154 30 27MB
German Pages 340 Year 1996
Liberalisierung und Regulierung der Postmärkte Ansatzpunkte für eine Neugestaltung der staatlichen Postpolitik
Herausgegeben von
Diplom-Volkswirt Heinz Berger und
Dr. Peter Knauth
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Liberalisierung und Regulierung der Postmärkte : Ansatzpunkte für eine Neugestaltung der staatlichen Postpolitik / hrsg. von Heinz Berger und Peter Knauth. - München ; Wien : Oldenbourg, 1996 ISBN 3-486-22749-1 NE: Berger, Heinz [Hrsg.]
© 1996 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: Grafik + Druck, München ISBN 3-486-22749-1
Vorwort der Herausgeber
Sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene werden gegenwärtig intensive Diskussionen über einen neuen ordnungspolitischen Rahmen für den Postsektor gefuhrt. Die heute noch existierenden Monopole werden zunehmend in Frage gestellt. Allerdings ist mit einer völligen Abkehr von der traditionellen Marktordnung im Postsektor nur dann zu rechnen, wenn tragfähige Alternativen aufgezeigt werden Denn der Übergang vom Monopol zum Wettbewerbsmarkt ist nur dann politisch durchsetzbar, wenn auch während der Transformationsphase die politisch gewünschte flächendeckende Grundversorgung mit postalischen Dienstleistungen sichergestellt ist Demzufolge reicht es nicht aus, im Rahmen komparativ-statischer Analysen die Vorteilhaftigkeit des Wettbewerbs als Koordinationsmechanismus aufzuzeigen. Vielmehr geht es darum zu verdeutlichen, daß sich u.a. mittels regulierender Maßnahmen des Staates ein Mehr an Wettbewerb durchaus mit einer gleichbleibend guten oder sogar verbesserten Infrastrukturversorgung - auch während der Transformationsphase - vereinbaren läßt und demzufolge Monopole im Postsektor keine Existenzberechtigung mehr haben. Die Beiträge dieses Sammelbandes zeigen - trotz vorhandener Auffassungsunterschiede im Detail - eindeutig, daß im Postsektor zum einen weitreichende Spielräume flir Liberalisierungsmaßnahmen existieren, die auch genutzt werden sollten. Zum anderen wird verdeutlicht, daß effizienzorientierte staatliche Regulierungseingriffe zumindest aus zwei Gründen erfolgen sollten. Erstens, weil der etablierte Postbetreiber aufgrund der historischen Gegebenheiten auch auf liberalisierten Märkten eine dominante Stellung innehat, die dazu geeignet ist, die Entstehung und Entwicklung eines funktionsfähigen Wettbewerbs zu verhindern. Staatliche Regulierung ist hier im Interesse der Kunden und der Mitbewerber zumindest übergangsweise notwendig. Zweitens scheinen marktkonforme Regulierungsmaßnahmen zumindest in Teilbereichen sinnvoll zu sein, um hierdurch staatlich vorgegebene Infrastrukturzielsetzungen zu erreichen Das vorliegende Werk erhebt nicht den Anspruch, abschließende Antworten auf die angesprochenen Fragestellungen zu liefern. Statt dessen sollten insbesondere aus ökonomischer Sicht Anstöße für weitergehende Diskussionen im politischen und wissenschaftlichen Bereich gegeben werden. Unser besonderer Dank gilt den Autoren, die trotz starker Arbeitsbelastung die Zeit gefunden haben, ihre Beiträge für dieses Buch zu verfassen. Bei den einzelnen Abhandlungen wurde Wert darauf gelegt, daß es sich um jeweils abgeschlossene Beiträge handelt, die ohne Rückgriff auf andere Kapitel des Buches oder spezifische Vorkenntnisse verständlich sind. Die Herausgeber
Autorenverzeichnis B a u e r , Brigitte, Diplom-Volkswirtin, Wissenschaftliches Institut f ü r Kommunikationsdienste, Bad H o n n e f B e r g e r , Heinz, Diplom-Volkswirt, Ministerialrat, Referatsleiter im Bundesministerium für Post und Telekommunikation, Bonn. Blankart, Charles B , P r o f Dr., Humboldt-Universität Berlin B r a u b a c h , Ulla, Dr., M a n n e s m a n n E u r o k o m G m b H , Düsseldorf; bis Anfang 1995 R e f e rentin im Bundesministerium für P o s t und Telekommunikation, Bonn. Ernst, Matthias, Dr., Universität Würzburg; F o r s c h u n g s g r u p p e EcoTel. G r ö n e r , Helmut, Prof. Dr., Universität Bayreuth. H o f m a n n , Heinrich, Dr., Leitender Regierungsdirektor, Unterabteilungsleiter im B u n desamt für P o s t und Telekommunikation, Mainz. K n a u t h , Peter, D r , Regierungsdirektor, Referent im Bundesministerium f ü r Post und Telekommunikation, Bonn. K n i e p s , Günter, Prof. Dr., Universität Freiburg. K n o r r , Andreas, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universität Bayreuth. Neu, W e r n e r , Dr., Direktor des Wissenschaftlichen Instituts f ü r Kommunikationsdienste, B a d H o n n e f Pieper, Frank, Diplom-Volkswirt, Veba AG, Düsseldorf, bis 1994 Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste, Bad Honnef. P l a g e m a n n , Jürgen, Dr., Regierungsdirektor, Referent im Bundesministerium f ü r Post und Telekommunikation, Bonn. Schöttner, Hubert, Diplom-Volkswirt, Amtsrat, Referent im Bundesministerium für Post und Telekommunikation, Bonn. S t u m p f , Ulrich, D r , Stellv. Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste, Bad H o n n e f Uhle, Detlef, Dr., Regierungsdirektor, Referent im Bundesministerium für P o s t und Telekommunikation, Bonn. W a l p u s k i , Dirk, D r , Universität Würzburg, F o r s c h u n g s g r u p p e EcoTel.
Inhaltsübersicht Seite Vorwort Autorenverzeichnis
3 4
Teil 1: Einführung
9
Zur Notwendigkeit einer Änderung des Ordnungsrahmens im Postsektor (Berger/ Knauth) Der rechtlich-institutionelle Rahmen des Postmarktes in der Bundesrepublik Deutschland (Plagemann)
11 47
Teil 2: Marktergebnisse auf regulierten und unregulierten Postniärkten
91
Marktversagen im unregulierten Postmarkt? (Braubach) Produktions- und Angebotsstnikturen im Postsektor (Hofmann) Die Struktur der Nachfrage nach Postdienstleistungen in Deutschland (Uhle) Nachfragebeziehungen zwischen Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Emst/ Walpuski) Wettbewerb und Regulierung im Postsektor - ein internationaler Vergleich (Schöttner)
93 123 147 159 175
Teil 3: Ansatzpunkte für Liberalisierungsinaßnahmen und effiziente Formen der Regulierung
199
Effiziente Instrumente der Infrastrukturfinanzierung: Die Infrastrukturfondslösung im Postbereich (Blankart/ Knieps) Lizenzierung als Instrument der Marktöffnung (Gröner/ Knorr) Preisregulierung in monopolisierten Bereichen des Postsektors (Neu/ Stumpf) Die Regulierung des Netzzugangs im Briefdienst (Pieper/ Stumpf) Möglichkeiten und Grenzen einer Qualitätsregulierung in wettbewerblichen Ausnahmebereichen des Postwesens (Bauer)
201
Teil 4: Zusammenfassung und Ausblick
313
Funktion und Struktur der staatlichen Postpolitik (Berger)
315
Stichwortverzeichnis
336
225 247 263 289
Inhaltsverzeichnis
Seite Teil 1: Einführung Zur Notwendigkeit einer Änderung des Ordnungsrahmens im Postsektor (Berger/ Knauth) I. II. III. IV. V. VI.
Einführung Der Markt für Postdienstleistungen Zur Begründung staatlicher Tätigkeit im Postsektor Beurteilung des Regulierungsrahmens im Poslsektor aus allokalionspolitischer Sicht Ansatzpunkte für eine schrittweise Liberalisierung und eine cITi/ien/.oncnUcrlc Regulierungspolitik im Poslsektor Ausblick: Die Ergebnisse der Postreform II aus ordnungspolitischer Sicht
Der rechtlich-institutionelle Rahinen des Postmarktes in der Bundesrepublik Deutschland (Plagemann) I. II. III IV. V. VI.
Probleme der rechtlichen Betrachtung des Postmarktes Die wesentlichen Rechtsvorschriften des Postmarktes im Überblick Marktzulritt im Postsektor - der Beförderungsvorbehalt der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T bzw. der Deutschen Post AG Marktaufsicht im Postsektor - die Regulierungsbefugnisse des Bundesminisleriums für Post und Telekommunikation Das Recht der Europäischen Union im Postmarkt Rcchtspolitischer Ausblick
9
11 13 15 19 25 29 41
47 49 51 65 79 85 88
Teil 2: Marktergebnisse auf regulierten und unregulierten Postmärkten
91
Marktversagen im unregulierten Pastmarkt? (Brauhach)
93
I.
Einleitung
95
II. III. IV.
Die Theorie des natürlichen Monopols Weltbewerbspolitische Schlußfolgerungen Schlußbetrachlungen
96 107 118
Produktions- und Angebotsstrukturen im Postsektor (Hufmann)
123
I II.
125 133
Produktionsstrukturen Angebolsslrukluren
Die Struktur der Nachfrage nach Postdienstleistungen in Deutschland (Uhle)
147
I. II. III. IV.
149 150 154 156
Thematisch-methodische Einführung Die N a c h f r a g e nach Briefpost Die Nachfrage nach Frachlpost Die N a c h f r a g e nach Kurier- und Expreßpost
Inhaltsverzeichnis
7
Nachfragebeziehungen zwischen Post- und Telekomniunikationsdicnstleistungcn (Ernst/ Walpuski)
159
I. II. III. IV. V.
161 162 163 169 170
Problemstellung Nachrichtenübertragung als wirtschaftliches Gut Das Konzept der Verkehrswertigkeit Verkehrsaffinität und Qualitätsprofil im Brief-, Fernsprech- und Telefaxdienst Ergebnisse und Schlußfolgerungen
Wettbewerb und Regulierung im Postsektor - ein internationaler Vergleich (Schüttner)
17S
I II. III.
177 179 196
Vorbemerkungen Ausländische Postmarktordnungen Ergebnis
Teil 3: Ansatzpunkte für Liberalisierungsinaßnahmcn und effiziente Formen der Regulierung
199
Effiziente Instrumente der Infrastrukturfinanzierung: Die Infrastrukturfondslüsung im Postbereich (Blankart/ Knieps)
201
I. II III. IV. V. VI VII. VIII.
203 205 207 210 216 218 220 221
Einführung: Die Konzeption eines Univcrsaldienstes im Postbcrcich Ein universaler Postdienst in einer Wettbewerbswirtschaft'' Lösung des Universaldienstproblems über monopolisierte Postdienste Der Infrastrukturfonds als Alternative zu monopolisierten Diensten Die Finanzierung des Infrastrukturfonds Reine Subventionslösung statt Infrastrukturfonds Politische Durchsetzbarkeit Schlußfolgerungen
Lizenzierung als Instrument der Marktüffnung (Grüner/ Knorr)
225
I. II. III. IV. V.
227 229 230 234 245
Die Ausgangslage Mögliche Ansatzpunkte der Lizenzierung im Postwesen Wetlbewerbsverhältnisse im Poslwcsen Alternative Lizenzierungsstrategien Abschließende Beurteilung
Preisregulierung in monopolisierten Bereichen des Postsektors (Neu/ Stumpf)
247
I. II. III. IV.
249 249 252 255
Einleitung Das Regulierungsproblem Rate-of-Relurn-Regulierung Price-Cap-Regulierung
Die Regulierung des Netzzugangs im Briefdienst (Pieper/ Stumpf)
263
I. II. III. IV.
265 266 279 286
Einführung Grundlegende Fakten Normen für die Regulierung des Netzzugangs Schlußfolgerungen
8
Inhaltsverzeichnis
Möglichkeiten und Grenzen einer Qualitätsregulierung in wettbewerbliclien Ausnahmebereichen des Postwesens (Bauer) I. II
289
III. IV. V.
Einführung und Problemstellung Operationalisierung des QualitätsbegrifTs im Briefdienst - einige grundsätzliche Überlegungen Monopole und Qualität Qualitätsregulierung in gesetzlich geschützten Monopolbereichcn? Staatliche Qualitätssicherung im Monopolbercich der Post AG?
291 292 297 300 307
VI.
Ausblick
310
Teil 4: Zusammenfassung und Ausblick
313
Funktion und Struktur der staatlichen Postpolitik (Berger)
315
I.
Rückblick
317
II. III. IV.
Funktionen der Postpolitik Gedanken zur Strukturierung der politischen Funktionen im Bcreich der Postpolitik Regulierung, Privatisierung und Wettbewerb
321 326 329
Teil 1: Einführung
Zur Notwendigkeit einer Änderung des Ordnungsrahmens im Postsektor (Berger/ Knauth) I.
Einführung
II. D e r M a r k t für P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n 11.1. Der rechtlich-institutionelle Rahinen 11.2. Angebots- und Nachfragestrukluren im Poslsektor III. Z u r B e g r ü n d u n g staatlicher T ä t i g k e i t i m P o s t s e k t o r III. 1. Marktversagen im Postseklor - allokative Effizienz als Ziel staatlicher Postpolitik? III.2. Außerökonomische Ziele der Regulierungspolitik im Postsektor IV. Beurteilung des Regulierungsrahmens im Postsektor aus allokationspolitischer Sicht V
A n s a t z p u n k t e für e i n e s c h r i t t w e i s e L i b e r a l i s i e r u n g u n d e i n e e f f i z i e n z o r i e n t i e r t e Regulierungspolitik im Postsektor V . l . Die Liberalisierungsvorschläge des Grünbuchs Post V. 1.1. Liberalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs V . l . 2 . Marklöffiiung im Bereich von Direktwerbesendungcn V. 1.3. Einführung einer Preis- und Gewichtsgrenze V. 1.4. Marktöflnung für neue Dienstleistungen
V.2. Lizenzierung als adäquates Instrument des Übergangs vom Monopol z u m Wettbewerb V.3. Aufgaben der Regulierungspolilik V.3.1. Preisregulierung im Interesse der Kunden V.3.2. Qualitätsregulierung V.3.3. Wettbewerbsschulz durch Regulierung V.3.3.1. Die Quersubvenlionierungsproblematik V.3.3.2. Strategische Eintriltsverhinderung als Regulierungsproblem V I . A u s b l i c k : D i e E r g e b n i s s e d e r P o s t r e f o r m II a u s o r d n u n g s p o l i t i s c h e r Sicht
Zur Notwendigkeit einer Änderung des Ordnungsrahmens im Postsektor Heinz Berger und Peter Knauth*
I. Einführung Die Postpolitik gerät in jüngster Zeit sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene mehr und mehr in Bewegung. Die Postreform II in Deutschland und das Grünbuch Post der Kommission der Europäischen Gemeinschaften sowie die daraus resultierenden Politikschritte werden den institutionellen Rahmen in diesem Sektor nachhaltig verändern. Hinzu kommen die im Rahmen des XXI. Weltpostkongresses vereinbarten organisatorisch-institutionellen Änderungen des Weltpostvereins. Bislang zählen die Märkte für Postdienstleistungen zu den Bereichen, in denen das Wettbewerbsprinzip in nur beschränktem Maße Gültigkeit besitzt. Viele Staaten, deren Wirtschaftsordnungen als Marktwirtschaften bezeichnet werden, weisen Postsektoren auf, die weitgehend monopolisiert sind. Dies gilt auch für die Bundesrepublik Deutschland, in der bislang dem öffentlichen Postunternehmen im Bereich der Briefbeförderung ein weitreichendes und gesetzlich abgesichertes Monopolrecht zugestanden wird 1 Zwar hat Walter Eucken bereits vor mehr als vierzig Jahren festgestellt, daß öffentliche Monopole ebenso problembehaftet sind wie private. 2 Dessen und anderer Einwände ungeachtet wurde die Monopolstellung der Deutschen Bundespost über Jahrzehnte hinweg jedoch nicht ernsthaft in Frage gestellt. Hierzu trug neben einem - zumindest im Infrastrukturbereich - wenig ausgeprägten marktwirtschaftlichen Bewußtsein nicht zuletzt auch die grundgesetzliche Regelung des Artikel 87 bei, wonach die Bundespost - bis
1
2
Bundesministerium für Post und Telekommunikation. Der Beilrag gibt die persönlichen Ansichten der Verfasser wieder. Bis 31.12.1994 waren weile Teile der Briclbeförderung ausschließlich der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T vorbehalten; seil dem 01.01.1995 liegen diese ausschließlichen Rechte bei deren Nachfolgeunlernehmen, der Deutschen Post AG. Eucken stellt fest: "Die Verstaatlichung von Monopolen löst das Monopolproblem nicht. Staatliche Monopole - z.B. der Eisenbahn oder Elektrizitätswerke - treiben regelmäßig ebenso monopolistische Preispolitik wie private Monopole. Sie suchen ebenso wie private den Punkt der höchsten Reineinnahme zu erreichen, der im Monopolfall meist vom Punkt der optimalen Befriedigung der Naclifrage wesentlich abweicht. Vielfach ist sogar die Neigung, die Monopolposition vollständig auszunutzen, bei staatlichen Monopolverwaltungen größer als bei privaten. Die staatliche Monopolverwaltung fühlt sich nämlich zu diesem Verhallen berechtigt, weil die Einnahmen dem Staat oder der Stadt zufließen, also eine indirekte Steuer darstellen und nicht zu privaten Zwecken verwandt werden. Im übrigen fühlt sich der Staat viel sicherer vor einer möglichen Konkurrenz; er kann z.B. aufkommende Subslitutionskonkurrenz mit Mitteln der Gesetzgebung beschränken..."; Eucken, W.: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Auflage, Tübingen 1990. S. 293. ..Der Monopolist versorgt nämlich den Markt ständig mangelhaft und befriedigt die effektive Naclifrage niemals ganz, so daß er seine Ware weit über dem natürlichen Preis verkaufen kann, wodurch seine Einkünfte, ob Lohn oder Gewinn, beträchtlich über die natürliche Höhe steigen "; Smith, A.: Der Wohlstand der Nationen, 6. Auflage, München 1993, S. 54.
14
Teil I: Einführung
A u g u s t 1994 - in b u n d e s e i g e n e r V e r w a l t u n g mit eigenem V e r w a l t u n g s u n t e r b a u zu f u h ren w a r . In j ü n g s t e r Zeit wird j e d o c h weltweit i m m e r h ä u f i g e r die F r a g e a u f g e w o r f e n , ob u n d w i e d i e M a r k t e r g e b n i s s e im P o s t s e k t o r d u r c h eine liberalere M a r k t o r d n u n g verbessert w e r d e n k ö n n e n . 3 V o n b e s o n d e r e m Interesse ist dabei, ob sich w e t t b e w e r b l i c h e M a r k t s t r u k t u r e n mit der Sicherstellung infrastruktureller A u f g a b e n v e r e i n b a r e n lassen o d e r nicht. D i e F r a g e , ob aus ö k o n o m i s c h e r Sicht liberalisiert w e r d e n sollte, kann im R a h m e n k o m p a r a t i v - s t a t i s c h e r Analysen b e a n t w o r t e t w e r d e n , in d e n e n der regulierte Z u s t a n d mit d e m u n r e g u l i e r t e n b z w . deregulierten P o s t m a r k t verglichen w i r d W i r d dabei e r k e n n b a r , d a ß a u f o f f e n e n M ä r k t e n mit f u n k t i o n s f ä h i g e m W e t t b e w e r b g e r e c h n e t w e r d e n kann, so sind n o t w e n d i g e B e d i n g u n g e n f ü r einen A b b a u staatlicher E i n g r i f f e g e g e b e n . V o r einer M a r k t ö f f n u n g ist j e d o c h u.a. zu prüfen, inwieweit d u r c h die bisherigen I n t e r v e n t i o n e n Z u s t ä n d e g e s c h a f f e n w o r d e n sind, die einen friktionslosen Ü b e r g a n g v o m ineffizienten z u m effizienten R e g i m e e r s c h w e r e n . So b e s t e h t die M ö g l i c h k e i t , d a ß im V e r t r a u e n auf die D a u e r h a f t i g k e i t staatlicher Eingriffe w i e M a r k t z u t r i t t s s c h r a n k e n o d e r M i n d e s t p r e i s e i n s b e s o n d e r e a u f der A n g e b o t s s e i t e Investitionen in Sach- o d e r H u m a n k a p i t a l getätigt w u r d e n , die im Falle einer Liberalisierung teilweise o d e r vollständig e n t w e r t e t w e r d e n . H i n r e i c h e n d e B e d i n g u n g e n f ü r eine Deregulierungspolitik im P o s t s e k t o r liegen in diesem Fall d a n n vor, w e n n der g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e N u t z e n der W e t t b e w e r b s ö f f n u n g auch die im Z u g e der D e r e g u l i e r u n g anfallenden A n p a s s u n g s k o s t e n innerhalb des relevanten B e t r a c h t u n g s z e i t r a u m s übersteigt G e g e n eine M a r k t ö f f n u n g im P o s t s e k t o r wird h ä u f i g d a s A r g u m e n t des " R o s i n e n p i c k e n s " a n g e f ü h r t , d e m implizit die A n n a h m e z u g r u n d e l i e g t , bei d e r P r o d u k tion v o n Postdienstleistungen w ü r d e n beträchtliche regionale K o s t e n u n t e r s c h i e d e a u f t r e ten.'' D a private Anbieter im unregulierten W e t t b e w e r b nur d o r t tätig w e r d e n , w o sich dies f ü r sie lohnt, h ä t t e dies z u r Folge, daß Bereiche, deren B e d i e n u n g h o h e K o s t e n veru r s a c h t , e n t s p r e c h e n d e P r e i s e zu akzeptieren hätten o d e r ü b e r h a u p t nicht bedient w ü r den. Soll aber d a s g e s a m t e S t a a t s g e b i e t zu m e h r o d e r w e n i g e r einheitlichen B e d i n g u n g e n (Preise, Qualitäten) mit postalischen Dienstleistungen v e r s o r g t w e r d e n , so m u ß dieses Ziel - r e g i o n a l e K o s t e n u n t e r s c h i e d e v o r a u s g e s e t z t - d u r c h d e n E i n s a t z g e e i g n e t e r p o s t 3
4
Vgl. hierzu etwa die ordnungspolitischen Grundaussagen und Vorschläge des Griinbuchs Post der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste. KOM(91) 476 endg . Brüssel 1992. Kapitel 9. Inwieweit regionale Kostenunterschiede vorliegen, hängt neben den geographischen und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten in entscheidendem Maße von der Art der postalischen Leistungserstellung ab. So werden in Deutschland die ineisten Briefsendungen direkt in den Hausbriefkasten des Empfangers eingelegt, was sich etwa von der Situation in den Vereinigten Staaten unterscheidet, "where all rural delivery and mucli urban delivery is to a roadsidc box ". Cohen, R. H / Ferguson, W.W./ Xenakis. S S : A Cost Comparison of Serving Rural and Urban Areas in the United States. WIK- Diskussionsbeitrag Nr. 114. Bad Honnef 1993. S. 14. Die Studie von Cohen et al kommt zu dem Ergebnis, daß zwischen Stadt- und Landzustellung in den USA nur vergleichsweise geringe Koslenunterschiede bestehen; vgl. ebenda, S. 3.
Änderung des Ordnungsrahmens
15
politischer Maßnahmen erreicht werden. Bislang wurde diese Zielsetzung unmittelbar mit einem Instrument - nämlich einem öffentlichen Monopolunternehmen - verknüpft, ohne die Frage nach der Effizienz und damit letztlich nach der Verhältnismäßigkeit des Instrumenteneinsatzes aufzuwerfen. Die Ursachen hierfür liegen zum einen darin, daß die Postpolitik über lange Zeit nicht nur als Instrument zur Sicherstellung der flächendeckenden Befriedigung der Nachfrage nach Dienstleistungen des materiellen Nachrichtenverkehrs und des Kleingutverkehrs betrachtet wurde, sondern indirekt auch als Mittel anderer Politikbereiche wie etwa der Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik oder der Strukturpolitik. Darüber hinaus lag den Politikeingriffen eine unzureichende ökonomische Analyse des Postsektors zugrunde. Die Post wurde - wie im Grundgesetz festgeschrieben - als öffentliche Leistungsverwaltung begriffen, die Dienste erbringt, die vom Markt angeblich nicht bereitgestellt werden Eine Monopolisierung des Gesamtmarktes erschien aus dieser Sicht wenig problematisch. Ausgehend von der Annahme, daß die staatliche Postpolitik einzig dafür zu sorgen hat, daß eine flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen auf effiziente Weise gewährleistet wird und darüber hinausgehende Zielsetzungen grundsätzlich anderen Politikbereichen zuzuweisen sind, soll nachfolgend gezeigt werden, daß ordnungspolitische Reformen, d.h. insbesondere weitreichende Marktöffnungsschritte sowie übergangsweise - effizienzorientierte Regulierungsmaßnahmen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sinnvoll sind.
II. Der Markt für Postdienstleistungen II. 1. Der rechtlich-institutionelle Rahmen Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über das Postwesen (PostG) ist das "Errichten und Betreiben von Einrichtungen zur entgeltlichen Beförderung von schriftlichen Mitteilungen oder sonstigen Nachrichten von Person zu Person dem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T bis zum Auslaufen des Beförderungsvorbehalts ausschließlich vorbehalten." Der Begriff Beförderung wird in § 2 Abs. 2 PostG näher beschrieben und umfaßt alle Tätigkeiten, "die dem Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern der Sendungen an den Empfänger" dienen 5 § 2 Abs. 3 PostG schränkt den Bereich des Absatzes 1 ein, indem "Nachrichten, die einer anderen Sendung beigefugt sind und ausschließlich deren Inhalt betreffen" sowie "wiederkehrend erscheinende Druckschriften" v o m Befbrderungsvorbehalt ausgenommen werden. § 2 Abs. 5 PostG ermöglicht es dem Bundesminister für Post und Telekommunikation, "...im Einzelfalle Befreiung vom Beförderungsvorbehalt zu gewähren. Die Befreiung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden." 5
Gesetz über das Postwesen (PostG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 1989 (BGBl. I S. 1449), geändert durch Art. 6 Abs. 105 EisenbahnneuordnungsG v. 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378) und Art. 6 PostneuordnungsG v. 14.09.1994 (BGBl. I S. 2325).
16
Teil I: Einführung
Von dieser Befreiungsmöglichkeit hat der Bundesminister für Post und Telekommunikation bereits auf der Grundlage der bis 31.12.1994 gültigen alten Fassung des Postgesetzes durch die Amtsblattverfugung 6/1994 vom 12.1.1994 Gebrauch gemacht. Nach dieser Verfugung ist das Errichten und Betreiben von Einrichtungen zur entgeltlichen Beförderung von schriftlichen Mitteilungen von Person zu Person allgemein genehmigt, sofern für die Beförderung eine Mindestpreisgrenze beachtet wird, die pro Sendung beim Zehnfachen des Entgelts für einen gewöhnlichen Brief, d.h. zur Zeit bei einem Betrag von D M 10,- (einschließlich Mehrwertsteuer), liegt. 6 Mit der Amtsblattverfügung 42/1994 (BMPT-Amtsblatt Nr. 4/1994) hat der Bundesminister für Post und Telekommunikation darüber hinaus gemäß § 2 Abs. 4 PostG (alt) die Beförderung von grenzüberschreitenden Kuriersendungen vom Beförderungsvorbehalt ausgenommen, "wenn die Beförderung durch Kuriere vorgenommen wird, die die einzeln nachgewiesenen Sendungen auf dem Weg vom Absender zum Empfänger ständig begleiten und nötigenfalls über eigene Dispositionsbefugnis hinsichtlich Beförderungsweg und Beförderungsmittel verfugen " Trotz dieser Marktöffnungsschritte, die nicht zuletzt unter europarechtlichen Aspekten notwendig wurden, ist der größte Teil der Briefbeförderung weiterhin im Monopol, was bei der Betrachtung und Beurteilung der gegenwärtigen Marktstruktur zu berücksichtigen ist. In der Begründung zum Postgesetzentwurf wurde im Jahre 1968 festgestellt, daß "aus der Verpflichtung der Deutschen Bundespost, die Verkehrsbedürfnisse der Allgemeinheit nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit zu befriedigen, folgt, daß der freie Wettbewerb auf diesem Gebiet auch in Zukunft in bestimmtem Unifange zugunsten der Deutschen Bundespost beschränkt werden muß." 8 Diese Sichtweise hat eine lange Tradition, wenngleich fiskalische Motive gemeinwirtschaftliche Zielsetzungen der staatlichen Postpolitik zeitweise überlagerten 9 Gemeinwirtschaftliche oder gemeinnützige Aufgaben wie die Betriebspflicht, der Kontrahierungszwang oder der Tarifzwang bilden zumindest vordergründig die Rechtfertigung des Postmonopols. So wurde auch von einem "gemeinwirtschaftlichen Monopol" der Bundespost gesprochen, das die Einschränkung der Gewerbefreiheit rechtfertige.
6
Durch die BMPT-Amtsblattverfügung 6/1994 (BMPT-AnUsblaU Nr 1/1994. S 56) wurde die Amtsblattverfugung 632/1989 Nr. 2 vom 29.6.1989 des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (BPM-Amlsblatt Nr. 69 vom 29 6.1989. S. 1243) an die nach der Postreform des Jahres 1989 geänderte Rechtslage angepaßt und "gemäß § 2 Abs. 4 Postgesetz den privaten Kurierdiensten eine Allgemeingenelunigung für das Errichten und Beireiben von Einrichtungen zur Beförderung von schriftlichen Mitteilungen..." in den o. g. Grenzen erteilt. ' Bundesminister für Post und Telekommunikation: Amtsblattverfügung 42/1994, BMPT-Amtsblatt Nr. 4/1994, S. 198. Auch diese Allgemeingenehmigung stellt eine Rechlsanpassung einer seit 1985 bestehenden Regelungspraxis dar. 8 Entwurf eines Gesetzes über das Postwesen. Bundestag-Drucksache V/3295 vom 26.09.1968, S. 9. 9 Vgl. hierzu auch Ohnesorge, W.: Von den Vorrechten der Post, in: Poslarchiv - Zeitschrift fiir das gesamte Post- und Fernmeldewesen. 69. Jg., 1941, S. 99 - 113.
Änderung des Ordnungsrahmens
1 7
Übersehen wird dabei freilich oft, daß sich die gesetzten bzw. akzeptierten gemeinwirtschaftlichen Ziele mit Instrumenten erreichen ließen, die zum einen einen geringeren gesamtwirtschaftlichen Ressourcenverzehr zur Folge hätten und z u m anderen ohne die mit der Monopolisierung des Postmarktes verbundene massive Einschränkung des verfassungsmäßigen Rechts der Berufsfreiheit auskämen.
II.2. A n g e b o t s - und Naclifragestrukturen im Postsektor Der M a r k t für Postdienstleistungen in Deutschland w u r d e - wie in anderen Ländern auch - angebotsseitig lange Zeit durch das Leistungsangebot der Postverwaltung abgegrenzt. Z u m Postmarkt gehörte, w a s von der Post angeboten wurde. Mittlerweile existieren j e d o c h in vielen Ländern (wieder) leistungsstarke private Anbieter von Postdienstleistungen. Z u nennen sind hier u.a. Unternehmen wie der United Parcel Service, der Deutsche Paket Dienst, German Parcel, D H L , Trans-o-flex etc. Diese privaten Paket- und Kurierdienste haben in den letzten Jahren zu einer erheblichen Erweiterung des Angebotsspektrums auf den Postmärkten beigetragen. Rechnet man zum Postmarkt die Beförderung, d.h. die Einsammlung, den Transport und die Z u stellung v o n schriftlichen Mitteilungen und Kleingütern bis 31,5 kg, so stellt man fest, daß der Marktanteil der postfremden Anbieter in den letzten Jahren beachtlich gestiegen ist. 10 Z w a r war der öffentliche Postbetreiber auch im Bereich der P a k e t b e f ö r d e r u n g mit einem Sendungsvolumen von ca. 682 Mio Stück und einem Umsatz von ca. 3,9 Mrd. D M 1994 der mit Abstand g r ö ß t e Anbieter", doch existiert mittlerweile - trotz eines jährlichen internen Finanzausgleichs zugunsten des posteigenen Frachtdienstes in Milliardenhöhe - eine ganze Reihe privater Kurier- und Paketdienste mit bedeutenden Sendungsvolumina. So beförderte beispielsweise der Deutsche Paket Dienst ( D P D ) im Jahr 1993 ca. 124 M i o Pakete bei einem Umsatz von ca. 1,2 Mrd. D M . Eine ähnliche G r ö ß e n o r d n u n g erreichte auch U P S Deutschland, der 1993 über 100 Mio. Pakete beförderte. G e r m a n Parcel beförderte 1993 ca. 4 0 Mio Paketsendungen. 1 2 N e b e n der Deutschen Post A G betätigen sich bundesweit schätzungsweise 40.000 weitere Unternehmen im Paket- und Kurierdienstsegment, von denen die zehn größten Anbieter allein mehr als 50.000 Mitarbeiter beschäftigen " Dies ist ein Indiz dafür, daß
10
Zur Abgrenzung des Poslmarktcs vgl. auch Pieper. F.: Posldiensle im Wettbewerb - Ökonomische Charakteristika und Struktur der Märkte. Diskussionsbeilräge des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste. Nr 99. Bad Honnef 1992. S. 5 IT. Pieper untergliedert den Postmarkt weiter nach der Qualität der erbrachten Dienstleistungen. (Standard. Expreß/ Kurier) nach der Art und dem Gewicht der Sendungen (Brief. Paket. Fracht) sowie nach der räumlichen Ausdehnung (regional, national. international); vgl ebenda S. 9. Die Abgrenzung des Gesamlmarktes mittels einer Gewichtsgrenze ist recht willkürlich, allerdings entspricht sie der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Paketbeförderer angegebenen Grenze. 11 Vgl. Deutsche Post AG (Hrsg.): Geschäftsbericht 1994. Bonn 1995. S. 2 f. 12 Vgl. O.V.: DVZ-Übersicht: Kurier-, Expreß- und Paketdiensie. in: Deutsche Verkehrs-Zeitung. Nr. 139 v. 22.11.1994. S. 33-44 sowie O.V.: Hier geht die Post ab. in: LOGISTIK HEUTE. Sonderausgabe: Aktueller Überblick: Kurier-, Expreß- und Paketdiensie. Oktober 1993. S. 9 ff. 13
Vgl. ebenda, S. 12 ff.
18
Teil 1: Einführung
sich in diesem Teil des Postmarktes schrittweise ein funktionsfähiger Wettbewerb herausbildet. Im Bereich der Briefbeförderung ist die Deutsche Post AG aufgrund ihrer weitgehenden Monopolstellung der absolut dominante Anbieter Ihr Umsatz betrug 1992 ca. 16,7 Mrd. DM, bei ca 16,7 Mrd. Briefsendungen (Brief- und Infopost 1994: ca. 19 Mrd. D M / ca. 17 Mrd. Stück). Betätigungsmöglichkeiten für private Anbieter gibt es bisher allein im Bereich der Beförderung von nicht-adressierten Werbesendungen 1 A sowie in den durch Allgemeingenehmigungen und den durch die jüngste Lizenzierung im Bereich adressierter Massensendungen vom Bundesminister für Post und Telekommunikation geöffneten Bereichen. 15 Die Sendungsstruktur im Briefdienst des öffentlichen Postbetreibers läßt sich für das Jahr 1992 durch die nachfolgende Tabelle veranschaulichen Tabelle l: 16 Sendungsart Briefe Postkarten Briefdrucksachen Drucksachen Büchersendungen Warensendungen Wurfsendungen Massendrucksachen
Mio. Sendungen 1992 7.803 0.691 0.958 1.296 0.086 0.104 1.477 4.314
Die Nachfrage nach Leistungen des Briefdienstes verteilt sich - im internationalen Durchschnitt - etwa zu 80% auf gewerbliche Kunden und nur zu 20% auf private Nachfrager." Allgemein wird von einer nur mäßig wachsenden Gesamtnachfrage nach Beförderungsleistungen im Bereich des Briefdienstes ausgegangen, wobei ein leichter Rückgang im Standardsegment der normalen Briefbeförderung (Individualkommunikation) möglicherweise durch ein vergleichsweise stärkeres Wachstum im Bereich der "Massendrucksachen" bzw. (Direktwerbesendungen/ Massenkommunikation) überkompensiert wird. Während in Deutschland pro Einwohner im Jahr 1990 durchschnittlich 251 Briefsendungen verschickt wurden, waren es in Großbritannien 284, in Belgien 318, in Dänemark 335 und in Frankreich 355 Sendungen. Österreich erreichte im selben Jahr einen Wert von über 400 Sendungen, die Schweiz einen Wert von 718. 18 Die wohl wichtigste Erklärung für das - insbesondere unter Berücksichtigung des hohen Pro-Kopf-Einkommens M
Im Segment der nichl-adressierlen Massenposl (Wurfsendungen) gibl es eine ganze Reihe privater Anbieter, die in der Lage sind, zuverlässig bundesweit Zustellaufträge zu erledigen. 15 Vgl. hierzu Fn 6 f. oben. Deutsche Bundespost POSTDIENST (Hrsg.): Geschäftsbericht 1992. Bonn 1993, S. 24. '' Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste. a.a.O.. S. 73. 18 Vgl. hierzu Eurostat: Kommunikationsdiensle: Jährliche Statistiken 1980-1991, Brüssel 1993, S. 199.
Änderung des Ordnungsrahmens
19
im internationalen V e r g l e i c h sehr niedrige S e n d u n g s a u f k o m m e n in D e u t s c h l a n d d ü r f t e im bisher h o h e n T a r i f n i v e a u der D B P P O S T D I E N S T / D e u t s c h e n P o s t A G liegen. Bei d e n T a r i f e n f ü r B r i e f s e n d u n g e n - v o r allem der u n t e r e n G e w i c h t s k l a s s e n mit einem h o h e n A u f k o m m e n - nimmt die D B P P O S T D I E N S T b z w . die D e u t s c h e P o s t A G weltweit eine Spitzenposition ein. 19 D i e s gilt allerdings nicht in gleichem M a ß e f ü r die Qualität der erb r a c h t e n L e i s t u n g e n , w e n n m a n diese mit d e r j e n i g e n von P o s t v e r w a l t u n g e n bzw. - u n t e r n e h m e n vergleicht, die in s t ä r k e r e m U m f a n g im W e t t b e w e r b stehen als der d e u t s c h e M o n o p o l i n h a b e r Z u n e n n e n sind hier S w e d e n P o s t , die P T T N e d e r l a n d e s o w i e das britische P o s t Office. In k e i n e m dieser L ä n d e r ist d a s Dienstleistungsniveau (Brieflaufzeiten, D i c h t e d e r Einlieferungsstellen, L e e r u n g s h ä u f i g k e i t e n v o n B r i e f k ä s t e n etc ) auf d e n P o s t m ä r k t e n im D u r c h s c h n i t t niedriger als in d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d . Dies gilt insb e s o n d e r e a u c h - s o w e i t e r k e n n b a r - in b e z u g a u f d a s Ziel der " f l ä c h e n d e c k e n d e n G r u n d v e r s o r g u n g " mit postalischen Dienstleistungen. A u s empirischer Sicht läßt sich also festhalten, daß eine kontrollierte M a r k t ö f f n u n g die Qualität d e s A n g e b o t s in der R e g e l eher verbessert u n d eine Schlechterstellung b e s t i m m t e r G e b i e t e o d e r B e v ö l k e r u n g s g r u p p e n generell nicht feststellbar ist. 20
III. Z u r B e g r ü n d u n g s t a a t l i c h e r T ä t i g k e i t im P o s t s e k t o r Z u f r a g e n ist also, w a r u m der Staat auch h e u t e n o c h so massiv in den P o s t s e k t o r eing r e i f t u n d den W e t t b e w e r b so stark behindert E r k l ä r u n g s a n s ä t z e liefern u.a. die v e r s c h i e d e n e n A n s ä t z e d e r ö k o n o m i s c h e n T h e o r i e d e r R e g u l i e r u n g A u s d e r sog. T h e o r i e d e s M a r k t v e r s a g e n s leitet sich die H y p o t h e s e ab, d a ß es zu staatlichen Aktivitäten immer d a n n k o m m t , w e n n allokatives M a r k t v e r s a g e n vorliegt o d e r zu e r w a r t e n ist. D i e staatlic h e n Eingriffe e r f o l g e n d a n n im g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e n Interesse, d.h u m die g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e E f f i z i e n z zu erhöhen. M ö g l i c h e r w e i s e f u h r t auch die d e m o k r a t i s c h legitimierte V e r f o l g u n g a u ß e r ö k o n o m i s c h e r Ziele zu E i n g r i f f e n in den P o s t s e k t o r . In diesem Fall bleibt - aus ö k o n o m i s c h e r Sicht - allein die F r a g e , o b die eingesetzten I n s t r u m e n t e hinsichtlich der Z i e l e r r e i c h u n g als effizient zu b e z e i c h n e n sind. Dieser eher optimistischen Sichtweise b z w E r k l ä r u n g staatlicher Aktivität im P o s t s e k t o r stehen in der L i t e r a t u r A n s ä t z e g e g e n ü b e r , die staatliche E i n g r i f f e und W e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k u n g e n a u f s o g R e n t s e e k i n g - A k t i v i t ä t e n b e s t i m m t e r Individuen b z w . G r u p p e n z u r ü c k f ü h r e n . R e g u l i e r u n g s e i n g r i f f e w e r d e n d a n a c h als G ü t e r a u f " M ä r k t e n "
19
In der EU wird das Standardbriefentgclt des deutschen Poslbetreibers nach jüngsten A n g a b e n der E U K o m m i s s i o n allein v o n der italienischen Post übertreffen Einer Statistik der Australia Post für das Jahr 1992 zufolge, mußten deutsche Postbenutzer 1992 im Standardbriefbereich weltweit die höchsten Entgelte entrichten; vgl. Australia Post: Australian Postal Corporation - Submission to the Industry C o m m i s s i o n Inquiry into Mail, Courier and Parcel Services. o.O.. 1992. S. 22.
20
Z u e i n e m ähnlichen Ergebnis gelangt auch eine Studie v o n Price Waterhouse. die die Z u s a m m e n h ä n g e z w i s c h e n Wettbewerb und Infrastrukturversorgung analysiert: Price Waterhouse Corporate Finance Beratung GmbH. Internationaler Vergleich der Postinfrastruktur. Berlin 1993. S. 97.
20
Teil!:
Einführung
gehandelt. 2 1 Politiker und Verwaltungen, die durch ihre Entscheidungen bestimmten G r u p p e n nützlich sind, können ihrerseits damit rechnen, im politischen P r o z e ß bzw. bei der V e r f o l g u n g ihrer eigenen Ziele eine entsprechende Unterstützung zu erfahren bzw. im Falle unbequemer Entscheidungen entsprechend attackiert zu werden. Die Folge des Rentseekings sind in der Regel erhebliche gesamtwirtschaftliche Verluste, da der v o n den Rentseekern initiierte Umverteilungsprozeß in der Regel einen nicht unerheblichen unproduktiven Ressourcenverzehr für Lobbying, Rechtsstreite etc. nach sich zieht. 22 Z u r Klärung der Frage, ob sich der gegenwärtige Regulierungsrahmen mit ökonomischen N o t w e n d i g k e i t e n erklären läßt oder allein auf politischen O p p o r t u n i s m u s zurückz u f ü h r e n ist, erscheint es sinnvoll, zunächst die Produktions- und K o s t e n s t m k t u r e n des P o s t s e k t o r s zu betrachten, aus denen sich zumindest theoretisch die optimale Marktstruktur und Marktorganisation ableiten läßt
I I I . l . M a r k t v e r s a g e n im Postsektor - allokative Effizienz als Ziel staatlicher Postpolitik? Definiert man den Postmarkt als den Markt, auf dem Postdienstleistungen, d.h. alle Dienstleistungen, die in unmittelbarem Z u s a m m e n h a n g mit der B e f ö r d e r u n g v o n Briefsendungen und Kleingütern stehen, ausgetauscht werden, dann ist zunächst festzustellen, d a ß dieser M a r k t mehrere vertikal integrierte Teilmärkte umfaßt. Diese Teilmärkte oder Teilfunktionen sind die Einsammlung, der Transport, das Sortieren sowie die Zustellung der S e n d u n g e n an die Empfänger. Aus ökonomischer Sicht bedeutsam ist die Frage, ob auf den einzelnen Stufen oder sogar auf dem Gesamtmarkt der normalen Briefbeförderung Größen- oder V e r b u n d v o r teile vorliegen, die ein natürliches Monopol oder ein (enges) natürliches Oligopol und damit einen Fall des allokativen Marktversagens begründen können. Ü b e r z e u g e n d e empirische Untersuchungen, die diese Frage generell beantworten könnten, liegen j e d o c h nicht vor. Allerdings spricht einiges dafür, d a ß im Bereich der lokalen Zustellung mit nennenswerten E c o n o m i e s of Scale gerechnet werden kann, möglicherweise gilt dies in a b g e s c h w ä c h t e r F o r m auch für den Bereich der Einsammlung Die Einführung von Hochleistungssortieranlagen k ö n n t e dazu führen, daß auch auf der Stufe der Sortierung G r ö ß e n v o r t e i l e auftreten. Hieraus folgt, daß die vertikale Produktionskette als Ganzes betrachtet E c o n o m i e s of scale sowie Economies of S c o p e aufweist. 2 1 Dies bedeutet jedoch nicht, d a ß der Bereich der normalen Briefbeförderung insgesamt von nur einem U n t e r n e h m e n bedient werden sollte Vielmehr ist W e t t b e w e r b innerhalb der Briefbeförd e r u n g auf den einzelnen Produktionsstufen durchaus sinnvoll Dies gilt uneingeschränkt f ü r den Transportmarkt, der im Bereich des Straßenverkehrs konstante Skalenerträge aufweist. Vorstellbar ist, daß g r o ß e Sortieranlagen verschiedenen Betreibern offenstehen, 21
Diese Siclihveise gehl u.a. zurück auf George Sliglcr; vgl. dcrs: The Theorv of Economic Regulation, in: Bell Journal of Economics. Vol. 2. 1971. S. 3. 22 Vgl hierzu auch Buchanan. J.: Renl Seeking and Profil Söcking, in: Buchanan. J / Tollison, R. D./ Tullock. G.: Toward a Theorv o f t h e Renl-Sccking Society. College Station. 1980. S. 12 f. 2i Vgl. Panzar. J.C.: 1s Postal Service a Natural Monopolv. in: Crew. M.A./ Klcindorfer, P.R.: Competilion and Innovation in Postal Services. Boston u a 1991. S. 223.
Änderung des Ordnungsrahmens
21
die sich beispielsweise auf den Bereich der E i n s a m m l u n g spezialisieren k ö n n t e n ( C o n s o l i d a t o r s ) . M ö g l i c h w ä r e schließlich auch, für d e n G r ö ß e n v o r t e i l e a u f w e i s e n d e n B e r e i c h d e r lokalen Zustellung z u m i n d e s t einen W e t t b e w e r b u m d e n jeweiligen M a r k t im Demsetz" sehen Sinne vorzusehen. 2 4 U n t e r K o s t e n g e s i c h t s p u n k t e n völlig u n p r o b l e m a t i s c h ist die M a r k t ö f f n u n g f ü r die Vielzahl v o n Diensten, die nicht d e r B e f ö r d e r u n g v o n S t a n d a r d b r i e f e n z u z u r e c h n e n sind. H i e r z u zählen r e g i o n a l e ( F a h r r a d - ) K u r i e r d i e n s t e e b e n s o wie lokale, privat betriebene Postfachanlagen (Post Boxes) oder Postagenturen. O b w o h l die K o s t e n s t r u k t u r der B r i e f b e f b r d e r u n g W e t t b e w e r b z u l ä ß t , k ö n n t e es im u n r e g u l i e r t e n P o s t m a r k t zumindest teilweise a u f g r u n d existierender N a c h f r a g e k o m p l e m e n t a r i t ä t e n zu K o n z e n t r a t i o n s p r o z e s s e n b z w z u r M o n o p o l i s i e r u n g d e s M a r k t e s oder z u m i n d e s t v o n T e i l m ä r k t e n k o m m e n , 2 5 w o r a u s w i e d e r u m Effizienz- b z w . W e t t b e w e r b s p r o b l e m e resultieren könnten. W i r d e t w a eine B e f ö r d e r u n g s l e i s t u n g x - wie im g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r - in Teilen v o m U n t e r n e h m e n A und in Teilen v o m U n t e r n e h m e n B p r o d u z i e r t , die beide auf ihren jeweiligen regionalen M ä r k t e n bzw. ihren P r o d u k t i o n s s t u f e n über M o n o p o l s t e l l u n g e n v e r f ü g e n , dann h ä n g t die n a c h g e f r a g t e M e n g e der B e f ö r d e r u n g s l e i s t u n g x v o m Ges a m t p r e i s ab, der sich z u s a m m e n s e t z t aus d e m Preis P ^ f ü r die v o n Anbieter A bereitgestellte Teilleistung A u n d d e m Preis P ß f ü r die Teilleistung B. W i r d n u n unterstellt, daß die b e i d e n U n t e r n e h m e n u n a b h ä n g i g v o n e i n a n d e r jeweils den für sie g e w i n n m a x i m a l e n Preis setzen, dann sind s o w o h l d e r j e w e i l i g e individuelle G e w i n n als a u c h d i e jeweilige A b s a t z m e n g e geringer (der G e s a m t p r e i s e n t s p r e c h e n d h ö h e r ) als bei einer a b g e s t i m m t e n Politik d e r g e m e i n s a m e n G e w i n n m a x i m i e r u n g 26 F ü r die beiden U n t e r n e h m e n besteht d e m z u f o l g e auf den ersten Blick ein I n t e r e s s e an einer a b g e s t i m m t e n Preispolitik, u m das g e m e i n s a m e G e w i n n m a x i m u m zu erreichen, in d e m b e i d e bessergestellt w e r d e n . E s k a n n nun aber gezeigt w e r d e n , d a ß d e r P u n k t d e r g e m e i n s a m e n G e w i n n m a x i m i e r u n g kein stabiles Gleichgewicht darstellt, d a - a u s g e h e n d v o n dieser Situation - die Unt e r n e h m e n w i e d e r ein Interesse haben, ihren jeweiligen Teilpreis a n z u h e b e n . D i e U n t e r n e h m e n b e f i n d e n sich in einer der K a r t e l l p r o b l e m a t i k ähnlichen ( G e f a n g e n e n - ) Dilemmasituation, die a u f den U m s t a n d z u r ü c k z u f ü h r e n ist, d a ß die Preiselastizitäten für die einzelnen U n t e r n e h m e n u n t e r d e r Preiselastizität der G e s a m t n a c h f r a g e liegen u n d die N a c h f r a g e w i r k u n g e n d e r P r e i s e r h ö h u n g des einen U n t e r n e h m e n s v o m j e w e i l i g e n K o m p l e m e n t ä r p r o d u k t a n b i e t e r z u m Teil m i t g e t r a g e n w e r d e n müssen. 2 7 24
Vgl. ebenda. S. 224 f. Vgl. Baumöl, W.: Some sublle pricing issues in railroad regulation. in: International Journal of Transport Economics. Vol. 10, 1983. S. 343. 26 Vgl. ebenda. S. 343 f. 27 Ist p a in der Ausgangssituation gleich 0.6p und beträgt die Gesamtpreiselastizität 0,5, dann liegt die Preiselastizität lur das Unternehmen A bei 0.3 (0,6 x 0,5). Eine 20%ige Erhöhung von p ^ fuhrt zu einer Gesamtpreiserhöhung um 12% und demzufolge zu einem Mengenrückgang von nur 6%; vgl. ebenda, S. 344. 25
22
Teil I: Einführung
E i n e L ö s u n g für dieses Preisbildungsproblem liegt in der Fusion der b e i d e n Anbieter. A l t e r n a t i v hierzu bieten sich vertragliche R e g e l u n g e n o d e r r e g u l a t o r i s c h e E i n g r i f f e in die P r e i s b i l d u n g an, mit deren Hilfe die a n g e f ü h r t e n Instabilitäten in G r e n z e n g e h a l t e n w e r den k ö n n e n . B e z u g n e h m e n d a u f das A u s s a g e n g e b ä u d e d e r C o n t e s t a b l e M a r k e t s - T h e o r i e k ö n n t e f ü r d e n P o s t s e k t o r d i e F r a g e d e s k o s t e n - b z w . n a c h f r a g e s e i t i g b e d i n g t e n natürlichen M o n o p o l s als unter w e t t b e w e r b s p o l i t i s c h e n A s p e k t e n w e n i g b e d e u t s a m b e z e i c h n e t w e r d e n , da die P r o d u k t i o n v o n Postdienstleistungen in n u r unerheblichem U m f a n g mit irreversiblen Investitionen v e r b u n d e n ist. D e m z u f o l g e w ä r e auf d e n P o s t m ä r k t e n mit einem W e t t b e w e r b z u rechnen, d e r w e i t g e h e n d contestable u n d damit als allokativ effizient z u b e zeichnen ist. Allerdings d ü r f t e dies n u r f ü r einzelne P a r t i a l m ä r k t e , nicht j e d o c h bei B e t r a c h t u n g d e s G e s a m t m a r k t e s gelten. In b e z u g a u f letzteren ist die D i s z i p l i n i e r u n g s w i r k u n g d e s "hita n d - r u n - e n t r y " a u f g r u n d d e r mit einem möglichen N e t z a u f b a u v e r b u n d e n e n h o h e n T r a n s a k t i o n s k o s t e n , die z u d e m z u einem g r o ß e n Teil v e r s u n k e n e K o s t e n darstellen, e h e r g e ring e i n z u s c h ä t z e n Ein G r u n d f ü r staatliche Eingriffe k ö n n t e m ö g l i c h e r w e i s e auch in E x t e r n a l i t ä t e n im P o s t s e k t o r liegen 28 D e r P o s t m a r k t hat w i e die T e l e k o m m u n i k a t i o n oder der Schien e n v e r k e h r u n z w e i f e l h a f t N e t z c h a r a k t e r M D e r N u t z e n des einzelnen T e i l n e h m e r s im N e t z steigt dabei mit der Zahl der a n g e s c h l o s s e n e n T e i l n e h m e r , also mit der N e t z g r ö ß e In d i e individuelle E n t s c h e i d u n g über einen Netzbeitritt geht in der R e g e l j e d o c h n u r d e r d a d u r c h erzielbare e i g e n e N u t z e n eines Individuums ein, so d a ß die N e t z g r ö ß e im u n r e gulierten M a r k t m ö g l i c h e r w e i s e suboptimal bzw. zu klein ist. 1 " B e t r a c h t e t m a n e t w a den Fall v o n D o k u m e n t e n a u s t a u s c h b ö r s e n , bei d e n e n sich z B U n t e r n e h m e n einer b e s t i m m ten R e g i o n z u s a m m e n s c h l i e ß e n und einen lokalen (regionalen) g e g e n s e i t i g e n P o s t a u s t a u s c h einrichten, d a n n ist unmittelbar einsichtig, daß die Attraktivität d e r a r t i g e r V e r a n s t a l t u n g e n von d e r Teilnehmerzahl abhängt Ein selbständiger B e t r e i b e r einer solchen D o k u m e n t e n a u s t a u s c h b ö r s e k ö n n t e sich folglich z u m i n d e s t in der A n l a u f p h a s e - bis z u r E r r e i c h u n g der "kritischen M a s s e " - g e z w u n g e n sehen, die ersten N a c h f r a g e r f ü r ihre T e i l n a h m e bzw. ihren M a r k t z u t r i t t zu belohnen, e t w a in F o r m spürbarer Preisnachlässe Ein ähnliches P r o b l e m stellt sich grundsätzlich auch im n o r m a l e n B r i e f p o s t n e t z . D i e s w ä r e jedenfalls d a n n d e r Fall, w e n n j e d e r t e i l n e h m e n d e H a u s h a l t o d e r j e d e s U n t e r n e h m e n eine T e i l n a h m e g e b ü h r ähnlich der G r u n d g e b ü h r im T e l e f o n n e t z zu zahlen hätte. In diesem Fall k ä m e es m ö g l i c h e r w e i s e zu M a r k t a u s t r i t t e n v o n einzelnen H a u s h a l t e n , die bei ihrer E n t s c h e i d u n g d i e damit v e r b u n d e n e n N u t z e n e i n b u ß e n a n d e r e r N e t z t e i l n e h m e r nicht b e r ü c k s i c h t i g e n w ü r d e n . M ö g l i c h e r w e i s e stellt d e r g e g e n w ä r t i g e A b g e l t u n g s m o d u s , der 28
Vgl. hierzu auch Braubach. U.: Deregulierung der Posldienste. Köln 1992. S 60 f. Vgl. hierzu Blankart. Ch. B./ Knieps. G.: Netzökonomik, in: Jahrbuch für Neue Polilische Ökonomie, 11 Band. Tübingen 1992. S . 7 7 . 30 Vgl. hierzu auch Treworgy. D E./ Waddell. J A.: Postal Sen ice and Less Developed Countries, in: Crew. M. A / Kleindorfer. P. R : Competition and Innovation in Postal Services. Boston u.a. 1991, S. 260 ff. Treworgy und Waddel diskutieren die Extcrnalitalenproblcmatik am Beispiel des Aufbaus internationaler Postnetze
Änderung des Ordnungsrahmens
2 3
eine Z a h l u n g d u r c h den A b s e n d e r vorsieht, in K o m b i n a t i o n mit d e n g e g e b e n e n A n g e b o t s v e r p f l i c h t u n g e n des öffentlichen P o s t b e t r e i b e r s bereits eine g e w i s s e F o r m der Subv e n t i o n i e r u n g und damit der Internalisierung v o n N e t z e x t e r n a l i t ä t e n dar. Im Falle der Zulassung mehrerer Postnetzbetreiber m ü ß t e unter dem Aspekt der Netzexternalitäten d e m z u f o l g e b e s o n d e r e s A u g e n m e r k auf die Kompatibilität d e r N e t z e gelegt w e r d e n , da a n s o n s t e n mit negativen W o h l f a h r t s a s p e k t e n zu r e c h n e n wäre. 3 1 Z u s a m m e n f a s s e n d läßt sich also festhalten, d a ß es im P o s t s e k t o r d u r c h a u s Bereiche gibt, in d e n e n natürliche M o n o p o l e und E x t e r n a l i t ä t e n v o n B e d e u t u n g sind, t r o t z d e m k a n n hieraus kein d a u e r h a f t e s M a r k t v e r s a g e n abgeleitet w e r d e n , d a s als B e g r ü n d u n g für m a r k t i n k o n f o r m e staatliche E i n g r i f f e b e t r a c h t e t w e r d e n k ö n n t e .
III.2. A u ß e r ö k o n o m i s c h e Ziele d e r R e g u l i e r u n g s p o l i t i k im P o s t s e k t o r W e n n also die Fälle d e s M a r k t v e r s a g e n s nicht g e e i g n e t sind, als R e c h t f e r t i g u n g f ü r die g e g e n w ä r t i g e n Staatseingriffe in die P o s t m ä r k t e z u dienen, stellt sich die F r a g e nach den z u g r u n d e l i e g e n d e n a u ß e r ö k o n o m i s c h e n Zielen A n z u f ü h r e n sind hier die u r s p r ü n g l i c h b e d e u t s a m e Z i e l s e t z u n g der F ö r d e r u n g des staatlichen Z u s a m m e n h a l t s o d e r d e r A n b i n d u n g entlegener Gebiete 3 2 b z w . die in D e u t s c h l a n d d u r c h Art 72 G G a n g e s t r e b t e Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse, die einen E c k p f e i l e r der g e g e n w ä r t i g e n R a u m o r d n u n g s p o l i t i k darstellt. D u r c h eine regionale U m v e r t e i l u n g b z w . Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g soll sichergestellt w e r d e n , d a ß die infrastrukturelle V e r s o r g u n g mit postalischen Dienstleistungen zu m ö g lichst gleichen B e d i n g u n g e n landesweit g e w ä h r l e i s t e t wird Dies findet seinen A u s d r u c k in der F e s t l e g u n g v o n I n f r a s t m k t u r a u f g a b e n , die v o m öffentlichen P o s t b e t r e i b e r teilweise im M o n o p o l u n d teilweise im W e t t b e w e r b (Pflichtleistungen) u.a. nach d e m G r u n d s a t z d e r Tarifeinheit im R a u m zu erbringen sind. 3 3 L e t z t e r e wird e r g ä n z t d u r c h eine B e f ö r d e r u n g s p f l i c h t ( K o n t r a h i e r u n g s z w a n g ) und eine Betriebspflicht M s o w i e d u r c h b e s t i m m t e V o r g a b e n e t w a für das Poststellennetz. 3 5
" Vgl. hierzu auch Katz. M. L./ Shapiro. C : Network Externalities. Competition, and Compatibility, in: American Economic Review. Vol. 75. 1985. S 424-440. Katz und Shapiro kommen in ihrem Modell u.a. zu dem Ergebnis, "that firms with good reputations or large existing networks will tend to be against compatibility, even when welfare is increased by the move to compatibility ": ebenda. S 425 Inwieweit derartige Prognosen auch für den Poslseklor Gültigkeit haben, sollte zumindest geprüft werden. 32 Vgl. Sherman. R : Competition in Postal Service, in: Crew. M.A./ Klcindorfer. P R.: Competition and Innovation in Postal Services. Boston 1991. S. 206. 33 Vgl. hierzu § 1 Abs. 1 der POSTDIENST-Ptlichtleislungsverordnung vom 12.01.1994. BMPT-Amtsblatt 3/94. S. 126. 34 Nach § 7 der Postdienstverordnung hat die Deutsche Post AG u.a. die Verpflichtung, "für die Einliefcrung von Briefsendungen geeignete und ausreichende Möglichkeiten bereitzustellen" und nach § 8 des Gesetzes über das Postwesen existiert ein Kontrahierungszwang für die von der Post AG angebotenen Monopol- und Pflichtleistungen. 35 Deutscher Bundestag: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Postversorgung auf dem Lande. Konzept des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen für die künftige Postversorgung auf
24
Teil / . Einführung
Ü b e r d i e d e n P o s t b e r e i c h unmittelbar b e t r e f f e n d e n Z i e l e u n d A u f g a b e n h i n a u s , 3 6 w u r d e d a s P o s t u n t e r n e h m e n in D e u t s c h l a n d a u c h a n d e r e n Z i e l s e t z u n g e n u n t e r w o r f e n .
