Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen: Die Frage nach der Zulässigkeit und deren Folgen [1 ed.] 9783428549481, 9783428149483

Auch Kirchen und ihre Einrichtungen nutzen gerne das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung, allerdings nicht ohne auf K

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German Pages 146 [151] Year 2016

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Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen: Die Frage nach der Zulässigkeit und deren Folgen [1 ed.]
 9783428549481, 9783428149483

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 457

Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen Die Frage nach der Zulässigkeit und deren Folgen

Von

Ruth Schneider

Duncker & Humblot · Berlin

RUTH SCHNEIDER

Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 457

Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen Die Frage nach der Zulässigkeit und deren Folgen

Von

Ruth Schneider

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-14948-3 (Print) ISBN 978-3-428-54948-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-84948-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

RUTH SCHNEIDER

Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 457

Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen Die Frage nach der Zulässigkeit und deren Folgen

Von

Ruth Schneider

Duncker & Humblot  ·  Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2015/2016 von der Juris­ tischen ­Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und Chef, Herrn Professor Dr. Martin Löhnig. Eine bessere Betreuung hätte ich mir nicht wünschen können. Martin Löhnig stand mir stets unterstützend zur Seite und hat meine Promotion durch wertvolle Anregungen bereichert. Die gemeinsamen Jahre bei ihm am Lehr­ stuhl waren eine wunderbare Zeit, die mich sowohl fachlich als auch persönlich hat reifen lassen und in der ich sehr liebe Menschen kennen und schätzen gelernt habe. Bei dem gesamten Lehrstuhl-Team bedanke ich mich recht herzlich für die tolle Zeit und die zahlreichen schönen Stunden miteinander. Ich werde sie in sehr guter Erinnerung behalten. Meinem Zweitgutachter, Herrn Professor Dr. Reinhard Richardi, danke ich für die schnelle Erstellung seines Zweitgutachtens. Für das Korrekturlesen der Arbeit danke ich meiner Tante, Frau Monika Schnei­ der; ohne ihre Unterstützung hätte ich die Arbeit nicht so schnell fertigstellen können. Schließlich gilt mein besonderer Dank meiner Familie, die mein Promotionsvor­ haben von Beginn an vollkommen unterstützt hat und die mich in meinem beruf­ lichen Werdegang stets bekräftigt hat. Regensburg, im Februar 2016

Ruth Schneider

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung  ................................................................................................................... 13 I. Das Thema  ............................................................................................................ 13 II. Forschungsstand und Forschungsdefizite  ............................................................ 13 III. Forschungsfragen  ................................................................................................. 14 IV. Begriffsbestimmungen ........................................................................................ 15 V. Gang der Untersuchung  ....................................................................................... 16 B. Allgemeiner Teil zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)  ........................ 18 I. Geschichtliche Entwicklung  ................................................................................ 18 II. Rechtliche Ausgestaltung  ..................................................................................... 19 1. Rechtliche Beziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer  .............. 20 2. Rechtliche Beziehung zwischen Verleiher und Entleiher  ............................ 20 3. Rechtliche Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer  .............. 21 III. Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung  ............................................................... 21 1. Höhere Flexibilität  ......................................................................................... 22 2. Kostenersparnis ............................................................................................. 22 3. Reduzierung der Stammbelegschaft  ............................................................. 23 IV. Fazit ...................................................................................................................... 23 C. Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen  ................................... 24 I. Aktuelle Zahlen und Fakten  ................................................................................ 24 II. Aussagen kirchlicher Normen zur Leiharbeit  ..................................................... 25 1. Regelungen der römisch-katholischen Kirche  .............................................. 26 a) Art. 1 S. 1 GrO i.V.m. Satz 6 der Präambel der Erklärung zum kirch­lichen Dienst  ............................................................................................ 26 b) Rahmen-MAVO in der Fassung vom 22.11.2010  ................................... 27 c) Zwischenergebnis .................................................................................... 28 2. Regelungen der EKD  ..................................................................................... 28 a) Satz 3 der Präambel des MVG.EKD  ...................................................... 28 b) § 2 Abs. 1 MVG.EKD  ............................................................................. 28 c) Verhältnis von Satz 3 der Präambel des MVG.EKD zu § 2 Abs. 1 MVG.EKD  .............................................................................................. 29 d) Schlussfolgerungen ................................................................................. 29 e) Zwischenergebnis .................................................................................... 30 3. Zusammenfassung ......................................................................................... 30 III. Gerichtliche Entscheidungen  ............................................................................... 31

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Inhaltsverzeichnis

1. Der Beschluss des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland (KGH.EKD) vom 09.10.2006  ................................................... 31 a) Leitsätze .................................................................................................. 31 b) Darstellung des Sachverhalts  .................................................................. 31 c) Entscheidungsgründe .............................................................................. 32 aa) Mangelnde Dienstgemeinschaftszugehörigkeit  .............................. 32 bb) Spaltung der Mitarbeiterschaft  ........................................................ 32 cc) Fehlende Loyalitätspflichten  ............................................................ 32 dd) Flucht aus dem „Dritten Weg“  ......................................................... 33 ee) Ausnahme im Einzelfall  ................................................................... 33 d) Stellungnahme ........................................................................................ 33 2. Die Entscheidung des KGH.EKD vom 25.08.2014  ....................................... 34 3. Die Entscheidungen des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofes (KAGH) vom 27.11.2009 und 07.06.2013  ............................................................................. 34 4. Fazit ................................................................................................................ 35 IV. Stimmen in der Literatur  ..................................................................................... 35 1. Ablehnende Haltung  ...................................................................................... 35 2. Differenzierende Haltung  .............................................................................. 36 3. Befürwortende Haltung  ................................................................................. 37 V. Abschließende Wertung  ....................................................................................... 37 D. Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes  .......................... 38 I. Dienstgemeinschaft als zentraler Begriff des kirchlichen Arbeitsrechts  ........... 38 II. Exkurs: Kritik an der Dienstgemeinschaft  .......................................................... 39 1. Nationalsozialistische Begriffsprägung ?  ..................................................... 39 2. Kirchliche Arbeitsverhältnisse als Lohnarbeit  ............................................. 41 a) Darstellung der Sichtweise  ..................................................................... 41 b) Stellungnahme ........................................................................................ 42 III. Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen ?  ................................. 42 1. Theologische Ausgangslage  .......................................................................... 43 a) Der Sendungsauftrag der Kirche  ............................................................ 43 b) Das Priestertum aller Gläubigen  ...........................................................  44 c) Umgang mit Andersgläubigen und Ungetauften  ................................... 45 aa) Katholische Kirche  ........................................................................... 45 bb) Evangelische Kirche  ........................................................................  46 cc) Theologisches Schrifttum  ...............................................................  46 d) Stellungnahme ........................................................................................ 47 2. Anforderungen an die Beschäftigten in einer Dienstgemeinschaft und die Art und Weise der Dienstausübung  .............................................................. 48 3. Umsetzung in die rechtliche Seite der Dienstgemeinschaft  ......................... 49 a) Externe Arbeitnehmerüberlassung  ......................................................... 50

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aa) Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre  .............. 50 bb) Unterlassen schädlicher Handlungen  ............................................... 51 cc) Bereitschaft zur Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen  ...... 52 dd) Partnerschaftliche Zusammenarbeit  ................................................ 52 ee) Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung  .................... 54 ff) Gebot der Lohngerechtigkeit  ........................................................... 55 gg) Freiwilligkeit  .................................................................................... 57 hh) Fazit  ................................................................................................... 58 b) Interne Arbeitnehmerüberlassung  .......................................................... 59 aa) Exkurs: Staatskirchenrechtliche Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche  ............................................................................................... 59 (1) Teilhabe am Sendungsauftrag  ..................................................  60 (2) Institutionelle Verbindung  ........................................................  60 bb) Pflicht zur Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts ?  ................. 61 (1) Pflicht aufgrund staatskirchenrechtlicher Zuordnung  ............. 61 (2) Kirchenrechtliche Verpflichtung  .............................................. 62 (3) Satzungsrechtliche Verpflichtung  ............................................. 63 (4) Fazit ............................................................................................ 63 cc) Das kirchliche Arbeitsrecht vollständig anwendende interne Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften  ......................................  64 dd) Das kirchliche Arbeitsrecht partiell anwendende interne Arbeit­ nehmerüberlassungsgesellschaften  .................................................  64 c) Ergebnis ................................................................................................... 65 E. Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen  ...........................................................................................................  66 I. Loyalitätsanforderungen an Leiharbeitnehmer  ..................................................  66 1. Aussagen kirchlicher Normen  ....................................................................... 67 2. Entstehung von Loyalitätsanforderungen durch Eingliederung in den kirchlichen Entleiherbetrieb ?  ....................................................................... 67 a) Rechtliche Einordnung der Loyalitätsanforderungen  ............................ 68 b) Analoge Anwendung von Grundordnung bzw. Loyalitätsrichtlinie  ..... 68 3. Abgestufte Loyalitätsanforderungen für Leiharbeitnehmer ?  ...................... 71 4. Resümee ......................................................................................................... 72 II. Höchstquoten von Leiharbeitnehmern ?  .............................................................. 72 1. § 3 Abs 2 S. 3 Loyalitäts-RL als Begründungsansatz  .................................. 72 2. Orientierung an § 1 Abs 5 lit. b) S. 2. AVR der Diakonie  ............................ 73 3. Orientierung an § 112a Abs. 1 BetrVG  ......................................................... 74 4. Einfügung von § 1c AÜG: Höchstquote von Leiharbeitnehmern  ................ 75 5. Schlussfolgerung ........................................................................................... 75 III. Maximale Einsatzzeiten von Leiharbeitnehmern ?  ............................................. 76 1. Ausgangslage ................................................................................................. 76 2. Europarechtliche Betrachtungsweise  ............................................................ 76

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3. Umsetzung in nationales Recht  ..................................................................... 78 4. Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG  .............. 79 a) Wortlaut ................................................................................................... 79 b) Sinn und Zweck  ....................................................................................... 79 c) Missbrauchskontrolle .............................................................................. 79 d) Orientierung an § 1 Abs. 3 AÜG a. F.  .................................................... 80 e) Orientierung an § 14 Abs. 1 TzBfG  ........................................................ 80 f) Die Entscheidung des 7. Senats des BAG vom 10.7.2013  ...................... 82 g) Die Entscheidung des LAG Nürnberg vom 29.10.2013  .......................... 82 h) Zwischenergebnis .................................................................................... 83 5. Rechtsfolgen des Verbots der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung  .......  84 6. Ausblick ......................................................................................................... 85 IV. Mitspracherechte der Mitarbeitervertretungen  ................................................... 87 1. Ausgangslage nach § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG  .................................................... 87 2. Regelungen auf Seiten der katholischen Kirche  ........................................... 87 3. Regelungen auf Seiten der evangelischen Kirche  ......................................... 88 a) Eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach § 42 lit. a)  MVG.EKD .... 89 b) § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG als Rechtsvorschrift i. S. von § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. a)  MVG.EKD  .................................................................................... 89 c) Ständig wiederkehrendes Problem: Was heißt vorübergehend ?  ..........  90 4. Schlussfolgerung ........................................................................................... 91 V. Mitwirkungsrechte der Leiharbeitnehmer  .......................................................... 91 1. Ausgangslage nach § 14 AÜG und §§ 7 f.  BetrVG  ...................................... 92 2. Regelungen im Anwendungsbereich der MAVO  .......................................... 92 a) Leiharbeitnehmerrechte beim Verleiher im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung  ...................................................................... 92 b) Leiharbeitnehmer als Abgeordnete im Sinne von § 7 Abs. 2 S. 1 MAVO ? . 92 c) Resümee .................................................................................................  94 3. Regelungen im Anwendungsbereich des MVG.EKD  .................................. 95 4. Fazit ................................................................................................................ 95 VI. Notwendigkeit einer Unterscheidung hinsichtlich der Vergütung von Leih­ arbeitnehmern ?  .................................................................................................... 96 1. Für eine Ungleichbehandlung sprechende Gesichtspunkte  .......................... 97 2. Gegen eine Ungleichbehandlung sprechende Aspekte  ................................. 98 3. Resümee ........................................................................................................  99 F. Einschränkungen durch Europarecht – RL 2000/78/EG und das AGG  .......... 101 I. Exkurs: § 9 Abs. 1 AGG und die Vereinbarkeit mit Europarecht  ..................... 101 1. Die Diskrepanz zwischen § 9 AGG und Art. 4 RL 2000/78/EG  ............... 101 2. Die Frage nach der Europarechtswidrigkeit von § 9 AGG  ......................... 102 a) Enge Auslegung  .................................................................................... 102 b) Weite Auslegung  ................................................................................... 103

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3. Bewertung und Ergebnis  ............................................................................. 104 II. § 9 AGG als Rechtfertigungsgrund  ................................................................... 105 III. Rechtfertigung durch Tendenzschutz ?  .............................................................. 106 IV. Der allgemeine Maßstab des § 8 AGG als Rechtfertigungsgrund  ................... 107 V. Resümee ............................................................................................................. 109 G. Zwischenbilanz  ........................................................................................................  110 H. Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich – Was kann Deutschland davon lernen ?  ................................................................. 112 I. Der Umgang mit dem equal-pay-Grundsatz in Frankreich und weitergehende Maßnahmen  ........................................................................................................ 112 1. Rechtliche Ausgestaltung  ............................................................................ 112 2. Bewertung .................................................................................................... 113 II. Der Umgang des französischen Rechts mit den Loyalitätsanforderungen an Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen  ..........................................................  114 1. Rechtslage ....................................................................................................  114 2. Bewertung ....................................................................................................  115 III. Die Stellung der Wohlfahrtsverbände in den Niederlanden  .............................  116 1. Rechtliche Ausgangslage  .............................................................................  116 2. Beurteilung ..................................................................................................  116 IV. Tarifvertraglich vereinbarte Höchstquoten von Leiharbeitnehmern in den Niederlanden  ......................................................................................................  117 1. Rechtliche Ausgestaltung  ............................................................................  117 2. Einschätzung ...............................................................................................  118 V. Zeitliche Höchstüberlassungsgrenzen für Leiharbeitnehmer in Frankreich  ...  118 1. Gesetzliche Regelung  ..................................................................................  118 2. Einschätzung ...............................................................................................  119 VI. Das aktive und passive Wahlrecht von Leiharbeitnehmern in niederländischen Wohlfahrtsverbänden  .........................................................................................  119 1. Gesetzliche Ausgestaltung  .......................................................................... 119 2. Beurteilung .................................................................................................. 120 3. Exkurs: Der generelle Ausschluss des passiven Wahlrechts von Leih­ arbeitnehmern nach § 14 Abs. 2 S. 1 AÜG auf dem Prüfstand  .................. 121 VII. Resümee  ..................................................................................................................... 122 I. Schlussbetrachtung und Ausblick  ......................................................................... 124 I. Beantwortung der Forschungsfragen  ................................................................ 124 II. Abschließende Bewertung  ................................................................................. 129 III. Ausblick  .............................................................................................................. 130 Literaturverzeichnis  ..................................................................................................... 132 Sachwortregister  ............................................................................................................ 144

A. Einleitung I.  Das Thema Kirchen (gemeint sind die römisch-katholische Kirche und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), bestehend aus den 20 lutherischen, reformierten oder unierten evangelischen Landeskirchen) und ihre Einrichtungen nutzen in der heutigen Zeit verschiedenste Rechtskonstrukte, auf deren Grundlage die Mitarbei­ ter tätig werden. Dazu zählen unter anderem Kirchenbeamtentum, Arbeitsverhält­ nisse, Ehrenamt, Freiwilligendienste und Gestellungen durch Orden oder säkulare Einrichtungen. Daneben ist auch die Arbeitnehmerüberlassung ein Instrument, dessen sich die Kirche bedient, allerdings nicht ohne auf Kritik zu stoßen. Besonders aus den eigenen Reihen wird ein Verstoß gegen das kirchliche Arbeitsrecht gerügt.1 Es sei fraglich, ob sich der Begriff der Dienstgemeinschaft als zentraler Ausdruck des kirchlichen Arbeitsrechts mit der Beschäftigungsform der Arbeitnehmerüber­ lassung in Einklang bringen lässt und ob die von der Kirche verkündeten Werte nicht im Widerspruch zur Leiharbeit stehen, sodass die Kirche an Glaubwürdigkeit verliert. Die negativen Folgen sowohl für die Leiharbeiter (z.B. geringerer Lohn, weniger Arbeitsplatzsicherheit) als auch für die Stammbelegschaft (z.B. Ersetzung durch Leiharbeitnehmer) dürfen bei all den Vorteilen, die dieses Instrument mit sich bringt, nicht unerwähnt bleiben und müssen auf ihre Vereinbarkeit mit Vor­ stellungen des kirchlichen Arbeitsrechts untersucht werden. Gerade weil die kirchlichen Normen in Bezug auf die Zulässigkeit von Leihar­ beit und möglichen Folgen nur wenig ergiebig sind und gerichtliche Entscheidun­ gen mit grundlegenden Antworten auf sich warten lassen, bietet die vorliegende Arbeit die Möglichkeit, auf einige aufgeworfene Fragen Antworten zu suchen und Lösungen zu finden.

II.  Forschungsstand und Forschungsdefizite Das Thema „Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen“ wurde in seiner Trag­ weite bisher nur stiefmütterlich behandelt. Zwar gibt es zahlreiche Aufsätze, die im Zusammenhang mit diesem Thema veröffentlicht wurden, allerdings handelt es sich häufig um Einzelprobleme; es fehlt an der nötigen Zusammenschau. Allein Raphael Ehrlich hat sich in seiner Monographie zum Thema „Dienstgemeinschaft 1  KDA, Leiharbeit auf dem Prüfstand, S. 14 ff.; Möhring-Hesse, Gutachten zur Arbeit­ nehmer­überlassung, S. 30 ff.

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A. Einleitung

und Arbeitnehmerüberlassung“2 aus dem Jahr 2012 ausführlicher mit dieser Prob­ lematik auseinandergesetzt. Die Arbeit leistet für die vorgelegte Dissertation eine wertvolle Vorarbeit; auf sie wird im Folgenden noch häufiger zurückgegriffen wer­ den. Allerdings geht auch dieses Werk auf die Folgen der festgestellten Zulässigkeit der Arbeitnehmerüberlassung in kirch­lichen Einrichtungen kaum ein und europa­ rechtliche Aspekte bleiben weitestgehend außen vor. Überdies kann daran gezwei­ felt werden, ob man von der Umsetzungsdichte der Anforderungen, die Ehrlich an eine Dienstgemeinschaft stellt, bei anderen Rechtskonstrukten (z.B. Ehrenamt oder Gestellungen säkularer Einrichtungen) auf die Zulässigkeit der Arbeitnehme­ rüberlassung schließen kann. Auch Ursula Neuhoff hat in ihrer Arbeit zum Thema „Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeitsrechts“3 zur Problematik der Leih­ arbeit Stellung bezogen. Jedoch fehlt es in Bezug auf die in der vorliegenden Ar­ beit aufgeworfenen Fragestellungen am erforderlichen Tiefgang. Dies ist freilich nicht verwunderlich, da der Schwerpunkt der Arbeit an anderer Stelle liegt. Die Problematik in Bezug auf die Loyalitätsanforderungen der Leiharbeiter stellt sie hingegen ausführlich dar und kann als Diskussionsgrundlage für die vorliegende Arbeit dienen. Ansonsten fehlt es an weiteren Monographien, die sich diesem Themenfeld wid­ men. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass es zu Einzelfragen bereits Lösungs­ ansätze gibt, in Bezug auf die Folgen der Zulässigkeit von Leiharbeit in kirchli­ chen Einrichtungen aber noch einige Forschungsdefizite vorhanden sind, die es zu klären gilt. Vor allem im Bereich der Rechtsvergleichung besteht Bedarf an einer juristischen Aufarbeitung. Zur vorausgehenden Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Arbeitnehmer­ überlassung in der Kirche hat Ehrlich zwar ein stringentes System entwickelt, wel­ ches herangezogen werden kann, allerdings besteht auch in diesem Bereich noch Forschungsbedarf, da – wie bereits angedeutet – das von Ehrlich entworfene Mo­ dell in Frage gestellt werden kann.

III. Forschungsfragen Die vorliegende Arbeit soll einen Versuch unternehmen, im Themenbereich „Arbeitnehmerüberlassung und Kirche“ verbleibende Fragen zu klären oder zu be­ reits scheinbar geklärten Problemen andere Lösungsansätze aufzuzeigen. Insbe­ sondere sollen auf folgende Fragen Antworten gefunden werden: 1. Welche Anforderungen werden an einen Dienst in der Kirche und die darin Tätigen gestellt?

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Ehrlich, Dienstgemeinschaft und Arbeitnehmerüberlassung. Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeitsrechts.

IV. Begriffsbestimmungen

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2. Ist der Begriff der Dienstgemeinschaft tatsächlich mit dem Konstrukt der Ar­ beitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen vereinbar und macht es dabei einen Unterschied, ob es sich um externe oder interne Arbeitnehmerüber­ lassung handelt? Unter der Prämisse der Zulässigkeit der Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen bleibt zu klären: 3. Welche Loyalitätsanforderungen sind an Leiharbeitnehmer zu stellen? 4. Bedarf es einer Höchstquote an Leiharbeitern und wenn ja, an welchem Maß­ stab sollte sie sich orientieren? 5. Bedarf es einer zeitlichen Höchstgrenze für den Einsatz und wenn ja, wie lange sollte der Einsatz maximal dauern? 6. Inwieweit haben die Mitarbeitervertretungen Mitspracherechte beim Einsatz von Leiharbeitnehmern? 7. Welche Mitbestimmungsrechte stehen den überlassenen Arbeitskräften zu? 8. Besteht die Notwendigkeit eine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung von Leiharbeitnehmern? 9. Stellt das Europarecht – insbesondere die Richtlinie 2000/78/EG – einschrän­ kende Vorgaben auf? 10. Welche Alternativen bestehen zum deutschen System?

IV. Begriffsbestimmungen Bereits an diesem Punkt sollen einige Begriffsbestimmungen vorgenommen werden, die eine zentrale Rolle in der vorliegenden Arbeit einnehmen werden. Aus­ genommen davon ist der Begriff der Dienstgemeinschaft, da die Klärung dieses Begriffs einen gewissen Umfang im Hauptteil dieser Dissertation einnehmen wird. Arbeitnehmerüberlassung definiert sich dadurch, dass ein Arbeitgeber (Verlei­ her) einem Dritten (Entleiher) auf Grund vertraglicher Vereinbarung vorüberge­ hend bei ihm angestellte Arbeiter oder Angestellte (Leiharbeitnehmer) zur Ver­ fügung stellt und diese vom Entleiher nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer eingesetzt werden.4 Synonyme für diese Begrifflichkeit sind Leiharbeit, Zeitarbeit oder auch Personalleasing.5 Interne Arbeitnehmerüberlassung ist die Überlassung von Arbeitnehmern an eine zur Kirche gehörende Einrichtung durch eine Arbeitnehmerüberlassungsge­ sellschaft, die ihrerseits einer Kirche zugeordnet ist.6

4  Thüsing,

in: Thüsing, AÜG, Einführung Rn. 1. Ulber, Leiharbeit, S. 25. 6  Joussen, ZMV-Sonderheft 2007, 24 (29).

5 

16

A. Einleitung

Externe Arbeitnehmerüberlassung zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass es sich bei dem Verleiher um eine säkulare Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft handelt, die selbständig die Auswahl des zu stellenden Leiharbeitnehmers trifft. MAVO steht für die Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung in der katholischen Kirche. MVG.EKD steht als Pendant zur MAVO für das Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland.

V.  Gang der Untersuchung Um ein Grundverständnis für die Arbeitnehmerüberlassung zu entwickeln, soll zu Beginn der Arbeit ein allgemeiner Teil zum AÜG vorangestellt werden. In die­ sem soll auf die geschichtliche Entwicklung des AÜG eingegangen werden, um die dahinterstehenden Wertungen offen zu legen. Daran anschließend werden die rechtliche Ausgestaltung näher erläutert und die Vorteile dieses Instruments dar­ gestellt. Im darauffolgenden Kapitel soll bereits konkret die Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen in den Blick genommen werden. Zunächst wird an Hand aktueller Zahlen und Fakten die Situation in kirchlichen Einrichtungen be­ schrieben, bevor dann kirchliche Normen unter die Lupe genommen und auf ihre Aussagekraft bezüglich der Zulässigkeit von Leiharbeit untersucht werden. Sowohl katholische wie auch evangelische gesetzliche Normierungen werden hierbei be­ rücksichtigt. Zum Abschluss dieses Kapitels werden einige gerichtliche Entschei­ dungen dargestellt. Dabei verdient vor allem das Leiharbeitsurteil des KGH.EKD vom 9.10.20067 besondere Aufmerksamkeit; die Entscheidungsgründe werden auf ihre Stichhaltigkeit überprüft und kritisch begutachtet. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Dienstgemeinschaft“, der eine zentrale Rolle im kirchlichen Arbeits­ recht einnimmt. Zunächst soll die theologische Grundlegung in den Mittelpunkt gerückt werden, bevor in einem zweiten Schritt untersucht wird, ob sich diese in die rechtliche Seite der Dienstgemeinschaft sowohl bei externer als auch bei inter­ ner Arbeitnehmerüberlassung umsetzen lässt. Im Anschluss daran werden die Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmer­ überlassung in kirchlichen Einrichtungen diskutiert. Es stellt sich insbesondere die Frage, welche Loyalitätsanforderungen an Leiharbeitnehmer zu stellen sind, da nach Ansicht der Kirchen jeder Dienst in der Kirche die Einhaltung bestimmter Loyalitätsanforderungen erfordert. Überdies muss auf die Problematik eingegangen werden, ob es eine Höchst­ quote an Leiharbeitern in kirchlichen Einrichtungen geben sollte und wenn ja, an welchem Maßstab sie sich orientieren könnte. Genauso soll die Frage diskutiert 7 

Beschluss des KGH.EKD vom 09.10.2006, NZA 2007, 761 ff.

V.  Gang der Untersuchung

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werden, ob es einer zeitlichen Höchstgrenze für den Einsatz bedarf und wenn ja muss auch hier geklärt werden, welche Werte als Grenze in Betracht zu ziehen sind. Weitere aufgeworfene Folgefragen betreffen die Mitspracherechte sowohl der Leiharbeiter selbst als auch der Mitarbeitervertretungen in den Entleiherbetrieben. Zu klären ist, inwieweit den Mitarbeitervertretungen Mitspracherechte beim Ein­ satz von Leiharbeitnehmern zustehen und auch welche Mitbestimmungsrechte den Zeitarbeitskräften selbst zugestanden werden sollten. Ein zentrales Problem ist die Frage nach der Notwendigkeit einer Differenzie­ rung hinsichtlich der Vergütung von Leiharbeitnehmern. Denn trotz des eigentlich aufgestellten equal-pay-Gebots in §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 9 Nr. 2 HS. 1 AÜG kommt es auf Grund der Zulässigkeit von abweichenden Regelungen durch Tarifverträge, §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 2, 9 Nr. 2 HS. 2 AÜG, zu extremen Gehaltsunterschieden zwi­ schen der Stammbelegschaft und Leiharbeitern. Es stellt sich daher die Frage, ob dies dem Gebot der Lohngerechtigkeit8 entspricht. Auch europarechtliche Erwägungen sollen Berücksichtigung finden, indem die Antidiskriminierungsrichtlinie RL 2000/78/EG und das damit zusammenhängen­ de AGG in den Blick genommen werden. Untersucht werden muss das Problem, inwieweit sich Verleihfirmen auf §§ 8 bzw. 9 AGG berufen dürfen, um eine unter­ schiedliche Behandlung wegen der Religionszugehörigkeit oder wegen sonstiger beruflicher Anforderungen zu rechtfertigen. Bevor ein abschließendes Fazit gezogen wird, soll ein Blick ins europäische Ausland geworfen werden. Am Beispiel der Niederlande und Frankreich werden alternative, möglicherweise übertragbare Lösungsansätze dargestellt, welche das ein oder andere vorher aufgezeigte Problem lösen könnten.

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Vgl. Can. 231 § 2 CIC.

B.  Allgemeiner Teil zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Im folgenden Kapitel soll zunächst die geschichtliche Entwicklung des AÜG ab der grundlegenden Entscheidung des BVerfG vom 04.04.19679 dargestellt wer­ den, um den Entwicklungsprozess und die entscheidenden Veränderungen auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung zu veranschaulichen. Im Anschluss werden die rechtliche Ausgestaltung der Dreiecksbeziehung Verleiher-Entleiher-Leihar­ beitnehmer detaillierter beleuchtet und darauf aufbauend die Vorteile der Arbeit­ nehmerüberlassung für den Entleiher näher erläutert. Dadurch soll der Einstieg in die vorliegende Arbeit erleichtert werden und bereits auf mögliche Problemfelder hingewiesen werden.

I.  Geschichtliche Entwicklung Bis zur maßgebenden Entscheidung des BVerfG vom 04.04.1967 war Leiharbeit – so wie wir sie heute verstehen10 – wegen eines Verstoßes gegen das Arbeitsver­ mittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit generell verboten und sogar straf­ bar. § 37 Abs. 3 AVAVG a. F. statuierte, dass die „Zuweisung von Arbeitnehmern, deren Arbeitskraft der Zuweisende regelmäßig dritten Personen für eine Beschäf­ tigung zur Verfügung stellt, ohne selbst die Arbeit auf eigene Rechnung ausführen zu lassen und ohne selbst die Ausrüstung mit den erforderlichen Werkzeugen für die zugewiesenen Arbeitskräfte zu übernehmen“ als Arbeitsvermittlung galt. Das BVerfG erklärte allerdings die Unvereinbarkeit der Ausdehnung des Ar­ beitsvermittlungsmonopols auf Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit Art. 12 Abs. 1 GG und entschied die Nichtigkeit von § 37 Abs. 3 AVAVG. Es lag somit am Gesetzgeber, die Arbeitnehmerüberlassung sozialverträglich auszugestalten.11 Am 12.10.1972 trat das am 07.08.197212 verkündete AÜG in Kraft mit dem Ziel, für die erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung rechtliche Rahmenbedin­ gungen zu schaffen, die den Anforderungen eines sozialen Rechtsstaates genügen. Seitdem hat es einige Änderungen erfahren. Hervorzuheben ist insbesondere die 9 

BVerfG, Urteil vom 04.04.1967 - 1 BvR 84/65, NJW 1967, 974 ff. als unechtes Leiharbeitsverhältnis bezeichnet; bei echter Leiharbeit war der Arbeitnehmer hingegen zwar gewöhnlich in den Betrieb seines Arbeitgebers eingegliedert und dort tätig, aber vorübergehend einem Dritten überlassen (BAG, Urteil vom 15.02.1974 - 2 AZR 57/73, AP Nr. 7 zu § 637 RVO). 11  BT-Drs. VI/2303, S. 9 f. 12  BGBl. I, S. 1393. 10  Früher

II.  Rechtliche Ausgestaltung

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schrittweise Anhebung der maximalen Überlassungsdauer von anfangs drei Mo­ naten über 12 und 24 Monate bis hin zu einem völligen Wegfall einer Obergrenze. Seit dem 01.12.2011 bestimmt § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, dass die Arbeitnehmerüber­ lassung vorübergehend erfolgt, ohne die Voraussetzungen oder die Rechtsfolgen der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung zu bestimmen.13 Hinzu kamen die Ver­ schärfungen der Sanktionsandrohungen, die Streichung des Synchronisationsver­ botes von Arbeitsverhältnis und Überlassungsdauer nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 – 5, 9 Nr. 2 und 3 a. F. und das 2001 eingeführte aktive Wahlrecht der Leiharbeitnehmer bei Betriebsratswahlen im Entleiherbetrieb. Seit 01.01.2003 räumt § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG den Leiharbeitnehmern eine Gleichbehandlung mit der Stammbelegschaft ein, sofern Tarifverträge keine abweichenden Regelungen vorsehen (Grundsatz des equal-pay und equal-treatment).14 Das Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung in der ab dem 01.12.2011 geltenden Fassung hält nicht mehr an der Unterscheidung zwischen gewerbsmäßi­ ger und nicht-gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung fest, sodass es nunmehr gem. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG ausreicht, wenn ein Arbeitgeber im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit einem Dritten seine Arbeitnehmer überlässt. Diese Än­ derung basiert auf der Richtlinie 2008/104/EG; ihre Umsetzung erfolgte durch das Gesetz gegen den Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung (AÜGÄndG). Eine Gewinnerzielungsabsicht ist demnach nicht mehr erforderlich.15 Weiterhin wurde durch das AÜGÄndG § 3a AÜG eingefügt, der ein Verfahren zur Regelung eines branchenspezifischen Mindestlohnes im Bereich der Arbeit­ nehmerüberlassung vorsieht. Zurzeit beträgt die Lohnuntergrenze 8,80 € im Wes­ ten und 8,20 € im Osten.16 Insgesamt haben all diese Reformen dazu geführt, dass das Konstrukt der Leih­ arbeit noch immer ein gern genutztes Instrument ist; zum 31.12.2014 befanden sich ca. 823.000 Beschäftigte in einem Leiharbeitsverhältnis.17

II.  Rechtliche Ausgestaltung Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung besteht kein klassisches Arbeitge­ ber-Arbeitnehmer-Verhältnis, sondern ein Dreipersonenverhältnis aus Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer. Innerhalb dieser Konstellation herrschen ver­ schiedene schuldrechtliche Beziehungen, die es im Folgenden darzulegen gilt.

Boemke, in: Boemke/Lemke, AÜG, Einleitung Rn. 7. Ulber, in: Ulber, AÜG, Einleitung Rn. 55 ff. 15  Boemke, in: Boemke/Lemke, AÜG, Einleitung Rn. 7. 16  Abrufbar unter https://www.mindestlohn.de/hintergrund/faq/. 17  Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt in Zahlen – Arbeitnehmerüber­ lassung, Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe, Stichtag: 31.12.2014. 13  14 

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B.  Allgemeiner Teil zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

1.  Rechtliche Beziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer Der zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer bestehende Arbeitsvertrag bildet die rechtliche Grundlage, aus dem sich Rechte und Pflichten zwischen den Betei­ ligten ergeben. Der Verleiher verpflichtet sich zur Zahlung eines Arbeitsentgelts an seinen Arbeitnehmer, während dieser im Gegenzug die Erbringung von Diensten zusagt. Diese sind im Betrieb des Entleihers nach dessen Weisung durchzuführen.18 Es bestehen verschiedene Alternativen der rechtlichen Ausgestaltung, auf wel­ che Art und Weise der Entleiher berechtigt sein soll, dem Leiharbeiternehmer Weisungen erteilen zu können. Im Falle eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter erwirbt der Entleiher unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag das Recht auf die Arbeits­ leistung.19 Alternativ besteht die Möglichkeit der Wahl eines unechten Vertrags zu Gunsten Dritter. Dann darf der Verleiher als Arbeitgeber sein Recht auf die Dienste an einen Dritten, den Entleiher, abtreten.20 Daneben kann der Verleiher durch den Arbeitsvertrag berechtigt sein, einem Dritten das Direktionsrecht zu überlassen, al­ lerdings behält dann der Verleiher den Anspruch auf die Arbeitsleistung des Leih­ arbeiters. Nur das Weisungsrecht steht in diesem Fall dem Entleiher zu.21 In Bezug auf Nebenpflichten ist der Verleiher als Arbeitgeber zur umfassenden Fürsorge gegenüber dem Leiharbeitnehmer als seinem Arbeitnehmer verpflichtet. Aber auch der Leiharbeitnehmer seinerseits muss während der Dauer des Arbeits­ verhältnisses Rücksicht auf die Interessen des Verleihers nehmen. Insbesondere treffen ihn eine Pflicht zur Verschwiegenheit sowie ein Wettbewerbsverbot.22 2.  Rechtliche Beziehung zwischen Verleiher und Entleiher Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wird rechtlich als gegenseitiger Vertrag eigener Art eingestuft, wobei der Verleiher die Arbeitnehmerüberlassung schuldet und der Entleiher die vereinbarte Überlassungsvergütung. Es handelt sich dem­ nach um einen Dienstverschaffungsvertrag. Zwingend erforderlich ist die Wah­ rung der Schriftform, § 12 Abs. 2 S. 2 AÜG.23 Den Verleiher trifft die Pflicht, einen passenden Arbeitnehmer auszuwählen, der den Anforderungen, die an die Aufgabe im Entleiherbetrieb gestellt werden, ge­ recht wird.24 Verletzt er diese Pflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig, nicht aber im Falle der Schlechtleistung des Arbeitnehmers.25 Denn der Leiharbeitneh­ mer ist nicht Erfüllungsgehilfe des Verleihers;26 er erfüllt vielmehr eine eigene Leis­ Schüren, in: Schüren/Hamann, AÜG, Einleitung Rn. 182. Schüren, in: Schüren/Hamann, AÜG, Einleitung Rn. 168 ff. 20  Thüsing, in: Thüsing, AÜG, Einführung Rn. 35. 21  Konzen, ZfA 1982, 259 (282). 22  Schüren, in: Schüren/Hamann, AÜG, Einleitung Rn. 238 ff. 23  Schüren, in: Schüren/Hamann, AÜG, Einleitung Rn. 308. 24  Thüsing, in: Thüsing, AÜG, Einführung Rn. 41. 25  BAG, Beschluss vom 05.05.1992 – 1 ABR 78/91, NZA 1992, 1044.

18 

19 

III.  Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung

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tungspflicht, wenn er für den Entleiher arbeitet. Im Übrigen können weitere Rechte und Pflichten der Arbeitnehmerüberlassung vertraglich ausgestaltet werden. 26

3.  Rechtliche Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer Im Regelfall besteht zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer kein Arbeits­ verhältnis, es sei denn dem Verleiher fehlt die erforderliche Erlaubnis zur Arbeit­ nehmerüberlassung gem. § 1 S. 1 AÜG. Dann wird ein solches Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeiter fingiert, § 10 Abs. 1 i. V. m. § 9 Nr. 1 AÜG. Ansonsten richtet sich die rechtliche Beziehung zwischen Entleiher und Leihar­ beitnehmer nach dem Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer.27 Je nach dem welche vertragliche Gestaltung gewählt wurde, gibt es Unterschie­ de bei Fragen der Haftung. Hat der Entleiher ein eigenes Forderungsrecht, kann er bei einer Pflichtverletzung Schadensersatzansprüche nach §§ 280 ff. BGB gegen den Leiharbeiter geltend machen. Es werden dann die Grundsätze zum innerbe­ trieblichen Schadensausgleich zwischen Entleiher und Leiharbeiter in Anspruch genommen.28 Handelt es sich hingegen um ein Schuldverhältnis ohne primäre Leistungs­ pflicht, dann kommen bei einer Pflichtverletzung des Leiharbeitnehmers Ansprü­ che aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter29 oder nach anderer Ansicht30 eine Drittschadensliquidation in Betracht. Dem Leiharbeiter steht gegenüber dem Entleiher kein Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgeltes zu. Allerdings trifft den Entleiher auf Grund der Einglie­ derung in den Betrieb die Pflicht zu Schutz und Rücksichtnahme gegenüber dem Leiharbeitnehmer. Daran ändert sich auch nichts auf Grund des Fehlens einer ei­ genständigen Hauptleistungspflicht.31

III.  Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung Das Rechtskonstrukt der Arbeitnehmerüberlassung wird sowohl von weltlichen als auch von kirchlichen Arbeitgebern deshalb gerne genutzt, weil es im Vergleich zum „normalen“ Arbeitsverhältnis einige Vorteile mit sich bringt. Auf diese Vor­ züge soll im Folgenden näher eingegangen werden. Da die Interessenlage bei welt­ lichen und kirchlichen Arbeitgebern ähnlich ist, braucht diesbezüglich keine Dif­ ferenzierung vorgenommen werden. 26  BAG, Urteil vom 09.03.1971 – VI ZR 138/69, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Leiharbeitsver­ hältnis; Walker, AcP 1994, 295 (298). 27  Schüren, in: Schüren/Hamann, AÜG, Einleitung Rn. 110. 28  Thüsing in: Thüsing, AÜG, Einführung Rn. 38. 29  Koch, in: Schaub, ArbR-Handbuch, § 120 Rn. 66; Walker, AcP 1994, 295 (314 ff.). 30  Konzen, ZfA 1982, 259 (281). 31  Canaris, JZ 1965, 475 (476 ff.).

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B.  Allgemeiner Teil zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

1.  Höhere Flexibilität Auf Seiten der Entleiher sorgt die Möglichkeit der Nutzung des Instruments der Arbeitnehmerüberlassung dafür, dass diese flexibler auf Nachfragespitzen oder Auftragsflauten reagieren können.32 Sie sind nicht mehr darauf angewiesen, eine Personalreserve zu unterhalten, die auch dann nach § 615 S. 1 BGB vergütet werden muss, wenn deren Arbeitskraft nicht benötigt wird.33 Überdies sind die Entleiher nicht durch das Kündigungsschutzgesetz gebunden, da zwischen den Leiharbeitnehmern und ihnen üblicherweise kein Arbeitsverhältnis besteht. 2. Kostenersparnis Da das Arbeitnehmerüberlassungsentgelt lediglich für die Zeiträume anfällt, in denen tatsächlich eine Personalüberlassung stattgefunden hat, muss der Entleiher­ betrieb nur zahlen, wenn er die Arbeitskraft effektiv nutzen kann. Dadurch sind Einsparungen möglich, auch wenn die Kosten für eine Arbeitsstunde bei kurzfris­ tiger Arbeitnehmer­überlassung in der Regel höher sind als die bei Festangestell­ ten.34 Überdies werden Leiharbeitnehmer häufig entsprechend § 9 Nr. 2 HS. 2 AÜG nach den niedrigen Tarifen der Leiharbeitsbranche entlohnt, sodass insbesondere kirchliche Arbeitgeber nicht die verhältnismäßig teuren Tarife des Dritten Wegs zahlen müssen.35 Eine Untersuchung für Nordrhein-Westfalen kommt zu dem Ergebnis, dass Leiharbeitnehmer im Helferbereich rund 45 % weniger verdienen als Helfer in anderen Branchen; die Entgeltdifferenz bei qualifizierteren Tätigkeiten, etwa in Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufen, liegt bei ca. 35 %.36 Auch im kirchlichen Bereich ist die Situation ähnlich. Dort liegen die Löhne der Leiharbeiter zum Teil 30 % unter den Stundenlöhnen kirchlicher Vergütungsnor­ men.37 Gründen kirchliche Einrichtungen interne Arbeitnehmerüberlassungsgesell­ schaften, besteht zudem der Vorteil, dass das Personal zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt werden kann. Der Selbstkostenpreis besteht aus den Verwal­ tungs- und den günstigen Lohnkosten. Umsatzsteuer fällt bei interner Arbeitneh­ merüberlassung hingegen nicht an.38 32 

BT-Drs. 14/4220, S. 14. Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (23). 34  Ehrlich, Dienstgemeinschaft und Arbeitnehmerüberlassung, S. 25. 35  Ausführlichere Zahlen bei Waltermann, NZA 2010, 482 (483). 36  Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Zeitarbeit in Nordrhein-Westfalen. Strukturen, Einsatzstrategien, Entgelte., 2008, S. 77 f. 37  Joussen, ZMV-Sonderheft 2007, 24 (27). 38  Dahme/Kühnlein/Stefaniak/Wohlfahrt, Leiharbeit und Ausgliederungen in diakoni­ schen Sozialunternehmen: Der „Dritte Weg“ zwischen normativem Anspruch und sozial­ wirtschaftlicher Realität, S. 28. 33 

IV. Fazit

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3.  Reduzierung der Stammbelegschaft Einige Entleiherbetriebe sehen in der Nutzung der Arbeitnehmerüberlassung auch die Chance, die Größe ihrer Stammbelegschaft zu reduzieren bzw. niedrig zu halten, um die Bildung eines Betriebsrats zu verhindern, indem die Anzahl der beim Betriebsinhaber in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter unter der Grenze des § 1 Abs. 1 BetrVG gehalten wird, bzw. zumindest die Stärke des Betriebsrats zu minimieren.39 Überdies findet möglicherweise für die Stammbe­ legschaft das KSchG keine Anwendung mehr, da die Zahlenwerte des § 23 Abs. 1 KSchG nicht mehr erreicht werden. Sollte es sich nämlich nicht um eine dauerhafte Substitution handeln, werden Leiharbeitnehmer nicht mitgerechnet. In diesem Fall ist der Entleiher auch in Bezug auf seine festangestellten Mitarbeiter in ihrer Ver­ wendung flexibler.

IV. Fazit Gerade die geschichtliche Entwicklung hat aufgezeigt, dass der europäische Ge­ danke der „Flexicurity“40 (Zusammensetzung aus flexibility und security) auch im deutschen AÜG Anklang gefunden hat. Einerseits führen die Aufhebung des Syn­ chronisationsverbots und der völlige Wegfall einer zeitlichen Obergrenze zu einer Flexibilisierung des Instruments der Arbeitnehmerüberlassung. Andererseits soll durch den Grundsatz des equal-pay und equal-treatment den Leiharbeitnehmern mehr Sicherheit verschafft werden. Ob dieser Gedanke der „Flexicurity“ aber in der Praxis so ausgewogen um­ gesetzt wird oder nicht doch einer der beiden Komponenten den Vorzug genießt, soll in den folgenden Kapiteln näher untersucht werden. Dabei wird auch zurück­ zukommen sein auf die oben41 dargestellten Vorteile, die die Leiharbeit für die Entleiher mit sich bringt. Denn die Kehrseite der Medaille sind die Nachteile, die die Leiharbeitnehmer im Gegenzug hinzunehmen haben, wenn sie in Form der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt werden. Ziel muss es in jedem Fall sein, einen sachgerechten Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen aller Beteiligten zu schaffen, was aber auf Grund des Dreipersonenverhältnisses erschwert wird.

39  Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeits­ rechts, S. 215. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach einem Beschluss des BAG (BAG, Beschluss vom 13.03.2013 - 7 ABR 69/11, NZA 2013, 789) auch Leiharbeitnehmer zur Be­ legschaft des Entleiherbetriebs gehören, wenn sie regelmäßig beschäftigt werden. 40  Waltermann, NZA 2010, 482. 41  Siehe A. III.

C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen Der nachfolgende Abschnitt soll an Hand aktueller Zahlen und Fakten Auf­ schluss über den jetzigen Stand der Arbeitnehmerüberlassung in der Kirche und ihren Einrichtungen geben. Damit kann die tatsächliche Reichweite dieser Art von Beschäftigung im kirchlichen Bereich transparenter dargestellt werden. Im Anschluss daran werden kirchliche Normen – sowohl katholische als auch evangelische – auf ihre Aussagekraft hinsichtlich der Zulässigkeit von Arbeitneh­ merüberlassung untersucht. Überdies werden gerichtliche Entscheidungen zu die­ sem Problemkreis analysiert und auf ihre Stichhaltigkeit hin geprüft. Abschließen soll dieses Kapitel mit einer Darstellung der Bewertung der Leih­ arbeit in kirchlichen Einrichtungen in der Literatur.

I.  Aktuelle Zahlen und Fakten Arbeitnehmerüberlassung scheint nicht nur im weltlichen Bereich ein gern genutztes Instrument zu sein. Laut einem Bericht des Magazins Stern liegt die Zahl der Leiharbeitnehmer allein in der Diakonie zwischen 35.000 (Einschätzung des ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD Nikolaus Schneider) und 75.000 (Ein­ schätzung der Mitarbeitervertreter).42 Eine empirische Bestimmung des Umfangs, in dem Leiharbeit genutzt wird, scheitert ansonsten bislang daran, dass sich der Verband Diakonischer Dienstgeber in Deutschland und das Diakonische Werk der EKD weder auf einen einheitlichen Fragebogen noch auf die Vorgehensweise der Datenerhebung einigen konnten.43 Es gibt allerdings eine Studie der Diakonie, an der sich etwa zwei Drittel der di­ akonischen Träger beteiligt haben, nach welcher der bundesweite Anteil der Leih­ arbeitnehmer in der Diakonie bei 1,3 % liegt. Diese Quote scheint vergleichsweise gering, wenn man sie dem prozentualen Anteil an Leiharbeitnehmern in Deutsch­ land gegenüber stellt. Dieser liegt bei 3,2 %.44 Je nach Einrichtungsgröße und je nach Region/Landesverband ist Arbeitnehmer­ überlassung in der Diakonie unterschiedlich weit verbreitet. Insbesondere sind es 42  „Lohndumping durch Leiharbeit. Die miesen Tricks der Diakonie.“ vom 12.01.2011, ab­ rufbar unter http://www.stern.de/wirtschaft/job/lohndumping-durch-leiharbeit-die-­miesentricks-der-diakonie-1642522.html. 43  Dahme/Kühnlein/Stefaniak/Wohlfahrt, Leiharbeit und Ausgliederungen in diakoni­ schen Sozialunternehmen: Der „Dritte Weg“ zwischen normativem Anspruch und sozial­ wirtschaftlicher Realität, S. 92. 44  Jantzer/Markmeyer, epd sozial 2012, Nr. 40, 3.

II.  Aussagen kirchlicher Normen zur Leiharbeit

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größere Sozialkonzerne, die konzernseigene Leiharbeitsfirmen unterhalten. Bei­ spielhaft haben Träger wie Agaplesion, Hessen (AGAPLESION Personalservice, APS), Stiftung Friedehorst, Bremen (Parat Personal und Service GmbH), Stiftung Bethel, Nordrhein-Westfalen (Dienstleistung Zeitarbeit GmbH, DiZ) oder die Rummelsberger Anstalten, Bayern (Personal-Agentur für soziale Dienstleistungen GmbH Schwarzenbruck, PAKT) Zeitarbeitsfirmen geschaffen.45 In der Regel handelt es sich um 100%ige Tochterfirmen in der Form einer GmbH, wobei die Geschäftsführung häufig (personal-)identisch mit der der Muttergesell­ schaft ist. Diese Tochtergesellschaften werden allein zu dem Zweck gegründet Arbeitnehmer an deren Muttergesellschaften zu überlassen, mit dem Vorteil der Ersparnis der Zahlung von Umsatzsteuer.46 Aussagen zur Arbeitnehmerüberlassung in Einrichtungen der Caritas lassen sich nur schwerlich treffen, da es an seriösen Zahlen mangelt.47 Allerdings gibt es genauso wie in der Diakonie interne Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften. Beispielhaft sollen genannt werden die Leiharbeitsgesellschaft pro cura Service GmbH, gegründet vom Caritasverband für das Erzbistum Berlin, und dem Cari­ tasverband von Vorpommern48 oder die vom Caritas Verein Altenoythe ins Leben gerufene Caritas-Verein Altenoythe-Dienstleistungsgesellschaft. In der verfassten Kirche sind keine Anzeichen für eine externe oder interne Arbeitnehmerüberlassung zu erkennen.49

II.  Aussagen kirchlicher Normen zur Leiharbeit Die Dienstgemeinschaft als zentraler Begriff des kirchlichen Arbeitsrechts prägt sowohl die Regelungen der katholischen als auch der evangelischen Kirche. An Hand wichtiger Vorschriften, in denen der Begriff der Dienstgemeinschaft de­ finiert wird bzw. zumindest eine entscheidende Rolle spielt, wird im Folgenden untersucht, ob diese eine Aussage treffen über die Zulässigkeit von Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen.

45  Dahme/Kühnlein/Stefaniak/Wohlfahrt, Leiharbeit und Ausgliederungen in dia­ konischen Sozialunternehmen: Der „Dritte Weg“ zwischen normativem Anspruch und sozialwirtschaft­licher Realität, S. 27 f. 46  Dahme/Kühnlein/Stefaniak/Wohlfahrt, Leiharbeit und Ausgliederungen in diakoni­ schen Sozialunternehmen: Der „Dritte Weg“ zwischen normativem Anspruch und sozial­ wirtschaftlicher Realität, S. 28; Baumann-Czichon, AuK 2007, 35; Möhring-Hesse, Gutach­ ten zur Arbeitnehmer­überlassung, S. 15. 47  Neher, ZMV-Sonderheft 2011, 29 (31). 48  Mittlerweile hat die Caritas in Berlin zum 1.10.2013 die Leiharbeit beendet. 49  Berroth, ZMV-Sonderheft 2007, 67; Manterfeld, AuK 2007, 30 (31).

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C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

1.  Regelungen der römisch-katholischen Kirche Sowohl die Grundordnung für den kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GrO) als auch die Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) setzen sich mit dem Begriff der Dienstgemeinschaft auseinander. a)  Art. 1 S. 1 GrO i.V.m. Satz 6 der Präambel der Erklärung zum kirchlichen Dienst In Art. 1 S. 1 GrO heißt es: „Alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen tragen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu bei, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft).“

Daraus könnte man schließen, dass auch Leiharbeiter der Dienstgemeinschaft zugeordnet werden, da auch sie in einer kirchlichen Einrichtung tätig werden. Für diese weite Auslegung spricht auch Satz 6 der Präambel der Erklärung der deut­ schen Bischöfe zum kirchlichen Dienst: „Alle, die in den Einrichtungen mitarbeiten, bilden – unbeschadet der Verschiedenheit der Dienste und ihrer rechtlichen Organisation – eine Dienstgemeinschaft.“

Demnach ist die rechtliche Einordung des Dienstes völlig irrelevant; es zählt ausschließlich die Mitarbeit. Dem widerspricht allerdings der Titel des Regelwerks, der ausdrücklich von kirchlichen Arbeitsverhältnissen spricht. Überdies würde die Sanktionsregelung in Art. 5 GrO für Leiharbeiter nicht greifen, da diese vom kirchlichen Dienstgeber als Entleiher mangels eines zu ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht gekün­ digt werden können.50 Entscheidend ist allerdings, dass es sich bei der Erklärung zum kirchlichen Dienst um oberhirtliche Grundsätze zur kirchlichen Dienstgemeinschaft handelt. Demgegenüber ist die Grundordnung darauf ausgerichtet, kirchenspezifische Re­ gelungen an Arbeitsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen aufzustellen.51 Da die Grundordnung die Erklärung zum kirchlichen Dienst normativ umset­ zen soll52, ist davon auszugehen, dass nur ein Ausschnitt des Dienstgemeinschafts­ begriffs – wie er in der Erklärung zum kirchlichen Dienst Ausdruck findet – in der Grundordnung definiert wird. Dann können auch beide Regelungen schlüssig nebeneinander stehen; sie besitzen unterschiedlich weite Anwendungsbereiche und Definitionen zur Dienstgemeinschaft. Dafür sprechen zum einen die Titel der beiden Dokumente, zum anderen die unterschiedlichen Voraussetzungen für eine Teilhabe an der Dienstgemeinschaft. Thüsing, in: FS Richardi, 989 (992). Dütz, NJW 1994, 1369 (1371); Dütz, in: Dütz/Richardi, Begründung der Grundord­ nung, S. 28. 52  Dütz, in: Dütz/Richardi, Begründung der Grundordnung, S. 28. 50  51 

II.  Aussagen kirchlicher Normen zur Leiharbeit

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Im Ergebnis ist daher die Zugehörigkeit der Leiharbeitnehmer zur Dienstge­ meinschaft anhand Satz 6 der Präambel der Erklärung zum kirchlichen Dienst zu messen, da mangels Arbeitsverhältnis zum kirchlichen Dienstgeber der Anwen­ dungsbereich der Grundordnung nicht eröffnet ist. Da Leiharbeiter auf Grund der Weisungen in der Einrichtung des kirchlichen Trägers tätig werden und dort mitarbeiten, gehören sie zur Dienstgemeinschaft im weiteren Sinne. Welche zusätzlichen Zugangsvoraussetzungen erforderlich sind, ist nicht normativ festgelegt. In jedem Fall muss die persönliche Eignung für den Dienst in der Kirche unabhängig von der Beschäftigungsform feststellbar sein. b)  Rahmen-MAVO in der Fassung vom 22.11.2010 § 3 Abs. 1 S. 2 MAVO lautet: „Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die dem Dienstgeber zur Arbeitsleistung überlassen werden im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, sind keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne dieser Ordnung.“

Diese Aussage hat allerdings keinerlei Auswirkung auf den Umfang der Dienst­ gemeinschaft, da sie nur die Leiharbeitnehmer vom Kreis der Mitarbeiter im Sinne der MAVO ausschließt.53 Dadurch soll ein aktives Wahlrecht der Leiharbeitnehmer bei der Wahl der Mitarbeitervertretung verhindert werden.54 Nach Thiels Ansicht folgt aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 2 MAVO der Ausschluss der Leiharbeitnehmer aus der Grundordnung sowie der Dienstgemein­ schaft.55 Weshalb aber diese Regelung – entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut – für die Grundordnung gelten soll, erschließt sich nicht. Im Ergebnis lassen sich daher aus § 3 Abs. 1 S. 2 MAVO keine Argumente ge­ gen die Zulässigkeit von Leiharbeit in katholischen Einrichtungen gewinnen. Dass es überhaupt eine solche Regelung gibt, spricht eher für die Zulässigkeit von Ar­ beitnehmerüberlassung. Ansonsten wäre diese Bestimmung überflüssig; es wäre ausreichend, die Unzulässigkeit dieser Beschäftigungsform festzustellen. Überdies räumt § 34 Abs. 1 S. 2 MAVO der Mitarbeitervertretung ein Zustim­ mungsrecht bei der Beschäftigung von Leiharbeitern ein. Auch diese Regelung spricht eher für die Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung als dagegen. An­ sonsten hätte es einer Normierung nicht bedurft. Daran ändert auch § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO nichts, welcher der Mitarbeitervertretung ein Zustimmungsverweige­ rungsrecht zubilligt für den Fall, dass ein Leiharbeitnehmer länger als sechs Mo­ nate beim Entleiher beschäftigt werden soll. Es handelt sich um eine „Kann“-Vor­ schrift, die auf eine zeitliche Komponente beschränkt ist.

Oxenknecht-Witzsch, ZMV 2002, 262. Sroka, KuR 2005, 41 (46). 55  Thiel, in: Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, § 3 Rn. 69. 53 

54 

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C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

c) Zwischenergebnis Entscheidend für den Dienstgemeinschaftsbegriff ist Satz 6 der Präambel der Erklärung der deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst. Demnach gehört zur Dienstgemeinschaft, wer in den der katholischen Kirche in Deutschland zugeord­ neten Einrichtungen tätig ist und damit den christlichen Sendungsauftrag erfüllt. In der Grundordnung werden zwar Voraussetzungen für eine Tätigkeit in der Dienstgemeinschaft genannt für Personen mit einem Arbeitsverhältnis zum kirch­ lichen Träger, nicht aber für andere Beschäftigungsverhältnisse. Die Rahmen-MAVO 2010 ist zumindest so ausgestaltet, dass sie einer (dauer­ haften) Arbeitnehmerüberlassung nicht entgegensteht. 2.  Regelungen der EKD In der evangelischen Kirche thematisiert das Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG.EKD) den Begriff der Dienstgemeinschaft. Die Richtlinie der EKD zur be­ ruflichen Mitarbeit nimmt weder zum Begriff der Arbeitnehmerüberlassung noch zur Dienstgemeinschaft Stellung. a)  Satz 3 der Präambel des MVG.EKD „Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie verbin­ det Dienststellenleitungen und Mitarbeiter zu einer Dienstgemeinschaft und verpflichtet sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit.“

Mitarbeiter sind nach Satz 2 der Präambel alle Frauen und Männer, die beruf­ lich in Kirche und Diakonie tätig sind. Nach dieser Wortwahl können Leiharbeitnehmer unproblematisch unter den Begriff der Mitarbeiter subsumiert werden, da auch sie im Rahmen ihrer Überlas­ sung beruflich in kirchlichen Einrichtungen tätig sind. Auch durch Arbeitnehmer­ überlassung Beschäftigte wären daher bei isolierter Betrachtung der Präambel Teil der Dienstgemeinschaft. b)  § 2 Abs. 1 MVG.EKD § 2 Abs. 1 MVG.EKD lautet: „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Sinne dieses Kirchengesetzes sind alle in öffent­ lich-rechtlichen Dienst- oder privatrechtlichen Dienst- und Arbeitsverhältnissen oder zu ihrer Ausbildung Beschäftigten einer Dienststelle […].“

Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift fallen Leiharbeitnehmer nicht unter den Mitarbeiterbegriff des MVG.EKD, da sie in keinem Arbeitsverhältnis zum kirch­ lichen Dienstgeber stehen.56 Etwas anderes gilt nur dann, wenn es um interne Ar­ 56  Fey/Rehren, MVG.EKD PraxisKommentar, § 2 Rn. 8; Baumann-Czichon/Gathmann/ Germer, MVG-EKD, § 2 Rn. 19.

II.  Aussagen kirchlicher Normen zur Leiharbeit

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beitnehmerüberlassung geht; dann handelt es sich bei dem Verleiher auch um eine kirchliche Einrichtung, sodass ein erforderliches Arbeitsverhältnis besteht. c)  Verhältnis von Satz 3 der Präambel des MVG.EKD zu § 2 Abs. 1 MVG.EKD Fraglich ist, wie die sich anscheinend widersprechenden Vorschriften zueinan­ der stehen. Zunächst könnte man von einem selbständigen Mitarbeiterbegriff in der Präambel ausgehen. Dafür spricht, dass Präambeln als Leitfaden den eigent­ lichen Gesetzen vorangestellt sind und bei der Anwendung und Auslegung des jeweiligen Gesetzes berücksichtigt werden sollen.57 Für eine Eingrenzung des Mitarbeiterbegriffs durch § 2 Abs. 1 MVG.EKD und damit für eine Unselbständigkeit spricht hingegen, dass Gesetze die Leitgedanken schärfen und damit die Präambel selbst präzisieren. Die Präambel gibt als Ein­ leitung einen zusammenfassenden Überblick über das entsprechende Gesetz. Sie dient der Darstellung von Motiven, Absichten und Zwecken; in ihr werden die Absichten des Gesetzgebers dargelegt.58 Auch die Formulierung „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Sinne dieses Kirchengesetzes sind […]“ in § 2 Abs. 1 MVG. EKD macht deutlich, dass der Mitarbeiterbegriff der Präambel mit umfasst sein soll. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass § 2 Abs. 1 MVG.EKD Satz 3 der Präambel des MVG.EKD konkretisiert und daher als Definition des Mitarbeiter­ begriffs heranzuziehen ist; die beiden Vorschriften stehen nicht im Widerspruch. Leiharbeitnehmer, die über eine externe Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft an eine kirchliche Einrichtung verliehen werden und somit ohne Arbeitsverhältnis zum kirchlichen Dienstgeber beschäftigt werden, gehören daher nicht zur Dienst­ gemeinschaft im Sinne der Präambel des MVG.EKD. d) Schlussfolgerungen Zu klären bleibt, ob der Kreis derjenigen, die unter den Dienstgemeinschaftsbe­ griff – so wie er in der Präambel verwendet wird – fallen, abschließend ist oder ob weitere Personengruppen darunter subsumiert werden können. Satz 3 der Präambel selbst ist diesbezüglich wenig aussagekräftig. Er besagt nur, dass Dienststellenleitung und Mitarbeiter zu einer Dienstgemeinschaft verbunden sind. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass andere Personen damit nicht mehr Teil der Dienstgemeinschaft sein können.59 Würde man von einer abschließenden Regelung ausgehen, dann würden insbe­ sondere auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter in der evangelischen Kirche, die an 57  Fey/Rehren, MVG.EKD PraxisKommentar, Präambel Rn. 1; Andelewski/Küfner-­ Schmitt/Schmitt, MVG.EKD, Präambel Rn. 1. 58  Gabler Wirtschaftslexikon, Definition Präambel, S. 2515. 59  Conring, Leiharbeit und Dienstgemeinschaft, S. 3.

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C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

der christlichen Sendung mitwirken, von der Dienstgemeinschaft ausgeschlossen sein, weil auch sie nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Träger einer kirchlichen Einrichtung stehen. Dies kann nicht gewollt sein, da ansonsten ein Widerspruch zu Gesetzen und Leitlinien einzelner Landeskirchen entstünde.60 Insbesondere nach § 1 Abs. 2 S. 1 der Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtun­ gen, die der Diakonie Deutschland angeschlossen sind, bilden alle in einer diako­ nischen Einrichtung tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Dienstgemein­ schaft. Es ist demnach davon auszugehen, dass die Dienstgemeinschaftsdefinition der Präambel des MVG.EKD nicht abschließend ist, sondern nur einen Teilbereich regelt. Die Dienstgemeinschaft besteht vielmehr aus all denen, die in den der evan­ gelischen Kirche zugeordneten Einrichtungen am christlichen Sendungsauftrag mitwirken.61 Welche Anforderungen an die Mitarbeiter gestellt werden, ist nur für den Bereich des Arbeitsverhältnisses in den §§ 3 bis 5 der Richtlinie der EKD zur beruflichen Mitarbeit geregelt. Für andere Beschäftigungsformen innerhalb der Dienstgemeinschaft finden sich keine Normierungen. Dies ändert aber nichts an deren Erforderlichkeit. Arbeitnehmerüberlassung ist demnach zumindest dann unzulässig, soweit sie den Anforderungen einer Dienstgemeinschaft nicht gerecht wird. e) Zwischenergebnis Auch in der evangelischen Kirche gehören zur Dienstgemeinschaft all diejeni­ gen, die in den der evangelischen Kirche zugeordneten Einrichtungen am christli­ chen Sendungsauftrag mitwirken. Das MVG.EKD regelt nur einen Bereich der Dienstgemeinschaft;62 Leiharbeit­ nehmer fallen zumindest bei der externen Arbeitnehmerüberlassung nicht unter dessen Mitarbeiterbegriff. Ob sie dennoch Teil der Dienstgemeinschaft sein kön­ nen, hängt davon ab, ob sie den Erfordernissen, die an eine Dienstgemeinschaft gestellt werden, genügen. 3. Zusammenfassung Sowohl die kirchenrechtlichen Normen auf Seiten der römisch-katholischen Kirche als auch der EKD sind wenig aussagekräftig in Bezug auf die Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen. Die Zugehörigkeit 60  Beispielhaft das Kirchengesetz über den Dienst, die Begleitung und die Fortbildung von Ehrenamtlichen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (in der Fassung vom 11.12.2000); nach dessen Präambel gehören auch die ehrenamtlichen kirchlichen Mitarbei­ ter zur Dienstgemeinschaft. 61  Fey/Rehren, MVG.EKD PraxisKommentar, Präambel Rn. 6; Heinig, ZevKR 2009, 62 (68); Joussen, ZMV-Sonderheft 2007, 24 (29). 62  Heinig, ZevKR 2009, 62 (68).

III.  Gerichtliche Entscheidungen

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zur Dienstgemeinschaft scheint zwar möglich, allerdings werden keinerlei Voraus­ setzungen normiert. Im weiteren Verlauf der Arbeit ist daher zu klären, welche Anforderungen an eine Dienstgemeinschaft gestellt werden, um zu überprüfen, ob das Konstrukt der Leiharbeit damit vereinbar ist.

III.  Gerichtliche Entscheidungen Bevor untersucht wird, welche Voraussetzungen an eine Dienstgemeinschaft geknüpft werden, müssen wichtige gerichtliche Entscheidungen dargestellt und auf ihre Aussagekraft hin analysiert werden. Sie sollen Orientierungshilfe sein bei der späteren Zusammenstellung der notwendigen Anforderungen. 1.  Der Beschluss des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland (KGH.EKD) vom 09.10.2006 63 a) Leitsätze Nach Ansicht des KGH.EKD ist das Instrument der Leiharbeit den diakoni­ schen Dienstgebern dann nicht verschlossen, wenn es der Überbrückung kurzzei­ tigen Beschäftigungsbedarfs dient. Die auf Dauer angelegte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die damit verbundene Substituierung der Stammbeleg­ schaft seien mit dem Kirchenarbeitsrecht hingegen nicht vereinbar. Sie widersprä­ chen dem kirchlichen Grundsatz des Leitbildes von der Dienstgemeinschaft. Die Mitarbeitervertretung durfte daher zu Recht die Zustimmung zum Einsatz einer Leiharbeitnehmerin für die Dauer von zwei Jahren verweigern. b)  Darstellung des Sachverhalts Die Dienststellenleitung einer diakonischen Einrichtung hatte die Absicht Frau D als Arbeitnehmerin der Firma P-GmbH im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlas­ sung als Betreuungshelferin im Behindertenbereich der Dienststelle befristet für die Zeit vom 01.02.2006 bis 31.01.2008 einzusetzen. Sie beantragte deswegen bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Einstellung unter Hinweis darauf, dass es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handele. Die P-GmbH ist von der Dienstelle und einer weiteren diakonischen Einrichtung gegründet worden mit dem Zweck, diakonischen Einrichtungen auf der Grundlage des AÜG Personal zur Ver­ fügung zu stellen. Die Vergütung sollte sich nach den Eingruppierungsvorschriften des zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Tarifvertrages richten. Die Mitarbeitervertretung verweigerte allerdings die Zustimmung zur Einstel­ lung nach §§ 41 Abs. 1 lit. a), 42 lit. a) MVG der Bremischen Evangelischen Kirche 63 

KGH.EKD, Beschluss vom 09.10.2006 – II-0124/M 35-06, NZA 2007, 761 ff.

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C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

(BEK), weswegen die Dienststellenleitung am 15.02.2006 beim Gemeinsamen Kir­ chengericht der Bremischen Evangelischen Kirche die Ersetzung der verweigerten Zustimmung beantragte, hilfsweise die Feststellung, dass kein Grund zur Verwei­ gerung der Zustimmung zum Einsatz der Frau D besteht. Das Kirchengericht entschied durch Beschluss, dass der Mitarbeitervertretung kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 41 MVG.BEK zustehe.64 Hiergegen erhob die Mitarbeitervertretung am 29.06.2006 Beschwerde, die der KGH.EKD für begründet erachtete. c) Entscheidungsgründe Der KGH.EKD ist der Auffassung, dass das Konstrukt der dauerhaften Arbeit­ nehmerüberlassung nicht mit dem Leitbild der Dienstgemeinschaft vereinbar sei, welches sich aus der Präambel des MVG.EKD und den §§ 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 der Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Art. 9 lit. b) Grundordnung (im Folgenden „Loyalitätsrichtlinie“ genannt) ergebe. Daher verstoße der Einsatz der Frau D gegen eine Rechtsvorschrift i. S. des § 42 lit. a) MVG.BEK.65 aa)  Mangelnde Dienstgemeinschaftszugehörigkeit Es fehle den Leiharbeitern bereits an der Zugehörigkeit zur Dienstgemeinschaft. Denn diese setze sich aus den im Anstellungsverhältnis bei der Dienststellenlei­ tung Beschäftigten und der Dienststellenleitung zusammen. Leiharbeitnehmer ge­ hören mangels Arbeitsvertrag zur Dienststellenleitung dementsprechend nicht zur Dienstgemeinschaft. bb)  Spaltung der Mitarbeiterschaft Durch die Spaltung der Mitarbeiterschaft in Stammbelegschaft und Leiharbeit­ nehmer und die damit einhergehende Verdoppelung der Dienststellenleitungen ent­ stehe ein Widerspruch zum Erfordernis einer organisatorischen Einheit, nämlich eine Mitarbeiterschaft, eine Dienststellenleitung. cc)  Fehlende Loyalitätspflichten Die Aufgabe der Kirche, nämlich die Verkündung des Evangeliums in Wort und Tat, rechtfertigt, dass die kirchliche Verbundenheit nicht nur „vertikal“ zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeiter(innen) besteht, sondern genauso „horizontal“ zwischen den Mitarbeiter(innen) untereinander. Dies führt zur Notwendigkeit von Loyalitätspflichten, aber auch -rechten. Daran fehle es, wenn zusätzlich Leiharbeit­ nehmer eingesetzt werden mangels Einheitlichkeit. Die Leiharbeitskräfte schulden 64  Gemeinsames Kirchengericht der Bremischen Evangelischen Kirche, Beschluss vom 21.04.2006 – DII-6/2006. 65  KGH.EKD, Beschluss vom 9. 10. 2006 – II-0124/M 35-06, NZA 2007, 761 (763).

III.  Gerichtliche Entscheidungen

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dem Entleiher und dessen Mitarbeitenden unmittelbar weder von Amts wegen noch kraft Arbeitsvertrags die eine Dienstgemeinschaft auszeichnende Loyalität. Sie haben aber auch eine solche von der Dienststelle oder dessen Mitarbeitenden nicht zu erwarten. Auf Grund dessen sei die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung mit der Idee der Dienstgemeinschaft nicht vereinbar. dd)  Flucht aus dem „Dritten Weg“ Der Einsatz von dauerhaften Leiharbeitnehmern sei dem erhöhten Flexibilisie­ rungserfordernis geschuldet. Letztendlich gehe es aber um Kostenersparnis und die Nichtanwendung der auf dem „Dritten Weg“ zustande gekommenen Arbeits­ vertragsrichtlinien (AVR), die die Arbeitsbedingungen festlegen. Diese Flucht aus dem „Dritten Weg“ widerspreche der kirchlichen Grundvorstellung vom Leitbild der Dienstgemeinschaft und verstoße damit gegen kirchliches Recht. ee)  Ausnahme im Einzelfall Im Einzelfall könne allerdings der Einsatz von Leiharbeitnehmern notwendig sein, z.B. im Falle krankheitsbedingter Ausfälle oder zur Abdeckung von vorüber­ gehenden Auftragsspitzen. Dadurch komme es nicht zu seiner Substituierung der Stammbelegschaft durch Leiharbeiter. d) Stellungnahme Auch wenn die Entscheidung des KGH.EKD im Ergebnis – zumindest mora­ lisch im Sinne eines christlichen Menschenbildes – zu befürworten ist und einige wichtige Aspekte erläutert werden, so sind die Ausführungen nicht immer nach­ vollziehbar und weisen einige Schwächen auf. So geht der KGH.EKD in seinem Beschluss explizit davon aus, dass die Dienst­ gemeinschaft jeweils aus einer Dienststellenleitung und den im Anstellungsverhält­ nis beschäftigten Mitarbeitern besteht. Zu bedenken ist aber, dass die Reichweite der Dienstgemeinschaft durch die Teilnahme am kirchlichen Auftrag begründet wird und nicht durch die Aufteilung und Verflechtung organisatorischer Einheiten (sog. Dienststellen) oder die Rechtsgrundlage, auf derer Personen im Dienste der Kirche tätig werden. Innerhalb einer Kirche gibt es nur eine einzige Dienstgemein­ schaft aller Mitarbeitenden, zu der auch Personen gehören, die nicht auf Grund eines Arbeitsvertrages tätig sind. Weiterhin fehlt es der Entscheidung des KGH.EKD an einer Unterscheidung zwischen dem rein theologischen und dem mitarbeitervertretungsrechtlichen Be­ griff der Dienstgemeinschaft; die Begründung ist dahingehend zu wenig detailliert und lässt eine saubere Trennung vermissen. Heinig spricht von einer „unbotmä­ ßigen Reduktion eines komplexeren Konzepts der Dienstgemeinschaft auf seine segmentär-kirchenarbeitsrechtliche Bedeutung“.66 66 

Heinig, ZevKR 2009, 62 (67).

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C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

Problematisch sind auch die Ausführungen des KGH.EKD zur Frage nach den Loyalitätsanforderungen. Wie § 4 der Loyalitätsrichtlinie der EKD selbst zum Aus­ druck bringt, sind nach dem kirchlichen Selbstverständnis etwaige Abstufungen in den Anforderungen möglich. Diese betreffen nicht nur die Frage nach der Kirchen­ mitgliedschaft, sondern auch die inner- und außerdienstlichen Verhaltens- und Le­ bensführungspflichten. Zwar ist die Loyalitätsrichtlinie selbst nicht unmittelbar auf externe Leiharbeitnehmer anwendbar, da es an einem Anstellungsverhältnis mangelt, allerdings wäre zu überlegen, ob nicht die darin enthaltene Idee der ab­ gestuften Voraussetzungen auch auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung zu übertragen wäre.67 Hilfreich wäre es auch gewesen, zwischen den unterschiedli­ chen Formen der Arbeitnehmerüberlassung – intern oder extern – zu unterscheiden. Kaum in den Blick genommen wurde die Frage nach der Benachteiligung der Leiharbeitnehmer gegenüber der Stammbelegschaft in Bezug auf Lohn und mög­ liche Mitspracherechte. Dies sind auch Aspekte, die möglicherweise unvereinbar sind mit dem Leitbild der Dienstgemeinschaft. 2.  Die Entscheidung des KGH.EKD vom 25.08.2014 68 Der Beschluss des KGH.EKD vom 25.08.2014 nimmt Bezug auf den Beschluss vom 09.10.2006 und bestätigt dessen Entscheidungsgründe. Der kirchliche und dia­ konische Arbeitgeber, der seine Einrichtung auf Grundlage des kirchlichen Diens­ tes organisiert, sei nicht frei darin zu entscheiden, welche Leistungen er extern vergibt. Im kirchlichen und diakonischen Dienst dürften seine unternehmerischen Entscheidungen dem Grundgedanken der Dienstgemeinschaft nicht widerspre­ chen; ein drittbezogener Personaleinsatz in kirchlichen Einrichtungen dürfe das Leitbild einer kirchlichen Dienstgemeinschaft als Grundprinzip des kirchlichen Dienstes nicht in Frage stellen. 3.  Die Entscheidungen des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofes (KAGH) vom 27.11.2009 und 07.06.2013 Auch auf katholischer Seite hat man sich in den Urteilen des KAGH vom 27.11.200969 und 07.06.201370 den Ausführungen des KGH.EKD vom 09.10.2006 angeschlossen. Nach Art. 1 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse gehöre die Dienstgemeinschaft zu den Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes in der katholischen Kirche. Formen des drittbezogenen Personeneinsatzes dürften insbesondere nicht die Ausrichtung am Leitbild der Dienstgemeinschaft in Frage stellen.71 So auch Heinig, ZevKR 2009, 62 (69); Manterfeld, AuK 2007, 30 (32). KGH.EKD, Beschluss vom 25.08.2014 - II-0124/W10-14, BeckRS 2014, 73579. 69  KAGH, Urteil vom 27.11.2009 – M 06/09, ZMV 2010, 37 f. 70  KAGH, Urteil vom 07.06.2013 – M 22/12, ZMV 2013, 207 ff. 71  KAGH, Urteil vom 07.06.2013 – M 22/12, ZMV 2013, 207 (209). 67 

68 

IV.  Stimmen in der Literatur

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Weitere Ausführungen zur Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirch­ lichen Einrichtungen unterbleiben. 4. Fazit Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen laut der Entscheidung des KGH.EKD, welcher sich der KAGH an­ geschlossen hat, zur Überbrückung kurzfristigen Beschäftigungsbedarfs gestattet sein soll, nicht aber die dauerhafte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern. Aller­ dings lässt die Begründung an einigen Stellen zu wünschen übrig, so dass die Aus­ sagekraft in Zweifel gezogen werden kann. Es stellt sich die Frage, ob die Entschei­ dung – wenn sie moralisch gesehen auch noch so wünschenswert ist – tatsächlich korrekt ist. Auch an dieser Stelle zeigt sich einmal mehr, dass die Anforderungen, die an eine Dienstgemeinschaft gestellt werden, genauestens untersucht werden müssen, um zu klären, ob eine Vereinbarkeit von Leiharbeit und Dienstgemeinschaft mög­ lich ist.

IV.  Stimmen in der Literatur Die Ansichten in der Literatur bezüglich der Zulässigkeit von Arbeitnehmer­ überlassung in kirchlichen Einrichtungen sind breit gefächert. Sie reichen von der völligen Ablehnung bis hin zur kompletten Zustimmung. Dies macht deutlich, wie brisant und rechtlich ungeklärt dieser Themenkomplex ist. 1.  Ablehnende Haltung Nach der Auffassung von Baumann-Czichon ist das Konstrukt der Arbeitnehmer ­überlassung für die Dienstgemeinschaft ungeeignet, weil die Leih­ arbeiter aus dem Anwendungsbereich kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen ausge­ schlossen seien. Die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung entspreche nicht dem kirchlichen Selbstverständnis, vielmehr werde versucht die auf dem „Dritten Weg“ vereinbarten Arbeitsbedingungen zu unterlaufen. Dadurch verletze die Kirche ihre selbst gesetzten Grundsätze.72 In eine ähnliche Richtung argumentiert auch die Arbeitsgemeinschaft Kirch­ licher Dienst in der Arbeitswelt (KDA), durch die sich die evangelischen Kirchen in Arbeitswelt und Gesellschaft engagieren. Leiharbeit ist ihrer Meinung nach im kirchlichen Bereich als Dauerarbeitsverhältnis nicht mit dem Gedanken der Dienstgemeinschaft vereinbar. Angeführt werden dafür biblische Aussagen, die sich mit der Frage von Arbeitsbeziehungen auseinandersetzen. So ist die Kernaus­ sage des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1 – 16) die gegensei­ 72 

Baumann-Czichon, AuK 2007, 35 (38).

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C.  Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

tige Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. An anderer Stelle wird hervorgehoben, dass alle Menschen von ihrer Arbeit befriedigend leben sollen und es keine Ungleichbehandlung geben darf (Dtn 25, 14 f.). Der KDA fordert daher unter anderem die Bezahlung von Leiharbeitnehmern nach dem Grundsatz „equalpay/equal-treatment“ ab dem ersten Arbeitstag, ohne gesetzliche Öffnungsklausel, wofür kirchliche Arbeitgeber als „sozialethische Impulsgeber“ eine wichtige Vor­ bildfunktion einnehmen könnten.73 Auch der katholische Theologe und Sozialethiker Möhring-Hesse hält die Ar­ beitnehmerüberlassung für „ein in theologischer Hinsicht ungeeignetes Instru­ ment, den Dienst am Menschen und auf diesem Weg den Sendungsauftrag der Kirche zu erfüllen“74. Seiner Ansicht nach verdränge der kirchliche Träger durch Ausgründung die betroffenen Beschäftigten aus der Dienstgemeinschaft, setze sie aber zugleich für Dienste ein, in denen sich der allgemeine Sendungsauftrag der Kirche vollzieht und aus deren Besonderheit sich der Anspruch der Kirche als Dienstgemeinschaft begründet. Zugegebenermaßen lasse die Legaldefinition der Grundordnung eine Spaltung der Dienstgemeinschaft in Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmer zu. Gehörten Leiharbeiter aber aus theologischer Sicht zur Dienstgemeinschaft, dann sei diese ihnen gegenüber verpflichtet, sie fair zu be­ handeln und angemessen zu entlohnen. Was das jedoch bedeutet könne ausschließ­ lich auf dem kircheneigenen „Dritten Weg“ geklärt werden. Eine Arbeitnehmer­ überlassung unter den Bedingungen eines abweichenden Tarifvertrages sei mit der Dienstgemeinschaft nicht vereinbar.75 2.  Differenzierende Haltung Joussen und Richardi unterscheiden zwischen interner und externer Arbeitnehmer­überlassung. Interne Arbeitnehmerüberlassung, bei der kirchliches Recht zur Anwendung kommt, sei ihrer Auffassung nach problemlos mit dem Mo­ dell der Dienstgemeinschaft vereinbar, weil es hier nicht zu den Problemen in Be­ zug auf Spaltung der Mitarbeiterschaft oder fehlende Loyalitätspflichten komme. Dadurch würde der „Dritte Weg“ nicht umgangen werden. Anders sei es hinge­ gen bei der (dauerhaften) externen Arbeitnehmerüberlassung. Diese sei mit dem Kirchenarbeitsrecht unvereinbar, da diese Arbeitsverhältnisse ausschließlich vom weltlichen Recht geprägt sind. Es entstünden zwei unterschiedliche Mitarbeiter­ gruppen; die Sendungserfüllung werde dadurch unglaubwürdig.76

KDA, Leiharbeit auf dem Prüfstand, S. 15 ff. Möhring-Hesse, Gutachten zur Arbeitnehmerüberlassung, S. 30. 75  Möhring-Hesse, Gutachten zur Arbeitnehmerüberlassung, S. 31 f. 76  Joussen, ZMV-Sonderheft 2007, 24 (29); Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 5 Rn. 33 f.; ders., in: FS Bauer, 859 (866). 73  74 

V.  Abschließende Wertung

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3.  Befürwortende Haltung Für eine Vereinbarkeit von Arbeitnehmerüberlassung – egal in welcher Form – mit der Dienstgemeinschaft sprechen sich hingegen Manterfeld und Conring aus.77 Manterfeld meint, die Kirche habe es selbst in der Hand, die Dienstgemein­ schaft so auszugestalten, dass Leiharbeitnehmer und Festangestellte dauerhaft mit­ einander den Sendungsauftrag erfüllen. Dies würde ausreichen, da die Loyalitäts­ richtlinie „lediglich“ die Beachtung des kirchlichen Sendungsauftrags verlange.78 Conring ist der Auffassung die Anwendung von Tarifverträgen der Zeitarbeits­ branche führe nicht zu einem kirchenrechtlichen Verstoß gegen den „Dritten Weg“. Der „Dritte Weg“ sei zwar eine kirchengemäße Methode der Arbeitsrechtssetzung, was die Tariffindung einschließt. Allerdings könne daraus im Umkehrschluss nicht hergeleitet werden, dass ein Leiharbeitstarif oder auch eine Pfarrbesoldungs­ ordnung kirchenrechtswidrig wären.79 Auch Andelewski und Stützle vertreten, dass es Sache der Kirchen und nicht des kirchlichen Arbeitsrechts sei, welcher Personenkreis zur Erfüllung des Sen­ dungsauftrags eingesetzt werde. Letztendlich sei die Gefährdung des kirchlichen Verkündungsauftrags die wirkliche Grenze des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in den Kirchen und ihren Einrichtungen. Ein Verstoß gegen die Loyalitätsrichtlinie liege nicht vor, da der Anwendungsbereich für Leiharbeiter gar nicht eröffnet sei.80 Im Ergebnis bejahen auch sie die Vereinbarkeit der Arbeitnehmerüberlassung mit dem kirchlichen Arbeitsrecht.81

V.  Abschließende Wertung Das vorstehende Kapitel hat gezeigt, dass Arbeitnehmerüberlassung in kirchli­ chen Einrichtungen eine nicht nur untergeordnete Rolle spielt. Die fehlende Bereitschaft von Diakonie und Caritas, Zahlen offen zu legen, lässt vermuten, dass es weit mehr Leiharbeiter in kirchlichen Einrichtungen gibt als angenommen. Allein deswegen muss das Rechtskonstrukt der Arbeitnehmerüber­ lassung auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstgemeinschaft überprüft werden. Da weder die kirchlichen Regelungen noch die Entscheidungen von KGH.EKD und KAGH wirklich aussagekräftig sind, können sie nur als Indizien bei der Prü­ fung herangezogen werden. Dass auch das Meinungsbild in der Literatur weit auseinandertriftet, zeigt, dass die Thematik ein großes Streitpotential beinhaltet und eine Klärung dieses Prob­ lemfelds erforderlich ist. Manterfeld, AuK 2007, 30ff.; Conring, curacontact 2007/2, 4 f. Manterfeld, AuK 2007, 30 (32). 79  Conring, curacontact 2007/2, 4 (5). 80  Andelewski/Stützle, NZA 2007, 723 (725). 81  Andelewski/Stützle, NZA 2007, 723 (730). 77  78 

D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes Im folgenden Kapitel wird zunächst die Tragweite des Begriffs „Dienstgemein­ schaft“ und seine Wichtigkeit für die Kirche und ihre Einrichtungen dargestellt, be­ vor in einem Exkurs auch die kritischen Stimmen bezüglich dieser Begrifflichkeit präsentiert werden. Im Anschluss daran soll die eigentliche Untersuchung stattfin­ den, ob die Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen herangezogen werden kann. Dazu muss zunächst die theologische Seite in den Blick genommen werden und daran anknüpfend die Möglichkeit der Umsetzung in die rechtliche Seite der Dienstgemeinschaft. Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen interner und externer Arbeitnehmerüberlassung.

I.  Dienstgemeinschaft als zentraler Begriff des kirchlichen Arbeitsrechts Bei dem Begriff der Dienstgemeinschaft handelt es sich „um einen Schlüssel­ begriff der arbeitsrechtlichen Regelungen für den kirchlichen Dienst“82. Er findet sich unter anderem in wichtigen kirchlichen Normierungen wie z.B. der Grund­ ordnung der katholischen Kirche oder dem MVG.EKD auf der evangelischen Seite. Die Dienstgemeinschaft ist Ausdruck einer spezifisch kirchlichen normativen Konzeption, Ausgangspunkt für das Verständnis des kirchlichen Arbeitsrechts nach dem Selbstverständnis der Kirchen und zentrales Motiv zur Schaffung eines solchen eigenständigen kirchlichen Arbeitsrechts.83 Joussen nennt sie auch „den umhüllenden Schutz und das abgrenzende Charakteristikum aller arbeitsvertragli­ chen Beziehungen im kirchlichen Bereich“84. Mit diesem Ausdruck kennzeichnen die Kirchen eine Besonderheit ihres Diens­ tes; die Dienstgemeinschaft charakterisiert das gemeinsame Arbeiten im Dienste Gottes, das nicht von dem Interessengegensatz von Kapital und Arbeit, sondern von der gemeinsamen Gliedschaft aller Beteiligten am Leibe Christi und von dem Auftrag gemeinsamer Sachwaltung im Haushalt Gottes bestimmt ist.85 Das Prin­ Herr, Arbeitgeber Kirche – Dienst in der Kirche, S. 64. Pioch, in: Schober, Gesellschaft als Wirkungsfeld der Diakonie, S. 140 ff.; vom An­ satz her so auch Grethlein/Spengler, BB 1980, Beil. 10, 1 (3). 84  Joussen, RdA 2007, 328 (334). 85  Weeber, in: Schober, Haushalterschaft als Bewährung christlichen Glaubens, 254 (256); Thimme, in: EPD-Dokumentation 13/78, S. 39 f. 82  83 

II.  Exkurs: Kritik an der Dienstgemeinschaft

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zip der kirchlichen Dienstgemeinschaft stützt sich daher auf das Selbstverständ­ nis der Kirchen, welches den kirchlichen Dienst als Teilnahme an der Erfüllung des kirchlichen Auftrags und als Mitarbeit bei der Erfüllung der drei kirchlichen Grunddienste versteht.86 Diese beinhalten die Verkündung und Verbreitung des Evangeliums („martyria“), die Feier der Eucharistie („leiturgia“) und der Dienst am Menschen („diakonia“).87 Herr bringt das eigentliche Problem, das die Dienstgemeinschaft mit sich bringt, auf den Punkt und stellt fest: „Der Begriff [der Dienstgemeinschaft] will die Eigenart des kirchlichen Dienstes in eine juristische Definition bringen und justitiabel machen. Das ist nicht nur ein berechtigtes Anliegen, sondern auch eine dringliche Notwendigkeit, um den kirchlichen Mitarbeitern die notwendige Rechtssicherheit bezüglich der an sie gestellten Anforderungen und hin­ sichtlich ihrer Dienst­obliegenheiten zu geben. Das Dilemma besteht nur darin, dass die biblisch-religiöse Wirklichkeit eine Größe ist, die gerade darin ihre Besonderheit hat, dass sie primär nicht in juristischen Paragraphen zu fassen ist.“88

Diese Formulierung macht einerseits deutlich, wie schwer es ist mit dem Begriff der Dienstgemeinschaft zu hantieren. Andererseits zeigt sie auch wie wichtig die Idee, die dahinter steht, für das kirchliche Arbeitsrecht ist. Denn Dienstgemein­ schaft steht nicht nur für ein religiös verankertes Leitbild, sondern auch für ein arbeitsrechtliches Normgefüge. Deshalb ist es erforderlich die Dienstgemeinschaft sowohl aus theologischer Perspektive als auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht­ weise zu beleuchten, um sie bestmöglich in Einklang zu bringen.

II.  Exkurs: Kritik an der Dienstgemeinschaft Nachdem die zentrale Rolle der Dienstgemeinschaft dargestellt wurde, soll sich an dieser Stelle auch mit der an diesem Begriff geübten Kritik auseinandergesetzt werden. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, der Begriff der Dienstgemein­ schaft müsse „aus dem Wörterbuch des kirchlichen Dienstes ersatzlos gestrichen werden“89. Dies hängt unter anderem mit der Herkunft des Wortes zusammen, aber auch damit, dass Wunschvorstellung und Realität nicht immer zusammen passen. 1.  Nationalsozialistische Begriffsprägung ? Bereits die Entstehung des Begriffs „Dienstgemeinschaft“ sorgt für Diskus­ sionen, da derselbe Begriff schon im nationalsozialistischen Sprachgebrauch zu finden war und Kirchen während des Dritten Reiches, soweit sie Arbeitnehmer be­ Jurina, ZevKR 1984, 171 (173). Rauscher, Die Eigenart des kirchlichen Dienstes, S. 39. Zu berücksichtigen ist, dass seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine vierte Grunddimension der Kirche beschrieben wird, nämlich die Gemeinschaft („coinonia“). 88  Herr, Arbeitgeber Kirche – Dienst in der Kirche, S. 64. 89  Hengsbach, Der „Dritte Weg“ aus dem Abseits heraus?, S. 13. 86  87 

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

schäftigten, dem Gesetz zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben (AOGÖ) unterfielen. Das AOGÖ von 1934 gebrauchte den Begriff der Dienstgemeinschaft in der Weise, dass Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen zwangsweise gleichgeschaltet wurden. Der Parallelbegriff im privatwirtschaftli­ chen Bereich lautete „Betriebsgemeinschaft“. Das AOGÖ zielte in den Verwaltun­ gen und Betrieben auf das Führerprinzip ab, denn es besagte: „Der Führer sorgt für das Wohl der Beschäftigten. Diese haben ihm die in der Dienst­ gemeinschaft begründete Treue zu halten und eingedenk ihrer Stellung im öffentlichen Dienst in ihrer Diensterfüllung allen Volksgenossen Vorbild zu sein.“90.

Nicht von der Hand zu weisen ist die rein begriffliche Parallele; dafür spricht das Untersuchungsergebnis des Sozialwissenschaftlers Lührs, wonach der Begriff „Dienstgemeinschaft“ im Zusammenhang mit dem kirchlichen Selbstverständnis erst ab 1950 erwähnt wird und vor 1930 keinerlei lexikalisch aufgezeichnete Re­ levanz aufweist.91 Zum Teil werden zwar auch die Paulusbriefe (2 Kor 8, 4) als Be­ griffsursprung angenommen,92 allerdings ist die Bedeutung dieser Bibelstelle für die Auseinandersetzung mit der Dienstgemeinschaft im arbeitsrechtlichen Zusammen­ hang wohl zu vernachlässigen. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Begrifflichkei­ ten „Dienst“ (altgriech. diakonia) und „Gemeinschaft“ (altgriech. koinonia) bereits lange Zeit vor dem Nationalsozialismus in der Theologie eine wichtige Rolle spielten. In der Literatur wird teilweise sogar eine inhaltliche Nähe angedeutet. So for­ muliert Wahsner: „[D]ie unheimliche Nähe der kirchlichen Dienstgemeinschaft zur faschistischen Wertung des Arbeitsverhältnisses sollte den Kirchen selbst zu denken geben“93. Problematisch an dieser Aussage ist, dass sie eine Nähe zum nati­ onalsozialistischen Gedankengut unterstellt, ohne dies näher zu erläutern. Nicht ganz so weitgehend, aber doch in eine ähnliche Richtung argumentiert Lührs, der gewisse inhaltliche Überschneidungen zu erkennen vermag. Seiner Meinung nach sei die Dienstgemeinschaft im christlichen Sinn zwar in einen an­ deren Bezugsrahmen eingebettet, aber beides mal – damals wie heute – stelle sie einen sozialen Verband dar, zu dessen Merkmalen Unterordnung und Opferbereit­ schaft gehöre.94 Nach Ansicht anderer Stimmen im Schrifttum trifft diese inhaltliche Parallele gerade nicht zu, denn die der christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde liegenden Gedanken und Ideen wurden zum Teil bereits vor der Zeit des Nationalsozialismus formuliert. Insbesondere aber einen unbestimmten Kollektivwillen zu vermuten oder eine Ein- oder Unterordnung in ein Führerprinzip, ist nicht Inhalt der christ­ lichen Dienstgemeinschaft. Dies wäre mit dem kirchlichen Selbstverständnis nicht vereinbar.95 90 

§ 2 Abs. 2 AOGÖ, in: RGBl. I, 1934, S. 221. Lührs, Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen Kommissionen, S. 119. 92  Richardi, in: FS Heckel, 219 (224); Reuter, in: HK 1994, 194 (195). 93  Wahsner, in: Paech/Stuby, Wider die „herrschende Meinung“, 78 (89). 94  Lührs, KuR 2007, 220 (223). 91 

II.  Exkurs: Kritik an der Dienstgemeinschaft

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Im Ergebnis wird man wohl den Kirchen nicht vorwerfen können nationalsozialis­ tisches Gedankengut übernommen zu haben – dafür sind die Ideen und Gedanken, die hinter dem jeweiligen Dienstgemeinschaftsbegriff stehen viel zu unterschiedlich –, allerdings wäre eine andere Begrifflichkeit vorzugswürdig, um sich deutlicher von den Vorstellungen des Dritten Reiches abzugrenzen. Dadurch darf aber die Sache selbst nicht in Frage gestellt und den Kirchen abgestritten werden, dass die Ge­ meinsamkeit ihres Dienstes ausschließlich durch den religiös beeinflussten Sen­ dungsauftrag bestimmt wird.96 95

2.  Kirchliche Arbeitsverhältnisse als Lohnarbeit Besonders kritisch in Bezug auf die Dienstgemeinschaft hat sich der katholi­ sche Theologe und Sozialethiker v. Nell-Breuning hervorgetan. Seine Argumente haben konfessionsübergreifend Anklang gefunden. Deswegen soll an dieser Stelle knapp skizziert werden, welche Bedenken gegen die Dienstgemeinschaft von ihm vorgebracht werden. a)  Darstellung der Sichtweise Nell-Breuning ist der Auffassung, die kirchliche Dienstgemeinschaft bestehe im Wesentlichen darin, dass die Mitarbeiter sich mit dem Werk, zu dem sie mit­ wirken, und mit dem Auftrag Jesu Christi, den die Kirche mit ihrer Hilfe aus­ führt, vollkommen identifizieren, darin aufgehen, ihre persönlichen Interessen rückhaltlos den Ansprüchen und Erfordernissen des Werks hintanstellen und be­ reit sind, ein Ausmaß von Bindungen auf sich zu nehmen, welches man im heuti­ gen Arbeitsleben nicht mehr kennt97. Da es aber nicht genügend Arbeitskräfte für die zu besetzenden Stellen in der Kirche und ihren Einrichtungen gebe, die eine solche Dienstgemeinschaft überhaupt bilden wollten, müssten kirchliche Arbeits­ verhältnisse als Lohnarbeit eingeordnet werden.98 Denn Menschen, die allein des Lebensunterhalts wegen oder mangels Alternativen in kirchlichen Anstalten tätig seien, könnten nur im Widerspruch zum Selbstverständnis der Kirche und ihrer Soziallehre in die Dienstgemeinschaft gezwungen werden. Zwar sei die Dienst­ gemeinschaft als Wunschziel unbedingt und ohne Vorbehalt zu bejahen und auch den Mitarbeitern als hohes Ideal zu zeigen, aber eben als immer anzustrebendes, niemals vollkommen erreichtes Ziel. Sie sei eben eine reine Fiktion, weswegen die Beibehaltung des Begriffs „Dienstgemeinschaft“ einen Verstoß gegen die Firmen­ wahrheit darstelle.99 95  Joussen, RdA 2007, 328 (332 f.); Hammer, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 176 f.; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, §  4 Rn. 19. 96  Im Ergebnis so auch Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeitsrechts, S. 66; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 4 Rn. 19. 97  Nell-Breuning, in: SdZ 1977, 705. 98  Nell-Breuning, in: SdZ 1977, 302 (302 f.). 99  Nell-Breuning, in: SdZ 1977, 705 ff.

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

b) Stellungnahme Es mag zwar sein, dass aus Sicht der Mitarbeiter kirchliche Einrichtungen zunächst Arbeitsstätten sind, an denen diese für sich und ihre Familie den Le­ bensunterhalt verdienen. Allerdings reicht diese einseitige ökonomische Betrach­ tungsweise nicht aus, um der Besonderheit des kirchlichen Dienstes gerecht zu werden. Die biblischen und theologischen Grundlagen sind das Fundament des kirchlichen Dienstes. Ohne diesen Grundstein würde es den kirchlichen Dienst gar nicht geben; ein Verzicht darauf ist ausgeschlossen. Man würde dem kirchlichen Dienst auch nicht gerecht werden, würde der Ausschnitt der biblisch-theologischen Grundlagen nur dem Bereich der individuellen Motivation zum sozialen und cari­ tativen Handeln oder der eigenen Spiritualität zugeschrieben werden, um im Üb­ rigen nach den erprobten Mustern allgemeiner arbeitsrechtlicher Bestimmungen vorgehen zu können. Auch wenn die zunehmende Säkularisierung und Ökonomisierung die Situa­ tion für die Kirchen und ihre Einrichtungen nicht leichter machen, so darf der eigentliche Sendungsauftrag nicht in Frage gestellt oder zu einem Nebenschauplatz degradiert werden. Im Übrigen kann an der Dienstgemeinschaftsdefinition, wie sie Nell-Breuning annimmt, gezweifelt werden, denn wie unten aufgezeigt werden wird, sind die Anforderungen an eine Teilhabe an der Dienstgemeinschaft nicht so streng wie Nell-Breuning behauptet. Im Ergebnis dürfen zwar die faktischen Gegebenheiten nicht verkannt werden, um sich nicht realitätsfern und damit angreifbar zu machen. Allerdings darf des­ wegen an der Dienstgemeinschaft an sich, die Ausdruck einer Teilhabe am Ver­ kündungsauftrag der Kirche ist, nicht gezweifelt werden, unabhängig davon, wie bewusst sich dessen der einzelne Mitarbeiter ist.100

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen ? III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

Nachdem die Bedeutung und Tragweite der Dienstgemeinschaft aufgezeigt wurde, soll daran anschließend der theologische Hintergrund näher beleuchtet werden. Erst durch die Auseinandersetzung mit den biblischen Grundsätzen, die dahinter stehen, kann der Versuch unternommen werden, die dann festgestellten Anforderungen in die rechtliche Seite der Dienstgemeinschaft zu übertragen. Auf diese Weise soll geklärt werden, ob Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Ein­ richtungen eine zulässige Beschäftigungsform darstellt.

100 

Im Ergebnis so auch Herr, Arbeitgeber Kirche – Dienst in der Kirche, S. 64 ff.

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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1.  Theologische Ausgangslage Geht es um die Betrachtung der theologischen Hintergründe der christlichen Dienstgemeinschaft, so ist auf die Aspekte der Glaubenslehre einzugehen, welche in der Regel zur Begründung der Dienstgemeinschaft herangezogen werden, denn eine „Theologie der Dienstgemeinschaft“ gibt es nicht. Mangels grundlegender Unterschiede zwischen katholischem und evangeli­ schem Verständnis bezüglich der theologischen Seite der Dienstgemeinschaft101 erfolgt eine gemeinsame Darstellung, soweit dies möglich ist. a)  Der Sendungsauftrag der Kirche Nach dem Verständnis beider Kirchen bildet der Sendungsauftrag der Kirche die theologische Grundlage der Dienstgemeinschaft. Dieser leitet sich ab aus dem Matthäus­evangelium, in dem Jesus Christus seinen Jüngern den Auftrag erteilt: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“102.

Hierin begründet sich der Auftrag der Kirche „tätig für die Welt da zu sein“.103 Die deutschen Bischöfe betonen die Sendung als das verbindende Element aller Glieder im Volk Gottes. Aus ihr fließen die drei Grundvollzüge, nämlich der Ver­ kündigungsdienst, die Sakramente und der Dienst am Nächsten. Alle drei gehen Hand in Hand und bedingen sich gegenseitig. Aus dieser Verzahnung wird die christliche Sendung deutlich.104 Auch die beiden Dachverbände, der Deutsche Caritasverband auf katholischer Seite und das Diakonische Werk der EKD auf evangelischer Seite, haben in ihren Satzungen ihre Aufgaben und Ziele dargelegt, die Ausdruck des Sendungsauftrags sind. Nach der Präambel der Satzung des Deutschen Caritasverbandes e.V. dient dessen Handeln dem Schutz der menschlichen Würde, dem solidarischen Zusammenleben in einer pluralen Welt und dem Einsatz für ein Leben in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Dabei widmet er sich dem gesamten Spektrum sozialer und caritativer Auf­ gaben, wodurch er zur Glaubwürdigkeit der kirchlichen Verkündigung beiträgt.105 101  Campenhausen, in: Essener Gespräche, Band 18, 9 (21); Germann/Wall, in: GS Blo­ meyer, 549 (560); Jurina, ZevKR 1984, 171 (172 f.); Richardi, in: FS Rüfner, 727 (729); a.A. Lührs, AuK 2007, 12. 102  Mt 28, 19 f. 103  Barth, Die kirchliche Dogmatik IV/3, S. 951. 104  Erklärung der deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst, in: Sekretariat der DBK, S. 7; Die deutschen Bischöfe, Berufen zur caritas, S. 8; Thimme, in: EPD-Dokumentation 13/78, 39 (40). 105  Abrufbar unter http://www.caritas.de/cms/contents/caritasde/medien/dokumente/dcvzentrale/verbandsordnungen/satzungdesdeutschenc/satzung_18-10-05.pdf?d=a&f=pdf.

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

Auch das Leitbild des Deutschen Caritasverbands verdeutlicht die ganzheitliche Hilfe, die Menschen in Not zukommen soll. Damit ist die Hilfe nicht auf die kör­ perliche Not begrenzt, sondern sie kann auch verkündigende Elemente enthalten und ist unter Umständen auch erforderlich.106 Nach der Präambel der Satzung des Diakonischen Werkes der EKD ist Diakonie Zeugnis für die Liebe Gottes. Sie nimmt sich vor allem der Menschen in leiblicher Not, in seelischer Bedrängnis und in sozial ungerechten Verhältnissen an und ver­ sucht die Ursachen zu beheben. Sie ist getragen von der Überzeugung, dass nach dem biblischen Auftrag die Verkündigung des Evangeliums und der Dienst in der Gesellschaft, missionarisches Zeugnis und Wahrnehmung von Weltverantwortung im Handeln der Kirche zusammen gehören.107 Das Leitbild des Diakonischen Werkes hebt dies mit den Worten hervor: „Mit unserer Arbeit veranschaulichen wir das Evangelium und laden zum Glauben ein.“108 b)  Das Priestertum aller Gläubigen Auch das Priestertum aller Gläubigen wird häufig zur Begründung der Dienst­ gemeinschaft herangezogen.109 Es leitet sich ab aus der neutestamentlichen Leh­ re, welche die Kirche mit dem Leib Christi vergleicht. Demnach ist Christus das Haupt und jeder Gläubige ein Glied des Leibes. Jedem Glied werden ein bestimm­ ter Platz und eine spezielle Aufgabe zugewiesen und nur durch ein gemeinsames Zusammenwirken funktioniert dieser Leib.110 Für die evangelische Kirche stellt dieser Aspekt der Glaubenslehre die Grund­ struktur der Kirche dar und dient als Quelle für ihr kirchliches Dienstrecht.111 Auch in der katholischen Kirche wird spätestens seit dem II. Vatikanischen Konzil, welches den Laien eine wichtige Rolle bei der Erfüllung des Sendungsauftrags zugesprochen hat, das gemeinsame Priestertum als theologisches Fundament der Dienstgemeinschaft angesehen.112 Das unterschiedliche Amtsverständnis beider Kirchen113 kann hier vernachläs­ sigt werden, da das Priestertum aller Gläubigen die allen Getauften zukommende 106  Abrufbar unter http://www.caritas.de/cms/contents/caritasde/medien/dokumente/dcvzentrale/leitbilddesdeutschen/leitbild_deutscher_caritasverband.pdf?d=a&f=pdf. 107  Abrufbar unter http://www.diakonie.de/satzung-9285.html. 108  Abrufbar unter http://www.diakonie.de/leitbild-9146.html. 109  Statt vieler Campenhausen, in: Essener Gespräche, Band 18, 9 (22 ff.); Pahlke, Kir­ che und Koalitionsrecht, S. 41 ff.; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 4 Rn. 11 ff. 110  Kor 12, 12 – 27. 111  Pahlke, Kirche und Koalitionsrecht, S. 42; Stein, Evangelisches Kirchenrecht, S. 95 ff. 112  II. VK, Lumen Gentium, Kap. 4, 32. 113  Während nach katholischer Lehre von einer aus zwei wesensmäßig unterschiedlichen Ständen, Klerus und Laien, gebildeten Kirche auszugehen ist, nimmt die evangelische Kirche eine unabgestufte Gleichrangigkeit aller kirchlichen Ämter an.

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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Sendung, Würde und verheißene Teilhabe am Erlösungswerk Christi hervorhebt. Weiterhin folgen aus ihm die Gleichwertigkeit der Glieder, ihrer Dienste und die gemeinsame Verpflichtung auf die christliche Sendung. c)  Umgang mit Andersgläubigen und Ungetauften Ein weiterer Aspekt, der bei der Untersuchung der theologischen Ausgangs­ lage nicht vernachlässigt werden darf, ist die Frage nach dem Umgang mit An­ dersgläubigen und Ungetauften. Mit Blick auf die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft gewinnt diese Gruppe erheblich an Bedeutung, was sich auch in der Mitarbeiterstatistik des Diakonischen Werks niederschlägt. Demnach waren 2008 in der Diakonie Deutschland 53 % der Mitarbeitenden evangelisch, 28 % rö­ misch-katholisch und 16,5 % waren ohne Glaubensbekenntnis. In Brandenburg lag die Zahl der Mitarbeiter ohne Glaubensbekenntnis sogar bei 67 %.114 Es ist daher zu klären, wie die beiden Kirchen und auch theologische Stimmen in der Literatur die Situation beurteilen. aa)  Katholische Kirche Nach dem Verständnis der katholischen Kirche ist die Taufe die Basis für ein christliches Leben115. Denn zu einem Glied Christi erhoben, wird der Täufling sei­ ner Kirche einverleibt und erhält dadurch Anteil am kirchlichen Sendungsauftrag.116 Das II. Vatikanische Konzil sagt zu den Getauften anderer Konfessionen: „Den Menschen jedoch, die jetzt in solchen Gemeinschaften geboren sind und in ihnen den Glauben an Christus erlangen, darf die Schuld der Trennung nicht zur Last gelegt werden – die katholische Kirche betrachtet sie als Brüder, in Verehrung und Liebe. Denn wer an Christus glaubt und in der rechten Weise die Taufe empfangen hat, steht dadurch in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kir­ che. […] Nichtsdestoweniger sind sie durch den Glauben in der Taufe gerechtfertigt und Christus eingegliedert, darum gebührt ihnen der Ehrenname des Christen, und mit Recht werden sie von den Söhnen der katholischen Kirche als Brüder im Herrn anerkannt.“117.

Selbst Ungetaufte – auch wenn sie nicht zur Kirche Christi gehören sollten118 – sind nicht zwingend vom Heil Gottes ausgeschlossen, denn „[d]iejenigen endlich, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, sind auf das Got­ tesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet. […] Wer nämlich das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott aber aus ehrlichem Herzen sucht, seinen 114 Abrufbar unter http://www.diakonie.de/media/Texte-06_2011-Mitarbeitendenstatis­ tik.pdf, S. 20 ff. 115  Kolbinger/Schlosser, Quellenband zum Katechismus der katholischen Kirche, Rn. 1213. 116  Vgl. cann. 96, 204 § 1 CIC. 117  II. VK, Unitatis Redintegratio, Kap. 1, 3. 118  So die wohl noch herrschende Ansicht; a.A. Zeller, Kirche, Abständige, Andersgläu­ bige, Ungläubige, S. 29 (er sieht die Möglichkeit einer abgestuften Teilhabe).

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

im Anruf des Gewissens erkannten Willen unter dem Einfluß der Gnade in der Tat zu erfüllen trachtet, kann das ewige Heil erlangen. Die göttliche Vorsehung verweigert auch denen das zum Heil Notwendige nicht, die ohne Schuld noch nicht zur ausdrücklichen Anerkennung Gottes gekommen sind, jedoch, nicht ohne die göttliche Gnade, ein rechtes Leben zu führe sich bemühen.“119.

Im Ergebnis steht die Beschäftigung von Nichtkatholiken in katholischen Ein­ richtungen zwar nicht im Widerspruch zum Selbstverständnis der katholischen Kirche. Allerdings sollte es sich um einen Notbehelf für den Fall handeln, dass katholische Mitarbeiter nicht ausreichend oder nicht mit der nötigen Qualifikation vorhanden sind. Denn der katholische Charakter einer Einrichtung kann ansonsten nicht sichergestellt werden. bb)  Evangelische Kirche Auch in der evangelischen Kirche wird die Taufe als unverzichtbare Vorausset­ zung für eine Teilhabe an der Gemeinschaft gefordert. Ungetaufte haben nur dann die Chance der Gemeinde zuzugehören, wenn sie zumindest Taufbewerber sind.120 Im Übrigen ist das Verständnis sehr ähnlich zu dem der katholischen Kirche. Eine Zusammenarbeit mit Nichtchristen in evangelischen Kirchen ist auch nach der EKD mit dem christlichen Selbstverständnis vereinbar. Allerdings soll – noch stär­ ker als in der katholischen Kirche – die Beschäftigung von nicht-evangelischen Personen Ausnahmecharakter haben. cc)  Theologisches Schrifttum Im theologischen Schrifttum gibt es unterschiedliche Auffassungen im Umgang mit Andersgläubigen und Ungetauften. Der evangelische Theologe Alfred Jäger ist der Meinung, dass die innere Ein­ stellung – egal ob christlich, andersgläubig oder gar atheistisch – nicht von ent­ scheidender Bedeutung für die praktische Arbeit in christlichen Einrichtungen sei.121 Dieser Ansicht liegt das Gleichnis vom barmherzigen Samariter zu Grun­ de.122 Dieses verdeutlicht, dass Hilfsmotivation bei allen Menschen zu entdecken und anzuerkennen ist, und sie erinnert daran, dass alle Menschen Geschöpfe Got­ tes sind. Auch der katholische Theologe Rolf Zerfaß argumentiert in die gleiche Richtung, wenn er schreibt: „Wenn aber der Samariter in der Dienstgemeinschaft der Caritas keinen Platz mehr findet, hol sie der Teufel!“123 Es gibt jedoch auch Stimmen, die eine Kirchenmitgliedschaft fordern und eine dementsprechende innere Haltung und Überzeugung. Denn der Hilfsdienst 119 

II. VK, Lumen Gentium, Kap. 2, 16. Stein, Evangelisches Kirchenrecht, S. 89. 121  Jäger, Christliches Unternehmen, S. 193 f. 122  Lk  10, 25 – 37. 123  Zerfaß, in: caritas`93, 27 (38). 120 

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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wird so – anders als bei Nichtchristen – zum Zeugen- und Seelsorgedienst. Die christlichen Mitarbeiter würden die für die Arbeit nötige Kraft aus ihrem Glauben schöpfen und über die Abhilfe der physischen Not hinaus auch seelsorgerisch tätig werden.124 Ebeling beschreibt dies wie folgt: „[Es ist] eine Grundbedingung von Reichgottesarbeit, daß aus der inneren Ausrichtung auf das Reich Gottes die Kraft und Zuversicht dazu geschöpft wird.“125 d) Stellungnahme Möchte man die theologischen Wurzeln der Dienstgemeinschaft in den Vorder­ grund rücken, so ist es erforderlich, derjenigen Ansicht zu folgen, die die durch die Taufe erlangte Kirchenmitgliedschaft und die subjektive, innere Bejahung des kirchlichen Auftrags fordert. Nur so entsteht kein Widerspruch zur Begründung der Dienstgemeinschaft mit dem Priestertum aller Gläubigen. Auch scheint die Annahme korrekt, dass überzeugte Christen den Sendungsauftrag besser in die Tat umsetzen können als Andersgläubige oder Ungetaufte. Denn der in der Dienst­ gemeinschaft Tätige benötigt Kenntnis von den Grundlagen kirchlicher Tätigkeit, ansonsten bleiben ihm Grund, Sinn und Ziel des Dienstes verborgen. Es bestünde dann die Gefahr, dass der Dienst nicht im Sinne der kirchlichen Sendung erfolgt. In praktischer Hinsicht stellt die Definition der Dienstgemeinschaft unter Aus­ schluss der Nichtchristen die Kirchen allerdings vor einige Probleme. Wie die oben126 erwähnte Kirchenstatistik zeigt, wäre ein nicht zu vernachlässigender Beschäftigtenanteil von der Dienstgemeinschaft ausgeschlossen. Überdies ist die subjektive Komponente, die innere Haltung und Überzeugung der Mitarbeiter, praktisch kaum zu überprüfen. Rechtsfolgen können daran nicht geknüpft werden. Möchte man den auf die Getauften beschränkten Dienstgemeinschaftsbegriff beibehalten, so könnte man noch in Betracht ziehen, den kirchlichen Dienst in zwei Gruppen zu gliedern, nämlich zum einen in die christlichen Mitarbeiter, die die Dienstgemeinschaft bilden, und zum anderen in die übrigen Beschäftigten. Dann könnten mit Hilfe von Nichtchristen diejenigen, die durch das Priestertum aller Gläubigen daran teilhaben, den kirchlichen Sendungsauftrag erfüllen. Allerdings führt diese Sichtweise zu einer nicht akzeptablen Spaltung der Mitarbeiterschaft. Es bestünde die Gefahr der Ausgrenzung und des Identitätsverlusts. Zielführender ist es, den Sendungsauftrag juristisch zu fassen und Kriterien zu nennen, die klar überprüfbar sind. Ansonsten besteht die Gefahr mit Begrifflich­ keiten zu arbeiten, die nicht kontrollierbar sind und die keinerlei Folgen nach sich ziehen. Nur so können die Anforderungen an ein Beschäftigungsverhältnis klar definiert werden.

124  Stein, Evangelisches Kirchenrecht, S. 126; Brunner, ZevKR 1976, 379 (385); Seelemann, ZevKR 1999, 226 (242). 125  Ebeling, Dogmatik des christlichen Glaubens, S. 503. 126  Siehe D. III. 1. c).

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

Die Verrechtlichung des Sendungsauftrags beinhaltet damit folgende Voraus­ setzungen: 1. Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre. Das bedeutet, dass alle Mitarbeiter akzeptieren und respektieren und ihrem Handeln zu Grunde legen, dass Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind, sich an der christlichen Glaubens- und Sitten­ lehre zu orientieren haben. 2. Die Verpflichtung all das zu unterlassen, was den Kirchen und ihren Einrich­ tungen schaden könnte. 3. Die Bereitschaft an Schulungen und Fortbildungen teilzunehmen, um die erfor­ derlichen Kenntnisse von den Grundlagen kirchlicher Tätigkeit zu erlangen. An­ dernfalls bleibt den Unwissenden Grund, Sinn und Ziel des Dienstes verborgen. Der Sendungsauftrag könnte daher wie folgt juristisch definiert werden: Sendungsauftrag bedeutet die Verpflichtung aller Mitarbeiter in den Kirchen und ihren Einrichtungen zur Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre, zum Unterlassen sämtlicher der Kirche und ihren Einrichtungen schadende Hand­ lungen und die Bereitschaft an Schulungen und Fortbildungen teilzunehmen, um die erforderlichen Kenntnisse von den Grundlagen kirchlicher Tätigkeit zu erlangen. Diese Herangehensweise hat den Vorteil, dass leichter zu bestimmen ist, wer Teil der Dienstgemeinschaft sein kann, und es können Konsequenzen aus mögli­ chem Fehlverhalten gezogen werden. Folgt man also der vorliegenden Definition, dann können auch Ungetaufte und Andersgläubige den Sendungsauftrag erfüllen, solange sie die vorgegebenen Vor­ aussetzungen erfüllen. Diese Annahme hat den positiven Effekt, dass die Kirchen damit zeigen, gewillt zu sein, bei ihren eigenen Mitarbeitern am Sendungsauftrag zu arbeiten. 2.  Anforderungen an die Beschäftigten in einer Dienstgemeinschaft und die Art und Weise der Dienstausübung Neben den oben127 aufgezeigten Anforderungen, die an den Sendungsauftrag ge­ stellt werden, zeichnen sich aus den theologischen Grundlagen der Dienstgemein­ schaft weitere Voraussetzungen sowohl für die in ihr Tätigen als auch an die Art und Weise der Dienstausübung ab. Das bedeutet, dass zu den drei genannten Kriterien a) Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre b) Unterlassen von schädlichen Handlungen c) Bereitschaft zur Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen folgende hinzukommen: d) Partnerschaftliche Zusammenarbeit 127 

Siehe D. III. 1. d).

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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Um den Sendungsauftrag erfolgreich zu erfüllen, bedarf es einer partnerschaft­ lichen Zusammenarbeit innerhalb der Dienstgemeinschaft, also zwischen Dienst­ geber und den Beschäftigten, aber auch unter den Mitarbeitern. Das beinhaltet aber auch nach dem kirchlichen Selbstverständnis, dass die Konfliktbewältigung auf Augenhöhe zwischen den Parteien sachlich und ehrlich erfolgen muss. Damit soll eine konfrontative Zuspitzung vermieden werden.128 e)  Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung Damit die frohe Botschaft glaubhaft verkündet und die Liebe Gottes zum Ausdruck gebracht wird, bedarf es eines zwischenmenschlichen Umgangs in der Dienstgemeinschaft, welcher geprägt ist von Wertschätzung, Achtung und Zuwen­ dung. Dies gilt unabhängig von Positionen und Aufgaben, und zwar sowohl in der Organisation selbst als auch bei den Mitarbeitenden.129 f)  Gebot der Lohngerechtigkeit Nach Can. 231 § 2 des CIC haben alle Mitarbeiter „das Recht auf eine angemessene Vergütung, die ihrer Stellung entspricht und mit der sie, auch unter Beachtung des weltlichen Rechts, für die eigenen Erfordernisse und für die ihrer Familie in geziemender Weise sorgen können; ebenso steht ihnen das Recht zu, daß für ihre soziale Vorsorge und Sicherheit sowie ihre Gesundheitsfürsorge, wie man sagt, gebührend vorgesehen wird“.

g) Freiwilligkeit Die Teilhabe am kirchlichen Sendungsauftrag kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen; niemand darf zu diesem Dienst gezwungen werden. Ansonsten entstün­ de ein Wertungswiderspruch zum kirchlichen Selbstverständnis und es wäre mit einem Glaubwürdigkeitsverlust zu rechnen. Erst wenn all diese Voraussetzungen in einem Beschäftigungsverhältnis umge­ setzt werden können und damit die Anforderungen an die Beschäftigten in einer Dienstgemeinschaft und die Art und Weise der Dienstausübung erfüllt werden, kann von der Zulässigkeit dieses Rechtsverhältnisses ausgegangen werden. Ob diese Kriterien auch bei dem Rechtskonstrukt der Arbeitnehmerüberlassung erfüllt werden, soll im anschließenden Kapitel untersucht werden. 3.  Umsetzung in die rechtliche Seite der Dienstgemeinschaft Nachdem ein Anforderungskatalog erstellt wurde, der über die Zulässigkeit von Beschäftigungsverhältnissen in Kirchen und ihren Einrichtungen entscheidet, muss nun geklärt werden, ob die Arbeitnehmerüberlassung diesen Voraussetzun­ gen standhält. Dazu muss jedes Kriterium daraufhin untersucht werden, ob es im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Berücksichtigung findet. Allerdings ist es

128  129 

Briza, „Tarifvertrag“ und „Dritter Weg“, S. 144 f. Die deutsche Bischöfe, Berufen zur caritas, S. 39.

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

entscheidend, zwischen externer und interner Arbeitnehmerüberlassung zu unter­ scheiden, da die Ausgangslage bei beiden völlig verschieden ist. a)  Externe Arbeitnehmerüberlassung Vereinbaren eine externe Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft und eine der Kirche zugeordnete Einrichtung die Überlassung eines Arbeitnehmers, so liegt die Auswahlbefugnis des zu überlassenden Arbeitnehmers grundsätzlich beim Verleiher, also bei der Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft. Das Arbeitsverhält­ nis besteht zwischen Verleiher und Arbeitnehmer; die kirchliche Einrichtung als Entleiher kann die „Tauglichkeit“ des Leiharbeiters erst mit dessen Überlassung überprüfen. Allerdings trifft den Verleiher die Pflicht, einen passenden Arbeitneh­ mer auszuwählen, der den Anforderungen, die an die Aufgabe im Entleiherbetrieb gestellt werden, gerecht wird. Letztendlich ist daher zu klären, ob die Überlassung des Leiharbeitnehmers so ausgestaltet werden kann, dass die Zulässigkeitskriteri­ en erfüllt werden. aa)  Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre Die Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre stellt keine un­ mittelbare Benachteiligung wegen der Religion im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG dar, da diese Anerkennung sowohl von Christen als auch von Andersgläubigen oder Atheisten verlangt wird. Es könnte sich jedoch um eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG handeln. Eine Benachteiligung ist mittelbar merkmalsbedingt, wenn als Differenzie­ rungskriterium, welches die nachteiligen Folgen herbeiführt, zwar nicht unmittel­ bar die Zugehörigkeit zur geschützten Gruppe dient, wohl aber solche Merkmale, die von Gruppenmitgliedern erheblich häufiger als von anderen Personen erfüllt werden. In diesem Fall ist auf Grund der typischerweise überwiegend gruppenan­ gehörige Personen treffenden benachteiligenden Wirkung zu vermuten, dass gera­ de die Gruppenzugehörigkeit entscheidende Ursache der Benachteiligung war.130 Fraglich ist, ob die Gruppe der Nichtchristen im Vergleich zur Gruppe der Christen dadurch mittelbar benachteiligt wird, weil davon auszugehen ist, dass es Christen leichter fällt, die eigene christliche Glaubens- und Sittenlehre anzuer­ kennen. Dieser Behauptung kann jedoch nicht gefolgt werden, denn zu unterstellen, Andersgläubigen oder Atheisten fehle möglicherweise die erforderliche Toleranz zur Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre, ist nicht zulässig. Es kann genauso gut der umgekehrte Fall eintreten, dass Christen mit ihrem Glauben hadern und ihnen deswegen die Anerkennung schwerer fällt als Nichtchristen. Im Ergebnis ist daher auch eine mittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG zu verneinen. Die Begründung des Arbeitsverhältnisses darf daher 130 

Schlachter, in: ErfK, § 3 AGG Rn. 9.

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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von dem Kriterium der Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre abhängig gemacht werden. Fraglich ist, ob auch die Überlassung des Leiharbeitnehmers an sich von der Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre abhängig gemacht wer­ den darf. Der Anwendungsbereich des AGG ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG eröffnet, denn die Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 GewO stellt eine Maßnahme zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses dar.131 Indem der Verleiher die Auswahl und Überlassung eines seiner Arbeitnehmer vornimmt, übt er sein Wei­ sungsrecht entsprechend § 106 GewO aus. Die Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft als Verleiher darf die Überlassung ihrer Arbeitnehmer von der Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sitten­ lehre abhängig machen, wenn diesen durch die (Nicht-)Überlassung kein Nachteil entsteht im Sinne von § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG. Eine bloße Verschiedenbehand­ lung ist nicht ausreichend; erforderlich ist eine weniger günstige Behandlung. Die Überlassung von der Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sit­ tenlehre abhängig zu machen stellt keinen solchen objektiven Nachteil dar, denn diejenigen Arbeitnehmer, die die Anerkennung nicht abgeben, werden stattdessen bei anderen Entleihern beschäftigt und erhalten ihren Lohn. Nicht überlassene Ar­ beitnehmer erhalten ihren Lohn auch dann, wenn der Verleiher als Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, § 615 S. 1 BGB. Im Übrigen ist der flexible Einsatz des Leiharbeitnehmers gerade Kennzeichen und damit natürlicher Bestandteil der Arbeitnehmerüberlassung und als solcher kein Nachteil. Damit einhergehende Be­ schäftigungslücken sind der Leiharbeit immanent. Im Ergebnis erleiden weder die überlassenen noch die nicht-überlassenen Ar­ beitnehmer einen Nachteil im Sinne von § 3 AGG, sodass der Verleiher die Über­ lassung von der Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre abhängig machen darf. bb)  Unterlassen schädlicher Handlungen Das Kriterium „Unterlassen schädlicher Handlungen“ stellt ebenso weder ei­ nen unmittelbaren noch einen mittelbaren Nachteil im Sinne von § 3 AGG für die Gruppe der Nichtchristen dar, da diese Voraussetzung von allen Beschäftigten verlangt wird und nicht ersichtlich ist, warum es Nichtchristen schwerer möglich sein sollte die Verpflichtung einzugehen, all das zu unterlassen, was den Kirchen und ihren Einrichtungen schaden könnte. In einem demokratischen Rechtsstaat, in dem gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die Religionsfreiheit garantiert wird, darf von jedermann verlangt werden, dass niemand gehindert wird, seinen Glauben zu leben, und darin nicht beeinträchtigt wird.

131  Begr. RegE BT-Drucks. 16/1780, S. 31; Schlachter, in: ErfK, § 2 AGG Rn. 8; Stein, in: Wendeling-Schröder/Stein, § 2 Rn. 13.

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

Damit kann bereits der Verleiher die Einstellung von Bewerbern davon abhän­ gig machen, ob sie die Verpflichtung eingehen oder nicht. Aber auch die reine Überlassung kann an dieses Kriterium anknüpfen, denn keine Gruppe wird da­ durch benachteiligt. Die Argumente sind die gleichen wie oben132. cc)  Bereitschaft zur Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen Auch die Bereitschaft zur Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen, um die erforderlichen Kenntnisse von den Grundlagen kirchlicher Tätigkeit zu erlangen, ist für die Gruppe der Nichtchristen weder unmittelbar noch mittelbar benachteili­ gend im Sinne von § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG. Zwar ist auch bezüglich dieses Kriteriums nicht von der Hand zu weisen, dass dem ersten Anschein nach Christen sich leichter zur Teilnahme bereit erklären als Nichtchristen, weil sie sich mit den vermittelten Inhalten wohl besser identifizie­ ren können. Allerdings darf diese pauschale Denkweise nicht dazu führen, dass damit automatisch eine Diskriminierung von Andersgläubigen oder Atheisten an­ genommen wird. Denn wie bereits bei dem Kriterium „Anerkennung der christli­ chen Glaubens- und Sittenlehre“ angedeutet wurde, kann es genauso gut sein, dass Nichtchristen den Schulungen oder Fortbildungen viel offener gegenüber stehen als Christen, die mit ihrem Glauben und ihrer religiösen Einstellung zu kämpfen haben. Gerade Ungetaufte, die bisher nicht mit der Kirche in Berührung gekom­ men sind, haben dadurch die Möglichkeit die Inhalte des kirchlichen Dienstes ken­ nenzulernen und sich damit auseinanderzusetzen. Wenn es letztendlich dadurch gelingt, dass sich die Beschäftigten mit ihrer Arbeit zu 100 % identifizieren und selbst von ihrer kirchlichen Tätigkeit überzeugt sind, dann ist der Sendungsauftrag auch nach dem theologischen Verständnis gelungen. Auch so trägt die Kirche zu ihrer Glaubwürdigkeit bei. Die Voraussetzung „Bereitschaft zur Teilnahme an Schulungen und Fortbildun­ gen“ kann somit ohne benachteiligend zu wirken sowohl von der Arbeitnehmer­ überlassungsgesellschaft selbst direkt bei der Einstellung oder auch erst bei der Überlassung an die kirchliche Einrichtung von dem Leiharbeitnehmer verlangt werden. dd)  Partnerschaftliche Zusammenarbeit Die partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Dienstgemeinschaft verlangt von allen in ihr Tätigen einen Umgang, der auf Augenhöhe erfolgt,133 unabhängig von Beschäftigungsformen, -zeiten und Stellungen innerhalb der Einrichtung. Das macht deutlich, dass Leiharbeitnehmer diesbezüglich genauso behandelt werden wie beispielsweise unmittelbar mittels Arbeitsvertrag bei der Kirche bzw. einer ihr zugeordneten Einrichtung Beschäftigte. Insbesondere ist zu berücksichtigen, 132  133 

Siehe D. III. 3. a) aa). Neher, ZMV-Sonderheft 2011, 29 (30).

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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dass die externen Leiharbeitnehmer bereits durch ihren Arbeitsvertrages mit der Überlassungsgesellschaft zu einer ordnungsgemäßen Zusammenarbeit mit den in der entleihenden Einrichtung Beschäftigten verpflichtet sind. Auf Grund dessen steht der Aspekt „Partnerschaftliche Zusammenarbeit“ zunächst der externen Ar­ beitnehmerüberlassung nicht entgegen. Allerdings schließt partnerschaftliche Zusammenarbeit – wie oben134 bereits ausgeführt – mit ein, dass Konfliktregelungsmechanismen gefunden werden, die eine konfrontative Zuspitzung wie beispielsweise Streik vermeiden. Problematisch an diesem Kriterium ist, dass Leiharbeitnehmer einer externen Arbeitnehmerüberlassung nicht dem Dritten Weg unterfallen und damit berechtigt sind, im Rahmen des Zulässigen für die Durchsetzung ihrer Rechte die Arbeit nie­ derzulegen und zu streiken. Dieses Recht darf ihnen auch nicht genommen werden, weswegen ein vertraglicher Ausschluss nicht zulässig ist. Fraglich ist, ob ein möglicher Konflikt zwischen den Tarifvertragsparteien – Gewerkschaft und Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft als Arbeitgeber bzw. Teil einer Arbeitgebervereinigung – Auswirkungen auf die Arbeitnehmerüber­ lassung hat, sodass die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Leiharbei­ ter und kirchlicher Einrichtung bzw. zwischen den Beschäftigten untereinander gefährdet wird. Die Sorge könnte deswegen begründet sein, weil letztendlich die Leiharbeiter auf dem Rücken des Entleihers ihre Streitigkeiten mit dem Verleiher bzw. der ihr zugehörigen Arbeitgebervereinigung austragen. Sie legen beim Entleiher die Ar­ beit nieder, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, die sie nur mit dem Verleiher bzw. der ihr zugehörigen Arbeitgebervereinigung aushandeln können. Die kirchlichen Dienstgeber selbst werden mangels Arbeitsverhältnisses zu den Leiharbeitnehmern daran nicht beteiligt. Allerdings wird teilweise in der Literatur den kirchlichen Einrichtungen der Vorwurf gemacht, durch die Nutzung der externen Arbeitnehmerüberlassung ent­ zögen sie sich dem Dritten Weg, da dadurch das Konsensprinzip ausgehöhlt und umgangen werde.135 Damit seien sie aber auch selbst schuld an der Misere, dass es zu Streiks in ihren eigenen Einrichtungen kommen könne. Negative Folge dessen könnte die Spaltung der Belegschaft sein und damit einhergehend eine Entsolida­ risierung zwischen Festangestellten und Leiharbeitern.136 Genau dadurch werde aber die partnerschaftliche Zusammenarbeit unmöglich gemacht oder zumindest erschwert. Andererseits könnte man die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um ein rein the­ oretisches Problem handelt, welches in der Praxis keine Rolle spielt, da auf Grund 134 

Siehe D. III. 2. d). Berroth, ZMV-Sonderheft 2007, 67 (68); Fey, ZMV-Sonderheft 2007, 36 (37); Winter, ZMV-Sonderheft 2007, 62; Baumann-Czichon, AuK 2005, 30 (35); Baumann-Czichon, AuK 2006, 47. 136  Berroth, ZMV-Sonderheft 2007, 67 (69); