJW 1965 891; Kiemknecht J Z 1965 116; Eb. Schmidt Nachtr. I 25. OLG Celle N J W 1963 1264; Meyer-Goßner 35; SYJPaeffgen 40; vgl. auch OLG Naumburg StV 1995 259. OLG Frankfurt StV 1994 5 8 3 ; OLG Karls-
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236
ruhe N J W 1993 1148; OLG Düsseldorf StV 1984 3 3 9 ; LG Hamburg StV 2 0 0 0 373 mit Anm. J. Meyer, LG Verden StV 1982 374; vgl. auch Volk NJW 1996 883 (nicht unbedingt mit einem Geständnis). Vgl. OLG Köln StV 1991 4 7 2 ; 1994 5 8 2 ; LG Siegen StV 1999 6 0 8 ; s. auch Wolter (Aspekte) 51. Vgl. OLG Bamberg N J W 1995 1689; OLG Frankfurt StV 1994 5 8 3 ; OLG Köln N J W 1959 5 4 4 ; Meyer-Goßner 35; KKJBoujong 37, 38; AK/Deckers 28; SYJPaeffgen 40; Dreves DRiZ 1965 110; a.A. Krekeler wistra 1982 10. OLG Frankfurt StV 1994 5 8 3 ; OLG Köln StV 1994 5 8 2 ; weniger eng wohl OLG Bamberg N J W 1995 1689; s. auch Kühne/Esser StV 2 0 0 2 389 zur Rspr. des EGMR. Vgl. dazu Dahs NJW 1995 5 5 3 ; DAV StV 1994 153; Frommel KJ 1994 323; König/ Seitz NStZ 1995 1; Neumann StV 1994 2 7 3 ; BTDrucks. 12 6853, zu Art. 4 Nr. 3 S. 32.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§112
Nach der Tatbestandstechnik des Strafgesetzbuchs ist der Haftfall auch gegeben bei Versuch (§ 2 2 StGB), 2 3 7 Anstiftung (§ 2 6 StGB), Beihilfe (§ 2 7 StGB) und Versuch der Beteiligung (§ 3 0 StGB), doch war er nicht für alle Fälle dieser Art gedacht. 2 3 8 Andererseits ist die Anwendung angesichts des geschlossenen Katalogs ausgeschlossen, wenn zu erwarten ist, dass die Strafe den §§ 2 1 3 , 2 3 9 2 1 6 2 4 0 oder 323a StGB 2 4 1 zu entnehmen ist oder wenn dem Beschuldigten Begünstigung (§ 2 5 7 StGB) oder Strafvereitelung (§ 2 5 8 StGB) in Bezug auf eine Katalogtat vorgeworfen wird. 2 4 2 Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht vor, kann gleichwohl ein Haftbefehl ergehen, wenn einer der Haftgründe des Absatzes 2 oder des § 112a gegeben ist. 2 4 3 Zulässig ist es auch, den Haftbefehl (kumulativ) auf Absatz 2 und 3 zu stützen. 2 4 4
52
Das Bundesverfassungsgericht 245 hat der Vorschrift im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Wege der einschränkenden Auslegung 2 4 6 (Umdeutung) 2 4 7 einen vom Gesetzgeber kaum gewollten Inhalt gegeben, 248 der sich unserem Haftsystem nicht leicht einfügt: Danach müssen als Voraussetzung der Haft Umstände vorliegen, die die Gefahr begründen, dass ohne Festnahme des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein könnte. Der zwar nicht mit bestimmten Tatsachen belegbare, aber nach den Umständen des Falls doch nicht auszuschließende Flucht- oder Verdunkelungsverdacht kann u.U. bereits ausreichen. 249 Ebenso könne die ernstliche
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BGHSt 28 355. Vgl. auch Kanka NJW 1966 428 (Anwendung nur bei besonderen Fällen der genannten Straftaten); Schlothauer/Weider 617. OLG Frankfurt StV 2001 687; a.A. OLG Hamm NJW 1982 2786; s. auch Creifelds NJW 1965 1363; Waldschmidt NJW 1965 1576. Zum inzwischen weggefallenen § 217 vgl. OLG Düsseldorf NJW 1965 2119. Meyer-Goßner 36; h.M.; s. auch Dünnebier NJW 1966 231 ff. KMR/Wankel 22. OLG Oldenburg NJW 1965 1613; OLG Hamm NJW 1965 2117; h.M.; a.A. OLG Düsseldorf NJW 1965 2118. S. auch Nr. 46 Abs. 4 RiStBV (Aktenvermerk bei mehreren Haftgründen). BVerfGE 19 342; s. auch BVerfG NJW 1966 772; NJW 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 530. Zur Kritik vgl. z.B. UUWendisch24 52 mit weit. Nachw.; Paeffgen (Dogmatik) 119 ff. mit weit. Nachw.; s. auch Wolter (Aspekte) 40 ff.; Ranft 650. Roxin § 30 Β II. Zu den Zielen des Gesetzgebers s. u.a. Güde, Kanka und Weber, Prot. BTRAussch. IV 37/7 und 11, IV 4/8 und 4/12; BTVerh. IV 6437 ff. (u.a. Zurückdrängen apokrypher Haftgründe); BTDrucks. IV 1020, S. 2; Dünnebier NJW 1966 231 ff.; Kanka
249
NJW 1966 429. Zur krit. Diskussion s. SK/ Paeffgen 41, 43; Paeffgen (Dogmatik) 114 ff.; (Kolloquium) 125 ff.; KYJDeckers 29; Deckers AnwBl. 1983 420 ff.; FS Koch 151; Meyer-Goßner 37, 38; Fezer I 6/32; Roxin § 30 Β II; Eb. Schmidt Nachtr. I 28 ff.; Vor § 112, 3 bis 5; Anagnostopoulos 31 ff.; 61 ff.; DAV StV 1994 153; Baumann FS Pfeiffer 259; Brüssow AnwBl. 1986 55; Cornel MSchrKrim. 1987 65 ff.; Dahs NJW 1966 763; Dahs NJW 1995 553; Dencker StV 1987 117; Frommel KJ 1994 323; Gebauer 390; Gropp JZ 1991 804; Haberstroh NStZ 1984 290; Hassemer StV 1984 41; Jabel 20 ff., 205; Krümpelmann ZStW 82 (1970) 1052; Kühl ZStW 100 (1988) 601; Löchner FS Rebmann 318; Meyer FS Tröndle 61; Neumann StV 1994 273; Parigger NStZ 1986 213; Ranft 650; Weihrauch ZRP 1988 119; Wolter Kolloquium) 103; ZStW 93 (1981) 481 ff.; (Aspekte) 40; vgl. dagegen aber auch Henkel 278; Krey JA 1983 508; Rüping 67; Schlüchter 208. Zur praktischen Bedeutung u.a.: Gebauer 230, 242, 247; Jabel 127; Schöch FS Lackner 1007. BVerfGE 36 276; OLG Bremen StV 1983 289; OLG Düsseldorf StraFo 2000 67; MDR 1983 152; OLG Hamm NJW 1966 2075; 1982 2786; JZ 1976 612; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 154.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Befürchtung, dass der Beschuldigte weitere Verbrechen ähnlicher Art begeht, für den Erlass eines Haftbefehls genügen. Diese Auslegung enthält, „mit Rücksicht auf die Schwere der hier bezeichneten Straftaten" eine Lockerung der „strengen Voraussetzungen der Haftgründe des Absatzes 2 ..., um die Gefahr auszuschließen, daß gerade besonders gefährliche Täter sich der Bestrafung entziehen". 250 Darüber hinaus wird für die in Absatz 3 genannten Delikte ein Haftgrund der Wiederholungsgefahr 251 geschaffen, für den weniger strenge Voraussetzungen gelten als für § 112a. Dies erscheint im Hinblick auf die grundrechtlich gebotenen begrenzenden Haftvoraussetzungen 252 des § 112a Abs. 1, namentlich zu Satz 1 Nr. 2 (ξ 112a, 10 ff., 35 ff.), verfassungsrechtlich problematisch und ist im Übrigen systemwidrig; 253 deshalb ist auch zu fragen, ob das Bundesverfassungsgericht, das seine Entscheidung zu ξ 112 Abs. 4 a.F. getroffen hat, diese Begründung (Befürchtung der Wiederholung als Haftvoraussetzung) heute noch aufrechterhalten würde, nachdem der Haftgrund der Wiederholungsgefahr (zum Teil) enger (als § 112 Abs. 3 a.F.) in § 112a neu geregelt worden ist und schließlich heute der Gesetzestext des § 112 Abs. 3 (anders als § 112 Abs. 4 a.F.) nicht (mehr) an das Fehlen des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr anknüpft. Da also Flucht- oder Verdunkelungsgefahr oder Befürchtung der Wiederholung vorliegen müssen, läuft die Auslegung auf eine widerlegliche Vermutung der Haftgründe 254 hinaus und damit auf eine Begründungserleichterung, 255 ja wegen der Widerlegbarkeit 256 auf eine dem Strafprozess sonst fremde Umkehr der Beweislast. 257 Haftanordnung gemäß Absatz 3 oder -fortdauer des Vollzugs sind jedoch unzulässig, wenn eine Flucht ganz fernliegend und eine Wiederholung ausgeschlossen ist oder dieser Gefahr durch mildere Maßnahmen begegnet werden kann. 2 5 8 Die über die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hinausgehende Ansicht, 259 Absatz 3 sei so zu verstehen, wie er zu lesen sei, allein schon die Begehung einer Katalogtat sei der Haftgrund, begrenzend wirke das Verhältnismäßigkeitsprinzip, ist mit Art. 2 GG nicht vereinbar. Die Praxis scheint bei Mordfällen die allgemeinen Vorschriften (§ 112 Abs. 2, § 112a) anzuwenden, 260 zum Teil mit schwächeren Anforderungen. 261 54
6. Apokryphe Haftgründe spielen auch in der heutigen Haftpraxis, obwohl offensichtlich und unbestritten unzulässig, immer noch 2 6 2 eine nicht unerhebliche Rolle. 2 6 3 Es sind die „wahren (geheimen) Haftgründe", die mit dem Erlass des Haftbefehls tatsächlich verbundenen, vom Gesetz nicht zugelassenen Zielvorstellungen, die sich hinter vorgeschobenen gesetzlichen Haftgründen oder floskelhaften, pseudoempirischen Begrün-
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Vgl. auch Vogel NJW 1978 1226 (u.a. zu § 129a StGB). BVerfGE 19 342; s. auch OLG Köln StV 1996 386. Vgl. BVerfGE 19 342; BVerfGE 35 185. Krit. u.a. SYJPaeffgen 4 2 ; a.A. wohl MeyerGoßner 37, KKJBoujong 40. Deckers AnwBl. 1983 4 2 0 . KKJBoujong 40; Meyer-Goßner 38; KMR7 Wankel 2 3 ; s. auch BVerfG NJW 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 530. Vgl. OLG Bremen StV 1983 2 8 9 ; OLG Düsseldorf MDR 1983 152; VRS 82 (1992) 190; OLG Köln JMB1NW 1968 235; StV 1994 5 8 4 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 25. Vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1983 152;
2SS
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OLG Bremen StV 1983 2 8 9 ; Parigger NStZ 1986 213 (automatischer Haftgrund). OLG Köln StV 1996 386; OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 0 67; OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 374; LG Kiel StV 2001 687. HK/Lemke 31. OLG Köln JMB1NW 1968 235; s. aber OLG Köln StV 1996 386. OLG Hamm NJW 1966 2 0 7 5 ; 1982 2 7 8 6 . Zum Versuch des Gesetzgebers, diese Haftgründe über § 112 Abs. 3 zurückzudrängen, s. BTDrucks. IV 1020, S. 2; Paeffgen (Dogmatik) 112; Gebauer 2 8 mit weit. Nachweisen. S. auch OLG Karlsruhe StV 2 0 0 0 91.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§112
düngen verbergen. 2 6 4 Sie finden sich selbst bei Haftbefehlen nach § 1 1 2 a und im Jugendstrafverfahren. 2 6 5 Das Ausmaß dieses Missbrauchs des Haftrechts ist schwer einzuschätz e n . 2 6 6 Erfahrungsgemäß gibt es jedoch typische Anzeichen, Täterkreise, Taten und tatbezogene U m s t ä n d e , 2 6 7 bei denen sich der Verdacht ergeben kann, dass apokryphe H a f t g r ü n d e 2 6 8 beim Erlass des Haftbefehls berücksichtigt worden sein könnten. Für den Beschuldigten und seinen Verteidiger sind sie ein besonderes Problem, weil nur selten nachweisbar und im Haftbeschwerdeverfahren nur schwer greif- und bekämpfbar. Staatsanwalt und Verteidiger sollten daher, ggf. über Haftprüfung und Beschwerde, darauf hinwirken, dass schon der erstinstanzliche Haftrichter in Zweifelsfällen, namentlich bei „zweifelhaften" Begründungen eines Haftbefehls, diesen, namentlich seine Begründung, überprüft und ggf. (insbesondere zu § 114 Abs. 2 Nr. 4 ) detailliert nachbessert (ergänzt); der Verteidiger sollte dabei keine Scheu haben, seinen Verdacht (Zweifel) zu äußern. S. auch § 1 2 7 b , 7.
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Zu Definition und Problematik vgl. z.B. S K J P a e f f g e n 21, 27; Paeffgen (Kolloquium) 130; NJ 1993 152; NJW 1990 537; NStZ 1995 21; Gebauer 28, 30, 357 ff.; Krey (DStrvr) 502; Kühne 419.1, 427; Schlothauer/Weider 633 ff.; Münchhalffen/Gatzweiler 8 ff., 139 ff.; Münchhalffen StraFo 1999 332; Münchhalffen FS Rieß 347 ff.; Münchhalffen StraFo 2 0 0 3 150; Cornel MSchrKrim. 1987 65 ff.; StV 1994 202; Dahs FS Dünnebier 227 ff.; AnwBl. 1983 418 ff.; Deckers AnwBl. 1983 422; NJW 1994 2261; Dünkel StV 1994 610; Gallandi StV 1987 87 ff.; Langner 115, 129, 182 ff.; Lemme wistra 2 0 0 4 288 (einschränkend); Nix StV 1992 445; Parigger NStZ 1986 211; Seebode StV 1989 118; (Vollzug) 65 ff.; (Kolloquium) 169; Theile wistra 2 0 0 5 327; Widmaier/König S. 164 Rn. 48; Wolter ZStW 93 (1981) 452. Vgl. SYJPaeffgen 21; § 112a, 20; Dünkel StV 1994 610; Eisenberg/Toth GA 1993 293 ff.; Giemulla/Barton RdJ 1982 293; Hotter 13 ff.; Kreuzer RdJ 1978 337 ff.; Kühl StV 1988 355; v. Neree StV 1993 212; Ο Stendorf N] 1995 62; Schumann ZRP 1984 319; Gebauer 28, 30 mit weit. Nachw. S. auch OLG Hamburg StV 1994 590 mit Anm. Rzepka; LG Hamburg StV 1994 593; Böhm NStZ 1995 538. Vgl. Gebauer 29 (mit weit. Nachw.), 235 ff., 357 ff.; KrimPäd. 1993 20; Theile wistra 2005 327.
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268
Z.B.: Alleiniges Indiz für Fluchtgefahr: „Höhe der zu erwartenden Strafe" oder ähnliche Leerformeln (vgl. Rn. 39); „Gleichgültigkeit gegen Recht und Ordnung" als Begründungselement; Anordnung der Haft bei Bagatelldelikten und geringer Straferwartung (vgl. Rn. 63); Rocker; Zuhälter; Hausbesetzer; Flucht- oder Verdunkelungsgefahr allein im Hinblick auf die „Natur der Straftat" (Rn. 43), etwa bei Wirtschaftsstrafsachen (insbes. Steuerhinterziehung, Betrug), BtM-Delikten; vereinzelt wohl auch öffentlicher (dienstlicher) Erwartungsdruck; „Haftbefehl auf Vorrat", d.h. wenn er, obwohl es möglich wäre, längere Zeit nach Erlass noch nicht vollstreckt wird. Z.B. generalpräventive Strategien, etwa Strafvorwegnahme als abschreckender „Denkzettel" bei wahrscheinlicher Strafaussetzung zur Bewährung; Krisenintervention; soziale Hilfeleistung; Opferschutz; Öffentliche Erregung; Abschiebung; Geständnisdruck - z.B. durch einen noch nicht vollstreckten sog. Haftbefehl „auf Vorrat" (s. auch Vor 112, 24a); Förderung der Kooperations- oder Therapiebereitschaft; Schuldausgleich; Bewährung des Beschuldigten; Vorsorge gegen Verfahrensverzögerungen. Vgl. Gebauer 357 ff.; SchlothauerfWeider 636 ff.; Heidig/Langner StraFo 2 0 0 2 156; Münchhalffen/Gatzweiler 139 ff.
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§ 112
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
IV. Verhältnismäßigkeit (Absatz 1 Satz 2) 55
1. Allgemeines. Dazu, dass mit der Untersuchungshaft in grundrechtlich geschützte Freiheitsrechte eingegriffen wird, zwischen dem Anspruch auf höchstmöglichen Schutz der Grundrechte und öffentlichen Interessen ein auszugleichendes Spannungsverhältnis besteht, der für die Strafverfolgung erforderlichen Freiheitsbeschränkung stets der grundrechtlich verbürgte Freiheitsanspruch des als unschuldig geltenden Beschuldigten als Korrektiv entgegenzuhalten und deshalb der Eingriff in die Freiheit (schon durch Erlass eines Haftbefehls, nicht erst den Vollzug) nur hinzunehmen ist, soweit dem öffentlichen Anspruch, die Tat zügig aufzuklären und den Täter alsbald zu bestrafen, nicht durch mildere, erfolgversprechende Alternativen,269 sondern nur durch Anordnung der Untersuchungshaft genügt werden kann (Untersuchungshaft als „ultima ratio"), 270 wird auf die Ausführungen Vor § 112, 16 ff., 29 ff. verwiesen.
56
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch für die Aufhebung des Haftbefehls und ist daher in § 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz wiederholt. Danach darf Untersuchungshaft weder angeordnet noch aufrechterhalten werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.271 Der Grundsatz berührt sich mit der Anordnung in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 EMRK, dass jedermann Anspruch auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist oder auf Haftentlassung gegen Sicherheitsleistung hat, eine Norm, die jetzt in § 121 ihre nationale Ausgestaltung erhalten hat und ebenfalls auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruht, wenn auch mit einem anderen Bezugspunkt als die hier behandelten Ausprägungen des Grundsatzes.
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Absatz 1 Satz 2 ist auf dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts namentlich als Hinweis auf das Prinzip und Konkretisierung272 zu werten, die allerdings gesetzestechnisch nicht gelungen und daher missverständlich ist. Die Formulierung bringt nur undeutlich die im Rahmen der erforderlichen umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erwägenden Kriterien (vgl. Vor § 112, 29 ff.) zum Ausdruck, zu denen neben der Bedeutung der Sache (Rn. 58) und der Rechtsfolgenerwartung (Rn. 59) u.a. alle konkreten Auswirkungen (z.B. Schwere, Dauer) der Haftanordnung und des -Vollzuges auf alle Lebensbereiche (z.B. Gesundheit, Familie, Beruf, wirtschaftliche Existenz, Ansehen) des Beschuldigten gehören (s. des Weiteren Vor $ 112, 31, 32). Alle diese Umstände sind gemäß Absatz 1 Satz 2 zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen.273
58
Dabei richtet sich die (begrifflich unklare) Bedeutung der Sache gemäß h.M. 274 nach Art und Schwere der Straftat, namentlich der Art des verletzten Rechtsgutes, der gesetz-
269 270 271
272
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OLG Rostock StV 2 0 0 6 311. S. auch Nr. 46 Abs. 2 RiStBV. Vgl. BGH StV 1986 65; OLG Hamm JMB1NW 1977 258 (bezogen auf die im Haftbefehl beschriebene Tat und die insoweit zu erwartende Strafe). Vgl. KKJBoujong 44; ähnlich \YJDeckers 32; SK/Faeffgen 10 (Appellcharakter; konstitutive Festlegung von Bezugsgrößen). OLG Düsseldorf StV 1994 147; NStZ 1993 554; KYJBoujong 45, 46; Meyer-Goßner 11; AK/Deckers 33; Dreves DRiZ 1965 110;
274
s. auch OLG Frankfurt NStZ 1986 568; StV 1988 392 mit Anm. Jehle-, Kleinknecht/ Janischotvsky 109. Vgl. OLG Frankfurt StV 1988 392 mit Anm. Jehle-, OLG Düsseldorf StV 1994 86 mit Anm. Seebode; YXJBoujong 47; MeyerGoßner 11; AKIDeckers 34; AK/Krause § 120, 5; Kleinknecht/Janiscbotvsky 110; Wagner NJW 1978 2 0 0 2 ; Seetzen NJW 1973 2001; krit. hierzu SVJPaeffgen 15, 16 (gegen spezial- oder generalpräventive Argumentationsmuster), 19; § 120, 6; s. auch
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liehen Strafandrohung, der konkreten Erscheinungsform der Tat (Serientat? Gelegenheitstat? sozialschädliche Auswirkungen) und der tatbezogenen Umstände aus der Person des T ä t e r s (z.B. Neigung zu gleichartigen Taten). Gegen eine Einbeziehung der Schwere der persönlichen Schuld werden unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung (Vor § 112, 3 7 ) erhebliche B e d e n k e n 2 7 5 e r h o b e n . D a s öffentliche Interesse an der Strafverfolgung der vorgeworfenen Tat (Verteidigung der Rechtsordnung; w i r k s a m e B e k ä m p f u n g bestimmter für die Gesellschaft besonders gefährlicher Delikte) darf ebenfalls grundsätzlich berücksichtigt w e r d e n ; 2 7 6 dies folgt schon daraus, dass ein geringes öffentliches Verfolgungsinteresse zur UnVerhältnismäßigkeit der H a f t a n o r d n u n g führen k ö n n t e . A u ß e r Betracht bleiben muss dagegen die durch die Tat hervorgerufene Erregung der Ö f f e n t l i c h k e i t . 2 7 7 Bei der schwierigen Prognose der für die im Haftbefehl genannten Tat zu erwartenden Rechtsfolgen ist nur eine grobe Einschätzung möglich. Soweit nach dem Erkenntnisstand möglich, sind grundsätzlich alle Strafzumessungserwägungen ( § § 4 6 ff. S t G B ) anzustellen, von denen sich voraussichtlich (vermutlich) das Gericht am Ende der Hauptverhandlung leiten lassen w i r d . 2 7 8 Die Prognose hat auch die vermutliche D a u e r in B e t r a c h t k o m m e n d e r freiheitsentziehender M a ß r e g e l n zu u m f a s s e n . 2 7 9 Gegen das Kriterium der Rechtsfolgenerwartung werden in der L i t e r a t u r 2 8 0 erhebliche B e d e n k e n erhoben. Jedenfalls berechtigt ist der Hinweis auf die Prognoseschwierigkeiten, 2 8 1 deren sich das Gericht bewusst sein und denen es durch eine äußerst vorsichtige Einschätzung der m a ß geblichen Kriterien R e c h n u n g tragen muss. D e r Hinweis auf die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit der Rechtsfolgenprognose (Verstoß gegen die U n s c h u l d s v e r m u t u n g ) 2 8 2 überzeugt dagegen nicht; wenn die Unschuldsvermutung tangiert wäre, dann in erster Linie dadurch, dass überhaupt vor rechtskräftiger Schuldfeststellung gegen einen als unschuldig zu Behandelnden ein schwerwiegender Grundrechtseingriff angeordnet werden darf; der Einsatz einer Rechtsfolgenprognose ist nur eine zwangsläufige Folge mit dem Ziel, den Eingriff zu begrenzen. Im Übrigen kann diesen Bedenken dadurch begegnet werden, dass m a n eine (eventuelle) besondere H ö h e der individuellen Schuld des Beschuldigten bei der Einschätzung außer B e t r a c h t lässt, also z.B. - wenn nicht G r ü n d e für eine (voraussichtlich) niedrige Schuld sprechen - vom Durchschnittsfall ausgeht.
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Paeffgen (Dogmatik) 201. Zur Gleichsetzung des Kriteriums mit dem der Rechtsfolgenerwartung vgl. Hassemer AnwBl. 1984 67; Jehle StV 1988 394; s. auch Kleinknecht/ Janischowsky 109. SYJPaeffgen 16. Vgl. auch Schwerin StV 1984 133. Systematisch dürfte die Schuld ein bei der Rechtsfolgenprognose ggf. einzuordnendes Element sein; s. deshalb Rn. 59. OLG Frankfurt StV 1988 392 mit Anm. Jehle; OLG Düsseldorf NStZ 1993 554; StV 1994 86 mit Anm. Seebode; K K / B o u j o n g 47; Meyer-Goßner 11; Kleinknecht/Janischowsky 110 ff.; s. auch Wagner NJW 1978 2 0 0 2 (Nutzung der zu den §§ 153 ff. entwickelten Maßstäbe); krit. SYJPaeffgen 16; s. auch Schlothauer/Weider 471, 911; a.A. AKJDeckers 34.
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YYJBoujong 47; Meyer-Goßner 11; Baumann J Z 1962 652; Kleinknecht M D R 1965 781; Philipp DRiZ 1965 83 ff. KKJBoujong 48; AKJDeckers 35; Schlothauer/Weider 472. KKJBoujong 48. SYJPaeffgen 18: Verstoß gegen die Unschuldsvermutung sowie pragmatische Bedenken; s. auch SYJPaeffgen 19. Vgl. dazu SYJPaeffgen 18; Gebauer 148; 236 ff.; Jabel 136 ff.; Wiegand StV 1983 437; Roxin § 30, 4. Vgl. auch Rn. 26, 39. SYJPaeffgen 18 (konkretisierende Prognose über den Verfahrensausgang ist unzulässige Schuldantizipation); § 120, 8. Bei der Straferwartung als Prognoseelement zur Fluchtgefahr kritisiert SYJPaeffgen 25 dies allerdings nicht.
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Die Verhältnismäßigkeit ist materielle Voraussetzung der Untersuchungshaft (Vor § 112, 33). Die Auffassungen, die Verhältnismäßigkeit sei (nur) Voraussetzung des Haftbefehls (nicht jedoch der Untersuchungshaft) 2 8 3 und, die UnVerhältnismäßigkeit sei Haftausschließungsgrund, 2 8 4 überzeugen nicht. Sie gehen zu sehr vom Wortlaut des § 112 Abs. 1 Satz 2 und des § 120 Abs. 1 Satz 1 aus und berücksichtigen nicht hinreichend, dass die Beachtung der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich gebotene Grundvoraussetzung eines jeden staatlichen Grundrechtseingriffes ist, also auch der Untersuchungshaft (Vor § 112, 2 9 ff.). Einzuräumen ist, dass der Wortlaut der genannten Vorschriften dies nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Er ist, gemessen an den verfassungsrechtlichen Vorgaben, auch dann missverständlich, wenn man annimmt, durch die negative Formulierung in § 112 Abs. 1 Satz 2 solle klargestellt werden, dass der Grundsatz „in dubio pro r e o " ausgeschlossen sei. 2 8 5 Absatz 1 Satz 2 ist also zu lesen: „Sie darf nur angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung im Verhältnis steht". Hätte das Gesetz diese Fassung erhalten, wäre die Verhältnismäßigkeit als Haftvoraussetzung klar herausgestellt. Damit hätte auch die etwas umständliche Fassung des § 120 Abs. 1 Satz 1 vermieden werden können.
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Dies bedeutet, nimmt man die Verhältnismäßigkeit als materielle Haftvoraussetzung ernst, nicht nur, dass eine UnVerhältnismäßigkeit anzunehmen ist, wenn bei Abwägung der Freiheitsgrundrechte des Beschuldigten gegen das staatliche Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung ein deutliches Übergewicht der mit dem Freiheitsentzug verbundenen Nachteile gegenüber den Belangen der Strafrechtspflege anzunehmen ist. 2 8 6 Weitergehend muss vielmehr die Verhältnismäßigkeit positiv festgestellt werden, und dies ist nur dann möglich, wenn die erforderliche Gesamtabwägung ergibt, dass die Nachteile für den Beschuldigten gegenüber den Belangen der Strafrechtspflege deutlich geringer wiegen. Kann dies nicht festgestellt werden, lassen sich insoweit bestehende erhebliche Zweifel nicht ausräumen, so kann die Verhältnismäßigkeit nicht bejaht werden (Vor § 112, 33).
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2 . Einzelfragen. Nach dem in Absatz 1 Satz 2 niedergelegten Grundsatz darf die „erlittene" (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB; § 4 5 0 Abs. 1, § 4 5 0 a Abs. 1 und 2) Untersuchungshaft dem Grundsatz nach nicht schwerer wiegen als das durch die Haft gesicherte Verfahrensziel, die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung (Übermaßverbot). 2 8 7 Dazu ist nicht nur abzuschätzen, welche freiheitsentziehende M a ß regel oder welche Freiheitsstrafe (vgl. § 124 Abs. 1) der Beschuldigte zu erwarten hat, sondern auch zu prüfen, 2 8 8 ob die Vollstreckung vielleicht ganz (§ 5 6 Abs. 1 und 2
283
LR/Wendisch24 20.
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H . M . ; KKJBoujong 4 4 ; s. auch Vor § 112, 33. UUWendisch24 5 6 mit weit. Nachw.
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O L G Düsseldorf StV 1 9 9 4 147. Im Grundsatz wohl h . M . , in Einzelfragen aber, namentlich zur Strafhöhe als Obergrenze der Untersuchungshaft, umstritten. Vgl. § 1 2 0 , 10 ff.; die dortigen Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit sind grundsätzlich auf § 112 Abs. 1 Satz 2 übertragbar, zumal es denkbar ist, dass bei Erlass des
Haftbefehls zu berücksichtigen ist, dass in derselben Sache bereits früher - aufgrund eines früheren, zwischenzeitlich aufgehobenen Haftbefehls - Untersuchungshaft vollzogen wurde. S. auch O L G Frankfurt StV 1 9 9 3 5 9 4 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 9 4 85, 1 9 9 4 8 6 mit Anm. Seebode; L G Freiburg StV 1 9 8 8 3 9 4 ; SKJPaeffgen 19; KKJBoujong 4 8 und § 1 2 0 , 6 ff.; Meyer-Goßner § 120, 288
4 ff.; Seetzen N J W 1 9 7 3 2 0 0 1 . Schultz J R 1 9 6 3 297.
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StGB) 2 8 9 oder teilweise ($ 57 Abs. 1 und 2 StGB) 2 9 0 auszusetzen, nach § 60 StGB von Strafe abzusehen oder ob nicht nur eine Geldstrafe und in diesem Falle eine Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 Abs. 1 StGB) oder eine nicht freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung (hier § 61 StGB) zu erwarten ist. In diesen Fällen wird häufig schon Fluchtgefahr oder aber die Verhältnismäßigkeit zu verneinen sein (s. auch Rn. 63). 291 Besonders zu beachten ist immer, dass nach § 57 Abs. 1 StGB in der Regel zu erwarten sein wird, es werde die Vollstreckung eines Strafrests ausgesetzt werden. Im Einzelfall kann das aber auszuschließen sein. Ebenso kann, namentlich wenn der Beschuldigte flüchtig ist, die Verurteilung als solche (in Ausnahmefällen) bedeutungsvoll genug sein, die Untersuchungshaft anzuordnen. 2 9 2 Der Beschuldigte darf es nicht in der Hand haben, durch Verschleppung (Flucht) oder Verdunkelung letztlich zu bestimmen, ob und wann es zu einer Aburteilung kommt. 2 9 3 Zur Berücksichtigung der im Ausland erlittenen Auslieferungshaft s. § 120, 12. Droht dem Beschuldigten bei Auslieferungshaft in einem ersuchten Staat eine menschenunwürdige Behandlung, so kann der Haftbefehl mit der Beschränkung erlassen werden, dass er „einem Ersuchen um Auslieferungshaft aus dem Staat... nicht zu Grunde gelegt werden" dürfe. 2 9 4 Untersuchungshaft ist nicht stets unverhältnismäßig, wenn nur eine Freiheitsstrafe 6 3 von höchstens 6 Monaten oder Geldstrafe zu erwarten ist. 295 Dies lässt sich aus § 113 Abs. 2 ableiten. Aber von dieser Vorschrift geht ein Signal dahingehend aus, dass in solchen Fällen eine Haftanordnung nur unter besonderen (engen) Voraussetzungen (etwa denen des § 113 Abs. 2) zulässig ist. 296 UnVerhältnismäßigkeit kann auch anzunehmen sein, wenn der Schaden oder die Tatbeute gering 2 9 7 sind. Des Weiteren ist das Beschleu-
289
OLG Koblenz M D R 1974 596; LG Freiburg StV 1988 394; K K I B o u j o n g 48; s. aber BGH bei Schmidt M D R 1984 186; OLG München NStZ 1986 4 2 4 .
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OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlH A 1977 181; OLG Stuttgart N S t Z 1983 40; OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit Anm. Jehle; LG Freiburg StV 1988 394; KKJBoujortg 48; Kleinknecht/Janischowsky 116 ff.; a.A. wohl OLG Düsseldorf StV 1994 85; 1994 86 mit Anm. Seebode.
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Vgl. dazu OLG Frankfurt StV 1989 486; Wagner NJW 1978 2 0 0 2 ; AKJDeckers 35; S K / P a e f f g e n 17, 20. Vgl. OLG Düsseldorf StV 1994 85; 1994 86 (keine schematische Begrenzung im Hinblick auf die Rechtsfolgenerwartung) mit Anm. Seebode·, OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit krit. Anm. Jehle-, N S t Z 1986 569; KG StV 1988 208; OLG Stuttgart Justiz 1990 26; OLG München N S t Z 1986 424; KKJBoujong48; Kleinknecht/Janischowsky 114, 117, 120 ff.; Seebald N J W 1975 28; Seetzen NJW 1973 2001.
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Ähnlich OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit Anm. Jehle·, SKJPaeffgen 19; eingrenzend (Höchstgrenze die zu erwartende Freiheitsstrafe) aber OLG Frankfurt StV 1993 594;
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OLG Düsseldorf StV 1994 85; 1994 86 mit Anm. Seebode. Volckart StV 1983 4 3 4 . Vgl. auch die RiVASt. H.M.; vgl. OLG Düsseldorf NJW 1997 2965 (Strafbefehl, Geldstrafe, Flucht) mit krit. Anm. Paeffgen N S t Z 1999 73; OLG Frankfurt StV 1993 594; LG Hamburg StV 1987 399; Dünnebier NJW 1968 1753; a.A. z.B. Wolter ZStW 93 (1981) 4 6 7 ff., 470; (Aspekte) 4 7 ff.; (Kolloquium) 106 ff. mit weit. Nachweisen. S. auch OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit Anm. Jehle; AG Brühl StV 2 0 0 5 3 9 3 (Strafbefehl); SKJPaeffgen 17, 20; Schlothauer/Weider 4 7 2 . Zum Verstoß gegen Vorschriften des AsylVfG vgl. LG Hamburg StV 1987 399; M D R 1992 65. Vgl. K K I B o u j o n g 48; AK/Deckers 35; SKJPaeffgen 2 0 (z.B. bei offensichtlich fehlerhafter Rechtsanwendung in erster Instanz; bei minderschwerer Kriminalität von Ausländern ohne feste Inlandsbindung empfehle sich ein Vorgehen nach § 132); Seetzen NJW 1973 2 0 0 2 . Vgl. OLG Oldenburg StV 1987 446; AG Ulm StV 1991 473. Vgl. auch AG Frankfurt StV 1994 4 8 8 (Erwerb von Haschisch in kleineren Mengen).
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nigungsprinzip zu beachten. 2 9 8 Ist schon bei Erlass des Haftbefehls erkennbar, dass die Hauptverhandlung wegen Überlastung des Gerichts nicht innerhalb von 6 Monaten stattfinden kann, so kann dies ein Grund sein, den Erlass des Haftbefehls abzulehnen. 2 9 9 Anderes kann jedoch gelten, wenn die Verfahrensverzögerung durch den Beschuldigten verschuldet wurde, namentlich wenn die Haft erforderlich ist, um Verfahrenssabotage durch den Beschuldigten zu begegnen. 300 64
3. Subsidiarität. Sind alle vorher genannten Voraussetzungen erfüllt, darf die Untersuchungshaft gleichwohl nicht verhängt werden, wenn mildere verfahrensrechtliche Alternativen 3 0 1 ausreichen würden oder der Beschuldigte freiwillig Pflichten übernimmt oder sich freiwillig Beschränkungen unterwirft, durch welche die erstrebte Wirkung erreicht wird, ohne dass der Beschuldigte verhaftet wird. 3 0 2 § 116 Abs. 1 sieht bei Maßnahmen, welche die Fluchtgefahr erheblich vermindern, vor, den Vollzug eines Haftbefehls auszusetzen. Ist es indessen nicht notwendig, dem Beschuldigten Pflichten und Beschränkungen aufzuerlegen, wird vielmehr der Haftgrund schon dadurch ausgeschlossen, dass er solche freiwillig (z.B. freiwillige Abgabe von Ausweispapieren) übernimmt, dann entfallen damit die Haftvoraussetzungen. 303
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Das kann zwar auch bei Verdunkelungsgefahr (§ 116 Abs. 2) der Fall sein, etwa wenn ein kindlicher Zeuge in ein Heim verbracht und sichergestellt wird, dass der Beschuldigte dort mit ihm nicht in Verbindung treten kann. In der Regel wird es allerdings die Fluchtgefahr sein, die durch Übernahme von Pflichten ausgeschlossen wird. So kann z.B. bei Vermögenslosen die Abgabe des Reisepasses die Fluchtgefahr beseitigen, weil ohne Pass im Ausland keine Arbeitsgenehmigung erteilt zu werden pflegt. Beim Haftgrund der Wiederholungsgefahr von Vermögensdelikten (§ 112a Abs. 1 Nr. 2) sind freiwillige Pflichten und Beschränkungen, die die Untersuchungshaft erübrigen, schwer denkbar. Bei Sittlichkeitsverbrechen (§ 112a Abs. 1 Nr. 1) ist ein einschlägiger Fall etwa der, dass sich der Täter freiwillig in Anstaltsbehandlung begibt.
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Der Beschuldigte kann jederzeit verlangen, dass freiwillig übernommene Beschränkungen alsbald aufgehoben werden, bzw. die Übernahme widerrufen. Daher macht die freiwillige Übernahme von Pflichten und Beschränkungen die Untersuchungshaft nur entbehrlich, wenn eine große Sicherheit dafür gegeben ist, dass sie auch eingehalten werden, und wenn weder behördliche Überwachung notwendig ist, noch andere Sanktionen als der Erlass eines Haftbefehls geboten sind. Ist dagegen die stärkere Drohung erforderlich, es werde alsbald ein bereits erlassener Haftbefehl vollstreckt werden, ist der Weg des § 116 zu wählen. Er ist allein zulässig bei einer Sicherheitsleistung, weil bei formloser Sicherheitsbestellung die Vorschrift des § 124 Abs. 1 (Verfall) keine Anwendung finden kann.
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OLG Köln StV 1994 584; OLG Stuttgart MDR 1970 3 4 6 ; J Z 1974 2 6 8 ; vgl. auch LG Köln NStZ 1 9 8 9 4 4 2 ; OLG München StV 2 0 0 2 5 5 5 (Hauptverhandlung erst nach Ende einer Strafhaft); OLG Naumburg StraFo 2 0 0 7 2 4 0 (keine Förderung des Verfahrens); a.A. wohl LR/Wendisch 2 4 56; s. auch OLG Hamm NStZ-RR 1998 3 0 7 (offen). OLG Düsseldorf StV 1988 390. Vgl. OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit Anm. Jehle; LG Köln NStZ 1 9 8 9 4 4 2 .
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OLG Rostock StV 2 0 0 6 311 (Suchvermerk oder Strafbefehl); Schlothauer/Weider 5 5 0 ff.; Rn. 55. OLG Frankfurt JR 1951 92; h.M. Vgl. auch Dessecker/Geissler-Frank 248. KK/Boujong 50; h.M.; s. auch Cornel NKrimpol. 1989 41; StV 1994 2 0 2 ; Dünkel StV 1994 610; Kawamura BewHi. 1994 4 0 9 ; Wolter ZStW 9 3 (1981) 4 7 8 ; Geiter 338; a.A. Kastendieck 219.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112
In Jugendsachen ist das dem allgemeinen Haftrecht angehörende Subsidiaritätsprinzip in § 7 2 Abs. 1 Satz 1 J G G ausdrücklich festgelegt. Nach dieser Bestimmung darf Untersuchungshaft nur verhängt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. Als solche kommen in Betracht Weisungen über den Aufenthalt, den Arbeitsplatz, Meldepflichten und ähnliches 3 0 4 (s. auch Vor § 112, 64).
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V. Sonstiges 1. Haft- und Verhandlungsunfähigkeit a) Der Begriff der Haftunfähigkeit und die Folgen bei ihrem Vorliegen sind nicht gesetzlich geregelt. Die h . M . 3 0 5 wendet § 4 5 5 entsprechend an. Sachgerechter erscheint es, Begriff und zwangsläufige Folgen aus allgemeinen Prinzipien (Pflicht des Staates zur Achtung der Menschenwürde - Art. 1 Abs. 1 G G und der sog. Freiheitsrechte - Art. 2 , Abs. 1, 2 Satz 1 G G ; Verhältnismäßigkeitsprinzip - Vor § 112, 29) abzuleiten. 3 0 6 Danach ist Haftunfähigkeit eine Verfassung des Beschuldigten, die es im Hinblick auf seine Würde, Persönlichkeit und Gesundheit verbietet, ihm Untersuchungshaft zuzumuten. Nach h . M . 3 0 7 hindert Haftunfähigkeit nur den Vollzug, nicht den Erlass des Haftbefehls. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Mit den genannten Prinzipien unvereinbar wäre es, Haft anzuordnen, wenn voraussichtlich schon die Kenntnis des Beschuldigten von dieser Anordnung infolge seiner psychischen Verfassung (z.B. hochgradige Haftpsychose mit Suizidgefahr) zu einer konkreten Lebensgefährdung oder der konkreten Gefahr schwerwiegender Schäden an seiner Gesundheit führen würde. 3 0 8 Der Vollzug 3 0 9 der Untersuchungshaft ist im Hinblick auf diese Prinzipien unzulässig, wenn er mit Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Lebensgefährdung 310 oder zu erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen bei dem Beschuldigten führen kann oder solche Beeinträchtigungen (Erkrankungen) bereits vorliegen 3 1 1 und dem nicht durch die Ausgestaltung des Vollzuges Rechnung getragen werden k a n n 3 1 2 (vgl. Rn. 69); dabei kommt es
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Vgl. auch OLG Zweibrücken NStZ-RR 2001 55; StV 2002 433; LG Zweibrücken StV 1999 161; Eisenberg/Toth GA 1993 297; Hotter 73 ff., 109 ff., 303 ff.; Huber ZfJ 1995 439; Jehle BewHi. 1994 385. BGH StV 1994 330; OLG Nürnberg StV 2006 314 mit abl. Anm. Gatzweiler; OLG Hamburg wistra 2002 275; KG NStZ 1990 142; StV 1992 584; KKJBoujong 52; MeyerGoßner 3; Münchbalffen/Gatzweiler 273 ff. Vgl. auch BVerfG NJW 1979 2349 ff.; KG StV 1992 585; Gatzweiler StV 1996 284. Vgl. OLG Düsseldorf JZ 1984 248; OLG Frankfurt NJW 1968 2302; Meyer-Goßner 3; Kleittknecht/Janischowsky 125; Eb. Schmidt Nachtr. I 32; Schlothauer/Weider 465; Gatzweiler StV 1996 284; a.A. Neuhaus NStZ 2002 560. OLG Nürnberg OLGSt N.F § 116, 1; KK/ Boujong 52; s. auch Münchbalffen/Gatz-
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weiler 273 ff.; Fiegettbaum/Raabe StraFo 1997 97; a.A. wohl UUWendisck1* 68. Weitergehend wohl BerlVerfGH NJW 1994 436, 439 (Aufhebung des Haftbefehls). BGH StV 1994 330; BerlVerfGH NJW 1994 436; OLG Düsseldorf J Z 1984 248; NStZ 1993 554; KG NStZ 1990 142; StV 1992 584. BGH StV 1994 330; BerlVerfGH NJW 1994 436; OLG Nürnberg StV 2006 314; KG StV 1992 584; enger wohl KG NStZ 1990 142; OLG Düsseldorf NStZ 1993 554 (schwerer Dauerschaden zu besorgen). Vgl. BGH StV 1994 330; KG NStZ 1990 142; Gatzweiler StV 1996 284 (mit Beispielen). Z.B. besondere ärztliche oder psychologische Betreuung und Gesundheitsfürsorge sowie besondere Sicherungsmaßnahmen; vgl. Nr. 57 Satz 1, Nr. 62-66 UVollzO.
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im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht darauf an, ob die Erkrankung haftbedingt ist oder nicht. 313 Andernfalls würde der Beschuldigte zum bloßen Objekt staatlicher Maßnahmen herabgewürdigt. Leben und Gesundheit des - als unschuldig geltenden (Art. 6 Abs. 2 EMRK) - Beschuldigten stehen grundsätzlich höher als jeder Haftzweck. 314 69
Bei krankheitsbedingter Vollzugsunfähigkeit ist jedoch - falls nicht der Haftgrund (z.B. Fluchtgefahr) infolge der Krankheit entfällt und eine vorrangig zu erwägende Aussetzung des Vollzugs gegen geeignete Auflagen (§ 116) 3 1 5 nicht möglich ist - eine Einweisung oder Verlegung in ein Vollzugskrankenhaus zulässig; ebenso ist eine Einweisung in ein anderes Krankenhaus zur Behandlung unter Bewachung zulässig. 316 Bei Verdacht auf Haftunfähigkeit sind die notwendigen Feststellungen von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu treffen. 317 Der Beschuldigte darf, falls er sich weigert, auf richterliche Anordnung zwangsweise untersucht werden; 318 die Rechtsgrundlage hierfür geben die §§ 112, 112a, 119 sowie die §§ 101, 178 StVollzG (§ 119, 172). 3 1 9 Ist durch Einweisung in ein Krankenhaus eine geeignete Behandlung der Erkrankung nicht möglich, so ist der Erlass eines Haftbefehls unzulässig, ein bereits bestehender Haftbefehl aufzuheben. Denn der Haftbefehl könnte, da ja auch die vorrangige Haftverschonung ausscheidet, seinen Zweck (vgl. Vor § 112, 1 ff.) nicht erreichen. Diese Grundsätze gelten auch bei schwersten Straftaten. 320 Allerdings sollen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Voraussetzungen für die Annahme der Haftunfähigkeit umso strenger zu beurteilen sein, je schwerer der Tatvorwurf sowie der Grad des dringenden Tatverdachts und des Haftgrundes sind; 321 dem kann insoweit zugestimmt werden, als bei geringfügigen Straftaten die Grenze der UnVerhältnismäßigkeit eher erreicht sein wird als im Normalfall.
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Schwangerschaft 322 ist keine Erkrankung und begründet grundsätzlich keine Vollzugsunfähigkeit, es sei denn, es liegen besondere Komplikationen mit Krankheitswert vor oder sind zu erwarten. Dann gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Gleiches gilt im Hinblick auf die besondere psychische Situation Schwangerer, insbesondere gegen Ende der Schwangerschaft. 323
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b) Verhandlungsunfähigkeit (zum Begriff vgl. die Erl. zu § 205) und Haftunfähigkeit bedeuten nicht dasselbe. Sie müssen auch nicht gleichzeitig vorliegen. Es ist denkbar, dass ein Beschuldigter den besonderen Belastungen des Haftvollzuges physisch und psychisch gewachsen ist, nicht aber dem Stress der Hauptverhandlung und umgekehrt. Dennoch ist die Wechselbeziehung - insbesondere zwischen Hauptverhandlungsunfähigkeit
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BGH StV 1994 330. Ebermeyer 1455; s. auch v. Münch J Z 2 0 0 4 184. Vgl. BGH StV 1994 331; z.B. Aufenthaltsbeschränkung; Anweisung, sich in stationäre Krankenhausbehandlung zu begeben. Vgl. Nr. 5 7 Satz 1 UVollzO. S. auch Gatzweiler StV 1996 284; EGMR NJW 2 0 0 1 2 6 9 4 ; OLG Nürnberg StV 2 0 0 6 314 mit abl. Anra. Gatzweiler. Vgl. dazu BerlVerfGH NJW 1994 436; BGH StV 1992 553. Vgl. OLG Düsseldorf StV 1989 193 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1989 4 2 3 ; KKIBou/ong
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52. Krit. auch Müller-Dietz (Kolloquium) 243. Gatzweiler StV 1996 287. H.M.; a.A. LRJ Wendisch24 67 (bei schwersten Straftaten kann Untersuchungshaft trotz Lebensgefährdung vollstreckt werden); HKJLemke 33; unklar insoweit BGH StV 1994 331. KG NStZ 1990 142; s. auch OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1990 114; OLG Düsseldorf NStZ 1993 554. Vgl. auch BerlVerfGH NJW 2 0 0 1 3181 (stillende Mutter). Ähnlich LKJWendisch24 68; KK/Boujong 52.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112
und Haft - zu beachten. Ist der Beschuldigte, z.B. wegen schwerwiegender physischer oder psychischer Erkrankung (oder konkreter Gefährdung insoweit) 324 voraussichtlich längerfristig oder endgültig verhandlungsunfähig, so liegt ein vorläufiges oder endgültiges Verfahrenshindernis (§§ 205, 206a Abs. 1, 260 Abs. 3) vor (Erl. zu § 205) und der Vollzug des Haftbefehls ist in der Regel zumindest auszusetzen, im Falle endgültiger Verhandlungsunfähigkeit der Haftbefehl aufzuheben 325 (§ 120 Abs. 1; vgl. auch Rn. 38, 73). Bei Geisteskrankheit ist zu prüfen, ob eine einstweilige Unterbringung (§ 126a) in Betracht kommt. Entsprechendes gilt, 326 wenn zu befürchten ist, dass der Beschuldigte wegen (auch 7 2 einer nicht haftbedingten) Erkrankung oder hohen Alters 327 das Ende der Hauptverhandlung nicht mehr erleben oder zumindest während des weiteren Verlaufs der Hauptverhandlung endgültig verhandlungsunfähig werden wird. Nicht erforderlich ist, dass dies feststeht; es genügt die durch Tatsachen (Indizien) gestützte konkretisierte Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch die bloße eher theoretische Möglichkeit. Diese Grundsätze lassen sich aus Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 (Rechtsstaatsprinzip) GG ableiten. 328 Eine strengere Auffassung, die - etwa unter Hinweis auf die Schwierigkeiten einer Wahrscheinlichkeitsprognose, darauf, dass der Beschuldigte ja noch verteidigungsfähiges Verfahrenssubjekt sei und ein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens haben könne, auf die hohe Bedeutung des staatlichen Strafverfolgungsanspruches sowie die Rechtsfrieden schaffende Wirkung des Urteils - fordert, 329 eine Einstellung dürfe nur im Falle einer UnVerhältnismäßigkeit der Fortsetzung des Verfahrens erfolgen, es müsse feststehen, dass die Verhandlungsunfähigkeit noch vor Ende der Hauptverhandlung eintritt, oder gar eine Fortsetzung der Verhandlung bis zum Eintritt der Verhandlungsunfähigkeit verlangt, erscheint unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten problematisch. 330 Denn sie könnte dazu führen, dass der Beschuldigte zum „Versuchsobjekt" des Verfahrens degradiert wird; die Weiterführung der Verhandlung könnte auf den Versuch hinauslaufen, das Verfahren vor dem wahrscheinlichen Eintritt der Verhandlungsunfähigkeit rechtskräftig zu einem brauchbaren Ergebnis zu führen. Die Haftfrage löst sich mit der Annahme
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Vgl. BVerfG NJW 1979 2349. Vgl. BGHSt 41 16 (ggf. Aufhebung durch das Revisionsgericht auch schon vor der Verhandlung); KG StV 1997 644; OLG Düsseldorf NStZ 1993 554; Gatzweiler StV 1996 286. BerlVerfGH NJW 1993 515 mit Anm. (der Red. der) NJ 1993 130; Bartlsperger DVB1. 1993 333; Berkemann NVwZ 1993 410; KoppernockJStaechelin StV 1993 433; Meurer JR 1993 89; Paeffgen NJ 1993 152; NStZ 1993 531; Pestalozza NVwZ 1993 340; Schoren NJW 1993 881; Starck J Z 1993 231; Wilke NJW 1993 887; s. auch Endter EuGRZ 1995 227; LG Berlin NJW 1993 1608; Vor § 112, 42. Vgl. dazu aber BerlVerfGH NJW 1994 436; s. auch v.Münch J Z 2 0 0 4 184. Eingehend dazu z.B. Paeffgen NJ 1993 152; NStZ 1993 531; Berkemann NVwZ 1993 417.
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In diese Richtung wohl: Bartlsperger DVBI. 1993 344 (Verhältnismäßigkeitsabwägung im Hinblick auf den Widerstreit zwischen grundrechtlichem Schutzanspruch und staatlichem Strafverfolgungsinteresse erforderlich, solange Verhandlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten sei); Berkemann NVwZ 1993 417; Meurer JR 1993 93 (grundsätzlich Verhandlung bis zum Eintritt der Verhandlungsunfähigkeit oder bis feststeht, dass das Verfahren nicht mehr abgeschlossen werden kann, ohne dass der Tod des Beschuldigten eintreten wird); Schoreit NJW 1993 883; Starck J Z 1993 231; ähnlich (krit.) Meyer-Goßner IIa; KK/Boujong 52; KMRJWankel 19; Beulke 289; Ranft 1108 ff. Vgl. auch Berkemann NVwZ 1993 410; Koppernock/Staechelin StV 1993 433; Paeffgen NJ 1993 152; NStZ 1993 531; Pestalozza NVwZ 1993 340.
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eines grundrechtlich bedingten endgültigen Verfahrenshindernisses wegen voraussichtlicher Verhandlungsunfähigkeit (§§ 206a Abs. 1, 2 6 0 Abs. 3) von selbst, ohne Rückgriff auf Art. 1, 2 0 GG insoweit, denn der Haftbefehl ist dann gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 aufzuheben. 331 73
Zur Frage, ob bei einer vom Beschuldigten verursachten (verschuldeten) Verhandlungsunfähigkeit der Erlass eines Haftbefehls zulässig ist, u.a. mit dem Ziel, auf diese Weise die Verhandlungsfähigkeit wieder herzustellen und ob der Beschuldigte verpflichtet ist, an der (Wieder-)Herstellung der Verhandlungsfähigkeit mitzuwirken oder sie zu dulden, vgl. Rn. 38.
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2. Gesamtwürdigung. Ist unter Berücksichtigung aller dieser Umstände die Untersuchungshaft zulässig, so sollte - scheint es - ein Zwang 3 3 2 bestehen, sie zu verhängen. Denn wenn das Mittel der Untersuchungshaft einem bestimmten Verfahrenszweck dient, so scheint der Richter, weil er diesen Zweck nicht nach Belieben preisgeben kann, dieses Mittel, wenn es zulässig ist, auch anwenden zu müssen. Das Gesetz verordnet aber ausdrücklich, dass die Untersuchungshaft, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, verhängt werden darf, nicht dass sie dann zu verhängen ist. Darin liegt die Erkenntnis, dass sich die Haftvoraussetzungen niemals mathematisch berechnen lassen. Die erforderlichen Erwägungen greifen oft ineinander und betreffen verschiedene Haftvoraussetzungen. Wenn sich der Haftrichter auch über jede einzelne von ihnen Rechenschaft zu geben hat, so muss er zuletzt doch auf Grund einer Gesamtwürdigung nach pflichtgemäßem Ermessen 3 3 3 entscheiden, ob der Zweck des Verfahrens das Mittel der Untersuchungshaft erfordert. Bejaht er das, muss er allerdings die Haft verhängen und kann nicht in einer Art Gnadenentscheidung willkürlich in dem einen Fall von der Verhaftung absehen, sie in einem anderen Fall aber anordnen. Das Wort darf bringt dem Richter kein freies Ermessen, sondern letztlich nur eine Begründungserleichterung. 334
§ 112a (1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, 1. eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 179 oder nach § 2 3 8 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder 2. wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach § 125a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 2 4 9 bis 255, 2 6 0 , nach § 2 6 3 , nach den §§ 306 bis 3 0 6 c oder § 316a des Strafgesetzbuches oder nach § 2 9 Abs. 1 Nr. 1, 4, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straf-
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Vgl. LG Berlin NJW 1993 1608; Wilke NJW 1993 887; Paeffgen NJ 1993 152. So Siegert J W 1925 929; ähnlich SYJPaeffgen 48. BVerfGE 19 349; OLG Hamm NJW 1954 404.
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Ähnlich KK/Boujong 54; vgl. auch Geppert GA 1979 300; krit. dagegen KYJDeckers 10; a.A. (enger) SYJFaeffgen 48.
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tat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. (2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 nicht gegeben sind. Schrifttum Baumann Neue Haftgründe, JZ 1962 649, 689; Baumann Wird die Untersuchungshaft umfunktioniert? JZ 1969 134; Becker Neues Haftrecht in der Bundesrepublik, MDR 1973 22; DiemerNicolaus Das geänderte Haftrecht, NJW 1972 1693; Dietrich Wiederholungsgefahr bei Sittlichkeitsverbrechen. Der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO in historischer, rechtsdogmatischer und kriminologischer Sicht (1970); Egg Zur Rückfälligkeit von Sexualstraftätern, Kriminalistik 1999 267; Ender Zur Frage der Reformbedürftigkeit des § 112 StPO, Kriminalistik 1967 344; Ender Zur erneuten Reform des Haftrechts - insbesondere zur Vorbeugungshaft, NJW 1969 867; Gazeas >Stalking< als Straftatbestand, KJ 2006 247; Gnam Die Wiederholungsgefahr als Grund für die Anordnung von Untersuchungshaft, Entwicklung und rechtsdogmatische Grundlagen, Diss. Nürnberg 1972; Herzler Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO), NJ 2001 409; Höhmann/Matt Tatfrequenz und Wiederholungsgefahr i.S. des § 112a I Nr. 2 StPO, NStZ 1989 211; Humberg Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr gem. §112a StPO, Jura 2005 376; JescheckJ Krümpelmann Die Untersuchungshaft im deutschen, ausländischen und internationalen Recht (1971); Klug Rechtsstaatswidrige Vorbeugehaft, ZRP 1969 1; Krümpelmann Probleme der Untersuchungshaft im deutschen und ausländischen Recht, ZStW 82 (1970) 1052; Müller/Pieroth Verfassungsmäßigkeit des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr, in: Hoffmann-Riem, Sozialwissenschaften im Öffentlichen Recht (1981) 228; v. Neree Zur Zulässigkeit der Sicherungshaft gemäß § 112a StPO, insbesondere bei Anwendung von Jugendstrafrecht, StV 1993 212; Schlüchter Das neue Haftrecht: Bedeutung und Auslegung für die Praxis, MDR 1973 96; Schmitt Strafprozessuale Präventivmaßnahmen, JZ 1965 193.
Entstehungsgeschichte. Durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 wurde in § 112 als Absatz 3 eine Bestimmung eingefügt, die etwa dem jetzigen § 112a Abs. 1 entsprach. Der Katalog wurde der jeweiligen Fassung des Strafgesetzbuchs angepasst durch Art. 9 Nr. 5 des 1. StRG und durch Art. 3 Nr. 3 des 4. StRG. Durch Art. 1 Nr. 1 Buchst, d des StPÄG 1972 wurde dieser Absatz gestrichen und durch Art. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes § 112a eingefügt, dessen Absatz 1 Nr. 1 die gestrichene Vorschrift mit geringer Änderung übernahm. Durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28.7.1981 (BGBl. I 681) wurde als Folge der Novellierung der Strafrechtsnormen im Betäubungsmittelgesetz § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3, 6 Buchst, a, Nr. 8 und Abs. 4 durch den neuen § 2 9 Abs. 1 Nr. 1, 4, 10, Abs. 3 und § 3 0 Abs. 1 ersetzt. § 125a StGB wurde durch Artikel 2 des StGBÄndG 1989 in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 eingefügt. Durch Art. 3 Nr. 10 des OrgKG wurde die Vorschrift außerdem Änderungen im B t M G angepasst. Durch Art. 4 Nr. 4 des VerbrbekG wurde Absatz 1 Satz 2 (RegelVoraussetzung einer Vorverurteilung für die Annahme der Wiederholungsgefahr) aufgehoben. Durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 des 33. StRÄndG wurde in Absatz 1 Nr. 1 die Angabe „176 bis 1 7 9 " durch die Angabe „176, 177 oder § 1 7 9 " ersetzt. Durch Art. 3 Nr. 3 a) des 6. StRG wurde in Absatz 1 Nr. 1 diese Angabe durch „176 bis 1 7 9 " und durch Nr. 3b) in Absatz 1 Nr. 2 die Angabe „§§ 2 2 3 a bis 2 2 6 " durch „§§ 2 2 4 bis 2 2 7 " und die Angabe „§§ 3 0 6 bis 3 0 8 " durch „§§ 3 0 6 bis 3 0 6 c " ersetzt. Durch das 33. StRÄndG war nämlich der damalige § 178 StGB als Katalogtat entfallen. Durch Art. 2 Nr. 1 des 4 0 . StRÄndG wurde in
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Absatz 1 N r . l „§ 2 3 8 Abs. 2 und 3" eingefügt. Die weiteren Änderungen sind eine Folge der N e u o r d n u n g der Strafvorschriften des StGB. 1
Übersicht Rn. I. Vorbemerkungen 1. Vorgeschichte 2. Wortlaut 3. Inhalt 4. Bedeutung 5. Entwicklung
1 5
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Π. Anlasstat 1. Grundsatz 2. Dringender Tatverdacht 3. Katalog a) Vorbemerkung b) Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung c) Schwerwiegende beharrliche Nachstellungen d) Körperverletzung e) Eigentums- und Vermögensdelikte . f) Gemeingefährliche Straftaten . . . g) Betäubungsmitteldelikte h) Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 4. Besondere Deliktsformen a) Versuch
13 14 16 17 17a 18 19 20 21 22
ΙΠ. Wiederholungsgefahr 1. Grundsatz 2. Bestimmte Tatsachen 3. Gefahrbegriff . . . . 4. Weitere Straftaten a) Übersicht . . . . b) Begriff Strafttat . c) Erheblichkeit . . d) Gleichartigkeit . . e) Begehung . . . . 5. Erforderlichkeit . . . 6. Straferwartung . . . IV. Subsidiarität (Absatz 2) 1. Inhalt 2. Voraussetzungen eines Haftbefehls 3. Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls . . . 4. Folgen
23
Alphabetische Anlasstat 4, 6, 1 0 , 1 2 , 1 3 , 1 7 , 1 7 a , 26, 30, 32 Apokrypher Haftgrund 11 Aussetzung 49 Bundesverfassungsgericht 4 , 1 0 , 25 Doppelverwertung 37 EMRK 12a Fälle, minderschwere, besonders schwere 18, 19, 23, 34 Fortgesetzte Begehung 30 Haftgrund 10,15, 50 Kritik 10,11, 12, 15 Mittlere Kriminalität 33 Nachstellungen 7, 17a Neigung 36 Prognose 36, 3 7 , 4 0 , 46 Qualifikation 27, 30
1
Übersicht Rechtsfrieden 10 Rechtskraft 37 Richterliche Prüfung 32, 51 Schuld 13,16, 25 Schutzzweck 4, 9, 10, 17,17a, 24 Stalking 17a Statistik 11 Straftat 16, 40, 4 2 , 4 3 Subsidiarität 8 , 4 5 , 4 7 Systemwidrigkeit 10 Tatbereitschaft 36 Unrechtsgehalt 10, 23, 25 Verhältnismäßigkeit 8, 37, 45, 47 Vorstrafen 37 Wiederholung 8, 26, 30, 37
Einen Vorschlag zur Ergänzung des Satzes 1 um §§ 129a, 129b StGB enthielt der Gesetzesantrag BRDrucks. 1014/01.
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Rn. b) Vollrausch 5. Wiederholungstat 6. Schwerwiegende Straftat
Hans Hilger
24 26 31 35 36 38 39 40 41 42 44 45 46 47 48 49 51
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112a
I. Vorbemerkungen 1. Vorgeschichte. Vor der Änderung durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 regelte § 112 1 Abs. 1 Nr. 1 die Voraussetzungen der Untersuchungshaft bei sog. Fluchtverdacht. In § 112 Abs. 2 Satz 1 war bestimmt, dass die Tatsachen, die den Fluchtverdacht begründen, aktenkundig zu machen seien. Satz 2 bestimmte u.a.: „Der Verdacht der Flucht bedarf keiner Begründung, wenn ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet." Obwohl damit eindeutig nur Freiheit von der Begründung eingeräumt, nicht aber Freiheit von der Prüfung des Fluchtverdachts gewährt war, 2 entnahm die Rechtsprechung der Fassung eine auf der allgemeinen Erfahrung des Lebens beruhende widerlegbare Vermutung. 3 Die Praxis sprach dann nicht selten davon, dass der gesetzlich begründete Fluchtverdacht nicht ausgeräumt worden sei. Verbrechen waren vor der Änderung durch Art. 1 Nr. 66 und 77 des 1. StrRG u.a. auch Rückfalldiebstahl und Rückfallbetrug, und der „apokryphe H a f t g r u n d " 4 des vermuteten Fluchtverdachts fand weitgehend auch auf Rückfallbetrüger und noch mehr auf Rückfalldiebe Anwendung, so dass die Mehrzahl der Dauerrückfälligen, auch wenn der Schaden nicht allzu hoch war, nach der Tat in Untersuchungshaft kam. Damit bestand contra legem für Vermögensdelikte ein Haftgrund der Wiederholungsgefahr, mit dem sich die Praxis „half", 5 indem sie Fluchtverdacht „unterstellte". 6
2
Nachdem der Bundestag durch die neue Fassung der §§ 112, 114 diesen apokryphen 3 Haftgrund beseitigt hatte (Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964), empfand er „eine nicht zu leugnende Lücke" in Bezug auf besonders schwere Verbrechen und die Wiederholungsgefahr. 7 Für den letzten Fall wurde die Lücke durch § 112 Abs. 3 geschlossen (s. Entstehungsgeschichte), aber „zur Verhinderung des Rückfalls nur in Fällen schwerer Sittlichkeitsverbrechen ...". 8 Auf diese Beschränkung bezog sich eine gelegentliche Bemerkung des Bundesverfassungsgerichts, 9 der Haftgrund des § 112 Abs. 3 könne damit gerechtfertigt werden, dass es um die Bewahrung eines besonders schutzbedürftigen Kreises der Bevölkerung „vor mit hoher Wahrscheinlichkeit drohenden schweren Straftaten" gehe. Auf schwere Straftaten blieb daher § 112a bezogen, 10 obwohl die Klagen, die zur Einführung der Nummer 2 der Vorschrift geführt haben, gewiss nicht Schwerkriminalität im Auge hatten. 11
4
2. Obwohl der Inhalt leicht ersichtlich wird, stellt sich der Wortlaut dem grammatikaiischen Verständnis zunächst deshalb entgegen, weil das „wenn" des ersten Nebensatzes auf drei weitere Nebensätze bezogen ist, deren einem noch ein mit „daß" eingeleiteter Nebensatz beigegeben und deren erster in zwei Nummern aufgegliedert ist. Will man das „wenn" ausgegliedert lassen (und nicht in Gedanken wiederholen), ist der erste Satz wie folgt zu lesen:
5
2
3
4 5
Roesen NJW 1953 1733; Eb. Schmidt § 112, 24. OLG Celle NJW 1950 240; ebenso das BMJ in seiner Stellungnahme zu BVerfGE 19 343, vgl. dort S. 346. BTProt. IV 6441 D. Schmitt JZ 1965 194.
6 7 8 9
10 11
Dörffler bei Gürtner, S. 268. BTProt. IV 6441 D, 6 4 4 2 A. BTProt. IV 6 4 3 7 C. BVerfGE 19 358 (zu - damals - § 112 Abs. 4); s. auch Gehrlein FS Boujong 756. BTDrucks. VI 3248, Vorblatt und S. 3. Vgl. Gnam 143 bis 147.
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§ 112a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Ein Haftgrund besteht auch, wenn 1. der Beschuldigte dringend verdächtig ist, a) eine Straftat nach ... oder b) wiederholt... eine die Rechtsordnung schwerwiegend bedrohende Straftat nach ... begangen zu haben; 2. bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass er ... weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen ... werde; 3. die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich ist; 4. in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. 6
3. Inhalt. Die Vorschrift enthält einen Haftgrund für eine „Haft" (Rn. 9), die unter gewissen einengenden Voraussetzungen zulässig ist, wenn der Beschuldigte gewisse Straftaten („Anlasstaten"; Rn. 16 ff.) begangen hat und wenn die Gefahr begründet ist, er werde weitere Straftaten gleicher Art (Rn. 42) begehen oder fortsetzen. Es ist also eine Haft gegen Wiederholungstäter mit dem Zweck, die drohende Gefahr der Wiederholung (Rn. 35) abzuwenden. Wegen der Bedeutung und des Charakters s. Rn. 9 ff. 7 Die Straftaten umfassen inzwischen sieben Gruppen: 1. schwere Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (Rn. 17); 2. schwerwiegende beharrliche Nachstellungen (Rn. 17a); 3. nahezu alle Fälle der Körperverletzung (Rn. 18); 4. bedeutsame Vermögensdelikte (Rn. 19); 5. vorsätzliche Brandstiftung und räuberischen Angriff auf Kraftfahrer (Rn. 20); 6. gewisse Verbrechen und Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Rn. 21) und 7. den besonders schweren Fall des Landfriedensbruchs (Rn. 22). 8 In der ersten Gruppe wird außer der Wiederholungsgefahr (Rn. 35 ff.) und der Erforderlichkeit, diese durch die Haft abzuwenden (Rn. 45), nichts weiter als Voraussetzung der Haft gefordert. In allen anderen Fällen ist die Haft nur zulässig, wenn der Täter schon wiederholt (Rn. 26) eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat (Rn. 31) des Katalogs in Rn. 7 - dort Nr. 2 bis 6 - begangen und wegen einer neuen Tat Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (Rn. 46) zu erwarten hat. Die Regelung steht unter den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität (Rn. 45), und diese schließt die Haft aus, wenn der Beschuldigte nach § 112 in Haft gehalten werden kann (Rn. 48). 9
4. Bedeutung. Durch die Eingangsworte „ein Haftgrund besteht auch" ist die Vorschrift mit § 112 verbunden, der in Absatz 2 (Flucht; Fluchtgefahr; Verdunkelungsgefahr) - anders in Absatz 3 - von einem Haftgrund spricht. Der Gesetzgeber behandelt die Haft des § 112a also wie Untersuchungshaft, doch gilt dafür das Wort des damaligen Bundesjustizministers Dr. Bucher: „Das ist zwar systematisch nicht in Ordnung, da es sich hier eigentlich nicht um eine Frage der Untersuchungshaft, sondern um eine Frage der Sicherungshaft handelt; wir haben aber davon abgesehen, hier perfektionistisch zu sein, es als Sicherungshaft zu bezeichnen und durch das ganze Gesetz hindurch entsprechende redaktionelle Änderungen vorzunehmen." Aus diesem Grund ist die Vorschrift zwar als § 112a und nicht, wie früher erwogen 12 und wie es vorzuziehen wäre, als § 126b einge12
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BTDrucks. V 3633.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112a
stellt, aber klar von § 112 getrennt worden, weil die Regelung der „Sicherungshaft" in § 112 die Unterschiede zwischen Untersuchungshaft und „Sicherungshaft" verschleiern würde. 1 3 Diese Absicht könnte man auch aus der Wortfassung folgern. Denn im Gegensatz zu § 112 spricht die Vorschrift nicht von Untersuchungshaft, sondern von Haft (Rn. 5: Nr. 3). Ebenso ist in § 122a, anders als in § 121 Abs. 1, nicht von Untersuchungshaft die Rede, sondern von Haft. Doch sollte man dieses verbale Argument nicht überbewerten, weil auch in § 115 Abs. 4 und in § 115a Abs. 2 Satz 4 lediglich von Haft gesprochen wird, obwohl § 115 Abs. 1, von dem § 115a lediglich ein Sonderfall ist, auf den Haftbefehl Bezug nimmt, durch den nach § 114 Abs. 1 die Untersuchungshaft angeordnet wird. Der Charakter der Haft dieser Vorschrift ergibt sich nicht nur aus der Begründung, sondern wird auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verdeutlicht. Dieses hat zu § 112a u.a. ausgeführt, das übergreifende Interesse der Rechtsgemeinschaft an wirksamer Verbrechensbekämpfung könne auch unmittelbar freiheitsbeschränkende Maßnahmen rechtfertigen; das Bundesverfassungsgericht habe daher als weiteren Haftgrund die Wiederholungsgefahr anerkannt, „obwohl hierbei nicht die Sicherung des Strafverfahrens, sondern der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten, also ein präventiver Gesichtspunkt, maßgebend" sei. Ursprünglich hatte das Gericht die Rechtfertigung des Haftgrundes darauf abgestellt, dass (bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) ein besonders schutzbedürftiger Personenkreis vor ihm drohenden schweren Straftaten bewahrt werden müsse (Rn. 4 , 17, s. auch Rn. 17a). 1 4 Später hat es (bei der Beurteilung eines besonders schweren Falls des Diebstahls; § 2 4 3 Abs. 1 StGB) einen erheblichen, in der Höhe der Strafandrohung zum Ausdruck kommenden Unrechtsgehalt und eine empfindliche Störung des Rechtsfriedens als Charakteristikum der „Anlasstat" gefordert 1 5 (s. auch Vor § 112, 2 6 ) . Daraus folgt, dass diese Haft mit Untersuchungshaft nichts tun hat. 1 6 Denn der Untersuchungszweck kann nur erfordern, dass der Beschuldigte für das Verfahren zur Verfügung steht und Beweismittel nicht angetastet werden. Gerade diesen Zwecken darf die Haft des Absatzes 1 nicht dienen, wie sich aus der Subsidiaritätsklausel des Absatzes 2 ergibt. Entgegen der irreführenden Verbindung mit der Untersuchungshaft handelt es sich daher, wie in der Begründung 1 7 und in der Diskussion 1 8 gewollt, um eine vorbeugende Verwahrung von Straftätern, von denen neue erhebliche Straftaten zu erwarten sind, um eine Sicherungshaft, wie sie bei den ersten Beratungen des Themas schon der damalige Bundesjustizminister Dr. B u c h e r 1 9 zu Recht genannt hatte. 2 0 Dies bedeutet, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr systemwidrig ist. 21 Als M a ß n a h m e zur Abwehr schwerwiegender Gefahren im Interesse der All-
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BTDrucks. VI 3 2 4 8 , S. 3. BVerfGE 19 3 5 0 . BVerfGE 3 5 1 9 2 ; s. auch Gehrlein jong 7 5 6 .
FS Bou-
H . M . ; s. S K I P a e f f g e n 3, 4 ; A K / D e c k e r s 3, 4 ; Weiß N J W 1 9 4 7 2 2 1 ; Baumann J Z 1 9 6 9 138. BTDrucks. VI 3 2 4 8 , S. 3. BTProt. VI 1 0 3 3 2 A. BTProt. IV 6 4 3 8 B. BTProt. IV 6 4 4 4 . SYJPaeffgen 3; A K / D e c k e r s 3; Wolter (Kolloquium) 1 0 2 ; (Aspekte) 4 1 ; Z S t W 9 3 ( 1 9 8 1 ) 4 5 2 ff.; Geppert Jura 1 9 9 1 2 6 9 ; Hassemer StV 1 9 8 4 4 1 ; Dabs N J W 1 9 9 5 5 5 3 ; Kniesel
Die Polizei 1 9 8 9 2 3 1 ; a.A. Meyer-Goßner 1; L R / W e n d i s c h 2 4 11; KYJBoujong 5; Krey II 2 9 3 ; Kühne 4 2 1 ; einschränkend auch Ranft 651, 6 5 2 . Z u r Kritik an der Vorschrift vgl. auch z.B. Brüssow FS Koch 5 7 ; Cornel M S c h r K n m . 1 9 8 7 65 ff.; StV 1 9 9 4 2 0 2 ; Deckers FS Koch 151; Dünnebier Probleme der Strafprozessreform 32 ff.; Gropp J Z 1 9 9 1 8 0 4 ; Hohmann/Matt NStZ 1 9 8 9 211; Jehle BewHi. 1 9 9 4 3 7 3 ; Kühl Z S t W 1 0 0 ( 1 9 8 8 ) 6 0 1 ; v. Neree StV 1 9 9 3 2 1 2 ; Roxin Z S t W 8 2 ( 1 9 7 0 ) 1125 ff.; Eb. Schmidt Nachtr. I Vor § 112, 4; Schöch FS Lackner 1 0 0 7 ; Seebode (Kolloquium) 1 8 0 .
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gemeinheit (s. auch Vor § 112, 8, 26) ist er systematisch dem Polizeirecht zuzuordnen, 22 das bereits Vorschriften enthält, die - wenn auch weniger weitgehend - Freiheitsentziehung zur Verhinderung schwerwiegender Straftaten erlauben. 23 Zur Gesetzgebungskompetenz s. Vor § 112, 2 6 und Rn. 11. 11
5. Entwicklung. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Rn. 10) zur Vereinbarkeit des § 112a mit der Verfassung müssen wohl hingenommen werden, wobei mangels Alternativen - von einer Annexkompetenz gemäß Art. 74 Nr. 1 GG auszugehen ist. Verfassungspolitisch und verfassungsrechtlich bedenklich ist jedoch die weitere Entwicklung. Die Vorschrift, der in der Praxis (statistisch gesehen) nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, 2 4 hat sich durch die Änderungen ab 1989 deutlich von dem Inhalt der Vorschrift entfernt, die dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlag. Die Diskussion um die Sicherungshaft wegen Wiederholungsgefahr war ausgelöst worden durch die „Lücke", die eingetreten war, als durch die Neufassung der §§ 112, 114 der apokryphe Haftgrund des „vermuteten Fluchtverdachts" beseitigt worden war (Rn. 1 ff.). Mit dem weggefallenen „Haftgrund" waren fast ausschließlich labile, dauerrückfällige Täter erfasst worden. Die Straftaten, die jetzt im Katalog aufgeführt sind, sind nur zu einem geringen Teil typische Taten von Wiederholungstätern, und wenn sie trotz der einengenden Voraussetzungen unter die Vorschrift fallen könnten, werden sie häufig durch Absatz 2 ausgeschlossen.
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Mit § 125a StGB ist eine Vorschrift in den Kreis der Anlasstaten eingefügt worden, die man unter kriminologischen Gesichtspunkten zu den „Wiederholungstaten" zählen könnte, aber die Erforderlichkeit der Aufnahme ist zweifelhaft. Denn die Straftaten radikaler Täter (reisender Gewalttäter), die so erfasst werden sollen, 2 5 dürften häufig auch über gleichzeitig verwirklichte Tatbestände nach den §§ 2 2 4 ff., 306 ff. StGB sowie über § 112, insbesondere dessen Absatz 3 erfasst werden. 26 Besonders bedenklich ist die Streichung von Absatz 1 Satz 2 („in den Fällen der Nummer 2 setzt die Annahme einer solchen Gefahr in der Regel voraus, dass der Beschuldigte innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer Straftat gleicher Art rechtskräftig zu Freiheitsstrafe verurteilt worden ist"), 2 7 einer Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Durch diese Voraussetzung wurde die Ungewissheit, die der Prognose zum künftigen strafrechtlichen Verhalten innewohnt, abgemildert und damit die durch das Merkmal der Erforderlichkeit gebotene Prüfung der Subsidiarität der Haft und ihrer Verhältnismäßigkeit verbessert. Außerdem
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Vgl. dazu Anagnostopoulos 141 ff.; SK/Paeffgen 4, 5; Eb. Schmidt Nachtr. I Vor § 112, 4; a.A. z.B. LRJ Wendisch14 10 ff. (Vorwegvollstreckung); KKIBoujong 5; wohl auch Dietrich 61; Gnam 183 (Vorwegnahme der Sicherungsfunktion der Strafe). S. auch Krey II 2 9 3 ; Kühl ZStW 100 (1988) 601; Kühne 421; Wolter (Kolloquium) 102; (Aspekte) 41. Zu Reformvorschlägen vgl. u.a. Kühl ZStW 100 (1988) 637; Wolter ZStW 9 3 (1981) 4 8 9 ; (Aspekte) 41 ff.; SK/Paeffgen 7 sowie (Dogmatik) 152 ff. m.w.N. Vgl. z.B. 17 ff. PAG Bayern; Η 13 ff. SOG Hamburg; § § 13 ff. des Saarl. Polizeigesetzes; s. Schenke 141 ff. mit weiteren Nachweisen.
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Gebauer KrimPäd. 1993 20; Seebode (Kolloquium) 180. S. Strafverfolgungsstatistik Fachserie 10, Reihe 3, 6.1 (bisher weniger als 10 % der Haftanordnungen). BTDrucks. 11 2 8 3 4 , S. 11. Krit. dazu Brüssow FS Koch 5 7 ; Jung JuS 1 9 8 9 1025; Hassemer StV 1 9 8 9 78; Kniesel Die Polizei 1 9 8 9 231; Krauß StV 1989 315; Kunert/Bernsmann NStZ 1989 4 4 9 ; Wächtler StV 1989 410. Vgl. BTDrucks. 12 6853, S. 33 (Grund der Streichung: praxisgerechtere Handhabbarkeit der Vorschrift); König/Seitz NStZ 1995 1.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112a
w a r die Regelvoraussetzung grundsätzlich geeignet, wenigstens in einem gewissen M a ß e der Bildung apokrypher H a f t g r ü n d e (§ 1 1 2 , 5 4 ) entgegenzuwirken. 2 8 Dieses Element ist nun, zu Lasten dessen, für den die Unschuldsvermutung streitet, verlorengegangen. Die Freiheit des M e n s c h e n ist aber eines seiner höchsten, durch Verfassung und die E M R K ( R n . 1 2 a ) geschützten Güter, der Entzug der Freiheit einer der massivsten Eingriffe in das Leben eines M e n s c h e n . Freiheitsbeschränkungen und dementsprechende Verschärfungen des R e c h t s der Untersuchungshaft müssen die ultima ratio des Gesetzgebers bleiben. Hinzu k o m m t , dass im R e c h t der Untersuchungshaft diese ultima ratio auf das Ziel dieses R e c h t s bezogen sein muss, also die Verfahrenssicherung (§ 112) oder - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - die Verhinderung der Wiederholung erheblicher Rechtsverletzungen wichtiger Rechtsgüter. Bei weiteren Änderungen im H a f t recht sollte bedacht werden: H a f t r e c h t ist nicht präventiv-polizeiliche D r o h g e b ä r d e und ebensowenig Instrument zur Steuerung einer K o r r e k t u r politischer Fehlentwicklungen. Haftrechtsverschärfungen sind in einem liberalen, demokratischen Rechtsstaat nur zulässig, wenn sie unerlässlich und außerdem hinreichend erfolgsgeeignet sind, das erstrebte verfassungskonforme H a f t - Z i e l zu erreichen. M i t der E M R K ist die Vorschrift grundsätzlich nicht unvereinbar. 2 9 Denn Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst, c E M R K regelt ausdrücklich den Haftgrund der Wiederholungsgefahr. D a m i t werden jedoch die verfassungsrechtlichen und -politischen Bedenken gegen die Vorschrift nicht ausgeräumt. Die E M R K unterscheidet nicht in der Weise wie das deutsche R e c h t dogmatisch stringent zwischen Repression und Prävention - wie gerade Art. 5 Abs. 1 Satz 2 E M R K beispielhaft z e i g t 3 0 - , und besagt insbesondere nichts über den systemgerechten Standort einer entsprechenden Regelung im nationalen Recht.
Π.
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Anlasstat
1. Grundsatz. Als M a ß n a h m e nach der Strafprozessordnung muss die Sicherungshaft an einen U m s t a n d anknüpfen, der für „den Strafprozess" - das Strafverfahren (§ 1 1 2 Abs. 2 Nr. 2 ) , das Verfahren (§ 113 Abs. 2 Nr. 1), die Untersuchung (§ 1 2 4 Abs. 1) Anlass gibt. D e m g e m ä ß erfordert § 1 1 2 a , ähnlich den vorläufigen M a ß n a h m e n nach den
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§ § l i l a , 1 2 6 a , 1 3 2 a (die das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat erfordern), jedoch in Anlehnung an ξ 112 auf schuldhaft begangene Straftaten beschränkt, dass der Beschuldigte dringend verdächtig ist, eine Straftat begangen zu h a b e n (Absatz 1 Satz 1). D a m i t werden alle vorläufigen M a ß n a h m e n vor dem Urteil dadurch zusammengeschlossen, dass sie nur „aus A n l a s s " einer T a t , der sog. „ A n l a s s t a t " , zulässig sind. 2 . Dringender Tatverdacht. Bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ l i l a Abs. 1 Satz 1) und bei dem vorläufigen Berufsverbot (§ 132a Abs. 1 Satz 1) werden „dringende G r ü n d e " für die A n n a h m e gefordert, dass die Fahrerlaubnis (endgültig) entzogen oder das Berufsverbot (endgültig) angeordnet wird (§ 6 9 Abs. 1 Satz 1, § 7 0 Abs. 1 S t G B ) . Die einstweilige Unterbringung ist nur zulässig, wenn „dringende G r ü n d e "
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Vgl. zur Kritik: Hobmann StV 1997 311; Dabs NJW 1995 553; Frommet KJ 1994 323; Neumann StV 1994 273 (insbesondere zur Unschuldsvermutung); s. auch Gebauer 68; v. Neree StV 1993 212 (zu apokryphen Haftgründen); DAV StV 1994 153.
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S. auch KMRJWankel 3, 13; SYJPaeffgen Art. 5, 32a EMRK; Kühne/Esser StV 2 0 0 2 385. Vgl. IXJGollwitzer2S Art. 5, 70 EMRK; LRJEsser Erl. zur EMRK.
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für die Annahme vorhanden sind, dass jemand eine rechtswidrige Tat begangen hat (§ 126a Abs. 1). Dieselbe Dringlichkeit wird für die Anordnung der Untersuchungshaft (§ 114 Abs. 1) mit der Wendung gefordert, dass der Beschuldigte der Tat „dringend verdächtig" ist (§ 112 Abs. 1 Satz 1; § 114 Abs. 2 Nr. 2). Da der Gesetzgeber die Sicherungshaft wie Untersuchungshaft behandelt, wird in Absatz 1 Satz 1, zweiter Halbsatz nahezu die gleiche Fassung verwendet: wenn der Beschuldigte „dringend verdächtig" ist, ... eine Straftat begangen zu haben. 15
Allerdings besteht eine Komplikation. Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 gehören zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft dringender Tatverdacht und ein Haftgrund (§ 112, 15). § 112a ergänzt nur die Haftgründe (ein Haftgrund besteht auch), so dass die weitere Voraussetzung der Haft, der dringende Tatverdacht, aus § 112 Abs. 1 Satz 1 zu entnehmen ist. Trotz seiner Selbständigkeit ist § 112a, im Wortlaut noch auffälliger als der alte Absatz 3, wie ein reformierter Absatz 3 formuliert worden. In § 112 ist das Wort „Haftgrund" eine zusammenfassende Bezeichnung, die es gestattet, den Gesetzestext einfach zu halten. In einem selbständigen § 112a, der nur einen Haftgrund enthält, hätte auf das Wort verzichtet werden können. Die Vorschrift wäre als selbstständige Bestimmung richtig formuliert, wenn sie mit den Worten begönne: „Sicherungshaft darf (oder: Untersuchungshaft darf auch) angeordnet werden, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, eine Straftat nach ... begangen zu haben". So, wie sie gefasst worden ist, nämlich nur auf den Haftgrund abstellend, müsste man eigentlich § 112 Abs. 1 Satz 1 ergänzend dazulesen.31 Dann lautet der Text: Die Untersuchungshaft (wegen Wiederholungsgefahr) darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat, nämlich einer Straftat nach § ... (wie § 112a Abs. 1 Nr. 1 und 2) dringend verdächtig ist. Die Praxis sollte sich durch diese nichtssagende Unsauberkeit (der Gesetzgeber wollte die Sicherungshaft zwar wie Untersuchungshaft behandeln, aber doch nicht geradezu als Untersuchungshaft bezeichnen und hat deshalb nicht an das Wort „Untersuchungshaft", sondern an dasjenige „Haftgrund" angeknüpft) nicht beirren lassen, sondern allein auf den dringenden Tatverdacht abstellen. Wegen dieses Begriffs s. § 112, 16 ff. 3. Katalog
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a) Vorbemerkung. Die Anlasstaten sind in einem in zwei Nummern gegliederten Katalog (Rn. 7) zusammengefasst. Der Katalog ist abschließend und darf nicht durch Analogien ergänzt werden. Im Einzelnen umfasst er die in den folgenden Randnummern aufgeführten Straftaten. Dabei bedeutet Straftat nach dem Sprachgebrauch der Strafprozessordnung 32 den sachlich-rechtlichen Begriff des Strafgesetzbuches, also die tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung. 33 Daraus folgt: Eine zwar rechtswidrige (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB), aber nicht schuldhafte Tat kann keine Anlasstat sein. Wie die Untersuchungshaft ist auch die Sicherungshaft unzulässig. Zulässig bleibt allein die einstweilige Unterbringung (§ 126a Abs. 1 und 2), wenn deren Voraussetzungen vorliegen.
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b) Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 sind der alte Kern der Vorschrift. Umfasst werden folgende Straftaten: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB), von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken in Anstalten (§ 174a StGB) und von Kindern (§§ 176 ff. StGB); sexuelle Nötigung
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H.M.; KKJBoujong 6. BTDrucks. 7 550, S. 191.
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Dünnebier J R 1975 24.
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( S S 177, 178 StGB) sowie sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger ( S 179 StGB). Die Strafandrohungen sind zum Teil: Geldstrafe oder erhebliche Freiheitsstrafe, zum Teil nur hohe Freiheitsstrafe. Die zu erwartenden Strafen sind zwar im Durchschnitt hoch, aber in anderen Gruppen vergleichbar. Gleichwohl wird auf die bei Nummer 2 verlangten Erfordernisse verzichtet, die Anlasstat müsse wiederholt oder fortgesetzt begangen sein und die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigen. Der Gesetzgeber kann das auch nicht gleichsam vermutet haben. Denn dann bliebe die Frage offen, warum er die Vermutung nicht auf die mit viel höheren Strafen bedrohten gemeingefährlichen Straftaten erstreckt hat. Die besondere Behandlung der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung kann außer mit historischen Überlegungen (s. Entstehungsgeschichte) auch mit dem betroffenen „besonders schutzbedürftigen Kreis der Bevölkerung" erklärt werden. 34 c) In den Katalog des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 neu aufgenommen wurden die schwerwiegenden Straftaten der beharrlichen Nachstellung gemäß S 238 Abs. 2 und 3 StGB; durch die Haft für besonders gefährliche Täter soll vorhersehbaren schweren Taten gegen Leib oder Leben vorgebeugt werden. 35
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d) Von den Straftaten der Körperverletzung sind außer dem Grundtatbestand (S 223 StGB) alle aufgenommen. Die Strafandrohungen sind (zum Teil hohe) Freiheitsstrafen.
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e) Bei den Eigentums- und Vermögensdelikten sind nur die schwereren aufgeführt, doch fällt auf, dass zwar der Grundtatbestand des Diebstahls ( S 242 Abs. 1 StGB) weggelassen, aber bei gleicher Strafandrohung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) derjenige des Betrugs ( S 263 Abs. 1 StGB) und der Erpressung ( S 253 Abs. 1 StGB) aufgenommen worden ist, obwohl es technisch durchaus möglich gewesen wäre, wie beim Diebstahl, die besonders schweren Fälle z.B. durch die Bezeichnung „ S 263 Abs. 3 in Vbdg. mit Absatz 1 StGB" (entspr. S 253 Abs. 4 StGB) auszusondern 36 (vgl. Rn. 34). Im Einzelnen handelt es sich um folgende Straftaten: besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243 Abs. 1 StGB - ein Regelbeispiel muss aber nicht erfüllt sein); Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 StGB); Raub ( S 249 StGB), schwerer Raub (§ 2 5 0 StGB), Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB); räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB); Erpressung (§ 253 StGB); räuberische Erpressung ( S 255 StGB); gewerbsmäßige Hehlerei ($ 260 StGB); Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) einschließlich des schweren Betrugs (§ 263 Abs. 3 StGB). Der schwere Bandendiebstahl (§ 244a StGB) wird über die in dieser Vorschrift genannten SS 243, 244 StGB erfasst. Die Strafandrohungen enthalten Geldstrafen, aber auch die Androhung von (allein) sehr hohen Freiheitsstrafen. Vgl. auch Rn. 23, 32 ff.
19
f) Bei den gemeingefährlichen Straftaten ist eine Auswahl solcher erkennbar, bei denen nach kriminalpolitischer Erfahrung mit Wiederholung zu rechnen ist: Brandstiftung ( S S 306 bis 306c StGB) und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer ( S 316a Abs. 1 StGB). Die Strafandrohungen sind überwiegend hohe Freiheitsstrafen.
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Vgl. BVerfGE 19 350. S. auch OLG Bremen NStZ-RR 2 0 0 1 2 2 0 ; Hellmer NJW 1965 1728; Diemer-Nicolaus N J W 1972 1694; KK/Boujong 6; Meyer-Goßner 6 (Wiederholungsgefahr infolge Persönlichkeitsdefekts); krit. dagegen SKIPaeffgen 9; zum Ausmaß der Wiederholungsgefahr s. Egg
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36
Kriminalistik 1 9 9 9 2 6 7 ; vgl. auch Müncbhalffen/Gatzweiler 129, 130 - auch zur Prognoseforschung. Vgl. BTDrucks. 15 5410 und 16 3641; krit. dazu Gazeas 2 4 7 ff., 2 6 4 m.w.N. Vgl. aber KKIBoujong 9.
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g) Betäubungsmitteldelikte. Bei dieser Katalognummer sind nur die gefährlichsten Delikte aufgeführt. Erfasst werden die Tathandlungen gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 B t M G 3 7 (also z.B. das illegale Handeltreiben, die illegale Herstellung, Einfuhr und Veräußerung von Betäubungsmitteln), gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 10 BtMG (also z.B. das Verschaffen einer Gelegenheit zum unerlaubten Erwerb oder die öffentliche oder eigennützige Mitteilung von Gelegenheiten, Betäubungsmittel illegal zu genießen, zu erwerben, abzugeben), die besonders schweren, durch Regelbeispiele gekennzeichneten Fälle des illegalen Betäubungsmittelverkehrs (§ 2 9 Abs. 3 BtMG), sowie die Verbrechen nach den §§ 29a Abs. 1, 30 Abs. 1 und 30a Abs. 1 BtMG. Die Strafandrohungen sind auch hier Geldstrafe oder (zum Teil, allein) hohe Freiheitsstrafen.
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h) Straftaten gegen die öffentliche Ordnung. Schließlich ist der besonders schwere Fall des Landfriedensbruchs (§ 125a StGB) Anlasstat; Strafdrohung: allein Freiheitsstrafe. Damit ist erstmals ein die öffentliche Sicherheit schützender Tatbestand in den bisher am Individualschutz orientierten Katalog eingestellt. 38 Dass die Vorschrift eine Strafzumessungsregelung (keinen Qualifikationstatbestand) enthält, ist kein Argument gegen die Aufnahme der Vorschrift in den Katalog der Anlasstaten, 39 wohl aber die Bedürfnisfrage (Rn. 12). 4. Besondere Deliktsformen
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a) Versuch (§§ 22, 23 StGB), Anstiftung (§ 2 6 StGB) und Beihilfe (§ 27 StGB) zu den genannten Delikten sind nach dem Sprachgebrauch des Strafgesetzbuchs unter dem Begriff der Tat mit zu verstehen. 40 Das Gleiche gilt für den Versuch der Beteiligung ( § 3 0 StGB). 4 1 Bei der Mittäterschaft (§ 2 5 Abs. 2 StGB) ist es selbstverständlich. Ebenso sind mit der Nennung des Delikts auch dessen besonders schwere und minder schwere Fälle mit umfasst. Doch scheiden die minder schweren Fälle - häufig, wenn auch nicht stets für die Anwendung der Vorschrift aus; letztlich entscheidend ist der Unrechtsgehalt der konkreten Tat im Einzelfall (vgl. Rn. 32 ff.).
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b) Vollrausch. In Literatur und Rechtsprechung 42 wird die Haft auch dann als zulässig angenommen, wenn der Beschuldigte der - im Katalog nicht genannten - Volltrunkenheit (§ 323a StGB) dringend verdächtig ist, wenn dabei als Bedingung der Strafbarkeit eine der im Katalog aufgeführten Straftaten in Betracht kommt. Dazu wird darauf abgestellt: Die Ausdehnung des Haftgrunds werde dem Präventionscharakter der Vorschrift gerecht; bezöge man § 323a StGB nicht ein, werde nur ein unvollkommener Schutz erreicht. 37
38 39 40
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Der in § 112a Abs. 1 Nr. 2 genannte § 2 9 Abs. 1 Nr. 4 BtMG wurde durch Art. 3 Nr. 3 a) cc) des Gesetzes vom 2. August 1993 (BGBl. 1 1 4 0 7 ) aufgehoben und durch Art. 3 Nr. 3 a) ee) dieses Gesetzes - in präzisierter Fassung - als neue Nr. 13 in § 2 9 Abs. 1 BtMG eingestellt. Da § 112a nicht angepasst wurde, ist zweifelhaft, ob dieser Fall noch von der Vorschrift erfasst wird. SYUPaeffgen 14. Kunert/Bernsmann NStZ 1989 449. Vgl. RGSt 31 40; 68 169; BGHSt 2 361; OLG Frankfurt NJW 1988 2 9 0 0 ff.
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Vgl. BGHSt 2 360; 6 213. OLG Frankfurt NJW 1965 1728; OLG Hamm NJW 1974 1667; Eb. Schmidt Nachtr. 1 2 6 ; KKJBoujong 14; Meyer-Goßner 4; KMR/Wankel 3; Hengsberger J Z 1966 211; Dietrich 92; Schlüchter 217 ff.; krit. Roxi« § 30, 15; a.A. Blei JA 1974 757; Dünnebier NJW 1966 231 ff.; SYJPaeffgen 8; Paeffgen NStZ 1990 431 Fn. 7; AK/Deckers 9; Krey II 269.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112a
D e r Satz ist richtig, trüge j e d o c h die Folgerung nicht, wenn bei der Würdigung des Begriffs der „ s c h w e r e n " S t r a f t a t 4 3 der Schuld eine angemessene oder gar besondere Bedeutung beigemessen würde. D a v o n k a n n die Auslegung nicht m e h r ausgehen, nachdem das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t 4 4 auf einen erheblichen, in der H ö h e der Strafandrohung zum Ausdruck k o m m e n d e n Unrechtsgehalt und eine empfindliche Störung des Rechtsfriedens abstellt, die beide auch vorliegen k ö n n e n , wenn der T ä t e r völlig schuldlos handelt. W e r in Übereinstimmung damit in erster Linie - der Schuld k o m m t in der Strafandrohung stets auch Bedeutung zu - auf das Unrecht des Geschehens abstellt, mag eine Ausdehnung des Katalogs a u f § 3 2 3 a S t G B für den Fall als gerechtfertigt ansehen, dass als Bedingung der Strafbarkeit eine K a t a l o g t a t in Betracht k o m m t . 4 5
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5. Wiederholungstat. W ä h r e n d eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 schlechthin als Anlasstat angesehen wird ( R n . 17, 17a), k o m m t den Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 (Rn. 18 ff.) diese Bedeutung nur zu, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist ( R n . 14), eine von ihnen wiederholt oder fortgesetzt (Rn. 3 0 ) begangen zu h a b e n . W i e derholt ist eine Straftat dann begangen, wenn wenigstens zweimal durch verschiedene Taten der Tatbestand desselben Strafgesetzes verwirklicht worden i s t . 4 6 D e r T e x t stellt einen Gegensatz her zu den Straftaten „ g l e i c h e r " Art (Rn. 4 2 ) und verweist so auf „dies e l b e " Art, also a u f dasselbe Strafgesetz. D e r Gedankengang wird verstärkt durch die Verbindung der Wiederholung mit der Fortsetzung einer Straftat, die doch nur in der weiteren Verwirklichung desselben Strafgesetzes bestehen k a n n . M a n ist daher versucht, den nicht völlig eindeutigen T e x t des Absatzes 1 Nr. 2 dahin auszulegen, dass alle W i e derholungstaten dasselbe Strafgesetz verwirklichen müssen und dass nicht etwa verschiedene Strafgesetze genügen, die derselben Gruppe angehören.
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In der Tat ist bei den Straftaten der Körperverletzung ( R n . 18) die jeweilige Tatbestandsbeschreibung die Darstellung einer in eine besondere Richtung gehenden missbilligten Handlung, wenn m a n die Tatbestände vergleicht. Im Übrigen aber k a n n es, wenn zwei gefährliche Körperverletzungen (§ 2 2 4 S t G B ) genügen, nicht darauf a n k o m m e n , o b eine davon zur Folge des § 2 2 6 oder § 2 2 7 S t G B geführt hat. Die unter R n . 2 6 erwogene Auslegung ist danach dahin zu modifizieren, dass die Qualifikation dem (in Nr. 2 genannten Abs.) Grunddelikt gleichzustellen ist, 4 7 gleichgültig in welcher Reihenfolge beide verübt w o r d e n sind. Bei den gemeingefährlichen Delikten ( R n . 2 0 ) steht § 3 1 6 a S t G B für sich allein. Gleiches gilt für § 1 2 5 a S t G B . Bei den Brandstiftungsdelikten liegt die Qualifikation desselben Strafgesetzes in Bezug auf die § § 3 0 6 , 3 0 6 a , 3 0 6 c , 3 0 6 b Abs. 2 Nr. 1 S t G B auf der H a n d . Sie k ö n n t e für Nr. 3 zweifelhaft sein, wird hier aber bejaht. Dagegen k a n n § 3 0 6 b Abs. 2 Nr. 2 S t G B wegen der besonderen Absicht nicht als Qualifikation des § 3 0 6 S t G B verstanden werden. D a d u r c h wird klar, dass der den Begriff „desselben" Strafgesetzes erweiternde Qualifikationsbegriff prozessual und nicht aus dem sachlichen R e c h t zu gewinnen ist, wenn auch gewiss in Anlehnung daran.
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Unter den Eigentums - und Vermögensdelikten (Rn. 19) scheiden sich Betrug, Diebstahl und Hehlerei deutlich als verschiedene Straftaten von einander. § 2 4 4 S t G B steht zu
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den Fällen des § 2 4 3 S t G B im Verhältnis der Q u a l i f i k a t i o n . Abgesehen von der höheren
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BVerfGE 19 350. BVerfG 35 192. Zur Kritik an der Arbeit des Gesetzgebers vgl. LR/Wendisch 2 * 29 Fn. 12. OLG Frankfurt StV 1984 159; KKJBoujong 12; SKJPaeffgen 11.
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KKIBoujong 12; SYJPaeffgen 11, 12; MeyerGoßner 8; s. auch OLG Koblenz JBIRhPf. 2002 318.
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Mindeststrafe besteht der Unterschied zu den Beispielsfällen des § 2 4 3 StGB nur darin, dass die Fälle des § 2 4 4 Abs. 1 StGB obligatorisch den höheren Strafrahmen auslösen. Auch beim schweren Bandendiebstahl (§ 2 4 4 a StGB) ergeben sich insoweit keine Schwierigkeiten, weil er ohnehin (nur) über die in dieser Vorschrift genannten §§ 2 4 3 , 2 4 4 StGB erfasst wird (Rn. 19). Beim Raub sind die Fälle der §§ 2 5 0 , 251 StGB Qualifikationen des § 2 4 9 , während § 2 5 2 StGB wegen der anderen Tatgestaltung nicht als die Verwirklichung desselben Strafgesetzes angesehen werden kann. Dasselbe gilt für die Erpressung (§ 2 5 3 StGB), die sich als Delikt des erzwungenen Gebens von dem Wegnahmedelikt des Raubs als andere Straftat unterscheidet, woran die Verbindung durch § 2 5 5 StGB prozessrechtlich nichts ändert. Dagegen wird man die räuberische Erpressung (§ 2 5 5 StGB) trotz ihrer Bezeichnung als eine Qualifikation der Erpressung ansehen dürfen. 29
Die genannten BtM-Straftaten sind zum Teil verschiedene Straftaten; von derselben Straftat kann aber im Hinblick auf die in Rn. 2 6 , 2 7 genannten Kriterien gesprochen werden, soweit § 2 9 Abs. 3 an § 2 9 Abs. 1 Nr. 1, 10 B t M G anknüpft und soweit die Delikte nach den §§ 2 9 a , 30, 30a B t M G auf der Realisierung eines anderen hier genannten Tatbestandes aufbauen, wie etwa § 3 0 Abs. 1 Nr. 1 und 2 B t M G .
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Zusammenfassend kann man dem Wortlaut und dem Sinn (vgl. Rn. 2 6 ) der Vorschrift entnehmen: eine Straftat ist dann wiederholt begangen worden, wenn der Täter wenigstens zweimal den Tatbestand desselben Strafgesetzes oder einen dazu gehörigen Qualifikationstatbestand verwirklicht, der die Willensrichtung des Grundtatbestandes nicht verändert. Dafür genügt es nach h . M . , dass das Verfahren, in dem der Haftgrund zu prüfen ist, nur eine Tat zum Gegenstand hat und der Beschuldigte wegen der anderen schon vorher verfolgt worden ist, 4 8 also (nicht unbedingt rechtskräftig) verurteilt wurde oder unter dringendem Tatverdacht verfolgt wird. 4 9 Nach einer Mindermeinung 5 0 ist es nicht zulässig, die Annahme der Wiederholung auf eine in einem anderen Verfahren rechtskräftig abgeurteilte Tat zu stützen. Da dieses Problem eigentlich zur Frage der Wiederholungsgefahr gehört, s. dazu R n . 37. Wiederholte Anlasstat kann auch eine Tat sein, die nicht Gegenstand des anhängigen Ermittlungs- oder Strafverfahrens ist, in dieses aber einbezogen werden kann. 5 1 Die Deliktsform (Rn. 2 3 ) ist gleichgültig. Fortgesetzt ist die Tat begangen - wie die Gleichstellung mit der Wiederholung erweist - , wenn die Straftat mit oder ohne einen Gesamtvorsatz tatsächlich dadurch fortgesetzt wird, dass in gleicher Weise wie bisher der Tatbestand verwirklicht wird. 5 2 Auch hier ist die Deliktsform (Rn. 23) gleichgültig.
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OLG Hamburg NJW 1980 2367; OLG Hamm MDR 1981 956; StV 1997 310 mit abl. Anm. Hohmann; OLG Karlsruhe NStZRR 2006 210; OLG Stuttgart NStZ 1988 326; OLG Jena StV 1999 101 mit abl. Anm. Hobmann StraFo 1999 214; OLG Schleswig NStZ 2002 276 mit Anm. Paeffgen NStZ 2003 79; LG Bremen StV 2005 618; Herzler NJ 2001 410; Humberg Jura 2005 381; KMR/Wankel 6. KK/Boujong 12; HK/Lemke 10; s. auch Herzler NJ 2001 410.
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OLG Frankfurt StV 1984 159; LG Zweibrücken StraFo 2006 107; Paeffgen NStZ 2003 79; Meyer-Goßner 8; AK/Deckers 13; Hobmann/Matt NStZ 1989 221; v. Neree StV 1993 217; Schlothauer/Weider 625 ff. OLG Schleswig MDR 1978 952; KKJBoujong 12; Meyer-Goßner 8; SK/Paeffgen 11; Schlückter 216. LR/Wendisch 2 * 34; enger Meyer-Goßner 7; KK/Boujong 7, 12 unter Hinweis auf BGH GrSSt 40 138.
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§ 112a
6 . Schwerwiegende Straftat. Z u dem Erfordernis, dass eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 aufgeführten Straftaten nur dann als Anlasstat in Betracht k o m m t , wenn sie wiederholt oder fortgesetzt begangen worden ist (Rn. 2 6 ff.), tritt als weitere Voraussetzung, dass sie eine die R e c h t s o r d n u n g schwerwiegend beeinträchtigende Straftat sein muss. Weil jede Straftat die R e c h t s o r d n u n g beeinträchtigt, k o m m t es ausschlaggebend nur auf das W o r t schwerwiegend an.
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D a s zusätzliche Erfordernis ist zwar schon Auswahlkriterium für die Einstellung in den K a t a l o g g e w e s e n , 5 3 doch bieten die d a n a c h ausgewählten Tatbestände für die k o n krete Tatbestandsgestaltung weiten R a u m . D a h e r wird zusätzlich zu der gesetzlichen Abgrenzung des Katalogs verlangt, richterlich zu prüfen, o b die Anlasstat auch nach der konkreten Ausgestaltung des Einzelfalls die R e c h t s o r d n u n g schwerwiegend beeinträchtigt. D a b e i k o m m t es, was nach dem Präventionscharakter der Vorschrift sicher gerechtfertigt ist, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wesentlich auf den Unrechtsgehalt der Tat a n . 5 4 Bei wiederholter Begehung muss grundsätzlich der erforderliche Schweregrad in jeder einzelnen T a t vorliegen. 5 5 J e d o c h kann in einem solchen Fall, etwa bei vielen Geschädigten, Art und U m f a n g der Schäden mit von Bedeutung sein, solange nicht die Tatschwere nach dem Gesamtschaden bewertet w i r d . 5 6 Bei einer bereits abgeurteilten Vortat dürfte die Voraussetzung „ s c h w e r w i e g e n d " in der Regel anzunehmen sein, wenn eine Freiheitsstrafe von 1 J a h r verhängt w u r d e . 5 7 Im H i n b l i c k auf die Unschuldsvermutung (Vor § 1 1 2 , 3 7 ) sollte nicht auf die Schwere der Schuld abgestellt werden.58
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Interpretation und Verwendung des Begriffs: „schwerwiegend" dürften der Praxis, nicht nur wegen der Unklarheit dieses Begriffes, sondern auch im Hinblick auf ähnliche, zum Teil vergleichbare Eingrenzungen (vgl. z.B.: Absatz 1 Satz 1: „weitere e r h e b l i c h e " Straftaten; § 1 0 0 c Abs. 1: „besonders schwere S t r a f t a t " ; § § 9 8 a Abs. 1 Satz 1, 110a Abs. 1 Satz 1, 1 6 3 e Abs. 1 Satz 1: „Straftat von erheblicher B e d e u t u n g " ; § 1 1 0 a Abs. 1 Satz 4 : „besondere B e d e u t u n g " der Tat) erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt sich wenig a b l e i t e n . 5 9 Aber angesichts der Verwendung zweier ähnlicher Begriffe in § 1 1 2 a Abs. 1 Satz 1 ( „ s c h w e r w i e g e n d " und „erh e b l i c h " ) wird m a n davon ausgehen k ö n n e n , dass der Gesetzgeber damit Unterschiedliches gemeint h a t . 6 0 N i m m t m a n weiterhin an, dass bereits mit der Verwendung des Begriffes „ e r h e b l i c h " in seinen unterschiedlichen Ausformungen ein deutlich angehobener Schweregrad, insbesondere eine Tat mit deutlich über dem Durchschnitt liegendem Unrechtsgehalt gemeint sein soll - dafür spricht z.B., dass das „ e r h e b l i c h " in Absatz 1
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BTDrucks. VI 3561, Art. 1 Nr. 2 II; s. auch BVerfGE 35 191. BVerfGE 35 191; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2 0 0 6 210; s. auch OLG Köln StV 1996 158. OLG Köln StV 1996 158; OLG Jena StV 1999 101; OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 209; OLG Karlsruhe StV 2002 147; LG Gera StV 2 0 0 0 320 (zu § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG); KKJBoujong 13; ähnlich S K / P a e f f g e n 15; a.A. wohl KMRJWankel 7. Vgl. OLG Karlsruhe StV 2002 147; SKJPaeffgett 15 (längeres „Anhäufen" kleinerer Schäden oder Verknüpfung solcher Schäden mit einem schweren Schaden genügt nicht);
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anders bei der fortgesetzten Tat, bei der auch auf den Gesamtschaden abgestellt werden kann - KKJBoujong 13; Münchhalffen/ Gatzweiler 124; s. auch OLG Hamburg M D R 1973 242; OLG Stuttgart Justiz 1973 255. OLG Jena StV 1999 101. S K J P a e f f g e n 15; a.A. LR/Wendisch 2 * 36; wohl auch OLG Karlsruhe NStZ-RR 2 0 0 6 210 (aber zutreffend auch die Opferperspektive berücksichtigend). Vgl. dazu LRJWendiscb14 36, 38. A.A. wohl Schlüchter 216; M D R 1973 99.
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Satz 1 auch auf die in Satz 1 Nr. 1 genannten Delikte bezogen ist, sowie die Verwendung des Begriffes bei intensiven grundrechtsrelevanten Ermittlungsmaßnahmen (§§ 98a, 110a, 163e), so kann man annehmen, dass mit dem Kriterium „schwerwiegend" solche Taten ausgegrenzt werden sollen, die - im Einzelfall - nach ihrem Unrechtsgehalt (Axt und Schwere der konkreten Tat) nicht wenigstens der „gehobenen mittleren Kriminalität" 61 zugerechnet werden können, insbesondere nicht geeignet sind, den Rechtsfrieden oder das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung ganz erheblich zu beeinträchtigen. 62 Für eine solche Interpretation, die bedeutet, dass „schwerwiegend" graduell noch über „erheblich" liegt, spricht schließlich auch die Straferwartung in Absatz 1 Satz 1. Demgemäß hat man unter einer die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigenden Straftat zu verstehen: Im Fall der Nummer 2: Schwere Straftaten und Straftaten, die in der oberen Hälfte der mittelschweren Straftaten liegen, wenn sie für den durch sie geschützten Personenkreis eine Gefahr für Leib oder Leben, namentlich auch durch Drogenabhängigkeit, für Sachen und Vermögenswerte von bedeutendem Wert oder die Gefahr begründen, mit Gewalt oder gefährlicher Drohung zu Vermögensverfügungen gezwungen zu werden. Nach dieser Definition scheiden als Anlasstaten minder schwere Fälle der Nummer 2 aus, 6 3 soweit sie schon nach Wortlaut und Strafrahmen und (oder) nach den konkreten Umständen des Einzelfalles keine schwerwiegende Beeinträchtigung erfassen. Insbesondere scheidet danach bei der Anlasstat die kleinere Kriminalität von vornherein aus. 6 4 Dies ist auch bedeutsam für die einfache Erpressung (§ 253 Abs. 1 StGB) und den einfachen Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB), die als Anlasstaten im Katalog stehen, während beim Diebstahl der einfache Diebstahl (§ 242 StGB) dort fehlt; die Wegnahmedelikte beginnen erst mit dem besonders schweren Fall des Diebstahls (§ 243 StGB). Diese Abweichung wird darauf zurückgeführt, dass beim Betrug die gleiche Differenzierung wie beim Diebstahl aus gesetzestechnischen Gründen nicht möglich gewesen sei. 65 Ob das zutrifft, ist fraglich, weil § 263 Abs. 3 und § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB abgesehen von der Strafandrohung übereinstimmen (vgl. auch § 253 Abs. 4 Satz 1) und § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB nur den besonders schweren Fall illustrierende Regelbeispiele enthält, so dass es bei Erpressung und Betrug ebenso wie beim Diebstahl „gesetzestechnisch" möglich gewesen wäre, nur den besonders schweren Fall des § 263 Abs. 3 StGB in den Katalog aufzunehmen (Rn. 19). Auf jeden Fall wird man die Folgerung ziehen müssen, dass beim Betrug und bei der Erpressung nur solche Fälle Anlasstaten sein können, die nach dem Unrechtsgehalt etwa dem besonders schweren Fall des Diebstahls entsprechen. 66 Straftaten nach § 29 Abs. 1 BtMG dürften trotz des vergleichsweise niedrigen Strafrahmens nicht selten nicht der kleineren Kriminalität zuzurechnen sein. 67
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Ähnlich LG Bonn StV 1988 439; KKJBoujong 13; s. auch OLG Karlsruhe StV 2001 686; NStZ-RR 2006 210; OLG Köln StV 1995 475 ; LG Köln StV 1996 386; Schlothauer/Weider 625 ff. Vgl. dazu Meyer-Goßner 9; Schlüchter MDR 1973 98; (krit.) SK/Paeffgen 15; v. Neree StV 1993 220; s. auch Herzler Neue Justiz 2001 410. Ähnlich SYJPaeffgen 15; AK/Deckers 12; vgl. auch v. Neree StV 1993 219.
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BVerfGE 35 191. S. auch OLG Hamm StV 1996 275. OLG Stuttgart Justiz 1973 254. OLG Stuttgart Justiz 1973 254; OLG Hamburg MDR 1973 242; KK/Boujong 9; MeyerGoßner 7. S. aber LG Gera StV 2001 321 (zu % 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG).
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ΙΠ. Wiederholungsgefahr 1. Grundsatz. Um die Sicherungshaft bei Wiederholungsgefahr als eine neue und nicht unumstrittene Maßnahme vor dem Urteil in engen Grenzen zu halten, 68 ist einmal der Deliktskatalog in der gesetzlichen Auswahl und in der richterlichen Anwendungsmöglichkeit (Rn. 32) beschränkt. Zum anderen werden neben der Prognose der Wiederholungsgefahr Voraussetzungen aufgestellt, von denen am bedeutsamsten sind: die „Erforderlichkeit" der Sicherungshaft (Rn. 5: Nr. 3; Rn. 45) und die Erwartung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (Rn. 5: Nr. 4; Rn. 46).
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2. Bestimmte Tatsachen sind Grundlage für die Prognose der Wiederholungsgefahr, die natürlich im Zeitpunkt der jeweiligen Haftentscheidung vorliegen muss. 69 Der Ausdruck stammt aus § 112 Abs. 2, zweiter Halbsatz. Er ist unklar (§ 112, 23) und passt für diese Vorschrift nicht recht (§ 112, 24). Denn nach deren Zweck können die Tatsachen (das nichtssagende Wort „bestimmte" kann zur Klärung nichts beitragen) in der Regel keine Realitäten in der Außenwelt sein, etwa der Umstand, dass der Beschuldigte sich anschickt, eine neue Straftat zu begehen; schon daran soll er gehindert werden. Die die Gefahr begründende Tatsache ist - in der Regel - eine innere Neigung oder wenigstens Bereitschaft, 70 Straftaten zu begehen. Auf diese innere Einstellung ist nach den Grundsätzen der Prognosemethodik aufgrund von (äußeren) Hilfstatsachen zu schließen. Diese Tatsachen umfassen (grundsätzlich auch - vgl. Rn. 37) die Vortaten und alle Lebensverhältnisse des Beschuldigten, 71 die eine Prognose zulassen, es sei die Gefahr (Rn. 38) begründet, dass der Beschuldigte weitere Straftaten begehen werde.
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Rn. 45) wurde bisher in Absatz 1 Satz 2 dadurch betont, dass in den Fällen der Nr. 2 die Gefahr, zu deren Abwendung die Haft erforderlich sein muss - allerdings nur „in der Regel" - , allein dann angenommen werden durfte, wenn der Beschuldigte innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer Straftat gleicher Art rechtskräftig zu Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Obwohl diese Haftvoraussetzung nun entfallen ist (vgl. Entstehungsgeschichte; Rn. 12), kommt Vorstrafen für die Prognose der Wiederholungsgefahr - in den Fällen der Nr. 1 und 2 - nach wie vor erhebliche Bedeutung zu. Sie können, je nach Zahl, Art und Erheblichkeit der Vortaten und -strafen sowie nach Art und Umständen der Tatbegehung und der sog. Rückfallgeschwindigkeit 72 wichtige Prognosekriterien 73 sein. Eine Vorstrafe sollte in der Regel
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Vgl. O L G Bremen N S t Z - R R 2 0 0 1 2 2 0 . LG Cottbus StraFo 2 0 0 2 6 8 . Ahnlich S K / P a e f f g e n § 112, 2 4 , § 112a, 16; Meyer-Goßner 14; KK/Boujong 18. Z . B . Vorleben des Beschuldigten; soziales Umfeld, also z.B. Kontakte zur kriminellen Szene; Arbeitsverhältnisse; Drogenabhängigkeit; Persönlichkeitsstruktur. Festzustellen im Freibeweisverfahren. Vgl. auch O L G Stuttgart N S t Z 1 9 8 8 3 2 6 ; O L G H a m m StV 1 9 9 2 2 0 ; O L G Bremen N S t Z - R R 2 0 0 1 2 2 0 ; O L G Dresden StV 2 0 0 6 5 3 4 ; Kleinknecht/ ]anischowsky 91. Wiederholungsgefahr kann fehlen, wenn eine Rückkehr des Beschuldigten in die kriminelle Szene nicht möglich — LG Erfurt StV 2 0 0 2 315 seine Geschäftsräume geschlossen wurden - LG Köln StV
1 9 9 7 2 8 , O L G Karlsruhe StV 2 0 0 2 147, StV 2 0 0 1 6 8 6 - , oder die Tat Folge eines einmaligen Versagens, etwa situationsbedingt, ist vgl. O L G Köln StraFo 2 0 0 2 3 6 6 ; Benfer JuS 1 9 8 3 112 (auch zur Frage der Alkoholisierung bei Straftaten nach der Nr. 1). S. dazu auch O L G Frankfurt N J W 1 9 6 5 1 7 2 8 ; Schlüchter 217. 72
Z . B . serienmäßige Tatverwirklichung; Straftaten nach Haftentlassung oder in Kenntnis eines schon laufenden Verfahrens; Ankündigung der Wiederholung.
73
Meyer-Goßner 14; KK/Boujong 18. S. auch O L G H a m m StV 1 9 9 2 2 0 (zur Wiederholungsgefahr bei BtM-Delikten); O L G Stuttgart N S t Z 1 9 8 8 3 2 6 ; Schlolhauer/Weider 6 2 5 ff.; Schlotb 111.
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jedoch nur berücksichtigt werden, w e n n sie n o c h nicht zu lange z u r ü c k l i e g t 7 4 und die Tat zumindest der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist. 7 5 Die Bejahung der Wiederholungsgefahr ist - wie bisher - nicht zwingend von dem Vorliegen einer Vorbestrafung abhängig, das Fehlen einer solchen k a n n j e d o c h ein wichtiges Indiz gegen eine solche G e f a h r sein. 7 6 Fehlt eine Vorbestrafung, so sollte eine Wiederholungsgefahr - namentlich in den Fällen der Nr. 2 - nur b e j a h t werden, w e n n sonstige schwerwiegende Gründe die W i e d e r h o l u n g m i t sehr h o h e r Wahrscheinlichkeit erwarten l a s s e n . 7 7 Soll die Prognose auf eine Vor-Freiheitsstrafe gestützt werden, so darf diese n o c h nicht nach den Bestimmungen des B Z R G getilgt w o r d e n oder tilgungsreif oder aus sonstigen Gründen unverw e r t b a r sein. Rechtskraft der Vorverurteilung ist nicht e r f o r d e r l i c h , 7 8 wenn die Richtigkeit dieser Entscheidung in anderer Weise (z.B. durch glaubhaftes Geständnis oder erdrückende Beweislage) untermauert wird. Ist eine Vorstrafe oder eine andere Tat bereits genutzt w o r d e n , um die Voraussetzung der „ w i e d e r h o l t e n " oder „fortgesetzten" Begehung (Nr. 2 ) zu bejahen ( R n . 3 0 ) , so darf der U m s t a n d , dass diese Tat begangen wurde, nicht als Indiz zur Bejahung der Wiederholungsgefahr verwendet werden. Andernfalls würde die Prognose der Wiederholungsgefahr als eigenständige H a f t v o r a u s setzung - durch die Doppelverwertung - e n t w e r t e t . 7 9 38
3 . Z u m Gefahrbegriff vgl. § 1 1 2 , 2 5 . D e r Begriff „ G e f a h r " ist identisch mit dem in § 1 1 2 . D e n n die W i e d e r h o l u n g des gleichen W o r t s in zwei aufeinander folgenden Paragraphen k a n n schon deshalb nur dasselbe bedeuten, weil Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 früher § 1 1 2 Abs. 3 war, und das W o r t Gefahr innerhalb desselben Paragraphen in Absatz 3 nicht anderes gelesen werden k o n n t e als in Absatz 2 Nr. 2 und Nr. 3, letzter Satzteil. 4 . Weitere Straftaten
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a) Ü b e r s i c h t . Die Gefahr (§ 1 1 2 , 2 5 ) , die in der Regel durch die Neigung des Beschuldigten ( R n . 3 6 ) begründet wird, muss dahin gehen, dass der Beschuldigte, bevor er rechtskräftig (s. dazu die Erl. Vor § 2 9 6 ) abgeurteilt worden ist, weitere ( R n . 4 0 ) erhebliche (Rn. 4 1 ) Straftaten ( R n . 4 0 ) gleicher Art ( R n . 4 2 ) begehen oder die Straftat fortsetzen ( R n . 4 4 ) w e r d e . 8 0
40
b) Wegen des Begriffs Straftat vgl. R n . 16, doch ist ohnehin die Prognose künftiger rechtswidriger Taten (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 S t G B ) , w e n n Anlasstat eine (schuldhaft begangene) Straftat ist, eine schwer vorstellbare M ö g l i c h k e i t . 8 1 D i e Prognose, der Beschuldigte werde vor rechtskräftiger Aburteilung, also in absehbarer, aber unbestimmter Zeit, nicht nur eine, sondern mehrere weitere Straftaten begehen, ist in dieser F o r m oft schlechthin unmöglich. M a n muss die Stelle daher dahin lesen, dass der Beschuldigte weiterhin erheblich und in gleicher Art straffällig werden w e r d e . 8 2
74 75 76
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LG Bremen StV 2 0 0 5 618. OLG Oldenburg StV 2 0 0 5 618. Vgl. auch OLG Köln StraFo 2 0 0 2 366 (einmalige Begehung eines Sexualdelikts). OLG Dresden StV 2 0 0 6 534; s. auch Hohmann StraFo 1999 213. OLG Stuttgart NStZ 1988 326; krit. v. Neree StV 1993 216 (Verstoß gegen Unschuldsvermutung).
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Vgl. auch SKJPaeffgen 11; AK/Deckers 13; Meyer-Goßner 8; Schlothauer/Weider 626; a.A. wohl OLG Schleswig NStZ 2 0 0 2 276 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2003 79; OLG Stuttgart NStZ 1988 326. Vgl. Kleinknecht J Z 1965 113. Vgl. auch AK/Deckers 15 (Überforderung). A.A. v. Neree StV 1993 215 (unzulässige Ausweitung).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112a
c) Erheblichkeit ist schon sprachlich kein eindeutiger Begriff. 8 3 Man wird, ohne damit viel zu gewinnen, von Straftaten sprechen können, die sich über die Masse erheben, jedoch - weil das Wort schwerwiegend nicht wiederholt wird - zwar schwer, aber nicht unbedingt so schwer sind, wie es die Anlasstat ist, so dass wohl die ganze mittlere Kriminalität erfasst w i r d 8 4 (vgl. R n . 33). Diese Abstufung trägt im Ergebnis auch den Schwierigkeiten Rechnung, die mit der Prognoseentscheidung verbunden sind. 8 5
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d) Gleichartigkeit. Die Sicherungshaft sichert vor Wiederholungsgefahr, und diese besteht, wenn die Gefahr begründet ist, der Täter, der dringend bestimmter Straftaten (Rn. 16 ff.) verdächtig ist, werde weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen (oder die Tat „fortsetzen"). Die Begehung von Straftaten gleicher Art steht im Gegensatz zu der Wiederholung derselben Tat (Rn. 2 6 ) , wobei allerdings der Identitätsbegriff auch dort schon leicht auf Qualifikationsformen erweitert werden konnte, die in gleicher Willensrichtung liegen (Rn. 2 7 ff., 30). Der Begriff gleicher Art entfernt sich von dem derselben Art noch weiter.
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Im Allgemeinen wird man zur gleichen Art diejenigen Straftaten zählen können, die in den jeweils mit dem Wort „nach" gebildeten Gruppen des Absatzes 1 Satz 1 zusammengefasst sind 8 6 (Rn. 7). Dabei wird allerdings § 316a StGB nicht zur Gruppe der Brandstiftungsdelikte (Rn. 2 0 ) zu zählen, wohl aber mit Raub und Erpressung (vgl. Rn. 19) gruppengleich sein. 8 7 Indem die Vorschrift mit den Worten „gleicher Art" auf den Katalog (Rn. 7) zurückverweist, werden die zu erwartenden Straftaten, wenn auch mit der eben genannten Gruppenauswahlmöglichkeit, streng auf die im Katalog genannten beschränkt. Es sind also keine Straftaten gleicher Art zu erwarten und es ist keine Sicherungshaft zulässig, wenn die Gefahr begründet ist, der Beschuldigte werde (nur) einen einfachen Diebstahl (§ 2 4 2 StGB) oder eine einfache Körperverletzung (§ 2 2 3 StGB) begehen. Freilich sind solche Feinheiten der Prognose kaum möglich.
43
e) Wegen der Begehung und Fortsetzung der neuen Straftat vgl. Rn. 2 3 , 30.
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5. Erforderlichkeit. Die Sicherungshaft ist fest und verhältnismäßig eng begrenzt und von strengen Voraussetzungen abhängig. Das ausschlaggebende Merkmal, sie auf die notwendigsten Fälle zu beschränken, liegt darin, dass die Haft allein dann verhängt werden darf, wenn sie erforderlich ist, die drohende Wiederholungsgefahr abzuwenden. Daraus folgt zweierlei: Die Haft darf nur dann verhängt werden, wenn das Ziel, den Rechtsfrieden zu wahren, auf keine andere Weise erreicht werden kann (Subsidiarität). Zum anderen ist der Erforderlichkeitsklausel die Pflicht zur Prüfung zu entnehmen, ob es wirklich erforderlich ist, die Wiederholungsgefahr abzuwenden, oder ob die erwartete Straftat nicht hingenommen werden muss, wenn man das sichere Übel der Haft gegen die ungewisse Wiederholungsgefahr abwägt. Das Merkmal bringt also auch den Grund-
83 84
85 86
Vgl. SYJPaeffgen 17; KK/Boujong 17. KK/Boujong 17; Meyer-Goßner 12; ähnlich (aber wohl enger) v. Neree StV 1993 219; vgl. auch Kleinknecht/Janischowsky 79; Münchhalffen/Gatzweiler 132; Schlüchter MDR 1973 99; SYJPaeffgen 17. Krit. SYJPaeffgen 17 (Pseudoeinschränkung). Vgl. Kleinknecht/Janischowsky 88; KK/Boujong 16 (eine in sich gleichartige Serie von
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Taten); Meyer-Goßner 13 (Übereinstimmung im Erscheinungsbild); SYJPaeffgen 17 (Gleichartigkeit des Schutzgutes bei Ähnlichkeit von Handlungssituation und -motivation); s. auch BezG Meiningen NStE Nr. 2 zu § 112a; Herzler Neue Justiz 2001 410; Humberg Jura 2005 383. YYJBoujong 16.
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satz der Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck, wenn diesem auch bei den vielen Voraussetzungen, die die Verhältnismäßigkeit schon im Allgemeinen sichern, bei der Einzelprüfung nur selten eine Rolle zukommen wird, dann aber u.U. die ausschlaggebende. Unzulässig ist die Haft demnach, wenn der Wiederholungsgefahr durch andere (auch behördliche) Maßnahmen (z.B. freiwillige Behandlung eines „Sexualtäters" oder eines Drogenabhängigen) wirksam begegnet werden kann. 8 8 Bedürfen diese Alternativmaßnahmen einer „Absicherung" (oder auch des „Nachdrucks") durch eine richterliche Anordnung, so kommt eine Aussetzung über § 116 Abs. 3 (§ 116, 28) in Betracht. Vgl. auch Rn. 4 9 ff. 46
6. Straferwartung. Die richterliche Prüfung der Verhältnismäßigkeit wird erleichtert durch die Anforderung, dass in den Fällen der Nr. 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. Der Strafrahmen ist so gewählt, dass die Vollstreckung der Strafe grundsätzlich (§ 56 Abs. 1 StGB) nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann; der Fall des § 5 6 Abs. 2 StGB wird bei Wiederholungstätern kaum je vorliegen. 89 Die Erwartung einer solchen Strafe ist erforderlich und in der Praxis sehr ernst zu nehmen, damit nicht mit der Sicherungshaft - im Ergebnis (vgl. Vor § 112, 7) - eine Freiheitsentziehung vorweggenommen, die dann in Wirklichkeit nicht ausgesprochen wird. 9 0 Freiheitsstrafe ist diejenige der §§ 38, 39 StGB und die Jugendstrafe der §§ 18, 19 J G G . 9 1
IV. Subsidiarität (Absatz 2) 47
1. Inhalt. Wie bereits ausgeführt (Rn. 45), ist die Erforderlichkeit der Haft das ausschlaggebende Merkmal der Bestimmung. Ihm ist neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit derjenige der Subsidiarität zu entnehmen. Schon danach ist die Sicherungshaft nicht erforderlich, die Wiederholungsgefahr abzuwenden, wenn der Beschuldigte auf andere Weise daran gehindert werden kann, Straftaten zu begehen oder fortzusetzen. Das ist hauptsächlich der Fall, wenn er nach $ 112 in Untersuchungshaft genommen worden ist. Absatz 2 stellt das ausdrücklich klar, besonders für die Fälle, wo Haftgründe nach § 1 1 2 mit dem des § 112a konkurrieren.
48
2. Die Voraussetzungen eines Haftbefehls nach § 112 sind daher immer zu prüfen, ehe erwogen wird, ob ein Haftbefehl nach § 112a erlassen werden kann. Diese Voraussetzungen sind (Vor § 112, 45): dringender Tatverdacht und ein Haftgrund, im Fall des § 112 Abs. 3 bestimmte Umstände (§ 112, 53), sowie die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft zu der zu erwartenden Sanktion (§ 112 Abs. 1 Satz 2; § 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz).
49
3. Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls. Der Haftbefehl nach § 112 kann die Wiederholungsgefahr nur dann ausschließen (Rn. 58), wenn
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Allg. M.; OLG Frankfurt StV 1992 4 2 5 ; OLG Hamm StV 2 0 0 2 4 3 2 (Maßnahme nach 5 71 Abs. 2 JGG kann ausreichen). Vgl. auch LG Hamburg StV 1996 3 8 9 (zu § 3 7 Abs. 1 BtMG); LG Zweibrücken StV 1996 158 (Verhältnismäßigkeit bei Jugendlichen). KKJBoujong 20; v. Neree StV 1993 216; a.A. wohl Meyer-Goßner 10.
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Vgl. LG Zweibrücken StV 1996 158 (Wiederholungsgefahr bei Jugendlichen); SKIPaeffgen 19 (probl. im Hinblick auf die Unschuldsvermutung). H.M.; KKJBoujong 20; s. auch LG Kiel StV 2 0 0 2 4 3 3 (notwendig Erwartung einer einjährigen Jugendstrafe ohne Einbeziehung gemäß § 31 Abs. 2 JGG).
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er auch vollzogen wird. Denn wenn der Vollzug ausgesetzt worden ist, ist der Beschuldigte auf freiem Fuß, und nach § 112a wird er ja gerade festgenommen, um die Freiheit nicht zu neuen Straftaten zu missbrauchen. Zwar kann auch der Haftbefehl aus § 112a ausgesetzt werden (§ 116a Abs. 3), aber doch wohl nur sehr selten und dann mit speziellen Auflagen, die diesem Haftgrund angepasst sind (§ 116, 28). Demgemäß wird in Absatz 2 verordnet, dass Sicherungshaft zwar unzulässig ist, wenn ein Haftbefehl nach § 112 erlassen werden kann, aber nur, wenn der Vollzug des Haftbefehls nicht nach § 116 Abs. 1 und 2 ausgesetzt werden kann. Bei Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1) kann der Vollzug grundsätzlich (vgl. aber § 116, 2) nicht ausgesetzt werden, weil gegen den Flüchtigen kein Haftbefehl vollzogen wird. § 116 Abs. 1 und 2 beziehen sich auf die Haftgründe der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2) und der Verdunkelungsgefahr ( § 1 1 2 Abs. 2 Nr. 3) sowie auf die Untersuchungshaft bei Schwerkrimina-
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lität. 92 4. Folgen. Kann ein Haftbefehl nach § 112 erlassen werden, dessen Vollzug nicht nach § 116 Abs. 1 und 2 ausgesetzt werden kann, dann ist es unzulässig, die Haft nach § 112a anzuordnen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es nicht darauf an, ob ein Haftbefehl nach § 112 erlassen oder, wenn er ergeht, sein Vollzug ausgesetzt wird. Da es indessen der gleiche Richter ist, der die Prüfungen nach § 112, § 116 und nach § 112a anstellt, ist es ausgeschlossen, dass kein - nicht nach § 116 ausgesetzter - Haftbefehl nach § 112 erlassen wird, wenn die Gründe dafür vorliegen. Es ist unzulässig, einen Haftbefehl konkurrierend sowohl auf § 112 als auch auf § 112a zu stützen; auch „hilfsweise" ist dies unzulässig. 93 Wird der nach § 112 erlassene Haftbefehl aufgehoben oder wird sein Vollzug nach § 116 ausgesetzt, ist der Weg zu einem Haftbefehl nach § 112a frei. Da der Richter die Haftfrage immer umfassend zu prüfen hat, ist es nicht notwendig, ihn durch einen Aktenvermerk oder eine „Anmerkung in der Begründung des Haftbefehls" auf die Existenz des § 112a hinzuweisen; 94 es ist jedoch nicht unzulässig und kann im Einzelfall, etwa für den Verteidiger, hilfreich sein.
§ 113 (1) Ist die Tat nur mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bedroht, so darf die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr nicht angeordnet werden. (2) In diesen Fällen darf die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr nur angeordnet werden, wenn der Beschuldigte 1. sich dem Verfahren bereits einmal entzogen hatte oder Anstalten zur Flucht getroffen hat, 2. im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder 3. sich über seine Person nicht ausweisen kann.
92 93
BVerfGE 19 353. H.M.; LG Gera StraFo 2 0 0 0 2 0 5 ; LG Bonn StV 1988 439.
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Vgl. dazu KKIBoujong 2 4 ; Meyer-Goßner 17; S K / P a e f f g e n 21; Kleinknecht/Janischowsky 94.
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Entstehungsgeschichte. Die Einschränkung der Untersuchungshaft galt früher für Taten, die nur mit Haft oder Geldstrafe bedroht waren. Eine Ausnahme war vorgesehen für Übertretungen, bei denen Überweisung an die Landespolizeibehörde angeordnet werden konnte. Durch Art. 2 Nr. 5 GewVerbrG wurde dafür die Anordnung der Unterbringung in einem Arbeitshaus eingesetzt. Die Ausnahme wurde durch Art. 9 Nr. 6 Buchst, b des 1. StrRG beseitigt, weil die Maßregel der Unterbringung in einem Arbeitshaus abgeschafft worden war. Durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 und Art. 9 Nr. 6 Buchst, a des 1. StrRG wurde in Absatz 1 die Strafandrohung auf Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe (bis zu 10 000 DM) festgesetzt und Absatz 2 erhielt seine jetzige Fassung. Die Geldstrafe wurde durch Art. 21 Nr. 31 EGStGB 1974 auf das Höchstmaß von 180 Tagessätzen festgesetzt.
Übersicht Rn. 1. Bagatelldelikte 2. Strafandrohung 3. Folgen a) Haftgrund der Flucht b) Fälle des § 112 Abs. 3; Wiederholungsgefahr
1 3
c) Verdunkelungsgefahr d) Fluchtgefahr 4. Beschleunigte Erledigung
Rn. 6 7 11
4 5
1
1. Bagatelldelikte. Die Vorschrift ist eine gesetzliche Konkretisierung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz); dieses Prinzip ist ohnehin in den Fällen des § 113 anzuwenden, so dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die Untersuchungshaft zu der zu erwartenden Sanktion in einem angemessenen Verhältnis steht. Das schränkt die Untersuchungshaft bei Bagatelldelikten - theoretisch 1 - erheblich ein, namentlich wenn Geldstrafe zu erwarten ist. Schon bevor die beiden genannten Vorschriften eingefügt wurden, galt der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Staatsakte, der freilich in der recht einfachen Form Ausdruck fand, dass auf die angedrohte Höchststrafe abgestellt wurde. Als der Gesetzgeber in den eingangs genannten Vorschriften auf die zu erwartende Sanktion abstellte, lag es nahe, auch § 113 entsprechend zu reformieren; es blieb aber beim alten Schema. Außerdem wurden die Strafandrohungen mit einem Höchstmaß von sechs Monaten Freiheitsstrafe, weil kriminalpolitisch unerwünscht, auf Ausnahmefälle beschränkt. 2 Dadurch hat die Vorschrift praktisch ihre Bedeutung verloren. 3 Zur Bedeutung für die Abwägung nach dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip vgl. § 112, 55 ff. Zu Reformfragen vgl. Vor § 112, 70 ff.
2
Die Ungehorsamshaft (§ 2 3 0 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1) wird von der Vorschrift nicht berührt. Zur Unzulässigkeit der Untersuchungshaft in Privatklageverfahren vgl. Vor § 112, 63.
1
2
Zur Haftpraxis Gebauer 18, 19 Fn. 1, 34, 175; Dünkel NKrimpol. 1994 2 4 . Siehe auch Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden. BTDrucks. 7 5 5 0 , Begr. zu Art. 18 Nr. 143, S. 263.
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3
Zur Kritik an der Vorschrift vgl. AK/Deckers 1; SKIPaeffgen 2, 3; Amelung 28, 61; Gebauer 19, 34; Jehle 14; Krümpelmann 50; Seebode ZfStrVo. 1988 2 6 8 ; StV 1989 118; Wolter ZStW 93 (1981) 466; (Kolloquium) 89, 106; (Aspekte) 49.
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2 . Strafandrohung. Die Vorschrift bezieht sich, abgesehen von Strafarrest, auf alle Tatbestände, die die Strafandrohung enthalten: „wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft". Ob neben einer der beiden angedrohten Hauptstrafen auch auf eine Nebenstrafe, z.B. Einziehung, erkannt werden kann oder muss, ist gleichgültig. Strafarrest, dessen Höchstmaß sechs Monate ist (§§ 9 Abs. 1, 12 WStG), ist, da er in Freiheitsentziehung besteht (§ 9 Abs. 2 Satz 1 WStG), Freiheitsstrafe. Jugendarrest (§ 16 J G G ) ist keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel
3
(§ 13 Abs. 2 Nr. 3, Absatz 3 J G G ) , aber zuweilen wie eine Strafe zu behandeln. Da aber die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts nicht gelten (§ 18 Abs. 1 Satz 2 J G G ) und die hier behandelte Strafandrohung im Jugendgerichtsgesetz nicht vorgesehen ist, findet § 113 auf Jugendliche keine Anwendung. 3. Folgen a) Unberührt von der Vorschrift bleibt der Haftgrund der Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1); jedoch ist hier die allgemeine Verhältnismäßigkeit ( § 1 1 2 Abs. 1 Satz 2) besonders sorgfältig zu prüfen. Entsprechendes gilt für die Hauptverhandlungshaft (§ 127b, 23).
4
b) Unanwendbar ist die Vorschrift in den Fällen des § 112 Abs. 3 und bei Wiederholungsgefahr (§ 112a), weil die in diesen Bestimmungen genannten Delikte alle mit einer höheren Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bedroht sind.
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c) Wegen Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3) ist die Anordnung der Untersuchungshaft (§ 114) schlechthin ausgeschlossen (Absatz 1 letzter Halbsatz).
6
d) Bei Fluchtgefahr (ξ 112 Abs. 2 Nr. 2) ist die Untersuchungshaft nur zulässig, wenn besondere Voraussetzungen (Gefahren-Indikatoren) vorliegen. Sie werden häufig Fluchtgefahr begründen, brauchen das aber nicht immer. 4 Sie brauchen auf der anderen Seite nicht die Tatsachen zu sein, aus denen sich die Fluchtgefahr ergibt. Daraus und weil § 113 den § 112 einschränkt, folgt, dass bei Bagatelldelikten sowohl die Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 2 als auch diejenigen des § 113 Abs. 2 festgestellt werden müssen. 5 Die besonderen Vorausssetzungen sind gegeben, wenn der Beschuldigte
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sich dem Verfahren bereits einmal, z.B. durch Flucht oder Verbergen, entzogen hatte, oder wenn er Anstalten zur Flucht getroffen hat. Das kommt in Betracht, wenn er nach einer Straftat, namentlich aber nachdem ihm die Strafverfolgung bekanntgeworden ist, Geld flüssigmacht, sich Fahrkarten besorgt, einen Reisepass erteilen lässt und wenn kein Anlass (Geschäftsreise, Verwandtenbesuch) zu der Reise ersichtlich ist;
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in der Bundesrepublik keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. Wegen des Begriffs des Wohnsitzes s. § 8, 1. Da der Wohnsitz zwar regelmäßig (§ 7 Abs. 1 BGB), aber nicht stets mit dem tatsächlichen Lebensmittelpunkt übereinstimmt, verlangt die Vorschrift einen „festen" Wohnsitz, d.h. die tatsächliche Niederlassung, nicht die bloße polizeiliche Anmeldung, für eine auf eine gewisse Dauer berechnete Zeit. Damit nähert sich der Begriff dem in § 116a Abs. 3 gebrauchten des Wohnens. Der Aufent-
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Benfer JuS 1983 112. Kleinknecht MDR 1965 782; Wagner NJW 1978 2002; KKIBoujong 6; Meyer-Goßner 4;
SKJPaeffgen 5; a.A. Dreves DRiZ 1965 112 (Haftgründe des § 112 können fehlen).
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halt braucht nicht der gewöhnliche Aufenthalt (§ 8, 3) zu sein, muss aber ebenfalls einen „festen" darstellen, d.h. einen tatsächlichen Aufenthalt für eine gewisse Dauer, an dem der Beschuldigte wenigstens für eine bestimmt angegebene Zeit erreichbar ist (Beispiel: längerer Landaufenthalt). Wohnsitz im Ausland reicht nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut („im Geltungsbereich dieses Gesetzes") nicht aus, ist jedoch andererseits - jedenfalls allein - kein Grund, einen Haftbefehl zu erlassen; 10
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sich über seine Person nicht ausweisen kann. Solchen Personen ist gleichzustellen, wer sich nicht ausweisen will; wer seinen Namen verschweigt; oder wer ihn falsch angibt. 6 Im Übrigen kommt es auf den guten oder bösen Willen nicht an: Die Tatsache, dass sich jemand nicht ausweisen kann, ist entscheidend; die Gründe hierfür spielen keine Rolle, können aber zu dringlichen, ggf. telefonischen, Ermittlungen nötigen. Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Beschuldigte, der sich nicht ausweisen kann, bekannt ist. 7
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4. Beschleunigte Erledigung. Ist ein Haftbefehl nach § 113 ergangen oder anzunehmen, dass die zu erwartende Strafe den Strafrahmen des Absatzes 1 nicht überschreiten wird, so ist der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen; außerdem ist nach Möglichkeiten der besonderen Beschleunigung des Verfahrens zu suchen und diese sind auszuschöpfen. Namentlich ist zu prüfen, ob eine frühzeitige Erledigung des Verfahrens durch Einstellung (§§ 153, 153a) oder eine Aburteilung durch Strafbefehl oder im beschleunigten Verfahren möglich ist. Dies gilt insbesondere, wenn nur mit einer Geldstrafe zu rechnen ist; in diesen Fällen ist auch darauf zu achten, dass die Haftdauer die voraussichtliche Ersatzfreiheitsstrafe nicht übersteigt. 8
§ 114 (1) Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet. (2) In dem Haftbefehl sind anzuführen 1. der Beschuldigte, 2. die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften, 3. der Haftgrund sowie 4. die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergibt, soweit nicht dadurch die Staatssicherheit gefährdet wird. (3) Wenn die Anwendung des § 112 Abs. 1 Satz 2 naheliegt oder der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft, sind die Gründe dafür anzugeben, daß sie nicht angewandt wurde.
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OLG Hamburg GA 72 (1928) 275. Feisenberger § 112, 7. Seetzen NJW 1973 2001; Wagner NJW 1978 2 0 0 5 ; Kleinknecht/Janischowsky 115, 122;
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KYJBoujong 7; SYJPaeffgen 7; Meyer-Goßner 8; vgl. auch OLG Frankfurt StV 1993 5 9 4 ; Dünkel NKrimpol. 1994 24.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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Schrifttum Baumann Zur Revisibilität von Haftentscheidungen, FS Pfeiffer 255; Benfer Die strafprozessuale Haussuchung als implizierte Befugnis? NJW 1980 1911; Burmann Die Sicherungshaft gemäß § 453c StPO (1984); Creifelds Die Begründung des Haftbefehls nach dem Strafprozeß-Änderungsgesetz, NJW 1965 946; Dünnebier Beschwerdeentscheidungen über Haftbefehle bezirksfremder Amtsrichter, MDR 1968 185; Eilersiek Die Beschwerde im Strafprozeß (1981); Gottschalk Kann ein Haftbefehl zur Nachtzeit in der Wohnung des Beschuldigten vollstreckt werden? NStZ 2002 568; Hohmann Rechtsbehelf bei „Überhaft": Antrag auf Haftprüfung oder Haftbeschwerde? NJW 1990 1649; Kaiser Notwendigkeit eines Durchsuchungsbefehls bei strafprozessualen Maßnahmen, NJW 1980 875; Lüderssen Kompetenzgrenzen des Haftrichters, FS Pfeiffer 239; Matt Zu Problemen der Haftbeschwerde und des Haftprüfungsantrags, JA 1991 85; Matt Zur (weiteren) Beschwerde nach §§ 304, 310 StPO, NJW 1991 1801; Schlicht/Leipold Zur praktischen Anwendung des § 307 Abs. 2 StPO, StraFo 2005 90; Vogt Entbehrlichkeit der Staatssicherheitsklausel in § 114 II Nr. 4 StPO, NStZ 1982 21; Volckart Rechtsschutz gegen Einlieferungsmaßnahmen, StV 1983 434; Volk Haftbefehle und ihre Begründungen (1995); Wendisch Anfechtung von Beschlüssen, die Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen, FS Dünnebier 239.
Entstehungsgeschichte. § 114 Abs. 1 und 2 lautete früher: „Die Verhaftung erfolgt auf Grund eines schriftlichen Haftbefehls des Richters. In dem Haftbefehl ist der Angeschuldigte genau zu bezeichnen und die ihm zur Last gelegte Handlung sowie der Grund der Verhaftung anzugeben." Die gegenwärtige Fassung beruht auf Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1 9 6 4 . Neu sind Absatz 2 Nr. 3 und Absatz 3. Der frühere Absatz 3 (Bekanntmachung des Haftbefehls) hat jetzt als § 114a eine selbständige Stellung erhalten. Durch Art. 21 Nr. 3 2 EGStGB 1974 wurden die Worte „strafbare Handlung" durch „Straftat" ersetzt.
Übersicht Rn.
Rn. I. Haftbefehl (Absatz 1) 1. Voraussetzungen 2. Zuständigkeit 3. Form 4 . Prozessvoraussetzungen Π. Inhalt des Haftbefehls (Absatz 2) 1. Personalangaben (Nummer 1) . . . 2. Straftat (Nummer 2) 3. Haftgründe (Nummer 3) 4. Begründung (Nummer 4) 5. Begründung der Verhältnismäßigkeit (Absatz 3) 6. Verstoß
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ΠΙ. Verfahren 1. Grundlage der Entscheidung 2. Beteiligung der Staatsanwaltschaft 3. Gehör des Beschuldigten 4. Vollstreckung IV. Beschwerde 1. Zulässigkeit 2. Beschwerdeberechtigte 3. Beschwerdeverfahren 4. Zuständigkeit V. Änderung
. .
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! Übersicht Abgeordnete 5, 2 9 Akteneinsicht 17 Änderung des Haftbefehls 10, 38, 41, 4 7 Anfechtbare Beschlüsse 31, 32, 41 Anfechtungsziele 31 Angabe von Tatsachen 15 Aufschiebende Wirkung 38 Aufschub der Vollstreckung 30a Begrenzung der Information 17
Begründungspflicht 15 Beschränkte Haftanordnung 10, 2 2 Beschwerdeentscheidung 39, 41, 4 3 Beschwerderücknahme 41 Beweismittel 15 Beweiswürdigung 15 Bezugnahmen 9 Bindungswirkung 41 Durchsuchung 3 0
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Einlieferung 8, 11 Entscheidungsgrundlage 2 2 , 3 8 , 4 0 Fehlerhaftigkeit 4 , 2 1 , 4 1 Formular 3 Gehör 23, 2 5 , 27, 39, 4 0 , 49, 5 0 Geldstrafe 2 0 Gerichtsbarkeit 6 Hauptverhandlungshaft 4 , 14, 2 2 Inhalt 4 , 8 Lichtbilder 8 Mehrere Haftgründe 1 3 , 1 6 Mündliche Verhandlung 38 Nachtzeit 3 0 Namen 8 Personalbeschreibung 8 Schriftform 3 Staatssicherheit 18
Strafantrag 7 Strafrechtlicher Vorwurf 9 Tatort 9 Tatzeit 9 Umdeutung der Beschwerde 45 Ungehorsamshaft 14 Unterbringungsbefehl 51 Unzulässige Anfechtung 3 4 , 41 Verfahrenshindernisse 5 Verhältnismäßigkeit 19 Vollstreckung 2 8 Wohnung 8 Zurückverweisung 3 9 Zuständigkeitswechsel 43, 4 5 § 33a 27 § 112 Abs. 3 1 2 , 1 6
I. Haftbefehl (Absatz 1) 1
1. Voraussetzungen. Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen der Untersuchungshaft (des Haftbefehls) s. Vor § 112, 16 ff., 33, 4 4 ff.; § 112, 15 ff.; § 127b, 8. Die materiellen Voraussetzungen des Haftbefehls sind in den §§ 112, 112a, 113, 127b abschließend enthalten. § 114 Abs. 1 und 2 führt, ebenfalls abschließend, die Bestimmungen über die Form des Haftbefehls (Absatz 1) und über seinen Inhalt (Absatz 2) auf und bestimmt unvollständig (Rn. 2) die Zuständigkeit, ihn zu erlassen. Zur Bedeutung der Begründungspflicht vgl. Rn. 15.
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2 . Zuständigkeit. Absatz 1 behält die Anordnung der Untersuchungshaft in Ausführung von Art. 1 0 4 Abs. 2 Satz 2 G G dem Richter vor. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 125; dort wird bestimmt, welcher Richter in den verschiedenen Verfahrensabschnitten zuständig ist, den Haftbefehl zu erlassen. Die alleinige Zuständigkeit des Richters, die Untersuchungshaft anzuordnen, erleidet keine Ausnahme. Zwar ist in § 127 Abs. 1 und 2 für genau abgegrenzte Fälle die Festnahme ohne vorherige richterliche Anordnung zugelassen; die Anordnung der Untersuchungshaft, d.h. die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Freiheitsentziehung i.S. des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 und 2 G G , ist aber auch dort dem Richter vorbehalten (ξ 128 Abs. 2 Satz 1).
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3. Form. Die Untersuchungshaft kann allein schriftlich angeordnet werden. Es ist aber zulässig, einen Haftbefehl zu verkünden (§ 114a), der noch nicht vollständig schriftlich abgefasst ist, wenn dies unverzüglich nachgeholt wird. 1 Der Schriftform ist genügt, wenn der Haftbefehl in ein Protokoll aufgenommen wird. 2 Die Angaben des Absatzes 2, und ggf. des Absatzes 3, müssen dann ebenfalls im Protokoll enthalten sein; die Personalangaben (Rn. 8) können dem Protokolleingang entnommen werden, die Unterschrift kann der Richter anfügen, wenn er das Protokoll unterschreibt. Ein solches Verfahren ist aber schon deshalb nicht zu empfehlen, weil der Beschuldigte, wenn er verhaftet wird, eine Abschrift des Haftbefehls erhalten muss (§ 114a Abs. 2); diese ist leichter nach dem üblichen Vordruck als aus dem Protokoll anzufertigen. Es wird daher grundsätzlich ein Haftbefehl nach dem Vordruck auszustellen, zu unterschreiben und dem Protokoll als
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Anlage beizufügen sein. 3 Es ist auch zulässig, ein vervielfältigtes Schriftstück (als Formular) zu verwenden, namentlich wenn zahlreiche Beschuldigte gleichartiger Straftaten verdächtig sind; 4 die gebotene Einzelfallprüfung muss aber gewährleistet bleiben. 5 Haftbefehl ist nach der Definition des Absatzes 1 die gerichtliche Entscheidung, dass gegen den Beschuldigten die Untersuchungshaft angeordnet wird. Diese Anordnung („Gegen den Beschuldigten wird die Untersuchungshaft angeordnet"; „der Beschuldigte ist zur Untersuchungshaft zu bringen") ist notwendiger Inhalt des Haftbefehls. Fehlt ein die Untersuchungshaft anordnender Satz, liegt kein Haftbefehl vor; die Bezeichnung als Haftbefehl ersetzt die fehlende ausdrückliche Anordnung nicht. 6 Der Mangel kann zwar jederzeit, auch vom Beschwerdegericht, geheilt werden, 7 macht aber die Festnahme rechtswidrig, wenn bei dieser keine Gefahr in Verzug (§ 127, 35) vorliegt (§ 127 Abs. 2). Zu § 127b s. dort Rn. 22.
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4. Prozessvoraussetzungen. Ein Haftbefehl darf nicht erlassen werden, wenn Prozesshindernisse (z.B. Verjährung) der Bestrafung entgegenstehen oder Prozessvoraussetzungen fehlen 8 (§ 112, 14). Daher darf, soweit die Strafverfolgung von der Genehmigung des Parlaments abhängt (Art. 4 6 Abs. 2 GG), ein Haftbefehl erst ergehen, nachdem die Verhaftung genehmigt worden ist, es sei denn, dass der Abgeordnete bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen worden ist. Im letzten Fall bedarf weder die Strafverfolgung im Allgemeinen noch die Verhaftung im Besonderen der parlamentarischen Genehmigung. Soweit der Abgeordnete nicht verfolgbar ist (Art. 4 6 Abs. 1 GG), darf gegen ihn auch kein Haftbefehl ergehen. Vgl. auch Nr. 192 ff. RiStBV.
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Ein Prozesshindernis ist auch das Fehlen deutscher Gerichtsbarkeit. Daher ist kein Haftbefehl zulässig gegen Exterritoriale. Zu Einzelfragen vgl. die Erl. zu § 18 GVG.
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Ausnahmsweise wird die Anordnung der Untersuchungshaft nicht ausgeschlossen (S 127 Abs. 3; § 130 Satz 1), wenn der Strafantrag (§ 77 StGB; § 127, 50), eine Ermächtigung oder ein Strafverlangen (§ 127, 51) fehlt, aber noch angebracht werden kann. Weil indessen die Klage nicht erhoben werden kann, solange kein Strafantrag gestellt oder keine Ermächtigung erteilt ist, kommt dem Erlass eines Haftbefehls ohne Strafantrag usw. nur für das vorbereitende Verfahren (§§ 158 bis 177) Bedeutung zu. Beide Regelungen (§ 127 Abs. 3; § 130 Satz 1) sind Ausnahmevorschriften. Ihnen kann nicht der allgemeine Gedanke entnommen werden, dass dringende Prozesshandlungen nicht zurückgestellt werden müssen, bis Prozessvoraussetzungen, die noch geschaffen werden können, erfüllt sind, so dass etwa ein Abgeordneter schon vor der Genehmigung des Parlaments verhaftet werden dürfte. Es ist auch unmöglich, aus ihnen zu folgern, dass die Prozessvoraussetzungen vor dringenden Zwangsmaßnahmen nicht geprüft zu werden brauchten. 9 Denn der Grundsatz, dass Prozesshandlungen untersagt sind, wenn ihnen Prozesshindernisse entgegenstehen oder Prozessvoraussetzungen für sie fehlen, ist so bedeutsam, dass er nur durch ausdrückliche Gesetzesvorschriften außer Kraft gesetzt werden kann.
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OLG Celle StV 1998 385. BVerfG NJW 1982 2 9 ; BayVerfGH NJW 1984 1874; s. auch BGHSt 42 105; krit. AK/ Deckers 3; Langner 208. Kühne 427; Roxin § 30, 20; s. auch Kühne/ Esser StV 2 0 0 2 3 8 9 zur Rspr. des EGMR.
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OLG Oldenburg StraFo 2 0 0 6 2 8 2 (zu zahlreichen schweren Mängeln); KYJBoujong 3; Meyer-Goßner 4. KYJBoujong 3. H.M.; a.A. wohl Peters § 4 7 A II 4. Stratenwerth J Z 1957 302.
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Π. Inhalt des Haftbefehls (Absatz 2 ) 1 0 8
1. Personalangaben (Nummer 1). Nach der früheren Fassung des § 114 Abs. 2 musste der Beschuldigte im Haftbefehl „genau" zu bezeichnen sein. Obwohl dieses Wort jetzt fehlt, ist der Anordnung, dass der Beschuldigte „anzuführen" ist, keine Abschwächung zu entnehmen. Denn der Haftbefehl, der oft weit entfernt von dem Ort vollstreckt wird, wo er erlassen worden ist, muss den Beschuldigten eindeutig, also „genau", angeben. Die Bezeichnung muss so genau sein, dass die Identität derjenigen Person, über die der Richter die Untersuchungshaft verhängt hat, mit derjenigen, gegen die der Haftbefehl vollstreckt werden soll, außer jedem Zweifel steht. Dazu sind Vor- und Familiennamen, ggf. auch der alias-Name, 11 Beruf, 12 Geburtstag und -ort erforderlich, soweit die Geburtsdaten nicht ausnahmsweise unbekannt sind. Auch die Wohnung zur Zeit der Verhaftung ist, wenn irgend möglich, beizufügen, falls erforderlich auch eine frühere Wohnung. 13 Eine Personalbeschreibung (§ 131 Abs. 4) ist in der Regel entbehrlich, aber erforderlich, wenn wesentliche, für die Identitätsfeststellung erforderliche Personalien nicht bekannt sind, 14 z.B. wenn der Beschuldigte nur mit Spitz- oder Decknamen bezeichnet werden kann. Zulässig ist in solchen Fällen auch die (ergänzende) Bezugnahme auf eine bei den Akten befindliche Abbildung (Lichtbild; „Phantomzeichnung"). 15 Bei Ausländern sollte die Staatsangehörigkeit angegeben werden. Soll aufgrund des Haftbefehls beantragt werden, den Beschuldigten aus dem Ausland nach Deutschland einzuliefern, sollte der Haftbefehl mit einer Personalbeschreibung versehen werden (vgl. Nr. 94 Buchst, a RiVASt). Wegen der Ausschreibung zur Festnahme s. § 131, 2, 27.
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2. Straftat (Nummer 2). Der strafrechtliche Vorwurf, der die Untersuchungshaft rechtfertigen soll, ist in ähnlicher Weise wie in der Anklageschrift (§ 2 0 0 Abs. 1 Satz 1) zu bezeichnen. 16 Dies bedeutet, dass der Tatvorgang als solcher in seinen bedeutsamen konkreten Erscheinungsformen mitgeteilt werden muss. 17 Es sind also anzugeben: -
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die Tat, deren der Beschuldigte dringend verdächtig ist. Dazu ist der historische Vorgang so genau anzugeben, dass der Beschuldigte den Vorwurf und seine Begrenzung genau erkennen kann. 18 Eine knappe zusammenfassende Darstellung kann dazu ausreichen; erforderlich ist jedoch, dass für jedes gesetzliche Tatbestandsmerkmal erkennbar ist, durch welchen Teil des Geschehens es erfüllt ist, und dass Teilnahmeformen, Straferschwerungen und ein Tatversuch ebenso verdeutlicht werden. 19 Bezug-
Zur Praxis in NRW s. Geiter 232 ff.; s. auch OLG Oldenburg StraFo 2 0 0 6 2 8 2 . Meyer-Goßner 5; KK/Boujong 5. Meyer-Goßner 5; KK/Boujong 5. Deren Angabe kann - nach Lage des Einzelfalles - die Identifizierung erleichtern, aber auch die Festnahme. KMRJWankell. Vgl. Meyer-Goßner 5; KKJBoujong 5; Senge NStZ 1997 348. OLG Hamm HESt 3 21; OLG Köln StV 1999 156; LG Bochum StV 1996 551; LG München StV 1998 384; S K / P a e f f g e n 6; Schlotbauer/Weider 314 ff. (auch für die „Serientat" - frühere fortgesetzte Handlung).
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OLG Stuttgart GA 1980 193; NJW 1982 1296. OLG Celle StV 2 0 0 5 513; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 2 147; OLG Hamm StV 2 0 0 0 153; OLG Brandenburg StV 1997 140; OLG Stuttgart Justiz 1985 31; 1985 217; 1997 62; OLG Düsseldorf StV 1996 4 4 0 mit Anm. Weider·, LG Bochum StV 1996 551; LG Gera NStZ-RR 2 0 0 0 211 (großzügig bei Vielzahl gleichartiger sexueller Übergriffe). OLG Köln StV 1999 156; AG Frankfurt StV 2001 684; KK/Boujong 6; Meyer-Goßner 7; S K / P a e f f g e n 6; Münchhalffen/Gatzweiler 160; Creifelds NJW 1965 946.
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nahmen auf dem Haftbefehl nicht beigefügte Urkunden 2 0 oder ein gleichzeitig erlassenes Urteil 2 1 sind unzulässig. M i t dem Fortgang der Ermittlungen und der Haftdauer steigen die Anforderungen an die Konkretisierung der Darstellung des Tatvorwurfs; 2 2 -
der Ort der Tat und die Zeit, zu der sie begangen sein soll, 2 3 zumindest nach dem Jahr, 2 4 und wenn die Tat der Zeit nach verjährt ist, die Handlungen, die die Verjährung unterbrochen haben;
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die Straftat nach ihren gesetzlichen Merkmalen und die anzuwendenden Strafvorschriften. Die Tatbeschreibung und die Angabe der gesetzlichen Merkmale können ineinander verflochten werden. Dabei können die Tatangaben die Merkmale der Straftat in einfachen Fällen ersetzen („eine Geldkassette, Eigentum des Gastwirts Müller, diesem in der Absicht weggenommen zu haben, sie sich rechtswidrig zuzueignen").
Die Untersuchungshaft braucht nicht wegen sämtlicher Taten angeordnet zu werden, wegen deren die Untersuchung geführt wird; oft kann es zweckmäßig sein, sie auf „sichere Fälle" zu beschränken. 2 5 Im Interesse der Ermittlungen kann es geboten sein, bestimmte Tatvorwürfe (zunächst noch) nicht im Haftbefehl anzugeben; 2 6 s. auch Rn. 17. Es ist jedoch darauf zu achten, dass durch eine Begrenzung des Haftbefehls nicht die Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, insbesondere nicht der Beschuldigte über den Umfang der Notwendigkeit einer Verteidigung getäuscht wird. 2 7 Ideal konkurrierende Strafvorschriften können wegbleiben. Denn der Haftbefehl dient nicht dazu, den Beschuldigten über den Verfahrensgegenstand zu unterrichten, sondern die Grundlage der Haft anzugeben. Die Auffassung, 2 8 der Haftbefehl sei spätestens bei Eröffnung des Hauptverfahrens den Tatvorwürfen der Anklageschrift anzupassen, überzeugt nicht, soweit damit gemeint sein sollte, er sei bei vorheriger Beschränkung auf alle in der Anklage genannten Taten zu erstrecken. Es kann auch in diesem Zeitpunkt sachgerecht sein, ihn auf die Fälle zu beschränken, die seinen Erlass ohne Zweifel rechtfertigen, also z.B. geringfügige Taten, bei denen allein der Haftbefehl nicht ergangen wäre, auszuklammern.
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Soll eine Einlieferung aus dem Auslande in die Bundesrepublik Deutschland beantragt werden, bedarf die Tatdarstellung besonderer Angaben, die den ausländischen Behörden die Prüfung ermöglichen, ob die Tat auch dort mit Strafe bedroht und verfolgbar ist (vgl. Nr. 9 4 Buchst, b RiVASt). 2 9
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OLG Celle StV 1998 385; OLG Stuttgart NJW 1982 1296; GA 1980 192; LG Zweibrücken VRS 94 (1998) 267. Vgl. OLG Frankfun StV 2000 374; OLG Karlsruhe NJW 1974 510; wistra 1991 277; OLG Stuttgart Justiz 1985 31; 1985 217; 1997 62. OLG Celle StV 2005 513; Rn. 15. OLG Oldenburg StV 2005 226. Η. M.; OLG Frankfurt StV 1992 583 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 533; Meyer-Goßner 7. OLG Stuttgart GA 1980 193; OLG Düsseldorf J Z 1984 540; h.M.; krit. SYJPaeffgen 7;
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a.A. OLG Hamm NJW 1971 1325; AK/Deckers 6; Kleinknecht J Z 1968 114. KKJBoujong 8; Meyer-Goßner 9; a.A. SYJPaeffgen 7; AYJDeckers 6. Dies gilt insbesondere, wenn die StA beabsichtigt, den Haftbefehl später zu ergänzen, sowie dann, wenn der Beschuldigte Haftverschonung anstrebt. Ähnlich KYJBoujong 8; SYJPaeffgen 7; AK/Deckers 6 unter Hinweis auf § 116 Abs. 4 Nr. 3. Vgl. auch Hengsberger JZ 1966 209. Meyer-Goßner 9. S. auch OLG Karlsruhe NStZ 1986 134.
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3. Haftgründe (Nummer 3). Nach Nr. 3 ist im Haftbefehl der Haftgrund aufzuführen. Haftgründe sind nach § 112 Abs. 2 und § 112a Abs. 1 Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr bei gewissen Sittlichkeitsverbrechen, schweren Vermögens- und Betäubungsmitteldelikten. Nach § 112 Abs. 3 ist Untersuchungshaft bei bestimmten Straftaten wider das Leben zulässig, doch spricht das Gesetz dabei nicht von einem Haftgrund.
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Demzufolge ist im Haftbefehl anzugeben, ob der Beschuldigte wegen Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1), wegen Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2), wegen Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3) oder wegen Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1) oder aus mehreren Haftgründen in Untersuchungshaft genommen wird. Wird der Haftbefehl nach § 112 Abs. 3 erlassen, sind statt der Haftgründe die vom Bundesverfassungsgericht bezeichneten Umstände (§ 112, 53) kurz anzugeben, weil die Möglichkeit fehlt, den „Haftgrund" aufzuführen. 30 Wird der Haftbefehl auf § 112a gestützt, muss das zum Ausdruck kommen („... wird die Untersuchungshaft nach § 112a Abs. 1 Nr. ... StPO angeordnet"), weil die Sicherungshaft des § 112a Abs. 1 der Untersuchungshaft des § 112 subsidiär ist (§ 112a Abs. 2) und das Ergebnis der Prüfung, ob § 112a Abs. 1 „Anwendung findet" (§ 112a Abs. 2 erster Halbsatz) im Haftbefehl selbst klar zum Ausdruck kommen muss. Liegen mehrere Haftgründe vor, braucht der Haftbefehl nicht auf alle gestützt zu werden. 31 Oft empfiehlt es sich, allein den Haftgrund anzugeben, der keinem Angriff ausgesetzt ist. 32 Auch hier gelten jedoch die in Rn. 10 genannten Grundsätze. 33 Wegen mehrerer Straftaten s. Rn. 10.
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Bei Haftbefehlen nach § 2 3 0 Abs. 2, § 2 3 6 , § 329 Abs. 4 Satz 1 ist anzugeben, aus welchem Grund (unentschuldigtes Ausbleiben, im Fall des § 236 trotz der Aufforderung, persönlich zu erscheinen) die Verhaftung angeordnet wird. Zu § 127b s. dort Rn. 23.
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4. Begründung (Nummer 4). Die Angaben nach Absatz 2, namentlich die schriftliche Begründung dienen der möglichst umfassenden Information des Beschuldigten, 34 der Nachprüfung des Haftbefehls durch ihn und seinen Verteidiger sowie durch das Beschwerdegericht und schließlich der Selbstkontrolle des Richters. 35 Im Hinblick auf diese Zwecke sind die in Absatz 2 zwingend vorgeschriebenen Angaben die Mindestangaben, die ein Haftbefehl enthalten muss. Dabei steigen die Anforderungen an die Konkretheit der Darstellung mit zunehmender Dauer der Ermittlungen. 36 Sie können die mündliche Unterrichtung (§§ 114a, 115, 115a, 128) sowie eine umfassende Akteneinsicht (§ 147) nicht ersetzen. 37 Nr. 4 geht als Spezialvorschrift über § 34 hinaus. Die Bestimmung fordert ausdrücklich als Begründung die Angabe der Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergeben. Die Angabe der Tatsachen gemäß
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H.M.; vgl. auch BVerfG NJW 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 5 3 0 . KKJBoujong 11; Meyer-Goßner 14; a.A. S K / P a e f f g e n 8; Hengsberger J Z 1966 212; Schlothauer/Weider 325. Zur zulässigen hilfsweisen Benennung eines Haftgrundes vgl. Creifelds NJW 1965 946. KKJBoujong 11; Oppe NJW 1966 93. Ähnlich KKJBoujong 11 (zutreffend auch auf § 119 Abs. 3 verweisend); Meyer-Goßner 14 (enger: bei Flucht- und Verdunkelungsgefahr müssen beide Haftgründe genannt werden);
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vgl. auch Nr. 4 6 Abs. 4 RiStBV und BGHSt 34 34. Vgl. BVerfG StV 1994 465; Schlothauer/Weider 326; Kempf FS Rieß 217 ff. OLG Frankfurt NJW 1965 1342; allg. M. Vgl. OLG Brandenburg StV 1997 140; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 2 147; OLG Celle StV 2 0 0 5 513; s. auch LG Gera NStZ-RR 2 0 0 0 211; KMVÜWankel 3; Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 8 9 zur Rspr. des EGMR. Eingehend dazu Kempf YS Rieß 217 ff.; s. auch Vor § 1 1 2 , 2 3 ff.
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Nr. 4 hat den strengen Anforderungen, die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergeben, zu genügen. Wird der dringende Tatverdacht auf Indizien gestützt, sind auch diese mitzuteilen. 38 Bei der Raschheit, mit der in Haftsachen meist gearbeitet werden muss, kann die Tatsachenangabe allerdings nur in knapper Form gefordert werden, doch sind alle (wesentlichen) Tatsachen aufzuführen. 39 Auch werden die Beweismittel („nach der Angabe seines Arbeitgebers"; „aufgrund seines Briefes vom ... an seinen Tatgenossen . . . " ) anzugeben sein, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, sie zu entkräften, den Haftbefehl sachgemäß im Haftprüfungsverfahren oder mit der Beschwerde anzugreifen, Material zu seiner Verteidigung herbeizubringen oder das Verfahren durch ein Geständnis abzukürzen. 40 Eine Beweiswürdigung ist nach h.M. 4 1 nicht erforderlich, sollte jedoch in schwierigen Fällen zumindest nobile officium sein, wenn sich nicht schon die Notwendigkeit aus der aus Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitenden Pflicht zur sachgerechten und damit auch für den Beschuldigten verständlichen (nachvollziehbaren) Information ergibt. Größere Ausführlichkeit, wenn auch bei Knappheit im Ausdruck, wird den Haftgründen zu widmen sein, damit jede Routine vermieden wird. Begründung ist auch erforderlich, wenn der Haftbefehl auf § 112 Abs. 3 (Verbrechen wider das Leben) gestützt wird. Die Praxis wird die Umstände angeben, die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 4 2 (§ 112, 53) angeführt sind.
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Genügen die Begründung des Haftbefehls und die Mitteilungen des Haftrichters gemäß den §§ 114a, 115 Abs. 2, 3, 115a und ggf. § 118a Abs. 3 Satz 1 nicht den Erfordernissen einer wirksamen Verteidigung, so ist diesen über die Gewährung von Akteneinsicht (§ 147) Rechnung zu tragen (Vor § 112, 2 3 ff.). 4 3 Dabei kommt der Akteneinsicht um so mehr Bedeutung zu, je knapper die Information des Beschuldigten und seines Verteidigers nach den genannten Vorschriften ist. Eine Begrenzung dieser Informationen gemäß §§ 114a ff. zur Begründung der Haftentscheidung über (analog) § 147 Abs. 2 ist schon mangels gesetzlicher Regelung nicht zulässig. 44 Sie wäre auch mit der Intention der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 45 und der Rechtsprechung des E G M R 4 6 zur Akteneinsicht („kontradiktorisches" Verfahren") nicht vereinbar und hätte in der Praxis
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KK/Boujong 12, 13; HYJ Lemke 9; Creifelds N J W 1 9 6 5 9 4 6 ; Kleinknecht M D R 1 9 6 5 781. S. auch BGHSt 4 2 3 4 9 (unzureichende formelhafte Hinweise); O L G H a m m N S t Z - R R 2 0 0 2 3 3 5 ; O L G Koblenz bei Paeffgen N S t Z 2 0 0 7 144.
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O L G Düsseldorf J Z 1 9 8 4 5 4 0 ; StV 1 9 9 1 5 2 1 mit Anm. Schlothauer; Rudolphi StV 1 9 8 8 5 3 4 ; Kempf FS Rieß 2 1 9 ; vgl. auch KG StV 1 9 9 4 318; 1 9 9 4 3 1 9 mit Anm. Schlothauer sowie Paeffgen N S t Z 1 9 9 5 2 2 ; KYJDeckers 4 ; Schlothauer/Weider 3 2 6 , 3 2 7 ; Langner
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O L G Düsseldorf StV 1 9 8 8 5 3 4 mit krit. Anm. Rudolphi; StV 1 9 9 1 5 2 1 mit krit. Anm. Schlothauer sowie Paeffgen N S t Z 1 9 9 2 4 8 2 ; KKJBoujong 12; Meyer-Goßner 11; a.A. SYJPaeffgen 9; Kempf YS Rieß 2 2 1 ; Langner 213. BVerfGE 1 9 3 5 0 ; s. auch Langner
gehende Begründung für und wider, auch zu den Indizien). Vgl. BVerfG StV 1 9 9 4 4 6 5 ; 1 9 9 4 1 mit Anm. Lammer; B G H StV 1 9 9 6 7 9 ; KG StV 1 9 9 4 3 1 8 ; 1 9 9 4 3 1 9 mit Anm. Schlothauer und Paeffgen N S t Z 1 9 9 5 2 2 . SYJPaeffgen 9; Paeffgen N S t Z 1 9 9 2 4 8 2 ; Rudolphi StV 1 9 8 8 5 3 4 ; Schlothauer/Weider 3 2 6 , 327, 4 1 5 ff.; a.A. (jedenfalls im Ergebnis, zumindest für Beweismittel: § 1 4 7 Abs. 2 dürfe nicht unterlaufen werden) O L G Düsseldorf StV 1 9 8 8 5 3 4 ; 1 9 9 1 5 2 1 ; V R S 8 6 ( 1 9 9 4 ) 4 4 6 ; O L G Hamburg M D R 1 9 9 2 6 9 3 ; KK/Boujong 12. Vgl. auch O L G Saarbrücken N J W 1 9 9 5 1 4 4 0 sowie Meyer-Goßner 11 und § 115, 8.
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BVerfG StV 1 9 9 4 4 6 5 . S. auch Schlothauer/ Weider 3 2 6 , 327, 4 1 5 ff., 4 2 1 ; Münchhalffen/ Gatzweiler 1 6 6 ; Vor § 112, 2 3 ff.
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Vgl. Vor § 112, 2 3 ff.
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vermehrt zur Folge, dass Tatsachen und Beweismittel nicht zur Begründung von Haftbefehlen herangezogen werden dürfen. 47 18
Ausnahmsweise sind Tatsachen nach Nr. 4 nicht anzuführen, soweit „dadurch" die Staatssicherheit gefährdet würde. Demnach kann die Gefährdung nur auf Staatsschutzdelikte 48 und nur darauf bezogen werden, dass die Tatsachen in dem (offenen) Haftbefehl schriftlich niedergelegt werden. 49 Der Haftbefehl muss einen entsprechenden Hinweis enthalten; 50 außerdem dürfen die Tatsachen, die den dringenden Tatverdacht und den Haftgrund rechtfertigen, dem Beschuldigten nicht vorenthalten werden. Sie sind ihm, wenn er nach dem Ergreifen gehört wird (§ 115 Abs. 3), mündlich zu eröffnen 51 und darüber hinaus dem Verteidiger unter Geheimschutz entweder mündlich oder durch Akteneinsicht bekanntzumachen. Der Begründungsverzicht wird durch die genau abgemessene Wortfassung „soweit" aufs Äußerste eingeschränkt. Alles was nicht unmittelbar die Staatssicherheit gefährdet, ist in die Begründung aufzunehmen. Die Ausführungen in Rn. 10, 17 und Vor § 112, 23 ff. gelten sinngemäß auch hier.
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5. Begründung der Verhältnismäßigkeit (Absatz 3). Nach § 112 Abs. 1 Satz 2 darf die Untersuchungshaft nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht. Absatz 3 verlangt, dass der Haftbefehl sich darüber verhält, warum diese Vorschrift nicht angewendet worden ist, in zwei Fällen: einmal wenn ihre Anwendung naheliegt, zum anderen, wenn der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft. 52 Der letzte Fall wird selten eintreten, weil Haftbefehle in der Regel ohne Gehör des Beschuldigten ergehen und dieser daher vor der Anordnung kaum die UnVerhältnismäßigkeit geltend machen kann. Tut er es nach der Verhaftung, besteht keine Verpflichtung, den Haftbefehl zu ergänzen; das Gericht lehnt, wenn es den Haftbefehl nicht aufhebt, die Anwendung von § 112 Abs. 1 Satz 2 vielmehr in dem Beschluss ab, mit dem es einen auf diese Vorschrift gestützten Haftentlassungsantrag verwirft.
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Die Regel des ersten Falls (wenn die Anwendung des § 112 Abs. 1 Satz 2 naheliegt) kann in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen, nämlich wenn es um die Erläuterung geht, warum die Nähe der Anwendbarkeit der Klausel eben doch noch nicht die Anwendungsnotwendigkeit selbst war. Die Begründung wird z.B. dann zu geben sein, wenn eine Geldstrafe oder eine auszusetzende Freiheitsstrafe zu erwarten ist, der Beschuldigte aber gleichwohl verhaftet werden muss, etwa weil er geflohen war und nicht darauf verzichtet werden kann, das Verfahren durchzuführen.
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6. Ein Verstoß gegen die Begründungspflichten nach Nr. 1 bis 4 führt grundsätzlich nicht 5 3 zur Unwirksamkeit des Haftbefehls. 54 Die Rechtsfehlerhaftigkeit kann in der
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Vgl. auch KG StV 1994 318; 1994 319 mit Anm. Schlothauer. SYJPaeffgen 10; a.A. KK/Boujong 14; Creifelds NJW 1965 946; Eb. Schmidt Nachtr. I 9. KK/Boujong 14; Meyer-Goßner 12; Schlüchter 2 2 3 ; krit. SYJPaeffgen 10; s. auch Vogt NStZ 1982 21 (Streichung der Vorschrift). KKJBoujong 14; Creifelds NJW 1965 946. S. auch Nr. 46 Abs. 3 RiStBV. A.A. KYJBoujong 14 (erst nach Wegfall der Gefährdung).
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KK/Boujong 15; Schlüchter 223. Vgl. auch Nr. 4 6 Abs. 2 RiStBV. Anders mag es im Einzelfall bei einem schweren Verstoß gegen Nr. 1 sein, etwa wenn nicht erkennbar ist, gegen wen sich der Haftbefehl richten soll. OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 374; OLG Karlsruhe NStZ 1986 134; KG StV 1994 318; LG München StV 1998 3 8 4 (Aufhebung bei Verstoß gegen Nr. 2); krit. AK/Deckers 4. S. auch OLG Düsseldorf StV 1996 4 4 0 mit Anm. Weider.
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Beschwerdeinstanz geheilt werden 5 5 (s. Rn. 41); nicht jedoch im Verfahren nach den §§ 121, 122 (§ 122, 25).
ΙΠ. Verfahren 1. Grundlage der Entscheidung sind die Akten, im Fall des § 128 Abs. 2 Satz 2 die Angaben, die der Beschuldigte etwa gemacht hat, sowie ggf. das Ergebnis weiterer Ermittlungen (Vor § 112, 34, 65; § 115, 2 0 ) , 5 6 in den Fällen des § 2 6 8 b das Urteil; zu § 127b s. dort Rn. 10. Ist der Verdacht nicht dringend, darf auch dann kein Haftbefehl ergehen, wenn die Tat nicht abschließend (etwa als Rückfalltat) beurteilt werden kann, 5 7 z.B. weil ein Strafregisterauszug fehlt. Es ist grundsätzlich Sache der Polizei und der Staatsanwaltschaft, vor der Vorführung - ggf. fernschriftlich - die notwendigen Unterlagen zu beschaffen. 58 Es ist auch unzulässig, bis zur genauen Klärung erst einmal einen Haftbefehl zu erlassen, auch wenn er - wozu das Gesetz keine Handhabe bietet - zeitlich beschränkt 59 erlassen würde. Das würde dazu führen, dass unzulässigerweise an Vermutungen statt an den dringenden Tatverdacht angeknüpft würde. Die Folge, dass ein Beschuldigter zu Unrecht in Untersuchungshaft kommen könnte, kann nicht deshalb hingenommen werden, weil die korrekte Gesetzesanwendung dazu führt, dass Beschuldigte zunächst nicht verhaftet werden, obwohl später Haftgründe erkennbar werden.
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2. Beteiligung der Staatsanwaltschaft. Wegen der Veranlassung der Entscheidung (auf Antrag 6 0 der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen) s. § 125, 10. Die Staatsanwaltschaft ist vor Anordnung der Untersuchungshaft zu hören, gleichviel ob die Entscheidung im Laufe einer Hauptverhandlung (§ 33 Abs. 1) oder außerhalb einer solchen (§ 33 Abs. 2) ergeht. Der Pflicht dazu ist genügt, wenn das Gericht auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft entscheidet, gleichgültig, ob es ihm entspricht oder ob es ihn ablehnt.
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Bei Gefahr im Verzug (wegen des Begriffs s. § 125, 11; § 127, 35) braucht die Staatsanwaltschaft nicht gehört zu werden, wenn sie nicht erreichbar ist (§ 125 Abs. 1). In diesem Fall hat die Staatsanwaltschaft, alsbald nachdem die Untersuchungshaft angeordnet worden ist, in entsprechender Anwendung des § 167 zu prüfen, ob auch sie den Haftbefehl für erforderlich hält; das Ergebnis der Prüfung wird sie zu den Akten vermerken.
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Vgl. dazu (teils einschränkend): O L G Brandenburg N S t Z - R R 1 9 9 7 1 0 7 (§ 3 0 9 Abs. 2 ; gilt auch im Ermittlungsverfahren; hinreichend bestimmter Antrag der StA erforderlich); O L G Brandenburg StV 1 9 9 7 1 4 0 ; O L G Celle StV 1 9 9 8 3 8 5 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 9 6 4 4 0 (Erlass des neuen Haftbefehls aber durch das zuständige Haftgericht, wenn der mangelhafte Haftbefehl nicht vollzogen wird) mit Anm. Weider·, O L G Hamburg M D R 1 9 9 2 6 9 3 ; O L G H a m m StV 2 0 0 0 1 5 3 ; O L G Karlsruhe StV 2 0 0 2 1 4 7 ; 2 0 0 1 118 (nach ergänzender Entscheidung des Tatrichters); KG StV 1 9 9 4 318; O L G Stuttgart Justiz 1 9 9 7 6 2 ; 1 9 8 5 2 1 7 ; T h ü r O L G StV 2 0 0 5 5 5 9 ; LG München StV 1 9 9 8 3 8 4
(befristete Aussetzung des Vollzugs der Aufhebung, um StA nachgebesserten Haftbefehlsantrag zu ermöglichen); vgl. auch O L G Stuttgart N J W 1 9 8 2 1 2 9 6 (Prüfung der Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 auch dann, wenn die StA mit der Beschwerde die Aufhebung eines Haftverschonungsbeschlusses erstrebt); LG Lübeck StraFo 2 0 0 4 21 (Zurückverweisung bei Unzuständigkeit); a.A. SchlothauerfWeider 4 0 8 (keine Änderung während des Ermittlungsverfahrens). 56 57 58 59 60
Vgl. BVerfG N J W 1 9 9 1 1 2 8 3 . Schmidt-Leichner NJW 1959 842. Dencker N J W 1 9 6 9 3 0 5 . Vgl. Cordiers N J W 1 9 6 8 1716. S. Nr. 4 6 RiStBV.
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Verneint sie, dass ein Haftbefehl notwendig ist, hat sie nach § 120 Abs. 3 Satz 1 zu beantragen, den Haftbefehl wieder aufzuheben und zugleich (§ 120, 46) anzuordnen, dass der Beschuldigte freizulassen ist (§ 120 Abs. 3 Satz 2). Hält sie zwar den Haftbefehl, nicht aber die Vollstreckung für notwendig, wird sie beantragen, den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen. Es entspricht nicht der Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, wenn sie die Entlassung unterlässt, weil der Beschuldigte, in der Erwartung, dass die Untersuchungshaft angerechnet werde (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB), selbst keinen Antrag stellt. 25
3. Gehör des Beschuldigten. Ergeht der Haftbefehl während einer Hauptverhandlung, ist der Angeklagte vorher zu hören (§ 33 Abs. 1). Das Gericht kann dazu aufgrund vorläufiger Beratung einen schriftlichen Haftbefehl bereithalten, diesen, nachdem es den Angeklagten gehört hat, durch stillschweigende Verständigung (endgültig) beschließen und während dieses Vorganges Sicherungen treffen, um den Beschuldigten alsbald festnehmen zu können.
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Wird die Untersuchungshaft außerhalb der Hauptverhandlung angeordnet, gilt grundsätzlich § 33 Abs. 3. Danach ist der Beschuldigte zu hören, bevor zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet werden, zu denen er noch nicht gehört worden ist. Das wird regelmäßig wenigstens in Bezug auf die Tatsachen der Fall sein, die den Haftgrund rechtfertigen. Indessen würde durch das vorherige Gehör oftmals die Verhaftung unmöglich werden, es sei denn, dass ein Vorführungsbefehl zum Zweck der Anhörung erginge. Das würde das Problem aber nicht lösen, sondern nur verschieben, weil § 33 Abs. 3, wenn er ohne Ausnahme gälte, auch auf den Vorführungsbefehl Anwendung finden müsste.
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Aus diesem Grund ist es in der Regel notwendig, den Beschuldigten zu überraschen. Daher ist - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 61 - in § 33 Abs. 4 Satz 1 bestimmt, dass bei Anordnung der Untersuchungshaft außerhalb der Hauptverhandlung dann davon abzusehen ist, den Beschuldigten vorher zu hören, wenn das den Zweck der Anordnung, den Beschuldigten zu verhaften, gefährden würde. Das wird bei einem nicht vorläufig festgenommenen Beschuldigten zumeist der Fall sein. 62 Doch ist der nicht vorher gehörte Beschuldigte alsbald nach seiner Verhaftung zu hören (§ 115 Abs. 2 und 3). Dagegen ist für die vorläufige Festnahme in § 128 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich vorgeschrieben, dass der Verhaftete zu hören („vernimmt") ist, bevor der Haftbefehl erlassen wird. Zum nachträglichen rechtlichen Gehör gemäß § 33a vgl. die Erl. zu dieser Vorschrift. 63
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4. Vollstreckung. Der Haftbefehl wird vollstreckt durch die Verhaftung. Verhaftung ist der Akt, durch den sich der Staat aufgrund des Haftbefehls des Beschuldigten tatsächlich bemächtigt (§ 114b, 6). Sie ist nach § 36 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz Sache der Staatsanwaltschaft, die sich dazu ihrer Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) und der sonstigen Behörden und Beamten des Polizeidienstes (§ 161) bedient, ohne Rücksicht darauf, in welchem Land der Bundesrepublik die Verhaftung vorzunehmen ist (§ 160 GVG).
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Bei Abgeordneten muss die Verhaftung vom Bundestag genehmigt sein, es sei denn, dass der Abgeordnete bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird (Art. 4 6 Abs. 2 GG). Soll ein Abgeordneter im Bundestag verhaftet wer-
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BVerfGE 9 89. S. auch OLG Hamm NStZ-RR 1998 19 (flüchtiger Beschuldigter).
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Insbesondere LR/Graalmann-Scheerer § 33a, 43.
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den, ist zusätzlich die Genehmigung des Präsidenten des Bundestags erforderlich, wenn nicht b e k a n n t ist, w o der Abgeordnete sich aufhält und der Bundestag deshalb zum Z w e c k der Verhaftung durchsucht werden (§ 1 0 3 Abs. 1) muss. D e n n die Durchsuchung darf nicht o h n e Genehmigung des Präsidenten stattfinden (Art. 4 0 Abs. 2 Satz 2 G G ) . Dasselbe gilt nach den Landesverfassungen für die Abgeordneten der Länder. Z u r Nachtzeit k a n n o h n e Beschränkung verhaftet w e r d e n , 6 4 wenn der zu Verhaftende außerhalb einer W o h n u n g , eines Geschäftsraumes oder eines befriedeten Besitztums betroffen wird oder diese Örtlichkeiten auf eine Aufforderung, deren Z w e c k ihm erkennb a r ist, freiwillig verlässt. Tut er das nicht und muss eine W o h n u n g usw. zum Z w e c k der Verhaftung betreten werden, liegt darin eine Durchsuchung, die nur unter den Voraussetzungen des § 1 0 4 zulässig ist. 6 5 Im Übrigen bedarf jede Durchsuchung zum Z w e c k e der Verhaftung einer Anordnung g e m ä ß § 1 0 5 , 6 6 die - soweit bei Erlass des Haftbefehls voraussehbar - mit diesem verbunden werden sollte.
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D a s öffentliche Interesse, eine Realisierung der im Haftbefehl genannten Haftgründe (z.B. Flucht, Verdunklung, Wiederholung) zu verhindern, gebietet in der Regel eine unverzügliche Einleitung der Vollstreckung (s. auch § 112, 5 4 : „kein H a f t b e f e h l auf Vorr a t " ) , d.h. die Einleitung der dazu erforderlichen M a ß n a h m e n (Festnahme oder bei unbek a n n t e m Aufenthalt F a h n d u n g s m a ß n a h m e n ) . N u r ausnahmsweise kann es geboten sein, eine Vollstreckung aus (z.B.) ermittlungstaktischen (s. Vor § 112, 2 4 a ) oder sonstigen wichtigen G r ü n d e n 6 6 3 (etwa zur Erleichterung/Ermöglichung einer weniger gefährlichen Festnahme) für gewisse Z e i t aufzuschieben, wenn ein Aufschub der erforderlichen M a ß n a h m e n verantwortet werden k a n n und durch das Abwarten die G e f a h r einer Realisierung der Haftgründe nicht vergrößert wird.
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IV.
Beschwerde
1. Zulässigkeit. Haftentscheidungen k ö n n e n grundsätzlich mit Beschwerde (§ 3 0 4 ) und weiterer Beschwerde (§ 3 1 0 ; R n . 3 6 ) angefochten w e r d e n . 6 7 Z u m Verhältnis zur Haftprüfung vgl. § 117, 1 6 ; 6 8 zur Anrufung des Gerichts nach § 2 3 E G G V G die Erl. hierzu sowie § 119, 1 6 0 . Z u m Rechtsschutz bei Festnahme vgl. § 127, 4 6 . Ziele der Anfechtung (s. aber R n . 3 4 ) k ö n n e n z.B. sein: Erlass eines Haftbefehls nach Ablehnung eines Haftbefehlsantrages; Aufhebung eines Haftbefehls, auch wenn er nicht vollzogen wird (§ 116, 3 4 ff.; zur Überhaft vgl. Vor § 1 1 2 , 5 6 ) ; inhaltliche Änderung des Haftbefehls, etwa durch G e w ä h r u n g oder Ablehnung von Haftverschonung (§ 116, 2 3 ff.); Einbeziehung oder Ausscheidung von Tatvorwürfen und (oder) Haftgründen; Beschränkung der
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RGSt 40 67. Im Ergebnis ebenso Gottschalk NStZ 2002 568 (für klärende Ergänzung des § 104). SYJPaeffgen 15; a.A. Meyer-Goßner 20; KK/ Boujong 21 (Haftbefehl enthält zugleich den richterlichen Befehl, die Wohnung des Beschuldigten zu dessen Ergreifung zu durchsuchen). Vgl. zur Durchsuchung auch OLG Celle StV 1982 561; Kaiser NJW 1980 875. Zum sicheren Geleit (§ 295) s. OLG Köln StraFo 2 0 0 7 294. Vgl. zur Haftbeschwerde, auch zur Untätig-
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keitsbeschwerde in Haftsachen - OLG Braunschweig StV 2005 39; OLG Hamm NStZ-RR 2 0 0 6 17, zur Haftprüfung nach § 117 und zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Haftentscheidung bei besonderem Feststellungsinteresse auch die Erl. bei IM Matt Vor § 304 und § 304. Zur Umdeutung eines unzulässigen Haftprüfungsantrags bei Überhaft in eine Beschwerde vgl. Hohmann NJW 1990 1649; s. auch OLG Hamburg NStZ-RR 2002 381 (zu § 117 Abs. 2, § 115a Abs. 3 Satz 1).
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Verwendbarkeit des Haftbefehls zur Auslieferung aus bestimmten Staaten; 6 9 Änderung von Haftverschonungsbeschlüssen, namentlich durch Änderung der Haftersatzmaßnahmen (Rn. 34; § 116, 34 ff.). Entsprechendes gilt für die Anfechtung einer Entscheidung nach § 126a (§ 126a, 20). Auch Haftbefehle nach § 2 3 0 Abs. 2, § 236 und § 329 Abs. 4 Satz 1 sind beschwerdefähig. Ebenso z.B. Entscheidungen nach § 114b (§ 114b, 34 ff.), im Haftprüfungsverfahren erlassene Entscheidungen (§ 117, 31), Entscheidungen gemäß § 118 (§ 118a, 32), Ablehnung der Haftunterbrechung (Vor § 112, 54), Entscheidungen nach den SS 123, 124 (Rn. 34; § 123, 29; § 124, 39). 32
Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn die Entscheidung über die Verhaftung vom erkennenden Gericht erlassen wurde (§ 305 Satz 2). 7 0 Sie ist unzulässig gegen Haftentscheidungen des Bundesgerichtshofs (§ 304 Abs. 4 Satz 1) und des Oberlandesgerichts, soweit dieses nicht erstinstanzlich zuständig ist (§ 3 0 4 Abs. 4 Satz 2), grundsätzlich aber zulässig (vgl. aber Rn. 34) gegen Haftentscheidungen des erstinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichts (§ 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1), sowie des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts (§ 3 0 4 Abs. 5).
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Bei mehreren aufeinanderfolgenden, denselben Gegenstand betreffenden Haftentscheidungen kann grundsätzlich nur die jeweils letzte Entscheidung 71 angefochten werden. Die Beschwerde ist schon dann zulässig, wenn die Entscheidung ergangen, aber noch nicht vollstreckt ist. 72 Auch dann, wenn sie dem Beschuldigten noch nicht bekannt ist. 73 Er muss z.B. in der Lage sein, auf diese Weise zu ermitteln, ob ein - eventuell aus taktischen Gründen noch nicht vollstrecktet - Haftbefehl gegen ihn besteht, damit er sich gegen diesen frühzeitig, nicht erst aus der Vollzugsanstalt heraus, verteidigen kann. Zur Rechtsbehelfsbelehrung s. § 115 Abs. 4 (§ 115, 21 ff.; § 116, 36). Mit Rechtskraft des Urteils werden unerledigte Haftbeschwerden in der Regel gegenstandslos; 74 dies kann das Beschwerdegericht feststellen. Ausnahmsweise kann jedoch wegen der Schwere des Grundrechtseingriffs und seiner Folgen ein nachwirkendes Rechtsschutzinteresse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Untersuchungshaft bestehen; 75 etwa dann, wenn ein Haftbefehl ohne vorheriges rechtliches Gehör (Rn. 27) erlassen wird, dem Beschuldigten durch den Haftbefehl erhebliche Schäden entstehen oder vor richterlicher Entscheidung über eine Haftbeschwerde des Beschuldigten der Haftbefehl gemäß § 120 Abs. 3 aufgehoben wird. 76 War ein (aufgehobener/erledigter) Haftbefehl von Anfang an rechtswidrig, so ist das (ggf. im Beschwerdeverfahren) ausdrücklich so festzustellen. 77 Zu weiteren dabei entstehenden Einzelfragen vgl. auch Vor § 112, 57 ff.; § 119, 157; § 123, 6; § 124, 9, 10; § 126, 29, 31. Namentlich bei Ent-
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Volckart StV 1983 4 3 4 . Vgl. OLG Hamburg NStZ 2 0 0 1 274. OLG Hamburg StV 1994 323 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 23; OLG Düsseldorf MDR 1995 950; StV 1993 5 9 2 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22; h.M.; s. auch § 116, 37; § 117, 15. Zur Beschwerde gegen eine aufgehobene Haftentscheidung im Falle einer Verfassungsbeschwerde s. BVerfG StraFo 2 0 0 6 2 0 sowie die Erl. zu §§ 304, 310. OLG Stuttgart NStZ 1990 247. OLG Hamm StraFo 2001 2 5 4 ; einschränkend OLG Hamm VRS 37 (1969) 61. OLG Hamburg MDR 1977 69; OLG Schles-
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wig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 104; vgl. auch OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1991 124. Vgl. BVerfGE 9 6 27, 40; StraFo 2 0 0 6 2 0 ; OLG Düsseldorf StV 2 0 0 1 332; offen gelassen von OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 100 mit Anm. Nobis; s. dagegen OLG Hamm NJW 1999 2 2 9 (zu § 2 3 0 Abs. 2); Kühne 5 5 6 . 1 ; vgl. auch § 127, 47, 4 8 ; LR/Matt Erl. vor § 304; BVerfG NJW 2 0 0 6 427. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 6 20. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 6 20; OLG München StV 2 0 0 6 317 mit Anm. Kirchner, Erl. zu §§ 304, 310.
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Scheidungen nach den §§ 119, 123, 124 kann es notwendig sein, nach Rechtskraft des Urteils das Beschwerdeverfahren fortzusetzen und eine Beschwerdeentscheidung zu treffen. Eine Beschwerde gegen Haftentscheidungen des erstinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichts sowie des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts (Rn. 32) ist allerdings nur zulässig, sofern die Entscheidungen „die Verhaftung ... (einstweilige Unterbringung) ... betreffen" (§ 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5). Das ist nach h.M. 7 8 der Fall, wenn die Entscheidung unmittelbar 79 den Entzug der persönlichen Freiheit bestimmt (Haftanordnung, auch bei Haftverschonung; Haftfortdauer), auch wenn sie im Haftprüfungsverfahren (§ 117) getroffen wird. Unzulässig soll demgemäß die Beschwerde gegen Entscheidungen dieser Stellen sein, wenn z.B. der Beschwerdeführer nur einen von mehreren im Haftbefehl genannten Haftgründen beanstandet 80 (ohne dass dies unmittelbarer Auswirkungen auf Bestand oder Vollzug des Haftbefehls hätte), lediglich die Erweiterung eines bestehenden Haftbefehls im Tatvorwurf erstrebt 81 oder wenn die Entscheidungen nur Modalitäten des Freiheitsentzuges, etwa Änderungen der Auflagen bei einer Haftverschonung (§ 116), die Art und Weise der Haftprüfung 82 oder des Haftvollzuges (§ 119) oder den Verfall einer Sicherheit (§§ 123, 124) betreffen.
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Gegen diese einengende Auslegung, die auch Auswirkungen auf die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nach § 310 (Rn. 36) hat, bestehen erhebliche Bedenken. 83 Abgesehen davon, dass auch solche Entscheidungen die „Verhaftung betreffen", ist die Begründung für diese Interpretation, die im Wesentlichen auf den - im Gesetzgebungsverfahren 84 hervorgehobenen - Ausnahmecharakter 85 der Beschwerdezulassung in § 304 Abs. 4 Satz 2 abstellt, nicht überzeugend. Denn es kommt dabei zu kurz, dass jedenfalls ein Teil der genannten Entscheidungen im Einzelfall erhebliche Grundrechtseingriffe (z.B. bzgl. Art. 2, 14 GG) enthalten, namentlich - wie der Bundesgerichtshof selbst einräumt 86 - für die Aussichten auf Wiedererlangung der Freiheit oder für Freiheitsbeschränkungen im Haftvollzug von erheblicher Bedeutung sein kann. Letztlich ist auch schwer verständlich, dass Beschuldigte in Verfahren, die erstinstanzlich dem Oberlandesgericht zugewiesen sind, bei diesen Haftentscheidungen geringere Anfechtungsmöglichkeiten haben sollen als Beschuldigte, die mit einer Anklage vor dem Amts- oder Landgericht rechnen müssen. Eine Auslegung des § 304 Abs. 4 Satz 2, die die Zulässigkeit der Beschwerde vereinheitlichen würde, wäre wohl sachgerechter, zumal der im Wortlaut ähnliche § 305 Satz 2 nicht von der Rechtsprechung in dieser Weise einengend interpretiert wird. Im Übrigen wird auf die Überlegungen und Nachweise bei § 114b, 34; § 116, 41, 42; § 119,155; § 123, 29; § 124, 39 verwiesen.
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BGHSt 2 5 1 2 0 ; 2 6 2 7 0 ; 2 9 2 0 0 ; eingehend zur Problematik Matt JA 1 9 9 1 8 5 ; N J W 1 9 9 1 1 8 0 1 ; Wendisch FS Dünnebier 2 3 9 ; vgl. im Übrigen die Erl. zu §§ 3 0 4 , 3 0 5 , 3 1 0 und die Nachweise bei § 116, 3 8 ; § 119, 1 5 5 ; § 123, 2 9 ; § 1 2 4 , 39. Vgl. O L G Celle N J W 1 9 5 7 3 9 3 ; s. auch KG J R 1 9 6 7 192 (Beschlagnahme von Belastungsmaterial, das die Haftanordnung rechtfertigt). BGHSt 3 4 3 4 ; krit. Baumann FS Pfeiffer 2 5 5 . Vgl. auch BGHSt 4 7 2 4 9 (Hinzutreten eines
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Haftgrundes) mit krit. Anm. Paeffgen N S t Z 2 0 0 4 7 9 ; O L G Nürnberg M D R 1 9 6 4 9 4 3 ; OLG Hamburg NStZ 2 0 0 1 2 7 4 . BGHSt 3 7 347. Vgl. O L G Celle OLGSt § 310, 4 . S. auch § 114b, 3 4 . Vgl. BTDrucks. V 4 0 8 6 , S. 11; s. aber Baumann FS Pfeiffer 2 5 5 . Vgl. BGHSt 3 7 3 4 7 (Hinweis auf die auf Beschleunigung und Konzentration angelegte Natur des Haftverfahrens). BGHSt 3 4 3 4 .
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Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts sowie solche des - an sich - erstinstanzlich entscheidenden Oberlandesgerichts über Beschwerden gegen Verfügungen eines Ermittlungsrichters (§ 120 Abs. 3 Satz 2 GVG) und gegen Verfügungen und Entscheidungen der Staatsschutzkammer (§§ 74a, 120 Abs. 4 GVG) unterliegen der weiteren Beschwerde, sofern sie Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen (§ 310 Abs. 1). Insofern gilt das zuvor Ausgeführte sinngemäß. 87
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2. Beschwerdeberechtigte sind der Beschuldigte, der Verteidiger und der gesetzliche Vertreter (§§ 297, 298) sowie die Staatsanwaltschaft (§ 296). Dieser steht auch die weitere Beschwerde zu. 8 8 Der Nebenkläger ist nicht beschwerdeberechtigt; er ist nicht beschwert. 8 9
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3. Für das Beschwerdeverfahren, das den Anforderungen eines fairen Verfahrens entsprechen muss, 9 0 gelten die allgemeinen Vorschriften. 91 Die Weiterleitung der Akten erfolgt gemäß § 3 0 6 Abs. 2 ; 9 2 die Akten sind vollständig vorzulegen. 93 Das Beschwerdegericht entscheidet zunächst im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde incidenter auch darüber, ob ein wirksamer Rechtsmittelverzicht vorliegt. 94 Des Weiteren kann es Ermittlungen, auch analog § 117 Abs. 3 für künftige Entscheidungen des Haftgerichtes, 95 anordnen oder selbst vornehmen (§ 3 0 8 Abs. 2). Das kann geboten sein, wenn zu erwarten ist, dass der Beschuldigte entlassen und der Haftbefehl aufgehoben (§ 120 Abs. 1) oder sein Vollzug ausgesetzt (§ 116; § 72 Abs. 1 J G G ) wird. Dagegen sind keine Ermittlungen zulässig, die einen aufhebungsreifen Haftbefehl vielleicht stützen könnten. Denn das Beschwerdegericht hat zu entscheiden, ob in dem Augenblick, wo ihm die Sache zur Entscheidung vorgelegt wird, der Tatverdacht dringend und ein gesetzlicher Haftgrund gegeben ist. Muss es das verneinen, hat es keinen Rechtsgrund, den alsdann zu Unrecht einsitzenden Gefangenen länger festzuhalten. 96 Zum Zweck seiner Entscheidung kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen mündliche Verhandlung anordnen 9 7 (§ 118 Abs. 2). Dies kann namentlich dann geboten sein, wenn sich die angefochtene Entscheidung, etwa bei den Haftgründen, auf den persönlichen Eindruck des Gerichts vom Beschuldigten stützt. Zum Umfang der Überprüfung der Haftentscheidungen des erkennenden Gerichts während der Hauptverhandlung durch das Beschwerdegericht vgl. § 112, 20. Die Haftbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung; sie hemmt nicht den Vollzug des Haftbefehls (§ 3 0 7 Abs. 1). Wurde der Haftbefehl aufgehoben und die Freilassung des Beschuldigten angeordnet, so ist eine Aussetzung nach § 307 Abs. 2 nicht zulässig (§ 120 Abs. 2). Zur Umwandlung eines Haftbefehls nach § 2 3 0 Abs. 2 vgl. Rn. 4 7 und § 112, 6.
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S. auch BVerfG StraFo 2 0 0 6 2 0 (weitere Beschwerde zur Ausschöpfung des Rechtsweges). OLG Stuttgart J R 1967 431; h.M. H.M.; a.A. SYJPaeffgen § 115, 14. EGMR EuGRZ 1999 320; zu den Folgen einer „Informationsverweigerung" s. Vor § 112, 2 3 ff. Zur Praxis bzgl. § 3 0 7 Abs. 2 vgl. Schlicht/ Leipold StraFo 2 0 0 5 90. OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 177; s. aber die Erl. zu § 306.
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OLG Brandenburg NStZ-RR 1997 107; s. auch OLG Oldenburg StV 1995 87. OLG Karlsruhe wistra 1 9 9 7 156. OLG Hamburg wistra 2 0 0 2 275. OLG Bremen NJW 1951 46. Zum Anwesenheitsrecht des Mitbeschuldigten vgl. (zutreffend) Rieß StV 1996 304. S. auch SchwBG EuGRZ 1996 4 6 8 (rechtl. Gehör bzgl. Stellungnahme der StA).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§
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Wegen der Anhörung der Beteiligten gilt nach § 308 Abs. 1 Satz 2 dasselbe, wie unter Rn. 2 7 für die Anordnung der Untersuchungshaft ausgeführt. Hat der erste Richter einen Antrag der Staatsanwaltschaft, einen Haftbefehl zu erlassen, ohne Gehör des Beschuldigten zurückgewiesen, so braucht das von der Staatsanwaltschaft angegangene Beschwerdegericht, das der Beschwerde stattgeben will, den Beschuldigten - entgegen § 3 0 8 Abs. 1 Satz 1 - nicht zu hören, wenn durch vorgängiges Anhören das mit der Untersuchungshaft verfolgte Ziel gefährdet würde. Der Beschuldigte kann seine Einwendungen mit weiterer Beschwerde vorbringen. 98 Abgesehen von diesem Fall gebietet es das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; § 33) auch, den Beschuldigten über das Ergebnis der während des Beschwerdeverfahrens durchgeführten Ermittlungen zu informieren." Ein schwerwiegender Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs kann zur Aufhebung des Haftbefehls und Zurückverweisung führen 1 0 0 (s. auch Vor § 112, 23).
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Ist das Beschwerdegericht der Bundesgerichtshof oder das Oberlandesgericht, wenn gegen dessen Entscheidungen keine weitere Beschwerde zulässig ist (§ 3 0 4 Abs. 4), dann ist der Verhaftete nachträglich zu hören (§ 311a Abs. 1 Satz 1). Das ist auch ohne Antrag zulässig; es ist geboten, wenn wesentliche neue Tatsachen die Entscheidung tragen und der Beschuldigte, der aus Ungeschicklichkeit keinen Antrag stellt, erkennen lässt, dass er die verwendeten Tatsachen leugnet und sich gegen sie verteidigen möchte. Zufolge des Gehörs kann das Gericht den Vollzug des Haftbefehls aussetzen (§ 311a Abs. 2 i.V.m. § 3 0 7 Abs. 2) - was häufig unangebracht sein wird - und Ermittlungen anstellen (§ 311a Abs. 2 i.V.m. § 308 Abs. 2). Auf Grund der Einlassung des Beschuldigten und etwaiger Ermittlungen hat es seine Entscheidung zu prüfen und auf Antrag des Beschuldigten zu ändern oder aufzuheben (§ 311a Abs. 1 Satz 1). Das kann es auch ohne Antrag tun (§ 311a Abs. 1 Satz 2). Die Notwendigkeit, auch ohne Antrag zu entscheiden, ergibt sich aus der Verpflichtung des jeweils mit der Sache befassten Gerichts, alsbald den Haftbefehl aufzuheben, wenn der dringende Tatverdacht oder die Haftgründe entfallen sind, oder eine Entscheidung nach § 116 zu treffen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.
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Bei Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung, also auch des Haftbefehls, entscheidet das Beschwerdegericht in der Regel selbst in der Sache (§ 309 Abs. 2). Es darf einen Haftbefehl z.B. verständlich fassen oder dazu ersetzen, 101 Tatvorwürfe und Haftgründe auswechseln. 102 Jedoch ist in der Praxis die Aufhebung und Zurückverweisung zur Nachbesserung des Haftbefehls nicht selten. 103 S. auch Rn. 21, 39, 47. Bei so schwer-
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Z u r Nachholung des rechtlichen Gehörs im Verfahren der weiteren Beschwerde s. O L G Brandenburg N S t Z - R R 1 9 9 7 108.
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Vgl. BVerfG StV 1 9 9 4 6 5 ; KG StV 1 9 9 4 318; 1 9 9 4 319.
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KG StV 1 9 9 4 318; 1 9 9 4 319. O L G Stuttgart N J W 1 9 8 2 1 2 9 6 ; Justiz 1 9 8 5 3 1 ; O L G Brandenburg N S t Z - R R 1 9 9 7 1 0 7 ; StV 1 9 9 7 1 4 0 ; s. auch O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 118 (Heilung des Begründungsmangels einer Haftfortdauerentscheidung nach Ergänzungsbeschluss des Tatrichters). O L G Stuttgart Justiz 1 9 8 2 2 1 7 ; O L G Dresden StV 2 0 0 6 7 0 0 mit krit. Anm. Bosbach.
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Vgl. zur Problematik z.B.: O L G Brandenburg N S t Z - R R 1 9 9 7 1 0 8 ; O L G Celle StV 1 9 9 8 3 8 5 (hier aber eigene Sachentschei-
dung unzweckmäßig, weil sie auf einen Teil der Vorwürfe beschränkt wäre); O L G Düsseldorf StV 1 9 9 6 4 4 0 mit Anm. Weider·, O L G H a m m StV 2 0 0 0 1 5 3 (einschränkend); O L G Karlsruhe StV 2 0 0 2 1 4 7 ; KG StV 1 9 9 8 3 8 4 mit krit. Anm. Fröhlich N S t Z 1 9 9 9 5 8 5 (Haftbefehl aber aufzuheben, wenn örtlich unzuständiges Gericht entschieden hat, das nicht zum Bezirk des Beschwerdegerichts gehört); O L G Stuttgart Justiz 1 9 9 7 6 2 ; T h ü r O L G StV 2 0 0 5 5 5 9 ; 1 9 9 9 101; LG Lübeck StraFo 2 0 0 4 21 (Aufhebung und Zurückverweisung bei Unzuständigkeit); Kunisch StV 1 9 9 8 687. Z u m Verschlechterungsverbot vgl. O L G Düsseldorf StV 1 9 9 3 4 8 0 ; zur Abhilfeentscheidung durch ein unzuständiges Gericht O L G Zweibrücken
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
wiegenden Begründungsmängeln, dass die Haftanordnung nicht mehr rechtsstaatlichen Anforderungen genügt, kommt jedoch eine „Nachbesserung" über § 309 Abs. 2 nicht in Betracht; die Entscheidung ist aufzuheben.104 Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist für das Gericht, dessen Entscheidung angefochten war - nicht auch für dasjenige, an das es im Prozessverlauf gelangt - , bindend. Das Gericht bleibt aber befugt und verpflichtet, eine abweichende Entscheidung zu treffen, wenn die Veränderung der Sachlage eine solche gebietet. Eine erneute Beschwerde gegen dieselbe Haftentscheidung nach Durchlaufen des Instanzenzuges ist nicht zulässig,105 lässt sich aber in einen Haftprüfungsantrag umdeuten.106 Nimmt der Beschuldigte seine Haftbeschwerde zurück, so wird darin häufig ein Verzicht auf den Rechtsbehelf liegen, der einer erneuten Einlegung entgegensteht;107 dies gilt jedoch nicht, wenn die angefochtene Entscheidung nach der Rücknahme geändert worden ist. 42
4. Zuständigkeit. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist das Gericht zuständig, das als nächsthöheres im Instanzenzug demjenigen Gericht übergeordnet ist, dessen Haftbefehl angefochten wird. 108 Ist der Haftbefehl auf Beschwerde oder weitere Beschwerde von einem höheren Gericht erlassen worden, so ist zur Beschwerdeentscheidung das Gericht zuständig, das als nächsthöheres dem Gericht übergeordnet ist, das nach § 125 zum Erlass des Haftbefehls zuständig war. 109
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Tritt ein Wechsel in der Zuständigkeit ein, nachdem die dann später angefochtene Entscheidung erlassen war - sei es, weil die Sache einem anderen Richter beim Amtsgericht übertragen wird (§ 126 Abs. 1 Satz 2), sei es, weil sie im Prozessgang an ein anderes Gericht gelangt - , dann sind die Entscheidungen des Gerichts, das die Zuständigkeit verloren hat, wie solche des Gerichts zu behandeln, auf das die Zuständigkeit übergegangen ist (§ 126, 15); 110 s. aber Rn. 45, 46. Demzufolge entscheidet das Beschwerdegericht, das dem Gericht übergeordnet ist, welches die Zuständigkeit erlangt hat, 111 und zwar auch dann, wenn die Beschwerde eingelegt war, bevor der erste Richter die Sache abgegeben hatte. 112 Das Gericht, das dann infolge des Zuständigkeitswechsels die Verantwortung
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StV 1988 70; zur Abgabe einer Haftbeschwerde analog §§ 209, 2 0 9 a durch eine Wirtschaftsstrafkammer OLG Koblenz NStZ 1986 327 mit Anm. Rieß NStZ 1986 4 2 6 (unter 7); s. auch Fankel 26, 27; KMR/ Wankel § 126, 9 (Besetzungsfehler). Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 4 415; OLG Oldenburg StraFo 2 0 0 6 282; zu Einzelheiten s. die Erl. zu § 309. H.M.; KK/Boujong 23. Zur grundsätzlichen Unzulässigkeit von Gegenvorstellungen s. OLG Stuttgart Justiz 1996 147. OLG Karlsruhe Justiz 1976 83; OLG Düsseldorf StV 1992 2 3 7 ; KK/Boujong 23; S K / P a e f f g e n § 115, 16. Bei NichtVollzug des Haftbefehls Umdeutung in einen Aufhebungsantrag - OLG Karlsruhe Justiz 1989 4 3 7 ; Meyer-Goßner § 117, 8. OLG Karlsruhe Justiz 1977 356; KK/Boujong 2 0 ; a.A. BayObLG JR 1968 108 mit Anm. Sarstedt; OLG Celle NJW 1962 67; SYJPaeffgen § 115, 15; Schlücbter 652;
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Specht GA 1977 72. Vgl. auch die Erl. zu § 302. Wird eine selbstständige Maßnahme nach § 115a angefochten, so ist Beschwerdegericht insoweit das dem nächsten Richter übergeordnete Landgericht, nicht aber, wenn der nächste Richter nur eine Entscheidung des Haftrichters verkündet - LG Frankfurt StV 1985 4 6 4 . OLG Hamburg MDR 1974 861. Vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1984 184; vgl. auch LG Itzehoe SchlHA 1988 36 (zu § 119); krit. SYJPaeffgen § 126, 5. BGHSt 14 180; OLG München NJW 1957 760; OLG Karlsruhe NStZ 1984 184 (zu
S 119). 112
OLG Hamburg NJW 1966 606; OLG Frankfurt NJW 1973 4 7 9 ; Meyer-Goßner § 126, 3; KK/Boujong 7; Kleinknecht/ Janischowsky 151; a.A. KG J R 1985 256; wohl auch SYJPaeffgen $ 126, 4.
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§114
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme für
die vorhergegangene
(angefochtene)
Entscheidung
trägt,
hat,
bevor
das
neue
Beschwerdegericht entscheidet, zu prüfen, ob es der Beschwerde abhilft § 3 0 6 Abs. 2 ) . Gibt der Generalbundesanwalt das Verfahren ab (§ 1 4 2 a Abs. 2 , 4 G V G ) 1 1 3 oder er-
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hebt er Anklage vor dem Oberlandesgericht (§ 1 2 0 G V G ) , 1 1 4 so entfällt die Beschwerdezuständigkeit des B G H (§ 3 0 4 Abs. 5) für Entscheidungen seines Ermittlungsrichters. Außerdem endet die Beschwerdezuständigkeit für Haftentscheidungen des Oberlandesgerichts (§ 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1), wenn dieses das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet. 1 1 5 Mit der E r h e b u n g der öffentlichen K l a g e wird das mit der Hauptsache befasste Tatgericht für Haftentscheidungen zuständig. Der Zuständigkeitswechsel beendet den bisherigen Instanzenzug. 1 1 6 Bereits anhängige, aber noch nicht beschiedene (oder nachfolgende) Haftbeschwerden sind umzudeuten in einen Haftprüfungsantrag (§ 117 Abs. 1), über den das (nun) mit dem Verfahren befasste Gericht der Hauptsache zu befinden h a t ; 1 1 7 erst gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde zulässig. 1 1 8 Entsprechendes gilt für eine anhängige, aber noch nicht beschiedene (oder nachfolgende) weitere Beschwerde, wenn Anklage zum Landgericht erhoben w i r d ; 1 1 9 nicht gelten soll dies allerdings, wenn in diesem Fall das Landgericht kurz vorher eine hinreichend begründete Haftbeschwerdeentscheidung getroffen h a t . 1 2 0
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BGH NJW 1973 477. BGHSt 27 253. BGHSt 2 9 200; knt. SYUPaeffgen § 126, 6. OLG Karlsruhe Justiz 1998 130; OLG Stuttgart NStZ 1990 141; OLG Celle NdsRpfl. 1995 111; allg. M.; a.A. Rostek StV 2 0 0 2 225. Dagegen wird eine Beschwerde nach § 124 Abs. 2 Satz 2 nicht durch Anklageerhebung oder Wechsel des Gerichts der Hauptsache unzulässig, und auch die Zuständigkeit des ursprünglichen Beschwerdegerichts bleibt bestehen - OLG Hamm NStE s 124 StPO, 7. Vgl. OLG Celle NdsRpfl. 1995 111; OLG Düsseldorf wistra 1999 318; M D R 1983 152; VRS 83 (1992) 195 (bzw. Antrag, den Haftbefehl aufzuheben); NStZ-RR 1996 366 (§ 119; Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Maßnahme); OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 302; NJW 1985 1233; OLG Hamm JMB1NW 1977 249; OLG Karlsruhe Justiz 1998 130 (für § 119); StV 1994 664 (auch bei Beschwerdeeinlegung nach Zuständigkeitswechsel); NJW 1972 1723; Justiz 1973 253; 1976 83; 1979 444; KG NStZ-RR 1996 365 (zu § 119 Abs. 3); NStZ 2 0 0 0 4 4 4 (Zurückverweisung nach Revision); OLG Naumburg NStZ-RR 1997 307 mit Anm. Paeffgen NStZ 1999 74; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemanrt SchlHA 1997 153; bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1998 174 (zu § 126a); bei Döllel/Dreeßen SchlHA
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2 0 0 6 2 6 0 (S 126a); bei Lorenzen/Görl SchlHA 1990 114 (Beschwerdeeingang nach Anklageerhebung); OLG Stuttgart StV 2 0 0 3 552; Justiz 2 0 0 4 166; 1977 103; LG Gera StraFo 2 0 0 0 206; KK/Boujong § 126, 8; Meyer-Goßner § 117, 12; Kleinknecht/ Janischowsky 153; S K / P a e f f g e n § 126, 5; Müncbhalffen/Gatzweiler 339; krit. Schlothauer/Weider 796; a.A. Rostek StV 2002 225; K M R J W a n k e l § 126, 13 (für Beschwerde nach Zuständigkeitswechsel). H.M.; s. auch OLG Düsseldorf JMB1NW 1999 278 (Zulässigkeit einer Beschwerde nach OLG-Entscheidung in Unkenntnis des Instanzwechsels). OLG Oldenburg NJW 1957 233; OLG Karlsruhe Justiz 1979 444; OLG Düsseldorf VRS 86 (1994) 349 (bei Nichtvollzug als Antrag, den Haftbefehl aufzuheben); OLG Schleswig OLGSt N.F § 117, 2; bei Lorenzen/Görl SchlHA 1990 114; bei Döllel/ Dreeßen SchlHA 2 0 0 6 260 (§ 126a); OLG Celle NdsRpfl. 1995 111; OLG Hamm wistra 1996 321; krit. Schlothauer/Weider 796. OLG Karlsruhe Justiz 1977 433; KK/Bo»jong § 126, 8; krit. SYJPaeffgen § 126, 5; a.A. OLG Hamm wistra 1996 321; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 153; bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2 0 0 6 260. Vgl. auch OLG Karlsruhe StV 1994 665.
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§114 46
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Nach Eingang der Akten beim Berufungsgericht (§ 321 Satz 2) ist eine noch nicht erledigte (oder nachfolgende) Beschwerde als Antrag auf Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) durch das Berufungsgericht zu behandeln. 121 Eine weitere Beschwerde bleibt statthaft, wenn das Landgericht kurz vor Zuleitung der Akten (§ 321 Satz 2) über die Haftbeschwerde entschieden hatte. 1 2 2 Schließlich ist eine unerledigte Beschwerde nach Zurückverweisung der Hauptsache aus der Revision an einen anderen Spruchkörper als Haftprüfungsantrag zu behandeln, über den das nunmehr zuständige Tatgericht zu entscheiden hat. 1 2 3
V. Änderung 47
Der Haftbefehl muss geändert werden, wenn sich wesentliche Umstände, auf denen er beruht, ändern oder sich herausstellt, dass sie unzutreffenderweise angenommen wurden (z.B. Wegfall einzelner Taten, Änderung der rechtlichen Bewertung, Fortfall bzw. Änderung des Haftgrundes, wesentliche Änderung der Tatsachen gemäß Nr. 4). 1 2 4 Er kann in der Weise geändert werden, dass er für die Zukunft auf anderen Haftvoraussetzungen oder auf einem anderen Haftgrund beruht, d.h., dass sich der dringende Tatverdacht zusätzlich oder allein auf eine andere als die bisher angenommene Tat erstreckt oder dass neben Fluchtgefahr oder an deren Stelle Verdunkelungsgefahr oder ein anderer Haftgrund eingesetzt wird und umgekehrt. War der Haftbefehl z.B. aus Gründen der Vereinfachung nur auf unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs gestützt, kann er, wenn der Tatverdacht deshalb nicht mehr dringend ist, nunmehr auf einen weiterhin begangenen Betrug umgestellt werden. War er wegen Verdunkelungsgefahr ergangen und ist diese weggefallen, kann er auf eine gleichfalls bestehende Fluchtgefahr gestützt werden. Auch kann ein nach § 2 3 0 Abs. 2 erlassener Haftbefehl in einen nach § 114 umgestellt werden. 125 In diesen Fällen muss der Haftrichter einen den Haftbefehl ergänzenden Beschluss erlassen; das Beschwerdegericht kann die Änderung in den Gründen seiner Beschwerdeentscheidung vornehmen. Der Text des Haftbefehls braucht nicht geändert zu werden, doch wird es sich in der Regel empfehlen, den Haftbefehl im Text umzustellen. 1 2 6 Die Änderung erfolgt auf Antrag oder von Amts wegen. Die Beseitigung schwerwiegender Mängel, insbesondere Lücken, der Begründung 127 sowie die Einbeziehung weiterer Taten erfordert im Ermittlungsverfahren einen bestimmten Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 125, 10). Trennt das Gericht den Tatvorwurf, der dem Haftbefehl zu Grunde liegt, ab und soll wegen anderer Tatvorwürfe des Verfahrens ein Haftbefehl ergehen, so ist nicht der bestehende Haftbefehl zu ändern, sondern ein weiterer zu erlassen. 128
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OLG Hamm NJW 1974 1574; OLG Düsseldorf StV 1993 4 8 2 (zur weiteren Beschwerde); StraFo 2 0 0 2 142; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 110; KK/ Boujong § 126, 8; SKJPaeffgen § 126, 5. Bei Nichtvollzug als Antrag, den Haftbefehl aufzuheben - OLG Karlsruhe Justiz 1986 144; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 302; KKJBoujong § 126, 8; SKJPaeffgen § 126, 5. OLG Karlsruhe Justiz 1977 4 3 3 ; 1979 4 4 4 ; s. auch KG NStZ 2 0 0 0 4 4 4 . KG NStZ 2 0 0 0 4 4 4 .
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H.M.; vgl. auch OLG Karlsruhe wistra 1991 2 7 7 (zu S 268b). OLG Celle NdsRpfl. 1964 238; nicht jedoch auf Haftbeschwerde des Beschuldigten § 112, 6. Meyer-Goßner 18. OLG Brandenburg NStZ-RR 1997 107; StV 1997 140 (fehlt ein solcher Antrag, fasst das Gericht den Haftbefehl, die zu beanstandenden Einzelvorwürfe auslassend, neu oder hebt auf). OLG Stuttgart Justiz 1997 344.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 114a
Eine jede solche Änderung ist wie ein neuer Haftbefehl zu behandeln, 129 d.h. sie löst alle in den §§ 114a ff. geregelten Folgen und Verpflichtungen aus, 130 wie es ein neuer Haftbefehl tun würde, nachdem der alte aufgehoben worden ist, 131 und eröffnet - als selbstständige Entscheidung - die Beschwerde, auch wenn sie nur dagegen eingelegt wird, dass dem einen Haftgrund ein weiterer angefügt wird. 132 Wegen der Berechnung der Sechsmonatsfrist in § 121 Abs. 1 s. § 121, 10.
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Bevor der Haftbefehl geändert wird, ist der Beschuldigte zu hören, wenn zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet werden sollen, zu denen er noch nicht gehört worden ist (§ 33 Abs. 3). § 33 Abs. 4, wonach bei Anordnung der Untersuchungshaft unter Umständen davon abgesehen werden kann, den Beschuldigten vorher zu hören, ist nicht anzuwenden, wenn die Haft vollzogen wird; denn dann kann eine Anhörung (jedenfalls in der Regel) den Zweck nicht gefährden, der mit der Umstellung des Haftbefehls verfolgt wird. Im Beschwerdeverfahren gilt das Gleiche nach § 3 0 8 Abs. 1 Satz 1.
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Die Bestimmung des § 33 Abs. 2 (Gehör Staatsanwaltschaft) gilt nach § 309 Abs. 1 nicht uneingeschränkt, obwohl die meisten Beschwerdegerichte sie regelmäßig anwenden. Auch wo das nicht geschieht, sollte, bevor ein Haftbefehl umgestellt wird, die Staatsanwaltschaft stets gehört werden, wenn sie die öffentliche Klage noch nicht erhoben hat. Denn dann liegt es in ihrer Hand, ob sie die Umstellung hinnehmen oder für den Haftrichter bindend beantragen will, den Haftbefehl aufzuheben (§ 120 Abs. 3 Satz 1; § 120, 39). Das Beschwerdegericht sollte es vermeiden, dass die Gerichte in die Lage geraten, einen ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft umgestellten Haftbefehl auf deren Antrag aufheben zu müssen.
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Die Grundsätze gelten auch, wenn ein Haftbefehl deshalb aufgehoben wird, weil der Täter zur Tatzeit geisteskrank war, und gleichzeitig ein Unterbringungsbefehl nach § 126a ergeht.
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§ 114a (1) x Der Haftbefehl ist dem Beschuldigten bei der Verhaftung bekanntzugeben. 2 Ist dies nicht möglich, so ist ihm vorläufig mitzuteilen, welcher Tat er verdächtig ist. 3 Die Bekanntgabe des Haftbefehls ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen. (2) Der Beschuldigte erhält eine Abschrift des Haftbefehls.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift ging ursprünglich - als § 1 1 4 Abs. 3 - dahin, dass dem Beschuldigten der Haftbefehl und die Möglichkeit der Beschwerde bei der Verhaftung, spätestens am Tage nach seiner Einlieferung ins Gefängnis bekanntzumachen sei. Durch Abschnitt A Nr. 2 des StPÄG vom 27.12.1926 (RGBl. I 529) wurde bestimmt, dass der Beschuldigte, wenn der Haftbefehl durch Verkünden bekanntgemacht werde, darauf hinzuweisen sei, dass er eine Abschrift verlangen könne. Außerdem wurden die jetzigen Sätze 2 und 3 eingefügt. Derzeitiger Standort und jetzige Fassung ergeben sich
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OLG Stuttgart StraFo 2 0 0 5 377; allg. M. OLG Hamburg NStZ-RR 2 0 0 3 346; h.M.; Meyer-Goßner 18. S. auch OLG Köln NStZ 2 0 0 7 608 (zu § 118 Abs. 3).
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OLG Hamm NJW 1960 587; JMB1NW 1979 191. OLG Nürnberg MDR 1964 943.
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§ 114a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
aus Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964; neu eingefügt wurde die unbedingte Anordnung des Absatzes 2. § 114a (alt) wurde § 114b. 1
1. Inhalt. Art. 5 Abs. 2 E M R K regelt die staatliche Pflicht, den Festgenommenen alsbald über Festnahmegrund und Beschuldigung in einer ihm verständlichen Sprache zu informieren. 1 Dem genügt die Vorschrift. Grundsätzlich sind Entscheidungen dem Betroffenen bekanntzumachen, bevor sie vollstreckt werden (§ 35). Beim Haftbefehl ist das in der Regel aber nicht möglich (z.B. wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält) oder unangebracht, weil der Erfolg der Haft, z.B. Flucht oder Verdunkelung zu verhindern, vereitelt werden könnte, wenn dem Beschuldigten der Haftbefehl vor dem Zugriff bekannt würde. Deshalb befreit § 33 Abs. 4 Satz 1 schon von der Pflicht, den Beschuldigten, ehe der Haftbefehl erlassen wird, zu hören, wenn sonst dessen Zweck gefährdet würde. § 114a Abs. 1 Satz 1 schiebt aus dem gleichen Grunde die Pflicht, den Haftbefehl bekanntzugeben, bis zur Vollstreckung, deren Zeitpunkt von der Staatsanwaltschaft bestimmt wird (§ 36 Abs. 2 Satz 1), hinaus. Die Interessen des Beschuldigten werden dadurch gewahrt, dass er nach seiner Festnahme unverzüglich dem Richter vorzuführen ist, der ihm nachträglich rechtliches Gehör gewährt (§§ 115,115a). 2
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2. Bekanntmachung (Absatz 1 Satz 1). Die Form der Bekanntmachung ist § 35 zu entnehmen. Danach ist der Haftbefehl zu verkünden, wenn er in Anwesenheit des Beschuldigten erlassen worden ist (§ 35 Abs. 1 Satz 1). Ist er in dessen Abwesenheit ergangen, dann genügt, weil durch die Bekanntmachung keine Frist in Lauf gesetzt wird, dass er dem Beschuldigten formlos mitgeteilt wird (§ 35 Abs. 2 Satz 2); 3 ihn zuzustellen (§ 35 Abs. 2 Satz 1), wird in der Regel nicht geboten sein. Die formlose Mitteilung besteht darin, dass dem Beschuldigten eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls ausgehändigt oder sein Inhalt schriftlich mitgeteilt wird. Da die Mitteilung formlos ist, kann sie auch in der Weise ausgeführt werden, dass der Haftbefehl, namentlich im Vorführungstermin (§ 115), verkündet wird, auch durch einen anderen Richter als den, der die Untersuchungshaft angeordnet hat.
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3. Vorläufige Mitteilung (Absatz 1 Satz 2). Dem mit der Verhaftung beauftragten Polizeibeamten wird, damit er den Haftbefehl bekanntmachen kann, eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Haftbefehls mitzugeben sein. Doch werden die Umstände (Gegenwehr, 4 Anwesenheit Unbeteiligter) nicht immer gestatten, den Haftbefehl bekanntzumachen. Das kann auch deshalb der Fall sein, weil keine beglaubigte Abschrift bereitliegt, etwa wenn der Beschuldigte auf Grund eines Steckbriefs (§ 131) oder sonst auf Grund einer Ausschreibung in Fahndungsblättern festgenommen wird. Alsdann hat ihm der Festnehmende mitzuteilen, welcher Tat er verdächtig ist; den Haftgrund braucht er ihm nicht zu eröffnen.
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Der Haftbefehl ist dann unverzüglich bekanntzugeben (Absatz 1 Satz 3), sobald das möglich ist, in der Regel vom Richter, wenn der Beschuldigte ihm vorgeführt wird (§ 115). Wegen des Begriffs unverzüglich s. § 115, 9. 1
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Vgl. EGMR - 10.4.2001 - Nr. 2 6 1 2 9 / 9 5 Rn. 166 (Tanli). Vgl. BVerfGE 9 106; s. auch OLG Hamm NStZ-RR 1998 19; OLG Stuttgart NStZ 1990 2 4 7 (Abschrift des Haftbefehls an Verteidiger des flüchtigen Beschuldigten); Rückel StV 1985 36; Ullrich StV 1986 268.
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OLG Hamburg NStZ-RR 2 0 0 3 3 4 6 (Erweiterungsbeschluss im Beschluss gemäß § 2 0 7 Abs. 4). RGRspr. 8 4 2 4 .
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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4. Abschrift des Haftbefehls (Absatz 2). Welche Form der Bekanntmachung auch immer gewählt wird, auf jeden Fall hat der Beschuldigte eine Abschrift des Haftbefehls zu erhalten. Abschrift ist auch von Beschlüssen, sei es des Haftrichters, sei es des Beschwerdegerichts, zu erteilen, mit denen ein Haftbefehl geändert, etwa ergänzt wird (§ 114, 47), doch werden diese Beschlüsse ohnehin in der Regel dadurch bekanntgemacht, dass dem Beschuldigten eine Abschrift zugesandt oder zugestellt wird. Die Abschrift ist, wie das im Behördenverkehr selbstverständlich ist, zu beglaubigen. Es ist unschädlich, wenn dem Beschuldigten statt der beglaubigten Abschrift eine Ausfertigung des Haftbefehls erteilt wird. Die Abschrift erhält der Verhaftete von Amts wegen, doch ist dieser Akt keine Voraussetzung des weiteren Verfahrens. Demzufolge kann der Beschuldigte auf die Abschrift verzichten. 5 Ihm einen Verzicht nahezulegen, widerspräche jedoch der Absicht des Gesetzgebers. 6
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Absatz 2 enthält keine Zeitangabe, ist aber nach dem Zweck der Vorschrift dahin zu verstehen, dass der Beschuldigte die Abschrift unverzüglich 7 erhält, wenn er verhaftet wird. Dazu ist dem Beamten, der mit der Verhaftung beauftragt ist, eine Abschrift mitzugeben (vgl. auch Nr. 48 RiStBV). Ist das ausnahmsweise nicht möglich, z.B. weil der Haftbefehl fernschriftlich oder per Fax übermittelt wird und daher keine beglaubigte Abschrift erstellt werden kann, ist die Aushändigung auf dem schnellsten Wege nachzuholen. Auf jeden Fall muss der Beschuldigte die Abschrift in seiner Hand haben, bevor ihn der zuständige Richter nach § 115 Abs. 2, 3 vernimmt. Vor der Vernehmung durch den nächsten Richter (§ 115a Abs. 3 Satz 1, 2) sollte stets versucht werden, wenigstens eine unbeglaubigte Abschrift anhand eines Fernschreibens anzufertigen.
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Einem Ausländer, der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, ist der Haftbefehl in einer ihm verständlichen Sprache bekanntzugeben (Art. 5 Abs. 2 E M R K ; Nr. 181 Abs. 2 RiStBV). Mit der Abschrift des Haftbefehls ist ihm auch eine Übersetzung auszuhändigen. 8 Diese Auffassung ist verfahrensrechtlich 9 für den Regelfall 1 0 vertretbar, lässt sich jedoch nicht aus der E M R K ableiten. 11 Entsprechendes gilt für die Übersetzung sonstiger Haftentscheidungen. 12
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§ 114b (1) 'Von der Verhaftung und jeder weiteren Entscheidung über die Fortdauer der Haft wird ein Angehöriger des Verhafteten oder eine Person seines Vertrauens unverzüglich benachrichtigt. 2 Für die Anordnung ist der Richter zuständig. (2) Außerdem ist dem Verhafteten selbst Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens von der Verhaftung zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird.
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O L G Hamburg N S t Z - R R 2 0 0 3 3 4 6 ; K K / B o « jong 6 ; SKJPaeffgen 5 ; a.A. AK/Deckers 4 . S K / P a e f f g e n 5.
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S K I P a e f f g e n 5 ; vgl. auch Kay Die Polizei 1 9 9 0 151. J. Meyer Z S t W 9 3 ( 1 9 8 1 ) 5 2 5 ; Heldmann StV 1981 2 5 2 ; S K I P a e f f g e n 5; KYJBoujong 7;
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Meyer-Goßner 5 ; vgl. auch L R / W i c k e r n Erl. zu § 184 (25. Aufl. Vor § 1 8 4 , 3 ff. GVG); UUHilger Erl. zu § 4 6 4 a (25. Aufl. § 4 6 4 a ,
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12); Müller-Dietz (Kolloquium) 2 3 0 ; Kühl ZStW 100 (1988) 635. Näher dazu Heldmann StV 1981 2 5 2 . Einschränkend, insbesondere um Aufschub zu vermeiden, Basdorf GedS Meyer 19, 2 5 . S. auch LR/Esser Erl. zu Art. 5 E M R K ; IXJGollwitzer15 Art. 5, 9 2 , 9 7 E M R K . SKJPaeffgen 6 ; a.A. O L G Stuttgart Justiz 1 9 8 6 307.
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Schrifttum Händel Grundrechte im Widerstreit - Zum Verzicht des Inhaftierten auf Benachrichtigung von Angehörigen oder Vertrauenspersonen, FS Krebs (1969) 149; Kohlhaas Benachrichtigungspflicht bei Verhaftungen, NJW 1951 2 6 2 ; Kreß Das Wiener Konsularrechtsübereinkommen und das nationale Strafprozessrecht, GA 2 0 0 4 691; Lorenzen Die Nachricht von der Verhaftung, SchlHA 1959 163; Wagner und Dünnebier Die Benachrichtigung gemäß Art. 104 Abs. 4 GG, § 114a StPO, J Z 1963 689, 693.
Entstehungsgeschichte. Durch Abschnitt A Nr. 2 des StPÄG vom 27.12.1926 (RGBl. I 529) wurde als § 114a eine dem jetzigen § 114b Abs. 2 entsprechende Bestimmung eingefügt. Statt „Person seines Vertrauens" war von „anderen Personen" die Rede. Die Benachrichtigung war auf Verlangen des Verhafteten von Amts wegen zu bewirken. Absatz 1 ist durch Art. 3 Nr. 4 5 VereinhG eingefügt worden mit dem Ziel, § 114a an Art. 104 Abs. 4 GG anzugleichen. Satz 2 des Absatzes 1 wurde eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964; die Einfügung sollte nur eine schon bestehende Rechtslage 1 klären. 2
Übersicht Rn.
Rn. 1. 2. 3. 4.
Sinn der Vorschrift Verhaftung Weitere Entscheidungen Angehöriger oder Vertrauter a) Angehöriger b) Personen des Vertrauens 5. Benachrichtigungspflicht {Absatz 1 Satz 1) 6. Keine Ausnahmen
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1 6 8 7. 8. 9. 10. 11.
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a) Grundsatz b) Gefährdung der Staatssicherheit c) Sonstige Gründe Verfahren Zuständigkeit (Absatz 1 Satz 2) Zugangsbrief (Absatz 2) Beschwerde Weitere Mitteilungen
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1. Sinn der Vorschrift. Absatz 1 verwirklicht das Gebot des Art. 104 Abs. 4 GG im Strafverfahren. Nach Zweck und Entstehungsgeschichte der doppelfunktionalen Vorschrift 3 dient sie dem öffentlichen Interesse (Rn. 16) 4 und ist zugleich eine Schutzvorschrift für den Beschuldigten, 5 ein mit der Verfassungsbeschwerde durchsetzbares subjektives öffentliches Recht. 6 Durch die Benachrichtigung soll verhindert werden, dass die Staatsgewalt Menschen spurlos verschwinden lässt. Jedermann soll sicher sein können, dass über eine Haft ein Angehöriger oder ein Vertrauter des Inhaftierten informiert sind. Letztlich besagt die Norm, dass es kein Geheimverfahren gibt. Sie dient, wie das Prinzip der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 GVG), in dessen Kreis sie gehört, 7 dem Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit der Strafrechtspflege. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Strafverfolgungsbehörden und die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens soll gewährleistet wer-
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BVerfGE 16 123. BTDrucks. ΠΙ 2037, S. 21. SYJPaeffgen 2. Vgl. LG Frankfurt NJW 1959 61; Daliinger SJZ 1950 738; Lorenzen SchlHA 1959 167; Sommermeyer NJ 1992 339; KK/Boujong 1; Meyer-Goßner 1; s. auch von Mangoldt Art. 104, 2; Maunz/Dürig Art. 104, 43; von Münch/Kunig Art. 104, 34; Wagner J Z 1963
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691 (der verfassungsrechtliche Streit, welcher Zweck im Vordergrund steht, kann hier offen bleiben). SYJPaeffgen 2; AK/Deckers 1; von Münch/ Kunig Art. 104, 36; s. auch Rüping FS Hirsch 972; zur Praxis vgl. Gebauer 225. BVerfGE 16 122. Lorenzen SchlHA 1959 167.
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den. 8 Außerdem soll der Beschuldigte, durch die Haft in seinen Handlungsmöglichkeiten beschränkt, dem Verfahren nicht hilflos ausgesetzt sein. Für den Verhafteten äußert die Vorschrift zwei Folgen, die seine Interessen verschieden, teils gegensätzlich, berühren: Auf der einen Seite garantiert sie ihm, dass er Beistand von außen erbitten kann, auf der anderen Seite beschränkt sie seine Befugnis, die Haft geheimzuhalten. Trotz eines der Benachrichtigung entgegenstehenden Interesses kann er wegen des öffentlichen Interesses daran nicht darauf verzichten, dass der Vorschrift Genüge getan wird. Das Opfer, das vom Beschuldigten hiermit verlangt wird, ist jedoch nicht größer als das, was jeder Angeklagte erbringen muss, wenn er sich in öffentlicher Hauptverhandlung verteidigen muss. Durch die Möglichkeit, eine Vertrauensperson zu benennen, wird seinen Interessen soweit als möglich Rechnung getragen. Aber ausschlaggebend ist nicht sein Interesse, sondern das der Allgemeinheit.
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Das BVerfG spricht, wenn eine Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Art. 104 Abs. 4 GG begründet ist, nur aus, dass die Unterlassung der Benachrichtigung das Grundrecht des Verhafteten verletzt habe. 9
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Das subjektiv-öffentliche Recht (Rn. 1) gilt nicht für Dritte, 10 auch nicht für Angehörige des Inhaftierten. Zu Auskünften gemäß Art. 6 Abs. 1, 3 GG an Ehepartner und an Eltern minderjähriger Inhaftierter vgl. Rn. 36, 37.
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Absatz 2 gewährt dem Beschuldigten - unabhängig von der Benachrichtigungspflicht des Absatzes 1 - ein individualschützendes Benachrichtigungsrecht. Zu dessen Bedeutung vgl. Rn. 29.
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2. Verhaftung ist jede in der Strafprozessordnung geregelte Festnahme zu dem Zweck, einen Beschuldigten für das Strafverfahren festzuhalten. Außer der Untersuchungshaft (§ 114) zählen hierher die Ungehorsamshaft (§ 230 Abs. 2, § 236; § 329 Abs. 4 Satz 1) - nicht aber die in den genannten Vorschriften geregelte bloße Vorführung - und die Sicherungshaft nach § 453c zufolge der ausdrücklichen Anordnung in § 453c Abs. 2 Satz 2. Verhaftung ist auch der Haftbeginn in einer Sache, für die bisher Überhaft notiert war, nach Beendigung der alten Haft (Vor § 112, 50 ff.). Das Festhalten einer Person zur Feststellung ihrer Identität ist keine Verhaftung, doch hat die festgehaltene Person die gleichen Benachrichtigungsrechte (§ 163c Abs. 2).
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Die vorläufige Festnahme (§ 127) ist nur eine einstweilige Maßnahme, die alsbald ihr Ende finden oder in Untersuchungshaft übergehen muss. Sie löst die Benachrichtigungspflicht noch nicht aus. 11 Nach dem Standort bezieht sich die Vorschrift nicht auf Strafhaft (§ 457), Ordnungshaft (z.B. § 70 Abs. 1; § 178 GVG), Erzwingungshaft (§ 70 Abs. 2) und Haft der Sitzungspolizei (§ 164; § 177 GVG).
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3. Weitere Entscheidungen über die Fortdauer der Haft sind solche, mit denen die Fortdauer ausdrücklich beschlossen (§ 207 Abs. 4, § 268b), der Haftbefehl von dem Richter beim Amtsgericht, dem mit der Sache befassten Gericht (§ 115 Abs. 4, § 117, § 118 Abs. 1, § 118a Abs. 4) oder in dem besonderen Verfahren der §§ 121, 122 1 2 auf-
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Lorenzen SchlHA 1959 167. BVerfGE 16 119, 123; 38 32, 34; s. auch BbgVerfG NStZ-RR 2 0 0 0 185 (nachträgliche Verfassungsbeschwerde). SK/Paeffgen 2.
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KKJBou/ong 2; Meyer-Goßner 2; SYJPaeffgen 3; Kohlhaas NJW 1951 2 6 2 ; a.A. Lang DJZ 1972 782; Benfer JuS 1983 114. Vgl. BVerfGE 38 34.
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rechterhalten oder die Beschwerde (§ 304 Abs. I ) 1 3 oder weitere Beschwerde (§ 310 Abs. 1) gegen einen Haftbefehl oder gegen eine der vorgenannten Entscheidungen verworfen wird (S 3 0 9 Abs. 1, § 310). 1 4 Entscheidungen, die die Haft beenden, sei es endgültig (§ 120, § 121 Abs. 2 erster Halbsatz), sei es vorläufig (§ 116), fallen nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift nicht unter Absatz 1 Satz l . 1 5 Denn diese soll nicht den Aufenthalt des Beschuldigten nachweisen, sondern sicherstellen, dass die Verhaftung, die Haft und ihre Fortdauer einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson bekanntwerden. Jedoch dürfen die Entlassung und in der Regel auch die Entlassungsanschrift dem benachrichtigten Angehörigen mitgeteilt werden, wenn er darum nachsucht. Das Dienstgeheimnis verbietet, da diesem durch die Nachricht von der Verhaftung die Haft bekannt ist, es nicht, diesem auch ihr Ende mitzuteilen. In seltenen Fällen kann aber der Wille des Entlassenen erkennbar sein, dass er seine Anschrift nur den Behörden anvertrauen will. 4. Angehöriger oder Vertrauter
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a) Der Begriff Angehöriger ist, weil das Gesetz keine Begriffsbestimmung gibt, durch Auslegung zu bestimmen. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann, weil er in einem der hier geregelten Materie fremden Zusammenhang steht, nicht angewendet werden; Gleiches gilt für den engen Begriff des Angehörigen in § 52 Abs. I . 1 6 Nach dem Zweck der Vorschrift und wegen der Zusammenstellung mit dem Wort „Vertrauensperson" ist der Begriff im weitesten Sinne zu verstehen. Demnach sind selbst Personen, die nur in einem entfernten Grade oder auch gar nicht mit dem Betroffenen verwandt oder verschwägert sind, Angehörige im Sinn des Absatzes 1. Namentlich zählen hierzu der Ehegatte sowie Adoptiv- und Pflegeeltern.
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b) Personen des Vertrauens sind u.a. Freunde, Vereins- und Parteimitglieder, Berufskollegen, Seelsorger, u.U. auch berufliche Vorgesetzte, bei Ausländern der zuständige Konsul. Der Wahlverteidiger ist stets als Vertrauensperson anzusehen, der Pflichtverteidiger dann, wenn der Beschuldigte sich ihn selbst als Pflichtverteidiger gewünscht hat oder wenn er ihn als Vertrauensperson bezeichnet. 17 Bei Flüchtlingen kann u.U. auch die Benachrichtigung einer Organisation als Vertrauensperson in Betracht kommen. Die Vertrauensperson entscheidet aus eigener Entschließung, ob sie Angehörige benachrichtigt, wann und welche von ihnen. Sie hat die Wünsche des Beschuldigten zu beachten, ist aber von diesen und von der Auffassung des Gerichts unabhängig.
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5. Benachrichtigungspflicht (Absatz 1 Satz 1). Nach dem Sinn der Vorschrift ist die Pflicht zur Benachrichtigung zwingend; sie unterliegt nicht dem Willen (Verzicht, Widerspruch) des Beschuldigten. 18 Die Gegenmeinung, die Ausnahmen zugesteht, namentlich
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BVerfGE 16 123. S. auch BbgVerfG NStZ-RR 2 0 0 0 185. KK/Boujong 3; SKIPaeffgen 3; Meyer-Goßner 3; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 6; Kleinknecht/ Janischowsky 163. Meyer-Goßner 4; Sommermeyer NJ 1992 3 3 9 Fn. 72. BVerfGE 16 124; s. auch BbgVerfG NStZ-RR 2 0 0 0 185 (Zweifel des Gerichts an der Vertrauensbeziehung).
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LG Frankfurt NJW 1 9 5 9 61; Dünnebier J Z 1963 693; Schlächter 2 2 5 ; Henkel § 67 Α III 3; Peters $ 4 7 A V c; Eb. Schmidt Nachtr. I 5; Roxin § 30, 25; Schäfer 5 2 4 ; KK/Boujong 5; KMRJWankel 3; Meyer-Goßner 6; SKJPaeffgen 4; AK/Deckers 2; Dalcke/Fuhrmann 4; Dallinger SJZ 1950 738; Erdsiek NJW 1959 232; Lorenzen SchlHA 1959 163; Benfer JuS 1983 114; Born J R 1983 56; Sommermeyer NJ 1992 339; zur Praxis vgl. Gebauer 225.
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einen Widerspruch des Beschuldigten beachtet wissen w i l l , 1 9 geht im Wesentlichen von der Auffassung aus, als Gesetzeszweck stehe im Vordergrund das Interesse des Verhafteten. Diese Ansicht wird indessen widerlegt durch den Z w e c k der Vorschrift, nach dem System der beiden Vorschriften über die Haftbenachrichtigung und aus der Entstehungsgeschichte des Art. 1 0 4 Abs. 4 G G . 2 0 Technische Schwierigkeiten, denen zuweilen Gewicht beigemessen wird, müssen, um dem Verfassungsbefehl zu genügen, überwunden werden ( R n . 2 1 ) . Die Polizei ermittelt häufig erfolgreich Angehörige; Gleiches muss dem Richter, w e n n der Verhaftete schweigt, auch möglich sein. Die Benachrichtigung darf namentlich nicht unterbleiben oder aufgeschoben werden, wenn durch sie der Untersuchungszweck gefährdet wird, wie ein Vergleich der Absätze 1 und 2 zweifelsfrei ergibt, 2 1 doch k a n n die Gefährdung dadurch gemildert werden, dass der Richter den E m p fänger der Mitteilung vorsichtig auswählt (Rn. 19, 2 2 ) .
6 . Keine Ausnahmen a) Grundsatz. Art. 1 0 4 Abs. 4 G G gehört zu der wertgebundenen O r d n u n g des Grundgesetzes. Dieses bestimmt selbst, inwieweit wegen des mit Art. 1 0 4 Abs. 4 G G erstrebten Z w e c k s die Freiheit des Individuums zurückzutreten habe. D a h e r ist es abzulehnen, das Grundgesetz aus Erwägungen einzuschränken, die dem Grundgesetzgeber b e k a n n t gewesen sind oder grundsätzlich hätten in Betracht gezogen werden k ö n n e n .
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b) Gefährdung der Staatssicherheit. Eine Ausnahme gilt auch dann nicht, wenn zu befürchten ist, dass die Sicherheit des Staates gefährdet werde. D a s s eine solche Gefährdung eintreten k a n n , wenn die Benachrichtigung z.B. in die H a n d eines fremden N a c h richtendienstes fällt, wird - wenn auch nur in seltenen Fällen - nicht auszuschließen sein. Keine in diesen Z u s a m m e n h ä n g e n beachtliche Staatsgefährdung wäre zwar der Verlust möglicher nachrichtendienstlicher Gewinne, die einzubringen wären, wenn die Verhaftung u n b e k a n n t bliebe. Eine schwerwiegende Gefährdung der Staatssicherheit k ö n n t e jedoch vorliegen, wenn mit der Festnahme eigener Agenten zu rechnen wäre, falls diese nicht gewarnt werden k ö n n e n , bevor die Verhaftung des Beschuldigten bekannt wird.
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Auch in diesen und ähnlich schwerwiegenden Fällen k a n n jedoch nicht von der unverzüglichen Benachrichtigung abgesehen w e r d e n . 2 2 D e r Verfassungsgesetzgeber hat das G e b o t des Art. 1 0 4 Abs. 4 G G ohne Einschränkung aufgestellt. M i t Überlegungen, die er selbst anstellen k o n n t e , ist es nicht nachträglich einzuengen. Es ist k a u m anzunehmen, dass der Parlamentarische R a t , als er den Verfassungsbefehl des Art. 1 0 4 Abs. 4 G G statuierte, nicht auch an die besonderen Fallgestaltungen, Probleme und Gefahren im Z u s a m m e n h a n g mit Festnahmen im Interesse des Staatsschutzes gedacht hat. N a c h den Erfahrungen, die in der nationalsozialistischen Z e i t gemacht worden waren, wollte er im
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Gehrlein FS Boujong 773; Händel FS Krebs 161 und NJW 1959 544; Eckels NJW 1959 1908; Odersky MDR 1958 832; Wagner J Z 1963 690; Maunz/Dürig Art. 104, 43 (Widerspruch in Ausnahmefällen beachtlich); von Münch/Kunig Art. 104, 39; Rüping 222; Rüping FS Hirsch 972; s. auch Schlothauer/ Weider 332; BVerfGE 16 119, 122.
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Dünnebier J Z 1963 694; SYJPaeffgen 4; vgl. auch Kohlhaas NJW 1951 262. Nüse JR 1950 554; Loesdau MDR 1962 774; Meyer-Goßner 6; KK/Boujong 5. AK/Deckers 2; Meyer-Goßner 6; SKIPaeffgen 4; a.A. KKJBoujong 5; Kleinknecht/Janischowsky 163; LR/Wendisch 1 * 13.
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Grundsatz selbst eine unantastbare Sicherung schaffen. Daher kann man, wollte man aus Gründen der Staatssicherheit von einer Benachrichtigung - ganz oder zeitweise - absehen, nicht schlechthin davon ausgehen, dass der Tatbestand für den Gesetzgeber nicht voraussehbar war. Wer nun Art. 104 Abs. 4 GG in Staatsschutzsachen einschränken will, könnte sich allenfalls darauf berufen, seit 1949 seien Gefährdungen erwachsen, die sich der Verfassungsgesetzgeber nicht vorstellen konnte. Ob dies zu bejahen ist, erscheint zumindest derzeit und für die Bundesrepublik zweifelhaft. 23 16
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Benachrichtigung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Es stehen sich nicht allein ein Einzelinteresse und ein Allgemeininteresse gegenüber, sondern im Wesentlichen zwei Grundsätze, die gleichermaßen dem Interesse der Allgemeinheit dienen. Gerade in diesem Zusammenhang ist der Abwägung, die der Verfassungsgesetzgeber selbst getroffen hat, indem er davon abgesehen hat, den Tatbestand einzuschränken oder mit einem - an sich naheliegenden - Gesetzesvorbehalt zu versehen, besondere (abschließende) Bedeutung beizumessen.
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Entscheidend dürfte letztlich auch sein, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Prinzips des Art. 104 Abs. 4 GG jede Möglichkeit der Einschränkung bereits im Ansatz unterbunden werden sollte, namentlich, um der Befürchtung von Missbräuchen und unabsehbarer Entwicklungen (schleichender Aushöhlung) von vornherein vorzubeugen.
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Für diese (enge) Lösung spricht im Übrigen wohl auch die Entscheidung des Gesetzgebers zum Kontaktsperregesetz (§§ 31 ff. EGGVG), in dem er - trotz zahlreicher Beschränkungen zu Lasten des Inhaftierten - § 114b völlig unangetastet ließ.
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Eventuellen schwerwiegenden Gefahren für die Staatssicherheit müsste also notfalls in anderer Weise, ggf. durch Auswahl der zu benachrichtigenden Personen (Rn. 22) begegnet werden.
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c) Sonstige Gründe. Ebensowenig können Einschränkungen aus anderen Gründen gebilligt werden. Nicht nur Rücksichten auf Ruf, Fortkommen, Familienwohl und ähnliches scheiden aus, sondern auch schwerwiegende Gründe, wie z.B. notstandsähnliche Situationen, 24 schwerwiegende Gefährdungen Dritter 2 5 (etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität), „übermäßige" Eingriffe in grundgesetzlich geschützte Sphären 2 6 durch die Benachrichtigung oder ihre Folgen. Hier gilt das zuvor Gesagte entsprechend. Private Interessen müssen hinter dem in Art. 104 Abs. 4 GG verankerten öffentlichen Interesse, der Erfüllung des grundgesetzlichen Auftrages, zurückstehen. Solchen Gefahren und Interessenkonflikten, die in der Praxis selten sein dürften, muss in anderer Weise, unter anderem durch Auswahl der zu benachrichtigenden Personen und effektive präventivpolizeiliche Maßnahmen begegnet werden.
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7. Verfahren. Die Benachrichtigung ist unverzüglich, d.h. ohne jede nicht durch die Sachlage gerechtfertigte Verzögerung (§ 115, 9) zu geben, also so bald als möglich. Zustellung an den Verteidiger in der Zeit von zwei Wochen ist Grundrechtsverletzung. 27 Das Gebot der Unverzüglichkeit gilt auch in den in Rn. 13 bis 20 genannten Fällen. Überlässt der Richter die Ausführung der Benachrichtigung der Geschäftsstelle (Rn. 25), so hat er diese zu kontrollieren. Der Richter hat ggf. - nicht in den Sachakten, sondern in
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A.A. UUWendisch24 14. A.A. KMR/Wankel 3; SK/Paeffgen 4. A.A.KKIBoujong 5; LYU Wendisch24 12.
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A.A. KKJBoujong 5; Kleinknecht/Janischowsky 163. BVerfGE 38 32; KKJBoujong 6.
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einem besonderen Vorgang - Ermittlungen nach Angehörigen anzustellen. 2 8 Er kann sie unterlassen, wenn der Beschuldigte keinen Namen benennt und auch sonst keine Anhaltspunkte gegeben sind; das wird selten der Fall sein. Anhaltspunkte können bei Vorbestraften dem Strafregisterauszug, den Vor- und Anstaltsakten, bei Erstbestraften Vorgängen des Jugendrichters zu entnehmen sein. Die besonderen Vorgänge werden nach Erledigung zu den Sachakten genommen. Mittel der Benachrichtigung ist zweckmäßig eine schriftliche Mitteilung, doch kann u.U. - etwa im Interesse der Beschleunigung eine mündliche (telefonische) Benachrichtigung - etwa an den Verteidiger - geboten sein. Die Mitteilung beschränkt sich auf die Tatsache, dass der Beschuldigte verhaftet, eine Haftbeschwerde verworfen sei usw. und den Aufenthaltsort (Vollzugsanstalt); die Haftgründe werden schon mit Rücksicht auf das Dienstgeheimnis nicht mitgeteilt. Den Empfänger der Benachrichtigung bestimmt grundsätzlich der Richter. Er hat jedoch dem Wunsch des Inhaftierten Rechnung zu tragen, 2 9 falls dies möglich ist. Der Inhaftierte kann ein erhebliches Interesse daran haben, dass seine Verhaftung bestimmten Angehörigen nicht bekannt wird; deshalb ist es unzulässig, einen bestimmten Angehörigen zu benachrichtigen, wenn der Inhaftierte diese Person abgelehnt h a t . 3 0 Auch wer Vertrauensperson ist, ist vom Standpunkt des Beschuldigten aus zu beurteilen. 31 Der Wahlverteidiger ist grundsätzlich Vertrauensperson, der Pflichtverteidiger jedenfalls dann, wenn seine Person auf Vorschlag oder im Einverständnis des Beschuldigten bestimmt wurde. 3 2 Die Benachrichtigung einer anderen Person (Angehöriger oder Vertrauensperson) als der vom Inhaftierten vorgeschlagenen ist zum Beispiel zulässig, wenn dies zur Abwendung der in den Rn. 13 bis 2 0 bezeichneten Gefährdungen, der Gefährdung des Untersuchungszwecks oder wegen sonstiger überwiegend öffentlicher oder privater Interessen unerlässlich ist. 3 3 Erst wenn der Inhaftierte keine geeignete Person benennen kann oder will, darf der Richter Vorschläge unterbreiten; 3 4 lehnt der Inhaftierte diese ab, so ist der Richter in seiner Auswahl frei. 3 5
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8. Zuständigkeit (Absatz 1 Satz 2). Zuständig, die Benachrichtigung anzuordnen, d.h. den Empfänger und das Benachrichtigungsmittel zu bestimmen, ist der Richter, 3 6 im Kollegialgericht der Vorsitzende, in keinem Fall der Staatsanwalt, eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft oder ein Polizeibeamter (Rn. 27). Dem Richter allein steht das Recht zu, den Empfänger der Nachricht auszuwählen (vgl. aber Rn. 22).
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Die erste Nachricht erlässt der Richter, dem der ergriffene Beschuldigte nach § 115 Abs. 1 unverzüglich, nachdem er verhaftet worden ist, zugeführt wird. Wird der Beschuldigte nicht vor den zuständigen, sondern vor den nächsten Richter gebracht (§ 115a Abs. 1), gibt dieser Richter die Nachricht, wenn er das alsbald tun kann. Sind dazu Ermittlungen erforderlich, kann er diese und die Benachrichtigung dem zuständigen Rich-
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KKIBoujong 4; KMR/Wankel 3; UK! Lemke 6; Ranft 669; a.A. Meyer-Goßner 4; Eckels NJW 1959 1908; Wagner JZ 1963 690; vgl. auch SYJPaeffgen 4 (keine Nachforschungen gegen den Willen des Inhaftierten). SYJPaeffgen 4; KMR/Wankel 2; KKIBoujong 4; Benfer JuS 1983 114; Schlothauer/Weider 332; a.A. LKJWendisch14 17; Meyer-Goßner 4. SYJPaeffgen 4. KYJBoujong 4; Kleinknecht/Janischowsky 164.
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Vgl. BVerfGE 16 119, 123; BbgVerfG NStZ 2000 185. Vgl. KMR/Wankel 3; KYJBoujong 4; Kleinknecht/Janischowsky 164; Benfer JuS 1983 114; Kern MDR 1950 585; a.A. wohl SYJ Paeffgen 4. SYJPaeffgen 4. Vgl. SYJPaeffgen 4. Vgl. Schlothauer/Weider 332 (zur zusätzlichen Benachrichtigung durch den Verteidiger).
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§ 114b ter überlassen. Welcher bestimmt § 126; werden Verfahren nach §§ 121, nach § 121 Abs. 4 Satz 2
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Richter in den einzelnen Verfahrensabschnitten zuständig ist, Haftbeschwerden verworfen, ist es das Beschwerdegericht; 3 7 im 122 das Oberlandesgericht, wenn nicht der Bundesgerichtshof zuständig ist. 3 8
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Behält sich der Richter die Benachrichtigung nicht selbst vor, führt sie die Geschäftsstelle aus. Die auf § 36 Abs. 1 a.F. gestützte Ansicht, dass das Gericht die von ihm angeordnete Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft überlassen könne, 3 9 ist auf jeden Fall durch die jetzige Fassung des § 36 überholt, wonach der Vorsitzende die Zustellung von Entscheidungen anordnet und die Geschäftsstelle (des Gerichts) sie bewirkt. Was für Entscheidungen verordnet ist, gilt ebenso - in Abweichung vom früheren Recht - für Ladungen (§ 214 Abs. 1). Aus diesen beiden, die Hauptfälle umfassenden Bestimmungen ist der Grundsatz zu entnehmen, dass richterliche Anordnungen, soweit sie nicht der Vollstreckung bedürfen (§ 36 Abs. 2 Satz 1), von der Geschäftsstelle des Gerichts ausgeführt werden, die sich dazu anderer Beamten (z.B. Gerichtswachtmeister) und Stellen (z.B. Post) bedienen kann.
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Der Staatsanwalt wird die Benachrichtigung beantragen, wenn der Richter sie unterlassen hat, damit er sie ggf. durch Beschwerde erzwingen kann. Auch die dazu ergehenden Vorgänge sollten zunächst getrennt von den Hauptakten geführt werden, damit die Akten nicht dem Verfahren entzogen werden (Rn. 21).
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Abzulehnen ist die gelegentlich zu beobachtende Praxis der Polizei, 40 selbst - gestützt auf einen Erlass des Innenministers - Angehörige eines Inhaftierten zu informieren. 4 1 Abgesehen davon, dass für diese persönlichkeitsrechtlich relevante Informationsübermittlung die erforderliche gesetzliche Grundlage in der Strafprozessordnung fehlt, kann eine solche Praxis auch zu erheblichen Gefährdungen öffentlicher oder privater Interessen führen, wenn der Polizei die für eine Beurteilung und Abwägung der Interessen (Rn. 2 2 ) erforderlichen Erkenntnisse - mangels Überblick über den Ermittlungsstand und die weiteren Zusammenhänge des Verfahrens (Falles) - fehlen.
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Hat die Polizei dennoch die Benachrichtigung ausgeführt, so hat der Richter deren Zugang zu überprüfen; nur wenn dieser festzustellen ist, kann er von der Benachrichtigung absehen. 4 2
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9. Zugangsbrief (Absatz 2). Die Vorschrift war sinnvoll, solange der Beschuldigte verlangen konnte, dass an seiner Stelle der Richter die Angehörigen benachrichtigte. Seitdem diese Benachrichtigung durch Einfügung des Absatzes 1 zu einer selbständigen, vom Willen des Beschuldigten unabhängigen richterlichen Pflicht erhoben worden ist, hat Absatz 2 nur noch einen recht beschränkten Inhalt. 4 3 Denn der Verhaftete kann jederzeit schreiben. Zwar ist es in sehr engen Grenzen zulässig, den Briefverkehr zu beschränken (§ 119, 66), doch ist es unzulässig, Mitteilungen abzuschneiden, mit denen der Verhaftete seine Beziehungen zur Außenwelt sichern will. M a n mag daher den Sinn der veralteten Vorschrift darin sehen, dass Beschränkungen des Briefverkehrs, die von Gesetzes wegen etwa zulässig sind, auf den Zugangsbrief keine Anwendung finden, soweit Absatz 2 letzter Halbsatz nicht selbst welche zulässt, und dass der Staat Schreibbedarf zu geben und
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BVerfGE 16 123. BVerfGE 38 34. BVerfGE 38 34. Vgl. Kay Die Polizei 1990 154. Offener: Münchhalffen/Gatzweiler
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SKJPaeffgen 7; a.A. wohl Meyer-Goßner 7; Kohlhaas NJW 1951 262; Maunz/Dürig Art. 104, 43. Vgl. auch Seebode (Vollzug) 121.
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das Porto zu tragen hat, wenn es dem Beschuldigten daran mangelt (vgl. Nr. 2 9 Abs. 1 Satz 4 , Abs. 3 Satz 2 UVollzO). Allerdings ist sie auch für die Auslegung des Absatzes 1 von Bedeutung (Rn. 12). Die Vorschrift will dem Verhafteten die Möglichkeit geben, seine Angehörigen oder Vertrauten zu beruhigen, sie um Beistand zu bitten und Vorsorge für seine persönlichen Angelegenheiten (Miete, Arbeitsplatz, Autoabmeldung) zu treffen. Damit dient sie den Interessen des Verhafteten. Wegen dieses Zwecks steht sie völlig selbstständig neben Absatz 1, der öffentliche Interessen sicherstellt. Aus dieser Selbständigkeit folgt: Weder kann der Richter von der Benachrichtigung nach Absatz 1 absehen, weil der Beschuldigte ihm seine eigene zur Postkontrolle und Beförderung übergibt, noch kann dem Beschuldigten seine Benachrichtigung nach Absatz 2, der sog. Zugangsbrief, mit der Begründung versagt werden, dass schon amtliche Nachricht ergangen sei.
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Während nach Absatz 1 eine dauernde Benachrichtigungspflicht bei allen Entscheidüngen über die Fortdauer der Untersuchungshaft besteht, ist das Recht auf den Zugangsbrief einmalig und auf den Zeitpunkt der Verhaftung beschränkt. Dem Beschuldigten ist Gelegenheit zu geben, sein Recht auszuüben; dazu ist ihm Briefpapier und sonstiger Schreibbedarf und, wenn er mittellos ist, Porto zur Verfügung zu stellen (Rn. 29). Auf eigene Kosten kann er sich auch des Fernsprechers oder anderer Kommunikationsmittel bedienen, wenn er dringende Anordnungen zu treffen hat.
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Der Untersuchungszweck darf der Benachrichtigung nicht entgegenstehen. Daher darf der Beschuldigte zum Beispiel nicht an Tatgenossen schreiben. Erfordert es der Untersuchungszweck, die Verhaftung geheimzuhalten (eine Bande soll unsicher werden und auffliegen), so kann dieser Zweck nur dadurch berücksichtigt werden, dass die Auswahl der Empfänger beschränkt wird; soweit unerlässlich, ist auch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Schreibens zulässig. 44 Beseitigt werden darf das Recht des Verhafteten auf den Zugangsbrief aber nicht. 4 5 Denn Absatz 1 schließt die Geheimhaltung der Verhaftung aus und äußert insoweit seine Wirkung auch auf Absatz 2.
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Außerdem darf die Wahrnehmung des Rechtes auf Zugangsbrief nicht dazu führen, dass richterliche Maßnahmen unterlaufen werden, die den Zweck verfolgen, eine Gefährdung öffentlicher oder privater Interessen infolge der Benachrichtigung nach Absatz 1 zu vermeiden (Rn. 13 bis 2 0 , 22). In diesen Fällen geht es zwar nicht um Gefährdungen des Untersuchungszwecks, jedoch ist auch insoweit - in analoger Anwendung des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 - eine Einflussnahme auf den Inhalt des Schreibens und die Auswahl des Empfängers zulässig. Ggf. zu Absatz 2 erforderlich werdende Entscheidungen trifft der Richter.
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10. Beschwerde. Gegen die Entscheidung, dass keine Benachrichtigung gegeben werde, und gegen die Ablehnung, einen Zugangsbrief zu befördern, ist - wegen des öffentlichen Interesses unabhängig davon, ob eine der beiden Benachrichtigungen schon gegeben i s t 4 6 - Beschwerde der Staatsanwaltschaft und des Verhafteten statthaft. Die Beschwerde ist auch gegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts (§ 3 0 5 ) gegeben, weil diese nicht der Urteilsvorbereitung dienen. Sie ist auch in den Fällen des § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 , Abs. 5 zulässig, weil die Entscheidung durch ihren engen Zusammenhang mit
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SKJPaeffgen 9; KK/Bou/ong 9;
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A.A. wohl Seebode (Vollzug) 121 Fn. 52. Vgl. auch § 119, 68 ff.
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KKIBoujong 11; SKJPaeffgen 10; KMR/Wankel 7; a.A. Meyer-Goßner 10; Eb. Schmidt Nach«. I 14.
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dem tatsächlichen Freiheitsentzug (Rn. 6) die Verhaftung betrifft; 4 7 jedenfalls eine grundsätzliche Unzulässigkeit der Beschwerde in den Fällen des Absatzes 1 wäre kaum vereinbar mit der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung dieser Vorschrift. 4 8 Aus demselben Grund ist weitere Beschwerde (§ 310) zulässig. 49 Die Beschwerde ist im Fall des Absatzes 1 nicht nur zulässig, wenn das Gericht es ausdrücklich ablehnt, Benachrichtigung zu geben, sondern auch, wenn es die vorgeschriebene Benachrichtigung unterlässt, Denn das Gericht bringt, wenn es von dem Verfassungsbefehl abweicht, eine ablehnende Verfügung zum Ausdruck. Der Staatsanwaltschaft, die in solchen Fällen in erster Linie zur Beschwerde verpflichtet ist, steht es indessen, ebenso wie dem Verhafteten, frei, eine ausdrückliche Entscheidung nachzusuchen. 35
Da Absatz 1 auf dem Grundgesetz beruht (Art. 104 Abs. 4 GG), wird die Staatsanwaltschaft Beschwerde einzulegen haben, wenn das Gericht es unterlässt, die Benachrichtigung von Amts wegen zu geben. Dem Nebenkläger steht keine Beschwerde zu; er ist nicht beschwert. Auch übergangene Angehörige oder Vertrauenspersonen haben kein Beschwerderecht; sie sind, weil der einzelne aus dem Kreis der möglichen Nachrichtenempfänger kein Recht hat, dass gerade er benachrichtigt werde, nicht betroffen i.S. des § 3 0 4 Abs. 2 (Rn. 4 ) . 5 0
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11. Weitere Mitteilungen. Die Verhaftung eines Jugendlichen und Heranwachsenden sowie der Haftort sind dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter mitzuteilen (vgl. Art. 6 Abs. 3 GG). Handelt es sich nicht um eine Mitteilung nach Absatz 1, so gilt die Einschränkung des Absatzes 2 entsprechend. 51
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Ehepartner sind berechtigt, unabhängig von Absatz 1 Auskunft über den Haftort zu verlangen (Art. 6 Abs. 1 GG), sofern nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprechen. 5 2
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Zu den Aufgaben der diplomatischen oder konsularischen Vertretungen gehört es, den Angehörigen des von ihnen vertretenen Staates und ihren sonstigen Schutzbefohlenen Rat und Beistand zu gewähren. Einem Ausländer, der in Haft genommen wird, ist daher zu gestatten, die Vertretung seines Landes schriftlich oder telegrafisch von der Verhaftung und von seinem Aufenthaltsort selbst zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird (Nr. 135 Abs. 1 RiVASt). Gegenüber einzelnen Staaten besteht die vertragliche Verpflichtung, die konsularische Vertretung von Amts wegen zu benachrichtigen. Nach Art. 3 6 Abs. 1 Buchst, b des WÜK 5 3 ist jede konsularische Vertretung auf Verlangen des Verhafteten unverzüglich (§ 115, 9) zu benachrichtigen. 54 Um die Aufgaben der konsularischen Vertretungen zu erleichtern, wird das Abkommen allgemein angewendet, ohne zu prüfen, ob das Heimatland dem Abkommen
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SK/Paeffgen 10; a.A. KK/Boujong 11; LR/ Wendisch24 26; wohl auch LR/Matt 1 5 § 304, 74 ff., 81; § 310, 29 ff.; vgl. auch § 116, 38 ff. Vgl. auch SYJPaeffgen 10; Eb. Schmidt Nachtr. I 13. SK/Paeffgen 10; Eb. Schmidt Nachtr. 113; a.A. KK/Boujong 11; AK/Deckers Vorbem. 13; KMR/Wankel § 115, 15; Meyer-Goßner 10; HK/Lemke 16; LR!Wendisch24 26; wohl auch UUMatt25 % 310, 29 ff.; s. auch § 116, 38 ff. YYJBoujong 11; Meyer-Goßner 10; S K / P a e f f gen 10; KMR/Wankel 10.
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SYJPaeffgen 5; vgl. auch Weinknecht 102. SYJPaeffgen 5. Vgl. dazu Gutachten des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 2.10.1999 - Rundschreiben Nr. 73/2000 der BRAK vom 29.8.2000 (Individualrecht/ Schutz der Menschenrechte); IGH EuGRZ 2001 287 mit Anm. Hillgruber J Z 2002 91. Zu Rechtsfolgen (Revision) bei Verstoß gegen Art. 36 WÜK s. BVerfG NJW 2007 499; BGH NStZ-RR 2003 375; StV 2003 57 mit Anm. Paulus; Kreß GA 2004 691 ff.; zur Belehrung s. §115, 22.
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beigetreten ist und es ratifiziert hat (vgl. auch Nr. 135 Abs. 1 RiVASt). Die Maßnahmen des Heimatlandes werden sich oft danach richten, was dem Verhafteten vorgeworfen wird. Es bestehen keine Bedenken, das mitzuteilen, aber nur, wenn der Verhaftete zustimmt. Dazu ist er zu befragen, wenn er über sein Recht unterrichtet wird, die Benachrichtigung zu verlangen. Die Benachrichtigung obliegt dem Gericht, bei Haftbefehlen nach § 4 5 7 der Vollstreckungsbehörde.
§ 115 (1) Wird der Beschuldigte auf Grund des Haftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich dem zuständigen Richter vorzuführen. (2) Der Richter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tage, über den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen. (3) } Bei der Vernehmung ist der Beschuldigte auf die ihn belastenden Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. 2 Ihm ist Gelegenheit zu geben, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen. (4) Wird die Haft aufrechterhalten, so ist der Beschuldigte über das Recht der Beschwerde und die anderen Rechtsbehelfe (§ 117 Abs. 1, 2, § 118 Abs. 1, 2) zu belehren. Schrifttum Deckers Verteidigung beim ersten Zugriff der Polizei, NJW 1991 1151; v. Dellingshausen Zum Anwesenheitsrecht eines Mitbeschuldigten bei der richterlichen Vernehmung des anderen Mitbeschuldigten im Ermittlungsverfahren, FS Stree/Wessels 685; Dvorak Unverzüglichkeit der Vorführung vor den zuständigen Richter - nur eine unverbindliche Empfehlung für die Behandlung vorläufig festgenommener Personen? StV 1983 514; Endriss Vom Fragerecht des Beschuldigten im Vorverfahren, FS Rieß 65; Fischer Zur Zuständigkeitsverteilung und Transportart zwischen „nächstem" und „zuständigem" Richter nach den §§ 115, 115a, StPO, NStZ 1994 321; Kropp Zur Haftbefehlszuständigkeit der Amtsgerichte nach §§ 115, 115a StPO, NJ 2 0 0 0 238; Küpper/Mosbacher Anwesenheitsrechte bei der richterlichen Vernehmung des Mitbeschuldigten - BGHSt 42, 391, JuS 1998 690; Larsen Zum Anwesenheitsrecht des Beschuldigten und seines Verteidigers bei der richterlichen Vernehmung des Mitbeschuldigten in analoger Anwendung des § 168c StPO, FS E. Müller 3; Lüderssen Kompetenzgrenzen des Haftrichters, FS Pfeiffer 239; Müller-Christmann Aktuelles Strafprozeßrecht, JuS 1998 154; Schlothauer Der Beweiserhebungsanspruch des Beschuldigten gegenüber dem Ermittlungsrichter (§ 166 Abs. 1 StPO), StV 1995 158; Schmitz Der verhaftete Beschuldigte und sein erster Richter (§§ 115, 115a StPO), NStZ 1998 165; Schramm/Bernsmann Haftrichter ohne Akten - rechtswidrige Zustände im Eildienst (§ 115 StPO), StV 2 0 0 6 442; Schulz Die analoge Anwendung des § 168c II StPO auf die Vernehmung des Mitbeschuldigten, StraFo 1997 294.
Entstehungsgeschichte. Wesentliche Teile der Vorschrift waren ursprünglich in § 114 Abs. 3 und § 115 geregelt. Durch das StPÄG vom 27. Dezember 1926 (RGBl. I S. 5 2 9 ) wurde ein Teil des Inhalts der jetzigen Absätze 1 bis 3 in § 114b zusammengefasst sowie durch Art. 1 Nr. StPÄG 1964 Absatz 3 in Übereinstimmung mit § 136 Abs. 1 gebracht und Absatz 4 angefügt. Die Rechtsmittelbelehrung war früher in § 114 Abs. 3, ab 1927 in § 115 für den Zeitpunkt der Bekanntmachung des Haftbefehls vorgesehen.
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Übersicht Rn. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Inhalt Haftbefehl Vorführung Vorführungsfrist Vorführung zum zuständigen Richter Zeitpunkt der Vernehmung
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Form der Vernehmung Inhalt der Vernehmung Entscheidung . . . . Rechtsmittelbelehrung Beschwerde Mehrere Haftbefehle
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1. Inhalt. Die Vorschrift beruht ursprünglich, wie auch die des § 115a, auf Art. 114 Abs. 2 WeimVerf. Danach war Personen, denen die Freiheit entzogen worden ist, unverzüglich Gelegenheit zu geben, Einwendungen gegen ihre Freiheitsentziehung vorzubringen. Dass sie dazu einem Richter vorzuführen waren, war nicht bestimmt, folgte aber jedenfalls für den Strafprozess aus der Tatsache, dass dort Verhaftungen, soweit sie nicht auf einem Strafurteil beruhen, nur ein Richter anordnen kann. Sie ist heute die verfahrensrechtliche Regelung zu Art. 103 Abs. 1, Art. 104 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GG, Art. 5 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Art. 6 Abs. 3 Buchst, a 1 E M R K . Ausdrücklich angeordnet wird die unverzügliche Vorführung vor einen Richter („oder einer anderen, gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Person") in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 E M R K . Dagegen bezieht sich Art. 104 Abs. 3 G G nur auf vorläufig Festgenommene; ihm entspricht § 128. Doch ist jener Verfassungsvorschrift der allgemeine Gedanke zu entnehmen, dass ein Verhafteter alsbald nach seiner Verhaftung Anspruch hat, richterlich gehört zu werden. 2
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Dieser Anspruch kann sinnvoll nur so erfüllt werden, dass der Beschuldigte dem Richter vorgeführt wird, der die Strafsache kennt und der zuständig ist, den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen (§ 116), den Haftbefehl aufzuheben (§ 120) und die Entscheidungen zu treffen, die sich auf die Untersuchungshaft beziehen (§ 126 Abs. 1 Satz 1). Demzufolge ist der Ergriffene grundsätzlich dem zuständigen Richter vorzuführen und nur hilfsweise (§ 115a Abs. 1, erster Halbsatz) dem Richter des nächsten Amtsgerichts (§ 115a Abs. 1 zweiter Halbsatz). S. auch § 127b, 2 8 . Die Informationspflichten nach § 115 Abs. 3 Satz 1 und auch nach § 115a Abs. 3 können das Akteneinsichtsrecht nach § 147 nicht ersetzen; sie stehen beide als unterschiedliche Konkretisierung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nebeneinander und ergänzen sich. 3
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2 . Haftbefehl. Das Verfahren findet Anwendung, wenn der Beschuldigte auf Grund eines Haftbefehls ergriffen wird. Es gilt für alle Haftbefehle (vgl. § 114 Abs. 1, § 127b Abs. 2 Satz 1, § 128 Abs. 1 Satz 2, § 2 3 0 Abs. 2, § 2 3 6 ; § 3 2 9 Abs. 4 Satz 1; § 4 5 3 c ) . 4 Es ist gleichgültig, ob der Haftbefehl erlassen worden ist oder vollstreckt wird, bevor die öffentliche Klage erhoben worden ist, oder nach diesem Zeitpunkt, solange nur noch die Untersuchung andauert, d.h. noch kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Unter Ergreifung ist die Festnahme des Beschuldigten durch die öffentliche Gewalt zum Zweck der Vollstreckung des Haftbefehls zu verstehen (§ 114, 28). Mit der Rechtskraft des Urteils erlischt sowohl die Möglichkeit, einen Haftbefehl zu erlassen, als auch die, ihn zu vollstrecken (Vor § 112, 57). Wegen zweier Ausnahmen s. § 112, 10 ff. Eine weitere Aus-
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S. dazu Frister StV 1998 159. Eb. Schmidt Nachtr. I 7; s. auch Bohnert GA 1995 468. Vgl. EGMR StV 2 0 0 1 201 ff.; s. auch StV
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1993 283 ff.; Kempf FS Rieß 222; Vor § 112, 4
23 ff. OLG Stuttgart MDR 1990 75 (zu § 230).
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nähme gilt für den nicht mehr der Untersuchung, sondern der Vollstreckung dienenden Haftbefehl des § 457 Abs. 1. Für diesen gelten, weil er nach beendeter Untersuchung ergeht, die §§ 115, 115a nicht. 5 § 115 ist auch anzuwenden, wenn der Haftbefehl geändert, 6 z.B. erweitert 7 oder ausgewechselt, nach Aufhebung ein neuer Haftbefehl erlassen 8 oder der Vollzug nach § 116 Abs. 4 angeordnet 9 wird. Sie gilt nicht, wenn der Beschuldigte nach der Vernehmung flieht und aufgrund des Haftbefehls erneut festgenommen wird. 10 Die Vorführung eines ohne Haftbefehl Festgenommenen (§ 127 Abs. 1 und 2; § 127b 4 Abs. 1) zum Richter ist für Festnahmen vor Klageerhebung in § 128 Abs. 1 und für solche nach Klageerhebung in § 129 geregelt. 3. Vorführung. Das Wort „vorführen" kann 1 1 nicht wörtlich genommen werden. 5 Denn der Vorführende kann nicht über die Zeit des Richters verfügen; bei größeren Gerichten hat er in der Regel gar nicht die Möglichkeit, mit dem Verhafteten selbst zum Richter zu gehen. Wo er es kann, ist es oft unangebracht, das zu tun, weil der Vorführund Überwachungsdienst auf die dienstlichen Bedürfnisse des Richters und des Gerichtspersonals abgestimmt und keinen Eingriffen zugänglich ist. Vorführen bedeutet daher, den Verhafteten in den Machtbereich des Richters zu bringen, 12 ihn dem Richter so zu überantworten, dass dieser die Möglichkeit erhält, über die Person des Verhafteten zu verfügen, d.h. ihn durch das Personal des Gerichts oder der Haftanstalt körperlich vor sich bringen zu lassen. Dazu ist der Verhaftete in der Regel in die für den Richter zuständige Untersuchungs- 6 haftanstalt einzuliefern und dem Richter die Möglichkeit zu verschaffen, von dem Beginn der Untersuchungshaft Kenntnis zu nehmen. Ob der Richter das tut, ist für die weitere Frist des Absatzes 2 gleichgültig. Der Richter hat dafür Sorge zu tragen, dass er sie innehält. Wenn die Polizei nach Dienstschluss keinen Notdienst vorfindet und die Akten mit der Nachricht, dass der Beschuldigte in die Untersuchungshaftanstalt eingeliefert sei, in den Briefkasten einwirft, ist der Beschuldigte vorgeführt. Es ist Sache des Richters, den Vorführungsdienst so zu regeln, dass er von den Vorführungsakten unverzüglich Kenntnis erhält. Die engere Auffassung, 13 der Richter sei umgehend von der Einlieferung zu informieren, dürfte nicht selten den Vorführenden und die Beamten der Vollzugsanstalt überfordern. Kann ein vorläufig Festgenommener nicht in den dienstlichen Machtbereich des Richters gebracht werden, etwa weil er im Anstaltslazarett oder in einem psychiatrischen Krankenhaus liegt, sind die Akten gleichwohl unverzüglich dem Richter vorzulegen (sog. symbolische Vorführung; Nr. 51 RiStBV; vgl. dazu Rn. 13). Zur Vorführung gehört die Übermittlung etwaiger Akten oder Vorgänge, 14 die in der Hand des vorführenden Beamten oder der Behörde sind, der er angehört. Befindet sich
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OLG Königsberg D R i Z 1931 782. Vgl. BVerfG StV 2 0 0 1 691 mit Anm. Hagmann; OLG H a m m JMB1NW 1979 191; StV 1995 200; StV 1998 273; LG Gera StraFo 2 0 0 0 206; s. auch OLG Karlsruhe Die Justiz 1997 140. OLG Stuttgart StraFo 2 0 0 5 377. S K I P a e f f g e n 3; Meyer-Goßner 2, 11. S K I P a e f f g e n 3; Meyer-Goßner 2. SYJPaejfgen 3; Meyer-Goßner 2.
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A.A. Maunz/Dürig Art. 104, 42. H.M.; s. Meyer-Goßner 3; KK/Boujong 2; S K I P a e f f g e n 4; Eb. Schmidt Nachtr. I 5; a.A. Rüping FS Hirsch 970. Vgl. auch OLG Frankfurt NJW 1991 1903 (Haftrichterdienst im Polizeigebäude). S K I P a e f f g e n 4. Eingehend dazu SchrammIBernsmann StV 2006 442.
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am Sitz des Gerichts eine Staatsanwaltschaft, werden die Akten, wenn die Zeit es zulässt, dort vorzulegen sein, damit durch die Anhörung ( § 3 3 Abs. 2) keine weitere Zeit verlorengeht. Das ist namentlich geboten, wenn die öffentliche Klage noch nicht erhoben ist, weil sich dann die Vorgänge bei der Staatsanwaltschaft befinden, diese auch ggf. nach § 120 Abs. 3 verfahren kann und der Richter regelmäßig ohne Antrag der Staatsanwaltschaft keinen Haftbefehl erlassen darf (§ 125 Abs. 1). 8
4. Vorführungsfrist. Der ergriffene Beschuldigte ist nach Absatz 1 unverzüglich dem zuständigen Richter vorzuführen. In der früheren Fassung (§ 114b) war die Vorführung „unverzüglich, spätestens am Tag der Ergreifung" angeordnet, doch galt zugleich der mit dem jetzigen § 115a Abs. 1 übereinstimmende § 114c Abs. 1. Danach war - und ist - der Beschuldigte spätestens am Tag nach der Ergreifung dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen, wenn er in dieser Frist nicht dem zuständigen Richter vorgeführt werden kann. Mit der neuen Fassung des § 115 Abs. 1 soll das Verhältnis beider Vorschriften klarer dargestellt werden: Der Beschuldigte ist auf jeden Fall spätestens am Tage nach der Ergreifung dem Richter vorzuführen, und zwar entweder dem zuständigen Richter oder dem Richter des nächsten Amtsgerichts. 15 Die beiden Richter stehen dem vorführenden Beamten aber nicht zur Wahl (§ 115a, 1 bis 3).
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Die Vorführung ist unverzüglich nach der Festnahme, spätestens am Tag nach ihr, zu bewirken. Tag ist jeder Kalendertag, so dass die Vorführung auch an Werktagen, an denen nicht gearbeitet wird, namentlich an Sonnabenden, und an Sonn- und Feiertagen durchzuführen und die Möglichkeit dazu durch die Dienstgestaltung, insbesondere einen Bereitschaftsdienst, sicherzustellen ist. Unverzüglich bedeutet: ohne jede durch die Lage der Sache nicht gerechtfertigte Verzögerung oder positiv ausgedrückt: mit der nach Lage der Sache und unter Berücksichtigung der Geschäftsverhältnisse der beteiligten Behörden notwendigen Beschleunigung. Weitere Ermittlungen zur Sachaufklärung rechtfertigen keine Verzögerung, 16 doch darf der Beamte den Festgenommenen identifizieren, ein Protokoll aufnehmen und einen Festnahmebericht fertigen. Der Vorführende darf die Frist nicht ausnutzen: wenn irgend möglich, muss er den Verhafteten früher als am Tag nach der Ergreifung einliefern. 17 Dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot (Vor § 112, 35) kommt hier eine hervorgehobene Bedeutung zu; zum Landesverfassungsrecht siehe Vor § 112, 42. Die Frist gestattet im Grundsatz keinerlei Verlängerung. Sie kann nur in Fällen höherer Gewalt (Krieg, Seuchen, Streik) überschritten werden. Gleichwohl soll nach h.M. 1 8 eine Fristüberschreitung nicht zur Freilassung des Verhafteten führen. Für eine solche Konsequenz spricht jedoch, dass ohne sie die Vorführungsfrist eine bloße Richtlinie für Strafverfolgungsorgane ohne wirkliche Schutzwirkung für den Beschuldigten wäre; das würde nicht der Bedeutung der Vorschrift entsprechen. 19 Eine Freilassung
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BTDrucks. IV 178, S. 23. BGH JR 1991 84 mit Anm. Fezer·, StV 1995 2 8 3 ; KK/Boujong 4; KMR/Wankel 5; Eb. Schmidt Nachtr. I 7; Dvorak StV 1983 515, 516; vgl. auch Nelles StV 1992 388; Deckers N J W 1991 1151. Zur Vorführungsfrist bei § 128 vgl. § 128, 9. OLG Frankfurt HESt 2 350. KKJBoujong 5; Meyer-Goßner 5; SKJPaeffgen 7; Gössel § 5 D I A 2 ff.; Vorauflage (wird aufgegeben).
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Ähnlich Kühne 433, 4 3 4 ; Sommermeyer NJ 1992 336; Schlothauer/Weider 2 7 2 , 336; vgl. auch OLG Frankfurt SJZ 1950 53. Zur Anfechtung bei Fristverletzung (§ 2 3 EGGVG) vgl. AK/Deckers Vorbem. 13; zur Verwertbarkeit einer Aussage aus einer polizeilichen Vernehmung unter Fristverstoß BGH StV 1995 2 8 3 ; Schlothauer/Weider 274, 279.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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mag zwar im Einzelfall unerwünscht und risikobehaftet sein; eine zwingende Freilassung bei Fehlern der Justiz ist dem Haftrecht jedoch nicht fremd (s. § 121). Aufhebung des Haftbefehls und Freilassung des Festgenommenen richten sich nach § 120 Abs. 3. 2 0 5. Vorführung zum zuständigen Richter. Den Verhafteten innerhalb der Vorführungsfrist dem zuständigen Richter vorzuführen, muss das Ziel der Beamten sein, die mit der Vorführung befasst sind. Sie und ihre Dienststellen sind dafür verantwortlich, dass dem Gesetz, soweit das irgend möglich ist, genügt wird. Die Überführung hat in einem beschleunigt zu organisierenden und durchzuführenden Transport zu erfolgen, wenn dadurch der zuständige Richter noch rechtzeitig erreicht werden kann. 21 Nur wenn dies nicht möglich erscheint oder Sicherheitsgründe einem solchen Transport entgegenstehen, darf die Vorführung vor den Richter des nächsten Amtsgerichts erfolgen. Ein Verzicht auf die innerhalb der Frist mögliche Vorführung zum zuständigen Richter ist im Hinblick
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auf die grundrechtssichernde Funktion der Vorschrift sowie im wohlverstandenen Interesse des Beschuldigten ohne Wirkung. 22 Das gilt auch für die Unverzüglichkeit. 23 Auch die Einwilligung des Beschuldigten, später vorgeführt zu werden, damit zunächst Zeugen vernommen und dem Beschuldigten gegenübergestellt werden, ist aus den genannten Gründen unbeachtlich. Der zuständige Richter 2 4 ist in der Regel derjenige, der den Haftbefehl erlassen hat; zu § 127b s. dort Rn. 28. In Ausnahmefällen ist ein Zuständigkeitswechsel denkbar; der zuständige Richter ist dann nach § 126 zu ermitteln. Er wird der Staatsanwaltschaft, die die Vollstreckung des Haftbefehls angeordnet hat (§ 36 Abs. 2 Satz 1) bekannt sein; diese wird den festnehmenden Beamten benachrichtigen. Liegen die Akten - etwa zufolge der Beschwerde des Verteidigers eines flüchtigen und dann wieder ergriffenen Verhafteten beim Beschwerdegericht, so ist nicht dieses zuständig, sondern vor Klageerhebung der Richter beim Amtsgericht, der den Haftbefehl erlassen hat (§ 126 Abs. 1 Satz 1 in Verb, mit § 125 Abs. 1), und nach diesem Zeitpunkt das Gericht, das mit der Sache befasst ist (S 126 Abs. 2).
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6. Zeitpunkt der Vernehmung. Der zuständige Richter - wie auch der des nächsten -|2 Amtsgerichts - hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am Tag nach ihr, zu vernehmen. Für die Begriffe „unverzüglich" und „Tag" gilt das zu Rn. 9 Ausgeführte. Die Notwendigkeit, die Sache durchzuarbeiten, und die „sachlichen Gegebenheiten des Dienstbetriebs" rechtfertigen einen Aufschub, der seine äußerste Grenze am Ende des Tages nach der Vorführung findet. 25 Da die Vorführung darin liegt, den Beschuldigten für den Richter bereitzustellen, kommt es nicht darauf an, wann diesem die Akten vorgelegt werden. Ist der Gefangene am Sonnabend nachmittag eingeliefert worden, dann läuft die Vernehmungsfrist am Sonntag ab, auch wenn der Richter erst an diesem Tage Kenntnis von der Einlieferung und von den Akten erhält. Es ist seine Amts-
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Vgl. Benfer JuS 1 9 8 3 110. H . M . ; KKJBoujong 5; kYUDeckers § 115a, 1; Eb. Schmidt Nachtr. I 6, 8; Waldschmidt N J W 1 9 6 5 1 5 7 7 ; s. auch Roxin § 3 0 , 2 6 ; a.A. Fischer N S t Z 1 9 9 4 321 (grundsätzlich Vorführung beim Richter nach § 1 1 5 a und Sammeltransport); s. auch Krey (DStrvr) 5 1 9 ; dagegen Koch N S t Z 1 9 9 5 71; Schmitz N S t Z 1 9 9 8 165; Kropp N J 2 0 0 0 2 3 8 (Änderung
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der Praxis der Transporte); s. auch ZRP 2 0 0 5 96. Allg. M . Allg. M .
Kropp
Vgl. auch Lüderssen FS Pfeiffer 2 3 9 (zur Zuständigkeit der Haftrichter bei größeren Amtsgerichten) sowie die Erl. zu § 2 2 d GVG. Vgl. LG Düsseldorf D R i Z 1 9 6 7 3 0 8 .
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften pflicht, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass ihm Vorführungen rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden und dass er die Vernehmung auch an Sonnabenden, Sonnund Festtagen und, wenn die Frist abzulaufen droht, auch sonst außerhalb der Dienststunden durchführen kann. 13
Die Vernehmungsfrist des Absatzes 2 kann, ebenso wie die Vorführungsfrist (Rn. 9), grundsätzlich nicht verlängert werden; 2 6 eine Verschiebung der Vernehmung auf den nächsten Tag (§ 115 Abs. 2) wird je nach dem Zeitpunkt der Benachrichtigung und der Geschäftslage für möglich erachtet, ist aber tunlichst zu vermeiden (siehe aber Rn. 12). Außerdem gestattet höhere Gewalt (Krieg, Seuchen, Streik) Ausnahmen. Eine Ausnahme kann sich aus dem Zustand des Beschuldigten ergeben: Kann ein Verhafteter nicht in den Machtbereich des Richters gebracht werden (Rn. 5), dann ist es dessen Pflicht, sich entweder selbst zur Vernehmung an den Verwahrungsort (Anstaltslazarett usw.) zu begeben oder den Richter des nächsten Amtsgerichts (§ 115a) um die unverzügliche Vernehmung zu ersuchen. Diese Verpflichtung ruht indessen, solange der Beschuldigte nicht vernehmungsfähig ist, etwa weil er operiert werden musste oder weil er einen Selbstmordversuch unternommen hatte. Die Vernehmungsunfähigkeit muss, jedenfalls bei einem Zeitraum von mehreren Tagen, amtsärztlich festgestellt werden; es ist fortlaufend zu prüfen, ob sie behoben ist. Ist das der Fall, ist die Vernehmung unverzüglich (Rn. 9) nachzuholen. Ist anzunehmen, dass die Vernehmungsunfähigkeit länger (mehrere Tage) bestehen wird, so ist dem Beschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2, Art. 104 G G ein Pflichtverteidiger zu bestellen (§ 140 Abs. 2); dieser ist zu informieren, und ihm ist Gelegenheit zu geben, Einwendungen, insbesondere gegen den Verdacht und die Haftgründe, geltend zu machen (Verfahren entsprechend Absatz 3).27
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7. Form der Vernehmung. Der zuständige Richter, wie auch der Richter des nächsten Amtsgerichts, hat grundsätzlich (§ 168 Satz 2) einen Urkundsbeamten zuzuziehen. Über die Vernehmung ist ein Protokoll aufzunehmen (§§ 168, 168a); dieses ist vom Beschuldigten zu unterschreiben, oder es ist darin anzugeben, weshalb die Unterschrift unterblieben ist (§ 168a Abs. 1, 3 ) . 2 8 Ist zuständiges Gericht ein Kollegialgericht, sollte es grundsätzlich den Beschuldigten nicht durch einen beauftragten Richter, sondern in Beschlussbesetzung vernehmen. 2 9 Dies dürfte eher der Bedeutung der Vernehmung für die zu treffende Entscheidung (Rn. 20) entsprechen. Außerdem erscheint fraglich, ob ein mit der Vernehmung beauftragter Richter des Kollegiums eine im Sinne des Art. 5 Abs. 3 E M R K ausreichende Kompetenz 3 0 besitzt. Der Vorsitzende des Kollegiums kann die Vernehmung allein durchführen, wenn sie im Rahmen seiner beschränkten Eilkompetenz gemäß § 126 Abs. 4 Satz 2 erfolgt. 31 Der zuständige Richter darf auch nicht die Verneh-
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KKIBoujong 7; SK/Paeffgen 8; a.A. KMR7 Wankel 8 (bei rechtzeitigem Beginn, falls erforderlich); Schlothauer/Weider 277; s. auch OLG Frankfurt NJW 2000 2037 mit krit. Anm. Schaefer 1996, Paeffgen NStZ 2001 80, Gubitz NStZ 2001 253. SYJPaeffgen 8; KYJBoujong 8; Schlothauer/ Weider 298. KKIBoujong 12; SYJPaeffgen 10; siehe auch OLG Düsseldorf VRS 85 (1993) 430 (Mitwirkung einer Protokollführerin, die die (Fremd-)Sprache des Beschuldigten nicht versteht).
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Ähnlich KMRWankel 12; Wankel 31 ff., 34; a.A. Meyer-Goßner 9; HYJ Lemke 9; KK/ Boujong 12. Vgl. LRJEsser Erl. zu Art. 5 EMRK; LR/ Gollwitzer25 Art. 5,109 EMRK; SYJPaeffgen Art. 5, 52 ff. EMRK; Esser (Weg) 273, 274; EGMR EuGRZ 1980 202; 1985 700; 1999 320; NJW 2001 51; Kühne/ Esser StV 2002 387; Ambos/Ruegenberg NStZ-RR 2000 195; s. auch § 126, 23. Wankel 31 ff.
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mung im Wege der Rechtshilfe durch den R i c h t e r des nächsten Amtsgerichts oder sonst ein ersuchtes Amtsgericht durchführen lassen. 3 2 D a s ergibt sich auch aus der gesetzlichen Regelung, mit der die zwei Richter, der zuständige und der des nächsten Amtsgerichts, für ausschließlich zuständig erklärt werden. D a s in § 1 1 5 a Abs. 3 Satz 1 dem Beschuldigten eingeräumte R e c h t zu verlangen, dass er dem zuständigen Richter vorgeführt werde, wäre wertlos, wenn der zuständige Richter seine Vernehmungsaufgabe auf einen anderen R i c h t e r übertragen k ö n n t e . 3 3 Die Pflicht zur Vernehmung gilt grundsätzlich in jeder Lage des Verfahrens, auch wenn der Beschuldigte früher schon einmal richterlich v e r n o m m e n wurde, auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens oder nach Verkündung eines U r t e i l s ; 3 4 sie gilt auch, wenn ein Haftbefehl geändert, etwa erweitert w i r d . 3 5 Denn es ist möglich, dass bis dahin insbesondere die aktuellen Haftgründe nicht ausreichend mit dem Beschuldigten erörtert worden sind. 3 6 Die Vernehmung zur Tatfrage kann zwar unterbleiben, wenn der Haftbefehl ergeht, nachdem der Angeklagte in der Hauptverhandlung vernommen worden ist, namentlich wenn der H a f t b e f e h l im Anschluss an die Vernehmung oder unmittelbar nach der Urteilsverkündung erlassen wird; sie wäre dann eine leere Formalität. Dagegen muss der Angeklagte stets, also auch in den genannten Fällen, zu den Haftgründen vern o m m e n werden. Findet die Hauptverhandlung am Tage der Vorführung, oder wenn der Beschuldigte erst a m Tage nach der Ergreifung v e r n o m m e n werden kann, an diesem Tage statt (etwa in Fällen des § 1 2 7 b ) , dann k a n n die Vernehmung mit der nach § 2 4 3 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden; sie muss dann aber auf den besonderen Inhalt des Absatzes 3 erstreckt werden und bei mehrtägiger Hauptverhandlung am ersten Verhandlungstag erfolgen. 3 7 Eine Vernehmung ist nicht erforderlich, wenn der Haftrichter nach Aktenlage den dringenden T a t v e r d a c h t 3 8 oder das Vorliegen der angeblichen Haftgründe verneint; bei zweifelhafter Ermittlungslage dürfte allerdings eine Vernehmung zur Gewinnung einer breiteren und möglicherweise zuverlässigeren Beurteilungsgrundlage erforderlich s e i n 3 9 (siehe auch V o r § 112, 3 4 ) .
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An der Vernehmung k ö n n e n Staatsanwalt und Verteidiger t e i l n e h m e n 4 0 (§ 1 6 8 c Abs. 1). Sie sind von dem Termin zu benachrichtigen, soweit das möglich ist, ohne dass der Untersuchungserfolg gefährdet wird (vgl. § 1 2 8 , 12). Sie können aber nicht verlangen, dass der Termin verlegt werde (§ 1 6 8 c Abs. 5). Die Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft (fernmündlich von Kanzlei zu Kanzlei) bietet keine Schwierigkeit. Dass der Beschuldigte einen Verteidiger hat, wird der Richter oft nicht wissen; meist wird der Beschuldigte n o c h keinen gewählt haben. Die Fürsorgepflicht gebietet es, alsbald nach Ergreifung des Beschuldigten zu klären, o b er anwaltlich vertreten ist oder einen Verteidiger wählen m ö c h t e . Z u r Belehrung g e m ä ß § 136 siehe R n . 18. W ü n s c h t der Beschuldigte einen Verteidiger zu bestellen und zuzuziehen, ist ihm Gelegenheit zu geben, das - in der Regel fernmündlich - zu tun. D e m Beschuldigten ist auch zu ermöglichen, einen Anwaltsnotdienst in Anspruch zu n e h m e n ; 4 1 er sollte auf dessen Bestehen hingewiesen werden, falls er keinen Verteidiger benennen k a n n 4 2 oder dies aus sonstigen Gründen
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OLG Köln JMB1NW 1968 129; OLG Stuttgart StraFo 2 0 0 5 377; s. auch OLG Frankfurt NStZ 1988 471. OLG Stuttgart StraFo 2 0 0 5 377. KKIBoujong 7; Eb. Schmidt Nachtr. I 12. Vgl. BVerfG StV 2001 691 mit Anm. Hagmann·, OLG Hamburg NStZ-RR 2003 346. Eb. Schmidt Nachtr. I 12.
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Eb. Schmidt Nachtr. I 12. Lüderssen FS Pfeiffer 239, 249 ff. KKIBoujong 7. BGH NStZ 1989 282 mit Anm. Häger. Vgl. AKJDeckers 3. Vgl. Schlothauer/Weider 295 ff.; Münchhalffen/Gatzweiler 196.
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sachgerecht erscheint. Der Richter hat (trotz § 168c Abs. 5 Satz 2) notfalls auf den vom Termin informierten Verteidiger zu warten und dazu die Vernehmung um angemessene Zeit zurückstellen, 43 doch darf er die Fristen des § 115 Abs. 2 (und des § 115a Abs. 2 Satz 1) nicht überschreiten. Der Haftrichter hat dem Beschuldigten auch mitzuteilen, wieviel Zeit er ihm für die (telefonische) Kontaktaufnahme und die in der Regel notwendige 4 4 Besprechung mit einem Verteidiger gewähren kann. 4 5 Die Hinzuziehung eines Dolmetschers richtet sich nach den §§ 185, 186 GVG. 4 6 Zur Teilnahme des Beistands oder Vertreters des Verletzten an der Vernehmung vgl. die Erl. zu § 406g. Ein Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften für die Vernehmung beeinträchtigt grundsätzlich nicht die Wirksamkeit der Haftentscheidung. 47 Die Versagung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) bewirkt die Fehlerhaftigkeit einer darauf beruhenden Haftentscheidung. 48 Eine Verletzung der Pflicht zur Benachrichtigung des Verteidigers (§ 168c Abs. 5) oder eine Verweigerung der erbetenen Besprechung des Beschuldigten mit seinem Verteidiger kann zur Unverwertbarkeit der Angaben des Beschuldigten in der Hauptverhandlung führen. 49 16a
Umstritten ist die Frage, ob dem Beschuldigten und seinem Verteidiger analog § 168c Abs. 2 ein Anwesenheitsrecht bei der richterlichen Vernehmung eines Mitbeschuldigten im Vorverfahren zusteht. 50 Ein solches Anwesenheitsrecht in einer Vernehmung des Haftverfahrens, etwa gemäß § 115 Abs. 2 oder §§ 118, 118a, wird von der h.M. 5 1 - wohl zutreffend - im Wesentlichen unter Hinweis auf den abschließenden Charakter der strukturell besonderen Regelungen des Haftverfahrens abgelehnt. Für eine analoge Anwendung des § 168c Abs. 2 bei Vernehmungen des Mitbeschuldigten im Haftverfahren wird zwar geltend gemacht, die Interessenlage des Beschuldigten sei hier vergleichbar mit der bei richterlicher Vernehmung eines Mitbeschuldigten außerhalb des Haftverfahrens. 52 Voraussetzung einer Analogie wäre aber auch hier - zunächst - das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzes. 53 Das Vorliegen einer solchen Lücke erscheint jedoch im Hinblick auf die strukturelle Ausgestaltung der Vorschriften des Haftverfahrens 54 noch zweifelhafter 55 als bei der Ausgangsfallgestaltung zu § 168c Abs. 2.
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8. Inhalt der Vernehmung. Der Beschuldigte ist über den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen (Absatz 2). Dabei sind ihm hinreichend substantiiert der Tatvorwurf und das gesamte zusammengetragene Be- und Entlastungsmaterial, das den Gegenstand
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Vgl. BbgVerfG StV 2 0 0 3 511; VerfGH RhPf. StraFo 2 0 0 6 199; JBIRhPf. 2 0 0 6 119. Vgl. Schlothauer/Weider 295. KKJBoujong 10. BVerfGE 6 4 146; vgl. auch OLG Hamm StV 1995 2 0 0 . KKJBoujong 13; vgl. auch OLG Düsseldorf VRS 85 (1993) 4 3 0 ; KG StV 1994 318. KKJBoujong 13; vgl. auch OLG Düsseldorf VRS 85 (1993) 4 3 0 ; KG StV 1994 318. BGH NStZ 1989 2 8 2 ; BGH NJW 1993 338. Zum Verwertungsverbot bei Versagung von Akteneinsicht vgl. Vor § 112, 23. S. auch Deckers NJW 1994 2261 (Verwertungsverbot schon bei Unterlassen des Hinweises auf das Recht der Anwaltskonsultation).
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Vgl. die Erl. zu § 168c; UURieß2S § 168c, 13 ff. Vgl. OLG Karlsruhe StV 1996 3 0 2 mit Anm. Rieß sowie Theisen J R 1996 436; v. Dellingshausen 7 0 0 ff.; Fezer J Z 1997 1020; LR/ Rieß25 § 168c, 14; SK/Wohlers § 168c, 13; Wohlers StV 2 0 0 2 586; KKJBoujong 11. Schulz StraFo 1997 2 9 6 ; Larsen 12 ff.; Endriß 72. Eingehend hierzu Küpper/Mosbacher JuS 1998 6 9 3 (für Vernehmungen außerhalb des Haftverfahrens die Zulässigkeit der Analogie bejahend). Fezer J Z 1997 1020. A.A. Schulz StraFo 1997 2 9 6 ; Larsen 15 ff.; wohl auch Endriß 72.
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des Verfahrens bilden und für die Haftfrage bedeutsam sein kann, mitzuteilen; dies entspricht den Erfordernissen eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1, Art. 2 0 Abs. 3 G G ) . 5 6 Namentlich sind mit ihm alle belastenden Umstände und alle Verdachts- und Haftgründe zu erörtern (Absatz 3). Die Erwähnung der Gründe für den (dringenden) Verdacht weist auf die Notwendigkeit hin, dem Beschuldigten die gesamte Beweisgrundlage (auch z.B. Indizien oder der wesentliche Inhalt einer Zeugenaussage 5 7 ) mitzuteilen. 5 8 Ihm soll Gelegenheit gegeben werden, alle Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und alle Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen (Absatz 3 Satz 2 ) . 5 9 Daher darf der Richter nicht warten, o b der Beschuldigte Erklärungen abgeben will; er hat ihn vielmehr ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er das tun kann. Haftgründe sind sowohl die in § 112 Abs. 2 aufgeführten (Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr) als auch der des § 112a Abs. 1 (Wiederholungsgefahr). Bei der Verhaftung wegen des Haftgrundes der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3) sind die Umstände zu erörtern, die der Verhaftung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegen (§ 112, 5 3 ) . Des Weiteren sind dem Beschuldigten die vorliegenden entlastenden Umstände in der Vernehmung mitzuteilen, 6 0 damit er beurteilen kann, inwieweit der Vortrag weiterer Entlastungsmomente erforderlich ist. Der Beschuldigte ist auch über die Umstände zu informieren, die für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von Bedeutung sein könnten. 6 1 Ihm ist Gelegenheit zu geben, alles vorzubringen, was nach seiner Ansicht für die Haftentscheidung von Bedeutung sein könnte. Schließlich wird der Haftrichter in geeigneten Fällen auch die rechtliche Bewertung des Vorwurfs erläutern, damit der Beschuldigte diese wenigstens laienhaft beurteilen und auch insoweit seine Verteidigung einrichten k a n n . 6 2 Im Falle der Rückverweisung nach Haftbeschwerde kann es erforderlich werden, den Beschuldigten, um ihm eine wirksame Verteidigung zu ermöglichen, auch über das Ergebnis zwischenzeitlicher weiterer Ermittlungen zu unterrichten. 6 3 Vgl. auch Vor § 112, 2 3 ; § 114, 17, 39. Die Vorschriften enthalten gegenüber sonstigen Vernehmungen eine Verstärkung der richterlichen Verpflichtung. Sie ist in der Notwendigkeit der Fürsorge für den von der Außenwelt abgeschnittenen Gefangenen begründet. Das rechtfertigt die Erweiterung gegenüber § 1 3 6 , 6 4 der indessen zusätzlich zu beachten ist. Diese Vorschrift gilt für jede erste Vernehmung, 6 5 also auch für die nach § 115. Die richterliche Belehrungspflicht besteht auch dann, wenn der Beschuldigte zuvor von der Polizei entsprechend belehrt wurde. 6 6 Nach § 136 Abs. 1, dessen Inhalt nur teilweise in § 115 Abs. 3 wiederholt wird, ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, dass es ihm freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen; dass er jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen darf; in geeigneten Fällen
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BVerfG StV 1 9 9 4 4 6 5 ; 1 9 9 4 1 mit Anm. Lammer; vgl. auch KG StV 1 9 9 4 318; 1 9 9 4 319 mit Anm. Schlothauer sowie Deckers N J W 1 9 9 4 2 2 6 1 ; Bohnert GA 1 9 9 5 4 6 8 ; Gehrlein FS Boujong 7 7 2 . BVerfG StV 1 9 9 4 4 6 5 ; KG StV 1 9 9 4 319 mit Anm. Schlothauer; 1 9 9 3 3 7 0 mit Anm. Schlothauer (auch zur Akteneinsicht). BVerfG StV 1 9 9 4 4 6 5 ; 1 9 9 4 1 mit Anm. Lammer (auch zur Akteneinsicht); s. auch Münchhalffen/Gatzweiler 1 9 3 ; Schlothauer/ Weider 295, 341.
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S. auch E G M R E u G R Z 1 9 8 8 5 2 3 ff.; StV 2 0 0 1 2 0 1 ff. BVerfG StV 1 9 9 4 4 6 5 . KKJBoujong 9. KKJBoujong 9. KG StV 1 9 9 4 319 mit Anm. Schlothauer. Kleinknecht J Z 1 9 6 5 1 5 5 ; vgl. auch BVerfG StV 1 9 9 4 1 mit Anm. Lammer sowie Deckers N J W 1 9 9 4 2 2 6 1 ; Erl. zu § 136. Η . M . ; a.A. Dreves D R i Z 1 9 6 5 113; furtner D R i Z 1 9 6 5 3 3 4 . KKJBoujong 10.
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auch, dass er sich schriftlich äußern kann. Verweigert der Beschuldigte seine Einlassung, dürfen daraus keine Schlüsse zu seinem Nachteil gezogen werden. 19
Veranlasst die Vernehmung zu einer der angeführten Voraussetzungen den Richter, den Haftbefehl aufzuheben (§ 120), den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen (§ 116) oder bei einem Jugendlichen von der Vollstreckung des Haftbefehls abzusehen (§ 72 Abs. 1 JGG), wird er die Vernehmung nur dann auf weitere Voraussetzungen erstrecken, wenn er - bei zweifelhafter Sachlage - mit Beschwerde der Staatsanwaltschaft rechnen muss. 67
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9. Entscheidung. Der zuständige Richter hat sämtliche Voraussetzungen eines Haftbefehls (§ 112, 2; 15; 61; § 127b, 8) in vollem Umfang zu prüfen und danach zu entscheiden, ob der Haftbefehl aufrechtzuerhalten oder aufzuheben (§ 120), zu ergänzen (§ 114, 47 ff.), der Vollzug (§ 116 Abs. 1 bis 3) oder bei einem Jugendlichen die Vollstreckung des Haftbefehls auszusetzen ist (§ 72 Abs. 1 J G G ) . Der Sache nach ist seine Entscheidung eine Haftprüfungsentscheidung (§ 117, 6). 6 8 Beweisanträgen des Beschuldigten, die auf eine Freilassung zielen, hat er dazu nachzukommen (§ 166 Abs. I ) . 6 9 Aber auch von Amts wegen hat der Richter entlastende Umstände (auch zur Verhältnismäßigkeit) aufzuklären, soweit dies erforderlich erscheint und im Rahmen einer Eilentscheidung möglich ist (Vor § 112, 34; § 114, 22); dazu kann er insbesondere die Haftentscheidungshilfe in Anspruch nehmen (Vor § 112, 65). Er ist nicht verpflichtet, von Amts wegen belastende Umstände zu ermitteln, sondern kann sich insoweit mit dem Inhalt der Akten begnügen. 70 Reicht dieser nicht aus, um die Haftvoraussetzungen zu bejahen, so ist der Haftbefehl aufzuheben. Gleiches gilt, wenn dem Haftrichter nicht die Akten zur Verfügung gestellt werden, so dass er die Haftvoraussetzungen nicht prüfen kann. 71 War der Staatsanwalt trotz Benachrichtigung im Termin nicht anwesend, findet § 33 Abs. 2 keine Anwendung. 72
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10. Rechtsmittelbelehrung. Hält der zuständige Richter die Haft aufrecht, hat er den Beschuldigten über das Recht der Beschwerde (§ 304 Abs. 1, 4 Satz 2 zweiter Satzteil Nr. 1) und über die Rechtsbehelfe der Haftprüfung ( § 1 1 7 Abs. 1) sowie der mündlichen Verhandlung im Haftprüfungsverfahren (§ 118 Abs. 1) und im Beschwerdeverfahren (§ 118 Abs. 2) zu belehren (Absatz 4) und ihn darauf hinzuweisen, dass durch den Antrag auf Haftprüfung die Beschwerde ausgeschlossen wird (§ 117 Abs. 2).
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Im Falle des § 115a Abs. 3 wird dagegen die Wendung gebraucht: Wird der Beschuldigte nicht freigelassen. Bei dieser Abweichung könnten Zweifel bestehen, ob in Absatz 4 („die Haft aufrechterhalten") der Vollzug oder die Anordnung der Haft gemeint ist, zumal da die Haftbeschwerde zulässig bleibt, auch wenn der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt wird. Da aber Haftprüfung und mündliche Verhandlung bei ihr nur zulässig sind, wenn die Untersuchungshaft vollzogen wird (§ 117, 7), wäre eine Anordnung sinn-
67 6S
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Lobe/Alsberg § 114 II 2 a. OLG Stuttgart MDR 1990 75; OLG Hamburg NStZ-RR 2 0 0 3 346; NStZ-RR 2 0 0 2 381. Meyer-Goßner 8; AK/Deckers 6; vgl. Borowsky StV 1986 455; Nelles StV 1986 74; Schlotbauer StV 1995 158; Ullrich StV 1986 2 6 8 ; BVerfGE 83 2 4 , 33; OLG Hamm
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StraFo 2 0 0 2 100 mit Anm. Nobis. Unklar insoweit OLG Karlsruhe StV 1996 302; v. Dellingsbausen FS Stree/Wessels 703; krit. dagegen Rieß StV 1996 304. Lüderssen FS Pfeiffer 239, 2 4 9 ff. Schramm/Bernsmann StV 2 0 0 4 4 4 2 . KK/Boujong 14.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§115
los, die Belehrung insoweit auch bei einem nicht vollzogenen Haftbefehl vorschriebe. Daher kann sich das Wort „Haft" in Absatz 4 nur auf den Vollzug der Haft, nicht aber auf ihre Anordnung beziehen. Demzufolge bedeutet der Wortlaut in Absatz 4 dasselbe wie in § 115a Abs. 3: Die Belehrung ist nur zu erteilen, wenn der Beschuldigte in Haft verbleibt; sie entfällt, wenn der Vollzug der Haft nicht aufrechterhalten, d.h. der Beschuldigte freigelassen wird, mag auch die Anordnung der Untersuchungshaft, der Haftbefehl, selbst bestehenbleiben, wie das bei der Aussetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft nach § 116 Abs. 1 bis 3 oder nach § 72 Abs. 1 J G G der Fall ist. 73 Der Beschuldigte ist schließlich über seine Rechte gemäß Art. 36 WÜK zu belehren. 74 Die Belehrung hat das zuständige Gericht stets zu geben, es sei denn, dass der Haftbefehl von einem Strafsenat als Rechtsmittelgericht erlassen worden ist (§ 304 Abs. 4). Dagegen ist der Beschuldigte über die Möglichkeit, weitere Beschwerde einzulegen, wo sie statthaft ist (§ 310 Abs. 1), nicht zu belehren. 75 Eine Belehrung des gesetzlichen Vertreters (§ 118b, § 298 Abs. 1) ist nicht vorgeschrieben und in der Regel nicht angebracht.
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Erlässt das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof einen in der unteren Instanz abgelehnten oder aufgehobenen Haftbefehl auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft, ohne den Beschuldigten vorher zu hören (§ 33 Abs. 4), so hat es den Beschuldigten auf seinen Antrag oder, wenn er einen solchen nicht stellt, von Amts wegen nachträglich zu hören (§ 311a Abs. 1).
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11. Wegen der Beschwerde gilt das zu § 114, 31 ff. Ausgeführte.
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12. Mehrere Haftbefehle. Liegen mehrere Haftbefehle vor, ist der Verfolgte allen zuständigen Richtern nacheinander vorzuführen, doch wird in der Regel feststehen, dass er nicht allen am Tage nach der Ergreifung vorgeführt werden kann. Der vorführende Beamte muss daher zunächst die Vorführungen soweit bewirken, als das bis zum Tage nach der Festnahme möglich ist. Kann er mehrere Richter erreichen, hat er den nächsten von ihnen auszuwählen, doch ist es gerechtfertigt, wenn er den Beschuldigten zu dem Gericht vorführt, das den Haftbefehl wegen des schwersten Delikts erlassen hat. Nachdem der Beschuldigte von diesem vernommen worden ist, ist er den nächsten weiter zuständigen Richtern vorzuführen, wenn das noch am Tage nach der Festnahme geschehen kann.
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Wird ein Haftbefehl nicht vollzogen, sondern nur Überhaft notiert, dann finden §§ 115, 115a grundsätzlich erst Anwendung, wenn die Überhaft vollstreckt wird. 76 Alsdann ist - wofür Gericht und Staatsanwaltschaft durch Fristnotierung Sorge zu tragen haben - das Verfahren durchzuführen, doch ist es nicht unzulässig, das schon vorher zu tun. 7 7 Folgt man der hier nicht vertretenen Auffassung (Vor § 112, 50 ff.), dass den Beschuldigten beschwerende Vollzugsbeschränkungen auch auf Grund des Haftbefehles zulässig sind, für den nur Überhaft notiert wurde, so ist allerdings in einem solchen Fall § 115 auch für den weiteren (nur notierten) Haftbefehl anzuwenden. 78
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KKlBoujong 17; S K I P a e f f g e n 12 (zweifelnd). Vgl. BVerfG N J W 2 0 0 7 4 9 9 ; § 114b, 38. KYJBoujong 17; Meyer-Goßner 12; SKIFaeffgen 12 (zweifelnd); a.A. kYJDeckers 10. H . M . ; O L G Königsberg J W 1 9 3 2 9 6 5 ; a.A. Kunt D S t R Z 1 9 2 0 4 6 .
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Eb. Schmidt Nachtr. I 19; KYJBoujong 16. KYJBoujong 16; SYJPaeffgen 12; KYJDeckers 9; vgl. O L G Frankfurt N S t Z 1 9 8 8 4 7 1 (Unzulässigkeit der Verkündung eines Überhaftbefehls im Wege der Rechtshilfe durch den Richter nach § 115a).
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
§ 115a (1) Kann der Beschuldigte nicht spätestens am Tage nach der Ergreifung vor den zuständigen Richter gestellt werden, so ist er unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen. (2) 1 Der Richter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tage, zu vernehmen. 2 Bei der Vernehmung wird, soweit möglich, § 115 Abs. 3 angewandt. 3 Ergiht sich bei der Vernehmung, daß der Haftbefehl aufgehoben oder der Ergriffene nicht die in dem Haftbefehl bezeichnete Person ist, so ist der Ergriffene freizulassen. 4 Erhebt dieser sonst gegen den Haftbefehl oder dessen Vollzug Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat der Richter Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt er sie dem zuständigen Richter unverzüglich und auf dem nach den Umständen angezeigten schnellsten Wege mit. (3) 1 Wird der Beschuldigte nicht freigelassen, so ist er auf sein Verlangen dem zuständigen Richter zur Vernehmung nach § 115 vorzuführen. 2 Der Beschuldigte ist auf dieses Recht hinzuweisen und gemäß § 115 Abs. 4 zu belehren.
Schrifttum Diehm Die begrenzten Kompetenzen des „nächsten Richters" - partiell eine Verletzung der EMRK, StraFo 2 0 0 7 231; Enzian Die Freilassungsbefugnis des nächsten Amtsrichters, NJW 1956 1786; ders. Befehlsverweigerung oder blinder Gehorsam des Vorführungsrichters gegenüber unbegründeten Haftbefehlen: § 115a StPO? NJW 1973 838; Heinrich Die Entscheidungsbefugnisse des „nächsten Amtsrichters" nach § 115a StPO, StV 1995 660; Maier Was darf der „nächste" Richter nach § 115a StPO? NStZ 1989 59; Nibbeling Gesetzliche Fesseln des Richters bei der Haftentscheidung, ZRP 1998 342; Christian Schröder Freiheitsentzug entgegen richterlicher Erkenntnis? StV 2 0 0 5 241; Claus Schröder Zur Kompetenz des Richters beim nächsten Amtsgericht, NJW 1981 1425; Seetzen Kompetenzverteilung zwischen Haftrichter und nächstem Amtsrichter, NJW 1972 1889; Spendel Unzulässiger richterlicher Eingriff in eine Haftsache, J Z 1998 85; Ziegert Der Richter des nächsten Amtsgerichts - Richter oder Urkundsbeamter? StV 1997 439; Zieschang Die Entscheidungsbefugnisse des Richters des nächsten Amtsgerichts gemäß § 115a StPO, FS Würzburger Juristenfakultät 665.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift wurde durch das StPÄG vom 27. Dezember 1926 (RGBl. I S. 529) als § 114c in die StPO eingestellt und durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 in dreifacher Hinsicht geändert: Einmal ist in Absatz 1 die Vorführung, die bisher nur auf Verlangen des Beschuldigten zu bewirken war, obligatorisch gemacht worden. Zum anderen ist Satz 4 des Absatz 2 angefügt worden. Endlich ist in Absatz 3 bestimmt worden, dass der nicht freigelassene Beschuldigte nur auf sein Verlangen dem zuständigen Richter vorzuführen ist. Durch Art. 1 Nr. 29 des 1. StVRG sind die Richterbezeichnungen geändert worden.
Übersicht 1. 2. 3. 4. 5.
Richter des nächsten Amtsgerichts Vorführung Vorführungsfrist Vernehmung Entscheidung
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Rn. 1 3 5 7 8
Rn. 6. Mitteilung an den zuständigen Richter . 7. Beschwerde 8. Vorführung zum zuständigen Gericht . . a) Vorführung b) Transport
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1. Die Vorschrift regelt eine im Verhältnis zu § 115 subsidiäre haftrichterliche 1 Zuständigkeit1 (Rn. 3). Richter des nächsten Amtsgerichts ist nicht der des räumlich nächsten Amtsgerichts, sondern desjenigen, das im Hinblick auf die Verkehrsmittel und -möglichkeiten am raschesten erreicht werden kann. 2 Das Gericht braucht seinen Sitz nicht in dem Bezirk zu haben, in dem der Beschuldigte verhaftet worden ist. Nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes ist es gleichgültig, ob der Richter, wenn die Landesregierung oder die von ihr ermächtigte Landesjustizverwaltung Strafsachen bestimmten Amtsgerichten aufgrund des § 58 Abs. 1 GVG zugewiesen hat, zuständig ist, Straf- und Haftsachen zu bearbeiten.3 Der vorführende Beamte hat jedoch auf solche Zuweisungen, wie auch darauf, ob 2 sich am Gerichtsort Hafträume befinden, Bedacht zu nehmen. Das mit einem Haftrichter besetzte und mit Hafträumen versehene Amtsgericht ist diesenfalls das nächste. Der vorführende Beamte kann zu diesem Verfahren durch eine allgemeine Anweisung angehalten werden. Die Verzögerung, die eintritt, weil er solche Umstände beachtet, ist nach der Sachlage gerechtfertigt. Wird jedoch die Frist - Tag nach der Ergreifung - in Frage gestellt, dann hat der vorführende Beamte alle anderen Erwägungen beiseite zu setzen und den Beschuldigten dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen, das er fristgerecht erreichen kann. Denn nur beim Richter kann sich der Beschuldigte mit Sicherheit gegen unzulässige, etwa zu lang ausgedehnte, Vernehmungen wehren und die Pflicht auslösen, Angehörige zu benachrichtigen (§ 114b Abs. 1). Nach der Vernehmung ist er dem mit Hafteinrichtungen versehenen nächsten Amtsgericht weiterzuleiten, wenn er nicht alsbald zu dem zuständigen Richter, sei es auf Verlangen (Rn. 16), sei es von Amts wegen (Rn. 18), gebracht werden kann. 2. Vorführung. Der Wortlaut („kann der Beschuldigte nicht ... vor den zuständigen 3 Richter gestellt werden") scheint die objektive Unmöglichkeit des Verfahrens nach § 115 als Bedingung desjenigen nach § 115a aufzustellen. Das kann jedoch nicht der Sinn der Bestimmung sein. Denn dann fände überhaupt keine Vorführung, auch nicht vor dem Richter des nächsten Amtsgerichts statt, wenn die vor dem zuständigen möglich war, aber versäumt worden oder die Möglichkeit dazu (z.B. durch besonderen beschleunigten Transport) verkannt worden ist. Der Beschuldigte ist aber auch in diesen Fällen dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen. Mit der Fassung soll nur nochmals darauf hingewiesen werden, dass § 115a gegenüber § 115 nur hilfsweise anzuwenden ist. Keinesfalls darf der Beschuldigte dem Richter des nächsten Amtsgerichts nur aus Bequemlichkeit oder Routine vorgeführt werden. Das Verfahren ist nur zulässig, wenn der Beschuldigte nicht bis zum Ende des Tages nach seiner Ergreifung vor den zuständigen Richter gebracht werden kann; 4 zur Notwendigkeit des besonderen Transports s. § 115, 10. In diesem Fall aber ist das Verfahren (Rn. 3) unerlässlich und unverzichtbar. Die Vor- 4 führung zum Richter des nächsten Amtsgerichts darf nicht etwa deshalb aufgeschoben
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OLG Frankfurt NStZ 1988 471; a.A. wohl Heinrich StV 1995 666 (Globalzuweisung aller Befugnisse des zuständigen Richters). OLG Frankfurt NStZ 1988 471; SKJPaeffgen 2; Eb. Schmidt Nachtr. I 4; a.A. KK/ Boujong 1. SKIPaeffgen 2; vgl. auch KYJ Boujong 1;
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Meyer-Goßner 2 (Vorrang des nach § 58 GVG zuständigen Gerichts). AG Krefeld MDR 1966 691; vgl. auch Fischer NStZ 1994 321; dagegen Koch NStZ 1995 71; Schmitz NStZ 1998 165; Kropp NJ 2 0 0 0 2 3 8 (Änderung der Praxis der Transporte).
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werden, weil der Beschuldigte damit einverstanden ist, unter Fristversäumnis vor den zuständigen Richter gebracht zu werden. Ein solches Vorgehen widerspricht den Verfassungsgarantien des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 GG. 5 Denn die Gewalt über den Verhafteten soll am Tag nach der Verhaftung von der Polizei auf den Richter übergehen. Diese Kontrolle der Freiheitsentziehung liegt im öffentlichen Interesse und kann nicht der Verfügung des Beschuldigten überlassen werden. Das folgt auch aus dem System der §§ 115, 115a. Diesem ist ein doppelter Zweck zu entnehmen: Einmal soll der Beschuldigte in richterliche Obhut gelangen, zum anderen soll die Möglichkeit geboten werden, die Untersuchung zu fördern. Indem die neue Fassung des Absatzes 3 es dem zum Richter des nächsten Amtsgerichts Gebrachten überlässt, ob er es dabei bewenden lassen oder seine Vorführung zum zuständigen Richter verlangen will, wird der Gesichtspunkt der Sachförderung zurückgesetzt und der Initiative des Richters, des Staatsanwalts oder des Beschuldigten größere Bedeutung eingeräumt. Damit wird zugleich das Gewicht der Vorschrift mehr auf ihren ersten Zweck verlagert, in kurzer Frist die alleinige Gewalt des Richters über den der Freiheit verlustigen Beschuldigten sicherzustellen. S. auch § 115, 2. 5
3. Wegen der Vorführungsfrist und des Begriffs unverzüglich s. § 115, 8, 9. Liegen mehrere Haftbefehle vor und ist es nicht möglich, den Beschuldigten allen zuständigen Richtern spätestens am Tag nach der Ergreifung vorzuführen (§ 115, 8), ist der Beschuldigte dem Richter des nächsten Amtsgerichts wegen aller noch unerledigten Haftbefehle vorzuführen. Ist einer der zuständigen Richter, denen der Beschuldigte bis zum Tag nach der Festnahme vorgeführt wird, Richter bei einem Amtsgericht, ist er zugleich der Richter des nächsten Amtsgerichts für alle Haftbefehle, wegen deren der Beschuldigte nicht mehr bis zum Tag nach der Ergreifung dem zuständigen Gericht vorgeführt werden kann. Ein Kollegialgericht hat keine Zuständigkeit, die Geschäfte des Richters des nächsten Amtsgericht zu übernehmen. 6
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Nach der Vernehmung durch den Richter des nächsten Amtsgerichts ist der Beschuldigte nacheinander denjenigen zuständigen Richtern, die ihn noch nicht vernommen haben, vorzuführen, zu denen er die Vorführung verlangt. Diese Umständlichkeit wird sich vermeiden lassen, wenn die beteiligten Richter unter sich Fühlung nehmen und vereinbaren, dass nur einer der Haftbefehle vollstreckt, für die anderen aber Überhaft vermerkt wird (siehe § 115, 27).
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4. Vernehmung. Der Richter des nächsten Amtsgerichts hat seine Vernehmung, soweit möglich, ebenso zu gestalten wie der zuständige Richter (§ 115, 16 ff.). Die Möglichkeit besteht immer für die in § 115 Abs. 3 Satz 1 und in § 136 Abs. 1 Satz 2 ff. aufgeführten Hinweise auf die Rechte des Beschuldigten. Im Übrigen muss die Vernehmung in der Regel notwendigerweise von der des zuständigen Richters abweichen. Der Hinweis auf die belastenden Umstände (§ 115 Abs. 3) setzt ebenso Aktenkenntnis voraus wie das Einräumen von Gelegenheit, den dringenden Tatverdacht und die Haftgründe zu entkräften. Diese Kenntnis fehlt dem Richter des nächsten Amtsgerichts. Gleichwohl muss er versuchen, seiner Verpflichtung nachzukommen; die Erfahrung in der Bearbeitung von Haftsachen wird ihm dabei Hilfe leisten, mehr zu tun, als den Haftbefehl zu erläutern und Erklärungen entgegenzunehmen. Um diese Verpflichtung erfüllen zu können, hat sich der Richter des nächsten Amtsgerichts ggf. mit dem zuständigen Richter ins Beneh-
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A.A. Eb. Schmidt % 115b, 2 a.
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men zu setzen (Absatz 2 Satz 4). Dazu hat er den schnellsten Weg zu wählen. Das wird in der Regel ein Ferngespräch sein; wenn der zuständige Richter auf diese Weise nicht alsbald zu erreichen ist, z.B. ein Fax oder Fernschreiben. 7 Außerdem hat der Richter, wenn er den zuständigen Richter nicht alsbald erreichen kann, zu versuchen, den zuständigen Staatsanwalt zu erreichen (nobile officium). Durch den Einsatz moderner Kommunikationsmittel kann die angesprochene Problematik sicher entschärft werden; sie besteht jedoch unverändert, wenn der zuständige Richter (§ 115) und der sachkundige Staatsanwalt während einer Serie von Feiertagen nicht erreicht werden kann. 8 5. Entscheidung. Der Richter des nächsten Amtsgerichts entscheidet auf Grund eigener Zuständigkeit, nicht im Wege der Rechtshilfe, als ersuchter Richter. Er hat jedoch weit geringere Befugnisse als der ursprünglich zuständige Richter. Ihm ist, weil er immer nur beschränkt unterrichtet sein kann, grundsätzlich nicht die Macht erteilt, über den Haftbefehl zu verfügen. Daher darf er aus eigenem Recht - grundsätzlich - weder den Haftbefehl aufheben, noch dessen Vollzug nach § 116 oder nur vorläufig, 9 aussetzen, bis der zuständige Richter entschieden h a t 1 0 (siehe aber Rn. 9, 12). Er darf aber jederzeit, solange der Beschuldigte sich in seinem Zuständigkeitsbereich befindet und der zuständige Richter noch nicht entschieden hat, das Verfahren wieder aufgreifen, etwa wenn sich nach seiner Entscheidung neue Erkenntnisse oder Zweifel ergeben. 1 1
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Der Prüfung des Richters des nächsten Amtsgerichts unterliegen n u r 1 2 die Fragen, ob ein wirksamer Haftbefehl besteht, d.h. ob ein Haftbefehl von einem Gericht erlassen (§ 114, 4) und, wenn dies geschehen, nicht wieder aufgehoben ist, sowie ob der Ergriffene und der Verfolgte personengleich sind. Muss der Richter des nächsten Amtsgerichts diese Fragen verneinen, hat er den Beschuldigten freizulassen. Dagegen darf er die Wirksamkeit des Haftbefehls nicht verneinen, weil die beigefügte Begründung - z.B. Annahme von Verdunkelungsgefahr, „weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind" - fehlerhaft ist. 1 3 Denn ihm fehlen die Unterlagen, aus denen sich durchaus ergeben kann, dass der Haftrichter bei einem guten Haftgrund eine schlechte Begründung gegeben hat. Mängel in der Begründung des Haftbefehls können zudem jederzeit behoben werden (siehe aber Rn. 12).
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Vgl. auch Ziegert StV 1997 440; Chr. Schröder StV 2005 241. Vgl. z.B. BGHSt 42 343 mit Anm. Seebode JR 1997 474; Spendet JZ 1998 85. So Lang DJZ 1927 780; Seetzen NJW 1972 1889; Chr.Schröder StV 2005 241 (§ 116 analog); s. auch WidmaierlKönig § 4 S. 167 Rn. 68. Vgl. BGHSt 42 343; KKIBoujong 4; MeyerGoßner 5; SYJPaeffgen 5; AYJDeckers 3; Eb. Schmidt Nachtr. I 7; Schlüchter 225; Kleinknecht/Janischowsky 178; MünchhalffenlGatzweiler 207; Ullrich StV 1986 270; a.A. Dreves DRiZ 1965 113; Seetzen NJW 1972 1889; Enzian NJW 1973 838; CI. Schröder NJW 1981 1425; Maier NStZ 1989 59; Heinrich StV 1995 660; Sommermeyer NJ 1992 340; Ziegert StV 1997 439;
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Ζieschang FS Würzburger Juristenfakultät 665, 679; vgl. auch Schlothauer/Weider 346. BGHSt 42 343; vgl. auch Ziegert StV 1997 440. Krit. (Vorschrift zu eng; z.T.: nicht verfassungskonform; z.T. mit Reformvorschlägen) YMVJWankel 4a; Wankel 45 ff. (verfassungswidrig und Verstoß gegen EMRK); Diehm StraFo 2007 231; Kropp ZRP 2005 96; Ziegert StV 1997 439; Spendet ]Z 1998 87; Nibbeling ZRP 1998 342; Schmitz NStZ 1998 165; Zieschang FS Würzburger Juristenfakultät 665, 679; s. auch Roxin § 30, 27; BRAK 57. KYJBoujong 4; Meyer-Goßner 5; SKIFaeffgen 5; HK/Lemke 4; Schlüchter 225; a.A. Enzian NJW 1973 838; Ct. Schröder NJW 1981 1425 (für erhebliche Mängel).
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Ebenso darf der Richter des nächsten Amtsgerichts einen Haftbefehl nicht deshalb aufheben,14 weil Verjährung oder Amnestie vorliegen kann oder weil die rechtskräftige Erledigung der Sache oder die Unschuld urkundlich erwiesen ist. Der letzte Punkt bedarf keiner Widerlegung (siehe aber Rn. 12). Die Verjährung kann unterbrochen, die Angabe der unterbrechenden Akte im Haftbefehl übersehen worden sein.15 Amnestievoraussetzungen sind nicht immer eindeutig; meist kommt es auf die Strafe an, die der Täter zu erwarten hat, oft gibt es Amnestiehindernisse und regelmäßig können weitere Taten die Einstellung ausschließen. Das alles kann der Richter des nächsten Amtsgerichts nicht beurteilen. Die Frage der anderweiten Verurteilung ist stets schwierig und ohne Akten nicht zu entscheiden.
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Schon im Ansatz verfehlt ist die Auffassung,16 die den Richter des nächsten Amtsgerichts als „Befehlsempfänger" des Richters ansieht, der den Haftbefehl erlassen hat, und jenem das Recht der „Befehlsverweigerung" einräumt, wenn der Haftbefehl offensichtlich unbegründet ist. Der Richter des nächsten Amtsgerichts vollzieht nicht Befehle des Richters, der den Haftbefehl erlassen hat. Er erfüllt eine selbständige ihm durch Gesetz zugewiesene und begrenzte richterliche Aufgabe in einer bestimmten Prozesslage. Die §§ 156 bis 159 GVG finden keine Anwendung. Denn der Richter nach § 115a ist kein ersuchtes Gericht i.S. des § 157 GVG. 17
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Die Vorschrift verstößt - trotz ihrer engen Fassung (Rn. 9) - wohl nicht gegen Art. 103 Abs. 1, Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 5 Abs. 3 Satz 1, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, 18 berücksichtigt man die Informationsmöglichkeiten und -pflichten des Richters, dass die Vorschrift zudem nur subsidiären Charakter hat und effektives rechtliches Gehör sowie die im Hinblick auf die Rechtsprechung insbesondere des EGMR 1 9 notwendige Entscheidung durch einen kompetenten Richter letztlich über Absatz 2 Satz 4, Absatz 3 sichergestellt werden.
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Zwei weitere Ausnahmen (vgl. Rn. 8, 9) sollten jedoch - im Interesse eines möglichst weitgehenden Grundrechtsschutzes - praeter legem zugelassen werden: Bei krankheitsbedingter Haftunfähigkeit des Beschuldigten sollte der Richter sofort Haftverschonung gewähren.20 Gleiches sollte gelten, falls der Tatverdacht gegen den Beschuldigten obwohl die Akten dem Richter nicht vorliegen - zweifelsfrei und völlig ausgeräumt wird (z.B. wenn die vorführende Polizei erklärt, der wirkliche Täter stehe inzwischen zweifelsfrei fest, es sei wohl versäumt worden, den Haftbefehl aufzuheben, der zuständige Staatsanwalt jedoch nicht zu erreichen ist). Es darf sich also nicht um einen (möglicherweise nicht gleich erkennbaren) Begründungsmangel handeln. Vielmehr muss zweifelsfrei feststehen, dass der Haftbefehl aufgehoben werden müsste, also eine Absatz 2 Satz 3 ver-
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So Dreves DRiZ 1965 113. Zweifelhaft für den Fall absoluter Verjährung. Enzian NJW 1973 839. KG JR 1976 2 5 3 ; LG Frankfurt StV 1985 464. So aber - eingehend begründet - Wankel 35 ff., 4 5 ff. - mit weiteren Nachweisen; s. auch KMR/Wankel 4a; Diehm StraFo 2 0 0 7 231. Vgl. auch UUEsser Erl. zur EMRK; Esser (Weg) 2 6 4 ff., 272 ff.; LR/Gollwitzer 2 5 Art. 5, 102 ff., 109 ff. EMRK; SYJPaeffgen Art. 5, 53 EMRK; Gehrlein FS Boujong 772;
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Kropp ZRP 2 0 0 5 96 (Streichung des § 115a und Ausbau der Kompetenz des Richters vor Ort). Vgl. z.B.: EuGRZ 1980 2 0 2 ; 1985 700; 1999 320; NJW 2 0 0 1 51. LG Frankfurt StV 1985 4 6 4 ; SYJPaeffgen 5; Meyer-Goßner 5; KK/Boujong 4; AK/ Deckers 3; Roxin § 30, 27; Heinrich StV 1995 660; Ziegert StV 1997 441; vgl. auch BRAK 57; Hibbeling ZRP 1998 345; Schmitz NStZ 1998 171; OLG Frankfurt NStZ 1988 471.
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gleichbare Sachlage vorliegen. Solche Fallgestaltungen werden in der Praxis sehr selten sein; 2 1 ein „zweifelsfreies Alibi" oder „offensichtliche Unverhältnismäßigkeit" z.B. dürften in der Regel nicht ausreichen, weil sie möglicherweise aus den Akten widerlegt werden können. Auf die rechtliche Bewertung lässt sich diese analoge Lösung nicht übertragen, weil der Richter die Bewertung ohne Akten nicht hinreichend zweifelsfrei vornehmen kann. 6. Mitteilung an den zuständigen Richter. Schon die Frage, ob ein Haftbefehl (noch) besteht, wird sich nicht immer allein aus der Vernehmung und aus den Ausschreibungsunterlagen ergeben, sondern ggf. durch Rückfragen beim zuständigen Richter geklärt werden müssen. Die Verpflichtung, mit diesem ins Benehmen zu treten, wird in Absatz 2 Satz 3 dem Richter des nächsten Amtsgerichts auferlegt, wenn der Beschuldigte Einwendungen gegen den Haftbefehl oder dessen Vollzug erhebt, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder wenn der Richter des nächsten Amtsgerichts selbst Bedenken trägt, die Haft aufrechtzuerhalten. In diesen Fällen hat er die Einwendungen oder Bedenken dem zuständigen Richter fernmündlich (wegen weiterer Rückfragen besser als fernschriftlich) mitzuteilen, 2 2 dessen Entscheidung herbeizuführen und diese, wenn sie in einer Freilassung besteht, im Wege der Rechtshilfe durchzuführen. 2 3 Insbesondere über förmliche Anträge entscheidet der nach § 115 zuständige Richter. 2 4
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Die Einwendungen des Beschuldigten können sich gegen den Tatverdacht oder gegen den Haftgrund richten. Sie können aber auch - unter Berufung auf § 116 Abs. 1 bis 3 oder auf § 7 2 Abs. 1 J G G - allein gegen den Vollzug des Haftbefehls erhoben werden. Bedenken des Richters des nächsten Amtsgerichts, die Haft aufrechtzuerhalten, werden z.B. entstehen, wenn er Verjährung oder Amnestie annehmen kann oder wenn er nach den ihm bekannten Umständen erkennt, dass der zuständige Richter irrigerweise Fluchtgefahr angenommen hatte oder dass eine früher zu Recht angenommene inzwischen weggefallen ist. Die Pflicht, Einwendungen dem zuständigen Richter mitzuteilen, entfällt, wenn sie offensichtlich unbegründet sind. Das ist der Fall, wenn auf der Hand liegt, dass sie entweder unglaubhaft sind oder dass sie keinen Einfluss auf die Entscheidung haben können. Der Richter sollte in dieser Weise jedoch äußerst zurückhaltend verfahren.
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7. Wegen der Beschwerde gilt das zu § 114, 31 ff. Ausgeführte; 2 5 s. auch Rn. 16. § 159 G V G findet keine Anwendung (Rn. 11).
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Ähnlich SKJPaeffgen 6; weitergehend wohl AK/Deckers 3; Maier NStZ 1989 61 (mit Beispielen): offensichtlich klar gelagerte Fälle; Chr. Schröder StV 2005 241 (§ 116 analog, wenn Rücksprache mit zust. Richter nicht möglich und Haftvollzug unvertretbar wäre); Meyer-Goßner 5, 6; Sommermeyer NJ 1992 340 (evident unbegründet); Heinrich StV 1995 660 (Pflicht zu Aufhebung des Haftbefehls, wenn der Richter sicher ist, dass seine Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, z.B. bei UnVerhältnismäßigkeit); Roxin § 30, 27;
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ähnlich Ziegert StV 1997 441; Zieschang FS Würzburger Juristenfakultät 679, 681 (Entscheidungsbefugnissegemäß §§ 116, 120); s. auch Fischer NStZ 1994 321; Schlothauer/ Weider 347; a.A. KK/Boujong 4. Vgl. BGHSt 42 343, Ziegert StV 1997 440. YXJBoujong 4. KK/Boujong 4. Zur Zuständigkeit des Beschwerdegerichts KG JR 1976 253; LG Frankfurt StV 1985 464.
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§ 116
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
8. Vorführung zum zuständigen Gericht 16
a) Vorführung. Hat der Richter des nächsten Amtsgerichts den Beschuldigten nicht freigelassen, kann dieser verlangen,26 dass er dem zuständigen Richter zur Vernehmung nach § 115 vorgeführt werde (§ 115a Abs. 3 Satz 1). Verlangt der Beschuldigte, dem zuständigen Richter vorgeführt zu werden, dann ist dem unverzüglich nachzukommen.27 Das Gesetz sagt das zwar nicht, es ist ihm aber zu entnehmen. Denn die Vorführung zum Richter des nächsten Amtsgerichts ist nur ein Behelf. Der Beschuldigte kann sämtliche Möglichkeiten, die Freilassung zu erzielen, nur dadurch ausschöpfen, dass der zuständige Richter ihn vernimmt und entscheidet. Daher kann in allen Fällen, die nicht völlig zweifelsfrei sind, allein die unverzügliche Vorführung zum zuständigen Richter im Sinn des Vorführungssystems liegen. Im Übrigen gilt das allgemeine Beschleunigungsgebot (Vor § 112, 33). Eine Übertragung der verlangten Vernehmung auf den Richter nach § 115a als ersuchten Richter ist unzulässig.28 Ebenso ist neben dem Antrag gemäß Absatz 3 Satz 1 die Haftbeschwerde unzulässig, weil die Vorführung der Sache nach eine Haftprüfung ist (§ 117 Abs. 2). 2 9
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Der Richter des nächsten Amtsgerichts hat den Beschuldigten über das Recht, die Vorführung zum zuständigen Richter zu verlangen, zu belehren (§ 115a Abs. 3 Satz 2). Er wird ihm den Antrag nahelegen, wenn er bei der Vernehmung den Eindruck gewonnen hat, dass der zuständige Richter, weil diesem die Akten vorliegen, den Beschuldigten besser vernehmen und entweder zu einer diesem günstigeren Beurteilung der Haftfrage gelangen könnte oder Aussagen erzielen werde, die das Verfahren fördern könnten.
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b) Transport. 30 Auch wenn der Verhaftete nicht verlangt, dem zuständigen Richter vorgeführt zu werden, ist dafür Sorge zu tragen, dass er in dessen Bezirk verbracht wird, weil er nur dort seine weiteren Rechte auf Haftprüfung und auf mündliche Verhandlung sinnvoll wahrnehmen kann. Im Allgemeinen wird der Transport dorthin, manchmal noch Verschubung genannt, von der Staatsanwaltschaft beim zuständigen Gericht oder nach Rechtshängigkeit auch vom Vorsitzenden des zuständigen Gerichts veranlasst werden. Doch hat auch der Richter des nächsten Amtsgerichts Sorge dafür zu tragen, dass der Verhaftete nicht ohne Not länger als erforderlich bei einem Gericht einsitzt, das nicht das sachnächste und damit dasjenige ist, das über die Sach- und Haftfrage am besten unterrichtet ist oder sich - während des Ermittlungsverfahrens - leicht und rasch unterrichten kann.
§116 (1) 1Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. 2 In Betracht kommen namentlich
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Vgl. AG Bremerhaven MDR 1967 855 (kein Antragsrecht der StA). Koch NStZ 1995 71. OLG Köln JMB1NW 1968 129; vgl. OLG Frankfurt NStZ 1988 471 (Unzulässigkeit der Verkündung eines Überhaftbefehls im
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Wege der Rechtshilfe durch den Richter nach § 115a). OLG Hamburg NStZ-RR 2 0 0 2 381. Vgl. auch Koch NStZ 1995 71; Kropp NJ 2 0 0 0 2 3 8 ; ders. ZRP 2 0 0 5 96; Schmitz NStZ 1998 165.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§116
1. die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, 2. die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, 3. die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, 4. die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen. (2) 1 Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. 2 In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen. (3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird. (4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn 1. der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, 2. der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsmäßige Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder 3. neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen. Schrifttum Albrecht/Arnold/Schädler Der hessische Modellversuch zur Anwendung der „elektronischen Fußfessel", ZRP 2000 466; M. Amelung Sicherheitsleistung gem. § 116 StPO, StraFo 1997 300; Amendt Die Verfassungsmäßigkeit der strafprozessualen Sicherheitsleistungsvorschriften (§§ 116, 116a; 127a; 132 StPO) (1986); Dahs Im Banne der elektronischen Fußfessel, NJW 1999 3469; Hohlweck Sicherheitsleistung bei Verdunklungsgefahr, NStZ 1998 600; Jungfer Sicherheitsleistung zur Verminderung der Verdunkelungsgefahr? GedS Meyer 227; Mayer Modellprojekt elektronische Fußfessel (2004); Neuhaus Haftverschonungsauflagen und ihre Kontrolle, StV 1999 340; ders. Die Befristung der Haftverschonung: Stets unzulässiger Urlaub aus der Untersuchungshaft? StraFo 2000 13; Ostendorf Die „elektronische Fessel", ZRP 1997 473; Pawlik Haftverschonung von Ausländern, NJW 1978 1730; Retemeyer Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft (1994); Rixen Kaution durch die Kommune? - § 116 I 2 Nr. 4 StPO und das Kommunalrecht, NStZ 1999 329; Weichert Der elektronische Hausarrest aus Sicht des Datenschutzes, StV 2000 335.
Entstehungsgeschichte. Die Strafprozessordnung sah ursprünglich (in § 117) die Verschonung des Beschuldigten mit dem Vollzug der Untersuchungshaft nur für den Fall vor, dass sie allein wegen Fluchtverdachts gerechtfertigt war. Einziges Mittel zur Abwendung des Vollzugs war zunächst die Sicherheitsleistung. Durch Art. 4 Nr. 16 des 3. StRÄndG wurde die Verschonung allgemein auf Grund von M a ß n a h m e n zugelassen, die geeignet waren, die Fluchtgefahr erheblich zu vermindern. Durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 sind namentlich eingefügt worden der Katalog des Absatzes 1, die Möglichkeit, den Vollzug des Haftbefehls bei den drei genannten Haftgründen auszusetzen, und die Regelung des Widerrufs der Aussetzung durch Absatz 4. Absatz 3 wurde infolge der Einfügung des § 112a neu gefasst durch Art. 1 Nr. 3 StPÄG 1972.
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Rn. I. Bedeutung 1. Inhalt 2. Anwendungsbereich 3. Aussetzung des Vollzugs 4. Bindung 5. Mehrere Haftbefehle Π. Aussetzung des Vollzugs 1. Anforderungen 2. Voraussetzungen. Grundsatz 3. Die Beispielsfälle des Gesetzes a) Katalog (Absatz 1) b) Sonstige Maßnahmen c) Absatz 2 d) Absatz 3 e) Jugendliche
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Rn. 4. Haftbefehl nach § 112 Abs. 3 5. Wirkung ΠΙ. Verfahren 1. Entscheidung 2. Beschwerde 3. Weitere Beschwerde 4. Kritik
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IV. Widerruf (Absatz 4) 1. Veränderungen 2. Widerrufsumstände 3. Verfahren 4. Beschwerde 5. Wirkung
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; Übersicht § 112 Abs. 3 2, 3 0 § 4 5 3 c Abs. 1 5 Abwägung 1, 12, 15 Änderung der Verhältnisse 4 5 Änderung von Ersatzmaßnahmen 4 6 Anfechtbarkeit 33, 3 4 , 37, 3 8 , 4 2 , 5 2 Aufenthaltsbeschränkungen 2 0 , 2 5 Ausbleiben auf Ladungen 4 9 Ausführung 9 Aussetzung ohne Maßgaben 16 Ausweise 23, 2 5 Beginn der Aussetzungswirkung 31 Belehrung 36 Beschleunigungsprinzip 1 Beschlussinhalt 32 Beschwerde 35 Bindung an Antrag der StA 32 Bindung des Gerichts bei Widerruf 4 4 Elektronische Handschellen 2 3 Entscheidung über Haftbefehl 3, 6, 32, 35 Ersatzmaßnahmen 16, 19, 23, 36, 38, 4 6 Erwartungshorizont 15 Flucht 2 , 4 9 Fluchtvorbereitungen 4 9 Freiwillige Maßnahmen 2 5 Gehör 32 Haftentscheidungshilfe 32 Haftgrund 2 , 4 , 1 8 , 2 6 , 2 8 , 4 5 Hauptverhandlungshaft 2 , 5 Hilfsantrag 35
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J G G 11, 29, 31 Kontaktverbote 2 6 Kontensperrung 2 5 Mehrere Entscheidungen 3 7 Mehrere Haftbefehle 10 Mehrere Haftgründe 4 , 1 8 Meldepflichten 1 9 , 2 5 Mitteilung des Beschlusses 33 Mitwirkung des Beschuldigten 32 Neue Umstände 5 0 Notwendige Aussetzung 8, 31 Ordnungshaft 5 Pflichtenverstoß 4 7 Prognose 6 , 1 2 , 4 4 Reichweite der Vorschrift 2 , 3 Sicherheitsleistung 17, 2 2 , 31, 4 6 Sicherung der Wahrheitsfindung 1 3 , 1 8 , 2 6 Spannungsverhältnis 1 Ungehorsamshaft 5 Unzulässige Anfechtung 35, 38, 39, 4 2 Unzulässige Ersatzmaßnahmen 16 Unzulässigkeit der Aussetzung 3, 6, 7 , 1 6 Verbindung von Maßnahmen 2 4 Verhältnismäßigkeit 1, 8 , 1 8 , 45 Verteidiger 2 7 Vollzug des Haftbefehls 4 4 , 4 6 , 5 2 Vorführung 5 Widerrufsverfahren 51 Wiederholungsgefahr 1 4 , 1 8 , 2 8 Zeitweise Aussetzung 3, 6, 7 , 1 6
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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I. Bedeutung 1. Inhalt. Die Vorschrift ist eine besondere Ausformung des Prinzips der Verhältnis- 1 mäßigkeit (Vor § 112, 2 9 ) . 1 Danach ist der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten stets gegen die Notwendigkeit einer im Interesse der Strafrechtspflege 2 liegenden Freiheitsbeschränkung abzuwägen, auch zu berücksichtigen, dass das Gewicht des Freiheitsanspruchs gegenüber den Interessen der Strafrechtspflege mit zunehmender Haftdauer regelmäßig schwerer wiegen wird 3 und das Verhältnismäßigkeitsprinzip der Haftdauer auch unabhängig von der Höhe der zu erwartenden Strafe Grenzen setzt, 4 und eine weniger einschneidende Maßnahme als den Vollzug der Haft anzuordnen, wenn die Erwartung gerechtfertigt erscheint, dass auch durch sie der verfolgte strafprozessuale Zweck (Haftzweck) erreicht werden kann. Dies entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot, dass bei einer den Bürger belastenden Maßnahme Mittel und Zweck in angemessenem Verhältnis zueinander stehen müssen. 5 Die Vorschrift unterstreicht damit, dass Haftvollzug die ultima r a t i o 6 ist. Die genannten Gesichtspunkte gelten prinzipiell auch für den außer Vollzug gesetzten Haftbefehl. 7 Dies bedeutet: Der Haftbefehl ist aufzuheben, wenn seine Aufrechterhaltung trotz Aussetzung des Vollzugs unverhältnismäßig ist. 8 Denn auch die Haftersatzmaßnahmen können erhebliche Grundrechtseingriffe sein, 9 die auf das unerlässliche Minimum zu begrenzen sind. In diesem Zusammenhang ist auch das Beschleunigungsprinzip (Vor § 112, 35) bedeutsam. 1 0 Zwar zwingt eine vermeidbare Verfahrens Verzögerung der Strafverfolgungsbehörden nicht zur Aufhebung eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls, weil eine Abwägung aller bedeutsamen Gesichtspunkte erforderlich ist. 1 1 Aber die Aufhebung kann erforderlich werden, wenn eine Reduzierung der Haftersatzmaßnahmen nicht ausreicht, weil selbst deren Fortdauer wegen der damit immer noch verbundenen erheblichen Einschränkungen der Freizügigkeit nicht mehr hinnehmbar wäre. 1 2 Außerdem kann bei vermeidbaren Verfahrensverzögerungen durch die Strafverfolgungsbehörden eine erneute Inhaftierung des Beschuldigten vor Urteilserlass unzulässig sein, z.B. dann,
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BVerfGE 19 342; 35 185; 36 264; BVerfG NJW 1991 1043; BGH NStZ 1985 560; LG Koblenz StV 1993 372; zur Anwendung des § 116 wegen Personalnot der Vollzugsanstalt vgl. AG Hamburg-Harburg StraFo 2005 198. Zu den Haftzwecken vgl. Vor § 112, 1 ff. BVerfGE 36 264. BVerfGE 20 45; 20 144. BVerfGE 32 87, 94 ff.; BVerfG NJW 1991 1043. AKJDeckers 1. BVerfGE 53 153; BVerfG StV 1996 156; h.M.; vgl. z.B. OLG Karlsruhe StV 2000 210; OLG Düsseldorf StraFo 2003 378. OLG Hamburg StV 1985 66; 1986 66; OLG Düsseldorf StraFo 2003 378; OLG Köln StV 2005 396; LG Bremen StV 1986 66; LG Frankfun StV 2007 253; s. auch BGHSt 39 233. Vgl. SYJPaeffgen 2; KKJBoujong 1; s. auch OLG Düsseldorf StraFo 2003 378. Vgl. BVerfG NJW 2006 668; StV 2003 30;
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OLG Hamburg StV 1985 66; 1986 66; OLG Hamm wistra 2002 238; KG StV 1985 67; 1989 68; 1991 473; StV 2003 627; OLG Bremen StV 1992 383; 1994 666; OLG Düsseldorf StraFo 2003 378; OLG Dresden StV 2004 495; s. auch OLG Köln StV 1992 8; StraFo 2004 137; StV 2005 396; OLG Stuttgart NStZ-RR 2003 29; LG Bremen StV 1986 66; LG Dortmund StV 1989 254; LG Frankfurt StV 1989 486; 2003 31; 2007 253; LG Hamburg StV 1985 20; LG Köln NStZ 1989 442; LG Leipzig StV 2005 141. OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1991 122; OLG Hamm wistra 2002 238. BVerfG NJW 2006 668; StV 2003 30; OLG Dresden StV 2004 495; OLG Düsseldorf StraFo 2003 378; OLG Köln StraFo 2004 137; OLG Hamburg StV 1985 66; 1986 66; OLG Frankfurt StV 1989 486; KG StV 1989 68; 1991 473; 2003 627.
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wenn damit Haft vollzogen würde, die bei angemessener Beschleunigung vermieden worden wäre. 13 2
Der Vollzug des Haftbefehls kann grundsätzlich bei jeder Straftat 14 und bei jedem Haftgrund, auch bei der Hauptverhandlungshaft (§ 127b, 24) - nach h.M. 1 5 ausgenommen Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1) - ausgesetzt werden; eine Aussetzung ist auch mehrfach möglich. 16 Die Zulässigkeit der Aussetzung beim Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3) - unabhängig vom Wortlaut der Vorschrift 17 - folgt aus der Rechtsprechung des BVerfG 18 (Rn. 30). Aber auch bei Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1) muss es unabhängig vom Wortlaut der Vorschrift - im Hinblick auf die Pflicht der Justiz zur Beachtung des übergeordneten Verhältnismäßigkeitsprinzips möglich sein, den Vollzug auszusetzen, etwa wenn der Beschuldigte sich - z.B. über seinen Verteidiger - bereit erklärt, die Flucht abzubrechen und sich dem Verfahren zu stellen, falls gegen ausreichende Auflagen, etwa (hohe) Sicherheitsleistung, eine Haftverschonung gewährt wird. 19 Außerdem kann bei Flucht freies Geleit (§ 295) in Betracht gezogen werden. 20 Die Vorschrift ist bei Anwendung unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere zum Prinzip der Verhältnismäßigkeit (Vor § 112, 29 ff.), zur Notwendigkeit der Gewährleistung einer rechtsstaatlichen Strafrechtspflege (Vor § 112, 16) sowie zu Art. 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich, auch soweit sie eine Aussetzung gegen Sicherheitsleistung erlaubt. 21 Die angeführten Grundsätze und Erwägungen hat nicht nur das Haftgericht, sondern auch die Staatsanwaltschaft, z.B. bei Haftanträgen, zu beachten. 22 Zweifelhaft ist jedoch angesichts der vorliegenden rechtstatsächlichen Erkenntnisse (Vor ξ 112, 68), 2 3 ob die Praxis von § 116 - dem kriminalpolitischen Ziel der Vorschrift entsprechend (Einschränkung des Vollzugs, soweit wie vertretbar) - hinreichend Gebrauch macht. Zu Reformvorschlägen vgl. Vor § 112, 7 0 . 2 4
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2. Anwendungsbereich. Weil die Vorschrift dem Zweck dient, den Vollzug der Untersuchungshaft soweit als möglich einzuschränken, ist sie anzuwenden, wenn ein Haft-
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Vgl. OLG Köln StraFo 2 0 0 7 155; StV 1988 345; Meyer-Goßner 1; SKJPaeffgen 4; s. auch OLG Düsseldorf StV 1994 147; § 120, 16; § 121, 26 ff., 4 0 . Einschränkend für Straftaten nach den Η 94, 99, 129, 129a StGB BGH bei Schmidt MDR 1994 2 4 0 ; 1993 508; 1992 548; 1990 106. Vgl. auch KG NJW 1991 2 6 5 6 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 4 8 2 („Mauerschützen"); OLG Hamm StV 1999 606. KKJBoujong 3; SKJPaeffgen 5. OLG Hamm StV 1999 161. Vgl. dazu LRJ Wendisch24 § 116, 1. BVerfGE 19 342, 351 ff. Vgl. OLG Stuttgart NStZ 1990 2 4 7 ; AKJ Deckers 3; Schlothauer/Weider 4 9 5 ff.; Neuhaus StV 1999 341; s. auch BVerfG StV 1996 157. S K / P a e f f g e n 3. Amendt 41 ff., 139 ff., 159 ff.; SKJPaeffgen 14; Kleinknecht/Janischowsky 198; vgl.
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BVerfG NJW 1991 1043; BGHSt 38 345; 5 116a, 2. S. auch Meyer FS Tröndle 61 ff.; BTDrucks. 9 1735. Krit.: Krauß in: MüllerDietz Strafrechtsdogmatik und Kriminalpolitik (1971) 153, 161. Vgl. RiStBV Nr. 54 Abs. 1 Buchst, b. Vgl. insbesondere Gebauer 2 4 9 ff., 381 ff., 3 9 8 ff.; Geiter 2 2 4 ff.; Jabel 4 6 ff., 144 ff.; Schöch FS Lackner 991 ff.; Seebode (Kolloquium) 169; Amendt 21 ff.; s. auch BTDrucks. 9 1735. Insbesondere Gebauer 3 7 0 ff., 398; Jabel 20 ff., 2 0 5 ff.; Jehle 16, 2 8 0 ; Wolter (Aspekte) 4 9 Fn. 147; Paeffgen (Dogmatik) 170 ff.; § 116, 2; Danckert BRAK-Mitt. 1988 116; AK/Deckers § 112, 38; MünchhalffenJGatzweiler 2 2 3 ; SPD-Entwurf BTDrucks. 11 688; AK-Entwurf 1983; Entwurf Die Grünen BTDrucks. 11 2181 und 11 1403; Straffälligenhilfe in: JungJMüller-Dietz (Reform) 6 ff.; ASJ-Thesen (1984).
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befehl erlassen wird, also die grundsätzlichen Haftvoraussetzungen (§§ 112, 112a, 127b) erfüllt sind, und dann so lange, als ein erlassener nicht aufgehoben (§ 120) oder durch Rechtskraft erledigt ist. Keinesfalls ist es zulässig, einen Haftbefehl trotz Zweifel hinsichtlich des Vorliegens der Haftvoraussetzungen zu erlassen und den Zweifeln durch (großzügige) Haftverschonung Rechnung zu tragen (Rn. 4, 6). Die Anwendung der Vorschrift ist bei der Anordnung der Untersuchungshaft, bei jeder Haftprüfung, bei jeder Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft und bei jeder Beschwerdeentscheidung von Amts wegen zu prüfen. Häufigster Anwendungsfall ist die Haft wegen Fluchtgefahr, denn Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr lassen sich nur selten durch Haftersatzmaßnahmen reduzieren. Zur Haftunfähigkeit vgl. § 112, 68. Zur - nach h.M. - nur eingeschränkten Prüfung im Beschwerdeverfahren vgl. Rn. 38 ff. Bei der Entscheidung kommt es nach dem Wortlaut von Absatz 3 auf den im Haftbefehl angegebenen Haftgrund an, während bei den Absätzen 1 und 2 bei der Entscheidung geprüft werden muss, aus welchem Grunde die Untersuchungshaft gerechtfertigt ist. In Wirklichkeit ist auch bei den Fällen des Absatzes 3 die Prüfung unentbehrlich, ob nicht auch Flucht- oder Verdunkelungsgefahr vorliegt, im Fall des Absatzes 2, ob auch Fluchtgefahr, und im Fall des Absatzes 1, ob auch Verdunkelungsgefahr gegeben ist. Nur darf in den Fällen der Absätze 1 und 2 nicht untersucht werden, ob die Haft nicht auch nach § 112a gerechtfertigt ist; denn für diesen Fall ist der im Haftbefehl angegebene Haftgrund maßgebend (Absatz 3). Da der Richter auch im Falle des Absatzes 3 nicht gehindert ist, den Haftbefehl auf einen der beiden genannten Gründe umzustellen oder zu erweitern (§§ 114, 4 7 ff.), ist nach alledem nur bedeutsam, dass die obligatorische Aussetzung des Absatzes 1 nur geboten ist, wenn der Haftbefehl lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist; liegt außerdem noch Verdunkelungsgefahr vor, dann müssen zugleich auch die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sein, und steht die Aussetzung im - freilich beschränkten (Rn. 8) - Ermessen des Gerichts.
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Aus der unbeschränkten Wirksamkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit folgt trotz des Wortlauts der Vorschrift, dass diese auch bei der sog. Ungehorsamshaft (§ 2 3 0 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1) anzuwenden ist. 2 5 Denn der Ungehorsamshaftbefehl der genannten Vorschriften will der Entziehung von nur einem Termin entgegenwirken (§ 112, 5). Für ihn muss also erst recht gelten, was geboten ist, wenn sich der Beschuldigte dem ganzen Verfahren entziehen will. Entsprechendes gilt für die Hauptverhandlungshaft (§ 127b, 24). Dagegen erfasst die Vorschrift nicht die Vorführung (§ 134; § 2 3 0 Abs. 2; § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1, je erste Alternative), weil sie zu keinem längeren Festhalten führen kann, sowie die Ordnungshaft (§§ 177, 178 GVG), weil sie keine Untersuchungshaft ist. Bei dem Haftbefehl vor Widerruf einer Aussetzung der Strafvollstreckung (§ 453c Abs. 1) ist § 116 nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes (§ 453c Abs. 2) nicht anzuwenden, doch kann das gleiche Ergebnis erzielt werden, weil der Haftbefehl nur „notfalls" erlassen werden kann, wenn sonstige vorläufige Maßnahmen nicht ausreichen. 26 Vgl. im Übrigen Vor § 112, 12. Zur Aussetzung bei einstweiliger Unterbringung vgl. § 126a, 12 ff., zur Möglichkeit der Aussetzung einer Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 die Erl. zu dieser Vorschrift.
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H . M . ; KG GA 1 9 7 2 1 2 8 ; O L G Frankfurt StV 2005 432.
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Vgl. auch O L G Hamburg J R 1 9 7 9 174 mit -
zu Recht - krit. Anm. Gössel (Verkennung des Verhältnisses von § 2 9 5 zu § 116).
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3. Aussetzung des Vollzugs. Mit der Wortfassung, dass der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt wird, trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass der Haftbefehl bestehen bleibt. Bestehen bleiben kann der Haftbefehl nur, wenn die Haftgründe ebenfalls fortbestehen. Bei jeder Entscheidung über die Haftverschonung wird incident auch über den Bestand des Haftbefehls entschieden. 27 Da die Haftgründe nur bei einer durch Tatsachen belegten konkreten Gefahr gegeben sind, ist auch die den Fortbestand des Haftbefehls rechtfertigende fortbestehende Gefahr nicht nur eine theoretische, sondern eine konkrete, wenn auch eine gegenüber dem nicht durch Maßnahmen gesicherten Zustand erheblich herabgesetzte. Das Gesetz nimmt also ein gewisses Risiko in Kauf. Das Risiko ist im Einzelfall vom Richter zu bemessen. Dabei hat er auch das Unrecht der Tat und die Schuld des Täters zu berücksichtigen. Die Grundentscheidung des in Kauf genommenen Risikos bleibt aber maßgebend. Sie ist bei der Auswahl und Bewertung der Maßnahmen zu berücksichtigen. Wird aber durch die Übernahme von Pflichten oder von Beschränkungen, etwa bei einem Sittlichkeitsverbrecher durch den Eintritt in ein psychiatrisches Krankenhaus, der Haftgrund nicht nur abgeschwächt, sondern ganz beseitigt, darf kein Haftbefehl erlassen und muss ein erlassener aufgehoben werden.
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Aus dem Umstand, dass der Haftbefehl, wenn sein Vollzug ausgesetzt wird, bestehenbleibt, folgt, dass die Aussetzung unzulässig ist, wenn er aufzuheben ist. 2 8 Ob das geboten ist (§ 120 Abs. 1), muss daher geprüft werden, bevor eine Entscheidung nach § 116 getroffen wird. Zur Prüfung des Haftrichters, ob der Haftbefehl etwa nach § 121 Abs. 1 aufzuheben sein wird, s. § 122, 14, 28, 54. Wegen des Oberlandesgerichts s. § 122, 37.
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4. Bindung. Liegen die Voraussetzungen der Vorschrift vor, ist im Fall des Absatzes 1 der Vollzug des Haftbefehls auszusetzen (der Richter „setzt ... aus"). Für die Absätze 2 und 3 gibt das Gesetz dem Gericht scheinbar größere Freiheit (der Richter „kann ... aussetzen"). Er ist aber gleichwohl gebunden durch den Grundsatz, dass stets die am wenigsten einschneidende Maßnahme zu wählen ist. Wird der Zweck der Untersuchungshaft durch solche Maßnahmen erreicht, ist der Vollzug des Haftbefehls auszusetzen. 29 Das in beiden Absätzen gebrauchte Wort „kann" stellt ihn daher nicht in der Entscheidung frei, sondern nur, weil bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe die ausschlaggebenden Erwägungen und Abwägungen nicht stets deutlich in Worte zu fassen sind, in der Begründung. Der früher zur Haftverschonung gegen Sicherheitsleistung geführte Streit, ob der Beschuldigte, wenn die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 vorliegen, ein Recht darauf habe, dass der Vollzug ausgesetzt werde, ist müßig. Der Frage käme nur Bedeutung zu, wenn das Ermessen nicht oder nur beschränkt nachprüfbar wäre. Das ist aber nicht der Fall. Denn im Beschwerdeverfahren spielt die Unterscheidung zwischen Rechts- und Ermessensentscheidung keine Rolle. Das Beschwerdegericht hat, wenn ein Ermessen obwalten darf, seines an die Stelle desjenigen des Vorderrichters zu setzen.
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Der Richter kann in geeigneten Ausnahmefällen - im Hinblick auf die Notwendigkeit, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip so weitgehend wie möglich Rechnung tragen zu müssen - den Vollzug der Untersuchungshaft auch nur auf eine bestimmte Zeit
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BGHSt 3 9 233; OLG Köln StV 1994 321 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22. OLG Hamburg JR 1983 2 5 9 mit Anm. Rieß; vgl. auch Strafk. AG Bremerhaven StV 1993 86.
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BVerfGE 19 342; KK/Boujong 4; MeyerGoßner 4; S K / P a e f f g e n 5; SYJPaeffgen Art. 5, 63 EMRK; KYUDeckers 5.
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aussetzen, etwa zur Wahrnehmung wichtiger Termine des Beschuldigten. 3 0 Dabei wird meist die Leistung einer angemessenen Sicherheit (Absatz 1 Satz 2 Nr. 4), aber - je nach Sachlage - auch die Aufsicht einer bestimmten (Privat-)Person (Absatz 1 Satz 2 Nr. 3) zu verlangen sein. 3 1 Demgegenüber hält eine Gegenmeinung 3 2 eine befristete Außervollzugsetzung für unzulässig, namentlich weil sie in Wahrheit eine Beurlaubung sei. 3 3 Dieser Ansicht ist zuzugeben, dass eine kurzfristige (befristete) Aussetzung nur in seltenen Fällen in Betracht gezogen werden kann, keinesfalls zu Haftzweck oder Verhältnismäßigkeitsprinzip in Widerspruch stehen und nicht zu einer Umgehung des Urlaubsverbots (Nr. 4 1 Abs. 3 U V o l l z O ) 3 4 führen darf. Außerdem sind die Fälle aus der Diskussion des Problems auszuscheiden, die in Wahrheit keine befristete Aussetzung, sondern eine Ausführung nach Nr. 41 Abs. 2 UVollzO sind. 3 5 Denkbar sind z.B. eine befristete Aussetzung für abschließende kurze Geschäftsverhandlungen und Vertragsabschluss, 3 6 an denen der Beschuldigte so sehr interessiert ist, dass eine Sicherheitsleistung genügt, oder ein befristeter Krankenhausaufenthalt eines in seinen Fluchtmöglichkeiten eingeschränkten (z.B. erheblich gehbehinderten) Beschuldigten. In solchen Fällen wird der Haftrichter außerdem spätestens mit Ablauf der Befristung prüfen müssen, ob (warum nicht) die Aussetzung unter geänderten Umständen mit anderen (schärferen) Auflagen fortgeführt werden kann. 5. Mehrere Haftbefehle. Die Aussetzung des Vollzugs und bei Jugendlichen des Absehens von der Vollstreckung haben Wirkung nur in dem Verfahren, in dem sie bewilligt worden sind. Sie haben daher, wenn in mehreren Verfahren Haftbefehle ergangen oder zu erwarten sind, für den Beschuldigten in der Regel nur dann Bedeutung, wenn der Vollzug in allen Verfahren ausgesetzt wird. Dazu wird der Verhaftete entsprechende Anträge zu stellen haben. Wenn auch, anders als bei der Gewährung sicheren Geleits, kein amtliches Interesse daran besteht, dass sich die beteiligten Gerichte von Amts wegen verständigen, so kann das doch durch die Fürsorgepflicht für den Beschuldigten, aber auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit, jedenfalls dann geboten sein, wenn eine Bewilligung sämtlicher Anträge zu erwarten ist. Die Entlassung aus der Haft erfolgt erst dann, wenn alle Haftbefehle außer Vollzug gesetzt worden sind. Vgl. auch Vor § 112, 5 0 ff.
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Π. A u s s e t z u n g des Vollzugs 1. Anforderungen. Nach § 7 2 Abs. 1 J G G , der § 116 in Jugendstrafsachen ersetzt, darf Untersuchungshaft nur verhängt und vollstreckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen
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Vgl. LG Köln StV 1 9 8 2 3 7 4 ; 1 9 8 4 3 4 2 ; LG Verden StV 1 9 9 6 3 8 7 ; AG Krefeld N S t Z 2 0 0 2 5 5 9 mit zust. Anm. Neuhaus; K K / ß o « jong 6; S K / P a e f f g e n 7 (zutreffend: wesensgleiches Minus zur Aussetzung); AKJDeckers 6; Neuhaus StraFo 2 0 0 0 13; s. auch KMR7 Wanket 1.
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Vgl. LKJWendisch14 § 116, 9, zutreffend: befristete Aussetzung lässt Auflagen zu, die bei Beurlaubung nicht möglich wären.
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Vgl. dazu Neuhaus N S t Z 2 0 0 2 5 5 9 . Vgl. LG Köln StV 1 9 8 2 3 7 4 ; 1 9 8 4 3 4 2 ; Meyer-Goßner 2; KYJDeckers 6; SK/ Paeffgen 7.
Vgl. Kleinknecht/Janischowsky 188. O L G Schleswig SchlHA 1 9 7 1 6 9 ; O L G Zweibrücken M D R 1 9 7 9 5 1 7 ; O L G Stuttgart M D R 1 9 8 0 4 2 3 ; Meyer-Goßner 2.
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Weitere Beispiele bei Neuhaus 15 und N S t Z 2 0 0 2 5 6 0 .
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StraFo 2 0 0 0
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erreicht werden kann. In der Terminologie des § 116 heißt das, dass der Jugendrichter den Vollzug des Haftbefehls gegen einen Jugendlichen aussetzt, wenn der Zweck der Untersuchungshaft auch durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden kann. 12
Das stimmt nahezu überein mit der Fassung von Absatz 1 (Aussetzung bei Fluchtgefahr), nur wird dort das Unsicherheitsmoment, das notwendigerweise bei der Abschätzung der Wirkung einer Maßnahme auftritt, betont durch die Worte, dass weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung „hinreichend" begründen, der Haftzweck werde durch sie erreicht werden „können". Da die Aussetzung des Vollzugs stets, also auch im Jugendrecht, ein Risiko in sich birgt, ist der Unterschied in der Fassung nicht erheblich, doch macht Absatz 1 ganz deutlich, dass der Richter zwar das Risiko sorgfältig zu berechnen hat (Rn. 6), aber doch keine absolute Sicherheit anstreben, keine fest bestimmten Erwartungen hegen darf, sondern eine hinreichend begründete Erwartung ausreichen lassen muss. 3 7 Hinreichend begründet ist die Erwartung, wenn die Maßnahme zwar keinen absolut sicheren Erfolg, aber bei Übernahme eines gewissen Risikos die große Wahrscheinlichkeit des Erfolges begründet, der Beschuldigte werde sich dem Strafverfahren nicht entziehen. 38
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Auch in Absatz 2 (Aussetzung bei Verdunkelungsgefahr) kehrt die Verbindung der weniger einschneidenden Maßnahmen mit einer hinreichend begründeten Erwartung wieder. Hier geht die Erwartung aber nicht dahin, dass der Haftzweck erreicht werden könne, sondern dass die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindert werde. Es wird also scheinbar mehr und gleichzeitig weniger („werden" statt „kann"; „erheblich" vermindert statt „erreicht") verlangt als in Absatz 1. Die anders formulierte Anforderung wird ausgeglichen durch eine freiere Stellung des Richters (Rn. 8). 3 9
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In Absatz 3 (Wiederholungsgefahr) ist wiederum die gleiche Fassung „kann aussetzen" gewählt; sonst wird in der Formulierung eine Parallele zu Absatz 2 gesucht, aber nicht auf eine Minderung der Gefahr abgestellt, sondern auf die Erwartung, dass der Haftzweck erreicht werde, also durch die vom Richter bestimmten Anweisungen die Wiederholungsgefahr gebannt wird.
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Alle Fassungen weichen also offensichtlich in Nuancen voneinander ab. Die Praxis wird im zu entscheidenden Einzelfall diese Unterschiede nur selten deutlich herausarbeiten und näher begründen können. Sie wird in diesen Fällen fragen, ob durch weniger einschneidende Maßnahmen die Gefahr, der mit der Verhaftung begegnet werden soll, so erheblich vermindert wird, dass, wenn man ein gewisses Risiko in Kauf nimmt, erwartet werden kann, der Haftzweck werde auch ohne Haftvollzug erreicht werden. 4 0 Dazu ist eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles einschließlich der Beachtung des Beschleunigungsprinzips 41 erforderlich. In Betracht kommen alle für den Vollzug des Haftbefehls sprechenden sowie alle den Haftgrund entkräftenden oder abschwächenden Umstände, namentlich persönliche (familiäre oder berufliche) Verhältnisse, 42 Straf- oder
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LG Köln StV 1984 342. Vgl. OLG Karlsruhe StraFo 1997 91; OLG Koblenz StV 2 0 0 3 171. Vgl. auch Begr. BTDrucks. IV 178, 23. Vgl. SYJPaeffgen 10; KKJBoujong 10. Vgl. OLG Hamm JMB1NW 1977 131; LG Dortmund StV 1989 2 5 4 ; AG Leipzig StV 1996 158; SYJPaeffgen 4; KKJBoujong 2. Siehe Rn. 1.
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Vgl. OLG Braunschweig StV 1985 331; OLG Celle StV 1991 2 6 6 ; 1991 4 7 3 ; 1995 6 4 4 (Wirkung der bisherigen Haft) mit Anm. Paeffgen NStZ 1997 76; OLG Frankfurt StV 1985 4 6 3 ; 1985 374; KG StV 1994 601; OLG Hamburg StV 1995 4 2 0 (Beschuldigter reist in Kenntnis des Haftbefehls ein und stellt sich); OLG Hamm StV 1 9 9 7 6 4 3 ; StraFo 2 0 0 2 3 3 9 ; LG Frankfurt StV 1 9 8 9 68 (Ver-
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Strafaussetzungserwartung 43 sowie Folgen der Straftat, 44 das bisherige Verhalten im Verfahren 4 5 und nicht zuletzt Möglichkeit und voraussichtliche Wirksamkeit von Ersatzmaßnahmen. 46 2. Voraussetzungen. Grundsatz. Die Absätze 1 und 2 lassen zu, den Vollzug des Haftbefehls gegen Maßnahmen auszusetzen, die weniger einschneidend sind als die Untersuchungshaft und die geeignet sind, die zu Rn. 11 ff. angegebenen Erwartungen zu begründen. Unzulässig ist eine Aussetzung ohne Anordnung von Haftersatzmaßnahmen; in diesem Fall wäre der Haftbefehl aufzuheben. 47 Zulässig ist eine Änderung, auch eine zeitweise Aussetzung, einzelner Haftersatzmaßnahmen. 48 Die Maßnahmen werden meist in Anweisungen bestehen, durch die das Gericht dem Beschuldigten Pflichten und Beschränkungen (Absatz 4 Nr. 1) auferlegt; sie können aber auch einen anderen Inhalt haben, selbst Handlungen eines Dritten sein, wie sich aus § 116a ergibt. Die Ersatzmaßnahmen müssen mit der Menschenwürde (Art. 1 GG) vereinbar sein, dürfen nicht in uneinschränkbare Grundrechtsbereiche eingreifen, keinesfalls Strafcharakter haben, 4 9 keine unzumutbaren Forderungen an den Beschuldigten stellen, 50 keine Weisungen enthalten, mit denen ein vom Haftgrund nicht getragenes Ziel verfolgt wird, 51 und keinen Arbeitszwang beinhalten, weil auch die Haft keine Arbeitspflicht kennt. 52 In den Absätzen 1 und 2 sind Beispielsfälle angegeben, in Absatz 3 und in § 72 Abs. 1 J G G nicht. Die Beispiele beziehen sich zwar auf den jeweils geregelten Fall; sie können aber auch in anderen Fällen als Beispiel dienen, wenn das sinnvoll ist.
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Die Sicherheitsleistung, ausdrücklich genannt in Art. 5 Abs. 3 Satz 3 EMRK, 5 3 wird dabei in erster Linie verwendet werden, um Fluchtgefahr abzuwenden, weil sie nicht nur den Zweck hat, den ungestörten Gang der Untersuchung zu gewährleisten, sondern darüber hinaus auch sichern kann (Vor § 112, 3 ff.; § 123, 6, 7), dass der zu Freiheitsstrafe oder zu einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung Verurteilte diese auch antritt (§ 124 Abs. 1), ein Ergebnis, das nicht erreicht werden soll, wenn die Sicherheitsleistung einen anderen Haftgrund abschwächen soll.
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zieht auf Drogenkonsum); Strafk. AG Bremerhaven StV 1 9 9 3 6 4 5 . O L G Bamberg StV 1 9 8 9 4 8 6 ; O L G Celle StV 1 9 9 1 2 6 6 ; O L G Frankfurt StV 1 9 8 5 2 0 und 4 6 3 ; 2 0 0 0 3 7 2 ; O L G H a m m StV 1 9 8 5 114; 1 9 9 7 6 4 3 ; KG StV 1 9 8 6 1 0 7 ; O L G Köln StV 1 9 9 6 3 8 9 ; StraFo 1 9 9 8 1 0 3 ; 1 9 9 9 1 0 3 ; O L G Koblenz StraFo 1 9 9 8 1 7 0 ; O L G Karlsruhe StV 2 0 0 0 5 0 8 ; LG Dortmund StV 1 9 8 9 3 7 2 ; LG Koblenz StV 1 9 9 3 3 7 2 . Z.B. hohe Schadensersatzforderungen als Fluchtanreiz oder erhebliche Schadenswiedergutmachung, die gegen Fluchtmöglichkeit spricht. O L G H a m m StraFo 2 0 0 2 3 3 9 ; O L G Koblenz StV 2 0 0 3 171; s. auch B G H StraFo 2 0 0 6 2 4 4 (Ankündigung der Rechtsmittelrücknahme). Vgl. O L G Frankfurt StV 1991 2 7 (Drogentherapie) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 1 4 2 2 ;
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1 9 9 2 4 2 5 ; O L G Celle StV 1 9 9 5 6 4 4 ; s. auch KG bei KotzJRahlf N S t Z - R R 2 0 0 0 74. Meyer-Goßner 5; KKIBoujong 5 ; S K / P a e f f g e n 6; a.A. AYJDeckers 2 ; L R / W e n d i s c h 2 4 § 116, 23. O L G H a m m StV 1 9 9 9 38. H . M . ; eingehend dazu Neuhaus StV 1 9 9 9 3 4 2 ff.; vgl. auch BVerfG N S t Z 1 9 9 1 1 4 2 (zur Sicherheitsleistung). Vgl. O L G Saarbrücken N J W 1 9 7 8 2 4 6 0 ; Kleinknecht M D R 1 9 6 5 7 8 1 ; Neuhaus StV 1 9 9 9 3 4 3 ; s. auch Heinitz J R 1 9 6 5 2 6 5 . O L G Celle StV 1 9 8 8 2 0 7 (Weisung, der Ladung eines Sachverständigen zu folgen); O L G Frankfurt StV 1 9 9 2 5 8 3 (Aussageverhalten); LG Dortmund StV 1 9 9 9 6 0 7 (Auflage, jeder polizeil. Ladung zu folgen).
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S. dazu UUGollwitzer25 Art. 5 , 1 1 8 E M R K ; L R / E s s e r Erl. zu Art. 5 E M R K .
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Die Sicherheitsleistung ist grundsätzlich aber auch in Fällen des § 112 Abs. 3, 5 4 als sonstige Maßnahme des Absatzes 2 , 5 5 als Inhalt einer Anweisung nach Absatz 3 (vgl. Rn. 28, 32; § 116a, 3, 7 ff.) oder als Sicherung bei Vorliegen mehrerer Haftgründe zulässig. 56 Dies folgt aus der Pflicht zur Beachtung des übergeordneten Prinzips der Verhältnismäßigkeit. 57 Die Sicherheitsleistung wird allerdings nur selten in den genannten Fällen als wirksame Ersatzmaßnahme geeignet sein; grundsätzlich ausgeschlossen erscheint es jedoch nicht, in einem solchen Fall über eine Sicherheitsleistung zu erreichen, dass der Beschuldigte jedes Verhalten unterlassen wird, das geeignet sein könnte, den Verfall der Sicherheit herbeizuführen. 58 Jedoch wird in Fällen des § 112a (Rn. 28) die Ursache der Wiederholungsgefahr besonders zu beachten sein und in Fällen der Verdunkelungsgefahr, dass eine trotz Sicherheitsleistung erfolgte Verdunkelung in der Regel irreparabel sein wird, während ein Geflohener oft wieder gefasst werden kann. Technische Schwierigkeiten, insbesondere das nicht zu leugnende Problem, dass eine Verdunkelung häufig schwerer nachzuweisen ist als Flucht und daher bei der Verfallentscheidung (§ 124) Unsicherheiten auftreten können, sind kein Argument, den Einsatz der Sicherheitsleistung bei den genannten Haftgründen grundsätzlich abzulehnen. 59 Zum Inhalt der Entscheidung vgl. Rn. 32; § 124, 21. § 124 Abs. 1 (Verfall bei Entziehen) gilt grundsätzlich, wenn eine Sicherheitsleistung gegen Fluchtgefahr angeordnet war (s. auch § 124, 21 - analoge Anwendung in sonstigen Fällen). Vgl. auch § 127b, 24. 3. Die Beispielsfälle des Gesetzes a) Katalog (Absatz 1)
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Nummer 1: Die Anweisung wird in der Regel die Meldung auf einem bestimmten Polizeirevier zum Inhalt haben, deren Beamte dazu gewohnheitsrechtlich zur Verfügung stehen. Die Anweisung, der Beschuldigte solle sich bei der Strafverfolgungsbehörde oder einer anderen Behörde (Dienststelle) melden, setzt, weil das Gericht über deren Personal nicht verfügen kann, das Einverständnis dieser Behörde voraus. Die Meldestelle ist über die Meldeauflage zu informieren und zu ersuchen, Verstöße unverzüglich der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht mitzuteilen. Unzulässig ist dagegen die Auflage, der Beschuldigte habe jeder polizeilichen Ladung Folge zu leisten. 60
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Nummer 2: Ob der Beschuldigte die Anweisung befolgt, einen bestimmten Ort nicht unerlaubt zu verlassen, ist häufig nicht kontrollierbar (vgl. aber Rn. 23). Die Aussetzung
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OLG Köln NJW 1996 1686; OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 374. H.M.; vgl. OLG Hamm StV 2 0 0 1 688 (zur Sicherung eines Kontaktverbotes); OLG Köln StraFo 1997 93; OLG Nürnberg StraFo 2 0 0 3 89; LG Bochum StV 1998 2 0 7 ; Ranft 647; Hohlweck NStZ 1998 6 0 3 ; Park wistra 2001 251; a.A. KMRIWankel 4; Meyer-Goßner 16; HKILemke 22. OLG Hamburg N J W 1966 1329; MDR 1974 595 (zu Absatz 2); LG Bochum StV 1998 2 0 7 ; KKIBoujong 19 (Gebot effektiven Grundrechtsschutzes); AKJDeckers 7; Kleinknecht/Janischowsky 2 0 0 ff.; Sommermeyer NJ 1992 336, 3 4 0 ; Jungfer GedS Meyer
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2 2 7 ff. (zu Absatz 2); Hohlweck NStZ 1998 6 0 3 ; a.A. OLG Frankfurt N J W 1978 838 (zu Absatz 2); KG J R 1990 34 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 4 8 2 (Abhilfe nur durch Gesetzgeber möglich); SKIPaeffgen 18 (zu Absatz 2, 3); Meyer-Goßner 16, 17 (zu Absatz 2 und 3); Eb. Schmidt Nachtr. I I I ; Tiedemann NJW 1977 1977. Eingehend Jungfer GedS Meyer 2 2 7 ff. KYJBoujong 19. KYJBoujong 19; Ranft 6 4 7 ; a.A. KG J R 1990 34. LG Dortmund StV 1999 6 0 7 ; Neuhaus StV 1999 340.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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des Vollzugs k o m m t daher einer Entlassung auf E h r e n w o r t nahe; sie setzt ein besonderes Vertrauen des Richters in den Beschuldigten voraus. Verspricht der Beschuldigte, der Anweisung n a c h z u k o m m e n , so k a n n darin bei ehrenhaften M e n s c h e n eine größere Sicherung liegen, als sie etwa mit der Meldeauflage zu erzielen ist. Sinnvoll k a n n auch eine Verbindung mit anderen M a ß n a h m e n (Meldepflicht, A b g a b e des Passes) sein. 6 1 Eine stichprobenartige K o n t r o l l e durch uniformierte Polizei k a n n im Einzelfall zu einer unangemessenen sozialen Bloßstellung führen und ist in einem solchen Fall unzulässig. 6 2 N u m m e r 3 : D e r Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht zu verlassen, 6 3 wird namentlich bei Jugendlichen Bedeutung z u k o m m e n . Bei Erwachsenen wird es einer sehr sorgfältigen Auswahl der Aufsichtsperson bedürfen, damit die Aufsicht nicht zur Demütigung wird. Die Aufsichtsperson - ggf. auch eine Privatperson - muss nicht nur besonders zuverlässig, sondern auch in der Lage sein, die Kontrolle so zu übernehmen, dass der Beschuldigte nicht o h n e ihre Aufsicht handelt. Die Aufsicht braucht nicht in steter Begleitung zu bestehen. Es k a n n u.U. genügen, dass der Beschuldigte sich auf dem Wege zur Arbeit und von ihr bei der Aufsichtsperson meldet, wenn diese zugleich die Gelegenheit hat, durch Stichproben festzustellen, dass der Beschuldigte auch wirklich zur Arbeit geht. N u m m e r 4 : Die Sicherheitsleistung ist bei § 1 1 6 a behandelt.
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b ) Sonstige M a ß n a h m e n . D e r K a t a l o g der M a ß n a h m e n ist nicht a b s c h l i e ß e n d . 6 4 Die U m s t ä n d e des Einzelfalles lassen dem Richter R a u m zu sonstigen M a ß n a h m e n , die hinreichend bestimmt sein müssen und durchaus einen freiwilligen Verzicht auf die Ausübung von Grundrechten bewirken k ö n n e n , ihre Grenze aber in der Achtung der M e n schenwürde finden. 6 5 Zulässig ist in diesen Grenzen auch der Einsatz sog. elektronischer H a n d s c h e l l e n 6 6 (Bewegungsmelder), die signalisieren, w o der Beschuldigte sich gerade aufhält; der Einsatz wäre ggf. mit einer Anweisung nach Absatz 1 Nr. 2 , 3 zu verbinden. D e m Beschuldigten k a n n auch die Auflage erteilt werden, den Personalausweis abzug e b e n . 6 7 E r genügt dann der Pflicht, den Personalausweis vorzulegen (§ 1 Abs. 1 PersA u s w G ) , wenn er eine amtliche Bescheinigung vorweist, w o n a c h er den Ausweis abgeliefert h a t . 6 8 Die für die Erteilung eines neuen Ausweises zuständige Behörde ist von der amtlichen Verwahrung des Ausweises zu unterrichten, der Beschuldigte auf diese Unterrichtung hinzuweisen. 6 9 Als weitere M a ß n a h m e k o m m t - einerlei o b es sich um einen Inoder Ausländer handelt - die Verpflichtung in Betracht, den Reisepass, wiederum gegen Ausstellung einer Quittung oder Ersatzbescheinigung, a b z u l i e f e r n ; 7 0 zur Unterrichtung gilt das oben Ausgeführte entsprechend. Gegen die Auflage, einen ausländischen Reise-
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Vgl. auch OLG Frankfurt StV 1991 27 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 422; OLG Celle StV 1991 473. Meyer-Goßner 8; S K / P a e f f g e n 12; Eb. Schmidt Nachtr. I 7; a.A. Kleinknecht J Z 1965 113, 118. Vgl. auch Schlothauer/Weider 573 (Einsatz ambulanter Hafthilfeprojekte); OLG Frankfurt StV 1991 27 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 422; Seebode (Vollzug) 56, 59, 90 ff.; krit. Eb. Schmidt Nachtr. I 8. OLG Saarbrücken NJW 1978 2461; SK/ Paeffgen 9.
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Vgl. die Eingrenzungen Rn. 16. Münchhalffen/Gatzweiler 223; Neuhaus StV 1999 343; s. auch z.B. Mayer 34 ff., 343 ff., 351 ff. (krit.) mit weiteren Nachweisen. OLG Celle StV 1991 473; OLG Köln StraFo 1999 607; h.M.; a.A. Oske JR 1964 454. OLG Stuttgart Justiz 1971 330. SKJPaeffgen 15. H.M.; a.A. AG Frankfurt NJW 1977 1601 (für ausl. Pässe).
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pass abzugeben, kann auch nicht eingewandt werden, dass die Sicherstellung eines gültigen ausländischen Passes ein völkerrechtlich verbotener Eingriff in die Passhoheit des fremdem Staates sei. 71 Denn darum handelt es sich bei der Hinterlegung eines Reisepasses bei einem deutschen Gericht im Gegensatz zu seiner Sicherstellung im Sinn des Ausländerrechts schon deshalb nicht, weil die Hinterlegung nur vorübergehend, nämlich für die Dauer der Außervollzugsetzung des Haftbefehls, vorgesehen ist, während mit der Sicherstellung der endgültige Zugriff der deutschen Behörde auf den Pass gemeint ist. 72 24
Zwar hindert die Hinterlegung eines Reisepasses oder auch Personalausweises nicht die Flucht ins Ausland; sie kann es dem Beschuldigten aber erschweren, dort Arbeit aufzunehmen. Damit wird bei einem auf Verdienst angewiesenen Beschuldigten die Fluchtgefahr dann erheblich vermindert, wenn er eine ordentliche Lebensführung gewöhnt ist. Will das Gericht einen Auslandsaufenthalt gestatten, kann es anordnen, dass der Beschuldigte einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen hat. Alle Maßnahmen können einzeln oder mit anderen verbunden angeordnet werden. Die Handlungen und Unterlassungen müssen, auch wenn sie auf einer Anweisung beruhen, stets, wenn auch unter dem Druck, dass sonst die Untersuchungshaft fortbestehen würde, freiwillig erbracht werden; 73 die „Beschlagnahme" des Passes ist unzulässig. Auch deshalb sollte die Anweisung nur in sehr seltenen Fällen angewendet werden. Denn man darf die Schwierigkeiten nicht übersehen, die dem Beschuldigten erwachsen, wenn er sich an anderer als polizeilicher Stelle ausweisen muss oder will, etwa um ein Arbeitsverhältnis einzugehen, Kredit aufzunehmen usw.
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Als weitere Ersatzmaßnahmen kommen in Betracht: die Hinterlegung des Führerscheins; 74 die Auflage regelmäßiger Meldung bei einer privaten Stelle (z.B. Arbeitgeber), die das Einverständnis dieser Stelle sowie deren besondere Vertrauenswürdigkeit und Verschwiegenheit erfordert 75 und keinesfalls zu einer unangemessenen Bloßstellung des Beschuldigten führen darf; die Anweisung, eine bestimmte Wohnung zu nehmen, in einer Wohngruppe zu wohnen und unter Aufsicht eines Betreuers freiwillig eine Drogentherapie durchzuführen; 76 die Sperrung von Konten, 77 so dass Verfügungen eine richterliche Zustimmung erfordern. Unzulässig ist die Auflage eines vorläufigen Berufsverbots; es kann nur nach § 132a verhängt werden. 78
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c) Absatz 2: Namentlich aufgrund der speziellen Umstände, aus denen die Verdunkelungsgefahr im Einzelfall abgeleitet wird, lässt sich beurteilen, ob und ggf. welche Ersatzmaßnahmen geeignet sind, die Gefahr erheblich zu mindern. Die Maßnahmen müssen nämlich geeignet sein, der einzelfallspezifischen Gefahr einer Beweisbeeinträchtigung wirksam zu begegnen und die Wahrheitsfindung zu sichern. 79 Die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen (mündlich, schriftlich, über Dritte)
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OVG Münster NJW 1972 2199. OLG Saarbrücken NJW 1978 2461; h.M. Pawlik NJW 1978 1730; Geppert GA 1979 291. Kleinknecht/Janischowsky 195; Münchhalffen/Gatzweiler 2 2 2 ; die Ausführungen in Rn. 23 zur Unterrichtung gelten entsprechend. SKIPaeffgen 15; KKJBoujong 15; Kleinknecht/Janischowsky 193.
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OLG Hamm StV 1984 123 mit Anm. Budde; SKJPaeffgen 15; KKIBoujong 12; Meyer-Goßner 11; vgl. auch OLG Frankfurt StV 1991 27 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 2 ; OLG Hamm StV 1999 606. KKIBoujong 12; Eb. Schmidt Nachtr. I 5. OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 178. KKIBoujong 2 0 .
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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keine Verbindung aufzunehmen (Satz 2), kann mit der nach Absatz 1 Nr. 2 gekoppelt werden, namentlich wenn der Beschuldigte kein Telefon hat. Mit der genannten Maßregel hat sie gemeinsam, dass sie ein Vertrauen des Richters voraussetzt. Auch die Anweisung nach Absatz 1 Nr. 3 kann in Betracht kommen, die unter Nr. 1 nur in Ausnahmefällen, etwa wenn dadurch die persönliche Verbindung mit weit entfernt wohnenden Zeugen unterbunden würde und eine sonstige Verbindung (schriftlich oder durch Mittelsmänner) als Verdunkelungsmöglichkeit ausschiede. Auch das Verbot, mit Personen zu verkehren, die als Mittelsmänner einer Verdunkelung in Betracht kommen, ist zulässig; aber je weiter man den Kreis zieht, um so weniger kann überwacht werden, ob die Anweisung beachtet wird. Außerdem ist es erforderlich, diese Mittelspersonen - die noch nicht als Beweismittel vorgesehen sind, aber in Betracht kommen - ausdrücklich zu benennen. 80 Unzulässig ist ein Verbot, Kontakt zu Angehörigen aufzunehmen, die mit dem Beschuldigten in Hausgemeinschaft leben. 81 Zur Sicherheitsleistung vgl. Rn. 18. Der Verkehr mit dem Verteidiger darf nicht verboten werden, wohl aber kann ein Verteidiger, der als Mitbeschuldigter hinreichend verdächtig ist, ausgeschlossen werden (§ 138a Abs. 1). Der Ausschluss darf aber nicht durch ein Verbot des Verkehrs ersetzt werden. Unzulässig wäre auch eine Auflage, die legale Handlungen der Verteidigung beschränken oder verbieten würde. 8 2 Wegen der Beschränkungsmöglichkeiten bei Gefangenen, gegen die ein Haftbefehl wegen einer Straftat nach § 129a StGB besteht, vgl. § § 3 1 ff. EGGVG. Hat der Beschuldigte keinen Verteidiger, so kann ihm auf Antrag gestattet werden, zur Vorbereitung seiner Verteidigung - soweit erforderlich sowie unter Sicherung gegen Missbrauch - Erkundigungen auch bei solchen Personen einzuziehen, die eigentlich unter das Kontaktverbot fallen würden. 83
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d) In den Fällen des Absatzes 3 wird nur ausnahmsweise eine Vollzugsaussetzung zu verantworten sein. Als Ersatzmaßnahmen kommen theoretisch wohl die meisten der bisher genannten 8 4 in Betracht, eine Sicherheitsleistung (Rn. 18) aber wohl nur ganz selten. 85 In Fällen des § 112a Abs. 1 Nr. 1 kann z.B. bei einem Beschuldigten, der sich an seinen Töchtern vergangen hat, die Weisung, auswärts Wohnung und Arbeit zu nehmen, bei Verbrechern mit gesteigertem Geschlechtstrieb diejenige, sich in eine Anstalt zu begeben oder sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen, den Haftzweck sichern. In Bezug auf § 112a Abs. 1 Nr. 2 kommen im Wesentlichen die unter Rn. 19 ff. aufgeführten Anweisungen in Betracht, jedoch nur in solcher speziellen Ausgestaltung, dass damit die Gefahr abgewendet werden kann, der Beschuldigte werde weitere erhebliche Straftaten begehen. 86 Vgl. auch § 112a, 45, 4 7 ff.
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e) Bei Jugendlichen - nicht bei Heranwachsenden (vgl. § 109 Abs. 2 JGG) - kommt als vorläufige Anordnung über die Erziehung namentlich die Unterbringung in einem Erziehungsheim in Betracht (§ 71 Abs. 2 JGG), das geeignet ist, den Jugendlichen an der
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S K / P a e f f g e n 16; vgl. auch Hengsberger JZ 1 9 6 6 2 0 9 ; (krit.) Dahs N J W 1 9 6 5 8 3 ; Schorn N J W 1965 843. O L G Hamburg Rpfleger 1 9 6 6 3 7 4 ; Kleinknecht M D R 1 9 6 5 7 8 1 , 7 8 4 . Vgl. LG München StraFo 1 9 9 8 2 0 9 mit krit. Anm. Wüllrich.
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Hengsberger
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Vgl. O L G Celle StV 1 9 9 5 6 4 4 (z.B. Kontakt-
J Z 1966 209, 212.
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verbot); s. auch § 5 6 c Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 , Abs. 3 StGB; § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5, § 71 Abs. 2 Satz 2 JGG. Vgl. aber O L G Köln StraFo 1 9 9 7 150. Z . B . enge Aufsicht und wirksame Unterstützung eines Bewährungshelfers oder einer vertrauenswürdigen Gefangenenhilfe; zur Therapie vgl. O L G Frankfurt StV 1 9 9 2 4 2 5 ; s. auch LG Frankfurt StV 1 9 8 9 6 8 .
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Flucht oder Verdunkelung zu hindern. 8 7 Eine solche Unterbringung ist während des Strafverfahrens gegen einen Jugendlichen auch zulässig, um einem Missbrauch der Freiheit zu neuen Straftaten entgegenzuwirken oder um den Jugendlichen vor einer weiteren Gefährdung seiner Entwicklung zu bewahren. In den Fällen des Absatzes 3 in Verb, mit § 112a Abs. 1 Nr. 1 (Wiederholungsgefahr bei Sexualtätern) wird häufig die Unterbringung in einem Erziehungsheim die einzige Maßnahme sein, die sinnvoll angewendet werden kann, um die Vollstreckung der Untersuchungshaft auszusetzen. Das wird nicht selten auch bei sonstigen jugendlichen Serientätern die hauptsächliche Maßnahme sein. 8 8 30
4 . Beim Haftbefehl nach § 112 Abs. 3 ist im Gesetz keine Aussetzung des Vollzugs vorgesehen. Das war bei einem Haftbefehl sinnvoll, der bei äußerster Beschränkung der Zulässigkeit nur dann ergehen durfte, wenn es unerträglich war, den Beschuldigten in Freiheit zu lassen. Denn wenn das Freisein verhütet werden sollte, konnte es nicht über § 116 gewährt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch bindend (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) entschieden, dass nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch bei einem auf § 112 Abs. 3 gestützten Haftbefehl eine Haftverschonung in entsprechender Anwendung des § 116 Abs. 1 bis 3 möglich ist. 8 9 Das ist wiederum folgerichtig; denn der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts führt mit einer Art der Umkehrung der Beweislast im Ergebnis die durch das Strafprozessänderungsgesetz abgeschafften apokryphen Haftgründe wieder ein. Es verlangt für einen Haftbefehl nach § 112 Abs. 3 geringere Voraussetzungen als für solche nach § 112 Abs. 2 , § 112a, und muss daher den für diese Fälle geltenden § 1 1 6 auch auf den Fall des § 1 1 2 Abs. 3 anwenden. Da das Gericht von der „möglichen" Haftverschonung spricht, dürfte es trotz der Anführung von § 116 Abs. 1 vornehmlich die entsprechende Anwendung der Absätze 2 und 3 ins Auge gefasst haben (der Richter „ k a n n " ... aussetzen). Doch ist der Unterschied zu Absatz 1 (der Richter „ s e t z t . . . aus") nur gering.
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5. Wirkung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wird der Vollzug des Haftbefehls, also die Verwahrung des Beschuldigten in der Untersuchungshaft, ausgesetzt. Demgegenüber stellt der Wortlaut des § 7 2 Abs. 1 J G G auf ein Absehen von der Vollstreckung ab. Beides besagt dasselbe: Der Inhalt des Haftbefehls, die Anordnung der Untersuchungshaft (§ 114 Abs. 1), wird nicht mehr vollstreckt. Vollstreckt, etwa durch das Überwachen von Meldeterminen, wird der Aussetzungsbeschluss. Der Haftbefehl bleibt, wie durch den Wortlaut eindeutig klargestellt, bestehen. Die Wirkung der Aussetzung tritt im Allgemeinen mit der Entscheidung ein, doch gelten für die Sicherheitsleistung Besonderheiten (§ 116a, 17). Auch sonst kann das Gericht die Entlassung aus der Haft von dem Eintritt eines Ereignisses abhängig machen, so z.B. von der Zusage einer Anstalt, den Beschuldigten aufzunehmen.
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S. auch LG Osnabrück NdsRpfl. 2001 23 (Unterbringung in Einrichtung der Jugendhilfe; Kosten). Vgl. auch § 72 BSHG; Hotter 73 ff., 109 ff., 303 ff.
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BVerfGE 19 351; s. auch OLG Köln StV 1996 386; NJW 1996 1686; OLG Frankfurt StV 2000 374; OLG Celle StV 2005 620.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§116
ΠΙ. Verfahren 1. Entscheidung. Das Gericht entscheidet über die Aussetzung des Vollzugs (Absatz 1 bis 3) auf Antrag des Beschuldigten, der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen, über die Anordnung des Vollzugs (Absatz 4) auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen. Das Gericht ist an einen Aussetzungsantrag der Staatsanwaltschaft nicht gebunden; § 120 Abs. 3 ist insoweit nicht entsprechend anzuwenden (umstr.; vgl. § 120, 40). Es hat die Frage der Aussetzung, bei Jugendlichen des Absehens von der Vollstreckung, bei jeder Haftentscheidung zu prüfen. Wegen der Zuständigkeit s. § 126. Vor der Entscheidung ist die Staatsanwaltschaft zu hören (§ 33 Abs. 2), der Beschuldigte dann, wenn nicht - was der Regelfall sein wird - anzunehmen ist, dass er einer in Aussicht genommenen Maßnahme nachkommen wird. Ggf. ist jedenfalls die in der Regel notwendige 9 0 Mitwirkungsbereitschaft des Beschuldigten zu klären, wenn auch die Aussetzung rechtlich nicht davon oder gar von einer vorherigen Zustimmung des Beschuldigten abhängig ist. 91 Zur Mitwirkung bei der Sicherheitsleistung siehe § 116a, 3, 7. 9 2 Vor der Entscheidung sollte auch eine Haftentscheidungshilfe genutzt werden (Vor § 112, 65). Die Entscheidung ergeht als Beschluss. Der Beschluss ist zu begründen (§ 34). Wenn auch längere Ausführungen kaum gemacht werden können, weil letztlich eine schwer in Worte zu fassende Abwägung ausschlaggebend ist, so müssen die Maßnahmen doch so eindeutig umschrieben werden, dass der Beschuldigte weiß, wie er sich zu verhalten hat, um sich die Haftvorteile zu sichern. 93 Sollen Auflagen auf einen Haftgrund gestützt werden, der noch nicht im Haftbefehl genannt ist, so ist der Haftbefehl entsprechend zu ergän-
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zen. 94 Der Aussetzungsbeschluss ist, wenn er nicht in einer mündlichen Verhandlung verkündet wird, zuzustellen (§ 35 Abs. 2 Satz 1), weil er angefochten werden kann, entweder weil die Aufhebung des Haftbefehls versagt wird oder weil die Auflagen zu eingreifend sind. Ist der Beschluss unanfechtbar (Rn. 34 ff.), genügt die formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2). Im Hinblick auf die Folgen, welche die Zuwiderhandlung gegen auferlegte Pflichten oder Beschränkungen nach sich zieht, ist jedoch bei Beschlüssen, die auf Aussetzung des Vollzuges oder bei Jugendlichen auf Absehen von der Vollstreckung lauten, in der Regel förmliche Zustellung vorzuziehen. Verweigern Polizei oder Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Erlaubnis (z.B. den Wohnort zu verlassen), deren Erteilung gemäß dem Haftverschonungsbeschluss diesen Stellen belassen worden ist, so kann der Beschuldigte die Entscheidung des Gerichts (nicht § 2 3 EGGVG) beantragen. 95
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2. Beschwerde. Gegen die Entscheidung, durch die das Gericht ablehnt, den Haftbefehl aufzuheben, ist - mit bestimmten Ausnahmen - Beschwerde (§ 304) und weitere Beschwerde (§ 310) zulässig (§ 117, 7, 16, auch zur Zulässigkeit eines Haftprüfungsantrages). Sie stehen dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft (§ 2 9 6 Abs. 2) auch zu,
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KKJBoujong AK/Deckers 186.
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KKJBoujong 2 ; S K I P a e f f g e n 4 , 19 (§ 3 3 Abs. 3: Anhörung immer erforderlich). Vgl. auch B G H N S t Z 1 9 9 2 2 8 6 (Haftentschädigung bei Verweigerung einer Sicherheitsleistung).
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2, 2 3 ; SK/Paeffgen 4; 4; Kleinknecht/Janischowsky
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Vgl. Meyer-Goßner 2 0 ; KKJBoujong 9, 19; S K I P a e f f g e n 18; Kleinknecht M D R 1 9 6 5 7 8 4 . KKJBoujong 11; S K I P a e f f g e n 8; vgl. auch B G H D t Z 1 9 9 2 6 2 , 6 4 (zumindest Ergänzung des Haftverschonungsbeschlusses). KKJBoujong 16; Meyer-Goßner 8; SKJPaeffgen 19.
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wenn das Gericht einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs ablehnt. Die Staatsanwaltschaft kann außerdem gegen die Aussetzung des Vollzugs Beschwerde einlegen mit dem Ziel, die Aufhebung des Haftbefehls (§ 2 9 6 Abs. 2) oder der Aussetzung oder eine Überprüfung der angeordneten Ersatzmaßnahmen (Rn. 36) zu erreichen; das Beschwerdegericht prüft dann das Vorliegen aller Voraussetzungen des Haftbefehls. 96 Eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist jedoch unzulässig, wenn die Staatsanwaltschaft ihr Ziel über § 120 Abs. 3 erreichen kann. Dem Nebenkläger steht die Beschwerde nicht zu; er ist nicht beschwert. 35
Die Entscheidung, den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen, beinhaltet stets - zuweilen unausgesprochen - diejenige, dass der Haftbefehl bestehenbleibt (Rn. 6). Häufig wird die Entscheidung, dass der Vollzug ausgesetzt wird, auf einen Antrag ergehen, den Haftbefehl aufzuheben oder - wenigstens - dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen (§ 117 Abs. 1). Dann ist über den weitergehenden Aufhebungsantrag ausdrücklich zu entscheiden. Denn der Aussetzungsantrag ist nur ein Hilfsantrag, der die Entscheidung über den Hauptantrag nicht überflüssig macht. Hatte der Beschuldigte allein die Aussetzung beantragt, ist er, wenn seinem Antrag stattgegeben wird, nicht beschwert. Er kann dann auch die - stillschweigende - Entscheidung, dass der Haftbefehl, dessen Vollstreckung ausgesetzt wird, aufrechterhalten bleibt, mangels Beschwer nicht anfechten, muss vielmehr (eine neue) Beschwerde 97 gegen den bestehengebliebenen Haftbefehl anbringen (§ 117, 7).
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Auch gegen die (Auswahl der) Haftersatzmaßnahmen steht dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft die Beschwerde zu (s. aber Rn. 38 ff.); weil die Auflagenauswahl in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfällung steht, ist die Beschwerde auch gegen die Entscheidung eines erkennenden Gerichts statthaft (§ 3 0 5 Satz 2). Eine Belehrung des Beschuldigten über dieses Beschwerderecht ist grundsätzlich nicht erforderlich (arg. aus § 115 Abs. 4), jedoch nobile officium des Haftrichters, wenn erkennbar wird, dass der Beschuldigte dieses Recht nicht kennt. 9 8
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Bei mehreren aufeinanderfolgenden Entscheidungen kann in der Regel jeweils nur die letzte angefochten werden, 99 es sei denn, in dieser wird nicht über den Bestand des Haftbefehls entschieden. 100 Der Vollzug der angefochtenen Entscheidung richtet sich nach § 307.
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Gemäß § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 ist die Beschwerde gegen Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte und der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs sowie der Oberlandesgerichte grundsätzlich unzulässig; sie ist jedoch ausnahmsweise zulässig gegen solche Entscheidungen (der Oberlandesgerichte, soweit in erster Instanz zuständig), welche die Verhaftung (einstweilige Unterbringung) betreffen (§ 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5). Zulässig ist demgemäß eine Beschwerde gegen einen Beschluss dieser Haftgerichte, in dem grundsätzlich über die Frage der Haftanordnung oder des Haftvollzuges, also auch die Frage des Fortbestandes eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls sowie die Frage der Ersetzung eines Haftbefehls gegen einen anderen, entschieden
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Vgl. OLG Stuttgart NJW 1982 1296. Zum Verschlechterungsverbot vgl. die Erl. zu § 3 0 4 sowie BVerfG StraFo 2 0 0 5 502 mit Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 7 84; OLG Düsseldorf VRS 8 5 ( 1 9 9 3 ) 3 5 2 . SYJPaeffgen 20; vgl. auch Eb. Schmidt Nachtr. I 2 0 .
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OLG Hamburg MDR 1984 72; OLG Düsseldorf MDR 1992 399; StV 1993 5 9 2 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22; MDR 1995 950; vgl. Matt JA 1991 85. OLG Hamburg StV 1994 323 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 23.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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wird. 101 Die h.M. 1 0 2 vertritt jedoch die Auffassung, dass eine Beschwerde, die sich nur gegen Haftersatzmaßnahmen richtet, die das erstinstanzliche Oberlandesgericht oder der Ermittlungsrichter in Verbindung mit einer Aussetzung getroffen hat, unzulässig ist. Im Wesentlichen wird dies mit dem Ausnahmecharakter der Vorschrift begründet, der eine enge Auslegung gebiete, der Gesetzgeber habe nur die Möglichkeit einer Überprüfung von „Bestand und Vollzug des Haftbefehls" - wegen der besonderen Tragweite der Verhaftung - eröffnen wollen, also der Beschlüsse, mit denen unmittelbar entschieden werde, ob der Beschuldigte in Haft zu nehmen oder zu halten sei. 103 Die Entscheidung über Haftersatzmaßnahmen betreffe nicht die Verhaftung, d.h. die in der Strafprozessordnung geregelte Festnahme zu dem Zweck, einen Beschuldigten für das Strafverfahren festzuhalten, sondern die „Modalitäten seines Lebens in Freiheit". 1 0 4 Für diese Lösung spreche auch die Regelung des § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 1 0 5 (Rn. 42). Unzulässig ist nach dieser Auffassung die Beschwerde auch, wenn nur einer von mehreren Haftgründen beanstandet wird, ohne dass dessen Wegfall zur Haftentlassung führen soll, 106 oder wenn die Staatsanwaltschaft mit der Beschwerde nur die Erweiterung eines bestehenden Haftbefehls um einen weiteren Tatvorwurf erstrebt, also den Bestand oder Vollzug der Haftanordnung als solches nicht in Frage stellt 1 0 7 (§ 114, 34). Zur Kritik vgl. Rn. 41 ff. 3. Weitere Beschwerde. Folgerichtig vertritt die h.M. 1 0 8 des Weiteren die Auffassung, auch die weitere Beschwerde (§ 310) sei nur zulässig, wenn der Bestand oder Vollzug des Haftbefehls schlechthin angegriffen werde. Eine Entscheidung, deren Gegenstand die Frage sei, ob der Beschuldigte in Haft genommen werden könne oder nicht, betreffe die Verhaftung im Sinne von § 310 Abs. 1; ohne Bedeutung sei es, ob der Haftbefehl zur Zeit der Entscheidung vollstreckt werde oder nicht. Dem stehe § 310 Abs. 1 StPO nicht entgegen, der keineswegs dazu zwinge, als Entscheidungen, die die Verhaftung beträfen, nur solche anzusehen, die in die Freiheit des Beschuldigten unmittelbar eingreifen. Entscheidend sei nicht die Unmittelbarkeit des Eingriffs, sondern die besondere Bedeutung der
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BGHSt 25 120 = MDR 1973 4 2 0 ; 2 9 200; 34 34; 37 347. BGHSt 25 120; 2 9 200; 34 34; 37 3 4 7 ; KKJBoujong 25; Meyer-Goßner § 304, 13, 19; Wendisch FS Dünnebier 2 3 9 ff.; LR/ Wendisch24 36 ff.; Schlüchter 6 6 0 . 2 ; vgl. auch BGHSt 2 6 270; OLG Frankfurt NJW 1973 210; krit. Matt NJW 1991 1801; JA 1991 85; a.A. SKIPaeffgen 22. Siehe auch § 119, 155, § 123, 29, 30, § 124, 4 7 sowie Baumann FS Pfeiffer 255. Z.B. BGHSt 2 5 120. Z.B. LKJWendisch14 36. BGHSt 25 120. BGHSt 34 34; KYJDeckers 11 (Möglichkeit der Gegenvorstellung). S. auch Baumann FS Pfeiffer 255. BGHSt 37 347. Vgl. z.B. BGHSt 25 120; OLG Celle NStZ-RR 2 0 0 6 2 2 2 ; OLG Hamm OLGSt § 310, 27; NJW 1981 294; wistra 2 0 0 2 238; KG NJW 1979 2 6 2 6 mit Anm. Kopp-, OLG
Karlsruhe Justiz 1980 2 0 8 ; OLG Düsseldorf StV 1981 131 mit Anm. Klawitter; JMB1NW 1985 2 8 6 ; MDR 1988 79; OLG Hamburg MDR 1981 339; StV 1994 323 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 23; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 113, 124; NJW 1991 1529; OLG Celle StV 1983 4 6 6 ; OLG Koblenz StV 1986 442; NStZ 1990 102 mit Anm. Hohmann NStZ 1990 5 0 7 ; Paeffgen NStZ 1990 536; OLG Frankfurt StV 1989 113 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 419; OLG Köln StV 1994 321 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22; OLG Bremen StV 1997 533; 2001 689; UUWendisch14 37 ff.; LR1 Gollwitzer1'' § 310, 13; KKJBoujong 26; Meyer-Goßner 310, 7; KMRJWankel 15; Schlüchter 6 6 0 . 2 ; Münchhalffen/Gatzweiler 329; KYJDeckers 12 (krit.); Matt NJW 1991 1801; JA 1991 85; LR/Matt 1 5 § 310, 32 ff., 35 ff.; Wendisch StV 1991 2 2 0 ; siehe auch BGHSt 2 6 270; 2 9 200.
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Entscheidung für die persönliche Freiheit des Betroffenen. Unzulässig sei dagegen die weitere Beschwerde, soweit sie sich nur gegen Maßnahmen und Anweisungen anlässlich der Aussetzung des Haftbefehls, also gegen die Gestaltung der Auflagen für die Haftverschonung, oder gegen deren Änderung richteten (Rn. 38). Zulässig soll allerdings die weitere Beschwerde sein, wenn sie sich gegen eine Entscheidung richtet, die nur der äußeren Form nach eine Haftverschonungsauflage ist. 1 0 9 40
Eine engere Auffassung 1 1 0 hält - teilweise unter Hinweis auf den Wortlaut des § 310 Abs. 1 und die Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass die Regelung eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift sei 1 1 1 - die weitere Beschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung, die zwar einen Haftbefehl aufrechterhalten, seinen Vollzug aber nach § 116 ausgesetzt hat, generell für unzulässig; Verhaftungen im Sinne von § 310 Abs. 1 beträfen nur solche Beschlüsse, durch die unmittelbar die Frage entschieden werde, ob der Beschuldigte in Haft zu nehmen, unterzubringen oder in Haft oder Unterbringung zu halten sei. Die Frage eines unmittelbaren Eingriffs in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers werde aber in diesem Fall des § 116 nicht geprüft, weil der Beschwerdeführer in Freiheit bleibe.
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4. Kritik. Auszugehen ist davon, dass § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5, § 3 0 5 Satz 2 , § 310 Abs. 1 mit (leicht) unterschiedlichen Formulierungen die Anfechtbarkeit von Beschlüssen, die (über) „Verhaftungen" betreffen, zulassen. Es besteht jedoch weder aus semantischen, noch aus teleologischen oder sonstigen Gründen Anlass, diese Formulierungen inhaltlich unterschiedlich zu interpretieren. 1 1 2 Entscheidend ist bei allen Vorschriften gleichermaßen allein die Frage, was unter Verhaftungen zu verstehen ist. Richtig ist, dass es sich um Ausnahmeregelungen handelt, Regelungen also, die grundsätzlich eng ausgelegt werden sollten. Dennoch bestehen gegen die unter den Rn. 38 bis 4 0 dargestellten Zulässigkeitsbeschränkungen erhebliche Bedenken.
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Zunächst ergibt sich weder aus einer historischen Interpretation, 1 1 3 noch aus dem Wortlaut oder aus teleologischen Erwägungen ein überzeugender Grund für eine Unzulässigkeit der (weiteren) Beschwerde, die sich nur gegen Haftersatzmaßnahmen im Falle der Aussetzung (Rn. 38 ff.) richtet. Der Wortlaut von § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5, § 3 0 5 Satz 2 , § 310 Abs. 1 umfasst diese Fallgestaltung; auch Beschlüsse zu Haftersatzmaßnahmen „betreffen die Verhaftung". 1 1 4 Entsprechendes gilt für eine teleologische
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OLG Hamm StraFo 2002 178. Vgl. OLG Hamburg JR 1978 526 mit Anm. Gollwitzer·, OLG Hamm OLGSt § 310, 35; OLG Koblenz MDR 1978 339; NStZ 1988 327; OLG Stuttgart MDR 1978 953; OLG Schleswig SchlHA 1979 55; OLG Zweibrücken MDR 1979 695; StV 1991 219 mit Anm. Wendisch-, OLG München MDR 1980 74; OLG Nürnberg MDR 1980 75; OLG Karlsruhe NStZ 1983 41; OLG Düsseldorf NStZ 1990 248 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 534 und NStZ 1991 425; StV 1990 309 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 425; JMB1NW 2000 57. BGHSt 25 120; vgl. auch BGHSt 26 270; 19 200; a.A. Kopp NJW 1979 2627. S. auch
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BGHSt 36 192 (Erzwingungshaft) mit Anm. Wedel MDR 1990 786 ff. und Kutzer MDR 1990 787. Umstr.; vgl. zur Problematik z.B. BGHSt 25 120; OLG Zweibrücken JBIRhPf. 2001 195; OLG Köln StV 1994 321 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22; LRIMatt 2S § 305, 31 und § 310, 30 ff.; Meyer-Goßner § 304,13; S 305, 7; KYJEngelhardt § 305, 10; SK/ Paeffgen 22, § 123, 13; KMR/Wankel 23. Vgl. dazu Kopp NJW 1979 2627; Hohmann NStZ 1990 508; Wendisch StV 1991 220; FS Dünnebier 248 ff.; Matt NJW 1991 1801; JA 1991 85; SK/Paeffgen 24. Vgl. auch Hohmann NStZ 1990 507 (semantische Unwägbarkeiten); Matt NJW
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Interpretation. Ziel der genannten Vorschriften ist, die (weitere) Beschwerde ausnahmsweise wegen der besonderen Tragweite des Eingriffs in die persönliche Freiheit des Betroffenen zuzulassen. 115 Dieser Zulassungsgrund gilt auch für Entscheidungen über die Festlegung oder Änderung von Haftersatzmaßnahmen durch die in den §§ 304 Abs. 4, 5, 310 genannten Haftgerichte. Denn solche Maßnahmen können schwerwiegende Eingriffe in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeits- und Freiheitsrecht sein, 116 die in ihrer Intensität dem Haftvollzug zumindest nahekommen können. Schließlich spricht auch das Gebot der Unschuldsvermutung 117 für eine eher großzügige auch die Anfechtung allein von Haftersatzmaßnahmen zulassende Interpretation. 118 Dem zusätzlichen Argument des BGH, 1 1 9 für seine enge Auslegung spreche auch § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5, wonach nur der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung durch ein OLG anfechtbar sei, nicht aber die mit der Aussetzung verbundenen Auflagen, kann entgegengehalten werden, dass diese Parallele nicht schlüssig ist, weil in diesem Fall der Gesetzestext sprachlich eindeutig die Auflagen nicht in die Rückausnahme einschließt. 120 Die Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte ist jedoch so festgelegt, dass eine weitergehende Praxis nur über eine Klarstellung des Gesetzgebers erreicht werden könnte. Abzulehnen ist jedenfalls die engere Auffassung (Rn. 40), die sogar eine weitere Beschwerde gegen die Haft-Grundentscheidung im Falle der Aussetzung verneint. Diese Auffassung entspricht nicht der Tragweite der anzufechtenden Beschwerdeentscheidung. Sie berücksichtigt insbesondere nicht, dass der Beschuldigte nicht nur durch die Gestaltung einzelner ggf. in sein Persönlichkeitsrecht oder seine Freiheit eingreifenden Haftersatzmaßnahmen betroffen ist und sich dagegen wendet, sondern tiefergehend infolge der grundsätzlichen Aufrechterhaltung der Haftanordnung befürchten muss, dass neue (weitere) in seine Grundrechte eingreifende Maßnahmen getroffen werden könnten. 121 Die für eine Anfechtbarkeit sprechenden Erwägungen (Rn. 42) gelten hier also um so mehr. 122
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IV. Widerruf (Absatz 4) 1. Veränderungen. Das Gericht ist an seine Beurteilung der Umstände, auf denen die Vollzugsaussetzung beruht, grundsätzlich gebunden. 123 Es kann sie nicht, etwa in neuer Besetzung, bei gleichbleibenden Umständen ändern; es kann namentlich nicht den Voll-
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1991 1801; JA 1991 85; SKJPaeffgen 22; Baumann FS Pfeiffer 255. BGHSt 25 120; BGHSt 36 192; vgl. Wendisch StV 1991 2 2 0 . Vgl. BVerfGE 53 152, 161; OLG Köln StV 1994 321 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22; Hohmann NStZ 1990 5 0 8 ; Matt NJW 1991 1801; JA 1991 85; Schlothauer/Weider 778; s. auch OLG Hamburg StV 1985 66; 1986 66. Vgl. auch Hohmann NStZ 1990 508, der zudem auf das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes hinweist; Matt NJW 1991
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Im Ergebnis ebenso SKJPaeffgen 22, 24;
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Neuhaus StV 1999 342; UUMatt25 § 310, 35 ff.; vgl. auch Matt NJW 1991 1801. BGHSt 25 120. SYJPaeffgen 2 2 . Zutreffend Matt NJW 1991 1801 (andauerndes Bedrohungspotential durch den Bestand des Haftbefehls). Im Ergebnis ebenso SYJPaeffgen 24; LR/ Matt25 § 310, 33; Hohmann NStZ 1990 507; Matt NJW 1991 1801; JA 1991 95; krit. auch Wendisch StV 1991 219; LR/Wendisch24 39 ff. BVerfG StraFo 2 0 0 6 108; OLG München NJW 1978 771; OLG Düsseldorf StV 1988 2 0 7 ; OLG Frankfurt StraFo 2 0 0 1 144.
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zug der Untersuchungshaft anordnen, weil es inzwischen den Erfolg der getroffenen Maßnahmen weniger günstig beurteilt als zur Zeit ihrer Anordnung. Ändern sich indessen die Verhältnisse nicht unwesentlich, dann hat das Gericht die Frage der Vollzugsaussetzung einschließlich der Frage der Milderung oder Verschärfung der Ersatzmaßnahmen erneut zu prüfen. Diese Grundsätze gelten auch für das Beschwerdegericht. Es kann, wenn nur der Beschuldigte Beschwerde einlegt, etwa weil er eine Aufhebung des Haftbefehls erstrebt, nicht seine (ungünstige) Prognose an die des Gerichts setzen, das die Verschonung gewährt hat; ein Widerruf ist auch jetzt nur unter den engen Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 zulässig. 124 45
Ist durch die Veränderung der Haftgrund beseitigt, etwa durch Heirat die Fluchtgefahr oder durch Sachaufklärung die Verdunkelungsgefahr, dann hat das Gericht den Haftbefehl und die bei der Vollzugsaussetzung getroffenen Maßnahmen aufzuheben (§ 123 Abs. 1 Nr. 1). Hat sich der Haftgrund nur abgeschwächt, ist die Möglichkeit einer Milderung (Reduzierung) der Haftersatzmaßnahmen zu prüfen. Ebenso kann der Richter, wenn sich die Lage verschlechtert hat, die ursprünglich angeordneten Maßnahmen ändern, namentlich verschärfen, z.B. die Sicherheit erhöhen. Der Vollzug des Haftbefehls darf nur dann angeordnet werden, wenn die (engen) Voraussetzungen von Absatz 4 Nr. 1, 2 oder 3 erfüllt 125 sind und eine Änderung der Ersatzmaßnahmen nicht ausreicht, um dem Haftgrund entgegenzuwirken; 126 letzteres ist aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abzuleiten. Zuvor hat das Gericht schon bei der Einschätzung, ob die Voraussetzungen der Nr. 1 bis 3 erfüllt sind, einen gewissen Beurteilungsspielraum 127 (z.B. „gröblich", „Anstalten zur Flucht", „genügende" Entschuldigung, Vertrauen „nicht gerechtfertigt", Verhaftung „erforderlich").
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Wird der Haftbefehl wieder vollzogen, hat das Gericht die Maßnahmen aufzuheben (§ 123 Abs. 1 Nr. 2), die es zur Abwendung der Haft getroffen hatte. Es bestehen keine Bedenken, wenn es das in geeigneten Fällen mit der Vollzugsanordnung verbindet. Eine solche Verbindung wird sich empfehlen, wenn mit Sicherheit feststeht, dass der Haftbefehl ohne Schwierigkeit vollzogen werden kann, aber auch dann, wenn ohnehin nicht mehr zu erwarten ist, dass der Beschuldigte den Anweisungen nachkommt. Über die Sicherheit ist gesondert nach den §§ 123, 124 zu entscheiden.
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2. Widerrufsumstände. Nach Nummer 1 ist der Vollzug anzuordnen, wenn der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt. 128 Da diese Maßnahmen Grundlage der Erwartungen waren, dass der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werde, begründet die gröbliche Zuwiderhandlung zumeist die Vermutung, dass der Haftzweck nicht mehr ohne Untersuchungshaft erreicht werden kann (vgl. aber Rn. 45, 48).
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Die Anordnung des Vollzugs ist keine Prozessstrafe für enttäuschtes Vertrauen, sondern Sicherung des Zweckes der Untersuchungshaft. Sie ist daher nicht zulässig, wenn zwar der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten gröblich zuwiderhandelt (Nr. 1),
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BVerfG StraFo 2 0 0 5 5 0 2 mit Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 7 84; 2 0 0 6 108; 2 0 0 7 19. OLG Düsseldorf StV 1988 2 0 7 ; StV 1993 480. YXJBoujong 32; SKI Paeffgen 25; vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1988 2 0 7 ; KG StraFo 1997 27.
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Vgl. auch LRWendisch 2 4 48. Vgl. Kleinknecht/Janischowsky 216 (z.B. schwerwiegender Verstoß gegen eine Wohnauflage).
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aber der Haftgrund inzwischen weggefallen ist. 1 2 9 Auch sonst ist eine besonders sorgfältige Wertung erforderlich, wenn die Frage zu beurteilen ist, ob der Beschuldigte den ihm auferlegten Verpflichtungen und Beschränkungen in gröblicher Weise zuwidergehandelt hat. Dabei wird mehr gefordert als ein Verstoß aus Versehen, Unmut oder Verzweiflung, wenn es auch nicht auf böse Gesinnung (Absicht) ankommt; dauernde Schlamperei kann durchaus als gröbliche Zuwiderhandlung gewertet werden. Erforderlich ist letztlich ein schwerwiegender, dem Beschuldigten zurechenbarer Verstoß, der das Vertrauen des Gerichts in den Beschuldigten und die Wirksamkeit von Ersatzmaßnahmen nachhaltig erschüttert. 1 3 0 Nummer 2 gilt, wenn der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, d.h. eine Veränderung seiner Umstände in die Wege leitet, die es den Strafverfolgungsbehörden unmöglich machen soll, seiner habhaft zu werden, oder entsprechende Maßnahmen Dritter kennt und billigt. 131 War Fluchtgefahr bis dahin nicht bejaht worden, so wird der Vollzug nur angeordnet, falls jetzt die Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 2 erfüllt sind. Dieser Haftgrund ist dann in den Haftbefehl aufzunehmen. 1 3 2 Es ist selbstverständlich, dass es den Fluchtveranstaltungen gleichsteht, wenn der Beschuldigte tatsächlich geflohen ist oder sich verborgen hat; ebenso, wenn der Beschuldigte auf Ladungen ausbleibt, ohne sich genügend zu entschuldigen (vgl. die Erl. zu § 329). Unter Ladungen sind dabei solche Termine zu verstehen, zu denen der Beschuldigte erscheinen muss (§ 133, § 163a Abs. 3, § 2 3 0 Abs. 2 oder § 2 3 6 ) , gleichviel ob sie an den Beschuldigten oder an seinen Zustellungsbevollmächtigten (§ 116a Abs. 3) gerichtet waren. Es genügt, wenn die Entschuldigungsgründe erkennbar vorliegen, ihr Vortrag durch den Beschuldigten ist nicht unbedingt erforderlich. 1 3 3 Hat der Beschuldigte erklärt, er werde auf jeden Fall von seinem Schweigerecht Gebrauch machen, so ist ein Widerruf mit der Begründung, der Beschuldigte habe entgegen der Auflage des Haftverschonungsbeschlusses eine staatsanwaltschaftliche Ladung ignoriert, unzulässig. 1 3 4 Die Generalklausel (letzte Alternative) gilt, wenn sich aufgrund neuer oder neu bekanntgewordener Umstände ergibt, dass die Erwartung des Gerichts, der Beschuldigte werde Pflichten und Beschränkungen erfüllen und sich dem Verfahren stellen, ein Irrtum war. 1 3 5 Es müssen also Tatsachen vorliegen, die ein Indiz dafür bilden, dass entgegen der Annahme im Aussetzungsbeschluss die Gefahr der Verwirklichung des Haftgrundes durch die getroffenen Maßnahmen nicht erheblich vermindert werden konnte. So kann z.B. die Vertrauensbasis der Aussetzung entfallen, wenn der Beschuldigte zwar die erteilten Anweisungen formal befolgt, sie aber durch ihm nicht ausdrücklich verbotene Verdunkelungsmaßnahmen unterläuft. 1 3 6
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Die Nummer 3 umfasst die Nummern 1 und 2 , weil die dort aufgeführten Handlungen neu hervorgetretene Umstände sind, und gibt im Übrigen Raum, in Abwägung und Beurteilung sämtlicher Umstände 1 3 7 wesentliche 1 3 8 (gravierende) Veränderungen der Tat-
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Vgl. auch OLG Frankfurt StV 1985 20. Ähnlich OLG Frankfurt StV 1995 476; SK/ Paeffgen 26 (bedrohliches Erstarken des Haftgrundes); KKJBoujong 28 (Aktualisierung der den Haftgrund bildenden Gefahrenlage). KMRlWankeI9. Meyer-Goßner 25. YLKJBoujong 30. OLG Frankfurt StV 1992 583 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 533.
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Kleinknecbt/Janischowsky 219. KKJBoujong 31. OLG Hamm StV 2001 115 mit Anm. Deckers·, 2003 512; OLG Karlsruhe StV 2000 508; KG StraFo 1997 27; OLG Köln StraFo 1998 103; 1999 103; StV 2002 553. KG StV 2002 607 (Nachlässigkeit reicht nicht); Kühne 440.
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Sachengrundlage für die Aussetzung zu berücksichtigen. 139 Dabei ist hervorzuheben, dass neu hervorgetretene Umstände es nicht stets erforderlich machen, den Beschuldigten zu verhaften. 140 Es kann ausreichen, die Beschränkungen zu verschärfen; es kann aber auch notwendig werden, den Haftbefehl aufzuheben. Neu hervorgetretene Umstände können sich nicht auf den Tatverdacht beziehen. 141 Dieser musste schon dringend gewesen sein, als der Haftvollzug ausgesetzt wurde - sonst hätte der Haftbefehl aufgehoben werden müssen. Wohl aber kann es ein neuer Umstand sein, wenn neue Taten 1 4 2 oder Einzelakte einer Handlung aufgedeckt werden. 1 4 3 Oft werden die neuen Umstände die Haftgründe berühren: Tritt zur Fluchtgefahr auch noch Verdunkelungsgefahr, dann können sich die getroffenen Maßnahmen als unzulänglich erweisen. Verschärft sich die Fluchtgefahr, dann können die bisher bestehenden Maßnahmen unwirksam sein, den Zweck der Untersuchungshaft auch jetzt noch zu erreichen. Ein neuer Umstand kann, muss aber nicht, 1 4 4 vorliegen, wenn der Beschuldigte unerwartet streng verurteilt wird 1 4 5 oder wenn sonstige (auch zeitlich vor dem Aussetzungsbeschluss entstandene) schwerwiegende Tatsachen bekanntwerden, die das Gericht, hätte es sie bei der Aussetzungsentscheidung gekannt, zur Ablehnung der Haftverschonung veranlasst hätten, 1 4 6 nicht jedoch, wenn der Haftrichter schon bei der Aussetzungsentscheidung von einer hohen Straferwartung ausging oder sich die Straferwartung realisiert, von der der Beschuldigte ausgehen musste und sonstige für einen Widerruf sprechende Umstände fehlen. 1 4 7 Ein Widerruf soll auch nicht erfolgen bei einer für das vorliegende Verfahren bedeutungslosen Einwirkung auf einen Zeugen; 1 4 8 dies erscheint bedenklich, insbesondere dann, wenn Verdunkelungsgefahr der Haftgrund ist. 1 4 9
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SYJPaeffgen 28 (Wegfall der „Geschäftsgrundlage" der Aussetzungsentscheidung); s. auch OLG Koblenz StraFo 1998 170 (ursprüngliche Erwägungen wesentlich erschüttert); OLG Frankfurt StV 2 0 0 4 493. SK/Paeffgen 2 5 ; s. auch KKJBou/ong 27, 32; enger wohl Meyer-Goßner 2 2 . Vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1984 3 3 9 ; OLG Karlsruhe StV 1999 607; OLG Hamm StV 2 0 0 3 512; LG Hagen StV 2 0 0 1 688 (Abtretung des Kautionsrückzahlungsanspruches und Verurteilung eines Mitbeschuldigten). BVerfG StraFo 2 0 0 6 108; 2 0 0 7 19; OLG München NJW 1978 772; OLG Frankfurt StV 1998 32; s. aber OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 91. OLG Karlsruhe Justiz 1963 63; OLG Stuttgart StV 1998 5 5 3 ; krit. hierzu KYJDeckers 14; vgl. auch Kleinknecht J Z 1968 342; Paeffgen NStZ 1 9 8 9 515. Krit. hierzu KYJDeckers 14; s. auch OLG Karlsruhe Justiz 2 0 0 5 361 (Verdichtung eines schon bestehenden Verdachts insoweit kein Rücknahmegrund). Vgl. OLG Hamm StV 2 0 0 3 512. Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 6 108; OLG Bran-
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denburg StraFo 2001 32; OLG Düsseldorf JMB1NW 1982 236; OLG Frankfurt StV 1998 31; StraFo 2001 144; OLG Hamm StV 2 0 0 3 512; KG JR 1989 2 6 0 ; StraFo 1997 27; OLG Koblenz StraFo 1 9 9 9 322; OLG Stuttgart StV 1998 553. BVerfG StraFo 2 0 0 7 19; OlG Bamberg StraFo 2 0 0 5 421; OLG Karlsruhe Justiz 2 0 0 5 361; OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 2 142; OLG Frankfurt StraFo 2 0 0 1 144; KG StraFo 1997 2 7 ; OLG München N J W 1978 771. Vgl. BGH NStZ 2 0 0 6 2 9 7 ; bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 59; OLG Bremen StV 1988 3 9 2 ; OLG Düsseldorf StV 1988 2 0 7 ; StV 2 0 0 0 211 mit Anm. Hagmann; StraFo 2 0 0 2 142; OLG Frankfurt StV 2 0 0 4 4 9 3 ; OLG Hamm StV 2 0 0 3 512; OLG Karlsruhe StraFo 2 0 0 0 321; KG JR 1989 2 6 0 ; OLG Koblenz StraFo 1999 322; LG Hamburg StV 2 0 0 6 643; s. aber OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 91. OLG Düsseldorf StV 1984 3 3 9 ; h.M.; s. dagegen OLG Hamm NStZ-RR 1 9 9 9 53. Ähnlich OLG Hamm NStZ-RR 1 9 9 9 53 (massive Einwirkung auf einen Zeugen).
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3. Verfahren. Es gelten die zu Rn. 32 und 33 gemachten Ausführungen entsprechend, doch wird die Begründung ausführlicher als bei der Aussetzung des Vollzugs sein. 150 Wird ein außer Vollzug gesetzter Haftbefehl aufgehoben und durch einen neuen ersetzt, so ist das eine Entscheidung nach Absatz 4, die nur unter den Voraussetzungen Nr. 1, 2 oder 3 zulässig ist. 151 Zur Festnahme vgl. § 127, 39. Zur richterlichen Zuständigkeit S 126.
51
4. Beschwerde. Soweit mit der Beschwerde Änderung von Maßnahmen beantragt wird, gilt das zu Rn. 34 ff. Gesagte für die Beschwerde, das zu Rn. 39 ff. Ausgeführte für die weitere Beschwerde entsprechend. Soweit die Anordnung angegriffen wird, dass der Haftbefehl (wieder) zu vollziehen ist, ist gegen die Entscheidung, wenn sie nicht von einem Strafsenat als Rechtsmittelgericht erlassen worden ist (§ 304 Abs. 4 Satz 2, erster Halbsatz) Beschwerde zulässig (§ 304 Abs. 1), auch wenn die Entscheidung die eines erkennenden Gerichts ist (§ 305 Satz 2). Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts und des erstinstanzlich entscheidenden Oberlandesgerichts (§ 120 Abs. 3 und 4 GVG) ist die weitere Beschwerde zulässig (§ 310 Abs. 1). Denn Entscheidungen, die den Vollzug anordnen, betreffen die Verhaftung (§ 305 Satz 2, § 310 Abs. 1).
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5. Wirkung. Der Haftbefehl ist zu vollstrecken. Das Verfahren der §§ 114b ff. beginnt. War der Beschuldigte schon vor der Aussetzung des Vollzugs in Haft, beginnt es von neuem. 152
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§ 116a (1) •Die Sicherheit ist durch Hinterlegung in barem Geld, in Wertpapieren, durch Pfandbestellung oder durch Bürgschaft geeigneter Personen zu leisten. 2Davon abweichende Regelungen in einer auf Grund des Gesetzes über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden erlassenen Rechtsverordnung bleiben unberührt. (2) Der Richter setzt Höhe und Art der Sicherheit nach freiem Ermessen fest. (3) Der Beschuldigte, der die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung beantragt und nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnt, ist verpflichtet, eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnende Person zum Empfang von Zustellungen zu bevollmächtigen. Schrifttum. Siehe bei § 116.
Entstehungsgeschichte. Die Absätze 1 und 2 sind inhaltlich unverändert, sprachlich geringfügig geändert durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964. Durch dieselbe Vorschrift sind die Worte „Geltungsbereich dieses Gesetzes" an die Stelle der früheren Fassung „Inland" gesetzt worden. Bezeichnung bis 1964: § 118; Absatz 3: § 119. Durch Art. 14 Nr. 2 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes wurde schließlich in Absatz 1 der Satz 2 angefügt.
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KG JR 1956 192. S. auch OLG Stuttgart NStZ 1982 217 (Unverzüglichkeit der Entscheidung nach Nr. 3). BVerfG StraFo 2 0 0 7 19; OLG Düsseldorf
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StraFo 2 0 0 2 142; OLG Karlsruhe Justiz 2 0 0 5 361; allg. M. Meyer-Goßner 29; KKJBoujong 34.
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1. Zweck 2. Antrag 3. Arten der Sicherheitsleistung a) Hinterlegung b) Pfandbestellung c) Bürgschaft geeigneter Personen/ Institutionen d) Abweichende Regelungen e) Wahlbefugnis des Gerichts
Rn. 1
Rn. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
3 5 5a 5b 7a 8
Bemessung Zustellungsvollmacht (Absatz 3) . . . . Zustellungsbevollmächtigter Wirkung der Sicherheitsleistung Änderung der Verhältnisse Widerruf Haftverschonung unter anderen Ersatzmaßnahmen
9 12 14 17 19 21 24
1
1. Zweck. Nach § 116 Abs. 1 muss der Richter den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn Maßnahmen, die weniger einschneidend sind als die Untersuchungshaft, die Erwartung hinreichend begründen, dass der Haftzweck auch durch sie erreicht werden kann. Als Beispielsfall ist in Nr. 4 die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen genannt. Während die sonstigen Maßnahmen dem Zweck dienen, die Anwesenheit des Beschuldigten für die Dauer des Verfahrens sicherzustellen, kann durch die Sicherheitsleistung darüber hinaus auch der Antritt einer erkannten Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung sichergestellt werden (§ 124 Abs. 1; Vor § 112, 3 ff.; § 123, 6, 7). Weitere Zwecke werden mit der Sicherheitsleistung nicht verfolgt. 1 Sie verfällt namentlich nicht - wie der Wortlaut des § 124 Abs. 1 eindeutig besagt - , wenn der Verurteilte eine Geldstrafe nicht bezahlt oder eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht antritt (§ 124, 13; 11) oder die Gerichtskosten nicht begleicht. 2
2
Die immer wieder aufgeworfene Frage, ob die Haftverschonung gegen Sicherheitsleistung deshalb den Gleichheitsgrundsatz verletze, weil sie dem Vermögenden vor dem Vermögenslosen (wegen der Bemessung bei geringem Vermögen s. Rn. 9) einen Vorzug einräume, ist zu verneinen. 3 Das Grundgesetz geht von der bestehenden Wirtschaftsordnung aus, die wirtschaftliche Ungleichheiten kennt. Daher muss die Rechtsordnung zwar die Ausübung von Rechten von der Wirtschaftslage unabhängig stellen, kann aber dem Vermögenden nicht Aushilfen nur deshalb versagen, weil der Vermögenslose sich ihrer nicht bedienen kann. 4
3
2. Antrag. Streitig ist, ob der Vollzug des Haftbefehls nur auf Antrag gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt werden kann 5 oder ob dies - wie in den Fällen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 - von Amts wegen 6 zulässig ist. Richtig ist, dass der Beschuldigte nicht zur
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2
3
KK/Boujong 3; Münchhalffen/Gatzweiler 238. Zur Praxis vgl. Gebauer 2 5 3 ; Schlothauer/ Weider 575 ff.; Münchhalffen/Gatzweiler 2 2 8 ff. BayObLGSt 7 (1908) 330; vgl. auch BVerfG NStZ 1991 142. OLG Bamberg MDR 1958 788; Tiedemann GA 1964 373; Eynick ZRP 1969 216; Hantel ZRP 1969 2 4 0 ; Boing ZStW 91 (1979) 379, 385; Amendt 4 1 , 1 3 9 , 1 5 9 ; KK/Boujong $ 116, 18; Meyer-Goßner % 116, 10; AK/ Deckers 3; Schlothauer/Weider 575; Seebode
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(Vollzug) 62; Kleinknecht/Janischowsky 198; a.A. wohl Seibert DRiZ 1952 4 3 ; vgl. auch Setsevits ZRP 1968 175. Tiedemann GA 1964 373. Vgl. auch BVerfG NStZ 1991 142. LR/Wendisch 2 * 3; Eb. Schmidt § 117, 3; Nachtr. I § 116, 9. KG GA 1972 128; KK/Boujong § 116, 18; Meyer-Goßner § 116, 10; AK/Deckers 2; Kleinknecht/Janischowsky 186, 2 0 6 ; vgl. auch OLG Saarbrücken NJW 1978 2 4 6 1 (Streitfrage offen gelasssen).
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Sicherheitsleistung gezwungen werden k a n n . Dies ist j e d o c h kein G r u n d , die Aussetzungsanordnung an einen Antrag zu binden. Auch die Regelung in Art. 5 Abs. 3 Satz 3 E M R K , die die Haftverschonung gegen Sicherheitsleistung nicht an einen Antrag bindet, ist kein zwingender M a ß s t a b für die Auslegung der Vorschrift. A b e r die Entstehungsgeschichte und der W o r t l a u t des Absatzes 3 sprechen für das Antragserfordernis. 7 Andererseits ist die Vorschrift eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, das von A m t s wegen zu beachten und zu verwirklichen ist. Dies legt es nahe, der Auffassung zu folgen, die es zulässt, dem Beschuldigten von Amts wegen die M ö g l i c h k e i t der H a f t v e r s c h o n u n g gegen Sicherheitsleistung einzuräumen. Diese Lösung hat den Vorzug, dass eine H a f t v e r s c h o n u n g auch in den Fällen möglich wird, in denen der Beschuldigte nicht nur keinen Antrag stellt, sondern sogar mit der Sicherheitsleistung (Haftverschonung) nicht einverstanden ist, jedoch ein Dritter (Angehöriger) bereit ist, die Sicherheit zu stellen. Letztlich dürfte die ganze Streitfrage in der Praxis wenig bedeutsam sein.
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3 . Als Arten der Sicherheitsleistung führt das Gesetz grundsätzlich a b s c h l i e ß e n d 8
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auf: a) Hinterlegung von b a r e m Geld (s. aber R n . 7a) oder von Wertpapieren aller Art, o h n e dass es auf Mündelsicherheit a n k ä m e , in beiden Fällen des In- oder Auslands, regelm ä ß i g nach der Hinterlegungsordnung, aber auch bei einem Treuhänder, z.B. einer B a n k ; im Falle der Hinterlegung ist deren ausdrückliche A n n a h m e durch die Staatsanwaltschaft nicht erforderlich. 9 Fraglich ist, o b die Z a h l u n g mit Hilfe einer Kreditkarte als Sicherheitsleistung (ähnlich einer Hinterlegung oder Bürgschaft) a n e r k a n n t werden k a n n ; dies ist jedenfalls zu verneinen, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Karteninhaber gegenüber dem Kreditkartenunternehmen die „ Z a h l u n g s a n w e i s u n g " widerrufen und damit die Sicherheitsleistung nachträglich entwerten k a n n . Auch ein Verrechnungsscheck scheidet als Sicherheit a u s . 1 0 b) Pfandbestellung. D e r Ausdruck ist nicht im bürgerlich- rechtlichen Sinne zu verstehen, umfasst vielmehr jede Art der Sicherung an beweglichen (Pfand, Sicherungsübereignung) und unbeweglichen Sachen (Grundschulden) sowie an Vermögenswerten (Sicherungsabtretung). 1 1
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c) Bürgschaft geeigneter Personen oder Institutionen. 1 2 Die Bürgschaft besteht nicht, w o h i n nach dem W o r t l a u t der Vorschrift, die der Sicherheit durch Geld und Geldeswert
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LRJ Wendisch24 4. Vgl. BGHSt 42 343, 350 mit krit. Anm. Seebode JR 1997 471. OLG Hamm NJW 1991 2717 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 532; JMB1NW 1991 58. BGHSt 42 343. Kleinknecht/Janischowsky 203; Münchbalffen/Gatzweiler 235. Zur Abtretung einer gepfändeten Forderung vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1992 204; zu weiteren Einzelfragen (Pfändbarkeit des Rückübertragungsanspruches; Aufrechnung) BGH NStZ 1985
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560; OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 509; (Verbot einer Abtretung des Anspruches auf Rückzahlung der Kaution) OLG München StV 2 0 0 0 509 mit krit. Anm. Sattele-, AG Hamburg StV 2 0 0 0 512 mit abl. Anm. Schiothauer; (Verbot der Auflage, die Kaution mit Geldstrafe/Verfahrenskosten zu verrechnen) LG München II StV 1998 554 mit Anm. Eck stein; Schlothauer/Weider 579; § 123, 12, 17, 25 ff. Zur Sicherheitsleistung durch Kommunen s. Rixen NStZ 1999 329.
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die Bürgschaft entgegenzustellen scheint, die Auslegung gehen könnte, in der Verbürgung einer Vertrauensperson sowohl des Gerichts als auch des Beschuldigten, dass dieser zur Hauptverhandlung und gerichtlichen Handlungen, die dieser vorangehen, zur Verfügung steht, sondern, wie § 116 Abs. 1 Nr. 4 klar sagt, in der Leistung einer angemessenen Sicherheit durch einen anderen als den Beschuldigten. 13 6
Die Bürgschaft ist, schon weil eine Schuld des Beschuldigten fehlt, nicht nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Daher bedarf sie nicht der Schriftform; 14 diese ist jedoch aus Beweisgründen zu empfehlen. Der Bürge hat nicht die Einrede der Vorausklage. Sie kann als aufschiebend bedingtes selbstschuldnerisches Zahlungsversprechen 15 abgegeben werden. In der Regel wird die „Bürgschaft" aber darin bestehen, dass der Dritte Geld oder Wertpapiere bei einer Bank hinterlegt und ihr gegenüber den Staat ermächtigt, die Herausgabe zu verlangen. Der Staat kann von dieser Ermächtigung erst nach Verfall der Sicherheit (§ 124) Gebrauch machen. Hat der Dritte Geld oder Wertpapiere hinterlegt und den Staat ermächtigt, von der Hinterlegungsstelle die Herausgabe zu verlangen, haftet er nur mit der hinterlegten Sache, sonst mit seinem gesamten Vermögen. Der darin liegende Vorteil wird durch den Nachteil aufgehoben, dass eine besondere Vollstreckung notwendig ist.
7
Weder die Bürgschaft noch die Ermächtigung darf befristet sein, weil der Zeitpunkt, in dem die Sicherheit frei wird (§ 123 Abs. 2 in Verb, mit Abs. 1), niemals mit Bestimmtheit vorausgesagt werden kann. Alsdann könnte bei einer Befristung der Fall eintreten, dass der Beschuldigte am ersten Tage nach dem Fristablauf ohne Folgen für den Bürgen flieht, weil die Verhaftung nicht alsbald möglich ist und Fluchtvorbereitungen (§ 116 Abs. 4 Nr. 2 erste Alternative) vorher nicht erkennbar waren. Die Bürgschaft darf auch angenommen werden, wenn sich der Beschuldigte nicht mit ihr einverstanden erklärt, d.h. einen Antrag nicht gestellt (Rdn. 3, 4) hat. Zulässig ist eine Haftverschonung in einem solchen Fall aber nur, wenn angenommen werden kann, dass der Beschuldigte auch dann nicht fliehen wird, wenn die Bürgschaft ohne seine Zustimmung (gegen seinen Willen) geleistet wird, etwa wenn ihm die Bürgschaftsleistung persönlich unangenehm (peinlich) ist, letztlich jedoch der erforderliche psychische, fluchtverhindernde Druck 1 6 von der Bürgschaft ausgeht, wenn sie erst einmal geleistet ist. 17
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d) Gemäß Absatz 1 Satz 2 bleiben von Absatz 1 Satz 1 abweichende Regelungen, die sich aus einer Rechtsverordnung ergeben, die aufgrund des Gesetzes über den Zahlungsverkehr mit der Justiz erlassen wurden, unberührt. 18
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e) Wahlbefugnis des Gerichts. Die verschiedenen Arten der Sicherheit stehen dem Gericht zur Wahl, nicht dem Beschuldigten; eine gesetzliche Verpflichtung zur Annahme
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Vgl. Schlotbauer/Weider 582 ff.; Münchhalffen/Gatzweiler 2 3 2 ff.; Amelung StraFo 1997 3 0 0 (auch zur Bankbürgschaft). SYJPaeffgen 2; KK/Boujong 1; Meyer-Goßner 4; Kleinknecbt/Janiscbowsky 2 0 3 ; a.A. OLG Celle GA 6 0 (1913) 4 8 0 ; krit. Retemeyer 87 ff. Vgl. OLG Karlsruhe StV 2 0 0 1 120. Vgl. Lobe/Alsberg § 118, II 4. Ähnlich Eb. Schmidt § 118, 3.
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Vgl. Art. 2 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes - § § 1 ff. ZahlVGJG: Regelungen zur Zulassung unbarer Zahlungen (z.B. durch Kreditkarte, EC-Karte, Einzugsermächtigung) an die Justiz; für den Bund durch RVO des BMJ, für die Länder durch RVOen der Landesregierungen oder Landesjustizverwaltungen. Zu Einzelheiten s. auch S 176, 4.
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einer bestimmten angebotenen Sicherheit wäre mit dem angestrebten Sicherungszweck nicht vereinbar. Das Gericht kann sie nebeneinander anordnen und kann sich auch von dem Beschuldigten und einem Dritten nebeneinander Sicherheiten bestellen lassen. Hält das Gericht die Sicherheitsleistung eines Dritten für ausreichend, so muss das im Beschluss zum Ausdruck kommen; 1 9 abgesehen davon kann der Beschuldigte, wenn der Beschluss nichts Gegenteiliges besagt, die Sicherheit auch mit Mitteln leisten, die er sich bei Dritten beschafft hat. 2 0 4. Bemessung. Die Sicherheit des Beschuldigten ist nach Art und Höhe so zu bemes- 9 sen, dass anzunehmen ist, 21 dieser werde lieber das Verfahren und die Sanktion als den Verlust der Vermögenswerte hinnehmen. Dazu muss der Verlust empfindlich sein. Zu diesem Zwecke ist die Sicherheit nach dem Vermögen des Beschuldigten zu bemessen. Ist das Vermögen gering, kann auch eine niedrige Sicherheitsleistung den Beschuldigten von der Flucht abhalten. Es wäre verfehlt, nur absolut beträchtliche Summen als Sicherheitsleistung zuzulassen. Eine Praxis, die eine niedrige Sicherheit allein wegen ihrer Geringfügigkeit ablehnt, obwohl der Verlust den Beschuldigten hart treffen würde, ist bisher nicht bekannt geworden. 2 2 Sie wäre im Übrigen kaum mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren. Die Sicherheit Dritter wird nur zuzulassen sein, wenn nach der Persönlichkeit des Beschuldigten und nach seinen Beziehungen zu dem Dritten zu erwarten ist, er werde diesen nicht durch Verlust der Sicherheit zu Schaden kommen lassen. 23 Dazu muss, damit der Dritte die Sicherheit nicht als ein Freundschaftsgeschenk ansehen kann, die Bürgschaftssumme nach dem Vermögen des Leistenden festgesetzt werden. In Bezug auf den Beschuldigten, der kein Vermögen, sondern seine Ehre aufs Spiel setzt, verlangt die Form der Bürgschaft geeigneter Personen ein gewisses Vertrauen. Der Verteidiger sollte in der Regel die Sicherheit nicht aus eigenen Mitteln leisten, weil andernfalls seine anwaltliche Unabhängigkeit gefährdet sein könnte.
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Bei der Bemessung der Sicherheit ist im Wesentlichen der Wunsch des Beschuldigten, 11 die verstrickten Vermögenswerte sich oder dem Bürgen zu erhalten, dem Verlangen des Beschuldigten gegenüberzustellen, sich der Untersuchung oder dem Antritt einer Strafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 124 Abs. 1) zu entziehen. Diese Abwägung ist nicht begründbar; daher gesteht das Gesetz dem Richter für die Festsetzung von Art und Höhe der Sicherheitsleistung freies Ermessen zu. Indessen ist auch das freie Ermessen nicht ohne Bindung auszuüben. So dürfen keine übermäßigen Sicherheiten verlangt werden; insoweit hat auch die zu erwartende Sanktion einen Einfluss auf die Höhe der Sicherheit. Dagegen ist die bloße Angleichung der
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H.M.; OLG Frankfurt NJW 2 0 0 5 1727; OLG Düsseldorf Rpfleger 1986 275; NStZ 1990 97; OLG Stuttgart Justiz 1988 373; OLG Karlsruhe Justiz 1993 91; s. auch LG Gießen StraFo 2 0 0 6 324; KKJBoujong 2; Meyer-Goßner 4; S K I P a e f f g e n 2; AK/Deckers 5; a.A. Kleinknecht/]anischowsky 204; vgl. zur Problematik auch § 124, 32. OLG H a m m JMB1NW 1991 58; OLG Düsseldorf NStZ 1990 97; KKJBoujong 2; Meyer-Goßner 2; vgl. auch Schlothauer/Weider 5 8 0 ff.
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BGH N S t Z 1985 560; KKJBoujong 3; MeyerGoßner 1; SYJPaeffgen 3. Anders Τiedemann GA 1964 374. OLG Düsseldorf Rpfleger 1986 275; OLG Hamm StraFo 2 0 0 2 338; OLG Köln StraFo 1997 93 (Sicherheitsleistung durch Verwandte); OLG München StV 2 0 0 0 5 0 9 mit krit. Anm. Sattele-, LG Gießen StraFo 2 0 0 6 324; KKJBoujong 2; Kleinknecht/Janischowsky 204; s. auch Schlothauer/Weider 580, 583.
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Sicherheit an die Höhe einer etwa zu erwartenden Geldstrafe oder die überwiegende Rücksicht auf Gerichtskosten und Ersatzansprüche des Verletzten 24 - ohne die im ersten Satz geforderte Abwägung - nicht zulässig. 12
5. Zustellungsvollmacht (Absatz 3). Für die prozessuale Last, einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen, stellt das Gesetz zwei Voraussetzungen auf. Die erste ist ein Antrag. Wird dieser gestellt, ist grundsätzlich zugleich ein Bevollmächtigter zu bestellen und nachzuweisen, dass er das Mandat angenommen hat. Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten ist keine 25 Verfahrensvoraussetzung, sondern eine im Gesetz besonders genannte Maßnahme (§ 116). Demzufolge kann das Gericht einen Antrag, dem es nachkommen möchte, zwar zurückweisen, wenn in ihm weder ein Zustellungsbevollmächtigter benannt, noch nachgewiesen ist, dass er das Mandat angenommen hat. Das Gericht braucht aber nicht so zu verfahren. Vielmehr kann es dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die Benennung nachzuholen; es kann aber auch dem Antrag alsbald stattgeben und dem Beschuldigten in dem Aussetzungsbeschluss als Bedingung der Aussetzung des Vollzugs auferlegen, einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Die Freilassung hängt dann davon ab, dass der Beschuldigte diese Pflicht erfüllt hat. 2 6 Entsprechendes gilt, wenn das Gericht von Amts wegen (Rn. 3) den Vollzug gegen Sicherheitsleistung aussetzen will.
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Die zweite Voraussetzung ist, dass der Beschuldigte nicht im Geltungsbereich der Strafprozessordnung wohnt. Es kommt nicht auf den Wohnsitz an, sondern darauf, dass der Beschuldigte tatsächlich für eine auf eine gewisse Dauer berechnete Zeit außerhalb des Geltungsbereichs der Strafprozessordnung seinen Aufenthalt genommen hat. Der Zweck der Regelung ist, die oft nicht unerheblichen Erschwernisse einer Zustellung im Ausland zu vermeiden, wenn dem fluchtverdächtigen Beschuldigten schon der Vollzug der Untersuchungshaft erspart und der weitere Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik erlaubt wird.
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6. Zustellungsbevollmächtigter (§ 37, 5 ff., 102) ist eine bestimmte, zu benennende 27 verhandlungsfähige Person, meist ein Rechtsanwalt, die der Vollmachtgeber ermächtigt hat, Zustellungen für ihn in Empfang zu nehmen, und die bereit ist, 28 solche Zustellungen entgegenzunehmen. Der grundsätzlich dem Beschuldigten obliegende 29 Nachweis über das Einverständnis und damit der wirksamen Bestellung des Zustellungsbevollmächtigten wird regelmäßig durch die zu den Akten überreichte Zustellungsvollmacht erbracht werden. Ist das unterblieben, wird man es auch als ausreichend ansehen können, wenn das Einverständnis auf andere Weise - telefonische Nachfrage - festgestellt und aktenkundig gemacht wird. 3 0 Entscheidend ist allein, dass die Zustellungsvollmacht erteilt ist; § 145a Abs. 1, wonach sich die Vollmacht bei den Akten befinden muss, findet
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Vgl. Kühne/Esser StV 2 0 0 2 388 (Berücksichtigung auch des Umfangs des Vermögensschadens) unter Hinweis auf die Rspr. des EGMR; s. dagegen Amelung StraFo 1997 301 (Schadensberücksichtigung einschränkend); Rüping wistra 2 0 0 0 11 (zur Unzulässigkeit der Sicherung der Steuerschuld durch die Kaution). A.A. Lobe/Alsberg § 119, II; Eb. Schmidt § 119,4.
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S K / P a e f f g e n 5; KK/Boujong 5; Meyer-Goßner 5. Vgl. LG Baden-Baden NStZ-RR 2 0 0 0 372. Dünnebier NJW 1968 1752. Vgl. OLG Köln VRS 9 9 (2000) 431. OLG Zweibrücken VRS 53 (1977) 281; s. auch LG Baden-Baden NStZ-RR 2 0 0 0 372.
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keine Anwendung. Deshalb genügt es auch, w e n n die V o l l m a c h t erst in der Rechtsmittelinstanz nachgewiesen wird, etwa erst dann das die Vollmacht enthaltende Schriftstück zu den Gerichtsakten gelangt. 3 1 D e m Z w e c k der Vorschrift, einen außerhalb der Bundesrepublik w o h n e n d e n Beschuldigten für die Zustellung so zu behandeln, als o b er dort w o h n t e , hätte es - zumal im Hinblick auf die Freiheit der Anwaltswahl - genügt, das W o h n e n des Zustellungsbevollmächtigten im Geltungsbereich der Strafprozessordnung zu verlangen. D a s Gesetz geht aber weiter und verlangt aus Gründen der Geschäftserleichterung, dass der Bevollmächtigte im Bezirk des nach § 116 zuständigen Gerichts w o h n t . Indem das Gesetz von W o h nen und nicht v o m Wohnsitz spricht, verlangt es über die Wohnungsanmeldung hinaus einen tatsächlichen, wenn auch nicht ununterbrochenen Aufenthalt an einem O r t des Gerichtsbezirks. H a t indessen das Gericht seinen Sitz selbst außerhalb seines Bezirks, wie das Landgericht M ü n c h e n II, so muss auch eine W o h n u n g am Gerichtssitz für ausreichend erachtet werden. Auch sonst kann das Gericht einen außerhalb seines Bezirks w o h n e n d e n Bevollmächtigten zulassen. 3 2 Z w a r ist der Beschuldigte verpflichtet, wenn das Gericht das verlangt, sich auf die Wahl eines im Gerichtsbezirk ansässigen Bevollmächtigten zu beschränken. D e m Gericht schreibt das Gesetz keine gleiche Beschränkung vor.
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Die Bevollmächtigung hat W i r k s a m k e i t , bis die Sicherheit frei wird (§ 1 2 3 Abs. 2 ) oder verfällt (§ 1 2 4 ) oder bis das Strafverfahren durch den Tod des Beschuldigten e n d e t 3 3 in der Weise, dass alle für den Beschuldigten bestimmten Zustellungen an den Zustellungsbevollmächtigten bewirkt werden k ö n n e n . E r tritt, soweit Zustellungen in B e t r a c h t k o m m e n , an die Stelle des Beschuldigten. 3 4 D a b e i besteht kein Unterschied nach der Art oder dem Inhalt des Zustellungsstücks; dem Zustellungsbevollmächtigten k ö n nen danach auch L a d u n g e n 3 5 und U r t e i l e 3 6 zugestellt werden; § 1 4 5 a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 gelten n i c h t . 3 7 Es k o m m t auch nicht auf die förmliche Zustellung an. K a n n diese nach § 3 5 Abs. 2 Satz 2 durch formlose Mitteilung ersetzt werden, k a n n diese auch dem Bevollmächtigten gegeben w e r d e n . 3 8 Mitteilungen und Zustellungen an den Zustellungsbevollmächtigten h a b e n die Folge, als o b sie an den Beschuldigten selbst bewirkt worden wären. Diesem k a n n selbstverständlich jederzeit auch selbst zugestellt werden. Ersatzzustellung an den Zustellungsbevollmächtigten ist zulässig. D e r Zustellungsbevollmächtigte hat den Beschuldigten unverzüglich über die Zustellung zu informieren und das zugestellte Schriftstück an ihn weiterzuleiten. 3 9
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7. Die W i r k u n g der Sicherheitsleistung, nämlich die Aussetzung es Vollzugs der Untersuchungshaft, tritt ein, sobald die Sicherheitsleistung erbracht, ein Zustellungsbevollmächtigter ernannt, und nachgewiesen ist, dass er das M a n d a t a n g e n o m m e n hat. Freilich ist n o c h der Akt der richterlichen Entlassung notwendig. Die unmittelbare W i r -
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BayObLG JR 1990 36 mit Anm. Wendisch. OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 369; SK/ Paeffgen 6; KK/Boujong 6; a.A. Meyer-Goßner 5. BayObLGSt 21 (1922) 100; OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 369; vgl. auch Greßmann NStZ 1991 218. RGSt 77 212, 214; BGHSt 10 62; OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 369; OLG Koblenz NStZ-RR 2 0 0 4 373.
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BGHSt 10 62. RGSt 77 212, 214; OLG München MDR 1995 405. Vgl. Meyer-Goßner 7; SK/Paeffgen 7; KK/ Boujong 7; Greßmann NStZ 1991 218. KK/Boujong 7; Meyer-Goßner 7. Vgl. Greßmann NStZ 1991 218; Meyer-Goßner 7.
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kung zeigt sich aber darin, dass im vorbereitenden Verfahren die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten ohne weitere gerichtliche Entscheidung freilassen kann, sobald die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 18
Ist die öffentliche Klage erhoben, muss das Gericht die Entlassung anordnen und veranlassen (§ 120, 26). Das hat es auch vor Klageerhebung zu tun, wenn die Staatsanwaltschaft erklärt, sich der Entlassung enthalten zu wollen, etwa weil sie Zweifel hat, ob die erbrachte Sicherheit die auferlegte ist oder weil das Gericht einen erst nachträglich benannten Zustellungsbevollmächtigten noch nicht zugelassen hat.
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8. Die Änderung der Verhältnisse kann auch zu einer Änderung der Maßnahmen führen (§ 116, 44 ff.). So können Kursänderungen von Wertpapieren oder ausländischen Geldsorten Anlass bieten, die Sicherheit nominell zu verstärken, um sie ihrem Werte nach auf der ursprünglichen Höhe zu belassen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Sicherheit ihren Wert nicht nur aus ihrer absoluten Höhe erhält, sondern weitgehend aus ihrem Verhältnis zum Gesamtvermögen des Leistenden. Wegen dieses Wertverhältnisses kann auch der Tod des Bürgen ein Anlass sein, die Sicherheit in ihrer Höhe zu verändern, weil nunmehr auf die Vermögensverhältnisse des Erben abzustellen ist. Der Tod des Bürgen kann auch nötigen, den Haftbefehl zu vollziehen (§ 116 Abs. 4 Nr. 3), wenn das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bürgen und Beschuldigten, das den Beschuldigten zwingt, lieber seine Freiheit als seine Ehre zu verlieren, zu dem Erben nicht besteht.
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Wenn auch Ersatzzustellungen an den Zustellungsbevollmächtigten zulässig und wirksam sind, so braucht das Gericht sich auf Erschwerungen und Unsicherheiten bei der Zustellung nicht einzulassen. Es kann daher den Zustellungsbevollmächtigten als weggefallen ansehen, wenn er seine Bereitschaft, Zustellungen entgegenzunehmen, widerruft (Rn. 23); wenn er ohne einen solchen Widerruf die Zustellung durch Verweigerung der Annahme erschwert; oder wenn er, ohne die Annahme zu verweigern, Zustellungen durch Abwesenheit in ihrer Wirkung unsicher macht. Dagegen muss, wenn das Verfahren auf das Gericht eines anderen Bezirks übergeht, der Bevollmächtigte nicht etwa deshalb abberufen werden, weil er nunmehr nicht mehr im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnt; denn das Gericht ist in der Zulassung des Bevollmächtigten nicht beschränkt (Rn. 15). Es ist aber, da die Vorschrift auf die Zweckmäßigkeit für das zuständige Gericht abstellt, berechtigt, einen Wechsel zu verlangen. 40 Wechselt der Bevollmächtigte innerhalb der Bundesrepublik seinen Wohnsitz, ist das Gericht nicht verpflichtet, wohl aber befugt, in abzurufen und den Beschuldigten aufzufordern, für die Bestellung eines neuen, in seinem Bezirk wohnenden Bevollmächtigten zu sorgen. 41
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9. Widerruf. Die allgemeine Vorschrift, dass der Richter den Vollzug des Haftbefehls anordnet (§ 116 Abs. 4) und die getroffenen Maßnahmen aufhebt (§ 123 Abs. 1 Nr. 2), wenn die besonderen Umstände des § 116 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 vorliegen, gilt zwar auch für die Aussetzung des Vollzugs gegen Sicherheitsleistung, jedoch mit der Besonderheit, dass nach den §§ 123 Abs. 2 und 3, 124 Abs. 1 entschieden wird, ob die Sicherheit freigeworden oder verfallen ist. Der Beschuldigte kann auch selbst bewirken, dass die Sicherheit frei wird. Zwar ist sie unkündbar, gleichviel ob der Beschuldigte oder ein Dritter sie bestellt hat, 4 2 doch
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YLKJBoujong 6. KK/Boujong 6. SK/Paeffgen 6. KK/Boujong 4; SYUPaeffgen 4; vgl. auch Här-
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tung § 118, 5; nach Eb. Schmidt § 118, 4 Rücknahme möglich.
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können der Beschuldigte und der Dritte, dieser allerdings nur im Einverständnis mit dem Beschuldigten, sie freimachen: Traut der Beschuldigte sich nicht mehr die Kraft zu, seinem Fluchtbegehren zu widerstehen, oder benötigt er die Sicherheit zu anderen Zwecken, so muss er sich in die Haft begeben; vertraut ihm der Dritte nicht mehr oder will er über sein Vermögen anderweit verfügen, so muss er bewirken, dass der Beschuldigte sich stellt (§ 123, 10). Die Zustellungsvollmacht kann der Beschuldigte nicht einseitig zurücknehmen, der Bevollmächtigte kann die dem Beschuldigten und dem Gericht gegenüber übernommene Verpflichtung, Zustellungen entgegenzunehmen, nicht durch Vertrag mit dem Beschuldigten kündigen oder dem Gericht gegenüber einseitig aufgeben, 4 3 es sei denn, das Gericht stimmt zu. 4 4 Tritt indessen ein solcher Fall ein, dann handelt der Beschuldigte der Pflicht, einen empfangsbereiten Zustellungsbevollmächtigten zur Verfügung zu halten, zuwider. Die Zuwiderhandlung ist gröblich, wenn er nicht alsbald einen neuen, dem Gericht genehmen Bevollmächtigten benennt. Alsdann ist der Vollzug des Haftbefehls anzuordnen ( § 1 1 6 Abs. 4 Nr. 1).
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10. Auch bei Haftverschonung unter anderen Ersatzmaßnahmen als Sicherheitsleistung kann das Gericht dem Beschuldigten die Auflage machen oder als aufschiebende Bedingung festsetzen, dass der Beschuldigte einen Zustellungsbevollmächtigten benennt. 4 5 Die vorstehenden Ausführungen gelten für diesen Fall sinngemäß.
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§ 117 (1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung). (2) 'Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig. 2 Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung, die auf den Antrag ergeht, wird dadurch nicht berührt. (3) Der Richter kann einzelne Ermittlungen anordnen, die für die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung dieser Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen. (4) ' H a t der Beschuldigte noch keinen Verteidiger, so wird ihm ein Verteidiger für die Dauer der Untersuchungshaft bestellt, wenn deren Vollzug mindestens drei Monate gedauert hat und die Staatsanwaltschaft oder der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter es beantragt. 2 Über das Antragsrecht ist der Beschuldigte zu belehren. 3 Die §§ 142, 143 und 145 gelten entsprechend. (5) Hat die Untersuchungshaft drei Monate gedauert, ohne daß der Beschuldigte die Haftprüfung beantragt oder Haftbeschwerde eingelegt hat, so findet die Haftprüfung von Amts wegen statt, es sei denn, daß der Beschuldigte einen Verteidiger hat.
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O L G Düsseldorf VRS 71 ( 1 9 8 6 ) 3 6 9 ; KK/ Boujong 7; S K I P a e f f g e n 7; Meyer-Goßner 6. KKIBoujong 7; S K I P a e f f g e n 7; Meyer-Goßner
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KKIBoujong 8.
6.
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Schrifttum Rostek
D i e a u f g e d r ä n g t e H a f t p r ü f u n g , StV 2 0 0 2 2 2 5 ; Chr. Schröder
D i e jederzeitige H a f t p r ü -
fung v o n Amts wegen, N S t Z 1998 68.
Entstehungsgeschichte.
D i e V o r s c h r i f t ist e i n g e f ü g t d u r c h Art. 1 N r . 1 StPÄG
1964.
Sie e n t h ä l t B r u c h s t ü c k e a u s f r ü h e r e n B e s t i m m u n g e n , die s i c h a b e r z u m e i s t a u f die m ü n d liche V e r h a n d l u n g b e z o g e n , ist a b e r i m G a n z e n n e u : F r ü h e r h a t t e d a s G e r i c h t die H a f t frage v o n A m t s w e g e n p e r i o d i s c h z u p r ü f e n , seit der Ä n d e r u n g nur auf Antrag.
Nach
drei M o n a t e n U n t e r s u c h u n g s h a f t w a r früher ein Verteidiger für die P r ü f u n g s v e r h a n d l u n g z u z u z i e h e n , n u n w i r d er f ü r die D a u e r der U n t e r s u c h u n g s h a f t bestellt.
Übersicht I. Inhalt II. Voraussetzungen (Absatz 1) 1. Haftbefehl 2. Haftvollzug 3. Antrag a) Antragsberechtigte b) Form ΙΠ. Ausschluss der Beschwerde (Absatz 2) 1. Inhalt 2. Unzulässigkeit 3. Gehör a) Staatsanwalt und Beschuldigter
Rn. 1
IV. Neue Prüfung (Absatz 3) 10 13 16 18 23
Alphabetische § 453c 5 Anfechtbarkeit 31 Antrag 10,12, 15, 20, 39 Anwendungsbereich 4, 5 Ausland 6 Beginn der H a f t 6 Begründung 28 Belehrung 10, 39 Beschluss 28 Beschränktes Antragsrecht 12 Beschwerdeausschluss 1 6 , 1 8 , 2 1 Ende der Haft 6 Entgegennahme 13 Entscheidungsgrundlage 26 Ermittlungen 27,29, 30 Formfreiheit 13 Förmliches Prüfungsverfahren 2, 29
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b) Verteidiger c) Kein Absehen vom Gehör 4. Entscheidung
V. Beschwerde
Rn. 24 25 26 29 31
VI. Verteidiger (Absatz 4) 1. Allgemeines 2. § 140 Abs. 1 Nr. 5 3. § 117 Abs. 4 4. Verfahren
34 35 37 40
VII. H a f t p r ü f u n g von Amts wegen (Absatz 5)
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Übersicht Frist 13,44 Gehör 23, 24, 25, 33, 45, 46 Gesetzlicher Vertreter 1 2 , 1 9 , 4 3 H a f t in anderer Sache 8 Informelle H a f t p r ü f u n g 1 , 1 1 Mitteilung 28, 46 Mündliche Verhandlung 12, 17, 45 Nebenkläger 12 Prüfung von Amts wegen 2, 11, 12, 30, 43 Rücknahme 10, 20 Umdeutung 8, 22 Ungehorsamshaft 4 Verteidiger 24, 32, 34, 43, 46 Voraussetzung des Vollzugs 7, 9, 29 Vorsorglicher Antrag 20 Zuständige Stelle 13 Zuständigkeitswechsel 22
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I. Inhalt Der Prozess ist ein Fortschreiten der Untersuchung, die zur Verurteilung des Ange- 1 klagten, zu seinem Freispruch oder zur Einstellung des Verfahrens führen kann. Demzufolge kann der dringende Tatverdacht sich entweder bestätigen oder abschwächen, oder es können Prozesshindernisse entstehen oder bekanntwerden. Namentlich die Haftgründe sind im Verlauf des Prozesses der Veränderung unterworfen: Die Fluchtgefahr kann durch eine Veränderung der Verhältnisse oder deshalb schwinden, weil die (restliche) Untersuchungshaft im Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe nur noch gering ist; die Verdunkelungsgefahr kann durch Sachaufklärung gebannt sein. Deshalb haben Gericht und Staatsanwaltschaft gleicherweise in jeder Lage des Verfahrens ohne Anträge der Beteiligten und unabhängig vom Haftprüfungsverfahren von Amts wegen 1 zu prüfen, ob der Haftbefehl aufgehoben (§ 120) oder sein Vollzug ausgesetzt werden kann (§ 116; § 72 Abs. 1 J G G ) . 2 Die Staatsanwaltschaft hat deshalb, ggf. mit Hilfe von Zweitakten 3 und einem Haftsonderheft, stets die Haftfrage im Auge zu behalten und nach dem jeweiligen Ermittlungsfortschritt zu prüfen. Dieser dauernden stillschweigenden Haftprüfung wird in § 117 ein förmliches Haftprüfungsverfahren gegenübergestellt. In diesem wird der Richter - regelmäßig durch einen Antrag des Beschuldigten - zum rechtlichen Gehör (§ 33 Abs. 3), zur mündlichen Verhandlung (§ 118 Abs. 1) und zur ausdrücklichen Entscheidung gezwungen. Die Vorschrift würde falsch verstanden, wenn man sie dahin auslegte, dass die gesamte Haftprüfung - vom Fall des Absatzes 5 abgesehen - von der Initiative des Beschuldigten abhängig wäre. Nach wie vor ist es Pflicht des Richters und Staatsanwalts, dauernd die Haftfrage von Amts wegen zu prüfen. 4 Der Inhalt des Absatzes 1 wäre entbehrlich. Denn es versteht sich von selbst, dass der Beschuldigte jederzeit eine richterliche Prüfung der Haftfrage verlangen kann, solange das Gesetz nicht, wie dies für die mündliche Verhandlung in § 118 Abs. 3 und 4 geschehen ist, Beschränkungen verordnet. Erst durch das rechtliche Gehör (§ 33 Abs. 3), durch die Verbindung mit der mündlichen Verhandlung (§ 118) sowie durch die Vorschriften über die Verteidigerbestellung (Absatz 4) und über die Haftprüfung von Amts wegen (Absatz 5) gewinnt § 117 seinen eigentlichen Inhalt.
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Außerdem besteht die Möglichkeit, über Haftanträge und -beschwerden i zu versuchen, auf die Haftentscheidung Einfluss zu nehmen und Änderungen zu veranlassen. Eine Abgrenzung regelt Absatz 2 (Rn. 16). Dieses differenzierte Rechtsschutzsystem mag zwar der Bedeutung des Grundrechtseingriffs entsprechen, erhöht jedoch nicht, jedenfalls nicht erkennbar, die Effizienz des Rechtsschutzes, erscheint vielmehr wenig praktisch und für Unkundige wohl auch verwirrend. 6
3
1
S. auch Vor § 112, 2 4 a sowie § 4 7 Abs. 3 Haftprüfung nach Wiedereinsetzung (Vor § 112, 6 2 a ) .
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Vgl. B G H M D R 1 9 7 1 5 4 7 ; SYJPaeffgen 2 ; Schnarr M D R 1 9 9 0 8 9 ; Lüderssen FS Pfeiffer 2 4 2 ; Nr. 5 4 Abs. 1 RiStBV. Vgl. auch Nr. 12, 5 4 Abs. 3 RiStBV.
3 4
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Z u m möglichen Zweck der Haftprüfung aus Sicht des Verteidigers, im Unterschied zur Haftbeschwerde vgl. Deckers N J W 1 9 9 4
2261. 6
Krit. auch z.B. SYJPaeffgen 2 ; Roxin § 3 0 , 6 2 ; a.A. Matt JA 1 9 9 1 91; LRIMatt Erl. Vor § 304.
S. auch Chr. Schröder N S t Z 1 9 9 8 6 8 ; E G M R N J W 2 0 0 1 5 1 ; E u G R Z 1 9 8 8 5 2 3 ; Rn. 11.
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Π. Voraussetzungen (Absatz 1) 4
1. Haftbefehl. Nach dem Zweck der Vorschrift, die Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft zu prüfen, kommt das Verfahren hauptsächlich bei einem Haftbefehl nach § 114 zur Anwendung. Dabei ist es gleichgültig, ob der Haftbefehl vor Erhebung der öffentlichen Klage (§ 125 Abs. 1) oder danach (§ 125 Abs. 2) erlassen ist oder vollstreckt wird. Im weiteren Sinn zählt zur Untersuchungshaft auch die den Zwecken der Untersuchung dienende Ungehorsamshaft (§ 2 3 0 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1, je zweite Alternative).
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Dagegen ist die Sicherungshaft des $ 453c Abs. 1 nach § 453c Abs. 2 Satz 2 von der Haftprüfung ausdrücklich ausgenommen. 7 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein verurteilendes Erkenntnis - wenn auch mit noch ausgesetzter Strafe - vorliegt und wohl auch, dass die Sicherungshaft in aller Regel sehr rasch in Strafhaft übergeht. Aus diesen Gründen wird der gesetzgeberischen Entscheidung zuzustimmen sein. Die Haftprüfung findet ferner nicht statt bei der Vorführung (§ 134; § 2 3 0 Abs. 2; § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1, je erste Alternative), bei der sitzungspolizeilichen Haft (§ 177 GVG) und der Ordnungshaft (§ 178 GVG) sowie bei einem Haftbefehl zur Strafvollstreckung (§ 4 5 7 Abs. 1).
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Das Haftprüfungsverfahren ist während der gesamten Dauer des Verfahrens statthaft, solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist. Die Untersuchungshaft beginnt, sobald der Beschuldigte auf Grund eines Haftbefehls ergriffen worden ist 8 oder sobald der Richter gegen den vorläufig Festgenommenen (§ 127 Abs. 1 und 2) Haftbefehl erlassen hat (§ 128 Abs. 2). Wird der Beschuldigte im Ausland festgenommen, fängt die Untersuchungshaft an, wenn der Verhaftete einer deutschen Behörde übergeben wird (s. auch § 121, 9, 10 ff.). Die Untersuchungshaft endet, wenn der Haftbefehl aufgehoben wird (§ 120) oder wenn ein zu Freiheitsstrafe verurteilendes Erkenntnis rechtskräftig wird (Vor § 112, 57 ff.).
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2. Haftvollzug. Da die Vorschrift dem Verhafteten Schutz gewähren soll, ist sie nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur anwendbar, wenn sich der Beschuldigte tatsächlich in Untersuchungshaft befindet, und zwar auf Grund desjenigen Haftbefehls, zu dessen Überprüfung das Haftprüfungsverfahren dienen soll. Der Haftvollzug ist Antragsvoraussetzung. Demzufolge ist der Antrag unzulässig, wenn bei bestehendem Haftbefehl -
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der Vollzug eines Haftbefehls ausgesetzt ist (§ 116);
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der Haftbefehl gegen einen Jugendlichen nicht vollstreckt wird (§ 72 Abs. 1 JGG);
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der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält. Sicheres Geleit (§ 295) zur mündlichen Verhandlung bei der Haftprüfung (§ 118 Abs. 1 und 2) findet nicht statt;
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nur Überhaft notiert ist (Rn. 8).
Dass der Beschuldigte sich in anderer Sache in Haft befindet, sei es in Untersuchungshaft, 9 sei es in Strafhaft, 10 macht den Antrag nicht zulässig, doch wird der Antrag als zulässig angesehen, wenn das Ende der Strafhaft in naher Zukunft bevorsteht. 11 Der
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Krit. Faeffgen NStZ 1989 5 2 0 . KKIBoujong 2. Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde vgl. BVerfG StV 1992 2 3 5 mit Anm. Tondorf. OLG Bremen NJW 1951 45. OLG Hamburg MDR 1974 861; OLG Stutt-
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gart Justiz 1977 103; OLG Karlsruhe Justiz 1989 4 3 7 ; LG Saarbrücken NJW 1990 1679; SYJPaeffgen 3; YXJBoujong 2. OLG Hamburg MDR 1974 861; OLG Stuttgart Justiz 1977 103; h.M.; weitergehend Matt JA 1991 90.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 117
grundsätzliche Ausschluss der Haftprüfung bei Überhaft ist problematisch, wenn sich die Überhaftnotierung durch Einschränkungen auf den laufenden Haftvollzug auswirkt (Vor § 112, 54); in diesen Fällen kann nur die Haftbeschwerde helfen (Vor § 112, 5 6 ) . 1 2 Ein danach mangels Haftvollzugs unzulässiger Haftprüfungsantrag ist in eine Beschwerde umzudeuten. 1 3 Der Haftvollzug ist auch Voraussetzung der Entscheidung; wenn die Entscheidung ergeht, muss der Vollzug der Untersuchungshaft (Rn. 7) noch andauern. Deshalb wird ein zulässiger Antrag unzulässig, wenn nach Antragstellung, aber vor der Entscheidung des Gerichts einer der vorgenannten Hinderungsgründe eintritt oder wenn der Haftbefehl aufgehoben wird. Zur Umdeutung s. Rn. 8. Fällt der Hinderungsgrund später wieder weg, wird etwa eine durch Strafhaft unterbrochene Untersuchungshaft wieder vollzogen, so lebt der frühere Antrag nicht wieder auf.
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3. Antrag a) Antragsberechtigte. Der förmlichen Haftprüfung hat sich das Gericht nur auf Antrag zu unterziehen (Absatz 1). Über das Antragsrecht hat der Richter den Beschuldigten zu belehren, wenn er ihn nach der Vorführung vernimmt (§ 115 Abs. 4); die sonst Antragsberechtigten erhalten keine Belehrung. Antragsberechtigte sind der Verhaftete sowie (§ 118b) sein Verteidiger, jedoch nicht gegen den ausdrücklichen Willen des Beschuldigten (§ 2 9 7 ) , und sein gesetzlicher Vertreter (§ 118b, 2; 3). Wer den Antrag gestellt hat, kann ihn auch zurücknehmen, der Verteidiger freilich nur mit ausdrücklicher Ermächtigung des Beschuldigten (§ 118b, § 3 0 2 Abs. 2).
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Der Richter hat zwar die Haftfrage jederzeit zu prüfen; das förmliche Haftprüfungsverfahren kann er aber nicht von Amts wegen durchführen. 1 4 Diese Beschränkung ist darin begründet, dass bei der Haftprüfung von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden kann (§ 118 Abs. 1) und durch diese Verhandlung weitere Anträge auf mündliche Verhandlung befristet werden (§ 118 Abs. 3). Würde das Haftprüfungsverfahren gegen den Willen des Beschuldigten oder des für ihn handelnden gesetzlichen Vertreters betrieben, könnte es zu einem Zeitpunkt stattfinden, wo er seine Verteidigungsmittel nicht bereit hat; und er wäre, wenn sie ihm später zur Verfügung stehen, für die Dauer von drei Monaten an einem neuen Antrag auf mündliche Verhandlung gehindert, falls in einem von Amts wegen durchgeführten Verfahren nach mündlicher Verhandlung entschieden worden ist 1 5 (§ 118, 2).
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Diese Überlegungen lassen erkennen, dass das Antragsrecht dem Beschuldigten (und dem für ihn handelnden gesetzlichen Vertreter) persönlich zusteht. Demzufolge können die Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger den Antrag nicht stellen; sie sind nicht in der Lage, die Verteidigungsbereitschaft des Beschuldigten zu beurteilen und dürfen in sein Recht, sich vorzubereiten, nicht eingreifen. Von dem Grundsatz, dass allein der Beschuldigte bestimmt, wann das förmliche Haftprüfungsverfahren stattfindet, macht das Gesetz zwei Ausnahmen (Absatz 3 und Absatz 5). Sie liegen zwar in seinem Interesse,
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A.A. Matt 1991 90 (Haftprüfung zulässig); s. auch OLG Stuttgart Justiz 1977 103; KK/ Boujong § 126, 8; SK/Paeffgen § 126, 5; § 114, 42 ff. Hohmann NJW 1990 1649; h.M.; s. aber (krit., zum Teil a.A.) Matt JA 1991 90.
A.A. Chr. Schröder NStZ 1998 68; KMR/ Wankei 31. 15 S. dazu Chr. Schröder NStZ 1998 68.
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sind aber, zumal im Fall des Absatzes 3, nicht ohne Bedenken, weil das Recht des Beschuldigten auf mündliche Verhandlung (§ 118 Abs. 1) eingeschränkt wird (§ 118 Abs. 3), wenn bei der von Amts wegen angestellten Haftprüfung von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden worden ist. Die beiden Ausnahmen sind daher eng auszulegen. 13
b) Form. Für den Rechtsbehelf (§ 115 Abs. 4) des Antrags sind wesentliche Vorschriften für Rechtsmittel für anwendbar erklärt (§ 118b), doch schweigt das Gesetz über die Form und über den Adressaten. Aus allgemeinen Grundsätzen ist dafür das Folgende herzuleiten. Der Antrag ist formfrei und an keine Frist gebunden. Er ist bei dem zuständigen Gericht (§ 126) zu stellen. Anzubringen ist er schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des angerufenen Gerichts oder des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Untersuchungshaftanstalt liegt (§ 118b, § 299 Abs. 1). Wird der Beschuldigte am Sitz eines zuständigen höheren Gerichts (Strafkammer, Strafsenat) verwahrt, dann stehen ihm die Geschäftsstellen dieses Gerichts und des Amtsgerichts zu seiner Wahl. 16 Der Antrag kann auch mündlich gestellt werden, 17 etwa anlässlich der Vernehmung vor dem Richter des nächsten Amtsgerichts (§ 115a Abs. 2 Satz l ) . 1 8 Wird der Antrag in der Hauptverhandlung gestellt, so entscheidet der Vorsitzende über den Zeitpunkt der Entgegennahme im Rahmen seiner Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO). 1 9
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Geht der Antrag bei einer unzuständigen Stelle ein, hat diese ihn in der Regel unverzüglich dem zuständigen Gericht weiterzuleiten, das ihn als bei sich eingegangen zu behandeln hat. 2 0 Lässt der Beschuldigte indessen erkennen, dass er ausdrücklich die Entscheidung des von ihm angerufenen Gerichts wünscht - etwa eines unzuständigen Oberlandesgerichts oder des Nachbargerichts, weil er das zuständige Gericht für befangen ansieht - , dann hat dieses den Antrag zu behandeln und als unzulässig zu verwerfen.
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Der Antrag muss das Begehren zum Ausdruck bringen, die Haftfrage gerichtlich zu prüfen. Einen ausdrücklichen Antrag, den Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug auszusetzen, braucht er nicht zu enthalten, doch ist andererseits ein solcher bestimmter Antrag stets ein Antrag auf Haftprüfung. Ein Irrtum in der Bezeichnung des Antrags ist unschädlich (§ 118b; § 300). So ist ein Antrag auf mündliche Verhandlung einer auf Haftprüfung (§ 117 Abs. 1), verbunden mit dem weiteren, nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden (§ 118 Abs. 1). Der Antrag muss sich grundsätzlich auf die jeweils letzte Haftentscheidung beziehen. 21
ΙΠ. Ausschluss der Beschwerde (Absatz 2 ) 16
1. Inhalt. Die Vorschrift schränkt § 3 0 4 Abs. 1 dadurch ein, dass neben dem Antrag auf mündliche Verhandlung, nicht nach ihm (Satz 2), die Beschwerde in der gleichen Sache ausgeschlossen wird. Voraussetzung ist allerdings, dass auch mit ihr die Auf-
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OLG Bremen Rpfleger 1956 2 9 0 . Lobe/Alsberg § 114d, I 3 b. KKJBoujong 4. BGH NStZ 2 0 0 6 463. A.A. Feisenberger DRiZ 1927 5 (Verwerfung als unzulässig). Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1990 75 mit
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Anm. Paeffgen NStZ 1990 432; MDR 1992 399; StV 1993 5 9 2 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 22; MDR 1995 950; OLG Hamburg MDR 1984 72; StV 1994 323 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 2 3 ; MDR 1995 950; OLG Hamburg wistra 2 0 0 2 199; KG wistra 1994 38.
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hebung des Haftbefehls oder dessen Außervollzugsetzung erstrebt wird, auf ein anderes Ziel gerichtete Beschwerden bleiben mithin zulässig. 2 2 D i e Haftprüfung von Amts wegen (Absatz 5 ) hat keinen Einfluss auf das Beschwerderecht; dieses wird nur durch einen Antrag auf Haftprüfung, nicht durch diese selbst eingeschränkt. Es ist selbstverständlich, dass eine laufende Beschwerde einen Antrag auf mündliche Verhandlung nicht h i n d e r t , 2 3 vielmehr m a c h t , wie unter R n . 18 auszuführen sein wird, der Antrag die Beschwerde unzulässig. Unter Beschwerde ist sowohl die erste (§ 3 0 4 Abs. 1) wie auch die weitere (§ 3 1 0 Abs. 1) zu verstehen. 2 4 D e r Beschwerde über den Haftbefehl stehen Beschwerden gegen Entscheidungen gleich, mit denen die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet (S 2 0 7 Abs. 4 , § 2 6 8 b Satz 1) oder der Haftbefehl aufrechterhalten (§ 115 Abs. 4 , § 118 Abs. 3 ) wird. Denn auch sie sind ihrem Inhalt nach Beschwerden gegen den H a f t befehl. Für die bloße schriftliche Haftprüfung ist die Vorschrift von untergeordneter Bedeutung. Denn es ist schwer einzusehen, warum ein Beschuldigter, den eine Entscheidung des Haftrichters nicht befriedigt, statt gegen sie Beschwerde einzulegen, n o c h m a l s dessen Entscheidung nachsuchen sollte. Hier wird sie nur Bedeutung gewinnen, wenn der Beschuldigte Ermittlungen nach Absatz 3 anregen will, oder wenn inzwischen die Dreimonatsfrist des Absatzes 4 abgelaufen ist, und der Beschuldigte sich zufolge der M i t w i r kung des Verteidigers eine Änderung der Ansicht des Haftrichters verspricht. Ihre eigentliche Bedeutung gewinnt die Wahl zwischen Haftprüfung und Beschwerde, wenn der Beschuldigte beantragt, nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden (§ 118 Abs. 1). D a n n hat der Beschuldigte, dessen Initiative im Interesse der Verfahrensbeschleunigung beschränkt wird, die sinnvolle Wahl, o b er die größere Freiheit der Äußerung und die M ö g l i c h k e i t besserer Aufklärung in mündlicher Verhandlung vor dem zuständigen Gericht s u c h e n 2 5 oder lieber die Entscheidung eines höheren Gerichts begehren soll, bei dem er sich, weil er dort die mündliche Verhandlung nicht erzwingen kann (§ 118 Abs. 2 ) , ggf. mit schriftlichen Ausführungen begnügen muss.
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2 . Unzulässigkeit. Wenn die Beschwerde „ n e b e n " dem Antrag unzulässig ist, bedeutet das zunächst, dass keine Beschwerde angebracht werden k a n n , sobald ein Antrag auf Haftprüfung eingegangen ist, und so lange, bis das Gericht über ihn entschieden hat. D e m Z w e c k der Vorschrift, das Nebeneinander von Haftprüfung und Beschwerdeverfahren auszuschließen, ist aber damit, dass neue Beschwerden nach Eingang des Antrags ausgeschlossen werden, n o c h nicht Genüge getan. Ihrem Sinn wird nur die Auslegung gerecht, dass nicht nur eine nach dem Antrag angebrachte Beschwerde unzulässig ist, sondern auch eine bereits laufende Beschwerde, sei es des Beschuldigten, sei es des gesetzlichen Vertreters (§ 2 9 8 ) , unzulässig wird, sobald der Beschuldigte die Haftprüfung beant r a g t . 2 6 H a t er sich entschlossen, sein G l ü c k beim zuständigen Gericht zu suchen, dann muss er a b w a r t e n , wie dieses entscheidet, ehe er, was ihm Satz 2 ausdrücklich vorbehält, das Beschwerdegericht mit der Sache dadurch befasst, dass er nunmehr die im Haftprüfungsverfahren ergangene Entscheidung angreift. D a s alte Beschwerdeverfahren wird völlig hinfällig, so dass auch nicht nach Abschluss des Haftprüfungsverfahrens weitere
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KKIBoujong 6; allg. M. RG JW 1931 3560. OLG Düsseldorf MDR 1969 779; OLG Hamburg MDR 1984 72. S. auch Deckers NStZ 1994 2261.
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OLG Karlsruhe StV 1994 324; OLG Stuttgart NStZ 1994 401; vgl. auch OLG Stuttgart MDR 1990 75 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 432.
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Beschwerde gegen eine vor diesem Verfahren ergangene Beschwerdeentscheidung zulässig ist. 27 19
Die Ergebnisse gelten auch, wenn der gesetzliche Vertreter (§ 118b, § 298) - der Verteidiger (§ 297) kann nicht gegen den Willen des Beschuldigten handeln - die Haftprüfung beantragt. Zwar kann er auf diese Weise dem Beschuldigten die Entscheidung auf eine weitere Beschwerde abschneiden, doch erkennt das Gesetz den übergeordneten Willen des gesetzlichen Vertreters an (§ 118b, 4).
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Da die Unzulässigkeit, die durch den Antrag eingetreten ist, nicht wieder beseitigt werden kann, wird eine Beschwerde nicht wieder zulässig, wenn der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter den Antrag wieder zurücknimmt. 28 Das ist nicht unbillig; denn wer den Antrag zurücknimmt, kann damit mit wenigen Worten eine neue Beschwerde verbinden, freilich nur eine erste. Zulässig bleibt die Haftbeschwerde jedoch, wenn der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter zugleich oder nachträglich nur einen vorsorglichen Haftprüfungsantrag für den Fall stellen, dass die Haftbeschwerde erfolglos bleibt, 29 oder wenn der Haftprüfungsantrag, was allerdings kaum vorkommen dürfte, unzulässig ist.
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Liegt, wenn ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung eingeht, beim zuständigen Gericht noch eine Beschwerde vor, dann weist dieses den Beschuldigten beim rechtlichen Gehör darauf hin, dass seine Beschwerde unzulässig geworden ist. Nimmt er sie alsdann nicht zurück, sind die Akten dem Beschwerdegericht vorzulegen; dieses hat die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. 30 Das hat es auch zu tun, wenn sich die Akten auf eine Beschwerde bei ihm befinden und der Beschuldigte der Entscheidung mit einem Antrag auf Haftprüfung zuvorkommt. Hat das Beschwerdegericht nach dem Antrag auf Haftprüfung, aber vor der Entscheidung des zuständigen Gerichts in Unkenntnis eines Haftprüfungsantrags noch sachlich über die unzulässig gewordene Beschwerde entschieden, ist seine Entscheidung wirksam, aber auf weitere Beschwerde aufzuheben. 31 Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl aufgehoben, entfällt die Haftprüfung; nicht aber, wenn es ihn ausgesetzt (§ 116) oder bei einem Jugendlichen von der Vollstreckung des Haftbefehls abgesehen hat (§ 72 Abs. 1 JGG), und - was selbstverständlich ist - wenn es eine Beschwerde des Beschuldigten als unbegründet zurückgewiesen hat - in diesen Fällen muss über den noch nicht erledigten, vorrangigen Haftprüfungsantrag entschieden werden, weil eine dem Beschuldigten günstigere Entscheidung als die des Beschwerdegerichts noch möglich ist. Ergehen, was vermeidbar ist, in Unkenntnis der Verfahren
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OLG Düsseldorf MDR 1969 779; OLG Hamburg MDR 1984 72; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 104; OLG Stuttgart NStZ 1994 401; h.M.; s. auch Paeffgen NStZ 1989 4 2 0 ; NStZ 1990 432. OLG Düsseldorf StV 1991 5 2 6 ; OLG Karlsruhe StV 1994 324; OLG Stuttgart NStZ 1994 401; bei Paeffgen NStZ 2 0 0 7 85; OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1988 109; s. auch Wankel 115. OLG Oldenburg MDR 1986 163; MeyerGoßner 14; SYJPaeffgen 7; Matt JA 1991 86; a.A. OLG Zweibrücken JurBüro 1982 1857; KYJBoujong 8; AK/Krause 8. S. auch OLG Saarbrücken wistra 1996 80 (jedenfalls Un-
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zulässigkeit der weiteren Beschwerde) mit Anm. Mertes. KYJBoujong 9. OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1988 109; KYJBoujong 9; s. auch OLG Düsseldorf JMB1NW 1999 278 (keine mat. Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung); a.A. OLG Stuttgart NStZ 1994 401 (kein Rechtsschutzbedürfnis). OLG Düsseldorf MDR 1990 75 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1990 432 nimmt - verfehlt - prozessuale Überholung des Haftprüfungsantrages an, wenn trotzdem über die Beschwerde entschieden wurde.
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gleichzeitig oder kurz nacheinander Entscheidungen sowohl des zuständigen als auch des Beschwerdegerichts, so geht - solange beide Entscheidungen Bestand haben - die dem Beschuldigten günstigere vor, auch wenn sie vor der ihm nachteiligeren ergangen ist. Z u r Umdeutung einer Haftbeschwerde in einen Haftprüfungsantrag s. § 114, 4 1 , 4 5 ff.
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3. Gehör a) Staatsanwalt und Beschuldigter. Die Entscheidung wird erlassen, nachdem sich die Staatsanwaltschaft mündlich oder - was die Regel ist - schriftlich erklärt hat (§ 3 3 Abs. 2 ) . D e r Beschuldigte ist zu h ö r e n , bevor zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet werden, zu denen er nicht schon gehört ist (§ 3 3 Abs. 3). Dieses frühere G e h ö r braucht kein richterliches zu sein; es genügt, wenn die Staatsanwaltschaft oder die Polizei dem Beschuldigten die Aussagen von Zeugen vorgehalten hat. Auch das G e h ö r nach § 3 3 Abs. 3 muss der R i c h t e r nicht stets selbst und mündlich vornehmen. E r k a n n das schriftlich tun, etwa dadurch, dass er dem Beschuldigten Abschriften der Protokolle über die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen übersendet und ihm G e legenheit gibt, sich zu äußern. Auch kann er sich der Geschäftsstelle bedienen, um dem Beschuldigten Tatsachen und Beweisergebnisse bekanntzugeben und seine Erklärungen entgegenzunehmen. E r wird jedoch stets zu prüfen h a b e n , o b der Z w e c k des Gehörs, dem Beschuldigten die Verteidigung zu erleichtern, nicht richterliches G e h ö r erfordert. Ist das der Fall, wird oft Entscheidung nach mündlicher Verhandlung (§ 118 Abs. 1) zweckmäßig sein. Unzulässig ist allerdings ein an das Amtsgericht des H a f t o r t s gerichtetes Ersuchen, eine v o m Beschuldigten im Haftprüfungsverfahren beantragte mündliche Verhandlung im Wege der Rechtshilfe (§§ 1 5 6 , 1 5 8 G V G ) durchzuführen. 3 2 Dieses Ziel kann der an sich zuständige R i c h t e r nur durch eine Übertragung seiner Zuständigkeit auf den Richter des Amtsgerichts des Vollzugorts erreichen (§ 1 2 6 Abs. 1 Satz 3 ) .
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b) Verteidiger. Ein gesondertes G e h ö r des Verteidigers wird nicht gefordert. Es ist Sache des Beschuldigten, den Verteidiger zu unterrichten. D e r Beschuldigte kann aber verlangen, dass der Verteidiger, dessen Beistand er sich in jeder Lage des Verfahrens bedienen k a n n (§ 1 3 7 Abs. 1), zu dem G e h ö r nach § 3 3 Abs. 3 dann zugezogen wird, wenn es mündlich stattfindet. D a m i t keine Vertagung notwendig wird, empfiehlt es sich, den Verteidiger zu einem Gehörstermin zu laden. D a s wird in der Regel zu einer mündlichen Verhandlung (§ 118 Abs. 1) führen. S o w o h l eine mündliche Verhandlung als auch mündliches G e h ö r werden oft dadurch erspart werden k ö n n e n , dass der Richter dem Verteidiger Akteneinsicht gewährt und eine Stellungnahme anheim gibt. D a m i t ist den Erfordernissen des § 3 3 Abs. 3 meist am sachdienlichsten Genüge getan.
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c) Kein Absehen vom G e h ö r . Es ist nicht statthaft, von dem G e h ö r des Beschuldigten auf G r u n d des § 3 3 Abs. 4 a b z u s e h e n . 3 3 Einmal besteht diese Befugnis nur bei Anordnung der Untersuchungshaft, der Beschlagnahme oder anderer M a ß n a h m e n (wie etwa
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der Durchsuchung), nicht aber, wenn eine bereits erlassene Anordnung später überprüft und bestätigt wird. Z u m anderen k a n n die A n h ö r u n g nur unterbleiben, wenn sie den Z w e c k der Anordnung gefährden würde. D e r Z w e c k der Anordnung besteht in der Ver-
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OLG München MDR 1958 81; vgl. auch KG JR 1976 253. SKJPaeffgen 9; KKJBoujong 10. S. auch
SchwBG EuGRZ 1996 469 (Gehör auch bzgl. der Stellungnahme der StA).
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hinderung der Flucht, der Verdunkelung, der Wiederholung bestimmter schwerer Straftaten und in der Sicherung der Aburteilung von Verbrechen wider das Leben. Dieser Zweck wird durch die Untersuchungshaft gesichert; solange diese besteht, kann er durch das rechtliche Gehör nicht mehr gefährdet werden. Ausnahmsweise könnte man eine solche Gefährdung bei Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr annehmen, wenn man dem Verteidiger zutraute, dass er für den Verhafteten Verdunkelungshandlungen (§112 Abs. 2 Nr. 3) vornehmen werde. Dem wirkt § 148 Abs. 2 entgegen. Liegt der hinreichende Verdacht einer Begünstigung vor, kann der Verteidiger von der Verteidigung ausgeschlossen werden (§ 138a Abs. 1). 26
4. Entscheidung. Findet keine mündliche Verhandlung nach § 118 Abs. 1 statt, entscheidet das Gericht nach Gehör im schriftlichen Verfahren. Dabei prüft es den dringenden Tatverdacht und die Haftgründe (§ 112 Abs. 1 Satz 1) sowie die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft zu der Sanktion, die zu erwarten ist (§ 112 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz). Bei dieser Prüfung ist es nicht auf die im Haftbefehl angegebenen Taten und Haftgründe beschränkt, hat vielmehr den gesamten Inhalt der Akten sowie das gesamte Vorbringen des Beschuldigten 3 4 zu berücksichtigen. Ist eine im Haftbefehl angenommene Verdunkelungsgefahr weggefallen, aber inzwischen Fluchtgefahr begründet worden, kann es die Untersuchungshaft mit dem neuen Haftgrund aufrechterhalten. Auf Grund der Prüfung hat das Gericht zu entscheiden, ob der Haftbefehl aufrechtzuerhalten, aufzuheben (§ 120), der Vollzug des Haftbefehls auszusetzen (§ 116) oder bei einem Jugendlichen die Vollstreckung auszusetzen ist (§ 72 Abs. 1 JGG). Auch kann der Haftbefehl wegen neuer Taten erweitert oder ergänzt werden (§ 114, 47). In diesem Falle hat sich sofort das Verfahren nach §§ 114a, 115 Abs. 2 und 3 anzuschließen.
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Müsste die Haft aufrechterhalten werden, ergibt sich aber ein Anhaltspunkt, dass weiteres entlastendes Material beigebracht werden könnte, kann das erkennende Gericht vor seiner Entscheidung die erforderlichen Beweise erheben oder durch einen beauftragten oder ersuchten Richter aufnehmen lassen.35 Auch kann die Staatsanwaltschaft angegangen werden, wenn Maßnahmen durchzuführen sind, für die es den Gerichten an einer besonderen gesetzlichen Grundlage fehlt, während sie für die Staatsanwaltschaft gegeben ist.36 Das ist bei polizeilichen Ermittlungen der Fall. Bei diesen ist das Gericht auf die allgemeine Rechtshilfe angewiesen, die Staatsanwaltschaft hat dagegen ein Anordnungs(§ 152 Abs. 1 GVG) und Auftragsrecht (§ 161 Abs. 1 Satz 2). Demzufolge kann das Gericht die Staatsanwaltschaft ersuchen, polizeiliche Ermittlungen zu veranlassen. Der Richter darf in dieser Weise auch ohne Antrag nach § 166 tätig werden (s. auch § 118a, 25). 37 Unzulässig ist es, eine nach der Aktenlage gebotene Aufhebung des Haftbefehls deshalb zu unterlassen, weil weitere Ermittlungen vielleicht noch Belastungsmaterial erbringen könnten 38 (s. auch Vor § 112, 34; § 115, 20). Denn der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz); die Aufhebung darf daher nicht unterbleiben, weil die Voraussetzungen vielleicht wieder entstehen könnten.
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S. dazu auch EGMR Entsch. vom 26.7.2001
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OLG Celle GA 59 (1912) 366.
Nr. 33977 Rn. 94; EuGRZ 2001 394.
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UUErb § 166, 8; h.M.
S. auch HYJ Lemke 9 (wenn ohne Zeitverlust möglich).
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Vgl. Lüderssen FS Pfeiffer 239, 249 ff.
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Die Entscheidung ergeht als Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist (§ 34). Die Gründe müssen dem Beschuldigten seine weitere Verteidigung möglich machen und dem Beschwerdegericht gestatten, die ergangene Entscheidung nachzuprüfen. 39 Sie haben sich daher mit neuen Tatsachen und Beweismitteln zu befassen, die seit Erlass des Haftbefehls oder seit der letzten Entscheidung beigebracht worden sind. Im Übrigen gelten die Erl. in § 114, 15 ff. und § 122, 31 ff. - entsprechend der jeweiligen Sachlage des Einzelfalles sinngemäß; ein Haftfortdauerbeschluss muss sich also ggf. mit Verfahrensverzögerungen und der Einhaltung des Beschleunigungsprinzips befassen. Ist der Sachstand, namentlich bei späteren Entscheidungen, völlig unverändert, kann es genügen, auf die Gründe des Haftbefehls oder einer früheren Entscheidung zu verweisen. Im Fall der Freilassung sind die Gründe hierfür anzugeben. Hatte die Staatsanwaltschaft die Freilassung beantragt, wird die Begründung in der Regel nur kurz sein; wegen der Begründung im vorbereitenden Verfahren s. § 120, 43. Die Entscheidung wird dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft bekanntgemacht. Formlose Mitteilung genügt, weil durch die Bekanntmachung der Entscheidung keine Frist in Lauf gesetzt wird (§ 35 Abs. 2 Satz 2).
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IV. Neue Prüfung (Absatz 3) Nach Absatz 3 kann der Richter „einzelne Ermittlungen anordnen, die für die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung dieser Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen". 4 0 Die Vorschrift, über deren Sinn den Materialien nichts zu entnehmen ist, gibt zu mehrfachen Zweifeln Anlass. Da das Gesetz von einer neuen Prüfung spricht, findet das Verfahren nicht statt, um die in Gang gesetzte Prüfung vorzubereiten, sondern nach dieser Prüfung, um sie zu ergänzen. Demzufolge muss jene Prüfung mit der Anordnung abgeschlossen worden sein, dass die Untersuchungshaft und ihr Vollzug fortzudauern haben. 41 Dem Sinn des Gesetzes ist zu entnehmen, dass das Verfahren nicht angewendet wird, wenn zu erwarten ist, dass die Untersuchungshaft auch nach Abschluss der Ermittlungen aufrechterhalten werde, sondern nur, wenn damit zu rechnen ist, dass der Haftbefehl aufgehoben oder dessen Vollzug nach § 116 ausgesetzt werden könnte. 4 2 Die Vorschrift gilt also nicht, wenn der Vollzug ausgesetzt ist. Ziel der Ermittlungen kann aber sein, die Frage der Aussetzung, ihrer Voraussetzungen und Modalitäten zu klären. Die Vorschrift gilt auch für das Verfahren nach § 122 und im Beschwerdeverfahren;4·3 das Gericht kann anordnen, ihm die Akten erneut zur eigenen Nachprüfung vorzulegen oder die Beweisanordnung für eine künftige Prüfung durch den Haftrichter treffen. 44
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Unklar ist, an welchen Adressaten der Richter seine Anordnung richten kann. Nachdem die Anklage erhoben worden ist, ist das Verfahren ein gerichtliches. Das Gericht kann Beweise durch einen beauftragten oder ersuchten Richter erheben lassen, und, wenn polizeiliche Ermittlungen veranlasst sind, die Staatsanwaltschaft ersuchen, solche vornehmen zu lassen (Rn. 27). Meist sind die Entscheidungen aber im vorbereitenden Verfahren vom Richter beim Amtsgericht zu treffen, der dort nur sehr beschränkte Befugnisse hat (§ 166) und von Amts wegen nur tätig werden kann, wenn Gefahr im
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OLG Celle StV 1989 253; s. auch OLG Jena NStZ-RR 2 0 0 7 Heft 8 S. VI (Haftfortdauerentscheidung bei vom Haftbefehl abweichender Verurteilung). S. auch SchwBG EuGRZ 1998 511.
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Kleinknecht J Z 1965 120. Kleinknecht MDR 1965 786. OLG Hamburg wistra 2 0 0 2 275. OLG Hamburg wistra 2 0 0 2 275; MeyerGoßner 17.
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Verzug und ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist (§ 165). Der Fall wird aber, weil ein Staatsanwalt fast stets zu erreichen ist, in der Regel nicht vorliegen. Der Staatsanwaltschaft Anordnungen zu erteilen, ist der Richter nicht befugt. 45 Im Hinblick auf § 150 GVG und die Systematik der Strafprozessordnung dürfte wohl nicht anzunehmen sein, 46 dass dem Richter durch Absatz 3 diese Befugnis verliehen worden sein sollte. Dies wäre ein grundlegender Bruch mit dem System des Strafprozesses und der Gerichtsverfassung. Absatz 3, der in den Worten „Ermittlungen anordnen" mit § 173 Abs. 3 (s. auch § 202 Satz 1) übereinstimmt, dürfte daher in diesem Punkt im Wesentlichen (Ausnahme: § 166 Abs. 2) erst nach der Anklage bei einem Kollegialgericht Bedeutung erlangen. Im Übrigen ist von Bedeutung, dass der Richter von Amts wegen eine neue Prüfung vornehmen kann. Dabei kann er der Staatsanwaltschaft die Punkte bezeichnen, deren Aufklärung er für eine Entlassung des Beschuldigten als bedeutungsvoll erachtet. Angesichts der Verantwortung, die der Haftrichter für die Haftfrage trägt, wird die Staatsanwaltschaft seine Vorstellung sorgsam beachten; Anordnungen des Haftrichters an sie werden durch Absatz 3 nicht gerechtfertigt. Staatsanwaltschaft und Polizei sind aber befugt, richterlich angeordnete Ermittlungen durchzuführen. Eine Befristung des Haftbefehls bis zum Abschluss der Ermittlungen ist nicht zulässig; 47 die StPO erlaubt eine solche Befristung nicht. Es genügt auch, wenn der Richter intern eine Wiedervorlage der Akten verfügt und je nach Ausgang der weiteren Ermittlungen in eine erneute Haftprüfung eintritt. 48
V. Beschwerde 31
Gegen die Entscheidung im Haftprüfungsverfahren ist, soweit sie nicht von einem Strafsenat als Rechtsmittelgericht erlassen ist (§ 304 Abs. 4), Beschwerde zulässig (§ 304 Abs. 1), auch wenn sie die eines erkennenden Gerichts ist (§ 305 Satz 2). Gegen Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts und des erstinstanzlich entscheidenden Oberlandesgerichts (§ 120 Abs. 3 und 4 GVG) ist die weitere Beschwerde gegeben (§ 310 Abs. 1). S. auch § 114, 34 ff.
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Der Beschuldigte kann Beschwerde einlegen, wenn der Haftbefehl entgegen seinem Antrag aufrechterhalten wird. Hatte er jedoch nur beantragt, den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen (§ 116), dann hat er, wenn das Gericht dem Antrag nachgekommen ist, mangels Beschwer kein Beschwerderecht. Es steht ihm aber frei, Beschwerde gegen den bestehen gebliebenen Haftbefehl anzubringen. Wenn der Beschuldigte beschwert ist, können auch sein Verteidiger, jedoch nicht gegen den ausdrücklichen Willen des Beschuldigten (§ 297), und sein gesetzlicher Vertreter (§ 298 Abs. 1) Beschwerde einlegen. Die Beschwerde steht auch der Staatsanwaltschaft zu. Sie hat zugunsten oder zuungunsten des Beschuldigten auch die weitere Beschwerde (§ 114, 37).
4S
SYJPaeffgen 11 (nur Anregung); a.A. die h.M.; s. KKJBoujong 12; AK/Krause 11; Meyer-Goßner 15; Eh. Schmidt Nachtr. I 7; Schlothauer/Weider 746; Kleinknecht/ Janischowsky 282; Kleinknecht MDR 1965 786; nach h.M. Beschwerderecht der StA gegen die Anordnung; a.A. insoweit AK/ Krause 11.
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Kleinknecht MDR 1965 786. KK/Boujong 13; Meyer-Großner 16; AK/ Krause 11. Meyer-Großner 15, 16 (jedenfalls sind die Akten dem Richter nach Abschluss der Ermittlungen vorzulegen).
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme Wegen des Verfahrens gilt das zu § 114, 38 ff. Gesagte entsprechend, namentlich auch wegen der Anhörung, falls das zuständige Gericht den Beschuldigten freigelassen und die Staatsanwaltschaft dagegen Beschwerde eingelegt hat. Wegen der Zuständigkeit s. § 114, 4 2 ff., wegen der bindenden Wirkung s. § 114, 41.
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VI. Verteidiger (Absatz 4) 1. Allgemeines. Der frühzeitigen Einschaltung eines Verteidigers, namentlich für den inhaftierten Beschuldigten, k o m m t nicht nur im Hinblick auf Art. 5 und 6 EMRK, sondern auch aus strafprozessualen Gründen hohe Bedeutung zu. In der Praxis ist insoweit häufig eine erhebliche Skepsis und Zurückhaltung zu beobachten, die sogar dazu führen kann, dass ein Beschuldigter aus der Untersuchungshaft entlassen wird, um eine Verteidigerbestellung über § 140 Abs. 1 Nr. 5 zu vermeiden. Es wird jedoch oft verkannt, dass eine frühzeitige Einschaltung eines Verteidigers, wenn der Beschuldigte ihm vertraut, erst das Verfahren in die richtige Richtung lenken und erheblich zu Vereinfachungen und Abkürzungen beitragen kann. 4 9 Die SS 140 Abs. 1, 2, 141 Abs. 1 bis 3, 117 Abs. 4 bestimmen nach dieser Betrachtungsweise nicht nur, wann ein Verteidiger bestellt werden muss, sondern geben der Praxis gleichzeitig einen gewissen, wenn auch nicht allzu großen Spielraum 5 0 zur Verteidigerbestellung, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten, zumindest zweckmäßig erscheint.
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2. § 140 Abs. 1 Nr. 5. H a t sich der Beschuldigte mindestens drei M o n a t e auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden, ist die Verteidigung notwendig, wenn der Beschuldigte nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird (§ 140 Abs. 1 Nr. 5). Weil die Verteidigung also nicht mehr notwendig ist, wenn der Beschuldigte zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird, wird der Verteidiger, falls nicht der Fall des nächsten Absatzes vorliegt, häufig erst bestellt, sobald der Beschuldigte aufgefordert worden ist (richtiger: „aufgefordert wird"), sich über die Anklageschrift zu erklären (§ 141 Abs. 1). Der Verteidiger kann auch schon im vorbereitenden Verfahren beigeordnet werden (§ 141 Abs. 3 Satz 1). Geschieht das, hat Absatz 4 keine selbständige Bedeutung. 5 1 Der Bestellung im vorbereitenden Verfahren k o m m t besondere Bedeutung zu. Denn die Staatsanwaltschaft soll alsbald die Bestellung beantragen, wenn die Verteidigung im gerichtlichen Verfahren notwendig sein wird (§ 141 Abs. 3 Satz 2). Der Richter sollte der Bestellung nach § 141 Abs. 3 wegen der Bedeutung der Verteidigung im Ermittlungsverfahren den Vorzug 5 2 geben.
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3. § 117 Abs. 4. Wegen des Zeitpunkts der Bestellung eines Verteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 (Rn. 35) wird es vor Mitteilung der Anklageschrift auch weiterhin Beschul-
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Zur Problematik und zu Reformforderungen vgl. u.a. 65. DJT NJW 2004 3245 IV 2; Schock StV 1997 323; Schaefer/Rühl StV 1986 456; Gebauer StV 1994 622; Brüssow FS Koch 67; Schlothauer/Weider 79 ff. sowie die Nachweise Vor § 112, 70. Vgl. auch die Erl. zu § 140.
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Vgl. die Erl. zu §§ 140,141. KK/Boujong 17; h.M. Meyer-Goßner 22 (Vorrang); BGHSt 46 93; 47 176.
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§ 117
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digte geben, die in der Sache, in der sie einsitzen, drei Monate Untersuchungshaft erlitten haben, aber noch ohne Verteidiger sind. Solchen Beschuldigten ist nach Absatz 4 ein Verteidiger zu bestellen. Die Vorschrift ist zwar in die Bestimmung über die Haftprüfung eingebaut (weil Absatz 5 auf die Verteidigung Bezug nimmt), gehört aber nicht eigentlich in § 117; sie ist eine eigenständige Vorschrift wie §§ 364a, 3 6 4 b . 38
Die Bestimmung will demjenigen Beschuldigten den Beistand eines Verteidigers sichern, der durch lange Untersuchungshaft in seiner Verteidigung beeinträchtigt sein könnte. Daher ist es gleichgültig, ob der Beschuldigte ununterbrochen in Untersuchungshaft eingesessen hat, oder ob diese unterbrochen war durch Verbüßung von Strafhaft oder Untersuchungshaft in anderer Sache, durch Aussetzung des Vollzugs (§ 116), durch Absehen von der Vollstreckung des Haftbefehls bei einem Jugendlichen (§ 72 Abs. 1 J G G ) oder durch Entlassung mit nachfolgendem neuen Haftbefehl in der gleichen Sache, 5 3 selbst wegen einer anderen, aber zum gleichen Verfahren gehörenden Straftat. In solchen Fällen sind die einzelnen Zeiten der Untersuchungshaft in der Sache zusammenzuzählen. Die Unterbrechungen selbst bleiben, weil kein Vollzug der Untersuchungshaft, außer Ansatz. 5 4
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Der Verteidiger wird nur auf Antrag bestellt, doch ist der Beschuldigte über sein Antragsrecht zu belehren (Satz 2). Den Antrag kann auch der Staatsanwalt oder gesetzliche Vertreter des Beschuldigten stellen (Satz 1, dritter Halbsatz). Die Staatsanwaltschaft sollte das stets tun, wenn zu erwarten ist, dass die Verteidigung im gerichtlichen Verfahren deshalb notwendig sein wird, weil der Beschuldigte nicht zwei Wochen vor der Hauptverhandlung entlassen werden kann (§ 140 Abs. 1 Nr. 5). Immerhin führt das Antragserfordernis dahin, dass es Beschuldigte gibt, die nach drei Monaten Untersuchungshaft weder nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 (Rn. 35), noch nach § 117 Abs. 4 Satz 1 einen Verteidiger haben. Wegen der Folge s. Rn. 4 3 .
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4 . Verfahren. Der Verteidiger wird vom zuständigen Gericht bestellt; wenn dieses ein Kollegialgericht ist, vom Vorsitzenden (§ 117 Abs. 4 Satz 3, § 142 Abs. 1). Die Bestellung ist eine richterliche Entscheidung, die sich auf die Untersuchungshaft bezieht. Daher richtet sich die Zuständigkeit nach § 126. § 141 Abs. 4, der eine von § 126 abweichende Regelung vorsieht, ist in § 117 Abs. 4 Satz 3 ausdrücklich nicht angezogen. Nach § 126 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 ist zuständig im vorbereitenden Verfahren der Richter bei dem Amtsgericht, sonst das mit der Sache befasste Gericht (§ 126 Abs. 2). Bei diesem ist zuständig der Vorsitzende nach § 142 Abs. 1 zufolge der ausdrücklichen Verweisung in § 117 Abs. 4 Satz 3. Die Entscheidung des Ermittlungsrichters des B G H und des O L G soll nach h . M . unanfechtbar sein (§ 3 0 4 Abs. 5 ) . 5 5
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Der Verteidiger wird für die Dauer der Untersuchungshaft bestellt bis zur Zustellung einer Anklageschrift. Denn dann ist nach § 141 Abs. 1 i.V.m. § 140 Abs. 1 Nr. 5 vom Vorsitzenden des mit Anklage angegangenen Gerichts ein neuer Verteidiger zu bestellen. Doch bleibt die Bestellung, wenn die Untersuchungshaft andauert, auch für die Hauptverhandlung wirksam, falls kein anderer Verteidiger bestellt wird (§ 140 Abs. 3).
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KK/Boujong 15; h.M.; a.A. Lobe/Alsberg § 115d, 1 d 4 bb. Vgl. aber LG Frankfurt NStZ 1991 600 (einschränkend zu § 140 Abs. 1 Nr. 5, wenn der Beschuldigte zwischen mehreren zusammen-
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zurechnenden Haftzeiten längere Zeit in Freiheit und zur Organisation seiner Verteidigung in der Lage war). BGH bei Pfeiffer NStZ 1982 188; vgl. dazu aber § 114, 31 ff.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 117
Die Bestellung eines Verteidigers unterbleibt, wenn der Beschuldigte einen Wahlverteidiger hat. Sie ist zurückzunehmen, wenn der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter (§ 137 Abs. 2) einen Verteidiger gewählt und dieser die Wahl angenommen hat (§ 143). Solange keine Verteidigerwahl zu den Akten angezeigt ist, wird das Gericht davon ausgehen, dass kein Verteidiger gewählt ist.
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Vü. Haftprüfung von Amts wegen (Absatz 5) Nach den Ausführungen zu Rn. 37 bis 39 wird in einigen Fällen ein Beschuldigter nach drei Monaten Untersuchungshaft noch keinen Verteidiger haben. Für diese wenigen Fälle ist die Haftprüfung von Amts wegen vorgeschrieben, aber auch nur, wenn der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter (§ 118b, § 298 Abs. 1) weder die Haftprüfung beantragt, noch Beschwerde eingelegt hat. Es dürfte sich um seltene Ausnahmen handeln. Betroffen werden namentlich diejenigen Dauerrückfälligen sein, die sich ins Anstaltsleben ergeben haben und keine Anträge stellen.
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Die Haftprüfung findet statt, wenn die Untersuchungshaft drei Monate gedauert hat. Die Vorschrift will zusammen mit § 121, § 122 Abs. 4 sicherstellen, dass die Haftfrage auch unabhängig von Anträgen und Beschwerden des Beschuldigten alle drei Monate gerichtlich förmlich überprüft wird. Da bei jeder Wiederverhaftung nach einer Freilassung über die Haftfrage nach § 115 neu entschieden wird, zählen - anders als im Falle des Absatzes 4 (Rn. 38) - Zeiten, die vor einer Entlassung (§ 120) oder vor einer Freilassung bei Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls (§ 116; § 72 Abs. 1 JGG) liegen, bei der Berechnung der Frist nicht mit; die Dreimonatsfrist des Absatzes 5 beginnt bei einer neuen Verhaftung neu. 56 Wird dagegen die Untersuchungshaft unterbrochen, ohne dass der Beschuldigte freigelassen wird, z.B. bei Verbüßung von Strafhaft oder von Untersuchungshaft in anderer Sache, dann beginnt nach dem Ende der Unterbrechung keine neue Frist zu laufen. Die Unterbrechungszeiten zählen nicht mit; die Zeiten vor der Unterbrechung und die nach ihr werden zusammengezählt.
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Die Frist zur Prüfung von Amts wegen beträgt drei Monate, genauer („hat die Untersuchungshaft drei Monate gedauert") drei Monate und einen Tag; sie beginnt mit dem Anfang der Untersuchungshaft (Rn. 6). Ihr Ende ist in Absatz 5 selbst festgelegt, so dass § 43 Abs. 1 keine Anwendung findet, doch läuft die Regelung auf dasselbe hinaus, als wenn das Gesetz von einer Frist von drei Monaten spräche: Hat die Untersuchungshaft am 1. Februar begonnen, so findet die Prüfung am 1. Mai statt. § 43 Abs. 2 gilt. Danach endet die Frist, wenn das Ende auf einen Sonnabend, einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag fällt, mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Die Haftprüfung ist wegen des rechtlichen Gehörs (§ 33 Abs. 3) und ggf. der mündlichen Verhandlung (§ 118 Abs. 1) ein Haftprüfungsverfahren. Mit diesem Verfahren muss das Gericht an dem errechneten Tage beginnen.
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Das Gericht darf die Frist, etwa weil noch eine wichtige Vernehmung abgewartet werden soll, nicht überschreiten, selbst wenn der Beschuldigte zustimmen sollte. Das Gericht darf die Frist, weil es außer im Fall der Absätze 3 und 5 die Haftprüfung nicht von Amts wegen vornehmen darf (Rn. 12), nicht verkürzen. Denn das liefe auf eine vorgezogene Haftprüfung von Amts wegen hinaus. Daraus folgt zugleich, dass die früher teilweise
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gelehrte Ansicht, die Prüfung müsse innerhalb der Frist nicht nur begonnen haben, sondern auch beendet sein, 57 für § 117 nicht vertretbar ist. 58 Schon das rechtliche Gehör kann das Verfahren verzögern, so dass es nicht innerhalb der Frist abzuschließen ist. Weitere Verzögerungen ergeben sich, wenn die Entscheidung in mündlicher Verhandlung ergeht (§ 118), weil dann Termin anzuberaumen ist, und Staatsanwalt und Verteidiger benachrichtigt werden müssen (§ 118a Abs. 1). Die Haftprüfung nach Absatz 5 ist ein einmaliges Verfahren, doch ist durch die §§ 121, 122 Abs. 4 Satz 2 sichergestellt, dass die Haftfrage bis zu einem verurteilenden Erkenntnis alle drei Monate von Amts wegen geprüft wird, solange nicht die Hauptverhandlung läuft.
§118 (1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden. (2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden. (3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat. (4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. (5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden. Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift ist eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964. Absatz 1 stammt von § 115a Abs. 4 Satz 1 a.F., Absatz 5 von § 114d Abs. 2 a.F., Absatz 4 ist eine Abwandlung von § 115b Satz 1 a.F., wonach nach Eröffnung des Hauptverfahrens keine mündliche Verhandlung über den Haftbefehl mehr stattfinden durfte. Absatz 3 verwertet Gedanken aus § 115a Abs. 3 a.F. Absatz 2 enthält eine wesentliche Ausnahme von § 309 Abs. 1, erstem Halbsatz. Die Formulierung „Besserung und Sicherung" in Absatz 4 ist eingesetzt durch Art. 21 Nr. 33 EGStGB 1974.
Übersiebt Rn.
Rn. 1. Inhalt 2. Mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren (Absatz 2) 3. Weitere mündliche Verhandlung (Absatz 3) a) Beschränkung
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Härtung § 115a, 7.
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b) Voraussetzungen 4. Hauptverhandlung (Absatz 4) . . . 5. Freiheitsentziehendes Urteil (Absatz 4) 6. Terminfrist (Absatz 5)
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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1. Inhalt. Das Recht auf mündliche Verhandlung über den Haftbefehl, Bestandteil 1 unseres Haftrechts seit 1926, verwirklicht die alte Reformforderung, 1 dass der Verhaftete Anspruch auf mündliche Verhandlung vor dem zuständigen Gericht haben müsse. Die Vorschriften über die mündliche Verhandlung sind als Kernstück der Schutzvorschriften für den verhafteten Beschuldigten bezeichnet worden, 2 und eine gut vorbereitete und durchgeführte mündliche Verhandlung am Anfang der Untersuchungshaft ist ein wirksames Mittel, das Verfahren zu konzentrieren und die Haft abzukürzen. 3 Das Strafprozessänderungsgesetz 1964 hat die bis dahin etwas unübersichtlichen VorSchriften über Haftprüfung und mündliche Verhandlung vereinfacht: Die mündliche Verhandlung (Absatz 1) ist eine Form der Haftprüfung. Dieser Form muss sich das Gericht (Ausnahmen in Absatz 3 und 4) auf Antrag des Beschuldigten bedienen; es kann sie nach seinem Ermessen auch von Amts wegen wählen. Danach kann jede Haftprüfung nach mündlicher Verhandlung durchgeführt werden. O b aber überhaupt eine Haftprüfung stattfindet, liegt allein in der Hand des Beschuldigten (oder seines gesetzlichen Vertreters). Dieser wiederum kann zwar jederzeit die Haftprüfung erzwingen, die mündliche Verhandlung aber nur in angemessenen Fristen (Absatz 3) und nach einem freiheitsentziehenden Urteil überhaupt nicht mehr (Absatz 4). Auf diese Weise werden weitgehend bloß routinemäßige mündliche Verhandlungen ausgeschaltet. Damit wird der Weg frei, dem etwas verkümmerten Kernstück des Haftschutzes die ihm zukommende Bedeutung in der Praxis zu verschaffen. Wie der Beschuldigte können auch sein Verteidiger, jedoch nicht gegen den Willen des Beschuldigten (§ 118b; § 2 9 7 ) , und sein gesetzlicher Vertreter Antrag auf Entscheidung in mündlicher Verhandlung stellen (§ 118b; § 2 9 8 ) mit der gleichen Wirkung, als ob der Beschuldigte den Antrag gestellt hätte (§ 118b, 4). Auch die Staatsanwaltschaft kann auf mündliche Verhandlung antragen, doch kommt ihrem Antrag nicht, wie dem des Beschuldigten, zwingende Wirkung zu. Wer den Antrag gestellt hat, kann ihn auch wieder zurücknehmen. Die §§ 118, 118a gelten grundsätzlich auch bei einer Haftprüfung von Amts wegen (§ 117 Abs. 5). 4 § 118 Abs. 3 kann dann jedoch nur angewendet werden, wenn der Beschuldigte beantragt hatte, nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden (Absatz 1); andernfalls könnte das Gericht über eine mündliche Haftprüfung von Amts wegen die Möglichkeit des Beschuldigten, eine weitere mündliche Verhandlung zu beantragen, einschränken (§ 118a, 6). 5 Entsprechendes gilt für das Beschwerdeverfahren (Rn. 3).
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2. Mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren (Absatz 2). § 3 0 9 Abs. 1 erster Halbsatz verbietet die mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren. Das Verbot ist nicht immer praktisch und für das Verfahren bei Verfall einer Sicherheit bereits durchbrochen (§ 124 Abs. 2 Satz 2). Auch im Haftbeschwerdeverfahren kann es erwünscht sein, den Beschuldigten zu sehen, seine mündliche Einlassung zu hören und ihm Zeugen gegenüberzustellen. Daher wird dem Gericht die Befugnis eingeräumt, über Haftbeschwerden nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Der Beschuldigte, wie auch die Staatsanwaltschaft, können das beantragen, doch entscheidet allein das Ermessen des
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Verhandlungen des 16. Anwaltstages ( 1 9 0 3 ) , 5 2 ; Mitteilungen des IKV 11 6 8 4 , 6 9 4 , 8 0 9 , 818, 8 4 4 ; 12 2 8 8 , 3 0 2 ; Gneist Vier Fragen zur deutschen Strafprozeßordnung, 7 4 ; von Liszt Reform des Strafverfahrens 4 5 . Feisenberger D R i Z 1 9 2 7 4; s. auch Matt JA
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Alsberg J W 1 9 2 5 1437. Meyer-Goßner 1; h.M. Matt JA 1 9 9 1 9 3 ; ähnlich KMRJWankel § 117, 31.
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Gerichts, ob eine mündliche Verhandlung stattfindet. 6 Damit wird das Verfahren auf Fälle beschränkt, in denen es angebracht ist. Das werden nicht sehr viele sein, doch sollte das Beschwerdegericht von der mündlichen Verhandlung Gebrauch machen, wenn sie Nutzen verspricht. Das ist z.B. der Fall, 7 wenn bei zweifelhafter Sachlage erwartet werden kann, dass sich zufolge der mündlichen Erörterung des Materials bei persönlicher Gegenwart des Beschuldigten, seines Verteidigers und ggf. von Zeugen Unklarheiten beseitigen lassen und der dringende Tatverdacht sowie die Haftgründe sicherer als im schriftlichen Verfahren beurteilt werden können (s. auch § 114, 38: persönlicher Eindruck vom Beschuldigten). Die Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn die Beschwerde sich nicht gegen Bestand oder Vollzug des Haftbefehls richtet, sondern gegen die Ablehnung eines Haftbefehlsantrages. 8 3. Weitere mündliche Verhandlung (Absatz 3) 4
a) Beschränkung. Nach § 117 Abs. 1 kann der Beschuldigte während der ganzen Dauer der Untersuchungshaft ohne jede Beschränkung die förmliche Haftprüfung beantragen; bei dieser ist gemäß § 118 Abs. 1 auf seinen Antrag nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Gälte die letzte Vorschrift ohne Einschränkung, könnte das Gericht zu einer dauernden Wiederholung der mündlichen Verhandlung auch dann gezwungen werden, wenn seit der letzten kein Material beigebracht worden ist, das den dringenden Tatverdacht oder die Haftgründe in Frage zu stellen geeignet wäre. Die mündliche Verhandlung würde dann zu einer lästigen Formalität, und diese Bewertung könnte sich auf das ganze Institut übertragen und das Verfahren auch dort zur Routine werden lassen, wo eine sorgfältige Verhandlung das Verfahren und die Haft abkürzen könnte.
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Deshalb schränkt Absatz 3 die Wirkung des nach Absatz 1 zulässigen Antrags dahin ein, dass unter bestimmten Voraussetzungen kein Ansprach auf mündliche Verhandlung besteht. Die Zulässigkeit des Antrags selbst bleibt unberührt; er hat nur nicht die zwingende Wirkung, die er ohne die Einschränkung des Absatzes 3 zufolge des Wortlauts von Absatz 1 hätte. Die Befugnis des Gerichts, nach seinem Ermessen von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden (Absatz 1), bleibt unberührt. Die Beschränkung, die für die Wirkung des Antrags des Beschuldigten eintritt, wird gesetzgeberisch so ausgedrückt, dass zwei Fristen (Gesamtdauer der Untersuchungshaft: drei Monate; Dauer seit der letzten mündlichen Verhandlung: zwei Monate) angegeben werden, nach deren Ablauf der Antrag wieder seine zwingende Wirkung erhält. Daraus folgt, dass ein Antrag, der vor Ablauf der Fristen gestellt und daher zunächst wirkungslos ist, nachträglich wirksam wird, wenn vor der Entscheidung die Fristen von drei und zwei Monaten beide noch ablaufen.
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b) Voraussetzungen. Die Beschränkung (Rn. 5) tritt ein, wenn die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung - auch im Beschwerdeverfahren - aufrechterhalten worden ist. 9 Zum Fall, dass die mündliche Verhandlung von Amts wegen in einem Haftprüfungsverfahren gewählt worden ist, das ebenfalls von Amts wegen stattgefunden hat, oder in einem Beschwerdeverfahren von Amts wegen, s. Rn. 2; § 118a, 6. 6 7
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OLG Celle NdsRpfl. 1965 255. S. auch VerfGHRhPf. JBIRhPf. 2 0 0 6 119 (Gefahr der Perpetuierung eines vorinstanzlichen Verfahrensfehlers, wenn die Anhörung unterbleibt). KKJBoujong 2; KYUKrause 3.
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S. Chr. Schröder NStZ 1998 70 (keine Beschränkung nach mündl. Haftprüfung von Amts wegen); § 117,11. S. auch OLG Köln NStZ 2 0 0 7 608 (Frist des Absatzes 3 beginnt mit Verkündung eines geänderten Haftbefehls neu).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 118
Für die Beschränkung des Anspruchs auf mündliche Verhandlung kommt es nach dem Wortlaut, der dem Sinn der Bestimmung entspricht, nicht darauf an, dass der Haftbefehl, sondern darauf, dass die Untersuchungshaft aufrechterhalten worden ist. War der Vollzug der Untersuchungshaft ausgesetzt worden (§ 116; § 7 2 Abs. 1 J G G ) , dann findet ebenso wie bei der Aufhebung des Haftbefehls (§ 120) Absatz 3 keine Anwendung, vielmehr beginnt das Verfahren der §§ 114a ff. erneut. Die Dreimonatsfrist und die Zweimonatsfrist sind daher ebenso wie im Fall des § 117 Abs. 5 zu berechnen: Zeiten, die vor einer Entlassung (§ 120) oder vor einer Freilassung bei Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls (§ 116; § 72 Abs. 1 J G G ) liegen, scheiden für die Dauer jeder der beiden Fristen aus. Wird dagegen die Untersuchungshaft unterbrochen, ohne dass der Beschuldigte freigelassen wird, z.B. bei Verbüßung von Strafhaft oder von Untersuchungshaft in anderer Sache, dann zählen die Zeiten vor der Unterbrechung mit; die Zeiten vor und nach der Unterbrechung werden zusammengerechnet (§ 117, 38).
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4. Hauptverhandlung (Absatz 4). Stellt Absatz 3 für die Beschränkung des Rechts auf mündliche Verhandlung auf die Dauer der Untersuchungshaft ab, so bringt Absatz 4 eine Beschränkung für bestimmte Verfahrensabschnitte. Der erste ist die Hauptverhandlung: der Beschuldigte hat keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung „solange die Hauptverhandlung andauert". War der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung angebracht, konnte aber bis zu deren Beginn noch nicht in der Sache entschieden werden, so entfällt mit dem Beginn der Hauptverhandlung nachträglich der Anspruch auf mündliche Verhandlung. 1 0 Hauptverhandlung ist diejenige erster Instanz (§ 2 2 6 ) und die in der Berufungsinstanz (§ 324). Für die Revisionsinstanz ist die Regelung ohne Bedeutung. Denn es ist kaum vorstellbar, dass während des Revisionsverfahrens noch Untersuchungshaft vollzogen wird, obwohl das Tatgericht nicht auf ein freiheitsentziehendes Urteil erkannt hat. Liegt aber ein freiheitsentziehendes Urteil vor, entfällt der Anspruch auf mündliche Verhandlung zufolge der zweiten Alternative von Absatz 4.
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Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache (§ 2 4 3 Abs. 1 Satz 1); sie schließt grundsätzlich mit der Verkündung des Urteils (§ 2 6 0 Abs. 1 Satz 1), aber auch mit einer Verweisung an das zuständige Gericht (§ 2 7 0 Abs. 1) oder mit Aussetzung der Hauptverhandlung (§ 2 2 8 Abs. 1 Satz 1, § 145 Abs. 1 bis 3, § 2 4 6 Abs. 2 , § 2 6 5 Abs. 3 und 4). Dagegen beendet eine Unterbrechung die Hauptverhandlung nicht; denn es ist dieselbe Hauptverhandlung, die nach der Unterbrechung „fortgesetzt" werden muss (§ 2 2 9 Abs. 4).
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Nach dem Sinn der Vorschrift und nach ihrem Wortlaut („andauert") kann nicht auf das Ende der Hauptverhandlung abgestellt werden, sondern vielmehr auf das Andauern des wirklichen Verhandeins. Denn die Verneinung des Anspruchs auf mündliche Verhandlung während der Hauptverhandlung rechtfertigt sich aus zwei Gründen: einmal ist das Gericht mit der Sache besonders nachdrücklich befasst und daher mit dem gleichen gesteigerten Nachdruck verpflichtet, die Haftfrage zu prüfen. Zum anderen wäre der Anspruch auf mündliche Verhandlung wenig sinnvoll, da ja das Gericht schon mündlich verhandelt, dabei den Angeklagten hört, die Tatsachen erörtert, die den dringenden Tatverdacht begründen, und jederzeit auch die Haftgründe und die Verhältnismäßigkeit prüfen kann.
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Während einer Unterbrechung entfällt unter Umständen der zweite Grund und verliert der erste an Gewicht. Zwar kann die Unterbrechung gerade deshalb notwendig wer-
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den, weil das Gericht außerhalb des Sitzungssaales einen umfangreichen Stoff sichten und ordnen muss, wobei es ebenso intensiv wie in der Hauptverhandlung selbst mit der Sache befasst ist. Es können aber auch ganz andere Gründe (Verteidigerwechsel; § 145 Abs. 3; Nachladung von Zeugen und Sachverständigen; Krankheit von Prozessbeteiligten; Urlaub) die Unterbrechung notwendig machen und die Haftfrage aus der gerichtlichen Betrachtung rücken. Daher dauert die Hauptverhandlung jedenfalls während einer Unterbrechung gemäß § 2 2 9 Abs. 2 grundsätzlich nicht an. 1 1 Etwas anderes muss jedoch weil dann die genannten Gründe nicht zutreffen und zur Vermeidung nicht sachgerechter Ergebnisse - für ganz kurze Unterbrechungen (z.B. Unterbrechung der Verhandlung über das Wochenende) gelten; in solchen Fällen dauert die Hauptverhandlung im Sinne von Absatz 4 noch an. Gleiches kann gelten, wenn der Haftprüfungsantrag in zeitlicher Nähe zum letzten Hauptverhandlungstermin einer länger unterbrochenen Sache gestellt wird und kein neues Vorbringen enthält. 12 12
5. Freiheitsentziehendes Urteil (Absatz 4). Dem Antrag auf mündliche Verhandlung wird seine zwingende Wirkung weiter für den Fall genommen, dass ein Urteil ergangen ist, in dem gegen den Verhafteten auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkannt worden ist. Es kommt jede Freiheitsstrafe in Betracht: die Freiheitsstrafe (§§ 38, 39 StGB), die Jugendstrafe (§§ 18, 19 JGG) und der Strafarrest (§ 9 WStG). Der Jugendarrest (§ 16 J G G ) ist ein Zuchtmittel (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 JGG). Aber hier ist er nach dem Sinn der Vorschrift, das Recht auf mündliche Verhandlung auszuschließen, wenn durch Urteil auf Freiheitsentziehung erkannt wird, den Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln gleichzuachten. Die Freiheitsstrafe muss selbst als Strafe ausgesprochen sein; die Verurteilung zu einer Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB) schließt das Recht auf mündliche Verhandlung nicht aus.
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Dagegen spielt es für den Ausschluss des Rechts auf mündliche Verhandlung keine Rolle, wenn die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt ist (§ 56 Abs. 1 und 2 StGB) oder wenn die gesamte Strafe durch Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung (§ 51 Abs. 1 bis 3 StGB) erreicht worden ist; allerdings wird in diesen Fällen regelmäßig der Haftbefehl aufzuheben sein (S 120, 15).
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Als freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung kommen die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 Abs. 1 StGB) und in einer Entziehungsanstalt (§ 64 Abs. 1 StGB) in Betracht. Denn auf sie kann auch neben einer Geldstrafe erkannt werden. Dagegen ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) nur neben einer Freiheitsstrafe zulässig, so dass der Anspruch auf mündliche Verhandlung schon wegen der Verurteilung zu Freiheitsstrafe untergeht.
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Der Anspruch auf mündliche Verhandlung endet, wenn ein freiheitsentziehendes Urteil ergangen ist. Es wird nicht auf die Verurteilung abgestellt, sondern auf das Ergehen des Urteils. Danach kommt es nicht darauf an, ob das Urteil Bestand hat; maßgebend ist allein die Tatsache, dass ein freiheitsentziehendes Urteil erlassen worden ist (vgl. auch § 120, 18; § 121, 24). Daraus folgt: Der Anspruch auf mündliche Verhandlung lebt nicht wieder auf, wenn das Urteil durch ein Rechtsmittelgericht aufgehoben wird. Denn die Aufhebung beseitigt zwar die Verurteilung, schafft aber die Tatsache nicht aus der Welt, dass ein Urteil ergangen ist, in dem auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsent-
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Vgl. KKIBoujong 4; Meyer-Goßner Krause 5; SYJPaeffgen 5.
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3; AK/
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OLG Celle NStZ-RR 1996 171.
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§ 118
ziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkannt worden ist. Die Entscheidung des Gesetzgebers entbehrt auch nicht des Sinns: In der Hauptverhandlung ist über den dringenden Tatverdacht umfassend verhandelt worden. Dazu kann eine spätere mündliche Verhandlung nichts mehr erbringen, auch wenn das verurteilende Erkenntnis vom Revisionsgericht aufgehoben wird, ohne dass es zum Freispruch des Angeklagten kommt, bei dem der Haftbefehl aufzuheben ist (§ 120 Abs. 1 Satz 2 ; § 126 Abs. 3). Die Haftgründe werden sich nach der Hauptverhandlung nur selten ändern, so dass die gesetzgeberische Entscheidung für den Regelfall - von Amts wegen kann immer nach mündlicher Verhandlung entschieden werden - auf die mündliche Verhandlung zu verzichten, nicht unbegründet ist. 6 . Terminfrist (Absatz 5). Das Verfahren bei der mündlichen Verhandlung ist in § 118a geregelt, doch ist hier - redaktionell nicht ganz glücklich - die Bestimmung vorweggenommen, dass die mündliche Verhandlung unverzüglich durchzuführen ist. Wegen des Begriffs unverzüglich s. § 115, 8. Als äußerste Frist für den Termin zur mündlichen Verhandlung werden zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags festgesetzt. Es kommt auf den Tag des Eingangs bei dem zuständigen Gericht an. Ist jedoch der Antrag nach 5 118b i.V.m. § 2 9 9 Abs. 1 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts angebracht, in dessen Bezirk die Untersuchungshaftanstalt liegt, dann rechnet die Frist von dem Tag an, an dem das Protokoll aufgenommen worden ist (§ 2 9 9 Abs. 2). 1 3
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Für die Frist gilt § 4 3 : Geht der Antrag dienstags ein, muss die mündliche Verhandlung spätestens am übernächsten Dienstag stattfinden. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonnabend, einen Sonntag oder einen allgemeinen Feiertag, dann endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags. Die Frist wird nicht dadurch verlängert, dass nach dem Antrag ein Wechsel der Zuständigkeit, etwa durch Anklage, eintritt.
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Da die mündliche Verhandlung von einem - rücknehmbaren - Antrag des Beschuldigten abhängt, kann er auch einer Verlängerung der vom Gesetzgeber zu seinen Gunsten bestimmten Frist zustimmen. Doch wird die Zustimmung nur zu erfragen sein, wenn Beweiserhebungen laufen, die zu einer dem Beschuldigten günstigen Haftentscheidung führen können, nicht dagegen wegen der Geschäftslage. Die Zustimmung muss sich nicht nur darauf erstrecken, dass die Frist überschritten wird, sondern auch auf das Ausmaß, in dem das geschehen soll.
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Ist der Antrag nicht vom Beschuldigten, sondern vom Verteidiger oder vom gesetzliehen Vertreter gestellt (§ 118b, §§ 297, 2 9 8 Abs. 1), so ist für die Fristverlängerung dessen Zustimmung erforderlich, nicht auch diejenige des Beschuldigten, doch bedarf der Verteidiger in entsprechender Anwendung von § 3 0 2 Abs. 2 i.V.m. § 118b der ausdrücklichen Ermächtigung des Beschuldigten. 1 4
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Die Anordnung der Frist, innerhalb derer eine beantragte mündliche Haftprüfung stattfinden muss, ist gleichwohl - wie die Frist nach § 117 Abs. 5 und § 121 Abs. 2 - nur eine Ordnungsvorschrift. Lässt der Richter die Frist ungenutzt verstreichen, so hat das noch nicht die Aufhebung des Haftbefehls oder die Entlassung des Beschuldigten zur Folge. 1 5 Es kann jedoch Anlass für eine Ablehnung des Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit sein. 1 6
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Meyer-Goßner 4; AK/Krause 6; SYJPaeffgen 6; a.A. KK/Boujong 6. SYJPaeffgen 6; AK/Krause 6; a.A. KK/Boujong 6; Meyer-Goßner 4.
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OLG Hamm NStZ-RR 2006 17 mit Anm. Paeffgen NStZ 2007 85; KK/Boujong 6; Meyer-Goßner 4; krit. SYJPaeffgen 6; Schlothauer/Weider 730; Münchhalffen/Gatzweiler
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
§ 118a (1) Von Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung sind die Staatsanwaltschaft sowie der Beschuldigte und der Verteidiger zu benachrichtigen. (2) 'Der Beschuldigte ist zu der Verhandlung vorzuführen, es sei denn, daß er auf die Anwesenheit in der Verhandlung verzichtet hat oder daß der Vorführung weite Entfernung oder Krankheit des Beschuldigten oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. 2Wird der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt, so muß ein Verteidiger seine Rechte in der Verhandlung wahrnehmen. 3 In diesem Falle ist ihm für die mündliche Verhandlung ein Verteidiger zu bestellen, wenn er noch keinen Verteidiger hat. 4 Die §§ 142, 143 und 145 gelten entsprechend. (3) 1In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten zu hören. 2Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht. 3 Über die Verhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen; die §§ 271 bis 273 gelten entsprechend. (4) 1 Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung zu verkünden. 2Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung spätestens binnen einer Woche zu erlassen.
Entstehungsgeschichte. Eingefügt durch das Gesetz vom 27.12.1926. Die derzeitige Fassung hat die Bestimmung erhalten durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964. Bezeichnung bis 1964: S 115d.
1. Zweck 2. Verhandlungen außerhalb des förmlichen Haftprüfungsverfahrens 3. Vorbereitung der Beweisaufnahme . . . . 4. Terminsbenachrichtigung (Absatz 1) . . . 5. Vorführung (Absatz 2) 6. Verteidiger (Absatz 2)
1
Rn. 1
7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
6 8 10 13 17
Verhandelndes Gericht Beteiligte Verhandlung (Absatz 3) Protokoll Entscheidung (Absatz 4) Bekanntmachung Beschwerde
Rn. 20 21 24 26 27 31 32
1. Zweck. Es ist ein Nachteil unseres Strafprozesses, dass er zu lange schriftlich und geheim vorbereitet wird. Das geheime Verfahren vermindert wohl die Möglichkeit, zu verdunkeln, ist aber zugleich einer frühzeitigen wirksamen Verteidigung hinderlich. Das schriftliche Verfahren fördert zwar die Gründlichkeit der Ermittlungen; ihrer Zielstrebigkeit, Konzentration und Schnelligkeit kann es jedoch oft im Wege stehen. Da allein die Hauptverhandlung für das Urteil maßgebend ist (§ 261), ihr Ablauf aber nicht voll vorausgesehen werden kann, wird im Ermittlungsverfahren in der Regel vorsichtshalber der
318. Vgl. auch AG Frankfurt StV 1 9 9 3 3 3 (Aufhebung des Haftbefehls, w e n n dieser in einer H a f t p r ü f u n g nicht überprüft werden kann, weil die StA die Akten auch nach Fristablauf nicht vorlegt); AG Kamen StV 2 0 0 2 315; 1995 4 7 6 ; AG H a m b u r g - H a r b u r g StraFo 2 0 0 5 198 mit A n m . Meyer-Lohkamp (Haftverschonung, falls Vorführung zum Termin wg. Personalmangels nicht möglich).
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OLG H a m m N S t Z - R R 2 0 0 6 17 (auch zur Befangenheit und zur Untätigkeitsbeschwerde); KKJBoujong 6; SK/Paeffgen 6; s. auch Scblothauer/Weider 7 3 0 ; O L G Braunschweig StV 2 0 0 5 3 9 (Untätigkeitsbeschwerde).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 118a
Schnelligkeit eine Gründlichkeit vorgezogen, die - v o m Verhalten des Beschuldigten in der Hauptverhandlung aus rückblickend betrachtet - zuweilen nicht notwendig gewesen wäre. D e s h a l b ist die mündliche Verhandlung in H a f t s a c h e n ein verfassungs- und verfahrensrechtlich wünschenswerter E i n b r u c h der M ü n d l i c h k e i t ins vorbereitende Verfahren ( R n . 2 4 ) . D a s gilt namentlich für die erste. Die erste mündliche Verhandlung bringt den Beschuldigten und seinen Verteidiger mit Gericht und Staatsanwaltschaft zusammen und gibt ihm, n a c h d e m er bei der Verhaftung die Beschuldigung kennengelernt hat (§ 115 Abs. 2 und 3, § 115a Abs. 2 ) , Gelegenheit, sich verteidigend in das Verfahren einzuschalten und, indem er Beweismittel benennt und Handlungen eingesteht, zu dessen Abkürzung beizutragen. D e r Staatsanwalt kann seinerseits den G a n g der Ermittlungen festlegen, das Verfahren konzentrieren und abkürzen, seinen Abschluss beschleunigen und auf diese Weise die Untersuchungshaft, den schwersten Eingriff in die R e c h t e des als unschuldig geltenden nicht Verurteilten (Art. 6 Abs. 2 E M R K ) , wirksam einschränken. D e m ist bei der Vorbereitung und bei der Durchführung der Verhandlungen R e c h n u n g zu tragen.
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Die erste Verhandlung sollte, wenn ihre Nutzlosigkeit nicht auf der H a n d liegt, keine R o u t i n e sein. Findet sie im vorbereitenden Verfahren statt, k a n n sie die Weichen für die weitere Behandlung der H a f t s a c h e stellen. D a z u sollten die wichtigsten Z e u g e n Aug' in Auge mit dem Beschuldigten v e r n o m m e n , seine Beweisanträge entgegengenommen und wenn nötig nach kurzer Vertagung - erledigt werden. Allerdings darf die mündliche Verhandlung nicht über ihr Ziel, neben den Haftgründen den dringenden Tatverdacht zu prüfen, hinausgehen; die Sicherheit von Schuldfeststellungen darf sie nicht anstreben.
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In späteren Verhandlungen wird nur in großen Sachen ein Gewinn an Erkenntnissen in Bezug a u f den dringenden Tatverdacht gegenüber der schriftlichen Prüfung zu erzielen sein. Aber auch in Bezug auf die Haftgründe kann dann eine mündliche Verhandlung in der Regel nicht viel erbringen. In den wenigen Fällen der Verhaftung wegen Verdunkelungsgefahr wird ohnehin laufend, spätestens bei der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 2 0 7 Abs. 4 ) geprüft, o b der Fortgang oder Abschluss der Ermittlungen nicht wirksam eine weitere Verdunkelung schon deshalb ausschließt, weil es, wenigstens praktisch, nichts mehr zu verdunkeln gibt. Die Umstände, die die Fluchtgefahr begründen, werden sich im Laufe des Verfahrens, abgesehen von dem Verhältnis der H a f t zu der zu erwartenden S a n k t i o n , häufig nicht wesentlich verändern. Die Gründe des § 112a Abs. 1 (Wiederholungsgefahr) und des § 112 Abs. 3 (Straftaten wider das Leben) k ö n n e n k a u m eine Veränderung erfahren.
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Auch sonst wird in m a n c h e n Fällen eine vom Beschuldigten erzwungene mündliche Verhandlung, auch eine erste, das Verfahren nicht fördern k ö n n e n , wenn die Verteidigung bekannt und alles Sachdienliche schon veranlasst ist. D a s kann im vorbereitenden Verfahren der Fall sein, wenn der Staatsanwalt frühzeitig den Beschuldigten und seinen Verteidiger gehört hat. W o aber die M ö g l i c h k e i t einer Sachförderung besteht, würde der Z w e c k der mündlichen Verhandlung, jedenfalls einer ersten, verfehlt, wenn sie routinem ä ß i g o h n e Anwesenheit der Staatsanwaltschaft und eines Verteidigers dadurch abgewickelt würde, dass der Beschuldigte gehört wird und Gelegenheit erhält, zu einigen vorgehaltenen oder vorgelesenen Zeugenaussagen Stellung zu nehmen.
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2 . Verhandlungen a u ß e r h a l b des förmlichen Haftprüfungsverfahrens. Die mündliche Verhandlung ist Teil des förmlichen Haftprüfungsverfahrens (§ 118 Abs. 1). Sie kann auf Antrag des Beschuldigten stattfinden oder von Amts wegen. Findet die H a f t p r ü f u n g - in mündlicher Verhandlung - von Amts wegen statt (§ 1 1 7 Abs. 5 ) , so darf dies, da der Beschuldigte möglicherweise bis zum Verhandlungstermin seine Verteidigung noch nicht
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ausreichend vorbereitet hat, deshalb einen späteren Termin bevorzugt hätte, nicht zu der dem Beschuldigten nachteiligen Folge des § 118 Abs. 3 führen (§ 118, 2). Das Gericht kann außerdem jederzeit außerhalb eines förmlichen Haftprüfungsverfahrens mündlich verhandeln, wenn ihm dies geboten erscheint. Namentlich kann die Vernehmung nach § 115 Abs. 2 in die Form einer mündlichen Verhandlung gekleidet und auch beim Kollegialgericht vor diesem (§ 126, 2 3 ) durchgeführt werden. Wird im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.) die Aburteilung in dieser Verfahrensart abgelehnt (§ 419), kann der Termin, wenn die Zuständigkeitsverhältnisse es gestatten, als mündliche Verhandlung zur Haftprüfung ausgestaltet werden. Solche Verhandlungen haben nicht die Folge des § 118 Abs. 3, wenn nicht der Beschuldigte förmliche Haftprüfung beantragt (§ 117 Abs. 1) und damit dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, nach § 118 Abs. 1 von Amts wegen in mündlicher Verhandlung zu entscheiden. 7
Auf der anderen Seite kann die mündliche Verhandlung des § 118a, wenn der für die Haftsache zuständige Richter auch für das beschleunigte Verfahren zuständig ist, in dieses übergeführt werden. Davon sollte regelmäßig Gebrauch gemacht werden, wenn der Sachverhalt klar ist, und stets, wenn der Beschuldigte es beantragt. Das beschleunigte Verfahren wiederum kann einer beantragten mündlichen Verhandlung im Haftprüfungsverfahren zuvorkommen und sie unnötig machen, wenn es mit einem Urteil endet.
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3. Vorbereitung der Beweisaufnahme. Nach Absatz 3 Satz 2 bestimmt das Gericht Art und Umfang der Beweisaufnahme. Die Vorschrift gilt für die Verhandlung, hat aber auch für deren Vorbereitung Bedeutung. Wenn der Beschuldigte in seinem Antrag nicht eindeutig zum Ausdruck bringt, wogegen er sich wenden will, wird der Vorsitzende oder ein beauftragter Richter festzustellen haben, ob der Beschuldigte den Tatverdacht, dessen Dringlichkeit oder den Haftgrund angreifen will und was er dazu vorzubringen hat. Alsdann muss das Gericht in einer Vorberatung, in der Regel nach Fühlungnahme mit der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger, die ggf. Anträge zu stellen haben, bestimmen, welche Beweismittel in der Verhandlung benötigt werden, namentlich welche Zeugen geladen werden müssen. Wenn auf der Hand liegt, welche Beweismittel für die mündliche Verhandlung in Betracht kommen, bedarf es des soeben dargelegten Verfahrens nicht; dann veranlasst der Vorsitzende, dass die Beweismittel herbeigeschafft und die Zeugen geladen werden. Die Zeugen und ggf. Sachverständige sind sowohl zum dringenden Tatverdacht als auch zu den Haftgründen zu laden. Ihre Namen sind dem Beschuldigten in der Benachrichtigung vom Termin bekanntzugeben.
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Der Beschuldigte kann beantragen, weitere Zeugen zu laden; er kann sie auch selbst laden oder stellen. 1 Zwar braucht das Gericht, weil es Art und Umfang der Beweisaufnahme selbst bestimmt (Absatz 3 Satz 2), weder einem Antrag zu entsprechen, noch geladene oder gestellte Zeugen zu vernehmen (Rn. 25), sollte es aber tun, soweit sich die Anträge auf den dringenden Tatverdacht und die Haftgründe beziehen. Zulässig sind auch Ermittlungen des Gerichts zur Vorbereitung der Verhandlung; deren Ergebnis ist den Beteiligten rechtzeitig mitzuteilen.
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4. Terminsbenachrichtigung (Absatz 1). Benachrichtigung von Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung erhalten der Beschuldigte; sein Verteidiger, gleichgültig ob es ein Wahl- oder ein Pflichtverteidiger ist; die Staatsanwaltschaft. Zur Beteiligung des Nebenklagebefugten vgl. die Erl. zu § 406g. Der Einziehungsbeteiligte (§ 431 Abs. 1
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KKIBoujong 5; h.M.
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Satz 1) wird nicht benachrichtigt. Bei Jugendlichen sollen der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter benachrichtigt werden (§ 6 7 Abs. 2 J G G ) , doch darf, wenn sie unbekannt sind, die Terminsfrist nicht überschritten werden, um sie zu ermitteln. Für den Beistand eines Jugendlichen (§ 6 9 Abs. 1 J G G ) sieht § 6 9 Abs. 3 J G G Rechte nur in der Hauptverhandlung vor, doch wird ihn der Jugendrichter, wenn er ihn schon im vorbereitenden Verfahren bestellt hat, auch von der mündlichen Verhandlung über den Haftbefehl benachrichtigen. Da der Beschuldigte vorgeführt wird, ist er nicht zu laden. Auch bei den anderen Beteiligten, mit Ausnahme des Verteidigers und bei Zeugen und Sachverständigen, scheidet, da sie zum Erscheinen nicht verpflichtet sind, die Form der Ladung aus. Ihnen ist der Termin vielmehr formlos mitzuteilen. Wegen der kurzen Frist ist es auch zulässig, die Beteiligten fernmündlich zu benachrichtigen. 2 Die Benachrichtigung ordnet der Vorsitzende an und führt die Geschäftsstelle aus. Z w a r ist die Nachricht keine Ladung, doch ist § 2 1 4 Abs. 1 schon deshalb entsprechend anzuwenden, weil keine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft gegeben ist.
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Ist zu der mündlichen Verhandlung ein Verteidiger zuzuziehen (Absatz 2 Satz 2), kann im Hinblick auf den entsprechend anzuwendenden (Absatz 2 Satz 3) § 145 Abs. 4 (Verurteilung in die Kosten der Aussetzung, wenn der Verteidiger sie durch sein Ausbleiben verschuldet hat) eine Ladung in Betracht kommen, doch wird in der Regel von ihr abgesehen werden. Ist sie ausnahmsweise geboten, ordnet sie der Vorsitzende an (Rn. 11).
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5. Vorführung (Absatz 2). Gegenüber der schlichten Haftprüfung liegt der Sinn der mündlichen Verhandlung darin, dass der Sachverhalt und die Haftgründe mit dem Beschuldigten mündlich erörtert werden, damit dieser Gelegenheit erhält, sich in Rede und Gegenrede gegen die Vorwürfe zu verteidigen, er sei einer Tat verdächtig, dieser Verdacht sei dringend, es bestehe die Gefahr, dass er fliehe oder verdunkele, oder es liege einer der in § 112 Abs. 3, § 112a Abs. 1 genannten Haftgründe vor. Diese Verteidigung kann er sinnvoll nur führen, wenn er in der mündlichen Verhandlung anwesend ist. Dazu ist er vorzuführen.
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Verzichtet der Beschuldigte auf die Vorführung, kann sie unterbleiben, 3 doch kommt diesem Befreiungsgrund wenig Bedeutung zu, weil der Beschuldigte, wenn er schon mündliche Verhandlung beantragt hat, im Allgemeinen keinen Anlass haben wird, einen Verzicht zu erklären. N o c h weniger wird er dazu Veranlassung finden, wenn das Gericht die mündliche Verhandlung von Amts wegen anberaumt und dadurch den Wunsch zu erkennen gegeben hat, die Sach- und Haftfrage mit dem Beschuldigten zu erörtern. Nicht nur in diesem Falle, sondern auch bei einer Verhandlung auf Antrag des Beschuldigten wird es sich, da der Staat an einer wirksamen Haftkontrolle selbst Interesse hat, auch nicht empfehlen, dem Beschuldigten nahezulegen, auf die Vorführung zu verzichten. Daraus wäre bei weiter, aber der Teilnahme nicht hinderlichen Entfernung auch kein Gewinn zu erzielen, weil ein Verteidiger zu bestellen und diesem eine Reise zum Beschuldigten zu bezahlen wäre; schriftliche Information wird für die Zwecke der mündlichen Verhandlung regelmäßig nicht genügen. Allenfalls könnte der Verzicht einem Beschuldigten empfohlen werden, der zwar nicht so krank ist, dass er an der Verhandlung nicht teilnehmen kann, bei dem aber, etwa wegen der Aufregung als Folge der Teilnahme, eine wesentliche Verschlimmerung der Krankheit zu erwarten ist. Der Verzicht ist widerruf-
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2
O L G H a m m Rpfleger 1 9 4 9 8 5 ; Sommermeyer NJ 1992 342.
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(Keine Bindung des Gerichts) KKJBoujong h.M.
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2;
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lieh, 4 doch kommt dem Widerruf nur insoweit Bedeutung zu, als er noch berücksichtigt werden kann. Eine Verlegung des Termins kann der widerrufende Beschuldigte nicht verlangen. 15
Die Vorführung kann ferner unterbleiben, wenn ihr Hindernisse entgegenstehen, die nicht zu beseitigen sind. Als Beispiele nennt das Gesetz weite Entfernung und Krankheit. Wegen des Zwecks der mündlichen Verhandlung müssen die Hinderungsgründe eng ausgelegt und die Hindernisse nach Möglichkeit beseitigt werden. Stehen sie nicht der Vorführung, sondern der Innehaltung der Frist entgegen, so ist, ehe ohne den Beschuldigten verhandelt wird, dieser zunächst zu befragen, ob er zustimmt, dass die Frist verlängert wird (§ 118, 18). Ein Hindernis kann auch dadurch beseitigt werden, dass die Art der Vorführung verändert, mit einem erkrankten Verhafteten also nicht im Gericht, sondern im Vorführraum der Untersuchungshaftanstalt oder ihres Lazaretts, ggf. auch unmittelbar am Krankenbett, die mündliche Verhandlung durchgeführt wird.
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Weite Entfernung braucht nicht stets ein Hinderungsgrund zu sein. Jedenfalls bei der ersten mündlichen Verhandlung wird die Vorführung mittels Transports dem Sinn des Gesetzes entsprechen. Die Transportzeit kann dazu führen, die Zustimmung zu einer Fristverlängerung herbeizuführen. Fluchtgefahr bei einem notorischen Ausbrecher ist ein Hinderungsgrund, wenn der Verhaftete von einem anderen Ort zur Verhandlung transportiert werden muss. Sitzt er am Gerichtsort ein, kann die Verhandlung in der Anstalt stattfinden. Dagegen ist es ein Hinderungsgrund, wenn die Gefahr besteht, dass schwerwiegende Krankheiten ein- oder ausgeschleppt werden, falls der Verhaftete die Anstalt verlässt oder dort aufgesucht wird. Zustimmung zur Fristverlängerung wird ihn regelmäßig nicht beseitigen können.
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6. Verteidiger (Absatz 2). Kann der Beschuldigte ausnahmsweise nicht vorgeführt werden, muss ein Verteidiger seine Rechte wahrnehmen (Satz 2). Hat er noch keinen, sei es zufolge Wähl, sei es zufolge Bestellung, ist ihm einer beizuordnen (Satz 3). Es genügt aber nicht, dass er einen hat, vielmehr muss der Verteidiger die Rechte des Beschuldigten in der Verhandlung wahrnehmen. Erscheint er nicht, etwa weil er entgegen der Ansicht des Gerichts die mündliche Verhandlung für nutzlos hält, ist dem Beschuldigten von Amts wegen ein Verteidiger zu bestellen. 5 Da die mündliche Verhandlung bei Abwesenheit des Beschuldigten genau so wie eine Hauptverhandlung bei notwendiger Verteidigung nur stattfinden kann, wenn ein Verteidiger anwesend ist, findet § 145 entsprechende Anwendung (Satz 4).
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Hat der Beschuldigte noch keinen Verteidiger, so hat ihm der Vorsitzende des zuständigen Gerichts (§ 117, 4 0 ) einen zu bestellen. Die Bestellung erstreckt sich nur auf die Verhandlung; doch stehen dem Verteidiger auch außerhalb der Verhandlung diejenigen Rechte zu, deren er bedarf, um sich auf sie vorzubereiten, namentlich das Recht auf Akteneinsicht (§ 147) und auf Verkehr mit dem Beschuldigten (§ 148). Damit er diese Rechte ausüben kann, ist er so frühzeitig wie möglich zu bestellen, alsbald nachdem das Bedürfnis hervorgetreten ist.
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Die Bestellung erlischt mit dem Ende der mündlichen Verhandlung, doch kann nach § 141 Abs. 3 Satz 1 - allerdings in der Regel von einem anderen Gericht (§ 141 Abs. 4) der Verteidiger auch schon im vorbereitenden Verfahren für das ganze Verfahren, also auch die künftige Hauptverhandlung, bestellt werden. Die Bestellung ist zurückzuneh-
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KK/Boujong 2; SYJPaeffgen 3; Meyer-Goßner
2.
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KKJBoujong 3; allg. M.
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men, wenn der Beschuldigte (§ 137 Abs. 1 Satz 1) oder sein gesetzlicher Vertreter (§ 137 Abs. 2 Satz 1) einen Verteidiger gewählt und dieser die Wahl angenommen hat (§ 143). 7. Verhandelndes Gericht. Wegen der Zuständigkeit s. § 126. Das Gericht verhandelt und entscheidet in Beschlussbesetzung in nichtöffentlicher Sitzung. § 23 findet keine Anwendung. 6 Die Übertragung der Verhandlung auf ein anderes Gericht oder auf einen beauftragten oder ersuchten Richter ist unzulässig, weil die Überzeugung des gesamten zuständigen Gerichts in der mündlichen Verhandlung unmittelbar gebildet werden muss. 7 Die mündliche Verhandlung kann - wenn der Beschuldigte dann auch keinen Anspruch auf sie hat - auch während der Hauptverhandlung stattfinden. Mit der Sache befasst (§ 126 Abs. 2 Satz 1) ist dann das erkennende Gericht, das in Spruchbesetzung (z.B. § 76 Abs. 2 GVG) verhandelt und entscheidet.
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8. Beteiligte. An der Verhandlung müssen das Gericht mit einem Urkundsbeamten 21 (vgl. Rn. 23, 26) und der Beschuldigte teilnehmen. Gegen mehrere Beschuldigte kann die mündliche Verhandlung gleichzeitig durchgeführt werden, wenn diese gleichzeitig Anträge gestellt haben. Einen Anspruch auf gleichzeitige Verhandlung haben sie nicht. 8 Diese unterbleibt, wenn ihr die Gefahr der Verdunkelung entgegensteht. Liegen für den Beschuldigten die Ausnahmegründe von Absatz 2 Satz 1 vor, so dass er zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt werden kann, muss der Verteidiger, von mehreren wenigstens einer, an der gesamten Verhandlung teilnehmen, wie sich namentlich aus dem Zitat des § 145 ergibt. Dieser ist zu vergleichen für die Fälle, dass der Verteidiger ausbleibt, sich entfernt, sich weigert, die Verteidigung zu führen, oder dass ein Verteidiger erst in der mündlichen Verhandlung bestellt wird. Ist der Antragsteller nicht der Beschuldigte, braucht er an der Verhandlung nicht teilzunehmen.
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Die Teilnahme der Staatsanwaltschaft ist für die Hauptverhandlung in § 226 vorge- 2 3 schrieben. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass diese Vorschrift für die mündliche Verhandlung entsprechend anzuwenden sei, hätte er das - bei aller Dürftigkeit der Vorschrift - in § 118a anordnen müssen. Da er das nicht getan hat, ist die Folgerung geboten, dass es der Staatsanwaltschaft nach dem Willen des Gesetzgebers freistehen soll, ob sie an der mündlichen Verhandlung teilnehmen will. 9 Der gesetzgeberischen Entscheidung ist nicht entgegenzutreten für wiederholte Verhandlungen, die oft ohne Aussicht auf Sachförderung beantragt werden. Bei ihnen mag die Staatsanwaltschaft, wenn ihre dienstlichen Verhältnisse die Teilnahme erschweren, sich für oder gegen diese anhand der Akten entscheiden. Die erste Verhandlung indessen, die in der Regel ins vorbereitende Verfahren fällt, dürfte nicht ohne die Staatsanwaltschaft stattfinden, die in diesem Verfahrensabschnitt am besten unterrichtet ist und zudem nach § 120 Abs. 3 über den Bestand des Haftbefehls verfügen kann. Daher sollte die Staatsanwaltschaft es als ihre Pflicht ansehen, an einer ersten mündlichen Verhandlung stets teilzunehmen. Auf die Anwesenheit eines Urkundsbeamten kann nicht verzichtet werden; § 168 gilt wegen der Verweisung in Absatz 3 auf § 271 nicht. Zur Teilnahmeberechtigung des Nebenklagebefugten vgl. die Erl. zu § 406g.
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8
RGSt 61 416. OLG München M D R 1958 181; KG JR 1964 267. S. auch OLG Karlsruhe StV 1996 3 0 2 mit Anm. Rieß sowie Theisen JR 1996 436; v. Dellingshausen FS Stree/Wessels 685 (kein
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Anwesenheitsrecht bei Vernehmungen z.B. des Mitbeschuldigten); BGH N S t Z 1997 351 mit Anm. Rieß; § 115, 16a; a.A. wohl Schulz StraFo 1997 2 9 6 . H . M . ; a.A. Lobe/Alsberg § 115d I 4 b.
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9. Verhandlung (Absatz 3). 10 Die anwesenden Beteiligten sind zu hören, in erster Linie und regelmäßig als erster der Beschuldigte. Da Absatz 3 Satz 1 neben § 33 Abs. 3 gilt, besagt die Vorschrift, dass der gesamte Tatsachenstoff auszubreiten ist, auch wenn der Beschuldigte zu ihm schon früher, etwa von der Polizei, gehört worden ist. Das Gehör geht also weiter als im Falle des § 117 (§ 117, 23). § 33 Abs. 4 ist nicht anwendbar 1 1 (§ 117, 25). Bei dem Gehör ist der Beschuldigte auf die belastenden Umstände hinzuweisen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, die Verdachtsgründe zu beseitigen und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen (§ 115 Abs. 3). § 136 Abs. 1 ist zu beachten. Ist der Beschuldigte nicht anwesend, ist für ihn der Verteidiger zu hören. Wenn anwesend, sind auch die sonstigen Beteiligten zu hören, namentlich der Staatsanwalt, der Gelegenheit nehmen wird, auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln (§ 160 Abs. 2) und auf sie hinzuweisen. Im Übrigen gelten die Ausführungen in § 115, 17 ff. entsprechend. Insgesamt ist der Ermittlungsstand dem Beschuldigten so substantiiert darzulegen, dass er in die Lage versetzt wird, seine Verteidigung effektiv zu gestalten (Vor § 112, 23).
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Das Gericht ist frei, Art und Umfang der Beweisaufnahme zu bestimmen. Nach sachgerechtem Ermessen des Gerichts werden die Beweise im Freibeweisverfahren erhoben. 1 2 § 166 ist anwendbar 1 3 (s. aber auch §117, 27; § 115, 20). Im Hinblick auf Absatz 3 Satz 2 sind Beweisanträge praktisch jedoch nur Anregungen, die nicht förmlich beschieden werden müssen. 14 Die §§ 244, 245 gelten nicht. 15 Das Gericht ist im Hinblick auf Absatz 3 Satz 2 nicht verpflichtet, vom Beschuldigten selbst gestellte oder geladene, erschienene Zeugen auch zu vernehmen (vgl. § 245 Abs. 2), 16 es sei denn, die Pflicht zur Beweiserhebung ergibt sich aus § 166 Abs. I. 1 7 Das Gericht kann, statt Zeugen zu vernehmen, gerichtliche und polizeiliche Protokolle verlesen oder auch nur vortragen. Die Rücksicht auf den Untersuchungszweck kann dem Vortrag noch nicht abgeschlossener Beweiserhebungen entgegenstehen, doch sollte das belastende Material soweit als irgend möglich Gegenstand der Verhandlung sein. Die Erfahrung, dass Zeugen Aug' in Auge mit dem Beschuldigten und in Rede und Gegenrede mit ihm oftmals anders aussagen als vor der Polizei, sollte zur Vernehmung der wichtigsten Zeugen in der ersten Verhandlung führen. Bei wiederholten Verhandlungen wird das Verfahren dagegen in der Regel einfacher ablaufen. Beweisverbote sind zu beachten, namentlich findet § 252 entsprechende Anwendung. Das Gericht braucht Zeugen nicht zu vereidigen, es kann sich mit uneidlicher Aussage oder mit Glaubhaftmachung begnügen. Findet die mündliche Verhandlung, wie in der Regel, im vorbereitenden Verfahren statt, dürfen Zeugen und Sachverständige nur unter den Voraussetzungen der §§ 65, 72 vereidigt werden.
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10. Protokoll. Die wesentlichen Vorschriften für das Hauptverhandlungsprotokoll werden für anwendbar erklärt, doch ist zu beachten, dass sie nur entsprechend gelten. So 10
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Zur Haftprüfung nach dem KontaktsperreG vgl. § 34 Abs. 3 Nr. 5 EGGVG. SYJPaeffgen 6. BGHSt 28 116, 118. AK/Krause 5; KMRJWankel Vor § 112, 14; Schlothauer/Weider 742; Schlothauer StV 1995 161; Nelles StV 1986 78; s. auch § 115, 20; a.A. KKIBoujong 5; AlsbergfNüse/Meyer 338. Meyer-Goßner 4; a.A. Schlothauer/Weider 742.
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17
KKJBoujong 5; SYJPaeffgen 6. Meyer-Goßner 5; KKJBoujong 5; Schlothauer/Weider 742; Nelles StV 1986 78; a.A. SYJPaeffgen 6; KYJKrause 5; Ullrich StV 1986 270. Zum Anwesenheitsrecht von Mitbeschuldigten vgl. die Nachweise bei Rn. 21. Schlothauer/Weider 742; Schlothauer StV 1995 161. S. auch § 115, 20.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 118a
entfällt die Angabe der Schöffen ebenso wie die, dass öffentlich verhandelt ist, schon wegen der anderen Verfahrensart. Auch ist § 273 nach dem Zweck der Verhandlung zu modifizieren. Zwar sind regelmäßig, wie im Hauptverfahren vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht (§ 273 Abs. 2), die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen. Denn sie dienen stets zugleich dem weiteren Verfahren. Ist die Einlassung des Beschuldigten jedoch nichtssagend, muss der Hinweis genügen, dass er gehört worden ist. Wiederholt er nur, was er bereits früher gesagt hat, sind Verweisungen auf frühere, auch polizeiliche, Protokolle erlaubt. Auf jeden Fall muss das Protokoll, wenn gegen die ergehende Entscheidung (Absatz 4) Beschwerde zulässig ist (Rn. 32), so abgefasst sein, dass das Beschwerdegericht die Entscheidungsgrundlagen nachprüfen kann. § 274 hat nur für die Hauptverhandlung Sinn. Die Verweisung nimmt ihn daher zu Recht von den Vorschriften aus, die entsprechend anzuwenden sind. 11. Entscheidung (Absatz 4). Das Gericht stellt dieselbe Prüfung an und hat dieselben Entscheidungsmöglichkeiten wie im schriftlichen Verfahren (§ 117, 26). Im Gegensatz zu diesem beruht die Entscheidung in der mündlichen Verhandlung aber nicht auf den Akten, sondern - und zwar allein - auf dem Inhalt der mündlichen Verhandlung, zu der allerdings der Vortrag der entscheidungserheblichen Teile der Akten gehört.
27
Die Entscheidung ergeht - wenn die Staatsanwaltschaft nicht anwesend ist, nach ihrer schriftlichen Erklärung (§ 33 Abs. 2) - als Beschluss. Der Beschluss ist zu begründen (§ 34). Die Gründe müssen es dem Beschwerdegericht ermöglichen, die ergangene Entscheidung zu überprüfen. Daher müssen sie, wenn der Haftbefehl aufrechterhalten wird, die Tatsachen angeben, aus denen der dringende Verdacht einer bestimmten Tat begründet ist. Das Gericht hat sich mit § 112 Abs. 1 Satz 2 und mit § 116 Abs. 1 bis 3 auseinanderzusetzen (§ 117, 26). Auf den Haftbefehl oder eine frühere Entscheidung zu verweisen, ist zulässig, reicht aber nur aus, wenn keine neuen Umstände zutage getreten sind, die es erfordern, die Verdachtsfrage neu zu erörtern.
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Die Begründung muss ferner die Tatsachen angeben, aus denen sich der Haftgrund 2 9 ergibt. Hatten die bei der Entscheidung angenommenen Haftgründe auch schon dem Haftbefehl oder einer früheren Entscheidung zugrunde gelegen und sind sie unverändert, kann hierauf verwiesen werden. Die gleichen Angaben müssen gemacht werden, wenn der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt wird (§ 116 Abs. 1 bis 3; § 72 Abs. 1 JGG). Denn bei dieser Entscheidung bleibt der Haftbefehl unberührt und bedarf der Begründung. Zusätzlich sind auch die tragenden Gründe für die Aussetzung anzugeben. S. auch § 117, 26. Wird der Haftbefehl aufgehoben, braucht das Gericht nur zu begründen, warum es entweder den Tatverdacht, dessen Dringlichkeit oder den Haftgrund verneint.
30
12. Bekanntmachung. Die Entscheidung ist grundsätzlich am Schluss der mündlichen 31 Verhandlung vom Vorsitzenden in Gegenwart des Beschuldigten oder, wenn dieser nicht vorgeführt worden ist, in Gegenwart des Verteidigers zu verkünden. Sonst Teilnahmeberechtigten, die am Schluss der mündlichen Verhandlung nicht anwesend sind, ist der Beschluss mitzuteilen. Die formlose Mitteilung genügt, weil durch die Bekanntmachung der Entscheidung keine Frist in Lauf gesetzt wird (§ 35 Abs. 2 Satz 2). Auch dem Beschuldigten oder seinem Verteidiger ist die Entscheidung mitzuteilen, wenn sie nicht am Schluss der mündlichen Verhandlung ergehen konnte, etwa weil eine längere Beratung erforderlich war. Wird die Entscheidung nicht am Verhandlungsschluss verkündet, so ist sie möglichst rasch, spätestens binnen einer Woche, zu erlassen und umgehend bekanntzumachen. Neue Tatsachen, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung
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bekannt werden, dürfen nicht verwertet werden, doch kann das Gericht die Verhandlung wieder eröffnen, solange die Entscheidung noch nicht ergangen (§ 33, 9) ist. 18 32
13. Beschwerde. Gegen die Entscheidung ist, wenn sie nicht von einem Strafsenat als Rechtsmittelgericht ergeht (§ 304 Abs. 4), Beschwerde zulässig, selbst wenn die Entscheidung die eines erkennenden Gerichts, auch die eines im ersten Rechtszug entscheidenden Oberlandesgerichts (§ 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1), ist (§ 3 0 5 Satz 2). Mit der Beschwerde kann auch die Verletzung von Formvorschriften geltend gemacht werden, etwa dass die Verhandlung statt vor dem Gericht nur vor dem Vorsitzenden oder einem beauftragten Richter oder in Abwesenheit eines Verteidigers stattgefunden habe, obwohl einer mitwirken musste. Das Protokoll hat hierfür, da § 274 in Absatz 5 nicht angezogen ist, keine Beweiskraft. Hat die Beschwerdeentscheidung das Landgericht oder das Oberlandesgericht (§ 120 Abs. 3 und 4 GVG) getroffen, ist weitere Beschwerde zulässig (§ 310 Abs. 1). Beschwerdeberechtigt sind die Teilnahmeberechtigten (Rn. 21 f.), die Staatsanwaltschaft stets, die übrigen, soweit sie beschwert sind. Dem Nebenkläger steht die Beschwerde nicht zu, denn er ist nicht beschwert. 19
33
Die Beschwerdeentscheidung ergeht nach Lage der Akten, so dass auch zu berücksichtigen ist, was nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gebracht worden ist. Sind Formvorschriften verletzt, kann das Beschwerdegericht die in der Sache erforderliche Entscheidung, weil diese eine mündliche Verhandlung voraussetzt, nur erlassen, wenn es nach § 118 Abs. 2 in mündlicher Verhandlung entscheidet; andernfalls muss es die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das zuständige Gericht zurückverweisen. 20 Im Übrigen gilt das zu § 117, 31 ff., und das zu § 114, 38 ff. Ausgeführte entsprechend. Umstritten ist schließlich, ob gegen die Ablehnung eines Beweisantrages (§ 166) die Beschwerde zulässig ist (vgl. dazu die Erl. zu § 166). 2 1 Zulässig ist schließlich eine Untätigkeitsbeschwerde gegen das Unterbleiben einer beantragten mündlichen Haftprüfung. 22 Die Beschwer des Beschuldigten dürfte grundsätzlich unzweifelhaft sein; die Beschränkung auf nicht von vornherein aussichtslose Haftprüfungen erscheint problematisch - sie dürfte wohl nicht die Frage der „Zulässigkeit" der Beschwerde betreffen, sondern allenfalls (auch das erscheint fraglich) deren Begründetheit.
§ 118b Für den Antrag auf Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) und den Antrag auf mündliche Verhandlung gelten die §§ 2 9 7 bis 3 0 0 und 302 Abs. 2 entsprechend.
Entstehungsgeschichte. Eingefügt durch das Gesetz vom 27.12.1926. Durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 wurde Absatz 1 auf die dort eingeführte Haftprüfung erstreckt und Absatz 2 (betr. das Beschwerderecht) entfiel.
18 19 20
KKJBoujong 6; SYJPaeffgen 7. Vgl. § 114, 37. OLG Hamm Rpfleger 1949 519; BayObLGSt 1953 202; KKJBoujong 7; Meyer-Goßner 7; s. auch SYJPaeffgen 8.
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21 22
Eingehend dazu Schlothauer StV 1995 164. OLG Braunschweig StraFo 2 0 0 5 2 6 .
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1. Inhalt der Verweisung. Der Antrag auf Haftprüfung ( § 1 1 7 Abs. 1) ist ein Rechtsbehelf, der Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 118 Abs. 1) ist eine Modifizierung des Rechtsbehelfs und daher selbst als solcher anzusehen. Für diese Rechtsbehelfe werden wesentliche Vorschriften für die Rechtsmittel für anwendbar erklärt:
1
Die Anträge kann für den Beschuldigten dessen Verteidiger stellen, jedoch nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen (§ 2 9 7 ) . Für die Rücknahme des Antrags bedarf es einer ausdrücklichen Ermächtigung des Beschuldigten (§ 3 0 2 Abs. 2). Entsprechendes gilt für die Zustimmung des Verteidigers zur Verlängerung der Frist des § 118 Abs. 5 (§ 118, 19). 1 Auch der gesetzliche Vertreter kann die Anträge anbringen (§ 2 9 8 ) , unabhängig vom Willen des Beschuldigten. 2 Der Erziehungsberechtigte hat ein Antragsrecht gemäß § 6 7 Abs. 1 J G G . Der nicht auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte hat Vergünstigungen für das Anbringen der Anträge (§ 2 9 9 ; § 117, 13). Eine fehlerhafte Bezeichnung des Antrags ist unschädlich (§ 300).
2
2 . Gesetzlicher Vertreter. § 2 9 8 verleiht dem gesetzlichen Vertreter des Beschuldigten (wegen des Begriffs s. Erl. zu § 2 9 8 ) die Befugnis, Rechtsmittel selbständig, auch gegen den Willen des Beschuldigten, einzulegen. Wegen des Verbots der reformatio in peius (§ 331 Abs. 1, § 3 5 8 Abs. 2 Satz 1) können Rechtsmittel dem Angeklagten grundsätzlich - lässt man die Kostenfrage, gewisse Maßregelentscheidungen (§ 331 Abs. 2, § 3 5 8 Abs. 2 Satz 2) und die Möglichkeit der Änderung des Schuldspruchs beiseite - nur nützen. Die „entsprechende" Anwendung des § 2 9 8 , die § 118b vorschreibt, könnte daher zu der Auslegung führen, dass dem gesetzlichen Vertreter der Gebrauch des Antrags auf Haftprüfung und auf mündliche Verhandlung untersagt sei, wenn damit das Recht des Beschuldigten gefährdet wird, sich zu der Zeit zu verteidigen, die er für geeignet hält. Weil diese Gefährdung aber wegen der Befugnis des Gerichts, von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden (§ 118 Abs. 1), und dadurch weitere Anträge auf mündliche Verhandlung zu begrenzen (§ 118 Abs. 3), mit jedem Antrag auf Haftprüfung eintritt, bliebe bei dieser Auslegung für die entsprechende Anwendung des § 2 9 8 kein Raum.
3
Durch die Anordnung der entsprechenden Anwendung hat der Gesetzgeber jedoch zum Ausdruck gebracht, dass die Wendung „entsprechend" nicht die Forderung enthält, der Rechtsbehelf müsse dem Beschuldigten wie das Rechtsmittel grundsätzlich nur nützlich sein. Trotz der Selbständigkeit des Antrags des gesetzlichen Vertreters und trotz der Freiheit des Beschuldigten, sich selbst des Rechtsbehelfs zu bedienen, wirkt hier der Wille des gesetzlichen Vertreters auf die Rechte des Vertretenen ein, wie das im Zivilrecht die Regel, im Strafprozess aber eine seltene Ausnahme ist. De lege ferenda wird indessen zu prüfen sein, ob die Handlungen des Vertreters, die dem Vertretenen nicht nur nützlich sein können, auch weiterhin zugelassen werden sollen.
4
1
SYJPaeffgen 2; KYJKrause 2; a.A. KKIBoujong 1; Meyer-Goßner § 118, 4.
1
SYJPaeffgen 3; Meyer-Goßner
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1.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften §119 (1) ' D e r Verhaftete darf nicht mit anderen Gefangenen in demselben Raum untergebracht werden. 2 E r ist auch sonst von Strafgefangenen, soweit möglich, getrennt zu halten. (2) ' M i t anderen Untersuchungsgefangenen darf er in demselben Raum untergebracht werden, wenn er es ausdrücklich schriftlich beantragt. 2 Der Antrag kann jederzeit in gleicher Weise zurückgenommen werden. 3 Der Verhaftete darf auch dann mit anderen Gefangenen in demselben Raum untergebracht werden, wenn sein körperlicher oder geistiger Zustand es erfordert. (3) Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordert. (4) Bequemlichkeiten und Beschäftigungen darf er sich auf seine Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Haft vereinbar sind und nicht die Ordnung in der Vollzugsanstalt stören. (5) ' D e r Verhaftete darf gefesselt werden, wenn 1. die Gefahr besteht, daß er Gewalt gegen Personen oder Sachen anwendet, oder wenn er Widerstand leistet, 2 . er zu fliehen versucht oder wenn bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles, namentlich der Verhältnisse des Beschuldigten und der Umstände, die einer Flucht entgegenstehen, die Gefahr besteht, daß er sich aus dem Gewahrsam befreien wird, 3. die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht und wenn die Gefahr durch keine andere, weniger einschneidende Maßnahme abgewendet werden kann. 2 Bei der Hauptverhandlung soll er ungefesselt sein. (6) ' D i e nach diesen Vorschriften erforderlichen Maßnahmen ordnet der Richter an. dringenden Fällen kann der Staatsanwalt, der Anstaltsleiter oder ein anderer Beamter, unter dessen Aufsicht der Verhaftete steht, vorläufige Maßnahmen treffen. 3 Sie bedürfen der Genehmigung des Richters. 2 In
Schrifttum Achter Die Hausstrafe in der Untersuchungshaft, NJW 1970 268; Arndt/v. Olsbausen Grenzen staatlicher Zwangsbefugnisse gegenüber Untersuchungshäftlingen, JuS 1975 143; Baumann Der Briefverkehr des Untersuchungsgefangenen, DRiZ 1959 379; ders. Zwangsweise Lebenserhaltung im Strafvollzug, ZRP 1978 35; ders. Mit dem Besitz von modernen Schreibgeräten fangen wir beim Untersuchungsgefangenen lieber erst gar nicht an, StV 1985 292; ders. Disziplinarmaßnahmen beim Vollzug der Untersuchungshaft, FS Dünnebier 691; Bemmann Zur Fragwürdigkeit der Zwangsernährung von Strafgefangenen, FS Klug 563; Berndt Eingriffe in den Briefverkehr von Untersuchungsgefangenen, NStZ 1996 115, 157; Bernheim Ethische Probleme ärztlicher Tätigkeit im Strafvollzug, SchwZStr. 1991 355; Birmanns Beweisverbot für Briefe Untersuchungsgefangener, NJW 1967 1358; Bleckmann Zum Sonderstatus insbesondere der Straf- und Untersuchungsgefangenen, DVB1. 1984 991; Bockwoldt Grundrechtsbeschränkungen im Untersuchungshaftvollzug, ZfStrVo. 1982 153; Böhm Grenzen staatlicher Zwangsbefugnisse gegenüber Untersuchungshäftlingen, JuS 1975 287; Braukmann Alphabetisierungsarbeit bei erwachsenen Untersuchungsgefangenen - ein Erfahrungsbericht, ZfStrVo. 1995 25; Cassardt Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten für Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft, NStZ 1994 523; Dargel Die rechtliche Behandlung HIV-infizierter Gefangener, NStZ 1989 207; Driewer Die verfassungsrechtliche Bindung bei der Beschränkung des Postverkehrs von Straf- und Untersuchungsgefangenen, Diss. Bochum 1969; Dünnebier Reform der Untersuchungshaft? in: Probleme der Strafprozeßreform (1975) 29; Engelbrechten Zensur, Beanstandung und Beschlagnahme von Postsendungen der Untersuchungsgefangenen, DRiZ
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1959 238; Esser Grenzen für verdeckte Ermittlungen gegen inhaftierte Beschuldigte aus dem europäischen nemo-tenetur-Grundsatz, JR 2004 98; Franz Rechtliches Gehör und die Briefkontrolle des Untersuchungsgefangenen, NJW 1965 855; Geisler Interviews mit Untersuchungshäftlingen vor „kommerziellem Hintergrund", ZStW 111 (1999) 212; Geißl Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge, Diss. München 1980; Geppert Freiheit und Zwang im Strafvollzug (1976); Göhl Hat sich die Einrichtung des Überwachungs- oder Leserichters (§§ 148 Abs. 2, 148a StPO) bewährt? FS Rebmann 199; Gruttau Untersuchungshaftvollzugsordnung 2 (1972); Haberstroh Voraussetzungen und Vollzug der Untersuchungshaft, Jura 1984 225; Hennerkes Die Grundrechte des Untersuchungsgefangenen, Diss. Freiburg 1966; Herzberg Zur Strafbarkeit der Beteiligung am frei gewählten Selbstmord, dargestellt am Beispiel des Gefangenensuizids und der strafrechtlichen Verantwortung der Vollzugsbediensteten, ZStW 91 (1979) 557; Heyland Zulässigkeit der Benutzung von Sichtspionen im Strafvollzug, GedS Meyer 765; Hinüber Schutz der Menschenwürde im Vollzug der Freiheitsentziehung aufgrund strafrichterlicher Entscheidung, StV 1994 212; Hoffmann/Wißmann Zur Fesselung von Untersuchungsgefangenen, StV 2001 706; Husen Hungerstreik im Justizvollzug, ZRP 1977 289; Klee Der Vollzug der Untersuchungshaft, GA 55 (1908) 257; Kleinknecht Der Vollzug der Untersuchungshaft, J Z 1953 531; Kreuzer Die Briefkontrolle in der Untersuchungshaft, GA 1968 236; ders. Aktuelle Fragen der Briefkontrolle bei Untersuchungsgefangenen, NJW 1973 1291; Kropp Postbeschränkungen bei fremdsprachigen Untersuchungsgefangenen, JR 2003 53; Kruis/Cassardt Verfassungsrechtliche Leitsätze zum Vollzug von Straf- und Untersuchungshaft, NStZ 1995 521, 574; Labarthe Kontrollbesuche bei inhaftierten Personen, EuGRZ 1989 477; Lammer Postkontrolle in der Untersuchungshaft, FS Hilger 339; Linck Zwangsernährung von Untersuchungsgefangenen, NJW 1975 18; Linck Rechtsprobleme bei der Zwangsernährung, MDR 1975 714; Löffler Die Meinungs- und Pressefreiheit im Abhängigkeitsverhältnis, NJW 1964 1103; LübbeWolff/Lindemann Neuere Rechtsprechung des BVerfG zum Vollzug von Straf- und Untersuchungshaft und zum Maßregelvollzug, NStZ 2007 450; Lüderssen Der gefesselte Angeklagte, GedS Meyer 269; Michale Recht und Pflicht zur Zwangsernährung (1983); Molketin Untersuchungshaft und freie Arztwahl, ZfStrVo. 1981 137; Molketin Pornographische Schriften als Lektüre für erwachsene Untersuchungsgefangene? ZfStrVo. 1982 160; Müller-Dietz Möglichkeiten und Grenzen der körperlichen Durchsuchung von Besuchern, ZfStrVo. 1995 214; Münchhalffen Behinderung der Verteidigung bei Untersuchungshaft, StraFo 2003 150; dies. „Der Fall Rechtsanwalt P.", StraFo 1997 106; Nagel Gefangenenbefreiung durch Richter? NStZ 2001 233; Nehm Der Untersuchungshäftling als Interviewpartner, NStZ 1997 305; Nöldecke/Weichbrodt Hungerstreik und Zwangsernährung M u ß § 101 Strafvollzugsgesetz reformiert werden? NStZ 1981 281; v. Olshausen Briefkontrolle und Richterfunktion im Vollzug der Untersuchungshaft, J Z 1969 463; Ostendorf Das Recht zum Hungerstreik, GA 1984 308; Röhl Der Rechtsschutz des Gefangenen, J Z 1954 65; Rotthaus Die Rechtsberatung der Gefangenen im Justizvollzug, NStZ 1990 164; ders. Der Schutz der Grundrechte im Gefängnis, ZfStrVo. 1996 3; ders. Fortschreibung der verfassungsrechtlichen Leitsätze zum Vollzug von Straf- und Untersuchungshaft, NStZ 1998 593; Schaaf Anklopfen an Haftraumtür vor Betreten durch Vollzugsbedienstete, ZfStrVo. 1994 145; ders. Nochmals: Zum Anklopfen an Haftraumtür vor Betreten durch Vollzugsbedienstete, ZfStrVo. 1994 276; Schorn Die Rechtsstellung des Untersuchungsgefangenen, JR 1967 448; Schmitt Die Verbindung des Untersuchungsgefangenen zur Außenwelt, SchlHA 1964 274; Schriever Essen als Strafe? NStZ 2005 195; Schwalm Grenzen der ärztlichen Aufklärungspflicht aus der Sicht der Juristen, Juristische Studiengesellschaft Karlsruhe, Heft 50/51, S. 30; Seebode Härtere Untersuchungshaft, StV 2006 552; Skirl Zur Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Drogenkonsum eines Strafgefangenen, ZfStrVo. 1995 93; Steinke Ausländer in der Untersuchungshaft sprachlos? ZfStrVo. 1995 223; ders. Ausländer im Untersuchungshaftvollzug, BewHi. 1995 170; Tröndle Zwangsernährung und Rechtsstaat, FS Kleinknecht 411; Veit Die Rechtsstellung des Untersuchungsgefangenen, dargestellt am Modell des Briefverkehrs (1971); Wagner Der mündliche und schriftliche Verkehr des Untersuchungsgefangenen, JW 1928 2962; / . V/agner Selbstmord und Selbstmordverhinderung (1957); ders. Die Neuregelung der Zwangsernährung. Zur politischen Genese einer rechtlichen Fehlentscheidung, ZRP 1976 1; Wais Die Verwertbarkeit von Briefen Untersuchungsgefangener als Beweismittel, NJW 1967 2047; Weichbrodt Die Pflichten beamteter Ärzte bei der Abwendung eines Hungerstreiks, NJW 1983 311; Weidmann/Dittrich Neue Erkenntnisse über die psychopathologischen Wirkungen der Einzelhaft, SchwZStr. 1985 399; Weis Freitod u. Unfreiheit, ZRP 1975 83; Wimmer Das Anhalten beleidigender Briefe aus der Unter-
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suchungshaft, GA 1983 145; Winkelmann/Engsterhold Einbringung technischer Geräte in die Untersuchungshaft, NStZ 1993 112; Wolff-Reske Die Korrespondenz zwischen Gefangenen und ihnen nahestehenden Personen als „beleidigungsfreier Raum", Jura 1996 184; Zech Behandlung in der Untersuchungshaft, ZfStrVo. 1999 354; Zieger Stellungnahme zum Gesetz zur Änderung des § 101 StVollzG (Zwangsernährung), StV 1985 127.
Entstehungsgeschichte. D e r E n t w u r f zur S t P O ( 1 8 7 3 ) enthielt nur eine Bestimmung (§ 1 0 2 ) g e m ä ß dem heutigen Absatz 3. Die Justizkommission des Reichstages formulierte dann § 116, der dem heutigen § 119 weitgehend entsprach. N a c h d e m der Untersuchungsgefangene durch die AV des Reichsjustizministers v o m 2 3 . 3 . 1 9 3 8 (DJ 4 4 7 ) für „grundsätzlich arbeitspflichtig" erklärt worden war, erhielt § 116 durch Art. 9 § 3 der 2 . VereinfVO folgende Fassung: (1) Dem Verhafteten dürfen die Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft, die Ordnung in der Anstalt oder die Sicherheit erfordern. Er kann zur Arbeit angehalten werden. (2) Der Verhaftete soll in Einzelhaft untergebracht werden; das muß geschehen, wenn es der Zweck des Verfahrens erfordert. (3) Uber Maßnahmen zur Sicherung des Strafverfahrens entscheidet im Vorverfahren der Amtsrichter oder der Staatsanwalt, in der Voruntersuchung der Untersuchungsrichter und im Hauptverfahren der Vorsitzer des Gerichts. In dringenden Fällen kann der Anstaltsleiter vorläufige Anordnungen treffen; sie bedürfen der Bestätigung durch den Richter oder Staatsanwalt. (4) Die näheren Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den Vollzug der Untersuchungshaft erläßt der Reichsminister der Justiz. M i t Art. 3 Nr. 4 7 VereinhG wurde § 116 (jetzt 1 1 9 ) wieder mit geringen Abweichungen auf seinen ursprünglichen Inhalt zurückgeführt. Die jetzige Fassung und Paragraphenbezeichnung ist eingeführt durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1 9 6 4 . D u r c h diese Vorschrift ist der bisherige Absatz 1, um den Trennungsgrundsatz schärfer zum Ausdruck zu bringen, in zwei Absätze aufgeteilt w o r d e n . Absatz 5 ist ausführlicher gehalten. Im Übrigen hat die Vorschrift den ursprünglichen Inhalt. die
Die Vorschrift wird ergänzt durch Bestimmungen des StVollzG ( R n . 4 7 , 1 6 4 ff.) sowie 9 3 , 110 J G G . Übersicht Rn.
Rn. I. Vorbemerkungen 1. Inhalt und Grenzen 2. Untersuchungshaftvollzugsordnung 3. Erfordernis gesetzlicher Regelung 4. Sachlicher Geltungsbereich 5. Vollzugsanstalt 6. Unmittelbarer Zwang Π. Trennungsgrundsatz (Absätze 1 und 2) 1. Inhalt 2. Trennung von Gefangenen 3. Einzelhaft 4. Sonderung ΙΠ. Beschränkungen (Absatz 3) 1. Inhalt a) Grundsatz b) Einzelheiten 2. Zweck der Untersuchungshaft
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1 5 9
10 11 13
14 16 18
20
. . . .
3. Ordnung in der Vollzugsanstalt a) Rechtsbegriff b) Begriff Ordnung c) Fürsorgepflicht d) Verbindlichkeit für den Richter . . 4. Erforderlichkeit 5. Gesamtwürdigung 6. Allgemeine Eingriffsbefugnisse . . . .
21 25 27
IV. Fortsetzung. Einzelne Beschränkungen 1. Besuche 2. Pakete 3. Disziplinarmaßnahmen a) Grundlage b) Ordnungsmittel 4. Arten der Disziplinarmaßnahmen . 5. Verfahren a) Allgemein b) Rechtliches Gehör 6. Fesseln (Absatz 5)
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60 62 65
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme Rn. V. Schriftverkehr 1. Grundsatz 2. Beschränkung im Einzelfall a) Ausgehende Schreiben b) Eingehende Schreiben 3. Inhaltskontrolle 4. Beleidigende Briefe 5. Kontrollverfahren 6. Allhalten. Beschlagnahme
Rn. 3. 4. 5. 6. 7.
68 71 74 75 82 85 87
VI. Verschärfte Sicherungsvorkehrungen 1. Allgemeines 2. Einzelmaßnahmen 3. Sichteinrichtung
93 94 95
VII. Bequemlichkeiten (Absatz 4). Fürsorge 1. Grundsatz a) Begriff b) Inhalt c) Verbindung der Absätze 3 und 4 2. Lebensgestaltung 3. Ausführungen 4. Telefonate 5. Arbeit 6. Taschengeld 7. Selbstbeschäftigung 8. Rundfunkempfang a) Hörfunk b) Fernsehen 9. Teilnahme an Sendungen 10. Selbstbeköstigung 11. Arztwahl 12. Seelsorge V m . Zuständigkeit (Absatz 6) 1. Gericht 2. Staatsanwalt a) Grundsatz b) Voraussetzungen 3. Dringende Fälle 4. Genehmigung 5. Meinungsverschiedenheiten 6. Dauer
96 97 99 100 103 106 108 111 112 122 125 126 128 131 132 133 138 139 143 146 148 150
IX. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel 1. Dienstaufsichtsbeschwerde 2. Alltrag auf richterliche Entscheidung (Nr. 75 Abs. 1 UVollzO)
X. Unmittelbarer Zwang 1. Grundlage 2. Nicht abgedruckte Vorschriften 3. Voraussetzungen 4. Anwendungsfälle
. . .
XI. Zwangsbehandlung 1. Grundlage 2. Arten der Zwangsbehandlung a) Untersuchung b) Behandlung 3. Voraussetzungen a) Gefahr b) Gefahrengrade c) Zumutbarkeit 4. Zwangsheilung 5. Zuständigkeit des Haftrichters . . . 6. Arztvorbehalt 7. Folgen der ärztlichen Anordnung . . 8. Untersuchung zum Gesundheitsschutz 9. Seuchengefahr ΧΠ. Zwangseroährung 1. Krankheit und Selbstmord 2. Künstliche Ernährung 3. Zwangsernährung a) Grundsatz b) Zumutbarkeit c) Freie Willensbestimmung ΧΠΙ. Schlussbemerkungen 1. Grundsätzliches 2. Verfahren a) Entscheidung b) Rechtliches Gehör c) Begründung d) Bekanntmachung e) Beschwerde
155 157 159 160 163 164 165 166 168 170 172 173 174 176 178 180 182 185 188 191 192 193 195 198 199 204 208 211 214 216 217 218
153 154
Alphabetische Alkohol 102,130 Angehörige 41, 68, 84, 106 Anklopfen 101 Anstaltsordnung 3, 30 ff., 35, 40, 68, 81 ff. Antrag nach § 23 EGGVG 160 ff. Anzuhaltende Post 77 ff., 87, 117 Arbeit 17,108 Ärztliche Versorgung 12, 15, 131, 172 ff., 185 ff., 191 ff., 211 Arztvorbehalt 185
Beschwerde Nach der Untersuchungshaft . . . . Weitere Beschwerde Antrag nach § 23 Abs. 1 EGGVG . . Revision
Übersicht Arztwahl 131 Aufenthalt im Freien 102 Ausforschung 39 Ausführungen 103, 105 Ausländer 70, 77 Beamte 144 Begründungserleichterung 38 Behandlungspflicht 173, 185, 188 ff., 192, 196 Behördenpost 73 Beleidigende Briefe 75 ff., 80, 82, 115, 116
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Bequemlichkeiten 3, 22, 33, 96 ff. Berichterstatter 134 Beschlagnahme der Post 87 ff., 117 Beschwerdeberechtigte 156 Besuche 40 ff. Besuchszeiten 41, 44 Beweismittelbeschlagnahme 39, 89 Briefkontrolle 54, 68 ff., 8 5 , 1 1 7 , 1 3 4 , 1 4 1 Bücher 115 ff. Computer 114 Dienstaufsichtsbeschwerde 8 3 , 1 5 3 Disziplinarmaßnahmen 52 ff., 129, 152 Disziplinarverfahren 60 ff., 137 Dolmetscher 44, 70, 107 Drogen 1 0 2 , 1 3 0 Eheschließung 105 Eilmaßnahmen 143 Eingriffsbefugnisse 39 Einkauf 128 ff. Einzelhaft 14, 18 Elektrische Geräte 114 Erforderlichkeit 3, 36 Erste Hilfe 187 Fernsehen 125 Fesseln 65 Fürsorgepflicht 34, 96 Garantiewirkung 3, 22, 33, 97 Geburt 105 Gefährliche Gefangene 93 Gemeinschaftsrundfunk 122 Gemeinschaftsunterbringung 18, 34 Genehmigung nichtrichterlicher Anordnungen 146 Gesundheitsschutz 191 Gewaltverhältnis 23, 82 Gleichheit der Lebensführung 4, 129 Haftfähigkeit 131,172 Hauptverhandlung 67 Hausordnung 129 Hungerstreik 194, 211 Individualisierung 4 Inhalt der Vorschrift 1 ff. Interviews 126 Jugendliche 10, 76, 116, 136 Kassettenrecorder 114 Kleidung 102, 128 Krankenhaus 15 Künstliche Ernährung 195, 211 Laptop 114 Lautsprecher 123 Meinungsverschiedenheiten 148 Menschenwürde 1 Mobiltelefon 107 Musikinstrumente 114 Nemo-tenetur 39 Pakete 46 ff. Persönliche Habe 101 Pfändung 111 Pornografische Schriften 116 Rechtsbehelfe 153 ff., 218 Rechtskraft 159 Reform 9
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Reinigung der Zelle 110 Revision 163 Richterliche Entscheidungen 6, 23, 35, 44, 61,107, 133 ff., 146 ff., 182 ff., 196, 211 Sachlicher Geltungsbereich 10 ff. Schreibmaschine 114 Schriftverkehr 68 ff. Seelsorge 132 Selbstbeköstigung 128 ff. Selbstbeschäftigung 112,119 Selbstmord 193 Seuchen 192 Sicherheitsverfügung 1 Sichtüberwachung 95 Sozialhilfe 111 Spiele 118 Sprachkurs 114 Staatsanwalt 138 ff., 145 Stichproben 45, 70, 71 Strafgefangene 14 ff., 18 Straftaten vorbereitende Schreiben 81 Tabak 129 Taschengeld 111 Telefonate 106 ff. Tiere 121 Transport 16, 66 Trennungsgrundsatz 14 ff., 20 Überführung 66 Überwachungsmaßnahmen 40 ff., 47, 68, 75 ff., 85, 95, 107, 117 Unmittelbarer Zwang 13,164 ff., 171,197, 211 Unterbrechung der H a f t 137 Untersuchung 172,191 Unvermeidliche Beschränkungen 3 Urinprobe 172 Urlaub 104 UVollzO 5 ff., 45 Verdunkelungsgefahr 41, 43, 78 Verhältnismäßigkeit 41, 43, 7 1 , 1 6 6 Verhandlungsfähigkeit 39 Verlegung 12 Verteidiger 24a, 42, 72, 106, 214 Video 125 Vollstreckungsplan 11 Vollzugsanstalt 11 Vollzugsbedingungen 101 Voraussetzungen einer Grundrechtsbeschränkung 1 ff., 21 ff., 25, 29, 36, 40 ff., 68 ff., 96 ff., 113 ff., 164 ff. Wertgegenstände 121 Zeitungen 115 ff. Zellenausstattung 101,114 Zellenbeleuchtung 120 Zellenkontrolle 94 Zufallsfunde 92 Zumutbarkeit der Behandlung 178, 192, 199, 202, 207 Zurückgewinnungshilfe 40 Zuständigkeit des Anstaltsleiters 133 ff., 1 4 8 , 1 5 1 , 1 6 1 Zuständigkeitsbegrenzung 149 Zwangsbehandlung 170 ff., 185 ff. Zwangsernährung 193 ff., 198 Zwangsheilung 180 ff. Zweck der H a f t 27 ff.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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I. Vorbemerkungen 1. Inhalt und Grenzen. Grundsätzlich gilt, dass der Vollzug menschenwürdig auszugestalten ist. 1 Dies ist bei allen Entscheidungen zu § 119 besonders zu beachten. Die Vorschrift bringt außer dem Trennungsgrundsatz (Absätze 1 und 2) drei Prinzipien zum Ausdruck: Dem Verhafteten werden die Freiheit von allen Beschränkungen, die nicht notwendig sind, um den Haftzweck und die Ordnung in der Vollzugsanstalt zu sichern (Absatz 3), sowie Bequemlichkeiten garantiert (Absatz 4). Dies bedeutet: Grundrechtsbeschränkungen, die über die Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit hinausgehen, sind nur ausnahmsweise zulässig, nämlich wenn zwingende Gründe im Sinne der Vorschrift diese erfordern und weniger einschränkende Maßnahmen, die gleichfalls ausreichend erfolgsgeeignet erscheinen, nicht zur Verfügung stehen. Maßnahmen und Anordnungen, die sich mit der Menschenwürde nicht vereinbaren lassen, sind unzulässig. Wie sich danach der Haftvollzug gestaltet, stellt allein der Richter fest (Absatz 6). Diese Grundsätze unterliegen jedoch, wie schon angedeutet, folgenden Einschränkungen:
1
Die meisten Verhafteten werden festgehalten, um ihre Flucht zu verhindern. Diesem Zweck würde, wären die Vollzugsanstalten zweckentsprechend gebaut und organisiert, die Verwahrung allein und ohne weitere Beschränkungen genügen. Da indessen die Staatsausgaben notwendigerweise beschränkt sein müssen, müssen Beschränkungen im Verkehr mit der Außenwelt zusätzlich Sicherungen bieten.
2
Auch die Ordnung in der Anstalt ist ein Begriff, der Eingriffe in die Lebensführung der Verhafteten erheischt, wenn er auch schon selbst Beschränkungen in sich trägt (Rn. 33) und durch die Erforderlichkeit (Rn. 36 ff.) und die Garantie der Bequemlichkeit (Rn. 97) weiter eingeschränkt ist. Die Ordnung in der Anstalt muss mit beschränkten sachlichen Mitteln und mit einem eben ausreichenden Personal aufrechterhalten werden. Daher folgen aus der „Unterbringung" in einer Vollzugsanstalt - gewissermaßen aus der Natur der Sache - unvermeidliche Beschränkungen. 2 Diese verlangen Einordnung und auch Verzicht, z.B. schon in Bezug auf den Bewegungsraum.
3
Die Untersuchungshaft führt nicht zu einer äußeren Gleichheit der Lebensführung aller Verhafteten. 3 Aber die Ordnung in der Anstalt setzt auch der Individualisierung der Untersuchungshaft, die nach dem Wortlaut der Absätze 3, 4 , 6 sehr weit gehen könnte, Grenzen. Diese Ordnung darf auch der Richter nicht aufheben. 4 Jedoch darf ihn die Fülle der Dienstgeschäfte auch nicht davon abhalten, für jeden einzelnen Verhafteten Beschränkungen, auch der Bequemlichkeiten, begrenzt auf das unerlässliche Minimum (Rn. I ) , 5 individuell festzulegen (s. aber Rn. 6). 6 Endlich steht auch die Gleichheit des
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1
2
E G M R N J W 2 0 0 1 2 6 9 4 ; zur Zulässigkeit einer engen, insbesondere Kontakte nahezu ausschließenden Sicherheitsverfügung bei schwersten Straftaten zur Sicherung der Haftzwecke s. BerlVerfGH N S t Z - R R 1 9 9 9 3 1 6 ; zum Schadensersatz bei menschenunwürdiger Unterbringung BVerfG StV 2 0 0 6 7 0 8 mit krit. Anm. Ostendorf/Nolte; O L G Karlsruhe N J W - R R 2 0 0 5 1 2 6 7 ; LG Karlsruhe StV 2 0 0 4 5 5 0 ; s. auch LG Marburg StV 1 9 9 8 5 6 3 ; Vor § 1 1 2 Rn. 67. BVerfGE 4 2 1 0 0 ; BVerfG N J W 1 9 9 3 3 0 5 9 ; O L G München N S t Z 1 9 8 4 3 3 3 .
3
S. aber BVerfG N S t Z 1 9 9 4 6 0 4 mit Anm. Rotthaus. Vgl. z.B. Nr. 4 2 bis 4 4 , 5 0 Abs. 2, 5 2 UVollzO.
4
Vgl. KG GA 1 9 7 8 8 2 ; O L G H a m m GA 1 9 7 0 2 8 7 ; N S t Z 1981 156; N S t Z 1 9 8 8 9 3 ; KK/ Boujong 9 2 .
5
Vgl. BVerfGE 35 10; 4 2 1 0 0 ; BVerfG N S t Z 1 9 9 4 6 0 4 mit Anm. Rotthaus; S K / P a e f f g e n 2, 4, 10; Baumann FS Dünnebier 7 0 1 ; Dünkel 397. Rotthaus ZfStrVo 1 9 9 6 3 (Notwendigkeit der individualisierend abgewogenen Entscheidung).
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Lebens bei engem Beieinander, wenn sie auch kein Grundsatz ist und selbst vom Verhafteten unmotivierte Abweichungen nicht ausschließt, einer allein nach richterlicher Entscheidung bestimmten zu weitgehenden Verschiedenheit entgegen. Eine solche wäre aber ohne einen Kanon schon deshalb zu erwarten, weil Haftentscheidungen täglich von Hunderten von Richtern getroffen werden, die, wenn sie Richter am Amtsgericht sind, das Amt des Haftrichters in der Regel nicht jahrelang behalten. 5
2. Untersuchungshaftvollzugsordnung. Aus diesen Gründen stellen die Landesjustizverwaltungen Untersuchungshaftvollzugsordnungen zur Verfügung, die bundeseinheitlich am 12.2.1953 beschlossen und in der Folgezeit mehrfach geändert worden sind. Sie sind für den Richter nicht verbindlich 7 und - dem Grundsatz nach - ein ihm zum Gebrauch bereitgestelltes Modell oder Muster, 8 dessen er sich bedienen kann (Nr. 2 Abs. 1 und 2 UVollzO). In dem Verständnis des Absatzes 3 sind die Regelungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung im Ansatz verfehlt, 9 sie stehen „auf dem Kopf". Denn nach dem Wortlaut dieser Vorschrift sind nur Beschränkungen anzuordnen; alles nicht Beschränkte ist erlaubt. Die Untersuchungshaftvollzugsordnung ordnet dagegen an, räumt Berechtigungen ein, gestattet oder lässt den Anstaltsleiter gestatten, sagt, was der Verhaftete darf oder muss oder was mit ihm geschieht.
6
Mit der „Anordnung für den Vollzug der Untersuchungshaft" transformiert der Richter, soweit er keine besonderen Bestimmungen trifft, das Muster in eine richterliche Anordnung nach Absatz 6 Satz 1 (s. Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 UVollzO). 10 Weil er - das ist leider die Praxis - dabei nur selten, und dann meist nicht von Amts wegen, sondern erst auf Anträge oder Beschwerden, abweichende Anordnungen trifft, wird von geringen Ausnahmen abgesehen das Leben, das der Verhaftete in der Untersuchungshaft führt, durch die Untersuchungshaftvollzugsordnung bestimmt. Daher darf diese dem Verhafteten, damit er sich über seine Rechte unterrichten kann, nicht vorenthalten werden; 11 er kann sie sich auch auf eigene Kosten beschaffen.
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Die Praxis der Richter, sich in der Regel an die Vollzugsordnung zu halten, erkennt eine nicht allenthalben, aber im Wesentlichen abgewogene Regelung an, in der sich jahrzehntelange Erfahrung niedergeschlagen hat, und die zu weitgehenden Unterschieden in der Behandlung der Verhafteten entgegenwirkt. 12 Der Richter hat jedoch abweichende Anordnungen zu treffen, wenn er so - ohne wesentliche Beeinträchtigung des Haftzwecks und der Anstaltsordnung - eine „grundrechtsfreundlichere" Gestaltung des Vollzugs ermöglichen kann, 1 3 also nicht nur, wenn besondere Gründe vorliegen. 14 Abweichende Anordnungen können u.a. gerechtfertigt sein wegen des Haftgrunds, namentlich in Bezug auf Flucht- und Verdunkelungsgefahr; wegen der Persönlichkeit des Verhafteten; wegen des Charakters seiner Straftat; wegen der Dauer der Freiheitsentzie-
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BVerfGE 15 2 8 8 ; 34 369; allg. M. Zur Bindung für StA und Vollzugspersonal vgl. OLG Frankfurt NStZ 1982 134; krit. SK/Paeffgen-, neuere Fassung der UVollzO erhältlich z.B. über www.landesrecht.brandenburg.de/ sixcms/. Kleinknecht J Z 1953 532. Vgl. Seebode ZfStrVo 1988 2 7 2 ; Schlothauer/ Weider 950 ff. Vgl. OLG Frankfurt GA 1967 218; OLG Köln MDR 1953 570; KKJBoujong 2; SK/ Paeffgen 4; a.A. Schlothauer/Weider 954 ff.
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13 14
Vgl. auch Seebode ZfStrVo 1988 272; Rotthaus N J W 1973 2 2 6 9 ; Wagner (Selbstmord) 151. OLG Bremen N J W 1956 922; KYJBoujong 2. Zur Rechtsberatung vgl. OLG Hamm NStZ 1988 93; Rotthaus NStZ 1990 164. S. auch Wankel 88; OLG Frankfurt bei Paeffgen NStZ 2 0 0 3 81. Ähnlich SYJPaeffgen 4. Vgl. dazu OLG Köln MDR 1953 5 7 0 ; OLG Hamburg NJW 1962 1633.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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h u n g ; 1 5 wegen der Art und Weise, in der er bisher der O r d n u n g in der Anstalt R e c h n u n g getragen oder ihr zuwidergehandelt hat. In mehreren Fällen sind Abweichungen durch den Inhalt der Untersuchungshaftvollzugsordnung geboten. Z w a r ist diese dem Z w e c k der Untersuchungshaft, der O r d n u n g in
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der Vollzugsanstalt und der Forderung, die Grundrechte so schonend wie möglich anzutasten, in bemühter Annäherung angepasst. In mehreren Bestimmungen trägt sie aber, weil bei ihrem Erlass und bei späteren Änderungen die ausgleichenden Meinungen gefehlt h a b e n , die allein der G a n g der Gesetzgebung sichern k a n n , Forderungen des Vollzugs stärker R e c h n u n g , als das notwendig wäre und als die G e b o t e , die Grundrechte so weit als möglich unangetastet zu lassen, und dem Verhafteten (Absatz 4 ) zu belassen, es gestatten.
Bequemlichkeiten
3 . Erfordernis gesetzlicher Regelung. D a s s der Vollzug der Untersuchungshaft aus rechtsstaatlichen Gründen gesetzlich zu regeln ist, ist allgemeine Auffassung und bedarf keiner näheren Erläuterung mehr. Die Untersuchungshaftvollzugsordnung k a n n die notwendigen gesetzlichen Regelungen nicht ersetzen. 1 6 Sie ist zudem eine unzulässige (§ 2 5 D R i G ) Empfehlung an die H a f t r i c h t e r . 1 7 Die Praxis muss sich jedoch mit ihr behelfen (vgl. R n . 5 ff.), bis ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz vorliegt.
9
4 . Sachlicher Geltungsbereich. Die Vorschrift gilt für die Untersuchungshaft ( § 1 1 2 , § 1 1 2 a , § 1 2 7 b , § 7 2 Abs. 1 in Verb, mit § 2 J G G ) , die einstweilige Unterbringung
10
(§ 1 2 6 a Abs. 2 Satz l ) , 1 8 die Unterbringung g e m ä ß § 2 7 5 a Abs. 5 sowie für die Sicherungshaft, wenn W i d e r r u f der Strafaussetzung erwogen wird (§ 4 5 3 c Abs. 2 Satz 2 ) . D a r ü b e r hinaus ist sie auf weitere Fälle des Festhaltens aufgrund der Strafprozessordnung anzuwenden, nämlich bei vorläufiger Festnahme ( § § 127, 1 2 7 b , 1 2 8 , 1 2 9 ) und in den Fällen von § 2 3 0 Abs. 2 , § 2 3 6 und von § 3 2 9 Abs. 4 Satz 1, gleichviel o b H a f t b e fehl oder Vorführungsbefehl ergangen ist. D e n n auch bei der Vorführung k a n n es erforderlich sein, den Beschuldigten in einem H a f t r a u m für den Termin bereitzustellen. W ä h r e n d dieser Zeit sowie auf dem T r a n s p o r t k ö n n e n Beschränkungen notwendig werden. In der Hauptverhandlung selbst gilt § 2 3 8 Abs. 1. Für Jugendliche besteht der besondere Grundsatz, dass der Vollzug der Untersuchungshaft erzieherisch gestaltet werden soll (§ 9 3 Abs. 2 J G G ; s. auch Nr. 7 7 ff. UVollzO). 5. Vollzugsanstalt Weil die Vorschrift für drei Unterbringungsarten gilt ( R n . 10), verwendet das Gesetz in Absatz 3 und 4 den Begriff „Vollzugsanstalt", doch ist nicht gesagt, welchen N a m e n diese Anstalt trägt; der Richter ordnet in der Regel nur „die Unters u c h u n g s h a f t " an (§ 114 Abs. 1). Dass deren Vollzug Untersuchungshaftanstalten dienen, ist der Strafprozessordnung nicht zu entnehmen, sondern wird in Nr. 11 U V o l l z O
15 16
OLG Hamburg NJW 1962 1633. Vor § 112, 71 ff. (Reformfragen) und die dortigen Nachweise. Vgl. auch L R f W e n disch24 9 ff.; SYJPaeffgen 3 ff.; Baumann FS Dünnebier 691; StV 1985 292; Bleckmann DVB1. 1984 991; Seebode (Kolloquium) 183; ZfStrVo 1988 272; vgl. auch BVerfG NStZ-RR 2 0 0 7 92; s. aber BVerfGE 57 177 und das Sondervotum S. 182 ff. (zur Verfassungsmäßigkeit von § 119 Abs. 3).
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18
Vgl. Baumann FS Dünnebier 691; StV 1985 292; Rotthaus NJW 1973 2 2 6 9 ; Seebode (Kolloquium) 183; ZfStrVo 1988 272; Wagner (Selbstmord) 151. OLG Celle NdsRpfl. 1995 275 (Lockerung der Unterbringung); zu Reformfragen s. Vor § 112, 71 ff. S. auch Nr. 88 ff. UVollzO.
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bestimmt. 19 Welche Anstalt zuständig ist, ergibt sich aus dem Vollstreckungsplan (Nr. 14 Abs. 1 und 2 UVollzO). Im Einzelfall kann der Richter Abweichungen vom Vollstreckungsplan anordnen (Nr. 14 Abs. 3 UVollzO), etwa um einen Verkehr mit Angehörigen zu erleichtern oder weil (und solange) die an sich zuständige Anstalt (vorübergehend) überfüllt ist. In diesem Fall hat er dafür zu sorgen, dass der Verhaftete rechtzeitig vor dem Termin in die zuständige Anstalt zurückverlegt wird, damit er sich mit seinem Verteidiger beraten kann. 12
Eine Verlegung des Beschuldigten in eine andere Anstalt kann aus Sicherheitsgründen (Nr. 66 UVollzO) 20 oder zum Zwecke der erforderlichen ärztlichen Versorgung (Nr. 57 UVollzO) notwendig werden. Der Beschuldigte hat keinen Anspruch, in einer Anstalt seiner Auswahl verwahrt oder dorthin verlegt zu werden. 21 Auch ein brieflicher Kontakt eines Beschuldigten zu Insassen einer anderen Anstalt rechtfertigt in der Regel keine Verlegung in diese andere Anstalt. 22 Grundsätzlich ist anzustreben, dass der Beschuldigte in einer familiennahen Vollzugsanstalt verwahrt wird, jedoch soll kein Anspruch auf Überstellung in eine solche Anstalt bestehen; 23 dies erscheint im Hinblick auf Art. 6 GG bedenklich. Zuständig für die Bestimmung der Haftanstalt und die Anordnung der Verlegung ist der zuständige Haftrichter (vgl. Nr. 15, 57, 66 UVollzO).
13
6. Unmittelbarer Zwang. Absatz 3 wird ergänzt durch § 178 Abs. 1 und 2 i.V.m. 94 bis 101 StVollzG (Rn. 164 ff.), die den unmittelbaren Zwang durch Bedienstete der Strafvollzugsanstalt regeln. 24 Im Allgemeinen dienen sie dazu, Absatz 3 durchzusetzen, doch sind die Vorschriften über die Zwangsernährung (enthalten in § 101 Abs. 1 und 3) eine Erweiterung, weil es unzulässig wäre, die Nahrungsverweigerung als Störung der Ordnung in der Anstalt zu behandeln.
Π. Trennungsgrundsatz (Absätze 1 und 2 ) 14
1. Inhalt. Absatz 1 enthält zwei Bestimmungen, in Satz 1 den Grundsatz der Einzelhaft und in Satz 2 den der Trennung der Untersuchungs- von den Strafgefangenen. Der Grundsatz der Einzelhaft (Trennung von „anderen" Gefangenen, d.h. auch von den in Absatz 2 Satz 1 genannten Untersuchungsgefangenen)25 wird durch Absatz 2 eingeschränkt. Dabei ist die in Satz 3 eingeräumte Aufhebung des Trennungsgrundsatzes aufgrund des körperlichen oder geistigen Zustande des Verhafteten schlechthin gegeben; die in Satz 1 zugelassene kann nur durch schriftliche Willenserklärung des Gefangenen herbeigeführt werden.
15
Der Grundsatz der Trennung der Untersuchungs- von den Strafgefangenen gilt außerhalb des Haftraums nur „soweit möglich" (Satz 2). Der Möglichkeit steht die Unmög19 20
21
S. auch § 93 JGG. OLG Düsseldorf NStZ 1990 4 0 8 ; OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 2 315; OLG Köln NStZ-RR 2 0 0 7 252; zur Verlegung wegen menschenunwürdiger Verhältnisse s. BVerfG NJW 1993 3190; Rotthaus ZfStrVo 1996 3. OLG Köln NStZ-RR 2 0 0 7 2 5 2 ; KK/Boujong
24
8. 22 23
OLG Hamm JMB1NW 1979 191. Vgl. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 97, 99 und bei Lorenzen/ Thamm SchlHA 1992 145; OLG Frankfurt
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25
NStZ-RR 2 0 0 2 315; OLG Köln NStZ-RR 2 0 0 7 2 5 2 (nur Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung; Beachtung der Verhältnismäßigkeit); KKJBoujong 8. Zur rechtlichen Einordnung des „Gewaltverhältnisses" vgl. z.B. BVerfGE 33 1 ff.; Bleckmann DVB1. 1984 991; Bockwoldt ZfStrVo 1982 153; Kruis/Cassardt NStZ 1995 521. LG Frankfurt StV 1999 324 mit Anm. Seebode; s. auch BVerfG EuGRZ 2 0 0 1 431; Rn. 162.
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lichkeit entgegen. Der Untersuchungsgefangene darf also nur dann mit Strafgefangenen zusammen untergebracht werden, wenn die Trennung unmöglich ist. Einen Fall der Unmöglichkeit, der sogar die Unterbringung von Straf- und Untersuchungsgefangenen in demselben Raum zulässt, führt Absatz 2 Satz 3 auf („wenn sein körperlicher oder geistiger Zustand es erfordert"). Daraus ergibt sich, weil es an sich nicht unmöglich ist, für kranke Untersuchungsgefangene besondere Krankenräume, Behandlung und Bewachung bereitzustellen, dass auf die finanziellen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen ist: Für Strafanstalten und Untersuchungshaftanstalten darf wegen der hohen Kosten ein gemeinsames Krankenhaus (Lazarett) unterhalten werden. Dagegen bietet die Vorschrift keinen Anhalt dafür, dass in der Untersuchungshaftanstalt Strafgefangene nur deshalb nicht von Untersuchungshäftlingen getrennt gehalten (Absatz 1 Satz 2) werden müssten, weil anstelle von Handwerkern, Köchen und sonstigem Personal aus Gründen der Ersparnis Strafgefangene verwendet werden. In diesen Fällen ist, auch wenn man fiskalische Interessen berücksichtigt, nicht mehr von Unmöglichkeit zu sprechen. 26 2. Die Trennung von Strafgefangenen ist eine Grundforderung, die sich aus der Notwendigkeit ergibt, den Charakter der Untersuchungshaft als einer prozessualen Sicherungsmaßnahme gegen den als unschuldig Geltenden (Art. 6 Abs. 2 EMRK) von der Vollstreckung der Strafe an einem Schuldigen eindeutig abzugrenzen. Der Forderung wird nur durch selbstständige Untersuchungshaftanstalten voll genügt. 27 Diese fordert auch die Untersuchungshaftvollzugsordnung in erster Linie (Nr. 11 Abs. 1); besondere Abteilungen von Strafanstalten werden nur hilfsweise zugestanden (Nr. 11 Abs. 2 UVollzO). Daher dürfen Untersuchungsgefangene grundsätzlich mit Strafgefangenen nicht im gleichen Raum (Haftraum, Schlafsaal) untergebracht sein (Absatz 1 Satz 1), es sei denn, dass es ihr körperlicher oder geistiger Zustand erfordere (Absatz 2 Satz 3). Ist das der Fall, dürfen im Lazarett oder in der Krankenabteilung Untersuchungsgefangene mit Strafgefangenen im gleichen Saal oder im gleichen Haftraum zusammenliegen, notfalls auch außerhalb des Lazaretts. Sonst, etwa bei der Arbeit und in der Freizeit, sind sie (Absatz 1 Satz 2) von Strafgefangenen getrennt zu halten, soweit das möglich ist. Die Trennung der Untersuchungshäftlinge von den Strafgefangenen ist auch auf Transporten, 28 in der Freizeit und, soweit nicht die oben dargestellten Ausnahmen vorliegen, bei der Arbeit erforderlich (Nr. 22 Abs. 1 Satz 2 UVollzO).
16
Für Arbeiten, die Untersuchungshäftlinge mit anderen Gefangenen zusammenbringt, ist die Zustimmung des Richters erforderlich. Soweit die anderen Gefangenen Strafgefangene sind, wird sie nur zu erteilen sein, wenn der Verhaftete gerade solche Arbeit begehrt, die er nur gemeinschaftlich mit Strafgefangenen ausüben kann (Nr. 22 Abs. 1 Satz 2 UVollzO), und wenn wegen der dabei zu befürchtenden Einflüsse keine Bedenken gegen die gemeinschaftliche Beschäftigung bestehen, wie etwa bei Rückfälligen, die die Untersuchungshaft ohnehin meist als vorweggenommene Strafhaft empfinden.
17
3. Einzelhaft. In der Untersuchungshaftanstalt soll der Verhaftete grundsätzlich getrennt von seinen Schicksalsgenossen untergebracht sein (Absatz 1 Satz 1), doch wird diese Trennung nicht mit der gleichen Schärfe gefordert, wie die der Untersuchungshäftlinge von den Strafgefangenen. Schicksal und Herkunft einer breiten Gruppe der Unter-
18
26 27
A.A. Grunau Nr. 11. Klee GA 55 (1908) 161; vgl. auch Franke NStZ 1982 321.
28
Klee GA 55 (1908) 262.
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suchungshäftlinge dürfte häufig ähnlich oder vergleichbar sein. Die Einzelhaft dient, von Ausnahmefällen abgesehen, dem Interesse des Beschuldigten. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass ein Beschuldigter, z.B. wenn er noch nicht vorbestraft ist, nicht in die Gemeinschaft mit Kriminellen (z.B. vorbestraften oder geständigen Beschuldigten) gezwungen werden kann (s. auch Nr. 2 2 Abs. 5 UVollzO); sie soll es dem Verhafteten möglich machen, die Bequemlichkeiten zu nutzen und die Beschäftigungen auszuüben, die Absatz 4 ihm freistellt. Legt er hierauf keinen Wert, kann er sich auf seinen ausdrücklichen, und allein schriftlichen, Antrag in Gemeinschaft unterbringen lassen. Zwar verleiht - wie der Regelung des Absatzes 1 zu entnehmen ist und wie namentlich aus dem Wortlaut von Absatz 2 Satz 1 „ untergebracht werden darf" erhellt - das Gesetz den einzelnen Untersuchungsgefangenen keinen Rechtsanspruch auf Durchführung der Untersuchungshaft in der Form der Gemeinschaftshaft. Jedoch wird einem ausdrücklichen Antrag gleichwohl regelmäßig zu entsprechen sein, 2 9 wenn nicht besondere Gründe (Unverträglichkeit, Durchstechereien, Gefährlichkeit, Teilnahmeverdacht, Zeugen) erfordern, dass Einzelhaft vollzogen wird (Nr. 2 2 Abs. 2, 23 Abs. 1 Satz 2 UVollzO), was bei Tatgenossen in derselben Anstalt in der Regel geboten sein wird. Wird Einzelhaft vollzogen, obwohl der Verhaftete in die Gemeinschaftshaft eingewilligt hatte, liegt darin die Zurückführung auf den Grundsatz, so dass der Maßnahme kein Strafcharakter innewohnt. 3 0 Der Beschwerde bleibt die Anordnung gleichwohl zugänglich. Eine Ausnahme - selbst gegen den Willen des Beschuldigten - wird allerdings dann zuzulassen sein, wenn der körperliche oder geistige Zustand des Beschuldigten die Zusammenlegung mit anderen Untersuchungs- oder (ganz ausnahmsweise) auch Strafgefangenen erfordert; 31 der Richter wird in solchen Fällen einen Arzt zu Rate ziehen. 32 19
Den Antrag auf Zusammenlegung kann der Verhaftete jederzeit schriftlich zurücknehmen (Absatz 2 Satz 2); doch wird er in der Regel nicht sofort, sondern nur zu bestimmten Tageszeiten in einen Einzelhaftraum verlegt werden. Außerhalb des Haftraums darf er jederzeit mit anderen Untersuchungsgefangenen - nicht aber mit Strafgefangenen - zusammengebracht werden, etwa zur Arbeit, zum Gottesdienst oder zu Gemeinschaftsveranstaltungen.
20
4. Sonderung. Dem öffentlichen Interesse, einen Beschuldigten wider seinen Wunsch nicht dem Einfluss durch Kriminelle (z.B. Vorbestrafte) auszusetzen, kann auch ohne Einzelhaft dadurch genügt werden, dass Untersuchungshäftlinge nach Gruppen untereinander gesondert werden. Das ist weitgehend anzustreben. Eine Trennung der Männer von den Frauen ist selbstverständlich (Nr. 12, Nr. 2 2 Abs. 3 UVollzO), 3 3 die der Jugendlichen von den Erwachsenen in § 93 Abs. 1 J G G für den Regelfall vorgeschrieben (Nr. 13 UVollzO). Eine Sonderung der Vorbestraften von den Erstbestraften, wie sie im Strafvollzug durchgeführt wird, ist auch in der Untersuchungshaftanstalt Pflicht (Nr. 2 2 Abs. 5 UVollzO). Darüber hinaus ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Verhafteten nach Lebensalter und Vorleben sowie nach der Art der vorgeworfenen Straftat getrennt verwahrt (Nr. 23 Abs. 3 UVollzO), namentlich Konflikttäter von Hangtätern getrennt wer-
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SYJPaeffgen 8; s. auch Schlothauer/Weider 976; enger OLG Hamburg NJW 1963 1840. Vgl. auch Weidmann/Dittrich SchwZStr. 1985 3 9 9 ; Dittmann/Reimer Recht und Psychiatrie 1991 118 (psycho-pathologische Auswirkungen der Einzelhaft; Suizidgefahr).
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32 33
OLG Oldenburg NJW 1953 235. KK/Boujong 7; SKJPaeffgen 8; Meyer-Goßner 7. KK/Boujong 7. KG NStZ 2 0 0 3 5 0 (auch zum Transsex.G).
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den. Das Pflegerecht einer (stillenden) Mutter kann auch dazu führen, dass sie gemeinsam mit ihrem Kind untergebracht werden muss. 3 4 Der Richter kann dazu Abweichungen vom Vollstreckungsplan anordnen (Nr. 14 Abs. 3 UVollzO).
ΠΙ. Beschränkungen (Absatz 3) 1. Inhalt a) Grundsatz. Absatz 3 und Absatz 4 sind die derzeitigen gesetzlichen Grundlagen für alle Eingriffe, soweit diese nicht durch Grundrechte beschränkt werden. Was nach Absatz 3 und 4 nicht untersagt werden kann, ist dem Verhafteten erlaubt. In diesem Sinn mag man Absatz 3 als magna charta des Verhafteten 3 5 bezeichnen, wenn damit auch keine charakteristische Aussage verbunden ist.
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Nach Absatz 3 darf der als unschuldig geltende (Art. 6 Abs. 2 E M R K ) Verhaftete über seine Bewegungsfreiheit hinaus in seiner Freiheit nur aus zwei Gründen beschränkt werden, wegen des Haftzwecks und wegen der Ordnung in der Anstalt. Daraus folgt, dass die Persönlichkeit des Verhafteten zu achten und sein Ehrgefühl zu schonen ist; dass der Verhaftete würdig und menschlich zu behandeln ist (Nr. 18 Abs. 1 UVollzO); 3 6 dass der Vollzug der Haft auf seine bisherige Lebensweise Rücksicht zu nehmen h a t 3 7 und dass Schäden durch die Haft von ihm fernzuhalten sind (Nr. 1 Abs. 3 Satz 3 UVollzO.) Bei der nach diesen Grundsätzen auszugestaltenden Untersuchungshaft sind die durch das Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte zu achten. Dazu ist Absatz 4 zu beachten, der dem Verhafteten Bequemlichkeiten garantiert (Rn. 9 7 ) . Aus alledem folgt, dass der Verhaftete grundsätzlich in der Vollzugsanstalt seine Lebensführung fortsetzen kann, sofern er nur nicht den Haftzweck oder die Ordnung in der Anstalt - nicht einen glatten, routinegemäßen Vollzugsablauf - gefährdet.
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Keineswegs schafft die Untersuchungshaft ein die Grundrechte umfassend verdrängendes Gewaltverhältnis, wenn einzelne Grundrechte auch, je nach ihrem Inhalt verschieden stark, Beschränkungen unterworfen werden, 3 8 aber nicht nach den Grundsätzen eines angeblichen besonderen Gewaltverhältnisses, 3 9 sondern stets allein nach Maßgabe des § 119 Abs. 3. Am Grundgesetz und an dem Grundsatz des § 119 Abs. 3 ist jeder einzelne Vorschlag der Untersuchungshaftvollzugsordnung zu messen. Ist er mit ihnen unvereinbar, darf der Richter ihn sich nicht zu eigen machen. 4 0
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Z w a r kann der Richter nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das damit zu weit dem Aufbau der Untersuchungshaftvollzugsordnung entgegenkommt, in der Anordnung für den Vollzug der Untersuchungshaft (Nr. II des Aufnahmeersuchens des Richters; Nr. 15 Abs. 1 UVollzO) und, wenn der Anlass zu einem Verbot später hervortritt,
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BerIVerfGH N J W 2 0 0 1 3181.
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Vgl. Wagner J W 1 9 2 8 2 9 6 3 ; Dallinger M D R 1 9 5 1 1 2 0 ; krit. z.B. Baumann StV 1 9 8 5 2 9 3 ; Müller-Dietz (Kolloquium) 2 3 5 ; Seebode (Kolloquium) 1 8 2 .
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Z u r Achtung der Menschenwürde s. BVerfG N J W 1 9 9 3 3 1 9 0 ; Hinüber StV 1 9 9 4 2 1 2 ; Kruis/Cassardt N S t Z 1 9 9 5 5 2 1 ; Rotthaus ZfStrVo 1 9 9 6 3; Deckers/Puschel NStZ 1996 19; Vor § 112, 4 0 . S. auch O L G Celle
ZfStrVo. 1 9 9 4 174; O L G Saarbrücken N S t Z 1 9 9 3 2 0 7 ; O L G Frankfurt StV 1 9 9 5 4 2 8 ; Rn. 95, 9 6 ff., 101. 37 38 39
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Klee GA 55 ( 1 9 0 8 ) 2 5 9 . BVerfGE 15 2 9 3 . Vgl. BVerfGE 3 3 10 (für Strafvollzug); weitere Nachweise Fn. 2 4 . RGSt 31 1 2 9 ; Dallinger allg. M .
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M D R 1951 1 2 0 ;
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auch dann noch ein für den Regelfall angemessenes Verbot der Ausübung von Grundrechten mit Erlaubnisvorbehalt aussprechen, hat dabei aber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. 41 Für den Verkehr (Besuche, Briefe, Telefonate usw.) des Inhaftierten mit seinem Verteidiger gilt die Sonderregelung des § 148. Zu Einzelfragen, insbesondere ob und inwieweit Verteidigerbesuche (auch zur Mandatsanbahnung) durch Besuchszeiten der Vollzugsanstalt eingeschränkt werden können, s. die Erl. dort; s. auch Rn. 4 2 , 72, 106.
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b) Einzelheiten. Diese Gestaltung gebietet es, eine grundsätzliche Beschränkung dann aufzuheben oder zu ändern, wenn im konkreten Fall der Haftzweck (Rn. 28) oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt (Rn. 33) diese nicht oder nicht in dem ursprünglich angeordneten Umfang erfordern. 42 Das für die Untersuchungshaft bedenkliche Institut des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt verlangt daher Flexibilität und richterliche Initiative, die nicht immer erst Anträge und Beschwerden des Verhafteten abwarten darf. Denn Beschränkungen aufzuerlegen ist nach dem Gesetz untersagt, wenn ein Missbrauch nur möglich und nicht völlig auszuschließen ist. Jeder Eingriff verlangt vielmehr konkrete Anhaltspunkte; 43 genauer: eine reale Gefährdung im konkreten Fall. 4 4 Denn der Verhaftete hat einen grundrechtlich geschützten Rechtsanspruch, seine Grundrechte dann auszuüben, wenn die in § 119 Abs. 3 bezeichneten Interessen nicht im konkreten Fall eine Einschränkung erfordern. 45
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Lästigkeiten der Überwachung sind dabei hinzunehmen. 46 Denn die Grundrechte bestehen nicht nur nach Maßgabe dessen, was an Verwaltungseinrichtungen üblicherweise vorhanden ist, 4 7 wenn auch die Haushaltslage nicht völlig außer Betracht gesetzt werden kann. Nur völlig unvermeidbare (z.B. unzumutbarer Aufwand) verwaltungstechnische Gesichtspunkte können einen Grundrechtseingriff rechtfertigen; 48 Kontrollschwierigkeiten müssen grundsätzlich hingenommen werden. 49 Die Prüfung, was erforderlich ist, und die damit verbundene Abwägung führt bei den einzelnen Grundrechten schon grundsätzlich zu verschiedenen Ergebnissen: Während z.B. Versammlungsfreiheit
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Vgl. BVerfGE 19 3 4 7 ; 35 5; 35 311; 4 2 95 (auch zur Zulässigkeit der Ausschöpfung der Generalklausel); OLG Düsseldorf StV 1994 324. S. aber BVerfGE 5 7 170, 182 ff. (Sondervotum). Vgl. Rotthaus ZfStrVo 1996 3 zu Ursachen von Fehlentscheidungen und Möglichkeiten der Abhilfe. BVerfGE 34 397. Die Entscheidung betrifft einen Ausnahmefall. Die Kritik Müller-Dietz (JZ 1974 101) betont die keiner Verallgemeinerung zulässige Einmaligkeit der Entscheidung mit dem Hinweis auf „äußerste Notlagen", in denen es „auch in einem Rechtsstaat keinen anderen Ausweg gibt"; ähnlich BVerfGE 35 309. Vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1994 324. Vgl. BVerfGE 35 10; 42 2 3 4 ; BVerfG NStZ 1996 613. S. auch OLG Frankfurt StV 1994 431; NStZ 1994 2 5 6 . Vgl. BVerfGE 35 10; 35 321; 5 7 170; BVerfG
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NStZ 1994 52; 1994 145; 1994 6 0 4 mit Anm. Rotthaus·, 1996 613; OLG Düsseldorf StV 1982 4 7 6 ; 1994 324; OLG Hamm StV 1996 325; ZfStrVo 1998 57; OLG Zweibrücken StV 1998 32; Kruis/Cassardt NStZ 1995 5 2 2 ; Rotthaus NStZ 1998 597. BVerfG NStZ 1994 6 0 4 mit Anm. Rotthaus·, OLG Celle MDR 1981 515. OLG München NStZ 1984 3 3 3 ; KG StraFo 2 0 0 4 168. BVerfGE 15 2 9 6 ; vgl. auch BVerfG NStZ 1994 6 0 4 mit Anm. Rotthaus. BVerfGE 15 2 8 8 ; wesentlich enger wohl OLG Köln StV 2 0 0 6 5 3 7 (Beschränkungen seien zunehmend unter Berücksichtigung der hohen Belegung und der angespannten Personalsituation zu prüfen); dagegen mit guten Gründen Seebode StV 2 0 0 6 552. BVerfGE 34 369; KG StraFo 2 0 0 4 168.
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(Art. 8 Abs. 1 G G ) und Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 G G ) ausgeschaltet werden, müssen die Freiheit der Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 G G ) und diejenige der ungehinderten Unterrichtung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 G G ) möglichst vollständig aufrechterhalten werden. 2 . Z w e c k der Untersuchungshaft ist, zu verhindern: dass der Verhaftete sich dem Strafverfahren entziehen werde (§ 112, 3 2 ff.); dass er durch bestimmte Handlungen die G e f a h r entstehen lässt, die Ermittlung der Wahrheit k ö n n e erschwert werden (§ 1 1 2 , 4 1 ff.); dass er gewisse weitere Straftaten wiederholen werde (§ 1 1 2 a , 3 5 ff.; Vor § 112, 1 ff.). M i t beachtlichen Gründen wird nun die A n s i c h t 5 0 vertreten, dass es keinen allgemeinen H a f t z w e c k gebe, dass Z w e c k der H a f t vielmehr jeweils der k o n k r e t e H a f t z w e c k sei, der der Anordnung der Untersuchungshaft zugrunde liege. D a r a u f wird gefolgert, dass z.B. eine Briefkontrolle nur zulässig sei, wenn das Gericht die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr verhängt habe.
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D e r Ansicht, dass unter Z w e c k der H a f t der konkrete Haftanlass zu verstehen sei, ist zuzustimmen. D o c h k o m m t es hierauf nicht an, weil der Folgerung - jedenfalls im Ergebnis - nicht beizutreten ist. Auch bei Fluchtgefahr muss der Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt, auch der briefliche, überwacht werden, damit der Beschuldigte keine Fluchtanstalten treffen k a n n . K o m m e n dabei Briefe zur Kontrolle, mit denen er verdunkeln will, so darf der Richter nach dem in § 1 0 8 Satz 1 zum Ausdruck k o m m e n d e n , aber allgemein geltenden Grundsatz, dass „ Z u f a l l s e n t d e c k u n g e n " im Verfahren zur Verfügung stehen, 5 1 vor dieser T a t s a c h e die Augen nicht deshalb verschließen, weil er die Ü b e r wachung zu dem Z w e c k angeordnet hatte, F l u c h t m a ß n a h m e n zu verhindern. Für eine Beanstandung k o m m t es dann nur darauf an, dass die wegen Fluchtgefahr angedrohte H a f t im Z e i t p u n k t der Entscheidung zufolge des Zufallsfunds nicht mehr lediglich aus jenem H a f t g r u n d gerechtfertigt ist. 5 2 K o n s e q u e n z dieser Auffassung ist allerdings, dass ggf., nämlich falls sich der weitere H a f t z w e c k als zutreffend erweist, der Haftbefehl unverzüglich um diesen neuen Haftgrund ergänzt werden m u s s . 5 3 D e r Richter ist im Übrigen nicht gehindert und muss sogar von Beschränkungen absehen, z.B. unkontrollierten Briefverkehr, ganz oder teilweise, etwa mit Ehegatten, zulassen, wenn er Einschränkungen im Hinblick auf den konkreten H a f t z w e c k für entbehrlich h ä l t . 5 4
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Bedenklich erscheint es nach der hier ( R n . 2 8 ) vertretenen Auffassung, wenn der Haftrichter eine grundrechtsrelevante Beschränkung, die grundsätzlich auf einen weiteren, im Haftbefehl aber nicht genannten Haftgrund gestützt werden könnte (z.B. Besuchsüberwachung wegen Verdunkelungsgefahr), unter Hinweis a u f den im Haftbefehl nicht genannten Z w e c k und die Anstaltsordnung a n o r d n e t . 5 5 Hier handelt es sich nicht
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Lobe/Alsberg § 116 I 1; Klee GA 55 (1908) 278; s. auch Baumann FS Pfeiffer 258; Berndt NStZ 1996 117; Cornel MSchrKrim. 1987 72; Dünkel 395; Seebode (Vollzug) 115 ff.; Welp JR 1991 269; SYJPaeffgen 11. OLG Düsseldorf NJW 1993 3278. Vgl. Rn. 92. OLG Stuttgart MDR 1973 335; Justiz 1999 114; OLG Düsseldorf NStZ 1989 549; OLG Hamm StV 1998 35 mit krit. Anm. Paeffgen; KK/Boujong 12; AK/Krause 12; Meyer-Goßner 12; H K / L e m k e 18; Kleinknecbt/Janischowsky 354; Schlüchter 229; Dallinger
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MDR 1951 121; Nehm NStZ 2001 307; a.A. SYJPaeffgen 11; Seebode (Vollzug) 115 ff.; Schlothauer/Weider 962 ff.; Veit 47. Enger SYJPaeffgen 11 (vorherige Ergänzung); vgl. auch krit. Schlothauer/Weider 964; Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 115; Berndt NStZ 1996 117. S. auch OLG Stuttgart Justiz 1999 114. Vgl. BGH StV 1993 32 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 543; OLG Schleswig bei Lorenzen/Tbamm SchlHA 1992 145; bei Döllet/ Dreeßen SchlHA 2 0 0 5 257; s. auch OLG Frankfurt StV 1985 375; OLG Düsseldorf
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um einen Zufallsfund, der trotz des Fehlens des erforderlichen Haftgrundes im Haftbefehl nachträglich genutzt werden darf, sondern um eine beschränkende Anordnung auf der Grundlage der Erkenntnis, dass ein weiterer Haftgrund bestehen könnte, so dass der Haftbefehl spätestens mit der Anordnung dieser Beschränkung um den weiteren Haftgrund zu ergänzen wäre. Die Begründung mit Erfordernissen der Anstaltsordnung kann die Prüfung nicht ersetzen, ob der weitere Haftzweck(-grund) wirklich besteht und der Haftbefehl daher zu ändern ist. 3. Ordnung in der Vollzugsanstalt 30
a) Rechtsbegriff. Zulässig sind Beschränkungen, um die Ordnung in der Vollzugsanstalt zu sichern. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich und es entspricht der allgemeinen Meinung, dass die Ordnung in der Vollzugsanstalt nicht etwa eine von der Verwaltung erlassene schriftliche Anstaltsordnung ist, 5 6 dass also, wenn die Anstaltsordnung hinter dem Inhalt des Begriffs der Ordnung in der Vollzugsanstalt zurückbleibt, es allein auf die letztere ankommt. Daraus folgt, dass die Ordnung in einer beliebigen Anstalt sich aus ihrer tatsächlichen Einrichtung ergibt, die „Ordnung in der Vollzugsanstalt" im Sinn des Absatzes 3 aber ein Rechtsbegriff ist, nach dem die Ordnung in der einzelnen Anstalt sich zu richten hat und an dem ihre Rechtmäßigkeit zu messen ist.
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b) Der Begriff Ordnung in der Vollzugsanstalt ist aus dem Zweckbegriff einer Anstalt 5 7 zu gewinnen, in der die mit garantierten Bequemlichkeiten, aber notwendiger Einordnung verbundene Untersuchungshaft an Beschuldigten vollzogen wird, die als unschuldig gelten (Art. 6 Abs. 2 EMRK). Modelle, die als Utopien angesehen werden müssen, können ihn nicht konkretisieren, wohl aber gesellschaftliche „moderne" Anschauungen, 58 kriminalpolitische Forderungen und verfassungsrechtliche Notwendigkeiten. Die geschichtliche Entwicklung, aus der hervorgeht, was sich nach Experimenten, Irrtümern und Erfahrung als (notwendige) Ordnung in der Vollzugsanstalt darstellt, ist nicht zu ignorieren, aber, wo geboten, an den genannten Forderungen und Notwendigkeiten zu korrigieren. Die Ordnung in der Vollzugsanstalt umfasst den Begriff Sicherheit 59 und markiert daher ein hohes Eingriffsniveau. Danach werden alle Kleinigkeiten schon nach dem gemeinsamen Wortinhalt ausgeschlossen.
32
Nach alledem begreift eine Meinung 6 0 die Ordnung in der Vollzugsanstalt als ein Regelminimum derjenigen Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit der Haftanstalt als Zwangsform menschlichen Zusammenlebens, das unerlässlich ist, die Zwecke der Untersuchungshaft zu verwirklichen. Dem wird man gegenüber äußerlich bleibenden Definitionen 61 im Wesentlichen zustimmen können, muss aber wegen Absatz 4 den letzten Halbsatz dahin ergänzen, dass die Zwecke der Untersuchungshaft unter der Garantie von Bequemlichkeiten verwirklicht werden müssen. 62 Auch ist in das „unerlässlich" der Definition alles unter Rn. 31 Ausgeführte hineinzulesen.
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JMB1NW 1992 142; NStZ 1989 549; krit. Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 115. Hahn Mat. 1 6 7 0 ff., 858; RGSt 31 129; SYJPaeffgen 12; Baumann StV 1985 294. Veit 53. Vgl. Peters § 4 7 A VII. OLG Hamm AnwBl. 1979 189; OLG Düssel-
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dorf NStZ 1986 92; allg. M.; s. auch OLG Düsseldorf NJW 1996 3 2 8 6 (Planung von Straftaten). Veit 54. Vgl. OLG Nürnberg MDR 1 9 5 9 501. KYJBoujong 13.
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Demgemäß sind unter Ordnung in der Vollzugsanstalt die Voraussetzungen zu verstehen, die auf historischer Grundlage unter Berücksichtigung staatlicher Möglichkeiten (Rn. 3) nach heute anerkannten gesellschaftlichen, kriminalpolitischen und verfassungsrechtlichen Forderungen unerlässlich sind, die Untersuchungshaft als Sonderopfer eines als unschuldig Geltenden unter der Garantie von Bequemlichkeiten (Rn. 97) als Einsperrung in einer geschlossenen Anstalt an ihm und gleichzeitig vielen anderen so zu vollziehen, dass die bisherige Lebensführung des Verhafteten so wenig als möglich beeinträchtigt wird. 63 Dabei ist einleuchtend, dass fast jedes Wort weiterer Erklärung bedarf und ausdehnender oder einengender Auslegung zugänglich ist, Wenn statt „jeweils" „heute" steht, soll das nur bedeuten, wie fraglich ein „jeweils" sein könnte, will aber „heute" nicht als Festschreibung verstanden wissen. Letztlich können nur immer wieder revidierte Einzelregelungen kraft Gesetzes oder aufgrund eines Gesetzes den Begriff präzisieren und entwickeln. Die Haftrichter, die sich nicht, wie die Verkehrsrichter oder die Jugendrichter, in bestimmten Zeitabständen versammeln, können den Ordnungsbegriff isoliert voneinander nicht gestalten.
33
c) Fürsorgepflicht. Durch die Ordnung in der Vollzugsanstalt wird der Verhaftete eingeengt sowie in seinen Rechten und in den Möglichkeiten, sein Leben so zu gestalten, wie in der Freiheit (Rn. 22), beschränkt. Aus der Notwendigkeit, das zu tun, erwächst für den Staat eine Fürsorgepflicht, 64 die über das selbstverständliche „nil nocere" (Nr. 1 Abs. 3 Satz 3 UVollzO) weit hinausgeht und die alle mit dem Vollzug befassten Behörden (Ministerium, Vollzugsanstalt, Richter) verpflichtet, auch dem unvermögenden Verhafteten das bereitzustellen, was er zu Hause zur Verfügung hatte, aber nicht noch einmal bezahlen kann, wie Zeitung, Rundfunk, Spiele und (Leih)bücher, oder was er sich wegen der Anstaltsgebundenheit im Allgemeinen nicht selbst verschaffen kann, z.B. Seelsorge, ärztliche Fürsorge und Behandlung sowie Belehrung (Vorträge, Veranstaltungen der Volkshochschule) und Zerstreuung. Dazu können - im Rahmen des Möglichen - insbesondere gehören: die Bereitstellung von Weiterbildungsmöglichkeiten, Rechtsberatung, Einrichtung von Gemeinschaftsveranstaltungen.65 Der deutschen Sprache nicht kundige Beschuldigten können der bevorzugten fürsorgenden Betreuung bedürfen; 66 Vorteile, die sie erhalten, sind auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 GG unbedenklich; 67 s. auch Rn. 100.
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d) Verbindlichkeit für den Richter. Ist die Notwendigkeit, die Ordnung aufrechtzuerhalten, auf der einen Seite Voraussetzung dafür, dem Verhafteten Beschränkungen aufzuerlegen, so setzt sie auf der anderen Seite dem Richter die Grenze, inwieweit er Bequemlichkeiten zulassen und Beschränkungen unterlassen darf. Auch ihn bindet die Ordnung der Anstalt. Daher darf er sich bei seinen Anordnungen nicht allein von dem Interesse des einzelnen Verhafteten leiten lassen, muss vielmehr auch die Interessen der anderen Verhafteten mitberücksichtigen. Dazu darf er, den Haftzweck überschreitend, die Be-
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SK/Paeffgen 12; s. auch Baumann J Z 1 9 9 0 111; Müller-Dietz (Kolloquium) 2 3 5 ; a.A. (für eine weitere Auslegung) die h.M.: BVerfGE 3 5 3 1 7 ; O L G Düsseldorf N J W 1 9 9 3 3 2 7 8 ; KKJBoujong 13; Meyer-Goßner 13. Vgl. auch Schlüchter 2 3 0 . BGH-Z-MDR 1982 463. Vgl. Braukmann
ZfStrVo 1 9 9 5 2 5 ;
(Kolloquium) 1 8 4 ; Rotthaus N S t Z 1 9 9 0 1 6 4 ; Steinke BewHi. 1 9 9 5 171; s. auch O L G H a m m N S t Z 1 9 8 8 93. S. aber O L G Düsseldorf N J W 1 9 9 6 3 2 8 6 (Einschänkung bei Planung von Straftaten). 66 67
Vgl. Steinke BewHi. 1 9 9 5 171. Vgl. O L G Koblenz N S t Z 1 9 9 3 5 5 8 .
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grenztheit des zur Verfügung stehenden Raums, 6 8 die enge Gemeinschaft der Verhafteten und die Sicherheit des Anstaltspersonals berücksichtigen. 69 Diese Rücksicht wird allerdings wieder durch den Umstand beschränkt, dass Nichtverurteilte verwahrt werden, deren Grundrechte soweit als möglich zu erhalten sind, und denen das Gesetz Bequemlichkeiten (Rn. 97) garantiert, die nur versagt werden können, wenn konkrete Anhaltspunkte vorhanden sind, dass sie missbraucht werden würden, nicht aber schon dann, wenn theoretisch die Möglichkeit dazu besteht. 36
4. Erforderlichkeit. Wie schon mehrfach angeführt, dürfen dem Verhafteten nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Haftzweck (Rn. 27) oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt (Rn. 33) erfordert. Der Grundsatz hat zwei Auswirkungen. Allgemein sind wegen des Haftzwecks und der Ordnung in der Vollzugsanstalt gewisse Beschränkungen mit der Untersuchungshaft notwendigerweise verbunden und damit stets erforderlich, wie die der Bewegungsfreiheit und der Kommunikation. Aber auch die Wahl der Wohnraumgröße ist ausgeschlossen, ein mitgebrachtes Bett muss dem zur Verfügung stehenden Raum angepasst sein, Bücher können wegen der Kontrolle nur für einen übersehbaren Bedarf im Haftraum behalten werden, nicht, wie in der Privatwohnung, um gelegentlich die zufolge einer Assoziation auftauchende Stelle nachzulesen. Wandschmuck darf nicht zu teuer sein, weil er wegen der Verantwortung der Anstalt sonst bei jedem Verlassen des Haftraums stets hinterlegt werden müsste.
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Im Einzelfall bedeutet der Grundsatz der Erforderlichkeit stets, dass das mildeste Mittel angewendet wird. 7 0 Dazu gehört auch, dass der Richter sich von dem Gedanken frei macht, er sei kein Bote für Beleidigungen 71 oder er sei, wenn er gewisse Briefe lesen (und befördern lassen) müsse, in seiner Menschenwürde verletzt. 72
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5. Gesamtwürdigung. Wenn der Richter nach Absatz 6 Satz 1 Maßnahmen anordnet, hat er, um den Begriffen „Ordnung in der Vollzugsanstalt", „Erforderlichkeit" und „Verhältnismäßigkeit" gerecht zu werden, so viele ineinandergreifende normative Tatbestandsmerkmale anzuwenden, dass er das - wie bei der Anordnung der Untersuchungshaft (§ 112, 74) - nur im Wege einer Gesamtwürdigung tun kann. Wenn auch von einer Ermessensentscheidung keine Rede sein kann, weil der Richter selbst der Ordnung in der Anstalt verpflichtet ist, so läuft die Gesetzesfassung („dürfen" auferlegt werden) wenigstens dann auf eine Begründungserleichterung hinaus, wenn der Richter - nach Erwägung darüber - davon absieht, dem Verhafteten Beschränkungen aufzuerlegen oder Bequemlichkeiten als unvereinbar mit dem Haftzweck oder der Ordnung in der Anstalt zu beanstanden.
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6. Allgemeine Eingriffsbefugnisse bleiben - neben § 119 Abs. 3 - grundsätzlich unberührt. 73 So gelten die §§ 81a, 81b z.B. für die Untersuchung der Verhandlungsfähigkeit 7 4 sowie körperliche Veränderungen zum Zwecke der Gegenüberstellung 75 und die
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Vgl. BVerfGE 4 2 101. BVerfGE 35 322. Veit 60; vgl. auch BVerfG NStZ 1994 6 0 4 mit Anm. Rotthaus. Vgl. BVerfGE 33 1. OLG Hamburg JR 1974 119 mit Anm. Peters. S K / P a e f f g e n 10; KK/Boujong 11; s. auch
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EGMR J R 2 0 0 4 127; BGHSt 4 4 139 mit Anm. Duttge J Z 1999 259. OLG Düsseldorf StV 1989 193 (auch zur Arztwahl) mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 4 2 3 ; vgl. § 112, 68 ff. Vgl. BVerfGE 4 7 2 3 9 ; h.M.; s. die Erl. zu § 81a; a.A. S K / P a e f f g e n 10; Grünwald J Z 1981 423.
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§ § 9 4 ff. für die Beweismittelbeschlagnahme. 76 Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Maßnahmen sind allerdings die besonderen Verhältnisse des Vollzuges für den Beschuldigten zu beachten. Selbstverständlich ist, dass der Einsatz der Maßnahme nicht unter den besonderen Vollzugsbedingungen zu einer Verletzung der Menschenwürde führen darf. 7 7 Dies bewirkt z.B. die Unzulässigkeit, wenn der Einsatz der Maßnahme auf eine Totalausforschung des Beschuldigten hinauslaufen würde. 7 8 Abgesehen davon dürfen Maßnahmen nicht auf einer im Einzelfall prozessordnungswidrigen Ausnutzung der Zwangssituation, 79 auf einer Täuschung des Beschuldigten oder einem Missbrauch seines Vertrauens (§ 136a) beruhen. 8 0
IV. Fortsetzung. Einzelne Beschränkungen 1. Besuche 81 sind zulässig, unterliegen aber, wenn dies auf grund konkreter Anhalts- 4 0 punkte unerlässlich ist (Rn. 1, 7, 25), um den Haftzweck 8 2 (Rn. 27) und die Ordnung in der Vollzugsanstalt (Rn. 33) zu sichern, der Kontrolle 83 sowohl des Gesprächs als auch von Gegenständen, die der Besucher übergeben will; auch die Beschränkung der Besuche eines vom Beschuldigten beauftragten Sachverständigen richtet sich grundsätzlich nach § 119 Abs. 3. 84 In außerordentlichen Fällen kann der Richter, nicht der Anstaltsleiter, 85 Besuche, durch die der Haftzweck oder die Ordnung in der Anstalt gefährdet wird, ablehnen, 86 von einer Durchsuchung, namentlich nach Waffen oder Ausbruchswerkzeug, 87 oder davon abhängig machen, dass der Besuch in einem mit einer Trennscheibe versehenen Raum stattfindet, und zwar selbst dann, wenn weder der Haftbefehl auf § 129a StGB gestützt ist, noch die Untersuchung sich auf eine solche Tat erstreckt. 88 Die einschränkungslose Anordnung einer generellen Besuchssperre ist unzulässig 89 (ausgen. §§ 31 ff. EGGVG).
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Vgl. z.B. BGH M D R 1990 166; Rn. 89. Vgl. Hinüber StV 1994 212. SYJWolter Vor § 151, 119 ff., 124 ff. ; vgl. auch BGHSt 34 363; 4 4 129; Hinüber StV 1994 212; Meyer-Goßner 8 (Mikrophon in der Zelle). BGHSt 3 4 363; 4 4 129. Vgl. auch BGH N S t Z 1995 6 0 5 mit Anm. Fezer StV 1996 77; Odenthal N S t Z 1995 5 7 9 (heimliche Stimmidentifizierung), sowie die Erl. zu § 136a. S. EGMR JR 2 0 0 4 127; Esser JR 2 0 0 4 98. Vgl. Nr. 2 4 ff. UVollzO; krit. dazu insbes. Seebode (Vollzug) 164 ff. Zu Kontrollbesuchen internationaler Gremien vgl. die Europäische Konvention vom 26. Juni 1987 EuGRZ 1989 5 0 2 sowie Labarthe EuGRZ 1989 4 7 7 ff. S. Gärtner N S t Z 2 0 0 5 5 4 4 (Besuchserlaubnis trotz entgegenstehender Interessen der „Zurückgewinnungshilfe"). BVerfG N S t Z 1996 613; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2 0 0 3 126; OLG Frankfurt StV 1983 289; OLG H a m m StV 1997 2 5 8 und
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2 5 9 (konkrete Missbrauchsgefahr); 1998 35; KYJBoujong 21; H K / L e m k e 28. BGHSt 43 170; s. aber OLG Frankfurt StV 2 0 0 6 701 (Dauerbesuchserlaubnis für unüberwachte Besuche eines med. Sachverständigen zur Vorbereitung eines Gutachtens). Vgl. Rn. 133 ff. Vgl. OLG Koblenz NStZ 1991 207; OLG Düsseldorf StV 1994 324; 1994 665; KK/ Boujong 22; SYJPaeffgen 23; Nr. 2 4 Abs. 1 Satz 1 UVollzO (ungeschickt formuliert) und Rn. 5. S. auch OLG Koblenz N S t Z 1990 301; BerlVerfGH NStZ-RR 1997 382 (Versagung einer Dauersprecherlaubnis). BGH NJW 1973 1657; Meyer-Goßner 18; S K / P a e f f g e n 22. Vgl. auch BVerfG ZfStrVo 1982 377; Hinüber StV 1994 212; MüllerDietz ZfStrVo 1995 214. OLG Celle N S t Z 1981 196; LG Frankfurt NStZ 1981 496; K K / B o u j o n g 26; MeyerGoßner 18; SYJPaeffgen 22; Schlüchter 2 3 0 . OLG Düsseldorf StV 1994 324. Vgl. auch Seebode (Vollzug) 164 zur Häufigkeit der Besuche; OLG Hamburg StV 1998 34; LG
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§ 119
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Für Besuche von Familienangehörigen ist zu beachten, dass dem grundsätzlich garantierten Schutz der Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) auch im Haftvollzug ein besonderer Stellenwert zukommt. 9 0 Deshalb müssen alle erforderlichen und zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um in angemessenem Umfang Besuche durch Familienangehörige, und zwar möglichst unüberwacht (Rn. 4 3 ) , zu ermöglichen. 9 1 Eine Versagung der Besuchserlaubnis kann nur in Betracht kommen, wenn einer konkreten Gefährdungslage (Rn. 2 5 ) keinesfalls, auch nicht durch eine (notfalls) Summierung verschiedener Kontrollmaßnahmen, hinreichend begegnet werden k a n n . 9 2 Überwachungsmaßnahmen sollten im Übrigen auf das unbedingt erforderliche Minimum (etwa nur optische Überwachung) beschränkt werden. 9 3 Je nach Lage des Einzelfalles sind auch besondere Besuchszeiten einzurichten, häufigere Besuche zu erlauben und die regelmäßige Besuchszeit zu verlängern. 9 4 Eheleute, die sich in verschiedenen Haftanstalten befinden, sollten grundsätzlich zu Besuchen zusammengeführt werden; 9 5 Verdunkelungsgefahr sollte - soweit notwendig und möglich - durch Überwachungsmaßnahmen begegnet werden. Diese Grundsätze gelten auch für Verlobte des Inhaftierten und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 9 6
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Osnabrück StraFo 1998 137 (Hinweis auf Art. 6 GG); LG Frankfurt StV 1998 494 (kein längerer Ausschluss der Besuchsmöglichkeit, nur weil kein Überwachungsbeamter zur Verfügung steht). Vgl. BVerfG StraFo 2006 490; NStZ 1994 52; 1994 604 mit Anm. Rotthaus·, OLG Frankfurt StV 1985 375; KG NStZ 1992 558; OLG Düsseldorf StV 1994 324; StV 1996 323 mit Anm. Nibbeling; StraFo 1997 251; 2000 67; OLG Hamm StV 1996 325; OLG Nürnberg ZfStrVo 1999 303; OLG Stuttgart StV 2003 628 (Zusammenführung in Haft befindlicher Eheleute); s. auch BVerfGE 57 170 (auch volljährige Kinder); Rottbaus ZfStrVo 1996 3; Erl. zu Art. 8 EMRK; SK/Paeffgen Art. 8, 76 EMRK; s. auch Kühne/Esser StV 2002 383. Vgl. BVerfG StraFo 2006 490; NStZ 1994 52; 1994 604 mit Anm. Rotthaus·, 1996 613; OLG Bremen StV 1998 33; OLG Frankfurt StV 1985 375; OLG Düsseldorf StV 1994 324; StV 1996 323 mit Anm. Nibbeling-, OLG Köln StV 1995 259; OLG Nürnberg ZfStrVo 1999 303; LG Freiburg StraFo 1998 242; LG Osnabrück StraFo 1998 137; s. auch ThürOLG JZ 1996 157 (keine Intimkontakte bei Besuch) mit Anm. Seebode und Paeffgen NStZ 1996 73; OLG Frankfurt JR 1992 255 mit Anm. Joerden und Anm. Paeffgen NStZ 1992 483 (auch nicht - ersatzweise - künstliche homologe Insemination); Dünkel 398; Seebode (Vollzug) 164 ff., 179. Zur Überwachung des Gesprächs s. auch BGHSt 44 138; zum Gespräch mit dem Beistand gemäß § 149 s. BGHSt 44 82 sowie die Erl. zu % 149.
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Vgl. KG NStZ 1992 558; OLG Düsseldorf NStZ 1989 549; StV 1994 324; OLG Bremen StV 1995 645; OLG Hamburg StV 1998 34; OLG Hamm StV 1996 325 (beabsichtigte Vernehmung von Familienangehörigen); 1997 260; OLG München StV 1996 491 mit Anm. Degenhard; OLG Nürnberg ZfStrVo 1999 303; LG Göttingen NStZ-RR 2004 28; KKJBoujong 23; vgl. auch LG Osnabrück StraFo 1998 137; LG Berlin StV 1992 282 (Vorrang familiärer Bindungen vor etwaigen Gefahren der Ermittlungsbeeinträchtigung). Vgl. BVerfG NStZ 1994 52; OLG Hamm StV 1997 259; 1998 35; Kruis/Cassardt NStZ 1995 523. BVerfGE 42 100; NStZ 1994 604 mit Anm. Rotthaus; StraFo 2006 490 (erweiterte Besuchsmöglichkeit für Kleinkind); OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1992 145; OLG Düsseldorf StV 1996 323 (zutreffend zur Erweiterung der Besuchszeiten) mit Anm. Nibbeling; StraFo 2000 67; S. auch BVerfG NJW 1993 3059 (kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG); Kruis/Cassardt NStZ 1995 523; Seebode (Vollzug) 164. Vgl. OLG Frankfurt MDR 1979 1043; OLG Düsseldorf NStZ 1989 549 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 531; OLG Köln StraFo 1995 118; OLG Stuttgart StV 2003 628; KK/Bokjong 23. Vgl. BVerfG NStZ 1994 52; LG Köln StV 1994 587 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 72; SK/Paeffgen 19; s. auch OLG Hamburg StV 1998 34.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
Bei Verteidigern ist wegen des nach § 148 völlig freien Verkehrs grundsätzlich jede Besuchsüberwachung und jede, auch nur oberflächliche, Kontrolle der schriftlichen (§ 148 Abs. 1) Verteidigungsunterlagen 97 unzulässig. 98 Verteidigungsunterlagen sollten als solche gekennzeichnet werden. 9 9 Unabhängig von der Grundsatzfrage, ob ein Mandatsanbahnungsgespräch unter § 148 fällt, 1 0 0 sollte für ein solches Gespräch grundsätzlich ein unüberwachter Besuch ermöglicht werden. 1 0 1 Ein den Verteidiger begleitender Dolmetscher benötigt keine Besuchserlaubnis. 1 0 2 Hinsichtlich der Waffen und Ausbruchswerkzeuge ist der Verteidiger wie jeder andere Besucher zu behandeln, 1 0 3 wenn eine Durchsuchung auch auf äußerst eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss. 1 0 4 Ist Gegenstand des Verfahrens eine Straftat nach § 129a StGB, so ist eine Überwachung des Schriftverkehrs durch einen am Verfahren unbeteiligten Richter zulässig (§ 148 Abs. 2). Für diesen Fall sind beim mündlichen Kontakt zwischen Verteidiger und Beschuldigten wiederum Vorrichtungen vorzusehen, die die Übergabe von Gegenständen ausschließen (§ 148 Abs. 2 Satz 3).
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Bei Verdunkelungsgefahr sind Besuche besonders sorgfältig zu überwachen (soweit dies zulässig ist - s. Rn. 4 2 ) . 1 0 5 Die Überwachung ist aber auch bei Fluchtgefahr statthaft, wenn eine reale Gefährdung die Maßnahme erfordert (Rn. 2 5 ) . 1 0 6 Der Richter muss jedoch unüberwachte Besuche genehmigen, wenn der Haftzweck, die Persönlichkeit der Beteiligten und die Ordnung in der Anstalt es zulassen. 1 0 7 Falls es notwendig ist, die Besuche zu überwachen, ist die Überwachungsmaßnahme so grundrechtsschonend wie möglich zu gestalten; die nur optische Überwachung ist der akustischen vorzuziehen und im Einzelfall kann die Trennscheibe der mildere Eingriff sein. 1 0 8 Der überwachende
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Zum Verbot der Übermittlung sonstiger Sachen s. z.B. OLG Dresden NStZ 1998 535. BVerfGE 38 30. S. auch z.B. OLG Frankfurt StraFo 2005 73; OLG Stuttgart NStZ 1991 359; OLG Koblenz GA 1987 367 (Zellenkontrolle); ZfStrVo 1996 116 (Weiterleitung von Blanko-Vollmachtformularen); LG Stuttgart StV 1987 540; LG Frankfurt StV 1995 645; Göhl FS Rebmann 199 ff.; Müller-Dietz (Kolloquium) 240; Münchhalffen StraFo 2003 150. Zum Verteidigerkontakt im Ausland vgl. EGMR EuGRZ 1992 298; Schw.BG StV 1995 646; VfGH Wien EuGRZ 1995 71. Vgl. LG Stuttgart StV 1987 540. S. auch OLG Koblenz ZfStrVo 1996 116. Vgl. die Erl. zu § 148. Vgl. KG StV 1991 307 mit Anm. Müller NStZ 1994 28; StV 1991 524 mit Anm. Müller NStZ 1994 121; Münchhalffen StraFo 1997 106; einschränkend OLG Stuttgart StV 1993 255 mit Anm. Fezer und Müller NStZ 1995 379. S. auch Danckert StV 1986 173 sowie Nr. 36 Abs. 4 UVollzO. LG Frankfurt StV 1989 350. S. auch KG NStZ 1990 402 mit Anm. Hilger; LG Köln NStZ 1983 237. BVerfGE 38 30; BGH NJW 1973 1657.
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Gerhard AnwBl. 1973 281. S. auch OLG Frankfurt NStZ 1992 455 (Mitnahme von Mineralwasser). Vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2003 126 (Verdunklungsgefahr; akust. Überwachung). Vgl. BVerfG NStZ 1996 613; OLG Hamburg StraFo 2006 377; OLG Hamm StV 1998 35; OLG Köln StV 1995 259; s. auch OLG Schleswig bei LorenzeniThamm SchlHA 1992 145. Vgl. dazu (aber nur: „kann") OLG Düsseldorf StV 1983 111; OLG Frankfurt StV 1983 289; 1983 465; 1985 375; OLG Hamm StV 1997 259; 1998 35; OLG Köln StV 1995 259; OLG Zweibrücken StraFo 2004 380; YX/Boujong 26; Meyer-Goßner 14. Vgl. auch BVerfG NStZ 1994 52; OLG Frankfurt StV 1985 375; OLG Hamm StV 1997 259; Müller-Dietz (Kolloquium) 240; Seebode (Kolloquium) 182; zur Trennscheibe SK/Paeffgen 22 (Wahlrecht des Antragstellers); Paeffgen NStZ 1990 531; s. auch OLG Celle NStZ 1981 196; OLG Stuttgart StV 2004 493 (keine Trennscheibe bei Ehegattenbesuch, wenn Gefahr der Übergabe nur einer geringen Menge Haschisch); OLG Zweibrücken StraFo 2004 380 (Trennscheibe nur bei konkreter Gefahr).
Hans Hilger
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Beamte 1 0 9 soll auch befugt sein, Notizen über das Gehörte zu machen; 1 1 0 dem kann zugestimmt werden, falls auf diese Weise ein Abbruch des Gesprächs (Nr. 2 7 Abs. 3 UVollzO) vermieden werden kann. Außerdem kann die Zahl der Personen, die gleichzeitig Besuche abstatten, gering gehalten werden (Nr. 2 6 Abs. 1 Satz 2 UVollzO: in Ausnahmefällen bis zu drei Personen). Sind mehrere Verhaftete in derselben Anstalt untergebracht, von denen keiner verdächtigt ist, an der dem anderen vorgeworfenen Tat beteiligt zu sein, können sie sich unter denselben Voraussetzungen besuchen, unter denen sie es könnten, wenn sie in Freiheit wären. 1 1 1 44
Es ist Aufgabe des Richters (Vorsitzenden), die Interessen des Anstaltsbetriebs mit denen des Verhafteten abzuwägen. 112 Dabei wird er auch (u.a.) die Persönlichkeit des Verhafteten, ggf. dessen berechtigte Verteidigungsinteressen und die Länge einer schon verflossenen Haftzeit berücksichtigen. Unzuträglichkeiten in der Anstalt sind kein Grund, Besuche und Vorführungen mehrerer in derselben Anstalt Verhafteten zu versagen. Der begrenzte Personalbestand macht es erforderlich, besondere Besuchstage (freilich nicht für Verteidiger - vgl. die Erl. zu § 148 sowie Rn. 133 ff., 153 ff.) anzusetzen, die Zahl der Besuche (Nr. 25 UVollzO) und die Besuchszeiten (Nr. 2 4 Abs. 1 Satz 3 UVollzO) zu beschränken; doch dürfen bei einem Untersuchungsgefangenen an Häufigkeit und Dauer der Besuche keine strengeren Voraussetzungen verlangt werden als bei einem Strafgefangenen. Die für Besuche vorgesehene Zeit gibt nur einen Anhalt. Sie muss und sollte nicht die Regel sein, vor allem, wenn der Besucher - wegen Entfernung oder Arbeit - nur selten kommen kann. 1 1 3 Ordnet der Haftrichter eine akustische Besuchsüberwachung unter Hinzuziehung eines Dolmetschers an, so ist der Inhaftierte nicht vorschusspflichtig. 114 Zur Besuchserlaubnis für Journalisten s. Rn. 126.
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2. Pakete. Bis zum 31. Dezember 1976 gestattete die Untersuchungshaftvollzugsordnung dem Verhafteten nur, Wäschepakete zu empfangen, untersagte den Paketempfang sonst grundsätzlich, gestand dem Anstaltsleiter jedoch zu, Ausnahmen zu bewilligen. Diesem Vorschlag lag die Erwägung zugrunde, dass der Paketverkehr Gelegenheit gebe, dem Verhafteten Fluchtgeräte zuzustecken. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass dieser Befürchtung durch Durchsicht begegnet werden kann. 1 1 5 Zwar ist nicht zu verkennen, dass eine Kontrolle (Rn. 47) zusätzliches Personal erfordert. Da es immer begrenzt sein wird, darf auch der Paketempfang begrenzt werden. Ganz ausgeschlossen werden darf er nicht und muss der für einen begrenzten Paketempfang notwendige Personalaufwand schon deshalb erbracht werden, weil die Paketkontrolle (begrenzt auf nach Lage des Einzelfalles erforderliche Stichproben, wenn nicht Anlass zu intensiverer Kontrolle besteht) zum ordnungsgemäßen Vollzug der Untersuchungshaft gehört. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass Grundrechte nicht nur nach Maßgabe dessen bestehen, was an Verwaltungseinrichtungen üblicherweise vorhanden oder nach Verwaltungsgebrauch vorge-
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Vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2 0 0 4 154 (Seelsorger ungeeignet). BGHR StPO § 119 III 1 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 531; KK/Boujong 26. OLG Hamburg N J W 1965 364; OLG Koblenz NStZ 1991 207. Vgl. BGHSt 4 3 170 (Besuche eines Sachverständigen); OLG Düsseldorf J Z 1978 728; OLG Celle NStZ 1981 196; OLG Frankfurt StV 2 0 0 2 2 0 8 ; OLG Hamm NStZ-RR 2 0 0 4
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154 (Besuchsüberwachung, Beurteilungsspielraum des Vorsitzenden); LG Frankfurt NStZ 1981 4 9 6 . Ähnlich (sehr krit.) SK/Paeffgen 18; vgl. auch BVerfG NJW 1993 3059. H.M.; LG Stuttgart StV 2 0 0 1 123; s. im Übrigen BVerfG NJW 2 0 0 4 1095 sowie die Erl. zu § 4 6 4 a , § 4 6 4 c und Art. 6 EMRK. Vgl. auch Steinke ZfStrVo 1995 223. Hennerkes 127.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§119
geben ist. 1 1 6 D e s h a l b k a n n nur ausnahmsweise g e m ä ß § 1 1 9 Abs. 3 bei k o n k r e t e r Gefährdung eine Versagung des Paketempfangs und des Wäschetauschs zulässig sein, etwa wenn die k o n k r e t e G e f a h r besteht, dass Drogen in die Vollzugsanstalt eingeschleußt werden könnten.117 D e r genannte Grundsatz erfordert beim Paketempfang besondere Beachtung; denn die Verbindung zur Familie wird durch ein liebevoll gepacktes Paket oft inniger aufrechterhalten als durch Briefe. Die Verbindung zur Familie zu fördern, muss angesichts des Grundsatzes, den Verhafteten menschlich zu behandeln (Nr. 18 Abs. 1 U V o l l z O ) und die Sozialisation des Verurteilten als Vollzugsziel in den Vordergrund zu stellen, 1 1 8 schon in der Untersuchungshaft als eine dringliche F ü r s o r g e m a ß n a h m e angesehen werden. D a h e r ist der Empfang von Paketen zulässig, wenn auch die Z a h l der Sendungen beschränkt werden k a n n . 1 1 9
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Diesen Erwägungen trägt Nr. 3 9 Abs. 1 UVollzO - wenn auch unvollkommen Rechnung. Aus der Verweisung auf § 3 3 Abs. 1 StVollzG und den dazu erlassenen bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften folgt, dass der Verhaftete dreimal jährlich in angemessenen Abständen ein Paket mit N a h r u n g s - und Genussmitteln empfangen darf. D a r ü b e r hinaus wird ihm gestattet, wenn er am O r t der Vollzugsanstalt keine Angehörigen hat, regelmäßig W ä s c h e p a k e t e zu empfangen (Nr. 3 9 Abs. 2 UVollzO). Weil der Paketverkehr nicht nur einen materiellen, sondern auch einen ideellen Z w e c k verfolgt, kann er nicht mit der Begründung untersagt werden, der Verhaftete habe die - zudem beschränkte - M ö g l i c h k e i t , in der Vollzugsanstalt einzukaufen. D a s empfangene Paket unterliegt der K o n t r o l l e . D a b e i k ö n n e n einzelne Gegenstände zurückgewiesen oder zur H a b e des Verhafteten g e n o m m e n werden (Nr. 3 9 Abs. 3 Satz 2 U V o l l z O ) . 1 2 0
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O h n e prozessualen Erkenntniswert ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, 1 2 1 in dem das Gericht ausdrücklich betont, dass es das einfache R e c h t nicht zu prüfen und namentlich nicht zu entscheiden habe, o b nach diesem eine andere Entscheidung möglich wäre oder gar den Vorzug verdiente. Das Bundesverfassungsgericht erachtet es für verfassungsgemäß, den Paketempfang auf drei Pakete im J a h r zu beschränken, von der Verwendung einer P a k e t m a r k e abhängig zu m a c h e n , ohne die die Anstalt die A n n a h m e von Paketen bereits auf dem Postamt verweigern k ö n n e , sowie die Zusendung von Büchern, Lebensmitteln und Zigaretten auszuschließen mit der Begründung: Die Vollzugsanstalt (sie) sei nicht gehalten, „dem Untersuchungsgefangenen die Erreichung eines angestrebten Zieles auf einem Weg zu ermöglichen, der für die Vollzugsanstalt außerordentliche Schwierigkeiten mit sich b r i n g t " ; Bücher könne der Verhaftete durch Vermittlung der Anstalt beziehen, Lebensmittel in der Anstalt kaufen.
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Eine B e s c h r ä n k u n g ist a u c h hier für zulässig erklärt w o r d e n , die a u f drei Pakete entspricht aber nicht den dargestellten verfassungsrechtlichen Prinzipien ( R n . 1, 4 ,
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Vgl. BVerfGE 15 296; BVerfG NStZ 1994 604 mit Anm. Rotthaus; OLG Celle NJW 1951 676; verfehlt daher OLG Düsseldorf NStZ 1999 536 mit abl. Anm. Paeffgen NStZ 2000 79; OLG Köln StV 2 0 0 6 537 mit abl. Anm. Seebode StV 2 0 0 6 552. Vgl. OLG Koblenz NStZ 1999 215; OLG Zweibrücken StV 1998 32 mit Anm. Seebode StV 1998 385; unklar OLG Zweibrücken ZfStrVo 1997 304.
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BVerfGE 35 235; BGHSt 24 42. OLG Frankfun NJW 1967 166; S K / P a e f f g e n 41; Wagner JW 1928 2965; Hennerkes 127; Dünkel 398; krit. insbes. Schlothauer/Weider 1063 ff.; Seebode (Vollzug) 166. OLG Oldenburg NJW 1964 215; OLG Düsseldorf JMB1NW 2 0 0 0 56. BVerfGE 34 379 mit Anm. Müller-Dtetz JZ 1974 99; krit. auch S K / P a e f f g e n 41; s. aber OLG Hamm NStZ 1982 134.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
2 5 ) 1 2 2 und auch nicht den Garantien in § 119 Abs. 3, 4. Monatlich ein Paket dürfte angemessen sein; der hierfür erforderliche Überwachungsaufwand muss geleistet werden (vgl. Rn. 26). 1 2 3 Der Ausschluss von Büchern und Genussmitteln übersieht, wie gerade dadurch Erinnerungen geweckt und auf diese Weise die Verbindung zu dem Absender aufrechterhalten werden kann. Das Verbot, Lebensmittel der gewohnten Art von zu Hause zu beziehen, löscht die Bequemlichkeitsgarantie für einen wichtigen Teil des Lebens aus. Wer zur Feststellung des Prüfungsaufwands in der Anstalt auf die Zahl der Verhafteten abstellt, wie es eines der Oberlandesgerichte in seinem bestätigten Beschluss tut, weiß nicht, wie wenig Verhaftete - leider - Bindungen außerhalb der Anstalt haben. Schließlich erfordert jede Beschränkung im Paketempfang das Vorliegen einer realen Gefährdung im konkreten Fall (Rn. 25, 130). 1 2 4 50
Die Verwendung der Paketmarke verstößt gegen die durch Art. 6 Abs. 2 E M R K begründete Unschuldsvermutung, die Bloßstellungen (schon auf der Post!) verbietet, und gegen den Grundsatz, im Vollzug die Sozialisation zu fördern, 125 der schon in der Untersuchungshaft Geltung beansprucht. Die Untersuchungshaftanstalt hat zudem keine Befugnis, den Paketempfang zu regeln; das ist allein Sache des Richters (§ 119 Abs. 6; Rn. 133 ff.).
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Die Absendung von Paketen soll Nr. 39 Abs. 4 UVollzO in Verbindung mit § 33 Abs. 4 StVollzG regeln. Die obigen Ausführungen gelten hier entsprechend. 126 Die „Kann"-Regelung ist zumindest sehr bedenklich, weil sie dem grundsätzlichen Recht des Beschuldigten nicht entspricht. 3. Disziplinarmaßnahmen
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a) Grundlage. Die Ordnung in der Vollzugsanstalt kann nicht ohne eine Disziplinargewalt aufrechterhalten werden. Jedoch reicht Absatz 3 nicht als gesetzliche Grundlage aus, um eine Disziplinarmaßnahme - schon nach dem Wortlaut mehr und anderes als eine „Beschränkung" - aufzuerlegen, schon gar nicht für den vom Richter „transformierten" detaillierten Katalog der Nr. 68 UVollzO, und auf keinen Fall für Arrest. 127 Da die Praxis, vom Gesetzgeber im Stich gelassen, weiterhin Disziplinarmaßnahmen verhängen muss, folgen weitere Bemerkungen unter der hypothetischen Annahme, dass die Disziplinarmaßnahme in Absatz 3 eine gesetzliche Grundlage habe oder demnächst erhalten werde.
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Vgl. Dünkel 398; Seebode StV 2 0 0 6 552; (Vollzug) 166; OLG Köln NStZ-RR 1999 381 - jetzt aufgegeben durch OLG Köln StV 2 0 0 6 537. Seebode (Vollzug) 166 (1 Paket wöchentlich); OLG Köln NStZ-RR 1999 381 - aufgegeben in StV 2 0 0 6 5 3 7 mit abl. Anm. Seebode StV 2 0 0 6 5 5 2 ; s. aber OLG Hamm NStZ 1982 134; OLG Düsseldorf NStZ 1999 536 mit abl. Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 0 79. Vgl. OLG Köln NStZ-RR 1999 381; s. dagegen OLG Koblenz NStZ 1994 56 mit
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Anm. Paeffgen NStZ 1995 24; OLG Köln StV 2 0 0 6 5 3 7 mit abl. Anm. Seebode 552. BVerfGE 35 215; BGHSt 2 4 4 2 ; SK/Paeffgen 41. Vgl. KK/Boujong 60; S K / P a e f f g e n 43. SKJPaeffgen 52; Baumann FS Dünnebier 6 8 4 (auch zu Reformfragen); Klee GA 55 (1908) 271; Schlothauer/Weider 1021 ff.; Seebode (Vollzug) 2 4 5 ff.; a.A. die h.M.: OLG Braunschweig MDR 1965 1007; OLG Hamburg NJW 1965 1544; KK/Boujong 86; Ranft 7 0 7 ; Veit 66; Kleinknecbt/Janischowsky 4 2 0 .
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§119
b) Die Disziplinarmaßnahme ist ein bloßes Ordnungsmittel. Im Gegensatz zur Kriminalstrafe wohnt ihr kein Vergeltungszweck inne. Daher darf sie ausschließlich nach Gesichtspunkten der General- und Spezialprävention verhängt werden. 1 2 8 Die Disziplinarmaßnahme soll dem störenden Verhafteten und seinen Schicksalsgenossen dartun, dass die Ordnung in der Anstalt, wenn es nottut auch mit Gewalt, aufrechterhalten wird. 1 2 9 Kann sie diese Wirkung nicht erfüllen, etwa weil sie dem Verstoß nicht auf dem Fuß folgt, ist es unzulässig, sie zu verhängen; ebenso ist es unzulässig, eine verhängte Maßnahme erst nach längerer Zeit zu vollstrecken. 1 3 0 Des Weiteren ist die Anordnung unzulässig, wenn zwischenzeitlich der Haftbefehl mangels dringenden Tatverdachts aufgehoben wurde. 131 Dagegen macht der Umstand, dass die Wirkung auf den Störer fehlt, die Maßnahme dann nicht unzulässig, wenn sie wegen ihrer generalprävenierenden Wirkung noch erforderlich ist, um die Ordnung in der Anstalt aufrechtzuerhalten. Die Vollstreckung einer Disziplinarmaßnahme kann zur Bewährung ausgesetzt werden; 1 3 2 jedoch muss die Vollstreckung wegen des Gebots der Zügigkeit unverzüglich nach Bekanntwerden des Widerrufsgrundes erfolgen.
53
Voraussetzung der Disziplinarmaßnahme ist, dass der Verhaftete der Ordnung in der Vollzugsanstalt zuwiderhandelt (Nr. 6 7 Abs. 1 UVollzO) oder den Haftzweck - etwa durch einen Fluchtversuch - gefährdet oder vereitelt. 133 Wenn auch gewisse Bedenken 1 3 4 nicht unterdrückt werden können, nicht nur die Ordnung, sondern auch den Haftzweck durch eine Disziplinarmaßnahme zu sichern, wird man diese bei einem Fluchtversuch doch als zulässig ansehen dürfen. 1 3 5 Dagegen ist es unzulässig, gegen den Verhafteten eine Disziplinarmaßnahme deshalb anzuordnen, weil er es unterlassen hat, Ausbruchsvorbereitungen Mitgefangener zu melden, 136 um ihn zur Schadenswiedergutmachung zu veranlassen, 137 oder bei zulässiger Arbeitsverweigerung. 138 Zulässig sind Disziplinarmaßnahmen jedoch bei versuchter Umgehung einer Briefkontrolle, 1 3 9 groben Beleidigungen von Vollzugsbediensteten, 140 Weigerung, an einer unerlässlichen ärztlichen Untersuchung teilzunehmen 1 4 1 oder den Haftraum zu reinigen, 142 Behinderung einer erforderlichen Haftraumkontrolle. 1 4 3 Eine Maßnahme erfordert in allen Fällen, dass der Verstoß schuldhaft erfolgte. 1 4 4 Der Begriff „in" der Anstalt umfasst die ganze Gefangenschaft.
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O L G Bremen N J W 1 9 5 7 2 7 5 . O L G H a m m M D R 1 9 6 9 4 0 8 ; vgl. auch O L G Braunschweig M D R 1 9 6 5 1 0 0 7 (Zulässigkeit neben Strafverfolgung). H . M . ; vgl. O L G Stuttgart Justiz 1 9 8 7 115; N S t Z - R R 2 0 0 1 2 2 2 ; O L G Nürnberg N S t Z 1 9 8 9 2 4 6 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 8 7 2 5 5 ; 1 9 9 0 5 0 3 ; T h ü r O L G StraFo 2 0 0 4 317. Z u r Vollstreckung in nachfolgender Strafhaft vgl. auch § 1 0 5 Abs. 3 Satz 1 StVollzG, in nachfolgender Untersuchungshaft Nr. 7 0 Abs. 2 UVollzO. O L G Celle N S t Z 1 9 8 5 3 7 8 . W ä r e die Verfehlung eine Straftat und wird der Beschuldigte insoweit in einem Strafverfahren freigesprochen, so kann dies ein Verfahrenshindernis bewirken - O L G München N S t Z 1989 294. O L G Düsseldorf StV 1 9 8 7 2 5 5 ;
SYJPaeffgen
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5 5 ; Meyer-Goßtter 30; Schlothauer/Weider 1 0 2 3 ; a.A. K K / B o u j o n g 89. O L G Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1 9 8 2 119. Eingehend dazu SYJPaeffgen 5 3 . YYJBoujong 8 7 ; h . M ; a.A. SYJPaeffgen 5 3 . O L G Düsseldorf N J W 1 9 6 8 1 3 4 3 . O L G Düsseldorf StV 1 9 8 5 65. AG Hamburg N S t Z 1 9 8 5 2 8 8 . Vgl. Rn. 108. O L G Düsseldorf StV 1 9 9 1 2 2 1 . O L G Koblenz GA 1 9 7 6 121. S. aber Rotthaus ZfStrVo 1 9 9 6 6. O L G Düsseldorf N S t Z 1 9 8 4 3 8 1 ; einschränkend SYJPaeffgen 5 3 . O L G Karlsruhe Justiz 1 9 8 6 4 6 8 . O L G Karlsruhe Justiz 1981 8 7 (Verkleben des Zellenspions); s. auch Rn. 95. O L G Koblenz ZfStrVo 1 9 9 3 1 8 6 (Mandatsanbahnungspost).
Hans Hilger
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§ 119
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Daher kann auch eine außerhalb der Vollzugsanstalt begangene Handlung gegen die Ordnung in der Anstalt verstoßen. 145 55
4. Arten der Disziplinarmaßnahmen. Da die Disziplinarmaßnahme Ordnungsmittel ist, kommen für sie alle Hafterschwerungen in Betracht, die geeignet sind, Ordnungsfunktionen zu entfalten. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, dass grausame und herabwürdigende Maßnahmen verboten sind. Wegen des Gleichheitsgrundsatzes ist es erforderlich, bei gleichen Umständen gleiche Ordnungsmittel anzuwenden. Daher empfiehlt es sich trotz einiger Bedenken, 146 den Katalog der Untersuchungshaftvollzugsordnung im Grundsatz anzuwenden. Im Übrigen ist sowohl bei der Anordnung wie beim Vollzug der Disziplinarmaßnahme darauf zu achten, dass die Verteidigung und die Verhandlungsfähigkeit des Gefangenen nicht beeinträchtigt werden (Nr. 69 Abs. 4 UVollzO).
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Nr. 68 UVollzO lautet: Arten der Disziplinarmaßnahmen (1) Als Disziplinarmaßnahmen kommen in Betracht: 1. Verweis; 2. Beschränkung oder Entzug des Rechts auf Selbstbeköstigung (Nr. 50 Abs. 2) und des Rechts auf Beschaffung von zusätzlichen Nahrungs- und Genußmitteln und Gegenständen des persönlichen Bedarfs (Nr. 51 Abs. 1) bis zu drei Monaten; 3. Beschränkung oder Entzug verlängerter Haftraumbeleuchtung (Nr. 54 Abs. 2) bis zu drei Monaten; 4. Beschränkung oder Entzug des Lesestoffs (Nr. 45) bis zu zwei Wochen sowie des Hörfunk- und Fernsehempfangs (Nr. 40) bis zu drei Monaten; der gleichzeitige Entzug jedoch nur bis zu zwei Wochen; 5. Beschränkung oder Entzug des Besitzes von Gegenständen aus der Habe (Nr. 53 Abs. 1) bis zu drei Monaten: 6. Beschränkung oder Entzug der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen (Nr. 46) bis zu drei Monaten; 7. Entzug des täglichen Aufenthalts im Freien (Nr. 55) bis zu einer Woche; 8. Entzug einer zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung (Nr. 43) unter Wegfall der Bezüge oder einer Selbstbeschäftigung (Nr. 44) bis zu vier Wochen; 9. Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten; 10. Arrest bis zu vier Wochen. (2) Für junge Gefangene (Nr. 1 Abs. 4) gilt Abs. 1 Ziffer 7 nicht, Arrest (Abs. 1 Ziffer 10) ist nur bis zu zwei Wochen zulässig. (3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. (4) Bei der Wahl der Disziplinarmaßnahmen werden Grund und Zweck der Haft sowie die seelischen Wirkungen der Untersuchungshaft und des Strafverfahrens berücksichtigt. (5) Der Anstaltsleiter soll die Anordnung von Arrest nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen beantragen. Die Anordnung von Maßnahmen nach Abs. 1 Ziffern 3 bis 9 soll er möglichst nur beantragen, wenn die Verfehlung mit den zu beschränkenden oder zu entziehenden Befugnissen im Zusammenhang steht, dies gilt nicht bei einer Verbindung mit Arrest.
145 146
OLG Düsseldorf JMB1NW 1955 9. Vgl. SK/Paeffgen 54 (gegen Absatz 1 Nr. 7); Baumann FS Dünnebier 700; Hennerkes
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149; Hinüber StV 1994 213; Seebode (Vollzug) 247.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
Durch Nr. 68 UVollzO ist der Maßnahmenkatalog dem für Strafgefangene (§ 103 5 7 Abs. 1 StVollzG) weitgehend angenähert. Ausnahmen sollen gelten, soweit Besonderheiten der Untersuchungshaft der Gleichbehandlung von Untersuchungs- und Strafgefangenen entgegenstehen. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, hat es doch neben dem Vorteil größerer Durchsichtigkeit für Vollzugsbedienstete und Gefangene auch zur Folge, dass Ungerechtigkeiten und damit Störungen im Anstaltsbetrieb vermieden werden, die durch eine unterschiedliche Behandlung gleichartiger Verstöße von Untersuchungs- und Strafgefangenen - zumal wenn sie sich in derselben Anstalt befinden - entstehen können. So erstrebenswert ein einheitlicher Katalog zulässiger Disziplinarmaßnahmen auch ist, darf dabei doch nicht übersehen werden, dass eine Angleichung für die Betroffenen nicht nur Vorteile, sondern zuweilen auch Nachteile bringt; Nr. 68 UVollzO macht insoweit keine Ausnahme. Nr. 68 UVollzO räumt einen großen Teil der Bedenken aus, die gegen einige früher für zulässig erachteten Maßnahmen erhoben worden waren. 1 4 7 So ist namentlich die Beschränkung des Briefverkehrs - als Disziplinarmaßnahme - entfallen (wegen sonstiger Beschränkungen vgl. Rn. 68 ff.) und darf die Bewegung im Freien nicht mehr beschränkt, die Kost nicht mehr geschmälert und hartes Lager nicht mehr angeordnet werden. Schließlich ist das Verbot, sich Lesestoff zu verschaffen, von vier auf zwei Wochen verkürzt (Nr. 68 Abs. 1 Nr. 4 UVollzO) und damit eine Regelung gefunden worden, die wohl noch mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz GG zu vereinbaren ist.
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Es entspricht dem Wesen einer Disziplinarmaßnahme, dass einzelne Verstöße nicht getrennt betrachtet und zum Gegenstand verschiedener Maßnahmen gemacht werden, vielmehr allen zum Zeitpunkt der Anordnung bekannten Zuwiderhandlungen mit einer einzigen Maßnahme begegnet wird; eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung gibt es nicht. 1 4 8
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5. Verfahren a) Allgemein. Die Disziplinarmaßnahme ist eine prozessuale Maßnahme. Sie wird 6 0 daher durch schriftlich begründeten (§ 34) Beschluss erlassen, nachdem die Staatsanwaltschaft gehört worden ist (§ 33 Abs. 2). 1 4 9 Für die Bekanntmachung des Beschlusses genügt formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz). Sie wird in der Regel in der Weise vorzunehmen sein, dass ein Anstaltsbeamter dem Verhafteten den Beschluss mündlich eröffnet. Zuständig ist allein der Richter (§ 119 Abs. 6 Satz 1); denn dringende Fälle, die nicht 61 bis zur Entscheidung des Richters anstehen können, sind nicht denkbar, und die Anordnung einer Disziplinarmaßnahme kann keine vorläufige Maßnahme (§ 119 Abs. 6 Satz 2) sein. Durch die Transformation von Nr. 67 Abs. 1 UVollzO in eine richterliche Entscheidung (Rn. 6) schließt der Richter zudem aus, dass in Verkennung von § 119 Abs. 6 Satz 2 etwa der Staatsanwalt oder der Anstaltsleiter annehmen dürfte, er habe für dringende Fälle hilfsweise eine Zuständigkeit. Vgl. im Übrigen Rn. 133 ff. b) Rechtliches Gehör. Der Verhaftete ist zu hören (§ 33 Abs. 3), bevor die Maßnähme festgesetzt wird. 1 5 0 Es ist nicht erforderlich, dass der Richter das selbst tut, 151 147 148
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Vgl. UUDünnebier2i 69; Hennerkes 149. Vgl. KG N S t Z 1982 46; OLG H a m m M D R 1969 408. KKJBoujong 90; S K / P a e f f g e n 56; a.A. Meyer-Goßner 46.
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OLG Stuttgart Justiz 1980 420. OLG H a m m NJW 1953 356; Meyer-Goßner 47; KKJBoujong 90; zweifelnd S K / P a e f f g e n 56; Schlothauer/Weider 1022; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 42; Hennerkes 153;
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
weil selbst bei dem erheblich weiter eingreifenden Strafbefehl das Gehör durch eine nichtrichterliche Stelle genügt (§ 4 0 7 Abs. 3). Dem Argument, dass der Anstaltsleiter, der die Strafe beantragt, nicht zugleich die Stelle sein sollte, vor der der Beschuldigte sich rechtfertigen kann, 1 5 2 kommt insofern Bedeutung zu, als der Richter den Beschuldigten (und ggf. die Zeugen) immer persönlich hören sollte, wenn der Fall Zweifel bietet oder wenn der Beschuldigte es beantragt. Ein Verbot, den Verhafteten auf andere Weise zu hören als mündlich durch den Richter selbst, trägt es dagegen nicht. 63
Zum rechtlichen Gehör gehört, dass dem Verhafteten die Ergebnisse der Ermittlungen bekanntgegeben werden, 1 5 3 grundsätzlich auch die Namen der Zeugen, die ihn belastet haben. Denn wer für seine Aussage nicht einzustehen braucht, weil der durch ihn Belastete ihn nicht kennt und daher nicht verfolgen kann, verliert die notwendige Zurückhaltung. Er kann nicht durch das Vorhalten von Tatsachen, die nur der Belastete kennt, veranlasst werden, eine voreilige Aussage zu korrigieren. Im Anstaltsmilieu muss sogar damit gerechnet werden, dass Verhaftete, wenn sie wissen, dass ihr Name nicht bekannt wird, einen Mithäftling vorsätzlich zu Unrecht belasten. In Zweifelsfällen wird daher eine Gegenüberstellung notwendig sein. Diese sollte der Richter stets selbst vornehmen.
64
Das Bundesverfassungsgericht hat in anderem Zusammenhang offengelassen, ob Einschränkungen des rechtlichen Gehörs zulässig sind, wenn sonst eine Gefahr für Leib und Leben des Anstaltspersonals bestünde. 154 Man wird das bejahen und eine Einschränkung auch dann zugestehen müssen, wenn sonst Leib und Leben anderer Verhafteter gefährdet würden. Daher wird man die Namen (nicht die Aussagen) gefangener Belastungszeugen einem solchen Verhafteten vorenthalten dürfen, von dem ernste Repressalien gegenüber den ihn belastenden Mitgefangenen zu erwarten und auch möglich sind. Die Gefahr solcher Repressalien muss jedoch durch konkrete Anhaltspunkte dargetan sein; bloße Vermutungen und Befürchtungen genügen nicht. Zur Anordnung einer Disziplinarmaßnahme genügt eine solche Aussage „hinter dem Rücken" des Belasteten nur, wenn völlig ausgeschlossen ist, dass sie durch Vorhalte des belasteten Verhafteten geändert werden könnten.
65
6. Fesseln (Absatz 5). Die Fesselung (Nr. 64 UVollzO) als der stärkste Eingriff in die Bewegungsfreiheit ist an besonders strenge Voraussetzungen geknüpft, die in Absatz 5 abschließend aufgeführt sind. 1 5 5 Absatz 5 bleibt nach § 178 Abs. 2 StVollzG von § § 9 4 ff. StVollzG unberührt. Danach ist die Fesselung nur zulässig a) bei einer bestimmten Gefährlichkeit für Personen, namentlich Vollzugsbedienstete, und Sachen (Nr. 1). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Absatz 5 Satz 1 letzter Halbsatz) dürfen die gefährdeten Sachwerte aber nicht geringfügig sein. Der Verhaftete, der androht, die in der Zelle hängenden Verhaltensvorschriften zu zerreißen, darf aus diesem Grund nicht gefesselt werden; b) bei Fluchtversuch oder bei Ausbruchgefahr (Nr. 2) und c) bei Selbstmordgefahr und Gefahr der Selbstbeschädigung (Nr. 3).
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OLG Frankfurt NJW 1952 7 9 9 ; 1953 118.
Schmidt-Leichner NJW 1952 799.
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Koblenz StV 1983 467; KK/Boujong 73; s.
Vgl. OLG Frankfurt StVollzK 1965 Nr. 2, S. 9.
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BVerfGE 17 143. Vgl. OLG Dresden NStZ 2 0 0 7 4 7 9 ; LG auch 706.
Hans Hilger
Hoffmann/Wißmanti
StV 2 0 0 1
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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Die Fesselung bei Selbstmordgefahr wird in der L i t e r a t u r 1 5 6 als eine „Überspannung des G e d a n k e n s der Durchführung des staatlichen jus puniendi um jeden P r e i s " beanstandet. D e m ist im Prinzip zuzustimmen, doch ist die Frage verwickelter. D a z u ist auf die Überlegungen zur Z w a n g s e r n ä h r u n g zu verweisen ( R n . 1 9 3 ff.), deren Grundsätze entsprechend anzuwenden sind. Die Fesselung bei ernstlicher Gefahr erheblicher Selbstbeschädigung wird m a n nicht selten letztlich schon deshalb billigen müssen, weil der Verhaftete mit einer solchen nicht selten eine Flucht aus dem Lazarett vorbereiten will. Die Fesselung kann auch außerhalb der Anstalt, etwa bei U b e r f ü h r u n g e n , 1 5 7 Platz greifen, hier aber in der Regel nur in der F o r m der Handfessel, des sog. Knebels. D a s Fesseln ist nur so weit statthaft und darf nur so lange aufrechterhalten werden, als der Z w e c k es erfordert (Nr. 6 5 UVollzO) und durch keine andere, weniger einschneidende M a ß n a h m e abgewendet werden k a n n . 1 S 8 D e m n a c h muss es ggf. a u f die Nachtzeit beschränkt w e r d e n , 1 5 9 wenn am Tage Bewachung ausreicht. Auch darf bei Transporten keinesfalls routinemäßig jeder Verhaftete außerhalb des Transportmittels gefesselt werden. Die Örtlichkeit allein begründet die Ausbruchsgefahr nicht. Es ist unzulässig, die Fesselung für lediglich denkbare Ereignisse anzuordnen, vielmehr ist stets allein auf die k o n k r e t e G e f a h r in einem Einzelfall abzustellen. 1 6 0
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Die Anordnung in Satz 2 , dass der Verhaftete in der Hauptverhandlung ungefesselt sein soll, gehört streng g e n o m m e n nicht hierher. O r d n e t der Vorsitzende an, dass der Angeklagte während der Hauptverhandlung gefesselt bleibe, so handelt es sich um eine M a ß n a h m e der äußeren Verhandlungsleitung (§ 2 3 8 Abs. I ) , 1 6 1 nicht dagegen um eine Verfügung nach § 119 Abs. 6 Satz 1.
67
V. Schriftverkehr (Absatz 3) 1. Grundsatz. D a s R e c h t des Beschuldigten auf freien grundsätzlich unüberwachten Briefverkehr ergibt sich aus Art. 2 Abs. I , 1 6 2 10 Abs. 1 G G ; 1 6 3 soweit seine Briefe Werturteile usw. enthalten, k o m m t Art. 5 Abs. 1 Satz 1 G G h i n z u , 1 6 4 soweit sie an Familienangehörige gerichtet sind oder von diesen s t a m m e n , greift zudem Art. 6 Abs. 1 G G , den Schutz verstärkend e i n . 1 6 5 Schließlich ist auf den Schutz durch Art. 8 Abs. 1 E M R K hinzuweisen. 1 6 6 Diese R e c h t e sind jedoch einfachrechtlich über § 119 Abs. 3 einges c h r ä n k t , 1 6 7 wenn und soweit dies für die in dieser Vorschrift genannten öffentlichen Interessen unerlässlich i s t . 1 6 8 D e r Schriftverkehr wird durch den Richter oder durch den Staatsanwalt (Nr. 3 UVollzO) überwacht (Nr. 3 0 Abs. 1 UVollzO; dazu R n . 85 ff.). In seinem U m f a n g ist er entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgabe gleichfalls
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Klee GA 55 (1908) 269. OLG Bremen NJW 1959 1982; OLG Nürnberg OLGSt § 1 1 6 , 2 . OLG Koblenz StV 1989 209. OLG München Alsb. Ε 1 310. LG Koblenz StV 1983 467; LG Stuttgart Justiz 1990 338; allg. M. BGH NJW 1957 271; OLG Dresden NStZ 2 0 0 7 479 (konkrete Anhaltspunkte erforderlich); vgl. auch Schlothauer/Weider 1024; Liiderssen GedS Meyer 269 ff.; zur Anordnung der „Entfesselung" durch den NichtHaftnchter s. Nagel NStZ 2001 233.
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BVerfGE 35 39; 35 315; 57 177. BVerfGE 33 11 (Kontrolle ausgehender Briefe). BVerfGE 33 14; 42 236; BVerfG NJW 1997 185. Zur Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG vgl. auch BVerfGE 34 400. BVerfGE 57 178; BVerfG NJW 1997 185. Vgl. dazu EGMR EuGRZ 1992 99; s. auch Kühne/Esser StV 2 0 0 2 383. BVerfGE 15 293; 34 395; 57 177; s. auch EGMR EuGRZ 1992 99. S. auch EGMR EuGRZ 2001 395.
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grundsätzlich unbeschränkt (Nr. 2 8 Abs. 1 UVollzO); der Verhaftete kann so viele Briefe (Telegramme - Nr. 38 Abs. 2 UVollzO) absenden und empfangen, wie er will. 169 Der Briefverkehr kann nur im Einzelfall beschränkt werden, und nur dann, wenn der Haftzweck oder die Ordnung in der Anstalt es erfordert. Das ist nur der Fall, wenn die Maßnahme unvermeidlich ist, weil der Schriftverkehr mit dem Haftzweck „real" unvereinbar ist oder die Ordnung in der Anstalt konkret gefährdet. 170 Das wird nur äußerst selten der Fall sein. Ist die Beschränkung geboten, ist sie mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar, 171 wenn dabei allein auf das Verhalten des einzelnen Verhafteten abgestellt wird. 69
Die Beschränkung kann sich im Allgemeinen nur auf einzelne Schreiben, in seltenen Fällen auf den Briefverkehr mit einer bestimmten Person (Tatgenossen, Verdunkelungshelfer) beziehen, muss aber sonst die Freiheit des Schriftverkehrs unangetastet lassen. Eine generelle Beschränkung ist also in der Regel unzulässig, 172 ausnahmsweise jedoch erlaubt, wenn der konkreten Gefährdung der in § 119 Abs. 3 genannten öffentlichen Interessen nicht anders, insbesondere nicht durch Einzelmaßnahmen, begegnet werden kann. 1 7 3 Überlastung des Haftrichters sowie Zahl und Umfang der Briefe rechtfertigen in der Regel nicht eine generelle Beschränkung. 174 Ist eine Beschränkung ausnahmsweise als generelle - etwa durch Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Zeitungen und Zeitschriften 175 (Rn. 117) - ausgesprochen, muss der Richter Ausnahmen einräumen, wenn im konkreten Einzelfall der Haftzweck oder die Ordnung in der Anstalt keine Beschränkung erfordert. 176 Weil das Verfahren der einzelnen „Ausnahmebewilligungen" in der Regel umständlicher ist als das gelegentlicher Verbote, sollte das bei § 119 Abs. 3 ohnehin nicht unbedenkliche Verbot mit Erlaubnisvorbehalt beim Briefverkehr schon aus praktischen Gründen vermieden werden.
70
Der Briefverkehr zwischen einem der deutschen Sprache nicht mächtigen Beschuldigten und seinen Angehörigen darf nicht wegen der mit einer Übersetzung verbundenen Lästigkeiten und Kosten untersagt werden; 177 wohl kann hier, wenn eine ständige Kontrolle erforderlich ist, also die Übersetzung von Stichproben nicht ausreicht, eine angemessene Beschränkung der Zahl und des Umfangs der Briefe zulässig sein. 178 Einem ausländischen Beschuldigten, der die deutsche Sprache beherrscht, kann auferlegt werden, den Briefwechsel mit ebenfalls deutschsprachigen Angehörigen in deutscher Sprache zu führen. 179 Vgl. auch Rn. 77. 169
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Vgl. OLG Hamm MDR 1974 2 4 8 ; OLG Zweibrücken NStZ 1985 141 (auch innerhalb der JVA). Vgl. auch EGMR EuGRZ 1992 99. BVerfGE 5 7 177; OLG Hamm MDR 1974 2 4 8 ; KG StraFo 2 0 0 4 168; OLG Zweibrücken StV 1982 530; s. auch BVerfG NStZ 1994 6 0 4 mit Anm. Rotthaus·, OLG Düsseldorf StV 1991 221. KG JR 1967 429. KG NStZ 1992 558; s. auch KG StV 1985
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KG NStZ 1992 558; OLG Zweibrücken StV 1982 530. Vgl. auch BVerfGE 34 3 8 4 ff. KG NStZ 1992 558; OLG Zweibrücken StV 1982 5 3 0 . Vgl. auch OLG Hamm MDR 1974 2 4 8 und Veit 139 (Ausnahmen bei Rechtsmissbrauch; wenn erforderliche Kon-
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178
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trolle nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zu bewältigen ist); Kropp JR 2 0 0 3 55; einschränkend S K / P a e f f g e n 37. Bei umfangreichem Briefverkehr muss der Beschuldigte Verzögerungen hinnehmen - vgl. OLG Hamm MDR 1974 248. BVerfGE NStZ 1982 132. BVerfGE 34 4 0 0 . LG Berlin StV 1994 325. S. auch Steinke BewHi. 1995 170 ff.; Kropp JR 2 0 0 3 55. Zu den Übersetzungskosten vgl. die Erl. zu § 464a, § 4 6 4 c und Art. 6 EMRK. Vgl. BVerfG NJW 2 0 0 4 1095; OLG München NStZ 1984 333. OLG Düsseldorf NStZ 1994 5 5 9 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 73; Kropp JR 2 0 0 3 55; a.A. Schlothauer/Weider 1046.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§119
2 . Beschränkung im Einzelfall a) Ausgehende Schreiben. 1 8 0 Zum Zwecke der Briefkontrolle kann die Post eingesehen werden. Insoweit werden die Verfassungsrechte des Beschuldigten gesetzlich durch § 119 Abs. 3 eingeschränkt (Rn. 6 8 ) . Das Grundrecht des Art. 6 Abs. 1, das den Briefverkehr mit der Familie umfasst, enthält die immanente Schranke, dass die zur verfassungsmäßigen Ordnung gehörige Strafrechtspflege auch für diesen Verkehr Einschränkungen zulässt. Dabei ist allerdings größte Zurückhaltung geboten, so dass, wenn kein konkreter (Rn. 1, 2 5 ) Verdacht der Fluchtvorbereitung oder Verdunkelung (trotz Haft) besteht, unkontrollierter Verkehr zu gewähren ist. 1 8 1 Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Vorrang des milderen Mittels) ergibt sich im Übrigen, dass eine Stichprobenkontrolle einer ausnahmslosen Kontrolle der Post vorzuziehen ist, 1 8 2 falls überhaupt die Notwendigkeit einer Kontrolle besteht, also auf wenigstens eine Stichprobe nicht verzichtet werden kann.
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Von der Einsicht ausgenommen ist Verteidigerpost mit der einzigen Ausnahme der Durchsicht durch einen verfahrensfremden Richter in Verfahren nach § 129a S t G B (§ 148 Abs. 2 ) . 1 8 3 Steht der Verhaftete unter Bewährungsaufsicht oder ist über ihn der Bericht des Gerichtshelfers angefordert, darf er mit dem Bewährungs- oder Gerichtshelfer ebenso frei wie mit dem Verteidiger verkehren (Nr. 3 7 a UVollzO). Briefe an Volksvertretungen in der Bundesrepublik und an ihre Ausschüsse sowie an die Europäische Kommission für Menschenrechte sind von der Überwachung ausgenommen (Nr. 3 0 Abs. 2 UVollzO). 1 8 4
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Nach verbreiteter Ansicht gilt das nicht für Schreiben an sonstige Behörden, weil bei der Menge der Bediensteten, die sich Zugang zu den Eingängen verschaffen können, unzulässige Kontakte nicht völlig auszuschließen seien. 1 8 5 Indessen dürfte die Gefahr des Missbrauchs gering sein und regelmäßig keine konkrete. 1 8 6 Grundsätzlich kann daher Behördenpost unüberwacht, d.h. in verschlossenem Umschlag, abgegeben werden. Ist im Einzelfall eine konkrete Gefahr erweislich, und kann sie, was aber wohl regelmäßig möglich sein wird, nicht abgestellt werden, hat die Kontrolle sich darauf zu beschränken, dass das Schreiben nicht etwa Nachrichten an andere Personen als den Empfänger enthält. Diesem gegenüber dürfte in der Regel die Befürchtung ausscheiden, das Schreiben könne den Zweck des Strafverfahrens oder die Ordnung in der Anstalt tatsächlich beeinträchtigen. 1 8 7 Deshalb sollten Schreiben an Behörden auch nicht angehalten werden. 1 8 8
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S. auch O L G H a m m StV 2 0 0 3 5 1 4 (zu Portokosten); O L G Düsseldorf N S t Z 2 0 0 1 2 2 4 (blutverschmierter Brief). BVerfGE 5 7 1 7 7 ; vgl. auch BGHSt 2 6 307. Vgl. O L G Hamburg N J W 1 9 6 7 1 9 7 3 ; O L G Zweibrücken StV 1 9 8 2 5 3 0 ; SYJPaeffgen 2 5 : Berndt N S t Z 1 9 9 6 117 ff.; enger wohl Meyer-Goßner 2 0 ; KK/Bou/ong 3 3 ; Veit 1 2 5 ff. (bei Verdunkelungsgefahr); vgl. auch BGHSt 2 6 307. Stichproben reichen z.B., wenn überhaupt eine Kontrolle wegen konkreter Gefährdungslage erforderlich sein sollte, für den Briefverkehr mit Rechtsanwälten, die nicht Verteidiger sind. Vgl. die Erl. zu den §§ 148, 1 4 8 a , auch zur Mandatsanbahnungspost, sowie Rn. 4 2 ;
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Müncbhalffen/Gatzweiler 4 9 0 ff.; bei einer Sozietät sind die Schreiben des Verteidigers als solche zu kennzeichnen - vgl. Kleittknecht/Janischowsky 3 9 2 . S. auch BGHSt 2 6 307. Vgl. O L G Frankfurt N S t Z - R R 2 0 0 4 9 4 . Vgl. O L G Frankfurt N S t Z - R R 2 0 0 4 9 4 ; O L G H a m m GA 1 9 6 9 1 2 6 ; KYJBoujong 30; HYULemke 3 0 ; Veit 134; s. auch O L G Karlsruhe Justiz 1 9 8 3 5 7 ; Münchhalffen/Gatzweiler 5 2 5 ; a.A. SYJPaeffgen 3 6 . Kreuzer GA 1 9 6 8 2 4 4 . O L G Bremen N J W 1 9 5 0 3 9 5 . SYJPaeffgen 3 6 ; s. auch O L G Frankfurt N S t Z - R R 2 0 0 4 9 4 (Petition).
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b) Eingehende Schreiben. Soweit die Briefkontrolle zulässig ist, sind von ihr betroffen sowohl Schreiben, die der Verhaftete schreibt (ausgehende Briefe), als auch solche an ihn (eingehende Briefe). 1 8 9 Auch hier kann in Einzelfällen eine Stichprobenkontrolle ausreichend sein. 1 9 0 Dem Beschuldigten bleibt es unbenommen, zu erklären, dass er bestimmte Schreiben - etwa die vor seiner Verhaftung abgesandten - nicht annehmen oder während der Haft nicht zur Kenntnis und in Eigenbesitz nehmen wolle. Briefe, die der Verhaftete nicht zum Lesen erhält, können die Ordnung in der Anstalt nicht gefährden und dürfen daher nicht überwacht werden. Demzufolge bleiben in beiden Fällen die Schreiben unkontrolliert; im ersten werden sie zurückgesandt, im zweiten zur Habe des Verhafteten genommen.
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3. Die Inhaltskontrolle sollte großzügig sein. Der Richter muss sich bewusst bleiben, dass der Verhaftete in seinem Handeln frei ist, soweit nicht Absatz 3 einschlägt; dass er nicht unter Vormundschaft des Gerichts steht oder von ihm erzogen werden soll; und dass er daher grundsätzlich das Gleiche schreiben kann wie in der Freiheit. 191 Demzufolge darf der Briefwechsel nicht auf wichtige Mitteilungen beschränkt werden; 1 9 2 auch ist es nicht zulässig, unpassende und ungehörige Ausdrücke zu verhüten. 193 „Die Ordnung in der Haftanstalt ist nicht an moralischen Prinzipien ... orientiert". 1 9 4 „Unzüchtige" Briefe an die Verlobte lassen in der Regel keine Gefährdung des Haftzwecks besorgen. 1 9 5 Nicht verbotene pornographische Schriften müssen grundsätzlich ausgehändigt werden; 1 9 6 s. im Übrigen Rn. 116.
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Der Richter des § 119 Abs. 6 Satz 1 darf auch nicht entscheiden, wer im Recht ist, wenn zwischen einem minderjährigen Verhafteten und seinen Eltern Streit besteht, ob der Gefangene an bestimmte Personen schreiben darf; er hat die Beförderung der Sendungen zuzulassen. 197
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Schreiben, die nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten bzw. großem Aufwand 1 9 8 kontrolliert werden können, können angehalten werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das Schreiben unleserlich, in einer für einen uneingeweihten Leser unverständlichen Form; 1 9 9 in einer Geheimsprache oder -schrift, in Kurzschrift oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefaßt ist (Nr. 34 Abs. 1 Nr. 1 UVollzO). Letzteres ist anzunehmen, wenn ein Inländer ohne Anlass (Empfänger: z.B. eine europäische Institution oder ein Ausländer) eine Fremdsprache verwendet. Jedoch darf von einem ausländischen Verhafteten nicht verlangt werden, dass er den Briefwechsel mit seinen Landsleuten in deutsch führt oder eine deutsche Übersetzung beifügt 2 0 0 (vgl. auch Rn. 70).
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Nach dem Zweck der Kontrolle sind anzuhalten Briefe, mit denen eine Flucht vorbereitet oder Verdunkelung 201 betrieben wird, gleichviel aus welchem Grunde die Unter-
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H.M.; a.A. für eingehende Briefe Franz N J W 1965 25. OLG Stuttgart Justiz 1999 114. OLG Hamburg MDR 1966 168; allg. M. OLG Hamburg Alsb. Ε 1 313. OLG Hamburg Alsb. Ε 1 311. Hennerkes 96. OLG Düsseldorf JMB1NW 1966 155. OLG Hamm NStZ 1981 320. OLG Hamburg JR 1965 110. Vgl. OLG Brandenburg NStZ-RR 1997 74.
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OLG Hamburg MDR 1973 2 4 4 ; s. auch KG StraFo 2 0 0 4 168; OLG Schleswig bei Döllel/ Dreeßen SchlHA 2 0 0 5 2 5 8 (unklare/dunkle/ unverständliche Hinweise/Passagen). OLG Braunschweig NJW 1973 2168; s. auch OLG Brandenburg NStZ-RR 1997 74; a.A. KG StraFo 2 0 0 4 168. OLG Hamm NStZ-RR 1999 52 (briefliche Auslobung also grundsätzlich zulässig); OLG Schleswig StV 2 0 0 1 4 6 5 (Brief an Sachverständigen, der sich mit dem Verfah-
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suchungshaft angeordnet ist; ggf. ist der Haftbefehl um den weiteren Haftgrund zu ergänzen 2 0 2 (Rn. 2 8 , 29). Indessen sollte der Richter sich vor Kleinlichkeiten hüten und nicht jeden Brief beanstanden, in dem ein Gefangener seiner Frau versichert, er sei unschuldig. Lediglich deshalb, „weil sich der Brief mit der Straftat befasst", darf er nicht angehalten werden. 2 0 3 Auch unberechtigte Kritik am Strafverfahren in einem an die Presse gerichteten Brief rechtfertigt es nicht, diesen anzuhalten. 2 0 4 Die „Beeinträchtigung des Strafverfahrens" (Nr. 3 4 Abs. 1 Nr. 1 UVollzO), ein unklarer Begriff, ist nur dann ein Grund, einen Brief nicht zu befördern, soweit damit Flucht(-vorbereitung) und Verdunkelung gemeint sind (Rn. 79). Dabei kommt es auf den Inhalt des Schreibens an; allein der Versuch einer Umgehung der Kontrolle rechtfertigt nicht den Beförderungsausschluss, auch nicht im Hinblick auf die Anstaltsordnung. 2 0 5 Ein Brief ist vielmehr im Hinblick auf das laufende Strafverfahren nur dann zu beanstanden, wenn sein Inhalt entweder die konkrete Gefahr begründet, der Beschuldigte werde sich (trotz Haft) dem Strafverfahren entziehen oder die Ermittlung der Wahrheit erschweren (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ) . 2 0 6 Allerdings sind wirkliche Verdunkelungen in der Regel nicht zu erkennen; Fluchtvorbereitungen werden kaum mit Briefen betrieben, sondern mit Kassibern.
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Die Ordnung in der Anstalt kann gefährdet sein durch Briefe mit bedeutsamen unrichtigen oder gröblich entstellenden Behauptungen - z.B. durch hetzerische verzerrte Darstellung des Justizvollzugs 2 0 7 - über die Verhältnisse in der Anstalt (Nr. 3 4 Abs. 2 Nr. 1 UVollzO), wenn damit unkritischen Verhafteten Mut gemacht werden könnte, sich gegen die Ordnung aufzulehnen, wenn solche Briefe in der Anstalt besprochen werden, wie dies erfahrungsgemäß geschieht. 2 0 8 Erforderlich ist jedoch auch hier, wie in allen Fällen von Beschränkungen gemäß § 119 Abs. 3, eine konkrete Gefährdungslage (Rn. 25, 31 ff., 6 8 ) . 2 0 9 Das Gleiche gilt für eine Schrift, die einseitige verzerrte Darstellungen von angeblichen Vorkommnissen in deutschen Vollzugsanstalten mitteilt, die ersichtlich Beamte des Vollzugsdienstes verunglimpfen, Gefangene gegen die Anstaltsordnung aufwiegeln und Unruhe unter die Gefangenen tragen soll. 2 1 0 Doch dürfen solche Briefe oder sonstige Schreiben nicht angehalten werden, wenn sie an Gerichte, Justizbehörden und andere Behörden 2 1 1 sowie an Rechtsanwälte und Notare in Rechtssachen, die den Ver-
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ren befasst, grundsätzlich zulässig); OLG Düsseldorf NStZ 1998 319 (eingehender Brief, der sich mit der Anklage befasst). Berndt NStZ 1996 118. Vgl. OLG Hamm StV 1994 326; NStZ-RR 1999 52; OLG Düsseldorf NStZ 1998 319; OLG Schleswig StV 2001 465; Schmitt SchlHA 1964 276; Driewer 208; a.A. Engelbrechten DRiZ 1959 238. KG JR 1971 386. Vgl. aber BVerfG NJW 1994 244 (zum Strafvollzug). OLG Düsseldorf StV 1991 221; OLG Zweibrücken StV 1992 237. S. aber OLG Koblenz NStZ-RR 1996 61. OLG Hamburg MDR 1966 168; OLG Schleswig bei Lorenzen SchlHA 1987 109; LG Itzehoe SchlHA 1988 37. KG NStZ 1982 175. Vgl. auch BVerfG NJW
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1994 244 (Strafvollzug); s. dagegen EGMR EuGRZ 1992 99. Krit. SYJPaeffgen 29; Schlothauer/Weider 1057. OLG Bremen MDR 1956 246; OLG Hamm NJW 1966 1722; Kleinknecht ]Z 1953 533. Vgl. auch Kleinknecht/Janischowsky 377, 378 (Gefahr der Veröffentlichung eines solchen Briefes); OLG Bremen StV 1981 23; OLG Hamm JMB1NW 1978 195; WolffReske Jura 1996 184. Vgl. Krms/Cassardt NStZ 1995 575. OLG Hamm JMB1NW 1977 119. Vgl. aber EGMR EuGRZ 1992 99. Ebenso bei Schreiben an nationale und internationale Gremien, die sich mit Haftfragen befassen, z.B. amnesty international oder Rotes Kreuz.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften hafteten unmittelbar berühren, gerichtet sind (Umkehrschluss aus Nr. 3 4 i.V.m. Nr. 3 0 Abs. 2, 31 Abs. 1 und 2 UVollzO). Auch sonst sollten die Worte nicht auf die Goldwaage gelegt und darf nicht jedes Fehlgreifen im Ausdruck als Beleidigung empfunden werden, namentlich wenn offensichtlich ist, dass der Verhaftete im Unmut unsachliche Äußerungen von sich gibt, die man vernünftigerweise nicht ernst nehmen kann. 2 1 2 Insgesamt sollte der Haftrichter größte Zurückhaltung üben. „Wütenden" Äußerungen eines Beschuldigten, auch grob unsachlichen, kann eine wichtige „Ventilfunktion" zukommen. 2 1 3 Der Haftrichter sollte nicht da eingreifen, wo freie Bürger straflos Wut und Verärgerung äußern können. 2 1 4 Schließlich ist der Haftrichter nicht „Ehrenschutzbehörde". 2 1 5 Vgl. auch Rn. 75, 83. Im Übrigen kann die Vollzugsanstalt dem Brief ein Begleitschreiben mit Gegendarstellung beifügen. 216 81
Dagegen ist die Ordnung in der Anstalt beeinträchtigt, wenn Schreiben durchgelassen werden, die schwerwiegende Straftaten zum Inhalt haben oder sie vorbereiten, 2 1 7 wie Delikte gegen die Staatssicherheit, 218 aber auch Personenstandsfälschung, 219 Kredit- oder Heiratsschwindel und dgl. 2 2 0 Auch Schreiben, deren Inhalt selbst strafbar ist (Nr. 3 4 Abs. 2 Nr. 3 UVollzO), wie eine Aufforderung zum Hochverrat, sind von der Beförderung auszuschließen. In diesen Fällen entnimmt der Verhaftete, wenn auch zu Unrecht, der Beförderung eine Billigung. Er hält die Ordnung, die eine Auflehnung gegen sich zulässt, für schwach; das wirkt auf die Ordnung in der Anstalt zurück. Der Schritt indessen, den der Bundesgerichtshof 2 2 1 von Verbrechen zu Beleidigungen nimmt (vgl. auch Nr. 3 4 Abs. 2 Nr. 2 UVollzO), missachtet den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ist mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, aber auch dem Begriff der Ordnung in der Anstalt 2 2 2 unvereinbar. 223 Wenn der Verhaftete seine Heimatanschrift anstelle der Anstaltsanschrift benutzt, begründet das allein keinen Verdacht einer Straftat und bietet daher keinen Anlass, den Brief zu beanstanden.
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4. Beleidigende Briefe sind in einem falsch verstandenen Ordnungsbedürfnis am meisten Gegenstand von Beanstandungen. 2 2 4 Die Rechtfertigung für das Anhalten solcher (ein- oder ausgehender) Briefe kann weder aus einem besonderen Gewaltverhältn i s 2 2 5 noch aus Notwehr oder Nothilfe 2 2 6 abgeleitet werden. Rechtsgrundlage kann nur
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OLG Hamburg JR 1965 394; vgl. auch OLG Hamm JMB1NW 1981 226; KK/Boujong 36. Vgl. SK/Paeffgen 29; Schlothauer/Weider 1057 ff. Vgl. BVerfG JR 1995 379 mit Anm. Kiesel·, s. auch Wolff-Reske Jura 1996 184. SK/Paeffgen 31; Lammer 339 ff. Kleinknecht/Janischowsky 378; § 31 Abs. 2 StVollzG (analog). BVerfGE 33 14; BGH J Z 1973 128; OLG Köln OLGSt N.F § 119, 11; h.M.; vgl. auch OLG Stuttgart Justiz 1976 131. KKJBoujong 35; vgl. auch SK/Paeffgen 28. OLG Bremen NJW 1958 472. Enger SK/Paeffgen 12, 28; Berndt NStZ 1996 158 (nur bei Haftgründen zuwiderlaufenden Straftaten); Schmitt SchlHA 1964 277. Vgl. auch OLG Koblenz NStZ-RR
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1996 61 (Aufforderung zu einer Ordnungswidrigkeit). BGH J Z 1973 128 mit Anm. Müller-Dietz. Veit 163. Müller-Dietz J Z 1973 132; Kreuzer NJW 1973 1262; Veit 163; a.A. KK/Boujong 37. Vgl. Peters JR 1974 121; BVerfG NJW 1997 185. So aber Meyer MDR 1964 724; a.A. heute die allg. M.; zu Einzelheiten vgl. z.B. LR/Wendisch 24 83 ff.; SK/Paeffgen 10; Rn. 23. So aber z.B. OLG Hamburg JR 1974 120; Pawlik NJW 1967 168; Peters JR 1972 492; 1974 121; vgl. auch Wimmer GA 1983 145; a.A. (wie hier) heute die allg. M.; zu Einzelheiten vgl. z.B. LR/Wendisch 1 4 86 ff.; SK/Paeffgen 31.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
§ 1 1 9 Abs. 3 s e i n , 2 2 7 und zwar unter dem Blickwinkel der konkreten G e f a h r einer erheblichen Störung der Anstaltsordnung. Briefe mit beleidigendem Inhalt sind aber nicht in jedem Fall geeignet, die Anstaltsordnung k o n k r e t in dieser Weise zu g e f ä h r d e n . 2 2 8 Dies gilt insbesondere für Unmutsäußerungen und abfällige W e r t u r t e i l e . 2 2 9 D i e h . M . lässt ein Anhalten eingehender und abgehender Briefe zu, wenn diese g r o b e Beleidigungen enthalt e n , 2 3 0 z.B. g r o b e Beschimpfungen des Personals oder der Justiz (auch D r i t t e r ) , 2 3 1 wenn die M ö g l i c h k e i t der Störung der Anstaltsordnung n a h e l i e g t , 2 3 2 etwa die G e f a h r besteht, dass durch Konfliktsituationen Spannungen, Unruhe in der Anstalt, entstehen, etwa Inhaftierte zur Aufsässigkeit (aggressivem Verhalten) verleitet w e r d e n . 2 3 3 D e r Haftrichter sollte stets bedenken, dass es nicht seine Sache ist, den Ehrenschutz Betroffener w a h r z u n e h m e n , 2 3 4 insbesondere deren M e n s c h e n w ü r d e 2 3 5 zu schützen. E r k a n n nach § 119 Abs. 3 nur eingreifen, wenn nicht nur zu vermuten ist, sondern konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Inhalt eines Briefes zu massiven Störungen in der Vollzugsanstalt führen w i r d . 2 3 6 Unter diesem Blickwinkel sind zahlreiche Entscheidungen der Praxis sehr f r a g w ü r d i g , 2 3 7 insbesondere z.B. wenn die groben Beleidigungen anstaltsexterne Personen b e t r e f f e n . 2 3 8 N u r in seltenen Fällen wird selbst bei grob beleidigenden Briefen eine Gefährdung der Anstaltsordnung ernsthaft zu befürchten sein und nur dann wäre eine beschränkende M a ß n a h m e zulässig, 2 3 9 dann aber w o h l häufig auch notwendig. Dienstaufsichtsbeschwerden und entsprechende Schreiben, mit denen der Beschuldigte um Überprüfung von Strafverfolgungsmaßnahmen bittet, müssen jedoch auch dann weitergeleitet werden, wenn sie grobe Beleidigungen, Entstellungen und Vorwürfe schwerer Dienstvergehen e n t h a l t e n . 2 4 0
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Für Briefe Verhafteter an Ehegatten, in denen B e a m t e , Richter und Institutionen beleidigt werden, folgert das Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 in Verb, mit Art. 1
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H.M.; vgl. z.B. KYJBoujong 37; SYUPaeffgen 30, 31. Vgl. BVerfGE 57 170 ff. mit Anm. Bockwoldt ZfStrVo 1982 153; BGH J Z 1973 128; OLG Brandenburg StV 1995 4 2 0 mit Anm. Paeffgen NStZ 1997 115; OLG Bremen StV 1981 23; LG Flensburg StV 1988 210; Kruts/Cassardt NStZ 1995 575; Kleinknecht/Janischowsky 376 ff; KYJBoujong 37; a.A. OLG Stuttgart NJW 1973 70. BVerfG NJW 1997 185; OLG Frankfurt DRiZ 1977 341; SYUPaeffgen 31; vgl. auch EGMR EuGRZ 1984 147, 152; EuGRZ 1992 99. OLG Brandenburg StV 1995 4 2 0 mit abl. Anm. Paeffgen NStZ 1997 115; LG Itzehoe SchlHA 1988 37; KYJBoujong 37. Vgl. auch BVerfG NStZ 1996 55 (Strafvollzug); zur Widersprüchlichkeit der älteren Rechtsprechung des BVerfG vgl. LR/Wendisch 2 * 91; SYUPaeffgen 31. OLG Stuttgart NJW 1973 70; MDR 1973 1036; OLG Hamm JMB1NW 1978 195; OLG Bremen StV 1981 23. OLG Bremen StV 1981 23.
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BVerfGE 35 311; BayObLGSt 1976 88, 92; KG StV 2 0 0 2 209; Wimmer GA 1983 145. Vgl. auch OLG Hamm JMB1NW 1978 195; OLG Bremen StV 1981 23; Veit 162; Berndt NStZ 1996 159. Vgl. BVerfGE 33 1; SYUPaeffgen 31; KK/ Boujong 37; Baumann DRiZ 1959 380. SYUPaeffgen 33; a.A. KYJBoujong 37; Peters MDR 1973 1035. Vgl. OLG Bremen StV 1981 23; KG StV 2 0 0 2 209; OLG München StV 1995 141 mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238; Kreuzer NJW 1973 1262; Kruis/Cassardt NStZ 1995 575; Müller-Dietz J Z 1973 129; s. auch BGH J Z 1973 128 mit Anm. Müller-Dietz sowie Rn. 81; zu weit gefasst wohl Nr. 34 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 UVollzO. Vgl. SYUPaeffgen 31; Kruis/Cassardt NStZ 1995 575. Vgl. SYUPaeffgen 31; Kruis/Cassardt NStZ 1995 575. SYUPaeffgen 31. OLG Hamm JMB1NW 1994 115; KKJBoujong 37.
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Abs. 1 GG, dass der Verhaftete sich mit seinem Ehepartner frei und offen über das Verfahren aussprechen und ihm „die Dinge" aus seiner Sicht schildern könne, mögen seine Eindrücke auch subjektiv gefärbt und seine Wertungen unsachlich sein. 241 Solche Briefe stehen unter dem verstärkten Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. 2 4 2 Was der Beschuldigte, wäre er nicht in Haft, seinem Ehepartner (Gleiches muss für ähnlich nahestehende Personen, 2 4 3 etwa nahe Angehörige gelten) vertraulich und ohne Konsequenzen hätte sagen können, kann nicht, wenn (weil) es nun über die Briefkontrolle (beschränkt) offenbar wird, anders beurteilt (es bleibt vertraulich) und deshalb die Weiterleitung unterbunden werden; jedenfalls wird in solchen Fällen in der Regel keine konkrete Gefahr für eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung feststellbar sein. 2 4 4 Anderes kann allerdings gelten, wenn das Geschriebene (grob beleidigende, verzerrende Darstellungen) erkennbar nicht vertraulich bleiben, sondern offenbart, z.B. publiziert, werden soll und die konkrete Gefahr besteht, dass diese Offenbarung (Publikation) in der Vollzugsanstalt bekannt und zu einer erheblichen Störung (Aggressivitäten) führen wird. 2 4 5 85
5. Kontrollverfahren. Eingehende (Nr. 33 Abs. 1 UVollzO) und abgehende (Nr. 32 Abs. 1 UVollzO) Briefe werden, um Art. 10 Abs. 1 G G soweit als möglich gerecht zu werden, in verschlossenen Begleitumschlägen dem Richter zugeleitet; nur er darf diese Umschläge öffnen. 2 4 6 Nach Durchsicht und Genehmigung gibt er eingehende Briefe in verschlossenem Begleitumschlag, auf dem er seine Genehmigung vermerkt, der Anstalt weiter, die sie im Begleitumschlag dem Verhafteten aushändigt. Ausgehende Briefe verschließt er, vermerkt die Genehmigung auf dem Begleitumschlag und leitet sie der Anstalt zur Absendung zu (Nr. 32, 33 UVollzO). Es bleibt dem Richter unbenommen, ausgehende Briefe selbst zur Post geben zu lassen, um den Postlauf zu beschleunigen. 247 Dann hat er das auf dem Begleitumschlag, den er der Anstalt zurückgibt, zu vermerken.
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Vgl. BVerfGE 35 40; 42 235. BVerfGE 35 40; 42 236; 57 170 mit Anm. Bockwoldt ZfStrVo 1982 153; BVerfG StV 1991 306; NJW 1997 185; OLG München StV 1995 141 mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238; eingehend dazu Berndt NStZ 1996 157 ff.; Wolff-Reske Jura 1996 184. Vgl. BVerfGE 57 170 mit Anm. Bockwoldt ZfStrVo 1982 153; BVerfG StV 1991 306; NJW 1997 185; 2 0 0 7 1194; OLG Düsseldorf StV 1996 4 9 0 ; OLG Brandenburg StV 1995 420; OLG München StV 1995 141 mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238; OLG Hamm JMB1NW 1978 196 (teils zu eng); LG Flensburg StV 1988 210; SYJPaeffgen 34. S. auch BVerfG NJW 1995 1016 (Strafvollzug). Vgl. auch BVerfGE 42 2 3 7 ; 57 170 mit Anm. Bockwoldt ZfStrVo 1982 153; BVerfG StV 1991 306; NJW 1997 185; KG StV 2 0 0 2 2 0 9 ; OLG München StV 1995 141 mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238; LG Flensburg StV 1988 210; Meyer-Goßner 21; SYJPaeffgen 31, 34; Berndt NStZ 1996 161.
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Enger OLG Stuttgart MDR 1973 1036; OLG Koblenz JR 1977 2 9 6 mit Anm. Peters; YYJBoujong 38. Krit. Rotthaus ZfStrVo 1996 6. Vgl. auch OLG Koblenz NStZ 1989 138; OLG Hamburg JR 1974 119 mit Anm. Peters; KG NStZ 1992 5 5 8 (zur ausnahmsweise zulässigen generellen Beschränkung). Vgl. BVerfG NJW 1997 185 (auch zur Absicht, den Briefkontrolleur oder durch ihn Dritte zu treffen); OLG Brandenburg StV 1995 4 2 0 ; OLG Düsseldorf StV 1996 4 9 0 ; KG StV 2 0 0 2 209; s. auch BVerfG NJW 1995 1015 (Strafvollzug); J R 1995 3 7 9 mit Anm. Kiesel; Wolff-Reske Jura 1996 184. OLG Düsseldorf NStZ 2001 2 2 4 (keine Kontrolle eines blutverschmierten Briefes). Vgl. auch OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 81 (Vertrauen des Beschuldigten/Rechtsmittelführers/zügige Weiterleitung der Post); OLG Koblenz ZfStrVo 1995 180 (Weiterleitung eingehender Post im Strafvollzug).
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§
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Wegen der Überlassung der Briefkontrolle an den Staatsanwalt (Nr. 31 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 3 Abs. 1 UVollzO) s. Rn. 138. Der Richter darf die Briefkontrolle nicht auf Vollzugsbeamte 2 4 8 oder auf den Anstaltsarzt 2 4 9 übertragen. Er darf der Anstaltsleitung keine Einsicht in den Schriftverkehr gewähren, muss sie aber über ihm daraus bekannt gewordene Möglichkeiten unterrichten, die die Einrichtung der Anstalt für Flucht und Verdunkelung allgemein bieten oder die der einzelne Verhaftete sich oder anderen schaffen will (Nr. 35 Abs. 2 UVollzO).
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6 . Anhalten. Beschlagnahme. Wird der I n h a l t 2 5 0 beanstandet, ist das Schreiben anzuhalten (Nr. 3 4 Abs. 1 UVollzO) und zur Habe des Verhafteten zu nehmen. 2 5 1 Eingehende Briefe können auch an den Absender zurückgesandt werden (Nr. 35 Abs. 3 Satz 4 UVollzO), doch sollte der erste Weg gewählt werden, wenn der Verhaftete sonst bloßgestellt würde. Dem Verhafteten ist die Anordnung bekanntzumachen, damit ihm der Beschwerdegang (Rn. 153 ff.) eröffnet wird.
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Es soll auch zulässig sein, in einem ausgehenden Brief, statt ihn anzuhalten, Teile unkenntlich zu machen. 2 5 2 Dagegen bestehen Bedenken, weil der Verhaftete damit beim Empfänger herabgewürdigt werden kann. 2 5 3 Die Bedenken sind behoben, wenn der Verhaftete in die Streichung einwilligt. Es besteht aber - außer bei eiligen Briefen - kein Anlass, mit ihm darüber zu verhandeln, weil er jederzeit einen neuen Brief schreiben kann, nachdem ihm bekanntgegeben worden ist, dass der erste Brief angehalten und weswegen er beanstandet worden ist.
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Kommt der Inhalt des angehaltenen Briefes als Beweismittel für die Sache, in der der Verhaftete in Untersuchungshaft ist, in Betracht, kann ihn der Richter nach § 9 4 Abs. 2 beschlagnahmen, 2 5 4 wenn nicht ein Beweisverbot (§ 9 7 ) 2 5 5 eingreift. Anstelle der Beschlagnahme darf nach § 9 4 Abs. 1 nur verfahren werden, wenn der Verhaftete den Brief freiwillig herausgibt (§ 9 4 Abs. 2, 2. Halbsatz), aber keinesfalls mit der Begründung, dass er im Augenblick der Kontrolle keinen Gewahrsam an dem Brief habe. 2 5 6 Denn der Richter übt, solange er den Brief in seinen Händen hält, Gewahrsam für den Verhafteten aus. Das ist auch bei ausgehenden Briefen der Fall, weil der Verhaftete diese nur unter der aufschiebenden Bedingung aus seinem Gewahrsam entlässt, dass die Beförderung genehmigt wird.
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Statt der Beschlagnahme kann der Richter als das Mindere anordnen, dass eine Abschrift zu den Akten zu nehmen ist. 2 5 7 Weil die Voraussetzungen der Beschlagnahme
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O L G Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1 9 9 8 173. Vgl. B G H N J W 1 9 6 1 2 0 6 9 . Vollzugsbedienstete dürfen vom Richter geprüfte Post nicht nochmals kontrollieren - O L G Dresden StraFo 1 9 9 6 19.
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Z u m Verwertungsverbot vgl. z.B. Schlothauer/Weider 1 0 5 4 ; Müncbhalffen/Gatzweiler 531. O L G Schleswig bei Lorenzen SchlHA 1 9 8 7 1 0 9 ; bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1 9 9 9 175. O L G Zweibrücken N J W 1 9 7 5 3 5 7 ; K K / Boujong 4 0 ; vgl. auch O L G Bamberg StV 1 9 8 2 174 (ebenso für Zeitschriften); E G M R E u G R Z 1 9 9 2 99.
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S K / P a e f f g e n 3 5 ; s. auch Münchhalffen/ Gatzweiler 5 3 2 . B G H N J W 1961 2 0 6 9 ; GA 1 9 6 7 2 8 2 . Vgl. auch O L G Düsseldorf StV 1991 4 7 3 (Beschlagnahme ohne Angabe der angewendeten Vorschriften); O L G Schleswig bei Lorenzen SchlHA 1 9 8 7 109; krit. Berndt N S t Z 1 9 9 6 161 ff.; a.A. Lammer 3 4 3 ff. (es fehle die erforderliche gesetzliche Grundlage; § 9 4 erlaube nicht eine „Zweckumwandlung" über die Zwecke des § 119 hinaus). S. auch Lammer 3 4 6 . Schlüchter 232. O L G Hamburg N J W 1 9 6 7 1 6 6 ; O L G H a m m J M B 1 N W 1 9 7 4 115.
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und des Anhaltens eines Briefes nicht zusammenzutreffen brauchen, kann es ggf. geboten sein, einen Brief, der Beweismittel ist, aber nicht angehalten werden darf, zwar durchzulassen, aber anstelle der körperlichen Beschlagnahme nur abzulichten. 258 Doch werden das seltene Fälle sein. 259 Eine Beschlagnahme und eine dem entsprechende Ersatzmaßnahme können schließlich, etwa bei Briefen zwischen Ehegatten, wegen UnVerhältnismäßigkeit unzulässig sein. 260 Das Beschlagnahmeverfahren (Gehör nach § 33 Abs. 3; schriftliche Anordnung nach § 98 Abs. 1; Bekanntmachung nach § 35 Abs. 2) ist zu beachten. Es ist unzulässig, Briefe sowie Ablichtungen oder Abschriften von ihnen ohne Beschlagnahme oder eine sie ersetzende besondere, bekanntgemachte Anordnung zu den Akten zu nehmen. 2 6 1 Ob der Bundesgerichtshof demgegenüber inzwischen der Ansicht ist, Abschriften dürften, weil dem Beschuldigten die Überwachung des Briefverkehrs bekannt ist, auch ohne förmliches Verfahren zu den Akten genommen werden, lässt sich der neueren Rechtsprechung 2 6 2 nicht sicher entnehmen. Eine solche Ansicht wäre abzulehnen. Eine Mindermeinung 2 6 3 hält den Richter nicht für befugt, über die Feststellung hinaus, ob er den Brief beanstanden oder freigeben wolle, „von der Existenz des Briefes ... weiter Kenntnis" zu nehmen. Dem tritt die h.M. 2 6 4 unter Hinweis auf den Gedanken des § 108 entgegen. Aus diesem Gedanken folgt: Kommt einem Brief Bedeutung für eine andere, oft neue Sache (etwa wegen Verleitung zur Falschaussage, Betrugs) zu, darf ihn der Richter der anhängigen Sache nicht beschlagnahmen. 265 Er kann aber § 108 sinngemäß anwenden und danach den Brief vorläufig sicherstellen und der Staatsanwaltschaft zuleiten, damit diese eine Beschlagnahme erwirken oder den Brief zur Habe des Verhafteten geben oder zurücksenden kann. 2 6 6 Freilich sind die Grenzen zu beachten, die § 108 zieht. Der in der gegenwärtigen Sache gemachte Zufallsfund darf für eine andere Sache nur dann vorläufig sichergestellt werden, wenn er auf die VerÜbung einer anderen Straftat hindeutet, also in einem anderen Strafverfahren, auch wenn es bereits anhängig ist, beweisgeeignet sein könnte. 2 6 7
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OLG Hamm JMB1NW 1974 115. Vgl. OLG Hamm JMB1NW 1974 115 (Beweisbedeutung fraglich); StV 1994 326; OLG Düsseldorf StV 1991 473. Zum Verwertungsverbot s. Schlothauer/Weider 1054; Münchhalffen/Gatzweiler 531. LG Flensburg StV 1988 210. BGH NJW 1961 2069; KK/Boujong 42. BGH GA 1967 282. Birmanns NJW 1967 1358. Krit. auch Berndt NStZ 1996 161 ff. Vgl. BVerfGE 57 180; BGHSt 28 349; OLG Celle NJW 1974 805; OLG Hamm NStZ 1985 93; OLG Düsseldorf NJW 1993 3278; KKJ Boujong 42; Wais NJW 1967 2047; krit. SYUPaeffgen 39 unter Hinweis auf das Sondervotum BVerfGE 57 170, 182, 194.
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OLG Schleswig SchlHA 1960 29; OLG Celle NJW 1974 806; OLG Düsseldorf NStZ 1982 398; NJW 1993 3278; Wais NJW 1967 2047. BGHSt 28 349; KG JR 1968 31; BayObLG MDR 1976 1037; OLG Hamm NStZ 1985 93; OLG Schleswig bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1999 174. Vgl. UUSchäfer2s § 108, 3, 8 ff.; s. auch BGH MDR 1990 116. Enger OLG Celle NJW 1974 806; LR/Wendisch24 100. Vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 1993 3278. Für eine deutlich engere Begrenzung Berndt NStZ 1996 161 ff. (z.B. Verwertbarkeit nur bei Delikten aus dem Katalog des § 100a StPO).
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§
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VI. Verschärfte Sicherungsvorkehrungen 1. Allgemeines. Verschärfte Sicherungsvorkehrungen (vgl. Nr. 6 0 ff., 6 2 ff. UVollzO) sind - gestützt auf § 119 Abs. 3 - grundsätzlich zulässig, wenn einer konkreten außergewöhnlichen Gefahrenlage (z.B. akuter Suizid- oder Ausbruchsgefahr) nicht anders begegnet werden k a n n . 2 6 8 Sie kommen namentlich bei besonders gefährlichen Gefangenen, etwa Beschuldigten terroristischer Gewalttaten in Betracht, wenn z.B. die naheliegende Gefahr besteht, dass sie ihre Tätigkeit aus der Anstalt heraus fortsetzen oder Fluchtversuche einleiten w e r d e n ; 2 6 9 sie können nicht schon damit begründet werden, der Beschuldigte sei einer Straftat gemäß $ 129a S t G B verdächtig und es bestehe erhöhte Flucht- und Verdunkelungsgefahr. 2 7 0 Verschärfte Haftbedingungen können nur unter besonderer Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angeordnet und durchgeführt werden.
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Sie sind auf solche Beschuldigte ausgerichtet, bei denen wegen ihrer außergewöhnlichen Gefährlichkeit besondere Vorsichtsmaßnahmen unerlässlich sind. 2 7 1 Zulässig sind also nur die im speziellen Fall zur Gefahrenabwehr geeigneten und unerlässlichen M a ß n a h men. Sie sind regelmäßig darauf zu prüfen, o b eine Lockerung oder Aufhebung oder wenigstens die Erlaubnis von Ausnahmen notwendig bzw. geboten ist. 2 7 2 Die Gefahr gesundheitlicher Schädigungen durch verschärfte Haftbedingungen ist selbstverständlich zu vermeiden (vgl. auch Nr. 65 UVollzO). 2 7 3 Außerdem ist dem Beschuldigten im Rahmen des nach Haftzweck und Anstaltsordnung Möglichen und Vertretbaren ein Ausgleich für die ihm auferlegten Beschränkungen zu gewähren. 2 7 4 2 . Einzelmaßnahmen. Es kommen in Betracht: das Verbot gemeinsamer Unterbringung mit anderen Gefangenen; die Anbringung zusätzlicher Sicherungsvorrichtungen; der Ausschluss von der Teilnahme an Gemeinschaftveranstaltungen; die Ausgabe von Mahlzeiten durch mehrere Beamte in Abwesenheit anderer Gefangener; die Durchsuchung des Haftraumes und der darin befindlichen Sachen, ausgenommen der als Verteidigerpost gekennzeichneten Schriftstücke, mehrmals (so oft wie unerlässlich) wöchentlich; das Verbot der Benutzung eigener Kleider; die Durchsuchung von Besuchern unter Verwendung technischer Geräte; die Durchsuchung des Verteidigers auch mittels technischer Geräte auf nicht der Verteidigung dienende Gegenstände; das Verbot gegenüber dem Verteidiger, technische Geräte (Diktier- und Tonbandgeräte z.B.) in den Sprechraum mitzunehmen; die Durchsuchung des Beschuldigten vor und nach dem Verteidigerbesuch, auch unter Umkleidung. 2 7 5 Das Verbot zusätzlicher Lichtquellen im Haftraum dürfte weil nutzlos - unverhältnismäßig und damit unzulässig sein. 2 7 6 Bei Zellenkontrollen soll der Beschuldigte kein Anwesenheitsrecht h a b e n . 2 7 7 Dies erscheint im Hinblick auf den in § 106 Abs. 1 Satz 1 zum Ausdruck kommenden Schutzgedanken bedenklich. 2 7 8
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K K / B o u j o n g 16; 3 4 5 ff.
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B G H Beschl. vom 2 2 . 6 . 1 9 7 7 , 1 BJs 1 3 3 / 7 6 . B G H Beschl. vom 2 5 . 7 . 1 9 7 8 , 1 BJs 8 6 / 7 8 .
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Kiemknecht/Janischowsky
O L G Koblenz StV 2 0 0 3 5 1 4 ; KK/Boujong 17; s. auch BerlVerfGH N S t Z - R R 1 9 9 9 316. KK/Boujong 17. S K / P a e f f g e n 17. KK/Boujong 17; z.B: Besitz mehrerer Bücher in der Zelle, Bezug mehrerer Zeitungen und Zeitschriften, Schreibmaschine, Rundfunkgerät ohne U K W / K W - E m p f a n g ,
zusätzlicher Einkauf durch Vermittlung der Anstalt. 275
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Vgl. B G H Beschl. vom 2 7 . 1 1 . 1 9 7 5 , 1 BJs 5 0 / 7 5 ; vom 2 3 . 3 . 1 9 7 6 , 1 BJs 5 / 7 6 ; vom 2 3 . 5 . 1 9 7 8 , 1 BJs 1 5 3 / 7 7 . S. auch (einschränkend) Hinüber StV 1 9 9 4 213. SK/Paeffgen 17; a.A. KK/Boujong 16. B G H Beschl. vom 9.3.1977, 1 BJs 1 2 8 / 7 6 ; KK/Boujong 16; a.A. SK/Paeffgen 17. A.A. O L G Dresden ZfStrVo 1 9 9 5 2 5 1 ; vgl. auch SächsVerfGH N J W 1 9 9 5 2 9 8 0 .
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3. Sichteinrichtung.279 Grundsätzlich zulässig ist bei außergewöhnlichen Gefahrenlagen auch die Beobachtung des Haftraumes, etwa durch eine Sichteinrichtung (sog. Zellenspion, Sichtklappen, Monitoreinschaltung), in regelmäßigen Abständen (vgl. Nr. 63 Abs. 1 Nr. 2 UVollzO). Erforderlich ist, dass konkrete Anhaltspunkte für eine unmittelbar drohende besonders schwerwiegende Gefahr bestehen und dieser nicht in milderer Weise begegnet werden kann. Unverzichtbare Voraussetzung ist des Weiteren, wie auch in den vorgenannten Fällen, eine richterliche Anordnung (vgl. Nr. 62 Abs. 3 UVollzO). Unzulässig wäre selbst bei erhöhter Gefahrenlage eine Beobachtung „rund um die Uhr", weil dies ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre, letztlich eine Totalausforschung auch des Intimbereichs des Beschuldigten (Verstoß gegen Art. 1 Satz 1 GG) wäre. Unterhalb der Schwelle einer außergewöhnlichen Gefahrenlage kann (nur) eine gelegentliche (anlassbedingte) Sichtüberwachung zulässig sein, aber, wie bei jedem Eingriff in den persönlichen Lebensbereich (Art. 2 Abs. 1 GG) nur, wenn (soweit) eine konkrete Gefahrenlage dies erfordert.
VII. Bequemlichkeiten (Absatz 4). Fürsorge 1. Grundsatz 96
a) Begriff. Das Wort Bequemlichkeit hat verschiedene Bedeutungen, die hier, ebenso wie die Herkunft des Worts, nicht interessieren. In Absatz 4 soll es bedeuten: „Bequemlichkeiten" sollen den Beschuldigten gegenüber dem anstaltsüblichen Lebenszuschnitt besserstellen. 280 Es geht also um Sachen (oder Verhältnisse), die der Verhaftete sich auf seine Kosten verschafft, weil es ihm „behagt" (gefällt), sich mit ihnen das Leben im Haftraum angenehm zu machen, damit ihm das „Erleiden" (§ 450 Abs. 1) der Untersuchungshaft wenigstens leiblich, und dadurch (Bücher, Zeichnen, Malen, Schriftstellern) mittelbar auch seelisch, so mühelos wird, wie das mit einer Einsperrung gemeinsam mit vielen anderen eben zu vereinbaren ist. In diesem Zusammenhang gewinnt Nr. 53 Abs. 1 UVollzO als räumliche Voraussetzung der sachlichen Bequemlichkeiten besondere Bedeutung. Danach dürfen dem Beschuldigten Stücke der Habe überlassen werden, die sich zum persönlichen Gebrauch oder zur Ausstattung des Haftraumes eignen (Rn. 101 ). 2 8 1
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b) Inhalt. Weil die Voraussetzungen dafür, wann der Verhaftete sich nach Absatz 4 auf seine Kosten Bequemlichkeiten und Beschäftigungen verschaffen kann - negativ ausgedrückt - denselben Inhalt haben wie - positiv ausgedrückt - die Beschränkungsvoraussetzung des Absatzes 3, wird Absatz 4 zuweilen als Tautologie angesehen, als (überflüssiger) Unterfall des Absatzes 3 ; 2 8 2 seine eigentliche Bedeutung liege in der „Kostenverteilungsfrage". So leicht kann man das Wort des Gesetzes indessen nicht nehmen, zumal wenn man es im Zusammenhang mit der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) sieht. Dann erlangt es den Inhalt, dass der Verhaftete, soweit als es mit der Einsparung irgend vereinbar ist, sein Leben so wie ein freier Unschuldiger „bequem" fortset-
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Vgl. Seebode (Vollzug) 172 ff.; SK/Paeffgen 51; s. auch BGHSt 3 7 3 8 0 mit Anm. Böhm JR 1992 174 und Krahl J Z 1991 1146; Hinüber StV 1994 212; Heyland GedS Meyer 765 (zum Strafvollzug). YXJBoujong 65; SK/Paeffgen 5 7 ; AKJKrause
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Vgl. auch LG Köln NStZ 1990 511 (Entfernung von eine Kontrolle erschwerenden Gegenständen im Strafvollzug). Veit 69.
16.
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zen k a n n . D a m i t ist Absatz 4 die gesetzliche Garantie einer bequemen Untersuchungshaft und zugleich die gesetzliche Aussage, dass die Untersuchungshaft bequem sein k a n n und so zu gestalten ist, dass sie nach dem Belieben des Verhafteten - die Hausstrafe ausgen o m m e n - auch bequem ist, freilich auf seine K o s t e n . 2 8 3 Von dieser Garantiefunktion aus werden die einschränkenden Klauseln - in Analogie zur Einschränkung der G r u n d r e c h t e 2 8 4 - in ihrer die G a r a n t i e beschränkenden W i r k u n g selbst wieder eingeschränkt, so dass die negative Fassung des Absatzes 4 entweder geringere Beschränkungen zulässt als die positive Fassung des Absatzes 3 oder aber, wie es hier versucht worden ist (Rn. 3 3 ) , auf diese einengend einwirkt. Jedenfalls darf die Ausgestaltung der Untersuchungshaft als eine H a f t f o r m , die Bequemlichkeiten möglich m a c h t , im Ganzen nicht aufgehoben werden, wenn auch einzelne Bequemlichkeiten, etwa ein Flügel für einen Konzertpianisten, als schlechthin unvereinbar mit den R a u m verhältnissen und Isoliermöglichkeiten oder jederzeit möglicher Telefonverkehr (Rn. 1 0 6 ) wegen des dafür nicht zu verantwortenden Aufwands, versagt werden dürfen.
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c) Verbindung der Absätze 3 und 4 . Projiziert m a n , wie es hier versucht wird, die Bequemlichkeitsgarantie in den Begriff der O r d n u n g in der Vollzugsanstalt, dann erhält m a n für beide Absätze einen einheitlichen Begriff (Rn. 3 3 ) , für den Absatz 4 - keinesfalls ein überflüssiger Unterfall - auslegungsbestimmend ist. Bei der dadurch gewonnenen Verbindung beider Absätze ist Absatz 4 von Absatz 3 nicht völlig abzuscheiden. D e n n einmal sind das Versagen und der Entzug von Bequemlichkeiten Beschränkungen, zum anderen lässt sich bei allen definitorischen Bemühungen nicht eindeutig feststellen, was zur normalen Lebensführung gehört und was eine darüber hinausgehende Bequemlichkeit darstellt. Aus diesem G r u n d werden hier, schon um zusammenhängende Fragen nicht zu trennen, gelegentlich Fragen notwendiger Beschränkungen bei „Bequemlichkeit e n " behandelt und umgekehrt.
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2 . Lebensgestaltung. Die G a r a n t i e des Absatzes 4 ( R n . 9 7 ) bedeutet u.a., dass der Staat verpflichtet ist, ihr durch entsprechende Gestaltung des Vollzugs R e c h n u n g zu trag e n . 2 8 5 Er k a n n sich demgegenüber grundsätzlich (z.B.) weder auf Kostenargumente n o c h darauf berufen, eine v o m Beschuldigten auf eigene Kosten angestrebte individuell selbstbestimmte Haftgestaltung führe zu erheblicher Ungleichbehandlung (Besserstellung) gegenüber anderen Häftlingen und damit zu Neid und Unruhe in der Anstalt (vgl. R n . 4 , 2 2 , 2 6 , 3 0 f f . ) . 2 8 6 Dies soll nicht heißen, dass dem Beschuldigten das möglicherweise für ihn übliche Leben in L u x u s - auf eigene Kosten - ermöglicht werden muss, w o h l aber, dass die Vollzugsbedingungen die Verwirklichung der üblichen Bequemlichkeit gestatten (vgl. Nr. 18 U V o l l z O ) . 2 8 7
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D e m g e m ä ß hat der Staat für eine Unterbringung (Zellengröße und - a u s s t a t t u n g ) 2 8 8 sowie Vollzugsbedingungen (Toiletten, Dusch- und Waschmöglichkeiten) zu sorgen, die
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Vgl. S K / P a e f f g e n 57 (Betonung strikter Funktionalität der Haft und des Prinzips des möglichst schonenden Eingriffs bei möglichst weitgehender Gewährleistung individueller Selbstbestimmung); AK/Krause 16; Seebode (Vollzug) 148; Molkettn/Jakobs ZfStrVo 1982 336. Vgl. BVerfGE 19 347. Vgl. Seebode (Vollzug) 144 ff., 168 ff.; Dün-
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kel 395 ff.; AK/Krause 15, 16; s. auch KK/ Boujortg 65; Seebode (Kolloquium) 184; BVerfG NStZ 1994 604 mit Anm. Rotthaus. Vgl. S K / P a e f f g e n 57; Seebode (Vollzug) 144 ff., 149; AKJKrause 16. Krit. (zu Recht) Dünkel 398 gegen Nr. 18 Abs. 3 Satz 2 und Nr. 54 Abs. 2 UVollzO. Vgl. auch Seebode (Vollzug) 160. Vgl. dazu Schlothauer/Weider 982.
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nicht nur dem nach dem Gebot der Achtung der Menschenwürde erforderlichen Minimum 2 8 9 genügen, sondern darüber hinaus eine Realisierung der in Absatz 4 garantierten individuellen Haftgestaltung ermöglichen. Ebenso ist dem Beschuldigten in der Regel 2 9 0 die Ausstattung der Zelle mit persönlicher Habe (z.B. Bildern) 2 9 1 zu gestatten (Rn. 9 6 ) ; 2 9 2 allerdings können Gegenstände, die eine im Einzelfall konkret erforderliche Kontrolle erschweren, entfernt werden. 2 9 3 Zu Absatz 4 gehört auch, dass Vollzugsbedienstete grundsätzlich vor Betreten der Zelle anzuklopfen haben. 2 9 4 102
Selbstverständlich kann der Beschuldigte eigene Kleidung 295 tragen. Für deren Reinigung hat er grundsätzlich selbst zu sorgen. Angehörigen ist daher zu gestatten, ihm regelmäßig frische Wäsche zukommen zu lassen (vgl. Nr. 39 Abs. 2, 52 UVollzO). Einschränkungen sind nur zulässig, wenn eine konkrete Gefährdung (Rn. 25) sie erforderlich machen; ob diese Voraussetzung immer auch dann erfüllt ist, wenn dem Beschuldigten Alkohol in geringen Mengen oder Drogen, die gerade zum Eigenkonsum reichen, zugespielt werden könnten, erscheint zweifelhaft (Rn. 45, 130). 2 9 6 Schließlich ist dem Beschuldigten in ausreichendem Maße Aufenthalt im Freien zu ermöglichen (Nr. 55 UVollzO). 2 9 7
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3. Ausführungen an Plätze außerhalb der Anstalt sind zulässig, wenn wichtige und unaufschiebbare Angelegenheiten persönlicher (Beerdigung), geschäftlicher (Heraussuchen von Urkunden) oder rechtlicher Art (Gerichtstermine) die Anwesenheit des Verhafteten erforderlich machen (Nr. 41 Abs. 2 UVollzO). Ausführungen sind, weil durch sie der Gewahrsam, das Prinzip der Untersuchungshaft, gelockert wird, auf solche Fälle zu beschränken, in denen die Anwesenheit außerhalb der Anstalt dringend geboten ist; 2 9 8 dazu gehören nicht Besprechungen mit dem Verteidiger 299 und auch nicht die Wahrnehmung eines Abgeordnetenmandats. 300 Ist der Verhaftete Prozesspartei, hat er sich in der mündlichen Verhandlung und bei der Beweisaufnahme grundsätzlich vertreten zu lassen, ggf. muss er dazu um Prozesskostenhilfe nachsuchen. Kommt es jedoch bei der Beweisaufnahme über einen komplizierten Sachverhalt, den nur der Zeuge und der Beschuldigte kennen, entscheidend auf persönliche Vorhalte an, dann ist die Anwesenheit des Beschuldigten dringend geboten.
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Vgl. Hinüber StV 1994 212; Seebode (Vollzug) 173; LG Karlsruhe StV 2 0 0 4 550; LG Marburg StV 1998 563; Rn. 14 ff., 2 2 und Vor § 112, 40. Nr. 53 Abs. 1 UVollzO („darf") ist als „hat" zu lesen; s. auch OLG Zweibrücken StV 1993 593. Vgl. OLG Zweibrücken StV 1993 593 (auch zu anderen Gegenständen). Vgl. KK/Boujong 61; Seebode (Vollzug) 2 0 0 ; s. aber OLG Schleswig bei Lorenzen SchIHA 1987 109, das jedenfalls im Ergebnis vertretbar eine nahezu vollständige Ummöblierung ablehnt. Vgl. LG Köln NStZ 1990 511 (Strafvollzug); KK/Boujong 61. Vgl. dazu OLG Saarbrücken NStZ 1993 2 0 7 ; OLG Celle ZfStrVo 1994 174; OLG Frankfurt StV 1995 4 2 8 mit Anm. Nix;
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Schaaf ZiStrVo 1994 145; 1994 2 7 6 (Strafvollzug); vgl. aber BVerfG NStZ 1996 511. Zum Namensschild an der Zellentür s. BVerfG NStZ-RR 1996 318. Schlothauer/Weider 985; Seebode (Kolloquium) 183; einschränkend BGH Beschl. vom 23.8.1978, 1 BJs 16/77 z.B. bei erhöhter Fluchtgefahr. A.A. OLG Koblenz NStZ 1994 56 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 24; s. aber Dünkel 3 9 8 ; Seebode (Vollzug) 159 (Alkohol). Vgl. auch SchwBG EuGRZ 1993 5. OLG Stuttgart MDR 1981 7 8 0 ; OLG Düsseldorf N J W 1990 3160; Meyer-Goßner 40; allg. M. OLG Stuttgart MDR 1981 780. Jekewitz GA 1981 4 4 4 ; vgl. auch OLG Frankfurt NStZ 1991 4 0 5 (keine Ausführung für Intimkontakte).
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Ein Urlaub aus der Untersuchungshaftanstalt ist mit dem Zweck der Untersuchungshaft nicht vereinbar (Nr. 41 Abs. 3 UVollzO). 3 0 1 In wenigen geeigneten Fällen kann der Erfolg eines Urlaubsantrags aber mit der befristeten Aussetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft erreicht werden (§ 116, 9), wenn die Voraussetzungen dazu vorliegen. 3 0 2
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Das Ausführen gehört zur Fürsorge für den Verhafteten. Der Staat muss dazu Personal zur Verfügung stellen. Demzufolge ist Mangel an Bewachungspersonal kein Grund, berechtigte Ausführungsanträge abzulehnen. 3 0 3 Die Prüfung, o b eine Ausführung unaufschiebbar ist, wird zu unterbleiben haben, wenn der Verhaftete heiraten will. Seine M o tive zu erforschen, wird stets unangemessen sein. Die Zahl der Eheschließungen in der Untersuchungshaft ist auch so gering, dass Personalrücksichten keine Rolle spielen. 3 0 4 Z u r Eheschließung selbst braucht der Verhaftete keine Erlaubnis. Ihm ist die Gelegenheit zur Eheschließung zu g e b e n ; 3 0 5 dazu ist er grundsätzlich zum Standesamt vorzuführen. Ist er ein Ausbrecher, kann ihm überlassen bleiben, beim Standesbeamten die Eheschließung in der Anstalt zu beantragen. Ebenso sollte eine Ausführung zur Teilnahme an der Geburt eines Kindes des Beschuldigten ermöglicht w e r d e n ; 3 0 6 die Gegenmeinung 3 0 7 ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 G G bedenklich.
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4 . Telefonate. Die Beschränkung des Beschuldigten in seinen Möglichkeiten, zu telefonieren, gehört zu den unvermeidlichen Folgen des Haftvollzuges. Dennoch ist dem Beschuldigten in wichtigen Fällen zu gestatten, auf eigene Kosten Orts- und auch Ferngespräche, auch ins Ausland zu führen, 3 0 8 obwohl solche Telefonate eine erhebliche Belastung für den Vollzugsdienst bedeuten (vgl. Nr. 38 Abs. 1 UVollzO). Wichtige Gründe, die ein berechtigtes Interesse für ein Telefonat ergeben, können die Verteidigung betreffen, 3 0 9 familiäre 3 1 0 oder geschäftliche 3 1 1 sein. Das Gespräch wird, abgesehen von Gesprächen mit dem Verteidiger (§ 148), 3 1 2 überwacht, wenn eine konkrete Gefährdung der in § 119 Abs. 3 genannten öffentlichen Interessen besteht. 3 1 3
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RG J W 1915 721. A.A. Meyer-Goßner
§ 116, 2;
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BGH N S t Z 1 9 9 9 4 7 1 ; O L G Düsseldorf N S t Z - R R 2 0 0 0 3 8 2 ; O L G Frankfurt StV 1 9 8 6 3 9 8 ; StV 1 9 9 2 2 8 1 ; O L G H a m m N S t Z - R R 1 9 9 6 3 0 3 ; O L G Karlsruhe StraFo 2 0 0 2 2 8 ; O L G Rostock StraFo 2 0 0 1 2 8 6 ; O L G Stuttgart StV 1 9 9 5 2 6 0 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 6 2 5 ; LG Mainz wistra 1 9 9 5 7 7 (auch zum Nachweis des wichtigen Grundes) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 6 2 5 ; LG München StV 2 0 0 5 5 1 4 .
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O L G Düsseldorf StV 1 9 8 9 2 5 4 . A.A. B G H N S t Z 1 9 9 9 4 7 1 (falls Telefonat nur aus einem Dienstzimmer der JVA geführt werden kann) mit krit. Anm. Lüderssen StV 1 9 9 9 4 9 0 und Paeffgen N S t Z 2 0 0 0 78.
Schlechter
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KG J R 1 9 5 9 3 0 8 ; a.A. wohl O L G Düsseldorf N J W 1 9 9 0 3 1 6 0 . Einschränkend BayObLG D R i Z 1 9 3 2 6 2 5 . O L G Nürnberg F a m R Z 1 9 5 9 116 und Bosch ebenda. Vgl. SYJPaeffgen 61. O L G Düsseldorf N J W 1 9 9 0 3 1 6 0 ; K K / B o u jong 6 6 ; Meyer-Goßner 40. Vgl. O L G Frankfurt 1 9 8 2 4 7 6 ; O L G Düsseldorf StraFo 1 9 9 8 2 8 5 ; J M B 1 N W 1 9 9 9 2 4 8 ; O L G Karlsruhe StraFo 2 0 0 2 2 8 ; O L G Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1 9 9 2 1 4 5 ; Müller-Dietz (Kolloquium) 2 4 1 . Z u r Überhaft vgl. O L G Hamburg StV 1 9 9 3 4 8 9 . S. auch BVerfG ZfStrVo 1 9 8 4 2 5 5 (Strafvollzug). Z u r ausnahmsweisen Benutzung des anstaltseigenen Faxgerätes vgl. O L G Dresden N S t Z 1 9 9 4 2 0 8 . Vgl. BGHSt 3 3 3 5 0 ; B G H N S t Z 1 9 9 9 4 7 1 ; Ranft 7 0 4 ; Veit 7 0 ; s. aber O L G Oldenburg N J W 1 9 6 4 215.
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Vgl. O L G Zweibrücken StV 1 9 9 8 32 (Ablehnung eines Telefonats der inhaftierten Ehefrau mit ihrem inhaftierten Mann bei Verdunklungsgefahr) mit abl. Anm. Seebode StV 1 9 9 8 3 8 5 (Hinweis auf Art. 6 GG) und Paeffgen N S t Z 1 9 9 9 7 6 .
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Jedes Gespräch wird einzeln bewilligt. Eine Dauergenehmigung ist in der Regel nicht möglich. 314 Abzuwägen sind jeweils alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles. 315 Eine generelle Beschränkung des Telefonierens auf „seltene" oder „sehr dringende Ausnahmefälle" wäre zu schematisch und damit unzulässig.316 Ist für die Überwachung des Telefongesprächs ein Dolmetscher erforderlich, so ist dieser von der Vollzugsanstalt ohne Kostenvorschuss 3 1 7 zu stellen. Folgt man konsequent der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Rn. 1, 7, 21 ff., 113), so darf der Beschuldigte grundsätzlich auch sein Mobiltelefon für einzelne Telefongespräche benutzen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Gefährdung der in Absatz 3, 4 genannten Interessen bestehen; ggf. muss geprüft werden, ob einer Gefährdung, etwa durch Überwachung (Rn. 106), begegnet werden kann (muss). Gegen eine Aushändigung eines solchen Telefons für einen längeren Zeitraum, also über die Dauer der Nutzung für einzelne Telefongespräche hinaus, könnte je nach Lage des Einzelfalles - (häufig) sprechen, dass dann die Gefahr der (missbräuchlichen) Benutzung des Telefons durch andere Häftlinge bestünde und in der Regel selbst eine stichprobenartige Überwachung (vgl. dazu auch Rn. 71) von Gesprächen nicht möglich wäre.
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5. Arbeit. Auf Verlangen soll dem Verhafteten Gelegenheit gegeben werden, zu arbeiten (Nr. 43 Abs. 1 UVollzO). 318 Er ist jedoch zur Arbeit nicht verpflichtet 319 (Nr. 42 UVollzO). Nimmt er welche an, darf er nicht gezwungen werden, Tagespensen zu leisten; 320 auch ist keine Disziplinarmaßnahme zulässig, wenn er der Arbeit nicht nachkommt oder sie zur Unzeit niederlegt. 321 Wenn er schlecht oder unwirtschaftlich arbeitet, kann ihm der Anstaltsleiter - nicht der Richter 3 2 2 - die Arbeit entziehen. In seltenen Fällen kann, wenn er die Arbeit zur Unzeit niederlegt, Schadenersatz in Betracht kommen, wenn der Verhaftete mit seiner Zustimmung dringliche Arbeiten erhalten hat, vorher auf die Folgen hingewiesen worden ist, die entstehen, wenn er sie ohne zwingenden Grund nicht zu Ende führt, und wenn durch sein Verhalten ein Schaden entstanden ist.
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Der Verhaftete hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Arbeit oder einen bestimmten Arbeitsplatz, wohl aber ein Recht auf Zuteilung einer Arbeit im Rahmen des Möglichen. 323 Nimmt er an der allgemein eingeführten Arbeit teil, muss er sie zu den Bedingungen annehmen, die der Staat ihm macht (Nr. 43 Abs. 3 UVollzO). Das gilt auch in Bezug auf das Arbeitsentgelt. Dieses wird nach Nr. 43 Abs. 4 UVollzO, §§ 43, 177
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OLG Düsseldorf NStZ 1995 152 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 25; NStZ-RR 2 0 0 0 382; OLG Karlsruhe StraFo 2 0 0 2 2 8 ; OLG Schleswig bei Lorenzen/ Schiemann SchlHA 1997 152. Vgl. BGH NStZ 1 9 9 9 471 mit krit. Anm. Lüderssen StV 1 9 9 9 4 9 0 und Paeffgen NStZ 2 0 0 0 78; OLG Karlsruhe StraFo 2 0 0 2 28; OLG Rostock StraFo 2001 2 8 6 ; AG Cottbus StV 2 0 0 4 4 9 4 und 2 0 0 5 395; s. aber LG Zweibrücken ZfStrVo 1998 3 7 2 (bei regelmäßigen Besuchen kein zusätzliches Telefongespräch mit dem Besucher). Im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt StV 1992 281; s. auch BGH NStZ 1999 471; a.A. wohl OLG Düsseldorf J Z 1998 10. S. auch LG Stuttgart StV 2 0 0 1 123; Steinke
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ZfStrVo 1995 2 2 6 sowie die Erl. zu § 464a, § 4 6 4 c und Art. 6 EMRK. OLG Hamm StraFo 1998 66 (grundsätzlich Recht auf Arbeit). OLG Hamm NStZ 1987 478. Mehliss DStRZ 1917 213. Vgl. Klee GA 1955 263. Für Jugendliche und Heranwachsende s. §§ 93 Abs. 2, 110 Abs. 2 JGG; Nr. 80 Abs. 2 UVollzO. Vgl. auch AG Hamburg NStZ 1985 2 8 8 ; Seebode (Vollzug) 2 0 7 ; Wolter ZStW 9 3 (1981) 454. OLG Hamm 1970 2 8 7 ; OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 2 9 2 . OLG Hamm StraFo 1998 66; s. auch OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 293.
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StVollzG berechnet. Das ist für einen Untersuchungsgefangenen noch unbefriedigender als für einen Strafgefangenen, doch darf nicht übersehen werden, dass Arbeit für Untersuchungsgefangene zu beschaffen besondere Schwierigkeiten macht. 3 2 4 Andererseits darf er über sein Arbeitsentgelt frei verfügen, da von ihm kein Haftkostenbeitrag erhoben wird. 3 2 5 Nach Nr. 5 4 Abs. 1 UVollzO hat der Verhaftete den Haftraum zu reinigen. Die Ansieht, das entspreche dem, was in Gemeinschaftsunterkünften üblich sei und könne daher nicht als Arbeitszwang gewertet werden, 3 2 6 ist nicht überzeugend. Dem als unschuldig geltenden Verhafteten wird mit der Einsperrung ein Sonderopfer auferlegt. Das darf nicht über den verfolgten Zweck hinausgehen. Mit dieser Begrenzung ist der Zwang, Arbeit zu leisten, sei sie auch geringfügiger Natur, nicht zu vereinbaren. 3 2 7 Art. 4 Abs. 3 Buchst, a E M R K lässt zwar Arbeit zu, die „normalerweise" in der Haft verlangt wird, doch kann das nationale Recht gebieten, den mit der Konvention eröffneten Freiraum zu erweitern.
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6. Taschengeld wird dem Beschuldigten von der Vollzugsbehörde nicht gewährt. 3 2 8 Er kann jedoch in engen Grenzen Sozialhilfe erhalten. 3 2 9 Dementsprechend ist auch der Anspruch des Beschuldigten auf Auszahlung des auf seinem Haftkonto stehenden Guthabens nur begrenzt pfändbar. 3 3 0
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7. Selbstbeschäftigung. In den Grenzen, die sich aus Absatz 4 ergeben (Rn. 96), kann sich der Verhaftete selbst beschäftigen (Nr. 4 4 UVollzO). Er darf also in seinem Haftraum zeichnen, malen oder modellieren, aber, wenn das andere stört und die Kontrolle erschwert, keine Musik machen. Schriftstellerische Arbeiten stehen ihm stets frei. Ihre Versendung darf grundsätzlich nicht beschränkt werden. Ist ausnahmsweise eine Kontrolle erforderlich, kann die Versendung abgelehnt werden, wenn die Kontrolle wegen eines außergewöhnlichen Umfangs praktisch unmöglich ist, doch muss die Kontrollarbeit erbracht werden, wenn der Verhaftete den Ertrag seiner Arbeit für seine Familie oder für
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sich benötigt. Zu weitgehend und - weil mit dem Zweck der Nr. 4 4 UVollzO nicht mehr vereinbar - zumindest dann abzulehnen ist jedoch der Wunsch eines Untersuchungsgefangenen, der von Beruf Steuerberater ist, ihm zu gestatten, in seiner Zelle für einen Wirtschaftsprüfer Problemakten zu bearbeiten und anhand der einschlägigen Literatur zu votieren sowie Buchhaltungsarbeiten und Kontierungen durchzuführen, wenn damit ein erheblicher Aktenumlauf verbunden ist. 3 3 1 Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang namentlich die neuere Rechtsprechung des BVerfG. 332 Sie betont (erneut), dass die Auferlegung von Beschrän-
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S. auch BVerfG N J W 2 0 0 4 3 0 3 0 (unterschiedliche Entlohnung nicht verfassungswidrig); O L G Stuttgart N S t Z 2 0 0 4 2 3 0 .
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O L G Nürnberg N S t Z - R R 1 9 9 9 1 9 0 ; Calliess/Müller-Dietz § 177, 2 StVollzG. Eb. Schmidt Nachtr. 1 3 7 . Klee GA 1 9 5 5 2 6 6 ; Hennerkes 117. O L G H a m m N S t Z 1 9 9 3 6 0 8 ; O L G Celle StV 1 9 9 8 4 9 5 mit Anm. Wünsch-, h . M . BVerfG DVB1. 1 9 9 4 4 2 5 ; s. auch O L G H a m m StV 2 0 0 3 5 1 4 (für Portokosten); Herme StV 1 9 9 6 3 4 3 ; Perwein ZfStrVo 1 9 9 4
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3 4 9 ; Keck ZfStrVo 1 9 9 0 18; Wünsch StV 1 9 9 8 5 0 0 ; Schlothauer/Weider 1004. Vgl. O L G Karlsruhe N S t Z - R R 2 0 0 2 1 2 5 ; LG Frankfurt Rpfleger 1 9 8 9 3 3 ; LG Koblenz Rpfleger 1 9 8 9 1 2 4 ; AG Stuttgart ZfStrVo 1 9 9 3 5 9 ; AG Tempelhof-Kreuzberg StV 1 9 9 4 91; Behr JurBüro 1 9 9 6 5 1 6 ; Schlothauer/Weider 991. O L G Hamburg M D R 1 9 7 6 1038. BVerfG N S t Z 1 9 9 4 6 0 4 mit Anm. Rotthaus; Kruis/Cassardt N S t Z 1 9 9 5 5 2 4 ; vgl. auch Winkelmann/Engsterhold N S t Z 1 9 9 3 112.
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kungen nicht schon dann zulässig ist, wenn ein möglicher Missbrauch eines Freiheitsrechts nicht auszuschließen ist. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte (nicht nur die abstrakt-generelle Gefahr) dafür vorliegen, dass der Beschuldigte einen ihm überlassenen Gegenstand missbrauchen und dadurch Haftzweck 3 3 3 oder Anstaltsordnung gefährden könnte; die einem Gegenstand allgemein innewohnende Gefährlichkeit genügt allein (anders wohl § 70 StVollzG) 3 3 4 nicht für einen Ausschluss vom Besitz von Gegenständen. Damit sind Beschränkungsmöglichkeiten enge Grenzen gesetzt. Wird eine generelle Gefährlichkeit eines Gegenstandes als Versagungsgrund in Erwägung gezogen, so ist immer auch die Auseinandersetzung damit erforderlich, ob konkrete Anhaltspunkte für eine reale Gefährdung vorliegen. Diese können allerdings bei Gegenständen gesteigerter Gefährlichkeit 3 3 5 angenommen werden, falls nicht gerade in der Person des Beschuldigten Umstände begründet sind, die dieser Gefährlichkeit ausreichend entgegenwirken. 336 Je weniger gefährlich ein Gegenstand an sich ist, um so intensiver muss geprüft werden, ob sich aus anderen Umständen, namentlich der Person des Beschuldigten, konkrete Hinweise auf eine nicht nur hypothetische Gefährdung ergeben. Des Weiteren ist, wenn eine reale Gefährdung bejaht wird, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Mildere M i t t e l 3 3 7 haben Vorrang vor einer Versagung der Aushändigung eines Gegenstandes. Bei der erforderlichen Abwägung darf der erhöhte Kontrollaufwand berücksichtigt werden; aber auch besondere Interessen des Beschuldigten 338 am Besitz des Gegenstandes sind zu beachten. Diese Rechtsprechung bedeutet im Wesentlichen, dass eine nahezu schematische Verweigerung der Aushändigung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs (z.B. Schreibmaschine; Kassettenrecorder; Radio; Fernseher; Laptop) wegen genereller Gefährlichkeit nicht mehr möglich ist und wichtige Belange des Beschuldigten es verbieten können, eine nach Schadenswahrscheinlichkeit oder -ausmaß geringere Gefährdung zum Anlass zu nehmen, einen Gegenstand zu verweigern. 339 Dementsprechend darf der Beschuldigte zu allen schriftlichen Arbeiten, sowohl zu den ebengenannten wie zum Briefwechsel, eine eigene oder eine selbst beschaffte (auch elektronische) Schreibmaschine gebrauchen, ohne ein besonderes Bedürfnis nachweisen zu müssen. Das darf ihm nur versagt werden, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch mißbräuchliche Benutzung der Maschine der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Anstalt gefährdet wird. 3 4 0 Zurückhaltung soll dagegen geboten sein in Bezug auf die Benutzung von Kassettenrecordern, weil
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Der Haftbefehl muss ggf. ergänzt werden, etwa wenn die Aushändigung wegen Verdunkelungsgefahr verweigert werden soll, Zweck der Haft laut Haftbefehl jedoch nur ist, Fluchtgefahr zu begegnen. Vgl. dazu Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 115; Rn. 29. Vgl. dazu BVerfG NStZ 1994 4 5 3 ; OLG Hamm ZfStrVo 1998 57; Kruis/Cassardt NStZ 1995 5 2 4 ; Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 112. Z.B. Waffen, Ausbruchswerkzeuge, Rauschmittel; zu Scheren vgl. BGH Beschl. vom 5.7.1978, 1 BJs 23/77. OLG Hamm ZfStrVo 1998 5 7 (Laptop). Z.B. Bezug in Originalverpackung; Ver-
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plombung eines Gegenstandes; regelmäßige Kontrollen. Z.B. Aus- und Weiterbildung. Vgl. auch Kruis/Cassardt NStZ 1995 5 2 4 ; Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 112; Rotthaus ZfStrVo 1996 7. Vgl. BVerfGE 35 10; BVerfG NStZ 1994 6 0 4 mit Anm. Rotthaus·, OLG Düsseldorf StV 1982 4 7 6 ; 1 9 8 9 351; 1993 374; NStZ-RR 1999 61; a.A. OLG Düsseldorf StV 1985 2 8 6 mit Anm. Baumann StV 1985 2 9 2 ; NStZ 1986 93. S. auch BVerfG ZfStrVo 1997 3 6 7 (elektron. Schreibmaschine/Strafvollzug); BerlVerfGH NStZ-RR 1997 382 (Laptop).
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diese vielfältige Missbrauchsmöglichkeiten eröffneten. 3 4 1 Im Grundsatz gilt hier jedoch auch, dass zunächst eine konkrete Gefährdung festgestellt werden muss. Dieser dürfte häufig durch mildere Maßnahmen als ein Verbot (z.B.: Verplomben) begegnet werden können. 3 4 2 Jedenfalls wird einem Gefangenen der Gebrauch nebst Bezug von Kassetten zu gestatten sein, wenn er ein berechtigtes Interesse (Sprachkurs, Fortbildungszweck) darlegt und nach der Persönlichkeit des Gefangenen ein Missbrauch - notfalls durch bestimmte Auflagen - unwahrscheinlich erscheint. 3 4 3 Entsprechendes gilt für Computer (Laptops), 3 4 4 Telespiele 3 4 5 und das Video-Spielgerät „Game B o y " . 3 4 6 Die Versagung einer Kaffeemaschine dürfte nur in seltenen Fällen zulässig sein. 3 4 7 Das Argument, bei Zulassung weiterer elektrischer Geräte werde das Stromnetz zusammenbrechen, 3 4 8 spricht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG 3 4 9 eher für die Notwendigkeit von Umbaumaßnahmen. 3 5 0 Musikinstrumente sind grundsätzlich zuzulassen, jedoch muss sichergestellt sein, dass nicht durch Lärm die Ordnung der Anstalt erheblich gestört wird. 3 5 1 Ein Versagungsgrund bei allen genannten Geräten kann sein, dass die
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OLG Karlsruhe MDR 1975 72; Rpfleger 1983 83; OLG Hamm JMB1NW 1974 214; MDR 1981 249; OLG Düsseldorf NStZ 1984 333; YXJBoujong 63. Vgl. auch OLG München NStZ-RR 1996 352; Winkelmann/Engsterbold NStZ 1993 115 (Kontrolle). Vgl. OLG Düsseldorf JMB1NW 1989 70 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 532; StV 1991 221; OLG Koblenz NStZ 1985 528 (Walkman). Gleiches gilt für CD-Player - vgl. OLG Frankfurt NStZ 1989 343 (Strafvollzug); OLG München NStZ-RR 1996 352; a.A. OLG Zweibrücken NStZ 1989 143. Als mildere Maßnahme kommen u.a. Bezug in Originalverpackung, Verplombung und die Anordnung der Benutzung von Kopfhörern in Betracht. Zu Lautsprecherboxen s. OLG Hamm ZfStrVo 1994 311. Vgl. auch Wmkelmann/Engsterhold NStZ 1993 117; Boujong NStZ 1983 333 (Begrenzung auf originalverpackte Gegenstände); s. dazu OLG Hamm NStZ 1990 304 (Strafvollzug). Zur Erhöhung des Einkaufsgeldes vgl. OLG Frankfurt StV 1988 209. Vgl. OLG Hamm NStZ 1997 566 (ohne Diskettenlaufwerk) mit Anm. Böttger; AG Traunstein StV 1992 477 (Überlassung mit geeigneten Auflagen) mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 533; enger (ζ. T. abl.) OLG Koblenz StV 1995 86 (ausnahmsweise Zulassung für Zwecke der Verteidigung) mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 72; OLG Düsseldorf NStZ 1984 525; MDR 1986 1047; NJW 1989 2637 (Gefahr unkontrollierbarer Nachrichtenübermittlung) mit Anm. Paeff-
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gen NStZ 1990 532; NStZ-RR 1999 61; StV 1999 610 mit krit. Anm. Staechelin; OLG Hamm StV 1997 199 mit abl. Anm. Nibbeling und Paeffgen NStZ 1998 73; StV 1997 197; ZfStrVo 1998 57; OLG Stuttgart NStZ-RR 2003 347 (ausnahmsweise für Zwecke der Verteidigung in Großverfahren); vgl. auch BVerfG NStZ 1994 453; NStZ 2003 621; BerlVerfGH NStZ-RR 1997 382; OLG Hamm NStZ 1990 304; OLG Celle StV 1994 436; OLG Frankfurt NStZ-RR 1999 156; Schlotbauer/Weider 1008. Zum Laptop des Verteidigers s. BGH NJW 2004 457. OLG Celle NStZ 1994 360 (Strafvollzug); a.A. OLG Düsseldorf NStZ 1986 92 (als Versteck geeignet). OLG Düsseldorf StV 1992 477; s. auch LG Freiburg StV 1996 326 (auch zum Schachcomputer); OLG Nürnberg NStZ-RR 2002 191 (Play Station). Vgl. Winkelmann/Engsterbold NStZ 1993 115. S. aber OLG Düsseldorf NStZ 1986 93; OLG Hamm NStZ 1990 151 (Strafvollzug); KK/Boujong 64; Thermoskanne: BGH Beschl. vom 13.9.1978, 1 BJs 132/78 (Versteck). Vgl. z.B. OLG Düsseldorf NStZ 1986 93. BVerfG NStZ 1994 605 mit Anm. Rotthaus. Vgl. auch Winkelmann/Engsterbold NStZ 1993 116. Vgl. Winkelmann/Engsterbold NStZ 1993 115 (Auflage z.B.: Benutzung von Kopfhörern); s. aber OLG Düsseldorf NStZ 1992 148 (Keyboard als Versteck); OLG Karlsruhe Justiz 1976 131 (Wandergitarre).
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Zelle durch bereits vorhandene Habe, insbesondere bereits bewilligte Geräte so überfüllt ist, dass eine zuverlässige Kontrolle wegen der Unübersichtlichkeit nicht mehr mit vertretbarem Aufwand möglich ist. 3 5 2 115
Die Hauptbeschäftigung der Verhafteten ist, wenn sie nicht arbeiten, das Lesen. Dazu dürfen sie auf eigene oder fremde Kosten aus Büchereien, vom Verlag, von der Post oder vom Buchhandel Bücher und Zeitungen beziehen, mit Genehmigung des Richters auch aus ihrer häuslichen Bibliothek (Nr. 45 Abs. 2 bis 4 UVollzO). Staatsfeindliche Schriften 3 5 3 sind nicht erlaubt. Hat die Zensur einer größeren Anzahl aufeinanderfolgender Nummern einer periodisch erscheinenden Zeitschrift deren staatsfeindlichen Charakter und damit ihre Eignung ergeben, die Anstaltsordnung zu stören, so bestehen keine Bedenken dagegen, diese Zeitschrift generell zumindest solange auszuschließen, wie für eine Änderung ihrer Zielsetzung keine Anhaltspunkte dargetan sind. 3 5 4 Zwar kann ein Untersuchungsgefangener nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die im konkreten Fall unerlässlich sind, um die in Absatz 3 bezeichneten öffentlichen Interessen - hier: Nichtgefährdung der öffentlichen Ordnung - zu wahren. 3 5 5 Grundsätzlich ist daher - wie das Bundesverfassungsgericht für den Fall des Empfangs von Briefen mit beleidigendem Inhalt ausdrücklich feststellt - an dem grundrechtlichen Gebot der Einzelfallprüfung festzuhalten. 356 Jedoch schließt dieser Grundsatz nicht aus, eine Ausnahme für den Fall zuzulassen, wo dem Gefangenen regelmäßig erscheinende Schriften übersandt werden, deren Verfassungsfeindlichkeit offenkundig ist, 3 5 7 zumal wenn es dem Betroffenen unbenommen bleibt, die (generelle) Entscheidung des Richters im Einzelfall mit der Behauptung anzufechten, dass die ursprüngliche Zielsetzung inzwischen entfallen sei. Von diesen Ausnahmen abgesehen ist keine Geschmacks- oder politische Zensur statthaft. 3 5 8
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Die Lektüre von Büchern über „Sexualaufklärung" kann dem in Einzelhaftraum gehaltenen erwachsenen Verhafteten ebensowenig verboten werden 3 5 9 wie der Bezug nicht strafbarer pornographischen Schriften. 3 6 0 Auch bei Postsendungen nicht strafbaren pornographischen Inhalts an einen Jugendlichen oder gar an einen Heranwachsenden dürfte kaum eine Einschränkung zulässig sein. 361 Angehalten werden können Bücher und
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Vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1992 148; Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 116; Paeffgen NStZ 1990 532. Wagner J W 1928 2 9 6 4 . OLG Hamm NJW 1977 5 9 4 ; KG NJW 1979 175; NStZ 1982 175. BVerfGE 35 321; BVerfG NStZ 1994 145. Vgl. auch OLG Stuttgart Justiz 1970 2 6 6 (Bezug im Handel erhältlicher Zeitungen ist in der Regel zulässig). OLG Frankfurt MDR 1978 594. OLG Hamm NJW 1977 5 9 4 ; KG NJW 1979 175; NStZ 1982 175; KK/Boujong 4 8 ; Meyer-Goßner 27; a.A. OLG Frankfurt MDR 1978 5 9 4 ; SKJPaeffgen 46; Roxin § 30, 36. Prot, der StPKomm. I 117; vgl. auch OLG Koblenz NStZ 1991 304; LG Berlin StraFo 2 0 0 5 198. OLG Nürnberg MDR 1969 501. OLG Hamburg N J W 1976 985; OLG Düsseldorf MDR 1987 76. Anders bei Gefahr
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der Weitergabe an Jugendliche (oder Heranwachsende): OLG Koblenz MDR 1986 4 2 6 ; GA 1987 367; KK/Boujong 4 6 (für Jugendliche). Vgl. auch OLG Hamm NStZ 1981 320 (Homophilen-Zeitschrift); LG Zweibrücken ZfStrVo 1996 2 4 9 (Hardcore); SK/ Paeffgen 4 6 . Schneider NJW 1974 1207; KK/Boujong 4 6 (für Heranwachsende); a.A. OLG Stuttgart NJW 1974 759; OLG Hamm NStZ 1981 320; OLG Koblenz MDR 1986 4 2 6 ; GA 1987 356; vgl. auch OLG Hamburg JR 1974 119; 1975 74 mit Zustimmung Peters; u.a. wird angenommen, dass dem Richter im Einzelfall eine dienstliche Tätigkeit zugemutet werde, die seine Menschenwürde verletze. Dabei wird übersehen, welche dienstliche Tätigkeit dem Richter bei der Verhandlung von Sexualdelikten „zugemutet" wird, ohne dass er auf den Gedanken käme, sie ablehnen zu dürfen.
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Zeitschriften, wenn k o n k r e t e Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch ins einzelne gehende Berichte über das Vorgehen bei Ausbrüchen die O r d n u n g in der Anstalt beeinträchtigt werden k ö n n t e . 3 6 2 Auch Druckerzeugnisse, die durch erheblich verzerrende Darstellungen über Verhältnisse in Vollzugsanstalten oder schwerwiegende Verunglimpfungen des Vollzugs- oder Justizpersonals eine schwerwiegende k o n k r e t e Gefahr für die O r d n u n g der Anstalt bedeuten, k ö n n e n angehalten w e r d e n ; 3 6 3 ebenso warenkundliche Zeitungen mit Abbildungen von Waffen, die sich als Vorlage für Nachbildungen eign e n , 3 6 4 und Druckschriften, die den Z u s a m m e n h a l t krimineller Vereinigungen während der H a f t fördern sollen. 3 6 5 Grundsätzlich ist der Beschuldigte berechtigt, Druckerzeugnisse ohne Vermittlung der Anstalt durch den Verlag, sonstigen Handel, auch über die Post, zu b e z i e h e n , 3 6 6 jedoch ist eine Einschränkung, die nur einen Bezug durch Vermittlung der Anstalt zulässt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese Einschränkung aus den in § 119 Abs. 3 genannten Gründen unerlässlich i s t . 3 6 7 E b e n s o ist (vgl. R n . 6 9 ) eine mengenmäßige Begrenzung des Bezugs aus diesen Gründen zulässig. 3 6 8 Fremdsprachige Flugblätter und Druckschriften k ö n n e n , wenn die Übersetzung mit unverhältnismäßigem finanziellen und personellen Aufwand verbunden wäre, ohne genauere Prüfung zurückgewiesen werden; dies gilt insbesondere dann, wenn der Beschuldigte in ausreichendem M a ß e deutsche und fremdsprachige Zeitungen, die sich im freien Handel befinden, beziehen k a n n . 3 6 9 Z u r Inhaltskontrolle 3 7 0 und zur Kontrolle nach versteckten Nachrichten dürfen die Schriften durchgesehen werden. Die Kontrolle kann Anstaltsbeamten übertragen w e r d e n ; 3 7 1 das Anhalten selbst darf nur der Richter verfügen. Gerichtsberichte aus Tageszeitungen herauszutrennen wird weder durch den Haftzweck noch durch die O r d nung in der Anstalt gerechtfertigt. 3 7 2 Kein Rechtsgrund ist denkbar, aus dem es gestattet wäre, eine wissenschaftliche Zeitschrift anzuhalten, weil sie Kritik einer den Verhafteten betreffenden Gerichtsentscheidung e n t h ä l t . 3 7 3 Werden nur einzelne kleinere Teile eines Artikels in einer Druckschrift beanstandet, so kann die Schrift nach Entfernung der betreffenden Stellen ausgehändigt w e r d e n ; 3 7 4 ein Anhalten der ganzen Schrift wäre unverhältnismäßig. 3 7 5 Falls jedoch mehrere Artikel, längere Passagen oder gar ganze Seiten aus der Schrift herausgetrennt werden müssten, so wird in der Regel das ganze E x e m plar anzuhalten s e i n . 3 7 6 W i r d eine Druckschrift angehalten oder werden Teile daraus ent-
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OLG Hamburg NJW 1965 2361. Vgl. auch BGH Beschl. vom 3.4.1978, 1 BJs 23/77 (Bericht über Häftlingsrevolte, der zur Nachahmung anregt). OLG Hamm JMB1NW 1977 119; KG NStZ 1982 175; K K / B o u j o n g 47; vgl. auch BVerfG ZfStrVo 1996 244; BGH Beschl. vom 10.2. 1978, 1 BJs 23/77; zweifelnd SK/Paeffgen 46; s. auch Rn. 80 ff. Zur Broschüre „Positiv, was nun?" vgl. z.B. OLG Hamm StV 1992 329 mit Anm. Baumann und Nix NStZ 1992 559. BGH Beschl. vom 26.8.1977, 1 BJs 128/76; SK/Paeffgen 46. KK/Boujong 47; SK/Paeffgen 46. Vgl. auch BVerfG NStZ 1994 145. KK/Bou/ong 44. Vgl. Nr. 45 Abs. 2 bis 4 UVollzO. BVerfGE 34 402 mit Anm. Müller-Dietz J Z
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1974 98 ff.; BVerfG NStZ 1982 132; KK/ Boujong 45. BVerfG NStZ 1982 132. Vgl. BGH Beschl. vom 1.2.1978, 1 BJs 23/77; KK/Boujong 47; SK/Paeffgen 46. KK/Boujong 44; h.M.; vgl. Nr. 45 Abs. 3, 4 UVollzO; a.A. Schmitt SchlHA 1964 278; Driewer 207. OLG Oldenburg NJW 1964 215. Hennerkes 107; Schmidt-Leichner NJW 1952 1309; a.A. OLG Neustadt NJW 1952 1309; OLG Hamburg NJW 1965 2361. Vgl. Arndt NJW 1964 1310. OLG Bamberg StV 1982 174; OLG Hamburg NJW 1965 2361; KK/Boujong 45. SK/Paeffgen 45; a.A. wohl KG NJW 1979 175; Meyer-Goßner 27. KG NJW 1979 176; OLG Hamm NStZ 1985 143; KKJBoujong 45.
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fernt, so ist es nicht erforderlich, in den Gründen der Anordnung im Einzelnen die beanstandeten Passagen zu wiederholen; es wäre sogar verfehlt, weil so der Gefangene Kenntnis von dem Inhalt erhielte, was ja verhindert werden soll. 3 7 7 Es genügt eine allgemeine Würdigung der beanstandeten Stellen, nicht aber der bloße Verweis auf oder die Wiedergabe der einschlägigen Vorschriften, auf die die Maßnahme gestützt wird. 378 Für die Beschlagnahme von Druckschriften gelten die Ausführungen in Rn. 87 ff. entsprechend. 118
Liegen mehrere Verhaftete in einem Raum, so dürfen sie sich durch Spiele (Brettspiele und sonstige Unterhaltungsspiele, auch Kartenspiele) unterhalten. 379 Das Spielen kann verboten werden, wenn es in Lärmen ausartet. Glücksspiele um Werte (Geld, Tabakwaren) sind unerlaubt, weil sie zur Abhängigkeit eines Verhafteten von einem anderen führen können, die zu ordnungswidrigem Verhalten des Abhängigen (Vermittlung von Nachrichten, Beschaffung von Alkohol im Außendienst) ausgenutzt zu werden pflegt. Die Möglichkeit, dass diese Gefahr eintritt, liegt nach den Anstaltsverhältnissen so nahe, dass sie einer konkreten Gefahr gleichzuachten ist.
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Die Selbstbeschäftigung gehört zu den sinnvollen, dem Verhafteten zustehenden Bequemlichkeiten. Das Kontrollpersonal muss zur Verfügung gestellt werden. Daher ist das Verbot, eigene Bücher zu benutzen, unzulässig, wenn Durchstechereien durch sachgemäße Überwachung begegnet werden kann. 3 8 0 Auch können Kartenspiele im Haftraum nicht mit der Begründung untersagt werden, dass Unterhaltungsräume und Personal für eine dauernde Überwachung nicht zur Verfügung ständen. 381
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Endlich muss bei der Beleuchtung, namentlich in Einzelräumen, der Lebensgewohnheit und Bequemlichkeit (Absatz 4) des Beschuldigten Rechnung getragen werden. Die in Nr. 54 Abs. 2 UVollzO auf rechtlich bedenkliche Weise dem Anstaltsleiter überlassene „Genehmigung", den Haftraum über die vorgeschriebene Zeit hinaus zu beleuchten, steht nicht in dessen Belieben, 382 sondern hat sich, auf jeden Fall im Einzelhaftraum, nach dem Verlangen des Verhafteten zu richten. Den Grundsatz der „Bequemlichkeit" hat auch der Richter zu beachten, der stets die Entscheidung des Anstaltsleiters ändern kann und ggf. muss.
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Freilich findet die Überwachung auch ihre Grenzen. Die Beschäftigung mit Kostbarkeiten (Briefmarken, Münzen, Graphik) kann, so sinnvoll sie wäre, nicht zugelassen werden, weil keine dauernde Überwachung gewährleistet werden kann, 3 8 3 der Verhaftete auch, wenn er den Haftraum verlässt, sie jedesmal gegen Quittung bei der Verwahrstelle abgeben müsste (vgl. auch Nr. 53 Abs. 2 Satz 1 UVollzO). Tierhaltung ist in der Regel zur Wahrung der Ordnung in der Anstalt nicht gestattet. 384 8. Rundfunkempfang
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a) Hörfunk. Der Verhaftete kann, was in einem modernen Vollzug eigentlich selbstverständlich ist, wenn er nicht getrennt gehalten werden muss, am Gemeinschaftsrundfunk und Fernsehempfang teilnehmen (Nr. 40 Abs. 1 UVollzO). Einzelempfang durch
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Vgl. BGH Beschl. vom 28.6.1978, 1 BJs 2 3 / 7 7 ; SKJPaeffgen 47. S K / P a e f f g e n 47; KYJBoujong 49. OLG Bremen Rpfleger 1963 82. OLG Celle NJW 1951 676. OLG Bremen Rpfleger 1963 82. Hennerkes 137; krit. auch Dünkel 398; See-
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bode (Vollzug) 158; Zur Genehmigung einer Tischlampe vgl. BGH Beschl. vom 9.3.1978, 1 BJs 8 0 / 7 7 ; zu Sichtblenden vgl. OLG Koblenz ZfStrVo 1985 62; Hinüber StV 1994 213; Dünkel 399. OLG Hamm MDR 1969 780. SYJPaeffgen 51.
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eigenes Rundfunk- oder Fernsehgerät ist gestattet, soweit der zuständige Richter nicht anderes anordnet (vgl. Nr. 4 0 Abs. 2, 3 UVollzO). Die Genehmigung zum Hör-, aber auch zum Fernsehempfang (Rn. 125), ist nicht nur als Bequemlichkeit (Absatz 4), sondern als Ausfluss des Rechts auf Information dann zu erteilen, wenn die Ordnung in der Anstalt dadurch nicht beeinträchtigt wird. 3 8 5 Eine solche Beeinträchtigung scheidet aus, wenn der Verhaftete in einem Einzelhaftraum liegt, sein Gerät nicht zur Schlafenszeit und lediglich leise oder mit Kopfhörern betreibt und wenn sichergestellt ist, dass das Gerät nach seiner Bauart, ggf. nach besonderer Sicherung, nicht als Sender benutzt werden und mit ihm keine Nachrichten von Kleinsendern empfangen werden können. 3 8 6 Das ist gewährleistet, wenn ein Rundfunkgerät mit UKW-Anteil durch Verplomben oder gleichwertige Vorkehrungen gesichert wird. 3 8 7 Das Gerät darf nicht deshalb versagt werden, weil der Verhaftete über eingebaute Lautsprecher ein von der Anstalt oder den Vertrauensleuten der Verhafteten ausgewähltes Programm empfangen kann. 3 8 8 Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. GG umfasst die Entscheidungsfreiheit, aus welcher Quelle sich der Verhaftete unterrichten will; 3 8 9 nur theoretisch mögliche Gefährdungen 3 9 0 rechtfertigen es nicht, das Gerät zu verbieten.
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Die Benutzung darf untersagt werden, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Verhaftete Nachrichten politischer Auftraggeber oder von Hintermännern erhält. 3 9 1 Im Allgemeinen ist es unwahrscheinlich, dass ein solcher Ausnahmefall gegeben ist. Er kann aber nach der Art des Delikts gegeben sein, z.B. wenn dem Verhafteten geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht zur Last gelegt wird. 3 9 2
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b) Fernsehen. Alles für den Hörfunk Gesagte gilt grundsätzlich entsprechend für das Fernsehen 3 9 3 (vgl. Nr. 4 0 UVollzO), wobei hier allerdings die Missbrauchsgefahr höher sein kann. Der Verhaftete ist grundsätzlich frei, die Art seiner Information selbst zu bestimmen. Bestimmte Kommentarsendungen liefert ihm nur das Fernsehen. Das Fernsehgerät wird schon im normalen Leben weitgehend nicht als Bequemlichkeit, sondern
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BVerfGE 15 295; OLG Frankfurt StV 1984 3 3 9 ; h.M. OLG Hamburg MDR 1973 2 4 3 ; BayObLGSt 1973 111; vgl. Winkelmann/ Engsterhold NStZ 1993 115; Müncbhalffen/ Gatzweiler 5 6 9 ; s. auch OLG Frankfurt StV 1984 339. OLG Stuttgart MDR 1975 164; KKJBoujong 52. Vgl. auch OLG Frankfurt StV 1984 339. A.A. OLG Düsseldorf MDR 1973 1038. Hucko MDR 1969 531. Vgl. OLG Frankfurt MDR 1970 67; StV 1984 3 3 9 ; OLG Düsseldorf StV 1991 221. LG Flensburg SchlHA 1963 192; KK/Boujong 53; Meyer-Goßner 27. KK/Boujong 53. Vgl. auch BayObLG JR 1974 433. Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1985 164; NStZ-RR 2 0 0 6 2 8 4 (aber kein Digitalempfang bei Kabelfernsehen der Anstalt); OLG
Karlsruhe StV 1990 2 6 9 ; 1990 555 (Batteriegerät mit Flüssigkeitskristall-Bildschirm); OLG Koblenz NStZ 1983 331; StV 1989 210; OLG Nürnberg StV 1990 117; OLG München StV 1981 183 mit Anm. Rückel; 1994 380; OLG Zweibrücken NStZ 1990 4 7 unter Aufgabe seiner früheren engeren Rspr.; LG Offenburg NStZ 2 0 0 7 2 2 9 (bei Jugendlichen); Meyer-Goßner 28a; KK/Boujong 54; SK/Paeffgen 49; Winkelmann/ Engsterhold NStZ 1993 112, 115; Paeffgen NStZ 1990 5 3 3 ; enger: (wohl) BVerfG NStZ 1993 331; BGH NStZ 1985 139 (in der Regel Untersagung); OLG Koblenz NStZ 1983 332 mit Anm. Boujong; LG Stuttgart Justiz 1990 337. Zur älteren Rspr. s. LR/ Wendisch24 124. Vgl. auch OLG Frankfurt NStZ 1 9 8 9 96 (Strafvollzug; Nichtraucherfernsehen); OLG Hamm ZfStrVo 1995 179 (Zimmerantenne); LG Hamburg ZfStrVo 1994 121 (Videorecorder).
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als notwendiges Informationsmittel betrachtet. Um so weniger kann es dem Verhafteten als eine Bequemlichkeit abgelehnt werden. Bei der Benutzung eines Gerätes bzw. einer Empfangsanlage des Beschuldigten dürfen jedoch keine realen erheblichen Sicherheitsrisiken bestehen oder müssen mit einem noch vertretbaren Aufwand ausgeschlossen werden können. Die Betriebskosten hat der Beschuldigte ggf. selbst zu tragen. 3 9 4 Entsprechendes gilt für Videogeräte, wenn auch die Informationsbedeutung geringer ist; aber als Bequemlichkeit sind sie grundsätzlich zu bewilligen und Einschränkungen sind nur zulässig, soweit durch sie einer realen Gefährdung begegnet werden muss. 3 9 5 126
9. Teilnahme an Sendungen. Der praktisch seltene Fall, dass der Verhaftete Journalisten ein Interview geben oder an einer Sendung des Rundfunks teilnehmen soll, ist allein nach Absatz 3, 4 zu beurteilen. Wenn er dazu in die Redaktion oder das Fernsehstudio ausgeführt werden will, wird das regelmäßig abzulehnen sein, weil keine wichtige und unaufschiebbare Angelegenheit (Rn. 103) in Rede steht. Aber ein Interview oder die Aufzeichnung eines Gesprächs für Rundfunk und Fernsehen in der Haftanstalt darf im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1, 5 Abs. 1, 2 0 Abs. 3 G G 3 9 6 nur verweigert werden, wenn zu erwarten ist, dass durch das Interview eine strafbare Handlung begangen w i r d 3 9 7 oder eine reale Gefährdung der in § 119 Abs. 3 genannten Zwecke eintreten würde 3 9 8 und dem nicht durch mildere begrenzende Maßnahmen (z.B. Aufnahme in einem Sprechzimmer statt in der Zelle, Begrenzung der Zahl der Journalisten und Kameraleute sowie der Besuchszeit) begegnet werden kann. 3 9 9 Das Interview bzw. die Aufzeichnung dürfen, soweit erforderlich, überwacht werden. 4 0 0 Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist kein Grund, die Genehmigung zu versagen. 401
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Das Oberlandesgericht Karlsruhe 4 0 2 will die Teilnahme an einer Sendung verbieten, in der sich der Verhaftete zu den ihm vorgeworfenen Taten äußern will, bevor das in erster Instanz ergangene Urteil rechtskräftig ist. Es erwägt, dass durch die Sendung die Wahrheitsfindung erschwert und die Rechtspflege gefährdet werden könnte. Zu Unrecht beruft sich das Gericht dabei auf den B G H . 4 0 3 Dort werden gerade, wenn durch Publikationen eine Gefahr für die Rechtspflege entstehen könnte, prozessuale Maßnahmen verworfen und auf Vorkehrungen im Presserecht verwiesen. In der Tat könnte der vom Gericht angestrebte Erfolg z.B. durch eine Änderung des Presserechts erreicht werden. Denn § 119 gestattet nur, auf den Zweck der Untersuchungshaft und die Ordnung in der
OLG Frankfurt NStZ 2 0 0 4 513 (auch zur Nutzungspauschale). 395 vgl. (enger) OLG Schleswig bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1982 120; LG Hamburg ZfStrVo 1994 121; KK/Boujong 54; SK/ Paeffgen 49; s. auch Winkelmann/Engsterhold NStZ 1993 112. 3 9 6 Vgl. BVerfG StV 1995 536. Vgl. aber BerlVerfGH NJW 1994 3 3 4 3 zum Informationsanspruch der Presse. 3 9 7 BVerfG bei Geisler ZStW 111 (1999) 2 2 6 , 2 2 9 ; s. auch OLG Düsseldorf N J W 1996 3286. 3 9 8 BVerfG StV 1995 536; BGH StV 1993 32 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 5 3 4 ; OLG Düsseldorf JMB1NW 1992 142; NStZ 1996 394
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354; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamtn SchlHA 1991 123; s. auch KG NJW 1998 3 3 6 7 ; a.A. OLG Hamm NStZ 1991 5 5 9 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 483. Vgl. BGH StV 1993 32 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 554; NStZ 1998 2 0 5 mit krit. Anm. Tolmein; OLG Celle StV 1998 4 9 4 ; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1991 123; s. auch Nehm NStZ 1997 305; Geisler ZStW 111 (1999) 212. BGH StV 1993 32 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 534. BVerfG StV 1995 536; BGH StV 1993 32.
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1921.
BGHSt 2 295.
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Vollzugsanstalt Bedacht zu nehmen. Zweck der Untersuchungshaft ist, Wiederholungsgefahr, Flucht und Verdunkelung zu verhindern, wobei hier nur der letzte Zweck in Betracht kommen k ö n n t e ; 4 0 4 jedoch wäre eine „nicht auszuschließende", daher nur mögliche, nicht aber konkrete Verdunkelungsgefahr nicht geeignet, die Teilnahme an Rundfunksendungen zu verbieten und deshalb ist es der Z w e c k der „Verwirklichung des legitimen Anspruchs der staatlichen Gemeinschaft auf vollständige und vorurteilsfreie Aufklärung der dem Beschuldigten angelasteten T a t e n " noch weniger. Ein darauf gegründetes Verbot dient keinem Zweck der Untersuchungshaft, nützt diese vielmehr zu einem verwahrungsfremden Zweck aus, der gegenüber einem Beschuldigten, der auf freiem Fuß ist, nicht verwirklicht werden könnte. 10. Selbstbeköstigung. Der Verhaftete darf sich auf seine Kosten selbst verpflegen. Dazu hat er, weil auch der hierzu erforderliche Verkehr mit der Außenwelt grundsätzlich der Kontrolle unterliegen muss, die Vermittlung der Anstalt in Anspruch zu nehmen. Nach Nr. 5 0 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 UVollzO soll die Anstalt die Speisewirtschaft, von der das Essen bezogen wird, bestimmen. Diese Einschränkung geht zu weit. Grundsätzlich steht es dem Verhafteten frei, woher er sich von außen mit Kleidung, Bettzeug, Büchern, Zeitschriften, Tabak und auch Verpflegung versorgt. 4 0 5 Ein Lieferant kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn ein konkreter Anhalt dafür besteht, dass er sich an Flucht- oder Verdunkelungshandlungen des Verhafteten beteiligt. Sonst kann dessen Bestimmung nur entgegengetreten werden, wenn bei einer sehr großen Anzahl von Lieferanten die technische Abwicklung nicht durchgeführt werden könnte. Das ist nicht zu erwarten, weil sich Verhaftete nur sehr selten das Essen kommen lassen. Unzulässig ist die Erwägung, dass die Belieferung durch nur eine Speisewirtschaft am einfachsten sei.
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Gleichfalls durch Vermittlung der Anstalt kann der Beschuldigte Nahrungs- und Genussmittel kaufen (Nr. 51 Abs. 1 und 2 UVollzO), von den letzten namentlich T a b a k waren. Die in Nr. 51 Abs. 3 Satz 2 UVollzO vorgesehene Begrenzung des Verbrauchs durch die Hausordnung ist wirkungslos. Die Hausordnung ist kein Teil der UVollzO; sie wird daher nicht durch die richterliche Anordnung in dem Ersuchen um Aufnahme zum Vollzug Inhalt einer Beschränkung. Eine Beschränkung des Einkaufs von Nahrungs- und Genußmitteln nach Wert oder Menge ohne einen aus § 119 Abs. 3 abgeleiteten zwingenden Grund wäre ohnehin unzulässig. 4 0 6 Nicht nur in der Menge, auch in der Sorte der Waren darf der Verhaftete nicht beschränkt werden; dazu kann er sich von seinem Händler beliefern lassen, soweit nicht die in Bezug auf die Speisewirtschaft erwogenen Ausnahmen vorliegen. 4 0 7 Die Einkaufsmöglichkeit darf vom Richter durch Disziplinarmaßnahmen beschränkt werden (Rn. 5 6 ) , aber keinesfalls „zum Ausgleich" für einen Paketempfang und niemals durch den Anstaltsleiter. 4 0 8 Es ist nicht Sache der Behörden, für einen „gerechten Ausgleich" der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Untersuchungshaftanstalt zu sorgen.
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Vgl. Kohlhaas J R 1 9 7 3 211. Hennerkes 1 3 0 ; Seebode (Kolloquium) 183. Vgl. auch Schw.BG E u G R Z 1 9 9 3 5 (vegetarische Kost); Schriever N S t Z 2 0 0 5 195. Vgl. Hennerkes 1 3 0 ; Seebode (Kolloquium) 1 8 4 ; SYJPaeffgen 5 7 ; Schlothauer/Weider 9 8 9 ; a.A. die h.M., z.B. KYJBoujong 65. Vgl. Seebode (Kolloquium) 1 8 4 ; SYJPaeffgen 5 7 ; Schlothauer/Weider 9 8 7 ff.; a.A. O L G Karlsruhe StVollzK 1 9 6 7 Nr. 1, S. 9
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(Anstaltssortiment). Vgl. auch O L G Düsseldorf J M B 1 N W 1 9 6 6 118 (Beschränkung des Einkaufs); O L G Frankfun StV 1 9 8 8 2 0 9 (Erhöhung des Einkaufsgeldes); O L G H a m m N J W 1 9 7 0 2 9 1 (Freie Wahl, w o Beschuldigter Kleidung beziehen will); O L G H a m m N S t Z 1 9 8 6 4 8 (Sonderwünsche bei Anstaltsverpflegung). O L G Düsseldorf N J W 1 9 6 9 150.
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Alkoholische Getränke und andere berauschende Mittel sind laut Nr. 51 Abs. 3 Satz 1 UVollzO verboten. Gegen das Verbot bestehen unter Beachtung von § 119 Abs. 3 (Ordnung in der Anstalt) 4 0 9 grundsätzlich keine Bedenken. 410 Jedoch muss ggf. geprüft werden, ob je nach Lage des Einzelfalles nicht wenigstens der Bezug kleiner Mengen (1/4 Liter Wein oder 1 Flasche Bier) 4 1 1 zum jeweils täglichen Eigenverbrauch gestattet werden kann, etwa wenn die in Fn. 4 0 9 genannten Gefährdungen ausgeschlossen sind; für Drogen erscheint dies ungeachtet der neueren Rspr. des BVerfG 4 1 2 eher zweifelhaft. 413 Dass der Verhaftete vom Anstaltsleiter (!) zugelassene (!) Kräftigungsmittel sich nur mit Zustimmung des Anstaltsarztes beschaffen dürfe (Nr. 51 Abs. 1 UVollzO), ist eine unvertretbare Bestimmung.
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11. Arztwahl. Der Verhaftete hat als Ausfluss der staatlichen Fürsorgepflicht 414 (Rn. 34) ein Recht auf ärztliche Betreuung. 415 Nach Nr. 5 6 Abs. 1 Satz 1 UVollzO obliegt die ärztliche Betreuung dem Anstaltsarzt und es ist dem Beschuldigten nur gestattet, einen beratenden Arzt hinzuzuziehen (Nr. 56 Abs. 1 Satz 2 UVollzO) sowie sich von seinem eigenen Zahnarzt behandeln zu lassen (Nr. 56 Abs. 2 UVollzO). Der Vorschlag ist zu eng. Wenn es mit der Ordnung in der Anstalt vereinbar ist, die Behandlung durch den eigenen Zahnarzt zuzulassen, können auch der durch den eigenen Arzt keine Bedenken entgegenstehen, zumal diese öfter als eine zahnärztliche Behandlung in der Vollzugsanstalt selbst durchgeführt werden kann. Die Behandlung durch den Arzt des Vertrauens sollte daher stets zugelassen, dem Arzt sollte das gleiche Vertrauen wie dem Verteidiger entgegengebracht werden. 416 Das gilt z.B. besonders, wenn ein Verhafteter sich in rechtlich erlaubter Weise freiwillig entmannen lassen will. 417 Vgl. im Übrigen Nr. 57 UVollzO. 418 Die Verantwortung für die Haftfähigkeit des Beschuldigten trägt der Anstaltsarzt. 419
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Z.B. Gefahr der Unruhe; auch des Bevorratens und Handeltreibens; Gefahr der Entstehung von Abhängigkeiten zwischen den Gefangenen. KK/Boujong 65; h.M.; krit. Dünkel 398; Seebode (Vollzug) 159; vgl. auch Hennerkes 131. Vgl. Hennerkes 131; s. auch BVerfG NStZ 1993 6 0 5 (geringe Menge Alkohol im Strafvollzug); Rotthaus ZfStrVo 1996 5. StV 1994 295. Vgl. auch OLG Koblenz NStZ 1994 56 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 2 4 . Zur Aushändigung von Kondomen s. OLG Koblenz NStZ 1997 360. Vgl. BGH-Z-MDR 1982 463; NJW 1990 1604; OLG Düsseldorf NJW 1985 2 2 0 8 ; OLG Frankfurt StVollzK 1966 Nr. 1, S. 11; ZfStrVo 1985 191 (kein Anspruch auf bestimmte Maßnahmen); OLG Hamm ZfStrVo 1984 2 5 5 ; Müller-Dietz (Kolloquium) 2 4 2 ; s. auch EGMR NJW 2 0 0 1 2 6 9 4 . Zum Rechtsverhältnis zwischen Beschuldigtem und Anstaltsarzt s. OLG Frankfurt ZfStrVo 1984 383; zur Kostentragung vgl. BGH JuS 1991 250; OLG Hamm ZfStrVo
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1982 2 5 5 ; 1984 255; zur Röntgen-Reihenuntersuchung OLG Düsseldorf NStZ 1984 381; Rn. 54; zu HIV KG bei Bungert NStZ 1993 381; Dargel NStZ 1989 2 0 7 ; zur Einsicht in die Krankenunterlagen vgl. OLG Frankfurt ZfStrVo 1984 383; 1989 121; Geppert FS JurGes. Berlin 151. S. auch Bernkeim SchwZStr. 1991 355; Zech ZfStrVo 1999 3 5 4 (therapeutische Behandlung). Vgl .Judex JR 1925 920; Eb. Schmidt Nachtr. I 39; Hennerkes 133; SYJPaeffgen 63; s. auch Gatzweiler StV 1996 2 8 7 (namentlich Zuziehung eines (Fach)Arztes des Vertrauens des Beschuldigten); Schlothauer/Weider 1016; Münchhalffen/Gatzweiler 583 ff., 2 8 6 ; Molketin ZfStrVo 1981 136; Seebode (Vollzug) 160 ff.; Müller-Dietz (Kolloquium) 243. Enger OLG Düsseldorf NJW 1985 2 2 0 8 ; StV 1988 68 (kein Recht der freien Arztwahl); 1989 193 (Haftfähigkeit); OLG Karlsruhe Justiz 1986 52; OLG Köln StV 1985 21; s. auch OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1981 92; KK/ Boujong 76. BGHSt 19 201; OLG Hamburg J Z 1963 374. S. auch Rn. 103; § 112, 69 und § 116, 9.
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12. Seelsorge. Dem Verhafteten ist Gelegenheit zu geben, an gemeinschaftlichen Gottesdiensten und an anderen religiösen Veranstaltungen seines Bekenntnisses teilzunehmen; auch das entspringt der staatlichen Fürsorgepflicht (Rn. 3 4 ) . 4 2 0 Selbst wenn der Verhaftete aus der Kirche ausgetreten ist, kann ihm nicht verwehrt werden, sich an den Veranstaltungen seines früheren Bekenntnisses zu beteiligen (Nr. 4 7 Abs. 1 UVollzO). An Veranstaltungen eines ihm fremden Bekenntnisses darf er nicht nur teilnehmen, wenn er erwägt, sich diesem zuzuwenden, sondern auch dann, wenn dessen Seelsorger zustimmt (Nr. 4 7 Abs. 2 UVollzO). Die Verwaltung hat Vorkehrungen zu treffen, dass Gottesdienste und andere übliche religiöse Veranstaltungen (z.B. Bibelstunden) in der Untersuchungshaftanstalt abgehalten werden und dass für die Einzelseelsorge Geistliche zur Verfügung stehen. Einem römisch-katholischen Verhafteten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, ohne Überwachung zu beichten. 4 2 1 Auch während des Vollzugs einer Hausstrafe darf der Verhaftete grundsätzlich nicht von der Teilnahme am Gottesdienst ausgeschlossen werden; ein solcher Ausschluss ist nur dann zulässig, wenn hinreichende Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, der Verhaftete werde die Ordnung in der Anstalt gerade während des Gottesdienstes stören. 4 2 2 Die Verpflichtungen der Anstalt gelten indessen nur für die Hauptbekenntnisse; religiöse Minderheiten und Sekten müssen selbst für die Betreuung ihrer Anhänger sorgen. Dazu ist ihnen Zutritt zur Vollzugsanstalt zu gewähren (Nr. 4 8 Abs. 3 UVollzO). 4 2 3
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VÜL Zuständigkeit (Absatz 6) 1. Gericht. Für alle Anordnungen gemäß § 119 Abs. 1 bis 5 ist grundsätzlich der Richter (Satz 1) zuständig, soweit sie gegen einen bestimmten Beschuldigten getroffen werden, 4 2 4 es also darum geht, wie bei einem bestimmten Beschuldigten (oder mehreren) die Haft zu vollziehen ist. Der Leiter der Anstalt ist zuständig für Anordnungen genereller Art, die die äußere Ordnung der Anstalt betreffen, 4 2 5 z.B. die Festlegung allgemeiner Besuchszeiten 4 2 6 oder die Anordnung der Durchsuchung aller anstaltsfremden Besucher
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K K / B o u j o n g 7 6 ; vgl. auch O L G Düsseldorf StV 1 9 8 9 193 (zwangsweise Untersuchung auf Haftfähigkeit; insoweit keine freie Arztwahl) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 8 9 4 2 3 ; krit. Milller-Dietz (Kolloquium) 2 4 3 ; Gatzweiler StV 1 9 9 6 2 8 7 . S. auch § 112, 69.
420
Vgl. auch Steinke BewHi. 1 9 9 5 174.
421
Hennerkes 91. Vgl. auch O L G Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1 9 8 2 1 2 0 (Messwein); O L G Koblenz StV 1 9 9 4 4 3 3 (Moslem). O L G Bremen VollzD 1 9 6 3 Nr. 6, S. 2 2 . O L G Zweibrücken M D R 1 9 7 5 3 3 2 . BGHSt 2 9 1 3 7 (auch wenn Dritte dadurch betroffen sind); K K / B o u j o n g 9 2 ; Cassardt N S t Z 1 9 9 4 5 2 3 ; vgl. auch O L G Braunschweig N S t Z 1 9 9 0 6 0 8 (Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen; Sicherheitsmaßnahmen) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1991 4 2 3 ; O L G Frankfurt N S t Z - R R 1 9 9 6 3 6 5 (Verlegung); O L G H a m m N S t Z 1981 156
422 423 424
(Dauer der Freistunde); KG StV 1 9 9 6 3 2 6 (Verbot der Rechtsberatung); Seebode (Kolloquium) 1 8 3 ; Rn. 6; s. aber O L G Frankfurt N S t Z - R R 2 0 0 2 3 1 5 (keine Kompetenz für Verlegung wegen des baulichen Zustandes der Vollzugsanstalt oder Organisationsmängeln). 425
K K / B o u j o n g 9 2 ; S K / P a e f f g e n 7 4 ; vgl. auch Cassardt N S t Z 1 9 9 4 5 2 3 ; 5 2 5 (Anordnungen, die den Vollzug schlechthin gewährleisten); O L G H a m m N S t Z 1 9 8 8 9 3 (Ausgestaltung der Rechtsberatung); GA 1 9 7 0 2 8 7 (Einteilung der Arbeit); O L G Düsseldorf StV 1 9 8 8 6 8 (Zuteilung der Arbeit; Entgelt); O L G Koblenz ZfStrVo 1 9 9 6 116; KG StV 1 9 9 6 3 2 6 . Z u r Überhaft mit Strafhaft vgl. Vor § 112, 5 4 (Zuständigkeit des Richters nur für Maßnahmen, die den Zweck der Untersuchungshaft betreffen).
426
KG GA 1 9 7 7 148.
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ohne Bezug zu einem bestimmten Beschuldigten; 427 er entscheidet grundsätzlich auch über die Zuteilung von Arbeit, bedarf aber der Genehmigung des Richters , soweit der Haftzweck betroffen ist. 4 2 8 Der zuständige Richter ist stets ein allein entscheidender Richter (§ 126, 18), nämlich im vorbereitenden Verfahren (§§ 158 bis 177) der Richter bei dem Amtsgericht, der den Haftbefehl erlassen hat oder dem die Zuständigkeit übertragen worden ist (§ 126 Abs. 1); nachdem die öffentliche Klage erhoben ist, der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts; 4 2 9 nachdem Revision eingelegt ist, desjenigen Gerichts, dessen Urteil angefochten ist (§ 126 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 und 2). 134
Der Vorsitzende kann einzelne Maßnahmen, die den Verhafteten nicht beschweren, wie etwa die, Besuche zu genehmigen und Briefe weiterzugeben, einem anderen Richter, meist dem Berichterstatter überlassen, der dann auch für ihn die Briefkontrolle ausüben darf. 4 3 0 Entstehen Zweifel oder werden beschwerende Maßnahmen erforderlich, ist die Überlassung rückgängig zu machen. Wegen der Entscheidung durch das Gericht anstelle des Vorsitzenden s. $ 126, 19, 20. Die Staatsanwaltschaft ist vor einer Entscheidung zu hören (§ 33 Abs. 2), ebenso der Beschuldigte 431 (§ 33 Abs. 3; vgl. auch Rn. 62).
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Richterliche Anordnungen vor Erlass des Haftbefehls werden kaum vorkommen, sind aber in Einzelfällen in Bezug auf einen vorläufig Festgenommenen (Fesselung) nicht undenkbar. Alsdann ist der Richter zuständig, dem der Verhaftete nach §§ 128, 129 vorgeführt wird.
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Für Jugendliche gelten grundsätzlich keine Besonderheiten, doch kann der zuständige Richter aus wichtigen Gründen die Entscheidungen, die die Untersuchungshaft betreffen, sämtlich oder zum Teil einem anderen Jugendrichter übertragen (§ 72 Abs. 6 JGG). Das kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Haftanstalt außerhalb des Bezirks des zuständigen Jugendrichters liegt. 4 3 2 Der Jugendrichter am Ort des Vollzugs als Vollzugsleiter (§ 90 Abs. 2 Satz 2 JGG) ist ein anderer Jugendrichter selbst dann, wenn der zuständige Richter seinen Sitz ebenfalls am Vollzugsort hat. Die Übertragung auf den Vollzugsleiter kann wegen der erzieherischen Gestaltung der Untersuchungshaft (§ 93 Abs. 2 JGG) notwendig werden.
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Die richterliche Zuständigkeit für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen nach § 119 Abs. 3 und 6 besteht nur bei Ordnungsverstößen von Untersuchungshäftlingen. Verbüßt ein Gefangener Strafhaft in Unterbrechung von Untersuchungshaft, findet § 119 keine Anwendung. Der Gefangene ist Strafgefangener und wird nach der Dienst- und Vollzugsordnung behandelt. Disziplinarmaßnahmen verhängt nicht der Richter der Sache, in der die Untersuchungshaft unterbrochen worden ist, sondern der Anstaltsleiter. 433
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BGHSt 2 9 137; Cassardt NStZ 1994 523. OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 2 9 2 ; OLG Schleswig bei DölleUDreeßen SchlHA 2 0 0 5 257. OLG Düsseldorf NJW 1982 1471; Schlüchter 2 2 8 ; YXJBoujong 91; vgl. auch BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 94 (nicht das für eine Beschlagnahmeentscheidung nach § 98 abweichend zuständige Gericht).
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Wagner J W 1928 2 9 6 4 . Vgl. auch BGH Beschl. vom 26.8.1977, 1 BJs 128/76 (Anhörung des Verteidigers kann genügen); krit. SK/Paeffgen 73. Brunner § 72, 11 JGG. KG GA 1982 86; vgl. auch KKJBoujong 90; BVerfGE 34 3 9 6 ; KG NStZ 1982 4 6 .
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§ 119
2. Staatsanwalt a) Grundsatz. Nach Nr. 3 Abs. 1 UVollzO kann der Richter, bis die öffentliche Klage erhoben ist, auf Antrag des Verhafteten dem Staatsanwalt überlassen, einzelne Maßnahmen, namentlich über den Verkehr mit der Außenwelt, anzuordnen, wenn sie den Verhafteten nicht beschweren. Voraussetzung dafür ist, dass dadurch das Verfahren beschleunigt, besonders vermieden wird, die Akten zu verschicken. Da die Behörden während der Untersuchungshaft mit jedem Tag geizen müssen, kommt dem Vorschlag erhebliche Bedeutung zu. Er ist auch mit § 119 Abs. 6 Satz 1 vereinbar. 4 3 4 Hat der Richter durch die Anordnung bei der Aufnahme (Nr. Π des Aufnahmeersuchens) festgestellt,
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was dem Verhafteten erlaubt ist, dann ist es gleichgültig, wer feststellt, dass das grundsätzlich Erlaubte auch im Einzelfall unter die Erlaubnis fällt, wenn nur gesichert bleibt, dass die Entscheidung, etwas falle nicht darunter oder es müsse nach ursprünglicher Erlaubnis nunmehr eine Beschränkung eintreten, dem Richter vorbehalten bleibt. Das Gericht kqnnte auch anderen Stellen, etwa der Anstalt, überlassen festzustellen, dass eine begehrte Handlung unter das von ihm Erlaubte falle. Wenn die Landesjustizverwaltungen dem Gericht nicht jene, sondern nur die Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellt, so ist das Gericht an diese Einschränkung gebunden, weil ihm keine Befehlsgewalt über die Anstaltsbeamten zusteht. Auf die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses kann der Verhaftete verzichten und tut es mit seinem Antrag, die Kontrolle dem Staatsanwalt zu überlassen. Freilich muss ihm klar bewusst gemacht werden, dass er freiwillig der Staatsanwaltschaft Geheimnisse offenlegen will. In der Regel wird er das tun, weil der Umweg über die richterliche Briefkontrolle die Postbeförderung verzögern kann. 4 3 5 b) Voraussetzungen. Die Staatsanwaltschaft ist nicht verpflichtet, die - nicht beschwerenden - Anordnungen zu erlassen. Denn dem Richter ist nicht das Recht eingeräumt, sie dem Staatsanwalt zu übertragen, sondern nur die mindere Befugnis, sie ihm zu überlassen. Überlassung setzt Bereitwilligkeit zur Übernahme voraus, ist also davon abhängig, dass die Staatsanwaltschaft zustimmt. 4 3 6 Der Staatsanwalt kann die Zustimmung verweigern oder widerrufen, 4 3 7 etwa wenn er der Ansicht ist, das Verfahren werde durch die Überlassung nicht oder nicht mehr beschleunigt.
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Die Untersuchungshaftvollzugsordnung macht die Überlassung gewährender EntScheidungen auf die Staatsanwaltschaft von einem Antrag des Verhafteten abhängig (Nr. 3 Abs. 1 UVollzO). Nach den Ausführungen unter Rn. 138 wäre ein Antrag oder eine Einwilligung des Beschuldigten nicht erforderlich; Ausnahmen, etwa für eine nichtrichterliche Briefkontrolle, könnten sich aus anderen als den hier angestellten Erwägungen ergeben. Die Frage kann aber auf sich beruhen. Denn die Übertragung nicht beschwerender Anordnungen ist, weil kein Zwang benötigt wird, keine Vollstreckung i.S. des § 36 Abs. 2 Satz 1. Alsdann hat der Richter keine Möglichkeit, die Staatsanwaltschaft in Anspruch zu nehmen, es sei denn, die Landesjustizverwaltung stellte sie ihm dazu zur Verfügung. Tut sie das, kann sie das Tätigwerden auch an Voraussetzungen knüpfen, an diese ist der Richter gebunden.
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KKJBoujong 95; h.M.; a.A. LG Braunschweig NJW 1951 85; Hennerkes 113; v. Olsbausen JZ 1969 465. Vgl. aber Kleinknecbt JZ 1953 532 (Ableitung aus § 120 Abs. 3). LG Hannover NdsRpfl. 1962 143; LG Wup-
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pertal NStZ 1993 408 mit Anm. Hobendorf NStZ 1994 455 und Paeffgen NStZ 1995 23; KKIBoujong 95; a.A. LG Aachen StV 1992 478; Meyer-Goßner 22. A.A. LG Hannover NdsRpfl. 1962 143 (Widerruf unzulässig).
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Beantragt der Beschuldigte, dass der Staatsanwalt die Briefkontrolle ausübe (Nr. 3 Abs. 1 UVollzO), dann liegt darin zugleich die Einwilligung, dass der kontrollierende Beamte von dem Briefinhalt Kenntnis nimmt, nicht jedoch - weil dadurch in weiterem Umfang, als vom Antrag des Verhafteten gedeckt, in das Briefgeheimnis eingegriffen würde - dass er einen eingehenden, in fremder Sprache geschriebenen Brief einem Dolmetscher zum Übersetzen gibt. Das bleibt als neuer Eingriff allein dem Richter vorbehalten. 4 3 8
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Die Überlassung ist davon abhängig, dass durch sie das Verfahren beschleunigt wird (Nr. 3 UVollzO). Das wird regelmäßig der Fall sein, wenn sich die Akten bei der Staatsanwaltschaft befinden. Besondere Bedeutung kommt dieser Voraussetzung nicht zu. 4 3 9 Hat der Beschuldigte den Antrag gestellt und sind sich Richter und Staatsanwalt einig, dann besteht, da nichtbeschwerende Anordnungen nicht angefochten werden können, keine Möglichkeit, die Frage der Beschleunigung zu prüfen. Einigen sie sich dagegen nicht, kommt es nicht zur Überlassung. Immerhin liegt eine den Staatsanwalt bindende Anordnung vor, die ihn ggf. zwingt, eine vom Verhafteten beantragte und ihm vom Gericht angebotene Überlassung abzulehnen, auf jeden Fall nach der Anklage.
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3. Dringende Fälle. Für dringende Fälle werden der Staatsanwalt, der Anstaltsleiter und sonstige Beamte, unter deren Aufsicht der Verhaftete steht, ermächtigt, vorläufig Maßnahmen zu treffen (Satz 2). Während in dem unter Rn. 138 beschriebenen Fall der Staatsanwalt vom Richter überlassene Befugnisse ausübt, handelt im Fall des Satzes 2 der Beamte aus eigenem Recht, in eigener Verantwortung und, soweit ein Ermessen stattfindet, nach seinem Ermessen. Da er nur hilfsweise zuständig ist, haben seine Verfügungen den Charakter nur vorläufiger Maßnahmen; sie können jedoch im Einzelfall zu endgültigen werden (Fesselung für die Dauer einer Stunde). Ein dringender Fall liegt vor, wenn eine Maßnahme erforderlich ist, um den Zweck der Haft oder die Ordnung in der Anstalt zu sichern, und wenn diese Ordnung oder der Haftzweck durch den Zeitverlust gefährdet wäre, der einträte, falls eine richterliche Entscheidung herbeigeführt würde. Da die Entschließung des Richters fernmündlich und u.U. auch außerhalb der Dienststunden eingeholt werden kann, wird für solche Anordnungen nur sehr wenig Raum bleiben. Allgemeine Anordnungen, etwa Verhaftete nur gefesselt vorzuführen, sind danach ausgeschlossen. 440 Dringende Fälle kommen namentlich in Betracht, wenn bei Meuterei und sonstigen Gewalttätigkeiten, bei erhöhter Fluchtgefahr besondere Sicherungsmaßnahmen (Nr. 62, 63 UVollzO) zu treffen sind. Ein dringender Fall ist nie denkbar in Bezug auf Disziplinarmaßnahmen 4 4 1 und die Zwangsernährung, wohl aber vorläufige Sicherungsmaßnahmen, wie etwa das Verlegen in einen Einzelhaftraum.
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Der Ausdruck (andere) Beamte umfasst die Beamten im staatsrechtlichen Sinne und Amtsträger, die damit betraut sind, Hoheitsaufgaben wahrzunehmen, gleichgültig ob sie auch im staatsrechtlichen Sinne Beamte sind. Hierzu zählen die Beamten des Vollzugsdienstes, u.U. aber auch der Arzt, selbst wenn er Vertragsarzt ist, Polizei- und Gerichtsbeamte bei Transporten und Ausführungen.
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Waldschmidt NJW 1972 1631; a.A. LG Darmstadt NJW 1972 1630. Vgl. aber LG Wuppertal NStZ 1993 408 mit Anm. Hohendorf NStZ 1994 455 und Paeffgen NStZ 1995 23.
III
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OVG Münster JMB1NW 1965 250; vgl. auch Cassardt NStZ 1994 525. OLG Celle NJW 1951 676; OLG München NJW 1956 316; KK/Boujong 94.
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Der Ausdruck Staatsanwalt bezeichnet die Bundesanwälte, Staatsanwälte und Amtsanwälte (§ 142 Abs. 1 GVG). Die Amtsanwälte sind zur Anordnung nicht nur befugt, soweit sie nach den Anordnungen der Landesjustizverwaltungen über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaft (OrgStA) zuständig sind, sondern in allen Sachen, die zur Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 2 4 GVG) gehören (§ 142 Abs. 2 GVG). Sie werden sich in Sachen, die ihnen nicht zugewiesen sind, einer Anordnung zu enthalten haben, wenn der Fall nicht so dringend ist, dass nicht nur kein Richter, sondern auch kein Staatsanwalt zu erlangen ist.
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4. Genehmigung. Die Anordnungen der Beamten bedürfen der Genehmigung des Richters. Sie ist, dem Zweck der Bestimmung entsprechend, unverzüglich einzuholen. Nach dem Sinn der Vorschrift hat der Richter von Amts wegen nur solche Anordnungen zu genehmigen, die noch fortwirken, wenn er um die Genehmigung angegangen wird 4 4 2 (Fesselung, Zwangsernährung). Diese Anordnungen macht er, indem er sie genehmigt, zu seinen eigenen.
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Ist dagegen der Vollzug der Anordnung abgeschlossen, ehe der Richter von ihr Kenntnis erlangt hat, dann kommt es auf seine Genehmigung nur an, wenn der Beschuldigte die richterliche Entscheidung nachsucht. Denn das Gesetz räumt dem Beamten für den Notfall ein Handlungsrecht ein. Hat er davon Gebrauch machen müssen, kann daran der Umstand, dass eine Genehmigung erteilt oder versagt wird, nichts mehr ändern. Die richterliche Entscheidung ist nur bedeutsam, wenn der Beschuldigte ein Interesse daran hat, dass die Unrechtmäßigkeit der Verfügung des Beamten nachträglich festgestellt werde. Demzufolge kann sie der Verhaftete mit der Behauptung beantragen, die Anordnung des Beamten sei rechtswidrig gewesen (Rn. 15 8 ). 4 4 3 Dagegen ist für ein von Amts wegen veranstaltetes abstraktes Kontrollverfahren kein Raum. Aus der Fassung des Satzes 2 ist es nicht zwingend herzuleiten; dazu hätte es eingehender Vorschriften bedurft, wie sie für den Strafvollzug etwa § 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4 EGGVG bietet. Da der Richter indessen den gesamten Vollzug der Untersuchungshaft, weil er für ihn verantwortlich ist, überblicken muss, sind ihm Anordnungen von Beamten auch dann zur Kenntnis zu bringen, wenn ihr Vollzug bereits abgeschlossen ist. Er nimmt sie dann lediglich zur Kenntnis. 4 4 4 Es bleibt ihm aber unbenommen, bei der Dienstaufsichtsbehörde des Beamten die Beanstandung des einzelnen Falles oder Richtlinien für künftige Fälle anzuregen.
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5. Meinungsverschiedenheiten. Richter, Staatsanwalt und Anstaltsleiter verfolgen gemeinschaftlich das Ziel, die Untersuchungshaft ihrem Zweck entsprechend zu vollziehen und die Ordnung in der Anstalt zu wahren (Nr. 6 UVollzO). Gleichwohl sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Richter und Anstaltsleiter nicht ausgeschlossen. Sie werden im Allgemeinen dadurch verhütet, dass der Richter keine Maßnahmen anordnet, die in solche Gebiete des inneren Anstaltsbetriebs eingreifen, die sinnvollerweise der Anstaltsleiter allein regeln muss. Denn in der Untersuchungshaft gibt es Notwendigkeiten des Haftvollzugs, in die durch richterliche Anordnung nicht eingegriffen werden kann, ohne dass, wenn dies geschieht, die Ordnung der Anstalt gestört wird. 4 4 5 Hierzu gehören
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KKJBoujong 94; Meyer-Goßner 4 8 ; a.A. Lüderssen GedS Meyer 2 7 3 (für Fesselung). Vgl. KG GA 1977 149; KK/Boujong 94; Meyer-Goßner 48. A.A. (Kontrolle von Amts wegen) Kleinknecht J Z 1953 532; Lüderssen GedS Meyer 2 7 3 (für Fesselung).
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KG GA 1978 82; StV 1996 326; OLG Hamm NStZ 1981 156; KKJBoujong 92; SK/Paeffgen 74. Vgl. auch Cassardt NStZ 1994 5 2 3 (mit Beispielen) sowie Rn. 96 ff.
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die Regelung des Tagesablaufs, der - ähnlich wie in einem Krankenhaus - wegen des sinnvollen Einsatzes des Personals im Wesentlichen für alle Verhafteten gleich sein muss. Dazu zählen die Beköstigung, die Benutzung der Duschräume und Bäder, die Gestellung von Ärzten, die Bereitstellung der Seelsorge und die Einrichtungen der Krankenversorgung, ferner im Allgemeinen auch die Belegung der Hafträume und die grundsätzliche Bemessung der Stunden für den Hofgang, wenn hierzu auch richterliche Anordnungen denkbar sind (vgl. Rn. 154). Der Richter kann aber nicht wirksam anordnen, dass Eheleute im selben Haftraum untergebracht werden. Dessen Größe kann er ebenso wenig ändern, wie er, wenn er die Größe für unzulänglich hält, den Haftzweck preisgeben dürfte. 4 4 6 Er kann keine Besuchsräume einrichten, in denen Ehegatten übernachten dürfen. Er darf regelmäßig nicht anordnen, dass Hafträume statt mit einem oder mit drei Männern mit zwei belegt werden. Er kann keinen Einfluss auf die Verpflegungssätze nehmen, den ärztlichen Dienst bestimmen, den Gottesdienst regeln oder die Arbeit in der Anstalt verteilen. 4 4 7 Befürchtet der Anstaltsleiter, dass eine richterliche Verfügung die Ordnung in der Anstalt gefährdet, so soll er sie erst durchführen, wenn der Richter trotz Gegenvorstellung darauf besteht. Auch kann der Anstaltsleiter bei der Staatsanwaltschaft anregen, Beschwerde einzulegen (Nr. 10 UVollzO; vgl. Rn. 17). 149
6. Dauer. Die Zuständigkeit endet grundsätzlich mit der Untersuchungshaft. 4 4 8 Demzufolge kann, wenn der Verhaftete aus der Untersuchungshaft entlassen wird, ohne dass sich eine andere Untersuchungshaft oder Strafhaft unmittelbar an die Entlassung anschließt, 4 4 9 wegen einer vorher begangenen Unregelmäßigkeit keine Maßregel mehr angeordnet (ein noch nicht abgesandter Brief angehalten, eine Disziplinarmaßnahme verhängt) und eine bereits ausgesprochene nicht mehr vollstreckt 4 5 0 werden. 4 5 1
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Ausnahmen ergeben sich für das Beschwerdegericht und für die Überführung in den Strafvollzug (Rn. 157). Mit diesem wird das bisher auf § 119 Abs. 3 beruhende Gewaltverhältnis, wenn auch nun auf der Grundlage des Strafvollzugsgesetzes, fortgesetzt. Das Gericht ist daher befugt, einen am letzten Tag der Untersuchungshaft abgegebenen Brief am ersten Tag der Strafhaft anzuhalten. Ebenso kann es wegen eines Verstoßes, den der Beschuldigte am Ende der Untersuchungshaft begangen hat, eine Disziplinarmaßnahme auch dann noch verhängen, wenn er inzwischen in Strafhaft überführt worden ist. 4 5 2 Eine alsdann oder kurz vor Beendigung der Untersuchungshaft verhängte Disziplinarmaßnahme kann auch in der Strafhaft noch vollstreckt werden. 4 5 3 Zuständig für die Entscheidung bleibt das zuletzt zuständige Haftgericht. 4 5 4
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Dünnebier 47. OLG Hamm GA 1970 287. Vgl. aber OLG Braunschweig NStZ 1990 608 (Gemeinschaftsveranstaltung; Sicherheitsmaßnahmen) mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 423. OLG Hamm NJW 1953 1933; OLG Hamburg MDR 1970 163; OLG Celle NStZ 1985 378; vgl. auch KK/Boujong 90. OLG München NJW 1956 316; KG JR 1964 310. OLG Hamburg GA 1962 347. Falls sich der Zweck der vorher angeordneten Maßnahme nicht ohnehin erledigt hat; vgl. auch Rn. 52 ff., 151. BayObLGSt 23 63; OLG München NJW
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1956 316; OLG Bremen NJW 1958 472; KG JR 1964 310; OLG Hamm JMB1NW 1975 164; OLG Karlsruhe Justiz 1977 22; OLG Nürnberg NStZ 1989 246 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 531; SKJPaeffgen 56; § 126, 10; KK/Boujong 90; Kleinknecht/Janischowsky 423. Vgl. Nr. 70 Abs. 2 UVollzO; a.A. OLG Hamm NJW 1953 1933; OLG Hamburg MDR 1970 163 (nach Ende der Untersuchungshaft auch bei anschließender Strafhaft keine Anordnung mehr möglich); OLG Stuttgart Justiz 1979 144. OLG Hamburg MDR 1970 163; SKJPaeff-
gen § 126,10.
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§ 119
Der Leiter der Strafanstalt, in die der frühere Untersuchungsgefangene überführt worden ist, ist nicht befugt, nachträglich eine Disziplinarmaßnahme wegen des Verhaltens in der Untersuchungshaftanstalt zu erlassen. Tut er es gleichwohl, ist seine Verfügung im Verfahren der § § 2 3 ff. E G G V G als rechtswidrig aufzuheben. Das zuletzt zuständige Haftgericht entscheidet nach § 119 Abs. 3 und 4, nicht etwa nach §§ 102 ff. StVollzG. 4 5 5 Danach kommt es bei einer Disziplinarmaßnahme darauf an, ob sie zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Untersuchungshaftanstalt erforderlich ist. Diese Notwendigkeit kann durch die Verlegung in die Strafanstalt entfallen sein, braucht es aber nicht. 4 5 6
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Es ist selbstverständlich, dass wegen eines Verstoßes, der in Strafhaft begangen ist, nur die Strafanstalt eine Disziplinarmaßnahme verhängen kann. 4 5 7 Zweifel können sich hierzu nur ergeben, wenn sich eine Untersuchungshaft zufolge Rechtskraft eines freiheitsentziehenden Urteils in Strafhaft verwandelt hat (Vor § 112, 59 ff.), der für die Untersuchungshaft zuständige Richter ohne Kenntnis davon geblieben ist und gegen den vermeintlichen Untersuchungsgefangenen eine Disziplinarmaßnahme wegen eines in Wirklichkeit schon in der Strafhaft begangenen Verstoßes verhängt hat. Dazu ist er nicht zuständig. Dass er von der Beendigung der Untersuchungshaft nichts weiß, ist unerheblich; die Zuständigkeit knüpft lediglich an objektive Merkmale an. 4 5 8
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IX. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel 1. Dienstaufsichtsbeschwerde. Gegen Maßnahmen und Verfügungen der Anstaltsbeamten ist die Dienstaufsichtsbeschwerde statthaft (Nr. 75 Abs. 2 UVoIlzO). Bei der allumfassenden Zuständigkeit des Gerichts wird sie, wenn sie auch stets zulässig bleibt, in der Regel nur in Betracht kommen, wenn weder der Haftrichter und das Beschwerdegericht, noch auch das Oberlandesgericht nach § § 2 3 ff. EGGVG entscheiden kann. Das ist z.B. der Fall, wenn sich die Beanstandungen nicht gegen Verfügungen und Maßnahmen richtet, sondern dagegen, dass richterliche Verfügungen gar nicht 4 5 9 oder unangemessen ausgeführt worden sind.
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2. Antrag auf richterliche Entscheidung (Nr. 75 Abs. 1 UVollzO) ist gegeben gegen Verfügungen und Maßnahmen, 4 6 0 die Beamte (Staatsanwalt, Anstalts-, Polizei-, Gerichtsbeamte) (meist) in dringenden Fällen (Rn. 143) getroffen haben, oder die der Staatsanwalt als angeblich begünstigende kraft Überlassung (Rn. 138) vorgenommen hat. Es entscheidet der zu Rn. 133 genannte Richter, bei Kollegialgerichten der Vorsitzende. Dieser kann auch angerufen werden, wenn der Berichterstatter Entscheidungen kraft Überlassung als angeblich begünstigende getroffen hat (Rn. 134). Bei Entscheidungen des Vorsit-
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O L G Bremen N J W 1958 4 7 2 . Vgl. z.B. O L G Bremen N J W 1956 72; 1957 274. K G N S t Z 1982 46. O L G Bremen M D R 1966 349. O L G H a m m N J W 1965 1544; ähnlich K K / Boujong 97 (auch bei eigenverantwortlichen Maßnahmen des Anstaltsleiters); S K / P a e f f gen 77. Vgl. z.B. O L G Frankfurt N S t Z - R R 1996 365 (Verlegung); O L G H a m m N S t Z 1981
156 (erweiterter H o f g a n g u.a.); KG GA 1978 82 (Zellenbeleuchtung); O L G Oldenburg N J W 1979 731 (zusätzlicher Einkauf); O L G Braunschweig N S t Z 1990 608 (Gemeinschaftsveranstaltung; Sicherheitsmaßnahmen) mit Anm. Paeffgen N S t Z 1991 4 2 3 ; K G GA 1977 148 (Verteidigerbesuch); O L G Koblenz GA 1976 121 (Verlegung). Vgl. auch Cassardt N S t Z 1994 523, 526 sowie Rn. 96 ff.
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zenden hat der Betroffene, da der Vorsitzende aus eigener Zuständigkeit und nicht für das Gericht entscheidet, nicht die Möglichkeit, das Gericht anzugehen, muss vielmehr unmittelbar das Beschwerdegericht anrufen (§ 3 0 4 Abs. 1). Wegen der Pflicht des Gerichts zur Klärung des Sachverhalts und wegen der Erledigung des Antrags gilt das bei der Beschwerde Ausgeführte (Rn. 155, 157, 158). 155
3. Beschwerde. Den Beteiligten steht gegen die Verfügungen des Richters die Beschwerde zu (§ 3 0 4 Abs. I ) . 4 6 1 Die Beschwerde ist auch statthaft, wenn die Verfügung vom Vorsitzenden eines erkennenden Gerichts (§ 305) erlassen worden ist, weil die auf die Untersuchungshaft bezüglichen Entscheidungen in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfällung stehen. Das Beschwerdegericht hat selbstverständlich den Sachverhalt aufzuklären. 4 6 2 Die Beschwerde ist grundsätzlich unstatthaft gegen Verfügungen (darunter fallen auch „Beschlüsse" des Ermittlungsrichters) der Strafsenate des B G H und der OLG, auch wenn das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug zuständig ist (§ 3 0 4 Abs. 4, 5 ) . 4 6 3 Zwar ist die Beschwerde zulässig gegen Verfügungen der erstinstanzlichen OLG sowie der Ermittlungsrichter von B G H und OLG, die die Verhaftung betreffen (§ 3 0 4 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5). Das ist nach h . M . 4 6 4 aber bei Maßnahmen nach § 119 Abs. 6 nicht der F a l l 4 6 5 (vgl. auch Rn. 159). Die Fesselung in der Hauptverhandlung fällt nicht unter S 119 (Rn. 67).
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Beschwerdeberechtigt sind der Verhaftete, sein Verteidiger, jedoch nicht gegen den ausdrücklichen Willen des Beschuldigten (§ 297), der gesetzliche Vertreter (§ 2 9 8 Abs. I ) 4 6 6 und der Staatsanwalt (§ 2 9 6 ) . Eine Beschwer des Nebenklägers ist nicht denkbar. 4 6 7 Dagegen kann ein Dritter (§ 3 0 4 Abs. 2), der etwa durch die Ablehnung des Besuchs- oder Schriftverkehrs betroffen wird, sich der Beschwerde bedienen. 4 6 8 Hierunter fällt jedoch nicht der Anstaltsleiter. Er ist, weil er von der Entscheidung nicht berührt wird, von ihr nicht betroffen i.S. des § 3 0 4 Abs. 2 . 4 6 9 Freilich hat die Staatsanwaltschaft Anregungen des Anstaltsleiters, eine Beschwerde einzulegen, stets sorgfältig zu prüfen.
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4. Nach der Untersuchungshaft. Endet die Untersuchungshaft, so wird eine Beschwerde grundsätzlich hinfällig. 4 7 0 Sie bleibt jedoch wirksam, wenn die Entscheidung fortwirkt. 4 7 1 Das ist der Fall, wenn der Untersuchungsgefangene anschließend an die Untersuchungshaft in Strafhaft genommen wird und eine Verfügung noch unerledigt, z.B.
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Vgl. zur Zuständigkeit OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 2 9 2 ; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996 366; OLG Karlsruhe NStZ 1984 183; Justiz 1998 130; KG NStZ-RR 1996 365; OLG Zweibrücken StV 1997 313; LG Itzehoe SchlHA 1988 36; § 114, 42, 45; § 125, 9; § 126, 15. Vgl. BVerfG NStZ-RR 2 0 0 7 92. BGHSt 2 6 270; BGH NStZ-RR 2 0 0 2 190; KK/Boujong 99. BGHSt 2 6 270; 34 34; BGH NStZ-RR 2 0 0 2 190; bei Schmidt MDR 1985 186; KK/Bokjong 99; Meyer-Goßner 4 9 ; Wendisch FS Dünnebier 2 3 9 ff.; a.A. SYJPaeffgen 79; vgl. auch Baumann FS Pfeiffer 2 6 0 ; Matt NJW 1991 1801; § 114, 35; § 116, 38 ff. Die bei § 114, 35 und § 116, 38 ff. aufge-
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führten Bedenken gelten auch hier. Gerade die Gestaltung des Vollzugs kann zu erheblichen Grundrechtseinschränkungen führen; s. auch BGHSt 34 34. A.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 46. Vgl. auch die Erl. zu § 4 0 0 (25. Aufl. § 400, 2). Vgl. BGHSt 27 175 mit Anm. Peters JR 1978 83; BayObLGSt 8 393; OLG Hamburg JVB1. 1969 11; OLG Hamm MDR 1969 161; a.A. OLG Bremen MDR 1976 686. KK/Boujong 100; allg. M. BVerfGE 9 161; OLG Karlsruhe NStZ 1984 184; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1998 177. KK/Boujong 101.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
ein Brief noch angehalten, eine Disziplinarmaßnahme noch nicht vollstreckt ist. Alsdann ist über die Beschwerde noch zu entscheiden, 472 und zwar nach § 119 Abs. 3 und 4 und nicht nach §§ 109 ff. StVollzG, so dass z.B. ein zu Unrecht zurückgehaltener Brief selbst abzusenden ist, wenn er nunmehr nach dieser beanstandet werden könnte. 4 7 3 Außerdem ist über die Beschwerde nach Beendigung der Untersuchungshaft auch dann noch zu entscheiden, wenn der Beschuldigte an der Entscheidung noch ein rechtliches Interesse hat. 4 7 4 Das kann z.B. darin liegen, dass er im Hinblick auf eine künftige Entlassung aus einer im Anschluss an die Untersuchungshaft vollstreckten Strafe (§ 5 7 StGB) nicht als disziplinarisch bestraft gelten möchte (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG). Alsdann steht der Entscheidung auch nicht entgegen, dass die Verfügung bereits vollstreckt, eine Disziplinarmaßnahme etwa verbüßt ist. 4 7 5 S. auch Rn. 162.
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5. Weitere Beschwerde findet nach h . M . 4 7 6 nicht statt, weil die vom Beschwerdegericht erlassenen Beschlüsse nicht die Verhaftung betreffen, sondern die Art und Weise, wie die Untersuchungshaft vollzogen wird. 4 7 7 Die Entscheidungen des Haftrichters erlangen weder formelle noch materielle Rechtskraft. Der Richter kann sie jederzeit bei wesentlicher Veränderung der tragenden Gründe abändern, auch Regelungen des Beschwerdegerichts. 478
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6. Antrag nach § 23 Abs. 1 EGGVG. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 EGGVG kann gegen Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Untersuchungshaft Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 24 Abs. 1 EGGVG) des Oberlandesgerichts (§ 25 Abs. 1 EGGVG) gestellt werden. Die Vorschriften der §§ 23 ff. EGGVG gelten jedoch nur subsidiär, wenn keine sonstige strafprozessuale Möglichkeit besteht, eine gerichtliche Entscheidung zu erlangen. Das ist bei Entscheidungen, die sich auf die Untersuchungshaft beziehen, häufig 4 7 9 der Fall. Zur Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt aufzuklären, und zum Rechtsschutzinteresse s. Rn. 155, 157, 158.
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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann daher nur in Bezug auf Maßnahmen der Anstaltsleitung angebracht werden, die der Richter mangels Zuständigkeit, weil die Maßnahme sich nicht gegen einen bestimmten Gefangenen richtet, sondern - rein orga-
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Vgl. O L G H a m m N J W 1 9 5 3 1 9 3 3 ; O L G München N J W 1 9 5 6 3 1 7 ; StV 1 9 9 5 1 4 0 mit Anm. Brmgewat BewHi. 1 9 9 5 2 3 8 ; KG J R 1 9 6 4 310; O L G Karlsruhe Justiz 1 9 7 7 2 2 ; N S t Z 1 9 8 4 1 8 4 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 8 7 2 5 5 ; O L G Koblenz ZfStrVo 1 9 9 3 1 8 6 ; KK/ Boujong 101. O L G Bremen N J W 1 9 5 8 4 7 2 ; vgl. dagegen O L G Karlsruhe N S t Z 1 9 8 4 1 8 4 (zur Aushändigung eines angehaltenen Magazins in der nachfolgenden Strafhaft). S. dazu auch BVerfG N S t Z - R R 2 0 0 7 9 2 (nachwirkendes rechtliches Interesse bei gewichtigem Grundrechtseingriff); N S t Z 2 0 0 7 413 mit krit Anm. v. Kühlewein. Vgl. O L G H a m m H R R 1 9 2 8 9 8 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 8 5 6 5 ; 1 9 8 7 2 5 5 ; 1 9 9 8 4 1 ; O L G Koblenz ZfStrVo 1 9 9 3 1 8 6 ; O L G
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Stuttgart N S t Z - R R 2 0 0 1 2 2 1 ; KK/Boujong 101; SYJPaeffgen 8 1 ; KMR/Wanket 2 7 ; a.A. noch O L G Stuttgart M D R 1 9 8 9 1 8 3 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 0 4 3 2 . BGHSt 2 6 2 7 0 ; 3 4 3 4 ; s. auch KK/Boujong 102; Wendisch FS Dünnebier 2 3 9 ; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 4 7 ; Peters § 4 7 A VI; Schorn J R 1 9 6 7 4 5 1 ; SYJPaeffgen 8 2 . Wegen der grundsätzlichen Bedenken insoweit vgl. § 114, 3 4 ff. Vgl. BVerfGE 3 4 3 9 8 ; O L G Stuttgart Justiz 1 9 7 9 2 4 ; YYJBoujong 9 3 ; SYJPaeffgen 7 3 . Weitergehend Röhl N J W 1 9 6 0 4 1 6 . Vgl. dagegen Hanack J R 1 9 7 1 2 7 4 (Rechtsweg nach § 2 3 E G G V G eröffnet, wenn der Antragsteller damit mehr erreichen kann als mit der Entscheidung des Haftrichters); s. auch Cassardt N S t Z 1 9 9 4 5 2 3 .
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nisatorischer Natur - den Vollzug schlechthin gewährleisten soll, nicht abstellen darf. 480 In Betracht kommen insoweit: Die Regelung finanzieller Ansprüche des Verhafteten an den Staat; 481 die Größe und Einrichtung der Unterkunftszellen allgemein; die Art ihrer Ausgestaltung, namentlich von Sprechzellen mit Trennscheiben;482 Güte, Menge und Zubereitung der Anstaltsverpflegung; Zu- und Verteilung von Gefangenenarbeit,483 unzureichende medizinische Versorgung.484 Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG unterliegen darüber hinaus Anordnungen über sonstige organisatorische Maßnahmen zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft wie z.B. das Verlangen der Anstaltsleitung, die Besuchserlaubnis des Verteidigers von einer vorherigen (Dauer-) oder einzelnen Sprecherlaubnis des Haftrichters abhängig zu machen;485 die Weigerung, einem Verteidiger allgemein den Zutritt zur Vollstreckungsanstalt zum Besuch von Untersuchungsgefangenen zu gestatten486 oder sie von einer zusätzlichen Voraussetzung (Durchsuchung des Verteidigers) abhängig zu machen; 487 vgl. auch Rn. 133, 148. 488 162 Der Rechtsweg nach § 23 EGGVG ist immer dann zulässig, wenn er sich gegen eine Anordnung richtet, die im Wesentlichen allgemein der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt dient; 489 er ist unzulässig, wenn Beschränkungen in Bezug auf einen bestimmten Untersuchungsgefangenen in Rede stehen, durch die dieser (in erster Linie, die Anstalt nur sekundär) individuell betroffen ist; 490 wenn die Durchführung der Trennungsvorschriften des § 119 Abs. 1 und 2 in Frage steht;491 wenn die Beschränkung des zusätzlichen Lebensmitteleinkaufs eines Untersuchungsgefangenen gerügt wird 492 oder eine sonstige Beschränkung, etwa des Empfangs oder der Absendung weiterer (vgl. Nr. 39 UVollzO; Rn. 45 ff.) Pakete oder eine Beanstandung wegen des Inhalts oder des Gewichts.493 Für diese Fälle gilt ausschließlich § 119 Abs. 6. Der 480
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KG StV 1996 326; OLG Karlsruhe Justiz 1997 87 (Mischfälle); Wanket 92; Cassardt NStZ 1994 5 2 5 (mit Beispielen). OLG Hamburg NJW 1967 168. KG GA 1979 340. S. aber OLG Braunschweig NStZ 1990 6 0 8 (für besondere Sicherungsmaßnahmen) mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 423. OLG Zweibrücken StVollzK 1967 Nr. 6, S. 10; OLG Hamm GA 1970 2 8 7 ; OLG Düsseldorf StV 1988 68; OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 2 9 2 ; OLG Schleswig bei Döllel/ Dreeßen SchlHA 2 0 0 5 257. OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 5 2 2 0 . OLG Frankfurt AnwBl. 1982 35. OLG Saarbrücken NJW 1978 1447; s. auch OLG Karlsruhe NStZ 1997 4 0 7 (generelle Beschränkung der Besuchsdauer) mit abl. Anm. Schriever NStZ 1998 159. Vgl. BGHSt 2 9 135; KG NJW 1971 476. Vgl. auch OLG Frankfurt NJW 1977 2177 (Verteidigersperre); OLG Hamm NStZ 1988 93 (Rechtsberatung); OLG Hamburg NJW 1963 2 3 8 8 (ärztliche Versorgung); NJW 1982 2133; OLG Frankfurt ZfStrVo 1985 191; OLG Koblenz ZfStrVo 1996 116 (Weigerung der Weiterleitung von Blanko-Vollmachtsformularen).
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BGHSt 2 9 135; OLG Koblenz ZfStrVo 1996 113; OLG Karlsruhe NStZ 1997 4 0 7 mit abl. Anm. Schriever NStZ 1998 159; OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 292; Cassardt NStZ 1994 5 2 3 (mit Beispielen). BGH NJW 1973 1657; KG GA 1977 149; StV 1996 326 (Verbot der Rechtsberatung); OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 365; OLG Karlsruhe Justiz 1997 87; OLG Stuttgart NStZ-RR 2 0 0 3 191; OLG Schleswig bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2 0 0 5 2 5 7 (Arztwahl); vgl. auch BVerfG NStZ 1995 2 5 3 (Verbot der Rechtsberatung gegen einen inhaftierten Rechtsanwalt) mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 73; OLG Zweibrücken StV 1997 313. OLG Frankfurt NJW 1967 693; NStZ-RR 2 0 0 4 184; OLG Stuttgart NStZ-RR 2 0 0 3 191; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2 0 0 5 5 6 und 191 (auch zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit). OLG Oldenburg NJW 1979 731. Es handelt sich dann um eine Beschränkung gemäß § 119 Abs. 3, die sich gegen einen bestimmten Beschuldigten richtet; a.A. wohl OLG Hamm NStZ 1982 134; KK/Boujong 103; vgl. dagegen S K / P a e f f g e n 41, 83. Unklar Cassardt NStZ 1994 524, 526.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
Antrag nach § § 2 3 ff. E G G V G steht dem Verhafteten auch dann nicht zur Verfügung, wenn die Anstalt ihn dem Arzt nicht vorführt oder von diesem angeordnete Maßnahmen nicht durchführt (wegen der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten s. Rn. 148) oder dem Wunsch des Verhafteten, von einem weiteren Arzt behandelt zu werden, nicht stattgibt. 4 9 4 Gewährt aber der Arzt keine oder eine vorgeblich falsche Behandlung, dann versagen die Möglichkeiten des Absatzes 6. Für diesen Fall steht dem Beschuldigten der Antrag nach § 2 3 E G G V G offen. 4 9 5 7. Die Revision kann auf eine Verletzung des § 119 i.V.m. §§ 336, 3 3 7 gestützt werden. 4 9 6 Sie wird jedoch regelmäßig erfolglos sein, weil in der Regel ein normativer Zusammenhang zwischen Rechtsfehler und Urteil fehlen w i r d ; 4 9 7 der Angeklagte kann in der Hauptverhandlung die Rechte ausüben, an deren Gebrauch ihn Beschränkungen in der Untersuchungshaft gehindert haben. Ggf. ist die Hauptverhandlung dazu auszusetzen und dem Angeklagten ein Verteidiger zu bestellen, wenn er selbst wegen Verdunkelungsgefahr im Schriftwechsel beschränkt werden muss.
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X. Unmittelbarer Zwang 1. Grundlage. Der unmittelbare Zwang in der Untersuchungshaft ist im Strafvollzugsgesetz geregelt. Die für den Vollzug wichtigsten Bestimmungen lauten: § 178 (1) Die § § 9 4 bis 101 über den unmittelbaren Zwang gelten nach Maßgabe der folgenden Absätze auch für Justizvollzugsbedienstete außerhalb des Anwendungsbereichs des Strafvollzugsgesetzes (§1). (2) Beim Vollzug der Untersuchungshaft und der einstweiligen Unterbringung nach § 126a der Strafprozessordnung bleibt § 119 Abs. 5 und 6 der Strafprozeßordnung unberührt. (3) ... (4) ... §94 (1) Bedienstete der Justizvollzugsanstalten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
§95 (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen und Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
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OLG Hamburg NJW 1962 1930. OLG Hamburg NJW 1963 2388; 1982 2133; OLG Frankfurt StVollzK 1966 Nr. 1, S. 11; ZfStrVo 1985 191; Schlüchter 228.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln. (4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schußwaffen sowie Reizstoffe. §96 (1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. (2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
Nicht abgedruckt sind § 97: Handeln auf Anordnung; § 98: Androhung des unmittelbaren Zwangs; § 99: Allgemeine und § 100: Besondere Vorschriften über den Schußwaffengebrauch. § 101 befindet sich bei der Kommentierung der Heilbehandlung (Rn. 170). 165
2. Nicht abgedruckte Vorschriften. § 99 Abs. 1 StVollzG lässt den Schusswaffengebrauch in zwei Fällen zu: (1) wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolglos waren; oder (2) wenn sie keinen Erfolg versprechen. Er ist nach Absatz 2 auf den Zweck beschränkt, andere angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Nach Absatz 3 ist er vorher anzudrohen, doch darf ohne Androhung geschossen werden, wenn das erforderlich ist, eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben abzuwenden. Im letzten Fall ist vor allem an Geiselnahme gedacht. 4 9 8 Der Gebrauch von Schusswaffen ist durch einen geschlossenen Katalog (Waffenführung, Meuterei, Flucht) streng beschränkt (§ 100 StVollzG), doch werden andere Vorschriften, z.B. Notwehr nicht ausgeschlossen. 499 Wegen § 98 StVollzG s. Rn. 167. Anordnungsbefugt sind die Vollzugsbediensteten ( W zu % 97 StVollzG), deren Vorgesetzte (§ 97 StVollzG) und der Haftrichter (§ 178 Abs. 2 StVollzG, § 119 Abs. 6).
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3. Voraussetzungen. Nach § 94 Abs. 1 letzter Halbs. StVollzG ist unmittelbarer Zwang das letzte Mittel, um einen Gefangenen zu ordnungsgemäßem Verhalten zu veranlassen. 5 0 0 Dabei ist der Ausdruck „ordnungsgemäßes Verhalten" missverständlich (Rn. 168). Unter mehreren Maßnahmen ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die zu wählen, die den Verhafteten am wenigsten beeinträchtigt (§ 96 Abs. 1 StVollzG) und der unmittelbare Zwang unterbleibt ganz, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
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Unmittelbarer Zwang ist im Allgemeinen vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder der Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat i.S. des § 11 StGB zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr (§ 98 StVollzG), beim Gebrauch von Schusswaffen, wenn das erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben abzuwenden (§ 99 Abs. 3 letzter Halbs. StVollzG).
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4. Anwendungsfälle. Die Wendung im Bericht des Rechtsausschusses, unmittelbarer Zwang sei ein Mittel, um einen Gefangenen zu ordnungsgemäßem Verhalten zu veranlassen (Rn. 166), ist in dieser Form selbst dann ungenau (aber auch nicht Inhalt des Gesetzes), wenn man die Einschränkung beachtet, er sei unzulässig, wenn die Durchführung
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BTRAusschBer. BTDrucks. 7 3998 S. 36. BTDrucks. 7 3998 S. 36.
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BTDrucks. 7 3998 S. 36.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
einer Vollzugsmaßnahme auf andere Weise erreicht werden kann. Wirft der Verhaftete Papier oder Unrat auf den Fußboden des Zellengangs und weigert er sich, dem Befehl nachzukommen, es aufzuheben, kann die Durchführung dieses Befehls auf keine andere Weise als durch unmittelbaren Zwang erreicht werden. Trotzdem ist dieser unzulässig und sind nur Disziplinarmaßnahmen erlaubt, selbst wenn der „Schaden" (zwangsweise auf den Boden drücken) gering wäre und die Anwendung des § 96 Abs. 2 StVollzG zweifelhaft sein könnte. Denn dem Sinn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass eine mit unmittelbarem Zwang durchzusetzende Vollzugsmaßnahme nicht auf die rein äußerliche „gute Ordnung" gerichtet werden darf, sondern nur auf diejenige Ordnung in der Vollzugsanstalt, die unerlässlich ist, um den Anstaltsbetrieb in seiner Struktur aufrechtzuerhalten. Danach kommt unmittelbarer Zwang vor allem in Betracht bei Flucht, Fluchtversuch, Meuterei; Angriff auf Vollzugsbedienstete und Mitgefangene; bei Befehlsverweigerung, wenn der Befehl nicht nur der guten Ordnung wegen, sondern aus zwingenden Gründen (Niederlegen von Waffen, Auseinandergehen mehrerer Verhafteter, aber auch Beendigung des Hofgangs, Rückkehr in den Haftraum) befolgt werden muss und ohne unmittelbaren Zwang nicht befolgt wird. Besondere Bedeutung kommt dem unmittelbaren Zwang zu, wenn der Verhaftete sich der Verlegung in einen anderen Haftraum (etwa um Verbindung unter Tatgenossen zu verhindern) oder in einen besonders gesicherten Haftraum (Nr. 63 Abs. 1 Nr. 9 UVollzO) widersetzt.
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XI. Zwangsbehandlung 1. Grundlage. Nach § 178 Abs. 1 StVollzG (Rn. 164) gilt für Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge: 501
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§ 101 (1) 'Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind zwangsweise nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen zulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit des Gefangenen verbunden sein. 2 Zur Durchführung der Maßnahmen ist die Vollzugsbehörde nicht verpflichtet, solange von einer freien Willensbestimmung des Gefangenen ausgegangen werden kann. (2) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Falle des Absatzes 1 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. (3) Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, daß ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.
Die Zwangsmaßnahmen in der Gesundheitsfürsorge sind Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs. Danach gilt § 94 Abs. 1 letzter Halbs. StVollzG („und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann") ebenso wie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 96 StVollzG; Rn. 164) und das Gebot, den Zwang vorher anzudrohen, wenn die Behandlung nicht angewendet werden muss, um eine gegenwärtige
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Vgl. Münchbalffen/Gatzweiler
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Gefahr abzuwenden (§98 letzter Halbs. StVollzG). Bei der Gesundheitsfürsorge kann die Androhung wohl nur bei einem bewusstlosen Verhafteten unterbleiben. 2. Arten der Zwangsbehandlung 172
a) Untersuchung. § 101 StVollzG spricht in Absatz 1 von der medizinischen und in Absatz 2 von der körperlichen Untersuchung. Die Annahme, die letzte wäre die äußerliche Untersuchung des Körpers und seiner Höhlen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, wäre unzutreffend. Das Verbot des körperlichen Eingriffs dient nur der Abgrenzung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene von der Heilbehandlung, begründet aber keinen terminologischen Unterschied. Vielmehr ergeben die Worte „außer im Falle des Absatzes 1", dass auch die dort genannte „medizinische Untersuchung" eine „körperliche Untersuchung" ist. Da aber die körperliche Untersuchung des Absatzes 2 dem Gesundheitsschutz und der Hygiene dient, ist wiederum auch sie eine heilkundliche, eine medizinische Untersuchung. Beide Begriffe sind also ärztliche, zumindest ärztlich geleitete (§ 101 Abs. 2 StVollzG) Untersuchungen (allein) auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge. Eine Untersuchung nach Absatz 2 ist allerdings auch dann zulässig, wenn eine konkrete Gefahr (Absatz 1; Rn. 174) (noch) nicht besteht. 502 Dagegen ist eine Untersuchung des Beschuldigten auf Haftfähigkeit nur zulässig, wenn es hierfür einen konkreten Anlass gibt. 503 Aus § 101 StVollzG lässt sich außerdem keine allgemeine Verpflichtung zur Abgabe einer Urinprobe ableiten. 504
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b) Behandlung. § 101 StVollzG ergänzt § 56 StVollzG. Nach dieser Vorschrift ist für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen zu sorgen (Absatz 1); dieser hat die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen (Absatz 2). § 56 StVollzG, und damit besonders dessen Absatz 2 gelten nicht für den Untersuchungsgefangenen, doch kann die Gesundheitsfürsorge für diesen im Grundsatz nicht geringer als für den Strafgefangenen sein, wenn man von den wohl nur in einem längeren Strafvollzug notwendigen Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 57, 58 StVollzG) und von der nur bei Verurteilten sinnvollen ärztlichen Behandlung zur sozialen Eingliederung (§ 63 StVollzG) absieht. Fasst man unter diesem Gesichtspunkt § 56 Abs. 1, § 58, § 61 StVollzG als maßgeblich für den Begriff der medizinischen Behandlung ins Auge, so umfasst er jede ärztliche Maßnahme, die für die körperliche und geistige Gesundheit erforderlich ist. Die notwendigen Einschränkungen sind aus § 94 letzter Halbsatz, § 96 StVollzG (Rn. 164) und aus den in § 101 StVollzG aufgeführten Voraussetzungen zu gewinnen.
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Z.B. Vorsorge-Reihenuntersuchungen; s. OLG Düsseldorf NStZ 1984 381; Rn. 54, 191. OLG Düsseldorf StV 1989 193 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 423; Rn. 131 und § 112, 69. Vgl auch Gatzweiler StV 1996 287. OLG Saarbrücken NStZ 1992 350 (anders möglicherweise, wenn die Untersuchung zum Nachweis eines Btmkonsums i.S.v.
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§ 101 StVollzG medizinisch indiziert ist); LG Traunstein StV 2004 144; a.A. OLG Oldenburg NStZ-RR 2006 28 (zur Überprüfung auf Btmkonsum in der Anstalt; Rechtsgrundlage § 119 Abs. 3) mit Anm. Polläbne StV 2007 89; vgl. auch OLG Koblenz NStZ 1989 550; LG Kleve NStZ 1989 48 (Strafvollzug); LG Hamburg ZfStrVo 1997 108 mit Anm. Ritter.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§119
3. Voraussetzungen a) Gefahr. In § 101 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wird zweimal das Wort Gefahr verwendet, einmal als Zulässigkeitsgrund, dann als Unzulässigkeitsgrund der Behandlung. Gefahr ist die hohe Wahrscheinlichkeit des schädlichen Erfolgs, der nach den Gesetzen der Kausalität und der Lebenserfahrung zu erwarten ist. 5 0 5 Bei § 112 ist als Inhalt des nicht überall gleichmäßig auszulegenden Begriffs eine hohe Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts gefunden worden, die stets höher sein muss als die, dass der Erfolg ausbleibt (§ 112, 25). Weil ärztliche Zwangsmaßnahmen „mit erheblichen Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre des Gefangenen verbunden sind", 5 0 6 wird man bei dem Zulässigkeitsgrund die gleiche einengende Klausel anwenden und zudem jede bloß theoretische Gefahr ausschließen und eine konkrete Gefahr fordern müssen. Zu der zu beachtenden Lebenserfahrung zählen auch Statistiken, Literatur und ärztliche Lehre, die ärztlichen Wahrscheinlichkeitsprognosen zur Grundlage dienen können.
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Für den Unzulässigkeitsgrund gilt im Allgemeinen das soeben Aufgeführte, aber mit zwei wichtigen Unterschieden. Die Rücksicht, die Persönlichkeitssphäre möglichst schonend anzutasten, führte bei dem Zulässigkeitsgrund dazu, die einschränkende Klausel hinzuzufügen, dass die Wahrscheinlichkeit, der Erfolg werde eintreten, höher sein müsse, als die, dass er ausbleibe, und dass die Gefahr eine konkrete sein müsse. Die gleiche Rücksicht gebietet, dem Unzulässigkeitsgrund möglichst starkes Gewicht zu geben. Das führt dazu, die Erschwerungsklausel hier fallen zu lassen - ein weiterer Beleg dafür, dass der Inhalt des Gefahrenbegriffs nach dem mit ihm verfolgten Zweck zu bestimmen ist und auch unbestimmte, wenn auch nicht rein theoretische Gefahrenlagen genügen zu lassen.
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b) Gefahrengrade. Beim Zulässigkeitsgrund wird Lebensgefahr oder eine - den Anwendungsbereich stark einschränkende - schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit des Verhafteten oder eine Gefahr (ohne Steigerungsform) für die Gesundheit anderer Personen (Mithäftlinge, Anstaltspersonal) verlangt. Zu der einfachen Gefahr ist außer der Verweisung auf Rn. 174 nichts weiter zu bemerken. Der Begriff „schwerwiegend" ist in anderem Zusammenhang als eine hohe Stufe (§ 112a, 33), wenn auch nicht als die höchste, des Unrechts bezeichnet worden, und auch hier wird man von einer hohen Stufe der Gefahr sprechen können. 5 0 7
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Davon abgehoben ist der Gefahrengrad bei dem Unzulässigkeitsgrund. Die medizinisehen Maßnahmen sind unzulässig, wenn sie mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit des Verhafteten verbunden sind. Erheblich ist kein sehr signifikanter Begriff (§ 112a, 41); die Anforderungen an die Gefahr werden gehoben, aber doch nicht so hoch, wie bei dem Begriff schwerwiegend. Der Bericht des Rechtsausschusses scheint an die Erheblichkeit höhere Anforderungen zu stellen und „erheblich" mit „schwerwiegend" gleichzustellen, indem er ausführt, in § 101 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz StVollzG werde - was sich schon aus § 96 StVollzG ergebe - „nochmals ausdrücklich klargestellt", dass Maßnahmen, die eine entsprechend schwere Gefahr für Leben oder
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BGH NJW 1951 769. BTDrucks. 7 3 9 9 8 S. 37. Unzulässig ist demgemäß die (zwangsweise) Verabreichung von Beruhigungsmitteln zu reinen Sicherungszwecken, etwa bei starker
Erregung des Gefangenen; eine solche Zwangsbehandlung ist nur bei medizinischer Indikation unter den engen Voraussetzungen des § 101 StVollzG erlaubt - vgl. BTDrucks. 7 3 9 9 8 S. 36; KK/Boujong 78.
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Gesundheit mit sich bringen wie diejenige, die sie beheben sollen, unzulässig seien. 5 0 8 Diese Ansicht kommt im Gesetz, das zwei verschiedene Begriffe verwendet, nicht zum Ausdruck. Auch wenn die befürchtete Gefahr geringer (aber doch erheblich) ist, als die, die zum Eingriff berechtigt, ist die Maßnahme (schon) unzulässig. Denn „erheblich" bezeichnet eine Gefahr, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut notwendigerweise geringer ist, als die den Eingriff indizierende „schwerwiegende" Gefahr. Da auf dem behandelten Gebiet (Behandlung, um Lebensgefahr oder schwerwiegende Gesundheitsgefahr abzuwenden) eine Gefahr für Leben oder Gesundheit bei dem Patienten wohl - auch wenn statistisch die Zahl der Misserfolge noch so gering ist - nie völlig auszuschließen ist, wird mit der Wendung „erheblich" alles umfasst, was nach der Gesundheit des Verhafteten und allen sonstigen Umständen, z.B. seelische Belastung durch die Ungewißheit der Untersuchungshaft, die Gefahr über das gewöhnliche Operationsrisiko erhebt. Die nach alledem vielleicht sehr subtilen Erwägungen, die - außer etwa bei einem unabsichtlich Gestürzten, der bewusstlos ist und zu verbluten droht - bei Berücksichtigung der beiden Gefahrbegriffe (Rn. 174) und der drei Gefahrengrade (Rn. 176 f.) anzustellen wären, werden in den meisten Fällen durch die Prüfung der Zumutbarkeit erleichtert werden. 178
c) Die Zumutbarkeit, eine Behandlung zu dulden - die Frage der Ernährung wird unten (Rn. 193 ff.) getrennt untersucht - ist für den Untersuchungsgefangenen und den Strafgefangenen verschieden zu beurteilen. Der Untersuchungsgefangene hat, anders als der Strafgefangene, grundsätzlich dieselben Rechte, wie in der Freiheit (Rn. 23). Sie dürfen nur wegen des Haftzwecks und wegen der Ordnung in der Vollzugsanstalt eingeschränkt werden (Absatz 3). Jemanden zwangsweise zu Heilzwecken zu behandeln, wird weder aus dem letzten Grund, noch aus dem Haftzweck gerechtfertigt. Denn die Ansicht, Haftzweck sei auch, den Verhafteten bis zur Aburteilung am Leben zu erhalten 5 0 9 oder, wie das Kammergericht in einem anderen Zusammenhang ausgeführt hat, ihn „zur ungehinderten Durchführung der gerichtlichen Untersuchung" gesund zu erhalten 5 1 0 ist unzutreffend. Die Haftfähigkeit zu bewahren, um „Vergeltung" durch den Strafvollzug wirksam machen zu können, gehört nicht zu den Haftzwecken. § 101 Abs. 1 StVollzG gibt keinen Eingriffsgrund an. Das ist wegen des Gesetzesvorbehalts des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG auch entbehrlich, führt aber, weil beim Untersuchungsgefangenen in Bezug auf medizinische Behandlung auch kein Eingriffsgrund zu Tage liegt, dazu, die Schwelle der Zumutbarkeit sehr niedrig anzusetzen. Danach wird - außer bei Seuchengefahr (Rn. 192) und bei akuter Lebensgefahr - kaum je eine Heilbehandlung wider den Willen des Verhafteten in Betracht kommen. Alsdann hat auch die Schranke des § 96 Abs. 2 StVollzG, die u.a. die Ablehnung von Amputationen decken soll, 5 1 1 für Untersuchungsgefangene eine mehr theoretische Bedeutung. Das Ergebnis ist auch einleuchtend, wenn man den bisherigen Stand der Frage betrachtet (Rn. 180).
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Die Maßnahmen müssen für alle Beteiligten zumutbar sein, nicht nur für den Verhafteten, sondern auch für den Richter, die Bediensteten der Vollzugsanstalt und vor allem für den Arzt. Bei Untersuchungen und Behandlungen ist die Frage von sehr geringer Bedeutung. Sie wird daher in dieser Hinsicht erst bei der Zwangsernährung untersucht (Rn. 198 ff.).
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BTDrucks. 7 3 9 9 8 S. 37. Delius L Z 1914 162. KG J R 1958 4 7 0 ; ähnlich Linck NJW 1975 20.
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BTDrucks. 7 3 9 9 8 S. 37.
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4 . Zwangsheilung. Der ärztliche Eingriff zu Heilzwecken wird von der Rechtsprechung als Körperverletzung angesehen, 512 die durch Einwilligung des Patienten oder aus anderen Gründen 5 1 3 gerechtfertigt wird. Daraus ist früher gefolgert worden, dass keine Möglichkeit bestand, einen Verhafteten wider seinen Willen zu einer Behandlung zu zwingen, selbst wenn die Krankheit lebensgefährlich war. 5 1 4 Ein anderes Ergebnis konnte, solange die Heilbehandlung auch als Körperverletzung angesehen wird, schon deshalb nicht gewonnen werden, weil das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 G G geschützt ist.
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Diese verfassungsrechtliche Schranke ist aufgrund des Vorbehalts in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 G G durch § 101 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 178 Abs. 1 StVollzG überwunden worden mit dem nicht einsichtigen Ergebnis, dass dem Beschuldigten in der Untersuchungshaft eine Fürsorge aufgezwungen werden kann, die er als freier Mann nicht zu dulden und die er im Gegensatz zum Strafgefangenen (§ 5 6 Abs. 2 StVollzG) auch nicht zu unterstützen braucht. Die Begründung, die große Anzahl von Personen, die regelmäßig in einer Anstalt zusammenleben, könne erfordern, Maßnahmen, die für den Gesundheitsschutz erforderlich sind, unabhängig vom Willen der Anstaltsinsassen durchzuführen, 515 mag was hier nicht zu beurteilen ist - die Vorschrift für Strafgefangene rechtfertigen. Gegenüber Verhafteten, die als unschuldig gelten, mit der Haft (nach h.M.) ein Sonderopfer erbringen und sich deshalb so weit als möglich so wie in der Freiheit verhalten dürfen, ist sie unangemessen. § 178 Abs. 1 i.V.m. § 101 StVollzG gewinnt daher, abgesehen von Maßnahmen zum Seuchenschutz (Rn. 192), seine Hauptbedeutung bei der Zwangsernährung (Rn. 193 ff.).
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5. Zuständigkeit des Haftrichters. Nach § 178 Abs. 2 StVollzG bleibt Absatz 6 (wegen Absatz 5 s. Rn. 65) unberührt. Nach dieser Vorschrift ordnet der Richter die nach den Absätzen 1 bis 5 erforderlichen Maßnahmen an. 5 1 6 Mit Ausnahme der Fesselung (Rn. 65) bei Gefahr des Selbstmords sind sie nur zulässig, wenn der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt sie erfordert. Das ist in den Fällen des § 101 Abs. 2 in aller Regel der Fall; es wird meist der Fall sein bei Gefahr für
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die Gesundheit anderer Personen, aber fast nie, jedenfalls grundsätzlich nicht, bei Gefahren für Leben und Gesundheit des Verhafteten selbst. Denn Zwangsbehandlung und Zwangsernährung erhöhen u.U. den Arbeitsaufwand, greifen aber dadurch nicht in die strukturelle Ordnung der Anstalt ein. Trotz der Fassung des § 178 Abs. 2 StVollzG wird man die Vorschrift so zu lesen haben, dass der Richter bei Maßnahmen nach § 101 Abs. 2 und 3 StVollzG dann zuständig ist, wenn eine nichtärztliche Zuständigkeit besteht, auch wenn die anzuordnende Maßnahme nicht vom Zweck der Untersuchungshaft oder der Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordert wird. Denn sonst wäre, wenn der Haftzweck und die Ordnung in der Vollzugsanstalt nicht berührt werden, niemand zur Entscheidung zuständig, ob und
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BGH NJW 1971 1887, vgl. Arzt/Weber S. 166; Gössel/Dölling S. 148 ff., beide mit weiteren Nachweisen, auch zu abweichenden Auffassungen in der Literatur, die hier nicht zu anderen Ergebnissen führen würden. Vgl. z.B. BGHSt 35 249; Arzt/Weber S. 166 ff.; Gössel/Dölling S. 148 ff.
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LG München NJW 1968 2303. BTDrucks. 7 918 S. 80, zu § 89 StVollzG. Vgl. auch (krit.) SYJPaeffgen 67; Geppert Jura 1982 178; Wagner JR 1977 474. KK/Boujong 83; SYJPaeffgen 70; Nöldeke/ Weichbrodt NStZ 1981 281; vgl. auch Oswald StV 1990 500; Gatzweiler StV 1996 287 (auch zur Arztwahl).
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wann die ärztlich angeordneten Maßnahmen durchgeführt werden (§ 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG; Rn. 170). 184
Wer die notwendigen Entscheidungen trifft, ist in § 126 Abs. 1 und 2 bestimmt. Die Entscheidung fällt, weil sie als eine solche nach Absatz 3 behandelt wird (Rn. 183), immer ein allein entscheidender Richter (Rn. 133). Das schwer hinzunehmende Ergebnis wird dadurch nur unzulänglich gemindert, dass die Beschwerde auch dann zulässig ist, wenn die Entscheidung der Vorsitzende eines erkennenden Gerichts trifft (Rn. 155). Es ist, namentlich im Hinblick auf die Zwangsernährung, ein schwerer Mangel, dass das Gesetz keine weitere Beschwerde zugelassen hat. Das wäre durch eine Anreicherung des § 310 Abs. 1 zweite Hälfte um wenige Worte leicht möglich gewesen.
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6. Arztvorbehalt. Nach § 101 Abs. 3 i.V.m. § 178 Abs. 1 StVollzG dürfen alle Maßnahmen nach § 101 Abs. 1 und 2 StVollzG (Untersuchung, auch im Fall des Absatzes 2; Behandlung und Ernährung) nur auf Anordnung eines Arztes durchgeführt werden. Das liegt in der Natur der Sache; denn medizinische Maßnahmen kann kein anderer als ein Mediziner, ein Arzt, anordnen. 517 Demgemäß kann der Vorbehalt des § 178 Abs. 2 StVollzG nicht bedeuten, dass der Richter den Arzt verdrängt; § 101 Abs. 3 StVollzG bleibt von § 178 Abs. 2 StVollzG unberührt. Die letzte Vorschrift hat nur den Sinn, dass, wo im Strafvollzug die Vollzugsbehörde, bei Untersuchungsgefangenen der Richter (Rn. 183 ff.) zuständig ist. Das hat namentlich bei § 101 Abs. 1 Satz 2, aber auch bei § 101 Abs. 2 StVollzG Bedeutung. Der Arzt entscheidet, ggf. nach kollegialer Beratung, 518 stets allein, nur den Regeln der ärztlichen Kunst, der Standespflicht und seinem Gewissen unterworfen. Er darf auch als beamteter Arzt keine richterliche oder sonstige Anweisung erhalten oder, wenn versucht wird, ihm eine zu erteilen, entgegennehmen. 519 Besteht jedoch eine Pflicht zur Zwangsbehandlung nach Absatz 1 Satz 2 (Rn. 178, 190, 206), so hat der Arzt grundsätzlich die richterliche Anordnung der Behandlung zu befolgen. 5 2 0
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Die Durchführung der Maßnahmen wird meist in der Hand des Arztes liegen, zumindest wenn es sich um solche bei Lebensgefahr oder bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Verhafteten handelt. Der durchführende Arzt braucht nicht derselbe zu sein, der die Maßnahmen angeordnet hat, doch muss auch der durchführende Arzt mit der Anordnung einverstanden sein. Der Arzt kann Hilfskräfte (Krankenschwestern, medizinisch-technische Assistenten, Laboranten, Techniker, Anstaltssanitäter) heranziehen, regelmäßig bei der überwachten Darreichung von Medizin, doch muss er alle Hilfsmaßnahmen einleiten, d.h. genau bestimmen und überwachen.
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Eine Ausnahme gilt für die erste Hilfe, wenn ein Arzt nicht rechtzeitig erreicht werden kann und auch dann nicht, um einen krankhaften Zustand zu mildern, sondern allein, wenn mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Ohne seine - wenn auch still-
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Ostendorf GA 1984 321; vgl. KYJBoujong 83; SYJPaeffgen 70; Calliess/Müller-Dietz § 1 0 1 , 1 1 StVollzG. Eingehend hierzu, namentlich zur Zuziehung eines (Fach)Arztes des Vertrauens des Beschuldigten, Gatzweiler StV 1996 2 8 7 ; s. auch Rn. 131. S. für eine vergleichbare Lage KG JR 1976 119; ähnlich KYJBoujong 83; SKIFaeffgen
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70: die richterliche Entscheidung sei eine Ermächtigung des Arztes, die Zwangsmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen durchzuführen; enger wohl Weichbrodt NJW 1983 111; Nöldeke/Weichbrodt NStZ 1981 281; Calliess/Müller-Dietz § 1 0 1 , 1 1 StVollzG; vgl. auch Bernheim SchwZStr. 1991 355. KYJBoujong 83; SKJFaeffgen 70.
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schweigende - Einwilligung darf also ein blutender Verletzter nicht verbunden werden, wenn er nicht gerade zu verbluten droht. Das gilt auch dann, wenn von dem Zustand des Verhafteten Gefahr für die Gesundheit anderer Personen ausgeht. Die Bestimmung zeigt, dass das Gesetz den „erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Gefangen e n " 5 2 1 in jedem Fall in geschulten Händen wissen will. Solange der Richter nicht nach § 101 Abs. 1 Satz 2 angeordnet hat, dass die ärztliche Anordnung (§ 101 Abs. 3 StVollzG) durchzuführen ist, muss man auch den Arzt für berechtigt ansehen, erste Hilfe zu leisten, sofern mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. 7. Folgen der ärztlichen Anordnung. Der Richter ist nach § 101 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 178 Abs. 2 StVollzG zunächst frei, ob er die ärztliche Anordnung durchführen lässt. Dabei hat er sich von der Erwägung leiten zu lassen, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) des der Behandlung widerstrebenden Verhafteten zu achten nach dem Grundsatz, dass das Leben im Vollzug soweit als möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen angeglichen werden soll, der sogar für den Strafvollzug gilt, 5 2 2 um so mehr für den der Untersuchungshaft. Dazu kann er auch Erwägungen anstellen, die sich auf den in § 101 Abs. 1 Satz 1 GG geregelten, grundsätzlich vom Arzt zu beurteilenden Tatbestand beziehen.
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Die Freiheit des Richters, dem Verhafteten eine von diesem unerwünschte Hilfe nicht aufzuzwingen, dauert, „solange von einer freien Willensbestimmung des Verhafteten ausgegangen werden kann". Die Begründung ist der Ansicht, dass die Verpflichtung, die Maßnahmen durchzuführen, „somit" immer bei Bewusstlosigkeit des Verhafteten bestehe. 5 2 3 Das trifft zu, wenn der krankhafte Zustand bei einer Bewusstlosigkeit erkennbar wird. Sonst zwingt der Wortlaut nicht zu dieser Auslegung. Hat der Verhaftete bei freier Willensbestimmung deutlich erklärt, er wolle an seiner Krankheit sterben und verbitte sich jede ärztliche Behandlung und ist dieser Wille einsichtig, so kann, auch wenn der Verhaftete im Verlauf der Krankheit bewusstlos wird, weiterhin zur Beurteilung der Frage, ob die ärztlich angeordnete Maßnahme durchzuführen ist, von seiner freien Willensbestimmung „ausgegangen" werden. Denn der einmal gefasste freie Entschluss kann nach dem Willen des Sterbensbereiten auch im Zustand der Bewusstlosigkeit noch fortwirken und damit der maßgebliche Ausgangspunkt für die nach § 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG erforderliche Entschließung des Haftrichters sein. 5 2 4
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Das Grundrecht des Verhafteten 5 2 5 weicht (§ 196 StVollzG), wenn nach seinem Gesundheitszustand eine Gefahr im Sinne von Absatz 1 Satz 1 (Rn. 174 ff.) besteht und nicht (mehr) von freier Willensbestimmung (Absatz 1 Satz 2) ausgegangen werden kann (Rn. 189). Dann ist der Richter verpflichtet, die ärztlich angeordneten Maßnahmen durchführen zu lassen. Die - naheliegende - Frage der Zumutbarkeit darf er nicht prüfen; das hat der Arzt getan, bevor er seine Maßnahme anordnete. Es steht dem Richter aber frei, den Arzt zu bitten, die Zumutbarkeit erneut zu bedenken. Kommt es zu keiner
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BTDrucks. 7 3998 S. 37. BTDrucks. 7 3998 S. 38. BTDrucks. 7 3998 S. 38; KK/Boujong 79. Ggf. auch bei Geisteskrankheit (vgl. BTDrucks. 10 172 S. 5) oder starkem (den freien Willen ausschließenden) Gruppenzwang (vgl. BTDrucks. 7 3998 S. 38). S. auch SKJPaeffgen 67, 68: Allein „akute
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Lebensgefahr" - ohne Rücksicht auf den Willen des Beschuldigten - ist kein Eingriffsgrund mehr; vgl. BTDrucks. 10 172 S. 5; 10 2781 S. 6. Vgl. auch OLG Frankfurt ZfStrVo 1984 383 (Recht auf Selbstverfügung über Leib und Leben).
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Übereinstimmung, darf der Richter die Durchführung der Anordnung nur unterlassen, wenn der für den Verhafteten zu erwartende Schaden - etwa ein für ihn lebensunwertes Leben - außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg - etwa Lebenserhalt bei Verlust von Gliedmaßen - steht (§ 96 Abs. 2 i.V.m. § 178 Abs. 1 und 2 StVollzG). 191
8. Untersuchung zum Gesundheitsschutz. Die bloße Untersuchung - nicht Behandlung - zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene (vgl. Rn. 172) ist ohne weitere Voraussetzungen dann zulässig, wenn sie mit keinem körperlichen Eingriff - etwa einer Blutentnahme, die nach § 81a ein körperlicher Eingriff ist („Blutentnahmen und andere körperliche Eingriffe") - verbunden ist (§ 101 Abs. 2 StVollzG). Ein „Abstrich" ist das Abstreifen von Schleimhautabsonderungen zum Nachweis von Krankheitserregern und daher, weil mit ihm Körperfremdes weggenommen, aber nicht in den Körper eingegriffen wird, bei der Untersuchung zulässig. Das Gleiche gilt für die Elektrokardiographie - EKG (vgl. Erl. zu § 81a). Die Untersuchung zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene hat bei Seuchen und bei der Aufnahmeuntersuchung Bedeutung.
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9. Seuchengefahr. In den Anstalten herrscht wegen des laufenden Zu- und Abgangs steter Verkehr, durch den u.U. Seuchen eingeschleppt werden können. Bei dem beschränkten Bestand von Anstalten mit beschränkter Platzzahl ist es nahezu unmöglich, besondere Seuchen- und Durchgangsanstalten (Untersuchungsanstalten) einzurichten. Innerhalb der Anstalten kann durch Küchenpersonal, bei der Essensverteilung und auch sonst auf mannigfaltige Weise eine Seuche verbreitet werden.526 Dem kann nur durch Untersuchungen, Impfungen und Heilbehandlung, ggf. auch gegen den Willen des Verhafteten, entgegengetreten werden. Die Grundlage dafür bietet - ggf. neben Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes - § 178 Abs. 1 und 2 in Verb, mit § 101 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 StVollzG; § 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG (s. Rn. 170) spielt hier keine Rolle. Nach den genannten Bestimmungen sind medizinische Untersuchung und Behandlung zwangsweise bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Gefangenen oder bei (auch nicht schwerwiegender) Gefahr für die Gesundheit anderer Personen auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes (wegen des Arztvorbehalts s. Rn. 185) zulässig.527 Die Maßnahmen müssen zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gesundheitsgefahr verbunden sein. Alle diese Voraussetzungen sind bei Impfungen und sonstigen Seuchenbehandlungen erfüllt.
ΧΠ. Zwangsernährung 193
1. Krankheit und Selbstmord. Das Verweigern, eine Krankheit behandeln zu lassen (Rn. 180), zuweilen auch passiver Selbstmord genannt, ist stets anders behandelt worden, als der aktive Selbstmord. Das „Recht auf körperliche Unversehrtheit fordert Berücksichtigung auch bei einem Menschen, der es ablehnt, seine körperliche Unversehrtheit selbst dann preiszugeben, wenn er dadurch von einem lebensgefährlichen Leiden befreit wird. Niemand darf sich zum Richter in der Frage aufwerfen, unter welchen Umständen ein anderer vernünftigerweise bereit sein sollte, seine körperliche Unversehrheit zu opfern, um dadurch wieder gesund zu werden". 528 Dagegen ist die durch einen
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Vgl. OLG Düsseldorf NStZ 198 4 3 82. OLG Celle ZfStrVo 1979 187; OLG Düsseldorf NStZ 1984 382.
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BGHSt 11 114.
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aktiven Selbstmord herbeigeführte Gefahrenlage als Unglücksfall i.S. des § 323c StGB angesehen worden, bei der „von Rechts wegen" jeder helfen muss, „gleichgültig, ob der Wille, der den Selbstmörder zu seiner Tat trieb, gesund oder krank, entschuldbar oder unentschuldbar war, ob der Selbstmörder die durch den Selbstmord entstandene Gefahrenlage noch beherrscht oder ob er sie etwa, weil er inzwischen bewusstlos geworden ist, nicht mehr beherrscht, ob er die Gefahrenlage, d.h. seinen eigenen Tod noch will und das zum Ausdruck bringt oder ob er sie nicht mehr will oder ob er nicht mehr wollen k a n n " . Die Grundlage dieser Erkenntnis war, dass das Sittengesetz jeden Selbstmord - von äußersten Ausnahmefällen vielleicht abgesehen - streng missbillige. 5 2 9 Schon der Entwurf des Strafvollzugsgesetzes wollte in § 89 Zwangsbehandlung und Zwangsernährung gleich behandeln - wobei er den zweiten Satz des § 101 Abs. 1 StVollzG, der von der freien Willensbestimmung spricht, nicht enthielt - , machte aber dadurch zwischen Behandlung und Ernährung einen bedeutsamen Unterschied, dass er zwar alle Operationen von der Einwilligung des Betroffenen abhängig machte, nicht aber die Zwangsernährung. 5 3 0 Das Gesetz hat diesen Unterschied fallen gelassen 5 3 1 mit einem befremdlichen Bruch der Rechtstradition beim Heileingriff (vgl. Rn. 180) und einem nicht befriedigenden Ergebnis bei der Zwangsernährung, die fast ausschließlich beim sog. Hungerstreik eine Rolle spielt (Kritikpunkte u.a.: unklare Einsatzvoraussetzungen; hohes Risiko; jedenfalls bei aktivem Widerstand menschenunwürdige Prozedur). 5 3 2
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2 . Künstliche Ernährung. Man sollte von der Zwangsernährung die künstliche Ernährung unterscheiden. 5 3 3 Künstliche Ernährung ist jede Nahrungszufuhr auf andere als die natürliche Weise, meist die Zuführung von Nährstoffen (-flüssigkeiten) durch Sonden in den Magen. Sie findet mit Einwilligung des Verhafteten statt, wenn er sich nicht natürlich ernähren kann (Rn. 194) oder es beim Hungerstreik nicht will. Das ist der Fall, wenn er den Hungerstreik zwar demonstrieren, aber nicht verhungern will. Die Einwilligung kann der Verhaftete auch stillschweigend dadurch geben, dass er sich die künstliche Ernährung „gefallen" lässt. Verweigert er seine Einwilligung, wird die künstliche Ernährung zur Zwangsernährung, die erst mit Eintritt der in § 101 Abs. 1 StVollzG genannten Gefahrenlage zulässig wird.
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Aus der Fürsorgepflicht des Staats für den Verhafteten (Rn. 34) und aufgrund des Verhältnisses, das er durch die Inhaftierung zu dem Verhafteten herstellt, ist er verpflichtet, ihm Gesundheitsfürsorge zu gewähren (Rn. 131), um ihn, soweit irgend möglich, so wieder zu entlassen, wie er ihn in Verwahrung genommen hat. Jedenfalls dann, wenn nicht feststeht (Rn. 2 0 7 ) , dass der Verhaftete Selbstmord beabsichtigt, darf der Staat, der „den Häftling in vielen Rechten beschnitten h a t " , ihn nicht zu Tode kommen lassen; 5 3 4 er ist daher verpflichtet, ihm (wenn die Einwilligung vorliegt - Rn. 195) künstliche Ernährung zu geben, und, wenn das nicht fruchtet, zur Zwangsernährung (Rn. 198)
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BGHSt 6 1 5 3 ; abl. Wagner 4 6 ff. BTDrucks. 7 918 S. 2 2 .
(Selbstmord)
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Vgl. Wagner (Selbstmord) 7 bis 2 4 ; Wagner Z R P 1 9 7 6 1 ff.; s. auch Baumann Z R P 1 9 7 8 3 6 I a.E.
532
Z u r Kritik vgl. z.B. S K / P a e f f g e n 6 8 ; KK/ Boujong 7 9 ; Calliess/Müller-Dietz § 101, 2 StVollzG; Geppert 4 4 ff.; Bottke GA 1 9 8 2 3 4 7 ; Husen Z R P 1 9 7 7 2 9 0 ff. mit krit. Ant-
wort von Baumann Z R P 1 9 7 8 3 5 ; Ostendorf GA 1 9 8 4 3 0 9 ; Tröndle FS Kleinknecht 411 ff. m.w.N.; Zieger StV 1 9 8 5 1 2 7 ff. S. dagegen Herzberg Z S t W 91 ( 1 9 7 9 ) 5 5 7 ff.; Nöldeke/Weichbrodt NStZ 1981 2 8 1 ; aber auch Jakobs Z S t W 9 5 ( 1 9 8 3 ) 6 6 9 ff. 533 534
Wagner (Selbstmord) 139. Weis Z R P 1 9 7 5 9 2 .
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überzugehen, wenn die Voraussetzungen von § 101 Abs. 1 StVollzG erfüllt sind. Daher ist der Richter verpflichtet, künstliche Ernährung anzuordnen, wenn ein Verhafteter in Hungerstreik tritt (Rn. 195). 5 3 5 Er kann auch anordnen, dass dem Verhafteten anstelle von Wasser Getränke mit Nährwert oder mit nährenden Zusätzen bereitgestellt werden, muss diesen Versuch aber einstellen, wenn der Verhaftete sich beharrlich weigert, nährende Flüssigkeit zu sich zu nehmen, weil dann die - wenn auch selbstverschuldete Qual tiefer greift als die künstliche Ernährung. Sowohl während der künstlichen Ernährung als auch während eines Angebots von Nährflüssigkeit bleibt der Richter immer verpflichtet, dem Verhafteten Speise in der üblichen Form anzubieten. Der Staat nimmt die Kampfansage nicht an, sondern begegnet ihr - zunächst - (s. Rn. 198) - mit Fürsorge. 197
Künstliche Ernährung und das Angebot von Nährflüssigkeit sind noch kein unmittelbarer Zwang, sondern Formen der staatlichen Fürsorge. Sie fallen daher nicht unter § 101 StVollzG; 536 namentlich gilt der Arztvorbehalt des Absatzes 3 (Rn. 185) nicht. Indessen ist die prozessrechtliche Entscheidung des Richters so stark von medizinischen Erwägungen abhängig, dass er sie nur in Zusammenarbeit mit einem Arzt treffen kann. Für die Durchführung der Maßnahmen muss man § 101 Abs. 3 StVollzG entsprechend in der Form anwenden, dass künstliche Ernährung und das Angebot (und die Zusammensetzung) einer Nährflüssigkeit nur unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden dürfen. Da der Arzt zu keiner ärztlichen Maßnahme gezwungen werden kann, die er nicht selbst für richtig hält, führt das zu dem Ergebnis, dass die beiden Maßnahmen nur mit Zustimmung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden können. 3. Zwangsernährung
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a) Grundsatz. Führt die mit ausdrücklicher oder (meist) stillschweigender Einwilligung begonnene künstliche Ernährung nicht zum Ziel, etwa weil der Verhaftete seine (stillschweigende) Einwilligung und damit seine duldende Mitwirkung aufgibt, so wird die künstliche Ernährung unter den Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 StVollzG zur Zwangsernährung (§ 101 Abs. 1 StVollzG); demzufolge ist sie nur auf Anordnung eines Arztes zulässig (§ 101 Abs. 3 StVollzG). Es gilt alles, was zur Zwangsbehandlung (Rn. 170 ff.) ausgeführt worden ist, doch sind einige Besonderheiten zu beachten.
199
b) Zumutbarkeit. Die Maßnahme der zwangsweisen Untersuchung, Behandlung und Ernährung müssen nach § 101 Abs. 1 zweiter Teilsatz StVollzG für die Beteiligten zumutbar sein. Sind sie es nicht, sind sie unzulässig. Beteiligt sind, wie schon angedeutet (Rn. 179), (1) der Verhaftete und alle Personen, die (2) als Arzt an der Anordnung der Maßnahme; (3) als Richter an der Anordnung, die Maßnahme durchzuführen; sowie (4) als Arzt, Bediensteter der Vollzugsanstalt und als Hilfspersonal (Rn. 186) an der Durchführung der Maßnahme beteiligt sind. 5 3 7 Nicht beteiligt im Hinblick auf die Zumutbarkeit sind alle Außenstehenden, z.B. Ehefrauen, Eltern, Kinder, mögen sie auch innerlich noch so sehr an dem Geschehen „beteiligt" sein. Nicht beteiligt ist die Vollzugsanstalt in Bezug auf die Kosten; beteiligt ist nur, wer die Maßnahme oder ihre Durchführung anordnet und wer die Durchführung überwacht, bei der Durchführung Hand anlegt oder dazu Rat erteilt oder Hilfe leistet.
535
Vgl. OLG Koblenz JR 1977 4 7 2 ; a.A. Wagner JR 1977 4 7 3 ; s. auch Hinüber StV 199 4 214; Tröndle FS Kleinknecht 411 ff.
290
536 537
Vgl. KKJBoujong 79; SYUPaeffgen 68. SXJPaeffgen 69.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 119
Zumutbar ist, was man billigerweise von jemandem verlangen kann. Billig bezeichnet eine natürliche Gerechtigkeit zu dem Zweck, die Anwendung des Rechts geschmeidig zu machen. Dazu ist auf den besonderen Fall und auf die beteiligte Person (Rn. 201) abzustellen, 538 doch erlangt, weil „billig" auch die Komponente „vernünftig" in sich trägt, eine starke Individualisierung dadurch eine gewisse Korrektur, dass die Einstellung der Betroffenen sich an einem allgemeinen vernünftigen Verhalten orientieren muss. Danach ist zumutbar, was in unserem Rechtskreis von einem vernünftigen Menschen, der sich in der gleichen Lage wie der Betroffene befindet, verlangt werden kann, dessen Individualität aber (Religion, Alter usw.) nach allgemeinen Maßstäben Rechnung zu tragen ist.
200
Was ihm zumutbar ist, ist für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen; 539 dabei können sich unterschiedliche Beurteilungen ergeben, die einen Abwägungsprozess erfordern. In diesen können auch standesrechtliche Kriterien (vgl. Rn. 203) einfließen; außerdem ist der hohe Rang des gefährdeten Gutes, des menschlichen Lebens, zu berücksichtigen. 540 Vollzugsbedienstete müssen Anordnungen ihrer Vorgesetzten - mit den allgemeinen beamtenrechtlichen Ausnahmen - durchführen (§ 97 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StVollzG). Der Richter ist kein Vorgesetzter der Vollzugsbediensteten und daher darauf angewiesen, ein Einvernehmen mit dem Leiter der Vollzugsanstalt herbeizuführen. Kann derjenige, dem die Behandlung nicht zumutbar ist, durch einen anderen ersetzt werden - was beim Angeklagten nach der Natur der Sache, beim Richter deshalb nicht möglich ist, weil kein gesetzlicher Grund für ein Ausscheiden gegeben ist - , kann der Versuch eines Ersatzes gemacht werden. Ist das nicht möglich oder erfolglos, dann ist die Maßnahme unzulässig, wenn sie auch nur für einen Beteiligten unzumutbar ist. Der Richter ist nicht gezwungen, den Versuch eines Ersatzes zu machen, wenn er die Begründung der Unzumutbarkeit als allgemein oder weitgehend durchschlagend ansieht. Lehnt z.B. ein Arzt in dieser Weise eine Behandlung als ihm unzumutbar ab, kann der Richter es dabei bewenden lassen. Die Behandlung ist alsdann unzulässig.
201
Unzumutbarkeitsgründe können beim Verhafteten u.a. sein: religiöse, die es ihm etwa verbieten, eine Bluttransfusion zu dulden; verfassungsrechtliche, etwa wenn ein einschränkbares Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet würde (vgl. Art. 19 Abs. 2 GG); tatsächliche, etwa wenn das nach der Operation belassene Leben qualvoll und der Verhaftete nach seiner Entlassung anderen eine Last wäre. Beim Richter, der die Entschließung des Arztes herbeiführt und später entscheidet, ob und wann die Maßnahme durchzuführen ist (Rn. 183), sind Unzumutbarkeitsgründe nicht denkbar. Er erfüllt seine Dienstpflicht und hat dabei objektive und nicht subjektive Erwägungen anzustellen. Daher kann der Fall, dass ihm die Maßnahme (nicht die Anordnung, dass sie durchzuführen sei), nicht zumutbar ist, nicht eintreten.
202
Außer dem Verhafteten, bei dem die Zumutbarkeit in erster Linie zu prüfen ist, kann die (Durchführung der) Maßnahme dem Arzt unzumutbar sein, etwa wenn er wegen des Widerstandes des Verhafteten nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst verfahren kann; namentlich wenn dadurch die Gefahr besteht, dass er zufolge des Widerstandes des Verhafteten medizinische Sorgfaltspflichten verletzen oder einen Kunstfehler begehen könnte, die alsdann Anlass zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder gar fahrlässiger Tötung geben könnten. 541 Das Präsidium
203
538
539
BTDrucks. 7 3 9 9 8 S. 37; SYJPaeffgen 69; KKIBoujong 81; Geppert Jura 1982 183 ff. SYJPaeffgen 69; KK/Boujong 81; Geppert Jura 1982 183 ff.
540 541
Baumann ZRP 1978 35. Wagner JR 1977 473.
Hans Hilger
291
§119
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
des Deutschen Ärztetages hat die Unzumutbarkeit der Zwangsbehandlung für den Arzt auf zwei Gründe gestützt: (1) auf die Bedrohung der Ärzte mit Mord und Entführung; (2) auf die Grenze, die ein eindeutiger auf freier Willensbildung beruhender Beschluss, die ärztliche Behandlung abzulehnen, der Verpflichtung des Arztes setzt. 542 Der letzte Grund wird später behandelt werden (Rn. 207). Der erste Grund schlägt nicht durch. Die Bedrohung mit Taten krimineller Vereinigungen ist allgemein, ohne dass ein bedrohter Richter, Beamter, Abgeordneter usw. deshalb seine Tätigkeit als unzumutbar ablehnen könnte. Dann ist die Tätigkeit auch dem Arzt zuzumuten. Bezeichnet er die Maßnahme aus diesem Grund als unzumutbar, wird der Richter immer einen anderen Arzt befragen müssen, ob dieser die Maßnahmen für zulässig hält und ob er sie anordnen will. 204
c) Freie Willensbestimmung. Bei einem Schwerkranken, der kategorisch in freier Willensbestimmung jede Behandlung ablehnt und es in Kauf nimmt, an der unbehandelten Krankheit zu sterben, wird, auch wenn er bewusstlos wird, immer noch von seiner freien Willensbestimmung „ausgegangen" werden können (Rn. 189). Schwieriger ist es beim Hungerstreik. Im Allgemeinen wird angenommen, dass derjenige, der ablehnt, Nahrung zu sich zu nehmen, zwar hofft, mit den Forderungen, die er mit dem Hungerstreik verfolgt, durchzukommen und auf diese Weise zu überleben; dass er es aber in Kauf nimmt, sein Hungerstreik werde zum Tode führen; und dass er diesen Entschluss in freier Willensbestimmung trifft, die bis zum Ende gelten soll. Das ist aber nur von Fall zu Fall und auch kaum zuverlässig zu entscheiden. 543
205
Nach Schätzungen 5 4 4 auf der Grundlage von Untersuchungen finden mindestens 40 % aller Selbstmordhandlungen vor einem psychischen Hintergrund statt, „bei dem die Willensfreiheit ausgeschlossen ist". Daraus wird geschlossen, die Selbstmordverhinderung sei in der Mehrzahl der Fälle rechtmäßig, weil eine freie Willensbestimmung des Selbstmörders häufig nicht gegeben sei. 545 Von Anderen 5 4 6 wird darauf hingewiesen, dass konsequentes Hungern auch zu dem Mangel der Fähigkeit führen kann, Sinn und Ende des Hungerstreiks zu überprüfen.
206
Der Fragwürdigkeit der Richtung des Willens auf einen gewollten oder in Kauf genommenen Tod wird durch den Gesetzestext (allerdings nur unzulänglich) die Spitze genommen. Denn § 101 Abs. 1 Satz 1 StVollzG handelt nicht von der Selbstmordverhinderung, sondern von Maßnahmen zur Abwendung von Lebensgefahr oder einer schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit des Verhafteten und Absatz 1 Satz 2 von der Verpflichtung, diese Maßnahmen durchzuführen, sobald nicht (mehr) von einer freien Willensbestimmung des Verhafteten „ausgegangen" werden kann. Die freie Willensbestimmung kann nun in der Ausgangslage und verbindlich bis zu einem gewollten oder in Kauf genommenen tödlichen Ende des Unternehmens, das die Zwangsernährung notwendig macht, getroffen worden sein. Das Unternehmen, der Hungerstreik, kann auch ohne eine solche Willensbestimmung begonnen worden sein, entweder in der Erwartung eines guten Ausgangs oder aber auch ins Ungewisse, indem man zunächst alles offen lässt. In diesem Fall betrifft die freie Willensbestimmung nicht einen von vornherein
542 543
544 545
Bei Wagner (Selbstmord) 15. Vgl. Wagner (Selbstmord) 12, 161 und Weis ZRP 1975 91. Wagner (Selbstmord) 122. Wagner ZRP 1976 4. Vgl. zur Problematik
292
546
auch Weidmann/Dietrich SchwZStr. 1985 399; Dittmann/Reimer Recht und Psychiatrie 1991 118. Weis ZRP 1975 91.
H a n s Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§119
gewollten oder in K a u f g e n o m m e n e n Tod. Vielmehr ist jetzt zu entscheiden: W a n n hat der zunächst ins Ungewisse Handelnde Gewissheit erlangt, dass für ihn Lebensgefahr oder eine schwerwiegende Gesundheitsgefahr besteht? H a t er nun den Entschluss gefasst, jetzt ins Gewisse, schwer k r a n k zu werden oder zu sterben? Und k a n n für diesen Entschluss seine freie Willensbestimmung bei der Entschließung über die Durchführung einer ärztlich angeordneten M a ß n a h m e zum Ausgangspunkt g e n o m m e n werden? Es kann nicht geleugnet werden, dass die Frage der freien Willensbestimmung nicht nur für die D u r c h f ü h r u n g der M a ß n a h m e (§ 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG) eine R o l l e spielt, sondern schon bei der Z u m u t b a r k e i t (§ 101 Abs. 1 StVollzG) zu prüfen ist, sowohl bei der für den Verhafteten als auch bei der für den Arzt; denn dem Wollenden ist weniger Z w a n g zumutbar als dem, der seinen Willen nicht frei bestimmen k a n n . Aber angesichts der Zweifel, wann statistisch und wann im konkreten Fall der W i l l e frei ist - die Begründung verweist noch auf Gruppenzwang und G r u p p e n t e r r o r 5 4 7 - , k a n n m a n die Durchführung der Behandlung nur dort versagen, w o - im Gegensatz zu der Entschließung der Ä r z t e k a m m e r ( R n . 2 0 3 ) - nicht nur der Beschluss, die Behandlung abzulehnen, eindeutig ist, sondern vor allem die freie Willensbildung, also, wenn für den „ R e t t e r keine Zweifel bestehen, dass der Selbstmörder mit voller Einsichts- und Urteilsfähigkeit in die Tragweite des Selbsttötungsaktes gehandelt h a t " , 5 4 8 w o b e i es vorzuziehen ist, neutraler und dem Gesetz näher statt vom Selbstmörder vom Verhafteten und statt vom Selbsttötungsakte von dessen Verhalten zu sprechen.
207
ΧΓΠ. Schlussbemerkungen 1. Grundsätzliches Das Gesetz k a n n in der Anwendung Schwierigkeiten bereiten, weil ein komplizierter juristischer Tatbestand mit mehreren normativen Tatbestandsmerkmalen (§ 101 Abs. 1 Satz 1 StVollzG) von Ärzten zu handhaben ist, die juristische Begriffe meist anders bewerten und auslegen als Juristen. Ihre Entscheidungsfreudigkeit k a n n dadurch beeinträchtigt werden, dass sie nicht selbst bestimmen k ö n n e n , wann ihre Anordnung durchgeführt wird. D e n n der Durchführungsbefehl liegt beim Richter, der unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen, möglicherweise nach schwierigen Auslegungen oder Bewertungen, entscheiden muss. J e n e aber k a n n wieder nur ein Arzt bestimmen, der - je nach Lage des Einzelfalles - die Auffassung vertreten wird, die Behandlung müsse - rein medizinisch gesehen - eigentlich früher beginnen, als z.B. in Absatz 1 Satz 2 oder in Satz 1 ( „ s c h w e r w i e g e n d e " G e f a h r ) angegeben. Letzterem k a n n dadurch R e c h n u n g getragen werden, dass bei der Einschätzung der Gefahrenlage die Z e i t mitberücksichtigt wird, die für das Einsetzen einer helfenden W i r k u n g der Z w a n g s e r n ä h r u n g benötigt wird.
208
Bedenklich ist auch die schwache Stellung des Richters, der die Anordnung des Arztes (§ 101 Abs. 3 StVollzG) nur herbeiführen k a n n , ihre D u r c h f ü h r u n g nach unzulänglichen Richtlinien sistieren oder anordnen (§ 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG), diese Anordnung
209
547 BTDrucks. 7 3998 S. 38. Anzunehmen nur auf Grund bestimmter Tatsachen; Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung allein reicht dazu nicht - KK/Boujotig 79. 548 Wagner (Selbstmord) 127. Ähnlich KK/BOH-
jong 80 (unter Hinweis auf die Fürsorgepflicht des Staates); HK/Lemke 57; zweifelnd insoweit SK/Paeffgen 68. Vgl. auch BTDrucks 10 172 S. 5; 10 2781 S. 6
Hans Hilger
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
aber nicht durchsetzen kann. Problematisch ist des Weiteren die eingeschränkte Beschwerdefähigkeit der Entscheidungen des Richters (Rn. 1 5 5 , 1 5 9 ) . 210
Verfassungsrechtlich bedenklich ist eine Zwangsernährung bei Hungerstreik, wenn der Beschuldigte unmissverständlich und nachdrücklich erklärt hat, zur Durchsetzung seiner Ziele nehme er notfalls auch den Tod in Kauf und lehne jeden ärztlichen Eingriff zur Rettung des Lebens ab (Rn. 189, 2 0 4 ff.). Denn in einem solchen Fall wird durch die Zwangsbehandlung zugleich in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingegriffen. 549 Dass jemand, der sterben will oder den Tod in Kauf nimmt, damit seine Persönlichkeit nicht „entfaltet", wäre kein stichhaltiger Einwand. Der Entschluss zu sterben, kann letzte und ernste Entfaltung der Persönlichkeit sein. Mit diesem Entschluss mögen Rechte anderer verletzt werden, doch wiegen sie geringer als das Grundrecht des Verhafteten; ebenso ist unerheblich, ob der Gebrauch der „Freiheit" in dieser Weise „unvernünftig" oder „falsch" erscheint. 550 Helfen kann im Hinblick auf solche und ähnliche Fälle nur eine verfassungskonforme Auslegung, die für solche Fallgestaltungen die Zwangsernährung als unzulässig erklärt. Gleiches gilt für eine (in der Praxis allerdings kaum vorstellbare) Zwangsernährung gegen den aktiven Widerstand des Beschuldigten, durchgeführt z.B. auf der Grundlage der Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1, im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. 5 5 1
2. Verfahren 211
a) Entscheidung. § 101 StVollzG ist auf den Strafvollzug zugeschnitten. Daher enthält er für die Untersuchungshaft keine Verfahrensvorschriften außer der Verweisung auf Absatz 6 (S 178 Abs. 2 StVollzG), wonach der Richter (Rn. 184) die erforderlichen Maßnahmen anordnet (Rn. 183). Das ist kaum zulänglich, weil die hauptsächliche Anordnung dem Arzt zukommt. Solange für Behandlung und Ernährung kein unmittelbarer Zwang erforderlich ist, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, den Richter zu benachrichtigen. Beköstigung und Krankenversorgung gehören zu den Aufgaben der Vollzugsanstalt, in die der Richter im Allgemeinen nicht eingreifen kann (Rn. 148). Er trifft Anordnungen nur, wenn das wegen der Selbstbeköstigung (Rn. 128) oder der Arztwahl (Rn. 131) erforderlich wird. Auch die künstliche Ernährung mit Einverständnis des Verhafteten ist noch keine Zwangsmaßnahme (Rn. 195, 197). Da sie aber jederzeit in Zwangsernährung übergehen kann (Rn. 198), muss man sie als eine bedeutsame Maßnahme ansehen, über die der Anstaltsleiter den Richter zu verständigen hat (Nr. 8 UVollzO).
212
Hat der Arzt eine Maßnahme nach § 101 Abs. 3 StVollzG angeordnet, so ist der Richter zu benachrichtigen (Nr. 8 UVollzO), damit dieser entscheiden kann, ob die Maßnahme durchgeführt werden soll oder wegen Ausschlusses der freien Selbstbestimmung durchgeführt werden muss. Die Benachrichtigung ist auch zu geben, wenn der Arzt noch keine Anordnung getroffen hat, aber Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit des Verhafteten oder Gefahr für die Gesundheit anderer Personen bestehen. Der Richter hat dann darauf hinzuwirken, dass ein Arzt sich, nachdem er die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 StVollzG geprüft hat, dahin entscheidet, ob er eine Anordnung nach § 101 Abs. 3 StVollzG trifft.
549
Vgl. z.B. Tröndle FS Kleinknecht 421, 4 2 2 (auch unter Hinweis auf die Menschenwürde).
294
550 551
Vgl. Ostendorf GA 1984 316 ff. Vgl. auch Tröndle FS Kleinknecht 411 ff.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§119
Besteht für den Richter Gewissheit, d a s s die Voraussetzungen des § 101 A b s . 1 Satz 1 StVollzG nicht vorliegen, etwa weil dem zur freien Willensbestimmung fähigen Verhafteten die M a ß n a h m e nicht zumutbar ist, wird m a n ihm d a s Recht zugestehen müssen, davon abzusehen, eine ärztliche Anordnung herbeizuführen. D e m Arzt seinerseits bleibt es unbenommen, von sich aus eine ärztliche Anordnung nach § 101 A b s . 3 StVollzG zu treffen. U m dabei Misshelligkeiten auszuscheiden, empfiehlt es sich, d a s s Richter und Arzt zusammenarbeiten. Wenn sich der Richter dabei seine Freiheit, nach § 101 A b s . 1 Satz 2 StVollzG auch gegen die ärztliche Ansicht zu entscheiden, klar vorbehält und diesen Vorbehalt möglichst auch erklärt, kann aus der (nahezu notwendigen) Z u s a m m e n arbeit keine Besorgnis hergeleitet werden, der Richter sei befangen. Problematisch ist die A u f f a s s u n g , 5 5 2 mit dem richterlichen Beschluss nach A b s a t z 1 Satz 1 könne vorsorglich die Anordnung nach Satz 2 für den später vielleicht eintretenden Fall des Selbstbestimmungsverlustes beim Beschuldigten verbunden werden. Sie ist wohl nicht vereinbar mit der richterlichen Pflicht, über die Frage, o b der Verlust der Selbstbestimmung wirklich eingetreten ist, auf der Grundlage aktueller ärztlicher Berichte und möglicherweise auch sonstiger Unterlagen (z.B. Aufzeichnungen des Beschuldigten - vgl. R n . 189, 2 0 7 ) 5 5 5 eigenverantwortlich selbst zu entscheiden.
213
b) Rechtliches Gehör. In der Praxis unterbleibt bei Anordnungen nach Absatz 6 - mit A u s n a h m e bei der Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme (Rn. 6 2 ff.) - im Allgemeinen deshalb d a s rechtliche Gehör, weil die meisten auf Antrag des Verhafteten getroffen werden, und dieser, wenn - etwa beim Anhalten eines Briefs - rechtliches Gehör unterblieben ist, es sich durch Gegenvorstellung oder Beschwerde jederzeit leicht verschaffen kann. Bei Z w a n g s m a ß n a h m e n ist diese ohnehin nicht unbedenkliche Praxis unzulässig.
214
H a t der Arzt nach § 101 Abs. 3 StVollzG eine Z w a n g s m a ß n a h m e angeordnet und erwägt der Richter, nach § 101 A b s . 1 Satz 2 StVollzG anzuordnen, d a s s die M a ß n a h m e durchzuführen ist, so hat er den Staatsanwalt (§ 33 Abs. 2) und den Verhafteten vor seiner Entscheidung zu hören. D a s Gehör des Verhafteten ist namentlich deshalb notwendig, weil ärztliche Feststellungen vorliegen, zu denen der Verhaftete noch nicht gehört worden ist (§ 33 A b s . 3). Der Verteidiger braucht nicht gehört zu werden, doch empfiehlt es sich, ihn zu beteiligen, weil die Entscheidung tief in Grundrechte eingreift. D a s Gehör m u s s unterbleiben, wenn der Verhaftete verhandlungsunfähig ist, doch wird dann in der Regel die Untersuchungshaft zu beenden sein, weil es zu keiner Hauptverhandlung kommen kann (§ 112, 71). Im Fall des § 2 3 1 a (Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten, der sich selbst verhandlungsunfähig gemacht hat) wird der Verteidiger zu hören und dem Angeklagten, der noch keinen hat, einer zu bestellen sein (§ 141 A b s . 3, § 140 Abs. 2 ; vgl. auch § 231 Abs. 4). Der Richter kann den Verhafteten schriftlich hören, doch empfiehlt sich ein mündliches Gespräch. O b es erforderlich ist, Verteidiger und Staatsanwalt zuzuziehen, kann nach den Umständen verschieden sein. Ein Gespräch unter vier Augen kann vielleicht a m ehesten bewirken, dass der Verhaftete einen überstürzten Entschluss überprüft. Es kann aber auch Situationen geben, w o es für den Richter ratsam ist, mit dem Verhafteten nicht ohne Zeugen zu sprechen.
215
c) Begründung. Wird die Entscheidung von einem Richter beim Amtsgericht oder von einem Vorsitzenden Richter beim Landgericht erlassen, so ist die Beschwerde ge-
216
552
KK/Boujong 83; SK/Paeffgen 70.
553
KK/Boujong
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83.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
geben, auch wenn der Richter erkennender Richter ist (Rn. 155). Demzufolge ist die Entscheidung, dass eine ärztlich angeordnete Maßnahme durchzuführen sei (§ 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG), zu begründen (§ 34). Ergeht die Entscheidung vom Vorsitzenden des Strafsenats des im ersten Rechtszug entscheidenden Gerichts, so ist zwar keine Beschwerde zulässig. Der Vorsitzende des Strafsenats wird aber, wie das bei Entscheidungen des Oberlandesgerichts üblich ist, die Entscheidung schon deshalb voll begründen, damit der Verhaftete die Grundlage für eine Verfassungsbeschwerde (Art. 9 3 GG) erhält. 217
d) Bekanntmachung. Die Entscheidung des Richters beim Amtsgericht und des Vorsitzenden Richters bei Landgericht sind durch Zustellung bekanntzumachen (§ 35 Abs. 2 Satz 1). Für die Entscheidung des Vorsitzenden Richters beim Oberlandesgericht genügt formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2 erster Satzteil), doch empfiehlt sich wegen der Bedeutung der Entscheidung auch hier die Zustellung.
218
e) Wegen der Beschwerde s. Rn. 155. Wegen der Kosten der Zwangsbehandlung vgl. die Erl. zu § 4 6 4 a . S 5 4
§ 120 (1) *Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. 2 E r ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder wenn das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird. (2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden. (3) 1 Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.
Schrifttum Jahn Strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG, NStZ 2007 255; Kaiser Aufhebung des Haftbefehls und Haftentlassung, NJW 1967 866; Keller/ Meyer-Mews Anforderungen an das Beschleunigungsgebot in Haftsachen während der Hauptverhandlung und nach dem Urteil, StraFo 2005 353; Knauer Untersuchungshaft und Beschleunigungsgrundsatz, StraFo 2007 309; Luckhaupt Zur Zulässigkeit der U-Haft nach der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, MDR 1974 550; Nack Verfahrensverzögerung und Beschleunigungsgebot, FS Strauda 425; Nehm Umfang der Bindung des Ermittlungsrichters an Anträge der StA, FS Meyer-Goßner 277; Schumann Aufhebung des Haftbefehls bei Strafvollstreckungen, JR 1967 340; Seetzen Untersuchungshaft und Verfahrensverzögerung nach erstinstanzlicher Hauptverhandlung, ZRP 1975 29; Siebers Die Pflicht der Staatsanwaltschaft zur Ausschöpfung jeder Möglichkeit der Verkürzung der Untersuchungshaft im Hinblick auf das Strafbefehls-
554
Vgl. auch BGHZ 109 354 (kein Aufwendungsersatzanspruch der Vollzugsanstalt für
296
ärztliche Behandlung nach Selbsttötungsversuch).
Hans Hilger
N e u n t e r Abschnitt. Verhaftung u n d v o r l ä u f i g e F e s t n a h m e
§120
verfahren, das beschleunigte Verfahren u n d das vereinfachte Jugendverfahren, StraFo 1 9 9 7 3 2 9 ; Stahl
A u f h e b u n g des U - H a f t - B e f e h l s in der H a u p t v e r h a n d l u n g u n d verzögerte Entlassung a u s der
U - H a f t , StraFo 2 0 0 1 2 6 1 ; Trurnit/Schroth
D a s B e s c h l e u n i g u n g s g e b o t u n d die K o n s e q u e n z e n einer
überlangen Verfahrensdauer im Strafprozess, StraFo 2 0 0 5 3 5 8 .
Entstehungsgeschichte.
D u r c h Art. 7 Nr. 1 StPÄG 1 9 6 4 sind die früheren §§ 1 2 3 u n d
1 2 6 z u s a m m e n g e f a s s t w o r d e n . D a b e i ist in Satz 1 in A n g l e i c h u n g a n § 1 1 2 A b s . 1 Satz 2 die B e s t i m m u n g e i n g e f ü g t w o r d e n , d a s s der H a f t b e f e h l a u c h a u f z u h e b e n ist, w e n n
die
weitere U n t e r s u c h u n g s h a f t zu der B e d e u t u n g der Sache u n d z u der zu e r w a r t e n d e n Strafe oder M a ß r e g e l der Sicherung u n d Besserung außer Verhältnis steht. M i t d e m Wegfall der V o r u n t e r s u c h u n g ist die B e z u g n a h m e a u f d e n U m s t a n d , d a s s der B e s c h u l d i g t e a u ß e r Verf o l g u n g g e s e t z t w i r d , g e s t r i c h e n w o r d e n ( A r t . 1 N r . 3 0 d e s 1. S t V R G ) . - B e z e i c h n u n g b i s 1964: § 126.
Übersicht Rn. I. Vorbemerkung
Rn.
1
Π. Aufhebung von Amts wegen (Absatz 1) 1. Wegfall der Haftvoraussetzungen . . . 2. Fehlen der Verhältnismäßigkeit . . . . 3. Freispruch usw. (Absatz 1 Satz 2) a) Grundsatz b) Freispruch c) Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens d) Einstellung 4. Bagatelldelikte
5 10 18 19 20 21 24
Alphabetische Ablehnung der Eröffnung 20, 21 Absehen von der Verfolgung 23 Abwägung 16, 16a Antragsverfahren 43 Aufschiebende Wirkung 30 Aussetzungsantrag 40 Bagatelldelikte 24 Bedeutung der Sache 10, 13, 15 Begründung 25 Beschleunigungsprinzip 16, 16a, 16b Beschluss 25 Bindung des Aufhebungs-/Aussetzungsantrags 40, 42 Dauer der Untersuchungshaft 7, 10, 15 EGMR 6, 10, 16, 16a Eilkompetenz 45 Einlieferungshaft 12 Einstellung 21, 22 Entlassung 26, 46 Ersatzmaßnahmen 4 Fehlender Gerichtsstand 21 Fluchtgefahr 7 Freispruch 2, 18, 33 Gerichtliche Entscheidung 44
5. Verfahren 6. Rechtskraft
25 29
ΠΙ. Beschwerde (Absatz 2) 1. Allgemeines 2. Entscheidung des Beschwerdegerichts . 3. Neue Haftgründe
30 33 35
IV. Aufhebung auf Antrag der Staatsanwaltschaft (Absatz 3) 1. Inhalt 2. Zeitpunkt 3. Antrag 4. Freilassung
39 41 43 46
Übersicht Gesamtwürdigung 9 Gesetzliche Vermutung 2 , 1 8 , 35, 37 Haftbefehle in anderer Sache 9 Hauptverhandlungshaft 3, 5 Interessen der Verteidigung/des Beschuldigten 16b Neue Tatsachen/ Beweismittel 35, 3 7 , 4 5 Prüfung des Beschwerdegerichts 33 Prüfung von Amts wegen 1, 5, 10, 25, 40 Rechtsmittel 11,16, 16a, 17, 35, 37 Reichweite der Vorschrift 1, 3, 4 Straferwartung 10, 11, 13,16 Tatverdacht 6 Umstellung des Haftbefehls 5, 34, 43 Unauffindbarkeit der Akten 5 Ungehorsamshaft 3 Unterbringung 3 Verdunkelungsgefahr 8 Verhältnismäßigkeit 1, 10, 12, 15, 16, 16a, 16b, 25 Wegfall der Haftvoraussetzungen 5, 14, 17, 18, 22, 33 Weitere Beschwerde 31 Weitere Kriterien 16, 16a, 16b Wiederaufnahme 38 Zurückverweisung 16, 16a
Hans Hilger
297
§ 120
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
I. Vorbemerkung 1
Die Vorschrift stellt die Aufhebungsgründe zusammen, wird aber durch § 121 Abs. 1 ergänzt. Satz 1 erste Voraussetzung - an sich selbstverständlich - ist bedeutungsvoll durch den an die Spitze gestellten Gesetzesbefehl, den Haftbefehl alsbald („sobald") aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr 1 vorliegen. Um ihn zu befolgen, ist ständige Prüfung notwendig. Demzufolge wird durch das Wort „sobald" eindeutig der Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Haftfrage unabhängig vom Haftprüfungsverfahren und unabhängig von Anträgen jederzeit von Amts wegen zu prüfen ist (§ 117, l ) . 2 Die Verhältnismäßigkeit der Haft ist schon aus verfassungsrechtlichen Gründen Voraussetzung der Untersuchungshaft (Vor § 112, 29 ff.; § 112, 55 ff.). Ihre besondere Erwähnung in Absatz 1 Satz 1 unterstreicht nur die Bedeutung des Grundsatzes. 3
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Absatz 1 Satz 2 (Freispruch usw.) ist wegen seiner gesetzlichen Vermutung, dass die Haftvoraussetzungen weggefallen seien, neben Absatz 2 der Hauptinhalt der Vorschrift. Der Fall des Absatzes 3 (Aufhebung im vorbereitenden Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft) ist mit Recht von den anderen Aufhebungsfällen abgetrennt. Denn bei ihm prüft das Gericht nicht, ob die Voraussetzungen des Haftbefehls weggefallen sind.
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Die Bestimmung bezieht sich sowohl auf die Untersuchungshaft nach den §§ 112, 112a, 113, 127b (s. dazu § 127b, 23) als auch auf die Ungehorsamshaft nach § 2 3 0 Abs. 2, 4 § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1. Bei dieser wird allerdings der Aufhebungsgrund des Absatzes 1 Satz 1 zweite Möglichkeit (UnVerhältnismäßigkeit) nur ganz ausnahmsweise Anwendung finden können; Absatz 3 ist für sie ohne Bedeutung, weil die Ungehorsamshaft nur zulässig ist, nachdem die öffentliche Klage erhoben worden ist. Für die einstweilige Unterbringung (§ 126a Abs. 1) ist in § 126a Abs. 3 eine besondere Regelung getroffen. Zu Einzelfragen vgl. § 126a, 11, 18.
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Der Befehl, den Haftbefehl aufzuheben, sobald dessen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder keine Verhältnismäßigkeit mehr gegeben ist, besteht unbedingt, also auch dann, wenn der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 bis 3 ausgesetzt ist: 5 Wenn kein Haftbefehl mehr zulässig ist, dürfen auch keine Belastungen durch Maßnahmen, Anweisungen, Bedingungen, Pflichten oder Beschränkungen auferlegt werden. 6 Ob der Haftbefehl aufgehoben werden muss, ist daher immer auch dann zu prüfen, wenn (nur) eine Maßnahme des § 116 Abs. 1 bis 3 beanstandet wird.
Π. Aufhebung von Amts wegen (Absatz 1) 5
1. Wegfall der Haftvoraussetzungen. Voraussetzungen der Untersuchungshaft sind nach § 112 Abs. 1 - neben der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2; Rn. 1) - dringender Tatverdacht und in den Fällen des § 112 Abs. 2, § 112a Abs. 1, § 127b Abs. 2 ein Haftgrund (Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr, Siche-
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Vgl. Lüderssen FS Pfeiffer 2 4 2 . Lüderssen FS Pfeiffer 242; s. auch Welp FS Richter II 5 7 7 ; Nr. 54 Abs. 1 RiStBV. S. auch § 4 7 Abs. 3 - Prüfung mit Wiedereinsetzung. S. auch SKJPaeffgen 5. LG Saarbrücken StV 2 0 0 1 3 4 4 .
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Allg. M.; s. z.B.: BGH StV 1991 157; OLG Köln StV 2 0 0 5 3 9 6 ; OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 3 378; KG StV 2 0 0 3 627; OLG Stuttgart NStZ-RR 2 0 0 3 29; KKJBoujong 2; Vor § 112, 2 9 ff. Kleinknecht/Janischowsky 228.
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rung des beschleunigten Verfahrens - § 1 2 7 b , 9), im Fall des § 112 Abs. 3 gewisse besondere U m s t ä n d e (§ 1 1 2 , 5 3 ) . N a c h dem klaren W o r t l a u t der Vorschrift k o m m t es nicht d a r a u f an, dass der dringende Verdacht der im Haftbefehl bezeichneten Straftat bzw. der dort angegebene H a f t g r u n d weggefallen sind; der Haftbefehl ist vielmehr nur dann aufzuheben, w e n n auch kein weiterer (anderer) Grund für die Untersuchungshaft (§ 1 1 2 Abs. 1 bis 3, § 1 1 2 a Abs. 1) (mehr) besteht. Dies bedeutet: ein Beschuldigter k a n n zwar nicht in Untersuchungshaft verbleiben, damit die Aufklärung weiterer Straftaten gesichert wird, wenn für diese kein Haftbefehl und kein dringender Tatverdacht bestehen. 7 D e r H a f t b e f e h l k a n n aber, wenn die in ihm angegebene Haftvoraussetzung weggefallen ist, a u f eine andere umgestellt werden (§ 114, 4 7 ; § 1 2 7 b , 5 ) . D e r Sache nach bedeutet das Aufhebung des Haftbefehls und Erlass eines neuen (§ 1 1 4 , 4 8 ) , so dass es nicht zur Entlassung k o m m t . W i e bereits zu § 117, 1 ausgeführt, ist die Haftfrage in jeder Lage des Verfahrens unabhängig von Anträgen der Beteiligten jederzeit von Amts wegen zu prüfen. Diese Verpflichtung ist an sich selbstverständlich; denn kein Eingriff in die grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte darf länger als notwendig bestehen bleiben. Die Pflicht wird a b e r wegen ihrer Wichtigkeit betont durch die ausdrückliche Anordnung, den Haftbefehl (alsbald) dann aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht m e h r vorliegen (Rn. 1). Gleiches gilt, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen nicht festgestellt werden kann, weil die für die erforderlichen Feststellungen notwendigen Akten nicht auffindbar und die dem Gericht vorgelegten Unterlagen zu wenig aussagekräftig sind. 8 D e r Tatverdacht ist mit dem Fortschreiten der Ermittlungen immer kritischer zu prüfen. 9 Genügen beim ersten Zugriff einzelne starke Indizien, so ist die Dringlichkeit des Verdachts alsbald zu verneinen, wenn feststeht, dass eine Indizienkette nicht geschlossen werden kann oder wenn nur n o c h geringe Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass die weiteren Ermittlungen M a t e r i a l erbringen werden, um einzelne starke Indizien durch weitere Tatsachen lückenlos zu verbinden.
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D i e Fluchtgefahr vermindert sich, wenn der Fluchtreiz geringer wird. Liegt dieser nicht in der Furcht vor dem Bestraftwerden überhaupt, sondern vor der Strafverbüßung, dann wird er um so schwächer, je länger der Beschuldigte Untersuchungshaft erleidet. Z u d e m ist nach § 5 1 Abs. 1 Satz 1 S t G B die Untersuchungshaft regelmäßig anzurechnen; die Anrechnung darf nach § 5 1 Abs. 1 Satz 2 S t G B nur ausnahmsweise unterbleiben. D a h e r darf der Beschuldigte damit rechnen, dass die Untersuchungshaft angerechnet werden wird, und er wird es - und auf diese subjektive Erwartung ist abzustellen - auch immer tun.
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Die M ö g l i c h k e i t , zu verdunkeln und damit die Verdunkelungsgefahr nehmen in der Regel ab, je weiter die Untersuchung fortschreitet. Denn wenn die Tat aufgeklärt ist und die Beweise gesichert sind, wird meist die Verdunkelungsgefahr entfallen, auch wenn der Beschuldigte vorher tatsächlich verdunkelt hatte. Allerdings sind im Einzelfall Einwirkungen auf Zeugen bis zur R e c h t s k r a f t des Schuldspruchs d e n k b a r und auch durch eidliche Vernehmung von Zeugen ( § 6 5 ) nicht immer auszuschließen. D o c h wird, wenn eidliche Aussagen von Zeugen und ein richterliches Geständnis des Beschuldigten (§ 2 5 4 Abs. 1) vorliegen, Verdunkelungsgefahr nur in ganz besonderen Ausnahmefällen begrün-
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BVerfG StV 2001 694. OLG Oldenburg StV 1995 87. Vgl. auch EGMR NJW 2001 2 6 9 4 ; 1990 3066 mit Anm. Trechsel StV 1995 326;
EuGRZ 1993 384 und EKMR Beschw. Nr. 14379/88 bei Strasser EuGRZ 1993 427; Kleinknecht/Janischowsky 230 sowie § 112, 16 ff.
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det bleiben. Daher ist ein lediglich wegen Verdunkelungsgefahr erlassener Haftbefehl regelmäßig nach der Hauptverhandlung in der letzten Tatsacheninstanz aufzuheben (S 112, 50). 9
Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Gesamtwürdigung (§ 112, 74), eingetretene Geisteskrankheit (§ 112, 71), oder wenn nahe Lebensgefahr durch Fortsetzung der Untersuchungshaft (§ 112, 68) dem Erlass eines Haftbefehls entgegenstehen würde. Zur Haft- und Verhandlungsunfähigkeit als Hafthindernis 10 vgl. im Übrigen § 112, 68 ff. Wird ein Haftbefehl in anderer Sache erlassen, gibt es regelmäßig keinen Anlass, den bestehenden Haftbefehl aus diesem Grunde aufzuheben. Das kann geboten sein, wenn in anderer Sache eine Strafe vollstreckt wird und für längere Zeit sicher mit der Fortsetzung der Strafvollstreckung zu rechnen ist; für den Regelfall ist das nicht anzunehmen 11 (vgl. Vor § 112, 50 ff.).
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2. Fehlen der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 112, 55 ff.) bedarf als einer der Fundamentalgrundsätze für staatliches belastendes Handeln jederzeit besonderer Prüfung, zumal sich das Verhältnis der Haft zu dem durch das Strafverfahren zu erwartenden Ergebnis in der Regel schon durch Zeitablauf ändert. 12 Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass sich das Gewicht des Freiheitsanspruchs gegenüber den Erfordernissen effektiver Strafverfolgung mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert und das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch unabhängig von der zu erwartenden Strafe der Haftdauer Grenzen setzt. 13 Demgemäß sind Staatsanwaltschaft und Gericht gehalten, alle Möglichkeiten zur Abkürzung der Untersuchungshaft zu nutzen. 14 In der Alltagspraxis wird es nicht immer möglich sein, das Fehlen der Verhältnismäßigkeit von dem Wegfall eines anderen Haftgrunds zu trennen. So kann z.B., wenn wegen der Länge der Untersuchungshaft im Hinblick auf die bei ihrer Anrechnung noch zu verbüßende Strafe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt wäre, auch die Fluchtgefahr entfallen. Aber auch wenn die Fluchtgefahr fortbesteht, kann fehlende Verhältnismäßigkeit nötigen, den Haftbefehl aufzuheben. Dass sie fehlt, ist grundsätzlich anzunehmen, wenn ein Vergleich zwischen der Strafe, die der Täter zu erwarten, und der Untersuchungshaft, die er erlitten hat, erkennen läßt, dass diese die vermutliche Strafhöhe nahezu erreicht 1 5 oder gar übersteigt. Diese Lösung ist der Gegen-
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BGHSt 41 16 (Aufhebung auch schon vor der Hauptverhandlung durch das Revisionsgericht bei Vorliegen eines Verfahrenshindernisses). Meyer-Goßner 2; h.M.; a.A. SKIPaeffgen 4; Schumann JR 1967 340. Vgl. BVerfGE 3 6 2 7 0 mit Anm. Kleinknecht J Z 1974 5 8 2 . S. auch BVerfG StV 1996 156 (Geltung des Prinzips auch für den nicht vollzogenen Haftbefehl). Vgl. EGMR StV 2 0 0 5 136 und 2 0 0 6 474, jeweils mit Anm. Pauly; BVerfG StV 2 0 0 1 6 9 4 ; 2 0 0 3 30; StraFo 2 0 0 5 152 mit Anm. Krehl StV 2 0 0 5 561 und Foth NStZ 2 0 0 5 4 5 7 (zum weit. Verfahren BGH StraFo 2 0 0 5 237); StraFo 2 0 0 5 4 5 6 ; s. auch SKIPaeffgen Art. 5, 58 ff. EMRK; Vor § 112, 2 9 ff., 35.
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Vgl. Siebers StraFo 1997 329; s. auch Keller/ Meyer-Mews StraFo 2 0 0 5 353; Trurnit/ Schroth StraFo 2 0 0 5 358. Umstr. Wie hier OLG Bremen NJW 1960 1265; OLG Frankfurt StV 1993 5 9 4 ; LG Freiburg StV 1988 3 9 4 ; LG Gera NJW 1996 2 5 8 6 ; Kleinknecht/Janischowsky 115; KK/ Boujong 6; KMR/Wankel 3; AKJ Krause 5; SYJPaeffgen 7; Paeffgen NStZ 1 9 8 9 418; Münchhalffen/Gatziveiler 2 6 8 ; vgl. auch BVerfG N J W 2 0 0 6 6 7 7 ; OLG Hamm NStZRR 2 0 0 1 123 (3/4 verbüßt); OLG Bremen StV 1989 4 8 7 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 5 3 3 ; OLG Bamberg StV 1989 4 8 6 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 5 3 3 ; OLG Frankfurt StV 1988 536; OLG Stuttgart StV 1994 5 8 8 mit Anm. Deckers·, a.A. KG StV 1988 2 0 8
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meinung schon deshalb vorzuziehen, weil sie grundrechtsfreundlicher ist; entgegenstehenden wesentlichen Interessen der Allgemeinheit kann über das Kriterium der Bedeutung der Sache (Rn. 13, 15) Rechnung getragen werden. Allerdings kann die Abwägung immer nur die Tat betreffen, die der Haftbefehl beschreibt 16 sowie die Strafe, die der Täter dafür zu erwarten hat. 17 Dabei ist, wenn nicht die Umstände des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen, davon auszugehen, dass die gesamte Untersuchungshaft angerechnet werden wird. 18 Außerdem ist die Anwendung des § 56 Abs. 1 und 2 StGB (Strafaussetzung zur Bewährung) 19 ins Auge zu fassen, 20 ebenso die Erwartung einer späteren Aussetzung des Strafrestes nach § 57 StGB. 2 1 Im Falle des Vorliegens einer noch nicht rechtskräftigen Verurteilung ist für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, insbesondere welche Rechtsfolge zu erwarten ist, in der Regel die verhängte Strafe heranzuziehen; 22 erforderlich ist aber auch hier eine Abwägung aller wesentlichen, in Betracht kommenden sonstigen Umstände (s. Rn. 10). 2 3 Zwar darf das zuständige Gericht für die Haftentscheidung die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels im Hinblick auf den Strafausspruch vorausschauend beurteilen, sollte dies jedoch im Hinblick auf die grundsätzlichen Schwierigkeiten einer Prognose und weil ein Strafausspruch auf der Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung in der Regel eine höhere Richtigkeitsgewähr bieten dürfte als eine Prognose nach Lage der Akten, möglichst vermeiden. 24 Liegt jedoch die verhängte Strafe an der unteren Grenze des Strafrahmens und ist auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft mit einer Strafverschärfung zu rechnen, so kann es geboten sein, bei der Haftentscheidung das voraussichtliche Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens zu berücksichtigen. 25 Gleiches gilt, wenn mit der Berufung der Staatsanwaltschaft der Wegfall der vom Amtsgericht bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung angestrebt wird und die Bewährungsprognose äußerst zweifelhaft erscheint. 26
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mit abl. Anm. Schlothauer und Anm. Paeffgen NStZ 1989 418; OLG Düsseldorf JMB1NW 1999 2 7 8 ; StV 1994 85; 1994 86 mit abl. Anm. Seebode und krit. Anm. Paeffgen NStZ 1995 73; OLG Hamm MDR 1993 673; OLG Stuttgart Justiz 1990 2 6 ; vgl. auch OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit krit. Anm. Jehle. S. auch § 112, 62. Vgl. BVerfG NJW 1992 1749 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; BGH StV 1986 65; OLG Hamm StV 1998 553; OLG Stuttgart Justiz 1997 62. OLG Hamm JMB1NW 1977 258. OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 mit krit. Anm. Jehle-, LG Zweibrücken StV 1994 589; s. auch OLG Hamm NStZ-RR 2 0 0 1 123; OLG Celle StV 2 0 0 2 608 (Anrechnung von Abschiebungshaft). Vgl. auch BVerfG StV 1996 156; BGHSt 6 215; BGH StV 1995 414. Schultz JR 1963 297. OLG Celle StV 2 0 0 2 608; OLG Frankfurt StV 1988 392 mit krit. Anm. Jehle; OLG Bamberg StV 1989 4 8 6 mit Anm. Paeffgen
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NStZ 1990 5 3 3 ; OLG Hamm MDR 1993 673; LG Freiburg StV 1988 3 9 4 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 418; LG Zweibrücken StV 1994 589; LG Köln StraFo 1998 351 mit Anm. Münchhalffen; Kleinknecht/Janischowsky 116; SKI Paeffgen 10; a.A. wohl OLG Stuttgart Justiz 1990 2 6 ; OLG Düsseldorf JMB1NW 1999 278; StV 1994 85; 1994 86 mit Anm. Seebode und Paeffgen NStZ 1995 73. Vgl. OLG Düsseldorf StV 1996 552; LG Zweibrücken StV 1994 5 8 9 ; KKJBoujong 7; s. auch BVerfG NJW 2 0 0 6 677. BVerfG NJW 2 0 0 6 677. Vgl. OLG Karlsruhe MDR 1977 775; LG Freiburg StV 1988 3 9 4 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 418; Kleinknecht/Janischowsky 118; KKJBoujong 7; s. auch § 112, 59. Kleinknecht/Janischowsky 118; KKJBoujong 7. OLG Koblenz MDR 1974 596; KKJBoujong 7; krit. Luckhaupt MDR 1974 550. Vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1992 1173.
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit findet auf die Dauer einer im Ausland zum Zwecke der Einlieferung in die Bundesrepublik erlittenen Einlieferungshaft keine Anwendung. Zwar liegt einer solchen Inhaftierung in der Regel ein deutscher Haftbefehl zugrunde; jedoch handelt es sich bei der Entscheidung, ob der Auszuliefernde in Haft zu nehmen ist, um eine Maßnahme, die der ersuchte ausländische Staat aufgrund eigenen hoheitlichen Verhaltens im Bereich seiner hoheitlichen Gewalt trifft. 2 7 Ausländische Einlieferungshaft ist daher keine Untersuchungshaft nach § 112 ff. 2 8 Da sie - jedenfalls nach h.M. (s. aber § 112, 12) - keine deutschen Freiheitsrechte berührt, kann ihre Dauer nach h.M. - auch nicht am Maßstab der Grundrechte geprüft werden 2 9 mit der Folge, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit selbst dann nicht verletzt ist, wenn der ausländische Staat das Auslieferungsverfahren verzögerlich behandelt und dadurch die Dauer der Auslieferungshaft unverhältnismäßig verlängert. 30 Jedoch ist bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der in der Bundesrepublik erlittenen Untersuchungshaft die im Ausland vollzogene Einlieferungshaft mit zu berücksichtigen. 31
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Indessen kommt es nicht allein auf das Verhältnis der Untersuchungshaft zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel an, vielmehr ist auch auf die Bedeutung der Sache 3 2 abzustellen. Daraus folgt: Auch wenn die erlittene Untersuchungshaft nicht mehr in angemessenem Verhältnis zu der zu erwartenden Sanktion steht, kann die Untersuchungshaft gleichwohl aufrechterhalten werden, wenn das durch die Bedeutung der Sache geboten ist. Das ist etwa der Fall, wenn anzunehmen ist, der Beschuldigte werde ungeachtet der Geringfügigkeit eines Strafrestes fliehen, wenn die Aburteilung aber aus besonderen übergeordneten Gründen, etwa im übergeordneten Interesse der Allgemeinheit, namentlich im Hinblick auf eine später mögliche Strafschärfung wegen häufiger wiederholter Tatbegehung, 33 bedeutsam ist. 3 4 Auf der anderen Seite bedeutet das Gebot, bei fehlender Verhältnismäßigkeit den Haftbefehl aufzuheben, dass der Staat bei weniger bedeutenden Straftaten notfalls einen Verzicht auf Verurteilung in Kauf nimmt.
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Zur Prüfung, ob die Haftvoraussetzungen entfallen sind, ist namentlich in folgenden Fällen Anlass gegeben: wenn durch ein Urteil von Strafe abgesehen wird (z.B. §§ 83a, 84, 98, 129, 129a, 139, 157, 158, 306e, 314a, 320, 330b StGB); wenn durch Urteil der Angeklagte für straffrei erklärt wird (§ 199 StGB); wenn die gesamte Strafe durch die Untersuchungshaft verbüßt ist (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB; § 52a Abs. 1 Satz 1 JGG) oder angeordnet wird, dass wegen erlittener Untersuchungshaft Jugendarrest nicht zu vollstrecken ist (§ 5 2 JGG), und das Verfahren wegen einer nicht-freiheitsentziehenden Maßregel anhängig bleibt (Vor § 112, 6); wenn im Urteil nur auf andere als freiheitsentziehende Strafen oder Maßregeln erkannt 3 5 oder die Verurteilung zu Geldstrafe vorbehalten wird (§ 5 9 StGB);
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BVerfG NJW 1981 1155. OLG Nürnberg GA 1966 90; OLG Hamm NJW 1966 314. BVerfG NJW 1981 1155. OLG München NJW 1982 1241. OLG München NJW 1982 1241; OLG Stuttgart StV 1994 5 8 8 mit Anm. Deckers. Vgl. dazu § 112, 58 ff. S. auch OLG Frankfurt StV 1988 3 9 2 (zu erwartende Restsanktion geringfügig oder zu erwartende Sanktion
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durch Haft erreicht) mit krit. Anm. Jehle-, OLG München NStZ 1986 4 2 4 (Strafaussetzung zur Bewährung); OLG Bamberg NJW 1996 1222; OLG Schleswig bei Lorenzen/ Schiemann SchlHA 1998 173 (Haftbefehl gemäß § 112a). KYJBoujong 6. S. auch AK/Krause 5; a.A. wohl Scblotbauer/ Weider 911. OG Danzig GA 71 (1927) 73.
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oder wenn die Vollstreckung erkannter Freiheitsstrafen (§ 56 Abs. 1 und 2 StGB; § 21 Abs. 1 und 2 JGG) oder des Strafrests zur Bewährung bei Anrechnung der Untersuchungshaft 36 (§ 57 Abs. 1 und 2 StGB) ausgesetzt wird. In solchen oder vergleichbaren Fällen können besondere Umstände denkbar sein, die die weitere Untersuchungshaft rechtfertigen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Angeklagter Berufung einlegt, der deshalb in Untersuchungshaft ist, weil er tatkräftig auf Zeugen eingewirkt hatte; wenn die Gefahr besteht, dass er das bei Freilassung weiterhin tun und dadurch, ungeachtet der Zeugenaussage in der ersten Instanz, die Ermittlung der Wahrheit erschweren werde; und wenn die Wichtigkeit der Verurteilung die Untersuchungshaft auch für den Fall rechtfertigt, dass feststeht, es werde auf keine zu vollstreckende Freiheitsstrafe erkannt werden. Im Hinblick auf die zu berücksichtigende Bedeutung der Sache ist es sogar denkbar, dass die Verhältnismäßigkeit selbst dann noch gewahrt ist, wenn die Dauer der Untersuchungshaft die voraussichtliche Dauer der Freiheitsstrafe überschreitet. 37 Dabei kann es sich jedoch nur um ungewöhnliche Ausnahmefälle handeln. 38 Wegen der Aufhebung des Haftbefehls in den vorgenannten Fällen bei Eintritt der Rechtskraft s. Vor § 112, 59.
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Dass § 120 Abs. 1 Satz 1 für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit nur die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Rechtsfolge nennt, steht der Berücksichtigung weiterer Kriterien angesichts der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zwei wichtige Abwägungskriterien betonen, andere jedoch nicht ausschließen wollte. 39 Dementsprechend zeichnet sich in der gerichtlichen Praxis - nicht zuletzt im Hinblick auf die konsequente Rechtsprechung des E G M R 4 0 und des Bundesverfassungsgerichts 41 - in den letzten Jahren zunehmend die Tendenz ab, unter Hinweis auf das Beschleunigungsprinzip (Vor § 112, 35) die Verhältnismäßigkeit zu verneinen, wenn das Beschleunigungsprinzip durch eine vom Beschuldigten nicht zu vertretende erhebliche Verzögerung des Verfahrens, die sachlich nicht zu rechtfertigen und vermeidbar war, verletzt wurde, und deshalb den Haftbefehl sogar ohne Rücksicht auf die Höhe der zu erwartenden Strafe aufzu-
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B G H StV 1 9 9 5 4 1 4 ; O L G Koblenz M D R 1 9 7 4 5 9 6 ; O L G Schleswig SchlHA 1 9 7 6 4 4 ; Schultz J R 1 9 6 3 297. O L G Frankfurt StV 1 9 8 8 3 9 2 (Verschulden des Angeklagten an der Haftdauer) mit krit. Anm. Jeble; KYJBoujong 6; Meyer-Goßner 4; KIeinkneckt/]anischowsky 117; Seetzen N J W 1 9 7 3 2 0 0 2 ; vgl. auch AYJKrause 5; S K / P a e f f gen 7 ; § 112, 6 2 , 6 3 ; a.A. KG StV 1 9 8 8 2 0 8 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 8 9 4 1 8 ; O L G Düsseldorf StV 1 9 9 4 85; 1 9 9 4 8 6 mit Anm. Seebode und Paeffgen N S t Z 1 9 9 5 7 3 ; O L G Stuttgart Justiz 1 9 9 7 6 2 ; Schlothauer StV 1 9 8 8 2 0 8 ; Schlothauer/Weider 9 1 1 ; s. auch LG Zweibrücken StV 1 9 9 4 5 8 9 ; Wolter ZStW 93 (1981)469. Vgl. auch Rieß J R 1 9 8 3 2 6 1 (Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils können die Schwierigkeiten der Ermittlungen ausnahmslos und der Umfang der Sache regelmäßig keine Rolle spielen).
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Rieß J R 1 9 8 3 2 6 0 . Zulässig ist also auch die Berücksichtigung sonstiger unbenannter Kriterien bei der Angemessenheitsbeurteilung, wie z.B. gesundheitliche, familiäre, wirtschaftliche, berufliche Belastungen. S. dazu auch § 112, 57. Vgl. StV 2 0 0 6 4 7 4 und 2 0 0 5 136, jeweils mit Anm. Pauly; E u G R Z 2 0 0 1 3 9 1 ; N J W 2 0 0 1 2 6 9 4 ; s. auch Kühne/Esser StV 2 0 0 2 3 8 8 zur Rspr. des E G M R ; Ambos/Ruegenberg NStZR R 2 0 0 0 195; SKJPaeffgen Art. 5, 6 0 E M R K . Vgl. z.B. BVerfG N J W 2 0 0 6 6 6 8 , 6 7 2 (auch zum Rechtsmittelverfahren), 6 7 7 mit krit. Bespr. Jahn 6 5 2 und Schmidt N S t Z 2 0 0 6 313; StV 2 0 0 6 7 0 3 sowie 4 5 1 mit Anm. Hilgert StraFo 2 0 0 6 196; 2 0 0 5 4 5 6 und 1 5 2 ; StV 2 0 0 3 3 0 ; s. auch (z.T. krit.) Nack FS Strauda 4 2 9 ff. Z u r Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls durch das BVerfG selbst nach § 9 3 c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG s. BVerfG N J W 2 0 0 6 6 7 2 .
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heben. 4 2 Diese Rechtsprechung liegt auf der Linie der die Dauer der Untersuchungshaft begrenzenden verfassungsgerichtlichen Entscheidungen (Vor § 112, 31, 3 5 ) . 4 3 Ihr ist grundsätzlich zuzustimmen, wenn auch die Gefahr besteht, dass bei derartigen Entscheidungen dem Kriterium der Verzögerung zuviel Gewicht beigemessen werden und dabei die dennoch notwendige angemessene Berücksichtigung aller übrigen die Verhältnismäßigkeit bestimmenden Kriterien (§ 120 Abs. 1 Satz 1; § 112, 5 5 ff.) zu kurz kommen könnte. 4 4 Nicht jeder Verstoß gegen das Beschleunigungsprinzip gebietet im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Aufhebung eines Haftbefehls; 4 5 jedoch ist zu beachten, dass das Verfahren um so zügiger zu betreiben ist, je empfindlicher die Freiheitsrechte des Beschuldigten beeinträchtigt werden. 4 6 In Betracht kommen von der Justiz zu verantwortende, auch bevorstehende 4 7 Verfahrensverzögerungen jeder A r t , 4 8 z.B. Stillstand der Ermittlungen oder verzögerte Ermittlungsmaßnahmen, 49 verzögerte Anklageerhebung 50 und Verhandlung, 51 sachwidrige Verschleppung des Verfahrens, 52
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Vgl. OLG Bremen StV 2000 35; OLG Hamburg StV 1986 66; KG StV 1991 473; s. auch OLG Hamm wistra 2002 238; a.A. OLG Dresden StV 2004 495. Vgl. auch OLG Hamburg StV 1986 66; OLG Köln MDR 1992 694 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 578; KG StV 1992 523 (Beachtung bei jeder Haftentscheidung) sowie die Rspr. des EGMR, Fn. 9, 13, 40. Vgl. dazu auch OLG Köln MDR 1992 694 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 578; OLG Hamburg StV 1993 375; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000 250; StV 1996 552; eingehend Rieß JR 1983 260 (insbesondere Abwägung des Gewichts der Straftat und der Höhe der zu erwartenden Strafe gegen das Ausmaß der Verfahrensverzögerung und den Grad des die Justiz hieran treffenden Verschuldens). Vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000 250; OLG Köln MDR 1992 694 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 578; OLG Hamm MDR 1993 1001; OLG Hamm (Abwägung aller Umstände, namentlich des Gewichts der Straftat und der Höhe der verhängten Strafe gegen das Ausmaß der Verfahrensverzögerung und den Grad des Justizverschuldens) bei Burhoff StraFo 2006 55; OLG Brandenburg StraFo 2002 243; LG Gera NJW 1996 2586 mit Anm. Paeffgen NStZ 1998 73. Vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1994 147; 1996 552; StraFo 1998 350. OLG Hamm StV 2006 191; KG StV 1989 68. Vgl. auch BVerfGE 53 158 ff.; OLG Bremen StV 1989 487. BVerfG NJW 2006 668; OLG Koblenz StraFo 2006 496. Vgl. BVerfG StV 2006 703; StraFo 2006 196; NJW 2006 668, 672, 677 mit (krit.) Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313; OLG
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Frankfurt StV 2006 648 (Fehlen von Doppelakten); OLG Koblenz StV 2006 645; StraFo 2006 496; KG StV 1989 68; OLG Köln MDR 1992 694 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 578; OLG Hamburg StV 1993 375; OLG Hamm StV 2004 328; vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1996 552; AG Wuppertal StV 1998 555; Keller/Meyer-Mews StraFo 2005 353; Trurnit/Schroth StraFo 2005 358; s. auch Nack FS Strauda 429 ff. OLG Brandenburg StV 2007 363; OLG Oldenburg StraFo 2006 241 (keine Verzögerung zur Aufklärung anderer Taten; Überwachung der Ermittlungen der Polizei durch StA); OLG Schleswig StV 2005 140; OLG Hamburg StV 1986 66; OLG Köln StV 1994 584; LG Cottbus StV 2005 141. OLG Bremen StV 1989 539 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; KG StV 1986 22; 1993 646; LG Frankfurt/Oder StV 2007 366. Vgl. BVerfG StV 2006 318 sowie 451 mit Anm. Hilger; OLG Brandenburg StraFo 2002 243; OLG Dresden StV 2004 495; OLG Düsseldorf StV 2007 92; OLG Frankfurt StV 1990 310; 1994 665; OLG Hamburg StV 1985 66; 1986 66; 1996 495 (auch zu gerichtlich angeordneten Nachermittlungen vor Eröffnung); OLG Hamm StV 2007 363; 2006 319, 481 mit Anm. Hilger sowie 482; bei Burhoff StraFo 2006 55 = StV 2006 191 (auch zur Beschleunigung eines Haftbeschwerdeverfahrens); KG StV 1991 473; 1992 523 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 577; OLG Köln StV 2006 143,145, 463 mit Anm. Hilger; 2005 396; 1992 384; StraFo 2004 137; OLG Oldenburg StV 1996 388; LG Hamburg StV 1985 20; LG Gera MDR 1996 1058 (Überlastung; Justizgewährungspflicht); LG Frankfurt StV 2003 31;
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etwa durch überflüssige Aussetzungen 5 3 oder fehlerhafte Verweisung, 5 4 verzögerte Urteilsabsetzung und -Zustellung, 5 5 schließlich wohl grundsätzlich auch „Verzögerungen" durch Rechtsmittelverfahren, die etwa der Beseitigung von der Justiz anzulastenden schwerwiegenden 56 Fehlern dienen, 5 7 sowie vermeidbare und vom Beschuldigten nicht zu vertretende erhebliche Verzögerungen im Rechtsmittelverfahren 5 8 sowie im weiteren Verfahren. 5 9 Schließlich hat die Justiz auch hinreichend nicht-richterliches Personal zur Verfügung zu stellen und für eine Organisation zu sorgen, die Verzögerungen ausschließt. 6 0 Allerdings kann wohl nicht bei jeder Verzögerung, die dadurch eintritt, dass im Rechtsmittelverfahren und danach bei Zurückverweisung ein vorinstanzlicher Fehler korrigiert werden muss, zwingend ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip bejaht werden. Nach der eindeutigen Rechtsprechung des E G M R 6 1 und des Bundesverfassungsgerichts 6 2 wird zwar in Zukunft die dadurch verstrichene Zeit berücksichtigt werden müssen. Bei der jedoch auch dann wohl erforderlichen Abwägung zum Verhältnismäßigkeitsprinzip werden vernünftigerweise auch andere Kriterien 6 3 bei der Frage der Fortdauer der Untersuchungshaft einbezogen werden müssen.
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AG Essen StV 1997 142; vgl. aber auch BVerfG StV 2006 645 (Ausgleich einer Verzögerung durch Selbstleseverfahren - dazu § 121, 32, 40); BGH NStZ 2006 296 (zu § 229); OLG Hamm MDR 1993 1001. OLG Stuttgart StV 1990 213 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; OLG Hamm StV 1992 525 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 577; LG Köln NStZ 1989 442 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534. OLG Bremen StraFo 2005 378 (Ladungsfehler); OLG Düsseldorf StraFo 2001 255; OLG Bamberg StV 1994 141; OLG Hamburg StV 1993 375; LG Frankfurt StV 1989 486 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 533. LG Bremen StV 1992 523. BVerfG NJW 2006 677; StraFo 2006 196; OLG Naumburg StV 2007 253; krit. Schmidt NStZ 2006 317; s. auch BGH NStZ 2006 296 (zu § 275); LG Koblenz StraFo 2006 453. Vgl. auch BVerfG StV 2006 703 (zu § 121 die Frage letztlich offen lassend); OLG Koblenz StV 2006 645. S. dazu BVerfG NJW 2006 668 und 672 mit krit. Anm. Jahn 652; StraFo 2005 456 und 152 mit Anm. Krehl StV 2005 561 und Foth NStZ 2005 457; NJW 2003 2897; ( krit. einschr. z.B.) BGH NStZ 2006 346; NStZ-RR 2006 177; s. auch (krit.) Schmidt NStZ 2006 316; Nack FS Strauda 429 ff.; Jahn NStZ 2007 258; § 121, 41 sowie BVerfG NStZ 2006 680.
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Vgl. zur Problematik BVerfG NJW 2006 672 mit (krit.) Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313; StraFo 2006 196; 2005 456 und 152 mit Anm. Krehl StV 2005 561 und Foth NStZ 2005 457; OLG Dresden StV 2007 93; OLG Frankfun StV 2006 195 und 648; StV 2007 249; OLG Koblenz StV 2004 329; OLG Düsseldorf StraFo 2001 255; NStZ-RR 2000 250; 1998 350; OLG Hamm StV 1998 553; OLG Hamburg JR 1983 259 mit Anm. Rieß (mit älteren Nachweisen); StV 1985 66; KG StV 1985 67; OLG Köln MDR 1992 694 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 578; OLG Oldenburg StV 1992 481 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 578; OLG Bamberg StV 1994 141; OLG Saarbrücken NStZ 2007 420; LG Berlin StraFo 2002 396; LG Bremen StV 1986 66. S. auch EGMR NJW 2002 2856 mit Anm. Roxin StV 2001 489; Krehl/Eidam NStZ 2006 7. S. BVerfG NJW 2006 672; OLG Koblenz StV 2006 645. BVerfG StraFo 2006 196. NJW 2002 2856 (zu Art. 6 Abs. 1 EMRK). S. nur BVerfG NJW 2006 672; zur Einbeziehung der Dauer eines Verfassungsbeschwerde-Verfahrens bei der Beurteilung der Angemessenheit der „Verfahrensdauer" s. BVerfG NStZ 2006 680 (dort letztlich offen gelassen); s. dazu aber auch EGMR NJW 2002 2856 (zu Art. 6 Abs.l EMRK); BGH NStZ-RR 2006 177. Z.B. Art, Schwere, Offensichtlichkeit und Vermeidbarkeit des Fehlers, Schwere des
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Trotz Verfahrensverzögerung kann im Einzelfall ein Verstoß gegen das Beschleunigungsprinzip zu verneinen sein, wenn die Verzögerung allein (wenn auch berechtigt) vom Beschuldigten und (oder) seinem Verteidiger verursacht wurde und die Verzögerung für die Justiz nicht absehbar war, sie insbesondere nicht rechtzeitig, etwa durch vorbereitende Maßnahmen (vorsorgliche Ladung gewünschter Zeugen; rechtzeitige vorsorgliche Einholung eines Gutachtens), vermieden werden konnte. 6 4 Stößt die Beachtung des Beschleunigungsprinzips infolge widerstreitender Interessen auf Schwierigkeiten, etwa durch das berechtigte Interesse des Beschuldigten an der Verteidigung durch den (zeitweise verhinderten) Verteidiger seines Vertrauens, so ist zunächst zu versuchen, dem durch eine frühzeitige Verhandlungsplanung, 65 zweckmäßig in Abstimmung mit den Verteidigern, sowie sonstige organisatorische Maßnahmen 6 6 durch den Vorsitzenden zu begegnen; außerdem sind die Interessenlagen sorgfältig abzuwägen und (nur) ausnahmsweise ist dem Beschuldigten ein weiterer Verteidiger beizuordnen. 67 Hat das Amtsgericht in einem der in Rn. 14 ff. angeführten Beispielfälle den Haftbefehl aufgehoben, so ist der Angeklagte aus der Untersuchungshaft selbst dann zu entlassen, wenn die Staatsanwaltschaft das Urteil alsbald nach der Verkündung des Urteils und des Aufhebungsbeschlusses etwa mit dem Ziel anficht, die Strafaussetzung der erkannten Freiheitsstrafe oder die Aussetzung des Strafrestes in Wegfall zu bringen. Denn Absatz 2 gilt für alle Fälle, in denen ein Haftbefehl aufgehoben wird (Rn. 32). Weil es sich hier jedoch weder um einen Freispruch noch um einen der in Absatz 1 Satz 2 genannten beiden vergleichbaren Fälle handelt (vgl. dazu Rn. 18 ff., aber auch 35 ff.), kann die Staatsanwaltschaft zugleich mit der Berufung gegen das Urteil Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss einlegen und ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht gehindert, den Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben oder erneut einen Haftbefehl zu erlassen. 68 Allerdings wird das Berufungsgericht bei der Prüfung des Haftgrundes einen strengen Maßstab anlegen und namentlich die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels im Hinblick auf den Strafausspruch - vorausschauend - beurteilen müssen. 69 3. Freispruch usw. (Absatz 1 Satz 2)
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a) Grundsatz. In Absatz 1 Satz 1 ist verordnet, dass der Haftbefehl aufzuheben ist, wenn die Haftvoraussetzungen weggefallen sind oder die Verhältnismäßigkeit der Haft zur Strafe und zur Sache nicht mehr besteht. Als Sonderfälle hiervon („namentlich") Justizverschuldens, Dauer der hierdurch eingetretenen Verzögerung, Vorliegen sonstiger justizverschuldeter Verzögerungen, wohl auch Bedeutung der Sache; vgl. z.B. Rieß J R 1983 2 6 0 ; Schmidt NStZ 2 0 0 6 313, 316; BGH NStZ 2 0 0 6 346; NStZ-RR 2 0 0 6 177; insoweit wohl bisher eine Abwägung nicht ausschließend BVerfG StraFo 2 0 0 5 154 und 4 5 7 ; s. auch AnwK-StPO/Lofoe Vor ξ 333, 3; Nack FS Strauda 4 2 9 ff.; Jahn NStZ 2 0 0 7 258; enger wohl OLG Koblenz StV 2 0 0 6 645. 64
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Vgl. auch KG bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 55; OLG Hamm bei Burhoff aaO. A.A. insoweit wohl OLG Köln StV 2 0 0 6 145, 4 6 3 mit Anm. Hilger. Eingehend dazu OLG Hamm StV 2 0 0 6 481 mit Anm. Hilger sowie 4 8 2 (die „Termins-
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hoheit" liegt unstreitig beim Vorsitzenden); OLG Hamburg StraFo 2 0 0 6 372 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 7 80; s. auch BGH NStZ-RR 2 0 0 6 271; § 121, 2 4 ff., 38. Vgl. BVerfG StV 2 0 0 6 451; OLG Köln StV 2 0 0 6 143, 145, 4 6 3 ; OLG Hamm StV 2 0 0 6 481 - alle mit Anm. Hilger, sowie 482; OLG Hamburg StraFo 2 0 0 6 372 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 7 80; Jahn NStZ 2 0 0 7 2 5 8 f.; s. auch BVerfG StV 2 0 0 7 366 (zu § 121) und die Erl. zu §§ 140 ff.; krit. auch Knauer StraFo 2 0 0 7 309. OLG Koblenz MDR 1974 596; OLG Karlsruhe MDR 1977 775; OLG Düsseldorf MDR 1992 1173; a.A. Luckhaupt MDR 1974 551. Zur Einschränkung der Überprüfungsmöglichkeiten s. § 112, 20.
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werden in Satz 2 der Fall des Freispruchs und zwei ähnlich liegende Fälle behandelt. Die Bestimmung des Satzes 2 enthält indessen mehr als lediglich einen Sonderfall von Satz 1. Da es nämlich auf den Akt des Freispruchs, der Nichteröffnung oder Einstellung und nicht auf deren Rechtskraft oder gar „Richtigkeit" ankommt, liegt in der Behandlung des Satzes 2 als Unterfall des Satzes 1 die gesetzliche Vermutung, 70 dass die Haftvoraussetzungen weggefallen sind oder dass wenigstens die Haft zu dem endgültigen Verfahrensergebnis in keinem angemessenen Verhältnis mehr steht. 71 Der Haftbefehl ist in den Fällen des Satzes 2 daher z.B. auch dann aufzuheben, wenn der Freispruch als fehlerhaft erkannt ist und die Voraussetzungen der Untersuchungshaft noch vorliegen. 72 b) Freispruch. Das Gesetz knüpft die Verpflichtung, den Haftbefehl aufzuheben, zunächst an die Voraussetzung, dass der Angeschuldigte freigesprochen wird. Der Freispruch kann grundsätzlich - Ausnahme: § 349 Abs. 4 i.V.m. § 354 Abs. 1 - nur durch Urteil ausgesprochen werden (§ 260 Abs. 1), ausnahmsweise in gewissen Wiederaufnahmefällen durch Beschluss (§ 371 Abs. 2). 7 3 Der Freispruch muss die Tat betreffen, wegen der der Haftbefehl ergangen ist. 74 Wird der Angeklagte, wenn er freigesprochen wird, gleichzeitig wegen anderer Taten verurteilt, bleibt der Haftbefehl, wenn er auch wegen dieser Tat erlassen worden war, unberührt; war noch keiner erlassen, ist es zulässig, wegen dieser Taten die Untersuchungshaft anzuordnen. Doch wird dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders sorgfältig zu beachten sein.
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c) Die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens bildet den zweiten Aufhebungsgrund. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird dadurch abgelehnt (§ 210 Abs. 2), dass das Gericht beschließt, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen (§ 204 Abs. 1). Auch hier ist die Identität der im Haftbefehl angenommenen Tat mit derjenigen, die in dem Beschluss nach § 2 0 4 Abs. 1 behandelt wird, Voraussetzung, den Haftbefehl aufzuheben. Dieser Fall ist wegen seiner Wichtigkeit als besonderer Aufhebungsgrund aufgeführt. Wird die Eröffnung nur teilweise abgelehnt, so ist im Rahmen der Entscheidung gemäß § 207 Abs. 4 zu prüfen, ob der eröffnete Teil des Verfahrens die Aufrechterhaltung der Haft rechtfertigt. 75
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d) Einstellung. Als dritten Grund, der zwingend verpflichtet, den Haftbefehl aufzuheben, nennt Satz 2 die Einstellung, wenn sie nicht bloß vorübergehend wirkt. Dafür kommen in Betracht das Urteil (§ 260 Abs. 3) sowie der Beschluss (§ 206a Abs. 1), durch die das Verfahren wegen eines nicht mehr behebbaren Verfahrenshindernisses76 (Verjährung, Amnestie, fehlender Strafantrag bei abgelaufener Antragsfrist) mit der Wirkung eingestellt wird, dass es, wenn nicht neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, nicht wieder aufgenommen werden kann. Hierunter fällt, weil die letzte Voraussetzung fehlt, nicht die Einstellung wegen fehlenden Gerichtsstandes (§ 12) 7 7 und die
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OLG Hamm NJW 1954 86; OLG Frankfurt StV 1985 375 mit Anm. Wendisch; KG JR 1989 344; OLG Düsseldorf NStZ 1999 585; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1998 174; allg. M. OLG Hamm NStZ 1981 34; OLG Karlsruhe NStZ 1981 192 (Teilfreispruch); KG StV 1986 539; s. auch Wendisch StV 1985 376 m.w.N.
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OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1998 174; OLG Düsseldorf MDR 1974 686; Schlächter 235; allg. M. BGHSt 14 66. OLG Karlsruhe NStZ 1981 192. 1SJRießls § 2 0 4 , 13a. Vgl. auch BGHSt 41 16; LG Mannheim StV 1985 287. KG GA 42 (1894) 147.
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Erklärung der Unzuständigkeit nach § 16 oder die vorläufige Einstellung 78 nach § 2 0 5 Abs. 1 wegen Abwesenheit. Wird das Verfahren mangels hinreichender Anklagekonkretisierung 7 9 eingestellt, so hat auch diese Einstellung nur vorläufigen Charakter jedenfalls dann, wenn mit der baldigen Erhebung einer ordnungsgemäßen Anklage zu rechnen ist. 8 0 Entsprechendes müsste im Falle des § 2 0 4 (Rn. 20) gelten, wenn die Eröffnung aus prozessualen Gründen abgelehnt wird und mit alsbaldiger Beseitigung des prozessualen Mangels zu rechnen ist. 81 22
Nach dem System der Vorschrift ist auszuschließen, dass das Gesetz auch die staatsanwaltschaftliche Einstellung (§ 170 Abs. 2 Satz 1) im Auge hat. Denn ihr kommt anders als dem Freispruch, der Ablehnung, das Hauptverfahren zu eröffnen, und der gerichtlichen Einstellung - keine beschränkte Rechtskraftwirkung zu. Auch sind die anderen Akte, mit denen die Aufhebung des Haftbefehls zu verbinden ist, gerichtliche, so dass das Gericht aus seiner eigenen Entscheidung eine vom Gesetz vorgeschriebene Folgerung ziehen muss. Bei diesen Verschiedenheiten kann dem Gesetz nicht die Anordnung entnommen werden, das Gericht müsse den Haftbefehl aufheben, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat. 8 2 Gleichwohl wird es regelmäßig dazu kommen, dass der Haftbefehl aufgehoben wird. Denn wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt, verneint sie den hinreichenden und damit erst recht den dringenden Tatverdacht. Alsdann muss sie beantragen, den Haftbefehl aufzuheben, und das Gericht muss diesem Antrag entsprechen (Absatz 3 Satz 1). Es ist nahezu ausgeschlossen, dass die Staatsanwaltschaft, wenn sie das Ermittlungsverfahren einstellt, nicht alsbald beantragt, den Haftbefehl aufzuheben. Sollte es doch einmal regelwidrig der Fall sein, hat das Gericht über einen Antrag des Beschuldigten, den Haftbefehl aufzuheben, nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden; ein Fall des § 120 Abs. 1 Satz 2 liegt nicht vor.
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Schließlich ist der Haftbefehl auch in den Fällen des § 154 Abs. 1 und 2 aufzuheben. Im ersteren Fall ist die Aufhebung die notwendige Folge der Verfahrensbeendigung seitens der Staatsanwaltschaft. Diese kann nicht von der Verfolgung der Tat, die die Grundlage des Haftbefehls bildet, absehen, gleichzeitig die Untersuchungshaft (zur Sicherung eben dieser Tat) aufrechterhalten. Die Staatsanwaltschaft wird daher in einem solchen Fall zugleich mit ihrer Verfügung, von der Verfolgung einer Straftat nach § 154 Abs. 1 abzusehen, den Antrag verbinden müssen, den Haftbefehl insoweit nach § 120 Abs. 3 aufzuheben. Hat das Gericht das Verfahren nach § 154 Abs. 2 vorläufig eingestellt, ist der Haftbefehl gleichfalls aufzuheben, weil es sich trotz der Formulierung nicht um eine vorläufige Einstellung nach § 120 Abs. 1 Satz 2 handelt. 83 Gleiches gilt für eine Maßnahme nach § 154b. 8 4
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4. Bagatelldelikte. Wie bei Freispruch angenommen wird, dass der dringende Tatverdacht weggefallen sei (Rn. 18), muss bei Verurteilung wegen einer Tat, die nur mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagen bedroht ist ( § 1 1 3 Abs. 1; § 113, 3), der dringende Tatverdacht wegen einer anderen Straftat verneint wer-
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Auf die Bezeichnung der Einstellung kommt es nicht an - vgl. OLG Karlsruhe J Z 1967 418. Zur Einstellung nach § 3 7 BtMG s. LG Hamburg StV 1996 389. Zur Einstellung wegen Mängel des Anklagesatzes vgl. Krause/Thon StV 1985 2 5 3 ; BGH GA 1973 111.
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BGH NStZ 1999 5 2 0 ; krit. dazu UURieß25 § 2 0 6 a , 64a. Zu Recht krit. hierzu UURieß25 § 2 0 4 , 13a. Krit. SKIPaeffgen 11. Vgl. die Erl. zu § 154. OLG Saarbrücken StV 1988 110 (zu § 154b Abs. 4 Satz 1).
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den. Die Untersuchungshaft darf dann lediglich wegen Fluchtgefahr und nur dann fortdauern, wenn die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 vorliegen. Ist das nicht der Fall, ist der Haftbefehl aufzuheben. Dasselbe gilt, wenn das Hauptverfahren abweichend von dem Antrag des Staatsanwalts (§ 2 0 6 , § 2 0 7 Abs. 2 Nr. 3) nur wegen einer in § 113 Abs. 1 bezeichneten Tat eröffnet wird. 5. Verfahren. Zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens haben Richter und Staatsanwalt zu prüfen, ob die Untersuchungshaft noch aufrechterhalten werden muss, der Staatsanwalt auch dann noch, wenn die Verfahrensherrschaft aufs Gericht übergegangen ist. Einen Zwang hierzu kann der Beschuldigte durch Haftprüfungsverfahren (§ 117) ausüben, doch ist stets unabhängig davon von Amts wegen darauf zu achten, ob die Untersuchungshaft weiterhin nötig ist. Ist das zu verneinen, hat die Staatsanwaltschaft zu beantragen, den Haftbefehl aufzuheben. Das Gericht hat die Haftfrage aber auch von Amts wegen zu prüfen und den Haftbefehl aufzuheben, wenn die Haftvoraussetzungen weggefallen sind oder die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der Sanktion, die zu erwarten ist, außer Verhältnis stehen würde. Die Entscheidung ergeht, nachdem die Staatsanwaltschaft gehört worden ist (§ 33 Abs. 2), durch Beschluss, der zu begründen ist (§ 34). Die Erl. insoweit in § 114, 15 ff. und § 122, 31 ff. gelten - entsprechend der jeweiligen Sachlage des Einzelfalles - sinngemäß; ein Haftfortdauerbeschluss muss sich also ggf. mit Verfahrensverzögerungen und der Einhaltung des Beschleunigungsprinzips befassen. 8 5 Wegen der Zuständigkeit s. § 126.
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Der den Haftbefehl aufhebende Beschluss ist durch Entlassung zu vollziehen. 8 6 Einer Vollstreckung (§ 36 Abs. 2 Satz 1) bedarf die Entscheidung nicht, weil keine Gewalt erforderlich ist, sie durchzuführen (§ 36, 21). Daher findet § 36 Abs. 2 Satz 1 keine Anwendung. Das Gericht hat vielmehr, ggf. durch seine Geschäftsstelle, die Entlassung selbst zu veranlassen und den Beschluss dem Beschuldigten formlos und der Staatsanwaltschaft durch Aktenübersendung mitzuteilen.
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Die Anstalt hat den Verhafteten, gegen den kein Haftbefehl mehr besteht, unverzüglieh zu entlassen. Sie kann ihn nicht zwangsweise für den Zeitraum zurückhalten, der erforderlich ist, ihm Sachen auszuhändigen, ihn darüber quittieren zu lassen usw. Ist eine Gesundheitsuntersuchung erforderlich, so kann sie durchgeführt werden, wenn das sofort möglich ist und der Beschuldigte zustimmt. 8 7 Der Verhaftete darf jedenfalls nicht gegen seinen Willen zurückgehalten werden, weil der Arzt etwa erst später oder nur zu einer besonderen Stunde zur Verfügung steht. Bei den Entlassungsformalitäten ist der Entlassene als freier Mann zu behandeln und anzureden. Er muss sich in den Anstaltsbetrieb einordnen, kann aber nicht mehr mit Hausstrafen belegt werden. Befindet er sich zur Zeit der Entlassung außerhalb des Anstaltsgeländes, etwa im Gerichtssaal, so darf er, wenn er - wie ganz regelmäßig - Zivilkleidung trägt, nicht gegen seinen Willen mit Gewalt in die Anstalt zurückgeführt werden, um dort die Entlassungsformalitäten zu erledigen. 8 8 Es steht ihm frei, seine Sachen am Eingang der Untersuchungshaftanstalt in Empfang zu nehmen. 8 9
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Vgl. BVerfG StraFo 2006 196; StV 2006 251. Vgl. Nr. 55 RiStBV, auch zum Fall der Überhaft. S. auch Schlothauer/Weider 923 (Rechtsgrundlage fehlt).
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LG Berlin NStZ 2002 497; KKIBoujong 18; Stahl StraFo 2001 261; h.M.; a.A. Kaiser NJW 1967 866. Merz NJW 1961 1852.
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Ist der Verhaftete am Abend zu entlassen und hat er keine Bleibe und auch kein Geld, eine Übernachtung zu bezahlen, darf ihn die Anstalt, wenn er es wünscht, bis zum anderen Morgen beherbergen. Auch dann ist er ein freier Mann, und zwar der Anstaltsordnung, nicht aber der Anstaltsgewalt unterworfen; notfalls muss er gegen seinen Willen entlassen werden. Da das zu Misshelligkeiten führen kann, empfiehlt es sich, solche Fälle dadurch zu vermeiden, dass rechtzeitig das Sozialamt oder die Entlassenenfürsorge zu Vorsorgemaßnahmen veranlasst wird.
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6. Rechtskraft. Vgl. dazu Vor § 112, 57.
ΙΠ. Beschwerde (Absatz 2) 30
1. Allgemeines. Gegen den den Haftbefehl aufhebenden Beschluss ist, sofern er nicht von einem Strafsenat als Rechtsmittelgericht ergeht (§ 304 Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz), Beschwerde zulässig, auch - weil er eine Entscheidung über die Verhaftung darstellt - wenn er der Beschluss eines erkennenden Gerichts ist (§ 305 Satz 2). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§ 307 Abs. 1). Die nach den allgemeinen Vorschriften gegebene Befugnis des Gerichts, den Vollzug der angefochtenen Entscheidung auszusetzen (§ 307 Abs. 2), ist durch Absatz 2 ausdrücklich ausgeschlossen, 90 gleichgültig ob die Beschwerde allein eingelegt oder ob sie mit einer Anfechtung der zu Rn. 19 ff. aufgeführten Entscheidungen verbunden wird. Absatz 2 gilt jedoch nicht, wenn der Haftbefehl nur außer Vollzug gesetzt wird; dann ist § 307 Abs. 2 anwendbar.91
31
Gegen den einen Haftbefehl aufhebenden Beschluss des Landgerichts oder des erstinstanzlich entscheidenden Oberlandesgerichts (§ 120 Abs. 3 und 4 GVG) findet, weil er die Verhaftung betrifft (§ 310 Abs. 1), weitere Beschwerde statt. Zwar hat die weitere Beschwerde ihren Grund im Schutze des Beschuldigten. Aus diesem Gesetzeszweck könnte man schließen, dass der Staatsanwaltschaft die weitere Beschwerde nicht zustehe. Indessen ist der Wortlaut nicht auf eine Beschwerde des Beschuldigten beschränkt. Da er eindeutig ist, bleibt für eine einschränkende Auslegung kein Raum. Daher ist die Staatsanwaltschaft (§ 296) beschwerdeberechtigt (§ 114, 37). Der Beschuldigte hat mangels Beschwer kein Beschwerderecht; ebenso nicht der Nebenkläger (§ 114, 37). 9 2 Für die Beschwerde gegen die Ablehnung, einen Haftbefehl aufzuheben, ergeben sich keine Besonderheiten.
32
Absatz 2 gilt für alle Fälle, in denen ein Haftbefehl aufgehoben wird, nicht nur für die Aufhebung beim Freispruch und bei diesem gleichstehenden Entscheidungen. 93 Die Bestimmung ist nicht unbedenklich (vgl. die andersartige Regelung in § 454 Abs. 2 Satz 2) und für die Fälle von Absatz 1 Satz 1 auch zuweilen misslich. Für den Freispruch und die ihm gleichstehenden Entscheidungen ist sie eher hinzunehmen, namentlich wenn man im Auge behält, dass manche Rechtsordnungen Rechtsmittel gegen freisprechende Entscheidungen schlechthin ausschließen. 94
90 91
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KKJBoujong 19; h.M. KKJBoujong 19; Meyer-Goßner 12; AK/Krause 12; krit. S K / P a e f f g e n 12. OLG Frankfurt StV 1995 5 9 4 .
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KKJBoujong 19; Luckhaupt MDR 1974 551; a.A. OLG Koblenz MDR 1974 596. Krit. auch KKJBoujong 19.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 120
2 . Entscheidung des Beschwerdegerichts. Das Beschwerdegericht überprüft die EntScheidung vollständig und hat dabei seine Erwägungen an die Stelle derjenigen des Vorderrichters zu setzen. 95 Bei seiner Entscheidung hat es auch neu bekanntgewordene Tatsachen zu berücksichtigen. Den Freispruch oder die ihm gleichstehenden Entscheidungen kann es jedoch nicht überprüfen; es ist vielmehr an die gesetzliche Vermutung gebunden, dass der dringende Tatverdacht entfallen ist. 9 6 In den zu Rn. 19 ff. aufgeführten Fällen muss daher eine Beschwerde grundsätzlich wirkungslos bleiben (Ausnahme Rn. 35).
33
War dagegen der Haftbefehl aus sonstigen Gründen aufgehoben, kann das Beschwerdegericht den aufhebenden Beschluss des Vorderrichters seinerseits aufheben und damit dem Haftbefehl wieder Wirksamkeit verleihen, wenn etwa die Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil, dessen Strafe der Vorderrichter zur Bewährung ausgesetzt hat, Berufung mit dem Ziel eingelegt hat, die Strafaussetzung zu beseitigen. 97 Dabei kann es den Haftbefehl auch umstellen, indem es etwa an die Stelle eines vom Vorderrichter zu Recht verneinten Betrugsverdachts den von diesem übersehenen Verdacht einer Urkundenfälschung setzt, oder indem es anstelle zu Recht als weggefallen angesehener Verdunkelungsgefahr entgegen der Ansicht des Vorderrichters Fluchtgefahr annimmt (§ 114, 4 7 ) .
34
3 . Neue Haftgründe. Durch den Freispruch und die ihm gleichstehenden gerichtliehen Entscheidungen wird die gesetzliche Vermutung begründet, die Haftvoraussetzungen seien entfallen oder die Untersuchungshaft stehe auf jeden Fall zu der zu erwartenden Sanktion nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis (Rn. 18). Diese Vermutung kann durch neue Tatsachen oder durch neue Beweismittel widerlegt werden 9 8 (Gleiches gilt für einen Schuldspruch in der nächsten Instanz oder nach Rückverweisung). Werden sie alsbald nach Freispruch usw. bekannt (Geständnis nach Urteilsverkündung), dann ist trotz
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des Freispruchs der Aufhebungsgrund des Absatzes 1 Satz 2 nicht gegeben. Ergeben sie sich, nachdem der Haftbefehl aufgehoben worden ist, dann kann das Beschwerdegericht die aufhebende Entscheidung des Vorderrichters beseitigen oder dieser einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft abhelfen. In der Regel werden neue Tatsachen oder neue Beweismittel erst nach einiger Zeit hervortreten. Auch dann kann die Staatsanwaltschaft, weil das Beschwerdegericht die neuen Umstände berücksichtigen muss, noch den Weg der Beschwerde wählen; doch wird es in der Regel angemessener sein, einen neuen Haftbefehl zu beantragen. In Berufungssachen wird die Staatsanwaltschaft diesen regelmäßig erst in Verbindung mit dem Antrag auf Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Verurteilung des Angeklagten stellen. Die neuen Tatsachen oder Beweismittel haben außer Betracht zu bleiben, wenn mit dem freisprechenden oder einstellenden Urteil ein Revisionsgericht befasst wird, dem deren Beurteilung verschlossen ist. Der Umstand, dass das Revisionsgericht das Urteil aufheben könnte und die nova dann doch noch Bedeutung erlangen könnten, ist so unge-
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Zu Einschränkungen s. § 112, 20. Krit. zur obergerichtlichen Rspr. z.B. Münchhalffeti FS Rieß 357. OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1998 174; OLG Hamm NJW 1954 86; KK/Boujong 19. OLG Koblenz MDR 1974 696; KK/Boujong 19; krit. Luckhaupt MDR 1974 550. Vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1992 1173.
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OLG Karlsruhe NJW 1970 439; NStZ 1981 192; OLG Düsseldorf MDR 1974 686; OLG Hamm NStZ 1981 34; KG StV 1986 539; JR 1989 344; OLG Schleswig bei Lorenzen/ Schiemann SchlHA 1998 174; KKIBoujong 20; Meyer-Goßner 10; Wendisch StV 1985 376; h.M.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
wiss, dass er keinen Haftbefehl stützen k a n n . " Wird die Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2), kann die nun zuständige Tatsacheninstanz die neuen Tatsachen oder Beweismittel für eine Haftentscheidung berücksichtigen, 100 hat dabei aber auch die Gründe der Revisionsentscheidung zu beachten. 37
Die Vermutung, die Haftvoraussetzungen seien weggefallen, kann nicht dadurch ausgeräumt werden, dass das gleiche oder ein höheres Gericht unveränderte Tatsachen anders würdigt oder die Rechtslage anders beurteilt, als es das freisprechende Gericht beim Freispruch oder den ihm gleichstehenden Entscheidungen getan hatte. 101 Die Vermutung besteht grundsätzlich, wenn neue Tatsachen oder (und) Beweismittel fehlen, auch dann weiter, wenn der Freispruch (die Einstellung) durch das Rechtsmittelgericht kassiert wird, solange kein Schuldspruch erfolgt. 102 Die gegenteilige Ansicht, der Angeklagte sei nicht mehr freigesprochen, wenn das freisprechende Urteil aufgehoben worden sei, 103 übersieht, dass der Gesetzgeber das Aufhebungsgebot an die Tatsache eines freisprechenden Urteils knüpft. Mag auch das freisprechende Urteil aufgehoben werden, so bleibt doch der Umstand, dass der Angeklagte freigesprochen worden ist, bestehen und mit ihm der tragende Grund für die Sperrwirkung. Die Dringlichkeit des Tatverdachtes bleibt normativ widerlegt, zumal § 120 nicht auf einen Bestand des Freispruches abstellt, bis Nova (neue Tatsachen oder Beweismittel oder ein Schuldspruch) die Sachlage ändern.
38
Im Wiederaufnahmeverfahren besteht dieser Grund nicht, wenn es zuungunsten des Verurteilten auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel betrieben wird (§ 362 Nr. 1, 2, 4). Dieses Verfahren ist vom Zulassungsbeschluss (§ 369 Abs. 1) an ein neues Ermittlungsverfahren, so dass auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel ein neuer Haftbefehl ergehen kann (§ 112, 11).
IV. Aufhebung auf Antrag der Staatsanwaltschaft (Absatz 3) 39
1. Inhalt. Im Ermittlungsverfahren ist die Staatsanwaltschaft besser als das nur gelegentlich beteiligte Gericht über das Verfahren und dessen Aussichten unterrichtet und daher am ehesten in der Lage, zu beurteilen, ob die Untersuchungshaft noch notwendig ist oder ob sie entbehrt werden kann. Die Verfahrenskenntnis gäbe allerdings keine Grundlage, das Gericht (§ 126a, Abs. 1, § 169 Abs. 1) an einen Aufhebungsantrag der Staatsanwaltschaft zu binden, wie das in Absatz 3 Satz 1 geschieht. Die dort verordnete
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OLG Düsseldorf MDR 1974 686; MeyerGoßner 10; Kleinknecht/Janiscbowsky 235; a.A. KKJBoujong 2 0 für den Fall offensichtlich begründeter Revision; KMR/Wankel 5. KKJBoujong 2 0 ; Wendisch StV 1985 377. OLG Hamm NStZ 1981 34; OLG Karlsruhe NStZ 1981 192; KG StV 1986 5 3 9 ; J R 1989 344; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1998 174; KKJBoujong 20. SKJPaeffgen 11; Paeffgen NStZ 1989 4 2 3 ; AK/Deckers Vorbem. 13; Eb. Schmidt Nachtr. I 27; Schlothauer/Weider 1085; vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1974 687; Wendisch StV 1985 377.
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H.M.: z.B. OLG Karlsruhe Justiz 1979 2 3 4 ; OLG Hamm NStZ 1981 34; OLG Frankfurt StV 1985 375 mit diff. Anm. Wendisch (jedenfalls Sperrwirkung bei Rückverweisung wegen Verfahrensfehlers); OLG Köln StV 1996 389; KKJBoujong 21; Meyer-Goßner 11; AK/Krause 13; KMR/Wankel 5; Wankel 125. Zum Teil: auch nach Aufhebung des Freispruchs sei die Berücksichtigung aller Umstände für die Haftentscheidung erforderlich - vgl. KKJBoujong 21; Wendisch StV 1985 377.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§120
Bindung beruht vielmehr auf der Verfahrensherrschaft, die im Ermittlungsverfahren dem Staatsanwalt zusteht. 104 Zwar kann diese Herrschaft nicht ausreichen, dem Staatsanwalt die Befugnis zu verleihen, selbst Anordnungen zu treffen, die in die Rechte des Beschuldigten eingreifen (Beispiel: Haftbefehl); solche Entscheidungen müssen dem Richter vorbehalten bleiben. Die Verfahrensherrschaft rechtfertigt es aber, es vom Antrag des Staatsanwalts abhängig zu machen, ob solche Anordnungen ergehen sollen, welchen Umfang sie haben und wie lange sie bestehen dürfen. Absatz 3 ist nur eine der vielfältigen Auswirkungen dieses Grundsatzes. Die Vorschrift gewinnt namentlich Bedeutung, wenn die Polizei einen Verhafteten, damit die Frist gewahrt werde, dem Richter beim Amtsgericht unmittelbar zuführt und dieser, weil kein Staatsanwalt erreichbar ist, von Amts wegen einen Haftbefehl erlassen hat (§ 128 Abs. 2 Satz 2) und bei der Erweiterung des Haftbefehls, die wie der Erlass eines neuen zu behandeln ist (§ 114, 48), im Beschwerdeverfahren (§ 114, 50). Die Bindungswirkung bezieht sich nur auf einen Antrag, den Haftbefehl aufzuheben. Das Aussetzen des Vollzugs eines Haftbefehls (§ 116) ist gegenüber seiner Aufhebung das Mindere. Gleichwohl ist ein Antrag der Staatsanwaltschaft, den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen, dem Antrag, den Haftbefehl aufzuheben, in der Bindungswirkung nicht gleichgestellt. 105 Diese klare gesetzgeberische Entscheidung kann nicht durch Auslegung, sondern nur durch den Gesetzgeber geändert werden. Die weitergehende Auffassung, 106 die § 120 Abs. 3 auch auf § 116 anwendet, mag zwar zu einem wünschenswerten Ergebnis führen. Ihre Begründung ist jedoch methodisch zumindest sehr problematisch. Die Lösung beruht nämlich auf einem Analogieschluss (a majore ad minus/„erst recht"), die hierfür erforderliche (durch Analogie zu füllende) Gesetzeslücke 107 ist jedoch nicht ersichtlich. Durch Absatz 3 werden die Befugnis und die Verpflichtung des zuständigen Richters nicht berührt, einen Haftbefehl auch entgegen einem Antrag des Staatsanwalts von Amts wegen aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft weggefallen sind.
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2. Zeitpunkt. Der Haftbefehl ist aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es beantragt, solange ihr die Verfahrensherrschaft zusteht, d.h. bis zur Erhebung der öffentlichen Klage (SS 199 Abs. 2 Satz 1; 2 0 0 ; 2 6 6 Abs. 2; 4 0 7 Abs. 1; 418 Abs. 3).
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Die bindende Wirkung des staatsanwaltschaftlichen Antrags endet mit der Klageerhebung. Daher kann der Antrag nur an den Richter beim Amtsgericht (§ 126 Abs. 1), den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs oder des Oberlandesgerichts (§ 169) oder an die diesen Richtern übergeordneten Beschwerdegerichte (S 73 Abs. 1, § 120 Abs. 3 und 4, S 135 Abs. 2 GVG) gerichtet werden. Aus diesem Grund kann ein mit der Anklage verbundener Antrag, den Haftbefehl aufzuheben, das mit der Anklage angerufene Gericht nicht binden. 1 0 8 Wird allerdings Klage bei einem Strafrichter erhoben, der zugleich Haftrichter (§ 125 Abs. 1) ist, dann ist der mit ihr verbundene Antrag, den Haftbefehl aufzuheben, für den Strafrichter noch bindend. Denn die Gesetze sind sinn-
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Schlüchter 236; Wittschier NJW 1985 1324. OLG Düsseldorf StV 2001 4 6 2 mit abl. Anm. Schlothauer; AG Stuttgart NStZ 2 0 0 2 391; KKIBoujong 23; Meyer-Goßner 13; Wanke! 97; Sommermeyer NJ 1992 341; h.M.; krit. SYUPaeffgen 13. BGH (Ermittlungsrichter) NJW 2 0 0 0 9 6 7
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mit zust. Anm. Rinio NStZ 2 0 0 0 547; Nehm FS Meyer-Goßner 2 9 0 ; Schlothauer/ Weider 792; HKJLemke § 116, 8; Pollähne Recht und Psychiatrie 2 0 0 3 60. Vgl. Lüderssen/Jahn Einl. Rn. Μ 41 ff. KKIBoujong 24; Meyer-Goßner 13; h.M.
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voll auszulegen, und es kann nicht verlangt werden, dass der Staatsanwalt zwei getrennte Schriftstücke kurzfristig nacheinander abgibt. 1 0 9 43
3. Antrag. Den Antrag, den Haftbefehl aufzuheben, braucht die Staatsanwaltschaft nicht zu begründen; sie wird das aber tun, wenn ihre Gründe für die weitere Bearbeitung bedeutsam sind oder wenn sonst erwünscht ist, dass sie aktenkundig werden. Der Antrag wird in der Regel beim Richter beim Amtsgericht gestellt werden, doch ist auch ein im Verfahren des § 122 ans Oberlandesgericht oder im Beschwerdeverfahren an das Beschwerdegericht gerichteter Antrag bindend. Er kommt z.B. in Betracht, wenn der Richter beim Amtsgericht Absatz 3 übersehen hat; wenn eine Haftsache auf weitere Beschwerde des Beschuldigten ans Oberlandesgericht gelangt und der Generalstaatsanwalt ihr beitritt; oder wenn das Beschwerdegericht einen Haftbefehl ohne Gehör der Staatsanwaltschaft umgestellt hat (§ 114, 50) und die Staatsanwaltschaft der Umstellung nicht zustimmt, sondern die Entlassung des Verhafteten für geboten erachtet. Der letzte Fall ist unerwünscht; die Gerichtspraxis kann ihn dadurch vermeiden, dass sie die Staatsanwaltschaft hört.
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Die gerichtliche Entscheidung ist ein Formalakt ohne Sachprüfung. Wenn auch die Ansicht der Staatsanwaltschaft bindend ist, so ist doch eine gerichtliche Entscheidung erforderlich, weil der Staatsanwaltschaft keine Verfügung über den gerichtlichen Haftbefehl eingeräumt werden kann. Die gerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, dass die öffentliche Klage nicht erhoben ist und dass ein Antrag der Staatsanwaltschaft vorliegt, den Haftbefehl aufzuheben. Zur Begründung (§ 34) genügen die Worte „auf Antrag der Staatsanwaltschaft".
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Der Antrag wirkt bei gleicher Sachlage fort, bis die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage erhoben hat. 1 1 0 Daher darf, auch wenn kein Staatsanwalt zu erreichen ist (§ 125 Abs. 1), der Richter beim Amtsgericht, der die (unveränderte) Sachlage anders als der Staatsanwalt beurteilt, keinen neuen Haftbefehl erlassen. 111 Werden dem Richter jedoch neue Tatsachen (Fluchtvorbereitungen) bekannt, ist er nicht gehindert, einen neuen Haftbefehl von Amts wegen zu erlassen, wenn sowohl kein Staatsanwalt zu erreichen ist, als auch Gefahr im Verzug (§ 125, 10, 11) vorliegt. 112
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4. Freilassung. Beantragt die Staatsanwaltschaft nach Satz 1, den Haftbefehl aufzuheben, dann ist sie der Ansicht, der Beschuldigte sei zu Unrecht in Haft. Im Hinblick auf ihre Verfahrensherrschaft muss ihr alsdann die Befugnis zustehen, den Beschuldigten alsbald zu entlassen. Dazu räumt ihr Satz 2 die Fähigkeit ein, gleichzeitig mit ihrem Antrag anzuordnen, dass der Verhaftete freizulassen ist. Weil wegen der Bindungswirkung die Entscheidung des Gerichts nicht zweifelhaft sein kann, hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung stets zu treffen. Das Wort „kann" will nur klarstellen, dass die Staatsanwaltschaft zu dem Eingriff in die richterlich angeordnete Haft befugt ist, hat aber nicht den Inhalt, dass die Staatsanwaltschaft mit der Entlassung warten dürfte, bis das Gericht entschieden hat. 1 1 3 Dass sich Satz 2 nur auf den Antrag nach Satz 1 bezieht, also nicht gilt, wenn die Staatsanwaltschaft öffentliche Klage erhoben hat, ist nach dem Zusammenhang zweifellos. 114
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A.A. KKIBoujong 2 4 ; Meyer-Goßner 13 (auch dann nicht bindend); Lobe/Alsberg § 1 2 6 , 2 (mit Anklage verbundener Antrag stets bindend); vgl. auch S K / P a e f f g e n 13. Lobe/Alsberg § 126, lb.
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KYJBoujong 27. A.A. KKIBoujong 27. KKJBoujong 2 8 ; Meyer-Goßner auch Nr. 17 UVollzO. Peters § 4 7 A VI 1.
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14. Vgl.
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§121
§121 (1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. (2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet. (3) 'Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. 2 H a t die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. 3 Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung. (4) *In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. 2 In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof. Schrifttum Bartsch Richtermangel und Dauer der Untersuchungshaft, NJW 1973 1303; Burhoff Die besondere Haftprüfung durch das OLG nach den §§ 121, 122 StPO - eine Übersicht anhand neuerer Rechtsprechung mit Hinweisen für die Praxis, StraFo 2000 109; ders. Untersuchungshaft des Beschuldigten - eine Übersicht zur neueren Rechtsprechung, StraFo 2006 51; Carstensen Dauer von Untersuchungshaft, Kriminologische Forschungen, Bd. 13 (1981); Dünnebier Bemerkungen zum Verfahren des Oberlandesgerichts nach §§ 121, 122 StPO, JZ 1966 251; Fahl Auf welche Weise läßt sich der „Reservehaltung" von Haftbefehlen vorbeugen? JR 1997 177; Franzheim Der Begriff „dieselbe Tat" in § 121 Abs. 1 StPO, NJW 1967 1557; Happel Aufhebung des Haftbefehls nach § 121 StPO, StV 1986 501; Hilger Der Begriff „derselben Tat" in § 121 Abs.l StPO im Lichte der Rechtsprechung des EGHMR zu Art. 5 Abs. 3 Satz 2 EMRK, Gollwitzer-Koll. 65; Hoffmann Beurteilungsspielräume der Staatsanwaltschaft als prozessuales Prinzip - eine Schranke auch bei der Haftprüfung nach den §§ 121 ff. StPO? NStZ 2002 566; E. Kaiser Die Bedeutung des oberlandesgerichtlichen Prüfungsrechts gemäß § 121 StPO, NJW 1966 434; Knauth Ruht der Fristenlauf des § 122a während der Hauptverhandlung? DRiZ 1978 337; Lange Neue Maßstäbe für die Berechnung der Haftprüfungsfrist bei verschiedenen nacheinander vollzogenen Haftbefehlen, NStZ 1998 606; Mehling Die Sechsmonatsfrist in § 121 StPO, NJW 1966 142; Meinen Berücksichtigung von Opferinteressen im Rahmen der Haftentscheidung nach § 121 StPO, NStZ 1997 110; Paeffgen Apokryphe Haftverlängerungsgründe in der Rechtsprechung zu § 121 StPO, NJW 1990 537; Prüllage Zur Dauer der Untersuchungshaft, DRiZ 1979 278; Pusinelli Die weitere Prüfung der Fortdauer der Untersuchungshaft nach § 121 Abs. 1 StPO, NJW 1965 96; Rebmann Der Begriff „dieselbe Tat" in § 121 Abs. 1 StPO, NJW 1965 1752; Rieß Die besondere Haftkontrolle der Oberlandesgerichte nach den §§ 121, 122 StPO - Funktionen und Konsequenzen StraFo 1999 397; Rosenthal § 121 Die Verkürzung der Dauer der Untersuchungshaft, Diss. München 1975; Sack Sechsmonatsfrist des § 121 StPO und „kontinuierlicher Freiheitsentzug", NJW 1975 2240; Eb. Schmidt Die oberlandesgerichtliche Kontrolle der Dauer der Untersuchungshaft, NJW 1968 2209; Gerhard Schmidt Die Untersuchungshaft im schwedischen Strafprozeß, ZStW 74 (1962) 623; Schnarr Besonderheiten des Rechtsinstituts der Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO und der Widerstreit richterlicher Kompetenzen im Rahmen dieses Verfahrens, MDR 1990 89; Seebald Zur Verhältnismäßigkeit der Haft nach
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§121
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erstinstanzlicher Verurteilung, N J W 1 9 7 5 2 8 ; Seetzen Untersuchungshaft und Verfahrensverzögerung insbesondere nach erstinstanzlicher Hauptverhandlung, Z R P 1 9 7 5 2 9 ; Starke Probleme der Fristberechnung nach § 121 StPO, StV 1 9 8 8 2 2 3 ; Summa Der Tatbegriff i.S. des § 121 I StPO, N S t Z 2 0 0 2 6 9 ; Temming/Lange Die Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO: Armutszeugnis für die Justiz? NStZ 1 9 9 8 6 2 ; Vöcking Die oberlandesgerichtliche Kontrolle gem. § 121 StPO, Diss. Mainz 1977.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift ist eingefügt durch Art. 1 StPÄG 1 9 6 4 , um damit der Forderung in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 E M R K zu genügen (Begr., BTDrucks. IV 178, S. 2 5 ) . In der Regierungsvorlage hatte der Bedingungssatz am Schluss des ersten Absatzes folgenden Wortlaut: „wenn ... die Schwierigkeit der Untersuchung oder wichtige Belange der Strafrechtspflege die Fortdauer der Haft erfordern". Dadurch kam der Grundsatz zum Ausdruck, dass die Untersuchungshaft nicht mehr vollzogen werden dürfe, wenn es möglich gewesen wäre, innerhalb von sechs Monaten zur Hauptverhandlung zu kommen, und die Ausnahme, dass auf den Haftvollzug gleichwohl nicht verzichtet werden sollte, wenn wichtige Belange der Strafrechtspflege den weiteren Vollzug erfordern, z.B. wenn das Verfahren gegen einen Schwerverbrecher falsch behandelt worden war. Die Ausnahme ist in den Beratungen des Rechtsausschusses gefallen. Dort hat die Vorschrift auch die jetzige Fassung erhalten. Absatz 4 ist neu gefasst worden durch Art. 2 Nr. 1 StaatsschStrafsG. Zu den im StVÄG Ε 1 9 8 4 vom BRat vorgeschlagenen Änderungen der §§ 121, 122 vgl. die Erl. in der 2 4 . Auflage.
Übersicht Rn. I. Übersicht 1. Inhalt 2. Keine Geltung 3. Charakter 4. Kritik 5. Nato-Truppenstatut
1 3 5 . .
IL Haftbegrenzung (Absatz 1) 1. Frist 2. Tatbegriff 3. Dieselbe Tat ΠΙ. Ruhen der Frist (Absatz 3) 1. Grundsatz 2. Nach Vorlage (Satz 1) 3. Während der Hauptverhandlung (Satz 2) 4. Aussetzung der Hauptverhandlung (Satz 3) 5. Ende der Beschränkung
10 14 15 17 18 19 21
Rn. IV. Verlängerungsvoraussetzungen (Absatz 1) 1. Schwierigkeit und Umfang der Ermittlungen 2. Wichtiger Grund V. Fortsetzung; Rechtfertigung der Haftfortdauer 1. Grundsatz 2. Verhalten des Beschuldigten oder seines Verteidigers a) Beschuldigter b) Verteidiger 3. Verhalten des Personals 4. Geschäftslage 5. Personalmangel VI. Entscheidung nach Fristablauf (Absatz 2) VII. Besondere Zuständigkeiten (Absatz 4)
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Alphabetische Übersicht Abtrennung 16 Abwägungskriterien 1, 2, 26 ff., 29 ff Andere Tat 14 ff., 28 Anwendungsbereich 6 , 1 0 ff. Apokryphe Gründe 8 Aufhebung des Haftbefehls 20
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Ausgleichende Beschleumgungsmaßnahmen 32 Aussetzung 21, 40 Bedeutung der Haftdauer 29 Beschränkter Haftbefehl 16 Beschränkung der Aufklärung 30 ff., 39
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26 28
29
34 37 40 42 43 45 48
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme Ruhen der Frist 17 ff. Sachverständige 27, 35, 4 0 Sonstige Schwierigkeiten 27, 2 8 , 3 4 ff. Staatsschutzsachen 4 8 Strafverfolgungsbehörden 7, 2 8 , 3 0 , 33, 4 2 StVollzG 12 Tatbegriff 14 ff., 16 Überhaft 16a Umgehungen 14 ff. Unabwendbarkeit der Schwierigkeiten 3 0 ff. Unanwendbarkeit 3 Ungehorsamshaft 3, 4 , 12, 4 7 Unterbringungsbefehl 12 Urteil 19 ff., 2 2 , 2 4 , 4 7 Verfahrensgestaltung 3 0 ff. Verfahrensidentität 14 ff. Verfahrenssabotage 38 Verhältnismäßigkeit 1, 5 , 2 2 , 2 9 Verteidigungsstrategien 38 Voraussetzungen 1, 2 , 10, 2 6 ff., 2 9 ff. Vorführung 4 , 4 7 Vorrang der Haftsache 41
Dieselbe Tat 14 ff. Eingang der Akten 18 Einlieferungshaft 12 Ende der Beschränkung 19, 2 0 , 2 2 ff., 2 4 Entscheidung des O L G 18, 2 2 , 4 5 Erkrankungen 2 8 , 36 Erlass des Haftbefehls 10 Ermittlungen anderer Taten 2 8 Ermittlungen 2 6 ff., 3 0 , 4 0 Extensive Anwendung 1 0 , 1 2 , 1 6 Falsche Angaben 36 Festnahme 13 Frist 10 ff., 1 3 , 1 4 , 17 ff., 4 5 Geschäftslage 3 0 , 4 2 , 4 4 Großverfahren 31 Haftzeitberechnung 10 ff., 1 2 , 1 3 , 1 4 , 2 2 Hauptverhandlung 1 9 , 4 0 Höchstgrenze 8 , 2 9 Jugendrecht 3 , 1 2 , 2 3 Justizgewährungspflichten 3 0 ff., 4 0 ff., 4 2 Justizversäumnisse 3 0 , 4 0 ff. Kausalität 3 3 , 3 8 , 4 1 Kompensation 32 Kritik 8
Wahrnehmung prozessualer Rechte 27, 3 4 ff., 3 7 ff. Wichtiger Grund 2 8 Wirkung der Begrenzung 7 Zurechnungsfragen 5 , 2 8 , 33, 3 8 , 4 1 § 2 3 0 Abs. 2 16a
Nato-Truppenstatut 9 Neuer Haftbefehl 4 6 ff. Personahnangel 3 0 , 4 3
I. Übersicht 1. Inhalt. Die Vorschrift trägt dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, insbesondere 1 dass dieses der Haftdauer unabhängig von der zu erwartenden Sanktion Grenzen setzt, sowie Art. 5 Abs. 3 Satz 2 und 3 EMRK Rechnung.1 Nach diesen Bestimmungen der EMRK hat der Beschuldigte Anspruch, innerhalb angemessener Frist abgeurteilt oder gegen Sicherheitsleistung aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden. Dieses Recht erfährt seine nationale Ausgestaltung in den §§ 121, 122 in der Weise, dass der Vollzug der Untersuchungshaft grundsätzlich auf sechs Monate begrenzt wird und allein durch das Oberlandesgericht verlängert werden kann. Die Dauer der Untersuchungshaft wird nicht wie in § 112 Abs. 1 Satz 2 und in § 120 Abs. 1 zweiter Halbsatz in ein Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung gesetzt, sondern in ein Verhältnis zu der Schwierigkeit der Erledigung und zu anderen wichtigen Gründen.2 Damit kommt auch zum Ausdruck, dass der
1
Vgl. E G M R S t V 2 0 0 5 1 3 6 u n d 2 0 0 6 4 7 4 ,
hoff S t r a F o 2 0 0 6 5 1 ff.; s. a u c h Ambos
jeweils mit A n m . Pauly; N J W 2 0 0 1 2 6 9 4 ;
2 0 0 3 1 5 ; die Richtlinien der G e n e r a l s t a a t s a n -
E u G R Z 2 0 0 1 3 9 1 ; 1 9 9 3 3 8 4 ; BVerfGE 2 0 4 9 ;
w ä l t e d e r L ä n d e r z u r beschleunigten B e a r b e i -
BVerfG N J W 1 9 9 1 6 8 9 ; 1 9 9 1 2 8 2 1 ; 1 9 9 4 2 0 8 1 ; S t V 1 9 9 4 5 8 9 m i t A n m . Paeffgen
NStZ
tung v o n H a f t s a c h e n .
NStZ
1 9 9 6 7 4 ; S t V 1 9 9 7 5 3 5 ; 1 9 9 9 3 2 8 und 1 6 2 ;
2
Vgl. d a z u O L G H a m m S t V 2 0 0 6 4 8 1 , 4 8 2 ; O L G Düsseldorf N S t Z - R R 2 0 0 0 2 5 0 ; M D R
2 0 0 0 3 2 2 ; N J W 2 0 0 0 1 4 0 1 ; 2 0 0 3 2 8 9 5 ; StV
1 9 9 2 7 9 6 m i t A n m . Paeffgen
2 0 0 3 3 0 ; vgl. a u c h B G H S t 3 8 4 3 ff.; O L G
O L G F r a n k f u r t N S t Z - R R 1 9 9 6 2 6 8 (Aufhe-
NStZ 1993 580;
Düsseldorf StraFo 2 0 0 6 2 4 ; O L G Köln StV
bung a u c h d a n n , w e n n H a f t n o c h verhältnis-
1 9 9 2 5 2 4 ; Starke
m ä ß i g W ä r e ) ; Rieß J R 1 9 8 3 2 6 1 .
1 9 9 9 3 9 7 ; Gehrlein
S t V 1 9 8 8 2 2 3 ; Rieß
StraFo
F S B o u j o n g 7 5 8 ff.;
Bur-
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft als einer vorläufigen Maßnahme schlechthin Grenzen setzt (Vor § 112, 31). Eine Fortdauer der Haft kann daher, wenn ein wichtiger Grund fehlt (vielmehr ein schwerwiegender verzögernder Verfahrensfehler anzunehmen ist), nicht damit gerechtfertigt werden: es handele sich um eine schwerwiegende Straftat und (oder) die Haftdauer sei insgesamt noch verhältnismäßig 3 (Rn. 6). 2
Jene wichtigen Gründe müssen nicht nur dem Urteil entgegenstehen (Rn. 26), sondern auch die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen (Rn. 29). 3 a Bei dieser Verbindung der beiden Voraussetzungen bietet die - auf den ersten Blick nicht völlig einsichtige Gegenwartsform (wenn ... Schwierigkeiten ... das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen) der Auslegung kein Hindernis: Die Schwierigkeiten usw. müssen im Zeitpunkt der Prüfung (gegenwärtig) bestehen oder wenigstens bis zu einem Zeitpunkt bestanden haben, der so viel Zeit vor der Prüfung liegt, als notwendig ist, nahezu zum Urteil zu kommen. In beiden Fällen lassen sie das Urteil zur Prüfungszeit noch nicht zu. Die gleichen Schwierigkeiten usw. müssen aber auch unabwendbar gewesen sein (Rn. 30). Dazu kommt es auf die Vergangenheit an.
3
2. Keine Geltung. Die §§ 121, 122 sind, weil der Gesetzgeber die Verweisung auf sie absichtlich ausgelassen hat, nicht anzuwenden 4 bei der Sicherungshaft vor dem Widerruf der Aussetzung einer Strafe (§ 453c Abs. 2 Satz 2) sowie bei der Auslieferungshaft und bei der vorläufigen Auslieferungshaft (§§ 15, 16, 26 IRG). 5 Art. 6 Abs. 1 Satz 1 E M R K ist auch hier zu beachten (§ 122, 41). Auch bei Haftbefehlen nach § 2 3 0 Abs. 2, § 236, § 3 2 9 Abs. 4 Satz 1 scheidet die Anwendung der §§ 121, 122 aus. 6 Abgesehen davon, dass in §§ 121, 122 die technische Bezeichnung „Untersuchungshaft", und nicht etwa das umfassendere Wort Haft verwendet wird, ergibt sich die Unabwendbarkeit der §§ 121, 122 aus deren System. Denn die Sechsmonatsfrist ruht während der Hauptverhandlung, auch wenn diese unterbrochen wird (Rn. 19), und sie beginnt erst wieder zu laufen, wenn die Hauptverhandlung ausgesetzt wird (Rn. 22). Aus diesem System kann gefolgert werden, dass die Ungehorsamshaftbefehle, weil sie die fristfreie Zeit des § 121 Abs. 3 Satz 2 decken, von den §§ 121, 122 nicht umfasst werden.
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Freilich ist, weil die Ungehorsamshaft der Vorführung subsidiär ist (§ 112, 9), immer zu prüfen, ob nicht diese ausreicht. Denn der Vorsitzende kann den Vorgeführten hindern, sich zu entfernen, während einer Unterbrechung sogar in Gewahrsam nehmen (§ 231 Abs. 1 Satz 2) - allerdings, wenn der Angeklagte über die Anklage vernommen ist, nur so lange, als seine Anwesenheit erforderlich ist (§ 231 Abs. 2). Sonst ist, weil § 116 gilt (Vor § 112, 12), bei langer Vorführungshaft zu prüfen, ob der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt werden kann.
3
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KG StV 2 0 0 0 36; OLG Jena StraFo 2 0 0 4 318; 1997 318; Meyer-Goßner 2 0 ; unklar insoweit KG StraFo 2 0 0 0 137. S. auch BVerfG StraFo 2 0 0 5 4 5 6 (zu § 120; mehrfacher Mord, 8 Jahre Untersuchungshaft). BVerfG StV 2 0 0 7 366 = StraFo 2 0 0 7 154. Zur Anwendbarkeit bei der einstweiligen Unterbringung Jugendlicher (§§ 71, 72 JGG) s. die Kommentare zum JGG.
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SYJPaeffgen 3, 4; KK/Roujong 3, 8; zur Rücklieferungshaft vgl. BVerfGE 2 9 197 ff. KG NStZ-RR 1 9 9 9 75; OLG Oldenburg N J W 1972 1585 mit Anm. Güldenpfennig N J W 1972 2 0 0 8 ; KK/Boujong 3; h.M.; krit. SK/ faeffgen 3. S. im Übrigen die Erl. und Nachweise bei § 2 3 0 .
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 121
3. Charakter. Die Regelung ist keine Straf- oder Erziehungsmaßnahme, sondern eine Folgerung 7 aus dem Charakter der Untersuchungshaft. Diese ist, an einem als unschuldig Geltenden vollzogen, keine vorweggenommene Strafe, sondern - nach h.M. (Vor § 112, 28) - ein im Interesse der Strafrechtspflege gefordertes Opfer, für das - wie für jedes Opfer - grundsätzlich das Übermaßverbot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Daraus folgt: Die Untersuchungshaft darf regelmäßig nur so lange vollzogen werden, als es unerlässlich ist, das Urteil zu erreichen. Demzufolge müssen die Strafverfolgungsbehörden „nachweisen können, dass sie alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und die gerichtliche Entscheidung über die dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen". 8
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Die Vorschrift ist bei jedem Haftbefehl nach § 114 anzuwenden. Dabei ist es gleichgültig, auf welchem Haftgrund er beruht (§ 112 Abs. 2, 3; § 112a Abs. I ) ; 9 zu § 127b s. dort Rn. 2 4 . Der Haftbefehl ist also auch dann aufzuheben, wenn sicher ist, dass der Beschuldigte fliehen werde. 10 Der Gesetzgeber hat die Abwägung zwischen den Interessen des Staates an einer geordneten Strafverfolgung und dem Freiheitsrecht des Verhafteten selbst und abschließend vorgenommen. Bei dieser klaren Gesetzeslage ist keine Korrektur durch die Rechtsprechung zulässig. Daher gibt es auch keine Ausnahme für den Haftbefehl gegen einen Beschuldigten, der eines Verbrechens wider das Leben dringend verdächtig ist (§ 112 Abs. 3). 11 Die Fassung der Regierungsvorlage (s. Entstehungsgeschichte), die im letzten Falle regelmäßig zugelassen haben würde, den Haftvollzug zu verlängern, hat der Bundestag ausdrücklich verworfen. Zur Anwendbarkeit der §§ 121, 122 bei der einstweiligen Unterbringung (§ 126a) s. Rn. 12 sowie § 126a, 17a.
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Mit der Haftbegrenzung wird ein starker Zwang auf Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht ausgeübt, zielstrebig, konzentriert, rasch und sachgemäß zu ermitteln und zum Urteil zu kommen. Da auch selbst frühere Flucht und die Vorbereitung einer Flucht, sei es eine frühere, sei es eine aus der derzeit vollzogenen Untersuchungshaft, nicht als Ausnahmegrund aufgenommen worden ist, muss daraus der Wille des Gesetzgebers gefolgert werden, unter Umständen in Kauf zu nehmen, dass ein verschlepptes Strafverfahren nicht zum Abschluss gebracht werden kann.
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4. Kritik. Die Vorschrift und die Rechtsprechung hierzu sind vielfältiger, zum Teil gegensätzlicher Kritik ausgesetzt. 12 Unverkennbar ist, dass die Vorschrift sich in der Praxis 1 3 nicht sonderlich bewährt hat. 14 Zwar geht von ihr wohl ein gewisser präventiver
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Vgl. BVerfGE 3 6 278 (Kontrolle durch besonders qualifizierten Haftrichter). BVerfGE 21 2 2 2 ; BVerfG StV 1992 121; 1992 522; 1994 5 8 9 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 74; NStZ 1994 93; BGHSt 3 8 43 ff. mit Anm. Weider StV 1991 4 7 5 ; S K / P a e f f g e n 16. OLG Düsseldorf MDR 1992 796; KK/Bo«jong 4. OLG Köln NJW 1973 1010; s. auch BGHZ 4 5 4 2 ; h.M. OLG Köln NJW 1973 1009; h.M. Vgl. z.B. Schlothauer/Weider 874; Temming/ Lange NStZ 1998 62; Hoffmann NStZ 2 0 0 2 5 6 6 (für stärkere Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraumes der StA); Meinen
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NStZ 1997 110; Deckers FS Koch 195; Gropp J Z 1991 808; Krauß in: Müller-Dietz, Strafrechtsdogmatik und Kriminalpolitik (1971) 174 ff.; Schubarth AnwBl. 1984 69; Seebode (Kolloqium) 172; in: Koop/Kappenberg 177 ff.; Wolter (Aspekte) 52; LRJWendisch24 9 mit älteren Nachweisen; Kleinknecbt MDR 1965 788; J Z 1965 119; s. auch die Nachweise Vor § 112, 70; Kraushaar NStZ 1996 528. Zu Erfahrungsberichten aus der Praxis, Ursachen für Verfahrensverzögerungen und Vermeidungsstrategien s. z.B.: Chr. Schaefer S. 53 ff., Petersen S. 71 ff., Schmidt- Sommerfeld S. 81 ff., Peterke S. 87 ff., Herrlein S. 91 ff., Falk S. 99 ff., Weider S. 107 ff.,
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Druck auf Staatsanwaltschaften und Gerichte aus, Ermittlungen und Terminierung der Hauptverhandlung zu beschleunigen (Rn. 7). 1 5 Andererseits ist unverkennbar, dass ein erheblicher Teil der Staatsanwaltschaften und Gerichte die sicher nicht großzügige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte insbesondere zum „wichtigen Grund" i.S. des § 121 nicht hinreichend ernst nimmt und zudem das Bundesverfassungsgericht immer wieder korrigierend eingreifen muss, weil Oberlandesgerichte die Vorschrift nicht fehlerfrei anwenden. 16 Außerdem ist die Vorschrift in ihrer gegenwärtigen Fassung ein gefährliches Einfallstor für apokryphe Haftgründe. 17 Unter den bisher vorgelegten Reform Vorschlägen ist jedoch eine Regelung, die den berechtigten Belangen des Beschuldigten deutlich besser Rechnung trägt und gleichzeitig den Bedürfnissen der Strafverfolgungspraxis entspricht, 18 nicht erkennbar. Dies gilt auch für eine namentlich von Wissenschaft und Anwaltschaft geforderte Festlegung einer absoluten Haftobergrenze. 1 9 Eine solche Regelung 2 0 wäre insbesondere für komplizierte und langwierige Ermittlungen, etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität, nicht akzeptabel, müsste also Rückausnahmen für abstrakt zu beschreibende Verfahrenstypen vorsehen und würde damit letztlich (jedenfalls im Ergebnis) auf die derzeitige Regelung hinauslaufen. Sie würde im Übrigen, falls sie mit einer konkreten Straferwartung 2 1 verknüpft wäre, weitere Probleme 2 2 aufwerfen. 9
5. Nato-Truppenstatut. Vgl. dazu Vor § 112, 6 6 . § 121 ist anwendbar, wenn ein deutscher Haftbefehl nach Art. 2 2 Abs. 3 des N T S - Z A im Gewahrsam des Entsendestaates (z.B. in „confinement") vollzogen wird. 2 3 Die Vorschrift ist jedoch nicht anwendbar im Falle des Vollzugs einer „restriction" 2 4 sowie dann nicht, wenn ein Haftbefehl eines Entsendestaates vollzogen wird. 2 5 Nach h . M . 2 6 soll § 121 auch dann nur auf die deutsche Untersuchungshaft anwendbar sein, nicht jedoch auf die bei den Behörden des Entsendestaates erlittene, wenn das Verfahren nach dem Nato-Truppen-Statut auf die deutsche Justiz übergegangen ist (Art. 19 Abs. 5a NTS-ZA). Diese Lösung ist nicht zufriedenstellend. Sicher fehlt es (zunächst) am Vollzug deutscher Untersuchungshaft. Jedoch kann diese Lösung (die Nichtberücksichtigung bei der Fristberechnung), abgesehen davon, dass die Haft im Gewahrsam des Entsendestaates, wenn deutsche Untersuchungshaft
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Segelitz S. 115 ff., Schmid S. 121 iL, Jansen S. 129 ff., Moschüring S. 135 ff., Deckers S. 141 ff., Hoch S. 155 ff., alle in Jehle/Hoch. Seebode (Kolloqium) 172; StV 1989 118; Münchhalffen/Gatzweiler 2; weniger krit. Rieß StraFo 1999 397; s. auch Temming/ Lange NStZ 1998 62. Vgl. z.B. Jabel 165; Temming/Lange NStZ 1998 62 (Erziehungsfunktion). Vgl. die Nachweise Rn. 26 ff.; § 122, 34; Seebode StV 1989 121; Temming/Lange NStZ 1998 62; s. auch (krit.) Krey (DStrvr) 513. Vgl. z.B. Paeffgen NJW 1990 537; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 0 91; Rn. 32 (Kompensation); § 112, 54. Zu Reformvorschlägen namentlich mit dem Ziel der „Entlastung" der Justiz sowie stärkerer Berücksichtigung öffentlicher Inte-
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ressen vgl. u.a. die Nachweise Vor § 112 Rn. 70. Vgl. z.B. Entwurf des Arbeitskreises Strafprozessreform 1983 bei Schubarth AnwBl. 1984 69; Deckers FS Koch 159; Gropp J Z 1991 808; Seebode in: Koop/Kappenberg 177 ff.; Wolter (Aspekte) 52; Vor § 112, 70. Vgl. auch EGMR EuGRZ 1993 384 (EMRK erfordert keine absolute Haft-Obergrenze). Vgl. Wolter (Aspekte) 51 mit weiteren Nachweisen. Z.B. Gefahr überhöhter Prognosen; selffulfilling prophecy; s. auch § 112, 39. A.A. SKIPaeffgen 4; s. die Nachweise Vor § 112, 66. Meyer-Goßner 7; Schwenk J Z 1976 582. KK/Boujong Vor § 112, 13. KKJBoujong Vor § 112, 13; Meyer-Goßner 7; SYJPaeffgen 4.
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nachfolgt, im Ergebnis auch der Sicherung des deutschen Verfahrens diente, zu einer Schlechterstellung des Beschuldigten im Vergleich zu dem führen, gegen den die deutsche Justiz von vornherein die Gerichtsbarkeit ausübt (Art. 2 2 Abs. l b NTS-ZA).
Π. H a f t b e g r e n z u n g (Absatz 1 ) 1. Frist. 2 7 Die Untersuchungshaft darf grundsätzlich nicht über sechs Monate hinaus vollzogen werden. Schon bei Erlass des Haftbefehls ist zu beachten, ob diese Frist eingehalten werden kann. 2 8 Die genannte Grenze betrifft nur die Freiheitsentziehung; der Haftbefehl selbst und Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 bis 3, selbst freiheitsbeschränkende, können auch über die sechs Monate hinaus aufrechterhalten werden, wie sich aus Absatz 2 eindeutig ergibt. 2 9 Die Vorschrift will den Beschuldigten nicht nur vor einer ununterbrochenen Untersuchungshaft von längerer Dauer als sechs Monate bewahren, sondern vor dem Vollzug auf eine solche Zeitdauer überhaupt. Es ist auch nicht auf die Vollstreckung eines (und desselben) Haftbefehls abgestellt, sondern auf den Vollzug der Untersuchungshaft wegen (einer und) derselben Tat (Rn. 14 ff.). Deshalb ist grundsätzlich eine extensive Anwendung der Vorschrift anzustreben, namentlich um einen möglichst effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Nach diesen Voraussetzungen ist es für die Berechnung der sechs Monate gleichgültig, ob der Beschuldigte ununterbrochen in Untersuchungshaft eingesessen h a t ; 3 0 ob diese unterbrochen war, weil der Beschuldigte Strafhaft oder Untersuchungshaft in anderer Sache verbüßt hat; 3 1 weil der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt war (§ 116 Abs. 1 bis 3 ) ; 3 2 oder weil bei einem Jugendlichen von der Vollstreckung des Haftbefehls abgesehen worden ist (§ 72 Abs. 1 J G G ) ; 3 3 oder endlich, ob der Beschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen worden und anschließend wegen der gleichen Tat aufgrund eines neuen Haftbefehls wieder in Untersuchungshaft gekommen ist, selbst wegen eines anderen Ereignisses, wenn es nur zu dem gleichen historischen Vorgang gehört, der Gegenstand des ersten Haftbefehls war. 3 4 In allen Fällen der Unterbrechung sind die einzelnen Haftzeiten zusammenzuzählen. 3 5 Nur diese Vollzugszeiten sind für die Fristberechnung maßgebend; wie lange der Haftbefehl besteht, spielt dagegen keine Rolle.
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Der Vollzug der Untersuchungshaft wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass der Beschuldigte, ohne aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, sich außerhalb der
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Zur Notwendigkeit der Haftüberprüfung nach Ablauf einer gewissen Zeit vgl. EGMR NJW 1990 3066 mit Anm. Trechsel StV 1995 326; EuGRZ 1993 384; zur Prüfung nach den Kriterien des § 121 auf Beschwerde OLG Düsseldorf StV 1991 222 mit Anm. Faeffgen NStZ 1992 532. OLG Düsseldorf StV 1988 390; Meyer-Goßner 1. Vgl. auch § 122, 1; SYJPaeffgen 4. Zur Befugnis des mit der Sache befassten Gerichts, während des Verfahrens nach den §§ 121, 122 den Haftbefehl aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen, vgl. $ 122,13 ff., 28. OLG Karlsruhe Justiz 1976 263; OLG Zweibrücken MDR 1978 245.
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SYJPaeffgen 4; Meyer-Goßner 5; vgl. OLG Düsseldorf MDR 1986 956; OLG Hamm JMB1NW 1982 33. SYJPaeffgen 4. S. auch OLG Düsseldorf JMB1NW 1985 286 (Vollzug trotz Verschonungsbeschluss, bis Auflage erfüllt). Vgl. auch Starke StV 1988 225 sowie Rn. 12. OLG Karlsruhe Justiz 1979 234; ΚΚ/Βοκjong 5. OLG Düsseldorf StV 1996 557; YK/Boujong 6; SYJPaeffgen 4; s. auch OLG Schleswig MDR 1983 71 (Haftbefehl wird auf Beschwerde der StA wieder in Vollzug gesetzt); s. auch SYJPaeffgen Art. 5, 59 EMRK.
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Untersuchungshaftanstalt in geschlossenen Einrichtungen weiter unter richterlicher Überwachung - z.B. in einem öffentlichen Krankenhaus, 36 in einem Entbindungsheim oder in einem psychiatrischen Krankenhaus - aufhält. Untersuchungshaft wird auch dann weiter vollzogen, wenn der Gefangene im Rahmen des Strafverfahrens nach § 81 ohne Haftverschonung - in ein psychiatrisches Krankenhaus verbracht worden ist, 3 7 nicht aber wenn die Unterbringung nicht mehr nach § 81, mithin aufgrund von strafverfahrensrechtlichen Vorschriften vollzogen wird, sondern unabhängig von dem Strafverfahren auf Vorschriften eines Unterbringungsgesetzes beruht. 38 12
Wird der Haftbefehl auf einen Unterbringungsbefehl (§ 126a Abs. 1) umgestellt (S 126a, 19), endet das Verfahren der §§ 121, 122 nicht (s. § 126a Abs. 2 Satz 1). Vielmehr sind Haftzeit und Unterbringungszeit zur Fristberechnung zusammenzurechnen; die Prüfung nach § 121 beschränkt sich in diesem Fall dann jedoch auf die Frage, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen. Wird der Unterbringungsbefehl in einen Haftbefehl geändert, sind die Fristen gleichfalls zu addieren. Im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift (Rn. 1, 10) gilt dies auch dann, wenn der Beschuldigte zwischenzeitlich in Freiheit 3 9 oder in anderer Sache in H a f t 4 0 war. Schließlich sollten - wenigstens dann, wenn sich Untersuchungshaft anschließt - im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, namentlich im Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes, eingerechnet werden: Die Dauer einstweiliger Unterbringung gemäß den § § 7 1 Abs. 2, 72 Abs. 4 J G G , 4 1 die Dauer einer unzulässig vollstreckten Freiheitsstrafe, 42 die Dauer einer Haft nach §§ 2 3 0 Abs. 2 , 2 3 6 , 3 2 9 Abs. 4, 4 1 2 . 4 3 Nicht mitgerechnet wird Strafhaft, auch wenn der Beschuldigte Beschränkungen nach § 122 StVollzG unterworfen war. 4 4 Zur Einrechnung von Haft nach dem Nato-Truppenstatut s. Rn. 9. Nach h.M. 4 5 nicht eingerechnet wird auch die im Ausland erlittene Einlieferungshaft; die Frist des § 121 soll erst mit dem Vollzug der Untersuchungshaft durch die deutsche Justiz beginnen. Richtig ist insoweit, dass die Einlieferungshaft eine Zwangsmaßnahme nach ausländischem R e c h t 4 6 ist; es gelten jedoch auch hier die oben und in Rn. 9 genannten Bedenken.
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Die Frist beginnt, sobald der Beschuldigte aufgrund eines Haftbefehls ergriffen worden ist oder sobald der Richter gegen den vorläufig Festgenommenen Haftbefehl erlassen
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KYJBoujong 6; s. auch Nr. 58 Abs. 1, 4 RiStBV; Nr. 5 7 UVollzO. OLG Braunschweig NdsRpfl. 1966 179; KG NStZ 1997 148; OLG Dresden StV 2 0 0 2 149; KK/Boujong 6; vgl. auch Starke StV 1988 225. OLG Düsseldorf NStZ 1996 355 (zu § 10 Abs. 1 PsychKG NW) mit Anm. Varvatou/ Schlothauer StV 1996 5 5 4 ; OLG Koblenz NStZ-RR 1998 21. S. auch OLG Celle NStZ 1991 2 4 8 ; SK/Paeffgen 5; Starke StV 1988 2 2 3 ; a.A. noch OLG Koblenz MDR 1975 4 2 2 mit Anm. Sack NJW 1975 2 2 4 0 . S. auch Starke StV 1988 2 2 3 ; SYJPaeffgen 5; AnwK-StPO/Lammer 4; a.A. noch OLG Düsseldorf MDR 1986 956. Vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1997 4 5 2 (zu § 72 Abs. 4 JGG); OLG Dresden JR 1994 3 7 7 mit
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Anm. Brunner und Paeffgen NStZ 1996 74; vgl. auch KK/Boujong 6 (zu § 72 Abs. 4 JGG); SYJPaeffgen 5; AK/Krause 5; MeyerGoßner 6; Schlothauer/Weider 861; Starke StV 1988 2 2 3 ; a.A. zu § 71 Abs. 2 JGG: KG JR 1990 216 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 4 ; OLG Zweibrücken bei Böhm NStZ 1990 5 3 0 ; KYJBoujong 6; Meyer-Goßner 6; HK/Lemke 6; AKJKrause 5; Kleinknecht/ Janischowsky 2 4 2 . Vgl. OLG Frankfurt NStZ 1988 90; KK/Bo«jong 6; Starke StV 1988 223. Vgl. SYJPaeffgen 4. OLG Hamm JMB1NW 1982 33. OLG Nürnberg GA 1966 90; OLG Hamm N J W 1966 314; SK/Paeffgen 4; Starke StV 1988 2 2 6 ; Münchhalffen/Gatzweiler 404; vgl. auch OLG München N J W 1982 1242. KK/Boujong 8; Starke StV 1988 2 2 6 .
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h a t 4 7 (§ 117, 6). Der Tag, an dem die Untersuchungshaft beginnt, wird mitgerechnet, 4 8 nach h . M . 4 9 nicht die davor liegende Zeit der Festnahme nach § 127; grundrechtsfreundlicher wäre es allerdings, auch diese Zeit (§ 128) einzurechnen. 2 . Tatbegriff. Die Beschränkung der Untersuchungshaft gilt nur für „dieselbe T a t " . Der Begriff, die Frage, welche Kriterien zu seiner Bestimmung heranzuziehen sind, ist hoch streitig, 5 0 wobei weitgehend Übereinstimmung besteht, dass durch eine sachgerechte Interpretation Umgehungen vermieden werden müssen. 5 1 In der neueren Rechtsprechung und Literatur werden im Wesentlichen drei Lösungswege vertreten: (a) um dieselbe Tat handele es sich grundsätzlich bei „Verfahrensidentität" 5 2 der Tatvorwürfe; allerdings wird ein Vorliegen „derselben T a t " und damit eine Addition der Haftzeiten im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 , 3 G G auch dann bejaht, wenn verschiedene Verfahren verbunden worden sind, eine Verbindung unmittelbar bevorsteht oder eine Verbindung nicht nur theoretisch möglich ist und sich wegen des Ermittlungshintergrundes, des Ermittlungsstandes oder deshalb als sachgerecht anbietet, weil die Tatvorwürfe in einem inneren Zusammenhang stehen; 5 3 (b) die Gegenmeinung („erweiterter Tatbegriff") stellt darauf ab, ob dringender Tatverdacht hinsichtlich weiterer Tatvorwürfe bei Erlass des Haftbefehls bestand oder später so rechtzeitig entstand, dass diese weiteren Vorwürfe in den Haftbefehl hätten aufgenommen werden können, 5 4 bei verschiedenen Verfahren also theoretisch eine Verbindung möglich gewesen w ä r e ; 5 5 (c) eine Variante hierzu stellt allein darauf ab, ob die Vorwürfe theoretisch in den Haftbefehl hätten aufgenommen werden können, ohne dass es auf eine Verfahrensverbindung oder deren Möglichkeit 5 6 ankomme.
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OLG Braunschweig NJW 1966 117; h.M.; vgl. BGHR StPO § 121 - Vollzug 1 zum Fristbeginn bei Verfolgungshindernis der Spezialität. KK/Boujong 6. Meyer-Goßner 4. S. nur OLG Koblenz StV 2001 297 und 298. Grundlegend zur Problematik namentlich Rebmann NJW 1965 1752; Schlüchter 244.1; Eb. Schmidt NJW 1968 2209; Starke StV 1988 223; Lange NStZ 1998 606; Summa NStZ 2002 69; vgl. auch Kleinknecht/ Janischowsky 246 ff.; Kaiser NJW 1966 434; Hengsberger J Z 1966 213; Fahl NStZ 1997 98; JR 1997 177; Kleinknecbt MDR 1965 781; J Z 1968 341; s. auch OLG Frankfurt StV 1990 269. Vgl. OLG Koblenz (2. StS) StV 2001 297; NStZ-RR 2001 125; OLG Köln NStZ-RR 2001 123; 1998 181; OLG Jena StV 1999 329 mit abl. Anm. Schlothauer; Lange NStZ 1998 606; s. auch KMR/WaniW 8; Kleinknecht JZ 1968 342. Vgl. OLG Köln NStZ-RR 2001 123; 1998 181; OLG Jena StV 1999 329 mit abl. Anm. Schlothauer·, Lange NStZ 1998 606; ähnlich
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wohl auch SKIPaeffgen 11; krit. Summa NStZ 2002 69. Vgl. OLG Brandenburg StV 1997 537; OLG Bremen StV 1998 140; OLG Celle NStZ 1987 571 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 514; OLG Düsseldorf StV 2004 496 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2006 145; OLG Hamburg StraFo 1998 391; OLG Karlsruhe StV 2000 513 (offenlassend, ob das auch gilt, wenn der sachliche Zusammenhang zwischen den Tatvorwürfen fehlt); 2003 517; OLG Koblenz (1. StS) StV 2001 298; 2000 629; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 152; OLG Zweibrücken NStZRR 1998 182 (an § 51 StGB anknüpfend); s. auch LG Koblenz StV 2000 508; Schlothauer/Weider 864 ff.; Münchhalffen/ Gatzweiler 406 ff.; Fahl JR 1997 177; Summa NStZ 2002 70; krit. dagegen Lange NStZ 1998 606; vgl. auch OLG Koblenz (2. StS) NStZ-RR 2001 125 (wohl beide Lösungen kombinierend?); StV 2001 297. OLG Karlsruhe StV 2000 514. OLG Hamm NStZ-RR 2002 382; StV 1998 555; vgl. auch Varvatou/Schlothauer StV 1996 556.
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§121 14a
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Die Auffassungen (a) und (b) können je nach Lage des Einzelfalles zu unterschiedlichen Ergebnissen, zu zeitlich unterschiedlicher Befassung der Oberlandesgerichte mit der Frage der Haftfortdauer (§ 121) und damit ggf. zu längerem Haftvollzug gegen den Beschuldigten führen. 57 Auffassung (a) wird im Wesentlichen damit begründet, sie halte sich unter Beachtung der Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) im Wesentlichen an den Gesetzeswortlaut; 58 sie werde dem Schutzzweck des § 121 gerecht, sei ausreichend, um Missbrauch zu verhindern. Die weitergehenden Auffassungen werden abgelehnt, weil sie sich vom Gesetzeswortlaut unter Berücksichtigung der Gesetzesbindung in bedenklicher Ausweitung des Tatbegriffes entfernten. 59 Gegen die Auffassung (a) dürfte jedoch sprechen, dass sie wohl in Einzelfällen zu problematischen Ergebnissen führen könnte, namentlich zu solchen, die im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 2 E M R K bedenklich erscheinen; 60 die genannten eingrenzenden Kriterien dürften jedenfalls zum Teil inhaltlich zu unscharf sein, 61 um sachgerechte Entscheidungen sicherzustellen. Die Auffassungen (b) und (c) dürften in der Praxis kaum zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. 62 Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Begriff nicht identisch mit dem desselben Verfahrens und nicht völlig deckungsgleich mit dem Tatbegriff des § 2 6 4 (Rn. 16); sie folgt weitgehend der Lösung (b) - sie führt, im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 2 E M R K erstrebenswert, zu einer frühzeitigen Haftprüfung und lässt zugleich der Staatsanwaltschaft so weit wie im Hinblick auf die „Sechsmonatsgrenze" möglich den erforderlichen zeitlichen Ermittlungsspielraum. Eine Auslegung des Begriffes „dieselbe Tat", die dem Ziel der Vorschrift (Rn. 1) entsprechen soll, muss - je nach Sachlage - sowohl (entweder) auf das Verfahren als auch (oder) auf Elemente des prozessualen Tatbegriffes abstellen (können). Begeht der Beschuldigte, der mit dem weiteren Vollzug von Untersuchungshaft verschont wird, nach Haftentlassung eine neue Straftat und wird er wegen dieser erneut in Haft genommen, so bleibt der Vollzug aus dem ersten Haftbefehl für die Berechnung der Frist bezüglich der neuen (anderen) Tat grundsätzlich außer Betracht. 63 Gleiches gilt, wenn gegen den Beschuldigten, wegen Betruges in Untersuchungshaft, nach drei Monaten ein neuer Haftbefehl wegen einer in der Untersuchungshaft begangenen Gefangenenmeuterei ergeht und die Untersuchungshaft nun nur aus dem zweiten Haftbefehl vollzogen wird. Das Gleiche muss des Weiteren gelten, wenn während der Untersuchungshaft ein vor dem Betrug begangener Mord bekannt wird, deswegen Untersuchungshaft angeordnet und nunmehr aus diesem Haftbefehl vollzogen wird. In den beiden letztgenannten
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Vgl. z.B. OLG Koblenz StV 2001 2 9 8 ; OLG Düsseldorf StV 2 0 0 4 4 9 6 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 6 145; Hilger GollwitzerKoll. 68. S. dazu Eb. Schmidt NJW 1998 2214; Summa NStZ 2 0 0 2 69. OLG Köln NStZ-RR 1998 181; OLG Jena StV 1999 329 mit abl. Anm. Schlothauer. Vgl. Schlothauer StV 1999 332; Schlothauer/ Weider 868; Münchhalffen/Gatzweiler 4 0 9 ; Summa NStZ 2 0 0 2 70; Hilger GollwitzerKoll. 70 ff.; s. auch Starke StV 1988 2 2 6 ; Varvatou/Schlothauer StV 1996 555; OLG Düsseldorf StV 2 0 0 4 4 9 6 ; OLG Koblenz (1. StS) StV 2 0 0 1 298. Vgl. Schlothauer/Weider 869. Hilger Gollwitzer-Koll. 71.
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OLG Naumburg NStZ 2 0 0 5 585 mit zust. Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 6 145; OLG Celle NJW 1969 1866; NdsRpfl. 1989 261 (bei Aufhebung des Haftbefehls) mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 535; OLG Karlsruhe Justiz 1983 85; KG J R 1967 231; OLG Köln NStZRR 2 0 0 1 123; vgl. auch OLG Oldenburg J Z 1968 341 mit Anm. Kleinknecht·, OLG Koblenz MDR 1982 953; KK/Boujong 11, 12; Meyer-Goßner 14, 15; SYJPaejfgen 11; AKKrause 6; Kleinknecht/Janischowsky 2 4 8 ; Starke StV 1988 2 2 7 ; Fahl JR 1977 178; vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1996 5 5 3 mit Anm. Varvatou/Schlothauer; 1996 5 5 7 ; a.A. OLG Schleswig StV 1983 4 6 6 ; OLG Celle StV 1989 2 5 5 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 514, 516.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 121
Fällen beginnt die Frist allerdings schon mit dem Zeitpunkt, zu dem der neue Haftbefehl hätte erlassen werden können. 64 Die sechs Monate stehen zur Verfügung, um wegen dieser neuen Tat die Ermittlungen durchzuführen und die Hauptverhandlung vorzubereiten. Für eine weitere Tat muss deshalb mit dem Zeitpunkt, in dem wegen dieser ein Haftbefehl ergehen kann (ein Aufsparen des zweiten Haftbefehls für einen späteren Zeitpunkt, um erst einmal die sechs Monate des ersten voll zu nutzen, ist unzulässig; vgl. Rn. 16), eine neue Frist auch dann beginnen, wenn die Tat, falls sie früher bekannt gewesen wäre, in den ersten Haftbefehl als eine weitere Tat mit hätte aufgenommen werden können. Auch wenn in einem solchen Fall die Verfahren später verbunden werden, sind die Haftzeiten nicht zusammenzuzählen.65 3. Dieselbe Tat. Die Ermittlungszeit ist zu dem Zweck eingeräumt, in ihr die Tat wenn mehrere Taten Gegenstand des Haftbefehls sind, die mehreren - aufzuklären. Daher kann es darauf, dass Teile der Tat erst im Laufe der Ermittlungen hervortreten, nicht ankommen. 66 Werden Teile erst nach und nach bekannt, ist das ein Umstand, der es ggf. rechtfertigt, die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus aufrechtzuerhalten; neue Taten, für die bei neuem Haftbefehl eine neue Frist begänne, sind solche Tatteile dagegen nicht. 67 Auf den Inhalt des Haftbefehls kommt es nicht an, weil der Haftbefehl auf einen Teil der Tat beschränkt werden kann (§ 114, 10).
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Da der Haftbefehl erst recht auf eine von mehreren Taten beschränkt werden kann, und da es nicht in der Hand von Staatsanwaltschaft und Gericht liegen kann, eine Tat für einen späteren Haftbefehl zu dem Zweck aufzusparen, um damit eine neue Sechsmonatsfrist zu eröffnen, muss der Tatbegriff eine Erweiterung68 in dem Sinn erfahren, dass zur „Tat" i.S. des Absatzes 1 alle Taten von dem Zeitpunkt an gehören, in dem sie als (mit dringendem Tatverdacht) bekannte in den Haftbefehl hätten aufgenommen werden können; 6 9 (z.B.:) bei neu bekannt werdenden Taten, die also bisher nicht Gegenstand der
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KKJBoujong 11; AK/Krause 6; Starke StV 1988 2 2 7 ; vgl. auch OLG Karlsruhe StV 2 0 0 3 513; OLG Düsseldorf StV 1996 553 mit Anm. Varvatou/Schlotbauer; 1996 5 5 7 (Pflicht zum unverzüglichen Erlass eines weiteren/erweiterten Haftbefehls); Schlotbauer/ Weider 866, 869; Münchhalffen/Gatzweiler 4 0 6 ff.; Fahl J R 1997 179; a.A. Meyer-Goßner 14 (mit Erlass des neuen Haftbefehls); s. auch OLG Düsseldorf StV 2 0 0 4 4 9 6 ; OLG Koblenz StV 2 0 0 0 629. Eb. Schmidt NJW 1968 2213; Schlüchter 2 4 4 . 1 ; Meyer-Goßner 15; SKJPaeffgen 11; AK/Krause 6; Schlothauer/Weider 866; vgl. aber: OLG Köln JMB1NW 1967 2 5 9 (zu § 2 6 4 und Zusammenrechnung) sowie (grundsätzlich auf dasselbe Verfahren abstellend) OLG Celle NJW 1966 1574; 1 9 6 9 2 4 5 ; StV 1984 341; 1989 2 5 5 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 514, 516; OLG Braunschweig NJW 1967 363; OLG Oldenburg NJW 1972 1585; OLG Karlsruhe NJW 1974 510; OLG Hamm MDR 1977 4 2 6 ; OLG Schleswig StV
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1983 4 6 6 ; OLG Stuttgart StV 1983 156; OLG Bremen StV 1984 3 4 0 ; Kleinknecbt/]artischowsky 2 4 6 bis 248. OLG Bremen StV 1998 140; KG bei Paeffgen NStZ 2 0 0 7 145; KK/Boufong 11; SKJPaeffgen 11; Meyer-Goßner 13; AK/Krause 6; Eb. Schmidt NJW 1968 2211. SchlotbauerfWeider 864; Fahl JR 1997 180; s. auch OLG Koblenz (2. StS) NStZ-RR 2001 125; OLG Bremen StV 1998 140; OLG Hamburg StraFo 1998 390. Krit. dazu insbesondere SKJPaeffgen 10. OLG Brandenburg StV 1997 537; OLG Bremen StV 1998 140; OLG Celle NStZ 1987 571 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 514; OLG Düsseldorf StV 1986 3 4 5 ; 1989 2 5 6 mit Anm. Paeffgen NStZ 1 9 8 9 516; StV 1996 4 9 3 ; 1996 553 mit Anm. Varvatou/Scblothauer; 1996 5 5 7 ; 2 0 0 4 4 9 6 mit Anm. Paeffgen NStZ 2 0 0 6 145; OLG Frankfurt StV 1990 2 6 9 ; 1993 595; OLG Hamburg StV 1989 4 8 9 ; StraFo 1998 3 9 0 ; OLG Hamm StV 1998 5 5 5 ; OLG Karlsruhe Justiz 1984
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Ermittlungen und des schon bestehenden Haftbefehls waren, oder bei Taten, bzgl. deren der Tatverdacht sich erst später zum dringenden verdichtet, ist dies der Zeitpunkt des Erstarkens des Tatverdachts insoweit zum dringenden, 70 auch wenn der bestehende Haftbefehl erst später (einige Zeit nach Entstehen des dringenden Verdachts) erweitert oder später ein neuer (erweiterter) Haftbefehl erlassen wird - bestand dagegen bzgl. weiterer Taten schon bei Erlass des ersten Haftbefehls dringender Tatverdacht, so beginnt keine neue Frist. Es kommt nicht darauf an, ob die Taten Gegenstand desselben Verfahrens sind oder ob die Verfahren verbunden sind oder werden. 71 Insofern weicht der Begriff der Tat i.S. des Absatzes 1 von dem des § 2 6 4 in doppelter Hinsicht ab: einmal kann er mehrere Taten umfassen, auch wenn nur eine von ihnen im Haftbefehl aufgeführt ist; 7 2 zum anderen kann es auf den Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft 73 in Bezug auf Teile einer Tat, die ihr unbekannt waren, als wegen dieser Tat Untersuchungshaft angeordnet wurde, nicht ankommen (Rn. 15). Im Übrigen ist Tat i.S. des § 2 6 4 zu verstehen; 74 sie umfasst den geschichtlichen Vorgang, der dem Beschuldigten vorgeworfen wird, in seiner Gesamtheit, nämlich insoweit, als er nach der natürlichen Auffassung des Lebens eine Einheit bildet, gleichgültig ob sich bei der rechtlichen Würdigung dieses Geschehens eine oder mehrere Straftaten im Sinne des sachlichen Strafrechts ergeben. Danach ist es unzulässig, wenn ein Teil zur besonderen Anklage abgetrennt und für den in der Ermittlung bleibenden weiteren Teil ein besonderer hierauf beschränkter Haftbefehl erlassen wird, für den neuen Haftbefehl neue Fristen zu berechnen. 75 Denn der neue Haftbefehl ist in Wahrheit nur ein verselbständigtet Teil des alten.
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307; StV 2000 513; 2003 517; OLG Koblenz (1. StS) StV 2000 629; 2001 298; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 152; OLG Stuttgart StV 1999 101; OLG Zweibrücken NStZ-RR 1998 182; KK/ Boujong 10, 11; Meyer-Goßner 12; AK/ Krause 6; Schlothauer/Weider 869; Fahl NStZ 1997 98; Rebmann NJW 1965 1752; Starke StV 1988 227; Εb. Schmidt NJW 1968 2211; differenzierend SKIPaeffgen 11, 12 (erforderlich sei, dass die weiteren Taten in die gleiche Ermittlungsrichtung einschlagen, die dem ersten Haftbefehl zugrunde liegt - normative Ähnlichkeit); vgl. auch OLG Bremen StV 1984 340 (Ersetzung zweier Haftbefehle nach Verfahrensverbindung durch einen neuen Haftbefehl); LG Rostock NStZ 1997 97 mit Anm. Fahl-, Franzheim NJW 1967 1557 sowie (abweichend) OLG Koblenz (2. StS) NStZ-RR 2001 125; StV 2001 297. Vgl. OLG Düsseldorf StV 2004 496; OLG Koblenz (1. StS) StV 2000 629; 2001 298; a.A. OLG Karlsruhe StV 2003 517 (kein Beginn einer neuen 6-Monatsfrist). S. die Nachweise unter Rn. 14 sowie OLG Bremen StV 1998 140; OLG Celle NStZ 1987 571 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 514; OLG Düsseldorf StV 1996 557; OLG Hamburg StraFo 1998 390; OLG Hamm StV
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1998 555; OLG Oldenburg J Z 1968 341 mit Anm. Kleinknecht·, OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 152; OLG Zweibrücken NStZ-RR 1998 182; KK/Boujong 11; Meyer-Goßner 11; HK/ Lemke 10; Starke StV 1988 227; a.A. wohl OLG Braunschweig NJW 1967 363; OLG Celle StV 1984 341; AK/Krause 6 (Verbindung muss möglich sein); vgl. auch Kleinknecht/Janischowsky 248 (bei Verbindung differenzierend); dagegen S K / P a e f f g e n 12. Vgl. auch OLG Celle NJW 1966 1574; StV 1984 341; OLG Braunschweig NJW 1967 363; OLG Köln JMB1NW 1967 259; OLG Karlsruhe Justiz 1984 307; Kleinknecht/ Janischowsky 246; s. aber OLG Karlsruhe NJW 1966 464; s. zu der Frage auch Kaiser NJW 1966 435; Hengsberger J Z 1966 213; Starke StV 1988 227. Vgl. dazu BGH LM § 264 Nr. 19; BGHSt 16 202; 23 22; OLG Frankfurt StV 1993 595. Vgl. auch z.B. OLG Karlsruhe NJW 1966 464; OLG Köln JMB1NW 1967 259; OLG München NStZ 1986 423; OLG Frankfurt StV 1990 269; SK/Paeffgen 11; Schlächter 244.4. Vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1989 256 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 516; 1996 557; s. aber OLG Oldenburg MDR 1974 60.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§121
Überhaft und gleichzeitige Haft gemäß § 2 3 0 Abs. 2 für ein anderes Verfahren sollen bei der Berechnung der Frist unberücksichtigt bleiben; die Überhaft werde nicht vollzogen und Haft nach § 2 3 0 Abs. 2 sei eine allein auf dem Verhalten des Beschuldigten beruhende besondere Sicherung, für die § 121 nicht gelte - auch sei der Beschuldigte durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip hinreichend geschützt. 76 Ergebnis und Begründung überzeugen nicht so recht; die Begründung erscheint formalistisch. Immerhin ersetzt die Haft nach § 2 3 0 Abs. 2 im Ergebnis den Vollzug des Haftbefehls.
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ΙΠ. Ruhen der Frist (Absatz 3) 1. Grundsatz. Die Frist von sechs Monaten (Rn. 11) ist nicht unveränderlich. 77 Sie kann sich vielmehr durch Zeiten verlängern, in denen die Frist ruht. Das ergibt sich in den beiden vom Gesetz vorgesehenen Fällen aus praktischen Erwägungen.
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2. Nach Vorlage (Satz 1). Zum Vorlageverfahren s. § 122, 11 ff. Den Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus darf nur das Oberlandesgericht aufrechterhalten (Absatz 2; § 122 Abs. 4 Satz 1; wegen des Bundesgerichtshofs s. Absatz 4 und § 122 Abs. 7). Weil es vor Ablauf der Frist entschieden haben soll, wäre, wenn das Verfahren nicht bei ihm anhängig ist, dem Zufall, der die Entscheidung verzögern könnte, Raum gegeben. Deshalb wird, obwohl die Fristversäumung nur eine geringfügige technische Bedeutung hat (§ 122, 26), in Absatz 3 angeordnet, dass der Fristablauf von der Aktenvorlage an so lange ruht, bis das Oberlandesgericht entschieden hat, wenn ihm die Akten nur rechtzeitig, bevor die Frist abgelaufen ist, vorgelegt werden. Dazu kommt es, wie dem Gesetz eindeutig zu entnehmen ist, auf den Tag an, wo die Akten beim Oberlandesgericht eingehen. Denn die Akten sind „dem Oberlandesgericht" nur dann „vorgelegt", wenn dieses sie in den Händen hat, d.h. wenn sie bei ihm eingegangen sind. Der Eingang bei der Staatsanwaltschaft, durch deren Vermittlung die Akten vorgelegt werden (§ 122 Abs. 1), oder gar die Anordnung, die Akten abzusenden, 78 genügt nicht. 79 Der Fristablauf ruht also nicht, wenn die Akten von einer unzuständigen Stelle (§ 122, 2) oder wenn sie von der zuständigen Stelle verspätet vorgelegt werden. Daraus folgt: Stellt das Oberlandesgericht fest, dass die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 nicht vorliegen, kann es nicht dem zuständigen Richter überlassen, den Haftbefehl aufzuheben, weil sonst der Beschuldigte bis zu dessen Entscheidung ungesetzlich in Haft wäre. Es muss vielmehr diese Anordnung selbst treffen (vgl. Rn. 45 ff.; § 122, 26). Weitere Folgen sind mit der Versäumung der Vorlagefrist nicht verbunden. 80
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3. Während der Hauptverhandlung (Satz 2). Die Beschränkung des Haftvollzugs endet, wenn ein die Freiheit entziehendes Urteil ergangen ist (Absatz 1 erster Halbsatz). Das Urteil ergeht am Schluss der Hauptverhandlung (§ 260 Absatz 1). Die Hauptverhandlung verträgt schwer die Unterbrechung, die mit einer Aktenversendung ans Ober-
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KG NStZ-RR 1997 75. Die Kontaktsperre ( § § 3 1 ff. EGGVG) unterbricht die Frist nicht - vgl. BGH Beschl. vom 2 4 . 1 0 . 1 9 7 7 1 BJs 2 3 / 7 7 - AK 93/77. So OLG Frankfurt NJW 1965 1730; Kleinknecht/Janischowsky 2 6 6 .
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KYJBoujong 28; S K / P a e f f g e n 22; h.M. OLG Bremen StV 1984 340; OLG Hamburg StraFo 1998 390; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 0 513.
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landesgericht verbunden wäre. 81 Da zudem, wenn die Hauptverhandlung läuft, das Urteil regelmäßig alsbald zu erwarten ist, zumal da das Beschleunigungsgebot des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 E M R K auch für die Hauptverhandlung gilt, 82 wird verordnet, dass der Fristablauf, nachdem die Hauptverhandlung begonnen hat, so lange ruht, bis das Urteil verkündet ist. Dies gilt auch, trotz des engeren Wortlauts des Satzes 2, für ein schon eingeleitetes Verfahren nach ξ 121, 8 3 denn auch in diesem Fall besteht - weil die Hauptverhandlung, wenn auch verspätet, begonnen hat - keine Notwendigkeit mehr zur Überwachung der Vollzugsdauer durch das OLG (§ 122, 26). Unterbrechungen der Hauptverhandlung (§ 229) heben das Ruhen für die Zeit der Unterbrechungen nicht auf. 8 4 Absatz 3 Satz 2 gilt auch für weitere Haftprüfungen (§ 122 Abs. 4 ) 8 5 und für Verfahren, bei denen das Oberlandesgericht erkennendes Gericht ist. 20
Ergeht ein freiheitsentziehendes Urteil (§ 118, 12), endet die Beschränkung (Rn. 22). Wird der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt, ist der Haftbefehl aufzuheben (§ 120 Abs. 1 Satz 2). Wird nur auf Geldstrafe erkannt, wird der Haftbefehl regelmäßig aufzuheben sein (§ 120, 14). Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, hat das erkennende Gericht die Akten unverzüglich dem Oberlandesgericht vorzulegen.
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4. Aussetzung der Hauptverhandlung (Satz 3). Das Gebot der Verfahrensbeschleunigung erfordert es, eine einmal begonnene Hauptverhandlung zügig und unter Vermeidung unnötiger Verzögerungen zum Abchluss zu bringen. 86 Kommt es nicht zum Urteil, sondern wird die Hauptverhandlung ausgesetzt 87 mit der Folge, dass sie neu durchgeführt werden muss, läuft die Frist von der Aussetzung an weiter. 88 Werden die Akten jedoch unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, ruht der Fristablauf, bis dieses Gericht entschieden hat (Absatz 3 Satz 3).
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5. Ende der Beschränkung. Die SS 121, 122 sind nicht mehr anzuwenden, sobald ein Urteil ergeht, in dem auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 118, 12; 14) erkannt wird. 89 Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, über die Fortdauer der Untersuchungshaft zu entscheiden, endet. 90 Das ist auch dann der Fall, wenn das Oberlandesgericht früher über die Haftverlängerung hätte entscheiden müssen, das mit der Sache befasste Gericht aber die Akten nicht vorgelegt hatte. 91 Die Ansicht, das Oberlandesgericht habe im Verfahren der SS 121, 122 auch die
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Vgl. OLG Dresden NStZ 2 0 0 4 6 4 4 mit abl. Anm. Wilhelm; KKJBoujong 29; Keller NStZ 1992 604; Knautb DRiZ 1978 338; s. auch OLG Düsseldorf NStZ 1992 4 0 2 mit Anm. Keller 604. Vgl. Vor § 112, 35; § 1 2 0 , 1 6 ; § 122, 41. Vgl. BGH bei Schmidt MDR 1988 357; OLG Hamm wistra 1998 198; s. auch OLG Düsseldorf NStZ 1992 4 0 2 mit Anm. Keller 604; KG NStZ-RR 2 0 0 7 2 0 7 ; SYJPaeffgen 2 2 ; KMRJWankel 4; a.A. wohl Meyer-Goßner 31, einschränkend 5 122, 9. KK/Boujong 29; h.M.; a.A. OLG Düsseldorf NStZ 1992 4 0 2 mit Anm. Keller 604. OLG Celle NdsRpfl. 1997 34. OLG Frankfurt StV 1981 25.
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Vgl. auch OLG Frankfurt StV 1981 2 5 zu Ermessensentscheidungen des Gerichts. BGH NStZ 1986 4 2 2 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 518. OLG Düsseldorf MDR 1992 1173 (Strafaussetzung zur Bewährung; erneute Inhaftierung nach Berufung der StA). Vgl. OLG München NStZ 1986 4 2 3 ; OLG Düsseldorf NJW 1991 2 6 5 6 (nach Rückverweisung durch BVerfG) mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 531; s. auch OLG Düsseldorf NStZ 1992 4 0 2 mit Anm. Keller 6 0 4 (aus teleologischen Gründen schon auf den Beginn der Hauptverhandlung abstellend). KG JR 1967 2 6 6 ; Keller NStZ 1992 604.
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Rechtmäßigkeit vergangener Untersuchungshaft zu prüfen, ist zwar richtig (Rn. 30), trägt aber die Folgerung nicht, dass eine unterbliebene Prüfung selbst dann nachgeholt werden müsse, wenn inzwischen ein freiheitsentziehendes Urteil ergangen ist. 92 Die Antwort auf die Frage, worauf eine Prüfung, wenn sie stattfindet, sich erstreckt, ist ohne Bedeutung für die andere Frage, wann die Prüfung zulässig ist. Dazu ergibt sich klar aus § 122 („in den Fällen des § 121") i.V.m. § 121 („solange kein Urteil ergangen ist"), dass das Prüfungsverfahren unzulässig ist, sobald ein freiheitsentziehendes Urteil ergangen ist; auf dessen Rechtskraft kommt es nicht an. Es bleibt jedoch die Möglichkeit, die Verhältnismäßigkeit der Haftdauer prüfen zu lassen (§ 120, 10 ff., 16), 93 z.B. über eine Haftbeschwerde, Haftprüfung (§ 117), Verfassungsbeschwerde und eine Anrufung des EGMR (Vor §§ 112, 43) wegen Verletzung der Art. 5, 6 EMRK. Urteil i.S. dieser Vorschrift (Rn. 16) ist grundsätzlich allerdings nur ein solches, das alle angeklagten Taten insgesamt aburteilt. Wird wegen eines unerledigt und anhängig gebliebenen Teils die Untersuchungshaft weiter vollzogen, findet wegen dieses Teils das Verfahren nach §§ 121, 122 weiterhin statt; 9 4 dies gilt jedenfalls dann, wenn die Haft nur wegen der nicht abgeurteilten Taten vollzogen wird, 9 5 nicht jedoch, wenn sie allein wegen der abgeurteilten Tat erfolgt. 96 Nicht berücksichtigt wird Haft, soweit sie auf eine zwischenzeitlich verhängte zu vollstreckende Freiheitsstrafe angerechnet worden ist 9 7 (Rn. 24). Wegen der Begriffe Freiheitsstrafe und freiheitsentziehende Maßregeln s. § 118, 12; 14. Wie im Fall des § 118 ist auch hier der Jugendarrest den Freiheitsstrafen und den freiheitsentziehenden Maßnahmen gleichzuachten. Allerdings kann der Fall, dass ein Jugendlicher sechs Monate in Untersuchungshaft sitzt und dann vier Wochen Dauerarrest ( § 1 6 Abs. 4 Satz 1 JGG) erhält, kaum je in Betracht kommen, wenn § 120 Abs. 1 Satz 1 beachtet wird. Tritt er ausnahmsweise ein, etwa weil eine Jugendstrafe (§§ 17 bis 19 JGG) zu erwarten war, wegen der besonderen Gestaltung des Falls in der Hauptverhandlung dann aber nur auf Jugendarrest erkannt worden ist, wird der Haftbefehl alsbald aufzuheben sein.
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Die Beschränkung der Untersuchungshaft endet, sobald ein freiheitsentziehendes Urteil ergangen ist, 98 auch wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. 9 9 Der Text des Absatzes 1 stimmt insoweit mit dem des § 118 Abs. 4 überein. Wie dort ist auch hier nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur die Auslegung zulässig, dass die einmal eingetretene Prozesslage sich nicht wieder ändert, die Beschränkung des Haftvollzugs also nicht wieder eintritt, wenn das verurteilende Erkenntnis vom übergeordneten
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OLG Köln JMB1NW 1977 144; YX/Boujong 5; Meyer-Goßner 8; vgl. auch SKJPaeffgen
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Vgl. SKIPaeffgen 6, 26; KK/Boujong 5; Meyer-Goßner 8; Keller NStZ 1992 604. OLG Frankfurt NJW 1966 2423; OLG München NStZ 1986 423; OLG Stuttgart StV 1995 201; OLG Koblenz StV 1998 557; Schlüchter 239.1; YXJBoujong 5; SYJPaeffgen 27; a.A. OLG Koblenz NStZ 1982 343 mit Anm. Dünnebier·, OLG H a m m NStZ 1985 425 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 518; NStZ-RR 2002 382; AK/Krause 11; MeyerGoßner 10; KMRJWankel 7; Vgl. auch OLG Oldenburg M D R 1974 60.
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Meyer-Goßner 10; AK/Krause 11; KK/Boujong 5. OLG Oldenburg MDR 1974 60; KK/Boujong 5. OLG Saarbrücken NStZ 2004 644; OLG Karlsruhe M D R 1994 181 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1995 75; Meyer-Goßner 10; KMR/Wankel 5; vgl. auch OLG Karlsruhe NJW 1970 440; OLG München NStZ 1986 423; OLG Koblenz StV 1998 557. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 110. OLG Düsseldorf MDR 1992 1173.
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Gericht aufgehoben wird. 100 Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Vorschriften der §§ 121, 122 wieder Anwendung finden, wenn ein freiheitsentziehendes Urteil wieder aufgehoben wird, dann hätte es, auch für Absatz 3, einer eingehenden Regelung bedurft; Sie kann bei dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht durch Analogien gewonnen werden (s. auch § 122, 40). Dagegen endet die Beschränkung nicht, wenn nur einige mehrerer Straftaten, die zur selben Tat gehören (Rn.16, 22), abgeurteilt werden und durch Anrechnung der Untersuchungshaft (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB) verbüßt sind. Für den unerledigt gebliebenen Teil gelten §§ 121, 122 weiter. 25
Der Grund für die gesetzgeberische Entscheidung, mit dem ersten freiheitsentziehenden Urteil die Begrenzung der Untersuchungshaft entfallen zu lassen, kann nur darin liegen, dass gleichsam vermutet wird, die Durchführung einer etwaigen neuen Verhandlung sei stets ein wichtiger Grund, der das neue Urteil noch nicht zulasse und die Fortdauer der Haft rechtfertige. Für die Regel wird das richtig sein; und der Angeklagte kann darauf verwiesen werden, dass der Haftbefehl aufzuheben ist, wenn die weitere Haft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde (§ 120 Abs. 1). Doch es ist möglich, dass eine Sache, nachdem sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, verzögerlich behandelt wird. 101 Mit dem Mittel der Haftbeschränkung wird dem nicht entgegengewirkt; doch kann ggf. § 120 i.V.m. Art. 2 GG, Art. 5 Abs. 3, 6 Abs. 1 Satz 1 E M R K helfen (Rn. 22; § 1 2 0 , 1 6 ) .
IV. Verlängerungsvoraussetzungen (Absatz 1) 26
1. Schwierigkeit und Umfang der Ermittlungen. Die Dauer des Vollzugs der Untersuchungshaft kann nur unter bestimmten engen Voraussetzungen über sechs Monate hinaus verlängert werden. Vom Gesetz wird, weil selbstverständlich, nicht erwähnt, dass die allgemeinen Voraussetzungen der Untersuchungshaft (§§ 112, 112a, 113) fortbestehen müssen. 102 Zu prüfen ist also auch die Notwendigkeit der Haft unter dem Blickwinkel der Subsidiarität, etwa gegenüber jugendgerichtlichen Maßnahmen. 1 0 3 Der Prüfung der Voraussetzungen für eine Haftverlängerung darf im Übrigen der Haftbefehl nur soweit zu Grunde gelegt werden, wie der Beschuldigte über Vorwurf, Beweislage und Haftgründe substantiiert informiert wurde; ist ihm z.B. eine Erweiterung des Haftbefehls nicht derart mitgeteilt worden, wird bei der Prüfung nach § 121 nur der ursprüngliche (engere) Haftbefehl berücksichtigt. 104 Dem entsprechend besteht auch ein Verwertungsverbot für wichtige, für eine Haftfortdauer sprechende Gründe, die sich aus dem Verteidiger nicht zugänglichen Aktenteilen ergeben. 105 Besondere Voraussetzungen der weite-
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OLG Hamm NJW 1965 1818; OLG Karlsruhe Justiz 1986 144; Meyer-Goßner 9; KK/ Boujong 5; allg. M.; krit. SKIPaeffgen 6. S. nur BVerfG NJW 2 0 0 6 772. S. auch OLG Koblenz bei Paeffgen NStZ 2 0 0 7 144 (in Umfangssachen sei nur eine grobe Überprüfung des dringenden Tatverdachts geboten, nicht eine umfassende Beweiswürdigung). Vgl. z.B. OLG Zweibrücken NStZ-RR 2001 55; StV 2 0 0 2 433.
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BVerfG StV 2 0 0 1 691 mit Anm. Hagmann·, 2 0 0 3 83; OLG Hamm StV 1995 2 0 0 ; 1998 555; OLG Hamburg NStZ-RR 2 0 0 3 346; OLG Stuttgart StraFo 2 0 0 5 377; s. auch § 115, 3. OLG Hamm StV 2 0 0 2 318 mit zust. Anm. Deckers; s. dagegen (krit.) Lange NStZ 2 0 0 3 348; vgl. auch Vor § 112, 2 3 ff.
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ren Haft sind, dass die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. Das zusätzliche Erfordernis der Rechtfertigung lässt die Deutung zu, dass es für die Schwierigkeit und den Umfang der Ermittlungen darauf ankommt, ob diese vorhanden sind. Dagegen ist es grundsätzlich zunächst gleichgültig, ob sich ihre Existenz aus der Natur der Strafsache ergibt oder ob sie durch Fehlgriffe entstanden sind. Doch beeinflussen diese Umstände das Urteil darüber, ob die weitere Haft gerechtfertigt ist (Rn. 29 ff.). Besondere Schwierigkeit und besonderer Umfang der Ermittlungen lassen sich aus einem Vergleich mit durchschnittlichen Verfahren, in denen innerhalb von sechs Monaten ein erstinstanzliches Urteil ergehen kann, ermitteln. 106 Die Kriterien können sich überschneiden, es sind namentlich in Rechnung zu stellen: Zahl, Art und Umfang der aufzuklärenden Taten und das Ausmaß der notwendigen Ermittlungen; 1 0 7 die Zahl der Beschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen; die Zeit, die Zeugen, wenn sie aus dem Ausland anreisen müssen, benötigen, um die Reise zu machen und sich auf sie vorzubereiten, und diejenige, die Sachverständigen eingeräumt werden muss, damit sie schriftliche Gutachten erstellen und mündliche vorbereiten können; die Erreichbarkeit von Mitbeschuldigten und Zeugen; 1 0 8 die Art ihrer Äußerung und die Notwendigkeit, Zweifel zu klären, die durch diese entstanden sind; sowie die Übersetzung notwendiger Dokumente und die Einschaltung von Dolmetschern. Das Gesetz spricht nur von der Schwierigkeit der Ermittlungen; sonstige Schwierigkeiten des Verfahrens fallen nicht unter diesen Begriff. Daher sind die Verhandlungsmöglichkeiten des Gerichts und das Verhalten der Beschuldigten in Bezug auf andere Punkte als die Ermittlungen (z.B. Beschwerden) bei den anderen wichtigen Gründen (Rn. 28) zu untersuchen. Dagegen kann es durchaus die besondere Schwierigkeit der Ermittlungen begründen, wenn der Beschuldigte von seinem Recht (§ 136 Abs. 1 Satz 2) Gebrauch macht, nicht zur Sache auszusagen. 109 2. Wichtiger Grund. Der Vollzug der Untersuchungshaft darf auch aufrechterhalten werden, wenn ein (anderer) wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulässt. Er muss zwar nicht in seiner Art, wohl aber in seiner Bedeutung dem besonderen Umfang der Ermittlungen - aber nur des Verfahrens, in dem der Haftbefehl vollzogen wird 1 1 0 - oder der besonderen Schwierigkeit gleichwertig sein. 111 Außerdem muss es sich um einen Grund handeln, der nicht den Strafverfolgungsorganen zurechenbar ist (also z.B. objektiv unvermeidbare oder dem Beschuldigten zuzuschreibende Sachzwänge). 112 Viele wichtige Gründe sind neben Schwierigkeit und Umfang der Ermittlungen nicht denkbar. 113 Selbst-
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Meyer-Goßner 17; KKJBoujong 14; SK/ Paeffgen 14; Kleinknecht M D R 1965 788. S. auch Kraushaar NStZ 1996 528. Vgl. BGH (Auswertung umfangreicher TÜ-Erkenntnisse) bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 58. Vgl. BerlVerfGH NJW 1993 513 (wichtiger Grund). KKJBoujong 14; Meyer-Goßner 17; SK/ Paeffgen 14; s. auch EGMR EuGRZ 1993 384; a.A. Schlothauer/Weider 880; s. auch OLG Bamberg N J W 1995 1689 (Leugnen) mit ktit. Anm. Meinen N S t Z 1997 110; OLG Düsseldorf M D R 1987 1048.
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OLG Karlsruhe NJW 2 0 0 4 3725; Justiz 1984 307; OLG Düsseldorf M D R 1984 688. AK/Krause 17; Schlüchter 238; Kleinknecht JZ 1974 586. S. auch Kraushaar NStZ 1996 528. S K / P a e f f g e n 15. S. auch BVerfG StV 1991 565; NJW 1991 2821; 1994 2081. Vgl. OLG Düsseldorf StV 1990 5 0 3 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 4 . Keinesfalls die Schwere der Tat - OLG Zweibrücken StV 1991 28; OLG Düsseldorf NJW 1991 2303; M D R 1992 796 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 580; s. auch S K / P a e f f g e n Art. 5, 58 ff. EMRK.
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verständlich fällt hierunter Stillstand der Rechtspflege, doch ist das ein mehr theoretisches Beispiel. Dagegen können als wichtige Gründe in Betracht kommen, dass Beamte während der Ermittlungen ausfallen oder dass die Strafkammer mangelhaft besetzt ist und dieser Umstand rechtzeitiger Terminierung entgegensteht (s. aber Rn. 30). Weitere wichtige Gründe können sein: die verzögernde, aber gebotene Rücksichtnahme auf das Gesundheitsinteresse oder sonstige wichtige Belange eines Zeugen, insbesondere des Verletzten (von Kindern), 114 Erkrankung von Zeugen und Sachverständigen, des Beschuldigten, seines Verteidigers, des Vorsitzenden und des Berichterstatters, in umfangreichen Sachen nach h.M. 1 1 5 auch des allein eingearbeiteten Staatsanwalts. Letzteres erscheint zweifelhaft, 116 weil in Umfangsverfahren häufig schon zur schnelleren Klärung des Sachverhaltes die frühzeitige Einschaltung eines zweiten Staatsanwaltes sachgerecht sein dürfte (s. auch Rn. 30). Ebenso kann es ein wichtiger Grund sein, wenn der Beschuldigte durch sein Verhalten (dauernde Beschwerden und Eingaben) das Urteil verzögert. 117 Freilich wird in diesen Fällen besonders sorgsam zu prüfen sein, ob sie die weitere Haft auch rechtfertigen. Kein wichtiger Grund ist die Notwendigkeit von Ermittlungen wegen einer anderen Tat, die nicht Gegenstand des Haftbefehls ist und bzgl. deren kein dringender Verdacht besteht; 118 zulässig ist es jedoch, bei Serienstraftaten, die Gegenstand des Haftbefehls sind, während unerlässlicher Ermittlungen zum Tathintergrund auch Erkenntnisse über weitere Zusammenhangstaten zu sammeln, wenn dadurch keine spürbare Verzögerung eintritt. 119
V. Fortsetzung; Rechtfertigung der Haftfortdauer 29
1. Grundsatz Wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulässt, gibt das allein noch keine Berechtigung, den Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus aufrechtzuerhalten. Das Gesetz fordert vielmehr als weitere Voraussetzung, dass die gleichen Umstände, die das Urteil noch nicht zulassen, auch die Fortdauer der Haft nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 120 - rechtfertigen; erforderlich ist eine Überprüfung der Angemessenheit unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Freiheit und seiner Folgen sowie der Bedeutung der Gründe für diesen Eingriff. Die
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Meinen NStZ 1997 110. OLG Hamm NJW 1972 550; KKJBoujong 16; Meyer-Goßner 21. Ebenso SKJPaeffgen 15; s. auch BVerfGE 2 0 51; AK/Krause 18; Schlothauer/Weider 882; Kleinknecht/Janischowsky 258. Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1987 1048; h.M.; krit. SYJPaeffgen 15; a.A. Schlothauer/ Weider 888. BVerfG NJW 1992 1749; 1992 1750 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 5 7 8 ff.; StV 2 0 0 1 694; OLG Bamberg StV 2 0 0 2 608; OLG Brandenburg StV 2 0 0 0 37; OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 2 104; OLG Frankfurt StV 1995 4 2 4 ; NStZ-RR 1996 2 6 8 (auch nicht für die Strafzumessung oder zur Klärung von Taten Anderer); OLG Hamm StV 1988 212 mit
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Anm. Paeffgen NStZ 1989 518; OLG Karlsruhe NJW 2 0 0 4 3725; Justiz 1984 3 0 7 ; OLG Köln StraFo 2 0 0 7 155; StV 1993 33; 1998 2 6 9 ; OLG Nürnberg StraFo 2 0 0 0 138; OLG Oldenburg StraFo 2 0 0 6 410; 2 0 0 2 275; s. auch OLG Saarbrücken wistra 2 0 0 7 198; OLG Oldenburg StraFo 2 0 0 6 241 (zu § 120); OLG Dresden bei Burhoff StraFo 2 0 0 6 57; anders wohl KG (Abwarten der Ermittlungen zur Vortat einer Hehlerei bei erheblichem Schaden) bei Burhoff aaO. OLG Düsseldorf StraFo 2 0 0 2 104. BVerfG StV 1991 565; Paeffgen NJW 1990 5 3 7 ff.; Meyer-Goßner 17; s. auch BVerfG 2 0 0 6 703; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1992 146.
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Rechtfertigungsgründe sind eng auszulegen; 121 das gilt namentlich für die Abwägung der Angemessenheit (sinngemäß). An sie sind um so strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft bereits dauert. 1 2 2 Der Vollzug der Untersuchungshaft über mehr als ein Jahr bis zum Beginn der erstinstanzlichen Hauptverhandlung muss auf ganz besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben; 123 allerdings lässt sich eine feste Grenze für den höchstzulässigen Zeitraum einer hinzunehmenden Verzögerung nicht bestimmen, da es allein auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. 1 2 4 Jedoch sind bei den späteren Prüfungen nach § 122 Abs. 4 wesentlich strengere Anforderungen an die Zügigkeit der Bearbeitung zu stellen als bei der ersten Haftprüfung nach § 122 Abs. I. 1 2 5 In Umfangssachen soll es zulässig sein, die Prüfung der Rechtfertigung der Haftfortdauer auf einzelne wesentliche Taten oder Komplexe (also ohne Erörterung zu weiteren Taten) zu beschränken, wenn schon für diese die Rechtfertigung dieser Fortdauer bejaht werden muss. 126 Da die Untersuchungshaft grundsätzlich nur so lange vollzogen werden darf, als das 3 0 unerlässlich ist, um das Urteil zu erreichen, ist die Haftverlängerung nur gerechtfertigt, wenn die Schwierigkeiten usw. unabwendbar sind und unabwendbar gewesen sind. Dies können in der Regel nur unvorhersehbare, plötzlich auftretende und deshalb sowie wegen entgegenstehender, kurzfristig nicht überwindbarer Hindernisse nicht schnellstens lösbare Probleme sein. 127 Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn den Umständen, die das Urteil noch nicht zulassen, entgegengewirkt werden konnte, auch während der Zeit einer Haft in anderer Sache. 128 Zu diesem Zweck müssen Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und Justizverwaltung vorausschauend und -planend alle erforderlichen organisatorischen und personellen Maßnahmen treffen, um erkennbaren oder möglich erscheinenden Verzögerungsgefahren rechtzeitig und wirksam begegnen zu können; dies gilt insbesondere für die Personalausstattung und die Geschäftsverteilung. 129 Entsprechendes
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BVerfG 20 50; 36 271; S3 157; s. auch BVerfG NJW 1991 2821; StV 1991 565; SYJPaeffgen 13; Paeffgen NJW 1990 537 ff.; Burhoff StraFo 2000 109 ff. Vgl. BGHSt 38 43 mit Anm. Weider StV 1991 475; OLG Brandenburg StV 2000 37; OLG Köln StV 1992 524; OLG Düsseldorf StV 1990 503 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; NJW 1991 2303; StV 1992 586; 1996 496; OLG Bremen StV 1989 487; OLG München StV 1989 351; OLG Schleswig StV 1985 115; KG StV 1983 111; OLG Frankfurt StV 1982 585; allg. M. Vgl. OLG Frankfurt StV 1990 269; 1990 412; 1992 124; 1992 426; OLG Düsseldorf StV 1992 586; OLG Köln MDR 1992 1070; OLG Karlsruhe NJW 1973 380. S. auch (teils zu kürzeren Zeitspannen) OLG Düsseldorf StV 1982 531; 1990 503 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; 1992 21; 1993 86; OLG Frankfurt StV 1983 380; 1992 585; 1993 202; OLG Celle StV 1985 331; OLG Schleswig StV 1985 115; 1991 170; 1992 525; OLG Hamburg StV 1985 198; 1989 489; OLG Zweibrücken StV 1989 158;
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OLG Bamberg StV 1991 28; 1991 169; 1992 426; OLG Bremen StV 1992 181; 1992 182 mit Anm. Schlothauer und Paeffgen NStZ 1993 580; 1992 480; KG StV 1992 523; OLG Köln StV 1992 20; 1992 524. Vgl. KYJBoujong 22; SYJPaeffgen 17; Kleinknecht/Janischowsky 259, 262; s. auch BVerfGE 36 275; OLG Düsseldorf StV 1982 531; 1990 503 (mit weiteren Nachweisen) mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; SK/ Paeffgen Art. 5, 60 EMRK; sowie die Nachweise in der vorstehenden Fn. KG StV 1985 116; OLG Bremen StV 1992 181; OLG Düsseldorf StV 1992 586; KK/ Boujong 22; h.M.; enger Schlothauer/Weider 876. OLG Koblenz bei Paeffgen NStZ 2007 144. Vgl. BVerfGE 36 274; OLG Celle StV 2002 150; OLG Hamm StV 2006 481; SYJPaeffgen 13, 15. OLG Stuttgart MDR 1970 346. S. insbes. BVerfGE 21 222; BVerfG NJW 2006 668, 672, 677 mit krit. Bespr. Jahn 652 und Schmidt NStZ 2006 313 sowie Anm. Paeffgen NStZ 2007 83 zu S. 668;
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gilt für die Verfahrensgestaltung; ggf. muss ein Teil der zu ermittelnden Taten vorweg angeklagt 130 und (oder) der Urteilsstoff begrenzt werden. Bei Ermittlungen gegen mehrere Beschuldigte ist ständig zu prüfen, ob es möglich und sachgerecht ist, mit dem Ziel einer Verfahrensbeschleunigung Verfahren gegen einzelne Beschuldigte abzutrennen 131 (Rn. 31). Zwar kann es in einzelnen Fällen unerlässlich sein, alle Vorwürfe gegen den Beschuldigten, in seltenen Fällen auch gegen mehrere Beschuldigte, gleichzeitig abzuurteilen, wenn nur auf diese Weise eine gerechte Rechtsfindung und Strafzumessung sichergestellt werden kann, 132 eine umfassende Aufklärung nur so zu erlangen ist; oder wenn ganze Komplexe zentral, sei es auch von mehreren Staatsanwälten, bearbeitet werden müssen. 133 Doch ist in solchen Fällen die Haftfortdauer nur gerechtfertigt, wenn ein weiterer Mitarbeiter rechtzeitig herangezogen worden ist. 134 Ist es unter diesen Umständen geboten, einen Tatkomplex gegen mehrere Beschuldigte einheitlich zu ermitteln, so dürfen die Schwierigkeiten bei der Klärung zu Lasten aller Beschuldigter berücksichtigt werden. 135 31
Abgesehen von solchen Großverfahren ist es in vielen Fällen zwar erwünscht, das gesamte Tatgeschehen geschlossen aufzuklären und abzuurteilen; es ist aber meist nicht unerlässlich. Dann ist, um die Untersuchungshaft auf die unbedingt notwendige Zeit zu beschränken, auf den Vorteil zu verzichten, denselben Beschuldigten wegen mehrerer Taten gleichzeitig zu belangen oder gegen mehrere Beschuldigte gleichzeitig zu verhandeln. Vielmehr sind Anklage und Verhandlung auf die zuerst verhandlungsreife Tat gegen den inhaftierten Beschuldigten zu beschränken; die endgültige Strafe muss der Gesamtstrafenbildung in einer späteren Verhandlung (meist während der Strafhaft) vorbehalten bleiben.
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In Rechtsprechung 136 und Literatur 1 3 7 wird gelegentlich die Auffassung vertreten, eine Haftfortdauer könne dann zulässig sein, wenn eine das Verfahren verzögernde Sachbehandlung durch (nachträgliche) Gegenmaßnahmen, etwa eine beschleunigte Terminierung und Verhandlung ausgeglichen werde. Diese Lösung ist zumindest äußerst bedenklich, 138 m.E. abzulehnen. 139 Zum einen verführt sie dazu, leichtfertig einen „wichtigen
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BGHSt 38 43 ff. (zur Justizgewährungspflicht) mit Anm. Weider StV 1991 475; OLG Brandenburg StV 2000 37; OLG Bremen StV 1992 426; OLG Celle StV 2002 150; NdsRpfl. 2002 369; OLG Frankfurt NJW 1996 1487; OLG Stuttgart NStE § 121, Nr. 29; s. auch (z.T. krit.) Nack FS Strauda 429. Vgl. BVerfG StV 1994 589 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 74; OLG Brandenburg StV 2000 37; OLG Frankfurt StV 1995 423; KG StraFo 2007 26; OLG Koblenz StV 2001 302; OLG Nürnberg StraFo 2000 138. OLG Zweibrücken StV 2002 433. KG NStZ 2006 524; OLG Hamm JZ 1965 545; vgl. Hengsberger JZ 1966 209; s. auch OLG Bamberg StV 1991 29. Vgl. BVerfGE 21 222; 21 226; vgl. auch OLG Hamburg NJW 1967 64. OLG Hamburg MDR 1967 1029. OLG Hamm JZ 1965 545; OLG Hamburg MDR 1970 863; h.M.; krit. SYJPaeffgen 15.
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OLG Brandenburg StraFo 2007 199; OLG Düsseldorf StV 1989 113 mit Bespr. Seebode 118 und Anm. Paeffgen NStZ 1989 518; MDR 1996 955; OLG Frankfurt StV 1988 439 mit Anm. Prittwitz und Paeffgen NStZ 1989 517; KG StV 1993 203; OLG Koblenz StV 2001 302; OLG Stuttgart Justiz 2001 196; OLG Jena NStZ 1997 452; NStZ-RR 1997 364; s. auch BGHSt 38 43 mit Anm. Weider StV 1991 475; OLG Frankfurt StV 1992 124 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; 1992 586; OLG Düsseldorf StV 1992
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KYJBoujong 22; Meyer-Goßner 26; HK/ Lemke 20; KMRJWankel 9; Kleinknecht/ Janischowsky 260; s. auch Temming/Lange NStZ 1998 62. Ablehnend SYJPaeffgen 18; Paeffgen NJW 1990 537; NStZ 1989 518; Seebode StV 1989 118; AKIKrause 18; Schlothauer/Weider 887; s. auch OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 268.
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Grund" anzunehmen, obwohl dieser fehlt. Zum anderen kann die beschleunigende Gegenmaßnahme kein „Ausgleich" sein, der auch vom Gesetz nicht als Abwägungskriterium genannt wird, weil eine beschleunigte Ermittlung, Terminierung und Verhandlung sowieso Pflicht der staatlichen Organe ist, also ohnehin hätte erfolgen müssen 1 4 0 (s. auch Rn. 40). Besondere Probleme kann die Frage der Kausalität aufwerfen, wenn ein Haftverlängerungsgrund (Rn. 26, 28) von den Strafverfolgungsorganen zurechenbar mitverursacht wurde. In vielen Fällen dieser Art ergibt sich eine Lösung gemäß der h.M. (Rn. 40) dadurch, dass nur grobe Pflichtverletzungen eine Aufhebung des Haftbefehls erfordern können. So ist z.B. die Haftfortdauer unangemessen, wenn das Verfahren ohne Pflichtverstoß innerhalb der Sechs-Monats-Grenze hätte eröffnet werden können. 1 4 1 Fraglich ist aber, was gilt, wenn das Verfahren auch bei zügiger Sachbehandlung nicht innerhalb der Frist durch Urteil hätte abgeschlossen werden können oder wenn dies nicht feststellbar ist. Im erstgenannten Fall könnte man die Auffassung vertreten, die Haft dürfe (jedenfalls eine angemessene Zeit) fortdauern, 142 (wenn und dann) weil jedenfalls ein Verlängerungsgrund vorliege und die Frage der Dauer der weiteren Haft über das begrenzende Kriterium der Verhältnismäßigkeit gelöst werden könne; richtiger dürfte es jedoch sein, strikt darauf abzustellen, dass der erforderliche wichtige Grund i.S. der Vorschrift fehlt und es daher auf eine hypothetische Betrachtung nicht ankommen kann. 1 4 3 Auch im zweiten Fall muss wohl, vom Ziel der Vorschrift (Rn. 1) und namentlich davon ausgehend, dass die Haftfortdauer die Ausnahme sein soll, in der Regel der Haftbefehl aufgehoben oder wenigstens der Vollzug ausgesetzt werden 1 4 4 (vgl. auch Rn. 41).
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2. Verhalten des Beschuldigten oder seines Verteidigers 145 a) Beschuldigter. Wichtige Gründe, die in der Sphäre des Beschuldigten liegen, können die Fortdauer der Haft rechtfertigen, in der Regel aber nur, wenn sie für die Strafverfolgungsorgane und das Gericht nicht vorhersehbar und nicht vermeidbar waren. 1 4 6 Dies gilt auch für die Wahrnehmung prozessualer Rechte, die das Verfahren verzögert; keinesfalls darf die Reaktion hierauf zu einer weiteren prozessual vermeidbaren Verfahrensverlängerung führen. 1 4 7 Kann es nicht zum Urteil kommen, weil der Beschuldigte oder sein Verteidiger das Verfahren dauernd durch Eingaben, Beschwerden oder wiederholte Anträge auf Akteneinsicht aufhält, so ist das zwar ein wichtiger Grund, der dem Urteil entgegensteht, aber in der Regel keiner, der es rechtfertigt, die Untersuchungshaft fortdauern zu lassen. 148 Denn im Allgemeinen ist es möglich, der Verzögerung durch tech-
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Ebenso OLG Hamm StV 2 0 0 6 191; Burhoff StraFo 2 0 0 0 118; 2 0 0 6 58; Münchhalffen/ Gatzweiler 417; s. auch Schmidt NStZ 2 0 0 6 315. Eingehend dazu Paeffgen NJW 1990 5 3 7 ; SKJPaeffgen 18. Vgl. KG StV 1983 111; 1985 116; SKJPaeffgen 19; Paeffgen NJW 1990 5 4 4 ; Kleinknecht/Janischowsky 2 5 6 . Im Ergebnis so Meyer-Goßner 26; KKJBoujong 2 2 ; vgl. auch (krit.) SKJPaeffgen 19. Im Ergebnis ebenso KMR/Wanke! 14; s. auch BVerfG NStZ 1995 459. Vgl. auch SKJPaeffgen 19; OLG Frankfurt
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NStZ 1991 5 5 2 mit Anm. Schwalbe; a.A. KMRJWankel 11 (auf die Verursachersphäre abstellend). Vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1987 1048; Brause Kriminalistik 1995 349. Schlothauer/Weider 889; Münchhalffen/ Gatzweiler 417; s. auch OLG Koblenz StV 2 0 0 3 519. Vgl. BVerfG StV 1999 162; KMRJWankel 11; Schlothauer/Weider 888 ff.; s. auch OLG Bremen StV 1986 5 4 0 ; KG StV 1993 2 0 4 . OLG Stuttgart StV 1983 70; a.A. möglicherweise Münchhalffen/Gatzweiler 413.
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nische Mittel entgegenzuwirken. 149 Dafür kommen hauptsächlich Hilfsakten mit Abdrucken der wichtigsten Schriftstücke in Betracht; 1 5 0 u.U. ist aber auch die Mehrfachherstellung der gesamten Ermittlungsakten erforderlich. 151 Durch sie kann der Staatsanwalt sicherstellen, dass er die Ermittlungen auch dann fortsetzen kann, wenn er die Akten versenden muss. 35
Indessen werden in einzelnen Fällen Schwierigkeiten bestehen, mit Abschriften und Hilfsakten das Verfahren zügig zu fördern, etwa weil der Beschuldigte erst weit nach Beginn der Untersuchung in Haft genommen und die Sache umfangreich und verwickelt ist. Wird das Urteil dann verzögert, weil die Sachakten wegen dauernder Beschwerden und Eingaben immer wieder versandt werden müssen, so ist das Verhalten des Beschuldigten ein wichtiger Grund, der es rechtfertigt, die Haft fortdauern zu lassen. Doch sind auch hier wieder Ausnahmen ins Auge zu fassen. So wird es geboten sein, die Akten zu fotokopieren, wenn auch in einem späteren Stadium eine Untersuchung durch einen Sachverständigen erforderlich wird. 1 5 2 Denn der Sachverständige braucht meist längere Zeit, das Gutachten abzusetzen, kann das Ergebnis aber oft viel früher vorläufig durchgeben, so dass oft Monate vor Eingang des schriftlichen Gutachtens die Anklage gefertigt werden und in der Regel auch über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden werden kann.
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Führt der Beschuldigte durch falsche Angaben die Ermittlungsbehörden in die Irre oder bestreitet er seine Identität, so mag dies in Ausnahmefällen zu besonders schwierigen, verzögernden Ermittlungen führen und eine gewisse Haftfortdauer rechtfertigen. 153 Auch eine längere Verhandlungsunfähigkeit begründende Erkrankung des Beschuldigten kann als wichtiger Grund die Fortdauer der Haft rechtfertigen. 154
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b) Verteidiger. Bei der Entscheidung darüber, ob ein wichtiger Grund im Verhalten des Verteidigers es rechtfertigt, die Haft fortdauern zu lassen, ist besondere Zurückhaltung geboten. Sie ist schon aufgrund seiner Stellung (§ 1 BRAO) angebracht; danach besteht die Hauptaufgabe des Verteidigers darin, „dem Beschuldigten zu helfen, den Angriff der Anklage abzuwehren und dafür Sorge zu tragen, daß der Strafanspruch des Staates im prozessordnungsgemäßen, justizförmigen Wege verfolgt wird". 1 5 5 Er darf und muss alles vorbringen, was nach sachlichem oder Verfahrensrecht für den Beschuldigten günstig ist und dabei die Verteidigung selbständig führen (Erl. Vor § 137). 1 5 6 Namentlich der Pflichtverteidiger hat darüber hinaus auch Umstände zu berücksichtigen, die auf Erwägung staatlicher Fürsorge beruhen. Gleichwohl kann sein Verhalten nicht nach den gleichen Maßstäben bemessen werden wie das eines Richters, Staatsanwalts oder einer anderen Ermittlungsbehörde (vgl. Rn. 40), vielmehr sind dafür - schon im Hinblick auf § 142 Abs. 1 Satz 3 - auch hier im Wesentlichen die Erwägungen heranzuziehen, die für Wahlverteidiger gelten.
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OLG Karlsruhe NJW 1973 381; OLG Frankfurt StV 1983 380. OLG Köln NJW 1973 1010; OLG Frankfurt MDR 1973 7 8 0 . BVerfG StV 1995 199; 1999 162; OLG Stuttgart StV 1983 70; OLG Hamburg StV 1983 2 9 0 ; OLG Frankfurt StV 1986 2 2 ; 1993 2 0 2 ; 1995 4 2 3 ; OLG Köln StV 1992 2 0 ; OLG Düsseldorf bei Paeffgen NStZ 2 0 0 3 82. Vgl. Kleinknecht/Janischowsky
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2 5 8 ; Nr. 12 Abs. 2, 54 Abs. 3, 56 Abs. 3 RiStBV. OLG Frankfurt MDR 1973 780; OLG Hamburg StV 1984 122. YX/Boujong 16; Schlothauer/Weider 888. Paeffgen NJW 1990 539; KKJKrause 18. BGHSt 5 3 3 4 . S. auch BVerfG NJW 2 0 0 6 6 6 8 (auch zur Pflicht des Gerichts, das Verhalten des Verteidigers darzulegen).
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Als wichtiger Grund, der die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigt, kann danach in Betracht kommen: die Verzögerung durch die Einsichtnahme des Verteidigers in umfangreiche Straf- und Ermittlungsakten, wenn diese länger dauert und die Verzögerung nicht durch Doppelakten vermieden werden kann; 1 5 7 durch zu spät (erst unmittelbar vor Abschluss der Ermittlungen) oder im ausschließlichen Interesse und im Einverständnis des Beschuldigten gestellte Anträge, 1 5 8 namentlich überraschende zeitaufwendige Beweisanträge; 159 durch eine (nur kurze) Terminsverschiebung zufolge Urlaubsabwesenheit des Verteidigers (sie wird regelmäßig durch das Interesse des Beschuldigten an der Vermeidung eines Verteidigerwechsels gedeckt), oder eine Terminsverhinderung des Verteidigers aus anderen Gründen, wobei es jedoch zu den Organisationspflichten des Gerichts (Vorsitzenden) gehört, (zu versuchen,) der Gefahr von Terminsverschiebungen durch ggf. sehr frühzeitige (vorsorglich schon alsbald nach Eingang der Anklage) Terminabsprachen mit den Verteidigern vorzubeugen 160 oder notfalls - jedenfalls bei längerer Verhinderung - einen Pflichtverteidiger zu bestellen, 161 soweit dies ausnahmsweise zulässig und nach der Sachlage auch möglich und sachgerecht ist 1 6 2 (vgl. die Erl. zu §§ 140 ff.); durch einen vom Beschuldigten veranlassten Verteidigerwechsel;163 durch Aussetzung des Verfahrens wegen grundloser Entfernung eines als Anwalt seines Vertrauens beigeordneten Pflichtverteidigers aus der Hauptverhandlung und anschließender Weigerung, den an seiner Stelle zum Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt über das Ergebnis der Hauptverhandlung zu unterrichten, 164 auch wenn dies unabhängig vom Willen des Beschuldigten geschah; 1 6 5 durch Nichtabgabe einer mehrfach angekündigten Äußerung zum Umfang der notwendigen Beweisaufnahme; 1 6 6 durch eine Verlängerung der Erklärungsfrist zur Anklage nach Kontaktsperre (§§ 31 ff. EGGVG). 1 6 7 Der Beginn
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Vgl. BVerfG NJW 1994 2081; OLG Bremen StV 1993 377; OLG Celle NdsRpfl. 1997 2 9 0 ; OLG Düsseldorf StV 2 0 0 1 695; OLG Frankfurt StV 1983 380; 1992 5 8 6 ; 1993 2 0 2 ; OLG Hamburg StV 1983 2 8 9 ; OLG Stuttgart StV 1983 70; OLG Jena StV 1998 560; s. auch OLG Frankfurt StV 1986 22; OLG Celle StV 1984 341; OLG Düsseldorf NStE § 121, Nr. 10; bei Paeffgen NStZ 2 0 0 3 82; s. auch OLG Frankfurt StV 2 0 0 6 648. Vgl. auch OLG Hamburg NStZ 1993 53 (Aussetzungsantrag wegen nur mündlicher Übersetzung der Anklage); OLG Düsseldorf MDR 1987 1048 (Verantwortung des Beschuldigten für die Verteidigungskonzeption). Meyer-Goßner 21; s. auch OLG München StV 2001 4 6 6 (Antrag, einen Zeugen zu laden, der ohnehin hätte vernommen werden müssen). Vgl. dazu BVerfG StraFo 2 0 0 7 152; OLG Bremen StV 1992 4 8 0 ; OLG Celle NdsRpfl. 1997 2 9 0 ; OLG Düsseldorf StV 1992 586; NJW 1993 1149; StV 1994 326; OLG Frankfurt StV 1992 21; OLG Hamm StV 2 0 0 6 481 mit Anm. Hilger sowie 4 8 2 (wobei die „Terminshoheit" des Vorsitzenden unbestritten ist); OLG Karlsruhe StV
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der Hauptverhandlung darf auch mit Rücksicht auf die Terminslage des Verteidigers kurzfristig, nicht mehrere Monate, 1 6 8 hinausgeschoben und die Verhandlungstermine dürfen maßvoll gestreckt werden, wenn hierdurch nicht die Untersuchungshaft deutlich verlängert wird; 1 6 9 außerdem müssen ggf. zur Sicherung einer dem Beschleunigungsprinzip (noch) entsprechenden Terminierung bereits terminierte „Nicht-Haftsachen" aufgehoben 1 7 0 und notfalls müssen auch besondere Verhandlungstage und -zeiten vorgesehen und eingeschoben werden. 171 Bei all dem ist nicht nur auf die Beschleunigung des Verfahrens und den Freiheitsanspruch des von der Verhinderung seines Verteidigers betroffenen Angeklagten zu achten, sondern ggf. auch auf den Freiheitsanspruch inhaftierter Mitangeklagter und deren Termin- und Beschleunigungsinteressen. 172 Auch in diesen Zusammenhängen liegt ein wichtiger Grund infolge der Terminschwierigkeiten eines Verteidigers nur dann vor, wenn diese Schwierigkeiten für das Gericht nicht vorhersehbar und nicht abwendbar waren 1 7 3 (s. auch Rn. 41, 42). Ein wichtiger Grund kann schließlich auch vorliegen, wenn die Verteidigungsstrategie erkennbar und allein auf Verfahrenssabotage angelegt ist und das Gericht deshalb das Verfahren zur Durchführung einer Ausschließung (§ 138a) aussetzt und die Vorgänge dem OLG vorlegt. 174 Ebenso, wenn eine Verzögerung eintritt, weil der Verteidiger die Möglichkeit als bestehend anspricht, dass im Ausland befindliche Zeugen auch auf formlose Ladung zur Verhandlung kämen, und der Vorsitzende, darauf vertrauend, ein Rechtshilfeersuchen zurückstellt; allerdings muss dies - und dies gilt grundsätzlich für alle Haftverlängerungsgründe - feststehen oder feststellbar sein 1 7 5 (s. auch Rn. 33). 39
In den Beispielen der vorhergehenden Randnummer muss die Verzögerung auf Umstände zurückzuführen sein, denen die Staatsanwaltschaft oder das Gericht nicht durch geeignete Maßnahmen hätte entgegenwirken können. Da sie darüber hinaus ausschließlich in der Sphäre des Beschuldigten liegen, muss dieser sie sich zurechnen lassen 1 7 6 mit der Folge, dass sie auch die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Dafür spricht auch, dass es anderenfalls der Verteidiger in der Hand hätte, durch sein (schuldhaftes) Verhalten - und zwar unabhängig von einer etwaigen Mitwirkung des Beschuldigten - dessen Freilassung nach sechs Monaten zu erreichen. 177
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3. Verhalten des Personals. Schwierigkeit und Umfang der Ermittlungen bzw. Verfahrensverzögerungen aus sonstigen Gründen rechtfertigen die Fortdauer der Haft grundsätzlich nicht, wenn sie nicht in der Natur der Sache 1 7 8 begründet, sondern durch grobe
OLG Hamm StV 2 0 0 6 481 mit Anm. Hilger; OLG Köln StV 2 0 0 6 145; s. auch BGH J R 2 0 0 7 2 0 9 mit Anm. Eidam. 1 6 5 OLG Köln StV 2 0 0 6 145 mit Anm. Hilger StV 2 0 0 6 451; OLG Hamm StV 2 0 0 6 4 8 2 . 1 7 0 H.M.; OLG Hamm StV 2 0 0 6 4 8 2 ; enger wohl OLG Köln StV 2 0 0 6 143 mit Anm. Hilger. 171 Vgl. BVerfG NJW 2 0 0 6 668; h.M. 1 7 2 Vgl. BVerfG 2 0 0 6 451; s. auch OLG Köln StV 2 0 0 6 143, 4 6 3 - alle mit Anm. Hilger, OLG Hamburg StraFo 2 0 0 6 372. 1 7 3 H.M.; OLG Hamm StV 2 0 0 6 481 mit Anm. Hilger, sowie 4 8 2 . 174 v g i. J a z u OLG Schleswig bei Lorenzen/ Thamm SchlHA 1993 2 2 5 (Ziel der Vertei168
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digung: Aussetzung der Hauptverhandlung, um so eine Aufhebung des Haftbefehls zu erreichen). Vgl. dazu OLG Frankfurt NStZ 1991 552 (bei „non liquet" Aufhebung des Haftbefehls) mit Anm. Schwalbe. Vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1987 1048; OLG Koblenz StV 2 0 0 3 519 (keine Zurechnung bei notwendiger Aussetzung zur Vorbereitung der Verteidigung und Unterbrechung wegen Verhinderung des Verteidigers nicht möglich). Dazu auch Schwalbe NStZ 1991 553. Z.B. unerlässlich behutsame Ermittlungen, um besondere Belastungen für Opfer gering zu halten oder Gefährdungen zu vermeiden
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Fehler und Versäumnisse entstanden sind. 1 7 9 Für die Beurteilung dieser Frage ist die Bearbeitungsweise normaler Kriminalbeamter, Staatsanwälte und Richter zu Grunde zu legen. 1 8 0 Meisterleistungen sind kein Maßstab. Danach ist die Fortdauer der Haft jedenfalls in der Regel - nicht gerechtfertigt bei wesentlicher Verfahrensverzögerung durch ohne sachlichen Grund schleppende oder ruhende Ermittlungen, 181 wobei die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, bei polizeilichen Ermittlungen die Beschleunigung zu kontrollieren und anzumahnen; 1 8 2 durch Ermittlungen, die nicht den Tatvorwurf des Haftbefehls betreffen; 1 8 3 bei wesentlicher Verfahrensverzögerung durch ohne sachlichen Grund verzögerte Anklageerhebung 184 oder grobe Fehler im Zusammenhang mit der Anklage; 1 8 5 durch ungerechtfertigte Verschleppung der Eröffnungsentscheidung; 186 un-
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- vgl. dazu OLG Bamberg NJW 1995 1689 mit krit. Anm. Meinen NStZ 1997 110; HK/ Lemke 15. OLG Bremen StV 1992 181; 1992 182 mit Anm. Schlothauer und Paeffgen NStZ 1993 580; OLG Düsseldorf MDR 1996 955; KG NJW 1997 878; OLG Schleswig bei Döllel/ Dreeßen SchlHA 2005 259; s. auch BVerfG StV 2007 369; 2003 30; NJW 2006 668, 672, 677; Meyer-Goßner 22 ff., 26; h.M.; a.A. wohl KG StV 1985 116; OLG Köln MDR 1991 662 (nicht ausdrücklich nur auf grobe Versäumnisse begrenzend); s. auch Schlothauer/Weider 876 (auch bei leichteren Versäumnissen); BVerfG StV 2006 703 (diese Frage offen lassend für den Fall erheblicher objektiver Pflichtwidrigkeit; auf die Frage der Vorwerfbarkeit komme es bei zuzurechnenden Fehlern nicht an). Vgl. auch (z.T. krit.) Nack FS Strauda 429 ff. sowie § 120, 16. OLG Bremen StV 1992 182 mit Anm. Schlothauer und Paeffgen NStZ 1993 580; allg. M. Vgl. BVerfG StV 1995 199 (zutreffend: bei erfolgreicher Beschwerde der StA gegen Aufhebung des Haftbefehls ist im Rahmen der späteren Prüfung nach § 121 auch zu berücksichtigen, ob in der haftfreien Zeit beschleunigt ermittelt wurde); OLG Brandenburg StV 2000 37; 1997 536; OLG Frankfurt StV 1995 423; OLG Hamm StraFo 2001 32; 2004 663; NStZ-RR 2004 339; OLG Koblenz StraFo 2002 208; OLG Köln StV 1992 524; OLG Nürnberg StraFo 2000 138; OLG Schleswig StV 1992 525 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 580; OLG Jena StV 1998 560; OLG Zweibrücken StV 1989 158; s. aber auch OLG Bamberg NJW 1995 1689 (Vorrang des Kindeswohls vor Beschleunigung in Haftsachen) mit krit. Anm. Meinen NStZ 1997 110.
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Vgl. OLG Köln StV 1993 33; OLG Schleswig StV 1991 170; OLG Bremen StV 1992 426; s. auch BVerfG StV 2007 369; OLG Oldenburg StraFo 2006 241 (zu § 120). Vgl. die Nachweise bei Rn. 28 a.E. Vgl. BVerfG StV 1994 589 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 74; StV 2000 322; OLG Bamberg StV 1992 426 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; OLG Brandenburg StV 2000 37; OLG Bremen StV 1992 182 mit Anm. Schlothauer und Paeffgen NStZ 1993 580; OLG Celle StV 1984 340; 1985 331; NdsRpfl. 2002 369; OLG Düsseldorf StV 1990 503 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; 1992 21; StraFo 1996 158; 2003 93; 2006 24; OLG Frankfurt StV 1992 124 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; 1992 585; 1993 202; 1993 253; 1995 141; OLG Hamm StraFo 2006 409; 1999 358; KG StraFo 2007 26; StV 1993 111; 2000 36; OLG Koblenz NJW 1990 1375 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; OLG Koblenz StraFo 2001 398; OLG Köln StraFo 2007 155; MDR 1973 515; NJW 1973 1009; StV 1999 40; OLG München StV 1989 351 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; OLG Oldenburg StV 1993 429 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 74; OLG Schleswig StV 1991 170; OLG Stuttgart NStZ-RR 2003 29; OLG Jena NStZ-RR 1997 364; OLG Zweibrücken StV 2002 433. Vgl. BVerfG StV 1992 522; KG StV 1983 111; OLG Frankfurt StV 1984 123; OLG Bremen MDR 1968 863 (Anklage beim unzuständigen Gericht); OLG Hamburg MDR 1968 603; OLG Frankfurt StV 1985 198 (keine Zustellung der Anklage); OLG Karlsruhe NJW 1973 381 (Übersetzung verzögert); OLG Düsseldorf StV 1991 222 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 532; OLG Oldenburg StV 2004 498; s. auch OLG
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nötige Verzögerungen und sonstige verfahrensverschleppende Fehler bei der Terminsvorbereitung; 1 8 7 verschleppten Beginn der Hauptverhandlung; 1 8 8 schleppende Hauptverhandlung ohne straffen Verhandlungsplan; 1 8 9 ungerechtfertigte Aussetzung; 1 9 0 vermeidbare Verzögerungen im Zusammenhang mit Anklagen beim unzuständigen Gericht, Verweisungen, Unzuständigkeitserklärungen oder Kompetenzkonflikten; 191 verspätete oder sachwidrige Einschaltung eines Sachverständigen sowie unzureichende Kontrolle zur Vermeidung von Verzögerungen; 1 9 2 Bearbeitungsfehler im Zusammenhang mit
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Düsseldorf StV 1992 21; MDR 1996 955; OLG Hamburg NStZ 1993 53; OLG Schleswig bei Döllel/Dreeßen SchlHA 2005 259 (Verzögerung durch Nichtübersetzen der Anklage - in diesem Fall vertretbar). OLG Bamberg StV 1991 29 (sachwidriges Warten auf weitere Anklagen); 1991 169; OLG Düsseldorf StV 1991 21; OLG Frankfurt StV 1990 412 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 423; 1992 426 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; KG StV 1994 90 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 75; OLG Koblenz StV 2003 519; 2000 515 (verspätete Ermittlung der Anschrift); OLG Oldenburg StV 2004 498; OLG Zweibrücken StV 2002 152. Vgl. BVerfG StV 2003 30; OLG Frankfurt StV 1985 198 (keine Zustellung der Anklage); 1986 22 (Doppelakten); NJW 1996 1485; OLG Hamburg StraFo 2007 26 (mangelhafte Verfahrensplanung); StV 1984 122 (verzögerte Aktenbeiziehung); OLG Hamm StV 1992 385 (Zeugenladung); 1994 91 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 75; KG NJW 1997 878 (keine Verhinderung einer Abschiebung oder Ausweisung von Zeugen); OLG Koblenz MDR 1968 603 (verzögerte kommissarische Vernehmung); MDR 1974 60 (Aktenbeiziehung); OLG Oldenburg StV 2004 498; s. auch Schmidt NStZ 2006 315. Vgl. BGH bei Schmidt MDR 1992 548; OLG Bremen StV 1992 480; OLG Düsseldorf StV 1982 531; 1992 586; StraFo 2003 93; OLG Frankfurt StV 1990 269; 1990 412 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 423; OLG Hamm StV 2000 90; 2000 515; bei Burhoff StraFo 2006 58; OLG Karlsruhe StV 2000 36; OLG Koblenz StV 2001 302; OLG München StV 2001 466; OLG Oldenburg StV 1996 44; OLG Schleswig bei Lorenzen/ Thamm SchlHA 1992 146; OLG Jena StV 2002 555; s. auch OLG Frankfurt StV 1981 25; OLG Brandenburg StV 1996 157. EGMR StV 2005 136 und 2006 474, jeweils mit Anm. Pauly; BVerfG StV 2006 645; NJW 2006 672 mit krit. Bespr. Jahn 652
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und Schmidt NStZ 2006 313, 315; OLG Hamm StV 2000 90; bei Burhoff StraFo 2006 55 = StV 2006 191 (auch zu 229); StV 2006 319; KG StraFo 2000 137 (Unterbrechung); s. auch BGH NStZ 2006 296 (zu §§ 229, 275); OLG Hamburg StraFo 2006 372; 2007 26; Jahn NStZ 2007 258. OLG Bremen StV 1986 540; 1993 377; OLG Celle NdsRpfl. 2000 367; OLG Düsseldorf OLG Frankfurt StV 1981 25 mit Anm. Weider; 1988 210; OLG Hamm StV 2003 172; OLG Karlsruhe StV 2000 91; KG StV 1993 204; OLG Koblenz StV 2003 519; OLG Köln MDR 1991 662;OLG Zweibrücken StraFo 2000 322; s. aber (zumindest sehr bedenklich) OLG Hamburg NStZ 1993 53 (die Aussetzung sei - trotz vorheriger fehlerhafter Sachbehandlung - der Sphäre des Beschuldigten zuzurechnen); OLG Frankfurt StV 1988 439. Vgl. auch BGH JR 2007 209 mit Anm. Eidam; OLG Bremen NStZ 1990 96 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; OLG Düsseldorf StraFo 2001 255. BVerfG StV 1992 522; NJW 2000 1401; OLG Braunschweig StraFo 1998 211; OLG Bremen StV 1998 558; OLG Düsseldorf StV 1992 425 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; 1993 254; 2000 630 mit Anm. Paeffgen NStZ 2002 195; OLG Frankfurt StV 1994 328 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 75; OLG Hamburg StV 1999 163; OLG Hamm StV 1990 168 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 535; StraFo 1999 358; OLG Köln StraFo 2002 366; OLG Schleswig StraFo 2007 288. Vgl. SächsVerfGH StraFo 2004 54; OLG Braunschweig StV 1993 376; NdsRpfl. 1998 296; OLG Bremen StV 1997 143; 1989 539; OLG Celle NdsRpfl. 2000 367; 2002 369; OLG Dresden StV 2002 149; OLG Düsseldorf StV 1992 384 (überlasteter Sachverständiger); StraFo 1996 158; 2003 93 (Übersetzer); NJW 1996 2588; StV 1998 559; OLG Hamm StraFo 2006 409; StV 1993 205; 2000 629; OLG Koblenz StV
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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Rechtshilfeersuchen; 1 9 3 provozierte Befangenheitsanträge; 1 9 4 sonstige verfahrensverschleppende Maßnahmen oder Nichtausnutzung von Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung. 195 Zur „Verfahrensverzögerung" nach Urteilsverkündung, im Rechtsmittelverfahren und durch ein Rechtsmittelverfahren (z.B. durch sog. „Fehlerkorrektur") s. die Erl. § 120, 16. Allerdings soll, wenn infolge einer weiträumigen Terminierung wöchentlich zu wenig verhandelt wird, eine Verletzung des Beschleunigungsgebots zu verneinen sein, wenn die Verzögerung durch andere beschleunigende Verhandlungsmaßnahmen, etwa eine Konzentration der Verhandlung mit Hilfe des „Selbstleseverfahrens" ausgeglichen w i r d 1 9 6 - eine problematische Auffassung, die schon deshalb nicht überzeugt, weil diese „Konzentration" eigentlich eine dem Beschleunigungsgebot ohnehin innewohnende Selbstverständlichkeit ist, das Gericht dieses Verfahren also ohnehin, auch bei strafferer Terminierung hätte anwenden müssen (s. auch Rn. 32). Die Frage, ob grobe Fehler oder Versäumnisse (Rn. 4 0 ) vorliegen, stellt sich nur, wenn feststeht, dass besondere Schwierigkeiten oder der besondere Umfang der Ermittlungen ein Urteil noch nicht zulassen; zur Kausalität insoweit vgl. Rn. 33. Leichte Fehler und Versäumnisse bleiben völlig außer Betracht 1 9 7 (Rn. 4 0 ) . In beiden Fällen ist der Haftbefehl aufzuheben oder wenigstens außer Vollzug zu setzen, wenn die eingangs genannten Haftverlängerungsgründe fehlen. Entsprechendes gilt für den Haftverlängerungsgrund des „wichtigen G r u n d e s " 1 9 8 (Rn. 2 8 ) . Bedenklich sind Lösungen, die in Zusammenhang mit der Frage des groben Fehlers eine Mitverantwortung des Beschuldig-
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2007 256; OLG Köln StV 1992 20; OLG Oldenburg StV 1990 556 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; 1994 666; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 92; bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1992 146; OLG Stuttgart StV 2004 498; OLG Jena StraFo 2004 318; 1997 318; StV 1998 560; OLG Zweibrücken StV 1994 89 (Untätigkeit des Sachverständigen) mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 74. Vgl. OLG Frankfurt NStZ 1991 552; 1992 145 mit Anm. Schwalbe; OLG Karlsruhe StV 1991 477 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 531; OLG Köln StV 1989 159; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1991 117. S. auch OLG Dresden StV 2001 519 mit Anm. Hübet-, OLG Düsseldorf StV 1990 168 (Auslieferung) mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; OLG Zweibrücken StV 1991 28 (Klärung des Umfanges der Auslieferung). BVerfG StV 1991 565. S. auch OLG Bremen NStZ 1990 96 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534. OLG Bremen StV 1992 480 (unterlassene Hinweise auf Eilbedürftigkeit); OLG Düsseldorf StV 1991 122 (Übersetzung der Anklage) mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 532; OLG Frankfurt StV 1993 253 (schnelle Vorabinformation über Gutachtensergebnis);
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1990 412 (außer Kontrolle geratene Akten; Abwarten wegen Änderung der Geschäftsverteilung) mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 423; OLG Karlsruhe Justiz 1986 29 (Weigerung des Berichterstatters); KG StV 1994 90 (Übersetzung der Anklage) mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 75; OLG Zweibrücken StV 1989 158 (Nutzung des „kurzen" Dienstweges; Einsatz mehrerer Dolmetscher); LG Dortmund StV 1989 254 (Vorenthaltung von Akten). Zur Akteneinsicht an Verteidiger vgl.: OLG Frankfurt StV 1983 380; 1986 22; 2006 648; OLG Hamburg StV 1983 289; OLG Köln MDR 1973 515; StV 1992 20; OLG Stuttgart StV 1983 70. S. auch Carstensen MSchrKrim. 1980 292. BVerfG StV 2006 645 (zu § 120?); s. auch Jahn NStZ 2007 258. Vgl. KG NJW 1997 878; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 92 (Ablehnung eines Schöffen als befangen); BVerfG StV 2006 703 (die Frage offen lassend; auch zur Befangenheit). Unklar wohl Schlothauer StV 1992 183 das Kriterium des groben Fehlers oder Versäumnisses beziehe sich nur auf den Haftverlängerungsgrund der Schwierigkeit oder des Umfangs der Ermittlungen; s. dagegen OLG Bremen StV 1982 182.
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ten (aus seiner Sphäre) erwägen. 199 Entweder es liegt ein Haftverlängerungsgrund und kein grober Fehler vor, dann kommt es nicht darauf an. Oder ein grober Fehler ist zu bejahen, dann aber ist zu fragen, worin der Haftverlängerungsgrund liegen soll (Rn. 40) und zudem war es nicht Aufgabe des Verteidigers, diesen groben Fehler und seine Folgen zu verhindern; 200 außerdem wird häufig nicht feststellbar sein, ob eine „Gegenmaßnahme" des Verteidigers etwas genutzt hätte. Will (dennoch) ein Oberlandesgericht seine Entscheidung auf die hypothetische Überlegung stützen, auch bei zügiger Sachbehandlung wäre ein Urteil bis zum Haftprüfungstermin noch nicht ergangen (vgl. Rn. 33), so hat es namentlich die Terminslage des Tatrichters und die (angebliche) Vordringlichkeit anderer bereits terminierter (Haft-) Sachen zu prüfen, sodann ggf. die Frage einer Überlastung des Tatrichters (ob ja, ggf. kurz - oder langfristig) und ob alle Maßnahmen ausgeschöpft wurden, um der Verzögerung zu begegnen. 201 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Haftsachen in jeder Beziehung (auch im Falle der Haftverschonung) Vorrang vor anderen Strafsachen haben; 2 0 2 dies gilt für Vorbereitung, Terminierung und Verhandlung. Termine in anderen Sachen sind ggf. aufzuheben, zusätzliche Sitzungstage einzuschieben. 203 42
4. Geschäftslage. Der Staat ist verfassungsrechtlich, insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip (Justizgewährungspflicht, Beschleunigungsgebot) verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um eine beschleunigte Aufklärung und Aburteilung insbesondere in Haftsachen sicherzustellen, namentlich Überlastungen und personelle Engpässe bei den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten zu begegnen. Finanzielle, personelle und organisatorische Schwierigkeiten dürfen sich nicht zu Lasten des Beschuldigten auswirken. Demgemäß können Engpässe in der Geschäftslage eine Haftfortdauer in der Regel nur dann rechtfertigen, wenn sie kurzfristig sind und nicht oder kaum voraussehbar sowie unvermeidbar waren. 2 0 4 Die weitere Haft
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Vgl. OLG Frankfurt StV 1988 4 3 9 mit abl. Anm. Prittwitz und Paeffgen NStZ 1989 517; OLG Hamburg NStZ 1993 53; s. auch Meyer-Goßner 2 6 ; KK/Boujong 21; AK/ Krause 19; s. dagegen OLG Bremen StV 1993 377. Vgl. auch Prittwitz StV 1988 4 4 0 ; Paeffgen NStZ 1989 517; NJW 1990 5 4 0 - die zutreffend darauf hinweisen, dass ein Haftverlängerungsgrund vorliegen muss. BVerfG NStZ 1995 459. AUg. M.; OLG Düsseldorf StV 2 0 0 1 695; OLG Frankfurt StV 2 0 0 7 2 5 2 ; OLG Hamm NStZ 1983 519 (Vorrang von Schwurgerichtsverfahren); StV 2 0 0 1 303; 2 0 0 6 319, 481, 4 8 2 ; OLG Köln MDR 1996 1284 (Jugendsache); s. aber OLG Düsseldorf wistra 1994 241. Vgl. OLG Celle StV 1984 340; NdsRpfl. 1995 3 9 8 ; OLG Düsseldorf StV 1988 3 9 0 ; OLG Frankfurt StV 1981 2 5 mit Anm. Weider·, 1992 21; 1994 329; StV 2 0 0 6 195; OLG Hamm NStZ 1983 519; StV 2 0 0 6 481,
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4 8 2 ; OLG Karlsruhe Justiz 1986 2 8 ; enger wohl OLG Köln StV 2 0 0 6 143. Vgl. dazu BVerfGE 3 6 2 7 0 ff.; BVerfG NJW 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 530; 1994 2 0 8 1 ; NStZ 1994 93; StV 1997 535; 1999 328; 2 0 0 3 30; NJW 2 0 0 3 2 8 9 5 ; 2 0 0 6 668, 672, 677; BGHSt 38 43 mit Anm. Weider StV 1991 475; OLG Bamberg StV 1991 169; OLG Bremen StV 1992 4 8 0 ; 1994 326 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 74; OLG Celle NdsRpfl. 1995 398; 2 0 0 2 369; StV 2 0 0 2 150; OLG Düsseldorf StV 1990 168 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; 1991 169; 1991 3 0 8 ; 1991 476; 1992 586; 1993 86; wistra 1994 2 4 0 ; JMB1NW 1994 2 7 2 ; MDR 1996 1059; StV 1996 4 9 6 ; 2 0 0 1 695; OLG Frankfurt StV 1990 310; MDR 1993 787j StV 1995 4 2 4 ; OLG Hamburg StV 1985 198; 1989 4 8 9 ; OLG Hamm StV 1986 441; KG StV 1985 116; 1992 5 2 3 mit Anm. Paeffgen NStZ 1983 5 7 7 ; OLG Koblenz NStZ 1997 2 5 2 mit Anm. Hilger, OLG Köln MDR 1991 662; 1993 7 8 7 ; OLG
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wird also im Allgemeinen nicht deshalb gerechtfertigt sein, weil der Terminkalender des Gerichts überfüllt ist. 2 0 5 Die Ausnahmetatbestände des § 121 Abs. 1 sind eng auszulegen. Auch Schwierigkeiten bei der Besetzung der Richterbank wegen Krankheit, Urlaub, Schwangerschaft 2 0 6 oder sonstigen familiären Gründen sind danach (je nach Lage des Einzelfalles) oft kein wichtiger Grund, der die Haftfortdauer rechtfertigt, 2 0 7 ein Wechsel des Berichterstatters oder der ganzen Kammerbesetzung nur, wenn der dadurch bedingten Verzögerung nicht durch zumutbare Maßnahmen begegnet werden k a n n . 2 0 8 Das Gleiche gilt für Überlastung mit anderen Strafsachen und für eine unzureichende Besetzung des Gerichts oder des Spruchkörpers. 2 0 9 Jedoch sind Ausnahmen 2 1 0 nicht ausgeschlossen, wenn sich umfangreiche Haftsachen häufen. Es ist jedoch Pflicht des Vorsitzenden, sich mit dem Ersuchen um schnellwirkende Entlastungsmaßnahmen an das Präsidium (personelle Verstärkung des Spruchskörpers; Änderung der Geschäftsverteilung; Bildung von Hilfsstrafkammern; notfalls durch Heranziehung von in Strafsachen unerfahrenen Richtern) und die Justizverwaltung (Anforderung weiteren Personals; organisatorische Verbesserungen) zu wenden. 2 1 1 Von diesen sind die notwendigen M a ß nahmen zu treffen 2 1 2 (s. Rn. 43), aber auch alle organisatorischen Maßnahmen zu unterlassen, die einer beschleunigten Bearbeitung von Haftsachen zuwiderlaufen. 213 Außerdem hat der Vorsitzende spruchkörperintern alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Schwierigkeiten - wenigstens vorübergehend - zu begegnen. 214 Entsprechende Überlegungen gelten für den Fall der Überlastung der Strafverfolgungsbehörden. 215
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Schleswig StV 1985 115. S. auch BVerfG NStZ 1995 459; OLG Düsseldorf NJW 1993 1149; Paeffgen NJW 1990 538 m.w.N. Vgl. OLG Celle NdsRpfl. 2002 369. Vgl. BVerfG NJW 2006 668; zutreffend krit. insoweit Schmidt NStZ 2006 314, 316. Vgl. BVerfG NJW 1994 2081 (kurzfristige Abwesenheit des Vorsitzenden - Gewährleistung der Sachbehandlung über den Geschäftsverteilungsplan); NStZ 1994 93 (Urlaub, Wechsel des Berichterstatters); NJW 2006 668; OLG Celle NdsRpfl. 2002 369; OLG Düsseldorf JMB1NW 1994 272 (Urlaub); StV 1996 496 (Urlaub, Tagungen); OLG Frankfurt StV 1990 310 (Erkrankung des Vorsitzenden); OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 93; s. dagegen BGH bei Schmidt MDR 1992 548 (plötzliche Erkrankung des Vorsitzenden). BVerfG StV 1999 328. OLG Bamberg StV 1991 169; OLG Celle StV 2002 150; OLG Koblenz MDR 1975 334; OLG Jena NStZ-RR 1997 364; OLG Oldenburg NdsRpfl. 2002 371; allg. M. Grundsätzlich zu Recht einschränkend bei zusammenhängenden Jugendschutzsachen OLG Bamberg NJW 1996 1222. Vgl. OLG Celle StV 1995 425; OLG Düsseldorf StV 1991 308; 1992 586; StraFo 2003 93.
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Vgl. BVerfG StraFo 2007 18; NJW 2006 668, 672, 677 mit Anm. Paeffgen NStZ 2007 83 zu S. 668; BGHSt 38 43 ff. mit Anm. Weider StV 1991 475; OLG Celle StV 1995 425; 2002 150; NdsRpfl. 2002 369; OLG Düsseldorf StV 1990 168 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; 1991 308; 1991 476; 1992 586; MDR 1996 1059; OLG Frankfurt MDR 1993 787; StV 1995 424; OLG Hamburg StV 1985 198; 1989 489; OLG Hamm NStZ 1983 519; KG StV 1985 116; 1992 523 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 577; OLG Köln MDR 1993 787; OLG Koblenz NStZ 1997 252 mit Anm. Hilger; OLG Schleswig StV 1985 115; einschränkend OLG Düsseldorf NJW 1993 1149; s. auch OLG Bremen StV 1994 326 (Änderung der Geschäftsverteilung mit fehlerhafter Übergangsregelung) mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 74. BVerfG NJW 2006 677. Z.B. entsprechende Terminierung s. Rn. 41; Übernahme der Berichterstattung durch den Vorsitzenden; Absage von Dienstreisen und Fortbildungsveranstaltungen; Änderung der Urlaubsplanung. Vgl. BVerfG StV 1992 121 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; 1994 589 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 74; OLG Bremen StV 1992 181 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993
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5. Personalmangel ist nach einer im Rechtsausschuss 216 vertretenen Auffassung kein Grund, der es rechtfertigt, die Untersuchungshaft zu verlängern. Dieser Ansicht ist zuzustimmen. 217 Die Gegenmeinung, 218 eine Verzögerung, die sich „zwangsläufig" aus der Geschäftslage der Gerichte und der Strafverfolgungsbehörden ergebe, könne ein wichtiger Grund für die Haftfortdauer sein, ist allenfalls für den Fall vertretbar, dass das Wort zwangsläufig in der Bedeutung angewendet wird, dass und solange die verantwortlichen Stellen keine Möglichkeit hatten, in noch vertretbarer Zeit Abhilfe zu schaffen. 219
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Keinesfalls darf allein auf die Geschäftslage der zuständigen Kammer abgestellt werden, namentlich dann nicht, wenn Hilfe innerhalb des Gerichts (§ 21 e Abs. 3 GVG) möglich ist. Außerdem muss die Justizverwaltung ausreichend Personal zur Verfügung stellen, damit der Gesetzesbefehl erfüllt werden kann, 2 2 0 so dass Personalmangel nur dann als wichtiger Grund anerkannt werden kann, wenn ihm auf keinerlei Weise, also weder durch Mittelbewilligung und Neueinstellung noch durch Zurückstellen von anderen Verfahren abgeholfen werden kann. Ein solcher Fall ist wohl nur denkbar, wenn Planstellen nicht besetzt werden können, weil es an Bewerbern fehlt. 221 Diese Grundsätze gelten entsprechend für Staatsanwaltschaft und Polizei. 222 S. im Übrigen Rn. 22.
VI. Entscheidung nach Fristablauf (Absatz 2) 45
Alsbald nach sechs Monaten Vollzug der Untersuchungshaft zuzüglich der Zeiten, in denen der Fristablauf nach Absatz 2 geruht hat, ist der Haftbefehl aufzuheben. Das kann nur unterbleiben, wenn vom zuständigen Gericht oder vom Oberlandesgericht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 bis 3 ausgesetzt worden ist oder wenn das Oberlandesgericht, das dafür allein zuständig ist, die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet hat. Absatz 2 kann - wenn nicht der Vollzug ausgesetzt wird - als absoluter Haftaufhebungsgrund missverstanden werden. 223 Die Ansicht liegt nahe, weil es nicht recht überzeugend ist, dass die Anordnung der Sechsmonatsfrist nur eine Ordnungsvorschrift sein soll. Denn als Ordnungsvorschrift hat sie nicht viel Bedeutung: wird die Frist versäumt, hat das nur auf deren Ruhen Einfluss (Rn. 18), und die Folge, wenn sie nicht ruht, ist gering (Rn. 18; § 122, 26). Gleichwohl ist dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen, dass die (negative) Entscheidung des Oberlandesgerichts Voraussetzung dafür
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580; 1992 4 2 6 ; OLG Frankfurt StV 1995 142; KG StV 1993 2 0 3 ; OLG Koblenz NJW 1990 1375 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 4 ; OLG München StV 1989 351 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 534; OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1988 109; 1989 115. RAussch. Prot. 117. Meyer-Goßner 2 2 ; KK/Boujong 18; SK/ Paeffgen 16; s. auch Bartsch NJW 1973 1303; Bondzio NJW 1973 1468; h.M. Vgl. OLG Hamburg NJW 1965 1777; s. auch OLG Düsseldorf StV 1982 531; bei Paeffgen NStZ 1989 516; OLG Hamm NJW 1973 720. Vgl. OLG Frankfurt StV 1982 584; 1983
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379; OLG Hamm NStZ 1983 520; Schlächter 238. Vgl. BVerfGE 36 275; OLG Hamburg StV 1989 4 8 9 ; OLG Hamm NStZ 1983 519; OLG Celle StV 2 0 0 2 150; h.M.; s. aber OLG Düsseldorf StV 1982 531. Vgl. OLG Hamm NJW 1973 720; StV 2 0 0 6 319; s. auch KMR/Wankel 14. BVerfG StV 1992 121 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 579; 1994 5 8 9 mit Anm. Paeffgen NStZ 1996 74; OLG Bremen StV 1992 4 2 6 ; allg. M. Vgl. OLG Schleswig NJW 1965 2120; Rüping 73; Peters § 4 7 A IV 1; Vöcking 110; Mehling NJW 1966 142; Schorn JR 1966 454; Sommermeyer NJ 1992 341.
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ist, den Haftbefehl aufzuheben (Ausnahme: s. § 122, 14). Denn die Bestimmung lautet nicht (der Haftbefehl ist aufzuheben) „falls nicht das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet hat", sondern „wenn nicht das Oberlandesgericht die Fortdauer ... anordnet". Demzufolge darf der Haftbefehl nicht allein deshalb aufgehoben werden, weil versäumt worden ist, die Akten vor Ablauf der sechs Monate dem Oberlandesgericht vorzulegen; vielmehr ist die (negative) Entscheidung des Oberlandesgerichts Voraussetzung, die Untersuchungshaft aufzuheben. 2 2 4 Für dessen Entscheidung ist ohnehin keine Frist vorgeschrieben. Es kann daher die Fortdauer der Haft auch dann anordnen, wenn ihm die Akten erst nach Ablauf der Sechsmonatsfrist vorgelegt werden. Der Fall kann beispielsweise eintreten, wenn ein zuständiges Gericht - etwa weil es sich über die Berechnung der Frist (Rn. 10 ff.) oder über den Begriff derselben Tat (Rn. 14 ff.) geirrt hatte - die Vorlage versäumt, nach Ablauf von sechs Monaten den Haftbefehl aufgehoben, ihn aber später wegen veränderter Umstände neu erlassen hat. Dazu ist es befugt. Denn das zuständige Gericht kann, weil die (negative) Entscheidung des Oberlandesgerichts Voraussetzung der Haftaufhebung ist, einen Haftbefehl erlassen oder den ausgesetzten Vollzug wieder anordnen, auch wenn zur Zeit der Anordnung sechs Monate verstrichen sind, 2 2 5 wenn nur noch keine Entscheidung des Oberlandesgerichts ergangen ist. Das kommt etwa in Betracht, wenn das zuständige Gericht den Haftbefehl nach § 120 Abs. 1 Satz 1 oder Absatz 3 gerade bei Ablauf der sechs Monate aufgehoben hatte. Das zuständige Gericht hat dann alsbald das Verfahren der §§ 121, 122 durchzuführen.
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Dagegen darf das zuständige Gericht, solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, keinen Haftbefehl erlassen - weil es ihn alsbald nach Absatz 2 wieder aufheben müsste - , wenn der Beschuldigte in der gleichen Sache sechs Monate Untersuchungshaft verbüßt hat und das Oberlandesgericht schon die Fortdauer der Haft abgelehnt hatte. Die Begründung hat den Fall im Auge, dass ein Beschuldigter wegen derselben Tat neu verhaftet werden solle, nachdem das Oberlandesgericht den Haftbefehl nach § 121 aufgehoben hatte. 2 2 6 Dagegen ist jedoch einzuwenden: ist der Haftbefehl nach Absatz 2 aufgehoben, dann ist das bis zum Erlass eines freiheitsentziehenden Urteils endgültig (§ 122, 39). Dem Gericht ist aber nicht verwehrt, einen Vörführungsbefehl (§ 2 3 0 Abs. 2) zu erlassen und den Angeklagten während der Hauptverhandlung mit den Maßregeln des § 231 Abs. 1 Satz 2 an der Entfernung zu hindern. Ebenso kann nach Beginn der Hauptverhandlung Haftbefehl nach § 2 3 0 Abs. 2 erlassen werden 2 2 7 (Rn. 4). Für die Zeit nach Erlass eines freiheitsentziehenden Urteils s. § 122, 4 0 .
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BVerfGE 4 2 9; BGH bei Schmidt MDR 1988 357; OLG Bamberg NStZ 1981 4 0 3 ; OLG Stuttgart MDR 1982 517; OLG Bremen StV 1984 3 4 0 ; OLG Hamburg StraFo 1998 3 9 0 ; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 0 513; h.M.; s. auch OLG Hamm NStZ-RR 2 0 0 3 143 (kurze Fristüberschreitung; besonders krit. Prüfung durch OLG); krit. SYJPaeffgen
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25. Zur Befugnis des mit der Sache befassten Gerichts, während des Verfahrens nach den §§ 121, 122 den Haftbefehl aufzuheben oder zu ändern vgl. § 122, 13 ff., 28. OLG Hamm NJW 1965 1730; YXJBoujong § 122, 3; SKJPaeffgen § 122, 4. BTDrucks. IV 178, S. 25. OLG Hamm StV 1996 159.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
VII. Besondere Zuständigkeiten (Absatz 4 ) 48
In landgerichtlichen Staatsschutzsachen (§ 74a Abs. 1 GVG) ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat (§ 120 GVG), zuständig, im Fall des § 120 Abs. 5 Satz 2 GVG das vereinbarte zuständige Oberlandesgericht. 228 In Staatsschutzsachen, in denen das Oberlandesgericht erstinstanzlich entscheidet (§ 120 GVG), tritt der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberlandesgerichts. Zur Begründung einer solchen Zuständigkeit genügt es, dass Gegenstand des Verfahrens eine Katalogtat nach § 120 GVG ist, und es kommt nicht darauf an, dass auch der Haftbefehl auf den Verdacht einer solchen Straftat gestützt ist. 2 2 9 Da das Oberlandesgericht nicht zuständig ist für die Aburteilung von Taten nach § 129 StGB, 2 3 0 bleibt es insoweit für das Verfahren nach § 121 zuständig. 231
§122 (1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt. (2) 1 Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. 2 Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend. (3) 1 Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. 2 Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. 3 Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. 4 In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen. (4) !Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. 2 Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden. (5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen. (6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre. (7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.
228 229 230
BGHSt 2 8 109. BGHSt 2 8 355. Vgl. § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG; Art. 6
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Abs. 3 des Gesetzes vom 18.8.1976 (BGBl. I 2181). BGH MDR 1 9 7 7 156.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 122
Schrifttum siehe bei $ 121.
Entstehungsgeschichte. Eingefügt durch Art. 1 StPÄG und zur Anpassung geändert durch Art. 2 Nr. 2 StaatsschStrafsG. Eine Unstimmigkeit des Wortlauts ist durch die Bekanntmachung 1975 nach der Ermächtigung durch Art. 323 Abs. 2 EGStGB 1974 beseitigt worden.
Übersicht Rn. I. Vorlage (Absatz 1) 1. Haftvollzug 2. Bedeutung der Vorlage 3. Zuständigkeit 4. Revisionssachen 5. Vorlegungsverfahren a) Akten b) Vermittlung der Staatsanwaltschaft c) Verfahren des vorlegenden Gerichts 6. Antrag der Staatsanwaltschaft . . . . 7. Fristenkontrolle II. Verfahren des Oberlandesgerichts 1. Rechtliches Gehör (Absatz 2 Satz 1 ) . . 2. Mündliche Verhandlung (Absatz 2 Satz 2) 3. Entscheidung des Oberlandesgerichts . 4. Aufhebendes Gericht 5. Zeitpunkt der Aufhebung
1 2 4 7 11 12 13 17 19
21 24 25 27 29
Rn. 6. Begründung (Absatz 3 Satz 1) 7. Aussetzung des Vollzugs (Absatz 5) . . 8. Wirkung einer die Fortdauer der Untersuchungshaft verneinenden Entscheidung 9. Ende dieser Wirkung 10. Unzulässigkeit nach erstinstanzlichem Urteil 11. Mitbeschuldigte (Absatz 6) 12. Bundesgerichtshof (Absatz 7)
ΠΙ. Weiteres Verfahren 1. Allgemeine H a f t p r ü f u n g (Absatz 3 Satz 2 bis 4) 2. Verfahren des zuständigen Gerichts . . 3. Weitere Prüfung der besonderen Voraussetzungen (Absatz 4) 4. Wiederholung
31 35
38 40 41 42 45
47 52 54 57
Alphabetische Übersicht Anfechtbarkeit 31 Anforderung der Akten 3 Antragsrücknahme 18 Aufhebung der H a f t 12 ff., 16, 25 ff., 28, 35, 48, 52 ff., 57 Aufhebungszuständigkeit 26, 27 ff., 4 7 ff., 56 Bekanntmachung 31 Beschleunigungsprinzip 3 3 , 4 1 Beschluss des OLG 31 ff., 50 Beschwerdegericht 3, 6 Bindungswirkung 38 ff. Bundesgerichtshof 45 Entscheidungsvoraussetzungen 1, 3, 7 , 2 5 Entscheidungszeitpunkt 11, 27, 29 ff., 44, 55 ff. Ermittlungen des OLG 24 Ermittlungsvorgänge 11 Fristablauf 10, 12,19, 37, 55 Fristenberechnung 19, 44, 50, 55, 57 Gehör 12, 21 ff.
Handakten der StA 11 Hilfsakten 11 Keine Vorlagepflicht 1, 7 , 1 2 ff., 26, 35, 52 ff., 57 Mehrere Vorlagen 42 Prüfung des OLG 25, 35 ff. Revisionsgericht 7 Ruhen der Frist 2, 8, 9, 2 6 , 4 2 , 56 Stellungnahme des Verteidigers 21, 23 Verhältnismäßigkeit 34 Verhandlung 24 Verlängerungsvoraussetzungen 33, 48 Verspätete Vorlage 26, 37 Vorlageverfahren 7, 9, 11 ff., 17 ff., 52 ff. Vorlegende Stelle 1 ff., 6 ff. Voraussetzung Haftvollzug 1, 35 Weitere Haftprüfung 47 ff., 52, 54 ff., 5 7 Zeitpunkt der Vorlage 9, 11, 19, 26 Zuständigkeit des OLG 3, 5 , 4 9 ff., 52, 54, 56
Hans Hilger
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I. Vorlage (Absatz 1) 1
1. Haftvollzug. Der zuständige Richter legt die Akten „in den Fällen des § 121" vor. 1 Dort ist vom Vollzug der Untersuchungshaft die Rede. Voraussetzung des Verfahrens des § 122 ist daher, dass bei der Vorlage, bei der Prüfung 2 und bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts 3 Untersuchungshaft vollzogen wird. Das Verfahren findet daher nicht statt, wenn der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt, wenn nach § 72 Abs. 1 J G G von der Vollstreckung des Haftbefehls abgesehen wird, wenn der Beschuldigte aus der Haft entwichen ist, oder wenn die Untersuchungshaft zur Vollstreckung von Strafhaft unterbrochen wird (§ 121, 10); 4 wohl aber, wenn der Beschuldigte noch in Haft ist, weil er die ihm auferlegte Sicherheit (§ 116) noch nicht geleistet hat, 5 wenn auf eine Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft der Vollzug wieder in Betracht kommt 6 oder der Haftbefehl zwar außer Vollzug gesetzt ist (vgl. § 73 Abs. 3 JGG), aber feststeht, dass der erneute Vollzug über sechs Monate hinaus unmittelbar bevorsteht. 7 Zur Vorlagepflicht, wenn das zuständige Gericht keinen wichtigen Grund für die Fortdauer der Untersuchungshaft gegeben hält, s. Rn. 1 4 , 1 5 .
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2. Bedeutung der Vorlage. Werden die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt, bevor sechs Monate Untersuchungshaft vollzogen worden sind (§ 121 Abs. 2), bewirkt diese Vorlage, dass die Sechsmonatsfrist ruht (§ 121 Abs. 3). Vorlage i.S. des § 121 Abs. 3 ist die in Abs. 1 angeordnete Vorlage durch das zuständige Gericht. Legt die Staatsanwaltschaft oder ein unzuständiger Richter, der etwa zufolge eines Ersuchens vorübergehend mit der Sache befasst ist, die Akten vor, tritt die Folge, dass die Sechsmonatsfrist ruht, nicht ein (§ 121, 18).
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Von der Frage des Ruhens der Frist abgesehen ist es jedoch gleichgültig, wie die Sache ans Oberlandesgericht gelangt ist, wenn das Oberlandesgericht nach der Prozesslage zuständig ist, über die Haftfrage allgemein zu entscheiden. Dann ist es auch zuständig, die Entscheidung zu treffen, von der Absatz 2 spricht. Denn die Vorlage durch das zuständige Gericht ist keine Entscheidungsvoraussetzung. Das Oberlandesgericht kann also auch entscheiden, wenn es durch weitere Beschwerde mit der Sache befasst ist. 8 Nur die Akten von sich aus anzufordern, um von Amts wegen die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen, hat es mangels gesetzlicher Regelung keine allgemeine Zuständigkeit. Eine solche ist ihm in Absatz 6 für einen besonderen Fall (mehrere Beschuldigte in derselben Sache) nur ausnahmsweise eingeräumt. S. insoweit Rn. 42 ff.
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3. Zuständigkeit. Welches Gericht zuständig ist, ergibt sich aus § 126: der Richter beim Amtsgericht im vorbereitenden Verfahren, nach Anklage das mit der Sache befasste Gericht, im Falle der Verweisung nach § 2 7 0 das Gericht, bei dem sich die Akten be-
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Zur Anwendbarkeit bei § 126a vgl. § 126a, 17a. OLG Hamm NJW 1965 1730; JMB1NW 1969 48. OLG Köln JMB1NW 1986 2 2 ; Hengsberger J Z 1966 214. OLG Zweibrücken MDR 1978 245; OLG Hamm JMB1NW 1982 33 (auch zur Haftbeschwerde); Meyer-Goßner 2. OLG Düsseldorf JMB1NW 1985 2 8 6 .
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OLG Schleswig M D R 1983 71. OLG Karlsruhe Justiz 1978 475; KKJBoujong 2. OLG Schleswig M D R 1983 71; OLG Düsseldorf StV 1991 2 2 2 (auch zur Befugnis des OLG, vor Ablauf der Frist zur Aktenvorlage zwecks neuer Haftprüfung auf Haftbeschwerde zu prüfen, ob ein wichtiger Grund vorliegt) mit Anm. Faeffgen NStZ 1992 532; Schnarr MDR 1990 90.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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finden. 9 Ist die Sache nach § 126 Abs. 1 Satz 3 einem anderen Richter beim Amtsgericht oder nach § 142a Abs. 2 G V G an die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben worden, legt der nunmehr zuständige Richter beim Amtsgericht die Akten vor; der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, ist nach der Abgabe mit der Sache nicht mehr befasst. Aus der örtlichen Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts folgt diejenige des zur EntScheidung berufenen Oberlandesgerichts: ausschließlich zuständig ist das dem (richtigerweise) vorlegenden Gericht im Instanzenzug übergeordnete Oberlandesgericht. Die örtliche Zuständigkeit des Richters beim Amtsgericht, der zwar den Haftbefehl erlassen, dann aber die Sache nach § 126 Abs. 1 Satz 3 einem anderen Richter beim Amtsgericht übertragen hat, ist für die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ohne Bedeutung; 1 0 sie ist mit der Abgabe der Sache erloschen (§ 126, 14).
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Als zuständig muss über die allgemeine Regel des § 126 hinaus auch die Beschwerdekammer angesehen werden. Die Vorlage durch das zuständige Gericht - und nicht etwa im Ermittlungsverfahren durch den Staatsanwalt - ist angeordnet, damit der Richter vorher prüfen kann, ob er den Haftbefehl aufhebt oder den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 bis 3 aussetzt und damit das Vorlageverfahren überflüssig macht. Ist Beschwerde eingelegt, hat das Beschwerdegericht die Haftfrage umfassend zu prüfen und nimmt damit in diesem Punkt die Aufgabe des nach § 126 zuständigen Richters wahr. Daher ist es berechtigt und, wenn sonst die Vorlage zu spät käme, verpflichtet, die Akten dem Oberlandesgericht nach Absatz 1 vorzulegen. 11
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4. Revisionssachen. Für das Revisionsgericht ist die Zuständigkeit in Haftsachen besonders geregelt (§ 126 Abs. 2 Satz 2 , Absatz 3), doch kann der Fall des § 121, wenn die Akten in die Revision gehen, in der Regel nicht eintreten. 1 2 Meistens ist dann ein Urteil ergangen, das auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung lautet. Dann findet das Verfahren des § 122 keine Anwendung (§ 121 Abs. 1). Ist der Angeklagte freigesprochen oder ist das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt worden, dann ist der Haftbefehl aufgehoben worden (§ 120 Abs. 1 Satz 2). Ist nur auf Geldstrafe und auf eine nicht freiheitsentziehende Maßregel - Berufsverbot (§ 7 0 Abs. 1 StGB); Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 6 9 Abs. 1 StGB) - oder auf Verfall, Einziehung usw. ( § § 7 3 ff. StGB) erkannt worden, wird in aller Regel der Haftbefehl aufgehoben worden sein (§ 120, 12). Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, hat der letzte Tatrichter eine Frist zu notieren, die Akten rechtzeitig zurückzufordern, die Haftfrage zu prüfen (Rn. 15) und die Akten dem Oberlandesgericht vorzulegen.
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Vor dem Urteil kann das Revisionsgericht, wenn ihm die Sache nicht mit weiterer Haftbeschwerde (§ 310 Abs. 1) zugegangen ist, nicht ohne Vorlage des zuständigen Gerichts über die Haftfrage entscheiden (§ 126 Abs. 2 Satz 2), gleichzeitig mit Erlass des Urteils nur in der Weise, dass es den Haftbefehl aufhebt (§ 126 Abs. 3). Es ist daher, obwohl mit der Sache befasst (vgl. § 126 Abs. 2 Satz 1), nicht zur Entscheidung über die Haftfrage zuständig. Demgemäß müssen einem Revisionsgericht, das zugleich nach Absatz 2 Satz 2 oder nach Absatz 7 zur Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft zuständig ist, die Akten zur Entscheidung vorgelegt werden. Die Vorlage führt auch allein die Folge des § 121 Abs. 3 Satz 1 (Ruhen des Fristablaufs) herbei.
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OLG Karlsruhe Justiz 1984 429. OLG Köln JMB1NW 1966 288; Meyer-Goßner § 126, 3.
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SK/Paeffgen 2; s. auch Schnarr MDR 1990 89; krit. Meyer-Goßner 3. Ähnlich Meyer-Goßner 3.
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Die Vorlage braucht, wenn die Akten dem Oberlandesgericht in anderer Weise als nach Absatz 1 zugegangen sind, nicht in der Weise bewirkt zu werden, dass der zuständige Richter die Akten zurückfordert und alsbald zur Prüfung der Haftfrage wieder vorlegt. Sie kann vielmehr in einem Schreiben des zuständigen Richters bestehen, dass die mit Revision von der Staatsanwaltschaft übersandten Akten (§ 347 Abs. 2) nunmehr dem Oberlandesgericht nach § 122 Abs. 1 vorgelegt werden. Das Schreiben hat fristhemmende Wirkung (§ 121 Abs. 3 Satz 1) jedoch nur, wenn sich bei seinem Eingang die Akten beim Revisionsgericht befinden. Das wird das Gericht fernmündlich feststellen, ehe es das die Vorlage bewirkende Schreiben absendet.
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Steht fest, dass während der Zeit, in der sich die Akten auf Revision beim Oberlandesgericht befinden, die Frist des § 121 Abs. 1 ablaufen wird, und kann das nach § 126 zuständige Gericht mit Sicherheit voraussehen, dass für diesen Zeitpunkt die Fortdauer der Untersuchungshaft erforderlich ist, kann es die Akten dem Oberlandesgericht schon vorlegen, wenn es diese nach § 348 Abs. 3 der Staatsanwaltschaft zuleitet. 5. Vorlegungsverfahren
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a) Akten. So rechtzeitig vor Ablauf von sechs Monaten Vollzugs der Untersuchungshaft, dass die Akten spätestens am letzten Tage der Frist beim Oberlandesgericht eingegangen sind (§ 121 Abs. 3 Satz 1), hat sie das zuständige Gericht dem Oberlandesgericht vorzulegen; 13 ideal wäre eine nicht zu frühe, aber so rechtzeitige Vorlage, dass das OLG unter Einschluss der für die Anhörung benötigten Zeit (§ 122 Abs. 2) unmittelbar vor sechsmonatiger Haftdauer entscheiden kann 1 4 (s. auch Rn. 29). Akten sind die Originalakten der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts mit allen Eingängen - auch unbearbeiteten - , die im Augenblick der Aktenversendung vorliegen. Statt der Originalakten können, wenn das Gericht zustimmt (was ein für allemal erklärt werden kann), Hilfsakten vorgelegt werden, die aber auch bezüglich noch nicht bearbeiteter Eingänge mit Sicherheit vollständig sein müssen. Unvollständige Hilfsakten reichen nicht aus. 1 5 Die Handakten der Staatsanwaltschaft sind, weil sie nur interne Vorgänge dieser Behörde enthalten, nicht vorzulegen. Es ist unzulässig, Teile der Ermittlungsvorgänge, die während der Aktenvorlage zu den Handakten genommen worden sind, dort zu belassen. Geschieht das doch, bleiben sie Teile der Sachakten, so dass sich die Vorlagepflicht auch auf sie erstreckt.
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b) Vermittlung der Staatsanwaltschaft. Vor der Vorlage ist die Staatsanwaltschaft beim Landgericht zu hören. Diese hat sich zu entscheiden, ob sie beantragen will, den Haftbefehl aufzuheben (§ 120 Abs. 3 Satz 1). Stellt sie diesen Antrag nicht, hat sie zu prüfen, ob sie die Vorlegung beantragen soll (Rn. 17) oder z.B. den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen. Das Gericht hat die Akten dann dem Oberlandesgericht durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft bei diesem Gericht vorzulegen. Diese kann noch den Haftbefehl nach § 120 Abs. 3 Satz 1 aufheben lassen. Sonst gibt sie ihre Erklärung nach § 33 Abs. 2 ab. Könnte, wenn der Weg über die Staatsanwaltschaft befolgt wird, die Frist von sechs Monaten nicht innegehalten werden, sind die Akten dem Oberlandesgericht unmittelbar vorzulegen; dieses hört seine Staatsanwaltschaft dann nach § 33 Abs. 2.
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Vgl. OLG Celle NStZ 1988 517; Nr. 56 Abs. 1 RiStBV.
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OLG Celle NStZ 1988 517. OLG Frankfurt NJW 1966 2076.
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c) Verfahren des vorlegenden Gerichts. Bevor das Gericht die Akten vorlegt, hat es zu prüfen, ob es die Fortdauer der Untersuchungshaft (nach den allgemeinen Vorschriften; s. auch Rn. 14 ff.) für erforderlich hält, oder ob der Haftbefehl nach § 120 aufzuheben ist. Verneint es das Letzte, entscheidet es, ob der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 bis 3 ausgesetzt werden kann. Die Befugnis dazu ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Liegen die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 vor, ist nach § 121 Abs. 2 der Haftbefehl aufzuheben, wenn nicht entweder der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 bis 3 ausgesetzt wird oder aber das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich, dass schon das zuständige Gericht den Vollzug des Haftbefehls aussetzen kann und dass diese Aussetzung das Vorlegungsverfahren überflüssig macht. 16
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Verneint das zuständige Gericht die Voraussetzungen sowohl des § 120 Abs. 1 als 14 auch des § 116 Abs. 1 bis 3 und bringt es damit zum Ausdruck, dass es für erforderlich hält, die Untersuchungshaft weiter zu vollziehen, hat es die Akten dem Oberlandesgericht grundsätzlich vorzulegen. Es darf jedoch von einer Vorlage absehen, wenn es in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft der Auffassung ist, dass die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 für eine Haftfortdauer nicht gegeben sein werden, die Fortdauer der Untersuchungshaft also zwar erforderlich ist, aber nicht zulässig sein werde.17 Die abweichende Ansicht 18 verweist darauf, in dem Satz in § 122 Abs. 4 „die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten" sei die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung enthalten, dass jene Prüfung auch im ersten Verfahren allein dem Oberlandesgericht zukommt. Diese Regelung könne für sich geltend machen, dass allein das Oberlandesgericht die umfassende Prüfungspraxis hat, und dürfe nicht durch eine Auslegung beiseite geschoben werden, die auf Praktikabilität bedacht sei. Diese Interpretation ist zwar nach dem dargestellten Wortlaut möglich, aber nicht zwingend. Für eine Kompetenz des zuständigen Haftrichters zur Aufhebung des Haftbefehls, wenn Gericht und Staatsanwaltschaft darin übereinstimmen, dass die Untersuchungshaft gemäß § 121 Abs. 1 nicht mehr vollzogen werden darf, sprechen dagegen gewichtige verfassungsrechtliche und praktische Gründe, denn die Freilassung des Beschuldigten kann schneller als bei einer Befassung des OLG und mit weniger Aufwand erfolgen.
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Für die Staatsanwaltschaft, ist die Gesetzeslage einfacher. Sie kann, wenn die öffent- 1 6 liehe Klage noch nicht erhoben ist, einen Antrag nach § 120 Abs. 3 Satz 1 auch deshalb stellen, weil sie das Verfahren nach § 122 für aussichtslos hält. Denn ihr bloßer Antrag nötigt, den Haftbefehl aufzuheben; die Begründung ist entbehrlich und, wenn gleichwohl eine gegeben wird, für das Gericht bedeutungslos. 6. Antrag der Staatsanwaltschaft. Nach dem letzten Halbsatz des Absatzes 1 muss 17 das Gericht die Akten dem Oberlandesgericht vorlegen, wenn die Staatsanwaltschaft es
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In diesem Sinne heißt es in der Begründung: „In Absatz 1 wird dem zuständigen Richter..., falls er den Vollzug des Haftbefehls nicht nach § 116 aussetzen will, die Einholung der Entscheidung des Oberlandesgerichts zur Pflicht gemacht... (BTDrucks. IV 178, S. 26). H.M.; vgl. OLG Braunschweig NJW 1966 790; OLG Stuttgart NJW 1967 66; Meyer-
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Goßner § 121, 27; § 121, 7; SKJPaeffgen 3; § 121, 21; AK/Krause 3; § 121, 12; Schlüchter 239.1; Hengsberger JZ 1966 214; Kleinknecht MDR 1965 787; Pusinelli NJW 1966 97. UU Wendisch14 14 ff.; KKJBoujong 2-, Kleinknecht/Janischowsky 264; Münchhalffen/ Gatzweiler 421; Schnarr MDR 1990 92.
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beantragt. Damit werden das Recht und die Pflicht des Gerichts ausgeschaltet, den Haftbefehl nach § 120 Abs. 1 Satz 1 aufzuheben, seinen Vollzug nach § 116 Abs. 1 bis 3 auszusetzen oder bei einem Jugendlichen von der Vollstreckung des Haftbefehls abzusehen (§ 7 2 Abs. 1 J G G ) , wenn die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 vorliegen und die Staatsanwaltschaft die Vorlage zum Oberlandesgericht beantragt. 1 9 Dadurch wird der Weg zum Oberlandesgericht abgekürzt, den die Staatsanwaltschaft, wenn das zuständige Gericht nach § 120 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 116 Abs. 1 bis 3 entschiede, durch Beschwerde und weitere Beschwerde ohnehin erzwingen könnte. Ist die Sache im Falle eines solchen Antrags wegen drohenden Fristablaufs eilbedürftig, so kann ausnahmsweise die Vorlage ohne Einschaltung des Haftrichters erfolgen. 2 0 18
Die Staatsanwaltschaft kann den Antrag nicht mehr zurücknehmen, wenn der zuständige Richter die Akten vorgelegt hat. Denn durch den Antrag ist eine Prozesslage gestaltet worden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Teilt der Generalstaatsanwalt die Auffassung der Staatsanwaltschaft beim Landgericht nicht, dann ist er auf Anträge beim Oberlandesgericht angewiesen; im Fall des § 120 Abs. 3 Satz 1 ist sein Antrag bindend (§ 120, 4 0 , 44).
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7. Fristenkontrolle. Die Vorlage bewirkt der Richter, auch wenn er im Ermittlungsverfahren nicht mit der Sache befasst ist (s. aber Rn. 17). Sobald das Gericht einen Haftbefehl erlassen hat, wird es daher eine Frist zu notieren und nach deren Ablauf festzustellen haben, ob der Haftbefehl vollzogen wird und wo sich die Akten befinden. Wenn die Zuständigkeit nicht gewechselt hat, wird es, falls die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 vorliegen, die Akten beizuziehen und das Verfahren des Absatzes 1 durchzuführen haben. Die Frist wird nach den örtlichen Verhältnissen verschieden lang ausfallen. Sie sollte nicht kürzer als fünf Monate sein, wird aber, auch wenn sich das Oberlandesgericht am Sitz des zuständigen Gerichts befindet, so zu bemessen sein, dass zehn Tage für das Verfahren zur Verfügung stehen.
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Die Staatsanwaltschaft trifft die gleiche Verantwortung wie das Gericht. Ihr ist zudem in Absatz 1 ein besonderes Antragsrecht eingeräumt worden, das die Entscheidungsmöglichkeit des zuständigen Gerichts einschränkt (Rn. 17). Außerdem ist sie verpflichtet, dauernd darauf zu achten, ob die Untersuchungshaft noch nötig ist. Daher hat auch die Staatsanwaltschaft Fristen zu notieren und dafür besorgt zu sein, dass das zuständige Gericht rechtzeitig im Besitz der Akten ist, um sie dem Oberlandesgericht vorzulegen. Ihre Verpflichtung endet nicht, wenn sie die öffentliche Klage erhebt; sie dauert fort, bis der Haftbefehl erledigt ist (§ 117, 2; § 120, 1).
Π. Verfahren des Oberlandesgerichts 21
1. Rechtliches Gehör (Absatz 2 Satz 1). Nach § 33 Abs. 3 müsste der Beschuldigte nur gehört werden, bevor zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet werden, zu denen er noch nicht gehört worden ist. Diese Voraussetzung wird zwar regelmäßig zutreffen, weil Schwierigkeit und Umfang der Ermittlungen wie auch ein sonstiger wichtiger Grund auf Tatsachen beruhen, die mit dem Beschuldigten nicht erörtert worden sind; im Einzelfall könnte das aber zweifelhaft sein. Deshalb wird das Gehör des
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KK/Boujong 4; SiUPaeffgen 3; Kleinknecht JZ 1965 119; Schnarr MDR 1990 92.
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A¥JKrause 3; Kleinknecht/Janischowsky
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Beschuldigten, und zusätzlich seines Verteidigers, ausdrücklich angeordnet. Ob die Stellungnahme des Verteidigers zugleich als die des Beschuldigten zu werten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; 2 1 deshalb empfiehlt es sich, wenigstens dem Beschuldigten eine Frist für eine eventuelle eigene Stellungnahme zu setzen. Dessen Äußerung ist in der Regel nicht auch als Stellungnahme des Verteidigers anzusehen. Zufolge dieser Sonderbestimmung ist das Gehör auch umfassender ausgestaltet als das nach § 33 Abs. 3. Es hat sich auf alle nach § 121 Abs. 1 für die Verlängerung erforderlichen Voraussetzungen zu erstrecken; der Beschuldigte und sein Verteidiger müssen daher Gelegenheit erhalten, sich auch zu den wertenden Erwägungen („besonders", „wichtig", „rechtfertigen") zu äußern. Das Gehör braucht das Oberlandesgericht nicht selbst durchzuführen, wenn nur klar- 2 2 gestellt wird, dass dem Beschuldigtem Gelegenheit gegeben wird, sich vor seiner Entscheidung zu äußern. Daher ist es zulässig, dass der die Akten vorlegende Richter das Gehör veranlasst. 22 Das hat den Vorteil, dass der örtliche Anwalt die Akten einsehen kann, ehe sie versandt werden, und dass seine Äußerung vorliegen wird, wenn das Oberlandesgericht zur Entscheidung kommt. Auf der anderen Seite wird der vorlegende Richter nicht immer die gleichen Gesichtspunkte ins Auge fassen, die das Oberlandesgericht als Entscheidungsgrundlage erwägt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es am sichersten, wenn das Oberlandesgericht das Gehör selbst veranlasst. Das ist am einfachsten in der Weise durchzuführen, dass es dem Verteidiger die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts, der nach § 33 Abs. 2 zu hören ist, mitteilt, wobei es, falls erforderlich auf zusätzliche Punkte hinweisen kann. Erübrigt sich das in der Regel, kann auch der Generalstaatsanwalt seine Stellungnahme dem Verteidiger mitteilen und ihm eröffnen, dass das Oberlandesgericht nach einer bestimmten Frist entscheiden werde (vgl. § 349 Abs. 3). 23 Welches Verfahren am einfachsten und raschesten zum Ziel führt, wird nach den örtlichen Verhältnissen zu entscheiden sein. Der Verteidiger ist nur zu hören, wenn der Beschuldigte einen hat. Das wird häufig 2 3 der Fall sein (§ 117, 35; 36), doch ist es in vereinzelten Fällen möglich, dass der Beschuldigte auch nach fünf oder mehr Monaten ohne Verteidiger ist (§ 117, 37; 38). Aus der Anordnung, den Verteidiger zu hören, ist nicht zu entnehmen, dass dem Beschuldigten ein solcher beigeordnet werden müsste. Doch sollte die Staatsanwaltschaft einen Antrag nach § 117 Abs. 4 stellen; 24 die Notwendigkeit hierzu kann sich aus ihrer Fürsorgepflicht, § 140 Abs. 2 (Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage) und den mangels einer Akteneinsicht eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten des Beschuldigten ergeben. 25 2. Mündliche Verhandlung (Absatz 2 Satz 2). Das Gehör des Beschuldigten und des 2 4 Verteidigers wird sich manchmal am zweckmäßigsten und schnellsten in einer mündlichen Verhandlung durchführen lassen. Aus diesem Grunde wird dem Oberlandesgericht freigestellt, wie im Haftbeschwerdeverfahren (§ 118 Abs. 2), nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Der Beschuldigte, sein Verteidiger, wie auch die Staatsanwaltschaft, können das beantragen, doch gibt allein das Ermessen des Gerichts den Ausschlag, ob
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Ähnlich S K / P a e f f g e n 7. A.A. Meyer-Goßner 9; AK/Krause 4; krit. auch Wankel 78. Ähnlich S K I P a e f f g e n 7 („sollte"); enger: KK/ Boujong 7; Meyer-Goßner 9; A K / K r a u s e 4; Kleinknecbt/Janiscbowsky 2 6 8 (Mitteilung
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nur, wenn die Stellungnahme neue Tatsachen oder Beweisergebnisse enthält und das Gericht sie zum Nachteil des Beschuldigten verwerten will). Vgl. A K / K r a u s e 4. AK/Krause 4.
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mündlich verhandelt werden soll. Das Oberlandesgericht wird das anordnen, wenn seine Entscheidung zweifelhaft sein könnte und wenn erwartet werden kann, dass sich die Fragen, ob die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen, dadurch schneller oder sicherer als im schriftlichen Verfahren beurteilen lassen, dass das Material in persönlicher Gegenwart des Beschuldigten, seines Verteidigers und des Staatsanwalts mündlich erörtert wird. 2 6 Für die mündliche Verhandlung gilt § 118a entsprechend (Absatz 2 Satz 2, letzter Satzteil). Zulässig sind auch Ermittlungen des Oberlandesgerichts zur Vorbereitung der Verhandlung; 27 sie erfolgen im Freibeweisverfahren. Das Ergebnis ist dem Verteidiger, dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft so rechtzeitig mitzuteilen, dass diese sich auf eine Stellungnahme in der Verhandlung (§ 118a Abs. 3 Satz 1) vorbereiten können (s. auch § 118a, 8 ff., 24 ff.). 25
3. Entscheidung des Oberlandesgerichts. Das Oberlandesgericht hat zunächst das Vorliegen aller formellen 2 8 und materiellen Voraussetzungen eines Haftbefehls zu prüfen; 2 9 es ist also nach § 120 Abs. 1 Satz 1 zu prüfen, ob etwa der Haftbefehl aufzuheben ist. Denn die Untersuchungshaft darf nur fortdauern, wenn alle ihre allgemeinen Voraussetzungen bestehen und sich nicht ergibt, dass die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Straße oder Maßregel der Sicherung und Besserung außer Verhältnis stehen würde. 3 0 Leidet z.B. der Haftbefehl unter einem wesentlichen Begründungsmangel (§114, 21), so ist er wegen dieses formellen Fehlers aufzuheben; 31 eine Nachbesserung steht dem OLG nicht zu - es kann auch nicht das Verfahren an das zuständige Gericht zur „Nachbesserung" des Haftbefehls zurückgeben, hat vielmehr im Verfahren nach den §§ 121, 122 zu entscheiden. 32 Bejaht es im Gegensatz zu den Vorinstanzen, dass der Fall des § 120 Abs. 1 Satz 1 vorliegt, hebt es gleichfalls den Haftbefehl auf. Das kann es auch schon vor Gehör des Beschuldigten und seines Verteidigers tun, allerdings erst, nachdem die Staatsanwaltschaft sich geäußert hat. Dann findet das besondere Verfahren des Absatzes 2 nicht statt. Das Oberlandesgericht kann aber auch erst im Laufe des Prüfungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangen, dass es den Haftbefehl aufheben muss.
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AK/Krause 5 mit zutreffendem Hinweis auf die hohe Bedeutung dieser mündlichen Verhandlung (verstärkte Form des rechtlichen Gehörs) für die Gewährleistung einer zutreffenden Entscheidung des OLG. SK/Paeffgen 6, 8; vgl. auch AKJKrause 6. Vgl. OLG Stuttgart Justiz 2 0 0 2 2 4 8 ; MeyerGoßner 13. Meyer-Goßner 13; s. aber OLG Koblenz bei Paeffgen NStZ 2 0 0 7 144 (in Umfangssachen nur Grobprüfung bzgl. des dringenden Tatverdachts, keine umfassende Beweiswürdigung; des Weiteren zur Begrenzung der Prüfung in Umfangssachen auf wesentliche Taten oder Komplexe - § 121, 29). OLG Celle N J W 1969 2 4 6 ; OLG Zweibrücken StV 2 0 0 1 182; 2 0 0 2 4 3 3 (Subsidiarität gemäß § 72 JGG); h.M.; a.A. -
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Oberlandesgericht darf seine Prüfung nur auf § 121 erstrecken und muss davon ausgehen, dass die Voraussetzungen des § 112 vorliegen - Eb. Schmidt N J W 1968 2216. Dieser Ansicht dürfte schon Absatz 3 Satz 1, so ungeschickt er abgefasst ist, entgegenstehen. Denn wozu sollte das Oberlandesgericht die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergeben, aufführen müssen, wenn es nicht prüfen dürfte, ob sie vorliegen? OLG Celle StV 2 0 0 5 513; OLG Oldenburg StV 2 0 0 5 2 2 6 ; s. auch OLG Koblenz bei Paeffgen NStZ 2 0 0 7 144. OLG Celle StV 2 0 0 5 513; OLG Oldenburg StV 2 0 0 5 2 2 6 ; a.A. OLG Stuttgart Justiz 2 0 0 2 248.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 122
Verfährt das Oberlandesgericht nicht nach § 120 Abs. 1 Satz 1, hat es die Prüfung nach § 116 anzustellen (Rn. 35 f.). Lehnt das Oberlandesgericht ab, den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 bis 3 auszusetzen, prüft es die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1. Stellt es fest, dass ein Urteil ergangen ist, erklärt es das Prüfungsverfahren für unzulässig. Allerdings werden ihm die Akten bei einem solchen Verfahrensstand regelmäßig nicht vorgelegt werden. Unzulässig ist das Prüfungsverfahren auch dann, wenn die Hauptverhandlung vor der Entscheidung des O L G beginnt (§ 121, 19). 3 3 Das Gericht hat weiter zu prüfen, ob die weiteren Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 (§ 121, 2 6 ff.) erfüllt sind. Ist das der Fall, ordnet es die Fortdauer der Untersuchungshaft bis zu einer Höchstdauer von drei Monaten an, was sich aus Absatz 4 Satz 2 ergibt, und bestimmt den ersten Prüfungstermin (Rn. 5 5 ) . Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, „ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben" (§ 121 Abs. 2 , erster Halbsatz). Bei der Berechnung der sechs Monate hat die Bearbeitungszeit beim Oberlandesgericht außer Ansatz zu bleiben (§ 121 Abs. 3 Satz 1). Wegen der Fristbestimmung s. Rn. 5 6 . Sind die Akten verspätet vorgelegt worden, ruht die Frist bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht (§ 121, 18). Ordnet in einem solchen Fall das Oberlandesgericht die Fortdauer der Haft nicht an, muss es den Haftbefehl stets selbst aufheben, weil sonst der Beschuldigte bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts entgegen § 121 Abs. 2 ungesetzlich in Haft wäre. 3 4
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4. Aufhebendes Gericht. Von wem der Haftbefehl aufzuheben ist, wird weder in § 121 noch in § 122 gesagt. Da in § 121 Abs. 2 die Anordnung, die Untersuchungshaft habe fortzudauern, dem Oberlandesgericht zugewiesen, die Zuständigkeit, den Haftbefehl aufzuheben, aber offengelassen wird, könnte daraus gefolgert werden, dass das Oberlandesgericht dazu nicht verpflichtet ist, vielmehr, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft ablehnt, die Akten dem zuständigen Gericht zurückgeben kann, damit dieses mit Ablauf der Frist den Haftbefehl aufhebt. 3 5 Gegen eine solche Verfahrensweise und für eine Entscheidung durch das Oberlandesgericht selbst 3 6 spricht jedoch schon, dass eine solche Lösung, die ohnehin aus verfassungsrechtlichen Gründen (Vermeidung unnötigen Haftvollzugs) nur bei einer deutlich vorfristigen Entscheidung 3 7 in Betracht gezogen werden könnte, eine unnötige Belastung des zuständigen Gerichts wäre. 3 8
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Trotz dieser grundsätzlichen Entscheidungskompetenz des Oberlandesgerichts, 3 9 wenn ihm die Akten zur Prüfung gemäß § 121 vorliegen, verbleibt auch dem zuständigen Haftrichter die Möglichkeit, über den Haftbefehl zu entscheiden. Er kann während die Akten dem Oberlandesgericht vorliegen, in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft
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Enger wohl BGH bei Schmidt MDR 1988 357; Meyer-Goßner 9; KK/Boujong 6 - wenn die Hauptverhandlung vor Ablauf der Äußerungspflicht beginnt; jedoch fehlt auch, wenn die Hauptverhandlung erst danach beginnt, für die nachfolgende Zeit die Notwendigkeit einer oberlandesgerichtlichen Überwachung der Vollzugsdauer. OLG Köln JMB1NW 1973 119; Schnarr MDR 1990 91. So OLG Köln JMB1NW 1986 22; LR/We«disch24 27; SKIPaeffgen 8. KK/Boujong § 121, 27; Meyer-Goßner 13;
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AK/Krause 7; Schnarr MDR 1990 89; a.A. Eb. Schmidt NJW 1968 2216: OLG darf nur die Anordnung der Fortdauer der Haft ablehnen, der zuständige Haftrichter hebt dann den Haftbefehl auf. Vgl. Rn. 29. S. auch Schnarr MDR 1990 91 (Widerspruch zum Selbstverständnis richterlicher Tätigkeit). Zur Verhinderung eines Richters wegen Mitwirkung an einer früheren Entscheidung des erkennenden Gerichts vgl. OLG Bremen NStZ 1990 96.
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(vgl. § 122 Abs. 1 2. Alt.; Rn. 14, 17) die Aussetzung des Vollzugs anordnen, 40 aber auch den Haftbefehl nach § 120 oder § 121 aufheben, wenn ihm neue Erkenntnisse vorliegen, die dies rechtfertigen. 41 Zwar können gegen eine solche Kompetenz des Haftrichters parallel zu der des Oberlandesgerichts beachtliche grundsätzliche Bedenken geltend gemacht werden 4 2 Für eine solche eingeschränkt (nur bei neuen Erkenntnissen) verbleibende Kompetenz des zuständigen Haftrichters spricht jedoch letztlich, dass sie zugunsten des Beschuldigten Zeit und außerdem Aufwand spart; 4 3 erforderlich ist in einem solchen Fall jedoch die unverzügliche Unterrichtung des Oberlandesgerichts, dass die Grundlage für dessen Entscheidung entfallen ist. 29
5. Zeitpunkt der Aufhebung. Einige Oberlandesgerichte 44 nehmen die Befugnis in Anspruch, den Haftbefehl schon längere Zeit vor Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nur die Sache nach § 122 vorgelegt worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass die Hauptverhandlung noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist beginnt. Bedeutung wird das, weil die Sachen regelmäßig gegen Ende der Frist vorgelegt werden, namentlich im Fall des Absatzes 6 (verhaftete Mitbeschuldigte) erlangen. Diese Auffassung verkennt jedoch den Ausnahmecharakter des § 121 und sein Verhältnis zu den allgemeinen Haftvorschriften: Die Voraussetzungen des § 121 können nur geprüft werden, wenn feststeht, dass Untersuchungshaft zulässig und notwendig ist. Ist aber Untersuchungshaft notwendig, kann das Gericht nicht von der Haft absehen (§ 112, 74), wenn es nicht durch eine besondere Vorschrift dazu ermächtigt oder gezwungen wird. Dann aber müssen deren Voraussetzungen gegeben sein. Im Fall des § 121 geht die gesetzgeberische Entscheidung klar dahin, dass die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus nicht mehr vollzogen werden darf, wenn nicht besondere Gründe vorliegen (§ 121 Abs. 1) und dass beim Fehlen dieser Gründe der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufgehoben werden muss (§ 121 Abs. 2), auch wenn die Untersuchungshaft noch notwendig ist.
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Dagegen enthält das Gesetz keine Ermächtigung, die Haft, obwohl ihre Voraussetzungen noch vorliegen, schon vor Ablauf der Sechsmonatsfrist aufzuheben mit der Begründung, dass sie nach einiger Zeit unzulässig werden würde. Lediglich für einige Tage wird man dem Richter, um unpraktikable Ergebnisse zu vermeiden, Freiheit geben können; eine Entlassung längere Zeit vor Ablauf der sechs Monate aus dem einzigen Grund, dass bei Ablauf der sechs Monate kein Verlängerungsgrund vorliegen werde, widerspricht der Entscheidung des Gesetzgebers. 45 Dagegen ist es in klar liegenden Fällen nicht unzulässig, die Haftfortdauer auch schon einige Zeit (etwa bis zu einem Monat) vor Fristablauf anzuordnen, wenn offensichtlich ist, dass später auch nur die gleiche Entscheidung ergehen kann. 4 6
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OLG Köln JMB1NW 1986 22; SKIPaeffgen 3; a.A. KKJBoujong 2; Meyer-Goßner 6; AK/Krause 3; s. auch Schnarr MDR 1990 89. KMRIWankel 5, 19; Wanket 119; Schnarr MDR 1990 92. Schnarr MDR 1990 92 (z.B. grundsätzlich systemwidrig; Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen). Vgl. Schnarr MDR 1990 93; s. auch OLG Köln JMB1NW 1986 22. OLG Hamburg NJW 1968 1535; vgl. auch
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OLG Düsseldorf OLGSt N.F § 121, 3; OLG Düsseldorf StV 1991 2 2 2 ; a.A. OLG Celle NStZ 1988 517. Meyer J R 1969 69; Meyer-Goßner 14; KMR/ Wankel 17; a.A. OLG Hamburg NJW 1968 1535; KKJBoujong § 121, 27; SKIPaeffgen § 121, 20; AK/Krause 9. OLG Hamm MDR 1970 4 3 7 ; OLG Düsseldorf OLGSt N.F § 121, 3; Meyer-Goßner 14; AK/Krause 9; Schnarr MDR 1990 90; a.A. OLG Celle NStZ 1988 517.
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6. Begründung (Absatz 3 Satz 1). Die Anordnung ergeht als Beschluss. In dem Beschluss ist der nächste Prüfungstermin jedenfalls dann zu bestimmen, wenn die Dreimonatsfrist des Absatzes 4 Satz 2 unterschritten werden soll. Das ist immer dann veranlasst, wenn abzusehen ist, dass ein wichtiger Grund, der das Urteil nicht zulässt, schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr bestehen wird. Ist das nicht der Fall, ergibt sich die Frist aus dem Gesetz, doch sollte sie zweckmäßigerweise auch dann in den Beschluss aufgenommen werden (Rn. 56). Der Beschluss ist formlos bekanntzumachen (§ 35 Abs. 2 Satz 2). Ergeht er auf mündliche Verhandlung, ist er an deren Schluss zu verkünden oder, wenn er erst später erlassen wird, ebenfalls formlos bekanntzumachen (§ 118a Abs. 4 Satz 2). Beschwerde findet nicht statt (§ 3 0 4 Abs. 4 Satz 2, erster Satzteil). Eine anhängige (weitere) Haftbeschwerde wird durch den Beschluss gegenstandslos; Gleiches gilt für einen Haftprüfungsantrag. 47 Von der Fortdauer der Untersuchungshaft ist Nachricht nach § 114b Abs. 1 zu erteilen (§ 114b, 8).
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Nach § 34 brauchte der Beschluss, weil er nicht durch Rechtsmittel anfechtbar ist, nur dann begründet zu werden, wenn der Beschuldigte, etwa bei dem Gehör nach Absatz 2 Satz 1, beantragt, den Haftbefehl aufzuheben. Das Gesetz will aber auf jeden Fall eine Begründung und bringt diesen Willen in der gesetzestechnisch wenig begrüßenswerten Form durch die Anordnung zum Ausdruck, dass § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend zu gelten habe. Dort wird angeordnet, im Haftbefehl die Tatsachen anzuführen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergeben, soweit dadurch nicht die Staatssicherheit gefährdet wird.
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Eine dem Zweck des § 122 entsprechende Anwendung bedeutet, dass die Begründung des Beschlusses nicht nur aktuell und detailliert zu sein hat, sondern insbesondere auch weiterzugehen hat als die des Haftbefehls. Denn der Beschluss beruht auf § 121 Abs. 1 und muss sich daher auch in besonderer Weise mit der Frage der Einhaltung des Beschleunigungsprinzips, den Umständen einer Verzögerung und den Verlängerungsgründen befassen. 48 Demzufolge sind namentlich neben den Angaben nach § 114 Abs. 2 Nr. 4 substantiiert und vollständig die Tatsachen aufzuführen, aus denen sich die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund ergibt, der das Urteil noch nicht zulässt und die Fortdauer der Haft rechtfertigt. Außerdem hat das Gericht jene Tatsachen eingehend - auch rechtlich - zu würdigen.
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Der Beschluss muss auch eingehende Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit ( § 1 1 2 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 1 zweiter Halbsatz) enthalten, obwohl § 114 Abs. 3 von der Verweisung in Absatz 3 Satz 1 nicht umfasst wird. Da die Vorschrift aber so sehr der Sache unangemessen abgefasst ist, dass sie notwendigerweise nach ihrem Zweck und nach dem System des Abschnitts ergänzt werden muss, darf eine Prüfung, die auch nach dem Grundgesetz anzustellen ist, in der Begründung nicht unerwähnt bleiben. Erforderlich ist demgemäß also auch eine umfassende Abwägung aller für und gegen eine Vollzugsfortdauer sprechenden Gründe. 4 9
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Nach der strengen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reichen floskelhafte Begründungen oder auch nur Begründungsabschnitte keinesfalls sowie bloße Bezugnahmen auf frühere Entscheidungen in der Regel nicht aus; je länger die Haft
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OLG Düsseldorf VRS 82 (1992) 189; KK/ Boujong 11; allg. M. Vgl. BVerfG StV 2 0 0 7 369; 2 0 0 3 30; s. auch BVerfG N J W 2 0 0 6 6 7 2 mit krit. Anm. Schmidt NStZ 2 0 0 6 317; KURJWankel 16.
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Vgl. BVerfG StraFo 1997 26; StV 1998 5 5 7 ; NStZ-RR 1999 12; StV 1999 328; NJW 2 0 0 0 1401; 2 0 0 2 2 0 7 ; StV 2 0 0 7 369; s. auch BVerfG StraFo 2 0 0 6 196.
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dauert, um so eingehender muss die Begründung sein.50 Wegen der Gefährdung der Staatssicherheit s. § 114,18. 35
7. Aussetzung des Vollzugs (Absatz 5). Wenn das zuständige Gericht das Vorlegungsverfahren dadurch überflüssig machen kann, dass es den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzt (Rn. 13), muss dem Oberlandesgericht die Befugnis zustehen, auf dem gleichen Wege sein Entscheidungsverfahren zu erledigen.51 Denn dieses setzt voraus, dass Untersuchungshaft vollzogen wird (Rn. 1). Daher ist zunächst nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen, ob der Vollzug überhaupt stattfinden darf, wozu auch die Prüfung gehört, ob der Haftbefehl nach § 116 Abs. 1 bis 3 auszusetzen ist. Setzt das Oberlandesgericht den Vollzug nach dieser Vorschrift aus, ohne die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen, dann ist das Verfahren der §§ 121,122 zu wiederholen, wenn der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 4 wieder angeordnet wird.52 36 Indessen ist diese logisch gebotene Reihenfolge für das Oberlandesgericht, wie sich aus Absatz 5 ergibt, nicht zwingend und nicht immer zu empfehlen. Setzt es nämlich den Vollzug des Haftbefehls aus, ohne die Fortdauer der Haft anzuordnen, dann können sich Misshelligkeiten ergeben, wenn nach § 116 Abs. 4 der Vollzug des Haftbefehls angeordnet werden muss. Die Zeit bis zum Ablauf der Sechsmonatsfrist kann dann so kurz sein, dass die rechtzeitige Vorlage gefährdet sein könnte. Um solchen Nachteilen zu begegnen, gibt Absatz 5 dem Oberlandesgericht die Befugnis, nicht nur vor seiner Entscheidung, sondern auch zugleich mit der Anordnung, dass die Untersuchungshaft fortzudauern habe (genauer: alsbald, wenn auch uno actu, nach der Anordnung), den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen. Auf diese Weise entstehen keine Schwierigkeiten, wenn das zuständige Gericht den Vollzug nach § 116 Abs. 4 anordnet. Es braucht die Akten dann nicht alsbald nach Wiederverhaftung vorzulegen, sondern erst so rechtzeitig, dass das Oberlandesgericht nach drei Monaten (Absatz 4 Satz 2) entscheiden kann. Eine bloße Erörterung der Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 eröffnet diese Erleichterung freilich nicht. 53 37
Das Oberlandesgericht darf aber dann nicht nach § 116 verfahren, wenn der Haftbefehl deswegen aufgehoben werden muss, weil die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 nicht gegeben sind. Zwar bestehen, wenn die Sechsmonatsfrist noch nicht abgelaufen ist, gegen die Anwendung des § 116 Abs. 1 bis 3 keine rechtlichen Bedenken, doch ist es nicht sachgerecht, eine Entscheidung zu treffen, die hinfällig wird, wenn der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 4 angeordnet werden muss, aber bei dem dann alsbald einzuleitenden neuen Verfahren nicht aufrechterhalten werden darf. 54 Muss das Oberlandesgericht den Haftbefehl selbst aufheben, weil die Sechsmonatsfrist zufolge verspäteter Vorlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts abgelaufen ist (§ 121, 18), dann darf es nicht nach § 116 verfahren; denn der Vollzug eines aufgehobenen Haftbefehls kann nicht ausgesetzt werden.
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Vgl. dazu BVerfG N J W 1991 6 8 9 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 3 ; 1991 2821 mit Anm. Paeffgen NStZ 1992 5 3 0 ; NStZ 1991 3 9 7 ; N J W 1992 1749; 1992 2 2 8 0 ; StV 1992 121; 1992 123 mit Anm. Paeffgen NStZ 1993 5 7 9 ; 1992 2 3 7 ; wistra 1994 341; NStZ-RR 1 9 9 9 12; N J W 2 0 0 0 1401; StV 2 0 0 1 6 9 4 ; 2 0 0 2 2 0 7 ; StV 2 0 0 3 30; 2 0 0 7 369; SächsVerfGH StraFo 2 0 0 3 2 3 8 ; 2 0 0 4 54.
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OLG Hamm StV 1984 123. OLG Hamburg MDR 1969 72; KYJBoujong § 121, 26; SK/Paeffgen § 121, 2 0 ; AK/Krause 8; s. auch Schnarr MDR 1990 94. AK/Krause 8; a.A. wohl OLG Hamburg MDR 1969 72. OLG Braunschweig NJW 1967 1290; OLG Hamm StraFo 2 0 0 1 34; KK/Boujong § 121, 2 6 ; h.M.
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8. Wirkung einer die Fortdauer der Untersuchungshaft verneinenden Entscheidung. Hat das Oberlandesgericht es gemäß den §§ 121, 122 abgelehnt, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen, dann kann es diese Entscheidung nicht wieder ändern; ebensowenig kann der Tatrichter einen neuen Haftbefehl erlassen. 55 Ausgeschlossen ist die Änderung auch dann, wenn der Senat, etwa in anderer Besetzung, von seiner bisherigen rechtlichen Beurteilung abweicht. Sie wäre möglich, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse änderten. Aber das ist nicht denkbar. Denn die Beurteilung der tatsächlichen Umstände, aus denen die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen, war gerade Gegenstand der Entscheidung. 56
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Es ist keine Änderung der Tatsachengrundlage der Entscheidung, wenn nachträglich Umstände aufgedeckt werden, die bei der Entscheidung vorhanden waren, aber übersehen worden sind; auf solche Umstände kann ebenfalls nicht ein neuer Haftbefehl gestützt werden. 57 Was sich nach Ablauf der sechs Monate neu ereignet, etwa die Erkrankung eines Sachverständigen, ist kein Umstand, der auf die Verlängerung des Haftvollzugs über sechs Monate hinaus Einfluss haben kann. Denn für diese Entscheidung darf nur berücksichtigt werden, was sich bis zum Ablauf von sechs Monaten Haftvollzug ereignet hat. Der Sinn des Prüfungsverfahrens, eine überlange Haft zu beenden, schließt es aus, eine als unzulässig befundene und daher beendete Untersuchungshaft wieder zu vollziehen, wenn sich allgemeine Haftgründe (etwa Fluchtgefahr) ergeben, die bei der Entscheidung nach §§ 121, 122 stets Voraussetzung sind, für die Frage des weiteren Vollzugs aber außer Betracht zu bleiben haben. 58 Das erkennende Gericht hat allein das Mittel des Vorführbefehls (§ 230 Abs. 2 erste Alternative) und des Haftbefehls nach § 2 3 0 Abs. 2. 5 9
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9. Ende dieser Wirkung. Die Wirkung der negativen Entscheidung endet in ÜbereinStimmung mit Art. 5 Abs. 3 Satz 2 EMRK gemäß § 121 Abs. 1 erster Halbsatz mit einem Urteil, das auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung
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Wohl aber, wenn der Haftbefehl wegen Fehlens der Voraussetzungen gemäß § 112 ff. aufgehoben wurde - ebenso OLG Zweibrücken StV 1996 494; Paeffgen NStZ 1995 74. Vgl. auch § 120, 35 ff. OLG Celle StV 2002 556; OLG Düsseldorf StV 1993 376 mit Anm. Paeffgen NStZ 1995 74; StV 1996 493 (auch zum Tatbegriff; vgl. § 121, 14); OLG München StV 1996 676; OLG Zweibrücken StV 1996 494; MeyerGoßner 19; SYJPaeffgen 11; Paeffgen NStZ 1989 519; AK/Krause § 121, 14; Schlotbauer/ Weider 1087; Dünnebier J Z 1966 253; Schnarr MDR 1990 95; Temming/Lange NStZ 1998 65; s. auch OLG Karlsruhe Justiz 1982 438; OLG Hamm StV 1996 159; Beschl. v. 8.5.01 - 5 Ws 190/01 - bei www.burhoff.de (auch zur Sperrwirkung einer Entscheidung des BVerfG); OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 92; a.A. die wohl h.M. (bei wesentlichen Verän-
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derungen): vgl. dazu BVerfG 21 188; OLG Celle NJW 1973 1988; OLG Düsseldorf MDR 1983 600; 1983 779; OLG Frankfurt StV 1985 196 mit abl. Anm. Wendisch-, OLG Hamburg StV 1987 256 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 519; 1994 142 mit abl. Anm. Schlothauer und krit. Anm. Paeffgen NStZ 1995 73 sowie JR 1995 75; KK/Boujong § 121, 31; KMRJWankel 19; Wankel 123; HK/Lemke 15; Kleinknecht/Janischowsky 271; Sommermeyer NJ 1992 342. Vgl. auch OLG Köln StV 1993 201. Zur Zuständigkeit s. § 125, 8. Vgl. OLG Frankfurt StV 1993 595 (Vorwürfe hätten in den früheren Haftbefehl aufgenommen werden können). OLG Stuttgart NJW 1975 1573. S. auch OLG Zweibrücken StV 1996 494. OLG Karlsruhe Justiz 1982 438; KG StV 1983 112; OLG Hamm StV 1996 159; Meyer-Goßner 20; Wendisch StV 1985 196.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften und Sicherung erkennt. 6 0 Denn nur auf den Verfahrensabschnitt bis zu diesem Zeitpunkt bezieht sich d a s Verfahren der §§ 121, 122. N a c h diesem Zeitpunkt k a n n d a s zuständige Gericht nach den allgemeinen Vorschriften (wieder) Untersuchungshaft anordnen. 6 1 41
10. Unzulässigkeit nach erstinstanzlichem Urteil. Die Befugnis, Untersuchungshaft erneut anzuordnen oder eine nach Absatz 3 Satz 1 verlängerte aufrechtzuerhalten, endet aber ihrerseits, wenn das Recht aus Art. 6 A b s . 1 erster Satzteil E M R K (Entscheidung innerhalb angemessener Frist) verletzt worden ist. D a b e i sind für die Angemessenheit alle U m s t ä n d e zu berücksichtigen, die die D a u e r des Verfahrens beeinflussen. H a t sie der Beschuldigte zu vertreten oder liegen sie im U m f a n g der Sache, so k a n n eine längere D a u e r angemessen sein, als wenn M a n g e l an Staatsanwälten und Richtern oder gar deren Säumnisse verhindern, d a s Verfahren abzuschließen. Z u Einzelheiten s. § 120, 16; Vor § 112, 35, 4 3 und die dortigen N a c h w e i s e . 6 2
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11. Mitbeschuldigte (Absatz 6). Sind im selben Verfahren mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, können sich die Vorlagen häufen. D a d u r c h könnte, wenn es sich u m viele Beschuldigte handelt, der Ablauf des Verfahrens gestört werden, selbst wenn der Staatsanwalt durch Hilfsakten Vorsorge getroffen hat, d a s s er die Ermittlungen auch während des Vorlegungsverfahrens fortsetzen kann. Fallen die Sechsmonatsfristen oder spätere Dreimonatsfristen (Absatz 4 Satz 2 ) 6 3 eng z u s a m m e n , könnte die rechtzeitige Vorlage der später vorzulegenden Sache gefährdet sein. Aus diesen Gründen gibt Absatz 6 dem Oberlandesgericht die Zuständigkeit, wenn ihm die Akten wegen eines Beschuldigten vorgelegt werden, zugleich auch über die Fortdauer der Untersuchungshaft von Beschuldigten zu entscheiden, für die es noch nicht zuständig wäre. Liegen die Vorlegungszeiten nur wenig, etwa bis zu drei Wochen, auseinander, m u s s m a n d a s zuständige Gericht für berechtigt erachten, die Akten auch für den Beschuldigten vorzulegen, bei dem d a s Prüfungsverfahren noch Zeit hat. In diesem Fall bewirkt die Vorlage, dass der Fristablauf bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts ruht (§ 121 A b s . 2 Satz 1).
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D a g e g e n ruht der Fristablauf nicht, wenn das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft eines Beschuldigten, für den es an sich noch nicht zuständig wäre, von A m t s wegen entscheidet. D e n n in Bezug auf diesen Beschuldigten werden dem Oberlandesgericht die Akten nicht i.S. des § 121 A b s . 3 Satz 1 vorgelegt. Wohl aber k a n n das zuständige Gericht, wenn sich die Entscheidung beim Oberlandesgericht verzögert, diesem die Akten nachträglich auch für den Mitbeschuldigten in der Weise vorlegen, dass es dem Oberlandesgericht mitteilt, die für den Beschuldigten Α vorgelegten Akten würden nunmehr auch für den Beschuldigten Β vorgelegt (Rn. 9).
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Die Entscheidungen dürfen nur dann zusammengefasst werden, wenn für den Mitbeschuldigten schon zu dem früheren Termin entschieden werden kann, o b eine der zusätzlichen Haftvoraussetzungen des § 121 A b s . 1 vorliegen wird, wenn die Sechsmonatsfrist abgelaufen sein w i r d . 6 4 Denn verkürzt wird nur die Frist des § 121 A b s . 3 Satz 1, § 122 Abs. 1; die Sechsmonatsfristen des § 121 A b s . 1, A b s a t z 2 bleiben bestehen. Weil diese Fristen nicht dadurch verkürzt werden, d a s s entschieden wird, bevor sie ablaufen, darf,
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62
Vgl. Guradze N J W 1986 2164.
OLG Düsseldorf StV 1994 147; Meyer-Goßner 20. Ältere Nachweise bei LRJWendisch24 41;
KKJBoujong
Begr. BTDrucks. III 2037, S. 25.
Rieß J R 1983 259.
360
14.
63
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Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 122
wenn das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht anordnet, der Haftbefehl nicht alsbald, sondern erst mit Ablauf der Sechsmonatsfrist aufgehoben werden. Denn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft bestehen fort, und das Verbot, den Haftbefehl über sechs Monate aufrechtzuerhalten (§ 121 Abs. 1), wird erst „nach Ablauf der sechs M o n a t e " wirksam (§ 121 Abs. 2; vgl. Rn. 2 9 ) . 6 5 12. Bundesgerichtshof (Absatz 7). In § 121 Abs. 1 bis 4 Satz 1, § 122 Abs. 1 bis 6 ist überall nur vom Oberlandesgericht die Rede. Da nach § 121 Abs. 4 Satz 2 indessen in Strafsachen nach § 120 Abs. 1 GVG, unter besonderen Voraussetzungen auch nach § 120 Abs. 2 GVG, der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberlandesgerichts tritt, bestimmt Absatz 7, um nicht allenthalben auch den Bundesgerichtshof einfügen zu müssen, dass auch in § 122 der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberlandesgerichts tritt, wenn er nach § 121 Abs. 4 Satz 2 zu entscheiden hat.
45
Diesen Sinn hat, wie der Zusammenhang ergibt, die nicht besonders geschickte Formulierung: „ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig". Das Wort „zuständig" hat hier eine andere Bedeutung als etwa in § 121 Abs. 4 Satz 1, wo die Zuständigkeit als erkennendes Gericht des ersten Rechtszugs (§ 74a Abs. 1 und 2, § 120 Abs. 1 und 2 GVG) gemeint ist, die der Bundesgerichtshof in keinem Fall hat. Hier ist der Begriff eingeengt zu verstehen und der Satz zu lesen: „Ist der Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 4 Satz 2 zu der Entscheidung nach § 121 Abs. 1 berufen, so . . . " .
46
EQ. Weiteres Verfahren 1. Allgemeine Haftprüfung (Absatz 3 Satz 2 bis 4). Nachdem das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet hat, weil es die allgemeinen Voraussetzungen der Untersuchungshaft (§ 122 Abs. 1 Satz 1), die Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2) und die Verlängerungsvoraussetzungen (§ 121 Abs. 1) bejaht hat, können diese Voraussetzungen oder einzelne von ihnen sich ändern. Sie sind daher weiter zu prüfen.
47
Für die weitere Prüfung der Verlängerungsvoraussetzungen ist ein besonderes Verfahren angeordnet (Absatz 4). Die allgemeinen Voraussetzungen sind fortlaufend bei jedem Antrag den Haftbefehl aufzuheben und bei jeder Beschwerde sowie in dem Verfahren des § 117 zu prüfen. Die laufende Prüfung ist Sache des zuständigen Gerichts. Dieses kann, ebenso wie das Beschwerdegericht, jederzeit einen Haftbefehl aufheben oder seinen Vollzug aussetzen, auch wenn das Oberlandesgericht nach Absatz 3 Satz 1 die Fortdauer der Haft angeordnet hatte.
48
Lediglich die Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 überträgt das Gesetz dem Oberlandesgerieht. Das war nach dem Regierungsentwurf sinnvoll, weil dort für die Haftprüfung nach § 117 Fristen vorgesehen waren (§ 117 Abs. 1 und 4 ) 6 6 und der Beschuldigte außerhalb dieser Fristen keine Haftprüfung verlangen konnte. Die Haftprüfung des § 117 mit der des § 121 zu einer einzigen zu vereinigen bedeutete Arbeitsersparnis und belastete das Oberlandesgericht nicht, weil es beide Fristen gleich ansetzen konnte. Im Bundestag ist die automatische Haftprüfung gefallen. Nur der Anspruch auf mündliche Verhandlung ist von Fristen abhängig (§ 118 Abs. 3), die Haftprüfung nicht. Sie findet nur noch auf
49
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Meyer-Goßner 24; a.A. OLG Hamburg NJW 1968 1535; SKIPaeffgen 14; AK/Krause 15.
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BTDrucks. IV 178.
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§122
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Antrag des Beschuldigten statt, dafür aber jederzeit (§ 117 Abs. I ) . 6 7 Beantragt der Beschuldigte sie oft, werden die Akten durch Vorlage ans Oberlandesgericht zu lange der Sachbearbeitung entzogen. 50
Da es nach dieser Änderung nicht mehr möglich ist, die Prüfungen nach § 117 Abs. 1 und nach § 122 Abs. 4 zu einer einzigen zu vereinigen, wird es in der Regel angemessen sein, die Haftprüfung (für den Fall, dass sie beantragt werde), dem zuständigen Gericht zu übertragen. Das wird in Absatz 3 Satz 3 ausdrücklich für zulässig erklärt, jedoch nur jeweils für einen bestimmten Zeitraum - höchstens drei Monate der mit der nach Absatz 4 zu wählenden Frist übereinstimmend bestimmt werden sollte. Spricht das Oberlandesgericht diese Übertragung nicht aus, muss es selbst nach § 117 entscheiden. Findet das Verfahren des § 117 vor dem Oberlandesgericht statt, kann der Beschuldigte die mündliche Verhandlung (§ 118) nicht erzwingen; es entscheidet das Ermessen des Oberlandesgerichts (Absatz 2 Satz 2).
51
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 endet zu dem gleichen Zeitpunkt, in dem auch die nach § 122 Abs. 4 aufhört, nämlich sobald ein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkannt hat (§ 121, 22).
52
2. Verfahren des zuständigen Gerichts. Behält das Oberlandesgericht sich die Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 vor, findet § 117 mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Antrag auf Haftprüfung, wenn er nicht beim Oberlandesgericht eingeht, diesem vom zuständigen Gericht über die Staatsanwaltschaft vorzulegen ist. Das zuständige Gericht kann die Haftprüfung dadurch entbehrlich machen, dass es den Haftbefehl aufhebt, falls die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen (§ 120 Abs. 1 Satz 1). Die Staatsanwaltschaft kann, wenn noch keine öffentliche Klage erhoben ist, nach § 120 Abs. 3 bewirken, dass der Haftbefehl aufgehoben wird. Hat das Oberlandesgericht dem zuständigen Richter die Haftprüfung übertragen, ergeben sich für das Verfahren nach §§ 117,118 keine Besonderheiten.
53
Dagegen wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Verfahren nach § 117 Abs. 1 nicht dadurch überflüssig, dass das zuständige Gericht den Vollzug der Untersuchungshaft nach § 116 Abs. 1 bis 3 aussetzt oder bei einem Jugendlichen nach § 72 Abs. 1 J G G von der Vollstreckung des Haftbefehls absieht. Denn mit dem Haftprüfungsantrag wird in erster Linie die Prüfung erstrebt, ob der Haftbefehl aufzuheben ist. Nur wenn der Antragsteller sich auf den Antrag beschränkt, den Vollzug des Haftbefehls auszusetzen, macht eine Entscheidung des zuständigen Richters, die dem Antrag entspricht, die Vorlage ans Oberlandesgericht hinfällig.
54
3. Weitere Prüfung der besonderen Voraussetzungen (Absatz 4). Ob die Voraussetzungen des S 121 Abs. 1 vorliegen, darf allein das Oberlandesgericht prüfen und entscheiden. Das sonst für Haftentscheidungen zuständige Gericht darf die Frage weder bejahen noch verneinen 68 (s. aber Rn. 14 ff., 28 für die Zeit vor der Erstentscheidung des OLG). Das ergibt sich als Regelsatz aus § 121 Abs. 2, § 122 Abs. 1 und wird in Absatz 4 für das Verfahren nach der ersten Entscheidung des Oberlandesgerichts ausdrücklich noch einmal ausgesprochen. Nach Auffassung der in Rn. 15 dargestellten Mindermeinung wird durch das Wort „auch" (im weiteren Verfahren) das Prinzip nochmals deutlich wiederholt. 69 67 68
BTDrucks. IV 2 3 78. Begr. BTDrucks. IV 178 S. 26; KKJBoujong 12.
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A.A. Pusinelli N J W 1965 96; Hengsberger 1966 214.
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JZ
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
S 122
In der Entscheidung nach Absatz 3 Satz 1 bestimmt das Oberlandesgericht den ersten Prüfungstermin auf jeden Fall dann, wenn die Frist von drei Monaten unterschritten werden soll. Soll die Prüfung nach drei Monaten stattfinden, ist die gerichtliche Fristbestimmung an sich entbehrlich, weil sie sich dann aus Absatz 4 Satz 2 ergibt. Doch empfiehlt es sich, dass das Oberlandesgericht die Frist, genau nach dem Datum bestimmt, auch dann angibt. Die Frist ist nämlich zu errechnen, und dem zuständigen Gericht wird es erspart, die Daten aus den Akten (die ihm nicht immer vorliegen) zusammenzustellen und die (neue) Frist zu berechnen, wenn das Oberlandesgericht sie mit dem Datum aufführt. Denn die drei Monate rechnen vom Ablauf der ersten Frist an. Diese aber läuft nicht nach sechs Monaten (§ 121 Abs. 2) ab, sondern verlängert sich um die Zeit, in der nach § 121 Abs. 3 Satz 1 der Fristlauf ruht, also solange das Oberlandesgericht mit der Prüfung befasst ist. Das ergibt auch der Text von Absatz 4 Satz 2, der sinnvoll nur so gelesen werden kann, dass die Prüfung spätestens drei Monate nach der vorangegangenen Prüfung wiederholt werden muss; sonst fehlte in diesem Satz der Bezugspunkt.
55
Da die Prüfung eine Wiederholung der ersten Prüfung ist, gelten für das Verfahren alle Bestimmungen, die für die erste Prüfung gegeben sind, d.h. für das Ruhen der Frist § 121 Abs. 3 , 7 0 für das Vorlegungsverfahren Absatz 1, für das Verfahren des Oberlandesgerichts Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1. Daraus folgt, dass das Oberlandesgericht die Sache nicht unter Kontrolle hält, die Akten anfordert und von Amts wegen entscheidet, 71 dass es vielmehr, wie bei der ersten Prüfung (Rn. 2), regelmäßig (Rn. 3) zufolge der Vorlage durch das zuständige Gericht mit der Sache befasst wird 7 2 Die Haftprüfungsbefugnis des zuständigen Gerichts erlischt mit dem Ablauf der Übertragungsfrist. 73 Das Oberlandesgericht hat auch schon vor Ablauf der Frist, wenn ihm die Sache mit einer Haftbeschwerde vorgelegt wird, zu prüfen, ob weiterhin ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortdauer der Haft rechtfertigt. 74
56
4. Wiederholung. Die Prüfung ist, jeweils nach Abschluss der letzten Prüfung, so lange alle drei Monate zu wiederholen, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 118, 12, 14) erkennt (§ 121 Abs. 1), bis der Haftbefehl nach § 120 Abs. 1 oder 3 oder nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 E M R K (Rn. 41; Vor § 112, 35, 43; § 120, 16) aufgehoben, sein Vollzug nach § 116 Abs. 1 bis 3 ausgesetzt, bei einem Jugendlichen nach § 7 2 Abs. 1 J G G von der Vollstreckung des Haftbefehls abgesehen oder die Untersuchungshaft zur Vollstreckung von Strafhaft unterbrochen wird. Tritt einer dieser Fälle ein, wird ein Prüfungstermin, einerlei ob vom Oberlandesgericht bestimmt oder vom Gesetz vorgesehen (Absatz 4 Satz 2), gegenstandslos; er wird nicht ausdrücklich aufgehoben. 75 Das Oberlandesgericht wird nicht benachrichtigt, weil es, wie dargelegt (Rn. 56), die Sache nicht unter Kontrolle hält. Wird der Vollzug eines Haftbefehls nach Widerruf des Aussetzungsbeschlusses oder wegen Wegfalls des Unterbrechungsgrundes erneut angeordnet, sind die einzelnen (Untersuchungs-)Haftzeiten seit der letzten Prüfung durch das Oberlandes-
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70
OLG Oldenburg J Z 1965 7 7 0 ; OLG Zweibrücken MDR 1978 2 4 5 ; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1993 2 2 6 ; OLG Düsseldorf VRS 9 0 (1996) 207. Zur Kontaktsperre nach den § § 3 1 ff. EGGVG s. BGH 1 StE 3/77 - AK 87/77 - Beschluss vom 13.10.1977.
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A.A. wohl KMR/Wfc«*e/ 20. Meyer-Goßner 23; Pusinelli NJW 1966 96; h.M.; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. II 7; SK/ Paeffgen 13. OLG Düsseldorf MDR 1991 79. OLG Düsseldorf StV 1991 222. OLG Zweibrücken MDR 1978 245.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
gericht zusammenzuzählen; nur diese Haftzeiten sind für die Berechnung der Dreimonatsfrist maßgebend.
§ 122a In den Fällen des § 121 Abs. 1 darf der Vollzug der Haft nicht länger als ein Jahr aufrechterhalten werden, wenn sie auf den Haftgrund des § 112a gestützt ist.
Entstehungsgeschichte. Eingefügt durch Art. 1 Nr. 4 StPÄG 1972 anläßlich der Einfügung des § 112a (Sicherungshaft für Wiederholungstäter).
Übersicht Rn. 1. Inhalt 2. Zweck und Bedeutung 3. Voraussetzung
1 3 6
Rn. 4. Fristbegrenzung 5. Neue Straftat 6. Verfahren
8 11 12
1
1. Inhalt. Die Vorschrift knüpft mit den Eingangsworten („in den Fällen ...") an den letzten Halbsatz (Schwierigkeit, Umfang, andere wichtige Gründe) und mit dem Hauptteil des Hauptsatzes an den Hauptsatz des § 121 Abs. 1 an. Anstelle des dort verwendeten Wortes (Vollzug der) Untersuchungshaft wird das Wort Haft gebraucht, das mehrfach als Bestandteil der Worte Haftgrund, Haftbefehl, Haftprüfung, Haftbeschwerde, aber auch selbstständig als Abkürzung des Worts Untersuchungshaft in § 114b Abs. 1, § 115 Abs. 4, § 115a Abs. 2 Satz 4, § 116 Abs. 3 verwendet wird. Die Abkürzung ist, weil das Wort „Haft" sonst in der Strafprozessordnung (§ 231 Abs. 1 Satz 2 zweiter Satzteil spricht von Gewahrsam) selten (z.B. § 70 Abs. 2, § 168c Abs. 4, § 231b Abs. 1, § 369 Abs. 3) vorkommt und wohl eindeutig ist, unbedenklich und verständlich.
2
Der Hauptinhalt der Vorschrift ist eine Modifikation von § 121 Abs. 1, § 122 Abs. 4 Satz 2. Nach diesen Vorschriften kann das Oberlandesgericht im Prinzip (Ausnahme § 122, 41) den Vollzug der Untersuchungshaft beliebig oft, jeweils für drei Monate (§ 122, 55; 57), aufrechterhalten, solange die Voraussetzungen des letzten Halbsatzes von § 121 Abs. 1 vorliegen. Diese Befugnis wird für den Haftbefehl, der wegen des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr (§ 112a) erlassen worden ist, auf die Dauer eines Jahres eingeschränkt.
3
2. Zweck und Bedeutung. Zweck der Vorschrift ist die strikte, unbedingte Begrenzung der Dauer der Haft nach § 112a auf eine absolute Höchstfrist. § 112a gehört mit den §§ l i l a , 126a, 132a zu den Maßnahmen vor dem Urteil. Dabei werden in den drei zuletzt genannten Fällen materiell-rechtliche Maßregeln vorweggenommen, bei § 112a der Sicherungsteil der Strafe, der dieser bei Wiederholungstätern innewohnt. Bei der Vorwegnahme von Maßregeln gibt es keine Höchstfrist, wenn auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Maßnahme nach einer gewissen Zeit unzulässig machen kann. Auch sind bei § l i l a und § 132a keine besonderen Prüfungsfristen vorgesehen; in § 126a Abs. 2 wird zwar § 117 für anwendbar erklärt, doch gelten die weit bedeutsameren §§ 121, 122 nicht entsprechend.
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§ 122a
Die Höchstfrist von einem Jahr gilt nur für die Untersuchungshaft (Sicherungshaft) bei Wiederholungstätern. Die Begründung des Gesetzgebers begnügt sich mit der Erwägung: Werde ein Tatverdächtiger aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr in Haft genommen, müsse so schnell wie möglich gerichtlich geklärt werden, ob der die Haft auslösende Tatverdacht zu Recht besteht. Bevor dies in einer Hauptverhandlung bejaht worden sei, erscheine es nicht gerechtfertigt, die Haft nach § 112a länger als ein Jahr auszudehnen; 1 ähnlich der schriftliche Bericht des Rechtsausschusses. 2
4
Die Begründung ist einleuchtend, wirft aber die Frage auf, warum die Höchstfrist nicht für alle Maßnahmen vor dem Urteil gilt. Denn bei allen wird ein Urteil vorläufig vollstreckt, das zwar zu erwarten ist, aber noch nicht einmal als nicht rechtskräftiges erster Instanz vorliegt. Auch kann ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a), etwa während eines langwierigen Verfahrens wegen einer Wirtschaftsstraftat, ruinöser sein als Sicherungshaft bei einem Dauerkriminellen. Die Antwort ist vermutlich, dass bei der heißumstrittenen Sicherungshaft das Problem auf den Nägeln brannte und einigermaßen befriedigend - der Bundesregierung erschien ein Jahr als „zu großzügig bemessen" 3 - schon deshalb gelöst werden musste, um die Gegner des Instituts zu beschwichtigen. Bei der einstweiligen Unterbringung (§ 126a) mag die mögliche Gefährlichkeit der Täter dazu geführt haben, selbst über § 121 noch hinauszugehen, und bei den nicht freiheitsentziehenden Maßregeln hatte man möglicherweise die Frage, wie lange man ein noch nicht existierendes Urteil vorwegnehmen darf, noch nicht als lösungsbedürftiges Problem erkannt. 4
5
3. Voraussetzung für die Beschränkung ist, dass die Haft auf den Haftgrund des § 112a (§ 112a, 15) gestützt ist. Die Ausdrucksweise ist ungewöhnlich, aber unmissverständlich. Die Vorschrift findet also Anwendung, wenn ein schriftlicher Haftbefehl ( § 1 1 4 Abs. 1) vorliegt, bei dem als Haftgrund ( § 1 1 4 Abs. 2 Nr. 3) die in § 112a Abs. 1 umschriebene Wiederholungsgefahr aufgeführt ist. 5 Das ist nach § 112a Abs. 2 wiederum nur möglich, wenn weder die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls (§ 127, 3 7 bis 39; Vor § 112, 4 5 ; § 112, 15) nach § 112 Abs. 2 und 3 vorliegen, noch, wenn das der Fall ist, der Vollzug eines solchen Haftbefehls (§ 112a, 49) ausgesetzt werden könnte (§ 116 Abs. 1 und 2). Ist die Haft entgegen § 112a Abs. 2 auf einen weiteren Haftgrund gestützt, so ist § 122a nicht anzuwenden. 6
6
Die Vorschrift findet, weil keine auf den Haftgrund des § 112a gestützte Haft mehr vorliegt, auch dann keine Anwendung, wenn der Haftbefehl vor Ablauf eines Jahres auf einen anderen Haftgrund (§ 112 Abs. 2) umgestellt worden ist (§ 114, 4 7 ) , 7 was freilich nur selten (etwa bei Flucht aus der Untersuchungshaft, § 112 Abs. 2 Nr. 1) der Fall sein wird, da ja der Haftbefehl wegen des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr nur erlassen werden durfte, nachdem festgestellt worden war, dass die Voraussetzungen eines Haftbefehls nach § 112 nicht vorgelegen oder wenn sie vorgelegen haben, der Vollzug eines solchen Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 und 2 auszusetzen war (§ 112a, 51). Diese Sach- und Rechtslage wird sich nur selten ändern und ggf. wird die Umstellung sorgfältig zu prüfen (zum Verfahren Rn. 12) sein. 8
7
1 2 3 4
BTDrucks. VI 3248 S. 4. BTDrucks. VI 3561 S. 4. BTDrucks. VI 3248 S. 7. Krit. auch SKIPaeffgen 1; Wolter ZStW 93 (1981) 452.
5 6
7 8
KK/Boujong 2. SYJPaeffgen 2; AK/Krause 1; KKIBoujong 2; Meyer-Goßner 1. SYJPaeffgen 2; Schlüchter 247.4. SYJPaeffgen 2.
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§ 122a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
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4. Fristbegrenzung. Ist der Haftbefehl - wegen der Subsidiaritätsklausel des § 112a Abs. 2 stets allein (§ 112a, 51) - wegen des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr erlassen, darf der Vollzug der Untersuchungshaft, solange kein Urteil ergangen ist, das auf eine freiheitsentziehende Sanktion erkennt, zwar wegen wichtiger Gründe (§ 121 Abs. 1, letzter Halbsatz) über sechs Monate hinaus aufrechterhalten werden, aber in keinem Fall länger als ein Jahr.
9
Die Jahresfrist berechnet sich nach der Haftzeit, die der Beschuldigte aufgrund eines Haftbefehls erlitten hat, in dem als Haftgrund allein Wiederholungsgefahr aufgeführt ist. Alle Haftzeiten aus diesem Grund wegen derselben Tat (§ 121, 15) werden zusammengezählt. Für die Berechnung der Jahresfrist ist es daher gleichgültig, ob die auf § 112a beruhende Untersuchungshaft unterbrochen war, weil der Beschuldigte in anderer Sache Freiheitsstrafe verbüßt oder Untersuchungshaft oder in der gleichen Sache Untersuchungshaft aufgrund eines anderen Haftgrunds erlitten hat; ob der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 Abs. 3 ausgesetzt oder bei einem Jugendlichen nach § 72 Abs. 1 J G G vorübergehend von der Vollstreckung der Untersuchungshaft abgesehen worden ist; oder ob der Beschuldigte aus der auf § 112a Abs. 1 beruhenden Untersuchungshaft entlassen worden und anschließend wegen derselben Straftat aufgrund eines neuen, wiederum wegen des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr erlassenen Haftbefehls wieder in Untersuchungshaft gekommen ist.
10
In allen Fällen der Unterbrechung sind die einzelnen auf dem Haftgrund des § 112a beruhenden Haftzeiten zusammenzuzählen. Nur diese Vollzugszeiten sind für die Fristberechnung maßgebend; wie lange der Haftbefehl besteht, spielt dagegen keine Rolle. Nach dem Sinn, die Haft streng zu begrenzen, kann ξ 43 keine Anwendung finden. Der Anfangstag der Frist zählt also mit, und die Frist kann auch an einem Sonntag, einem allgemeinen Feiertag oder an einem Sonnabend enden. Dagegen wäre das Verfahren unsinnig, wenn § 121 Abs. 3 Satz 2 und 3 (Ruhen des Fristablaufs während der Hauptverhandlung) nicht gälte. 9 Dann aber muss man wohl annehmen, dass auch § 121 Abs. 3 Satz 1 (Ruhen des Fristablaufs von der Vorlage bis zur Entscheidung) Anwendung findet, 10 weil man die Vorschriften über den Fristenlauf nicht gut zerreißen kann.
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5. Neue Straftat. Begeht der Beschuldigte nach der Straftat, die dem Haftbefehl zugrunde liegt, und nach Erlass dieses Haftbefehls eine neue Straftat und wird wegen dieser wiederum Untersuchungshaft wegen des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr erlassen, sind diese Haftzeiten nicht zusammenzuzählen. 11 Denn die Vorschrift verweist zwar nur auf die „Fälle des § 121 Abs. 1 " , also auf Schwierigkeit, Umfang und andere wichtige Gründe, doch ist sie nur eine für sich unvollkommene Vorschrift, die die §§ 121, 122 einschränkt. Die Einschränkung hat aber nur Sinn, wenn die §§ 121, 122 vollständig als einzuschränkender Text zur Verfügung stehen. Daher bezieht sich die Vorschrift nur auf Untersuchungshaft wegen derselben Tat, und sie schränkt nach ihrer Aufgabe § 121 Abs. 1 dahin ein, dass die Untersuchungshaft auch wegen desselben Haftgrunds der Wiederholungsgefahr angeordnet worden sein muss. Keinesfalls ist die Verweisung auf die „Fälle des § 121 Abs. 1 " dahin zu verstehen, dass im Übrigen die §§ 121, 122 keine Anwendung fänden. Das Ergebnis wäre sinnlos. Wegen der Einzelheiten zu dem Begriff „derselben Tat" s. § 1 2 1 , 1 4 ff.
9
Dazu ausführlich Knauth 337; vgl. auch Schlüchter 247.4; KKJ Boujong 3; Meyer-Goßner 2.
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11
SYJPaeffgen 3; KK/Boujong 3; vgl. auch OLG Frankfurt NStE Nr. 1. Meyer-Goßner 2; KK/Boujong 3; SYJPaeffgen 3.
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§123
6. Das Verfahren ist in § 121 und besonders in § 122 geregelt. Die Entscheidung, ob die Untersuchungshaft fortzudauern hat, trifft das Oberlandesgericht, ggf. der Bundesgerichtshof. Wenn die Frist für die weitere Prüfung (§ 122 Abs. 4 Satz 2) mit drei Monaten voll ausgenutzt wird, kommen nur die erste Prüfung nach sechs Monaten und eine weitere Prüfung nach drei Monaten in Betracht. Bei der zweiten Prüfung wird das Oberlandesgericht anordnen, dass der Haftbefehl an dem Tage aufgehoben wird, an dem sich das zugelassene Jahr, verlängert um die Zeiten, in denen der Fristablauf geruht hat (Rn. 10), vollendet. Ungeachtet dieser Anordnung kann das zuständige Gericht die Untersuchungshaft schon vorher nach § 120 aufheben, in der Regel jedoch nicht nach § 121, weil es der Ansicht ist, die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen nicht mehr vor. Darüber entscheidet in der Regel das Oberlandesgerichts (§ 122, 14; 28; 54). Ist der Haftbefehl wegen Eintritts der Höchstfrist aufhebungsreif, darf er nicht außer Vollzug gesetzt werden, weil der weitere Vollzug nach § 116 Abs. 4 nicht mehr angeordnet werden darf; 1 2 Maßnahmen nach § 71 J G G bleiben dagegen zulässig.13
12
Liegt bei Ablauf des Jahres keine Anordnung des Oberlandesgerichts vor, dass der Haftbefehl an diesem Tage aufzuheben ist, hat das zuständige Gericht den Haftbefehl an diesem Tag aufzuheben, weil - im Gegensatz zu dem nicht durch § 122a modifizierten § 121 Abs. 1 - hier das Gesetz ohne jede Wertung zu vollziehen ist. Doch ist das Ruhen des Fristenlaufs (Rn. 10) zu beachten. Daher ist es zweckmäßig, dass das Oberlandesgericht den Tag berechnet und in seinem Beschluss bezeichnet, wann die Jahresfrist abläuft.
13
§ 123 (1) Eine Maßnahme, die der Aussetzung des Haftvollzugs dient (§ 116), ist aufzuheben, wenn 1. der Haftbefehl aufgehoben wird oder 2. die Untersuchungshaft oder die erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird. (2) Unter denselben Voraussetzungen wird eine noch nicht verfallene Sicherheit frei. (3) Wer für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, kann deren Freigabe dadurch erlangen, daß er entweder binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Gestellung des Beschuldigten bewirkt oder die Tatsachen, die den Verdacht einer vom Beschuldigten beabsichtigten Flucht begründen, so rechtzeitig mitteilt, daß der Beschuldigte verhaftet werden kann.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift bezog sich früher nur auf das Freiwerden einer Sicherheit. Die jetzige allgemeine Fassung hat sie erhalten durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964. Eine geringfügige Textänderung entstammt Art. 21 Nr. 33 EGStGB 1974. Bezeichnung bis 1965: § 121.
12
KK/Boujong 4; SKJPaeffgen 4; Meyer-Goßner 1.
KKJBoujong 4; SYJPaeffgen 4; Meyer-Goßner 1.
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Übersicht Rn. I. Aufheben und Freiwerden 1. Grundsatz 2. Aufhebung des Haftbefehls 3. Vollzug der Untersuchungshaft . . . . 4. Antritt der Strafhaft und des M a ß regelvollzugs a) Strafantritt b) Maßregelantritt
Rn. Π. Bärgenbefreiung (Absatz 3) 1. Bürge 2. Gestellung 3. Fluchtanzeige
1 4 9
ΙΠ. Verfahren 1. Maßnahmen 2. Sicherheitsleistung 3. Beschwerde
11 14
17 18 21 24 25 29
I. Aufheben und Freiwerden 1
1. Grundsatz. Zweck der Vorschrift ist, die Aufhebung der Haft-Ersatzmaßnahmen nach § 116, wenn der Rechtsgrund hierfür entfällt, zu regeln. Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheiden: Wird der Haftbefehl aufgehoben (Nr. 1; Rn. 4 ff.), ist der Anlass zur Haft entfallen; wird die Untersuchungshaft (Rn. 9 ff.), Strafhaft oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung (Rn. 11 ff.) vollzogen (Nr. 2), entfällt der Anlass zu den Maßnahmen oder zur Sicherheitsleistung. In beiden Fallgruppen müssen daher die Maßnahmen aufgehoben werden. Unter denselben Voraussetzungen, unter denen Maßnahmen aufzuheben sind, wird auch eine Sicherheit frei (Absatz 2), wenn sie - was selbstverständlich ist - nicht schon vorher verfallen war. Absatz 2 bezieht sich sowohl auf Sicherheiten, die der Beschuldigte, als auch auf solche, die ein Dritter geleistet hat, Absatz 3 nur auf letztere. Es erscheint schließlich fraglich, ob die Formulierung der Regelung gelungen ist. Die gewählte Alternativformulierung („oder") in Absatz 1 entspricht jedenfalls nicht dem Verhältnis von Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2 gemäß der Auslegung der h.M. (Rn. 6, 7).
2
Wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 eintreten, entfallen die Pflichten und Beschränkungen ( § 1 1 6 Abs. 4 Nr. 1) nicht von selbst. Vielmehr sind die Maßnahmen, mit denen jene Lasten auferlegt worden sind, ausdrücklich aufzuheben, obwohl es dem Beschuldigten keine Nachteile mehr bringen kann, wenn er Pflichten nicht mehr erfüllt und sich Beschränkungen nicht mehr unterwirft. 1 Im Fall des Vollzugs kann er das ohnehin nicht tun. Die Sicherheit dagegen wird von selbst frei, sobald der Haftbefehl aufgehoben oder die Untersuchungshaft oder eine freiheitsentziehende Sanktion vollzogen wird. Zwar nützt das Freiwerden dem Beschuldigten ohne weitere behördliche Akte (vgl. Rn. 26) nichts, doch wird durch die Bestimmung, die Sicherheit werde kraft Gesetzes frei, die Unverrückbarkeit der Rechtslage betont: Die freigewordene Sicherheit kann nicht mehr in Anspruch genommen werden, auch wenn der Haftbefehl irrtümlich oder aus sonstigen Gründen fälschlich aufgehoben worden ist; 2 sie bleibt auch dann frei, wenn nachträglich ein Ereignis eintritt, durch das, wenn es sich früher ereignet hätte, die Sicherheit verfallen wäre. 3
1
2
Vgl. OLG Stuttgart MDR 1984 164; Justiz 1984 213; OLG Karlsruhe NStZ 1992 2 0 4 ; OLG Celle NStZ-RR 1999 178; SKIPaeffgen 1; KYJBoujong 1, 2, 7; Meyer-Goßner 1. OLG Stuttgart OLGSt N.F § 123, 2; Kleinknecht/Janischowsky 212; Münchhalffen/Gatzweiler 2 4 3 ; SKIPaeffgen 2
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3
(anders bei abgenötigter Entscheidung). Vgl. auch § 124, 2. Beispiel: Der Verurteilte flieht kurze Zeit nach Strafantritt, ehe der die Sicherheit freigebende Beschluss ergeht. Ähnlich LG Lüneburg StV 1987 111 (Freigabe der Kaution auch dann, wenn der Beschuldigte sich dem Verfahren
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§123
Die Sicherheit wird nur frei, wenn sie nicht schon verfallen war (Absatz 2). Ob dieser Umstand eingetreten ist, hat das Gericht nach § 124 Abs. 1 zu prüfen und ggf. nach § 124 Abs. 2 festzustellen. Der Verfall ist bei keinem der Befreiungsgründe ausgeschlossen, auch nicht, wenn der Haftbefehl aufgehoben wird. Denn das kann der Fall sein, obwohl der Beschuldigte sich vorher - etwa durch Flucht - der Untersuchung entzogen hatte (§ 124 Abs. 1), etwa weil er freiwillig zurückgekehrt und erkrankt ist. In der Regel indessen wird, anders als bei den beiden anderen Befreiungsgründen, der vorherige Verfall der Sicherheit keine Rolle spielen, wenn der Haftbefehl aufgehoben wird.
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2. Aufhebung des Haftbefehls. Der erste Grund, der das Gericht anhält, Maßnahmen aufzuheben, und der die Sicherheit frei macht, ist die Aufhebung des Haftbefehls. 4 Alle Gründe, die zur Einstellung des Verfahrens führen (Verjährung, Rücknahme des Strafantrags, Amnestie usw.), zwingen, weil sie die Untersuchung beenden, den Haftbefehl aufzuheben. Zufolge der Aufhebung setzen sie den Maßnahmen des § 116 ein Ende (Absatz 1 Nr. 1).
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Ohne dass der Haftbefehl aufgehoben wird, erledigen sich die Maßnahmen nicht von selbst. Auch die Sicherheit wird in keinem Fall ohne diesen Akt frei. Selbst wenn bei Freispruch und ihm gleichstehenden Entscheidungen der Haftbefehl ohne weitere Prüfung aufgehoben werden muss (§ 120 Abs. 1 Satz 2; § 120, 18 ff.), macht erst die Aufhebung selbst die Sicherheit frei, 5 nicht schon die Freisprechung usw. selbst. Denn neue Tatsachen oder Beweismittel, die unmittelbar nach dem Freispruch bekannt werden, können trotz Freispruchs der Aufhebung des Haftbefehls entgegenstehen (§ 120, 35). Die Ansicht endlich, dass es bei Ereignissen, die notwendigerweise die Einstellung herbeiführen (Verjährung, Amnestie), keiner Aufhebung des Haftbefehls bedürfe, 6 wird schon durch die Überlegung widerlegt, dass der Beschuldigte, wenn ein Haftbefehl vollzogen wird, erst dann aus der Haft entlassen werden kann, wenn der Haftbefehl aufgehoben worden ist. 7 Alsdann kann, wenn der Vollzug des Haftbefehls nur ausgesetzt worden ist, die Sicherheit erst recht nicht ohne diesen Akt frei werden. Darin liegt auch keine Ungerechtigkeit, weil die Sicherheit dann nicht mehr verfallen kann. Denn sobald Prozesshindernisse eingetreten sind, können keine Prozesshandlungen mehr erforderlich werden, denen sich der Beschuldigte entziehen könnte.
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Nach h.M. ist allerdings Folgendes zu beachten: Die Rechtskraft beendet die Untersuchung und damit die Untersuchungshaft. Der Haftbefehl erledigt sich mit der Rechtskraft von selbst. 8 Besonderes gilt jedoch, wenn - und nur diesen Fall regelt § 123 - der Haftbefehl nach § 116 außer Vollzug gesetzt war. Dann erledigen sich die zur Sicherung des Haftzwecks nach § 116 getroffenen Maßnahmen nicht gleichsam von selbst. Hebt
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entzieht, bei richtiger Sachbehandlung der Haftbefehl jedoch schon vorher hätte aufgehoben werden müssen); Münchhalffen/Gatzweiler 243. S. dagegen OLG Hamm StV 1996 4 9 8 ; OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 1 381; KK/ Boujong 2; Rn. 5. Zur Anwendbarkeit gemäß §126a s. §126a, 13a. OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 1 381; OLG Karlsruhe NStZ 1992 2 0 4 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 4; a.A. Härtung § 121, 4. Lobe/Alsberg § 121 II 5.
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Vgl. Eb. Schmidt Nachtr. I 21. Vgl. OLG Karlsruhe MDR 1980 598; OLG Düsseldorf OLGSt N.F § 124, 1; OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 3 143; Meyer-Goßner 2; KYJBoujong 3; SKIPaeffgen 4; KMRIWankel 5; Vor § 112, 56 ff.; a.A. OLG Frankfurt NJW 1979 655; OLG Stuttgart Justiz 1984 213 (Fortbestand des Haftbefehls im Falle der Vollzugsaussetzung nach § 116); OLG Düsseldorf NStZ 1999 585; OLG Köln JMB1NW 2 0 0 5 2 2 ; Schlothauer/Weider 9 2 5 ff.; Seebode (Vollzug) 105.
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das Gericht in einem solchen Fall den Haftbefehl auf, dann besagt das nach Auffassung der h. Μ nur, dass die Untersuchung beendet ist, nicht aber, dass die Haftgründe entfallen sind. Da die Sicherheit auch dazu diene, den Antritt einer Freiheitsstrafe zu erzwingen, könne der Umstand, dass der Haftbefehl allein wegen des Endes der Untersuchung aufgehoben wird, nicht bewirken, dass die Sicherheit frei wird. 9 Dieses Ziel könne nur mit dem Antrag erreicht werden, neben dem Haftbefehl auch den Beschluss aufzuheben, durch den das Gericht die Aussetzung seines Vollzugs angeordnet hat. Einem solchen Antrag der Staatsanwaltschaft müsse im Übrigen das Gericht selbst dann entsprechen, wenn es entgegen deren Ansicht eine weitere Sicherung für erforderlich hält. Denn da die Maßnahmen nach § 116 nach Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung nur noch dazu dienten, die der Staatsanwaltschaft obliegende Vollstreckung der rechtskräftigen Freiheitsstrafe zu sichern, habe auch allein sie darüber zu befinden, ob oder in welcher Weise die künftige Vollstreckung besonders gesichert werden soll. 10 7
Diese Lösung entspricht der h.M. zum Zweck der Untersuchungshaft (Vor § 112, 1 ff.). Folgt man der Mindermeinung (Vor $ 112, 3), so kann ihr, wenn auch mit anderer Begründung zugestimmt werden. 11 Vollstreckungssicherung ist danach zwar nicht Zweck der Untersuchungshaft. Aber eine sich aus einem Haftgrund ergebende Verfahrenslage, nämlich bestehende Haftersatzmaßnahmen, dürfen (mittelbar) zur Vollstreckungssicherung genutzt werden (Vor § 112, 4), wenn die Ersatzmaßnahmen hierzu geeignet sind. 12 Diese Lösung (gleich, wie begründet) bedeutet allerdings, dass die zur Vollstreckungssicherung fortbestehenden Haftersatzmaßnahmen nicht mehr auf einem Haftgrund (Haftbefehl) beruhen, vielmehr die Anordnung der Maßnahmen isoliert fortbesteht, 13 und zwar trotz der eindeutigen Regelung in Absatz 1 Nr. 1, bis die Voraussetzungen in Nr. 2 zweite oder dritte Alternative erfüllt sind 14 oder die Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Ersatzmaßnahmen beantragt, etwa weil sie zur Vollstreckungssicherung nicht (mehr) geeignet oder nicht (mehr) erforderlich sind. S. auch § 127b, 2, 15, 23, 2 4 .
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Folgt man der inzwischen h.M., dass im Falle des Todes des Beschuldigten das Verfahren einzustellen ist (vgl. die Erl. zu § 206a), so können weitere Entscheidungen, etwa eine Aufhebung der getroffenen Maßnahmen, erforderlich sein 15 (s. auch Rn. 2, 24 ff.). Dies gilt auch, wenn der Beschuldigte Selbstmord begangen hat (§ 124, 20). Der Verfahrensbeendigung kann keine befreiende Wirkung zukommen, wenn die Sicherheit schon vorher durch Flucht verfallen war. 16 9
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OLG Bremen NJW 1963 1024; OLG Düsseldorf OLGSt N.F § 1 2 4 , 1 ; NStZ 1999 585; OLG Frankfurt NJW 1979 665; NStZ-RR 2 0 0 3 143; OLG Hamburg MDR 1977 949; OLG Karlsruhe MDR 1980 5 9 8 ; OLG Nürnberg OLGSt N.F § 116, 1; OLG Stuttgart MDR 1984 164; Justiz 1984 213; OLG Köln JMB1NW 2 0 0 5 22; KK/Boujong 3; MeyerGoßnerl; vgl. auch (krit.) Schlothauer/Weider 9 2 5 ff. OLG Hamburg MDR 1977 949; AK/Krause 2; vgl. auch RiStBV Nr. 57 Abs. 2 Satz 2. Ablehnend SKIPaeffgen 4 (Vollstreckungshaftbefehl erforderlich). Vgl. dazu OLG Nürnberg OLGSt N.F § 116, 1 (auch zur Vollzugsuntauglichkeit); OLG Karlsruhe MDR 1980 598; einschränkend Seebode (Vollzug) 105 (nur Maßnahmen
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gemäß § 116 Abs. 1, 3); Scblothauer/Weider 9 3 0 (bei Haft wegen Fluchtgefahr oder Tatschwere); vgl. auch OLG Frankfurt NJW 1979 665; OLG München StV 2 0 0 0 5 0 9 mit Anm. Sättele. Die Eignung kann jedenfalls fraglich sein bei manchen der Verdunkelungsgefahr entgegenwirkenden Maßnahmen, z.B. beim Kontaktverbot nach § 116 Abs. 2. Vgl. dazu (abl.) Schlothauer/Weider 9 2 5 ff., 930; Seebode (Vollzug) 105 (Fortbestand des Haftbefehls). Vgl. OLG Hamburg MDR 1977 949; OLG Karlsruhe MDR 1980 598; Meyer-Goßner 2. Vgl. BGHSt 45 108, 117; a.A. OLG Brandenburg StraFo 1998 212; KKiBoujong 4. OLG Colmar Alsb. Ε 1 2 9 4 .
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3. Vollzug der Untersuchungshaft. Die nach § 116 Abs. 1 bis 3 angeordneten Maß- 9 nahmen sind ferner aufzuheben und die Sicherheit wird weiterhin frei, wenn gegen den Beschuldigten in der Sache, in der der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt worden ist, Untersuchungshaft vollzogen wird. Nach dieser Wortfassung reicht die Verhaftung (§ 114a Abs. 1) nicht aus. Maßgeblich ist vielmehr der Beginn des Vollzugs. Dazu ist es erforderlich, dass der Beschuldigte in die zuständige Haftanstalt gebracht wird; eine Sicherheit verfällt, wenn er auf dem Transport vom Festnahmeort nach der Anstalt flieht. 17 Da die Vorschrift den Vollzug der Untersuchungshaft zur Voraussetzung der Aufhebung und des Freiwerdens macht, kommt es auf die Einlieferung in die zuständige Anstalt an. Ist der Beschuldigte nach der Verhaftung zunächst in eine fremde Haftanstalt eingeliefert worden, hat damit der Vollzug der Untersuchungshaft noch nicht begonnen. Flieht der Beschuldigte auf dem Transport zur zuständigen Anstalt, wird die Sicherheit nicht frei. Das Gleiche ist der Fall, wenn der Beschuldigte in anderer Sache in Untersuchungshaft kommt, selbst wenn Überhaft (Vor § 112, 50) notiert wird. Denn auch während dieser Haft kann er sich noch in der (anderen) Sache, in der Sicherheit geleistet worden ist, der Untersuchung oder dem Strafantritt entziehen. Freilich kann die Verhaftung Veranlassung geben, den Haftbefehl aufzuheben. Geschieht das nicht, erklärt der Beschuldigte aber, dass er sich nunmehr auch in der Sache der Untersuchungshaft unterwerfe, in der die Sicherheit geleistet worden ist, wird die Sicherheit frei, weil der Beschuldigte nunmehr (auch) in dieser Sache in Untersuchungshaft ist. 18 Wegen der Folgen s. Vor § 112, 52 ff. Denn wie es zur Vollstreckung des Haftbefehls kommt, ist gleichgültig. Die Folgen treten auch ein, wenn sich der Beschuldigte freiwillig - wenn auch vielleicht auf Veranlassung dessen, der Sicherheit geleistet hat - stellt, so dass die Untersuchungshaft vollzogen wird. Das Gericht ist, wenn der Beschuldigte das verlangt, zum Vollzug verpflichtet. Denn die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls gegen Maßnahmen oder gegen Sicherheitsleistung ist eine Erleichterung für den Beschuldigten, nicht für den Staat. Dieser kann weder erzwingen, dass der Beschuldigte Weisungen befolgt, noch dass eine Sicherheit geleistet wird. Daher kann der Beschuldigte, wenn er die Sicherheitsleistung auch nicht zurücknehmen kann (§ 116a, 22), doch auf die Aussetzung in der Weise Verzicht leisten, dass er sich in den Haftvollzug begibt. Damit kann er die Sicherheit frei machen oder Beschränkungen abwerfen, die ihm lästiger geworden sind als die Untersuchungshaft es ihm ist.
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4. Antritt der Strafhaft und des Maßregelvollzugs a) Strafantritt. Endlich sind die Maßnahmen aufzuheben und wird die Sicherheit frei, 11 wenn die erkannte Freiheitsstrafe in der Sache vollzogen wird, in der der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt war. Freiheitsstrafe ist die allgemeine Freiheitsstrafe (§§ 38, 39 StGB), die Jugendstrafe (§ 17 JGG) und der Strafarrest (§ 9 WStG). Jugendarrest, auch in der Form des Dauerarrests (§ 16 JGG), ist ein Zuchtmittel und keine Strafe, aber zuweilen wie eine Freiheitsstrafe zu behandeln. So ist es auch hier der Fall. Wird auch im allgemeinen kein Haftbefehl erlassen werden, wenn nur Jugendarrest zu erwarten ist, so kann doch die Erwartung zunächst auf eine Jugendstrafe gerichtet gewesen sein. Jedenfalls wird die Sicherheit frei, wenn (gegen die Erwartung nur) auf Jugendarrest erkannt worden ist, der Beschuldigte den Arrest angetreten hat und damit der Zweck der Sicherheit
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Gerding LV zu § 124, 11.
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erreicht ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Aufhebung und das Freiwerden ist nicht die Verhaftung (§ 4 5 7 Abs. 1), sondern die Aufnahme in die von der Vollstreckungsbehörde bezeichnete Anstalt. Wie es zum Strafantritt kommt, ob der Verurteilte sich freiwillig stellt oder ob er verhaftet wird, ist gleichgültig, doch wird im letzteren Fall oft, nicht regelmäßig (§ 124, 18), die Sicherheit verfallen sein, weil sich der Verurteilte dem Strafantritt entzogen hatte. 12
Wird im Urteil auf eine Geldstrafe erkannt, so wird zwar der Haftbefehl in aller Regel aufgehoben werden, aber doch nicht in jedem Fall (§ 120, 13 ff.). Tritt indessen die Rechtskraft eines solchen Urteils ein, ist der Haftbefehl stets aufzuheben (Vor § 112, 59). Als Folge sind nach § 116 Abs. 1 bis 3 angeordnete Maßnahmen außer Kraft zu setzen und wird eine Sicherheit frei. Sie darf weder für die Geldstrafe noch für Verfahrenskosten in Anspruch genommen werden, 19 noch kann sie verfallen, wenn der Verurteilte die Geldstrafe nicht bezahlt und sich dem Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe entzieht. 20 Auch eine Aufrechnung mit einer staatlichen Forderung gegen den Anspruch auf Rückzahlung der Sicherheit ist unzulässig, weil sie den Zielen der §§ 116, 123, 124 zuwiderlaufen würde 21 (vgl. Rn. 27).
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Strafhaft in anderer Sache führt nicht zur Aufhebung der Maßnahmen, weil der zuständige Richter keinen Einfluss auf ihr Ende hat. Doch kann längere Strafhaft in anderer Sache, wenn die Möglichkeit einer Entlassung (§ 57 Abs. 1 und 2 StGB) oder eine Begnadigung vor Abschluss des laufenden Verfahrens ausscheidet, zur Folge haben, dass der Haftbefehl und auf diese Weise auch Maßnahmen aufgehoben werden oder eine Sicherheit frei wird.
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b) Maßregelantritt. Dieselbe Wirkung wie der Vollzug der Freiheitsstrafe hat der Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung. Es kommen freiheitsentziehende Maßregeln (vgl. § 61 StGB) mit Ausnahme der Sicherungsverwahrung in Betracht, wenn die Maßregel entweder allein, wie das im Fall des § 64 Abs. 1 StGB (Unterbringung in einer Erziehungsanstalt) u.U. möglich ist, oder aber neben einer Freiheitsstrafe verhängt, jedoch vor der Strafe vollzogen wird (§ 67 Abs. 1 StGB).
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Die Sicherungsverwahrung kann als Maßregelantritt nicht in Betracht kommen, weil ihr der Vollzug der Freiheitsstrafe vorangegangen sein muss. Der zu Sicherungsverwahrung Verurteilte kann auch nicht alsbald, sondern erst nach Strafantritt in einen Maßregelvollzug kommen (§ 67a Abs. 1, 2 StGB). Bei ihm führt allein der Strafantritt (Rn. 11) zur Aufhebung von Maßnahmen, wenn $ 116 Abs. 1 bis 3 überhaupt angewendet werden konnte.
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Bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 Abs. 1 StGB) kann die Frage bedeutsam werden, wenn diese angeordnet wird, weil der Angeklagte die Tat im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hatte, außerdem dann, wenn man die Aussetzung der Vollstreckung eines Unterbringungsbefehls (§ 126a) als zulässig ansieht (§ 126a, 12).
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OLG Frankfurt NJW 1983 295; LG Hamburg MDR 1948 4 2 9 ; KYJBoujong 6; SYJ Paeffgen 9. Vgl. auch BGH NStZ 1985 560. KKIBoujong 6; S K / P a e f f g e n 9; a.A. Lobe/Alsberg § 121, II 4 (Sicherheit haftet für Geldstrafe); Eb. Schmidt Nachtr. I § 116, 11. Vgl. weiter § 124, 13.
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BGH NStZ 1985 560; OLG Frankfurt StV 2 0 0 0 509; s. auch LG München II StV 1998 5 5 4 (Verbot einer Verrechnungsauflage) mit Anm. Eckstein·, LG München I StraFo 2 0 0 3 92 (Abtretungsverbot und Verrechnungsklausel unzulässig) mit Anm. Eckstein.
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Π. Bürgenbefreiung (Absatz 3) 1. Bürge. Wer für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, kann in zwei Fällen (Rn. 18; 21) die Sicherheit frei machen. Unter dem, der für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, ist nur zu verstehen, wer sie zu dessen Gunsten im eigenen Namen erbracht hat, d.h. wer die „Bürgschaft" geleistet hat, der „Bürge" im Sinn des § 116a Abs. 1, gleichviel ob die Sicherheit aus seinem Vermögen stammt oder dem eines anderen. 22 Denn die Sicherheitsleistung durch Dritte erlangt für das Gericht ihren Wert nicht allein durch die Höhe der Sicherheit, sondern namentlich durch die Bedeutung, die ihr Verlust für den Leistenden und dessen Schaden für den Beschuldigten haben würden. Daher hat das Schicksal der Sicherheitsleistung (Abtretung, Pfändung) dem Gericht gleichgültig zu bleiben. Es muss durch den Verfall der Sicherheit dem ein Übel zugefügt werden, dem vertraut wurde. Die Befugnisse des Absatzes 3 kann nicht ausüben, wer dem Beschuldigten oder dem „Bürgen" Vermögensstücke überlassen hat, die diese dann als Sicherheit hinterlegt haben, oder wer eine Sicherheit oder den Anspruch auf ihre Herausgabe rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsvollstreckung erworben hat. 2 3 Wohl aber hat der Erbe des Bürgen dessen Rechte.
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2. Gestellung. Der Bürge kann die Freigabe der Sicherheit dadurch erlangen, dass er innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist den Beschuldigten veranlasst, sich dem Gericht zu stellen. Im Gegensatz zur Fluchtanzeige muss bei diesem Befreiungsgrund der Bürge mit dem Beschuldigten zusammenwirken. Die Vorschrift wird im Allgemeinen so ausgelegt, dass die Fristsetzung - weil sich der Beschuldigte jederzeit stellen kann - überflüssig sei und dass sie auf Verfall oder Freiwerden der Sicherheit nicht einwirke. 24 Da weiter Übereinstimmung besteht, dass die Bestimmung dem Bürgen mangels entsprechender Rechtsgrundlage 25 kein Recht gibt, den Beschuldigten gewaltsam vorzuführen oder die staatliche Gewalt dazu in Anspruch zu nehmen, die Selbstgestellung also nur mit psychischen Mitteln bewirkt werden kann, ist es kaum geboten, die Grundlage des Freiwerdens in Absatz 1 zu suchen, wenn der Beschuldigte sich selbst zur Gestellung entschlossen hat, sie aber 2 6 in Absatz 3 zu finden, wenn der Bürge seinen Entschluss herbeigeführt hat.
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Die Ansicht, auch für den hier behandelten Fall werde vorausgesetzt, dass die Sicherheit noch nicht verfallen sei, ist nicht überzeugend. 27 In den Kommissionsverhandlungen hat der Regierungsvertreter ausgeführt: Die Vorschrift behandle den Fall, dass der Beschuldigte bereits aufgefordert worden sei, sich wieder einzufinden, dieser Aufforderung aber keine Folge geleistet habe. Solchenfalls wäre eigentlich, streng genommen, die Sicherheit bereits verfallen. Aus besonderer Rücksicht gegen den Bürgen werde ihm aber noch eine Frist gesetzt, innerhalb deren er die Gestellung bewirken könne. 2 8
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In der Tat kann der Fall, dass der Bürge die Gestellung des Beschuldigten bewirkt, nachdem ihm das Gericht dazu eine Frist gesetzt hat, nicht anders ausgelegt werden, als
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OLG Hamburg Rpfleger 1962 2 2 0 ; OLG Stuttgart Justiz 1988 373. Im Ergebnis ebenso BayObLGSt 10 (1911) 381. Vgl. zur Problematik, wer Sicherungsgeber ist, § 116a, 8 und § 124, 32. OLG Hamburg GA 37 (1889) 2 2 5 ; OLG Hamm NJW 1972 784; KK/Boujong 9; Meyer-Goßner 6; SK/Paeffgen 11; AK/Krause 5.
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SKJPaeffgen 11; AK/Krause 5. So Lobe/Alsberg § 121, ΠΙ 2 a. OLG Hamm NJW 1972 784; KK/Boujong 9; Meyer-Goßner 9; SKJPaeffgen 11; AK/Krause 5; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 15, 16. Hahn Mat. 1 678.
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dass der bereits eingetretene Verfall der Bürgensicherheit nachträglich wieder aufgehoben wird. Das Gemeinte, dass eine („eigentlich", „streng genommen") bereits verfallene Sicherheit nachträglich doch wieder frei „gegeben" wird („kann die Freigabe ... erlangen"), ist dem Gesetzestext auch zu entnehmen, zumal wenn man den verschiedenen Wortlaut der beiden Absätze (Die Sicherheit wird frei - Wer Sicherheit geleistet hat, kann deren Freigabe erlangen) berücksichtigt. Die Vorschrift ist auch allein bei der hier getroffenen Auslegung 29 sinnvoll: Der Beschuldigte ist dem Bürgen durch seine Ehre verpflichtet. Ist er der Versuchung erlegen, die Freiheit über die Ehre zu stellen, kann der Appell dessen, der ihm vertraut hat, noch am ehesten seine Umkehr bewirken. Dieses Verhältnis zwischen Bürgen und Beschuldigten benutzt der Staat, um Gewalt über den Beschuldigten zu erlangen, und er opfert dafür die bereits verfallene Sicherheit. Denn nicht an dieser, sondern nur an dem Beschuldigten selbst ist ihm gelegen. Es bleibt jedoch bei dem Verfall, wenn sich der Beschuldigte nach seiner Flucht völlig aus eigenem Antrieb oder nach Einwirkung eines Dritten stellt oder festgenommen wird, auch wenn sich der Sicherungsgeber gleichzeitig insoweit bemüht hat, 3 0 ein Zusammenwirken mit dem Beschuldigten jedoch fehlt (Rn. 18). 21
3. Fluchtanzeige. Die Sicherheit wird auch frei, wenn der Bürge rechtzeitig Tatsachen anzeigt, die den Verdacht begründen, dass der Beschuldigte zu fliehen beabsichtige. Wieweit die Tatsachen glaubhaft gemacht sein müssen und an wen die Anzeige zu richten ist, sagt das Gesetz nicht. Beides ist zu untersuchen, wenn im Falle einer erfolglosen Anzeige geprüft wird, ob die Anzeige rechtzeitig war. Rechtzeitig ist die Anzeige, die dazu führt, dass der Beschuldigte an der Flucht gehindert werden kann, wenn die beteiligten Behörden unverzüglich und sachgemäß handeln. 31 Unverzüglich heißt auch hier: ohne eine in der Sache nicht gerechtfertigte Verzögerung (§ 115, 9). Da der Richter einen von der Haft freigestellten Beschuldigten nur verhaften kann, wenn ihm der Verdacht der Flucht in einem hohen Grade wahrscheinlich (§ 112, 25) ist, gehen die Zeiten zu Lasten des Bürgen, die der Richter braucht, um durch Rückfragen, ggf. polizeiliche Ermittlungen, jene Wahrscheinlichkeit zu erlangen.
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Zu Lasten des Bürgen ist auch die Zeit zu rechnen, die, wenn eine unzuständige Stelle angegangen wird, benötigt wird, um unverzüglich die zuständige zu ermitteln und dieser die Anzeige zuzuleiten. 32 Ziel der Anzeige ist die Anordnung der Verhaftung nach § 116 Abs. 4 Nr. 2 oder 3. Der dafür zuständige Richter ergibt sich aus § 126. Wenn der Beschuldigte ihn angeht, ist seine Anzeige in Bezug auf die Auswahl des Adressaten rechtzeitig. Sie ist es, da der Bürge den Stand des Verfahrens und die wechselnden Zuständigkeiten nicht immer kennen wird, auch dann, wenn er den Richter benachrichtigt, bei dem er die Sicherheit geleistet hat. 3 3 Zuständige Behörden sind auch die Staatsanwaltschaft und die Polizei. 34 Auch in Bezug auf die Möglichkeit, den Beschuldigten zu ergreifen, bevor er geflohen ist, muss die Anzeige so rechtzeitig sein, dass eine unverzüglich und sachgemäß arbeitende Behörde Erfolg erzielen kann. Zufälligkeiten, die die Verhaftung verhindern, wirken gegen den Bürgen; sie zeigen, dass die Anzeige nicht rechtzeitig war.
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Vgl. auch John §§ 120 bis 122, II 2; Gerding LV zu § 124, S. 18.
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OLG Düsseldorf NStZ 1985 38; s. auch OLG Koblenz JBIRhPf. 2 0 0 4 199.
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KK/Boujong 10; SK/Paeffgen 11. Vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1985 38. Meyer-Goßner 7; KK/Boujong 10; SK/Paeffgen 11.
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Bei der Anzeige einer beabsichtigten Flucht wird das Freiwerden der Sicherheit allein in die Initiative des Bürgen gestellt. Er ist nicht darauf angewiesen, dass der Beschuldigte, der ihm gegenüber untreu zu werden droht, ihn unterstützt. Hat der Beschuldigte sich der Untersuchung oder dem Antritt einer Freiheitsstrafe schon entzogen, dann ist damit freilich die Sicherheit schon verfallen (§ 124 Abs. 1), und es kann allenfalls der in Rn. 18 bis 2 0 behandelte Weg zur Befreiung des Bürgen führen. Ist aber die Anzeige vor einer beabsichtigten Flucht geeignet, die Verhaftung herbeizuführen, so wird die Sicherheit durch die Anzeige auch dann frei, wenn der Beschuldigte wegen Saumseligkeit der Behörden seine Flucht doch noch bewerkstelligen kann 3 5 oder wenn er trotz einer Flucht nicht verhaftet wird, nachdem er reuig zurückgekehrt ist. Hat der Bürge das Seine getan, braucht er kein erhöhtes Risiko mehr zu tragen.
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ΙΠ. Verfahren 1. Maßnahmen. Die Entscheidung über die Aufhebung der Maßnahmen ergeht, sobald die Voraussetzungen dafür eingetreten sind, von Amts wegen oder - und das wird im Verfahren die Regel sein - auf Antrag der Staatsanwaltschaft. 36 Auf die Aufhebung der Maßnahmen ist von Gericht und Staatsanwaltschaft besonders dann zu achten, wenn Polizeidienststellen mit Kontrollmaßnahmen beauftragt worden sind. Auch der Beschuldigte ist antragsberechtigt, wenn er auch in der Regel wenig Interesse an der Aufhebung haben wird. Denn wenn er den Pflichten nicht nachkommt und sich den Beschränkungen nicht fügt, kann das für ihn keine nachteiligen Folgen haben. Nur im Fall des § 116 Abs. 3 (Verlassen der Wohnung nur unter der Aufsicht eines anderen) oder von ähnlichen Maßnahmen wird er, wenn der Haftbefehl aufgehoben ist, Anträge stellen.
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2. Sicherheitsleistung. Mit dem Ereignis, das die Sicherheit frei macht, tritt die Folge, das Freiwerden, kraft Gesetzes ein; 3 7 ein dahingehender Gerichtsbeschluss hat nur deklaratorische Bedeutung. 38 Die Sicherheit wird endgültig frei. Später eintretende Verfallgründe (§ 124 Abs. 1) heben die Freiheit selbst dann nicht wieder auf, wenn die frei gewordene Sicherheit noch nicht herausgegeben ist. Kommt es auf eine Handlung des Bürgen an (Absatz 3), so macht diese nur die Sicherheit des Handelnden frei, nicht auch die eines weiteren Bürgen oder des Beschuldigten.
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Wird auch die Sicherheit von Rechts wegen frei, so ist damit dem Beschuldigten oder dem Bürgen noch nicht gedient. Daher muss das Freiwerden in der Regel durch eine Entscheidung festgestellt werden. 39 Die Entscheidungen ergehen in der Regel von Amts wegen, bei Anzeige des Bürgen (Absatz 3) grundsätzlich auf Antrag. In diesem hat der Bürge darzulegen, dass der begründete Verdacht der Fluchtabsicht bestanden hatte. Das Gericht hat das und die Rechtzeitigkeit der Anzeige nachzuprüfen. In diesem Fall kann das Gericht dahin entscheiden, dass die Sicherheit nicht frei geworden sei, ohne dass es gleichzeitig die Sicherheit für verfallen erklärt. Das ist der Fall, wenn das Gericht ver-
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OLG Dresden J W 1923 4 2 0 ; OLG Düsseldorf NStZ 1985 38. Vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1982 438; RiStBV Nr. 5 7 Abs. 2 Satz 2. OLG Hamburg GA 37 (1889) 2 2 4 ; BayObLGSt 7 (1908) 330.
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OLG Celle NStZ-RR 1999 178; Eb. Schmidt Nachtr. I 9; KK/Boujong 1. OLG Stuttgart MDR 1984 164; OLG Frankfurt NJW 1983 295; KKJBoujong 7; s. auch LG Berlin NStZ 2 0 0 2 278.
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neint, dass ein begründeter Fluchtverdacht vorgelegen habe. In allen anderen Fällen kann das Gericht nur entweder das Freiwerden der Sicherheit feststellen oder, wenn es den Ausspruch des Verfalls erwägt, das Verfahren nach § 124 Abs. 2 einleiten. Das muss es tun, wenn die Staatsanwaltschaft beantragt, die Sicherheit für verfallen zu erklären. Wegen der Zuständigkeit des Gerichts s. § 126, 31. 27 Als Folge des Freiwerdens muss die hierfür zuständige Stelle40 die Verwahrung oder sonstige Verstrickung lösen, auf Empfangsbefugnisse (vgl. § 116a, 6) verzichten, die Löschung einer Grundschuld bewilligen usw. Die Sicherheit ist dem zurückzugeben oder zurückzuübertragen, der sie bestellt hat, doch sind inzwischen begründete Rechte Dritter zu beachten. Zulässig ist nämlich die Pfändung des Anspruchs auf Rückübertragung der Sicherheit,41 auch - trotz des Aufrechnungsverbots (Rn. 12) - wegen einer Forderung der Staatskasse. 42 Erkennt der Hinterleger die Rechte Dritter nicht an und liegt kein Überweisungsbeschluss vor, ist dem, der einen Anspruch glaubhaft macht, eine Frist zu stellen, damit er eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeiführen kann, dass er zum Empfang der Sicherheit befugt ist. 43 Tut er das nicht, erhält die Sicherheit, wer sie geleistet hat. Als Rechte Dritter können auch solche der Gerichtskasse in Betracht kommen. 28
Steht dem Gericht die Verfahrensherrschaft zu (§ 126, 31), hat es zugleich mit der Feststellung, dass die Sicherheit frei geworden ist, deren Freigabe anzuordnen. Es kann sich auch ohne die deklaratorische Feststellung des Freiwerdens damit begnügen, sie freizugeben. Steht die Verfahrensherrschaft der Staatsanwaltschaft zu, muss sich das Gericht umgekehrt auf den Ausspruch beschränken, dass die Sicherheit frei geworden ist. Die Freigabe ist Sache der Staatsanwaltschaft. Diese braucht, da die Sicherheit kraft Gesetzes frei geworden ist, zur Freigabe keine - deklaratorische - gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. 44
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3. Beschwerde. Gegen die gerichtliche Entscheidung, dass eine Maßnahme aufgehoben oder eine Sicherheit frei geworden ist, steht der Staatsanwaltschaft, gegen eine verneinende Entscheidung der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und ggf. dem Bürgen die Beschwerde zu (§ 304 Abs. I), 45 nach einer (insoweit zutreffenden) Auffassung 46 auch dann, wenn ein erkennendes Gericht die Entscheidung erlassen hat (§ 305 Satz 2). Soweit die Zulässigkeit der Beschwerde gegen eine Entscheidung eines erstinstanzlich entscheidenden Strafsenats des OLG unter Hinweis auf § 304 Abs. 4 Satz 2 verneint wird, 47 bestehen dagegen grundsätzliche Bedenken. 48 Dem Nebenkläger steht die Be-
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Zur Zuständigkeit der Hinterlegungsstelle OLG Frankfurt NJW 1983 295; OLG Celle NdsRpfl. 1987 136; LG Berlin NStZ 2002 278. Vgl. OLG Frankfurt NJW 2005 1727; StV 2000 509; Schlothauer/Weider 579, 580 (auch zur Abtretung); s. auch OLG München StV 2000 509 (Unabtretbarkeit des Rückzahlungsanspruchs) mit abl. Anm. Sattele; LG Gießen StraFo 2006 324 (Abtretbarkeit aber, falls Kaution nicht der Auflage entsprach); AG Hamburg StV 2000 512 (Abtretungsverbot) mit abl. Anm. Schlotbauer·, LG Hagen StV 2001 688 (Abtretung kein Widerrufsgrund bei Haftverschonung).
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BGH NStZ 1985 560; OLG Frankfurt NJW 1983 295; s. auch OLG Frankfurt StV 2000 509. Vgl. OLG Frankfurt NJW 1983 295; OLG Stuttgart MDR 1984 164; Kleinknecht/ Janischowsky 212. SYJPaeffgen 12; a.A. wohl KMRIWankel 10; s. auch LG Berlin NStZ 2002 278. OLG Celle NStZ-RR 1999 178. UUWendisch24 § 123, 28. Wohl h.M.; vgl. LRWendisch 2 4 § 123, 28. Vgl. Hilger NStZ 2002 445; ähnlich SK/ Paeffgen 13; a.A. die h.M.; s. die Erl. zu den §§ 304, 305; § 116, 38 ff.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 124
schwerde nicht zu. Hatte die Staatsanwaltschaft beantragt, eine Sicherheit für verfallen zu erklären, oder hatte das Gericht den Ausspruch des Verfalls erwogen, so richten sich das Verfahren und die (sofortige) Beschwerde nach § 124 Abs. 2. Weitere Beschwerde (§ 310 Abs. 1) der bei Aufhebung von Maßnahmen und Freigabe einer Sicherheit allein beschwerten Staatsanwaltschaft ist nach h . M . 4 9 unstatthaft, weil die in Rede stehenden Entscheidungen nicht die Verhaftung, die Freiheitsentziehung selbst, betreffen. Insoweit gelten jedoch die in Rn. 2 9 angeführten Bedenken. 5 0 Wegen des Ausschlusses der weiteren Beschwerde bei Verfall der Sicherheitsleistung s. § 124, 47.
§ 124 (1) Eine noch nicht frei gewordene Sicherheit verfällt der Staatskasse, wenn der Beschuldigte sich der Untersuchung oder dem Antritt der erkannten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung entzieht. (2) 1 Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte sowie derjenige, welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, zu einer Erklärung aufzufordern. 2 Gegen die Entscheidung steht ihnen nur die sofortige Beschwerde zu. 3 Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist ihnen und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur mündlichen Begründung ihrer Anträge sowie zur Erörterung über durchgeführte Ermittlungen zu geben. (3) Die den Verfall aussprechende Entscheidung hat gegen denjenigen, welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, die Wirkungen eines von dem Zivilrichter erlassenen, für vorläufig vollstreckbar erklärten Endurteils und nach Ablauf der Beschwerdefrist die Wirkungen eines rechtskräftigen Zivilendurteils.
Schrifttum Gerding Jena 1907.
Der Verfall einer noch nicht freigewordenen Sicherheit im deutschen Strafprozeß, Diss.
Entstehungsgeschichte. Die Fassung entstammt Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964. Sie stimmt inhaltlich mit dem früheren § 122 überein, jedoch mit der Änderung, dass die Sicherheit auch verfällt, wenn der Beschuldigte sich dem Antritt einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung (früher: dem Antritt der erkannten Freiheitsstrafe) entzieht. Eine geringe sprachliche Änderung enthält Art. 21 Nr. 33 EGStGB 1974. Bezeichnung bis 1965: § 122.
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Meyer-Goßner 11; KK/Boujong 12; K M R / Wanke! 10; AK/Krause 6; AK/Deckers Vorbem. 13; a.A. SYJPaeffgen 13; Eb. Schmidt Nachtr. I 2 2 .
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S K / P a e f f g e n 13. Vgl. auch § 116, 3 8 ff.
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§124
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Übersiebt Rn.
I. Allgemeines Π. Verfall (Absatz 1) 1. Untersuchung a) Begriff, Beginn b) Ende 2. Freiheitsstrafen 3. Freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung 4. Geldstrafe 5. Entziehen 6. Einzelfälle 7. Sonstige Fälle a) Andere Haftgründe b) Hauptverhandlungshaft, Ungehorsamshaft 8. Folge 9. Erlass
1
3 4 10 12 13 15 18
Rn.
ΠΙ. Verfahren (Absatz 2) 1. Gegenstand der Entscheidung 2. Verteidiger
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IV. Erste Instanz 1. Voraussetzungen 2. Zustellungsbevollmächtigter 3. Entscheidung 4. Beschwerde
32 35 38 39
V. Zweiteinstanz 1. Mündliche Verhandlung 2. Verfahren 3. Termin 4. Weitere Beschwerde
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VI. Wirkung (Absatz 3)
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> Übersicht Anfechtbarkeit 3 9 , 4 1 , 4 7 Anhörung 32 ff., 38, 41 ff., 46 Auslieferungshaft 18 Beschlussbesetzung 46 Beschwerdeverfahren 41 ff., 44 ff. Einstellungen 5 ff. Endgültiger Verfall 2 5 Entscheidungsinhalt 23, 28, 38 Entscheidungswirkungen 48 ff. Entziehungsbegriff 15 ff. Erlass 26
Rechtskraft 28, 38 Schriftliches Verfahren 38, 46 Selbstmord 20 Sicherheitsgeber 29, 32, 42 Strafantritt 10 ff. Tod des Beschuldigten 28, 32 Tod des Sicherheitsgebers 32 Unbedenklichkeit 1 Ungehorsam 17,18, 21, 22 Untersuchungsbegriff 3 ff. UnVerhältnismäßigkeit 27 Verfahren 28, 32 ff., 3 8 , 4 1 , 4 4 ff. Verfallgründe 3 ff. Verfallsbegünstigter 24 Verfallswirkungen 23, 31, 38 Verhandlungstermin 4 1 , 4 6 Verteidiger 31, 35 Zeitpunkt des Verfalls 23, 38 Zivilprozess 48 Zuständigkeit 30 Zustellung 33, 35 Zustellungsvollmacht 33, 35 ff.
Ermittlungen 2, 4 4 , 4 6 Erweiternde Auslegung 1 Freigabe einer Sicherheit 2 H a f t 45 Haftzwecke 2, 21 Hauptverhandlungshaft 1 0 , 2 2 Maßregeln 12 ff. Mehrere Sicherheitsgeber 29 Nebenkläger 39 Privatkläger 39 Prozesskostenhilfe 31
I. Allgemeines 1
Die Vorschrift regelt Voraussetzungen, Verfahren und Wirkungen des Verfalls einer noch nicht nach § 123 freigewordenen Sicherheit. Sie ist verfassungsrechtlich unbedenklich. 1 N a c h Auffassung des BVerfG 2 setzt der Verfall, weil er nicht als strafähnliche Sanktion anzusehen ist, nicht einmal eine strafrechtliche Vorwerfbarkeit (Schuld im 1
BVerfG NStZ 1991 142; krit. Gropp JZ 1991 804, 810 unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung.
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BVerfG NStZ 1991 142.
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Sinne der §§ 2 0 , 21 StGB) des Verhaltens des Beschuldigten voraus (Rn. 16). Lässt man eine Sicherheitsleistung nicht nur bei Fluchtgefahr (§ 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4), sondern auch in anderen Fällen, namentlich bei Verdunkelungsgefahr (§ 116 Abs. 2), zu, so ist § 124 in erweiternder Auslegung auch in diesen Fällen anzuwenden 3 (Rn. 21; § 116, 18). Zur Anwendbarkeit bei §§ 126a, 116 vgl. § 126a, 13a. Die Sicherheit kann nur dann (noch) verfallen, wenn sie nicht schon frei geworden ist. 4 Ob das der Fall ist, hat das Gericht nach § 123 zu prüfen. Da keiner der Verfallgründe denkgesetzlich den Vorrang vor den Befreiungsgründen hat, sind für die Frage nach dem Schicksal der Sicherheit alle Umstände zu prüfen, die dazu führen können, dass sie frei wird oder dass sie verfällt. Die Entscheidung ist dann nach dem für die §§ 123, 124 erheblichen Ereignis zu treffen, das am frühesten eingetreten ist. 5 Zur Freigabe einer bereits verfallenen Sicherheit siehe § 123, 20. Zur Problematik des Haftzwecks der Vollstreckungssicherung siehe Vor § 112, 3 ff. und § 123, 6, 7. Sowohl die Worte „noch nicht verfallen" in § 123 Abs. 2 als auch die „noch nicht frei geworden" in Absatz 1 sind, weil selbstverständlich, entbehrlich. 6
2
Π. Verfall (Absatz 1) 1. Untersuchung a) Begriff, Beginn. Nach dem ersten der beiden angegebenen Gründe verfällt die Sicherheit, wenn sich der Beschuldigte der Untersuchung entzieht. Untersuchung ist das Strafverfahren i.S. des § 112 Abs. 2 Nr. 2 (§ 112, 32). Die Untersuchung beginnt mit der Anzeige oder dem Strafantrag (§ 158 Abs. 1) oder mit Ermittlungen von Amts wegen (§ 160 Abs. 1: „auf anderem Wege"). Diese beginnen mit dem sog. ersten Angriff, der in der Regel, besonders bei Alltagsdelikten, ein polizeilicher ist (§ 163 Abs. 1). Erfasst werden alle notwendig werdenden verfahrensrechtlichen Maßnahmen. 7
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b) Ende. Das Strafverfahren kann auf verschiedene Weise enden, wobei die Wirkung unterschiedlich ist und selbst bei gleicher Beendigungsart (Einstellung) verschiedene Wirkungen eintreten können.
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Die staatsanwaltschaftliche Einstellung (§ 170 Abs. 2 Satz 1) beendet, ggf. nach erfolglosem Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff.), das Verfahren praktisch. Wenn es auch theoretisch jederzeit wieder aufgenommen werden kann, wird doch bei Einstellung nahezu ausnahmslos der Haftbefehl aufgehoben werden (§ 120, 22).
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Wird das Hauptverfahren nicht eröffnet (§ 2 0 4 Abs. 1) oder - in anderer Fassung die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (§ 210 Abs. 2), kann zwar die Anklage aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel wieder aufgenommen werden (§ 211), doch muss, wenn das Hauptverfahren nicht eröffnet wird, der Haftbefehl aufgehoben werden (S 120 Abs. 1 Satz 2).
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Wird das Verfahren wegen eines in der Person des Angeschuldigten liegenden Hindernisses vom Gericht vorläufig eingestellt (§ 2 0 5 Satz 1), so wird es damit nicht beendet.
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Eingehend hierzu Jungfer GedS Meyer 2 2 7 ; ablehnend Paeffgen 7 und § 116, 18. OLG Hamburg D R i Z 1928 975. OLG Frankfurt N J W 1983 295; OLG Karlsruhe NStZ 1992 2 0 4 (Verfall vor Verfahrens-
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hindernis); OLG Celle NStZ-RR 1 9 9 9 178; SYUPaeffgen 2; YXJBoujong 1. John 883. OLG Braunschweig N J W 1964 1485; OLG Karlsruhe M D R 1985 6 9 4 ; NStZ 1992 2 0 4 .
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Gerade in dieser Zeit können Verfallsgründe eintreten, wenn nicht die im Gesetz als Hauptfall des Hindernisses aufgeführte Abwesenheit des Angeschuldigten die Sicherheit schon hat verfallen lassen. Das Gleiche gilt, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht nach § 170 Abs. 2 Satz 1, sondern in entsprechender Anwendung des § 2 0 5 Satz 1 einstellt. 8
Dagegen beendet die Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses nach Eröffnung des Hauptverfahrens - sei es durch Beschluss (§ 206a Abs. 1), sei es durch Urteil (§ 2 6 0 Abs. 3) - das Strafverfahren in der Regel, aber nicht stets. Das Verfahren endet, wenn ein Verfahrenshindernis nicht behebbar ist (Verjährung, Amnestie, fehlender Strafantrag bei abgelaufener Antragsfrist), es dauert an, wenn das Hindernis (Mängel der Anklage, des Eröffnungsbeschlusses, des Strafantrags, Fehlen des Gerichtsstands) behebbar ist und in naher Zukunft behoben werden wird.
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Der Hauptfall der Verfahrensbeendigung - mit der mehr theoretischen Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 359 ff.) - ist das rechtskräftige Urteil. Bis zur Rechtskraft, namentlich während der Rechtsmittelverfahren, läuft die Untersuchung weiter. Als Urteilsinhalt kommt neben der schon behandelten Einstellung in erster Linie in Betracht: der Freispruch; die Verurteilung zu einer Strafe; die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung. Weitere Möglichkeiten sind u.a. der Schuldspruch ohne Strafe, wenn das Gericht von Strafe absieht (z.B. § 60 Satz 1 StGB) oder den Täter für straffrei erklärt (z.B. § 199 StGB; siehe auch die Erl. zu § 260); die Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 Abs. 1 StGB); die Folgen der Jugendstraftat (§ 5 JGG).
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2. Freiheitsstrafen. Die Sicherheit verfällt weiter, wenn der Beschuldigte sich dem Antritt der erkannten Freiheitsstrafe entzieht. 8 Zur Problematik des Haftzwecks der Vollstreckungssicherung siehe Vor § 112, 3 ff. und § 123, 6, 7; § 127b, 2. Freiheitsstrafe ist die allgemeine Freiheitsstrafe (§§ 38, 39 StGB), die Jugendstrafe (§ 17 JGG) und der Strafarrest (§ 9 WStG), auf die in der Sache erkannt worden ist, in der der Vollzug der Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten ausgesetzt worden ist (§ 116 Abs. 1 bis 3). Jugendarrest, auch in der Form des Dauerarrests (§ 16 JGG), ist ein Zuchtmittel (§ 13 Abs. 2 JGG) und keine Strafe, aber zuweilen wie eine Freiheitsstrafe zu behandeln. 9 Wie bei § 123 (§ 123, 11) ist das auch hier der Fall. War ausnahmsweise (vgl. § 123, 11) in der Jugendsache, in der dann nur auf Jugendarrest erkannt worden ist, eine Sicherheit angenommen worden, muss auch die Konsequenz gezogen werden, dass sie verfällt, wenn der Jugendliche den Arrest nicht antritt. Stellt sich zufolge der Verurteilung heraus, dass die Sicherheit unangemessen war, kann nach Rn. 2 6 , 2 7 verfahren werden.
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Die Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB) ist keine Freiheitsstrafe i.S. des Absatzes l . 1 0 Da die Ersatzfreiheitsstrafe an die Stelle einer Geldstrafe tritt, könnte der Begriff Freiheitsstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe nur dann umfassen, wenn eine noch nicht frei gewordene Sicherheitsleistung auch unter der Voraussetzung verfiele, dass sich der Beschuldigte der Vollstreckung einer Geldstrafe entzöge. Das ist indessen nicht der Fall (Rn. 13).
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3. Freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung sind (§ 61 Nr. 1 bis 3 StGB) die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB), in einer
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OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 4 4 ; NStZ 1996 4 0 4 ; OLG München NStZ 1990 249. Vgl. SKIPaeffgen 3; a.A. die h.M.; z.B. KK/ Boujong 2; Meyer-Goßner 3; AnwK-StPO/
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Lammer 2; Kleinknecht/Janischoivsky 2 2 3 ; Münchbalffen/Gatzweiler 259. 1 0 H.M.; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I § 116, 11; Lobe/Alsberg § 121, II 4; Gerding 35.
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Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) und in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB). Der Sicherungsverwahrung kann jedoch für den Verfall kaum Bedeutung zukommen. Denn sie kann nur neben einer Freiheitsstrafe verhängt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 StGB) und nicht vor der Freiheitsstrafe vollzogen werden. Daher wird regelmäßig die Sicherheitsleistung durch den vorherigen Vollzug der Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 67a Abs. 2 i.V.m. Absatz 1 StGB) frei geworden (§ 123 Abs. 1 Nr. 2) oder deshalb verfallen sein, weil sich der Beschuldigte dem Vollzug der Freiheitsstrafe entzogen hatte. 4. Die Geldstrafe fällt nicht unter Absatz l. 1 1 Wenn man § 124 zunächst beiseite lässt, ergibt sich aus § 112 als Zweck der Untersuchungshaft grundsätzlich, das Strafverfahren zu sichern (Vor § 112, 1 ff.). Das Strafverfahren endet, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Von diesem Zeitpunkt an gibt es keine Untersuchungshaft mehr (Vor § 112, 54 ff.). Wird nur eine Geldstrafe ausgeworfen, ist der Haftbefehl aufzuheben (Vor § 112, 56). Wenn die Untersuchungshaft mit Rechtskraft des Urteils endet, das das Verfahren abschließt, kann der Vollzug des Haftbefehls von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ausgesetzt werden, um mit weniger einschneidenden Maßnahmen den Zweck der - nicht mehr bestehenden - Untersuchungshaft zu erreichen (§ 116 Abs. 1 Satz 1). Kann er nicht ausgesetzt werden, können auch eine frühere Aussetzung und ihre Folgen nicht bestehen bleiben. Demzufolge müsste ohne Absatz 1 mit Rechtskraft des Urteils, d.h. mit dem Ende der Untersuchung, die Sicherheitsleistung als Surrogat der nicht mehr zulässigen Untersuchungshaft frei werden.
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Die Anordnung in Absatz 1, dass die Sicherheitsleistung bis zum Antritt einer in dem Verfahren erkannten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung haftet, ist eine Ausnahmevorschrift. Die Entscheidung des Gesetzgebers ist zweifelsfrei. Der Text spricht nicht von Strafen und Maßregeln, sondern ausdrücklich von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung.
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5. Entziehen. 12 Die Sicherheitsleistung ersetzt die Untersuchungshaft, sie soll dem Gericht die Lage sichern, die bei Untersuchungshaft bestände. Da die Untersuchungshaft (soweit hier von Interesse) der Verhinderung von Flucht dient, sind für den Zweck der Sicherheitsleistung die - zufälligen - (dem Gericht gelegentlich bequemen) Vorteile außer Betracht zu lassen, die sich durch die stete Anwesenheit eines verhafteten Beschuldigten ergeben. Danach sichert die Sicherheitsleistung das Verhalten eines Beschuldigten, der sich, ohne Fluchtabsichten zu hegen, für Gericht und Staatsanwaltschaft zur Verfügung hält, um Ladungen entgegenzunehmen und gerichtliche Gewalt zu dulden. Nur wer diese Lage für das Gericht verschlechtert, entzieht sich der „Untersuchung" (Rn. 3), nicht aber, wer - wie dies auch sonst ein Beschuldigter tun kann - die nach den Prozessvorschriften gebotene Mitwirkung verweigert und es auf gerichtlichen Zwang ankommen lässt, solange er sich nur diesem Zwang zur Verfügung hält.
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Danach ist Entziehen das von dem Beschuldigten oder mit seinem Wissen von anderen vorgenommene Verhalten, das den vom Beschuldigten beabsichtigten, 13 erkannten 14
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H.M.; s. auch LG München II StV 1998 5 5 4 mit Anm. Eckstein. Zur Strafbarkeit des Verteidigers bei dessen Mitwirkung BGHSt 38 345. KG GA 4 2 (1894) 147; OLG Celle GA 6 0 (1913) 4 8 0 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 4; Tiedemann N J W 1977 1977.
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OLG München NJW 1 9 4 7 / 4 8 704; OLG Celle NJW 1957 1203; vgl. auch OLG Bamberg OLGSt § 124, 5; OLG Karlsruhe MDR 1985 6 9 4 ; SK/Paeffgen 4; Meyer-Goßner 4; KKJBoujong 3; AK/Krause 2.
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oder billigend in Kauf genommenen 15 Erfolg hat, den Fortgang des Verfahrens oder den Antritt der erkannten Freiheitsstrafe (Rn. 10) oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung oder Sicherung (Rn. 12) dauernd oder vorübergehend durch Aufheben der Bereitschaft zu verhindern, für Ladungen, Vollzugs- und Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung zu stehen (§ 112, 32 ff.). 16 Das Entziehen enthält also eine objektive und eine subjektive Komponente; nicht erforderlich ist das Vorliegen von „Schuld" (Verantwortlichkeit/Schuldfähigkeit) im materiell-rechtlichen Sinne 17 hinsichtlich der Entziehungshandlung. Ein Irrtum des Beschuldigten über die Folgen seines Verhaltens ist unbeachtlich.18 Voraussetzung des Verfalls ist, dass sich der Beschuldigte der Untersuchung oder dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion - wirklich - entzieht. Erforderlich ist also, dass das Verhalten des Beschuldigten objektiv bewirkt, dass - zumindest zeitweise möglicherweise notwendig werdende prozessuale Maßnahmen gegen ihn nicht (mehr) jederzeit ungehindert durchgeführt werden können. 19 Deshalb reicht der Versuch, also die erfolglose Betätigung des Willens mit dem vorgestellten Zweck, nicht aus, den Verfall herbeizuführen. 20 Der Erfolg ist indessen nicht erst eingetreten, wenn der Beschuldigte tatsächlich vom Richter benötigt worden ist, sondern schon, wenn er für einen möglicherweise notwendig werdenden Zwang nicht zur Verfügung steht. Darauf, ob ein solcher notwendig wird, kommt es nicht an. 21 17 Der Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregeln kann sich der Beschuldigte erst entziehen, wenn auf sie erkannt ist. Wer jedoch vor dem Urteil flieht, um sich der Vollstreckung einer erst zu erkennenden Maßnahme zu entziehen, hat regelmäßig das Bewusstsein, sich zugleich dem Verfahren (der Untersuchung) zu entziehen. 22 Kein Entziehen ist bloßer Ungehorsam (s. aber Rn. 21 ff.), das Unterlassen, gemäß den Verfahrensvorschriften als Beschuldigter am Strafverfahren mitzuwirken 23 (s. auch Rn. 19), und grundsätzlich auch nicht der Verstoß gegen Haftverschonungsauflagen (§ 116 Abs. 1; Rn. 18).
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OLG Braunschweig NJW 1964 1485; OLG Düsseldorf StV 1987 110 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1989 519; NStZ 1990 97 mit Anm. Paeffgen NStZ 1990 432; OLG Karlsruhe NStZ 1992 204; OLG München NStZ 1990 249 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 381; 2003 143; LG Freiburg NStZ 1988 472. Vgl. BGHSt 23 384; OLG Frankfurt NJW 1977 1976; NStZ-RR 2001 381; 2003 143; OLG Hamm NJW 1996 736 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1997 118; StV 1996 498; OLG Köln JMB1NW 2005 22; Tiedemann NJW 1977 1978; Eb. Schmidt Nachtr. 14; KK/ Boujong 3; SK/Paeffgen 4; Meyer-Goßner 4. BVerfG NStZ 1991 142; OLG Bamberg OLGSt § 124, 5 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1990 535; OLG München NStZ 1990 249 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1991 424; Meyer-Goßner 4; KK/Boujong 3. OLG Bamberg OLGSt § 124, 5. Vgl. SK/ Paeffgen 4. OLG Bamberg OLGSt § 124, 5; OLG Düs-
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seldorf StV 1987 110; JMB1NW 1990 44; NStZ 1990 97; OLG Karlsruhe MDR 1985 694; NStZ 1992 204; OLG Hamm NJW 1996 736 (Absetzen ins Ausland) mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1997 118; StV 1996 498; LG Freiburg NStZ 1988 472. Beispiel: Beschuldigter veranlasst, dass an ihn adressierte Briefe an eine auswärtige Anschrift „nachgesandt" werden, verlässt aber seinen Wohnort nicht und könnte ohne Schwierigkeiten zu einem Termin vorgeführt werden. OLG Braunschweig NJW 1964 1485; OLG Bamberg OLGSt § 124, 5; OLG Karlsruhe MDR 1985 694; NStZ 1992 204. OLG Celle NJW 1957 1203; vgl. auch OLG Karlsruhe MDR 1985 694. KG GA 42 (1894) 147; OLG Celle GA 60 (1913) 483; OLG München NJW 1947/48 704; 1958 312; OLG Düsseldorf NStZ 1990 97; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 381; LG Freiburg NStZ 1988 472; Meyer-Goßner 4; KK/Boujong 3; SYJPaeffgen 4.
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6. Einzelfälle. Anstalten zur Flucht (§ 116 Abs. 4 Nr. 2) sind kein Entziehen. 24 Dasselbe gilt für das Ausbleiben auf ordnungsgemäße Ladung (§ 116 Abs. 4 Nr. 2), wenn es nur möglich bleibt, den Beschuldigten vorzuführen oder zu verhaften. 25 In jenen Fällen ist zwar anzuordnen, dass der Haftbefehl zu vollziehen ist (§ 116 Abs. 4). Aber die Sicherheit verfällt nicht, sie wird vielmehr durch die Inhaftierung frei (§ 123 Abs. 2 i.V.m. Absatz 1 Nr. 2). Das Gesetz geht keinen Schritt weiter, als die Verfahrenssicherung gebietet. Demzufolge entzieht sich dem Verfahren nicht, wer bei bekannter Anschrift Haftverschonungsauflagen, z.B. eine Meldepflicht verletzt 2 6 und es liegt auch kein Entziehen vor, wenn ein in Auslieferungshaft genommener Ausländer den ihm bei Außervollzugsetzung des Auslieferungshaftbefehls gemachten Auflagen nicht nachkommt, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden und jeden Wechsel seiner Wohnung oder seines Aufenthaltsortes alsbald der Staatsanwaltschaft zu melden, sich vielmehr dem Richter des ausländischen Staates stellt. Wer so verfährt, dem ist wohl Ungehorsam gegen die Auflagen, nicht aber ein Entziehen vorzuwerfen. Das liegt schon deshalb nicht vor, weil das Verhalten des Auszuliefernden den Fortgang des (ausländischen) Strafverfahrens, zu dessen Sicherung der Auslieferungshaftbefehl ergangen ist, nicht verhindert, sondern erst herbeigeführt hat. 2 7 Die subjektive Voraussetzung des Entziehens kann fehlen, wenn der Beschuldigte nach einem ungenehmigten Auslandsaufenthalt rechtzeitig zur Hauptverhandlung zurückkehrt. 28 Sie soll auch dann fehlen, wenn der Beschuldigte unter falschem Namen ins Ausland reist, nicht ausschließbar, um dort unerkannt weitere Straftaten zu begehen, und nicht zur Hauptverhandlung kommen kann, weil er zwischenzeitlich im Ausland festgenommen wurde. 2 9
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Der Beschuldigte entzieht sich dem Verfahren oder der Strafvollstreckung jedoch, wenn er sich verbirgt; wenn er verreist, ohne seinen Aufenthalt anzugeben u.ä., und wenn es dadurch unmöglich wird, die Gestellung zu erzwingen; 30 wenn er während eines Strafaufschubs flieht, in der Absicht, nach dessen Ablauf nicht zurückzukehren; 31 wenn er sich ins Ausland begeben hat und absichtsgemäß trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Hauptverhandlung erscheint (es sei denn, der Beschuldigte ist Ausländer und hat dort seinen ordentlichen Wohnsitz - vgl. § 112, 2 9 ff.); 3 2 oder wenn er während der Hauptverhandlung entweicht, so dass nach § 231 Abs. 2 verfahren werden muss; 3 3 aber auch wenn der Verurteilte durch Täuschungsmanöver (unwahre Behauptung einer ärztlichen Behandlung) die Vollstreckungsbehörde davon abhält, Vollstreckungsmaßnahmen einzu-
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OLG Frankfurt NJW 1977 1976 r. Sp.; NStZ-RR 2 0 0 3 143; KKJBoujong 3; MeyerGoßner 4. KG GA 4 2 (1894) 147; OLG Celle GA 6 0 (1913) 4 8 2 ; OLG München Alsb. Ε 1 291; OLG Hamburg DRiZ 1928 975; OLG Karlsruhe MDR 1985 6 9 4 ; NStZ 1992 2 0 4 ; s. auch OLG Düsseldorf NStZ 1996 404. OLG München NJW 1 9 4 7 / 4 8 704; OLG Düsseldorf MDR 1996 517; OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 1 381. OLG München NJW 1958 312. OLG Düsseldorf NStZ 1990 97 mit zutr. Anm. Paeffgen NStZ 1990 432. OLG Düsseldorf StV 1987 110 mit zutr. krit. Anm. Paeffgen NStZ 1989 519. Vgl. auch OLG Hamm NJW 1996 736.
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OLG München Alsb. Ε 1 291; KG GA 42 (1894) 147; OLG Celle GA 6 0 (1913) 4 8 2 ; OLG Bamberg OLGSt § 124, 5; OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 44; OLG Karlsruhe MDR 1985 6 9 4 ; NStZ 1992 2 0 4 ; OLG Köln JMB1NW 2 0 0 5 22; OLG München NStZ 1990 2 4 9 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 4 2 4 ; OLG Hamm NJW 1996 736; vgl. auch OLG Hamm StV 1996 4 9 8 ; OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 3 143. OLG Colmar GA 3 9 (1891) 185. A.A. LG Freiburg NStZ 1988 4 7 2 ; dagegen zweifelnd SK/Paeffgen 4. OLG Celle NJW 1957 1203.
Hans Hilger
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§124
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
leiten oder durchzuführen, um - wie vorgesehen - den stillschweigenden Aufschub für eine Reise zu nutzen. 34 20
Selbstmordgefahr begründet keinen Haftgrund nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 (§ 112, 37). Demzufolge kann eine wegen des Haftgrunds der Fluchtgefahr geleistete Sicherheit nicht durch Selbstmord verfallen. 35 Zudem fällt beim erfolgreichen Selbstmord - der erfolglose ist als bloßer Versuch der Entziehung ohne Bedeutung (Rn. 16) - die Entziehungshandlung mit der Beendigung des Verfahrens so zusammen, dass ihr keine selbstständige Bedeutung zukommt. 36 7. Sonstige Fälle
21
a) Ist die Sicherheit in Bezug auf andere Haftgründe als Fluchtgefahr bestellt worden, verfällt sie in analoger Anwendung des Absatzes 1, wenn der Beschuldigte der im Auflagenbeschluss angegebenen Auflage, deren Verletzung in dem Beschluss ausdrücklich mit dem Verfall der Sicherheit bedroht ist, zuwidergehandelt hat. 3 7 Dies gilt auch für Sicherheitsleistung zur Abwendung der Verdunkelungsgefahr, wenn mit dem Auflagenverstoß tatsächlich Maßnahmen zum Zwecke der Verdunkelung ergriffen worden sind. 38 Eine durch § 124 absicherbare allgemeine Pflicht des Beschuldigten zur loyalen Mitwirkung am Verfahren gibt es nicht. 3 9 Wenn die Sicherheit nicht ausdrücklich auch wegen Fluchtgefahr geleistet worden ist, gilt Absatz 1 im Falle des Eintritts dieser Voraussetzungen nicht.
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b) Zum Begriff des „Entziehens" bei der Hauptverhandlungshaft s. § 127b, 13. Ist die Sicherheit zur Abwendung der Ungehorsamshaft (§ 2 3 0 Abs. 2, § 236; § 329 Abs. 4 Satz 1) angeordnet, verfällt sie, wenn der Angeklagte einer Ladung keine Folge leistet. Denn Zweck der Sicherheit ist in diesem Fall, weiteren Ungehorsam zu verhindern.
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8. Folge. Tritt einer der vorgenannten Verfallgründe ein, dann verfällt die Sicherheit von Rechts wegen; die Entscheidung nach Absatz 2 stellt den Verfall nur fest. 40 Der Verfall tritt auch dann ein, wenn das Entziehen durch Fehlverhalten der Strafverfolgungsorgane erleichtert wurde. 41 Mit dem Verfall wird eine verpfändete Sache Eigentum des Landes, der Fiskus wird Gläubiger einer verpfändeten Forderung, eine Bürgschaft wird fällig, die Wirkung eines aufschiebend bedingten selbstschuldnerischen Zahlungsversprechens tritt ein usw. Mit Rücksicht auf die rechtsgeschäftliche Bestellung der Sicherheit beantwortet sich die Frage, inwieweit das Land auch Eigentum an Gegenständen erwerben kann, die dem Beschuldigten oder dem „Bürgen" nicht gehören, nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über den Erwerb des Eigentums von Nichtberechtigten. 42
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Vgl. OLG Düsseldorf NJW 1978 1932; OLG Köln JMB1NW 2 0 0 5 22; KKJBoujong 6; Meyer-Goßner 5.
40
H.M.
OLG Dresden Alsb. Ε 1 293. OLG Hamburg NJW 1966 1329; KYJBoujong 5; Kleinknecht/Janischowsky 2 0 0 , 222; a.A. KG JR 1990 34; Tiedemann NJW 1977 1977. Vgl. Rn. 1 und § 116, 18, 32. LG Köln StV 1999 609. OLG Frankfurt NJW 1977 1975 mit Anm. Tiedemann; KG JR 1990 34.
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OLG Hamburg GA 37 (1889) 2 2 4 ; Rpfleger 1962 2 2 0 ; BayObLGSt 13 (1914) 356; OLG Celle GA 6 0 (1913) 4 8 2 ; OLG Karlsruhe NStZ 1992 2 0 4 ; KKJBoujong 7; Meyer-Goßner 1; S K / P a e f f g e n 8; s. auch BGHSt 4 5 108, 117. OLG Hamburg MDR 1980 74; OLG Karlsruhe StV 2 0 0 1 120. KKJBoujong 7; S K / P a e f f g e n 8; a.A. Lobe/Alsberg § 122, II Abs. 2.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§124
Die Sache verfällt dem L a n d , dessen Gerichte zur Z e i t des Verfalls die H e r r s c h a f t über das Verfahren h a b e n , 4 3 auch wenn das Gericht eines anderen Landes oder der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (§ 1 6 9 Abs. 1 Satz 2 ) den H a f t b e f e h l erlassen hat. D e n n mit der Ü b e r n a h m e ist das gesamte Verfahren mit seinen prozessualen Folgen auf das neue Gericht übergegangen. Die Verfahrensherrschaft, wenigstens in diesem Sinn, k o m m t nicht dem allein mit der rechtlichen Überprüfung befassten (§ 3 3 7 Abs. 1) Revisionsgericht, also niemals dem Bundesgerichtshof, zu, sondern dem Gericht, dessen Urteil angefochten ist (vgl. § 1 2 6 Abs. 2 Satz 2 ) . M a n g e l s gesetzlicher Regelung (vgl. Art. 3 StaatsschStrafG) begründet es auch keine Ausnahme, wenn das L a n d Gerichtsbarkeit des Bundes ausübt (Art. 9 6 Abs. 5 G G ; § 1 2 0 Abs. 6 G V G ) . 4 4
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D e r Verfall ist endgültig. E r bleibt daher bestehen, wenn z.B. der Beschuldigte sich später s t e l l t 4 5 oder wenn er verhaftet, freigesprochen, außer Verfolgung g e s e t z t 4 6 oder nur zu einer Geldstrafe verurteilt wird. Die einzige Ausnahme von der Endgültigkeit des Verfalls bildet die nachträgliche Freigabe nach der v o m Bürgen bewirkten Gestellung eines Beschuldigten, der sich dem Verfahren oder der Strafverfolgung entzogen und damit den Verfall der Sicherheit herbeigeführt hatte (§ 1 2 3 , 18 bis 2 0 ) .
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9. Erlass. Die oberste Behörde der zuständigen Landesjustizverwaltung k a n n aus Billigkeitsgründen die Sicherheit ganz oder teilweise erstatten. Grundsätzlich wird dazu kein Anlass bestehen. D e n n die Entlassung gegen Sicherheitsleistung ist ein Vertrauensbeweis, der nicht allein auf die Furcht vor dem Vermögensverlust, sondern auch auf die Ehre des Beschuldigten abstellt (§ 116a, 11). Stellt dieser die Freiheit über Vermögen und Ehre, dann k a n n nicht nachträglich über den Anteil gehandelt werden, zu dem das staatliche Vertrauen nicht auf der Sicherheitsleistung, sondern auf dem Versprechen eines Ehrenmannes beruht hat.
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N u r wenn die Sicherheitsleistung ersichtlich außer jedem Verhältnis zu dem Fluchtreiz - der auch von der H ö h e der zu erwartenden Strafe a b h ä n g t - gestanden hat, oder wenn außergewöhnliche U m s t ä n d e (z.B. die Notwendigkeit, der im Auslande in N o t geratenen Familie dort tätig zu helfen, wenn v o m Inlande aus keine M ö g l i c h k e i t dazu besteht) der nicht verwerfliche Antrieb zur Flucht gewesen sind, kann erwogen werden, die verfallene Sicherheit - und auch dann meist nur teilweise - zu erstatten. Voraussetzung wird dazu allerdings stets sein, dass sich der Geflohene wieder gestellt hat und dass o h n e Beweisverlust das Urteil herbeigeführt werden k o n n t e . Entzieht sich der Verurteilte dem Antritt der freiheitsentziehenden Strafe oder M a ß r e g e l , wird nur in äußersten Ausnahmefällen eine Erstattung in Betracht zu ziehen sein.
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KK/Boujong 7; Meyer-Goßner 13; SYJPaeffgen 8; a.A. Lobe/Alsberg § 122, II Abs. 2; Eb. Schmidt Nachtr. I 3. A.A. KYJBoujong 7; SKJPaeffgen 8 (Verfall zu Gunsten des Bundes, falls Haftbefehl des Ermittlungsrichters des BGH und Verfall während des Ermittlungsverfahrens).
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OLG Colmar GA 39 (1891) 185; OLG Celle NJW 1957 1203; OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 44. OLG Karlsruhe NStZ 1992 2 0 4 (Verfahrenshindernis nach Verfall).
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§ 124
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
ΙΠ. Verfahren (Absatz 2 ) 28
1. Gegenstand der Entscheidung. Das Gericht entscheidet darüber, ob die bestellte Sicherheit verfallen ist, 4 7 nicht auch darüber, ob zu Recht verlangt werden durfte, der Vollzug des Haftbefehls werde nur ausgesetzt, wenn eine angemessene Sicherheit geleistet werde (§ 116 Abs. 1 Nr. 4). Denn diese Entscheidung konnte der Beschuldigte durch Beschwerde prüfen lassen (§ 116, 36). Zwar erwächst die Entscheidung, weil keine sofortige Beschwerde gegeben ist, nicht in Rechtskraft. Doch entzieht die getrennte, jeweils anfechtbare Regelung nach § 116 und nach § 124 dem nach § 124 entscheidenden Gericht die Prüfung, ob die Voraussetzungen eines Haftbefehls bestanden hatten, als der Vollzug des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt worden ist. Dagegen hat das Gericht zu prüfen, ob die Sicherheit wirksam bestellt worden ist; nur dann kommt ein Verfall in Betracht. 48
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Alsdann hat das Gericht festzustellen, ob sich der Beschuldigte der Untersuchung, dem Strafantritt oder dem Antritt einer freiheitsentziehenden Maßregel entzogen hat und ob nicht vorher die Sicherung schon frei geworden war (§ 123 Abs. 2) oder ob der Bürge nachträglich Befreiung erlangt hat (§ 123, 18 bis 20). Haben verschiedene Personen Sicherheit geleistet, kann die Entscheidung für jede von ihnen verschieden lauten, weil die Gründe des § 123 Abs. 2 nur dem zugute kommen, der im Sinn dieser Vorschrift gehandelt hat (§ 123, 25).
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Die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gerichts ergibt sich aus § 126. Bei welchem Gericht die Sicherheit bestellt worden ist, bleibt ohne Bedeutung. Wegen der Zuständigkeit für Entscheidungen, die nach Rechtskraft des Strafurteils ergehen, s. § 126, 31.
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2. Verteidiger. Dem Beschuldigten kann, wenn die Sach- oder Rechtslage schwierig ist, ein Verteidiger bestellt werden (§ 140 Abs. 2). Da die Materie nur dürftig geregelt ist, kann es nicht überraschen, dass für den Bürgen Bestimmungen wegen der Prozesskostenhilfe fehlen. Da die den Verfall aussprechende Entscheidung die Wirkungen eines Zivilurteils hat (Absatz 3), muss dem Bürgen auch der gleiche Schutz gewährt werden, auf den er in einem Zivilverfahren Anspruch hätte. Für die Prozesskostenhilfe gelten daher dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, nämlich die §§ 114 ff. ZPO.
IV. Erste Instanz 32
1. Voraussetzungen. Die Entscheidung darf nur ergehen, nachdem der Beschuldigte und der Bürge zu einer Erklärung aufgefordert worden sind. 49 Bürge (Sicherungsgeber) ist nur, wer selbst Sicherheit geleistet hat, nicht wer dem Beschuldigten Vermögensstücke zur Verfügung gestellt hat, damit dieser Sicherheit leiste, wer als dessen Bote oder Vertreter die Sicherheit überbracht, wer ein (mittelbares) wirtschaftliches Interesse an der Rückzahlung der Sicherheit hat oder im Hinterlegungsantrag als Hinterleger bezeichnet ist; maßgeblich ist vielmehr grundsätzlich - im Hinblick auf die Vertrauensentscheidung
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S. auch BGHSt 4 5 1 0 8 , 1 1 7 (auch im Falle des Todes des Beschuldigten); a.A. insoweit OLG Brandenburg StraFo 1998 212.
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OLG Karlsruhe StV 2 0 0 1 120. OLG Düsseldorf OLGSt N.F § 124, 2; NStZ 1996 4 0 4 ; OLG Hamm StV 1995 594.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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des Gerichts (§ 116a, 8 ff.; § 123, 17) - wen das Gericht in seinem Beschluss über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls als Sicherungsgeber bezeichnet hat. 5 0 Pfandgläubiger oder sonst Berechtigte brauchen nicht gehört zu werden. 51 Ist der Beschuldigte, der selbst Sicherheit geleistet hatte, oder der Bürge verstorben, ist der Erbe zur Erklärung aufzufordern. 52 Einem Zustellungsbevollmächtigten des Verstorbenen kann die Aufforderung nicht zugestellt werden, weil dessen Vollmacht mit dem Tode des Vollmachtgebers erloschen ist. 53 In der Aufforderung ist eine Erklärungsfrist zu setzen. Die Aufforderung ist durch ggf. auch öffentliche (§ 4 0 ) 5 4 - Zustellung bekanntzumachen (§ 35 Abs. 2 Satz 1); formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2) genügt nicht. Ist der Aufenthalt des Beschuldigten unbekannt, kann die Aufforderung einem Zustellungsbevollmächtigten zugestellt werden (Rn. 35). Kann die Aufforderung weder dem Beschuldigten noch einem Zustellungsbevollmächtigten in der nach § 37 vorgeschriebenen Weise im Inland zugestellt werden, und erscheint eine Zustellung im Ausland unausführbar oder erfolglos, ist nach § 40 (öffentliche Zustellung) zu verfahren.
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Die vorgenannten Aufforderungen sind Entscheidungsvoraussetzungen (Rn. 46). Zusätzlich ist nach § 33 Abs. 2 die Staatsanwaltschaft zu hören. Die Erklärungen können schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen oder jedes Gerichts abgegeben werden. Das Gericht muss, ehe es entscheidet, warten, bis die Erklärungsfrist abgelaufen ist. Es hat auch die Erklärungen zu berücksichtigen, die nach diesem Zeitpunkt, aber vor der Entscheidung eingegangen sind.
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2. Zustellungsbevollmächtigter. Für die Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten (§ 116a, 15) ist es gleichgültig, ob dieser nach § 116a Abs. 3 oder zwar ohne die Verpflichtung dieser Vorschrift, aber doch ausdrücklich als Zustellungsempfänger bestellt worden ist (§ 37, 45). Im letzten Falle ist es Sache des Zustellungsbevollmächtigten, seine Vollmacht niederzulegen, wenn er den Aufenthalt des Beschuldigten nicht kennt und keine Information für die Erklärung nach Absatz 2 Satz 1 erhalten hat. Daher reicht es für Zustellungen an den abwesenden Beschuldigten nicht aus, dass ein Verteidiger nach § 145a Abs. 1 als ermächtigt gilt, Zustellungen für ihn in Empfang zu nehmen. Denn er kann sich der Zustellungsvollmacht nicht entledigen.
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Die Auffassung, 55 eine allgemeine Zustellungsvollmacht genüge nicht, vielmehr sei stets eine nach § 116a Abs. 3 erteilte (besondere) Vollmacht erforderlich, entbehrt der gesetzlichen Grundlage. Für die abgelehnte Ansicht könnte allerdings sprechen, dass
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O L G Düsseldorf Rpfleger 1 9 8 6 2 7 4 ; N S t Z 1 9 9 0 9 7 ; O L G Stuttgart Justiz 1 9 8 8 3 7 3 ; K K / B o u j o n g 9; Meyer-Goßner 7; A K / K r a u s e 3; weitergehend (nur als obiter dictum) O L G Karlsruhe Justiz 1 9 9 3 91 (falls ein Dritter, abweichend vom Beschluss, im eigenen Namen Sicherheit leiste, sei er Sicherungsgeber, falls das Gericht dennoch den Beschuldigten frei lasse, weil es dadurch den Aussetzungsbeschluss abändere); s. auch O L G Karlsruhe StV 2 0 0 1 1 2 0 (Beteiligter sei auch ein Sicherungsgeber, der als Dritter entgegen dem Wortlaut des gerichtlichen Beschlusses die Sicherheit unterbreite und aufgrund des
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Verhaltens des Gerichts annehmen müsse, das Gericht bringe damit eine Änderung seines Beschlusses zum Ausdruck). BayObLGSt 1 0 (1911) 2 1 ; 3 4 ( 1 9 3 5 ) 2 7 ; vgl. auch O L G Düsseldorf N S t Z 1 9 9 0 9 7 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 0 4 3 2 ; O L G Karlsruhe Justiz 1 9 9 3 91 (Abtretung unbeachtlich). S. auch BGHSt 4 5 108, 117; a.A. O L G Brandenburg StraFo 1 9 9 8 2 1 2 . BayObLGSt 21 ( 1 9 2 2 ) 100. O L G Hamburg N J W 1 9 6 2 2 3 6 3 . O L G Hamburg N J W 1 9 6 2 2 3 6 3 ; wie hier S K / P a e f f g e n 10; K K / B o u j o n g 9.
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nach § 116a Abs. 3 nur dann ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt werden muss, wenn der Haftvollzug gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt wird, nicht aber in den sonstigen Fällen des § 116 Abs. 1, obwohl es auch dort, wenn auch in wenigen Fällen, ebenso dringend sein kann, die Zustellungsmöglichkeit sicherzustellen, wie im Falle des § 116 Abs. 1 Nr. 4. Der Gesetzesstand ist indessen historisch zu erklären: Bis zum 3. StrÄndG konnte der Beschuldigte mit dem Vollzug der Untersuchungshaft nur gegen Sicherheitsleistung verschont werden. Als § 117 (jetzt § 116) später erweitert wurde, ist § 119 (jetzt § 116a Abs. 3) - wohl versehentlich - nicht ausdrücklich angepasst worden; doch ist die Anweisung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen, nach § 116 Abs. 1 Satz 1 jederzeit möglich. 37
Der Sinn der Forderung, wer nicht im Inland wohne, müsse einen Zustellungsbevollmächtigten bestellen, ist von jeher in erster Linie gewesen, dass sich der Beschuldigte nicht Ladungen entziehen und das Verfahren verschleppen dürfe, und erst in zweiter Linie die Sorge, er könne sonst „durch scheinbar berechtigte Vorwände den Verfall der ... Sicherheit ... hintertreiben", 56 wobei ohnehin nicht einzusehen ist, wie diese Sorge vermindert wird, wenn ein Bevollmächtigter Zustellungen entgegennimmt. Die flüchtige Redaktion kann nicht zu der Auffassung führen, die Zustellungsvollmacht des § 116a Abs. 3 solle nicht allgemein die Zustellung sichern, sondern werde gerade im Hinblick auf die Vorschriften über die Sicherheitsleistung erteilt. 57 Vielmehr enthält § 116a Abs. 3 nicht mehr als die prozessuale Last, die dauernde Möglichkeit für Zustellungen zu schaffen; einen besonderen Inhalt, der es rechtfertigte, im Verfallverfahren nur die Zustellung an den nach § 116a Abs. 3 Ermächtigten als wirksam anzusehen, hat die Zustellungsvollmacht aufgrund jener Vorschrift nicht. Ihr Unterschied zu einer sonstigen Zustellungsvollmacht liegt allein darin, dass sie unkündbar ist (§ 116a, 22).
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3. Die Entscheidung ergeht als Beschluss im schriftlichen Verfahren, doch ist es zulässig, die Beteiligten mündlich zu hören. Der Beschluss ist, wenn er nicht von einem Strafsenat erlassen wird, mit Rechtsmittelbelehrung (§ 35a) zu versehen und durch Zustellung (§ 35 Abs. 2 Satz 1) bekanntzumachen. Bei der Entscheidung eines Strafsenats genügt die formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2). Die Entscheidung lautet dahin, dass die Sicherheit der Staatskasse verfallen ist; dass die Sicherheit frei geworden ist; oder dass der Antrag der Staatsanwaltschaft, die Sicherheit für verfallen zu erklären, oder derjenige des Beschuldigten oder des Bürgen, ihr Freiwerden festzustellen, als unbegründet zurückgewiesen wird. Zu den letzteren Entscheidungen kommt es, wenn weder ein Entziehen noch ein Freiwerden festgestellt ist. In der Regel wird allerdings die Sicherheit entweder verfallen oder aber, wenn dies nicht der Fall ist, wegen Inhaftierung frei geworden sein. Wegen des Überganges des Eigentums und der Nutzungen ist der Tag des Verfalls anzugeben; wenn er nicht feststellbar ist, der Tag, an dem der Verfall frühestens eingetreten ist. Doch genügt es, wenn das Datum des Verfalls den Gründen zu entnehmen ist. In diesen (§ 34) ist auch der Grund des Verfalls mitzuteilen. Der den Verfall aussprechende Beschluss ist materieller Rechtskraft fähig und eine später Abänderung grundsätzlich nicht möglich. 58
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Hahn Mat. 1 134. So aber OLG Hamburg NJW 1962 2363. OLG Stuttgart MDR 1982 341; OLG Düssel-
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dorf Rpfleger 1984 73. Vgl. auch OLG Hamm NStE § 124, 7.
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4 . Beschwerde. Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten (nur) die sofortige Beschwerde z u . 5 9 Ist die Entscheidung von einem Strafsenat, auch einem erstinstanzlich entscheidenden, erlassen w o r d e n , so ist sie nach h . M . 6 0 u n a n f e c h t b a r (§ 3 0 4 Abs. 4 ; R n . 4 7 ; § 1 2 3 , 2 9 ) . Die Beteiligten sind in Absatz 2 Satz 1 abschließend aufgeführt; der Beschuldigte sowie die, die für ihn Sicherheit geleistet h a b e n („Sicherungsgeber"; vgl. R n . 3 2 ) . 6 1 D a z u k o m m t n o c h die Staatsanwaltschaft (§ 2 9 6 Abs. 1). D e r Privatkläger scheidet als Beschwerdeführer aus; denn in Privatklagesachen ist die Untersuchungshaft und damit die Sicherheitsleistung unstatthaft (Vor § 1 1 2 , 6 0 ) . Auch dem Nebenkläger steht die Beschwerde nicht zu.
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Dass die allein zugelassene Beschwerde eine sofortige (§ 3 1 1 ) ist, sagt das Gesetz nur für den Beschuldigten und den Bürgen. Die hieraus hergeleitete Ansicht, dass die Staatsanwaltschaft kein Beschwerderecht h a b e , 6 2 ist u n h a l t b a r . 6 3 Es ist aber auch undenkbar, dass der Staatsanwaltschaft nur die einfache Beschwerde zustehen sollte, weil sonst der Sinn der sofortigen Beschwerde, rasch zu einer abschließenden Regelung zu k o m m e n , wieder aufgehoben würde. D a h e r ist auch die Beschwerde der Staatsanwaltschaft (§ 2 9 6 ) eine s o f o r t i g e . 6 4 Versäumt der Verteidiger schuldhaft die Beschwerdefrist, so soll dieses Verschulden dem Beschuldigten zugerechnet w e r d e n . 6 5 H a t das erste Gericht nicht in der Sache entschieden, sondern eine Entscheidung mangels Zuständigkeit abgelehnt, dann ist, weil die Entscheidung nicht den Verfall oder Nichtverfall der Sicherheit ausspricht, nicht die sofortige, sondern die einfache Beschwerde g e g e b e n . 6 6
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V. Z w e i t e I n s t a n z 1. Mündliche Verhandlung. D a s Verfahren in der Beschwerdeinstanz ist grundsätzlieh eine mündliche Verhandlung der Art, wie sie jetzt in § 1 1 8 a , § 138d geregelt ist. Wenn entgegen der ursprünglichen A b s i c h t 6 7 nicht von Verhandlung gesprochen worden ist, sollte damit nur vermieden werden, die Bestimmungen über die Hauptverhandlung, namentlich über die Anwesenheitspflicht, zu ü b e r n e h m e n . 6 8 Z w e c k der Regelung soll sein, dass die Beteiligten und der Staatsanwalt gemeinschaftlich vorgeladen werden sollen, damit sie Gelegenheit h a b e n , miteinander und mit dem Gericht - soweit erforderlich ( R n . 4 5 , 4 6 ) - die Sach- und Rechtslage, auch das Ergebnis etwaiger Ermittlungen, zu erörtern.
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OLG Düsseldorf Rpfleger 1984 73 (kein Zivilprozess); KK/Boujong 11, 14; MeyerGoßner 12 (Klage nach § 839 zulässig); vgl. auch OLG Stuttgart Justiz 1984 213. Die Beschwerde wird nicht durch Anklageerhebung oder Wechsel des Gerichts der Hauptsache unzulässig; auch die Zuständigkeit des ursprünglichen Beschwerdegerichts bleibt bestehen - OLG Hamm NStE § 124, 7. UUWendisch14 § 124, 39. OLG Karlsruhe Justiz 1984 291 (keine sofortige Beschwerde des Abwesenheitspflegers); s. auch OLG Stuttgart Justiz 1988 373; OLG Düsseldorf Rpfleger 1986 274; NStZ 1990
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97; OLG Karlsruhe Justiz 1993 91; StV 2001 120; OLG Koblenz JBIRhPf. 2 0 0 4 199. OLG Königsberg Alsb. Ε 1 296. H.M.; OLG Celle NStZ-RR 1999 178. OLG Stuttgart Justiz 1984 213; OLG Celle NStZ-RR 1999 178; h.M. OLG Stuttgart Justiz 1980 285; h.M., aber bedenklich, weil man so den Beschuldigten für die Qualität (namentlich Sorgfalt) des Verteidigers (Pflichtverteidigers) haften lässt; zur Wiedereinsetzung vgl. § 44. BayObLGSt 28 (1929) 184. Mot. Hahn 2 1261, 1263. Mot. Hahn 2 1484.
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Der Beschuldigte wird mündlich gehört zu dem Zweck, die Sache - namentlich neues Vorbringen oder Ergebnisse etwaiger Ermittlungen - mit ihm zu erörtern. Kann dieser Zweck deshalb nicht erfüllt werden, weil der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist versäumt hat und seine Beschwerde daher als unzulässig verworfen werden muss, dann hat die mündliche Verhandlung zur Sache keinen Sinn; sie entfällt. 69 Hängt die Zulässigkeit aber davon ab, ob der Beschwerdeführer Bürge oder nur Hintermann ist, dann steht die Erörterung dieser Zulässigkeitsfrage einer Sacherörterung gleich, so dass darüber grundsätzlich (Rn. 46) nur entschieden werden darf, nachdem mündlich verhandelt worden ist oder die Beteiligten die ihnen dazu gegebene Gelegenheit nicht wahrgenommen haben.
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Nähere Vorschriften für das Verfahren bei der mündlichen Verhandlung fehlen. Danach ist es weitgehend dem Gericht überlassen, wie es die Verhandlung ausgestalten will. Es hat dabei indessen gewisse allgemeine Grundsätze zu beachten; diese sind der Strafprozessordnung, namentlich den Vorschriften über die Hauptverhandlung und dem § 118a zu entnehmen. Nach diesen Grundsätzen wird sich die mündliche Verhandlung im Allgemeinen folgendermaßen abwickeln:
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2. Verfahren. Das Gericht stellt, soweit das Aktenmaterial nicht ausreicht, Ermittlungen an. Der Vorsitzende bestimmt den Termin zur mündlichen Verhandlung und benachrichtigt hiervon den Beschuldigten, seinen Verteidiger, den Bürgen und die Staatsanwaltschaft, gleichviel wer von ihnen Beschwerde eingelegt hat. Da die Beteiligten nicht zum Erscheinen verpflichtet sind, scheidet die Form der Ladung (§ 214) aus, doch ist die Zustellung (§ 35 Abs. 2 Satz 1) angebracht. Formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2) genügt in der Regel nicht, weil es Sachentscheidungsvoraussetzung ist, dass der Beschuldigte, der „Bürge" und die Staatsanwaltschaft Gelegenheit erhalten hatten, ihre Anträge mündlich zu begründen und das Ermittlungsergebnis zu erörtern. Das muss in der mündlichen Verhandlung nachweisbar sein.
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Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß (§ 35, 27), ist er, auch wenn er sich auswärts in Haft befindet, vorzuführen, wenn er nicht darauf verzichtet. Nur so kann er sein Recht wahrnehmen, seine Anträge mündlich zu begründen. 70 § 350 Abs. 2 Satz 2 regelt kein vergleichbares Verhältnis, so dass die Vorschrift nicht entsprechend angewendet werden kann. Weniger Bedenken bestünden, § 118a Abs. 2 entsprechend anzuwenden; 71 denn dadurch würde erzielt, dass die Rechte des abwesenden Beschuldigten ein Verteidiger wahrnimmt (§ 118 Abs. 2 Satz 2 bis 4), wenngleich dadurch ein neuer Fall der notwendigen Verteidigung allein im Weg der Auslegung geschaffen würde.
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3. Termin. Das Gericht verhandelt in nichtöffentlicher Sitzung in Beschlussbesetzung. Von einer Verhandlung kann jedoch abgesehen werden, wenn die Beteiligten auf diese ausdrücklich oder konkludent verzichtet haben, 7 2 erklärt haben, dass sie nicht erschei-
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OLG Neustadt J Z 1952 663; vgl. auch OLG Düsseldorf OLGSt N.F § 124, 3; KKJBoujong 12; Meyer-Goßner 10; AK/Krause 4; a.A. Niethammer J Z 1952 663; krit. auch SYJPaeffgen 12. AK/Krause 4; Gerding 69; Feisenberger § 122, 6; a.A. KK/Boujong 12; Meyer-Goßner 10; KMR/Wankel 9; Härtung § 122, 9 (keine Pflicht zur Vorführung; Anhörung
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durch ersuchten oder beauftragten Richter kann ausreichen). Eb. Schmidt § 122, 12; Nachtr. I § 122, 4; vgl. auch OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 44. OLG Stuttgart MDR 1987 867; OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 44; LG Freiburg NStZ 1988 4 7 2 ; h.M.
Hans Hilger
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§124
nen werden, keine neuen Ausführungen zur Sach- oder Rechtslage vorgetragen oder zumindest angekündigt h a b e n 7 3 und auch nicht Ermittlungen erfolgt sind, deren Ergebnis erörtert werden müsste. 7 4 Eine mündliche Verhandlung ist nämlich jedenfalls dann nicht zwingend geboten, wenn sie erkennbar überflüssig wäre; sie dient nicht der allgemeinen Erörterung der Sach- oder Rechtslage. 7 5 Wird ein Termin bestimmt, so können die Beteiligten sich, weil sie nicht zu erscheinen brauchen, vertreten lassen, der Beschuldigte durch einen Verteidiger, 76 der Bürge durch einen Rechtsanwalt. Die Staatsanwaltschaft braucht sich nicht zu beteiligen, sollte es aber tun, weil sie nur aufgrund der mündlichen Verhandlung, deren Verlauf sie nicht sicher voraussehen kann, in der Lage ist, sachgemäß Anträge zu stellen. Das Gericht kann Zeugen und Sachverständige vernehmen. § 2 5 0 gilt indessen nicht; das Gericht kann vielmehr den Akteninhalt vortragen. Werden weitere Ermittlungen erforderlich, so ist nach deren Abschluss erneut mündlich zu verhandeln; die Beteiligten müssen stets Gelegenheit haben, ihr Ergebnis mündlich zu erörtern. 7 7 An der mündlichen Verhandlung nimmt ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle teil. Er führt über sie ein Protokoll (§§ 271 bis 2 7 3 ) ; § 2 7 4 gilt nicht. Die Entscheidung ergeht als Beschluss aufgrund des schriftlichen Verfahrens (oder) der mündlichen Verhandlung. 78 Was in dieser nicht vorgetragen ist, darf das Gericht nicht berücksichtigen. Die Entscheidung ist nach Möglichkeit am Schluss der mündlichen Verhandlung zu verkünden, sonst baldmöglich schriftlich zu erlassen. War in erster Instanz die erforderliche Aufforderung zur Erklärung (Absatz 2 Satz 1) unterblieben, so kann (wird in der Regel) das Beschwerdegericht die Sache zurückverweisen (Rn. 3 4 ) . 7 9 Wegen des Inhalts der Entscheidung im Übrigen s. Rn. 38, wegen der Bekanntmachung § 35. 4 . Weitere Beschwerde ist nach h . M . nicht statthaft 8 0 (§ 310), im Wesentlichen mit der Begründung, Gegenstand der Entscheidung sei nicht der Freiheitsentzug, sondern das Schicksal der Sicherheitsleistung. 81 Es gelten hier jedoch grundsätzlich die Erwägungen zu § 123 (§ 123, 29, 3 0 ) . 8 2
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OLG Stuttgart MDR 1987 867; LG Freiburg NStZ 1988 472. OLG Düsseldorf JMB1NW 1990 44; OLG Hamm NStZ-RR 1996 270 = StV 1996 498; NJW 1996 737 mit abl. Anm. Paeffgen NStZ 1997 118. H.M.; a.A. LR/Wendisch 24 § 124, 41, 46. Vgl. auch OLG Düsseldorf NStZ 1996 404 (keine Anhörung erforderlich, wenn Beschwerdegericht wegen Verfahrensfehler zurückverweist). Vgl. RGSt 9 80. Gerding 67. KKJBoujong 13. Vgl. OLG Hamm StV 1995 594 (Pflicht zur Zurückverweisung, da Sachentscheidung dem Verlust einer Instanz gleichkäme); OLG
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Düsseldorf NStZ 1996 404; OLG Celle NStZ-RR 1999 178; s. aber OLG Frankfurt NStZ-RR 1997 272 (keine Zurückverweisung, wenn Anhörung in der Beschwerdeinstanz nachgeholt wird und ausgeschlossen ist, dass das Erstgericht eine dem Sicherungsgeber günstigere Entscheidung getroffen hätte); KMRJWankel 10 (Verfahrensfehler sind in der Beschwerdeinstanz zu heilen). KKJBoujong 13; Meyer-Goßner 11; AK/ Krause 4; a.A. SKIPaeffgen 13; Eb. Schmidt Nachtr. 117. Zur nachträglichen Entscheidung gem. § 33a (analog) s. OLG Brandenburg StraFo 1998 212. LRJ Wendisch24 § 124, 47. Vgl. insbesondere § 116, 38 ff.
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VI. Wirkung (Absatz 3) 48
Die redaktionell unglücklich abgefasste Vorschrift hat folgenden Sinn: Die strafgerichtliche Entscheidung steht, falls sie nicht oder nicht mehr anfechtbar ist, dem rechtskräftigen Zivilendurteil gleich, in den anderen Fällen - wenn sie noch anfechtbar ist oder wenn sie zulässigerweise angefochten, aber über die Anfechtung noch nicht entschieden ist - dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Zivilendurteil. Danach ist die rechtskräftige Entscheidung des Strafrichters endgültig. Der Weg des Zivilprozesses ist zwischen dem, der die Sicherheit im eigenen Namen geleistet hat, und dem Staat ausgeschlossen (Rn. 38, 39). 8 3 Die Vorschrift legt der Entscheidung die angegebene Wirkung nur dann bei, wenn sie den Verfall ausspricht, und demzufolge nur im Verhältnis vom Staat zum Bürgen.
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Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Verhältnis zwischen dem Bürgen und dem Beschuldigten und zwischen dem, der die Sicherheit geleistet hat, und einem, der ihm die Mittel dazu gegeben hat, von der Entscheidung unberührt bleibt. 84 Ohne Bedenken ist auch zu folgern, dass eine Entscheidung, die das Freiwerden der Sicherheit feststellt, für das Verhältnis dessen, der die Sicherheit geleistet hat, gegenüber dem Staat nicht die Wirkung eines Zivilurteils haben soll, obwohl der Grund dafür nicht auf der Hand liegt. Entweder hat der Staat, weil er die Wirkung des Verfalls sichern wollte, in erster Linie seine Interessen im Auge gehabt oder er hat darauf vertraut, dass die verwahrende Stelle dem Freigabeverlangen aufgrund der strafrichterlichen Entscheidung stets folgen werde, was in der Tat der Fall ist.
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Zweifelhaft ist, ob „eine so singuläre Vorschrift, wie die des § 124 Abs. 3 weiter, als ihr nächster Wortsinn es rechtfertigt, zulässigerweise angewendet werden darf", 8 5 d.h. ob die Wirkung eines Zivilurteils auch im Verhältnis des Staates zu dem Beschuldigten eintritt, der selbst Sicherheit geleistet hat. M a n muss die Frage gegen den Wortlaut des Gesetzes bejahen, weil nicht ersichtlich ist, warum die allgemein notwendige Wirkung auf das Verhältnis des Staates zum Bürgen beschränkt sein sollte. 86 Die Entscheidung erweitert, da sie nur deklaratorischen Charakter hat, die unter Rn. 23 dargestellten Folgen nicht. Sie ermöglicht aber die Zwangsvollstreckung gegen den Bürgen, der ein Zahlungsversprechen abgegeben hatte, gestattet die zwangsweise Wegnahme von zur Sicherung übereigneten Gegenständen, die Zwangsversteigerung aus einer Grundschuld usw.
§ 125 (1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar und Gefahr im Verzug ist, von Amts wegen den Haftbefehl. (2) 'Nach Erhebung der öffentlichen Klage erläßt den Haftbefehl das Gericht, das mit der Sache befaßt ist, und, wenn Revision eingelegt ist, das Gericht, dessen Urteil angefochten ist. 2 In dringenden Fällen kann auch der Vorsitzende den Haftbefehl erlassen.
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BayObLGSt 28 (1929) 185. H.M.
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Voitus Strafprozeßordnung (1877) 467. KK/Boujong 14.
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Schrifttum Bertram Mitwirkung von Schöffen während unterbrochener Hauptverhandlung? NJW 1998 2 9 3 4 ; Kuniscb Zur Frage der Besetzung des Schöffengerichts und der Strafkammer bei Entscheidungen über die Untersuchungshaft während laufender Hauptverhandlung, StV 1998 687; Linkenheil Laienbeteiligung in der Strafjustiz (2003); Reichenbach Der Jugendermittlungsrichter, NStZ 2 0 0 5 617; Sowada Die Gerichtsbesetzung bei Haftentscheidungen während einer anhängigen Hauptverhandlung, NStZ 2001 169; Steinmetz Welcher Ermittlungsrichter ist im Fall des § 145 I GVG örtlich zuständig? SchlHA 2 0 0 5 147.
Entstehungsgeschichte. Früher regelte § 1 2 5 die Zuständigkeit zum Erlass des H a f t befehls und für die Entscheidungen über die Untersuchungshaft vor Erhebung der öffentlichen Klage und § 1 2 4 diejenige nach ihrer Erhebung. D u r c h Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1 9 6 4 ist der Regelungsinhalt auf die § § 1 2 5 und 1 2 6 in der Weise verteilt w o r d e n , dass die erste Vorschrift die Zuständigkeit zum Erlass des Haftbefehls, die andere diejenige für die späteren Entscheidungen über die Untersuchungshaft enthält. § 1 2 5 Abs. 2 Satz 2 entspricht § 1 2 4 Abs. 3 a.F. Die W o r t e „wenn ein Staatsanwalt nicht e r r e i c h b a r " sind eingefügt durch Art. 3 Nr. 1 des 8. S t R Ä n d G . D u r c h Art. 1 Nr. 31 des 1. S t V R G wurde die Richterbezeichnung geändert und Absatz 3 (Voruntersuchung) gestrichen.
Übersicht Rn. 1. Bedeutung 2. Verhältnis zu § 126 3. Vor Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 1)
1 4
4 . Veranlassung der Entscheidung 5. Nach Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 2) 6. Zuständigkeitsverletzung
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Rn. 10 13 20
1. Bedeutung. Die Vorschrift regelt - von § 1 6 2 Abs. 1 Satz 1 abweichend - speziell (nur) die Zuständigkeit für den Erlass des Haftbefehls sowie zur Ablehnung eines Antrages auf Erlass desselben; der Vorrang der Zuständigkeitskonzentration g e m ä ß § 1 6 2 A b s . 1 Satz 2 bleibt dagegen bestehen. 1 Die Zuständigkeit des Richters, dem der Beschuldigte nach Festnahme vorzuführen ist, ergibt sich aus den § § 115, 1 1 5 a , falls ein H a f t befehl vorliegt, ansonsten aus den § § 1 2 8 , 129.
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§ 183 G V G gibt dem Gericht, in dessen Sitzung die Straftat begangen wird, grundsätzlich nur das R e c h t zur vorläufigen F e s t n a h m e . 2 D e r Erlass eines Haftbefehls durch den verhandelnden R i c h t e r wegen einer in der Hauptverhandlung begangenen Straftat ist jedoch dann zulässig, wenn ein R i c h t e r beim Amtsgericht als Strafrichter verhandelt. 3 D e n n dieser ist grundsätzlich zuständig, weil sich der Beschuldigte in seinem Bezirk aufhält; im Falle abweichender Geschäftsverteilung ist das W i l l k ü r v e r b o t zu b e a c h t e n . 4 Wegen des Antrags des Staatsanwalts vgl. R n . 10.
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§ 1 6 9 gilt neben § 1 2 5 (Rn. 6 ) .
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OLG Hamm MDR 1983 688; OLG Stuttgart NStZ 1991 291; StraFo 2004 97 (zu § 22 ZuständigkeitsVO Justiz BW); SYJPaeffgen 2; s. auch LG Zweibrücken StV 2 0 0 4 499; Steinmetz SchlHA 2 0 0 5 147.
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SYJPaeffgen 3. SYJPaeffgen 3. S. die Erl. zu § 183 GVG.
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2 . Verhältnis zu § 126. Die Zuständigkeit für alle weiteren Haftentscheidungen, mögen sie nun den Bestand des Haftbefehls, den Vollzug oder seine Modalitäten betreffen, ergibt sich aus § 126. Dies gilt auch für die Aussetzung des Haftvollzugs. Sie ist zwar, wie sich aus § 126 Abs. 2 Satz 4 ergibt, keine Maßnahme im Sinne des § 119, fällt aber unter § 126, auch dann, wenn sie mit dem Erlass des Haftbefehls verbunden ist. Zu weiteren Einzelheiten vgl. Rn. 18.
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3. Vor Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 1) ist grundsätzlich zuständig, den Haftbefehl zu erlassen, jeder Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand (§§ 7 bis 13a, 15) begründet ist. 5 Die danach in Betracht kommenden Richter stehen zur Wahl des Staatsanwalts. Das ist, weil alle Richter der gleichen Instanz der Idee nach gleich befähigt und gleich unbefangen sind, unbedenklich; alle Richter sind der gesetzliche Richter. 6 Jedoch ist möglichst der Ermittlungsrichter (§ 162) anzurufen. 7 Die Übertragung von Wirtschaftsstrafsachen gemäß § 74c Abs. 2 G V G bewirkt keine Änderung der Zuständigkeit nach Absatz l . 8 Werden die Ermittlungen von einer Staatsanwaltschaft eines Gerichtsbezirks geführt, in dem kein Gerichtsstand begründet ist und der Beschuldigte sich auch nicht aufhält, wird dadurch nicht das Gericht dieses Bezirks zuständig; es verbleibt bei der Zuständigkeit gemäß Absatz 1 sowie § 162 Abs. 1 Satz 2 . 9 § 3 4 Abs. 1 J G G ist zu beachten. 1 0 Der Staatsanwalt ist, wenn einer der Richter seinen Antrag ablehnt, gehindert, ihn bei einem anderen neu zu stellen; 1 1 in diesem Fall kann nur die Beschwerde (Rn. 8) weiterhelfen. Zu § 127b s. dort Rn. 2 8 .
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In Sachen, die nach § 120 Abs. 1 und 2 G V G zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gehören, können auch der Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts und derjenige des Bundesgerichtshofs den Haftbefehl erlassen, weil sie die Geschäfte wahrnehmen können, die im vorbereitenden Verfahren dem Richter beim Amtsgericht obliegen (§ 169 Abs. 1). Auch diese Zuständigkeit besteht neben den vorgenannten und den in Rn. 7 behandelten, jedoch sind, soweit irgend möglich, die genannten Ermittlungsrichter anzugehen.
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Eine weitere Zuständigkeit hat der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Beschuldigte - ohne dass dort für ihn ein Gerichtsstand gegeben ist - , wenn der Haftbefehl zu erlassen ist, 1 2 tatsächlich aufhält, gleichviel ob für längere oder für kürzere Zeit oder auch, etwa auf der Durchfahrt in einem Kraftwagen, nur vorübergehend. Der Begriff umfasst den des Betroffenwerdens (§ 125 Abs. 2 a . E ) . Er ist deutlich abgegrenzt von dem des Ergriffenwerdens, der in § 9 dazu dient, einen Gerichtsstand zu begründen. Der Gegensatz zu diesem Begriff, der auf ein zeitliches Ereignis abstellt, zeigt, dass es für die aus dem Aufenthalt abgeleitete Zuständigkeit - anders als bei § 9 (§ 9, 3) grundsätzlich nicht darauf ankommt, wie der Beschuldigte dorthin gekommen ist, wo er
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Zur Zuständigkeitskonzentration gemäß § 58 Abs. 1 GVG vgl. BGHSt 35 344; OLG München MDR 1987 868; OLG Nürnberg NStZ 1987 37; LG Regensburg NStZ 1986 375; Erl. zu § 58 GVG. Auch insoweit gilt jedoch das Willkürverbot (z.B. keine Anrufung eines bestimmten Richters nur deshalb, weil er dafür bekannt ist, dass er Haftbefehlsanträge im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben der StA weniger streng prüft als andere Richter).
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Vgl. auch KKJBoujong 4. OLG Nürnberg StV 2 0 0 0 38. LG Zweibrücken StV 2 0 0 4 4 9 9 (zu § 145 GVG). Zum Jugendermittlungsrichter s. BVerfG NStZ 2 0 0 5 643; Reichenbach NStZ 2 0 0 5 617.
WankelS.
OLG Hamm GA 1968 343.
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sich in dem Augenblick befindet, in dem die Entscheidung des Richters über die Anordnung der Untersuchungshaft notwendig wird; entscheidend ist, dass es sich um einen Ort des Verweilens, der Bleibe handelt. 13 Befindet sich der Beschuldigte in anderer Sache in Haft, so ist auch der Haftort der Aufenthaltsort. 14 Wird der Beschuldigte nicht dem Richter des Amtsgerichts, in dessen Bezirk er festgenommen (§ 128 Abs. 1 Satz 1) wurde, sondern dem Richter bei dem Amtsgericht eines anderen Bezirks vorgeführt, so ist er im Zeitpunkt der Entscheidung zwar dort, es ist aber nicht der Aufenthaltsort, der Ort des Verweilens, der Bleibe, sondern der, an den er von der Staatsgewalt infolge eines Fehlers verbracht wurde. 1 5 Ein im Zeitpunkt der Entscheidung unzuständiger Richter wird auch nicht zuständig, wenn der Beschuldigte aufgrund eines von diesem Richter erlassenen Haftbefehls später in dessen Bezirk verbracht wird. 16 Das Oberlandesgericht kann in dem Verfahren nach §§ 121, 122 den Haftbefehl nicht „erweitern", weil eine solche Erweiterung der Sache nach der Erlass eines neuen Haftbefehls ist (§ 114, 4 8 ) . 1 7 Hat der Richter beim Amtsgericht abgelehnt, die Untersuchungshaft anzuordnen, dann erlangen die mit Beschwerde und weiterer Beschwerde (§ 114, 31 ff.) angegangenen Gerichte die Zuständigkeit, den Haftbefehl zu erlassen (§§ 3 0 9 Abs. 2, 310). Hat das Oberlandesgericht einen Haftbefehl wegen Fehlens eines die Haftfortdauer rechtfertigenden Grundes aufgehoben (§ 121 Abs. 1), so ist - falls man die Zulässigkeit eines neuen Haftbefehls bejaht (§ 122, 38) - für dessen Erlass das in § 125 bestimmte Gericht zuständig. 18
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Wird die öffentliche Klage erhoben, erlischt die Zuständigkeit des Richters bei dem in Absatz 1 genannten Richter beim Amtsgericht 1 9 und damit für das Beschwerdeverfahren die Zuständigkeit der Gerichte, die diesem Richter übergeordnet sind, falls sie nicht zugleich über dem Gericht stehen, bei dem die Klage erhoben worden ist. Zuständig für Beschwerden werden grundsätzlich diejenigen Gerichte, die dem nach den §§ 125 Abs. 2 Satz 1, 126 Abs. 2 Satz 1 und 2 zuständigen Gericht als Beschwerdegericht übergeordnet sind (§ 114, 4 2 ff.).
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4. Veranlassung der Entscheidung. Hat die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage noch nicht erhoben, dürfen der Richter beim Amtsgericht und der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs oder des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) die Untersuchungshaft grundsätzlich (Ausnahme Rn. 11) nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft anordnen; deren Zuständigkeit richtet sich nach den §§ 142 ff. GVG, so dass die Staatsanwaltschaft
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Wankel 9. SKJPaeffgen 3. SYJPaeffgen 3; KMiUWankel 3; Wankel 10; a.A. BayObLGSt 30 (1929) 35; OLG Celle NdsRpfl. 1956 39; KKJBoujong 2; MeyerGoßner 5; Vorauflage (wird aufgegeben). OLG Hamm GA 1968 343; LG Zweibrücken StV 2004 499; s. auch Wankel 10. OLG Hamm MDR 1975 950; StV 2000 153; SYJPaeffgen 3; KKJBoujong 2; Meyer-Goßner 2; h.M.; a.A. KMR/Wankel % 122, 15; Kaiser NJW 1966 435; Kleinknecht/Janischowsky 247; Schnarr MDR 1990 89, 93 ff. OLG Hamburg StV 1987 256 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 519; StV 1994 142 mit
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Anm. Schlothauer sowie Paeffgen NStZ 1995 21 und JR 1995 72 ff.; Schnarr MDR 1990 89; a.A. OLG Celle NJW 1973 1988; OLG Düsseldorf MDR 1983 600; 1983 779; KK/ Boujong § 121, 31; Kleinknecht/Janischowsky 271; vgl. auch OLG Frankfurt StV 1985 196 mit Anm. Wendisch. BGHSt 41 72 (keine Nichtigkeit des Haftbefehls, wenn die Zuständigkeitsaufteilung verkannt wird); OLG Oldenburg NJW 1957 233; OLG Frankfurt NJW 1985 1233; OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1990 114, Nr. 27, 28; OLG Düsseldorf VRS 83 (1992) 195; VRS 86 (1994) 349; vgl. auch OLG Karlsruhe StV 1994 664.
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bezirksübergreifend und auch ein unzuständiger Staatsanwalt (§ 143 Abs. 2 GVG) tätig werden kann. 2 0 In entsprechender Anwendung des § 120 Abs. 3 Satz 1 dürfen diese Richter über den Antrag der Staatsanwaltschaft, den Haftbefehl nur wegen bestimmter Taten zu erlassen (§ 114, 10), nicht hinausgehen 2 1 (vgl. auch § 117, 1). Sie können aber den Antrag ablehnen 2 2 oder hinter ihm zurückbleiben, das Letzte aber nur, wenn sie wegen einer von mehreren Taten den dringenden Tatverdacht oder den Haftgrund verneinen, nicht - wie der Staatsanwalt - aus Gründen der Zweckmäßigkeit. Auch die „Nachbesserung" etwa eines gegen § 114 Abs. 2 verstoßenden Haftbefehls bedarf eines entsprechenden Antrags der Staatsanwaltschaft. 2 3 11
Ist kein Staatsanwalt erreichbar und außerdem Gefahr im Verzug, kann der Richter die Untersuchungshaft auch von Amts wegen anordnen, doch ist der Haftbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft aufzuheben (§ 120 Abs. 3 Satz 1) oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auf von der Staatsanwaltschaft zu bestimmende Straftaten zu beschränken. 2 4 Gefahr im Verzug (s. auch § 127, 35) liegt vor, wenn ohne das Handeln des Richters beim Amtsgericht die Verhaftung wegen der Unerreichbarkeit des Staatsanwalts in Frage gestellt würde oder wenn ein vorläufig Festgenommener (§ 127 Abs. 1 und 2) bei vorheriger Entschließung der Staatsanwaltschaft nicht unverzüglich, spätestens am Tag nach der Verhaftung, dem Richter vorgeführt werden könnte. Gefahr im Verzug liegt nicht vor, wenn der Staatsanwalt erreichbar ist, aber im Gegensatz zu der Auffassung des Richters gegen einen zur Flucht entschlossenen Beschuldigten keinen Antrag stellt, die Untersuchungshaft anzuordnen, etwa weil er die Tat nicht für strafbar hält oder weil er weiß, dass ein für die Strafverfolgung notwendiger Strafantrag nicht gestellt werden wird. 2 5
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Absatz 1 gilt unabhängig davon, ob der Beschuldigte bei der richterlichen Entscheidung noch frei oder nach § 127 Abs. 1 und 2 vorläufig festgenommen ist.
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5. Nach Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 2 ) erlässt den Haftbefehl das mit der Sache befasste Gericht. Die Notwendigkeit (Rn. 10) eines Antrags der Staatsanwaltschaft entfällt, weil die Verfahrensherrschaft mit der öffentlichen Klage auf das Gericht übergegangen ist; die Staatsanwaltschaft ist jedoch zu hören (§ 3 3 ) . 2 6 Erhebung der öffentlichen Klage (§ 170 Abs. 1; vgl. auch § 151, § 152 Abs. 1) sind die Anklageschrift (§ 199 Abs. 2, § 2 0 0 ) , die Nachtragsanklage (§ 2 6 6 Abs. 2), der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls (§ 4 0 8 Abs. 1 Satz 1) und - die Klage ersetzend - der Antrag der Finanzbehörde auf Erlass eines Strafbefehls (§ 4 0 0 erster Fall AO). Die Vorschrift ist entsprechend anzuwenden auf den Antrag im Sicherungsverfahren (§ 414 Abs. 1). Im beschleunigten Verfahren wird die Anklage entweder durch Einreichen einer Anklageschrift oder in der Hauptverhandlung mündlich erhoben (§ 418 Abs. 3). Im letzten Fall wird nach dem Grundsatz, dass das sachnächste Gericht entscheiden soll, die Zuständigkeit des
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Vgl. auch SYJPaeffgen 4; KK/Boujong 6; Meyer-Goßner 8; Kleinknecht/Janischowsky 147; Loh MDR 1970 812; Sommermeyer NJ 1992 336; zur Amtspflichtverletzung bei Unterlassen einer Antragstellung s. BGH NJW 1996 2373; Vogel NJW 1996 3401; wistra 1996 219. KK/Boujong 6; h.M. OLG Brandenburg NStZ-RR 1997 107; AG
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Frankfurt StV 2001 684 (unzureichender Antrag). Vgl. dazu OLG Brandenburg NStZ-RR 1997 107; StV 1997 140; s. auch LG München StV 1998 384; Schlothauer/Weider 408. Rückel StV 1985 36. KKJBoujong 7; Krauth/Kurfeß/Wulf JZ 1968 737. Sommermeyer NJ 1982 336.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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angerufenen Gerichts nicht erst mit der mündlichen Anklage, sondern schon mit dem Antrag begründet, die Sache im beschleunigten Verfahren abzuurteilen (§ 417). Im Haftverfahren ist Hauptfall der öffentlichen Klage die Anklageschrift. Auch die Anklage im beschleunigten Verfahren kann bedeutsam werden; die anderen Anklageformen spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Mit der Sache befasst ist das Gericht, das nach der Prozesslage Herr des Verfahrens ist, mit anderen Worten dasjenige Gericht, das dem Beschuldigten, der Sache und den Akten am nächsten ist, das sachnächste Gericht, wenn es (als erstinstanzliches oder als Berufungsgericht) aufgerufen ist, in der Strafsache selbst zu entscheiden; zur Zuständigkeit des in der Hauptsache unzuständigen Gerichts vgl. § 126, 16. Gelangt die Sache, bevor das Hauptverfahren eröffnet ist, mit Beschwerde (etwa gegen einen Beschluss, der die Ablehnung eines Richters für unbegründet erklärt) an ein höheres Gericht, ist das Beschwerdegericht nicht mit der Sache befasst. Das gilt auch, wenn gegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts entgegen § 305 Satz 1 Beschwerde zulässig ist (§ 305 Satz 2) und eingelegt wird. Die Sachherrschaft des ersten Gerichts endet, nachdem die des Berufungsgerichts begründet ist.
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Das Berufungsgericht wird erst zuständig, wenn die Akten bei ihm eingegangen sind; bis dahin kann das erste Gericht die Akten zurückfordern und damit seine Sachherrschaft weiter ausüben; das Berufungsgericht dagegen kann eine ihm künftig erwachsende Herrschaft nicht vorwegnehmen. Daher endet die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz nicht schon dann, wenn bei ihm Berufung eingelegt wird. 27 Weil das Revisionsgericht nur mit der Rechtsfrage befasst ist, bleibt, wenn Revision eingelegt ist, das Tatgericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. 28 Mit der zurückverweisenden Entscheidung wird das Gericht zuständig, an das verwiesen wird. 29 Im Wiederaufnahmeverfahren (§ 112, 11) ist das Gericht zuständig, bei dem die Wiederaufnahme betrieben wird.
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Umstritten ist die Besetzung der mit der Sache befassten Spruchkörper (Rn. 14 ff.) bei der Haftentscheidung. Das erstinstanzlich verhandelnde Oberlandesgericht entscheidet zwischen Beginn und Ende der Hauptverhandlung in der für die Hauptverhandlung vorgesehenen Besetzung (§ 122 GVG), auch bei Entscheidung außerhalb der Hauptverhandlung. 30
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Fraglich ist, ob diese Lösung auf Spruchkörper mit Schöffen zu übertragen ist. 31 Diese entscheiden vor und nach 3 2 der Hauptverhandlung ohne Schöffen (§§ 30 Abs. 2, 76
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OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 9 7 , 1 0 4 ; OLG Düsseldorf StV 1993 4 8 2 ; SK/Paeffgen 5; KKJBoujong 10; MeyerGoßner 6; Eb. Schmidt Nachtr. I 10; a.A. Lobe/Alsberg § 124, III 4; Härtung § 124, 2b. Vgl. auch OLG Karlsruhe Justiz 1986 144. SYJPaeffgen 5; vgl. auch RGSt 3 4 2 2 ; OLG Düsseldorf MDR 1974 6 8 6 ; BGH StV 1998 143; Wendisch StV 1985 376. KG NStZ 2 0 0 0 4 4 4 ; OLG Zweibrücken StV 1988 70; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 9 7 , 1 0 4 ; SYJPaeffgen 5; vgl. auch BGH NJW 1996 2 6 6 5 ; OLG Köln OLGSt N. F § 126, 1.
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BGHSt 43 91 mit zust. Anm. Dehn NStZ 1997 607, krit. Anm. Foth NStZ 1998 2 6 2 und Katholnigg JR 1998 34; Ranft 658; Wankel 83; krit. LRJSiolek 25 § 30, 19 GVG; s. auch Sowada NStZ 2001 170 ff.; a.A. Bertram NJW 1998 2 9 3 4 . Eingehend dazu, mit beachtlichen Gründen anderer Ansicht als hier vertreten: LR/ Siolek25 § 30, 21 ff. GVG - beide Auffassungen haben gute Gründe für sich, können in der Praxis aber zu Problemen führen. Z.B. bei deren Aussetzung.
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Abs. 1 Satz 2 G V G ) . 3 3 Nach Beginn der Hauptverhandlung zwingt zwar nicht das Prinzip des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 G G ) zu einer Beteiligung der Schöffen 3 4 an einer Haftentscheidung. 35 Für deren Beteiligung aber jedenfalls an den Haftentscheidungen, die während der Hauptverhandlung getroffen werden, lässt sich wohl maßgeblich - anführen, sie seien insoweit gemäß § § 3 0 Abs. 1, 76 Abs. 1 Satz 1 G V G zur Entscheidung berufene Richter. 3 6 Das sollte - gleichgültig ob der die Haft betreffende Antrag in der Hauptverhandlung oder während einer Unterbrechung gestellt wird - auch dann gelten, wenn über den Antrag während einer anschließenden Unterbrechung entschieden werden soll (muss); eine Beteiligung der Schöffen 3 7 an der Entscheidung dürfte in der Regel ohne erhebliche praktische Schwierigkeiten 3 8 möglich sein, jedenfalls dann, wenn der Vorsitzende vorsorglich die Möglichkeit der Beteiligung durch entsprechende Terminierung und rechtzeitige Hinweise an die Schöffen, sich vorsorglich auch in der Zeit (kurzer) Unterbrechungen zur Verfügung zu halten, sicherstellt. Eine Unterbrechung der Hauptverhandlung bzw. ein Verschieben der Entscheidung auf einen Zeitpunkt außerhalb der Verhandlung, um ohne Schöffen zu entscheiden, wäre (als Umgehung) unzulässig. 39 Würde dennoch - ausnahmsweise - eine Beteiligung der Schöffen erhebliche Probleme aufwerfen, etwa bei einem Haftantrag während einer (längeren) Unterbrechung wegen Urlaubs (z.B. weite, extrem teure Anreise) oder wegen einer Erkrankung eines Schöffen, so dürfte auch eine Entscheidung ohne Schöffen zulässig sein. 4 0 17
In dringenden Fällen kann der Vorsitzende den Haftbefehl erlassen. Dringend ist der Fall, wenn das Kollegium nicht alsbald zusammengerufen 4 1 werden kann und die Gefahr 33 34
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H.M.; vgl. die Erl. zu § 30 GVG. Vgl. BVerfG NJW 1998 2962; s. auch OLG Jena StV 1999 101; OLG Hamburg JR 1998 169 mit abl. Anm. Katholnigg , Schlothauer StV 1998 144, Paeffgen NStZ 1999 78 und 2000 134; Sowada NStZ 2001 171 ff. Ausgen. Entscheidungen gemäß § § 120 Abs. 1 Satz 2, 268b. OLG Köln NStZ 1998 419 mit abl. Anm. Foth und zust. Anm. Siegert; Dehn NStZ 1997 607; vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1984 159; LG Gera NStZ-RR 1996 239 (zu § 230 Abs. 2); KK/Boujong § 126, 10; Meyer-Goßner § 126, 8; SKIPaeffgen § 126, 7; HK/Lemke § 126, 7; Kunisch StV 1998 687; Sowada NStZ 2001 169 ff.; Schlothauer/ Weider 802 ff.; Wanket 81 ff., 87; a.A. OLG Hamburg JR 1998 169 mit abl. Anm. Katholnigg, Schlothauer StV 1998 144 und Paeffgen NStZ 2000 134; OLG Jena StV 1999 101 mit abl. Anm. Paeffgen NStZ 2000 134; OLG Hamm StV 1998 388 (bei Unterbrechung); OLG Naumburg NStZ-RR 2001 347; OLG Schleswig NStZ 1990 198; OLG Hamburg MDR 1973 69 (für den Fall, dass zur Haftentscheidung Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren verwertet werden müssen, die in der Hauptverhandlung noch nicht erörtert wurden) - krit. dagegen LR/
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Wendisch24 § 126, 16; UUSiolek25 § 30, 22 GVG; Foth NStZ 1998 262; Bertram NJW 1998 2934; Kleinknecht/Janischowsky 155. Meyer-Goßner § 126, 8; KMRIWankel § 126, 7, 8; Wankel 80 ff., 87; Schlothauer/ Weider 802; Sowada NStZ 2001 169 ff.; Kunisch StV 1998 688; a.A. OLG Hamm StV 1998 388; OLG Naumburg NStZ-RR 2001 347; KKJBoujong §126, 10; Ranft 658. Vgl. zu diesen z.B.: Dehn NStZ 1997 607; Foth NStZ 1998 262 und 420; Katholnigg JR 1998 34; Siegert NStZ 1998 421; Schlothauer StV 1998 144; Bertram NJW 1998 2934; Kunisch StV 1998 687; Sowada NStZ 2001 169 ff. OLG Köln NStZ 1998 419; s. auch Dehn NStZ 1997 608. Ähnlich Katholnigg JR 1998 172 (differenzierend: abhängig vom Eilbedürfnis der Entscheidung); Meyer-Goßner § 126, 8; krit. UUSiolek15 § 30, 25 GVG; a.A. Foth NStZ 1998 421 (wg. Art. 101 GG); s. dagegen (für Schöffenbeteiligung) KMR/Wankel § 126, 7, 8; Wankel 88; Schlothauer StV 1998 144; Schlothauer/Weider 802; Sowada NStZ 2001 174; Linkenheil 235. Vgl. zur Verhinderung z.B. Sowada NStZ 2001 175; Dehn NStZ 1997 709; Schlothauer StV 1998 146.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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besteht, dass der Haftbefehl zu spät käme, wenn gewartet würde, bis das Kollegium zusammen wäre. Da das Gericht während der Hauptverhandlung versammelt ist, ist der Vorsitzende in diesem Prozessabschnitt grundsätzlich nicht zuständig. Ob ein Fall dringlich ist, entscheidet der Vorsitzende nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Erkennt er die Dringlichkeit, muss er den Haftbefehl auch erlassen, weil er sonst dessen Zweck vereiteln würde. Das „kann" gibt ihm kein freies Ermessen, sondern hat dieselbe Bedeutung wie in § 112 (§ 112, 74). Der Vorsitzende bedarf keiner Bestätigung durch das erkennende Gericht, muss es aber unterrichten. Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen abweichend entscheiden. 42 Erlässt der Vorsitzende in einem dringenden Fall (Absatz 2 Satz 2) einen Haftbefehl 18 und will er gleichzeitig dessen Vollzug aussetzen, bedarf er zum Aussetzen der Zustimmung der Staatsanwaltschaft (§ 126 Abs. 2 Satz 4). Erhält er sie nicht oder will er sie nicht beiziehen, hat er unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen (§ 126 Abs. 2 Satz 4 letzter Satzteil). Den Haftbefehl hat er gleichwohl alsbald zu erlassen. Der Vorsitzende ist nicht zuständig, einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls abzu- 1 9 lehnen, weil diese Entscheidung (in der Regel) nicht dringlich ist. Will er einen beantragten Haftbefehl nicht erlassen, hat er unverzüglich die Entscheidung des Gerichts einzuholen. 6. Zuständigkeitsverletzung. Eine Verletzung der in den §§ 125, 126 geregelten 2 0 Zuständigkeiten soll grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit (Nichtigkeit) der Haftentscheidung führen, falls jedenfalls ein Richter entschieden hat und nicht ein Fall von Willkür vorliegt. 43 Eine Korrektur eines solchen Fehlers, falls dieser nicht durch die weitere prozessuale Entwicklung überholt ist, kann durch Abgabe der Haftsache an den zuständigen Richter oder im Wege der Beschwerde erfolgen. 44
§ 126 (1) 1 Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren richterlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft oder auf die Aussetzung des Haftvollzugs (§ 116) beziehen, der Richter zuständig, der den Haftbefehl erlassen hat. 2 H a t das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist der Richter zuständig, der die vorangegangene Entscheidung erlassen hat. 3 Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann der Richter, sofern die Staatsanwaltschaft es beantragt, die Zuständigkeit dem Richter bei dem Amtsgericht dieses Ortes übertragen. 4 Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. 5 Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
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KKJBoujong 9; Eb. Schmidt Nachtr. I 10. Zum Vorsitz beim erweiterten Schöffengericht vgl. OLG Hamm MDR 1988 696. Vgl. BGHSt 41 72; s. auch BGHSt 42 343; KMR/Wanket § 126, 9; § 115, 9.
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Eingehend dazu Wankel 139 ff. mit Fallbeispielen; s. auch § 114, 31 ff.
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(2) 'Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. 2 Nach Einlegung der Revision ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. 3Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. 4In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen. (3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen. (4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.
Entstehungsgeschichte. S. zunächst Entstehungsgeschichte zu § 125. Die Vorschrift, dass der Vorsitzende die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen habe, wenn die Staatsanwaltschaft einer von ihm beabsichtigten Haftentlassung nicht zustimmt (Absatz 2 Satz 4), war früher mit der Anordnung versehen, dass die Entscheidung spätestens binnen 24 Stunden zu veranlassen sei. Die Richterbezeichnungen sind geändert durch Art. 1 Nr. 32 des 1. StVRG.
Übersicht Rn. 1. Weitere Entscheidungen und Maßnahmen 2. Vor Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 1 Satz 1 und 2) 3. Übertragung (Absatz 1 Satz 3) a) Übertragender Richter b) Voraussetzung der Übertragung . . . . c) Empfänger der Übertragung d) Folgen 4. Nach Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 2)
1 6 8 11 12 14
Rn. 5. Zuständigkeit des Vorsitzenden (Absatz 2 Satz 3 und 4) a) Maßnahmen b) Haftentlassung Beauftragter Richter Befugnisse des Revisionsgerichts (Absatz 3) Oberlandesgericht (Absatz 4) Zuständigkeit nach Rechtskraft
18 21 23 24 28 29
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1. Weitere Entscheidungen und Maßnahmen. Der Grundsatz des ξ 125 Abs. 2, dass je nach der Prozesslage das jeweils zuständige Gericht die Haftentscheidungen trifft, gewinnt namentlich Bedeutung für die weiteren richterlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die nach Erlass des Haftbefehls erforderlich werden und sich auf die Untersuchungshaft oder auf die Aussetzung des Haftvollzugs (§ 116) beziehen. „Diejenige Stelle, die den Haftbefehl erlassen hat, bleibt zunächst auch für die weitere Behandlung der Haftangelegenheit zuständig, jedoch rückt jede Stelle, an die nachfolgend der Prozess selbst gelangt, damit auch in die Zuständigkeit für die Haftangelegenheit ein" (Beling § 102 Nr. 8 Abs. 2). 1
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Danach ergeben sich für die einzelnen Verfahrensabschnitte die nachfolgend aufgeführten Zuständigkeiten. Diese werden auch nicht dadurch berührt, dass in der Sache früher ein höheres Gericht, sei es im Instanzenzug, sei es als Beschwerdegericht, entschie-
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Zum Verhältnis zu § 125 vgl. auch § 125, 4, 18.
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den hatte. Hat das Landgericht als Berufungsgericht einen Haftbefehl erlassen, und ist die Sache vom Revisionsgericht ans Amtsgericht zurückgewiesen worden, so kommen diesem die weiteren Entscheidungen zu. Hat das Landgericht auf Beschwerde gegen den Haftbefehl des Richters beim Amtsgericht den Vollzug der Untersuchungshaft ausgesetzt (§ 116 Abs. 1 bis 3), so entscheidet über den Widerruf der Aussetzung und über die Anordnung des Vollzugs (§ 116 Abs. 4) der Richter beim Amtsgericht, solange sich die Sache noch im vorbereitenden Verfahren (§§ 158 bis 177) befindet. Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft oder die Aus- 3 Setzung des Haftvollzugs beziehen, sind die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls und die Anordnung von Maßnahmen, die erwarten lassen, dass der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann (§116 Abs. 1 bis 3); die Aufhebung dieser Maßnahmen (§ 123 Abs. 1) und die Anordnung des Vollzugs des Haftbefehls (§ 116 Abs. 4); die Anordnungen über den Vollzug der Untersuchungshaft (§ 119 Abs. 6); die Aufhebung eines Haftbefehls (§ 120 Abs. 1 und 3); die Entscheidungen, die sich auf die Sicherheitsleistung beziehen (§116 Abs. 1 Nr. 4, § 116a Abs. 2, § 124 Abs. 2 und 3); die Ausschreibung zu Festnahme (§ 131); die Entscheidung über den Antrag auf Haftprüfung (§ 117 Abs. 1), die Anordnung von Ermittlungen im Haftprüfungsverfahren (§ 117 Abs. 3), die Bestellung des Verteidigers (§ 117 Abs. 4) und die Entscheidung im Haftprüfungsverfahren von Amts wegen (§ 117 Abs. 5); die Entscheidung nach mündlicher Verhandlung im Haftprüfungsverfahren (§ 118a Abs. 4). Die gleiche Zuständigkeit, die für diese Entscheidungen gegeben ist, besteht auch für 4 die nachfolgenden Akte: die Benachrichtigung (§ 114b Abs. 1); die Vernehmung nach Ergreifung (§ 115 Abs. 1); die mündliche Verhandlung bei der Haftprüfung (§ 118a Abs. 3); die Aktenvorlage nach § 122 Abs. 1. Für alle diese Entscheidungen und Akte gilt die gleiche Zuständigkeit; nur für den Vorsitzenden des Gerichts ergeben sich gewisse Besonderheiten. § 126 gilt auch für die Ungehorsamshaft (§ 230 Abs. 2, § 236). Für das Verfahren 5 nach vorläufiger Festnahme (§ 127) enthält § 128 eine Ergänzung, die jedoch an dem System der Zuständigkeit nichts ändert. 2. Vor Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 1 Satz 1 und 2 ) ist zuständig der 6 Richter beim Amtsgericht (vgl. § 125, 1 bis 5) und in Sachen, die nach § 120 Abs. 1 und 2 GVG zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gehören, der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs oder des Oberlandesgerichts (§ 125, 6), der den Haftbefehl erlassen hat (Satz 1). Zum Begriff s. § 125, 13. Hatte der Richter beim Amtsgericht es abgelehnt, einen Haftbefehl zu erlassen, und 7 hat dann ein Beschwerdegericht, sei es auf Beschwerde das Landgericht, sei es auf weitere Beschwerde das Oberlandesgericht, die Untersuchungshaft angeordnet, ist der Richter beim Amtsgericht zuständig, der die ablehnende Entscheidung getroffen hatte (Satz 2). Ebenso hat die Zuständigkeit der Ermittlungsrichter (§ 169), wenn auf Beschwerde das
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Oberlandesgericht (§ 120 Abs. 3 GVG i.V.m. § 73 Abs. 1 GVG) oder auf Beschwerde oder weitere Beschwerde der Bundesgerichtshof (§ 135 Abs. 2 GVG) die Untersuchungshaft angeordnet hatte. 3. Übertragung (Absatz 1 Satz 3) 8
a) Übertragender Richter. Im Bezirk des Richters beim Amtsgericht, der den Haftbefehl erlassen hat, wird in der Regel auch das Ermittlungsverfahren geführt und die Untersuchungshaft vollzogen werden. Davon sind aber Ausnahmen möglich, namentlich wenn ein Haftbefehl nach vorläufiger Festnahme (§ 127) oder von dem Richter bei dem Amtsgericht des Aufenthaltsorts, an dem kein Gerichtsstand begründet ist (§ 125 Abs. 1; § 125, 7), erlassen worden ist. Um für diese Fälle sicherzustellen, dass der sachnächste Richter beim Amtsgericht für die weiteren Entscheidungen zuständig ist, wird der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, ermächtigt, seine Zuständigkeit auf einen sachnäheren Richter zu übertragen, nämlich auf den Richter bei dem Amtsgericht des Orts, wo die Untersuchungshaft vollzogen wird. 2
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Ohne eine solche Übertragung geht die Zuständigkeit nicht über, namentlich nicht dadurch, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren an eine andere abgibt, selbst wenn sie den Verhafteten dabei mit überstellt. 3 Gibt jedoch der Generalbundesanwalt ein Verfahren nach § 142a Abs. 2, 4 GVG an die Landesstaatsanwaltschaft ab, erlischt die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs. Der zuständige Richter beim Amtsgericht kann dann auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Haftprüfung übernehmen. Aus Gründen der Klarheit wird jedoch der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs für zuständig erachtet, trotz Wegfalls seiner sachlichen Zuständigkeit auf Antrag des Generalbundesanwalts die Zuständigkeit für die weiteren richterlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft oder auf die Aussetzung des Haftvollzugs beziehen, auf den nach Absatz 1 Satz 3 zuständigen Richter beim Amtsgericht zu übertragen. 4 Wegen weiterer Folgen aufgrund der Abgabe des Ermittlungsverfahrens an die Landesstaatsanwaltschaft vgl. BGHSt 27 253; 2 9 2 0 2 (§ 114, 44).
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Sowohl nach dem Wortlaut der Vorschrift, der den übertragenden Richter nur als solchen, nicht aber als Richter beim Amtsgericht bezeichnet, als auch nach § 169 Abs. 1, wonach die im vorbereitenden Verfahren dem Richter beim Amtsgericht obliegenden Geschäfte, also auch die nach § 125 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Satz 1 und 3, durch den Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs wahrgenommen werden können, sind auch diese Richter schlechthin befugt, die Übertragung nach Satz 3 durchzuführen. Grundsätzlich wird das nicht dem Zweck entsprechen, der dazu geführt hat, das Institut der Ermittlungsrichter zu errichten. Im Einzelfall kann, namentlich wenn die Ermittlungen zu Ende gehen, die Übertragung sinnvoll sein, im Allgemeinen aber wird von der Ermächtigung kein Gebrauch gemacht werden.
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b) Voraussetzung der Übertragung ist ein Antrag der Staatsanwaltschaft; der Richter kann nicht von Amts wegen entscheiden. Bis zur Übertragung kann die Staatsanwaltschaft ihren Antrag zurücknehmen; danach ist eine Rücknahme wirkungslos. Dem Antrag ist, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, grundsätzlich stattzugeben. 5
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Weitergehend § 72 Abs. 6 JGG. KKJBoujong 3; SKJPaeffgen 3; a.A. OLG Hamburg Alsb. Ε 1 2 6 0 .
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BGH NJW 1973 476. KKJBoujong 5.
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c) E m p f ä n g e r der Ü b e r t r a g u n g . Die Übertragung ist zulässig auf
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den R i c h t e r bei dem Amtsgericht des O r t s , an dem das vorbereitende Verfahren der Staatsanwaltschaft ( § § 1 6 0 bis 1 7 0 ) geführt wird; den Richter bei dem Amtsgericht des O r t s , an dem die Untersuchungshaft vollzogen wird (Satz
3).6
D e r Richter, dem die Zuständigkeit übertragen werden soll, braucht nicht gehört zu werden und der Übertragung nicht zuzustimmen. E r k a n n die Ü b e r n a h m e nicht deshalb ablehnen, weil er die Übertragung für u n z w e c k m ä ß i g hält. J e d o c h wird ein Richter bei dem Amtsgericht, w o weder das vorbereitende Verfahren geführt n o c h die Untersuchungshaft vollzogen wird, durch die (irrtümliche) Übertragung nicht zuständig. A u f der anderen Seite verliert ein R i c h t e r beim Amtsgericht, dem die Zuständigkeit übertragen war, nicht später dadurch wieder seine Zuständigkeit, dass das Ermittlungsverfahren von einer anderen Staatsanwaltschaft ü b e r n o m m e n wird. D o c h k a n n er nun seinerseits die Zuständigkeit dem R i c h t e r bei dem Amtsgericht des O r t s übertragen, an dem das vorbereitende Verfahren geführt wird ( R n . 14). Unter diesen Voraussetzungen ist selbst eine R ü c k ü b e r t r a g u n g m ö g l i c h . 7
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d) Folgen. D u r c h die Übertragung erlischt die Zuständigkeit des Richters, der die Sache abgegeben h a t . 8 D e r R i c h t e r bei dem Amtsgericht des Ermittlungs- oder H a f t o r t s rückt an die Stelle des Richters, der den H a f t b e f e h l erlassen hat. E r erlangt damit die Befugnis, seinerseits die Zuständigkeit weiter zu übertragen, wenn sich der Ermittlungsoder der H a f t o r t ändert. D a s Gesetz, das auf die Z w e c k m ä ß i g k e i t abstellt, ist nicht dahin
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zu verstehen, dass die Übertragung nur einmal und nur von dem R i c h t e r ausgesprochen werden k ö n n t e , der den H a f t b e f e h l erlassen oder, wenn das Beschwerdegericht die Untersuchungshaft angeordnet hat, die vorausgegangene Entscheidung getroffen hatte. D e r neue R i c h t e r beim Amtsgericht ü b e r n i m m t die Verantwortung für die R e c h t mäßigkeit der Untersuchungshaft und der von seinem Vorgänger getroffenen Einzelregelungen. 9 D a h e r hat er von A m t s wegen über die Fortdauer der Untersuchungshaft zu entscheiden. Bis dahin besteht der ursprüngliche H a f t b e f e h l weiter. 1 0 H a t er diese Entscheidung getroffen, k a n n weiterhin nur diese Entscheidung angegriffen werden; anderenfalls werden für die Anfechtung die Entscheidungen des Richters, der die Zuständigkeit abgegeben hat, wie solche des Richters beim Amtsgericht behandelt, der die Zuständigkeit ü b e r n o m m e n h a t . 1 1 Wegen der Folgen des Zuständigkeitswechsels für Beschwerden s. § 114, 4 2 ff. und § 117, 2 2 ; wegen des Verfahrens nach § § 121, 1 2 2 s. § 1 2 2 , 4 .
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Wo Orte - etwa in Großstädten - in mehrere Gerichtsbezirke aufgeteilt sind, ist durch Rechtsverordnung festzulegen, welches Gericht zuständig ist (Satz 4 und 5). KK/Boujong 4; KMRJWankel 4; Meyer-Goßner 3; SYJPaeffgen 3. BGHSt 14 180; OLG Celle OLGSt § 126, 1; OLG Hamburg NJW 1966 606; KK/Boujong 3; Meyer-Goßner 3; SYJPaeffgen 3; Kleinknecht/Janischowsky 150; Seetzen NJW 1972 1889.
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BTDrucks. IV 178, S. 26. KK/Boujong 3; SK/Paeffgen 3; Kleinknecht/ Janischowsky 150. BGHSt 14 180; OLG München NJW 1957 760; OLG Hamburg NJW 1966 606; OLG Frankfurt NJW 1973 479; KKJBoujong 7; Kleinknecht!Janischowsky 151; Dünnebier MDR 1968 186; a.A. OLG Oldenburg NJW 1957 233; KG JR 1985 256; wohl auch SYJPaeffgen 4.
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4. Nach Erhebung der öffentlichen Klage (Absatz 2) ist das Gericht zuständig, das nach § 125 zum Erlass des Haftbefehls zuständig wäre, wenn noch keiner bestände. Betrifft der Haftbefehl mehrere Taten und wird ein Teil vorab angeklagt, so geht die Zuständigkeit nur insoweit über. 12 Wegen des Begriffs Klageerhebung s. § 125, 13. Wegen des Wechsels der Zuständigkeit des Beschwerdegerichts bei Klageerhebung s. § 125, 9. Zunächst zuständig wird auch das Gericht, bei dem - ohne Zuständigkeit in der Hauptsache - Anklage erhoben wurde. 13 Hat das Revisionsgericht das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung oder Kammer zurückverwiesen, ist dieser Spruchkörper das zuständige Haftgericht. 14 Zur Beteiligung der Schöffen an Haftentscheidungen vgl. § 125, 16.
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5. Zuständigkeit des Vorsitzenden (Absatz 2 Satz 3 und 4). Der Vorsitzende ist zuständig, einzelne Maßnahmen anzuordnen; er hat darüber hinaus die Befugnis, in gewissen Fällen Entscheidungen zu treffen, die zu einer Entlassung des Angeschuldigten führen.
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a) Maßnahmen. Alle nach § 119 erforderlichen Maßnahmen zum Zwecke des Vollzugs der Untersuchungshaft, mögen sie den Angeschuldigten belasten oder begünstigen, ordnet der Vorsitzende an. Die Maßnahmen nach § 119 sind aber nur ein Beispielsfall („insbesondere"). Die Aussetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft (§ 116 Abs. 1 bis 3) ist keine Maßnahme, wie der Gesetzestext ausdrücklich ergibt. Muss aber eine bei der Aussetzung vom Gericht angeordnete Maßnahme geändert werden (§ 116, 44 ff.), so fällt das in die Zuständigkeit des Vorsitzenden. Zu den Maßnahmen zählen auch die Benachrichtigung nach § 114b Abs. 1, die Änderung einer Sicherheit (§ 116a, 19), die Bestellung eines Verteidigers, soweit sie in § 117 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 142 Abs. 1 geregelt ist, Anordnungen nach den §§ 131 ff. und die Genehmigung zur Unterbrechung der Untersuchungshaft zur Strafvollstreckung. 15 Das mit der Sache befasste Gericht ist dagegen zuständig für die Beschlagnahme eines Briefes für das anhängige Verfahren. 16 Gegen Entscheidungen des Vorsitzenden ist nur die Beschwerde (§ 304) zulässig, nicht die Anrufung des Spruchkörpers. 17
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Der Vorsitzende kann die ihm gesetzlich übertragene Befugnis nicht auf das Gericht übertragen; er ist allein der gesetzliche Richter; das Gericht ist nicht zuständig. 18 Die
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LG Mannheim StraFo 2 0 0 5 379. OLG Düsseldorf MDR 1981 691; LG Lüneburg StV 1987 111; Meyer-Goßner 6. Siehe § 125, 15 (auch zur Zuständigkeit des Berufungsgerichts); BGH NJW 1996 2 6 6 5 ; KG NStZ 2 0 0 0 4 4 4 ; OLG Köln OLGSt N.F § 1 2 6 , 1 ; OLG Karlsruhe NStZ 1984 183; Justiz 1986 144; OLG Stuttgart NStZ 1990 141; OLG Zweibrücken StV 1988 70; LG Itzehoe SchlHA 1988 36 (zu Nr. 74 Abs. 2 Satz 2 UVollzO). OLG Düsseldorf JMB1NW 1996 138; MeyerGoßner 10; a.A. KKJBoujong 12; SYJPaeffgen 8; H K / L e m k e 8; AnwK-StPO/Lawmer 6; Kleinknecht/Janischowsky 156. Zur Zuständigkeit bei Überhaft OLG Hamburg StV 1993 489.
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OLG Schleswig bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1999 174. Vgl. BGHSt 4 4 82, 90. OLG Köln JMB1NW 1967 103; OLG Bremen Rpfleger 1968 3 9 7 ; OLG Hamm NJW 1969 1865; OLG Düsseldorf JMB1NW 1969 115; NJW 1982 1471; OLG Koblenz GA 1973 137; MDR 1978 693; NJW 1981 1570; OLG Karlsruhe NJW 1974 110; OLG Frankfurt StV 1988 536; OLG München StV 1995 140 mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238; OLG Rostock bei Paeffgen NStZ 2 0 0 6 142; SK/ Paeffgen 8; Meyer-Goßner 10; Veit MDR 1973 279; vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1985 603. Zum Vorsitz beim erweiterten Schöffengericht vgl. OLG Hamm MDR 1988 696.
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Gegenmeinung 1 9 hält es dagegen für unschädlich, wenn zwei weitere Richter mitwirken, einmal weil die Zuständigkeit des Vorsitzenden nur der Beschleunigung dienen solle, zum anderen weil die Entscheidung des Spruchkörpers eine höhere Gewähr der Richtigkeit verbürge. Diese Auffassung erscheint bedenklich. Sie ist mit dem Wortlaut der Vorschrift kaum vereinbar und ermöglicht problematische Abstimmungsergebnisse. Das Reichsgericht hat in anderem Zusammenhang (Entscheidung nach Richterablehnung) § 192 Abs. 1 G V G als verletzt angesehen, wenn ein Richter zuviel mitgewirkt hat. 2 0 Der Grundsatz muss auch dann gelten, wenn das Gesetz Entscheidungen dem Kollegium entzieht und dem Vorsitzenden zuweist; es darf nicht auch nur die Möglichkeit entstehen, dass der zuständige Vorsitzende von den unzuständigen Beisitzern überstimmt wird. Wird die Entscheidung des Spruchkörpers nicht angefochten, so wird sie bestandskräftig. Das Beschwerdegericht kann die Sache wegen der falschen Besetzung zwar an den Vorderrichter zurückverweisen 2 1 und wird das in der Regel tun, 2 2 braucht es aber nicht, sondern kann auch gleich in der Sache selbst entscheiden 2 3 (§ 3 0 9 Abs. 2).
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b) Haftentlassung. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende den Haftbefehl aufheben (§ 120 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1) oder seinen Vollzug aussetzen (§ 116 Abs. 1 bis 3). Ein dringender Fall liegt vor, wenn die Haftentlassung verzögert würde, falls das Kollegium zusammengerufen werden müsste (§ 125, 18). Der Vorsitzende bedarf der Zustimmung der Staatsanwaltschaft. Sie liegt stets in ihrem Antrag; ggf. wird der Vorsitzende ihr Gelegenheit geben, einen zu stellen. Da er die Staatsanwaltschaft dazu jedoch nicht zwingen kann, muss er, falls er die Haftentlassung beabsichtigt und kein Antrag der Staatsanwaltschaft vorliegt, deren Zustimmung erfragen, wenn er sie anhört (§ 33 Abs. 2). Die Staatsanwaltschaft hat ihre Erklärung unverzüglich abzugeben. Tut sie das nicht, kann der Vorsitzende die Sache schon vor Abgabe der Erklärung dem Gericht vorlegen und kann dieses schon vor Stellungnahme der Staatsanwaltschaft den Haftbefehl aufheben oder seinen Vollzug aussetzen. Solche Fälle sind grundsätzlich vermeidbar. Sind sie ausnahmsweise in Betracht zu ziehen, wird der Vorsitzende durch technische Vorkehrungen (Übersendung von Abschriften an die Staatsanwaltschaft) dafür Sorge zu tragen haben, dass die Akten dem Gericht zur Verfügung stehen.
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Der Vorsitzende kann, wenn die Zustimmung versagt wird, aufgrund der Argumente der Staatsanwaltschaft seine Ansicht ändern und von der zunächst beabsichtigten Entscheidung absehen. Beharrt er auf seiner Ansicht und will er demgemäß, dass die in Aussicht genommene, aber von der Staatsanwaltschaft beanstandete Maßnahme nunmehr vom Gericht angeordnet werde, so ist nach seiner Ansicht der Gefangene nunmehr zu Unrecht in Haft. Deshalb hat er unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizu-
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OLG Hamburg NJW 1965 2362; OLG Düsseldorf JMB1NW 1968 227; StV 1998 41; KKJBoujong 13; KMRJWankel 10; Wankel 73; HYJLemke 9; Kleinknecht/Janischowsky 157; vgl. auch OLG Dresden NStZ 2007 479; OLG Düsseldorf MDR 1985 603; AK/Krause 3 und Eb. Schmidt Nachtr. I 6. RGSt 49 11. OLG Bremen Rpfleger 1968 397; s. auch OLG Rostock bei Paeffgen NStZ 2006 142. OLG Düsseldorf JMB1NW 1969 115; s. auch OLG München StV 1995 140 mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238.
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H.M.; OLG Köln JMB1NW 1967 103; OLG Düsseldorf MDR 1985 603; JMBINW 1996 138; OLG Rostock bei Paeffgen NStZ 2006 142; OLG Schleswig bei Lorenzen/Döllel SchlHA 1999 174; a.A. OLG Frankfurt StV 1988 536 (Pflicht zur Zurückverweisung); einschränkend OLG München StV 1995 140 (keine Zurückverweisung nach Rechtskraft) mit Anm. Bringewat BewHi. 1995 238. S. auch die Erl. zu § 309.
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führen. Rechnet er mit einem Widerspruch der Staatsanwaltschaft, kann er die Entscheidung von Anfang an dem Gericht überlassen. Dann hat dieses die Staatsanwaltschaft zu hören (§ 33 Abs. 2), doch kann der Vorsitzende das Anhören für das Gericht übernehmen, ohne dass er zum Ausdruck bringt, ob er seine Entscheidung oder eine des Gerichts vorbereiten will. Der Vorsitzende hat die Entscheidung des Gerichts unverzüglich herbeizuführen. Nach früherem Recht hieß die Stelle: „unverzüglich, spätestens binnen 24 Stunden". Die Streichung, für die den Materialien keine Begründung zu entnehmen ist, soll ihn wohl freier stellen. Der Vorsitzende wird es jedoch auch weiterhin als seine Pflicht ansehen, die Entscheidung des Gerichts, auch an Feiertagen, innerhalb von 24 Stunden herbeizuführen. 23
6. Beauftragter Richter. Ist das zuständige Gericht ein Kollegialgericht und hat es außerhalb der Hauptverhandlung (vgl. § 125, 16) zu entscheiden, so ist es wohl nicht befugt, erforderliche Vernehmungen einem beauftragten Richter zu übertragen. 24 Es hat vielmehr ggf. vor dem Kollegium in Beschlussbesetzung zu vernehmen. Denn für die Entscheidung wird es häufig auf die Art und Intensität der Befragung und namentlich den persönlichen Eindruck vom Beschuldigten ankommen. Die Einrichtung des beauftragten Richters in der Strafprozessordnung ist auch nicht allgemein, sondern nur in einzelnen Bestimmungen (§ 173 Abs. 3, § 2 2 3 Abs. 1, § 2 3 3 Abs. 2, § 369 Abs. 1) geregelt. Diese Regelung erlaubt nicht den Rückschluss, dass auch im Falle des § 126 ein Kollegialgericht zur Vorbereitung seiner Entscheidung außerhalb einer mündlichen Verhandlung einen Richter beauftragen kann. In Jugendsachen kann der zuständige Richter die Entscheidungen, die die Untersuchungshaft betreffen, aus wichtigen Gründen sämtlich oder zum Teil einem anderen Jugendrichter übertragen (§ 72 Abs. 6 JGG).
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7. Befugnisse des Revisionsgerichts (Absatz 3). Dem Revisionsgericht fehlt wie zum Erlass des Haftbefehls (§ 125, 15) auch die Zuständigkeit für die weiteren Entscheidungen, die sich auf die Untersuchungshaft oder auf die Aussetzung des Haftvollzugs beziehen (Absatz 2 Satz 2). Nur für die Haftentlassung lässt das Gesetz eine Ausnahme zu, indem es dem Revisionsgericht die Befugnis zulegt, zusammen mit dem angefochtenen Urteil den Haftbefehl aufzuheben, wenn sich bei der Aufhebung des Urteils ohne weiteres, d.h. ohne weitere Ermittlungen ergibt, dass die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen (Absatz 3). 2 5
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Das Gesetz macht die Befugnis des Revisionsgerichts, den Haftbefehl aufzuheben, davon abhängig, dass dieses gleichzeitig das Urteil aufhebt. Das ist nicht sinnvoll, weil eine Verzögerung der Revisionsentscheidung zu unverhältnismäßiger Haftdauer 2 6 führen kann und andererseits die Tatsache der Aufhebung, etwa wenn eine Rüge der Verletzung des Verfahrensrechts durchschlägt oder wenn die Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten Revision eingelegt hatte, über den dringenden Tatverdacht und die Verhältnismäßigkeit nichts aussagt. In manchen Fällen, etwa bei Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen Urteile, die auf eine Geldstrafe, eine nicht freiheitsentziehende Maßregel oder eine kurze oder zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe erkannt haben, kann schon vor der Revisionsentscheidung oder auch wenn das Urteil nicht aufgehoben, die
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A.A. Wankel 76; Vorauflage (wird aufgegeben). Vgl. BTDrucks. IV 178, S. 27; BGH StV 1998 143; BGHSt 41 16; BGH StV 1995 414.
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Vgl. OLG Frankfurt StV 1988 536.
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Revision vielmehr verworfen und das Urteil rechtskräftig wird, offensichtlich werden, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt ist (§ 1 2 0 , 10 ff.) oder dass es nichts m e h r zu verdunkeln gibt (§ 1 2 0 , 8). Gleichwohl ist der W o r t l a u t des Gesetzes eindeutig. H e b t das Revisionsgericht das Urteil nicht auf, darf es auch den H a f t b e f e h l nicht aufheben. D a r a u s folgt auch, dass es grundsätzlich den Haftbefehl nicht früher aufheben darf als das U r t e i l . 2 7 Tritt die Notwendigkeit dazu während des Revisionsverfahrens, aber vor dem Urteil hervor, muss das Revisionsgericht unverzüglich das Instanzgericht umfassend informieren und dieses hat ebenso unverzüglich zu entscheiden. D a s Revisionsgericht braucht nach dem W o r t l a u t der Vorschrift den Haftbefehl - mit der Aufhebung des Urteils - nicht aufzuheben; es hat nur die Befugnis dazu. Indessen wird sich im Hinblick auf die nicht selten erhebliche Verfahrensdauer in Haftsachen w o h l auch nicht selten aus § 1 2 0 Abs. 1 eine Verpflichtung des Revisionsgerichts ergeben. Diese Vorschrift behandelt zwei Fallgruppen: Einmal (§ 1 2 0 Abs. 1 Satz 1) ist der H a f t b e f e h l aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht m e h r vorliegen, namentlich wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei weiterer Untersuchungshaft verletzt wäre. Hier k a n n eine Wertung erforderlich werden; daher k a n n es im Einzelfall sinnvoll sein, dem Revisionsgericht freizustellen, o b es den Haftbefehl selbst aufheben oder die Entscheidung dem Tatrichter überlassen w i l l ; 2 8 ist jedoch eindeutig die H a f t f o r t d a u e r nach § 1 2 0 A b s . l Satz 1 unzulässig, etwa z.B. weil eindeutig unverhältnismäßig, so reduziert sich das Ermessen des Revisionsgerichts auf null - es muss den Haftbefehl selbst aufheben.
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W i r d - die Fälle der anderen Gruppe - der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren nicht b l o ß vorläufig eingestellt, so ist der H a f t b e f e h l aufzuheben, ohne dass dem Gericht eine andere M ö g l i c h k e i t verbliebe (§ 1 2 0 Abs. 1 Satz 2 ) . D a s hat auch das Revisionsgericht zu beachten. Demzufolge hat es, wenn es den verhafteten Angeklagten freispricht (§ 3 5 4 Abs. 1), die Verpflichtung, den Haftbefehl aufzuheben. Dasselbe muss es tun, wenn es das Verfahren wegen eines nicht behebbaren Verfahrenshindernisses (§ 1 2 0 , 2 1 ) einstellt. 2 9 In diesen Fällen ergibt sich stets ohne weiteres, dass die Voraussetzungen des § 1 2 0 Abs. 1 vorliegen.
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8 . D a s Oberlandesgericht (Absatz 4 ) ist allein zuständig, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund die Durchführung der Hauptverhandlung n o c h nicht zulässt und die Fortdauer der H a f t rechtfertigt (§ 121 Abs. 1). D a s nach § 1 2 6 zuständige Gericht bleibt jedoch grundsätzlich auch während des Vorlageverfahrens nach den §§ 121, 1 2 2 mitzuständig, den Haftbefehl aufzuheben oder seinen Vollzug auszusetzen. 3 0
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K K / B o u j o n g 11; Meyer-Goßner 9; Kleinknecht/Janischowsky 159; a.A. BGH StV 1998 143; BGHSt 41 16 (ausnahmsweise Aufhebung vor Urteil bei Verfahrenshindernis möglich); OLG Frankfun StV 1988 536; SKJPaeffgen 11 (verfassungswidrig); Schlothauer/Weider 821; KMRJWankel 6; Wanke! 79. K K / B o u j o n g 11; Meyer-Goßner 9; a.A. SK!
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Paeffgen 11. Vgl. auch BGH NJW 1996 2665 (Aufhebung spätestens mit der Urteilsaufhebung). Vgl. BGH StV 1999 520 (Haftbefehl bleibt bei Einstellung bestehen, wenn unverzüglich neue Anklage zu erwarten). Vgl. § 122, 14, 28, 54 und die dortigen Nachweise.
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9. Zuständigkeit nach Rechtskraft. Nach Rechtskraft gibt es keine Untersuchungshaft. Hat das Gericht den Angeklagten freigesprochen, so muss es den Haftbefehl alsbald mit dem Urteilsspruch aufheben (§ 120 Abs. 1 Satz 2), also vor Rechtskraft. Ist der Angeklagte zu Freiheitsstrafe verurteilt worden, so hat sich die Untersuchungshaft nach h.M. mit der Rechtskraft in Strafhaft umgewandelt, der Haftbefehl wird damit gegenstandslos; das Gericht braucht ihn nach h.M. nicht aufzuheben, ist aber nicht gehindert, das zu tun (Vor § 112, 60 ff.). Zuständig dafür ist das Gericht der letzten Tatsacheninstanz (Rn. 16). Die Staatsanwaltschaft hat ihm die Akten auf Anfordern zuzuleiten, braucht das nach h.M. aber nicht von sich aus tun, wie sie nach h.M. auch nicht verpflichtet ist, von Amts wegen zu beantragen, den gegenstandslos gewordenen Haftbefehl aufzuheben.
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Dagegen ist der Haftbefehl zwar unbegründet, aber nicht gegenstandslos, wenn ein Urteil rechtskräftig wird, in dem nicht auf freiheitsentziehende Strafen oder Maßregeln erkannt, eine erkannte Freiheitsstrafe als durch die Untersuchungshaft verbüßt bezeichnet oder die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgesetzt wird. Ein solcher Haftbefehl ist auch nach Rechtskraft durch das Gericht der letzten Tatsacheninstanz (Rn. 16) aufzuheben (Vor § 112, 59).
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Des Weiteren kann nach Rechtskraft eine Entscheidung über eine Sicherheitsleistung notwendig werden (§ 123, 25; § 124, 28). Zuständig ist auch hierfür, weil die Entscheidung keine Vollstreckungsentscheidung ist, das mit der Sache zuletzt befasste Tatsachengericht, 31 gegebenenfalls also auch das Berufungsgericht (Rn. 16).
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Schließlich kann es notwendig sein, dass der Haftrichter noch eine Entscheidung gemäß § 119 trifft. Vgl. hierzu § 119,157.
§ 126a (1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 2 0 , 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. (2) J Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119, 123, 125 und 126 entsprechend. 2 Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen. (3) 'Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. 2 Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. 3 § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.
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Allg. M.; OLG Düsseldorf Rpfleger 1984 73; OLG Stuttgart Justiz 1984 213.
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(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1906 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.
Schrifttum Bohnert Untersuchungshaft und einstweilige Unterbringung, J R 2 0 0 1 4 0 2 ; C.Bohnert Unterbringungsrecht (2000); Gebauer/Jehle Die strafrechtliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Kriminologie und Praxis (KuP) Bd. 13 (1993); Jabel Die vorläufige Unterbringung nach § 126a StPO, KuP Bd. 13, S. 59; Laugwitz Untersuchung zur Anordnungspraxis des § 126a, Recht & Psychiatrie 2 0 0 5 67; Leygraf Unterbringungsbedingungen psychisch kranker Straftäter, Münchener Med. Wochenschrift 1 9 8 9 16; Möller Vorläufige Maßregeln, Diss. Bonn 1982; Pollähne Die einstweilige Unterbringung des § 126a StPO im Recht, Recht & Psychiatrie 2 0 0 2 229, 2 0 0 3 57; Schäfer Unzureichender Schutz des Beschuldigten im einstweiligen Unterbringungsverfahren nach § 126a StPO, Z R P 1 9 8 9 129; Schefßer Unterbringung gem. $ 126a StPO außerhalb der Einrichtung des Maßregelvollzugs? Recht & Psychiatrie 1998 92; Starke Die einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach der Strafprozeßordnung (1991); Volckart Reform des § 126a StPO ist überfällig, Recht & Psychiatrie 1988 4 0 ; den. Nochmals: Reform des § 126a StPO ist überfällig, Recht 8c Psychiatrie 1990 72; Westhoff Verfahren, Voraussetzungen und Zuständigkeiten einer Unterbringung nach § 126a StPO, §§ 63, 64 StGB, JA 1997 50; Winter Die vorläufigen Maßregeln im Strafprozeßrecht, Diss. Mannheim 1984.
Entstehungsgeschichte. Eingefügt durch Art. 2 Nr. 6 AGGewVerbrG. Die Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 1 StPÄG 1964 geringfügig geändert worden. Die Änderungen bezogen sich meist nur auf die Verweisungen, doch war diejenige auf § 120 Abs. 3 neu. Die Bestimmung handelte zunächst von der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit oder verminderten Zurechnungsfähigkeit. Im Anschluss an den Wortgebrauch der Neufassung des Strafgesetzbuchs sind diese Worte in Art. 21 Nr. 34 EGStGB 1974 durch Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit ersetzt und sind alle Anstalten aufgeführt worden, die nunmehr für eine Unterbringung dieses Personenkreises in Betracht kommen. Durch Art. 2 Nr. 1 a, aa des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt 1 wurde in Absatz 2 Satz 1 § 116 Abs. 3 und 4 sowie § 123 eingefügt, durch Nr. 2 a, bb wurde Satz 2 neu gefasst und schließlich durch Nr. l b Absatz 4 angefügt. Übersicht 1. 2. 3. 4. 5. 6.
1
Allgemeines Inhalt Verhältnis zu §§ 112, 112a . . Dringende Gründe Öffentliche Sicherheit Unterbringungsbefehl; Verfahren
Rn. 1 3 4
6 8 12
BGBl. I 2 0 0 7 S. 2327; zur Entstehungsgeschichte bzw. Reformvorschlägen s. auch BRDrucks. 318/07, BTDrucks. 16 5137, 16 1110 und 16 1344 sowie den Referenten-
Rn. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Anstaltsbezeichnung Vollzug Unterbringungsprüfung Aufhebung des Unterbringungsbefehls Umstellung Rechtsmittel
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16 17 . .
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entwurf des B M J vom 2 6 . 5 . 2 0 0 4 - vgl. Rundschreiben der BRAK Nr. 2 7 4 / 2 0 0 4 vom 2 . 6 . 2 0 0 4 ; Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 5 7 ff.
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1. Allgemeines. § 126a ist eine rein präventiv-polizeiliche Vorschrift. Sie dient nicht der Verfahrenssicherung, sondern allein der Gefahrenabwehr. Ihr Zweck ist ausschließlich, die Allgemeinheit vor weiteren erheblichen rechtswidrigen Taten eines Schuldunfähigen (§ 2 0 StGB) oder eines zumindest vermindert Schuldfähigen (§ 21 StGB) zu schützen (Vor § 112, 10). 2 Eine Verfahrenssicherung wird, soweit erforderlich, allenfalls als mittelbare Auswirkung 3 einer Unterbringung bewirkt. Da der Sicherungszweck der einstweiligen Unterbringung dem Zweck der endgültigen Unterbringung entspricht, nimmt die einstweilige Unterbringung den Zweck der Maßregel, die bei der bevorstehenden Verurteilung zu erwarten ist, in gleicher Weise vorweg wie die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ l i l a ) , die endgültige (§ 69 StGB) und das vorläufige Berufsverbot (§ 132a), das endgültige (§ 70 StGB) oder wie die „Untersuchungshaft" für Wiederholungstäter (§ 112a) den Sicherungsanteil vorwegnimmt, der der zu erwartenden Strafe (zwangsläufig) innewohnt. 4 In der StPO steht die Vorschrift systematisch falsch, 5 weil sie keine Repressivregelung ist. Daran ändert auch nichts, dass sich in der StPO weitere reine Präventivregelungen finden (§§ l i l a , 112a, 132a; Vor § 112, 8 ff.); all diese Vorschriften gehören systematisch in bereichsspezifische Präventivgesetze.6
2
Das Verfahren regeln § 126a, namentlich Absatz 2 und die dort genannten Vorschriften (Rn. 12 ff.); ergänzende Anordnungen enthalten die Nr. 59, 4 6 bis 5 5 RiStBV und die Nr. 14, 15, 88 ff. UVollzO. Zur Frage der Berücksichtigung einstweiliger Unterbringung bei der Fristberechnung gemäß § 121 siehe § 121, 12.
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2. Inhalt. Einstweilige Unterbringung ist die richterlich angeordnete Verwahrung eines Beschuldigten in einer speziellen Anstalt, falls er dringend verdächtig ist, als Schuldunfähiger oder erheblich vermindert Schuldfähiger eine rechtswidrige Tat, die einen Straftatbestand erfüllt, begangen zu haben, dringende Gründe dafür sprechen, dass eine Unterbringung (§§ 63, 64 StGB) angeordnet werden wird und die öffentliche Sicherheit die einstweilige Unterbringung erfordert. Formelle Voraussetzung der einstweiligen Unterbringung ist die richterliche Anordnung, verbunden mit einem Aufnahmeersuchen (Nr. 15 UVollzO). Materielle Voraussetzungen sind a) dringender Tatverdacht, b) dringende Gründe für die Annahme einer Schuldunfähigkeit oder zumindest erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten zur Tatzeit und c) für die Erwartung einer Unterbringung, d) Erforderlichkeit der einstweiligen Unterbringung im Interesse öffentlicher Sicherheit (Vor § 112, 10, 42). Die Vorschrift soll auch für Jugendliche anwendbar sein. 7 Die einstweilige Unterbringung gemäß § 126a geht grundsätzlich der Unterbringung nach Landesgesetz vor; 8 eine gleichzeitige Anwendung des Landesrechts
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H.M.; vgl. auch OLG Frankfurt NStZ 1985 2 8 4 ; KKIBoujong 1 („in erster Linie"); Pollähne Recht & Psychiatrie 2002 229 ff. Zur Praxis vgl. insbesondere Jabel KUP Bd. 13, 59; Laugwitz Recht & Psychiatrie 2 0 0 5 67 ff.; Porath KUP Bd. 13, 65 und Gebauerl Jeble KUP Bd. 13, 2 0 7 ff. (Diskussionsbericht). SK/Paeffgen 2; ähnlich Pollähne Recht &C Psychiatrie 2 0 0 2 231. OLG Frankfurt NStZ 1985 2 8 4 ; Starke 38; KKIBoujong 1; Meyer-Goßner 1; AK/Krause 1; Geppert Jura 1991 269.
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A.A. die h.M.; vgl. auch HYJ Lemke 1; LR/ Wendisch24 § 112a, 11; Möller 220 ff.; Winter § 124 ff., 158, 172; SK/Rudolphi § l i l a , 1 (Fremdkörper). Zur Vereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 5 EMRK vgl. Esser (Weg) 239, 2 4 5 ; LR7£sser Erl. zu Art. 5 EMRK. OLG Düsseldorf MDR 1984 6 0 3 ; KKIBoujong 1; Meyer-Goßner 1; krit. SK/Paeffgen 2. Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1984 71; KK/ Boujong 1; AKJKrause 2; Geppert Jura 1991 2 6 9 ; vgl. auch Möller 139 ff.
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kann jedoch erforderlich sein, wenn neben der Begehung neuer (Straf-)Taten weitere Gefahren drohen. 9 3. Verhältnis zu §§ 112, 112a. Weil im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 2 0 StGB) keine (schuldhafte) Tat im Sinne der §§ 112, 112a begangen werden kann, können diese Vorschriften beim Schuldunfähigen nicht angewendet werden. Der vermindert Schuldfähige (§ 21 StGB) jedoch kann eine Straftat begehen, so dass bei ihm die §§ 112, 112a und 126a grundsätzlich nebeneinander anwendbar sind. 1 0 Ist mit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder einer Entziehungsanstalt (§ 6 4 Abs. 1 StGB) nicht zu rechnen, bewendet es bei den §§ 112, 112a. Ist sie indessen zu erwarten, so sichert die einstweilige Unterbringung (mittelbar) zumeist auch dagegen, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entziehen (§ 112 Abs. 2 Nr. 2) oder weitere Straftaten begehen (§ 112a Abs. 1) werde, so dass neben der Unterbringung Untersuchungshaft wegen Flucht- und wegen Wiederholungsgefahr häufig nicht in Betracht kommen dürfte. Die einstweilige Unterbringung ist außerdem schon wegen der angemesseneren ärztlichen Betreuung des Beschuldigten der Haft, falls deren Voraussetzungen auch (§§ 112, 112a) erfüllt sind, vorzuziehen. 11 Beide Arten der Freiheitsentziehung können im Übrigen nicht nebeneinander vollzogen werden. 1 2
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Die einstweilige Unterbringung schützt aber zumeist nicht vor Verdunkelung ( § 1 1 2 Abs. 2 Nr. 3). Zwar wird auch während der einstweiligen Unterbringung der schriftliche und mündliche Verkehr mit der Außenwelt geprüft, jedoch grundsätzlich nur im Hinblick auf ärztliche Rücksichten und Belange und auf etwaige Gefahren, die drohen könnten, wenn der Untergebrachte weitere Verbrechen vorzubereiten in der Lage wäre. Für den Fall, dass die einstweilige Unterbringung nicht geeignet erscheint, vor Flucht-, Wiederholungs- oder Verdunkelungsgefahr zu schützen, könnte diesen Gefahren nun schon allein durch die Ausgestaltung des Vollzuges (§§ 126a Abs. 2, 119) begegnet werden 1 3 und diese Lösung ist für den Fall vermutlicher Schuldunfähigkeit (Rn.4) in Betracht zu ziehen. Für den Fall verminderter Schuldfähigkeit und paralleler Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 126a und §§ 112, 112a könnte die Lösung auch über den Erlass eines Haftbefehls neben dem Unterbringungsbefehl und die sinngemäße Anwendung der Regeln zur „Überhaft" gefunden werden. 1 4 Allerdings würde auch über diesen Weg nicht das Problem gelöst, dass manche Unterbringungsanstalten nicht in der Lage sind, die sich aus der Art des Überhaftbefehls 1 5 abzuleitende besondere Vollzugsgestaltung 16 zu realisieren.
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Ähnlich Starke 71 ff.; S K / P a e f f g e n 2; vgl. BGHSt 7 6 2 ; B G H N J W 1 9 6 7 6 8 6 ; landesrechtliche Nachweise bei Paeffgen (Kolloquium) 113 Fn. 3; Starke 6 8 . Vgl. auch Gebauer/Jehle KUP Bd. 13, 211 (Diskussionsbericht). SK/Paeffgen 3; KKJBoujong 2 ; Meyer-Goßner 2; vgl. aber Eb. Schmidt J R 1 9 7 0 2 0 4 . KG J R 1 9 8 9 4 7 6 ; KKJBou/ong 2; MeyerGoßner 2 ; SYJPaeffgen 3; Westhoff JA 1 9 9 7 51; Bohnert J R 2 0 0 1 4 0 3 ; C. Bohnert 2 9 6 ; vgl. auch Starke 3 3 , 3 4 ff.; BTDrucks. 7 4200. KG J R 1 9 8 9 4 7 6 ; KKJBoujong 2 ; SYJPaeffgen 3; Meyer-Goßner 2; Kleinknecht/]ani-
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schowsky 2 9 9 ; Münchhalffen/Gatzweiler 354. KKJBoujong 2, 7; Meyer-Goßner 9; SYJPaeffgen 3 (für Fälle des § 21 StGB); Münchhalffen/Gatzweiler 3 5 5 , 3 5 9 ; vgl. auch O L G Frankfurt N S t Z 1 9 8 5 2 8 4 ; K M R / W a n k e t 1; a.A. L R / W e n d i s c h 2 * § 1 2 6 a , 3; h¥J Krause 3; SYJPaeffgen 10 (bei mutmaßlicher Schuldunfähigkeit); Bohnert J R 2 0 0 1 4 0 3 .
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Bohnert J R 2 0 0 1 4 0 3 (für diesen Fall auch für getrennte Anfechtung); s. auch C. Bohnert 2 9 5 .
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Vgl. dazu auch Vor § 112, 5 0 ff.
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Vgl. dazu Bohnert J R 2 0 0 1 4 0 3 Fn. 13.
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4. Dringende Gründe. Voraussetzung für die einstweilige Unterbringung sind zunächst dringende Gründe sowohl für die Annahme, dass jemand eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen hat, als auch, dass deswegen seine endgültige Unterbringung angeordnet werde. Der Begriff der dringenden Gründe, die in Bezug auf die Tatbegehung und die endgültige Unterbringung verlangt werden, entspricht dem des dringenden Tatverdachts des § 112 (§ 112, 17). 1 7 Die dringenden Gründe müssen für die Annahme vorliegen, dass jemand eine rechtswidrige Tat im Zustande der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen habe und dass seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder einer Entziehungsanstalt (§ 64 Abs. 1 StGB) angeordnet werde. Die Unterbringung ist nach § § 6 3 ff. StGB anzuordnen, wenn vom Täter zufolge seines Zustandes oder seines Hanges (§ 64 StGB) erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er im Fall des § 63 StGB (Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt) deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.
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Die Vorschrift ist demgemäß nicht in allen Fällen des § 64 StGB anwendbar, weil diese Vorschrift auch bei Schuldfähigkeit zur Anwendung kommen kann, 18 während § 126a den dringenden Verdacht einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit verlangt. Ob die Voraussetzungen des § 20 oder nur die des § 21 StGB vorliegen, muss noch nicht konkretisiert sein. 19 Notwendig sind zwei Prognosen (Rn. 10). Die Prognose der Unterbringung bezieht sich auf die Unterbringungsvoraussetzungen des materiellen Strafrechts und hat auf den Zeitpunkt der späteren Urteilsfällung abzustellen. 20 Die zu erwartenden Taten müssen zwar nicht unbedingt von gleicher Art wie die Anlasstat sein; erforderlich ist aber nach § 63 StGB und demgemäß auch für § 126a StPO, dass die Anlasstat für die Gefährlichkeit des Täters symptomatisch ist, sich also gerade aus ihr (im Zusammenhang mit der psychischen Störung des Täters) auf die Folgetaten schließen lässt. 21
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5. Öffentliche Sicherheit. Auch wenn eine Unterbringung nach § § 6 3 und 64 StGB dringend zu erwarten ist, kann die einstweilige Unterbringung nur angeordnet werden, wenn die öffentliche Sicherheit die vorläufige Unterbringung erfordert. Das ist der Fall, wenn künftige gegen die Rechtsordnung gerichtete Handlungen mit bestimmter Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind; wenn durch sie der Bestand der Rechtsordnung unmittelbar bedroht wird; wenn wegen des Gewichts der Bedrohung eine sofortige Abhilfe für die Zukunft geboten ist, um den Bestand der Rechtsordnung aufrechtzuerhalten; und wenn dieses Ziel auf keine andere Weise als durch die Unterbringung zu erreichen ist. 22 Zur Prüfung dieser Voraussetzung muss das Gericht würdigen: die rechtswidrige Tat, die Anlass zu dem Verfahren gegeben hat; die Gesamtpersönlichkeit des Unterzubringenden und dazu seine Erkrankung und sein Vorleben; sowie endlich die Verhältnisse, in denen er lebt 2 3
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Die einstweilige Unterbringung ist nur zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert, die endgültige dagegen, wenn vom Täter erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind; bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63
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H.M.; a.A. Starke 110 (hinsichtlich Schuldunfähigkeit genüge überwiegende Wahrscheinlichkeit). Vgl. BGH NStZ 1991 277. Meyer-Goßner 4. KKJBoujong 3; SKJPaeffgen 5; AK]Krause 2; Eb. Schmidt Nachtr. I 9; Starke 111.
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Starke 111. Vgl. RGSt 73 304; OLG Tübingen DRZ 1949 210. BGH NJW 1951 450; AK/Krause 2.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 126a
S t G B zusätzlich, wenn der T ä t e r für die Allgemeinheit gefährlich ist ( R n . 6). Diese Voraussetzungen sind bei § § 6 3 ff. S t G B für den Z e i t p u n k t der V e r u r t e i l u n g 2 4 zu prüfen, es ist also der Standpunkt des Urteils insoweit vorwegzunehmen; die Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit sind dagegen für den Z e i t p u n k t zu prüfen, w o die Notwendigkeit hervortritt, den T ä t e r einstweilig unterzubringen, nachdem er eine rechtswidrige Tat begangen hat. Für den Zeitpunkt der Prognose ergeben sich damit keine Schwierigkeiten; ausschlaggebend für die Frage der öffentlichen Sicherheit ist allein der des § 1 2 6 a . 2 5 Freilich muss zusätzlich zu erwarten sein, dass das Verfahren zur Unterbringung führen werde. Aber diese Frage muss bejaht sein, ehe die über die öffentliche Sicherheit gestellt wird. Schwierigkeiten k ö n n t e n dagegen auf den ersten Blick auftauchen, weil zwischen den Begriffen der öffentlichen Sicherheit und der bei der Unterbringung nach § 6 3 S t G B in einem psychiatrischen K r a n k e n h a u s erforderlichen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit Unterschiede bestehen; der der Gefährlichkeit ist enger. D o c h lassen sich die beiden Begriffe verbinden: Die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit besteht nur, wenn die Unterbringung zu erwarten ist, weil der dringende Verdacht (§ 112, 17) besteht, dass (weitere erhebliche rechtswidrige Taten begangen werden und zudem) der T ä t e r (aus diesem Grunde) für die Allgemeinheit gefährlich sein wird. In Wirklichkeit ist in diesem Sonderfall also nicht auf die öffentliche Sicherheit schlechthin, sondern nur auf die abzustellen, die aus der Gemeingefährlichkeit begründet w i r d . 2 6
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D a s Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt auch für § 1 2 6 a ; 2 7 dies lässt sich bereits aus bestimmten in Absatz 1 genannten Voraussetzungen ableiten. Schon die Notwendigkeit dringender Gründe für die Erwartung einer endgültigen Unterbringung (§§ 6 3 , 6 4 S t G B ) beinhaltet ein Element des Ü b e r m a ß v e r b o t e s , nämlich die Gefahr künftiger erheblicher rechtswidriger T a t e n . Gemeint sind Taten, die geeignet sind, schweren Schaden anzurichten und (oder) den Rechtsfrieden erheblich zu s t ö r e n . 2 8 D a m i t scheiden bloße Selbstgefährdungen und leichtere Taten, namentlich solche, die nur „gemeinlästig" sind, a u s . 2 9 Eine weitere Abschichtung im Hinblick auf das Ü b e r m a ß v e r b o t erfolgt durch die Voraussetzung der Erforderlichkeit einer einstweiligen Unterbringung im Interesse öffentlicher Sicherheit. Diese k a n n fehlen, wenn weniger einschneidende M a ß n a h m e n auf anderer Rechtsgrundlage a u s r e i c h e n . 3 0 Eine bereits nach Landesrecht vollzogene Unterbringung steht einer M a ß n a h m e nach § 1 2 6 a jedoch nicht entgegen 3 1 (Rn. 3). Schließlich k a n n dem Verhältnismäßigkeitsprinzip über § 116 Abs. 3 entsprochen werden ( R n . 12, 13a).
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6 . Unterbringungsbefehl; Verfahren. D a s zuständige (§ 1 2 5 ) Gericht trifft die Anordnung in einem Unterbringungsbefehl. Die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung des G e r i c h t s . 3 2 D e r Ermessensspielraum ist jedoch dadurch, dass die Prüfung der Ver-
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BTDrucks. IV 650, 209. Eb. Schmidt Nachtr. I 11; KK/Boujong 3. Der terminologische Unterschied ist bedeutsam, wenn die Gefährlichkeit eine endgültige Unterbringung erfordert, die öffentliche Sicherheit jedoch keine einstweilige Unterbringung, weil ihr durch mildere Alternativen genügt werden kann. OLG Celle NStZ 1987 524 mit Anm. Paeffgen NStZ 1989 419; Bohnert JR 2001 403; h.M.; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 15. Vgl. auch BVerfGE 70 297.
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AK/Krause 2. AKJKrause 2. Meyer-Goßner 5. Meyer-Goßner 5; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 10 unter Hinweis auf BGHSt 12 50 und 17 123. SYJPaeffgen 7; Eb. Schmidt Nachtr. I 14; Starke 118; Möller 111; a.A. wohl Baumann Unterbringungsrecht (1966) 104; Benfer Grundrechtseingriffe (1982) 169.
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hältnismäßigkeit schon in der Prüfung der Regelungsvoraussetzungen erfolgt (Rn. 11) und § 116 Abs. 3, 4 entsprechend anwendbar ist, erheblich eingeschränkt; das Ermessen kann jedoch bei der Einschätzung der Gefährlichkeit (§ 63 StGB) eine Rolle spielen. 33 Auf den Unterbringungsbefehl finden die Ausführungen § 114, 3 ff. entsprechend Anwendung. Anstatt der (schuldhaften) Tat ist die rechtswidrige Tat, anstelle des dringenden Tatverdachts sind die dringenden Gründe für die Annahme der rechtswidrigen Tat einzusetzen. Wegen des Begriffs des dringenden Verdachts s. § 112, 17. Anstelle der Haftgründe sind die Gründe anzugeben, die die Annahme rechtfertigen, die öffentliche Sicherheit erfordere die einstweilige Unterbringung. Die Tatsachen dafür sind im Unterbringungsbefehl aufzuführen. § 114 Abs. 3 (Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit) soll für den Unterbringungsbefehl nicht gelten, weil § 112 Abs. 1 Satz 2 in § 126a Abs. 2 nicht aufgeführt sei. 34 Dies ist abzulehnen, weil nach h.M. das Verhältnismäßigkeitsprinzip (wie bei § 112) zu beachten und außerdem § 116 Abs. 3 anzuwenden ist (Rn. 13a). Denn - je nach Lage des Einzelfalles - ist es denkbar, dass (ähnlich wie im Verhältnis zwischen § 112 und § 116) im Interesse der öffentlichen Sicherheit die Erforderlichkeit der einstweiligen Unterbringung grundsätzlich zu bejahen, also die Anordnung zu treffen ist, mildere Alternativen (z.B. freiwillige, zuverlässige Behandlung in einer Landesklinik 3 5 oder sichere Unterbringung bei Angehörigen 3 6 nebst zuverlässiger ambulanter Behandlung) jedoch - wenn sie realisiert und überwacht werden - geeignet sind, dem öffentlichen Interesse zu genügen, so dass vom Vollzug der Anordnung abgesehen werden kann. 13
Wegen der Veranlassung der Entscheidung und des Anhörens der Beteiligten gilt grundsätzlich das zu § 114, 22 ff. Ausgeführte entsprechend; zu hören sind ggf. auch die in Absatz 4 Genannten. Im Hinblick auf die Schwierigkeit der erforderlichen Prognosen (Rn. 7, 10) wird in der Regel eine Begutachtung durch einen Sachverständigen unerlässlich sein; diese hat spätestens unverzüglich nach Anordnung der Maßnahme zu erfolgen. 3 7 Außerdem ist dem Beschuldigten im Hinblick auf seine besondere Hilf- und Schutzlosigkeit, unabhängig von den § § 1 1 7 Abs. 3, 140 Abs. 1 Nr. 5, 6, 7, über § 140 Abs. 2 unverzüglich ein Verteidiger zu bestellen; 38 nur so kann dem Rechtsstaats- und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG) wirklich entsprochen werden. Für die Bekanntmachung vgl. die Ausführungen zu § 114a; doch ist der Unterbringungsbefehl - wie auch andere Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 (Rn. 13b) - auch dem gesetzlichen Vertreter und dem Bevollmächtigten (§ 1906 Abs. 5 BGB) des Unterzubringenden bekanntzumachen (Absatz 4); ihm steht auch die Beschwerde (Rn. 20) zu. Des Weiteren sind § 114b und die §§ 115, 115a zu beachten (s. auch Rn. 17). Entsprechendes wie bei der Haft gilt auch für die Vollstreckung der einstweiligen Unterbringung (§ 114, 28 ff.), wenn auch bei dieser die Fälle der Überhaft, Doppelhaft und der Unterbrechung eine untergeordnete Rolle spielen; sie bleiben gleichwohl, namentlich bei vermindert Zurechnungsfähigen, denkbar. Für Abgeordnete (§ 114, 5) gelten im Vergleich mit der Untersuchungshaft keine Besonderheiten.
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S. auch SKJPaeffgen 7; Möller 112. UUWendisch24 9; Meyer-Goßner 7; KMR/ Wankel 5. SYJPaeffgen 8. Vgl. BGH NJW 1951 724. Ähnlich SYJPaeffgen 5; AYJKrause 2; Schäfer ZRP 1989 129; Starke 117; Möller 146;
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Pollähne Recht und Psychiatrie 2002 234; Westhoff JA 1997 52; vgl. auch BVerfGE 70 297. Ähnlich SYJPaeffgen 6; Schäfer ZRP 1989 129; Starke 130 ff.; Möller 117, 146; vgl. auch EuGHMR ZfStrVo 1993 53.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
Die ausdrückliche gesetzliche Regelung der Anwendbarkeit von § 116 Abs. 3 und 4 in Absatz 2 Satz 1 bedeutet zunächst, dass eine Aussetzung analog § 116 Abs. 1 und 2 nicht zulässig ist. 3 9 Zu § 116 Abs. 3 vgl. § 116, 2 8 , zu § 116 Abs. 4 vgl. § 1 1 6 , 4 4 ff.; die dort. Erl. gelten hier entsprechend. Die Anwendung von § 116 Abs. 3 ist unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des in Bezug genommenen § 1 1 2 a . 4 0 Außerdem ist § 123 analog anwendbar. Die Anwendbarkeit von § 124 ist nicht geregelt; die Vorschrift ist jedoch entsprechend anzuwenden, wenn eine Aussetzung nach ξ 116 Abs. 3 mit einer Sicherheitsleistung verbunden war - dies wird jedoch selten in Betracht kommen.
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G e m ä ß Absatz 4 sind alle Entscheidungen, also auch z.B. eine Ablehnung oder Aufhebung einer Unterbringung, eine Verschonung oder eine Entscheidung nach den §§ 123, 1 2 4 dem gesetzlichen Vertreter oder dem Bevollmächtigten nach § 1 9 0 6 Abs. 5 B G B bekanntzugeben.
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7. Anstaltsbezeichnung. Das Gericht hat die einstweilige Unterbringung „in einer dieser Anstalten" (psychiatrisches Krankenhaus, Entziehungsanstalt) anzuordnen. Es muss also in der Anordnung den Charakter der Anstalt ebenso zum Ausdruck bringen, wie es das Gericht bei der endgültigen Unterbringung im Urteil tut. 4 1 Der Staatsanwaltschaft obliegt die Vollstreckung (§ 3 6 Abs. 2). Welche Anstalt konkret für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung in Betracht kommt, ordnet die Landesjustizverwaltung durch einen Einweisungsplan (§ 14 UVollzO) an. Sie ist dabei durch den Sinn der einstweiligen Unterbringung gebunden. Dieser hindert sie nicht, auch auf die praktischen Bedürfnisse der Untersuchung Bedacht zu nehmen und aus diesem Grunde für die einstweilige Unterbringung eine andere Anstalt vorzusehen als für die endgültige. Das kann auch geboten sein, weil die vorläufige Unterbringung in erster Linie Sicherungszwecke verfolgt und nicht mit Sicherheit feststeht, dass es zu der endgültigen Unterbringung, mit der therapeutische Zwecke verfolgt werden, kommt und in welcher der beiden Anstalten.
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Demzufolge kann die Landesjustizverwaltung für den Regelfall allein ein psychiatrisches Krankenhaus vorsehen. Sie kann ausnahmsweise auch eine dem Gerichtsort näher als ein psychiatrisches Krankenhaus gelegene Untersuchungshaftanstalt mit psychiatrischer Abteilung bestimmen. 4 2 Grundsätzlich geht jedoch der Vollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus (wegen der meist besseren medizinischen Möglichkeiten) vor. 4 3 Die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ist nach Nr. 8 9 Abs. 2 Satz 1 UVollzO für
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Z u Rechtsprechung und Literatur vor Einfügung des § 116 Abs. 3, 4 vgl.: O L G Celle N S t Z 1 9 8 7 5 2 4 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 8 9 4 1 9 ; LG Hildesheim StV 2 0 0 1 5 2 1 ; LG Kiel StV 2 0 0 3 5 1 3 ; SYJPaeffgen 8; A K / K r a u s e 6; Münchhalffen/Gatzweiler 3 5 6 ; Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 5 9 ; Volckart Recht & Psychiatrie 1 9 9 0 7 2 ; a.A. LG Zweibrücken VRS 1 0 6 ( 2 0 0 4 ) 2 9 8 ; KKJBoujong 5; K M R / W a n k e l 4 ; Meyer-Goßner 10; Schlüchter 2 8 7 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 17; Starke 1 2 8 ff.; Geppert Jura 1 9 9 1 2 7 2 . Vgl. auch O L G Celle NdsRpfl. 1 9 9 5 2 7 5 (zutreffend: keine Außervollzugsetzung mit der Maßgabe, dass der Beschuldigte in der Anstalt verbleibt, dort aber Maßnahmen gelockert werden).
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BTDrucks. 16 5 1 3 7 S. 2 8 . KKJBoujong 6; SYJPaeffgen 7; A K / K r a u s e 5.
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Vgl. O L G H a m m SJZ 1 9 5 0 2 1 3 mit abl. Anm. Eb. Schmidt-, StV 2 0 0 5 4 4 6 (auch zur Frage Einzel-/Sammeltransport); N S t Z - R R 2 0 0 6 2 9 ; KMRJWankel 5; A K / K r a u s e 5; Härtung SJZ 1 9 5 0 5 1 6 ; a.A. Meyer-Goßner 9; Scheffler Recht & Psychiatrie 1 9 9 8 9 7 ; Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 5 8 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 12.
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Vgl. O L G H a m m StV 2 0 0 5 4 4 6 ; N S t Z - R R 2 0 0 6 2 9 ; KKJBoujong 6; SYJPaeffgen 9; Meyer-Goßner 9 (Vollzug in Haftanstalt unzulässig); s. auch Nr. 5 7 UVollzO.
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höchstens 24 Stunden und nur dann zulässig, wenn der Verhaftete nicht sofort in die zuständige Anstalt überführt werden kann. 4 4 Benennt die Landesjustizverwaltung eine einzige Anstalt, dann ergeben sich keine Schwierigkeiten: Der Richter muss sich dieser Anstalt genauso bedienen wie des Gerichtsgebäudes, das die Landesjustizverwaltung ihm, oder der Untersuchungshaftanstalt, die sie ihm für die Untersuchungsgefangenen zur Verfügung stellt. Er braucht die konkrete Anstalt im Unterbringungsbefehl nicht zu bezeichnen. Werden indessen im Vollstreckungsplan (§ 22 StVollstrO) mehrere Anstalten benannt, dann ist es nach § 119 Abs. 6 Aufgabe des Richters, die Anstalt auszuwählen, 45 und nicht Sache der Vollstreckungs- oder gar der Vollzugsbehörde. Denn der Richter bestimmt, unabhängig von der Untersuchungshaftvollzugsordnung, alles, was in Bezug auf die Untersuchungshaft und die einstweilige Unterbringung nicht vom Gesetz selbst geregelt ist. Sieht der Vollstreckungsplan keine Anstalt für die einstweilige Unterbringung vor, ist der Richter nur durch den Sinn der einstweiligen Unterbringung gebunden, sonst aber in der Auswahl der Anstalten frei. Er wird sich dabei an Nr. 89 Abs. 1 Satz 1 UVollzO halten. Steht in den vorbehandelten Fällen dem Richter die Bestimmung der Anstalt zu, nimmt er sie im Unterbringungsbefehl vor. Er kann die unterlassene Bestimmung durch Beschluss nachholen; dies können auch die Beschwerdegerichte tun. 16
8. Vollzug.46 § 119 regelt die Ausgestaltung des Vollzugs. 47 Nach dem Zweck der einstweiligen Unterbringung richten sich auch die erforderlichen Beschränkungen. 48 Auch hier gilt, wie bei der Untersuchungshaft, grundsätzlich, dass nur diejenigen die Freiheit des Betroffenen beschränkenden Maßnahmen zulässig sind, die unerlässlich sind, um die Unterbringung ihrem Zweck entsprechend zu realisieren; dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (insbesondere Vorrang milderer Maßnahmen) zu beachten. Dies bedeutet z.B.: in der Regel: Einzelunterbringung in einem Raum menschenwürdiger Größe und Ausstattung. Schriftlicher und mündlicher Verkehr des Untergebrachten mit der Außenwelt können soweit erforderlich kontrolliert werden. Dabei dürfen auch Maßnahmen gegen Flucht-, Wiederholungs- und Verdunkelungsgefahr getroffen werden (Rn. 5). Auch wenn einstweilige Unterbringung und Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel nach § 64 StGB zusammentreffen, unterliegt der Betroffene beim Maßregelvollzug den Beschränkungen, die der Unterbringungszweck erfordert. 49 Grundsätzlich zulässig ist die Beobachtung des Untergebrachten; dies folgt bereits aus § 81 StPO. Erforderlich ist jedoch eine zusätzliche Anordnung nach dieser Vorschrift; 50 § 140 Abs. 1 Nr. 6 ist zu beachten. Eine zwangsweise Verfolgung von Besserungszielen wird von § 126a nicht gedeckt. 51 Zulässig dürfte jedoch eine zwangsweise Behandlung sein, soweit sie sich im Rahmen der ggf. analog anzuwendenden Vorschriften des StVollzG hält. 5 2
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Vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2 0 0 6 29; Scheffler Recht &c Psychiatrie 1998 97; Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 58. KKJBoujong 6; SYJPaeffgen 9; Meyer-Goßner 7.
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Eingehend dazu Pollähne Recht 8c Psychiatrie 2 0 0 3 64 ff. (auch zur Anwendbarkeit des Maßregelvollzugsrechts der Länder, zur Praxis und namentlich zur Zulässigkeit einzelner Maßnahmen). LG Kiel StV 2 0 0 3 516. S. auch OLG Celle NdsRpfl. 1995 275 (Lockerung von Maßnahmen).
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OLG Frankfurt NStZ 1985 2 8 4 . Starke 134. Starke 134. Zu Einzelfragen s. z.B.: Schwind/Böhm/ Jehle/Koepsel § 178, 2 StVollzG; AK/Krause § 126a, 5; Starke 141; Baumann (Unterbringungsrecht) 104; Baumann NJW 1980 1873; Benfer (Grundrechtseingriffe) 4 5 8 ; Rüping J Z 1982 744; Volckart Maßregelvollzug (1984) D.O.5.I.; krit. Pollähne Recht &c Psychiatrie 2 0 0 3 71 ff.; s. auch OLG Hamm Recht & Psychiatrie 2 0 0 2 188 mit Anm. Wagner.
Hans Hilger
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Insgesamt wirft der Vollzug zu § 126a viele Fragen auf; 5 3 es bleibt zu hoffen, dass eine zukünftige gesetzliche Vollzugsregelung (dazu Vor § 112, 71 ff.) insoweit klare Verhältnisse schaffen wird. 9. Unterbringungsprüfung. Da die Unterbringung nur einstweilig ist, ist wie bei der 1 7 Untersuchungshaft (§ 117, 1; § 120, 5) grundsätzlich fortlaufend zu prüfen, ob die dringenden Gründe für die Annahme der rechtswidrigen Tat und die Erwartung weiterer solcher Taten (Rn. 6) noch vorliegen und ob die öffentliche Sicherheit (Rn. 8) es noch erfordert, den Beschuldigten einstweilig unterzubringen - oder z.B. Alternativen ausreichen. Doch kommt der fortlaufenden Prüfung hier in der Praxis insofern eine eingeschränkte Bedeutung zu, weil der Zustand, der die Unterbringung erfordert, häufig nur wenigen Veränderungen unterliegen wird. 5 4 Ist das indessen nach der Art der Erkrankung der Fall („Schübe" bei Schizophrenie), ist ein Sachverständiger zur Prüfung zuzuziehen. Um die Prüfung zu gewährleisten, finden die Vorschriften über die Vorführung des Festgenommenen zum Richter (§§ 115, 115a) und über die Haftprüfung (§§ 117 bis 118b) entsprechende Anwendung (Absatz 2 Satz 1). Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 126. Außerdem ist gemäß §§ 121, 122 (Absatz 2 Satz 2) 5 5 zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer einstweiligen Unterbringung (Rn. 6 ff.) noch vorliegen. Die Erl. zu Voraussetzungen und Verfahren nach diesen Vorschriften (§ 121, 10 bis 25, 45 ff.; § 122, 1 ff.) gelten insoweit entsprechend. In geeigneten, namentlich zweifelhaften Fällen (s. auch Rn. 12 ff., 17), etwa wenn die letzte Begutachtung schon einige Zeit zurückliegt, haben das Gericht oder die Staatsanwaltschaft ein Gutachten einzuholen und dem OLG vorzulegen.
17a
10. Für die Aufhebung des Unterbringungsbefehls (Absatz 3) gilt das zu § 120 Ausgeführte entsprechend. 56 Bei Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens (§§ 204, 120 Abs. 1) z.B. liegen die Voraussetzungen in der Regel nicht mehr vor; anderes kann aber gelten, wenn die Eröffnung nur wegen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) abgelehnt wird, aber die Durchführung eines Sicherungsverfahrens (§§ 413 ff.) zu erwarten ist. 57 Der auch für die Dauer der Untersuchungshaft bedeutsame Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann für die Frage der Dauer der einstweiligen Unterbringung kaum eine Rolle spielen, weil die im Verfahren angestrebte Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt für unbestimmte Zeit, wenn auch regelmäßig mit gesetzlich bestimmter Höchstdauer (§ 67d Abs. 1 StGB), ausgesprochen werden muss. Demzufolge ist § 120 Abs. 1 Satz 1 in § 126a nicht wiederholt. 58 Aber auch der Gedanke, dass ein Verhafteter nach angemessener Zeit entweder seine Hauptverhandlung haben oder aber entlassen werden muss, der in § 121 Abs. 1 und 2 zum Ausdruck kommt, muss weitgehend zurücktreten,59 wenn auch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK (Vor § 112, 35, 43; § 120, 16; § 122, 41) zu beachten ist. 60 Mit Rechtskraft des
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Eingehend dazu Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 58 ff.; s. auch BVerfG NJW 2 0 0 6 1116 (Einsicht in Krankenunterlagen? - dort bei Vollzug gemäß § 63 StGB). Krit. dazu Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 61. S. auch Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 59. S. auch Pollähne Recht & Psychiatrie 2 0 0 3 63.
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LRJRieß15 § 2 0 4 , 13a. Vgl. Schlüchter 287. OLG Nürnberg N S t Z 1982 297. Zur grundsätzlichen Geltung des Beschleunigungsprinzips s. OLG Celle NdsRpfl. 2 0 0 2 369; OLG Koblenz StraFo 2 0 0 6 326 (Aufhebung bei Verletzung des Beschleunigungsprinzips); 2 0 0 7 2 0 0 .
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§127
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Urteils, das eine endgültige Unterbringung anordnet, beginnt deren Vollzug; 61 die Überlegungen Vor § 112, 57 ff. gelten sinngemäß. 19
11. Umstellung. Ein Unterbringungsbefehl kann in einen Haftbefehl, ein Haftbefehl in einen Unterbringungsbefehl umgewandelt werden, wenn sich die Beurteilung der Zurechnungsfrage ändert (vgl. §§ 80a, 246a). 6 2 Die Änderung kann auch das Beschwerdegericht vornehmen 63 (Rn. 20). Vor der Umwandlung ist rechtliches Gehör zu gewähren. S. auch § 121, 12.
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12. Rechtsmittel. Der Erlass des Unterbringungsbefehls, seine Ablehnung, die Umwandlung in einen Haftbefehl, die Umwandlung eines Haftbefehls in eine einstweilige Unterbringung sowie die Ablehnung der jeweiligen Umwandlung können mit Beschwerde (§ 304) und weiterer Beschwerde (§ 310) angefochten werden; 6 4 denn es handelt sich um unterschiedliche Freiheitsentziehungen mit unterschiedlichen Konsequenzen. Im Übrigen gelten die Ausführungen in § 114, 38 ff. entsprechend. Für die Anfechtung von Vollzugsmaßnahmen gelten die Ausführungen zu § 119 (§ 119, 153 ff.) entsprechend.
§ 127 (1) 1 Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung festzunehmen. 2 Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs. 1. (2) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläufigen Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls vorliegen. (3) 1Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht gestellt ist. 2 Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist. Schrifttum Achenbach Vorläufige Festnahme, Identifizierung und Kontrollstelle im Strafprozeß, JA 1 9 8 1 6 6 0 ; Albrecht Das Festnahmerecht jedermanns nach § 1 2 7 Abs. 1 StPO, Diss. Kiel 1 9 7 0 ; Arzt Z u m privaten Festnahmerecht, FS Kleinknecht 1; Benfer Grundrechtseingriffe im Ermittlungsverfahren ( 1 9 8 2 ) ; ders. § 1 2 7 I Satz 2 StPO - eine strafprozessuale Personalienfeststellung, Die Polizei 1 9 7 8 2 4 9 ; ders. Die „Jedermann-Bestimmung" des § 1 2 7 I StPO, M D R 1 9 9 3 8 2 8 ; Boehm Das Recht zur vorläufigen Festnahme, J R 1 9 2 5 4 9 1 ; Borchert Die vorläufige Festnahme nach § 1 2 7 StPO, J A 1 9 8 2 3 3 8 ; Bottke Berücksichtigung kinderdeliquenten Vorverhaltens, FS Geerds 2 6 3 ; Deckers Verteidi-
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O L G H a m m OLGSt § 6 7 e StGB S. 3, 5; Meyer-Goßner 13; AKJKrause 1.
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YXJBoujong 9; h . M . ; krit. Bohnert J R 2 0 0 1 403. O L G Bremen J Z 1 9 5 1 4 6 5 ; KG J R 1 9 8 9 4 7 6 . H . M . ; s. auch Bohnert J R 2 0 0 1 4 0 4 ; Pol-
63 64
418
lähne Recht &c Psychiatrie 2 0 0 3 59, 7 4 ; a.A. Kleinknecht/Janischowsky 3 0 3 (keine weitere Beschwerde gegen Umwandlung). S. auch O L G Düsseldorf M D R 1 9 9 5 9 5 0 (anzufechten ist die jeweils letzte Entscheidung); $ 117, 15; § 114, 3 3 .
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 127
gung beim ersten Zugriff der Polizei, NJW 1991 1151; Fincke Darf sich eine Privatperson bei der Festnahme nach § 127 StPO irren? GA 1971 41; ders. Das Risiko des privaten Festnehmers, JuS 1973 87; Geerds Festnahme und Untersuchungshaft bei Antrags- und Privatklagedelikten, GA 1982 237; ders. Strafprozessuale Personenidentifizierung, Jura 1986 7; Geppert Vorläufige Festnahme, Verhaftung, Vorführung und andere Festnahmearten, Jura 1991 269; Hansen Die polizeiliche Fesselung von Personen am Beispiel der Fesselung zur Beweismittelsicherung im Strafverfahren, Die Polizei 1990 137; Hirsch Rechtfertigungsfragen und Judikatur des Bundesgerichtshofs, FS II BGH Bd.IV 199; Hoffmann/Wißmann Zur Fesselung von Untersuchungsgefangenen, StV 2001 706; Karamuntzos Die vorläufige Festnahme bei Flagrantendelikten, Diss. Bonn 1954; Kargl Inhalt und Begründung der Festnahmebefugnis nach § 127 I StPO, NStZ 2000 8; Kramer „Jedermann" nach § 127 Abs. 1 StPO: Staatsanwälte und Polizeibeamte? MDR 1993 111; Krause Vorläufige Festnahme von Strafunmündigen nach § 127 Abs. 1 StPO? FS Geerds 489; Krüger Grund und Grenzen der Festnahmebefugnis des Betreibers einer SB-Tankstelle gegenüber zahlungsunwilligen und/oder -unfähigen Kunden, NZV 2003 220; Kurth Identitätsfeststellung, Einrichtung von Kontrollstellen und Gebäudedurchsuchung, NJW 1979 1377; Marxen Zum Begriff der frischen Tat in § 127 Abs. 1 StPO, FS Stree/Wessels 706; Meincke Betreffen oder Verfolgen auf frischer Tat als Voraussetzung der vorläufigen Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO, Diss. Hamburg 1963; Naucke Die Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) für die Befugnis zur vorläufigen Festnahme (§ 127 StPO), SchlHA 1966 97; ders. Das Strafprozeßänderungsgesetz und die vorläufige Verhaftung (§ 127 StPO), NJW 1968 1225; Nelles Ein „kleines U-Haft-Recht" für Polizei und Staatsanwaltschaft? StV 1992 385; Nix Vorläufige Festnahme und verbotene Vernehmungsmethoden gegenüber Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, MSchrKrim. 1993 183; Pawlik Das Festnahmerecht Privater, Diss. Würzburg 1961; Schlüchter Kein Recht zur Beweisvernichtung nach einem potentiellen Selbstbedienungsladendiebstahl, JR 1987 309; Schmidt/Schöne Zwangsmitteleinsatz im Rahmen des § 127 II StPO, NStZ 1994 218; Schubert Die vorläufige Festnahme, Diss. Frankfurt 1968; Seebode Das Recht zur Festnahme entwichener Strafgefangener, FS Bruns 487; Streng Kindliche Deliquenten im Ermittlungsverfahren, FS Gössel 501; Verrel Kinderdeliquenz - strafprozessuales Tabu? NStZ 2001 284; Zimmermann Über die vorläufige Festnahme durch Private und Wachen, GA 30 (1882) 404.
Entstehungsgeschichte. Durch Art. 2 Nr. 7 AGGewVerbrG wurden in Absatz 2 die Worte „oder eines Unterbringungsbefehls" eingeführt. Durch Art. 21 Abs. 35 EGStGB 1974 sind Absatz 3 Satz 1 ohne inhaltliche Änderung neu gefasst und Satz 2 (Ermächtigung und Strafverlangen) angefügt worden. Durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung v o m 14.4.1978 - StPÄG 1978 - ist in Absatz 1 Satz 1 das Wort „Persönlichkeit" durch „Identität" ersetzt, Satz 2 eingefügt und in Absatz 2 das Wort „Polizeibeamte" durch die Worte „Beamten des Polizeidienstes" ersetzt worden. 1
Übersicht Rn.
Rn.
I. Vorbemerkungen 1. Inhalt a) Allgemeines b) Absatz 2 c) Absatz 1 d) Verfolgungshindernisse 2. Abgrenzung
1
3. Rechtsfolgen
2 3 4 5
Die Wonänderungen in Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 sind Anpassungen an den Wortlaut
Π. Festnahme auf frischer Tat (Absatz 1) 1. Tatbegriff 2. Verdachtsgrad 3. Frische Tat 4. Betreffen und Verfolgen
6 7 9 13 14
anderer Vorschriften (z.B. § 163b Abs. 1 Satz 1).
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§ 127
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Rn.
5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Festnahmegründe Fluchtverdacht Fehlender Identitätsnachweis Identitätsfeststellung Festnahmeberechtigte Festnahme Festnahmemittel Kraftfahrer als Täter Form
Rn.
18 21 22 25 26 28 29 32 33
ΙΠ. Festnahme bei Gefahr im Verzug (Absatz 2) 1. Gefahr im Verzug 2. Voraussetzungen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls
3. Festnahmeberechtigt 4. Festnahme IV. Freilassung 1. Absatz 1 2. Absatz 2 V. Rechtsbehelf 1. Rechtsschutzsystem des Haftrechts . . 2. Feststellung der Rechtswidrigkeit . . . VI. Strafantrag, Ermächtigung (Absatz 3) 1. Grundsatz 2. Antragsdelikte 3. Ermächtigung und Strafverlangen . . .
35
40 43 44 45 46 47 49 50 51
37
Alphabetische Abgabenordnung 5 , 4 1 Abgeordnete 4 Anfechtung 46 ff. Antragsdelikte 49 Dringender Tatverdacht 9 ff. Ermächtigung 51 Festnahmebefugte 13 ff., 16, 25, 26, 31, 40 ff. Festnahmegründe 18, 20 Festnahmemittel 28, 29 ff. Festnahmezwecke 1, 3, 5 Fluchtgefahr 21 Freilassung 44 Frische Tat 13 Gefahr im Verzug 35 Hauptverhandlungshaft 5, 37 Identitätsnachweis 2 2 , 2 5 Irrtumsfragen 10 ff. Kinder 8
Übersicht Nachtzeit 34, 43 Notwehr 5, 6 Pflicht zur Festnahme 1 Privatklagesachen 8 Prozesshindernisse 4 Realakt 28, 33 Schußwaffengebrauch 29 ff. Sitzungsfestnahme 5, 42 Strafverlangen 51 Straßenverkehr 24, 32 Tatbegriff 7 ff. Tatschwere 8 , 1 9 Unterbringung 8, 37, 39 Verhältnismäßigkeit 19 Voraussetzungen 2 ff., 7 ff., 14 ff., 18 ff., 35 ff. Wohnung 34, 43 Zeitliche Begrenzung 13, 15, 17
I. Vorbemerkungen 1. Inhalt 1
a) Allgemeines. Die Vorschrift erlaubt der Staatsanwaltschaft, Polizeibeamten2 sowie - unter eingeschränkten Voraussetzungen - auch Privatpersonen eine vorläufige Festnahme ohne vorherige richterliche Anordnung zur Sicherung (allein) strafverfahrensrechtlicher Zwecke, im Hinblick auf Art. 104 Abs. 2, 3 GG als rein vorläufige Maßnahme. Zu unterscheiden ist zwischen der auf Verhaftung abzielenden behördlichen Festnahmebefugnis (Absatz 2), der behördlichen Festnahme zur Identitätsfeststellung (Absatz 1 Satz 2) und der anwesenheits- oder identifizierungssichernden privaten3
2
Krit. dazu Nelles StV 1992 385 ff.; vgl. auch Deckers NJW 1991 1151.
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3
Vgl. RGSt 17 127 (öffentliche Funktion des Bürgers); Arzt FS Kleinknecht 3.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 127
(Flagrenzfestnahme-)Befugnis (Absatz 1 Satz 1). § 127, eine besondere „ E i l k o m p e t e n z " 4 begründet keine Pflicht zur Festnahme; sie k a n n sich für Staatsanwaltschaft und B e a m t e des Polizeidienstes jedoch auf G r u n d anderer Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf ihre Dienstpflichten in Verbindung mit dem Legalitäts- und dem R e c h t s s t a a t s p r i n z i p 5 (Art. 2 0 Abs. 3 G G ) ergeben (vgl. die Erl. zu den § § 1 5 2 , 1 6 0 ) . § 1 2 7 a regelt eine M ö g lichkeit der Verschonung von der Festnahme, die § § 1 2 8 , 1 2 9 enthalten Verfahrensregelungen. b) Absatz 2 . An die bisher behandelten Voraussetzungen einer Verhaftung schließt sich zunächst Absatz 2 an. E r führt die im neunten Abschnitt eingehaltene Linie folgerichtig fort: N a c h § 1 2 5 Abs. 2 erlässt den H a f t b e f e h l , nachdem die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage erhoben hat, das mit der Sache befasste Gericht; § 1 2 5 Abs. 1 gestattet dem R i c h t e r beim Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen H a f t b e fehl schon vor diesem Z e i t p u n k t zu erlassen, wenn die Staatsanwaltschaft nicht erreichb a r und Gefahr im Verzug ist, auch von A m t s wegen. Ist die G e f a h r aber so groß, dass sogar der R i c h t e r beim Amtsgericht nicht m e h r angegangen oder rechtzeitig tätig werden k a n n , k ö n n e n nach Absatz 2 Staatsanwälte und Polizeibeamte gleichsam die Vollstreckung eines n o c h nicht erlassenen Haftbefehls vorwegnehmen, wenn nur die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach erlassen werden wird. Alle drei genannten Bestimmungen sind daher dadurch verbunden, dass die Voraussetzungen der Festnahme für alle von ihnen gleicherweise in den § § 112, 1 1 2 a , 113 niedergelegt sind.
2
c) Dieser Linie folgt A b s a t z 1 nach seinem W o r t l a u t nicht so einsichtig wie Absatz 2 . Auch die Geschichte und die Ausbildung, welche die Rechtseinrichtung der vorläufigen Festnahme in anderen R e c h t e n erfahren hat, könnten zu Zweifeln Anlass geben. Denn das Institut ist nicht immer allein ein prozessuales M i t t e l der Strafverfolgung gewesen und ist es nicht überall. Vielmehr zeigte es oft - und zeigt gelegentlich n o c h jetzt - vermischte Z ü g e und verbindet Institute des bürgerlichen, des Prozess- und des Polizeirechts. Von Elementen der N o t w e h r abgesehen, ist ihm zuweilen auch die H a n d h a b e entn o m m e n worden, rechtswidrige Taten oder wenigstens ihre Fortsetzung zu verhindern. 6 Die Auslegung hat aber Absatz 1 mit R e c h t auf die R o l l e eines prozessualen M i t t e l s zurückgeführt, die Strafverfolgung zu sichern. 7 Strafrecht und Polizeirecht gehen grundsätzlich getrennte Wege; die Verbrechensverhütung ist nur in Sonderfällen (§ l i l a ,
3
§ 112a, § 1 2 6 a , § 132a) in das Strafverfahrensrecht eingestellt (Vor § 112, 8 ff.). 8 Absatz 1 begründet mithin keine Eingriffsbefugnisse zu präventiv-polizeilichen Zwecken.9 d) Verfolgungshindernisse. Weil somit im Fall des Absatzes 1 der Private, in dem des Absatzes 2 der Polizeibeamte, gleichsam den Vollzug eines künftigen Haftbefehls vorwegnimmt, müssen für Prozesshindernisse z.B. die Exterritorialität, dieselben Grundsätze wie beim Haftbefehl gelten (§ 114, 5 ) . Freilich werden Prozesshindernisse demjenigen regelm ä ß i g nicht e r k e n n b a r sein, der bei frischer Tat festnimmt: Verjährung ist nicht denkbar,
4 5 6 7
Rieß/Thym GA 1981 207. Vgl. auch BGH NJW 1996 2373. v. Hippel § 66 C 1 Abs. 2; Karamuntzos 67. Vgl. RGSt 17 128; BayObLG MDR 1986 956; Meincke 13; s. auch Kargl NStZ 2 0 0 0 8.
8 9
BGH VRS 40 (1971) 105. KK/Boujong 6.
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4
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
erkennbarer Verzicht auf Strafantrag ein äußerst seltener Fall. Es bleibt wohl nur die Exterritorialität, die z.B. am Kennzeichen eines Kraftwagens erkennbar sein oder durch Vorlegen eines Ausweises nachgewiesen werden kann. Bei Abgeordneten 10 fällt unter die Verhaftung i.S. des Art. 46 Abs. 2 GG auch die vorläufige Festnahme. 11 Die für die Dauer einer Wahlperiode erteilte Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete 1 2 erlaubt nicht Festnahmen. 13 Diese müssen besonders genehmigt werden. Gemäß Art. 46 Abs. 2 GG ist eine Festnahme jedoch ohne Genehmigung 1 4 zulässig, wenn der Abgeordnete auf frischer Tat betroffen wird („bei Begehung der Tat") oder nach frischer Tat, wenn die Festnahme im Laufe des Tages nach der Tat gelingt. In diesen Fällen darf die Festnahme ohne Genehmigung auch erfolgen, um nur die Identität festzustellen. 5
2. Abgrenzung. § 127 Abs. 1 und 2 wird ergänzt durch die Festnahmebefugnis gemäß § 127b Abs. 1 (s. dort Rn. 3, 6, 17) sowie durch § 183 Satz 2 GVG (vorläufige Festnahme in der Sitzung). Die zwei genannten Bestimmungen, die ihrerseits die §§ 112, 112a, § 114 ergänzen, regeln mit diesen zusammen abschließend, wann jemand wegen einer Straftat im Hinblick auf ein künftiges Strafverfahren verhaftet werden kann. Demzufolge haben in § 163 Abs. 1 die Worte „um die Verdunkelung der Sache zu verhüten" nicht etwa die Bedeutung, Maßnahmen, die nach beiden Absätzen der hier behandelten Bestimmung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind, einem an diese Voraussetzungen nicht gebundenen Ermessen der Beamten des Polizeidienstes zu unterwerfen. 15 Außerdem ist § 164 zu beachten. Unberührt bleiben auch die Rechte, die die Bestimmungen über Notwehr, Nothilfe, rechtfertigenden und entschuldigenden Notstand (§§ 32, 34, 35 Abs. 1 StGB; §§ 228, 904 BGB) sowohl einem durch die Straftat Verletzten als auch dem vom Verdächtigen rechtswidrig angegriffenen Festnehmenden gewähren 1 6 sowie diejenigen Befugnisse, die Polizeibeamte nach Bundes- und Landesrecht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung haben. 1 7 Zur Festnahmebefugnis bei Steuerstraftaten s. § 399 Abs. 1, § 402 Abs. 1, § 404 Satz 1 AO. Festnahmen zum Zwecke der Strafverfolgung dürfen grundsätzlich nicht, auch nicht zur Identitätsfeststellung, auf präventivpolizeiliche Vorschriften gestützt werden. 1 8 Ebensowenig erlaubt § 127 Festnahmen für nichtstrafprozessuale Zwecke. Ist eine Festnahme aus präventivpolizeilichen Gründen erfolgt und dauert sie aus diesen Gründen noch an, so darf sie für Zwecke des Strafverfahrens „genutzt" werden, etwa dahingehend, dass der Beschuldigte aus dieser Haft dem Richter zum beschleunigten Verfahren (§ 418) zugeführt wird; unzulässig wäre es, eine solche Präventivfestnahme allein zur Sicherung des beschleunigten Verfahrens aufrechtzuerhalten.
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Zur Immunität der Mitglieder des Europäischen Parlaments s. Nr. 192b RiStBV. H.M.; a.A. Meyer-Goßner 24 (Festnahme zur Identitätsfeststellung uneingeschränkt zulässig). Vgl. Nr. 192 ff. RiStBV. Vgl. Nr. 7a der Anlage 6 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. S. aber Art. 46 Abs. 4 GG (Aussetzungsverlangen des Bundestages).
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17
18
Vgl. RGSt 27 152; 67 352. Vgl. RGSt 46 350; 53 132; 55 82; s. auch OLG Düsseldorf NStZ 1991 599 mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1992 532; Arzt FS Kleinknecht 1 ff. Vgl. RGSt 31 308; OLG Celle GA 53 (1906) 302; KYJBoujong 5; S K / P a e f f g e n 4; s. auch Rn. 31, 43. Achenbach JA 1981 660; vgl. jedoch §§ 12, 39 BPolG.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§127
3. Rechtsfolgen. Der Festnehmende handelt, wenn die Voraussetzungen des § 127 vorliegen, rechtmäßig; 1 9 der Verdächtige hat demzufolge kein Notwehrrecht. 2 0 Für die Rechtmäßigkeit seines Handelns kommt es darauf an, ob die erkennbaren äußeren Umstände einen dringenden Tatverdacht vermitteln (vgl. Rn. 9 ff.).
6
Π. Festnahme auf frischer Tat (Absatz 1) 1. Tatbegriff. Absatz 1 will sicherstellen, dass immer, wenn nach der Strafprozessordnung ein Verfahren eingeleitet werden kann, der Beschuldigte, dessen Person (persönliche Daten, Identität) nicht sofort festgestellt (ermittelt) werden kann oder der fluchtverdächtig ist, auf frischer Tat festgenommen werden darf. Er ergänzt sowohl § 112 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 114 als auch § 126a i.V.m. § 114.
7
Demzufolge umfasst der Begriff Tat sowohl die rechtswidrige, vom Täter schuldhaft begangene Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes 21 verwirklicht (wie sie § 112 im Auge hat), als auch (der Fall, den § 126a behandelt) die rechtswidrige Tat, die der Täter im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 2 0 S t G B ) 2 2 oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB), im Fall der Schuldunfähigkeit aber nur, wenn der Täter damit zu rechnen hat, dass er in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 Abs. 1 StGB) oder in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) untergebracht werden wird (§ 63 Abs. 2 StGB). 2 3 Die Tat braucht nicht vollendet zu sein; auch der Versuch (§ 2 2 StGB) berechtigt festzunehmen, wenn er strafbar ist. Auf die Schwere der Tat kommt es grundsätzlich nicht a n 2 4 (s. aber Rn. 19). In Privatklagesachen ist - jedenfalls solange, wie die Staatsanwaltschaft die Verfolgung noch nicht übernommen hat (§ 377) eine Festnahme nach Absatz 1 wegen Fluchtverdachtes unzulässig (Vor § 112, 6 3 ) ; 2 5 eine Festnahme zur Feststellung der Identität dürfte dagegen zulässig sein, falls sie nicht unverhältnismäßig (Rn. 19, 24) ist. 2 6 Weil die Vorschrift auf die Zwecke der Strafverfolgung gegen die festzunehmende Person, einen (möglichen) Beschuldigten, beschränkt ist, ist die Festnahme von Kindern, d.h. Personen unter 14 Jahren (§ 19 StGB; § 1 Abs. 3 JGG), nicht zulässig. 27 Ist ein Kind irrtümlich (weil das Alter verkannt wurde) festge-
8
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Vgl. RGSt 3 4 4 4 6 ; BayObLGSt 2 ( 1 9 0 3 ) 3 8 7 ; O L G Celle NdsRpfl. 1 9 6 3 1 8 9 ; Benfer M D R 1993 828.
26
SYJPaeffgen 3 5 ; KK/Boujong 4 7 ; MeyerGoßner 2 2 ; Fezer I 6 / 5 5 . Vgl. auch die Erl. zu den §§ 3 7 7 , 3 8 4 .
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Vgl. RGSt 21 1 9 0 ; 5 4 1 9 7 ; RG J W 1 9 3 8 2 3 3 2 ; BayObLGSt 1 9 5 6 171; s. aber O L G Düsseldorf N S t Z 1 9 9 1 5 5 9 mit Anm. Paeffgen N S t Z 1 9 9 2 5 3 2 . Eine Ordnungswidrigkeit genügt nicht - vgl. O L G Zweibrücken N J W 1 9 8 1 2 0 1 6 . Borchert JA 1 9 8 2 3 4 3 . Vgl. auch KK/Boujong 7; S K I P a e f f g e n 6; Schlüchter 2 5 2 (die wohl - weitergehend genügen lassen, dass eine rechtswidrige Tat vorliegt, also nicht eine konkrete Erwartung der Unterbringung fordern).
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SYJPaeffgen 6 ; YX/Boujong 8; Meyer-Goßner 3 a ; K M R / W a n k e l 2; Ranft 7 7 2 ; Kramer 5 4 ; Meincke 4 3 ; Benfer 9, 4 8 ; Borchert JA 1 9 8 2 3 3 8 ; Schlüchter 2 5 3 ; Nix MSchrKrim. 1 9 9 3 1 8 3 ; Eisenberg StV 1 9 8 9 5 5 6 ; Frehsee Z S t W 1 0 0 ( 1 9 8 8 ) 2 9 0 ; vgl. auch Trauisen MSchrKrim. 1 9 8 0 4 7 ; a.A. (aus repessiven Tataufklärungsinteresse - und teils auch präventiven Erwägungen) RGSt 17 1 2 7 ; 19 1 0 3 ; KG J R 1 9 7 1 3 0 ; Kühne 4 4 9 ; Rüping 2 4 2 ; Bottke FS Geerds 2 7 8 ; Krause FS Geerds 4 8 9 ff.; Streng FS Gössel 5 0 1 ; Verrel N S t Z 2 0 0 1 2 8 7 (zu § 1 2 7 Abs. 1); Tröndle/ Fischer Vor § 3 2 StGB, 7 - alle mit weit. Nachweisen.
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H . M . ; vgl. B G H N S t Z 2 0 0 0 6 0 3 mit Anm. Kargl/Kirsch. SYJPaeffgen 3 5 ; KK/Boujong 4 7 ; Fezer I 6 / 5 5 ; a.A. Geerds GA 1 9 8 2 2 4 7 ; Meyer-Goßner 2 2 ; KYJKrause 2 4 ; HYJKurth $ 127, 4.
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§127
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
nommen worden, so ist es unverzüglich nach Erkenntnis des Irrtums freizulassen, es sei denn, eine Fortdauer des Festhaltens kann auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden. 28 Ein weiteres Festhalten nach § 127 scheidet aus, auch nach § 127 Abs. 1 Satz 2, weil die Vorschrift nur Beschuldigte betrifft (ein Kind jedoch nicht Beschuldigter sein kann) und nicht die Festnahme zur Identitätsfeststellung nach § 163b Abs. 2 Satz 1 erlaubt. 9
2. Verdachtsgrad. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe stehen der Bestrafung und damit der Strafverfolgung entgegen. Dennoch kann, wenn sie dem Festnehmenden unbekannt sind, 29 die Festnahme rechtmäßig sein. Zwar enthält Absatz 1 nicht den Begriff des dringenden Tatverdachts, doch ist es schlechthin unrealistisch, auf die Sicherheit der Tatbegehung und Täterschaft abzustellen. Der Augenschein kann stets täuschen; was als rechtswidrige Tat erscheint, kann einen, dem Beobachter unbekannten, Rechtfertigungsgrund haben. Wenn der Staat die Festnahmebefugnis an die sichtbare Tat knüpft und in seinem Interesse den augenblicklichen Entschluss zur Festnahme billigt, kann er nicht mehr als den dringenden Tatverdacht verlangen. 30 Nur müssen wegen der Anknüpfung an die frische Tat, anders als bei der Feststellung des dringenden Tatverdachts nach § 112, alle außerhalb der sichtbaren Tat denkbaren Indizien außer Betracht bleiben; einziges Beweismittel ist die frische Tat selbst. 31 Daher ist die Festnahme gerechtfertigt, wenn die äußere Erscheinung der Tat dringenden Tatverdacht rechtfertigt. 32 Wegen des Begriffs des dringenden Tatverdachts s. § 112, 17. Der Festnehmende muss in der Lage sein, aus dem äußeren Tatgeschehen die Tat mit der Sicherheit zu beurteilen, die das äußere Tatgeschehen zulässt. Das wird, wenn der Tatbestand normative Tatbestandsmerkmale enthält oder auf die Unfähigkeiten abstellt, die durch Rauschmittel verursacht sind, oftmals nicht der Fall sein; 3 3 vgl. Rn. 32.
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Die Frage ist allerdings umstritten. 34 Insbesondere verlangt eine engere Auffassung 35 als Voraussetzung einer Festnahmebefugnis und damit einer Rechtfertigung, dass die Tat
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Z.B. nach dem SGB VIII. Vgl. im Übrigen die Erl. zu den §§ 81b, 163b sowie § 39 Abs. 2 BPolG. Vgl. KK/Boujong 7; SYJPaeffgen 8; AK/ Krause 5. Vgl. OLG Zweibrücken NJW 1981 2016; BayObLG MDR 1986 956; KK/Boujong 9; AK/Krause 4; Arzt FS Kleinknecht 1 ff.; Albrecht 96 ff.; Roxitj § 31, 4; s. auch Fincke GA 1971 41; JuS 1973 87 (auf die Überzeugung des Festnehmenden abstellend); BGH GA 1974 177 (offen lassend). BGH GA 1974 177; BayObLG M D R 1986 956; KKJBoujong 9; AK/Krause 4; Kleinknecbt/Janischowsky 314; Borchert JA 1982 343; s. auch Kargl NStZ 2 0 0 0 10 ff.; krit. SYJPaeffgen 8. BGH NJW 1981 745; BayObLG MDR 1986 956 mit (krit.) Bespr. Schlächter J R 1987 309; OLG Zweibrücken NJW 1981 2016; OLG Stuttgart Justiz 1990 372 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 425; OLG Hamm NStZ 1998 370; AG Grevenbroich NJW 2 0 0 2
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1060; KK/Boujong 9; KMRIWankel 2; AK/ Krause 4; Fezer 5 / 2 8 , 29; Gössel § 6 Β II a 2; Henkel 2 8 6 ; Kühne 4 5 0 ; Jakobs AT 16/16; Schlothauer/Weider 167; Kleinknecht/ Janiscbowsky 314; Borchert JA 1982 338; Arzt FS Kleinknecht 1 ff.; s. auch Hindte 200 ff., 221 ff., 2 2 9 ; SYJPaeffgen 1 0 , 1 1 (erforderlich eine aus der Sicht des Festnehmenden rechtswidrige Tat); OLG Düsseldorf NStZ 1991 5 9 9 (offen lassend) mit krit. Anm. Paeffgen NStZ 1992 532; Marxen FS Stree/Wessels 7 0 5 (über die „Evidenz" eingrenzend); s. auch Krüger N Z V 2 0 0 3 219. BGH GA 1974 177; OLG Zweibrücken NJW 1981 2016. Dazu eingehend z.B. SYJPaeffgen 7, 8; NStZ 1992 532; Borchert JA 1982 338; Arzt FS Kleinknecht 5; Hindte 2 0 0 ff.; Marxen FS Stree/Wessels 705. Vgl. RGSt 12 194; OLG Hamm NJW 1972 1826; 1977 590; KG VRS 4 5 (1973) 35; Meyer-Goßner 4; Eb. Schmidt Nachtr. I 8, 21; AnwK-StPO/Lammer 4; LYJHirsch
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zumindest nach ihren objektiven Voraussetzungen (den objektiven Merkmalen einer straftatbestandsmäßigen, rechtswidrigen Tat) begangen oder verursacht wurde. Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, das ergebe sich aus dem Wortlaut des § 127 Abs. 1 („frische Tat"), einem Vergleich mit Absatz 2 (dort: „dringender Tatverdacht") sowie den vorrangig schutzwürdigen Interessen des unschuldig Festgenommenen; auch verkenne die weitere Auffassung (Rn. 9) den wesentlichen Unterschied zwischen Absatz 1 und 2: ein Strafverfolgungsorgan sei zur Festnahme verpflichtet, müsse deshalb vom Festnahmerisiko entlastet sein, ein Bürger sei dagegen frei von Verfolgungspflichten. 36 Im Kern geht es bei dieser Diskussion um Struktur und Bedeutung der Vorschrift. 37 Den Argumenten der engeren Auffassung (Rn. 10) kommt dabei sicher Gewicht zu. Es bleibt jedoch zu bedenken, dass der Staat über § 127 Abs. 1 im Interesse der Allgemeinheit, nämlich zur Bewährung der Rechtsordnung, 38 eine öffentliche Funktion auf den Bürger verlagert und der Festnehmende in Erfüllung der öffentlichen Aufgabe eine schwierige situationsbedingte Augenblicksentscheidung39 zu treffen hat. Unter diesen Umständen wäre es eine Überforderung des Festnehmenden, würde man als Voraussetzung des Zugriffs mehr als den situationsbedingten, aus der sichtbaren Tat abgeleiteten dringenden Tatverdacht (Rn. 9) verlangen. Eine solche Überforderung könnte u.a. langfristig ein Leerlaufen der Vorschrift 4 0 bewirken; das aber stünde wohl im Gegensatz zur Intention des Gesetzgebers.
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Folgt man der weiteren Auffassung (Rn. 9), so bedürfen die Irrtumsfälle, bei denen der Festnehmende, ausgehend vom äußeren Erscheinungsbild der Tat, infolge einer Verkennung (verdeckter) tatsächlicher Umstände irrtümlich nicht erkennt, dass der Festgenommene gar keine Tat begangen hat, sondern dringenden Tatverdacht annimmt, keiner materiell-rechtlichen Lösung; 4 1 die Festnahme ist vielmehr nach § 127 Abs. 1 gerechtfertigt. Einer Lösung über die materiell-rechtliche Irrtumslehre (§§ 16, 17 S t G B ) 4 2 bedürfen jedoch z.B. die Fälle, in denen der Festnehmende über Umstände des äußeren Erscheinungsbildes der Tat irrt. Gleiches gilt, wenn er nicht über tatsächliche Umstände irrt, aus denen sich seine Berechtigung ergibt, sondern bei richtig erkannten tatsächlichen Umständen irrig eine ihm von Gesetz nicht eingeräumte Berechtigung in Anspruch nimmt, z.B. durch fehlerhafte Subsumtion, oder wenn er im Falle des Absatzes 1 wegen Verdunkelungsgefahr oder zum Zwecke der Vernehmung festnimmt; in diesen (letztgenannten) Fällen ist die Festnahme rechtswidrig.
12
Vor § 3 2 StGB, 1 5 6 ; Hirsch 2 2 4 ; Schänke/ Schröder/Lenckner Vor § 3 2 StGB, 8 2 ; Tröndle/ Fischer Vor § 3 2 StGB, 7; Jescheck § 3 5 rV 2 ; Kramer 6 0 ; Rüping 2 4 4 ; Krey (DStrvr) 5 3 3 ; Beulke 2 3 5 ; Volk § 10, 6 7 ; Ranft 7 6 3 ff., 7 6 7 ; Münchhalffen/Gatzweiler 3 6 6 ; Rertkl JuS 1 9 7 8 2 5 8 ; Schlüchter 2 5 5 ; J R 1 9 8 7 3 0 9 ; Schumann JuS 1 9 7 9 5 5 9 ; Wiedenbrüg JuS 1 9 7 3 418. 36
Vgl. z.B. Krey II 3 7 2 .
37
Vgl. SYJPaeffgen 2, 9; AKJKrause 4 ; Fincke GA 1 9 7 1 4 1 ; Borchert JA 1 9 8 2 3 3 8 ; Wiedenbrüg JuS 1 9 7 3 4 1 8 ; Marxen FS Stree/Wessels 7 0 5 ; LKJHirsch Vor § 3 2 StGB, 156.
38
Vgl. Schlüchter 2 5 5 ; Kleinknecht/Janischowsky 313; Arzt FS Kleinknecht 3; krit. Marxen FS Stree/Wessels 710.
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Vgl. S K I P a e f f g e n 10; AKJ Krause 4 ; Kühne 451. Arzt FS Kleinknecht 6 ; vgl. auch BayObLG M D R 1 9 8 6 9 5 6 (Gefahr der Ermunterung von Tätern, sich der Festnahme zu entziehen). Vgl. BayObLG M D R 1 9 8 6 9 5 6 . Ähnlich Marxen FS Stree/Wessels 711.
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Vgl. dazu LK/Schroeder § 16 StGB, 3 6 , 4 7 ff.; LKJHirsch Vor § 3 2 StGB, 1 5 6 ; s. auch Schlüchter 2 5 5 ; Arzt FS Kleinknecht 13 ff.
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3. Frische Tat. Die Festnahme ist jedermann gestattet, wenn jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird. Frisch ist die Tat, wenn die Ausführung oder die eben vollendete Ausführung einer Tat einem Beobachter als rechtswidriger Tat oder als strafbarer Versuch einer solchen erkennbar ist. 43 Dazu braucht der Beobachter nicht sämtliche Teile der Handlung wahrzunehmen, nur müssen die wahrgenommenen Teile ohne weitere Indizien den beobachteten Hergang nach der Lebenserfahrung als rechtswidrige Tat erkennen lassen.44 Das Erfordernis der „frischen Tat" fehlt, wenn zwischen der Vollendung der Tat und dem „Betreffen" oder dem Verfolgungsbeginn kein enger zeitlicher und (beim Betreffen auch) örtlicher Zusammenhang mehr besteht; 45 eine Frist 46 sieht das Gesetz nicht vor, es kommt vielmehr auf alle Umstände des Einzelfalles an. 47
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4. Betreffen und Verfolgen. Betroffen wird auf frischer Tat, wer während 48 oder unmittelbar nach 49 einer vollendeten oder, wenn mit Strafe bedroht, einer versuchten rechtswidrigen Tat am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe bemerkt wird. 50 Der Begriff des Überraschens oder Entdeckens ist mit den Worten „betroffen wird" nicht notwendig verbunden.51 Die Abgrenzung zur „Verfolgung" kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, z.B. dann, wenn der wahrscheinliche Täter erst einige Minuten nach der Tat „entdeckt" und sodann die Festnahme eingeleitet wird. 52
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Verfolgung auf frischer Tat (vgl. auch Erl. zu § 104) liegt vor, wenn unmittelbar nach Wahrnehmen, Bemerken oder Entdecken der vollendeten oder, wenn strafbar, auch der versuchten Tat die strafrechtliche Verfolgung des Täters aufgenommen wird. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter, wenn die Tat bemerkt wird, selbst noch anwesend ist, wenn nur Spuren vorhanden sind, die auf eine bestimmte Person hinweisen und dem Verfolgenden gestatten, allein aus ihnen (Teile einer auffälligen Kleidung, benutztes Kraftfahrzeug) den Täter festzustellen.53 Die Verfolgung umfasst alle Maßnahmen, die darauf abzielen, den Täter zu ergreifen, und die das nach ihrer Natur ermöglichen, erleichtern oder sichern,54 wie die Suche nach Beweismitteln. Sie braucht sich der Entdeckung nicht augenblicklich anzuschließen. Vielmehr kann sich der Verfolgende auf die Verfolgung dadurch vorbereiten, dass er Hilfskräfte und Hilfsmittel (etwa Kraftwagen) beschafft. Nicht notwendig ist, dass der Täter auf Sicht und Gehör verfolgt wird, 55 der Verfolgende kann ihm vorauseilen, Wege besetzen usw.56 Eine Rast nimmt dem Nacheilen nicht den Charakter der Verfolgung.57
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Der Verfolgende braucht nicht der Entdecker, kann vielmehr von diesem unterrichtet worden sein („haltet den Dieb"), doch muss die Tätigkeit des Verfolgenden auf eine Entdeckung der frischen Tat, sei es auch durch einen anderen, zurückgehen.58 Wer in die Telefonleitung einer ihm bekannten Person gerät und aus dem, was diese einem Dritten
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44 45 46 47 48 49
KK/Boujong 10; AK/Krause 6; a.A. Peters § 4 7 Β I (Tatvorgang darf noch nicht beendet sein). KK/Boujong 10; AK/Krause 6; Kleinknecht/ Janischowsky 314. Vgl. OLG Stuttgart Justiz 1990 3 7 2 mit Anm. Paeffgen NStZ 1991 425. Vgl. Meincke 61, 72, 78, 80 (der auf eine Frist von 2 4 Stunden abstellen will). Vgl. Paeffgen NStZ 1991 425. Vgl. RGSt 34 345. Vgl. RGSt 65 394.
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50 51 52 53 54 55 56 57 58
KK/Boujong 11; Meyer-Goßner 5. Vgl. RGSt 73 348. Vgl. Paeffgen NStZ 1991 4 2 5 . OLG Hamburg GA 1964 342; KK/Boujong 12; Meyer-Goßner 6. Vgl. RGSt 3 0 388. Eb. Schmidt Nachtr. I 11. Vgl. RGSt 3 0 388. Vgl. RGSt 58 2 2 6 . Borebert JA 1982 342; Schubert 45; KK/Boujong 13.
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mitteilt, erfährt, dass sie eine rechtswidrige Tat begangen hat, hat den Täter nicht auf frischer Tat betroffen und hat auch von niemandem, der das getan, davon erfahren. Er darf sie nicht selbst verfolgen, muss sich vielmehr mit einer Nachricht an die Strafverfolgungsbehörden begnügen. Der Festnehmende braucht nicht der erste Verfolger zu sein. Es genügt, wenn er von ihm oder einem weiteren Zwischenmann mit Verfolgungsmaßnahmen beauftragt worden ist. 59 Das Gesetz kennt keine zeitliche Begrenzung der Festnahmebefugnis. Danach kann, wenn der Täter nicht alsbald beim Betreffen festgenommen werden konnte, die Verfolgung bis zu seiner Festnahme fortgesetzt werden. Für den Fall der Verfolgung ist die frische Tat der Ausgang; eine zeitliche Begrenzung für das Ende der Verfolgung ist dem Begriff nicht zu entnehmen, 60 wohl aber hängt die Verfolgungs- und Festnahmebefugnis davon ab, dass die Verfolgung auf die noch frische Tat hin begonnen worden ist. Wird jemand Stunden nach der Tat durch einen Beobachter unterrichtet, kann er den Täter nicht mehr auf frischer Tat verfolgen.
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5. Festnahmegründe. Wer auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird, kann aus zwei Gründen festgenommen werden: (a) weil er der Flucht verdächtig ist - mit dem Ziel der Anwesenheitssicherung, 61 oder (b) weil seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann. Die beiden Gründe werden nicht, wie das in § 112 Abs. 2 und § 112a Abs. 1 geschieht, als Haftgründe bezeichnet, und stimmen auch nicht völlig mit den Haftgründen der §§ 112 ff. überein (Rn. 21, 22); sie entsprechen jedoch in ihrer begrenzenden Bedeutung den Haftgründen der §§ 112, 112a.
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Dort machen die Haftgründe allein noch nicht die Voraussetzungen der Haft aus (§ 112, 2, 15). Zu ihnen gehört noch der dringende Tatverdacht, dem hier die frische Tat entspricht, und die Verhältnismäßigkeit des anzuwendenen Zwangs zu dem angestrebten Erfolg (§ 112 Abs. 1 Satz 2). 6 2 Dieser für die Untersuchungshaft ausdrücklich ausgesprochene Satz gilt grundsätzlich auch für andere Akte der öffentlichen Gewalt. Er muss daher auch gelten, wenn ein Privater, im öffentlichen Interesse handelnd, den Vollzug eines künftigen Haftbefehls gleichsam vorwegnimmt. 63 Demzufolge besteht die Festnahmeberechtigung nicht, wenn die Festhaltung zu der Bedeutung der Sache und zu einer zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht. 64 Da die Abwägung für den Privaten äußerst schwierig ist, wird dieser das Festnahmerecht nur bei mittelschweren und schweren Verstößen, bei denen die Angemessenheit der Verhaftung auf der Hand liegt, ausüben können. 65
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Keine Berechtigung zur Festnahme verleiht Verdunkelungsgefahr, 66 Wiederholungsgefahr - jedermann ohnehin nicht erkennbar - oder Ungehorsam gegen Ladungen (§ 2 3 0
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61 62 63
Vgl. RGSt 6 0 69. Vgl. aber Meincke 2 4 Stunden).
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78 (Festnahme binnen
BayObLG N S t Z - R R 2 0 0 2 3 3 6 . H.M. H . M . ; vgl. B G H N J W 1981 7 4 5 ; B G H N S t Z R R 1 9 9 8 5 0 ; Naucke SchlHA 1 9 6 6 9 7 ; N J W 1 9 6 8 1 2 2 5 ; Schlüchter 2 5 2 ; KKJBoujong 19; SYJPaeffgen 17; Meyer-Goßner 16; a.A. Arzt FS Kleinknecht 8 ff.; KYJKrause 11 (nur für Festnahmemittel); ähnlich BayObLG M D R 1986 956.
65
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Naucke N J W 1 9 6 8 1 2 2 5 ; KKJBoujong 19. Naucke SchlHA 1 9 6 6 101; SYJPaeffgen 17; a.A. die h . M . , z.B.: B G H N S t Z 2 0 0 0 6 0 3 mit Anm. Kargl/Kirsch-, BayObLG M D R 1 9 8 6 9 5 6 ; Kargl N S t Z 2 0 0 0 14; KKJBoujong 19; Schlüchter 2 5 2 (Festnahmebefugnis nur bei offensichtlichem Missverhältnis ausgeschlossen); K M R / W a n k e l 6; vgl. auch Kühne 4 5 6 ; Arzt FS Kleinknecht 8. B G H VRS 4 0 ( 1 9 7 1 ) 1 0 6 .
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Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 Satz 1). Auch darf der Beschuldigte selbstverständlich nicht etwa deshalb festgenommen werden, weil er den beleidigt, der seine Person feststellen will. 6 7 Wenn die Identität feststeht, ist es unzulässig, den Beschuldigten festzunehmen, um ihn alsbald zu vernehmen 6 8 oder um den Erfolg einer Durchsuchung sicherzustellen. 69 21
6. Fluchtverdacht. Nicht zweifelsfrei ist, ob die Festnahmevoraussetzung „der Flucht verdächtig" identisch ist mit der „Fluchtgefahr" in § 112 Abs. 2 Nr. 2 7 0 (zu diesem Begriff vgl. § 112, 25), oder ob damit die Festnahme schon unter „einfacheren" Voraussetzungen zulässig ist. Die h.M. 7 1 vertritt die letztgenannte Auffassung. Danach ist nicht auf eine objektiv vorliegende Fluchtgefahr abzustellen, sondern auf die Einschätzung des Festnehmenden, der aufgrund konkreter Umstände eine schnelle Entscheidung zu treffen hat. Demgemäß ist Fluchtverdacht anzunehmen, wenn der Festnehmende nach dem erkennbaren Verhalten des Täters vernünftigerweise davon ausgehen muss, dieser werde sich dem Strafverfahren durch Flucht entziehen, wenn er nicht alsbald festgehalten wird; subjektiv muss der Festnehmende von der Fluchtgefahr überzeugt sein. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt sich jedenfalls kein Argument für die Richtigkeit der Auffassung ableiten, 7 2 die auch hier „Fluchtgefahr" annimmt. Für sie spricht allerdings das systematische Argument gleicher Interpretation von § 127 und § 112 sowie die Gefahr, dass Privatpersonen leicht die Grenze der Festnahmebefugnis überschreiten könnten, so dass ihre Befugnis eher enger zu begrenzen wäre als die der Strafverfolgungsorgane. 7 3 Entscheidend für die h.M. dürfte jedoch das oben (Rn. 11) schon genannte Argument sprechen, dass die Interpretation der Mindermeinung auf eine Überforderung der festnehmenden Privatperson hinauslaufen würde. 74
22
7. Fehlender Identitätsnachweis. Die Festnahme ist ferner (obwohl kein Haftgrund vorliegt) zulässig, wenn die Persönlichkeit des Täters nicht sofort, d.h. grundsätzlich augenblicklich und an Ort und Stelle (wegen Abweichungen s. Rn. 24), festgestellt werden kann. 7 5 Das ist der Fall, wenn der Betroffene in einer Weise, die ernstliche Zweifel ausschließt, nicht ohne Vernehmung oder Nachforschung identifiziert werden kann, z.B. weil er Angaben über seine Person verweigert. 76 Aber auch die Namensangabe kann ungenügend sein, wenn keine Möglichkeit besteht, sie nachzuprüfen. 77
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OLG Celle GA 53 (1906) 302. BGH NJW 1962 1021; BayObLGSt 1956 192; OLG Schleswig NJW 1956 1570. Vgl. RGSt 15 358. So LR/Wendisch 1 4 20, 21; Ranft 7 8 0 ; Scheel SchlHA 1967 137; Naucke N J W 1968 1225; vgl. auch Roxin § 31, 3 bb). Vgl. BGH MDR 1970 196; bei Kusch NStZ 1992 27 (kein Fluchtverdacht, wenn Täter sich vom Tatort entfernt, um in seine nahegelegene Wohnung zu gehen); SKJPaeffgen 15; KKJBoujong 16; MtJKrause 9; Meyer-Goßner 10; KMK/Wankel 4; HYU Lemke 8; Kleinknecht/Janischowsky 317; Schlechter 2 5 0 ; Kühne 451; Kramer 61; Beulke 2 3 6 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 12; Borchert JA 1982
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3 4 4 ; (z.T. nicht auf die konkreten Umstände des Falles, sondern nur auf die allg. Erfahrung abstellend). Vgl. dazu Borchert JA 1982 338; AKJKrause 9; UUWendisch14 20, 21. Vgl. LR/Wendisch 1 4 21. AK/Krause 9; SKJPaeffgen 15. KK/Boujong 17; Meyer-Goßner 11; Schlüchter 2 5 0 ; vgl. auch OLG Stuttgart N J W 1984 1694. Vgl. RGSt 21 10. Vgl. RGSt 2 7 199; KK/Boujong 17; s. auch BayObLG NStZ-RR 2 0 0 2 336 (Anwesenheitssicherung wg. Fluchtgefahr auch bei Abgabe des Führerscheins); Krüger N Z V 2003 220.
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Ist der Name eines ortsansässigen Betroffenen bekannt, besteht grundsätzlich kein Recht, diesen festzunehmen, 78 doch kann in großstädtischen Verhältnissen die Festnahme berechtigt sein, wenn nur der Familienname, nicht aber der Vorname und die Anschrift bekannt sind. 79 Denn die Persönlichkeit ist nur dann festgestellt, wenn mit Hilfe bekannter oder nachgewiesener Angaben der Beschuldigte später zur Verantwortung gezogen werden kann. Reichen die Nachweise nicht aus, wird die Nachprüfung in der Regel möglich sein, wenn ein anderer, der sich selbst ausweisen kann, die Personalangaben und die Anschrift bestätigen kann; 8 0 die Identifizierung durch den Dritten muss jedoch zuverlässig erfolgen. 81 Können die Angaben, etwa bei großem Verkehr, bei Unruhen, weil - ernstlich und konkret - Störungen zu erwarten sind, wegen Dunkelheit, nicht auf der Straße nachgeprüft werden, oder sind die vorgelegten Ausweise nicht zweifelsfrei, so kann der Verdächtige zum nächsten Polizeirevier verbracht werden. 82 Dass die Feststellung später oder durch einen anderen wahrscheinlich möglich sein wird, steht der Festnahme nicht entgegen. 83 Daher braucht der Festnehmende, wenn der Verdächtige ein Kraftfahrzeug benutzt, sich nicht damit zu begnügen, das Kennzeichen festzustellen.84 Denn damit allein kann der Nachweis, wer das Fahrzeug benutzt hat, nicht mit Sicherheit geführt werden. Wenn der Verdächtige dagegen ein öffentliches, nach Fahrplan verkehrendes, Verkehrsmittel führt, wird eine Anfrage bei der Leitung des Verkehrsbetriebs regelmäßig zur Identifizierung führen. Der theoretisch gleichwohl nicht völlig auszuschließende Beweisverlust ist so gering, dass er jedenfalls bei geringeren Straftaten hingenommen werden muss. Es widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eine Straßenbahn anzuhalten, um den Ausweis des Fahrers einzusehen, wenn dieser etwa die Stoßstange eines Kraftwagens verbeult hat. 8 5 8. Identitätsfeststellung. Die Befugnis, den auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten (Rn. 9 ff.) dann festzunehmen, wenn seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, steht jedermann zu. Jedermann ist auch ein Beamter des Polizeidienstes (Rn. 26). Durch Absatz 1 Satz 2 werden diese Beamten aus der Regelung des Satzes 1 herausgenommen, soweit die Festnahme sich darauf stützt, dass die Identität nicht sofort festgestellt werden kann. Insoweit sind sie nicht mehr jedermann i.S. des Satzes 1; die Feststellung der Identität durch die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich jetzt nach § 163b Abs. I . 8 6 Vgl. hierzu die Erl. zu den §§ 163b, 163c. 8 7 Mit der Herausnahme der Beamten des Polizeidienstes aus Absatz 1 Satz 1 entfällt auch die Möglichkeit, dass diese Beamten - als jedermann - im Fall des Satzes 1 auch außerhalb ihres Amtsbezirks tätig werden, soweit die Festnahme sich darauf stützt, dass die Identität nicht sofort festgestellt werden kann. Im Übrigen (Festnahme wegen Fluchtverdachts) gilt die bisherige Regelung (Rn. 26) weiter.
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Vgl. RGSt 6 7 353. OLG Hamburg MDR 1964 7 7 8 ; KK/Boujong 18. OLG Celle GA S3 (1906) 3 0 2 ; a.A. wohl Meyer-Goßner 11. Vgl. RGSt 72 3 0 0 ; KKJBoujong 17; AK/ Krause 10; SYJPaeffgen 16. Vgl. RG J W 1925 1000; KK/Boujong 18; SK/ Paeffgen 17. BayObLG L Z 1928 1408.
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OLG Schleswig NJW 1953 275; KG VRS 16 (1959) 113; Krüger N Z V 2 0 0 3 2 2 0 ; a.A. OLG Schleswig NJW 1984 1470. H.M.; a.A. HK/Lemke 9. HM.; a.A. Kramer MDR 1993 111; dagegen Benfer MDR 1993 828. § 163c ist zwangsläufig anzuwenden - h.M.; vgl. auch AG Tiergarten StV 1988 438 (keine Befugnis, den Verdächtigen zum Tatort zurückzubringen).
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9. Festnahmeberechtigte. Die Befugnis zur Festnahme hat jedermann, also auch ein Ausländer oder Minderjähriger; eine Altersgrenze besteht nicht. 88 Eine persönliche Beziehung des Festnehmenden zu der Tat ist nicht erforderlich. Er braucht also nicht der Verletzte oder damit beauftragt zu sein, dessen Interessen wahrzunehmen.89 Mehrere Personen dürfen bei Verfolgung und Festnahme - auch ohne Absprache - zusammenwirken.90 Privatdetektive und private Ordnungsdienste haben keine weitergehenden Befugnisse als die des Absatzes 1 und der damit verbundenen Möglichkeiten (Rn. 27 ff.). Jedermann ist auch ein Polizeibeamter,91 der hier (aber nur gemäß Absatz 1 Satz 1 - vgl. Rn. 25) anders als nach Absatz 2 - auch außerhalb seines Amtsbezirks tätig werden kann. 92
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Die Festnahmeberechtigung eines Privaten endet, wenn die öffentliche Gewalt, in der Regel die Polizei, selbst einschreitet und damit das Handeln des Privaten für sie überflüssig macht. 93 Gegen ihren Willen kann ein Privater nicht tätig werden. 94 Nimmt die anwesende Polizei einen ihr zwar bekannten, aber fluchtverdächtigen Täter nicht fest etwa weil die Festhaltung zu der Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen würde - , ist ein Privater nicht befugt, das von sich aus zu tun.
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10. Festnahme. Sie ist ein Realakt (Rn. 33). 9 5 Jede Einwirkung, die über die Frage nach Namen und Anschrift und die Einsicht in freiwillig vorgelegte Ausweise hinausgeht und eine Entziehung der Fortbewegungsfreiheit bewirkt, 96 ist Festnahme. Sie liegt also namentlich vor, wenn jemand zum Polizeirevier mitgenommen wird, damit dort seine Personalien festgestellt werden.97 Die Festnahme wird durchgeführt durch die Aufforderung, dem Festnehmenden zum Richter beim nächsten Amtsgericht oder, was vorzuziehen ist, zur nächsten Polizeistation (§ 128, 7) zu folgen. Hat die Aufforderung keinen Erfolg, ist der Festnehmende befugt, die - unter Beachtung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit zulässigen - zur Vorführung nötigen Mittel, namentlich Gewalt, anzuwenden. 98 Er darf den Widerstand auch durch unmittelbaren Zwang überwinden.99 Dazu darf er Handlungen vornehmen, die ohne diese Berechtigung als Freiheitsberaubung, Nötigung und körperliche Misshandlung strafbar wären. 100 Kann der Festnehmende den Täter nicht alsbald zum Richter beim nächsten Amtsgericht oder zur Polizei bringen, darf er ihn in einem Privatzimmer festhalten, bis Polizei herbeigerufen werden kann. 101 Die Vorschrift gestattet nur, die Bewegungsfreiheit aufzuheben, erlaubt aber sonst weiter keine Einschränkung,102 auch keine Durchsuchung (Rn. 34). Wegen des Verhältnisses zu § 81a vgl. die dort. Erläuterungen.
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Karamuntzos 17. Vgl. RGSt 12 194. KK/Boujong 20. Vgl. RGSt 4 6 351; h.M. Enger SKJPaeffgen 18 (grundsätzlich nur innerhalb des jeweiligen Bundeslandes). Vgl. RGSt 17 128. Einschränkend SK/Paeffgen 18 für den Fall offensichtlicher Pflichtverletzung. KK/Boujong 25; AK/Krause 12. KK/Boujong 25; AK/Krause 12. RGSt 2 7 157; h.M.; a.A. RG J W 1925 1000; 1935 3 3 9 3 ; OLG Braunschweig GA 1953 28. OLG Karlsruhe N J W 1974 806; BayObLGSt 1 9 5 9 38; OLG Stuttgart NJW 1984 1694; KK/Boujong 27.
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OLG Koblenz VRS 5 4 (1978) 358. Vgl. BGH NStZ 2 0 0 0 6 0 3 mit Anm. Kargl/Kirsch; RGSt 12 197; 34 4 4 6 ; 65 392; BayObLG MDR 1986 956; OLG Stuttgart NJW 1984 1694; KK/Boujong 2 7 ; Boehm J R 1925 4 9 3 ; Meincke 11; Albrecht 163, 169 ff.; Hindte 211 (mit Beispielen); s. auch Peters § 4 7 Β 1 1 (körperlicher Eingriff nur zulässig, soweit unmittelbar mit der Festnahme verbunden). KG J R 1971 30. RG DJZ 1905 219. Z.B. sind Beleidigungen (beleidigende Drohungen) unzulässig - vgl. BayOblGSt 3 3 (1934) 4 2 .
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11. Festnahmemittel. Der Festnehmende kann den Täter zwingen, in ein Kraftfahrzeug zu steigen. 1 0 3 Er kann ihn festhalten und dazu fest anpacken. Doch ist ihm darüber hinaus, anders als bei der Notwehr, nicht jedes Mittel gestattet. Vielmehr muss die mit den angewendeten Mitteln verbundene Rechtsgutverletzung in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck der Festnahme stehen. 1 0 4 Danach ist es grundsätzlich unzulässig, Leib (s. aber R n . 2 8 ) und Leben des Betroffenen zu verletzen, 1 0 5 namentlich auf einen Fliehenden, auch nur mit Schrot, zu schießen. 1 0 6 M i t Schießen zu d r o h e n 1 0 7 und ein Warnschuss bleiben erlaubt; Belästigung der Allgemeinheit durch einen solchen Schuss (keinesfalls aber eine Gefährdung) muss hingenommen werden. 1 0 8 Fesseln und Binden sind in besonderen Fällen erlaubt, doch ist starkes Fesseln unzulässig 1 0 9 (s. auch R n . 4 3 ) . Die Rechtsprechung ist im Wesentlichen an Fällen entwickelt worden, in denen die Tat geringfügig war. Sie soll nach einer Mindermeinung daher nicht ohne weiteres auf die Festnahme bei schweren Verbrechen übertragbar sein. Das angemessene Verhältnis, in dem die angewendeten Mittel zu dem Festnahmezweck stehen sollen, sei auch in Beziehung zu der verübten Rechtsgutverletzung zu suchen. Daher könne auch ein unbeteiligter Dritter nach Entdeckung eines beendeten Mordes den flüchtigen Täter mit der Schusswaffe an der Flucht hindern, sofern er alle Sorgfalt anwende, ihn nicht zu töten. 1 1 0 § 3 2 S t G B (Rn. 5) bleibt auch hier vorbehalten.
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Der Festnehmende darf dem Verdächtigen Sachen wegnehmen, die ihm die Fortbewegung erleichtern. 1 1 1 Ebenso kann er ihm Beweisstücke abnehmen, deren er sich zu entäußern sucht. 1 1 2 Auch kann er sich, wenn er den Beschuldigten nicht festzunehmen vermag, darauf beschränken, ihm solche Sachen wegzunehmen, die es ermöglichen, ihn zu identifizieren. 1 1 3 Das gilt jedoch nur für Sachen, die der Täter bei sich führt, nicht für
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OLG Braunschweig HESt 2 83. Vgl. RGSt 65 394; OLG Stuttgart NJW 1984 1694; BayObLG MDR 1986 956 (Ausschluss nur bei Missverhältnis); MeyerGoßner 16; S K / P a e f f g e n 21; KYJBoujong 28 (wie BayObLG); vgl. auch BayObLG NStZ 1988 518; AK/Krause 13; Kühne 456; Albrecht 163 ff.; Hindte 210 ff. (mit Beispielen); a.A. Arzt FS Kleinknecht 1 ff. Vgl. BGH NStZ 2000 603 mit Anm. Kargl1 Kirsch (lebensgefährliches Würgen,); RGSt 34 446; BayObLG NStZ 1988 518; Ranft 784; Rüping 246; h.M.; zu Recht krit. begrenzend Hirsch 225 (unter Hinweis auf BGH NStZ-RR 1998 50 und NStZ 2000 603); a.A. KMRIWankel 11 (unvermeidbare Körperverletzungen erlaubt). Vgl. RGSt 65 394; 69 312; 71 52; 72 306; BGH NStZ-RR 1998 50 (keine unverhältnismäßige Gefährdung durch Schüsse); a.A. KG GA 69 (1925) 288. S. auch BGH JR 2000 297 mit Anm. Ingelfinger (polizeirechtlicher Schusswaffengebrauch, Schüsse nicht auf zentrale Bereiche des Körpers). Vgl. RGSt 12 197; 65 394; s. auch Krey (DStrvr) 537. BayObLGSt 2 387. Vgl. RGSt 17 128; YX/Boujong 27; Schlüch-
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ter 257.2; vgl. auch Hansen Die Polizei 1990 137 ff. Vgl. BGH bei Holtz MDR 1979 985; KK/ Boujong 28; KMBJWankel 11; LR/ Wendisch24 29 und die Vorauflage; a.A. - zu Recht - (und unbeschadet der Rechte aus § 32 StGB) die h.M., z.B.: Eb. Schmidt Nachtr. I 25; Peters § 47 Β I 1; Schlüchter 257.2; Gössel § 6 A II b); Fezer I 6/58; Meyer-Goßner 15; Kleinknecht/Janischowsky 311; AKIKrause 14; SKJPaeffgen 21; AnwK-StPO/Lammer 10; LYJHtrsch Vor § 32 StGB, 157; Hirsch 225 (eingehend und zutreffend begründet); Kargl NStZ 2000 14; Schönke/Schröder/Lenckner Vor § 32 StGB, 82; Arzt FS Kleinknecht 12; Borchert JA 1982 344; Albrecht 174; Hindte 212. OLG Saarbrücken NJW 1959 1191; KK/ Boujong 29; a.A. S K / P a e f f g e n 21. KK/Boujong 29; Schlüchter JR 1987 309; a.A. S K / P a e f f g e n 21; AK/Krause 16. Vgl. RGSt 8 291; RG GA 50 (1903) 392; KG GA 70 (1926) 12; OLG Düsseldorf HESt 1 270; Peters § 47 Β I 1; Schlüchter 257.3; a.A. SK/Paeffgen 21; Eb. Schmidt Nachtr. I 26; Albrecht 181 ff.; Hindte 213.
Hans Hilger
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§127
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
solche, die er in seiner Wohnung oder an anderer Stelle verwahrt. 114 Die Wegnahme solcher Sachen kommt insbesondere in Betracht, wenn sie das mildere wirksame Mittel im Vergleich zu einer Festnahme ist. 115 In manchen Fällen mag auch schon das bloße Anhalten eines Verdächtigen zur Identitätsfeststellung genügen. 116 31
Ist der Festnehmende ein Beamter, so beantwortet sich die Frage, welche Handlungen er zum Zwecke der Festnahme vornehmen darf, nach den für diesen Fall für seine Beamtengruppe erlassenen besonderen Vorschriften. 117 Danach kann einem Beamten der Gebrauch von Schusswaffen weitergehend als einem Privaten erlaubt sein. 118 Die Einzelheiten regeln die Gesetze des Bundes und der Länder über die Anwendung unmittelbaren Zwangs; 119 sie gestatten den Schusswaffengebrauch nur bei besonders gelagerten Fällen. Die aus seinem Amt erwachsenen Befugnisse hat der Beamte jedoch nur, wenn er die sachlichen 120 und örtlichen Grenzen seines Amtes innehält.
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12. Kraftfahrer als Täter. Die Anwendung der Vorschrift im Straßenverkehr wirft zahlreiche, schwierige Probleme auf (vgl. auch Rn. 9, 15, 24, 30). Hier wird eine vorläufige Festnahme durch Privatpersonen (allein auf der Grundlage des Tatgeschehens Rn. 9) nur selten möglich sein. Dies gilt insbesondere für die Gefährdungsstraftaten nach den §§ 315 ff. StGB. So wird z.B. eine Privatperson mit der Feststellung alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit eines Verkehrsteilnehmers häufig überfordert sein, es sei denn, es liegen offensichtlich schwere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vor. 121 Allein die Durchführung einer Blut-Alkohol-Untersuchung ist kein Festnahmegrund nach § 127. 122 Aus dem Recht, die Persönlichkeit des Verdächtigen festzustellen, und, wenn dies an Ort und Stelle nicht möglich ist, ihn dazu festzunehmen, folgt das weitere, die Fortbewegung des Verdächtigen zu verhindern. Das wirft besondere Fragen auf, wenn der Verdächtige zur Fortbewegung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen benutzt. Ist der Täter gestellt, kann er durch Wegnahme des Zündschlüssels an der Flucht gehindert werden 123 (Rn. 30). Muss er noch gestellt werden, ist es grundsätzlich zulässig, Hindernisse zu bereiten, die es ihm unmöglich machen, weiter zu fahren. 124 Dabei ist aber sowohl eine Gefährdung des Straßenverkehrs 125 als auch regelmäßig eine solche des Flüchtigen zu vermeiden. 126 Nicht gerechtfertigt durch § 127 Abs. 1 ist deshalb in der Regel eine Verfolgungsjagd (erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung) mit dem Auto, um einen Autofahrer zu stellen, der ein Verkehrsdelikt begangen hat. 1 2 7 Außerdem ist es in der
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OLG Celle GA 37 (1889) 377. KKJBoujong 29; vgl. aber (krit.) SYJPaeffgen 21; abl. wohl Krey (DStrvr) 537. KK/Boujong 29; Kleinknecht/Janischowsky 320. OLG Koblenz VRS 54 (1978) 358. Vgl. RG Recht 1926 344; RGSt 72 305. BayObLG NStZ 1988 518 mit Anm. Molketin NStZ 1989 488; KKJBoujong 33, 40; SYJPaeffgen 23; vgl. auch Schlüchter 261.2, 261.3; Benfer MDR 1993 828; BGHSt 2 6 99 (Schusswaffengebrauch gegen einen Entwichenen); BGHSt 35 379 (Schusswaffengebrauch im Grenzdienst); BGH JR 2 0 0 0 2 9 7 mit Anm. Ingelfmger; Rn. 43. Vgl. RGSt 6 6 3 4 0 .
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BGH GA 1974 177; OLG Zweibrücken NJW 1981 2016; KKJBoujong 31; AK/ Krause 4; SYJPaeffgen 12. S. auch Marxen FS Stree/Wessels 705. Meyer-Goßner 8; s. auch die Erl. zu § 81a. OLG Saarbrücken NJW 1959 1191; s. auch BayObLG NStZ-RR 2 0 0 2 336. OLG Hamburg H R R 1928 1401. OLG Hamm VRS 16 (1959) 136; 23 (1962) 453; KG VRS 17 (1959) 359; OLG Oldenburg VRS 23 (1962) 275. OLG Schleswig NJW 1953 275; OLG Frankfurt VerkMitt. 1959 72; BayObLG NStZ 1988 518 mit Anm. Molketin NStZ 1989 4 8 8 ; KKJBoujong 32. OLG Thüringen VRS 9 4 (1998) 459.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§127
Regel nicht zulässig, eine belebte Straße, 1 2 8 auf jeden Fall eine Autobahn, wegen einer nur geringfügigen Tat zu sperren. 129 Doch müssen die anderen Verkehrsteilnehmer Belästigungen auf sich nehmen. 1 3 0 Auch hier dürfen indessen einzelne Entscheidungen nicht verallgemeinert werden. Was nicht angemessen ist, wenn jemand verfolgt wird, der nur einer geringfügigen Tat verdächtig ist, kann geboten sein, wenn ein Kraftfahrer gestellt werden soll, der nach einem von ihm verursachten schweren Unfall die Flucht ergriffen hat. Versucht er, den Verfolger rücksichtslos abzuschütteln und gefährdet er ihn dabei, so ist es erlaubt, auch ihn zu gefährden. 131 Andere dürfen allerdings nicht in Gefahr gebracht werden, müssen aber hinnehmen, dass sie belästigt und in schweren Fällen auch behindert werden. 13. Form. Die Festnahme unterliegt keiner besonderen Form. 1 3 2 Sie braucht nicht ausdrücklich als solche bezeichnet zu werden; eine unrichtige Bezeichnung ist unschädlich, denn entscheidend ist allein, ob ein Festnahmegrund vorliegt. 133 Der Festnehmende kann, namentlich wenn sonst der beabsichtigte Erfolg gefährdet wäre, davon absehen, sowohl die Festnahme 1 3 4 als auch eine dazu etwa erforderliche Gewaltanwendung 135 anzukündigen. Die vorgenommene Handlung muss jedoch dem Verdächtigen als eine Festnahme erkennbar sein. 1 3 6 Hierzu wird regelmäßig die - zumindest schlüssige - Aufforderung an den Betroffenen erforderlich sein, zur nächsten Polizeiwache mitzukommen. 1 3 7
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Zur Nachtzeit kann ohne Beschränkung festgenommen werden, 138 wenn der Festzunehmende außerhalb einer Wohnung, eines Geschäftsraums oder eines befriedeten Besitztums betroffen wird oder diese Örtlichkeit auf Auffordern freiwillig verlässt. Muss eine Wohnung usw., um den Beschuldigten festzunehmen, sei es am Tag sei es zur Nachtzeit, betreten werden, liegt darin eine Durchsuchung, die nur unter den Voraussetzungen der §§ 102 bis 104 zulässig ist. 1 3 9 Weil sie nach diesen Bestimmungen ein behördlicher Eingriff ist, scheidet sie für Private aus. 1 4 0 Für Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 105 Abs. 1) ist sie, da der Beschuldigte festgenommen werden soll, nachdem er auf frischer Tat verfolgt worden ist, nach §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 zulässig. Die Vorschrift erlaubt auch nicht die Durchsuchung der Person des Verdächtigen. 141
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ΠΙ. Festnahme bei Gefahr im Verzug (Absatz 2) 1. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die Festnahme gefährdet wäre (vgl. § 81a Abs. 2, § 81c Abs. 5) zufolge der Verzögerung, die eintreten würde, falls zuvor ein richterlicher Haft- oder Unterbringungsbefehl erwirkt werden müsste. Dabei kommt es indessen nicht auf eine - kaum feststellbare - objektive Gefahr an, sondern allein darauf, ob der Beamte
128 129 130 131
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133 134
BayObLG L Z 1928 1408. OLG Celle NdsRpfl. 1958 98. OLG Düsseldorf VRS 9 (1955) 217. KK/Boujong 32; enger Scblüchter 257.3 (nur unter den Voraussetzungen der § § 32, 35 StGB). OLG Koblenz VRS 5 4 (1978) 359; KKJBoujong 25; Scblüchter 257.1; Rn. 28. BGH NJW 1962 1020; KYJBou/ong 25. OLG Braunschweig HESt 2 83.
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140 141
BayObLGSt 1959 38. BayObLGSt 1960 66. Scblüchter 257.1. RGSt 4 0 67. RGSt 31 3 0 8 ; KK/Boujong 30; AK/Krause 16; SKJPaeffgen 22; Eb. Schmidt Nachtr. I 5; a.A. RGSt 4 0 67. Allg. M. KKJBoujortg 30; Meyer-Goßner 12; KMR/WkttM 10; Krüger N Z V 2 0 0 3 219.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
bei seinem Einschreiten auf Grund der gesamten tatsächlichen Umstände des Einzelfalles als wahrscheinlich annehmen kann, der Festnahmeerfolg sei gefährdet. 142 36
Grundsätzlich dürfte auch hier die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 143 zu beachten sein. 1 4 4 Denn es geht auch bei der Festnahme nach Absatz 2 um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff und die Wahrung eines „Richtervorbehalts", nämlich dass grundsätzlich vor einer solchen Festnahme eine richterliche Entscheidung (Haft- oder Unterbringungsbefehl) erwirkt werden sollte. Demgemäß muss die Inanspruchnahme der „Eilkompetenz" neben der richterlichen Regelkompetenz die Ausnahme bleiben. „Gefahr im Verzug" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; der Beamte, der seine Maßnahme auf die Eilkompetenz stützen möchte, hat keinen Beurteilungsspielraum. Daraus ergeben sich für die Praxis Anforderungen, die auch im Falle des Absatzes 2 zu beachten sind: ein effektiver richterlicher Eildienst muss eingerichtet sein, es muss der Versuch gemacht worden sein, über diesen Eildienst einen Haft- oder Unterbringungsbefehl zu erwirken, einzelfallbezogene Tatsachen, nicht nur abstrakte (theoretische) Erwägungen müssen dafür sprechen, dass bei einem weiteren Zuwarten der Festnahmeerfolg gefährdet wäre, es ist unzulässig, die Regelkompetenz zu „unterlaufen", „Gefahr im Verzug" ist zu verneinen, wenn die „Verzugslage" von einem Strafverfolgungsorgan verursacht wurde; und schließlich sind zur Sicherung einer nachträglichen richterlichen Überprüfung alle wesentlichen Umstände des Vorgangs zu dokumentieren. 145 Liegen die Voraussetzungen eines Haftbefehls vor, dann darf also z.B. der Polizeibeamte den Fall der Gefahr im Verzug nicht dadurch herbeiführen, dass er, ohne einen Haftbefehl erwirkt zu haben, den Beschuldigten vernimmt und dadurch einen latenten Entschluss zur Flucht oder zur Verdunkelung zu einer konkreten Gefahr macht. Dazu wurde bisher die Auffassung vertreten: wenn der Beamte aber versehentlich oder absichtlich so verfahren sei, dann habe das auf sein Recht zur Festnahme gleichwohl keinen Einfluss - der Umstand, dass er durch frühere Fehler oder Pflichtwidrigkeiten die Gefahr mitverursacht habe, müsse außer Betracht bleiben. 1 4 6 Diese Auffassung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wohl nicht mehr vertreten werden. In Fällen, in denen die Justiz für das Entstehen der Verzugslage mitursächlich ist, ist eine Festnahme im Wege der „Eilkompetenz" nach Absatz 2 nicht zulässig.
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2. Voraussetzungen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls. Die vorläufige Festnahme ist nur dann zulässig, wenn neben Gefahr im Verzug die Voraussetzungen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls vorliegen. 147 Damit ist die vorläufige Festnahme nach Absatz 2 fest mit § 112, § 112a, § 113 und § 126a verzahnt. Im Gegensatz zu Absatz 1 ist im Fall des Absatzes 2 die Festnahme auch wegen Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr zulässig. Die Verdunkelungsgefahr kann den Umständen (in Angriff genommene Vernichtung von Beweismitteln, in die Wege geleitete Reise zu dem Hauptbelastungszeugen), die Wiederholungsgefahr auch z.B. polizeilichen Akten entnommen
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Vgl. RGSt 37 34; 38 373; KK/Boujong 35; SYJPaeffgen 26; Schlüchter 261.1; Schlothauer/Weider 172; Kleinknecht/ Janischowsky 322. BVerfG StraFo 2 0 0 5 156; 2001 154 mit Anm. Park. Vgl. z.B. Amelung NStZ 2001 342; Spartiol FS Eser 4 7 3 ff.; Fezer FS Rieß 107; MeyerGoßner § 98, 6.
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BVerfG StraFo 2 0 0 5 157. Vgl. BGHSt 3 2 4 3 ; KKJBoujong 35; s. auch SYJPaeffgen 2 6 - krit. gegen BGH NJW 1990 1188; Paeffgen NStZ 1992 5 3 3 ; Fezer J R 1991 85; Geppert Jura 1990 § 127, 2; Nelles StV 1992 385; § 128, 9. Vgl. auch AG Offenbach StV 1991 153; Bohnert GA 1995 4 6 8 ; Vor § 112, 23.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§127
werden. Die Vorschrift erlaubt nicht die Festnahme zur Durchführung von Maßnahmen gemäß den §§ 81a, 81b. 148 Zu § 127b s. dort Rn. 3, 6,17. Der Ausdruck „Voraussetzungen eines Haftbefehls" kommt außer in Absatz 2 noch in § 127a Abs. 1 und in § 132 Abs. 1 - sowie in der umständlicheren Wendung „Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls" in § 112a Abs. 2 - vor, doch ist an keiner dieser Stellen gesagt, worin diese Voraussetzungen bestehen. Sie sind § 114 zu entnehmen, wenn man auch dessen Absatz 2 in Betracht zieht. Danach bestehen sie aus den materiellen Voraussetzungen der Untersuchungshaft einschließlich der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft zu der zu erwartenden Sanktion (§ 112 Abs. 1 Satz 2; § 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz; vgl. Vor § 112, 45; § 112, 15, 60).
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Die materiellen Voraussetzungen der Untersuchungshaft sind in § 112, § 112a und 3 9 § 113 aufgeführt. Sie bestehen aus dringendem Tatverdacht, dem Haftgrund und der Verhältnismäßigkeit. 149 Der Haftgrund wird in § 113 eingeschränkt, in § 112 Abs. 3 fehlt er und ist durch gewisse Umstände zu ersetzen (§ 112, 53; § 114, 13). Die vorläufige Festnahme nach Absatz 2 ist auch zulässig, wenn neue Tatsachen im Sinne von § 116 Abs. 4 vorliegen, die einen Widerruf der Vollzugsaussetzung erwarten lassen und Gefahr im Verzug besteht, 150 so dass die richterliche Entscheidung nicht abgewartet werden kann; die erstgenannte Prognose wird für Polizeibeamte häufig schwierig sein, es sei denn z.B., die Fluchtabsicht ist offensichtlich. 151 Die Voraussetzungen eines Unterbringungsbefehls ergeben sich aus § 126a; dazu gehört auch die Verhältnismäßigkeit (§ 126a, 11). 3. Festnahmeberechtigt sind die Staatsanwaltschaft und die Polizeibeamten (s. die 4 0 Erl. Vor § 158). Der Ausdruck Staatsanwaltschaft umfasst die Bundesanwälte, die Staatsanwälte und die Amtsanwälte einschl. ihrer Beförderungsstufen. Bundesanwälte sind auch die bei der Bundesanwaltschaft beschäftigten Oberstaatsanwälte sowie die mit staatsanwaltschaftlichen Aufgaben befassten - im Abordnungsverhältnis tätigen - Planrichter und nichtstaatsanwaltschaftlichen Beamten, Staatsanwälte auch die mit der Wahrnehmung staatsanwaltschaftlicher Aufgaben beauftragten Richter auf Probe, Amtsanwälte auch die mit der Wahrnehmung amtsanwaltschaftlicher Aufgaben beauftragten Referendare (§ 142 Abs. 3 GVG) 1 5 2 und Beamte des gehobenen Dienstes. Die Amtsanwälte sind festnahmeberechtigt nicht nur im Umfang ihrer Zuständigkeit nach den Anordnungen der Landesjustizverwaltungen über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaft, sondern in allen Sachen, die zur Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 24 GVG) gehören (§ 142 Abs. 2 GVG), doch wird sich der Amtsanwalt in den ihm nach jenen Verfügungen nicht zugewiesenen Sachen der Anordnung einer Festnahme zu enthalten haben, wenn nicht Gefahr im Verzug in der Weise vorliegt, dass nicht nur kein Richter, sondern auch kein Staatsanwalt zu erlangen ist. Beamte des Polizeidienstes sind alle Beamten des Polizeidienstes (Schutzpolizei, ein- 41 schl. Wasserschutz- und Bereitschaftspolizei, und Kriminalpolizei), nicht nur die Beamten derjenigen Klassen, die nach § 152 Abs. 2 GVG als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft bezeichnet worden sind. 153 Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, die nicht Polizeibeamte sind, fallen nicht unter Absatz 2, doch ist einzelnen Klassen von ihnen in Einzelgesetzen die Befugnis zur Verhaftung ausdrücklich beigelegt worden. So
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KG GA 1979 225; KKJBou,ong 34. SKJPaeffgen 26. Meyer-Goßner § 116, 30; KKJBou/ong § 116, 34; SYJPaeffgen § 116, 29.
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Vgl. auch Meyer-Goßner § 116, 30. OLG Düsseldorf JMB1NW 1965 103. KKJBoujong 39; Schlüchter 261.1; Eb. Schmidt Nachtr. I 14.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
nimmt nach § 3 9 9 Abs. 1 AO die Finanzbehörde, die das Ermittlungsverfahren aufgrund des § 386 Abs. 2 AO selbstständig durchführt, die Rechte und Pflichten wahr, die der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zustehen. Finanzbehörden i.S. dieser Bestimmungen sind das Hauptzollamt, das Finanzamt und das Bundesamt für Finanzen (§ 386 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Zollfahndungsämter und die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden sowie ihre Beamten haben nach § 4 0 4 AO dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden und Beamten des Polizeidienstes nach den Vorschriften der Strafprozessordnung; ihre Beamten sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Zur Strafverfolgung durch die Bundespolizei vgl. §§ 12, 39 BPolG. Zur vorläufigen Festnahme von Soldaten wegen eines Dienstvergehens vgl. § 21 W D O . Privatdetektive und private Ordnungsdienste sind keine Polizeibeamten nach Absatz 2 1 5 4 (Rn. 26). 42
In der Sitzung kann der Richter die vorläufige Festnahme wegen einer dort begangenen Straftat verfügen (§ 183 Satz 2 GVG). Aber auch in Bezug auf die Tat, die er aburteilt, kann er nicht weniger Rechte als der Staatsanwalt haben. Daher kann auch er den Angeklagten vorläufig festnehmen, wenn die Maßregeln nach § 231 Satz 2 nicht ausreichen, etwa weil die Voraussetzungen eines Haftbefehls wegen Verdunkelungsgefahr vorliegen, den das Gericht, weil es nicht zuständig ist (§ 125, 2) nicht erlassen kann.
43
4. Festnahme. Wegen der Durchführung gilt das zu Rn. 28 bis 34 Ausgeführte entsprechend. Da die StPO nur das „ O b " der Festnahme regelt, nicht jedoch, welche Zwangsmittel die Polizei dazu einsetzen darf, ist ein Rückgriff auf die Präventivgesetze des Bundes und der Länder praktisch unvermeidlich, wenn dies auch hinsichtlich des angewendeten Landesrechts verfassungsrechtlich umstritten und zumindest nicht unbedenklich ist. 1 5 5 Die Zulässigkeit der Fesselung richtet sich nach § 119 Abs. 5 (analog). 1 5 6 Schusswaffengebrauch kann z.B. auf polizeirechtlicher Grundlage in engen Grenzen 1 5 7 zulässig sein. Bei Festnahmen zur Nachtzeit ist zu beachten, dass die Gefahr im Verzug, von der Absatz 2 spricht, nicht dieselbe zu sein braucht, die nach § 104 Abs. 1 berechtigt, eine Wohnung zur Nachtzeit zu durchsuchen. Auch wenn ein Polizeibeamter einen Täter festnehmen muss, ohne vorher einen richterlichen Haftbefehl erwirken zu können, kann durchaus die Möglichkeit bestehen, dass er mit der Festnahme bis zum Tagesanbruch wartet, falls feststeht, dass der Gesuchte sich in der Wohnung aufhält und wenn deren Ausgänge gesichert werden können.
IV. Freilassung 44
1. Absatz 1. Hat eine Privatperson gemäß Absatz 1 Satz 1 einen Verdächtigen festgenommen oder eine entsprechende Ersatzmaßnahme getroffen (Rn. 30, 32), so kann sie dies - weil keine Strafverfolgungspflicht besteht - jederzeit, auch ohne Grund, rückgängig machen. Anderenfalls hat sie den Festgenommenen oder die weggenommenen Sachen
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Vgl. RGSt 5 9 2 9 6 ; BGH NStZ 2 0 0 0 603 mit Anm. Kargl/Kirscb. Eingehend und krit. insbesondere zu den verfassungsrechtlichen Fragen SKJPaeffgen 23, 2 7 ff.; s. auch BGH J R 2 0 0 0 2 9 7 mit Anm. Ingelfinger, BayObLGSt 1988 518 (Verletzung eines Flüchtigen/Verhältnis-
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mäßigkeit) mit Anm. Molketin NStZ 1 9 8 9 4 8 8 ; KK/Boujong 40; Schmidt/Schöne 218; Hoffmann/Wißmann StV 2 0 0 1 7 0 7 ; Rn. 29. BGH J R 2 0 0 0 2 9 7 mit Anm. Ingelfinger (kein Schuss auf zentrale Körperbereiche); eingehend dazu LK/Hirsch Vor § 32 StGB, 150 ff.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 127
und die zur Identität getroffenen Feststellungen (Rn. 30) unverzüglich den Strafverfolgungsbehörden zu übergeben bzw. mitzuteilen (Rn. 2 8 ; § 128, 7 ) ; 1 5 8 im Falle der Festnahme hat dies so zu geschehen, dass die Frist des § 128 Abs. 1 (§ 128, 1, 9) eingehalten werden kann. Eine Pflicht zur sofortigen Freilassung (bzw. zur Aufhebung der getroffenen Ersatzmaßnahme) besteht, wenn die Festnahmevoraussetzungen, zu denen auch die Verhältnismäßigkeit (Erforderlichkeit, Eignung, Angemessenheit) gehört, erkennbar entfallen. Entsprechendes gilt, wenn ein Polizeibeamter oder Staatsanwalt gemäß Absatz 1 Satz 1 (Rn. 2 6 ) wie eine Privatperson, also ohne Strafverfolgungspflicht (vgl. die Erl. zu den § 152, 160, 163), tätig geworden ist. Zu Absatz 1 Satz 2 vgl. die Erl. zu den §§ 163b, 163c. 2 . Absatz 2 . Nach einer Festnahme gemäß Absatz 2 ist eine Freilassung nicht jederzeit und auch ohne Grund (Rn. 44), sondern nur in dem durch das Legalitätsprinzip gezogenen Grenzen (vgl. die Erl. zu den §§ 152, 160, 163) zulässig; eine Befugnis zur Freilassung kann sich also aus § 127a ergeben. Zur Pflicht, getroffene Maßnahmen aufzuheben, gilt das Rn. 4 4 Gesagte (vgl. auch § 128, 1, 2). Hat ein Polizeibeamter oder Staatsanwalt eine Maßnahme gemäß Absatz 1 Satz 1 in Ausübung seiner Strafverfolgungspflicht getroffen, so gelten die vorstehenden Ausführungen.
45
V. Rechtsbehelf 1. Wird der Beschuldigte nach Absatz 2 vorläufig festgenommen und soll die Festnähme andauern, so regelt sich das weitere Verfahren nach § 128; es geht in das Rechtsschutzsystem des Haftrechts über. 1 5 9 Gleiches gilt, wenn jemand nach Absatz 1 Satz 1 festgenommen und den Strafverfolgungsbehörden übergeben (Rn. 28) wird. Zum Rechtsschutz bei Maßnahmen gemäß § 163b in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 vgl. die Erl. zu § 163b. Dem Festgenommenen stehen auch die Möglichkeiten der Strafanzeige, der Dienstaufsichtsbeschwerde und der Amtshaftungsklage (§ 8 3 9 BGB, Art. 3 4 GG) zu, wenn er eine Rechtswidrigkeit der Festnahme geltend machen will. 1 6 0
46
2 . Feststellung der Rechtswidrigkeit. Streitig ist die Frage, ob und wie ein nach Absatz 2 Festgenommener eine Nachprüfung der vorläufigen Maßnahme erreichen kann, wenn er ohne Vorführung vor den Richter (§ 128) wieder freigelassen wird. Nach einer älteren Auffassung 1 6 1 war eine gerichtliche Nachprüfung erledigter Maßnahmen grundsätzlich ausgeschlossen. Die neuere h . M . lässt zu Recht - im Wesentlichen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 G G - die Nachprüfung grundsätzlich zu. 1 6 2 Als Rechtsgrundlage kommen § 98 Abs. 2 (analog) 1 6 3 oder § 2 3 E G G V G 1 6 4 in Betracht. Schon aus verfas-
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Vgl. RGSt 2 9 136; 6 7 2 9 8 .
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Rieß/Thym GA 1 9 8 1 2 0 6 . Z u r Entschädigung s. § 2 Abs. 2 StrEG und die Erl. zu Art. 5 Abs. 5 E M R K . Vgl. auch Vor § 112, 4 1 , 6 4 . LRJ Wendisch24 § 127, 4 5 m.w.N.; vgl. auch Rieß/Thym GA 1981 2 0 0 ; krit. dagegen O L G Karlsruhe Beschl. vom 9 . 8 . 1 9 9 6 - 2 VAs 14/ 9 6 .
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S. die Erl. bei UUMatt
Vor § 3 0 4 und
§ 3 0 4 ; vgl. auch BVerfGE 9 6 4 4 ; BVerfG
163
StV 1 9 9 9 2 9 5 ; 2 0 0 0 3 2 1 ; N S t Z - R R 2 0 0 4 2 5 2 ; StraFo 2 0 0 6 2 0 ; N J W 2 0 0 5 1 8 5 5 ; 2 0 0 6 4 2 7 ; O L G Celle N S t Z - R R 2 0 0 3 1 7 7 ; AG Hannover StV 2 0 0 6 321 (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Dauer). Vgl. BGHSt 2 8 5 7 ; 3 7 7 9 ; B G H StV 1981 5 9 7 ; O L G Karlsruhe GA 1 9 8 8 3 4 ; Beschl. vom 9 . 8 . 1 9 9 6 - 2 VAs 1 4 / 9 6 (Vorlagebeschluss); O L G Celle StV 1 9 8 5 137; MeyerGoßner 2 3 ; KYJBoujong 4 8 ; AK/Krause 2 2 ; Schlüchter 1 8 2 ; Amelung N J W 1 9 7 9 1 6 8 7 ;
H a n s Hilger
437
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
48
sungsrechtlichen Gründen ist der neueren Auffassung zu folgen. Die Lösung über § 98 Abs. 2 (analog) ist Vorzugs würdig. 165 Sie gewährleistet eine klare einheitliche Überprüfungsregelung. 166 Dementsprechend erfolgt auch die Überprüfung der Art und Weise der Durchführung der Maßnahme gemäß § 98 Abs. 2 (analog). 167 Voraussetzung einer solchen nachträglichen richterlichen Überprüfung ist natürlich ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse des Betroffenen. Dies dürfte im Hinblick auf die Schwere des Grundrechtseingriffs einer vorläufigen Festnahme, 168 auch wenn sie nur wenige Stunden dauerte, in der Regel zu bejahen sein, 169 insbesondere wenn sie von Dritten bemerkt wurde und damit möglicherweise geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in einer breiteren Öffentlichkeit 170 oder auch nur in seiner Nachbarschaft zu beeinträchtigen. Anderes mag gelten, wenn dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen bereits in anderer Weise genügt wurde, etwa über eine hinreichend rehabilitierende Erklärung der Strafverfolgungsbehörden.
VI. Strafantrag, Ermächtigung (Absatz 3) 49
1. Grundsatz. Prozesshindernisse, wozu auch fehlende Prozessvoraussetzungen zählen, stehen jeder Prozesshandlung entgegen. § 130 macht hiervon, freilich sprachlich unzulänglich, eine Ausnahme (s. auch § 114, 7). Absatz 3 dehnt die Ausnahme, im Gegensatz zu § 130 sprachlich korrekt, auf die vorläufige Festnahme aus. 171 Danach ist die vorläufige Festnahme bei Antrags- und Ermächtigungsdelikten schon zulässig, ehe ein Strafantrag oder ein Strafverlangen gestellt oder eine Ermächtigung erteilt ist. Bei Antragsdelikten ist die vorläufige Festnahme also auch zulässig, wenn unklar (offen) ist, ob ein Strafantrag gestellt werden wird; sie wird unzulässig, wenn sich als sehr wahrscheinlich abzeichnet oder gar feststeht, dass der Berechtigte, von mehreren Berechtigten jeder von ihnen, 1 7 2 den Strafantrag nicht stellen wird. 1 7 3 Gleiches gilt, wenn ein wirksamer Strafantrag nicht mehr gestellt werden kann. Dieser Ausnahme kommt für Absatz 1 kaum Bedeutung zu. Denn bei frischer Tat wird dem (privaten) Festnehmenden kaum je bekannt sein, dass Antragsberechtigte auf ihr Antragsrecht verzichten wollen. 174
164
165 166 167
Fezer Jura 1982 18; Gössel GA 1977 28; Greiner MDR 1981 547; Peters JR 1972 300; 1973 341; Rieß/Thym GA 1981 189; 2 0 3 ff.; s. auch Rieß ZRP 1981 101; a.A. K. Meyer FS Schäfer 119, 124, 126 ff. Vgl. OLG Celle StV 1982 513; KG NStZ 1986 135; OLG Nürnberg StV 1988 372; S K / P a e f f g e n 36; Flieger MDR 1981 19; s. auch OLG Karlsruhe NStZ 1995 48; a.A. K. Meyer FS Schäfer 119, 124 (bzgl. des Beschuldigten). Vgl. auch die Erl. zu § 23 EGGVG. BGHSt 4 4 171 m.w.N. Vgl. BVerfGE 9 6 4 4 . Meyer-Goßner 23; KKJBoujong 48; a.A. noch BGHSt 28 2 0 6 ; 37 79.
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168
169
170
171 172 173 174
Vgl. BGHSt 4 4 173; s. auch BVerfG StraFo 2 0 0 5 503. Vgl. auch BGHSt 2 8 58; BGH StV 1981 597; OLG Celle StV 1982 513; KG NStZ 1986 135; OLG Karlsruhe GA 1988 34; OLG Nürnberg StV 1988 372; Spartiol FS Eser 4 7 3 ff.; Roxin § 29, 13 ff.; KMR/Wimkel 15. Vgl. BGH StV 1981 5 9 7 ; a.A. noch BGHSt 37 82. Geerds - LV Vor § 112 - 238 Fn. 3. OLG Celle Alsb. Ε 1 271. Ähnlich KKJBoujong 44; AKJKrause 23. Geerds - Vor § 112 - 238 Fn. 4 sowie 2 4 7 Fn. 4 6 .
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 127a
2 . Antragsdelikte 175 z.B. des Strafgesetzbuches sind Hausfriedensbruch (§ 123 StGB); sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182 Abs. 2 StGB); exhibitionistische Handlungen (§ 183 StGB); Beleidigung einschl. der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 194 StGB); Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen, des Briefgeheimnisses, des Datengeheimnisses, von Privatgeheimnissen sowie die Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 201 bis 2 0 4 i.V.m. § 2 0 5 StGB); Körperverletzung (§ 2 3 0 StGB); Haus- und Familiendiebstahl (§ 2 4 7 StGB); Diebstahl und Unterschlagung geringfügiger Sachen (§ 2 4 8 a StGB); unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 2 4 8 b StGB); Entziehung elektrischer Energie (§ 2 4 8 c StGB); gewisse Fälle der Begünstigung (§ 2 5 7 StGB), der Hehlerei (§ 2 5 9 StGB), des Betrugs (§§ 2 6 3 , 2 6 3 a StGB) und der Untreue (§ 2 6 6 i.V.m. §§ 247, 2 4 8 a StGB); Vereiteln der Zwangsvollstreckung (§ 2 8 8 StGB); Pfandkehr (§ 2 8 9 StGB); Fälle der Wilderei (§ 2 9 4 StGB); Sachbeschädigungen (§ 3 0 3 c StGB); gewisse Fälle des Vollrauschs (§ 323a StGB); Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 3 5 5 StGB). Nur in wenigen Fällen dieser Straftaten wird Untersuchungshaft erwogen werden. Die geringe Bedeutung wird noch dadurch gemindert, dass z.B. im Falle des § 183 Abs. 2 StGB; bei Körperverletzung (§ 2 3 0 StGB); bei Diebstahl, Unterschlagung, Begünstigung, Hehlerei, Betrug und Untreue, die sich auf geringwertige Sachen beziehen (§ 2 4 8 a StGB), sowie bei Sachbeschädigung (§ 3 0 3 c StGB) die Staatsanwaltschaft auch ohne Strafantrag von Amts wegen einschreiten kann.
50
3. Ermächtigung und Strafverlangen. 1 7 6 Als Strafsachen, die nur auf Ermächtigung zu verfolgen sind, kommen im Strafgesetzbuch in Betracht: Verunglimpfung des Bundespräsidenten (§ 9 0 Abs. 4 StGB); verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen (§ 9 0 b Abs. 2 StGB); Preisgabe von Staatsgeheimnissen (§ 9 7 Abs. 3 StGB); Straftaten gegen ausländische Staaten (§ 104a StGB); Beleidigung von Gesetzgebungsorganen und politischen Körperschaften (§ 194 Abs. 4 StGB); Vertrauensbruch im auswärtigen Dienst (§ 353a Abs. 2 StGB); Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 3 5 3 b Abs. 4 StGB). Das Strafgesetzbuch kennt als Straftaten, die nur auf Strafverlangen (und zusätzlich mit Ermächtigung der Bundesregierung) verfolgt werden, solche gegen ausländische Staaten (§ 104a StGB).
51
§ 127a (1) Hat der Beschuldigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt und liegen die Voraussetzungen eines Haftbefehls nur wegen Fluchtgefahr vor, so kann davon abgesehen werden, seine Festnahme anzuordnen oder aufrechtzuerhalten, wenn 1. nicht damit zu rechnen ist, daß wegen der Tat eine Freiheitsstrafe verhängt oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird und 2. der Beschuldigte eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet. (2) § 116a Abs. 1 und 3 gilt entsprechend.
175
Weitere Beispiele bei LK/Jähnke Vor § 77 StGB, 4 ff. und § 77 StGB, 25 ff.
176
Vgl. auch LK/Jähnke § 77e StGB, 1.
Hans Hilger
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§ 127a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Schrifttum Dünnebier Sicherstellung der Strafvollstreckung durch Sicherheitsleistung (§ 127a, 132 StPO), NJW 1968 1752; Plonka Haftverschonung gem. § 127a StPO oder Sicherheitsleistung gem. § 132? Die Polizei 1973 145; Plonka Der Einfluß der Straferwartung auf polizeiliche Entscheidungen im Strafverfahren, Die Polizei 1984 73; Seetzen Zur Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft, NJW 1973 2001.
Entstehungsgeschichte. Die dem inzwischen aufgehobenen § 4 3 4 R A O entsprechende Vorschrift ist durch Art. 2 Nr. 6 E G O W i G mit leichten Änderungen aus der Reichsabgabenordnung übernommen worden.
Übersicht Rn.
Rn. Inhalt, Voraussetzungen (Absatz 1) a) Wohnsitz (erster Halbsatz) b) Fluchtgefahr (zweiter Halbsatz) c) Strafart (Nr. 1) Sicherheitsleistung (Nr. 2) a) Art
. .
2 4 5
3. 4. 5. 6. 7.
7
b) Bemessung Zustellungsbevollmächtigter {Absatz 2) . Zuständigkeit Rechtsmittel Folgen Verwendung der Sicherheitsleistung . . .
8 9 11 12 13 14
1
1. Inhalt, Voraussetzungen (Absatz 1). Die Vorschrift, eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit, 1 ist verwirrenderweise als eine Ausnahme von ξ 127 eingesetzt, obwohl sie, weil hinter der vorläufigen Festnahme die Untersuchungshaft steht, eine solche von § 112 Abs. 1 Satz 1 bildet. In Bezug auf § 127 kann die Ausnahme sich nur auf dessen Absatz 2 beziehen. Dazu kann auf die Wendung „Voraussetzungen eines Haftbefehls" verwiesen werden, die sich in beiden Bestimmungen findet, nicht aber in § 127 Abs. 1. Neben diesem mehr äußerlichen und allein nicht tragfähigen Argument steht jedoch der ausschlaggebende Umstand, dass die Vorschrift unvollständig ist (Wer kann von der Festnahme absehen? Wer bestimmt, ob eine Sicherheit angemessen ist? Wem ist der Zustellungsbevollmächtigte zu benennen?) und nur durch § 127 Abs. 2 vervollständigt werden kann, weil die zur Durchführung des Gesetzes notwendigen Befugnisse nicht in jedermanns (§ 127 Abs. 1) Hand liegen können. Leider wird durch die Verbindung mit § 127 Abs. 2 nicht nur dessen Beziehung zu den §§ 128, 129 gestört, sondern in erster Linie verschleiert, dass die Vorschrift Surrogat der Untersuchungshaft und nicht der vorläufigen Festnahme ist. Dieser Ersatz ist von drei Voraussetzungen abhängig:
2
a) Wohnsitz (erster Halbsatz). Der Beschuldigte darf im Geltungsbereich der Strafprozessordnung keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt 2 haben. Die Fassung erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber die frühere D D R zwar rechtlich weitgehend wie Ausland
1
AK/Krause 1 (auch Ausdruck des Gleichheitsgedankens im Strafrecht); s. auch BayObLG Rpfleger 1996 41 und BTDrucks. V 2600, 2601; krit. im Hinblick auf die Unschuldsvermutung Gropp J Z 1991 810; dagegen Meyer FS Tröndle 65; vgl. auch Wolter ZStW 93 (1981) 471 (Verhältnis zu § 113).
440
2
§ 113, 9, 10; Dünnebier NJW 1968 1752 (tatsächlicher Aufenthalt von einer gewissen Dauer); vgl. auch LG Frankfurt StV 1988 381 (Versuch der Wohnsitzaufgabe); Ullrich StV 1986 268; Rückel StV 1985 36; § 116a, 15.
Hans Hilger
S 127a
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
behandelt hat, aber nach dem Grundgesetz nicht als Ausland anerkennen konnte, deshalb auch nicht vom Inland, sondern vom Geltungsbereich des Gesetzes spricht. Die Bestimmung bezieht sich heute in erster Linie auf Ausländer, freilich nach ihrer Entstehungsgeschichte auch auf Deutsche mit Auslandswohnsitz 3 und solche Beschuldigte, die ihren früheren Wohnsitz im Ausland aufgegeben oder verloren haben und in der Bundesrepublik keinen erlangt haben. Nach Entstehungsgeschichte und Sinn ist die Vorschrift nicht anwendbar auf Angehörige der Bundesrepublik, die ohne Beziehung zum Ausland nach Aufgabe ihres festen Wohnsitzes oder Aufenthalts sich in der Bundesrepublik umhertreiben. Erst recht nicht kann die Vorschrift 4 wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Angehörige der Bundesrepublik angewendet werden, die dort einen festen Wohnsitz haben. Die Auslegung läge außerhalb jeder Erwägung, wenn der Eingangshalbsatz lautete: „Ist der Beschuldigte ein Ausländer . . . " Diese Bedeutung hat sie, nur konnte der Ausdruck aus staatsrechtlichen Gründen nicht verwendet werden.
3
b) Fluchtgefahr (zweiter Halbsatz). Gegen den Beschuldigten müssen die Voraussetzungen eines Haftbefehls vorliegen, aber nur aus dem einen Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2; § 112, 32 ff.). Bei Verdunkelungsgefahr - auch wenn sie neben Fluchtgefahr besteht - findet § 127a mithin keine Anwendung, 5 ebenso nicht, wenn nur die Voraussetzungen des § 126a vorliegen. 6 Die Untersuchungshaft wird bei zu erwartender Geldstrafe oft wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ( § 1 1 2 Abs. 1 Satz 2) ausgeschlossen sein; dann ist ggf. nach § 132 zu verfahren. Immerhin zeigen sowohl die hier behandelte Vorschrift wie auch § 113, dass der Gesetzgeber grundsätzlich selbst bei geringen Strafen die Untersuchungshaft für zulässig hält (vgl. aber § 112, 62, 63), wenn der Beschuldigte im Geltungsbereich der Strafprozessordnung keinen festen Wohnsitz hat. Auf keinen Fall aber darf mit Festnahme gedroht werden, wenn nach der Praxis der Gerichte nicht zu erwarten ist, dass Untersuchungshaft verhängt wird. Zur Geltung der Vorschrift bei § 127b s. dort Rn. 23.
4
c) Strafart (Nr. 1). Da die Voraussetzungen eines Haftbefehls (§ 127, 37 ff.) vorliegen müssen, muss eine Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung ( § 1 1 2 Abs. 1 Satz 2) zu erwarten sein. Die Vorschrift erklärt das Verfahren aber für unzulässig, wenn mit einer Freiheitsstrafe (§ 124, 10) oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 124, 12) zu rechnen ist. Jugendarrest (§ 16 JGG) ist ein Zuchtmittel (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 JGG) und keine Freiheitsstrafe, so dass die Vorschrift ihrem Wortlaut nach Anwendung finden könnte. Da indessen die mit ihm verbundene Einsperrung wegen ihrer erzieherischen Bedeutung nicht durch eine Sicherheitsleistung abgegolten werden kann, muss er hier wie eine Strafe behandelt werden. Daher findet das Verfahren nicht statt, wenn Jugendarrest zu erwarten ist. Freilich werden die Möglichkeiten, auf einen Ausländer erzieherisch einzuwirken, schon wegen der Sprachschwierigkeiten selten vorliegen, so dass bei Ausländern kaum je mit Jugendarrest zu rechnen ist.
5
3
Geppert GA 1 9 7 9 2 8 1 ; 4 9 0 ; a.A. Meyer-Goßner
Schlothauer/Weider 2 ; KK/Boujong 2.
4
So aber Seetzen N J W 1 9 7 3 2 0 0 1 ; vgl. auch Plonka Die Polizei 1 9 7 3 1 4 5 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 3; wie hier SKJPaeffgen 2 , 10; vgl.
auch Danckert BRAK-Mitt. 1 9 8 8 116; AK/ Krause 9 (Reformvorschläge). 5
Κ H J B o u j o n g 3; Meyer-Goßner
6
Meyer-Goßner
Hans Hilger
4 ; SYJPaeffgen
4. 3.
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§ 127a 6
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Nach alledem ist das Verfahren zulässig, wenn Geldstrafe (§ 4 0 StGB), Verfall und Einziehung (§§ 73, 73a, 74, 74c, 74d StGB), Fahrverbot (§ 44 StGB) oder Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) zu erwarten ist. Das Fahrverbot und die Entziehung der Fahrerlaubnis können zwar nicht wie die Geldstrafe durch eine Sicherheit abgegolten werden; daher dürfen sie bei der Bemessung der Sicherheit auch nicht berücksichtigt werden. Auch ist die Eintragung des Fahrverbots oder der Entziehung der Fahrerlaubnis in einen ausländischen Fahrausweis (§ 4 4 Abs. 3 Satz 3, § 69b Abs. 2 StGB) unmöglich, wenn der Beschuldigte vor der Verurteilung die Bundesrepublik verlässt. Gleichwohl sind die zuständigen Organe befugt, aber nicht verpflichtet, von der Verhaftung auch dann abzusehen, wenn neben Geldstrafe Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis zu erwarten ist. 7 2. Sicherheitsleistung (Nr. 2)
7
a) Art. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, kann davon abgesehen werden, eine Festnahme anzuordnen oder aufrechtzuerhalten, wenn der Beschuldigte eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet. Wegen der Art der Sicherheit gilt § 116a Abs. 1 (§ 116a, 5 ff.) entsprechend. Dort ist auch die Bürgschaft „geeigneter Personen" vorgesehen. In Absatz 1 Nr. 2 wird verlangt, dass „der Beschuldigte" die Sicherheit leistet, während § 116 Abs. 1 Nr. 4 die Leistung einer Sicherheit durch den Beschuldigten „oder einen anderen" zulässt. Durch die Verweisung auf § 116a Abs. 1 kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Sicherheit auch dann als vom Beschuldigten geleistet ansieht, wenn ein anderer Bürgschaft leistet. Als „geeignete Personen" sind nicht nur natürliche Personen anzusehen, sondern auch Konsulate, Kraftfahrerverbände, Banken, Versicherungsgesellschaften, Reedereiagenturen u.ä. 8
8
b) Bemessung. Die Sicherheit des § 116 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 116a Abs. 2 ist so zu bemessen, dass anzunehmen ist, der Beschuldigte werde lieber das Strafverfahren mit der Hauptverhandlung und den Vollzug einer Freiheitsstrafe (vgl. § 124) hinnehmen als den Verlust der Sicherheit. Dabei ist die bloße Angleichung der Sicherheit an die Höhe einer zu erwartenden Geldstrafe und die Gerichtskosten nicht zulässig (§ 116a, 11). Diese Grundsätze gelten für die hier behandelte Sicherheit nicht. Eine Freiheitsstrafe hat der Beschuldigte nicht zu erwarten; mit einer Hauptverhandlung, zu der er erscheinen müsste, hat er nicht zu rechnen. Das Verfahren ist vielmehr auf der Voraussetzung aufgebaut, dass der Beschuldigte einen ihm außerhalb des Geltungsbereiches der Strafprozessordnung zugestellten Strafbefehl hinnimmt. Danach wird die Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens bestellt, für die sie nach Rechtskraft der verurteilenden Entscheidung in Anspruch genommen wird. Beide Rechnungsposten sind der Bemessung der Sicherheit zugrunde zu legen, und zwar, nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, allein. Ihre Höhe ist aufgrund der Strafzumessungspraxis der Spruchkörper zu schätzen. 9 Ist ausnahmsweise eine Einziehung zu erwarten, kann nach § 111b verfahren werden.
7 8
H.M.; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. II 12. Dünnebier NJW 1968 1753; Eb. Schmidt Nachtr. II 16.
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9
Vgl. KKJBou/ong 5; KMTUWankel 7: evtl. nach Besprechung mit dem StA. Vgl. Nr. 6 0 RiStBV.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 127a
3 . Zustellungsbevollmächtigter (Absatz 2 ) . N a c h Absatz 2 gilt § 116a Abs. 3 entsprechend. Die damit angezogene Vorschrift hat einen dreifachen Inhalt: D e r Beschuldigte w o h n t nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes; er stellt einen Antrag, den Vollzug des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung auszusetzen; er ist verpflichtet, einen Zustellungsbevollmächtigten - aus Beweisgründen regelmäßig schriftlich - zu benennen. O b ein Unterschied zwischen W o h n e n (§ 1 1 6 a , 13) und festem Wohnsitz besteht, k a n n hier dahingestellt bleiben; denn die Anordnung, § 1 1 6 a Abs. 3 sei entsprechend anzuwenden, k a n n nicht bedeuten, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 zurückgenommen werden.
9
Für das Antragserfordernis gelten die Ausführungen zu § 116a (§ 1 1 6 a , 4 ) entsprechend. Ein A n t r a g ist also nicht unbedingt erforderlich. 1 0 Es genügt, wenn der Beschuldigte durch Leistung einer Sicherheit sein Einverständnis mit dem Verfahren zeigt; 1 1 dies k a n n ihm vorher von Amts wegen angeboten worden sein. Es gilt also: Die Verhaftung unterbleibt, wenn der Beschuldigte außer der Sicherheitsleistung auch noch einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt. Wegen des Zustellungsbevollmächtigten s. § 1 1 6 a , 14 ff. Auch hier gilt grundsätzlich, dass der Bevollmächtigte im Bezirk des zuständigen Gerichts w o h n e n m u s s . 1 2 A b e r das Gericht ist nicht gehindert, auch Zustellungsbevollmächtigte anzuerkennen, die nicht im Gerichtsbezirk w o h n e n . 1 3 Bei reisenden Ausländern wird darauf Bedacht zu nehmen sein, wenn sie etwa ihren a u ß e r h a l b des Gerichtsbezirks niedergelassenen G e n e r a l k o n s u l 1 4 als Zustellungsbevollmächtigten bestellen wollen. Die Benennung eines mit der Strafverfolgung gegen den Beschuldigten befassten Beamten als Bevollmächtigten dürfte in der Regel nicht sachgerecht sein. 1 5
10
4 . Zuständigkeit. Entscheidungsberechtigt sind in erster Linie die in § 1 2 7 Abs. 2 genannten Polizeibeamten, 1 6 gleichgültig o b sie Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind, und die Staatsanwälte (Amtsanwälte). Erweitert wird der Kreis um die Behörden und B e a m t e n , denen in Einzelgesetzen die Befugnis zu verhaften ausdrücklich beigelegt worden ist (§ 127, 4 1 ) . D e r Gesetzestext beschränkt den Kreis der Entscheidungsberechtigten nicht auf die genannten Beamten. Er umfasst vielmehr auch den Richter, dem der Festgenommene, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt worden ist, vorgeführt wird (§ 1 2 8 ) . 1 7 Auch der Fall des § 1 2 9 ist, o b w o h l er k a u m v o r k o m m e n k a n n , nicht ausgeschlossen. E b e n s o nicht ausgeschlossen ist die Anwendung auf sonstige F ä l l e , 1 8 in denen es zur Anordnung der Untersuchungshaft (§ 114), die ja stets eine Anordnung der Festnahme ist, o h n e vorläufige Festnahme k o m m t . 1 9
11
10 11 12 13
14
Zu § 127a h.M. Dünnebier NJW 1968 1754. Meyer-Goßner 7; KK/Boujong 6. OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 369; KK/ Boujong 6; SKJPaeffgen 6; AK/Krause 6; Dünnebier NJW 1968 1754; Eb. Schmidt Nachtr. II 18; s. auch Geppert GA 1979 295; a.A. KMRIWankel 8; Meyer-Goßner 7. Meyer-Goßner 7: Behörden und exterritoriale Personen kommen nicht als Bevollmächtigte in Betracht; ebenso Greßmann NStZ 1991 216 ff.
15
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19
KYJBoujong 6; Greßmann NStZ 1991 216 ff.; vgl. auch Nr. 60 RiStBV; a.A. MeyerGoßner 7; KMRIWankel 8; s. auch Geppert GA 1979 295. Begr. zu BTDrucks. V 2600, 2601 S. 18. H.M.; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. II 19. Z.B., wenn Beschuldigter nach Festnahme gemäß § 127 Abs. 1 durch eine Privatperson der Polizei übergeben wird. Beschuldigter hat sich z.B. bereit erklärt, bis zum Ende der Verhandlung im Land zu bleiben, wird dann aber fluchtverdächtig.
Hans Hilger
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§ 127b
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
12
5. Rechtsmittel. Die Entscheidung, einen Fluchtverdächtigen festzunehmen oder bei Sicherheitsleistung davon abzusehen, ist kein Verwaltungsakt, sondern eine Prozesshandlung. Ein Rechtsmittel ist nicht gegeben. Dienstaufsichtsbeschwerde ist zulässig, aber von keiner Bedeutung. Der Beschuldigte kann die Sicherheitsleistung verweigern, sich zum Richter vorführen lassen und dort seine Entlassung ohne Sicherheitsleistung beantragen, indem er etwa den Haftgrund oder die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft angreift. Dringt er damit nicht durch und ordnet der Richter die Untersuchungshaft an, kann er dessen Entscheidung mit der Beschwerde anfechten, worüber er zu belehren ist (S 128 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 4).
13
6 . Folgen. Leistet der Beschuldigte die Sicherheit, dann wird er trotz des Haftgrunds der Fluchtgefahr nicht festgenommen oder, wenn er festgenommen war, entlassen. Er kann dann insbesondere den Geltungsbereich der Strafprozessordnung verlassen. Leistet er sie nicht, ist er vorläufig festzunehmen und unverzüglich dem Richter bei dem Amtsgericht vorzuführen, in dessen Bezirk er vorläufig festgenommen worden ist (§ 128 Abs. 1); das Verfahren nach § 127a muss also grundsätzlich innerhalb der Frist des § 128 Abs. 1 Satz 1 abgeschlossen werden, der Beschuldigte darf nicht länger ohne richterliche Entscheidung festgehalten werden. 2 0 Das Weitere richtet sich nach § 128 Abs. 2, doch kann der Richter bei diesem Amtsgericht noch nach § 127a verfahren, wenn der Beschuldigte nunmehr die Sicherheit leistet. Der Richter beim Amtsgericht kann die Vorschrift auch dann anwenden, wenn die Polizei sie für unanwendbar gehalten hatte, etwa weil sie annahm, es sei eine Freiheitsstrafe zu erwarten.
14
7. Verwendung der Sicherheit. Ziel der Sicherheitsleistung ist nicht, den Antritt einer Freiheitsstrafe oder die Beteiligung an einer Hauptverhandlung zu sichern. Der Gesetzgeber rechnet im Gegenteil damit, dass sich der Beschuldigte aus dem Geltungsbereich der Strafprozessordnung entfernt, und dass die zu erwartende Strafe durch Strafbefehl auferlegt wird. Deshalb sind die Vorschriften des § 123 Abs. 2 und 3 und des § 124 nicht anwendbar. Die Sicherheit ist als ein Vorschuss auf die zu erwartende Geldstrafe und die im Verfahren anfallenden Kosten zu behandeln und nach Rechtskraft des Erkenntnisses abzurechnen; ein etwa verbleibender Überschuss ist zurückzuzahlen. Daraus folgt auch, dass die Polizeibehörde die vereinnahmte Sicherheit an die Gerichtskasse abzuführen hat. Hatte ein anderer Bürgschaft geleistet, so wird der Bürge unmittelbar in Anspruch genommen, sofern nicht der Verurteilte vorher die Geldstrafe und Kosten beglichen hat. 2 1 Zur Einstellung gemäß § 153a vgl. § 132, 7.
§ 127b (1) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind zur vorläufigen Festnahme eines auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten auch dann befugt, wenn 1. eine unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren wahrscheinlich ist und 2 . auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, daß der Festgenommene der Hauptverhandlung fernbleiben wird.
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(2) 'Ein Haftbefehl (§ 128 Abs. 2 Satz 2) darf aus den Gründen des Absatzes 1 gegen den der Tat dringend Verdächtigen nur ergehen, wenn die Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer Woche nach der Festnahme zu erwarten ist. 2 Der Haftbefehl ist auf höchstens eine Woche ab dem Tage der Festnahme zu befristen. (3) Über den Erlaß des Haftbefehls soll der für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens zuständige Richter entscheiden.
Schrifttum Asbrock Hauptsache Haft! - Hauptverhandlungshaft als neuer Haftgrund, StV 1997 43; Burhoff Hauptverhandlungshaft, ZAP 1997 811; DAV-Stellungnahme des Strafrechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der StPO (Hauptverhandlungshaft), StraFo 1996 34; Dury Das beschleunigte Verfahren, DRiZ 2001 207; Grasberger Verfassungsrechtliche Probleme der Hauptverhandlungshaft, GA 1998 530; Hurtenbach Gesetzentwurf zur Hauptverhandlungshaft, AnwBl. 1996 83; Fülber Die Hauptverhandlungshaft (2000); Giving Haft und Festnahme gemäß § 127b StPO im Spannungsfeld von Effektivität und Rechtsstaatlichkeit (2005); Hellmann Die Hauptverhandlungshaft gem. § 127b StPO, NJW 1997 2145; Herzler Das beschleunigte Verfahren, NJ 2000 399; Herzog Symbolische Untersuchungshaft und abstrakte Haftgründe, StV 1997 215; Chr. Keller Die Hauptverhandlungshaft, Kriminalistik 1998 677; Keller/Schairer Hand in Hand die Kriminalität bekämpfen, Die Polizei 1997 305; Kohler Beschleunigte Strafverfahren im deutschen und französischen Recht (2001); Meertens „Kurzer Prozeß" und Hauptverhandlungshaft, in: Grundrechte-Report 1997 200; Meyer-Goßner Theorie ohne Praxis und Praxis ohne Theorie im Strafverfahren, ZRP 2000 345; Pofalla Gesetzentwurf zur Hauptverhandlungshaft, AnwBl. 1996 466; Schröer Das beschleunigte Verfahren gem. §§ 417 ff. StPO (1998); Stintzing/Hecker Abschreckung durch Hauptverhandlungshaft? - Der neue Haftgrund des „vermuteten Ungehorsams", NStZ 1997 569; Wächtler Der alternative Strafprozeß, StV 1994 159.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung in die StPO eingefügt worden. 1
Übersicht Rn. 1. Allgemeines a) Ziel der Vorschrift b) Inhalt c) Verhältnis zu den §§ 1 1 2 , 1 1 2 a d) Kritik 2. Haft (Absatz 2) a) Voraussetzungen b) Haftgrund
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S. auch BTDrucks. 13 2576; 13 5743; BTRAussch. Prot. Nr. 50; BRDrucks. 738/96; BTProt. 13 11647 ff. Zum im Vermittlungsausschuss gescheiterten Vorentwurf in der
Rn. c) Befristung des Haftbefehls . . d) Weitere Haftaufhebungsgründe . . . 3. Festnahme (Absatz 1) a) Allgemeines b) Einzelfragen c) Rechtswidrigkeit 4. Sonstige Verfahrensfragen 5. Zuständigkeit (Absatz 3)
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12. Legislaturperiode s. BTDrucks. 12 6853 Art. 4 Nr. 5; BRDrucks. 872/94 Nr. 8; Dahs NJW 1995 553 Fn. 29; DAV StV 1994 153.
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1. Allgemeines 1
a) Ziel der Vorschrift insgesamt ist insbesondere die Sicherung und erhöhte Anwendung des beschleunigten Verfahrens (§ 417). Die Gerichte seien bisher gehindert gewesen, dieses Verfahren innerhalb weniger Tage durchzuführen, wenn die Haftvoraussetzungen (§§ 112 ff.) fehlten und der Festgenommene durch die Freilassung Gelegenheit erhielt, sich der Hauptverhandlung zu entziehen.2 Aus präventiven Gründen müsse - gerade bei reisenden Tätern - die Strafe der Tat unmittelbar folgen. Durch rasche Aburteilung werde auch das Vertrauen in den Rechtsstaat gestärkt. Schließlich solle die sog. Hauptverhandlungshaft Staatsanwaltschaften und Amtsgerichte motivieren, auf eine möglichst zügige Anberaumung der Hauptverhandlung zu achten. 3 Mit dieser Zielsetzung (Sicherung der Anwesenheit des Beschuldigten; Vor § 112, 2) ist die Hauptverhandlungshaft systematisch als Untersuchungshaft zu werten. 4
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Unklar ist, ob die Hauptverhandlungshaft auch der Vollstreckungssicherung (Vor § 112, 3) dienen soll. Die Zielsetzung des Gesetzgebers (Rn. 1) und die kurze absolute Hafthöchstfrist (Absatz 2 Satz 2), die zulässt, dass der Beschuldigte eine Vollstreckungssicherung dadurch unterlaufen kann, dass er Berufung einlegt, sprechen eher dagegen.5 Vgl. auch Vor § 112, 4 a.E.
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b) Inhalt. Die Vorschrift enthält eine Doppelregelung, die systematisch korrekt in eine Haftregelung (bei § 112) und eine Festnahmebefugnis (bei § 127) hätte aufgegliedert werden können. Sie regelt in Absatz 2 eine (nur) ein besonderes Verfahren sichernde kurze Untersuchungshaft (Rn. 1, 8) sowie in Absatz 1 eine diese Haft ermöglichende besondere Festnahmebefugnis (Rn. 17). Haft und Festnahmebefugnis sind jedoch nicht zwingend miteinander verbunden. Es ist denkbar, dass eine das beschleunigte Verfahren (§ 417) sichernde Haft (Absatz 2) ohne vorherige Festnahme nach Absatz 1 angeordnet wird, etwa wenn der Richter, der ein beschleunigtes Verfahren terminiert hat, kurz vor dem Hauptverhandlungstermin erfährt, dass der Beschuldigte beabsichtigt, zu diesem Termin - ohne Flucht - nicht zu erscheinen. Eine Maßnahme nach § 230 ist dann (noch) nicht möglich, wohl aber der Erlass eines Haftbefehls nach § 127b Abs. 2, der sodann vollstreckt wird (§ 114, 29). Diese Möglichkeit der Haftanordnung ist allerdings (vgl. Rn. 1) nicht die vom Gesetzgeber vorrangig angestrebte. Ebenso ist es denkbar, dass eine Festnahme nach 127b erfolgt, es dann aber nicht mehr zur befristeten Hauptverhandlungshaft kommt, weil der Richter sofort im beschleunigten Verfahren verhandelt (Rn. 25); auch dies wird jedoch nur in sehr seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen.
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Die Vorschrift beinhaltet damit speziell für das beschleunigte Verfahren einen schon im Vorfeld des § 230 Abs. 2 greifenden 6 besonderen Haftgrund (Rn. 9 ) 7 nebst eigener Eilkompetenz (neben § 127; Rn. 6, 17). Der Haftbefehl des § 230 Abs. 2 setzt ein nicht genügend entschuldigtes Ausbleiben voraus, das im beschleunigten Verfahren gar nicht erst abgewartet werden soll. Die mildere Form der Vorführung (vgl. § 230 Abs. 2) statt eines Haftbefehls nach Absatz 2 wird in §127b nicht zugelassen.8 2 3
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BTDrucks. 13 2 5 7 6 S. 3. Zur Kritik s. insbes. DAV StraFo 1996 34; Hurtenbach AnwBl. 1996 83. A.A. Asbrock BTRAussch. Prot. Nr. 50 S. 3, 11; s. auch Stintzing/Hecker NStZ 1997 571, 572. SYJPaeffgen 3; Grasberger GA 1998 536. Vgl. Wächtler StV 1994 159; Stintzing/Hecker NStZ 1997 570.
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Vgl. BTRAussch. Prot. Nr. 50: Hartenbach S. 29; Asbrock S. 3, 11 (unklar: Haft ohne Haftgrund). SYJPaeffgen 4; s. dagegen Hellmann NJW 1997 2148 (Vorführung grundsätzlich zulässig als mildere Maßnahme); Hellmann 2 3 0 ; Giring 4 0 3 ; Rn. 8.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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c) Das Verhältnis zu den §§ 112, 112a ergibt sich grundsätzlich aus dem besonderen Haftzweck und den Haftgründen des § 127b (Rn. 1, 9 ff.). In vielen Fällen scheidet Haft nach § 127b schon deshalb aus, weil ein beschleunigtes Verfahren nicht in Betracht kommt. Außerdem ist, wenn die Haftgründe der §§ 112, 112a vorliegen, in der Regel im Hinblick auf das andersartige, oft weiterreichende Sicherungsbedürfnis, das möglicherweise auch eine besondere Vollzugsgestaltung erfordert (§ 119, 2 8 ) , Haft nach diesen Vorschriften anzuordnen. Kommt ein beschleunigtes Verfahren in Betracht, liegt (nur) der Haftgrund der Fluchtgefahr vor, und geht es nur um die Sicherung der Anwesenheit des Angeklagten in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, so kann zwar grundsätzlich ein Haftbefehl nach § 112 erlassen werden, der ggf. durch § 120 Abs. 1 Satz 1 auf den Abschluss der Hauptverhandlung begrenzt würde; ebenso könnte jedoch je nach Lage des Einzelfalles unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit an eine von vornherein befristete Haft nach § 127b Abs. 2 gedacht werden. Denkbar ist auch eine Umstellung eines Haftbefehls, wenn ein Haftgrund sich ändert oder ein weiterer Haftgrund hinzukommt. In der Praxis wird dieser Fall jedoch selten sein. Entsprechendes gilt für eine Umstellung in einen Unterbringungsbefehl (§ 126a) oder umgekehrt.
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Auch das Verhältnis der Festnahmebefugnis nach Absatz 1 zu § 127 ergibt sich aus dem besonderen Zweck der Vorschrift, ausnahmsweise auch dann Festnahme und Haft zuzulassen, wenn die klassischen Gründe hierfür fehlen. § 127 Abs. 1 bleibt demgemäß neben § 127b Abs. 1 - anwendbar für den in § 127b nicht geregelten Fall der Notwendigkeit der Identitätsfeststellung sowie für den Fall des Fluchtverdachts bei frischer Tat, etwa wenn der festnehmende Beamte Zweifel hat, ob die Voraussetzungen des § 127b Abs. 1 Nr. 1 vorliegen; stellt sich dann heraus, dass sich der Festnahmegrund des § 127 Abs. 1 (Fluchtverdacht) nicht halten lässt, so kann die Festnahme dennoch nach § 127b Abs. 1 gerechtfertigt sein, wenn sich nun ergibt, dass diese Voraussetzungen (doch) vorliegen. Ähnliche Überlegungen gelten für § 127 Abs. 2. Wäre diese Vorschrift nicht anwendbar, hätte dies zur Folge, dass keine Festnahmebefugnis bestünde, wenn einem Polizeibeamten die Festnahme auf frischer Tat nach § 127b Abs. 1 nicht gelingt, er aber einige Zeit später diesen Beschuldigten wiedertrifft, die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Gründe (Haftvoraussetzungen) noch gelten und „Gefahr im Verzuge" (§ 127, 35) besteht. Ein solches Ergebnis wäre nicht vereinbar mit dem Ziel des Gesetzgebers, die Nutzung des beschleunigten Verfahrens zu verbessern (Rn. 1). Dies spricht dafür, dass auch § 127 Abs. 2 anwendbar bleibt.
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d) Kritik. Die Vorschrift ist in der rechtspolitischen Diskussion des GesetzgebungsVerfahrens heftig kritisiert worden; 9 sie ist auch heute noch - aus verfassungsrechtlichen, systematischen und praxisbezogenen Erwägungen - umstritten. 1 0 Wesentliche Argumente gegen die Hauptverhandlungshaft sind u.a.: erhebliche Bedenken im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 , 1 1 das Verhältnismäßigkeitsprinzip, 12 den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3
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S. insbesondere DAV StraFo 1996 34; Hurtenbach AnwBl. 1996 83; Wächtler StV 1994 159; Asbrock BTRAussch. Prot. Nr. 50 S. 3 ff.; Kempf- S. 5 ff.; dagegen Pofalla AnwBl. 1996 466. Vgl. z.B. Fülber 143 (Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich, geeignet und erforderlich) mit Gesetzgebungsvorschlag; HK/ Lemke 3, 7 (verantwortungsgetragene Praxis); Grasberger GA 1998 530 (verfas-
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sungsrechtlich unbedenklich, wenn Vorrang des § 232 beachtet wird); dagegen Giring 391 ff. SYJPaeffgen 10; Stintzing/Hecker NStZ 1997 573; Köhler 80 ff.; s. auch Volk (Grundkurs StPO) § 10, 69, § 33, 12 (verfassungswidriges Ziel; systemwidrig). Asbrock StV 1997 44; SYJPaeffgen 9 ff.; Münchhalffen/Gatzweiler 389; Hellmann NJW 1997 2145 (wenn Vorführung mög-
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G G ) 1 3 und die Unschuldsvermutung, 14 Systemwidrigkeit; 15 Fehlen des rechtstatsächlichen Belegs für das Regelungsbedürfnis, 16 Wertungswidersprüche im Haftrechtssystem, 17 Beeinträchtigung eines fairen Verfahrens, 18 Missbrauchsgefahr, 19 kriminalpolitisch verfehlt, praxisfern. 20 Einige der kritischen Argumente sind, auch wenn die Kritik teilweise überzogen erscheint, sehr bedenkenswert. Dies gilt namentlich, soweit ein Bedürfnis für diese Regelung verneint wird. Denn bei vielen Beschuldigten der TäterZielgruppe (Rn. 1: reisende Täter) wird häufig ohnehin ein Haftgrund nach den § § 1 1 2 ff. vorliegen. Außerdem dürfte, liegt ein solcher nicht vor, in vielen Fällen die Festnahmeund Haftprognose erhebliche Schwierigkeiten bereiten, insbesondere die Feststellung bestimmter Tatsachen, die befürchten lassen, der Festgenommene werde der Hauptverhandlung fernbleiben. Erscheint eine Regelung aber nicht erforderlich oder (und) wenig geeignet, so ist sie unter dem auch vom Gesetzgeber zu beachtenden Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (Vor § 112, 29 ff.) bedenklich. Schließlich erscheint die Regelung problematisch, weil sie sich zum Einfallstor für apokryphe Haftgründe (§ 112, 54) entwickeln könnte. 21 Wider Erwarten 2 2 macht die Praxis von der Vorschrift recht häufig Gebrauch. 23 Dies lässt befürchten, dass die Anordnungsschwelle in der Praxis nicht hinreichend beachtet wird. 24
2. Haft (Absatz 2) 8
a) Die formellen Voraussetzungen der Haft sind dieselben wie bei anderen Haftbefehlen. Gleiches gilt für die materiellen Voraussetzungen: Es sind dringender Tatverdacht, Haftgrund (Rn. 9 ff.) und Verhältnismäßigkeit (Vor § 112, 44 ff.). Der dringende Tatverdacht (§ 112, 14, 16 ff.) ist im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechtseingriffs eine im System des Haftrechts - also auch hier - unverzichtbare Anordnungsschwelle. Darf Haft - z.B. wegen Unverhältnismäßigkeit - nicht angeordnet werden, so kann eine Maßnahme nach § 132 in Betracht kommen (§ 132, 1, 5), 2 5 falls nicht eine sofortige Verhandlung gemäß § 418 (ohne Hauptverhandlungshaft) möglich und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit angebracht ist (§ 132, 1). Zur Vorführung s. Rn. 4; hält man sie im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip 26 als mildere Maßnahme zur Haft für zulässig
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lieh); s. auch Stintzing/Hecker NStZ 1997 573; Herzog StV 1997 216; Kohler 80 ff., 87 ff., 90 ff.; Grasberger GA 1998 542; HK/ KreWVor § 417, 3. Asbrock StV 1997 4 4 ; SKJPaeffgen 10; Meyer-Goßner ZRP 2 0 0 0 349; Stintzing/ Hecker NStZ 1997 573; Kohler 79, 90. Asbrock StV 1997 4 4 ; Herzog StV 1997 216; Stintzing/Hecker NStZ 1997 572; s. auch SK/ Paeffgen 12. Asbrock StV 1997 4 4 ; Giring 391 ff.; MeyerGoßner ZRP 2 0 0 0 345; s. auch Stintzing/Hecker NStZ 1997 571, 573. Asbrock StV 1997 44. Asbrock StV 1997 44; Herzler NJ 2 0 0 0 400; Herzog StV 1997 216; Meyer-Goßner ZRP 2 0 0 0 345; SKJPaeffgen 9. Asbrock StV 1997 44; Herzog StV 1997 216; Giring 406. Asbrock StV 1997 44; Giring 3 9 7 ff., 407,
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(analog § 230? Oder als „minus" zu § 127b?), 2 7 so kommt sie allenfalls in Betracht, wenn nach einer Festnahme der zuständige Richter sofort verhandlungsbereit ist und alle sonstigen Voraussetzungen für das Verfahren erfüllt sind (Rn. 25). b) Der Haftgrund des § 127b Abs. 2 Satz 1 besteht durch die Bezugnahme auf die Gründe des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 aus zwei Elementen, nämlich aus: -
der Wahrscheinlichkeit einer unverzüglichen Entscheidung im beschleunigten Verfahren (§ 417), wobei die Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer Woche nach Festnahme zu erwarten sein muss, und
-
der durch bestimmte Tatsachen begründeten Befürchtung, der Beschuldigte werde der Hauptverhandlung fernbleiben.
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Die einfache 28 (nicht hohe - s. dazu § 112, 25 ff.) Wahrscheinlichkeit der Entscheidung im beschleunigten Verfahren, d.h. die Annahme, dass dieses Verfahren voraussichtlich - weil mehr dafür als dagegen spricht - zur Anwendung kommen wird, erfordert eine richterliche Entscheidung (Bewertung); sie beinhaltet zunächst, dass der Fall für dieses Verfahren geeignet (vgl. die Erl. zu § 417) ist. Außerdem muss eine unverzügliche Entscheidung wahrscheinlich sein; Absatz 2 Satz 1 präzisiert für den Erlass des Haftbefehls, dass mit „unverzüglich" gemeint ist: Erwartung der Durchführung der Hauptverhandlung innerhalb einer Woche ab Festnahme. Die Basis dieser Bewertungen sind tatsächliche Umstände, nämlich die ErmittlungsVorgänge, insbesondere die Einlassung des Beschuldigten, aber auch die Terminsbelastung des Gerichts und die Feststellung, ob die durch die Justizverwaltung zu gewährleistenden organisatorischen Voraussetzungen 29 eine kurzfristige Verhandlung ermöglichen. Ist von vornherein zu erwarten, dass die Entscheidung (Durchführung, nicht Beginn der Hauptverhandlung) nicht innerhalb (binnen) der Wochenfrist getroffen werden kann, etwa wegen Überlastung des Gerichts, so darf der Haftbefehl nicht erlassen werden.
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Unklar ist die Berechnung der Wochenfrist nach Festnahme (Absatz 2 Satz 1). Grundsätzlich müsste sie sich nach § 43 (Festnahme: Dienstag; Ende mit Ablauf des nächsten Dienstags) richten. Der Gebrauch des Wortes: „binnen" und der Wille des Gesetzgebers zur engen zeitlichen Begrenzung lässt es jedoch naheliegend erscheinen, die Frist wie die des § 121 Abs. 1 zu berechnen (vgl. § 121, 13), nämlich unter Einbeziehung des fristauslösenden Tages (s.o. Beispiel: Fristablauf mit Ende des Montags). 3 0 Auch § 43 Abs. 2 gilt nicht. 31
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Im Hinblick auf die genannte Erwartung darf Haft nicht angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, dass das Verfahren eingestellt (§§ 153 ff.) werden oder ein Strafbefehl (§ 407) ergehen kann, ebenso, wenn ein Verfahren nach §§ 232, 233 in Betracht kommt. Auch die Erwartung eines Normalverfahrens unter Abkürzung aller Fristen genügt nicht. 32 Sie darf des Weiteren nicht bei Jugendlichen (vgl. § 79 JGG) oder zur Sicherung des Berufungsverfahrens angeordnet werden.
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Vgl. Hellmann N J W 1 9 9 7 2 1 4 8 ; s. auch Giring 4 0 3 , 3 0 0 ff. Vgl. Meyer-Goßner 19; KKJBoujong 8; H K / Lemke 15; KMRJWankel 4 ; a.A. S K I P a e f f g e n
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S K I P a e f f g e n 18; H K / L e m k e 16; Schlotbauer/ Wetder 2 0 5 ; Münchhalffen/Gatzweiler 387; Giring 1 3 3 ; a.A. Meyer-Goßner 18; KK/Boujong 17; KMRJWankel 8.
16 ff. Zu Definitionsfragen (Überwiegenslehre) s. SKJPaeffgen § 2 0 3 , 11; Paeffgen (Dogmatik) 1 8 3 ff.
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Meyer-Goßner KMRJWankel Meyer-Goßner
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18; KKJBoujong 17; 8; Schlothauer/Weider 9.
203.
Vgl. WYJLemke 10 (Absprache zwischen Polizei, StA und Gericht erforderlich); Keller/ Schairer Die Polizei 1 9 9 7 3 1 2 ; Rn. 19.
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Erforderlich ist des Weiteren die begründete Befürchtung, 33 dass der dringend tatverdächtige (§ 112, 14, 16) Beschuldigte der Hauptverhandlung fernbleiben wird. Zu „bestimmte Tatsachen" s. § 112, 2 2 ff. „Befürchten" beinhaltet eine Prognose und bedeutet letztlich nichts anderes als „Gefahr" - s. dazu § 112, 25 (hohe Wahrscheinlichkeit). 3 4 „Fernbleiben" ist nicht Flucht oder sonstiges „Entziehen" im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 1, 2 (s. § 112, 32 ff.), 3 5 sondern bloßes unentschuldigtes Nichterscheinen zu Beginn der Hauptverhandlung, etwa bei „reisenden Tätern" (Rn. 1), oder indem der Beschuldigte einfach zu Hause bleibt, spazierengeht, einen Ausflug macht, seine Arbeitsstelle, Freunde oder eine Gaststätte aufsucht oder - nur um dem Termin auszuweichen eine Geschäftsreise oder einen Urlaub macht. In Betracht kommen auch durch- oder (z.B. nach einer Sportveranstaltung wieder) ausreisende Ausländer 36 (s. aber Rn. 8, 12 - zu § 132). Der Haftgrund besteht nicht, wenn zwar ein Nichterscheinen zu Beginn der Hauptverhandlung zu erwarten, dieses aber (voraussichtlich) entschuldigt ist, etwa wegen eines schon unabänderlich gebuchten Urlaubs, eines notwendigen Krankenhausaufenthaltes oder einer unaufschiebbaren Geschäftsreise. Zu Einzelfragen s. die Erläuterungen zu § 2 3 0 und $ 329.
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In der Praxis müsste eigentlich die Begründung dieser Befürchtung durch bestimmte Tatsachen schwierig sein. Denkbar ist sie, wenn der Beschuldigte entsprechende Äußerungen (z.B. gegenüber Zeugen) getan hat, die bekanntwerden, wenn er gerichtsbekannt dafür ist, dass er gerichtliche Termine missachtet, 37 oder wenn es sich um Ausländer handelt, die Deutschland nur kurzfristig aus besonderem Anlass besucht hatten (Rn. 13) und eine Rückkehr unwahrscheinlich ist.
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c) Die Befristung des Haftbefehls regelt Absatz 2 Satz 2. Für die Berechnung gilt das in Rn. 11 Gesagte. Die Frist ist kürzer zu bestimmen, wenn dies ausreichend erscheint; 38 sie kann jedoch nachträglich bis zur Obergrenze verlängert werden, wenn sich herausstellt, dass das beschleunigte Verfahren zwar - entgegen der ursprünglichen Annahme nicht innerhalb der kürzeren Frist, wohl aber noch in der Frist des Absatzes 2 durchgeführt (Rn. 10) werden kann. 3 9 Mit Ablauf der Befristung, nicht schon mit Beginn der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, denn diese soll der Haftbefehl sichern, wohl aber mit deren Ende vor Ablauf der Befristung wird der Haftbefehl von selbst gegenstandslos. Liegen andere Haftgründe vor, so kann er umgestellt werden (Rn. 5). Andernfalls ist er deklaratorisch aufzuheben. 40 Wird der Beschuldigte innerhalb der Frist rechtskräftig zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe verurteilt, so geht auch hier ( vgl. Vor §112, 60) die Haft automatisch in Strafhaft über; 4 1 es ist zwar zweifelhaft, ob die Haft der Vollstreckungssicherung dient (Rn. 2), ein wesentlicher Grund, hier (oder auch nur deshalb) von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abzuweichen, ist jedoch nicht
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Krit. Kempf BTRAussch. Prot. Nr. 50 S. 6. Vgl. SK/Paeffgen 19 ff.; Münchhalffen/ Gatzweiler 388; umstr., für eine geringere Wahrscheinlichkeit z.B.: Meyer-Goßner 10; KK/Boujong 11; UYJLemke 17 ; KMRVWa«kel 5; Schlotbauer/Weider 213; Stintzing/ Hecker NStZ 1997 571; Kohler 71 ff.; Giring 163 ff.; Hellmann NJW 1997 2147; Chr. Keller Kriminalität 677, 678. S. dagegen Grau NStZ 2 0 0 7 13 (synonym verwendbar).
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Vgl. PfiHeger BTRAussch. Prot. Nr. 50 S. 1; Pofalla BTProt. 13 11647. A.A. insoweit Hellmann NJW 1 9 9 7 2847. BTDrucks. 13 2 5 7 6 S. 3. SK/Paeffgen 16; allg. M. SYJPaejfgen 24; Giring 210; a.A. MeyerGoßner 18. A.A. Meyer-Goßner 18; KMRJWankel 14; KKJBoujong 2 0 ; AnwK-StPO/Lammer 11.
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Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
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ersichtlich. Dauert die Hauptverhandlung bei Ablauf der Befristung noch an und fehlen andere Haftgründe, so kann die weitere Anwesenheit des Angeklagten nur über § 231 Abs. 1 gesichert werden; außerdem sind §§ 231 Abs. 2, 231a ff. anwendbar. d) Weitere Haftaufhebungsgründe (Rn. 15) sind z.B. die Aussetzung oder Unter- 16 brechung der Hauptverhandlung, wenn ein Neubeginn oder eine Fortsetzung der Verhandlung innerhalb der Frist nicht zu erwarten sind, sowie der Wegfall der Erwartung, dass die Hauptverhandlung innerhalb der Frist durchgeführt werden kann, etwa bei Komplikationen in der Beweislage. Auch in diesen Fällen ist der Haftbefehl ausdrücklich aufzuheben. 3. Festnahme (Absatz 1) a) Allgemeines. Absatz 1 regelt die Voraussetzungen des Festnahmerechts der Staatsanwaltschaft, der Beamten des Polizeidienstes und gleichgestellter Behörden (§ 127, 40), eine Eilkompetenz (s. § 127, 1) mit dem Ziel der richterlichen Anordnung der Hauptverhandlungshaft. 4 2 Privatpersonen und privaten Stellen wird die Festnahmebefugnis nicht zugebilligt. Die Voraussetzungen entsprechen im Wesentlichen (s. aber Rn. 18 ff.) denen der Hauptverhandlungshaft. Anders als die H a f t (Absatz 2) setzt die Festnahmebefugnis (Absatz 1) jedoch neben den Festnahme-(Haft-)Gründen (Nr. 1 und 2) voraus, dass der Beschuldigte auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird. Wegen $ 79 JGG besteht keine Befugnis, Jugendliche festzunehmen. Zum Verhältnis zu § 127 s. Rn. 6. § 127 Abs. 3 gilt entsprechend.
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b) Einzelfragen. Zur Festnahmevoraussetzung des Betreffens oder Verfolgens auf fri- 18 scher Tat wird auf die Erläuterungen § 127, 7, 13 ff. verwiesen. Wie bei § 127 ist außerdem erforderlich, dass nach dem äußeren Erscheinungsbild der Tat 4 3 dringender Tatverdacht vorliegt; 44 die Erläuterungen § 127, 7 ff. gelten grundsätzlich auch hier. Die Festnahmebefugnis besteht nicht, wenn die Verhältnismäßigkeit der sich in der Regel anschließenden Haft nicht bejaht werden kann (s. Rn. 8; Vor § 112, 33; § 127, 38, 39), wenn eine Einstellung gemäß §§ 153 ff., ein Abwesenheitsverfahren (§§ 232, 233) oder der Erlass eines Strafbefehls in Betracht kommen (Rn. 12). Dies könnte jedoch festnehmenden Polizeibeamten - je nach Lage des Einzelfalles - (für sie) nahezu unlösbare Bewertungen abverlangen. Deshalb muss dem Festnehmenden gerade in solchen Fällen ein gewisser Bewertungsspielraum zugebilligt werden (s. auch Rn. 22). Bezüglich der weiteren Festnahmevoraussetzungen (Nr. 1 und 2) gelten weitgehend die Überlegungen Rn. 9 ff. Nicht zu verkennen ist, dass auch die insoweit erforderlichen Prognosen und Bewertungen insbesondere der Polizei erhebliche Schwierigkeiten bereiten können. So würde eine zeitliche Prognose wie in Absatz 2 Satz 1 (Rn. 10), die dem Richter 19 möglich sein dürfte, den Festnehmenden häufig überfordern. 4 5 Deshalb stellt die Festnahmevoraussetzung gemäß Nr. 1 nur auf die Wahrscheinlichkeit einer unverzüglichen Entscheidung ab. Allerdings darf die zeitliche Einschätzung des Festnehmenden, wann eine (unverzügliche) Entscheidung wahrscheinlich zu erwarten ist, im Hinblick auf den in
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A.A. dring 217 (nicht Sicherung der Haft Ziel, vielmehr - selbstständig - Sicherung des beschleunigten Verfahrens). SKJPaeffgen 28, 30.
44 45
A.A. Giring 217, 228; KMR/Wankel 5. S. auch Münchhalffen/Gatzweiler 381; SchlothauerfWeider 209; Giring 227.
Hans Hilger
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§ 127b
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Absatz 2 zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, die Haft kurz zu befristen, den Rahmen von einer Woche ab Festnahme nicht wesentlich überschreiten. 46 Dabei kann sich die Prognose in der Regel vernünftigerweise nicht darauf erstrecken, ob der Terminkalender des Gerichts und die gerichtsinterne Organisation eine Terminierung und Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer Woche zulassen; 47 es sei denn, insoweit bestehen vorsorglich getroffene Absprachen 48 oder einschlägige (gute oder schlechte) Erfahrungen. Die gemäß Absatz 1 Nr. 1 erforderliche Wahrscheinlichkeit fehlt jedenfalls, wenn der Festnehmende ohne konkrete Anhaltspunkte nur vermutet (glaubt oder hofft), es werde fristgerecht zur Entscheidung kommen. 4 9 20
Der Festnehmende wird im Wesentlichen zu bewerten haben, ob sich die Sache nach dem äußeren Erscheinungsbild der Tat (§ 127, 9 ff.) unter Berücksichtigung der Kriterien des § 417 (einfacher Sachverhalt oder klare Beweislage) für eine Aburteilung im beschleunigten Verfahren in kurzer Frist (Rn. 19) eignet und deshalb sowie mangels entgegenstehender anderer Gründe eine unverzügliche Aburteilung in dieser Verfahrensart wahrscheinlich (Rn. 10) erscheint. 50 Stellt sich nach Festnahme auf Grund einer solchen Prognose heraus, dass diese Prognose verfehlt war, so ist die Festnahme unverzüglich zu beenden.
21
Auch das zweite Element des Festnahmegrundes (Nr. 2) müsste der Praxis eigentlich erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Zwar sind Fälle denkbar, in denen die Befürchtung des (unentschuldigten) Fernbleibens in der Hauptverhandlung begründet wäre (Rn. 13, 14). Jedoch dürften die Fälle, in denen diese Befürchtung bereits im Augenblick der Festnahme auf bestimmte Tatsachen gestützt werden kann, selten sein. Zur Beendigung der Festnahme gilt das in Rn. 2 0 (am Ende) Gesagte entsprechend.
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c) Rechtswidrigkeit. Sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt, so ist eine Festnahme nach dieser Vorschrift unzulässig und damit grundsätzlich (mit den nachfolgenden Einschränkungen) auch rechtswidrig. Beruht die Festnahme auf einem Irrtum, so ist die Frage der Rechtswidrigkeit unter Berücksichtigung der Überlegungen bei § 127, 12 zu entscheiden. Auch muss dem Festnehmenden ein Beurteilungsspielraum („Prognosespielraum") hinsichtlich der Festnahme (Haft)gründe (Absatz 1 Nr. 1 und 2) zugebilligt werden; eine Rechtswidrigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn dieser Spielraum deutlich überschritten wird oder fehlerhafte Subsumtionen bzw. sachfremde Erwägungen eine entscheidende Rolle spielen. Demgemäß bedeuten eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, keinen Haftbefehlsantrag zu stellen, und die richterliche Ablehnung des Erlasses eines Haftbefehls, weil sie vielerlei Gründe haben können, nicht unbedingt, dass die Festnahme unzulässig war. Die Festnahme kann außerdem dadurch gerechtfertigt sein, dass objektiv die Voraussetzungen eines anderen Festnahmegrundes (z.B. Fluchtgefahr) vorliegen (§ 127; s. Rn. 6). Dementsprechend kann das Gericht nach Festnahme gemäß Absatz 1 den Haftbefehl auch auf einen anderen Haftgrund als Absatz 2 Satz 1 stützen.
23
4. Sonstige Verfahrensfragen. Nach der Gesetzesbegründung 51 gelten grundsätzlich die Allgemeinen Vorschriften, insbesondere § 112 Abs. 1 Satz 2, §§ 114 und 116 sowie
46 47 48
Ähnlich H K / L e m k e 10. A.A. Giring 127. Vgl. dazu SKIPaeffgen 30; HKJLemke 10; Keller/Schairer Die Polizei 1997 312 ; Schlothauer/Weider 2 0 9 ; zweifelnd Hellmann NJW 1997 2149.
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WYJLemke 10. Ähnlich Pofalla AnwBl. 1996 4 6 6 (evidentes Vorliegen der Voraussetzungen); Pofalla BTProt. 13 11647. BTDrucks. 13 2 5 7 6 S. 3.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 127b
die gegen Haftbefehle zulässigen Rechtsbehelfe. Nicht anwendbar sind die §§ 113, 122a. § 113 gilt schon nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht. Jedoch ist (bei Haftanordnung und -dauer) das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip (Vor § 112, 29) zu beachten, bei dessen Prüfung auch der besondere Zweck der Haft (Rn. 1) und deren Haftobergrenze zu berücksichtigen sind. Fälle, bei denen die Haftanordnung verhältnismäßig war, dann jedoch eine Aufhebung des Haftbefehls innerhalb der Wochenfrist gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative erfolgen muss, werden selten sein. Die Anwendbarkeit von § 127a ist zweifelhaft. Gegen sie spricht der Wortlaut der Vorschrift; 5 2 für eine analoge Anwendung spricht aber (eher), dass § 127a eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist. 5 3 § 116 gilt trotz des entgegenstehenden Wortlauts (s. auch § 116, 5) als Ausformung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Der Beschuldigte darf nicht schlechter gestellt werden als ein Fluchtverdächtiger. Ein Widerruf nach § 116 Abs. 4 ist nur möglich, wenn die Frist nach Absatz 2 noch nicht abgelaufen und eine fristgerechte Durchführung der Hauptverhandlung noch möglich ist. 5 4 Für Haftersatzmaßnahmen gelten die §§ 123, 124. Eine Anwendung von § 121 ist (wohl ganz selten) möglich, etwa wenn ein Haftbefehl nach § 112 kurz vor Ablauf der sechs Monate aufgehoben wurde, dann aber eine Sicherung gemäß § 127b Abs. 2 (vgl. Rn. 3) notwendig wird.
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Erfolgt zuerst die Festnahme nach Absatz 1, so richtet sich das weitere Verfahren nach § 128; ein Fall des § 129 wird kaum praktisch werden (s. aber Rn. 6). Ergeht ein Haftbefehl nach Absatz 2 Satz 1 ohne vorherige Festnahme (vgl. Rn. 3), so wird er durch Festnahme vollstreckt; das weitere Verfahren richtet sich nach den §§ 115, 115a. Mit der Vernehmung (§ 115 Abs. 2 , § 128 Abs. 1 Satz 2) kann die Hauptverhandlung des beschleunigten Verfahrens (§ 417) verbunden werden; dann sind dessen Verfahrenserfordernisse (§ 418) zu beachten.
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Ergeht ein Haftbefehl nach Absatz 2 Satz 1 ohne vorherige Festnahme (Rn. 3; § 131, 2), so kann eine Ausschreibung zur Festnahme (§ 131 Abs. 1) erfolgen. Ein Ausschreibung nach § 131 Abs. 2 ist z.B. zulässig, wenn ein nach Absatz 1 Festgenommener entweicht; dann wird allerdings häufig Flucht oder Fluchtverdacht anzunehmen sein.
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Fehlt der Strafantrag, so gilt § 130; die danach zu setzende Frist sollte wenigstens einen Tag niedriger sein als die nach Absatz 2 , 5 5 damit der Antrag ggf. rechtzeitig zur Hauptverhandlung vorliegt. Zu § 132 s. Rn. 8, 13. Zur Bestellung eines Verteidigers s. § 418 Abs. 4. Gegen Festnahme und Haftbefehl sind grundsätzlich die üblichen Rechtsbehelfe (Haftbeschwerde; Haftprüfung gem. § 117) zulässig. Mit Ablauf der Frist nach Absatz 2 Satz 2 oder Erlass des erstinstanzlichen Urteils wird eine bis dahin nicht erledigte Beschwerde bzw. ein nicht erledigter Haftprüfungsantrag grundsätzlich gegenstandslos; 5 6 zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit s. die Erl. bei L R J M a t t Vor § 3 0 4 . 5 7 Zum Rechtsschutz bei Festnahme ohne anschließenden Erlass eines Haftbefehls, s. auch § 127, 4 6 ff.
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5. Zuständigkeit (Absatz 3). Die Soll-Vorschrift ist § 3 4 Abs. 2 Satz 1 J G G nachgebildet und regelt - neben § 125 - die richterliche Zuständigkeit innerhalb des nach dieser Vorschrift zuständigen Gerichts. Sie verstößt weder gegen Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 G G
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53 54
Im Ergebnis so HYJLemke 23; KMRJWankel 12. Vgl. Schlothauer/Weider 219. Meyer-Goßner 19.
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Meyer-Goßner Meyer-Goßner
19. 22; h.M.
S. auch H K / L e m k e 17 (tiefgreifender Grundrechtseingriff sei kaum zu befürchten).
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§ 128
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
noch gegen die Präsidialverfassung. Sie beinhaltet vielmehr einen Appell an das Präsidium des Amtsgerichts, die für das beschleunigte Verfahren zuständigen Richter insoweit kraft Geschäftsverteilungsplans für die Entscheidung über Haftbefehlsanträge und damit zusammenhängende Geschäfte zuständig zu machen. 5 8 Die Soll-Vorschrift bindet das Präsidium nicht unmittelbar, ist aber von ihm zu beachten und beeinflusst den Ermessensspielraum so erheblich, dass das Präsidium nur aus wichtigen sachlichen Gründen abweichen darf. In Ausnahmefällen sind also Abweichungen von der Regel des Absatzes 3 zulässig, namentlich um bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplanes in diesem 5 9 sachgerechte Einzelfallösungen für örtliche Besonderheiten zu ermöglichen. 60
§128 (1) 1 Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich, spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er festgenommen worden ist, vorzuführen. 2 Der Richter vernimmt den Vorgeführten gemäß § IIS Abs. 3. (2) 1 Hält der Richter die Festnahme nicht für gerechtfertigt oder ihre Gründe für beseitigt, so ordnet er die Freilassung an. 2 Andernfalls erläßt er auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist, von Amts wegen einen Haftbefehl oder einen Unterbringungsbefehl. 3 § 115 Abs. 4 gilt entsprechend.
Schrifttum Dvorak Unverzüglichkeit der Vorführung vor den zuständigen Richter - nur eine unverbindliche Empfehlung für die Behandlung vorläufig festgenommener Personen? StV 1983 514; Kaiser Mitwirkung der Staatsanwaltschaft bei Erlaß eines Haftbefehls gemäß § 128 StPO, NJW 1969 1097.
Entstehungsgeschichte. Durch Art. 2 Nr. 8 AGGewVerbrG wurden in Absatz 2 die Worte „oder einen Unterbringungsbefehl" durch Art. 3 Nr. 30 VereinhG in Absatz 1 die Worte „spätestens am Tage nach der Festnahme" eingefügt. Die Klausel, die sich auf den Antrag der Staatsanwaltschaft bezieht, ist durch Art. 3 Nr. 2 des 8. StRÄndG eingestellt worden. Der Wortlaut des letzten Satzes von Absatz 1 und von Absatz 2 stammt aus Art. 1 Nr. 2 StPÄG 1964; er dient der Anpassung an die §§ 115, 115a. Die Richterbezeichnungen sind durch Art. 1 Nr. 32 des 1. StrVRG geändert worden.
Übersicht 1. 2. 3. 4.
58 59
Beendigung der vorläufigen Festnahme Verhältnis zu § 129 und § 115 Vorführung Frist
Krit. HK/Lemke 22. KMR/Wankel 11; Wankel 128.
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.
Rn. 1 3 5 9
Rn. 5. 6. 7. 8.
60
Vernehmung . . . Verfahren Entscheidung . . . Mehrere Haftbefehle
11 12 14 18
BTDrucks. 13 2576 S. 3. Vgl. auch SchmidtJortzig BTProt. 13 11659.
Hans Hilger
Neunter Abschnitt. Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§128
1. Beendigung der vorläufigen Festnahme. Die Untersuchungshaft ist sofort zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, also auch wenn sie außer Verhältnis zu der zu erwartenden Sanktion stehen würde. Dieser ausdrückliche Gesetzesbefehl (§ 1 2 0 Abs. 1) wird für die vorläufige Festnahme nicht wiederholt, ist aber selbstverständlich, weil ohne Festnahmegrund keine Festnahme bestehenbleiben darf. Mit diesem Inhalt ist der erste Zwischensatz („sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird") auszufüllen. Danach muss, wer den Verdächtigen festgenommen hat - wenn es ein Beamter war, auch sein Vorgesetzter - ihn alsbald freilassen, wenn die Festnahmegründe entfallen sind. Das ist nach Festnahme auf frischer Tat stets der Fall, wenn bei einem nicht fluchtverdächtigen Unbekannten die Personalien festgestellt sind oder wenn eine Fluchtgefahr, die zunächst bestanden hatte, ausgeräumt worden ist. Keinesfalls darf die Frist des Satzes 1 „ausgeschöpft" werden, 1 wenn feststeht, dass die Voraussetzungen für den Freiheitsentzug nicht (mehr) vorliegen, etwa um zu versuchen, durch weitere Ermittlungen (dennoch) ausreichendes Belastungsmaterial zu finden. 2 Es ist auch unzulässig, eine zunächst zulässige Festnahme zu dem Z w e c k aufrechtzuerhalten, die Fortsetzung der Straftat eines bekannten, nicht fluchtverdächtigen Täters zu verhindern (§ 127, 3, 5, 8), sofern nicht § 112a Abs. 1 anzuwenden ist. Ohne Rücksicht auf den Stand der Identitätsfeststellung und trotz bestehender Fluchtgefahr ist ein Festgenommener, der sich in polizeilichem Gewahrsam befindet, alsbald freizulassen, wenn die Polizei ihn nicht bis zum Ende des Tages nach der Festnahme dem Richter bei dem Amtsgericht (Absatz 1 Satz 1) oder dem zuständigen Gericht (§ 129 Abs. 1) hat vorführen können (Art. 104 Abs. 2 Satz 3 G G ) . 3
1
Bei der polizeilichen Festnahme nach § 127 Abs. 2 oder § 127b Abs. 1 kann die Einlassung des Festgenommenen ergeben, dass der Festnehmende die Haftgründe zu Unrecht angenommen hatte, etwa weil sich herausstellt, dass nur der Fall des § 113 vorliegt, dessen besondere Voraussetzungen aber nicht gegeben sind, oder weil sich ergibt, dass die Tat - entgegen der ursprünglichen Annahme - nur geringfügig ist und daher die Haft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis stehen würde. Im Hinblick auf die Leitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft endet die Befugnis der Polizei zur Beendigung der vorläufigen Festnahme, wenn die Staatsanwaltschaft mit der Haftfrage befasst wird; Gleiches gilt, wenn der Beschuldigte den Richter vorgeführt wird. Vgl. auch § 127, 4 4 , 4 5 .
2
2 . Verhältnis zu § 1 2 9 und § 115. Das Verfahren nach der Festnahme ist in den §§ 128, 129 geregelt. Dabei behandelt § 129 die Vorführung, nachdem die öffentliche Klage bereits erhoben ist, und demnach § 128 den Fall, dass dies noch nicht geschehen ist. Beide Bestimmungen gehen davon aus, dass noch kein Haftbefehl vorliegt, wie sich aus § 128 Abs. 2 Satz 2 , § 129 letzten Halbsatz ergibt. Es ist aber denkbar, dass jemand vorläufig festgenommen wird, obwohl gegen ihn bereits ein Haftbefehl erlassen worden ist. § 127 hat das nicht im Auge, setzt vielmehr voraus, dass noch kein Haftbefehl ergangen ist („wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls . . . vorliegen"). Ausnahmsweise kann das indessen gleichwohl der Fall sein, ohne dass der verhaftete Beamte das weiß. Für § 127 Abs. 1 kann dieser Fall nicht eintreten, wenn der Täter auf frischer Tat betroffen wird. Wird er nach Verfolgung festgenommen, könnte theoretisch inzwischen ein Haftbefehl ergangen sein; praktisch ist das nahezu ausgeschlossen. K o m m t es gleichwohl
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1 1
SYJPaeffgen 3. Fezer J R 1991 87. Vgl. auch AG Offenbach StV 1 9 9 1 153.
3
Dvorak StV 1 9 8 3 5 1 5 ; s. auch Weider 2 7 2 .
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Schlothauer/
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§128
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
vor, wird der Verfolgende von dem Haftbefehl benachrichtigt, so dass der Festnehmende nach § 115 zu verfahren hat, wenn er den Beschuldigten nunmehr aufgrund des Haftbefehls ergreift. 4
Auch bei der polizeilichen Festnahme nach § 127 Abs. 2 kann der Festnehmende nicht wissen, dass die Untersuchungshaft bereits angeordnet ist. Nimmt er den Beschuldigten ohne Kenntnis von dem Haftbefehl fest, so kann er ihn nicht „aufgrund des Haftbefehls" ergreifen. Alsdann findet nicht § 115, sondern § 128 Abs. 1 Satz 1 Anwendung. Für die Vernehmung gilt § 115 Abs. 3 (§ 128 Abs. 1 Satz 2), für die Entscheidung § 128 Abs. 2 Satz 1 und 2 und für die Rechtsmittelbelehrung § 115 Abs. 4 (§ 128 Abs. 2 Satz 3).
5
3. Die Vorführung (§ 115, 5) ist zu dem Richter bei dem Amtsgericht zu bewirken, in dessen Bezirk der Verhaftete festgenommen worden ist. Die Vorschrift ergibt, im Hinblick darauf, dass im Fall des § 127 Abs. 1 jedermann zur Festnahme berechtigt ist, eine klare, leicht einprägsame Vorführungsregel. Sachlich ist sie entbehrlich, nachdem in § 125 Abs. 1, der auch im Fall der vorläufigen Festnahme gilt, die Zuständigkeit des Richters bei dem Amtsgericht begründet worden ist, in dessen Bezirk sich der Beschuldigte - hier zufolge der vorläufigen Festnahme - aufhält.
6
Der Regelung ist nicht zu entnehmen, dass mit Absatz 1 eine von § 125 Abs. 1 abweichende ausschließliche Zuständigkeit des Richters des Festnahmebezirks geschaffen werden sollte; 4 es ist auch kein Grund für eine solche Abweichung zu erkennen. Demzufolge ist außer dem Richter bei dem Amtsgericht des Festnahmebezirks auch jeder nach § 125 Abs. 1 zuständige Richter beim Amtsgericht zur Vernehmung und zu den Entscheidungen nach § 128 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 129 berufen 5 und in Sachen, die nach § 120 Abs. 1 und 2 GVG zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gehören, der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts (§ 169).
7
Der Vorführende, gleichviel ob er eine Privatperson oder ein Polizeibeamter ist, braucht den Festgenommenen nicht unmittelbar zum Richter zu bringen, kann ihn vielmehr beim nächsten Polizeirevier6 oder, wenn dieses nicht mit Kriminalpolizei besetzt ist, bei der nächsten Kriminaldienststelle abliefern. Diese hat den Festgenommenen unverzüglich dem Richter vorzuführen, falls sie ihn nach Prüfung des Sachverhalts, zu der sie berechtigt und verpflichtet ist, nicht von sich aus freilässt 7 (vgl. aber Rn. 2 a.E.). Für Privatpersonen und Polizeibeamte, die nicht Kriminalbeamte sind, empfiehlt sich der Weg; es wäre wünschenswert, wenn er in § 127, der sich an jedermann wendet, selbst (allenfalls in § 128) ausdrücklich bezeichnet würde.
8
Befindet sich am Sitz des Richters eine Staatsanwaltschaft, dann hat ein Beamter, wenn die Zeit es zulässt, den Beschuldigten - schon im Hinblick auf die Leitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft - dorthin zuzuführen, damit die Staatsanwaltschaft den notwendigen Antrag (Absatz 2 Satz 2) stellen kann und auf diese Weise durch die Anhörung (§ 33 Abs. 2) keine weitere Zeit verlorengeht. Die Staatsanwaltschaft wird auch am ehesten feststellen können, ob bereits öffentliche Klage erhoben ist oder ob etwa schon
4 5
So aber O L G Dresden J W 1932 1779. O L G Celle J Z 1956 125; h.M. Vgl. auch O L G Frankfurt N J W 1991 1903 (Haftrichterdienst im Polizeipräsidium). Jugendliche und Heranwachsende können dem zuständigen Jugendrichter (§ 34 Abs. 1 J G G ) vorgeführt werden.
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RGSt 2 9 137. Z u r Vorführung durch den Leiter einer JVA vgl. Nr. 86 UVollzO. RGSt 6 7 299.
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Neunter Abschnitt. Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§128
ein Haftbefehl vorliegt. Außerdem kann die zuständige (§§ 142 ff. GVG) Staatsanwaltschaft, wenn sie die öffentliche Klage noch nicht erhoben hat, den Vorgeführten entlassen. Da ihr das Recht der Entlassung während des vorbereitenden Verfahrens für die Zeit nach Erlass des Haftbefehls zusteht (§ 120 Abs. 3), hat sie es auch vorher. 8 4. Frist. Grundsätzlich kann auf die Ausführungen in § 115, 9, 10 sowie § 115, 6 (symbolische Vorführung) verwiesen werden. 9 Zwei Punkte sind aber hervorzuheben: Jedenfalls in die Vorführungsfrist des § 128 Abs. 1 ist im Hinblick auf Art. 104 Abs. 2, 3 GG die Dauer einer anderweitigen Freiheitsentziehung ohne richterliche Entscheidung einzurechnen. Nur ein solches Verständnis des § 128 Abs. 1 wird der Bedeutung, die das Grundgesetz den freiheitssichernden Verfahrensgarantien beimisst, gerecht. 10 Außerdem darf nach Auffassung des Bundesgerichtshofs 11 - anders als bei § 115 (vgl. § 115, 9) die Frist des Absatzes 1 Satz 1 durch die Strafverfolgungsbehörden zur Vernehmung des vorläufig Festgenommene sowie für weitere Ermittlungen ausgeschöpft werden, ehe der Festgenommene - innerhalb der Frist - dem Richter vorgeführt oder freigelassen wird. Der Bundesgerichtshof erklärt dies im Wesentlichen mit der - im Vergleich zu § 115 unterschiedlichen - Situation nach vorläufiger Festnahme: § 115 betreffe den Fall der Festnahme aufgrund eines bestehenden Haftbefehls durch Beamte, die häufig keine über den Inhalt des Haftbefehls hinausgehende Sachverhaltskenntnis und keinerlei Entscheidungsbefugnis hätten. Allein der Richter habe über den Bestand des Haftbefehls zu befinden, ihm sei dafür eine (äußerste) Frist eingeräumt. § 127 Abs. 2 und § 128 Abs. 1 regelten dagegen in erster Linie das Vorgehen der mit der Aufklärung des Sachverhalts betrauten Behörde. Sie müsse dem Beschuldigten Gelegenheit zur Beseitigung vorliegender Verdachtsgründe geben. Sie habe zu prüfen, ob der vorläufig Festgenommene freizulassen oder vorzuführen sei; sie müsse dem Richter eine möglichst umfassende Grundlage für seine Entscheidung unterbreiten. Dies zeige, dass die Ermittlungsbehörde je nach Sachlage auch im Stadium zwischen vorläufiger Festnahme und Vorführung Ermittlungsbefugnisse und -pflichten habe. Dementsprechend räume § 128 Abs. 1 der Staatsanwaltschaft und den Beamten des Polizeidienstes eine (äußerste) Frist zur Vorführung vor den Richter bis zum Ablauf des auf die Festnahme folgenden Tages ein.
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Diese Auffassung ist mit Art. 5 Abs. 3 E M R K und Art. 104 Abs. 2, 3 GG noch vereinbar, 12 wenn auch eine engere Interpretation - wie bei § 115 - eher der Tendenz dieser Vorschriften, 13 bei staatlicher Freiheitsentziehung unverzüglich eine richterliche Kontrolle einzuschalten und rechtliches Gehör zu gewähren, entsprechen würde; statt dessen berücksichtigt der Bundesgerichtshof stärker eventuelle Bedürfnisse der Strafverfolgungspraxis. 14 Unabdingbare Voraussetzung dieses Ausschöpfens der Frist für weitere Ermitt-
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KK/Boujong 10; Kleinknecbt/Janischowsky 328. S. auch EGMR NJW 2001 51. Zum Landesverfassungsrecht vgl. Vor § 1 1 2 , 4 2 . BGHSt 34 365 (auch zum Verwertungsverbot gemäß § 136a) mit Anm. Hamm NStZ 1988 233. BGH NJW 1990 1188. Zur Überlagerung mit § 115 vgl. BGH StV 1995 2 8 3 (auch zur Frage der Verwertbarkeit einer Aussage). Zweifelnd wohl Paeffgen NStZ 1992 533; s. auch Rüping FS Hirsch 971. Vgl. dazu LRJGollwitzer 2S Art. 5, 102 ff.
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EMRK; LR/Esser Erl. zu Art. 5 EMRK; Maunz/Dürig Art. 104, 38, 4 2 ff. Zustimmend Fezer JR 1991 85 (auch zum Verwertungsverbot); Meyer-Goßner 6; AK/ Krause 5; ablehnend dagegen KKJBoujong 5; SYJPaeffgen 3; Paeffgen NStZ 1992 5 3 3 ; Nelles StV 1992 389; krit. auch Deckers NJW 1991 1154; Geppert Jura 1990 § 127, 2; Rüping FS Hirsch 971; Schlothauer/Weider 2 7 0 ff. (auch zum Verwertungsverbot für Angaben des Beschuldigten nach Fristüberschreitung).
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lungen ist allerdings, dass ausreichende Gründe für eine Festnahme (noch) bestehen, andernfalls ist der Beschuldigte sofort freizulassen (Rn. 1) - die Frist darf also nicht genutzt werden, um solche Gründe erst zu finden, 15 sondern nur, um darüber (über die „Haftbefehlsreife" - § 127 Abs. 2) hinaus Be- oder Entlastungsmaterial 16 zu ermitteln. Dies kann im Einzelfall auch sachgerecht sein, etwa, wenn Hoffnung besteht, vor der Vorführung und dem dann zu erwartenden Erlass eines Haftbefehls noch ausreichendes Entlastungsmaterial zu finden, so dass schon die Vorführung, der Erlass eines Haftbefehls vermieden werden könnte, oder wenn die Staatsanwaltschaft zwar schon aufgrund des vorliegenden Belastungsmaterials „Haftbefehlsreife" bejaht, aber nicht sicher ist, dass der Haftrichter dies ebenso wertet und Aussicht besteht, alsbald weiteres Belastendes zu finden. 11
5. Die Vernehmung ist nach § 115 Abs. 3 durchzuführen. Wegen ihres Inhalts und der Form siehe § 115, 14 ff. 17 Zur Beweiserhebung s. § 115, 20 sowie die Erl. zu § 166. 1 8 Die Vernehmung ist entbehrlich, wenn der Richter aufgrund des Festnahmeberichts alsbald die Freilassung anordnen kann oder wenn die Staatsanwaltschaft die Freilassung nach § 120 Abs. 3 Satz 1 beantragt. Absatz 1 Satz 2 enthält keine Verweisung auf § 115 Abs. 2, wonach der Richter den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, auch am Sonnabend sowie an Sonn- und Feiertagen, zu vernehmen hat. Das ist ein Mangel des Gesetzes; er kann jedoch durch Auslegung behoben werden. Wenn der Beschuldigte, gegen den ein Haftbefehl vorliegt, unverzüglich zu vernehmen ist (§ 115 Abs. 2), dann gilt das für den, gegen den noch kein Haftbefehl vorliegt, erst recht; er muss sich so rasch wie möglich verteidigen können. Für die Endfrist gilt § 129 letzter Halbsatz entsprechend. Der Beschuldigte ist so frühzeitig zu vernehmen, dass der Richter spätestens am Tag nach der Festnahme entscheiden kann. 19 Nur so kann Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG, der zwar nach seinem Wortlaut nicht einschlägt, dem Sinn nach Genüge getan werden; 2 0 umfangreicher Akteninhalt, in den sich der Richter zunächst einlesen muss, mag in Einzelfällen zwar zu Schwierigkeiten führen, die sich allerdings mit Hilfe von Staatsanwaltschaft und Verteidiger lösen lassen dürften. 21 Im Übrigen gilt auch hier, dass die Dauer einer anderweitigen Freiheitsentziehung zu berücksichtigen ist 2 2 (Rn. 9).
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6. Verfahren. Nach § 168c Abs. 1 können Staatsanwalt und Verteidiger der Vernehmung beiwohnen. Sie sind daher von dem Termin zu benachrichtigen, wenn das möglich ist, ohne dass der Untersuchungserfolg gefährdet würde (§ 168c Abs. 5 Satz 1 und 2). Die Wendung von der Gefährdung des Untersuchungserfolgs stellt zweifelsfrei klar, dass allein auf eine Gefährdung des Untersuchungszwecks abgestellt werden darf, die bei einer
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Fezer JR 1991 87; Paeffgen NStZ 1992 533. Vgl. auch AG Offenbach StV 1991 153. Vgl. auch AK/Krause 5 (polizeiliche Spurensicherung; Bericht der Gerichtshilfe). Vgl. auch OLG Düsseldorf VRS 85 (1993) 4 3 0 (Protokollführer, der die Fremdsprache, in der die Verhandlung geführt wird, nicht beherrscht). Zum Anwesenheitsrecht von Mitbeschuldigten vgl. § 115, 16a. S. auch AYJKrause 6 sowie BVerfGE 83 24, 33.
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KKJBoujong 7; Meyer-Goßner 13; Rüping FS Hirsch 970; a.A. KMRJWankel 4 (fristgerechter Beginn der Vernehmung genügt). S. auch BGHSt 38 291. Abzulehnen daher OLG Frankfurt NJW 2 0 0 0 2 0 3 7 mit krit. Anm. Schäfer NJW 2 0 0 0 1996, Gubitz NStZ 2001 2 5 3 und Paeffgen NStZ 2 0 0 1 81. Paeffgen NStZ 2 0 0 1 81. S. im Übrigen § 115, 12, 13.
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Benachrichtigung durch die damit verbundene Verzögerung einträte, 23 und dass kein anderer Grund für die Gefährdung des Untersuchungserfolgs angenommen werden darf. Die Benachrichtigung wird mit dem Mittel des Telefons beim Verteidiger regelmäßig, bei der Staatsanwaltschaft stets möglich sein, wenn der Richter sich bewusst bleibt, dass die ihm obliegende Fürsorgepflicht Vorkehrungen erfordert, die eine Benachrichtigung für den Regelfall möglich machen. Soll das Verfahren genutzt werden, um gleichzeitig im beschleunigten Verfahren zu entscheiden, so sind die Verfahrenserfordernisse der §§ 417 ff. zu beachten. 2 4
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7. Entscheidung. Die Entscheidung des Richters bei dem Amtsgericht des Festnahmebezirks ist verschieden, je nachdem, ob die Untersuchungshaft schon angeordnet ist oder ob, was der Regelfall ist, noch kein Haftbefehl erlassen worden ist. Liegt kein Haftbefehl vor, entscheidet der Richter bei dem Amtsgericht nach dem Ergebnis der Vernehmung und aufgrund des Vorführungsberichts sowie ggf. nach dem Ergebnis weiterer Ermittlungen, etwa nach Einholung eines Berichts der Haftentscheidungshilfe (Vor § 112, 62); s. auch Rn. 11, insbesondere die Erl. zu § 166. Bei der Entscheidung hat er nicht zu prüfen (worauf die nicht ganz glückliche Fassung des Absatzes 2 - freilich nur scheinbar hindeuten könnte), ob die Festnahme gerechtfertigt war, sondern allein ob im Augenblick der Entscheidung die Voraussetzungen eines Haftbefehls vorliegen. 25 Aufgrund dieser Prüfung lässt er den Vorgeführten entweder frei oder erlässt einen Haft- oder Unterbringungsbefehl (Absatz 2). Beantragt die nach § 33 Abs. 2 zu hörende Staatsanwaltschaft die Freilassung, hat er dem zu entsprechen (§ 120 Abs. 3 Satz 1). Der Richter ist bei der Begründung des Haftbefehls nicht an den Antrag der Staatsanwaltschaft (Rn. 16) gebunden; 2 6 er ist jedoch, wenn die Staatsanwaltschaft ausdrücklich beantragt, Haftbefehl nur wegen bestimmter Taten zu erlassen, gehindert, den Haftbefehl auch auf weitere Taten zu stützen, 27 insoweit fehlt dann der erforderliche Antrag (vgl. § 114, 10).
14
Hat der Richter bei dem Amtsgericht des Festnahmebezirks selbst (zwischen Verfolgung und Verhaftung) einen Haftbefehl erlassen, entscheidet er nach § 115 (§ 115, 20). Hat ein anderer Richter einen Haftbefehl erlassen, so entscheidet er, wenn ihm das bekannt ist, als Richter des nächsten Amtsgerichts nach § 115a Abs. 2 Satz 3, Absatz 3, § 128 Abs. 2 gilt dann nicht, weil die §§ 128, 129 nur den Fall im Auge haben, dass noch kein Haftbefehl vorliegt.
15
Der Antrag der Staatsanwaltschaft 28 ist, von Notfällen (wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist) abgesehen, notwendige Voraussetzung der Entscheidung, dass die Untersuchungshaft angeordnet werde. Der zuständige Richter darf mithin keinen Haftbefehl erlassen, wenn der (erreichbare) Staatsanwalt entgegen der Ansicht des Richters aufgrund seiner Prüfung die Voraussetzungen für einen Haftbefehl verneint; 2 9 ein gleichwohl erlassener Haftbefehl ist wirksam, 3 0 die Staatsanwaltschaft kann einen Antrag nach § 120 Abs. 3 Satz 1 stellen. Unerreichbar ist ein Staatsanwalt nur, wenn sein Antrag nicht mehr rechtzeitig - auch nicht fernschriftlich oder fernmündlich 31 - vor Ablauf der
16
23
Vgl. die Erl. zu § 1 6 8 c .
24
Vgl. Fezer Z S t W 1 0 6 ( 1 9 9 4 ) 13. Allg. M . KKJBoujong 13. Kleinknecht/Janischowsky 330; KKJBoujong 13. S. dazu auch O L G Naumburg StraFo 2 0 0 7
25 26 27
28
29 30 31
2 4 0 (Antrag der StA ggf. aktenkundig zu machen; kein eigenes Antragsrecht der Polizei). KKJBoujong 12. Kleinknecht/Janischowsky 3 2 9 ; h.M. Krauth/Kurfeß/Wulf J Z 1 9 6 8 737. Zur Z u ständigkeit der StA s. auch §§ 1 4 3 Abs. 2, 1 4 4 , 1 4 5 GVG.
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§128
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Vorführungsfrist herbeigeführt werden kann, auch z.B. dann, wenn eine fernmündliche oder fernschriftliche Information der Staatsanwaltschaft nicht ausreicht und sie deshalb mangels ausreichender Beurteilungsgrundlage von einer Stellungnahme absieht. 32 Vor dieser Entscheidung ist daher die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall zu hören, falls sie ihren Antrag nicht schon bei der Vorführung (Rn. 8) gestellt hat; dabei genügt es, wenn sie ihren Antrag der ermittelnden Polizei fernmündlich durchgegeben und diese ihn in den dem Haftrichter vorzulegenden Unterlagen vermerkt hat. 3 3 Auch wenn der Richter bei dem Amtsgericht des Festnahmebezirks keinen Haftbefehl erlassen will, hat er die Staatsanwaltschaft nach § 33 Abs. 2 zu hören. 3 4 17
Für die Rechtsmittelbelehrung gilt § 115 Abs. 4 entsprechend (Absatz 2 Satz 3). Ist der Haftbefehl erlassen, richtet sich das weitere Verfahren nach § 114a Abs. 2 (Abschrift des Haftbefehls), § 114b (Haftbenachrichtigung und Zugangsbrief), §§ 116 ff. Konnte der Haftbefehl nicht innerhalb der gebotenen Frist (Rn. 11) vollständig abgefasst werden, so reicht eine fristgerechte mündliche Bekanntgabe einschließlich der tragenden Gründe, 35 die aber so vollständig sein muss, dass dem Anspruch des Beschuldigten auf umfassende Information zur Sicherstellung seiner wirksamen Verteidigung Rechnung getragen wird (vgl. Vor § 112, 23). Abfassung und Übergabe einer Abschrift (§ 114a Abs. 2) sind unverzüglich nachzuholen. Die Benachrichtigung gemäß § 114b ist nicht aufschiebbar.
18
8. Mehrere Haftbefehle. Ausnahmsweise kann es vorkommen, dass der Richter des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Beschuldigte festgenommen worden ist, nach Absatz 2 Satz 2 einen Haftbefehl erlässt, obwohl an anderer Stelle schon die Untersuchungshaft angeordnet ist. Dann ist nach den allgemeinen Vorrangsregeln (vgl. § 12 Abs. 1) zu entscheiden. Ist bereits Klage erhoben, wird das Verfahren dort weitergeführt, wo das Hauptverfahren bereits eröffnet ist. Dem danach zuständigen Gericht hat der Richter des Amtsgerichts des Festnahmebezirks den Haftbefehl und die Vorgänge abzugeben. Das Gericht hebt dann einen der beiden Haftbefehle auf. Der Richter des Amtsgerichts des Festnahmebezirks ist aber auch befugt, seinen Haftbefehl von Amts wegen oder auf Antrag des Beschuldigten oder der für ihn zuständigen Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die Anhängigkeit der Sache bei dem anderen Gericht aufzuheben.
19
Für das Ermittlungsverfahren fehlen solche Vorrangsregeln; die Staatsanwaltschaften haben sich zu einigen. Der Richter des Amtsgerichts des Bezirks, deren Staatsanwaltschaft das Verfahren abgegeben hat, gibt in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 1 Satz 3 des Verfahren an den Richter des Amtsgerichts des Bezirks ab, deren Staatsanwaltschaft das Verfahren führt. Dieser hebt einen der beiden Haftbefehle auf. Einfacher ist es, wenn die abgebende Staatsanwaltschaft, bevor sie die Sache abgibt, beantragt, den Haftbefehl nach ξ 120 Abs. 3 Satz 1 aufzuheben.
32 33
Allg. M.; KKJBoujong 12; Meyer-Goßner 10. AK/Krause 6; KKJBoujong 11; s. auch OLG Naumburg StraFo 2 0 0 7 2 4 0 .
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34 35
Kaiser NJW 1969 1098; KK/Boujong 11. KKJBoujong 7.
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Neunter Abschnitt. Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§129
§129 Ist gegen den Festgenommenen bereits die öffentliche Klage erhoben, so ist er entweder sofort oder auf Verfugung des Richters, dem er zunächst vorgeführt worden ist, dem zuständigen Gericht vorzuführen; dieses hat spätestens am Tage nach der Festnahme über Freilassung, Verhaftung oder einstweilige Unterbringung des Festgenommenen zu entscheiden. Entstehungsgeschichte. Durch Art. 2 Nr. 9 AGGewVerbrG wurden die Worte „oder einstweilige Unterbringung", durch Art. 3 Nr. 50 VereinhG die Worte „spätestens am Tage nach der Festnahme" eingefügt. Durch Art. 1 Nr. 34 1. StVRG wurde die Richterbezeichnung geändert und die Bezugnahme auf den Untersuchungsrichter gestrichen. 1. Hinweise. Wie bereits ausgeführt (§ 128, 3), regelt § 129 das Verfahren nach der 1 vorläufigen Festnahme für den Fall, dass bereits die öffentliche Klage erhoben ist. Wegen des Begriffs Erhebung der öffentlichen Klage s. § 125, 13. Wegen der Freilassung vor der Vorführung gilt das zu § 128, 1 und 2 Ausgeführte; der Umstand, dass bereits öffentliche Klage erhoben ist, begründet insoweit keinen Unterschied. Nach der Vorführung ist, falls ein Freiheitsentzug angeordnet wurde (Rn. 7), zu beachten, dass § 120 Abs. 3 nicht anwendbar ist.1 2. Vorführung. Wird der Festgenommene nicht wieder in Freiheit gesetzt, kann der 2 vorführende Beamte (es können nur Fälle des § 127 Abs. 2 und als Vorführende daher nur Beamte in Betracht kommen) den Festgenommenen dem zuständigen Gericht (Rn. 7) unmittelbar vorführen. Wegen des Begriffs der Vorführung s. § 115, 5. Das ist sachgemäß, wenn der Beamte den zuständigen Richter fristgemäß erreichen kann. Der vorführende Beamte braucht diesen Weg aber nicht einzuschlagen, kann vielmehr - nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit der Sache - in jedem Fall den Richter bei dem Amtsgericht (§ 128 Abs. 1, § 125 Abs. 1) angehen.2 Das muss er tun, wenn er den Beschuldigten dem zuständigen Richter nicht fristgemäß zuführen kann. Das Wort sofort steht in keinem Gegensatz zu dem in § 128 Abs. 1 Satz 1 verwende- 3 ten Ausdruck unverzüglich, hat vielmehr die Bedeutung von unmittelbar.3 Das folgt daraus, dass die Vorführung, die der Vorführende aus eigenem Entschluss unmittelbar („sofort") ans zuständige Gericht vornimmt, den Gegensatz zu derjenigen bildet, die er erst auf Verfügung des nächsten Richters, d.h. mittelbar, bewirkt. Demzufolge ändert § 129, der als Sonderfall des § 128 aus dieser Vorschrift zu ergänzen ist, nichts an der dort begründeten Verpflichtung, den Festgenommenen unverzüglich, spätestens am Tag nach der Ergreifung, dem Richter vorzuführen. Er bestimmt vielmehr nur, dass der Verdächtige innerhalb dieser Frist statt dem Richter bei dem Amtsgericht „sofort", d.h. ohne dessen Vermittlung, dem zuständigen Gericht zugeführt werden kann, wenn die Zuständigkeit durch die Klage festgelegt ist.
1 2
S K I P a e f f g e n 2. KKJBoujong 2; SYJPaeffgen Nachtr. I 6.
3
3; Eb.
KKJBoujong
3; S K J P a e f f g e n 3; Härtung
2.
Schmidt
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S
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3. Vernehmung. Die Vorschrift ist nur verständlich, wenn man sie nicht als selbständige Bestimmung, sondern als Ergänzung des § 128 auffasst. Auf § 128 ist daher für den Fall zurückzugreifen, dass der Festnehmende den Angeschuldigten nicht dem zuständigen Richter, sondern dem Richter bei dem Amtsgericht vorführt, in dessen Bezirk der Beschuldigte festgenommen worden ist. Dessen Verpflichtung, die Vorführung zum zuständigen Gericht anzuordnen, entbindet ihn nicht von der Pflicht, den Angeschuldigten unverzüglich selbst zu vernehmen (Art. 104 Abs. 3 Satz 1 GG). 4 Diese Vernehmung hat dem § 115 Abs. 3 zu entsprechen. Auch § 115 Abs. 2 ist anzuwenden (§ 128, 11).
5
Wird der Vorgeführte dem zuständigen Gericht vorgeführt, hat nunmehr (auch) dieses ihn zu vernehmen.5 Das ist zwar in § 129 nicht vorgeschrieben. Wenn aber das zuständige Gericht verpflichtet ist, einen ergriffenen Beschuldigten zu vernehmen, gegen den ein Haftbefehl besteht (§ 115 Abs. 2), so hat es diese Verpflichtung erst recht, wenn ihm jemand vorgeführt wird, gegen den noch kein Haftbefehl vorliegt. Die Vernehmung ist entbehrlich, wenn der Richter aufgrund des Festnahmeberichts alsbald die Freilassung anordnen kann. Auch für diese Vernehmung ist § 115 Abs. 1, für die Frist zu dieser Vernehmung § 115 Abs. 2 anzuwenden. Wegen des Verfahrens gilt das zu ξ 128, 11 ff. Ausgeführte.
6
4. Entscheidung. Ist die öffentliche Klage bei dem Richter des Amtsgerichts erhoben worden, in dessen Bezirk der Beschuldigte verhaftet worden ist (§ 128 Abs. 1), trifft dieser Richter die in § 129 vorgesehene Entscheidung. Ist sie bei einem anderen Gericht erhoben, ordnet er - bei Fortdauer der Festnahme 6 im Rahmen der Höchstfrist des § 129 (Rn. 7) - die Vorführung zu dem zuständigen Gericht an. Der Richter des Amtsgerichts kann jedoch den Beschuldigten auch freilassen. Dazu ist er nicht nur im Rahmen des § 115a Abs. 2 Satz 3, sondern im gleichen Umfang wie der Festnehmende selbst befugt und verpflichtet. 7 Seine gegenüber § 115a Abs. 2 Satz 3 weitergehende Befugnis erklärt sich daraus, dass die Untersuchungshaft noch nicht angeordnet ist. Dagegen ist er, wenn die Strafsache schon bei einem anderen Gericht anhängig ist, nicht befugt, die Untersuchungshaft anzuordnen.8 Das ist allein Sache des zuständigen Gerichts; eine Zuständigkeit des Amtsgerichts insoweit wäre mit § 125 Abs. 2 Satz 1 und dem Wortlaut des § 129 nicht vereinbar. 9 Zur Notwendigkeit der Freilassung vgl. Rn. 7.
7
Die Entscheidung des zuständigen Gerichts kann nur auf Freilassung (auch nach § 116 Abs. 1 bis 3 und nach § 72 Abs. 1 JGG) oder auf Anordnung der Untersuchungshaft (§ 114) oder der einstweiligen Unterbringung (§ 126a) lauten. Wegen der Zuständigkeit s. § 125 Abs. 2, § 126 Abs. 2, § 127b Abs. 3. Die Entscheidung ist spätestens am Tag nach der Festnahme zu treffen. Die Überführung vom Richter bei dem Amtsgericht zum zuständigen Gericht muss daher stets auf dem schnellsten Weg bewirkt werden. Kann die Frist nicht eingehalten werden, ist der Festgenommene freizulassen. 10
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A.A. wohl Wankel 58; KMRJWankel 6. S. auch EGMR EuGRZ 1980 2 0 2 ; 1985 700; 1999 320; NJW 2 0 0 1 51; LRJEsser Erl. zu Art. 5 EMRK. Vgl. dazu SYJPaeffgen 4. KKJBoujong 4; Meyer-Goßner 4; SYJPaeffgen 4; KMRJWankel 6; Eb. Schmidt Nachtr. I 7; Kleinknecht/Jatiischowsky 326; Schlüchter 261.5. OLG Hamm Recht 1899 25; SYJPaeffgen 4;
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9 10
Meyer-Goßner 4; KMRJWankel 6; a.A. KKJBoujong 4; AKJKrause 4; Eb. Schmidt Nachtr. I 7; MünchhalffenJGatzweäer 400; Kleinknecht/Janischowsky 327; Schlüchter 261.5. SYJPaeffgen 4. So wohl auch SYJPaeffgen 4; KMRJWankel 6; a.A. Meyer-Goßner 4 (Fortdauer der Festnahme bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts).
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Neunter Abschnitt. Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§ 130
N a c h d e m der H a f t b e f e h l erlassen w o r d e n ist, richtet sich das weitere Verfahren nach § 1 1 4 a Abs. 2 (Abschrift des Haftbefehls), § 1 1 4 b (Haftbenachrichtigung und Zugangsbrief), §§ 116 ff. S. auch § 1 2 8 , 17.
8
5 . Wegen der Rechtsmittelbelehrung gilt § 115 Abs. 4 entsprechend. D a s ist zwar nur für den Fall bestimmt, dass der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Be-
9
schuldigte festgenommen w o r d e n ist, die Untersuchungshaft, anordnet (§ 1 2 8 Abs. 2 Satz 3), gilt aber auch dann, wenn die Untersuchungshaft nach § 1 2 9 von dem zuständigen Gericht verhängt wird. D e n n die Rechtsmittelbelehrung ist, wie der Z u s a m m e n h a n g der Vorschriften eindeutig erkennen lässt, immer zu erteilen, wenn j e m a n d aufgrund eines Haftbefehls in H a f t g e n o m m e n wird oder wenn gegen j e m a n d e n , der sich in H a f t befindet, ein Haftbefehl ergeht.
§ 130 1 W i r d wegen Verdachts einer Straftat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, ein Haftbefehl erlassen, bevor der Antrag gestellt ist, so ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort nach dem Erlaß des Haftbefehls in Kenntnis zu setzen und davon zu unterrichten, dass der Haftbefehl aufgehoben werden wird, wenn der Antrag nicht innerhalb einer v o m Richter zu bestimmenden Frist, die eine W o c h e nicht überschreiten soll, gestellt wird. 2 W i r d innerhalb der Frist Strafantrag nicht gestellt, so ist der Haftbefehl aufzuheben. 3 Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist. 4 § 1 2 0 Abs. 3 ist anzuwenden.
Schrifttum Geerds Festnahme und Untersuchungshaft bei Antrags- und Privatklagedelikten, GA 1982 237.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift hat ihre gegenwärtige Fassung erhalten durch Art. 2 1 Nr. 3 7 E G S t G B 1 9 7 4 . Dadurch ist namentlich die richterliche Fristbestimmung und die Pflicht eingeführt w o r d e n , den H a f t b e f e h l aufzuheben, wenn innerhalb der Frist kein Strafantrag gestellt wird (Satz 2 und 3 ) . Z u Satz 4 siehe R n . 15.
Übersicht Rn. 1. 2. 3. 4. 5.
Inhalt Antragsdelikte Unterrichtung des Antragsberechtigten Absender der Unterrichtung Aufhebung des Haftbefehls a) Allgemeine Gründe
1 2 3
6 8
Rn. b) Erfolgloser Fristablauf 6. Ermächtigung und Strafverlangen (Satz 3) a) Katalog b) Inhalt 7. Aufhebung auf Antrag der Staatsanwaltschaft
9 11 12 15
1. Inhalt. Die Vorschrift hat einen doppelten Inhalt. Z u n ä c h s t ergibt sich aus Satz 1 bis 3, was § 1 2 7 Abs. 3 für die vorläufige Festnahme wörtlich zum Ausdruck bringt, nämlich dass bei Straftaten, die nur auf Antrag verfolgt werden, der Eingriff - dort die vorläufige F e s t n a h m e , hier der Haftbefehl - grundsätzlich auch schon dann zulässig ist,
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wenn der Strafantrag noch nicht gestellt ist 1 (vgl. aber Rn. 8 und § 112, 14). Die Bedeutung dieses Teils der Vorschrift liegt im Wesentlichen bei den Straftaten, die nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden (Satz 3). 2 Der weitere Inhalt entstammt der neuen Fassung: Dem Antragsberechtigten ist eine Frist zu stellen. Stellt er innerhalb der Frist keinen Strafantrag, ist der Haftbefehl aufzuheben. Der Text normiert eine alte Praxis und stellt dabei die Zuständigkeit des Richters klar (Rn. 7). Die Vorschrift ist auch (entsprechend) anzuwenden, wenn der Haftbefehl neben einem Offizialdelikt auf ein Antragsdelikt gestützt wird (s. Rn. 9). 3 Bei relativen Antragsdelikten (z.B. SS 182 Abs. 3 , 1 8 3 Abs. 2, 2 3 0 , 248a, 2 5 7 Abs. 4, 2 5 9 Abs. 2, 2 6 3 Abs. 4, 265a Abs. 3, 2 6 6 Abs. 2, 303c StGB) ist § 130 anzuwenden, wenn die StA das besondere öffentliche Interesse verneint oder noch nicht bejaht hat. 4 2
2. Wegen der Antragsdelikte s. % 127, 50.
3
3. Unterrichtung des Antragsberechtigten. Der Antragsberechtigte ist nach Erlass des Haftbefehls sofort zu unterrichten, dass ein Haftbefehl wegen einer Straftat erlassen worden ist, die nur auf seinen Antrag verfolgt wird. Die Benachrichtigung erfolgt auch, wenn der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde. 5 Die Unterrichtung umfasst die Angabe des Beschuldigten, der Tat, der dieser verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung und die gesetzlichen Merkmale der Straftat (vgl. § 114 Abs. 2 Nr. 1 und 2). Die Angabe des Haftgrunds (§ 114 Abs. 2 Nr. 3) kann nach den Umständen geboten sein, wird aber unterbleiben, wenn kein Grund für die Annahme vorliegt, dass der Antragsberechtigte seine Entschließung darauf abstellen werde. 6 Auch kann es im Einzelfall zweckmäßig sein, über die Form des Strafantrages und die zuständigen Adressaten (§ 158 Abs. 2) zu belehren. 7
4
In der Unterrichtung ist eine vom Richter bestimmte - möglichst kurze - Erklärungsfrist zu bestimmen; die Antragsfrist nach § 77b StGB wird durch diese Erklärungsfrist nicht berührt. Sie soll eine Woche nicht überschreiten, doch kann ausnahmsweise eine längere Frist geboten sein, etwa wenn der Antragsberechtigte sich im Ausland aufhält. 8 Stellt sich nach Absendung der Unterrichtung heraus, dass der Antragsberechtigte innerhalb der Frist nicht antworten kann, etwa weil er verreist ist, so kann die Frist verlängert werden, wenn zu erwarten ist, dass er Strafantrag stellen wird. 9 Doch ist Zurückhaltung geboten. Denn mit der Regelfrist von einer Woche 1 0 lässt der Gesetzgeber erkennen, dass rasch Klarheit erlangt werden soll, ob der Verhaftete auch verfolgt werden wird. Mit der Fristbestimmung ist der Antragsberechtigte davon zu unterrichten, dass der Haftbefehl aufgehoben werden wird, wenn der Strafantrag nicht innerhalb der Frist gestellt werden wird.
1
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7
Geerds GA 1 9 8 2 2 3 9 , krit. 2 4 9 ; s. auch SK/ Paeffgen 2 ; Amelung 7 9 ; Kleinknecht/ Janischowsky 17; Sommermeyer NJ 1992 336. Geerds GA 1 9 8 2 2 5 3 Fn. 6 4 ; s. auch Rn. 11. Meyer-Goßner 6. Vgl. auch AK/Krause 7. SYJPaeffgen 5; KK/Boujong 1; Meyer-Goßner
KK/Boujong 4.
9
KKJBoujong 5 ; Meyer-Goßner 4 ; ähnlich Geerds GA 1 9 8 2 2 4 0 Fn. 11; zweifelnd SK/ Paeffgen 4. Geerds GA 1 9 8 2 2 5 0 Fn. 5 7 und SYJPaeffgen 4 : bei Antragsdelikten (allenfalls bzw. grundsätzlich) eine Frist von maximal 4 8 Stunden.
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1.
KK/Boujong 4 ; Meyer-Goßner 2 ; a.A. (keine Angabe) SYJPaeffgen 3. SYJPaeffgen 4 ; vgl. auch KYJBoujong 5; Meyer-Goßner 2.
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5 ; SYJPaeffgen
4;
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§ 130
Empfänger der Benachrichtigung ist der Antragsberechtigte (§§ 77, 77a StGB). Sind mehrere Personen antragsberechtigt, sind alle Empfänger. Zwar genügt es, wenn einer von ihnen benachrichtigt wird, etwa der von der Straftat am stärksten Verletzte. 11 Eine solche Beschränkung empfiehlt sich aber nicht, weil sonst, wenn der allein Benachrichtigte keinen Antrag stellt, nunmehr die anderen Berechtigten benachrichtigt werden müssen. Da Haftsachen stets beschleunigt zu bearbeiten sind, ist es vielmehr geboten, allen bekannten Antragsberechtigten gleichzeitig Nachricht zu geben.
5
4. Absender der Unterrichtung ist das Gericht, das den Haftbefehl erlassen hat. Zwar ist es Sache der Staatsanwaltschaft, die Klagevoraussetzungen zu klären. Aus der Neufassung von § 36 Abs. 1, § 214 Abs. 1 ergibt sich indessen das System, dass richterliche Anordnungen nicht mehr von der Staatsanwaltschaft, sondern von der Geschäftsstelle des Gerichts veranlasst werden. Dieses System beansprucht, weil es der Zweckmäßigkeit entspringt und der Beschleunigung dient, auch über die beiden genannten Vorschriften hinaus Geltung.
6
Zwar sagt die Vorschrift nicht, dass der Richter die Unterrichtung anordnet, wohl aber, dass er ihren Hauptinhalt, die Frist, bestimmt. Es wäre gekünstelt, die Fristbestimmungen selbst von der Unterrichtung über diese und über die Folgen zu trennen, die eintreten, wenn die Frist versäumt wird. Es handelt sich vielmehr um eine einheitliche Anordnung, die der Richter, der die Untersuchungshaft verhängt, im Anschluss an den Haftbefehl erlässt. Die Geschäftsstelle sorgt dafür, dass die Unterrichtung bewirkt wird. Eine Mitteilung durch Staatsanwaltschaft oder Polizei ist jedoch nicht unzulässig, falls die Frist vom Richter bestimmt wurde. 12 Wegen einer Ausnahme s. Rn. 14.
7
5. Aufhebung des Haftbefehls a) Allgemeine Gründe. Es gelten zunächst die Aufhebungsgründe des § 120, so dass es in einzelnen Fällen zur Entlassung kommen kann, ehe die dem Antragsberechtigten gesetzte Frist abgelaufen ist. Auch wenn sämtliche Antragsberechtigten bei Gericht, bei der Staatsanwaltschaft oder bei der Polizei vor Fristablauf ausdrücklich verzichtet haben, Strafantrag zu stellen, ist der Haftbefehl aufzuheben. 13 Einem solchen raschen Verzicht kommt Bedeutung zu, wenn die Berechtigten die Haft nicht wünschen, etwa weil sie sich mit dem Beschuldigten versöhnt haben. Erklären die Berechtigten vor Ablauf der Frist, sie stellten keinen Strafantrag, so ist das zwar nicht ohne weiteres als Verzicht auszulegen. 14 Die Erklärung nötigt aber gleichwohl, den Haftbefehl aufzuheben, weil mit großer Wahrscheinlichkeit feststeht, dass das Verfahren eingestellt werden wird. Der Haftbefehl muss auch aufgehoben werden, wenn die Strafantragsfrist abgelaufen ist, bevor der Strafantrag gestellt wird.
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b) Erfolgloser Fristablauf (Satz 2). Hauptgrund, den Haftbefehl aufzuheben, ist der Umstand, dass innerhalb der vom Richter gestellten Frist kein Strafantrag gestellt wird. Die Aufhebung ist jedoch, wenn dringender Tatverdacht, Verhältnismäßigkeit und ein Haftgrund vorliegen, nicht endgültig. Die Frist ist keine Ausschlussfrist; 15 die Aufhebung des Haftbefehls nach Satz 2 steht dem Fall des § 120 Abs. 1 Satz 2 (dazu § 120, 18 ff.)
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11 12 13
Vgl. auch Meyer-Goßner 3; KKJBoujong 3. KMRJWankel 6. BGH NJW 1957 1368; Geerds GA 1982 2 5 0 Fn. 54; KKJBoujong 8.
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OLG Hamm JMB1NW 1953 35. Geerds GA 1982 2 4 0 Fn. 12.
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nicht gleich. Wird nach Fristablauf noch Strafantrag gestellt, bleibt ein noch nicht aufgehobener Haftbefehl bestehen; 16 war er aufgehoben, so kann ein neuer erlassen werden. Dem kommt vor allem Bedeutung zu, wenn das Gericht bei mehreren zum Strafantrag Berechtigten nur einen von ihnen unterrichtet hat und ein anderer erst später Kenntnis erhält. Ist der Haftbefehl auch wegen eines Offizialdeliktes ergangen, so ist er bei fehlendem Strafantrag zu berichtigen. 17 10
War die richterliche Frist unverschuldet versäumt, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 44). Doch braucht der Antragsberechtigte diesen Weg nicht zu wählen. Solange die Antragsfrist läuft (§ 77b StGB), kann der Antrag gestellt werden, und sobald mit dem Antrag die Prozessvoraussetzung geschaffen ist, muss - wenigstens in aller Regel (§ 112, 74) - die Untersuchungshaft angeordnet werden, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen. Satz 2 hat daher nur die Bedeutung, die Haftfrage für die Dauer eines ungewissen Zustands und möglichst rasch zu klären. 6. Ermächtigung und Strafverlangen (Satz 3)
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a) Wegen des Katalogs s. § 127, 51. Straftaten, die nur auf Ermächtigung oder auf Strafverlangen zu verfolgen sind, sind häufig mit höheren Strafen bedroht, als die Antragsdelikte. Daher hat § 130 seine Hauptbedeutung für die Fälle des Satzes 3, ist somit - historisch verständlich - falsch aufgebaut und ordnet das Verfahren für die Hauptfälle nur unzureichend. 18
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b) Inhalt. Satz 3 knüpft mit den Worten „dies gilt entsprechend" an Satz 2 an, wonach der Haftbefehl aufzuheben ist, wenn innerhalb der Frist kein Strafantrag gestellt wird. Darin kann sich die Verweisung aber nicht erschöpfen. Sie erstreckt sich vielmehr auf den ganzen Folgeteil („so ist") des ersten Satzes.
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Wichtig ist, dass die Fälle der Ermächtigung und des Strafverlangens in einem besonderen Satz aufgeführt werden. Durch diese Stellung erlangt besondere Bedeutung, dass die in Bezug genommenen Teile nur entsprechend gelten. Das gilt für alle Teile, auch für Satz 2, so dass unter besonderen Umständen der Haftbefehl nach Fristablauf nicht aufzuheben, sondern die Frist von Amts wegen zu verlängern und die Anfrage zu wiederholen ist. Besonders für die „Frist, die eine Woche nicht überschreiten soll", kommt der entsprechenden Anwendung Bedeutung zu. Zum Beispiel bei § 104a StGB, wo sowohl die Entschließung einer ausländischen Regierung über das Strafverlangen als auch ein Beschluss des zuständigen Ministers, u.U. unter Beteiligung eines anderen Ressorts, über die Ermächtigung gefasst werden muss, liegt es auf der Hand, dass selbst bei größter Beschleunigung die Frist von einer Woche zu kurz wäre. Aber auch bei den meisten Ermächtigungsfällen, wo gelegentlich schwierige Abwägungen erforderlich sind, reicht die Frist von einer Woche nicht aus. Hier stellt sich die Frage, ob sie in diesen Fällen von einer entsprechenden Geltung umfasst wird oder ob genügt, dass die von diesen Vorschriften Betroffenen von dem Haftbefehl in Kenntnis gesetzt werden. Da die Fristbestimmung aber der Kern der Vorschrift ist, ist die Frage zu verneinen.
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In den Fällen des Satzes 3 wird der Richter das Schreiben, mit dem die Betroffenen in Kenntnis gesetzt, die Frist bestimmt und die Betroffenen von der Folge der Fristversäu-
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KKJBoujong 7. Vgl. Meyer-Goßner Fn. 58.
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Geerds GA 1982 2 4 5 Fn. 34.
6; Geerds GA 1982 2 5 0
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mung unterrichtet werden, nicht der Geschäftsstelle überlassen dürfen, sondern selbst zu unterschreiben haben (nobile officium). 7. Aufhebung auf Antrag der Staatsanwaltschaft (Satz 4). Da der Strafantrag KlageVoraussetzung ist, kann der Fall, den die Bestimmung im Auge hat, nur eintreten, bevor die öffentliche Klage erhoben ist. Für diesen Zeitpunkt gilt § 120 Abs. 3 nach seinem Wortlaut unmittelbar. Die Verweisung ist also überflüssig. 19
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Zu Einzelheiten, insbesondere der Entstehungsgeschichte, vgl. LR/Wendisch 14 15.
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9a. ABSCHNITT Weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung Vorbemerkungen Schrifttum Albrecht Vom Unheil der Reformbemühungen im Strafverfahren, StV 2001 416; Bottke Strafprozessuale Rechtsprobleme massenmedialer Fahndung, ZStW 93 (1981) 425; Brodersen Das Strafverfahrensänderungsgesetz 1999, N J W 2 0 0 0 2536; Fezer Rechtsschutz bei Verletzung der Anordnungsvoraussetzung „Gefahr im Verzug", FS Rieß (2002) 93; Graf Internet: Straftaten und Strafverfolgung, DRiZ 1999 281; Hassemer Vorverurteilung durch Medien? N J W 1985 1921; ders. Fahndung und Ermittlung mit Hilfe der Medien? ArchPR 1989 418; Hilger Zum Strafverfahrensrechtsänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999), NStZ 2 0 0 0 561; ders. Das Strafverfahrensrechtsänderungsgesetz 1999 (StVAG 1999), StraFo 2001 109; ders. StVÄG 1999 und Verteidigung, FS Rieß 171; Kauder Der Steckbrief - Freibrief für die Ermittlungsbehörden? StV 1987 413; KrausefNehring Strafverfahrensrecht in der Polizeipraxis (1978); Knauer/Wolf Zivilprozessuale und strafprozessuale Änderungen durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz, NJW 2 0 0 4 2932; Krekeler Informationssysteme der Polizei, StraFo 1999 82; Marbertb-Kubicki Internet und Strafrecht, StraFo 2 0 0 2 277; Mayer-Metzner Auskunft aus Dateien der Sicherheits- und Strafverfolgungsorgane (1994); MeyerGoßner Theorie ohne Praxis und Praxis ohne Theorie im Strafverfahren, ZRP 2 0 0 0 345; Ostendorf Die öffentliche Identifizierung von Beschuldigten durch die Strafverfolgungsbehörden als Straftat, GA 1980 445; Pätzel Das Internet als Fahndungshilfsmittel der Strafverfolgungsbehörden, NJW 1997 3131; Ranft Fahndung nach Beschuldigten und Zeugen gemäß dem StVÄG 1999, StV 2 0 0 2 38; Rieß Über Subsidiaritätsverhältnisse und Subsidiaritätsklauseln im Strafverfahren, GedS Meyer (1990) 367; ders. Die Straftat von erheblicher Bedeutung als Eingriffsvoraussetzung, GA 2 0 0 4 623; Schroeder Die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten als Anwendungsvoraussetzung strafprozessualer Zwangsmaßnahmen, GA 2 0 0 5 73; Schwagerl Fahndungshilfe durch Massenmedien, Die Polizei 1974 317; Seebode Das Recht zur Festnahme entwichener Strafgefangener, FS Bruns, 487; Seitz Strafverfolgungsmaßnahmen im Internet (2004); Soine Öffentlichkeitsfahndung nach Personen und Sachen mit Hilfe von Massenmedien, ArchKrim. 1992 65; ders. Zur Neuregelung der strafprozessualen Öffentlichkeitsfahndung, ZRP 1994 392; ders. Fahndung via Internet, NStZ 1997 166, 321; ders. Strafverfahrensänderungsgesetz 1999, Kriminalistik 2001 173, 245; ders. Die Fahndungsvorschriften nach dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1999, J R 2 0 0 2 137; Stümper Fahndung und Ermittlung mit Hilfe von Presse und Rundfunk, ArchPR 1989 409; Wensky Fernsehfahndung, Die Polizei 1971 113; Wente Persönlichkeitsschutz und Informationsrecht der Öffentlichkeit im Strafverfahren, StV 1988 216; Weßlau Gefährdungen des Datenschutzes durch den Einsatz neuer Medien im Strafprozess, ZStW 113 (2001) 681.
Entstehungsgeschichte. Der Abschnitt wurde eingefügt durch Art. 2 Nr. 7 E G O W i G . Die zunächst nur aus § 1 3 2 bestehende Einfügung zielte ebenso wie die des § 1 2 7 a darauf ab Mängel zu beseitigen, die nach den geltenden Vorschriften über die Sicherstellung der Strafverfolgung zutage getreten waren und der Praxis namentlich bei der Verfolgung von Verkehrszuwiderhandlungen durchreisender Ausländer Schwierigkeiten bereiteten. 1
1
BTDrucks. V 2 6 0 0 , 2601 S. 17.
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Vor § 131
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Durch Artikel 1 Nr. 3 des StVÄG 1999 vom 2.8.2000 (BGBl. I S. 1253) wurde die Überschrift des Abschnittes 9a neu gefasst und durch Nr. 4 § 131 in den Abschnitt 9a eingestellt und neu gefasst; außerdem wurden durch Nr. 5 die §§ 131a bis 131c in diesen Abschnitt eingefügt. Durch Art. 3 Nr. 2 0 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes wurde schließlich in § 131 Abs.l, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2, § 131c Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 Satz 1, 2 jeweils das Wort „Hilfsbeamten" durch „Ermittlungspersonen" ersetzt. 2
Rn. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Reformbedürfnis Kritik EMRK Systematik der Regelungen Anwendungsbereich Verhältnismäßigkeitsprinzip
Rn.
1 2 3 4 7 8
7. 8. 9. 10. 11.
Beendigung der Maßnahme Verhältnis zu anderen Vorschriften Sachfahndung Fehlerhafte Anordnung Sonstiges
. . . .
10 11 15 17 18
1
1. Reformbedürfnis. Es war spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 65 1 ff. grundsätzlich weitgehend unbestritten. Denn § 131 a.F. regelte nur den Erlass eines Steckbriefes. Dagegen fehlten spezielle Rechtsgrundlagen für zahlreiche andere Formen der Personenfahndung, die in der Praxis unverzichtbar sind. 3 Diese finden sich jetzt in den §§ 131 bis 131c.
2
2. Kritik. Umstritten waren im Gesetzgebungsverfahren wesentliche Detailfragen, etwa zur Ausgestaltung der Eilkompetenzen und zur Begrenzung der Öffentlichkeitsfahndung. 4 Auszugehen ist davon, dass die in den § § 131 ff. beschriebenen Fahndungen Standardmaßnahmen der Strafverfolgung sind, die vielfach am Anfang von Ermittlungen stehen und als „Sofortmaßnahmen" unverzichtbar sind, obwohl sie - entsprechend dem Erkenntnisstand zu Beginn von Ermittlungen - oft nur auf eine wenig gesicherte Erkenntnisgrundlage gestützt werden können und häufig - nicht zuletzt wegen der guten Verkehrsverbindungen und offenen Grenzen in Europa - in großer Eile getroffen werden müssen, damit die Erfolgschancen nicht unnötig gemindert werden. Damit stellt sich die Frage, ob die derzeitige Ausgestaltung der Regelungen 5 dem entspricht, ob es nicht vielmehr im Hinblick auf die Bedürfnisse der Strafrechtspflege sachgerechter und auch unter Beachtung der Erfordernisse eines effektiven Grundrechtsschutzes möglich gewesen wäre, die Regelungen einfacher und „anwendungsfreundlicher" zu gestalten. Dabei wäre namentlich zu bedenken gewesen, dass zu hohe Einsatzschwellen bzw. Subsidiaritätsklauseln 6 nicht unbedingt zu einem verbesserten Grundrechtsschutz führen, sondern die
2 3
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Krit. insoweit Knauer/Wolf N J W 2 0 0 4 2 9 3 2 . Zu Einzelheiten vgl. LTUHilger25 Nachtrag Vor § 131; Vor § 112, 72; § 131, 1; Vor § 132, 2; SYJPaeffgen § 131, 1. Vgl. zu Einzelheiten BTDrucks. 14 1484 S. 19 ff., 39; BTDrucks. 14 2 5 9 5 S. 4 ff.; BTDrucks. 14 2 8 8 6 S. 1 ff., BTDrucks. 14 3 5 2 5 S. 2; BRDrucks. 3 4 9 / 0 0 S. 2; Brodersen N J W 2 0 0 0 2 5 3 6 ; s. auch BTDrucks. 13 9718 S. 36.
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Krit. dagegen (namentlich aus dogmatischer und persönlichkeitsrechtlicher Sicht) Albrecht StV 2 0 0 1 419; Ranft StV 2 0 0 2 38 (insbesond.: rechtsstaatliche Bedenken, zu vage Generalklauseln, Gefahr der Missachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, verfehlte Kompetenzregelung, Fehlen einer Entschädigungsregelung); Ranft 753, 755, 758, 761. Krit. insoweit auch z.B. Meyer-Goßner ZRP 2 0 0 0 3 4 8 m.w.N.
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9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
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Gefahr in sich tragen, dass sie in der Praxis „großzügig" interpretiert werden (müssen) und damit letztlich den ihnen zugedachten Zweck weitgehend verfehlen. Zu Einzelheiten vgl. z.B. § 131, 18 ff., § 131a, 6 ff., § 131b, 3. Schließlich kann die Abgrenzung von Personen- und Sachfahndung Schwierigkeiten bereiten (Rn. 15). 3. EMRK. Die Vorschriften sind grundsätzlich mit der E M R K vereinbar. Bei ihrer Anwendung sind jedoch in besonderen M a ß e Art. 6 Abs. 2 E M R K und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. Vgl. im Übrigen die Erl. zur E M R K .
3
4. Systematik der Regelungen. Die unter der neuen Abschnittsüberschrift stehenden Vorschriften regeln grundsätzlich die Fahndung nach Personen 7 („Personenfahndung"; s. auch Rn. 1; 11 ff.) und unterscheiden sich im Wesentlichen durch den Fahndungszweck der jeweils geregelten Maßnahme. § 131 regelt jetzt die Fahndung, also die Suche nach dem Beschuldigten, auf der Grundlage eines erlassenen oder bevorstehenden Haftbefehls mit dem Ziel der Festnahme. Die Regelung enthält die bisherige (§ 131 a.F.) zum Steckbrief, erfasst jedoch weitere Fallgestaltungen, insbesondere die Öffentlichkeitsfahndung nach dem Beschuldigten, sowie die Anordnungskompetenz.
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§ 131a regelt die Fahndung nach Beschuldigten und Zeugen zum Zwecke der Aufenthaltsermittlung sowie nach Beschuldigten für sonstige strafprozessuale Zwecke.
5
§ 131b erlaubt die Veröffentlichung von Abbildungen eines Beschuldigten oder eines Zeugen zur Aufklärung der Straftat. § 131c regelt die Anordnungskompetenz für M a ß nahmen nach den §§ 131a, 131b.
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5. Anwendungsbereich. Die Vorschriften gelten, wie schon die Abschnittsüberschrift besagt, nicht nur für die Strafverfolgung, sondern - jedenfalls zum Teil - auch für die Strafvollstreckung (§ 4 5 3 c Abs. 1, § 4 5 6 a Abs. 2 Satz 3, § 4 5 7 Abs. 2, 3). Zu Einzelheiten insoweit vgl. die Erl. zu diesen Vorschriften. 8
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6. Verhältnismäßigkeitsprinzip. Die Anordnung der in den §§ 131 ff. geregelten Maßnahmen ist nicht nur an die dort jeweils genannten Voraussetzungen geknüpft, sondern auch an den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn diese Maßnahmen können - je nach Sachlage des Einzelfalls und namentlich nach der Art der jeweiligen Maßnahme - mehr oder weniger tief in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen und zu öffentlicher Bloßstellung führen. Deshalb muss sich die Notwendigkeit der Maßnahmen sowie Art und Umfang schon grundsätzlich - auch wenn einzelne Vorschriften ausdrücklich Kriterien zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit nennen - an der Schwere der jeweiligen Straftat, insbesondere an der Bedeutung der Sache und an den zu erwartenden Rechtsfolgen orientieren; das angestrebte Ziel darf namentlich nicht ebensogut, also insbesondere ohne wesentliche Minderung der Erfolgsaussichten und ohne wesentliche Erschwernis und Verzögerung der Ermittlungen, mit weniger eingreifenden Maßnahmen erreichbar sein. S. auch § 131, 7, 14, 17 ff., $ 131a, 2 ff., § 131b, 3.
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Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet es auch, Fahndungsmaßnahmen nach den §§ 131 ff. soweit möglich zu befristen oder wenigstens Überprüfungsfristen vorzusehen, die auf die Gegebenheiten des Einzelfalles abgestellt sind und eine rechtzeitige Prüfung,
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Hilger FS Rieß 171 ff.
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S. auch Brodersen NJW 2 0 0 0 2537; Soine Kriminalistik 2 0 0 1 173.
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ob die Fahndung weiterhin erforderlich und angemessen ist, hinreichend sichern. 9 Zur Rücknahme einer Anordnung s. § 131, 9a. 10
7. Beendigung der Maßnahme. Hierzu enthalten die §§ 131 ff. keine Bestimmungen. Dies ist auch nicht notwendig. Denn im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist es selbstverständlich, dass strafprozessuale Zwangsmaßnahmen spätestens dann unverzüglich zu beenden sind, wenn das mit der jeweiligen Maßnahme entsprechend der sie erlaubenden Vorschrift erstrebte Ziel erreicht ist. Dies ist zum Beispiel bei der Ausschreibung gemäß den §§ 131, 131a der Fall, wenn der Aufenthalt der gesuchten Person ermittelt ist. Im Fall des § 131 kommt es nicht auf den Vollzug der Festnahme an, weil diese nach Feststellung des Aufenthalts zulässig, etwa aus ermittlungstaktischen Gründen, zurückgestellt werden kann. Wird die Ausschreibung beendet, so sind die hierzu getroffenen Maßnahmen gleichfalls unverzüglich zu beenden. Fahndungsplakate sind zu entfernen, Aufrufe in Publikationsorganen zu beenden, Fahndungsaufrufe in Informationssystemen oder an andere Stellen sowie Auskunftsersuchen und Suchvermerke sind zurückzunehmen.
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8. Verhältnis zu anderen Vorschriften. Die §§ 131 bis 131c regeln die Fahndung, also die Suche nach Beschuldigten, unbekannten Tätern und Tatbeteiligten sowie nach Zeugen mit dem Ziel der Feststellung ihres Aufenthaltsortes, der Festnahme soweit zulässig, der Feststellung ihrer Identität und der Aufklärung des Sachverhalts nicht abschließend. 10 Zum Teil ist die Fahndung bereits in Spezialbestimmungen (Rn.12) geregelt. 11 Zum Teil kann sie auf die Generalklausel der §§ 161, 163 gestützt werden (Rn. 12). 12
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Der Gesetzgeber ist insoweit der Schwellentheorie gefolgt. 13 Weniger tief in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingreifende, zum Beispiel ihn weniger „bloßstellende", etwa nur einem kleinen Personenkreis bekanntwerdende Maßnahmen zu dessen Auffindung können weiterhin auf die §§ 161, 163 gestützt werden und sind nach dem Subsidiaritätsprinzip auch vorzuziehen. 14 Dies können zum Beispiel Nachfragen bei Behörden sein oder diskrete Erkundigungen im Lebensumfeld einer gesuchten Person. Hierzu gehören auch Nachforschungen 15 im Internet, namentlich ob die gesuchte Person dort als Teilnehmer zu finden ist, jedenfalls soweit das Internet allgemein zugänglich ist. 16 Die Abwägung im Einzelfall kann aber auch dazu führen, solche Fahndungsmaßnahmen nicht anzuordnen, zum Beispiel wegen der zu befürchtenden Erheblichkeit der Bloßstellung; diese kann zum Beispiel eintreten durch Nachfragen bei Nachbarn oder Arbeitskollegen - in solchen Fällen ist eine Fahndungsmaßnahme nach den §§ 131 ff. vorzuziehen, wenn sie zur Erzielung des erstrebten Fahndungserfolges voraussichtlich ausreichend und zugleich weniger bloßstellend wäre.
13
Der Fahndung können auch die in besonderen Bestimmungen geregelten Ermittlungsmaßnahmen dienen. Dies gilt namentlich, wenn es in einer Subsidiaritätsklausel („Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise weniger erfolgversprechend
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10 11 12 13 14
Vgl. auch Kropp ZRP 2001 4 0 4 ; Vor § 112, 24a. Hilger NStZ 2 0 0 0 562. Meyer-Goßner Vor § 131, 1. Meyer-Goßner Vor § 131, 1. Vgl. Hilger FS Rieß 171 ff. Hilger StraFo 2 0 0 1 109; S K / P a e f f g e n § 131, 2; KMRJWankel § 131, 2.
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Zur Fahndung mit Hilfe des Internet s. § 131, 17. Vgl. hierzu und zur Suche in „geschlossenen" Bereichen des Internet Graf DRiZ 1999 285; s. auch Zöller GA 2 0 0 0 5 6 3 ff.; MarberthKubicki StraFo 2 0 0 2 277.
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9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
Vor § 131
oder e r s c h w e r t " ) zum Ausdruck k o m m t oder soweit die E r m i t t l u n g s m a ß n a h m e n der Identitätsfeststellung oder der Ergreifung des Täters d i e n e n . 1 7 Dies sind zum Beispiel die Rasterfahndung (§ 9 8 a ) , der strafprozessuale Datenabgleich (§ 9 8 c ) , die T e l e k o m m u n i k a t i o n s ü b e r w a c h u n g (§ 1 0 0 a ) 1 8 oder -auskunft (§ 1 0 0 g ) , der Einsatz technischer Mittel nach § 1 0 0 c , die Standortermittlung von M o b i l t e l e f o n e n (§ lOOi) oder der Einsatz von Verdeckten Ermittlern (§ 1 1 0 a ) , die Errichtung von Kontrollstellen (§ 1 1 1 ) , die Identitätsfeststellung nach § 1 6 3 b , die Fahndung nach § 1 6 3 d , die B e o b a c h t u n g nach § 1 6 3 e die längerfristige Observation (§ 1 6 3 f ) . Selbst Durchsuchungen (§§ 1 0 2 ff.), die D u r c h sicht von Unterlagen (§ 110) und die Beschlagnahme (§§ 9 4 ff.) sowie Zeugenvernehmungen k ö n n e n im Einzelfall der Fahndung dienen. Die § § 2 3 , 2 4 K U G k ö n n e n dagegen nicht mehr als Rechtsgrundlage für Fahndungsabbildungen herangezogen werden; die §§ 131 ff. sind insoweit leges speciales.
14
9. Sachfahndung. Auch die sog. „Sachfahndung", also die Suche zur Auffindung von Sachen, die im Z u s a m m e n h a n g mit einer Straftat stehen, k a n n grundsätzlich auf die § § 161, 1 6 3 gestützt werden, insbesondere wenn sie keinen persönlichkeitsrechtlichen Bezug hat, also keine Rückschlüsse auf eine Person ermöglicht oder zulässt. Dient die Fahndung nach einer Sache jedoch im Wesentlichen einem der in den § § 131 ff. genannten Fahndungszwecke der Personenfahndung, erfolgt sie - an deren Stelle - in der dort bezeichneten Weise und lässt sie dementsprechend persönlichkeitsbezogene Rückschlüsse auf eine Person - etwa deren Identifizierung - zu, so sollte sie sich nach diesen Vorschriften r i c h t e n . 1 9 Dies erscheint sachgerecht, um eine Umgehung der persönlichkeitsrechtlich orientierten Schutzregelungen in den §§ 131 bis 131c zu vermeiden. Ein solcher Fall k a n n sich zum Beispiel ergeben, wenn nach einem Kraftfahrzeug gefahndet wird und dieses Fahrzeug, etwa weil selten, auffällig und leicht zu identifizieren, von Kundigen, z.B. J o u r nalisten, leicht einem bestimmten Besitzer (Fahrer) zugeordnet werden k a n n , oder wenn die Fahndung nach dem Kraftfahrzeug eigentlich auf die Feststellung des Aufenthalts der Insassen (§ 131a) zielt. Er k a n n ebenso gegeben sein, wenn an Stelle einer Abbildung einer u n b e k a n n t e n (nicht identifizierten) oder vermissten Person Abbildungen von persönlichkeitstypischen Sachen dieser Person (Kleidung, spezielle Arbeitsmittel) veröffentlicht werden, u m mit deren Hilfe auch die Person finden oder identifizieren zu k ö n n e n . Es dürfte w o h l nicht selten keinen wesentlichen Unterschied m a c h e n , o b nach einer Person gefahndet wird, die nicht näher bezeichnet und im Wesentlichen nur durch ihre auffällige Kleidung näher beschrieben (s. § 131 Abs. 4 Satz 1, § 131a Abs. 4 Satz 1) werden k a n n oder o b nach dieser Kleidung gefahndet wird. Vgl. auch § 131, 27.
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Ein Fall einer Verbindung von Personen- und S a c h f a h n d u n g 2 0 ist in § 131a Abs. 2 ausdrücklich geregelt, nämlich die Ausschreibung einer Person zur Sicherstellung des Führerscheins. In anderen Fällen einer Verbindung von Personen- und Sachfahndung k a n n , wenn die Personenfahndung g e m ä ß den §§ 131 bis 131c angeordnet wird, die sie begleitende Sachfahndung auf die §§ 161, 1 6 3 gestützt werden; denn ein ggf. in der begleitenden Sachfahndung enthaltener persönlichkeitsrechtlicher Bezug wird dann durch die Entscheidung g e m ä ß §§ 131 ff. mitgetragen.
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S. auch KURJWartkel § 131, 2 ( zu § 159). Auch z.B. des e-mail- und des sms/mms-Verkehrs; vgl. Weßlau ZStW 113 (2001) 681 ff.; BTDrucks. 15 1448. Vgl. Hilger FS Rieß 172.
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Zu Fällen der Sachfahndung mit dem Ziel einer Identifizierung oder Insassenfeststellung vgl. die PDV 384.1.
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10. Fehlerhafte Anordnung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahndungsanordnung ist grundsätzlich (s. aber Vor § 112, 24a) der Anordnungszeitpunkt. 21 Weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob und ggf. welche Fehler bei der Fahndung (z.B. ein Verstoß gegen die Anordnungsschwelle, die Subsidiaritätsklausel oder die Anordnungskompetenz 22 ) zu einem Verwertungsverbot führen können. In Anlehnung an die Rechtsprechung, dass im Strafverfahren Wahrheitsfindung, also die Erzielung von Erkenntnissen, und auch die Sicherung des Verfahrens nicht um jeden Preis erlaubt ist, könnte ein Verwertungsverbot zumindest bei schwerwiegenden Fahndungsfehlern und zu Gunsten des vom Schutzzweck der verletzten Regelung Betroffenen angenommen werden. 23 Das auf den ersten Blick merkwürdige Ergebnis, dass dann unter Umständen eine Adresse als unbekannt behandelt werden muss oder eine Festnahme nicht erlaubt ist (möglicherweise mit der Folge der Haftverschonung bei späterer Feststellung des Verstoßes im Zusammenhang mit der Entscheidung gemäß § 2 0 7 Abs. 4 oder in der Hauptverhandlung auf einen Haftverschonungsantrag hin?), wäre nicht untypisch für ein rechtsstaatlich orientiertes Strafverfahren. 24
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11. Sonstiges. Die Nutzung von Dateien für Zwecke der Fahndung 25 richtet sich nach den §§ 483, 485, 4 8 6 ff. 2 6 Für den Einsatz polizeilicher Mischdateien gilt also das Polizeirecht (§ 4 8 3 Abs. 3).
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Die Fahndungsmethoden 27 sollten nicht mit den verschiedenen Fahndungsarten verwechselt werden. So ist zum Beispiel die sog. „Ringfahndung" 2 8 unmittelbar nach einer Straftat eine Methode, bei der verschiedene Fahndungsarten, etwa Maßnahmen nach den §§ 111, 131 und 163, zum Einsatz kommen können.
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Fahndungssendungen, die namentlich im Fernsehen oder im Rundfunk stattfinden und dementsprechend oft weitgehend auf Unterhaltung des Publikums abgestellt sind, sind grundsätzlich nicht Fahndungsmaßnahmen im Sinne der §§ 131 ff. 2 9 Denn sie werden nicht von Strafverfolgungsbehörden durchgeführt. Aber alle Strafverfolgungsorgane, die sich solcher Sendungen zur Fahndung bedienen oder auch nur Informationen aus einem Strafverfahren zu einer gesuchten Person und Verfahrensbeteiligten zum Zwecke der „Fahndung" durch diese Veranstalter zuliefern, haben - schon im Interesse des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen sowie unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsverbotes - die §§ 131 bis 131c zu beachten. 30
21
Zur internationalen Fahndung vgl. die Erl. zu § 4 8 3 3 1 , Nr. 4 3 RiStBV nebst der Richtlinien Anl. F hierzu und die RiVASt.
22
Eine Haftung für Schäden infolge von fehlerhaften Fahndungen kann sich insbes. aus § 839 BGB, Art. 34 GG ergeben.
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KMRJWankel § 131, 1. Vgl. hierzu Fezer FS Rieß 101. Weitergehend wohl Fezer FS Rieß 101; a.A. KKJBoujong § 131, 2 0 ; KMRJWankel § 131, 8; s. dagegen SYUPaeffgen § 131, 13. Näher dazu Hilger FS Rieß 173; s. auch SK/ Paeffgen § 131, 13; KMRJWankel § 131, 8 (Heilung eventuell über den Gedanken des hypothetischen Ersatzeingriffes). Vgl. z.B. Krekeler StraFo 1999 82; MayerMetzner 34.
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Vgl. die Erl. zu § 4 8 3 ; UUHilger25 Vor § 483, 30; § 483, 5, 10, 11. Vgl. PDV 384.1. Vgl. PDV 384.1 Nr. 4.3.2. HYJLemke § 131, 15. Ähnlich SYJPaeffgen % 131, 9 und 15 (Rechtsbehelf des § 2 3 EGGVG gegen Zustimmung der Staatsanwaltschaft); s. auch die Erl. zu § 23 EGGVG. S. auch Soine NStZ 1997 166 ff., 321 ff.
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9 a . Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
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§ 131 (1) Auf Grund eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls können der Richter oder die Staatsanwaltschaft und, wenn Gefahr im Verzug ist, ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) die Ausschreibung zur Festnahme veranlassen. (2) 'Liegen die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder Unterbringungsbefehls vor, dessen Erlass nicht ohne Gefährdung des Fahndungserfolges abgewartet werden kann, so können die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) Maßnahmen nach Absatz 1 veranlassen, wenn dies zur vorläufigen Festnahme erforderlich ist. 2 D i e Entscheidung über den Erlass des Haft- oder Unterbringungsbefehls ist unverzüglich, spätestens binnen einer Woche herbeizuführen. (3) ' B e i einer Straftat von erheblicher Bedeutung können in den Fällen der Absätze 1 und 2 der Richter und die Staatsanwaltschaft auch Öffentlichkeitsfahndungen veranlassen, wenn andere Formen der Aufenthaltsermittlung erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wären. 2 Unter den gleichen Voraussetzungen steht diese Befugnis bei Gefahr im Verzug und wenn der Richter oder die Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig erreichbar ist, auch den Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. 3 In den Fällen des Satzes 2 ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft unverzüglich herbeizuführen. 4 Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn diese Bestätigung nicht binnen 2 4 Stunden erfolgt. (4) ' D e r Beschuldigte ist möglichst genau zu bezeichnen und soweit erforderlich zu beschreiben; eine Abbildung darf beigefügt werden. 2 D i e Tat, derer er verdächtig ist, Ort und Zeit ihrer Begehung sowie Umstände, die für die Ergreifung von Bedeutung sein können, können angegeben werden. (5) Die §§ 115 und 115a gelten entsprechend.
Rn. 1. Bedeutung 2. Absatz 1 a) Haftbefehl b) Flucht oder Verbergen c) Ordnungs- und Beugehaft d) Ausschreibung e) Regelkompetenz f) Eilkompetenz 3. Absatz 2 a) Eilausschreibung b) Anordnungskompetenz c) Haftentscheidung
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Rn. 4. Absatz 3 a) Öffentlichkeitsfahndung b) Begrenzung c) Regelkompetenz d) Eilkompetenz 5. Bezeichnung 6. Vorführung 7. Sonstiges a) Überprüfung b) Auslobung
17 18 23 24 27 29 30 31
Alphabetische Übersicht Abbildung 27 Abwägung 20 Alternativen 7 Amtliche Aufforderung 6 Ausschreibung 1, 5 Begründung 11 Behörden/Stellen 6 Beschreibung 2 7
Bestätigung 12, 26 Bezeichnung 2 7 Dokumentation 11 Eilausschreibung 13 Eil-/Notdienst 11 Eilkompetenz 10, 2 4 Erledigung 30 Fahndungsaufforderung ί
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Festnahmeersuchen 8 Flucht 3 Frist 26 Gefährlichkeit 28 Haftbefehl 2, 3, 16, 29 Öffentlichkeitsfahndung 1,17,18, 20 Ordnungs-/Beugehaft 4 Persönlichkeitsrecht 21 Publikationsorgane 22 Regelkompetenz 9 , 2 3 Rücknahme 9a
1
Straftat von erheblicher Bedeutung 18 Subsidiarität 19 Überprüfung 30 Umstände 28 Unterbringungsbefehl 2, 3 , 1 6 , 29 Verbergen 3 Verfahrensherrschaft 9a, 15 Verhältnismäßigkeitsprinzip 3, 14, 20, 28 Vollstreckung 2 Vorfeld 1 , 1 3 Vorführung 29
1. Bedeutung. § 131 regelt nicht mehr, wie bisher, nur den Erlass eines Steckbriefes. Die Änderung im Vergleich zu § 131 a.F. erstreckt sich im Wesentlichen auf drei Bereiche: (a) Absatz 1 regelt jetzt die Ausschreibung, also die Suche nach einer Person durch ein Ersuchen oder einen Aufruf an Behörden, sonstige Stellen und die Öffentlichkeit (Rn. 5 ff.), mit dem Ziel der Aufenthaltsermittlung bzw. -mitteilung zum Zwecke der Festnahme auf der Grundlage eines Haft- oder eines Unterbringungsbefehls. Dies umfasst Maßnahmen, die bisher unter den Begriff „Steckbrief" gefasst wurden, aber auch andere Maßnahmen der Ausschreibung (Rn. 7). (b) Absatz 2 erlaubt die Ausschreibung zur Festnahme im Vorfeld eines Haft- oder eines Unterbringungsbefehls, nämlich wenn deren Voraussetzungen vorliegen, der Erlass aber nicht ohne Gefährdung des Fahndungserfolges abgewartet werden kann (Rn. 13 ff.). Diese Eilausschreibung (vgl. Nr. 41 Abs. 2 RiStBV) hatte bisher keine gesetzliche Grundlage, (c) Absatz 3 regelt die Offentlichkeitsfahndung (Rn. 17 ff.). Ziel der Maßnahme darf allein das Auffinden (s. auch Vor § 131, 10) der gesuchten Person zum Zwecke der Festnahme sein. Sonstige Zwecke dürfen damit allenfalls nachrangig verfolgt werden.
2. Absatz 1 2
a) Haftbefehl. Die Ausschreibung zur Festnahme gemäß Absatz 1 ist zulässig, wenn ein Haftbefehl oder ein Unterbringungsbefehl vorliegen. Die Vorschrift betrifft in erster Linie die Ausschreibung des Beschuldigten; gemeint sind die Haftbefehle gemäß den §§ 112 ff., § 128 in Verbindung mit § 127b, § 230 Abs. 2, §§ 236, 329 Abs. 4 und der Unterbringungsbefehl gemäß § 126a. Eine Ausschreibung im Hinblick auf die §§ 128, 127b kann zum Beispiel erforderlich werden, während der Beschuldigte auf frischer Tat verfolgt wird oder wenn ein gemäß § 127b Festgenommener entweicht (§ 127b, 18, 26; § 127, 15). Die Vorschrift findet des Weiteren in Vollstreckungssachen 1 Anwendung (vgl. § 453c Abs. I, 2 § 456a Abs. 2 Satz 3, § 457 Abs. 2, 3). S. auch Vor § 112, 24a.
3
b) Flucht oder Verbergen werden nicht als Voraussetzung für die Anordnung der Ausschreibung genannt. Der Gesetzgeber hielt dies im Hinblick auf die Notwendigkeit des Vorliegens eines Haft- oder Unterbringungsbefehls nicht für erforderlich. 3 Die Ausschreibung ist nämlich, wenn Flucht oder Verbergen (§112 Abs. 2 Nr. 1) fehlen, der Aufenthalt der Person vielmehr bekannt ist, nicht erforderlich und deshalb unverhältnismäßig. Das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip ist auch im Übrigen zu beachten. Eine Ausschreibung ist also unzulässig, wenn die gesuchte Person zwar flüchtig ist, die Festnahme aber auch ohne Ausschreibung erreicht werden kann (s. Rn. 14). 1 2
Allg. M. Meyer-Goßner
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3
BTDrucks. 14 1484 S. 19, 20.
§ 453c, 16.
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c) Ordnungs- und Beugehaft. Wohl unzulässig ist die Anwendung der Vorschrift bei diesen Haftentscheidungen (vgl. § 51 Abs. 1, § 70 Abs. 1, 2). Sie dürften zwar im weiteren Sinne „Haftbefehle" sein, weil die Zwangsmaßnahme einer Freiheitsentziehung angeordnet wird, und Absatz 1 legt nicht fest, dass die Voraussetzung des Vorliegens eines „Haftbefehls" einen solchen gegen einen Beschuldigten oder Verurteilten erfordert. Auch bedürfen solche Haftentscheidungen der Vollstreckung und die Erforderlichkeit könnte bejaht werden, wenn die in Haft zu nehmende Person flüchtig ist oder sich verbirgt. Für eine Anwendbarkeit könnte auch sprechen, dass - ersatzweise - eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung des Gesuchten nach § 131a mit anschließender Vollstreckung der Haft zulässig wäre. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der sehr „offen" formulierten Vorschrift auf diese Fälle erstrecken wollte. Dagegen spricht eher, dass Absatz 4 nur vom Beschuldigten spricht und sich die Begründung 4 des Gesetzestextes nur mit Maßnahmen gegen den Beschuldigten befasst. Falls dennoch die wenigstens entsprechende Anwendung der Vorschrift auch bei diesen Haftentscheidungen bejaht werden sollte, wird jedenfalls dem Verhältnismäßigkeitserfordernis erhöhte Bedeutung zukommen.
4
d) Ausschreibung. Die Formulierung des Absatzes 1 berücksichtigt, dass der überkommene Begriff: „Steckbrief" die heutigen differenzierten Fahndungsmethoden nicht mehr adäquat kennzeichnet.5 Die Ausschreibung zur Festnahme umfasst und erlaubt also außer den Maßnahmen, die bisher unter den Begriff „Steckbrief" gefasst wurden, auch andere, namentlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen weniger intensiv eingreifende Maßnahmen (Rn. 7).
5
Zulässig ist demgemäß - nach wie vor - die nicht an eine bestimmte Person oder an eine bestimmte Behörde oder sonstige Stelle, sondern an eine unbestimmte Zahl von Behörden, Stellen und Personen, notfalls an die Öffentlichkeit gerichtete amtliche Aufforderung, nach einer flüchtigen oder sich verborgen haltenden Person zu fahnden und sie - falls dies zulässig ist (Rn. 8) - festzunehmen. Dazu gehört nicht nur das an geeigneten Orten angebrachte „Fahndungsplakat", sondern auch die Fahndungsmethode der Verbreitung der amtlichen Aufforderung mit Hilfe von Publikationsorganen (Rn. 17 ff.).
6
Mildere Alternativen können die Beschränkung der Fahndung auf die Ausschreibung in Fahndungshilfsmitteln (vgl. Nr. 40 RiStBV; also z.B. im Ausländerzentralregister6) sein, auf die Fahndung über polizeiliche Informationssysteme (z.B. INPOL; s. auch Nr. 41 RiStBV), auf die Einschaltung nur bestimmter Behörden und Stellen (etwa an Grenzbahnhöfen und -Übergängen) in die Fahndung, auf den Abgleich der Daten der gesuchten Person mit Datenbeständen gemäß § 98c, oder die Beschränkung der Fahndung auf die gezielte örtlich begrenzte Fahndung nur durch die für den mutmaßlichen Wohnsitz zuständige Polizeidienststelle.7
7
Die Fahndungsaufforderung in der Ausschreibung kann sich an jedermann richten, das Festnahmeersuchen dagegen nur an die zur Strafverfolgung berufenen Beamten. Denn die Ausschreibung zur Festnahme kann den Angesprochenen keine weitere Befugnisse verleihen, als ihnen die Strafprozessordnung einräumt. Privatpersonen können also in der Regel den Strafverfolgungsbehörden nur Hinweise zum möglichen Aufenthalt des Gesuchten und zur Möglichkeit der Festnahme geben 8 (s. aber § 127). Grundlage der Festnahme nach dem Auffinden des Gesuchten ist der Haft- oder Unterbringungsbefehl.
8
4 5 6
BTDrucks. 14 1484 S. 19, 20. BTDrucks. 14 1484 S. 19. Brodersen NJW 2 0 0 0 2537.
7 8
Soine Kriminalistik 2001 173. Soine Kriminalistik 2001 175.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
9
e) Regelkompetenz. Sie liegt grundsätzlich gleichermaßen bei Staatsanwaltschaft und Richter. Die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft ist sachgerecht, weil die Ausschreibung eine staatsanwaltschaftliche Standardmaßnahme ist, die Staatsanwaltschaft also häufig mehr Erfahrung mit Ausschreibungen besitzt als ein Richter; außerdem kommt ihr die genaue Kenntnis der Ermittlungen und der damit verbundenen Zusammenhänge zugute, in die sich der Richter erst einarbeiten muss. Schließlich ist die Ausschreibung zur Festnahme häufig so eilbedürftig, dass die Entscheidung des zuständigen Richters (s. § 162 Abs. 1, § 126 Abs. 2 Satz 3) oder wenigstens eines richterlichen Eil- oder Notdienstes (Rn. 11) nicht abgewartet werden kann. Sie ist auch verfassungsrechtlich - im Hinblick auf den mit der Ausschreibung ggf. verbundenen Grundrechtseingriff (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie Art. 19 Abs. 4 G G - unbedenklich, weil bereits eine richterliche Entscheidung durch den Haft- oder Unterbringungsbefehl vorliegt und die Ausschreibung eine besondere Art der Vollstreckung (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1) ist, die der zuständige Staatsanwalt anordnet.
9a
Richter und Staatsanwalt können eine Fahndungsanordnung, die sie getroffen haben oder für die sie im Falle der Anordnung in Eilkompetenz erstzuständig sind, (abgesehen von den Fällen notwendiger Bestätigung - § 131c Abs.2) zurücknehmen (widerrufen), namentlich wenn sie der Ansicht sind, die Voraussetzungen der Anordnung seien nicht oder nicht mehr erfüllt. Jedoch kann im Ermittlungsverfahren ein Richter die Anordnung eines Staatsanwalts, der diese in Erstkompetenz (§ 131 Abs. 1, 3; § 131c Abs. 1 Satz 2) getroffen hat, nicht zurücknehmen; wohl aber ein Staatsanwalt eine richterliche Anordnung, wenn er gleichfalls erstzuständig ist - dies folgt aus der Verfahrensherrschaft des Staatsanwalts für diesen Verfahrensabschnitt.
10
f) Eilkompetenz. Nur bei Gefahr im Verzug dürfen die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft die Anordnung zur Festnahme veranlassen. Der Begriff ist entsprechend der grundlegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 9 dazu, deren Grundsätze auch hier gelten dürften, 1 0 eng auszulegen. Denn auch bei § 131 Abs. 1 kommt der Regelkompetenz des Staatsanwalts und des Richters grundrechtssichernde Schutzfunktion zu. Es geht zwar nicht um einen Eingriff in das Grundrecht des Art. 13 GG, aber einem Eingriff in Art. 2 Abs. 1 G G kann im Einzelfall entsprechend hohe Bedeutung zukommen. Demgemäß muss die Inanspruchnahme der „Eilkompetenz" neben der Regelkompetenz die Ausnahme bleiben, die Regelkompetenz muss auch hier in der Masse der Alltagsfälle gewahrt bleiben. „Gefahr im Verzug" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; der Beamte, der seine Maßnahme auf die Eilkompetenz stützen möchte, hat keinen Beurteilungsspielraum. Daraus ergeben sich für die Praxis hohe Anforderungen. Die Justiz muss zur Wahrung der Regelkompetenz entsprechende organisatorische Maßnahmen treffen, insbesondere einen staatsanwaltschaftlichen und richterlichen Eil- oder Notdienst einrichten. 1 1 Es muss der Versuch gemacht worden sein, über diesen Eildienst eine Entscheidung zu erwirken; die Annahme der Eilkompetenz muss außerdem mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind - Vermutungen oder nicht näher begründete Befürchtungen, etwa der Eil- oder Notdienst werde nicht erreicht wer-
9
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BVerfGE 103 142 = StraFo 2001 154 mit Anm. Park; BVerfG StraFo 2005 156; s. auch BVerfG StraFo 2002 125; 2006 451. Vgl. z.B. Amelung NStZ 2001 342; Fezer FS Rieß 107; Meyer-Goßner § 98, 6.
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S. auch Rüping FS Hirsch 971; BVerfG StraFo 2006 451.
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den oder nicht rechtzeitig entscheiden, genügen nicht. Es ist unzulässig, die Regelkompetenz zu „unterlaufen", „Gefahr im Verzug" ist zu verneinen, wenn die „Verzugslage" von einem Strafverfolgungsorgan verursacht wurde. Schließlich sind zur Sicherung einer nachträglichen richterlichen Überprüfung alle Wesentlichen Umstände des Vorgangs zu dokumentieren. 1 2 Gefahr im Verzug kann demgemäß nur angenommen, wenn konkrete einzelfallbezo- 11 gene Tatsachen die Annahme begründen, dass der Zweck der Ausschreibung, die Festnahme, ohne schnelle Entscheidung gefährdet wäre, die Chancen einer Festnahme aufgrund der Ausschreibung sich also erheblich verschlechtern würden und trotz aller Vorkehrungen der Justiz (Rn. 10) die staatsanwaltschaftliche oder richterliche Regelentscheidung nicht rechtzeitig, nicht ohne die erhebliche Gefahr deutlicher Nachteile für den Fahndungserfolg (s. auch Vor § 131, 10) herbeigeführt werden kann. 1 3 Außerdem muss die Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft die Annahme der Eilkompetenz dokumentieren und so detailliert begründen, dass eine Überprüfung (vgl. Rn. 30; Vor § 131, 17) der Berechtigung des Abweichens von der Regelkompetenz möglich ist; dazu gehört z.B. auch die Dokumentation, wann und wie - vergeblich - versucht wurde, den zuständigen Staatsanwalt oder Richter oder den Eil- oder Notdienst zu erreichen. Die Entscheidung der Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage der Eilkompetenz bedarf nicht der nachträglichen Bestätigung. Der zuständige Staatsanwalt kann kraft seiner Sachleitungsbefugnis die Ausschreibung jederzeit abbrechen und muss dies tun, wenn er die Voraussetzungen nicht für gegeben hält. Die Anordnung kann zudem richterlich überprüft werden (Rn. 30).
12
3. Absatz 2 a) Eilausschreibung. Liegen die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehles vor, kann dessen Erlass aber nicht ohne Gefährdung des Fahndungserfolges, also der Feststellung des Aufenthaltes des Gesuchten, abgewartet werden, so können die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen die Ausschreibung zur Festnahme nach Absatz 1 veranlassen, wenn diese Ausschreibung zur vorläufigen Festnahme erforderlich ist. Die Voraussetzungen dieser Ausschreibung im Vorfeld eines Haft- oder Unterbringungsbefehls können erfüllt sein, wenn Tatsachen dafür sprechen, dass selbst bei Inanspruchnahme eines richterlichen Eil- oder Notdienstes für den Erlass eines Haftoder Unterbringungsbefehls soviel Zeit vergehen würde, dass sich die Chancen einer Festnahme erheblich verschlechtern würden; etwa wenn der Tatverdächtige kurz vor der Festnahme flieht und wegen günstiger, die Flucht erleichternder Verkehrsverbindungen sofort überörtliche Fahndungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, ein Haftrichter (§ 125) aber nicht rechtzeitig erreichbar ist.
13
Natürlich ist im Hinblick auf das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip diese Eilausschreibung nur zulässig, wenn sie zur vorläufigen Festnahme erforderlich ist; der entsprechende Hinweis im Gesetzestext ist überflüssig. Ist die Festnahme auch auf anderem Wege - ohne Ausschreibung - möglich, etwa wenn das Fluchtziel bekannt und für die Strafverfolgungsbehörden leicht, schnell und rechtzeitig erreichbar ist, so darf die Eilausschreibung nach Absatz 2 nicht angeordnet werden.
14
12
BVerfG StraFo 2 0 0 5 157.
13
Vgl. BVerfG StraFo 2 0 0 1 156; 2 0 0 5 156.
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b) Anordnungskompetenz. 14 Sie liegt nach dem Wortlaut der Vorschrift gleichermaßen bei der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen. Diese Kompetenzregelung erscheint im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Maßnahme grundsätzlich sachgerecht und ist wohl auch verfassungsrechtlich vertretbar (s. auch Rn. 9), weil eine richterliche Entscheidung zu der grundlegenden Voraussetzung der Ausschreibung zur Festnahme, nämlich die richterliche Entscheidung über den Erlass des Haft- oder Unterbringungsbefehls, unverzüglich herbeizuführen ist (Rn. 16). Im Hinblick auf die Verfahrensleitung durch die Staatsanwaltschaft sollten die Ermittlungspersonen jedoch wo irgend möglich die Anordnung der Staatsanwaltschaft überlassen. Dies würde auch § 163 entsprechen. Danach sind der Polizei nach verbreiteter Meinung nur die keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zugewiesen. Die Staatsanwaltschaft ist als Justizorgan eher dazu berufen, die Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit einer Zwangsmaßnahme zu beurteilen. 15 Dies kommt auch dem Rechtsschutz des Betroffenen zugute. Im Übrigen gelten die Überlegungen in Rn. 12 sinngemäß.
16
c) Haftentscheidung. Nach Absatz 2 Satz 2 ist die Entscheidung über den Erlass des Haft- oder Unterbringungsbefehls unverzüglich, spätestens binnen einer Woche herbeizuführen. Mit dieser Entscheidung ist jedoch in der Regel keine retrospektive Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vorgezogenen Vollstreckung, nämlich ob die in Satz 1 genannten Voraussetzungen zur Eilausschreibung vorgelegen haben, verbunden. 16 Wird der Erlass eines Haft- oder Unterbringungsbefehls abgelehnt oder ergeht der Beschluss nicht innerhalb einer Woche, so tritt die Anordnung der Ausschreibung automatisch außer Kraft und alle auf der Grundlage der Ausschreibung veranlassten Fahndungsmaßnahmen müssen unverzüglich beendet werden. Ergeht der Beschluss binnen einer Woche, so richten sich weitere Maßnahmen nach § 131 Abs. 1. Die richterliche Haftentscheidung kann in diesem Fall zugleich eine ggf. erforderliche Bestätigung (vgl. § 131 Abs. 3 Satz 2 bis 4; Rn. 2 4 ff.) der getroffenen Anordnungen durch den Richter (anstelle der Staatsanwaltschaft) enthalten. 17 4. Absatz 3
17
a) Öffentlichkeitsfahndung. 18 Absatz 3 regelt die Voraussetzungen für eine Öffentlichkeitsfahndung in den Fällen der Absätze 1 und 2. Dies sind alle Fahndungsmaßnahmen, die sich über behördeninterne Maßnahmen hinausgehend an die Bevölkerung wenden, sei es an einen beschränkten Personenkreis (z.B. Lauf- oder Handzettel an bestimmte Fachleute, etwa Apotheker, Juweliere, Waffenhändler; Postwurfsendungen an einen bestimmten Personenkreis, z.B. Hersteller von Textilien oder Waffen; Ausschreibungen in Fachzeitschriften) oder an die breite Öffentlichkeit, insbesondere Fahndungen in dem der Bevölkerung allgemein zugänglichen Raum, also auf Straßen und Plätzen (z.B. Plakate, Lautsprecherdurchsagen), sowie die Nutzung der allgemeinen Publikationsmedien (Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Kinowerbung) für Fahndungsaufrufe und ebenso des allgemein zugänglichen Internet 1 9 sowie derjenigen Internet-Bereiche, in die sich grundsätzlich jeder nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (z.B. Zahlung einer Gebühr oder Erwerb einer „Mitgliedschaft") Zutritt verschaffen kann. 2 0 Dazu gehören
14 15 16 17
S. auch Brodersen NJW 2 0 0 0 2538. S. auch (krit.) SYJPaeffgen 4. Vgl. Brodersen NJW 2 0 0 0 2 5 3 8 Vgl. Soine Kriminalistik 2 0 0 1 174.
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18 19 20
S. auch Nr. 3 9 ff. und Anl. Β der RiStBV. Krit. dazu Seitz 383 ff. Vgl. auch Graf DRiZ 1999 2 8 5 ; Zöller GA 2 0 0 0 5 6 3 ff.
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aber auch F a h n d u n g s m a ß n a h m e n in allgemein oder für Besucher üblicherweise zugänglichen G e b ä u d e n (z.B. Fahndungshinweise in B e h ö r d e n , B a h n h ö f e n oder Poststellen, Einkaufszentren) und in Gebäuden von Unternehmen mit einem größeren Mitarbeiterkreis und wenigstens gelegentlichen Besuchern (z.B. Fahndungsplakate in Bürogebäuden von Industrieunternehmen), weil die W i r k u n g dieser Fahndung über die einer internen F a h n dung der Strafverfolgungsbehörden hinausgeht. b) Begrenzung. 2 1 N u r bei Straftaten von erheblicher B e d e u t u n g 2 2 soll g e m ä ß Absatz 3 Satz 1 die Öffentlichkeitsfahndung, gleich welcher Axt - siehe o b e n R n . 1 7 - , zulässig sein, nicht also bei sogenannter Kleinkriminalität. N a c h der Vorstellung des Gesetzgebers soll durch diese grundrechtsfreundliche Begrenzung die Öffentlichkeitsfahndung auf die wesentlichen Fälle der wenigstens mittleren Kriminalität beschränkt werden. Dies bedeutet, dass in Kaufhäusern und Einkaufszentren nicht mit Fahndungsplakaten nach per Haftbefehl gesuchten Ladendieben gefahndet werden darf. E b e n s o nicht in großen Gaststätten n a c h gesuchten Zechprellern und auf J a h r m ä r k t e n und Weihn a c h t s m ä r k t e n darf nicht durch Plakate und Lautsprecherdurchsagen nach Taschendieben gefahndet werden; w o h l aber darf - je nach Ausgestaltung des Landespolizeirechts präventiv-polizeilich allgemein vor der G e f a h r , dass Taschendiebe tätig sind, gewarnt werden.
18
Zusätzlich ist die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsfahndung - gleich welcher Art - an eine strenge Subsidiaritätsklausel (erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich e r s c h w e r t ) 2 3 gebunden. Dies bedeutet, dass die Strafverfolgungsbehörden zunächst prüfen müssen, o b nicht mildere F o r m e n der Aufenthaltsermittlung ausreichen und vorrangig anzuwenden sind. D e n n mildere F o r m e n müssen selbst dann vorgezogen werden, wenn sie (nur) weniger Erfolg versprechen und (oder) die Aufenthaltsermittlung nur (nicht wesentlich) erschweren. Schon diese Überlegungen zeigen, wie wenig sachgerecht diese Subsidiaritätsklausel ist. Z u d e m werden die Strafverfolgungsbehörden in m a n c h e n Fällen, wenn sie diese Klausel ernst n e h m e n , erst mildere F o r m e n der Aufenthaltsermittlung erfolglos ausprobieren oder rein theoretische Prognosen über die Erfolglosigkeitsaussichten wagen müssen.
19
Selbstverständlich ist a u c h bei der Öffentlichkeitsfahndung das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. D a z u hätte es aber der oben genannten sehr engen und wenig flexiblen Eingrenzungen, die für alle Arten der Öffentlichkeitsfahndung o h n e R ü c k s i c h t auf deren unterschiedliche Wirkungsbreite (örtlich/oder überörtlich) und Eingriffstiefe gleichermaßen gelten sollen, nicht bedurft. Bereits das allgemein geltende Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet eine Abwägung, o b eine Öffentlichkeitsfahndung überhaupt erforderlich ist und ggf. im R a h m e n der verschiedenen F o r m e n der Öffentlichkeitsfahndung, welche der mehr oder weniger stark in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifenden Arten der Öffentlichkeitsfahndung. Insofern ist Absatz 3 Satz 1 zudem zu wenig differenziert und dadurch missverständlich formuliert, weil er die Subsidiaritätsklausel nur auf das O b der Öffentlichkeitsfahndung in Abgrenzung zu anderen nichtöffentlichen F a h n d u n g s m a ß n a h m e n bezieht und dadurch den Eindruck erweckt, als gelte das Verhält-
20
21
22
Krit. (unzureichender Grundrechtsschutz) Ranft 758. S. zu diesem Begriff die Erl. zu § 98a Abs. 1 Satz 1; s. auch Rieß GA 2 0 0 4 623 ff.; enger für eine Öffentlichkeitsfahnundung im Inter-
23
net (nur bei Schwerstkriminalität ) unter Hinweis auf die speziellen Gefahren der Internerverbreitung Seitz 383 ff. Vgl. die Erl. zu § 98a Abs. 1 Satz 2; s. auch Rieß GedS Meyer 367 ff.
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nismäßigkeitsprinzip nicht für die Auswahl der Art der Öffentlichkeitsfahndung, wenn deren Notwendigkeit grundsätzlich bejaht wird. 21
Die vom Gesetzgeber gewählten Begrenzungen (Rn. 18, 19) mögen noch vertretbar sein bei Formen der Öffentlichkeitsfahndung, die in der Regel sehr tief in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen eingreifen, wie etwa die Fahndung mit Hilfe der allgemeinen Publikationsmedien, während sie bei milderen Formen der Öffentlichkeitsfahndung, insbesondere örtlich begrenzten und/oder nur auf einen beschränkten Personenkreis konzentrierten Öffentlichkeitsfahndungen häufig nicht sachgerecht sein dürften. In diesen Fällen wäre eine abgrenzende Abwägung auf der Grundlage des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzips eher sachgerecht und aus grundrechtlicher Sicht ausreichend.
22
Für die Inanspruchnahme von Publikationsorganen bei der Ausschreibung zur Festnahme sind die Schranken, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, besonders sorgfältig zu beachten: Durch Namensnennung und Abbildung kann nämlich die als unschuldig geltende Person (Art. 6 Abs. 2 EMRK) erheblich in ihrem Ruf geschädigt werden. Das muss solange vermieden werden, wie es irgend geht. Durch Öffentlichkeitsfahndungen dieser Art können insbesondere „Vorverurteilungen" in der Öffentlichkeit entstehen, die bewirken können, dass die Verfahrensbeteiligten ihre prozessualen Rechte nicht mehr in der Weise wahrnehmen können, wie es die Prozessordnung vorsieht. Auch ist, wenn die Beschuldigung nicht erwiesen wird, der Schaden meist nicht völlig wieder gut zu machen. Bei einer Verurteilung kann schließlich durch unnötige Publizität die spätere Sozialisation des Täters erschwert oder vereitelt werden. Deshalb ist, wenn die Inanspruchnahme von Publikationsorganen entsprechend den genannten engen Kriterien grundsätzlich zulässig ist, auch zu prüfen, ob drohende Nachteile dadurch vermindert werden können, dass nur Publikationsorgane mit eingeschränktem Verbreitungsgebiet (nur lokal verbreitete Zeitungen, regionale Hörfunk- und Fernsehsendungen) in Anspruch genommen werden oder dass die Fahndungshilfe in anderer Weise, etwa durch Verzicht, das Bild eines Gesuchten zu verbreiten, beschränkt werden kann.
23
c) Regelkompetenz. Sie liegt bei Richter und Staatsanwalt. Die Überlegungen in Rn. 9 gelten sinngemäß. Der Richter kann seine Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls mit einer Entscheidung gemäß § 131 Abs. 1 und 3 Satz 1 verbinden.
24
d) Eilkompetenz. Der Gesetzgeber wollte in Absatz 3 Satz 2 die Eilkompetenz der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft nicht nur an die Voraussetzung des Vorliegens von Gefahr im Verzug binden, sondern zusätzlich an die weitere Voraussetzung, dass Richter oder Staatsanwalt nicht rechtzeitig erreichbar sind. 24 Dieser Teil der Formulierung des Gesetzestextes ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 25 gegenstandslos geworden. Denn die Nichterreichbarkeit der in der Regel anordnungskompetenten Person und sogar eines entsprechenden Eildienstes ist nach dieser Rechtsprechung bereits Teil der Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug (vgl. Rn. 10 ff.). 26
25
Die Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft hat nach der Eilanordnung gemäß Absatz 3 Satz 2 unverzüglich, spätestens innerhalb von 2 4 Stunden, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft herbeizuführen (Absatz 3 Satz 3). Die Anordnung tritt automatisch außer Kraft, wenn die Bestätigung der Staatsanwaltschaft nicht binnen 24 Stunden
24 25
Brodersen NJW 2 0 0 0 2538. BVerfGE 103 142 ff. = StraFo 2 0 0 1 156.
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26
S. auch S K / P a e f f g e n 6.
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erfolgt (Absatz 3 Satz 4). 2 7 Fahndungsmaßnahmen sind dann unverzüglich aufzuheben bzw. zurückzunehmen. Maßnahmen, die von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gemäß § 131 Abs. 3 Satz 2 angeordnet wurden und sich innerhalb der in § 131 Abs. 3 Satz 4 genannten Frist erledigt haben, bedürfen wohl keiner nachträglichen Bestätigung. 28 Dies kann relevant werden, wenn die Polizei die Öffentlichkeitsfahndung auf die einmalige Ausstrahlung eines Fahndungsaufrufes im Fernsehen beschränkt. Mit dieser einmaligen Ausstrahlung ist die Maßnahme erledigt und es besteht grundsätzlich (s. aber Rn. 30) kein Anlass mehr, die Anordnung der Ermittlungsperson durch die Staatsanwaltschaft bestätigen zu lassen. Sie wird daher auch nicht durch Fristablauf unwirksam.
26
5. Bezeichnung. Absatz 4 regelt Einzelheiten des Inhalts der Fahndungsausschreibung, zum Teil Schutzvorkehrungen gegen Verwechslungen bzw. um den erhofften Fahndungserfolg zu unterstützen. Er gilt für alle Fahndungen gemäß § 131, nicht nur die in der Öffentlichkeit. Nach Absatz 4 Satz 1 1. Alternative ist der Beschuldigte möglichst genau zu bezeichnen. Erforderlich ist also zumindest die Angabe derjenigen Personalien, die gemäß § 114 Abs. 2 Nr. 1 (§ 114, 8) in den Haftbefehl bzw. gemäß § 126a Abs. 2 Satz 1 in den Unterbringungsbefehl aufzunehmen sind. Die Annahme, die Vorschrift stelle im Hinblick auf die Formulierung: „möglichst genau" geringere Anforderungen 29 an die Bezeichnung als § 114 Abs. 2 Nr. 1, § 126a Abs. 2 Satz 1 ist mit dem Zweck der Vorschrift nicht vereinbar. Auch ist nicht ersichtlich, warum bezeichnende Angaben, die im Rubrum des Haftbefehls oder Unterbringungsbefehls stehen oder darin aufgenommen werden, nicht auch in der Ausschreibung angegeben werden sollten. Des Weiteren ist der Beschuldigte, soweit für die Identitätsfeststellung erforderlich, namentlich um Verwechslungen zu vermeiden, zu beschreiben (Satz 1 2. Alternative). Gemeint ist namentlich die Angabe kennzeichnender Merkmale (wie Dialekt, Narben) oder die Beschreibung von Kleidung, die er vornehmlich trägt oder getragen hat, als er zuletzt gesehen wurde. Schließlich darf der Ausschreibung aus diesem Grund eine Abbildung (z.B. Foto oder Phantombild, Video- und Filmausschnitt 30 ) beigefügt werden (Satz 1 3. Alternative). Dies ist insbesondere dann sachgerecht und angebracht, wenn der Beschuldigte nur unzureichend, etwa nur mit seinem Spitz- oder Decknamen, bezeichnet und beschrieben werden kann ( § 114, 8).
27
Nach Absatz 4 Satz 2 dürfen in der Ausschreibung auch die Tat, deren der Beschuldigte verdächtig ist, Ort und Zeit ihrer Begehung sowie Umstände, die für die Ergreifung von Bedeutung sein können, angegeben werden. Dies kann auch durch eine Kurzbezeichnung (z.B. Bandendiebstahl, Köln, April 2002) geschehen. Diese Angaben können der Vermeidung von Verwechslungen bei der Festnahme dienen, ermöglichen aber auch präventiv bedeutsame Hinweise, soweit diese für die Ergreifung von Bedeutung sein können. Dies können Hinweise auf typische Verhaltensweisen des Beschuldigten (z.B. typisches Fluchtverhalten) sein, aber auch Hinweise zur Gefährlichkeit. Die Angaben sind im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip nur zulässig, soweit sie erforderlich, angemessen und zumutbar sind. Der Haftgrund wird nicht angegeben.
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28
Krit. Brodersen NJW 2 0 0 0 2 5 3 8 ; Soine Kriminalistik 2 0 0 1 175. Brodersen NJW 2 0 0 0 2538.
29 30
So Meyer-Goßner 5. KMR/Wankel § 131b, 1; KK/Boujong § 131b, 3; a.A. wohl SYJPaeffgen § 131, 8.
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§131 29
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6. Vorführung. Absatz 5 entspricht § 131 Abs. 4 a.F. Die angeordnete entsprechende Geltung der §§ 115, 115a dient der Klarstellung der Verpflichtung zur unverzüglichen Vorführung. Beruht die Ausschreibung allerdings auf Absatz 1, dann wird der Beschuldigte auch auf Grund des Haftbefehls oder Unterbringungsbefehls ergriffen (§ 115 Abs. 1). Deshalb finden dann die §§ 115 und 115a unmittelbar Anwendung. Die entsprechende Geltung bezieht sich daher auf eine Ausschreibung gemäß Absatz 2, ggf. in Verbindung mit Absatz 3. Demzufolge ist, wenn die Ausschreibung ohne Haft- oder Unterbringungsbefehl ergangen ist, nicht nach den §§ 128, 129 zu verfahren, sondern so, als ob bereits ein Haftbefehl vorläge. Liegt im Zeitpunkt der Festnahme noch kein Haftoder Unterbringungsbefehl vor und steht somit vor Erhebung der öffentlichen Klage nicht fest, welcher Richter bei dem Amtsgericht zuständig ist (§ 125 Abs. 1: Jeder Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist), dann wählt die Staatsanwaltschaft den Richter aus; ggf. ist zunächst nach § 115a zu verfahren. Der Richter des nächsten Amtsgerichts ist jedoch nicht befugt, einen Haftbefehl zu erlassen, wenn er nicht, was beim Fehlen eines Haftbefehls in der Regel zutreffen wird, zugleich zuständiger Richter nach § 125 Abs. 1 ist. Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 3 Satz 2 GG ist deshalb die Notwendigkeit zu unterstreichen, einen fehlenden Haftbefehl alsbald nach Ausschreibung gemäß Absatz 2 auszubringen, damit das nicht bei oder nach der Ergreifung nachgeholt werden muss. 7. Sonstiges
30
a) Überprüfung. Die gemäß § 131 Abs. 1 bis 3 getroffenen Maßnahmen können jedenfalls angefochten werden, soweit sie noch nicht erledigt sind. Richterliche Entscheidungen unterliegen grundsätzlich der Beschwerde (§ 304), Anordnungen der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen können entsprechend § 9 8 Abs. 2 Satz 2 3 1 angefochten werden. Alle Voraussetzungen einer Ausschreibung und Fahndungsanordnung unterliegen der richterlichen Prüfung. Ebenso, schon im Hinblick auf das Verhältnismäßgkeitsprinzip, Art und Umfang der gewählten oder zu wählenden Maßnahme. Auch Auslegung und Anwendung des Begriffes „Gefahr im Verzug" unterliegen grundsätzlich unbeschränkt richterlicher Kontrolle. Der Richter hat allerdings bei einer nachträglichen Überprüfung einer nichtrichterlichen Anordnung einer Maßnahme der besonderen Entscheidungssituation der nichtrichterlichen Organe mit ihren situationsbedingten Grenzen ihrer Erkenntnismöglichkeiten Rechnung zu tragen. 3 2 Grundsätzlich zulässig wäre - im Hinblick auf das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip - eine richterliche Ablehnung einer Ausschreibung oder Fahndung und entsprechend die richterliche Beanstandung einer Eilkompetenzentscheidung mit der Begründung der unzweifelhaften Aussichtslosigkeit der Maßnahme. Nicht zulässig wäre dagegen eine richterliche Ablehnung oder Beanstandung mit der Begründung, die Maßnahme wäre zu einem anderen Zeitpunkt (früher oder später) sinnvoller, namentlich erfolgversprechender als zu dem von den Strafverfolgungsbehörden geplanten Zeitpunkt; dies wäre ein unzulässiger richterlicher Eingriff in den normativ (§ 161) vorgegebenen taktischen Ermessensspielraum der Staatsanwaltschaft. Zur Überprüfung des Haftbefehls bei einer längere Zeit andauernden Fahndungsmaßnahme s. Vor § 112, 24a. Entsprechend der Rechtsprechung
31
Meyer-Goßner 7; KMRWankel § 131, 9; s. auch SYJPaeffgen 14 ff.; OLG Brandenburg NStZ 2 0 0 7 54; a.A. Soine Kriminalistik 2 0 0 1 175.
484
32
BVerfG StraFo 2 0 0 1 154.
Hans Hilger
9 a . Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§ 131a
des Bundesverfassungsgericht33 muss die Rechtmäßigkeitskontrolle einer Maßnahme auch nach deren Erledigung möglich sein in Fällen tiefgreifender, wenn auch nicht mehr fortwirkender Grundrechtseingriffe, wenn sich die Belastung durch die Maßnahme auf einen Zeitraum beschränkt, in dem der Betroffene keinen Rechtsschutz erwirken kann. 34 Dies kann namentlich bei einer Medienfahndung der Fall sein. Im Übrigen kann es, wenn man die Möglichkeit eines „Verwertungsverbotes" als Folge eines schweren Fehlers bei der Anordnung der Ausschreibung bejaht, zu einer richterlichen Überprüfung der Ausschreibung (evtl. mit der Folge der Haftverschonung?) im Zusammenhang mit der Entscheidung des Gerichts gemäß § 207 Abs. 4 oder aufgrund eines Haftverschonungsantrages in der Hauptverhandlung kommen (Vgl. Vor § 131, 17). 35 b) Auslobung. Soweit die Ausschreibung mit einer Auslobung verbunden ist, sind die §§ 657 ff. BGB entsprechend anwendbar. 36
§ 131a (1) Die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder eines Zeugen darf angeordnet werden, wenn sein Aufenthalt nicht bekannt ist. (2) Absatz 1 gilt auch für Ausschreibungen des Beschuldigten, soweit sie zur Sicherstellung eines Führerscheins, zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zur Anfertigung einer DNA-Analyse oder zur Feststellung seiner Identität erforderlich sind. (3) Auf Grund einer Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder Zeugen darf bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung auch eine Öffentlichkeitsfahndung angeordnet werden, wenn der Beschuldigte der Begehung der Straftat dringend verdächtig ist und die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. (4) 131 Abs. 4 gilt entsprechend. 2 Bei der Aufenthaltsermittlung eines Zeugen ist erkennbar zu machen, dass die gesuchte Person nicht Beschuldigter ist. 3Die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Zeugen unterbleibt, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Zeugen entgegenstehen. 4Abbildungen des Zeugen dürfen nur erfolgen, soweit die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (5) Ausschreibungen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen in allen Fahndungshilfsmitteln der Strafverfolgungsbehörden vorgenommen werden.
Übersicht Rn.
Rn.
1. Bedeutung
1
6 . Bezeichnung
2 . Verhältnismäßigkeitsprinzip
2
7. Interessen des Z e u g e n
3. Ausschreibung n a c h A b s a t z 1
3
8. Fahndungshilfsmittel
11
4 . A u s s c h r e i b u n g n a c h Absatz 2
4
9. Sonstiges
12
5. Ö f f e n t l i c h k e i t s f a h n d u n g
6
33
34
Vgl. BVerfGE 9 6 2 7 ; BVerfG N J W 1 9 9 8 2 1 3 1 ; s. auch BVerfG StV 2 0 0 0 3 2 1 ; NStZR R 2 0 0 4 2 5 2 ; StraFo 2 0 0 6 2 0 ; N J W 2 0 0 5 1855; 2 0 0 6 427. Vgl. auch Meyer-Goßner Vor § 2 9 6 , 18a;
8 9
SKJPaeffgen 16; LR!Matt Erl. Vor § 304 und zu § 3 0 4 . 35
36
S. auch Fezer FS Rieß 103. Kriminalistik 2 0 0 1 175.
Soine
Hans Hilger
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31
§ 131a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
1
1. Bedeutung. Die Vorschrift regelt die Ausschreibung von Beschuldigten und Zeugen mit dem Ziel, deren Aufenthalt zu ermitteln, wenn dieser der für das Verfahren zuständigen Strafverfolgungsbehörde nicht bekannt ist. Dies gilt auch für die Ausschreibung des Beschuldigten in den Fällen des Absatzes 2, 1 also zur Sicherstellung eines Führerscheins, zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zur Anfertigung einer DNA-Analyse oder zur Identitätsfeststellung. Diese Ausschreibungen wurden bisher auf die §§ 161, 163 gestützt und waren näher in Nr. 39 ff. RiStBV und in der PDV 3 8 4 . 1 2 geregelt.
2
2. Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es ist selbstverständlich auch bei Ausschreibungen nach § 131a - schon im Hinblick auf die geringen Zulässigkeitsanforderungen in Absatz 1 und 2 der Vorschrift - in besonderem Maße zu beachten, auch wenn Absatz 1 und 2 die Zulässigkeit der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nicht z.B. an eine Subsidiaritätsklausel knüpfen. Den Betroffenen weniger belastende Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung haben also den Vorrang, wenn sie ebenso wie die Ausschreibung geeignet sind, das Ziel: Zuverlässige Feststellung des aktuellen Aufenthalts der gesuchten Person - zu erreichen. Dies können z.B. einfache Nachforschungen bei anderen Strafverfolgungsbehörden, in Registern (z.B. im BZR oder in Sisy - §§ 492 ff.), bei Meldebehörden oder sonstige Erkundigungen gemäß den §§ 161, 163 (vgl. Vor § 131, 8, 12) sein. Im Einzelfall kann aber auch eine Ausschreibung nach § 131a weniger „bloßstellend" sein, als solche Erkundigungen, etwa Nachfragen im sozialen Umfeld des Betroffenen (etwa bei Nachbarn, Arbeitskollegen, Arbeitgeber). Bei einfachen Zustellungen kann die öffentliche Zustellung (§ 40) weniger belastend sein, während für Ladungen § 131a anwendbar sein kann. 3 S. auch Rn. 3, 4, 7.
3
3. Ausschreibung nach Absatz 1. Sie ist grundsätzlich zulässig zur zuverlässigen Ermittlung des unbekannten (aktuellen) Aufenthalts gleichermaßen eines Beschuldigten oder eines Zeugen. Auf das Gewicht der Straftat, die Gegenstand des Verfahrens ist, und auf die Wichtigkeit des Zeugen für das Verfahren, insbesondere den möglichen Inhalt und die Bedeutung seiner Aussage, kommt es grundsätzlich nicht an. Diese Umstände können allerdings einzelfallbezogen im Rahmen der Abwägungen der Strafverfolgungsbehörden unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine Rolle spielen.4 So kann es im Einzelfall vertretbar sein, auf eine Ausschreibung eines Zeugen - jedenfalls zunächst - zu verzichten und das Ergebnis weiterer noch ausstehender Ermittlungen abzuwarten, wenn die aufzuklärende Tat der „geringeren" Kriminalität zuzurechnen ist und von der Zeugenaussage keine wesentlich neuen, sondern voraussichtlich nur das bisherige Ermittlungsergebnis zusätzlich bestätigende Erkenntnisse zu erwarten sind.
4
4. Ausschreibung nach Absatz 2. Sie gilt nur dem Beschuldigten und ist nur zulässig, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Außerdem erfordert das Verhältnismäßigkeitsprinzip, dass die Aufenthaltsermittlung sowie das entsprechend Absatz 2 angestrebte Ziel nicht durch mildere, geeignete Maßnahmen erreicht werden kann.
5
Die Sicherstellung eines Führerscheins5 kommt in Betracht, wenn die entsprechende Fahrerlaubnis entzogen wurde. In der Regel wird es sich um den auf den Beschuldigten ausgestellten Führerschein handeln; denkbar ist aber auch, dass der Beschuldigte eines
1 2
A.A. Schroeder GA 2 0 0 5 79. Vgl. z.B. Nr. 2.4.2.1, 2.4.2.7, 2.4.2.8, 3.4.2.1, 3.4.2.3.
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3 4 5
Vgl. Schroeder GA 2 0 0 5 79. Krit. Ranft 753. Vgl. Η l i l a , 111b, 463b.
Hans Hilger
9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§ 131a
Verfahrens ausgeschrieben wird, weil er einen auf eine andere Person ausgestellten, einzuziehenden Führerschein benutzt. Die Ausschreibung zur erkennungsdienstlichen Behandlung kommt im Hinblick auf § 81b in Betracht sowie zur Anfertigung einer DNA-Analyse gemäß den §§ 81e, 81g. Die Ausschreibung des Beschuldigten zur Feststellung seiner Identität (§ 163b) kommt etwa in Betracht, um vorliegende Erkenntnisse zur Identität zu überprüfen und ggf. zu ergänzen, sowie um möglicherweise benutzte AliasPersonalien bzw. die missbräuchliche Benutzung von Ausweispapieren zur Verhinderung einer Identifizierung abzuklären. 6 5. Öffentlichkeitsfahndung. Absatz 3 erlaubt in den Fällen des Absatzes 1 und 2 die Öffentlichkeitsfahndung, wenn alle einschränkenden Voraussetzungen erfüllt sind. Zur Voraussetzung der Straftat von erheblicher Bedeutung und zur Subsidiaritätsklausel siehe § 131, 18 ff. Zum dringenden Tatverdacht siehe § 112, 16 ff.
6
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip insbesondere bei der Öffentlichkeitsfahndung in ganz besonderem Maße zu beachten ist. Die hiermit im Zusammenhang stehenden Zulässigkeitsschranken sind jedoch jedenfalls insoweit, als sie die Zeugenfahndung einschränken, problematisch. 7 Es ist schon zweifelhaft, ob es sachgerecht ist, ausgerechnet bei der nicht selten eilbedürftigen Aufenthaltsermittlung auf den komplizierten und umstrittenen Begriff des „dringenden Tatverdachts" (vgl. § 112, 17) gegen den Beschuldigten als eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen abzustellen. Abgesehen davon ist der Ansatz der Kriterien: „Straftat von erheblicher Bedeutung" und „dringender Tatverdacht" speziell bei der Aufenthaltsermittlung von Zeugen aus folgenden Gründen problematisch: Der Zeuge, der schon durch die Regelungen in Absatz 4 einen erheblichen und ausreichenden Schutz erfährt, 8 erfüllt mit seiner Aussage eine staatsbürgerliche Pflicht 9 - kann sein Aufenthalt wegen der genannten erhöhten Anforderungen nicht oder nicht schon in einem frühen Stadium des Verfahrens ermittelt werden, so kann dies die Ermittlungen erheblich verzögern. Es kann dazu führen, dass Ermittlungen eine gewisse Zeit auf der falschen Spur und in die falsche Richtung laufen, es kann sich also in erheblichem Maße nachteilig auf die Wahrheitsfindung auswirken, je nach Sachlage zu Gunsten oder zu Lasten des Beschuldigten, aber auch des Verletzten einer Straftat. Dass die intensive Fahndung nach Zeugen durch Einschaltung der Öffentlichkeit in Fällen geringer Kriminalität unterbleiben muss, kann zumindest theoretisch dazu führen, dass - wenn es sich um einen Entlastungszeugen handelt - der Beschuldigte zu Unrecht verurteilt wird. Da sich die §§ 131 ff. jedoch nur an die Strafverfolgungsbehörden richten, bleibt es dem Verteidiger in solchen Fällen unbenommen, selbst eine Öffentlichkeitsfahndung - z.B. über Zeitungsaufrufe - zu starten. Damit kann eventuell ein falsches Verfahrensergebnis zu Lasten des Beschuldigten abgewendet werden. Das Bestreben des Gesetzgebers, den Persönlichkeitsschutz des Zeugen zu stärken und ihn in der Öffentlichkeit nur dann in Beziehung zu einer Straftat zu stellen, wenn dies erforderlich ist, wäre damit konterkariert. Letztlich kann also der Lösungsversuch des Gesetzgebers - je nach Lage des Einzelfalles - ein unnötiges Risiko für den Beschuldigten und eine ebensolch unnötige Belastung für den Verteidiger bewirken.
7
6. Bezeichnung. Nach Absatz 4 Satz 1 gilt § 131 Abs. 4 für die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung des Beschuldigten und von Zeugen entsprechend. Die Verweisung
8
6 7
Vgl. die Erl. zu § 163b. S. dagegen SYJPaeffgen 7 ff.
8 9
Krit. insoweit dagegen Albrecht StV 2 0 0 1 419. S. dagegen Ranft StV 2 0 0 2 4 2 , 43; Ranft 755.
H a n s Hilger
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§ 131a
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auf § 131 Abs. 4 Satz 2 (Hinweis auf Tatverdacht usw.) dürfte allerdings für die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung von Zeugen in der Regel weitgehend leer laufen; denkbar ist jedoch die Angabe von Umständen (s. § 131 Abs. 4 Satz 2 letzte Alt.), die für die Ermittlung des Aufenthalts des Zeugen von Bedeutung sein können. Im Übrigen gelten die Überlegungen bei § 131, 2 7 sinngemäß; zur Abbildung von Zeugen s. Rn. 10. Bei der Fahndung nach Zeugen ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes erkennbar zu machen, dass die gesuchte Person nicht Beschuldigter ist (Satz 2). Am besten erfolgt dies durch den eindeutigen Hinweis in der Ausschreibung, dass die angesprochene Person nur als Zeuge gesucht wird. 9
7. Interessen des Zeugen. Gemäß Absatz 4 Satz 3 unterbleibt die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Zeugen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Zeugen entgegenstehen. Der Standort der Regelung ist falsch. Sie gehört als Beschränkung (Ausschluss) der Öffentlichkeitsfahndung gegen Zeugen eigentlich in Absatz 3. Die Klausel erfordert eine Abwägung des zur Anordnung der Maßnahme Kompetenten, die eine gründliche Kenntnis des bisherigen Ermittlungsergebnisses und der Interessenlage des Zeugen erfordert. Bei der Abwägung ist gegenüber den schutzwürdigen Interessen des Zeugen das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung und ggf. auch das besondere Interesse des Beschuldigten an der Möglichkeit einer Entlastung durch den Zeugen zu berücksichtigen. Die Öffentlichkeitsfahndung unterbleibt nur dann, wenn die entgegenstehenden Interessen des Zeugen, soweit sie wirklich schutzwürdig sind, demgegenüber erkennbar überwiegen. Auf der Hand liegt, dass nur solche Interessen berücksichtigt werden können, die sich aus den Akten ergeben.
10
Schließlich dürfen gemäß Satz 4 Abbildungen des Zeugen - abweichend von § 131 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative - der Ausschreibung nur beigefügt werden, soweit die Aufenthaltsermittlung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre; dies gilt auch für die nichtöffentliche Ausschreibung. Aber auch dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss im Falle einer hohen, anders nicht abwendbaren Gefährdung des Zeugen durch eine Veröffentlichung der Abbildung im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Zumutbarkeit) notfalls auf diese verzichtet werden; ein solcher Verzicht auf eine Abbildung kann im Einzelfall zu dem Abwägungsergebnis nach Absatz 4 Satz 3 führen, dass wegen des Verzichts eine Öffentlichkeitsfahndung gemäß Absatz 4 Satz 3 letztlich doch noch verantwortet werden kann. S. auch § 131b, 8.
11
8. Fahndungshilfsmittel.10 Gemäß Absatz 5 dürfen Ausschreibungen nach den Absätzen 1 und 2 in allen Fahndungshilfsmitteln der Strafverfolgungsbehörden vorgenommen werden. Dies ist eine Klarstellung, nicht eine Beschränkung. 11 Die vom Regierungsentwurf durch das Wort: „nur" angestrebte Beschänkung ist durch dessen Streichung im Vermittlungsverfahren 12 entfallen.
12
9. Sonstiges. Die wesentlichen Gründe zu den in Absatz 3 und 4 genannten Zulässigkeitskriterien sollten jedenfalls dann, wenn die Entscheidung von der Staatsanwaltschaft oder ihren Ermittlungspersonen getroffen wird (§ 131c, 3), kurz in den Akten vermerkt werden. 13 Für die Überprüfung und die Auslobung gelten die Ausführungen bei § 131, 30 ff. entsprechend (s. auch §131c, 8).
10 11
Vgl. Nr. 4 0 RiStBV. So aber wohl Meyer-Goßner nalistik 2 0 0 1 176.
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12
5; Soine Krimi-
13
Vgl. auch Brodersen N J W 2 0 0 0 2537. S. auch HK/Lemke 7 (zu Absatz 4).
Hans Hilger
9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§ 131b
§ 131b (1) Die Veröffentlichung von Abbildungen eines Beschuldigten, der einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist, ist auch zulässig, wenn die Aufklärung einer Straftat, insbesondere die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. (2) 'Die Veröffentlichung von Abbildungen eines Zeugen und Hinweise auf das der Veröffentlichung zugrundeliegende Strafverfahren sind auch zulässig, wenn die Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere die Feststellung der Identität des Zeugen, auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 2 Die Veröffentlichung muss erkennbar machen, dass die abgebildete Person nicht Beschuldigter ist. (3) § 131 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 gilt entsprechend.
1. Bedeutung. Die Vorschrift erlaubt die Veröffentlichung von Abbildungen von Be- 1 schuldigten und Zeugen mit dem Ziel der Aufklärung einer Straftat. 1 Diese Aufklärung kann namentlich davon abhängig sein oder darin bestehen, dass mit Hilfe der Veröffentlichung und der daraufhin eingehenden Hinweise die Feststellung einer bis dahin unklaren Identität einer (unbekannten) Person ermöglicht wird. Im Unterschied zu den §§ 131, 131a dient die Vorschrift also nicht in erster Linie der Ermittlung eines (unbekannten) Aufenthalts einer Person, kann aber sekundär über tataufklärende Hinweise auch zur Klärung des (unbekannten) Aufenthalts von Personen führen. Außerdem kann die Ausschreibung gemäß § 131b verbunden werden mit einer Ausschreibung eines Beschuldigten zur Festnahme gemäß § 131 oder mit der Ausschreibung eines Beschuldigten oder Zeugen zur Aufenthaltsermittlung nach § 131a. 2 . Abbildung eines Beschuldigten. Absatz 1 erlaubt die Veröffentlichung von Abbildüngen jeder Art, also z.B. Fotos oder Phantombilder, Video- und Filmausschnitte (§ 131, 27) eines Beschuldigten, auch des unbekannten Beschuldigten in UJs-Verfahren, 2 zur Tataufklärung bei unterschiedlichen einzelfallbezogenen Aufklärungsinteressen. Die Aufklärung der Straftat erfasst die gesamte Abklärung des gemäß § 160 zu ermittelnden Lebenssachverhaltes unter Berücksichtigung der Tatbeiträge aller möglicherweise an der Tat beteiligten Personen. Dabei kommt es grundsätzlich - unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, 3 insbesondere zur Nutzung milderer Alternativen, und abgesehen davon, dass es sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handeln muss - nicht auf die besondere Art der Straftat oder besondere Umstände der Begehung und - auch bei der Feststellung der Identität als Teil der Aufklärung - nicht auf die Art der Beteiligung (Täter, Anstifter, Gehilfe) der betroffenen Person an. Zur Aufklärung gehört auch die Klärung, ob die Straftat im Zusammenhang steht mit weiteren möglicherweise begangenen Taten, etwa Teil ist einer Serie oder einer Dauerstraftat. 4 Dementsprechend ist es denkbar, Abbildungen des Beschuldigten zu veröffentlichen, um dessen unbekannte Identität (Personalien einschließlich Anschrift, ggf. auch dessen Wohn- oder Aufenthaltsort),
1 2
Vgl. Nr. 39 ff. RiStBV; PDV 384.1. Meyer-Goßner 1; a.A. AG Torgau NStZ-RR 2003 112 entgegen Zweck und Wortlaut der Vorschrift (§§ 161, 163).
3
4
Zur Anwendbarkeit im OWi-Verfahren vgl. LG Bonn NStZ 2005 528. Ähnlich wohl KMRJWankel 3; HYJLemke 4; enger wohl KK/Boujong 1.
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§ 131b
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wenn er der unbekannte mutmaßliche Täter ist, mit Hilfe von Hinweisen von Personen, die ihn kennen bzw. etwas über ihn wissen, zu klären; zulässig ist aber auch eine Veröffentlichung, um mit Hilfe solcher Hinweise den Tatablauf (Tathandlungen, Vorbereitungen zur Tat usw.) zu klären. Des Weiteren ist die Veröffentlichung der Abbildung eines Beschuldigten zulässig, um durch entsprechende Hinweise aus der Öffentlichkeit die Identität eines (unbekannten) vermutlichen Tatbeteiligten (z.B. Mittäter) bzw. dessen oder den gemeinsamen Tatbeitrag zu klären. 3
Die Zulässigkeit der Ausschreibung ist abhängig von dem Vorliegen des Anfangsverdachts einer Straftat von erheblicher Bedeutung (vgl. § 131, 18) und der Beachtung einer engen Subsidiaritätsklausel (vgl. § 131, 19 ff.). Im Hinblick auf diese ist also - neben der ohnehin notwendigen Beachtung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzips - zu prüfen, ob der erhoffte Aufklärungserfolg voraussichtlich ebenso wahrscheinlich oder nur weniger erfolgversprechend (also nicht: erheblich weniger erfolgversprechend!) und ohne wesentliche Erschwerung auch durch mildere Maßnahmen erreicht werden kann; in Betracht zu ziehen sind insoweit namentlich Erkundigungen und eine beschränkte (nicht veröffentlichende) Weitergabe der Abbildung nur in Kreisen der Strafverfolgungsbehörden.
4
3. Abbildung eines Zeugen. Absatz 2 erlaubt die Veröffentlichung von Abbildungen jeder Art eines Zeugen nebst Hinweisen (Rn. 6) auf das der Veröffentlichung zugrundeliegende Strafverfahren mit dem Ziel der Aufklärung der Straftat, namentlich der Klärung der Identität eines unbekannten Zeugen. Die Überlegungen in Rn. 2 gelten sinngemäß. Ziel kann also z.B. die Identitätsfeststellung desjenigen Zeugen sein, dessen Bild publiziert wird, aber auch die aufklärungsgeeignet erscheinende Erlangung von Hinweisen auf weitere Zeugen, 5 die möglicherweise zusammen mit demjenigen, dessen Bild publiziert wird, das Tatgeschehen beobachtet haben oder sonstige wesentliche aufklärungsgeeignet erscheinende Erkenntnisse besitzen könnten.
5
Zulässigkeitsvoraussetzung ist auch hier der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung (Rn. 3) und die Beachtung einer (noch engeren) Subsidiaritätsklausel. In Einzelfällen kann sich gerade daraus die Notwendigkeit für einen Verteidiger ergeben, selbst schon frühzeitig im Ermittlungsverfahren eine Öffentlichkeitsfahndung durchzuführen (vgl. § 131a, 7).
6
Die Hinweise auf das der Veröffentlichung zugrundeliegende Strafverfahren6 können grundsätzlich Hinweise jeder Art zu diesem Verfahren sein. Im Hinblick auf das Kriterium der Erforderlichkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung müssen sie jedoch notwendig sein und darauf abzielen, die mit der Veröffentlichung erstrebte Aufklärung zu fordern bzw. Verwechslungen bei der Identitätsklärung zu vermeiden. Erforderlich ist auch die Klarstellung in der Veröffentlichung, dass die abgebildete Person ein Zeuge ist (vgl. § 131a, 8).
7
4. Bezeichnung. Gemäß Absatz 3 gelten für Veröffentlichungen nach Absatz 1 und 2 § 131 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz (genaue Bezeichnung; Beschreibung, falls erforderlich) und § 131 Abs. 4 Satz 2 (nähere Angaben zur Tat usw. sowie von Umständen, die für die Aufklärung von Bedeutung sein können) entsprechend. Siehe dazu § 131, 27, 28.
5 6
Enger wohl H K / L e m k e 4. Krit. S K / P a e f f g e t i 5 bzgl. der Zeugenfahndung.
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9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§ 131c
Die Angabe der aufklärungsbedeutsamen Umstände kann identisch sein mit den gemäß Absatz 2 Satz 1 zulässigen Hinweisen auf das der Veröffentlichung zugrunde liegende Strafverfahren. 5. Sonstiges. Zur Überprüfung und zur Auslobung siehe § 131, 3 0 ff. Der je nach Lage des Einzelfalles notwendige Zeugenschutz 7 kann unter Umständen über das Kriterium der Zumutbarkeit im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der beabsichtigten Maßnahme gewährleistet werden. Danach muss im Falle einer hohen, anders nicht abwendbaren Gefährdung des Zeugen durch eine Veröffentlichung einer Abbildung auf diese notfalls verzichtet werden.
8
§ 131c (1) 'Fahndungen nach § 131a Abs. 3 und § 131b dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. -^Fahndungen nach § 131a Abs. 1 und 2 bedürfen der Anordnung durch die Staatsanwaltschaft; bei Gefahr im Verzug dürfen sie auch durch ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. (2) 'in Fällen andauernder Veröffentlichung in elektronischen Medien sowie bei wiederholter Veröffentlichung im Fernsehen oder in periodischen Druckwerken tritt die Anordnung der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) nach Absatz 1 Satz 1 außer Kraft, wenn sie nicht binnen einer Woche von dem Richter bestätigt wird. 2 Im Übrigen treten Fahndungsanordnungen der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) außer Kraft, wenn sie nicht binnen einer Woche von der Staatsanwaltschaft bestätigt werden.
1. Bedeutung. Die Vorschrift regelt die Anordnungskompetenz für Maßnahmen nach den §§ 131a, 131b und das Außerkrafttreten der Anordnung, wenn eine solche in Eilkompetenz angeordnete Maßnahme nicht fristgerecht bestätigt wird.
1
2 . Regelkompetenz. Nach Absatz 1 Satz 1 liegt die Anordnungskompetenz für Offentlichkeitsfahndungen zur Aufenthaltsermittlung von Beschuldigten und Zeugen (§ 131a Abs. 3) und für die Veröffentlichung von Abbildungen von Beschuldigten und Zeugen mit dem Ziel der Aufklärung einer Straftat (§ 131b) grundsätzlich beim Richter (§§ 162, 126 Abs. 2 Satz 3). Gemäß Absatz 1 Satz 2 werden Ausschreibungen zur Aufenthaltsermittlung von Beschuldigten und Zeugen (§ 131a Abs. 1) und Ausschreibungen des Beschuldigten zur Sicherstellung eines Führerscheins, zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zur Anfertigung einer DNA-Analyse oder zur Feststellung seiner Identität (§ 131a Abs. 2) grundsätzlich durch den Staatsanwalt angeordnet. 1
2
7
S. auch HYJLemke
5.
1
Krit. HYJLemke
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1.
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§ 131c
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3
3. Eilkompetenz. Sie liegt in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Fällen (Anordnung gemäß § 131a Abs. 3 oder § 131b) - wenn Gefahr im Verzug besteht - grundsätzlich gleichermaßen bei der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen.2 Auch hier ist zu beachten: (a) Der Begriff der Gefahr im Verzug erfordert, dass ein Richter - notfalls im Eil- oder Notdienst - nicht rechtzeitig zu erreichen ist (s. § 131, 10 ff.); (b) die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sollten von ihrer Eilkompetenz im Hinblick auf die §§ 161, 163 nur ausnahmsweise Gebrauch machen, etwa wenn ein Staatsanwalt nicht rechtzeitig oder nur unter Schwierigkeiten zu erreichen ist (s. § 131, 15).
4
In den in Absatz 1 Satz 2 genannten Fällen (Anordnung gemäß § 131a Abs. 1 und 2) dürfen - wenn Gefahr im Verzug besteht - auch die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft die Anordnung treffen. Der Begriff der Gefahr im Verzug schließt hier ein, dass ein Staatsanwalt - ggf. im Eil- oder Notdienst - nicht rechtzeitig zu erreichen ist (vgl. § 131, 23). Im Übrigen gelten auch bzgl. dieser Eilkompetenzen die Ausführungen unter § 131, 10 ff. zu den Anforderungen und Kriterien zur Wahrung der Regelkompetenz entsprechend. 4. Außerkrafttreten der Anordnung 3
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a) Bei Fahndungen durch andauernde Veröffentlichung in elektronischen Medien sowie durch wiederholte Veröffentlichung im Fernsehen oder in periodischen Druckwerken tritt gemäß Absatz 2 Satz 1 die Eilanordnung der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen nach Absatz 1 Satz 1 außer Kraft, wenn sie nicht binnen einer Woche vom Richter bestätigt wird. Hat eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft die Eilanordnung getroffen, so ist die richterliche Bestätigung über die Staatsanwaltschaft herbeizuführen. Diese Regelung erfasst also nicht alle in Absatz 1 Satz 1 genannten Fälle, sondern nur die, in denen die Öffentlichkeitsfahndung zur Aufenthaltsermittlung (§ 131a Abs. 3) und die Aufklärungsausschreibung durch Veröffentlichung von Abbildungen (§ 131b), angeordnet per Eilkompetenz, andauernd oder wiederholt in bestimmten von der Öffentlichkeit in der Regel intensiv genutzten Medien erfolgt. „Elektronische Medien" ist derzeit im Wesentlichen das Internet. INPOL und andere elektronische Fahndungssysteme der Polizei zählen nicht dazu, weil dies in der Regel nicht „Veröffentlichungen" sind, sondern interne Systeme. 4 Eine andauernde Veröffentlichung in elektronischen Medien dürfte auch dann anzunehmen sein, wenn die Veröffentlichung zwar nicht ununterbrochen, aber wiederholt über einen nicht nur kurzen Zeitraum erfolgt. 5 Wiederholte Veröffentlichung im Fernsehen oder in periodischen Druckwerken ist die wenigstens zweimalige Publizierung. Erfasst werden auch periodisch erscheinende Fachzeitschriften, selbst wenn der Leserkreis sehr begrenzt ist. Nicht erfasst wird merkwürdigerweise der Rundfunk und die Kinowerbung. Wird die Frist wenn auch nur geringfügig überschritten oder die Bestätigung abgelehnt, so tritt die Anordnung automatisch außer Kraft. Alle Fahndungsmaßnahmen sind unverzüglich aufzuheben bzw. zurückzunehmen. 6
2
Krit. hierzu Ranft StV 2 0 0 2 3 8 ; S K / P a e f f g e n 2 ff.
3
Krit. Soine Kriminalistik 2 0 0 1 1 7 7 ; Brodersen NJW 2000 2538. H . M . ; die abw. Ansicht in N S t Z 2 0 0 0 5 6 1
4
492
Fn. 4 4 wurde schon in der Vorauflage aufgegeben. 5 6
HYJLemke 2. Hilger N S t Z 2 0 0 0 5 6 3 .
H a n s Hilger
9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§132
b) In allen übrigen in § 131c genannten Fällen (also § 131a Abs. 1 und 2; § 131a 6 Abs. 3 und § 131b, soweit nicht schon durch Absatz 2 Satz 1 erfasst - vgl. Rn. 5) treten gemäß Absatz 2 Satz 2 Eilanordnungen der Ermittlungspersonen außer Kraft, wenn sie nicht binnen einer Woche von der Staatsanwaltschaft bestätigt werden. Dies sind z.B. Anordnungen der Ermittlungspersonen zur einmaligen, also nicht andauernden oder wiederholten Fahndung per Internet, Fernsehen oder Tageszeitung, aber auch Anordnungen dieser Beamten zur wiederholten Fahndung über Aufrufe im Rundfunk und in der Kinowerbung. Die Ausführungen in Rn. 5 am Ende gelten entsprechend. c) Maßnahmen, die im Rahmen einer Eilkompetenz gemäß Absatz 1 angeordnet werden und sich innerhalb der Bestätigungsfrist des Absatzes 2 erledigen, bedürfen keiner Bestätigung. Dies kann namentlich bei Öffentlichkeitsfahndungen relevant werden. 7
7
5. Überprüfung. 8 Die Überlegungen bei § 131, 30 gelten entsprechend. Für die Über- 8 prüfung einer Anordnung nach §131 a Abs. 1 durch den Staatsanwalt ist also der Ermittlungsrichter zuständig. 9
§ 132 (1) ] Hat der Beschuldigte, der einer Straftat dringend verdächtig ist, im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt, liegen aber die Voraussetzungen eines Haftbefehls nicht vor, so kann, um die Durchführung des Strafverfahrens sicherzustellen, angeordnet werden, daß der Beschuldigte 1. eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet und 2. eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnende Person zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigt. 2 § 116a Abs. 1 gilt entsprechend. (2) Die Anordnung dürfen nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) treffen. (3) 1 Befolgt der Beschuldigte die Anordnung nicht, so können Beförderungsmittel und andere Sachen, die der Beschuldigte mit sich führt und die ihm gehören, beschlagnahmt werden. 2 Die § § 9 4 und 98 gelten entsprechend. Schrifttum Dünnebier Sicherstellung der Strafvollstreckung durch Sicherheitsleistung (§§ 127a, 132 StPO), NJW 1968 1752; Geppert Die Ahndung von Verkehrsverstößen durchreisender Ausländer, GA 1979 281; Greßmann Strafbefehlsverfahren mit Auslandsberührung, NStZ 1991 216; Jacoby Zulässigkeit von Anordnungen gem. § 132 Abs. 1 StPO gegen im Ausland befindliche Beschuldigte, StV 1993 448; Müllenbach Die Zulässigkeit einer Anordnung nach § 132 StPO gegen den ausgereisten Beschuldigten, NStZ 2001 637.
7 8
Brodersen NJW 2000 2538. Krit. Ranft 761 wegen fehlender Folgeregelungen (Richtigstellung, Wiedergutmachung).
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OLG Brandenburg NStZ 2007 54.
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§ 132
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Entstehungsgeschichte. § 132 hatte früher einen ähnlichen Inhalt, wie ihn jetzt § 115a hat. Bei mehreren Neuregelungen im neunten Abschnitt wurde die Vorschrift durch A Nr. 6 des Gesetzes zur Abänderung der Strafprozessordnung vom 27.12.1926 (RGBl. I S. 529) gestrichen. Die jetzt geltende Vorschrift ist eingefügt durch Art. 2 Nr. 7 EGOWiG. Die Verweisung auf die §§ 94 und 98 entstammt Art. 21 Nr. 38 EGStGB 1974. Durch Art. 3 Nr. 20 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes wurde in Absatz 2 das Wort „Hilfbeamten" durch „Ermittlungspersonen" ersetzt.
Übersicht Rn. I. Allgemeines Π. Anordnung 1. Voraussetzungen (Absatz 1) . . . . a) Wohnsitz b) Dringender Tatverdacht c) Kein Haftbefehl 2. Strafart 3. Sicherheitsleistung. Zustellungsbevollmächtigter
Rn.
1
4. Zuständigkeit (Absatz 2) 5. Rechtsmittel 6. Leistung der Sicherheit
2 3 4 5
6
8 13 14
ΙΠ. Beschlagnahme (Absatz 3) 1. Art der Beschlagnahme (Satz 1) 2. Form und Rechtsmittel (Satz 2) 3. Beendigung der Beschlagnahme
20
IV. Bußgeldverfahren
22
IS 18
I. Allgemeines 1
§ 132 dient dem Zweck, die Strafverfolgung und, wie sich aus Absatz 1 Nr. 1 ergibt, auch die Vollstreckung gegen Personen sicherzustellen, die einer Straftat dringend verdächtig sind, im Geltungsbereich der StPO keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben und bei denen die Voraussetzungen eines Haftbefehls nicht erfüllt sind.1 Damit wird z.B. die Strafverfolgung durchreisender Ausländer sichergestellt.2 Die Vorschrift ist auch auf Deutsche mit Auslandswohnsitz anwendbar,3 nach Zweck und Wortlaut jedoch nicht auf Deutsche, die im Inland keinen festen Wohnsitz haben und dort umhervagabundieren.4 Anlassdelikte sind nicht nur Verkehrsstrafsachen. Die Vorschrift gewinnt an Bedeutung bei Verstößen gegen das Ausländergesetz, etwa bei Einreise oder Aufenthalt ohne Aufenthaltserlaubnis.5 Die Strafverfolgungsbehörden haben allerdings schon im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu prüfen, ob - zur Vermeidung einer Maßnahme nach § 132 - eine Aburteilung im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.) möglich ist. § 132 ist nur anwendbar, wenn und solange sich der Beschuldigte im Inland befindet. Eine Anordnung gemäß § 132 Abs. 1 gegen einen im Ausland befindlichen Beschuldigten, also nach dessen Ausreise, ist grundsätzlich unzulässig.6 Sie ist jedoch nach ihrem Zweck auch dann zulässig, wenn mit einer (Wieder-)einreise in absehbarer
1
2
3
Zu verfassungsrechtlichen Fragen: Amendt 20, 41 ff., 159; Geppert GA 1979 281; Gropp J Z 1991 804; Krauß in: Müller-Dietz Strafrechtsdogmatik und Kriminalpolitik (1971) 161; Meyer FS Tröndle 61. S. auch LG Erfurt NStZ-RR 1996 180 (kein Verstoß gegen Art. 6 EGV). Geppert GA 1 9 7 9 281. Vgl. auch BayObLG Rpfleger 1996 41.
494
4
5 6
H.M.; LG Magdeburg NStZ 2 0 0 7 5 4 4 (nicht bei „unbekanntem Aufenthalt"); a.A. wohl Plonka Die Polizei 1973 145; Seetzen N J W 1973 2001. Greßmann NStZ 1991 216. Meyer-Goßner 1; SK/Paeffgen 2; KK/Boujong VJakoby StV 1993 4 4 8 ; a.A. Müllenbach NStZ 2 0 0 1 637.
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9a. Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
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Zeit und dann mit einer Umsetzung des Beschlusses zu rechnen ist. 7 Die Vorschrift ist auch mit Art. 36 Abs. 1 der Rhein-Schiffahrtsakte 8 vereinbar, der verbietet, Prozesskautionen von Ausländern ihrer Nationalität wegen zu erheben. Denn Maßnahmen nach § 132 erfolgen nicht wegen der Nationalität, sondern wegen Fehlens des Wohnsitzes in der Bundesrepublik.
Π. Anordnung 1. Voraussetzungen (Absatz 1). Die Anordnung, eine Sicherheit zu leisten, ist von drei Voraussetzungen abhängig, die mit denen des § 127a weitgehend übereinstimmen:
2
a) Wohnsitz. Der Beschuldigte darf im Geltungsbereich der Strafprozessordnung keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Einzelheiten § 127a, 2 . 9
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b) Dringender Tatverdacht. Der Beschuldigte muss einer Straftat dringend verdächtig (§ 112, 16) sein.
4
c) Kein Haftbefehl. Die Voraussetzungen eines Haftbefehls dürfen nicht vorliegen. Die Formulierung ist ungenau. Die Voraussetzungen eines Haftbefehls (ein Ausdruck der sonst nur noch in § 127 Abs. 2, § 127a Abs. 1 vorkommt) sind dringender Tatverdacht, Haftgrund und die Verhältnismäßigkeit (Vor § 112, 4 5 ; § 112, 15, 60). Da mit dem Verlangen, dass die Voraussetzungen eines Haftbefehls nicht vorliegen dürfen, der dringende Tatverdacht, der als erste Voraussetzung des Verfahrens aufgestellt worden ist, nicht wieder preisgegeben werden kann, muss man den Eingang des § 132 in folgender Formulierung lesen: „Hat der Beschuldigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt und ist er einer Straftat dringend verdächtig, liegen aber die sonstigen Voraussetzungen eines Haftbefehls nicht vor, . . . "
5
2 . Strafart. Der Wortlaut schließt nicht so eindeutig wie in § 127a das Verfahren aus, wenn eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel zu erwarten ist. Aus der Formulierung „zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens" (Absatz 1 Nr. 1) lässt sich aber ableiten, dass das Verfahren wie das des § 127a nur zulässig ist, wenn „nicht damit zu rechnen ist, dass wegen der Tat eine Freiheitsstrafe verhängt oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird" (§ 127 Abs. 1 Nr. 1). In dieser Formulierung ist die Vorschrift zu lesen. 10 Da die Sicherheit nur die Geldstrafe abgelten kann, ist es für die Anwendung der Vorschrift bedeutungslos, dass ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu erwarten ist. 11
6
3. Sicherheitsleistung. Zustellungsbevollmächtigter. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, kann angeordnet werden, dass der Beschuldigte eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1). Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen der in Absatz 2 genannten Organe. Die Anordnung bedarf keiner Begründung. 12 Ist die Verhältnismäßigkeit frag-
7
7 8
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LG Hamburg NStZ 2006 719. BGBl. 1969 II S. 597; BGBl. 1974 II S. 1385. LG Frankfurt StV 1988 381 (auch zum Versuch, den Wohnsitz durch Ausreise aufzuge-
10 11 12
ben); LG Magdeburg NStZ 2007 544; vgl. auch Geppert GA 1979 281. Allg. M. Η. M. Allg. M.
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lieh, sollte eine Anordnung unterbleiben. 13 Richter und Staatsanwalt 14 (grundsätzlich jedoch nicht die Ermittlungspersonen, es sei denn, die Verhältnismäßigkeit ist erkennbar fraglich) können von der Anordnung absehen, wenn eine Einstellung gemäß § 153 in Betracht kommt. Falls eine Einstellung nach § 153a in Erwägung gezogen werden könnte, soll es zulässig sein, den Beschuldigten zu fragen, ob er im voraus (analog § 132) mit der Verrechnung der Sicherheit gegen eine Geldauflage einverstanden sei. 15 Wegen der Art der Sicherheitsleistung und wegen ihrer Bemessung s. § 127a, 7, 8. Die Zustellungsvollmacht betrifft Zustellungen jeder Art; wegen des Zustellungsbevollmächtigten (Absatz 1 Nr. 2) s. § 127a, 10; § 116a, 14, 15. 16 8
4. Zuständigkeit (Absatz 2). Anordnungsberechtigt sind der Richter, bei Gefahr im Verzug auch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen. Richter ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Handlung vorzunehmen ist (§ 162 Abs. 1 Satz 1). Weil die Sicherheit aus Anlass einer Straftat verlangt wird, und der Beschuldigte im Geltungsbereich der Strafprozessordnung keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, wird die Prozesshandlung regelmäßig beim Richter des Amtsgerichts, das für den Tatort zuständig ist, wahrzunehmen sein. Doch ist auch der Richter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschuldigte sich aufhält. 17
9
Bei Gefahr im Verzug sind auch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) zuständig. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die Abforderung der Sicherheit und notfalls die Beschlagnahme der Beförderungsmittel (Absatz 3) gefährdet wäre zufolge der Verzögerung, die eintreten würde, wenn eine richterliche Anordnung erwirkt werden müsste. 18 Grundsätzlich gelten hier die Ausführungen bei § 131, 10 sinngemäß. Allerdings wird diese Gefahr häufig gegeben sein, weil keine Möglichkeit besteht, den Beschuldigten, nachdem die Amtsverrichtung zur Aufklärung der Straftat beendet ist, auch nur kurze Zeit an der Fortbewegung zu hindern. Freilich darf diese Überlegung nicht den Versuch ausschließen, einen Richter anzugehen, wo das mit einiger Aussicht auf Erfolg möglich ist. Das ist stets der Fall, wenn der Beschuldigte versichert, er werde eine richterliche Entscheidung abwarten, und wenn dieser Versicherung Vertrauen zu schenken ist. Eine Anordnung der Staatsanwaltschaft wird kaum in Betracht kommen. Denn wenn ein Staatsanwalt zu erreichen ist, ist es meist auch ein Richter. Die meisten Anordnungen werden von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft erlassen.
10
Polizeibeamte, denen die Eigenschaft einer Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft fehlt, sind - anders als in § 127a (§ 127a, 11) - nicht berechtigt, die Anordnung zu erteilen. 19
11
Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann auch der erkennende Richter (§ 28, 11 ff.) die Anordnung erlassen; dies kann entsprechend dem Gang der Hauptverhandlung aus-
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Vgl. SYJPaeffgen 3; KKJBoujong 5; a.A. für Ermittlungspersonen wohl AK/Krause 9. KKJBoujong 5; vgl. aber AKJKrause 9. KKJBoujong 5; Meyer-Goßnet 11; AK/ Krause 10; krit.: SYJPaeffgen 3; Geppert GA 1979 281; vgl. auch Hanack FS Gallas 339. OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 369; BayObLG JR 1990 36 mit Anm. Wendisch-, Greßmann NStZ 1991 216 (Bevollmächtigte können z.B. sein: Vertreter eines Automobil-
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clubs, Rechtsanwalt, Angehöriger der Strafverfolgungsbehörde oder des Gerichts, Freund oder Angehöriger des Beschuldigten, Spediteur); vgl. auch OLG München MDR 1995 4 0 5 (Zustellung eines Urteils) sowie Nr. 60 RiStBV. Dünnebier NJW 1968 1754. OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 369; Dünnebier NJW 1968 1754. Allg. M.
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9 a . Abschnitt. Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung
§
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nahmsweise möglich und notwendig sein. Anordnungen des Richters ergehen als Beschluss, nachdem die Staatsanwaltschaft (§ 33 Abs. 2) und der Beschuldigte (§ 3 3 Abs. 3) gehört worden sind, soweit nicht § 3 3 Abs. 4 einschlägt. Die Anordnung einer Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft kann auch mündlich eröffnet werden. Das wird oft geboten sein. Dann sollte sie schriftlich bestätigt werden. 2 0 In Eilfällen kann das Verfahren dort, w o der Beschuldigte angetroffen wird, durchgeführt werden. 2 1 Ist eine Identitätsfeststellung notwendig, so kann der Beschuldigte gemäß § 1 6 3 b Abs. 1 Satz 2 festgehalten werden. § 127 Abs. 2 findet mangels Haftgrundes oder Verhältnismäßigkeit keine Anwendung. 2 2 Die Voraussetzungen einer Festnahme gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 dürften selten erfüllt sein. 2 3
12
5. Rechtsmittel. Der Beschuldigte hat das Recht, die richterliche Entscheidung nachzusuchen, wenn ein Beamter - Staatsanwalt oder Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft - entschieden hat. Dieses Recht folgt aus § 98 Abs. 2, dessen Sätze 2 und 7 nach allgemeiner Auffassung überall dort anzuwenden sind, wo der Staatsanwalt oder eine seiner Ermittlungspersonen bei Gefahr im Verzug statt des an sich zuständigen Richters zu handeln ermächtigt ist. 2 4 Gegen die Entscheidung des Richters oder gegen seine selbständige Anordnung (Rn. 7) ist die Beschwerde statthaft (§ 3 0 4 Abs. 1). Da diese grundsätzlich unbefristet ist, trifft das Gericht keine Belehrungspflicht (§ 35a); jedoch dürfte eine Belehrung regelmäßig deshalb angebracht sein, weil die Beschuldigten überwiegend Ausländer sein werden, denen das deutsche Recht nicht geläufig ist. Ist die Entscheidung ausnahmsweise die eines erkennenden Gerichts, ist die Beschwerde unzulässig (§ 3 0 5 Satz 1). Eine Analogie zu § 3 0 5 Satz 2 zu suchen, besteht kein Anlass. Die Anordnung, eine Sicherheit zu leisten, ist nicht vollstreckbar (Rn. 15) und daher den Entscheidungen
13
des § 3 0 5 Satz 2 nicht gleichzustellen. K o m m t es zur Beschlagnahme (Absatz 3), ist die Beschwerde auch gegen die Entscheidung eines erkennenden Gerichts statthaft (§ 3 0 5 Satz 2 ) . 2 5 6 . Leistung der Sicherheit. Z u Art und Bemessung der Sicherheit s. § 127a, 7, 8. Leistet der Beschuldigte die Sicherheit und bestellt er einen Zustellungsbevollmächtigten, ist eine Beschlagnahme unzulässig. Der Beschuldigte kann seinen Aufenthalt fortsetzen oder den Geltungsbereich der Strafprozessordnung verlassen. Im Übrigen nimmt das Verfahren seinen Fortgang. Häufig wird durch Strafbefehl oder im Abwesenheitsverfahren entschieden. Das zu § 127a, 14 Ausgeführte gilt auch hier.
14
ΙΠ. Beschlagnahme (Absatz 3) 1. Art der Beschlagnahme (Satz 1). Die Anordnung, eine Sicherheit zu leisten, kann nicht zwangsweise vollstreckt werden. Zum Ausgleich sieht das Gesetz einen mittelbaren Zwang vor. Leistet der Beschuldigte die Sicherheit nicht oder bestellt er keinen Zustel-
20 21
Dünnebier N J W 1 9 6 8 1755. SYJPaeffgen 4 ; K K / B o u j o n g 6; vgl. auch Eb. Schmidt Nachtr. II 7.
22
KKJBoujong 6; SYJPaeffgen 4 ; vgl. O L G Düsseldorf VRS 71 ( 1 9 8 6 ) 369.
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Vgl. auch K M R / M ü l l e r 5. Dünnebier N J W 1 9 6 8 1 7 5 5 ; Geppert
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GA
1 9 7 9 2 8 1 ; Greßmann N S t Z 1 9 9 1 2 1 6 ; K K / Boujong 8; Meyer-Goßner 12; A K / K r a u s e 5; a.A. K M R / M ü l l e r 9 (Rechtsschutz erst im Beschlagnahmeverfahren); SYJPaeffgen 7 (§ 2 3 EGGVG). Geppert GA 1 9 7 9 2 8 1 ; KYJBoujong 13; SK/ Paeffgen 11.
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lungsbevollmächtigten, der im Gerichtsbezirk wohnt oder den der Richter zugelassen hat, dann können Beförderungsmittel und andere Sachen beschlagnahmt werden, die der Beschuldigte mit sich führt und die ihm allein 26 gehören. Das - formale, nicht das wirtschaftliche 27 - Eigentum muss feststehen.28 Nicht zur Beschlagnahme geeignet sind Gegenstände, die der Einziehung (§§ 111b, 111c) unterliegen, wohl aber solche, die auch als Beweismittel in Betracht kommen können. 29 Wird ein Gegenstand als Sicherheitsersatz und zur Erzwingung der Bestellung eines Bevollmächtigten beschlagnahmt, so ist dies kenntlich zu machen, weil die Beschlagnahmen, da sie unterschiedlichen Zwecken dienen, auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten enden können. 30 Die Beschlagnahmebefugnis umfasst auch das Recht, zur Auffindung von Beschlagnahmegegenständen die Person, das Kraftfahrzeug, den Wohnwagen und die Ladung des Beschuldigten zu durchsuchen.31 16
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) ist zu beachten. Keinesfalls darf der Wert der als Sicherheitsersatz beschlagnahmten Gegenstände die zu erwartende Geldstrafe nebst Verfahrenskosten überschreiten.32 Auch das berechtigte Interesse des Beschuldigten, bestimmte Gegenstände zu behalten (notwendige Kleidung) ist zu beachten. 33 Wegen einer zu erwartenden Strafe von einigen hundert Euro darf kein Kraftwagen beschlagnahmt werden, sondern nur etwa eine Uhr, Fotoausrüstung oder eine CampingAusrüstung. Auch dabei ist Zurückhaltung zu üben: Ist das Interesse des Beschuldigten an einer gebrauchten Sache erheblich höher als der bei einer Versteigerung zu erzielende Wert, dann ist die Beschlagnahme unzulässig. Wegen einer Bagatellstrafe darf nicht die Habe des Beschuldigten verschleudert werden.
17
Zu den Sachen zählt auch Geld. Es eignet sich zur Beschlagnahme besonders, weil es leicht und ohne Verlust zu verwerten ist. Doch darf der Beschuldigte nicht seiner Unterhaltsmittel entblößt werden. Auch wird man wegen einer geringfügigen Strafe nicht so viel beschlagnahmen dürfen, dass der Beschuldigte zwar seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, aber nur, wenn er entgegen seinen Plänen alsbald nach Hause fährt. Den Schwierigkeiten, Verkehrsstrafen von Ausländern hereinzuholen, kann nicht durch harte Sicherstellungsmaßnahmen begegnet werden, sondern letztlich nur durch internationale Vereinbarungen. Ist § 132 nicht ohne unverhältnismäßige Härte durchzuführen, muss davon abgesehen werden, ihn anzuwenden. Hat der Beschuldigte keine beschlagnahmefähigen Gegenstände, ist eine Verfahrenssicherung nach $ 132 nicht möglich; ihm ist die Weiterfahrt zu gestatten.
18
2. Form und Rechtsmittel (Satz 2). Obwohl die Beschlagnahme nicht dazu dient, Beweismittel sicherzustellen, finden - weil auch keine Einziehung zulässig ist (Rn. 21) nicht die §§ 111b Abs. 2, 111c Abs. 1, 5, 6 und für das Verfahren § l l l e Anwendung. Vielmehr ist wie bei Beweismitteln zu verfahren (Satz 2), jedoch mit der Maßgabe, dass die schriftliche Sicherstellung (§ 94 Abs. 1) ausscheidet und immer die Form der Beschlagnahme (Satz 1 vorletztes Wort; § 94 Abs. 2) zu wählen ist. Die Form kann § 111c Abs. 1 entnommen werden.34 Danach sind die Sachen in Gewahrsam zu nehmen, ein
26
H . M . ; vgl. BGHSt 2 337.
Allg. M .
27
So aber KMR/Müller 12. H . M . ; vgl. LG Krefeld DAR 1 9 6 6 1 9 2 . Z u r Frage eines gesetzlichen Sistierungsrechts de lege ferenda hinsichtlich fremder Fahrzeuge Geppert GA 1 9 7 9 2 8 1 . Vgl. Meyer-Goßner 14.
Geppert GA 1 9 7 9 2 8 1 ; KK/Boujong 11; Meyer-Goßner 19; krit.: S K / P a e f f g e n 10. Vgl. Nr. 6 0 RiStBV. SK/Paeffgen 9; KK/Boujong 12. SK/Paeffgen 11; A K / K r a u s e 7.
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Kraftfahrzeug etwa in einen Fuhrpark einzustellen. Die Beschlagnahme kann auch in anderer Weise, etwa durch Siegel, kenntlich gemacht werden. Doch empfiehlt sich immer die Verwahrung, weil ein Gebietsfremder, wenn er mit versiegelten Sachen die Bundesrepublik verlässt, kaum je wegen Siegelbruchs belangt werden kann. Für die Anordnung der Beschlagnahme gilt § 98 Abs. 1. Anordnungen des Richters ergehen als Beschluss, nachdem die Staatsanwaltschaft (§ 33 Abs. 2) und der Beschuldigte (§ 33 Abs. 3) gehört worden sind, wenn nicht § 33 Abs. 4 einschlägt. Die Anordnung einer Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft kann auch mündlich eröffnet werden; oft wird das geboten sein. Dann sollte sie aber stets schriftlich bestätigt werden. § 98 Abs. 2 (richterliche Bestätigung) ist zu beachten. Wegen der Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gilt das zu Rn. 13 Ausgeführte.
19
3. Beendigung der Beschlagnahme. Da der Beschuldigte die Beschlagnahme durch Sicherheitsleistung vermeiden kann, kann er sie auch jederzeit dadurch beenden, dass er die (ursprünglich verlangte) Sicherheit leistet. 35 Das Gericht ist dann verpflichtet, die Beschlagnahme aufzuheben und die Sache herauszugeben. Gleiches gilt, wenn nachträglich ein Zustellungsbevollmächtigter benannt wird. Zweckmäßigerweise wird der Beschuldigte in dem Beschlagnahmebeschluss auf diese Möglichkeit hingewiesen. Denn dem Staat ist nicht an dem oft schwer und ungünstig zu verwertenden Beschlagnahmegegenstand gelegen, sondern an der Sicherheit oder dem Zwangsmittel. Die Beschlagnahme ist auch aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt (§ 2 6 0 Abs. 3) wird.
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Macht der Beschuldigte von der Möglichkeit, die Beschlagnahme zu beenden, keinen Gebrauch, steht die beschlagnahmte Sache als Vollstreckungsgegenstand für die Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens zur Verfügung. Eine Einziehung ist unzulässig; ins Eigentum des Fiskus kann sie nicht übergehen. Vor der Vollstreckung, die regelmäßig mit einer Versteigerung verbunden sein wird, ist der Verurteilte zu benachrichtigen, damit er Strafe und Kosten bezahlen und damit die Beendigung der Beschlagnahme erwirken oder sich an der Versteigerung, ggf. durch einen Bevollmächtigten, beteiligen kann. Ist Geld beschlagnahmt worden, ist es wie eine Sicherheit des Beschuldigten zu behandeln.
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IV. Bußgeldverfahren Im Bußgeldverfahren findet § 132 entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 1 OWiG).
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Geppert GA 1 9 7 9 281; KYJBoujong Meyer-Goßner 17.
14;
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Vorläufiges Berufsverbot Vorbemerkungen Der durch Art. 21 Nr. 39 EGStGB eingefügte Abschnitt enthält nur die Vorschrift des § 132a über das vorläufige Berufsverbot. Der Gesetzgeber konnte sich bisher nicht entschliessen, die verschiedenen Vorschriften über vorläufige Maßnahmen zusammenzufassen, mit denen zu Sicherungszwecken einer Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung vorgegriffen werden kann. Dazu gehören außer dem vorläufigen Berufsverbot die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ l i l a ) und die einstweilige Unterbringung (§ 126a). Auch die Vorschrift des § 112a über die Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr, bei der es sich ebenfalls um eine Sicherungsmaßnahme handelt, hätte hier aufgenommen werden können. Dass diese Bestimmungen über drei Abschnitte der Strafprozessordnung verstreut sind, ist systematisch verfehlt, trägt nicht zur Übersichtlichkeit des Gesetzes bei und erschwert insbesondere die Herausbildung übergeordneter allgemeiner Grundsätze für den Bereich der vorläufigen Maßregeln (näher zu diesen Fragen Möller S. 237 ff.; Winter passim; s. auch Wolter ZStW 93 (1981) 484 ff., 501 ff.).
§ 132a* (1) *Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß ein Berufsverbot angeordnet werden wird (§ 70 des Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verbieten. 2 § 70 Abs. 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. (2) Das vorläufige Berufsverbot ist aufzuheben, wenn sein Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht im Urteil das Berufsverbot nicht anordnet. Schrifttum Kretschmer Die Reichweite des strafrechtlichen Berufsverbotes für Rechtsanwälte, NStZ 2002 576; Möller Vorläufige Maßregeln, Diss. Bonn 1982; Winter Die vorläufigen Maßregeln im Strafprozeßrecht, ihre verfassungsrechtliche und organisationsrechtliche Problematik, Diss. Mannheim 1984; Wolter Untersuchungshaft, Vorbeugungshaft und vorläufige Sanktionen, ZStW 93 (1981) 452.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift ist durch Art. 21 Nr. 39 EGStGB eingefügt worden. Vgl. auch Rn. 1. * Die Kommentierung gründet auf der Bearbeitung durch Ernst-Walter Hanack in der Vorauflage und schreibt sie fort. Soweit die vom
Vorautor vertretenen Ansichten in maßgeblichen Punkten modifiziert wurden, wird dies hervorgehoben.
Sabine Gieß
501
§ 132a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Übersicht Rn.
Rn. I. Allgemeines Π. Voraussetzungen des vorläufigen Berufsverbots (Absatz 1) 1. Anordnung des Berufsverbots nach § 7 0 StGB 2. Dringende Gründe 3. Erforderlichkeit 1Π. Anordnung der Maßnahme 1. Zuständigkeit 2. Beschluss 3. Inhalt 4 . Rechtliches Gehör . . . 5. Pflichtverteidigung . . . 6. Bekanntmachung . . . . 7. Wirkung der Anordnung
4 5 6
11 12 13 14 15 16 17
IV. Aufhebung der Maßnahme (Absatz 2) 1. Allgemeines 2. Wegfall des Grundes a) Allgemeine Gründe b) Zeitablauf während des Berufungsverfahrens c) Zeitablauf während des Revisionsverfahrens 3. Nichtanordnung im Urteil 4. Zuständigkeit V. Anfechtung 1. Beschwerde 2. Beschwerde bei Aufhebung
18 19 20 21 22 23 24 26
VI. Abgeordnete
27
VII. Mitteilungspflichten
28
I. Allgemeines 1
Durch die § § 7 0 ff. StGB i.d.F. des 2. StrRG sind die Vorschriften über die Maßregel des Berufsverbots unter weitgehender Anlehnung an die Bestimmungen über die Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff. StGB) umgestaltet worden. Im Zusammenhang damit wurde die Möglichkeit eines vorläufigen Berufsverbots (vgl. § 70 Abs. 2 und 4 StGB) eingeführt. Dieses vorläufige Berufsverbot regelt § 132a. Seine kriminalpolitische Notwendigkeit war bei den Gesetzesberatungen umstritten.1 Die Voraussetzungen für Anordnung und Aufhebung des vorläufigen Verbots nach § 132a entsprechen im Wesentlichen der Regelung des § l i l a über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Die Erläuterungen zu § 132a können daher in weitem Umfang auf diejenigen zu § l i l a Bezug nehmen. Darüber hinaus kann die Kommentierung zu § 126a herangezogen werden.
2
Das Berufsverbot des § 70 StGB kann nur durch Urteil im normalen Strafverfahren oder im Sicherungsverfahren (§ 71 StGB i.V.m. §§ 413 ff. StPO) angeordnet werden. Es wird nach § 70 Abs. 4 Satz 1 StGB erst mit Rechtskraft des Urteils wirksam. § 132a erlaubt einen Vorgriff auf dieses Urteil. Mit ihm werden dem Beschuldigten dieselben Rechte vorläufig genommen, die ihm im Urteil endgültig entzogen werden können. Strafverfahren, in denen ein Berufsverbot in Betracht kommt, bereiten oft erhebliche tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, so dass bis zur Rechtskraft des Urteils nicht selten beträchtliche Zeit vergeht. § 132a bezweckt den mit der Maßregel des § 70 StGB erstrebten Schutz der Allgemeinheit vor Tätern, die unter Missbrauch ihres Berufs oder unter grober Verletzung ihrer Berufspflichten Straftaten begehen, durch eine vorläufige Anordnung herbeiführen zu können, ohne dass auf das Urteil oder gar auf dessen Rechtskraft gewartet werden muss. Es handelt sich also in der Sache um eine präventivpolizeiliche Maßnahme in justizförmigem Gewände,2 deren Vereinbarkeit mit der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und mit der Unschuldsvermutung umstritten, aber zu bejahen ist.3
1
E i n g e h e n d Möller
2
SYJPaeffgen
3
N ä h e r u n d z u s a m m e n f a s s e n d zu diesen F r a -
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6 6 ff.
gen Möller
3.
1 8 8 ; Winter
1 2 4 ; vgl. a u c h
4 8 4 ; S K / P a e f f g e n 3 (kritisch).
Sabine Gieß
Wolter
9b. Abschnitt. Vorläufiges Berufsverbot
§ 132a
Angerechnet wird die Zeit des vorläufigen Berufsverbots auf die Verbotsfrist des § 70 Abs. 1 StGB nur, soweit sie nach Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils verstrichen ist (§ 70 Abs. 4 Satz 2 StGB). Im Übrigen findet also eine Anrechnung nicht statt; jedoch verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist des § 70 Abs. 1 StGB auf drei Monate für die Zeit, während der ein vorläufiges Berufsverbot wirksam war (§ 70 Abs. 2 StGB). Zur Bindung von Verwaltungsbehörden an die Entscheidung nach § 132a vgl. insbesondere § 35 Abs. 3 GewO. 4 Das vorläufige Berufsverbot enthält, in gewisser Weise mehr noch als das Berufsverbot durch Urteil, 5 eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beschuldigten. Wird im Urteil kein Berufsverbot angeordnet, ist der Staat daher nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 StrEG entschädigungspflichtig. Auch wenn Ausschließungsgründe nach § 5 StrEG oder Versagungsgründe nach § 6 StrEG vorliegen, hat der Beschuldigte einen Entschädigungsanspruch, soweit das vorläufige Berufsverbot länger aufrechterhalten worden ist, als dies durch § 132a gerechtfertigt war (vgl. § l i l a ) . Strafverfahren, in denen eine Anordnung nach § 132a getroffen worden ist, müssen daher mit ähnlicher Beschleunigung wie Haftsachen und Verfahren, in denen die Fahrerlaubnis nach § l i l a vorläufig entzogen worden ist (s. § l i l a ) , durchgeführt werden. 6
3
Π. Voraussetzungen des vorläufigen Berufsverbots (Absatz 1) 1. Anordnung des Berufsverbots nach § 70 StGB. $ 132a Abs. 1 Satz 1 setzt dringende Gründe für die Annahme voraus, dass gegen den Beschuldigten ein Berufsverbot gemäß § 70 StGB angeordnet wird. 7 Eine solche Anordnung erfolgt in der Praxis nicht häufig.8 Sie ist nur zulässig, wenn eine Anlasstat vorliegt, die der Täter unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat. Bei einem Täter, dem erstmalig eine Anlasstat zur Last gelegt wird, sind an die Annahme seiner weiteren Gefährlichkeit ganz besonders strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des Einzelfalls davon ausgegangen werden kann, dass er sich bereits durch eine Verurteilung zur Strafe von weiteren Taten abhalten lassen wird und deshalb später ein endgültiges Berufsverbot nicht verhängt werden wird. 9 Eine Ordnungswidrigkeit genügt nicht. Unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes handelt, wer die ihm durch Beruf oder Gewerbe gegebenen Möglichkeiten bei seiner Berufstätigkeit bewusst und planmäßig zu Straftaten ausnutzt. Eine grobe Verletzung der mit Beruf oder Gewerbe verbundenen Pflichten liegt vor, wenn der Täter diese Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig missachtet. Weder beim Missbrauch noch bei der Pflichtverletzung wird vorausgesetzt, dass zur Ausübung des Berufs oder Gewerbes eine besondere Genehmigung erforderlich ist. Nach herrschender Meinung ist ein Berufsverbot auch zulässig, wenn der Täter (Arzt, Rechtsanwalt) einem Berufsstand angehört, aus dem er im berufsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen werden kann. Mit gewissen Einschränkungen darf auch gegen Journalisten ein Berufsverbot verhängt werden. Weitere und meist besonders kritische Voraussetzung der Anordnung ist, dass eine
4
5
LKJHanack § 70, 85 über das Verhältnis des § 70 StGB zu außerstrafrechtlichen Maßnahmen, das für § 132a weitgehend entsprechend gilt; eingehend auch Möller 164. Dazu LK/Hanack § 70, 3.
6 7
8 9
OLG Bremen StV 1997 9. BVerfGE 48 292; 44 105, 119; BGHSt 28 84; OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 3 113. Näher IXJHanack § 70, 4. OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 3 113.
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§ 132a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der in § 70 Abs. 1 StGB bezeichneten Art begehen wird. 10 Bei dieser Gesamtwürdigung kommt es allein auf die Sachlage im Zeitpunkt des (letzten) tatrichterlichen Urteils an. Im Übrigen ist streng darauf zu achten, dass ein Berufsverbot immer nur in dem sachlichen Umfang angeordnet wird, in dem das zur Abwehr weiterer Gefahren erforderlich ist, das Verbot also vielfach nur bestimmte Teile, Zweige oder Betätigungsformen innerhalb eines Berufs oder Gewerbes zu erfassen braucht, und dass der verbotene Bereich genau bezeichnet wird (§ 2 6 0 Abs. 2; vgl. auch unten Rn. 13). Im Einzelnen muss wegen der fast durchweg sehr komplizierten Voraussetzungen des § 70 StGB auf die Erläuterungswerke zum StGB verwiesen werden. 5
2. Dringende Gründe. Nach § 132a Abs. 1 Satz 1 müssen dringende Gründe für die Annahme vorhanden sein, dass ein Berufsverbot gemäß § 70 StGB angeordnet werden wird. Die Formulierung „dringende Gründe", die das Gesetz auch in § l i l a Abs. 1 Satz 1, § 111b Abs. 3, § 126a Abs. 1 verwendet, stimmt mit dem Begriff des dringenden Tatverdachts überein, der nach § 112 Abs. 1 Satz 1, § 112a Abs. 1 Satz 1 für die Anordnung der Untersuchungshaft vorausgesetzt wird (vgl. bei § l i l a , 13). Das vorläufige Berufsverbot ist daher nur zulässig, wenn ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit (dazu § 112, 17) dafür besteht, dass der Beschuldigte einer rechtswidrigen Tat überführt wird, deren Begehung nach § 70 StGB die Anordnung des Berufsverbots rechtfertigt; derselbe Grad von Wahrscheinlichkeit ist für die Annahme erforderlich, das erkennende Gericht werde es für erforderlich halten, ein Berufsverbot anzuordnen, weil die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten der in § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB bezeichneten Art ergibt. 11
6
3. Erforderlichkeit. § 132a ist eine Kannvorschrift und muss mit Rücksicht auf die Unschuldsvermutung 12 sowie im Lichte der grundrechtlichen Bedeutung des Rechts auf freie Berufsausübung (Art. 12 GG) ausgelegt werden. Deshalb darf eine Anordnung nur verhängt werden, wenn sie erforderlich ist, um bereits vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter abzuwehren, die aus einer Berufsausübung des Beschuldigten resultieren können. 13
7
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der nach § 62 StGB bei allen Maßregelanordnungen zu beachten ist, besitzt beim einschneidenden und zwiespältigen Charakter - auch des vorläufigen - Berufsverbots eine besondere Bedeutung. 14 Er konkretisiert sich nicht
10
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Zu den grundsätzlichen Anforderungen an diese Prognoseentscheidung. OLG Frankfurt NStZ-RR 2 0 0 3 113 m.w.N.; AK/Krause 2; KKJBoujong 3; MeyerGoßner 2; S K / P a e f f g e n 4; vgl. auch Roxin § 36, 9: „Verdacht von annähernd großer Stärke" wie für die „sichere Überzeugung" vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 70 StGB; dagegen Kühne 4 7 0 , der dringenden Verdacht einer Anlasstat, im Übrigen aber offenbar Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen aller Voraussetzungen des § 70 StGB fordert; eingehend Möller 76.
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14
Dazu: Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1998) 541. BVerfG EuGRZ 2 0 0 6 197; BVerfGE 44, 105, 1 2 2 / 1 2 3 ; 4 8 , 2 9 2 , 2 9 6 / 2 9 7 ; OLG Düsseldorf J Z 1984 4 4 0 ; OLG Karlsruhe StV 1985 49; KKJBoujong 4; a.A. BGHSt 2 8 84; MeyerGoßner 3. Dazu etwa: BVerfGE 4 4 105, 117 zu § 150 BRAO; BVerfG EuGRZ 2 0 0 6 197; OLG Bremen StV 1997 9; Meyer-Goßner 5; KKJBoujong 5; Pfeiffer 1; vgl. a. LR/Hilger § 122a, 5.
Sabine Gieß
9b. Abschnitt. Vorläufiges Berufsverbot
§ 132a
nur bei der Anwendung des § 70 StGB in der erforderlichen Gesamtwürdigung (Rn. 4) sowie bei Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens, sondern auch in Zusammenhang mit § 132a. Hier besitzt er eine zusätzliche Bedeutung, weil hier - auf einer schwächeren Entscheidungsbasis als dem in einer Hauptverhandlung gewonnenen Urteil - der Endentscheidung vorgegriffen wird, und zwar in einer Weise, die den (Grund-)Rechtsbereich des Betroffenen berührt.15 Daraus folgt: Wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass das 8 erkennende Gericht die Maßregel nach § 70 StGB anordnen wird, ist regelmäßig auch die Anordnung nach § 132a angezeigt.16 Der Richter muss jedoch weiter sorgfältig prüfen, ob überwiegende Interessen gerade die Sofortmaßnahme erforderlich machen, die ja gegenüber dem Urteilsverfahren eine gewisse einstweilige Verkürzung im Rechtsschutz des Betroffenen hinsichtlich seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) mit sich bringt.17 Soll die Entscheidung nach § 132a erst getroffen werden, nachdem der Beschuldigte 9 sich längere Zeit nach der Tat straffrei geführt hat, so wird häufig davon auszugehen sein, dass dringende Gründe für die Annahme, das erkennende Gericht werde das Berufsverbot nach § 70 StGB anordnen, nicht mehr vorhanden sind. Ebensowenig wie bei der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ l i l a ) rechtfertigt jedoch das allein durch den Druck des Strafverfahrens beeinflusste Wohlverhalten des Täters ohne weiteres die Annahme, dass die Gefahr weiterer Straftaten nicht mehr besteht (zur Prüfung bei Ersttätern, s.o. Rn. 4). Die Anordnung nach § 132a ist daher nicht nur im Ermittlungsverfahren, sondern auch noch in späteren Verfahrensabschnitten zulässig und kann sogar nachgeholt werden, wenn erst das Berufungsgericht die Maßregel nach § 70 StGB ausspricht. Wenn ein Antrag der Staatsanwaltschaft, das vorläufige Berufsverbot anzuordnen, aber bereits einmal abgelehnt war, ist die Anordnung nur zulässig, sofern sie auf neu hervorgetretene Tatsachen oder Beweismittel gestützt wird. Unterlassen, nicht aber mit aufschiebender Wirkung anordnen, darf der Richter das 1 0 vorläufige Berufsverbot auch, wenn das sofortige Verbot für den Beschuldigten oder seine Angehörigen eine besondere Härte bedeuten würde und darum das erkennende Gericht nach § 456c Abs. 1 das Wirksamwerden des Verbots aufschieben könnte.18 Zu beachten hat der Richter weiter, dass § 70 StGB selbst eine Kannvorschrift enthält, also die Anordnung des Berufsverbots nicht zwingend vorschreibt, sondern in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts stellt.19 Das gilt insbesondere, wenn die Anlasstat nicht sehr schwer wiegt und die Wahrscheinlichkeit der zu erwartenden (erheblichen) weiteren Taten nicht sehr hoch ist, oder wenn besondere Umstände in der Person des Täters (hohes Alter, Unzumutbarkeit eines Berufswechsels) den Verzicht auf die Maßregel angezeigt erscheinen lassen; es gilt entgegen BGH NJW 1975 2250 und verbreiteter Meinung
15
16
Vgl. auch Möller 110, der allerdings übersieht, dass das (endgültige wie vorläufige) Berufsverbot gemäß § 70 StGB die Gefahr „erheblicher" weiterer Taten voraussetzt. BGHSt 2 8 86 in Auseinandersetzung auch mit den Anforderungen von BVerfGE 4 4 105 und BVerfG NJW 1978 1479 zum vorläufigen Berufsverbot nach § 150 BRAO; AG Bochum MedR 1988 161 für hartnäckig fongesetzte Abrechnungsmanipulationen eines Arztes (dazu kritisch Weber/Droste NJW 1990 2291); AK/Krause 4; KKJBoujong 3;
17
18
19
Möller 113; vgl. auch BTDrucks. 7 1261 S. 26. BVerfGE 4 4 105; BVerfG EuGRZ 2 0 0 6 , 197; OLG Düsseldorf J Z 1984 4 4 0 ; OLG Karlsruhe StV 1985 4 9 ; SKIPaeffgen 5; Möller 106, 113; vgl. auch Koxin § 36, 10; a.A. Meyer-Goßner 3. Meyer-Goßner 3; KMR/Wanket 3; SKIPaeffgen 5; Koxin § 36, 10; vgl. auch BTDrucks. 7 5 5 0 S. 2 9 6 . Dazu näher z.B. LKJHanack § 70, 75 ff. mit Nachw.
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aber auch, wenn berufsgerichtliche oder verwaltungsrechtliche Maßnahmen, die gegen den Täter verhängt worden oder zu erwarten sind, ein Berufsverbot ersetzen können. 20 Derartige Gesichtspunkte sind daher schon und gerade bei der Entscheidung nach § 132a zu berücksichtigen. Dass der Täter seinen Beruf gewechselt hat, überhaupt nicht mehr berufstätig ist oder dass die Verwaltungsbehörde das Ruhen der Approbation des beschuldigten Arztes angeordnet hat, hindert freilich nicht zwingend die Anordnung des Berufsverbots nach § 70 StGB und dementsprechend auch nicht die vorläufige Anordnung nach § 132a. Auch verhängte Untersuchungshaft steht der Maßnahme nach § 132a grundsätzlich nicht entgegen.21
ΙΠ. Anordnung der Maßnahme 11
1. Zuständigkeit. Da die Anordnung nach § 132a erheblich in die Rechte des Beschuldigten eingreift, wird sie vom Gesetz ausschließlich dem Richter übertragen. Im Vorverfahren entscheidet der Richter beim Amtsgericht (§ 162); in Staatsschutzsachen ist auch der Ermittlungsrichter nach § 169 zuständig. 22 Für die örtliche Zuständigkeit des Richters beim Amtsgericht ist, da die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots keine richterliche Untersuchungshandlung darstellt, § 162 Abs. 1 nicht maßgebend. Vielmehr ist mangels einer besonderen Regelung jeder Richter beim Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand nach § § 7 ff. begründet ist. 23 Nach Anklageerhebung ist das Gericht zuständig, bei dem die Sache anhängig ist (vgl. bei § l i l a ) . Das Berufungsgericht ist erst zuständig, nachdem ihm die Akten nach § 321 vorgelegt worden sind; vorher entscheidet der erstzuständige Richter (vgl. bei § l i l a ) . Während des Revisionsverfahrens kann die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn im tatrichterlichen Urteil ein (gemäß § 70 Abs. 4 StGB noch nicht wirksames) Berufsverbot ausgesprochen worden ist, 24 weil sonst nach § 132a Abs. 2 sogar ein schon angeordnetes vorläufiges Berufsverbot aufzuheben wäre (unten Rn. 19); zuständig ist dann der letzte Tatrichter. 25
12
2. Beschluss. Nach § 132a Abs. 1 Satz 1 entscheidet das Gericht durch Beschluss. Grundlage der Entscheidung sind die durch die bisherigen Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse und Unterlagen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, bei dem die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Anordnung des vorläufigen Berufsverbots stellt, weitere Ermittlungen zu führen. Rechtfertigt das bisherige Ermittlungsergebnis die Anordnung nicht, so ist der Antrag abzulehnen. Vgl. näher bei § l i l a .
13
3. Inhalt. Der Gerichtsbeschluss muss, wie später das Urteil (§ 260 Abs. 2), den Beruf oder Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig, dessen Ausübung dem Beschuldigten verboten wird, genau bezeichnen. Denn der Beschuldigte und seine Umwelt müssen - zumal im Hinblick auf die Strafbestimmung des § 145c StGB - Klar-
20
21 22 23
A.A. Meyer-Goßner 4 m.w.N; vgl. LK/ Hanack § 70, 79. BGHSt 28 86. Vgl. BGHSt 28 84. Meyer-Goßner 6; LR/Meyer 2 3 9; KK/Boujortg 7; SKIPaeffgen 7; vgl. aber Möller 105 (entsprechende Anwendung des § 162
506
24 25
Abs. 1); vgl. auch § l i l a , 41 und die Erl. zu § 162. So gegen SKJPaeffgen 7 gegen LRIHanack 24 9. KKJKrause 5; KKIBoujong 7; KMRIWankel 5; SKJPaeffgen 7. Zur Aufhebung einer nach § 132a getroffenen Anordnung während des Revisionsverfahrens s. Rn. 19.
Sabine Gieß
9b. Abschnitt. Vorläufiges Berufsverbot
§ 132a
heit darüber haben, was untersagt ist. Unzulässig sind daher Berufsverbote, die nicht genügend bestimmt sind, wie z.B. (näher in den Erläuterungswerken zum StGB) das Verbot „jeder selbständigen Gewerbetätigkeit", 26 der Betätigung „als M a n a g e r " 2 7 oder das Verbot einer Tätigkeit, die „die Möglichkeit gibt, über fremde Gelder zu verfügen", 28 während die Zulässigkeit des Verbots einer „Ausübung des Vertreterberufs im weitesten Sinne" umstritten ist. 29 Der Beschluss muss ferner die Gefahrenlage sowie die Notwendigkeit darlegen, der Gefährdungssituation die Verhängung eines vorläufigen Berufsverbotes entgegenzuwirken. 30 Gleiches gilt für die gesetzlichen Voraussetzungen und die Angemessenheit der gerichtlichen Maßnahme im konkreten Einzelfall. 31 4. Rechtliches Gehör. Vor der Entscheidung ist die Staatsanwaltschaft zu hören, 14 wenn sie nicht selbst den Antrag auf Anordnung des vorläufigen Berufsverbots gestellt hat (§ 33 Abs. 2). Nach § 33 Abs. 3 ist auch der Beschuldigte vor der Entscheidung zu hören, da eine Überraschungsentscheidung (§ 33 Abs. 4) wohl niemals geboten ist. 32 Bei der Bedeutung der Maßnahme sowie angesichts ihrer komplizierten tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sollte die Anhörung in der Regel durch den Richter selbst erfolgen. 33 Die früher von LR/Meyer 23 vertretene Ansicht, dass eine Anhörung, wie bei § l i l a , nur erforderlich sei, wenn Tatsachen oder Beweisergebnisse berücksichtigt werden sollen, zu denen sich der Beschuldigte noch nicht hat äussern können, überzeugt jedenfalls bei § 132a nicht; 3 4 nicht überzeugend ist auch die Auffassung von Meyer, das Anhörungsgebot verpflichte nicht stets zur vorherigen Bekanntmachung eines beabsichtigten Verbots, da der Beschuldigte oder sein Verteidiger Einwendungen gegen die Anordnung mit der Beschwerde geltend machen könnten. 35 5. Pflichtverteidigung. Gemäss § 140 Abs. 1 Ziff. 3 liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, wenn ein Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann. Einigkeit herrscht darüber, dass dem Betroffenen bereits in dem Verfahren, das zu einem vorläufigen Berufsverbot führen kann, eine Pflichtverteidigung zusteht. 36 Offen erscheint bisher aber, ob erst die gerichtliche Entscheidung nach § 132a zu einer Antragspflicht auf Beiordnung eines Verteidigers führt, oder eine solche bereits dadurch entsteht, dass die Staatsanwaltschaft den Antrag auf ein vorläufiges Berufsverbot im Ermittlungsverfahren stellt. 37
15
6. Bekanntmachung. Der Staatsanwaltschaft wird die Anordnung formlos bekanntgemacht (§ 35 Abs. 2 Satz 2). Da durch die Bekanntmachung keine verfahrensrechtliche Frist in Lauf gesetzt wird, genügt an sich auch für die Bekanntmachung an den Beschuldigten die formlose Mitteilung. Von der Kenntnis des Beschuldigten hängt es jedoch ab, ob er das vorläufige Berufsverbot befolgen und, wenn er dagegen verstößt, nach § 145c StGB bestraft werden kann. Der Beschluss ist deshalb an ihn durch förmliche Zustellung
16
26 27 28 29 30
31
B G H bei Holtz M D R 1 9 7 9 4 5 5 . B G H bei Dallinger M D R 1 9 5 8 139. B G H bei Dallinger M D R 1 9 7 4 12. Näher etwa LYJHanack Erl. zu § 7 0 . O L G Düsseldorf StV 1 9 8 4 2 3 4 ; O L G Brandenburg StV 2 0 0 1 106. BVerfG E u G R Z 2 0 0 6 1 9 7 ; O L G Bremen StV 1 9 9 7 9.
32
O L G Frankfurt, StV 2 0 0 1 4 9 6 .
33
Vgl. Möller 116; wohl auch KKJBoujong
8.
34 35
36
37
Ebenso S K J P a e f f g e n 8. Dagegen auch Möller S. 116 Fn. 176 unter Hinweis auf Maunz/Diirig Art. 1 0 3 Abs. 1 Rn. 4 6 und Rüping Bonn. K o m m . (Zweitbearbeitung), Art. 1 0 3 Abs. 1 Rn. 6 2 . Möller 117 ff.; 2 4 0 f.; B. Mehle N J W 2 0 0 7 969. Dazu im Einzelnen B. Mehle Zeitpunkt und Umfang notwendiger Verteidigung im Ermittlungsverfahren ( 2 0 0 6 ) 2 7 5 f.
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bekannt zu geben, 38 falls er nicht ausnahmsweise mündlich bekannt gegeben wird. Erst mit der Bekanntmachung an den Beschuldigten wird das vorläufige Berufsverbot wirksam. 39 Auf die Rechtsfolgen des § 132a Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 70 Abs. 3 StGB (Rn. 13) und auf die Strafvorschrift des § 145c StGB sollte der Beschuldigte bei der Bekanntmachung hingewiesen werden. 17
7. Wirkung der Anordnung. § 132a Abs. 1 Satz 2 bestimmt die entsprechende Anwendung des § 70 Abs. 3 StGB. Nach dieser Vorschrift darf der Täter, solange das Verbot wirksam ist, den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig nicht, auch nicht für einen anderen, ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. Verstößt der Beschuldigte gegen das Verbot, so macht er sich nach § 145c StGB strafbar.
IV. Aufhebung der Maßnahme (Absatz 2) 18
1. Allgemeines. § 132a regelt nur die Voraussetzungen, unter denen die Anordnung wieder aufzuheben ist. Dass sie ohne weiteres erlischt, wenn das Urteil rechtskräftig wird, durch das ein Berufsverbot endgültig angeordnet worden ist, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Eine Aufhebung der Maßnahme nach § 132a ist dann nicht erforderlich (vgl. bei § l i l a ) . Wird hingegen in dem Urteil ein Berufsverbot nicht angeordnet, so ist das nach § 132a Abs. 2 ein Grund zur Aufhebung der vorläufigen Maßnahme (unten Rn. 22). Wenn eine Anordnung nach § 132a aus anderem Grund aufgehoben worden ist, steht das ihrer Wiederholung nicht entgegen, sofern sie aufgrund neu hervorgetretener Tatsachen oder Beweismittel gerechtfertigt ist, insbesondere wenn nunmehr das Berufsverbot im (noch nicht rechtskräftigen) Urteil endgültig angeordnet worden ist. Die Aufhebung der Anordnung nach § 132a hat die Wirkung, dass der Beschuldigte den Beruf oder das Gewerbe, dessen Ausübung ihm vorläufig verboten war, sofort wieder ausüben darf. 2. Wegfall des Grundes
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a) Allgemeine Gründe. Nach § 132a Abs. 2 ist das vorläufige Berufsverbot aufzuheben, wenn sein Grund weggefallen ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist während des ganzen Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. 40 Wie bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis kann der Grund für die Maßnahme auch dann entfallen, wenn sich das Verfahren so lange hinzieht, dass für die Annahme, das erkennende Gericht werde die Maßregel noch für erforderlich halten, keine große Wahrscheinlichkeit mehr besteht. 41 Insbesondere kann der Täter schon durch das vorläufige Berufsverbot so beeindruckt sein, dass eine Wiederholungsgefahr entfällt. Weshalb das Verfahren so lange dauert, ist dabei ohne Bedeutung (vgl. auch § l i l a ) .
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Meyer-Goßner 8; SKJPaeffgen 8. vgl. aber: AKIKrause 7; KK/Boujong 8 (Zustellung sei „zweckmäßig"); LR/Hanack 2 5 13 (Zustellung sei „empfehlenswert"). AK/Krause 7; KK/Boujong 8; Meyer-Goßner 8; KMR/Wankel 7; vgl. auch § l i l a , 54.
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AK/Krause 10; KK/Boujong 12; Meyer-Goßner 11; SYJPaeffgen 13; Möller 125; vgl. auch LG Hamburg M D R 1973 958. Vgl. dazu: OLG Brandenburg StV 2001 106.
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9b. Abschnitt. Vorläufiges Berufsverbot
§ 132a
b) Zeitablauf während des Berufungsverfahrens. Die Aufhebung der vorläufigen 2 0 Maßnahme kann auch während des Berufungsverfahrens erfolgen. Insoweit gelten entsprechende Grundsätze wie bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § l i l a . Auch bei § 132a zwingt nach der problematischen Regelung des Gesetzes ein bloßer „Ablauf" der vom Erstrichter angeordneten Verbotsfrist nicht ohne weiteres zur Aufhebung der vorläufigen Maßnahme (a.A. AK/Krause 11). Aufzuheben ist sie jedoch, wenn wegen des Zeitablaufs ein Berufsverbot nicht mehr genügend wahrscheinlich ist. 42 c) Zeitablauf während des Revisionsverfahrens. Die bei § l i l a sehr streitige Frage, 21 ob die vorläufige Maßnahme aufzuheben ist, wenn während des Revisionsverfahrens die im (letzten) tatrichterlichen Urteil festgelegte Sperre verstrichen ist und nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, stellt sich in etwas anderer Weise auch bei § 132a, wenn während des Revisionsverfahrens eine Zeit verstreicht, die der im Urteil für das Berufsverbot bestimmten Frist entspricht.43 Aus dem Gesetz ergibt sich, dass die Frist vor Rechtskraft des Urteils nicht ablaufen kann, weil das Berufsverbot vorher nicht wirksam wird (§ 70 Abs. 4 Satz 1 StGB). Daher setzt auch die Einrechnung der Frist des vorläufigen Berufsverbots in die Frist des § 70 Abs. 4 Satz 2 StGB voraus, dass die Revision, jedenfalls soweit sie sich auf die Maßregel des § 70 StGB bezieht, verworfen wird. Hat die Revision insoweit aber Erfolg und wird die Sache an den Tatrichter zurückverwiesen, so ist dieser nach h.M. rechtlich nicht gehindert, das Berufsverbot erneut anzuordnen, da ihm das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2) nur verbietet, bei der erneuten Anordnung eine längere Frist (oder ein umfänglicheres Verbot) festzusetzen.44 Dass es zu einer erneuten Anordnung von gleicher Länge kommt, wird zwar regelmäßig wenig wahrscheinlich sein; es ist aber auch nicht ohne weiteres auszuschließen. Die scheinbar logische Folge ist, dass es wegen dieser Möglichkeit nicht angeht, das vorläufige Berufsverbot stets schon dann entfallen zu lassen, wenn während des Revisionsverfahrens so lange Zeit verstrichen ist, dass die Verbotsfrist abgelaufen wäre, falls das Urteil bereits vorher Rechtskraft erlangt hätte. 45 Aber diese Konsequenz erscheint fragwürdig, nicht nur, weil der Angeklagte dann in seiner Entschlussfreiheit beeinträchtigt wäre, das Rechtsmittel einzulegen, sondern vor allem auch, weil der Eingriff in seine Rechte dann von den Zufälligkeiten der Dauer des Revisionsverfahrens abhinge 46 und es leicht oder häufig zu einem Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommen könnte. Die Schwierigkeiten lösen sich im Bereich des § 132a jedoch zwanglos, wenn man folgendes bedenkt: Für die Aufhebung des vorläufigen Berufsverbots ist auch während des Revisionsverfahrens grundsätzlich der letzte Tatrichter zuständig (unten Rn. 23). Er aber hat
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Enger LR/Meyer 1 3 17 („nur dann aufzuheben, wenn wegen der ungewöhnlich langen Dauer des Rechtsmittelverfahrens" nicht mehr genügend wahrscheinlich ist); ähnlich Meyer-Goßner 12; vgl. auch S K I P a e f f g e n 13. Etwas anders stellt sich bei § 132a die Frage deswegen, weil es hier an einer Parallele zur Problematik fehlt, dass bei bloßem „Ablauf" der vorläufigen Entziehung die Wiedererteilung einer neuen Fahrerlaubnis ( § § 6 9 Abs. 3, 69a Abs. 1 StGB) vermieden bzw. umgangen wird.
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45
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Vgl. die Ausführungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei § 331, die insoweit auch für § 358 Abs. 2 entsprechend gelten; die für § l i l a vertretene abweichende Ansicht des OLG Bremen in VRS 46 (1974) 43 und 48 (1975) 279 erscheint rechtlich nicht haltbar. So in der Tat KKJBoujong 12; Meyer-Goßner 12; LR1 Meyer23 18. Vgl. auch bei § l i l a , wo - wenig befriedigend - vielfach darauf abgestellt wird, ob sich das Revisionsverfahren ungewöhnlich in die Länge zieht.
Sabine Gieß
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§ 132a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
(aufgrund einer Hauptverhandlung!) seine Entscheidung über die erforderliche Dauer eines Berufsverbots getroffen; und da das vorläufige Verbot dem endgültigen in seinen Wirkungen gleichsteht (Rn. 2), kann er insoweit die Erforderlichkeit eines vorläufigen Verbots nicht mehr abweichend beurteilen. Man wird ihn darum auch als verpflichtet ansehen müssen, über die Aufhebung von Amts wegen zu befinden, da nicht ersichtlich ist, warum die gebotene Aufhebung, abweichend von der Regel (Rn. 19), hier nur auf Antrag ergehen sollte. 47 Bei der Entscheidung außer Betracht bleibt jedoch diejenige Zeit nach Erlass des letzten tatrichterlichen Urteils, während deren der Angeklagte auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Denn diese Zeit wird nach § 70 Abs. 4 Satz 3 StGB in die Verbotsfrist nicht eingerechnet. 22
3. Nichtanordnung im Urteil. Dass die Maßnahme nach § 132a aufzuheben ist, wenn das Urteil, in dem eine Maßregel gemäß § 70 StGB nicht angeordnet worden ist, Rechtskraft erlangt, versteht sich von selbst (vgl. bei § l i l a ) . § 132a Abs. 2 bestimmt darüber hinaus, dass die vorläufige Anordnung auch aufgehoben werden muss, wenn das Urteil, das den Angeklagten zwar verurteilt, eine Maßregel nach § 70 StGB aber nicht anordnet, noch nicht rechtskräftig ist. Auch in diesem Fall muss also, ohne Rücksicht auf ein zuungunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel, das vorläufige Berufsverbot sofort entfallen. Die Rechtslage ist nicht anders als bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. § l i l a ) und bei Haft- und Unterbringungsbefehlen (§ 120 Abs. 2, § 126a Abs. 3 Satz 2). Die in § 132a Abs. 2 für Urteile getroffene Regelung gilt entsprechend, wenn das Verfahren durch einen noch nicht rechtskräftigen Beschluss eingestellt wird (vgl. § l i l a ) . Ist gegen das Urteil zuungunsten des Angeklagten ein Rechtsmittel eingelegt worden, soll nach herrschender Meinung eine erneute Anordnung des vorläufigen Berufsverbots nur, aber immerhin, zulässig sein, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden sind, die voraussichtlich dazu führen werden, dass in dem auf das Rechtsmittel ergehenden Urteil ein Berufsverbot nach § 70 StGB angeordnet wird. 48 Dem hat Hanack in LR 25. Aufl. mit folgender Argumentation widersprochen: Die Regelung des § 132a Abs. 2 beruhe erkennbar auf dem Gedanken, dass die Nichtanordnung eines Berufsverbots „im Urteil" einer vorläufigen Anordnung nach § 132a die Grundlage entziehe, weil das Urteil in einer Hauptverhandlung gewonnen werde, die der Richter nach § 2 4 4 Abs. 2 auf alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat. Dem Urteilsverfahren würde also insoweit gegenüber dem Beschlussverfahren die Vermutung der größeren Richtigkeit oder zumindest doch eine Sperrwirkung für die vorläufige Maßnahme eingeräumt. Dass sich der urteilende Richter selbst oder ein anderer Richter durch Beschluss aufgrund (angeblich oder wirklich) neuer Tatsachen oder Beweismittel über das Urteil soll hinwegsetzen können, sei mit diesem Gedanken ganz unvereinbar. Diese Erwägungen verdienen - mit Blick auf die Bedeutung der grundrechtlich gesicherten Berufsausübung - im Grundsatz Zustimmung. Gleichwohl kann an der in der Vorauflage vertretenen Auffassung nicht in vollem Umfang festgehalten werden, vielmehr ist zu differenzieren. Auch die Bedeutung des Rechts auf die Berufsausübung rechtfertigt es nicht, dass ein Gericht, dem neue Tatsachen und Beweismittel bekannt werden, diese - anders als bei allen anderen vorläufigen Maßnahmen (vgl. etwa § l i l a , § 126a) - außer Betracht lässt. Jedenfalls in der Berufungsinstanz kann das vorläufige Berufsverbot vor einer Entscheidung über das zuungunsten des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel erneut
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48
Zust. SYJPaeffgeti 13. AK/Krause 12; KKJBoujong
13;
Meyer-Goß-
ner 11; KMRWankel 8; UUMeyer22· 19;
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ebenso die ganz herrschende Auffassung zu § l i l a (vgl. dort Rn. 18 f.); differenzierend
SKIPaeffgen 14.
Sabine Gieß
9b. Abschnitt. Vorläufiges Berufsverbot
§ 132a
angeordnet werden, wenn aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel mit einem endgültigen Berufsverbot zu rechnen ist. 4 9 4 . Zuständigkeit. Über die Aufhebung des vorläufigen Berufsverbots entscheidet das mit der Sache befasste Gericht. Die Ausführungen bei § l i l a gelten entsprechend. Im Vorverfahren ist das Amtsgericht zuständig, das die Anordnung nach § 132a getroffen hat (oben R n . 11); da eine dem § 120 Abs. 3 entsprechende Regelung fehlt, ist es an einen Aufhebungsantrag der Staatsanwaltschaft nicht gebunden, muss die M a ß n a h m e jedoch immer aufheben, wenn das Verfahren von dieser eingestellt ist. Das Berufungsgericht ist zuständig, wenn ihm die Akten nach § 321 vorgelegt worden sind; vorher entscheidet das Amtsgericht, auch wenn schon Berufung eingelegt worden ist. Das Revisionsgericht entscheidet über die vorläufige Maßregel nur, wenn es das im Urteil angeordnete Berufsverbot endgültig aufhebt oder wenn es das Verfahren einstellt. 5 0
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V. Anfechtung 1. Beschwerde. Der Beschluss über das vorläufige Berufsverbot ist, wenn er nicht von einem Strafsenat des Oberlandesgerichts (vgl. § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2) oder vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gemäß § 1 6 9 Abs. 1 Satz 2 (vgl. § 3 0 4 Abs. 5) erlassen worden ist, mit der einfachen Beschwerde nach § 3 0 4 Abs. 1 anfechtbar. 5 1 Auch die Entscheidung des erkennenden Gerichts kann angefochten werden (§ 3 0 5 Satz 2). Die Beschwerde steht der Staatsanwaltschaft zu, wenn die Anordnung nach § 132a abgelehnt, dem Beschuldigten, wenn sie erlassen worden ist; für die Staatsanwaltschaft gilt aber auch § 2 9 6 Abs. 2 . Das Rechtsmittel hat keine aufschiebende Wirkung (§ 3 0 7 Abs. 1; vgl. aber auch § 3 0 7 Abs. 2). Weitere Beschwerde ist nach § 310 ausgeschlossen (vgl. § l i l a ) .
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Eine Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts über das vorläufige Berufsverbot ist von der Strafkammer, bei der inzwischen Anklage erhoben worden ist, und von dem Berufungsgericht, dem die Akten nach § 321 vorgelegt worden sind, als Antrag auf Aufhebung der M a ß n a h m e zu behandeln. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde an das Oberlandesgericht zulässig. Die Ausführungen bei § l i l a , 9 0 gelten entsprechend.
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2 . Beschwerde bei Aufhebung. Gegen den Beschluss, der die Anordnung nach § 132a wieder aufhebt, kann die Staatsanwaltschaft nach § 3 0 4 Abs. 1 Beschwerde einlegen, auch wenn das erkennende Gericht entschieden hat (§ 3 0 5 Satz 2). Entscheidungen der Oberlandesgerichte sind nach § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 unanfechtbar, ebenso nach § 3 0 4 Abs. 5 Entscheidungen, die der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 erlassen hat. Wird das vorläufige Berufsverbot aufgehoben, weil das Gericht im Urteil die Maßregel des § 7 0 StGB nicht angeordnet hat, so ist die Beschwerde, solange das Urteil besteht, entgegen der h . M . nicht begründet, selbst wenn in ihr neue Tatsachen oder Beweismittel enthalten sind, die das erkennende Gericht nicht berück-
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14.
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SYJPaeffgett
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B G H N S t Z - R R 2 0 0 4 5 4 ; AKJKrause 13; KK7 Boujong 14; Meyer-Goßner 13; K M R / W a n kel 5; SYJPaeffgett 15.
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Die Nichtanfechtbarkeit gemäß § 3 0 4 Abs. 4 Satz 2 und gemäß § 3 0 4 Abs. 5 erscheint bemerkenswert.
Sabine Gieß
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§ 132a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
sichtigen konnte (vgl. oben Rn. 19). Die Frage, ob das untere Gericht die Maßnahme nach § 132a erneut anordnen darf, nachdem das Beschwerdegericht sie aufgehoben hat, beurteilt sich wie bei § l i l a .
VI. Abgeordnete 27
Die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots (in Bezug auf Nebentätigkeiten) gegen Abgeordnete ist nach Art. 46 GG und den entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen nur zulässig, wenn das Parlament die Genehmigung zur Strafverfolgung erteilt hat. Aufgrund allgemein erteilter Genehmigung (vgl. bei § 152a; s. auch Nr. 192a RiStBV) ist zwar die Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete mit gewissen Einschränkungen zulässig. Zu den Einschränkungen gehört jedoch gerade die Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots (s. Nr. 192a Abs. 2 Buchst, e RiStBV), zumal die Maßnahme sonst wohl auch das Verbot der Abgeordnetentätigkeit selbst erfassen müsste, da sie im Sinne des § 70 StGB als „Beruf" 5 2 anzusehen sein dürfte.
VII. Mitteilungspflichten 28
Gegen Angehörige bestimmter Berufe sind von Amts wegen Pflichten zur Mitteilung der Anordnung oder Aufhebung eines vorläufigen Berufsverbots zu beachten (vgl. § § 1 2 ff. EGGVG). Das gilt etwa für Notarinnen, Notare und Angehörige der rechtsberatenden Berufe (MiStra Nr. 23 Abs. 1 Nr. 2) oder für Angehörige bestimmter Berufe des Wirtschaftslebens und Sachverständige (MiStra Nr. 24 Abs. 1 Nr. 2) oder für Angehörige der Heilberufe (MiStra Nr. 26 Abs. 1 Nr. 2).
52
Vgl. UUHanack
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§ 70, 13.
Sabine Gieß
ZEHNTER ABSCHNITT Vernehmung des Beschuldigten Vorbemerkungen Der Abschnitt enthält die Vorschriften über die Vernehmung des Beschuldigten durch den Richter sowie über die Art und Weise, wie er zu der Vernehmung geladen und notfalls zwangsweise vorgeführt wird. Die Bestimmungen gelten nach § 163a Abs. 3 Satz 2 entsprechend, wenn der Beschuldigte vor die Staatsanwaltschaft geladen und von ihr vernommen wird.
1
Die §§ 133 ff. sind in erster Hinsicht im Vorverfahren anwendbar. Sie gelten aber generell für richterliche Vernehmungen ausserhalb der Hauptverhandlung, etwa auch für Vernehmungen im Rechtshilfeverkehr (vgl. § 133, 11)
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Ferner haben die §§ 136 und 136a für den Charakter des ganzen Strafverfahrens prinzipielle Bedeutung. Durch § 136 (der gemäß § 163a Abs. 4 weitgehend auch bei polizeilichen Vernehmungen gilt) wird - im Zusammenhang auch mit § 2 4 3 Abs. 4 - bezüglich der Rechtsstellung des Beschuldigten im Strafverfahren deutlich: Er ist Beteiligter, nicht O b j e k t des Verfahrens, und er braucht nicht gegen sich selbst auszusagen (vgl. § 136, 2 7 ) . Durch § 136a, der allgemeine Grundsätze für Vernehmungen jeder Art enthält (§ 6 9 Abs. 3 und § 7 2 schreiben seine entsprechende Anwendung bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen vor), werden Vernehmungsmethoden und -mittel verboten, die mit der Pflicht die Menschenwürde zu achten (Art. 1 Abs. 1 GG), unvereinbar sind oder jedenfalls nach rechtsstaatlichen Grundsätzen als unannehmbar gelten. Die Vorschrift ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass Grund- und Menschenrechte im staatlichen Verfahren zu achten sind und dass im Strafverfahren die Wahrheit nicht auf jede Weise und um jeden Preis aufgeklärt werden muss und darf (§ 136a, 3).
3
§ 133* (1) Der Beschuldigte ist zur Vernehmung schriftlich zu laden. (2) Die Ladung kann unter der Androhung geschehen, daß im Falle des Ausbleibens seine Vorführung erfolgen werde.
Schrifttum Enzian Das richterliche und das staatsanwaltschaftliche Vorführungsrecht, J R 1 9 7 5 Eb. Schmidt Der Vorführungsbefehl des Ermittlungsrichters - Androhung und Vollzug, J Z 354.
*• Die Kommentierung gründet auf der Bearbeitung durch Emst-Walter Hanack in der Vorauflage und schreibt sie fort. Soweit die vom
277; 1968
Vorautor vertretenen Ansichten in maßgebliehen Punkten modifiziert wurden, wird dies hervorgehoben.
Sabine Gieß
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§133
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Übersicht Rn.
1. Anwendungsbereich 2. Beschuldigter 3. Ladung a) Inhalt b) Form c) Frist 4 . Vernehmung ohne schriftliche Ladung 5. Erscheinungspflicht 6. Androhung der Vorführung
1
Rn.
1
7. Vorführungsbefehl a) Voraussetzungen b) Verhältnismäßigkeit c) Form. Inhalt d) Bekanntmachung e) Vollstreckung 8. Anfechtung 9. Verstöße 10. Abgeordnete
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1. Anwendungsbereich. Die Vorschrift gilt unmittelbar nur für richterliche Vernehmungen. Für Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft ist sie nach § 163a Abs. 3 Satz 2 entsprechend anzuwenden. Die Polizei ist, unbeschadet der Rechte nach § 127 Abs. 2, §§ 163b, 163c, nicht berechtigt, einen Beschuldigten zwangsweise zur eigenen Vernehmung vorzuführen; auch das Polizeirecht der Länder kann ihr die Vorführung nicht gestatten. 1 Bedeutung hat § 133 in erster Linie für Vernehmungen durch den Ermittlungsrichter (§§ 162, 169). Die Vorschrift gilt aber nicht nur im Vorverfahren, sondern für alle richterlichen Vernehmungen des Beschuldigten bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens, insbesondere auch für Vernehmungen nach § 173 Abs. 3 und nach § 2 0 2 . 2 Die Ladung zur Hauptverhandlung regelt § 216; diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn der Angeklagte nach § 2 3 3 Abs. 2 Satz 1 vernommen werden soll. Für die Ladung zur Berufungsverhandlung gilt zusätzlich § 323 Abs. 1 Satz 2, und für die „Ladung" zur Revisionshauptverhandlung gilt allein § 350. Im Bußgeldverfahren ist § 133 entsprechend anwendbar (§ 4 6 Abs. 1 und 5 OWiG). Der Beschuldigte kann auch im Wege der Rechtshilfe richterlich vernommen werden. Soweit keine besonderen Regelungen existieren, gelten gemäß § 77 Abs. 1 IRG die Regelungen der StPO. Das IRG enthält eine besondere Regelung für die Beschuldigtenvernehmung in Bezug auf Ersuchen aus anderen EU-Mitgliedstaaten in § 83e IRG; 3 zur Ladung eines Beschuldigten innerhalb der EU, sowie zur Videovernehmung 4 (vgl. Art. 5 und 10 EU-RhÜbK unten Rn. 11); zur Ladung eines Beschuldigten im Schengen-Ausland vgl. Art. 5 2 SDÜ; 5 zur Ladung eines
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BGH NJW 1962 1021; BayObLGSt 1956 170; 1962 177= N J W 1962 2 0 7 2 = JR 1963 67 m. Anm. Dünnebier, OLG Schleswig NJW 1956 1570; KYUGundlach 2, 3; KKJBoujong 1; Meyer-Goßner 1; SK/Rogall 2; Henkel 173; Roxin § 31, 2 3 ; Schlächter 2 6 6 . 2 ; Hust NJW 1969 2 2 ; Koschwitz Die kurzfristige polizeiliche Freiheitsentziehung (1969) 88; Schenke J R 1970 48; H. W. Schmidt NJW 1962 2190; a.A. Peters § 2 4 II. OLG Schleswig SchlHA 1958 2 9 0 ; h.M., z.B. KKJBoujong 2; Meyer-Goßner 1; SK/Rogall 1. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner-Hackner IRS, Hauptteil I, § 83e IRG; zur Vereinfachungen des Geschäftsweges zwischen den EU-Mitgliedstaaten vgl. Art. 5 Übereinkommen vom 29. Mai 2 0 0 0 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
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der Europäischen Union (EU-RhÜbk), ABl. EG Nr. C 197 vom 12. Juli 2 0 0 0 , 1; BGBl. I 2 0 0 5 S. 2189. Vgl. Art. 10 Abs. 9 EU-RhÜbk Schomburg/ Lagodny/Gleß/Hackner-Gleß IRS, Hauptteil III B, Art. 10 Rn. 19 f. Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ), ABl. EG Nr. L 2 3 9 vom 2 2 . 9 . 2 0 0 0 , 1 9 ; BGBl. II 1993 S. 1010, 1902; 1994 II S. 631; 1996 II S. 2 4 2 , 2 5 4 2 ; 1997 II S. 966. (Schomburg/Lagodny/ Gleß/Hackner-Schomburg/Gleß IRS, Hauptteil IV, Art. 5 2 IRG sowie unten Rn. 11).
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 133
Beschuldigten innerhalb Europas vgl. die Zusatzvereinbarungen zum E u R h Ü b k . 6 Wann weitere Regelungen aus dem Forum des Europarates (vgl. Art. 9 Abs. 8 des 2 . Z P zum E u R h Ü b k 7 ) in Deutschland umgesetzt werden, ist noch nicht absehbar. 2 . Beschuldigter ist jeder Tatverdächtige, gegen den allein oder mit anderen zusammen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist (Näheres bei § 136, 4). Darüber hinaus versteht § 133 Abs. 1 unter dem Beschuldigten auch den Angeschuldigten, der nach § 2 0 2 Satz 1 vernommen werden soll (Rn. 1).
2
3. Ladung a) Inhalt. Die Ladung muss zum Ausdruck bringen, dass der Geladene als Beschuldigter vernommen werden soll. 8 Die ihm zur Last gelegte Straftat ist in der Ladung kurz zu bezeichnen, wenn es mit dem Zweck der Untersuchung vereinbar ist. 9 Termin und Ort der richterlichen Vernehmung sind in der Ladung genau zu bezeichnen. Die Ladung kann auch an einen anderen Ort als den Gerichtsort erfolgen. 1 0 Ein Hinweis darauf, dass sich der Beschuldigte nicht zur Sache zu äußern braucht, ist in der Ladung zulässig, in der Regel aber unzweckmäßig. 1 1 Das Gesetz sieht den Hinweis erst bei der Vernehmung vor (§ 136 Abs. 1 Satz 2).
3
b) Form. Die Ladung darf nur der Richter anordnen. Sie erfolgt schriftlich (vgl. aber Rn. 6), und zwar durch verschlossenen Brief, nicht etwa durch Postkarte (RiStBV Nr. 4 4 Abs. 1 Satz 3). Eine telegrafische Ladung oder eine solche durch Telefax steht der schriftlichen gleich. Im Übrigen ist eine bestimmte Form für die schriftliche Ladung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Insbesondere bedarf sie nicht der förmlichen Zustellung. Diese wird sich aber oft empfehlen, wenn die Vorführung angedroht wird; denn der Erlass des Vorführungsbefehls setzt voraus, dass der Zugang der Ladung nachgewiesen ist (unten R n . 12). Wegen der Ladung von Soldaten und Seeleuten vgl. Erl. bei § 4 8 ; zur Ladung von Beschuldigten im Ausland vgl. § 6 8 I R G . 1 2
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c) Frist. Eine Ladungsfrist sieht das Gesetz nicht vor. Die Zeit zwischen Ladung und Termin darf aber nicht allzu kurz bemessen werden; anderenfalls muss unter Umständen das Ausbleiben des Beschuldigten als entschuldigt angesehen werden. 1 3
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Abgedruckt in: Schomburg/Lagodny/Gleß/ Hackner IRS, Hauptteil II.
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Zweites Zusatzprotokoll vom 8. November 2 0 0 1 zum Europäischen Übereinkommen vom 2 0 . April 1 9 5 9 über die Rechtshilfe in Strafsachen (2. ZP-EuRhÜbk) C.E.T.S./ S.T.E.C. N o . 1 8 2 (www.coe.int). KKIBoujong 5; Meyer-Goßner 4; KMRJLesch 3; SKJRogall 4 ; Eb. Schmidt 7; vgl. auch RiStBV Nr. 4 4 Abs. 1; a.A. AKJGundlach 7; „soll". KKJBoujong KMRJLesch
5; SKJRogall 4 ; AKJGundlach 3 a.A.; Meyer-Goßner 4;
8;
Eb. Schmidt 7; KKJBoujong 5. O L G Düsseldorf J Z 1 9 7 4 137; LG Köln N J W 1 9 6 7 1 8 7 3 ; LG Mönchengladbach J Z 1 9 7 0 1 9 2 ; AKJGundlach 9; KKIBoujong 5; MeyerGoßner 4 (nicht unzulässig, „aber überflüssig"); Eb. Schmidt J Z 1 9 6 8 3 5 7 ; a.A. LG Aachen J M B 1 N R W 1 9 7 0 57, vgl. a. Rn. 11.
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Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner-Schomburg/Hackner IRS, Hauptteil I, vor § 6 8 IRG Rn. 3 0 .
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AKJGundlach 10; KKIBoujong 4 ; KMRJLesch 4 ; SKJRogall 6.
Eb. Schmidt 7; L R J H a n a c k 2 5 3; vgl. a.: RiStBV Nr. 4 4 Abs. 1 Satz 2.
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§ 133
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
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4. Vernehmung ohne schriftliche Ladung. Eine Vernehmung, zu der der Beschuldigte nicht schriftlich geladen worden ist, wird durch § 133 nicht ausgeschlossen. Es kann daher auch mündlich oder telefonisch, ja sogar durch Benachrichtigung über die Polizei geladen werden. 14 Dann darf aber die Vorführung nicht angedroht werden (unten Rn. 10). Eine Vernehmung ist auch zulässig, wenn der Beschuldigte weder schriftlich noch mündlich geladen worden ist, sich aber unaufgefordert bei Gericht eingefunden hat oder aus der Haft vorgeführt worden ist.
7
5. Erscheinungspflicht. Nur die schriftliche Ladung begründet die Pflicht zum Erscheinen; eine Ausnahme für die mündliche Ladung gilt lediglich, wenn sie der Richter dem Beschuldigten, namentlich bei einer unterbrochenen Vernehmung für deren Fortsetzung, verkündet (§ 35 Abs. 1; allg. M.). Einer Ladung, die statt des Richters der Urkundsbeamte angeordnet hat, braucht der Beschuldigte nicht zu folgen. 15
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Auch wenn sich der Beschuldigte nicht zur Sache äußern will, ist er grundsätzlich zum Erscheinen verpflichtet. 16 Das gilt selbst dann, wenn er bereits vorher ausdrücklich erklärt hat, sich nicht einlassen zu wollen oder das dem Richter nach Erhalt der Ladung schriftlich oder telefonisch mitteilt. 17 Die Erscheinungspflicht besteht unabhängig von der Aussagefreiheit, weil der Vernehmungstermin außer der Vernehmung des Beschuldigten noch anderen Zwecken dienen kann. Der Richter kann es etwa für erforderlich halten, den Beschuldigten zum Zwecke der Feststellung der Identität zur Person zu vernehmen, (ausführlich dazu § 136, 10) oder sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Der Richter kann den Beschuldigten ferner über den Sachstand des Verfahrens informieren, damit der Beschuldigte vor diesem Hintergrund entscheiden kann, ob er eine Aussage machen möchte oder nicht. Den Beschuldigten trifft aber keine Erscheinungspflicht aus § 133, damit der Richter eine „Wahlgegenüberstellung" durchführen kann, denn das Recht zur Ladung ermächtigt nicht zu weiter gehenden Eingriffen. 18
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6. Androhung der Vorführung. Das Gesetz schreibt die Androhung nicht zwingend vor; sie steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. 19 Der Richter sollte sie aber nur aussprechen, wenn er sie auch wahrmachen will. 2 0 Denn wenn die Vorführung angedroht wird, dann aber trotz unentschuldigten Ausbleibens des Beschuldigten unterbleibt, kann ein Autoritätsverlust entstehen. Der Richter, der erforderlichenfalls die Vorführung anordnen will, kann sie deshalb androhen. Da auch der Zeuge unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen seines Ausbleibens geladen wird (§ 48), muss der Richter beim Beschuldigten nicht zurückhaltender verfahren und dadurch unter Umständen Verzöge-
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YXJBoujong 6; Meyer-Goßner 3; KMR7 Lesch 2; vgl. auch AKJGundlach 4. RGSt 56 2 3 4 . LG Aachen JMB1NRW 1970 57; LG Krefeld MDR 1968 68; LG Mönchengladbach NJW 1968 1392; AKJGundlach 9; YXJBoujong 8; Meyer-Goßner 5; SYJRogall 9. BGHSt 3 9 98 = JR 1994 36 m. krit. Anm. Welp; LG Hannover NJW 1967 791; LG Nürnberg-Fürth N J W 1967 2126 mit Anm. Sauer NJW 1968 167; Lampe MDR 1974 538; eingehend Eb. Schmidt J Z 1968 356;
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a.A. AG Mainz MDR 1967 323; s. auch OLG Düsseldorf J Z 1974 137. Grünwald J Z 1981 4 2 6 ; Lampe MDR 1974 5 3 9 ; Welp JR 1994 37; a.A.: BGHSt 3 9 98; LR/Hanack25 8; vgl. a. Haas GA 1 9 9 7 370. Ein Recht zur Gegenüberstellung kann sich damit lediglich aus $ 165 ergeben. LG Mönchengladbach J Z 1970 192; Eb. Schmidt J Z 1968 360. Eb. Schmidt J Z 1968 355; RiStBV Nr. 4 4 Abs. 2.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten rangen in Kauf nehmen. 2 1 Denn wenn der ohne Vorführungsanordnung geladene Beschuldigte nicht erscheint, muss er erneut, diesmal mit der Androhung der Vorführung geladen werden, damit sein Erscheinen erzwungen werden kann. Es empfiehlt sich daher, bei jeder Ladung die Vorführung anzuordnen, falls der Richter sie nicht von vornherein für überflüssig hält oder aus anderen Gründen nicht anordnen will; 2 2 das ist insbesondere der Fall, wenn nach Lage der Sache erwartet werden kann, dass der Beschuldigte der Ladung auch ohne Zwangsmaßnahmen folgt, oder wenn er wohlüberlegt und endgültig erklärt hat, keine Aussage zu machen und besondere Gründe, eine Vernehmung dennoch durchzuführen (Rn. 8), nicht bestehen. 2 3 Die Vorführung darf nur in einer schriftlichen Ladung angedroht werden; ihre mündliehe oder fernmündliche Androhung reicht also nicht. 2 4 Etwas anderes gilt nur, wenn eine Vernehmung, zu der der Beschuldigte erschienen ist, unterbrochen werden muss und der Beschuldigte zu ihrer Fortsetzung unter Androhung einer möglichen Vorführung vom Richter mündlich geladen wird. 2 5 Geht es nicht um die Unterbrechung einer Vernehmung, sondern um die Ladung zu einer späteren neuen Vernehmung, hat die frühere Androhung ihre Wirksamkeit verloren, muss also die schriftliche Androhung wiederholt werden. 2 6
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Die Ladung des Beschuldigten im Ausland für ein deutsches Strafverfahren erfolgt regelmäßig im Wege der Rechtshilfe. Direkt ist eine Ladung im Ausland nur dann möglich, wenn eine besondere völkerrechtliche Vereinbarung besteht. 2 7 Eine solche kann aber nicht mit der Androhung einer Vorführung versehen werden. Auf die Rechtsfolgen eines Ausbleibens trotz wirksamer Ladung darf dagegen hingewiesen werden, soweit hierin lediglich eine Darstellung der Rechtslage liegt. 2 8 Eine Person, die sich in Deutschland aufhält und von einem anderen EU-Mitgliedstaat gesucht wird, kann als Beschuldigter vernommen werden, § 83e I R G . 2 9 Sie kann unter bestimmten Umständen auch zu einer richterlichen Videovernehmung geladen werden. 3 0 Beschuldigtenladungen für ausländische Verfahren müssen den maßgeblichen Sachverhalt enthalten, damit im ersuchten Staat mögliche Aussageverweigerungsrechte geprüft werden können. Hierauf ist bei eingehenden Ersuchen auch hinzuweisen. Unter den Voraussetzungen von § 140 (i.V.m. § 7 7 Abs. 1 IRG) ist den Beschuldigten ein Beistand beizuordnen.
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Anders Schorn Der Strafrichter [1960] 30. Eb. Schmidt 8. Vgl. BGH NJW 1962 1020; KKJBoujong 9; Meyer-Goßner 6; SKIRogall 11. AKJGundlach 5; KKJBoujong 10; MeyerGoßner 7; SK/Rogall 10, 13; KMRJLesch 9. AKJGundlach 6; Meyer-Goßner 7; SKIRogall 13; KKJBoujong 10; die mündliche Ladung hält auch hier Schorn (oben Rn. 9) 30 nicht für ausreichend. KKJBoujong 10; SKIRogall 13. Etwa auf der Grundlage von Art. 5 EURhÜbk, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/ Gieß IRS, Hauptteil III B, Art. 5 oder auf der Grundlage von An. 52 SDÜ, Schomburg!
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LagodnylGleß/Hackner-Gleß IRS, Hauptteil IV, Art. 52. Vgl. Hackner/Schomburg/LagodnyfWolf Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Ein Leitfaden für die Praxis, (2003), Rn. 185. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/Haefcner IRS Hauptteil I, § 83e IRG. Art. 10 Abs. 4 und 9 EU-RhÜbk, vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/G/e/S IRS, Hauptteil III B, An. 10, Rn. 19f.; Rinio NStZ 2004 188; grundlegend zur Frage der videogestützten Beschuldigtenvernehmung aus deutscher Sicht: Swoboda Videotechnik im Strafverfahren (2002) 131 f., 293 f.; 320 ff.
Sabine Gieß
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§ 133
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
7. Vorführungsbefehl 12
a) Voraussetzungen. Obwohl § 133 Abs. 2 nur von der Androhung, nicht auch von der Möglichkeit der Vorführung spricht, ist selbstverständlich, dass das Gericht die Androhung wahr machen kann. Ob es den Vorführungsbefehl erlässt, steht nach allgemeiner Meinung aber ebenfalls in seinem pflichtgemäßen Ermessen. 31 Dabei muss es grundsätzlich die Beeinträchtigung der (Grund-(Rechte des Betroffenen durch die Vorführung gegen das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung abwägen (zur Verhältnismäßigkeit, unten Rn. 14). Wenn in der Ladung darauf hingewiesen worden war, beim Ausbleiben des Beschuldigten werde angenommen, dass er sich nicht äußern wolle, darf der Beschuldigte nicht ohne weitere Androhung vorgeführt werden, weil der (ungeschickte) Hinweis beim Beschuldigten die Vorstellung erwecken muss, dass er in diesem Fall auch nicht zu erscheinen brauche. 32 Der Beschuldigte darf mit der Vorführung überrascht werden. Allerdings sind auch bei dem Vollzug der Vorführung das Verhältnismäßigkeitsprinzip sowie Beschuldigtenrechte zu beachten, etwa der Anspruch auf rechtliches Gehör. 3 3
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Der Erlass des Vorführungsbefehls setzt grundsätzlich voraus, dass die Vorführung in einer schriftlichen Ladung angedroht war (vgl. aber Rn. 10) und dass der Zugang der Ladung nachgewiesen ist. Zur Ladung im Falle einer erneuten Vernehmung s. Rn. 10. Ferner darf der Vorführungsbefehl nur erlassen werden, wenn der Beschuldigte unentschuldigt ausgeblieben ist. 3 4 Dabei kommt es nicht darauf an, ob er sich entschuldigt hat; es genügt, dass sein Ausbleiben entschuldigt ist. Der Richter muss daher die ihm bekannten Hinderungsgründe berücksichtigen, auch wenn der Beschuldigte sie nicht geltend gemacht hat. Dem Ausbleiben steht es gleich, wenn der Beschuldigte in verhandlungsunfähigem Zustand, etwa nach Alkoholgenuss oder Drogeneinnahme, erscheint. 35 Kündigt der Beschuldigte vor dem Vernehmungstermin an, dass er der Ladung nicht folgen werde, so darf die Vorführung nicht ohne weiteres zu dem angesetzten Termin angeordnet werden, weil der Erklärung möglicherweise ein entschuldigender Irrtum zugrunde liegt; der Beschuldigte darf dann auch nicht ohne erneute Ladung unter Androhung der Vorführung zu einem anderen Termin vorgeführt werden, da der Vorführungsbefehl immer voraussetzt, dass der Beschuldigte in dem Termin ausbleibt, zu dem er geladen war. 36 Unter Umständen kommt aber eine Vorführung gemäß § 134 in Betracht.
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b) Verhältnismäßigkeit. Umstritten ist, ob oder wann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Vorführung entgegensteht. Jedenfalls bei der richterlichen Vorführung ist das nach überwiegender und richtiger Meinung regelmäßig nicht der Fall: 3 7 Maßnahmen nach § 133 Abs. 2 beeinträchtigen die Freiheitsrechte des Beschuldigten normalerweise in
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35 36
BayVerfGH MDR 1973 739; vgl. Rn. 9. LG Köln NJW 1967 1873; anders aber die h.M.: LG Aachen JMB1NRW 1970 5 7 ; LG Mönchengladbach J Z 1970 192; Eb. Schmidt J Z 1968 357; AKIGundlach 12; KYJBoujong 11; L R M e y e r 1 1 11. Enzian JR 1975 277. Eb. Schmidt J Z 1968 355; AKIGundlach 14; KKJBoujong 12; Meyer-Goßner 7; KMR/ Lesch 7; vgl. auch RiStBV Nr. 4 4 Abs. 2. Kaiser NJW 1968 188; kYJGundlach 15. Zum letzteren OLG Stuttgart NJW 1956
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840; Schorn (Rn. 9) 31; zum ersteren a.A. L R M e y e r 1 1 12. Eingehend Eb. Schmidt J Z 1968 360; ebenso KYJGundlach 16; Meyer-Goßner 7 (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehe der Vorführung „niemals" entgegen); SYJRogall 12; Roxin § 31, 2 5 ; Schlüchter 2 6 6 . 2 Fn. 336; vgl. auch KMR/Lesch 8. - Zur (umstrittenen) Vorführung vor die Staatsanwaltschaft gemäß § 163a Abs. 3 s. BGHSt 3 9 96 = J R 1994, 36 mit Anm. Welp und näher bei § 163a.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§133
so geringem Maße, dass die zwangsweise Durchführung seiner Erscheinenspflicht grundsätzlich nicht als unverhältnismäßig angesehen werden kann. Die Vorführung kann daher auch bei geringfügigen Straftaten angeordnet werden. 38 Es ist insoweit unerheblich, ob das Strafverfahren, für das der Beschuldigte vernommen werden soll, im Inland oder im Ausland geführt wird, soweit eine Rechtshilfeverpflichtung zur richterlichen Vernehmung besteht. 39 Einige Instanzgerichte halten die Vorführung für unverhältnismäßig, wenn der Beschuldigte ausdrücklich oder stillschweigend erklärt hat, dass er vor dem Richter nicht aussagen werde und es auch nicht aus anderen Gründen auf seine persönliche Anwesenheit ankommt. 40 Dem kann nicht zugestimmt werden. Wenn von vornherein feststünde, dass die Vorführung überflüssig ist, wäre sie eine nutzlose, wegen ihrer Zwecklosigkeit nicht zu rechtfertigende Zwangsmaßnahme und deshalb eine prozessual unzulässige Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit; 41 auf die Frage der Verhältnismäßigkeit, die sich nur bei prozessual zulässigen Zwangsmaßnahmen stellen kann, käme es dann gar nicht an. Jedoch kann regelmäßig nicht von vornherein mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte, nachdem der Richter ihm nach § 136 Abs. 1 Satz 1 den Tatvorwurf eröffnet hat, seinen Entschluss ändert und sich zur Aussage bereit findet; seine Vorführung kann daher nicht überflüssig und zwecklos sein. 42 Zur Frage der staatsanwaltschaftlichen Vorführung (§ 163a Abs. 3 Satz 2) s. bei § 163a. c) Form. Inhalt. Auch der Vorführungsbefehl muss schriftlich erlassen werden. Inhaltlich muss er den Anforderungen des § 134 Abs. 2 genügen (dort Rn. 6), also den Beschuldigten genau bezeichnen und die ihm zur Last gelegte Straftat nennen, worunter die gesetzliche Bezeichnung der Tat, nicht die Schilderung des tatsächlichen Vorgangs zu verstehen ist, sowie den Grund der Vorführung angeben. Dazu gehört die Angabe, dass und wie der Beschuldigte geladen worden ist und dass sein Ausbleiben nicht entschuldigt ist, oder, wenn er Entschuldigungsgründe vorgebracht hat, dass und warum sie nicht als ausreichend angesehen werden.
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d) Bekanntmachung. Der Vorführungsbefehl wird dem Beschuldigten nicht zugestellt, sondern unmittelbar vor Beginn der Zwangsmaßnahme eröffnet. 43 Dadurch werden ihm zwar Beschwerdemöglichkeit praktisch abgeschnitten, doch liegt dies in der Natur der Sache. 44
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e) Zur Vollstreckung vgl. § 134, 8.
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LG Krefeld M D R 1 9 6 8 6 8 ; auch bei den früheren Übertretungen war sie für zulässig gehalten worden (BayVerfGH M D R 1 9 6 3 7 3 9 ; LG Hannover N J W 1 9 6 7 7 9 2 ) ; a.A. O L G Zweibrücken N J W 1981 5 3 4 für ein ausländisches Rechtshilfeersuchen in einer minimalen OWiG-Sache; dem zustimmend KKIBoujong 9. Insoweit missverständlich: O L G Zweibrücken N J W 1 9 8 1 , 5 3 5 ; KKIBoujong 9. Z u Rechtshilfeersuchen aus dem EU-Ausland: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/G/e/?, IRS, Einleitung zu Hauptteil III, Rn. 51 f.
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N J W 1 9 6 7 1 8 7 3 ; LG Krefeld M D R 1 9 6 8 6 8 ; AG Stuttgart N J W 1 9 6 6 791. Eb. Schmidt J Z 1 9 6 8 357. LG Nürnberg-Fürth N J W 1 9 6 7 2 1 2 6 ; AKIGundlach 11, 16; Roxin § 31, 2 5 ; Eb. Schmidt J Z 1 9 6 8 3 5 7 ; vgl. auch LG Mönchengladbach J Z 1 9 7 0 1 9 2 .
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Eb. Schmidt 5; a.A. Enzian J R 1 9 7 5 2 7 9 , der die Mitteilung zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör für erforderlich hält; vgl. im Übrigen § 134, 7.
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Z u r verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit: BayVerfGH M D R 1 9 6 3 7 3 9 .
LG Hannover N J W 1 9 6 7 7 9 2 ; LG Köln
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8. Anfechtung. Gegen die richterliche Ladung (zur staatsanwaltschaftlichen vgl. bei § 163a) steht dem Beschuldigten die einfache Beschwerde nach § 304 Abs. 1 zu, wenn sie eine Vorführungsandrohung enthält. 45 Eine Ladung vor das Oberlandesgericht, etwa zur Vernehmung nach § 173 Abs. 3 oder § 202, ist unanfechtbar (§ 304 Abs. 4 Satz 2). Lehnt das Amtsgericht die Vorführung ab, so hat die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde. 46 Das Beschwerdegericht, das dieses Rechtsmittel für begründet hält, darf die Vorführung nicht selbst anordnen, sondern muss die Sache an das Amtsgericht zurückverweisen. 47 Eine weitere Beschwerde nach § 310 ist ausgeschlossen. 48
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9. Verstöße gegen § 133 beeinträchtigen die Verwertbarkeit der Vernehmung nicht und begründen auch nicht die Revision.
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10. Abgeordnete. Der Abgeordnete wird schon mit der Ladung, nicht erst mit der Vorführung oder ihrer Androhung, im Sinne des Art. 4 6 GG und der entsprechenden Landesverfassungen „zur Verantwortung gezogen". Sie ist daher nur unter den Voraussetzungen des Art. 4 6 Abs. 2 GG oder aufgrund der entsprechenden Vorschriften der Länderverfassungen zulässig. Doch erstreckt sich die vom Deutschen Bundestag und den Landtagen allgemein erteilte Genehmigung (Anlage 6 zur GeschäftsO des Bundestages; vgl. bei § 152a; RiStBV Nr. 192a Abs. 1 und 2) auch auf die Ladung und die Vorführungsanordnung; erst die Vorführung selbst stellt eine von der Genehmigung nicht mehr gedeckte Maßnahme dar, darf also ohne besondere Genehmigung nicht durchgeführt werden. 49 Anders stellt sich die Lage für Mitglieder des Europäischen Parlaments (EP) dar: Für diese gilt - über Art. 5 der Geschäftsordnung des EP - Artikel 10 des Protokolls über Vorrechte und Befreiungen vom 8. April 1965. 5 0 Deutsche Mitglieder des EP können sich gegenüber deutschen Organen auf die Verweisungsnorm des Artikels 10 lit. a berufen, nach dem Mitgliedern des Europäischen Parlamentes im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den nationalen Parlamentsmitgliedern zuerkannte „Unverletzlichkeit" zusteht. Mitglieder des EP aus einem anderen EU-Staat dürfen ohne Aufhebung der „Unverletzlichkeit" ohnehin „weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden" (Art. 10 lit. b). Da das Europäische Parlament nicht wie die deutschen Parlamente eine „allgemeine Genehmigung" ausgesprochen hat und Art. 10 lit. a auf die insoweit uneingeschränkte Unverletzlichkeit für die Dauer der Sitzungsperiode verweist, können alle Mitglieder des EP erst nach Aufhebung der Unverletzlichkeit zur Vernehmung geladen werden, es sei denn Art. 10 letzter Absatz greift ein, danach kann ,,[b]ei Ergreifung auf frischer Tat ... die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden". Die Aufhebung der Unverletzlichkeit ist in Artikel 6 und 6a der EP-Geschäftsordnung geregelt. 51 Die Arbeiten an einem einheitlichen Abgeordnetenstatut (Art. 190 Abs. 5 EGV) dauern weiter an.
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Eb. Schmidt J Z 1968 362; KK/Boujong 15; SKJRogall 16; Welp Zwangsbefugnisse für die Staatsanwaltschaft (1979) 19; Gössel GA 1976 62; a.A.: LG Hannover NJW 1967 791 u. AK/Gundlach 17 u. Meyer-Goßner 9 u. L R / H a n a c k 1 5 17, welche die Ladung nur bei gleichzeitiger Vorführungsanordnung für anfechtbar halten; KMKJI.esch 10 schließt sich Hanack an. LG Aachen JMB1NRW 1970 58; LG Köln NJW 1967 1873; LG Krefeld MDR 1968 68;
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LG Mönchengladbach NJW 1968 1392; LG Nürnberg-Fürth NJW 1967 2126; ganz h.L. LG Mönchengladbach J Z 1970 193; LG Nürnberg-Fürth NJW 1967 2128; ganz h.L. OLG Köln MDR 1952 378; s. auch bei §310. Bonn. Komm. (Zweitbearb.) Art. 46, 81; KKJBoujong 16; KURJLesch 12; SYJRogall 14; a.A. UUMeyer23 19. ABl. EG 152/13 vom 13.7.1967. ABl. EU L 61/1 vom 5.3.2003.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 134
§ 134* (1) Die sofortige Vorführung des Beschuldigten kann verfügt werden, wenn Gründe vorliegen, die den Erlaß eines Haftbefehls rechtfertigen würden. (2) In dem Vorführungsbefehl ist der Beschuldigte genau zu bezeichnen und die ihm zur Last gelegte Straftat sowie der Grund der Vorführung anzugeben.
Schrifttum Enzian Wesen und Wirken des Vorführungsbefehls, NJW 1957 450; Enzian Das richterliche und das staatsanwaltschaftliche Vorführungsrecht, JR 1975 277; Kaiser Die Wohnung als Schranke bei der Vollstreckung von Haft- und Vorführungsbefehlen? NJW 1964 759; Rasehorn Probleme des Vorführungsbefehls, DRiZ 1956 269; Eb. Schmidt Der Vorführungsbefehl des Ermittlungsrichters Androhung und Vollzug, J Z 1968 354.
Entstehungsgeschichte. Art. 2 1 Nr. 4 0 E G S t G B ersetzte in Absatz 2 die W o r t e „strafbare H a n d l u n g " durch das W o r t „ S t r a f t a t " .
Übersicht Rn. 1. Allgemeines 2. Zulässigkeit der sofortigen Vorführung 3. Vorführungsbefehl a) Zuständigkeit b) Form. Inhalt
. .
Rn. c) Bekanntmachung d) Vollstreckung 4. Anfechtung 5. Abgeordnete
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1. Allgemeines. Der Ausdruck „sofortige Vorführung" in § 134 Abs. 1 ist nicht ganz treffend. Gemeint ist nach dem Sinnzusammenhang die Vorführung ohne vorausgegangene Ladung im Gegensatz zur Vorführung nach § 133, die bei unentschuldigtem Ausbleiben des Beschuldigten angeordnet wird (allg. M . ) und weniger strengen Anforderungen unterliegt. Die Anordnung steht, wie bei § 1 3 3 (dort R n . 1), nur Richtern zu, nicht der Polizei. N a c h $ 1 6 3 a Abs. 3 Satz 2 gilt sie entsprechend für die Vorführung durch den Staatsanwalt. § 134 ist nicht nur im Vorverfahren, sondern für alle richterlichen Vernehmungen des Beschuldigten bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens anwendbar (vgl. § 133, 1).
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Die sofortige Vorführung zum Z w e c k der Vernehmung darf verfügt werden, wenn Gründe vorliegen, die den Erlass eines Haftbefehls rechtfertigen würden (§ 134 Abs. 1). D a es zum Erlass eines Haftbefehls der vorherigen Anhörung oder Vernehmung des Beschuldigten nicht bedarf (§ 3 3 Abs. 4 Satz 1), ist der Vorführungsbefehl nach § 134 nicht als eine den Haftbefehl vorbereitende M a ß n a h m e , sondern nur als ein Mittel anzusehen, mit dem die Vernehmung des Beschuldigten herbeigeführt werden kann (allg. M . ) . Die Bestimmung will dem Richter einen Mittelweg zwischen der sofortigen Verhaftung und der Ladung zum Z w e c k der Vernehmung ermöglichen. Die vorherige Anhörung des Beschuldigten ist nach § 3 3 Abs. 4 ebensowenig wie beim Erlass eines Haftbefehls erforderlich. 1
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* Die Kommentierung gründet auf der Bearbeitung durch Ernst-Walter Hanack in der Vorauflage und schreibt sie fort. Soweit die vom Vorautor vertretenen Ansichten in maßgeb-
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liehen Punkten modifiziert wurden, wird dies hervorgehoben. KKJBoujong 3; Meyer-Goßner 2; KMR/M«/ler 5; Enzian JR 1975 278.
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Die praktische Bedeutung der Vorschrift ist gering. Ihre Anwendung kommt in Betracht, wenn der Richter als „Notstaatsanwalt" nach § 165 bei Gefahr im Verzug die überraschende Vorführung ohne vorangegangene Ladung für geboten hält; 2 wenn die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Haftbefehls beantragt hat und der Richter sich zuvor durch Vernehmung des Beschuldigten darüber Gewissheit verschaffen will, ob die sich aus den Ermittlungsakten ergebenden Haftgründe bestehen; wenn die Staatsanwaltschaft gegen die Ablehnung oder gegen die Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls Beschwerde eingelegt hat. Zum Unterbringungsbefehl s. Rn. 4.
4
2. Zulässigkeit der sofortigen Vorführung. Nach § 134 Abs. 1 müssen Gründe vorliegen, die den Erlass eines Haftbefehls rechtfertigen würden. Diese Gründe sind in den §§ 112 bis 113 umschrieben. In Erweiterung des Wortlauts ist anzunehmen, dass die sofortige Vorführung auch angeordnet werden darf, wenn ein Unterbringungsbefehl nach § 126a erlassen werden könnte; 3 gerade in diesem Fall kann es zweckmäßig sein, dass sich der Richter, bevor er die freiheitsentziehende Maßregel anordnet, einen persönlichen Eindruck von dem Beschuldigten verschafft und ihm Gelegenheit gibt, entlastende Umstände vorzutragen. Eine sofortige Vorführung kann theoretisch auch in Durchführung eines Rechtshilfeverfahrens angeordnet werden. Auch wenn § 34 IRG eine solche Möglichkeit (anders als die Vorgängernorm § 30 DAG) nicht ausdrücklich erwähnt, ist diese als im Verhältnis zum Haftbefehl mildere, weil zeitlich begrenzte Maßnahme nach § 134 StPO nicht ausgeschlossen. Die Vorführung des Beschuldigten kann aber nur das nach dem jeweiligen nationalen Recht zuständige und insofern mit Hoheitsgewalt ausgestattete Gericht anordnen. 3. Vorführungsbefehl
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a) Zuständigkeit. Die Anordnung der Vorführung nach § 134 steht nur dem Richter, nicht dem Urkundsbeamten zu.4 Zuständig ist das mit der Sache befasste Gericht, im Ermittlungsverfahren der nach §§ 125, 126, 162, 165, 169 zuständige Richter.
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b) Form. Inhalt. Der Vorführungsbefehl ist, wie sich aus § 134 Abs. 2 ergibt, schriftlich zu erlassen (allg. M.). In ihm müssen Vorführungsort und -zeit angegeben und der Beschuldigte so genau bezeichnet werden, dass eine Personenverwechslung ausgeschlossen ist. Mit der erforderlichen Angabe der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftat meint § 134 Abs. 2 nur die gesetzliche Bezeichnung der Tat, nicht die Schilderung des tatsächlichen Vorgangs, wie sich aus einem Vergleich mit den §§ 114 Abs. 2, 136 Abs. 1 ergibt.5 Für den ebenfalls anzugebenden Grund der Vorführung genügt nicht die bloße Bemerkung, dass Gründe gegeben sind, die den Erlass eines Haftbefehls rechtfertigen würden. Vielmehr ist auszusprechen, dass dringender Tatverdacht besteht und der Haftgrund ebenso zu bezeichnen wie bei einem Haftbefehl (§ 114 Abs. 2 Nr. 3). Das erfordert regelmäßig eine kurze Tatschilderung. Jedoch ist die Angabe der Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergeben (§ 114 Abs. 2 Nr. 4), entbehrlich; 6 das Gesetz verlangt nicht, dass der Vorführungsbefehl genauso ausführlich begründet wird wie der Haftbefehl. 2 3
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Eb. Schmidt J Z 1968 354. Ebenso AKIGundlach 3; KKIBoujong 1; Meyer-Goßner 1; SK/Rogall 3. Vgl. RGSt 56 234. KYJGundlach 5; YXJBoujong 6; Meyer-Goßner 3; KMR/Lesch 3; SYJRogall 11.
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AK/Gundlach 5; KKIBoujong 6; Meyer-Goßner 3; SYJRogall 1; a.A. Eb. Schmidt 4; G. Schäfer 258.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
c) Bekanntmachung. Der Vorführungsbefehl wird dem Beschuldigten bei der VollStreckung (Rn. 8) eröffnet. 7 Jedenfalls auf Verlangen ist er ihm vorzuzeigen. 8 Ein Anspruch auf Aushändigung einer Abschrift wie beim Haftbefehl (§ 114a Abs. 2) besteht nicht. Wenn die Vollstreckung des schriftlich vorliegenden Vorführungsbefehls durch Fernsprecher oder Telefax veranlasst wird, was in Eilfällen zulässig ist, 9 muss dem Beschuldigten in sinngemäßer Anwendung des § 114a Abs. 1 Satz 2 vorläufig mitgeteilt werden, dass er auf richterliche Anordnung vorgeführt wird. 1 0
7
d) Vollstreckung. Der Vorführungsbefehl ist der Staatsanwaltschaft zur Vollstreckung zu übergeben (§ 36 Abs. 2 Satz 1). Bei inhaftierten Beschuldigten erfolgt die Vollstreckung durch den Anstaltsleiter. 11 Ein Steckbrief darf zur Vollstreckung nicht erlassen werden. Für die Beamten, die die Staatsanwaltschaft mit der Vollstreckung beauftragt, enthält der Vorführungsbefehl die Ermächtigung, die Wohnung des Beschuldigten, nicht aber die eines Dritten, zum Zweck seiner Ergreifung zu betreten und zu durchsuchen; eine besondere Durchsuchungsanordnung ist nicht erforderlich. 12 Die Gegenmeinung würde dazu führen, dass der Richter, da er die Vorführung selbstverständlich nicht daran scheitern lassen will, dass der Beschuldigte sich in seiner Wohnung verbirgt, mit dem Vorführungsbefehl stets eine Durchsuchungsanordnung nach §§ 102, 105 verbindet; das wäre eine überflüssige Formalität (vgl. auch bei § 105).
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Der Vorführungsbefehl berechtigt zur Anwendung unmittelbaren Zwangs, insbesondere zur Festnahme des Beschuldigten, jedoch erst, wenn er ihm eröffnet ist. 13 Darauf zu achten ist, dass die Freiheitsbeschränkung nicht länger dauert, als zur Vorführung unbedingt erforderlich ist (§ 135, 2 ff.). Zur Vorführung bei Nacht wird im Allgemeinen kein Anlass bestehen. 14 Die Festnahme kann aber nötigenfalls schon am Vorabend oder in den frühen Morgenstunden erfolgen (§ 135, 5). Wohnt der Beschuldigte weit entfernt vom Gerichtsort, so darf ein Gefangenentransportwagen benutzt werden, sofern dann die Frist des § 135 Satz 2 eingehalten werden kann. Wird dabei eine Übernachtung erforderlich, darf der Vorzuführende in einer Arrestzelle untergebracht werden. Bei Widersetzlichkeit kann auch das Anlegen von Fesseln gerechtfertigt sein. 15
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Der Vorführungsbefehl verliert seine Wirksamkeit nicht mit dem Beginn, sondern mit dem Abschluss der Vernehmung. 16 Bis dahin darf der Beschuldigte festgehalten werden;
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kYJGundlach 6; KKJBoujong 7; Meyer-Goßner 4; SYJRogall 12; Pfeiffer 1; vgl. auch BGH NStZ 1981 23; OLG Stuttgart Justiz 1982 3 4 0 ; AG Schwandorf NStZ 1987 281; a.A. Enzian JR 1975 279. Meyer-Goßner 4; weitergehend KMRJLesch 5 und SK/Rogall 12, der die Vorzeigung für erforderlich hielt, weil der Beschuldigte sonst nicht zum Gehorsam i.S. des § 113 StGB verpflichtet wäre; vgl. auch KKJBoujong 7 und KYJGundlach 6: „wenn möglich" bzw. „im Regelfall" vorzuzeigen. Niese 132 ff. KK/Boujong 7; Meyer-Goßner 4; sehr weitgehend in den Einzelheiten der Unterrichtung (im Hinblick auf § 113 StGB) OLG Stuttgart Justiz 1982 3 3 9 f.; ähnlich SYJRogall 12; vgl. auch BGH NStZ 1981 23.
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§ 36 Abs. 2 Satz 2 StVollzG; dazu Calliess/ Müller-Dietz § 3 6 , 1 4 . Kaiser NJW 1964 759; KYJGundlach 7; KK/ Boujong 8; Meyer-Goßner 5; KMR/Lesch 7 vgl. auch OLG Frankfurt NJW 1964 785. BGH NStZ 1981 23; OLG Stuttgart Justiz 1982 3 4 0 ; RGSt 12 162; Kaiser NJW 1965 1217. KK/Boujong 8; KMRJLesch 7; SK/Rogall 13 will sie nicht generell ausschließen; a.A. KYJGundlach 8 im Anschluss an Kaiser NJW 1965 1217 und OLG Coin GA 41 (1893) 157 in Anwendung alten preußischen Rechts: unzulässig. Kaiser NJW 1965 1217. KYJGundlach 9; KK/Boujong 8; Meyer-Goßner 6; SK/Rogall 14; a.A. Enzian NJW 1957 415 (der aber ein besonderes, vom Vor-
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§135
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
es wäre sinnlos, ihn erst zwangsweise vorzuführen, ihm dann aber vor dem Ende der Vernehmung Gelegenheit zu geben, sich zu entfernen. Nach Beendigung der Vernehmung muss er aber entlassen werden, sofern der Richter keinen Haft- oder Unterbringungsbefehl erlässt. Beendet ist die Vernehmung auch, wenn der Beschuldigte definitiv zum Ausdruck gebracht hat, nicht zur Sache aussagen zu wollen. 17 Der Vorführungsbefehl lebt nicht wieder auf, wenn der Beschuldigte einer erneuten Ladung nicht folgt; vielmehr bedarf es dann einer neuen Anordnung der Vorführung. 18 11
4. Anfechtung. Der Vorführungsbefehl kann mit der einfachen Beschwerde nach § 3 0 4 Abs. 1 angefochten werden, sofern er nicht von dem Oberlandesgericht erlassen worden ist (§ 304 Abs. 4 Satz 2). Das Rechtsmittel hat keine aufschiebende Wirkung (§ 307 Abs. 1). Die weitere Beschwerde ist nach § 310 ausgeschlossen (vgl. dort). Da die Vorführung normalerweise durch Freilassung oder durch den Erlass eines Haft- oder Unterbringungsbefehls überholt sein wird, bevor ein Rechtsmittel eingelegt werden oder ein Rechtsmittelgericht entscheiden kann, ist fraglich, welche praktische Bedeutung die Anfechtungsmöglichkeit hat. Die neuere Rechtsprechung zum Rechtsschutzbedürfnis bei prozessualer Überholung, 19 insbesondere auch zum Rechtsschutzbedürfnis bei Freiheitsentziehungen auf Grund polizeilicher Eingriffe zur Durchsetzung eines Platzverweises 20 sowie zur Beugehaft 21 legt aber nahe, dass auch im Falle einer sofortigen Vorführung ein Rechtsschutzbedürfnis an einer sachlichen Überprüfung trotz Aufhebung der Freiheitsbeschränkung gegeben sein kann. (vgl. bei § 304)
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5. Abgeordnete. Gegen Abgeordnete darf ein Vorführungsbefehl nur unter den Voraussetzungen des Art. 4 6 Abs. 2 GG bzw. der entsprechenden Vorschriften der Länderverfassungen erlassen werden. Zu den Grenzen der allgemein erteilten Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Vorführung s. bei § 133, 20.
§ 135* 1 Der Beschuldigte ist unverzüglich dem Richter vorzuführen und von diesem zu vernehmen. 2 Er darf auf Grund des Vorführungsbefehls nicht länger festgehalten werden als bis zum Ende des Tages, der dem Beginn der Vorführung folgt.
Schrifttum Enzian
Wesen und Wirken des Vorführungsbefehls, N J W 1 9 5 7 4 5 0 ; Kaiser Die Zelle als Ver-
wahrungsort für Vorgeführte, N J W 1 9 6 5 1216; Krehl/Eidam ren, N S t Z 2 0 0 6 1; Lampe
Die überlange Dauer von Strafverfah-
Grenzen des Festhalterechts gegenüber vorgeführten Beschuldigten und
Zeugen im Ermittlungsverfahren, M D R 1 9 7 4 5 3 5 . führungsbefehl unabhängiges Festhalterecht für gegeben hält); Lampe M D R 1 9 7 4 5 3 8 . 17
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SK/Rogall 14; Grünwald J Z 1 9 8 1 4 2 6 ; näher Kühne 2 2 6 . Meyer-Goßner 6; SK/Rogall 14; Enzian N J W 1 9 5 7 4 5 0 ; a.A. Rasehorn D R i Z 1 9 5 6 2 6 9 für den Vorführungsbefehl nach § 2 3 0 Abs. 2 . Vgl. auch § 1 3 3 , 1 0 . BVerfGE 9 6 2 7 = N J W 1 9 9 7 2 1 6 3 , 2 1 6 4 .
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BVerfG StV 1 9 9 9 2 9 5 . BVerfG N J W 2 0 0 0 2 7 3 .
* Die Kommentierung gründet auf der Bearbeitung durch Ernst-Walter Hanack in der Vorauflage und schreibt sie fort. Soweit die vom Vorautor vertretenen Ansichten in maßgeblichen Punkten modifiziert wurden, wird dies hervorgehoben.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 135
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift lautete ursprünglich: „Der Vorgeführte ist sofort von dem Richter zu vernehmen. Ist dies nicht ausführbar, so kann er bis zu seiner Vernehmung, jedoch nicht über den nächstfolgenden Tag hinaus, festgehalten werden". Ihre jetzige Fassung erhielt sie durch Art. 1 Nr. 35 des 1. StVRG; sie ist erst im Vermittlungsausschuss zustande gekommen (BTDrucks. 7 2810). Übersicht Rn.
Rn. d) Unverzügliche Vernehmung 3. Festhalten bis zum Ende des nächsten Tages (Satz 2) a) Zeitliche Grenze b) Art des Festhaltens
1. Geltungsbereich 2. Beschleunigungsgebot (Satz 1) a) Allgemeines b) Unverzüglich c) Unverzügliche Vorführung vor den Richter
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1. Geltungsbereich. Die Vorschrift gilt sowohl für die Vorführung wegen unentschul- 1 digten Ausbleibens (§ 133) als auch für die Vorführung bei Vorliegen eines Haftgrundes (§ 134 Abs. 1). Für die Hauptverhandlung gehen die §§ 230, 236, 329 Abs. 4 als Sondervorschriften vor. Die §§ 115, 115a sind im Vorführungsverfahren nicht anzuwenden; insoweit ist § 135 die Sondervorschrift. 1 § 135 gilt entsprechend bei der richterlichen Anordnung der Vorführung von Zeugen (§ 51 Abs. 1 Satz 3) und bei der staatsanwaltschaftlichen Anordnung der Vorführung des Beschuldigten (§ 163a Abs. 3 Satz 2) und von Zeugen (§ 161a Abs. 2 Satz 1). 2. Beschleunigungsgebot (Satz 1) a) Allgemeines. § 135 Satz 1 enthält ein Beschleunigungsgebot. Der Vorführungs- 2 befehl ist nur auf eine Freiheitsbeschränkung (Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG), nicht auf eine Freiheitsentziehung im engeren Sinne (Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG) gerichtet. 2 Der Beschuldigte muss daher so schnell wie möglich dem Richter vorgeführt und vernommen werden, damit die durch den Vorführungsbefehl gerechtfertigte Freiheitsbeschränkung nicht infolge verzögerter Behandlung in eine unnötige Freiheitsentziehung umschlägt. Das muss schon bei der Wahl des Zeitpunkts der Vorführung beachtet werden. Er richtet sich grundsätzlich nach dem Termin, den der Richter für die Vernehmung festgesetzt hat; die Vorführung darf also nicht früher erfolgen, als zur Sicherstellung des Erscheinens des Beschuldigten in dem angesetzten Vernehmungstermin erforderlich ist. Aber auch der Richter hat den Termin möglichst so festzusetzen, dass Verzögerungen vermieden werden (unten Rn. 5, 6). Insgesamt ist die Regelung als Teil der Sicherung gegen überlange Strafverfahren zu verstehen. 3 b) Unverzüglich. In Angleichung an den Wortlaut ähnlicher Bestimmungen (§§115, 3 115a, 128) ist durch das 1. StVRG in § 135 Satz 1 das Wort „sofort" durch das Wort
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Eb. Schmidt Nachtr. I 2. KYJGundlach 2; KKIBoujong 2; Meyer-Goßner 2; SK/Rogall 2; Pfeiffer 1; Lampe MDR 1974 536; vgl. auch BTDrucks. 7 2600 S. 5; a.A. (Freiheitsentziehung) Baumann FS Schmidt 531; Schnickmann M D R 1976 363
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und Moritz NJW 1977 796, bezogen auf die staatsanwaltschaftliche Vorführung gemäß § 163a Abs. 3. Vgl. a. Krehl/Eidam NStZ 2006 1; Kropp ZRP 2001 404.
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„unverzüglich" ersetzt worden. Sachlich unterscheiden sich die Begriffe nicht. 4 Der Begriff „unverzüglich" ist insbesondere nicht wie im bürgerlichen Recht (§ 121 BGB) dahin auszulegen, dass die Vorführung ohne schuldhaftes Zögern stattfinden muss; die Betrachtungsweise des auf ganz andere Rechtsbeziehungen und Rücksichtnahmen eingestellten bürgerlichen Rechts ist bei der Auslegung von Vorschriften, die das Verhalten staatlicher Behörden regeln, nicht angebracht. 5 „Unverzüglich" verlangt vielmehr ein Handeln ohne jede nach den Umständen vermeidbare Säumnis. Tritt eine Verzögerung ein, so kommt es nicht darauf an, ob sie schuldhaft, sondern ob sie sachlich berechtigt ist. Berechtigt ist jede Verzögerung, deren Gründe in rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen liegen. Der Beschuldigte wird „unverzüglich" vorgeführt, wenn das nach Lage der Sache und unter Berücksichtigung der Geschäftsverhältnisse der beteiligten Behörden mit der notwendigen Beschleunigung geschieht (vgl. auch § 115). 4
c) Unverzügliche Vorführung vor den Richter. Der Beschuldigte, der aufgrund des Vorführungsbefehls festgenommen worden ist, muss nach § 135 Satz 1 unverzüglich dem Richter vorgeführt und von diesem vernommen werden. Daraus folgt, dass der Zeitpunkt der Vorführung vor den Richter, wie in §§ 115, 115a, nicht unbedingt mit dem der Vernehmung zusammenfallen muss; denn sonst hätte es genügt, die unverzügliche Vernehmung des Beschuldigten vorzuschreiben. Da es weder sinnvoll noch zweckmäßig wäre, den Beschuldigten vor den Richter zu führen, obwohl dieser ihn zunächst nicht vernehmen kann, muss aus dem Wortlaut des § 135 Satz 1 geschlossen werden, dass die Vorführung nicht darin zu bestehen braucht, dass der Beschuldigte dem Richter sogleich persönlich gegenübergestellt wird. Vorführung bedeutet wie in §§ 115, 115a nur, dass der Ergriffene in den unmittelbaren Machtbereich des zuständigen Richters gelangt, also dessen unmittelbarer Verfügungsgewalt unterstellt wird (vgl. auch ξ 115). Der Beschuldigte ist dem Richter daher auch „vorgeführt", wenn er in das Gerichtsgefängnis eingeliefert oder in das Gerichtsgebäude gebracht und dort in einem Zimmer bewacht oder eingeschlossen wird.
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Das Gebot der unverzüglichen Vorführung hindert nicht eine Ergreifung des am Vernehmungsort wohnenden Beschuldigten zu einem mehrere Stunden vor dem Vernehmungstermin liegenden Zeitpunkt und seine vorläufige Verbringung in polizeilichen Gewahrsam, falls die Vorführung nicht anders sichergestellt werden kann. Sofern bestimmte Tatsachen dafür sprechen, dass der Beschuldigte sich sonst der Vorführung entziehen würde, darf er so frühzeitig, unter Umständen schon am Vorabend, festgenommen werden, dass er keine Gelegenheit hat, sein Vorhaben zu verwirklichen. 6 Beschuldigte, die tagsüber erfahrungsgemäß nicht erreichbar sind, dürfen schon in den frühen Morgenstunden in ihrer Wohnung ergriffen werden; bei Beschuldigten ohne festen Arbeitsplatz (Verkaufsfahrer, Handelsvertreter) ist die Festnahme zu einem anderen Zeitpunkt oft praktisch gar nicht möglich. Bei sonstigen Beschuldigten ist die verhältnismäßig unauffällige Festnahme in der Wohnung der Ergreifung am Arbeitsplatz schon in ihrem eigenen Interesse vorzuziehen. Der Richter muss aber bei der Anberaumung des Vernehmungstermins auf die vorzeitige Ergreifung möglichst Rücksicht nehmen (Rn. 6).
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d) Unverzügliche Vernehmung. Ist der Beschuldigte dem Richter vorgeführt worden (oben Rn. 4), so muss er sogleich vernommen werden, sofern dem nicht Hindernisse ent4 5
Lampe MDR 1974 537. Vgl. Eb. Schmidt Nach«. I § 115, 7; Maunz/Dürig/Herzog Art. 104, 38; ebenso SKJRogall 4.
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BayVerfGHE 3 II 63.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten gegenstehen, die es rechtfertigen, die Vernehmung aufzuschieben. Solche Hindernisse k ö n n e n in der Person des Richters (Erkrankung, andere unaufschiebbare Dienstgeschäfte) oder in der Person des Beschuldigten (Übermüdung, etwa nach längerem Transport), aber auch in der organisatorischen Einrichtung der Justiz liegen. 7 Auch die Verhinderung des Staatsanwalts und des Verteidigers, die nach § 1 6 8 c der Vernehmung beiwohnen dürfen, k a n n ein Hinderungsgrund sein (allg. M . ) . Trifft der Beschuldigte früher ein als erwartet, muss der Richter weniger eilige Dienstgeschäfte zurückstellen und in der Regel etwa auch einen anderen R a u m suchen, wenn das Vernehmungszimmer gerade nicht frei ist. D e r R i c h t e r hat bei der Terminplanung insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte vielfach schon a m Vorabend oder in den frühen Morgenstunden zur Vernehmung gebracht wird. W ä h r e n d der Vernehmung darf der Beschuldigte aufgrund des Vorführungsbefehls daran gehindert werden, sich zu entfernen (näher § 1 3 4 , 1 0 ) .
3 . Festhalten bis zum Ende des nächsten Tages (Satz 2 ) a) Zeitliche Grenze. N a c h der bis zum 1. S t V R G geltenden Fassung des § 135 Satz 2 w a r es zulässig, den Beschuldigten ohne R ü c k s i c h t darauf, w a n n er zum Z w e c k der Vorführung ergriffen worden war, bis zum Ende des Tages festzuhalten, der auf den Tag seines Eintreffens bei Gericht folgt. Die Frist, die für den T r a n s p o r t zum Vernehmungsort benötigt wurde, war nicht einzurechnen. 8 N u n m e h r zieht § 135 Satz 2 in Anlehnung an den W o r t l a u t des Art. 1 0 4 Abs. 2 Satz 3 G G die äußerste zeitliche Grenze, bis zu der ein Festhalten des Betroffenen aufgrund des Vorführungsbefehls zulässig ist, wesentlich enger. D e r Beschuldigte darf, auch wenn bis dahin mit der Vernehmung nicht begonnen werden k a n n , nicht länger als bis zu dem Ende des Tages, der dem Beginn der Vorführung folgt, festgehalten werden, im Höchstfall also k n a p p 4 8 Stunden. O b einer der beiden Tage arbeitsfrei ist, spielt keine R o l l e . 9 Beginn der Vorführung im Sinne des § 135 Satz 2 ist die Ergreifung des Beschuldigten zum Z w e c k e der Vorführung vor den Richter, nicht der Beginn dieser Vorführung selbst. D e r Z e i t r a u m des § 135 Satz 2 umfasst also die gesamte Vorführung von der Ergreifung bis zum Ende der Vernehmung. W o h n t der Beschuldigte so weit v o m Vernehmungsort entfernt, dass die Frist mit Sicherheit nicht eingehalten werden k a n n , so ist die Vorführung von vornherein unzulässig.
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Festgehalten werden darf der Beschuldigte äußerstenfalls bis zum Ende ( 2 4 Uhr) des auf seine Ergreifung folgenden Tages. Auch der Richter darf ihn daher, wenn aus zwingenden Gründen (Rn. 6) eine Vernehmung nicht früher möglich ist, bis zum Ablauf der Frist festhalten. Wenn jedoch feststeht, dass eine Vernehmung bis dahin nicht durchgeführt werden k a n n , ist der Beschuldigte sofort freizulassen. Zweifelhaft ist, o b ein Festhalten über die in § 135 Satz 2 bestimmte Frist hinaus ausnahmsweise dann zulässig ist, wenn die Vernehmung vor Ablauf der Frist begonnen, aber bei Fristablauf noch nicht abgeschlossen worden ist. M a n wird die Frage wohl verneinen müssen, obwohl dann die Vernehmung, unter Umständen gerade zum Nachteil des Beschuldigten, abgekürzt werden k ö n n t e . 1 0 D e n n bei einer anderen Betrachtung würde die strenge zeitliche Beschränkung des § 135 Satz 2 zu sehr unterlaufen oder unterlaufen werden k ö n n e n , da die Vernehmung nicht in
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AYJGundlach 6; Meyer-Goßner 5; SKJRogall 4; Eb. Schmidt 3; Lampe MDR 1974 537. Eb. Schmidt 4. KK/Bou/ong 6; Meyer-Goßner 6; KMRJLesch 6; SK/Rogall 6; Pfeiffer 2; vgl. auch Eb. Schmidt 5.
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AYJGundlach 8; YXJBoujong 6; KMRILesch 6; SYJRogall 7; a.A. Meyer-Goßner 6; LR/ Meyer23 8.
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einem Zuge zu erfolgen braucht, sondern durch Pausen, auch während der Nachtruhe, unterbrochen werden darf oder sogar muss. Nach dem Ende der Vernehmung (vgl. § 134, 10) muss der Richter den Beschuldigten sofort entlassen, sofern er keinen Haftoder Unterbringungsbefehl gegen ihn erlässt. 9
b) Art des Festhaltens. Über Art und Weise des Festhaltens bestimmt das Gesetz nichts. Hierüber entscheidet daher das Gericht 1 1 unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Es hat dabei die voraussichtliche Dauer der Festhaltung zu berücksichtigen. Die Festhaltung kann in der bloßen Bewachung im Gerichtszimmer durch den vorführenden Beamten oder durch einen Gerichtswachtmeister, aber auch in der Einschließung in einem Raum des Gerichts bestehen; auch die Aufnahme in einer Arrestzelle oder im Gerichtsgefängnis ist zulässig, etwa wenn der Beschuldigte am Abend vor dem für die Vernehmung bestimmten Tag ergriffen worden ist. Die für Untersuchungsgefangene geltenden Erleichterungen (§ 119) müssen unter allen Umständen gewahrt werden.
§ 136* (1) 1 Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. 2 E r ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. 3 Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. 4 In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, daß er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleiches hingewiesen werden. (2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. (3) Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
Schrifttum Amelung Zum Streit über die Grundlagen der Lehre von den Beweisverwertungsverboten, FS Roxin 1259; Ad. Arndt Das Schweigen vor Gericht, NJW 1966 869; Artkämper Das Recht zur Verteidigerkonsultation, NJ 1998 246; Arzt Begründung der Beschuldigten-Eigenschaft, Kriminalistik 1970 379; Aselmann Die Selbstbelastungs- und Verteidigungsfreiheit (2004); Bauer Die Aussage des über sein Schweigerecht nicht belehrten Beschuldigten, Diss. Göttingen 1972; ders. Die „Beweislastverteilung" bei unterlassener Belehrung des Beschuldigten, wistra 1993 99; Beckemper Durchsetzbarkeit des Verteidigerkonsultationsrechts und die Eigenverantwortlichkeit des Beschuldigten (2002); Benfer Grundrechtseingriffe im Ermittlungsverfahren2 (1990); Beulke Die Vernehmung des Beschuldigten - Einige Anmerkungen aus der Sicht der Prozeßrechtswissenschaft, StV 11
AKJGundlach 9; KK/Boujong 7; Meyer-Goßner 7; SYURogall 7; Pfeiffer 2; Kaiser NJW 1965 1216 (jeweils mit Einzelheiten auch zum folg. Text).
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* Die Kommentierung gründet auf der Bearbeitung durch Ernst-Walter Hanack in der Vorauflage und schreibt sie fort. Soweit die vom Vorautor vertretenen Ansichten in maßgeblichen Punkten modifiziert wurden, wird dies hervorgehoben.
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1990 180; ders. M u ß die Polizei dem Beschuldigten vor der Vernehmung „Erste Hilfe" bei der Verteidigerkonsultation leisten? NStZ 1996 257; Bernsmann Verwertungsverbot bei fehlender und mangelhafter Belehrung, StraFo 1998 73; Binding Die Wahrheitspflicht im Prozesse, DJZ 1909 162; Bockemühl Private Ermittlungen im Strafprozeß, DSteV, 1996; Böse Die Verfassungsrechtlichen Grundlagen des Satzes „Nemo tenetur se ipsum accusare", GA 2002 98; ders. Die Verwertung im Ausland gewonnener Beweismittel im deutschen Strafverfahren, ZStW 114 (2002) 148; Bringewat Der „Verdächtige" als schweigeberechtigte Auskunftsperson? J Z 1981 289; Bosch Aspekte des nemo-tenetur-Prinzips aus verfassungsrechtlicher und strafprozessualer Sicht (1998); Brandis Beweisverbote als Belastungsverbote aus Sicht des Beschuldigten? (2001); Burhoff Praktische Fragen der „Widerspruchslösung", StraFo 2003 267; Castringius Schweigen und Leugnen des Beschuldigten im Strafprozeß, Diss. Hamburg 1965; Coenen Der Zeitpunkt für die Bestellung des Pflichtverteidigers (2006); Dahs Die Ausweitung des Widerspruchserfordernisses, StraFo 1998 253; Dalimeyer Beweisführung im Strengbeweisverfahren (2002); ders. Verletzt der zwangsweise Brechmitteleinsatz gegen Beschuldigte deren Persönlichkeitsrechte? StV 1997 606; Degener § 136 StPO und die Aussagefreiheit des Beschuldigten, GA 1992 443; Dencker Über Heimlichkeit, Offenheit und Täuschung bei der Beweisgewinnung im Strafverfahren, StV 1994 667; ders. 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Der Schutz vor Selbstbezichtigung im deutschen Strafprozeßrecht, ZStW 86 (1974) Beih. 136; Esser Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002); Feigen Neue Risiken für die Rechte des Beschuldigten, Rudolphi-Symp. 161; Fezer Hat der Beschuldigte ein „Recht auf Lüge"? FS Stree/Wessels 663; Fincke Verwertbarkeit von Aussagen des nicht belehrten Beschuldigten, NJW 1969 1014; ders. Die Pflicht des Sachverständigen zur Belehrung des Beschuldigten, ZStW 86 (1974) 656; ders. Zum Begriff des Beschuldigten und den Verdachtsgraden, ZStW 95 (1983) 918; Foertsch Die Berücksichtigung von Beweisverboten im Zwischenverfahren (2002); Frehsee „Strafverfolgung" von strafunmündigen Kindern, ZStW 100 (1988) 290; Fuhrmann Das Schweigen des Angeklagten in der Hauptverhandlung, JR 1965 417; Gaede Fairness als Teilhabe - Das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäss Art. 6 EMRK (2007); Gegenfurtner Zum Recht des Angeklagten auf Schweigen in Verkehrsstrafsachen, DAR 1966 98; Geppert Die „qualifizierte" Belehrung, GedS Meyer 93; ders. Zum Beginn der „Beschuldigten"-Eigenschaft, FS Schroeder 675; von Gerlach Die Begründung der Beschuldigteneigenschaft im Ermittlungsverfahren, NJW 1969 776; Gotting Beweisverwertungsverbote in Fällen gesetzlich nicht geregelter Ermittlungstätigkeit (2001); Grünwald Das Beweisrecht der Strafprozeßordnung (1993); ders. Menschenrechte im Strafprozeß, StV 1987 453; ders. Probleme der Gegenüberstellung zum Zwecke der Wiedererkennung JZ 1981 423; Gundlach Die Vernehmung des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren (1984); Guradze Schweigerecht und Unschuldsvermutung im englisch-amerikanischen und bundesdeutschen Strafprozeß, FS Loewenstein 151; Habscheid Das Persönlichkeitsrecht als Schranke der Wahrheitsfindung im Prozeßrecht, GedS H. Peters 840; Hackethal Der Einsatz von Vomitivmitteln zur Beweissicherung im Strafverfahren (2005); Hamm Staatliche Hilfe bei der Suche nach Verteidigern - Verteidigerhilfe zur Begründung von Verwertungsverboten, NJW 1996 2185; Hammerstein Sachaufklärung durch inquisitorische Vernehmung des Angeklagten, FS Middendorf 111; Hartwig Strafprozessuale Folgen des verspäteten Widerspruchs gegen eine unzulässige Beweisverwertung, JR 1998 359; Häuf Beweisverwertungsverbot: „in dubio pro reo" beim Nachweis von Verfahrensfehlern, MDR 1993 195; Hecker Verwertungsverbot infolge unterlassener Betroffenenbelehrung? 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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse (§ 243 Abs. 2 StPO), Diss. Kiel 1968; Henscbel Die Vernehmung des Beschuldigten (1909); von Hentig Die Ausrede, FS Aschaffenburg 97; ders. Das Geständnis, SchwZStr. 1929 25; ders. Das Leugnen, SchwZStr. 1937 201; Herrmann Das Recht des Beschuldigten vor der polizeilichen Vernehmung einen Verteidiger zu befragen, NStZ 1997 209; Hiebl Zugang zu einem vorläufig Festgenommenen im Polizeigewahrsam, StraFo 1998 412; Höra Wahrheitspflicht und Schweigebefugnis des Beschuldigten, Diss. Frankfurt 1970; Hülle Das Geständnis des Beschuldigten vor dem Haftrichter und seine Beurkundung, DRiZ 1952 166; Ignor Plädoyer für die Widerspruchslösung, FS Rieß 185; Janicki Beweisverbote im deutschen und englischen Strafprozeß. Auswirkungen auf die europäische Zusammenarbeit (2002); Keiser Die Anwendung des „nemo-tenetur-Grundsatzes" auf das Prozessverhalten des Angeklagten, StV 2000 633; Kiehl Verwertungsverbot für Beschuldigtenvernehmung ohne vorherige Belehrung: Der BGH korrigiert sich - überzeugend? NJW 1993 501; ders. Neues Verwertungsverbot bei unverstandener Beschuldigtenbelehrung - neue Tücken für die Verteidigung, NJW 1994 1267; Klein Inhalt und Reichweite des § 136 StPO (2005); Kleinknecht Ermittlungen der Polizei nach der „kleinen Strafprozeßreform", Kriminalistik 1965 449; Kohlbaas Schlüsse aus dem Schweigen des Beschuldigten? NJW 1965 2282; Kölbel Geständnisverwertung bei missglückter Absprache, NStZ 2003 232; Kraft Das nemo tenetur-Prinzip und die sich daraus ergebenden Rechte des Beschuldigten in der polizeilichen Vernehmung (2002); Krauß V-Leute im Strafprozeß und die Europäische Menschenrechtskonvention (1999); Kunert Wie weit schützt die Strafprozeßordnung die Grundrechte des Beschuldigten? MDR 1967 539; Lenckner Mitbeschuldigter und Zeuge, FS Peters 333; Kutschera Verwertungsverbot bei unterbliebenem Hinweis auf einen Strafverteidigernotdienst, StraFo 2001 262; Leipold Form und Umfang des Erklärungsrechts nach § 257 StPO und seine Auswirkungen auf die Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofes, StraFo 2001 300; Lesch „Hörfalle" und kein Ende, GA 2000 355; ders. Inquisition und rechtliches Gehör in der Beschuldigtenvernehmung, ZStW 111 (1999) 624; ders. Der Beschuldigte im Strafverfahren - über den Begriff und die Konsequenzen der unterlassenen Belehrung, JA 1995 157; Liepmann Die Psychologie der Vernehmung des Angeklagten im deutschen Strafprozeß, ZStW 44 (1924) 647; von der Lippe Die „Widerspruchslösung" der Rechtsprechung für strafprozessuale Beweisverwertungsverbote (2001); Lohsing Das Geständnis in Strafsachen (1905); Maiberg Zur Widerspruchsabhängigkeit von strafprozessualen Verwertungsverboten (2003); Maul/Eschelbach Die „Widerspruchslösung" von Beweisverbotsproblemen in der Rechtsprechung, StraFo 1996 66; B. Mehle Zeitpunkt und Umfang notwendiger Verteidigung im Ermittlungsverfahren (2006); Meurer Informelle Ausforschung, FS Roxin 1281; ders. Dogmatik und Pragmatismus - Marksteine der Rechtsprechung des BGH in Strafsachen, NJW 2000 2936; F. Meyer Die Aussagefreiheit und das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, GA 2007 15; MeyerGoßner/Appl Die Ausweitung des Widerspruchserfordernisses, StraFo 1998 258; Meyer-Mews Beweisverwertungsverbote im Strafverfahren, JuS 2004 39; ders. Sozialrechtliche Erklärungslasten des Leistungsempfängers und die Verwertung dieser Angaben im Strafverfahren, JuS 2004 208; Mezger Die Beschuldigtenvernehmung auf psychologischer Grundlage, ZStW 40 (1919) 152; Miebach/Sander Die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Rechtsprechung des BGH, NStZ-RR 2000 1; Mörsch Zur Rechtsstellung des Beschuldigten und seines Verteidigers im Vorverfahren, Diss. Mainz 1968; Müller-Dietz Die Stellung des Beschuldigten im Strafprozeß, ZStW 93 (1981) 1177; Müssig Beweisverbote im Legitimationszusammenhang von Strafrechtstheorie und Strafverfahren, GA 1999 119; Nelles Der Einfluß der Verteidigung auf Beweiserhebungen im Ermittlungsverfahren, StV 1986 74; Neumann Mitwirkungs- und Duldungspflichten des Beschuldigten bei körperlichen Eingriffen im Strafverfahren, FS E.A. Wolff 373; Odenthal Zulässigkeit und Beweiswert einer heimlichen Stimmenidentifizierung, NStZ 1995 579; Ostermeyer Der schweigende Beschuldigte, NJW 1967 915; Pfenninger Die Wahrheitspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren, FS Rittler 355; Radbruch Grenzen der Kriminalpolizei, FS Sauer 121; Ransiek Die Rechte des Beschuldigten in der Polizeivernehmung (1990); ders. Belehrung über Aussagefreiheit und Recht der Verteidigerkonsultation: Folgerungen für die Beschuldigtenvernehmung, StV 1994 343; Rauscher Probleme bei polizeilichen Belehrungen, Polizei 1967 287; Reinhart Die Befragung des Beschuldigten im Strafprozeß (1978; zugleich Diss. Bern); Reitberger Der Beschuldigte als Beweismittel, Kriminalistik 1968 349; Rieß Die Vernehmung des Beschuldigten im Strafprozeß, JA 1980 293; Rejewski Unterbliebener Hinweis auf die „Aussagefreiheit" des Beschuldigten als Revisionsgrund? NJW 1967 1999; Renzikowski Die förmliche Vernehmung des Beschuldigten und ihre Umgehung, J Z 1997 710; Rogall Der
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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Beschuldigte als Beweismittel gegen sich selbst (1977); ders. Zur Verwertbarkeit der Aussage einer noch nicht beschuldigten Person, M D R 1977 978; ders. Gegenwärtiger Stand und Entwicklungstendenzen der Lehre von den strafrechtlichen Beweisverboten, ZStW 91 (1979) 1; ders. Die Rolle des Ermittlungsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland, in Eser/Kaiser (Hrsg.) 2. Deutsch-ungarisches Kolloquium über Strafrecht und Kriminologie (1995 ) 75; ders. Über die Folgen der rechtswidrigen Beschaffung des Zeugenbeweises im Strafprozeß, J Z 1996 944; ders. Beweisverbote im System des deutschen und des amerikanischen Strafverfahrensrechts, Rudolphi-Symp. 113; ders. Die Vergabe von Vomitivmitteln als strafprozessuale Zwangsmaßnahme, NStZ 1998 67; Roxin Zum Hörfallen-Beschluß des Großen Senats für Strafsachen, NStZ 1997 18; ders. Nemo tenetur: die Rechtsprechung am Scheideweg, NStZ 1995 465; Rüpirtg Zur Mitwirkungspflicht des Beschuldigten und Angeklagten, J R 1974 135; Rzepka Zur Fairness im deutschen Strafverfahren (2000); Saiger Das Schweigerecht des Beschuldigten (1998); Schädler NStZ 2 0 0 5 367; Scherp V-Personen als Ermittlungsmethode und Beweismittel im Strafverfahren. Eine kriminologisch-empirische Untersuchung Diss. Mainz 1991; Schilling Illegale Beweise (2003); Schlothauer Zur Bedeutung der Beweisverwertungsverbote im Ermittlungs- und Zwischenverfahren, FS Lüderssen 761; A. Schmidt Fehler bei Vernehmungen, DRiZ 1960 426; Eb. Schmidt Sinn und Tragweite des Hinweises auf die Aussagefreiheit des Beschuldigten, NJW 1968 1209; Schmidt-Leichner Ist und bleibt Schweigen des Beschuldigten zweischneidig? NJW 1966 189; Schmidt-Recla Beweisverwertungsverbote und der Richter in Weiß, NJW 1998 838; Schneider Verdeckte Ermittlungen in Haftanstalten, NStZ 2001 8; ders. Überlegungen zur strafprozessualen Zulässigkeit heimlich durchgeführter Stimmenvergleiche, GA 1997 371; Schreieder Die Stellung des Beschuldigten im Hinblick auf die Aussage nach formellem und materiellem Strafrecht (1968); Schünemann Die Belehrungspflichten der §§ 2 4 3 IV, 136 n.F. StPO und der BGH, M D R 1969 101; Schurig Belehrung und Beratung des Beschuldigten über sein Aussageverhalten (2003); Schuster Verwertbarkeit im Ausland gewonnener Beweise im deutschen Strafprozess (2006); Schwaben Die Rechtsprechung des BGH zwischen Aufklärungsrüge und Verwertungsverbot, NStZ 2 0 0 2 288; Schwagerl Tatverdacht und Belehrungspflicht, Kriminalistik 1963 53; Seebode Schweigen des Beschuldigten zur Person, MDR 1970 185; ders. Über die Freiheit, die eigene Strafverfolgung zu unterstützen, JA 1980 493; Seibert Das Schweigen des Angeklagten, NJW 1965 1706; Sowada Zur Notwendigkeit der Verteidigerbeiordnung im Ermittlungsverfahren, NStZ 2 0 0 5 1; Spöhr Belehrungspflicht des Sachverständigen? NZV 1993 334; Sternberg-Lieben Die „Hörfalle" - Eine Falle für die rechtsstaatliche Strafverfolgung? Jura 1995 299; Strate/Ventzke Unbeachtlichkeit einer Verletzung des § 137 Abs. 1 S. 1 StPO im Ermittlungsverfahren? StV 1986 30; Stree Schweigen des Beschuldigten im Strafverfahren, J Z 1966 593; Stümpfler Das Schweigen im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren, DAR 1973 1; Tolksdorf Verwertungsverbot wegen unterlassener Beschuldigtenbelehrung nur bei Widerspruch? FS Graßhof 255; Tzschach Schweigen verboten? DAR 1973 286; Verrel Die Selbstbelastungsfreiheit im Strafverfahren (2001); ders. Nemo tenetur, NStZ 1997 361 (1. Teil), 415 (2. Teil); Wagner Rechtliches Gehör im Ermittlungsverfahren ZStW 109 (1997) 545; Walder Das Verhör mit dem Angeschuldigten, FS Pfenninger 181; ders. Die Vernehmung des Beschuldigten (1965); Wessels Schweigen und Leugnen im Strafverfahren, JuS 1966 169; Weßlau Zwang, Täuschung und Heimlichkeit im Strafverfahren ZStW 110 (1998) 1; Weiler Befragung von Beschuldigten oder aussageverweigerungsberechtigten Zeugen durch V-Leute, GA 1996 101; Wissgott Probleme rechtsstaatlicher Garantien im Ermittlungsverfahren, Diss. Göttingen 1983; Witkowski Folgen eines Verstoßes gegen die Belehrungspflichten, Kriminalistik 1968 81; Wölfl Heimliche private Tonaufnahmen im Strafverfahren, StraFo 1999 75; H. A. Wolff Selbstbelastung und Verfahrenstrennung (1997).
Entstehungsgeschichte. Absatz 1 wurde durch Art. 4 Nr. 1 StPÄG 1 9 6 4 neu gefasst. Dabei wurden in Satz 1 die W o r t e „und welche Strafvorschriften in Betracht k o m m e n " eingefügt. Satz 2 (ursprünglich: „Der Beschuldigte ist zu befragen, ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle") erhielt seine neue Fassung. Der jetzige Satz 4 wurde (seinerzeit als Satz 3) eingefügt. Durch Art. 1 Nr. 3 6 des 1. StVRG wurde in Absatz 1 der Satz 3 eingefügt. Absatz 1 Satz 4 hat der Gesetzgeber durch das Opferrechtsreformgesetz v o m 2 4 . 6 . 2 0 0 4 neu gefasst.
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§ 136
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Übersicht Rn.
I. Anwendungsbereich 1. Richterliche Vernehmungen 2. Staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Vernehmungen 3. Sachverständigentätigkeit
. . . .
1
. . . .
2 3
Π. Beschuldigter 1. Begründung der Beschuldigteneigenschaft 2. Behandlung bei Beschuldigteneigenschaft 3. Bindung des Richters an die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ΙΠ. Vernehmung. Erste Vernehmung
4 9 .
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. . .
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IV. Vernehmung zur Person 1. Allgemeines 2. Identitätsfeststellung. Persönliche Daten 3. Auskunftspflicht? V. Eröffnung des Tatvorwurfs 1. Zeitpunkt 2. Inhalt
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VI. Belehrung über die Aussagefreiheit 1. Allgemeines 2. Form und Zeitpunkt des Hinweises 3. Aussagefreiheit und Beweiswürdigung. Strafzumessung . . . .
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VII. Hinweis auf das Recht zur Verteidigerkonsultation
40
VIII. Belehrung über das Beweisantragsrecht
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IX. Hinweis auf die Möglichkeit einer schriftlichen Äußerung
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X. Hinweis auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA) . . . . XI. Belehrungspflichten in besonderen Fällen
53 54
ΧΠ. Beseitigung der Verdachtsgründe (§ 136 Abs. 2)
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ΧΠΙ. Vernehmung zur Sache 1. Zweck der Vernehmung
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Alphabetische Anwendungsbereich 1 ff. Anwesenheitspflicht 67 ff. Anwesenheitsrecht 45, 67 ff. Auskunftspflicht, Identität 16 Auslandsvernehmungen (s.a. Rechtshilfe) 87 f. Aussagefreiheit 27 ff., 36, 77, 79, 86, 111 Beistand 72 Belehrung über Beweisantragsrecht 49 ff.
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Rn. 2. Mündliche Äußerung 3. Gang und Inhalt der Vernehmung 4. Keine Wahrheitspflicht
.
XIV. Anwesenheitsrechte und -pflichten; Gegenüberstellungen 1. Staatsanwalt und Verteidiger 2. Protokollführer 3. Dolmetscher 4. Sachverständige und Zeugen 5. Mitbeschuldigte 6. Beistände 7. Gesetzliche Vertreter und Erziehungsberechtigte . .
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67 68 69 70 71 72 73
XV. Protokoll
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XVI. Anfechtung
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XVn. Verwertungsverbote 1. Gefährdungen der Aussagefreiheit a) Unterlassene Belehrung über die Aussagefreiheit b) Nicht-Verstehen der Belehrung über die Aussagefreiheit . . . . c) Unterlassene Belehrung in DDR-Altfällen und bei Auslandsvernehmungen d) Wirkung gegenüber Mitbeschuldigten e) „Vernehmungsähnliche Situationen", heimliche und verdeckte Ermittlungen, „Hörfallen" . . . 2. Gefährdungen des Rechts zur Verteidigerkonsultation 3. Weitere Verwertungsverbote? . . . 4. Fortwirkung und Fernwirkung . . 5. Umfang x v m . Revision 1. Allgemeines 2. Revisible Verletzungen des § 136 a) Bei Nichtbelehrung über die Aussagefreiheit b) Bei Missachtung des Rechts zur Verteidigerkonsultation 3. Andere Revisionsgründe 4. Revisionsbegründung
Übersicht Belehrung über Aussagefreiheit 27 ff. Belehrung über Recht auf Verteidigung 40 Belehrung, Unterlassung der 77, 87, 96, 110 f. Belehrung, Zweifel an ordnungsgemäßer 78 Belehrungspflicht, nicht in StPO normiert 54 f. Beschuldigte, mehrere 9 Beschuldigteneigenschaft 4 f., 9 f., 42, 85 Beseitigung der Verdachtsgründe 56
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten Bewährungshelfer 2 Beweisantragsrecht 49 ff. Beweismittel, Offenlegung 22 Beweiswürdigung {und Aussagefreiheit) 36 DDR-Altfälle 87 Dolmetscher 69 E M R K 10,23, 27, 31, 51 Eröffnung des Tatvorwurfs 20 ff. Erziehungsberechtigte 73 europäische Vorgaben, s.a. EMRK 10, 31 Fernwirkung von Beweisverboten 106 f. Fortwirkung des Verfahrensverstoßes 106 funktionaler Vernehmungsbegriff 12 Gegenüberstellungen 67 ff. Gerichtshilfe 2 gesetzliche Vertreter 73 Haftprüfung 46 heimliche Ermittlungen 91 Hilfestellung bei der Verteidigersuche 41 f. Hinweispflicht s. Belehrung Hörfallen 12, 91, 93 Identität, Angaben zur 15 informatorische Befragung 9 internationales Recht (s.a. E M R K , IPBPR) 27, 55, 115 IPBPR 27 Kenntnis von Aussagefreiheit 79 Kind als Beschuldigter 7 konsularische Unterstützung, Recht auf 55 Lüge 63 ff. Mitbeschuldigte 71, 90 mündliche Äußerung 58 nachträgliche Zustimmung zur Verwertung 81 Nicht-Verstehen der Belehrung 86 Offenlegung von Beweismitteln 22 Ordnungswidrigkeitengesetz, § 111 (OWiG) 15 persönliche Daten s. Identitätsfeststellung persönliche Verhältnisse 61 Pflichtverteidiger 44 Protokoll 75 Protokollführer 68
§136
Rechtshilfe 8, 30, 47, 74 rechtskräftige Verurteilung 9 revisible Verletzungen 111 ff. Revision 109 f., 112 Revisionsbegründung 116 Revisionsgründe 112 ff. Rücknahme der Aussagebereitschaft 35 Sachverständiger 3, 70 schriftliche Äußerung 52 Schweigen, Bewertung 36 ff. Schweigen, Recht auf 29 Staatsanwaltschaft 11, 67 Strafzumessung und Aussagefreiheit 36, 39 Tatbegriff, Eröffnung des Tatvorwurfs 24 f. Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) 53 Tatverdacht 6, 9 Tatvorwurf, Eröffnung 20 ff. Unterbrechung der Vernehmung 43 Verdachtsgründe, Eröffnung 56 verdeckte Ermittlungen 91 f. Vernehmung zur Person 14 ff. Vernehmung zur Sache 57 ff. Vernehmung zu mehreren Taten 24 f. Vernehmung, erste 12 f. vemehmungsähnliche Situation 91 Vernehmungsbegriff, funktionaler 12 Vernehmungsfortsetzung 101 Verteidiger 45, 67 Verteidiger, Anwesenheitsrecht 45 Verteidigerkonsultation 40 ff., 95, 98, 114 Verteidigung, effektive 42 Verwertungsverbote 77 ff., 102 ff. V-Leute 92 Wahrheitspflicht 63 f. Widerspruchslösung 82 ff. Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) 5 5 , 1 0 5 Zeuge 70 Zweck der Vernehmung 57 Zweifel über ordnungsgemässe Belehrung 78
I. Anwendungsbereich 1. Richterliche Vernehmungen. Die Vorschrift gilt unmittelbar nur für richterliche 1 Vernehmungen, und zwar für alle richterlichen Vernehmungen vor und außerhalb der Hauptverhandlung, nicht nur für Vernehmungen im vorbereitenden Verfahren. Die Vernehmung durch den Haftrichter regeln die besonderen Vorschriften der §§ 115 Abs. 3, 115a Abs. 2 Satz 2, die für die richterliche Vernehmung nach einer vorläufigen Festnahme (§ 128) oder bei einer einstweiligen Unterbringung (§ 126a) entsprechend gelten. Handelt es sich bei der Vernehmung durch den Haftrichter um die erste richterliche Vernehmung, findet immer auch § 136 Anwendung (vgl. unten Rn. 46). Richterliche Vernehmungen des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren, die nicht Haft- oder Unterbringungssachen betreffen, erfolgen außer im seltenen Fall des § 165 nur, wenn sie von der Staatsanwaltschaft beantragt werden (§ 162), was vor allem aus Gründen der Beweissicherung geschieht, z.B. im Hinblick auf ein nach § 254 verwertbares Geständnis. Richterliche Vernehmungen eines Beschuldigten sind ferner im Rechtshilfeverfahren
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§ 136
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üblich. 1 Über die richterliche Kontrolle beim Festhalten zur Identitätsfeststellung (§ 163b) s. § 163c und die dort. Erl. Für die Vernehmung in der Hauptverhandlung gilt S 2 4 3 Abs. 2 bis 4; dabei findet § 136 Abs. 2 Anwendung (§ 2 4 3 Abs. 4 Satz 2). Im Bußgeldverfahren ist § 136 bei allen Vernehmungen im Vorverfahren anzuwenden (§ 4 6 Abs. 1 OWiG), jedoch mit den Einschränkungen, die sich aus § 55 Abs. 2 OWiG ergeben. 2
2. Staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Vernehmungen. § 136 ist auch bei der Vernehmung des Beschuldigten durch die Staatsanwaltschaft anzuwenden (§ 163a Abs. 3 Satz 2). Für polizeiliche Vernehmungen ersetzt § 163a Abs. 4 Satz 1 die Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 1; Polizeibeamte brauchen danach dem Beschuldigten vor der Vernehmung nicht zu eröffnen, welche Strafbestimmungen in Betracht kommen. Die übrigen Regelungen des § 136 gelten auch bei polizeilichen Vernehmungen (§ 163a Abs. 4 Satz 2). § 136 ist auch bei Befragungen durch die Gerichtshilfe (§ 160 Abs. 3 Satz 2, § 38 J G G ) zu beachten, 2 weil diese als staatliches Verfahrensorgan oder jedenfalls als Prozesshilfeorgan eigener Art Ermittlungen durchführt, die sich zwar nicht auf die Tataufklärung im engeren Sinne beziehen, aber doch auf möglicherweise entscheidungserhebliche täterbezogene Umstände und die sie stützenden Beweismittel; die Belehrungspflicht bezieht sich allerdings nicht auf die in Betracht kommenden Strafvorschriften, weil der Zweck dieser Belehrung mit dem spezifischen Auftrag des Gerichtshelfers nichts zu tun hat. 3 Für den Bewährungshelfer gilt § 136 hingegen nicht, schon weil er am Erkenntnisverfahren nicht beteiligt ist. 4
3
3. Sachverständigentätigkeit. Befragungen des Beschuldigten, die ein Sachverständiger durchführt, sind nach herrschender Meinung keine Vernehmungen, und zwar auch nicht bei Explorationen (vgl. bei § 80). Daher soll nach verbreiteter Meinung § 136 für den Sachverständigen keine Bedeutung haben, 5 und zwar auch dann nicht, wenn er Untersuchungen vornimmt, bei denen die Mitwirkung des Beschuldigten nicht erzwungen werden kann. 6 Das erscheint nicht überzeugend, weil der Sachverständige im Auftrag der Strafverfolgungsorgane handelt 7 und sich jedenfalls bei vielen Befragungen ein Bezug zum Tatgeschehen, damit aber auch zu seiner Aufklärung, überhaupt nicht vermeiden lässt. 8 Weil § 136 für den Bereich dieser Befragungen nicht umgangen werden
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Vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/ Hackner § 5 9 IRG, Rn. 38 ff. und 56 bzw. § 83e IRG. AKJSchöch § 160, 34; Meyer-Goßner 2; SK/ Rogall 18; Roxin § 25, 12; Bottke MSchrKrim. 1981 71; Lange Die Gerichtshilfe und ihr Einbau in das Erkenntnisverfahren des überkommenen Strafprozesses, Diss. Freiburg 1980, 167; vgl. auch Lühring Die Berichterstattung des Jugendgerichtshelfers und ihre Grenzen (1992) 26. Bottke MSchrKrim. 1981 71. Meyer-Goßner 2; SK/Rogall 18; a.A. Schipholt NStZ 1993 4 7 0 , die eine Belehrungspflicht als Hilfe zur Konfliktbewältigung befürwortet. BGH NJW 1968 2 2 9 7 = JR 1 9 6 9 231 mit
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Anm. Peters = J Z 1969 4 3 7 mit Anm. Arzt; BGH StV 1995 565; BGH N J W 1998 838 mit Anm. Schmidt-Recla; BGH NStZ 1997 2 9 6 mit Anm. Eisenberg/Kopatsch; OLG Hamm NJW 1967 1524; KKlBoujong 3; Meyer-Goßner 2; Pfeiffer 1; SK/Rogall 15, 16; LR/ Meyer23 3; Schlächter 5 2 7 ; Fincke ZStW 86 (1974) 656 ff.; vgl. a. Bosch 312. Vgl. bei $ 81a. So dass für ihn auch § 136a gilt, s. dort Rn. 8. So wird in der Praxis z.B. die tatbezogene Befragung des Beschuldigten bei Affektdelikten ständig geübt und ihr Ergebnis mit Billigung des BGH auch in der Hauptverhandlung verwertet. Vgl. auch Spöhr 3 3 4 für Verkehrsunfälle.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
darf, könnte man daher, dem Sachverständigen in analoger Anwendung der Vorschrift eine Belehrungspflicht, mindestens über die Aussagefreiheit, auferlegen. 9 Vorrangig obliegt die Belehrungspflicht aber dem die Begutachtung anordnenden Richter, Staatsanwalt oder Polizeibeamten. 10 Im Einzelfall können die Umstände jedoch eine Übertragung dieser Pflicht auf den Sachverständigen gebieten. 11 Dass in irgendeiner Form eine Belehrung erforderlich ist, ist jedenfalls im Endergebnis nicht zu bezweifeln, 12 ebenso dass eine Belehrung allenfalls vom Sachverständigen wiederholt werden muss, wenn sich der Beschuldigte seines Schweigerechts in der Situation der Begutachtung nicht mehr bewusst ist. 13
Π. Beschuldigter 1. Begründung der Beschuldigteneigenschaft. Nach herrschender Meinung hat im 4 Strafverfahren derjenige die Stellung eines Beschuldigten inne, gegen den das Verfahren als Beschuldigter betrieben wird. 14 Dazu genügt nicht nur ein vorhandener Tatverdacht, 1 5 wie schon der Umstand zeigt, dass das Gesetz (§ 60 Nr. 2) auch die problematische Figur des tatverdächtigen Zeugen kennt. Die Beschuldigteneigenschaft kann vielmehr immer nur durch einen Willensakt der Strafverfolgungsbehörden als „Produkt eines Zuschreibungsprozesses" 16 begründet werden, zu dessen Vollzug die Ermittlungsbehörden bei zureichendem Verdacht (Rn. 6) verpflichtet sind. 17 Auf den Willensakt kommt es im Grundsatz selbst dann an, wenn nach Lage der Sache und dem Stand des Verfahrens die erforderlichen konkreten Verdachtsgründe objektiv vorliegen. 18 Der
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So LG Oldenburg StV 1994 646; Gössel § 23 A I d; Roxin § 25, 12; Arzt J Z 1969 438; Eisenberg/Kopatsch NStZ 1997, 298; Bauer 123; vgl. auch Hanack J Z 1971 169; a.A. Bosch 312; Fincke ZStW 86 (1974) 657 und Rogall 194. LG Münster StV 1981 615; SK/Rogall 17; Spöhr 335; ebenso BGHSt 36 220 = J Z 1990 47 mit Anm. Weigend und BGH NStE § 81c Nr. 1 für die Belehrung von Zeugen; a.A. auch insoweit L R / M e y e r 2 3 3; Peters JR 1969 233. Peters JR 1969 233; vgl. auch SK/Rogall 17; Geppert Jura 1993 252; a.A. Fincke ZStW 86 (1974) 671. Vgl. Dörig NStZ 1988 143; Rieß JA 1980 296; Rogall 193; a.A. Bosch 312 f., der aber von der Unverwertbarkeit der Informationen ausgeht, welche der Beschuldigte gegenüber dem Sachverständigen ohne Bewusstsein der Aussagefreiheit gemacht hat ebda. 315f. Vgl. a. SK/Rogall § 36 Rn. 32; Eisenberg/ Kopatsch NStZ 1997, 298. BGHSt 10 12; 34 140; 37 49; BGH NJW 1994 2907; OLG Frankfurt NStZ 1988 485; OLG Hamburg JR 1955 394; OLG Hamm NJW 1974 915; OLG Stuttgart M D R 1977 70; KK/Boujong 4; Meyer-Goßner Einl. 76;
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SK/Rogall Vor § 133, 26; Roxin § 25, 11; Schlüchter 478; Beulke StV 1990 181; von Gerlach NJW 1969 777; Gundlach 26; Lenckner FS Peters 340; Rieß JA 1980 298; Rogall 25 ff. und M D R 1977 978; a.A. Peters § 28 I. Eingehend zum Ganzen Fincke ZStW 95 (1983) 919 ff. So aber (sog. objektive Theorie) Geerds GA 1969 327; von Gerlach NJW 1969 776 und JR 1969 149; Helgerth 54; Wissgott 351, 357 aus verfassungsrechtlicher Sicht. Pfeiffer 2; Rogall 26 und M D R 1977 978. BGH NStZ 1987 83; BGH NStZ 1997 398; BGH NStZ-RR 2004 368 m. Bespr. Trüg StraFo 2005 202; OLG Koblenz StV 2005 122. Es handelt sich dabei um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs; eingehend Bosch 156 f.; Gundlach 27 ff. und KYJGundlach 4. BGHSt 37 51, 52 spricht zwar auch noch von „Ermessen", BGH NStZ-RR 2004 368 aber nur von „Beurteilungsspielraum". Insoweit a.A. von Gerlach NJW 1969 779 f. und JR 1969 150; Grünwald Beweisrecht der StPO 78; Gundlach 40 und AK/Gundlach 5; vgl. auch Geerds GA 1965 321 und Peters § 28 f. Dagegen eingehend Rogall 26.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
dadurch bedingten Gefahr einer Umgehung der Beschuldigtenrechte will der BGH durch eine Willkürausnahme entgegentreten. 19 5
Richtiger ist es jedoch, dieser Gefahr und damit zugleich der Rechtsunsicherheit, die mit dem Abstellen auf einen Willensakt der Verfolgungsbehörden verbunden ist 2 0 durch eine „Objektivierung des Willensakts" zu begegnen, also einer Kombination von subjektiven und objektiven Merkmalen: Der förmlichen Einleitung des Ermittlungsverfahrens gleichzustellen sind demnach jedenfalls Maßnahmen, die nur gegen einen Beschuldigten zulässig sind oder regelmäßig nur gegenüber einem Beschuldigten erfolgen, z.B. die Anordnung einer Untersuchung nach § 81a, eine vorläufige Festnahme nach § 127 oder eine Beschlagnahme nach §§ 94, 111b. 21 Insgesamt genügt nach heute vorherrschender Auffassung - in entsprechender Anwendung des § 397 Abs. 1 AO - jede von einem Strafverfolgungsorgan getroffene Maßnahme, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Straftat vorzugehen, um die Beschuldigteneigenschaft dieser Person zu begründen. 2 2
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Die Pflicht, den geschilderten Willensakt zu vollziehen, beurteilt sich nach der Stärke des Tatverdachts, 23 verlangt also jedenfalls, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte (§ 152 Abs. 2) den konkreten Verdacht einer Straftat (§ 160 Abs. 1) gegen eine bestimmte Person ergeben. Bei Ermittlungen im Anfangsstadium kann die Entscheidung schwierig sein, ob jemand als Beschuldigter oder Zeuge zu behandeln ist bzw. zunächst „informell" befragt werden darf, und wie derartige Befragungen im weiteren Verfahren zu beurteilen sind (dazu im Einzelnen Erl. bei § 163a). Bei der richterlichen Vernehmung entstehen solche Probleme aus den in Rn. 11 genannten Gründen in der Regel nicht. Ob ein Kind (§ 19 StGB) Beschuldigter sein kann, ist umstritten, 2 4 da gegenüber Kindern nach herrschender Meinung ein Verfahrenshindernis, also ein Verbot der Strafverfolgung besteht (vgl. Erl. bei § 206a). Die Entscheidung von der ebenfalls umstrittenen Frage abhängig zu machen, ob die Inkulpation von Kindern, deren wahres Alter zunächst nicht bekannt war, „rechtswidrig" (prozessrechtswidrig) ist, 25 dürfte nicht weiter führen. Richtigerweise ist vielmehr anzunehmen, dass einem Kind, gegen das irrtümlich ermittelt wird, auch die Rechte des Beschuldigten zustehen müssen, so dass es jedenfalls als Beschuldigter zu behandeln ist. 26
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BGHSt 10 12; dazu kritisch SK/Rogall Vor § 133, 28; Rogall 26 und M D R 1977 978 sowie N S t Z 1997 400. Vgl. dazu Rogall jeweils aaO. Anders für die Beschlagnahme (und die Durchsuchung) Rogall 2 5 und SK/Rogall Vor § 133, 24; Beulke StV 1990 182. Kritisch zum Ganzen Fincke ZStW 95 (1983) 951. Vgl. BGHSt 38 228; BGH N S t Z 1997 398, 3 9 9 m. Anm. Rogall; eingehend und grundlegend Rogall 2 7 ff.; SYJRogall Vor § 133, 31 ff. m.w.N.; ebenso u.a. Meyer-Goßner Einl. 76; Beulke 112 und StV 1990 181; Roxin § 25, 10; Scblücbter 85; Eisenberg Beweisrecht 505; Klein 18 f. Bringewat JZ 1981 292; Dingeldey JA 1984 410; Geppert FS Oehler 328; ders. FS F-C Schroeder 682; M o o s FS Jescheck 753; Müller-Dietz ZStW 9 3 (1981) 1224; bei § 163a; kritisch Bosch 160 f.; Gundlach 34.
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BGHSt 3 7 52; 38 228; BGH NJW 1 9 9 4 2907. Verneinend Meyer-Goßner 3; Pfeiffer 2; Becker Polizei 1967 105; Frehsee 2 0 9 ff. (eingehend); Greiner und Häusler Kriminalistik 1972 9 2 und 94; UUMeyer23 4. Bejahend Peters § 28 I 5; Wieczorek Kriminalistik 1991 374; 1972 287; Fincke ZStW 9 5 (1983) 9 4 3 f. Vgl. auch Eisenberg StV 1989 554; Verrel N S t Z 2 0 0 1 286; Naucke und Fincke zit. bei Gropp ZStW 95 (1983) 1020 und 1024 (Tagungsbericht). Bejahend Fincke und Naucke (wie Fn. 24); verneinend Steinke Kriminalistik 1972 2 8 9 und L R / M e y e r 1 3 4. AYJGundlach 11; Meyer-Goßner Einl. 76; SYJRogall Vor § 133, 18; Peters $ 2 8 1 5 ; Eisenberg Beweisrecht 507; Rogall 24.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
Bei einer richterlichen Vernehmung im Wege der internationalen Rechtshilfe, begründet das Rechtshilfeersuchen regelmäßig und für den vernehmenden R i c h t e r verbindlich, die Beschuldigteneigenschaft. In Fällen, in denen nach ausländischem R e c h t die Beschuldigteneigenschaft vorliegt, aber nach deutschem R e c h t nicht, sind der Person jedenfalls alle Beschuldigtenrechte zuzuerkennen, etwa bei der Vernehmung von K i n d e r n . 2 7
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2 . Behandlung bei Beschuldigteneigenschaft. Werden gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten T a t Ermittlungen geführt (Rn. 4 ff.), so ist sie als Beschuldigter zu behandeln. D e r Vernehmende darf die zum Schutz des Beschuldigten bestehenden Sicherungen des § 136 (§ 1 6 3 a Abs. 3 Satz 2 , Abs. 4 ) nicht dadurch umgehen, dass er den Beschuldigten anstelle einer Vernehmung „informatorisch" befragt; auch „informatorische V o r b e s p r e c h u n g e n " zu solchen Vernehmungen sind erst zulässig, wenn die nach dem Gesetz erforderlichen Hinweise erteilt w u r d e n . 2 8 Wenn Anlass besteht, eine Person als Beschuldigten zu vernehmen, hat das stets unter Beachtung der für ihn geltenden R e c h t e zu g e s c h e h e n . 2 9 Ist j e m a n d als Beschuldigter zu behandeln, k o m m t es auch nicht auf die Stärke des Tatverdachts an. D a s gilt insbesondere, wenn die Ermittlungen aufgrund einer Strafanzeige eingeleitet werden. Die Strafverfolgungsbehörde k a n n zwar von Ermittlungen absehen, wenn die Anzeige hierfür keine zureichenden Anhaltspunkte enthält (§ 1 5 2 Abs. 2 ) , etwa weil der Anzeigende als „böswilliger D e n u n z i a n t " b e k a n n t oder die Anzeige aus anderen Gründen offensichtlich haltlos ist (vgl. bei § 1 6 0 ) . W i r d aber aufgrund der Anzeige gegen den Verdächtigten ermittelt, ist er immer Beschuldigter; eine Vernehmung als Zeuge ist unzulässig. 3 0 Ist ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Beschuldigte eingeleitet w o r d e n , so muss jeder von ihnen auch dann als Beschuldigter v e r n o m m e n werden, wenn er nur zu den gegen den Mitbeschuldigten erhobenen Vorwürfen gehört wird (vgl. Erl. vor § 4 8 ) . Z u r streitigen Frage, o b das auch gilt, wenn gegen den Mitbeschuldigten ein besonderes Strafverfahren anhängig ist, oder o b er insoweit in dem anderen Verfahren als Z e u g e zu vernehmen ist, s. vor § 4 8 . Wenn ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten eingeleitet worden ist, bleibt er auch nach Wegfall des Tatverdachts so lange Beschuldigter, bis das Verfahren nach § 1 7 0 Abs. 2 eingestellt oder ein etwa betriebenes Klageerzwingungsverfahren nach § 1 7 2 Abs. 2 abgeschlossen wird; erst dann darf er als Zeuge v e r n o m m e n w e r d e n . 3 1 W e r in der Sache rechtskräftig verurteilt ist, k a n n , außer im Fall des zugelassenen Wiederaufnahmeverfahrens (§§ 3 5 9 ff.), nicht mehr als Beschuldigter v e r n o m m e n w e r d e n . 3 2
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Dazu: OLG Schleswig NJW 1989, 2 2 0 7 = NStZ 1989 537 m.Anm. Walter, krit. Mayer GA 1990 508. So: Schilling 206; a.A.: Geppert FS F. C. Schroeder 676; Klein 20; vgl. a: Beckemper 101 f.; Lange DRiZ 2 0 0 2 264 ff.; zur qualifizierten Belehrung nach „informatorischen Befragungen": Schurig 173. Zur informatorisch polizeilichen Befragung von Personen, die nach Lage des Falles als Beschuldigte nicht oder noch nicht belehrt zu werden brauchen (vgl. BGHSt 38 2 2 7 f.), insb. bei: Straßenverkehrsdelikten: Bay OLG NZV 2 0 0 5 494; OLG Oldenburg NStZ 1995 412; LG München StV 1999 143; AG Bayreuth NZV 2 0 0 3 202 m. Anm. Hof-, s. im Einzelnen bei § 163a.
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Meyer-Goßner 3; SK/Rogall Vor § 133, 22; vgl. auch Fincke ZStW 95 (1983) 933, 947, 948; von Gerlach NJW 1969 778; Gundlach 10; bei § 163a; a.A. Kohlhaas NJW 1965 1255. kYJGundlach 9 bejaht Beschuldigteneigenschaft offenbar bei jeder Anzeige. Meyer-Goßner Einl. 81; SK/Rogall Vor § 133, 36 ff.; von Gerlach NJW 1969 777 Fn. 12; vgl. auch OLG Hamm NJW 1974 915 sowie Rn. 11 a.E. SYJRogall vor § 133, 38; Lenckner FS Peters 342; vgl. auch OLG Düsseldorf StV 1982 344 mit krit. Anm. Prittwitz zur Vernehmung des rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten als Zeugen; kritisch Grünwald FS Klug 503.
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§136
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
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Auf europäischer Ebene geht man ohnehin dazu über, bloß Verdächtigte (Beschuldigte, Angeschuldigte, etc.) und förmlich Angeklagte hinsichtlich der Verfahrensrechte weitgehend gleich zu behandeln. 33 Grund dafür ist zum einen der Umstand, dass maßgebliche Weichen im Strafverfahren in allen europäischen Rechtsordnungen heute bereits vor der Hauptverhandlung gestellt werden, zum anderen das Streben nach einem gemeinsamen Standard. Unterstützt wird die Gleichstellung etwa durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der die EMRK autonom, von formalen Begriffen nationaler Rechtsordnungen abgelöst interpretiert und dadurch den Schutzbereich des Art. 6 E M R K auch auf Verfahrensabschnitte vor einer formellen Anklage ausgedehnt hat. 3 4
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3. Bindung des Richters an die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Die originäre Entscheidung, ob jemand als Zeuge oder als Beschuldigter zu vernehmen ist, obliegt dem Richter nur, wenn er unter den praktisch kaum vorkommenden Voraussetzungen des § 165 tätig wird. Sonst ist er grundsätzlich daran gebunden, ob die Staatsanwaltschaft als die Herrin des Ermittlungsverfahrens den zu Vernehmenden als Beschuldigten oder als Zeugen behandelt. Der Richter, der auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft (§§ 162, 169) oder des Gerichts (§ 173 Abs. 3, § 2 3 3 Abs. 1, § 369 Abs. 1) eine Vernehmung durchführt, darf daher einen bisher als Zeugen Behandelten auch dann nicht als Beschuldigten laden oder vernehmen, wenn er objektiv tatverdächtig ist. Verletzt die Staatsanwaltschaft ihre Pflicht, die Beschuldigteneigenschaft zu begründen (oben Rn. 4), so hat der Richter die Vernehmung gemäß § 162 Abs. 3 als unzulässig abzulehnen. Zweifelhaft und umstritten ist jedoch, wie er zu verfahren hat, wenn ein solcher Missbrauch nicht vorliegt, sondern erst die richterliche Vernehmung überraschend ergibt, dass jemand, der als Zeuge vernommen werden soll, wegen Tatverdachts als Beschuldigter behandelt werden muss. Sicher dürfte sein, dass der Richter die Vernehmung nicht als Zeugenvernehmung fortführen darf, weil ihn der staatsanwaltschaftliche Antrag nicht zur Missachtung des § 136 berechtigt. Die Frage ist also allein, ob er die (weitere) Vernehmung als unzulässig abzubrechen hat oder - nach Belehrung entsprechend § 136 - zur Beschuldigtenvernehmung übergehen darf. Mit der heute wohl vorherrschenden Meinung wird man annehmen müssen, dass ihm das Letztere in der Regel gestattet ist, weil es dem mutmaßlichen Willen der Staatsanwaltschaft entspricht. 35 Wenn der Richter jemanden entgegen den dargelegten Grundsätzen zu Unrecht als Zeugen vernimmt oder weiter vernimmt, bleibt dessen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht nach §§ 153, 154 StGB ohne strafrechtliche Folgen. 36 Nicht weigern darf sich der Richter jedoch, einen Beschuldigten, der nach seiner Auffassung nicht tatverdächtig ist, in dieser Eigenschaft zu vernehmen. 37 Nach herrschender, aber sehr umstrittener Auffassung muss das Gericht nach der Anklageerhebung alle Personen, die zur Sache Auskunft geben können, als Zeugen behandeln, wenn sich die Anklage auf sie nicht erstreckt, selbst Mittäter. 38
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Vgl. etwa Vorschlag der EG-Kommission für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren vom 2 8 . 4 . 2 0 0 4 , K O M ( 2 0 0 4 ) 3 2 8 endg.; zu Reformplänen in Österreich: Soyer Ö J Z 2 0 0 5 5 6 0 f. Vgl. E G M R Deweer ./. Belgien Serie A Nr. 35, §§ 4 4 , 4 6 ; E G M R E s c o u b e t . / . Belgien, Urteil vom 2 8 . 1 0 . 1 9 9 9 ; Eser, in: / . Meyer
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Charta der Grundrechte der E U ( 2 0 0 5 ) Art. 4 8 Rn. I I a und 2 2 ; Esser 5 5 ; Gaede 1 8 8 ff. Streitig; näher bei § 162. Vgl. BGHSt 1 0 10. von Gerlach N J W 1 9 6 9 7 7 9 ; vgl. auch bei
§ 162.
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Vgl. näher Vor § 4 8 .
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
ΙΠ. Vernehmung. Erste Vernehmung O b zur Vernehmung von Beschuldigten (oder Zeugen) im Ermittlungsverfahren auch das Bewusstsein des Vernommenen gehört, dass er in amtlicher oder amtlich initiierter Weise zum Tatvorwurf befragt wird, also eine Aussage macht, ist seit einiger Zeit sehr umstritten. Eine - auch von der Rechtsprechung - vertretene Ansicht verlangt dieses Bewusstsein. 3 9 Sie vermag dadurch die speziell durch verdeckt arbeitende Polizeibeamte, durch V-Leute und durch „Hörfallen" gewonnenen Bekundungen der „verdeckt" befragten Beschuldigten (oder Zeugen) in weit stärkerem M a ß e prozessual zu verwerten, als sie es mit Rücksicht auf die Belehrungspflichten des § 136 und auch auf § 136a (sowie auf Zeugnisverweigerungsrechte) bei „offenen", also als solchen erkennbaren Vernehmungen k ö n n t e . 4 0 Dieser Ansicht ist jedoch zu widersprechen, weil und soweit sie ohne gesetzliche Grundlage die Voraussetzungen überspielt und missachtet, die nach dem Gesetz bei der Vernehmung von Beschuldigten (und Zeugen) zu beachten sind. 4 1 Richtig ist vielmehr, einem „funktionalen Vernehmungsbegriff" folgend, alle Situationen, in denen ein Ermittlungsorgan auf gezielte Weise direkt oder indirekt Aussagen von Beschuldigten (und Zeugen) herbeiführt, als Vernehmung anzusehen. 4 2
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Erste Vernehmung im Sinne des § 136 Abs. 1 und Abs. 3 ist die erste richterliche Vernehmung vor oder außerhalb der Hauptverhandlung. O b vorher schon eine Vernehmung durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft stattgefunden hat, ist ohne Bedeutung. Belehrungen und Hinweise, die Polizei und Staatsanwaltschaft bereits nach § 163a Abs. 3 und 4 erteilt haben, müssen daher bei der ersten richterlichen Vernehmung wiederholt werden. Die Belehrung über die Aussagefreiheit und die Möglichkeit, zunächst einen Verteidiger zu befragen (§ 136 Abs. 1 Satz 2), sowie die Belehrung über das Recht, Beweiserhebungen zu beantragen (§ 136 Abs. 1 Satz 3), sind nach dem Gesetz nur bei der ersten richterlichen Vernehmung vorgeschrieben. Stellt man § 136 Abs. 1 jedoch in Zusammenhang mit § 136 Abs. 2 , der ein spezielles rechtliches Gehör während des gesamten Verfahrens sicherstellen soll, 4 3 so kann nach Lage des Einzelfalles die Wiederholung der Belehrung bei nachfolgenden Vernehmungen geboten sein. 4 4 Das gilt insbesondere, aber
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BGHSt GrSSt 42 139, 145; zustimmend: KMRJLesch Vor § 133 Rn. 32; § 136 Rn. 13 ff.; Pfeiffer 1; Bockemühl Private Ermittlungen im Strafprozeß (1996) 77; Klein 28; Saiger 56; von Stetten Beweisverwertung beim Einsatz Verdeckter Ermittler (1998) 130; Franke JR 2000 470; Duttge J Z 1996 562; Kudlich JuS 1997 699; Lesch ZStW 111 (1999) 638; ders. GA 2000 362; Müssig GA 1999 126 f.; Pawlik GA 1998 389; Popp NStZ 1998 95; H. Schneider NStZ 2001 9; Verrel NStZ 1997 415 f.; vgl. a. BVerfG NStZ 2000, 489; YXJBoujong § 136a, 6 m.w.N. Vgl. etwa BGHSt GrSSt 42 139; Kindhäuser StPO § 6 Rn. 26; vgl. aber BGH 3 StR 104/07 vom 26.7.2007. Vgl. a. Weßlau ZStW 110 (1998) 20 f. Bernsmann StV 1997 116, 118; Dencker StV 1994 676; Derksen JR 1997 167, 169; Fezer NStZ 1996 290; Haas GA 1995 235; Häger
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NStZ 1985 570; Köhler ZStW 107 (1995) 24; Lagodny StV 1996 170; Lilie/Rudolph NStZ 1995 515; Renzikowski J Z 1997 710, 713; Rieß NStZ 1996 505; Roxin NStZ 1995 18; ders. NStZ 1995 465; Rüpmg 1997 Rn. 105; Schilling 204 f.; Strafe AnwBl. 1986 313; Strate StV 1989 410; Wagner NStZ 1989 34; Weiler GA 1996 101, 107; vgl. a. Meurer FS Roxin 1287; Weßlau ZStW 110 (1998) 34; Weßlau Vorfeldermittlungen 1989 220; Wolfslast NStZ 1987 104. Vgl. ferner EGMR Allan ./. Vereinigtes Königreich StV 2003 257 m. Anm. Gaede sowie Eidam 65 ff. und Esser JR 2004 98; s. dazu im Einzelnen bei § 136a, 13; vgl. auch unten Rn. 91 ff. KKJBoujong 5; Meyer-Goßner 1; SK/Rogall 3; vgl. a. Wagner ZStW 109 (1997) 562 ff. SK/Rogall 3; Eb. Schmidt Nachtr. I 6; a.A.: AKIGundlach 1; YXJBoujong 5; Meyer-Goßner 1; Kleinknecht Kriminalistik 1965 452; UUHanack15 9a.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
nicht nur für das Recht, Beweiserhebungen zu beantragen, etwa wenn der weiteren Vernehmung ein veränderter Tatvorwurf zugrunde liegt. 45 Entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut des § 136 Abs. 1 ist der Begriff der „ersten Vernehmung" deshalb weit zu interpretieren. 46
IV. Vernehmung zur Person 14
1. Allgemeines. Nach § 136 Abs. 3 ist bei der ersten richterlichen Vernehmung des Beschuldigten zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte sich diese Ermittlung sowohl auf die Identität (Name, Beruf, Wohnort usw.) als auch auf die weiteren Lebensumstände des Beschuldigten, also seinen Werdegang, seine Familien- und Vermögensverhältnisse beziehen. 47 Nach überkommener Ansicht erfasst daher die Vernehmung zur Person bei § 136 wie bei § 2 4 3 Abs. 2 Satz 2 mehr als die Feststellung seiner Identität. 48 Einleuchtend ist das heute mindestens für die Hauptverhandlung nicht. Denn § 2 4 3 Abs. 2 Satz 2 schreibt vor, dass die Vernehmung über die persönlichen Verhältnisse noch vor der Verlesung des Anklagesatzes und der Belehrung des Angeklagten über seine Aussagefreiheit stattfinden muss, obwohl seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Strafzumessung von entscheidender Bedeutung sein können und oft auch für die Schuldfeststellung wesentlich sind. Es geht daher nicht an, Angaben des Angeklagten, die er insoweit vor der Belehrung machen würde, zu seinem Nachteil zu verwerten, wenn er nach der Belehrung die Aussage verweigerte, 49 womit sich zeigt, dass die Erörterung dieser Verhältnisse nur Teil der Vernehmung zur Sache im Sinne des § 2 4 3 Abs. 4 Satz 2 sein kann. 5 0 Was für § 2 4 3 richtig ist, muss aber bei § 136 ebenso gelten. Auch bei der richterlichen Vernehmung außerhalb der Hauptverhandlung sind daher bei der Vernehmung zur Person nur die Identität des Beschuldigten und solche persönlichen Umstände festzustellen, die für Verfahrensvoraussetzungen (z.B. Verhandlungsfähigkeit, Alter) Bedeutung haben; 5 1 seine weiteren Lebensumstände werden erst innerhalb der Vernehmung zur Sache erörtert, nachdem dem Beschuldigten die vom Gesetz vorgeschriebenen Hinweise und Belehrungen erteilt worden sind.
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2. Identitätsfeststellung. Persönliche Daten. Jede Vernehmung des Beschuldigten beginnt regelmäßig mit der Feststellung seiner Identität. 52 Die etwas vage Ausdrucksweise des § 136 Abs. 3 („Bedacht zu nehmen") steht dem nicht entgegen. Der Richter darf
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SK/Rogall 10; vgl. a. Bosch 143; Kölbel 41; teilweise einschränkend: KK/Boujong 5; Eb. Schmidt Nachtr. I 6; Eser ZStW 86 (1974) Beih. 150; Fincke ZStW 95 (1983) 561. Vgl. a. SK/Rogall 3 und 10. Vgl. Hahn 1 140; dazu Seebode MDR 1970 186 Fn. 15. Vgl. auch Erl. bei § 243. BGH bei Daliinger MDR 1975 368, wonach sich eine feste Grenze nicht bestimmen lasse; Eb. Schmidt 1; Henkel 175; Gegenfurtner DAR 1966 98. Vgl. BayObLG J Z 1984 4 4 0 ; OLG Hamburg GA 1976 2 4 9 ; OLG Stuttgart NJW 1975 703.
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BayObLG J Z 1984 4 4 0 ; Blau ZStW 81 (1969) 34; Dencker MDR 1975 365; Kleinknecht FS Heinitz 658; Rieß JA 1980 2 9 9 ; a.A. BGH bei Dallinger MDR 1975 368 für Feststellungen zur Straf-, nicht aber zur Schuldfrage; Gössel § 2 3 A I Β 1; Eb. Schmidt Nachtr. I § 243, 18; Tröndle DRiZ 1970 216; offengelassen in BGHSt 25 328 und OLG Stuttgart NJW 1975 704. Vgl. auch Erl. bei § 243. Ebenso AK/Gundlach 12; KK/Boujong 21; Meyer-Goßner 5; SKJRogall Vor § 133, 68; Roxin § 25, 5; Rieß JA 1980 299. Vgl. § 68 Satz 1 für die Zeugenvernehmung.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
keine Beschuldigtenvemehmung zur Sache beginnen, bevor er sicher ist, wen er vor sich hat und ob der Betreffende die für eine Vernehmung erforderlichen persönlichen Verfahrensvoraussetzungen erfüllt. Er muss den Beschuldigten daher nach den erforderlichen Angaben zur Person befragen. Dazu gehören in erster Linie die in § 111 Abs. 1 OWiG (früher § 360 Abs. 1 Nr. 8 StGB) aufgeführten Angaben über Vor-, Familien- und Geburtsnamen, Ort und Tag der Geburt, 5 3 nicht aber die in § 111 OWiG auch genannten Angaben über Familienstand, Beruf oder Wohnung, weil sie zur Identitätsfeststellung regelmäßig nicht erforderlich sind. 54 Die Staatsangehörigkeit des Vernommenen kann für die Feststellung der Zulässigkeit deutscher Strafverfolgung (i.S. des internationalen Strafrechts) ebenso von Bedeutung sein wie für die Frage, ob das Heimatkonsulat des Beschuldigten informiert werden muss, unten Rn. 55. Die Religionszugehörigkeit betrifft keine Frage der Identität. Selbst bei der Vernehmung zur Sache darf der Beschuldigte nach dem Religionsbekenntnis wegen Art. 140 GG, Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WeimVerf. nur gefragt werden, wenn der Sachverhalt ausnahmsweise dazu Anlass gibt. 5 5 Das Gleiche gilt für Fragen nach Abstammung, Rasse und politischer Gesinnung. 56 Wie in der Hauptverhandlung (§ 243 Abs. 4 Satz 3) darf der Beschuldigte bei richterlichen Vernehmungen im Vorverfahren nicht schon vor der Sachvernehmung nach den Vorstrafen gefragt werden. 5 7 3. Auskunftspflicht? O b der Beschuldigte verpflichtet ist, diese Angaben zur Person zu machen, ist streitig. Nach früher verbreiteter Ansicht soll er diese Daten grundsätzlich nicht verweigern dürfen. 5 8 Diese Auffassung wird im Wesentlichen mit zwei Argumenten begründet: Erstens sei nach § 111 OWiG die Verweigerung der Angaben im Umfang dieser Bestimmung - eine Ordnungswidrigkeit, deren Nichtachtung durch die verfahrensrechtliche Stellung als Beschuldigter allein nicht gerechtfertigt werden könne. 5 9 Zweitens schreibe das Gesetz zwar eine Belehrung darüber vor, dass der Beschuldigte keine Angaben zur Sache zu machen brauche, eine entsprechende Belehrung hinsichtlich der Angaben zur Person bestimme es aber nicht. 6 0
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Näher Göhler § 111 OWiG, 11 f. BayObLGSt 1979 16 und 191 für Beruf und Familienstand (bezogen auf Ordnungswidrigkeiten und mit unklarer Einschränkung); OLG Düsseldorf M D R 1987 521; SKIRogall 2 4 (mit Einschränkungen für die Staatsangehörigkeit; ebenso OLG Düsseldorf GA 1985 459); a.A. die überkommene Meinung, soweit sie (s. Rn. 16) eine Auskunftspflicht bejaht, die sich dann auf alle in § 111 OWiG genannten Daten erstrecken soll. Zum Ganzen eingehend Seebode JA 1980 495. Vgl. auch Nr. 13 Abs. 5 RiStBV; enger SK/ Rogall 24. Vgl. Art. 3 Abs. 3 GG. A.A. UUMeyer13· 14; vgl. auch Rn. 61. BGHSt 21 364; 25 17; BayObLGSt 1957 221; 1969 97 = NJW 1969 2 0 5 8 mit abl. Anm. Seebode = JR 1970 71 mit zust. Anm. Koffka; OLG Düsseldorf NJW 1970 1888;
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1971 2 2 3 7 ; OLG Hamm NJW 1954 1212; OLG Oldenburg M D R 1971 861; OLG Stuttgart M D R 1987 521; KKJBoujong 7; Meyer-Goßner 5; Pfeiffer 3; Gössel § 2 3 A II; Henkel 174; Göhler § 55, 8; Dreves D R i Z 1965 113; Gegenfurtner DAR 1966 98. Die häufig zitierte Entscheidung RGSt 72 3 0 betrifft offenbar keine Beschuldigtenvernehmung. BayObLGSt 1967 97; UUHanack25 13; Gössel § 23 A II; Schlüchter 86. Vgl. etwa L R / H a n a c k 2 5 12 mit Hinweis darauf, dass das StPÄG 1964 habe insoweit auch keine Aussagefreiheit einführen wollen und Verweis auf BTDrucks. IV 178 S. 32: „An der Pflicht des Beschuldigten, die erforderlichen Angaben zur Person zu machen (vgl. § 3 6 0 Abs. 1 Nr. 8 StGB), ändert der Entwurf nichts."
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Eine verbreitete Gegenmeinung61 hingegen sieht es - zu Recht 62 - als entscheidend an, dass bereits die Angaben zur Person für den Beschuldigten von erheblichem Nachteil sein könnten. Die Stellung des Beschuldigten bestimmt sich autonom, unabhängig von allgemeinen Bestimmungen, aus verfassungsrechtlichen und strafprozessualen Vorschriften. 63 Danach ist der Beschuldigte nicht verpflichtet an seiner Strafverfolgung mitzuwirken, vielmehr steht ihm ein „Schweigerecht" zu. 64 Allgemeine Bestimmungen, welche eine Ausweispflicht begründen65 sind im Lichte des nemo-tenetur-Grundsatzes auszulegen.66
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Eine vermittelnde Ansicht67 will dem Beschuldigten nur dann ein Recht zur Verweigerung der Angaben zugestehen, wenn im Einzelfall ein solcher Nachteil durch die Angabe droht. Das sei z.B. dann der Fall, wenn die vom Beschuldigten als persönliche Daten gemachten Angaben im Rahmen der Schuld- und Straffrage verwendet würden, obwohl er später die Aussage verweigert. Problematisch ist jedoch, dass sich eine solche Kollisionslage zwischen der Aussage zur Person und der zur Sache nicht stets im Voraus erkennen lässt, insbesondere kann aber vom Beschuldigten nicht verlangt werden, diese darzulegen und sich dabei selbst zu kompromittieren.68
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Verfahrensrechtlich erzwingen lässt sich die Auskunft zur Person ohnehin nicht. Auch § 163b begründet keine selbständige Auskunftspflicht (s. dort), sondern erlaubt Staatsanwalt und Polizei nur, die notwendigen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung zu treffen. Ein Haftbefehl lässt sich mit der Weigerung des Verdächtigen, seine Personalien zu nennen, im Allgemeinen nicht begründen, wie schon die Spezialregelung des § 163b i.V.m. § 163c zeigt.69
V. Eröffnung des Tatvorwurfs 20
1. Zeitpunkt. Die Eröffnung, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen (§ 136 Abs. 1 Satz 1), ist dem Beschuldigten „bei Beginn" der ersten Vernehmung zu diesem Tatvorwurf zu machen. Sie muss im Hinblick auf ihren Zweck vor Eintritt in die Vernehmung zur Sache und vor der Belehrung über die Aussagefreiheit nach § 136 Abs. 1 Satz 2 stattfinden.70 Es ist grundsätzlich dieselbe
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Grundsätzlich Seebode JA 1980 493; ferner Eb. Schmidt Nachtr. I 17; zu Dohna 106; von Hippel 432; Peters § 28 IV 2; Rosenfeld 122; Dahs/Wimmer N]W 1960 2219; Dingeldey JA 1984 412; Eser ZStW 79 (1967) 576; 86 (1974) Beih. 152; Gundlach 47; MüllerDietz ZStW 93 (1981) 1226; Pfenninger FS Rittler 371; Rüping J R 1974 135 ff. und ZStW 91 (1979) 352; Walder Vernehmung 117. Insoweit a.A. LRJHanack 2 5 13. Grünwald Beweisrecht 59 und 66; Eb. Schmidt Nachtr. I 17; vgl. a. Aselmann 63. Dazu etwa: Kunert MDR 1967 539. Wie etwa § 111 OWiG oder § 5 des Gesetzes über Personalausweise i.d.F. v. 21.4.1986 (BGBl. I S. 548). Insofern übereinstimmend: KMRJLesch 8;
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SKJRogall Vor § 133 71; Eisenberg Beweisrecht 540; Müller-Dietz ZStW 93 (1981) 1226. OLG Düsseldorf MDR 1987 521; OLG Stuttgart Justiz 1987 74; AYJGundlach 13; SYJRogall Vor § 133, 71; Gössel $ 23 A II b 1; Kindhäuser Strafprozessrecht § 6 Rn. 33; Ranft 332; Roxin § 25, 8 (Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens); Eisenberg Beweisrecht 539 f.; Schlächter 86 Fn. 243; Saiger 28; Petry Beweisverbote im Strafprozeß (1971) 40; Wessels JuS 1966 176; vgl. auch OLG Hamm NJW 1988 274; Aselmann 52 m.w.N. Seebode JA 1980 495; Eser ZStW 79 (1967) 576; vgl. a. Aselmann 55 f. Vgl. etwa: Eb. Schmidt J Z 1968 365. Eb. Schmidt JZ 1968 365; allg. M.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten Reihenfolge einzuhalten, die § 2 4 3 Abs. 2 bis 4 für die Vernehmung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vorschreibt. 2 . Inhalt. Die Eröffnung, welche Straftat dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, muss so bestimmt sein, dass er keine Zweifel über den Gegenstand der Vernehmung haben kann und in die Lage versetzt wird, sich zu verteidigen. Es genügt daher nicht die Mitteilung, dass ihm ein Diebstahl, ein Betrug oder ein Raub vorgeworfen wird. Vielmehr ist ihm der Sachverhalt zumindest in groben Zügen bekanntzugeben. 7 1
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Umstritten ist, welche Offenlegungspflichten darüber hinaus bestehen, ob etwa auch die Angabe von Beweismitteln verlangt werden kann: Nach herrschender Ansicht muss der Vernehmende dem Beschuldigten nicht alle Umstände der Tat mitteilen, wie sie bis zur Vernehmung aufgeklärt wurde. 7 2 Vielmehr wird gewarnt: Der Vernehmende müsse sich „im Interesse einer sachgemäßen Aufklärung ... davor sogar hüten" alles offenzulegen. 7 3 Demgegenüber fordert heute eine andere Ansicht, dass dem Beschuldigten grundsätzlich neben dem gesamten Tatvorwurf auch Beweistatsachen und -mittel mitzuteilen sind. 7 4 Dem ist zuzustimmen: Eine Einschränkung der Informationspflicht kann sich allenfalls analog aus § 147 Abs. 2 ergeben (vgl. a. Rn. 55). Der Beschuldigte muss alle relevanten Umstände kennen, um sich verteidigen bzw. eine informierte Entscheidung über sein Schweigerecht treffen zu können. Nur wenn der Beschuldigte genau weiß, wessen er beschuldigt wird und welche Umstände den Tatvorwurf begründen, kann er entscheiden, wie er sich verteidigen will, etwa ob Reden oder Schweigen für ihn günstiger ist oder ob er bestimmte Beweiserhebungen beantragen will. Eine solche Vorgehensweise trägt auch dem Umstand Rechnung, dass zum Zeitpunkt der richterlichen Vernehmung, die Strafverfolgungsbehörden bereits Gelegenheit hatten, ihre Sachverhaltshypothese in der Verfahrensakte zu dokumentieren und jetzt dem Beschuldigten ermöglicht werden muss, diese wieder zu erschüttern.
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Ungeklärt ist bisher, ob bzw. welche Vorgaben zu dieser Frage aus europäischen Vorgaben, insbesondere den Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst, a E M R K abgeleitet werden können. 7 5 Fest steht zwar, dass der Beschuldigte das Recht hat, über Art und Grund der Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden, wenn und weil er von staatlichen Organen als Angeklagter resp. Beschuldigter vernommen wird. 7 6 Jedoch hat der E G M R bisher Zeitpunkt und Umfang dieser Informationspflicht nicht eindeutig festgelegt. 7 7 Orientierungspunkt in der Rspr. des E G M R ist die Gewährleistung einer effektiven Verteidigung. 7 8
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Die Funktion der Beschuldigtenvernehmung, nämlich die Gewährleistung des rechtliehen Gehörs, 7 9 ist auch Maßstab für die Information des Beschuldigten, wenn eine Ver-
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KKJBoujong 8; Meyer-Goßner 6; Pfeiffer 3; SK/Rogall 28; Beispiele bei Peters § 41 III 2 und Wagner ZStW 109 (1997) 569 f. Vgl. auch Grünwald Beweisrecht 60; Vincke ZStW 95 (1983) 918, 959 f. AK/Gundlach 14; KKJBoujong 8; vgl. auch Eser ZStW 86 Beih. 151; Dencker StV 1994 676, Fincke aaO; vgl. a. unten Rn. 56. LRIHanack 2 ^ 17 eingehend zur Feststellung von „Täterwissen": Eisenberg Beweisrecht 727. Bosch 145 ff.; Grünwald Beweisrecht 62 f. und StV 1987 453.
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Esser 437 ff. Zum Beschuldigtenbegriff des EGMR s.o. Rn. 10; zum Recht auf Information nach (künftigem) EU-Recht vgl.: Rudolf/Giese ZRP 2007 114. Vgl. dazu etwa: EGMR Pelissier und Sassi ./. Reports 1999-11, §§ 51-52; Esser 403 ff., 438 ff.; Gaede 233 ff. Vgl. etwa Gaede 594 ff.; Safferling NStZ 2004 182. Grundsätzlich zur Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Ermittlungsverfahren: Wagner ZStW 109 (1997) 545 ff.
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nehmung zu mehreren Taten geplant ist. Nach herrschender Meinung braucht die Vernehmung nicht mit der Eröffnung eingeleitet zu werden, dass dem Beschuldigten mehrere Taten vorgeworfen werden und um welche es sich handelt. 80 Vielmehr dürfe die Vernehmung zunächst auf eine der Taten beschränkt werden. Weitere Tatvorwürfe könnten dann nacheinander zum Gegenstand der Vernehmung gemacht werden, wobei es genügen solle, dass die Eröffnung, welche weitere Tat zur Last gelegt werde, dem Beschuldigten erst gemacht werden müsste, wenn er zu dieser Tat vernommen werde. Dem ist nicht zuzustimmen, da durch ein solches Vorgehen die Verteidigungsmöglichkeiten des Beschuldigten ohne ausreichende Rechtfertigung eingeschränkt werden.81 Unzulässig ist es nach allgemeiner Meinung, die Vernehmung über eine Tat zu nutzen, um vom Beschuldigten Äußerungen über eine andere zu erlangen, wenn ihm für diese andere der Tatvorwurf noch nicht eröffnet worden ist. 82 25
Gegenstand der Unterrichtung ist die Tat im verfahrensrechtlichen Sinne. 83 Sie bezieht sich also auf einen einheitlichen Lebensvorgang, dessen Trennung der natürlichen Auffassung widersprechen würde. Nimmt der Vernehmende sachwidrig eine solche Trennung vor, um den Beschuldigten im Unklaren zu lassen,84 verletzt er das Gesetz.
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Welche Anforderungen an die Eröffnung der in Betracht kommenden Strafvorschriften gestellt werden müssen, erscheint bisher ungeklärt 85 und als Fragestellung in der wissenschaftlichen Diskussion weitgehend vernachlässigt. Eine entsprechende Anwendung der strengen Pflichten aus § 265 Abs. 1 und 2 wird allgemein ausgeschlossen, weil § 265 eine ganz andere Situation betreffe. Der Zusammenhang mit der Eröffnung des Tatvorwurfs spricht dafür, dass es sich um eine Unterrichtung in einem Umfang handelt, der sicherstellt, dass der Beschuldigte die rechtliche Richtung des Vorwurfs so weit verstehen kann, dass er sich gegenüber dem ihm zur Last gelegten Sachverhalt verteidigen kann. 86 Das Gesetz differenziert zwischen polizeilicher, staatsanwaltschaftlicher und richterlicher Vernehmung. In einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung jedenfalls muss der Beschuldigte also z.B., wenn ihm die Entwendung einer fremden Handtasche vorgeworfen wird, darüber unterrichtet werden, dass das als Diebstahl strafbar sein kann und im Fall der gewaltsamen Entwendung als Raub. Gegebenenfalls ist auch eine Unterrichtung über Qualifikationen (§ 250 StGB) oder Regelbeispiele für besonders schwere Fälle (§ 243 StGB) erforderlich. Jedenfalls bei nicht völlig klaren Vorschriften sollten dem Beschuldigten die in Betracht kommenden Strafvorschriften vorgelesen werden, 87 und zwar in langsamer, dem Verständnis förderlicher Form. Kann der Beschuldigte nach seinem Bildungsgrad und/oder nach der Art des Tatbestandes den vorgetragenen oder vorgelesenen Wortlaut allein ersichtlich nicht verstehen, verlangt der Zweck der Belehrung eine Erläuterung der Bestimmungen, aber nur umrissartig und allein anhand des Gesetzestextes. Zeigt sich während der Vernehmung, dass die Tat möglicherweise unter andere oder weitere Strafvorschriften fällt, ist der Beschuldigte darauf, entgegen dem Gesetzes Wortlaut („Beginn der ersten Vernehmung"), ebenfalls hinzuweisen,
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KK/Boujong 8; Meyer-Goßner 6 ; SKJRogall 29. Vgl. a. Fincke Z S t W 9 5 ( 1 9 8 3 ) 9 5 9 ; anders noch: LR/Hanack15 18. AKIGundlacb 14; SKJRogall 2 9 ; Peters § 41 III 2 ; Eisenberg Beweisrecht 5 4 5 . § 2 6 4 ; vgl. näher dort. Vgl. den Fall von Feters § 41 III 2 : Vernehmung als „Spanner", während es in Wahrheit
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um die Frage ging, ob der „Spanner" einen M o r d begangen hatte. Vgl. LR/Hanack25 2 0 einerseits und Bosch 1 4 7 andererseits. Ebenso Kölbel 4 2 m.w.N. Weitergehend KKJBoujong 9 ; SKJRogall 3 0 : in der Regel vorzulesen; wie hier AKIGundlacb 15; Eisenberg Beweisrecht 5 4 6 .
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wenn es für seine Verteidigung von Bedeutung sein könnte. 8 8 Die gegenteilige Auffassung widerspricht dem Zweck der Eröffnung und ist auch mit § 136 Abs. 2 nicht in Einklang zu bringen.
VI. Belehrung über die Aussagefreiheit 1. Allgemeines. Im deutschen Strafprozess gilt das aus rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Erwägungen abgeleitete Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare, sog. nemo-tenetur-Grundsatz), nach dem prinzipiell niemand verpflichtet ist, durch aktives T u n 8 9 an seiner eigenen Strafverfolgung mitzuwirken. 9 0 Daraus folgt als gesicherter Grundsatz auch, dass der Beschuldigte sich zu gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht zu äußern braucht. Dadurch wird das in Art. 14 Abs. 3 IPBPR ausdrücklich normierte Prinzip der Aussagefreiheit gewährleistet, das der prozessualen Stellung des Beschuldigten entspricht, der Beteiligter, nicht bloßes Objekt des Verfahrens ist. 9 1 Diesen internationalen Rechtsstandard hat der E G M R - obwohl nicht ausdrücklich in der E M R K normiert - als Teil des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannt. 9 2 Heute ist das Verbot eines Selbstbelastungszwangs als Konsequenz aus Art. 6 Abs. 2 E M R K allgemein anerkannt. 9 3 Wo die Grenze des nemo-tenetur-Schutzbereichs im Einzelnen verläuft, ist allerdings streitig. 94 Das gilt etwa mit Blick auf die Verwertung von Angaben, die gegenüber einem verdeckten Ermittler gemacht werden (dazu: BGH 3 StR 104/07 vom 26.7.2007, Rn. 13 ff.) oder Erklärungen die außerhalb eines Strafverfahrens
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hYJGundlach 15; KK/Boujong 9; Pfeiffer 3; SKJRogall 30; Eisenberg aaO; Fincke ZStW 95 957, 961; a.A. Meyer-Goßner 6; Eb. Schmidt Nachtr. 112 und UUMeyer23 22. Zur Frage, ob der nemo-tenetur-Grundsatz den Beschuldigten nur in Bezug auf die freie „geistige Handlungssteuerung" bzw. „Willensbildung" schützt oder auch vor Selbstbelastung durch vis absoluta, vgl. Grünwald JZ 1981 428; Rogall NStZ 1998 67 f.; Weßlau StV 1997 343 einerseits und Hackethal 137; Neumann FS E. A. Wolff 376; Verrel 223 andererseits; ferner: Rüping Rn. 266; Dallmeyer StV 1997 606; Eidam 156 ff. Dazu statt vieler und m.w.N. BVerfGE 38 113; 56, 43 = NJW 1981 1431; BGH 3 StR 104/07, Rn. 19 ff.; BGHSt 34 45; 37 343; 38 220 und 305; SK/Rogall Vor § 133, 73, 130 ff.; Bosch 24 ff.; Janicki 157; Nothelfer Die Freiheit vom Selbstbezichtigungszwang (1989); Rogall 104 ff.; Schilling 200 ff.; H. A. Wolff 21 ff.; Böse GA 2002 99 ff.; Stürner NJW 1981 1757; Weßlau ZStW 110 (1998) 1 ff. Vgl. etwa BVerfG NJW 1995 555 (Kammer); BGHSt 5 333 f.; 14 364; 31 308; 38 220; aus dem Schrifttum z.B. SK/Rogall Vor § 133, 66 ff.; Eb. Schmidt Teil I 99; Eser ZStW 79
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(1967) 565 ff.; Kühl JuS 1986 117; Rieß FS Reichsjustizamt 373 ff.; Rogall 42 ff.; Schäfer FS Dünnebier 11; LR/Gollwitzer 24 MRK Art. 6, 248 ff. Vgl. etwa EGMR John Murray ./. Vereinigtes Königreich, Urteil v. 8.2.1996, Reports 1996-1, § 45 = EuGRZ 1996, 587 mit Anm. Kühne; EGMR Saunders ./. Vereinigtes Königreich, Urteil v. 17.12.1996, Reports 1996-V1, § 68; EGMR Heany/Mc Guinness ./. Irland, Urteil v. 21.12.2000, ECHR 2000XII, § 40; EGMR J.B. ./. Schweiz, Urteil v. 3.5.2001, ECHR 2001-III (= NJW 2002 499); Pfeiffer 1; Esser 520; Gaede 312 ff.; Rau Schweigen als Indiz der Schuld (2004) 308; Meyer-Ladewig EMRK-Handkommentar (2003) Art. 6 Rn. 52 ff.; Eser, in: J. Meyer Charta der Grundrechte der EU (2005) Art. 48 Rn. 10a. Dazu im Gesamtzusammenhang der Verfahrensrechte: SK/Rogall Vor 133,131 m.w.N.; Kölbel 39 ff.; allerdings besteht in Bezug auf die daraus konkret abzuleitenden Konsequenzen noch Uneinigkeit, vgl. Kühne EuGRZ 1996 571; Möller JR 2005 316. Dazu etwa Kölbel 44, Rzepka 388 einerseits und Verrel 238 ff. andererseits; vgl. a. Böse GA 2002 99 ff.
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in einem anderen staatlichen Verfahren abgegeben wurden 9 5 oder in Bezug auf das Verhältnis zwischen der Selbstbezichtigungsfreiheit und dem berechtigten Informationsinteresse Dritter 9 6 ebenso wie für die Frage, wo eine „Bezichtigung" eigentlich beginnt. 97 28
Der deutsche Gesetzgeber setzt die Kenntnis der Aussagefreiheit beim Staatsbürger nicht voraus, weshalb er die staatlichen Organe verpflichtet, insoweit zu belehren. 98 Über die Informationsfunktion hinaus kommt der Belehrungspflicht auch eine Funktion für die Kommunikation zwischen Vernehmungsorgan und Beschuldigten zu: Die Belehrung soll dem Beschuldigten klar vor Augen führen, dass ab diesem Zeitpunkt eine Strafverfolgungszwecken dienende Vernehmungssituation gegeben ist, in der ihm bestimmte Rechte zustehen. 99 Nach der bis 1965 geltenden Fassung des § 136 wurde der Beschuldigte lediglich befragt, „ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle". Eine deutlichere Belehrung hielt der historische Gesetzgeber von 1877 wohl auch deshalb nicht für angebracht, weil aus damaliger Sicht die richterliche Vernehmung vorrangig dem rechtlichen Gehör dienen sollte. 1 0 0 Welche weiteren Motive der Gesetzgeber mit der Reform der Belehrungsformel verfolgte, ob er etwa befürchtete, eine andere Belehrungsformel werde den Beschuldigten zum Schweigen ermuntern und ihm dadurch letztlich schaden, weil man gewohnt sei, Schweigen zu dessen Nachteil zu deuten oder ob er fürchtete, die Sachaufklärung könne erschwert werden, scheint für unterschiedliche Interpretationen offen. 1 0 1 Die Neufassung des § 136 Abs. 1 Satz 2 (und des § 2 4 3 Abs. 4 Satz 1) durch das StPÄG 1 9 6 4 1 0 2 sollte dem Beschuldigten jedenfalls seine Wahlfreiheit „eindeutiger und drastischer" 1 0 3 vor Augen führen. Diese Belehrungspflicht hat die Rechtsprechung durch ein grundsätzliches Beweisverwertungsverbot abgesichert (s.u. Rn. 77).
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Wenn der Beschuldigte von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, ist es grundsätzlich nicht Sache des Richters, die Aussageverweigerung als mindere Verteidigungsmöglichkeit zu bewerten, auch wenn die Sachvernehmung dem Beschuldigten die Möglichkeit zur Verteidigung geben soll (§ 136 Abs. 2). Der Beschuldigte kann sich dazu entschließen, nichts zu sagen und dadurch von seiner Aussagefreiheit Gebrauch zu machen. 1 0 4 Ob bzw. inwieweit dem Richter auf Grund seiner Stellung im Einzelfall eine Fürsorgepflicht obliegt, einen Beschuldigten vor der Hauptverhandlung nachhaltig auf die Verteidigungsmöglichkeit durch eine Aussage aufmerksam zu machen, wird im Einzelnen in der Literatur unterschiedlich beurteilt 1 0 5 (Rn. 34). 95
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Zur Frage etwa, ob Angaben über (politisch motivierte) Straftaten aus einem Asylverfahren in einem Strafverfahren verwendet werden dürfen: Kadelbach StV 1992 5 0 6 ff. Dazu etwa: BVerfGE 56 37, 4 9 sowie LR/ Gössel Einl. L Rn. 79; Schurig 127; Böse GA 2 0 0 2 121 ff. Vgl. dazu oben Fn. 8 9 0 sowie zur Abgrenzung zwischen (unzulässigem) Zwang zur Selbstbelastung und Sachbeweis: Bosch 2 8 4 ; Frister ZStW 106 (1994) 319; Verrel 199 ff. Dabei steht die unverstandene Belehrung (s.u. Rn. 86) der unterlassenen Belehrung gleich, BGHSt 3 9 349. Vgl. Pfeiffer 4; Bosch 140 ff.; Geppert FS F.-C. Schroeder 6 8 2 ; Groth 88; Kölbel 42; Ransiek StV 1994 3 4 4 ; Roxin NStZ 1995 4 6 6 ; vgl. a. Müssig GA 2 0 0 4 98; Pawlik GA 1998 379.
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Degener GA 1992 4 5 5 ff.; zustimmend Weßlau ZStW 110 (1989) 34 f.; a.A. Lesch ZStW 111 (1999) 625 ff., 635. 101 Ygj einerseits LR/Hanack 1 5 21 mit Verweis auf Hahn 1 139 ff., 701 ff. und andererseits Grünwald, Beweisrecht 61 f. 1 0 2 Zur Entstehungsgeschichte ferner: Bauer 11 ff.; Beckemper 46 ff.; Eb. Schmidt NJW 1968 1213 ff.; vgl. auch Rieß FS Kleinknecht 365 f. 103 Eb. Schmidt Nachtr. 1 1 4 ; vgl. auch BGHSt 2 2 174. 1 0 4 Instruktiv: Torka 74; Böse GA 2 0 0 2 119; vgl. aber: UUHanack25 21. 1 0 5 Vgl. UUHanack25 24; Kleinknecht J Z 1965 156 einerseits und Bosch 136 f. andererseits. 100
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Die Belehrung über die Aussagefreiheit bei Vernehmungen im Wege der Rechtshilfe. Für die Durchführung einer richterlichen Vernehmung im Wege der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen gelten grundsätzlich die Regelungen des Staates, in dem die Vernehmung durchgeführt wird („locus regit actum"). 1 0 6 Wird eine richterliche Vernehmung im Wege der Rechtshilfe für ein ausländisches Strafverfahren in Deutschland durchgeführt, ist deshalb über die Aussagefreiheit zu belehren. 107 Die Belehrung gehört zum "ordre public" und ist damit unverfügbar. 108 Wird im Ausland eine (richterliche) Vernehmung für ein deutsches Strafverfahren durchgeführt und entsprechend der am Ort geltenden Vorschriften nicht über die Aussagefreiheit belehrt, so stellt sich die Frage, ob das über die Vernehmung angefertigte Protokoll verwertbar ist (s.u. Rn. 88). Jedenfalls müssen die deutschen Organe im Vorfeld mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hinwirken, dass die von der StPO vorgeschriebene Belehrung Beachtung findet. 109
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Europäische Vorgaben für die Hinweispflicht auf die Aussagefreiheit können sich aus der Maxime eines fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 2 EMRK ergeben (s.o. Rn. 10). Darüber hinaus hat die EG-Kommission ein Grünbuch über die Unschuldsvermutung vorgelegt, 110 das sich unter anderem mit der Frage des Schweigerechts beschäftigt; 111 die dort enthaltenen Vorschläge lassen allerdings aus deutscher Sicht eine Aushöhlung des Schweigerechts befürchten. Ob die im Grünbuch niedergelegten Vorstellungen die Rechtspolitik nachhaltig beeinflussen werden, ist jedoch derzeit ohnehin noch fraglich.
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2. Form und Zeitpunkt des Hinweises. Der Hinweis auf die Aussagefreiheit muss vom Vernehmenden immer dem Beschuldigten selbst erteilt werden. Er darf damit nicht einen Dritten beauftragen. Das gilt auch, wenn der Beschuldigte Jugendlicher oder Heranwachsender ist; ein dem gesetzlichen Vertreter oder dem Erziehungsberechtigten erteilter Hinweis genügt nicht. 112 Über den Zeitpunkt des Hinweises bestimmt § 136 Abs. 1 Satz 2 nichts. Folgt man der Ansicht, dass es dem Beschuldigten frei steht, Angaben zur Person zu machen (s.o. Rn. 16 f.), so ist er zu Beginn der Vernehmung zu belehren, auch wenn in der Hauptverhandlung der Hinweis auf die Aussagefreiheit erst nach Eröffnung des Tatvorwurfs erteilt wird (§ 243 Abs. 4 Satz 1). Ohnehin können Umstände des Einzelfalls es erforderlich machen, die Belehrung entsprechend der Gesamtsituation vorzunehmen, so etwa bei beginnenden „Spontanäußerungen" des Beschuldigten im Vernehmungszimmer.113 Die Belehrung nach § 136 und die nach § 52 schließen einander aus. 114
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Nur bei der ersten richterlichen Vernehmung muss nach dem Gesetz auf die Aussagefreiheit hingewiesen werden, dann aber ohne Rücksicht darauf, ob der Hinweis schon
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Dazu: Daamen Zur Verwertbarkeit ausländischer Vernehmungsniederschriften (2004) 27 ff. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/Lagodny § 5 9 IRG Rn. 39. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/Lagodny § 73 IRG, zur Belehrungspflicht im Auslieferungsverfahren: Schomburg/Lagodny/Gleß/ Hackner/Lagodny § 28 Abs. 2 S. 2 IRG. Gieß FS Grünwald 2 0 3 f. m.w.N. in Fn. 38. KOM (2006)174 endg. Grünbuch über die Unschuldsvermutung
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KOM (2006)174 endg., S. 8; dazu: F. Meyer GA 2 0 0 7 17 f. KK/Boujong 11; Meyer-Goßner 7; SK/ Rogall 33. Näher und treffend Fezer gegen BGH StV 1990 194 (Anm.); vgl. auch SK/Rogall 32; Beckemper 104; Bosch 2 6 9 ff.; Ransiek 60 f. sowie: BayOLG NStZ-RR 2001 49; OLG Oldenburg NStZ 1995 412. BayObLGSt 1977 129 = NJW 1978 387; AKJGundlach 18; KK/Boujong 11; MeyerGoßner 7.
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bei Vernehmungen durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft erteilt worden ist (oben Rn. 13). Weder die Möglichkeit noch die Gewissheit, dass der Beschuldigte seine Rechte kennt, macht die Belehrung entbehrlich.115 Bei einem zusätzlichen oder alternativen Vernehmungsgegenstand muss die Belehrung wiederholt werden, ebenso dann, wenn die frühere Belehrung bereits Jahre zurück liegt. 116 Ebenso ist die Belehrung in der Hauptverhandlung zu wiederholen, auch wenn der Beschuldigte schon bei einer früheren richterlichen Vernehmung belehrt worden war. Für den Hinweis müssen nicht unbedingt die Worte des Gesetzes benutzt werden.117 Es genügt jede Belehrung, die für den Beschuldigten unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er nicht verpflichtet ist, sich zur Sache zu äußern. Die Frage, ob der Beschuldigte etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle, genügt nicht, 118 da die Frage eben keine Belehrung darstellt.119 34
Der Vernehmende muss den Beschuldigten auf seine Aussagefreiheit hinweisen.120 Erklärt der Beschuldigte, dass er sich zur Sache nicht äussern wolle, so kann der Vernehmende ihn auf die Nachteile hinweisen, die ein Verteidigungsverzicht für ihn haben kann, insbesondere wenn das Ermittlungsergebnis ihn der Tat zu überführen scheint und mögliche entlastende Umstände, die allein er kennen kann, nur aufgeklärt werden können, wenn er sie nennt. Mit einer Empfehlung sich zur Sache zu äußern, muss sich der Richter auf Grund seiner neutralen Stellung aber zurückhalten, insbesondere wenn der Beschuldigte verteidigt ist. 121 Im Einzelfall kann aber ein wertfreier Hinweis auf die Nachteile des Schweigens angebracht sein, damit der Beschuldigte mögliche Vorteile einer Verteidigung durch Einlassung zur Sache versteht und eine informierte Entscheidung zwischen Aussage und Schweigen treffen kann. 122 Auf die Entschließungsfreiheit des Beschuldigten darf dabei aber niemals in unerlaubter Weise (§ 136a) eingewirkt werden, namentlich nicht durch Drohung oder durch das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgeschriebenen Vorteils. 123
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Der Beschuldigte kann seine Aussagebereitschaft im Laufe der Vernehmung jederzeit zurücknehmen und die Beantwortung einzelner Fragen ganz oder teilweise ablehnen. 124 Ein teilweises Schweigen kann aber unter bestimmten Umständen negativ bewertet werden (s.u. Rn. 38).
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3. Aussagefreiheit und Beweiswürdigung. Strafzumessung. Der Beschuldigte kann nach herrschender Meinung in gewissem Umfang (Aussehen, Körpergröße, Mimik, Gestik) auch dann materielles Beweismittel sein, wenn er sich entschließt, zur Sache nicht
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BGHSt 38 2 2 4 ; SK/Rogall 31; Bauer 107 ff.; vgl. auch AG Mannheim StV 1993 182 Bedeutung hat die Kenntnis aber für die Frage des Verwertungsverbots und der Revision, s.u. Rn. 79 und Rn. 112. Vgl. BGHSt 4 7 1 7 0 , 1 7 2 . Bauer 104. So aber noch BGH NJW 1966 1718 mit abl. Anm. Schmidt-Leichner; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1 9 6 9 151; Meyer J R 1967 308. Ablehnend KK/Boujong 12; SK/Rogall 33; Eb. Schmidt Nachtr. 1 1 4 und N J W 1968 1216; Bauer 106; Eser ZStW 7 9 (1967) 575 und 86 (1974) Beih. 153; Stree J Z 1966 5 9 3 Fn. 4.
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AK/Gundlach 2 0 , 21; KK/Boujong 12; Meyer-Goßner 8; SK/Rogall 34; Eisenberg Beweisrecht 5 6 2 ff.; Walder Vernehmung 133 ff. KK/Boujong 12 unter Bezugnahme auf BGH 1 StR 156/65 v. 27.7.1965; vgl. aber noch UUHanack25 24. Bauer 59; Kleinknecht Kriminalistik 1965 452. Kritisch zum Ganzen Bosch 136 f.; Hübner Allgemeine Verfahrensgrundsätze, Fürsorgepflicht oder fair trial? (1983) 145; zu Vor- und Nachteilen des Schweigens etwa: Etsenberg/Pincus J Z 2 0 0 3 3 9 7 f. Vgl. § 136a, 48 ff.; 50 ff. BGHSt 5 3 3 4 ; Eb. Schmidt Nachtr. 1 1 4 ; Eser ZStW 7 9 (1967) 5 7 6 ; allg. M.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten auszusagen (näher bei § 2 6 1 ) . 1 2 5 Aus einem völligen Schweigen des Beschuldigten, also wenn er insgesamt die Einlassung verweigert, dürfen nach allgemeiner Meinung keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. 1 2 6 Das gilt selbst dann, wenn das Schweigen des Beschuldigten dem Gericht unverständlich ist. 1 2 7 Ein völliges Schweigen liegt auch vor, wenn der Beschuldigte sich auf pauschale Erklärungen beschränkt, z.B. die Täterschaft allgemein bestreitet oder sich auf bloße Rechtsausführungen beschränkt. 1 2 8 Denn dürfte das Schweigen als Anzeichen für Schuld gewertet werden, so wäre der Beschuldigte zum Ersten in seiner Entscheidung zwischen Aussage und Verweigerung nicht mehr frei. Zum Zweiten verstieße eine richterliche Beweiswürdigung, die eine solche Wertung vornähme, regelmäßig gegen Erfahrungssätze und damit nach heute verbreiteter Auffassung zugleich gegen das sachliche R e c h t , 1 2 9 weil der Richter die Gründe für das Schweigen nicht kennt und es keinen Erfahrungssatz gibt, dass nur der Schuldige schweigt, der Unschuldige hingegen redet. 1 3 0 Eine Benachteiligung des schweigenden Angeklagten kann sich bekanntlich aber in Zusammenhang mit der strafmildernden Wirkung von Geständnissen ergeben, 1 3 1 diese Problematik dürfte sich in Zusammenhang mit dem intendierten Ausbau des Täter-Opfer Ausgleichs (s.u. Rn. 53) noch verschärfen. Zurückhaltend ist die Rechtsprechung jedoch mit einer offenen Honorierung eines „opferfreundlichen Nachtatverhaltens", das einem Opferzeugen eine (weitere) Vernehmung im Prozess erspart. 1 3 2 Für die Verwertung des zeitweisen Schweigens, also den Fall des unterschiedlichen Prozessverhaltens (die beschuldigte Person schweigt in einzelnen Verfahrensabschnitten oder bei einzelnen Vernehmungen, bei anderen redet sie), gilt Entsprechendes. 1 3 3 Dabei ist freilich zu beachten, dass Äußerungen, die der (ordnungsgemäß belehrte) Beschuldigte im Ermittlungsverfahren abgegeben hat, nach herrschender Meinung nicht nur unter den Voraussetzungen des § 2 5 4 in der Hauptverhandlung verwertbar sind, sondern auch durch Vernehmung der Verhörsperson. 1 3 4
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Nach sehr umstrittener, aber richtiger Meinung können hingegen grundsätzlich aus einem teilweisen Schweigen des Beschuldigten Schlüsse gezogen werden, also wenn er sich zu bestimmten Punkten äußert und zu anderen nicht. 1 3 5 Denn wenn sich die
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Vgl. aber BGH StV 1993 458; differenzierend und teilweise a.A. Keiser StV 2000 633; vgl. a. Miebach NStZ 2000 235. Start aller BGHSt 32 140, 144; Aselmann 81 f.; Bosch 195: Kölbel 36 f. m.w.N.; Miebach NStZ 2000 235; vgl. aber Saiger 78. BGH StV 1989 90 mit Nachw. BGH NStZ 2007 417; BGHSt 25 368; 34 326; weitere Beispiele für dem Schweigen gleichstehendes Verhalten bei Meyer-Goßner § 26 Rn. 16; Miebach NStZ 2000 239 f.; näher zum Ganzen bei § 261. Vgl. § 337, 127. OLG Stuttgart VRS 69 (1985) 295; Eisenberg Beweisrecht Rn. 912; Κ. H. Meyer JR 1966 352; Eb. Schmidt JZ 1970 341; Stree JZ 1966 595; Aselmann 71; Schurig 104; Wissgott 131; mit Hinweisen auf grundlegende interdisziplinäre Überlegungen: F. Meyer GA 2007 20 f.; kritisch zum Ganzen SK/Rogall Vor § 133, 193 m.w.N.
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Zur Frage der Zulässigkeit einer Honorierung eines Geständnisses (de lege lata) vgl.: Aselmann 164 ff.; Bosch 197 ff.; Honig Die strafmildernden Wirkung eines Geständnisses im Lichte der Strafzwecke (2004) 78 ff.; Saiger 85; Verrel 53 ff.; Weßlau KJ 1993 465. BGH StV 2002 599; BGH NJW 2001 2983; Bosch 198 ff. BGHSt 20 281; BGH StV 1994 284; Eisenberg Beweisrecht Rn. 902 ff.; Miebach NStZ 2000 235; vgl. aber: Aselmann 98; Saiger 80 f.; s.a. bei § 261. Vgl. bei § 254 sowie: EisenberglPincus JZ 2003 399 ff. BGH NStZ 1999 47; BGHSt 20 298 - vgl. aber demgegenüber: BGHSt 45 367; Pfeiffer 4; Beulke Rn. 495; Rzepka Zur Fairness im deutschen Strafverfahren (2000) 389; Müller-Christmann JuS 2001 61; Park StV 2001 591 f.; a.A. SK/Rogall Vor 133, 205; vgl. a.
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beschuldigte Person als Beweismittel zur Verfügung stellt, also sich zur Sache einlässt, ist es trotz der Aussagefreiheit zwingend, dass ihre Bekundungen gemäß § 261 gewürdigt werden. Lehnt es der Beschuldigte, dem mehrere selbständige Taten vorgeworfen werden, nur ab, über eine oder einige von ihnen keine Auskunft zu geben, liegt insoweit aber kein Teilschweigen, sondern ein völliges Schweigen vor, aus dem keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden dürfen; 136 das Gleiche gilt, wenn jemand sich zunächst einlässt, dann aber die weitere Mitwirkung verweigert. 137 Doch darf das teilweise Schweigen bei der Beweiswürdigung immer nur verwertet werden, wenn das Gericht dies auf einen anerkannten Erfahrungssatz stützen kann, etwa dass es der Lebenserfahrung entspricht, dass sich ein Unschuldiger in der Situation des Beschuldigten im Einzelfall verteidigt hätte, wo der Beschuldigte geschwiegen hat. 1 3 8 Es handelt sich hier also nicht vorrangig um ein Rechtsproblem, sondern um die Frage, ob in dem zu beurteilenden Einzelfall nach allgemeinen Erfahrungssätzen ein nachteiliger Schluss aus dem „partiellen Schweigen" möglich ist. Es gibt weitere Fälle des Teilschweigens, die ebensowenig wie das völlige Schweigen des Beschuldigten irgendwelche Schlüsse zu seinem Nachteil zulassen. 139 Das ist insbesondere der Fall, wenn die beschuldigte Person von vornherein erklärt, sie wolle über bestimmte Geschehnisse keine Auskunft geben, wenn sie sich nur zur Straffrage äußert, wenn sie nur nähere Erklärungen über ihr mangelhaftes Erinnerungsvermögen abgibt 1 4 0 oder wenn sie nach langer Vernehmung erklärt, sie wolle nicht mehr aussagen, weil man ihr doch nicht glaube. Andererseits kann nach Lage des Einzelfalles das Teilschweigen mitunter einem Geständnis geradezu gleichstehen, z.B. wenn der Beschuldigte die Frage, wo er zur Tatzeit gewesen ist, nicht beantwortet 141 oder wenn er auf den Vorhalt schweigt, er müsse doch das Alter seines jugendlichen Opfers gekannt haben. Entscheidend ist in diesen Fällen immer, ob es der Erfahrung entspricht, dass ein Verteidigungswilliger nicht schweigt, wenn er sich durch Reden entlasten könnte. 1 4 2 Maßgebend ist der „aussagepsychologische Gesamtzusammenhang". 143 Bei der Strafzumessung darf das Schweigen des Beschuldigten zu seinem Nachteil nicht berücksichtigt werden. 144 Die Weigerung, sich zur Sache einzulassen, rechtfertigt regelmäßig auch keine Schlüsse auf das Maß der persönlichen Schuld oder den Grad der Gefährlichkeit des Täters. Das gilt auch, wenn die beschuldigte Person nicht völlig schweigt, sondern sich nur zu einzelnen Fragen nicht äußert. 145 Allgemein wird es aber wohl als zulässig angesehen, es als strafschärfenden Umstand zu werten, wenn die sonst geständige Beschuldigte die Auskunft über den Verbleib der Beute verschweigt. 146
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Kölbel 38 f., m.w.N.; näher bei § 261; zu Anforderungen an die Belehrung bei Teilschweigen vgl. Schurig 61 ff. BGHSt 32 144 f. m.w.N. BGHSt 45 369 f.; Pfeiffer 4. Dazu Κ. H. Meyer J R 1966 352. Wessels JuS 1966 172. OLG Hamm NJW 1974 2 5 0 . Κ. H. Meyer J R 1966 352; a.A. Wessels JuS 1966 172, der darauf hinweist, dass es dafür andere Gründe als ein schlechtes Gewissen geben kann. Κ. H. Meyer J R 1966 353; a.A. Eb. Schmidt J Z 1970 341, der aber eine Berücksichtigung des gesamten Prozessverhaltens zulassen will; vgl. auch SKJRogall Vor § 133, 193.
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Eser ZStW 86 (1974) Beih. 161. Ganz h.M., vgl. UU Gollwitzer15 % 261, 76 mit Nachweisen zur Rspr.; ferner etwa AK/ Gundlach 2 4 ; SKJRogall Vor § 133, 2 0 7 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 29; Peters § 28 IV 2; Grünwald Beweisrecht 67; Bosch 196; Dingeldey JA 1984 414; Eser ZStW 86 Beih. 162; Rieß JA 1980 295. BGH StV 1981 2 7 7 ; BGH bei Daliinger MDR 1973 370. BGH bei Dallinger M D R 1966 560; RG J W 1930 713 mit Anm. Unger-, vgl. auch BGH NStZ 1981 343; GA 1975 84; ebenso z.B. KYJGundlach 2 4 ; Rieß JA 1980 295; a.A. SKJRogall Vor § 133, 207.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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VE. Hinweis auf das Recht zur Verteidigerkonsultation Die beschuldigte Person hat in jeder Lage des Verfahrens das Recht, sich des Beistandes eines Verteidigers zu bedienen (§ 137 Abs. 1). Sie kann schon vor ihrer Vernehmung einen Verteidiger zuziehen und sich von ihm beraten lassen. Auf dieses Recht muss sie nach § 136 Abs. 1 Satz 2 in „korrekter" Weise, 1 4 7 vor der Vernehmung hingewiesen werden, zugleich mit der Belehrung über die Aussagefreiheit. Denn gerade die Frage, ob ein Beschuldigter aussagen oder schweigen will, kann die Beratung mit einem Verteidiger erforderlich m a c h e n . 1 4 8 Die Hinweispflicht entfällt auch nicht zwangsläufig, wenn ein Beschuldigter bereits einen Wahl- oder Pflichtverteidiger h a t . 1 4 9 Denn es kann etwa sein, dass er mit diesem Verteidiger noch nicht oder noch nicht eingehender gesprochen hat und nicht weiß, dass er sich vor der Vernehmung mit ihm beraten k a n n . 1 5 0 Der Hinweis ist nach einer gescheiterten Kontaktaufnahme zu einem Verteidiger zu wiederholen, damit der Beschuldigte sich darüber bewusst ist, dass er durch die vergebliche Bemühung sein Konsultationsrecht nicht verwirkt hat. 1 5 1
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Umstritten ist, welche weiteren Pflichten mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Verteidigerkonsultation verbunden sind, wenn ein Beschuldigter erklärt, einen Verteidiger zuziehen zu wollen, aber keinen Verteidiger kennt oder nicht ohne weiteres einen Verteidiger finden kann: Nach BGH-Rechtsprechung sind staatliche Organe gegenüber dem Beschuldigten unter bestimmten Umständen zu aktiver Hilfestellung verpflichtet. 1 5 2 Was das aber im Einzelfall bedeutet, lässt sich der Rechtsprechung bisher nicht eindeutig entnehmen. 1 5 3 Seit der 5. Strafsenat die Pflicht zum „ernsthaften" Bemühen um Herstellung eines Kontakts zu einem Verteidiger statuiert hat, 1 5 4 gilt jedenfalls die kommentarlose Übergabe eines Branchenverzeichnisses an einen Beschuldigten, nicht als ausreichend, wenn dieser einen Verteidiger wünscht, aber selbst nicht unmittelbar einen Anwalt benennen oder kontaktieren k a n n . 1 5 5 Aus der kasuistischen Interpretation der Pflicht zur „ersten Hilfe" durch die Strafsenate des B G H ergibt sich folgende Leitlinie: 1 5 6 Ein mittelloser Beschuldigter, der einen Verteidiger wünscht, muss auf die Möglichkeit der Pflichtverteidigung und Beratung durch den anwaltlichen Notdienst aufmerksam gemacht werden; 1 5 7
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Dazu näher Hamm NJW 1996 2186, der sogar fordert, zur Verteidigerkonsultation zu raten; a.A. Roxin J Z 2002 899; vgl. auch unten Rn. 99 f. BGHSt 38 373. So aber: Meyer-Goßner 10; KK/Boujong 14; Pfeiffer 5; dagegen: B. Mehle NJW 2007 973. Vgl. a. SK/Rogall 36; Roxin J Z 1993 426; ferner: BGHSt 38 375. Meyer-Goßner 10; KKJBoujong 14 mit Verweis auf BGHSt 42 15 m. zust. Anm. Müller StV 1996 358; vgl. ferner Beulke NStZ 1996 260 und Hamm NJW 1996, 2185; kritisch dagegen Schneider Jura 1997 131. Zur Entwicklung der Rechtsprechung: BGHSt 38 214; BGHSt 38 372= JR 1993 332 mit Anm. Rieß = J Z 1993 425 mit Anm. Roxin; BGHSt 42 15, 26 = NStZ 1996 291 m. Bespr. Beulke NStZ 1996 257
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= StV 1996 187 m. Bespr. Müller StV 1996 358 = JA 1996 747 mit Anm. Fahl; BGHSt 42 170; BGHSt 47 233; BGH NStZ 2006 236 = StV 2006 567 mit Anm. Beulke/ Bartsch- vgl. a. Ventzke StV 1996 525; Wollweber NStZ 1998 311. Vgl. dazu: HK/Lemke 24; Beckemper 122; Coenen 101 ff.; Verrel 136. BGHSt 38 372; 42 15. BGHSt 42 15 = NStZ 1996 291 m. Bespr. Beulke NStZ 1996 257= StV 1996 187 m. Bespr. Müller StV 1996 358 = JA 1996 747 mit Anm. Fahl. BGHSt 38 214; BGH 42 15 einerseits und BGH 42 170 ff.; BGH 47 233 andererseits. BGH 47 233; BGH NStZ 2006 236; Pfeiffer 5; (vgl. allerdings zur Frage, inwieweit die Verletzung dieser Pflichten zu einem Verwertungsverbot fuhren, unten Rn. 95 ff.).
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äußert eine beschuldigte Person keinen Wunsch auf Zuziehung eines Verteidigers, braucht sie aber auch nicht auf den anwaltlichen Notdienst hingewiesen werden. 1 5 8 Auch darf eine nächtliche Vernehmung, während derer ein Beschuldigter mehrmals nach Konsultation mit einem Verteidiger verlangt, aber aufgrund der Uhrzeit keinen Anwalt erreichen kann, 1 5 9 nicht fortgesetzt werden bis der Beschuldigte einen Verteidiger erreicht hat. 1 6 0 Hat sich ohne Wissen des Beschuldigten ein Verteidiger gemeldet, so darf ihm diese Information nicht vorenthalten und die Vernehmung fortgesetzt werden. 161 Im Einzelnen bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. 42 Das gilt auch für die Fälle, in denen der Gesetzgeber bisher nur im Mindestmaß spezielle Pflichten 1 6 2 der Strafverfolgungsbehörden gegenüber Beschuldigten anerkannt hat, deren effektive Verteidigung aus besonderen Gründen gefährdet erscheint, etwa bei ausländischen Beschuldigten, 163 aber auch bei Personen, die geistig beeinträchtigt 164 oder aus anderen Gründen der Sondersituation einer ersten Vernehmung nicht gewachsen sind. 165 Denn in dem Maße, in dem faktisch die Feststellung des relevanten Sachverhalts von der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung in das Ermittlungsverfahren übergeht, muss Waffengleichheit vor allem in diesem Stadium gewährleistet sein. Deshalb beschränkt sich die Pflicht der staatlichen Organe in Zusammenhang mit der Realisierung des Rechts auf Verteidigerkonsultation nicht auf die förmliche Belehrung, sondern umfasst die Hilfestellungen, die unter den spezifischen Umständen 1 6 6 effektiv notwendig sind, damit ein Beschuldigter das Recht auf Verteidigerkonsultation tatsächlich ausüben kann. 1 6 7 . 43
Einigkeit herrscht darüber, dass die Vernehmung zu unterbrechen ist, wenn der Beschuldigte erklärt, er wolle sich zunächst mit einem Verteidiger beraten. 1 6 8 Bei der richterlichen Vernehmung muss dann in der Regel ein neuer Vernehmungstermin anberaumt werden, und zwar nach angemessener Frist. 169 Diese kann nach den Umständen des Einzelfalls von mehreren Stunden 1 7 0 bis zu mehreren Tagen 1 7 1 reichen. Die Er-
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BGHSt 4 7 2 3 3 = JZ 2 0 0 2 8 9 7 m. Anm. Roxin ebda. 898. BGHSt 4 2 170. Vgl. Herrmann N S t Z 1997 209; Roxi« JZ 1997 343: Schwaben N S t Z 2 0 0 2 899; Ventzke StV 1996 524; Wolter FS Roxin 1148 mit ihrer Kritik an BGHSt 4 2 170. BGH N S t Z 1997 502; Meyer-Goßner 10; Pfeiffer 5 a.E. Vgl. § 2 5 9 und §S 185 ff. GVG. Vgl. BGH N S t Z 1996 291; BGHSt 33 150 ff.; BVerfG NJW 2 0 0 7 504; T. Walter JR 2 0 0 7 100 f.; s. a. zur Pflichtverteidigerbestellung bei ausländischen Beschuldigten B. Mehle 2 6 0 . Vgl. BGHSt 3 9 351. Vgl. etwa Gaede 793. Der Umfang der Hilfspflicht bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (in Analogie zu § 140), vgl. BGHSt 38 372; 4 2 15; Beulke N S t Z 1996 260. Ebenso: Beulke N S t Z 1996 259; Hamm
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NJW 1996 2185; Ransiek StV 1994 343; vgl. a. BGHSt 4 7 2 3 6 sowie Gaede 7 9 0 ff. mit Verweis auf EMRK-Recht. BGHSt 38 373; Pfeiffer 5; Beulke N S t Z 1996 2 5 8 m.w.N.; vgl. zur Wiederaufnahme der Vernehmung nach dem Wunsch auf Verteidigerkonsultation: BGHSt 4 2 1 7 0 , 1 7 4 ; BGH N S t Z 1 9 9 7 251; zur Unterbrechung bei der Bestellung eines Pflichtverteidigers vgl. B. Mehle 3 0 5 f. sowie die Erläuterungen zu §§ 140 ff. KKJBoujong 14; SK/Rogall 37; Dahs Hdb. 238; Eser ZStW 7 9 (1967) 609; Strafe/ Ventzke StV 1986 31 in Auseinandersetzung mit einer bedenklichen BGH-Entscheidung; vgl. auch NfJGundlach 25. Etwa wenn der Beschuldigte bereits einen Verteidiger hat, vgl. Beulke N S t Z 1996 259. In Fällen, in denen der Beschuldigte inhaftiert ist und noch einen Verteidiger suchen muss, vgl. Beulke N S t Z 1996 2 5 8 und 259.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§136
klärung, dass der Beschuldigte sich zunächst mit einem Verteidiger beraten wolle, wird also nicht als Verweigerung der Aussage aufgefasst. Dem Beschuldigten, der die Konsultation wünscht, wird vielmehr grundsätzlich Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger 172 und gegebenenfalls zum unbewachten Gespräch (vgl. § 148) gegeben. 1 7 3 Umstritten ist aber, wann die Vernehmung de lege lata fortgesetzt werden darf, weil ein Beschuldigter auf die zunächst begehrte Verteidigerkonsultation wieder verzichtet (s.u. Rn. 99 ff.). De lege ferenda wäre eine eindeutige Lösung für die Praxis wohl nur über eine klare Regelung der Vernehmungsunterbrechung in der Weise möglich, dass nach dem Verlangen des Beschuldigten nach anwaltlichem Beistand, die Vernehmung erst wieder entweder nach einem ausdrücklichen und protokollierten Verzicht oder nach Beratung mit einem Verteidiger fortgesetzt werden kann. 1 7 4 Denn die normative Pflicht zur Hilfestellung kann ohnehin nicht die - in jedem Einzelfall unterschiedlichen - faktischen Hindernisse einer Anwaltskonsultation zum Zeitpunkt der ersten Vernehmung beseitigen. Solange eine solche Regelung fehlt, können die Pflichten der Vernehmungsorgane nur anhand von Fallgruppen bestimmt werden, wobei als Orientierung dienen sollte, dass jede „einlassungsförderliche Frustrierung" 1 7 5 des Beschuldigten verboten ist. Solange der Gesetzgeber nicht reagiert, ist zu begrüßen, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich auch Versäumnisse ausgleicht. Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist bereits im Vorverfahren möglich (§ 141 Abs. 3 Satz 1). Umstritten ist, unter welchen Umständen sie geboten erscheint. 176 Ein Fall notwendiger Verteidigung besteht nach heute herrschender Meinung jedenfalls nicht schon vor jeder ersten Vernehmung 1 7 7 oder nur deshalb, weil der Beschuldigte vor oder bei der Vernehmung den Beistand eines Verteidigers wünscht. 1 7 8 Ein Pflichtverteidiger muss aber vor der ersten Vernehmung bestellt werden, wenn Verdacht auf Begehung eines Verbrechens besteht (§ 140 Ziff. 2) und ein Beschuldigter „tatsächlich des Beistandes eines Verteidigers bedarf". 1 7 9 Unklar erscheint bis jetzt, wann dies der Fall ist. 1 8 0 Einigkeit herrscht über den Reformbedarf in diesem Bereich. 181 Wird ein Pflichtverteidi-
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Betilke 147; Eisenberg Beweisrecht 514. BGHSt 46 93; Pfeiffer 5. Unten Rn. 99 ff. Schneider Jura 1997 134. BGHSt 46 93 = NStZ 2001 212, 214 m. Anm. Kunert = J Z 2001 3 5 9 m. Anm. Fezer; BGHSt 4 7 172 = JA 2 0 0 2 6 3 4 mit Anm. Beckemper sowie Anm. Wohlers JR 2 0 0 2 176 ff. = JuS 2 0 0 1 194 mit Anm. Neuhaus·, RhPfVerfGH NJW 2 0 0 6 3341; Sowada NStZ 2 0 0 5 1 ff. Zu dieser Forderung Beulke Der Verteidiger im Strafverfahren (1980) 2 5 6 ; M. Stade Die Stellung des Verteidigers im Ermittlungsverfahren (1997) 350; Vogtherr Rechtswirklichkeit und Effizienz der Strafverteidigung (1991) 2 0 4 ; vgl. a. Pfeiffer § 141, 2; B. Mehle NJW 2 0 0 7 972 f. Kritisch Salditt GA 1992 74; vgl. auch SK/ Rogall 35; Ransiek StV 1994 343. BGHSt 4 7 172, 178 f. = JR 2 0 0 2 2 9 0 m. Anm. Wohlers; der 5. Senat des BGH for-
derte indes in BGHSt 4 7 233, 2 3 6 f. = JR 2 0 0 2 897 m. Anm. Roxin eine Pflichtverteidigung zu diesem Zeitpunkt nur, wenn dies für Beschuldigteninteressen „unerlässlich" sei; vgl. a. SK/Rogall 35; Franke GA 2 0 0 2 573. 180 Vgl. Fn. 179 sowie mit weiter gehenden Forderungen B. Mehle vgl. a. 2 6 5 ; Sowada NStZ 2 0 0 5 4 ff.; Klemke StV 2 0 0 3 414 f.; Weider StV 1987 319 f.; zur Pflichtverteidigerbestellung bei ausländischen Beschuldigten B. Mehle 2 6 0 . 1 8 1 Zu Reformvorschlägen für eine erweiterte Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren im Rahmen der geplanten Justizreform vgl. etwa § 168c des Diskussionsentwurfes des Bundesjustizministeriums (2004), abgedruckt in: StV 2 0 0 4 2 2 8 ff.; dazu: Freyschmidt/Ignor NStZ 2 0 0 4 4 6 6 f.; B. Mehle 3 4 9 f. mit Hinweis auf weitere Reformvorschläge; vgl. a. Coenen 141 ff.; Herrmann StV 1996 401 f.
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ger bestellt, so ist die beschuldigte Person darüber zu belehren 182 und die Vernehmung zu unterbrechen. 183 45
Ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der Vernehmung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 2 zwar nicht. 184 Insoweit gilt vorrangig § 168c und, für staatsanwaltschaftliche Vernehmungen, § 163a Abs. 3 Satz 2 sowie allenfalls international verbindliche Vorgaben, wie sie sich etwa aus der E M R K ergeben können. 185 In Bezug auf Letztere ist die Rechtsprechung des E G M R aber bisher noch zu uneinheitlich, um klare Vorgaben abzuleiten. 186
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In § 115 Abs. 3 ist eine Belehrung des Beschuldigten über die Möglichkeit, vor der Vernehmung einen Verteidiger zu befragen, nicht vorgesehen. 187 Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass § 136 Abs. 1 Satz 2 insoweit nicht gilt. 188 Denn für die erste richterliche Vernehmung, um die es sich bei der Vernehmung nach § 115 Abs. 3 handeln kann, aber nicht immer handeln muss, ist § 136 die Sondervorschrift. Gleichwohl muss der aufgrund eines Haftbefehls ergriffene Beschuldigte spätestens am Tag nach der Vorführung vernommen werden (§ 115 Abs. 2, § 115a Abs. 2 Satz 1). Da diese Frist unbedingt einzuhalten ist, wird eine Vorbesprechung eines Beschuldigten mit einem Verteidiger nur in Betracht kommen, wenn dieser schon für ihn tätig ist oder von ihm sofort bestellt wird und noch rechtzeitig vor dem Vernehmungstermin, und sei es fernmündlich, benachrichtigt werden kann. 1 8 9
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Für die Hinweispflicht auf das Recht der Verteidigerkonsultation bei Vernehmungen im Wege der Rechtshilfe gilt das oben zur Aussagepflicht Ausgeführte entsprechend (s.o. Rn. 30). In einer richterlichen Vernehmung, die im Wege der Rechtshilfe für ein ausländisches Strafverfahren in Deutschland durchgeführt wird, muss deshalb auch auf das Recht zur Verteidigerkonsultation hingewiesen werden. 190 Soweit besondere rechtshilferechtliche Verpflichtungen die Konsultations- und Anwesenheitsrechte modifizieren, sind aber diese zu beachten. 191 Innerhalb der EU gilt künftig Art. 4 EURhÜbk von 2 0 0 0 , wonach bei Leistung von Rechtshilfe für eine Vernehmung regelmäßig das Recht des ersuchenden Staates anzuwenden ist, also dessen Vorgaben betreffend die Verteidigerkonsultation. 192 Die Pflicht zum Hinweis auf das Recht zur Verteidigerkonsultation sollte über Art. 6 Abs. 3 lit. c E M R K in allen EU-Staaten gelten. Wird eine Beschuldigtenvernehmung im Ausland für ein deutsches Strafverfahren durchgeführt, so müssen die deutschen Organe bestmöglich darauf hinwirken, dass die von der StPO vorgeschriebenen Belehrungspflichten Beachtung finden. 193
Coenen 96; B. Mehle 305; ders. NJW 2 0 0 7 973; Klemke StV 2 0 0 3 414 f.; Weider StV 1987 319 f. 1 8 3 So Coenen 97; B. Mehle 306; a.A. Klemke StV 2 0 0 3 414 f.; Beckemper JA 2 0 0 2 636; keine einheitliche Rspr.: BGHSt 47 172, 178 f. = JR 2 0 0 2 2 9 0 m. Anm. Wohlers einerseits und BGHSt 4 7 233, 2 3 5 f. = JR 2 0 0 2 897 m. Anm. Roxin andererseits. 1 8 4 Vgl. aber: Wüllrich StraFo 1996 48. 185 Coenen 75 ff.; Spaniol Das Recht auf Verteidigerbeistand im Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (1990) 2 8 5 f. 186 V g i z u r Kasuistik: Esser 4 6 6 ff. sowie Gaede 7 9 4 f. 182
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Vgl. aber RhPfVerfGH NJW 2 0 0 6 3341. KK/Boujong $ 115, 10; Meyer-Goßner § 115, 8; Kleinknecht J Z 1965 156; Hengsberger J Z 1966 212; a.A. Dreves DRiZ 1965 113; Gegenfurtner DRiZ 1965 334. Vgl. auch § 115. Eb. Schmidt Nachtr. I § 115, 13; Kleinknecht ]Z 1965 156. Gieß FS Grünwald 201 m.w.N. Vgl. BGH NStZ 1996 2 2 3 9 ; Schuster 29. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/G/e/? III Β Art. 4 EU-RhÜbk von 2 0 0 0 . Dazu etwa: Gieß FS Grünwald 2 0 3 f. m.w.N. in Fn. 39; Rogall J Z 1996 954.
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Eine Hinweispflicht auf das Recht der Verteidigerkonsultation nach europäischen Vorgaben könnte sich aus der Interpretation des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK durch den EGMR ergeben. Aus dem Recht der „angeklagten Person" auf effektive Verteidigung 194 hat der EGMR abgeleitet, dass der Vertragstaat, der das Strafverfahren durchführt, unter bestimmten Umständen einen Betroffenen von seinen Möglichkeiten der (Pflicht-)Verteidigung durch einen Anwalt in Kenntnis setzen muss. 195 Auch nach Art. 48 Abs. 2 Europäische Grundrechtscharta hat jede angeklagte Person Verteidigungsrechte, u.a. das Recht auf Verteidigerkonsultation. 196 Nach dem im Jahr 2003 vorgelegten Grünbuch der Kommission zu Verfahrensgarantien im Strafverfahren 197 sollte der Beschuldigte durch ein entsprechendes Informationsblatt, jeweils in seiner Muttersprache, u.a. über seine Rechte auf Verteidigung informiert werden. 198 Nach Art. 2 des 2004 von der Kommission vorgelegten Vorschlages für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte 199 (s.o. Rn. 31) steht einer verdächtigen Person ebenfalls ein Recht auf Rechtsbeistand zu, bevor sie Fragen in Bezug auf die Anklage beantwortet; 200 die Belehrungspflicht hierüber soll durch eine schriftliche „Mitteilung der Rechte" flankiert werden. 201
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VIE. Belehrung über das Beweisantragsrecht Über das Recht, zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen zu beantragen (§ 136 Abs. 1 Satz 3), wird der Beschuldigte zweckmäßigerweise im Anschluss an den Hinweis auf die Aussagefreiheit belehrt. Die Belehrung kann aber im Verlauf der Vernehmung nachgeholt werden. Bezweckt wird mit der Belehrungspflicht, dass der Beschuldigte von seinen schon im Ermittlungsverfahren bestehenden Rechten Gebrauch machen kann. Der Gesetzgeber wollte dadurch die mit der Abschaffung der Schlussanhörung (früher § 169a Abs. 2) und des Schlussgehörs (früher § 169b) verbundenen Nachteile teilweise ausgleichen. 202 Die Belehrung ist auch erforderlich, wenn der Beschuldigte bereits vorher erklärt hat, nicht aussagen zu wollen, da das Recht zur Antragstellung auch dann besteht. 203
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Nach § 163a Abs. 2 hat der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren gegenüber Staatsanwaltschaft und Polizei das Recht, zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen zu
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Dazu etwa: Spattiol Das Recht auf Verteidigerbeistand im Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention ( 1 9 9 0 ) ; Beulke N S t Z 1 9 9 6 2 5 9 m.w.N.; Wohlers FS Rudolphi 713 ff.
garantien in Strafverfahren innerhalb der EU, K O M 2 0 0 3 / 0 0 7 5 endg. 198
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Vgl. E G M R Twalib ./. Griechenland, Reports 1998-IV, § 5 5 ; Esser 4 7 4 f.; Wohlers FS Rudolphi 7 2 5 ; in BGHSt 4 6 9 3 (s.o. Fn. 176) bejaht der B G H die Pflichtverteidigung mit Verweis auf Art. 6 Abs. 3 lit. c E M R K , weil der Beschuldigte von der Befragung der Hauptbelastungszeugin ausgeschlossen wird. Dazu im Einzelnen: Eser, in: J. Meyer Charta der Grundrechte der E U ( 2 0 0 5 ) Art. 4 8 Rn. 2 0 ff. Grünbuch der Kommission - Verfahrens-
200
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2 . 5 des Grünbuchs der Kommission - Verfahrensgarantien, s.o. Fn. 197. Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren innerhalb der EU, K O M 2 0 0 4 / 0 3 2 8 endg.; dazu: RudolfIGiese Z R P 2 0 0 7 114. Z u m Konsultationsrecht vor der ersten Vernehmung aus internationaler Sicht: Gaede 791 f. m.w.N. Anhang Α des Vorschlags für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte, s.o. Fn. 199. BTDrucks. 7 5 5 1 S. 69. A K / G u n d l a c h 2 6 ; YXJBoujong 15; MeyerGoßner 11; Pfeiffer 6; SKIRogall 39.
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§136
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beantragen. Mit der Vorverlagerung der Sachverhaltsfeststellung aus dem Hauptverfahren in das Ermittlungsverfahren gewinnt dieses Recht immer mehr an Bedeutung. 204 Dem Antrag muss stattgegeben werden, wenn die Beweise von Bedeutung sind. Wieweit sich aus der Regelung ein eigenständiger, über § 160 Abs. 2 hinausgehender Beweiserhebungsanspruch ergibt, ist umstritten (dazu näher bei § 163a). 2 0 5 Der Beschuldigte hat gemäß § 166 Abs. 1 ferner das Recht, bei der Vernehmung durch den Richter am Amtsgericht einzelne Beweiserhebungen zu beantragen. Nach bisher herrschender Meinung muss der Richter die beantragten Erhebungen, auch wenn er sie für erheblich hält, nur unter den engen Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 selbst vorzunehmen; im Übrigen nimmt er sie lediglich in die Vernehmungsniederschrift auf (vgl. näher bei § 166). Führen die Strafverfolgungsbehörden bzw. der Richter vom Beschuldigten beantragte Beweiserhebungen nicht durch, so steht ihm de lege lata kein ordentlicher Rechtsbehelf zur Verfügung. 206 Angesichts einer zunehmenden Verlagerung der Sachverhaltsfeststellung in das Vorverfahren wird zu Recht de lege ferenda eine Stärkung der Beschuldigtenstellung zur Durchsetzung des Beweiserhebungsanspruchs gefordert. 207 Das Recht, (Entlastungs-)Beweisanträge zu stellen, ist jedenfalls als Recht auf Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen grundsätzlich in Art. 6 Abs. 3 lit. c E M R K verankert. 2 0 8 Offen ist aber bisher, ob und inwieweit dieses Recht auch im Vorverfahren gelten soll.
IX. Hinweis auf die Möglichkeit einer schriftlichen Äußerung 52
Der Hinweis, dass sie sich auch schriftlich äußern könne (§ 136 Abs. 1 Satz 4), ist der beschuldigten Person im Allgemeinen nicht schon in der Ladung, sondern erst nach Beginn der Vernehmung mitzuteilen. 209 Er ist nur in „geeigneten Fällen" erforderlich. Wenn die richterliche Vernehmung ersichtlich zu dem Zweck stattfinden soll, eine Niederschrift zu gewinnen, die notfalls nach § 254 verlesen werden kann, kommt der Hinweis nicht in Betracht. Denn die schriftliche Äußerung des Beschuldigten ist allenfalls nach den §§ 249, 251 Abs. 1 verlesbar. 210 Ob die schriftliche Äußerung geeignet ist, entscheidet der Richter, gegen dessen Auffassung die die Vernehmung beantragende Staatsanwaltschaft das Recht der Beschwerde hat. 211 Als „geeignet" werden Fälle angesehen, in denen der Beschuldigte voraussichtlich hinreichend guten Willens und in der Lage ist, eine sachgerechte schriftliche Aussage zu machen. 212 In Betracht kommt die Möglichkeit
204 Yg| perron D a s Beweisantragsrecht des Beschuldigten im deutschen Strafprozeß ( 1 9 9 5 ) 1 4 3 ff. und 166; Beulke FS Rieß
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3 7 f.; Jahn Z S t W 115 ( 2 0 0 3 ) 8 2 8 ; Jung JuS 1 9 9 8 1 1 3 9 ; Nelles StV 1 9 8 6 7 8 f.; Rieß GedS Schlüchter 2 4 . Vgl. Meyer-Goßner 11; Pfeiffer 6; zur Abgrenzung eines Beweisantrages im Vorverfahren von einem Beweisantrag in der Hauptverhandlung vgl. Perron a a O 2 9 2 ff.; Eisenberg Beweisrecht 5 5 3 . 206 Yg[ Hamm/Hassemer/Pauly Beweisantragsrecht ( 2 0 0 0 ) 4 4 1 ; LG Berlin StV 2 0 0 4 10 m. abl. Anm. Wohlers (zu § 166); Schlothauer StV 1 9 9 5 1 6 4 f. 205
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fezer GedS Schröder 4 1 4 ff.; Schreiber FS Baumann 3 9 2 ; grundsätzlich: Perron a a O 4 9 7 ff. Vgl. Gaede 2 7 6 f. m.w.N. KKJBoujong 16; strenger: Meyer-Goßner 12; a.A. SYJRogall 4 0 . Z u r Änderung der Vorschriften über die Verlesung von Vernehmungsprotokollen u.ä. durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vgl. Knauer/Wolf N J W 2 0 0 4 2 9 3 4 f. SYJRogall 40. KKJBoujong 16; Meyer-Goßner 12; SK/ Rogall 4 0 ; vgl. auch Kleinknecht J Z 1 9 6 5 157.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
vor allem, wenn der Fall so einfach liegt, dass anzunehmen ist, ein Beschuldigter werde sich auch ohne nähere Anleitung sachgemäß äußern können. 2 1 3 In Betracht kommen im Einzelfall aber auch schwierigere Fälle, da das Gesetz, anders als bei § 163a Abs. 1 Satz 2, nicht auf die einfacheren beschränkt ist. Insoweit kann der Hinweis mitunter angezeigt sein, wenn die Einlassung besonders umfangreich ist oder der Beschuldigte auf zahlreiche Unterlagen und Belege zurückgreifen muss, deren Erörterung in einer mündlichen Vernehmung unnötig zeitraubend wäre. 214 Die schriftliche Äußerung kann der mündlichen auch vorzuziehen sein, wenn der Beschuldigte sich erst mit seinem Verteidiger beraten möchte und dadurch ein neuer Vernehmungstermin erspart werden kann. 2 1 5 Der Verteidiger kann den Beschuldigten bei der Abfassung unterstützen oder diese anhand der Sachdarstellung des Beschuldigten auch selbst fertigen. 216 Praktisch hat es übrigens der Beschuldigte in der Hand, ob er eine schriftliche Äußerung vorzieht, selbst wenn der Richter den Fall hierfür nicht als geeignet ansieht; denn zur mündlichen Äußerung kann den Beschuldigten niemand zwingen. Eine Ergänzung der mündlichen Aussage durch eine schriftliche Äußerung ist niemals zu verwehren.
X. Hinweis auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA) Ferner ist der Beschuldigte in geeigneten Fällen in der ersten Vernehmung auf die 5 3 Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hinzuweisen (§ 136 Abs. 1 Satz 4). Wann ein Fall grundsätzlich für eine Lösung durch einen TOA geeignet erscheint, hängt von der vorgeworfenen Straftat, Art und Umfang der Schädigung sowie dem Grad der persönlichen Betroffenheit des Opfers ab. 2 1 7 Nach allgemeiner Ansicht soll der Hinweis nach § 136 den Interessen des Beschuldigten, der auf diese Weise durch den Richter von dieser Möglichkeit erfährt, ebenso dienen wie dem Opferschutz, zu dessen Verwirklichung der TOA ins Leben gerufen wurde. 2 1 8 Letztlich wird es immer von den Umständen des Einzelfalls abhängen, ob ein Hinweis während der richterlichen Vernehmung geeignet erscheint. Denn einerseits verpflichtet § 155a die Staatsanwaltschaft und das Gericht ohnehin in jedem Stadium des Verfahrens zu prüfen, ob ein TOA in Betracht kommt, woraus auch eine Verpflichtung zur Information des Beschuldigten resultiert. Andererseits darf gerade in der richterlichen Vernehmung, welche dem Beschuldigten rechtliches Gehör gewähren soll, ohne ihn zu einer Äusserung zu zwingen, 219 kein verfrühter Hinweis das Verfahren zu einer dann vielleicht nur „scheinkonsensualen" Lösung drängen. Ungeeignet erscheint der Hinweis daher, wenn der Beschuldigte die Tat bestreitet oder die Aussage verweigert, 220 aber auch wenn anzunehmen ist, dass das Opfer dem TäterOpfer-Ausgleich nicht zustimmen wird. 2 2 1 Die Vorschrift gilt unmittelbar nur für richterliche Vernehmungen. Über die Verweisungen in § 163a Abs. 3 und 4 gilt sie aber auch
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Kleinknecht Kriminalistik 1965 451. AK/Gundlach 27; KKIBoujong 17; MeyerGoßner 12; SK/Rogall 40; vgl. auch Eb. Schmidt Nachtr. I 16. KKJBoujong 17; Meyer-Goßner 12. KKIBoujong 16, 17; Meyer-Goßner 12; vgl. auch AKJGundlach 27. Dazu Dahs Hdb. 241. Meyer-Goßner § 155a Rn. 3. Pfeiffer 7; Zum Opferrechtsreformgesetz:
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Ferber NJW 2004 2562; SchorkJKönig NJ 2004 537. Dazu: Böse GA 2002 119. Schork/Kömg NJ 2004, 537; vgl. a. BGH vom 19.12.2002, 1 StR 405/02; Hartmann Staatsanwaltschaft und Täter-Opfer-Ausgleich (1998), 67 f.; Schimmel Täter-OpferAusgleich als Alternative (2000) 14 f.; Schädler NStZ 2005, 367. Meyer-Goßner 12a; SK/Rogall 40.
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§136
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
für Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei. Soweit sie sich an Staatsanwaltschaft und Gericht wendet, tritt sie ergänzend neben § 1 5 5 a . 2 2 2
XI. Belehrungspflichten in besonderen Fällen 54
Neben den in § 136 ausdrücklich genannten Hinweispflichten existieren unter besonderen Umständen in der Strafprozessordnung nicht eigens normierte weitere Belehrungspflichten:
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Solche Belehrungspflichten können - mit Rücksicht auf die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und die Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und R e c h t 2 2 3 auch aus internationalen Verpflichtungen resultieren. 224 Durch den'Beitritt Deutschlands zum Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen ( W Ü K ) 2 2 5 etwa sind alle deutschen Organe gemäß Art. 3 6 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK verpflichtet, einen ausländischen Beschuldigten 226 über sein Recht auf konsularische Unterstützung zu informieren, sobald er inhaftiert wird. 2 2 7 Dadurch soll sein subjektives Recht auf Unterstützung bei der Wahrnehmung von Verteidigungsrechten gewahrt werden. 2 2 8 Innerstaatlich konkretisiert Nr. 135 RiVASt die Regelung. 2 2 9 Die Belehrungspflicht entsteht schon dann bei der Festnahme, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt Umstände auf die Ausländereigenschaft hinweisen. 230 Bei der Ausübung dieser Pflicht haben Behörden und Gerichte neben innerstaatlichen Vorgaben auch verbindliche Entscheidungen internationaler Gerichte zu berücksichtigen. 231 Kommen die deutschen Organe dieser Belehrungspflicht nicht nach, so verletzen sie das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren. 2 3 2
ΧΠ. Beseitigung der Verdachtsgründe (§ 136 Abs. 2) 56
Nach § 136 Abs. 2 soll jede richterliche Vernehmung, nicht nur die erste, einem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. Dies setzt voraus, dass ihm die Verdachtsgründe mitgeteilt werden. Das gilt auch, wenn die beschuldigte Person erklärt, sie wolle nicht aussagen; denn nur die Kenntnis aller vorliegenden Verdachtsgründe setzt sie in die Lage, eine informierte Entscheidung für oder gegen eine Aussage zu treffen. Bei § 136 Abs. 2 handelt es sich also - entgegen der herrschenden Meinung 2 3 3 - nicht um eine bloße Sollvorschrift. 234 Sie verpflichtet den Vernehmenden
Pfeiffer 7. Art. 2 0 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 5 9 Abs. 2 GG; BVerfG N J W 2 0 0 7 500, 501. 2 2 4 BVerfG NJW 2 0 0 7 500, 501. 2 2 5 BGBl. 1969 II S. 1585. 2 2 6 Das gilt auch wenn der Beschuldigte seinen Lebensmittelpunkt in dem Staat hat, der das Strafverfahren gegen ihn führt, BVerfG N J W 2 0 0 7 500, 503. 2 2 7 BVerfG NJW 2 0 0 7 500, 501. 228 Yg] d a z u : Urteil des Internationalen Gerichtshofs, „La Grand", Judgement of 2 7 June 2001, Germany v. U.S.A., ICJ-Reports 2 0 0 1 4 6 4 ((.; Walther HRRS 2 0 0 4 126 ff. 222
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Abgedruckt in: Schomburg/Lagodny/Gleß/ Hackner/Schomburg/Hackner Anlage 11. BVerfG N J W 2 0 0 7 5 0 0 , 501. Das von Deutschland ratifizierte Fakultativprotokoll zum Konsularrechtsübereinkommen (BGBl. 1969 II S. 1688) räumt dem Internationalen Gerichtshof Gerichtsbarkeit über die Auslegung und Anwendung des WÜK ein. BVerfG N J W 2 0 0 7 5 0 0 ff.; zu den möglichen Konsequenzen s.u. Rn. 105. AYJGundlach 28; KKIBoujong 18; MeyerGoßner 13; SYJRogall 4 2 ; Dencker StV 1994 676.
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§136
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
vielmehr grundsätzlich dazu, den Beschuldigten von Anfang an über das ganze Ergebnis der Ermittlungen zu unterrichten (vgl. auch Rn. 21 f.). 2 3 5 Sollte eine umfassende Information im Einzelfall die weitere Durchführung des Ermittlungsverfahrens gefährden, greift § 147 Abs. 2, wonach dem Verteidiger (und dem Beschuldigten) Informationen vorenthalten werden können, um bevorstehende Untersuchungshandlungen nicht zu gefährden. 2 3 6
ΧΙΠ. Vernehmung zur Sache 1. Zweck der Vernehmung. Umstritten ist, ob die Vernehmung eines Beschuldigten im Ermittlungsverfahren seiner Verteidigung oder der Sachverhaltsaufklärung dient. 2 3 7 Aus den in § 136 normierten Pflichten sowie aus § 163a Abs. 1 ergibt sich, dass sie primär zu Verteidigungszwecken bestimmt ist. 2 3 8 Dem Beschuldigten wird durch die Vernehmung rechtliches Gehör gewährt. 2 3 9 O b die richterliche Vernehmung in gleichem Maße auch als Mittel zur Sachverhaltsaufklärung dient, ist strittig: Die herrschende Meinung bejaht d i e s 2 4 0 mit Hinweis auf die Funktion der Beschuldigteneinlassung als Beweismittel im materiellen Sinne, da eine allfällige Aussage als Erkenntnisquelle des Gerichts der freien Beweiswürdigung unterliege. 241 Demgegenüber wird in der Literatur
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zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber die richterliche Vernehmung primär als Mittel zur Gewährung rechtlichen Gehörs geschaffen hat und der Beschuldigte insofern als Prozessbeteiligter auftritt. 2 4 2 Soweit die richterliche Vernehmung nicht im Rahmen und für Zwecke des Haftverfahrens (§§ 115, 115a, § 128) oder gemäß § 165 erfolgt, wird sie von der Staatsanwaltschaft zwar regelmäßig mit dem Ziel der Sachaufklärung bzw. zum Zwecke der Beweissicherung beantragt. Sie behält aber auch dabei ihre primäre Ausrichtung am Verteidigungszweck. Demgemäß muss der Vernehmende mit dem aussagebereiten Beschuldigten Gelegenheit zu einer umfassenden Schilderung der Umstände aus seiner Sicht geben und mit ihm die entlastenden Umstände erörtern, und damit seiner Subjektstellung Rechnung tragen. 2 . Mündliche Äußerung. Um eine Beschuldigtenvernehmung im Sinne des § 136 handelt es sich nur, wenn dem Beschuldigten Gelegenheit gegeben wird, sich vor dem Rich-
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Anders noch LR/Hanack25 34. Degener GA 1 9 9 2 4 6 6 ; Grünwald Beweisrecht 6 3 f.; Wagner Z S t W 1 0 9 ( 1 9 9 7 ) 5 7 3 . Grünwald Beweisrecht 6 3 f. Vgl. Rieß JA 1 9 8 0 2 9 7 ; eingehend zur Entstehungsgeschichte Degener GA 1 9 9 2 4 5 6 . A K / G u n d l a c h 2 9 ; SKIRogall 7; Eisenberg Beweisrecht 5 1 0 ; Dencker StV 1 9 9 4 6 7 6 5 ; Rieß a a O ; Rogall 31 f.; wohl auch KKJBoujong 19 und Meyer-Goßner 14; vgl. auch Wessels JuS 1 9 6 6 170 f. Anders akzentuierend Eb. Schmidt Nachtr. I 13; Henkel 175; Peters § 41 III 1. - Fragwürdig und höchst auffallend ist das z.T. gänzlich andere Bild, das im spezifisch kriminalistischen Schrifttum vom Zweck speziell der polizeilichen Vernehmung entworfen wird; s. dazu Rüping J R 1 9 7 4 1 3 9 („wahre Subkultur der
Kriminaltaktik"); Ransiek GA 1 9 9 2 4 4 5 .
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Vgl. etwa BGHSt 2 5 3 3 2 ; Böse GA 2 0 0 2 117.
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So - in etwas unterschiedlicher Akzentuierung - die in Fn. 2 3 8 Genannten; Kindhäuser, StPO § 6 Rn. 3 4 ; Lesch Z S t W 111 ( 1 9 9 9 ) 6 2 5 ff., 6 3 5 ; Wagner Z S t W 1 0 9 ( 1 9 9 7 ) 5 4 8 m.w.N. BGHSt 2 0 3 0 0 ; Kleinknecht J R 1 9 6 6 2 7 0 ; Meyer J R 1 9 6 6 310; Eb. Schmidt SJZ 1 9 4 9 4 4 9 . Vgl. auch bei § 2 6 1 .
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Degener GA 1 9 9 2 4 6 2 ; Grünwald Beweisrecht 6 0 f., und StV 1 9 8 7 4 5 3 ; Weßlau Z S t W 110 ( 1 9 9 8 ) 3 4 f.; vgl. aber auch: Wagner Z S t W 1 0 9 ( 1 9 9 7 ) 5 6 8 f. sowie Lesch Z S t W 111 ( 1 9 9 9 ) 6 2 5 ff., 6 3 5 .
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
ter mündlich zu den Vorwürfen zu äußern. 243 Schlägt der Beschuldigte die Gelegenheit zur mündlichen Äußerung freiwillig aus, um sich schriftlich zu äußern (vgl. Rn. 52), muss die schriftliche Erklärung zwar entgegengenommen werden; es handelt sich dann aber nicht um eine richterliche Niederschrift gemäß §§ 251 Abs. 1, 254. 2 4 4 59
Eine richterliche Vernehmung liegt nur vor, wenn der Beschuldigte sich selbst zur Sache äußert. Es genügt nicht, dass ihm der Richter das Protokoll über eine polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Vernehmung vorliest, lesen oder vorlesen lässt und der Beschuldigte lediglich die Richtigkeit der dort fixierten Angaben bestätigt.245 Auch wenn ein Beschuldigter vor dem Richter im wesentlichen dieselben Angaben macht wie vor der Polizei oder der Staatsanwaltschaft, darf das richterliche Vernehmungsprotokoll246 hierauf nicht einfach Bezug nehmen. In einem solchen Fall gilt es aber ausnahmsweise als zulässig, das polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Protokoll zu verlesen, nachdem die beschuldigte Person ihre Aussage gemacht hat, und die Bestätigung zu protokollieren, dass sie es in dieser Form zum Gegenstand der richterlichen Vernehmung mache und es in der von dem Polizeibeamten oder Staatsanwalt gegebenen Fassung als Bestandteil ihrer Erklärung vor dem Richter betrachtet wissen wolle. 247 Auf eine solche Erklärung hinzuwirken, entspricht nicht der Bedeutung einer richterlichen Vernehmung. Auch im Übrigen ist das genannte Verfahren nicht zu empfehlen; 248 die eingehende Protokollierung der Angaben, die der Beschuldigte vor dem Richter macht, ist der Bezugnahme auf frühere Vernehmungsniederschriften unter allen Umständen vorzuziehen.
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3. Gang und Inhalt der Vernehmung. Die Vernehmung wird regelmäßig in deutscher Sprache durchgeführt; im Einzelfall kann aber auch eine andere Sprache gesprochen werden. 249 Bei einer Mehrheit von Beschuldigten wird in der Regel zunächst jeder von ihnen einzeln und in Abwesenheit der anderen vernommen. Das ist zwar nicht, wie in § 58 Abs. 1 für Zeugen, ausdrücklich bestimmt. Ein solches Vorgehen wird aber allgemein als zweckmäßig angesehen.250 Zur Gegenüberstellung mit anderen Beschuldigten oder Zeugen (s.u. Rn. 70 f.).
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Nach § 136 Abs. 3 ist auf die persönlichen Verhältnisse bei der ersten richterlichen Vernehmung „Bedacht zu nehmen" (vgl. auch oben Rn. 14 f.). Diese Verpflichtung bezieht sich auf alle Umstände, die für die Beurteilung des Schuldgehalts der Tat und die Rechtsfolgenentscheidung, insbesondere also die Bemessung der Tagessatzhöhe bei der Geldstrafe, für eine Strafaussetzung zur Bewährung, für das Absehen von Strafe oder für die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung von Bedeutung sein können. Zu erörtern sind regelmäßig das Vorleben des Beschuldigten, sein Werdegang, seine berufliche Tätigkeit, seine familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse.251 Ob diese Erörterungen der Vernehmung zum Tatvorwurf vorangestellt werden oder ihr folgen, ist
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Zur Vernehmung bei stummen und tauben Personen vgl. § 186 GVG sowie von Ausländern vgl. § 185 GVG. Zur Bedeutung der schriftlichen Äußerung bei der staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Vernehmung (§ 163a Abs. 1 Satz 2) s. bei § 163a. BGHSt 7 73 = MDR 1955 2 4 4 mit Anm. Mittelbach·, BGH NStZ 1987 86; bei Dallinger MDR 1974 725; bei Herlan MDR 1954 656; RGSt 24 94; Hülle DRiZ 1952 166.
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§§ 168, 168a. BGHSt 6 281; BGH NStZ 1987 86; NJW 1952 1027; RGSt 25 34; 4 0 4 2 5 ; vgl. im Übrigen bei § 254. 2 4 8 BGHSt 7 74; Meyer-Goßner 15; SKIRogall 13; Fezer J Z 1989 348 m.w.N. 249 Ygj J a z u . Hoffmann/Mtldeberger StraFo 2 0 0 4 412 f. 250 Eb. Schmidt Nachtr. I 9. 2 5 1 Vgl. auch Nr. 13 ff. RiStBV. 246
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§136
eine Frage der Zweckmäßigkeit, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Bei geringer Bedeutung des Tatvorwurfs oder bei zunächst nur geringer Stärke des Tatverdachts kann es im Hinblick auf die Privatsphäre des Beschuldigten angebracht sein, die Erörterung der persönlichen Verhältnisse kurz zu halten oder auch ganz zu unterlass e n . 2 5 2 Die Erörterung von Vorstrafen ist im Allgemeinen nur erforderlich, wenn sie für die Schuldfrage (etwa bei gleichartiger Tatbegehung) von Bedeutung ist oder wenn sich ein Auszug aus dem Zentralregister bei den Akten befindet und ergänzende Feststellungen, z.B. über Tat- und Vollstreckungszeiten, notwendig erscheinen. 2 5 3 Die Vernehmung des Beschuldigten über die ihm vorgeworfene Tat richtet sich nach den Umständen des Falles. Über die eigentliche Vernehmungstechnik 2 5 4 enthält das Gesetz, von den Verboten des § 136a abgesehen, keine Bestimmungen. Anders als bei Z e u g e n 2 5 5 ist insbesondere nicht vorgeschrieben, dass Beschuldigten zunächst Gelegenheit gegeben werden muss, sich im Zusammenhang zu der Beschuldigung zu äußern. Das hat insofern einen Sinn, als ein Zeuge bekunden soll, was er von einem bestimmten Ereignis weiß, während ein Beschuldigter (s.o. Rn. 57) Gelegenheit erhält, sich gegen bestimmte Vorwürfe zu verteidigen. Dennoch wird der Richter regelmäßig auch dem Beschuldigten, gerade weil es um seine Verteidigung geht, die Möglichkeit einer zusammenhängenden Äußerung einräumen 2 5 6 und ihn erst dann ergänzend befragen. 2 5 7 Die Vernehmung sollte nicht von vornherein in der Form von Frage und Antwort durchgeführt werden. 2 5 8 Im Rahmen der zusammenhängenden Schilderung ist der Vernehmende, wo es dessen bedarf, berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet, ihm durch Zwischenfragen, Hinweise und Vorhalte weiterzuhelfen, ihn beim Thema zu halten und ihn zu einer möglichst klaren, deutlichen und widerspruchsfreien Erklärung dessen zu veranlassen, was er sagen will. 2 5 9 Dabei ist freilich Zurückhaltung geboten, weil der Vernehmende die Aussage nicht unlauter beeinflussen oder gar „manipulieren" darf und jeden Anschein vermeiden muss, dies zu tun. Bei zusätzlichen Fragen, die der Vernehmende nach Abschluss der zusammenhängenden Darstellung stellt, darf er den Beschuldigten, durch sachliche Vorhalte mit Widersprüchen konfrontieren.
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4 . Keine Wahrheitspflicht. Die beschuldigte Person trifft verfahrensrechtlich keine Wahrheitspflicht. Die Frage, ob sie sittlich verpflichtet ist, bei ihrer Vernehmung die Wahrheit zu sagen und eine Tat einzugestehen, die sie begangen h a t , 2 6 0 bewegt sich als solche nicht auf prozessrechtlichem Gebiet und ist darum hier nicht zu erörtern. Verfahrensrechtliche Bestimmungen, aus denen sich eine Wahrheitspflicht ergibt oder mit denen
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KK/Boujong 22; Meyer-Goßner 16; SK/ Kogall 44; Eb. Schmidt Nachtr. I 1. Vgl. auch RiStBV Nr. 13 Abs. 1. Hierzu etwa Eisenberg Beweisrecht 580 ff. mit zahlr. Nachw.; kYJKube Vor § 133, 11 ff.; vgl. auch Gundlach 65 ff., 84 ff. § 69 Abs. 1 Satz 1. Pfeiffer 8; Eisenberg Beweisrecht 583; Geerds 177 ff.; Gundlach 156 ff. OGHSt 3 147; AKJGundlach 29; KKIBoujong 19; SK/Rogall 21; Roxin § 25, 7; vgl. auch BGH StV 1982 458 und 1990 245 (für § 243 Abs. 4); Hammerstein FS Middendorf 111, 112; a.A. RGSt 68 111.
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OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 186; SK/Rogall 21; Henkel 175; Roxin § 25, 7; Eisenberg Beweisrecht 583; Gundlach 170; Grünwald StV 1987 453; s. auch BGHSt 13 260; a.A. OLG Köln MDR 1956 695; LR/Hanack 2 5 40; KK/Bo«jong 19; Meyer-Goßner 17. KKJBoujong 19; SK/Rogall 21; vgl. OLG Schleswig (Fn. 258). Dazu (divergierend) z.B. RMG 11 101; Eb. Schmidt Nachtr. I 23; Henkel 177; Peters § 28 IV 2; Engelhard ZStW 58 (1939) 358; Rieß JA 1980 296; Wessels JuS 1966 173; Wimmer ZStW 50 (1930) 538.
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eine derartige Pflicht sogar durchgesetzt werden könnte, gibt es nicht. Die lebhaft umstrittene Frage, ob den aussagebereiten Beschuldigten dennoch eine - als solche nicht sanktionierte - Pflicht zur Wahrheit trifft, ist danach aus prozessualer Sicht zu verneinen. 261 Daraus allein kann jedoch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass der Beschuldigte ein „Recht" zur Lüge hat. 2 6 2 Denn wenn er berechtigt wäre, das Gericht anzulügen, dürften sich daraus keinerlei nachteiligen Konsequenzen für ihn ergeben (s.u. Rn. 65). Ein allfälliges Recht müsste sich ferner auf die materiellrechtlichen Folgen eines solchen Verhaltens auswirken. 263 Außerdem müsste sich dies auch in der Bewertung des anwaltlichen Rats zur Lüge widerspiegeln. 264 64
Das materielle Recht kennt keinen Rechtfertigungsgrund für eine Lüge, der sich allein aus der Stellung als Beschuldigter in der Vernehmung ergibt. Macht der Beschuldigte unrichtige Angaben, welche die Tatbestände der §§ 145d, 164, 187, 258, 259 oder der §§ 27, 153, 154 StGB erfüllen, kann er bestraft werden. 265 Es gibt also für den Beschuldigten zwar kein Recht zur Lüge, aber auch keine rechtliche Pflicht zur Wahrheit. 266 Er darf sich, solange er damit gegen kein Strafgesetz verstößt, für die Lüge entscheiden, darf mit ihr „sich verteidigen". 267
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Umstritten ist, ob dem Beschuldigten insofern nachteilige Konsequenzen aus der Entscheidung, die Unwahrheit zu sagen drohen können, als seine Äußerung der freien Beweiswürdigung unterliegt, wenn er sich als Beweismittel (im weiteren Sinne) zur Verfügung stellt. Nach der von Hanack in der Vorauflage vertretenen Ansicht kann es im Rahmen der freien Beweiswürdigung zulässig sein, Schlüsse auf die gesamte Glaubwürdigkeit zu ziehen - wenn der Beschuldigte bei einer Lüge ertappt wird, „wenn auch mit der gebotenen Vorsicht". 268 Das kann jedoch nur im Ausnahmefall zulässig sein. Auch bei der Rechtsfolgenentscheidung kann eine verteidigende Lüge nur unter ganz besonderen
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BGHSt 3 152; 27 379; OLG Hamm NJW 1957 152; Meyer-Goßner 18; Pfeiffer 4; SYJRogall Vor § 133, 72 m.w.N.; Eb. Schmidt Nachtr. 1 2 0 ; Rogall 52 ff.; Rüping JR 1974 139; a.A. zu Dohna 107; Peters § 28 IV 2; Binding DJZ 1909 162; Mezger ZStW 4 0 (1919) 162; Mörsch 95; Walder Vernehmung 80. OLG Braunschweig NJW 1 9 4 7 / 4 8 150; AK/Gundlach 32; Meyer-Goßner und SYJRogall aaO; Eb. Schmidt Nachtr. I 25; Henkel 177; Aselmann 177 und 186.; Fahl Rechtsmißbrauch im Strafprozeß (2004) 90; Kölbel 25; Engelhard ZStW 58 (1939) 354; a.A. Eschelbach StV 2 0 0 0 390; Fezer FS Stree/Wessels 663; Hauck ZStW 27 (1907) 926; Kohlhaas NJW 1965 2 2 8 4 . Zur Frage der Konkordanz des nemo tenetur-Grundsatzes mit anderen Regelungen: Kölbel 4 4 2 ff. Zum Streit darüber, ob ein Anwalt zur Lüge raten dürfe: Krekeler NStZ 1989 147 f. m.w.N. Vgl. BGHSt 18 2 0 4 ; 19 305; BGH bei Daliinger MDR 1953 272; RGSt 6 9 173; RG
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DR 1942 1782; OLG Hamm NJW 1957 152; 1965 62; OLG Koblenz NJW 1956 561; OLG Schleswig SchlHA 1953 219; Henkel 178; Pfenninger FS Rittler 370; Rieß JA 1980 2 9 7 ; Wessels JuS 1966 174; vgl. auch BayObLG JR 1986 28 mit Anm. Keller. Zur materiellrechtlichen Bewertung eines „passiven" oder „aktiven" Verteidigungsverhaltens: Aselmann 117 ff. und 2 4 7 ff. OLG Hamm NJW 1965 62; KYJBoujong 20; Beling 310; Kohlrausch J W 1925 1440; Pfenninger FS Rittler 3 7 0 ff.; Η. M. Schmidt J Z 1958 70; R. Schmitt DJZ 1909 39; Wessels JuS 1966 137; Wissgott 136. BGH StV 1985 357; Schäfer Strafzumessung 3 Rn. 379; Meyer-Mews NJW 2 0 0 0 916. L R / H a n a c k 2 5 4 2 in diesem Sinne auch: AK/Gundlach 32; KK/Boujong 2 0 ; Kölbel 36 f.; Fezer FS Stree/Wessels 682; Rüping JR 1974 139; Rieß JA 1980 2 9 7 ; Eisenberg Beweisrecht 550: „weil gerade ein Unschuldiger vielfältige Gründe haben kann, Zuflucht zur Lüge zu nehmen".
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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Voraussetzungen Bedeutung gewinnen: N a c h heute allgemeiner M e i n u n g ist das Leugnen kein S t r a f s c h ä r f u n g s g r u n d . 2 6 9 D a s Prozessverhalten des überführten Täters soll nach herrschender M e i n u n g jedoch bei der Strafzumessung (als Nachtatverhalten im Sinne des § 4 6 Abs. 2 S t G B ) und auch bei der Prognoseentscheidung nach §§ 5 6 , 5 7 ff. S t G B dann Berücksichtigung finden, wenn es - als Indizienschluss - etwa auf mangelnde Unrechtseinsicht z u l ä s s t . 2 7 0 Praktisch wird sich ein solcher Schluss in überzeugender Weise aber nur sehr selten ziehen l a s s e n . 2 7 1 Aus gutem G r u n d ist daher die Rechtsprechung in der Anerkennung einer solchen M ö g l i c h k e i t e r k e n n b a r äußerst z u r ü c k h a l t e n d . 2 7 2 D e n aussagebereiten Beschuldigten zur Wahrheit zu ermahnen, ist grundsätzlich nicht statthaft und nur ausnahmsweise insofern zulässig, als ihm mögliche Nachteile seines Leugnens vor Augen geführt werden, also in F o r m eines Hinweises darauf, dass das Leugnen für ihn unter bestimmten Umständen nachteilige Folgen haben k a n n . 2 7 3 Ein allgemeiner Hinweis, der Beschuldigte müsse die Wahrheit sagen, ist jedoch unzulässig, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, die Pflicht zur Wahrheit sei gesetzlich vorgeschrieben; ein solcher Hinweis kann eine Täuschung im Sinne des § 136a darstellen (§ 1 3 6 a , 3 9 ) . Illegal ist es a u c h , einem Beschuldigten, gegen den n o c h keine zur Überführung ausreichenden Beweise vorliegen, zu erklären, die Aufklärung der Wahrheit liege in seinem eigenen Interesse.
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XIV. Anwesenheitsrechte und -pflichten. Gegenüberstellungen 1. Staatsanwalt und Verteidiger. Sie sind g e m ä ß § 1 6 8 c Abs. 1, Abs. 5 berechtigt, an richterlichen Vernehmungen im Vorverfahren teilzunehmen. Für staatsanwaltschaftliche Vernehmungen gilt Entsprechendes (§ 1 6 3 a Abs. 3 Satz 2 ) . Z u r Situation bei polizeilichen Vernehmungen vgl. die Erl. zu § 1 6 3 a .
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2 . Protokollführer. Anders als bei staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen (§ 1 6 8 b ) und bei polizeilichen Vernehmungen (dazu bei § 1 6 3 a ) ist die M i t w i r k u n g eines Protokollführers bei richterlichen Vernehmungen durch § 1 6 8 gesetzlich als Regel vorgeschrieben.
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3 . Dolmetscher. W a n n seine Zuziehung notwendig ist, ergibt sich aus den §§ 185, 1 8 6 G V G 2 7 4 sowie aus internationalen Vorgaben, insbesondere der E M R K . 2 7 5 Grund-
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Std. Rspr. (z.B. BGH StV 1983 102 und 105; NStZ 1987 171; Aselmann 147 ff.; Kölbel 31 f. m.w.N.; Detter NStZ 2 0 0 2 133. BGHSt 1 105 und 107; BGH NJW 1961 85; NStZ 1981 2 5 7 mit zahlr. Nachw.; Aselmann 153. Zur Kritik an der Validität solcher Indizienschlüsse: Frisch FG BGH IV 293; Dencker ZStW 102 (1990) 56 f.; Möller J R 2005 319 f. Das gilt selbst bei auf Täuschung angelegtem Prozessverhalten (vgl. z.B. BGH J Z 1980 335; StV 1981 122 und 620). Zur früheren Rspr. vgl. BGHSt 1 103 (105) und
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1 105 (107); diese Urteile sind mit der neueren Rechtsprechung aber kaum noch in Einklang zu bringen, vgl. auch SK/Rogall Vor § 133, 73; Eisenberg Beweisrecht 551. OLG Braunschweig NJW 1947/48 150; KKIBoujong 19; Meyer-Goßner 18; SK/ Rogall 43; a.A. Fezer FS Stree/Wessels 683; kritisch Ransiek StV 1994 345. Zur Möglichkeit die Vernehmung in einer anderen Sprache als deutsch durchzuführen vgl. Hoffmann/Mildeberger StraFo 2004 412 f. Zu den aus Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK folgenden Rechten: Gaede 287 ff.
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sätzlich gilt, dass bei allen Beschuldigten, bei denen feststeht, dass sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, eine Vernehmung nur unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers durchgeführt werden darf. 2 7 6 70
4. Sachverständige und Zeugen. Die Beiziehung eines Sachverständigen durch den vernehmenden Richter kann, z.B. zur Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten, geboten sein. Der Richter darf dem Sachverständigen gestatten, unmittelbar Fragen an den Beschuldigten zu stellen (§ 80 Abs. 2). Ohne besonderen Antrag (§ 162) ist der Richter nur in den Fällen des § 165 befugt, den Beschuldigten bei seiner Vernehmung Zeugen gegenüberzustellen (§ 58 Abs. 2), die er zu diesem Zweck lädt (näher bei § 5 8 ) . 2 7 7 Zur Lage bei staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Vernehmungen s. die Erläuterungen zu § 161a und § 163a.
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5. Mitbeschuldigte. Im Allgemeinen wird es sich empfehlen, Mitbeschuldigte zunächst getrennt zu vernehmen (s.o. Rn. 60). Die Gegenüberstellung von Mitbeschuldigten durch den vernehmenden Richter ist nur unter den Voraussetzungen von § 165 zulässig (s.o. Rn. 70).
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6. Beistände. Die Zulassung von Ehegatten und gesetzlichen Vertretern als Beistand unterliegt im Vorverfahren dem richterlichen Ermessen (§ 149 Abs. 3 ) . 2 7 8
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7. Gesetzliche Vertreter und Erziehungsberechtigte. Nach § 67 Abs. 1 J G G haben der gesetzliche Vertreter und jeder Erziehungsberechtigte das Recht, gehört zu werden, sowie Fragen und Anträge zu stellen und bei Untersuchungshandlungen anwesend zu sein, soweit der jugendliche Beschuldigte selbst diese Rechte hat. Das gilt auch im Vorverfahren. Der Wortlaut des Gesetzes lässt allerdings offen, ob sich das Recht auch auf die Anwesenheit bei Vernehmungen erstreckt. Da die Vernehmung aber unbestreitbar eine Untersuchungshandlung ist, gibt es keinen Grund, dem gesetzlichen Vertreter und dem Erziehungsberechtigten die Anwesenheit nicht zu gestatten. Bei Teilnahmeverdacht und Missbrauch können die Rechte nach Maßgabe des § 67 Abs. 4 J G G entzogen werden.
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Anwesenheitsrechte bei Vernehmungen im Wege der Rechtshilfe. Für die Durchführung einer richterlichen Vernehmung im Wege der Rechtshilfe gelten grundsätzlich die Regelungen des Staates, in dem die Vernehmung durchgeführt wird („locus regit actum"). Wird in Deutschland ein Beschuldigter durch einen Richter für ein ausländisches Strafverfahren vernommen, gelten also prinzipiell die gleichen Regeln wie für inländische Beschuldigtenvernehmungen; aus praktischen Gründen empfiehlt es sich ohnehin, die im deutschen Recht vorgesehenen Anwesenheitsrechte zu beachten. 2 7 9 Eine richterliche Beschuldigtenvernehmung, die im Ausland für ein deutsches Strafverfahren durchgeführt wird, richtet sich dementsprechend grundsätzlich nach dem Recht des ersuchten Staates. 2 8 0 Jedoch müssen die deutschen Organe bestmöglich darauf hinwirBVerfG NStZ-RR 2 0 0 4 64; OLG Hamburg NStZ 2 0 0 5 227; Eisenberg Beweisrecht 528; Paeffgen NStZ 1989 423. 2 7 7 Weit gehender noch: LRJHanack 2 5 47. 278 vgl. auch zur sonstigen Zulassung im Ermittlungsverfahren, näher bei § 149. 279 Gieß FS Grünwald 201 m.w.N.; Schom276
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Dieses Prinzip gilt grundsätzlich auch zwischen den Vertragsstaaten des Rechtshilfeübereinkommens des Europarats, Art. 4 EuRhÜbk von 1959, Schomburg/Lagodny/ Gleß/Hackner/Ltfgoiffiy II Β Art. 4 EuRhÜbk von 1959.
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39 IRG.
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ken, dass die von der S t P O vorgeschriebenen Anwesenheitsrechte Beachtung f i n d e n . 2 8 1 Soweit jedoch rechtshilferechtliche Vereinbarungen das Prinzip „locus regit a c t u m " modifizieren, sind diese Sonderregelungen zu b e a c h t e n . 2 8 2 Innerhalb der E U soll (nach Art. 4 E U R h Ü b k von 2 0 0 0 ) grundsätzlich das R e c h t des ersuchenden Staates der D u r c h führung von Rechtshilfehandlungen g e l t e n . 2 8 3
XV. Protokoll Richterliche Vernehmungen des Beschuldigten sind nach der Bestimmung des § 1 6 8 a detailliert zu protokollieren (näher dort). Für Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft gilt die etwas andere Regelung des § 1 6 8 b , während für die Protokollierung polizeilicher Vernehmungen (dazu bei § 1 6 3 a und § 1 6 8 b ) ausdrückliche Vorschriften fehlen.284
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XVI. Anfechtung Gegen die Art und Weise der richterlichen Vernehmung ist an sich die Beschwerde zulässig (§ 3 0 4 ) , soweit dem nicht § 3 0 4 Abs. 5 entgegensteht. Offen erscheint, o b bzw. wie sich die neuere Rechtsprechung zum Rechtsschutzbedürfnis bei prozessualer Überholung hier a u s w i r k t . 2 8 5 Z u r Anfechtung staatsanwaltschaftlicher und polizeilicher Vernehmungen s. Erl. bei § 2 3 E G G V G .
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XVII. Verwertungsverbote 1. Gefährdungen der Aussagefreiheit a) Unterlassene Belehrung über die Aussagefreiheit. Wenn das Gesetz die Kenntnis der Aussagefreiheit beim Bürger nicht voraussetzt, sondern eine Belehrung darüber verlangt, ist es angesichts der Bedeutung der Aussagefreiheit ( R n . 2 7 ) im Grundsatz zwingend, an die unterlassene Belehrung über diese Freiheit ein Verwertungsverbot zu knüpf e n . 2 8 6 In Übereinstimmung mit der seit langem ganz herrschenden M e i n u n g im S c h r i f t t u m 2 8 7 und in A b k e h r von seiner früheren R e c h t s p r e c h u n g 2 8 8 hat auch der Bun-
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Gieß FS Grünwald 203 f. m.w.N. in Fn. 39. Vgl. BGH NStZ 1996 2239; Nagel Beweisrechtsaufnahme im Ausland (1988) 163; Böse ZStW 114 (2002) 153. Vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/ Gieß III Β Art. 4 EU-RhÜbk von 2000. Eingehend zum Ganzen: Eisenberg Beweisrecht 610 ff.; vgl. auch RiStBV Nr. 45. BVerfGE 96, 27 = NJW 1997 2163, 2164; vgl. bei § 304. Unerheblich ist dabei, ob die Belehrung vorsätzlich oder unvorsätzlich unterlassen wird, Verrel 127 f.
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Nachweise etwa in BGHSt 38 218; bei Alsberg/Nüse/Meyer 494 Fn. 496; bei LR/ Hanack24 54 f. Ebenso u.a. schon OLG Hamburg MDR 1967 517; OLG Stuttgart MDR 1973 951; LG München StV 1981 615; AG Gelnhausen StV 1991 106; AG Hameln NStZ 1990 293 mit Anm. Paulus. Insbes. BGHSt 22 170 = J Z 1968 750 mit abl. Anm. Grünwald·, 31 395 = NStZ 1983 565 mit abl. Anm. K. Meyer = J Z 1983 716 mit abl. Anm. Grünwald = JR 1984 340 mit abl. Anm. Fezer.
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desgerichtshof dies im Jahr 199 2 2 8 9 grundsätzlich anerkannt 2 9 0 und in späteren Entscheidungen bestätigt, 291 dabei allerdings differenziert (u.a. unter Berücksichtigung der Kriterien der Abwägungslehre). 292 Trotz dieser an sich klärenden Rechtsprechung bleiben nicht nur die besonderen Konstellationen einer „informatorischen Befragung" 2 9 3 sowie der „heimlichen Vernehmungen" und der „Hörfallen" (vgl. unten Rn. 91 ff.), sondern auch weitere Einzelheiten der Beweisverbote weiter umstritten, insbesondere in Bezug auf Grenzen und Geltendmachung: So stellt sich zunächst die Frage, wie der Umstand der Nichtbelehrung festzustellen ist: Nach der Rechtsprechung des B G H 2 9 4 darf der Tatrichter bei Zweifeln, ob die Belehrung erteilt worden ist, „den Inhalt der Vernehmung" nicht verwerten. 295 Zweifeln muss er im Wege des Freibeweises (vgl. § 244) nachgehen. Allmählich nähert sich die Rechtsprechung damit im Ergebnis einer bereits länger in der Literatur vertretenen Ansicht, nach der jedenfalls Zweifel aus Gründen, die in der Sphäre der Justiz liegen, die Vermutung der Rechtmäßigkeit und Justizförmigkeit des Verfahrens ernsthaft erschüttern. 296 Das gilt angesichts der Bedeutung der Belehrung für das hochrangige Rechtsprinzip der Aussagefreiheit (Rn. 27) gerade auch hier. 2 9 7 Weil die Belehrung bei richterlichen Vernehmungen gemäß § 168a Abs. 1 zu protokollieren ist und bei polizeilichen sowie staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen gemäß Nr. 45 Abs. 1 RiStBV aktenkundig gemacht werden muss, ist bei unterlassener Angabe über die Belehrung davon auszugehen, dass sie nicht stattgefunden hat, 2 9 8 wenn sich nicht auf andere Weise das Gegenteil feststellen lässt. 2 9 9 Die frühere Rechtsprechung verlangte hingegen (für polizeiliche Vernehmungen) nur, dass der Tatrichter „besonders darauf zu achten" hat, ob die Belehrung schriftlich fixiert worden ist. Was das in concreto bedeutete, blieb aber offen. 3 0 0 De lege ferenda 289
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Zum Vorlagebeschluss OLG Celle NStZ 1991 4 0 3 = StV 1991 2 4 9 mit Anm. Amelung S. 4 5 4 ; zu einem früheren Vorlagebeschluss des OLG Celle s. BGHSt 31 395. BGHSt 38 214 = NStZ 1992 2 9 4 mit Anm. Bohlander S. 5 0 4 = J Z 1992 918 mit Anm. Roxin = J R 1992 381 mit Anm. Fezer; vgl. a. Wohlers NStZ 1993 46; zur Übertragbarkeit der Grundsätze auf das Ordnungswidrigkeitenrecht: Hecker NJW 1997 1833. Ein Verwertungsverbot „liegt nahe" soweit „Grundlagen der verfahrensrechtlichen Stellung des Beschuldigten betroffen sind", BGHSt 4 2 15, 21. Vgl. BGHSt 4 2 170, 172; 4 7 1 7 2 , 1 7 9 ; vgl. auch LR/Gössel Einl. L 2 6 f.; krit. Bernsmann StraFo 1998 74. Dazu etwa: BGHSt 38 I I I f.; BayOLG NStZ-RR 2001 51; OLG Köln StraFo 1998 21; KKIBoujong § 136a 6; SKJRogall vor § 133 4 7 ; Verrel NStZ 1997 416 einerseits und LG Nürnberg StV 1994 123; AG Hamburg StV 1994 123; AG München StV 1990 29; Eisenberg Beweisrecht 5 0 9 a andererseits. BGHSt 38 2 2 4 (zum Recht auf Verteidigerkonsultation); 4 2 15, 18; vgl. a. Bosch 325 ff.; Kraft 331; Schurig 135.
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BGH StV 2 0 0 7 ; 65; Pfeiffer 9. So mit Recht eine zunehmend vertretene Lehre, vgl. etwa: Foertsch Die Berücksichtigung von Beweisverboten im Zwischenverfahren (2002) 58 und 93; Mergner 175; Bohlander NStZ 1992 5 0 5 ; HaufMDR 1993 197; Kaufmann NStZ 1998 474; Wohlers NStZ 1995 4 6 ; vgl. auch: § 136a, 78. Im Ergebnis ebenso Meyer-Goßner 20; Bohlander NStZ 1992 5 0 5 ; Häuf MDR 1993 195; Roxin J Z 1992 9 2 3 ; kritisch auch BezG Meiningen DAR 1992 393 mit Anm. Beck; weitergehend, weil skeptisch gegenüber dem praktischen Nutzen, Ransiek StV 1994 3 4 7 ; a.A. YLKJBoujong 18; SK/Rogall Vor § 133, 184; Bauer wistra 1993 99. AG Offenbach StV 1993 123. Das gilt auch für BGHSt 38 2 2 4 . Vgl. BGHSt 38 2 2 4 ; BGH NStZ 1997 6 0 9 m. krit. Anm. Kaufmann NStZ 1998 4 7 4 und krit. Anm Wollweber StV 1 9 9 9 354.; LR/ Hanack25 54; Kraft 331; a.A. (also wie hier): KKJTolksdorf % 243, 47a; Fezer JR 1992 386; Eisenberg Beweisrecht 5 6 7 ; Roxin J Z 1992 923; Schilling 210.
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wird seit längerem die Forderung erhoben, der Staat solle die Beweislast tragen, und etwa in Form einer schriftlichen Verzichtserklärung nachweisen, dass der Beschuldigte auf sein Recht auf Verteidigerkonsultation verzichtet habe. 3 0 1 Bei Kenntnis von der Aussagefreiheit verneint der B G H in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre „ausnahmsweise" ein Verwertungsverbot trotz fehlender Belehrung, da der Beschuldigte in einem solchen Falle nicht in gleichem Maße schutzwürdig sei. 3 0 2 Da die Kenntnis dieses Rechts vom Gesetz jedoch nicht vorausgesetzt wird, die Belehrung darüber vielmehr sogar bei bestehender Kenntnis erfolgen muss (oben Rn. 33), ist ein Erfahrungssatz, dass „das Schweigerecht bestimmten Personengruppen, etwa Vorbestraften", bekannt ist, jedenfalls abzulehnen. 3 0 3 Der Tatrichter hat vielmehr konkret zu prüfen, ob der Beschuldigte sein Recht gekannt h a t . 3 0 4 Lässt sich das nicht feststellen bzw. bestehen Zweifel daran, greift jedenfalls ein Verwertungsverbot e i n . 3 0 5 Das gilt selbst dann, wenn der Beschuldigte in Gegenwart seines Verteidigers aussagt. 3 0 6
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Steht jedoch sicher fest, dass der Beschuldigte in jedem Fall ausgesagt hätte, ist ein Verwertungsverbot auch bei fehlender Belehrung zu verneinen, weil die Aussage dann nicht auf den Verfahrensfehler zurückzuführen i s t . 3 0 7
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Eine nachträgliche Zustimmung des Beschuldigten kann, anders als bei § 136a, das Verwertungsverbot entfallen lassen. Der Beschuldigte hat insofern Verfügungsgewalt über die Verwertung seiner Aussage.
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Auf diesen Umstand hat der Bundesgerichtshof die sog. Widerspruchslösung gegründ e t , 3 0 8 mit deren Hilfe er die faktischen Probleme und Konsequenzen einer zweifelhaften
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Mit Verweis auf die U.S.-amerikanische Doktrin: Beulke NStZ 1996 259; Lorenz StV 1996 172; Ransiek Die Rechte des Beschuldigten in der Polizeivernehmung (1990) 88; vgl. a. Bosch 329; Kraft 237 und 332. BGHSt 25 325, 330; 42 15, 22 (ausdrücklich gegen Fezer JR 1992 385; Widmaier NStZ 1992 519); BGH NStZ 1997, 609 m. Anm. Kaufmann NStZ 1998 474 und Wollweber StV 1999 354; BGH JR 2005 385, 386 mit Anm. Mittag-, Pfeiffer 4; Kindhäuser, StPO § 6 Rn. 50; Tolksdorf FS Graßhof 264. So BGHSt 38 225; 47 172; Bernsmann StraFo 1998 75 f. Brüssow StraFo 1998 296; vgl. auch OLG Karlsruhe NZV 1994 123; AG Mannheim StV 1993 182; zust. Pfeiffer 4, aber wegen der fehlenden Schutzwürdigkeit in bestimmten Fallkonstellationen im Ergebnis eine Verwertbarkeit bejaht sowie SYJRogall Vor § 133, 184, der aber auf eine gegenteilige Diskussion in den USA hinweist; skeptisch zu der Argumentation Ransiek StV 1994 344, der darum weitergehend vor allem auf den Schutz vor unbedachter Selbstbelastung abstellt. Wie hier: Bosch 330 f. Dazu in einem Einzelfall BGH NJW 1994 3365. Noch weiter gehend: Wohlers JR 2002 295.
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So auch SYJRogall aaO; anders: BGHSt 38 225; sowie LR/Hanack 1 5 55, der bei anwaltlicher Vertretung die Kenntnis der Befugnis zum Schweigen regelmäßig als gegeben annimmt. Im Erg. ebenso: SYJRogall Vot § 133, 178. BGHSt 38 214, 225 ff.; 39 349, 352; BGH NStZ 1997 502; BGH JR 2005 385, 386 mit insoweit zust. Anm. Mittag·, ebenfalls zustimmend (u.a. mit Verweis auf die Anerkennung der Subjektstellung des Beschuldigten): Pfeiffer 9; Kindhäuser StPO § 6 Rn. 50; Basdorf StV 1997 491; Hamm NJW 1996 2188; Ignor FS Rieß (2002) 191; vgl. a. E. A. Wolff NJW 1953 1658; kritisch und ablehnend dagegen: Beulke Rn. 117 und 150; ders. NStZ 1996 262; Bohlander StV 1999 563; Dornach NStZ 1995 61; Fezer StV 1997 58; Grünwald Beweisrecht der Strafprozeßordnung 149 f.; Heinrich ZStW 112 (2000) 420; Lesch JA 1995 162; Maiberg 252 ff.; Maul/Eschelbach StraFo 1996 70; Tolksdorf FS Graßhof 265 ff.; Ventzke StV 1997 547 ff.; Wohlers NStZ 1995 46 zur Historie des Widerspruchserfordernisses in der Rechtsprechung etwa: Dudel Das Widerspruchserfordernis bei den Beweisverwertungsverboten (1999) 29 ff.; Tolksdorf FS Graßhof 261 f.; vgl. a. Herrmann NStZ 1997 212.
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Belehrung (Rn. 78) bzw. der zweifelhaften Kenntnis von der Aussagefreiheit (Rn. 79) für die Verwertung der Aussage in der Hauptverhandlung wesentlich entschärft: Das Gericht erachtet es der Zustimmung gleich, wenn der verteidigte Angeklagte in der Hauptverhandlung der Verwertung nicht spätestens bei der durch § 2 5 7 Abs. 1 veranlassten Befragung widerspricht. 3 0 9 Beim nicht verteidigten Angeklagten soll Entsprechendes gelten, wenn er vom Vorsitzenden darüber belehrt worden ist, dass er der Verwertung seiner Aussage widersprechen kann. 3 1 0 Diese Widerspruchslösung, in der sich Gedanken des Verzichts und der Verwirkung mischen, 3 1 1 ist sowohl im dogmatischen Ansatz als auch in der praktischen Umsetzung vielfältigen und schwerwiegenden Bedenken ausgesetzt: 312 Am wenigsten schwer wiegt wohl noch das Gegenargument, dass es für diesen Ansatz an einer gesetzlichen Grundlage fehle. 313 Dem könnte man durchaus entgegen halten, dass die Richter nur wieder ein Stück des privilegierenden Rechtsinstituts genommen hätten, das sie durch die Anerkennung eines Beweisverwertungsverbotes dem Beschuldigten selbst gegeben haben. 3 1 4 Schwerer wiegt der zweite Kritikpunkt, dass nämlich beim verteidigten Angeklagten allein der fehlende Widerspruch des Verteidigers das Verwertungsverbot beseitigen können soll. 3 1 5 Das ist bedenklich, weil dem Verteidiger (aus welchen Gründen auch immer) entgangen sein kann, dass eine Belehrung unterblieben ist, so dass sich sein Schweigen als Zustimmung oder Verzicht nicht ohne weiteres deuten lässt und deshalb auch nicht alleine eine Verwirkung begründen kann. 3 1 6 Zudem entbindet die „besondere Verantwortung" des Verteidigers, auf die der Bundesgerichtshof u.a. abstellt, das Tatgericht nicht von der eigenen klaren Feststellung, ob ein - von den staatlichen Organen verschuldeter - Verfahrensfehler vorliegt bzw. geheilt worden ist. 3 1 7 M a n könnte darum das Schweigen des Verteidigers überhaupt nur dann als ausreichend ansehen, 318 wenn er vom
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Vgl. BGH NJW 2006 707; BGH StV 1996 189; BGH NStZ 1997, 609 m. Anm. Kaufmann NStZ 1998 474 und Wollweber StV 1999 354; a.A. Leipold: StraFo 2001 303, der vorschlägt, einen Widerspruch bis zum letzten Wort des Angeklagten zuzulassen. Nach Ansicht der Rechtsprechung genügt ein Widerspruch im Vorverfahren nicht: BGH NStZ 1997 502, dagegen: Schlothauer FS Lüderssen 769. Der Widerspruch soll bis zum Ende der Beweisaufnahme zurückgenommen werden können, BGHSt 42 23. Der Widerspruch muss eindeutig erklärt werden (BGH NStZ 2004 389) und wirkt in einer später ausgesetzten Hauptverhandlung fort (OLG Stuttgart StV 2001 388). Vgl. OLG Celle NZV 1993 43; grundlegend: Brandis 195 ff.; von der Lippe 121 ff. Generell ablehnend SKIRogall Vor § 133, 178 und Rogall in Eser/Kaiser 92; Grünwald Beweisrecht 149 f.; Conen/Tsambikakis GA 2000 373; vgl. auch Beulke 117; Eisenberg Beweisrecht 427 ff.; Maul/Eschelbach StraFo 1996 68, 69 f.; generell zustimmend hingegen KKIBoujong 18; wohl auch Meyer-
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Goßner 20; Roxin % 24, 34 und J Z 1992 923; Eisenberg Beweisrecht 429; differenziert Hamm NJW 1996 2186; grundsätzlich zum Verlust der Rügeberechtigung: Heinrich ZStW 112 (2000) 400 ff.; Kudlich Strafprozess und allgemeines Missbrauchsverbot (1998) 53 ff. Vgl. Dahs StraFo 1998 257 f.; Dudel 214 f.; Tolksdorf FS Graßhof 266 f. Vgl. etwa von der Lippe 57. BGH 38 226; BGH StraFo 2006 74. Maiberg 207 f.; Bernsmann StraFo 1998 76; Ventzke StV 1997 435. Maiberg 254 f.; Heinrich ZStW 112 (2000) 422; Tolksdorf FS Graßhof 265; Ventzke StV 1997 547; vgl. bereits: Oehler JZ 1951 725. In Hauptverhandlungen, die vor der Entscheidung BGHSt 38 214 erfolgt waren, kam es auf einen eigenständigen Widerspruch des Verteidigers schon deswegen nicht an, weil er mit der vom BGH entwickelten Widerspruchslösung nicht rechnen konnte (OLG Celle NJW 1993 545 und NZV 1993 40).
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
Gericht auf die Möglichkeit einer Zustimmung oder eines Widerspruchs hingewiesen worden wäre. 3 1 9 Nicht überzeugend ist zum Dritten, dass der Bundesgerichtshof die zeitliche Bestimmung des Widerspruchs an § 2 5 7 Abs. 1 orientiert. 3 2 0 Fezer hat bereits früh zu Recht darauf hingewiesen, dass § 2 5 7 das rechtliche Gehör schützt, nicht aber auf irgendwelche zeitlichen Begrenzungen der Verteidigungsmöglichkeiten angelegt ist. 3 2 1 Solche Begrenzungen sind zudem jedenfalls dann fragwürdig und in der StPO (bislang) auch nicht vorgesehen, wenn sie sich auf Verteidigungsvorbringen während einer noch laufenden Beweisaufnahme beziehen, weil die Verteidigung zu dieser Zeit die Notwendigkeit ihres Einwandes u.U. noch nicht oder noch nicht sicher genug abzuschätzen vermag. Das zeigt etwa der Fall BGHSt 3 9 349, 3 5 2 f., in dem es um den Widerspruch gegen die Verwertung einer Aussage ging, die durch das Zeugnis von zwei Kriminalbeamten in die Hauptverhandlung eingeführt wurde. Der B G H ist der Ansicht, dass die Aussage des ersten Beamten verwertbar sei, weil der Verteidiger hier nicht schon „vorsorglich", sondern erst nach der Vernehmung des zweiten Beamten widersprochen hatte. Diese Differenzierung zwischen den beiden Aussagen ist nicht zu rechtfertigen. 3 2 2
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Aus den genannten Gründen ist die Widerspruchslösung abzulehnen. Angebracht erschiene vielmehr das Erfordernis einer positiven Zustimmung des Beschuldigten zur Verwertung einer Aussage, die er ohne die in § 136 geforderten Hinweise auf Aussagefreiheit oder das Recht zur Verteidigerkonsultation gemacht h a t . 3 2 3
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b) Nicht-Verstehen der Belehrung über die Aussagefreiheit. Versteht der Beschuldigte infolge seiner geistigen oder seelischen Verfassung die Belehrung über die Aussagefreiheit inhaltlich nicht, dürfte er in der Regel vernehmungs- oder sogar verhandlungsunfähig sein. 3 2 4 Im Normalverfahren ist dann seine Vernehmung zu unterlassen bzw. abzubrechen, ihr Ergebnis jedenfalls unverwertbar. J e nach Lage des Falles ist mit einer erneuten Vernehmung bis zum Abklingen der Störung zuzuwarten 3 2 5 oder aber das Verfahren vorläufig oder endgültig einzustellen. 3 2 6 Die vom B G H (in einem Sicherungsverfahren) vertretene Ansicht, dass es nicht angehe, beim aussagebereiten Beschuldigten, der die Belehrung möglicherweise oder mit Sicherheit nicht verstanden hat, von einer Vernehmung abzusehen, weil ihm sonst die Gelegenheit zur Entlastung (vgl. § 136 Abs. 2) abgeschnitten werde, überzeugt regelmäßig nur in den Fällen des Sicherungsverfahrens (§§ 413 ff.). 3 2 7 Offen ist bisher, ob das Gericht seine Ansicht tatsächlich auf das Siche-
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Fezer JR 1992 386. Ablehnend oder doch kritisch (außer den in Fn. 312 Genannten) auch Bohlander NStZ 1992 505; Dornach Der Strafverteidiger als Mitgarant eines justizförmigen Strafverfahrens (1994) 190 und NStZ 1995 61; Feigen 162 f.; Tolksdorf FS Graßhof 265; Hamm NJW 1993 295; Kiehl NJW 1993 502; 1994 1268. Dazu: Leipold StraFo 2001 300 ff. Fezer JZ 1994 687; vgl. a. Tolksdorf FS Graßhof 267. Ablehnend darum Fezer in Anm. JZ 1994 686; SKJRogall Vor § 133, 178; Feigen 164. Im Ergebnis ebenso: Volk StPO § 28 Rn. 22; Leipold StraFo 2001 302.
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Zu diesen beiden Fähigkeiten näher bei § 205. Zu den Anforderungen an das Verstehen der Belehrung vgl. BGHR StPO § 136 Belehrung 2 sowie Neuhaus NStZ 1997 312. So etwa in Fällen schweren Schocks nach einem Verkehrsunfall, vgl. BezG Meiningen DAR 1992 393 mit Anm. Beck. Vgl. LR/Rieß25 § 205, 12. Zur Beweiswürdigung in diesen Fällen s. BGHSt 2 269. LG Verden StV 1986 97 lehnt die Verwertung auch hier ab (und verweist auf die außerstrafrechtlichen Unterbringungsmöglichkeiten).
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rungsverfahren beschränken will oder ob es generell meint, dass die Vernehmung des aussagebereiten Beschuldigten durchzuführen sei und sich die Verwertbarkeit entsprechend den allgemeinen Grundsätzen 328 danach beurteile, ob der Vernommene oder sein Verteidiger der Verwertung widerspricht. Dem ist auch dann nicht zu folgen, wenn der Beschuldigte die Belehrung nur „möglicherweise" nicht verstanden hat. Denn in diesem Fall muss der Tatrichter aufklären, ob er sie verstanden hat oder nicht, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass der Vernehmende im Ermittlungsverfahren (wie der Bundesgerichtshof an sich zu Recht ausführt) dazu oft nicht sicher genug in der Lage ist. 87
c) Unterlassene Belehrung in DDR-Altfällen und bei Auslandsvernehmungen. In der D D R waren bis zum 6. DDR-StRÄndG v. 29.6.1990 Belehrungen über eine Aussagefreiheit des Beschuldigten gesetzlich nicht vorgeschrieben und nicht üblich. 329 Der BGH hält Vernehmungen, die - demgemäß - ohne Belehrung durchgeführt wurden, nur dann für unverwertbar, wenn die Voraussetzungen des § 136a vorliegen oder auf den Beschuldigten sonst in rechtsstaatswidriger Weise mit dem Ziel eingewirkt wurde, sein Schweigen aufzugeben. 330 Die Entscheidung steht nach Begründung und Ergebnis in auffälligem Gegensatz zu der hohen Bedeutung, die das Gericht der Aussagefreiheit und der zu ihrer Sicherung dienenden Belehrungspflicht zuschreibt. 331 Sie ist wohl nur mit dem Bemühen zu erklären, soweit die Beendigung anhängiger Verfahren gemäß dem EinigungsV zu sichern. 332
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Immer größere Bedeutung wirft die Frage auf, wie sich fehlende Belehrungen bei ausländischen Vernehmungen auswirken, wenn nach dem Recht des Vernehmungsorts eine Belehrung nicht vorgeschrieben ist. Nach herrschender Meinung sind durch ausländische Vernehmungen gewonnene Erkenntnisse grundsätzlich verwertbar, wenn die am Ort geltenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, auch wenn dort keine Belehrung vorgesehen sei. 3 3 3 Beispielhaft für diesen pragmatischen Ansatz ist ein Urteil des B G H , 3 3 4 dem ein Rechtshilfeverfahren mit dem Schweizer Kanton Luzern zugrunde liegt. Fraglich war, ob in dem deutschen Strafverfahren ein Verwertungsverbot aus dem Umstand folgen könne, dass nach dem am Vernehmungsort geltenden Gesetz keine Belehrung über das Recht zur Verteidigerkonsultation vorgesehen war. Der BGH hat dabei - in etwas unklarem Zusammenhang - auch ausgeführt, die fehlende Belehrung könne es „schwerlich rechtfertigen, die schweizerischen Vernehmungen als grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen widersprechend zu beurteilen". Darauf kommt es aber nicht an. Die Verwertbarkeit eines Beweismittels bestimmt sich nämlich nach dem Recht des Staates, in dem das Beweismaterial tatsächlich verwertet werden soll. 335 Die Rechtmäßigkeit der Erhebung nach dem Recht des ausländischen Staates hat darauf nur mittelbar Ein-
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BGHSt 38 214, 2 2 5 f. (oben Rn. 82 f.). Dazu näher BGHSt 38 263. BGHSt 38 263, 2 6 9 f. = JR 1993 4 2 5 mit Anm. Fezer. Vgl. BGHSt 38 214; grundlegend: Kiehl NJW 1993 503. Vgl. BGHSt 38 263, 2 6 6 = JR 1993 4 2 5 mit Anm. Fezer, Häuf MDR 1993 196 Fn. 21. BGH NStZ-RR 2 0 0 2 67; BGH StV 2001 66; Pfeiffer 10; weitere Nachweise bei Böse ZStW 114 (2002) 169 f.; Gieß FS Grünwald 197 ff.; noch offen gelassen in: BGH NJW
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1994 3 3 6 4 m. Anm. Wohlers NStZ 1995 4 5 und Anm. Britz NStZ 1995 6 0 7 und Anm. Hauser JR 1995, 254; sowie näher bei § 251. Zum Meinungsstand im Einzelnen: Schuster 123 ff. BGH NJW 1994 3 3 6 4 = NStZ 1994, 595 mit Anm. Wohlers NStZ 1995 4 5 und Britz 607; vgl. auch Anm. Hauser J R 1995 2 5 4 f. Gieß Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung (2007), 141 ff.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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f l u s s . 3 3 6 Die Verwertung einer Aussage eines Beschuldigten, welche dieser ohne Belehrung über die Aussagefreiheit im Ausland gemacht hat, ist damit grundsätzlich unverw e r t b a r . 3 3 7 Ohnehin soll für den Rechtshilfeverkehr zwischen den EU-Mitgliedstaaten nach Art. 4 E U R h Ü b k das R e c h t des ersuchenden Staates g e l t e n . 3 3 8 In einer Vernehmung, die für ein deutsches Strafverfahren im Ausland durchgeführt wird, muss dann belehrt werden. Dadurch dürften sich allfällige Verwertungsprobleme insofern entschärfen. N a c h jüngerer Rechtsprechung und Literatur gelten folgende Grundsätze im Z u s a m m e n h a n g mit der Verwertung von Erkenntnissen aus ausländischen Vernehmungen: Ein
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Verwertungsverbot besteht jedenfalls dann, wenn (a) in der Vernehmung unverzichtbare allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze nicht eingehalten w u r d e n ; 3 3 9 (b) ein Betroffener der Verwertung nach der Aufklärung über sein Schweigerecht und seine Widerspruchsmöglichkeit im deutschen Strafverfahren w i d e r s p r i c h t , 3 4 0 (c) eine Vernehmung im Ausland durchgeführt wird, um Verfahrensrechte, welche das deutsche Strafverfahren gewährt, zu u m g e h e n . 3 4 1 d) Wirkung gegenüber Mitbeschuldigten. D e r Bundesgerichtshof hatte zunächst offen gelassen, o b das oben unter R n . 7 7 ff. beschriebene Verwertungsverbot auch gegenüber Dritten gelten s o l l e . 3 4 2 Er hat die Frage dann später in entsprechender Anwendung seiner Grundsätze zu § 5 5 verneint, weil die Belehrung ausschließlich dem Schutz des jeweiligen Beschuldigten diene, also den Rechtskreis von Mitbeschuldigten und M i t angeklagten nicht b e r ü h r e . 3 4 3 A b e r die sog. R e c h t s k r e i s t h e o r i e , 3 4 4 auf die sich der Bundesgerichtshof stützt, ist nicht nur als solche umstritten und anfechtbar (s. Erl. zu § 3 3 7 ) . Sie ist überdies eine spezifisch revisionsrechtliche K o n s t r u k t i o n , die aus heutiger Sicht nicht mehr o h n e weiteres zur Klärung eines Beweisverbots herangezogen werden k a n n . O h n e h i n soll sie nach ihrem eigenen Anspruch nicht für Vorschriften gelten, welche die „rechtsstaatlichen Grundlagen des V e r f a h r e n s " b e t r e f f e n . 3 4 5 Wenn aber die Belehrung über die Aussagefreiheit auch dem Schutz eines fairen Verfahrens d i e n t , 3 4 6 ist bereits auf der Grundlage der Rechtskreistheorie zweifelhaft, o b der Mitbeschuldigte die Folgen des Verfahrensverstoßes hinnehmen m u s s . 3 4 7 Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass auch wenn die Belehrung spezifisch die Aussagefreiheit des konkreten Beschuldigten schützen soll, es doch u n a n n e h m b a r ist, den G e d a n k e n des fairen Verfahrens bei den einer gemeinsamen Tat Beschuldigten gewissermaßen zu teilen, also den einen auf dem Weg über den Verfahrensverstoß gegenüber dem anderen zu belasten oder gar zu überführen. Im
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Vgl. BGH NStZ 1992 394; BGH GA 1976 219; Wohlers NStZ 1995 595; vgl a. Schuster 134. Böse ZStW 114 (2002) 172; vgl. a. BGH NStZ 1994, 595 mit Anm. Britz NStZ 1995 608; Sommer StraFo 2 0 0 3 352 f. Dazu: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner/ Gieß III Β Art. 4 EURhÜbk von 2000, Rn. 1 und 6. BGH NStZ 1998 155 m.w.N.; BGH NStZ 1996 609 m. Anm. Rose NStZ 1998 154; BGH StV 1982 154. Vgl. BGH NStZ 1992 394; vgl. Wohlers NStZ 1995 46 m.w.N. BGH NStZ 1988 563; Vgl. KMR/Eschelbach § 223, 94 ff.
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BGHSt 38 228. BGHSt 47 172, 180 = JA 2002 634 mit Anm Beckemper = JR 2 0 0 2 , 290 mit Anm. Wohlers·, BGH wistra 2 0 0 0 313; BGH NJW 1994 3364; ebenso BayObLG NJW 1994 1296; Pfeiffer 9; SYJRogall Vor § 133, 184; Lesch JA 1995 162. BGHSt 11 213, dazu LR/Gössel Einl. L 20 ff. Vgl. BGHSt 11 214; 42 15, 21. So ausdrücklich BGHSt 25 330 und 38 221. Verneinend etwa Brüssow StraFo 1998 298; Dencker StV 1995 233; Hamm NJW 1996 2189.
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Extremfall könnte sonst von zwei nicht belehrten Beschuldigten der eine jeweils aufgrund der fehlerhaft gewonnenen Aussage des anderen verurteilt werden, und zwar wohl selbst dann, wenn zum Zwecke einer solchen „Überkreuzungsverwertung" die Belehrung jedes der beiden Beschuldigten bewusst unterlassen wurde. 3 4 8 Es erscheint daher bei Abwägung der widerstreitenden Gesichtspunkte notwendig, die Wirkung des Verwertungsverbots auch auf Mitangeklagte zu erstrecken. 3 4 9 91
e) „Vernehmungsähnliche Situationen", heimliche und verdeckte Ermittlungen, „Hörfallen". Nach der hier vertretenen Ansicht (oben Rn. 12) ist eine „Vernehmung" i.S. des § 136 bei einer direkten oder indirekten Befragung des Beschuldigten zum Tatvorwurf auch gegeben, wenn der Beschuldigte sich des amtlichen Charakters der Befragung nicht bewusst ist, weil ihm dieser verschleiert wird. 3 5 0 Von diesem Standpunkt aus unterliegen derartige Befragungen daher grundsätzlich den Belehrungspflichten des § 136 und damit bei unterlassener Belehrung mindestens auch dem im vorigen (Rn. 77 ff.) umrissenen Verwertungsverbot; 351 etwas anderes kann nach der hier vertretenen Ansicht nur gelten, soweit das Gesetz verschleierte Befragungen vorsieht oder doch gestattet. Die herrschende Meinung sieht das meist schon im Ansatz anders, weil sie diese Befragungen nicht als von § 136 erfasste „Vernehmungen" betrachtet (Rn. 12 und § 136a, 15). Deshalb bejaht sie bei Befragungen im Rahmen von verdeckten Ermittlungen ein Verwertungsverbot nur oder allenfalls in analoger Anwendung des § 136a bei sog. vernehmungsähnlichen Situationen oder bei Verstößen gegen sonstige rechtsstaatliche Grundsätze (§ 136a, 15). Sehr streitig ist jedoch auch innerhalb der herrschenden Meinung, ob heimliche Befragungen, die außerhalb des spezifischen Bereichs verdeckter Ermittlungen mit Hilfe sog. Hörfallen erfolgen, in der gleichen Weise zu behandeln sind oder ob sie als Umgehung der förmlichen Vernehmung unter dem Gesichtspunkt der unterlassenen Belehrung ein Verwertungsverbot auslösen (dazu Rn. 93).
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Nach dem Gesagten ist der Unterschied der Standpunkte im Rahmen des § 136 bei verdeckten Ermittlungen unerheblich, wenn und soweit man die Befragungsergebnisse aufgrund dieser Ermittlungen als solche für erlaubt und verwertbar hält; denn dann können sich Verwertungsverbote auch nach der hier vertretenen Ansicht (Rn. 91) nur aus § 136a oder sonstigen rechtsstaatlichen Grundsätzen ergeben, nicht aber aus der unterlassenen Belehrung selbst. Es liegt nahe, dies aufgrund der Gesetzesregelung über Verdeckte Ermittler (§§ 110a ff.) für deren Befragungen zu bejahen; vgl. dazu näher bei § 110c. Für Befragungen durch sonstige verdeckt auftretende Polizeibeamte oder durch (staatlich beauftragte) V-Leute aber fehlen entsprechende Regelungen oder Anhaltspunkte im Gesetz. Wenn die herrschende, insbesondere von der Rechtsprechung vertretene Meinung das Ergebnis ihrer Befragungen zum Tatvorwurf dennoch grundsätzlich für verwertbar hält, so kann sie das nur, weil sie die Zulässigkeit dieser Befragungen nach allgemeinen StPO-Normen bejaht oder voraussetzt; dies wird bei § 163 erörtert. 3 5 2 Darauf macht zu Recht Dencker a a O 2 3 5 aufmerksam. 3 4 9 Z u m Ganzen näher (und ebenso) Hamm N J W 1996 2189. 350 Ygj am;^. EG M R Allan ./. Vereinigtes Königreich StV 2 0 0 3 2 5 7 m. Anm. Gaede-, Böse GA 2 0 0 2 1 0 2 ; Renzikowski J Z 1 9 9 7 713 ff.; Weßlau Z S t W 110 ( 1 9 9 8 ) 6 ff. sowie 348
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§ 136a, 15. Vgl. aus Sicht der E M R K : E G M R StV 2 0 0 3 2 5 7 mit Anm. Gaede; Esser J R 2 0 0 4
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9 8 ; s. aber B G H 3 StR 1 0 4 / 0 7 vom 26.7.2007. Vgl. Roxin § 10 Rn. 2 8 a.E.; Sinn Jura 2 0 0 3 819; auch an dieser Stelle ist aber darauf hinzuweisen, dass - bereits aus den z.B. von Fezer J Z 1 9 9 5 9 7 2 dargelegten Gründen die h . M . als verfassungsrechtlich bedenklich erscheint. Die Entwicklung in der Praxis bestärkt diese Bedenken noch, vgl. Scherp 8 3 ff.; Weiler GA 1 9 9 6 101 mit Nachw.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
Die verschiedenen Formen einer Befragung des Beschuldigten mit Hilfe von „Hörfallen", d.h. von gezielt veranlassten scheinbaren Privatgesprächen, die Polizeibeamte oder von ihnen Beauftragte heimlich mithören, 3 5 3 sind nur Unterfälle der verschleierten Befragungen. Die herrschende Meinung verfährt zwar folgerichtig, wenn sie diese, im Gegensatz zu der hier vertretenen Ansicht, ebenfalls nicht als „Vernehmungen" i.S. des § 136 ansieht, sondern nach den in Rn. 91 genannten Gesichtspunkten beurteilt. Unter diesen Gesichtspunkten wird vielfach angenommen, dass die Befragungen als solche zulässig sind und ihre Ergebnisse nicht allein deswegen einem Verwertungsverbot unterliegen, weil sie „verdeckt" gewonnen sind. 3 5 4 Wenn man die Befragungsergebnisse aufgrund verdeckter Ermittlungen von V-Leuten (Rn. 92) für zulässig hält, ist ein solcher Schluss in der Tat nahe liegend. Gleichwohl hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs - unter grundsätzlicher Anerkennung verschleierter Befragungen bei verdeckten Ermittlungen sonstiger Art - dem Großen Strafsenat die Frage vorgelegt, ob speziell die aus einem von der Polizei veranlassten und mitgehörten Telefongespräch einer Privatperson mit dem Beschuldigten gewonnenen Informationen schon im Hinblick auf die damit verbundene Umgehung der Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 (§ 163a Abs. 4) unverwertbar sein sollten. 3 5 5 Der Große Strafsenat hat d a r a u f 3 5 6 entschieden, dass Informationen, die der Staat dem Beschuldigten durch vorgetäuschte Privatgespräche entlockt, grundsätzlich verwertet werden dürften, weil insofern kein Verstoß gegen den nemotenetur-Grundsatz und auch keine Umgehung der durch § 136 statuierten Belehrungspflicht vorliege. § 136 Abs. 1 solle den Beschuldigten (nur) „vor der irrigen Annahme eines möglicherweise aufgrund des amtlichen Charakters einer Befragung empfundenen Aussagezwangs...schützen", nicht aber vor einem anderen Irrtum. 3 5 7 Eine Verwertung erscheine - nach einer „Gesamtabwägung" 3 5 8 - jedenfalls zur Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung gerechtfertigt, wenn die Erforschung des Sachverhalts unter Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich weniger Erfolg versprechend oder
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Insbesondere: Mithören am Zweithörer des Telefons (BGHSt 39 335, 348; BGH NStZ 1995 410 und 1996 200 m.w.N.; OLG Hamm NStZ 1988 515; vgl. a. BVerfG NStZ 2000. 489); aber auch: scheinbares Privatgespräch nach Abschluss der Vernehmung, das ein anderer Polizeibeamter heimlich mithört (LG Verden MDR 1975 950). BGH 3 StR 104/07 vom 26.7.2007; BGHSt 39 335 ff.; zust. z.B. Meyer-Goßner § 100a, 1; SKJRudolphi § 100a, 9; Sternberg-Lieben Jura 1995 299; Welp NStZ 1994 294; anders Dencker StV 1994 671 (eingehend); Lisken NJW 1994 2069; Tietje MDR 1994 1078; eine davon getrennte Frage ist es, ob die Erkenntnisse etwa wegen „Täuschung" nach § 136a unverwertbar sind, dazu Klein 30 sowie § 136a, 43. Zum Vorlagebeschluss: BGH NStZ 1996 200 mit Anm. Fezer S. 289; 1995 410 mit abl. Anm. Seitz S. 519 und grundsätzlicher Betrachtung Roxin JZ 1995 469; dagegen der 1. StS des BGH, NStZ 1995 557; SK/ Rogall § 136a, 22.
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BGHSt 42 145 ff. = NStZ 1998 95 mit Anm. Popp = CR 1997 364 mit Anm. Bär = JA 1997 15 mit Anm. Lesch = JR 1997 163 mit Anm. Derksen. BGHSt 42 139; befürwortend: Duttge J Z 1996 562; König Kriminalistik 1997 179; Kudltch JuS 1997 699; Lesch ZStW 111 (1999) 638; ders. GA 2000 362; Müssig GA 1999 126 f.; Pawlik GA 1998 385; Popp NStZ 1998 95; ders. JA 1998 904 f.; Verrel 146; ders. NStZ 1997 415;; vgl. a. Renzikowski JZ 1997, 713; kritisch dazu und teilweise a.A.: Klein 35 ff.; Bernsmann StV 1997 116, 117; Derksen JR 1997 167; Meurer FS Roxin 1281; Rieß NStZ 1996 505; Roxin NStZ 1997, 18; Weßlau ZStW 110 (1998) 10 f.; Wolter FS II BGH 977. BGHSt GrS 42 139, 157; allgemein zur Abwägungslehre aus der jüngeren Rspr.: BGHSt 44 243, 249; BGH NStZ 2000 383 m. kritischen Anm. Jahn; zustimmend: Rogall FS Grünwald (1999) 523 ff.; kritisch: Wolter FS II BGH 989; vgl. a. LR/Gössel Einl. L 20 ff.
Sabine Gieß
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§136
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
wesentlich erschwert wäre. 3 5 9 Dem ist nicht zuzustimmen. Eine Anerkennung der Zulässigkeit von Hörfallen zur Verfolgung bestimmter schwererer Kriminalität bedeutete einen (weiteren) massiven Einbruch in das überkommene Ermittlungssystem und die Beschuldigtenrechte, insbesondere die Aushöhlung der heute auch von der Rechtsprechung in allgemeinen Aussagen hoch eingeschätzten Belehrungspflichten. 360 Der Zweck kann aber nicht die Mittel heiligen. 94
Von dem hier vertretenen Standpunkt aus (Rn. 91) ist die Auffassung des Großen Senats schon deswegen abzulehnen, weil die Befragungen mit Hilfe von Hörfallen als „Vernehmung" i.S. des § 136 zu behandeln sind und nicht ersichtlich ist, dass das Gesetz für Vernehmungen dieser Art von der Norm abweichende Regeln vorsieht oder anerkannt wissen will. Auch aus Sicht der Rechtsprechung, und zwar sowohl des BGH als auch des E G M R , greift ein Verwertungsverbot jedenfalls dann ein, wenn ein solches Gespräch nach erklärter Verweigerung, Angaben zur Sache zu machen, mittels einer Täuschung herbeigeführt wird. 3 6 1
95
2. Gefährdungen des Rechts zur Verteidigerkonsultation. In verschiedenen Urteilen 3 6 2 hat der BGH klargestellt, dass das in § 136 Abs. 1 Satz 2 vorausgesetzte Recht des Beschuldigten zur vorherigen Verteidigerkonsultation zu den wichtigsten Rechten gehört, weil es in einer für ihn höchst bedeutsamen Frage seine Subjektstellung sichert. Seit dieser Entscheidung ist die bis dahin (auch in diesem Kommentar) sehr vernachlässigte Frage, ob oder wann die Missachtung des Rechts zur Verteidigerkonsultation ein Verwertungsverbot begründet, in Fluss geraten. Abschließend geklärt ist sie bis heute noch nicht.
96
Die unterlassene Belehrung über das Recht zur Verteidigerkonsultation (und dieser steht die nicht verstandene Belehrung gleich 3 6 3 ) führt bei der Bedeutung dieses Rechts (Rn. 95) grundsätzlich zu einem Verwertungsverbot, weil das Gesetz auch hier die Kenntnis des Rechts beim Bürger nicht voraussetzt, es nach der gesetzlichen Wertung also ohne Belehrung nicht oder nicht hinreichend gesichert ist. Erkennbar entspricht das auch den Prämissen und der Argumentation in den Grundsatzentscheidungen des BGH (vgl. oben Rn. 7 7 ) . 3 6 4
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361
362
BGHSt GrS 4 2 13 9 = StV 1996 4 6 5 und NStZ 1996 5 0 2 mit Anm. Rieß. Eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG NJW 2 0 0 0 3556 m. Anm. Lamprecht 3543 = NStZ 2 0 0 0 4 8 8 = StV 2 0 0 0 4 6 7 = J R 2 0 0 0 467. Vgl. a.: Beckemper 59 ff. Vgl. BGHSt 38 218, oben Rn. 77: grundlegend zur Frage, ob täuschendes Staatshandeln zulässig sein kann: Köhler ZStW 107 (1995) 2 4 f.; Kahlo FS E.A.Wolff 185 ff. BGHSt 3 9 335, 3 4 8 ; 4 0 66 72; vgl. auch Beulke StV 1990 184; Odenthal NStZ 1995 5 8 0 ; Popp NStZ 1998 95; Schlüchter Straff 64; Schneider GA 1997 3 7 sowie EGMR Allan ./. Vereinigtes Königreich StV 2 0 0 3 2 5 7 m. Anm. Gaede, dazu auch Esser JR 2 0 0 4 98. BGHSt 38 214; BGHSt 38 3 7 2 = JR 1993 3 3 2 mit Anm. Rieß = J Z 1993 4 2 5 mit
574
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Anm. Roxin-, BGHSt 4 2 15 = BGH StV 1996 187, 189 mit Anm. Egon Müller ebenda S. 353 = NStZ 1996, 291 mit Anm. Beulke ebd. 2 5 7 ; dazu auch: Fahl JA 1996 747; Ventzke StV 1996 525. BGHSt 3 9 349, 352 = N J W 1994 3 3 3 = StV 1994 4 m. Anm. Fezer J Z 1994 6 8 6 und Kiehl N J W 1994 1267; Klein 86 ff. Vgl. BGHSt 38 214; BGHSt 3 8 372; 3 9 349, 352; 4 2 15; 4 7 172, 173. Ebenso Roxin J Z 1993 4 2 7 ; Kiehl NJW 1994 1267; im Erg. auch Beulke 4 6 9 ; Ranft 1692; vgl. auch Ransiek StV 1994 343 ff. Für ein Verwertungsverbot schon früher Strate/Venzke StV 1986 33 und ihnen folgend Roxin § 24, 37; AK/Achenbach § 163a, 31 für Fälle des § 140 Abs. 2; Eisenberg Beweismittel 5 6 8 ; Ransiek 89. Durchgängig anders oder doch höchst zurückhaltend aber das sonstige frühere Schrifttum. Einschränkend noch heute SK/Rogall 55.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
Für die Begrenzung und den Beweis des Vorliegens dieses Verwertungsverbots gelten die Grundsätze, die bei unterlassener Belehrung über die Aussagefreiheit anzuwenden sind, grundsätzlich entsprechend. 365
97
Wird dem Beschuldigten die Verteidigerkonsultation verwehrt, hat BGHSt 38 372 (auch bei dem über seine Rechte nach § 136 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 163a Abs. 3 und 4 Belehrten) ein Verwertungsverbot für dennoch abgegebene Äußerungen bejaht, weil die Einhaltung des für den Beschuldigten so wichtigen Rechts (Rn. 95) nur so gewährleistet sei und weil im konkreten Fall 3 6 6 nach dem Verhalten des Vernehmungsbeamten beim Beschuldigten der Eindruck entstehen „musste", dass er die Rechte der Verteidigerkonsultation und der Aussageverweigerung zwar habe, aber nicht durchsetzen könne. Diese Grundsatzentscheidung hat mit Recht Zustimmung gefunden. 367 Sie hat aber viele Fragen offen gelassen, 368 welche bisher auch durch die spätere Rechtsprechung noch nicht befriedigend gelöst wurden:
98
Offen bleibt etwa, wann ein das Beweisverbot auslösendes „Verwehren" bzw. eine unzureichende Belehrung der beschuldigten Person vorliegt. Dabei sind einerseits die Anforderungen der Rechtsprechung an die „Erste Hilfe" für den Beschuldigten zu berücksichtigen 3 6 9 und andererseits ist zu beachten, dass die - über ihre Rechte belehrte - Person als Prozesssubjekt auf die zunächst gewünschte Einschaltung eines Verteidigers auch grundsätzlich wieder verzichten können muss, 3 7 0 und zwar auch dann, wenn sie entsprechende, sachlich gehaltene Bemerkungen der Verhörsperson von der Zweckmäßigkeit eines solchen Verzichts überzeugen. 371 Ferner erscheint nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH unklar, ob das Widerspruchserfordernis 372 auch für Aussagen gilt, die ein Beschuldigter macht, nachdem er erfolglos nach einem Verteidiger verlangt hat. 3 7 3
99
Die praktischen Probleme, die hier entstehen können, verdeutlicht etwa eine frühere Entscheidung des Bundesgerichtshofs. 374 In dieser hat das Gericht, im Grundsatz zu Recht, auf „die näheren Umstände der Vernehmungssituation" abgestellt. 375 Zu eng er-
100
Vgl. oben Rn. 81 ff.; B G H StV 1 9 9 6 1 8 9 ; BGHSt 4 7 1 7 2 ; Pfeiffer 4 ; franke GA 2 0 0 2 5 7 3 ff. 366 j ) e r vernehmende Polizeibeamte erklärte u.a., der Beschuldigte müsse selbst wissen, ob er aussagen wolle oder nicht, und er werde „so lange vernommen ,bis Klarheit' herrsche".
wirkung auf den Beschuldigten für unzulässig hält.
365
367
Rieß J R 1 9 9 3 3 3 4 ; die in Fn. 3 6 4 Genannten; ferner Meyer-Goßner 2 0 ; wohl auch SKIRogall 5 5 .
368
Vgl. auch Kiehl N J W 1 9 9 3 5 0 4 ; Rieß J R 1993 335. Z u den Anforderungen an die „Erste Hilfe" für den Beschuldigten s.o. Rn. 99.
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Z u den Voraussetzungen eines solchen Verzichts aus Sicht der Rechtsprechung vgl. BGHSt 4 2 15 einerseits und BGHSt 4 2 1 7 0 andererseits; dazu: Beulke N S t Z 1 9 9 6 2 6 1 . Anders Strate/Venzke StV 1 9 8 6 31 (grundsätzliches Verwertungsverbot); vgl. auch Ransiek StV 1 9 9 4 3 4 4 f., der jegliche Ein-
372 373
Z u r Kritik s.o. Rn. 8 2 f. Offen gelassen in: B G H N S t Z 1 9 9 7 6 0 9 m. Anm. Kaufmann N S t Z 1 9 9 8 4 7 4 und Wollweber StV 1 9 9 9 3 5 4 ; vgl. a. BGHSt 4 7 172 = N J W 2 0 0 2 9 7 5 = StV 2 0 0 2 117; in der Tendenz bejaht; BGHSt 3 8 3 7 2 , 4 2 15; B G H N S t Z 1 9 9 7 5 0 2 ; zustimmend: MeyerGoßner 2 0 a m.w.N.; Burhoff StraFo 2 0 0 3 2 6 8 ; Anm. Kaufmann N S t Z 1 9 9 8 4 7 4 ; Wollweber StV 1 9 9 9 3 5 5 .
374
B G H N J W 1 9 9 2 2 9 0 5 (insbes. bezüglich der Mitangeklagten S., insoweit in BGHSt 3 8 2 9 1 nicht abgedruckt), deren von BGHSt 3 8 3 7 2 ( 3 7 5 f.) behauptete Übereinstimmung mit den eigenen Grundsätzen zweifelhaft ist; dazu Rieß J R 1 9 9 3 3 3 5 .
375
Die nach h . M . im Freibeweisverfahren zu klären sind, vgl. aber oben Rn. 78, wobei das Protokoll, das beim Beweis der Belehrung eine große Rolle spielt (oben Rn. 7 8 ) ,
Sabine Gieß
575
§ 136
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
scheint es jedoch, wenn verlangt wird, dass eine Einwirkung nach § 136a erwiesen ist. 3 7 6 Vielmehr muss für das „Verwehren" schon reichen, dass ein Beschuldigter, der die Verteidigerkonsultation verlangt hat, dennoch zu Äußerungen oder weiteren Äußerungen „in rechtswidriger Weise gedrängt" worden ist. 3 7 7 Denn wenn ein solcher Druck (der durchaus auch im massiveren Anschreien bestehen kann) erwiesen ist, wird man unter Berücksichtigung der typischen Vernehmungssituation in der Regel von der Annahme eines freiwilligen („echten") Verzichts auf die vorherige Verteidigerbefragung nicht mehr ausgehen können. Vielmehr begründet umgekehrt der Druck die gegenteilige Vermutung, dass nämlich der Beschuldigte glaubte, von seinem Recht auf Verteidigerkonsultation keinen Gebrauch mehr machen zu können. 3 7 8 Ausnahmen von dieser Vermutung erscheinen nur schwer vorstellbar, aber nach Lage des Einzelfalles dann denkbar, wenn konkrete Gründe den sicheren Schluss rechtfertigen, dass das rechtswidrige Verhalten für den Verzicht des Beschuldigten nicht von Einfluss gewesen sein kann. 101
Fraglich ist ferner, wann ein Verwertungsverbot wegen eines Einverständnisses des (inhaftierten) Beschuldigten mit der Vernehmungsfortsetzung entfällt, obwohl der Versuch einer Kontaktaufnahme zu einem Verteidiger gescheitert ist. 3 7 9 Denn grundsätzlich kann der Beschuldigte sich natürlich mit der Vernehmungsfortsetzung - auch formlos einverstanden erklären. Angesichts der Bedeutung dieses Verzichts für die Verteidigungsrechte sollte diese aber immer ausdrücklich erklärt und protokolliert werden. 380
102
3. Weitere Verwertungsverböte? Ob Verstöße gegen die sonstigen in § 136 enthaltenen Pflichten ein Verwertungsverbot nach sich ziehen können, wird immer noch wenig diskutiert. 381 Stellt man mit der herrschenden Meinung auch hier auf das Gewicht des Verfahrensverstoßes im Hinblick auf seine Bedeutung für den Betroffenen und das Gefüge des Strafverfahrensrechts ab (zum Ganzen näher Einl. K), so gilt - von den spezifischen Verstößen gegen die Verbote des § 136a abgesehen - dafür Folgendes.
103
Bei Missachtung der in Absatz 1 Satz 1, 3 und 4 normierten Pflichten dürfte ein Verwertungsverbot teilweise schon deswegen nicht in Betracht kommen, weil die Verstöße durch spätere Informationen gemäß § 201 Abs. 1 ausreichend geheilt werden können. 3 8 2 Im Übrigen besitzen die Verstöße im Rahmen des Gesamtvorgangs der Vernehmung und der Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse in der Regel keine so große Bedeutung, dass sie nach
insoweit von geringerer Bedeutung ist, weil es die Einzelheiten der „Verwehrung" nicht ausweisen muss. B G H StV 1 9 9 6 1 8 8 „empfiehlt" eine Dokumentation der Vorgänge; vgl. auch Ransiek StV 1 9 9 4 3 4 7 und allgemein zum wünschenswerten Inhalt eines sachgemäßen Protokolls Eisenberg Beweisrecht 6 1 0 ff. 376
377
„einlassungsförderlichen Frustrierung", Schneider Jura 1 9 9 7 1 3 4 . 378
Vgl. auch Verrel 136.
379
Vgl. dazu BGHSt 4 2 15 einerseits und BGHSt 4 2 1 7 0 andererseits; grundsätzlich zu Anforderungen an das strafverfahrensrechtliche Einverständnis: Heinrich Z S t W 112 ( 2 0 0 0 ) 4 2 5 f. m.w.N. Vgl. BGHSt 4 2 1 5 , 1 9 sowie Beulke N S t Z 1 9 9 6 2 6 1 f. Pauschal verneinend A K / G u n d l a c h 3 4 ; KK/ Boujong 2 8 ; Meyer-Goßner 2 0 a; differenzierend SKJRogall 52 ff.
Danach soll ein „Anschreien als solches" nicht ausreichen; ausdrücklich dagegen aber B G H StV 1 9 9 6 1 8 9 (wo die Entscheidung versehentlich mit der Jahreszahl 1 9 9 3 - statt 1 9 9 2 - zitiert wird).
380
Vgl. etwa BGHSt 3 8 3 7 2 , 3 7 6 ; B G H StV 1 9 9 6 1 8 8 f.: Unterlaufen des Konsultationsrechts durch Entmutigung des Beschuldigten sowie die Erläuterungen zur (verbotenen)
382
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Vgl. L R / R i e ß 2 4 § 1 6 3 a , 121, der diesen Gedanken aber auch auf die Mitteilung des Tatvorwurfs (§ 136 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt.) bezieht.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136
den heute vorherrschenden Kriterien die - im Zweifel gänzliche - Unverwertbarkeit der Aussage nach sich ziehen müssten. Anderes gilt nur im Einzelfall (und in Überschneidung mit § 136a) für besonders schwere Verstöße, die zugleich auch die Aussagefreiheit beeinträchtigen, so namentlich bei einer spezifischen Verschleierung des eigentlichen Tatvorwurfs. 3 8 3 Verstöße speziell gegen Absatz 2 und 3 wiegen in der Regel ebenfalls nicht so schwer, dass sie ein Beweisverbot nach sich ziehen. Im Falle des Absatz 3 fehlt es zudem regelmäßig schon an einer für das Urteil relevanten beweisrechtlichen Bedeutung. Und im Falle des Absatz 2 wird die Verwertbarkeit der als solche fehlerfrei herbeigeführten Aussage durch den Verstoß regelmäßig nicht berührt. So kommen Verwertungsverbote bei Missachtung von § 136 Abs. 2 und 3 wohl nur unter den Voraussetzungen des § 136a in Betracht. 3 8 4
104
Fraglich ist ferner, ob ein Verstoß gegen andere Belehrungspflichten, etwa Art. 3 6 Abs. 1 lit. b Satz 3 W U K 3 8 5 ein Verwertungsverbot nach sich ziehen sollte: Einigkeit herrscht darüber, dass ein Verstoß gegen Art. 36 WÜK revisibel ist. 3 8 6 Während manche hier ein kategorisches Beweisverwertungsverbot mit Hinweis auf die völkerrechtliche Pflichtverletzung fordern, 3 8 7 wollen andere Stimmen die Frage des Beweisverwertungsverbots differenziert, nach der allgemeinen Dogmatik zu den Beweisverboten lösen. 3 8 8 Letztgenanntem Weg folgte das BVerfG, als es entschied, dass sich aus einem Verstoß gegen Art. 36 WKÜ kein zwingendes Verwertungsverbot ergebe. 3 8 9
105
4. Fortwirkung und Fernwirkung. Eine Fortwirkung des durch die Nichtbelehrung über die Aussagefreiheit oder die Missachtung des Rechts auf Verteidigerkonsultation begangenen Verfahrensverstoßes ist nicht anzuerkennen, wenn sich der Beschuldigte nach Belehrung bzw. Wegfall des Verstoßes 3 9 0 - erneut vernehmen lässt 3 9 1 oder einer Verwertung der fehlerhaft gewonnenen Aussage zustimmt, 3 9 2 schon weil eine solche Fortwirkung seiner Subjektstellung widerstreiten würde. Bei einer erneuten Vernehmung setzt dies jedoch voraus, dass der Beschuldigte speziell auch darüber belehrt wird, dass die frühere Aussage an sich unverwertbar ist und bei der neuen Vernehmung außer Betracht bleibt (sog. qualifizierte Belehrung). 3 9 3 Nach der vom B G H entwickelten
106
383
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385 386
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Vgl. BGHSt 3 7 5 3 ; ebenso SK/Rogall 5 4 ; weitergehend Ransiek 89, der ersichtlich bei jeder fehlenden Belehrung über den Tatvorwurf und die in Betracht kommenden Strafvorschriften (die „Schwere der T a t " ) ein Verwertungsverbot annimmt, weil der Beschuldigte dann nicht sinnvoll über seine aus § 136 Abs. 1 Satz 2 folgenden Rechte entscheiden könne.
389
BVerfG N J W 2 0 0 7 5 0 0 ff.; zur Frage der „Altfälle" vgl. T. Walter J R 2 0 0 7 102 f.
390
Dazu - für die Verwehrung der Verteidigerkonsultation - BGHSt 3 8 3 7 5 .
391
Ganz h . M . , vgl. (für die 1. Alt. des § 136 Abs. 1 Satz 2 ) z.B. BGHSt 2 2 129 = J Z 1 9 6 8 7 5 0 mit Anm. Grünwald·, 2 7 3 5 9 ; MeyerGoßner 9; SK/RogallVor § 133, 178, 1 8 4 ; Alsberg/Nüse/Meyer 4 9 6 m.w.N. in Fn. 5 0 9 .
Übereinstimmend SK/Rogall 5 3 , 5 4 (der bei Verstößen gegen Absatz 2 aber Revisibilität bejaht). BGBl. 1 9 6 9 II S. 1 5 8 5 ; s.o. Fn. 2 2 5 . BVerfG N J W 2 0 0 7 5 0 0 ; T. Walter J R 2 0 0 7 99.
392
Ganz h . M . , vgl. nur BGHSt 3 8 2 2 5 ; ferner etwa SKJRogall a a O ; Alsberg/Nüse/Meyer 4 9 5 , 4 9 6 ; Eb. Schmidt N J W 1 9 6 8 1217 verlangt dafür auch die Erklärung des Beschuldigten, dass er nach Belehrung ausgesagt hätte.
S. Walther, H R R S 2 0 0 4 1 3 0 f. Kress GA 2 0 0 4 7 0 7 ; T. Walter J R 2 0 0 7 9 9 („Widerspruchslösung"); Weigend FS Lüderssen 4 7 7 .
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Heute ganz h . M . , z.B. B G H Kriminalistik 2 0 0 5 3 2 5 ; LG Bad Kreuznach StV 1 9 9 4 2 9 3 ; LG Dortmund N S t Z 1 9 9 7 3 5 6 ; LG Frankfurt StV 2 0 0 3 3 2 5 m. Anm. Weigend
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§136
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
„Widerspruchslösung" (Rn. 82) ist die Verwertung der früheren Aussage allerdings auch dann zulässig, wenn der Beschuldigte ihr in der Hauptverhandlung nicht widerspricht; zu den umstrittenen Einzelheiten (s.o. Rn. 83, 84). 107
Ob die genannten Verwertungsverbote Fernwirkungen besitzen, also auch nicht zur Anknüpfung für weitere Ermittlungen benutzt werden dürfen, beurteilt sich - als allgemeines Problem der Beweisverbote - nach den bei § 136a, 76 f. dargelegten Grundsätzen. 394
108
5. Umfang. Soweit ein Verwertungsverbot besteht, darf die Aussage weder im Wege des Urkundenbeweises noch durch Vernehmung der Verhörsperson verwertet werden; 3 9 5 auch zum Gegenstand eines Vorhalts darf sie dann nicht gemacht werden. 396
XVIIL
Revision
109
1. Allgemeines. Werden in der Hauptverhandlung Niederschriften über die richterliche Vernehmung des Beschuldigten verwertet, die nach Form oder Zustandekommen wesentliche Mängel enthalten, so begründet das die Verfahrensrevision; vgl. dazu näher Erl. bei § 251. Zur parallelen Situation der Verwertung staatsanwaltschaftlicher und polizeilicher Protokolle s. Erl. bei ξ 163a, und zur Revision wegen Verletzung des § 136a (s. dort Rn. 80 ff.).
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Zu den wesentlichen Mängeln einer Beschuldigtenvernehmung gehört auch die unterlassene Belehrung über die Aussagefreiheit und die Missachtung des Rechts auf Verteidigerkonsultation (dazu im folg.). Verstöße gegen die sonstigen in § 136 enthaltenen Pflichten dürften die Revision hingegen allenfalls ausnahmsweise begründen, weil das Urteil auf ihnen in aller Regel nicht beruht. 3 9 7 2. Revisible Verletzungen des § 136
111
a) Bei Nichtbelehrung über die Aussagefreiheit. Mit der grundsätzlichen Anerkennung eines Verwertungsverbots (Rn. 77) hat der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Lehre 3 9 8 auch die grundsätzliche Revisibilität des Verfahrensverstoßes bejaht. 3 9 9 Die Ansicht, dass § 136 Abs. 1 Satz 2 eine nicht revisible Ordnungsvorschrift sei, 4 0 0 wird heute nicht mehr vertreten. 401 Entgegen der Ansicht des Bundes-
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395
StV 2 0 0 3 436; KKJBoujong 29; SKJRogall vor § 133, 178; Eisenberg Beweisrecht 5 7 7 ; Roxin § 24, 35; Bauer 178 ff.; Bosch 336 ff.; Schurig 164 ff.; Neuhaus NStZ 1997 314; eingehend Geppert GedS Meyer 108. Näher dazu Bauer 195 ff.; grundsätzlich bejahend SKJRogall vor § 133, 185 sowie SK]Wolter vor § 151 2 0 7 ; Ransiek 90; für Abwägung im Einzelfall OLG Oldenburg StV 1995 179; vgl. auch BGH NStZ 1995 411 (verneinend für die oben Rn. 91 angesprochene „Hörfalle"). OLG Celle StV 1991 2 5 0 ; AG Gelnhausen StV 1991 206; KKJBoujong 2 9 ; SKJRogall vor § 133, 185; näher Rogall 221.
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399 400
401
SKJRogall und Rogall aaO; Bauer 2 0 7 ; Grünwald J Z 1968 754; a.A. Eb. Schmidt NJW 1968 1218. AKJGundlach 34; KKJBoujong 29; MeyerGoßner 21; SKJRogall 56; vgl. oben Rn. 102 ff. Vgl. nur KKJBoujong 29; Meyer-Goßner 21; SKJRogall 56; die zahlr. Nachw. bei Alsberg/ NiiseJMeyer 4 9 4 Fn. 4 9 6 . BGHSt 38 218. Vgl. BGHSt 2 2 132 f. mit Nachw.; dagegen zweifelnd BGHSt 25 327; 31 3 9 8 f. Näher UUHanack24 59. S. Fn. 3 9 8 sowie Verrel NStZ 1997 365.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§
136
gerichtshofs zur Belehrungspflicht nach § 2 4 3 Abs. 4 Satz 1 4 0 2 hängt die Begründetheit der Revision auch nicht davon ab, ob die Belehrung erforderlich war, um den Beschuldigten (Angeklagten) über seine Aussagefreiheit zu unterrichten. 4 0 3 Die Revision ist begründet, wenn das Urteil auf dem Verfahrensverstoß beruht (§ 3 3 7 ) . Das ist nicht der Fall, wenn der Beschuldigte seine Aussagefreiheit zweifelsfrei gekannt und dennoch ausgesagt hat oder wenn er einer Verwertung der ohne Belehrung gewonnenen Aussage nachträglich zugestimmt h a t . 4 0 4 O b eine nachträgliche Zustimmung vorliegt, beurteilt sich auch revisionsrechtlich in der Regel und bei Zweifeln nach den von der Rechtsprechung zur Bestimmung eines Verwertungsverbots entwickelten Grundsätzen (Rn. 81), jedoch mit den oben Rn. 83, 84 genannten Präzisierungen. Nur wenn es an einer wirksamen Zustimmung fehlt, kommt es darauf an, ob der Beschuldigte seine Aussagefreiheit gekannt und dennoch ausgesagt hat. Eine Vermutung, dass er diese Kenntnis gehabt hat, besteht nicht (oben Rn. 79). Daher trifft ihn als Beschwerdeführer, entgegen einer früher im Anschluss an BGHSt 25 325, 332 zum Teil vertretenen Ansicht, auch keine besondere Darlegungslast, dass er an eine Aussagepflicht glaubte und deswegen zur Sache ausgesagt hat; die Revision kann vielmehr schon dann erfolgreich sein, wenn das Revisionsgericht ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensverstoß nicht ausschließen k a n n . 4 0 5
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Im Übrigen muss der im Vorverfahren begangene Verfahrensfehler im Urteil fortwirken, sich in ihm also niedergeschlagen haben (vgl. bei § 336). Das ist der Fall, wenn die Beschuldigtenvernehmung im Urteil verwertet wird und das Beweisergebnis beeinflusst, also bei Verwertung eines Geständnisses nach § 2 5 4 , bei Verwertung der Aussage eines nicht belehrten Mitbeschuldigten gemäß § 251 (sehr streitig, s.o. Rn. 90), aber a u c h 4 0 6 bei Vernehmung der Verhörsperson über die Aussage des nicht belehrten Beschuldigten.
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b) Bei Missachtung des Rechts zur Verteidigerkonsultation. Wenn man anerkennt, dass die unterlassene Belehrung über das Recht zur Verteidigerkonsultation grundsätzlich ein Verwertungsverbot begründet (oben Rn. 96), ist auch die Revisibilität dieses Verfahrensverstoßes nicht zu bezweifeln, und zwar entsprechend den im vorigen (Rn. 111 ff.) dargelegten Maßstäben. Gerügt werden kann, dass einem Beschuldigten, der das Recht zwar kannte, die Wahrnehmung in der oben Rn. 97 f. umschriebenen Weise verwehrt worden ist.
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3. Andere Revisionsgründe Bei Missachtung internationalen Rechts, etwa des Rechts zur Konsultation mit Heimatkonsulat bei ausländischen Staatsangehörigen nach Art. 36 W Ü K , wurde im zelfall durch die Rechtsprechung anerkannt, dass die Verletzung zwischenstaatlich bindlicher Vereinbarungen sich - jedenfalls als Reflex - zugunsten eines Betroffenen
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404
405
BGHSt 2 5 3 2 5 . Ersichtlich im Ergebnis ebenso BGHSt 3 8 2 2 6 , vgl. ferner: Bosch 3 3 3 ff.; Brandis 9 4 . BGHSt 4 7 1 7 3 m. abl. Anm. Wohlers J R 2 0 0 2 295. BGHSt 3 8 2 2 7 im Anschluss an Herdegen N S t Z 1 9 9 0 5 1 7 ; ebenso die h. L., z.B. AK/
dem Einveraus-
Gundlach 4 0 ; KKJBoujong 3 0 ; ersichtlich auch Meyer-Goßner 2 1 ; SK/Rogall Vor § 133, 175 und LK/Hanack14 61 m.w.N. auch zu der genannten Gegenansicht; vgl. ferner Bosch 3 3 2 f. 406
A K / G u n d l a c h 4 0 ; Meyer-Goßner 21; SYJRogall 5 7 ; vgl. oben Rn. 108.
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115
§ 136a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
wirken können, etwa durch die Anerkennung eines Beweisverwertungsverbots, welches auch revisibel ist. 4 0 7 4. Revisionsbegründung 116
Nach den strengen Grundsätzen der Rechtsprechung über die Begründung von Verfahrensrügen (vgl. Erl. bei § 344) erfordert die Begründung der Revision die genaue Angabe aller Tatsachen, die für die revisionsgerichtliche Beurteilung des behaupteten Verfahrensverstoßes von Bedeutung sind. Dazu gehört bei der Rüge, der Tatrichter habe eine ohne Belehrung erfolgte Beschuldigtenvernehmung verwertet, auch die Mitteilung der Umstände, aus denen die Belehrungspflicht folgt, die Mitteilung des Inhalts der zu Unrecht verwerteten Aussage und die Darlegung, auf welche Weise sie in die Hauptverhandlung eingeführt und vom Gericht verwertet worden ist. 4 0 8 Zum notwendigen Revisionsvorbringen hinsichtlich der Verweigerung der Zuziehung eines Verteidigers bedarf es insbesondere der Mitteilung, ob auf den vom Beschuldigten erklärten Wunsch auf Zuziehung eines Verteidigers die Vernehmung unterbrochen worden ist, welchen Inhalt die im Anschluss daran geführten Gespräche zwischen Beschuldigtem und Vernehmungsbeamten im Einzelnen hatten und ob der Beschuldigte vor der Vernehmung erneut auf sein Recht auf Zuziehung eines Verteidigers hingewiesen worden ist oder ob Umstände ersichtlich waren, aus denen sich ergibt, dass sich der Beschuldigte dieses Rechts zweifelsfrei bewusst war. 4 0 9 Gemäß seiner „Widerspruchslösung" (oben Rn. 82) verlangt der Bundesgerichtshof auch die Angabe, dass der Verwertung in der Hauptverhandlung widersprochen wurde; 4 1 0 ein Widerspruch nach Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht genügt nicht. 4 1 1 Nicht erforderlich ist jedoch, dass der Angeklagte darlegt, er habe an eine Aussagepflicht geglaubt (oben Rn. 112) oder gemeint, dass er die ihm verwehrte vorherige Verteidigerkonsultation nicht durchsetzen könne (vgl. oben Rn. 98).
§ 136a* (1) •Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. 2 Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. 3 Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.
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Vgl. BGHSt 34 334, 3 4 4 ; BGH N J W 2 0 0 1 2102, 2106; restriktiv aber mit Bezug auf die Schutzrichtung der völkerrechtlichen Regel: BGHSt 37 32 f.; vgl. auch: Habernicht wistra 1982 2 2 0 ; Nagel Beweisaufnahme im Ausland (1988) 317; Schnigula DRiZ 1984 181; Schuster 135 f. BGH NStZ 1993 3 9 9 ; Eisenberg Beweisrecht 579. BGH NStZ 1999 154 mit Verweis auf BGHSt 42 15; 42 170. BGH NJW 1994 2 9 0 6 .
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BGH N J W 2 0 0 6 707; BayObLG NJW 1997 4 0 4 ; OLG Celle StV 1997 68; dagegen: Burhoff StraFo 2 0 0 3 271; Hartwig J R 1998 359.
* Die Kommentierung gründet auf der Bearbeitung durch Ernst-Walter Hanack in der Vorauflage und schreibt sie fort. Soweit die vom Vorautor in maßgeblichen Punkten vertretenen Ansichten modifiziert werden, wird dies hervorgehoben.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
(2) M a ß n a h m e n , die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet. (3) 1 D a s Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. 2 Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der zustimmt.
Verwertung
Schrifttum Achenbach Polygraphie pro reo? NStZ 1984 350; Allgayer Die Verwendung von Zufallserkenntnissen aus Überwachungen der Telekommunikation gem. §§ 100a f. StPO, NStZ 2 0 0 6 603; Amelung Informationsbeherrschungsrechte im Strafprozeß (1990); ders./Mittag Beweislastumkehr bei Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung gemäss § 105 StPO, NStZ 2 0 0 5 614; Arndt Der Lügendetektor vor amerikanischen Gerichten, D R Z 1950 133; Bader Zum neuen § 136a StPO, J Z 1951 123; Baumann Die Narcoanalyse, Diss. Münster 1950; ders. Sperrkraft der mit unzulässigen Mitteln herbeigeführten Aussage, GA 1959 33; Benfer Grundrechtseingriffe im Ermittlungsverfahren 2 (1990); Berning „Lügendetektion" aus interdisziplinärer Sicht: (1992 Selbstverlag, Zusammenfassung MSchrKrim. 1993 242); Beulke Die Vernehmung des Beschuldigten, StV 1990 180; Binder/ Seemann Die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln zur Beweissicherung, NStZ 2002 234; Bindokat Zur Frage des Irrtums bei Prozeßhandlungen, NJW 1956 51; Btrmanns Das Geschäft mit dem Täter, NJW 1970 1834; Buchert Grenzen polizeilicher Vernehmung, Kriminalistik 1972 39; Dahle Noch erlaubt oder schon verboten? Die Abgrenzung von erlaubter List und verbotener Täuschung ..., Kriminalistik 1990 431; Dalakouras Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimssphäre (1988); Dalimeyer Verletzt der zwangsweise Brechmitteleinsatz gegen Beschuldigte deren Persönlichkeitsrechte? StV 1997 606; Delvo Der Lügendetektor im Strafprozeß der USA (1981); Dencker Verwertungsverbote im Strafprozeß (1977); ders. Über Heimlichkeit, Offenheit und Täuschung bei der Beweisgewinnung im Strafverfahren, StV 1994 667; Dettenborn Anmerkungen zum Polygrafie-Beschluss des BGH für das Zivilverfahren, FPR 2 0 0 3 559; Deutsch Die heimliche Erhebung von Informationen und deren Aufbewahrung durch die Polizei (1992); Döhring Die Erforschung des Sachverhalts im Prozeß (1964); Erhardt Chemische und psychische Aussagebeeinflussung (1954); Erbs Unzulässige Vernehmungsmethoden, NJW 1951 386; Fincke Zum Begriff des Beschuldigten und den Verdachtsgraden, ZStW 95 (1983) 918; Freund Zulässigkeit, Verwertbarkeit und Beweiswert eines heimlichen Stimmvergleichs - BGHSt 40, 66, JuS 1995 394; Frister Der Lügendetektor - Zulässiger Sachbeweis oder unzulässige Vernehmungsmethode? ZStW 106 (1994) 305; Fuchs Die Hypnose von Zeugen im polizeilichen Ermittlungsverfahren, Kriminalistik 1983 2; Füllkrug Unzulässige Vorteilszusicherung als verbotene Vernehmungsmethode, M D R 1989 119; ders. Freiheit für den „Kronzeugen"? Die Grenzen zulässiger Vorteilsversprechung zur Erlangung von Täteraussagen, Kriminalistik 1985 10; Gallandi Gleichzeitige Verletzung der § § 5 5 und 136a StPO, NStZ 1991 119; Gau Die rechtswidrige Beweiserhebung nach § 136a als Verfahrenshindernis (2006); Geerds Vernehmungstechnik (1976; 5. Aufl. des Werks von Meinert); Götz Das Urteil gegen Daschner im Lichte der Werteordnung des Grundgesetzes, NJW 2 0 0 5 953; Gropp Zur Verwertbarkeit eigenmächtig aufgezeichneter (Telefon-)Gespräche, StV 1989 216; Groth Unbewusste Äusserungen und das Verbot der Selbstbelastung (2003); Groß/Geerds Handbuch der Kriminalistik 10 Bd. II (1978); Grünwald Das Beweisrecht der Strafprozeßordnung (1993); ders. Menschenrechte im Strafprozeß, StV 1987 453; ders. Zur Ankündigung von Strafmilderung für den Fall eines Geständnisses, NJW 1960 1941; Haas Der Beschuldigte als Augenscheinsobjekt, GA 1997 368; Habscheid Das Persönlichkeitsrecht als Schranke der Wahrheitsfindung im Prozeßrecht, GedS für Hans Peters (1967) 840; Hamm Schluss der Debatte über Ausnahmen vom Folterverbot! NJW 2003 946; ders. Monokeltests und Menschenwürde, NJW 1999 922; Harris Verwertungsverbot für mittelbar erlangte Beweismittel: Die Fernwirkungsdoktrin in der Rechtsprechung im deutschen und amerikanischen Recht, StV 1991 313; Heinrich Rügepflichten in der Hauptverhandlung und Disponibilität strafverfahrensrechtlicher Vorschriften, ZStW 112 (2000) 399; Hellwig Psychologie und Vernehmungstechnik bei Tatbestandsermittlungen 4 (1951); ders. Unzulässige Vernehmungsmethoden, Polizei 1950 334; Helmken Zur Zulässigkeit von Fragen zur sexuellen Vergangenheit von Vergewaltigungs-
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§ 136a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
opfern, StV 1983 81; Hermes Der § 136a StPO unter besonderer Berücksichtigung des darin enthaltenen Verwertungsverbots, Diss. Köln 1954; Hilland Das Beweisgewinnungsverbot des § 136a StPO, Diss. Tübingen 1981; Hoffmann Bemerkungen zur Aussageerpressung, NJW 1953 972; von Holstein Zu § 136a StPO, MDR 1952 340; Jaeger Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess (2003); Jahn Strafprozessrecht als geronnenes Verfassungsrecht - Hauptprobleme und Streitfragen des § 136a StPO, JuS 2005 1057; ders. Ausforschung einer Beschuldigten durch Wahrsagerin in der Untersuchungshaft, JuS 2000 441; Joerden Verbotene Vernehmungsmethoden Grundfragen des § 136a StPO, JuS 1993 927; Kahlo Soll es dem Staat im Strafprozess rechtlich erlaubt sein, Verdachtsklärung durch Täuschungshandlungen zu unternehmen? FS Wolff 155; Karg/Kirsch Zur Zulässigkeit eines untauglichen Beweismittels im Strafverfahren, JuS 2000 537; Keller Rechtliche Grenzen der Provokation von Straftaten (1989); Kelnhofer Hypothetische Ermittlungsverläufe im System der Beweisverbote (1994); Klimke Der Polygraphentest im Strafverfahren, NStZ 1981 433; Knögel Der Lügendetektor, DRiZ 1954 234; Knoll Die Fernwirkungen von Beweisverboten (1992); Kohlhaas Zur Anwendung des Lügendetektors, J R 1953 450; ders. Die neuen wissenschaftlichen Methoden der Verbrechensaufklärung und der Schutz der Rechte des Beschuldigten, JR 1960 246; Krack Der Normzweck des § 136a StPO, NStZ 2002 120; Kramer Unerlaubte Vernehmungsmethoden in der Untersuchungshaft - BGH v. 28. 4. 1987, 5 StR 666/86, Jura 1988 520; ders. Heimliche Tonbandaufnahmen im Strafprozeß, NJW 1991 1760; Kranz Die Narkoanalyse als diagnostisches und kriminalistisches Verfahren (1950); Kube/Leineweber Polizeibeamte als Zeugen und Sachverständige2 (1981); Kudlich Unzulässiger Einsatz eines Lockspitzels gegen einen Unverdächtigen, JuS 2000 951; Kühne Strafprozessuale Beweisverbote und Art. 1 I Grundgesetz (1970); Kunert Wie weit schützt die Strafprozeßordnung die Grundrechte des Beschuldigten? MDR 1967 539; Laag Grenzlinien bei der Vernehmung des Beschuldigten, Diss. Hamburg 1951; Lagodny Verdeckte Ermittler und V-Leute im Spiegel von § 136a StPO als „angewandtem Verfassungsrecht", StV 1996 167; Lammer Verdeckte Ermittlungen im Strafprozeß (1992); Laux Zum Begriff der Täuschung in § 136a Abs. I StPO, SchlHA 1951 39; Less Zur Anwendung experimental-psychologischer Methoden bei Zeugen, DRZ 1950 322; Lindner Täuschungen in der Vernehmung des Beschuldigten, Diss. Frankfurt 1988; Maisch Forensisch- psychologische Aspekte von Verstößen gegen § 136a StPO im Ermittlungsverfahren - Ein empirischer Beitrag, StV 1990 314; Mehle Einige Anmerkungen zum gegenwärtigen Stand der Diskussion über die Fernwirkung des Verwertungsverbots nach § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO, in: Wahrheitsfindung und ihre Schranken, SchrRAGStrafR Bd. 6 (1989) 172; Metz Zur Frage der Zulässigkeit der Anwendung des „Lügendetektors" im Strafverfahren, NJW 1951 752; Meyer-Mews Die „in dubio contra reo"-Rechtsprechungspraxis bei Aussage-gegen-Aussage-Delikten, NJW 2000 916; Müncheberg Unzulässige Täuschung durch Organe der Strafverfolgungsbehörden, Diss. Münster 1966; Müssig Grenzen der Beweisverwertung beim Einsatz „Verdeckter Ermittler" gegen den Verdächtigen, GA 2004 87; Niese Narkoanalyse als doppelfunktionale Prozeßhandlung, ZStW 63 (1951) 199; Osmer Der Umfang des Beweisverwertungsverbotes nach § 136a StPO, Diss. Hamburg 1966; Otto Grenzen und Tragweite der Beweisverbote im Strafverfahren, GA 1970 289; ders. Die strafprozessuale Verwertbarkeit von Beweismitteln, die durch Eingriff in Rechte anderer von Privaten erlangt wurden, FS Kleinknecht 319; Pawlik Verdeckte Ermittlungen und das Schweigerecht des Beschuldigten, GA 1998 378; Peres Strafprozessuale Beweisverbote und Beweisverwertungsverbote und ihre Grundlage in Gesetz, Verfassung und Rechtsfortbildung (1991); Peters Narcoanalyse? J R 1950 47; ders. Eine Antwort auf Undeutsch: Die Verwertbarkeit unwillkürlicher Ausdruckserscheinungen bei der Aussagewürdigung, ZStW 87 (1975) 663; Petry Beweisverbote im Strafprozeß (1971); Pluisch Zur prozessualen Verwertbarkeit von Einlassungen im Alkoholoder Drogenrausch NZV 1994 52; Popp Hörfalle, Romeo und Knastbruder - oder wie viel List ist der Polizei erlaubt? JA 1998 900; Prittwitz Der Lügendetektor im Strafverfahren, MDR 1982 886; Puppe List im Verhör des Beschuldigten, GA 1978 289; Radbruch Grenzen der Kriminalpolizei, FS Sauer 121; Ransiek Die Rechte des Beschuldigten in der Polizeivernehmung (1990); Reichert-Hammer Zur Fernwirkung von Beweisverboten ($ 136a StPO) - BGHSt 34, 361, JuS 1989 446; Reinecke Die Fernwirkung von Beweisverboten (1990); Reitberger Verbotene Vernehmungsmethoden, Kriminalistik 1952 25, 58, 82, 109; Rill Psychophysiologische Täterschaftsbeurteilung („Lügendetektion", „Polygraphie"): - Eine kritische Analyse aus psychophysiologischer und psychodiagnostischer Sicht, NStZ 1998 481; Rogall Beweisverbote im System des deutschen und des amerikanischen Strafverfahrensrechts, Symposium für Rudolphi (1996) 113; ders. Der Beschuldigte als Beweismittel gegen
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
sich selbst (1977); ders. Die Vergabe von Vomitivmitteln als strafprozessuale Zwangsmaßnahme, NStZ 1998 66; ders. Gegenwärtiger Stand und Entwicklungstendenzen der Lehre von den strafprozessualen Beweisverboten, ZStW 91 (1981) 1; Röhrich Rechtsprobleme bei der Vernehmung von V-Leuten für den Strafprozeß, Diss. Erlangen-Nürnberg 1994; Roxin Nemo tenetur: die Rechtsprechung am Scheideweg, NStZ 1995 465; Salditt 25 Jahre Miranda, GA 1992 51; Saliger Absolutes im Strafprozess? Über Das Folterverbot, seine Verletzung und die Folgen seiner Verletzung, ZStW 116 (2004) 35; Schaefer Effektivität und Rechtsstaatlichkeit der Strafverfolgung - Versuch einer Grenzziehung, NJW 1997 2437; Eb. Schmidt Verhaftungsantrag, Rechtsmittelerklärungen und § 136a StPO, JR 1962 290; ders./Schneider Z u r Frage der Eunarkon-Versuche in der gerichtlichen Praxis, SJZ 1949 449; H. W. Schmidt Ermüdung des Beschuldigten gemäß § 136a StPO, M D R 1962 358; Schneider Verdeckte Ermittlungen in Haftanstalten, NStZ 2001 8; ders. Überlegungen zur Zulässigkeit des Aushorchens von Inhaftierten durch V-Leute unter Einsatz technischer Hilfsmittel, JR 1996 401; Schänke Grenzen des Sachverständigenbeweises, D R Z 1949 203; ders. Einige Bemerkungen zur Frage der Verwendung des „Wahrheitsserums", D R Z 1950 145; Schoreit Verbotene Vernehmungsmethoden unter besonderer Berücksichtigung der Fernwirkungsproblematik (§ 136a StPO), in: Wahrheitsfindung und ihre Schranken, SchrRAGStrafR Bd. 6 (1989) 159; Schüssler Polygraphie im deutschen Strafverfahren (2002); G. Schulz Unzulässige Vernehmungsmethoden, Kriminalpolizeiliche Gegenwartsfragen (1959) 207; Schumann Brechmitteleinsatz ist Folter? StV 2006 661; ders. Verfahrenshindernis beim Einsatz von V-Leuten als agents provocateurs? J Z 1986 66; Schünemann Absprachen im Strafverfahren? Grundlagen, Gegenstände und Grenzen. Gutachten Β ζ. 58. DJT 1990; Schüssler Das endgültige Aus oder neue Hoffnung für den „Lügendetektor"? JR 2003 188; Schwabe Rechtsprobleme des „Lügendetektors", NJW 1979 576; ders. Der „Lügendetektor" vor dem Bundesverfassungsgericht, NJW 1982 367; Schwenck Unzulässige Vernehmungsmethoden (Probleme des § 136a StPO), Diss. Köln 1952; Seier Der strafprozessuale Vergleich im Lichte des § 136a StPO, J Z 1988 683; Sendler Die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel im Strafprozeß mit Berücksichtigung des anglo-amerikanischen und französischen Rechts, Diss. Berlin 1956; Siegert Z u r Tragweite des § 136a StPO, DRiZ 1953 98; Sinn Besondere Ermittlungsmassnahmen und die damit verbundenen Beweisprobleme, Jura 2003 812; Spendet Wahrheitsfindung im Strafprozeß, JuS 1964 465; Stein Narco-Analyse, Kriminalistik 1950 207; Steinke Lügendetektor zugunsten des Beschuldigten? M D R 1987 535; Sternberg-Lieben Die „Hörfalle" - Eine Falle für rechtsstaatliche Strafverfolgung? Jura 1995 299; Undeutsch Die Verwertbarkeit unwillkürlicher Ausdruckserscheinungen bei der Aussagewürdigung. Eine Anfrage von psychologischer Seite, ZStW 87 (1975) 650; ders. Die Untersuchung mit dem Polygraphen („Lügendetektor") - eine wissenschaftliche Methode zum Nachweis der Unschuld, FamRZ 1996 329; Volk Kronzeugen praeter legem? - Vernehmungspraxis, Vorteilsversprechen, Verdunkelungsgefahr, NJW 1996 879; Walder Die Vernehmung des Beschuldigten (1965); Walder Grenzen der Ermittlungstätigkeit, ZStW 95 (1983) 862; Wegner Täterschaftsermittlung durch Polygraphie (1981); Weigend Abgesprochene Gerechtigkeit, J Z 1990 774; Weiler Befragung von Beschuldigten oder aussageverweigerungsberechtigten Zeugen im Ermittlungsverfahren durch V-Leute, GA 1996 101; Wenzky Umstrittene Vernehmungsmittel, Kriminalistik 1961 240; Weßlau Zwang, Täuschung und Heimlichkeit im Strafverfahren ZStW 110 (1998) 1; Wesemann/Müller Das gem. § 136a Abs. 3 StPO unverwertbare Geständnis und seine Bedeutung im Rahmen der Strafzumessung, StraFo 1998 113; Wintrich Die Bedeutung der „Menschenwürde" für die Anwendung des Rechts, BayVerwBl. 1957 137; Wissgott Probleme rechtsstaatlicher Garantien im Ermittlungsverfahren, Diss. Göttingen 1983; Würtenberger Ist die Anwendung des Lügendetektors im deutschen Strafverfahren zulässig? J Z 1951 772.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift wurde durch Art. 3 Nr. 51 VereinhG eingefügt.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften Übersicht Rn.
I. Allgemeines
1
Π. Anwendungsbereich 1. Adressaten der Vorschrift a) Strafverfolgungsorgane b) Sachverständige, Augenscheinsgehilfen c) Verteidiger d) Sonstige Personen; Drittwirkung 2. Geschützter Personenkreis 3. Geltung bei Vernehmungen . . . . 4. Prozessuale Willenserklärungen . . ΠΙ. Beschränkung auf Beeinträchtigungen der Willensfreiheit IV. Die verbotenen Mittel des Absatzes 1 1. Allgemeines 2. Misshandlung 3. Ermüdung 4. Körperliche Eingriffe 5. Verabreichung von Mitteln 6. Quälerei 7. Täuschung a) Allgemeines b) Möglicher Gegenstand der Täuschung c) Absichtliche Täuschungen . . . . d) Verschweigen von Rechten und Tatsachen
8. 9. 10. 10 14 15 17
12.
V. Die verbotenen Methoden des Absatzes 2 18 19 22 24 78 29 37 39 40 41 42
Alphabetische Absprachen 63, 81 Adressaten der Vorschrift 6 ff. Angetrunkene 33 Anwendungsbereich s. Geltungsbereich Augenscheinsgehilfe 8 Ausforschung durch einen Mithäftling 44 Ausland, Beweiserhebung im 11, 72 Aussagefreiheit 48 Belehrungen 42, 57 Beweis des Verfahrensverstosses 78 ff. Brechmittel, Verabreichung von 36 Deals s. Absprachen Drittwirkung 10 Drohung mit verfahrensrechtlich unzulässiger Maßnahme 56 Eingriffe, körperliche 28 Einsichtsfähigkeit 67 Einwilligung in die Beweisverwertung, Unbeachtlichkeit 68 f. E M R K 21 Erinnerungsvermögen 66 Ermüdung 24 ff. Fall Daschner 23, 75 Fernwirkung 75 Folterverbot 23
584
11.
e) Ausnutzung eines Irrtums . . f) Unbeabsichtigte Täuschungen g) Suggestivfragen h) Heimliche Tonbandaufnahmen Hypnose Zwang Drohung mit einer verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahme . . Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils Polygraf (Lügendetektor)
VI. Unbeachtlichkeit der Einwilligung (Absatz 3 Satz 1) VH. Verwertungsverbot (Absatz 3 Satz 2) 1. Allgemeines 2. Ursächlicher Zusammenhang . . . . 3. Umfang 4. Inhalt 5. Fortwirkung 6. Fernwirkung 7. Beweis des Verfahrensverstoßes . . . 8. Verwertungsverbot nach Art. 15 UNAntifolterübereinkommen V m . Revision DC. Weitere Rechtsfragen
Übersicht Fortwirkung 74 fruit of the poisonous tree 75 Geltungsbereich 6 ff., 10, 13, 14 f., 16, 25 Geschichte 2 Geständnis 63 Hauptverhandlung, Geltung in der 27, 35 Hörfalle 44 Hypnose 53 Irrtum 46, 48 Lockspitzel, tatprovozierender 4 Lügendetektor 64 Menschenwürde 3 Misshandlung 22 Nikotinsucht 33, 37 Narkoanalyse 30 Normzweck 2 ff. Polygraf 64 Privatpersonen, Geltung für 12 projektive psychologische Tests 54 Prozessbeteiligte, frageberechtigte 7 Quälerei 37 Rechtsstaatlichkeit 3 Revision 80 ff. Sachrüge 83 Sachverständige 8
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Rn. 46 49 51 52 53 55 56 58 64 65 68 69 70 71 73 74 75 77 79 80 84
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Verfahrenshindernis 84 Verfahrensfehler 7 7 ff. verdeckte Vernehmungen 4 4 Vernehmung Jugendlicher 18 Vernehmungen, nächtliche 3 7 vernehmungsähnliche Situationen 15 Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils 58 Verteidiger 9, 10 Verwertungsverbot 6 9 ff. - Allgemeines 69 - Beweis des Verfahrensverstoßes 7 7 - Fernwirkung 75 - Fortwirkung 74 - Inhalt 7 3 - Umfang 71 - Ursächlicher Zusammenhang 7 0 Warnung 5 7 Weckmittel 31 Widerspruchslösung 73 Willenserklärungen, prozessuale 17 Willensfreiheit 18, 32 Zwang 55
Schmerzempfindlichkeit, besonders seelische 38 Stimmenidentifizierung 4 5 Strafverfolgungsorgane 6 Strafverfolgungsorgane, ausländische 11 Süchtige 33 Suggestivfragen 5 2 Tatsachen 4 0 ff. Täuschung 3 9 ff. - absichtliche Täuschungen 41 - Allgemeines 39 - Ausnutzung eines Irrtums 4 6 - fahrlässige Täuschung 5 0 - heimliche Tonbandaufnahmen 5 2 - möglicher Gegenstand der Täuschung 4 0 - Suggestivfragen 51 - unbeabsichtigte Täuschungen 4 9 - Verschwiegen von Rechten und Tatsachen Tonbandaufnahmen, heimliche 53 UN-Antifolterübereinkommen 79 Untersuchungshaft 4 4 Verabreichung von Mitteln 2 9 Verbotene Vernehmungsmethoden 65 ff. Vereinbarungen s. Absprachen
I. Allgemeines Weil die beschuldigte Person und andere Beteiligte nicht bloße Objekte des Strafverfahrens sind, verbieten sich bestimmte Vernehmungsmethoden von vornherein. Das bringt § 1 3 6 a zum Ausdruck. Die Vorschrift dient insofern nicht vorrangig dem Schutz vor Fehlerquellen in der strafprozessualen Beweisführung, 1 sondern sichert zunächst das grundgesetzliche Verständnis von Menschenwürde einerseits und die Bindung des Rechtsstaats daran andererseits. Danach ist eine erniedrigende und unmenschliche Behandlung verboten und es muss dem freien Willen des Einzelnen überlassen bleiben, ob und wie er sich zu einem gegen ihn erhobenen Vorwurf eines strafbaren Verhaltens äußert. 2 Dieses normative Gebot stützt sich auch auf eine international anerkannte Grundüberzeugung, welche für die europäischen Staaten in Art. 3 und Art. 6 E M R K , für die internationale Gemeinschaft etwa in der UN-Antifolterkonvention 3 zum Ausdruck k o m m t . 4 Die beschuldigte Person kann selbst entscheiden, o b sie sich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen äußert oder ob sie schweigt (§ 136 Abs. 1 Satz 2 , § 1 6 3 a Abs. 3
1
2
So aber: KMR/Lesch 2 ff.; vgl. a. Krack NStZ 2002 120. Vgl. § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2, § 243 Abs. 4 Satz 1; BVerfG NJW 2 0 0 5 2383; BGHSt 1 387; 5 290; 44 134; BGH NStZ 1995 606; LG Frankfurt a.M. NJW 2 0 0 5 892 m. Anm. Jerouschek JuS 2 0 0 5 296: SK/Rogall 4; KK/ Boujong 1; Rogall 5 0 und 105; Jahn JuS 2005 1057; Frister ZStW 106 (1994) 314; Lagodny StV 1996 170; Pawltk GA 1998 389; Spendet NJW 1966 1108.
3
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Vgl. etwa UN-Konvention gegen Folter oder grausame und unmenschliche Behandlungen oder Bestrafungen, UN-Antifolterkonvention (abgedruckt in: Schomburg/Lagodny/Gleß/ Hackner Anhang lc). Diese Vorschriften sind auch bei der Auslegung von § 136a heranzuziehen, vgl. etwa die Bewertung eines „Brechmitteleinsatzes", Rn. 36.
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§ 136a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Satz 2, Abs. 4 Satz 2, § 243 Abs. 4 Satz 1). Aus einer solchen Sicht, die allein auch den verfassungsrechtlichen Prinzipien des Grundgesetzes entspricht (§ 136, 21), folgt, dass jede Manipulation der Willensentscheidung und -betätigung des Beschuldigten durch Drohung, Täuschung, Zwang und ähnliche Mittel verboten ist. 5 Insofern schützt § 136a auch eine bestimmte Kommunikationsstruktur während einer Vernehmung.6 2
Dass auf die Entschließungsfreiheit des Beschuldigten niemals mit dem Ziel eingewirkt werden darf, ihn auf eine der in $ 136a genannten Weisen zu einer Aussage bzw. zu einer bestimmten Aussage zu veranlassen, erschien dem Gesetzgeber von 1877 selbstverständlich. 7 Deshalb nahm er eine besondere Bestimmung darüber in die Strafprozessordnung zunächst gar nicht auf. § 136a, der im Kern einen „ohnedies gültigen Prozeßgrundsatz" enthält, 8 wurde im Jahre 1950 insbesondere aus zwei Gründen in das Gesetz eingefügt: 9 Zum einen hatte sich gezeigt, dass die Achtung vor der Würde des Menschen, die dem historischen Gesetzgeber als selbstverständlich galt, totalitären Staatssystemen wie dem NS-Regime nichts bedeutet. Die „schmerzlichen Erfahrungen einer Zeit, die diese Achtung vor der freien Entschließung eines Menschen, auf dem der Verdacht einer strafbaren Handlung ruht, vielfach verletzte", 10 legten es darum aber nahe, die unzulässige Einwirkung auf die Willensentschließung des Beschuldigten ausdrücklich zu verbieten. 11 Zum anderen hatte die Wissenschaft Ausforschungsmittel und -methoden entwickelt, z.B. den Lügendetektor und die Narkoanalyse, die weder als Zwang noch als Täuschung angesehen werden konnten; deren Anwendung zu untersagen dem Gesetzgeber aber angesichts der grundgesetzlichen Bindung notwendig erschien, weil sich ihre Unzulässigkeit nicht von selbst verstand und insbesondere Zweifel darüber beseitigt werden sollten, ob die Einwilligung des Vernommenen sie zulässig machen könnten.
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§ 136a ist damit vorrangig als eine prozessrechtliche Ausformung des Grundrechts auf Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) sowie der Rechtsstaatlichkeit zu verstehen. 12 Die Vorschrift statuiert ausdrücklich für die Vernehmung 13 eine normative Bindung, der sich weder das Verhörorgan noch Beschuldigte noch Zeugen oder Sachverständige entledigen können. 14 Diese Verpflichtung mag - wie jede aus der Menschen-
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Vgl. dazu aus dem umfangreichen Schrifttum: Eb. Schmidt 1 und SJZ 1949 450; Spendet NJW 1966 1108. Müssig GA 1999 126: § 136 garantiere „grundlegende(n) Kommunikationsbedingungen im Strafverfahren, die eine Repräsentation der Verfahrensbeteiligten als Prozeßsubjekte erlauben"; vgl. a. ders. GA 2004 97, wo er insofern an die Lehre von den Informationsbeherrschungsrechten anknüpft, wie sie vor allem von Amelung vertreten wird, dazu: LR/ Gössel Einl. L 149; vgl. a. Krack NStZ
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Auch mit Rücksicht auf die Strafbarkeit der Aussageerpressung gemäß § 343 StGB. Peters § 41 II 1. Zur Entstehungsgeschichte näher SKJRogall 2; vgl. auch Lindner 62; Degener GA 1992 453. BGHSt 1 387. Vgl. Eb. Schmidt Nachtr. I 3 und 4.
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H.M. z.B. BGHSt 5 333; 14 364; BVerfG NStZ 1984 82; AK/Kühne 1; KK/Boujong 1; Meyer-Goßner 1; SK/Rogall 3; Peters § 41 II 2; Roxin § 25, 17; Kleinknecht NJW 1964 2185; Kudlich Jura 1997 698; Puppe GA 1978 305. Zu dem hier zugrunde gelegten Vernehmungsbegriff vgl. § 136 Rn. 12. Vgl. § § 6 9 Abs. 3, 72. Das wirft in Grenzbereichen bei den Zeugen Probleme auf, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zusteht. Für sie muss wie mittelbar wohl auch die „Sollvorschrift" des § 68a zeigt, die Grenze der verbotenen Einwirkung im Einzelfall möglicherweise anders bestimmt werden als beim Beschuldigten (und dem verweigerungsberechtigten Zeugen), der durch § 136a schon und insbesondere gegen den Angriff auf seine Aussagefreiheit geschützt wird.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
würde abgeleitete Inpflichtnahme des Grundrechtsträgers - in verschiedener Hinsicht problematisch erscheinen. Gleichwohl ist bis heute anerkannt, dass die Vorschrift für die staatlich veranlasste Informationsgewinnung elementare Grundsätze aufstellt, die sich unabdingbar aus dem grundgesetzlichen Verständnis des Rechtsstaats ableiten. 1 5 Dem Vernommenen wird hierüber kein Verfügungsrecht eingeräumt; seine Einwilligung in verbotene Vernehmungsmethoden ist ohne Bedeutung (§ 136a Abs. 3 Satz 1). § 136a hat gerade deshalb über den unmittelbaren Geltungsbereich hinaus Bedeutung, weil die Vorschrift den Grundsatz verdeutlicht, dass im Strafverfahren die Wahrheit nicht um jeden Preis erforscht werden darf oder gar muss. 1 6 Diese Grenzen der Strafverfolgung werden heute auch durch internationalen Vorgaben anerkannt. 1 7 § 136a dient also verschiedenen Zwecken und berührt verschiedene, z.T. sich überschneidende Rechts- und Verfassungsgrundsätze. 1 8 So mag es sich erklären, dass die Vorschrift im Einzelfall auch Vernehmungsmethoden erfassen kann, die für sich alleine noch nicht als Verletzung der Menschenwürde gelten könnten. 1 9 Aus der „prozessualen G r u n d n o r m " 2 0 des § 136a ergeben sich mancherlei Ausstrahlungen auf Rechtsprobleme, welche die Vorschrift selbst nicht unmittelbar regelt. Das gilt etwa für die Verwertung von Beweisen, die Privatpersonen in rechtswidriger Weise beschafft haben (unten Rn. 12), oder für die Beurteilung von prozessualen Willenserklärungen, die auf unkorrektem staatlichen Einfluss beruhen (unten Rn. 17). Die Vorschrift gilt entgegen der herrschenden Meinung aber auch für den Einsatz tatprovozierender Lockspitzel. Das Problem wird in diesem Kommentar, entsprechend der heute vorherrschenden Betrachtung, in anderem Zusammenhang erörtert, 2 1 so dass hier nur folgendes zu bemerken ist: Mit dem Grundgedanken des § 136a ist es etwa unvereinbar, das tatprovozierende Lockspitzelverhalten auch dann als Grundlage einer Verurteilung anzuerkennen, wenn sich der Spitzel dabei in massiver Weise der durch § 136a verbotenen Methoden bedient. 2 2 Hält man - aus pragmatischen Überlegungen - ein anderes Ergebnis für richtig, sollte man sehen und einräumen, dass dies im Widerspruch zum Geist des § 136a steht. Dies offen zuzugeben, wäre schon deswegen nützlich, weil es das Bewusstsein für die Gefahren schärft und erhält, die mit dem kriminalpolitisch für notwendig erachteten Einsatz einer solchen Methode ohne Zweifel verbunden sind.
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Kritische Akzente in der Einschätzung des § 136a und seiner Bedeutung finden sich in zunehmendem Maße. Das hängt zum einen mit der jüngeren Entwicklung der allgemeinen Beweisverbote zusammen, die in manchen anderen Fragen zu differenzierteren Lösungen führt, als es der Geist von § 136a gebietet. Zum anderen wird die Vorschrift
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BGHSt 31 308: Ausprägung des „Leitgedankens der Rechtsstaatlichkeit", unter dem nach Art. 20 Abs. 3 GG das gesamte Strafverfahren steht. Dazu statt vieler: BVerfG NStZ 1984 82; BVerfG NJW 2005 2383; BGHSt 5 290; 14 365; 31 309; 44 134; Eb. Schmidt Teil I, 100; vgl. auch Habscheid GedS H. Peters 853; Rogall ZStW 91 (1979) 21; kritisch zur tatsächlichen Umsetzung: Jahn NStZ 2000 383. Fn. 3 und 4. Vgl. etwa: SKJRogall 4; Peters § 41 II 2 d; Amelung NStZ 1982 40: Zweck, das An-
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sehen des Rechtsstaats und seiner Strafrechtspflege zu schützen; Petry 172 ff.; AK/ Kühne 1 ff. Vgl. SKJRogall 3; s. auch BVerfG NStZ 1984 82; Krack NStZ 2002 120. Eb. Schmidt Teil I, 100. Vgl. bei § 163 und § 206a. Wie etwa im Fall BGH NStZ 1995 506, wo der Spitzel gegenüber dem - zunächst widerstrebenden - Beschuldigten schließlich sogar Morddrohungen, gerichtet an ihn und seine Familie, einsetzte, der BGH aber nur einen Strafmilderungsgrund bejaht.
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§ 136a
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bei „verdeckten" („heimlichen") Befragungen zum Zwecke der Tataufklärung durch Polizeibeamte oder von ihnen eingeschaltete Dritte von der herrschenden Meinung als wenig passend oder gar als lästig empfunden (vgl. Rn. 15). Auch werden zum Teil gewisse Korrekturen gefordert, die sich auch zugunsten des Beschuldigten auswirken sollen. 2 3 Eine (wohl noch nicht beendete) Grundsatzdiskussion über die Grenzen, die § 136a dem Rechtsstaat zieht, hat der „Fall Daschner" ausgelöst. 24 Ein stellvertretender Polizeipräsident hatte einem (mutmaßlichen) Entführer Folter angedroht, damit dieser das Versteck des Opfers preisgeben soll. Die in dieser Diskussion geäußerten Grundgedanken sind aber nicht neu. Vielmehr gab es auch bereits kurz nach den Erfahrungen mit dem totalitären System des nationalsozialistischen Deutschlands Stimmen in der Literatur, welche die Geltung des § 136a für bestimmte Fallkonstellationen in Frage stellten, so etwa in einem Kommentar zum Grundgesetz von 1957: Es müsse „mit Nachdruck gefragt werden, ob nicht zumindest gegenüber einem besonders .ausgekochten' vorbestraften Beschuldigten zur Wahrung der Würde etwa einer vergewaltigten Frau oder einer durch Verkehrsmord unter Alkoholeinfluss ums Leben gekommenen Person die Anwendung der durch § 136a verbotenen psychologischen Beweismittel und sonstiger Vernehmungsmethoden zulässig, ja von Abs. 1 (des Art. 1 GG) geradezu gefordert wird". 2 5 Solche Äußerungen (etwa auch im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung) zeigen die fragwürdige Tendenz, das Prinzip und bittere geschichtliche Erfahrungen gering zu achten 2 6
Π. Anwendungsbereich 1. Adressaten der Vorschrift 6
a) Strafverfolgungsorgane. § 136a wendet sich, entsprechend seiner Rechtsnatur als Vorschrift des Strafverfahrensrechts, vor allem an Richter, an Staatsanwälte (§ 163a Abs. 3 Satz 2) und an Polizeibeamte (§ 163a Abs. 4 Satz 2), also an die mit der Strafverfolgung beauftragten Organe des Staates. Sie dürfen die nach § 136a verbotenen Vernehmungsmethoden weder selbst anwenden, noch durch andere anwenden lassen. 27 Den Strafverfolgungsorganen ist es daher auch untersagt, den Beschuldigten durch eine Privatperson, die sich dabei unerlaubter Mittel bedienen soll, zu einer Aussage zu bringen, ihn etwa in der Untersuchungshaft durch einen Polizeispitzel gezielt aushorchen zu lassen 2 8 oder aber Vernehmungen dorthin zu verlagern, wo die in § 136a bestimmten Grenzen nicht gelten. 29 Umstritten ist bis heute, ob oder wann etwa die verschleierte Befragung durch beauftragte Dritte überhaupt als von § 136a erfasste Vernehmung oder ihr gleichzustellende „vernehmungsähnliche Situation" anzusehen ist (näher unten Rn. 15); und weit überwiegend wird angenommen, dass allein das Verschweigen des
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folg. Text und bei Rn. 13) BGHSt 3 4 3 6 3 ; L G Hannover StV 1 9 8 6 5 2 1 ; KK/Boujong 3; Meyer-Goßner 2 ; Pfeiffer 2 ; SK/Rogall 7; Fincke Z S t W 8 6 ( 1 9 7 4 ) 6 6 0 ; Grünwald J Z 1 9 6 6 4 9 7 Fn. 7 5 ; Kohlhaas J R 1 9 6 0 2 4 9 ; Petry 8 2 ; Rogall Z S t W 91 ( 1 9 7 9 ) 4 0 ; Peters Verh. 4 6 . D J T Bd. I S. 161.
So beim Polygrafen, s. unten Rn. 6 4 . Vgl. zum Sachverhalt Saliger Z S t W 116 ( 2 0 0 4 ) 3 8 f.
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von Mangoldt/Klein, 2 . (nicht mehr: 3.) Aufl., Art. 1 Anm. 5 a; dazu in direkter Reaktion - erstaunlich milde: Peters FS Rudolf Gmür 317.
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Vgl. a. Rieß GA 1 9 8 1 4 8 .
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S.u. Rn. 4 4 .
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So z.B. (wenn auch oft eingeschränkt oder sogar widersprüchlich hinsichtlich des Geltungsbereichs für „Vernehmungen", vgl. im
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Vgl. Hetzer Rechtspraktisches Forum 3 4 ( 2 0 0 6 ) 4 II sowie unten Rn. 7 2 .
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
behördlichen Auftrags noch kein verbotenes Mittel (Täuschung) i.S. des § 136a darstellt (dazu unten Rn. 4 3 ) . Um einen Fall der verbotenen Ausnutzung handelt es sich im Übrigen auch, wenn ein Gericht bei der Vernehmung die Anwendung unlauterer Methoden durch einen frageberechtigten Prozessbeteiligten (Staatsanwalt, Verteidiger, Nebenkläger) hinnimmt, schon weil sich die ergänzende Befragung als Bestandteil der Vernehmung darstellt, die in ihr Ergebnis unmittelbar einfließt oder einfließen kann. Das Recht zur Zurückweisung von Fragen gemäß § 2 4 1 verdichtet sich in der Hauptverhandlung (vgl. Rn. 14) insoweit zu einer Zurückweisungspflicht (vgl. auch bei § 2 4 1 ) und besteht im Kollegialgericht als Pflicht des Vorsitzenden auch gegenüber richterlichen Beisitzern.
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b) Sachverständige, Augenscheinsgehilfen. Außer für die Strafverfolgungsorgane gilt 5 136a für Sachverständige, die zur Vorbereitung ihres Gutachtens Beschuldigte oder Zeugen untersuchen, um Befundtatsachen festzustellen. 30 Denn da sie von Strafverfolgungsbehörden bestellt worden sind, um die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern, dürfen sie sich ebenso wenig wie ihre Auftraggeber unerlaubter Mittel bedienen, um Beschuldigte oder Zeugen zum Reden zu bringen. 3 1 Die Forderung nach Einführung des § 136a ist seinerzeit gerade wegen eines Falles erhoben worden, in dem ein Beschuldigter durch Sachverständige mit Hilfe von Injektionen zur Aussage gebracht wurde. 3 2 Im Auftrag der Strafverfolgungsorgane handeln auch die Augenscheinsgehilfen (vgl. bei § 86). Für sie gelten die Verbote des § 136a daher ebenfalls. 3 3
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c) Verteidiger. Nach allgemeiner Meinung nimmt § 136a den Verteidiger nicht in besonderer Weise in die Pflicht, 3 4 i.e. wirkt er an verbotenen Vernehmungsmethoden mit, so gilt § 136a nur (aber jedenfalls), wenn diese den Strafverfolgungsbehörden zuzurechnen sind, s. Rn. 10. Dass der Verteidiger nicht von staatlichen Organen zu einer unerlaubten Täuschung benutzt werden darf, ist im Grundsatz anerkannt. 3 5
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d) Sonstige Personen; Drittwirkung. § 136a bezieht sich, wie schon seine Stellung in der StPO erkennen lässt, auf „Vernehmungen" durch den Richter oder durch die sonstigen Strafverfolgungsorgane (vgl. Rn. 6) und verbietet in Absatz 3 daher auch nur die Verwertung unzulässig gewonnener „Aussagen" durch Justizorgane. Daraus folgt im
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BGHSt 11 211; BGH NJW 1968 2298 = JR 1969 231 mit Anm. Peters = J Z 1969 437 mit Anm. Arzt-, BGH VRS 29 (1965) 204; KK/ Boujong 5; Meyer-Goßner 2, Pfeiffer 2; Roxin § 25, 17; Alsberg/Nüse/Meyer 483 m.w.N.; Dahs/Wimmer NJW 1960 2218; Hilland 14; Rieß JA 1980 296; Eb. Schmidt NJW 1962 665; a.A. AK/Kühne 8 ff.; SK/ Rogall 8; Rüping 40; Eisenberg Beweisrecht 629; Fincke ZStW 86 (1974) 258, die freilich die in verpönter Weise gewonnene Aussage für unverwertbar halten. Eingehend Hermes 23 ff.; Peters JR 1969 234 kommt zu diesem Ergebnis aufgrund der prozessualen Stellung des Sachverständigen als eines bloßen Beweismittels. Vgl. Eb. Schmidt SJZ 1949 449.
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Meyer-Goßner 2; Eb. Schmidt NJW 1962 665; a.A. wiederum AK/Kühne 12; SK/Rogall 9; Eisenberg aaO. BGHSt 14 190; OLG Nürnberg OLGSt § 302 S. 18; YLYJBoujong 3; Meyer-Goßner 3; SK/Rogall 9. - Zur Situation bei der Vernehmung (oder Hauptverhandlung) vgl. Rn. 7. Vgl. BGHSt 14 192 = JR 1961 70 mit Anm. Eb. Schmidt. Die Entscheidung ist freilich bedenklich, soweit sie einen Einfluss des Richters auf das in Frage stehende Verteidigerverhalten (Nahelegung eines Geständnisses) im konkreten Fall verneint. Dazu ablehnend Grünwald NJW 1960 1941; Hanack J Z 1971 170; UUSarstedt11 2. Vgl. auch den Fall von Peters § 41 II 2 b.
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§ 136a
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Grundsatz, dass § 136a auf „Vernehmungen" und „Aussagen", die nicht von Strafverfolgungsorganen herrühren oder ihnen zurechenbar sind, keine unmittelbare Anwendung findet. 36 Zurechenbar ist eine Informationssammlung aber - entgegen der Rechtsprechung, die hierfür einen amtlichen Auftrag 3 7 oder gezielte Ausnutzung des rechtswidrigen Handelns Dritter fordert 3 8 - jede staatlich veranlasste oder geförderte Informationssammlung. 3 9 Die Vorschrift gilt dementsprechend (nur) dann nicht für Private, wenn sie nicht mit staatlichen Organen mit dem Ziel der Informationssammlung zusammenwirken oder von staatlicher Seite zu diesem Zwecke geschaffenen Umstände ausnutzen, z.B. sind Versicherungsgesellschaften nicht gehindert, dem Täter eine Belohnung für Auskünfte über die Straftat, etwa für die Wiederbeschaffung der Beute oder die Nennung des Hehlers, zu versprechen oder zu zahlen. 4 0 Die Vorschrift erfasst grundsätzlich auch nicht die Anwendung verbotener Methoden durch einen Verteidiger ausserhalb der staatlichen Vernehmung. 41 Sie erfasst ferner nicht Zeugen, die den Beschuldigten oder einen anderen Zeugen ohne amtlichen Auftrag ausfragen. 4 2 Die Handlungsfreiheit dieser Personen wird nicht durch das Prozessgesetz begrenzt. Begrenzt wird sie vielmehr durch materiellrechtliche Normen, namentlich also durch das Grundgesetz und das Strafgesetzbuch, 43 beim Verteidiger (Rechtsanwalt) auch durch das anwaltliche Berufsrecht. 11
§ 136a findet auch keine unmittelbare Anwendung auf ausländische Strafverfolgungsorgane, es sei denn, sie sind deutscher Hoheitsgewalt unterstellt. 44 Das bedeutet indessen nicht, dass Beweismittel, die durch ausländische Hoheitsorgane mit Hilfe verbotener Vernehmungsmethoden erlangt wurden, ohne weiteres verwertbar sind. Vielmehr gilt in diesen Fallkonstellationen nicht nur die grundrechtliche Bindung der deutschen Justizorgane bei der Beweisverwertung (s. Rn. 3), sondern wird in vielen Fällen darüber hinaus das Verhalten ausländischer Organe der deutschen Hoheitsgewalt zugerechnet werden müssen, wenn etwa in strukturierter Zusammenarbeit Vernehmungen in Drittstaaten ausgelagert oder aus diesen Erkenntnisse angefordert oder von dort angenommen werden, die durch verbotene Vernehmungsmethoden gewonnen werden. 4 5 Nur eine solche Bewertung respektiert das Verbot einer entwürdigenden Behandlung von Beschuldigten und beugt einem Foltertourismus vor.
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Der Umstand, dass § 136a keine unmittelbare Anwendung auf Privatpersonen oder insoweit als Nicht-Hoheitsträger angesehene Personen 4 6 findet, bedeutet also nicht, dass
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So die Rspr. BGHSt 34 363 f.; 44 134; offen gelassen in: BGHSt GrS 42 148; Pfeiffer 2; Eisenberg 395; a.A. Gössel (1977) § 23 Β II c: direkte Anwendbarkeit des § 136a. Zur Anwendung auf beauftragte Sachverständige s.o. Rn. 8 sowie im Fall eines in die Untersuchungshaftzelle eingeschmuggelten Spitzels s.u. Rn. 44. BGHSt 33 224; H.Schneider NStZ 2001 12 f. Vgl. a.: Gaede StV 2004 52; Jahn JuS 2005 1058. Unverwertbar ist deshalb entgegen BGH NJW 1989 843 auch eine lediglich mit Kenntnis der Ermittlungsbehörden fortgesetzte Ausforschung; ebenso SK/Rogall 56, a.A. Pfeiffer 2, s.a. unten Rn. 44. Rogall ZStW 91 (1979) 41; anders Birmanns NJW 1970 1834. BGHSt 14 190; OLG Nürnberg OLGSt
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§ 302 S. 18; KK/Boujong 3; SK/Rogall 9. Zur Situation bei der Vernehmung (oder Hauptverhandlung) vgl. Rn. 7. OLG Oldenburg NJW 1953 1137; Kleinknecht NJW 1966 1542; KK/Boujong 3; Meyer-Goßner 3; SK/Rogall 10; Eb. Schmidt 22; Roxin § 24, 45; grundsätzlich a.A. Gössel § 23 Β lie; auch Hilland 20 ff. Insbesondere die §§ 223, 240. OLG Hamburg NJW 2005 2329; MeyerGoßner 3; zu Möglichkeiten fremde Amtsträger deutscher Hoheitsgewalt zu unterstellen vgl.: Gleß/Lüke Jura 2000 402 f. m.w.N. Vgl. Hetzer Rechtspolitisches Forum 34 (2006) 4 ff. Etwa ausländische Hoheitsorgane, vgl. OLG Hamburg NJW 2005 2329, zu Besonderheiten dieser Konstellation s.u. Rn. 72.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
unter Verstoß gegen die Grundsätze des § 1 3 6 a in rechtswidriger Weise beschaffte Beweismittel haben, von den Justizorganen benutzt werden dürften. Denn § 136a regelt das Problem der Beweisverbote nicht erschöpfend, sondern nur in einem besonderen Ausschnitt. Die Vorschrift besagt also insbesondere nicht, dass für die von ihr nicht erfassten Verhaltensweisen „Privater" kein Verwertungsverbot besteht. Diese Frage beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen, umstrittenen Grundsätzen über Beweisverb o t e . 4 7 § 136a hat für diese allgemeinen Grundsätze freilich eine gewisse mittelbare Bedeutung, weil die Vorschrift einen Ausdruck rechtsstaatlichen Denkens enthält, insbesondere deutlich macht, dass die Wahrheitsfindung im Strafprozess nicht um jeden Preis erfolgen darf. Im Einzelnen gehen die Ansichten, ob oder wann Beweise verwertbar sind, die Privatpersonen in einer dem Geist des § 1 3 6 a zuwiderlaufenden oder sonst rechtswidrigen Weise erlangt haben, weit auseinander. Die herrschende Meinung lässt ihre Verwertung grundsätzlich zu. Eine Ausnahme macht sie nach Abwägung im Einzelfall nur für solche Erklärungen, die unter besonders krassem Verstoß gegen die Menschenwürde, etwa durch Folter, gewonnen worden sind. 4 8 Eine andere Meinung hält demgegenüber, insbesondere weil die staatliche Schutzverpflichtung auch gegenüber den Angriffen Einzelner bestehe, eine Beeinträchtigung des Rechtsstaatsprinzips für gegeben, wenn sich der Staat eine Verletzung von Individualrechtsgütern zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs zu Nutze macht, und entnimmt dem in unterschiedlichem Umfang ein, z . Z t . sehr weitgehendes oder auch völliges Verwertungsverbot. 4 9 Richtig dürfte es sein, die der weiteren Klärung noch bedürftige Frage unter Berücksichtigung des in § 1 3 6 a enthaltenen Grundgedankens mit der Pflicht der Strafverfolgungsorgane zur Beachtung der sie im Strafverfahren bindenden Vorgaben zu lösen. M a n wird also die Verwertung dann für unzulässig halten müssen, wenn die in unlauterer F o r m beschafften Beweise den Kernbereich des Grundrechtsschutzes berühren, auf dessen Verletzung eine rechtsstaatliche Strafrechtspflege nicht aufbauen kann. So dürfen durch Folter erlangte Geständnisse nie verwertet werden. Heimliche Tonbandaufnahmen durch Private, die durch § 2 0 1 StGB verboten sind, dürfen wegen des mit ihr verbundenen Einbruchs in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre von den Strafverfolgungsorganen nur verwertet werden, wenn für die Aufnahme ein Rechtfertigungsgrund besteht und fortwirkt. 5 0
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Dazu allgemein Einl. Abschnitt K. OLG Celle NJW 1985 640; Kleinkneckt NJW 1966 1543 (auf dessen Ausführungen die h.M. entscheidend zurückgeht); KK/BOKjong 3; Meyer-Goßner 3; Pfeiffer 2; Alsberg/ Nüse/Meyer 484; Eisenberg 397; Roxitt § 24, 45; Schlüchter 100; Bienert Private Ermittlungen und ihre Bedeutung für die Beweisverwertungsverbote (1997) 155 ff.; Nüse J R 1966 285; Walder 196; vgl. auch BGHSt 27 355. Anders Kohlhaas DAR 1971 68; gegen jede Ausdehnung auf die von Privaten beschafften Beweismittel auch AK/Kühne 13; KKJPelchen Vor § 48, 52; Dencker 98 f.; Feldmann NJW 1959 855. Rogall (SK 14 ff., ZStW 91 (1981) 41 und Der Beschuldigte 210) verlangt eine Abwägung im Einzelfall, hält aber die Verletzung des Verbots der Selbstbelastung stets für beachtlich. Haffke GA 1973 83 stellt eben-
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falls auf eine solche Abwägung ab, die aber regelmäßig eine Prävalenz des Aufklärungsinteresses ergebe. Amelung 43 bejaht ein Verwertungsverbot, wenn der Eingriff zu dem Zweck begangen ist, den Verletzten einer Verurteilung zuzuführen, vgl. auch die Fortführung des Ansatzes der Informationsbeherrschungsrechte für diese Fallkonstellationen durch Müssig GA 2 0 0 4 98 ff. und Renzikowski J Z 1997 714 ff.; SYJWolter Vor § 151, 137 ff. m.w.N. stellt, ähnlich dem folg. Text, auf jede, nicht nur die „extreme" Verletzung der Menschenwürde ab, und Otto FS Kleinknecht 319 ff. auf den durch die Menschenwürde garantierten Bereich der Persönlichkeitsentfaltung; Sydow 116 f. will stets ein Verwertungsverbot eingreifen lassen. Dazu BVerfGE 34 249 = J Z 1973 504 mit Anm. Arzt-, BGHSt 14 358; BGHSt 34 3 9 = J R 1987 212 mit Anm. Meyer; BGHZ 27
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Besondere Probleme können in diesem Zusammenhang entstehen, wenn die staatlichen Organe unzulässige Einwirkungen Dritter bei einer Vernehmung ausnutzen, insbesondere sich zu Nutze machen, um vom Beschuldigten eine Aussage zu erlangen. LRHanack hat in der Vorauflage dieses Kommentars, das ursprünglich von Meyer in der 23. Aufl. gebildete Beispiel,51 dass der Beschuldigte ein Geständnis ablegen will, weil er durch Dritte getäuscht oder bedroht worden ist, so bewertet, dass der Vernehmende die ihm erkennbar fortwirkende Einwirkung nicht „ausnutzen" dürfe, d.h. er dürfe sie sich nicht „zu eigen machen". Der Vernehmende sei aber nicht verpflichtet, eine fortwirkende Täuschung oder Drohung auszuräumen, und zwar insbesondere dann nicht, wenn der Beschuldigte unter ihrem Einfluss selbst ein Geständnis ablegen wolle. Dazu sei er sogar im Fall der Drohung (der an sich schwerer wiege als der der Täuschung) nicht einmal berechtigt, weil es grundsätzlich Sache des Beschuldigten sei, zu entscheiden wie er sich in einer solchen Konfliktsituation verhalte.52 Danach wäre dem Vernehmenden die Drohung oder Täuschung in dieser Fallkonstellation nicht zuzurechnen. Dem ist nicht zuzustimmen: Eine Drohung oder Täuschung, welche die Willensentscheidungs- oder Willensbetätigungsfreiheit des Vernommenen beeinträchtigt und an die der Vernehmende (aus Sicht des Vernommenen) anknüpft, muss dem Vernehmenden zugerechnet werden.53 Hat er von Irrtum oder Drohung Kenntnis, muss er diese „so gut wie möglich unwirksam machen" bevor er eine Vernehmung durchführt.54
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2. Geschützter Personenkreis. § 136a gilt unmittelbar nur für richterliche Vernehmungen des Beschuldigten, und zwar in jedem Verfahrensabschnitt, auch in der Hauptverhandlung (vgl. Rn. 27). Für die staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Beschuldigtenvernehmung ist er nach § 163a Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 entsprechend anzuwenden. Dass Zeugen nicht unter Anwendung der nach § 136a verbotenen Mittel richterlich vernommen werden dürfen, schreibt § 69 Abs. 3 vor. Nach § 72 ist diese Bestimmung bei der Vernehmung von Sachverständigen entsprechend anzuwenden. Die §§ 69, 72 gelten nach § 161a Abs. 1 Satz 2 auch für Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft. Nach $ 163a Abs. 5 findet § 136a bei Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen durch die Polizei Anwendung. Alle diese Vorschriften gelten nach § 46 Abs. 1 OWiG im Bußgeldverfahren entsprechend.
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2 9 0 ; OLG Celle NJW 1965 1677; OLG Düsseldorf NJW 1966 214; KG JR 1981 2 5 4 mit Anm. Tenckhoff; Eisenberg 399; insbesondere zur Frage der fortwirkenden Rechtfertigung; Kleinknecht NJW 1966 1561; R. Schmitt JuS 1967 19; eingehend Gropp StV 1989 216. L R / M e y e r 1 3 30 ist im Anschluss an Walder 166 ff., der Auffassung dass der Vernehmende, dem die weiterwirkende unzulässige Einwirkung erkennbar ist, das Geständnis nicht entgegennehmen dürfe; er müsse vielmehr zuvor den Irrtum beseitigen oder die Drohung unwirksam machen; erst dann dürfe er den Beschuldigten vernehmen. Würde ihm etwa im Zusammenhang mit einer von ihm begangenen Straftat mit der
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Tötung seines als Geisel genommenen Kindes gedroht, könne nur er entscheiden, ob er sich der Polizei offenbare. Wenn er das aber wolle, sei die Polizei auch berechtigt oder sogar verpflichtet, sein Geständnis entgegenzunehmen. Das folge mittelbar auch aus § 154c; wäre es anders, könnte es diese Vorschrift gar nicht geben. (Insoweit) Zustimmend SKJRogall 16; Lindner 128; a.A. AK/ Kühne 13 a.E. (Vernehmung ausnahmslos verboten). Vgl. L R / M e y e r 1 3 im Anschluss an Walder 166 ff. Ebenso KKJBoujong 4; Eisenberg 401; einschränkend: UUHanack25 11; SK/Rogall 16; a.A. Erb FS Otto 876 f.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
3. Geltung bei Vernehmungen. Die Verbote des § 136a gelten nur für Vernehmungen (Rn. 10). Was darunter - hier und bei § 136 - zu verstehen ist, ist seit einiger Zeit streitig. Übereinstimmung besteht heute nur im Ausgangspunkt: Vernehmungen sind jedenfalls amtliche Befragungen von Beschuldigten sowie von Zeugen und Sachverständigen in Bezug auf die „Beschuldigung" (§ 136 Abs. 1 Satz 2) oder den „Gegenstand der Untersuchung" (§ 6 9 Abs. 1 Satz 2 , § 7 2 ) im Rahmen eines Strafverfahrens. 5 5 Umstritten ist hingegen folgendes: Die herrschende Ansicht hält eine Vernehmung nur für gegeben, wenn dem Vernommenen der amtliche Charakter der Befragung bewusst ist oder der Vernehmende sich noch mindestens konkludent auf staatliche Autorität beruft. 5 6 Begründet wird diese Ansicht insbesondere mit der systematischen Stellung im Gesetz, ihrem Zweck, dem Unterschied zwischen einer „förmlichen" Befragung und der freiwilligen Auskunft gegenüber einer (vermeintlichen) Privatperson sowie mit dem Gedanken, dass das Gesetz den Strafverfolgungsorganen ein heimliches Vorgehen nicht unbedingt verbiete. Dies führt dazu, dass die „heimliche Vernehmung" als solche von § 136a (und von § 136, vgl. dort Rn. 12) grundsätzlich nicht erfasst wird. In Betracht kommen soll insoweit vielmehr nur oder allenfalls bei bestimmten Konstellationen, sog. vernehmungsähnlichen Situationen, 5 7 eine entsprechende Anwendung des § 136a. Im Übrigen sei bei der verdeckten Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsorgane regelmäßig nur zu prüfen, ob die heimliche Informationsbeschaffung als solche gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoße. Eine andere Meinung erfasst demgegenüber unter „Vernehmung" zu Recht jede (indirekte oder direkte) Herbeiführung einer Aussage durch ein Strafverfolgungsorgan (s. R n . 6, 8), also auch die „verdeckte" („heimliche") Vernehmung, bei welcher der Vernommene nicht erkennt, dass er einer amtlichen Befragung ausgesetzt ist. 5 8 Denn wenn das Gesetz den staatlichen Organen bei der Befragung von Beschuldigten und Zeugen bestimmte Vernehmungsmethoden verbietet (und bestimmte Belehrungspflichten auferlegt), können sich die Organe von diesen Verboten (und Pflichten) grundsätzlich nicht befreien, weder dadurch, dass sie sich bei der Befragung als Privatperson gerieren 5 9 noch
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Näher SYJRogall § 136, 6; Fincke Z S t W 9 5 ( 1 9 8 3 ) 9 4 8 ff. B G H N S t Z 1 9 9 6 5 0 2 (vgl. § 136, 6 6 ) ; BGHSt 3 4 3 6 3 ; 4 0 211, 2 1 3 ; im Erg. auch BGHSt 3 4 3 4 6 ; B G H N S t Z 1 9 9 5 4 1 0 und 5 5 7 ; 1 9 9 6 2 0 0 ; ersichtlich auch A K / K ü h n e 5 und Meyer-Goßner 4 ; Pfeiffer 2; SKJRogall 18 ff. und J Z 1 9 8 7 8 5 0 ; Deutsch 2 4 2 f.; Fincke Z S t W 9 5 ( 1 9 8 3 ) 9 4 8 ; / . Meyer N S t Z 1 9 8 3 4 6 8 („selbstverständlich"); Otto GA 1 9 7 0 2 9 9 ; Popp JA 1 9 9 8 9 0 1 ; Roxin N S t Z 1 9 9 5 4 6 5 ; Sinn Jura 2 0 0 3 818; Schlüchter/Radbruch NStZ 1995 353. Klare Konturen hat die Figur der vernehmungsähnlichen Situation aber nicht gewonnen, vgl. SK/Rogall 2 0 f.; Eisenberg Beweisrecht 6 3 7 ; Renzikowski J Z 1 9 9 7 712. Im Schrifttum wird sie meist auf Fälle bezogen, in denen sich der Vernommene der Befragung nicht ohne weiteres entziehen kann und sie eine „ordentliche" Vernehmung rechtsmissbräuchlich ersetzen soll; vgl. etwa SK/Rogall 21 m.w.N., ferner Kramer Jura 1 9 8 8 5 2 3 ;
Sternberg-Lieben Jura 1 9 9 5 3 0 6 . Der B G H anerkennt sie in Einzelfällen (insbes. BGHSt 3 4 3 6 3 ; vgl. B G H N S t Z 1 9 9 5 4 1 0 f.), lehnt aber die entsprechende Anwendung des § 136a allein wegen verdeckter Ermittlungen ab (BGHSt 3 9 3 4 6 ff.; B G H GA 1981 85; N S t Z 1 9 9 5 4 1 0 ) ; zur Diskussion in der Literatur vgl.: Jäger 1 7 8 ; Kinzig StV 1 9 9 9 2 8 8 ff.; Kudlich JuS 2 0 0 0 9 5 3 ; Popp JA 1 9 9 8 9 0 1 ; Roxin N S t Z 1 9 9 9 1 5 0 ; H. Schneider N S t Z 2 0 0 1 9 f.; Weiler GA 1 9 9 6 107. 58
Vgl. BGHSt 17 19, B G H N J W 1 9 8 3 1 5 7 0 ; LG Darmstadt StV 1 9 9 0 1 0 4 ; LG Stuttgart N S t Z 1 9 8 5 5 6 8 ; Alsberg/Nüse/Meyer 482; Dencker StV 1 9 9 4 6 7 4 f.; Keller 1 2 0 ff.; Kühl StV 1 9 8 6 1 8 8 ; Lindner 8 8 ff.; Lüdersen FS Peters 361 ff.; Ransiek 61; Röhrich 2 4 0 ff.; Seebode J R 1 9 8 8 4 2 7 ; Sendler 16, 2 0 ff.; Weiler GA 1 9 9 6 1 0 7 f.; Lagodny StV 1 9 9 6 1 6 8 ff.; tendenziell Lammer 162 f. Gänzlich abweichend Gusy StV 1 9 9 5 4 4 9 und gegen ihn Widmaier ebd. 6 2 1 .
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Fall LG Stuttgart, vgl. Fn. 29.
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dadurch, dass sie die Befragung von beauftragten Privatpersonen durchführen lassen. Daran ändert auch nichts, dass es natürlich einen Unterschied macht, ob sich jemand gegenüber vermeintlichen Privatpersonen äußert oder gegenüber ihn „offen" vernehmenden Strafverfolgungsorganen; doch nicht auf diesen Unterschied kommt es hier an, sondern auf das Ziel staatlicher Informationsgewinnung. Eine „Vernehmung" ist daher auch die gezielte telefonische Befragung eines Partnervermittlers durch einen Polizeibeamten, der sich dabei als potentieller Kunde ausgibt, 60 oder die Befragung zur „Beschuldigung" bzw. zum „Gegenstand der Untersuchung" durch Verdeckte Ermittler, durch beauftragte V-Leute und durch sonstige zur Befragung eingeschaltete Dritte. 61 Liegt eine Vernehmung in diesem Sinne vor, geht es stets um die direkte Anwendbarkeit des § 136a. Eines Rückgriffs auf die ebenso vage wie verräterische Figur der „vernehmungsähnlichen Situation" (Fn. 28) oder auf allgemeine Rechtsgrundsätze bedarf es nicht. Der Rückgriff ist vielmehr rechtsfehlerhaft, wenn und soweit er benutzt wird oder darauf hinausläuft, die Verbote des § 136a zu überspielen oder einzuschränken. 62 Allein mit der hier vertretenen Sicht stimmt auch überein, dass nach wohl unstreitiger Meinung eine „Vernehmung" auch dann vorliegt, wenn ihr alle Voraussetzungen oder Sicherungen fehlen, die das Gesetz für sie kennt. 6 3 16
Auf Beweismittel, die in anderer Weise als durch Vernehmung gewonnen sind (wie immer man den Begriff der Vernehmung bestimmt), ist § 136a nicht anzuwenden. Nicht in den Bereich des § 136a (und des § 136 Abs. 1 Satz 2) gehören daher Fälle, in denen ein Ermittlungsorgan Erklärungen entgegennimmt, die jemand, ohne hierzu aufgefordert zu sein, von sich aus abgibt, z.B. bei spontanen Äußerungen, von Beschuldigten. 64 Nicht um einen Anwendungsfall des § 136a handelt es sich ferner, wenn jemand, etwa am Tatort, Fragen eines Polizeibeamten beantwortet, der klären will, ob Grund für ein polizeiliches Einschreiten vorliegt oder der Befragte als Beschuldigter zu behandeln ist, wobei auch hier die Grenzen verbotener Vernehmungsmethoden gelten. 65 Anderes gilt hingegen für „Vorgespräche in lockerer Atmosphäre" (nach Belehrung), bei denen dem Vernommenen erklärt wird, seine Äußerungen seien noch nicht seine offizielle und zu Protokoll genommene Aussage. 66 Macht der Beschuldigte, wenn er rechtswidrig festgehalten ist, in einer Vernehmungspause gegenüber einem nahe stehenden Dritten von sich aus Äußerungen, liegt eine Vernehmung nicht vor, auch wenn die Äußerungen unter polizeilicher Bewachung erfolgen und der Beschuldigte sich in großer innerer Anspannung befindet. 67 Bereits als Vernehmung ist es aber anzusehen, wenn der Beschuldigte bei angeordneter Telefonüberwachung (§ 100a) von einem Beamten veranlasst wird, selbstbelastende Telefongespräche zu führen. 68
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LG Stuttgart N S t Z 1 9 8 5 5 6 8 mit Anm. Hilger\ a.A. Meyer-Goßner 4 ; Wieczorek Kriminalistik 1 9 8 6 165. Also durch „Hörfallen", vgl. § 136, 6 6 . Vgl. Beulke StV 1 9 9 0 183: Flucht aus § 136a. Vgl. nur SK/Rogall § 136, 6; Dencker StV 1 9 9 5 6 7 5 Fn. 69. Weiler GA 1 9 9 6 107. Vgl. B G H N J W 1 9 9 0 4 6 1 ; B G H bei Daliinger M D R 1 9 7 0 14; auch O L G Düsseldorf N J W 1 9 6 9 1 8 4 0 . Z u r umstrittenen Frage, wie derartige Äußerungen zu behandeln sind, vgl. bei § 1 6 3 a . Z u r Zulässigkeit und Verwertung dieser
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informatorischen Befragungen beim (späteren) Beschuldigten s. bei § 1 6 3 a . 66
AG Delmenhorst StV 1 9 9 1 2 5 4 ; AG M ü n chen StV 1 9 9 0 1 0 4 ; vgl. unten Rn. 4 0 (Täuschung über Rechtsfragen, nämlich das Vorliegen einer Vernehmung; zust. Eisenberg Beweisrecht 6 5 8 ) .
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Vgl. BGHSt 3 4 3 7 0 = N S t Z 1 9 8 8 2 3 3 mit krit. Anm. Hamm. A . A . BGHSt 3 3 2 2 3 = StV 1 9 8 6 185 mit abl. Anm. Kühl; Meyer-Goßner 4 ; vgl. a. Fezer J Z 1 9 9 6 sowie SKJRogall 19, der aber aus anderem Grunde Unzulässigkeit bejaht.
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4 . Prozessuale Willenserklärungen. § 1 3 6 a regelt nach W o r t l a u t und Z w e c k ausschließlich P r o b l e m e des rechtsstaatlichen Beweisrechts. Die Frage, mit welchen strafprozessualen Mitteln die Wahrheit erforscht werden darf, ist nicht identisch mit der Frage, wie die Gültigkeit oder Ungültigkeit von prozessualen Willenserklärungen, insbesondere von Rechtsmittelerklärungen, zu beurteilen ist, so dass § 1 3 6 a jedenfalls nicht unmittelbar oder im Wege direkter Analogie Anwendung findet. 6 9 D a s bedeutet jedoch nicht, dass von den Staatsorganen verursachte Willensmängel bei der A b g a b e verfahrensrechtlicher Erklärungen des Beschuldigten, insbesondere bei Rechtsmittelverzicht oder -rücknahme, und bei Prozesserklärungen anderer Verfahrensbeteiligter, etwa bei der Z u r ü c k n a h m e eines Strafantrags oder der Privatklage, unbeachtlich sind. Werden sie durch auch nur objektiv unwahre Erklärungen des Gerichts oder der Verfolgungsbehörden veranlasst, oder beruhen sie gar auf rechtswidrigen Drohungen dieser O r g a n e , haftet der W i l lenserklärung ein solcher M a n g e l an, dass das staatliche Verfahren auf ihm in der Regel nicht aufbauen k a n n , die Rechtssicherheit, auf die bei A b g a b e prozessgestaltender W i l lenserklärungen sonst regelmäßig abzustellen ist, also zurücktreten m u s s . 7 0 Für die Beurteilung, wann prozessuale Erklärungen aus diesen Gründen unwirksam sind, bieten die Grundgedanken des § 136a einen wichtigen Anhaltspunkt. 7 1 Sie lösen aber nicht die generelle Frage, nach welchen M a ß s t ä b e n sich W i r k s a m k e i t oder Anfechtbarkeit von gestaltenden Prozesserklärungen als solche und insbesondere dann richten, wenn ein Festhalten an der Erklärung, aus welchem G r u n d auch immer, unbillig erscheint. 7 2
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ΙΠ. Beschränkung auf Beeinträchtigungen der Willensfreiheit Die in § 1 3 6 a aufgeführten Mittel untersagt Absatz 1 nur insoweit, als sie die Freiheit der Willensentscheidung und Willensbetätigung beeinträchtigen. 7 3 Für die Fälle des Absatz 2 folgt Entsprechendes schon aus ihrer Eigenart. Eine Beeinträchtigung der genannten Art liegt vor, wenn der V e r n o m m e n e wegen eines inadäquaten D r u c k s 7 4 nicht m e h r in der Lage ist, frei darüber zu entscheiden, o b , in welchem Umfang oder mit welchem Inhalt er aussagen will. § 136a verlangt demnach nicht, auf jeden Z u s t a n d einer körperlichen oder seelischen Beeinträchtigung, der sich irgendwie nachteilig a u f die Entschließungen des Vernommenen auswirken könnte, R ü c k s i c h t zu n e h m e n . 7 5 Vielmehr muss die Beeinträchtigung eine Erheblichkeitsschwelle erreichen, bei deren Überschrei-
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BGHSt 17 14 = JR 1962 92 mit Anm. Eb. Schmidt = J Z 1963 226 mit Anm. Oehler; OLG Celle GA 1970 285; OLG Frankfurt NJW 1971 950; OLG Köln NJW 1968 2 3 4 9 = JR 1969 392 mit Anm. Koffka; heute ganz h.L., vgl. nur Pfeiffer 5; SKJRogall 23 beide m.w.N.; a.A. oder doch weiter gehend: OLG Bremen J Z 1955 680 mit Anm. Eb. Schmidt-, OLG Düsseldorf NJW 1960 210 mit Anm. Feldmann und Mölders; OLG Hamm NJW 1976 1952 m.w.N.; Roxin StPO § 22 Rn. 6; Heinrich ZStW 112 (2000) 424. Vgl. BGHSt 43, 195; OLG Frankfurt NJW 1991 950; KYJBoujong 7; Pfeiffer 5; Eisenberg Beweisrecht 641.
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In diesem Sinne z.B. BGHSt 17 14, 18; 19 104; OLG Celle GA 1970 285; KG JR 1988 480; KKIBoujong 7; Eisenberg Beweisrecht 641; enger SKJRogall 23 („allenfalls mitberücksichtigen"); differenzierend Michael Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahrensrecht (1981) 154. Näher zu diesen umstrittenen Problemen Einl. J V und bei § 302. Dazu etwa: KMRJLesch 14; Dazu AK/Kühne 16, 17. BGHSt 1 379; BayObLG JR 1980 432; LG Marburg StV 1993 238; Meyer-Goßner 5; SKJRogall 25; Eisenberg Beweisrecht 642; Hilland 88 f.; Eb. Schmidt NJW 1962 666.
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tung der Vernommene zum Objekt des Verfahrens degradiert wird.76 Diese Einschränkung ist wesentlich. Sie hat zur Folge, dass z.B. eine gewisse Ermüdung oder eine Sachverhaltsdarstellung, die den Vernommenen nur über den Hintergrund der Fragen des Vernehmenden im Unklaren lässt (ohne ihn zu täuschen), nicht verboten sind, jedenfalls aber nicht zur Unverwertbarkeit der Aussage führen. Die Grenzziehung erfolgt zwar unter normativen Aspekten,77 bleibt aber dennoch weitgehend Sache verständiger Beweiswürdigung im Einzelfall. Wo es völlig fern liegt, dass sich jemand durch eine Ermüdung geringeren Grades zu einer Aussage bringen lässt, fehlt es an der vorausgesetzten Beeinträchtigung der Willensfreiheit. Doch kommt es dabei immer auf den Einzelfall und die Gesamtsituation an. So ist z.B. der Satz, dass niemand einen Mord zugibt, „weil er eine Zigarette bekommt oder nicht bekommt", 78 für sich gewiss richtig. Er verliert im Einzelfall aber möglicherweise seine Berechtigung beim starken Raucher, der im Rahmen stundenlanger intensiver Vernehmungen in seiner Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt ist oder bei dem neben der Sucht nach Nikotin sonstige Besonderheiten vorliegen (vgl. auch unten Rn. 27, 33, 37). Bei der Vernehmung Jugendlicher können sich insofern spezielle Fragestellungen ergeben.79 In allen diesen Fallkonstellationen empfiehlt es sich die Protokollierungspflichten der verschiedenen Vernehmungsorgane de lege ferenda zu überdenken.
IV. Die verbotenen Mittel des Absatzes 1 19
1. Allgemeines. Die in § 136a Abs. 1 verbotenen Mittel lassen sich meist nicht genau voneinander abgrenzen.80 So gehen Misshandlung und Quälerei ineinander über, wobei die Misshandlung ihren Schwerpunkt mehr auf körperlichem, die Quälerei mehr auf seelischem Gebiet hat. Drohung und Versprechen treten vielfach gleichzeitig oder wechselweise auf, weil das eine die Kehrseite des anderen ist: Wer dem Beschuldigten androht, er werde ihn bei weiterem Bestreiten vorläufig festnehmen, verspricht ihm gleichzeitig die Freiheit für den Fall, dass er ein Geständnis ablegt. Drohungen können eine Misshandlung zum Gegenstand haben. Ein körperlicher Eingriff kann das Mittel des Zwangs sein. Die Verabreichung von Mitteln kann durch körperlichen Eingriff (Injektion) geschehen. Ein Versprechen ist, wenn es nicht ernst gemeint wird, gleichzeitig eine Täuschung.81 Bei der praktischen Anwendung des § 136a kann es daher erforderlich sein, ein Verhalten unter mehreren Gesichtspunkten zu prüfen.82
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Die Aufzählung der verbotenen Mittel in § 136a wird im Schrifttum nicht ohne Grund gelegentlich für überflüssig gehalten, weil sie nur verwirre83 und vom Eigentlichen ablenke: „dass der Beschuldigte nicht zum Objekt gemacht, nicht seiner Willensfreiheit beraubt, dass er Prozesssubjekt und Persönlichkeit bleiben soll". 84 Jedenfalls ist die Aufzählung nicht abschließend; die Vorschrift nennt nur Beispiele unzulässiger Beeinträchtigungen.85 In entsprechender Anwendung des § 136a sind darüber hinaus alle
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Pfeiffer 6; Jahn JuS 2 0 0 5 1058; vgl. a. KMR/ Lesch 16. Vgl. SK/Rogall 25. LIUMeyer23 10 im Anschluss an BGHSt 5 290. Instruktiv dazu: Eisenberg NJW 1988 1250 sowie ders. J Z 1999 281 jeweils m.w.N. KKJBoujong 9; KMR/Lesch 13.
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BGH bei Daliinger MDR 1954 17; vgl. auch BGH bei Holtz MDR 1989 684. Vgl. etwa BGH bei Holtz MDR 1989 684. AKJKühne 21, 22; Eb. Schmidt 7; Schlüchter 88.1; Bader J Z 1951 123. Eb. Schmidt 7; vgl. Rn. 3. BGHSt 5 354; ganz h.M., z.B. AKJKühne 21; KKJBoujong 9; Meyer-Goßner 6; SK/Rogall
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Maßnahmen verboten, mit denen derselbe Zweck verfolgt wird, wie mit den durch die Vorschrift ausdrücklich erfassten Mitteln und Methoden. 8 6 Ferner kann ein und dasselbe Verhalten unter mehren Aspekten gegen § 136a verstoßen, wobei Abs. 2 der Vorschrift gegenüber Abs. 1 an praktischer Bedeutung verliert. 87 De lege lata verbietet auf europäischer Ebene die E M R K als Vernehmungsmethoden ausdrücklich Folter und erniedrigende und unmenschliche Behandlung in Art. 3 E M R K 8 8 (Rn. 1) sowie - vermittelt über ein Verwertungsverbot - bestimmte Formen von Zwang, Druck und Täuschung. 8 9 Darüber hinaus liegen derzeit keine konkreten Vorschläge, etwa der EU vor, welche Vernehmungsmethoden über den auf der Grundlage der Europaratskonventionen gefundenen Konsens hinaus untersagt werden sollten. 9 0
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2 . Misshandlung. Der Begriff entspricht nach ganz herrschender Meinung dem des Tatbestands von ξ 2 2 3 StGB. 9 1 Erfasst wird also nicht nur die eigentliche Verletzung des Körpers, sondern schon die nicht ganz geringfügige Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens. Verboten sind danach unmittelbare Einwirkungen (Beibringung von Verletzungen, Fußtritte, Schläge) ebenso wie mittelbare Einwirkungen auf den körperlichen Zustand, wie sie etwa durch Nahrungsentzug, durch grelle Beleuchtung bei Vernehmungen, durch andauernde laute Geräusche, ständiges Stören im Schlaf oder dadurch eintreten, dass der Beschuldigte einer für den Körper unzuträglichen Kälte oder Wärme ausgesetzt wird. Länger dauernde Maßnahmen dieser Art sind auch als Quälerei zu werten (unten Rn. 3 7 ) . 9 2 Eine Misshandlung kann auch durch Unterlassen begangen werden, 9 3 wie schon das Beispiel des Nahrungsentzugs zeigt. 94 Diese Situation ist insbesondere gegeben, wenn der Beschuldigte, etwa nach vorläufiger Festnahme, unversorgt vernommen wird, obwohl er verletzt oder krank ist oder unter erheblichen Entzugserscheinungen leidet. 95 Auch hier überschneidet sich die Misshandlung mit der Quälerei.
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Das Verbot der Misshandlung beinhaltet auch das Folterverbot, 9 6 das in Zusammenhang mit dem „Fall D a s c h n e r " 9 7 wieder in das öffentliche Interesse gerückt ist. 9 8 Da
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29; Eb. Schmidt 7; Roxin § 25, 18; Schlächter 88.1; Jahn JuS 2005 1057. BayObLG JR 1980 432; Meyer-Goßner 6; Eb. Schmidt 9; Roxin § 25, 18; Daliinger SJZ 1950 734; Erbs NJW 1951 387; von Holstein MDR 1952 340; Kohlhaas JR 1960 247. Jahn JuS 2005 1057m.w.N. Dazu: Esser 378 ff. Dazu Esser 529 ff.; Gaede 761 ff. Zur Bindung der EU durch Art. 6 EUV vgl. Rn. 102; von Interesse sind die Minimalanforderungen an ein rechtsstaatliches Strafverfahren aus den Foren der 3. Säule der EU. Z.B. AK/Kühne 23; KKIBoujong 11; MeyerGoßner 7; SKJRogall 32; Eb. Schmidt 8; Schlüchter 88.2; Erbs aaO; eingehend Hilland 29 ff. Nach anderer Meinung wohl nur als Quälerei (z.B. KKJBoujong 11; SKJRogall 32). Wobei es auf die Voraussetzungen des § 13 StGB nicht ankommt.
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Hilland 95; vgl. auch AK/Kühne 24; MeyerGoßner 7; SKJRogall 32; a.A. Groß/Geerds II 145. Die Frage ist wenig untersucht. Zum Letzteren SKJRogall 32; Eisenberg Beweisrecht 607; OLG Hamm StV 1999 360; unklar AK/Kühne 25, der offenbar das Vorenthalten von Suchtstoff selbst als Misshandlung ansieht; speziell zur Frage der Misshandlung durch bloßes Ausnutzen suchtbedingter Entzugserscheinungen: KMSJLesch 18; Joerden JuS 1993 929. Zur Diskussion um den Folterbegriff vgl. Saliger ZStW 116 (2004) 41 f. Zum Sachverhalt: Saliger ZStW 116 (2004) 38 f. Vgl. etwa: Hamm NJW 2003 946; Hecker KJ 2003 210; Jahn KritV 2004 24; Jerouscheckl Kölbel J Z 2003 613; Kinzig ZStW 115 (2003) 799 ff.; Merten JR 2003 404; Miehe NJW 2003 1219; Wittreck DÖV 2003 873.
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Folter nach der hier vertretenen Auffassung immer unzulässig i s t , " erübrigt sich eine Diskussion präventiv-polizeilicher Fragestellungen sowie der Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine „doppelfunktionelle Maßnahme" vorliegen könnte und welche Konsequenzen daraus allenfalls abzuleiten wären. 100 Drohen staatliche Organe mit Folter oder misshandeln sie eine Person mit dem Ziel, Informationen für ein Strafverfahren zu gewinnen, so verstoßen sie gegen § 136a, 101 ius cogens sowie gegen internationale Vorgaben 102 (und machen sich strafbar). 103 24
3. Ermüdung. Nach dem Zweck des § 136a ist darunter ein Zustand zu verstehen, in dem die Willenskraft ohne Anwendung irgendwelcher Mittel infolge des Ruhebedürfnisses so abgesunken ist, dass die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung ernsthaft gefährdet ist. 104 Dieser Zustand kann auch vorliegen, wenn der Beschuldigte trotz ausreichender Bettruhe erkennbar keinen Schlaf gefunden hat. 1 0 5 Der vom Gesetz vorausgesetzte Grad der Ermüdung ist konkret oft schwer festzusetzen und zu ermitteln. 106 In Betracht kommen vor allem extreme Fälle wie Dauerverhöre 107 oder die Entgegennahme des Geständnisses eines Beschuldigten, der 30 Stunden keine Gelegenheit zum Schlafen hatte. 108 Ermüdende oder anstrengende Vernehmungen sind als solche weder unzulässig noch vermeidbar.109 Sie müssen jedoch abgebrochen werden, wenn die Ermüdung des Vernommenen so weit fortgeschritten ist, dass er zu freien Entschließungen nicht mehr fähig erscheint.110 Den Beschuldigten durch ermüdende Vernehmungen zu zermürben, ist unter allen Umständen verboten. Nächtliche Vernehmungen sind durch § 136a nicht unbedingt ausgeschlossen, falls sie sachlich gerechtfertigt sind und nicht Ermüdungszwecken dienen.111 Das ist etwa der Fall bei Vernehmungen oder Hauptver-
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Vgl. die in Fn. 98 genannten, sowie Jahn Strafrecht des Staatsnotstandes (2004), 514 m.w.N.; ders. JuS 2 0 0 5 1062; Borowsky, in: /. Meyer Charta der Grundrechte der EU (2005) Art. 4 Rn. 21 m. Hinweisen auf die EGMR-Rspr.; a.A.: Vize-Polizeipräsident Daschner, FAZ vom 2 2 . 2 . 2 0 0 3 , 61; Miehe NJW 2 0 0 3 1220; Brugger J Z 2 0 0 0 165 ff.: „Rettungsfolter" sei erlaubt. Zur möglichen Rechtfertigung (der Androhung) von „Rettungsfolter" auf der Grundlage von strafrechtlichen Notrechten: Saliger ZStW 116 (2004) 4 8 f. m.w.N.; vgl. ferner: Hilgendorf J Z 2 0 0 4 331 ff. Vgl. dazu etwa: Saliger ZStW 116 (2004) 42 ff. m.w.N. LG Frankfurt StV 2 0 0 3 325 m. Anm. Weigend StV 2 0 0 3 436; Hassemer FS Maihofer 183; Saliger ZStW 116 (2004) 49. Zum Folterverbot durch die UN-Antifolterkonvention und Art. 3 EMRK (s.o. Rn. 1) treten in jüngerer Zeit weitere europäische Vorgaben, dazu im Einzelnen: Borowsky, in: /. Meyer Charta der Grundrechte der EU (2005) Art. 4 Rn. 3 ff. NKJNeumann § 34 StGB 118; Kühl KT (2002) § 8 Rn. 174; Roxin AT I (1997) § 16 Rn. 85; Saliger ZStW 116 (2004) 63 ff.
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m.w.N., insbesondere zur Frage der Berücksichtigung besonderer Umstände auf der Schuldebene. Sachlich übereinstimmend z.B. KKIBoujong 12; Meyer-Goßner 8; KMR/Lesch 19; eingehend zum Ganzen H. W. Schmidt MDR 1962 358; Döhring 2 0 9 ff.; Hilland 31 ff.; Maisch StV 1990 319; vgl. auch Konrad Recht u. Psychiatrie 1995 2. Entgegen BGHSt 38 2 9 3 ; Pfeiffer 7, vgl. dazu ergänzend Rn. 24. Vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 15 in einem Einzelfall; KMR/Lesch 19. Walder 154. BGHSt 13 60, wo der BGH auch noch darauf abstellt, dass der Beschuldigte „an der Grenze des Schwachsinns" stand, „eine Neigung zu impulsiven Entgleisungen" hatte und „übermäßig stimmungslabil" war; vgl. a. Hanack J Z 1971 170. Meyer-Goßner 8; Eb. Schmidt 11; Erbs NJW 1951 387; Pauli D R Z 1950 4 6 2 ; vgl. auch KKJBoujong 12; kritisch Hilland 32. Vgl. H. W. Schmidt MDR 1962 358; KK/ Boujong 12; SK/Rogall 33; instruktiv Maisch StV 1990 3 2 0 m.w.N. BGHSt 1 376 = J Z 1952 86 mit Anm. Bader, BGHSt 38 2 9 4 ; KKJBoujong 12;
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Handlungen, die zur Besichtigung der Unfallstelle in Verkehrsstrafsachen zur Nachtzeit erforderlich sind. 1 1 2 Ansonsten bleiben nächtliche Vernehmungen grundsätzlich suspekt, weil sie den Verdacht begründen müssen, dass die Vernehmung dem Vernommenen „keine Ruhe" lassen soll, also zur Ausnutzung objektiver Ermüdung geschieht. 113 Das zeigt der Fall BGHSt 1 376, 1 1 4 der eine Frau betraf, die tagsüber wiederholt bis in die Abendstunden vernommen worden war, am nächsten Tag ebenfalls wiederholt verhört wurde, in den Abendstunden der Ausgrabung der Leiche ihres Kindes „beigewohnt" hatte und nun von einem Kriminalkommissar aus dem Schlaf geholt und von 2 bis etwa 4 Uhr nachts vernommen wurde. Es mag sein, dass die Bekundung des Kommissars zutraf, die Frau habe einen „frischen und keineswegs übermüdeten Eindruck gemacht"; aber das hindert die naheliegende Wahrscheinlichkeit nicht, dass hier zur Aufklärung von Widersprüchen bei einem Tötungsverbrechen „mit jeder nur möglichen Beschleunigung" 1 1 5 eine möglicherweise objektiv übermüdete Person vernommen wurde. Es erscheint mindestens bedenklich, dass der BGH das hingenommen hat. 1 1 6 Gleichgültig ist, ob der Vernehmende die Ermüdung zur Beeinflussung der Aussage absichtlich herbeigeführt oder ob er eine schon vorhandene Ermüdung ausgenutzt hat. 1 1 7 Ohne Bedeutung ist auch, ob der Vernehmende überhaupt erkannt hat, dass ein die Vernehmung unzulässig machender Ermüdungszustand gegeben war. Es kommt nur darauf an, dass der Beschuldigte tatsächlich erheblich ermüdet war, 1 1 8 weil dann die entscheidende Beeinträchtigung der Willensfreiheit vorliegt.
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Die nachträgliche Feststellung der Ermüdung ist nur aufgrund objektiver Anhaltspunkte möglich. Keine Billigung verdient jedoch die Auffassung, dabei könne regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Vernommene die Aussage verweigert hätte, falls er so ermüdet gewesen sei, dass er sich in seiner Willensfreiheit beeinträchtigt fühlte. 119 Denn gerade der Ermüdete wird nicht ohne weiteres den Weg zur Aussageverweigerung finden, falls er ihn aus anderen Gründen nicht ohnedies scheut. 1 2 0
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Auch in der Hauptverhandlung sind die rechtlichen Folgen einer die Willensfreiheit beeinträchtigenden Ermüdung des Angeklagten nach § 136a zu beurteilen. 121 Die gegen-
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Meyer-Goßner 8; SKIRogall 3 3 ; Eb. Schmidt 12; vgl. auch Siegert D R i Z 1 9 5 3 1 0 0 fordert eine Wiederholung am Tage; kritisch mit guten Gründen Hilland 38. 112
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Vgl. BGHSt 12 3 3 2 . Im entschiedenen Fall war es allerdings nicht nötig, die Verhandlung von 21 Uhr „bis gegen M o r g e n " fortzusetzen; ablehnend darum Hanack J Z 1 9 7 1 170. Vgl. a. K M R / L e s c h 19. Vgl. auch BGHSt 3 8 2 9 4 . BGHSt 1 3 7 6 .
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Kritisch oder ablehnend darum SKJRogall 3 5 ; Eb. Schmidt 12; Bader J Z 1 9 5 2 8 8 ; von Holstein M D R 1 9 5 2 3 4 1 ; Hilland 38 ff.
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BGHSt 1 3 7 9 = J Z 1 9 5 2 8 6 mit Anm. Bader-, BGHSt 12 3 3 2 ; 13 6 1 ; 3 8 2 9 3 (unklar); KK/Boujong 13; KMRJ Lesch 2 0 ; Meyer-Goßner 8; Eb. Schmidt 11 und N J W 1 9 6 2 6 6 5 ; Roxin § 2 5 , 2 0 ; Erb FS O t t o 8 7 5 ; Niese J Z 1 9 5 5 2 2 0 ; Döhring 2 1 2 ; Hilland
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3 5 ; Ransiek 7 0 ; a.A. SKIRogall 3 3 ; Groß/ Geerds II 1 4 6 ; Erbs N J W 1 9 5 1 387, die nur die Herbeiführung oder die Verstärkung einer bereits vorhandenen Ermüdung für unzulässig halten. O L G Frankfurt VRS 3 6 ( 1 9 6 9 ) 3 6 6 ; AG Verden StV 1 9 8 7 5 2 7 ; KK/Boujong 13; Meyer-Goßner 8; Eb. Schmidt 12; H. W. Schmidt M D R 1 9 6 2 3 5 8 ; offenbar auch BGHSt 13 6 0 .
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So aber BGHSt 3 8 2 9 3 ; KKJBoujong 13; H. W. Schmidt M D R 1 9 6 2 3 5 9 ; LR/ M e y e r 2 3 ; wie hier AKJKühne 2 8 ; SKJRogall 3 4 ; Eisenberg Beweisrecht 6 4 6 .
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Vgl. auch Hilland 3 4 . B G H bei Dallinger M D R 1 9 5 3 5 9 8 ; wohl auch BGHSt 12 3 3 2 ; ebenso KMRJLesch 21, SKJRogall 3 6 ; Hilland 4 2 (der zu Recht darauf hinweist, dass der Frage bisher wenig Beachtung geschenkt worden ist); LR/ Sarstedt22 Anm. 4 b.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
teilige Auffassung von Meyer-Goßner 8, dass es insoweit nur um eine Frage der Verhandlungsunfähigkeit gehe, überzeugt nicht. Verhandlungsunfähigkeit und willensbeeinträchtigende Ermüdung sind nicht dasselbe (vgl. auch Rn. 32). Es ist nicht einzusehen und nicht zu rechtfertigen, vorhandene oder gar herbeigeführte Ermüdungen in der Hauptverhandlung anders zu behandeln als bei sonstigen Vernehmungen und für Ermüdungen während der Hauptverhandlung das unbedingte Verwertungsverbot des § 136a Abs. 3 auszuschließen. 28
4. Körperliche Eingriffe. Sie fallen regelmäßig bereits unter den Gesichtspunkt der Misshandlung (oben Rn. 22), der Verabreichung von Mitteln, etwa durch Injektionen (Rn. 29), oder der Quälerei (unten Rn. 37). Im Sinne des § 136a ist ein körperlicher Eingriff jede Maßnahme, die sich unmittelbar auf den Körper einer Person auswirkt, insbesondere die körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt. Untersagt sind aber auch völlig schmerzlose und folgenlose körperliche Eingriffe; anderenfalls hätte es ihrer Erwähnung im Gesetz nicht bedurft. Die Anwendung des Polygrafen (Lügendetektor), der ein bloßes Messgerät ist, stellt keinen körperlichen Eingriff, sondern eine umstrittene Methode eigener Art dar (unten Rn. 64). Gleiches gilt für die fragwürdige Methode der Phallometrie (Aufzeichnung der Penisreaktion), die bei § 81a behandelt wird.
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5. Verabreichung von Mitteln. Hierunter fällt jede Einführung von festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffen in den menschlichen Körper. Gleichgültig ist, ob die Mittel eingenommen, ob sie Speisen oder Getränken beigefügt, ob sie eingeatmet, eingespritzt, in den Körper eingerieben oder in Körperöffnungen eingeführt werden. 122 In Betracht kommen namentlich berauschende, betäubende, hemmungslösende oder einschläfernde Mittel, aber auch Weckmittel. Dabei ist zu beachten, dass die Verabreichung von Mitteln nicht schlechthin, sondern nur dann verboten ist, wenn sie die Willensfreiheit beeinträchtigende Auswirkungen auf den körperlichen oder geistigen Zustand der zu vernehmenden Person hat. Das ist allein durch Verabreichung von Tabak, auch im Rahmen einer anstrengenden Vernehmung, bei einem gesunden Menschen nicht der Fall; 123 die Ausnutzung der Nikotinsucht kommt daher nur in anderer Form, nämlich unter dem Gesichtspunkt der Quälerei in Betracht (unten Rn. 33, 37).
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Berauschendes Mittel ist auch der Alkohol. Ob bzw. welche Auswirkungen er auf den psychischen Zustand eines Vernommenen hat, kommt auf den Einzelfall an. Seine Verabreichung sollte vermieden werden, ist aber nicht ausnahmslos unzulässig.124 Zu den hemmungslösenden, betäubenden und einschläfernden Wirkstoffen gehören etwa Thiopental, Methohaxital, Scopolamin, Hexobarbital, Aminobarbital und andere Barbiturate. Derartige Mittel dürfen unter keinen Umständen verabreicht werden. Nach fast allgemeiner Ansicht ist es insbesondere untersagt, sie als „Wahrheitsserum" oder „Plauderdroge" zur Gewinnung wahrheitsgemäßer Aussagen zu benutzen. Denn eine solche Narkoanalyse, bei der durch die Beibringung hemmungslösender Mittel eine erhöhte Bereitschaft erzielt wird, sich mitzuteilen, setzt eine nach § 136a verbotene Aufhebung der Kraft zur gelenk-
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Unklar oder anders jedoch BGHSt 5 2 9 0 ;
frage unter Strafrichtern bei Drogenabhängigen für ein im Einzelfall unerlaubtes Mittel.
1 9 5 1 3 8 7 und die ganz h . M . Eingehend zum Ganzen Hilland 6 7 ff.
KKJBoujong 15; Schlücbter 89; Roxin § 25, 2 1 ; UUMeyer13 19; auch Hilland 8 9 hält die
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UUMeyer23 2 0 ; wohl auch SKJRogall 3 9 ; anders Siegert D R i Z 1 9 5 3 99.
Verabreichung unter Hinweis auf eine Um-
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
ten Willensbetätigung voraus; 1 2 5 dadurch unterscheidet sie sich vom umstrittenen Fall des Einsatzes von Lügendetektors. Untersagt ist auch die Verabreichung von Weckmitteln 126 wie Benzedrin und Pervitin. Coffein ist zwar ebenfalls ein Weckmittel, gehört seiner Axt nach aber nicht zu den Stoffen, deren Verabreichung ausnahmslos verboten ist. Es ist durchaus zulässig, den Beschuldigten bei der Vernehmung eine Tasse Kaffee oder auch mehrere trinken zu lassen. Auch andere Mittel, die nur der Stärkung oder Erfrischung dienen, fallen nicht unter das Verbot des § 136a Abs. I , 1 2 7 ebensowenig Medikamente und Injektionen, die unter dem Gesichtspunkt einer medizinischen Therapie den krankhaften Zustand der zu vernehmenden Person bekämpfen sollen, etwa Kopfschmerztabletten oder Spritzen gegen Herz- und Kreislaufschwäche. Die Vernehmung ist aber unzulässig, wenn als Nebenwirkung eine Veränderung des körperlichen oder geistigen Zustandes eintritt, die die Willensentschließung und -betätigung ernsthaft beeinträchtigt. Im Übrigen ist bei Vernehmungen, die nur unter Anwendung derartiger Mittel möglich sind, grundsätzlich Vorsicht geboten; sie sollten im Zweifel unterbleiben oder nur unter Zuziehung eines Arztes erfolgen.
31
Das Vernehmungsverbot setzt auch hier lediglich voraus, dass durch die Verabreichung der Mittel eine Beeinträchtigung der Willensfreiheit eintritt. Ob sie vom Vernehmenden bezweckt oder auch nur erkannt worden ist, spielt, wie bei der Ermüdung (Rn. 24), keine Rolle. 1 2 8 § 136a greift bei der Verabreichung von Mitteln jedoch nicht nur ein, wenn der Vernehmende oder (vgl. Rn. 6, 8) in seinem Auftrag ein anderer sie verabreicht, sondern auch, wenn der Vernommene sie selbst eingenommen hat: Auch wer sich durch Alkohol selbst in den Zustand der Trunkenheit versetzt, darf nicht vernommen werden. 129 Entsprechendes gilt bei Einnahme von Rauschgiften im engeren Sinne. 130
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Umstritten ist in diesem Zusammenhang jedoch, wann die Vernehmung Angetrunkener oder Süchtiger gegen § 136a verstößt. Eine verbreitete Meinung bejaht das nur, wenn die Verhandlungsfähigkeit ausgeschlossen ist. 131 Zwar mögen für diese Meinung Gesichtspunkte der Praktikabilität sowie der Umstand sprechen, dass der Vernommene seinen Zustand regelmäßig selbst herbeigeführt hat, also keine „Verabreichung" vor-
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OLG Hamm D R Z 1950 212; KK/Boujong 17; Meyer-Goßner 10; SK/Rogall 3 8 ; Roxin § 2 5 , 2 1 ; Eisenberg Beweisrecht 6 4 9 ; Erbs N J W 1 9 5 1 3 8 7 ; Less D R Z 1 9 5 0 3 2 2 ; Niese Z S t W 6 3 ( 1 9 5 1 ) 1 9 9 ff.; Radbruch FS Sauer 1 2 3 ; Eb. Schmidt/Schneider SJZ 1 9 4 9 4 4 9 ; Schönke D R Z 1 9 5 0 145; eingehend Hilland 6 9 ff.; Delakuras 1 8 8 ff.; a.A. Sauer J R 1 9 4 9 5 0 0 ; Siegert D R i Z 1 9 5 3 9 9 ; Schaumattn FS Pfenninger 139 ff. will die N a r k o analyse wenigstens zur Persönlichkeitsforschung zulassen; hiergegen mit Recht Fittcke Z S t W 8 6 ( 1 9 7 4 ) 6 6 8 Fn. 4 0 . BGHSt 11 211. KKIBoujong 16; Meyer-Goßner 10; K M R / Lesch 2 4 ; SK/Rogall 3 8 ; Siegert a a O .
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O L G Köln StV 1 9 8 9 5 2 1 ; AG Verden StV 1 9 8 7 527.
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O L G Frankfurt VRS 3 6 ( 1 9 6 9 ) 3 6 6 ; O L G
Köln StV 1 9 8 9 5 2 0 ; A K / K ü h n e 3 3 ; K K / B o u jong 16; Meyer-Goßner 10; KMR/Lesc/? 2 2 ; Neuhaus N S t Z 1 9 9 7 3 1 2 ; a.A. LG Celle VRS 41 ( 1 9 7 1 ) 2 0 6 , das in solchen Fällen jedenfalls kein Verwertungsverbot für gegeben hält; a.A. auch SK/Rogall 4 0 ; Reitberger Kriminalistik 1 9 6 5 17; Kramer Kriminalistik 1991 3 1 1 ; Pluisch N Z V 1 9 9 4 5 2 ; offengelassen von B G H bei Daliinger M D R 1 9 7 0 14. 130
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LG Mannheim N J W 1 9 7 7 3 4 6 ; LG Marburg StV 1 9 9 3 2 3 8 . Vgl. auch bei Fn. 136. O L G Köln StV 1 9 8 9 5 2 1 m.w.N.; LG Münster StV 1 9 8 1 613; KXJBoujong 16 (die aber beim Drogenkonsum anders entscheiden); Meyer-Goßner 10; SKJRogall 4 0 ; Eb. Schmidt N J W 1 9 6 2 6 6 6 ; Dallinger M D R 1 9 7 0 14 Fn. 7; Dencker JuS 1 9 8 0 2 1 0 ; L R / M e y e r 2 3 2 2 ; eingehend und kritisch Hilland 8 2 ff.
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liegt. 132 Aber das alles vermag die Einsicht nicht zu hindern, dass Alkohol- oder Rauschmittelgenuss die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung schon erheblich vor dem Stadium der Verhandlungsunfähigkeit beeinträchtigen kann. Und eben dies auszunutzen, verbietet § 136a (vgl. Rn. 25), so dass die Ausnutzung trotz des scheinbar einschränkenden Gesetzeswortlauts unzulässig ist. 133 Den Justizorganen ist in diesen Fällen auch durchaus zuzumuten, im Ermittlungsverfahren von der sofortigen Vernehmung abzusehen, zumal die für Trunkenheitsdelikte entscheidende Blutprobe ja dennoch entnommen werden kann (§ 81a). Wann aufgrund des Alkohol- oder Drogenkonsums eine relevante Beeinträchtigung vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Dass bei einem alkoholgewohnten Beschuldigten die Willensfreiheit bei 2 Promille Blutalkoholgehalt noch nicht ernsthaft beeinträchtigt ist, 134 wird man, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, wohl noch annehmen können. Als solche weiteren Umstände zu berücksichtigen sind insbesondere Schockzustände nach einem Verkehrsunfall sowie Ermüdungen, die die Schwelle des § 136a für sich nicht erreichen. 135 Beim Süchtigen ergibt sich eine entsprechende Beeinträchtigung der Vernehmungsfähigkeit noch nicht aus der bloßen Abhängigkeit vom Rauschmittel, wohl aber aus den Wirkungen einer konkreten Intoxikation, etwa der Einnahme kurz vor der Vernehmung oder Festnahme, im Übrigen aber auch bei Leistungsausfällen aufgrund starker Entzugserscheinungen. 136 34
§ 136a verbietet nur die Verabreichung, nicht die Weigerung, dem Beschuldigten Mittel zu geben. Das Vorenthalten von Zigaretten ist daher insoweit nicht verboten, 1 3 7 kann aber, falls es ohne Grund geschieht und der Beschuldigte ein starker Raucher ist, als Quälerei zu werten sein, 138 wenn auch nur unter besonderen Voraussetzungen, wie etwa beim Versprechen, nach abgelegtem Geständnis Zigaretten zu geben. Entsprechendes gilt für das Vorenthalten sonstiger Mittel. Handelt es sich um Mittel, die der Vernommene aus gesundheitlichen Gründen benötigt (Verletzung, Krankheit), ist das Vorenthalten Quälerei oder ein der „Misshandlung" gleichzustellendes verbotenes Verhalten. Handelt es sich um ein Mittel, dessen Konsum illegal ist, so ist ein Arzt hinzuzuziehen, bevor die Entzugserscheinungen zur Quälerei werden.
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Auch die in der Hauptverhandlung bestehende oder eingetretene Beeinträchtigung der Willensfreiheit als Folge der Einnahme von Mitteln, insbesondere des übermäßigen Genusses von Alkohol, ist entgegen L R / M e y e r 2 3 nach § 136a zu beurteilen. Insoweit gilt das Gleiche wie bei der Ermüdung (oben Rn. 27). 132
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Vgl. nur Dencker JuS 1980 210 f., der darum auch den Vergleich zur Unverwertbarkeit einer nicht von den Strafverfolgungsbehörden hervorgerufenen Ermüdung (oben Rn. 25) für unberechtigt hält. Im Ergebnis ebenso AK/Kühne 31a; a.A. Erb FS Otto 875. - Es zeigt sich hier ein beträchtlicher, bislang noch selten reflektierter Wertungswiderspruch zwischen dem traditionellen Begriff der Verhandlungsfähigkeit und den durch $ 136a verbotenen Vernehmungsmethoden. So BGH bei Dallinger M D R 1970 14 = Blutalkohol 1970 404 mit Anm. Händel·, a.A. Hilland 87, der im Hinblick auf das „Höchstmaß an Konzentration", das die Vernehmung dem Beschuldigten abverlangt, die Grenze bei 1,3 %o ansetzt.
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Im Wesentlichen ebenso Dahs/Wimmer N J W 1960 2218; LG Mannheim NJW 1977 346 hält die Verwertung der Aussage eines Zeugen, der sich durch Rauschgiftkonsum im Zustand zumindest verminderter Willens· und Entscheidungsfreiheit befindet, für unzulässig; dem zustimmend Deckers StV 1986 140. Näher hierzu Täschner N J W 1984 641; NStZ 1993 322; Glatzel StV 1981 191; 1994 46; vgl. auch BGH NStZ 1984 179; Pluisch N Z V 1994 52. Vgl. BGHSt 5 290; KMSJLesch 24. YXJBoujong 18; Schlüchter 90; Erbs N J W 1951 387; Hilland 93. Vgl. aber auch Rn. 29 mit Fn. 123.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Die herrschende M e i n u n g hielt die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln bei Verdacht des Drogenschmuggels (Bsp. K o k a i n b ö m b c h e n im M a g e n ) nach M a ß g a b e des
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§ 8 1 a Abs. 1 S. 1 grundsätzlich für zulässig, solange die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gewahrt sei, zu der auch gehöre, dass ein N a c h t e i l für die Gesundheit des Beschuldigt e n 1 3 9 ausgeschlossen s e i . 1 4 0 D e m steht heute jedenfalls ein Urteil des E G M R entgegen, in dem ein Brechmitteleinsatz u.a. als „unmenschliche und erniedrigende B e h a n d l u n g " i.S.v. Art. 3 E M R K und als Verstoß gegen die - aus Art. 6 E M R K hergeleitete - Selbstbelastungsfreiheit eingestuft w i r d . 1 4 1 Diese Bewertung gründet der E G M R allerdings auf die U m s t ä n d e des Einzelfalls und verurteilt damit den Brechmitteleinsatz nicht per se als Verstoß gegen Art. 3 E M R K . 6 . Quälerei. Die Zufügung körperlicher Schmerzen fällt bereits unter den Begriff der Misshandlung (oben R n . 2 2 ) , kann freilich bei längerer D a u e r oder wiederholter Z u fügung zugleich Quälerei s e i n . 1 4 2 Die „ b l o ß e " Quälerei erfasst daher nur die, typischerweise länger andauernde oder sich wiederholende Verursachung oder Herbeiführung seelischer Schmerzen oder Leiden. D a r u n t e r fällt namentlich die längere Z e i t dauernde entwürdigende Behandlung durch schwere K r ä n k u n g e n , also etwa durch Beschimpfungen und fortgesetztes Anschreien, aber auch D u n k e l h a f t oder Erzeugung von Angst und H o f f n u n g s l o s i g k e i t . 1 4 3 I m m e r ist jedoch erforderlich, dass es sich um eine im R a h m e n der Vernehmung unangemessene Einwirkung handelt. Es k a n n daher unzulässig sein, den Beschuldigten auf die Leiden der O p f e r hinzuweisen. 1 4 4 Auch die Erörterung ekelerregender Sachverhalte verstößt nicht gegen § 1 3 6 a , wenn sie sich nicht vermeiden lässt, k a n n jedoch zur Quälerei werden, wenn mit ihrer Hilfe unnötigerweise ein seelischer D r u c k ausgeübt wird. Die als quälend empfundene Befragung von Z e u g e n , etwa zu den Einzelheiten eines Sexualdelikts oder zur sexuellen Vergangenheit eines Vergewaltigungso p f e r s , 1 4 5 ist dann kein unzulässiges Mittel, wenn sie prozessual geboten i s t 1 4 6 und die nötige F o r m wahrt; ansonsten k a n n sie zur Quälerei werden. Wiederholte nächtliche Vernehmungen, die ebensogut am Tag hätten stattfinden k ö n n e n , sprechen regelmäßig für Q u ä l e r e i . 1 4 7 Die Vorenthaltung von Genussmitteln, insbesondere die Ausnutzung der
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Grundsätzlich kritisch aus medizinischer Sicht wegen Nebenwirkungen: Dettmeyer u.a. Medizinrecht 2 0 0 0 316 ff.; zu Durchführungsmängeln: Bachmann u.a. Kriminalistik 2 0 0 4 681 f. Vgl. BVerfG StV 2 0 0 0 1; KG Berlin NStZRR 2001 2 0 4 = KG J R 2001 162 m. abl. Anm. Hackethal·, OLG Bremen NStZ 2 0 0 0 270; KKJSenge § 81a 14; K M R / L e s c h 25; Pfeiffer 7; Eisenberg Beweisrecht 1638; Verrel 220 ff.; Rogall NStZ 1998 66; Schaefer NJW 1997 2437.; a.A. OLG Frankfurt a.M. StV 1996 651; Dalimeyer StV 1997 606; Rüping3 Rn. 266; vgl. a. Binder/Seemann NStZ 2 0 0 2 2 3 4 ff.; differenzierend: Hackethal Der Einsatz von Votivmitteln zur Beweissicherung im Strafverfahren (2005) 132 ff., 147 ff. EGMR Urt. v. 11.7.2006 (no. 75) StV 2 0 0 6 617 m. Anm. Schumann StV 2 0 0 6 661; allerdings hat der EGMR offen gelassen, ob
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jeder Verstoß gegen Art. 3 EMRK auch einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK begründe; vgl. a. Eidam 123 ff.; Schuhr NJW 2 0 0 6 3538. Zur Überschneidung und Abgrenzung der beiden Alternativen s. Rn. 22; vgl. auch Rn. 19. Erbs NJW 1951 387; KKIBoujong 18; Meyer-Goßner 11; SK/Rogall 42. BGHSt 1 387; KKIBoujong 18; Erbs NJW 1951 387; vgl. auch Peters § 41 II 3; kritisch Ransiek 13. Nach BGH bei Meyer-Goßner 11 dürfen dem Beschuldigten Lichtbilder der Opfer gezeigt werden. Dazu Helmken StV 1983 81. Vgl. § 68a Abs. 1, § 2 4 4 Abs. 2. KKIBoujong 18; strenger LRIMeyer 2 3 25: „sind als Quälerei anzusehen"; vgl. auch von Holstein MDR 1952 341 und im Übrigen oben Rn. 24.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Nikotinsucht, kann ebenfalls eine Quälerei bedeuten (oben Rn. 33). In besonderen Fällen wird auch die Verweigerung der Kontaktaufnahme mit Angehörigen (vgl. § 114b) Quälerei sein können. 1 4 8 38
Auch bei geringer Zeitdauer der Einwirkung kann im Einzelfall Quälerei vorliegen. 149 Die Frage, ob oder wann die Missachtung der besonderen seelischen Schmerzempfindlichkeit des Beschuldigten eine Quälerei darstellt, ist sehr umstritten. Der Streit hat sich namentlich an einer Entscheidung des BGH entzündet, die den Fall betraf, dass einem Beschuldigten, der verdächtigt wurde, sein „besonders geliebtes" Kind („sein Ein und Alles") getötet zu haben, trotz seiner flehentlichen Bitten wiederholt gedroht worden war, er werde zur Leiche des Kindes geführt, wenn er nicht weitere Einzelheiten der Tatbegehung angebe, und der, als er dann tatsächlich zu der Leiche gebracht wurde, dort „schreiend zusammenbrach" und ein (weiteres) Geständnis ablegte. 1 5 0 Der BGH hat einen Verstoß gegen § 136a in der Form der Quälerei bejaht, weil der Beschuldigte „verfahrensrechtlich Anspruch darauf (habe), dass seine besondere seelische Schmerzempfindlichkeit während der Aufklärung der Tat ... nicht missachtet" werde. 151 Das ist im Ergebnis richtig, weil der Beschuldigte durch Ausnutzung dieser Schmerzempfindlichkeit zu einer Aussage gebracht wurde, die er (wenn auch mit Hinweis auf Erinnerungslücken) von sich aus nicht machen wollte. In derartiger Weise die Entschließungsfreiheit des Beschuldigten zu brechen, ist den Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich nicht gestattet und darum bei hinreichender Stärke des Drucks und der Schmerzempfindlichkeit Quälerei. 1 5 2 Insofern enthält das Urteil des BGH, entgegen verbreiteter Tendenzen im Schrifttum, in seiner Kernaussage nicht nur die Entscheidung eines Falls mit Ausnahmecharakter; es erlaubt, wiederum entgegen verbreiteter Tendenzen, auch keine Relativierung dieser Kernaussage im Hinblick auf angebliche Notwendigkeiten oder Erfordernisse der Verbrechensaufklärung. Was für den Beschuldigten gilt, sollte eigentlich erst recht für den Zeugen richtig sein. Allerdings wird auf seine besondere seelische Schmerzempfindlichkeit nicht im gleichen Umfang Rücksicht genommen, wenn der Zeuge zur Verweigerung der Aussage nicht berechtigt ist. Da das Verbot der Quälerei als Ausprägung des Grundrechts der Menschenwürde (oben Rn. 3) auch für ihn besteht, unterliegt seine Pflicht, zur Sachaufklärung beizutragen, insoweit ebenfalls Grenzen. Die Einzelheiten erscheinen aber ungeklärt.
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Hilland 95 ff. Zust. KK/Boujong 18; Eb. Schmidt 8; Erbs N J W 1951 387; LR/Meyer23 26; wohl zu Recht kritisch Hilland 103, der auf die Intention des Vernehmenden abstellt. BGHSt 15 187 = LM Nr. 12 zu § 136a mit Anm. Martin-, näher zu der Entscheidung Händel und Rottberg Strafrechtspflege und Strafrechtsreform (Bundeskriminalamt 1961) 221 und 241; Wentzky Kriminalistik 1964 2 4 0 ; Hanack J Z 1971 170; Hilland 97 ff. Dem zustimmend z.B. KK/Boujong 18; Eb. Schmidt Nachtr. I 6 („klassisches Beispiel" für Quälerei); Döhring 216; Joerden
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JuS 1993 929. Skeptisch, ablehnend oder doch auf die besonderen Umstände abstellend z.B. Meyer-Goßner 11; SYJRogall 43; LR/Sarstedt12 4e; UUMeyer23 26; G. Schäfer 269. Wenn nicht gar die Ausübung verbotenen Zwangs i.S. von § 136a, da eine Pflicht des Beschuldigten zur „Anerkennung" der Leiche i.S. des § 88 Satz 2, die anderen Notwendigkeiten dient, hier ausschied. Aus § 88 Satz 2 den Umkehrschluss zu ziehen, dass die besondere seelische Schmerzempfindlichkeit unbeachtlich sei, verbietet sich; näher AK/Maiwald § 88, 5; vgl. auch KYJKühne 36; a.A. aber wohl Schlüchter 90.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
7. Täuschung a) Allgemeines. Das wohl schwierigste Merkmal des § 136a ist das der Täuschung. 3 9 Dies dürfte zum einen daran liegen, dass die Täuschung zwar rechtsstaatlich bedenklich erscheint, aber nicht ohne weiteres die Menschenwürde verletzt.153 Es dürfte zum anderen darauf beruhen, dass ein gewisses Maß an Verschleierung oder unterlassener Offenlegung („im Dunkeln tappen lassen") traditionell als zulässiger Teil einer strafrechtlichen Vernehmung angesehen wird. 154 Es besteht deshalb weitgehende Einigkeit, dass das Merkmal restriktiv auszulegen sei, 155 weil nur eine „vorsichtig einschränkende Auslegung hier Ergebnisse vermeidet, die die Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsbehörden lahmlegt" (Eb. Schmidt). Die Frage aber, nach welchen Kriterien und in welchem Maß eine solche Einschränkung zu erfolgen hat, ist bis heute offen und umstritten. Die früher verbreitete Unterscheidung zwischen groben Lügen und feineren Listen, die sich ohnedies nicht vermeiden ließen,156 führt nicht weit und ist schon deswegen fragwürdig, weil gerade die feineren Methoden der Täuschung im Einzelfall auf die Willensfreiheit besonders nachhaltig wirken können. 157 Aber auch der viel benutzte Begriff der List selbst bleibt unscharf und problematisch.158 Hilfreich ist es vielmehr, zur Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen, Vorhalten u.ä. einerseits auf den Zweck der Vernehmung, nämlich das Gewähren des rechtlichen Gehörs (§ 136, 57) und andererseits auf den Zweck des § 136a abzustellen, Vernehmungsmethoden zu verbieten, welche die Freiheit der Willensentschließung oder Willensbetätigung im Kern beeinträchtigen. 159 Die beschuldigte Person soll durch die Art und Weise der Vernehmung Gelegenheit erhalten, sich zu dem ihr tatsächlich vorgeworfenen Verhalten und den verdachtsbegründenden Sachverhaltsmomenten zu äußern und ihre Freiheit, das Ob und Wie ihrer Aussage zu bestimmen, darf nicht durch Täuschungen verletzt werden, indem sie zu Äußerungen veranlasst wird, die er zwar freiwillig, aber aufgrund falscher Vorstellungen abgibt. 160
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Otto GA 1970 2 9 0 ; Lindner 4 3 m.w.N.; Kühne Strafprozessuale Beweisverbote 129; vgl. auch Puppe 289, die im Übrigen meint, dass die Täuschung das einzige Merkmal des § 136a sei, das nicht unter § 343 StGB falle (was Rüping J R 1974 137 kritisiert). So auch UUHanackls 33. Eb. Schmidt 13; YXJBoujong 19; MeyerGoßner 12; Pfeiffer 8; SK/Rogall 45; Beulke 135; Roxin § 25, 23; Baumann GA 1959 34; Daliinger SJZ 1950 734; Erbs NJW 1951 388; Otto GA 1970 2 9 4 ; Puppe 2 8 8 ; kritisch gegenüber diesen Einschränkungsbemühungen Eisenberg Beweisrecht 655; Hilland 106 ff.; Lindner 2 9 ff.; weitgehend a.A. AK/Gundlach 41; KMR/Lescfc 30; Ransiek 68; Degener GA 1992 4 6 4 . Eb. Schmidt 13; Siegert DRiZ 1953 98; Buchert Kriminalistik 1972 41; LR/Sarstedt22 4 f.; vgl. auch Dahle Kriminalistik 1990 431; Schroth JuS 1998 971. Auch Eb. Schmidt Nachtr. I 10 ist später
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von dieser Differenzierung abgerückt; gegen sie z.B. auch SK/Rogall 45; Eisenberg Beweisrecht 655; Beulke StV 1990 182; Degener GA 1992 447, 4 6 4 ; Lindner 18; Otto GA 1970 96; Puppe 2 9 0 ; Ransiek 67 ff.; Rieß JA 1980 2 9 6 ; Walder 160. Puppe 2 8 9 ; Hilland 108; ferner die in Fn. 157 Genannten. Ähnlich SK/Rogall 46, 53; Otto GA 1970 2 9 9 ; Puppe 2 9 7 (die dann S. 305 aber zu dem Schluss kommt, dass § 136a den Schutz vor Geständniserschleichung gar nicht übernehmen könne, diese These aber in NStZ 1986 4 0 5 relativiert hat; kritisch zu Puppe Wolfslast NStZ 1987 104); Lindner 61, 69, der vor allem auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf ein faires Verfahren abstellt; vgl. auch BGHSt 35 329; Peters § 41 II 3; Roxin § 25, 23; Schlüchter 96; a.A. Günther StV 1988 4 2 2 ; wohl auch KYJKühne 41. OLG Köln GA 1973 119.
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§ 136a
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b) Möglicher Gegenstand der Täuschung. Falsche Vorstellungen in dem umschriebenen Sinne können sich auf Rechtsfragen, auf Tatsachen jeder Art, aber auch auf die Absichten des Vernehmenden beziehen. Eine unzulässige Täuschung über Rechtsfragen liegt z.B. vor, wenn dem Beschuldigten vorgespiegelt wird, er führe nur ein unverbindliches Privatgespräch, 161 er werde lediglich als Zeuge vernommen, er sei zur Aussage verpflichtet, 162 er müsse die Wahrheit sagen (vgl. § 136, 63 ff.), die ihm vorgeworfene Tat könne allenfalls mit einer Geldstrafe geahndet werden (unten Rn. 50), sein Schweigen könne als Beweis seiner Schuld gelten, 163 ein Geständnis werde unter allen Umständen strafmildernd berücksichtigt, die Strafvereitelung in Bezug auf einen nahen Angehörigen sei strafbar. Eine unzulässige Täuschung über Tatsachen liegt vor, wenn sie sich auf das Ob und Wie der Aussage auswirken kann, z.B. durch die unwahre Behauptung, der Mittäter habe bereits gestanden, 164 mehrere Belastungszeugen hätten ausgesagt, das Überführungsmaterial sei gefunden worden, es lägen erdrückende Beweise vor, obwohl in Wahrheit kein dringender Tatverdacht bestand. 165 Eine unzulässige Täuschung über Absichten des Vernehmenden ist gegeben, wenn er den falschen Eindruck erweckt, er werde die Aussage in bestimmter Weise behandeln, z.B. daraus keine für den Beschuldigten nachteiligen Folgen ziehen. 166 Nicht verboten ist es dem Vernehmenden jedoch, dem Beschuldigten gegenüber freundlich aufzutreten, 167 obwohl er mit dem Beschuldigten meist etwas durchaus Unerfreuliches vorhat: Er will ihn zur Angabe von Tatsachen veranlassen, von denen er in der Regel annimmt oder annehmen muss, dass ihr Bekanntwerden für den Beschuldigten unangenehme Folgen hat. Ferner kann Gegenstand der Täuschung die behördliche Funktion derjenigen Person sein, welche die Informationen generiert. Das ist etwa der Fall, wenn sich die Behörden der Mitwirkung von Spitzeln und sonstiger Privatpersonen bedienen. 168
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c) Absichtliche Täuschungen. Das Verbot der Täuschung in § 136a Abs. 1 soll nach tradierter Meinung nicht jede „kriminalistische List" bei Vernehmungen verbieten. 169 Die Vorschrift schließt jedoch jedenfalls eine „List" aus, die darin besteht, den Beschuldigten oder Zeugen anzulügen. Falsche Angaben über Rechtsfragen und das bewusste Vorspiegeln oder Entstellen von Tatsachen sind daher nach herrschender Meinung zu
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SYJRogall 51; Lindner 90; Fall AG Delmenhorst StV 1991 2 5 4 . OLG Oldenburg NJW 1967 1098; allg. M., z.B. Eisenberg Beweisrecht 658; Otto GA 1970 301; Lindner 89; Eb. Schmidt NJW 1968 1217. Wessels JuS 1966 171. LG Freiburg StV 2 0 0 4 647. BGHSt 35 328 m. Anm. Bloy JR 1990 164 sowie Anm. Fezer J Z 1 9 8 9 3 4 7 ; OLG Frankfurt StV 1998 119; im Einzelnen zur Täuschung über die Beweislage: Bär M M R 2 0 0 5 115; Kudlich JuS 2 0 0 4 1020 einerseits und Allgayer NStZ 2 0 0 6 603 andererseits. BGH bei Daliinger MDR 1974 17; vgl. auch AG München StV 1990 104 (Täuschung über Tragweite und Verwertbarkeit einer Aussage bei sprachunkundigem Ausländer). Hierher gehört wohl auch der umstrittene
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Fall des LG Verden MDR 1975 9 5 0 (provoziertes „Privatgespräch" nach Abschluss der Vernehmung, das ein anderer Beamter mithört); insoweit a.A. Walder 189; Hilland 114; Reitberger Kriminalistik 1968 353; wohl auch Meyer-Goßner 16; im Ergebnis wie hier SK/Rogall 21; Döhring 2 0 5 ; Eisenberg Beweisrecht 658. BGH N J W 1953 1114; dazu Puppe 2 9 8 Fn. 36; ähnlich KK/Boujong 2 0 ; SK/Rogall 54; a.A. Ransiek 68. Vgl. BGHSt 4 4 129 m. krit. Anm. Hanack J R 1 9 9 9 3 4 8 ; Eisenberg Beweisrecht 659. Vgl. nur BGHSt 31 3 9 9 ; 35 329 (= JR 1990 164 mit Anm. Bloy = J Z 1989 3 4 7 mit Anm. Fezer)·, 37 52; h.M., z.B. KK/Boujong 19; Meyer-Goßner 15; Roxin § 25, 2 3 ; Schlüchter 95.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Recht ausnahmslos untersagt. 1 7 0 Das gilt auch für die absichtliche konkludente Täuschung durch nichtverbales Verhalten, z.B. wenn der Vernehmende absichtlich eine Pistole gleichen Fabrikats so auf den Schreibtisch platziert, dass der Beschuldigte daraus den Schluss ziehen muss, es handele sich um die zur Überführung geeignete Tatwaffe. 1 7 1 Dabei ist auch nicht zwischen groben Lügen und feineren „Überlistungen" zu unterscheiden (Rn. 39). Bei geringfügigen Verdrehungen der Wahrheit kann nur zweifelhaft sein, ob sie die Willensfreiheit des Beschuldigten überhaupt beeinträchtigen; das richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. 1 7 2 Bei beabsichtigten Täuschungen ist auch nicht nach der Stellung des Vernehmenden zu unterscheiden. Die Annahme, zwar sei dem Gericht jede Täuschung verboten, nicht aber der Polizei oder der Staatsanwaltschaft, widerspricht dem Gesetz und der rechtsstaatlichen Einbindung der verschiedenen Strafverfolgungsorgane in das Verfahren. 1 7 3 Soweit „List" nicht im (nur ausnahmsweise) zulässigen Verschweigen von Tatsachen besteht (Rn. 4 3 ) , kann sie daher nur darin liegen, dass der Vernehmende Fragen stellt, deren Hintergrund der Beschuldigte nicht durchschaut oder verkennt, selbst wenn ihn das Verkennen zu falschen Folgerungen führt (vgl. auch unten Rn. 47). Dazu gehört aber jedenfalls nicht, dass der Vernehmende bewusst doppeldeutige Erklärungen a b g i b t 1 7 4 oder in einer Weise fragt, die den Beschuldigten „bei geringer Aufmerksamkeit und Intelligenz" zu falschen Schlussfolgerungen bringt. 1 7 5 Das Spekulieren mit solchen Methoden, insbesondere mit der unterschiedlichen Aufmerksamkeit oder Intelligenz des Vernommenen, bedeutet vielmehr grundsätzlich eine untersagte Täuschung, weil es darauf abzielt, seine intellektuellen oder sonstigen Schwächen gezielt zur Manipulation auszunutzen; es kann nicht sein, dass die erlaubte „List" von diesen Schwächen abhängt, also z.B. der Minderbegabte eher „überlistet" werden darf als andere. d) Verschweigen von Rechten und Tatsachen. Das Gesetz verpflichtet Gericht, Staatsanwaltschaft und Polizei zu vielfältigen Belehrungen von Beschuldigten und Zeugen über ihre allgemeinen und besonderen Rechte. Das Verschweigen dieser Rechte ist unzulässig. M a n wird jedoch das Unterlassen einer vorgeschriebenen Belehrung nicht regelmäßig als Fall der verbotenen Täuschung nach § 136a ansehen dürfen. 1 7 6 Denn das Gesetz bringt nicht zum Ausdruck, dass die Verletzung von Belehrungspflichten, die im Übrigen auch unterschiedliche Bedeutung haben, generell das strikte Verwertungsverbot des § 136a Abs. 3 nach sich ziehen soll. Die Entscheidung über die Folgen einer solchen Verletzung sind nach anderen Gesichtspunkten zu treffen (näher § 136, 7 7 ff.). Das muss selbst dann gelten, wenn sich nachweisen lässt, dass die Belehrung bewusst unterlassen worden ist. Anders ist die Sachlage jedoch dann, wenn dem Vernehmenden erkennbar ist, dass der
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BGHSt 37 53; OLG Köln MDR 1972 965; KK/Boujong 19; Meyer-Goßner 14 f.; SK/ Rogall 49; Peters § 41 II 3; Roxin § 25, 23; Schlüchter 95; Kleinknecht JZ 1953 534; Walder 160; eingehend und differenzierend Puppe 301 ff., 304, die Täuschungen ausnehmen will, die den Beschuldigten einer Lüge überführen. SYJRogall 49; Lindner 107; Erb FS Otto 876; anders aber SK/Rogall 55 und Peters § 41 II 3 beim Einsatz eines scheinbaren Polizeihundes zur Überführung (dazu und dagegen Puppe 290).
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Vgl. Beulke StV 1990 182; Erb FS Otto 875 f.; kritisch gegenüber jeder Form der „List" auch: LG Freiburg StV 2004 647 f. Heute ganz h.M.; vgl. schon Radbruch FS Sauer 126; Eb. Schmidt Nachtr. I 4; anders jedoch Siegert DRiZ 1953 100. A.A. Meyer-Goßner 15. So aber LR/Meyer 2 * 28 im Anschluss an Siegert aaO; Kube/Leineweber 173; dagegen Puppe 298; Lindner 105; vgl. auch Hilland 108. Vgl. BGHSt 31 399 f.
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Vernommene aufgrund der unterlassenen Belehrung an eine in Wahrheit nicht bestehende Aussagepflicht glaubt. Einen derartigen, von ihm erzeugten oder auch nur ausgenutzten Irrtum über das zentrale Recht eines Beschuldigten oder Zeugen darf ein Hoheitsträger nicht ausnutzen.177 Tut er es doch, so verstößt er gegen § 136a. 43
Fraglich ist, inwieweit der Vernehmende sein Wissen über Tatsachen verschweigen darf. Die Antwort hängt letztlich nicht von § 136a, sondern von dem Verständnis vom Zweck der ersten richterlichen Vernehmung und von § 136 Abs. 2 ab. Wenn man - wie hier (§ 136, 57) - davon ausgeht, dass die richterliche Vernehmung vor allem der Verteidigung dienen und rechtliches Gehör verschaffen soll, hat sie zunächst zum Ziel, den Vernommenen darüber zu unterrichten, welcher strafrechtliche Vorwurf gegen ihn erhoben wird, und auf welche Sachverhaltsmomente sich dieser im Wesentlichen stützt. Im Rahmen dieser Informationspflicht darf der Vernehmende nicht vorsätzlich bestimmte Tatsachen verschweigen, um den Vernommenen zu täuschen. 178 Vielmehr muss er den Vernommenen - unter Vorbehalt einer analogen Anwendung von § 147 Abs. 2 umfänglich informieren (vgl. § 136, 22). Das bedeutet also nicht, dass die Vernehmungsorgane zu Beginn der Vernehmung „alle Karten auf den Tisch legen" müssen,179 sie müssen etwa nicht von vornherein deutlich machen, in welchen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang sie Tatsachen zu stellen gedenken, nach denen sie fragen. Zur Aufklärung darüber, welche Beweise bereits vorliegen und welche Tatsachen schon ermittelt worden sind, sind Vernehmende (nur) im Rahmen des § 136 Abs. 2 verpflichtet (näher dort Rn. 56).
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Ob oder wann Befragungen von Beschuldigten und Zeugen in Form von „verdeckten Vernehmungen" und von „Hörfallen" (vgl. § 136, 66) Täuschungen sind, ist in mehrfacher Weise problematisch: 180 Nach der hier vertretenen Meinung handelt es sich bei diesen Befragungen um Vernehmungen, die daher grundsätzlich den Verboten des § 136a unterfallen können (oben Rn. 15). Aber „Täuschungen" können sie nicht sein, soweit das versteckte Vorgehen gesetzlich erlaubt ist, weil ein zulässigerweise181 erlaubtes Verhalten nicht mit § 136a in Widerspruch stehen kann. Hält man also mit der insbesondere von der Rechtsprechung vertretenen Meinung „heimliche Vernehmungen" durch Verdeckte Ermittler, verdeckt auftretende Polizeibeamte und V-Leute als solche für gestattet,182 liegt allein in der Verschleierung des amtlichen Charakters der Befragungen noch keine Täuschung; sie kommt vielmehr erst in Betracht, wenn über die Verschleierung hinaus mit spezifisch täuschenden Mitteln auf den Befragten eingewirkt wird. 183 Kritischer stellt
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BayObLG NJW 1979 2 6 2 5 ; OLG Oldenburg NJW 1967 1098; ebenso KKJBoujong 22; Meyer-Goßner 17; SKJRogall 51; Eb. Schmidt J R 1961 71; Walder 124; Gallandi NStZ 1991 119 für Fälle des § 55. Anders LRJHanack 2 S 37 und die noch h.M.: Erb FS Otto 876; SYJRogall 49; KKJBoujong 21; Meyer-Goßner 16; Hilland 116; vgl. a. BGHSt 37 53; 3 9 3 4 8 ; 4 0 70 ff.; krit. Dencker StV 1994 667; zur Kritik an der h.M. s. KMRJLesch 30; Lesch ZStW 111 (1999) 6 4 3 ff. . Zum Ganzen Lindner 111 ff. Vgl. OLG Köln MDR 1972 965; KKJBoujong 2 0 ; Eisenberg Beweisrecht 669; Eb. Schmidt Nachtr. 113. Vgl. auch § 136,17.
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Grundlegend zur Frage, ob täuschendes Staatshandeln zulässig ist: Köhler ZStW 107 (1995) 2 4 f.; Kahlo FS E.A. Wolff 185 ff. Zur Kritik an heimlichen Ermittlungsmethoden: Velten Befugnisse der Ermittlungsbehörden zu Information und Geheimhaltung (1995); dies., Transparenz staatlichen Handelns und Demokratie - Zur Zulässigkeit verdeckter Polizeiarbeit (1996). Dazu näher bei § 110c und bei § 163; vgl. auch § 136, 64 f. sowie BGH 3 StR 1 0 4 / 0 7 vom 26.7.2007, Rn. 14. Vgl. - im Ansatz folgerichtig - z.B. BGHSt 33 2 2 3 ; ferner etwa SYJRogall 21, 57; s. auch Fn. 184.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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sich die Situation nach dem hier vertretenen Standpunkt freilich dar, wenn und soweit man „heimliche Vernehmungen" ohne gesetzliche Grundlage für unzulässig hält; und kritischer stellt sie sich nach diesem Standpunkt ferner bei den Hörfallen einschließlich des Mithörens am Zweithörer ohne Ermächtigungsgrundlage d a r : 1 8 4 Einen Bürger in ein scheinbar persönliches oder telefonisches Privatgespräch zu verwickeln und ihn mit Hilfe dieses Gesprächs amtlich auszuhorchen, greift über ein zulässiges Verschweigen von Tatsachen (Rn. 4 3 ) und das erlaubte Unterhalten eines Irrtums (vgl. Rn. 4 6 ) weit hinaus. Es enthält eine Irreführung über die vorausgesetzte Privatheit des Gesprächs, und zwar durch positives Tun, nämlich das Hervorrufen der irrigen Annahme, ein vertrauliches Privatgespräch zu führen; 1 8 5 dass diese Irreführung (ohne gesetzliche Grundlage) im Rechtsstaat auch bei restriktiver Auslegung des Täuschungsbegriffs (Rn. 39) normativ wie faktisch gravierend ist, sollte nicht zweifelhaft sein, wie schon die Überlegung zeigt, dass sie als allgemeine oder gar vorrangige polizeiliche Ermittlungsmethode nicht akzeptabel wäre. Fraglich ist daher allein, ob mit der Täuschung auch die vom Gesetz verlangte Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit (Rn. 18 und 39) verbunden ist. Die herrschende Meinung verneint auch das, weil sich der Befragte dem „Privatgespräch" ja entziehen könne. 1 8 6 Aber zu bedenken bleibt, dass der beauftragte Spitzel in vielen Fällen oder sogar regelmäßig gerade das zu verhindern bemüht sein wird, so etwa durch den Abbau von Argwohn, durch Ausnutzen, Verstärken oder Bestätigen vorhandenen Vertrauens, durch Missbrauch eines Angehörigenverhältnisses, 187 durch Scheinberatung des Getäuschten in einer für ihn kritischen Lage, durch ergänzende konkrete Einzeltäuschungen aufgrund seines Hintergrundwissens. Der typischerweise gezielte Einsatz solcher Verunsicherungen wird von der herrschenden Meinung merkwürdig gering eingeschätzt; er dürfte aber nur zu oft so wirksam sein, dass eine Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit nicht zu bezweifeln ist. Generell bejaht wird diese Situation aufgrund der Gegebenheiten in Haft und Zelle auch von der herrschende Meinung beim eingeschleusten Spitzel in der Untersuchungshaft 1 8 8 sowie bei der Ausforschung durch einen Mithäftling,
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Hier sieht die Rspr. in der „Falle" selbst ebenfalls keine verbotene Täuschung, sondern nur in einer hinzukommenden spezifischen Täuschung oder in der Anwendung eines anderen durch § 136a verbotenen Mittels; so BGHSt 39 347; 40 72 und 216; BGH NStZ 1995 411; 1996 201 und 503; vgl. a. BVerfG NStZ 2000. 489. Die umstrittene Frage, ob Hörfallen nicht schon aus anderen Gründen unzulässig sind, ist an dieser Stelle nicht zu erörtern. Insoweit ebenso z.B. Klein 30; Roxin NStZ 1995 465; Eisenberg Beweisrecht 659; Lammer 167; vgl. auch Dencker StV 1994 673; Achenbach/Perschke StV 1994 580; Lagodny StV 1996 169; Weiler GA 1996 114; Wolter GA 1999 177 grundsätzlich a.A. die Rspr., vgl. nur BGHSt 39 348; 40 216; BGHGrS, NStZ 1996 503; ferner etwa Sternberg-Lieben Jura 1995 307. Besonders deutlich SK/Rogall 57 und NStZ 1987 851; Roxin JZ 1995 465; Sternberg-
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Lieben Jura 1995 308; vgl. auch BGHGrS NStZ 1996 503; Lammer 167 f.; Schumann JZ 1986 67; vgl. a.: Popp JA 1998 901. Vgl. LG Darmstadt StV 1990 104, das darum zu Recht eine Verwertung ablehnt; zust. Eisenberg Beweisrecht 638. BGHSt 34 362 (mit abl. Anm. Fezer JZ 1987 937, mit abl. Anm Grünwald StV 1987 470, m. abl. Anm. Neuhaus NJW 1990 1221, m. abl. Anm. Seebode JR 1988 427, m. abl. Anm. Wagner NStZ 1989 34) bejaht Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit, aber durch Zwang. Nach überwiegender Meinung liegt (auch) Täuschung vor; zu dem Komplex näher SK/Rogall 56; Kramer Jura 1988 520; Popp JA 1998 903 f.; H. Schneider NStZ 2001 8 ff. jeweils m.w.N. - Unverwertbar ist entgegen BGH NJW 1989 843 auch eine lediglich mit Kenntnis der Ermittlungsbehörden fortgesetzte Ausforschung; ebenso SK/Rogall 56, a.A. Pfeiffer 2.
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wenn eine nicht unerhebliche Beeinflussung der Willensfreiheit des Häftlings gezielt ausgenutzt wird. 1 8 9 45
Wird eine Vernehmung des Beschuldigten vom Opfer zum Zwecke der heimlichen Stimmenidentifizierung mitgehört, so liegt darin keine die Entschließungsfreiheit beeinträchtigende Täuschung. 1 9 0
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e) Ausnutzung eines Irrtums. Fraglich ist, ob § 136a nur eingreift, wenn der Vernehmende in Richtung auf die Erregung eines Irrtums ursächlich hinwirkt. Wenn der Vernommene - ohne Zutun der Vernehmungsbehörde - bei der Vernehmung erkennbar von irrigen Vorstellungen ausgeht, dann ist der Vernehmende zur Aufklärung des Beschuldigten über den Ermittlungsstand nur im Rahmen des § 136 Abs. 2 verpflichtet, und zwar insofern als die Vernehmung Gelegenheit geben muss, sich zu verteidigen. 1 9 1 Die Strafverfolgungsbehörden müssen in diesem Rahmen auch Fragen des Beschuldigten beantworten. 1 9 2 Die Frage, wo im Einzelnen die Grenze zwischen zulässiger Ausnutzung eines unabhängig vom Verhalten der Strafverfolgungsbehörden bestehenden Irrtums und unzulässiger Verteidigungsbeschränkung durch Täuschung durch Unterlassen liegt, wird in der jüngeren Diskussion kaum behandelt. 1 9 3 Fest steht jedenfalls, dass der Vernehmende einen Irrtum des Vernommenen nicht in sonstiger Weise bestärken, insbesondere den Irrtum nicht durch zusätzliche Erklärungen ausweiten oder vertiefen darf. 1 9 4
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O b die Grundsätze zur Ausnutzung eines Irrtums über Tatsachen auch für irrige Vorstellungen des Beschuldigten von der rechtlichen Bewertung der Tat gelten, ist wenig untersucht. Da die Vernehmung dem rechtlichen Gehör und der Verteidigung dient, müssen alle Strafverfolgungsorgane und der Richter ohnedies, den Beschuldigten auch darauf hinweisen, „welche Strafvorschriften in Betracht k o m m e n " . 1 9 5 Daraus ergibt sich für sie auch die Pflicht, grobe Fehlvorstellungen des Beschuldigten, die er ohnehin nicht erzeugen darf (unten Rn. 4 8 ) , richtigzustellen, also nicht durch Schweigen auszunutzen. Obwohl für Polizeibeamte eine entsprechende Hinweispflicht nicht ausdrücklich normiert ist (§ 136, 2), wird man aber auch bei ihnen annehmen müssen, dass sie verpflichtet sind, erkennbare Fehlvorstellungen über die rechtliche Einstufung der Tat, die der Aussagebereitschaft des Beschuldigten zugrunde liegen, in Frage zu stellen; 1 9 6 denn die heutigen Grundsätze rechtsstaatlichen Verfahrens begründen ein berechtigtes Vertrauen des Bürgers, auch von der Polizei nicht über die zentralen Grundlagen des rechtlichen Zusammenhangs seiner Vernehmung im Dunkeln gehalten zu werden.
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BGHSt 44 134 mit zust. Anm. Jahn JuS 2000 442; vgl. a. Hanack JR 1999 349; Esser JR 2004 100 f.; Roxin NStZ 1999 150. Vgl. BGHSt 40 66, dazu abl. Anm. Eisenberg NStZ 1994 597; Achenbach/Perschke StV 1994 577 und krit. Besprechung Odenthal NStZ 1995 579; Freund JuS 1995 304. Problematisch ist freilich der Beweiswert der Identifizierung (Odenthal) und umstritten ist, ob es sich nicht schon um einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt (dazu SKJRogall 58 mit Nachw.). Gar nicht zur Aufklärung verpflichtet: Meyer-Goßner 17; KK/Boujong 22; SYJRogall 50; Erb FS Otto 876; vgl. da-
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gegen: Eb. Schmidt NJW 1962 665; Popp JA 1998 901 f. Anders noch LR/Hanack 2 5 37. Vgl. aber Erb FS Otto 876. BGH StV 1988 421 (insoweit in BGHSt 34 63 nicht abgedruckt), hier verneint der BGH eine Vertiefung im konkreten Fall aber zu Unrecht (vgl. Günther StV 1988 421; Sieg MDR 1987 551; ebenso Meyer-Goßner 17; SK/Rogall 50); OLG Köln NJW 1972 965; Beulke StV 1990 182; Döhring 205; Erbs NJW 1951 388; Hilland 116; kritisch Deutsch 242. §§ 163a Abs. 3, 136 Abs. 1 Satz 1. A.A. Lindner 130.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Einen erkennbaren Irrtum über die Aussagefreiheit muss der Vernehmende stets beseitigen (oben Rn. 42).
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f) Unbeabsichtigte Täuschungen. Umstritten ist, ob auch die nicht vorsätzliche Täuschung, also das fahrlässige Erregen eines Irrtums, unter das Verbot des § 136a fällt. 197 Die höchstrichterliche Rechtsprechung verneint dies, 198 im Gegensatz zu einer in der Literatur verbreiteten Meinung. 199 Letztgenannter Ansicht ist zuzustimmen: Wenn der Vernehmende zumindest die Möglichkeit der Entstehung einer relevanten Fehlvorstellung bei der zu vernehmenden Person erkennen muss, fällt sein Verhalten unter § 136a. Dabei darf allerdings an vernehmende Polizeibeamte ein anderer Maßstab angelegt werden als an vernehmende Richter. Doch nur ein solcher Ansatz schützt die Aussagefreiheit effektiv. Die von Hanack in der Vorauflage vertretene Meinung, dass schon der Begriff der Täuschung ein finales, auf absichtliche Entstellung ausgerichtetes Moment enthalte, überzeugt nicht. Denn die Auslegung der Merkmale des § 136a muss sich zu allererst am Zweck der Norm, der Sicherung der Aussagefreiheit des Vernommenen, orientieren. Subjektive Momente des Vernehmenden können nur mittelbar Berücksichtigung finden. Für die Sicherung der Aussagefreiheit ist es unmaßgeblich, ob der Vernehmende absichtlich oder „fahrlässig" täuscht. Aus diesem Grunde greift auch das Argument nicht, der fahrlässig durch die staatlichen Organe verursachte Irrtum sei nicht in dem Maße mit dem Makel der Rechtsstaatswidrigkeit behaftet wie die gezielte Irreführung. 200 Unmaßgeblich ist auch, dass ein Irrtum, der auf Fahrlässigkeit beruht, oftmals nur schwer nachzuweisen ist. Auch die absichtliche Täuschung in einer Vernehmung ist in vielen Fällen nur schwer nachzuweisen. 201 Das dürfte der Grund dafür sein, dass sich die in diesem Zusammenhang herangezogene Rechtsprechung oftmals nicht direkt auf Täuschungen in Vernehmungen, sondern auf die Abgabe von Prozesserklärungen bezieht. 202
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Insgesamt sprechen die gewichtigeren Gründe (Vorbeugung vor Missbrauch; Sieherung der Willensfreiheit gegenüber nachlässigen Vernehmungspersonen) gegen eine restriktive Auslegung. Eine Täuschung ist deshalb grundsätzlich auch dann anzunehmen, wenn der Vernehmende in der Vernehmung vorwerfbar fahrlässig über Tatsachen täuscht. 2 0 3 Gleiches gilt, wenn er über einen rechtlichen Umstand täuscht: 2 0 4 Erklärt der
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Z u m Meinungsstand: KMR/Lescfc 1 8 ; Eisenberg Beweisrecht 6 6 3 ff.; Achenbach StV 1 9 8 9 516.
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BGHSt 31 3 9 9 f.; 3 7 , 5 2 ; Pfeiffer 8. Eb. Schmidt Nachtr. I 13; Grünwald N J W 1 9 6 0 1 9 4 2 ; ]ahn JuS 2 0 0 5 1 0 6 0 ; Kunert M D R 1 9 6 7 5 4 1 ; Lindner 9 8 und 191; Siegert D R i Z 1 9 5 3 101; Popp N S t Z 1 9 9 8 9 5 ; Puppe 2 9 5 f. und Eisenberg Beweisrecht 6 6 4 f. wollen nicht-vorsätzliche Irrtumserregung durch standardisierte Zeichen erfassen und Hilland 1 0 8 ff. jede objektive Täuschung, die einen vernünftigen Menschen zu einem bestimmten Vernehmungsverhalten veranlasst. Vgl. auch Ransiek 6 7 ff. sowie O L G Bremen J Z 1 9 5 5 6 8 0 (mit zust. Anm.
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Eb. Schmidt) und N J W 1 9 6 7 2 0 2 3 ; O L G Düsseldorf N J W 1 9 6 0 2 1 0 mit Anm. Feldmann und Mölders; O L G H a m m N J W 1 9 6 0 1967.
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UUHanack25 41. Vgl. Eisenberg Beweisrecht 6 6 5 . Z u diesem Argument L R / H a n a c k 2 5 41. A.A. (Erfordernis einer bewussten Täuschung) BGHSt 31 3 9 9 f.; 3 5 3 2 5 ; 3 7 5 3 ; B G H N S t Z 2 0 0 4 6 3 1 ; B G H StV 1 9 8 9 5 1 5 mit abl. Anm. Achenbach; O L G Oldenburg N J W 1 9 6 7 1 0 9 8 ; LG Verden M D R 1 9 7 5 9 5 0 (dazu oben Fn. 166); AK/Kühne 38; KKJBoujong 2 3 ; UUHanack15 4 1 ; MeyerGoßner 13; SYJRogall 4 8 ; Otto GA 1 9 7 0 299. Ebenso O L G Bremen N J W 1 9 6 7 2 0 2 2 ; Meyer-Goßner 13; L R / M e y e r 2 3 2 9 ; Knauth N J W 1 9 7 8 7 4 4 ; a.A. B G H StV 1 9 8 9 5 1 5 mit abl. Anm. Achenbach für eine falsche Wertung von Haftgründen; KKJBoujong 21; SYJRogall 4 8 . Vgl. auch Rn. 4 0 .
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§ 136a
Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Vernehmende dem Beschuldigten irrig, er könne die Tat ruhig gestehen, weil sie nach geltendem Recht nicht strafbar sei oder nur mit einer Geldbuße geahndet werde, muss das hierauf abgelegte Geständnis stets unverwertbar sein. Denn auf die Richtigkeit von Rechtsauskünften hat der Beschuldigte einen Anspruch. Es ist rechtsstaatlich nicht akzeptabel, Angaben, die der Beschuldigte aufgrund einer irreführenden Rechtsauskunft gemacht hat, zu seinem Nachteil zu berücksichtigen (vgl. auch oben Rn. 49). 2 0 5 Die Frage, ob der Vernehmende die Auskünfte aus Unkenntnis oder in böser Absicht gegeben hat, kann nicht entscheidend sein. 51
g) Vor einer Diskussion darüber, ob Suggestivfragen in einer Vernehmung als unzulässige Vernehmungsmethode qualifiziert werden müssen, sollte man sich vor Augen führen, dass der Begriff nicht eindeutig definiert ist und mit unterschiedlichen Bedeutungsgehalten verwendet wird. Versteht man unter einer Suggestivfragen die Frage, die eine bestimmte Antwort ohne Rücksicht auf ihre sachliche Richtigkeit fast zwingend nahe legt, 206 so erscheint eine früher vertretene Meinung bedenklich, die solche Fragen ohne weiteres insbesondere deswegen für zulässig hält, 2 0 7 weil sie die Willensentschließung oder -betätigung des Beschuldigten im Zweifel nicht beeinträchtigen könnten. 2 0 8 Richtigerweise wird man Suggestivfragen, die systemwidrig auf eine Überrumpelung Minderbegabter hinauslaufen, im Einzelfall als unzulässige Täuschung ansehen müssen 2 0 9 ebenso wie absichtlich verwirrende Fragen, die schon eine gezielte Irrtumserregung enthalten. 210 Angesichts der fehlenden Eindeutigkeit des Begriffs wird eine exakte Grenze von praktischem Wert hier zwar abstrakt kaum zu ziehen sein; nahe liegt es allerdings - im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Pflichten im Verfahren - die Grenze bei Beschuldigten anders als bei nicht zur Aussageverweigerung berechtigten Zeugen und bei Sachverständigen zu bestimmen. 211 Auch Antworten auf Fragen, die nicht eindeutig als verbotene Suggestivfrage zu qualifizieren sind, dürfte das Gericht wenig Beweiswert zuordnen.
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h) Heimliche Tonbandaufnahmen während einer Vernehmung, sind zur Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Vernommenen in aller Regel nicht geeignet. 212 Sie lassen sich daher, wenn überhaupt, nur als ein der Täuschung gleichzustellender Verstoß besonderer Art (vgl. Rn. 19) ansehen. Dies entspricht im Ergebnis der seit langem herrschenden Meinung, die schon vor Einführung des § 201 bzw. des § 298 a.F. StGB im Jahre 1967 überwiegend angenommen hat, dass es verboten sei, die Vernehmung des Beschuldigten oder Zeugen auf Tonband aufzunehmen, wenn ihm dies verschwiegen wird oder wenn ihm sogar zugesichert wurde, ein Tonband werde nicht laufen. 213 Die heute verbreitete 205 206 207
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Vgl. SK/Rogal! 48. Dazu: Hilland 122. UUMeyer23 32; Roesen NJW 1958 978; Hellwig 274 empfiehlt ihre Verwendung sogar ausdrücklich. Gegen ihre Zulassung Eb. Schmidt DRiZ 1960 427; Bedenken erhebt auch Reitberger Kriminalistik 1965 16; vgl. auch Peters § 41 II 3. Ähnlich Hilland 124; zust. Maisch StV 1990 318; weitergehend Degener GA 1992 464: immer verboten. Bei Kindern hält Geerds 168 Suggestivfragen mit Recht stets für unzulässig.
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Ähnlich SKJRogall 54; Eisenberg Beweisrecht 672; Maisch aaO m.w.N.; wohl auch AK/Kühne 42; KKJBoujong 2 0 für Fragen, die dem Beschuldigten eine angeblich entlastende Tatsache in den Mund legen. Hilland 123 ff. Siegert DRiZ 1955 103; eingehend Lindner 169, 177 und (zum Ganzen) Delakouras 245 ff. KK/Boujong 25; KMRJPaulus § 244, 572; Henkel JZ 1957 150; Kleinknecht NJW 1966 1541; Kohlhaas NJW 1957 84 und JR 1960 247; Nüse JR 1966 286; Eb. Schmidt JZ 1956 208; R. Schmitt JuS 1967 21;
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Ansicht, dass die Strafvorschrift des § 201 StGB, die auch für Verhörspersonen gilt, 214 diese Auffassung stütze, ist zwar naheliegend, aber für sich nicht zwingend, da das strafrechtliche Verbot alleine noch nichts über die prozessuale Konsequenz besagt. Wenn sich die Unzulässigkeit der Verwertung aber nur mit dem Gesichtspunkt der Menschenwürde begründen ließe (wie von LRJHanack 2 5 4 4 vertreten), könnte es - nach herrschender Grundrechtsdoktrin - keine Ausnahmen geben, welche die Verwertung heimlicher Tonbandaufnahmen zulassen, etwa zur Aufklärung schwerer Kriminalität oder um einen Straftäter (Geiselnehmer, Erpresser) zu identifizieren oder die Entlastung eines zu Unrecht Beschuldigten zu ermöglichen. 215 8. Hypnose. Ob oder wann die dem Gesetz zugrunde liegende Vorstellung zutrifft, jemand könne durch Hypnose zu Äußerungen gebracht werden, die ohne eine solche Behandlung unterblieben, kann hier offen bleiben. Eine solche Wirkung unterstellt, gleicht die Hypnose infolge der Ausschaltung oder Beeinträchtigung des Bewusstseins der Narkoanalyse. 216 Ihr Verbot ist, entsprechend dem Gesetzeswortlaut, absolut; 2 1 7 es gilt für alle Vernehmungen und für jeden Grad von Hypnose. Eine Ausnahme ist mit Peters § 41 II 3 lediglich zur Beseitigung posthypnotischer Hemmungen anzuerkennen, weil dies gerade der Wiederherstellung des freien Willens dienen soll. 218
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Wie schwer die Grenze zwischen zulässiger und unzulässiger Informationsgewinnung durch neuere psychologische Methoden zu ziehen ist, zeigt die Bewertung projektiver psychologischer Tests, die unter Umgehung des Bewusstseins der Testperson Informationen vermitteln sollen. 219 Sie sind keine Hypnose und dürften ihr auch nicht gleichzustellen sein. Fraglich ist gleichwohl, ob sie in Bezug auf den Beschuldigten als ungeschriebener Fall des § 136a anzusehen sind. 220 Denn auch wenn bei ihnen nicht unter Ausschaltung des Bewusstseins eine Auswertung von Ansichten und Empfindungen erfolgt, so ist sich der Proband doch nicht bewusst ist, welche Informationen er durch sein Tun und seine Äußerungen dem Untersuchenden verschafft. 221 Deshalb erscheint es
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Siegert D R i Z 1 9 5 3 102 und GA 1 9 5 7 2 6 5 ; im Ergebnis auch SK/Rogall 5 8 , der im Anschluss an Peters und mit Hilland 118 auf das Gesetzlichkeitsprinzip abstellt. Vgl. dazu MüKo/Gra/" § 2 0 1 , 16 StGB m.w.N. Vgl. dazu BVerfGE 3 4 2 4 9 = J Z 1 9 7 3 5 0 6 mit Anm. Arzt-, BVerfG N J W 2 0 0 2 3 6 2 4 ; K K / B o u j o n g 2 5 ; Rogall Z S t W 91 ( 1 9 7 9 ) 3 4 mit Nachw.; Kramer N J W 1 9 9 0 1 7 6 0 ; vgl. aber auch BGHSt 31 3 0 4 = J R 1 9 8 4 2 5 4 mit Anm. Amelung und BGHSt 3 4 3 9 = J R 1 9 8 7 212 mit Anm. Meyer zur Unverwertbarkeit einer heimlichen Tonbandaufnahme im Fall schwerer Kriminalität als Beweismittel gegen den Angeklagten außerhalb des § 100a; eingehend dazu Bottke Jura 1 9 8 7 3 5 6 ; weiterführend: BGH N J W 2 0 0 5 3 2 9 5 m. Bespr. Kolz N J W 2 0 0 5 3 2 4 8 (zu aufgezeichneten Selbstgesprächen des Beschuldigten im Krankenzimmer). Näher Hilland 1 2 9 f. AK1 Kühne 4 4 , 4 5 ; KYJBoujong 2 8 ; Meyer-
Goßner 19; SK/Rogall 5 9 ; eingehend Hilland 1 2 6 ff.; a.A. Leß D R i Z 1 9 5 0 3 2 2 und Fuchs Kriminalistik 1 9 8 3 2 , die sie beim Zeugen, Hellwig 218, 2 9 8 , der sie darüber hinaus beim Beschuldigten im Falle der Zustimmung für zulässig halten. Fuchs erklärt die gewonnene Aussage aber für gerichtlich nicht verwertbar. 218
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Ebenso AK/Kühne 4 7 ; SK/Rogall 5 9 ; Eisenberg Beweisrecht 6 7 9 ; ausdrücklich dagegen Meyer-Goßner 19; Hilland 131. Ausf. dazu: Groth 4 7 ff. Ebenso A K / K ü h n e 6 2 ff. (der aber auf ihren „äusserst zweifelhaften Beweiswert" hinweist); KKJBoujong 3 4 ; a.A. Grünwald Beweisrecht 74. Bedenken auch bei Eisenberg Beweisrecht 6 8 0 ; Eb. Schmidt Nachtr. I 2 und Peters § 4 0 II 5. Vgl. Möller/Laux/Deister3 Psychiatrie und Psychotherapie 3 6 6 ; O L G München N J W 1 9 7 9 6 0 4 weist auf die Ähnlichkeit zum Polygrafen hin; vgl. auch Peters Z S t W 87 (1975) 6 7 6 .
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
zwar einerseits nicht berechtigt, die Tests als rechtsstaatswidrige Missachtung der Menschenwürde anzusehen. Andererseits aber spricht der Verlust an Informationskontrolle doch für eine verbotene Vernehmungsmethode. 222 In der gutachterlichen Praxis des Strafprozesses werden die Methoden - bei Einwilligung - teilweise angewendet. Auch das BVerwG und das BAG halten sie für zulässig. 223 Ob sie aber im Strafrecht zu mehr als zur Hypothesengenerierung dienen können, erscheint zweifelhaft. Nach Ansicht von Psychologen und Gutachtern sind die testtheoretischen Kennwerte für solche Verfahren mit Blick auf Zuverlässigkeit (Reliabilität) und Gültigkeit (Validität) eher niedrig, worauf im Rahmen eines Gutachtens immer explizit hingewiesen werden sollte. 224 55
9. Zwang. Er darf nach § 136a Abs. 1 Satz 2 nur angewendet werden, soweit ihn das Strafverfahrensrecht zulässt. Das ist etwa der Fall, wenn das Erscheinen und die Aussage eines Zeugen (§§ 51, 70) oder Sachverständigen (§ 77) erzwungen werden soll. Der Beschuldigte darf zwar zum Erscheinen vor Gericht (§ 134) und Staatsanwaltschaft (§ 163a Abs. 3), nicht aber zur Aussage gezwungen werden. Zwangsmittel, die das Gesetz insoweit oder zur Erreichung anderer Zwecke vorsieht (Untersuchungshaft, körperliche Untersuchung, Beschlagnahme), dürfen aufgrund des § 136a in ihrer erkennbaren „Zweckbindung" 2 2 5 nicht missbraucht, also nicht prozessordnungswidrig angewendet werden. Dass sie aber auch bei korrekter Anwendung die Aussagewilligkeit des Vernommenen beeinflussen können, ist ohne Bedeutung. Bei der Vernehmung während oder im Zusammenhang mit einer vorläufigen Festnahme oder mit Untersuchungshaft ist daher verbotener Zwang regelmäßig nur gegeben, wenn die Freiheitsentziehung gezielt zur Beeinflussung des Aussageverhaltens benutzt wird; 2 2 6 allein darin, dass Staatsanwalt oder Polizei den rechtmäßig Festgenommenen innerhalb der Frist des § 128 Abs. 1 Satz 1 vernehmen, liegt ein solcher Zwang noch nicht. 2 2 7 Wird gegen den Beschuldigten kein Zwang ausgeübt, so liegt darin, dass er sich in eine Zwangslage versetzt fühlt, kein Verstoß gegen § 136a; eine als peinlich, lästig oder ärgerlich empfundene Maßnahme ist als solche noch kein unerlaubter Zwang. Auch unangenehme Fragen sind daher nicht ohne weiteres wegen einer solchen Wirkung verboten. 228 Einen Sonderfall des unerlaubten Zwangs regelt § 3 9 3 Abs. 1 AO durch das Verbot, im Besteuerungsverfahren zulässige Zwangsmittel nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens einzusetzen.
222
Vgl. a. Grünwald Beweisrecht 7 4 ; Groth 1 5 2 , die eine Verwertung der Ergebnisse aus projektiven Tests zulassen will, wenn die Testperson nachträglich zustimmt, was freilich nicht möglich wäre, wenn es sich um eine verbotene Vernehmungsmethode handelte.
223
BVerwGE 17 3 4 6 und BAG J Z 1 9 6 4 7 7 2 (für Eignungsprüfungen zum Führen von Kraftfahrzeugen; dazu H. J. Schneider J Z 1 9 6 4 7 5 0 ) . Äußerst kritisch hingegen O L G München N J W 1 9 7 9 6 0 3 in einer Familienrechtssache.
224
Möller/Laux/Deister3 chotherapie 3 6 6 ;
225
SK/Rogall 7 0 .
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B G H StV 2 0 0 5 2 0 1 m. Anm. Eidam; vgl. B G H StV 1 9 9 6 7 6 (gegen LG Kreuznach StV 1 9 9 3 6 2 9 ) mit abl. Anm. Fezer, der bei objektiv rechtswidriger Untersuchungshaft ein Verwertungsverbot bejaht; B G H N S t Z 1 9 9 0 1 9 5 m.w.N.; StV 1 9 9 2 3 5 7 ; O L G Frankfurt StV 1 9 9 2 5 8 3 ; SK/Rogall 7 0 ; Eisenberg Beweisrecht 6 9 1 ; Eidam 3 1 0 ff.
227
B G H N S t Z 1 9 9 0 195 = J R 1 9 9 1 8 4 mit Anm. Fezer; KKJBoujong 2 9 ; Meyer-Goßner 2 0 ; eingehend und ablehnend Nelles StV 1 9 9 2 3 8 5 , 3 9 0 ; Schlothauer/Weider Untersuchungshaft 3 ( 2 0 0 0 ) Rn. 2 7 9 halten nach Ablauf der Frist stets ein Verwertungsverbot für gegeben.
228
LG Bremen M D R 1 9 5 2 122.
Psychiatrie und Psy-
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
10. Drohung mit einer verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahme. Eine Drohung i.S. des § 136a Abs. 1 Satz 3 liegt vor beim Inaussichtstellen eines Geschehens, auf dessen Eintritt der Vernehmende Einfluss zu haben behauptet; ob das tatsächlich der Fall ist, spielt keine R o l l e . 2 2 9 Erfasst wird auch die konkludente D r o h u n g 2 3 0 und diejenige Drohung, die sich gegen eine dem Täter nahestehende Person richtet, gegen die keine von Aufklärungsinteressen getragene hoheitliche Maßnahme erforderlich ist, z.B. gegen den unbeteiligten Ehegatten. 2 3 1 Die Drohung mit einer zulässigen Maßnahme ist an sich nicht verboten. Sie ist jedoch nur dann statthaft, wenn der Vernehmende zum Ausdruck bringt, er werde seine Entschließungen allein von den sachlichen Notwendigkeiten abhängig machen, da er sonst mit einer verfahrensrechtlich nicht zulässigen, weil willkürlich angewendeten Maßnahme droht. 2 3 2 Regelmäßig übt der Vernehmende dadurch unzulässigen Zwang aus, weshalb man darüber streitet, ob die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme eine eigenständige Bedeutung h a t 2 3 3 - jedenfalls aber wird sie vom Gesetzgeber als eine Fallkonstellation des § 136a genannt. Unter diesen Voraussetzungen darf z.B. einem Beschuldigten, der einen offenbar Unschuldigen der Täterschaft bezichtigt, ein Strafverfahren nach § 164 StGB, einem Zeugen, der allem Anschein nach falsch aussagt, ein Strafverfahren wegen Meineids, uneidlicher Falschaussage oder Strafvereitelung angedroht werden. 2 3 4 Die Drohung mit einer vorläufigen Festnahme ist regelmäßig dann nicht verboten, wenn die Inhaftierung zulässig wäre. 2 3 5 Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Beschuldigte sein früheres Geständnis widerruft und ihm darauf (sachlich korrekt) erklärt wird, das stehe der in Aussicht genommenen Haftentlassung entgegen. Solche Erklärungen sind jedoch trotz ihrer rechtlichen Zulässigkeit keineswegs unbedenklich. 2 3 6 Unzulässig ist es unter allen Umständen, mit einer vorläufigen Festnahme oder mit einer Verhaftung zu drohen, die nach den §§ 112, 127 nicht statthaft w ä r e . 2 3 7 Auch die Drohung gegenüber einem Jugendlichen, er komme in ein geschlossenes Erziehungsheim, wenn er nicht gestehe, 2 3 8 ist grundsätzlich unzulässig, ebenso die
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KKJBoujong 30; SKJRogall 61; Schlüchter 92.1; Grünwald NJW 1960 1941; Htlland 134 f. stellt dabei stark auf die Person des Vernommenen ab. Hilland 140: „arglistige" Drohung, z.B. Schreie aus dem Nebenzimmer, die auf Tonband abgespielt werden, aber auch das Gespräch zweier Vernehmungsbeamter, in dem sie sich zur Einschüchterung des Vernommenen über angeblich in anderen Fällen angewendeten unlauteren Zwang unterhalten. Näher dazu Hilland 142 ff.; weitergehend SKJRogall 61; Eisenberg Beweisrecht 682. KKJBoujong 30; Meyer-Goßner 22; SK/ Rogall 63, 64; Eb. Schmidt Nachtr. I 6, der jedoch zur Vorsicht mahnt; Eisenberg Beweisrecht 683; kritisch Hilland 136. Vgl. auch Degener GA 1992 464. KMRJLesch 34 und 37. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1956 727; Erbs NJW 1951 388 hält das für eine bloße Warnung oder Belehrung; vgl. auch BGH bei Dallinger MDR 1966 25.
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BGH bei Dallinger MDR 1953 723; 1956 527; BGH GA 1955 246; KKJBoujong 30; SKJRogall 63; Henkel 178; Roxin § 25, 24; a.A. Erbs NJW 1951 388, der nur Drohungen zulassen will, die das Gesetz ausdrücklich zur Willensbeugung eines zu Vernehmenden vorsieht; Ransiek 64, der alle auf Geständnis bezogenen Drohungen für verboten hält; a.A. auch Grünwald Beweisrecht 70; Degener GA 1992 464. So mit Recht Döhring 208; zust. LR/ Meyer23 36. BGH NJW 2005 279; Widmaier NJW 2005 1985. Beispielsweise Drohung mit der Festnahme wegen Verdunkelungsgefahr, wenn diese kein Haftgrund wäre, BGH bei Dallinger MDR 1971 18; BGH NStZ 2004 549; BGH StraFo 2004 127 m. Anm. Eidam; vgl. a. Volk NJW 1996 879. Vgl. den Fall bei Regina Lange Fehlerquellen im Ermittlungsverfahren (1980) 88.
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Drohung mit dem Widerruf einer Strafaussetzung bei unberechtigter Zeugnisverweigerung 2 3 9 oder die Drohung mit Bloßstellung durch Offenbarung homosexueller Neigungen gegenüber Dritten. 2 4 0 57
Warnungen, Belehrungen und Hinweise sind keine Drohungen. Sie unterscheiden sich von diesen entweder dadurch, dass nicht behauptet wird, die nachteiligen Folgen würden im konkreten Fall eintreten, oder durch die unmissverständliche Erklärung des Vernehmenden, dass er auf den Eintritt dieser Folgen weder Einfluss habe noch nehmen werde. Derartige Einwirkungen auf die Entschließungen insbesondere des Beschuldigten, die ihm die Besinnung auf die richtige Wertung seiner Interessen ermöglichen, sind nicht verboten, sondern schaffen die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch den Betroffenen. 2 4 1 Die Abgrenzung macht in der abstrakten Umschreibung keine Mühe, wohl aber in der Anwendung auf den Einzelfall und in der Beurteilung von Grenzfällen. 2 4 2 Das gilt namentlich für Hinweise auf die strafmildernden Folgen im Falle eines geänderten Prozessverhaltens des Beschuldigten. Sie sind, trotz der damit möglicherweise verbundenen mittelbaren Einflussnahme, in aller Regel berechtigt bei Vernehmungen im Ermittlungsverfahren, wenn der Vernehmende sich darauf beschränkt, wahrscheinliche Reaktionen des erkennenden Gerichts (wahrheitsgemäß) darzustellen. 243 Sie sind jedoch fragwürdig, wenn es sich um Hinweise des erkennenden Gerichts selbst handelt, insbesondere wenn sie in drängender Form erfolgen und darum beim Angeklagten den Eindruck hervorrufen, das Gericht sei, etwa zur Verfahrensbeschleunigung, an einer Änderung seines Prozessverhaltens interessiert, werde also die Änderung (Geständnis) im Zweifel strafmildernd berücksichtigen. 244 Derartige Hinweise enthalten leicht die konkludente Androhung, der Angeklagte werde die mildere Strafe sonst nicht erhalten. Sie bedeuten daher nicht ohne weiteres lediglich eine zulässige „Belehrung über die übliche Strafzumessungspraxis " , 2 4 i sondern nach Lage des Einzelfalles u.U. durchaus einen unzulässigen Geständnisdruck. Zweifelhaft ist auch, ob man die Belehrung als zulässig ansehen kann, der Beschuldigte werde im Fall eines Geständnisses aus berechtigten Sachgründen nicht abgeschoben. 2 4 6
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11. Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils. 2 4 7 Nach herrschender Meinung setzt das Versprechen im Sinne des § 136a Abs. 1 Satz 3 die Abgabe einer bindenden Zusage voraus, auf deren Einhaltung der Versprechensempfänger vertrauen darf. 2 4 8 Da aber auf die Willensfreiheit des Vernommenen auch oder gerade durch das 239 240
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LG Bielefeld StV 1993 239. OLG Naumburg StV 2 0 0 4 5 2 9 ; MeyerGoßner 2 2 ; Eisenberg Beweisrecht 682. BGH bei Dallinger MDR 1991 18; h. Lehre, z.B. KK/Boujong 31; Meyer-Goßner 21; SYJRogall 62; Schlächter 9 2 . 1 ; Peters 41 II 3; vgl. auch BGH NJW 1994 3366; kritisch Hilland 135; Ransiek StV 1994 345. Z.B. im Fall BGH StV 1989 515 bei der leichtfertigen telefonischen Äußerung eines Staatsanwalts; dazu treffend Achenbach Anm. ebenda. Vgl. BGHSt 1 387 = J Z 1952 86 mit krit. Anm. Bader; ablehnend Niese J Z 1953 2 2 0 . - Grünwald N J W 1960 1941 will aus gutem Grund nur solche Belehrungen zulassen. So im Fall BGHSt 14 191. Ablehnend Grün-
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wald NJW 1960 1961; Hanack J Z 1971 170; LR/Sarstedt 11 4i. So aber LR/Meyer 1 3 37, eingehend zur Strafmilderung nach einem Geständnis Hammerstein StV 2 0 0 7 48 ff. So noch UUHanack15 mit Verweis auf BGH bei Holtz MDR 1979 637; KK/Boujong 30; Meyer-Goßner 22; SKIRogall 63. Eingehend Füllkrug MDR 1 9 8 9 119. BGHSt 14 191 = JR 1961 70 mit Anm. Eb. Schmidt-, BGH StV 1984 4 5 6 ; OLG Hamm N J W 1968 955; KYJBoujong 32; Meyer-Goßner 23; SYJRogall 65; Eb. Schmidt 20; Erbs NJW 1951 389; Füllkrug MDR 1989 7 2 0 ; wohl auch Roxin § 25, 25.
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Inaussichtstelleti unberechtigter Vorteile unlauterer Einfluss genommen werden kann, muss ein solches, durch den Wortlaut des Gesetzes nicht ausgeschlossenes Verhalten nach dem Zweck der Vorschrift ausreichen. 2 4 9 Im Übrigen stellen sich die Fälle des unzulässigen Versprechens oft auch als verschleierte Drohung dar (so enthält die Zusage der Freilassung die Androhung der weiteren Freiheitsentziehung) und bedeuten vielfach zugleich auch eine Täuschung. 2 5 0 Unter Vorteil ist die Herbeiführung eines Zustandes zu verstehen, der vom Empfänger des Versprechens als günstig empfunden wird. Das Versprechen kleinerer Annehmlichkeiten (Zusage von Kaffee oder anderen Getränken, einer Zigarette) ist wohl noch kein Vorteil im Sinne der Vorschrift, jedenfalls aber im Allgemeinen nicht geeignet, die Willensfreiheit des Vernommenen zu beeinträchtigen. 251 Es wird, etwa beim starken Raucher, nur ausnahmsweise von anderen Alternativen des § 136a erfasst (oben Rn. 27, 33).
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Schwierigkeiten bereitet die Frage, was unter einem unzulässigen Vorteil zu verstehen ist. Strittig ist, ob jeder Vorteil unzulässig ist, der als Gegenleistung für eine Aussage oder den Inhalt einer Aussage gemacht wird. 2 5 2 Diese Meinung geht offenbar auf Eb. Schmidt 18 zurück, der im Versprechen eines Vorteils, auf den der Beschuldigte ohnedies Anspruch hat, die Androhung eines prozessordnungswidrigen Verhaltens für den Fall sieht, dass der Beschuldigte die von ihm gewünschte Aussage nicht macht, worin „übrigens zugleich auch eine Täuschung liegen könnte". Fraglich ist, ob nur der rechtlich nicht vorgesehene Vorteil ausreicht, der entweder überhaupt nicht oder doch im konkreten Fall rechtlich nicht gewährt werden darf. Darf er gewährt werden, ist es grundsätzlich nicht unzulässig, ihn zu versprechen, selbst wenn dadurch die Willensfreiheit des Vernommenen erheblich beeinflusst werden kann. Denn das Versprechen eines erlaubten Vorteils enthält keine unlautere Beeinflussung, also nichts, was das Gesetz sinnvollerweise verbieten könnte. 2 5 3
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Das Gesetz kennt mittlerweile eine Reihe von Fällen, in denen Straftäter, die ihr Wissen offenbaren, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen mildere Strafe oder sogar ein Absehen von Strafe versprochen werden, wobei in den letzteren Fällen gemäß § 153b ein Verfahren auch eingestellt werden kann. 2 5 4 Es handelt sich dabei um gesetzlich vorgesehene „Vorteile". Über sie im Rahmen einer Vernehmung zu belehren, ist nicht verboten. Ebenfalls nicht verboten ist es nach dem Gesagten (Rn. 60), diese Vorteile zu versprechen oder wahrheitsgemäß in Aussicht zu stellen, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen; 2 5 5 insoweit ist daher der „Handel" mit dem staatlichen Strafanspruch, wie
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Ebenso Grünwald Beweisrecht 7 0 und N J W 1 9 6 0 1 9 4 1 ; Schlüchter 9 3 ; Eisenberg Beweisrecht 6 8 5 ; Ransiek 6 6 ; Volk N J W 1 9 9 6 8 8 0 . - Scbünemann Gutachten z. 5 8 . D J T S. Β 9 9 hält die Entgegensetzung" in ihrer Holzschnittartigkeit" für unbrauchbar, AK/Kühne 5 2 für eher theoretisch.
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Zustimmend MUKühne 5 1 a ; SK/Rogall 6 7 ; vgl. auch Meyer-Goßner 2 3 ; Schlüchter 9 3 ; Schünemann Gutachten z. 5 8 . D J T S. Β 1 0 0 ; vgl. auch B G H StV 1 9 8 9 4 7 0 (Aussetzung einer Belohnung bei nicht aussagebereitem Zeugen).
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Z u m Sonderfall der unkorrekten Absprachen unten Rn. 6 3 . Im Ergebnis ebenso KKJKühne 4 9 ; K K / B o u jong 3 2 ; Meyer-Goßner 2 3 ; SKIRogall 6 6 ; Schlüchter 9 4 ; Hilland 138.
So insbesondere § 31 B t M G , Art. 4 KronzG, aber auch §§ 8 7 Abs. 3, 9 8 Abs. 2 , 9 9 Abs. 3, 1 2 9 Abs. 6 Nr. 2 , 1 2 9 a Abs. 7, S 1 2 9 b Abs. 1 Satz 1 , 1 5 8 StGB. Vgl. im Übrigen auch Eb. Schmidt 18.
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Vgl. B G H bei Pfeiffer/Miebach 2 1 7 für § 31 B t M G .
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Sowohl (jeweils nicht völlig klar) L R / Meyer23 3 8 ff. und ihm folgend BVerfG N S t Z 1 9 8 4 8 2 ; K K / B o u j o n g 3 2 ; Erbs N J W 1951 388.
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§ 136a
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immer man darüber denkt, kein Fall des § 136a (vgl. Rn. 63). Das alles gilt freilich nur für Zusagen durch die dafür zuständigen Instanzen und innerhalb des ihnen gesetzlich eingeräumten Ermessens; denn das Versprechen muss sich immer auf einen Umstand beziehen, der in der Kompetenz des Vernehmenden liegt. 2 5 6 Über die gesetzlichen Ausnahmefälle hinaus stets unzulässig ist die Zusage von Straflosigkeit gegenüber einem Mitbeschuldigten oder „Kronzeugen" für den Fall, dass er seinen Komplizen belastet. 2 5 7 Unzulässig ist aus dem gleichen Grund das Versprechen, im Fall eines Geständnisses von einer namentlichen Anzeige abzusehen. 2 5 8 Der von einer ausländischen Behörde zugesagte Vorteil soll nach einer Entscheidung des BVerfG nur relevant sein, wenn das Vorgehen den deutschen Behörden aufgrund eines einvernehmlichen Zusammenwirkens zugerechnet werden kann. 2 5 9 Diese Entscheidung ist aber jedenfalls dahingehend einzuschränken, dass maßgeblich sein muss, ob das Verhalten der ausländischen Organe den deutschen Behörden schon deshalb zuzurechnen ist, weil es im Rahmen einer international arbeitsteiligen Zusammenarbeit o.ä. erfolgt, s.o. Rn. 11. 62
Im Grundsatz entsprechend dem Vorigen (Rn. 61) zu behandeln ist das Versprechen von Vorteilen, die sich für den Vernommenen objektiv ergeben, wenn er bei der Vernehmung sein Verhalten ändert. Dazu gehört in erster Linie das Versprechen der Freilassung für den Fall, dass der Beschuldigte die Tat gesteht. Es ist statthaft, wenn Fluchtgefahr nicht besteht und die Verdunkelungsgefahr durch ein Geständnis beseitigt würde, 2 6 0 nicht jedoch, wenn vorhandene Fluchtgefahr durch ein Geständnis nicht berührt werden könnte. 2 6 1 Versprechungen, die der Vernehmende selbst nicht gewähren kann, sind, wie bemerkt (Rn. 61), unzulässig. Daher darf der Polizeibeamte eine Haftentlassung oder Haftverschonung nicht zusagen; bringt er das klar zum Ausdruck, darf er aber versprechen, dass er sich dafür einsetzen wird, wenn das der Wahrheit entspricht. Bietet ein Polizeibeamter dem vorläufig Festgenommenen die Freilassung an, wenn er das Versteck offenbart, verspricht der Beamte dann einen unberechtigten Vorteil, wenn er trotz des Offenbarens den Festgenommenen nach Lage des Falles nicht freilassen dürfte. 2 6 2 Entsprechend darf der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft einem Zeugen, der sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage selbst einer Straftat bezichtigen würde, die Einstellung nach § 154 versprechen, wenn die in Frage stehende Tat im Schuldumfang überschaubar ist und gegen die Anwendung des § 154 auch sonst keine Bedenken bestehen. 2 6 3 Einen Vorteil, auf den der Vernommene ohnedies Anspruch hat, unter dem Anschein zuzusagen, es handele sich eigentlich um etwas Unkorrektes („gesetzlich nicht
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BGHSt 2 0 2 6 8 = J Z 1966 197 mit Anm. Bader, AG Hannover StV 1986 5 2 3 ; KK/ Boujong 30; SYJRogall 68; Eb. Schmidt 19; Erbs N J W 1951 389. Vgl. auch Rn. 62. OLG Hamm StV 1984 4 5 6 ; KKJBoujong 32; Meyer-Goßner 2 3 ; Volk N J W 1996 881; eingehend Füllkrug Kriminalistik 1985 410; MDR 1 9 8 9 121 Zur Problematik der Kronzeugenregelung: BGH NStZ 2 0 0 3 6 7 3 ; Mühlhoff/Pfeiffer Z R P 2 0 0 3 121; Peglau ZRP 2 0 0 1 103. BGH bei Daliinger MDR 1954 17. Vgl. BVerfG NStZ 1984 82; KKJBoujong 3. BGH bei Dallinger MDR 1952 532; KK/
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Boujong 33; SYJRogall 68; a.A. Peters § 41 II 3; vgl. auch Erbs N J W 1951 389. BGHSt 2 0 2 6 8 = J Z 1966 179 mit Anm. Bader, KKJBoujong 33; SYJRogall 68. Beispiel von Benfer Grundrechtseingriffe 297, der das offenbar stets für unzulässig hält. BGH bei Pfeiffer NStZ 1982 188; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1987 217; vgl. auch BVerfG wistra 1987 134; OLG Hamm NJW 1968 954. Grundlegend: Schünemann Gutachten z. 58. DJT S. Β 106. Allgemein zu den Grenzen des zulässigen Versprechens bei § 154 Volk NJW 1996 879 ff.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
Vorgesehenes"), ist unzulässig, weil die Entschließungsfreiheit des Vernommenen auch dadurch unlauter beeinflusst werden kann. 2 6 4 In seiner Grundsatzentscheidung hat der Große Senat für Strafrecht anerkannt, dass 6 3 § 136a zwar auch in Zusammenhang mit Vereinbarungen im Strafprozess gilt. 265 Solche Absprachen enthielten jedoch nicht ohne weiteres ein unzulässiges Versprechen von Vorteilen (oder einen sonstigen Verstoß gegen § 136a, vgl. Rn. 60). 2 6 6 Vereinbarungen über Rechtsfolgen sieht der Bundesgerichtshof vielmehr als grundsätzlich sinnvoll und erlaubt an, wenn sie den Beschuldigten zulässigerweise zu einem Verhalten motivieren, das zu seinen Gunsten berücksichtigt werden darf (s. Rn. 57, 60). Diese von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze bestimmen auch die vorgelegten Vorschläge für eine gesetzliche Regelung. 267 Unzulässig bleiben danach Vereinbarungen, die gegen zwingendes Recht verstoßen; das ist etwa auch der Fall, wenn sie das Legalitätsprinzip und die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit 2 6 8 verletzen 2 6 9 oder wenn im Gegenzug für ein Geständnis eine schuldunangemessene Strafmilderung in Aussicht gestellt wird. 2 7 0 Verboten ist ferner das Inaussichtstellen einer milderen Strafe, wenn der Geständige auf Rechtsmittel verzichtet, 271 denn der Bundesgerichtshof möchte sich offensichtlich vorbehalten, auch künftig die Absprachepraxis überprüfen zu können, um Fälle einer „faktischen Aussageerpressung" zu verhindern. 2 7 2 Die Zusicherung, im Falle eines Geständnisses ein bestimmtes Strafmaß nicht zu überschreiten oder die Strafe zur Bewährung auszusetzen, ist aber ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht mehr als Verstoß gegen § 136a anzusehen. 2 7 3 Offen bleibt bisher, welche Kriterien künftig die Abgrenzung zwischen - nach den Vorgaben des § 136a - zulässiger und unzulässiger Absprachen sicherstellen und einen unzulässigen Geständniszwang verhindern können. 2 7 4 Eine unzulässige Vereinbarung muss im Übrigen nicht während der Vernehmung selbst getroffen werden; es reicht, dass der Beschuldigte, etwa über seinen Verteidiger (oben Rn. 9), eine getroffene Absprache kennt.
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SKIRogall 67; Seier J Z 1988 778; vgl. auch Schünemann Gutachten z. 58. DJT S. Β 104. BGHGrS NJW 2005 1444 ff. (im Anschluss an BGHSt 43 195ff.) m. Anm. Dahs NStZ 2005 580 = Anm. Duttge/Schoop StV 2005 421 = Anm. Riess JR 2005 435 = Anm. Satzger JA 2005 684 = Anm. Seher J Z 2005 634 = Anm. Theile StraFo 2005 409; KMR/ Lesch 40; Altenhein/Haimerl GA 2005 281; Jahn JuS 2005 1058; Saliger JuS 2006 8; Widmaier N J W 2005 1985. Zum weitverzweigten und lebhaft umstrittenen Komplex der Absprachen s. Einl. Absch. G III 3. Speziell zur Bedeutung des § 136a in diesem Bereich insbes. Schünemann Gutachten Β ζ. 58. DJT, 1990, S, 98 ff. m.w.N.; Kölbel NStZ 2003 234 Küpper/Bode Jura 1999 359; Kuckein FS Meyer-Goßner 69; Seier J Z 1988 633; Volk NJW 1996 879; Weigend J Z 1990 778; s. auch Zschockelt NStZ 1991 308. Vgl. dazu den BTDrucks. 16 4197 S. 5 ff.,
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§ 243a „Urteilsabsprache"; Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer ZRP 2005 235; Leipold NJW-Spezial 2006 235. §§ 152 Abs. 2, 244 Abs. 2; deshalb wird auch künftig ein „qualifiziertes", i.e. überprüfbares Geständnis gefordert, BTDrucks. 16 4197 S. 9. Vgl. nur BVerfG NStZ 1987 419 (Kammer) mit Anm. Gallandi; BGHSt 36 210; 37 10; 37 298; 38 102. BGH StraFo 2003 97 m. Anm. Saldi»; Eidam 247 ff.; vgl. a. BTDrucks. 16 4197 S. 14. BGHSt 43 204 f.; KMR/Lesch 39. Widmaier NJW 2005 1985 mit Verweis auf BGH NJW 2005 279, das die Frage in Zusammenhang mit willkürlicher Verhaftung behandelt. Insoweit noch a.A. LVUHanack25 55. Vgl. BGH StV 2004 470.
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12. Beim Polygrafen (Lügendetektor) handelt es sich um eine Apparatur, mit der Blutdruck, Pulsschlag, Atmung und Schweißabsonderung gemessen werden, um anhand der gemessenen Reaktion, die der Vernommene nicht (oder angeblich nicht) zu steuern vermag, Schlüsse auf die subjektive Richtigkeit des Ausgesagten zu ziehen.275 Die in § 136a genannten Beispiele erfassen diese Vernehmungsmethode nicht ausdrücklich; sie ist insbesondere nicht, wie früher etwa LR/Sarstedt 22 angenommen hatte, als körperlicher Eingriff anzusehen. Nach einer lange Zeit fast allgemein vertretenen Ansicht galt die Verwendung von Polygrafen jedoch in sinngemäßer Anwendung des § 136a (vgl. oben Rn. 19) schon deswegen als unzulässig, weil der mit ihr verbundene „Einblick in die Seele des Beschuldigten und ihre unbewussten Regungen" 276 nicht erlaubt sei und auch durch die Einwilligung des Vernommenen nicht statthaft werde. 277 Dieser Argumentation folgt aber auch die Rechtsprechung heute zu Recht nicht mehr, 278 da die sinnvolle Anwendung der Methode offenbar die völlige innere Zustimmung der vernommenen Person zwingend voraussetzt279 und sich insoweit dann kaum von manchen anderen psychologischen Tests (vgl. Rn. 54) und von gewissen Explorationen unterscheidet, die zwar nicht unbedingt ungewollte Körpervorgänge registrieren, wohl aber „unbewusste Seelenregungen". Bereits vor der Grundsatzentscheidung BGHSt 44 308 ff. hatte sich in der Literatur 280 (u.a. in Reaktion auf eine befremdlich oberflächliche Entscheidung des BVerfG) 281 Stimmen gemehrt, die - meist im Sinne einer ultima ratio und unter besonderen Kautelen oder aufgrund detaillierter Gesetzesregelung - mit oft eindrucksvoller Argumentation die Zulassung der Apparatur bei Einwilligung des Beschuldigten und zu seiner Entlastung forderten.282 Ob das - de lege ferenda 283 - wünschenswert (und in der
Näher zur Funktionsweise: Delvo 18 ff.; Delakouras 162 ff.; Frister 3 0 5 ff.; Groth 4 3 ff.; Schüssler Polygraphie im deutschen Strafverfahren (2002) 21 ff. sowie zu den beiden wesentlichen Testverfahren: KMR/ Lesch 41 f.; Groth 4 4 ff. 2 7 6 BGHSt 5 335. 2 7 7 BGHSt 5 332; OLG Hamm D R Z 1950 212; aus dem älteren Schrifttum z.B. Eb. Schmidt Teil I 102; Bohne FS Lehmann 27; Kohlhaas J R 1953 4 0 5 ; Niese ZStW 63 (1951) 199 m.w.N.; Würtenberger J Z 1951 772. - Ablehnend OLG Frankfurt NStZ 1988 4 2 5 ; KKJBoujong 34; Meyer-Goßner 24; SKJ Rogall 73 ff.; Beulke 141; Peters § 40 II 5 und ZStW 87 (1975) 6 6 3 ; Ranft 351 f.; Schlüchter 98; Frister 3 0 3 ; Rieß GA 1984 140. 2 7 8 Vgl. BGHSt 4 4 308 ff. = BGH J R 1 9 9 9 3 8 0 m. Anm. Amelung; vgl. a. OLG Hamm NJW 1 9 9 9 9 2 2 ; kritisch zur Bewertung der Tests: Offe/Offe MSchrKrim. 2 0 0 4 91 ff.; vgl. a. Rill u.a. MSchrKrim. 2 0 0 3 165 ff. 2 7 9 Vgl. Delvo 78 mit Nachw.; Schwabe N J W 1 9 7 9 576. 280 vgl. aus der älteren Literatur Undeutsch ZStW 87 (1975) 650; dazu und dagegen Peters ZStW 87 (1975) 6 6 3 sowie Undeutsch MSchrKrim. 1 9 7 9 2 2 8 sowie (speziell bei 275
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Verdacht des Kindesmissbrauchs) FamRZ 1996 329; aus der jüngeren Literatur: Frister ZStW 106 (1994) 305. 281 NJW 1982 375 (Vorprüfungsausschuss), wo u.a. bemerkt wird, dass dem Gerät bei einer angenommenen Treffsicherheit von 90 % letztlich „nur eine geringe Aussagekraft... beizumessen (sei), deren Bedeutung ersichtlich in keinem Verhältnis zur Schwere des erforderlichen Eingriffs stünde", vgl. a. BVerfG NJW 1998 1938 und BVerfG StraFo 1998 16 sowie OLG Karlsruhe StV 1998 5 3 0 ; LG Wuppertal NStZ-RR 1997 76. 282
So außer Undeutsch (Fn. 2 8 0 ) insbes. AK/ Kühne S6, 57; Amelung NStZ 1982 38; Benfer 2 9 6 ; Berning 2 2 9 ff.; Delakouras 182; Delvo 365 ff.; Hilland 4 3 ff., 65; Klimke NStZ 1981 4 3 3 ; Prittwitz MDR 1982 886; Schwabe NJW 1979 576 und 1982 368; Wegner 183 ff. Schon früher wollten Knödel DRiZ 1954 2 3 4 und Pfenninger FS Rittler 3 7 2 die Methode allgemein, Petry 175 beim Beschuldigten und Less D R Z 1950 3 2 2 beim Zeugen zulassen. Vgl. auch Jaworski Kriminalistik 1990 129 zu einem Fall erfolgreicher Entlastung in der polnischen Gerichtspraxis. Eingehend zur Furcht vor einem „Dammbruch": Eisenberg Beweisrecht 6 9 6 f. Grundsätzlich zur Gel-
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Begrenzung, insbesondere auf Beschuldigte, möglich) wäre, kann hier dahingestellt bleiben. Nach dem heutigen Bild von Theorie und Praxis der M e t h o d e 2 8 4 erscheint der Polygrafentest für den Vernommenen vielfach psychisch durchaus belastend, vor allem aber nur im Rahmen eines äußerst komplizierten Sachverständigenbeweises anwendbar, bei dem, entgegen verbreiteter Meinung, jedenfalls für die praktische Handhabung im Strafprozess erhebliche Fehlerquellen nahe liegen. 2 8 5 Das wirft zahllose Beweis- und Rechtsfragen auf, etwa die Frage, inwieweit im Rahmen dieses Tests eine Person zur Überprüfung der Reaktion getäuscht werden dürfte. Auch besteht wohl die Gefahr, dass eine beschuldigte Person ihre Aussage auf den Aufzeichnungsvorgang ausrichtet, ihn also doch willentlich beeinflusst, ganz abgesehen davon, dass sie bei der Vorbereitung offenbar über die Wirkungsweise der Apparatur belogen werden muss. 2 8 6 So wären, zumal auch mit Blick auf das Problem des mittelbaren Drucks, die Konsequenzen einer Zulassung kaum überschaubar. 2 8 7 Auch in den USA wird der Polygraf zwar im Ermittlungsverfahren mit großer Regelmäßigkeit eingesetzt, als gerichtliches Beweismittel aber überwiegend abgelehnt. 2 8 8 In seiner Grundsatzentscheidung hat sich der B G H zwar prinzipiell einer einverständlichen Nutzung des Polygrafentests nicht verschlossen, aber gleichzeitig entschieden, dass es sich bei einer polygrafischen Untersuchung mit Hilfe des Kontrollfragentests um ein völlig ungeeignetes Beweismittel handle. 2 8 9 Gleichwohl fordern Stimmen in der Literatur weiterhin eine Anwendung zur Entlastung des Beschuldigten. 2 9 0
V. Die verbotenen Methoden des Absatzes 2 Zur Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens oder der Einsichtsfähigkeit geeignete Maßnahmen fallen regelmäßig schon unter die nach § 136a Abs. 1 verbotenen Mittel, da sie vor allem in Ermüdung, körperlichen Eingriffen, Verabreichung von Mitteln oder in Hypnose bestehen. So fällt es schwer, für sie überhaupt eigenständige Beispiele zu finden.
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tung des Verwertungsverbots nach § 136a Abs. 3 S. 2 für entlastende Beweise vgl. HK/ Lemke 46; Dencker 73 ff.; Erbs NJW 1951 389; Wesemann/Müller StraFo 1998 113 sowie zur Unverfügbarkeit von 136a: Heinrich ZStW 112 (2000) 416 f. und 419; vgl. a. Fn. 277 (zum Einsatz des Lügendetektors); vgl. ferner Eisenberg 371. Bereits de lege lata zulässig: Groth 151. Vgl. etwa zur Praxis in den U.S.A.: Berman/Hollander, Wharton's Criminal Evidence, 15.ed (1999), Bd. 3 § 13, 42-44; Rieß GA 1984 140 sowie zur Fortentwicklung dieser Tests allgemein: Dettenborn/ Lindner PraxRPsych 2001 35 ff.; Rill u.a. MSchrKrim. 2003 165 ff. Die Ausführungen von Delvo insbes. S. 54 ff., 93 ff. machen das evident; vgl. auch Wegner passim zur Beurteilung durch U.S.-Gerichte; Achenbach NStZ 1984 350; Steinke MDR 1988 535.
So jedenfalls ganz klar Delvo 24, 25. Vgl. auch Peters § 40 II 5. 288 w e n n a u c h aus sehr unterschiedlichen, z.T. durch die andere Verfahrensstruktur bedingten Gründen, dazu: Berman/Hollander, Wharton's Criminal Evidence, 15.ed (1999), Bd. 3 § 13.42-44; Daniels 27 Champions 36 (2003) sowie Delvo 120 ff.; Wegner 33 ff.; Berning 166 ff. vgl. a. Schünemann Kriminalistik 1990 131. 2 8 9 BGHSt 44 308 ff. = BGH JR 1999 380 m. Anm. Amelung-, vgl. a. OLG Hamm NJW 1999 922; Kritisch zur Bewertung der Tests: Offe/Offe MSchrKrim. 2004 91 ff.; vgl. a. Rill u.a. MSchrKrim. 2003 165 ff. 290 Meyer-Mews NJW 2000 916; vgl. a. Kargl/ Kirsch JuS 2000 537; für die Anwendung im Ermittlungsverfahren Fabian/Stadler 2000 607; eingehend: Schüssler Polygraphie im deutschen Strafverfahren (2002); ders. JR 2003 188. 286
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Für notwendig gehalten hat der Gesetzgeber § 136a Abs. 2 offensichtlich, weil sich die Verbote des Absatzes 1 nur gegen die Beeinträchtigung des Willens richten, jedenfalls aber das Erinnerungsvermögen vom Willen unabhängig ist. 66
Die Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens berührt die Fähigkeit, in der Vergangenheit liegende Tatsachen oder Vorgänge durch Denkarbeit zu reproduzieren. Beim Beschuldigten hindert dies seine Verteidigung. Er darf daher insbesondere nicht künstlich in einen Zustand versetzt werden, in dem ihm Alibizeugen, Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe oder andere Tatsachen entfallen. Sog. Fangfragen sind, selbst wenn sie den Vernommenen kurzfristig ablenken, als solche noch keine Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens. 291 Im Einzelfall anderes gilt allenfalls, wenn sie so gehäuft, massiv und langdauernd eingesetzt werden, dass sie das Erinnerungsbild des Vernommenen für einen relevanten Vernehmungszeitraum zerstören.
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Eine Herabsetzung der Einsichtsfähigkeit hindert den Vernommenen, sich seiner Verantwortung bewusst zu bleiben. Das kann zwar Tatsachen zutage fördern, die sonst vielleicht nicht aufgedeckt würden, widerspricht aber beim Beschuldigten seiner vorausgesetzten Subjektstellung und im Übrigen dem Ethos eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens (vgl. Rn. 1). Verboten sind alle Maßnahmen, durch die sich das Wertungsvermögen des Vernommenen so verschiebt, dass er verkennt oder nicht mehr erkennt, was er eigentlich sagen will, was erlaubt oder verboten ist, was ihn belasten kann. Eine Minderung des Einsichtsvermögens kann insbesondere durch Alkoholkonsum herbeigeführt werden. Vorhaltungen beeinträchtigen die Einsichtsfähigkeit nicht. 2 9 2
VI. Unbeachtlichkeit der Einwilligung (Absatz 3 Satz 1) 68
Dass eine beschuldigte Person nicht darin einwilligt, körperlich misshandelt, getäuscht, gequält oder bedroht zu werden, ist in der Regel selbstverständlich. Die Vorschrift des § 136a Abs. 3 Satz 1 war aber erforderlich, um der Gefahr zu begegnen, dass ein Vernommener, insbesondere der Beschuldigte, sich mit der Anwendung anderer verbotener Methoden, etwa der Narkoanalyse, der Hypnose oder auch des Lügendetektors (s. Rn. 64) einverstanden erklärt oder sogar darum bittet, wenn ihm dies nützlich erscheinen könnte. 2 9 3 Denn wenn eine Einwilligung in unzulässige Vernehmungsmethoden zulässig wäre, bestünde nicht nur die Gefahr, bei Beschuldigten oder Zeugen, die in eine solche Maßnahme nicht einwilligten, nachteilige Schlüsse zu ziehen, oder sie zu einer solchen Einwilligung zu drängen, sondern der Rechtsstaat würde eine selbst auferlegte Bindung zur Disposition des Individuums stellen. 2 9 4 Dass der bloße Hinweis auf eine Bindung des einzelnen Grundrechtsträgers durch die Menschenwürde heute nicht mehr ohne weiteres überzeugt, zeigt die Diskussion um den Einsatz von Polygrafen auf Wunsch des Beschuldigten zu seiner Entlastung (oben Rn. 6 4 ) . 2 9 5 Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des Verteidigers ist ebenso unbeachtlich wie die des Beschuldigten oder Zeugen selbst.
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KKJBoujong 35; Meyer-Goßner 25; Schlechter 97; Erbs N J W 1951 389; einschränkend (ähnlich wie im folg. Text) AK/Kühne 67; Peters § 41 II 3 a.E.; vgl. auch SYJRogall 26; Walder 158. Vgl. Erbs N J W 1951 389.
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Dazu etwa: Frister ZStW 106 (1994) 313 f.; Tolksdorf FS Graßhof 2 5 7 f. 2 9 4 Zu den unterschiedlichen Begründungsansätzen: Eisenberg Beweisrecht 705. 295 Yg] insbesondere SK/Rogall 80; Amelung StV 1985 289. 293
Sabine Gieß
Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
VE. Verwertungsverbot (Absatz 3 Satz 2) 1. Allgemeines. Der Tatrichter darf Aussagen, die im Vorverfahren oder in der Hauptverhandlung durch eine Verletzung des § 136a erlangt worden sind, 2 9 6 auch mit Einwilligung des in unerlaubter Weise Vernommenen bei der Entscheidung nicht verwerten. Zweck des § 136a Abs. 3 Satz 2 ist in erster Hinsicht, jede Unklarheit darüber zu beseitigen, dass das Verwertungsverbot auch besteht, wenn der Beschuldigte oder Zeuge erst nachträglich in die Benutzung seiner Aussage einwilligt; denn die Unzulässigkeit der Verwertung gegen seinen Willen setzt die Vorschrift als selbstverständlich voraus. 2 9 7 Insofern unterscheidet sie sich aus den in Rn. 68 genannten Gründen von ähnlichen Verboten in anderen Vorschriften. 2 9 8 Praktische Bedeutung hat die Regelung freilich nur bei einem Teil der verbotenen Methoden. Denn ein Beschuldigter oder Zeuge, der nach Zwang, Täuschung, Drohung oder unlauterem Versprechen die Verwertung der Aussage erlauben würde, ist in der Regel auch bereit, sie ohne Z w a n g usw. zu wiederholen; dann aber bestehen gegen die Verwertung im Grundsatz keine Bedenken (unten Rn. 75).
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2. Ursächlicher Zusammenhang. Ein Verwertungsverbot besteht nur, wenn und soweit die Anwendung des unerlaubten Mittels mit der Aussage in ursächlichem Zusammenhang steht. 2 9 9 So macht eine Täuschungshandlung die Verwertung nur unzulässig, wenn sie die Willensentschließung oder -betätigung des Beschuldigten oder Zeugen beeinträchtigt h a t . 3 0 0 Daran fehlt es z.B., wenn der Beschuldigte die Täuschung erkannt und trotzdem ausgesagt hat. 3 0 1 Der ursächliche Zusammenhang muss aber nicht erwiesen sein; ein Verwertungsverbot besteht schon, wenn er sich nicht ausschließen lässt, 3 0 2 wobei streitig ist (dazu Rn. 78), ob auch der Verstoß als solcher feststehen muss.
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3. Umfang. Das Verwertungsverbot gilt für alle Aussagen, die auf verbotenen Methoden beruhen, die von den Strafverfolgungsorganen bei Vernehmungen (oben Rn. 15) angewendet oder (s. oben Rn. 6, 8) veranlasst worden sind. O b sie für den Beschuldigten günstig oder ungünstig sind, ist ohne Bedeutung, schon weil das Gesetz die unzulässigen Methoden als solche eliminieren will. 3 0 3 Das Verwertungsverbot besteht für jedes Ver-
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Ein Verwertungsverbot kann sich darüber hinaus auch aus anderen - insbesondere internationalen - Regelungen ergeben, etwa Beweisverwertungsverbots nach Art. 15 UNAntifolterübereinkommen (s.o. Fn. 3 sowie unten Rn. 79), vgl. BVerfGE EuGRZ 1996 328; BVerfG NJW 2004 1858; OLG Hamburg NJW 2005 2328; Schomburg/ Lagodny/Gleß/Hackner/Lagodny § 73 IRG, Rn. 90a. Koxin § 25, 17; Fezer JuS 1978 105; Grünwald JZ 1983 719; Hanack JZ 1971 169; Alsberg/Nüse/Meyer 482 m.w.N. Petry 124 hält die Vorschrift für verfehlt und fordert ihre Streichung. § 52 Abs. 3; § 81c Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2. Insoweit allg. M., z.B. KKJBoujong 38; Meyer-Goßner 27. SYJRogall 84 und Schlüchter 88.1 verlangen eine doppelte
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Kausalitätsbeziehung; vgl. auch AK/Kühne 75, 76. A.A. Walder 148. Meyer-Goßner 28; AlsbergiNüse/Meyer 485; Meyer JR 1966 311; Rieß JA 1980 301; BGHSt 22 175 und SYJRogall 54 halten in diesem Fall gar keine Täuschung für gegeben. BGHSt 5 290; 13 61; 34 369; LG Mannheim NJW 1977 346; KYJBoujong 38; Meyer-Goßner 27; SKIRogall 87. BGHSt 5 290; HK/Lemke 46; KK/Boujong 38; Meyer-Goßner 27; SYJRogall 87; Peters § 41 II 4 a; Eisenberg Beweisrecht 713; Baumann GA 1959 4; Heinrich ZStW 112 (2000) 419 f.; Kleinknecht NJW 1964 2185; Wesemann/Müller StraFo 1998 113; a.A. Erbs NJW 1951 389; Dencker 73 ff.; Reinecke 219 ff.; Sendler 56 ff.; Walder 197.
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fahren bzw. jeden Verfahrensabschnitt, in dem der Inhalt der gesetzeswidrig erlangten Aussage als Beweismittel für eine Entscheidung verwendet wird.304Es gilt auch für die Strafzumessung; auch hier darf etwa ein nach § 136a unverwertbares Geständnis nicht strafmildernd berücksichtigt werden.305 Auch für und gegen Mitbeschuldigte darf ein unverwertbares Geständnis keine Wirkung entfalten.306 Dagegen darf in einem Strafoder Disziplinarverfahren gegen den Vernehmungsbeamten festgestellt werden, welchen Wortlaut die von ihm erzielte Aussage gehabt hat. Betrifft der Verstoß gegen § 136a nicht die gesamte Aussage, so ist der ordnungsgemäß zustande gekommene Teil, der durch den Verstoß nicht berührt wird, verwertbar.307 72 Fraglich ist, wie Erkenntnisse zu behandeln sind, die im Ausland durch verbotene Vernehmungsmethoden erlangt wurden: Auch wenn das deutsche Strafprozessrecht prinzipiell nur für deutsche Hoheitsträger gilt, so herrscht doch Einigkeit darüber, dass deutsche Strafverfolgungsbehörden nicht verbotene Vernehmungsmethoden durch Behörden fremder Staaten veranlassen oder sonst in zurechenbarer Weise ausnutzen dürfen.308 Umstritten ist jedoch, welche Konsequenzen in den Fällen zu ziehen sind, in denen verbotene Vernehmungsmethoden ganz unabhängig von dem Handeln deutscher Organe durch ausländische Hoheitsträger angewendet werden. Das OLG Hamburg hat in seiner Entscheidung im Fall Motassadeq ausgeführt, das Verwertungsverbot des § 136a greife unmittelbar nur, wenn deutsche Organe unzulässige Vernehmungsmethoden anwendeten. 309 Die Vorschrift sei auf Vernehmungen durch ausländische Strafverfolgungsorgane entsprechend (wie bei Privatleuten) anwendbar - mit der Konsequenz, dass ein Verwertungsverbot nur eingreift, wenn die Erkenntnisse, um deren Verwertung es gehe, unter besonders krassem Verstoß gegen die Menschenwürde zustande gekommen sind.310 Dem ist nicht zuzustimmen.311 Dass fremde Hoheitsträger wie Privatpersonen und nicht wie Hoheitsträger behandelt werden, erscheint heute angesichts international arbeitsteiliger Strafverfahren nicht mehr ausnahmslos gerechtfertigt.312 In diesem Zusammenhang müssen deutsche Gerichte in bestimmten Fallkonstellationen bereits heute das Handeln ausländischer Organe überprüfen,313 etwa wenn die Beweisverwertung im Lichte der Beweiserhebung zu beurteilen ist.314 Ferner ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls im Falle von Folter und vergleichbaren Vernehmungsmethoden ein Beweisverwertungsverbot ganz
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BGH NStZ 2 0 0 5 393; AK/Kühne 73; SK/ Rogall 82; Eisenberg Beweisrecht 712; a.A. LRJMeyer 2 3 4 8 und KK/Boujong 38 unter Bezugnahme auf eine unveröff. BGH-Entscheidung (v. 2 0 . 2 . 1 9 7 6 - 2 StR 431/75). Vgl. a. Wesemann/Müller StraFo 1998 113 ff. LG Stuttgart NStZ 1985 5 6 9 mit insoweit zust. Anm. Hilger; SYJRogall 82; Eisenberg Beweisrecht 712; a.A. OLG Köln NJW 1979 1218. Allg. M. vgl. statt aller Alsberg/Nüse/Meyer 485 mit Nachw. in Fn. 429. Meyer-Goßner 3; Schroeder ROW 1969 199. OLG Hamburg NJW 2 0 0 5 2329. OLG Hamburg NJW 2 0 0 5 2329, so. Rn. 11. Vgl. a. OLG Frankfurt NStZ 1988 425; Eisenberg 355; Böse ZStW 114 (2002) 153.
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Dazu etwa: Schomburg/Lagodny/Gleß/ Hackner Einleitung Rn. 105 ff. Vgl. BGH NStZ 1994 595 m.w.N. zur Überprüfung von Vernehmungen, die durch ausländische Organe durchgeführt wurden. Dazu etwa: Gieß FS Grünwald 2 0 7 f.; Gössel FS Hanack 289. Ausf. zur Verwertung von ausländischen Vernehmungsniederschriften: Daamen Zur Verwertbarkeit ausländischer Vernehmungsniederschriften (2004) 2 7 ff. Zu einem Ansatz für eine umfassende Lehre von Beweisverboten in Zusammenhang mit im Ausland gewonnenen Erkenntnissen vgl. Gieß Beweisrechtsgrundsätze (2007); hier könnte auch der Ansatz von den Informationsbeherrschungsrechten nutzbar gemacht werden, vgl. dazu Amelung FS Roxin 1259 ff. sowie Eisenberg 367a.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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unabhängig von der rechtlichen Beurteilung der Beweiserhebung durch den Erhebungsstaat eingreift. 315 Insgesamt ist festzuhalten: Das Beweisverwertungsverbot des § 136a Abs. 3 S. 2 greift auch wenn ausländische Strafverfolgungsorgane verbotene Vernehmungsmethoden anwenden. Noch ungelöst scheint hier die Beweisfrage. 316 Hier sollte der Grundsatz gelten, dass im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden ist, wenn dieser durch „hinreichend verlässliche Anhaltspunkte" die Rechtsmäßigkeit und Justizförmigkeit des (fremden) staatlichen Verfahrens ernsthaft erschüttert hat. 3 1 7 Zum Beweisverwertungsverbot nach Art. 15 UN-Antifolterübereinkommen s.u. Rn. 79. 4. Inhalt. Unzulässig ist nach allgemeiner Meinung 3 1 8 jede unmittelbare und jede mittelbare Verwertung der Aussage, die mit Hilfe einer verbotenen Vernehmungsmethode erlangt wurde. Sie darf weder durch Verlesung der über sie aufgenommenen Niederschrift, noch durch Vorhalte 3 1 9 noch durch Anhörung der Vernehmungsperson als Zeugen oder durch Anhörung eines Dritten, der bei der Vernehmung anwesend war, in die Verhandlung eingeführt werden. 3 2 0 Die Bekundung der dennoch vernommenen Verhörsperson ist nicht verwertbar. 321 Anders als bei Verwertungsverboten, die sich aus einer Verletzung des § 136 ergeben (s. dort Rn. 77 ff.), verlangt die Rechtsprechung bei § 136a nicht, dass einer Verwertung von Erkenntnissen, die mit Hilfe verbotener Vernehmungsmethoden erlangt wurden, in der Hauptverhandlung widersprochen werden müsste, da sich eine Verwertung von vorneherein, unabhängig vom Willen des Vernommenen verbietet. Angesichts der oftmals gewagten Rechtsprechung in diesem Bereich rät die Kommentarliteratur aber auch hier zum Widerspruch. 3 2 2
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5. Fortwirkung. Ist ein Beschuldigter oder Zeuge unter Verstoß gegen § 136a vernommen worden, so hindert das nicht, ihn erneut, auf rechtmäßige Weise, zu vernehmen. Die neue Aussage darf dann grundsätzlich verwertet werden. 3 2 3 Auch dabei spielt keine Rolle, ob die Aussage für den Beschuldigten günstig oder ungünstig ist (oben Rn. 71). Da eine spätere Aussage vom Verwertungsverbot aber erfasst wird, wenn der Verstoß gegen § 136a fortwirkt und die Aussagefreiheit des Beschuldigten beeinträchtigt, 3 2 4 sollte eine zweite Vernehmung stets durch eine andere Person durchgeführt werden. Sie muss nicht nur jegliche Bezugnahme auf die frühere Aussage vermeiden, sondern auch die qualifizierte Belehrung enthalten, dass die frühere Aussage nicht ver-
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Dazu etwa: Grünwald Beweisrecht 143 f.; Eisenberg Beweisrecht 401. Vgl. OLG Hamburg NJW 2 0 0 5 2 3 3 0 mit Verweis auf BGHSt 16 165. Vgl. unten Rn. 78. Dafür spricht auch, dass der EGMR zur Effektuierung des Folterverbots zunehmend mit Beweiserleichterungen oder gar einer Beweislastumkehr arbeitet, vgl. dazu etwa: EGMR Urt. v. 2 0 . 7 . 2 0 0 4 Balogh ./. Ungarn; dazu: Borowsky, in: J. Meyer Charta der Grundrechte der EU (2005) Art. 4 Rn. 19. Vgl. Alsberg/Nüse/Meyer 481 mit zahlr. Nachw.; LG Hannover StV 1986 522. BGH bei Daliinger MDR 1973 371. Etwa für durch Folter erlangte Aussagen:
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LG Frankfurt StV 2 0 0 3 325 m. Anm. Zeigend StV 2 0 0 3 4 3 6 ; Saliger ZStW 116 (2004) 51. BGH bei Dallinger MDR 1973 371; KK/ Boujong 39; SKJRogall 88; Alsberg/Nüse/ Meyer 4 8 6 ; Grünwald J Z 1966 4 9 4 Fn. 55; Neuhaus NStZ 1997 313; Weiler FS Peters 4 5 6 f.; a.A. Baumann GA 1 9 5 9 43. KMRJLesch 53 mit Verweis auf BGH StV 1996 360; vgl. a. KK/Boujong 4 0 a.E. BGHSt 1 379; 2 2 134 = J Z 1968 750 mit Anm. Grünwald; 2 7 359; 37 53 m.w.N.; ganz h. Lehre. BGH NStZ 1995 4 6 2 ; vgl. a. BGHSt NStZ 1996 291; ganz h. Lehre.
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wertet werden kann. 3 2 5 Uneinheitlich ist bisher die Rechtsprechung zu der Frage, wann der bei einer ersten Aussage ausgeübte Druck, insbesondere wenn sie infolge Quälerei oder durch Drohung zustande gekommen ist, so fortwirkt und die zweite Vernehmung unverwertbar macht. 3 2 6 Beim Beschuldigten kommt es nicht darauf an, ob er die spätere Aussage nicht gemacht hätte, wenn er nicht durch unerlaubte Mittel zu der früheren veranlasst worden wäre, schon weil er sonst in seiner Stellung als Prozesssubjekt in ganz sachwidriger Weise beeinträchtigt würde. Maßgebend ist daher allein, ob er sich bei der zweiten Aussage seiner Entscheidungsmöglichkeit bewusst war. 3 2 7 Die Aussage eines Beschuldigten oder Zeugen, die darauf beruht, dass zuvor ein anderer unter Verstoß gegen § 136a vernommen und dadurch die Wahrheit ans Licht gekommen ist, darf verwertet werden, wenn die Aussage ohne behördliches Zutun mittelbar aus der verbotenen Vernehmung entstanden ist, z.B. dadurch, dass die Eltern des in unzulässiger Weise vernommenen Kindes im Dorf den Inhalt der Aussage verbreiten und sich daraufhin andere Zeugen melden. 3 2 8 75
6. Fernwirkung. Ob oder wann Beweismittel benutzt werden dürfen, die erst aufgrund der durch die unerlaubte Methode gewonnenen Aussage erlangt oder bekannt geworden sind, ist zweifelhaft und - im Zusammenhang mit der allgemeinen Problematik der Beweisverwertungsverbote (Einl. K) - höchst umstritten. 329 Bei grober Betrachtung lassen sich drei Meinungen unterscheiden: Nach einer Meinung ist, entsprechend dem Wortlaut des § 136a, grundsätzlich nur die Verwertung der „Aussage" als Beweismittel verboten, nicht jedoch ihre Verwertung als Grundlage weiterer Ermittlungen, also nicht die Benutzung der mittelbar durch die Aussage erlangten Beweise. 3 3 0 Führte also z.B. das auf unzulässige Weise erlangte Geständnis des Beschuldigten dazu, dass die Diebesbeute, die Leiche des Opfers und die Tatwaffe mit zum Beweis geeigneten Tatspuren sichergestellt werden können, „muss in dem Strafverfahren nicht so getan werden, als existierten diese Beweismittel nicht". 3 3 1 Begründet wird das vor allem damit,
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Zur qualifizierten Belehrung, s. näher § 136, 56; ebenso BGH Kriminalistik 2 0 0 5 325; LG Bad Kreuznach StV 1994 2 9 3 ; LG Dortmund NStZ 1997 356; LG Frankfurt StV 2 0 0 3 325 m. Anm. Weigend StV 2 0 0 3 4 3 6 ; SK/Rogall 86; KK/Boujong 40; Beulke 119 und 142; Schurig 167; Geppert GedS Meyer (1990) 110 f. Vgl. dazu BGHSt 15 187; 17 364; 2 7 358; 35 332; BGH NJW 1995 2 0 4 7 ; BGH StV 1996 360; bei Pfeiffer NStZ 1981 94; OLG Frankfurt NStZ 1988 4 2 5 ; LG Aachen NJW 1978 2 2 5 7 (zu dieser Entscheidung kritisch AlsbergfNüse/Meyer 4 8 5 Fn. 433); KKIBoujong 40; SKIRogall 85; Roxin § 25, 16; zweifelnd BGHSt 22 134; Eb. Schmidt 2 3 will schon die geringste Möglichkeit, dass die Unfreiheit fortgewirkt hat, genügen lassen; tendenziell a.A. Meyer-Goßner 30. BGHSt 2 2 135 = J Z 1968 750 mit Anm. Grünwald; 35 331, 3 3 2 m.w.N. = J Z 1989 3 4 7 mit Anm. Fezer = JR 1990 164 mit
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Anm. Bloy; BGH NStZ 1988 419; herrschende Lehre; zurückhaltender Eb. Schmidt (vgl. Fn. 184) und wohl auch Peters § 41 II 4 c. Peters § 41 II 4 c; Baumann GA 1 9 5 9 39 ff.; AlsbergfNüse/Meyer 4 8 6 . Zum Meinungsstand etwa: SK/Rogall 90 ff.; Eisenberg Beweisrecht 714 ff.; Knoll 2 9 ff.; Mergner Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten (Diss. Köln 2 0 0 5 ) 3 7 ff.; Müssig GA 1 9 9 9 136 f.; Wesemann/Müller StraFo 1998 113. BGHSt 3 4 362 (s.o. Fn. 188; auch unter Berücksichtigung eines sog. hypothetischen Ermittlungsverlaufes); OLG Hamburg MDR 1976 601; OLG Stuttgart N J W 1973 1941; Meyer-Goßner 31; KMSJLesch 52; Alsberg/ Nüse/Meyer 4 8 6 ; Baumann GA 1959 42; Döhring 214; Erbs NJW 1951 389; Heinitz JR 1964 4 4 4 ; Kramer Jura 1988 5 2 4 ; Petry 126. So bereits LR/Meyer 2 3 51.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
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dass man sonst zu kriminalpolitisch unerträglichen Ergebnissen käme und die oft kaum zu lösende Frage erörtern müsste, ob die Beweismittel nicht auch auf ordnungsgemäßem Wege zu erlangen gewesen wären. Die Gegenmeinung 3 3 2 orientiert sich an der „fruit of the poisonous tree doctrine" aus dem amerikanischen Recht bzw. der dort entwickelten „hypothetical clean path doctrine". 3 3 3 Beide verdanken ihre Entstehung vor allem dem Wunsch, bedenklichen Ermittlungsmethoden amerikanischer Polizeibehörden „disziplinierend" entgegenzuwirken. 334 Nach diesem Ansatz ist auch die Verwertung der mittelbar erlangten Beweise grundsätzlich unzulässig, weil die Verbote des § 136a sonst im Ergebnis umgangen und ausgehöhlt würden, insbesondere der Anreiz bliebe, sie zur Gewinnung mittelbarer Beweise doch anzuwenden, oder weil jedenfalls der Vertrauensschutz und die Freiheit vor Selbstbelastung eine solche Folge gebiete. Eine im Vordringen befindliche Mittelmeinung 3 3 5 will, wenn auch in unterschiedlicher Akzentuierung, auf eine Abwägung im Einzelfall abstellen, insbesondere berücksichtigen, ob in besonders grober Weise gegen die Rechtsordnung verstoßen worden ist. Die Rechtsprechung (insbesondere der BGH) lehnt eine Fernwirkung tendenziell a b , 3 3 6 geht damit von einer prinzipiellen Verwertbarkeit weiterer Erkenntnisse aus, wobei die Zulässigkeit der Verwertung im Einzelfall von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen abhängen soll. Die Rechtsprechung kommt damit - wenig überraschend - zu uneinheitlichen Ergebniss e n : 3 3 7 So hat das LG Frankfurt im „Fall Daschner" (Androhung von Folter) eine Fernwirkung des Beweisverbotes aus § 136a nicht grundsätzlich ausgeschlossen und ist dabei der hier dargestellten Mittelmeinung gefolgt. 3 3 8
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LG Hannover StV 1986 522; Henkel 271; Kühne 541; Peters § 41 II 4 b (anders aber für Täuschungen); Roxin § 24, 44; Dencker 78 ff.; Eisenberg Beweisrecht 714 ff.; Grünwald Beweisrecht 158 und StV 1987 471; Beulke ZStW 103 (1991) 669; Kohlhaas JR 1960 248 und DAR 1971 66; Mehle SchrRAGStrafR 1989, 176 ff.; Neuhaus NJW 1990 1221; Nüse JR 1966 284; Otto GA 1970 294; Paulus GedS Meyer 328; Peres 142; Reinecke 181 ff. (mit Ausnahmen); Sendler 39 ff.; Spendel JuS 1964 471 und NJW 1966 1105; Walder 194; im Ergebnis ebenso: Amelung 50 mit Bezug auf die Lehre von den Informationsbeherrschungsrechten; Jäger 131 ff.; 226 ff.; unter Zugrundelegung einer „beweisgegenstandsbezogenen Verwertungsverbotslehre". Aus U.S.Perspektive und rechtsvergleichender Sicht: Thaman 45 St. Louis Law Journal 581 (2001); zur U.S.Doktrin vgl. a. Forbes 55 Fordham L. Rev. 1221 (1987). Rechtsvergleichend zu diesen Ansätzen: Mergner Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten (Diss. Köln 2005) 37 ff. und 76 ff.: Harris StV 1991 313; Salditt GA 1992 59; Rogall Rudolphi-Symp. 133; zur Berücksichtigung hypothetischer Ermittlungsverläufe im deutschen Strafverfahrensrecht: Jahn/Dallmeyer NStZ 2005 297 ff. m.w.N.
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YXJBoujong 42; SYJRogall 90 ff.; vgl. a. AK/Kühne 83 ff.; Füllkrug MDR 1989 122; Kiemknecht NJW 1966 1545 (Fernwirkung nur in extremen Fällen); Kelnhofer 255 ff.; Knoll 58 ff. (mit vielen Einzelheiten und z.T. bedenklich); Peters Gutachten z. 46. DJT S. 99; Maiwald JuS 1978 384; Schlüchter JR 1984 517; Wolter NStZ 1984 276; s.a. LR/ Rieß24 § 152, 27. Diese Konsequenz zeigt etwa BGHSt 34 362: Dort werden zwar die Angaben des Beschuldigten gegenüber dem in die U-HaftZelle eingeschleusten Polizeispitzel für unverwertbar gehalten (oben Rn. 44), nicht hingegen die Bekundungen eines Zeugen, den die Polizei erst aufgrund der Angaben des Beschuldigten gegenüber dem Spitzel ausfindig gemacht hat. Vgl. etwa BGHSt 27 329; 29 249; 34 364 f.; OLG Stuttgart NJW 1973 1942; vgl. aber auch BGHSt 32 70 f. Zur Kritik an der Rspr. vgl. Dalimeyer 216; Müssig GA 1999 135; Rogall ZStW 91 (1979) 35. LG Frankfurt StV 2003 325 m. krit. Anm. Weigend StV 2003 436; grundsätzlich zustimmend, aber krit. hinsichtlich der konkreten Umsetzung der Abwägungslehre durch das LG: Saliger ZStW 116 (2004) 55; vgl. a. BVerfG NJW 2005 656.
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Eine differenzierte Lösung erscheint zwar grundsätzlich richtig. Aber es bedarf hier in der Zukunft wohl noch weiterer sinnvoller Präzisierung. Es handelt sich bei der Fernwirkung um eine Frage, die § 136a Abs. 3 als solche gar nicht beantwortet, auch nicht durch das Abstellen auf die „Aussage". Sie betrifft vielmehr ein generelles Problem der Beweisverbote. 3 3 9 Die herrschende, wenn auch sehr umstrittene Auffassung, dass sich die Wirkung dieser Verbote nicht einheitlich lösen lässt, sondern von der Art des Verstoßes und der übrigen Sachlage abhängt (Einl. K), könnte den in sich gewiss unterschiedlich gewichtigen Fällen des § 136a einerseits vermutlich am ehesten gerecht werden. Wichtig erscheint es insofern zu bedenken, dass das Verhältnis zwischen Beweiserhebungsverboten und Beweisverwertungsverboten in vielerlei Hinsicht immer noch ungeklärt ist. 3 4 0 Andererseits gibt es Fallgruppen, bei denen eine Fernwirkung stets angenommen werden muss, wie etwa bei der unter Folter erlangten Aussage.
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7. Beweis des Verfahrens Verstoßes. O b ein Verstoß gegen § 136a vorliegt, hat der Tatrichter gegebenenfalls unter Verwendung aller erreichbaren Beweismittel, auch durch Vernehmung der Verhörsperson, nach den Regeln des § 2 4 4 Abs. 2 3 4 1 aufzuklären. Nach (wohl noch) herrschender Meinung gelten dabei die Regeln des Freibeweises, weil es sich um die Feststellung prozesserheblicher Tatsachen handelte, die nicht den Inhalt der für die Schuld- und Straffrage bedeutsamen Aussage betreffen, sondern nur die Art ihres Zustandekommens. 3 4 2 Das bedeutete vor allem, dass die Amtsaufklärungspflicht des § 2 4 4 Abs. 2 nur entsprechend gilt, dass Beweisanträge nicht ausdrücklich beschieden zu werden brauchen und auch aus anderen als den in § 2 4 4 Abs. 3 bis 5 genannten Gründen abgelehnt werden dürfen. Die herrschende Meinung überzeugt aber nicht. 3 4 3 Denn die Prüfung des Verstoßes ist zugleich auch für die Frage bedeutsam, ob die Aussage im Rahmen der Schuldfeststellungen überhaupt verwendet werden darf. Sie überschneidet sich ferner regelmäßig mit der Frage nach dem materiellen Beweiswert der Aussage, wie sich zeigt, wenn sie für verwertbar gehalten wird. Diese Beurteilung aber ist nach der heutigen Rechtsprechung der Revisionsgerichte als Voraussetzung für die richtige Anwendung des sachlichen Rechts grundsätzlich auch im Rahmen der Sachrüge relevant und im Wege des Strengbeweises zu klären, so dass es nahe liegt, eine doppelrelevante Tatsache mit der Folge anzunehmen (vgl. bei § 244), dass in der Hauptverhandlung der Strengbeweis vorgeht.
78
Bloße Zweifel am Vorliegen einer unzulässigen Vernehmungsmethode (nicht: an ihrer Ursächlichkeit, s. oben Rn. 70) wurden lange als unbeachtlich angesehen. 344 Das über-
AK/Kühne 83; SYJRogall 91 m.w.N.; Kelnhofer 2 2 ff. und 141 ff.; Knoll 1 ff.; Reinecke 4 4 . 340 Yg] e t w a Grünwald Beweisrecht S. 143 ff. 3 4 1 BGH bei Dallinger MDR 1951 568. 3 4 2 BGHSt 16 166 = JR 1962 108 mit Anm. Eb. Schmidt-, BGH NJW 1994 2 9 0 5 (insoweit in BGHSt 4 0 211 nicht abgedruckt) std. Rspr.; KYJBoujong 43; Meyer-Goßner 32; KMR/Lesch 50; SYJRogall 83; Alsberg/ Nüse/Meyer 124 m.w.N. Zum Freibeweis vgl. bei § 2 4 4 und Einl. G V. 3 4 3 Ablehnend (und für Strengbeweis) AK/ Schöch § 2 4 4 , 14; Peters § 41 II 4 d bb; Ranft 1536; Schlüchter 744; Eisenberg 339
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Beweisrecht 707; differenzierend Fezer J Z 1989 349. Eg. Peters Der sog. Freibeweis im Zivilprozess (1962) 5 5 sieht in der h.M. ein „Musterbeispiel" für die fragwürdige Handhabung der Unterscheidung zwischen materiellrechtlich und prozessual erheblichen Tatsachen. So - meist bezogen auf das Revisionsverfahren - BGHSt 16 167; 31 4 0 0 ; BGH VRS 2 9 (1965) 2 0 4 ; BGH bei Herlan MDR 1955 652; BGH bei Martin DAR 1975 119; LG Marburg StV 1993 2 3 8 ; KK-Boujong 43; Meyer-Goßner 31; SYJRogall 83, 84; Alsberg fNüse/Meyer 485. Offengelassen von BGHSt 41 89.
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
zeugte selbst dann nicht, wenn man mit der herrschenden Meinung (Rn. 77) annähme, dass ein Verstoß gegen § 136a allein das Verfahrensrecht beträfe. Heute gelten Zweifel am Vorliegen eines Verfahrensverstoßes bei § 136a jedenfalls dann als beachtlich, wenn aus Gründen, die in der Sphäre der Justiz liegen, die Vermutung der Rechtmäßigkeit und Justizförmigkeit des staatlichen Verfahrens durch „hinreichend verlässliche Anhaltsp u n k t e " 3 4 5 ernsthaft erschüttert ist. 3 4 6 Der Vernommene darf in dieser typischerweise für ihn ungünstigen Beweislage nicht mit der Beweislast allein gelassen werden. 3 4 7 · 8. Verwertungsverbot nach Art. 15 UN-Antifolterübereinkommen. In Zusammenhang mit der Verwertung von Erkenntnissen, die durch Vernehmungen im Ausland gewonnen wurden, stellt sich - insbesondere, wenn man wie die herrschende Meinung eine direkte Anwendbarkeit von § 136a Abs. 3 S. 2 verneint 3 4 8 - in verschiedenen Konstellationen die Frage, unter welchen Umständen sich ein Verwertungsverbot direkt aus internationalen Vorgaben ergibt. Einigkeit herrscht darüber dass Art. 15 UN-Antifolterübereinkommen 3 4 9 unmittelbar ein Verwertungsverbot im deutschen Strafverfahren begründen kann. Uneinigkeit herrscht aber etwa über die Anforderungen an den Beweis, dass Aussagen durch Folter herbeigeführt wurden. Nach der bisher veröffentlichten Rechtsprechung muss das Gericht nach einer Prüfung im Wege des Freibeweisverfahrens 3 5 0 vom Vorliegen verbotener Vernehmungsmethoden überzeugt sein. 3 5 1
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Vin. Revision Die Verwertung einer Vernehmung entgegen dem Verbot des § 136a Abs. 3 wird im Revisionsverfahren nicht von Amts wegen berücksichtigt. 3 5 2 Vielmehr begründet nur die entsprechende Rüge die Revision wegen Verletzung des Verfahrensrechts, wenn das angefochtene Urteil auf dem Verstoß beruhen kann. Die praeter legem für § 136 entwickelte Widerspruchslösung (§ 136, 82 ff.) kann im Bereich des § 136a nicht greifen, weil die Verwertbarkeit nicht zur Disposition des Betroffenen steht. 3 5 2 a Der Beschwerdeführer muss bei seiner Rüge die Tatsachen, aus denen sich die unzulässigen Vernehmungsmethoden ergeben, in der Revisionsbegründungsschrift form- und fristgerecht vortragen (§ 3 4 4 Abs. 2 Satz 2), wozu regelmäßig der vollständige Inhalt der Sitzungsniederschriften 3 5 3 sowie diejenigen Tatsachenbehauptungen gehören, aus denen sich wenigstens die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der verbotenen Einwirkung und
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Eb. Schmidt JR 1962 111; Eisenberg Beweisrecht 708; vgl. a. Jahn JuS 2005 1062. Vgl. BGH StV 2007 65 sowie Erl. zu § 337; eingehend Lehmann Die Behandlung des zweifelhaften Verfahrensverstoßes im Strafprozeß (1983) 114 ff. m.w.N. Ebenso (speziell für § 136a) auch AK/Kühne 78; Peters § 41 II 4 d bb; Roxi« § 15, 40; Eb. Schmidt Nachtr. I 24; Hanack JZ 1971 170; a.A. KK/Boujong 43. Kühne 534; vgl. a. Burkhard StraFo 2001 41; weitergehend: Ransiek StV 1994 347. Siehe hierzu auch Rn. 72. BVerfGE EuGRZ 1996 328; BVerfG NJW 2004 1858; OLG Hamburg NJW 2005
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2328; Schomburg/Lagodny/Gleß/HacknerLagodny § 73 IRG, Rn. 90a. OLG Hamburg NJW 2005 2328 f. Vgl. dazu: OLG Hamburg NJW 2005 2328, das die Schwächen dieses Verfahrens beispielhaft vor Augen führt; s. aber oben Rn. 72. BVerfG NStZ 2002 487; Kleinknecht NJW 1966 1544; Hanack JZ 1971 171; a.A. offenbar Henkel 181. Vgl. § 136a Abs. 3 S. 2; Fezer StV 1997 57; s. aber auch: BGH NJW 1996 290, 291. BGH NStZ-RR 2003 144; Meyer-Goßner 33; vgl. a. BVerfG NJW 2005 1999.
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der verwerteten Aussage ergibt. 354 Geht es um die tatrichterliche Verwertung einer im Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen § 136a gewonnenen Aussage, muss sich der Tatsachenvortrag nicht nur auf die Entstehung der Aussage beziehen, sondern auch auf ihre rechtsfehlerhafte Verwendung (Erhebung und Verwertung) in der Hauptverhandlung. 355 Ob die Voraussetzungen des § 136a vorliegen, stellt das Revisionsgericht nach noch herrschender Meinung regelmäßig im Wege des Freibeweises fest, wobei es an die Feststellungen des Tatrichters nicht gebunden ist. 3 5 6 Zweifel am Vorliegen des Verstoßes muss es dabei, entgegen der herrschenden Meinung nach den in Rn. 77 dargelegten Grundsätzen berücksichtigen. Die Freibeweisprüfung kommt, was nach der hier vertretenen Meinung (Rn. 77) praktisch bedeutsam ist, aber nicht in Betracht, wenn der Tatrichter im Strengbeweisverfahren Feststellungen über den Inhalt der Aussage getroffen hat; denn dann handelt es sich um doppelrelevante Tatsachen, die im Revisionsverfahren durch Freibeweis nicht überprüft werden können (vgl. Erl. zu § 337), gegebenenfalls aber die Aufklärungsrüge begründen. 357 Behauptet die Staatsanwaltschaft oder der Nebenkläger, der Tatrichter habe ein Verwertungsverbot nach § 136a Abs. 3 zu Unrecht angenommen, ist dieses Vorbringen revisionsrechtlich als Verletzung der Aufklärungspflicht zu rügen, wobei nach Lage des Falles auch die Darlegung verlangt wird, dass keine Fortwirkung des Verstoßes (Rn. 74) vorliegt. 358 81
Wenn eine Absprache gegen § 136a verstößt (vgl. Rn. 63), kann dies unter bestimmten Umständen die Revision begründen. 359
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Trotz seines besonderen Charakters (Rn. 3) dürfte § 136a bei verbotenen Vernehmungsmethoden gegenüber dem Beschuldigten mindestens im Wege der erweiternden Auslegung im Sinne des § 339 als eine Verfahrensvorschrift anzusehen sein, die lediglich zu Gunsten des Angeklagten gegeben ist. 3 6 0 Ihre Verletzung bei einer Vernehmung des Beschuldigten kann daher insoweit nur die Revision des Angeklagten oder eine zu seinen Gunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft geltend machen. Ist § 136a jedoch bei der Vernehmung eines Zeugen mit dem Ziel verletzt worden, ihn zu einer dem Beschuldigten günstigen Aussage zu bewegen, so kann die Verwertung dieser Aussage auch zuungunsten des Angeklagten mit der Revision der Staatsanwaltschaft gerügt werden. Der Angeklagte kann auch die unzulässige Herbeiführung des Geständnisses eines Mitangeklagten rügen. 361
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Ob die Auffassung des BGH (folge-)richtig ist, dass der Verstoß gegen § 136a nicht mit der Sachrüge, sondern nur mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden kann, 3 6 2
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BVerfG NStZ 2 0 0 2 4 8 7 ; BGH NStZ 2 0 0 1 551; BGH StV 1988 4 7 0 ; OLG Neustadt NJW 1964 313; Meyer-Goßner 33; SK/ Rogall 107. Vgl. auch BGH StV 1994 63 und 1996 360 sowie BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 94 und 2 9 8 speziell für Darlegungen zur Frage der Fortwirkung (Rn. 74). BVerfG NStZ 2 0 0 2 487. BGHSt 14 191; 16 166 = J R 1962 108 mit Anm. Eb. Schmidt-, BGH bei Miebach NStZ 1988 211; OLG Frankfurt VRS 36 (1969) 366; KK/Boujong 43; Meyer-Goßner 33; SYJRogall 99. So treffend Fezer J Z 1989 349. Vgl. aber auch unten Rn. 83. BGH NJW 1995 2 0 4 7 ; allgemein kritisch
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zum Vortrag von „Negativtatsachen" bei der Verfahrensrüge Dahs FS Saiger 217 ff. Vgl dazu BGHGrS NJW 2 0 0 5 1444 ff. m. Anm. Dahs NStZ 2 0 0 5 5 8 0 = Anm. Duttge/ Schoop StV 2 0 0 5 421 = Anm. Riess J R 2 0 0 5 4 3 5 = Anm. Satzger JA 2 0 0 5 6 8 4 = Anm. Seher J Z 2 0 0 5 6 3 4 = Anm. Theile StraFo 2 0 0 5 4 0 9 und die Nachweise in Rn. 63 sowie zur früheren Rechtsprechung BGH NStZ 1993 2 8 ; Pfeiffer 5. Ebenso SK/Rogall 108; Eisenberg Beweisrecht 725; UUMeyer23 56; a.A. KMRJPaulus $ 339, 5; Amelunxen Die Revision der Staatsanwaltschaft (1980) 54. BGH bei Daliinger MDR 1971 18. BGH bei Holtz MDR 1976 988; bei Mie-
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Zehnter Abschnitt. Vernehmung des Beschuldigten
§ 136a
erscheint, wie schon angedeutet (Rn. 77), zweifelhaft. 3 6 3 Denn die Entscheidung über den Verstoß, also über Verwertung oder NichtVerwertung der Aussage, betrifft ja regelmäßig zugleich auch die Tragfähigkeit der Feststellungen zur Schuldfrage, die gerade der B G H heute (in weitgehender Verwischung der traditionellen Abgrenzung zwischen Verfahrens- und Sachrüge) als Voraussetzung richtiger Rechtsanwendung auch mit der Sachrüge kontrolliert. 3 6 4 So müsste er nach diesen Grundsätzen z.B. die Annahme des Tatrichters, eine Aussage sei nicht durch Ermüdung verursacht und darum glaubwürdig, auch auf die Sachrüge hin kontrollieren, wenn auch (wie immer bei der Sachrüge) nur anhand der Urteilsurkunde.
IX. Weitere Rechtsfragen In Zusammenhang mit der Androhung bzw. Anwendung bestimmter verbotener Vernehmungsmethoden wird ferner diskutiert, unter welchen Umständen allenfalls ein Verfahrenshindernis begründet werden könnte: In Rede stand zum einen ein Verfahrenshindernis wegen Folterandrohung; 3 6 5 zum anderen ein Verfahrenshindernis infolge des Einsatzes polizeilicher Lockspitzel. Ein Verfahrenshindernis nimmt die Rechtsprechung aber - nach einem restriktiven Ansatz - nur in Fällen an, in denen aufgrund eines massiven Rechtsverstoßes eine Verhandlung über einen Prozessgegenstand mit dem Ziel einer Sachentscheidung ausgeschlossen erscheint. 3 6 6 In Zusammenhang mit § 136a wird generell die Ansicht vertreten, dass der Gesetzgeber sich ausdrücklich für die Konsequenz eines Beweisverwertungsverbots und nicht für ein Verfahrenshindernis entschieden habe. 3 6 7 In den bisher vorliegenden Entscheidungen verneint die Rechtsprechung grundsätzlich auch dann ein Verfahrenshindernis und verweist auf die vorgesehene Korrektur durch Verwertungsverbote, wenn Folter angedroht wurde. 3 6 8 Im Fall der Tatprovokation hat jedenfalls der 1. Strafsenat des B G H die Möglichkeit eines Verfahrenshindernisses aber eingeräumt. 3 6 9
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bach NStZ 1988 211; ebenso KKJBoujong 43; Meyer-Goßner 33; SK/Rogall 107; Eisenberg Beweisrecht 723. Ebenso: Pfeiffer 15. Vgl. bei § 337. Dazu etwa: Gau 123. BGHSt 46 168 f. m.w.N.; BVerfG DVB1. 2003 600 (Senatsmehrheit). BGHSt 42 193; BGHSt 45 334 m.w.N.; LG Frankfurt StV 2003 325 m. Anm. Weigend StV 2003 436; a.A. Gau 122; vgl. a.
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BVerfGE NJW 2005 656 sowie Krack GA 2003 537; grundsätzlich zustimmend: KKJBoujong 38. BVerfGE NJW 2005 656; LG Frankfurt StV 2003 325 m. Anm. Weigend StV 2003 436; a.A. Saliger ZStW 116 (2004) 61 für Fälle „schwerster Misshandlung und Quälerei". BGHSt 45 333; vgl. aber auch BGHSt 46 171 ff., zuvor bereits BGHSt 35 140; MeyerGoßner NStZ 2003 169.
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ELFTER ABSCHNITT Verteidigung Vorbemerkungen Schrifttum Abdallah Die Problematik des Rechtsmißbrauchs im Strafverfahren (2002); Ackermann Die Verteidigung des schuldigen Angeklagten, NJW 1954 1385; ders. Darf der Verteidiger auf Freispruch hinwirken, wenn er die Schuld des vor Gericht leugnenden Angeklagten kennt? GedS Cüppers (1955) 92; ders. Zur Psychologie des Angeklagten im Strafverfahren aus der Sicht des Verteidigers, MSchrKrim 4 0 (1957) 129; ders. Zur Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts in Strafsachen, FS zum 100-jährigen Bestehen des DJT, Bd. 1 (1960) 479; Alber Das Verteidigerprivileg, Diss. Konstanz 1998; Alexander Die Stellung des Verteidigers, ZStW 51 (1931) 54; Alsberg Die Philosophie der Verteidigung (1930); Ambos Annahme bemakelten Verteidigerhonorars als Geldwäsche? J Z 2 0 0 2 70; M. Amelung Der Anwalt - abhängiges Organ unabhängiger Richter? AnwBl. 2 0 0 2 347; Ankermann Nach einem Verfahren platt oder: Adieu! Rechtsstaat, DRiZ 1993 67; Arbeitskreis Strafprozeßreform Die Verteidigung. Gesetzentwurf mit Begründung (1979); Arbeitstagung der Generalstaatsanwälte und des Generalbundesanwalts zum „Verteidigerverhalten in Terroristenverfahren", StV 1991 284; Arapidou Die Rechtsstellung des Strafverteidigers (1997); Armbrüster Die Entwicklung der Verteidigung in Strafsachen (1980); Augstein Polizei und Verteidiger, BKA-Vortragsreihe Bd. 23 (1977) 111; ders. Der Anwalt, Organ der Rechtspflege, NStZ 1981 52; ders. Anwälte und Terroristen - Zur Behinderung der Verteidigung durch „Anti-Terrorgesetze", in: Wassermann (Hrsg.) Terrorismus contra Rechtsstaat (1976) 188; Baatz Rechtliche Charakterisierung anwaltlicher Tätigkeit, NJ 1980 38; Bader Strafverteidigung vor deutschen Gerichten im Dritten Reich, J Z 1972 6; C. Balzer Die berufstypische Strafbarkeit des Verteidigers unter besonderer Beachtung des Problems der Begehung von Geldwäsche (§ 261 StGB) durch Honorarannahme (2004); Barton Sachverständiger und Verteidiger, StV 1983 73; ders. Strafverteidigungs-Aktivitäten im Justizalltag, StV 1984 394; ders. Strafverteidigungsorientierte Schwerpunktausbildung, AnwBl. 1987 63; ders. Zur Effizienz der Strafverteidigung, MSchrKrim. 6 8 (1988) 93; ders. Strafverteidigung und Kriminaltechnik, StV 1988 126; ders. Das Vertragsprinzip - ein neues Strafverteidigungs-Paradigma? StV 1990 237; ders. Schadensersatzpflicht des Verteidigers bei fehlerhafter Revisionsbegründung, StV 1991 322; ders. Mindeststandards der Strafverteidigung (1994); ders. Rechtstatsachen zur Dauer von Strafverfahren und zu deren Gründen, StV 1996 690; ders. Strafverteidigungsorientierte Ausbildung im Studium, JA 2001 164; ders. Verteidigerhonorar und Geldwäsche, JuS 2 0 0 4 1033; ders. Verteidigungsgründe. Eine alte Perspektive mit neuen Aspekten für Wissenschaft, Studium und Praxis, FS Richter II 33; ders. Einführung in die Strafverteidigung (2007); Basdorf Änderungen des Beweisantragsrechts und Revision, StV 1995 310; ders. Formelle und informelle Präklusion im Strafverfahren, StV 1997 488; M. Baumann Eigene Ermittlungen des Verteidigers (1999); Bayer Die Verteidigung im Strafprozeß, Diss. Erlangen 1958; Berkenheide Die Grenzen der anwaltlichen Strafverteidigung, Diss. Münster 1952; Berg Saboteure, Kommentare, DRiZ 1994 380; Bernsmann Wider eine Vereinfachung der Hauptverhandlung, ZRP 1994 329; ders. Zur Stellung des Strafverteidigers im deutschen Strafverfahren, StraFo 1999 226; ders. Das Grundrecht auf Strafverteidigung und die Geldwäsche, StV 2 0 0 0 40; ders. Der Rechtsstaat wehrt sich gegen seine Verteidiger: Geldwäsche durch Strafverteidiger? FS Lüderssen 683; ders. Aufstieg und Fall der professionellen Verteidigung - eine Skizze, StV 2 0 0 6 342; Bertram Empfehlen sich Änderungen des Strafverfahrensrechts mit dem Ziel, ohne Preisgabe rechtstaatlicher Grundsätze den Strafprozeß, insbesondere die Hauptverhandlung, zu beschleunigen? NJW 1994 2186; ders. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege (Strafrecht) 1995, ZRP 1996 46; Bethge Der verfassungsrechtliche Standort der „staatlich gebundenen" Berufe,
Klaus Lüderssen/Matthias Jahn
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Erstes Buch. Allgemeine Vorschriften
Diss. Köln 1968; Beulke Wohin treibt die Reform der Strafverteidigung? in: Strafprozeß und Reform (1979) 30; ders. Der Verteidiger im Strafverfahren - Funktionen und Rechtsstellung (1980); ders. Die Strafbarkeit des Verteidigers (1989); ders. Thesen zur Strafverteidigung (Buchbesprechung), StV 1994 572; ders. Strafverteidigung im Spannungsfeld zwischen Rechtsstaatlichkeit und Verfahrenseffizienz in Deutschland, in: Kühne/Miyazawa (Hrsg.), Alte Strafrechtsstrukturen und neue gesellschaftliche Herausforderungen in Japan und Deutschland (2000) 137; ders. Zwickmühle des Verteidigers - Strafverteidigung und Strafvereitelung im demokratischen Rechtsstaat, FS Roxin 1173; ders. Gedanken zur Diskussion über die Strafbarkeit des Verteidigers wegen Geldwäsche, FS Rudolphi 391; ders. Äußerungen des Strafverteidigers in der Hauptverhandlung als Einlassung des Angeklagten? FS Strauda 87; ders. Der numerus clausus der Verfahrensrechte und -pflichten als Schlüssel für die Bestimmung der Rechtsstellung des Strafverteidigers? StV 2007 261; Beulke/Schreiber (Hrsg.) Praxis der Strafverteidigung (1984 ff.) [bisher 31 Bände; überwiegend mehrfach aufgelegt]; Blaurock (Hrsg.) Der Binnenmarkt und die Freiheit der freien Berufe in Deutschland und Schweden (1997); Κ. M. Böhm Verteidigerfremdes Verhalten - Neue Wege zur Ausschließung lästiger Strafverteidiger? NJW 2006 2371; Bohlander Gerichtliche Sanktionen gegen Anwälte wegen Mißbrauchs von Verfahrensrechten (2001); Borgmann/Jungk/Grams Anwaltshaftung 4 (2005); Bornheim Rechtliche und praktische Aspekte bei der Steuerstrafverteidigung in Gemeinschaft von Rechtsanwalt und Steuerberater, wistra 1997 212, 257; Bottke Wahrheitspflicht des Verteidigers, ZStW 96 (1984) 726; Braum Aufbruch oder Abbruch europäischer Strafverteidigung? StV 2003 576; Brause Faires Verfahren und Effektivität im Strafprozeß, N J W 1992 2865; Bret Grenzen zulässigen Verteidigerverhaltens (1991); Breucker Verteidigungsfremdes Verhalten (1993); Bringewat Bewährungshilfe und Strafverteidigung: ein Rollenkonflikt? M D R 1988 617; Brüning Die Strafbarkeit des Insolvenzverwalters wegen Geldwäsche gem. § 261 StGB, wistra 2006 241; Brüssow/Petri Der Rechtsanwalt und die Geldwäsche, AnwBl. 2004 114; Bundesminister der Justiz Die Rechtsstellung des Verteidigers im Strafverfahren - ein europäischer Vergleich (1977/78); Bung/Dallmeyer/ Jahn Strafverteidiger-Symposium „Kriminalpolitik und Beschuldigteninteressen", StV 1999 68; Burger/Peglau Geldwäsche durch Entgegennahme „kontaminierten" Geldes als Verteidigerhonorar, wistra 2000 164; Burhoff Verteidigerfehler in der Tatsachen- und Revisionsinstanz, StV 1997 432; Busse Sind die Rechtsanwälte schuld an der Überforderung des Rechtsstaates? AnwBl. 1994 49; ders. Anwaltsethik unter der Geltung des neuen Berufsrechts, AnwBl. 1998 231; ders. Freie Advokatur - Entwicklung, Bedeutung, Perspektiven für die Rechtspflege, AnwBl. 2001 130; Bussenius Geldwäsche und Strafverteidigerhonorar (2004); Caesar Strukturreform der Justiz, RuP 1994 131; Claus Die „Säuberung" der Anwaltschaft nach 1933, FoR 1996 79; Clausnitzer Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Anwälte in der EG, BRAK-Mitt. 1989 59; Cloeren Strafbarkeit durch Beweisantragstellung?, Diss. Trier 1994; Croissant Die sog. Terroristenprozesse und -gesetzgebung, Rote Robe 1983 32; ders./Groenewold/Preuß u.a. Politische Prozesse ohne Verteidigung (1976); Crummenerl Zum Stand des Standes Strafverteidiger/innen und ihr Berufsrecht, StV 1988 268; ders. Verteidigung im Strafraum? StV 1988 86; Dahs Der Anwalt im Strafprozeß, AnwBl. 1959 171; ders. Stellung und Grundaufgabe des Strafverteidigers, N J W 1959 1158; ders. Verteidigung im Strafverfahren heute und morgen, ZRP 1968 17; ders. Ausschließung und Überwachung des Strafverteidigers - Bilanz und Vorschau, NJW 1975 1385; ders. Das Anti-Terroristen-Gesetz - eine Niederlage des Rechtsstaates, NJW 1976 2145; ders. Wehrhafter Rechtsstaat und freie Verteidigung - ein Widerspruch? Z R P 1977 164; ders. Stumpf gewordene StPO? NJW 1994 909; ders. Das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28.10.1994, N J W 1995 553; ders. Strafverteidigung und Strafrechtspflege - eine Momentaufnahme, FS Odersky 317; ders. Die Ausweitung des Widerspruchserfordernisses, StraFo 1998 253; ders. Die Wahrheitspflicht des Strafverteidigers, StraFo 2000 181; ders. Handbuch des Strafverteidigers 7 (2005); ders. Das Schweigen des Verteidigers und die Revision, FS Nehm 243 (überarbeitet als „Das Schweigen des Verteidigers zu tatrichterlichen Verfahrensfehlern und die Revision" NStZ 2 0 0 7 241); Damaska Die Stellung des Verteidigers im amerikanischen Strafprozeß, ZStW 90 (1978) 829; Danckert/Bertheau Gefahrgeneigte Arbeit? Das besondere berufliche Risiko des Verteidigers, FS Hanack 27; Deckers „Mißbrauch" von Anwaltsrechten zur „Prozeßsabotage", AnwBl. 1981 316; ders. Verteidigung in Haftsachen, N J W 1994 2261; ders. Verteidigung in Verfahren wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern, N J W 1996 3105; ders. Strafverteidigung (2005); ders. Verteidigung und Opferanwälte, StV 2006 353; Dessecker Strafvereitelung und Strafverteidigung - ein lösbarer Konflikt? GA 2005 142; Detter Der von der Verteidigung ge-
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Elfter Abschnitt. Verteidigung
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ladene psychiatrische Sachverständige - Konfliktverteidigung oder Ohnmacht der Tatgerichte? FS Meyer-Goßner 431; Deppert Die neuere Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen, BRAK-Mitt. 1998 54; Dölp Abschied von der Hauptverhandlung, NStZ 1998 235; Dörken Bericht über das Kolloquium „Die Institution des Strafverteidigers in rechtsvergleichender Sicht", ZStW 93 (1981) 309; Dörnach Der Strafverteidiger als Mitgarant eines justizförmigen Strafverfahrens - ein Plädoyer für die öffentlichen Funktionen des Strafverteidigers (1994); ders. Ist der Strafverteidiger aufgrund seiner Stellung als „Organ der Rechtspflege" Mitgarant eines justizförmigen Strafverfahrens? NStZ 1995 57; Driendl Zwischen Konsenszwang und Konfliktverbot. Verteidigung und Verteidigungsbeschränkung in der Hauptverhandlung in Österreich, J Z 1980 457; Dünnebier Ausschließung von Verteidigern und Beschränkung der Verteidigung, NJW 1976 1; ders. Über Änderungen im Recht der Verteidigung, FS Pfeiffer 265; Dürkop Was sind Mandanteninteressen? in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 172; Ebert Der Nachweis von Vollmachten im Strafund Bußgeldverfahren, DRiZ 1984 237; Eisenberg Aspekte der Rechtstellung des Strafverteidigers, NJW 1991 1257; Eschen Der Anwalt im Prozeß der Wahrheitsfindung - Waffengleichheit - Thesen, Gustav Radbruch Forum (1981) 60; ders. § 1 BRAO - Bedeutung des Begriffs „Organ der Rechtspflege", StV 1981 365; Eschenhagen Der Mißbrauch des Beweisantragsrechts (2001); Eser Funktionswandel strafrechtlicher Prozeßmaximen, ZStW 104 (1992) 361; Eylmann Die Interessenkollision im Strafverfahren, AnwBl. 1998 359; Fahl Rechtsmißbrauch im Strafprozeß (2004); Falk Vom unzeitigen Rennen, sich Sperren und Disputieren. Eine Fallstudie zur Verteidigung im Hexenprozeß, in: Lehmann/Ulbricht (Hrsg.), Vom Unfug des Hexen-Processes (1992) 281; Fertig Grenzen einer Inkriminierung des Wahlverteidigers wegen Geldwäsche, Diss. Jena 2004; Fezer Hat der Beschuldigte ein „Recht auf Lüge"? FS Stree/Wessels 663; ders. Reduktion von Beweisantragserfordernissen Systemverändernde Tendenzen in der tatrichterlichen Praxis und der Gesetzgebung, StV 1995 263; ders. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Strafverfahrensrecht, J Z 1996 602; ders. Zum „Missbrauch" des Beweisantragsrechts in einem Extremfall, FS Ulrich Weber 475; Finzel Die Berufsordnung der Rechtsanwälte, FS Posser 441; Th. Fischer Rechtsmißbrauch und Überforderung der Strafjustiz, NStZ 1997 212; ders. Ersatzhehlerei als Beruf und rechtsstaatliche Verteidigung, NStZ 2004 473; Fleischmann Die freien Berufe im Rechtsstaat (1970); Foth „Der falsche Weg zum richtigen Ziel?", JR 1996 99; Freund Stellungnahme zum Vorentwurf eines 2. Rechtspflegeentlastungsgesetzes, ZRP 1995 268; Freyschmidt Verteidigung in Straßenverkehrssachen (2005); Frisch Tatbestandsprobleme der Strafvollstreckungsvereitelung, NJW 1983 2471; ders. Zum tatbestandsmäßigen Verhalten der Strafvereitelung, JuS 1983 915; Frister Die Einschränkung von Verteidigungsrechten im Bundesratsentwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege", StV 1997 150; Gaede Fairness als Teilhabe - das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäß Art. 6 EMRK (2007); Gaier Berufsrechtliche Perspektiven der Anwaltstätigkeit unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, BRAK-Mitt. 2006 2; v. Galen Der Verteidiger - Garant eines rechtsstaatlichen Verfahrens oder Mittel zur Inquisition? Der Beschuldigte - verteidigt oder verkauft? StV 2000 575; dies. Bekämpfung der Geldwäsche - Ende der Freiheit der Advokatur? N J W 2003 117; dies. Die reduzierte Anwendung des Geldwäschetatbestands auf die Entgegennahme von Strafverteidigerhonorar - Drahtseilakt oder Rechtssicherheit? NJW 2004 3304; Gallas Grenzen zulässiger Verteidigung im Strafprozeß, ZStW 53 (1934) 256; Gatzweiler Der „neue" Strafverteidigertyp in seiner Umsetzung im DAV, FS Koch 93; ders. Möglichkeiten und Risiken einer effizienten Strafverteidigung, StraFo 2001 187; ders. Die Stellung des Strafverteidigers: Mitgarant einer effektiven Strafrechtspflege oder einseitiger Vertreter der Interessen des Verteidigten? in: Kohlmann u.a. (Hrsg.) Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert (2004) 59; ders. Vom Selbstverständnis der Strafverteidigung, AnwBl. 2005 663; Geppert Schriftliche oder mündliche Erklärungen des Verteidigers als Einlassung des Angeklagten selbst? FS Rudolphi 643; Gerlach Der Verteidiger in Bagatellverfahren: Ein überflüssiges Organ der Rechtspflege? FS II Peters 153; Gerlt Der Gesetzentwurf zur Anwalts-GmbH: Ein Abschreckungsversuch? M D R 1998 259; Göddeke Bundesverfassungsgericht und Strafverteidigung, DuR 1980 176; ders. Die Einschränkung der Strafverteidigung (1980); Görg Der Wirtschaftsanwalt und die Kooperation mit dem Strafverteidiger, AnwBl. 1997 593; Gössel Die Stellung des Verteidigers im rechtsstaatlichen Strafverfahren, ZStW 94 (1982) 5; ders. Das Problem der Strafverteidigung durch den Beschuldigten selbst oder durch einen Rechtsanwalt, Deutsche strafrechtliche Landesreferate zum 11. internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung, ZStW 94 (1982) 127; ders. Empfehlen sich Änderungen des Strafverfahrens-
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rechts mit dem Ziel, ohne Preisgabe rechtstaatlicher Grundsätze den Strafprozeß, insbesondere die Hauptverhandlung, zu beschleunigen? Gutachten C für den 60. DJT (1994); ders. Der falsche Weg zum richtigen Ziel? JR 1995 364; ders. Z u m Verhältnis der Aufklärungsmaxime zum sog. „formellen Beweisantragsrecht" im Strafverfahren, JR 1996 100; Götz/Windholz Gebührenzahlungen von Mandanten aus rechtswidrigen Vermögenswerten im Sinne des § 261 StGB, AnwBl. 2000 642; Gotzens/M. C. Schneider Geldwäsche durch Annahme von Strafverteidigerhonoraren? wistra 2002 121; Groenewold Angeklagt als Verteidiger - Prozeßerklärung und andere Texte (1978); Gröner Strafverteidiger und Sitzungspolizei (1998); K.-H. Groß Medien und Verteidigung im Ermittlungsverfahren, FS Hanack 39; Grüner Über den Mißbrauch von Mitwirkungsrechten und Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Strafprozeß (2000); ders./Wasserburg Geldwäsche durch die Annahme des Verteidigerhonorars, GA 2 0 0 0 430; Grünwald Die Verteidigung - Grundlagen und Ziele des Gesetzentwurfs des Arbeitskreises Strafprozeßreform, AnwBl. 1980 1; Güde Die Verteidigung aus der Sicht der Anklage, AnwBl. 1961 3; Gülzow Beschlagnahme von Unterlagen der Mandanten bei deren Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern, N J W 1981 265; Ε. K. Günther Die Rechtsstellung des Strafverteidigers, Diss. Köln 2002; K.-A. Günther Strafverteidigung (1982); Güstrow Tödlicher Alltag - Strafverteidigung im Dritten Reich (1981); Gusy Grundrechtsschutz der Strafverteidigung, AnwBl. 1984 225; Hamburger Juristen Die Einschränkung der Verteidigung im Strafprozeß (1976); Haffke Einschränkung des Beschlagnahmeprivilegs des Verteidigers durch den Rechtsgedanken der Verwirkung? N J W 1975 308; Hamm Entwicklungstendenzen der Strafverteidigung, FS Sarstedt 49; ders. Der Standort des Verteidigers im heutigen Strafprozeß, NJW 1993 289; ders. Was wird aus der Hauptverhandlung nach Inkrafttreten des Verbrechensbekämpfungsgesetzes, StV 1994 456; ders. Strafverteidigung - Kampf oder Kuschelkurs? NJW 1997 1288; ders. Geldwäsche durch die Annahme von Strafverteidigerhonorar? N J W 2000 636; ders. Die (notwendige) Verteidigung während des Vorverfahrens im Lichte der Vertragstheorie und der neueren Rechtsprechung, FS Lüderssen 717; ders. Zehn Gebote für Strafverteidiger, FS Tondorf 311; ders. Ist Strafverteidigung noch Kampf? NJW 2006 2084; Hammerstein Zum Berufsbild des Strafverteidigers, BRAK-Mitt. 1983 59; ders. Verteidigung ohne Verteidiger, JR 1985 140; ders. Verteidigung und Moralität, NStZ 1990 261; ders. Verteidigung wider besseres Wissen? NStZ 1997 12; Hanack Aktuelle Probleme der Strafverteidigung in der Bundesrepublik Deutschland, SchwZStr. 1977 299; ders. Arbeitskreis Strafprozeßreform: Die Verteidigung. Gesetzentwurf mit Begründung. Vorgelegt von Günter Bemmann u.a. (1979), ZStW 93 (1981) 559; ders. Grundlagen und Inhalt der „öffentlichrechtlichen Komponente" des Mandatsverhältnisses zwischen Beschuldigtem und Verteidiger (unveröff. Manuskript 1980); Hannover Abschaffung der Verteidigung im politischen Strafprozeß? DuR 1976 366; ders. Strafverteidigung in der Vertrauenskrise, KJ 1977 221; ders. Verteidigung als Menschenrecht, 3. Internationales Russell-Tribunal, Bd. 4 (1979) 9; ders./Holtfort/Mauz Strafverteidigung und Anwaltsorganisation (1979); ders. „Das mußt du machen!" - Erfahrungen eines Verteidigers im Ermittlungsverfahren gegen Terrorismus-Verdächtige (1982) 51; Hansens Die Rechtsprechung zum Anwaltshaftpflichtrecht im Jahre 1991, NJW 1992 1353; T. Hartmann Der Strafverteidiger und sein Handeln - oftmals Strafvereitelung und Geldwäsche? AnwBl. 2002 330; Hartstang Anwaltsrecht (1996); Härtung Neuordnung des anwaltlichen Berufsrechts, N J W 1993 2776; ders. Strafverteidiger als Geldwäscher? AnwBl. 1994 440; ders. Der Anwaltsberuf im Wandel, M D R 1999 1301; ders./Holl Anwaltliche Berufsordnung 3 (2006); Haussen Die rechtliche Stellung des Rechtsanwalts als Organ einer starken nationalsozialistischen Rechtspflege, DR 1944 353; Hassemer Reform der Strafverteidigung, ZRP 1980 326; ders. Informelle Programme im Strafprozeß, StV 1982 377; ders. Professionelle Adäquanz, wistra 1995 41, 81; ders. Über den Mißbrauch von Rechten, FS Meyer-Goßner 127; ders. Grenzen zulässiger Strafverteidigung, in: Hamm/Lohberger (Hrsg.) Beck'sches Formularbuch für den Strafverteidiger 4 (2002); ders. Strafverteidigung und Grundrechte, StraFo 2004 113; ders. Der Einfluß der Berichterstattung in den Medien auf Verlauf, Inhalt und Ergebnis des Strafverfahrens, in: 4. Strafverteidiger-Symposion Frankfurt (2004) 166; Haug Die grundsätzliche Stellung des Verteidigers, Diss. Tübingen 1939; Heeb Grundsätze und Grenzen der anwaltlichen Strafverteidigung und ihre Anwendung auf den Fall der Mandatsübernahme, Diss. Tübingen 1973; Hefendehl Kann und soll der Allgemeine Teil bzw. das Verfassungsrecht mißglückte Regelungen des Besonderen Teils retten? Die „Geldwäsche" durch den Strafverteidiger, FS Roxin 145; Heine/Romani/Spaniol Verteidiger und Strafverfahren, StV 1987 74; Heinicke Der Beschuldigte und sein Verteidiger in der Bundesrepublik Deutschland (1984); Helms Wirtschaftliche Aspekte der
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Strafverteidigung, in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 167; Henschel Die Strafverteidigung im Inquisitionsprozeß des 18. und im Anklageprozeß des 19. Jahrhunderts, Diss. Freiburg 1972; Henssler Anwaltsgesellschaften, NJW 1993 2137; Herzog Die Stellung zum Beweisantragsrecht als Indikator autokratischer und korporatistischer Vorstellungen im Strafverfahren, StV 1994 166; Hetzer Geldwäsche und Strafverteidigung, wistra 2000 281; Hilgendorf Das eingeschränkte Verteidigerprivileg, GedS Schlüchter 497; Hillmann Bedeutung und Funktion der freien Berufe, AnwBl. 1979 446; Hollaender Der Rechtsmissbrauch im Strafverfahren und die Grenzen der Gesetzesauslegung, J R 2007 6; Holtfort Der Rechtsanwalt - Gegen die Mißdeutung des Begriffs „Organ der Rechtspflege" - Eine Erwiderung, RuP 1977 173; ders. Ein Stück sozialer Gegenmacht, KJ 1977 313; ders. Der Anwalt als soziale Gegenmacht, in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 37; Hombrecher Geldwäsche (§ 261 StGB) durch Strafverteidiger? (2001); Huffmann Kampf um freie Advokatur, Diss. Bonn 1965; Hufnagel Der Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Geldwäsche gemäß § 261 StGB (2004); Hug Die Freiburger Anwaltschaft im vergangenen Jahrhundert, AnwBl. 1993, 372; Ignor Zur Rechtsstellung und zu den Aufgaben des Verteidigers, FS Schlüchter 39; ders. Beratungsmandat und Beteiligungsverdacht, StraFo 2001 42; ders. Geschichte des Strafprozesses in Deutschland 1532-1846 (2002); Isermann Der Strafverteidiger als „Organ der Rechtspflege" - ein historisches Danaergeschenk? in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 14; ders. Anwalt als „Rechtshelfer sozialer Gegenmacht", RuP 1977 119; Jaeger Die freien Berufe und die verfassungsrechtliche Berufsfreiheit, AnwBl. 2000 475; dies. Rechtsanwälte als Organ der Rechtspflege - notwendig oder überflüssig? Bürde oder Schutz? NJW 2004 1; Jahn Kann „Konfliktverteidigung" Strafvereitelung (§ 258 StGB) sein? ZRP 1998 103; ders. Sitzungspolizei contra „Konfliktverteidigung"? NStZ 1998 389; ders. „Konfliktverteidigung" und Inquisitionsmaxime (1998); ders. Das Zivilrecht der Pflichtverteidigung, JR 1999 1; ders. Strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, NStZ 2007 255; ders./Lips Hat der Strafverteidiger die Pflicht, bei der Rekonstruktion außer Kontrolle geratener Verfahrensakten mitzuwirken? StraFo 2004 229; ders./Matt Strafverteidigung in der Universitätsausbildung, Jura 2000 390; Jerouschek/Schröder Die Strafvereitelung: Ein Tatbestand im Meinungsstreit, GA 2000 51; Johnigk Verteidiger - nicht nur erster und zweiter, sondern auch dritter und vierter Klasse? StV 2006 347; Jolmes Der Verteidiger im deutschen und österreichischen Strafprozeß, Diss. Göttingen 1982; Jung Strafverteidigung in Europa, StV 1990 509; Jungfer Eigene Ermittlungstätigkeit des Strafverteidigers - Strafprozessuale und standesrechtliche Möglichkeiten und Grenzen, StV 1981 100; ders. Strafverteidigung in der Weimarer Republik, in: Eben (Hrsg.) Aktuelle Probleme der Strafrechtspflege (1991) 37; Kaiser Die Verteidigervollmacht und ihre Tücken, NJW 1982 1368; Kalf Die Beschlagnahme von Verteidigungsunterlagen in der Wohnung des Beschuldigten, Die Polizei 1985 4; Kamann Mehr Soll als Haben, StV 1996 120; Kappelmann Die Strafbarkeit des Strafverteidigers (2006); Kargl Probleme des Tatbestands der Geldwäsche (§ 261 StGB), NJ 2001 57; Kasper Der Anwalt im Kampf ums Recht, J Z 1995 746; Katholnigg Kann die Honorarannahme des Strafverteidigers als Geldwäsche strafbar sein? NJW 2001 2041; Kautenburger-Behr Zum Rederecht des Verteidigers nach Verlesung des Anklagesatzes (2004); Kempf Rechtsmißbrauch im Strafprozeß, StV 1996 507; ders. Rechtsbeugung als Mittel der Rechtspolitik, FS Friebertshäuser 83; ders. Lange und überlange Strafverfahren, AnwBl. 1997 75; ders. Muß die Diskussion um Beschleunigung und Entlastung des Strafverfahrens neu beginnen? AnwBl. 1997 100; ders. Die Funktion von Strafrecht und Strafverteidigung in einer modernen Gesellschaft, NJW 1997 1729; Keppeler Geldwäsche durch Strafverteidiger, DRiZ 2003 97; Kintzi Möglichkeiten der Vereinfachung und Beschleunigung von Strafverfahren de lege ferenda, DRiZ 1994 325; KleineCosack Vom Universalanwalt zum Spezialanwalt, NJW 1992 785; ders. Neuordnung des anwaltlichen Berufsrechts, NJW 1994 2249; ders. Berufs- und Fachanwaltsordnung für Rechtsanwälte, NJW 1997 1257; Klemke/Elbs Einführung in die Praxis der Strafverteidigung (2007); Knapp Der Verteidiger - ein Organ der Rechtspflege? Diss. Saarbrücken 1974; ders. Verteidigung des Rechtsstaates durch Bekämpfung des Verteidigers? AnwBl. 1975 373; Kniemeyer Das Verhältnis des Strafverteidigers zu seinen Mandanten: Vertrauen und Unabhängigkeit (1997); Knierim Die zivilrechtliche Haftung des Strafverteidigers, FS Strauda 115; Köberer Untersuchungshaft - Erfahrungen eines Strafverteidigers, in: Deutsche Strafverteidiger e.V. (Hrsg.) Sinn und Unsinn der U-Haft (1997) 43; Kölbel Über die Wirkung außerstrafrechtlicher Normen auf die Strafrechtsauslegung, GA 2002 403; ders. Das Rechtsmissbrauchs-Argument im Strafrecht, GA 2005 36; König Vom Dienst am Recht,
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Rechtsanwälte als Strafverteidiger im Nationalsozialismus (1987); Kohlmann Waffengleichheit im Strafprozeß? FS Peters 311; Kopp Die Anwaltsgerichtsbarkeit, BRAK-Mitt. 1998 56; Krach Strafverteidigung durch jüdische Rechtsanwälte in der NS-Zeit, NJW 1995 1384; Achim Krämer Der Rechtsanwalt - ein „staatlich gebundener Vertrauensberuf"? NJW 1975 849; Achim Krämer Die verfassungsrechtliche Stellung des Rechtsanwalts, NJW 1995 2313; Andreas Krämer Zum Qualitätsverständnis anwaltlicher Rechtsberatung, NJW 1996 2354; Krahl Mißachtung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze durch die schriftliche und selbstlesende Hauptverhandlung, GA 1998 329; Daniel M. Krause Die zivilrechtliche Haftung des Strafverteidigers, NStZ 2000 225; Krekeler Beeinträchtigungen der Rechte des Mandanten durch Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt, NJW 1977 32; ders. Beeinträchtigungen der Rechte des Mandanten durch gerechtfertigte und mißbräuchliche Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt - Durchsuchung und Beschlagnahme, AnwBl. 1977 367; ders. Durchsuchung des Verteidigers beim Betreten des Gerichtsgebäudes, NJW 1979 185; ders. Probleme der Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen, wistra 1983 280; ders. Strafrechtliche Grenzen der Verteidigung, NStZ 1989 146; ders. Durchsuchung und Beschlagnahme in Anwaltsbüros, FS Koch 165; ders. Auskunfts- und Raterteilung durch den Verteidiger, FS Friebertshäuser 53; Kröpil Entstehungsgeschichte der strafprozessualen Mißbrauchsvorschriften in § 241 Abs. 1 und § 138a Abs. 1 Nr. 2 StPO, DRiZ 1996 448; ders. Ist eine allgemeine gesetzliche strafprozessuale Mißbrauchsklausel notwendig? ZRP 1997 9; ders. Zum Meinungsstreit über das Bestehen eines allgemeinen strafprozessualen Mißbrauchsverbots, JuS 1997 354; ders. Zum Begriff des Mißbrauchs in §§ 241 Abs. 1, 138a Abs. 1 Nr. 2 StPO, JR 1997 315; ders. Die Bedeutung der strafprozessualen Verfahrensziele für den Mißbrauch strafprozessualer Befugnisse, J Z 1998 135; Kroiß Das neue Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, JuS 2005 33; ders. Plädoyer des Verteidigers, JuS 2005 256; Krüger Probleme der anwaltlichen Interessenvertretung im Ordnungswidrigkeitenverfahren, NJW 1981 1642; Krüger Der Verteidiger im Strafverfahren, Krim 1974 392; Krumsiek Verkürzung überlanger Hauptverhandlung und Entlastung der Strafrechtspflege, RuP 1994 127; Kudlich Unzulässigkeit eines mißbräuchlichen Hilfsbeweisantrags, JuS 1997 507; ders. Strafprozeß und allgemeines Mißbrauchsverbot (1998); ders. Gesetzliche Regelungsmöglichkeiten gegen den strafprozessualen Mißbrauch im Kontext von Freiheit und Verantwortung, in: Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit (1998) 13; ders. Die Unterstützung fremder Straftaten durch berufsbedingtes Verhalten (2004); ders./Oberhof Das Abschlussplädoyer des Strafverteidigers JA 2006 463; Küper Zulässige „Rechtsrückbildung" oder unzulässige „Rechtsfortbildung"? Zur Verhaltensform der Strafvereitelung, FS F.-C. Schroeder 555; Küpper Strafvereitelung und „sozialadäquate" Handlungen, GA 1988 385; Kulisch Strafverteidigerhonorar und Geldwäsche, StraFo 1999 337; Kühne Wer mißbraucht den Strafprozeß? StV 1996 684; ders. Rechtsmißbrauch des Strafverteidigers, NJW 1998 3027; Kunert Vom Nutzen (und Nachteilen) von Handbüchern für den Fachanwalt für Strafrecht GA 2001 369; Kunigk Prozeßführung und Strafverteidigung (1976); Kuntze-Kaufhold Lässt sich eine gelungene Strafverteidigung standardisieren? MSchrKrim. 86 (2003) 390; Lamberti Strafvereitelung durch Strafverteidiger, Diss. Münster 1988; Lammer Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung, StraFo 1997 257; Lampe Sockelverteidigung (1999); Leipold Form und Umfang des Erklärungsrechts nach § 257 StPO und seine Auswirkungen auf die Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofs, StraFo 2001 300; Leitner/Leipold/Weimann Organisation einer Strafverteidigerkanzlei, StraFo 2001 223; Leitner Verteidigung vor Internationalen Gerichtshöfen aktuelle Entwicklungen, StraFo 2003 228; ders. Motivation statt Motiv: Strafverteidigerhonorar und Geldwäsche. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Bedeutung für die Strafverteidigung, StraFo 2004 149; ders. Die Verständigung im Strafverfahren aus Sicht der Verteidigung, FS Strauda 365; Leitsätze zur Reform des Rechts der Verteidigung. Erstellt von der Strafrechtskommission der Fachgruppe Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft ÖTV, AnwBl. 1981 224; Leistner Der Anwalt im Strafprozeß, DRiZ 1960 243; Leuze Ordnungsmaßnahmen gegen Strafverteidiger? StV 2004 101; Levy Das Recht auf Verteidigung, Forum Europarat 1981 4; Liemersdorf Grenzziehung zwischen zulässigem und unzulässigem Verhalten des Strafverteidigers im Umgang mit seinem Mandanten, MDR 1989 204; Lindemann/Reichling Sieg der Wahrheit über die Form? StV 2007 152; Lindner Anwaltliches Berufsrecht: Referentenentwurf als Mogelpackung, MDR 1993 605; Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich Kommentar zu den Grundsätzen des anwaltschaftlichen Standesrechts2 (1988); Löchner Politische Verteidigung in Verfahren gegen terroristische Gewalttäter, FS Rebmann 303; Lüderssen Aus der grauen Zone zwischen staatlichen und individuellen Interessen.
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Z u r Funktion der Strafverteidigung in einer freien Gesellschaft, FS Sarstedt 145; ders. Wie abhängig ist der Strafverteidiger von seinem Auftraggeber? Wie unabhängig kann und soll er sein? FS Dünnebier 263; ders. Die Pflichtverteidigung, NJW 1986 2742; ders. Die Krise des staatlichen Strafanspruchs (1989); ders. Die Stellung des Strafverteidigers - neue Aspekte: Wahrheitspflicht, „Geldwäsche", Schadensersatz, FS Waltos 324; ders. Bedeutung und Wirkung von „Vertrauen" in der Beziehung zwischen Mandant und Verteidiger, in: Egon Müller-Symposion (2000) 41; Lutje Iudex non calculat - Das Fünffache der gesetzlichen Gebühren als verbindliche Honorargrenze für Strafverteidigungen? NJW 2005 2490; Maas Probleme der gemeinschaftlichen Verteidigung durch Rechtsanwälte und Angehörige der steuerberatenden Berufe, Diss. Köln 1983; Maatz Mitwirkungspflicht des Verteidigers in der Hauptverhandlung und Rügeverlust, NStZ 1992 513; Madiener Die Institution des Verteidigers in rechtsvergleichender Sicht, ZStW 93 (1981) 275; Malek Verteidigung in der Hauptverhandlung 3 (1999); Malmendier „Konfliktverteidigung" - ein neues Prozeßhindernis? N J W 1997 227; Marczak Strafverteidigung und Fair Trial - gerichtliche Fürsorgepflicht und Missbrauchsverbot im Strafprozess, StraFo 2004 373; Martin Die Änderungen der StPO durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 20.12.1974 in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts, FS Dreher 647; Marxen/Tiemann Die Wiederaufnahme in Strafsachen 2 (2006); Matt Geldwäsche durch Honorarannahme eines Strafverteidigers, GA 2002 137; ders. Verfassungsrechtliche Beschränkungen der Strafverfolgung von Strafverteidigern, JR 2004 321; ders. Strafverteidigerhonorar und Geldwäsche, FS Rieß 739; Mayen Die verfassungsrechtliche Stellung des Rechtsanwalts, NJW 1995 2317; ders. Inwieweit ist Beweismaterial in der Hand des Verteidigers beschlagnahmefrei? SchlHA 1955 348; Mehle Anmerkungen zum Alternativentwurf aus anwaltlicher Sicht, NStZ 1982 309; ders. Der Verteidiger - Ein Korrektiv auch zu Lasten des Beschuldigten, FS II Peters 201; ders. Strafvereitelung durch Wahrnehmung prozessualer Rechte? FG Koch 179; ders. Einschränkung der Strafverteidigung durch das Berufsrecht? FS Rieß 317; Mehlhorn Der Strafverteidiger als Geldwäscher (2004); MeyerGoßner Die Verteidigung vor dem Bundesgerichtshof und dem Instanzgericht, FS 50 Jahre BGH IV 615; ders. Verteidigung aus der Sicht der Justiz, Welp-Kolloquium 81; ders./Ströber Reform des Rechtsmittelsystems in Strafsachen, ZRP 1996 354; ders. Erwiderung auf Barton, StV 1997 212; ders./Appl Die Ausweitung des Widerspruchserfordernisses, StraFo 1998 258; Michalke Thesen zur Strafverteidigung (Buchbesprechung), ZRP 1993 311; dies. Umweltstrafsachen 2 (2000); Milger Sitzungsgewalt und Ordnungsmittel in der strafrechtlichen Hauptverhandlung, NStZ 2006 121; Morsch Zur Rechtsstellung des Beschuldigten und seines Verteidigers im Vorverfahren unter Berücksichtigung der Aufgabe des gesamten Strafverfahrens, Diss. Mainz 1968; Eckhart Müller Auswirkungen des Geldwäschetatbestandes auf die Tätigkeit von Strafverteidigern, StraFo 2004 3; ders. Berufsfreiheit und Freiheit des Berufs. Der Strafverteidiger als Organ der Rechtspflege, FS Dahs 3; ders. Der Strafverteidiger und sein Honorar: Überlegungen zur Entscheidung des BGH v. 27.1.2005, FS Strauda 161; ders./Gussmann Berufsrisiken des Strafverteidigers (2007); Egon Müller Strafverteidigung, NJW 1981 1801; ders. Der Grundsatz der Waffengleichheit im Strafverfahren, NJW 1976 1093; ders. Gedanken zur Vernehmung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und zum sog. Opening Statement des Verteidigers, FS Hanack 67; I. Müller Neue Grenzen anwaltlicher Tätigkeit? DuR 1977 267; ders. Verteidigerrechte - Eine traurige Geschichte, in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 69; K. Müller Die Pflichten des Anwalts im Zusammenhang mit der Führung des Prozesses, JR 1969 161; L. Müller Die Freiheit der Advokatur, Diss. Würzburg 1972; Müller-Dietz Strafverteidigung und Strafvereitelung, Jura 1979 242; Müller-Gerteis Die zivilrechtliche Haftungssituation des Strafverteidigers (2005); Müller-Meiningen Die Selbstachtung des Verteidigers, AnwBl. 1978 218; Müssig Strafverteidiger als „Organ der Rechtspflege" und die Strafbarkeit wegen Geldwäsche, wistra 2005 201; Müther Verteidigerhonorar und Geldwäsche, Jura 2001 318; Mützeiburg Über Verteidigung im Verständnis der Verteidiger, FS Dünnebier 277; Nehm Verpflichtung zum Plädoyer? FS Karlmann Geiß (2000) 111; ders.lSenge Ursachen langer Hauptverhandlungen, NStZ 1998 377; Nestler Der Bundesgerichtshof und die Strafbarkeit des Verteidigers wegen Geldwäsche, StV 2001 641; Neuhaus Terminsbestimmung, Terminsverlegung, StraFo 1998 84; ders. Kriminaltechnik für den Strafverteidiger, StraFo 2001 8, 115, 406; StraFo 2006 393; ders. Beruhensfrage (§ 337 Abs. 1 StPO) und unzureichende Verteidigerleistung, StV 2002 43; ders. Die Bedeutung der Kriminologie für die Verteidigung im Erkenntnisverfahren, FS Schwind 355; Niemöller Rechtsmißbrauch im Strafprozeß, StV 1996 501; Nitschmann Strafverteidigung in Europa,
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GA 2004 655; Olk Die Abgabe von Sacherklärungen des Angeklagten durch den Verteidiger (2006); Ostendorf Strafvereitelung durch Strafverteidigung, NJW 1978 1345; ders. Verteidigung am Scheideweg (Anmerkung zum Groenewold-Urteil), J Z 1979 252; ders. Verteidigung im dritten Reich, StV 1983 121; ders. Zum Verhältnis Staatsanwaltschaft-Strafverteidigung, DRiZ 1993 197; Ostler Die deutschen Rechtsanwälte 1871-1971 (1971); Ott Mehr Rechtsstaatlichkeit mit weniger Rechten des Verteidigers? Zur Einschränkung der Rechte des Verteidigers und des Angeklagten, Vorgänge 13 1975 5; Harro Otto Das Strafbarkeitsrisiko berufstypischen, geschäftsmäßigen Verhaltens, J Z 2001 436; Paul Anwaltsberuf im Wandel - Rechtspflegeorgan oder Dienstleistungsgewerbe? in: Arbeiten zur Rechtsvergleichung (1982) 111; Paulus Dogmatik der Verteidigung, NStZ 1992 305; Pellkofer Sockelverteidigung und Strafvereitelung (1999); Perron Das Beweisantragsrecht des Beschuldigten, ZStW 108 (1996) 128; ders. Das Beweisantragsrecht des Beschuldigten im deutsche Strafprozeß (1995); Peters Justizgewährungspflicht und Abblocken von Verteidigungsvorbringen, FS Dünnebier 53; Pfeiffer Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln, DRiZ 1984 342; Pfordte/Degenhard Der Anwalt im Strafrecht (2005); Pfützner Die Rechte der Verteidigung nach europäischem Recht, ZStW 116 (2004) 827; Pieth Strafverteidigung - wozu? Standpunkte kontrovers 4 1986; Pöstges Funktion und Mißbrauch prozessualer Rechte im Strafprozeß, Diss. Düsseldorf 2002; Preuß Verteidiger vor Gericht, in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 48; Prittwitz Straflose Obstruktion der Rechtspflege durch den Angeklagten? StV 1995 270; ders. Waffengleichheit im Ermittlungsverfahren - zu teuer bezahlt mit der „Entleerung" der Hauptverhandlung? FS Bemmann 596; Püschel Täter-Opfer-Ausgleich - Gestaltungsmöglichkeiten des Verteidigers, StraFo 2006 261; Quack Sinn und Grenzen anwaltlicher Unabhängigkeit heute, NJW 1975 1337; Quedenfeld Beweisantrag und Verteidigung in den Abschnitten des Strafverfahrens bis zum erstinstanzlichen Urteil, FS II Peters 215; Randerath Die Problematik der Strafvereitelung als Erfolgsdelikt, Diss. Köln 1990; Ranft Verteidigerhonorar und Geldwäsche, Jura 2004 759; Redeker Freiheit der Advokatur heute, NJW 1987 2610; ders. Rechtsanwaltschaft zwischen 1945 und 1995, NJW 1995 1241; Reichel Der Anwalt - Organ der Rechtspflege oder Interessenvertreter? ZRP 1982 83; Remagen-Kemmerling Der Ausschluß des Strafverteidigers in Theorie und Praxis (1992); Richter II Grenzen anwaltlicher Interessenvertretung im Ermittlungsverfahren, NJW 1981 1820; ders. Sockelverteidigung, NJW 1993 2152; Rick Die verfassungsrechtliche Stellung des Rechtsanwalts (1998); Rieß Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 14.4.1978 und Strafverfahrensänderungsgesetz 1979, NStZ 1981 215; ders. Gesamtreform des Strafverfahrensrechts - eine lösbare Aufgabe? ZRP 1977 67; ders. Pflichtverteidigung - Zwangsverteidigung - Ersatzverteidigung, Reform der notwendigen Verteidigung, StV 1981 460; ders. Reflexionen zur Lage der Strafjustiz, NStZ 1994 409; ders. Das Selbstbestimmungsrecht des Mandanten, in: Egon Müller-Symposion (2000) 1; ders. Zur aktuellen Entwicklung des Strafverfahrensrechts, StraFo 2006 4; Risset Die verfassungsrechtliche Stellung des Rechtsanwalts, insbesondere in seiner Funktion als Verteidiger im Strafverfahren, Diss. Marburg 1980; Rietmann Zur Strafbarkeit von Verfahrenshandlungen (2002); Römer Pflichtverteidiger neben Wahlverteidiger? ZRP 1977 92; ders. Kooperatives Verhalten der Rechtspflegeorgane im Strafverfahren? FS Schmidt-Leichner 133; Römermann Anwaltliche Berufsordnung, NJW 1998 2249; Ropohl Der Zwangsverteidiger, Diss. Hannover 1983; Roesen Die Stellung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung, NJW 1958 977; ders. Exclusivität des Verteidigers, AnwBl. 1975 132; Rösmann Mitwirkung des Verteidigers an der Rekonstruktion in Verlust geratener Straf-(Ermittlungs-)Akten aus standesrechtlicher Sicht, NStZ 1983 446; Rosenkaymer Täterschaft und Teilnahme bei der Strafvereitelung (§ 258 StGB), Diss. Bochum 1988; Rosenthal Verteidigung in TerrorismusVerfahren, StV 2006 373; Rostek Verteidigung in Kapitalstrafsachen (2002); Roxin Das Zeugnisverweigerungsrecht des Syndikusanwalts, NJW 1992 1129; ders. Gegenwart und Zukunft der Verteidigung im rechtsstaatlichen Strafverfahren, FS Hanack 1; Rudolphi Die jüngsten Änderungen des Strafprozeßrechts und Probleme der Pflichtverteidigung, FS Schmidt-Leichner 159; ders. Notwendigkeit und Grenzen einer Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes im Kampf gegen den Terrorismus, ZRP 1979 214; ders. Verteidigerhandeln als Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung i.S.d. §§ 129, 129a StGB, FS Bruns 315; ders. Täterschaft und Teilnahme bei der Strafvereitelung, FS-Kleinknecht 379; Rückel Die Notwendigkeit eigener Ermittlungen des Strafverteidigers, FS II Peters 265; ders. Verteidigertaktik bei Verständigung und Vereinbarungen im Strafverfahren, NStZ 1987 297; ders. Strafverteidigung und Zeugenbeweis (1988); Rühmann Anwaltsverfolgung in der Bundesrepublik 1971-1976 (1977); Rüping Der Mißbrauchsgedanke im Strafprozeß-
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recht und sein Mißbrauch, J Z 1997 865; Rüther Strafverteidigung von Ausländern (1999); Sack Strafrecht und Kriminalität in einer freiheitlichen Gesellschaft - einige Folgerungen für das Verhältnis Rechtsanwalt und Mandant, in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 132; Rzepka Zur Fairneß im deutschen Strafverfahren (2000); dies. Geldwäsche und Verteidigerhonorar, FS Tondorf 327; Salditt Der Fall Bülow - Bericht über eine Strafverteidigung in den USA, StV 1988 75; ders. Der Tatbestand der Geldwäsche, StraFo 1992 121; ders. Verteidigung in der Hauptverhandlung, StV 1993 442; ders. Das Interesse an der Lüge, StV 1999 61; ders. Strafverteidiger und öffentliche Meinung, AnwBl. 1999 445; ders. Das Mandanteninteresse, in: Egon Müller-Symposion (2000) 24; ders. Die Wahrheit von Macht und Gegenmacht, Referat beim Strafverteidigertag 2000; ders. Grauzonen anwaltlicher Tätigkeit, kasuistisch betrachtet, BRAK-Mitt. 2001 150; ders. Geldwäsche durch Strafverteidigung, StraFo 2002 181; ders. Vertrauen im Außenverhältnis, AnwBl. 2005 565; ders. EU-Strafrecht - die anwaltliche Perspektive, AnwBl. 2006 632; Saltger Kann und soll das Recht die Lüge verbieten? in: Depenheuer (Hrsg.) Recht und Lüge (2005) 93; Sandermann Waffengleichheit im Strafprozeß, Diss. Köln 1975; Sarstedt Die Situation des Strafprozesses: Richter, Strafverteidiger, Staatsanwalt, in: Richter - Rechtsanwalt - Staatsanwalt, Selbstverständnis und gegenseitiges Verständnis, Tagung vom 6. bis 8. Oktober 1978 in Bad Boll, Protokolldienst 1978 15; Satzger/Hanft Erheben einer bewusst unwahren Protokollrüge im Rahmen der Revision als Rechtsmissbrauch? NStZ 2007 185; Sauer Zur Leichtfertigkeit i.S.v. § 261 V StGB bei der Annahme von Mandantengeldern durch Strafverteidiger, wistra 2004 89; H.C. Schaefer Alarmzeichen für den Strafverteidiger, NJW 1995 1723; ders.IG. Wittig Geldwäsche und Strafverteidiger, NJW 2000 1387; G. Schäfer Zum Schutz der Verteidigung gegen Zugriffe der Strafverfolgungsorgane, FS Hanack 77; ders. Die zivilrechtliche Haftung des Strafverteidigers, in: Egon Müller-Symposion (2000) 63; ders. Die Einlassung zur Sache durch den Verteidiger, FS Dahs 441; Schiller Unzulässige Einschränkungen des Anwaltsprivilegs bei der Beschlagnahme? StV 1985 169; Schily Antrag zur Einstellung des Verfahrens in Stammheim, in: Dreßen (Hrsg.) Politische Prozesse ohne Verteidigung (1976) 57; Schautz Strafrechtliche Grenzen des Verteidigerhandelns (1988); Scheffler Strafvereitelung und die Grenzen des Zeugnisverweigerungsrechts des Verteidigers, StV 1992 299; ders. Kurzer Prozeß mit rechtsstaatlichen Grundsätzen, NJW 1994 2191; ders. Strafprozeßrecht, quo vadis? GA 1995 449; Schlecht Die zivilrechtliche Haftung des Strafverteidigers (2006); Scherp Geldwäsche durch Strafverteidiger, NJW 2001 3242; Schlicht Rechte des Gerichts gegenüber der Verteidigung, StraFo 2001 83; Schlothauer Vorbereitung der Hauptverhandlung2 (1998); ders. Die Bedeutung des materiellen Strafrechts für die Verteidigung in Untersuchungshaftfällen, StV 1996 391; Schlüchter Beschleunigung des Strafprozesses und insbesondere der Hauptverhandlung ohne Rechtsstaatsverlust, GA 1994 397; £. Schmidt Rechte und Pflichten, Funktionen und Konflikte des Strafverteidigers, J Z 1969 316; J. Schmidt Geldwäsche und Verteidigerhonorar, JR 2001 448; ders. Verteidigung von Ausländern3 (2005); W. Schmidt Die Rechtslage nach der Geldwäscheentscheidung des BGH, StraFo 2003 2; Schmidt-Hieber Verständigung im Strafverfahren (1986); Schnarr Das Schicksal der Vollmacht nach Beiordnung des gewählten Verteidigers, NStZ 1986 488; ders. Zum strafrechtlichen Freiraum legitimer Strafverteidigung, NJW-G. Schäfer Sonderheft 64; H. Schneider Kann ein Strafverteidiger durch Nichterscheinen in der Hauptverhandlung eine strafbare (versuchte) Strafvereitelung begehen? Jura 1989 343; P. Schneider Das Leitbild des Rechtsanwalts im Grundgesetz, in: Holtfort (Hrsg.) Strafverteidiger als Interessenvertreter (1979) 26; ders. Der Anwalt als Rechtshelfer sozialer Gegenmacht, RuP 1976 119; ders. Der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege (1976); Schorn Die Rechtsstellung des Beschuldigten und seines Verteidigers nach dem Strafprozeßänderungsgesetz, NJW 1965 713; ders. Der Strafverteidiger (1966); Schröter Der Hochschullehrer als Strafverteidiger, Diss. Regensburg 1987; Schueler Anwalt als Watschenmann. Terroristenprozesse verführen zur Laxheit des Rechtsbewußtseins, AnwBl. 1978 218; Schümann Strafrechtsalltag in der DDR aus der Sicht eines Rechtsanwalts, NJ 2001 505; /. Schulz Die Erosion des Beweisantragsrechts, StV 1991 354; L. Schulz Normiertes Mißtrauen. Der Verdacht im Strafverfahren (2001); ders. Europäisches Strafrecht intra muros? - Die Strafverteidigung im geplanten Europäischen Verfahrensrecht, StV 2003 142; ders. 25 Jahre „Strafverteidiger" (Diskussionsbericht), StV 2006 389; Schünemann Hände weg von der kontradiktorischen Struktur der Hauptverhandlung! StV 1993 607; ders. Vom Einfluss der Strafverteidigung auf die Rechtsentwicklung, StraFo 2005 177; ders. Verteidigung in Europa StV 2006 361; Schurig Belehrung und Beratung des Beschuldigten über sein Aussageverhalten (2003); Seibert Konfliktslage für Anwalt und Verteidiger, JR 1951 678;
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Seier Die Trennlinie zwischen zulässiger Verteidigungstätigkeit und Strafvereitelung, NStZ 1981 144; Semrau/Kubink/Walter Verteidigung junger Beschuldigter, MSchrKrim. 78 (1995) 34; Senge Missbräuchliche Inanspruchnahme verfahrensrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten - wesentliches Merkmal der Konfliktverteidigung? - Abwehr der Konfliktverteidigung, NStZ 2002 225; ders. Gedanken zur Konfliktverteidigung, FS Nehm 339; Serke Strafverteidiger in Deutschland (1976); Sieber Die Kollision von materiellem und prozessualem Recht, FS Roxin 1113; Sieg Cave defensorum oder Hüte Dich vor Deinem Verteidiger, StV 1987 415; Siepmann Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme im Rahmen der Strafvereitelung, Diss. Münster 1988; Sinner Die Gebühren des Verteidigers bei Absprachen im Strafverfahren, Z R P 2000 6711; Sommer Das Bundesverfassungsgericht als Retter des Strafverteidigung? StraFo 2004 257; Spaniol Das Recht auf Verteidigerbeistand im Grundgesetz und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (1990); Späth Die Beschleunigung des Strafverfahrens, DRiZ 1995 220; Spiekermann Der Mißbrauch des Beweisantragsrechts (2001); Spendet Z u r Vollmacht und Rechtsstellung des Strafverteidigers, J Z 1959 737; ders. Die Idee der Verteidigung, FS Kohlmann 683; Stahl Der Steueranwalt und die Kooperation mit dem Strafverteidiger, AnwBl. 1997 591; Stegbauer Strafbarkeit des Strafverteidiger wegen Volksverhetzung durch Leugnung der Judenmorde im Beweisantrag, JR 2003 74; Stellungnahme (Arbeitspapier) zum Gesetzentwurf des Arbeitskreises Strafprozeßreform: Die Verteidigung, vorgelegt vom Strafrechtsausschuß der Bundesrechtsanwaltskammer durch Lantzke, Egon Müller, Wahle, München (1984); v. Stetten Die Sperrwirkung des § 258 StGB im Rahmen der Tätigkeit eines Strafverteidigers, StV 1995 606; Strafrechtsausschuß der BRAK Thesen zur Strafverteidigung (1992); Strafverteidiger-Symposion Die Verteidigung - aktuell, historisch, international. Fünftes Strafverteidiger-Symposion 2006 aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens der Zeitschrift (2006); Streck/Rainer Hinweise zur Verteidigungspraxis, Steuerkontrolle 1982 147; Strafe Der Verteidiger in der Wiederaufnahme, StV 1999 228; Stree Begünstigung und Strafvereitelung und Hehlerei, JuS 1976 137; Stroebele Verteidiger im Verfahren gegen die RAF, in: Dreßen (Hrsg.) Politische Prozesse ohne Verteidiger (1976) 41; Stryz Die Abgrenzung von Strafverteidigung und Strafvereitelung (1983); Stumpf Die Strafbarkeit des Strafverteidigers wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) (1999); ders. Gibt es im materiellen Strafrecht ein Verteidigerprivileg? NStZ 1997 7; ders. Zur Strafbarkeit des Verteidigers gemäß § 258 StGB, wistra 2001 123; Temming Der Verteidiger als (modifiziertes) Organ der Rechtspflege, StV 1982 539; B. Tondorf Strafverteidigung in der Frühphase des reformierten Strafprozesses (2006); G. Tondorf Grenzen der Verteidigung in Vergewaltigungsprozessen, StV 1988 500; ders. Neue kriminaltechnische Entwicklungen, StV 1993 39; Tsambikakis Die Vergütungsvereinbarung in Strafsachen, StraFo 2005 446; F. Ufer Der Verwertungswiderspruch in Theorie und Praxis (2002); Ulsenheimer Zur Regelung des Verteidigerausschlusses in §§ 138a-d, 146 n.F. StPO, GA 1975 115; Vargha Die Verteidigung in Strafsachen (1879); Vehling Die Funktion des Verteidigers im Strafverfahren, StV 1992 86; Ventzke Die Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofs, StV 1997 543; Volckart Verteidigung in der Strafvollstreckung und im Vollzug 3 (2001); Volk Konfliktverteidigung, Konsensualverteidigung und die Strafrechtsdogmatik, FS Dahs 495; ders. (Hrsg.) Münchener Anwaltshandbuch Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen (2006); Vogel Strafverfahrensrecht und Terrorismus - eine Bilanz, NJW 1978 1217; Vogt Berufstypisches Verhalten und Grenzen der Strafbarkeit im Rahmen der Strafvereitelung (1992); Vogtherr Rechtswirklichkeit und Effizienz der Strafverteidigung (1991); Vormbaum Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils (1987); Wächtler Stephan Barton, Mindeststandards der Strafverteidigung (Buchbesprechung), StV 1997 111; Wagner Verteidiger im Zwielicht? AnwBl. 1975 1; Wahle Gedanken zur Beziehung von Mandant und Verteidiger, FS Hanack 105; Waldhorn Das Verhältnis von Strafverteidigung und Begünstigung, Diss. Würzburg 1967; Waldou/ski Verteidiger als Helfer des Staatsanwalts, NStZ 1984 448; S. Walther Strafverteidigung zwischen Beschuldigten- und Opferinteressen, StraFo 2005 452; Wasserburg, Mindeststandards der Strafverteidigung (Buchbesprechung), GA 1996 398; ders. Strafverteidigung in der Praxis, in: Hommelhoff/Müller-Graff/Ulmer (Hrsg.) Die Praxis der rechtsberatenden Berufe (1999) 31; Wassermann Von der Schwierigkeit, Strafverfahren in angemessener Zeit durch Urteil abzuschließen, NJW 1994 1106; ders. Stuttgarter Extremistenprozeß geplatzt, NJW 1994 1708; ders. Hausgemachte Probleme? NJW 1994 2196; Wassmann Strafverteidigung und Strafvereitelung, Diss. Hamburg 1982; Wehnert Prozeßführung der Verteidigung und Medien, StV 2005 178; Weigel Der Anwalt - Organ der Rechtspflege oder Interessenvertreter? ZRP 1982 184; Weigend Strafverteidigung im Zeitalter abgesprochener Urteile, in: Weigend/Walther/Grunewald (Hrsg.) Strafverteidigung
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vor neuen Herausforderungen (Ms. 2007); ders. „Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen". Bericht über ein rechtsvergleichendes Forschungsprojekt, Welp-Kolloquium 11; Weihrauch Verteidigung im Ermittlungsverfahren6 (2002); ders. Die Zukunftsperspektive der Strafverteidigung im Blick auf das beginnende Jahrhundert, BRAK-Mitt. 2000 155; ders. Strafverteidigung und Berufsrecht. Fragmentarische Überlegungen zu einer Ethik der Strafverteidigung, FS Dahs 19; ders. Wer und was ist ein Strafverteidiger? FS Strauda 187; Weiß „Mißbrauch" von Anwaltsrechten zur „Prozeßsabotage"? AnwBl. 1981 321; ders. Die „Verteidigervollmacht" - ein tückischer Sprachgebrauch, NJW 1983 89; Weißler Geschichte der Rechtsanwaltschaft (1905); Welp Die Geheimsphäre des Verteidigers in ihren strafprozessualen Funktionen, FS Gallas 391; ders. Die Rechtsstellung des Strafverteidigers, ZStW 90 (1978) 804; ders. Der Verteidiger als Anwalt des Vertrauens, ZStW 90 (1978) 101; ders. Die Verteidigung. Bericht über einen Gesetzentwurf des Arbeitskreises Strafprozeßreform, DuR 1980 39; ders. Verteidigung und Überwachung (2001), Wernet Der Strafverteidiger, sein Klient und das Recht, Diss. Frankfurt 1995; Wesemann Heimliche Ermittlungsmethoden und Interventionsmöglichkeiten der Verteidigung, StV 1997 597; ders. Beanstandungs- und Erklärungsrechte zur Schaffung von Freiräumen für die Verteidigung, StraFo 2001 293; Wessing Strafbarkeitsgefährdungen für Berater, NJW 2003 2265; Weßlau Der Mißbrauch von Verfahrensrechten im Strafverfahren, FS Lüderssen 787; dies. Absprachen und Strafverteidigung, StV 2006 357; Westphalen Möglichkeiten der Beschränkung und Konzentration der Haftung für Rechtsanwälte, WiB 1997 1217; Wetterich Der Strafverteidiger im Ermittlungsverfahren, Erfahrungen und Vorstellungen der Ermittlungsbehörden, Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie 1977 70; Widmaier Mitwirkungspflicht des Verteidigers in der Hauptverhandlung und Rügeverlust (?), NStZ 1992 519; ders. Kritische Gedanken zur diskutierten Reform des Beweisantrags- und Revisionsrechts, NStZ 1994 414; ders. Strafverteidigung im strafrechtlichen Risiko FS 50 Jahre BGH IV 1043; ders. (Hrsg.) Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung (2006); Winkler Die Strafbarkeit des Strafverteidigers jenseits der Strafvereitelung (2005); v. Winterfeld Staatsschutz und Rechtsstaat im Konfliktfeld des Verteidigers, FS Schmidt-Leichner 219; ders. Die Verteidigung. Standort, Leitidee und Reformbild, FS zur 150-Jahr-Feier des Rechtsanwaltsvereins Hannover (1981) 306; ders. Ausbau der Rechte der Verteidigung im europäischen Gemeinschaftsrecht, BRAK-Mitt. 1983 4; Wittig Die staatliche Inanspruchnahme des Rechtsanwalts durch das Geldwäschegesetz, AnwBl. 2004 193; Wohlers Strafverteidigung vor den Schranken der Strafgerichtsbarkeit, StV 2001 420; G. Wolf Das System des Rechts der Strafverteidigung (2000) (dazu Egon Müller Zum Recht der Strafverteidigung, JR 2003 51); Wünsch Richterprivileg - Verteidigerprivileg, StV 1997 45; Zeifang Die eigene Strafbarkeit des Strafverteidigers im Spannungsfeld zwischen prozessualem und materiellem Recht (2004); Zieger Verteidigung in Jugendstrafsachen4 (2002); Ziegert (Hrsg.) Grundlagen der Strafverteidigung (2000); Zuck Die notwendige Reform des anwaltlichen Berufs- und Standesrechts, NJW 1988 175; ders. BORA und FAO, MDR 1997 325; ders. Die anwaltliche Berufsgerichtsbarkeit, ZRP 1997 276; ders. Das innere Berufsbild: Hürde oder Hilfe für das anwaltliche Selbstverständnis? Mitt. RAK Köln 1999 89; ders. Geldwäsche - Die verfassungswidrige Indienstnahme des Rechtsanwalts für die Zwecke der Strafverfolgung, NJW 2002 1397; Zutt Unmodernes, Modernes, Postmodernes, FS Rowedder 605; Zwiehoff Haftung des Strafverteidigers? StV 1999 555; dies. Prozessualer Notstand des Verteidigers? JR 2006 505.
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Rn. A. Grundlagen I. Das Problem. Die Aufgaben einer geschlossenen Dogmatil· des elften Abschnitts der Strafprozessordnung . . Π. Geschichte der Strafverteidigung . . . ΠΙ. Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft als Basis für die rechtliche Stellung des Strafverteidigers in Gegenwart und Zukunft B . Folgerungen I. Die Bedeutung der Beschränkung strafprozessualer Aufklärungspflicht und Justizgewährung auf die staatlichen Strafverfolgungsorgane für die Stellung des Verteidigers im Allgemeinen . 1. Das Vertragsprinzip a) Allgemeines b) Haftung c) Weisungen d) Vertragsprinzip und Pflichtverteidigung e) Vertrag, Vollmacht, Prozesshandlung 2. Abweichende Auffassungen . . . . a) Der Verteidiger als Organ der Rechtspflege b) Der Verteidiger als ein Stück sozialer Gegenmacht c) Begründung der Stellung des Verteidigers aus seiner „Berufsrolle" d) Der Verteidiger als Vertreter des Beschuldigten e) Der Verteidiger als Beistand des Beschuldigten
1 5
28
33 33 34 44 50 67 79 89 89 104
105 106 108
Alphabetische Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) 4 3 ff., 7 2 , 102 ff. Berufstypisches Verhalten 137a Beschuldigter (s. Mandant) Bundesrechtsanwaltsordnung 95, 97, 102 ff. Freie Advokatur 101, 2 4 ff. „Konfliktverteidigung" 1, 39 ff., 165 ff. Mandant Dominanz 155 Entmündigung 133k Interesse 73 Wahrheitspflicht 1 3 6 , 1 6 5 Mutmaßlicher Parteiwille 4 2 Partnerschaftsgesellschaften 103 Prozesshandlungen 79 ff., 137a Prozessrecht, Quelle für die Stellung des Verteidigers 137a Prozessvollmacht 86 ff. Rechtsbehelfe 172 ff.
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Rn. Π. Zu speziellen Problemen der Verteidigerstellung 110 1. Rechte des Verteidigers 111 a) Die Rechte nach ihrem sachlichen Gehalt 112 aa) Zum allgemeinen Handlungsspielraum des Verteidigers . 112 (1) Die den Beschuldigten wie den Verteidiger treffenden Strafgesetze . 114 (2) Den Beschuldigten nicht treffende Strafgesetze . . 119 bb) Einzelne Verteidigerhandlungen und -rechte 139 b) Folgen bei Überschreitung der Rechte 158 c) Reformpläne 158a 2. Pflichten des Verteidigers 159 a) Die Pflichten nach ihrem sachlichen Gehalt 159 b) Folgen der Pflichtverletzung . . . 171 m . Rechtsbehelfe 172 1. Beschwerde 173 2. Antrag auf gerichtliche Entscheidung 174 3. Berufung 175 4. Revision 176 a) Absolute Revisionsgründe . . . . 176 b) Relative Revisionsgründe . . . . 177 5. Rechtsmittel im Falle des Ausschlusses eines Verteidigers 178 6. Verwirkungen (mit Blick auf den jeweiligen Wegfall der Beschwer) . . 179
Übersicht Berufung 175 Beschwerde 173 Gerichtliche Entscheidung 174 Revisison 176 ff. Verwirkungen 179 Staat und Gesellschaft 28 ff. Strafgesetze 114 ff., 119 ff., 168 Strafverteidiger GmbH/AG 103 Strafverteidigung, tatbestandseinschränkende Funktion 115a Verteidiger Akteneinsichtsrecht 143 Allgemeiner Handlungsspielraum 112 Berufsrolle als Fundament seiner Stellung 105, 105c ff. Beweiserleichterung für Haftung 48d Freiheit der Berufsausübung 98 Geschichte 5 f. Gesellschaftlich-berufsrechtliche Reputation 102 f.
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Elfter Abschnitt. Verteidigung Haftung, zivilrechtliche 4 4 ff. Honorar und Geldwäsche 116 ff. Missbrauchs- oder Obstruktionsklausel 165 Nachweis der Kausalität für Haftung 4 8 ff. Obrigkeitliche Fürsorge für Parteilichkeit 2 5 Öffentlich-rechtliche Komponente 72a ff. 78, 100,141 Organ der Rechtspflege 8 9 f. Parteilichkeit 2 4 Persönlicher Verkehr mit dem Beschuldigten 144 Pflichten 159 ff. Schadensersatzpflicht 1, 4 4 ff. Schweigerecht 145 Soziale Gegenmacht 104 Staatliche gebundener Vertrauensberuf 9 4 Stellung 1 Strafvereitelung 120 ff. Unabhängiger Beistand 105a, 108 ff. Unabhängigkeit 19
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Verfassungsrechtliche Stellung des 2 Vertreter des Beschuldigten 106 Wahrheitspflicht 1 , 1 3 3 f., 170 f. Vertragsprinzip 33 ff., 7 9 ff. Anbahnung 55 f. Aufgezwungene Verteidigung 7 7 Aufgezwungenes Vertragsverhältnis 4 8 f. Dienstvertrag 35 ff. Entscheidungsspielraum 6 0 f. Geschäftsbesorgung 35 f. Grenzen 36 ff., 162 ff. Pflichtverteidigung 4 8 ff., 6 7 ff. Prozesskostenhilfe 75 Unabhängigkeit des Verteidigers 6 2 f. Weisungen 5 0 f. Verteidigerhandlungen Absprachen 141 Eigene Ermittlungen 139 Erklärungsrechte 157a Vollmacht 77, 82 ff.
A. Grundlagen I. Das Problem. Die Aufgaben einer geschlossenen Dogmatik des elften Abschnitts der Strafprozessordnung Über die Stellung des Verteidigers im System der Strafrechtspflege besteht trotz der 1 Intensivierung der Debatte über den „neuen Strafverteidigertyp" 1 in den 1990er Jahren immer noch keine Einigkeit. Die zahlreichen legislatorischen Eingriffe, die der Abschnitt „Verteidigung" in den 1970er Jahren erfahren hat, und die Veränderungen, die aufgrund eines gewandelten Berufsbildes2 in der praktischen Arbeit der Verteidiger zu beobachten sind, schärfen zunehmend den Blick dafür, dass die Funktion der Verteidigung, obwohl (oder gerade weil) mit der politischen Durchsetzung der freien Advokatur ihr gesellschaftliches Ansehen seinerzeit sprunghaft gestiegen ist, nicht nur für den Gesetzgeber unklar geblieben ist. Die Debatte ist durch neue Konflikte lebhafter geworden. Sie muss zu einem Ende geführt werden, weil nur dann auch im Detail klare Optionen ausgesprochen werden können. Bei den neuen, die Diskussion im letzten Jahrzehnt dominierenden Konflikten handelt es sich vor allem um spektakuläre Fälle einer möglichen Verletzung der Wahrheitspflicht des Verteidigers, 3 ferner um das Problem der Entgegennahme von Honoraren, die den Straftatbestand der Geldwäsche erfüllen sollen, 4 und schließlich um die allmähliche Zunahme von Zivilprozessen, in denen Verteidiger wegen unzureichender Leistungen auf Schadensersatz verklagt werden. 5 Dazu tritt die schwelende, von Zeit zu Zeit an Hand spektakulärer Einzelfälle aufflammende Kontroverse um Inhalt und Berechtigung des Vorwurfs an Rechtsanwälte, sie würden ihre Rechte missbrauchen und
Zuerst bei Hanack ZStW 93 (1981) 5 6 0 ; dazu ausf. unten Rn. 141 f. Dazu Zuck Mitt. RAK Köln 1 9 9 9 89; Härtung MDR 1999 1301; Steinbruck NJW 1997 1266; Andreas Krämer NJW 1996 2 3 5 4 ; Streck AnwBl. 1996 5 7 ; Redeker NJW 1995
1244; Ostler NJW 1987 2 8 9 ; BRAK-Mitt. 1983 5 9 Unten Rn. 133h ff. Unten Rn. 116 ff. Unten Rn. 4 4 ff.
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betrieben Konfliktverteidigung,6 die - jedenfalls auf den ersten Blick - scharf mit dem Vorwurf kontrastiert, die zunehmende Konsensorientierung des Strafverfahrens stelle streitbare Verteidigung in Frage. 7 1a Die Position der Verteidigung zwischen Justiz und Beschuldigtem ist in dem Maße rechtlich ungesichert, wie die Berufung auf den erreichten - primär berufsständisch begriffenen - Status die Frage nach der exakten Rechtsgrundlage abgeschnitten hat. Diese Unsicherheit belastet nicht nur - aber gerade auch - die soeben 8 skizzierten großen dogmatischen Kontroversen um das Recht der Strafverteidigung und damit die Lösung zentraler Streitfragen, die im Alltagsgeschäft der Gerichte nicht selten freischwebend zwischen der gesetzlichen Regelung der Strafprozessordnung und von Rollenbildern geprägtem Vorverständnis gelöst zu werden pflegen. 9 Das Selbstverständnis der Verteidiger ist insofern, bis in die Gegenwart, auf ähnliche Weise „unjuristisch" 1 0 wie das der Ärzte, die den Forderungen der Juristen ihre Standesethik entgegenhalten. Darunter leidet die nicht endende Diskussion über die „Stellung des Strafverteidigers" ganz erheblich; sie kann nicht leisten, was sie will und soll: eine verlässliche Grundlage schaffen für die Begründung vieler, nicht ohne Weiteres aus den Einzelregelungen ableitbarer Entscheidungen. Neben die Verfeinerung der traditionellen Argumentationslinien der sog. „Organtheorie", für die vor allem die in der Praxis in besonderem Maße rezipierten Arbeiten von Beulken stehen, tritt die Tendenz, die Rechtsstellung des Verteidigers entweder direkt aus dem Verfassungs- 12 bzw. Konventionsrecht 1 3 oder aus der Struktur des Strafverfahrens 1 4 abzuleiten oder auf eine solche Ableitung zu verzichten und statt dessen - wie jüngst der Große Senat für Strafsachen 1 5 - das „Ethos" der Strafverteidigung zu
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Unten Rn. 39 ff., 165 ff. Hamm N J W 2006 2084, 2089; Bernsmann StV 2006 342, 347; Weßlau StV 2006 357; Schünemann StraFo 2005 177, 180; Widmzier/Salditt Μ Α Η Strafverteidigung § 1, 89 ff.; Volk FS Dahs 495; vermittelnd Gatzweiler AnwBl. 2005 663, 664 f., 667; Zeigend in: Weigend/Walther/Grunewald 36. Zum Verständnis von „Verteidigung ist Kampf" vgl. Dahs Hdb. Rn. 1; Dahs FS Odersky, 317 sowie die - durchaus unterschiedlichen - Deutungen von Hamm NJW 1997, 1288; Beulke FS Roxin 1173, 1189 f.; Gatzweiler in: Kohlmann u.a. (Hrsg.) 59, 71; Volk/Knierim Μ Α Η Wirtschafts- und Steuerstrafsachen § 7, 1; Barton (Einführung) § 1, 40 ff. Erg. 137, 6. Rn. 1. Wie hier SK/Wohlers Vor § 137, 26; zutr. krit. zur „Idealisierung eines verklärten Berufsbildes" auch Widmaiei/Kleine-Cosack Μ Α Η Strafverteidigung § 56, 36. Zu den methodischen Anforderungen an die Rechtssatzkonkretisierung im Strafprozessrecht zusf. LR/Lüderssen/Jahn Einl. M , 68 ff. Bezeichnend die Definition bei Jungfer StV 1983 393. Krit. zur Verweigerung übergreifender theoretischer Lösungen Hamm N J W
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1993 289, 290; Widmaier/Saldi» Μ Α Η Strafverteidigung § 1, 2 f.; Jahn (Konfliktverteidigung) 113 ff.; erg. unten Rn. 33a, 105c. Zuletzt Beulke FS Roxin 1173,1175 ff.; Beulke FS Rudolphi 391; Beulke in: Kühne/Miyazawa (Hrsg.) Alte Strafrechtsstrukturen und neue gesellschaftliche Herausforderungen in Japan und Deutschland (2000) 137 ff. nahe stehend auch Strafrechtsausschuß BRAK Thesen zur Strafverteidigung 2 3 ff.; L R / R i e ß 2 5 Einl. 1,109 ff. Siehe dazu unten Rn. 89 und zur Kritik Rn. 91 a.E. Hamm NJW 1993 293; Hamm StraFo 1993 42. Grundsätzlich skeptisch jedenfalls zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Strafprozessrecht Sommer StraFo 2004 257. SK/Wohlers Vor § 137, 27 ff.; Gaede (Fairness) 613 ff. Welp ZStW 90 (1978) 807; Welp ZStW 90 (1978) 119. Daran anschließend - unter Einbeziehung verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte und des Vertragsparadigmas - Jahn (Konfliktverteidigung) 124 ff.; zust. auch Gatzweiler in: Kohlmann u.a. (Hrsg.) 59, 64. Erg. unten Rn. 23. BGH (GrS) NJW 2 0 0 7 2419, 2423 Tz. 54: „Die Änderung des anwaltlichen
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bemühen. Das Bedürfnis nach festen Grundlagen ist unabweisbar und entfaltet sich vornehmlich nach drei Seiten: Die seit Eberhard Schmidts Appell 1 6 kontinuierlich voranschreitende Einbindung des Strafprozessrechts in ein konkretisierende Konsequenzen forderndes Verfassungsrecht 1 7 gebietet, an die Stelle unscharfer, an Rolle und Status orientierter Sozialnormen eindeutige Rechtsnormen zu setzen. Die verfassungsrechtliche Stellung des Strafverteidigers ist daher seit dem Wegfall der Richtlinien zur anwaltlichen Berufsausübung durch die bahnbrechenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 1 8 ein zentrales T h e m a gew o r d e n . 1 9 Hinzu tritt, als eine weitere, sich immer noch nicht ganz deutlich abzeichnende Entwicklungslinie, die Europäisierung des gesamten Strafverfahrensrechts 2 0 - mit allen Konsequenzen für die Strafverteidigung 2 1 - und die Öffnung des Anwaltsmarktes für E U - A n w ä l t e . 2 2 Auch von dem noch relativ jungen Phänomen der Strafverteidigung vor internationalen Gerichtshöfen gehen neue Impulse a u s . 2 3
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Mit den Bemühungen um R ü c k n a h m e oder Relativierung der in der Kleinen Strafproz e s s r e f o r m 2 4 erreichten Stärkung der Verteidigerposition setzt eine Gesetzgebung ein, welche die Handlungsspielräume der Verteidigung unter dem Einfluss der generellen Dis-
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Ethos ist ein (...) Argument für die Änderung der Rechtsprechung". Erg. unten Rn. 165. 1 6 „StPO und GVG bekommen als Ausführungsgesetze des Bonner Grundgesetzes überhaupt erst ihren politischen Sinn", Eb. Schmidt I 4, 92. Ebenso schon Sax in: Die Grundrechte III/2 (1959) 909, 967; Roxin § 2, 1. 17 Lagodny StV 1996 167; Wolter NStZ 1993 4; Paulus NStZ 1992 306; NiemöllerlSchuppert AöR 107 (1982) 389; relativierend Amelung/Wirth StV 2 0 0 2 161. Im Grundsatz aber zust. BGHSt 38 214, 219; BGHSt 31 304, 3 0 7 f.; BGHSt 19 325, 330; zur jüngeren Rechtsprechung des BVerfG zusf. Jahn NStZ 2 0 0 7 255, 256 ff. m.N. zu weiteren Rechtsprechungsübersichten in Fn. 22. 18 Grundlegend die „Revolutionsentscheidungen" (Begriff bei Lindner M D R 1993 605) BVerfGE 76 171 und BVerfGE 76 179; speziell zur Strafverteidigung BVerfG NJW 1996 3276 mit abl. Anm. Foth NStZ 1997 36; zust. hingegen Jahn NStZ 1998 391. Zu den Konsequenzen für die Strafverteidigung unten Rn. 103. " Vgl. Hassemer StraFo 2 0 0 4 113; Bernsmann StraFo 1999 228; Krämer NJW 1995 2313; Mayen NJW 1995 2317; Jahn (Konfliktverteidigung) 155 ff.; Rick 57 ff.; Winkler 105 ff.; vorher schon Gusy AnwBl. 1984 225; erg. § 137, 2. Über den Stand der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum anwaitlichen Berufsrecht informiert Gaier BRAK-Mitt. 2 0 0 6 2.
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Dazu umfassend LR/Kühne Einl. D, 1 ff.; erg. LRILüderssen/Jahn Einl. M, 38 sowie § 137, 2. Einführend Schünemann StV 2 0 0 6 361, 363 ff.; Salditt AnwBl. 2 0 0 6 632; Nitschmann GA 2 0 0 4 655, 662 ff.; Pfützner ZStW 116 (2004) 827; L. Schulz StV 2 0 0 3 142; Weigend Welp-Kolloquium 11, 14 ff.; Bendler Strafverteidigung im europäischen Rechtsraum, in: Strafverteidigervereinigungen (Hrsg.), Erosion der Rechtsstaatlichkeit Werteverfall oder Paradigmenwechsel? (2002) 88; Widmaier/Lagodny ΜΑΗ Strafverteidigung § 21, 1 ff. Die Berufsregeln der Rechtsanwälte in der Europäischen Union (CCBE) sind abgedr. in AnwBl. 2001 337; krit. dazu Jahn (Konfliktverteidigung) 122 f. Erg. § 137, 2. Siehe dazu § 138, 7 ff. Einführend Leitner StraFo 2 0 0 3 228. Gesetz zur Änderung der StPO und des GVG (StPÄG) v. 19.12.1964 (BGBl. I S. 921), vgl. zur Wirkungsgeschichte Jahn Aktuelle Probleme der Reform des Strafverfahrens, NJ 2005 106 f.; Hamm NJW 1997 1288 f.; Scheffler GA 1995 449, 450; Rieß ZRP 1977 67, 68 f.; LR/Kühne Einl. F, 101. Zur heutigen Reformsituation statt vieler Rieß Zur aktuellen Entwicklung des Strafverfahrensrechts, StraFo 2 0 0 6 4, 12 ff. sowie speziell zur Strafprozessreform aus Sicht der Strafverteidigung § 137, 17 ff.
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kussionen über die „Krise des Strafverfahrens" ständig hin und her schiebt. 25 Hier muss die Dogmatik der Vorschriften der Strafprozessordnung über die Strafverteidigung feste Punkte, unübersteigbare Barrieren schaffen; nicht zuletzt auch, um Strafverteidigung als Profession - etwa zu Ausbildungszwecken in den Schwerpunktbereichen des akademischen Rechtsunterrichts 26 - vermittelbar zu machen. 4
Eine Arbeitskonzeption der Verteidigung, die bestimmt ist durch ein neues Berufsverständnis und - das ist ein wechselseitiger Einfluss - auf diesen Bereich des Gemeinschaftslebens bezogenes wachsendes Interesse gesellschaftlicher Gruppen und politischer Theorien, verlangt nach umfassender - nicht auf isolierte Interpretation von Vorschriften beschränkte - Legitimation durch Rechtssätze. Diese Aufgabe kann nicht losgelöst bewältigt werden von der
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Sie ist eng verknüpft mit der allgemeinen Geschichte des materiellen und prozessualen Strafrechts, die hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden kann. 2 7 Aber die Strukturen der für die Strafverteidigung relevanten Entwicklung müssen sichtbar gemacht werden. Man kann im Wesentlichen drei Phasen, die sich - streckenweise ineinander übergehend - abgelöst haben, unterscheiden:
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Am Anfang steht ein privates, die Strafzwecke der Vergeltung und Sühne nur als Kompensation eines individuellen Schadens begreifendes Strafrecht, das in der Regel in Verfahren durchgesetzt wird, die von der Verhandlungsmaxime beherrscht sind, das heißt, es geht nicht um die „Erforschung materieller Wahrheit, sondern vielmehr um die Frage, welche Partei die (...) glaubwürdigeren Behauptungen aufstellt". 2 8 Der Beschuldigte hat einen „Vorsprecher", der mit dem „Vorsprecher" des Klägers auf derselben Stufe steht. 2 9 Das ist die Situation im Europa des frühen Mittelalters.
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Erst im Hochmittelalter (in den Städten früher, auf dem Lande später) beginnt sich das öffentliche Strafrecht auszubilden: 30 der Strafanspruch wird im Namen der Allge-
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Vgl. dazu einerseits Nebm/Senge NStZ 1998 3 8 0 ; Malmendier NJW 1997 235; Bertram ZRP 1996 48; Caesar RuP 1994 131; Kintzi DRiZ 1994 325; Berg DRiZ 1994 3 8 2 und andererseits Rieß StraFo 2 0 0 6 4; Bernsmann ZRP 1994 331; Herzog StV 1994 168; Rieß NStZ 1994 411; Widmaier NStZ 1994 414. Zu Fragen der Reform mit Blick auf das Problem der „Konfliktverteidigung" zuletzt Senge FS Nehm 339, 355; Jahn J Z 2 0 0 6 1134, 1136; Scbünemann StraFo 2 0 0 5 177, 179; SKJWohlers Vor § 137, 64; Ε. K. Günther 174; erg. unten Rn. 165. Vgl. dazu grundlegend Barton (Einführung) § 11, 2 ff.; Barton FS Richter II 33, 48 f.; Barton JA 2 0 0 1 164; Barton AnwBl. 1987 63; Kuntze-Kaufhold MSchrKrim. 86 (2003) 390, 4 0 5 und konkretisierend Kudlich/Oberbof]k 2 0 0 6 4 6 3 ; Kroiß JuS 2 0 0 5 2 5 6 ;
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Jahn/Matt Jura 2 0 0 0 3 9 0 f.; Jahn Stoff von »Faruk«. Das Geschäft des Verteidigers in Betäubungsmittelstrafsachen, in: Barton/Jost (Hrsg.), Anwaltsorientierung im rechtswissenschaftlichen Studium (2002), 343. Siehe auch LRILüderssen/Jahn Einl. M, 8 ff. Vargha 132. Armbrüster 21 ff. Dieser Prozess ist, sowohl was seine Struktur angeht, wie den zeitlichen Verlauf, umstrittener denn je, vgl. dazu die aus dem einschlägigen Forschungsschwerpunkt der Deutschen Forschungsgemeinschaft seit 1998 allmählich hervorgehenden Arbeiten in der Reihe: Lüderssen/Schreiner/Sprandel/Willoiveit (Hrsg.) Konflikte, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alt-Europas; Lüderssen (Hrsg.) Die Durchsetzung des öffentlichen Strafanspruchs (2002).
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meinheit erhoben, löst sich von der Initiative des Verletzten. Der Beschuldigte in einem solchen Prozess sieht sich einer Macht gegenüber, die mit dem, was der Verletzte aufbieten kann, um gegen den Schädiger seine Interessen zu behaupten, nicht verglichen werden kann. Daraus müsste eigentlich folgen, dass der Beistand des Beschuldigten eine stärkere Stellung erhält. Dazu kommt es aber erst sehr viel später. Das hängt mit den Gründen für die Entstehung des öffentlichen Strafanspruchs zusammen. Sie treten in einer dritten Phase am sichtbarsten in der allmählichen Ablösung des 7 3 Parteienprozesses durch den Inquisitionsprozess in Erscheinung. Inquiriert werden soll die Wahrheit. Der Beschuldigte ist der Inquisit, Objekt der Untersuchung. Für seine Verteidigung durch einen seine Partei nehmenden Verteidiger ist kein Raum. Das Gericht verantwortet alles selbst.31 Gleichwohl fehlt der Verteidiger im Inquisitionsprozess nicht ganz. 32 Aber ohne Zweifel handelt es sich dabei um eine Inkonsequenz. Dem entspricht die faktische Bedeutungslosigkeit des Verteidigers. Dass die Entwicklung diesen Verlauf nimmt, hat mehrere Gründe. 8 In erster Linie wird auf die tief greifenden sozialen Veränderungen verwiesen, die zu 9 einem Ansteigen der Kriminalität führen.33 Ferner heißt es, dass man dem Vorbild des kanonischen Prozesses gefolgt sei, der 1 0 seine Wurzeln im späten römischen Recht habe 3 4 (während im antiken römischen Recht sich kein Inquisitionsverfahren finde 35 ) und in den oberitalienischen Städten zuerst rezipiert worden sei 36 (nachdem mit dem Verfall der germanischen Nachfolgestaaten die genuin römischen Elemente in den Hintergrund getreten seien 37 ). Unbestritten ist jedenfalls, dass an die Stelle des Ausgleichs für das Opfer die Diszipli- 11 nierung der Schädiger als ein Gebot der um ihren Ausbau und Stabilisierung bemühten,
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Armbrüster 55; Sax in: Die Grundrechte III/2 (1959), 909, 968. Armbrüster 45 ff.; Falk Zur Geschichte der Strafverteidigung. Aktuelle Beobachtungen und rechtshistorische Grundlagen, ZRG GA 117 (2000) 395 sowie die instruktive Fallstudie von Falk 281 ff. S. auch Th. Krause Bemerkungen zur Strafverteidigung im gemeinrechtlichen Inquisitionsprozess, FS Sellen (2000) 377. Genauer mit weiterführenden Belegen Lüderssen (Krise) Fn. 64 bis 68. Überblicke ferner bei Wadle Die Entstehung der öffentlichen Strafe - Klassische Vorstellungen und neue Fragen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann (Hrsg.) Perspektiven der Strafrechtsentwicklung (1996) 9; Jerouschek Die Herausbildung des peinlichen Inquisitionsprozesses im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, ZStW 104 (1992) 328; Jerouschek Geburt und Wiedergeburt des peinlichen Strafrechts im Mittelalter, in: FS Karl Kroeschell (1997) 497; Jerouschek Buße, Strafe und Ehre im frühen Mittelalter. Ein Beitrag zu Entstehung und Begründung Peinlichen Strafens, in: Landau u.a. (Hrsg.), Karl von Amira zum Gedächtnis
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(1999), 231; Klementowski Die Entstehung der Grundsätze der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der öffentlichen Strafe im Deutschen Reich bis zum 14. Jahrhundert, ZRG GA 113 (1996) 217; Weitzel Vorverständnisse und Eckpunkte in der Diskussion um ein frühmittelalterlich-fränkisches Strafrechts FS Kleinheyer (2001) 539. Oehler GedS H. Kaufmann 860. Oehler GedS H. Kaufmann 860. Das ist eine in dieser Allgemeinheit nicht zutreffende Aussage; vielmehr bedarf es einer vor allem nach Epochen und Deliktstypen stärker differenzierenden Betrachtung, vgl. eingehender mit Belegen Lüderssen (Krise) Fn. 63. Oehler GedS H. Kaufmann 848. Zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser Position Lüderssen (Krise) Fn. 73 bis 75. Lieberwirth (Hrsg.) Christian Thomasius, Über die Folter (1960) 88. Relativierung dieser Feststellung bei Weitzel Strafe und Strafverfahren in der Merowinger-Zeit, ZRG GA 111 (1994), 66 mit Belegen über Elemente eines öffentlichen Strafrechts schon für die Merowinger-Epoche.
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teils sich zentral, teils regional etablierenden Herrschaft tritt. 3 8 Sie ist an allgemeiner politischer Loyalität interessiert; die Verfolgung von Rechtsgutsverletzungen dient nur diesem Ziel. 3 9 Wie viel Eigendynamik in der Herausbildung dieser Herrschaft liegt, ist wiederum fraglich. Jedenfalls ist der kirchliche Einfluss groß. Die Kirche sucht die weltliche Unterstützung im Kampf gegen die beginnenden Ketzerbewegungen. 4 0 Diese Realfaktoren werden begleitet 4 1 oder sogar gelenkt von der Idee, die Verantwortlichkeit des Einzelnen zu fixieren. 4 2 Dass diese Verantwortlichkeit nicht nur vor Gott, sondern auch vor der weltlichen Obrigkeit bestehen soll, ist das N e u e . 4 3 Sühne und Vergeltung sind von Zweckmäßigkeitserwägungen freie (absolute) Reaktionen auf Schuld, sollen aber auch Abschreckungsfunktionen übernehmen. 4 4 Die Konzentration auf den Vorwurf gegenüber dem Individuum wird begünstigt durch den „Zerfall der Personalverbände" 4 5 und führt dazu, dass jetzt (zum ersten Mal um das Jahr 1 2 0 0 ) das Wort „Strafe" auftaucht. 4 6 Ein neuer Begriff von Schuld und Sünde legt die Suche nach der materiellen Wahrheit nahe. Sie scheint verbürgt, wenn Verfolger und Inculpat dasselbe sagen: das Geständnis wird zum primären Prozessziel, die Folter ist das Mittel. 4 7 Die weltlichen Behörden wenden sie an, teils in Ausführung kirchlicher Anweisungen, teils in eigener Regie (etwa „um auch zu Geständnissen von landschädlichen Leuten zu k o m m e n " 4 8 ) . Diese Beweismethode und der ihr zugrunde liegende Anspruch auf Wahrheitsermittlung harmonieren mit der durch die Rezeption allgemein in Gang gesetzten Verwissenschaftlichung des Rechts, 4 9 deren sichtbarer Ausdruck die zunehmende Zahl der gelehrten
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Vgl. hierzu die Forschungen der „European Science Foundation" über „The Origins of the Modern State in Europe, 13th—18th Centuries", v.a. Antonio Padoa-Schioppa (Ed.), Legislation and Justice (1997). Lieberwirth (Hrsg.) Christian Thomasius, Über die Folter (1960) 108 ff. Achter Geburt der Strafe (1951) 103 ff.; Bianchi Ethik des Strafens (1966) 26 f.; Trusen Strafprozeß und Rezeption, in: Landau/ Schröder (Hrsg.), Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption (1984) 45 ff. Die Gleichzeitigkeit der Änderungen betont mit Recht Achter Geburt der Strafe (1951) 109; weitere Literatur bei Lüderssen (Krise) Fn. 78. Mit der „Entdeckung des Individuums" stieg sie in ungeahntem Maße; der Rationalitätsschub machte auch die Schattenseite der Freiheit, unendliche Möglichkeit zur Sünde gleichsam, sichtbar, vgl. Angenendt Geschichte der Religiosität im Mittelalter (1997) 201. Vgl. auch Lüderssen Verfahrensgerechtigkeit und Schuld. Aufklärerische Oszillationen im hohen Mittelalter und die Folgen für die Moderne, Rechtshistorisches Journal 16 (1997) 166 mit weit. Belegen. Von Achter Geburt der Strafe (1951) 102, 107 als ein nicht weiter reduzierbarer Vorgang der Ethisierung und Institutionalisie-
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rung des menschlichen Zusammenlebens bezeichnet; dagegen mehrfach Bader zuletzt: Zum Unrechtsausgleich und zur Strafe im Frühmittelalter, in: ZRG GA 112 (1995) 1. Zum Ganzen ausführliche Informationen bei Stübinger Schuld, Strafrecht und Geschichte (2000) 327 und Scheerer Die Kriminalität als Kulturerbe der Menschheit, in: Eser/Hassemer/Burkhardt (Hrsg.) Die deutsche Strafrechtswissenschaft vor der Jahrtausendwende (2000) 345 mit vielen Belegen. Erste Folge der mittelalterlichen Intellektualisierung sind Zwecksetzungen, Achter Geburt der Strafe (1951) 107. Hattenhauer Über Buße und Strafe im Mittelalter, ZRG GA 100 (1983) 53, 66. Hattenhauer ZRG GA 100 (1983) 53, 66; s. auch Achter Geburt der Strafe (1951) 34 ff. „Freiheit und Folter sind Geschwister der heraufziehenden abendländischen Vernunftkultur" (Fried Freiwilligkeit und Geständnis um 13. Jahrhundert, Historisches Jahrbuch 105 [1995] 388). Trusen Strafprozeß und Rezeption, in: Landau/Schröder (Hrsg.), Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption (1984) 57. Genauere Fixierung der dadurch abgelösten magischen Verfahren, welche „die durch die Tat gestörte Lebensordnung" wiederherstellen, bei Achter Geburt der Strafe (1951) 17.
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Juristen ist, 5 0 wobei wiederum der innerkirchliche Prozess der Rationalisierung eine wichtige Rolle spielt. 51 An diesen Zusammenhängen ändert sich nichts Wesentliches, wenn man die wahrheitsverbürgende Funktion des Geständnisses nicht materiell, sondern formell begreift: „Nicht weil der gestehende Angeklagte voraussichtlich schuldig ist, wird er verurteilt, sondern weil er den gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anspruch als wahr gelten lassen will". 5 2 Schließlich ist hervorgehoben worden, es seien Sanktionen nachweisbar, die darauf hindeuten könnten, dass auch die Germanen schon ein öffentliches Strafrecht gehabt haben: Tötungen und Friedloserklärungen. Noch die Rechtsgeschichte Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hat diese Konsequenzen gezogen. 5 3 In neuerer Zeit hat sich indessen die Meinung durchgesetzt, dass es sich bei diesen Tötungen entweder um Ubernahmen aus dem römischen Recht (durch die germanischen Nachfolgestaaten) oder um religiös motivierte Opfervorgänge handelt. 5 4 Was die Friedloserklärungen angeht, so ist schon sehr bald ihr Strafcharakter bezweifelt worden; 5 5 die moderne rechtsgeschichtliche Forschung hat das bestätigt. 5 6
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Manchmal wird nicht einmal eine Tradition des öffentlichen Strafrechts behauptet, sondern schlicht darauf verwiesen, dass die öffentliche Strafe aus früheren Erscheinungen hervorgegangen sei, etwa aus der Blutrache 5 7 oder aus der Hauszucht gegenüber Unfreien. 5 8
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Eine endgültige Aufklärung und Gewichtung der - wahrscheinlich konkurrierenden Vorgänge und Theorien ist nicht in Sicht. Daher muss sie, wer die Entwicklung der Verteidigung zurückverfolgen will, als Ganzes im Auge behalten.
14
Unerachtet vieler Veränderungen (insbesondere durch die Kodifikation des materiellen und formellen Rechts in der Carolina von 1532 und die allmähliche Herausbildung des absoluten Staates oder doch jedenfalls eines dahingehenden Anspruchs 5 9 ) bahnt sich erst nach Jahrhunderten ein grundlegender Wandel an.
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50
Trusen Strafprozeß und Rezeption, in: Landau/Schröder (Hrsg.), Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption (1984) 54; Coing Römisches Recht in Deutschland, in: Ius romanum mediiaeve, V, 6 (1964) 77 ff.; Moraw Gelehrte Juristen im Dienst der deutschen Könige des späten Mittelalters (1273-1493), in: Schnur (Hrsg.) Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates (1986) 77 ff.; Isenmann in: Schnur aaO 181 ff. Die Unverzichtbarkeit der gelehrten Juristen für die Formulierung der inquisitorischen Prinzipien vermuten Coing aaO 100 und Arm-
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brüster 47. 51
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Trusen Strafprozeß und Rezeption, in: Landau/Schröder (Hrsg.), Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption (1984) 55. Trusen Strafprozeß und Rezeption, in: Landau/Schröder (Hrsg.), Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption (1984) 81 ff mit Nachw. Eingehender Lüderssen (Krise) Fn. 89, 90. Dazu Hein Vom Rohen zum Hohen; Öffentliches Strafrecht im Spiegel der Strafrechts-
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geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts (2001). Nehlsen in: Freiburger Festkolloquium zum 75. Geburtstag von Hans Thieme (1983) 3 ff. Binding Die Entstehung der öffentlichen Strafe im germanisch-deutschen Recht (1908) 19 ff., 25 ff. Nehlsen in: Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, philologischhistorische Klasse, 3. Folge Nr. 113 (1978) 107 ff. Weismann FS Wach (1913) 3 ff. Gustav Radbruch Der Ursprung des Strafrechts aus dem Stande der Unfreien, in: Gustav Radbruch Gesamtausgabe Bd. 11 (2001) 368. Der theoretisch auf den Grundsatz gestützt wurde, niemand könne sich selbst verpflichten (zeitgenössische Belege bei Link in: Schnur [Hrsg.] Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates [1986] 783), politisch aber unter naturrechtlichem Vorbehalt stand (Link aaO, 779 f.) und
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Die politische und geistige Bewegung der Aufklärung dringt auf Säkularisierung, Humanisierung, Rationalisierung und Liberalisierung eines Justizsystems, das seine fragmentarischen, mit anderen Formen der Konfliktbewältigung rivalisierenden Anfänge hinter sich gelassen und eine kontinuierliche, alles beherrschende Praxis entwickelt hat. Die Schwächen dieses Justizsystems werden bloßgelegt: Die Ineffizienz, Ungerechtigkeit und Maßlosigkeit nichtöffentlicher, ohne Laienbeteiligung stattfindender Verfahren in der Hand abhängiger, für Ermittlung und Verurteilung gleichermaßen zuständiger Richter. Ebenso moralisch wie pragmatisch motiviert ist der Kampf gegen Folter und Hexenwahn, 6 0 gegen Todes- und Leibesstrafen - eng verknüpft mit einer die Fesseln der religiösen und später auch der antiken Überlieferung allmählich abstreifenden systematischen, zunächst unbegrenzt spekulativen, dann aber die Grenzen der Vernunft reflektierenden Philosophie und einer praktischen, allgemeine Probleme von Staat und Gesellschaft (wie Gewaltmonopol, Gewaltenteilung, Volkssouveränität, Freiheit und Würde der Person) aufgreifenden Philosophie.
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Das Ergebnis ist der „reformierte Prozess", der im 19. Jahrhundert nach und nach politische Realität wird. 61 Unverändert groß bleibt das Bedürfnis nach wirksamer, Schädiger und Opfer nicht sich selbst überlassender Friedenssicherung; die Notwendigkeit eines öffentlichen Strafrechts in der Form der Behauptung eines Strafanspruchs der Allgemeinheit wird nicht bestritten - in dieser Hinsicht gibt es keine Reformforderungen. Neu jedoch sind die Struktur des Verfahrens und seine grundlegenden Prinzipien. An erster Stelle ist die Trennung von Anklage und Urteil zu nennen, nunmehr freilich anders als in den älteren gesellschaftlich-privat organisierten Verfahren - innerhalb der Staatsgewalt, 62 die reif genug scheint, die damit notwendig werdende Selbstbindung zu ertragen. Der Justiz wird eine Kontrollinstanz im Namen der Allgemeinheit, der Bürger, des Volkes gegenübergestellt: die Staatsanwaltschaft.
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Unter dem Anwalt des Staates versteht man nicht den Anwalt der autoritären Staatsgewalt, sondern den Anwalt der Interessen derer, die im Staat leben und für die der Staat eine Verantwortung trägt. 63
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ziemlich weit davon entfernt war, ganz realisiert zu werden, vgl. dazu mit Belegen Gerhard Oestreich Geist und Gestalt des modernen Staates (1969) 179 ff.; Stolleis Geschichte des öffentlichen Rechts, Band I, 1 6 0 0 - 1 8 0 0 (1988) sowie die fortlaufend erscheinenden Bände im Rahmen der von der „European Science Foundations" initiierten Forschungen über „The origins of the Modern State in Europe, 13 th —18 th Centuries". Zur Rolle der Verteidigung in diesen Prozessen: Falk 281; Th. Krause Bemerkungen zur Strafverteidigung im gemeinrechtlichen Inquisitionsprozess, FS Sellert (2000) 377; Salditt AnwBl. 1 9 9 9 445, 449. Dazu grundlegend Ignor (Geschichte) 211 ff. sowie Heinicke 34 ff. Zur Verteidigung im reformierten Prozess die umfangreiche Fallstudie zum Hochverratsverfahren gegen Struve und Blind von B. Tondorf und zusf. Salditt Strafverteidigung im nachrevolutionären Jahr 1849, FS Richter II 455.
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Diesen neueren Anklageprozess muss man vom älteren also sorgfältig unterscheiden; irreführend, weil noch nicht vom Prinzip der Gewaltenteilung getragen, die Reklamation des Terminus für die Prozessepoche des gemeinen Rechts (so aber Eb. Schmidt [Geschichte] 198 ff.). Rechtshistorisch ist vieles noch umstritten, vgl. Hans Günther Staatsanwaltschaft - Kind der Revolution (1973); Koller Die Staatsanwaltschaft - Organ der Judikative oder Exekutivbehörde (1997) 21 ff.; Collin „Wächter der Gesetze" oder „Organ der Staatsregierung"? (2000) sowie zuletzt Ignor (Geschichte) 2 4 4 ff.; L. Schulz Die Teilung der erkennenden Gewalt, in: Durand/Mayali/ Schioppa/Simon (Hrsg.), Staatsanwaltschaft (2005) 311 ff. und ausf. Wohlers Entstehung und Funktion der Staatsanwaltschaft (1994) 4 9 ff.
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Nicht minder wichtig ist die Einsicht, dass der wegen einer Schadenszufügung Beschuldigte nicht mehr Objekt der Untersuchung sein darf, sondern in der Auseinandersetzung mit den Instanzen der Strafverfolgung als Person auftritt. 64 Daher erhält nun auch der nach allen Seiten hin unabhängige Verteidiger eine besondere Position; seine eigentliche Ära beginnt jetzt.
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Das Verlangen danach hätte vielleicht weniger Resonanz gefunden, wenn es nicht mit einer weit über Strafrecht und Strafprozess hinausgehenden Bewegung von beträchtlicher Eigendynamik verknüpft gewesen wäre. Diese Bewegung ist in die Geschichte eingegangen als der „Kampf um die Freiheit der Advokatur", der das Ziel hatte, einen Stand unabhängiger, ihre Organisation und Standesethik selbstständig verwaltender Anwälte zu etablieren. 65 Freiheit der Advokatur bedeutet heute eine Trias von Verbürgungen: Staatsunabhängigkeit, Unabhängigkeit vom Mandanten und Gesellschaftsunabhängigkeit. 66 Keineswegs war - und ist - eine Teilnahme am Staat angestrebt. Vielmehr ging es den Anwälten darum, ihren Berufsstand gesellschaftlich zu stärken und in dieser Position dem Staat gegenüberzutreten.
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Für die Durchsetzung des Beschuldigteninteresses eröffneten sich damit zwei Wege: Es 2 1 wird entweder zum internen Staatsziel; parteiliche Verteidigung ist dann sozusagen obrigkeitlich-fürsorglich zu verbürgen. 67 Oder es bedarf nicht (jedenfalls nicht direkt) des Staates; der Beschuldigte findet in der dem Staat gegenübertretenden Gesellschaft die Ressourcen für seine Verteidigung. Der Kampf um eine am Beschuldigteninteresse orientierte Verteidigung im deutschen Strafprozess hat letzten Endes nur dem zweiten Weg gegolten. Maßgebend waren also die liberalen Vorstellungen über die Unabhängigkeit des Individuums vom Staat. Die Gesellschaft dieser Individuen will nicht - mehr - im Staat aufgehen, sondern sieht sich ihm gegenüber, mit der Folge, dass ihre Mitglieder, die einzelnen Personen, auch in Stand gesetzt werden müssen, diese Positionen durchzuhalten. Die Parteilichkeit des Verteidigers eines Bürgers, den der Staat im Interesse der Allgemeinheit einem Strafverfahren aussetzt, ist Ausdruck einer Unabhängigkeit vom Staat und nicht Derivat einer Fürsorge des Staats. 68 Erst mit der Trennung von Gesellschaft und Staat - als Folge der rechtsstaatlichen Begrenzung der Staatsgewalt - kann diese Konstellation entstehen. 69 Nicht
64
Ausführlicher / . Schulz StV 1 9 9 1 3 6 0 ;
Dornach N S t Z 1 9 9 5 6 0 ; v. Stetten StV 1 9 9 5 6 0 9 ; Kintzi D R i Z 1 9 9 4 3 2 7 ; Berg D R i Z 1 9 9 4 3 8 2 ; Maatz N S t Z 1 9 9 2 5 1 3 ; Ltemersdorf M D R 1 9 8 9 2 0 4 und grundsätzlich BVerfGE 9 1 2 4 , 134 f.; Gössel Gutachten C für den 6 0 . DJT 1 9 9 4 , 6 6 ; Schlüchter Beschleunigung des Strafprozesses und insbesondere der Hauptverhandlung ohne Rechtsstaatsverlust, GA 1 9 9 4 397, 417.
/ . Müller KJ 1 9 7 7 12; Heinicke 113 ff.; Wassmantt 2 4 sowie eingehend Huffmann und L. Müller (passim). 65
Den entscheidenden Durchbruch erzielte v. Gneist Freie Advokatur - die erste Forderung aller Justizreformen in Preußen ( 1 8 6 7 ) ; dazu Armbrüster 1 2 7 ff.; ferner Gaier BRAK-Mitt. 2 0 0 6 2 , 3 f.; Busse AnwBl. 2 0 0 1 130; Hug AnwBl. 1 9 9 3 3 7 2 ; Redeker N J W 1 9 8 7 2 6 1 0 ; Barton (Einführung) § 1, 5.
66
Prütting AnwBl. 1 9 9 4 315, 317 f.; Pfeiffer BRAK-Mitt. 1 9 8 7 1 0 2 , 1 0 3 f.; Kalsbach J Z 1 9 6 1 5 9 3 , 5 9 4 ; Fuhrmann Rechtsstellung des angestellten Rechtsanwalts ( 1 9 9 9 ) 5 5 .
67
Das ist die Konzeption von Beulke (Verteidiger) 164 ff.; vgl. dazu bereits oben Rn. 3 und unten Rn. 89. In diesem Sinne auch Wünsch StV 1 9 9 7 4 8 ; Hammerstein N S t Z 1 9 9 7 13;
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Zust. Hassemer Funktion, Status und Rolle des Verteidigers im reformierten Strafverfahren, in: H.-L. Schreiber/Wassermann (Hrsg.), Gesamtreform des Strafverfahrens ( 1 9 8 6 ) 143, 1 4 4 ; K M R / S a x Einl. IV, 2 1 ; 2 7 ff.; Grüner 2 2 ; Wassmann 6 8 ; Jahn (Konfliktverteidigung) 2 2 3 f.
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Hesse in: Böckenförde (Hrsg.) Staat und Gesellschaft ( 1 9 7 6 ) 4 8 9 .
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die staatliche Einverleibung des Beschuldigteninteresses ist es mithin, die den Inquisitionsprozess der Moderne von dem des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit unterscheidet, sondern die Anerkennung der Autonomie des Beschuldigten gegenüber dem Staat. 23
Nur so wird die Auffassung verständlich, dass gerade der Inquisitionsprozess den ausschließlich im Beschuldigteninteresse tätigen Verteidiger fordere, weil für die Wahrheit 7 0 ja schon Gericht und Staatsanwalt sorgen. 71 Aber das gilt nur für den modernen Inquisitionsprozess, der sich in einer Epoche behaupten muss, welche die Eigenständigkeit der Gesellschaft, das heißt der einzelnen Personen, die sie ausmachen, betont.
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Wirksame Parteilichkeit durch eine starke Stellung des Verteidigers ist erst unter dieser Voraussetzung ein sinnvolles Ziel, bedarf dann aber auch nicht mehr der Hilfskonstruktion des obrigkeitlich motivierten Beschuldigteninteresses. Dass dies die Tendenz der rechtspolitischen Entwicklung war, ist von der zeitgenössischen Literatur über die Stellung des Verteidigers allerdings weitgehend verkannt worden. 7 2
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Die Entwicklung der Verteidigerstellung kann auf dieser Basis nicht geradlinig verlaufen. Noch bis zum Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze (1879 7 3 ) ist in Preußen die Strafverteidigung beamteten Justizkommissaren anvertraut. 7 4 Diese äußerste Form obrigkeitlicher Fürsorge für den Beschuldigten wird dann im Zeichen des Konstitutionalismus, der bereits die als „Hüter der Gesellschaft gegen den Staat" sich verstehenden Parlamente 75 hervorgebracht hatte, aufgegeben. Die Reichsrechtsanwaltsordnung etabliert eine Organisation, die einer nicht vom Staat abgeleiteten Verteidigertätigkeit, für die in den §§ 137 150 der Strafprozessordnung eine neue Grundlage geschaffen worden ist, den Weg endgültig öffnet. Die formale Ausgangsposition für eigenständige Rechte der Verteidigung ist aber - anders als die der konstitutionellen Parlamente - schwach.
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Dass die parlamentarische Demokratie sich (1918) durchsetzt und die Parlamente nunmehr zur Staatsgewalt zählen, ändert an dieser Position der Verteidiger nichts, sondern bringt eher die Gefahr mit sich, dass sie zusammen mit anderen im gesellschaft-
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In einem reinen Parteiverfahren könnte man die Funktion des Verteidigers insofern mit dem Ziel des Prozesses, die Wahrheit festzustellen, verknüpfen als Ankläger und Verteidiger zusammen - dialektisch - gerade durch ihre jeweilige Einseitigkeit der Wahrheit dienen (wobei offen bleibt, ob die Wahrheit auf diesem Wege gefunden oder produziert wird; mit dieser Problematik beschäftigt sich der Konstruktivismus, eine erkenntnistheoretische Position, die hier auf sich beruhen muss. Eine gründliche Untersuchung des Problems, wie philosophische „Wahrheitstheorien" zu den Wahrheitsfragen des Strafprozesses in Beziehung gesetzt werden können, hat Joachim Schulz Sachverhaltsfeststellung und Beweistheorie [ 1 9 9 2 ] vorgelegt [vgl. 1 7 9 ff.]); vgl. im Übrigen unten Rn. 1 4 2 . In wieweit die Stellung des Verteidigers im Strafprozessrecht der USA oder England insofern eine etwas andere ist als im deutschen oder über-
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haupt kontinentalen Strafprozessrecht, ist leider kaum mit der erforderlichen Sicherheit zu ermitteln; den einschlägigen Rechtsordnungen sind Abstraktionen dieser Art schwer zu entnehmen. Welp Z S t W 9 0 ( 1 9 7 8 ) 1 1 9 und 8 0 7 ; Jahn (Konfliktverteidigung) 1 3 4 ff.; vgl. auch Stryz 5 3 ; Barton (Mindeststandards) 1 3 0 ; Rzepka (Fairness) 4 0 0 und bereits oben Rn. l a . Knappe zusf. zur historischen Entwicklung der „Rechte des Gerichts gegenüber der Verteidigung" Schlicht StraFo 2 0 0 1 83.'
72
S. Belege bei Beulke (Verteidiger) 165 und Arbeitskreis Strafprozeßreform 134.
73
Dazu statt vieler Kissel 1 2 5 Jahre Reichsjustizgesetze, N J W 2 0 0 4 2 8 7 2 . In Zivilsachen auftretende Anwälte wurden als Assistenzräte bezeichnet. Battis/Gusy Einführung in das Staatsrecht 113.
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liehen Status verbleibenden Kräften geschwächt werden. Die realen Möglichkeiten der Verteidigung sind daher weniger von der Rechtslage als von politischen Verhältnissen abhängig. In der Weimarer Zeit sind sie der Verteidigung günstig, 76 in der NS-Zeit nicht, ohne dass der rechtliche Rahmen geändert wird. Der Verteidiger hat sich in den „über aller individueller Freiheit" stehenden „Staat" und die in ihm „verkörperte Volksgemeinschaft einzuordnen". 77 Die Freiheit des Berufs ist „den Maßstäben an staatsbürgerlichem Gehorsam, welche der totale Staat anlegen muss", anzupassen mit der Folge „einer bedingungslosen Unterordnung des Anwaltes und Verteidigers unter diesen veränderten Begriff der Freiheit". 7 8 Diese heteronome Definition des „Freiraums" der Verteidigung setzt sich, wenn auch in abgeschwächtem Maße, in der DDR bis 1990 fort. 7 9 Die neuere Gesetzesgeschichte ist bei den einzelnen Vorschriften nachgewiesen. 80
27
ΙΠ. Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft als Basis für die rechtliche Stellung des Strafverteidigers in Gegenwart und Zukunft Nach Beseitigung des NS-Regimes stellt sich die durch die Entwicklung im 19. Jahrhundert erreichte Konstellation wieder her, an der sich dann, ungeachtet vieler Veränderungen im Detail, bis zur Gegenwart nichts geändert hat. Sie ist inzwischen einerseits sehr ausgebaut worden, andererseits in den Grundlagen nicht mehr ganz unangefochten, weil die Abgrenzung von Staat und Gesellschaft neue Akzente bekommen hat. 81
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Da die Konzeption des demokratischen Staates darin besteht, dass er sich erst in gesellschaftlichem Zusammenwirken konstituiert, 82 scheint gegenwärtig für die Stellung des Verteidigers eine staatsunabhängige gesellschaftliche Legitimation (schon wieder) fragwürdig zu sein. Wie weit die auf Repräsentation beschränkte Demokratie zu diesem Schluss wirklich zwingt, muss hier ununtersucht bleiben. Trotz zunehmender Mediatisierung außerhalb der Parlamente, 83 gegenwärtig vor allem im Zuge der „Globalisierung", 8 4 wird die „Ferne der Zentralität" nach wie vor empfunden mit der Folge, dass die Gesellschaft „vielfältige Formen der Autonomie und Selbstregulierung" erlaubt. 85 Als „Ausdruck einer funktionellen Differenzierung" jedenfalls hat der Unterschied zwischen Staat und Gesellschaft nach wie vor einen Sinn. 86
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Vgl. Jungfer in: Ebert (Hrsg.), Aktuelle Probleme der Strafrechtspflege (1991) 37. Dix Totaler Staat und freie Advokatur, DJZ 1934 246. Dix DJZ 1934 246. Zur „Gleichschaltung" s. auch König 35 ff.; K. Fischer Strafverteidigung im „Dritten Reich", in: Ostendorf u.a. (Hrsg.), Die NS-Strafjustiz und ihre Nachwirkungen (2003) 109; Claus FoR 1996 79; Krach NJW 1995 1384. Vgl. dazu den Bericht von Schümann NJ 2001 505. Knapper Überblick bei SKJWohlers Vor § 137, 1; KKJLaußütte Vor § 137, 1; weiterführende Nachw. zu den Änderungen im Strafverfahrensrecht seit dem StPÄG 1964 bei LR/Kühne Einl. F, 88 ff.; Jahn (Konfliktverteidigung) 114 ff.; Heinicke 143 ff.
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Neuere Literatur zum Thema bei Hermes Staatliche Infrastrukturverantwortung (1998) 147 ff. („die bleibende Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft"); Zumbansen Ordnungsmuster im modernen Wohlfahrtsstaat (2000) 3 4 ff. („Lernerfahrung zwischen Staat, Gesellschaft und Vertrag"); Chr. Möllers Staat als Argument (2000) 6 7 ff., 2 3 3 ff. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland Rn. 12. Teubner Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung (1978). K. Günther/Randeria Recht, Kultur und Gesellschaft im Prozeß der Globalisierung (2001). T. v. Trotha Distanz und Nähe (1986) 21. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland Rn. 11.
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Diese Aufgabenverteilung wird besonders deutlich, wenn der Einzelne in eine direkte Konfrontation mit Behörden gerät, speziell der in einem Strafverfahren Beschuldigte mit Staatsanwaltschaft und Gericht. 87 Zwar ist es - mit einer durchgehenden demokratischen Konstruktion - auch dann noch sein Staat, doch bei der Fixierung der jeweiligen Interessen und der Abwicklung der realen Vorgänge wird evident, dass die in konstitutionellen Zeiten definierte Aufgabe des von der Gesellschaft abgegrenzten Staates kaum verändert fortbesteht: Sicherung der vorstaatlichen Freiheitssphäre des Bürgers. 88 Dazu gehört die Garantie des autonomen Status' des Beschuldigten89 und damit seiner - in den Worten des EGMR 9 0 - „konkreten und wirklichen" Verteidigung.
31
Die vom Bürger in Anspruch genommene Freiheitssphäre ist allerdings Wandlungen ausgesetzt. Teilweise treten diese Wandlungen als Folgen erstmals vom modernen Staat gewährter Freiheitsrechte in Erscheinung.91 Dazu könnten auch der mehr und mehr verbriefte Autonomiestatus des Beschuldigten im Strafverfahren gehören und damit die Rechte seines Verteidigers. Seine Tätigkeit für den Beschuldigten wäre dann letztlich Staatsziel.92
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Aber wiederum braucht hier nicht entschieden zu werden, ob sich darin eine allgemeine Tendenz der vollständigen Erfassung und Zuteilung des Individuellen und gänzliche Zurückdrängung des Gesellschaftlichen zeigt. Zwar haben die dem Einzelnen zugebilligten Rechte an den Staat an Zahl und Verbindlichkeitsgrad so zugenommen, dass sie das, was man als eigenständige Sphäre der Freiheit vor oder jenseits des Staates ansehen könnte, förmlich verdunkeln. Demgegenüber muss jedoch die Kontinuität der gegen die - schon geteilte - Staatsgewalt gerichteten, aus der Gesellschaft (also der Summe der einzelnen, die sich - noch - nicht im Staat aufgehoben sehen) kommenden Bemühungen um die Autonomie des Beschuldigten gesehen werden. Dafür, dass dieses Bemühen sich in den Wunsch nach einer vom Staat zu gewährenden Freiheit umgewandelt hat, gibt es keine Belege. Auch „die andere Seite", der Staat, verharrt insoweit, trotz aller Expansionen im Übrigen, etwa im Sozialbereich, auf seinem traditionellen konstitutionellen Standpunkt. Die Eigenständigkeit, jedenfalls der anwaltlichen Berufsorganisationen,93 umzudeuten in eine spezielle Ausdrucksform staatlicher Demokratie, ginge an der Realität vorbei, ebenfalls der Gedanke, die Staatsräson habe sich in raffinierter Weise ein indirektes Herrschaftsinstrument geschaffen. Im Wandel begriffen sind lediglich die Gründe für die Behauptung einer nicht vom Staat zugeteilten Autonomieposition des Beschuldigten.
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Gerade in dieser Situation trifft das Diktum von Niemöller/Schuppert AöR 107 (1982) 3 8 9 zu: Es ist eine Eigenart des Strafprozessrechts, das Verhältnis von Staat und Bürger ausschnittsweise grell auszuleuchten. Dies wird auch in der in den letzten Jahren auf ein neues Niveau gehobenen Debatte über die Wahrung und Durchsetzung der Menschenrechte deutlicher: Denninger Die Wirksamkeit der Menschenrechte in der deutschen Verfassungsrechtsprechung, J Z 1998 1129; Hasso Hofmann Menschenrechte und Demokratie, J Z 2 0 0 1 1; v. Bogdandy Grundrechtsgemeinschaft als Integrationsziel? J Z 2 0 0 1 157, 158 ff. Einzelheiten bei L R / G i e ß S 136, 27 ff.
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EGMR StV 1985 441, 442; dazu ausf. unten Rn. 108; erg. § 137, 2. Lüderssen Kriminologie (1984) 15 m.w.N. Zur modernen Funktion dieses Begriffs vgl. Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge, Bericht der Sachverständigenkommission der Bundesminister des Innern und der Justiz (1983). Vgl. zur grundsätzlichen Debatte Härtung Neuordnung des anwaltlichen Berufsrechts, NJW 1993 2 7 7 6 und - sehr krit. - Redeker Rechtsanwaltschaft zwischen 1945 und 1995 - Ein Berufsstand im Wandel, NJW 1995 1241, 1244. Zur jüngeren Entwicklung der Strafverteidigung vgl. auch die Skizze von Bernsmann StV 2 0 0 6 342, 3 4 4 ff.
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Die ursprüngliche Freiheit des Individuums im Allgemeinen, wie im Bezug auf spezielle Interessen, wird weniger metaphysisch als soziologisch-positivistisch begriffen, das heißt, relevant ist in erster Linie die Tatsache, dass jenseits staatlicher Vorgaben und Einflüsse entsprechende Einigungsprozesse in der Gesellschaft stattfinden und politische Verbindlichkeit erlangen. 9 4
B. Folgerungen I. Die Bedeutung der Beschränkung strafprozessualer Aufklärungspflicht und Justizgewährung auf die staatlichen Strafverfolgungsorgane für die Stellung des Verteidigers im Allgemeinen 1. Das Vertragsprinzip. Es ist Ausdruck der allmählich durchgesetzten Anerkennung der Autonomie des Beschuldigten, dass die zentrale Norm - § 137 Abs. 1 - ihm das Recht gibt, sich „(...) des Beistandes eines Verteidigers" zu „bedienen". 9 5 Die Respektierung der Subjektrolle des Beschuldigten wäre nur halb vollzogen, wenn der beistehende Verteidiger die dienende Rolle verlassen würde und etwas ohne oder gegen den Willen des Beschuldigten tun dürfte. Daher hat dieser positiv-rechtliche Ausgangspunkt der Vertragstheorie mittlerweile Zustimmung erfahren. 9 6 Da unsere Rechtsordnung auf der anderen Seite - abgesehen vielleicht von familiären Rechten - private Positionen nicht als Basis genuiner Abhängigkeitsverhältnisse anerkennt, bleibt für die Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Beschuldigtem und Verteidiger nur die - für die gesamte Privatrechtsgesellschaft typische - Rechtsform des Vertrages.
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Die vielgestaltige Kritik an der Vertragstheorie 9 7 wird im Zusammenhang der einzelnen Fragen des Rechts der Strafverteidigung behandelt. Sie ist allerdings schon in ihren Grundlagen nicht immer leicht einzuordnen, weil ihr Tenor und die darauf gestützten Ableitungen nicht ohne Weiteres in Übereinstimmung zu bringen sind. Dies gilt etwa für
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Lüderssen Genesis und Geltung in der Jurisprudenz (1996) 69. Dieses Recht ist verfassungs- und konventionsrechtlich abgesichert, vgl. § 137, 2. Grundsätzliche Zustimmung (mit Modifikationen und „Abstand zu den Details der [...] Vertragstheorie" [Widmaier/SaUitt ΜΑΗ Strafverteidigung § 1, 81] in den Ableitungen) findet sich bei Kempf in: Brüssow u.a. (Hrsg.), § 1, 45 ff., 52 f.; AK/Schlothauer Vor § 213, 33; AK/Stern Vor § 137, 45 ff.; Scholderer StV 1993 229; Plähn in: 13. Strafverteidigertag 207 sowie unter Betonung verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte Jahn (Konfliktverteidigung) Jahn JR 1999 1; Jahn StV 2000 432 (insoweit ausdrücklich zustimmend Winkler 72; a.A. Gaede [Fairness] 516 Fn. 108; Beulke FS Roxin 1173, 1186 f.; vgl. auch Sieber FS Roxin 1113, 1135).
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UUKühne Einl. J, 110; Roxin § 19, 4; Roxin FS Hanack 1, 16; Volk (Grundkurs) § 11, 23; Kindhäuser (Strafprozessrecht) § 7, 6; Hellmann (Strafprozessrecht) Rn. 490; Beulke in: Kühne/Miyazawa (Hrsg.) Alte Strafrechtsstrukturen und neue gesellschaftliche Herausforderungen in Japan und Deutschland (2000) 140; Beulke (Strafprozessrecht) Rn. 151a mit anfechtbarer Einordnung als Unterfall der „Parteiinteressentheorie" (ebenso aber auch schon Ignor FS Schlüchter 39, 40; Hammerstein NStZ 1997 13; Grüner 79, 370 ff. vgl. allerdings den zutr. Ausgangspunkt bei Grüner/Wasserburg GA 2000 430, 434); Winkler 24 ff.; Stumpf 42 ff.; £. K. Günther 55 ff.; Olk 46 f.; Paulus NStZ 1992 307; Barton StV 1990 237; Widmaier FG Bundesgerichtshof IV 1045; SKIWohlers Vor § 137, 18.
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die Konzeption von Gerhard Wolf98 und weitere Stimmen." Für viele steht die Kritik Salditts,100 der der Vertragstheorie attestiert, „folgerichtig und widerspruchsfrei" zu sein, ihr aber gleichzeitig Praxisferne bescheinigt; sie könne nur in Hör-, nicht aber in Gerichtssälen entstanden sein.101 Es fragt sich in wissenschaftstheoretischer Perspektive, ob eine - bezogen auf das Gesetz - ausdrücklich als folgerichtig bezeichnete Auslegung mit dem Argument, die Praxis folge dem nicht (oder, wohl genauer: wolle dem nicht folgen) überhaupt kritisiert werden kann, will man nicht die Grenzen der Rückbindung jeder Auslegung an das geltende Recht zugunsten eines dunkel formulierten Standesinteresses aufgeben. Unabhängig davon zeigt sich hier deutlich die bereits 102 kritisierte „unjuristische" und damit latent antipositivistische Orientierung einer Verfahrensrolle, die durch die als „revolutionäre(n) Umsturz" 103 empfundene Rückführung auf ihre vertraglichen Grundlage um den Nimbus des nicht in Regeln Fassbaren gebracht wird. 34
a) Allgemeines. Dass der gewählte Verteidiger auf dieser Grundlage tätig wird, ergibt sich aus der Bevollmächtigung. Ihr geht entweder ein Vertrag voraus, oder es kommt mit ihr zugleich ein Vertrag zustande.104 Der Gedanke, dass die Vereinbarung mit dem Verteidiger zugleich die Wirkung einer öffentlich-rechtlich zu beurteilenden Mandatsstellung habe, findet im Gesetz keine Stütze.105
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Der Vertrag zwischen Verteidiger und Mandant ist ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB, der zwei Besonderheiten aufweist. Einmal handelt es sich um Dienste höherer Art, die aufgrund eines besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen - daher ist die
Im Tenor ablehnend (G. Wolf 59 ff.), in den Ausgangspunkten (55 f.) und bezogen auf Details im Ergebnis häufig übereinstimmend: 154, 177 (nur - vom Beschuldigten abgeleitetes Beweisantragsrecht), 179 (Bestimmung der Verteidigungsführung durch den Beschuldigten), 183 (Pflicht zur Führung der Verteidigung nur im Innenverhältnis gegenüber dem Beschuldigten), 213 (begründetes Innenverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem durch einen Vertrag), 215 (keine Besonderheiten für die zivilrechtliche Haftung des Verteidigers für schlechte Verteidigung), 429 (Bestimmung der Verteidigungsstrategie durch den Beschuldigten), 380 (keine Reduzierung der Wirkung der Verteidigertätigkeit durch die Gebundenheit des Verteidigers an die Entscheidung des Beschuldigten); zu ihm freilich wiederum krit. Beulke StV 2007 261, 264 ff.; Egon Müller JR 2003 51; Widmaiet/Salditt ΜΑΗ Strafverteidigung § 1, 37 f. Erg. Rn. 137. 99 Gerbard Schäfer (Praxis des Strafverfahrens) Rn. 50. 100 Widmaier/SaWi'ff ΜΑΗ Strafverteidigung § 1, 33 ff., 101. Siehe auch Salditt AnwBl. 1999 445, 448 und Salditt in: Egon MüllerSymposion 27: Es sei nicht hilfreich, „die 98
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101
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Strafverteidigung auf ihren vertraglichen Kern zu reduzieren" (s. auch Wehnert StV 2003 533; Ε. K. Günther 57 f.). Andererseits löst Salditt Konfliktsituationen zwischen Mandant und Verteidiger im Sinne der vertraglichen Einigung auf und weist ausdrücklich (Widmaier/Salditt ΜΑΗ Strafverteidigung § 1, 32) darauf hin, dass der Mandantenwille Ausgangspunkt aller übergreifender Lösungen zur Rechtsstellung des Verteidigers sein muss. Siehe auch Hamm FS Lüderssen 717 gegenüber Hamm FS Tondorf 311, 314, wo eine Verteidigungskonzeption gegen den Willen des Mandanten völlig zu Recht kritisiert wird. Widmaier/SaWi« ΜΑΗ Strafverteidigung § 1, 39 a.E. Oben Rn. la, s. auch unten Rn. 105c. Widmaier/Salditt ΜΑΗ Strafverteidigung § 1, 35; konsequent - und vielsagend daher Salditt aaO Rn. 44: Die Reduktion auf den Geschäftsbesorgungsvertrag wäre ein „katastrophaler Rollenverlust". Genauer unten Rn. 79 ff. Genauer unten Rn. 72. Dies gilt, wie Jahn JR 1999 4 und StV 2000 432 herausarbeitet, nicht nur für die Wahl-, sondern auch für die Pflichtverteidigung.
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Vor § 1 3 7
Vorschrift des § 627 BGB (jederzeitige fristlose Kündigung) anwendbar. 106 Zum anderen ist Gegenstand der Dienste eine sogenannte Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675 B G B 1 0 7 mit der Folge der Anwendbarkeit einer Reihe von Vorschriften, die an sich nur für den unentgeltlichen Auftrag gelten. Dazu gehört unter anderem § 665 BGB, der unter bestimmten Voraussetzungen Abweichungen von den - prinzipiell zu beachtenden - Weisungen des Auftraggebers zulässt. 108 Die Grenzen des Vertrages ergeben sich aus den allgemeinen Vorschriften des Bürgerliehen Rechts über Rechtsgeschäfte und Verträge. Wichtig sind hier vor allem die §§ 134, 138, 276 BGB.
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§ 134 BGB nimmt insbesondere sämtlichen Abmachungen zwischen Verteidiger und Mandant die Wirkung, die Verstöße gegen Strafgesetze zum Inhalt haben. Unproblematisch sind hier also regelmäßig Fälle, in denen der Mandant vom Verteidiger die Begehung von Straftaten verlangt, also beispielsweise Urkundenfälschung, tatherrschaftliche Zeugenbeeinflussung, Körperverletzung oder Nötigung. 109
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Die guten Sitten, deren Verletzung den Vertrag zwischen Verteidiger und Mandant nach § 138 BGB nichtig macht, können nach der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts110 nicht mehr ohne Weiteres unmittelbar dem Berufsrecht - und schon gar nicht den überkommenen RiAA - entnommen werden. Allerdings können die BRAO und die Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) 1 1 1 eine Indizwirkung für das Vorliegen eines Sittenverstoßes haben. Regelmäßig wird man allerdings bei einem Verstoß gegen die grundlegenden Berufspflichten - insbesondere der §§ 43, 43a BRAO - einen solchen Sittenverstoß annehmen müssen. Über die Generalklausel des § 138 BGB wirkt sich aber das Verfassungsrecht auf den Mandatsvertrag aus. Das privatautonome Element des Anwaltsvertrags muss daher über die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte zur Geltung kommen. 112 Dabei ergibt sich die prinzipielle Freiheit des Verteidigungsinnenverhältnisses und die „Präponderanz der autonomen Berufsbildkonstruktion" 113 aus der Schrankendogmatik des Art. 12 Abs. 1 GG, die Institutsgarantie der Verteidigung aus dem rechtsstaatlichen Prinzip des fairen Verfahrens und aus Art. 103 Abs. 1 GG. 1 1 4 Da-
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B G H N J W 1 9 8 3 1 0 4 8 ; Staudinger/Martme* § 675, C 33; MüKo-BGB/Heermann § 675,
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Nach der von der Satzungsversammlung der BRAK am 2 9 . 1 1 . 1 9 9 6 beschlossenen und am 1 1 . 3 . 1 9 9 7 in Kraft getretenen (BGH BRAK-Mitt. 1 9 9 9 2 3 3 f.; a . A . - zu Unrecht - AnwG Düsseldorf N J W 1 9 9 8 2 2 9 6 ) Berufsordnung ist es insbesondere Aufgabe des Strafverteidigers, den Mandanten vor verfassungswidriger Beeinträchtigung und staatlicher Machtüberschreitung zu bewahren (§ 1 Abs. 3 B O R A ) , vgl. insoweit auch BVerfG N J W 1 9 9 6 3 2 6 8 ; Jahn Z R P 1 9 9 8 1 0 4 ; Jahn N S t Z 1 9 9 8 3 9 2 .
112
Vgl. Soergel/Hefermehl § 138, 10; MünchKomm-BGBI May er-Maly/Armbrüster § 138, 16; Jahn (Konfliktverteidigung) 2 5 8 .
113
Höfling Berufsfreiheit und autonome Berufskonstruktion, DVB1. 1 9 8 7 881, 8 8 6 . Siehe zum Ganzen § 137, 2.
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O L G Stuttgart Die Justiz 2 0 0 1 1 9 4 , 195; LG München AnwBl. 2 0 0 0 4 5 3 , 4 5 4 ; StaudingerIMartmek § 6 7 5 , C 1; Soergel/Wolf § 2 7 6 , 174; M ü K o - B G B / H e e r m a n « § 6 7 5 , 6, 2 6 ; AKJStern Vor § 137, 3, 10; SK/Wohlers Vor § 137, 1 6 6 ; Barton (Einführung) § 6, 5 ; Müller-Gerteis 30. Genauer unten Rn. 5 0 ff. Scholderer StV 1 9 9 3 2 2 9 ; Jahn (Konfliktverteidigung) 2 5 4 ; erg. unten Rn. 114 ff. BVerfGE 7 6 171, BVerfGE 7 6 1 9 6 ; dazu Lindner M D R 1 9 9 3 6 0 5 ; Härtung N J W 1 9 9 3 2 7 7 6 ; Weigel BRAK-Mitt. 1 9 8 8 2 ; Pietzcker N J W 1 9 8 8 513; Kleine-Cosack N J W 1 9 8 8 1 6 4 ; Zuck N J W 1 9 8 8 175; Jähnke N J W 1 9 8 8 1 8 8 8 ; Commichau JZ 1 9 8 8 8 2 4 ; Pfeiffer BRAK-Mitt. 1 9 8 8 2 2 6 ; erg. oben Rn. 2 .
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her muss sich bei Einschränkungen der Freiheitsrechte des Strafverteidigers stets die einschränkende staatliche Gewalt rechtfertigen, nicht die Freiheitsvermutung.115 Die Annahme, wonach jeder Verstoß gegen das Berufsrecht gleichzeitig ein Verstoß gegen die guten Sitten sei, geht daher zu weit. 116 An § 138 BGB scheitern also Versuche des Mandanten, eine für ihn gleichsam selbstmörderische Strategie dem Verteidiger aufzudrängen. Diese Parallele zu der Grenze, die das ärztliche Berufsrecht der Rücksichtnahme des Arztes auf den Patientenwillen zieht, liegt nahe, ist aber, weil im juristischen Bereich die Situationen sich eindeutiger Bewertung häufig entziehen (freilich ist es bei den Ärzten auch nicht immer ganz einfach) am Ende doch nicht so ergiebig. Aber selbst wenn das anders wäre, blieben noch viele berufsrechtliche Probleme diesseits der guten Sitten übrig. 39
Mit Blick auf das Problem der sog. „Konfliktverteidigung" ist etwa umstritten, ob die Einlegung prozessordnungswidriger, also völlig unzulässiger, sachlich aussichtsloser oder rein prozessverschleppender Rechtsmittel, wegen § 138 BGB nicht mehr vom Weisungsrecht des Mandanten umfasst sein darf. Begründet wird dies teilweise mit dem Gedanken, dass die Einlegung von Rechtsmitteln nach der Rechtsordnung nur den Zweck haben dürfe, eine Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidung herbeizuführen. 117 Dagegen wird eingewandt, dass es auch Sache des Verteidigers sein könne, einen Prozess „platzen" zu lassen und in anderer, günstigerer Besetzung oder Atmosphäre fortzusetzen.118 Der Autonomiestatus des Angeklagten legt indessen eine vermittelnde Position nahe, wonach mindestens eine Pflicht zur Berücksichtigung des Wunsches des Mandanten nach gezielter Konfrontation mit dem Gericht besteht. 119
40
Schwierig ist die Beantwortung der Frage, welche Folgen es für den Vertrag mit dem Verteidiger hat, wenn nur ein Teil der vertraglichen Abrede zwischen Beschuldigtem und Verteidiger - etwa wegen Verstoßes gegen berufsrechtliche Vorschriften (z.B. §§ 43, 43a BRAO beim Lügeverbot) - gem. § 138 BGB unwirksam ist. Für diesen Fall gilt zunächst, dass der Verteidiger sich in Abweichung von § 665 BGB an diese Einzelweisung nicht zu halten braucht, denn sie ist für ihn nicht verbindlich; die Weisung ist analog § 138 BGB unwirksam, denn jene Vorschrift ist auch auf einseitige Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen anwendbar. 120 Sieht sich der Verteidiger durch die Weisung und ihre Befolgung sogar in der Gefahr zukünftiger Strafverfolgung, etwa wegen § 258 StGB, kann er in den Grenzen des § 671 BGB - zudem kündigen. 121
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Was geschieht, wenn der Verteidiger dieses Kündigungsrecht nicht wahrnimmt, z.B. deshalb, weil er trotz der ihm unliebsamen Einzelweisung immer noch am Mandat und am Schicksal des Mandanten interessiert ist? Für diesen Fall ist zwar die Einzelweisung
115 116
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Jahn (Konfliktverteidigung) 201 f. Überzeugend Deutsch Freizeichnung von der Berufsausübung, VersR 1974 303. S. auch schon RGZ 142 81. AK/Stern Vor § 137, 38; Hartstang 491. In der Konsequenz wollen KG NStZ 2 0 0 7 119 und Meyer-Goßner § 4 6 4 a , 10 bei einer „sinnlosen" Rechtsmitteleinlegung den Erstattungsanspruch nach § 4 6 4 a Abs. 2 Nr. 2 versagen; auf gleicher Linie kürzt OLG Köln, Beschl. v. 2 . 1 2 . 2 0 0 5 - 2 ARs 2 2 3 / 0 5 bereits für die Hauptverhandlung den Anspruch auf Pauschgebühr (nach § 99
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BRAGO a.F.) bei „bloßer Konfliktverteidigung". Zum Ganzen Jahn (Konfliktverteidigung) 2 5 6 f. Eschen StV 1981 365, 368; erg. § 145, 36 zur Frage eines prozessualen „Notwehrrechts" der Verteidigung. Ebenso AK/Schlothauer Vor § 213, 33; s. erg. § 138a, 117 ff. Palandt/Hewncfci § 138, 11; MüKo-BGB/ Armbrüster § 138, 9. Palandt/Spra« § 665, 3; genauer unten Rn. 62.
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unwirksam, aber der Geschäftsbesorgungsvertrag des Verteidigers als Dauerschuldverhältnis wird davon nicht berührt, denn es folgt aus dem Wesen des dienstvertraglichen Dauerschuld Verhältnisses, 122 dass einzelne unwirksame Weisungen seinen Bestand nicht betreffen. Dies freilich kann dann - je nach Ausgestaltung des Mandatsverhältnisses anders sein, wenn eine Einzelweisung so wesentlich für den Bestand des Dauerschuldverhältnisses ist, dass mit ihr der ganze Vertrag „steht und fällt". 1 2 3 Nur für diesen Fall der wohl eher selten vorkommen wird - bedarf es überhaupt einer Anwendung des § 139 BGB. Nach § 139 BGB ist ein Rechtsgeschäft bei Nichtigkeit eines Teils des Geschäfts insgesamt nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Allgemeine Regeln kann es hier schon deshalb nicht geben, weil der 2. Hs. des § 139 BGB gerade Ausdruck des zivilrechtlichen Prinzips der Privatautonomie ist. Als Leitlinie wird daher vorgeschlagen, dass zu fragen ist, wie der mutmaßliche Parteiwille beschaffen ist. Auf eine etwa vorhandene Urkunde, die das Verteidigungsziel oder die -Strategie fixiert, allein kann es dabei nicht entscheidend ankommen. Es sind vielmehr alle für die Ermittlung des Parteiwillens in Betracht kommenden Umstände, auch solche außerhalb des Vertragstextes, heranzuziehen. 124 Das bedeutet also i.d.R., dass das „objektiv vernünftige" als Parteiwille anzunehmen ist. Objektiv vernünftig wird es aber i. d. R. sein, dass das Mandatsverhältnis jedenfalls dann fortbesteht, wenn durch die Nichtbefolgung der nichtigen Weisung das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Mandant nicht vollends zerrüttet ist. Kein Gegenargument ist insoweit die - strenge - zivilistische Rechtsprechung, 125 nach der etwa ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der gegen § 1 RBerG a.E oder § 5 StBerG verstößt, trotz § 139 Hs. 2 BGB insgesamt nichtig ist. Denn hier ist es ja gerade so, dass der wirtschaftliche Erfolg des Vertrages vom (Rechts- oder Steuerberatungs-) Gesetz missbilligt ist. Im Falle der Strafverteidigung ist das wegen der Autonomie des Beschuldigten gerade nicht der Fall. Doch selbst dann ist bei der Anwendung des § 139 Hs. 1 BGB Zurückhaltung geboten, weil der Mandant ja nicht davon ausgehen kann, mit einem neuen (Wahl-) Verteidiger „besser zu fahren", denn dieser wird im Zweifel wieder die Befolgung der nichtigen Weisung ablehnen und muss das wegen §§ 134, 138 BGB auch tun.
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Einfallstor für das Berufsrecht ist zuletzt - und vor allem - § 276 BGB. Über die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, deren Verletzung die Haftung wegen Fahrlässigkeit auslöst, ist allerdings abgesehen von den Generalklauseln der §§ 43, 43a BRAO auch in der BORA - anders als früher in den RiAA 1 2 6 - nicht viel gesagt. Dennoch wird man dort, wo es Regelungen gibt, auch für Einzelheiten auf die normierten Berufspflichten - mindestens im oben genannten Umfang 1 2 7 - abstellen müssen. Obwohl aber nach § 59b Abs. 2 Nr. 1, 6 BRAO ein „Mehr" an Regelungsdichte möglich gewesen wäre, wurde
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Pa\andt/Weidenkaff Vor § 611, 2 ff. So, wenn etwa in der Fallkonstellation B G H StV 1 9 9 9 153 mit Anm. Lüderssen StV 1 9 9 9 5 3 7 und Anm. Stumpf wistra 2 0 0 1 1 2 3 der Beschuldigte für beide Vertragspartner erkennbar gerade deshalb diesen Verteidiger gewählt hätte, weil jener in vergleichbaren Fällen gegenüber anderen Mandanten schon einmal konkrete Ratschläge zu einer unwahren Einlassung erteilt hatte.
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BGH N J W 1986 2 5 7 6 ; ?ahndt/Heinrichs § 139, 14; MüKo-BGB/B«sc/?e § 139, 2 9 ff. LG Berlin, Urt. v. 1 0 . 1 2 . 1 9 9 3 - 2 Ο 1 2 2 / 9 3 : „Ein unter Verstoß gegen § 5 StBerG geschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag ist grundsätzlich auch dann insgesamt unwirksam, wenn er teilweise erlaubte Tätigkeiten umfaßt". Vgl. bereits oben Rn. 38. S. in Rn. 37.
Vgl. O L G Stuttgart Justiz 2 0 0 1 1 9 4 , 1 9 6 ;
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diese Lösung von der Satzungsversammlung mit knapper Mehrheit verworfen. Nur zur Rückgabe der Akten und zur Robenpflicht sind im Vierten Abschnitt des Ersten Teils (§§ 19, 20 BORA) unter der Überschrift „Besondere Berufspflichten gegenüber Gerichten und Behörden" Detailregelungen getroffen worden. 128 Erkauft hat man diese Zurückhaltung um den Preis, dass die Konkretisierung der berufsrechtlichen Generalklauseln weiterhin der Rechtsprechung überlassen bleibt. 129 Anwaltliches Gewohnheitsrecht mit die Tätigkeit des Strafverteidigers beschränkender Wirkung ist vor diesem Hintergrund nicht mehr anzuerkennen. 130 44
b) Haftung. Eine Kasuistik der zivilrechtlichen Pflichten - und der entsprechend sich daran knüpfenden Haftung - für das Recht der Strafverteidigung steht, trotz jüngerer monografischer Versuche, erst am Anfang. 131 Immerhin können schon Aufklärungs-, Prüfungs-, Beratungs- und Prozessführungspflichten unterschieden werden. 132 Als Hauptpflicht des Verteidigers wird man dabei - wie bei jedem Rechtsanwalt - zunächst seine Aufgabe ansehen müssen, die Interessen des Mandanten in jeder Richtung umfassend wahrzunehmen. Gestritten wird nun um die Frage, was hierunter im Einzelnen zu verstehen ist, aber auch um die haftungsmäßigen Folgen einer Pflichtverletzung.
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Nach § 675 BGB ist kein Erfolg geschuldet, sondern nur sachgerechte Verteidigung. 133 Die Fragen beginnen bei dem Katalog der Pflichten, die der Verteidiger verletzen könnte; 1 3 4 Gerhard Schäfer meint - im Gegensatz zu Daniel Krause135 - dass durchaus auch ein „von Weisungen abweichendes Verteidigerverhalten" pflichtmäßig sein kann. Umgekehrt könne der Konsens mit dem Mandanten nicht immer die Pflichtwidrigkeit ausschließen. 136 In dieser Allgemeinheit dürfte dem kaum zu folgen sein. Um die optimale Interessenverfolgung sicherstellen zu können, muss der Verteidiger im ersten Schritt den rechtlich zu prüfenden und zu bewertenden Sachverhalt umfassend in tatsächlicher Hinsicht erforschen und den Mandanten entsprechend befragen. Der um eine Beratung ersuchte Verteidiger ist danach zu einer erschöpfenden rechtlichen Prüfung und anschließend einer ausführlichen Belehrung des Mandanten über die Rechtslage verpflich-
128
Einzelheiten bei Kleine-Cosack NJW 1997 1 2 6 0 f.; Ε. K. Günther 7 8 sowie § 1 3 9 , 1 2 und § 147, 1 0 2 f., 126. Speziell zur Robenpflicht vgl. § 141, 4 7 a.E.
129
Zuck Z R P 1 9 9 7 2 7 9 ; Zuck M D R 1 9 9 7 327.
130
Vgl. nur KG N J W 1 9 8 9 2 8 9 4 : „Das BVerfG hat ( . . . ) Bedenken gegen die Heranziehung der Richtlinien des anwaltlichen Standesrechts zur Feststellung der Standeswidrigkeit erhoben; dies muß zunächst auch für die aus der Standeswidrigkeit abgeleitete Sittenwidrigkeit gelten". A . A . Taupitz N J W 1 9 8 9 2872.
131
Aus jüngerer Zeit insbesondere MüllerGerteis 4 9 ff. (dazu Barton StV 2 0 0 6 4 9 9 f.) und Schlecht 75 ff.; Knierim FS Strauda 115, 134 ff. Grundlegend Barton (Mindeststandards) 2 6 8 ff. (dazu auch Wächtler StV 1 9 9 7 111; Barton StV 1 9 9 1 3 2 4 und Widmaicr/Barton Μ Α Η Strafverteidigung § 57, 11; VoWJKnierim Μ Α Η Wirtschafts- und
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Steuerstrafsachen § 7, 3 6 3 ; Klemke/Elbs Rn. 6 4 ff., jeweils mit einer Skizze der bisherigen spärlichen Kasuistik. Allgemein zum Haftpflichtrecht Hansens N J W 1 9 9 2 1 3 5 3 und umfassend Sieg in: Zugehör Handbuch der Anwaltshaftung 2 ( 2 0 0 6 ) Rn. 6 3 9 ff. Z u r haftungsvermeidenden Kanzleiorganisation des Verteidigers instruktiv Lettner/Leipold/ Weimann StraFo 2 0 0 1 2 2 3 . 132 V g l . speziell zur Strafverteidigung etwa B G H BRAK-Mitt. 2 0 0 5 7 2 m. Anm. Chab-, KG N J W 2 0 0 5 1 2 8 4 ( 1 2 8 5 ) m. Anm. Barton StV 2 0 0 5 4 5 0 und Anm. Chab AnwBl. 2 0 0 5 4 9 7 ; Klemke/Elbs Rn. 5 0 ff. 133
134
G. Schäfer Egon Müller-Symposion 6 3 , 6 9 ; SK/Wohlers Vor § 1 3 7 , 1 6 7 . Vgl. Krause N S t Z 2 0 0 0 2 2 5 , 2 2 6 ff. und G. Schäfer a a O .
135
Krause N S t Z 2 0 0 0 2 2 5 , 2 2 9 .
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G. Schäfer Egon Müller-Symposion 6 3 , 7 0 ff.
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tet. Hier hat er die Pflicht zu eingehender Unterrichtung über die einzelnen Gesichtspunkte und Umstände, die für das zukünftige Verhalten des Auftraggebers in der Angelegenheit entscheidend sein können, wobei Zweifel und Bedenken dargelegt und erörtert werden müssen. Darüber hinaus hat er während des gesamten Mandatsverhältnisses die allgemein Pflicht, den Mandanten vor möglichen Schäden zu bewahren. 137 Es gilt daher generell auch für den Strafverteidiger der Grundsatz des gefahrlosesten und sichersten Weges zur Erreichung des für den Mandanten günstigsten Ziels. 138 Verletzt der Anwalt seine vertraglichen Pflichten gegenüber dem Mandanten, so haftet er nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (§ 2 8 0 Abs. 1 BGB), daneben gegebenenfalls aus Delikt (§ 823 BGB). 1 3 9 Im zivilprozessualen Verfahren hat der Mandant allerdings die objektive Pflichtverletzung darzulegen und zu beweisen, und zwar gleichgültig, ob er ein Handeln oder ein Unterlassen des Anwalts beanstandet. Nach der haftungsrechtlichen Rechtsprechung hat der Verteidiger trotz der Offizialmaxime im Strafprozess dabei auch eine Art von „Richterfehlerverhütungspflicht". 1 4 0 Die Annahme, dass der sicherste Weg - jedenfalls in der Tatsacheninstanz in nicht wenigen Fällen gerade in einem Fehler des Gerichts liegen wird (§ 337), zeigt indes, dass sich hier eine überzeugende Kasuistik erst noch entwickeln muss. So ist für die apostrophierte „Richterfehlerverhütungspflicht" zwischen den einzelnen Verfahrensstufen zu differenzieren. 141
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Auch hat der Mandant sowohl die haftungsbegründende Kausalität wie die haftungsausfüllende zu beweisen. Dabei ist allerdings die Frage nach der Kausalität der schädigenden Handlung für die Rechtsgutsverletzung wegen § 2 4 4 Abs. 2 bislang noch nicht überzeugend gelöst. Nicht zu übersehen sind aufgrund der Beweisschwierigkeiten des Mandanten wiederum 142 gewisse Parallelen zum Arzthaftungsprozess mit seiner abgestuften Beweislastumkehr für schwere Verstöße gegen die lex artis. 143 Eine Beweislastum-
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O L G Düsseldorf StV 1 9 8 6 2 1 2 zum Einspruch gegen einen Strafbefehl, mit dem das Gericht wegen § 411 Abs. 4 eine höhere Strafe verhängt hatte. Der Verteidiger wurde zum Ersatz des Differenzschadens verurteilt. Dazu auch Zwieboff StV 1 9 9 9 5 5 6 ; Schlecht 8 0 ff. B G H N J W 1 9 6 4 2 4 0 3 ; LG Berlin StV 1991 312 für das Nichtrügen eines absoluten Revisionsgrundes; SK/Wohlers Vor § 137, 1 7 7 ; Schlecht 119 ff.; WidmaierIBarton Μ Α Η Strafverteidigung § 57, 37.
Jungk BRAK-Mitt. 2 0 0 3 1 2 0 ; a . A . J a h n (Konfliktverteidigung) 2 5 8 f. Eine solche Pflicht konstatiert auch das umstrittene Urteil des O L G Nürnberg StV 1 9 9 7 4 8 1 zu § 5 9 Abs. 1 Nr. 2 a BeamtenVG mit Anm. Barton StV 1 9 9 8 6 0 6 . Der Verteidiger wurde wegen eines krassen Kunstfehlers im Bereich der Strafzumessung verurteilt, dem Kläger die entfallenen Bezüge nebst Beihilfeleistungen bis zum Erreichen des Altersruhegeldes und von diesem Zeitpunkt an die Differenz zwischen der Beamtenversorgung und den erhaltenen Rentenleistungen zu ersetzen.
W i d m a i e r / ß a r t o « Μ Α Η Strafverteidigung
§ 57, 8 2 ff.; Müller-Gerteis 1 2 8 ff.; Eckhart Müller/Gussmann (Berufsrisiken) Rn. 127, 1 4 8 ; insbesondere zum Schmerzensgeldanspruch wegen vom Verteidiger verschuldeter Untersuchungshaft KG N J W 2 0 0 5 1 2 8 4 , 1 2 8 5 m. Anm. Barton StV 2 0 0 5 4 5 0 f. und Anm. Chab AnwBl. 2 0 0 5 4 9 7 . 140 W i d m a i e r / ß a r t o « Μ Α Η Strafverteidigung § 57, 7 3 ; Eckhart Müller/Gussmann (Berufsrisiken) Rn. 1 3 3 ; Hartstang 4 8 6 (dazu Ostler N J W 1 9 9 1 2 2 6 9 , 2 2 7 0 ) ; Schlecht 132 ff.;
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142 143
In diesem Sinne LG Berlin StV 1991 312 für das Nichtrügen eines absoluten Revisionsgrundes. Vgl. Rn. 39, 5 8 . So auch Jahn StV 2 0 0 0 4 3 2 ; Zwtehoff StV 1 9 9 9 5 6 1 f.; Barton StV 1 9 9 8 6 0 6 ; SK/ Wohlers Vor § 137, 1 8 4 ; ebenso i. Erg. Müller-Gerteis 1 6 0 ff. (Beweislastumkehr bei schweren Pflichtverletzungen des Verteidigers). Ein Indiz für das NichtVorliegen eines
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kehr rechtfertigt sich nach dem kontrovers diskutierten Urteil des OLG Nürnberg 144 dabei aus dem Gedanken, dass die Vertragsverletzung des Verteidigers typischerweise mit dem beweisrechtlichen Risiko der Unaufklärbarkeit des Ursachenzusammenhangs verbunden ist. Der Zweck der von ihm verletzten Vertragspflicht sei deshalb auch darin zu sehen, beweisrechtlich Klarheit zu schaffen. Deshalb liege der Schutzzweck der verletzten Pflicht in diesen Fällen für den Verteidiger darin, dem Berechtigten die aufgetretene Beweisnot abzunehmen. Dem ist nunmehr für einen nahezu identische Fall allerdings das OLG München 145 entgegengetreten. 48
Zivilrechtlich gesprochen handelt es sich zunächst um ein Problem der die Haftung ausfüllenden Kausalität. Die haftungsbegründende Kausalität zwischen Handlung des Verteidigers und der Pflichtverletzung erscheint regelmäßig unproblematisch.146 Es geht bei der haftungsausfüllenden Kausalität aber um die nachträgliche Bewertung hypothetischer Verläufe in einem konkreten Strafverfahren, noch dazu aus Sicht der Zivilgerichte. Deshalb stößt die Einordnung des Problems beim Schadensbegriff durch Daniel Krause147 auf Bedenken.
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Das beste wäre eine Reproduktion des Strafverfahrens. Das ist aber nicht möglich. 148 Der Zivilprozess müsste dann streckenweise in einen Strafprozess verwandelt werden. Zwiehoff™9 weist insbesondere auf die Fragen hin, die sich daraus ergeben, dass die Einflussnahme bestimmter Verfahrensbeteiligter nicht simuliert werden könne. Ferner macht sie auf weitere Probleme aufmerksam, die durch die unterschiedlichen Beweiswürdigungsvorschriften entstehen. 150 Im Zivilprozess gehe es ja gar nicht um die materielle Wahrheit, weil die Dispositionsmaxime gelte.
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Gerhard Schäfer meint, deshalb seien für den Regelfall unüberwindliche prozessuale Hürden für eine erfolgreiche Klage gegen den Verteidiger wegen seiner Anwaltspflichtverletzung errichtet. 151 Man muss aber doch wohl genauer hinsehen. Es handelt sich um sorgfältig voneinander abzuschichtende Fragen. Zunächst kann man in diesem Falle mit Schäfer152 erst einmal eine Reihe von Einwänden absondern, die sich auf Unterbrechung des Kausalverlaufes beziehen. „Fehler des Gerichts ändern an der Kausalität von Fehlern des Verteidigers nichts". Die Kausalität „wird nicht unterbrochen durch andere Juristen, die dazwischen geschaltet werden, durch den Notar, durch weitere später eintretende Verteidiger, die etwa ein Mandat übernehmen oder dadurch, dass das Mandat von einem anderen Verteidiger übernommen wird". 1 5 3 Bei der Frage der hypothetischen Verläufe -
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schweren Verstoßes gegen die lex artis soll dabei nach LG Berlin StV 1991 310 sein, dass ein dem Mandanten günstiges Judikat nicht in der Sammlung BGHSt veröffentlicht ist. Diese Beschränkung, die in der Praxis aufgrund des expandierenden Marktes für Spezialliteratur zur Strafverteidigung dankbar aufgenommen wurde, ist indes rechtlich angesichts der fortschreitenden Ausdifferenzierung des Anwaltsmarktes und der berufsrechtlichen Etablierung des Fachanwalts für Strafrecht (§ 43c Abs. 1 BRAO in Verbindung mit §§ 1 S. 2, 13 FachanwaltsO, vgl. dazu Rn. 105a) heute nicht mehr vertretbar. OLG Nürnberg StV 1997 481, n. rkr. OLG München BRAK-Mitt. 2 0 0 6 74 (Ls.) m. Anm. Grams.
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Krause NStZ 2 0 0 0 225, 233. Krause NStZ 2 0 0 0 225, 231. Zum Parallelproblem bei der Beruhensfrage aufgrund unzureichender Verteidigerleistung Neuhaus StV 2 0 0 2 43, 4 9 f. G. Schäfer Egon Müller-Symposion 63, 73. A.A. Schlecht 213 ff. Zwiehoff StV 1 9 9 9 555, 560. Zwiehoff aaO. G. Schäfer Egon Müller-Symposion 63, 73. G. Schäfer aaO. G. Schäfer aaO (diese Formulierung findet sich allerdings nur im Manuskript des Texts S. 141).
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also wie wäre der Prozess ohne den Fehler verlaufen - verwendet die Rechtsprechung (gemeint ist hier aber die Kasuistik der zivilistischen Anwaltschaft) „einen normativen Schadensbegriff: Die Haftung des Rechtsanwaltes findet im Schutzbereich des Anwaltvertrages ihre Grenze. Der Regressprozess dient allein dazu, echte Rechtsverluste abzugleichen, nicht aber dazu, den Mandanten mittels eines Ersatzanspruchs gegen den Rechtsanwalt etwas .Verlorenes' zuzusprechen, was ihm im Vorprozess nur unter Außerachtlassung der materiell-rechtlichen Lage zuteil geworden wäre (bzw. also eine entgangene ihm günstige Fehlentscheidung)". 154 Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass für die Beurteilung, wie ein Gericht im Vorprozess (ohne den Anwaltsfehler) entschieden hätte, maßgeblich ist, „wie es nach Auffassung des über den Regressanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entscheiden müssen". 1 5 5 Das bedeutet, dass die hypothetische Erwägung nicht dahingeht, wie hätte das damalige Gericht, so wie es ohne den Fehler zu entscheiden geneigt gewesen sein könnte, entschieden. Das wäre schlechterdings auch nicht rekonstruierbar, auch in Bezug auf Zivilprozesse nicht. Probleme treten ferner in Bezug auf den Umfang auf: Der Verteidiger hat ja nicht alles falsch gemacht; man muss also den Anteil des Strafprozesses, der „richtig" gewesen wäre - ohne den Fehler - wieder einsetzen. Bei dem „Ersatz" für die Freiheitsstrafe geht es also unter Umständen nur um Teile.
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Beweiserleichterungen können sich über § 287 ZPO ergeben: Weitgehender Ermessensvorbehalt bei der Feststellung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft.
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Wegen aller dieser Schwierigkeiten ist eine Regelung erwogen worden, die auf den 48Θ Nachweis der Kausalität verzichtet (also nicht etwa auf den Nachweis des Schadens begrifflich scheint das aber gelegentlich durcheinander zu gehen). Dabei ist die Überlegung maßgeblich, dass es Pflichtverletzungen gibt, deren Missachtung die Gefahr eines negativen Ausgangs des Strafverfahrens nahe legt. 156 Die Eingrenzung geschieht durch die Auflistung der groben Fehler. Parallelen zu solchen Beweiserleichterungen gibt es ja auch dort im Strafrecht, wo man für den Zusammenhang zwischen Fahrlässigkeit und Erfolg mit Vermutungen arbeitet, bezogen auf das Nicht-Abarbeiten eines bestimmten Pflichtenkataloges. Was die Beweislastumkehr angeht, so gibt es einen „Richtlinienvorschlag der EG-Kommission über die Haftung bei Dienstleistungen", 157 wonach „die Beweislast für die fehlende Kausalität dem Dienstleistenden aufgebürdet" wird. „Zwar wurde dieser Richtlinienvorschlag wieder zurückgenommen; jedoch weist er in eine Richtung, in die sich die weitere Entwicklung bewegen dürfte". 1 5 8 Eine Entscheidung des OLG Düsseldorf 159 bezieht zum ersten Mal die Pflichtverteidigung in die Betrachtungen ein. Dabei ergibt sich ein Problem bereits daraus, dass der Pflichtverteidiger ja nur seine Pflichtverteidigergebühren bekommt. Die haftungsrechtliche Gleichbehandlung ist also problematisch. Das Gericht kann als Grundlage den Geschäftsbesorgungsvertrag nicht annehmen, weil es, der herrschenden Lehre zufolge, bei der Pflichtverteidigung in der Regel keine vertraglichen Beziehungen gebe. Bezeichnend ist aber, dass es sich daraufhin nun auf die Hilfskonstruktion eines gesetzlichen Schuldverhältnisses beruft. 160
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Krause N S t Z 2 0 0 0 2 2 5 , 2 3 1 ; zust. auch SK/ Wohlers Vor § 137, 192.
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Zwiehoff a a O mit Nachw. in Fn. 8 2 . A.A. Schlecht 2 5 1 .
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Krause N S t Z 2 0 0 0 2 2 5 , 2 3 1 . Zwieboff StV 1 9 9 9 5 5 5 , 5 6 1 .
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O L G Düsseldorf StV 2 0 0 0 4 3 0 . Dagegen Jahn (Konfliktverteidigung) 2 4 3 ff.; dazu ausf. unten Rn. 7 2 .
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Nachweis bei Zwiehoff
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a a O Fn. 8 0 .
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Die notwendige Folge der bisherigen Rechtsprechung der Zivilgerichte in der Praxis ist die gestiegene Bedeutung vertraglicher Haftungsbeschränkungen. 161 Festzuhalten bleibt zudem, dass die Entwicklung der Haftungsfragen die Entwicklung der Vertragstheorie begünstigt. Deren Bedeutung wird insgesamt in dem Maße gestärkt werden, wie Haftungsprozesse gegen Pflichtverteidiger zunehmen und die dabei entstehenden praktischen Rechtsfragen einer Lösung zugeführt werden müssen. 162 Klar ist zuletzt auch, dass es sich bei der Berufsausübung des Verteidigers nicht mehr um eine haftungsfreien Raum handelt. 163 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anerkennung und Ausbildung einer berufspezifischen Verteidigerhaftung dazu beitragen kann, „Qualitätsstandards für die Verteidigungstätigkeit zu gewährleisten. Dass dies in Zeiten eines immer komplizierter werdenden Strafprozesses um der Rechte der Mandanten willen grundsätzlich wünschenswert ist, bedarf keiner eingehenden Begründung". 164
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c) Weisungen. Der allgemeine Satz, dass die objektive Sorgfaltspflicht des Verteidigers - ausgefüllt durch das Berufsrecht - die vertragliche Beziehung zum Mandanten bestimmt, 165 löst indessen noch nicht das Problem, in welchem Maße sich der Verteidiger dabei vom Mandanten unabhängig fühlen darf. Zur objektiven Sorgfalt, zu der ein Anwalt verpflichtet ist, gehört auch, dass er die Weisungen des Mandanten aufmerksam beachtet. Das ergibt sich bereits als Umkehrschluss aus § 665 B G B . 1 6 6 Außerdem aus der Aufgabe, den Mandanten i.S.d. § 1 Abs. 3 BORA vor Rechtsbeeinträchtigungen „zu bewahren", was wohl nur schwerlich gegen dessen Willen vorstellbar ist, soweit man die zivilrechtliche Bindung im Innenverhältnis nicht zugunsten einer paternalistischen Verteidigungskonzeption neutralisiert. Sie verlangt vom Verteidiger jedoch, unter Verletzung seiner zivilrechtlichen Bindung im Innenverhältnis nach außen als falsus procurator zu agieren, weil er - etwa unter Berufung auf seine Beistands- und Organstellung - zu Willenserklärungen und Handlungen gezwungen wird, die außerhalb der durch das Grundgeschäft vermittelten Vertretungsmacht (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB) liegen. Wie viel insofern noch weiterer Klärung bedürftig zu sein scheint - kein Zweifel besteht jedenfalls daran, dass es Weisungen gibt, die nicht dem Berufsrecht entsprechen, gleichviel wie man es im Einzelnen auslegt.
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Das Interesse muss sich daher auf die Frage konzentrieren, wie der Strafverteidiger mit diesen Weisungen umzugehen hat. Praktisch wird das nur, wenn dem Verteidiger die Weisungen nicht gefallen, etwa weil seine Konzeption der Verteidigung von der des Man-
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Dazu VoDdKnterim Μ Α Η Wirtschafts- und Steuerstrafsachen § 7, 3 6 5 ff.; v. Westphalen W i B 1 9 9 7 1217. Z u r Frage der Anwendung des AGB-Rechts der §§ 3 0 5 ff. BGB auf Klauseln in der Verteidigervollmacht vgl. S 138, 2 0 . So ausdrücklich Barton StV 1 9 9 0 2 3 7 , 2 3 8 ; Ε. K. Günther 5 4 f. Barton StV 1 9 9 8 6 0 7 ; Widmaier/ßarion Μ Α Η Strafverteidigung § 57, 5; Pfordte/ Degenhard (Anwalt) § 1, 4 2 ; Köllner in: Bockemühl (Hrsg.), Kap. 1, 116. Krause N S t Z 2 0 0 0 2 2 5 , 2 3 4 . Im Berufsrecht sind also auch die Quellen für die „Mindeststandards", deren Relevanz als erster Barton systematisch und differenziert
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dargelegt und konkretisiert hat ( 4 9 ff., 8 7 ff., 2 2 1 ff., 2 9 3 ff.) zu suchen, nicht in der öffentlich-rechtlichen Komponente des Mandatsvertrags (s. dazu genauer unter Rn. 1 0 2 ) . Dazu B G H N S t Z 1 9 9 5 3 9 3 und ausführlich Kniemeyer 111 ff. Ebenso Barton (Einführung) § 6, 17; Heeb 3 5 ; Jahn (Konfliktverteidigung) 2 4 8 und auch Heinicke 2 3 2 f., der sich aber insoweit allein auf die Welp'sehe Autonomiethese beruft (dazu bereits oben Rn. l a , 2 3 ) . Grundsätzlich zum Selbstbestimmungsrecht des Mandanten Rieß in: Egon Müller-Symposion 1.
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danten abweicht. Gebietet die Pflicht zur objektiven Sorgfalt i. S. d. § 2 7 6 B G B dem Verteidiger, dass er des ungeachtet seine eigene Konzeption verfolgt oder dass er der K o n zeption des M a n d a n t e n zur Durchsetzung verhilft? M u s s also der Verteidiger etwa den Willen des Beschuldigten respektieren, sich unschuldig verurteilen zu l a s s e n ? 1 6 7 M u s s er die Verhandlungsunfähigkeit des M a n d a n t e n verschweigen, wenn dies der M a n d a n t in freiverantwortlicher Entscheidung wünscht? M u s s er in jedem Fall die Rechtsmitteleinlegung umsetzen h e l f e n ? 1 6 8 N a c h der Grundregel des § 6 6 5 B G B sind Abweichungen von den Weisungen des Auftraggebers nur gestattet, wenn der Beauftragte - also der Strafverteidiger - den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. K o m m t es zu einer rechtlichen Aufklärung, so gibt die Entschließung des Auftraggebers den Ausschlag. Dass der Verteidiger auf diese Entschließung durch entsprechende Begründungen für seine Konzeption einwirken kann, ist klar, ändert aber nichts daran, dass bei verbleibender Divergenz die Weisung des Auftraggebers den Vorrang h a t . 1 6 9 M a n muss dabei Ausschau halten nach Berufsregeln, die nach den o b e n wiedergegebenen, von Dahsu0 beschriebenen Grundsätzen doch (schon oder wieder) gelten.
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Eine entsprechende communis opinio ist allerdings derzeit nicht feststellbar. Vielmehr sind die Auffassungen darüber, wie m a n sich, um eine ordentliche Strafverteidigung, das heißt eine Strafverteidigung nach der lex artis des anwaltlichen Berufsstandes, führen zu k ö n n e n , mit dem M a n d a n t e n arrangieren muss, schon immer sehr unterschiedlich gewesen.171
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In dieser offenen Situation k ö n n e n sich die Strafverteidiger nur helfen, wenn sie die Auswirkungen mangelnder Verständigung mit dem M a n d a n t e n auf das Vertragsverhältnis 1 7 2 jeweils genau überblicken.
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Die Absicherungen beginnen mit der Anbahnung des Vertragsverhältnisses. Ein StrafVerteidiger, der G r u n d zu der A n n a h m e hat, seine Unabhängigkeit k ö n n t e im Verlauf des ihm angedienten M a n d a t s Beeinträchtigungen ausgesetzt sein, wird die zu erwartenden Probleme vorher klären und - gegebenenfalls - von einer Ü b e r n a h m e des M a n d a t s absehen. Viele Konfliktfälle werden auf diese Weise vermieden, weil schon die ersten Gespräche zwischen dem Strafverteidiger und seinem möglichen M a n d a n t e n sich auf die
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Dafür MUStern Vor § 137, 52; a.A. Hammerstein NStZ 1990 264. Dafür wiederum AK/Stern Vor § 137, 52; vgl. auch Heeb 165. A.A. BGHSt 39 313; 38 114; 13 343; OLG Celle NJW 1989 992; Beulke (Verteidiger) 71; A. Müller JR 1996, 127; Vebling StV 1992 86; Welp ZStW 90 (1978) 820; Dünnebier FS Pfeiffer 275; Dahs Hdb. 28; KK/ Laufhütte Vor § 137, 5; s. auch BVerfG NJW 1995 1952. Zu Gegenauffassung soeben Rn. 50. Dahs Hdb. 36. Man vergleiche etwa die unter der Überschrift „Der Verteidiger und sein Mandant zwischen Identifizierung und Distanzierung" formulierten Thesen des Strafverteidiger-
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tages in Hamburg 1978 (DuR 1978 365) mit den - zweifellos ebenfalls in Anwaltskreisen eine positive Resonanz findenden - Ausführungen von Beulke (Verteidiger) 129 ff. und Hanack ZStW 93 (1981) 561 ff. Dieses muss gegebenenfalls den sich ändernden Prozesslagen laufend angepasst werden. Die praktischen Schwierigkeiten, die das bereitet, könnten durch eine allmählich sich bildende (möglicherweise durch variierende Muster- und Modellvorschläge - ein reiches Arbeitsgebiet für die Berufsvertretungen formalisierte) Routine der Vertragsgestaltung aufgefangen werden (dazu krit., aber zugleich anregend Müller-Dietz Unveröffentlichter Diskussionsbeitrag beim Egon Müller-Symposion 1998, Mitschrift S. 106).
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Konzeption der Verteidigung zu beziehen pflegen und unterschiedliche Auffassungen deutlich gemacht werden können. Erfolgt keine Einigung, so wissen die Beteiligten, woran sie sind. 56
Wollen sie trotzdem, dass die Beauftragung zustande kommt, so können sie - im Zweifel zu Beweiszwecken schriftlich - festlegen, bis zu welchen Grenzen sie jeweils dem anderen gestatten, seiner Verteidigungskonzeption den Vorrang zu geben.
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Der Fall, dass der Mandant auf sein Weisungsrecht verzichtet und alles dem Verteidiger überlässt, ist einfach. Die §§ 138, 134 BGB markieren die Scheidelinie. Einen schrankenlosen Freibrief für den Verteidiger stellt der Mandant dabei nicht aus. Auch hier ist ergänzend und veranschaulichend an die Grenzen der Einwilligung des Patienten in die ärztliche Heiltätigkeit zu denken.
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Schwieriger liegt der umgekehrte Fall. Der Verteidiger willigt ein, auf eine eigene Verteidigungskonzeption ganz oder teilweise zu verzichten und sich dementsprechend nach den Weisungen des Mandanten zu richten. Die Parallelen zum Arztrecht sind seltener. Signifikant ist die Situation, in die ein Zahnarzt geraten ist, dem eine Patientin angesonnen hat, er möge ihr sämtliche Zähne ziehen, weil sie ständig unter Kopfschmerzen leide. 1 7 3
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Enthält der Vertrag zwischen Verteidiger und Mandanten nicht Details der skizzierten A r t 1 7 4 - etwa, weil beide Seiten an die mögliche Konkurrenz von Verteidigungskonzeptionen nicht gedacht haben - und treten nun während des Mandatsverhältnisses diese Konkurrenzen erst auf, so gilt das gesetzliche Vertragsrecht. Das heißt, der Verteidiger ist - wenn er den Vertrag aufrechterhalten will - an die (ihn jetzt störenden) Weisungen des Mandanten gemäß § 665 BGB gebunden.
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Allerdings muss dem Verteidiger wegen seiner Sach- und Fachkenntnisse ein gewisser eigenverantwortlicher Entscheidungsspielraum verbleiben. 175 Im Grundsatz bestimmt also das Ziel der Geschäftsbesorgung beim Anwaltsvertrag der Auftraggeber, den dazu einzuschlagenden Weg weitgehend der Beauftragte. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, weil der Mandant den Verteidiger unter Druck setzt, ist zu fragen, ob sich dieser Raum für Eigenverantwortlichkeit auf das „Ob" oder das „Wie" der Verteidigung bezieht, denn auch für das zivilrechtliche Mandat ist anerkannt, 1 7 6 dass - wenn die Partei den Grundauftrag erteilt hat - der Anwalt zweckmäßigerweise die Art und Weise der Durchführung des Grundauftrages (Klageerhebung, Rechtsmitteleinlegung usw.) bestimmt. Dies gilt entsprechend auch für die Strafverteidigung. Das Weisungsrecht des Mandanten ist also solange unproblematisch, wie für die Entscheidung über das „Wie" der Zielerreichung dem Verteidiger noch Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen verbleibt, also etwa im Hinblick auf den Zeitpunkt des Stellens (oder Nichtsteilens) prozessualer Anträge, ihre Formulierung oder die Einzelheiten der Interaktion mit den anderen Prozessbeteiligten. Überschreiten Weisungen des Mandanten die hier getroffene Grenzziehung, schreibt er also dem Verteidiger das „ O b " und „Wie" der Erreichung des Verteidigungsziels vor, kann in Fällen unversöhnlicher Gegensätze nur noch die Kündigung des Mandatsvertrags innerhalb der durch das Dauerschuldverhältnis begründeten gegenseitigen Treuepflicht die Folge sein (§ 627 Abs. 1 BGB). 1 7 7 Dies soll dem Verteidi-
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BGH N J W 1978 1206; dazu Horn JuS 1 9 7 9 2 9 m.w.N. Siehe Rn. 56. Staudinger/M