So
w a r n a c h § 2 d e s b i s 1 9 8 9 g ü l t i g e n P o s t v e r w a l t u n g s g e s e t z e s der P o s t m i n i s t e r d a f ü r v e r a n t w o r t l i c h , d a ß die D e u t s c h e B u n d e s p o s t n a c h d e n G r u n d s ä t z e n d e r P o l i t i k d e r B u n d e s republik D e u t s c h l a n d , i n s b e s o n d e r e der V e r k e h r s - , W i r t s c h a f t s - , F i n a n z - u n d S o z i a l p o l i tik g e f ü h r t w u r d e . E i n e ä h n l i c h e R e g e l u n g f a n d s i c h a u c h in § 2 5 A b s a t z
1 d e s bis
3 1 . 1 2 . 9 4 g ü l t i g e n P o s t v e r f a s s u n g s g e s e t z e s für d i e D e u t s c h e B u n d e s p o s t . D i e öffentlichen Unternehmen
w u r d e n und
werden demnach
als I n s t r u m e n t e
der
s t a a t l i c h e n P o l i t i k a u c h a u ß e r h a l b d e s P o s t - und F e r n m e l d e w e s e n s b e t r a c h t e t . S o s c h r i e b d i e V o r s c h r i f t d e s § 4 d e s G e s e t z e s über d a s P o s t w e s e n d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t v o r , s o w e i t v e r t r e t b a r , d i e E i n r i c h t u n g e n der D e u t s c h e n B u n d e s b a h n z u n u t z e n u n d § 13 A b s . 2 d e s G e s e t z e s z u r F ö r d e r u n g d e r Stabilität der D e u t s c h e n W i r t s c h a f t f o r d e r t e d e n E i n satz
der
Postpolitik
bzw.
der
Deutschen
Bundespost
als
Instrument
der
Stabili-
tätspolitik. 3 7
d e m Lande. Drucksache 9/408 v. 08.05 1981. Vgl hierzu auch die im Februar 1994 erlassenen politischen Zielvorgaben des B M P T für die DBP POSTDIENST, in denen auf diese Vorschrift Bezug gen o m m e n und vorgegeben wird, daß etwa der Einzugsbereich einer "Amtsslelle" der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T "grundsätzlich 2000 Meter nicht überschreiten" soll: Bundesministerium für Post und Telekommunikation: Politische Zielvorgabcn für die Unternehmen der Deutschen Bundespost: Sonderdruck aus dem Amtsblatt des Bundcsniinisteriums für Post und Telekommunikation. Nr. 5. Jahrgang 1994. v. 09.03.1994. Vfg. 53/1994. 36 Vergleiche hierzu die Vorschriften der §§ 4. 25 Absatz 1. Satz 2 sowie § 25 Absatz 2 des Gesetzes über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgeselz - PostVerfG) vom 8. Juni 1989. BGBl. 1. S. 102G. § 4 verpflichtete die Unternehmen der Deutschen Bundespost "Infrastrukturdiensie (Monopolaufgaben und Pflichtleistungen) und die notwendige Infrastruktur im Sinne der öffentlichen Aufgabenstellung, insbesondere der Dasciusvorsorge nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland zu sichern" § 25 Abs. 1. Satz 2 ermächtigte den Postminister "die für die Entwicklung des Post- und Fernmeldewesens notwendigen und die zur W a h r n e h m u n g der Grundsätze der Politik der Bundesrepublik Deutschland bedeutsamen mittel- und langfristigen Ziele" für die Postunlernelunen festzulegen. Schließlich wurde die Bundesregierung durch § 25 Abs. 2 PostVerfG ermächtigt, "...diejenigen Infrastrukturdienstleislungen zu bestimmen, die die [Post-] Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse, vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge, erbringen müssen (Pflichtleistungen) Sic kann hierbei die wesentlichen Strukturen der Pflichtleislungen und der Entgeltregelungen festlegen " Die bisher gültigen Bestimmungen des § 25 Abs. 2 PostVerfG wurden in § 8 des Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens (PTRegG) übernommen. Die Anfang 1994 in Kraft getretene POSTDIENST-Pilichtleislungsverordnung gilt aufgrund des § 16 des Gesetzes zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (Postuimvandlungsgcsclz - PostUmwG) v. 14.09 1994 fort. ' ' Zur Beurteilung der Preispolitik der Bundespost als Instrument der Konjunktur- und Wachstumspolitik vgl Schmahl. H.-J./ Wohlers. E.: Gebührcnpolilik der D B P und Konjunktur- und Wachstumspolitik, in: Diederich. H / Hamm. W./ Zohhihöfer. W. (Hrsg.): Die Deutsche Bundespost im Spannungsfeld der Wirtschaftspolitik. Heidelberg 1987. S 301-3 16 Nach Auffassung von Schmahl/ Wohlers war die Gebühren- bzw. Preispolitik der D B P kein geeignetes Instrument der Konjunkturund Wachslunispolitik. Zum einen sei die quantitativ e Bedeutung der Posttarife vernachlässigbar, zum anderen würden die mit einer nicht an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientierten Unternehmenspolitik verbundenen Probleme eventuelle StabilisieningsefTekle überkompensieren; vgl. ebenda, S. 307. Z u m 01.01.95 ist die Vorschrift des § 13 Abs. 2 SlabG. soweit sie auf die Deutsche Bundespost bezogen war, weggefallen.
Änderung des Ordnungsrahmens
25
Die Instrumentalisierung öffentlicher U n t e r n e h m e n wird i n s b e s o n d e r e g e s t ü t z t d u r c h die T h e o r i e d e r G e m e i n w i r t s c h a f t , die öffentliche U n t e r n e h m e n nach w i e v o r als geeign e t e I n s t r u m e n t e in fast allen Bereichen d e r W i r t s c h a f t s - und Gesellschaftspolitik betrachtet38 O b öffentliche U n t e r n e h m e n privaten v o r z u z i e h e n sind o d e r nicht, hängt nicht zuletzt v o m rechtlichen R a h m e n ab, innerhalb d e s s e n sich diese U n t e r n e h m e n b e w e g e n . Eine ü b e r r a g e n d e B e d e u t u n g k o m m t dabei den A n r e i z s t r u k t u r e n zu, an d e n e n sich das M a n a g e m e n t z u orientieren hat Mit einem b e f r i e d i g e n d e n O u t p u t ist nur dann z u rechnen, w e n n die A n r e i z s t r u k t u r der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g unmittelbar mit der v o m E i g e n t ü m e r v o r z u g e b e n d e n Z i e l s e t z u n g v e r k n ü p f t wird und w e n n die Eigner (öffentlicher E i g e n t ü m e r b z w . A k t i o n ä r ) ü b e r hinreichende M ö g l i c h k e i t e n v e r f ü g e n , die L e i s t u n g e n d e s M a n a g e m e n t s zu ü b e r w a c h e n s o w i e bei e r k e n n b a r e n S o l l - I s t - A b w e i c h u n g e n zu sanktionieren. W i c h t i g e r als die F r a g e nach der optimalen R e c h t s f o r m erscheint allerdings die Frage, o b die M o n o p o l i s i e r u n g w e i t e r Teile des P o s t s e k t o r s n o t w e n d i g ist, u m die v o r g e g e b e nen politischen Ziele möglichst effizient zu erreichen.
IV. B e u r t e i l u n g des R e g u l i e r u n g s r a h i n e i i s im P o s t s e k t o r aus a l l o k a t i o n s p o l i t i s c h e r Sicht A k z e p t i e r t m a n d e n G r u n d s a t z d e r Einheitlichkeit d e r Lebensverhältnisse als anzustreb e n d e s Ziel f ü r d e n P o s t b e r e i c h , stellt sich z u n ä c h s t die Frage, ob diese Z i e l s e t z u n g d u r c h d a s seit J a h r z e h n t e n b e s t e h e n d e M o n o p o l erreicht w o r d e n ist. Dies ist in b e z u g auf die G e b ü h r e n bzw. Preise der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t ( P O S T D I E N S T ) u n z w e i f e l h a f t der Fall. B e t r a c h t e t m a n die V e r s o r g u n g mit postalischen Dienstleistungen bzw. d e r e n Qualität, gelangt m a n j e d o c h zu einer a n d e r e n E i n s c h ä t z u n g . Die V e r s o r g u n g s l a g e weist zwischen städtischen u n d ländlichen R ä u m e n seit j e h e r deutliche U n t e r s c h i e d e a u f D i e s gilt f ü r die Anzahl und die Ö f f n u n g s z e i t e n v o n P o s t s c h a l t e r n e b e n s o w i e e t w a für die D i c h t e u n d die L e e r u n g s h ä u f i g k e i t e n v o n Briefkästen. E s w a r und ist also eine Illusion anzunehm e n , eine tatsächliche Einheitlichkeit in der P o s t v e r s o r g u n g zu h a l b w e g s a n n e h m b a r e n
38
Vgl. hierzu die eben v o n der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft veröffentlichte Broschüre "Privatisierungsdogma widerspricht Sozialer Marktwirtschaft". Berlin 1994. die eine äußerst optimistische Einschätzung der Funklionsfähigkeit öffentlicher Unternehmen enthält. Darin wird festgestellt: "Öffentliche Unternehmen besitzen den Vorzug direkter und gezielter Einflußmöglichkeiten der öffentlichen Träger über die Aufsichtsorgane der Unternehmen Eigene Unternehmen ersparen somit zusätzliche Regulieningsvorschrifien und aufwendige bürokratische Regulierungsapparate." (S. 10): "Insbesondere e i g n e n sich öffentliche Unternehmen, u m umfassend und flächendeckend w i c h t i g e Infrastrukturleistungen entsprechend den regional-, sozial- und uniwcllpolitischen Zielen ihrer öffentlichen Träger sicherzustellen." (S. 12); "Öffentliche Unternehmen beteiligen sich i m Rahmen ihrer öffentlichen Aufgabenstellung aktiv am Wettbewerb u n d beleben ihn. sie sichern funktionsfähigen Wettbewerb in wichtigen Bereichen, in denen der Wettbewerb privater Unternehmen i n f o l g e von Konzentrations- oder Monopolisierungstenden7.cn zu erliegen droht." (S. 15); "Auch die öffentlichen Unternehmen, die wichtige Infrastruktur vorhalten und unvermeidliche M o n o p o l e bewirtschaften, beteiligen sich vielfach. z.B. im BeschafTungswesen. am Wettbewerb. Soweit allerdings ihre Monopolbewirtschaftungsaufgabe reicht, kann es naturgemäß keinen oder nur Substilutionswettbewerb geben." (S. 16).
26
Teil I: Einführung
gesellschaftlichen K o s t e n j e erreichen zu k ö n n e n , w a s auch im " K o n z e p t des B u n d e s m i nisters f ü r das P o s t - u n d F e r n m e l d e w e s e n f ü r die k ü n f t i g e P o s t v e r s o r g u n g a u f d e m L a n de" a u s d e m Jahre 1981 a n e r k a n n t w u r d e . Darin w u r d e festgestellt, d a ß die " q u a n t i f i z i e r b a r e I n a n s p r u c h n a h m e d e r A m t s s t e l l e n d u r c h die P o s t k u n d e n .. in e i n e m v e r t r e t b a r e n V e r h ä l t n i s zu den K o s t e n f ü r die U n t e r h a l t u n g v o n Amtsstellen stehen" muß39 H i e r a u s w i r d erkennbar, d a ß es letztlich nicht wirklich u m die Einheitlichkeit d e r L e b e n s v e r h ä l t n i s s e geht, s o n d e r n allenfalls um die Sicherstellung einer m i n d e s t e n s flächend e c k e n d e n G r u n d v e r s o r g u n g 4 0 , oder, wie die K o m m i s s i o n d e r E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n in ihrem G r ü n b u c h P o s t u n d in ihren Leitlinien f ü r die E n t w i c k l u n g d e r g e m e i n schaftlichen P o s t d i e n s t e feststellt, u m die Sicherstellung eines Universaldienstes mit ein e m M i n d e s t a n g e b o t an qualitativ zufriedenstellenden D i e n s t e n s o w i e t r a g b a r e n u n d in r ä u m l i c h e r Hinsicht möglichst einheitlichen P r e i s e n . " Die K o m m i s s i o n d e r E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n bzw. der E u r o p ä i s c h e n U n i o n geht d a b e i in ihrem G r ü n b u c h e b e n s o wie d e r nationale G e s e t z g e b e r ( d e s J a h r e s 1969) z u n ä c h s t v o n d e r V o r s t e l l u n g einer sinkenden langfristigen D u r c h s c h n i t t s k o s t e n f ü n k t i o n für d e n g e s a m t e n P o s t m a r k t , also einem natürlichen P o s t m o n o p o l aus, das j e d o c h v o r Z u t r i t t e n g e s c h ü t z t w e r d e n m u ß , weil es - v o r allem a u f g r u n d d e r politisch g e w o l l t e n Tarifeinheit - nicht marktzutrittsresistent sei.'12 D e m z u f o l g e w e r d e n auf E U - E b e n e auch weiterhin P o s t m o n o p o l e toleriert, j e d o c h u n t e r B e z u g n a h m e a u f Art. 9 0 Abs 2 des E W G - V e r t r a g e s n u r im f ü r die E r b r i n g u n g der b e s o n d e r e n A u f g a b e n o t w e n d i g e n U m f a n g ( s o g Proportionalitätsprinzip). D e r z u k ü n f t i g e o r d n u n g s p o l i t i s c h e R a h m e n wird sich folglich - w a s V o r g a b e n aus B r ü s s e l angeht - nicht grundsätzlich v o n d e m g e g e n w ä r t i g e n Z u s t a n d u n t e r s c h e i d e n ; d e r " G e m e i n s a m e P o s t m a r k t " wird aller V o r a u s s i c h t nach a u c h weiterhin d u r c h w e i t r e i c h e n d e nationale M o n o p o l s t e l l u n g e n g e k e n n z e i c h n e t sein
39
40
41
42
D c u l s c h e r Bundestag: UntcrriclUung durch die Bundesregierung: Postversorgung auf d e m Lande. Konzept des Ministers Tür das Post- und Fernmeldcwcsen für die künftige Postversorgung auf d e m Lande. a.a.O.. S 4. "Die Versorgung mit Dienstleistungen des Postwesens wird begrifflich zw ischen der Mindest- und der Vollversorgung anzusiedeln sein Sie wird einerseits nicht lediglich ein M i n i m u m , andererseits aber auch nicht alle vorhandenen bzw. noch zu entwickelnden Dienstleistungen beinhalten, sondern -entsprechend der Daseinsvorsorge - eine den durchschnittlichen Grundbedürfnissen entsprechende Versorgung g e w ä h r e n ": Bundesminister für Post und Telekommunikation: Erläuterung zum BegrifT der Grundversorgung in der politischen Zielvorgabe. Bonn. Dezember 1992. Vgl. K o m m i s s i o n der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdiensle, a.a.O.. S. 12 und dies.: Leitlinien für die Entwicklung der gemeinschaftlichen Postdienste. a.a.O.. S. 6 f. "Um den [ Universal-) D i e n s t . . zu allgemein tragbaren Preisen anzubieten, sind ausreichende Skalcnerträge erforderlich D i e s e können nur durch die Gewährung einiger besonderer und ausschließlicher Rechte erzielt werden - daher die Notwendigkeit reservierter Dienste." Die K o m m i s s i o n stellt weiter fest: "Es ist zwar möglich, jedoch unwahrscheinlich, daß es in einigen Mitgliedstaalcn mehr als einen Anbieter der reservierten Dienste gibt ...": Kommission der Europaischen Gemeinschaften: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste, a.a.O., S . I I
Änderung des Ordnungsrahmens
27
Allerdings hat die K o m m i s s i o n im G r ü n b u c h P o s t v o r g e s c h l a g e n , den g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r sowie m ö g l i c h e r w e i s e a u c h die B e f ö r d e r u n g v o n M a s s e n d r u c k s a chen (Direct Mail) für d e n W e t t b e w e r b f r e i z u g e b e n . 4 3 T r o t z dieser L i b e r a l i s i e r u n g s e m p f e h l u n g e n ist d a v o n a u s z u g e h e n , d a ß die e u r o p ä i schen P o s t v e r w a l t u n g e n bzw. - u n t e r n e h m e n auch z u k ü n f t i g in nur b e s c h r ä n k t e m M a ß e w e t t b e w e r b l i c h e n Spielregeln u n t e r w o r f e n w e r d e n . Dies hat zur K o n s e q u e n z , d a ß z u m einen z u b e f u r c h t e n ist, d a ß die I n n o v a t i o n s b e r e i t s c h a f t und -fähigkeit des P o s t s e k t o r s weiterhin e i n g e s c h r ä n k t bleibt D i e F o l g e ist, d a ß b e s t i m m t e Dienstleistungen a u c h in Z u k u n f t nicht o d e r in u n z u r e i c h e n d e m M a ß e a n g e b o t e n w e r d e n . Beispiele h i e r f ü r sind F a h r r a d k u r i e r d i e n s t e , D o k u m e n t e n a u s t a u s c h b ö r s e n o d e r spezielle B r a n c h e n p o s t d i e n s t e . Z u m a n d e r e n w i r d hierdurch auch d e r P r o z e ß der V e r b e s s e r u n g d e s Q u a l i t ä t s n i v e a u s des e u r o p ä i s c h e n P o s t s e k t o r s verlangsamt, d a der potentiell mögliche e x t e r n e D r u c k abges c h w ä c h t wird D i e G e f a h r e n , die f ü r die P o s t b e t r e i b e r v o n der S u b s t i t u t i o n s k o n k u r r e n z e t w a a u s d e m T e l e k o m m u n i k a t i o n s b e r e i c h a u s g e h e n , d ü r f t e n f ü r die meisten P o s t u n t e r n e h m e n z u m i n d e s t mittelfristig nicht ausreichend sein, u m tatsächlich einer effizienzorientierten U n t e r n e h m e n s p o l i t i k z u m D u r c h b r u c h zu verhelfen Gleiches gilt f ü r das Preisniveau der P o s t d i e n s t e . E s ist bisher k e i n e s w e g s empirisch n a c h g e w i e s e n , d a ß die öffentlichen M o n o p o l e , die, wie v o n der K o m m i s s i o n angestrebt, a u f g r u n d ihrer b e s o n d e r e n M a r k t s t e l l u n g ein vergleichsweise h o h e s S e n d u n g s a u f k o m m e n erreichen und damit zu niedrigen D u r c h s c h n i t t s k o s t e n p r o d u z i e r e n k ö n n t e n , ihre Leis t u n g e n b e s o n d e r s preisgünstig anbieten w ü r d e n D i e Ursachen hierfür d ü r f t e n z u m einen in einem z u m i n d e s t a n s a t z w e i s e v o r h a n d e n e n m o n o p o l i s t i s c h e n P r e i s s e t z u n g s v e r h a l t e n u n d z u m a n d e r e n in d e r mit a b n e h m e n d e m W e t t b e w e r b s d r u c k geringer w e r d e n d e n Arb e i t s p r o d u k t i v i t ä t liegen. 4 4 Vergleicht m a n e t w a d e n Preis der D e u t s c h e n P o s t A G ( D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T ) f ü r einen Standardbrief mit den Preisen des englischen, niederländischen o d e r d e s s c h w e d i s c h e n Postbetreibers, s o ist festzustellen, d a ß das d e u t s c h e U n t e r n e h men, d a s v o n allen vier P o s t v e r w a l t u n g e n ( - u n t e r n e h m e n ) über den g r ö ß t e n M o n o p o l b e reich v e r f ü g t , a u c h d e n höchsten Preis g e s e t z t hat. D u r c h eine s p ü r b a r h ö h e r e Qualität der Dienstleistungen d e s d e u t s c h e n P o s t b e t r e i b e r s wird dieser U m s t a n d bislang jedenfalls - wie bereits festgestellt - nicht g e r e c h t f e r t i g t Z w a r sind Vergleiche mit ausländischen E r f a h r u n g e n u n d G e g e b e n h e i t e n immer mit einer Reihe v o n P r o b l e m e n behaftet, t r o t z d e m sollte bei d e r B e u r t e i l u n g der Leistungsfähigkeit des nationalen M o n o p o l i s t e n nicht d a r a u f verzichtet w e r d e n Die L e i s t u n g s v o r s p r ü n g e der ausländischen P o s t b e t r e i b e r w e r d e n n a c h d e n vorliegenden E r k e n n t n i s s e n nicht d u r c h eine V e r n a c h l ä s s i g u n g der f l ä c h e n d e c k e n d e n i n f r a s t r u k t u rellen G r u n d v e r s o r g u n g erkauft. G a n z im G e g e n t e i l scheint es so zu sein, d a ß die K u n d e n o r i e n t i e r u n g der Leistungserstellung mit z u n e h m e n d e m W e t t b e w e r b s d r u c k e h e r an-
43
44
Diese Vorschläge wurden durch den Ende Juli 1995 veröffentlichten Entwurf eines Richtlinienvorschlags der Kommission im Grundsatz bestätigt. Siehe hierzu auch Fn 2.
28
Teil 1: Einführung
steigt. W e t t b e w e r b u n d I n f r a s t r u k t u r sind d e m z u f o l g e - zumindest bis zu e i n e m g e w i s s e n Grad - keine Gegensätze. D i e A n n a h m e , d u r c h die M o n o p o l i s i e r u n g lukrativer P o s t m ä r k t e ließe sich eine inf r a s t r u k t u r e l l e G r u n d v e r s o r g u n g besser erreichen als bei Z u l a s s u n g v o n ( k o n t r o l l i e r t e m b z w r e g u l i e r t e m ) W e t t b e w e r b , ist d e m z u f o l g e m e h r als zweifelhaft. Hinzu k o m m t , d a ß das g e g e n w ä r t i g e A r r a n g e m e n t nicht nur im P o s t m a r k t selbst, s o n d e r n auch in den n a c h g e l a g e r t e n F a k t o r - u n d G ü t e r m ä r k t e n negative W i r k u n g e n entfaltet. D u r c h d i e zu t e u e r e L e i s t u n g s e r s t e l l u n g u n d teilweise v o r h a n d e n e A n g e b o t s l ü c k e n wird die N a c h f r a g e n a c h P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n einschließlich W e r b e s e n d u n g e n reduziert bzw. rationiert, mit d e r K o n s e q u e n z , d a ß die M a r k t t r a n s p a r e n z u n d damit auch die allokative E f f i z i e n z in v e r s c h i e d e n e n G ü t e r m ä r k t e n e n t s p r e c h e n d gering ist. W e r b e t r e i b e n d e F i r m e n u n d mit ihnen D r u c k e r e i b e t r i e b e u n d L e t t e r s h o p s w a n d e r n in z u n e h m e n d e m M a ß e in das b e n a c h b a r t e A u s l a n d ab, u m d a d u r c h d e n vergleichsweise h o h e n Inlandstarifen d e s nationalen M o n o polisten a u s z u w e i c h e n . U n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der a u f g e z e i g t e n negativen ö k o n o m i s c h e n W i r k u n g e n , die aus d e r M o n o p o l i s i e r u n g des B r i e f m a r k t e s resultieren, ist die 1989 e i n g e f ü h r t e Preisg r e n z e f ü r das P o s t m o n o p o l in D e u t s c h l a n d sinnvoll.' 15 D u r c h diese M a r k t ö f f n u n g w u r d e eine bis dahin e x i s t i e r e n d e A n g e b o t s l ü c k e im Bereich v o n Kurierdienstleistungen im Int e r e s s e d e r N a c h f r a g e r teilweise g e s c h l o s s e n Allerdings führt die M i n d e s t p r e i s g r e n z e , d u r c h d i e ein v o r m a l s völlig geschlossener M a r k t zumindest partiell g e ö f f n e t w u r d e , n e ben d e m damit b e z w e c k t e n S c h u t z des m o n o p o l i s t i s c h e n Kernbereichs, nur d a n n zu a k z e p t a b l e n ö k o n o m i s c h e n Ergebnissen, w e n n die G r e n z k o s t e n in d e m d u r c h die Preisg r e n z e a b g e t r e n n t e n M a r k t s e g m e n t in e t w a in H ö h e d e r M i n d e s t p r e i s g r e n z e verlaufen. Ist j e d o c h damit zu rechnen, d a ß die P r e i s g r e n z e z u m Teil erheblich über d e n G r e n z k o s t e n d e r b e t r e f f e n d e n Dienstleistungen liegt, d a n n führt dies dazu, d a ß d u r c h den r e g u l a t o r i s c h e n Eingriff nicht n u r die R e n t e n d e s M o n o p o l i s t e n erhalten, s o n d e r n a u c h M o n o p o l r e n t e n f ü r die privaten Kurierdienstanbieter erzeugt w e r d e n , die auch im W e t t b e w e r b nicht unterhalb der G r e n z e anbieten dürfen. Die d u r c h den regulatorischen E i n g r i f f v e r u r s a c h t e n " M o n o p o l g e w i n n e " der privaten Dienstleister w e r d e n dann w e i t e r e A n bieter a n l o c k e n , bis a u f d e m M a r k t eine g e w i n n l o s e Situation eintritt Künstlich g e s c h a f f e n e M o n o p o l g e w i n n e w e r d e n somit d u r c h eine ineffiziente P r o d u k t i o n s w e i s e ( U n t e r a u s l a s t u n g der K a p a z i t ä t e n ) im b e t r e f f e n d e n S e g m e n t a b g e s c h m o l z e n , w a s eine v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e R e s s o u r c e n v e r s c h w e n d u n g nach sich zieht I n s g e s a m t ist festzuhalten, d a ß in D e u t s c h l a n d eine b e f r i e d i g e n d e V e r s o r g u n g s l a g e mit P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n nicht w e g e n / 6 s o n d e r n t r o t z d e r M o n o p o l i s i e r u n g w e i t e r Teile des B r i e f m a r k t e s erreicht w u r d e und daß d e m e n t s p r e c h e n d v o n einer w e i t g e h e n d e n M a r k t ö f f n u n g erheblich effizientere M a r k t e r g e b n i s s e zu e r w a r t e n sind
45 46
Vgl. Fn 5. Möglicherweise ist der Monopolslatus der Deutschen Bundespost für die Jahre des Wiederaufbaus der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg weniger negativ zu beurteilen.
Änderung des Ordnungsrahmens
29
V. Ansatzpunkte für eine schrittweise Liberalisierung und eine effizienzorientierte Regulierungspolitik ini Postsektor V . l . Die Liberalisierungsvorscliläge des Grünbuchs Post 47 Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß der Postmarkt zumindest mittelfristig und in Teilen liberalisiert werden sollte. Im Mittelpunkt der von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften initiierten Diskussion standen - wie bereits erwähnt - bislang vor allem der grenzüberschreitende Verkehr, die Beförderung von Direktwerbesendungen sowie die Einfuhrung einer kombinierten Preis- und Gewichtsgrenze. Die Diskussion dieser Vorschläge wurde von der Bundesregierung in einer Stellungnahme zum Grünbuch Post begrüßt; bislang existiert jedoch auf nationaler Ebene keine konkrete Festlegung zu den einzelnen Vorschlägen/ 18
V . l . l . Liberalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs Wird ein gemeinsamer Binnenmarkt für Postdienste angestrebt, muß über kurz oder lang zumindest der grenzüberschreitende Verkehr in der Europäischen Union liberalisiert werden. Besonderes Gewicht bekommt diese Forderung, wenn man etwa die erzielten Brieflaufzeiten im innereuropäischen Verkehr betrachtet, die immer noch weit von ihrem Zielwert (Zustellung am dritten Tag nach der Einlieferung in mindestens 80% der Beförderungsfälle) entfernt sind. Der grenzüberschreitende Verkehr läßt sich unterteilen in den ankommenden und den abgehenden Verkehr. 1992 wurden von der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T insgesamt 935 Millionen Sendungen (1991: 927 Mio Stück) im grenzüberschreitenden Briefverkehr befördert, wovon rund 381 Millionen Sendungen (1991: 387 Mio Stück) auf den abgehenden Verkehr und rund 553 Millionen Sendungen (1991: 540 Mio. Stück) auf den ankommenden Verkehr entfielen.' 19 Aufgrund der noch vorhandenen Monopolstellungen der meisten Postverwaltungen sind an grenzüberschreitenden Verkehren in der Regel mindestens zwei Postverwaltungen (-unternehmen) beteiligt, woraus die Notwendigkeit spezieller Vereinbarungen über die Abgeltung der Leistung bzw. über die Aufteilung der Erlöse auf die beteiligten Unternehmen resultiert.
4:
Zur Beurteilung der Vorschläge des Grünbuchs Posl aus ökonomischer Sicht vgl. auch die ausführlichen Stellungnahmen von Sluinpf. U./ Pieper. F : The Development of the Single Market for Postal Services: Comments on the Green Paper. Diskussionbeilräge des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste. Nr. 98. Bad Honnef 1992 und Knorr. A.: Monopol oder Wettbewerb bei den Postdiensten?: Eine ökonomische Analyse unter Berücksichtigung des Grünbuchs der EG-Kommission und der Reform des neuseeländischen Postwesens. Fuchsstadt 1993. Kapitel D. 18 Am 16.06.1995 wurden im Amtsblatt des Bundesministeriuins für Post und Telekommunikation Eckpunkte für einen künftigen Regulieningsrahmen im Postsektor veröffentlicht, in denen für einen vollständigen Abbau des Postmonopols - nach einer kurzen Übergangsfrisl - plädiert wird. 49 Vgl. hierzu Deutsche Bundespost POSTDIENST (Hrsg.): Geschäftsberichte 1991 und 1992. Bonn 1992/1993. S. 27/31.
30
Teil I: Einführung
D i e g e g e n s e i t i g e A b g e l t u n g v o n Leistungen im g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r u n t e r liegt einigen b e s o n d e r e n R e g e l u n g e n des W e l t p o s t v e r e i n s bzw. d e s W e l t p o s t v e r t r a g e s ( W P V ) u.a. im bisherigen Art 73 D a n a c h bleibt es zunächst den b e t r o f f e n e n P o s t v e r w a l t u n g e n u n b e n o m m e n , d u r c h bilaterale o d e r multilaterale A b s p r a c h e n die Abgelt u n g s r e g e l u n g e n frei zu vereinbaren. 5 0 K o m m t es z u keiner Einigung, dann k ö n n e n sich die beteiligten L ä n d e r b z w . P o s t v e r w a l t u n g e n a u f die weltpostvertraglichen R e g e l u n g e n b e r u f e n und die d o r t f e s t g e l e g t e n E n d v e r g ü t u n g s s ä t z e als G r u n d l a g e ihrer Z a h l u n g e n v e r w e n d e n . N a c h d e r E n d v e r g ü t u n g s r e g e l u n g des W e l t p o s t v e r t r a g e s k o m m t es beim P o s t v e r k e h r z w i s c h e n zwei L ä n d e r n bislang erst dann zu Zahlungen, w e n n der V e r k e h r u n p a a r i g ist, d.h. w e n n ein L a n d m e h r S e n d u n g e n e m p f ä n g t als es absendet. In diesem Fall wird f ü r d a s den " E x p o r t ü b e r s c h u ß " a u f w e i s e n d e L a n d der S a l d o der S e n d u n g s m e n g e n mit d e m E n d v e r g ü t u n g s s a t z d e s W P V mulitpliziert. Der resultierende B e t r a g ist an das I m p o r t l a n d zu überweisen. D i e s e R e g e l u n g weist eine R e i h e von P r o b l e m e n a u f So z u m Beispiel die Fiktion, d a ß die K o s t e n s i t u a t i o n in d e n unterschiedlichen L ä n d e r n gleich ist. Dies f ü h r t dazu, d a ß insb e s o n d e r e E n t w i c k l u n g s l ä n d e r deren Z u s t e l l u n g s k o s t e n weit u n t e r d e m E n d v e r g ü t u n g s s a t z liegen, d u r c h L ä n d e r subventioniert w e r d e n , deren e n t s p r e c h e n d e K o s t e n ü b e r d e m D u r c h s c h n i t t s s a t z des W e l t p o s t v e r e i n s liegen H i n z u k o m m t , d a ß d u r c h die nicht k o s t e n o r i e n t i e r t e n E n d v e r g ü t u n g e n A n r e i z e für sog. Remailingaktivitäten g e s c h a f f e n w e r d e n 5 1 B e i m ABA-Remailing S 2 w e r d e n beispielsweise I n l a n d s s e n d u n g e n aus Deutschland in ein Drittland v e r b r a c h t u n d bei der d o r t i g e n P o s t v e r w a l t u n g aufgeliefert. V o n dort w e r d e n sie z u r ü c k n a c h D e u t s c h l a n d in d a s z u s t ä n d i g e A u s t a u s c h p o s t a m t des d e u t s c h e n P o s t b e t r e i b e r s b e f ö r d e r t u n d mit d e m E n d v e r g ü t u n g s s a t z des W P V entgolten, w a s f ü r den A b s e n d e r erhebliche K o s t e n e i n s p a r u n g e n e r b r i n g e n kann Diese F o r m des Remailing v e r s t ö ß t z w a r in D e u t s c h l a n d g e g e n d e n B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t der §§ 2 Abs 1 u n d 27 P o s t G . T r o t z d e m nimmt die B e d e u t u n g d e r a r t i g e r U m g e h u n g s v e r k e h r e in letzter Zeit immer m e h r zu, so d a ß dringend eine L ö s u n g g e f u n d e n w e r d e n m u ß , die sinnvollerweise an den U r s a c h e n solcher A r b i t r a g e g e s c h ä f t e ansetzt, nämlich an den nicht k o s t e n o r i e n t i e r t e n E n d v e r g ü t u n g e n .
5
" Vgl. hierzu das Gesetz zu den Verträgen vom 14. D e z e m b e r 1989 des Weltpostvereins v o m 31. August 1992. in: Bundesgesetzblatt. Teil II. S 8 2 8 f. Entsprechende bilalerale Regelungen existieren etwa z w i s c h e n Mitgliedstaaten der C E P T (Conference Europöene des Administrations des Postes et des T é l é c o m m u n i c a t i o n s ) sowie zw ischen den Postverwallungen der Nordischen U n i o n (Dänemark, Finnland. Island. N o r w e g e n und Schweden), vgl K o m m i s s i o n der Europäischen Geineinscharten: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdiensle. a.a.O.. S. 337 f.
51
52
Vgl. zur Remailingproblematik die sehr ausführliche Darstellung von Stumpf. U.: Remailing in the European Community: E c o n o m i c Analysis of Alternative Regulatory Environments. WIK-Diskussionbeitrag Nr 89. Bad Honnef 1992. A steht hier für das Ursprungsland, das in diesem Fall auch zugleich Einpfängerland ist, da es sich bei den über das Drittland B umgeleiteten Sendungen faktisch um Inlandssendungen handelt.
Änderung des Ordnungsrahmens
31
D a d e r Ü b e r g a n g zu einem k o s t e n o r i e n t i e r t e n V e r f a h r e n j e d o c h f ü r eine Vielzahl v o n P o s t v e r w a l t u n g e n mit negativen finanziellen K o n s e q u e n z e n v e r b u n d e n ist, w e r d e n nur solche V o r s c h l ä g e d u r c h s e t z b a r sein, die die Verlierer d e r Systemumstellung z u m i n d e s t ü b e r g a n g s w e i s e - e t w a über einen A u s g l e i c h s f o n d s - k o m p e n s i e r e n u n d / o d e r die einen hinreichend langen Ü b e r g a n g s z e i t r a u m v o r s e h e n M i t t l e r w e i l e liegen V o r s c h l ä g e vor, die eine O r i e n t i e r u n g d e r E n d v e r g ü t u n g e n an den j e w e i l i g e n Inlandstarifen der P o s t v e r w a l t u n g des B e s t i m m u n g s l a n d e s v o r s e h e n u n d d e r e n U m s e t z u n g eine V e r b e s s e r u n g der Allokationseffizienz im g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r mit sich bringen würde. 5 3 K o s t e n g e r e c h t e P r e i s e w ü r d e n das allein a u f d e m Tarifgefälle b a s i e r e n d e A B A - R e m a i ling e b e n s o w i e das A B C - o d e r das A B B - R e m a i l i n g u n t e r b i n d e n " , es sei denn, die Send u n g e n erhielten im Z u g e des U m w e g v e r k e h r s einen n e n n e n s w e r t e n M e h r w e r t o d e r die T a r i f e d e r inländischen P o s t v e r w a l t u n g f ü r A u s l a n d s s e n d u n g e n w ä r e n im Verhältnis zu d e n e n ausländischer P o s t b e t r e i b e r erheblich ü b e r h ö h t Die L ö s u n g der E n d v e r g ü t u n g s p r o b l e m a t i k ist a u c h vor d e m H i n t e r g r u n d einer möglichen Liberalisierung des g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r s v o n B e d e u t u n g , da die N i c h t existenz k o s t e n o r i e n t i e r t e r E n d v e r g ü t u n g e n - nicht zuletzt von den d a f ü r in erster Linie v e r a n t w o r t l i c h e n P o s t v e r w a l t u n g e n - immer w i e d e r als A r g u m e n t g e g e n eine Liberalisier u n g d e s internationalen V e r k e h r s v e r w e n d e t wird. Faktisch besteht j e d o c h kein unmittelbarer Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n der E n d v e r g ü t u n g s p r o b l e m a t i k u n d einer Liberalisierung P r o b l e m e k ö n n e n allenfalls mittelbar d a d u r c h a u f t r e t e n , d a ß d u r c h eine Liberalisierung des g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r s d a s u n z u lässige A B A - R e m a i l i n g erleichtert bzw. s c h w e r e r kontrollierbar wird. W i r d also der g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e V e r k e h r g e ö f f n e t , o h n e d a ß zugleich das nationale M o n o p o l fällt, ist d u r c h e n t s p r e c h e n d e K o n t r o l l m a ß n a h m e n eine Z u n a h m e des A B A - R e m a i l i n g zu verhindern. D a r ü b e r hinaus ist im Z u g e einer Liberalisierung d a f ü r S o r g e zu tragen, d a ß private P o s t b e f ö r d e r e r zu d e n gleichen B e d i n g u n g e n S e n d u n g e n bei P o s t v e r w a l t u n g e n im A u s land einliefern k ö n n e n w i e ihre öffentlichen K o n k u r r e n t e n Gleiches gilt f ü r a u s l ä n d i s c h e B e t r e i b e r , die im Inland bei der D e u t s c h e n P o s t A G einliefern m ö c h t e n . D i e N e t z z u g a n g s b e d i n g u n g e n d e r D e u t s c h e n P o s t A G sollten dann diskriminierungsfrei a u f alle priv a t e n u n d öffentlichen Einlieferer a n g e w e n d e t w e r d e n
53
Vgl. hierzu Stumpf, U.: Terminal dues reform - Towards a domestic lariffbased svslein - . Bad Honnef 1993. 54 Beim ABB-Remailing befördern private Unternehmen die Sendungen aus dem Abgangsland in das Bestimmungsland und liefern sie bei der dortigen Postvenvaltung auf Beim ABC-Remailing befördert der private Transporteur die Sendungen aus dem Ursprungsland in ein Drittland, um sie dort der nationalen Postvenvaltung zu übergeben. Diese befördert die Sendungen dann an die Postvervvaltung des Bestimmungslandes.
32
Teil I:
Einführung
V.1.2. Marktöffnung im Bereich von Direktwerbesendungen Der Bereich der Direktwerbesendungen ist das Segment mit den größten Steigerungsraten. Entsprechend wichtig ist die Frage, ob dieser Teilmarkt zukünftig im Wettbewerb steht oder weiterhin von nur einem Betreiber bedient wird. Festzustellen ist, daß Direktwerbesendungen in einer ganzen Reihe europäischer Länder zumindest teilweise von privaten Unternehmen befördert werden dürfen So etwa in Spanien, in Italien, soweit es sich um offene Sendungen handelt, in Luxemburg und in den Niederlanden 55 In den Niederlanden hat die P T T Nederlande trotz der Marktöffnung einen Marktanteil behauptet, der bei mehr als 9 0 % liegt. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat in ihrem Grünbuch Post entsprechend festgestellt, daß eine "Zuordnung der Direktwerbung zum nichtreservierten Bereich . a priori angestrebt werden" sollte. 56 V o m Bundesminister für Post und Telekommunikation wurde 1993 eine Expertenkommission eingesetzt, die Vorarbeiten für eine Lizenzierung im Bereich der Beförderung von Massensendungen leisten sollte Von dieser Kommission w u r d e im Januar 1994 ein Gutachten vorgelegt, das nachdrücklich die Zulassung ,,privater Transporteure von Massensendungen durch eine staatliche Lizenzvergabe" befürwortet, wobei "sowohl auf europarechtliche Zwänge als auch auf den damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Nutzen verwiesen" wird. 5 ' Der Bundesminister für Post und Telekommunikation hat zum 01.01.1995 den Markt für die Beförderung von Massensendungen oberhalb einer Gewichtsgrenze von 250 g geöffnet und die ersten Lizenzen an private Beförderungsunternehmen erteilt Dieser erste Marktöffnungsschritt bedeutet, daß ca 10% des bisherigen Sendungsvolumens adressierter Massensendungen bzw. 2,5% des gesamten Sendungsvolumens im Briefdienst der Deutschen Post AG für den Wettbewerb geöffnet werden Ab dem 01.01.1996 wird in einem weiteren Liberalisiel ungsschritt der Massensendungsmarkt oberhalb einer Gewichtsgrenze von 100 g für private Konkurrenten der Deutschen Post AG geöffnet werden Eine Lizenzierung setzt dabei voraus, daß die betreffende Sendungsart zunächst - anders als von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ursprünglich vorgeschla-
55
Vgl. hierzu auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Posldiensle. a.a.O . S. 44 56 Ebenda. S 260. Diese Auffassung wurde von der Kommission auch nach Ablauf der Konsultationsphase zum Grünbuch Post in ihren "Leitlinien" (Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Leitlinien für die Entwicklung der gemeinschaftlichen Posldienste. (KOM (93) 247). S. 10 f.) sowie in ihrem i m Juli 1995 veröffentlichten Entw urf eines Richllinicnvorschlags grundsätzlich bestätigt 57 Hennemann. G : Kohl will Versandhäuser vom Postmonopol ausnehmen - "Gelbe Post" befürchtet 3.5 Milliarden Mark Verlust, in: Süddeutsche Zeitung. 50. Jahrgang. Nr 15 v o m 20.01.1994, S 1 Die Deutsche Bundespost POSTDIENST vertrat die Ansicht, eine beschränkte Öffnung des Marktes für Massensendungen, der 1993 ein Gesamtvolumen von ca 2.7 Mrd. D M aufwies, könnte möglicherweise zu Betriebsergebnisverschlechterungc» von bis zu 3,5 Mrd. DM nach sich ziehen: vgl. ebenda.
Änderung des Ordnungsrahmens
33
g e n - innerhalb des M o n o p o l b e r e i c h s b z w des reservierten Bereichs verbleibt. D e r M a r k t z u t r i t t ist in diesem Fall an B e d i n g u n g e n u n d A u f l a g e n w i e b e s t i m m t e i n f r a s t r u k t u relle V e r p f l i c h t u n g e n g e k n ü p f t D u r c h die L i z e n z i e r u n g w e r d e n staatliche R e g u l i e r u n g s m a ß n a h m e n a u f den g e ö f f n e t e n M ä r k t e n e r m ö g l i c h t und Friktionen, die im Falle einer a b r u p t e n M a r k t ö f f n u n g a u f t r e t e n könnten, v e r m i e d e n I n s b e s o n d e r e kann sichergestellt w e r d e n , d a ß es nicht zu d e m v o n v e r s c h i e d e n e n Seiten b e f ü r c h t e t e n "Rosinenpicken" k o m m t . Die L i z e n z i e r u n g schützt d e m z u f o l g e den bisherigen M o n o p o l i s t e n v o r g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h ineffizienten M a r k t z u t r i t t e n . Hinzu k o m m t , d a ß die D e u t s c h e Post A G für die B e r e i c h e der B r i e f b e f ö r d e r u n g , in d e n e n a u c h a n d e r e A n b i e t e r zugelassen sind, w e d e r einer T a r i f g e n e h m i g u n g s p f l i c h t n o c h einem K o n t r a h i e r u n g s z w a n g u n t e r w o r f e n ist. 58 U n a b h ä n g i g hiervon w e r d e n die C h a n c e n d e r D e u t s c h e n Post A G , sich im g e ö f f n e t e n M a s s e n s e n d u n g s m a r k t zu b e h a u p t e n , - mittlerweile a u c h von V e t r e t e r n des U n t e r n e h m e n s m a n a g e m e n t s - als sehr g u t eingeschätzt. 5 9
V.1.3. E i n f ü h r u n g einer Preis- u n d G e w i c h t s g r e n z e Ebenfalls v o n der K o m m i s s i o n der E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n v o r g e s c h l a g e n w u r d e die E i n f ü h r u n g einer kombinierten Preis- und G e w i c h t s g r e n z e . V o n d e r K o m m i s s i o n w u r d e dabei eine G e w i c h t s g r e n z e , die unterhalb 5 0 0 g liegen soll, e m p f o h l e n A l s Preisg r e n z e w u r d e d a s 1,5 - 2 f a c h e des Preisäquivalents d e r G e w i c h t s g r e n z e ins A u g e g e f a ß t . Im S o m m e r 1995 w u r d e n diese V o r s c h l ä g e konkretisiert; die G e w i c h s t g r e n z e soll d e m n a c h bei 3 5 0 g, die Preisgrenze beim 5 f a c h e n des S t a n d a r d b r i e f e n t g e l t s (z. Z t D M 5,-) liegen. D i e ö k o n o m i s c h e n A u s w i r k u n g e n , die v o n einer derartigen M a r k t ö f f n u n g ausgingen, k ö n n e n j e d o c h vernachlässigt w e r d e n , da m e h r als 9 5 % des S e n d u n g s v o l u m e n s der D e u t s c h e n Post A G aus S e n d u n g e n besteht, die weniger als 2 5 0 G r a m m wiegen. 6 0 Ein partieller Einbruch v o n W e t t b e w e r b e r n in das f ü r die M a r k t ö f f n u n g v o r g e sehene S e g m e n t h ä t t e d e m z u f o l g e allenfalls m a r g i n a l e B e d e u t u n g Interessant ist in diesem Z u s a m m e n h a n g , d a ß S c h w e d e n seit k u r z e m d a s P o s t m o n o p o l vollständig a u f g e h o b e n hat; gleiches gilt f ü r Finnland Royal Mail g e n ü g t bereits eine P r e i s g r e n z e von 1 P f u n d , der neuseeländischen P o s t eine P r e i s g r e n z e v o n 0 , 8 0 N z $, u m sich in a u s r e i c h e n d e m M a ß e v o r W e t t b e w e r b schützen zu k ö n n e n Und a u c h in A u s t r a lien m u ß die P o s t mit einer P r e i s g r e n z e a u s k o m m e n , die beim V i e r f a c h e n d e s S t a n d a r d b r i e f e n t g e l t s liegt; die G e w i c h t s g r e n z e liegt bei 2 5 0 G r a m m 61 I n s g e s a m t ist also festzuhalten, d a ß die bisher diskutierten V o r s c h l ä g e z u r E i n f ü h r u n g einer k o m b i n i e r t e n Preis- und G e w i c h t s g r e n z e s o w i e der M a r k t ö f f n u n g im Bereich d e r M a s s e n s e n d u n g e n u n d im g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r d e n bisherigen K e r n b e r e i c h
58 59
60 61
Siehe § 4 PTRegG sowie § 8 PostG. Vgl. Hahn. W.: Postreform im Lichte der EU-Liberalisierung. Sonderdruck aus ifo Schnelldienst Nr 35 - 36, München, 1993, S. 33 Bei Massensendungen liegen ca. 90 % des Sendungsvolumens unterhalb der 250 g-Grcnze. Angaben nach Informationen des Bundesamtes für Post und Telekommunikation.
34
Teilt:
Einführung
der Postmonopole unangetastet lassen und demzufolge als unzureichend zu bezeichnen sind T r o t z d e m stießen die Vorschläge auf heftigen Widerstand insbesondere der etablierten Unternehmen sowie der Arbeitnehmerorganisationen. Dieses Verhalten ist Ausdruck eines aus Sicht der Betroffenen völlig rationalen Strebens nach dem Erhalt der im M o n o pol erzielbaren Renten. Die dadurch erzeugten negativen gesamtwirtschaftlichen Wirkungen werden dabei in der Regel nicht ins Kalkül gezogen.
V . l . 4 . Marktöffuung für neue Dienstleistungen Da sich die Monopolabgrenzungen zumeist nicht auf einzelne Dienste beziehen, dern wie beispielsweise in Deutschland grundsätzlich jede Art der Beförderung schriftlichen Mitteilungen dem Monopol zuordnen, stellt sich die Frage, ob damit jeder neuartige Dienst, der die Beförderung von schriftlichen Mitteilungen umfaßt, Monopolbereich zugeordnet werden kann oder muß
sonvon auch dem
Von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften wurde im Grünbuch Post hierzu festgestellt, daß neue Dienste a priori d e m nichtreservierten Bereich zuzuordnen sind, sofern sie sich "wesentlich von den bestehenden reservierten Standarddiensten unterscheiden." 62 Als neu sind Dienste nicht nur dann zu bezeichnen, wenn es sich um neu entwickelte Dienstleistungen handelt, sondern bereits dann, wenn sie neu nur in dem Sinne sind, daß sie bisher vom etablierten Monopolisten nicht angeboten wurden Eine Klarstellung bezüglich der Einordnung neuer Dienstleistungen bringt hier insbesondere die jüngste Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-320/91 (Corbeau). In dem Rechtsstreit hatte die belgische Post (Régie des postes), der in Belgien das ausschließliche Recht zusteht, "Postsendungen zu sammeln, zu befördern und zu verteilen" 6 ' das Tribunal correctionnel Lüttich angerufen, um zu verhindern, daß von einer privaten Unternehmung im Raum Lüttich eine Postdienstleistung erbracht wird, "die in der Abholung von Postsendungen beim Absender und in der Verteilung dieser Sendungen vor dem Mittag des folgenden Tages besteht, sofern sich die Empfänger innerhalb des betreffenden Gebietes befinden " D e r Europäische Gerichtshof wurde vom Tribunal correctionnel Lüttich um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 86 und 90 EWG-Vertrag ersucht 6 1 Vom E u G H wurde hierzu festgestellt: "Artikel 90
62
Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Griinbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste. a.a.O., S. 259: siehe hierzu auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Leitlinien für die Entwicklung der gemeinschaftlichen Postdiensle. a.a.O.. S 10. 63 Europäischer Gerichtshof: Rechtssache C-320/92 (Paul Corbeau). Urteil des Gerichtshofs vom 19.05 1993. "Wettbewerb - Postmonopol - Umfang" (vorl. Übersetzung). S. 1-3. 61 Die Wetlbewerbsrcgeln des EWG-Vertrags sind grundsätzlich auch auf solche Unternehmen anzuwenden. denen die Mitgliedstaalen besondere oder ausschließliche Rechte (z. B. der Befördeningsvorbehalt der Deutschen Post AG) gewähren Dies gilt allerdings nur. "soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der [den Unternehmen | übertragenen besonderen Aufgabe [z. B. Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Gmndversorgung mit Postdicnstleislungen] rechtlich oder tatsächlich verhindert"; Art. 90 EWG-Vertrag.
Änderung des Ordnungsrahmens
35
EWG-Vertrag läßt es nicht zu, daß eine Regelung eines Mitgliedsstaats, die einer Organisation wie der Régie des postes das ausschließliche Recht überträgt, Postsendungen zu sammeln, zu befördern und zu verteilen, es einem in diesem Staat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer unter Androhung strafrechtlicher Sanktionen untersagt, spezifische, von der Dienstleistung von allgemeinem Interesse trennbare Dienstleistungen anzubieten, die besonderen Bedürfnissen von Wirtschaftsteilnehmern entsprechen und bestimmte zusätzliche Leistungen verlangen, die der herkömmliche Postdienst nicht anbietet, sofern diese Dienstleistungen das wirtschaftliche Gleichgewicht der vom Inhaber des ausschließlichen Rechts übernommenen Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht in Frage stellen 1,65 Implizit kommt im Urteil des Europäischen Gerichtshofs das Bedarfsmarktkonzept zur Anwendung, das Dienstleistungen verschiedenen Märkten zuordnet, wenn diese aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers gegenseitig nicht mehr als Substitute füreinander fungieren können. Durch die EuGH-Entscheidung wurde klargestellt, daß Monopolabgrenzungen, die allein an den produktionstechnischen Gegebenheiten (Einsammeln, Zustellen, Weiterleiten) ansetzen, für eine adäquate und europarechtskonforme Definition von Monopolbereichen nicht hinreichend sind, da hierdurch unabhängig vom ursprünglichen postökonomischen Zweck der Monopolisierung ausschließliche Rechte für eine unbestimmte und unbegrenzte Anzahl von ökonomisch separierbaren Märkten auf einzelne Unternehmen übertragen werden 66
V.2. Lizenzierung als adäquates Instrument des Übergangs vom Monopol zum Wettbewerb Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß wenig für die Aufrechterhaltung eines rechtlich geschützten Briefdienstes spricht und demzufolge Deregulierungsmaßnahmen angezeigt sind Allerdings ist ein abrupter Übergang vom stark regulierten in einen völlig deregulierten Zustand weder ökonomisch sinnvoll noch politisch durchsetzbar Statt dessen müssen Mechanismen zur Anwendung kommen, die die mit der Änderung des institutionellen Rahmens verbundenen Anpassungsprobleme minimieren Ein geeignetes Instrumentarium, das einen weitgehend reibungslosen Übergang gewährleistet, ist die oben bereits angesprochene Lizenzierung bzw. Konzessionierung von Wettbewerbern. Dabei erhalten die Wettbewerber befristet das Recht, innerhalb des bisherigen Monopolbereichs bzw. des reservierten Bereichs tätig zu werden. Grundsätzlich sind verschiedene Lizenzierungsmodelle vorstellbar. So könnte etwa daran gedacht werden, dem etablierten Monopolisten für eine kurze Übergangszeit eine Alleinlizenz für einen Teil des bisherigen Monopolmarktes zu erteilen, um hieran an65
Europäischer Gerichtshof. Rechtssache C-3 20/92 (Paul Corbeau). Urleil des Gerichtshofs vom 19.05.1993. "Wellbewerb- Poslnionopol - Umfang" (vorl. Übersetzung). S. 1-7. 66 Vgl. hierzu auch BaggehuCvvudl. N. von: Dienslleislungsmonopole in der Telekommunikation unter EG-rechtlichen Aspekten, in: Archiv für Post und Telekommunikation. 2/93. S 176. Von Baggehufwudl leitet mit der gleichen Begründung für Teile des Telckommunikalionsbereichs einen "Zwang zur Monopolauflösung ab".
36
Teil 1: Einführung
schließend d e n M a r k t fiir w e i t e r e L i z e n z n e h m e r zu ö f f n e n . Alternativ hierzu k ö n n t e d e r M a r k t s o f o r t sukzessive f ü r N e w c o m e r g e ö f f n e t w e r d e n Zu d e n k e n w ä r e e t w a an Dienste, die der etablierte Anbieter bisher nicht anbietet w i e z B P o s t f a c h l ä d e n , A b h o l d i e n ste, D o k u m e n t e n a u s t a u s c h b ö r s e n oder spezielle B r a n c h e n d i e n s t e ( I n t e r b a n k e n v e r k e h r , P o s t v e r k e h r z w i s c h e n R e c h t s a n w ä l t e n etc ). D i e s gilt f ü r diese D i e n s t e aber nur in d e m U m f a n g , in d e m ihre Z u o r d n u n g z u m M o n o p o l b e r e i c h bzw. z u m reservierten B e r e i c h in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit dem europäischen Recht e r f o l g e n kann Ist letzteres nicht möglich, ist eine M a r k t ö f f n u n g nach E U - R e c h t zwingend v o r g e s c h r i e b e n M ö g l i c h w ä r e es weiterhin, die g e g e n w ä r t i g m o n o p o l i s i e r t e P r o d u k t i o n s k e t t e ( E i n s a m m e l n , T r a n s p o r t i e r e n , Sortieren, Zustellen) f ü r L i z e n z n e h m e r zu ö f f n e n o d e r die B r i e f b e f ö r d e r u n g innerhalb b e s t i m m t e r R e g i o n e n im R a h m e n v o n L i z e n z i e r u n g s v e r f a h r e n a u s z u s c h r e i b e n , s o f e r n letzteres aus ö k o n o m i s c h e r Sicht - e t w a mit steigenden S k a l e n e r t r ä g e n - b e g r ü n d b a r ist. D a d i e I n f r a s t r u k t u r a u f l a g e n des etablierten M o n o p o l i s t e n nicht v o n h e u t e auf m o r g e n a u f g e h o b e n w e r d e n k ö n n e n , m u ß - auch aus G r ü n d e n des chancengleichen W e t t b e w e r b s - sichergestellt w e r d e n , d a ß L i z e n z n e h m e r in irgendeiner F o r m zur E r f ü l l u n g dieser infrastrukturellen V e r p f l i c h t u n g e n beitragen. Eine Möglichkeit b e s t e h t darin, den L i z e n z n e h m e r n wie dem etablierten U n t e r n e h m e n in d e r Lizenz b e s t i m m t e I n f r a s t r u k t u r a u f g a b e n zu ü b e r t r a g e n Z u d e n k e n ist an b e s t i m m t e F l ä c h e n d e c k u n g s a u f l a g e n o d e r A u f l a g e n bzgl. der Qualität der Dienstleistungen. E i n e w e i t e r e u n d aus ö k o n o m i s c h e r Sicht bessere M ö g l i c h k e i t besteht darin, v o n den L i z e n z n e h m e r n einen Beitrag z u r Finanzierung der I n f r a s t r u k t u r a u f g a b e n zu f o r d e r n . 6 ' D e r a r t i g e I n f r a s t r u k t u r a b g a b e n m ü ß t e n beispielsweise in einen F o n d s eingezahlt w e r d e n , der ausschließlich z u r F i n a n z i e r u n g e n t s p r e c h e n d e r I n f r a s t r u k t u r a u f g a b e n zu v e r w e n d e n w ä r e L e t z t e r e sollten von d e n j e n i g e n U n t e r n e h m e n erbracht w e r d e n , die hierfür mit d e m g e r i n g s t e n R e s s o u r c e n e i n s a t z a u s k o m m e n . G e g e n ü b e r der heutigen Situation h ä t t e dies d e n Vorteil, d a ß sich - bei D u r c h f ü h r u n g e t w a von A u s s c h r e i b u n g s v e r f a h r e n - d e r S u b v e n t i o n s b e d a r f minimieren ließe und nicht mehr wie h e u t e alle anfallenden " K o s t e n " über M o n o p o l t a r i f e finanziert w ü r d e n . D u r c h die g e n a n n t e n V e r f a h r e n k ö n n t e erreicht w e r d e n , d a ß die a n g e s t r e b t e infrastrukturelle G r u n d v e r s o r g u n g a u f effizientere W e i s e als bisher sichergestellt wird. D a s v o n v e r s c h i e d e n e n Seiten b e f ü r c h t e t e R o s i n e n p i c k e n k ö n n t e so verhindert b z w ü b e r die A b g a b e neutralisiert w e r d e n
''
In d e r ö k o n o m i s c h e n Literatur w i r d dies s c h o n seil l ä n g e r e m g e f o r d e r t . Siehe h i e r z u i n s b e s o n d e r e B l a n k a r t . Cii. B./ K n i e p s . G.: G r e n z e n der D e r e g u l i e r u n g im T c l c k o i m m i n i k a l i o n s b c r c i c h ? D i e F r a g e n d e s N e l z w c l t b c w c r b s . in: H.St. Seidcnfiis (Hrsg.): D e r e g u l i e r u n g - eine H e r a u s f o r d e r u n g an die Wirts c h a f l s - und Sozialpolitik in der M a r k t w i r t s c h a f t . S c h r i f t e n des V e r e i n s für Socialpolitik. N . F . . Bd. 184. B e r l i n 1989. S. 149-172. S i e h e hierzu a u c h d e n Beitrag von B l a n k a r t / K n i e p s in d i e s e m Sanimelband
Änderung des Ordnungsrahmens
37
E n t s p r e c h e n d e F o n d s l o s u n g e n sind in d e r P l a n u n g o d e r w e r d e n a n s a t z w e i s e bereits h e u t e a n g e w a n d t . Ein Beispiel hierfür ist der T e l e k o m m u n i k a t i o n s b e r e i c h in den V e r einigten S t a a t e n v o n Amerika. 6 8
V.3. A u f g a b e n d e r R e g u l i e r u n g s p o l i t i k Die M a r k t ö f F n u n g wird zunächst den R e g u l i e r u n g s b e d a r f g e g e n ü b e r der M o n o p o l s i t u a t i o n nicht reduzieren, sondern im Gegenteil e h e r erhöhen 6 9 , d a zur weiterhin n o t w e n digen R e g u l i e r u n g des m a r k t m ä c h t i g e n U n t e r n e h m e n s nun - ü b e r g a n g s w e i s e - eine im V e r g l e i c h z u r "einfachen" M o n o p o l i s i e r u n g k o m p l i z i e r t e Lizenzierung bzw. M a r k t z u trittsregulierung hinzutritt. A u c h nach einer Liberalisierung ist für einen längeren Z e i t r a u m mit einem faktischen M o n o p o l bzw. mit einer ü b e r r a g e n d e n M a r k t s t e l l u n g der D e u t s c h e n P o s t A G zu rechnen. D e m z u f o l g e besteht auch für die Ü b e r g a n g s z e i t R e g u l i e r u n g s b e d a r f . D i e s e r k o n zentriert sich z u m einen a u f die Preis- und Q u a l i t ä t s r e g u l i e r u n g im I n t e r e s s e der " E n d v e r b r a u c h e r " u n d z u m anderen auf die H e r s t e l l u n g eines f u n k t i o n s f ä h i g e n W e t t b e werbs. D e r K o n s u m e n t e n s c h u t z auf der einen u n d der W e t t b e w e r b s s c h u t z a u f der anderen Seite sind also die vorrangigen Ziele d e r Regulierungspolitik.
V . 3 . 1 . P r e i s r e g u l i e r u n g im I n t e r e s s e der K u n d e n L i z e n z n e h m e r , die über ausschließliche oder b e s o n d e r e R e c h t e verfugen, sind im Interesse der K u n d e n einer Preisregulierung zu u n t e r w e r f e n , dies gilt z u m i n d e s t f ü r den Fall, d a ß sie über eine m a r k t b e h e r r s c h e n d e b z w . eine m a r k t s t a r k e Position v e r f u g e n . D u r c h die R e g u l i e r u n g m u ß in diesem Fall v e r s u c h t w e r d e n , die S p a n n e z w i s c h e n M o n o pol- u n d W e t t b e w e r b s p r e i s e n nicht allzu g r o ß w e r d e n zu lassen Allerdings stellen sich einer effizienzorientierten Preisregulierung einige P r o b l e m e in den W e g . B e s o n d e r s gravierend sind dabei die existierenden I n f o r m a t i o n s a s y m m e t r i e n z w i s c h e n d e n Regulier u n g s b e h ö r d e n und den regulierten U n t e r n e h m e n Dies gilt z u m i n d e s t f ü r den Fall einer an d e n K o s t e n orientierten Preisregulierung. Hier e n t s t e h e n auf seiten des M o n o p o l i s t e n b z w . des m a r k t b e h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s Anreize f ü r einen ü b e r h ö h t e n K o s t e n a u s w e i s , u m hierdurch die G e n e h m i g u n g für
68
Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeil eines Infrastruklurfonds vgl. insbesondere Grämlich. L.: Rechtlichc Möglichkeiten der Finanzierung von Infraslrukturleislungen im Post- und Telckommunikationsbereich durch die Einrichtung eines Inrraslniklurfonds. Guiachten im Auftrag des Bundesminisleriums für Posl und Telekommunikation. März 1995. Die Fondslösung wurde kürzlich auch vom Bundesrat sowie vom Bundesminister für Post und Telekommunikation als ein Instrument zur Gewährleistung einer infrastruklurcllcn Grundversorgung im Posl- und Telekoinmunikationsbereich vorgeschlagen. Auch die Europäische Kommission hat inilllcnveile Fondsniodellc als Ersatz bzw. Ergänzung zur Reservierung bestimmter Dienste in Betracht gezogen. Von den (Post-) Gewerkschaften wird gegenwärtig die Einführung eines Fonds zur Sicherung bzw. Finanzierung der Ausbildungsförderung vorgeschlagen. 69 Dies wird von Libcralisicningsgegncrn gerne als Argument gegen eine Marklöffnung vorgebracht.
38
Teil I: Einführung
e n t p r e c h e n d h o h e T a r i f e zu erhalten. Wird die sehr verbreitete Rentabilitätsregulierung a n g e w e n d e t , entsteht d a r ü b e r hinaus das P r o b l e m eines ineffizienten F a k t o r e i n s a t z e s (Averch-Johnson-Effekt). Ein P r e i s r e g u l i e r u n g s m o d e l l , das die I n f o r m a t i o n s a s y m m e t r i e zumindest zeitweise ü b e r w i n d e t , ist die sog. P r i c e - C a p - R e g u l i e r u n g , ' 0 bei der die E n t w i c k l u n g d e s d u r c h schnittlichen Preisniveaus d e s b e t r e f f e n d e n U n t e r n e h m e n s an die E n t w i c k l u n g eines v o n ihm nicht b e e i n f l u ß b a r e n I n d e x g e k n ü p f t wird, d i e Preisstruktur j e d o c h w e i t g e h e n d u n r e guliert bleibt D a s regulierte U n t e r n e h m e n erhält also hinsichtlich d e r S e t z u n g d e r Einzelpreise d e n g r ö ß t m ö g l i c h e n Freiheitsgrad Dabei macht man sich die T a t s a c h e z u n u t z e , d a ß sich M o n o p o l p r e i s e u n d w o h l f a h r t s o p t i m a l e ( R a m s e y - ) Preise eines M e h r p r o d u k t m o n o p o l s z w a r der H ö h e , nicht j e d o c h der S t r u k t u r nach unterscheiden. Die P r i c e - C a p R e g u l i e r u n g w u r d e von Littlechild für d e n T e l e k o m m u n i k a t i o n s s e k t o r entwickelt, sie k o m m t mittlerweile aber auch in der Regulierung von einigen ausländischen P o s t m ä r k t e n b z w . P o s t m o n o p o l e n zur A n w e n d u n g Dabei wird bislang allerdings häufig ü b e r s e h e n , d a ß d a s M o d e l l der P r i c e - C a p - R e g u l i e r u n g g e w i n n m a x i m i e r e n d e M a n a g e r v o r a u s s e t z t , w a s d u r c h a u s nicht immer realistisch ist. G r u n d v o r a u s s e t z u n g dieser F o r m d e r Preisreg u l i e r u n g sind d e m z u f o l g e e n t s p r e c h e n d e leistungsorientierte V e r t r ä g e mit d e m M a n a g e m e n t d e s U n t e r n e h m e n s , d a s auf die G e w i n n - bzw. V e r m ö g e n s w e r t m a x i m i e r u n g zu v e r p f l i c h t e n ist. D a n e b e n sollte sichergestellt sein, d a ß diskretionäre Eingriffe des Polit i k b e r e i c h s in die Preisregulierung w e i t g e h e n d unterbleiben
V.3.2. Q i i a l i t ä t s r e g u l i e r i i n g ' E b e n s o b e d e u t s a m wie die Preisregulierung ist die K o n t r o l l e b z w R e g u l i e r u n g der L e i s t u n g s q u a l i t ä t d e r m a r k t b e h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n Die Ziele der Qualitätsregulier u n g lassen sich im Optimalfall aus der Definition der politischen V o r g a b e n ableiten. N u r w e n n d i e infrastrukturelle G r u n d v e r s o r g u n g mit postalischen Dienstleistungen hinreic h e n d o p e r a t i o n a l definiert ist, lassen sich m ö g l i c h e r w e i s e existierende S o l l - I s t - A b w e i c h u n g e n aufzeigen. ' 2 D a sich die Qualität d e r Postdienstleistungen in d e r Regel nicht als eindimensionale G r ö ß e f a s s e n läßt, sind die n a c h f r a g e r e l e v a n t e n E i g e n s c h a f t e n der b e t r e f f e n d e n Leistung e n zu identifizieren und - soweit quantifizierbar - mit e n t s p r e c h e n d e n Z i e l g r ö ß e n (Mindestziele, M i n d e s t s t a n d a r d s ) zu versehen A u f diese W e i s e erhält m a n für die einzelnen D i e n s t l e i s t u n g e n die g e w ü n s c h t e n Qualitätsprofile.
"' Vgl h i e r z u N e u . W./ S p e c k b a c h e r . W./ S t u m p f . U.: P r c i s r c g u l i c r u n g im M o n o p o l b c r c i c h des Postd i e n s l e s . D i s k u s s i o n s b e i t r ä g e des W i s s e n s c h a f t l i c h e n Instituts für K o m m u n i k a l i o n s d i e n s t e . N r 92. B a d H o n n e f 1992. S. 10 ff 1 Vgl. h i e r z u d e n B e i t r a g von Brigitte B a u e r in d i e s e m S a n n n e l b a n d u n d dies.: A n s ä t z e z u r E r f a s s u n g u n d R e g u l i e r u n g der Qualität i m M o n o p o l b c r c i c h der D B P P O S T D I E N S T . D i s k u s s i o n s b e i t r ä g e des W i s s e n s c h a f t l i c h e n Instituts f ü r K o m m u n i k a l i o n s d i e n s t e . Nr. 85. Bad H o n n e f 1992. 2
Vgl. T u c h l f e l d l . E.: Art. W i r t s c h a f t s p o l i t i k , in: H a n d w ö r t e r b u c h der W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n , Bd. 9. S t u t t g a r t u.a. 1982. S. 182 f.
Änderung des Ordnungsrahmens
39
Z u m i n d e s t die wesentlichen E i g e n s c h a f t e n sind danach einer l a u f e n d e n und u n a b h ä n gigen M e s s u n g zu u n t e r w e r f e n . U n a b d i n g b a r ist es, d a ß S o l l - I s t - A b w e i c h u n g e n für die U n t e r n e h m e n s p ü r b a r e Folgen nach sich ziehen. Möglich ist beispielsweise die r e g e l m ä ß i g e V e r ö f f e n t l i c h u n g der M e ß e r g e b n i s s e d u r c h den Regulierer, w o d u r c h schlechte Leistungen d e s regulierten U n t e r n e h m e n s t r a n s p a r e n t w e r d e n und - soweit die K u n d e n über Substitutionsmöglichkeiten v e r f u g e n - sich negativ auf das B e t r i e b s e r g e b n i s a u s w i r k e n S c h ä r f e r e M e t h o d e n der Q u a l i t ä t s r e g u l i e r u n g w ä r e n e n t s p r e c h e n d e finanzielle S a n k tionen e t w a in F o r m v o n S t r a f e n o d e r der E i n e n g u n g der P r e i s s e t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n . L e t z t e r e s setzt die V e r k n ü p f u n g der Preisregulierung mit der Q u a l i t ä t s r e g u l i e r u n g v o r aus. N o t w e n d i g erscheint hierzu die B i l d u n g eines Qualitätsindexes, in d e m d i e Einzelm e r k m a l e d e r Dienstleistung b z w . die v o m U n t e r n e h m e n erbrachten Leistungsqualitäten aggregiert werden. Bislang w u r d e in der B u n d e s r e p u b l i k seitens d e s z u s t ä n d i g e n P o s t m i n i s t e r i u m s auf v e r s c h i e d e n e W e i s e auf die Qualitäten der D B P P O S T D I E N S T / P o s t A G E i n f l u ß gen o m m e n . Ein t r a n s p a r e n t e s und o p e r a t i o n a l e s Zielsystem ist j e d o c h - w i e auch von der K o m m i s s i o n der E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n g e f o r d e r t - erst n o c h zu entwickeln. H e r v o r z u h e b e n ist, d a ß das d e m P o s t m i n i s t e r i u m n a c h g e o r d n e t e B u n d e s a m t für Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n seit k u r z e m die Brietlaufzeiten der D B P P O S T D I E N S T b z w der D e u t s c h e n P o s t A G einer f l ä c h e n d e c k e n d e n u n d p e r m a n e n t e n M e s s u n g u n t e r z i e h t D a m i t v e r f ü g t die R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e z u m i n d e s t hinsichtlich eines w i c h t i g e n Qualit ä t s p a r a m e t e r s über eine erste - v o m M o n o p o l a n b i e t e r völlig u n a b h ä n g i g e I n f o r m a t i o n s quelle. 7 ' E s erscheint sinnvoll und n o t w e n d i g , diese Q u a l i t ä t s b e o b a c h t u n g b z w - r e g u l i e r u n g m ö g l i c h s t rasch a u f weitere Q u a l i t ä t s p a r a m e t e r w i e Maximallaufzeiten, V e r l u s t q u o t e n , Ö f f n u n g s z e i t e n v o n Geschäftsstellen und Schaltern etc im Bereich des s o g Universaldienstes a u s z u w e i t e n 74
V.3.3. W e t t b e w e r b s s c l i u t z d u r c h R e g u l i e r u n g N e b e n d e m K u n d e n s c h u t z hat die R e g u l i e r u n g auch die A u f g a b e , auf die H e r s t e l l u n g eines f u n k t i o n s f ä h i g e n W e t t b e w e r b s hinzuarbeiten. Letzterer setzt v o r a u s , daß m a r k t b e h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n daran gehindert w e r d e n , W e t t b e w e r b e r e t w a d u r c h eine intern e Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g v o m M a r k t zu v e r d r ä n g e n oder d u r c h a n d e r e M a ß n a h m e n den M a r k t z u t r i t t zu e r s c h w e r e n Beispiele hierfür sind e t w a ü b e r h ö h t e W e r b e a u s g a b e n o d e r d e r A u f b a u v o n strategischen Ü b e r k a p a z i t ä t e n
3
Vgl. hierzu das Amtsblatt des Buiidesmiiiistcriuins für Post und Telekommunikation vom 0 7 . 0 7 . 9 3 . D i e voraussichtlich A n f a n g 1996 in Kraft tretende Posl-Kundcnschulzverordnung wird ein verg l e i c h s w e i s e konkret definiertes Zielbündel enthalten.
40
Teil I: Einführung
V.3.3.1. Die Quersubventioiiierungsproblematik Ein t h e o r e t i s c h w i e p r a k t i s c h nicht einfach zu lösendes P r o b l e m ist das d e r V e r h i n d e r u n g unzulässiger Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g e n . Im n e u e n G e s e t z z u r R e g u l i e r u n g d e r Telek o m m u n i k a t i o n u n d des P o s t w e s e n s ( P T R e g G ) findet sich in § 7 eine N a c h f o l g e v o r schrift f ü r den bisherigen § 3 7 Abs. 4 P o s t V e r f G Darin wird festgestellt, d a ß a u c h ein A u s g l e i c h "aus M o n o p o l d i e n s t e n z u g u n s t e n v o n W e t t b e w e r b s d i e n s t e n . " zulässig ist. S o w e i t allerdings "durch eine anhaltende s p ü r b a r e K o s t e n u n t e r d e c k u n g im W e t t b e w e r b s b e r e i c h . . . die W e t t b e w e r b s i n ö g l i c h k e i t e n anderer U n t e r n e h m e n auf e i n e m M a r k t o h n e sachlich g e r e c h t f e r t i g t e n G r u n d beeinträchtigt w e r d e n , " sind e n t s p r e c h e n d e M a ß n a h m e n zu ergreifen. W e t t b e w e r b s b e h i n d e r n d e Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g e n sind d e m z u f o l g e nach d e m G e s e t z u n z u l ä s s i g D i e F r a g e , die sich für die R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e hieran anschließt, ist die einer a d ä q u a t e n Definition des Begriffs Q u e r s u b v e n t i o n b z w . d e s T e r m i n u s "anhaltend spürbare Kostenunterdeckung". E i n e Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g liegt im Z w e i - P r o d u k t - F a l l dann vor, w e n n u n t e r d e r A n n a h m e d e r G e s a m t k o s t e n d e c k u n g die Erlöse d e s einen G u t e s nicht ausreichen, u m die d u r c h d a s b e t r e f f e n d e G u t verursachten Z u s a t z k o s t e n zu d e c k e n E i n e Dienstleistung wird a l s o dann q u e r s u b v e n t i o n i e r t , wenn ihr Preis d a u e r h a f t die durchschnittlichen Z u s a t z k o s t e n ( a v e r a g e incremental costs) unterschreitet. A n d e r s a u s g e d r ü c k t : "If t h e Provision o f any c o m m o d i t y (or g r o u p of c o m m o d i t i e s ) by a m u l i t c o m m o d i t y e n t e r p r i s e subject t o a profit c o n s t r a i n t leads to prices f o r the o t h e r c o m m o d i t i e s not higher than 5 they w o u l d pay t h e m s e l v e s , then the price s t r u c t u r e is subsidy-free." Die F r a g e der Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g m u ß s t r e n g g e n o m m e n für j e d e s P r o d u k t und d a r ü b e r hinaus für j e d e K o m b i n a t i o n von P r o d u k t e n ( P r o d u k t g r u p p e n ) mit Hilfe d e s sog e n a n n t e n S t a n d - a l o n e - K o s t e n t e s t s bzw alternativ mit Hilfe des Z u s a t z k o s t e n t e s t s 6 g e p r ü f t w e r d e n , deren A n w e n d b a r k e i t in der Praxis j e d o c h d a d u r c h erschwert wird, d a ß die e n t s p r e c h e n d e n K o s t e n i n f o r m a t i o n e n nicht vorliegen b z w v o m regulierten U n t e r n e h m e n nur widerwillig o f f e n g e l e g t w e r d e n T e i l w e i s e m ü s s e n e n t s p r e c h e n d e K o s t e n r e c h n u n g s s y s t e m e wie die D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g o d e r die P r o z e ß k o s t e n r e c h n u n g erst implementiert w e r d e n .
V . 3 . 3 . 2 . S t r a t e g i s c h e E i i i t r i t t s v e r h i n d e r u n g als R e g u l i e r u n g s p r o b l e i n L i e g e n alle K o s t e n d a t e n o f f e n , kann die Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g von der R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e u n t e r b u n d e n w e r d e n . Allerdings geht diese F o r m der R e g u l i e r u n g bereits v o n g e g e b e n e n K a p a z i t ä t e n b z w d e n daraus r e s u l t i e r e n d e n K o s t e n f u n k t i o n e n a u s u n d p r ü f t
^ F a u l h a b e r . G.: C r o s s - S u b s i d i z a t i o n : Pricing in Public Enterprises, in: A m e r i c a n E c o n o m i c R e v i e w . Vol. 6 5 . 1975. S. 966. f ' "...the s t a n d - a l o n e a n d i n c r e m e n t a l cost test a r c the s a m e w h e n o n e c o n s i d e r s all possible c o m b i n a t i o n s of s e n ices. T h a t is. if o n e of t h e tests is p a s s e d by every service a n d every c o m b i n a t i o n of services, so will the o t h e r " : Z a j a c . E.: F a i r n e s s or Efficiency. C a m b r i d g e . M a s s . 1978. S. 89.
Änderung des Ordnungsrahmens
41
a u f dieser Basis lediglich f ü r die einzelnen D i e n s t e das E r l ö s - Z u s a t z k o s t e n - V e r h ä l t n i s , o h n e zu fragen, a u s w e l c h e m G r u n d die K o s t e n anfallen. W e r d e n v o m etablierten U n t e r n e h m e n e t w a strategische Ü b e r k a p a z i t ä t e n a u f g e b a u t , so v e r u r s a c h t dies im Bereich der b e t r e f f e n d e n Dienstleistung Z u s a t z k o s t e n , die - so die F o r d e r u n g des incremental cost test - d u r c h die p r o d u k t s p e z i f i s c h e n E r l ö s e g e d e c k t w e r den müssen. Ist letzteres d e r Fall, sind die Testkriterien erfüllt und es b e s t ü n d e d e m z u f o l g e keine N o t w e n d i g k e i t f ü r regulatorische Eingriffe. J e d o c h erscheint es m e h r als zweifelhaft, ob sich mit Hilfe e n t s p r e c h e n d e r P r e i s - K o s t e n t e s t s allein alle möglichen w e t t b e w e r b s v e r z e r r e n d e n M a ß n a h m e n m a r k t b e h e r r s c h e n d e r Anbieter a u f d e c k e n lassen. W e r d e n e t w a v o m etablierten M o n o p o l i s t e n Ü b e r k a p a z i t ä t e n a u f g e b a u t , so kann damit die Wahrscheinlichkeit v o n M a r k t z u t r i t t e n im A n s c h l u ß an Liberalisierungsmaßn a h m e n u.U. drastisch verringert w e r d e n Die W a h l einer sehr h o h e n Kapazität r e d u ziert u . U . die variablen b z w e n t s c h e i d u n g s r e l e v a n t e n K o s t e n des etablierten U n t e r n e h m e n s f ü r A b s a t z m e n g e n , die u n t e r der K a p a z i t ä t s g r e n z e liegen, erheblich, s o d a ß eine A s y m m e t r i e zwischen d e m etablierten U n t e r n e h m e n und der potentiellen K o n k u r r e n z bezüglich des e r w a r t e t e n "Nacheintrittsspiels" g e s c h a f f e n w e r d e n kann. 8 Die E r w a r t u n g e n potentieller W e t t b e w e r b e r k ö n n e n hierdurch derart verschlechtert w e r d e n , d a ß ein Zutritt unterbleibt Die für den A u f b a u der Ü b e r k a p a z i t ä t e n n o t w e n d i g e n Mittel k ö n n e n nach d e r Z u t r i t t s v e r h i n d e r u n g a u f dem weiterhin m o n o p o l i s i e r t e n M a r k t über entsprec h e n d h o h e Preise in den F o l g e p e r i o d e n finanziert w e r d e n . H i e r a u s resultiert die N o t w e n d i g k e i t , d a ß R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e n i n s b e s o n d e r e im V o r f e l d von L i b e r a l i s i e r u n g s m a ß n a h m e n die Investitionspolitik der etablierten U n t e r n e h m e n b e o b a c h t e n , u m im Bedarfsfall den A u f b a u strategischer Ü b e r k a p a z i t ä t e n zu verhindern oder, falls dies nicht möglich ist, auch die Preispolitik des b e t r e f f e n d e n U n t e r n e h m e n s im " W e t t b e w e r b s m a r k t " mit in die R e g u l i e r u n g einzubeziehen.
VI. A u s b l i c k : Die E r g e b n i s s e d e r Postreforni II aus o r d n u n g s p o l i t i s c h e r Sicht N a c h d e m die P o s t r e f o r m des Jahres 1989 den P o s t s e k t o r o r d n u n g s p o l i t i s c h w e i t g e hend u n b e r ü h r t ließ, b e s c h r ä n k t sich auch die sog. P o s t r e f o r m II im g r o ß e n u n d g a n z e n a u f eine O r g a n i s a t i o n s r e f o r m W ä h r e n d die P o s t r e f o r m I die T r e n n u n g v o n hoheitlichen und betrieblichen A u f g a b e n mit sich brachte, u m f a ß t die P o s t r e f o r m II bisher w e i t g e h e n d nur solche R e g e l u n g e n , die z w i n g e n d aus der Privatisierung der P o s t u n t e r n e h m e n folgen. Eine A u s n a h m e hiervon stellt allerdings d e r neu in die V e r f a s s u n g a u f g e n o m m e n e Vgl. h i e r z u Dixit. A : T h e role of i n v e s t m e n t in c n l r y - d e l e r r e n c c . in: E c o n o m i c J o u r n a l . Vol. 90. 1980. S. 96 IT. u n d Tirole. J.: T h e T h e o r y of Industrial O r g a n i z a t i o n . 4th P r i n t i n g . C a m b r i d g e . M a s s . . 1990. S. 314 ff sowie K n a u t h . P.: A n s a t z p u n k t e u n d H i n d e r n i s s e e i n e r e f l i z i c n z o r i c n l i c r t e n R e g u l i e r u n g s p o l i t i k i m G ü t e r v e r k e h r . M ü n c h e n 1993. zugl. Diss Uni W ü r z b t i r g 1992. S. 33 ff. 8 V o r a u s s e t z u n g f ü r die W i r k s a m k e i t d e r Übcrkapa/.itätcn ist. daß die a n f a l l e n d e n Investitionskosten in e r h e b l i c h e m U m f a n g sunk costs d a r s t e l l e n : vgl. h i e r z u a u c h Holler. M J / Illing. G.: E i n f ü h r u n g in die Spieltheorie. B e r l i n u.a. 1991. S 20.
42
Teil I: Einführung
Art. 8 7 f dar, mit d e m klargestellt wurde, d a ß die infrastrukturelle G r u n d v e r s o r g u n g im P o s t - u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n s b e r e i c h d u r c h den B u n d zu g e w ä h r l e i s t e n ist u n d e n t s p r e c h e n d e P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n d u r c h die D e u t s c h e Post A G u n d d u r c h andere p r i v a t e A n bieter erbracht w e r d e n . D a s n e u g e s c h a f f e n e G e s e t z ü b e r die R e g u l i e r u n g der T e l e k o m m u n i k a t i o n u n d d e s P o s t w e s e n s ( P T R e g G ) enthält in weiten Teilen N a c h f o l g e r e g e l u n g e n zu d e n e n t s p r e c h e n d e n V o r s c h r i f t e n im P o s t v e r f a s s u n g s g e s e t z N e u ist die Bildung eines R e g u l i e r u n g s rates, d e r w e i t r e i c h e n d e Eingriffsmöglichkeiten u n d E n t s c h e i d u n g s r e c h t e im B e r e i c h d e r R e g u l i e r u n g hat und sich a u s jeweils 16 V e r t r e t e r n der L ä n d e r u n d d e s D e u t s c h e n B u n d e s t a g e s z u s a m m e n s e t z t N a c h § 13 P T R e g G Abs. 2 beschließt d e r R e g u l i e r u n g s r a t ü b e r V o r l a g e n des B u n d e s m i n i s t e r s f ü r Post u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n zu R e c h t s v e r o r d n u n g e n über - die F e s t l e g u n g von Pflichtleistungen, - die F e s t l e g u n g von R a h m e n v e r o r d n u n g e n für die I n a n s p r u c h n a h m e v o n Dienstleistungen sowie über - E n t s c h e i d u n g e n und R e g e l u n g e n in bezug auf B e f r e i u n g e n v o m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t . D e r R e g u l i e r u n g s r a t beschließt darüber hinaus u.a. über E n t s c h e i d u n g e n des B u n desministers f ü r Post u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n ü b e r die G e n e h m i g u n g v o n M o n o p o l e n t gelten. B e s c h l ü s s e d e s R e g u l i e r u n g s r a t e s müssen v o m B u n d e s m i n i s t e r f ü r P o s t u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n nicht berücksichtigt werden, w e n n sie nach d e s s e n A u f f a s s u n g d e m I n t e r e s s e der Politik der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d z u w i d e r l a u f e n Hält der R e g u l i e r u n g s r a t in d e r a r t i g e n Fällen seinen B e s c h l u ß t r o t z d e m a u f r e c h t , liegt die endgültige E n t s c h e i d u n g bei d e r B u n d e s r e g i e r u n g ( § 14 A b s 3 P T R e g G ) I m P o s t g e s e t z w u r d e n keine weitreichenden V e r ä n d e r u n g e n v o r g e n o m m e n . E r w ä h n e n s w e r t ist allerdings die E r g ä n z u n g des bisherigen § 2 Abs. 4 P o s t g e s e t z , d e r bislang s c h o n d e m B u n d e s m i n i s t e r f ü r Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n die M ö g l i c h k e i t g a b , A u s n a h m e n v o m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t zu g e n e h m i g e n D e r n e u e § 2 Abs. 6 sieht n u n m e h r vor, daß d e r B u n d e s m i n i s t e r für Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n d u r c h R e c h t s v e r o r d n u n g mit Beteiligung des R e g u l i e r u n g s r a t e s u a. E n t s c h e i d u n g e n ü b e r die b e a b s i c h t i g t e Ö f f n u n g von M ä r k t e n für Postdienstleistungen s o w i e R e g e l u n g e n zu Inhalt, U m f a n g u n d V e r f a h r e n von B e f r e i u n g e n erlassen kann. D i e B e f r i s t u n g d e s G e s e t z e s über die R e g u l i e r u n g der T e l e k o m m u n i k a t i o n u n d d e s P o s t w e s e n s , d e s F e r n m e l d e a n l a g e n g e s e t z e s s o w i e des P o s t g e s e t z e s a u f den 31. 1 2 . 1 9 9 7 "trägt d e r politischen Willensbildung bei der E u r o p ä i s c h e n Union sowie d e r j ü n g s t e n R e c h t s p r e c h u n g des E u r o p ä i s c h e n G e r i c h t s h o f s zu Zulässigkeit und D a u e r ausschließlicher R e c h t e , die die Mitgliedstaaten ihren P o s t - u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n s u n t e r n e h m e n g e w ä h r e n , R e c h n u n g . Sie entspricht d e m Willen des G e s e t z g e b e r s , die im Z u -
Änderung des Ordnungsrahmens
43
s a m m e n h a n g mit der Ö f f n u n g der M ä r k t e der T e l e k o m m u n i k a t i o n und d e s P o s t w e s e n s erforderlichen M a ß n a h m e n rechtzeitig v o r d e m 3 1. D e z e m b e r 1 9 9 7 einzuleiten. 1 " 9 D i e a n s t e h e n d e g e s e t z l i c h e N e u r e g e l u n g bietet dabei i n s b e s o n d e r e d i e G e l e g e n h e i t , d a s bereits h e u t e v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h h ö c h s t b e d e n k l i c h e und o r d n u n g s p o l i t i s c h inakzeptable P o s t m o n o p o l 8 0 m ö g l i c h s t rasch zu b e s e i t i g e n und - s o w e i t ü b e r g a n g s w e i s e
not-
w e n d i g - durch e i n e n m a r k t k o n f o r m e n R e g u l i e r u n g s r a h m e n z u e r s e t z e n
Literaturverzeichnis Australia Post: Australian Postal Corporation - Submission lo the Industry Commission Inquiry into Mail. Courier and Parcel Services. o.O.. 1992. Baggehufvvudt. N. von: Dicnstleistungsmonopole in der Telekommunikation unter EG-rechtlichen Aspekten, in: Archiv für Post und Telekommunikation. 2/93. S. 174-179. Bauer. B.: Ansätze zur Erfassung und Regulierung der Qualität im Monopolbereich der DBP POSTDIENST. Diskussionsbeiträge des Wissenschaftlichen Instituts für Konununikationsdienste. Nr. 85. Bad Honnef 1992. Baumol. W.: Some subtle pricing issues in railroad regulation, in: International Journal of Transport Economics. Vol. 10. 1983. Blankart. Ch B./ Knieps. G.: Nclzökonomik. in: Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie. 11 Band. Tübingen 1992. S. 73-87. Blankart. Cli.B./ Knieps. G : Grenzen der Deregulierung im Telckonununikationsbereich? Die Fragen des Netzwetlbevverbs. in: H.St. Seidenfus (Hrsg.): Deregulierung - eine Herausforderung an die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft. Schriften des Vereins für Socialpolitik, N F , Bd. 184. Berlin 1989, S. 149-172 Braubach, U.: Deregulierung der Posldicnste. Köln 1992. Buchanan. J.: Rent Seeking and Profit Seeking, in: Buchanan. J./ Tollison. R D./ Tullock, G.: Toward a Theory of the Rent-Seeking Society. College Station. 1980. Bundesministerium für das Post- und Fernnieldcwescn: Amtsblallverfügung Nr. 632/1989. in: BPMAmtsblatt Nr. 69/1989. S. 1243. Bundesminister für Post und Telekommunikation: Erläuterung zum Begriff der Grundversorgung in der politischen Zielvorgabe. Bonn. Dezember 1992 Bundesministerium für Post und Telekommunikation: Anitsblaltverfügung Nr. 6/1994. in: BMPTAmtsblatt Nr. 1/1994. S. 56. Bundesministerium für Post und Telekommunikation: Amtsblattverfügung Nr. 42/1994. in: BMPTAmtsblatt Nr. 4/1994. S. 198 Bundesministerium für Post und Telekommunikation: Amtsblattverfügung Nr. 53/1994 (Politische Zielvorgaben für die Unternehmen der Deutschen Bundespost), in: Sonderdruck aus dem BMPTAmtsblatt. Nr. 5/1994 Cohen. R. H./ Ferguson. W.W.:/ Xenakis. S S : A Cost Comparison of Serving Rural and Urban Areas in the United Slates. WIK- Diskussionsbeitrag Nr 114. Bad Honnef 1993. Deutsche Bundespost POSTDIENST (Hrsg ): Geschäftsbericht 1992. Bonn 1993. Deutsche Post AG (Hrsg.): Geschäftsbericht 1994. Bonn 1995.
19
Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Postwescns und der Telekommunikation (Postneuordnungsgeselz - PTNeuOG). Bundesrat-Drucksache 115/94. S. 108. 80 „Wer für die Verfälschung des Marktes und für die Denaturierung des Wettbewerbs eintritt, gibt se inen ökonomischen und moralischen Standort preis und macht damit indirekt den Weg zu einer Revolutionierung der Gesellschaftsordnung frei "; Erhard. L.: Soziale Marktwirtschaft gestern und heute, in: Müller-Armack. A./ Schmidt. H.B : Wirtschafts- und Finanzpolitik im Zeichen der Sozialen Marktwirtschaft. Festgabe für F. Etzel. Stuttgart 1967. S. 24.
44
Teil I:
Einführung
Deutscher Bundestag: Untcrrichlung durch die Bundesregierung: Postversorgung auf dem Lande, Konzept des Bundesministers für das Post- und Fernineldewesen für die künftige Postversorgung auf dem Lande. Drucksache 9/408, 08.05.1981. Dixit. A.: The role of investment in entry-delerrence. in: Economic Journal. Vol. 90, 1980, S 95-106. Erhard. L.: Soziale Marktwirtschaft gestern und heute, in: Müller-Armack. A./ Schmidt, H.B. (Hrsg.): Wirtschafts- und Finanzpolitik im Zeichen der Sozialen Marktwirtschaft. Festgabe für F. Etzel. Stuttgart 1967. S. 19-29. Entwurf eines Gesetzes über das Postwesen. Bundestag-Drucksache V/3295 vom 26.09.1968. Eucken. W.: Grundsätze der Wirtschaftspolitik. 6. Auflage. Tübingen 1990. Europäischer Gerichtshof: Rechtssache C-320/92 (Paul Corbcau). Urteil des Gerichtshofs vom 19.05.1993. "Wettbewerb- Postinonopol - Umfang" (vorl. Übersetzung). Eurostat: Kommunikationsdiensie: Jährliche Statistiken 1980-1991. Brüssel 1993 Faulhaber. G.: Cross-Subsidization: Pricing in Public Enterprises, in: American Economic Review. Vol. 65. 1975. S. 966-977. Gesetz über das Poslwesen (PostG) - (vom 28. Juli 1969. d. Verf.) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 1989 (BGBl. I S. 1449). Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgesetz - PoslVerfG) vom 8. Juni 1989. BGBl 1 S. 1026. Gesetz zu den Verträgen vom 14. Dezember 1989 des Weltpostvereins vom 31. August 1992, in: Bundesgesetzblatt, Teil II. S. 749-908. Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Postvvescns und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz - PTNeuOG), Bundesrat-Drucksache 115/94 Grämlich. L.: Rechtliche Möglichkeiten der Finanzierung von lnfrastrukturleislungcn im Post- und Tclekommunikationsbereich durch die Einrichtung eines Infrastrukturfonds. Gutachten im Auftrag des Bundesministcriums für Post und Telekommunikation. März 1995 Hahn. W.: Postreform im Lichte der EU-Liberalisierung. Sonderdruck aus ifo Schnelldienst Nr. 35 - 36. München 1993. Hennemann. G.: Kohl will Versandhäuser vom Postinonopol ausnehmen - "Gelbe Post" befürchtet 3.5 Milliarden Mark Verlust, in: Süddeutsche Zeitung. 50. Jahrgang. Nr 15 vom 20.01.1994. S. 1. Holler. M.J./ Illing. G : Einführung in die Spieltheorie. Berlin u.a. 1991 Katz. M. L./ Shapiro. C.: Network Externalities. Coinpctition, and Compatibility. in: American Economic Review. Vol. 75, 1985. S. 424-440. Knauth. P.: Ansatzpunkte und Hindernisse einer effizienzorientierten Rcgulierungspolitik im Güterverkehr. München 1993. zugl. Diss. Uni Würzburg 1992. Knorr. A : Monopol oder Wettbewerb bei den Postdienstcn?: Eine ökonomische Analyse unter Berücksichtigung des Grünbuchs der EG-Kommission und der Reform des neuseeländischen Postwesens. Fuchsstadt 1993. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste. KOM(91) 476 endg.. Brüssel 1992. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Leitlinien für die Entwicklung der gemeinschaftlichen Postdienste. (KOM (93) 247). Neu. W./ Speckbacher. W./ Stumpf. U.: Prcisreguliening im Monopolbcreich'dcs Postdienstcs. Diskussionsbeiträge des Wissenschaftlichen Instituts für Komniunikationsdicnste. Nr. 92, Bad Honnef 1992. Olmesorge. W.: Von den Vorrechten der Post, in: Postarcliiv - Zeitschrift für das gesamte Post- und Fernineldewesen. 69. Jg. 1941. S. 99-113 O.V : DVZ-Übersicht: Kurier-, Expreß- und Paketdienste, in: Deutsche Verkehrs-Zeitung, Nr. 139 v. 22.11.1994. S. 33-44. O.V.: Hier geht die Post ab. in: LOGISTIK HEUTE. Sonderausgabe: Aktueller Überblick: Kurier-, Expreß- und Paketdienste. Oktober 1993. S. 9-30. Panzar, J.C.: Is Poslal Service a Natural Monopoly, in: Crew. M.A./ Kleindorfer. P.R.: Competition and Innovation in Postal Services. Boston u.a. 1991. S 219-228. Pieper, F.: Postdienste im Wettbewerb - Ökonomische Charakteristika und Struktur der Märkte. Diskussionsbeiträge des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdiensle. Nr. 99. Bad Honnef 1992. POSTDIENST-Pflichtlcistungsverordnung v om 12. 01.1994; BMPT-AnUsblatt 3/94, S. 126.
Änderung des Ordnungsrahmens
45
Price Walerliouse Corporate Finance Beratung G m b H : Internationaler Vergleich der Postinfrastruktur, B e r l i n 1993 S c h m a h l . H.-J / W o h l c r s . E.: G e b ü h r e n p o l i t i k d e r D B P u n d K o n j u n k t u r - u n d W a c h s t u m s p o l i t i k . in: D i e d e r i c h . H./ H a m m . W./ Z o h l n h ö f e r . W. (Hrsg.): D i e D e u t s c h e B u n d e s p o s t i m S p a n n u n g s f c l d der W i r t s c h a f t s p o l i t i k . Heidelberg 1987. S 3 0 1 - 3 1 6 . S h e r m a n . R.: C o m p e t i t i o n in Postal Service, in: C r e w . M . A ./ K l e i n d o r f c r . P R : C o m p e t i t i o n a n d Innov a t i o n in Postal Services. Boston 1991 S m i t h . A.: D e r W o h l s t a n d d e r N a t i o n e n . 6. A u f l a g e . M ü n c h e n 1993. Sligler: G.: T h e T h e o r y of E c o n o m i c Regulation, in: Bell J o u r n a l of E c o n o m i c s , vol. 2. 1971. S. 3-21 S t u m p f . U./ Pieper. F.: T h e D e v e l o p m e n t of the S i n g l e M a r k e t for Postal Services: C o m m e n t s o n the G r e e n P a p e r . D i s k u s s i o n s b c i l r ä g e des W i s s e n s c h a f t l i c h e n Instituts f ü r K o i n m u n i k a t i o n s d i e n s t e . Nr 98. B a d H o n n e f 1992. S t u m p f , U.: R e m a i l i n g in the E u r o p e a n C o m m u n i t y : E c o n o m i c Analysis of A l t e r n a t i v e Regulatory E n v i r o n m e n t s . D i s k u s s i o n b e i t r ä g e d e s W i s s e n s c h a f t l i c h e n Instituts für K o n i n i u n i k a l i o n s d i e n s l e . N r . 89. B a d H o n n e r 1992 S t u m p f . U : T e r m i n a l dues r e f o r m - T o w a r d s a d o m e s t i c tariff based system - , B a d H o n n e f 1993. Tirole. J.: T h e T h e o r y o f l n d u s l r i a l O r g a n i z a t i o n . 4 t h P r i n t i n g . C a m b r i d g e . M a s s 1990. T r e w o r g y . D. E./ W a d d e l l . J.A.: Postal Service a n d Less Developed Countries, in: C r e w . M A./ K l e i n d o r f c r . P. R.: C o m p e t i t i o n a n d Innov a t i o n in Postal Services. Boston u.a. 1991. S. 25.3-270. T u c h t f e l d s E.: Art. W i r t s c h a f t s p o l i t i k , in: H a n d w ö r t e r b u c h der W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n . B d 9. Stuttgart u.a. 1982. S. 178 - 2 0 6 . Z a j a c ; E.: F a i r n e s s or Efficiency. C a m b r i d g e . M a s s 1978.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen des Postmarktes in der Bundesrepublik Deutschland (Plagemann) I.
Probleme der rechtlichen Betrachtung des Postmarktes
II
Die wesentlichen Rechtsvorschriften des Postmarktes im Überblick II 1 V e r f a s s u n g ( G r u n d g e s e t z ) 11.2. P o s l v e r f a s s u n g s g e s c l z u n d R e g u l i c r u n g s g c s e l z ( P T R c g G ) 11.3. G e s e t z über das P o s l w c s e n - Postgesetz 11.4. Rcclilsverordnuiigcn II.4.1. P o s t d i e n s t v e r o r d i u i n g (PoslV) II 4 2 P O S T D I E N S T - P n i c l i l l e i s t u n g s v c r o r d n u n g ( P P f l L V ) II.4.3. P O S T D I E N S T - D a l c n s c l m l z v c r o r d n u n g ( P D - D S V )
III M a r k t z u t r i t t i m P o s t s e k t o r - d e r B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T bzw. der Deutschen Post A G III. 1. D e r B e f ö r d c r u n g s v o i b c h a l t im Poslwcsen g e m ä ß § 2 Abs 1 PostG III 2 P r o b l e m e der A b g r e n z u n g von M o n o p o l - u n d W c t l b e w c i b s b c r e i c h i m P o s l m a r k t 111.3. D i e S o n d e r r e g e l u n g e n f ü r K u r i c r d i c n s l u n t c r n e l m i c n 111.4. D i e M ö g l i c h k e i t d e r B e f r e i u n g v o m B c f ö r d c r u n g s v o r b c h a l l n a c h § 2 A b s 4 P o s t G 111.5. D e r B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t im P o s l w c s e n Tür den g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r 111.6. D e r S c h u t z des B c f ö r d c n i n g s v o i b e h a l l s im P o s l w c s e n d u r c h das O r d n u n g s widrigkeilenrechl IV. Marktaufsicht im P o s t s e k t o r - die R e g u l i e r u n g s b e f u g n i s s e des B u n d e s ministeriums für Post und
Telekommunikation
IV. 1. IV.2. IV. 3 IV.4 1V.5 IVA IV.7.
Überblick M a i k l z u t r i t t s b c s c h r ä n k u n g c n u n d S c h u l z des B e f ö r d c r u n g s v o r b c h a l l s E r l a ß von R e c h l s v e r o r d n u n g e n F e s t l e g u n g von millcl- u n d l a n g f r i s t i g e n U i i t c r n c h m c n s z i c l e n Genelunigungsrechlc Widerspruchsrechle F e s t l e g u n g v o n M a ß n a h m e n z u r B c s c i l i g u n g von W e ü b c w c r b s b e c i n t r ä c h l i g u n g e n anderer Unternehmen IV.8. P r e i s r c g i i l i e n m g IV.9. Q u a l i l ä l s r c g u l i c r i i n g IV. 10. A l l g e m e i n e m i n i s t e r i e l l e RechlsaufsiclM IV. 11. A u f g a b e n des B u n d e s a m t e s fiir Posl u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n
V
Das V.l V.2. V 3. V.4.
R e c h t d e r E u r o p ä i s c h e n U n i o n im P o s t m a r k t D i c n s t l e i s t u n g s f r c i h e i t - Art. 59 ff. E G - V e r t r a g Weltbewerbsrcgelii - Art. 85 fr. E G - V e r t r a g B e s t i m m u n g e n f ü r ö f f e n t l i c h e U n t e r n e h m e n - Art. 9 0 Abs 2 E G - V c r t r a g Sekundäres Geincinschaftsrecht
V.5. D a s G r ü n b l i c h über die E n t w i c k l u n g des B i n n e n m a r k t e s f ü r P o s t d i c n s t e VI. Rechtspolitischer
Ausblick
Der rechtlich-institutionelle R a h m e n des Postmarktes in der Bundesrepublik Deutschland Jürgen Plagemann"
I. Probleme der rechtlichen Betrachtung des Postniarktes Das zentrale Problem bei der rechtlichen Betrachtung des Postmarktes ist die sachgerechte Eingrenzung des Begriffs "Postmarkt": Der ökonomische Begriff des "Postmarktes" umfaßt heute vor allem Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beförderung von Briefen, Postkarten, Zeitungen und Zeitschriften, adressierte und nichtadressierte Massensendungen (Direct Mail), Pakete und Päckchen, schnelle Transportdienstleistungen (z.B. Express- und Kurierdienste) sowie eine Vielzahl von unterschiedlichen Ausgestaltungen bei diesen einzelnen Dienstleistungen'. Insofern sind in diese Untersuchung die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung der soeben genannten Postdienstleistungen einzubeziehen Diese Eingrenzung des Themas berücksichtigt allerdings noch nicht hinreichend die Tatsache, daß Postdienstleistungen in Deutschland über Jahrzehnte nur von der Deutschen Bundespost angeboten wurden Immerhin wurden unter "Post" gemeinhin nur die traditionellen Dienstleistungen der Deutschen Bundespost verstanden Daher geht es in dieser Untersuchung über den rechtlich-institutionellen Rahmen des Postmarktes im wesentlichen um das Sonderrecht der Deutschen Bundespost bei den erwähnten Postdienstleistungen 2 Letztlich werden auf diese Weise aber zugleich auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wettbewerber der Deutschen Bundespost (seit 01.01.1995: Deutsche Post AG) bei der Erbringung von Post- bzw Transportdienstleistungen beschrieben Bei der rechtlichen Betrachtung des Postmarktes steht man damit vor einem strukturbedingten Dilemma, insbesondere im Hinblick auf die Marktabgrenzung bei Postdienstleistungen: Auf der einen Seite umfaßt das Thema zentral die Organisation "Deutsche Bundespost", für die andere, besondere Vorschriften gelten als für private Unternehmen, die ähnliche Dienstleistungen erbringen Auf der anderen Seite sind sowohl aus Anbieterais auch aus Nachfragersicht die Dienstleistungen privater Wettbewerber miteinzubeziehen. Beispielsweise gibt es bei der Zeitungsbeförderung heute den Postzeitungsdienst der Deutschen Post AG, aber ebenso das Pressegrosso und andere private Zustellund Verteildienste Bei der Paketbeförderung gibt es gleichfalls den Paketdienst der Deutschen Post AG, aber ebenso die Paketbeförderung der Deutschen Bahn AG, privater Paketdienste sowie zahlreicher Transport- und Speditionsunternehmen Und ebenso
1
2
Bundesniinislerium für Post und Telekommunikation. Der Beilrag gibt die persönliche Auffassung des Autors wieder. Als Beispiele hierfür seien genannt: Einschreiben. Eilboten. Telcbricf. Blindensendung. Nachnahme. Anschriftenbericliligungskarle. Aufstellen von Briefkästen und deren Leerung etc. A u f die Poslbankdienslleistungen wird in diesem Beitrag nichl eingegangen, da sie den Finanzdienstleistungen zuzurechnen sind Ebenso wird nicht behandelt das Problem der Abgeltung v o n Schallerleistungen z w i s c h e n der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T und der Deutschen Bundespost POSTBANK.
50
Teil 1:
Einführung
sind bei den Kurierdiensten heute die Deutsche Post AG sowie eine Vielzahl nationaler und internationaler privater Kurierdienste vertreten. Aus rechtlicher Sicht u m f a ß t daher eine enge Definition des P o s t m a r k t e s allein die Rechtsstellung der Deutschen Post A G sowie die vorhandenen Marktzutrittsbeschränkungen im Monopolbereich des Briefdienstes. Bei einer weitgefaßten Definition des Postmarktes sind neben den soeben genannten rechtlichen Regelungen zusätzlich noch alle weiteren Vorschriften des allgemeinen Wirtschaftsrechts, insbesondere des Gütertransportmarktes einzubeziehen, da diese f ü r die W e t t b e w e r b e r die maßgeblichen Rahmenbedingungen darstellen. Gleichwohl wird der rechtliche Rahmen des Postmarktes gegenwärtig noch weithin durch das Sonderrecht der Deutschen Post A G entsprechend der engen Definition des Postmarktes festgelegt. Bei der folgenden rechtlichen Untersuchung, die sich in der Gliederung im übrigen eng an der postrechtlichen Regelungsmaterie orientiert, ist daher vor allem auf folgende aus ökonomischer Sicht relevante A s p e k t e einzugehen: 1. Die Rechtsstellung der Deutschen Post AG, 2. die vorhandenen Marktzugangsbeschränkungen im Briefdienst; 3. die Regulierungsinstrwnente des Bundesministers f ü r Post und Telekommunikation; 4. der Wandel des P o s t m a r k t e s im Hinblick auf Impulse aus der Europäischen Union. Bei dieser Betrachtung sollen folglich die weiteren, den Post- oder Transportmarkt allgemein betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen unberücksichtigt bleiben, wie beispielsweise die Regulierung durch das Güterkraftverkehrsgesetz (z.B. § 4 Abs. 1 Nr. 1 G ü K G ) , das Straßenverkehrsrecht (§ 35 Abs 7 StVO, § 3 0 Abs. 3 StVO), das Gefahrgutgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 2), das Luftverkehrsiecht (z.B § 21 Abs 4 L u f t V G ) oder etwa die verschiedenen Haftungsregeln für den Post- und Transpoi tmarkt Daher soll an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen werden, daß in diesen und weiteren Gesetzen gegenwärtig Regelungen enthalten sind, die die Sonderrolle der Deutschen Post A G mitprägen, und diese z.T. heute als Anbieter privilegieren (vgl. z.B § 4 Abs. 1 G ü K G , § 35 Abs 7 StVO). Gleichwohl kann auf die Entstehung und Berechtigung dieser letztgenannten Sonderregelungen in dieser Untersuchung nicht in befriedigender Weise eingegangen werden, ohne den Rahmen dieses Beitrags zu überschreiten. Der im folgenden diskutierte Rechtsrahmen beruht auf der Rechtslage nach der Postreform des Jahres 1989 (sog Postreform 1) Inzwischen w u r d e j e d o c h Mitte des Jahres 1994 vom Deutschen Bundestag das Gesetz zur N e u o r d n u n g des Postwesens und der Telekommunikation verabschiedet (sog. Postreform II) 1 Dieses Gesetz trat zum 01.01.1995 in Kraft." Es ermöglichte vor allem die organisationsrechtliche U m w a n d l u n g
1
1
Der Postreform II ging eine Änderung des Grundgcsclzes voraus, bei der Art. 73 Nr. 7 und 87 Abs. 1 Satz 1 GG geändert wurden und die Arl. 8 7 f u n d 143b neu eingefügt wurden, vgl. Geselz zur Änderung des Grundgesetzes vom 30.08.1994. BGBl. I S 2245: vgl. zur Poslreform II Geselz zur Neuordnung des Poslwcscns und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz - PTNeuOG) vom 14.09.1994. BGBl. I S 2325. Vgl. eingehend zum Postncuordnungsgcsctz Grämlich. L.: Von der Poslreform zur Postneuordnung. Zur erneuten Novellierung des Posl- und Tclekommunikalionsweseiis. NJW 1994. S. 2785 (2788 ff ): Seherer. J.: Poslreform II: Privatisierung ohne Liberalisierung. CR 1994. S. 418. (419 ff ): ohne Vcr-
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
51
d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T in eine Aktiengesellschaft - die D e u t s c h e P o s t A G - z u m 0 1 . 0 1 . 1 9 9 5 (vgl i n s b e s o n d e r e auch Art. 143b A b s 1 G G ) . D e r mit d e r P o s t r e f o r m v o n 1989 g e s c h a f f e n e R e g u l i e r u n g s r a h m e n blieb nach diesem G e s e t z d e n n o c h vorerst w e i t g e h e n d erhalten. A u s diesem G r u n d ist es erforderlich, in diesem Beitrag ausfuhrlicher a u f die Rechtslage, die bis z u m 31.12 1994 g e g o l t e n hat, e i n z u g e h e n D e n n die seit d e m 0 1 . 0 1 . 1 9 9 5 geltenden R e g u l i e r u n g s v o r s c h r i f t e n sind ü b e r w i e g e n d mit der f r ü h e r e n R e c h t s l a g e identisch b z w . sie gelten vorläufig weiter o d e r aber sie w e r d e n k o n tinuierlich aus den älteren V o r s c h r i f t e n fortentwickelt. Im übrigen w u r d e eine zeitliche B e f r i s t u n g der g e s a m t e n R e g u l i e r u n g s v o r s c h r i f t e n bis z u m 31 12.1997 v o r g e s e h e n , u m der E n t w i c k l u n g der politischen Willensbildung in der E u r o p ä i s c h e n Union R e c h n u n g tragen zu können. A u f die aus d e r P o s t r e f o r m II f o l g e n d e n wichtigsten Ä n d e r u n g e n wird an s p ä t e r e r Stelle jeweils hingewiesen.
II. Die w e s e n t l i c h e n R e c h t s v o r s c h r i f t e n des P o s t m a r k t e s im Ü b e r b l i c k II. 1. V e r f a s s u n g ( G r u n d g e s e t z ) D a s G r u n d g e s e t z ( G G ) enthält v o r allem an z w e i Stellen w i c h t i g e A u s s a g e n , die den rechtlich-institutionellen R a h m e n des P o s t m a r k t e s näher b e s t i m m e n : E r s t e n s : G e m ä ß Art 73 Nr. 7 G G hat der B u n d die ausschließliche G e s e t z g e b u n g s k o m p e t e n z über das P o s t - und F e r n m e l d e w e s e n Z w e i t e n s : G e m ä ß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G (alter F a s s u n g ) w u r d e die D e u t s c h e B u n d e s p o s t in bundeseigener V e r w a l t u n g mit eigenem V e r w a l t u n g s u n t e r b a u g e f ü h r t . Diese V o r s c h r i f t ist durch das G e s e t z zur Ä n d e r u n g des G r u n d g e s e t z e s v o m 30 0 8 . 1 9 9 4 g e ä n dert w o r d e n . Diese beiden V e r f a s s u n g s b e s t i m m u n g e n haben h e u t e noch erhebliche A u s w i r k u n g e n a u f den zu b e t r a c h t e n d e n W i r t s c h a f t s s e k t o r . So wird d u r c h Art 73 Nr. 7 G G eine bes o n d e r e G e s e t z g e b u n g s k o m p e t e n z des B u n d e s festgelegt, die das " P o s t w e s e n " u.a. einem b e s o n d e r e n rechtlichen R e g i m e u n t e r w i r f t D e r Bereich "Post- und F e r n m e l d e w e sen" u m f a ß t nach d e m 1 Fernsehurteil des BVerfCr denselben Sachbereich wie der B e griff " B u n d e s p o s t " in Art. 8 7 Abs. 1 S a t z 1 G G . Dabei bezeichnet der Begriff "Postwesen" die herkömmlichen Dienstzweige der Post und der Begriff " F e r n m e l d e w e s e n " die n e u e n n a c h r i c h t e n t e c h n i s c h e n Dienste'' Z u m " P o s t w e s e n " g e h ö ren d a h e r als h e r k ö m m l i c h e D i e n s t z w e i g e die Brief- und P o s t k a r t e n b e f ö r d e r u n g , aber auch weitere, nicht mit d e r N a c h r i c h t e n ü b e r m i t t l u n g z u s a m m e n h ä n g e n d e Dienste, die j e d o c h traditionell v o n d e r B u n d e s p o s t a n g e b o t e n w e r d e n , w i e z.B. die G ü t e r b e f ö r d e r u n g im Paketdienst, aber auch der P o s t g i r o - und P o s t s p a r k a s s e n d i e n s t .
5 6
fasser: Poslreform II Gesetz zur Änderung des Gnindgesel7.es. Gesetz, zur Neuordnung d e s Poslwesens und der Telekommunikation. Text und Einführung. Heidelberg 1994. S 5 IT. B V e r f G E 12. 205 (229). B V e r f G E 12. 2 0 5 (226).
52
Teil /: Einführung
A u c h Art. 87 Abs. 1 S a t z 1 G G bestimmte bisher m a ß g e b l i c h d e n P o s t m a r k t S o w a r allgemein a n e r k a n n t , d a ß die Vorschrift nicht n u r einen organisationsrechtlichen, s o n d e r n a u c h einen a u f g a b e n r e c h t l i c h e n Gehalt b e s a ß In organisationsrechtlicher Sicht legte sie f ü r die D e u t s c h e B u n d e s p o s t die O r g a n i s a t i o n s f o r m der obligatorischen B u n d e s e i g e n v e r w a l t u n g fest. Sie v e r l a n g t e eine Organisation der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t als Teil der staatlichen V e r w a l t u n g u n d verhinderte damit bisher - wie aus d e r aktuellen Diskussion u m die P o s t r e f o r m II b e k a n n t - die formelle w i e a u c h die materielle Privatisierung der B u n d e s p o s t In a u f g a b e n r e c h t l i c h e r Sicht b e r e c h t i g t e und v e r p f l i c h t e t e sie d e n B u n d zur W a h r n e h m u n g der A u f g a b e " B u n d e s p o s t " , desselben S a c h b e r e i c h s wie d a s P o s t - und F e r n m e l d e w e s e n . K a u m hinreichend geklärt w a r allerdings bei dieser verfassungsrechtlichen A u s s a g e , wieweit die aufgabenrechtliche V e r p f l i c h t u n g des B u n d e s b z w . der B u n d e s p o s t reichte. Z u B e g i n n der P o s t r e f o r m II erfolgte eine V e r f a s s u n g s ä n d e r u n g 7 des Art. 87 Abs. 1 S a t z 1 G G . D e r B e g r i f f „ B u n d e s p o s t " w u r d e an dieser Stelle gestrichen u n d der R e g e l u n g s g e g e n s t a n d „ P o s t w e s e n " in den neu g e s c h a f f e n e n Art. 87f Abs. 1 und 2 G G a u f g e n o m m e n und neu geregelt. Zusätzlich w u r d e g e m ä ß d e m n e u e n Art. 143b Abs. 1 G G b e s t i m m t , d a ß das S o n d e r v e r m ö g e n D e u t s c h e B u n d e s p o s t nach M a ß g a b e eines B u n d e s g e s e t z e s in U n t e r n e h m e n privater R e c h t s f o r m u m g e w a n d e l t wird. G e m ä ß Art. 143b Abs. 2 G G w u r d e schließlich die Möglichkeit g e s c h a f f e n , die v o r der U m w a n d l u n g b e s t e h e n d e n ausschließlichen R e c h t e des B u n d e s d u r c h B u n d e s g e s e t z f ü r eine Ü b e r g a n g s z e i t d e m aus der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T h e r v o r g e g a n g e n e n U n t e r n e h m e n zu verleihen I n s o f e r n ermöglichte die P o s t r e f o r m II d u r c h V e r f a s s u n g s ä n d e r u n g e n an zwei Stellen die U m w a n d l u n g der öffentlichen U n t e r n e h m e n D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T , D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T B A N K und D e u t s c h e B u n d e s p o s t T E L E K O M in A k t i e n g e s e l l s c h a f t e n Art. 87f A b s 1 u n d 2 G G lauten h e u t e w i e folgt: „(1) N a c h M a ß g a b e eines B u n d e s g e s e t z e s , das d e r Z u s t i m m u n g des B u n d e s r a t e s b e d a r f , gewährleistet d e r B u n d im B e r e i c h des P o s t w e s e n s und d e r T e l e k o m m u n i k a t i o n f l ä c h e n d e c k e n d a n g e m e s s e n e und a u s r e i c h e n d e Dienstleistungen (2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 w e r d e n als privatwirtschaftliche T ä t i g keiten d u r c h die aus d e m S o n d e r v e r m ö g e n D e u t s c h e B u n d e s p o s t h e r v o r g e g a n g e n e n U n t e r n e h m e n und d u r c h a n d e r e private A n b i e t e r erbracht H o h e i t s a u f g a b e n im B e r e i c h d e s P o s t w e s e n s u n d der T e l e k o m m u n i k a t i o n w e r d e n in b u n d e s e i g e n e r V e r w a l t u n g ausgeführt " H e r v o r z u h e b e n ist an dieser n e u e n V e r f a s s u n g s b e s t i m m u n g zweierlei, nämlich erstens, d a ß d e r B u n d im B e r e i c h des P o s t w e s e n s f l ä c h e n d e c k e n d a n g e m e s s e n e und a u s r e i c h e n d e D i e n s t l e i s t u n g e n g e w ä h r l e i s t e t u n d zweitens, d a ß diese Dienstleistungen als privatwirtschaftliche T ä t i g k e i t e n d u r c h die aus d e m S o n d e r v e r m ö g e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t h e r v o r g e g a n g e n e n U n t e r n e h m e n und d u r c h a n d e r e private Anbieter erbracht w e r d e n 8 . In 7 8
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 30.08.1994. BGBl I S 2245. Vgl. eingehend Rollniann, M : Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der Postrclbrm 11. Archiv PT 1994. S 193 ff.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
53
den Verfassungswortlaut wurde damit erstmals seit 1949 eine allgemeine Garantiepflicht des Bundes für die Versorgung („gewährleistet") aufgenommen 9 sowie die marktwirtschaftliche Funktion „Privater" Postunternehmen, d h. die Aufgabenprivatisierung, festgeschrieben. Es ist davon auszugehen, daß diese neuen Verfassungsbestimmungen i.S. einer zunehmenden Öffnung des Postmarktes für privatwirtschaftlich handelnde Unternehmen eine richtungsweisende Wirkung entfalten werden
II.2. Postverfassungsgesetz und Regulierungsgesetz (PTRegG) Die Aufgaben des Post- und Fernmeldewesens wurden bis zur Postreform des Jahres 1989 - der sog. Postreform I - von der Deutschen Bundespost wahrgenommen. Die Bundespost wurde unmittelbar durch den Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen als ihrem obersten Organ geleitet. Ihre Rechtsstellung war maßgeblich im Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (PostVerwG) 1 0 niedergelegt. Aufgrund ihrer staatsrechtlichen Stellung, aber auch von ihrem Selbstverständnis war die Deutsche Bundespost eine Hoheitsverwaltung Dementsprechend waren ihre Leistungsbeziehungen zum Kunden öffentlich-rechtlich durch Benutzungsverordnungen geprägt Die Benutzungsverordnungen wurden wiederum gemäß § 14 PostVerwG vom Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen erlassen Diese behördliche Ausgestaltung der Deutschen Bundespost, in der zudem die unternehmerischen und hoheitlichen Funktionen zusammengefaßt waren, wurde durch die Postreform des Jahres 1989 maßgeblich verändert Mit der Postreform des Jahres 1989 wurde hinsichtlich des Postmarktes vor allem eine erste organisationsrechtliche Neustrukturierung der Deutschen Bundespost vorgenommen, und zwar durch die Trennung der Hoheitsaufgaben, die vom Bundesminister für Post und Telekommunikation (BMPT) wahrzunehmen sind", von den Unternehmensaufgaben, die der Deutschen Bundespost übertragen wurden Während es darüber hinaus im Bereich der Telekommunikation auch noch zu einem ordnungspolitischen Teil der Reform kam und die bisherigen Monopol- und Wettbewerbsbereiche neu abgegrenzt wurden, sollte das in § 2 des Gesetzes über das Postwesen (PostG) 1 2 niedergelegte Alleinbetriebsrecht der Deutschen Bundespost (Beförderungsvorbehalt) unverändert bleiben. Gleichwohl wurde bereits in diesem Zusammenhang angedeutet, daß aus wirtschaftlichen Gründen auch der Beförderungsvorbehalt des Postwesens zunehmend in Frage gestellt werde 1 3 und deshalb auch für den Postsektor verbesserte Organisationsbedingungen erforderlich seien
9
Vgl. Miiller-Using. D.: Nochmals: Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der Postreforni II. Archiv PT 1995. S. 4 6 f. 10 Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost v o m 2 4 . 0 7 . 1 9 5 3 . BGBl. I S. 6 7 6 (mehrfach geändert). " D a s Bundesminislcrium für das Posl- und Fernincldewescn wurde mit Inkrafttreten des PoslStruktG a m 01 0 7 . 1 9 8 9 umbenannt in Bundesministeriuni für Post und Telekommunikation, vgl. Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen 1989. S. 1255 12 Gesetz über das Postwesen v o m 2 8 . 0 7 . 1 9 6 9 . BGBl. I S. 1006. 13 Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen (Hrsg.): Reform des Post- und Fernnieldewesens in der Bundesrepublik Deutschland. Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des T e l e k o m m u nikationsmarktes. Heidelberg 1988, S. 12.
54
Teil I:
Einführung
Die P o s t r e f o r m I w u r d e durch das Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz - P o s t S t r u k t G ) vom 0 8 . 0 6 . 1 9 8 9 verabschiedet", das damit das damalige P o s t V e r w G ablöste 15 . D a s PostS t r u k t G war ein Artikelgesetz und enthielt das Gesetz über die Unternehmensverfassung der D e u t s c h e n Bundespost (Postverfassungsgesetz - P o s t V e r f G ) (Art. 1), verschiedene ordnungspolitisch unerhebliche Änderungen des Postgesetzes (Art. 2) sowie Änderungen des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (Art. 3) sowie weitere Gesetzesänderungen (Art. 4 - 7). D a s Gesetzespaket trat am 01 07.1989 in Kraft. D u r c h das PostVerfG 1 6 wurden die unternehmerischen und betrieblichen A u f g a b e n der Deutschen Bundespost auf drei "öffentliche Unternehmen" aufgeteilt (Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T , Deutsche Bundespost T E L E K O M und Deutsche Bundespost P O S T B A N K ) Diese sollten jeweils unter politischer Aufsicht nach unternehmerischen Grundsätzen von Unternehmensorganen (Vorstand/Aufsichtsrat) geleitet werden. Die Unternehmen hatten darüber hinaus eine g r ö ß e r e Flexibilität im personalen Bereich und im Bereich der Wirtschaftsführung erhalten. Dennoch blieben - wie die Gesetzesbegründung hervorhob - diese unternehmerischen Aufgaben als Staatsaufgaben erhalten. Ein umfassender Infrastmkturauftrag war in § 4 Abs. 1 P o s t V e r f G festgeschrieben. Danach hatten die Unternehmen der Deutschen Bundespost die N a c h f r a g e v o n Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung nach Leistungen der Post-, Postbank- und Fernmeldedienste zu decken Die Dienste waren unter Berücksichtigung der Markterfordernisse entsprechend der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zu gestalten D a r ü b e r hinaus waren Infrastrukturdienste ( M o n o p o l a u f g a b e n und Pflichtleistungen) und die notwendige Infrastruktur im Sinne der öffentlichen Aufgabenstellung, insbesondere der Daseinsvorsorge, nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland zu sichern und der Entwicklung anzupassen Dabei waren die Grenzen der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Unternehmen zu beachten. Die hoheitlichen Aufgaben des Postwesens wurden im Z u g e der P o s t r e f o r m I v o n der D e u t s c h e n Bundespost abgetrennt und wurden entsprechend der näheren Bestimmungen des P o s t V e r f G und teilweise auch des PostG v o m Bundesministerium für Post und Telekommunikation als Regulierungsbehörde w a h r g e n o m m e n (vgl dazu eingehend unten IV.)
1J
Gesetz zur N e u s t r u k t u r i e r u n g des PosI- und Fcrnincldcwcscns und der Deutschen Bundespost (Poslstruklurgcsetz - PostSlruklG) vom 08.06 1989. BGBl I S 1026. Das Gesetz über d a s Postwesen (PostG) in d e r seit d e m 0 1 . 0 7 . 1 9 8 9 geltenden Fassung ist neu bekannt gemacht w o r d e n a m 0 3 . 0 7 . 1 9 8 9 . B G B l 1 S. 1449 und das Gesetz über F e r n m e l d e a n l a g e n ( F A G ) in der seil d e m 0 1 . 0 7 . 1 9 8 9 geltenden F a s s u n g am 03.07.1989. BGBl, 1 S. 1455. G e m ä ß § 66 Nr. 1 Postverfassungsgcsetz wurde d a s Postvcrwaltungsgcsctz aufgehoben. ](l Die N e u e r u n g e n durch das P o s t V e r f G können hier nur a n d e u t u n g s w e i s e dargestellt werden. Vgl hierzu e i n g e h e n d e r z.B. die Materialien zur Entstehungsgeschichte des PostStruktG. B u n d e s m i n i s t e r für Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n (Hrsg ): Reform des Post- und Fcrnmeldewescns. Gesetz zur N e u s t r u k t u r i e r u n g des Post- und Fernmeldcwescns und der Deutschen Bundespost. Text und E i n f ü h rung. Heidelberg 1989. S. 7 f f : ferner Berger. H.: Zwischen Postrcform 1 und Poslrcforin II. ZögU, 1993 ( l ) . S. 80 f f : Roßnagel. A./ Wedde. P.: Die R e f o r m der Deutschen Bundespost im Licht des Dem o k r a t i e p r i n z i p s . DVB1. 1988. S. 562 ff.
Der recht lich-institutionelle Rahmen
55
D a s d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t g e w i d m e t e S o n d e r v e r m ö g e n w u r d e d u r c h das P o s t V e r f G in die drei T e i l s o n d e r v e r m ö g e n der drei öffentlichen U n t e r n e h m e n untergliedert, blieb aber insgesamt ein einheitliches teilrechtsfähiges S o n d e r v e r m ö g e n d e s B u n d e s ( § 2 A b s 1 P o s t V e r f G ) . Insoweit stand auch das öffentliche U n t e r n e h m e n D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T weiterhin gänzlich im E i g e n t u m d e s B u n d e s N a c h a u ß e n hin b e s a ß die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T nur eine e i n g e s c h r ä n k t e Rechtsfähigkeit So w a r sie beispielsweise nicht b e f u g t , den B u n d e s m i n i s t e r f ü r Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n in seiner E i g e n s c h a f t bzw. Tätigkeit als R e g u l i e r u n g s i n s t a n z zu v e r k l a g e n ( § 5 P o s t VerfG). Die drei öffentlichen U n t e r n e h m e n u n t e r s t a n d e n hinsichtlich b e s t i m m t e r gesetzlich abschließend f e s t g e l e g t e r B e f u g n i s s e einem D i r e k t o r i u m , das aus d e n V o r s i t z e n d e n der V o r s t ä n d e der drei U n t e r n e h m e n bestand (§ 7 Abs. 1 P o s t V e r f G ) . Zu seinen A u f g a b e n zählte u.a., einen u n t e r U m s t ä n d e n e r f o r d e r l i c h e n Finanzausgleich zwischen d e n U n t e r n e h m e n in die jeweiligen W i r t s c h a f t s p l ä n e a u f z u n e h m e n ( § 8 N r 4 P o s t V e r f G ) N e b e n d e m D i r e k t o r i u m der U n t e r n e h m e n u n d dem B M P T als R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e w u r d e auch noch g e m ä ß § 32 ff. P o s t V e r f G ein I n f r a s t r u k t u r r a t eingerichtet. D i e s e r bestand g e m ä ß § 32 P o s t V e r f G aus V e r t r e t e r n des D e u t s c h e n B u n d e s t a g e s und des B u n d e s r a t e s u n d sollte die Einflußmöglichkeiten der B u n d e s l ä n d e r im Hinblick auf die Infras t m k t u r a u f g a b e n d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t stärken. W e n n g l e i c h im R a h m e n der P o s t r e f o r m d e s J a h r e s 1989 d e r U m f a n g d e s M o n o p o l b e reichs im P o s t w e s e n u n v e r ä n d e r t blieb, so w u r d e d o c h das n e u e o r d n u n g s p o l i t i s c h e G r u n d m o d e l l der T e l e k o m m u n i k a t i o n mit seiner U n t e r s c h e i d u n g von M o n o p o l d i e n s t leistungen, Pflichtleistungen und freien L e i s t u n g e n auch in d a s P o s t w e s e n ü b e r n o m m e n W ä h r e n d die M o n o p o l d i e n s t l e i s t u n g e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T bis h e u t e v o r allem im Bereich des B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t s a n z u t r e f f e n sind, w e r d e n Pflichtleistungen d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a ß es sich u m Dienstleistungen handelt, die die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T im W e t t b e w e r b erbringen m u ß Diese Leistung e n w u r d e n in einer R e c h t s v e r o r d n u n g g e m ä ß § 2 5 Abs. 2 P o s t V e r f G festgelegt, die von d e r B u n d e s r e g i e r u n g erlassen w u r d e . Sie w e r d e n im W e t t b e w e r b mit den L e i s t u n g e n privater Linternehmen a n g e b o t e n , w o b e i f ü r die privaten Anbieter keine I.eistungspflicht besteht Die freien Leistungen hingegen w e r d e n vollständig im W e t t b e w e r b erbracht. Sie sind unreguliert und k ö n n e n s o w o h l v o n d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T als a u c h v o n privaten U n t e r n e h m e n a n g e b o t e n w e r d e n Eine w e i t e r e N e u e r u n g , in der die N e u o r d n u n g d e r postalischen Dienstleistungen gleichfalls der ordnungspolitischen N e u s t r u k t u r i e r u n g d e s T e l e k o m m u n i k a t i o n s b e r e i c h s g e f o l g t w a r , ist die vollständige U m s t e l l u n g der R e c h t s b e z i e h u n g e n zwischen d e r D e u t schen B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T u n d ihren K u n d e n V o r d e m I n k r a f t t r e t e n d e r P o s t r e f o r m I w a r e n die R e c h t s b e z i e h u n g e n öffentlich-rechtlich geregelt, z.B. in der P o s t o r d n u n g ( P o s t O ) o d e r P o s t z e i t u n g s o r d n u n g , d.h sie w u r d e n d u r c h P o s t b e n u t z u n g s v e r o r d n u n g e n bestimmt, die der B u n d e s m i n i s t e r f ü r das P o s t - und F e r n m e l d e w e s e n als R e c h t s v e r o r d n u n g e n erließ bzw. a b ä n d e r t e D u r c h das P o s t S t r u k t G w u r d e n die R e c h t s b e z i e h u n g e n z w i s c h e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T und ihren K u n d e n zivil-
56
Teil I: Einführung
rechtlich geregelt 1 7 u n d e n t s p r e c h e n damit im wesentlichen denen von privaten U n t e r n e h m e n u n d ihren K u n d e n Die Umstellung d e r B e n u t z u n g s v e r o r d n u n g e n a u f privatrechtliche R e c h t s b e z i e h u n g e n e r f o l g t e durch eine V o r g a b e d e s G e s e t z g e b e r s s p ä t e s t e n s z u m Ol 07.1991 1 8 . Z u diesem Zeitpunkt trat u.a. die f r ü h e r e P o s t o r d n u n g a u ß e r K r a f t . D a m i t b e s t i m m t e n sich die R e c h t s b e z i e h u n g e n zwischen der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T und ihren K u n d e n grundsätzlich nach den allgemeinen zivilrechtlichen V o r s c h r i f t e n , d.h. i n s b e s o n d e r e nach dem B ü r g e r l i c h e n G e s e t z b u c h ( B G B ) u n d d e m G e setz z u r R e g e l u n g d e s R e c h t s der Allgemeinen G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n ( A G B G ) . Allerdings w u r d e n w i c h t i g e B e r e i c h e der postalischen Dienstleistungen (so z.B. d i e H a f t u n g ) nicht allein einer R e g e l u n g d u r c h das allgemein g e l t e n d e Zivilrecht und die privatrechtlichen A l l g e m e i n e n G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n v o r b e h a l t e n , s o n d e r n sie w u r d e n d u r c h weitere, öffentlich-rechtliche B i n d u n g e n überlagert, die t r o t z d e r zivilrechtlichen H a n d l u n g s f o r m bestehen 1 9 . D e m allgemeinen Zivilrecht gingen bisher teilweise spezielle N o r m e n vor, w o a i n t e r i n s b e s o n d e r e die H a f t u n g s b e s t i m m u n g e n nach d e m P o s t G zu n e n n e n sind. Ferner sah d a s P o s t V e r f G in § 30 A b s 1 P o s t V e r f G eine V e r o r d n u n g s e r m ä c h t i g u n g f ü r die B u n d e s r e g i e r u n g vor, R a h m e n v o r s c h r i f t e n f ü r die I n a n s p r u c h n a h m e der Dienstleistungen der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T zu erlassen. Dies ist d u r c h Erlaß der P o s t d i e n s t v e r o r d n u n g ( P o s t V ) am 24.06.199L 2 " erfolgt. A u f den Regelungsinhalt der P o s t V soll w e i t e r unten e i n g e g a n g e n w e r d e n (vgl u n t e n II 4 . 1 ) . In dem für die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T d a r ü b e r hinaus verbliebenen R a h m e n k o n n t e sie Allgemeine G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n v e r w e n d e n . Z u r E i n b e z i e h u n g in d e n V e r t r a g reichte - e n t g e g e n der Regel d e s § 2 Abs 1 A G B G - g e m ä ß § 23 A b s 2 Nr. l a A G B G die amtliche V e r ö f f e n t lichung u n d B e r e i t h a l t u n g z u r Einsichtnahme in d e n Ä m t e r n des P o s t - u n d F e r n m e l d e w e sens aus 2 1 . Die P o s t r e f o r m des Jahres 1994 ( P o s t r e f o r m II) f ü h r t e in erster Linie - e b e n s o wie s c h o n 1 9 8 9 - zu einer organisationsrechtlichen N e u s t r u k t u r i e r u n g der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t , indem die drei öffentlichen U n t e r n e h m e n nun in Aktiengesellschaften u m g e w a n delt w u r d e n . Der G e s e t z g e b e r hat hierzu, nach d e r z u v o r e r f o l g t e n V e r f a s s u n g s ä n d e r u n g , das " G e s e t z z u r N e u o r d n u n g des P o s t w e s e n s und der T e l e k o m m u n i k a t i o n " v o m 17 18
Vgl. A r t . 2 Nr. 6 P o s l S l n i k l G . den n e u e n § 7 P o s l G . G e m ä ß d e r Ü b e r g a n g s r c g e l u n g in ij 6 5 Abs. 1. 3 P o s t V e r f G Irclen die n a c h § 14 P o s t V c r w G erlassenen R e c h l s v e r o r d n u n g e n zwei J a h r e n a c h dem I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes a u ß e r K r a f t , soweit sie nicht v o r h e r a u f g e h o b e n w o r d e n sind. D e r B u n d e s m i n i s t e r f ü r Post u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n ist erm ä c h t i g t . diese R e c h t s v c r o r d n u n g e n vorher g a n z oder teilweise d u r c h R c c h l s v c r o r d n u n g c n a u f z u h e ben (§ 6 5 Abs. I Salz 2 P o s t V e r f G ) . D a m i t bleiben die b e s t e h e n d e n R e c h t s b c z i c h u n g e n z w i s c h e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t u n d ihren K u n d e n z u n ä c h s t a u c h w e i t e r h i n öffentlich-rechtlich u n d w a n d e l n sich erst mit d e r A u f h e b u n g der e n t s p r e c h e n d e n v e r o r d n u n g s r e c h l l i c h c n R e g e l u n g kraft G e s e t z e s u n ter E i n b e z i e h u n g d e r A l l g e m e i n e n G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n der U n t e r n e h m e n in p r i v a l r e c h t l i c h e R e c h t s b c z i e h u n g e n u m (§ 6 5 Abs. 3 Salz 2 P o s l V e r f G ) . Die Art. 2 Nr. 6 u n d 26 sowie Art. 3 Nr. 7 P o s l S l r u k l G (= § 9 F A G n . F . ) Irclen d a h e r ersl n a c h A u f h e b u n g bzw . A u ß c r k r a f t s e l / . e n d e r e n t s p r e c h e n d e n R e c h t s v c r o r d n u n g e n in K r a f t (§ 65 A b s 3 S a l z 1 P o s l V e r f G ) . vgl weiter Stalz. K.-P.: Die B e i t r e i b u n g p r i v a t r e c h l l i c h e r E n t g e l l f o r d c n i n g c n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t T E L E K O M . D Ö V . 1990. S. 2 4 1 ( 2 4 2 ff ); A u k e s . H. A./ B e r n d t . W / T e n z c r . G : Die neue T c l e k o m n i u n i k a l i o n s p o l i l i k in der Bundesrepublik Deutschland - Grundsätze und Perspektiven. Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1990. S. 7.
" B o t h e . M . / K i l i a n . W.: R e c h t s f r a g e n g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e r Dalenfliisse. K ö l n 1992. S. 3 4 1 ff. B G B l . I S. 1372. 21 Vgl. w e i t e r B o t h e . M . / K i l i a n . W.: R e c h t s f r a g e n g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e r D a t e n f l ü s s e . a . a . O . S. 343 f.
2,1
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
57
1 4 . 0 9 . 1 9 9 4 erlassen ( P o s t n e u o r d n u n g s g e s e t z - P T N e u O G ) 2 2 , ein a u s 15 Artikeln b e s t e h e n d e s Artikelgesetz. D a s bisherige P o s t v e r f a s s u n g s g e s e t z ( P o s t V e r f G ) w u r d e d u r c h das " G e s e t z über die R e g u l i e r u n g der T e l e k o m m u n i k a t i o n u n d des P o s t w e s e n s - P T R e g G " (= Artikel 7 d e s P T N e u O G ) abgelöst. Dieses G e s e t z enthält w e i t g e h e n d gleichlautende regulierungsrechtliche N a c h f o l g e b e s t i m m u n g e n z u m P o s t V e r f G , die d e m v e r ä n d e r t e n organisationsrechtlichen S t a t u s d e r N a c h f o l g e u n t e r n e h m e n d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t R e c h n u n g tragen. Dabei w e r d e n die Organisation und die V e r f a h r e n der R e g u l i e r u n g im einzelnen bestimmt Ein R e g u l i e r u n g s r a t ist als N a c h f o l g e o r g a n des v o m P o s t V e r f G vorg e s e h e n e n I n f r a s t r u k t u r r a t e s v o r g e s e h e n Er ist an wichtigen R e g u l i e r u n g s e n t s c h e i d u n g e n des B u n d e s m i n i s t e r s f ü r P o s t und T e l e k o m m u n i k a t i o n beteiligt. D a s P T R e g G ist bis z u m Ablauf des 3 1.12.1997 befristet. Z u m Ü b e r g a n g v o m P o s t V e r f G auf das P T N e u O G enthält § 16 d e s G e s e t z e s zur U m w a n d l u n g der U n t e r n e h m e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t in die R e c h t s f o r m der Aktiengesellschaft ( P o s t u m w a n d l u n g s g e s e t z - P o s t U m w G ) (= Artikel 3 des P T N e u O G ) eine w i c h t i g e Überleitungsvorschrift D a n a c h heißt es, soweit keine a n d e r e R e g e l u n g besteht o d e r g e t r o f f e n wird, g e h e n die in V o r s c h r i f t e n enthaltenen R e c h t e u n d Pflichten, B e f u g nisse und Z u s t ä n d i g k e i t e n der U n t e r n e h m e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t bis z u m Erlaß einer a n d e r s l a u t e n d e n R e g e l u n g a u f das jeweilige N a c h f o l g e u n t e r n e h i n e n über ( § 16 A b s 1 S a t z 1 P o s t U m w G ) Insofern bleiben beispielsweise die unten (II.4.1 .-II.4.3.) behandelten R e c h t s v e r o r d n u n g e n über den 3 1 . 1 2 1994 hinaus vorerst weiter bestehen
II.3. G e s e t z ü b e r d a s P o s t w e s c n - P o s t g e s e t z D a s G e s e t z über d a s P o s t w e s e n v o m 2 8 . 0 7 1969 ( P o s t G ) 2 ' enthält w e i t e r e wesentliche rechtliche B e s t i m m u n g e n z u m P o s t m a r k t , w i e z.B. z u m M a r k t z u t r i t t , zur M a r k t a u f sicht, H e r a u s g a b e v o n P o s t w e r t z e i c h e n und b e s o n d e r e H a f t u n g s b e s t i m m u n g e n . In § 1 P o s t G wird d e r sachliche G e l t u n g s b e r e i c h des P o s t G näher bestimmt Danach gelten die V o r s c h r i f t e n dieses G e s e t z e s f ü r b e s t i m m t e D i e n s t z w e i g e des P o s t w e s e n s , die die D e u t sche B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T u n d die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T B A N K anbieten, nämlich f ü r den Brief-, Paket-, P o s t a n w e i s u n g s - und P o s t a u f t r a g s d i e n s t , P o s t z e i t u n g s dienst, d e n P o s t g i r o d i e n s t und den Postsparkassendienst 2 1 . In § 2 P o s t G wird der M o n o p o l b e r e i c h des P o s t w e s e n s näher g e r e g e l t Diese Bestimm u n g z u m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T b z w . der D e u t s c h e n P o s t A G ist h e u t e eine der zentralen V o r s c h r i f t e n des P o s t G . A u f die nähere inhaltliche A u s g e s t a l t u n g und w e i t e r e D i f f e r e n z i e r u n g e n dieser B e s t i m m u n g wird unter III. ausführlich e i n g e g a n g e n
22 23 24
BGBl. I S 2325. BGBl. I S. 1006. Hierzu ist anzumerken, daß bestimmte Dienstleistungen, die die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T aufgrund besonderer gesetzlicher Verpflichtungen für andere Verwaltungen zusätzlich bereitstellt, nicht in den Regelungsbereich des Postgesetzes fallen, w i e z.B. Vertrieb von Wechselsleuer- und Versicherangsmarken. A u s z a h l u n g v o n Sozialrenlen. Versorgungsrenlcn usw.
58
Teil 1:
Einführung
In § 3 P o s t G wird dem Bundesminister für Post und Telekommunikation das Recht übertragen, Postwertzeichen (Briefmarken) herauszugeben und für ungültig zu erklären. Als weitere Regelungen sind in §§ 5 und 6 PostG Bestimmungen zum Postgeheimnis bzw. Postbankgeheimnis (Postgiro- und Postsparkassengeheimnis) enthalten § 7 P o s t G legte bis zum 31.12 1994 explizit fest, daß die durch die Inanspruchnahme der Einrichtungen des Postwesens entstehenden Rechtsbeziehungen privatrechtlicher N a t u r s i n d " die Vorschrift ist seit dem 01.01 1995 im Rahmen des P T N e u O G aufgehoben D e s weiteren enthält § 8 P o s t G einen Kontrahierungszwang, der der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T und der Deutschen Bundespost POSTBANK, kraft Gesetzes auferlegt wird. Hiernach ist jedermann zur Inanspruchnahme der Einrichtungen des Postwesens berechtigt, wenn die für die einzelnen Dienste festgelegten Bedingungen erfüllt sind (§ 8 Abs. 1 PostG). Eine Ausnahme von dieser weitgefaßten Zulassungspflicht, d.h. der Verpflichtung der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T , z.B. einen Beförderungsvertrag abzuschließen, sieht § 8 Abs 2 PostG vor Diese Bestimmung erlaubt es der D e u t schen Bundespost P O S T D I E N S T und der Deutschen Bundespost P O S T B A N K , die Inanspruchnahme ihrer Einrichtungen zu verweigern, wenn die verlangte Leistung mit den zur V e r f ü g u n g stehenden Beförderungs- und Verkehrsmitteln nicht erbracht werden kann o d e r wenn dies aus Gründen des öffentlichen Interesses notwendig ist. Einschränkungen der Zulassungspflicht sind gleichwohl in der Praxis nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich 2 '' Detaillierte besondere Haftungsbestimmungen für die o.g. Dienstleistungen sind in §§ 11 - 2 2 PostG enthalten Danach erfolgen abweichend vom allgemeinen Zivilrecht weitgehende Haftungsfreistellungen bzw Haftungsbeschränkungen für Schäden, die dem einzelnen bei der Inanspruchnahme der Dienstleistungen der beiden öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T und Deutsche Bundespost P O S T B A N K
26
Vgl h i e r z u und insbesondere zur Frage nach d e m Rechtsweg iiber die Z u l a s s u n g zur B e n u t z u n g der E i n r i c h t u n g e n der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T O L G F r a n k f u r t a m Main. B e s c h l u ß v o m 2 6 . 0 4 . 1 9 9 3 - 14 W 4 / 9 3 - . DVB1. 1993. S. 1323 f. So w u r d e kürzlich in einem vorläufigen R e c h t s s c h u l z \ e r f a h r e n einer Partei lim die B e f ö r d e n i n g von W c r b c m a t c r i a l mit - wie das Gericht feststellte - insgesamt f r c m d c n f c i n d l i c h c r T e n d e n z für einen K o m i n t i n a h v a h l k a m p f d e m Zulassungsanspruch nach ij 8 Abs. I PostG V o r r a n g eingeräumt vor der W e i g e r u n g der D B P P O S T D I E N S T , d i e fragliche Wcrbczcilung j e n e r Partei zu befördern (vgl. V G H Bad - W ü r t t . Beschluß v o m 15.02.1993 - 10 S 329/93. DVBI. 1993. S. 1314 f f ) . Die D c u t s c h c Bundespost hatte sich bei ihrer W e i g e n u i g auch a u i § 6 Abs. 1 PostV \ o m 24.06.1991 (BGBl. I S. 1372) berufen, w o n a c h Briefsendungen, deren Inhalt, äußere Gestaltung oder B e f ö r d e n i n g gegen strafrechtliche B e s t i m m u n g e n verstoßen, von der Postbefördcrung ausgeschlossen sind. Diese Vorschrift s c h r ä n k t e das Gericht in diesem Eilvcrfahren i m Hinblick auf Art 21 G G und Art. 5 Abs. 1 G G im W e g e der verfassuiigskonfornien A u s l e g u n g d a h i n g e h e n d ein. daß eine B e f ö r d e r u n g nur d a n n ausgeschlossen sei. w e n n der Verstoß gegen die allgemeinen Strafgesetze evident sei und nicht leicht wiege. A n d e r s entschied dagegen das VG Frankfurt in einem ä h n l i c h e n Fall in seinem B e s c h l u ß v o m 2 2 . 0 2 . 1 9 9 3 - 9 G 300/93 (1). ( N J W 1993. S. 20f,7 f f ) . Wie das Gericht feststellte, darf die Deutsche B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T M a s s c n d n i c k s a c h e n einer Partei, die ihrem Inhalt nach z u m R a s s e n h a ß a u f s t a c h e l n (§ 131 StGB) oder den Tatbestand der Volksverhelzung erfüllen (§ 130 StGB), nicht befördern u n d verteilen, « e i l sie selbst d a m i t gegen geltendes Recht, n ä m l i c h das Internationale Übere i n k o m m e n v o m 07.03 1966 zur Beseitigung j e d e r Form von Rassendiskriminierung, verstoßen w ü r de Die V e r w e i g e r u n g der B e f ö r d e n i n g solchcr S e n d u n g e n sei d a h e r i.S. des ij 8 Abs. 2 P o s t G auch i m ö f f e n t l i c h e n Interesse notwendig Die g e n a n n t e n Straftatbestände sah das Gericht beim b e t r e f f e n d e n W a h l i n f o eindeutig und mit h i n r e i c h e n d e r Evidenz erfüllt.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
59
entstehen. Schließlich enthält das G e s e t z in § 25 P o s t G n o c h v e r s c h i e d e n e B u ß g e l d b e s t i m m u n g e n bei V e r s t ö ß e n g e g e n einzelne B e s t i m m u n g e n des P o s t g e s e t z e s D i e P o s t r e f o r m des Jahres 1994 ( P o s t r e f o r m II) behält d e n bisherigen R e g u l i e r u n g s r a h m e n - mit A u s n a h m e der B e s t i m m u n g über d e n B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t (§ 2 P o s t G ) , a u f die unter III 1. - III 6. ausführlich e i n g e g a n g e n wird - w e i t g e h e n d bei 2 . D a r ü b e r hinaus w u r d e in § 31 P o s t G eine B e f r i s t u n g d e s G e s e t z e s bis z u m 31 12.1997 v o r g e s e h e n , u m der E n t w i c k l u n g der politischen Willensbildung in d e r E u r o p ä i s c h e n Union R e c h n u n g t r a g e n z u können. D a d e r B u n d nach I n k r a f t t r e t e n des P T N e u O G nicht mehr I n h a b e r von B e t r e i b e r r e c h t e n sein kann, ist n u n m e h r d a s E r r i c h t e n und Betreiben v o n Einrichtungen zur entgeltlichen B e f ö r d e r u n g von schriftlichen M i t t e i l u n g e n und sonstigen N a c h r i c h t e n v o n P e r s o n zu P e r s o n k ü n f t i g d e m N a c h f o l g e u n t e r n e h m e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T ausschließlich v o r b e h a l t e n ( B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t ) . D a s G e s e t z sieht aber vor, daß d e r B u n d e s m i n i s t e r für P o s t und T e l e k o m m u n i k a t i o n in diesem Bereich auch a n d e r e n natürlichen und juristischen P e r s o n e n B e f r e i u n g v o m B e f ö r d e r u n g s v o r b e halt erteilen kann Bei Ä n d e r u n g an Inhalt und U m f a n g der ausschließlichen R e c h t e und bei B e f r e i u n g e n v o m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t b e s t e h e n im übrigen B e t e i l i g u n g s r e c h t e des Regulierungsrates
II.4. R e c l i t s v e r o r d n u i i g e i i II.4.1. P o s t d i e i i s t v e r o r d i i u i i g (PostV) Die V e r o r d n u n g s e r m ä c h t i g u n g des § 3 0 Abs. 1 P o s t V e r f G e r m ä c h t i g t e die B u n d e s r e g i e r u n g bis z u m 3 1 . 1 2 . 1 9 9 4 , nach A n h ö r u n g d e r U n t e r n e h m e n (der D B P ) d u r c h den B u n d e s m i n i s t e r f ü r P o s t und T e l e k o m m u n i k a t i o n d u r c h R e c h t s v e r o r d n u n g R a h m e n v o r schriften für die I n a n s p r u c h n a h m e der Dienstleistungen des U n t e r n e h m e n s D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T zu erlassen Sie k o n n t e dabei i n s b e s o n d e r e R e g e l u n g e n über den V e r t r a g s a b s c h l u ß , d e n G e g e n s t a n d u n d die B e e n d i g u n g der V e r t r ä g e t r e f f e n u n d die R e c h t e und Pflichten d e r V e r t r a g s p a r t n e r s o w i e d e r sonstigen a m P o s t - und F e r n m e l d e v e r k e h r Beteiligten festlegen. Hierbei w a r e n die Interessen der Beteiligten a u s g e w o g e n zu berücksichtigen. Die R e c h t s v e r o r d n u n g w u r d e nach einer B e s c h l u ß f a s s u n g des Infras t r u k t u r r a t e s erlassen ( § 34 A b s 3 Nr. 2 P o s t V e r f G ) Eine derartige R a h m e n - R e c h t s v e r o r d n u n g hat die B u n d e s r e g i e r u n g f ü r die Dienstleis t u n g e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T d u r c h die P o s t d i e n s t v e r o r d n u n g ( P o s t V ) v o m 2 4 . 0 6 . 1 9 9 1 2 8 erlassen 2 9 . D i e s e R e c h t s v e r o r d n u n g gilt h e u t e g e m ä ß § 16 P o s t U m w G ü b e r d e n 3 1 . 1 2 1994 hinaus bis a u f w e i t e r e s fort In das P T R e g G w u r d e allerdings in § 9 eine gleichlautende V e r o r d n u n g s e r m ä c h t i g u n g f ü r eine „ V e r b r a u c h e r s c h u t z v e r o r d n u n g " a u f g e n o m m e n , so d a ß in a b s e h b a r e r Zeit - voraussichtlich bis E n d e 27
28 29
Vgl. Änderung des Gesetzes über das Poshvcsen (Artikel 6 des PTNeuOG) vom 14.09.1994. BGBl. I S. 2 3 2 5 . BGBl. I S . 1372. D i e Posldienstverordnung war im Z u s a m m e n h a n g mit dem Erlaß der PiliclUleistungsverordnung vom 12.01.1994 zu ändern: dies erfolgte durcli die "Erste Verordnung zur Änderung der Postdienstverordnung" v o m 12.01 1994 (BGBl. 1 S 85).
60
Teil I:
Einführung
1995 - mit dem Erlaß einer neuen Rechtsverordnung zu rechnen ist. Derzeit trifft die P o s t V f o l g e n d e Regelungen: Die inhaltlichen Regelungen der P o s t V sind gemäß § 2 Satz 1
PostV
auf
Monopoldienstleistungen
anwendbar
Diese
werden
definiert
als
"Dienstleistungen des Briefdienstes, die die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T in A u s übung der ihr ausschließlich vorbehaltenen Rechte erbringt" Insoweit ergibt sich die A n wendbarkeit der P o s t V auf Monopoldienstleistungen aus dem Umfang der Rechte der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T nach dem Befördeningsvorbehalt des § 2 PostG. Bei Wettbewerbsdienstleistungen wird für die Anwendbarkeit der P o s t V noch weiter differenziert: Für die schon vor Inkrafttreten des PostStruktG am 01.07.1989 angebotenen Wettbewerbsdienstleistungen ordnet § 65 A b s
2 P o s t V e r f G die uneingeschränkte
Weiterfuhrung bis zum Erlaß v o n Pflichtleistungsverordnungen nach § 25 A b s V e r f G und damit einhergehend eine Pflicht der Deutschen Bundespost
2 Post-
POSTDIENST
zum Vertragsabschluß mit den Kunden an A u f diese Postdienstleistungen finden gemäß § 18 P o s t V die §§ 2 - 16 P o s t V sinngemäß Anwendung. Diese Veränderungssperre ist nach d e m Erlaß der POSTDIENST-Pflichtleistungsverordnung zwar entfallen, gleichwohl gelten für die nunmehr festgelegten Pflichtleistungen die § § 2 - 1 6 P o s t V (vgl. dazu unten II 4.2 )
Für neue Wettbewerbsdienstleistungen ( z . B
die die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T
elektronischer Briefdienst),
erstmals seit dem 01.07 1989 anbietet,
gelten dagegen gemäß § 17 P o s t V die Vorschriften der P o s t V insgesamt nicht. D i e P o s t V ist gemäß § 1 Abs
1 P o s t V direkt auf die Verträge der Deutschen Bundes-
post P O S T D I E N S T anwendbar. Anders, als die Bezeichnung "Rahmenvorschriften" in § 30 Abs. 1 P o s t V e r f G nahelegt, stellt die Rechtsverordnung daher nicht lediglich eine V o r g a b e für die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T dar, in dessen Rahmen diese dann eine Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen durch Allgemeine Geschäftsbeziehungen v o r nehmen könnte. Soweit deshalb ein Kontrahierungszwang besteht, kann von den Kunden in j e d e m Fall ein Vertragsabschluß zu den Regelungen der P o s t V verlangt werden. Für den grenzüberschreitenden Postverkehr wird gemäß § 1 Abs. 2 P o s t V die P o s t V grundsätzlich für anwendbar erklärt, jedoch wird den "Gesetzen und Verordnungen, die zur Durchführung der Verträge des Weltpostvereins und seiner Vollzugsordnungen und den sonstigen für den Postverkehr bestehenden Verträge ergangen sind", Vorrang eingeräumt. Hervorzuheben ist an der P o s t V , daß diese Bestimmungen auch gelten für das V e r hältnis der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T
zu den "sonstigen am Postverkehr
Beteiligten". Hierbei handelt es sich nicht um die unmittelbaren Vertragspartner
der
Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T , sondern um diejenigen Personen, die durch den V e r t r a g zwischen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T und ihren Kunden ebenfalls " b e t r o f f e n " sind. Der Vertrag z.B
über die Beförderung eines Briefes zwischen der
Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T und dem Absender begründet zwar nur Rechte und Pflichten für diese beiden Vertragspartner, gleichwohl ist auch der Empfänger dieser Postsendung durch den Vertrag betroffen Insofern enthält die P o s t V auch bindende R e gelungen, die das Rechtsverhältnis der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T
zu den
Empfängern ( = sonstige Beteiligte) betreffen, w i e z.B. Auslieferung, Zustellung, A b h o lung, Rücksendung ( § § 8 ff P o s t V )
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
61
Im f o l g e n d e n soll auf einzelne B e s t i m m u n g e n der P o s t V k u r z e i n g e g a n g e n w e r d e n : § 3 P o s t V enthält eine V e r p f l i c h t u n g der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T , ihre M o n o p o l d i e n s t l e i s t u n g e n b e d a r f s g e r e c h t a n z u b i e t e n , d h im R a h m e n ihrer wirtschaftlic h e n M ö g l i c h k e i t e n e n t s p r e c h e n d der allgemeinen N a c h f r a g e am M a r k t und d e m Stand d e r technischen E n t w i c k l u n g d e n B ü r g e r n , d e r W i r t s c h a f t u n d der V e r w a l t u n g z u r V e r f u g u n g zu stellen. § 4 P o s t V soll sicherstellen, daß die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T M o n o p o l dienstleistungen getrennt v o n W e t t b e w e r b s d i e n s t l e i s t u n g e n anbietet u n d tarifiert und z w a r in d e m U m f a n g , in d e m sie sachlich g e g e n e i n a n d e r a b g e g r e n z t w e r d e n k ö n n e n . Dies gilt beispielsweise f ü r den elektronischen Briefdienst, in dem s o w o h l M o n o p o l - als auch W e t t b e w e r b s d i e n s t l e i s t u n g e n enthalten sind G e m ä ß § 5 P o s t V gelten (klarstellend) die V o r s c h r i f t e n des W e t t b e w e r b s r e c h t s . Die § § 6 - 2 0 P o s t V enthalten w e i t e r spezifische R e g e l u n g e n , wie z.B. § 6 - A u s schluß v o n der P o s t b e f ö r d e r u n g , § 7 - Einlieferung, § 8 - A u s l i e f e r u n g (u.a. a u c h P o s t vollmacht), § 9 - Zustellung, § 10 - A u s s c h l u ß v o n der Zustellung, § 11 - A b h o l u n g , § 12 - R ü c k s e n d u n g , § 13 - L e i s t u n g s e n t g e l t e , § 14 - F r e i m a c h u n g bzw. Freistempelung, § 15 - E r s t a t t u n g v o n Leistungsentgelten, § 16 - N a c h f o r s c h u n g , § 19 - P o s t z e i t u n g s d i e n s t , § 2 0 - P o s t a u f t r ä g e , a u f die hier nicht näher detailliert e i n g e g a n g e n w e r d e n soll.
II.4.2. P O S T D I E N S T - P f l i c h t l e i s t u i i g s v e r o r d i n i n g ( P P f l L V ) A u ß e r h a l b d e s d u r c h den B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t nach § 2 P o s t G b e s t i m m t e n M o n o polbereichs, d.h. ausschließlich im W e t t b e w e r b s b e r e i c h , w a r die B u n d e s r e g i e r u n g nach § 2 5 Abs. 2 i.V. mit § 34 Abs 3 N r 1 P o s t V e r f G bis z u m 3 1 . 1 2 . 1 9 9 4 e r m ä c h t i g t , unter B e t e i l i g u n g des I n f r a s t r u k t u r r a t e s beim B M P T u n d nach A n h ö r u n g der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T einzelne W e t t b e w e r b s d i e n s t l e i s t u n g e n als Pflichtleistungen festz u s c h r e i b e n D i e d a n a c h erlassene R e c h t s v e r o r d n u n g gilt h e u t e g e m ä ß § 16 P o s t U m w G ü b e r d e n 3 1 . 1 2 . 1 9 9 4 hinaus bis auf w e i t e r e s fort. In das P T R e g G w u r d e allerdings in § 8 w i e d e r eine gleichlautende V e r o r d n u n g s e r m ä c h t i g u n g f ü r eine „Pflichtleistungsv e r o r d n u n g " a u f g e n o m m e n , so d a ß eine N a c h f o l g e r e g e l u n g jederzeit möglich wäre. N a c h § 2 5 A b s 2 P o s t V e r f G galten für die B u n d e s r e g i e r u n g seinerzeit f o l g e n d e V o r g a b e n beim E r l a ß der V e r o r d n u n g : Sie kann diejenigen I n f r a s t r u k t u r d i e n s t l e i s t u n g e n bestimmen, die die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T im b e s o n d e r e n öffentlichen Interesse, v o r allem a u s G r ü n d e n der D a s e i n s v o r s o r g e , erbringen m u ß (Pflichtleistungen) D a b e i handelt es sich um solche P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n , f ü r die ein M o n o p o l der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T mit einer d a r a u s f o l g e n d e n Betriebspflicht nicht b e s t e h t , die a b e r gleichwohl so wichtig sind, d a ß ihre E r b r i n g u n g nicht allein d e m M a r k t und den u n t e r n e h m e r i s c h e n E n t s c h e i d u n g e n der O r g a n e der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T überlassen w e r d e n soll D i e B u n d e s r e g i e r u n g kann hierbei die wesentlichen S t r u k t u r e n der Pflichtleistungen einschließlich die der E n t g e l t r e g e l u n g e n festlegen Bei F e s t l e g u n g dieser Pflichtleistungen sind die öffentliche A u f g a b e n s t e l l u n g s o w i e die wirtschaftlichen M ö g l i c h k e i t e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T z u b e r ü c k sichtigen (§ 25 Abs. 3 P o s t V e r f G ) . D u r c h die F e s t l e g u n g als Pflichtleistung wird für d e n
62
Teil 1:
Einführung
davon betroffenen Dienst die grundsätzliche Forderung des § 37 Abs. 2 P o s t V e r f G , w o nach "die Unternehmen für die einzelnen Dienste in der Regel jeweils die vollen Kosten und einen angemessenen Gewinn erwirtschaften sollen", nicht berührt. D a r ü b e r hinaus hat der Infrastrukturrat für die Festlegung von Pflichtleistungen im Sinne des § 25 Abs 2 P o s t V e r f G weitere, präzisierende Grundsätze in den Jahren 1991 und 1992 beschlossen Danach sollen beispielsweise Anordnungen, die die Infrastruktur als solche betreffen, nicht aber eine konkretisierende Dienstleistung (z B Dichte des Amtsstellennetzes), nur mittels politischer Zielvorgaben (§ 25 Abs. 1 PostVerfG), nicht aber mittels einer Pflichtleistungsverordnung getroffen werden. Ferner darf eine Festlegung als Pflichtleistung nur erfolgen, wenn eine auf einer internationalen Übereinkunft oder auf EG-Recht beruhende Verpflichtung dies gebietet, oder wenn sich abzeichnet, daß der Markt eine Dienstleistung gar nicht oder nur in ungenügender Qualität oder nur zu überhöhten Preisen anbietet Für die H ö h e der Leistungsentgelte ist vom G r u n d s a t z der Tarifeinheit im Raum auszugehen. Abweichungen von diesem Grundsatz bedürfen einer besonderen B e g r ü n d u n g im Z u s a m m e n h a n g mit dem Erlaß einer Pflichtleistungsverordnung Schließlich wird herausgehoben, daß der baldige Erlaß einer Pflichtleistungsverordnung auch geboten erscheint, um die Sperrwirkung des § 65 Abs. 2 P o s t V e r f G für die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T zu beenden, und um eine klare T r e n n u n g von Pflichtleistungen und nicht regulierten Wettbewerbsdienstleistungen zu erreichen. Unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Vorgaben hat die Bundesregierung zu Beginn des Jahres 1994 die "Verordnung zur Regelung der Pflichtleistungen der Deutschen Bundespost POSTDIENST POSTDIENST-Pflichtleistungsverordnung" ( P P f l L V ) vom 12.01.1994 1 " erlassen, die am 01.02 1994 in Kraft getreten ist. Die nur aus drei Paragraphen bestehende Verordnung 1 1 erklärt g e m ä ß § 1 P P f l L V für die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T das Befördern von Kleingütern als eine im besonderen öffentlichen Interesse liegende Infrastrukturdienstleistung Die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T hat danach die B e f ö r d e r u n g von Kleingütern (Paketen) in der Fläche zu einheitlichen Leistlingsentgelten nach dem G r u n d s a t z der Tarifeinheit im R a u m anzubieten. Zusätzlich gelten die §§ 2 - 16 P o s t V entsprechend § 2 Abs. 1 PPflLV definiert die Pflichtleistung "Befördern von Kleingütern" Danach hat die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T zu gewährleisten, daß "Kleingüter" bis zu einem Gewicht 1 2 von 20 kg und bis zu den Höchstmaßen von 120 cm in der Länge, 10
31 32
BGBl. I S. 86 D a n e b e n wurde für die Deutschen Bundespost P O S T B A N K a m 12.01.1994 die Vero r d n u n g zur R e g e l u n g der Pflichtleistungen der Deutschen Bundespost P O S T B A N K ( P O S T B A N K Pflichllcistungsvcrordniing - P B P f l L V ) erlassen (BGBl. I S 87) Diese V e r o r d n u n g enthält in § 1 lediglich die Aussage, daß Pflichtleistungen fiir die Deutsche Bundespost P O S T B A N K nicht bestimmt werden. § 3 P P f l L V enthält die B e s t i m m u n g z u m Inkrafttreten Die D e u t s c h e Bundespost P O S T D I E N S T grenzt den Paketniarkt in ihren A G B f o r m a l d u r c h die Gew i c h t s g r e n z e von 31.5 kg ab
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
63
60 cm in der Breite und 60 cm in der Höhe dem allgemeinen Bedarf entsprechend flächendeckend angenommen, weitergeleitet und zugestellt werden Ausgenommen sind hiervon gemäß § 2 Abs 2 PPflLV solche Kleingüter, die 1 wegen ihres Inhalts einer besonderen betrieblichen Behandlung bedürfen oder 2 von bzw. nach Orten außerhalb Deutschlands befördert werden oder 3 bei denen aufgrund bestimmter Vorleistungen des Kunden oder von Mindesteinlieferungsmengen besondere Entgeltregelungen gelten. Insgesamt sind daher von den Bestimmungen zur Pflichtleistung solche Kleingüter ausgenommen, die wegen ihrer Abmessungen in der Regel im Postbetrieb besonders behandelt werden müssen, deren Einlieferungs- oder Bestimmungsort im Ausland liegt (internationaler Bereich), deren Inhalt besonders behandelt werden muß (z.B. lebende Tiere, Flüssigkeiten, zerbrechliche Gegenstände) sowie Kleingüter, für deren Beförderung mit bestimmten Kunden Sonderregelungen getroffen werden, wie z.B. f ü r Selbstbucher (Freimachung durch Großeinlieferer) oder Nachfrager mit Kooperationsverträgen. Dieses letztgenannte Sendungsvolumen ist dem gewerblichen Kundenkreis zuzurechnen, bei dem u.a. bestimmte Vorleistungen des Kunden oder Mindesteinlieferungsmengen auftreten können Sinn der Herausnahme 1 1 dieses dem gewerblichen Kundenkreis zuzuordnenden Marktbereichs aus der Beförderungsverpflichtung durch die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T bzw der Deutschen Post AG ist es, nur den Bereich zu regulieren, in dem ein voll funktionsfähiger Wettbewerb noch nicht vorhanden ist In dem hier von der Regulierung ausgenomnienen Bereich besteht aber gerade wirksamer Wettbewerb, so daß sich eine Verpflichtung zur Beförderung erübrigt Eine Auferlegung auch dieses Marktbereiches zur Pflichtleistung würde der Deutschen Bundespost POSTD I E N S T bzw der Deutschen Post AG im Wettbewerb erhebliche Nachteile erbringen, da sie kurzfristig nicht auf Marktveränderungen im Kleingutdienst, insbesondere bei den Entgelten, reagieren könnte
II.4.3. POSTDIENST-Datenscluilzverordinnig ( P D - D S V ) Aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 30 Abs. 2 PostVerfG hat die Bundesregierung unter Beteiligung des Infrastrukturrates beim B M P T gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 3 PostVerfG und nach Anhörung der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T die Verordnung über den Datenschutz bei Dienstleistungen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T (POSTDIENST-Datenschutzverordnung - P D - D S V ) vom 24 06 1991" erlassen. Sie enthält über das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) hinaus besondere Datenschutznormen, die (nur) für die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T gelten Diese
" So die B e g r ü n d u n g zur P O S T D I E N S T - P f l i c h t l c i s t i i n g s v e r o r d n u n g ^ BGBl. I S. 1385. Daneben wurde für die Deutsche Bundespost POSTBANK am 24.06.1991 die Verordnung über den Datenschutz bei Dienstleistungen der Deutschen Bundespost P O S T B A N K (POSTBANK-Datenschulzverordnung - PB-DSV) erlassen (BGBl. 1 S. 1387).
64
Teill:
Einführung
R e c h t s v e r o r d n u n g erlaubt unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Z w e c k b i n d u n g eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten der am Postverkehr Beteiligten (Bestands- und Verkehrsdaten) im wesentlichen nur in folgendem Umfang (§§ 2 und 3 P D - D S V ) : - Bestandsdaten, wie Name, Anschrift, Geburtsdatum, Beruf, Branchenzugehörigkeit, Kontobezeichnung, Kontonummern, Art der in Anspruch g e n o m m e n e n Dienstleistungen - Verkehrsdaten, insbesondere Häufigkeit und U m f a n g der in Anspruch g e n o m m e n e n Dienstleistungen Ferner gelten folgende Löschungsfristen und Widerspruchsmöglichkeiten des Kunden: - Bestands- und Verkehrsdaten dürfen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses für Z w e c k e der W e r b u n g und Marktforschung der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T sowie z u r bedarfsgerechten Gestaltung ihrer Postdienstleistungen weiter verwendet werden, falls der K u n d e nicht widerspricht; sie sind aber spätestens mit Ablauf des zweiten Kalenderjahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zu löschen, - Bestandsdaten, die weiterhin zu den oben genannten Z w e c k e n benötigt werden, können längstens bis z u m Ablauf des fünften Kalenderjahres weiter verwendet werden, sofern der ehemalige K u n d e hierüber informiert w u r d e und nicht widerspricht. Daneben dürfen personenbezogene Daten nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit dies zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Ermittlung, Abrechnung und A u s w e r t u n g von Leistungsentgelten und z u m Nachweis der Richtigkeit derselben erforderlich ist (Entgeltdaten) Es dürfen nur die zum Z w e c k e der Entgeltabrechnung erheblichen Umstände, wie Vorschußzahlungen, Ratenzahlung, M a h n u n g und Leistungsv e r w e i g e r u n g gespeichert werden (§ 3 Abs. 3 P D - D S V ) G e m ä ß § 4 P D - D S V darf die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T einem Dritten auf dessen Verlangen zum Z w e c k e des Postverkehrs Auskunft darüber erteilen, ob die angeg e b e n e Anschrift eines am Postverkehr Beteiligten richtig ist Für den Fall, daß der E m p f ä n g e r unter der angegebenen Anschrift nicht erreichbar ist, darf die richtige Anschrift dem Absender nur dann mitgeteilt werden, wenn der Empfänger bei Stellung eines Nachsendeantrages nach Hinweis auf sein Widerspruchsrecht nicht schriftlich widersprochen hat Darüber hinaus darf die richtige Anschrift zu Z w e c k e n des Postverkehrs nur mitgeteilt werden, wenn der Betroffene nicht widerspricht und er auf sein Widerspruchsrecht v o r der Mitteilung der Anschrift hingewiesen w u r d e Die Anschrift des Postfachinhabers darf g e m ä ß § 5 P D - D S V einem Dritten für Z w e k ke des Postverkehrs nur mitgeteilt werden, wenn der Auskunftsbegehrende ein berechtigtes Interesse, das im Zusammenhang mit dem postalischen Dienstleistungsangebot stehen muß, an dieser Kenntnis im jeweiligen Einzelfall glaubhaft macht (z.B. beim Postzustellungsauftrag). Der Postfachinhaber hat jedoch die Möglichkeit, einer Mitteilung generell zu widersprechen, w o r a u f er bereits bei Vertragsabschluß oder bei bestehenden Verträ-
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
65
gen anläßlich der Einfuhrung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch ein g e s o n dertes Schreiben hingewiesen werden muß. Eine Erhebung und Speicherung von Ausweisdaten (§ 6 Abs 2 P D - D S V ) ist nur zu Beweiszwecken zulässig, zum Beleg für die v o r g e n o m m e n e Prüfung der Identität von Postbankkunden und von am Postverkehr beteiligten Empfängern sowie über die ordnungsgemäße A u s f u h r u n g von Postbankdienstleistungen Diese Rechtsverordnung gilt heute gemäß § 16 P o s t U m w G über den 31 12 1994 hinaus bis auf weiteres fort. In das P T R e g G w u r d e allerdings in § 10 eine aus datenschutzrechtlichen Gründen erheblich erweiterte Verordnungsermächtigung aufgenommen, so daß in absehbarer Zeit mit dem Erlaß einer neuen Rechtsverordnung zu rechnen ist.
III. Marktzutritt iin Postsektor - der Beförderungsvorbehalt der Deutschen B u n despost P O S T D I E N S T bzw. der Deutschen Post A G III. 1. Der Betorderungsvorbelinlt im Postwesen g e m ä ß § 2 Abs. I PostG Grundsätzlich ist hervorzuheben, daß der Marktzutritt zum Postmarkt in Deutschland weitgehend liberalisiert und unreguliert ist, mit Ausnahme desjenigen Dienstleistungsbereiches, f ü r den der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T bzw. der Deutschen Post A G durch § 2 P o s t G ein Beförderungsvc behalt eingeräumt ist. Dies bedeutet insbesondere, daß der Marktzutritt z.B. für Paketbeförderungsunternehmen, Kurierdienstunternehmen, Zeitungszustellunternehmen oder Transportunternehmen für Kleingut nicht v o n einer vorherigen Lizenzierung, Genehmigung, Zulassung oder Konzession einer staatlichen Behörde (z.B. des B M P T ) abhängig ist Auch erfolgt - anders als etwa im Telekommunikationsbereich''' - keine Registrierung der Anbieter von Postdienstleistungen durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation Wie schon an früherer Stelle (11.3.) angesprochen, ist der Regulierungsrahmen nach der Postreform des Jahres 1994 (Postreform II) - mit Ausnahme der Bestimmungen über den Beförderungsvorbehalt (§ 2 PostG) - weitgehend beibehalten worden. Im Rahmen der Postreform II wurden die Bestimmungen des § 2 PostG z.T. näher differenziert und zusätzliche Regulierungsmöglichkeiten vorgesehen. Da diese neuen Instrumente (z.T. Rechtsverordnungen) bis Mitte 1995 noch nicht verabschiedet sind und hierzu noch rechtspolitische Diskussionen bevorstehen, soll zur besseren Verständlichkeit zunächst die bis zum 31.12.1994 geltende Rechtslage nach § 2 P o s t G erörtert werden Anschließend wird auf die neuen Regulierungsmöglichkeiten hinsichtlich des Marktzutritts nach Inkrafttreten der Postreform II am 01 01.1995 hingewiesen (vgl unten III 2 -111.4.).
35
Vgl. § la Abs. 1 FAG. wonach Betreiber von Fernmeldeanlagen, die Telekomnumikationsdienstlcistungen Tür andere erbringen, die Aufnahme des Betriebs sowie Änderungen und Aufgabe derselben innerhalb eines Monats beim Bundesminister für Post und Telekommunikation anzeigen müssen. Der B M P T veröffentlicht diese Anzeigen halbjährlich in seinem Amtsblatt
66
Teil 1: Einführung
D e r in § 2 P o s t G festgelegte B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t bestimmt ein sog V e r w a l t u n g s m o n o p o l der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T , w o n a c h dieser ausschließlich das E r r i c h t e n u n d Betreiben v o n Einrichtungen z u r entgeltlichen B e f ö r d e r u n g v o n S e n d u n g e n mit schriftlichen Mitteilungen oder mit sonstigen N a c h r i c h t e n v o n P e r s o n zu P e r s o n v o r b e h a l t e n ist. Dabei stellen P o s t k a r t e n u n d B r i e f s e n d u n g e n j e d e r Art, die schriftliche M i t t e i l u n g e n b z w sonstige Nachrichten enthalten, s o w o h l als Einzel- als auch als M a s s e n s e n d u n g e n , S e n d u n g e n i.S. des § 2 A b s 1 P o s t G dar, deren B e f ö r d e r u n g ausschließlich d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T vorbehalten ist. Die g e s a m t e V o r s c h r i f t d e s § 2 P o s t G hat bis z u m 3 1 . 1 2 . 1 9 9 4 f o l g e n d e n W o r t l a u t gehabt: "(1) Das E r r i c h t e n u n d Betreiben von E i n r i c h t u n g e n zur entgeltlichen B e f ö r d e r u n g v o n S e n d u n g e n mit schriftlichen Mitteilungen o d e r mit sonstigen N a c h r i c h t e n v o n P e r s o n z u P e r s o n ist d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T ausschließlich v o r b e h a l t e n . (2) Als B e f ö r d e r u n g im Sinne des A b s a t z e s 1 ist j e d e Tätigkeit a n z u s e h e n , die d e m E i n s a m m e l n , Weiterleiten oder Ausliefern d e r S e n d u n g e n an den E m p f ä n g e r dient. (3) Als N a c h r i c h t e n im Sinne d e s Absatzes 1 sind nicht a n z u s e h e n 1 N a c h r i c h t e n , die einer anderen S e n d u n g b e i g e f u g t sind u n d ausschließlich deren Inhalt b e t r e f f e n , 2 w i e d e r k e h r e n d erscheinende D r u c k s c h r i f t e n (4) D e r B u n d e s m i n i s t e r für P o s t und T e l e k o m m u n i k a t i o n o d e r die v o n ihm e r m ä c h t i g t e n B e h ö r d e n sind b e f u g t , im Einzelfalle B e f r e i u n g v o m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t zu erteilen D i e B e f r e i u n g kann mit B e d i n g u n g e n und A u f l a g e n , i n s b e s o n d e r e der V e r p f l i c h t u n g z u r E n t r i c h t u n g einer a n g e m e s s e n e n einmaligen o d e r w i e d e r k e h r e n d e n A u s f a l l g e b ü h r verbunden werden." D u r c h d a s P T N e u O G ist § 2 P o s t G hinsichtlich der Definition d e s B e f ö r d e r u n g s v o r behalts wie folgt g e ä n d e r t w o r d e n : Nach den W ö r t e r n „ B e f ö r d e r u n g v o n " w u r d e n die W ö r t e r „ S e n d u n g e n mit" gestrichen und nach d e m W o r t „ o d e r " w u r d e das W o r t „ m i t " gestrichen. I n s o f e r n hat der G e s e t z g e b e r v o n der E r m ä c h t i g u n g d e s Art 143b A b s 2 S a t z 1 G G G e b r a u c h g e m a c h t , w o n a c h die v o r d e r U m w a n d l u n g b e s t e h e n d e n ausschließlichen R e c h t e des B u n d e s durch B u n d e s g e s e t z für eine Übergangszeit d e m aus der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T h e r v o r g e g a n g e n e n U n t e r n e h m e n verliehen w e r d e n k ö n n e n D a r ü b e r hinaus e r f o l g t e im P o s t G eine o r d n u n g s p o l i t i s c h b e d e u t s a m e Ä n d e r u n g hinsichtlich d e r A b s ä t z e 4 (alt), 5, 6 und 7 (neu) Sie wird an s p ä t e r e r Stelle (III.4.) angesprochen.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
67
Die V o r s c h r i f t ü b e r den B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t ist im J a h r e 1969 neu in das z u m 0 1 . 0 1 . 1 9 7 0 in K r a f t g e t r e t e n e P o s t g e s e t z a u f g e n o m m e n w o r d e n u n d löste z u diesem Z e i t p u n k t die ältere Vorschrift des P o s t g e s e t z e s v o n 1871 ü b e r den sog P o s t z w a n g 3 6 ab. Diese R e g e l u n g verbot seinerzeit B ü r g e r n w i e U n t e r n e h m e n , sich a n d e r e r als d e r postalischen E i n r i c h t u n g e n f ü r die B e f ö r d e r u n g v o n v e r s c h l o s s e n e n Briefen u n d Z e i t u n g e n zu bedienen 3 7 . D a d u r c h den P o s t z w a n g seinerzeit j e d e m einzelnen B ü r g e r ein b e s t i m m t e s T u n v e r b o t e n w u r d e u n d der h e u t e g e l t e n d e B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t das Recht des einzelnen a u f eine eigene, individuelle P o s t b e f ö r d e r u n g u n b e r ü h r t läßt und sich als V e r b o t s vorschrift (nur) an diejenigen U n t e r n e h m e n richtet, die k o n k u r r e n z ä h n l i c h e E i n r i c h t u n g e n errichten u n d betreiben wollen, wird in d e r G e s e t z e s b e g r ü n d u n g z u m P o s t G z u t r e f fend d a r a u f hingewiesen, daß das n e u e P o s t G den gesetzlichen S c h u t z d e r B u n d e s p o s t v o r f r e i e m W e t t b e w e r b auf das n o t w e n d i g e M a ß z u r ü c k g e f ü h r t 3 8 u n d die bisherigen unübersichtlich g e w o r d e n e n B e s t i m m u n g e n d u r c h eine e i n f a c h e r e R e g e l u n g ersetzt hat 3 '. D e r B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t soll es der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T e r m ö g lichen, ihrer u m f a s s e n d e n Betriebspflicht u n d Zulassungspflicht z u g u n s t e n d e r V e r k e h r s b e d ü r f n i s s e der Allgemeinheit n a c h z u k o m m e n 1 0 . Sie hat b u n d e s w e i t ihre Einricht u n g e n z u unterhalten u n d den K u n d e n ihre L e i s t u n g e n anzubieten, o h n e R ü c k s i c h t darauf, ob die A u s g a b e n im Einzelfalle durch e n t s p r e c h e n d e E i n n a h m e n g e d e c k t s i n d " D a her hat d e r G e s e t z g e b e r in § 2 Abs 1 P o s t G eine generelle B e s t i m m u n g v o r g e s e h e n , die 36
Vgl. h i e r z u das G e s e t z über das P o s l w e s e n des D e u t s c h e n R e i c h e s v o m 2 8 . 1 0 . 1 8 7 1 . ReichsgesetzblaU S. 347. dort §§ 1 u n d l a sowie z u s ä t z l i c h das d u r c h Artikel .3 des G e s e t z e s b e t r e f f e n d e i n i g e Ä n d e r u n gen v o n B e s t i m m u n g e n über das P o s t w c s e n v o m 2 0 . 1 2 . 1 8 9 9 . Reichsgcsetzblatt S 7 1 5 . e r l a s s e n e Verbot. A n s t a l t e n z u r g e w e r b s m ä ß i g e n E i n s a m m l u n g . B e f ö r d e r u n g oder V e r t e i l u n g von u n v e r s c h l o s s e n e n B r i c f s c n d u n g e n b e s t i m m t e r Art zu betreiben 3 Vgl Miissig. P.: Z u r R c c h l s n a t u r des p o s t r e c h l l i c h c n B c f ö r d c r u n g s v o r b c h a l t c s g e m ä ß § 2 PostG. Archiv P F 1990. S. 23 ff mit weiteren N a c h w e i s e n . 38 In j ü n g s t e r Zeit ist d e u t l i c h g e w o r d e n , daß § 2 Abs. 1 P o s t G eine bloße v c n v a l t u n g s r e c h t l i c h e V e r b o t s n o r i n darstellt u n d d a n e b e n w e d e r i m PostG n o c h in a n d e r e n N o n n e n e i n e E r m ä c h t i g u n g s g r u n d lage f ü r die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T e n t h a l t e n ist z u m E r l a ß e i n e r U n l e r s a g u n g s v e r f ü g u n g . d.h. e i n e s V e r w a l t u n g s a k t s . g e g e n U n t e r n e h m e n , die d u r c h ihre D i e n s t l e i s t u n g e n g e g e n das B e f ö r d c r u n g s i n o n o p o l der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t v e r s t o ß e n ( O V G N W . Urteil v o m 2 6 0 2 . 1 9 9 3 - 13 A 175/92 -. nicht r e c h t s k r ä f t i g . DVB1. 1993. S 1321 IT ). D i e D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T h a t t e e i n e m D i e n s t l e i s t u n g s u n t c r n e h i u c n für d e n T r a n s p o r t v o n i n t e r n a t i o n a l e n D o k u m e n t e n u n d D r u c k s a c h e n mit H i n w e i s a u f d e n B e f ö r d e n i n g s v o r b e h a l t u.a. u n t e r s a g t . S e n d u n g e n mit s c h r i f t l i c h e n Mitteil u n g e n o d e r m i t s o n s t i g e n N a c h r i c h t e n v o n P e r s o n zu Person, i n s b e s o n d e r e B r i e f e u n d D r u c k s a c h e n , g e g e n E n t g e l t im I n l a n d e i n z u s a m m e l n u n d w e i t e r z u l c i t e n . Das O V G sah f ü r diese U n t e r s a g u n g s v c r f i i g u n g d i e gesetzliche E r i n ä c h t i g u n g s g r u n d l a g e als nicht g e g e b e n u n d v e r w i e s die D e u t s c h e B u n d e s post a u f den S c h u l z des Beförderungsx o r b e h a l t s d u r c h d a s O r d i u i n g s w i d r i g k c i t e n r c c h t (§ 2 5 Abs. 1 Nr. 1 u n d Abs. 4 PostG). d.h. die V e r h ä n g u n g eines B u ß g e l d e s d u r c h die d a f ü r z u s t ä n d i g e B e h ö r d e D a n e b e n w ies d a s G e r i c h t a u c h n o c h auf die M ö g l i c h k e i t des z i v i l r c c h t l i c h e n R e c h t s s c h u t z e s der D B P P O S T D I E N S T hin d u r c h K l a g e auf U n t e r l a s s u n g d e r aus ihrer Sicht illegalen B e t ä t i g u n g e i n e s K o n -
k u r r e n t e n (DVB1. 1993. S. 1321 (1.323)). H i e r d u r c h k ö n n e sie im E r f o l g s f a l l e e i n e n T e n o r g l e i c h e n I n h a l t s e r l a n g e n w ie bei d e m u m s t r i t t e n e n V e r w a l t u n g s a k l . Vgl. weiter z u m S c h u t z d e s B c f ö r d e n m g s v o r b e h a l l s d u r c h d a s O r d n u n g s w i d r i g k c i t e n r c c h t u n t e n III.6. 39 D e u t s c h e r B u n d e s t a g . Drs. V / 3 2 9 5 . S. 9. 11. ,0 Vgl. insoweit die G e s e t z e s b e g r ü n d u n g zu § 2 P o s t G . D e u t s c h e r B u n d e s t a g . Drs. V / 3 2 9 5 . S. 10 Die B e t r i e b s - u n d Z u l a s s u n g s p f l i c h t d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T ist n ä h e r d i s k u t i e r t bei Plag e m a n n . J.: A n s ä t z e zu e i n e r K o n k r e t i s i e r u n g d e r g e n i e i n w i r l s c h a f t l i c h c n A u f l a g e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t . Z ö g U 1988. S. 389 f f . 1989. S. 155 f f 41 D e u t s c h e r B u n d e s t a g . Drs. V / 3 2 9 5 . S 10.
68
Teil I:
Einführung
den freien Wettbewerb auf diesem Gebiet beschränkt und die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T durch einen entsprechend ausgestalteten Vorbehalt vor der Konkurrenz postähnlicher Unternehmen schützt 12 . Gleichwohl wird in der aktuellen Diskussion die Notwendigkeit dieses umfassenden Beförderungsvorbehalts teilweise in Frage gestellt. Bevor auf diese aktuellere Entwicklung näher eingegangen wird, sollen im folgenden der Regelungsinhalt des § 2 PostG eingehender untersucht und die Betätigungsmöglichkeiten privater Unternehmen aufgezeigt werden. Hierbei ist es erforderlich, den Bereich, der als Monopolbereich der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T vorbehalten ist, zu identifizieren und vom Wettbewerbsbereich, in dem ein unregulierter Marktzutritt für private Unternehmen möglich ist, näher abzugrenzen.
III.2. Probleme der Abgrenzung von M o n o p o l - und Wettbewerbsbereich im Postinarkt
§ 2 Abs 1 PostG, der den Beförderungsvorbehalt definiert und der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T zuweist, besteht aus einer Kombination verschiedener Tatbestandsmerkmale, die im folgenden jeweils einer gesonderten Betrachtung insbesondere im Hinblick auf die gesetzliche Begründung zu unterziehen sind, um den Monopol- vom Wettbewerbsbereich präziser abzugrenzen". Unter „Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen" (ab 01.01.1995 nur noch: „schriftlichen Mitteilungen") i.S. von § 2 Abs 1 PostG sind sowohl handschriftliche als auch gedruckte Mitteilungen zu verstehen 11 . Die Art der Versendung ist dabei ohne Bedeutung. Daher ist nicht entscheidend, ob die Form eines offenen oder verschlossenen Briefes, einer Drucksache, eines Päckchens oder Paketes gewählt wird Zu den "sonstigen Nachrichten" zählen an einen stofflichen Träger gebundene Mitteilungen, die nicht aus Schriftzeichen bestehen, mithin also auch auf Schallplatte oder Tonband aufgenommene mündliche Erklärungen 1 ' Der Begriff der "Mitteilungen von Person zu Person" setzt einen persönlichen Charakter der Sendung zwischen zwei Personen (natürliche, juristische, Vereine, Firmen, Behörden etc.), also mindestens eine persönliche Anschrift voraus 16 Gedruckte Werbezettel ohne Anschrift oder Wurfsendungen ohne Anschrift, ferner Bücher, Zeitungsartikel, alte Urkunden ohne zusätzliche Nachricht fallen daher nicht unter den Befördeaingsvorbehalt nach § 2 Abs 1 PostG.
12
Deutscher Bundestag. Drs. V/3295. S. I I . Vgl. / u m folgenden aus der poslrcchtliclien Literatur insbesondere Müssig. P.: Zur Rechtsnatur des postrcchtlichcn Befördcrungsvorbehaltes gemäß § 2 PoslG. ArcliivPF 1990. S 24 ff. . Altniannsperger. H. J.: Gesetz über das Postwesen Kommentar. Heidelberg 1988. § 2 Rn. 36; Olmheiser. F.: Postrechl 4 Aufl.. Heidelberg 1984. § 2 Rn. 5 IT. 11 Deutscher Bundestag. Drs V/3295. S i l . ^ So die Gcsctzcsbcgriindung Deutscher Bundestag. Drs. V/3295. S i l Allmaimsperger nennt darüber hinaus auch noch Lochkarten und Magnctplatlcn; Allmaimsperger. 11 J.: Gesetz über das Poslwcsen. Kommentar. a.a.O.. § 2 Rn 37. 46 Allmaimsperger. H J : Gesetz über das Postwcsen Kommentar. a.a.O.. § 2 Rn 40 f : Ohnheiser, F.: Postrccht. a.a.O.. § 2 Rn. 17.
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
6 9
Der Beförderungsvorbehalt des § 2 Abs 1 P o s t G untersagt lediglich das Errichten und Betreiben von Einrichtungen zur "entgeltlichen" Beförderung. Daher fällt die organisierte B e f ö r d e r u n g dieser Sendungen nicht unter den Beförderungsvorbehalt, wenn hierfür kein Entgelt entrichtet wird 1 ', z.B. bei einer Beförderung aus Gefälligkeit. § 2 Abs. 2 P o s t G stellt klar, daß unter "Beförderung" i S des Absatzes 1 j e d e Tätigkeit zu verstehen ist, die der Übermittlung dieser Sendungen aus der Hand des Absenders in die Verfügungsgewalt des Empfängers dient. Der Begriff der "Beförderung" beschränkt sich somit nicht nur auf die räumliche Weiterleitung der Sendungen, sondern umfaßt auch deren Einsammlung und Auslieferung, wobei die Voraussetzungen des Absatzes 1 schon dann erfüllt sind, wenn sich die Einrichtung nur mit einer der aufgezählten Leistungen befaßt"1*. Daher unterliegen Dienstleistungen wie z.B. Abholung der Post von Schließfächern und Überbringen an den E m p f ä n g e r dem Beförderungsvorbehalt 4 9 Die einer W a r e n s e n d u n g üblicherweise beigefügten Begleitpapiere (z.B. Rechnungen, Preislisten, Gebrauchsanweisungen) sowie Angaben über den V e r w e n d u n g s z w e c k auf Bankaufträgen stellen an sich Mitteilungen von Person zu Person im Sinne des Absatzes 1 dar. U m zu vermeiden, daß hierdurch die Beförderung von Warensendungen durch Frachtführer oder die Durchführung des Giroverkehrs der Kreditinstitute beeinträchtigt werden, hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 Nr 1 P o s t G eine Einschränkung des Beförderungsvorbehalts aufgenommen für solche "Nachrichten, die einer anderen Sendung beigefügt sind und ausschließlich deren Inhalt betreffen". Eine weitere Ausnahme vom Beförderungsvorbehalt enthält § 2 Abs. 3 Nr. 2 P o s t G für "wiederkehrend erscheinende Druckschriften" Hierunter werden die periodisch erscheinenden Presseerzeugnisse (Zeitungen und Zeitschriften) einschließlich Mitteilungsblätter aller Art verstanden™, die folglich gleichfalls nicht dem Beförderungsvorbehalt unterliegen Wie aufgezeigt, ergibt sich der Bereich, in dein Marktzutritt im Postmarkt f ü r private Unternehmen untersagt ist, aus einer Vielzahl einzelner Tatbestandsmerkmale, die jeweils einzeln 11 erfüllt sein müssen (Einrichtung, Beförderung, Entgeltlichkeit, Errichten und Betreiben, Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen, sonstige Nachrichten, v o n Person zu Person) bzw. in Verbindung mit explizit festgelegten Ausnahmen (für Begleitpapiere, Zeitungen, Zeitschriften). Insofern bedarf es jeweils einer genauen Betrachtung des Einzelfalles, d.h. der vom jeweiligen Unternehmen beabsichtigten Postdienstleistung, um Aussagen über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der jeweiligen Postdienstleistung zu treffen. Darüber hinaus ist m E bei einer pragmatischen Betrachtung über den Marktzutritt folgendes hervorzuheben: 47
Deutscher Bundestag. Drs. V/3295. S. I I . Vgl. ebenda. S i l . Siehe hierzu auch weiter unten 50 Vgl ebenda. S i l 51 Sie können z.T. aber auch auscinandcrfallen Beispielsweise müssen Erriclilender und Betreiber der Einrichtung nicht identisch sein. vgl. ausführlich Miissig. P : Zur Rechtsnatur des poslrcclulichcn Befördcrungsvorbchaltes gemäß § 2 PoslG. ArchivPF 1990. S. 25 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen. m
70
Teil I:
Einführung
Der Beförderungsvorbehalt knüpft ausschließlich an inhaltliche M e r k m a l e der Sendung an ("schriftliche Mitteilung"/"sonstige Nachricht"), nicht j e d o c h an denkbare äußere M e r k m a l e (z.B. verschlossen/unverschlossen. Gewicht, Preis, Format). Ebenso hat der Gesetzgeber eine Abgrenzung zwischen dem M o n o p o l - und dem Wettbewerbsbereich geschaffen, die ohne eine bloße Umschreibung von Dienstzweigen oder Sendungsarten (z B "Briefe") auskommen muß So ist es beispielsweise nicht möglich, den M o n o p o l bereich mit d e m "Briefdienst", wie er in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen b z w Leistungsbeschreibungen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T definiert ist, (z.B. Mindest- und H ö c h s t m a ß e , Gewichtsobergrenze von 1000 Gramm), gleichzusetzen. Die A b g r e n z u n g s f o r m des PostG hat damit heute sicherlich den V o r z u g der Rechtssicherheit, da der Monopolbereich bzw der Marktzutritt nicht von den unternehmerisch getroffenen Produktbeschreibungen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T abhängig ist. Anderenfalls k ö n n t e beispielsweise die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T durch N e u - oder Umbenennungen von einzelnen Versendungsarten den Marktzutritt von Wettbewerbern verhindern und damit entscheiden, inwieweit sie sich dem W e t t b e w e r b aussetzen will. Dies w ä r e zweifellos mit einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung nicht vereinbar. Da der Gesetzgeber hingegen abstrakte, inhaltliche Merkmale gewählt hat, um den Monopolbereich zu definieren, ergibt sich im Umkehrschluß, daß äußerliche Briefsendungen, die nicht "schriftliche Mitteilungen" o d e r "sonstige Nachrichten von Person zu Person" enthalten (z.B. als Warensendung), nicht dem Beförderungsvorbehalt des § 2 Abs. 1 P o s t G unterliegen. Der Marktzutritt ist daher - vereinfacht ausgedrückt - für die Beförderung v o n "Briefsendungen" nicht generell gesetzlich beschränkt, d.h. sie dürfen j e nach Inhalt durch konkurrierende Unternehmen befördert werden De facto kann diese Abgrenzung durchaus eine wirtschaftliche Bedeutung haben Da der Inhalt der Briefsendungen in der Regel für Außenstehende nicht erkennbar ist, folgt hieraus auch, daß einzelne V e r s t ö ß e gegen den Beförderungsvorbehalt mitunter nur schwer zu erkennen sind Die weitere Auslegung des Beförderungsvorbehalts ergibt u.a auch, daß "schriftliche Mitteilungen" nicht gebündelt von privaten Unternehmen, z B in Paketen, befördert werden dürfen Daher ist u.a. das Betreiben von Rezeptabholdiensten von Apotheken für rechtlich unzulässig erklärt worden'' 1 . Ein weiteres Beispiel für die Schwierigkeit, die M o n o p o l r e c h t e der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T bzw. zulässigen Marktzutritt zu identifizieren, ist die sog "Eigenbeförderung". Die Eigenbeförderung beinhaltet die Zustellung eigener Sendungen in einer Ortschaft durch eigens dafür abgestellte Arbeitskräfte, die z.T. bereits als regulär Bedienstete eine entsprechende Vergütung beziehen, z T aber auch eine besondere Vergütung ("Sohlengeld") erhalten. Sie wird vornehmlich praktiziert von kommunalen Unternehmen oder Verwaltungen, z B für Lohnsteuerkarten oder Wahlbenachrichtigungen, und erfolgt sowohl während als auch außerhalb der Dienstzeiten. Von ihrem Sendungsinhalt her können in der Eigenbeförderung auch Sendungen enthalten sein, die unter den Tatbestand des § 2 Abs 1 PostG fallen und nicht zugleich Ausnahmen nach § 2 5:
O L G K a r l s r u h e . Beschluß vom 27.07.1978. ArcliivPF 1979. S 90 ff ; BayOLG. B e s c h l u ß vom 04.07.1983: A l l n i a n n s p c r g c r . H. J.: Poslreclil E n t s c h e i d u n g e n . Heidelberg 1991. 2.02.1 N r . 6.
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
71
Abs. 3 P o s t G darstellen ("Nachrichten, die einer anderen Sendung beigefugt sind und ausschließlich deren Inhalt betreffen" oder "wiederkehrend erscheinende Druckschriften") Die Eigenbeförderung wird heute j e d o c h - nach einer längeren gerichtlichen Klärungsphase - von der Rechtsprechung für zulässig erachtet", weil es sich bei den dafür geschaffenen Organisationseinheiten nicht u m die "Errichtung einer Einrichtung" zur "entgeltlichen" B e f ö r d e r u n g von Sendungen handelt und insoweit eine finale Verknüpf u n g zwischen Einrichtung und entgeltlicher Beförderung fehlt5'1. Insoweit sind hierbei einzelne Tatbestandsmerkmale der Verbotsvorschrift nicht erfüllt. Problematisch sind ferner diejenigen Fälle, in denen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T durch die private Beförderungstätigkeit keine Einnahmen entgehen. Denkbar sind u.a die Abholung der Postsendungen vom Absender mit anschließender Einlieferung beim nächstgelegenen Postamt durch private Unternehmen oder die Abholung beim Eingangspostamt (z B Leeren von Postfächern) mit sofortiger Zustellung beim Empfänger. Da in diesen Fällen der eigentliche Transport durch die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T erfolgt, die das entsprechende Leistungsentgelt erhält, ist zumindest der wirtschaftliche Zweck des Beförderungsvorbehalts nicht beeinträchtigt. Weitere wirtschaftlich denkbare Varianten sind schließlich der Betrieb von privaten Postfachanlagen in Kombination mit Zustelleistungen oder sogar die vollständige Beförderung von Sendungen, die einzeln o r d n u n g s g e m ä ß freigemacht wurden, durch private Unternehmen^. Diese Tätigkeiten unterliegen rechtlich zweifellos dem Beförderungsvorbehalt nach § 2 Abs 1 PostG Da der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T trotz der privaten Tätigkeit keine Einnahmen entgehen, hält konsequenterweise Altmannsperger ein Vorgehen der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T gegen die Errichtung und den Betrieb von Einrichtungen zur entgeltlichen Einsammlung von o r d n u n g s g e m ä ß freigemachten Briefen verschiedener Absender und die Einlieferung der einzelnen Sendungen (also keine verbotenen Sammelsendungen) beim nächsten Postamt für "mit Sinn und Z w e c k des Beförderungsvorbehalts als einer Gebührenschutzvorschrift nicht vereinbar'" 6 Aus diesen E r w ä g u n g e n sind daher derartige private Tätigkeiten als zulässig anzusehen D u r c h das P T N e u O G ist § 2 PostG seit dem Ol.01.1995 um einen Absatz 4 ergänzt worden (- der bisherige Abs. 4 ist jetzt in Absatz 5 übergegangen). Der neue § 2 Abs. 4 P o s t G lautet wie folgt: „(4) Der Bundesminister für Post und Telekommunikation kann Änderungen an Inhalt und U m f a n g der Rechte nach Absatz 1 mit Beteiligung des Regulierungsrates gemäß
" B V c n v G E 67. 110 IT.: vgl. aber auch OLG Hamm. Beschluß vom 27.02.1979. Allmaimspcrger. H J : PostreclU Entscheidungen. Heidelberg 1991. 2.02.1 Nr. 4 (S 16). OLG Frankfurt am Main. Beschluß vom 30.01 1976. NJW 1976. S. 1276 - danach unlcrfallcn die Boten § 2 Abs. 1 PostG. wenn sie selbst eine Bcrördcrungscimiclumg crrichlen und betreiben 5J Vgl. hierzu BVervvGE 67. 110(111). ferner Miissig. P : Zur Reclitsnalur des poslrechllichen Beförderungsvorbehaltes gemäß § 2 PoslG. ArchivPF 1990. S 25. 55 In Italien ist z.B. die Beförderung von Briefen durch private Unternehmen zulässig, wenn der Brief mit einer Marke der P T T llalia zu deren Tarifen frankiert wurde, d.h. die Postgebühren an die PTT gezahlt würden. 56 Allniannsperger. H. J.: Gesetz über das Poshvcsen. Kommentar. § 2 Rn 22
72
Teil I:
Einführung
§ 13 Abs. 3 Nr. 3 des Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des P o s t w e s e n s bestimmen." Hiermit ist im Rahmen der Postreform II eine Regelung getroffen worden, die erstmalig gesetzlich eine flexible Auslegung des Beförderungsvorbehaltes ermöglicht. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit aufgrund dieser Regulierungsmöglichkeit die bisherigen Grenzziehungen künftig verschoben und daraus weitere Betätigungsmöglichkeiten für private Unternehmen im Postmarkt entstehen werden. Als Zwischenergebnis ist daher bereits an dieser Stelle festzuhalten, daß die Entscheidung eines Unternehmens, das postalische Dienstleistungen anbieten will, sehr g e n a u e Rechtskenntnisse über den Bereich des zulässigen Marktzutritts voraussetzt. Darüber hinaus sind beim Marktzutritt auch noch die bereits bestehenden Sonderregelungen für Kurierdienste, die Möglichkeit der Befreiung vom Beförderungsvorbehalt g e m ä ß § 2 Abs. 4 P o s t G (alt) sowie die Regelungen lür den grenzüberschreitenden Postverkehr zu berücksichtigen.
III.3. Die S o n d e r r e g e l u n g e n fiir K u r i c r d i e n s t i i i i t e r i i e h m e i i Bereits im Jahre 1989 w u r d e der Bereich d e s umfassenden Beförderungsvorbehalts nach § 2 PostG durch Einführung einer Mindestpreisgrenze geöffnet und Marktzutritt für private Kurierdienstunternehmen ermöglicht. In der Amtsblattverfügung Vfg. 632/1989 Nr. 2 v o m 29.06.1989'' hat der damalige Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen im Zusammenhang mit der Überführung des seinerzeitigen Betriebsversuchs "Postkurierdienst" in eine bundesweite Regeldienstleistung und die gleichzeitige Normierung in der damaligen P o s t o r d n u n g (PostO)"* darauf hingewiesen, daß der Postkurierdienst künftig im W e t t b e w e r b mit den in zahlreichen Städten bereits etablierten privaten Kurierdiensten stehe. Dieser Wettbewerb gelte künftig auch für die Übermittlung von Sendungen mit Nachrichtencharakter, für die der Deutschen Bundespost g e m ä ß § 2 des Gesetzes über das Postwesen ein Beförderungsvorbehalt zustehe. D e r Bundesminister für das Post- und Fenimeldewesen hat weiter in diesem Z u s a m menhang darauf hingewiesen, daß die Deutsche Bundespost von ihrem Vorbehaltsrecht, das sich auf die einrichtungsmäßig und gegen Entgelt betriebene B e f ö r d e r u n g von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen oder sonstigen Nachl ichten von Person zu Person bezieht, keinen Gebrauch machen wird, wenn die privaten Kurierdienste eine Mindestpreisgrenze beachten, die pro Sendung beim Zehnfachen der Gebühr für einen gewöhnlichen Brief, d.h. bei einem Betrag von 10,- DM liegt v '. Da diese Mindestpreisgrenze von 10,- D M - die im übrigen auch nach der jüngsten Tariferhöhung gegolten hat - M e h r -
5 58
59
Amtsblatt des B u n d e s m i n i s t e r s fiir das Posl- und Fcrnnicldcwcscn Nr. 69 v o m 29.06.1989. S. 1243. § 33a PoslO i d F des Artikels 1 Nr 3 der V e r o r d n u n g zur Ä n d e r u n g postbeniil/.ungsreclUliclier Vorschriften v o m 23.06.1989. BGBl. I S. 1158. D i e Vfg. 6 3 2 / 1 9 8 9 w u r d e materiell durch die Vfg. 6/1994 v o m 12.01.1994 ersetzt, mit der den privaten Kurierdiensten in g l e i c h e m U m f a n g eine A l l g c m e i n g e n e h n i i g u n g (Befreiung) g e m ä ß § 2 Abs. 4 PostG erteilt wurde, vgl dazu u n t e n III.4.
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
73
wertsteuer von z Zt 15 % einschloß, lag für den vorsteuerabzugsberechtigten Gewerbetreibenden letztendlich die Preisgrenze bei einem Beförderungspreis von 8,70 D M . Die V e r f ü g u n g des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen beinhaltete objektiv einen Verzicht 6 0 der damaligen Deutschen Bundespost auf die Wahrnehmung ihrer ausschließlichen Rechte nach dem Beförderungsvorbehalt gegenüber den Kurierdiensten. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ermöglichte dieser Verzicht die Bereitstellung von preisgünstigen, nachfrageorientierten Kurierdienstleistungen, die die Deutsche Bundespost zumindest zum damaligen Zeitpunkt nicht anbieten konnte. Regulierungspolitisch bedeutete diese Entscheidung eine beschränkte MarktölTnung im Monopolbereich, die den Bedürfnissen einer modernen Volkswirtschaft nach schnellen und zuverlässigen Transportdienstleistungen entsprach. Darüber hinaus bleibt anzumerken, d a ß diese M a r k t ö f f n u n g in Verbindung mit einer Mindestpreisgrenze nur für national operierende Kurierdienste galt, d.h. f ü r den innerstaatlichen Verkehr Diese M a r k t ö f f n u n g war im Bereich der internationalen Kurierdienste bereits einige Jahre zuvor erfolgt. Auch f ü r internationale Kuriersendungen hatte die Deutsche Bundespost lange auf ihrem Beförderungsvorbehalt bestanden 6 1 . Im Jahre 1985 führten Verhandlungen zwischen dem Bundesverband Internationaler Kurierdienste und dem Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Ergebnis, daß die Deutsche Bundespost ihren Monopolanspruch aus dem Beförderungsvorbehalt nicht auf den grenzüberschreitenden Verkehr bezieht, wenn die internationalen Kurierdienste im grenzüberschreitenden Verkehr die B e f ö r d e r u n g durch Kuriere vornehmen, die die einzeln nachgewiesenen Sendungen auf dem W e g vom Absender zum Empfänger ständig begleiten und nötigenfalls über eine eigene Dispositionsbefugnis hinsichtlich Beförder u n g s w e g und Beförderungsmittel verfügen 6 2 Der Monopolanspruch wurde aber ausdrücklich nicht für die standardisierte posttypische Massenbeförderung aufgegeben. Diese Einschränkung hat aber den großen wirtschaftlichen Erfolg der internationalen Express- und Kurierdienste nicht verhindert. Dieser ist vor allem mit einer veränderten N a c h f r a g e nach schnellen und zuverlässigen Beförderungsleistungen zu erklären. Das durch die Postverwaltungen beförderte internationale Sendungsaufkommen w u r d e nur mit unzureichender Qualität, d.h langen Laufzeiten und z T nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit befördert Demgegenüber betreiben internationale Kurierdienstunternehmen seit längerem u.a. Sendungsverfolgungssysteme, die eine jederzeitige Verfolgung der Sendung ermöglichen und darüber hinaus die Laufzeit beschleunigen
m 61
62
Eine B e f r e i u n g i S. des § 2 Abs. 4 PoslG war damit allerdings nicht verbunden. Vgl. Käufer. E.: Bundespost und Internationale Kurierdienste: Zur A n a t o m i e eines Marktes und eines M o n o p o l a n s p r u c h s . W u W 1985. S. 375 IT. Kritisch zu dieser Übereinkunft der D B P bzw. des Bundesministers für das Post- u n d F c m m c l d c w c s c n mit d e m B u n d e s v e r b a n d Internationaler Kurierdienste Eidciunüllcr. A : Postähnliche E i n r i c h t u n g e n privater U n t e r n e h m e n . Über die Zulässigkeit internationaler Kurierdienste. Der V c n v a l t u n g s w i r t 1985 (5). S. 9 ff.
74
Teil I :
Einführung
III.4. D i e Möglichkeit der Befreiung v o m Beförderungsvorbehalt nach § 2 Abs. 4 PostG D a s P o s t G hält die Möglichkeit einer behördlichen Ausnahmeregelung v o m B e f ö r d e rungsvorbehalt des § 2 Abs. 1 P o s t G bereit. Zunächst werden Inhalt und Praxis des in der bisherigen Fassung bis zum 31.12 1994 geltenden § 2 Abs 4 P o s t G behandelt; am Ende dieses Abschnitts (III 4.) wird auf die erfolgten Rechtsänderungen im Rahmen der P o s t r e f o r m II hingewiesen: G e m ä ß § 2 Abs 4 P o s t G (alt) waren der Bundesminister f ü r Post und Telekommunikation oder die von ihm ermächtigten Behörden 6 ' befugt, im Einzelfalle eine Befreiung vom Beförderungsvorbehalt zu erteilen. Diese Befreiung k o n n t e mit Bedingungen und Auflagen, insbesondere d e r Verpflichtung zur Entrichtung einer angemessenen einmaligen oder wiederkehrenden Ausfallgebühr verbunden werden (§ 2 Abs. 4 Satz 2 PostG). Entsprechend der Gesetzesbegründung eröffnete § 2 Abs 4 P o s t G in den Fällen, in denen das Verbot des Absatzes 1 zu unerwünschten und unbilligen Ergebnissen führen müßte, die Möglichkeit, Befreiung vom Beförderungsvorbehalt zu erteilen 61 Z w e c k dieser Bestimmung sollte es sein, Rationalisierungsmaßnahmen durch Einsatz technischer Anlagen, die als Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 angesehen w e r den könnten, nicht an dem Verbot des Absatzes 1 scheitern zu lassen 65 . Dem G r u n d g e danken des Beförderungsvorbehalts entsprechend, kamen für Ausnahmegenehmigungen nur solche Einrichtungen in Frage, die nicht der Allgemeinheit, sondern lediglich einem geschlossenen Kreis von Personen zugänglich waren 66 . Diese Ausnahmeregelung w u r d e im Schrifttum bisher eng ausgelegt und nur für besondere Ausnahmefälle, wie etwa Rohrpostanlagen in größeren B ü r o g e b ä u d e n für denkbar angesehen'' In diesem Zusammenhang w u r d e regelmäßig auf die Gesetzesbeg r ü n d u n g verwiesen, wonach die Befreiung vom Beförderungsvorbehalt nur für solche Einrichtungen erteilt werden könne, die einem geschlossenen Benutzerkreis zur V e r f ü gung stehen 68 . Ferner w u r d e die Aulfassung vertreten, daß § 2 PostG den W e t t b e w e r b auf einem Teilbereich des Beförderungswesens einschränkt, damit die Deutsche Bundespost ihrer umfassenden Betriebspflicht nachkommen kann Infolgedessen sei es ausgeschlossen, daß postähnlichen Unternehmen, wie z.B. Speditionen, eine Befreiung erteilt werde™. Aufgrund d e r bisherigen restriktiven Auslegung des Beförderungsvorbehalts war seit Inkrafttreten des neuen Postgesetzes zum Ol 01.1970 bis Ende 1993 keine einzige B e freiung nach § 2 Abs. 4 P o s t G erteilt worden
6
' Der B u n d e s m i n i s t e r für Posi und T e l e k o m m u n i k a t i o n hat bisher e i n e derartige E r m ä c h t i g u n g a n a n d e r e B e h ö r d e n nicht erteilt w D e u t s c h e r Bundestag. Drs. V/3295. S 11 65 Vgl. ebenda. S. 12. 66 Vgl. ebenda. S. 12. 6 A l t i n a n n s p e r g c r . H J . : Gesetz über d a s Postwcscn. K o m m e n t a r . § 2 Rn 49. 68 Eidcnmiiller. A : Post- und Fcrmncldcwcscii. K o m m e n t a r Frankfurt a.M.. Stand Sept. 1986. PostV e r w G . § 2 A n m . 7. 69 A l l m a n n s p e r g e r . H. J : Gesetz Ober das Postwcscn K o m m e n t a r . 5 2 Rn 49; Eidcnmiiller. A.: Poslund Fernnicldcwcsen. K o m m e n t a r . Frankfurt a.M.. Stand Sept. 1986. PostVerwG. § 2 Anni. 7.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
75
Zu B e g i n n des J a h r e s 1994 erteilte der B u n d e s m i n i s t e r für Post u n d T e l e k o m m u n i k a tion mit der A m t s b l a t t v e r f ü g u n g Vfg. 6 / 1 9 9 4 " g e m ä ß § 2 Abs. 4 P o s t G eine B e f r e i u n g als A l l g e m e i n g e n e h m i g u n g für das Errichten und Betreiben v o n E i n r i c h t u n g e n zur entgeltlichen B e f ö r d e r u n g von schriftlichen Mitteilungen oder sonstigen N a c h r i c h t e n von P e r s o n zu P e r s o n , w e n n für die B e f ö r d e r u n g eine M i n d e s t p r e i s g r e n z e b e a c h t e t wird, die p r o S e n d u n g beim Z e h n f a c h e n des E n t g e l t s für einen g e w ö h n l i c h e n Brief, d.h zur Zeit bei einem B e t r a g v o n D M 10,- einschließlich M e h r w e r t s t e u e r liegt Materiell entspricht diese A l l g e m e i n g e n e h m i g u n g g e m ä ß § 2 Abs. 4 P o s t G d e m in der V e r f u g u n g 6 3 2 / 1 9 8 9 erklärten Verzicht d e r damaligen D e u t s c h e n B u n d e s p o s t auf W a h r n e h m u n g ihrer ausschließlichen R e c h t e nach dem B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t g e g e n ü b e r den K u r i e r d i e n s t e n D e r Regelungsinhalt der V f g 6 3 2 / 1 9 8 9 war j e d o c h an d i e nach d e m Ink r a f t t r e t e n d e r G e s e t z e s ä n d e r u n g e n im R a h m e n d e r P o s t r e f o r m d e s Jahres 1989 veränd e r t e A u f g a b e n t r e n n u n g (hoheitliche/regulatorische A u f g a b e n b z w . betrieblich/ untern e h m e r i s c h e A u f g a b e n ) a n z u p a s s e n V D a n e b e n w a r die E r t e i l u n g d e r Allgem e i n g e n e h m i g u n g im Hinblick auf die U m s e t z u n g von E G - R e c h t erforderlich So erford e r t e i n s b e s o n d e r e die j ü n g s t e R e c h t s p r e c h u n g d e s E u G H zu Art. 9 0 Abs 2 E G - V e r t r a g in einem postrechtlichen V e r f a h r e n eine MarktölTnung für den Bereich der Kurierdienste 72 . D a r ü b e r hinaus w u r d e n im J a h r e 1993 beim B M P T m e h r e r e A n t r ä g e a u s d e r privaten W i r t s c h a f t flir A u s n a h m e g e n e h m i g u n g e n ( L i z e n z e n ) g e m ä ß § 2 A b s 4 P o s t G für den Bereich M a s s e n d r u c k s a c h e n / D i r e c t Mail gestellt Zur P r ü f u n g dieser A n t r ä g e und der damit v e r b u n d e n e n grundsätzlichen P r o b l e m a t i k hat der B M P T im Juni 1993 eine K o m m i s s i o n eingesetzt, die kurzfristig die Möglichkeit einer solchen M a r k t ö f f n u n g unt e r s u c h t hat N a c h eingehenden D i s k u s s i o n e n u n d B e r a t u n g e n in d e n Jahren 1993 und 1994 w u r d e im H e r b s t 1994 v o n der B u n d e s r e g i e r u n g beschlossen, den M a r k t für Infopost ( M a s s e n s e n d u n g e n ) zunächst oberhalb einer G e w i c h t s g r e n z e v o n 2 5 0 g flir private B e f ö r d e r e r zu öffnen. Ab d e m 01.01 1996 soll diese G e w i c h t s g r e n z e s o d a n n auf 100 g reduziert w e r d e n D e r B M P T hat E n d e 1994 s o g E c k p u n k t e für die Lizenzierung der B e f ö r d e r u n g von M a s s e n s e n d u n g e n s o w i e eine M u s t e r l i z e n z veröffentlicht 7 ' A u f w e i t e r e Einzelheiten dieser E c k p u n k t e und der Mustserlizenz k a n n an dieser Stelle e b e n s o w e n i g e i n g e g a n g e n w e r d e n , wie auf die v o r a n g e g a n g e n e rechtliche K o n t r o v e r s e , ob die Ö f f n u n g d e s B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t s g e b o t e n bzw. erforderlich ist 74 . N a c h V e r ö f f e n t l i c h u n g der o.g E c k " Amtsblatt des Bundesministcriiuns für Posl und Telekommunikation. Nr. 1 vom 12.01.1994. S. 55 f. So die Begründung in der Vfg 5/1994. Amtsblatt des Bundesministcriiuns für Post und Telekommunikation Nr. 1 vom 12.01.1994. S. 55 f. * Vgl hierzu ausführlich die Begründung in der o g Vfg 5/1994 und unten V.3. 1 Amtsblatt des Bundcsniinisteriuins für Post und Telekommunikation. Nr. 24 vom 07.12.1994. S. 964 ff. "' Vgl hierzu eingehend die folgenden Beiträge, die u.a die unterschiedlichen Standpunkte dieser rechtlichen Kontroverse widerspiegeln: Ossenbühl. F.: Zur rechtlichen Zulässigkeil der Beförderung der sog Infopost durch private Unternehmer. Archiv PT 1993. S 341 ff : Basedow. J.: Europarechtliche Grenzen des Postmonopols - Zur Öffnung des Marktes für Massensendungen. EuZW 1994. S. 359 f f ; Everling. U . Der Beförderungsvorbehalt der Post und das Gemeinschaftsrecht. EuR 1994. S. 386 ff.
76
Teil I:
Einführung
punkte sind bis 31 03.1995 bereits 50 Lizenzen f ü r die B e f ö r d e r u n g von Massensendungen in der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden 7 5 . Abschließend ist an dieser Stelle kurz auf die Novellierung des § 2 Abs 5 bis 7 P o s t G seit dem 01.01.1995 einzugehen: Der jetzige Abs. 5 enthält materiell die frühere Befreiungsmöglichkeit des Absatzes 4. Der jetzige Abs 6 enthält die Verordnungsermächtigung f ü r den B M P T , der mit Beteiligung des Regulierungsrates für die Ausübung der Befugnisse nach Abs 5 eine Rechtsverordnung erläßt betreffend 1. Entscheidungen über die beabsichtigte Ö f f n u n g von M ä r k t e n für Postdienstleistungen, 2 Regelungen z u m Inhalt, Umfang und Verfahren der Befreiung In § 2 Abs 7 P o s t G ist schließlich eine Ermächtigung z u m Erlaß einer Gebührenverordnung für Befreiungen enthalten. Es ist festzuhalten, daß § 2 PostG durch die A u f n a h m e dieser beiden Verordnungsermächtigungen einen wesentlich differenzierteren rechtlichen Gehalt erfahren hat D a die beiden genannten V e r o r d n u n g e n bis Mitte 1995 noch nicht erlassen worden sind, bleibt die weitere Ausgestaltung j e d o c h noch abzuwarten.
III.5. Der Beförderungsvorbelinlt im Postwesen f ü r den grenzüberschreitenden Verkehr In § 2 7 PostG sind weitere, klarstellende Regelungen enthalten, die f ü r den grenzüberschreitenden Post verkehr gelten 6 Danach gelten die Vorschriften des P o s t G - darunter auch der Beförderungsvorbehalt des § 2 PostG - für den Postverkehr mit Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs des G a m d g e s e t z e s Eine Einschränkung besteht j e d o c h insoweit, als sich aus den für diesen Verkehr bestehenden zwischenstaatlichen Verträgen und A b k o m m e n und aus den zu ihrer Durchführung ergangenen Gesetzen und V e r o r d nungen nicht e t w a s Abweichendes ergibt. Der Regelungsinhalt dieser Vorschrift ist im Rahmen des P T N e u O G weitgehend beibehalten w o r d e n In der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift ist darauf hingewiesen, d a ß die zwischenstaatlichen Verträge und Abkommen, die g e m ä ß Art 59 G G in das innerstaatliche Recht ü b e r n o m m e n werden, keine abschließende Kodifikation des zwischenstaatlichen Postverkehrs darstellen So fehlen darin z.B. Bestimmungen über die Ein- und Auslieferung der für das Ausland bestimmten bzw. aus dem Ausland kommenden Sendungen und ? 6
Amtsblatt des Bundcsininistcriums für Post und Telekommunikation. Nr. 8 vom 12.04.1995. S. 543 f. § 27 PostG lautete bis zum 31.12.1994 wie folgt: "Die Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund des § 30 des Postverrassuiigsgcsct7.es vom 8. Juni 1989 (BGBl I S. 1026) erlassenen Rechtsverordnungen sowie die von der Deutschen Bundespost POSTDIENST und der Deutschen Bundespost P O S T B A N K veröffentlichten Geschäftsbedingungen und Leistungscnlgclle gelten auch für den Postverkehr mit Gebieten außerhalb des Gellungsbcreichs des Grundgesetzes. Dies gilt nicht, soweit die für diesen Verkehr bestellenden Verträge und Abkommen und die zu ihrer Durchführung ergangenen Gesetze und Verordnungen eine andere Regelung treffen."
Der rechtlich-institmionelle
Rahmen
77
e b e n s o a u c h V o r s c h r i f t e n zur R e g e l u n g solcher R e c h t s f r a g e n , d e n e n - wie etwa der V e r p f l i c h t u n g z u r W a h r u n g des P o s t g e h e i m n i s s e s o d e r der F e s t l e g u n g e t w a i g e r B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t e - vornehmlich eine innerstaatliche B e d e u t u n g z u k o m m t ' 7 . D e m z u f o l g e enthält die S a t z u n g des W e l t p o s t v e r e i n s eine Generalklausel für diese materiell-rechtliche L ü c k e bereit Hierin ist festgelegt, d a ß "die B e s t i m m u n g e n der V e r t r ä g e des Vereins die R e c h t s v o r s c h r i f t e n d e s Mitgliedslandes insoweit u n b e r ü h r t lassen, als diese V e r t r ä g e nicht ausdrücklich eine a n d e r e R e g e l u n g treffen" (Artikel 2 4 der Satz u n g d e s W e l t p o s t v e r e i n s ) Diese Generalklausel setzt daher implizit b e s t e h e n d e innerstaatliche R e g e l u n g e n der einzelnen Vereinsländer v o r a u s , die sich bereits nach nationalem Recht s o w o h l auf den rein postalischen B i n n e n v e r k e h r als auch auf d e n g r e n z überschreitenden Postverkehr erstrecken Eine e n t s p r e c h e n d e klarstellende R e g e l u n g 8 für den g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n P o s t v e r kehr aus und n a c h Deutschland ist h e u t e in § 27 P o s t G enthalten. Materiell-rechtlich bestimmt diese R e g e l u n g ausdrücklich, d a ß der nach § 2 P o s t G b e s t e h e n d e B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t auch f ü r den P o s t v e r k e h r mit Gebieten außerhalb d e s G e l t u n g s b e r e i c h s des G r u n d g e s e t z e s gilt. S c h o n an f r ü h e r e r Stelle (III 3 ) w u r d e a u f die A u s n a h m e r e g e l u n g hingewiesen, w o nach der d a m a l i g e B u n d e s m i n i s t e r für d a s P o s t - und F e r n m e l d e w e s e n im J a h r e 1985 festgelegt hatte, d a ß die D e u t s c h e B u n d e s p o s t ihren M o n o p o l a n s p r u c h nicht auf den g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r bezieht, w e n n die S e n d u n g e n d u r c h Kuriere b e f ö r d e r t werden. Diese R e g e l u n g w u r d e ebenfalls A n f a n g 1994 d u r c h eine gleichlautende Allgemeingen e h m i g u n g g e m ä ß § 2 A b s 4 P o s t G ( B e f r e i u n g ) d e s B u n d e s m i n i s t e r i u m s für Post u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n ersetzt ( V f g 4 2 / 1 9 9 4 ) '' Sie bezieht sich auf d e n g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n V e r k e h r , w e n n die B e f ö r d e r u n g d u r c h K u r i e r e v o r g e n o m m e n wird, die die einzeln n a c h g e w i e s e n e n S e n d u n g e n a u f d e m W e g v o m A b s e n d e r z u m E m p f ä n g e r ständig begleiten u n d nötigenfalls über eigene D i s p o s i t i o n s b e f u g n i s hinsichtlich B e f ö r d e r u n g s w e g und B e f ö r d e r u n g s m i t t e l v e r f ü g e n E s soll an dieser Stelle auch d a r a u f h i n g e w i e s e n w e r d e n , d a ß im Z u s a m m e n h a n g mit d e m g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n P o s t v e r k e h r seit einigen Jahren die Zulässigkeit des s o g "Remailings" diskutiert wird. Die sog. "Remailer" sind international t ä t i g e T r a n s p o r t f i r men, die bisher v o r allem im G ü t e r t r a n s p o r t oder beim Erbringen v o n Kurierdienstleis t u n g e n tätig w a r e n Sie v e r s u c h e n z u n e h m e n d , freie T r a n s p o r t k a p a z i t ä t e n d u r c h die B e f ö r d e r u n g v o n M a s s e n s e n d u n g e n (Auslandsbriefe, M a s s e n d r u c k s a c h e n ) auszulasten A u f die ö k o n o m i s c h e n Hintergründe 8 0 und die rechtlich g e f ü h r t e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n zu diesem T h e m a kann hier nicht hinreichend e i n g e g a n g e n w e r d e n . D a das Remailing11
Deutscher Bundestag. Drs. V/3295. S. 10. Vgl. ebenda. S. 27. 19 Amtsblatt des Bundesininistcriunis für Post und Telekommunikation Nr. 4 v o m 2.1.02.1994. S. 198 80 Vgl. Stumpf, U.: Remailing in (he European Comnumi(y: E c o n o m i c Analysis of Alternative Regulator)' Environments. Diskussionsbeiträge des Wissenschaftlichen Ins(itu(s für Koinmunikationsdienste. Nr. 89. Bad Honnef 1992. n
78
Teil I:
Einführung
Problem nationalrechtliche (§ 2 PostG), gemeinschaftsrechtliche (Art 85 und 86 i.V. mit Art. 90 E G - V e r t r a g ) und völkerrechtliche (Art 25 Weltpostvertrag) Problemstellungen aufweist, soll hierzu auf weiterführende Literatur verwiesen w e r d e n "
III.6. Der Schutz des Befijrderungsvorbehalts im Postwesen durch das O r d n u n g s widrigkeitenrecht D e r rechtliche Schutz des Beförderungsvorbehalts ergibt sich aus § 25 Abs. 1 Nr. 1 P o s t G . Der Regelungsinhalt dieser Vorschrift ist im Rahmen des P T N e u O G beibehalten worden. Danach handelt ordnungswidrig, wer eine Einrichtung der in § 2 Abs. 1 P o s t G bezeichneten Art errichtet oder betreibt, ohne daß eine Befreiung vom Beförderungsvorbehalt erteilt ist. Die Ordnungswidrigkeit kann g e m ä ß § 25 Abs 2 P o s t G mit einer G e l d b u ß e von bis zu 10000,- D M geahndet werden, das der Höhe nach den vom Täter aus der verbotenen Betätigung erzielten wirtschaftlichen Vorteil überwiegen soll (§ 17 Abs 4 Satz 1 O W i G ) In schwerwiegenden Fällen kann dieses H ö c h s t m a ß auch g e m ä ß § 25 Abs. 2 P o s t G in Verbindung mit § 17 Abs 4 Satz 2 O W i G überschritten werden 8 2 D a n e b e n kann ein V e r s t o ß gegen den Beförderungsvorbehalt des § 2 P o s t G unter bestimmten Voraussetzungen einen Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb, § 1 des G e setzes gegen den unlauteren Wettbewerb, darstellen Das wettbewerbsrechtliche Verfahren ist jedoch von dem Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 P o s t G unabhängig 8 1 . Die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Postbereich liegt g e m ä ß § 25 Abs 4 i.V. mit § 3 6 Abs 1 Nr 1 O W i G beim Bundesminister f ü r Post und Telekommunikation, der allerdings g e m ä ß § 25 Abs. 4 Satz 2 P o s t G i.V. mit § 36 Abs. 3 O W i G seine Zuständigkeit durch Rechtsverordnung, die nicht der Z u s t i m m u n g des Bundesrates bedarf, auf eine andere B e h ö r d e oder sonstige Stelle übertragen kann Eine solche Übertragung ist durch die "Verordnung zur Änderung der Vero r d n u n g über die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 25 des Gesetzes über das Postwesen" vom 23.12 19928'1 erfolgt Danach wurde diese Zuständigkeit vom Bundesminister für Post und Telekommunikation übertragen an das Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT), Mainz, eine dem Ministerium nachgeordnete Bundesoberbehörde N e b e n diesem Schutz durch das Ordnungswidrigkeitenrecht besitzt die Deutsche B u n despost P O S T D I E N S T bzw. die Deutsche Post A G - wie von der Rechtsprechung jüngst 81
Vgl etwa Piageniann. J.: Die Deutsche Bundespost im Licht des Europäischen Gcnicinschaflsrechts. in: Pctcr. J / Rhein. K.-U. (Hrsg.): Wirtschart u n d RcclU. 29. T a g u n g der wissenschaftlichen Mitarbeiter der F a c h r i c h t u n g "Öffentliches Recht" 1989. Osnabrück 1989. S 213 (239). 82 Vgl. Müssig. P.: Z u r Rcchtsnatur des postrechllichen Befördcningsvorbchaltcs g e m ä ß § 2 PostG, A r c h i v P F 1990. S. 23 (27). 81 Vgl. insbesondere die auf § 1 U W G gestützte wctlbcwcrbsrcchllichc Unterlassungsklage der Deuts c h e n Bundespost P O S T D I E N S T gegen die Firma D H L Worldwidc Express, die erstinstanzlich zug u n s t e n der D B P P O S T D I E N S T entschieden w urde ( L G Köln. Urteil vom 19.01.1993 (3 I O 323/92) nicht rechtskräftig). 84 B G B l . I S 2494.
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
79
entschieden 85 - keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage zum Erlaß einer Untersagungsverfügung, d h. eines Verwaltungsaktes, gegen Unternehmen, die durch ihre Dienstleistungen gegen das Beförderungsmonopol der Deutschen Bundespost POSTD I E N S T bzw. der Deutschen Post AG verstoßen Die Rechtsprechung verweist die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T bzw. die Deutsche Post AG insoweit auf die Möglichkeit, Verstöße gegen den Beförderungsvorbehalt repressiv durch Verhängung eines Bußgeldes zu ahnden Die Ausschöpfung dieser Möglichkeit stelle nach Ansicht des Gerichts ein wirksames Mittel zur Unterbindung der von der Bundespost beanstandeten Aktivitäten dar 86 . Die Formulierungen des Gerichts an dieser Stelle lassen darauf schließen, daß das O V G die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T als zuständig für die Verfolgung und Ahndung von derartigen Verstößen erachtet hat. Diese Gleichsetzung entspricht jedoch wie unter II.2. ausgeführt - nicht mehr der Aufgabentrennung nach dem PostStruktG in die hoheitliche Bundesverwaltung (Bundesministerium für Post und Telekommunikation bzw. B A P T ) und für die unternehmerischen, betrieblichen Aufgaben das öffentliche Unternehmen Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T , ein Teilsondervermögen des Bundes. Infolgedessen ist die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T nach dem PostStruktG gerade nicht mehr zur verwaltungsrechtlichen Verfolgung von Reclitsverstößen ihrer Mitwettbewerber befugt Dies gilt auch für die heutige Deutsche Post AG nach Inkrafttreten der Postreform II. Diese hoheitliche Aufgabe liegt vielmehr beim B M P T bzw. wurde durch Rechtsverordnung an das BAPT weiterübertragen. Ebenso fehl geht das Gericht in der Bemerkung, daß ein im Zusammenhang mit § 25 Abs 1 und 2 PostG verhängtes Bußgeld "zur Postkasse vereinnahmt wird" 8 . Eine derartige zusätzliche Finanzierung des Posthaushaltes aus Bußgeldern gegen Konkurrenten würde nach der Postreform des Jahres 1989 allgemein rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen. Demzufolge fließen diese Bußgelder im Zusammenhang mit Verstößen gegen den Beförderungsvorbehalt heute 88 gemäß § 90 Abs 2 Satz 1 OWiG in die Bundeskasse
IV. Marktaufsicht im Postsektor - die Regiilierungsbefugiiisse des Bundesministeriunis für Post und Telekommunikation I V . l . Überblick Seit der Neustrukturierung des Post- und Telekommunikationsmarktes durch die Postreform des Jahres 1989 werden die politisch-hoheitlichen Aufgaben vom Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT) wahrgenommen. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation ist dem Parlament im Rahmen seiner Einwirkungsmöglichkeiten politisch verantwortlich für den Postmarkt In diesem Zusammenhang fungierte er bisher in einer Doppelrolle: 85
OVG NW. Urleil vom 26.02.1993 - 13 A 175/92 -. DVB1. 1993. S. 1321 ff. Das Urteil isl nicht rechtskräflig. Vgl. hierzu auch oben III. 1 86 OVG NW. Urteil vom 26.02.1993 - 13 A 175/92 -. DVBI. 1993. S. 1321 (1323). 87 OVG NW. Urteil vom 26.02.1993 - 13 A 175/92 -. DVBI. 1993. S. 1321 (1.323). 88 Die frühere, noch in § 25 Abs. 5 PoslG in der Fassung vom 28 07.1969 enthaltene Vereinnahmung der Bußgelder zur Poslkasse sieht das Postgeselz in der Fassung vom 01.07.1989 nicht mehr vor.
80
Teil I: Einführung
1. als Regulierungsbehörde für den Postmarkt in Deutschland und regelte insbesondere den Umfang der ausschließlichen Rechte der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T , 2. im N a m e n der Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer der öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST, Deutsche Bundespost P O S T B A N K und D e u t s c h e Bundespost T E L E K O M und nahm die entsprechenden Kontroll- und Mitwirkungsrechte gegenüber den Unternehmen der Deutschen Bundespost wahr. Grundsätzlich waren bei dieser Doppelfunktion des B M P T als Eigentümer und Regulierer Interessenkonflikte denkbar. Die Versagung einer Tariferhöhung im Rahmen der Preisregulierung hätte beispielsweise in der Regel zu Umsatz- und Gewinneinbußen bei der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T geführt Derartige Konfliktlagen waren jedoch im Rahmen der bisherigen Postverfassung vorgezeichnet. Wenngleich nach dem P T N e u O G die Gründung der Deutschen Post A G erfolgt ist, so ist die Doppelrolle der Regulierungsbehörde nicht absolut beseitigt. Allerdings dürften sich mögliche Interessenkonflikte strukturell bedingt deutlich vermindern Der B M P T verfugte nach dem PostVerfO aber auch heute noch nach dem P T R e g G über eine Reihe von gesetzlich vorgegebenen, spezifischen Regulierungsinstrumenten gegenüber dem öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T bzw. der Deutschen Post A G als dem dominanten Anbieter im Postmarkt. Vergleichbare Regulierungsbefugnisse des B M P T gegenüber privaten Wettbewerbern der Bundespost bestehen weder nach dem Postgesetz noch nach dem Postverfassungsgesetz/ PTRegG. Die Marktaufsicht im Postmarkt erfolgt daher vor allem gegenüber dem öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T / Deutsche Post A G Insbesondere die im folgenden dargestellten Regulierungsinstrumente können im Rahmen der Marktaufsicht durch den B M P T formuliert und fortentwickelt werden
IV.2. Marktzutrittsbeschräiikungeii und Schutz des Beforderungsvorbehalts Bereits unter III. 1.-III 6 wurden ausführlich die derzeit bestehenden Marktzutrittsbeschränkungen nach § 2 PostG für die entgeltliche Beförderung von schriftlichen Mitteilungen oder sonstigen Nachrichten von Person zu Person behandelt, f ü r die der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T / Deutsche Post A G gesetzlich ein Monopol eingeräumt wurde. Dagegen bestehen im Frachtbereich, d.h für die Beförderung von Paketen und Päckchen (Kleingut bis 31,5 kg), keine Marktzutrittsbeschränkungen. Eine administrative Marktöffnung im Rahmen von § 2 Abs. 1 PostG ist durch den B M P T ferner für Kurierdienstunternehmen erfolgt, sofern diese f ü r die Beförderung einen Mindestpreis von 10,- D M pro Sendung beachten oder die Beförderung grenzüberschreitend erfolgt (vgl oben III 3 ). Die Folge der Marktzutrittsbeschränkungen ist allerdings der Schutz des Beförderungsvorbehalts durch eine entsprechende Ahndung von Verstößen - eine Aufgabe, die dem B M P T u.a. im Rahmen der Marktaufsicht obliegt (vgl. dazu oben III.6.)
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
81
IV.3. Erlaß v o n R e c l i t s v e r o r d i i u n g e n D a s P o s t V e r f G e r m ä c h t i g t e die B u n d e s r e g i e r u n g z u m Erlaß v o n drei v e r s c h i e d e n e n R e c h t s v e r o r d n u n g e n , nämlich g e m ä ß - § 3 0 Abs. 1 P o s t V e r f G z u m E r l a ß v o n R a h m e n v o r s c h r i f t e n f ü r die I n a n s p r u c h n a h m e v o n Dienstleistungen d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T z u m S c h u t z d e r K u n den; - § 3 0 Abs. 2 P o s t V e r f G z u m Erlaß v o n V o r s c h r i f t e n zum D a t e n s c h u t z u n d - § 2 5 Abs. 2 P o s t V e r f G z u r B e s t i m m u n g von Pflichtleistungen Die d a n a c h erlassenen R e c h t s v e r o r d n u n g e n gelten heute zunächst fort D a s P T R e g G enthält v e r g l e i c h b a r e E r m ä c h t i g u n g s g r u n d l a g e n in § 8 (Pflichtleistungen), § 9 ( V e r b r a u c h e r s c h u t z v e r o r d n u n g ) , § 10 ( D a t e n s c h u t z v e r o r d n u n g ) D i e s e R e c h t s v e r o r d n u n g e n nach d e m P o s t V e r f G bzw. P T R e g G w e r d e n z w a r v o n d e r B u n d e s r e g i e r u n g , d h v o m B u n d e s k a b i n e t t erlassen, der B M P T hat j e d o c h im V e r o r d n u n g s g e b u n g s v e r f a h r e n die F e d e r f ü h r u n g unter den R e s s o r t s und entwickelt d a h e r m a ß geblich die R e g u l i e r u n g d e s P o s t m a r k t e s . F e r n e r f ü h r t der B M P T b e i m E r l a ß dieser V e r o r d n u n g e n die A n h ö r u n g e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T / D e u t s c h e P o s t A G d u r c h und beteiligt den I n f r a s t r u k t u r r a t / R e g u l i e r u n g s r a t
IV.4. F e s t l e g u n g v o n mittel- u n d l a n g f r i s t i g e n U n t e r n e l i m e n s z i e l e n D a s P o s t V e r f G e r m ä c h t i g t e nach § 25 A b s 1 P o s t V e r f G den B M P T , die für die E n t w i c k l u n g d e s P o s t - u n d F e r n m e l d e w e s e n s n o t w e n d i g e n und die z u r W a h r u n g der G r u n d sätze der Politik der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d b e d e u t s a m e n mittel- u n d langfristigen Ziele f ü r d i e D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T f e s t z u l e g e n D e r a r t i g e politische Zielv o r g a b e n sind f ü r das öffentliche U n t e r n e h m e n D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T bis E n d e 1993 nicht erlassen worden. 8 9 D a s P T R e g G sieht eine vergleichbare E r m ä c h t i g u n g des B M P T g e g e n ü b e r d e r D e u t s c h e n P o s t A G nicht mehr v o r
IV.5. G e n e h n i i g i i n g s r e c l i t e D i e in § 28 Abs. 1 P o s t V e r f G enthaltenen G e n e h m i g u n g s r e c h t e e r m ö g l i c h t e n es d e m B M P T bisher, in b e s t i m m t e betriebswirtschaftliche E n t s c h e i d u n g e n d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T einzugreifen. N a c h dieser B e s t i m m u n g m u ß t e n A u f s i c h t s r a t s b e schlüsse d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T nach § 23 Abs. 3 P o s t V e r f G , w i e z.B. die Feststellung des W i r t s c h a f t s p l a n s , die F e s t l e g u n g des Jahresabschlusses, die 89
Die "Politischen Zielvorgaben für die Deutsche Bundespost POSTDIENST" wurden als Verwallungsvorschrift am 18.02.1994 erlassen, vgl. Amtsblatt des Bundesminislcriums für Post und Telekommunikation Nr. 5. vom 09.03.1994. S. 239 f.
82
Teil 1: Einführung
E n t l a s t u n g d e s V o r s t a n d s , die F e s t l e g u n g d e r L e i s t u n g s e n t g e l t e im M o n o p o l b e r e i c h "Briefdienst" o d e r die G r ü n d u n g v o n T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e n v o m B M P T g e n e h m i g t w e r den. D e r BMüPT k o n n t e e n t s p r e c h e n d § 2 8 Abs. 1 S a t z 2 P o s t V e r f G die G e n e h m i g u n g v e r s a g e n , w e n n ein B e s c h l u ß des Aufsichtsrats im Interesse d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d nicht v e r a n t w o r t e t werden k o n n t e oder bei einem B e s c h l u ß d e s A u f s i c h t s rats die B e s t i m m u n g e n dieses G e s e t z e s u n d d e r allgemeinen R e c h t s v o r s c h r i f t e n nicht b e a c h t e t w u r d e n . V e r g l e i c h b a r e G e n e h m i g u n g s r e c h t e des B M P T b e s t e h e n n a c h d e m P T R e g G h e u t e nur n o c h f ü r Leistungsentgelte und e n t g e l t r e l e v a n t e Bestandteile der Allg e m e i n e n G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n im M o n o p o l b e r e i c h des P o s t w e s e n s (§ 4 P T R e g G ) . D i e s e R e c h t s ä n d e r u n g e n b e r u h e n materiell auf der e r f o l g t e n U m w a n d l u n g d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t in A k t i e n g e s e l l s c h a f t e n .
IV.6. W i d e r s p r u c h s r e c h t e In § 2 8 Abs. 2 P o s t V e r f G w a r d e m B M P T ein W i d e r s p r u c h s r e c h t e i n g e r ä u m t w o r d e n g e g e n ü b e r V o r l a g e n des V o r s t a n d s über f ü r die wirtschaftliche E n t w i c k l u n g d e s U n t e r n e h m e n s w e s e n t l i c h e Leistungsentgelte f ü r Pflichtleistungen Dieses W i d e r s p r u c h s r e c h t k o n n t e nach e n t s p r e c h e n d e r Beteiligung d e s I n f r a s t r u k t u r r a t e s ( § § 3 4 und 3 5 P o s t V e r f G ) innerhalb v o n drei M o n a t e n nach Eingang d e r V o r l a g e a u s g e ü b t w e r d e n D e r B M P T h a t t e dabei d a s B e n e h m e n mit d e m Bundesminister f ü r W i r t s c h a f t herzustellen D a f ü r d e n P o s t m a r k t erst A n f a n g des J a h r e s 1994 Pflichtleistungen für die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T festgelegt w o r d e n sind, ist das W i d e r s p r u c h s r e c h t bisher n o c h nicht a u s g e ü b t w o r d e n Ein vergleichbares W i d e r s p r u c h s r e c h t des B M P T ist h e u t e in § 4 Abs. 3 P T R e g G enthalten.
IV. 7. F e s t l e g u n g v o n M a ß n a h m e n z u r B e s e i t i g u n g v o n W e t t b e w e r b s b e e i n t r ä c l i t i guIlgen a n d e r e r U n t e r n e h m e n S o w e i t B e e i n t r ä c h t i g u n g e n v o n W e t t b e w e r b e r n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T d u r c h eine a n h a l t e n d e K o s t e n u n t e r d e c k u n g in W e t t b e w e r b s b e r e i c h e n d e r D e u t schen B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T ohne sachlich g e r e c h t f e r t i g t e n G r u n d festgestellt w e r den sollten, s o w a r der B M P T g e m ä ß § 37 A b s 4 P o s t V e r f G b e f u g t , im B e n e h m e n mit d e m B u n d e s m i n i s t e r für W i r t s c h a f t die erforderlichen M a ß n a h m e n z u r Beseitigung dieser W e t t b e w e r b s b e e i n t r ä c h t i g u n g e n zu treffen 9 ". E i n e v e r g l e i c h b a r e B e s t i m m u n g ist h e u t e in § 7 P T R e g G enthalten
IV.8. P r e i s r e g u i i e r u n g A u f die P r e i s r e g u l i e r u n g ist bereits im Z u s a m m e n h a n g mit den G e n e h m i g u n g s r e c h t e n des B M P T n a c h § 2 8 Abs. 1 i.V. mit § 23 Abs 3 Nr. 4 P o s t V e r f G hingewiesen w o r d e n . 90
Vgl. kritisch zu der Rcgulicningsbefugnis nach !j 37 A b s Rechtsfragen grenzüberschreitender Dalenflüsse. S 3 3 7 ff.
4 PostVerfG Bothc. M./ Kilian. W.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
83
D a n a c h u n t e r l a g e n B e s c h l ü s s e des A u f s i c h t s r a t e s über "die L e i s t u n g s e n t g e l t e im Briefdienst" ( § 23 Abs. 3 Nr. 4 P o s t V e r f G ) der G e n e h m i g u n g d u r c h den B u n d e s m i n i s t e r f ü r P o s t u n d T e l e k o m m u n i k a t i o n ( § 2 8 A b s 1 P o s t V e r f G ) b z w im Falle der beabsichtigten V e r s a g u n g der G e n e h m i g u n g , der v o r h e r i g e n B e s c h l u ß f a s s u n g d u r c h den I n f r a s t r u k t u r r a t ( § 3 4 Abs. 2 N r 1, § 35 P o s t V e r f G ) G e n e h m i g u n g s p f l i c h t i g w a r e n nach den g e n a n n t e n B e s t i m m u n g e n "die L e i s t u n g s e n t g e l t e im Briefdienst" der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T . D i e s e R e g e l u n g für d e n P o s t b e r e i c h unterschied sich v o n d e r R e c h t s l a g e im T e l e k o m m u n i k a t i o n s b e r e i c h d a d u r c h , d a ß in § 23 Abs. 3 P o s t V e r f G nicht a u f "die M o n o p o l d i e n s t l e i s t u n g e n im P o s t b e reich", s o n d e r n auf den "Briefdienst" B e z u g g e n o m m e n w u r d e H i e r d u r c h e n t s t a n d eine g e w i s s e Rechtsunsicherheit, d a eine n ä h e r e Definition, w e l c h e L e i s t u n g e n u n t e r "Briefdienst" z u verstehen sind, im P o s t V e r f G fehlte D a h e r b e d u r f t e es z u r A n t w o r t a u f die F r a g e , w e l c h e k o n k r e t e n Dienstleistungen im P o s t m a r k t v o n d e r P r e i s r e g u l i e r u n g b z w . v o m T a r i f g e n e h m i g u n g s r e c h t des B M P T e r f a ß t waren, z u n ä c h s t der I n t e r p r e t a t i o n d e s in § 2 3 Abs. 3 P o s t V e r f G e r w ä h n t e n B e g r i f f s "Briefdienst". Die praktische B e d e u t u n g dieses P r o b l e m s w u r d e bei der Z u o r d n u n g b e s t i m m t e r P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n z u m preisregulierten o d e r unregulierten Bereich deutlich, die über d e n S t a n d a r d b r i e f hinausgingen, w i e z B. I n f o p o s t ( M a s s e n d r u c k s a c h e n ) , W a r e n s e n d u n g e n , Einschreibeentgelte, P ä c k c h e n etc. Im R a h m e n der P o s t r e f o r m II ist diese A b w e i c h u n g insofern bereinigt w o r d e n , als d a s G e n e h m i g u n g s r e c h t des B M P T in § 4 P T R e g G n u n m e h r einheitlich a u f die „ L e i s t u n g s e n t g e l t e im M o n o p o l b e r e i c h der T e l e k o m m u n i k a t i o n und des P o s t w e s e n s " abstellt
IV.9. Q u a l i t ä t s r e g u l i e r i i n g Bei Dienstleistungen, die d u r c h d e n W e t t b e w e r b beeinflußt w e r d e n , stellt sich die j e weilige Qualität a u f g r u n d der b e k a n n t e n M a r k t g e s e t z e ein Für den M o n o p o l b e r e i c h d e r D e u t s c h e n B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T / D e u t s c h e P o s t A G besteht d a h e r grundsätzlich ein staatlicher H a n d l u n g s b e d a r f im Hinblick a u f die Sicherstellung einer Dienstleistungsqualität, d i e d e n W ü n s c h e n der K u n d e n entspricht. Der B M P T als R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e m u ß hierbei - ähnlich wie bei der F e s t l e g u n g d e r L e i s t u n g s e n t g e l t e im Briefdienst ( M o n o p o l b e r e i c h ) - eine S u b s t i t u t i o n s f u n k t i o n für d e n W e t t b e w e r b ü b e r n e h m e n . A n d e r e r s e i t s sind Qualität u n d Preis einer Dienstleistung e n g v o n e i n a n d e r a b h ä n g i g . Im Z u s a m m e n h a n g mit d e r R e g u l i e r u n g d e r M o n o p o l t a r i f e erhält die Qualitätsregulier u n g eine b e s o n d e r e B e d e u t u n g , da d a s öffentliche U n t e r n e h m e n D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T / D e u t s c h e Post A G v e r s u c h e n k ö n n t e , die T a r i f r e g u l i e r u n g im M o n o p o l bereich d u r c h eine V e r ä n d e r u n g bei d e r Dienstleistungsqualität zu u m g e h e n . Beispielsw e i s e k ö n n t e theoretisch a u s Anbietersicht eine v e r s a g t e G e n e h m i g u n g einer T a r i f e r h ö h u n g im Briefdienst d u r c h eine V e r s c h l e c h t e r u n g d e r Laufzeitqualität k o m p e n s i e r t w e r den.
84
Teilt.
Einführung
Aus diesen Gründen bedarf es - parallel zur Regulierung der Monopoltarife - auch einer entsprechenden Qualitätsregulierung seitens der Regulierungsbehörde. Als eine F o r m der Qualitätsregulierung w u r d e in einem ersten Schritt vom B M P T in den vergangenen zwei Jahren ein Laufzeitmeßsystem entwickelt und eingeführt". Hierdurch soll die Diskussion um die Leistungsfähigkeit der Deutschen Bundespost P O S T D I E N S T / D e u t s c h e Post A G auf eine wissenschaftlich abgesicherte und damit objektive Grundlage gestellt werden.
IV.10. Allgemeine ministerielle Reclitsaufsicht § 2 7 P o s t V e r f G enthielt die Befugnis des B M P T , die Reclitsaufsicht über die O r g a n e der D e u t s c h e n Bundespost P O S T D I E N S T durchzuführen. Die Rechtsaufsicht richtete sich auf die Bestimmungen des PostVerfG und die allgemeinen Rechtsvorschriften Diese allgemeine, subsidiäre Kontrollbefugnis war auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der O r g a n e beschränkt, sie berechtigte jedoch nicht zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit von Maßnahmen 9 2 . Darüber hinaus wurde § 2 7 P o s t V e r f G auch als Ermächtigung des B M P T zu präventiven Weisungen angesehen 5 ", w o z u beispielhaft auf die Festlegung von Grundsätzen zur unternehmensinternen Verrechnung hingewiesen werden soll 51 . N a c h der erfolgten Privatisierung der Deutschen Bundespost im Rahmen des P T N e u O G steht dem B M P T die Reclitsaufsicht über die Deutsche Post A G nicht mehr zu. In § 3 P T R e g G w u r d e j e d o c h eine komplementäre Rechtsvorschrift eingeführt, w o nach der B M P T das Verhalten von Personen g e m ä ß den Vorschriften des P T R e g G und des PostG, soweit diesen ausschließliche Rechte g e m ä ß § 2 Abs l P o s t G zustehen, überwacht.
IV.11. A u f g a b e i l des Bundesamtes f ü r Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n D a s Bundesamt für Post und Telekommunikation ( B A P T ) w u r d e am 0 1 . 0 6 . 1 9 9 0 als eine d e m Bundesministerium für Post und Telekommunikation nachgeordnete Bundeso b e r b e h ö r d e mit Sitz in Mainz eingerichtet" D a s B A P T nimmt vorwiegend hoheitliche A u f g a b e n im Bereich des Postmarktes wahr Im Postsektor ist das B A P T insbesondere mit folgenden Aufgaben aus dem Bereich der Marktaufsicht unterstützend für das Bundesministerium für Post und Telekommunikation tätig: 91
Vgl Amtsblatt des Bundesininisteriums für Post lind Telekommunikation. Nr. 15 vom 21.07.1993, S. 347; ohne Verfasser: Postministerium läßt Bricnaufzcitcn messen. Post Politische Information, Oktober '92. S. 6. 92 Fangmann. H./ Scheurle. W. / Schwemmte. M. / Weimer. E.: Handbuch für Post und Telekommunikation. Poststruklurgeselz. Basiskoinmenlar. Köhl 1990. § 27 Ru. 6. 10. 9 ' Ossenbühl. F.: Die Übertragung der Befugnis zur Ausübung der fcriuncldcrechtlichcn Ausschließlichkeitsrechte. ArchivPF 1991. S. 141 (156). 91 Vgl. die Vfg. des B M P T 33/1991 "Grundsätze zur Schaffung chanccngleicher Wettbewerbsbedingungen bei der Verrechnung untcrnchincnsinterncr und zwischenuntcrnchmcrischer Leistungen der drei DBP-Unternehmen". Amtsblatt des Bundesministers für Post und Telekommunikation. Nr. 13 vom 21.02.1991. S. 435. 9S Amtsblatt des Bundesministers für Post und Telekommunikation. Nr. 49 vom 31 05.1990. S. 814.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
- B e o b a c h t u n g der M ä r k t e f ü r P o s t - u n d P o s t b a n k d i e n s t l e i s t u n g e n hinsichtlich D i e n s t l e i s t u n g s a n g e b o t e und der Regulierungspolitik im In- und Ausland;
85
der
- Z u s t ä n d i g k e i t f ü r die V e r f o l g u n g und A h n d u n g v o n O r d n u n g s w i d r i g k e i t e n im P o s t b e reich g e m ä ß § 2 5 P o s t G ; - E n t w i c k l u n g eines L a u f z e i t m e ß s y s t e m s im Briefdienst.
V. Das R e c h t d e r E u r o p ä i s c h e n U n i o n im P o s t m a r k t V . l . D i e n s t l e i s t u i i g s f r e i h e i t - A r t . 59 ff. E G - V e r t r a g Die R e c h t s v o r s c h r i f t e n z u r Dienstleistungsfreiheit d e s E G - V e r t r a g e s (Art. 5 9 ff ) verpflichten die Mitgliedstaaten unmittelbar z u r G l e i c h b e h a n d l u n g aller A n g e h ö r i g e n der E u r o p ä i s c h e n Union ( E U ) . Sie v e r f o l g e n eine d o p p e l t e Zielrichtung: Z u m einen g e w ä h r leisten sie die Dienstleistungsfreiheit v o n A u s l ä n d e r n im Inland, z u m anderen bieten sie Inländern die Möglichkeit, im Ausland tätig zu w e r d e n (Prinzip der I n l ä n d e r b e h a n d l u n g ) Die Dienstleistungsfreiheit erstreckt sich allein a u f einen gleichberechtigten Z u g a n g von A u s l ä n d e r n und Inländern zu den E r w e r b s t ä t i g k e i t e n D a r ü b e r hinaus w e r d e n v o n Art. 59 ff. E G - V e r t r a g diejenigen Dienstleistungen nicht erfaßt, die allein im Inland, d.h. nicht g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d , erbracht w e r d e n N a c h h e r r s c h e n d e r A u f f a s s u n g sind nationale D i e n s t l e i s t u n g s m o n o p o l e mit den V o r schriften zur Dienstleistungsfreiheit vereinbar S o w o h l in der R e c h t s p r e c h u n g als a u c h im S c h r i f t t u m wird die Zulässigkeit nationaler D i e n s t l e i s t u n g s m o n o p o l e a n e r k a n n t D a h e r f u h r e n die B e s t i m m u n g e n z u r Dienstleistungsfreiheit nicht a u t o m a t i s c h zur U n v e r e i n barkeit d e s d e u t s c h e n B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t s g e m ä ß § 2 A b s 1 P o s t G b z w des § 2 Abs. 1 i.V. mit § 2 7 P o s t G für die g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e P o s t b e f ö r d e r u n g mit E G - R e c h t Hierbei handelt es sich u m Dienstleistungen, von d e n e n Inländer w i e A u s l ä n d e r gleichermaßen ausgeschlossen werden können.
V.2. W e t t b e w e r b s r e g e l n - Art. 85 ff. E G - V e r t r a g U n t e r den W e t t b e w e r b s r e g e l n des E G - V e r t r a g e s sind die Art. 85 ( V e r b o t w e t t b e w e r b s b e h i n d e r n d e r V e r e i n b a r u n g e n und a b g e s t i m m t e r V e r h a l t e n s w e i s e n ) u n d Art. 86 E G - V e r t r a g ( M i ß b r a u c h einer m a r k t b e h e r r s c h e n d e n Stellung) b e s o n d e r s h e r v o r z u h e b e n . D a g e m ä ß Art. 90 Abs 1 E G - V e r t r a g auch öffentliche U n t e r n e h m e n mit einer gesetzlichen M o n o p o l s t e l l u n g d e n V e r t r a g s b e s t i m m u n g e n unterliegen, finden die W e t t b e w e r b s regeln a u c h a u f die D e u t s c h e B u n d e s p o s t P O S T D I E N S T A n w e n d u n g . Die E G - K o m mission kann bei V e r s t ö ß e n gegebenenfalls g e g e n das b e t r e f f e n d e öffentliche U n t e r n e h m e n v o r g e h e n - w e n n der V e r s t o ß u n t e r n e h m e r i s c h e s V e r h a l t e n betrifft - oder g e g e n den Mitgliedstaat - w e n n der V e r s t o ß auf g e s e t z l i c h e n V o r g a b e n b z w . hoheitlichen E n t s c h e i d u n g e n der R e g u l i e r u n g s b e h ö r d e b e r u h t . A u s w e t t b e w e r b s p o l i t i s c h e r Sicht wirkt die E G - K o m m i s s i o n damit quasi als A u f s i c h t s b e h ö r d e bei d e r D u r c h s e t z u n g des E G Vertrages
86
Teil I: Einführung
V.3. B e s t i m m u n g e n für öffentliche Unternehmen - Art. 90 Abs. 2 EG-Vertrag Auf die Vorschrift des Art 90 Abs. 1 EG-Vertrag, der die Mitgliedstaaten in bezug auf öffentliche Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, den Wettbewerbsregeln des Vertrages unterstellt, wurde bereits hingewiesen. Daneben besteht mit Art. 90 Abs 2 EG-Vertrag eine weitere, wesentliche Bestimmung im Hinblick auf öffentliche Unternehmen. Die Bestimmung lautet wie folgt: "Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft " Durch die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrages darf folglich die Erfüllung der dem öffentlichen Unternehmen "übertragenen besonderen Aufgaben" rechtlich oder tatsächlich nicht verhindert werden Art 90 Abs. 2 EG-Vertrag ist im Hinblick auf die Monopolisierung von Postdienstleistungen bzw. den Postmarkt in einem jüngeren Urteil des E u G H in der Rechtssache "Paul Corbeau" ausgelegt worden 9 6 . Die Argumentation des Gerichts soll hier ausführlicher behandelt werden In dem genannten Streitfall war der Kaufmann Paul Corbeau, Lütticli, wegen eines Verstoßes gegen die belgischen Rechtsvorschriften über das Postmonopol angeklagt worden. Er erbrachte im Stadtgebiet von Lüttich und der näheren Umgebung Postdienstleistungen, indem er die Sendungen bei den Absendern einsammelte und verbindlich bis 12 Uhr des nächsten Tages zustellte. Die Sendungen für außerhalb dieses Gebiets wohnende Empfänger sammelte er ein und versandte sie anschließend auf dem Postwege Die belgische Postverwaltung verklagte ihn wegen eines Verstoßes gegen die belgischen Vorschriften über das Postmonopol, wonach der Régie des Postes, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, das ausschließliche Recht verliehen ist, im gesamten Königreich Belgien alle Postsendungen zu sammeln, zu befördern und zu verteilen und bei einem Verstoß gegen dieses ausschließliche Recht strafrechtliche Sanktionen vorgesehen sind In dem Vorabentscheidungsverfahren hat der E u G H durch Auslegung der Art. 86 i.V. mit Art 90 Abs. 1 und 2 EG-Vertrag u.a. entschieden, daß erstens die Mitgliedstaaten gemäß den Rechtsvorschriften des EG-Vertrages private Anbieter von speziellen Postdienstleistungen nur dann ausschließen dürfen, wenn durch ihren Marktzutritt die finanzielle Stabilität der normalen Postversorgung gefährdet würde, und daß zweitens die gewährten besonderen Rechte nicht umfangreicher sein dürfen, als dies im Interesse der besonderen Aufgabenstellung unbedingt erforderlich ist (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)" 7 .
96 97
EuGH. Urteil v o m 19.05.1993. (Rechtssache C - 3 2 0 / 9 2 : Paul Corbcau). EuZW 1993. S. 4 2 2 f. Vgl. EuGH. Urteil vom 19.05.1993. (Rechtssache C - 3 2 0 / 9 2 ; Paul Corbeau). EuZW 1993. S. 4 2 2 f.. 14. und 19. Erwägungsgrund.
Der rechtlich-institutionelle Rahmen
87
In seinem T e n o r stellte d e r E u G H fest: "Art 9 0 E W G V läßt es nicht zu, d a ß eine Reg e l u n g eines Mitgliedstaats, die einer O r g a n i s a t i o n wie der R é g i e des P o s t e s das ausschließliche Recht überträgt, P o s t s e n d u n g e n zu sammeln, zu b e f ö r d e r n u n d zu verteilen, es einem in diesem Staat niedergelassenen W i r t s c h a f t s t e i l n e h m e r u n t e r A n d r o h u n g strafrechtlicher S a n k t i o n e n untersagt, spezifische, von der Dienstleistung v o n allgemeinem Interesse t r e n n b a r e L e i s t u n g e n anzubieten, die b e s o n d e r e n B e d ü r f n i s s e n v o n Wirts c h a f t s t e i l n e h m e r n e n t s p r e c h e n u n d b e s t i m m t e zusätzliche L e i s t u n g e n verlangen, die der h e r k ö m m l i c h e Postdienst nicht anbietet, s o f e r n diese Dienstleistungen d a s wirtschaftliche G l e i c h g e w i c h t d e r v o m Inhaber d e s ausschließlichen R e c h t s ü b e r n o m m e n e n Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht in F r a g e stellen E s ist S a c h e des v o r l e g e n d e n Gerichts zu prüfen, ob die Dienstleistungen, um die es in d e m bei ihm anhängigen Rechtsstreit geht, diese Kriterien erfüllen." 9 8 Im E r g e b n i s ist daher das vorliegende Urteil für die k ü n f t i g e Postpolitik so z u verstehen, d a ß d a s a u f ein M o n o p o l g e s t ü t z t e D i e n s t l e i s t u n g s v e r b o t eines M i t g l i e d s t a a t e s dann g e g e n d a s G e m e i n s c h a f t s r e c h t v e r s t ö ß t , w e n n das V e r b o t sich u n t e r A n d r o h u n g von S a n k t i o n e n auf b e s t i m m t e Dienstleistungen e r s t r e c k t , die v o n d e n im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse erbrachten Dienstleistungen abtrennbar sind und die b e s o n d e r e n B e d ü r f n i s s e n entsprechen, weil sie z B v o m h e r k ö m m l i c h e n M o n o p o l d i e n s t nicht angeb o t e n w e r d e n , u n d d a d u r c h das wirtschaftliche Gleichgewicht des M o n o p o l i n h a b e r s fur die E r b r i n g u n g d e r b e s o n d e r e n A u f g a b e nicht in F r a g e gestellt wird. E s ist d a v o n a u s z u gehen, d a ß diese differenzierenden E r w ä g u n g e n die f o l g e n d e n D i s k u s s i o n e n u m den U m f a n g ausschließlicher R e c h t e im P o s t m a r k t b e s t i m m e n w e i d e n
V.4. S e k u n d ä r e s G e n i e i n s c h a f t s r e c l i t N e b e n d e n R e c h t s v o r s c h r i f t e n d e s E G - V e r t r a g e s ist s e k u n d ä r e s G e m e i n s c h a f t s r e c h t , wie e t w a Richtlinien o d e r V e r o r d n u n g e n , f ü r den P o s t m a r k t bis M i t t e 1995 w e d e r v o m Rat n o c h v o n der K o m m i s s i o n der E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n erlassen w o r d e n .
V.5. D a s G r ü n b u c h ü b e r die E n t w i c k l u n g des B i n n e n m a r k t e s f ü r P o s t d i e n s t e Seit e t w a 1989 b e f a ß t sich die E G - K o m m i s s i o n mit der E n t w i c k l u n g einer einheitlichen e u r o p ä i s c h e n Postpolitik Z u r w e i t e r e n Politikgestaltung v e r ö f f e n t l i c h t e die E G K o m m i s s i o n im Juni 1992 ihre V o r s c h l ä g e als " G r ü n b u c h über die E n t w i c k l u n g des Binn e n m a r k t e s für Postdienste" 9 9 . E s enthält eine B e s c h r e i b u n g des P o s t s e k t o r s , eine Z u s a m m e n f a s s u n g der P r o b l e m e u n d H e r a u s f o r d e r u n g e n , L ö s u n g s m ö g l i c h k e i t e n u n d verschiedene V o r s c h l ä g e f ü r die z u k ü n f t i g e e u r o p a w e i t e Postpolitik s o w i e den d a f ü r ben ö t i g t e n o r d n u n g s p o l i t i s c h e n R a h m e n Die V o r s c h l ä g e der E G - K o m m i s s i o n b e t r e f f e n im einzelnen:
98 99
EuGH. Urteil v o m 19.05.1993. (Rechtssache C - 3 2 0 / 9 2 : Paul Corbeau). E u Z W 1993. S. 422. Leitsatz. Grünbuch über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdiensle. Mitteilung der K o m m i s s i o n K O M ( 9 1 ) 476 endg v o m 11. Juni 1992.
88
Teil 1:
Einführung
- Entwicklung der Definition der reservierten Dienste und des Universaldienstes, - Festlegung des Universaldienstes, - Gewährleistung der Vereinbarkeit anderer Verpflichtungen der Mitgliedstaaten mit den Rechten und der Politik der Gemeinschaft, - T r e n n u n g v o n Aufsichts- und Betriebsfiinktion, - gleiche Zugangsbedingungen zum Universaldienst, - Ausrichtung der Universaldienstgebühren an den Durchschnittskosten, - Orientierung der Endvergütungen an den Zustellkosten, - Festlegung v o n Qualitätsnormen für den Universaldienst und Überwachung ihrer Einhaltung. Die Bundesregierung hat die Politikvorschläge der EG-Kommission f ü r den Postmarkt aufgegriffen und im M ä r z 1993 dazu Stellung bezogen 1 0 0 . Die Bundesregierung sieht im E G - G r ü n b u c h einen geeigneten Beitrag zur Schaffung eines europaweiten Postraumes. Dieser wird im europäischen Binnenmarkt den freien Austausch von Sendungen zu angemessenen Beförderungsqualitäten und zu allgemein tragbaren Preisen für die B ü r g e r und die Wirtschaft Europas fördern Da die Einführung von Universaldiensten zur Erfüllung von Infrastrukturaufgaben mit entsprechenden finanziellen Verpflichtungen verbunden ist, hält die Bundesregierung auf absehbare Zeit einen reservierten Bereich mit ausschließlichen Rechten für notwendig Der Umfang dieser ausschließlichen Rechte zur Erfüllung von Aufgaben von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne des Alt. 90 Abs 2 E G - V e r t r a g soll nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip eingegrenzt werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die baldige Festlegung des reservierten Bereichs und des Universaldienstes durch die Organe der E U zu einer Liberalisierung des deutschen Postmarktes fuhren wird und eine Umgestaltung des deutschen Beförderungsvorbehalts sowie der Regulierungsformen der heutigen Deutschen Post A G im Hinblick auf E G rechtliche Vorgaben erforderlich macht
VI. Rechtspolitischer Ausblick Eine zusammenfassende Würdigung des bis hierhin diskutierten komplexen rechtlichinstitutionellen Rahmens des Postmarktes ist kaum möglich Immerhin ist deutlich geworden, inwieweit sich die Regulierungsbefugnisse des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation auf die einschneidende F r a g e nach der Regulierung des M a r k t z u tritts im Postsektor (Beförderungsvorbehalt) und vor allem auf die Regulierung des dominanten Anbieters D e u t s c h e Bundespost P O S T D I E N S T / Deutsche Post A G richten. Für die weitere ordnungspolitische Diskussion über die rechtliche Seite des Postmarktes ist zu erwarten, daß sie sich überwiegend auf drei - freilich eng z u s a m m e n h ä n g e n d e 100
Stellungnahme der Bundesregierung zum Grünbuch der Konimission der Europäischen Gemeinschaften über die Entwicklung des Binncmnarkles für Posldienste. in: Amtsblatt des Bundesministeriums für Posl und Telekommunikation Nr. 14 vom 07 0 7 1993. S. 307 ff
Der rechtlich-institutionelle
Rahmen
8 9
T h e m e n k r e i s e richten w i r d u n d d i e s e z u m A n s a t z für e v e n t u e l l w e i t e r e M a r k t ö f F n u n g e n werden: 1 D i e V e r f a s s u n g s i n t e r p r e t a t i o n d e s Art. 8 7 f A b s
1 und 2 G G wird eine entscheidende
R o l l e s p i e l e n im H i n b l i c k a u f die G e w ä h r l e i s t u n g s a u f g a b e d e s B u n d e s s o w i e a u f die Miteinbeziehung
aller U n t e r n e h m e n
des
Postmarktes
in d e n
Verfassungsauftrag
des
Bundes; 2. O b u n d in w e l c h e m U m f a n g w i r d der B M P T v o n der E r m ä c h t i g u n g d e s § 2 A b s
4
P o s t G ( n e u ) G e b r a u c h m a c h e n , Ä n d e r u n g e n an Inhalt u n d U m f a n g der R e c h t e d e s B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t s mit B e t e i l i g u n g d e s R e g u l i e r u n g s r a t e s zu b e s t i m m e n ? ; 3. O b u n d in w e l c h e m U m f a n g w i r d der B M P T d u r c h e i n e R e c h t s v e r o r d n u n g g e m ä ß § 2 A b s . 6 P o s t G ( n e u ) mit B e t e i l i g u n g d e s R e g u l i e r u n g s r a t e s für d i e B e f r e i u n g n a c h § 2 A b s . 5 P o s t G ( n e u ) 1. E n t s c h e i d u n g e n ü b e r d i e b e a b s i c h t i g t e Ö f f n u n g v o n M ä r k t e n für P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n u n d 2 R e g e l u n g e n z u Inhalt, U m f a n g und V e r f a h r e n der B e f r e i u n g erlassen, und w i e wird der zu erlassende Gebührenrahmen g e m ä ß § 2 Abs. 7 P o s t G (neu) aussehen? Literaturverzeichnis Altinannsperger. H J.: Gesetz über das Poslwcscn. Kommentar. Heidelberg 1988. Altinannsperger. H J : Poslrecht Entscheidungen. Heidelberg 1991 Aukes. H. A./ Berndt. W./ Tenzcr. G : Die neue Tclekoinnuinikalionspolilik in der Bundesrepublik Deutschland - Grundsätze und Perspektiven. Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1990. S. 68 ff Basedow. J.: Europarcchtliche Grenzen des Poslnionopols - Zur Ö f f n u n g des Marktes für Massensendungen. EuZW 1994. S. 359 ff. Berger. H.: Zwischen Postreromi 1 und Postreform II. ZögU. 1993 (1). S. 80 ff Bothe. M./ Kilian. W.: Rechtsfragen grenzüberschreitender Dalenflüsse. Köln 1992. Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen (Hrsg.): Reform des Post- und Fernmeldewesens in der Bundesrepublik Deutschland. Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes Heidelberg 1988. Bundesminister für Post und Telekommunikation (Hrsg .): Reform des Post- und Fernmeldewesens. Gesetz zur Neustrukturicning des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost. Text und Einfühlung. Heidelberg 1989. S. 7 fr. Eidenmüller. A.: Post- und Fernmeldewesen. Kommentar. Frankfurt a M . Stand: Sept. 1986. Eidenmüller. A.: Postähnliche Einrichtungen privater Unternehmen. Über die Zulässigkeit internationaler Kurierdienste, in: Der Verwallungswirt 1985 (5). S 7 ff Everling, U.: Der Befördcrungsvorbehalt der Post und das Gcmeinschaflsreclu. EuR 1994. S. 386 ff. Fangmann. H./ Scheurle. W./ Schwemmte. M / Weimer. E : Handbuch für Post und Telekommunikation Poststrukturgesetz. Basiskonunentar. Köln 1990. Käufer. E.: Bundespost und Internationale Kurierdienste: Zur Anatomie eines Marktes und eines Monopolanspruchs. WuW 1985. S 373 ff. Müller-Using. D : Nochmals: Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der Postreform II. Archiv PT 1995. S. 46 f. Müssig. P.: Zur Rechtsnatur des postrechtlichcn Bcfördcningsvorbehaltcs gemäß § 2 PostG. ArchivPF 1990. S. 23 ff. ohne Verfasser: Postrerorm II. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation . Text und Einführung. Heidelberg 1994. ohne Verfasser: Postministerium läßt Brieflaufzeilen messen. Post Politische Information. Oktober '92. S. 6.
90
Teil l : Einführung
Ohnheiser. F.: Poslrecht. 4. Aufl.. Heidelberg 1984 Ossenbühl. F.: Die Übertragung der Befugnis zur Ausübung der fcrnmeldereclulichen Ausschließlichkeitsrechte. ArchivPF 1991. S. 141 IT. Ossenbühl. F.: Zur rechtlichen Zulässigkeil der Beförderung der sog. Infopost durch private Unternehmer. Archiv PT 1993. S. 341 ff. Plagemann. J.: Ansätze zu einer Konkretisierung der gcnicinuirtschaflliehen Auflagen der Deutschen Bundespost. ZögU 1988. S. 383 ff.. 1989. S 155 fT Plagemann. J.: Die Deutsche Bundespost im Licht des Europäischen Gcmeinschaftsrechts. in: P e t e r . J./ Rliein. K.-U. (Hrsg.): Wirtschaft und Rcclit. 29 Tagung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht" 1989 Osnabrück 1989. S 213 ff Roßnagel. A./ Wedde. P : Die Reform der Dculschcn Bundespost im Licht des Demokratieprinzips. DVB1 1988. S. 562 ff. Rottmann. M.: Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der Postrcform II. Archiv PT 1994. S. 193 IT. Statz. K.-P.: Die Beitreibung privatrechtlicher Entgcltrorderungen der Deutschen Bundespost TELEKOM. DÖV. 1990. S. 241 fT. Stumpf. U.: Rcmailing in the European Community: Economic Analysis of Alternative Regulatory Environments. Diskussionsbciträge des Wissenschaftlichen Instituts für Koinmunikalionsdienste. Nr. 89. Bad Honnef 1992.
Teil 2: Marktergebnisse auf regulierten und unregulierten Postmärkten
Marktversagen im unregulierten Postmarkt? (Braubach) I.
Einleitung
II. D i e T h e o r i e d e s natürlichen M o n o p o l s II. 1. Die Subaddilivilät der Koslenfunklion 11.2. Die Stabilität des natürlichen Monopols 11.3. Die Theorie der Conleslable Markeis III.Wettbewerbspolitische Schlußfolgerungen III. 1. Regulierung des Postmarkles wegen eines natürlichen Monopols? III. 1.1. Zur Koslenslraklur im Brierdienst III 12. Die Frage des Marktzulrills im Briefdienst III.2 Regulierung des Poslmarktcs zum Zweck der internen SubveiKioniening? IV. S c h l u ß b e t r a c h t u n g e n
Marktversagen im unregulierten Postmarkt?* Ulla B r a u b a c h "
I. E i n l e i t u n g D a s P o s t w e s e n ist traditionell in fast allen L ä n d e r n der Welt ein regulierter Bereich D i e nationalen P o s t v e r w a l t u n g e n b z w . - u n t e r n e h m e n v e r f ü g e n in ihren E i n z u g s g e b i e t e n ü b e r d a s M o n o p o l der B r i e f b e f ö r d e r u n g und sind bei ihren übrigen Dienstleistungsang e b o t e n ebenfalls staatlichen R e g u l i e r u n g s v o r s c h r i f t e n u n t e r w o r f e n . A u f dem T e i l m a r k t der Briefdienstleistungen ist der direkte W e t t b e w e r b mit d e m staatlichen Anbieter fast vollständig u n t e r b u n d e n ; in den übrigen M a r k t s e g m e n t e n d e s P o s t m a r k t e s ist d e r W e t t b e w e r b zwischen d e m nationalen und den anderen Anbietern d u r c h die R e gulierungseingriffe des Staates verzerrt Diese R e g u l i e r u n g der P o s t d i e n s t e ist in der M a r k t w i r t s c h a f t bereits ein hinreichender G r u n d f ü r eine ordnungspolitische U n t e r s u c h u n g a u f diesem Gebiet, die M a r k t f o r m des M o n o p o l s und staatliche M a r k t e i n g r i f f e unterliegen in einem m a r k t w i r t s c h a f t l i c h e n O r d n u n g s s y s t e m grundsätzlich einem p e r m a n e n t e n R e c h t f e r t i g u n g s z w a n g Einen wesentlichen A n s t o ß zur A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit der R e g u l i e r u n g im P o s t w e s e n gibt auch der E U - B i n n e n m a r k t und der v o n ihm a u s g e h e n d e D r u c k zur Liberalisierung und H a r m o n i sierung des internationalen e u r o p ä i s c h e n W e t t b e w e r b s und der W e t t b e w e r b s b e d i n g u n g e n D u r c h d e n S c h u t z der nationalen P o s t v e r w a l t u n g e n wird d e r W e t t b e w e r b auf d e m internationalen und den nationalen P o s t m ä r k t e n verzerrt G e r a d e die internationalen V e r k e h r e und der e u r o p ä i s c h e G e s a m t m a r k t für d e n I n f o r m a t i o n s - und G ü t e r a u s t a u s c h b e r g e n ein e n o r m e s W a c h s t u m s p o t e n t i a l , das d u r c h die g e g e n w ä r t i g e M a r k t s t r u k t u r im P o s t w e s e n behindert wird E s stellt sich mithin die Frage, o b die M o n o p o l r e g u l i e r u n g des P o s t w e s e n s g r u n d s ä t z lich g e r e c h t f e r t i g t ist, o d e r o b alternative, m a r k t n ä h e r e L ö s u n g e n b e s s e r geeignet sind, ein optimales M a r k t e r g e b n i s h e r v o r z u b r i n g e n D e r v o r l i e g e n d e Beitrag befaßt sich mit d e m e r s t e n Teil der Fragestellung, es wird u n t e r s u c h t , ob M a r k t v e r s a g e n auf d e m P o s t m a r k t vorliegt u n d eine E i n s c h r ä n k u n g des W e t t b e w e r b s d u r c h R e g u l i e r u n g erforderlich ist E s gilt zu ü b e r p r ü f e n , inwieweit die ö k o n o m i s c h b e g r ü n d e t e n R e g u l i e r u n g s a r g u m e n t e f ü r das P o s t w e s e n z u t r e f f e n d o d e r haltbar sind u n d o b g g f zusätzliche, politisch motivierte R e g u l i e r u n g s z i e l e der Regulier u n g d e s P o s t m a r k t e s in ihrer j e t z i g e n F o r m b e d ü r f e n .
Dieser Beilrag gibt aktualisierte Teilergebnisse einer Untersuchung über die Postdienste wieder, vgl. Braubach. U.: Deregulierung der Postdiensle. K ö l n 1992. M a n n e s m a n n Eurokom GmbH. Düsseldorf D e r Beitrag gibt die persönliche Auffassung der Autorin wieder.
96
Teil 2: Marklergebnisse
II. Die T h e o r i e d e s n a t ü r l i c h e n M o n o p o l s Die R e g u l i e r u n g b e r u f t sich auf die n e o k l a s s i s c h e T h e o r i e des M a r k t v e r s a g e n s D e r M a r k t fuhrt d a n a c h im Falle eines natürlichen M o n o p o l s , bei ruinöser K o n k u r r e n z u n d s o f e r n e x t e r n e E f f e k t e g e g e b e n sind, nicht z u m optimalen E r g e b n i s im S i n n e allokativer E f f i z i e n z . E b e n s o w i e bei den anderen öffentlichen V e r s o r g u n g s - , T r a n s p o r t - u n d K o m m u n i k a t i o n s u n t e r n e h m e n im Bereich der Elektrizitätswirtschaft, der E i s e n b a h n u n d der T e l e k o m m u n i k a t i o n geht es a u c h im P o s t s e k t o r im wesentlichen u m die F r a g e , o b ein natürliches M o n o p o l v o r l i e g t 1 A u s s a g e n z u r M a r k t s t r u k t u r im P o s t w e s e n ist d a h e r eine U n t e r s u c h u n g voranzustellen, die in allgemeiner und t h e o r e t i s c h e r F o r m d i e V o r a u s s e t z u n g e n für d a s Vorliegen eines natürlichen M o n o p o l s und einen d a r a u s eventuell ableitb a r e n R e g u l i e r u n g s b e d a r f überprüft 2 .
11.1. Die S u b a d d i t i v i t ä t d e r K o s t e i i f u n k t i o n Ein natürliches M o n o p o l liegt vor, w e n n die V e r s o r g u n g d e r g e s a m t e n M a r k t n a c h f r a g e - bei g e g e b e n e r T e c h n o l o g i e - am k o s t e n g ü n s t i g s t e n d u r c h einen einzigen Anbieter erfolgt. Ein A n g e b o t v o n zwei oder m e h r U n t e r n e h m e n w ü r d e zu insgesamt h ö h e r e n K o s t e n und damit zu R e s s o u r c e n v e r g e u d u n g u n d einer R e d u z i e r u n g d e r gesellschaftlichen W o h l f a h r t f u h r e n Die e n t s p r e c h e n d e K o s t e n f u n k t i o n eines natürlichen M o n o p o listen ist subadditiv für den betrachteten O u t p u t ; d h eine a n d e r e A u f t e i l u n g der G e s a m t k o s t e n b e d e u t e t unweigerlich eine E r h ö h u n g derselben Ein solcher K o s t e n v e r l a u f k a n n d u r c h d a s V o r l i e g e n von G r ö ß e n v o r t e i l e n ( é c o n o m i e s of scale) u n d / o d e r V e r b u n d v o r t e i l e n ( é c o n o m i e s of s c o p e ) begründet sein A b b i l d u n g 1 : D a s traditionelle natürliche M o n o p o l 1
Preis \«Nachfrage DX(v)
v P[
\
P2 Po
y
1 2
3
y
Vg
Menge
Vgl. z. B. Herrmann. E : D i e Dculsche Bundespost. Baden-Baden 1986. S. 184 D i e Erläulerung der Hauptarguinente wird mit einigen Hinweisen auf die zahlreiche z u diesem T h e m a vorliegende Literatur versehen Einen historischen Überblick über die Theorie des natürlichen M o n o pols gibt Sharkey. W.: The Theory of Natural M o n o p o l ) . Cambridge. Mass. 1982. S 13 IT. Braeutigam. R R.: Optimal Policies for Natural Monopolies, in: Sclunalensee, R / Willig, R.D. (Hrsg.): Handbook of Industrial Organization. Vol. 2. Amsterdam 1989. S. 1293. Figure 23.1.
Marktversagen ?
97
I m Falle eines E i n p r o d u k t u n t e r n e h m e n s sind G r ö ß e n v o r t e i l e in F o r m s t ä n d i g sinkend e r D u r c h s c h n i t t s k o s t e n über die g e s a m t e , zur V e r s o r g u n g des M a r k t e s n o t w e n d i g e M e n g e h i n w e g eine hinreichende aber keine n o t w e n d i g e B e d i n g u n g für die Subadditivität d e r K o s t e n f u n k t i o n bzw. die E x i s t e n z eines natürlichen M o n o p o l s . In A b b i l d u n g 1 weist die D u r c h s c h n i t t s k o s t e n f u n k t i o n D X ( y ) einen derartigen V e r l a u f auf. E i n e weitere, ebenfalls hinreichende B e d i n g u n g f ü r Subadditivität ist bei fallenden G r e n z k o s t e n , also einem k o n k a v e n V e r l a u f der K o s t e n f u n k t i o n erfüllt Ein natürliches M o n o p o l kann j e d o c h nicht mit e i n e m derartigen K o s t e n v e r l a u f g l e i c h g e s e t z t w e r d e n , vielmehr ist Subadditivität d u r c h a u s mit ständig steigenden G r e n z k o s t e n und a u c h mit teilweise, bei einigen O u t p u t - N i v e a u s steigenden D u r c h s c h n i t t s k o s t e n vereinbar. In A b bildung 2 ist ein Anstieg der D u r c h s c h n i t t s k o s t e n k u r v e D X ( y ) ab d e m O u t p u t n i v e a u y 1 gegeben. A b b i l d u n g 2: Subadditivität o h n e globale G r ö ß e n v o r t e i l e 4 Preis
P "p
y'
y
Menge
N o t w e n d i g e B e d i n g u n g für die Subadditivität d e r K o s t e n f u n k t i o n ist, d a ß bei j e d e m O u t p u t - N i v e a u die D u r c h s c h n i t t s k o s t e n g a n z z a h l i g e r Vielfacher d e s O u t p u t s geringer als die D u r c h s c h n i t t s k o s t e n des b e t r a c h t e t e n O u t p u t s sind. F o r m a l b e d e u t e t dies, daß die Ungleichung C ( k q ) < k C ( q ) mit k = 1 , 2 , erfüllt sein m u ß , w o b e i C die K o s t e n f u n k t i o n und q den O u t p u t bezeichnet 5 . I m w e i t a u s realistischeren u n d a u c h für die Post z u t r e f f e n d e n Fall eines M e h r p r o d u k t u n t e r n e h m e n s sind ständig sinkende D u r c h s c h n i t t s k o s t e n infolge v o n G r ö ß e n v o r t e i l e n
4 s
Ebenda. S. 1295. Figure 23.2. Sharkey, W.: T h e Theory' of Natural Monopoly. a.a.O.. S. 60. Für e i n e ausführliche Darstellung der Subadditivität der Kosten sowohl im Einprodukt- als auch im Mcluproduktfall vgl. darüber hinaus Sharkey, W.: T h e Theory of Natural Monopoly, a a.O.. Kapitel 4 und Baumöl, W.J./ Panzar, J.C./ Willig, R.D.: Contestable Markets and the Theory o f l n d u s l r y Structure. N e w York 1982. S. 17 und Kapitel 7.
98
Teil 2:
Marktergebnisse
nicht hinreichend für d e n N a c h w e i s eines natürlichen M o n o p o l s 6 , sie sind j e d o c h w i e im E i n p r o d u k t f a l l a u c h k e i n e n o t w e n d i g e B e d i n g u n g 5 . W e s e n t l i c h für die K o s t e n s t r u k t u r e i n e s M e h r p r o d u k t u n t e r n e h m e n s sind V e r b u n d v o r t e i l e , d.h
K o s t e n v o r t e i l e der g e m e i n -
s a m e n P r o d u k t i o n v e r s c h i e d e n e r Güter o d e r D i e n s t l e i s t u n g e n in e i n e m U n t e r n e h m e n 8 . Subadditivität i m Mehrproduktfall ist an e c o n o m i e s o f s c o p e als n o t w e n d i g e B e d i n g u n g g e k n ü p f t , a n s o n s t e n k ö n n t e das U n t e r n e h m e n o h n e e i n e E r h ö h u n g der G e s a m t k o s t e n in mehrere, a u f die P r o d u k t i o n j e w e i l s e i n e s G u t e s spezialisierte U n t e r n e h m e n aufg e s p a l t e n w e r d e n . D a s V o r l i e g e n v o n V e r b u n d v o r t e i l e n ist j e d o c h s o w o h l alleine als a u c h bei g l e i c h z e i t i g v o r l i e g e n d e n G r ö ß e n v o r t e i l e n k e i n e hinreichende B e d i n g u n g für S u b a d d i t i v i t ä t 9 E s gibt im Mehrproduktfall k e i n e klare, e i n d e u t i g e Charakterisierung der Subadditivität d u r c h andere K o s t e n k o n z e p t e
E s l a s s e n sich nur hinreichende, aber nicht
n o t w e n d i g e B e d i n g u n g s k o n s t e l l a t i o n e n für d i e s e n Fall f i n d e n A l l e i n für die statische, partialanalytische E f f i z i e n z b e t r a c h t u n g a u f d e m
relevanten
Markt, d.h. bei g e g e b e n e r T e c h n o l o g i e und g e g e b e n e r N a c h f r a g e , kann eine e m p i r i s c h e Ü b e r p r ü f u n g der Subadditivität einer K o s t e n f u n k t i o n H i n w e i s e über die E x i s t e n z e i n e s natürlichen M o n o p o l s geben 1 0 . Bereits für d i e s e A u f g a b e n s t e l l u n g liegt j e d o c h kein allgem e i n anerkannter u n d verläßlicher Test v o r " , s o d a ß die e m p i r i s c h e Falsifizierbarkeit bzw
d e r e m p i r i s c h e N a c h w e i s eines natürlichen M o n o p o l s
besonders
im
Mehrpro-
duktfall als n a h e z u undurchführbar a n g e s e h e n w e r d e n m u ß .
6
Vgl z.B. Pan/.ar. J. C./ Willig. R. D : Economics of Scale in Mulli-Oulpul Produclion. in: Quarlerly J o u r n a l of E c o n o m i c s . Vol 91. 1977. S 483 Fn 6: Sliarkcy. W : Tlic Tlieory of N a t u r a l Monopoly, a.a.O.. S 63 ff.. W i n d i s c h . R.: Privatisierung natürlicher Monopole: Theoretische G r u n d l a g e u n d Kriterien. in: W i n d i s c h . R. (Hrsg.): Privatisierung natürlicher M o n o p o l e im Bereich von Bahn. Post und T e l e k o m m u n i k a t i o n . T ü b i n g e n 1987. S. 47 f. ' Vgl. B a u m ö l . W.J.: O n the Proper Cost Tests for Natural M o n o p o l y in a Multiproduct Induslry, in: A m e r i c a n E c o n o m i c Review. Vol. 67. 1977. S. 813 f. 8 Vorteile der V e r b u n d p r o d u k t i o n entstellen im Z u s a m m e n h a n g mit der g e m e i n s a m e n o p t i m a l e n Nutz u n g v o n I n p u t f a k t o r e n bzw. Kapazitäten durch die Produkte. Beispiele für Vcrbundvorlcile sind unter a n d e r e m im Schalterbereich der Post, bei der B a h n in der B e f ö r d e r u n g von Fracht und Passagieren und in der Eleklrizilälswirtschafl bei Spitzen- u n d Schwachlast zu sehen Z u m Konzept der V e r b u n d vorteile vgl P a n z a r . J.C./ Willig. R.D. Economics of Scope. in: A m e r i c a n E c o n o m i c Review. Papers a n d Proceedings. Vol. 71. 1981. S. 268-272 'J Vgl. B a u m ö l , W J / P a n z a r . J. C./ Willig. R. D : C o n t c s t a b l e M a r k e t s a n d the Theory of Induslry Struclure. a.a.O.. S. 173 f. Die Autoren zeigen einige K o s l c u f u n k t i o n c n bzw. Koinplcnientaritätsanf o r d e r u n g e n auf, die hinreichende, jedoch nicht n o t w e n d i g e V o r a u s s e t z u n g e n der Subadditivität sind. Intuitiv leicht z u g ä n g l i c h ist beispielsweise der - a u c h für d i e Beständigkeit eines natürlichen M o n o pols e n t s c h e i d e n d e - Fall sinkender durchschnittlicher Zusatzkostcn für jedes e i n z e l n e Produkt bis z u m O u t p u t y bei gleichzeitig vorliegenden Verbundvortcilen in y. der Subadditivität beinhaltet, vgl. e b e n d a . S. 176 f. 10 A u f l i s t u n g e n e m p i r i s c h e r Arbeiten auf diesem Gebiet finden sich bei Krakowski. M . : Theoretische G r u n d l a g e n der Regulierung, in: Krakowski. M. (Hrsg.): R e g u l i e r u n g in der Bundesrepublik D e u t s c h land. H a i n b u r g 1988. S. 39 und bei Kruse. J : Ö k o n o m i e d e r Monopolregulicrung. Göltingen 1985. S. 33. 11 Vgl. auch W i n d i s c h , R.: Privatisierung natürlicher M o n o p o l e : Theoretische G r u n d l a g e und Kriterien. a.a.O.. S. 52 f.; Kruse. J.: Ö k o n o m i e der M o n o p o l r e g u l i e n i n g . a.a.O.. S 24; Krakowski. M.: T h e o r e t i sche G r u n d l a g e n der Regulierung, a.a.O.. S 33 f.
Marktversagen?
99
N e b e n den Schwierigkeiten der sachlichen, räumlichen und zeitlichen Abgrenzung des Marktes sowie der Kenntnis der vollständigen Kostenfunktion vom Ursprung bis zum betrachteten Output ergeben sich die größten Probleme bezüglich des Einflusses v o n N a c h frageänderungen und technologischem Wandel auf die Kostenstruktur 1 2 . Veränderungen der N a c h f r a g e oder des technischen Fortschritts können - infolge der Outputmengenvariation oder durch direkte Veränderung einzelner Kostenelemente - die Kostenstruktur insgesamt derart verändern, daß in der Vergangenheit bestandene natürliche M o n o p o l e vollständig oder in Teilsegmenten, wie etwa einzelnen Produktionsstufen, aufgehoben bzw dem W e t t b e w e r b zugänglich gemacht werden. N u r eine derartige dynamische Betrachtung, die darüber hinaus auch für den Mehrproduktfall angestellt werden müßte, w ä r e von praktischer Relevanz. Die für die Regulierungsinstanz oder Wettbewerbspolitik entscheidende Frage nach der Existenz eines natürlichen M o n o p o l s im betrachteten Fall kann daher nie mit Sicherheit beantwortet werden Die mangelnde Überprüfbarkeit des Kostenverlaufs bedeutet an dieser Stelle jedoch noch keinen ergebnislosen Abbruch der theoretischen Überlegungen zum natürlichen M o n o p o l In der traditionellen Betrachtungsweise des natürlichen M o n o p o l s stellt die Subadditivität der Kosten bereits eine ausreichende Rechtfertigung für staatliche Regulierung d a r " . Aus der Kostenstruktur b z w der daraus folgenden Marktstruktur des Angebotsmonopols w u r d e auf monopolistisches Verhalten, insbesondere M o n o polpreisbildung geschlossen Eine Preis- oder Mengenregulierung erschien also notwendig, um ein solches Marktergebnis zu verhindern bzw um die statischen Wohlfahrtsgewinne des natürlichen M o n o p o l s zu realisieren. D e m s e t z hat als einer der ersten diese Argumentationskette als nicht schlüssig und den Zusammenhang zwischen Konzentration und monopolistischem Preis- oder Mengenverhalten als nicht zwingend kritisiert. Er zeigt, daß das Vorliegen eines natürlichen M o nopols keinen vollständigen Wettbewerbsausschluß bedeutet, sondern vielmehr mit potentieller Konkurrenz in Form eines Ausschreibungswettbewerbs oder Konkurrenz um den Markt statt im Markt vereinbar ist". Monopolistisches Verhalten wird also auch in diesem Fall durch Wettbewerbsdruck verhindert Die Theorie des natürlichen M o n o p o l s m u ß mithin über die Überlegungen zur Subadditivität hinaus erweitert werden.
12
Vgl. Baumöl. W.J.: On tlie Proper Cost Tesls for Natural Monopoly in a Mulliproduct Induslry, a.a.O.. S. 815 f. Bei dynamischer Betrachtung müssen zusätzlich die Kosten bei darüberliegenden Outpulmengen ermittelt werden Nur bei einem permanenten natürlichen Monopol stellt sich dieses Problem nicht. Die Subadditivität der Koslcnfunktion gilt dann für jedes Nachfrageniveau, man spricht in diesem Zusammenhang von globaler Subadditivität im Gegensatz zu temporärer Subadditivität. die lediglich temporäre natürliche Monopole begründet, vgl Krakowski. M.: Theoretische Grundlagen der Regulierung. a.a.O.. S. 30. 13 Ursprünglich wurde irrtümlicherweise ein natürliches Monopol mit abnehmenden Grenz- oder gar Durchschnitlskoslen (wie etwa in Abb. 1) gleichgesetzt. " Vgl. Demsetz. H.: Why regulato Utilities?, in: Journal of Law and Economics. Vol. 11. 19G8. S. 5565.
100
Teil 2:
Marktergebnisse
Unterstellt man nun die Subadditivität der Kostenfunktion bezüglich des Outputs, so folgt daraus noch keine Notwendigkeit zum staatlichen Schutz und zur staatlichen Regulierung dieses Monopols. Eine regulierungsfreie, m a r k t k o n f o r m e Realisierung der K o stenvorteile eines natürlichen M o n o p o l s ist allerdings nur unter zwei Bedingungen möglich. Erstens m u ß das natürliche Monopol in dem Sinne beständig o d e r stabil sein, daß es einen marktzutrittsresistenten, subventionsfreien Preis oder Preisvektor gibt und zweitens dürfen keine Marktzutrittsbarrieren durch Irreversibilitäten gegeben sein, d.h. der Markt m u ß angreifbar sein Dies bedeutet selbstverständlich auch, daß keine institutionellen Marktzutrittsschranken bestehen dürfen Im Umkehrschluß impliziert dies, daß es bei Beständigkeit des natürlichen M o n o p o l s auf einem zutrittsfreien Markt (Contestable Market) nur dann zu Markteintritten von Konkurrenzanbietern kommt, w e n n der Monopolist entweder einen nicht beständigen Preis setzt - sei es aufgrund eigener preispolitischer Fehlentscheidungen oder infolge von Regulierungsvorschriften -, oder wenn ein potentieller Konkurrent über einen technologischen V o r s p r u n g verfügt. Die Preissetzung und die ihr zugrundeliegende Kostenzurechnung ist im natürlichen M o n o p o l von entscheidender Bedeutung Weniger im Einproduktfall, insbesondere jedoch bei Verbundproduktion und im natürlichen M o n o p o l stellt die Zurechnung der K o sten auf die P r o d u k t e oder Leistungen eines Unternehmens und ihre Anlastung in den Preisen ein Problem dar Werden die Kosten eines Gutes nicht über den Preis abgedeckt, so spricht man von interner Subventionierung oder Quersubvention, sofern die fehlende K o s t e n d e c k u n g von anderen Produkten oder Leistungen des Unternehmens übernommen wird' 5 ; direkte Subventionierung bezeichnet dagegen die Mittelzuführung durch den Staat. Hinsichtlich der Definition interner Subventionierung bzw. der relevanten Kosten bestehen allerdings verschiedene Möglichkeiten'*. Die simpelste, mittlerweile j e d o c h in der preistheoretischen Literatur als unzutreffend b e f u n d e n e Definition besagt, daß Quersubvention vorliegt, sofern der Preis eines Produktes nicht die gesamten, ihm auf Basis einer Vollkostenkalkulation zugerechneten Kosten abdeckt 1 '. Derartige Kostendeckungsgrade beruhen auf Durchschnittskosten, die sich aus einer Gemeinkostenaufschlüsselung und -Zurechnung ergeben, sie verfälschen jedoch das A u s m a ß der internen Subventionierung und überzeichnen es in der Regel.
16
1
Die allokalivcn und w o h l f a h r t s ö k o n o m i s c h c n Nachteile der internen Subvcnlionicrung werden unter Punkt III 2 aufgezeigt Zu d e n verschiedenen Definitionen interner Subvcnlionicrung vgl. z.B. Richards. P.: Pricing Regulation o i L c t l c r Services - T h e Impact on Prices. Profits and Efficicncy (= Vortrag beim Wissenschaftlichen Institut f ü r Koinniunikationsdienstc vom 7. Dezember 1989). o O 1989, Slide 23 und Windisch. R : Privatisierung natürlicher Monopole: Thcorclischc G r a n d l a g c und Kriterien. a.a.O.. S. 81 ff. Kritische A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n mit dieser Position finden sich unter a n d e r e m bei Knieps. G.: Z u r Problematik d e r internen Subvcnlionicrung in öffentlichen U n t e r n e h m e n , in: Finanzarchiv. N.F.. Bd. 45. Hefl 2. 1987. S. 268-283: Fuss. M.A.: Cost Allocation: How can the Costs of Poslal Services Be Determined ?. in: S h e r m a n . R. (Hrsg.): Perspectives on Poslal Service Issues. W a s h i n g t o n . D C. 1980. S. 30-46: O w e n . B.M./ Willig. R.D : Economics and Postal Pricing Policy, in: Fleishman. J.L. (Hrsg.): T h e Future of the Poslal S e n ice. N e w York 1983. S 227-245: Schinidtchcn. D.. Gebiihrenpolitik der Deutschen Bundespost und Ordnungspolitik. in: Dicderich. H./ H a m m . W./ Z o h l n h ö f e r . W. (Hrsg.): Die Deutsche Bundespost im S p a n n u n g s f c l d der Wirtschaftspolitik. Heidelberg 1987. S. 256.
101
Marktversagen?
D i e s e K o s t e n z u t e i l u n g , die bis zum heutigen T a g e bei d e r D e u t s c h e n P o s t A G 1 8 Anw e n d u n g findet, teilt die g e s a m t e n K o s t e n nach dem a n g e n o m m e n e n
Verursachungs-
kriterium der Nutzungsintensität zu, um eine B a s i s für die P r e i s f e s t s e t z u n g zu erhalten. B e i m V o r l i e g e n v o n V e r b u n d - und G r ö ß e n v o r t e i l e n kann eine V o l l k o s t e n z u t e i l u n g j e d o c h nicht gelingen 1 9 . A u f F a u l h a b e r geht die Auffassung z u r ü c k , d a ß ein P r o d u k t p r e i s o d e r P r e i s v e k t o r subventionsfrei ist, w e n n mit ihm die Z u s a t z k o s t e n des P r o d u k t e s o d e r der P r o d u k t g r u p p e einschließlich d e r spezifischen, z u s ä t z l i c h e n G e m e i n k o s t e n a b g e d e c k t
werden 2 0 ;
alternativ kann auch von vermeidbaren K o s t e n g e s p r o c h e n w e r d e n D a s V o r l i e g e n interner S u b v e n t i o n i e r u n g kann d e m z u f o l g e mit sog. Z u s a t z k o s t e n t e s t s (incremental cost t e s t ) ermittelt w e r d e n E i n e E r w e i t e r u n g dieses S u b v e n t i o n s b e g r i f f s stellt die A u f f a s s u n g dar, daß Q u e r s u b ventionierung vorliegt, wenn von einem P r o d u k t p r e i s m e h r als die K o s t e n
einer ge-
s o n d e r t e n , v o n der übrigen P r o d u k t i o n u n a b h ä n g i g e n B e r e i t s t e l l u n g dieses
Produktes
g e t r a g e n werden. D i e s e A u f f a s s u n g von Q u e r s u b v e n t i o n i e r u n g Verbundproduktion
von
Bedeutung
Eine
nach
diesem
ist b e s o n d e r s bei
Kriterium
der
subventionsfreie
P r e i s s e t z u n g garantiert, d a ß kein einzelnes P r o d u k t o d e r eine P r o d u k t g r u p p e einen Anreiz hat, aus der V e r b u n d p r o d u k t i o n a u s z u s c h e r e n , w e n n m a x i m a l die K o s t e n einer alleinigen B e r e i t s t e l l u n g (stand a l o n e c o s t ) b z w d e r günstigsten Alternative g e t r a g e n w e r den 2 '. D i e A n s ä t z e eines "incremental cost t e s t " und eines "stand a l o n e c o s t t e s t " sollten mithin bei der K o s t e n z u r e c h n u n g und Preisbildung von M e h r p r o d u k t - und unternehmen Berücksichtigung
finden. E i n e m ö g l i c h s t
Verbund-
genaue Kenntnis der
Kosten-
struktur ist also z u m einen n o t w e n d i g , u m die F r a g e zu klären, o b ein natürliches M o nopol vorliegt; darüber hinaus ist sie auch für die Preisbildung des V e r b u n d u n t e r n e h m e n s o d e r natürlichen M o n o p o l s von B e d e u t u n g . E i n e Preisfindung ist j e d o c h nicht bei j e d e r K o s t e n s t r u k t u r a u f der alleinigen B a s i s v o n K o s t e n k r i t e r i e n m ö g l i c h , in einigen Fällen sind zusätzlich W e r t u r t e i l e erforderlich S o führt e t w a die Preisbildung nach dem G r e n z k o s t e n k r i t e r i u m bei G r ö ß e n v o r t e i l e n nicht zu einer G e s a m t k o s t e n d e c k u n g , e b e n s o b e w i r k e n V e r b u n d v o r t e i l e , daß eine K o s t e n z u r e c h n u n g nach dem Z u s a t z k o s t e n k r i t e r i u m nicht zu einer Z u t e i l u n g aller K o s t e n führt 18
D e r n a t i o n a l e M o n o p o l a n b i e l e r im B e r e i c h P o s l d i e n s l c wurde z u m
Es
1 . 1 . 1 9 9 5 infolge der zweiten
P o s t r e f o r m in e i n e A k t i e n g e s e l l s c h a f t umgewandelt, die unter dem N a m e n D e u t s c h e Post A G
firmiert.
D i e V o r g ä n g e r o r g a n i s a t i o n , die D e u t s c h e Bundespost P O S T D I E N S T ( D B P P O S T D I E N S T ) , w a r das 1 9 8 9 a u s der ersten P o s t r e f o r m h e r v o r g e g a n g e n e Teilsonderv e r m ö g e n der D e u t s c h e n B u n d e s p o s t für den B e r e i c h g e l b e Post. 19
O w e n u n d W i l l i g s p r e c h e n daher auch von der S u c h e n a c h d e m " m y s t i s c h e n Gral richtiger K o s t e n a l l o k a l i o n " . O w e n . B . M . / W i l l i g . R . D : E c o n o m i c s and Postal P r i c i n g Policy. a . a . O . . S. 2 3 3
20
V g l . F a u l h a b e r , G R : C r o s s - S u b s i d i z a t i o n : P r i c i n g in P u b l i c E n t e r p r i s e s , in: A m e r i c a n E c o n o m i c Review, V o l . 6 5 , 1 9 7 5 . S . 9 6 6 - 9 7 7 .
21
D i e T a t s a c h e , daß ein s o l c h e r subventionsfreier P r e i s v e k t o r bei b e s t i m m t e n K ü s t e n v e r l ä u f e n nicht existiert. k e n n z e i c h n e t die P r o b l e m a t i k des unbeständigen n a t ü r l i c h e n M o n o p o l s , a u f die i m folgenden e i n g e g a n g e n wird. vgl. dazu F a u l h a b e r . G R . : C r o s s - S u b s i d i z a t i o n : a.a.O.
P r i c i n g in Public
Enterprises.
102
Teil 2:
Marktergebnisse
bleiben nicht zurechenbare Gemeinkosten übrig, deren Zuteilung auf die P r o d u k t e und Anlastung in den Preisen eines Werturteils bedürfen. D a s Kriterium der Nutzungsintensität gemeinsamer Anlagen entspricht in diesem Zusammenhang nicht der tatsächlichen Verursachung der Kosten E s ist daher ein nur scheinbar objektiv meßbares Zuteilungskriterium für Kosten, die eben nicht mehr ohne von der Kostenstruktur unabhängige Kriterien aufgeteilt werden können; insofern ist auch die Nutzungsintensität dann ein implizites Werturteil Ein weiteres, explizites Werturteil ist z.B. die Ramsey-Preisregel mit der Orientierung an den Preiselastizitäten der Nachfrage 2 2
II.2. Die Stabilität des natürlichen M o n o p o l s Ein natürliches M o n o p o l ist stabil bzw. beständig (sustainable) und marktzutrittsresistent, w e n n es eine Preis-Mengenkombination gibt, bei der die g e s a m t e M a r k t n a c h f r a g e bedient und die Gesamtkosten gedeckt werden, j e d o c h kein Anreiz für den Marktzutritt weiterer Anbieter besteht. Im Einproduktfall ist dies beispielsweise dann gegeben, wenn die Durchschnittskosten einen fallenden oder einen teils fallenden, teils konstanten Verlauf aufweisen. Sofern sie jedoch partiell ansteigen, ist das natürliche M o n o p o l trotz Subadditivität nicht beständig, es gibt keinen Preis, bei dem die Voraussetzungen der Marktr ä u m u n g und G e s a m t k o s t e n d e c k u n g erfüllt wären, der aber dennoch keinen Marktzutritt von Konkurrenzanbietern hervorrufen würde 2 1 Im Mehrproduktfall ist ein natürliches M o n o p o l nur dann stabil, wenn es mindestens einen beständigen Preisvektor gibt Daß dies t r o t z Subadditivität nicht immer gegeben ist, zeigte Faulhaber am Beispiel eines Wasserversorgungsbetriebes 2 1 : Die gemeinsame V e r s o r g u n g w ä r e die insgesamt kostengünstigste, es gibt jedoch keinen Preisvektor, bei dem die Gesamtkosten gedeckt und gleichzeitig die niedrigstmöglichen Versorgungspreise für jeden einzelnen Nachfrager oder jede N a c h f r a g e r g r u p p e realisiert sind; das natürliche M o n o p o l ist also nicht gegen Marktzutritt resistent. Der Kostenverlauf - bedingt durch die technologischen Gegebenheiten - ermöglicht keinen subventionsfreien P r e i s v e k t o r 5 , so daß es für einzelne Nachfrager immer lohnend ist, aus der gemeinsamen V e r s o r g u n g auszuscheren bzw. es f ü r N e w c o m e r möglich ist, einen Teil der
21
Vgl. Ramscv. F.: A Coiilribulion (o tlic Tlicorv of Taxation, in: The E c o n o m i c Journal. 1927. Heft 3. S. 47-61. In Abbildung 2 ist ein derartiger Fall dargestellt Ein Teil der Nachfrage, bis z u m O u l p u l n i v c a u v ' . k a n n zu einem g e r i n g e r e n Preis ( p ' ) als die gesamte M a r k t n a c h f r a g e in y' versorgt w e r d e n . Es bestellt mithin ein A n r e i z zu selektivem Marklziilritl Vgl. F a u l h a b e r . G R.: Cross-Subsidization: Pricing in Public Enterprises. a.a.O.. hier S. 974: Die W a s s e r v e r s o r g u n g einer einzelnen Ortschaft verursacht Kosten von $ 300. die V e r s o r g u n g zweier Orts c h a f t e n kostet insgesamt $ 400 u n d drei Ortschaften k ö n n e n zu Gcsaintkostcn von $ 6 5 0 versorgt n c w e r d e n Es gibt kein stabiles Gleichgewicht, da die B e d i n g u n g r | + r 2 + r 3 ' ' " erfüllt ist: für eine Zweierkoalition besieht i m m e r ein Anreiz z u m Ausscheren aus der g e m e i n s a m e n , insgesamt kostengünstigsten Versorgung. Subventionsfrei ist hier so definiert, daß jeder N a c h f r a g e r oder jede N a c h f r a g e r g r u p p e die durch ihre N a c h f r a g e bedingten Zusatzkosten trügt. In der kooperativen Spieltheorie liegt ein solcher Preis im K e r n des Spiels.
Marktversagen
?
103
M a r k t n a c h f r a g e kostendeckend und zu geringeren Preisen als der natürliche Monopolist zu versorgen. Dieses Verhalten der Konkurrenzanbieter, welches auch als Rosinenpicken (cream-skimming) bezeichnet wird, fuhrt zu insgesamt höheren Kosten und ist daher als ineffizient abzulehnen 26 . Die Theorie der Beständigkeit natürlicher M o n o p o l e (Theory of Sustainable Natural M o n o p o l y ) zeigt also die theoretische Möglichkeit eines nicht existierenden beständigen oder subventionsfreien Preisvektors und damit die Möglichkeit eines instabilen natürlichen M o n o p o l s auf. E s wird bei diesen Überlegungen vorwiegend der Fall linearer Preisoder Tarifstrukturen betrachtet, obwohl es sich dabei zwar um die in der Realität meist zu beobachtende Preispolitik der M o n o p o l u n t e r n e h m e n , nicht j e d o c h u m eine notwendigerweise effiziente oder wohlfahrtsoptimale Preisbildung handelt. Aber auch bei nichtlinearen oder mehrteiligen Tarifen besteht die Möglichkeit nicht beständiger Preisvektoren 27 . B e v o r aus der Instabilität eines natürlichen M o n o p o l s ein tatsächlicher Regulierungsbedarf abgeleitet werden kann, sind allerdings noch folgende A s p e k t e zu bedenken: Zum einen ist die Konstellation einer subadditiven Kostenfunktion ohne beständigen Preisvektor unwahrscheinlich und wohl eher die Ausnahme als die Regel und von daher empirisch v o n geringer Relevanz 28 . Z u m zweiten sind neben der Marktzutrittsregulierung noch andere, marktnähere Lösungsansätze denkbar. Der Abschluß langfristiger Verträge zwischen d e m Monopolisten und den Abnehmern o d e r Formen der vertikalen Integration sind Alternativen, die unter Umständen zu gesamtwirtschaftlich besseren Ergebnissen führen 2 9 . Schließlich ist auch zu beachten, daß in der Realität das vollständige Fehlen von irreversiblen Marktzutrittskosten kaum gegeben ist. Für den etablierten Anbieter ist daher eine andere Kostenfunktion als für die potentiellen Konkurrenten relevant, wodurch ihm ein Preisspielraum erwächst, der ihn vor Markteintritten schützt Der natürliche M o n o p o list verzichtet in diesem Fall auf die vollständige Abdeckung seiner Marktzutrittskosten 26
27
Die A b l e h n u n g des Rosinenpicker-Verhallens als ineffizienten Marktzulritt a n dieser Stelle bedeutet j e d o c h keineswegs, daß grundsätzlich d a s E i n d r i n g e n zusätzlicher Anbieter in lukrative Teilmärkte b e s t e h e n d e r M o n o p o l e a b z u l e h n e n wäre. Anders als in d e m hier diskutierten, theoretischen Fall eines nicht beständigen natürlichen M o n o p o l s handelt es sich bei derartigen Marklcintrillsversuchcn meist d a r u m , d a ß b e s t i m m t e N a c l i f r a g e g r u p p e n zu niedrigeren als den vom M o n o p o l i s t e n geforderten Preisen bedient w e r d e n könnten, weil etwa aus sozialpolitischen G r ü n d e n eine interne Subvciilioniening zulasten der relativ kostengünstig zu versorgenden T e i l m ä r k t e erfolgt. In diesem Fall weist Rosinenpieken a u f eine ineffiziente Preispolitik des M o n o p o l i s t e n hin und nicht auf eine b e s o n d e r e Kostenfunktion. Für die K o n s u m e n t e n ist Rosinenpicken in e i n e m stabilen n a t ü r l i c h e n Monopol e i n Hinweis a u f die falsche Preisstruktur des Monopolanbieters. die w i e d e r u m verzerrte Produktions- und K o n s u m s t r u k t u r e n hervorruft Zu d e m nicht g r u n d s ä t z l i c h ineffizienten Fall des R o s i n e n p i c k e n s vgl. beispielsweise Müller, J./ Vogelsang. 1.: Staatliche Regulierung. B a d e n - B a d e n 1979. S. 82 ff.
Mit Hilfe spieltheorelischer M o d e l l e läßt sich zeigen, d a ß es auch o h n e die A n n a h m e linearer Tarifs t r u k t u r e n im natürlichen M o n o p o l nicht notwendigerweise ein stabiles Gleichgewicht geben m u ß . vgl d a z u Sliarkey. W.: T h e Theory of Natural Monopoly. a.a.O.. Kapitel 5.3 u n d 6. 28 Vgl. a u c h Baumol, W.J./ P a n z a r . J C./ Willig. R . D : Conteslable M a r k e t s and tlie T h c o i y of Induslry Structure. a.a.O., S. 223; Weizsäcker. C . C von: Staatliche R e g u l i e r u n g - positive und normative Theorie, in: Schweizerische Zeitschrift f ü r Volkswirtschaft und Statistik. 118. Jg.. 1982. S 3 2 8 29 Vgl Sliarkey. W.. T h e Theory of Natural Monopoly. a.a.O., S 149 f
1 04
Teil 2:
Marklergebnisse
über den am M a r k t geforderten Preis, die G e f a h r weiterer M a r k t z u t r i t t e veranlaßt ihn zu wettbewerblichem Verhalten. Irreversibilitäten bzw das Fehlen vollständiger M a r k t z u trittsfreiheit (contestability) vermindert also die Unbeständigkeit (unsustainability) oder Instabilität eines natürlichen Monopols; sind die Irreversibilitäten jedoch zu hoch, so stellen sie selber ein Wettbewerbs- und regulierungspolitisches Problem dar, auf das anschließend eingegangen wird 30 . Kruse hält das Argument der Instabilität natürlicher M o n o p o l e für ordnungspolitisch irrelevant, da entweder Irreversibilitäten vorliegen und als Marktzutrittsbarriere wirken oder aber ein Marktzutritt von Neuanbietern auch keinen Nachteil bedeutet, da er kostenlos jederzeit reversibel wäre 1 1 . Dabei wird j e d o c h übersehen, daß die preisgünstigere V e r s o r g u n g eines Teilmarktes durch einen N e w c o m e r zu gesamtwirtschaftlich höheren Kosten führt und dieses Rosinenpicken eben unvermeidlich, durch keine Preisstruktur zu verhindern ist, sondern u.U. nur durch Beschränkung des Marktzutritts. Auch Waterson verweist darauf, daß die meisten Autoren das Argument der Instabilität als "theoretisches Kuriosum" a n s e h e n " Seiner Ansicht, es verdiene jedoch zur Klärung der Fragestellung des natürlichen M o n o p o l s weiterer Aufmerksamkeit und verstärkter Konzentration auf empirische Untersuchungen der praktischen Relevanz, ist nur zuzustimmen. Als Ergebnis der theoretischen Überlegungen bleibt festzustellen, daß bei einem nicht marktzutrittsresistenten, instabilen natürlichen M o n o p o l im Fall völlig freien M a r k t z u tritts kein optimales Marktergebnis im Sinne einer kostenminimalen Bereitstellung der von den Nachfragern g e w ü n s c h t e n Güter erzielt werden kann. E s bedarf einer Beschränkung des Marktzutritts, um optimale Ergebnisse zu ermöglichen
II.3. Die Theorie der Contestable M a r k e t s Die zweite Bedingung für eine Realisierung d e r gesamtwirtschaftlichen Kostenvorteile eines natürlichen M o n o p o l s im Wettbewerb ist das Fehlen von Irreversibilitäten (sunk costs). Dies sind fixe Kosten, die jedoch auch durch das Einstellen der Produktion oder den Marktaustritt nicht zurückzuholen, also "versunken" sind. Das A u s m a ß der sunk 311
Vgl. B a u m ö l . W.J./ P a n z a r . J.C./ Willig. R D : Contestable M a r k e t s a n d the Theory o i Industry Structure. a.a.O.. S. 221. Der Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n sustainability u n d conleslability, der B e s t ä n digkeil und der Angreilbarkeit eines natürlichen Monopols wird bei der E r l ä u t e r u n g des letztgenannten K o n z e p t e s noch deutlicher w e r d e n . Bei den Überlegungen zur Stabilität eines natürlichen M o n o pols liegt die implizite A n n a h m e eines völlig freien u n d kostenlosen M a r k t e i n - und -austritts (perfect contestability) zugrunde. Sofern ein natürliches M o n o p o l unter diesen B e d i n g u n g e n stabil ist. so ist es dies a u c h bei nicht völlig freiem Marklzutrilt und u n t e r den verschiedenen V c r h a l l c n s a n n a h m e n bezüglich des Markteintritts, u m g e k e h r t trifft dies j e d o c h nicht zu. vgl. dazu auch Waterson, M.: Regulation of the Firm a n d Natural Monopoly. Oxford 1988. S. 30 f. Zu den verschiedenen restriktiven V c r h a l t c n s a n n a h i n c n vgl. Knicps. G./ Vogelsang. I : T h e sustainability concept under alternative behavioral assumptions, in: T h e Bell Journal of Economics. Vol. 13. 1982. S. 234-241.
31
Vgl. Kruse. J.: O r d n u n g s t h e o r c t i s c h e Grundlagen d e r Deregulierung, in: Seidenfus, H St. (Hrsg.): D e r e g u l i e r u n g - eine H e r a u s f o r d e r u n g a n die W i r t s c h a f t s - u n d Sozialpolitik in der M a r k t w i r t s c h a f t (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. N F . Bd 184). Berlin 1989. S 29 Waterson. M.: Recent D e v e l o p m e n t s in the Theory of Natural Monopoly, in: Journal of E c o n o m i c Surveys. 1987. Vol. 1. S. 72.
32
Marktversagen?
105
costs ergibt sich aus der Differenz der ex ante Opportunitätskosten einer Investition und dem ex post, nach Beendigung der ökonomischen Aktivität zu erzielenden Marktwert des P r o j e k t e s " Irreversible Kosten sind in der entscheidungsrelevanten Kostenfunktion des etablierten Anbieters nicht mehr enthalten und beeinflussen daher seine Preis- und Mengenentscheidungen nicht. Der etablierte Anbieter weist aufgrund dessen gegenüber N e w c o m e r n , die die irreversiblen Kosten bei der Marktzutrittsentscheidung in ihrer Kostenfunktion berücksichtigen müssen, einen Wettbewerbsvorteil a u f Die Irreversibilitäten stellen insofern einen Anreiz für den etablierten Anbieter dar, im Markt zu bleiben und wirken als Marktaustrittsbarriere. Ein Anreiz zum Marktaustritt besteht erst dann, wenn die auf dem Markt zu erzielende Rendite unter die durchschnittlich auf anderen Märkten erzielbare Rendite fällt; in der Regel liegt die Profitrate auf Märkten mit relativ hohen Irreversibilitäten j e d o c h oberhalb der marktüblichen Profitrate, d.h es werden Preise oberhalb der Grenzkosten (ausschließlich der irreversiblen Kosten) erzielt Der Wettbewerbsdruck wird den etablierten Anbieter erst dann zum Marktaustritt veranlassen, wenn der erzielbare Preis nicht mehr seine variablen Durchschnittskosten d e c k t " Auf eine D e c k u n g der totalen Durchschnittskosten, einschließlich der versunkenen Kosten wird er im Zweifel im Gegensatz zu neu auf den Markt tretenden Anbietern verzichten In dem M a ß e wie die versunkenen Kosten für den vorhandenen Anbieter als Marktaustrittsbarriere wirken, sind sie für die noch nicht am Markt befindlichen, potentiellen Anbieter eine Markteintrittsbarriere Der Marktzutritt unterbleibt, wenn eine Gesamtkostendeckung, einschließlich der anfänglichen, versunkenen Investitionskosten nicht zu erwarten ist. Die B e d e u t u n g der Marktein- und -austrittsbarrieren sowie der potentiellen Konkurrenz für effiziente Marktlösungen ist Gegenstand der Theorie der Contestable Markets'-. Ausgehend von Überlegungen zur potentiellen Konkurrenz bei Bain und D e m s e t z sowie den Erkenntnissen der sustainability-Literatur, entwickelten vor allem Baumol, Panzar und Willig diesen neueren wettbewerbstheoretischen Ansatz"' Er fuhrt zu einer Erweite" Vgl. Sharkey. W.: Tlic Theory of Natural Monopoly. a.a.O.. S. 37. 156. Vgl Watcrson. M.: Recenl Developments in tlie Tlicory of Natural Monopoly. in: Journal of Economic Surveys . 1987. Vol. 1. S . 7 0 . 35 Die B e z e i c h n u n g geht auf Baumol u n d die M i t b e g r ü n d e r dieser T h e o r i e zurück, vgl Baumöl. W.J./ Panzar. J.C./ Willig. R.D.: Contestable Markeis and tlie T h e o r y of lndustry Structure. a.a.O. Shepherd bemängelt in seiner g r u n d s ä t z l i c h e n Kritik an diesem A n s a t z auch die Ungcnauigkeit d e s Begriffs "Conteslability". Er schlägt statt dessen die B e z e i c h n u n g "ultra-frce entry" zumindest f ü r die von B a u m o l als "pcrfectlv contestable markels" bezeichneten Situationen vor. vgl Shepherd. W . G : "Conteslability" vs. Competition. in: American E c o n o m i c Review. Vol 74. 1984. S. 2 7 2 f. In der deutschsprachigen Literatur findet sich meist die B e z e i c h n u n g "bestreitbare M ä r k t e " (z.B. Krakowski. M.: Theoretische G r u n d l a g e n der Regulierung. a.a.O.: Kruse. J.: O r d n u n g s t h e o r e l i s c h e G r u n d l a g e n der Deregulierung, in: Seidenliis. H.St. (Hrsg.): D e r e g u l i e r u n g - eine H e r a u s f o r d e r u n g a n die Wirtschafte- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft ( = SchriCten des Vereins f ü r Socialpolitik. N.F.. Bd. 184). Berlin 1989 36 Vgl. Baumol. W.J.: Conlestable Markets: An Uprising in llie Theory o f l n d u s l r y Structure. in: American E c o n o m i c Review. Vol. 72. 1982. S. 1-15 und Baumol. W.J / P a n z a r . J . C 7 Willig. R.D.: Contestable Markets a n d tlie Theory of I n d u s t n Structurc. a.a.O.. sowie die von den Autoren in der Einleitung als A u s g a n g s p u n k t und G r u n d l a g e g e n a n n t e n Aufsätze unter a n d e r e m zu sustainabilitv: D e m 3,1
106
Teil 2:
Marktergebnisse
rung und Verdeutlichung der Theorie des natürlichen M o n o p o l s sowie zu neuen wettbewerbspolitischen Schlußfolgerungen. Ein angreifbarer Markt zeichnet sich durch das Fehlen j e d w e d e r Marktzutrittsbarrieren aus. Der Markteintritt ist frei und der Marktaustritt ist kostenlos 3 7 . Die potentiellen Konkurrenzanbieter üben in diesem Fall den gleichen W e t t b e w e r b s d r u c k auf den etablierten Anbieter aus wie tatsächlich am Markt befindliche Konkurrenten Die Möglichkeit eines Hit-and-Run Entry bewirkt, daß auch ein Monopolist keine, über die normale Profitrate hinausgehenden G e w i n n e durch Monopolpreisbildung realisiert, sondern sich vielmehr w e t t b e w e r b s k o n f o r m verhält. D a s Marktergebnis auf einem derartigen, perfekt angreifbaren M a r k t ' 8 stellt ein Gleichgewicht dar, bei dem die Kriterien eines statischen Wohlfahrtsmaximums erfüllt und die effiziente, kostenminimale Industrie- oder M a r k t s t r u k t u r endogen, durch die technologischen und die Nachfragegegebenheiten realisiert ist Im Mehrproduktfall kommt als weitere Wohlfahrtsimplikation noch das Fehlen interner Subventionierung hinzu' 9 . Ein angreifbarer Markt bedarf daher weder einer Marktzugangsregulierung zur Beeinflussung der Marktform, noch einer Preis- oder Mengenregulierung als Garant eines bestimmten Marktergebnisses, beide Anforderungen werden v o m W e t t b e w e r b erfüllt. Als eine der Grundaussagen der Theorie der angreifbaren M ä r k t e ergibt sich mithin, daß staatliche Regulierung auch im Fall natürlicher M o n o p o l e durch freien Marktzutritt, also einen angreifbaren Markt ersetzt werden kann Die Herstellung oder Unterstützung solcher Markt- oder Wettbewerbsbedingungen wäre dann die adäquate w e t t b e w e r b s p o litische Empfehlung und Handlungsweise Nur bei hohen versunkenen Kosten ist ein freier Marktzutritt nicht erreichbar, ist der Markt nicht angreifbar und regulierende Eingriffe sind notwendig, um monopolistisches Verhalten zu vermeiden und effiziente Marktergebnisse zu ermöglichen. Die Theorie der Contestable Markets ist insofern eine Erweiterung der Theorie des natürlichen Monopols, als sie verdeutlicht, daß zu dem Merkmal der Größenvorteile bzw. Subadditivität der Kostenfunktion noch irreversibile Kosten hinzukommen müssen, um über beschränkten Marktzutritt Marktmacht zu ermöglichen und damit Regulierung zu legitimieren. Neben den versunkenen Kosten gibt es auch institutionelle Marktzugangsvoraussetzungen, die ebenso, gewissermaßen als eine Form der Regulierung, weitere Regulierung notwendig erscheinen lassen. Der Abbau dieser künstlichen, staatlichen Marktzugangsregulierung ist also auch im Fall eines natürlichen M o n o p o l s geboten set/.. H : Wliv regulate Utilities?. a.a.O.: Bain. J.S.: Barriers lo New Competition. Cambridge. Mass.. 1956. 1 Vgl. Baumöl. W.J.: Contestable Markets: An U p r i s i n g in llie Tlicoiv of I n d u s l n ' Slruclure. a.a.O.. S. 38 B a u m ö l spricht liier von einem "perfectly contestable market", siehe ebenda. S 2. 39 Bei e i n e m instabilen natürlichen M o n o p o l kann ein a n g r e i f b a r e r Markt allerdings nicht im Gleichgewicht sein. vgl. d a / u Kapitel II.2.und Vickers. J./ Yarrow. G.: Privatization: A n E c o n o m i c Analysis. C a m b r i d g e . Mass. 1988. S 56 ff.
Marktversagen
?
107
Bezüglich des Vorhandenseins von Irreversibilitäten gilt es a u ß e r d e m zu bedenken, daß diese nicht nur natürlich oder marktbedingt, sondern auch Aktionsparameter strategischen Verhaltens der etablierten Anbieter sind Ein Anbieter kann durch strategisches Verhalten den Markteintritt von Konkurrenzanbietern verhindern und diese abschrecken, wenn es ihm gelingt, glaubhafte Drohungen hinsichtlich seines Verhaltens nach Marktzutritt aufzustellen 4 0 . Strategische Investitionen, die für den etablierten Anbieter zu versunkenen Kosten werden, vermögen diese Glaubhaftigkeit herbeizuführen oder zu erhöhen Beispielsweise lassen gezielte Überkapazitäten und starke ProduktdifTerenzierung eine aggressive Preispolitik und interne Subventionierung als glaubwürdige Verhaltensannahmen in einem Marktspiel nach Marktzutritt erscheinen Als Marktzutrittsabschreckung können auch die versunkenen Kosten, die infolge vertikaler Integration entstehen, aufgefaßt werden So führt etwa bei der Post und bei der Bahn der Verbund von N e t z und Betrieb dazu, daß für den gesamten Bereich Marktzutrittsschranken bestehen, obwohl potentieller W e t t b e w e r b bei der Leistungserstellung bzw. im Betrieb durchaus möglich wäre angesichts des Nichtvorhandenseins von Irreversibilitäten Versunkene Kosten wirken dann um so eher als Marktzutrittsschranke und ein Markt ist um so weniger angreifbar, j e glaubwürdiger sie die Drohungen des etablierten Anbieters machen"'. Aber auch in diesem Fall gilt, daß ein derartiges Verhalten, ob monopolistisch oder strategisch, am ehesten durch den Wettbewerbsdruck - unter Umständen verstärkt durch gezielte wettbewerbspolitische M a ß n a h m e n - diszipliniert wird Das Vorliegen von Irreversibilitäten ist darüber hinaus von technischen Bedingungen abhängig und infolgedessen dem technologischen Wandel unterworfen. Der Grad der Angreifbarkeit eines Marktes und damit die Möglichkeit einer Wettbewerbslösung muß bei dynamischer Betrachtung immer wieder aufs N e u e überprüft werden Parallel zur potentiellen Konkurrenz oder auch bei deren Fehlen übt außerdem die Substitutionskonkurrenz einen Druck in Richtung effizienten, wettbewerblichen Verhaltens aus
III. Wettbewerbspolitische S c h l u ß f o l g e r u n g e n III. 1. Regulierung des Pos (markt es w e g e n eines natürlichen M o n o p o l s ? Wie gezeigt werden konnte, liefert die Theorie des natürlichen M o n o p o l s nur in wenigen Spezialfällen Argumente für die staatliche Regulierung Das Vorliegen dieser Fälle ist für den betrachteten Ausnahmebereich, und z w a r jeweils für die einzelnen Produktionsstufen oder Teilmärkte zu überprüfen Aufgrund der mit der Ermittlung der globalen Kostenfunktion verbundenen Schwierigkeiten ist allerdings anzunehmen, daß die Frage nach dem natürlichen M o n o p o l im konkreten Fall durch empirische ökonomische Untersuchungen nie befriedigend gelöst werden kann
,0 41
Vgl. ebenda. S. 61 fT. Den Beitrag der nicht-kooperativen Spieltheorie zur Frage des Marktcin- und -austrilts behandelt Sharkey. W.: The Theory of Natural Monopoly. a.a.O.. S. 157 und Kapitel 8 .
108
Teil 2:
Marktergebnisse
Weiterfuhrend und ebenfalls notwendig ist ein Vergleich der beobachteten und vermeintlich ineffizienten Marktlösungen mit den realistischerweise zu erwartenden und teilweise ebenfalls beobachtbaren Ergebnissen staatlicher Regulierung. D e r N a c h w e i s eines M a r k t v e r s a g e n s infolge eines natürlichen M o n o p o l s sowie die Möglichkeit, durch dessen A u f h e b u n g einen Wohlfahrtszuwachs zu erzielen, ist noch keine hinreichende B e d i n g u n g für staatliche Regulierungseingriffe. Erst wenn Regulierung sich als die überlegene Alternative erweist, ist ihr Einsatz ökonomisch gerechtfertigt. E s gilt mithin, Marktversagen und Staatsversagen gegeneinander abzuwägen 1 2 N e b e n den reinen F o r m e n vollständiger Wettbewerbsfreiheit und umfassender Preisund Marktzutrittsregulierung gibt es noch zahlreiche weitere Alternativen mit zum Teil unterschiedlicher staatlicher Eingriffsintensität Die relevante Fragestellung ist mithin die nach der optimalen Organisationsform eines Marktes bzw der optimalen Regulierungsstrategie 4 3 . Auch die auf R H. C o a s e basierenden Erkenntnisse der T r a n s a k t i o n s k o s t e n ö k o n o m i e können in diesem Z u s a m m e n h a n g herangezogen werden Regulierung ist danach ö k o nomisch sinnvoll und gerechtfertigt, wenn sie Transaktionskosten nicht nur senkt, sondern dies auch in einem höheren M a ß e als andere Handlungsalternativen vermag 1 4 . In einer vergleichenden institutionellen Analyse wäre dann auch hinsichtlich der Transaktio n s k o s t e n zu prüfen, welche institutionelle L ö s u n g - etwa traditionelle staatliche Regulierung o d e r marktnähere, privatwirtschaftliche Lösungen - die Transaktionskosten am stärksten reduziert 45 . Die effiziente Lösung ist die Bereitstellung zu den geringsten volkswirtschaftlichen Kosten, einschließlich Produktions- und Transaktionskosten.
III.1.1. Z u r Kosteiistruktiir im Briefdienst Für einen empirischen Nachweis, ob der Briefdienst die Eigenschaften eines natürlichen M o n o p o l s aufweist, d h ob die Kostenfunktion subadditiv ist, muß die globale K o stenfunktion für die Erstellung von Briefdienstleistungen im relevanten Bereich der N a c h f r a g e bekannt sein. E s ist vor allem nicht ausreichend, die Kostenfunktion nur für die U m g e b u n g des aktuellen Outputniveaus zu kennen Die Ermittlung globaler K o stenfunktionen erweist sich j e d o c h als äußerst schwierig 46 . 42
Zu Staatsversagen vgl. etwa: Hirshleifcr. J./ DcHavcn. J.C./ Millinian. J.W.: Water Supply: Economics. Technology and Policy. Chicago 1960: Posner. R.A.: Nalural Monopoly and It's Regulation, in. Stanford Law Review. Vol. 21. 1969. S. 548-643. Posner. R A.: A Statistical Study for Antitrust E n forcement. in: Journal of Law and Economics. Vol 13. 1970. S. 365-419. 43 Siehe hierzu die Beiträge in Teil 3 des vorliegenden Bandes. 44 Vgl. Coasc. R.: The Problem of Social Cost, in: Journal of Law and Economics. Vol 3, I960, S. 15 ff. sowie Weizsäcker. C C. v.: Deregulierung und Privatisierung als Ziele und Instruinente der Ordnungspolitik, in: Vogel, O. (Hrsg ): Deregulierung und Privatisierung. Köln 1988. S 15; Kaufer, E.: Theorie der öffentlichen Regulierung. München 1980. S. 155. 45 Vgl. E h r m a n n . T : Transaktionskostenökonomie. Markte und Institutionen - Überlegungen und Anwendungsbeispiele. in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 38 Jg., 1989. Heft 2, S. 39 fr. 46 Vgl Knieps. G.: Dienstleistungspolitik der Deutschen Bundespost und Ordnungspolitik, in: Diedericli. H./ Hamm, W / Zohlnhöfer. W. (Hrsg.): Die Deutsche Bundespost im Spannungsfeld der Wirtschaftspolitik, Heidelberg 1987. S. 134.
Marktversagen?
109
E m p i r i s c h e U n t e r s u c h u n g e n z u K o s t e n f u n k t i o n e n im P o s t - b z w . Briefdienst b e s c h r ä n k e n sich in der R e g e l darauf, für einen e i n g e s c h r ä n k t e n O u t p u t b e r e i c h d a s A u s m a ß der Größenvorteile
zu
ermitteln,
weitaus
seltener
wird
auch
die Bedeutung
von
Ver-
b u n d v o r t e i l e n empirisch u n t e r s u c h t " . D e r N a c h w e i s e i n e s natürlichen M o n o p o l s kann mit derartigen U n t e r s u c h u n g e n - zumal für d e n Fall e i n e s M e h r p r o d u k t u n t e r n e h m e n s nicht z w e i f e l s f r e i erbracht w e r d e n . D a r ü b e r hinaus w ä r e e s sinnvoll, d a s A u s m a ß der G r ö ß e n v o r t e i l e nicht nur für d e n g e s a m t e n Briefdienst, s o n d e r n a u c h für die e i n z e l n e n T e i l l e i s t u n g e n zu untersuchen. S o f e r n ein einzelner D i e n s t l e i s t u n g s b e r e i c h die Charakteristiken e i n e s natürlichen M o n o p o l s a u f w e i s t , b e s a g t dies nicht, d a ß der g e s a m t e B r i e f dienst e b e n f a l l s ein natürliches M o n o p o l ist Ein relativ sicherer W e g , d a s V o r l i e g e n eines natürlichen M o n o p o l s z u ermitteln, ist es, Marktzutritt z u e r m ö g l i c h e n und das (natürliche) M o n o p o l d e m W e t t b e w e r b s t e s t zu unterwerfen.
Unter
ständigkeit b z w
den
Voraussetzungen
geringer
Irreversibilitäten
und
der
als e i n z e l - und g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e f f i z i e n t e L ö s u n g a u f d e m Markt d u r c h s e t z e n eventuelle
Be-
Stabilität d e s natürlichen M o n o p o l s wird sich das natürliche M o n o p o l
Vorliegen
irreversibler
Kosten
sowie
die
Möglichkeit
Das
subventionsfreier
P r e i s s e t z u n g im B r i e f d i e n s t sind daher v o r e i n e m M a r k t - o d e r W e t t b e w e r b s t e s t zu überprüfen. Für eine A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit d e m B r i e f m o n o p o l ist mithin in erster Linie e i n e U n t e r s u c h u n g der K o s t e n c h a r a k t e r i s t i k a im Briefdienst n o t w e n d i g . E s b e s t e h t w e i t g e h e n d e Einigkeit darüber, daß im Briefdienst strukturelle G r ö ß e n v o r teile auftreten 1 8 . D i e s gilt - aufgrund der Dichtevorteile" 1 ' 1 - i n s b e s o n d e r e für die Z u stellung, aber a u c h für die T e i l l e i s t u n g e n d e s E i n s a m m e l n s , d e s T r a n s p o r t e s u n d einiger M a n a g e m e n t g e m e i n k o s t e n w u r d e n G r ö ß e n v o r t e i l e ermittelt'" B e i z u n e h m e n d e m E i n s a t z
Zu den Ergebnissen von Kostenunlersuchungen für die Posl in den USA vgl. z.B. Sherman. R.: The regulation of monopoly. Cambridge 1989. S. 205 f f : Gupta. S.N./ Gupta. J.N.D.: Economies of Scale and Economies of Scope in the US Postal Service, in: Engineering Costs and Production Economics. Vol. 8. 1985. S. 269-280; Haldi. J.: Postal Monopoly. An Asscssmenl of the Private Express Statutes. Washington D C. 1974. Zu Ergebnissen für das britische Poslwcscn vgl. z B Dobbs. J / Richards. P.: Assessing the Welfare Effects of Entry into Letter Deliver)', in: Crew. M. A./ Kleindorfer. P. R : Competition and Innovation in Poslal Serv ices. Boston 1991. S. 78 ff 18 So z.B. Dobbs. J./ Richards. P.: Assessing the Welfare Effects of Enlry into Letter Delivery. a.a.O: Estrin. S / de Meza. D.: Delivering Letters: Should it be decriminalized?, in: Crew. M. A / Kleindorfer. P R.: Competition and Innovation in Postal Services. Boston 1991: Gupta. S.N./ Gupta. J.N.D.: Economies of Scale and Economics of Scope in the US Postal Servicc. a.a O.: Blankart. Ch B : Privatisierung im Poslwcscn: Mögliclikeitcn und Grenzen, in: Windisch. R (Hrsg.): Privatisiening natürlicher Monopole im Bereich von Balm. Posl und Telekommunikation. Tübingen 1987. S 205-244: Panzar. J.C.: Is Postal Serv ices a Natural Monopoly?, in: Crew. M.A / Kleindorfer. P R. (Hrsg.): Competition and Innovalion in Poslal Serv ices. Boston 1991. S. 219-228: Haldi. J.: Poslal Monopoly. An Assessment of Ihe Private Express Statutes. a.a.O. 49 Derartige Dichtevorteile in der Verteilung sind auch aus anderen Bereichen, beispielsweise der ElekIrizitätswirlschafl oder der Müllabfuhr, bekannt, vgl. dazu z.B. Kruse. J.: Ökonomie der Monopolrcguliening. a a.O.. S. 331T. Die Versorgung eines Gebietes durch mehr als einen Anbieter führt in diesen Fällen zu Doppelinveslilionen bzw. einer Vergeudung von Ressourcen. 50 Bei der Untersuchung des britischen Post Office von 1986 wurden, allerdings unter sehr restriktiven Annahmen. Größenvorteile beim Einsammeln, im Transport, in der Zustellung und bei einigen Managementgemeinkosten ermillelt. vgl. Dobbs. J / Richards. P : Assessing the Welfare Effects of Enlry into Letter Delivery, a.a.O.. S. 78 IT.
110
Teil 2:
Marklergebnisse
von elektronisch gesteuerten Briefverteilanlagen können in Z u k u n f t auch bei den Sortierv o r g ä n g e n Größenvorteile erzielt werden. Entscheidend ist, ob diese Größenvorteile auch beim gegenwärtigen Outputniveau und bei zukünftigen Outputsteigerungen realisiert werden, oder ob sie bereits ausgeschöpft sind. Für die Deutsche Post AG b z w die D B P P O S T D I E N S T liegen keine Berechnungen der Größenvorteile vor; die Übertragbarkeit von Berechnungen f ü r ausländische Postverwaltungen vorausgesetzt, kann jedoch beim heutigen Sendungsvolumen nicht mehr v o n einem nennenswerten A u s m a ß an Größenvorteilen ausgegangen werden 51 . Die Größenvorteile in der Zustellung sind ebenfalls nicht global, sondern nur lokal, innerhalb eines räumlich abgegrenzten Zustellgebietes realisierbar Die plausible V e r m u tung eines natürlichen M o n o p o l s im Bereich der Zustellung^ 2 bezieht sich daher auch nur auf lokale oder regionale natürliche Monopole Die Deutsche Post A G weist als Mehrproduktunternehmen möglicherweise auch Verbundvorteile auf D a s Angebot verschiedener Briefsendungsarten, die sich vor allem hinsichtlich des Qualitätsmerkmals Beförderungsgeschwindigkeit unterscheiden, ermöglicht eine gleichmäßigere Kapazitätsauslastung als dies bei jeweils gesondertem Angebot m ö g lich wäre. Diese Verbundvorteile treten vorwiegend bei den Sortiervorgängen auf, über ihr A u s m a ß liegen allerdings keine Angaben vor 51 . Bei den anderen Teilleistungen - Einsammeln, Transport und Zustellung - treten K o stenvorteile durch die gemeinsame Bearbeitung verschiedener Sendungsarten meist in Form v o n Größenvorteilen und weniger als Verbundvorteile auf. Dies gilt ebenfalls für den Verbund des Brief-, Fracht- und Pressepostdienstes innerhalb der Deutschen Post A G Die einzelnen Teilleistungen werden für die verschiedenen Geschäftsbereiche überwiegend getrennt erbracht; der weitestgehende Verbund besteht noch in der gemeinsamen Schalter- oder Gebäudenutzung durch Brief- und Frachtdienst sowie in der gemeinsamen Zustellung beim Brief- und Pressepostdienst. Eventuell zu realisierende K o stenvorteile erstrecken sich j e d o c h auch in diesen Fällen nur auf Größenvorteile, eine gleichmäßigere Kapazitätsauslastung wild nicht erreicht
51
Die Poslvcrwaltung G r o ß b r i t a n n i e n s opcricrl mittlerweile im Bereich steigender Grcnzkostcn. vgl. Richards. P : Pricing Regulation of Letter Services - The Impact on Prices. Profits a n d Efficiency. a.a.O.. Slide 12. Für die Poslvcrwaltung der USA wurden fiir den Z e i t r a u m von 1975-1980 sogar G r ö ß e n n a c h t e i l c ermittelt, vgl. Gupta. S.N./ Gupta. J.N.D.: E c o n o m i c s of Scale a n d Economies of Scope in the U S Postal Service. a.a.O.. S. 272 f. Auch a n d e r e Studien über die Post der USA k a m e n zu d e m Ergebnis. daß - i m Gegensatz zu Verlautbarungen des United States Post O f f i c e - allenfalls geringe G r ö ßenvorteile vorliegen: einen Überblick über die Ergebnisse d e r Studien gibt S h e r m a n . R : T h e regulation of monopoly. a.a.O.. S. 2 6 i Eine Z u n a h m e der Größenvorteile k a n n allenfalls durch eine e r h ö h t e Kapitalintensitäl. wie beispielsweise den verstärkten Einsatz elektronisch gesteuerter Vcrtcilanlagen. erreicht werden. 52 So a u c h Pan/.ar. J.C.: Is Postal Scrviccs a Natural Monopoly. a.a.O. und Haldi. J.: Postal Monopoly, An Assessment of the Private Express Statutes. a.a.O.. S 43. 53 Für d i e über d e n Zeitraum von 1961-1980 betrachtete Produktionstcchnologie der US-ainerikanischen Post w u r d e n Verbtindvorlcile nachgewiesen, e i n e Ermittlung des quantitativen A u s m a ß e s fand jedoch nicht statt, vgl. Gupta. S.N./ Gupta. J.N.D.: E c o n o m i e s of Scale a n d Economies of Scope in the US Postal Service. a.a.O.
Marktversagen?
111
Es ist nicht v o n ausschließlicher Bedeutung, o b die aufgeführten Größen- und Verbundvorteile ein natürliches M o n o p o l im Bereich der Briefdienstleistungen konstituieren; entscheidend ist vielmehr, ob die Voraussetzungen für die Wirksamkeit potentieller Konkurrenz gegeben sind und ob ein eventuell bestehendes natürliches M o n o p o l ineffizienten Marktzutritt abwehren kann
III.1.2. Die Frage des Marktzutritts im Briefdienst Bei freiem Marktzutritt, d h. wenn w e d e r institutionelle Marktzutrittsbarrieren noch hohe irreversible Kosten den Marktzutritt potentieller Anbieter beschränken, wird auch der natürliche Monopolist zu kostenefFizientem Verhalten veranlaßt. Auf einem derartigen, angreifbaren Markt (Contestable Market) rufen ineffiziente Produktion und/oder überhöhte Preise einen Marktzutritt von Konkurrenzanbietern und dadurch Marktanteilsverluste oder gar den Marktaustritt des Monopolisten hervor Im Bereich der Brief- und Postdienstleistungen kann nicht von entscheidenden Irreversibilitäten ausgegangen werden 5 1 Besonders auf lokaler Ebene, im Bereich der Zustellung, aber auch bei den übrigen Teilleistungen, sind die Markteintrittskosten und mithin die finanziellen Konsequenzen eines später rückgängig gemachten Markteintritts als relativ gering einzuschätzen Auf dieser Ebene ist die Angreifbarkeit des Marktes - in Abwesenheit institutioneller Marktzutrittsbeschränkungen - daher recht hoch Auf der nationalen oder gar internationalen Ebene fallen dagegen wesentlich höhere Kosten für den Marktzutritt an Die Errichtung eines nationalen bzw. internationalen Netzes verursacht beträchtliche Kosten für Gebäude, Logistik, K n o w - h o w und Marketingmaßnahmen, so daß das Risiko des Markteintritts hier bereits höher einzuschätzen ist. Auch auf dieser Ebene liegen jedoch keine hohen Irreversibilitäten vor. Bei den Markteintritts- oder Errichtungskosten (set-up costs) handelt es sich überwiegend um Fixkosten, die durch Veräußerung zum Großteil wieder zu erlangen s i n d " Die auf nationaler und internationaler Ebene anfallenden Marktzutrittskosten stellen mithin keine Marktzutrittsbarrieren dar, so daß auch hier von der Angreifbarkeit des Marktes ausgegangen werden kann Anbieter, die, wie die Kurier-, Expreß- und Paketdienste bereits über nationale und internationale Netze verfügen, üben bei Aufhebung der Marktzutrittsbeschränkung im Bereich der Briefdienstleistungen vermutlich erhebliche potentielle Konkurrenz aus. Angesichts der weitgehend verwandten Produktionstechnologien im Brief- und Paketverkehr ist die Existenz dieser privaten Anbieter auf dem Paketmarkt im übrigen ein Hinweis darauf, daß das Hinzutreten neuer Anbieter nicht durch Irreversibilitäten verhindert wird 5A
55
Diese E i n s c h ä t z u n g rindet sich unter a n d e r e m auch bei P a n z a r . J C : Is Postal Services a Natural Monopoly. a.a.O.. S 224; Dobbs. J./ Richards. P.: Assessing the W e l f a r e Effects of Entry into Letter Delivery. a.a.O.. S. 65. 80: Willig. R.D : What Can M a r k e t s Control'.', in: S h e r m a n . R. (Hrsg.): Perspectives on Postal Service Issues. W a s h i n g t o n . D C. 1980. S 156: Haldi. J.: Postal Monopoly. A n Assessment of the Private Express Statutes, a.a O.. S. 44 Vgl. a u c h Dobbs. J./ Richards. P.: Assessing the W e l f a r e Effects of Entrv into Letter Deliver). a . a . O . S. 65.
112
Teil 2:
Marklergebnisse
Eine weitere Voraussetzung dafür, daß die Zulassung von W e t t b e w e r b auf dem Markt für Briefdienstleistungen nicht zu suboptimalen Marktergebnissen führt, ist die Beständigkeit o d e r Stabilität des eventuell bestehenden natürlichen Monopols. D e r natürliche M o n o p o l i s t m u ß in der L a g e sein, ineffizienten Marktzutritt zu verhindern. In der Regel kann dies durch eine an der Kostenstruktur orientierte Preisbildung erreicht werden; es gibt hingegen Fälle, in denen ein subventionsfreier, marktzutrittsresistenter Preisvektor nicht existiert und sich das natürliche M o n o p o l als effiziente L ö s u n g im W e t t b e w e r b nicht durchsetzt 5 6 Die derzeit gültige Tarifstruktur im Briefdienst zeichnet sich durch einen relativ geringen Differenzierungsgrad aus. Insbesondere die Kosten der Zustelleistungen finden keine entsprechende Berücksichtigung in den Tarifen Die Zustellkosten sind j e d o c h zum einen a u f g r u n d ihres hohen Anteils an den Gesamtkosten der Briefdienstleistungen von B e d e u tung 5 ', z u m anderen weisen sie starke Schwankungen in Abhängigkeit von der Zustelladresse a u f 8 . Schließlich fuhrt auch die Tatsache, d a ß im Bereich der Zustellung die höchsten Größenvorteile erzielt werden 59 , dazu, daß ihre Berücksichtigung in den Preisen entscheidend f ü r eine subventionsfreie Preisstruktur ist. G e g e n w ä r t i g werden vom etablierten Monopolisten nicht alle Möglichkeiten der Preisdifferenzierung zur A b w e h r ineffizienten Marktzutritts ausgeschöpft, so d a ß eine Freigabe des Marktzutritts auch zu ineffizientem Rosinenpicken bzw. Marktzutritt führen kann. Ein wirksamer Schutz vor ineffizientem Marktzutritt kann unter Umständen schon dadurch erreicht werden, daß es dem bisherigen M o n o p o l u n t e r n e h m e n gestattet wird, bei selektivem Marktzutritt v o n der gegenwärtigen Einheitstarifstruktur abzuweichen. Die Notwendigkeit dazu wird dann in der Realität selten gegeben sein, da ineffizientes Rosinenpicken aufgrund der Reaktionsmöglichkeiten der Post unterbliebe 6 0 . A u c h angesichts einer eventuell verbleibenden theoretischen Möglichkeit eines instabilen natürlichen M o n o p o l s im Briefdienst stellt sich die Frage, ob die Kosten- und Effizienzvorteile, d.h. das A u s m a ß der Größen- und Verbundvorteile, die Kostennachteile und Effizientverluste eines vor W e t t b e w e r b geschützten M o n o p o l s überwiegen Fehlender W e t t b e w e r b s d r u c k führt zu X-Ineffizienz und mangelnder Innovationsbereitschaft des Monopolisten, so daß ein durch Marktzutrittsbeschränkung geschütztes natürliches M o n o p o l die Wohlfahrt nicht zwangsläufig maximiert O b die Effizienzvorteile zusätzlichen Wettbewerbs zur Kompensation der entgangenen gesamtwirtschaftlichen Kostenvorteile eines natürlichen M o n o p o l s ausreichen, ist 56
Vgl. Faulhaber. G R.: Cross-Subsidi/.alion: Pricing in Public Enterprises. a.a.O. ' O w e n . Willig verw eisen auf einen 4 0 prczcntigcn Gcsamtkoslcnanlcil. vgl. O w e n . B.M./ Willig. R.D.: E c o n o m i c s a n d Postal Pricing Policy. a.a.O.. S. 233 Diese E i n s c h ä t z u n g wird a u c h v o n den privaten A n b i e t e r n geteilt. So hat beispielsweise UPS in den U S A 1992 einen Aufpreis von 5.- $ für die Zustell u n g an Privalhaushalle eingeführt 58 Vgl. z.B. Estrin. S . / d e Meza. D.: Delivering Lcllers: Should it be decriminalized?. a.a.O.. S. 102: Albon. R.: Postal R a l e - M a k i n g Procedures and Oulcoincs in Various Countries, in: Crew. M A./ Kleindorfer. P. R. (Hrsg.): C o m p e t i t i o n a n d Innovation in Postal Services. Boston 1991. S. 241. 59 Vgl. Estrin. S./ de M e z a . D.: Delivering Letters: Should il be decriminalized?. a.a.O.. S. 102. 6n Vgl. ebenda. S. 105. 5
Marktversagen?
113
abhängig von der Art des neu hinzukommenden Angebotes Kompensationsmöglichkeiten bzw. Nettowohlfahrtsgewinne sind um so wahrscheinlicher und größer, je stärker die neuen Angebote sich von den bisherigen Dienstleistungen der Deutschen P o s t A G unterscheiden und j e mehr somit zusätzlicher Nutzen für die Konsumenten entsteht. Auch das A u s m a ß der im W e t t b e w e r b erzwungenen KostenefTizienz der Deutschen Post A G steht in positivem Z u s a m m e n h a n g mit den Effizienzgewinnen zunehmenden Wettbewerbs. Beträchtliche G r ö ß e n - und Verbundvorteile seitens des bisherigen Monopolisten sowie ein Angebot enger Substitute durch die Konkurrenzanbieter reduzieren hingegen die potentiellen Wohlfahrtsgewinne einer Wettbewerbseinfiihrung. Sofern die Effizienzgewinne durch direkten W e t t b e w e r b als gering eingeschätzt werden und die Kostenvorteile des natürlichen M o n o p o l s aufgrund von Instabilitäten nur durch Marktzutrittsbeschränkungen realisiert werden können, so kann durch Ausschreibungskonkurrenz die KostenefTizienz des Alleinanbieters gesichert werden. O h n e eine solche Wettbewerbslösung besteht hingegen die Gefahr, daß die EfTizienzvorteile eines natürlichen M o n o p o l s durch X-InefTizienz des Monopolisten aufgezehrt werden.
III.2. Regulierung des Postinnrktes zum Z w e c k der internen S u b v e n t i o n i e r u n g ? Ein natürliches M o n o p o l bedarf dann eines Schutzes vor Marktzutritt, wenn eine interne Subventionierung bestimmter Dienste oder Nachfrager politisch erwünscht ist und gleichzeitig die G r ö ß e n - und/oder Verbundvorteile eines natürlichen M o n o p o l s realisiert werden sollen 6 '. Ebenso wie im Fall eines instabilen natürlichen M o n o p o l s liegt dann kein marktzutrittsresistenter, subventionsfreier Preisvektor vor und Konkurrenzanbieter würden "Rosinenpicken" d h. einen Teil der Nachfrager zu geringeren Preisen aber nicht notwendigerweise kostengünstiger versorgen In diesem Fall scheint Regulierung also notwendig und eine Wettbewerbsbeschränkung - wenn nicht ökonomisch, so doch politisch - gerechtfertigt zu sein Mit der gemeinwirtschaftlichen Auflage einer Tarifstruktur nach dem Grundsatz der Tarifeinheit - w o r u n t e r insbesondere Tarifeinheit im Raum verstanden wird - wird v o n der Post eine interne Subventionierung der geförderten durch andere Nachfrager verfolgt 62 . Für den Markt der Postdienstleistungen bedeutet dies jedoch, daß sowohl das Leistungsangebot des Monopolisten als auch die gesamte Marktversorgung, einschließlich des privaten Angebotes nicht kostenminimal erfolgt Die mit Regulierung verbundene Wettbewerbseinschränkung kann in ihren Auswirkungen nicht auf bestimmte M a r k t s e g m e n t e beschränkt werden, es ergeben sich vielmehr Wettbewerbsverzerrungen und Effizienzverluste auf allen Teilmärkten Die dauerhafte Subventionierung eines Dienstes hat außer der unmittelbaren Verschlechterung des Betriebsergebnisses auch gesamtwirtschaftlich negative Auswir61 62
Vgl. Faulhaber. G. R.: Cross-Subsidization: Pricing in Public Enlcrpriscs. a.a.O.. S. 972. Der Deutschen Post AG und ihren Vorgängerorganisationen ist durch das Eigenwirtschaft! iclikcitspostulat eine Verlustausweisung und eine Finanzmiltelzurühnnig aus dein Staatshaushalt, die letztlich eine Subventionierung durch den Steuerzahler bedeuten würde, versagt
114
Teil2: Marklergebnisse
k u n g e n , die d u r c h die V e r z e r r u n g der P r e i s e u n d falsche S i g n a l w i r k u n g e n f ü r die N a c h f r a g e r h e r v o r g e r u f e n w e r d e n . D i e p r o d u z i e r t e M e n g e entspricht nicht d e m tatsächlichen B e d a r f . V o n d e n s u b v e n t i o n i e r t e n Dienstleistungen w e r d e n m e h r erstellt, als es d e m V e r hältnis z u den K o s t e n u n d den P r ä f e r e n z e n der N a c h f r a g e r bei u n v e r z e r r t e n Preissignalen e n t s p r i c h t , so daß es zu einer V e r s c h w e n d u n g volkswirtschaftlicher R e s s o u r c e n k o m m t A u ß e r d e m w i r d die E n t w i c k l u n g und A u s d e h n u n g v o n substitutiven D i e n s t e n behindert, o b w o h l diese d e n M a r k t u U. zu insgesamt niedrigeren K o s t e n v e r s o r g e n k ö n n t e n Ein w e i t e r e r E f f e k t s u b o p t i m a l e r Preise ist die mit ihnen v e r b u n d e n e E n t s t e h u n g v o n I n t e r e s s e n g r u p p e n . D i e N a c h f r a g e r subventionierter G ü t e r und L e i s t u n g e n haben einen Anreiz, sich im politischen P r o z e ß nicht nur flir die B e i b e h a l t u n g d e r P r e i s s t r u k t u r , sond e r n a u c h g e g e n t e c h n o l o g i s c h e und institutionelle V e r ä n d e r u n g e n des S t a t u s Q u o auf d e m b e t r a c h t e t e n M a r k t einzusetzen. Die E f f i z i e n z g e w i n n e v o n V e r ä n d e r u n g e n der M a r k t s t r u k t u r erscheinen - z u m a l in der interpersonalen Verteilung - u n g e w i ß , d e r V e r lust d e r subventionierten Preise d a g e g e n sicher. U n a b h ä n g i g von ihren allokationsverzerrenden A u s w i r k u n g e n ist die interne S u b v e n t i o n i e r u n g w o h l f a h r t s t h e o r e t i s c h abzulehnen. Mit direkten bzw. u n g e b u n d e n e n T r a n s f e r z a h l u n g e n ü b e r das allgemeine S t e u e r s y s t e m w i r d nicht direkt in d e n M a r k t m e c h a n i s m u s eingegriffen, s o daß die L e n k u n g s f u n k t i o n des Preissystenis erhalten bleibt D e n N a c h f r a g e r n wird d i e Finanzierung der Dienstleistungen ermöglicht, j e d o c h e n t s p r e c h e n d ihrer e i g e n e n P r ä f e r e n z e n ; d a s so erzielte N u t z e n n i v e a u ist h ö h e r als bei indirekten b z w geb u n d e n e n Transfers 6 3 Die w o h l f a h r t s t h e o r e t i s c h e Überlegenheit direkter T r a n s f e r l e i s t u n g e n gilt für d e n Fall, d a ß diese e b e n s o h o c h w i e die indirekten T r a n s f e r s sind; häufig ist d e r U m f a n g d e r u n g e b u n d e n e n T r a n s f e r z a h l u n g e n j e d o c h geringer als die alternativ über interne Subventionier u n g bereitgestellten Mittel'' 1 . In diesen Fällen führt die interne S u b v e n t i o n i e r u n g , sofern g r u n d s ä t z l i c h der N u t z e n des indirekten T r a n s f e r s für die Bezieher nicht sehr v o n d e m d e s u n g e b u n d e n e n abweicht, insgesamt zu besseren E r g e b n i s s e n f ü r die Begünstigten 6 '
61
A u ß e r beim V o r l i e g e n v o n ENlernalitälen h a b e n u n g e b u n d e n e T r a n s f e r s ( t r a n s f e r s in casli) a u s der SiclU d e r E m p f ä n g e r e i n e n Effizien/.vorlcil g e g e n ü b e r g e b u n d e n e n T r a n s f e r s ( t r a n s f e r s in k i n d ) . vgl. B r o w n i n g . E . K : T h e E x t e r n a l i l v A r g u m e n t for I n - K i n d T r a n s f e r s : Sonic Crilical R e m a r k s . in: Kyklos. Vol. 28. 1975. S. 5 2 6 - 5 4 4 : M a c k s c h e i d t . K.: T r a n s f e r s II. in: W i S u . 12. Jg.. 1983. S. 87-91. 61 D i e G r ü n d e s i n d d a r i n 7.11 sehen, d a ß der Nul/.en d e r T r a n s f e r z a h l u n g e n f ü r die G e l d g e b e r h ö h e r ist. s o f e r n die T r a n s f e r s e n t s p r e c h e n d i h r e r P r ä f e r e n z e n v e r a u s g a b t w e r d e n bzw. ein V e r h a l t e n s e i t e n s der E m p f ä n g e r h e r v o r r u f e n , w e l c h e s d i e G e l d g e b e r als w ü n s c h e n s w e r t e r a c h t e n W e i t e r h i n wird die T e n d e n z h ö h e r e r g e b u n d e n e r T r a i i s f e r l e i s t u n g c n d a d u r c h verstärkt, daß sie politisch leichter d u r c h z u s e t z e n s i n d , die g l e i c h z e i t i g e V e r f o l g u n g anderer politischer Z i e l e - z.B. k o n j u n k t u r - o d e r s t r u k t u r p o l i t i s c h e - e r m ö g l i c h e n s o w i e den Z i e l e n der V e r w a l t u n g e n t g e g e n k o m m e n : vgl. P o i n m e r e h n e , W . W . : G e b u n d e n e vs. freie G e l d t r a n s f c r s : E i n e Fallstudie. in: W e i z s ä c k e r . C C. v o n (Hrsg.): Staat u n d W i r t schart (= S c h r i f t e n des V e r e i n s f ü r Socialpolilik. N.F.. Bd. 102). B e r l i n 1979. S 149 i f ^ D i e s e S i c h t w e i s e resultiert a u s e i n e r K o m b i n a t i o n d e s n o r m a t i v e n u n d des positiven A n s a t z e s in der V e r l e i l u n g s t h e o r i e . vgl e b e n d a . S. 164.
Marktversagen ?
115
D i e B i n d u n g der T r a n s f e r z a h l u n g e n an die Erfüllung b e s t i m m t e r V e r w e n d u n g s - o d e r V e r h a l t e n s a u f l a g e n b e d e u t e t eine A u s r i c h t u n g an d e n P r ä f e r e n z e n d e r G e l d g e b e r und widerspricht in d e r Regel d e m Prinzip der K o n s u m e n t e n s o u v e r ä n i t ä t 6 6 . Insofern sind die subventionierten G ü t e r und Dienstleistungen als m e r i t o r i s c h e G ü t e r , die im politischen P r o z e ß definiert w e r d e n , a n z u s e h e n , ihre B e u r t e i l u n g ist z w a r unter EfTizienzgesichtsp u n k t e n möglich, letztlich entzieht sie sich j e d o c h ö k o n o m i s c h e n Kriterien. In allgemeiner F o r m läßt sich g e g e n die G e s t a l t u n g d e r P o s t t a r i f e u n t e r verteilungspolitischen G e s i c h t s p u n k t e n e i n w e n d e n , daß es auch bei zahlreichen a n d e r e n G ü t e r n , w i e z.B. Lebensmitteln, Immobilien o d e r d e r G e w e r b e s t e u e r regionale P r e i s u n t e r s c h i e d e gibt. E s entspricht einer seltsamen A u f f a s s u n g wirtschaftlicher Z u s a m m e n h ä n g e , daß b e s t i m m te K o s t e n v e r l ä u f e als sozial u n g e r e c h t e m p f u n d e n w e r d e n ; unterschiedliche r e g i o n a l e Knappheitsverhältnisse, Dichtevorteile oder G r ö ß e n d e g r e s s i o n f ü h r e n d a z u , daß die G ü t e r v e r s o r g u n g zu regional unterschiedlichen P r e i s e n erfolgt Der A s p e k t d e r Verteilungsg e r e c h t i g k e i t ist daher nicht auf der E b e n e d e r K o s t e n u n d Preise, s o n d e r n auf d e r E b e n e der E i n k o m m e n s v e r t e i l u n g relevant D a r ü b e r hinaus ist es fraglich, ob d i e g e w ü n s c h t e n V e r t e i l u n g s w i r k u n g e n mit d e m Ins t r u m e n t der P o s t t a r i f e ü b e r h a u p t zu erzielen sind. E m p i r i s c h e U n t e r s u c h u n g e n der K o sten- u n d N u t z e n s t r u k t u r e n der v e r s c h i e d e n e n P o s t d i e n s t l e i s t u n g e n verdeutlichen, d a ß die S u b v e n t i o n i e r u n g d e s traditionellen P o s t w e s e n s durch d e n Telefondienst, infolge des geringen Anteils der privaten H a u s h a l t e an d e r N a c h f r a g e nach den traditionellen P o s t diensten u n d ihres relativ h o h e n Anteils an d e r T e l e f o n n a c h f r a g e , d e f a c t o eine S u b v e n t i o n i e r u n g des gewerblich öffentlichen S e k t o r s d u r c h die privaten H a u s h a l t e b e d e u t e t 6 . Innerhalb des Briefdienstes w e r d e n die tarifbegünstigten S e n d u n g e n (z.B. M a s s e n d r u c k sachen, B ü c h e r s e n d u n g e n ) ebenfalls ü b e r w i e g e n d v o n d e n g e w e r b l i c h e n V e r s e n d e r n g e nutzt 6 8 , s o f e r n diese S e n d u n g s a r t e n nicht zu k o s t e n d e c k e n d e n Preisen a n g e b o t e n w e r d e n , finanzieren auch private K u n d e n diese S u b v e n t i o n e n . Ein w e i t e r e r A s p e k t , der die W i r k s a m k e i t der verteilungspolitischen M a ß n a h m e n u . U beeinträchtigt, ergibt sich d u r c h das A u s m a ß der Ü b e r w ä l z u n g v e r z e r r t e r P o s t g e b ü h r e n 66
Bei positiven externen Effekten können gebundene Transfers jedoch wolilfalirlsoplimal sein. vgl. ebenda. S. 149 IT. 6 ' 1982 wurden 18% der Posteinnalmien von den privaten Haushalten und 8 2 % v o m gewerblich öffentlichen Seklor entrichtet, bei den Telefoncinnalunen bcliefcn sich die Anleile auf jeweils 50%. vgl. Hahn. W./ Rat/.enberger. R.: Verteilungswirkiingen interner Subvcnlionierung der Deutschen Bundespost. in: ifo-Sclmelldienst. 37. Jg.. 1984. Nr 19. S 17. Tabelle 4 Die privaten Haushalte sind also weniger an der Entstehung des Defizits der gelben Post beteiligt, als sie zu seiner Deckung bzw. zum Überschuß der grauen Post beitragen D i e s e Daten haben sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert: eine getrennte Aufschlüsselung der Post- und Fcrnmcldccinnahincn ist in der neueren Untersuchung des Ifo Institutes jedoch nicht enthalten, vgl. Arnold. H.: Post- und Fernmcldegebühren in ausgewählten Wirtschaftsbercichen (= Ifo-Studien zur Verkclirswi «schaff. Nr 23). M ü n c h e n 1990. S. 306 fT. 1990 stammten 8 0 % des Sendungsaufkonmiens im Brief- und Frachtdicnst von gewerblic h e n und 2 0 % von privaten Kunden, vgl. Zumwinkel. K.: Markt und Kunde im Brennpunkt - Herausforderungen der Zukunft für die Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T , in: Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T . Generaldirektion (Hrsg.): Post Forum. Dokumentation. Bd. 1: P O S T D I E N S T . K o n greß- und Workshopbeiträge. Köln. 14 Mai bis 16. Mai 1990. B o n n o J . S. 14 68 D e r Anteil der privaten Sendungen am gesamten Briefdienst beträgt ca. 19%. Massendrucksachen werden h i n g e g e n zu weniger als 1% von privaten Kunden versandt
116
Teil 2:
Marktergebnisse
v o n den Unternehmen auf die Verbraucher Die Inzidenz allokativ verzerrter Preise ist in diesem Fall und auch allgemein j e d o c h kaum zu ermitteln 69 Für eine Beurteilung der Effektivität verteilungspolitischer M a ß n a h m e n ist neben den tatsächlichen Verteilungswirkungen auch der Einfluß entscheidend, den derartige preispolitische M a ß n a h m e n auf das verfügbare Einkommen oder die Lebenshaltungskosten der g e f ö r d e r t e n Personen haben Bedingt durch die in den letzten Jahren deutlich gestieg e n e B e d e u t u n g des Telefons und gleichbedeutend mit der zunehmenden Substitution der Briefkommunikation der privaten Haushalte ist der Anteil der Ausgaben lur die traditionellen Postdienste an den gesamten Lebenshaltungskosten mit knapp zwei Promille mittlerweile recht gering 70 . Von einem Privathaushalt werden pro Jahr durchschnittlich knapp 3 6 Briefe, d.h. etwa 3 Briefe im Monat versandt' 1 . E s stellt sich also die Frage, ob angesichts dieser Ausgabenstruktur eine Umverteilung mittels Posttarifen überhaupt noch eine politische Rechtfertigung hat. Die Signalwirkung, die eine Tariferhöhung der gelben Post in der Öffentlichkeit hat, überschätzt jedenfalls die Bedeutung der Posttarife sowohl f ü r die Sozial- und Verteilungspolitik als auch f ü r die Inflationspolitik 2. Angesichts des relativ geringen Sendungsaufkonimens von privaten Kunden stellt sich auch die Frage, ob der Briefdienst bzw. die schriftliche Form der Kommunikation tatsächlich ein gesellschaftliches Grundbedürfnis darstellt. Das Telefon auch in Verbindung mit d e m Telefax scheint weitaus eher den heutigen kommunikativen Bedürfnissen zu entsprechen und weist darüber hinaus geringere variable Kosten auf. Ein für alle Bevölker u n g s g r u p p e n und Landesteile einheitliches Briefentgelt hat daher auch durch die technische Entwicklung an Relevanz verloren Verteilungspolitische Ziele, die im Z u s a m m e n h a n g mit dem Postwesen auftreten, bedingen nicht die I n k a u f n a h m e allokativer Verzerrungen und Ineffizienzen; diese Ziele sind vielmehr simultan zu verfolgen Allgemeiner formuliert schließen sich Effizienz- und Verteilungsziele langfristig nicht gegenseitig aus 1 W e t t b e w e r b ist nur dann möglich und mit effizienten Ergebnissen verbunden, wenn durch die Definition von Eigentumsrechten an den Gütern ein Anreizsystem geschaffen ist. Ein effizientes Marktergebnis bedeutet dann ein maximal mögliches und sozial erwünschtes Güterangebot. Dieses Ergebnis 69
Vgl. auch Neumann. K.-H : Gebührenpolitik im Tclekomnuinikalionsbereich. Baden-Baden 1984. S. 140 ff.: Joskow. P L./ Rose. N.L.: The Effects of Economic Regulation, in: Schmalensce. R./ Willig. R. D. (Hrsg.): Handbook oflndustrial Organization. Vol. 2. Amsterdam 1989. S. 1487 ,ü Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 1994 für die Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden 1994. S 660 f. Die Werte beziehen sich auf das Jahr 1991. Die Berechnung basiert auf einer Anzahl von 35.3 Mio. Privathaushallen im gesamten Bundesgebiet sowie auf Angaben der Generaldirektion der DBP P O S T D I E N S T über den Anteil der von Privatkunden versandten Briefe (18.9%). Pakete (15%) und Päckchen (16%). vgl Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 1991 für das vereinigte Deutschland. Stuttgart 1991. S. 70 Vgl dazu auch Wohlfahrt. R : Die Gebührcnpolitik der Deutschen Bundespost im Spannungsfcld öffentlicher und betriebswirtschaftlicher Ziele, in: Archiv für das Post- und Fernmeldewcsen. 33. Jg.. 1981. S. 276 3 Vgl Weizsäcker. C.C. von: Was leistet die Property Rights Theorie für aktuelle wirtschaflspolitische Fragen?, in: Neumann. M. (Hrsg ): Ansprüche. Eigentums- und Vcrfügungsrechte (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. N.F.. Bd. 140). Berlin 1984. S 123 ff
Marktversagen?
117
k o m m t nicht z u s t a n d e , w e n n d e m G ü t e r k o n s u m o d e r d e r U m v e r t e i l u n g keine B e s c h r ä n k u n g , d i e ja letztlich z u r Erzielung eines h ö h e r e n K o n s u m l e v e l s f u h r t , auferlegt wird 7 4 . D i e V e r f o l g u n g d e s Effizienzziels ist mithin auch u n t e r V e r t e i l u n g s g e s i c h t s p u n k t e n optimal, d a sie einen maximalen V e r t e i l u n g s s p i e l r a u m schafft. F ü r die Postpolitik b e d e u t e t dies, d a ß Allokations- und V e r t e i l u n g s f r a g e n gleic h e r m a ß e n u n d parallel in der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k berücksichtigt w e r d e n müssen. Eine effiziente U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g sollte im I n t e r e s s e der U n t e r n e h m e n s e i g n e r u n d der Allgemeinheit, die j a in diesem Fall identisch sind, a n g e s t r e b t w e r d e n . S o f e r n d a r ü b e r hinaus verteilungspolitische Ziele v o n d e m U n t e r n e h m e n zu erfüllen sind, so ist dies mit den g e r i n g s t m ö g l i c h e n E f f i z i e n z e i n b u ß e n zu verwirklichen. Die Tarifeinheit im R a u m u n d die damit e i n h e r g e h e n d e interne S u b v e n t i o n i e r u n g ist also allokations- u n d verteilungspolitisch f r a g w ü r d i g und mit d e n a u f g e z e i g t e n erheblichen N a c h t e i l e n v e r b u n d e n . A b e r selbst w e n n a u s politischen E r w ä g u n g e n d a r a n bzw. an b e s t i m m t e n Postdienstleistungen zu nicht k o s t e n d e c k e n d e n Preisen f e s t g e h a l t e n wird, s o ist damit keine R e c h t f e r t i g u n g für d e n F o r t b e s t a n d institutioneller M a r k t z u t r i t t s s c h r a n k e n im P o s t s e k t o r g e g e b e n . Es ist unwahrscheinlich, d a ß eine A u f h e b u n g d e r V e r p f l i c h t u n g zur Tarifeinheit eine vollständige A b k e h r v o n übersichtlichen, einheitlichen Tarifen zur F o l g e hätte. Im M a s s e n g e s c h ä f t des Brief- u n d P a k e t v e r k e h r s sind t r a n s p a r e n t e und e i n f a c h e T a r i f s t r u k t u r e n s o w o h l z u r O r i e n t i e r u n g f ü r die K u n d e n als auch z u r M i n i m i e r u n g d e r mit einem Tarifsystem v e r b u n d e n e n T r a n s a k t i o n s k o s t e n f ü r den A n b i e t e r erforderlich. G e s o n d e r t e Preisv e r e i n b a r u n g e n u n d R a b a t t e f ü r G r o ß k u n d e n w ä r e n allerdings a u f g r u n d d e r K o s t e n u n t e r schiede im Vergleich zu E i n z e l s e n d u n g e n zu e r w a r t e n , z u m Teil sind sie j e d o c h bereits bisher tarifpolitische Praxis des M o n o p o l a n b i e t e r s g e w e s e n . A u c h in e r w e r b s w i r t s c h a f t l i c h g e f ü h r t e n U n t e r n e h m e n ist es k e i n e s w e g s die Regel, d a ß j e d e s P r o d u k t einen positiven D e c k u n g s b e i t r a g e r w i r t s c h a f t e t S o f e r n V e r b u n d vorteile bestehen, entspricht es d u r c h a u s k a u f m ä n n i s c h e m , g e w i n n m a x i m i e r e n d e m H a n deln, w e n n A n s c h l u ß - o d e r N e b e n l e i s t u n g e n nur mit d e n kurzfristigen Z u s a t z k o s t e n belastet w e r d e n o d e r im Fall profitabler H a u p t l e i s t u n g e n s o g a r einen negativen D e c k u n g s beitrag a u f w e i s e n ' 5 . E b e n s o sind s o g Sozialtarife nicht unvereinbar mit den Zielen gewinnorientierter U n t e r n e h m e n . Z u r optimalen K a p a z i t ä t s a u s l a s t u n g bei Unteilbarkeiten sind P r e i s d i f f e r e n z i e r u n g e n ohnehin unverzichtbar, so d a ß P r e i s r e d u k t i o n e n f ü r bestimmt e N a c h f r a g e r g r u p p e n in K o m b i n a t i o n mit zeitlicher und gegebenenfalls auch qualitativer P r o d u k t d i f f e r e n z i e r u n g d u r c h a u s d e n k b a r sind
,4
Zu dem Konzept eines Drei-Ebenen-Wettbewerbs auf der Konsuln-. Produklions- und Innovationsebene vgl Weizsäcker. C C. von: Barriers lo Entry. Berlin u.a. 1980. S. 51T. und Weizsäcker. C.C. von: Rechte und Verhältnisse in der modernen Volkswirtschaftslehre, in: Kyklos. Vol. 34, 1981, S. 348 ff. Die Ebene der Innovation ist für den hier betrachteten Zusammenhang nicht unmittelbar relevant. 75 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr - Gruppe Verkehrswissenschaft. Gemeimvirtschaftliclikeit und Deutsche Bundesbahn, in: Zeitschrift für Verkehrswisscnschaft. 59 Jg. 1988. S. 89 f.
118
Teil 2:
Marktergebnisse
In diesen Fällen der PreisdifTerenzierung liegt, sofern j e d e Leistung oder jeder Leistungsverbund g e r a d e die Zusatzkosten trägt, keine interne Subventionierung vor, so d a ß folglich auch keine Marktzutrittsbeschränkung zur Vermeidung ineffizienten R o sinenpickens n o t w e n d i g ist Die erwünschten Ergebnisse werden im W e t t b e w e r b erzielt und die gemeinwirtschaftlichen Tarifauflagen müssen einem Monopolunternehmen überhaupt nur wegen seines Alleinbetriebsrechts, also der Ausschaltung des Wettbewerbs, gemacht werden' 6 Zumindest in diesen Fällen ist die Regulierungsbegründung der N o t wendigkeit interner Subventionierung nicht nur nicht haltbar, sondern geradezu ad absurdum geführt; mit anderen Worten sind politisch motivierte, gemeinwirtschaftliche Auflagen dann nicht als Ursache für die Regulierung, sondern vielmehr als deren Folgen anzusehen
IV. S c h l u ß b e t r a c l i t u i i g e i i Die vorangegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, daß der bisherigen Regulierung der Deutschen Post A G und ihren Vorgängeroi ganisationen vielfach ungerechtfertigte B e g r ü n d u n g e n und unzutreffende Annahmen zugrundeliegen. Die T h e s e eines allgemeinen Marktversagens im unregulierten Postmarkt ist daher nicht haltbar. E s w u r d e gezeigt, daß im Briefdienst aller Voraussicht nach kein instabiles permanentes natürliches M o n o p o l vorliegt. Es ist allenfalls ein lokales natürliches M o n o p o l und dies nicht auf allen Produktionsstufen, sondern nur im Bereich der Zustellung zu vermuten Neben den theoretischen Erwägungen sind auch die von privaten Unternehmen ohne gesetzlichen M o n o p o l s c h u t z angebotenen Paket-, Express-, Kurier- und Lieferdienste ein deutlicher Beweis. Mit fortschreitenden theoretischen Erkenntnissen in der Regulierungsökonomie verstummt das A r g u m e n t des natürlichen M o n o p o l s zusehends als Regulierungsrechtfertigung und damit als B e g r ü n d u n g für unterbleibende Liberalisierung Das zentrale Argument zur Regulierung der gelben Post ist mittlerweile in der ihr zugewiesenen Verantw o r t u n g für die V e r s o r g u n g bestimmter Nachfragergruppen mit Briefdienstleistungen zu Unterkostenpreisen zu sehen. In der Tatsache, d a ß nicht alle Nachfrager - unabhängig von der Art und M e n g e der von ihnen nachgefragten Briefdienste - die Leistungen zu identischen Preisen erhalten, sehen die Politik und einige gesellschaftliche G r u p p e n ein Marktversagen - in Unkenntnis oder zumindest abweichend von der eigentlichen Definition des Begriffs Eine Monopolisierung des Postmarktes zum Zweck der internen Subventionierung ist j e d o c h ineffizient, ineffektiv und überflüssig Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist es daher geboten, das staatlich garantierte M o n o pol im Briefdienst zumindest zu lockern und zu einer marktnäheren Regulierung überzugehen Eine derartige Regulierung bietet nach wie vor die Möglichkeit, bestimmte gesellschaftliche bzw. politische Ziele im Rahmen der Postpolitik zu verfolgen Eine direkte Subventionieaing bestimmter Preise bzw Nachfrager ist ebenso denkbar wie Infrastrukturauflagen für den dominanten Anbieter oder alle Anbieter 76
Vgl. ebenda. S. 90.
Marktversagen?
119
B e i d e r U m s e t z u n g derartiger A n f o r d e r u n g e n der Politik o d e r einzelner, v o r allem r e g i o n a l p o l i t i s c h e r I n t e r e s s e n w i e einheitliche P r e i s e ( u n g e a c h t e t der S i e d l u n g s d i c h t e ) , die der M a r k t o h n e r e g u l i e r e n d e E i n g r i f f e nicht hervorbringt, gibt e s j e d o c h z u marktw i r t s c h a f t l i c h orientierten, institutionellen R e g e l u n g e n w i e in Teil 3 d i e s e s B a n d e s a u f g e z e i g t , k e i n e e f f i z i e n t e Alternative
Staatliche Eingriffe und M o n o p o l r e c h t e in der heu-
t i g e n F o r m sind für die E r r e i c h u n g der o . g . Z i e l e nicht erforderlich u n d g e s a m t w i r t schaftlich s o w i e für die E n t w i c k l u n g d e s P o s t m a r k t e s schädlich.
Literaturverzeichnis Albon. R.: Postal Rale-Making Procedures and Outcomes in Various Countries, in: Crew. M.A./ Kleindorfer. P R. (Hrsg ) : Competition and Innovation in Postal Services. Boston 1991 S 233- 249. Arnold. H.: Post- und Fcrnincldcgebührcn in ausgewählten Wirtschaftsbcreiclicn (= Ifo-Studieu zur Vcrkehrsvvirlschafl. Nr. 23). München 1990. Bain. J.S.: Barriers to New Competition. Cambridge. Mass.. 1956 Baumol. W.J.: On the Proper Cost Tests for Natural Monopoly in a Mulliproducl Industry, in: American Economic Review. Vol. 67. 1977. S 809-822. Baumöl. W.J.: Contestable Markets: An Uprising in the Theory of Industry Structure, in: American Economic Review. Vol 72. 1982. S. 1-15 Baumol. W.J./ Panzar, J.C./ Willig. R.D.: Contestable Markets and the Theory of Industry Slructure. New York 1982. Blankart. Cli.B.: Privatisierung im Postwcscn: Möglichkeiten und Grenzen, in: Windisch. R. (Hrsg ): Privatisierung natürlicher Monopole im Bereich von Bahn. Post und Telekommunikation. Tübingen 1987. S. 205-244. Braeutigam. R R.: Optimal Policies for Natural Monopolies, in: Schnialenscc. R./ Willig. R.D. (Hrsg.): Handbook of Industrial Organization. Vol 2. Amsterdam 1989. S. 1289-1436. Braubach. U.: Deregulierung der Postdienste. Köln 1992 Browning. E.K.: The Externality Argument for In-Kind Transfers: Some Critical Remarks, in: Kyklos. Vol. 28. 1975. S 526-544. Coase. R.: The Problem of Social Cost, in: Journal of Law and Economics. Vol. 3. 1960. S. 1-44. Demsetz. H.: Why regulate Utilities?, in: Journal of Law and Economics. Vol. 11. 1968. S. 55-65. Dobbs. J./ Richards. P.: Assessing the Welfare Effects of Entry into Letter Delivery, in: Crew. M.A./ Kleindorfer. P R.: Competition and Innovation in Postal Services. Boston 1991. S. 61-87. Ehrmann. T.: Transaktionskostenökonoinie Märkte und Institutionen - Überlegungen und Anwcndungsbeispiele. in: Zeitschrift für Wirtschartspolitik. 38. Jg.. 1989. Heft 2. S. 23-43. Estrin. S./ de Meza. D.: Delivering Letters: Should it be decriminalized?, in: Crew. M A./ Kleindorfer. P R.: Competition and Innovation in Postal Services. Boston 1991. Faulhaber. O R.: Cross-Subsidization: Pricing in Public Enterprises, in: American Economic Review. Vol. 65. 1975. S. 966-977 Fuss. M A.: Cost Allocation: How can the Costs of Postal S e n ices Be Determined ?. in: Sherman. R. (Hrsg.): Perspectives on Postal Serv ice Issues. Washington. D C. 1980. S. 30-46. Gupta, S.N./ Gupta. J.N.D Economies of Scale and Economics of Scope in the US Postal Serv ice, in: Engineering Costs and Production Economics. Vol. 8. 1985, S. 269-280. Hahn. W./ Ratzenberger. R.: Verteilungswirkungen interner Subventionierung der Deutschen Bundespost., in: ifo-Schnelldienst. 37. Jg., 1984. Nr. 19. S 13-25. Haldi. J.: Postal Monopoly, An Assessment of the Private Express Statutes. Washington D C . 1974 Herrmann. E.: Die Deutsche Bundespost. Baden-Baden 1986. Hirshleifer. J./ DeHaven, J.C / Millinian. J.W.: Water Supply: Economics. Technology and Policy. Chicago 1960. Joskow, P L./ Rose. N.L.: The Effects of Economic Regulation, in: Schmalensee. R./ Willig. R D. (Hrsg ): Handbook oflndustrial Organization. Vol 2. Amsterdam 1989, S. 1449-1506. Kaufer, E.: Theorie der öffentlichen Regulierung. München 1980
120
Teil 2:
Markiergebnisse
Knieps. G.: Dienstleislungspolilik der Deulschen Bundespost und Ordiiungspolitik, in: Diederich. H./ Hamm. W./ Zolilnhöfer. W. (Hrsg ): Die Dculsche Bundespost im Spannungsfeld der Wirtschaftspolitik. Heidelberg 1987. S. 129-175. Knieps. G.: Zur Problematik der internen Subventionicrung in öffentlichen Unternehmen, in: Finanzarchiv. N.F.. Bd. 45. Heft 2. 1987. S. 268-283. Krakovvski. M.: Theoretische Grundlagen der Regulierung, in: Krakowski. M (Hrsg.): Regulierung in der Bundesrepublik Deutschland. Hamburg 1988 Kruse : J.: Ökonomie der Monopolregulierung. Göttingcn 1985. Kruse. J.: Ordnungstheorelische Gnindlagen der Deregulierung, in: Scidcnfus. H.St. (Hrsg.): Deregulierung - eine Herausforderung an die Wirlscliafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. N.F.. Bd 184). Berlin 1989 Mackscheidl. K.: Transfers II. in: WiSu. 12. Jg.. 1983. S. 87-91. Müller. J./Vogelsang. I.: Staatliche Regulierung. Baden-Baden 1979. Neumann. K.-H.: Gebührenpolilik im Telekonununikalionsbcreich. Baden-Baden 1984. Owen. B.M./ Willig. R.D : Economics and Postal Pricing Policy, in: Fleishman. J. L. (Hrsg ): The Future of the Postal Service. New York 1983. S. 227-245. Pan/.ar. J.C : Is Postal Services a Natural Monopoly?, in: Crew. M.A / Kleindorfer. P R. (Hrsg.): Competition and Innovation in Postal S e n ices. Boston 1991. S. 219-228 Panzar. J.C./ Willig. R D : Economies of Scale in Multi-Output Production, in: Quarterly Journal of Economics. Vol. 91. 1977. S. 481-493. Panzar. J.C / Willig. R.D : Economics of Scope, in: American Economic Review. Papers and Proceedings. Vol. 71. 1981. S. 268-272 Pommerehne. W W : Gebundene vs. freie Gcldlransfcrs: Eine Fallstudie, in: Weizsäcker. C.C. von (Hrsg.): Staat und Wirtschaft (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. N.F.. Bd 102). Berlin 1979. S. 147-164. Posner. R A.: A Statistical Study for Antitrust Enforcement, in: Journal of Law and Economics. Vol. 13. 1970. S. 365-419. Posner. R A.: Natural Monopoly and It's Regulation, in: Stanford Law Review. Vol. 21, 1969. S. 548643. Rainsev. F.: A Contribution to the Theorv of Taxation, in: The Economic Journal. 1927. Heft 3. S 4761.'
Richards. P.: Pricing Regulation of Letter Services - The Impact on Prices. Profits and Efficiency (= Vortrag beim Wissenschaftlichen Institut fiir Konnnunikalionsdicnslc vom 7. Dezember 1989). o.O. 1989. Schmidtchen. D.: Gebührenpolitik der Deutschen Bundespost und Ordiiungspolitik. in: Dicdcrich. H./ Hamm. W / Zolilnhöfer. W. (Hrsg.): Die Dcutsclic Bundespost im Spannungsfcld der Wirtschaftspolitik. Heidelberg 1987. S. 221-281. Sharkey. W : The Theory of Natural Monopoly. Cambridge. Mass. 1982. Shepherd. W.G.: "Contcstabililv" vs. Competition, in: American Economic Review. Vol. 74. 1984. S. 572-587. Sherman. R.: T h e regulation of monopoly. Cambridge 1989. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 1991 für das vereinigte Deutschland. Stuttgart 1991. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 1994 für die Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden 1994. Vickers. J./ Yarrow. G.: Privatization: An Economic Analysis. Cambridge. Mass. 1988. Waterson. M.: Recent Developments in the Theorv of Natural Monopolv. in: Journal of Economic Surveys, 1987. Vol. 1. S. 59-80. Weizsäcker. C.C. von: Barriers to Entry. Berlin u.a. 1980. Weizsäcker. C.C. von: Rechte und Verhältnisse in der modernen Volkswirtschaftslehre, in: Kvklos. Vol. 34. 1981. S. 345-376. Weizsäcker. C.C. von: Was leistet die Property Rights Theorie für aktuelle wirtscliaflspolilische Fragen?, in: Neumann. M. (Hrsg.): Ansprüche. Eigentums- und VciTügungsrcchle (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. N.F.. Bd. 140). Berlin 1984. S. 123-152.
Marktversagen?
121
Weizsäcker. C.C. von.: Deregulierung und Privatisierung als Ziele und Instrumente der Ordnungspolitik, in: Vogel, O ( H r s g ) : Deregulierung und Privatisierung. Köln 1988. S. 11-20. Willig, R.D : What Can Markets Control?. in: Sherman. R. (Hrsg .): Perspectives on Postal Service Issues. Washington, D. C. 1980, S 137-159. Windisch, R.: Privatisierung natürlicher Monopole: Theoretische Grundlage und Kriterien, in: Windisch. R (Hrsg ): Privatisierung natürlicher Monopole im Bereich von Bahn. Post und Telekommunikation. Tübingen 1987. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr - Gruppe Verkehrs«issenschaft: Gemeinwirtschaftlichkeil und Deutsche Bundesbahn, in: Zeitschrift für Verkehrswissenschaft. 59. Jg., 1988, S. 81-97. Wohlfahrt, R.: Die Gebührenpolitik der Deutschen Bundespost im Spannungsfeld öffentlicher und betriebswirtschaftlicher Ziele, in: Archiv für das Post- und Fernineldcwesen. 33. Jg.. 1981. S. 272-277. Zumwinkel. K.: Markt und Kunde im Brennpunkt - Herausforderungen der Zukunft für die Deutsche Bundespost POSTDIENST, in: Deutsche Bundespost POSTDIENST. Generaldireklion (Hrsg.): Post Forum. Dokumentation. Bd. I: POSTDIENST. K o n g r e ß - u n d Workshopbeitrdge, Köln. 14. Mai bis 16. Mai 1990. Bonn o.J.. S 14-21
Produktions- und Angebotsstrukturen im Postsektor (Hofmann) I.
Produktionsstrukturen 1.1. D i e p o s t a l i s c h e n P r o d u k l i o n s s l u f e n 1.2. F ü r u n d W i d e r einer v e r t i k a l e n I n t e g r a t i o n d e r P r o d u k t i o n 1.2.1 T e c h n o l o g i s c h e V e r b u n d v o r t e i l e im Postsektor 1.2.2 E n t b i i n d e l u n g der P r o d u k t i o n u n d T r a n s a k t i o n s k o s t e n
II.
Angebotsstrukturen 11.1. 11.2. 11.3. 11.4.
S t r u k l u r i c n i n g postalischer D i c n s t l e i s t u n g s m ä r k t e Die M ä r k t e f ü r B r i e l b c f ö r d c r u n g e n Die M ä r k t e f ü r die B e f ö r d e r u n g v o n K l c i n g u l Z c i t u n g s - u n d Zeitscliriftcndistribution
Produktions- und Angebotsstrukturell im Postsektor Heinrich Hofmann*
I. Produktioiisstrukturen 1.1. Die postalischen Produktioiisslufen Postalische Dienste stellen eine besondere Form der Beförderungsdienstleistungen dar, die sich von anderen Serviceleistungen darin unterscheiden, daß das beauftragte Unternehmen gewissermaßen zwei "Kunden" hat - einen (auftraggebenden) Versender eines Briefes oder einer Ware und einen Empfänger, für den die Sendung bestimmt ist Zwar ist lediglich der für die Leistung zahlende Versender in einem engeren Sinne als Kunde "der Post" oder eines privaten Dienstleisters anzusehen, doch auch der Empfänger betrachtet sich subjektiv als Kunde, der bei schlechter Leistungserfüllung (z B lange Laufzeit, Beschädigung) alles Recht zur Beschwerde hat, obwohl er nicht der zahlende Auftraggeber ist Diese Wahrnehmung ist, zumindest im Falle staatlicher Postdienste, in aller Regel nicht unberechtigt, da postalische Dienstleistungen gewissermaßen eine Infrastruktur darstellen, die ein Teil des täglichen Lebens ist und von jedermann mehr oder weniger intensiv in Anspruch genommen wird, und zwar sowohl als Empfänger, als auch, zu anderen Gelegenheiten, als (zahlender) Versender Die Existenz sowohl eines versendenden, als auch eines empfangenden Kunden weist bereits auf den Charakter der Produktionsstrukturen im Postsektor hin: Die Produktion der Dienstleistung beschränkt sich nicht auf einen Ort, sondern findet zumindest in zwei Umgebungen statt: dem Ort der Versendung und dem Ort des Empfangs des beförderten Briefes oder Gutes. Zwischen den Produktionsaktivitäten am Versendungsort einerseits und am Empfangsort andererseits muß notwendigerweise noch eine StreckenTransportleistung liegen. Damit wird deutlich, daß die Produktion postalischer Dienste nicht uno actu erfolgt, sondern in einer Abfolge von Aktivitäten, die durchaus den Charakter vertikaler Produktionsstufen besitzt. Folgende vertikale Produktionsstufen können, unter Auslassung von Zwischenstufen oder (nationalen) Besonderheiten generell unterschieden werden: Einsammeln
der Sendungsstücke von Briefkästen und nicht-zentralen Ämtern/ Einlie-
ferungsstellen. Ausgangssortierung
in einem dafür vorgesehenen Ausgangsamt/Sortierzentrum.
Transport zwischen Ausgangsamt/Sortierzentrum in A und Eingangsamt/Sortierzentrum in C, eventuell mit Zwischenumschlag/Sortierung in B.
" Bundesamt für Post und Telekommunikation. M a i n z Der Beilrag gibl die persönliche Auffassung des Verfassers wieder.
126
Teil 2:
Marktergebnisse
Eingangssortierung, j e nach Tiefe der Ausgangssortierung entweder (i) zweistufig: nach Ortschaften/Bezirken und sodann nach Postfach oder Straße/Hausnummer, oder (ii) einstufig: nur nach Postfach sowie S t r a ß e / H a u s n u m m e r Zustellung
zum Empfänger.
Diese im Prinzip flinfstufige Produktionsabfolge ist für jenen überwiegenden Teil des Postsektors typisch, innerhalb dessen standardisierte, täglich wiederkehrende Massenv o r g ä n g e (Briefe, Päckchen/Pakete) bearbeitet und befördert werden. E s gibt indes auch postalische Dienstleistungen, die dieser Produktionsstruktur nicht unterliegen; dabei handelt es sich u m die B e f ö r d e r u n g von Mitteilungen oder Kleingut mit einem relativ hohen Individualitätsgrad, wie z.B Kuriersendungen Dieser letztere, vom Volumen her wenig ins Gewicht fallende Ausschnitt aus dem Postsektor, wird in der sich anschließenden Diskussion der Produktionsstrukturen unberücksichtigt bleiben. Postalische Dienstleistungen werden innerhalb bestimmter Angebots- und Marktsegmente erbracht, die wiederum unterschiedlichen regulierungspolitischen Grundbedingungen unterworfen sind So besteht in nahezu allen Staaten der E r d e (Ausnahmen: Finnland und Schweden) für das Marktsegment des Briefdienstes ein mehr oder minder weit geschnittener Beförderungsvorbehalt für den staatlichen Postdienst. In der Bundesrepublik bezieht sich der Ausschließlichkeitsbereich der Deutschen Post A G nach geltendem Recht auf adressierte schriftliche Mitteilungen aller F o r m a t e und Gewichtsklassen sowie auf alle Arten von Briefpost, seien es nun volltarifierte Briefe oder Massensendungen ("Infopost") zu reduzierten Tarifen' Ein rechtlich abgesicherter Wettbewerbsschutz besteht dagegen nicht im Marktsegment der B e f ö r d e r u n g von Kleingut (Päckchen und Pakete bis zu einer definierten Umfangs-/Gewichtsobergrenze) Hier ist die Deutsche Post AG, wie die staatlichen Postverwaltungen bzw -unternehmen in den meisten anderen Staaten auch, dem W e t t b e w e r b durch leistungsfähige private Anbieter ausgesetzt Gleichwohl besteht für die Deutsche Post A G - im Gegensatz zu ihren Konkurrenten - teilweise die Verpflichtung, diese Leistung jedermann zu sozialstaatlich vertretbaren Preisen nach dem Grundsatz der Tarifeinheit im R a u m anzubieten ("Pflichtleistung"). Für ein weiteres Marktsegment, die Distribution von Zeitungen und Zeitschriften, existiert ebenfalls kein rechtlicher W e t t b e werbsschutz. Diese Leistung wird jedoch von der Deutschen Post A G (noch) zu weit kostenunterdeckenden Preisen erbracht, eine Subventionierung, die politisch gewollt ist und mit der Sicherstellung der Presse- und Meinungsvielfalt begründet wird, so d a ß hier preisliche Marktzutritts- und Wettbewerbsbarrieren vorliegen (vgl Abschnitt II.4 .). Die Existenz von monopolistischen Marktsegmenten einerseits und von Wettbewerbsmärkten andererseits bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Diskussion der Produktionsstrukturen im Postsektor. In diesem Z u s a m m e n h a n g ist es wichtig, sich v o r Augen zu führen, daß die Einräumung eines Wettbewerbsscluitzes theoretisch mit dem Monopols einerseits sowie der dem Unternehmen notwendig Vorliegen eines natürlichen 1
Zu Einschränkungen des Befördcrungsvorbclialls vgl II.2.. die Fußnoten II f. sowie den Beilrag von Jürgen Plagemann in diesem Sammelband
Produktions- und Angebotsstrukturen
127
einzuräumenden Möglichkeit interner Subventionierungen anderereits begründet wird Da sich jedoch mit dem Argument des natürlichen Monopols ein auch rechtlich abgesicherter Wettbewerbsschutz nicht aufrechterhalten läßt2, konzentrieren sich die postökonomischen Begründungen für das Monopol auf die Notwendigkeit interner Subventionieningen: Aufgrund der universellen Leistungsverpflichtung staatlicher Postunternehmen (Flächendeckung bei Zugang und Zustellung, Kontrahierungszwang, sozialstaatlich vertretbare Einheitspreise im Raum) können bestimmte Leistungen (z B. der Briefdienst von und nach strukturschwachen, wenig besiedelten ländlichen Regionen) nicht kostendeckend erbracht werden. Diese Defizite müssen durch gewinnbringende Beförderungen, z B innerhalb und zwischen Ballungsräumen, kompensiert werden Bestünde der Wettbewerbsschutz nicht, so würden die dann in den Markt eintretenden Anbieter sich die Rosinen der Bedienung hochrentabler Strecken picken und der Deutschen Post AG profitable Nachfrage zur internen Subventionierung kostenunterdeckender Leistungen entziehen. Im Zusammenhang mit der internen Subventionierung defizitärer Leistungen stellt sich indes das kaum lösbare Problem, daß das mit Monopolrechten ausgestattete Unternehmen versuchen wird, aus den Monopoleinnahmen auch andere, über die "legitimen" regionalen Ausgleiche innerhalb des Briefdienstes hinausgehende Leistungen querzusubventionieren (z.B. Massensendungen, Frachtdienst, Zeitungsdienst) Für außenstehende Mitkonkurrenten, Regulierungs- oder Wettbewerbskontrollinstanzen ist es so gut wie unmöglich, den gesicherten Nachweis einer wettbewerbsverzerrenden Quersubventionierung bestimmter Leistungen zu führen Interne Subventionierungen, die über den engen, postökonomisch gerechtfertigten Zweck hinausgehen, ziehen den Nachteil gesamtwirtschaftlicher Wohlfahrtsverluste nach sich: Sie führen zu Wettbewerbsverzerrungen und zu einer Fehlallokation von Ressourcen, da Gruppen von Postbenutzern Nachfrage- und Investitionsentscheidungen treffen, die die realen Knappheitsrelationen nicht reflektieren Der mit der Notwendigkeit interner Subventionierungen postökonomisch begründete Wettbewerbsschutz ist in der Bundesrepublik Deutschland im Beförderungvorbehalt des § 2 des Gesetzes über das Postwesen (Postgesetz - PostgG) rechtlich niedergelegt Danach ist das "Errichten und Betreiben von Einrichtungen zur entgeltlichen Beförderung von schriftlichen Mitteilungen oder sonstigen Nachrichten von Person zu Person dem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost POSTDIENST bis zum Auslaufen des Beförderungsvorbehalts ausschließlich vorbehalten " Als "Beförderung" ist dabei "jede Tätigkeit anzusehen, die dem Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern der Sendungen an den Empfänger dient" Somit begeht nach dem Wortlaut des gesetzlichen Beförderungsvorbehaltes eine mit einer Geldbuße von bis zu DM 10 000,— sanktionierte Ordnungswidrigkeit nicht nur, wer einen parallelen Biefdienst über alle Produktionsstufen hinweg betreibt, auch ein Anbieter, der sich nur auf einer der Produktionsstufen bewegt, also nur einsammelt, nur transportiert oder nur zustellt, verstieße gegen den Beförderungsvorbehalt des Postgesetzes.'
2
Zur Problematik natürlicher Monopole i m Postsektor vgl. Braubacli. U.: Deregulierung der Postdienste. Köln 1992. S. 169 ff.
3
Vgl. hierzu aber den Beitrag v o n Plagemann (S. 71) in d i e s e m Sammclband.
128
Teil 2: Marktergebnisse
A u s der G e s e t z e s l a g e ergibt sich mithin bereits eine g e w i s s e Disposition d a f ü r , d a ß sich d e r staatliche, mit einem W e t t b e w e r b s s c h u t z v e r s e h e n e Anbieter eine vertikal integrierte P r o d u k t i o n s w e i s e zu eigen macht, indem er die f ü n f s t u f i g e K e t t e d e r Leis t u n g s e r s t e l l u n g in einer H a n d behält Dies ist allerdings - auch unter den g e g e b e n e n B e d i n g u n g e n - nicht z w i n g e n d E i n e "Injektion" v o n W e t t b e w e r b k ö n n t e auch innerhalb der m o n o p o l i s t i s c h e n S t r u k t u r e n v o m P o s t u n t e r n e h m e n selbst v o r g e n o m m e n w e r d e n , indem es Teile einzelner L e i s t u n g s s t u f e n , z B d e n T r a n s p o r t auf b e s t i m m t e n S t r e c k e n , an Subu n t e r n e h m e r v e r g ä b e , v o n denen der mit d e m im W e t t b e w e r b g ü n s t i g s t e n G e b o t z u m Z u g e k ä m e . D e n n a b s t r a k t b e t r a c h t e t ist die vertikale Integration E r g e b n i s einer a u f j e d e r P r o d u k t i o n s s t u f e z u t r e f f e n d e n Entscheidung, die in d e r n e u e r e n T e r m i n o l o g i e als " m a k e or b u y - d e c i s i o n " b e z e i c h n e t wird u n d die offensichtlich stets z u g u n s t e n des " m a k e " ausging. W ä r e n indes die K o s t e n des Kaufs, einschließlich seiner T r a n s a k t i o n s k o s t e n (für A u s s c h r e i b u n g e n , V e r t r ä g e , ständige K o n t a k t e , Q u a l i t ä t s ü b e r w a c h u n g u s w . ) , niedriger als die K o s t e n der Eigenherstellung, so w ä r e es d u r c h a u s rational sich f ü r das "buy" b z w . das " o u t s o u r c i n g " zu e n t s c h e i d e n V o r a u s s e t z u n g einer solchen E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g ist selbstverständlich eine hoch entwickelte K o s t e n r e c h n u n g , die die P r o d u k t i o n zu "entbündeln" in d e r L a g e ist und I n f o r m a t i o n e n über G e s a m t - , S t ü c k - und G r e n z k o s t e n a u f j e d e r einzelnen P r o d u k t i o n s s t u f e zur V e r f ü g u n g stellt Z u m i n d e s t in d e r B u n d e s r e publik scheint der Ü b e r g a n g v o n einer staatlichen Postverwaltung zu einem Postunternehmen historisch n o c h zu kurz, um ü b e r d e r a r t a u s g e r e i f t e K o s t e n r e c h n u n g s s y s t e m e v e r f ü g e n zu k ö n n e n . Die a u s langer T r a d i t i o n g e w a c h s e n e schiere G r ö ß e der D e u t s c h e n Post A G u n d der ihr n a c h wie v o r e i n g e r ä u m t e W e t t b e w e r b s s c h u t z - d e m allerdings u n r e n t a b l e universelle L e i s t u n g s v e r p f l i c h t u n g e n g e g e n ü b e r s t e h e n - m a c h e n das U n t e r n e h m e n z u m d o m i n a n t e n Einzelanbieter a u f den drei g r o ß e n postalischen T e i l s e g m e n t e n Briefdienst, F r a c h t d i e n s t u n d Z e i t u n g s d i s t r i b u t i o n W e n n n u n ein s o l c h e r Anbieter eine vertikal integrierte P r o d u k t i o n s s t r u k t u r a u f w e i s t , d.h. die einzelnen Glieder der L e i s t u n g s k e t t e in e i g e n e r H a n d behält, s o stellt sich die Frage, ob sich damit a u c h die effizienteste O r g a n i s a t i o n d e r Leis t u n g s e i s t e l l u n g etabliert hat, eine P r o d u k t i o n s s t r u k t u r , die auch im W e t t b e w e r b z u s t a n d e k ä m e Mit dieser F r a g e w e r d e n sich die f o l g e n d e n A u s f ü h r u n g e n a u s e i n a n d e r s e t z e n .
1.2. F ü r u n d W i d e r e i n e r vertikalen I n t e g r a t i o n der P r o d u k t i o n Z u r E i n s c h ä t z u n g d e r Frage, o b eine vertikal integrierte P r o d u k t i o n die effizienteste S t r u k t u r darstellt, ist im P o s t s e k t o r vor allem zu klären, (i) o b eine solche P r o d u k t i o n s f o r m technologische Verbundvorleile a u f w e i s t u n d (ii) ob die Kosten einer vertikal integrierten L e i s t u n g s e r s t e l l u n g geringer sind, als die G e s a m t k o s t e n "entbündelter" P r o d u k t i o n , unter B e t e i l i g u n g m e h r e r e r U n t e r n e h m e n , einschließlich der anfallenden Transaktionskosten .
Produktions-
und
Angebotsstrukturen
129
1.2.1. Technologische Verbundvorteile im Postsektor ? G u t e A r g u m e n t e für die Integration (zweier) aufeinanderfolgender Produktionsstufen sind immer dann gegeben, wenn das zur Diskussion stehende Unternehmen langlebige, transaktions- bzw. marktirreversible Investitionen vorzunehmen hatte Solche Kostenirreversibilitäten fallen beispielsweise in der Elektrizitätsversorgung, bei den Eisenbahnen oder in der Telekommunikation an, wo "hochspezialisierte" und unwiederbringliche (Netz-) Investitionen für einen hohen Anteil dieser "versunkenen Kosten" (sunk costs) sorgen Integration führt unter diesen Bedingungen noch am ehesten aus dem Dilemma heraus, das sich bei Trennung der P r o d u k t i o n (zwei oder mehr Unternehmen) über die Stufen hinweg ergibt: An sich wünschenswert (und der Integration gleichwertig) wären bei einer solchen Konstellation langfristige vertragliche Bindungen zwischen den beteiligten Unternehmen, um für den Bereitsteller des Grundnetzes das Vertrauen in die Amortisierung seiner marktirreversiblen Investition herzustellen. Da langfristige Verträge aber nicht alle in der Zukunft möglichen neuen Sachverhalte und Eventualitäten vorhersehen und abdecken können, wird es bei den unvermeidlich sich einstellenden Vertragslücken zu Konflikten zwischen den Vertragspartnern und damit zu opportunistischem Verhalten und KosteninefTizienz kommen Vertikale Integration kann hier einen A u s w e g bereitstellen 4 Die Grundkonstellation eines hohen Anteils von Marktin eversibilitäten, die aus theoretischer Sicht in bestimmten Bereichen für eine vertikale Integration d e r Produktion spricht, ist jedoch im Postsektor nicht gegeben: Das "Netz" des Postdienstes sind die öffentlichen Straßen, die Schienenwege der Eisenbahn und Luftverkehrsverbindungen, Infrastruktureinrichtungen, die privaten und gewerblichen Nutzern und N u t z e r g n i p p e n gleichermaßen offenstehen. Soweit die B e f ö r d e r u n g auf diesem N e t z mit eigenen Fahrzeugen erfolgt, sind die damit verbundenen Investitionskosten durch die jederzeit gegebene Möglichkeit der Weiterveräußerung abgesichert. Die Investitionskosten f ü r Netzk n o t e n p u n k t e in Form von Postämtern o d e r Sortier-/Umschlagzentren sind ebenfalls nicht irreversibel, da die Gebäude auch für andere Verwendungen verkauft oder vermietet werden können. Eine begrenzte Irreversibilität ergibt sich lediglich durch den Einsatz von elektronischen Sortieranlagen, die j e d o c h nur einen relativ kleinen Anteil am Investitionsbudget repräsentieren dürften. Sie stellen zwar ein bewegliches Gut dar, so daß sie z.B. bei einem regional begrenzten Marktaustritt an anderer Stelle wieder eingesetzt werden können, im Falle einer signifikanten Unterauslastung oder eines globalen Marktaustritts - letzteres ist eine gänzlich unrealistische Annahme - wären sie aber k a u m weiterzuveräußern. Allerdings darf nicht verkannt werden, daß das öffentliche Dienstrecht, dem die Unternehmen der Deutschen Bundespost unterlagen, die W i r k u n g von Irreversibilitäten im Personalbereich entfaltete, w o d u r c h auf absehbare Zeit auch die unternehmerische Flexibilität der Deutschen Post A G beeinträchtigt wird. Faktische oder potentielle W e t t b e w e r b e r der Deutschen Post A G weisen diese Art von Irreversibilitäten nicht auf
4
So jedenfalls die Argumentation Williamsons: vgl Williamson. O.E : The Vertical Integration of Production: Market Failure Considerations, in: American Economic Review, vol 61, 1971. S. 114 If.
130
Teil 2: Marktergebnisse
A u f g r u n d d e s ä u ß e r s t geringen Anteils von "sunk costs" im P o s t s e k t o r k ö n n e n techn o l o g i s c h e V e r b u n d v o r t e i l e , f ü r deren Validität Marktirreversibilitäten a u s s c h l a g g e b e n d sind, nicht z u r B e g r ü n d u n g einer vertikalen I n t e g r a t i o n als effizientere P r o d u k t i o n s s t r u k t u r h e r a n g e z o g e n w e r d e n Aus dieser Sicht s p r ä c h e vieles für d i e " E n t b ü n delung" der P r o d u k t i o n .
1.2.2. E i i t b ü n d e l u n g der P r o d u k t i o n u n d T r a i i s n k t i o n s k o s t e i i W e n i g e r e i n d e u t i g liegen die Dinge, w e n n e s d a r u m geht zu ü b e r p r ü f e n , ob d i e bei vertikaler I n t e g r a t i o n sich e r g e b e n d e n G e s a m t k o s t e n g e r i n g e r sind, als die G e s a m t k o s t e n einer desintegrierten P r o d u k t i o n , einschließlich d e r T r a n s a k t i o n s k o s t e n Z u n ä c h s t einmal ist es, z u r A n n ä h e r u n g an diese F r a g e erforderlich, sich die einzelnen P r o d u k t i o n s s t u f e n als eigenständige M ä r k t e o d e r M a r k t s e g m e n t e vorzustellen, auf d e n e n n e b e n d e m etablierten Anbieter ( D e u t s c h e Post A G ) a n d e r e private Leistungsanbieter um die K u n d e n n a c h f r a g e k o n k u r r i e r e n Dabei stellt es ein d u r c h a u s d e n k b a r e s E r g e b n i s dar, d a ß ein (kleinerer) Teil d e s B r i e f - B e f ö r d e r u n g s v o l u m e n s seinen W e g v o m V e r s e n d e r z u m E m p f ä n g e r n i m m t ohne Beteiligung des etablierten Postdienstes a u f irgendeiner der zu a b s o l v i e r e n d e n S t u f e n Dies könnte sich e t w a in F o r m der s o g e n a n n t e n " D o c u m e n t E x c h a n g e s " a u s g e s t a l t e n , die bereits heute in G r o ß b r i t a n n i e n mit E r f o l g operieren, o h n e den etablierten P o s t d i e n s t "Royal Mail", d e r z u d e m ü b e r einen deutlich e n g e r g e s c h n i t t e nen reservierten B e r e i c h v e r f ü g t , daran zu hindern, seit Jahren positive B e t r i e b s e r g e b n i s se zu erzielend In d e r Bundesrepublik stehen d i e derzeitigen postrechtlichen K o n s t e l l a tionen u n d d e r e n bisherige A u s l e g u n g der E i n f ü h r u n g einer solchen innovativen V a r i a n t e eines B r i e f d i e n s t e s e n t g e g e n D e r Regelfall einer B r i e f b e f ö r d e r u n g u n t e r W e t t b e w e r b s b e d i n g u n g e n a u f den einzelnen P r o d u k t i o n s s t u f e n ist sich allerdings s o vorzustellen, d a ß der etablierte Anbieter auf einer oder mehreren Stufen der Dienstleistungskette beteiligt sein wird, a m h ä u f i g s t e n vermutlich bei der E n d z u s t e l l u n g , da dort die G r ö ß e n v o r t e i l e eines staatlichen P o s t d i e n stes a m a u s g e p r ä g t e s t e n sind 6 A m K n o t e n p u n k t des Ü b e r g a n g e s von einer S t u f e a u f die a n d e r e stellt sich d a n n eine Reihe von P r o b l e m e n , u.a. die Frage des Abschlags (Discounts), den der v o r g e l a g e r t e Dienstleister für seine, d e m staatlichen P o s t d i e n s t kos t e n e i n s p a r e n d e L e i s t u n g erhält D a s Problem d e r R a b a t t i e r u n g f ü r erbrachte v o r g e l a g e r te L e i s t u n g e n steht z w a r im Z e n t r u m der Diskussion u m die E i n f ü h r u n g der V o r t e i l e des W e t t b e w e r b s a u f d e n S t u f e n der postalischen L e i s t u n g s k e t t e , gleichzeitig stellt sich damit aber a u c h die F r a g e , w i e sich die Beziehungen z w i s c h e n K u n d e n und Post b z w . privaten 5
6
D o c u m c n l Exchanges, die es auch in Australien. Belgien. Frankreich. Hongkong und Neuseeland gibt, sind g e s c h l o s s e n e Nul/.ersysleme. über die sich die T e i l n e h m e r gegenseitig Briete und Päckchen zusenden können. D i e Ein- und Auslieferung erfolgt über zentrale Postfächer: Post an einen anderen Teilnehmer in B wird zu der Poslfachanlage in A aufgeliefert und dabei die von anderen Teilnehmern e i n g e g a n g e n e Post abgeholt. Der Brief wird z u s a m m e n mit der anderen nach B gerichteten Post zur zentralen Postfachanlage in B transportiert, dort a u f die Tcilnchiiicrposllacher verteilt und vom Adressaten abgeholt, der dabei seinerseits seine Post a n andere Teilnehmer aufgibt Vgl. hierzu auch Braubach. U.: Deregulierung der Postdicnste. a.a.O.. Kapitel 4 und die dort angegebene Literatur.
Produktions-
und Angebotsstrukturen
131
Wettbewerbern gestalten sollen, ohne in Unübersichtlichkeit und Inpraktikabilität zu verfallen. Mehrere Ausprägungsformen sind denkbar: Ein Teil der Konsumenten, z.B. die privaten Postkunden, werden ihre Briefpost nach wie vor vom Briefeinwurf bis zur Zustellung ausschließlich durch den etablierten Postbetreiber (Deutsche Post AG) befördern lassen Ein anderer Teil von Briefversendern, vor allem gewerbliche, werden private Dienstleister einschalten, die z.B. die Tagespost im Unternehmen abholen (Stufe des Einsammelns) und die nachgelagerten Bearbeitungsstufen entweder (i) an den staatlichen Postdienst übergeben oder (ii) durch kooperierende andere private Dienstleister durchfuhren lassen oder (iii) selbst übernehmen. Wie soll jedoch bei der möglichen Vielfalt marktmäßiger Beziehungen zwischen Kunden und den verschiedenen Dienstleistern das Beförderungsentgelt entrichtet werden, ohne ein Übermaß an Transaktionskosten hervorzurufen? Ausgangspunkt dürfte stets das volle Entgelt des etablierten Postdienstes sein, das der Kunde entrichtet Einnahmequelle der privaten Dienstleister sind Rabattzahlungen des etablierten Postdienstes für erbrachte Vorleistungen Was hat jedoch der Kunde von dieser Entbündelung der postalischen Produktion 9 Zunächst kann eine deutliche Steigerung der Kosteneffizienz bei der Produktion postalischer Dienstleistungen im Wettbewerb erwartet werden, so daß Tariferhöhungen seltener vorgenommen werden können oder sogar Preissenkungen erfolgen müssen. Eine denkbare Variante wäre auch, daß kosteneffizient wirtschaftende Dienstleister ihrerseits den Kunden Rabatte auf volltarifierte Briefe einräumen, um sie zu gewinnen und zu halten Vorstellbar ist auch eine Ablieferung (Abholung) der Post an (durch) den privaten Anbieter ohne jede Freimachung durch den Kunden (Kostenersparnis) Der Wettbewerber nimmt die Freimachung vor, absolviert die von ihm bedienten Bearbeitungsstufen und refinanziert sich aus den Rabattierungen des Postdienstes sowie der Weitergabe seiner Bearbeitungsgebühren und der Frankierungskosten an den Kunden. An dieser Stelle sei eingeworfen, daß es in vielen Städten mit einer hohen Dichte gewerblicher Betriebe denkbar ist, daß flexible und alerte Kleinunternehmen das Einsammeln (und die Auflieferung) der Tagespost der Unternehmen in einem bestimmten Bezirk gewinnbringend übernehmen können, ohne für diese Vorleistung eine Rabattierung durch die Deutsche Post AG zu erhalten Grundlage für diese Erwartung ist die Tatsache, daß versendende Unternehmen neben den Freimachungskosten auch noch Transaktionskosten für die Einspeisung ihrer Post in das Postsystem zu tragen haben (etwa durch tägliche Entsendung eines Mitarbeiters auf das Postamt). Das einsammelnde Unternehmen bräuchte für seine Dienstleistung nur einen Preis zu erheben, der etwas unterhalb der Transaktionskosten der versendenden Unternehmen liegt. Da diese Form des Einsammelns nicht dem postökonomischen Zweck des Beförderungsvorbehaltes zuwiderläuft und allen Beteiligten, einschließlich des Postdienstes, Vorteile bzw. keine Nachteile erwachsen, spricht nichts gegen die ausdrückliche Herausnahme dieser Art von postalischer Dienstleistung aus dem Beförderungsvorbehalt 1 . Sojedenfalls Altmannspergcr. H J : Gesetz über das Postwesen. Kommentar. Heidelberg 1989. § 2 PostG, Erg.L. 22/23. Diese Sichtweisc befindet sich darüber hinaus mich in Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bzw. Artikel 90 EWG-Vertrag
132
Teil 2: Marklergebnisse
V o n e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g f ü r die E i n f ü h r u n g v o n W e t t b e w e r b auf d e n einzelnen postalischen P r o d u k t i o n s s t u f e n ist die H ö h e der d u r c h den etablierten Postdienst f ü r die e r b r a c h t e n V o r l e i s t u n g e n g e w ä h r t e n R a b a t t i e r u n g e n , die für alle W e t t b e w e r b e r , einschließlich der internen V e r r e c h n u n g s p r e i s e des P o s t d i e n s t e s selbst, gleich z u sein h a b e n ( " n o n discriminatory pricing"). F ü r die H ö h e dieser " A c c e s s Prices" gibt es t h e o r e t i s c h e Herleitungen 8 , die j e d o c h a u f g r u n d der g e g e b e n e n K o s t e n s t r u k t u r d e s P o s t d i e n s t e s k o n k r e t bestimmt w e r d e n m ü s s e n . E s versteht sich v o n selbst, d a ß die " E n t b ü n d e l u n g " v o n T a r i f e n und K o s t e n h o h e A n f o r d e r u n g e n an d a s K o s t e n r e c h n u n g s s y s t e m stellt u n d eine falsche, d.h. zu h o h e o d e r zu niedrige R a b a t t i e r u n g , äußerst schädliche F o l g e n h a b e n k a n n - e n t w e d e r für d e n etablierten Postdienst o d e r f ü r die E n t f a l t u n g d e s W e t t b e w e r b s Eine zentrale Rolle bei d e r Diskussion des P o s t d i e n s t e s als ein natürliches M o n o p o l spielen die G r ö ß e n - und Verbundvorteile, die der etablierte Postdienst a u f d e n vers c h i e d e n e n P r o d u k t i o n s s t u f e n m e h r oder minder a u s g e p r ä g t a u f z u w e i s e n hat. D i e s e " e c o n o m i e s o f scale and s c o p e " könnten auch als A r g u m e n t g e g e n d a s A u f b r e c h e n der vertikalen Integration z u g u n s t e n des W e t t b e w e r b s v o r g e b r a c h t w e r d e n Dabei ist zun ä c h s t g r u n d s ä t z l i c h festzuhalten, d a ß mit G r ö ß e n - u n d V e r b u n d v o r t e i l e n , die ein natürliches Monopol konstituieren, ein rechtlich abgesichertes M o n o p o l nicht b e g r ü n d e t w e r d e n kann, da ein kosteneffizient w i r t s c h a f t e n d e s natürliches M o n o p o l in d e r L a g e ist, ineffizienten M a r k t z u t r i t t a b z u w e h r e n Ü b e r das A u s m a ß v o n G r ö ß e n - und V e r b u n d v o r teilen d e r D e u t s c h e n P o s t A G liegen keine empirischen U n t e r s u c h u n g e n vor E r g e b n i s s e a u s a n d e r e n L ä n d e r n legen indes die V e r m u t u n g nahe, d a ß w e s e n t l i c h e GmßenvorteWe bei den gegebenen Beförderungsvolumina nicht mehr vorliegen 9 . D a s A r g u m e n t v o n VerbundvorteWen bei der P r o d u k t i o n durch das M e h r p r o d u k t u n t e r n e h m e n P o s t A G , soweit es in A n s p r u c h g e n o m m e n w e r d e n kann, trifft in m i n d e s t e n s gleichem U m f a n g auch f ü r potentielle private K o n k u r r e n t e n auf d e n einzelnen S t u f e n der postalischen L e i s t u n g s erstellung zu. Sie w ü r d e n beispielsweise realisiert d u r c h private Verteilorganisationen v o n T a g e s z e i t u n g e n , die a u c h Post zustellen, o d e r e t w a v o n S p e d i t e u r e n o d e r L u f t v e r k e h r s g e s e l l s c h a f t e n , die u.a. auch Post t r a n s p o r t i e r e n und a n d e r e Beispiele m e h r "The c o s t o f t h e present system is almost certainly higher than delivery cost u n d e r a system in w h i c h c o m p e t i t i o n allowed t h e formation o f m u l t i p r o d u c t firms, h e n c e the ability o f cus t o m e r s and firms alike to reap t h e benefits of e c o n o m i e s o f scope" 1 " Die Alternative z u m "present system" d e r vertikal integrierten P r o d u k t i o n - eine "entb ü n d e l t e " P r o d u k t i o n mit W e t t b e w e r b auf den einzelnen L e i s t u n g s s t u f e n - m a g , w a s die reinen Erstellungskoslen angeht, kosteneffizienter sein. E n t s c h e i d e n d ist j e d o c h die Frage, o b die P r o d u k t i o n s k o s t e n u n t e r W e t t b e w e r b s b e d i n g u n g e n zuzüglich d e r d u r c h die K o m p l i z i e r u n g der M a r k t b e z i e h u n g e n e n t s t e h e n d e n Tran.saklionskosten immer noch g ü n s t i g e r liegen, als die K o s t e n einer vertikal integrierten P r o d u k t i o n unter M o n o p o l b e d i n g u n g e n . D i e s e F r a g e kann derzeit nicht eindeutig b e a n t w o r t e t w e r d e n Die d e m recht8
9
Vgl. z.B. P a n z a r . 1. C C o m p e t i t i o n . Efficiency a n d tlic Vertical S t r u c t u r e of Postal Services, in: C r e w . M . A / K l e i n d o r f e r . P R.: R e g u l a t i o n and the N a t u r e of Postal a n d Delivery Services. B o s t o n / D o r d r e c h t / L o n d o n 1993. S. 9 6 - 1 0 2 s o w i e d e n Beitrag von Pieper u n d S t u m p f in d i e s e m S a m m e l b a n d .
Vgl. B r a u b a c h . U.: D e r e g u l i e r u n g der Postdienslc. a.a.O.. S. 2 4 f "' C u l p , C L / G e d d e s . R. R.: P r i c i n g a n d M a r k e t S t r u c t u r e w i t h E n t r y into t h e U.S. Postal Services I n d u s t r y . D r a f t . W I K - W o r k s h o p on Postal and D e l i v e r y E c o n o m i e s . D a u n . Juni 1993.
Produktions-
und Angebotsstrukturen
133
lieh abgesicherten Monopol innewohnende geringe Kostendisziplin und Innovationsbereitschaft sowie - auf der anderen Seite - die enormen Reserven an Kosteneffizienz durch Verbundproduktion unter Wettbewerbsbedingungen, scheinen dafür zu sprechen, daß auch die Berücksichtigung der Transaktionskosten die beim Wettbewerb erzielte Kostenersparnis nicht überkompensiert. Es dürfte sich lohnen, diese Frage einem begrenzten und kontrollierten Markttest zu unterziehen
II. Angebotsstrukturen II. 1. Strukturierung postalischer Dienstleislungsinärkte 1 1 Es liegt nahe (und wurde auch schon angedeutet), daß die grundlegenden rechtlichen Gegebenheiten nicht nur bestimmte Produktionsstrukturen vorzeichnen, sondern auch wesentlichen Einfluß auf die Markt- bzw. Angebotsstrukturen im Postsektor haben. So konnte sich beispielsweise Wettbewerb und Innovation, und damit die Herausbildung neuer Angebote bzw. Produkte im reservierten Marktsegment der Beförderung von schriftlichen Mitteilungen nicht oder nur sehr begrenzt entfalten Wenn es darum geht, einen heterogenen Interessensgegenstand zu strukturieren, d.h. in relativ homogene Teilbereiche zu gliedern, muß stets festgelegt werden, nach welchen Kiiterien die Strukturierung erfolgen soll Mit dem Hinweis auf das reservierte Segment des Briefdienstes wurde bereits das naheliegendste Gliederungskriterium angesprochen, die Marktstrukturierung nach der Art des beförderten Gegenstandes. So, wie sich die Dinge historisch entwickelt haben und wie es auch der internationale Überblick bestätigt, bringt dieses Kriterium drei Angebotssegmente hervor, die als postalische Beförderungsdienstleistungen eingestuft werden können: (i) Die Beförderung schriftlicher Kommunikation (d h von Briefen), (ii) die Beförderung von Kleingut (Päckchen, Pakete) bis zu einer bestimmten Gewichtsobergrenze und (iii) die Distribution von Zeitungen und Zeitschriften Ein anderes denkbares Gliederungskriterium stellt die Unterscheidung in Monopoldar, eine Differenzierung, die im Falle der Postmärkte weitund Wettbewerbsmärkte gehend mit der Beförderung schriftlicher Mitteilungen einerseits (Monopol) und mit Kleingutbeförderungen sowie Zeitungsdistribution andererseits (Wettbewerb) in Übereinstimmung gebracht werden kann Was es zu Monopol- und Wettbewerbsaspekten anzumerken gibt, kann daher durchaus in die Diskussion der nach der Art des Beförderungsgegenstandes gegliederten Marktsegmente eingefügt werden Ein weiteres Strukturierungskriterium für die postalischen Dienstleistungsmärkte stellt die Beförderungsdauer (Geschwindigkeit) dar, in der Brief, Paket oder Zeitschrift vom Versender zu ihrem Adressaten gelangt Dabei haben sich eine Reihe von Untersegmenten herausgebildet, die zwar mit branchen- bzw. marktspezifischen Bezeichnungen verse" Vgl. hierzu auch Pieper, F.: Posldienste im Wettbewerb - Ökonomische Charakteristika und Struktur der Märkte. Wissenschaftliches Institut für Kominiinikalionsdieiislc (WIK). Diskussionsbeiträge. Nr. 99. Bad Honnef. Nov. 1992
1 34
Teil 2:
Marklergebnisse
hen sind - z.B. "Expreß", "Same Day", "Overnight", u.a.m. - für den an klaren Abgrenzungen interessierten Beobachter der Märkte aber kaum sauber unterscheidbar sind. Diese, mit Geschwindigkeit und anderen Qualitätsmerkmalen versehenen Beförderungsleistungen, können in der Regel mit bestimmten Typen von Anbietern - ein weiteres mögliches Strukturierungskriterium - in Verbindung gebracht werden. Auch auf die Anbietertypen wird, im Zusammenhang mit der Schnelligkeit der Beförderungsleistung, einzugehen sein. Somit bilden die Kriterien "Art des beförderten Gegenstandes" und "Geschwindigkeit der Beförderung" gewissermaßen ein Koordinatensystem, in das sich die Behandlung aller Aspekte und möglichen Gliederungskriterien der Angebotsstrukturierung der Postmärkte - zumindest der Brief- und Kleingutmärkte - einbetten läßt (vgl. Abbildung l). Abbildung 1: Strukturierung postalischer Dienstleistungsmärkte A Art/Gewicht des beförderten Gegenstandes
Andere (nicht-postalische) Beförderungen
Zeltuhgen/2eitschriften
Kieingut mit Gewichtsobergrenze (Pakete/Päckchen)
Schriftliche Kommunikation (Briefsendungen) Standard
Express 24-hours
Overnight
Same Day
Direktfahrt
Geschwindigkeit der Beförderung
11.2. Die M ä r k t e f ü r ßriefbelorderiiiigen Die entgeltliche Beförderung von Briefen, d.h von "schriftlichen Mitteilungen von Person zu Person" unterliegt in der Bundesrepublik, wie in den meisten anderen Staaten der Welt, einem gesetzlich abgesicherten Wettbewerbsschutz. Dennoch haben sich in einigen Randbereichen des Beförderungsvorbehaltes private Anbieter etabliert, die ihre Produkte im Wettbewerb untereinander und mit der Deutschen Post AG anbieten: Im grenzüberschreitenden Briefverkehr ist die Beförderung von schriftlichen Mitteilungen dann vom Beförderungsvorbehalt befreit, wenn private Kuriere die Sendung
Produkt ions- und Angebotsstrukturen
135
ständig begleiten und über eigene D i s p o s i t i o n s b e f u g n i s hinsichtlich B e f ö r d e r u n g s w e g u n d -mittel v e r f u g e n ' 2 . Eine B e f r e i u n g v o m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t g e m ä ß § 2 Abs. 4 P o s t G w u r d e v o m B u n d e s m i n i s t e r für P o s t und T e l e k o m m u n i k a t i o n d a r ü b e r hinaus auch f ü r " d a s Errichten u n d Betreiben v o n Einrichtungen z u r entgeltlichen B e f ö r d e r u n g v o n schriftlichen Mitteilungen o d e r sonstigen N a c h r i c h t e n von P e r s o n zu P e r s o n " erteilt, "sofern für die B e f ö r d e r u n g eine M i n d e s t p r e i s g r e n z e b e a c h t e t wird, die beim Z e h n f a c h e n des E n t gelts f ü r einen g e w ö h n l i c h e n Brief liegt" (10,- D M einschließlich M e h r w e r t s t e u e r ) " . D e j u r e im S p a n n u n g s f e l d z w i s c h e n E G - R e c h t und d e n R e c h t s v o r s c h r i f t e n des Weltp o s t v e r e i n e s umstritten, de f a c t o innerhalb d e r E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n j e d o c h liberalisiert, sind g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e Remailing-Aktivitäten privater A n b i e t e r für die B e f ö r d e r u n g der A u s l a n d s p o s t g r o ß e r G e s c h ä f t s k u n d e n Eine Relativierung d e r aus d e m B e f ö r d e r u n g s v o r b e h a l t e r w a c h s e n d e n m o n o p o l i stischen V e r h a l t e n s s p i e l r ä u m e ergibt sich auch durch die S u b s t i t u t i o n s k o n k u r r e n z zur brieflichen K o m m u n i k a t i o n : D a s T e l e f o n , das Telefax und - soweit es sich u m briefliche W e r b e s e n d u n g e n handelt - d u r c h a n d e r e W e r b e t r ä g e r N a c h wie v o r v o m P o s t m o n o p o l a u s g e n o m m e n bleiben u n a d r e s s i e r t e W e r b e s e n d u n g e n ( P o s t w u r f s e n d u n g e n ) und B ü c h e r s e n d u n g e n 1992 b e f ö r d e r t e die D B P Postdienst im Inland insgesamt 14,3 M r d B r i e f s e n d u n g e n , d a s sind 3 9 , 7 Mio. B r i e f e pro T a g " , ein G e s a m t v o l u m e n , das nach Art, Gewicht, Format, Intention sowie nach einer Reihe p o s t i n t e r n e r Klassifikationen (Brief, P o s t k a r t e , D r u c k s a c h e , Einschreiben, W e r t a n g a b e u s w . ) sehr h e t e r o g e n ist D i e s e Gesamtheit, zuzüglich der quantitativ vergleichsweise w e n i g ins G e w i c h t fallend e n B r i e f b e f ö r d e r u n g e n privater Anbieter in den oben e r w ä h n t e n M a r k t n i s c h e n , kann in z w e i T y p e n v o n B r i e f s e n d u n g e n unterteilt w e r d e n : Schriftliche K o m m u n i k a t i o n und M a s s e n s e n d u n g e n . Diese U n t e r s c h e i d u n g ist rein pragmatisch M a s s e n s e n d u n g e n sind z w a r auch schriftliche K o m m u n i k a t i o n , sie h e b e n sich aber in b e z u g a u f (i) das G e s c h ä f t s f e l d und seine Dynamik, (ii) die L e i s t u n g s e r w a r t u n g e n an die D e u t s c h e Post A G s o w i e (iii) die Intention d e r V e r s e n d e r deutlich v o n anderen B r i e f e n b z w . schriftlicher K o m m u n i k a t i o n ab Hinzu k o m m t , d a ß beide T y p e n von B r i e f s e n d u n g e n sich hinsichtlich d e r Festigkeit ihrer V e r a n k e r u n g im M o n o p o l b e r e i c h u n t e r s c h e i d e n M a s s e n s e n d u n g e n sind, im A n s c h l u ß an die v o m E G - G r ü n b u c h P o s t w e s e n a u s g e l ö s t e p o s t ö k o n o m i s c h e D i s k u s s i o n , auch in der B u n d e s r e p u b l i k z u m Kandidaten für die E n t l a s s u n g a u s dem reservierten Bereich g e w o r d e n ' " . Im übrigen w u r d e mit d e m " N e u e n Briefl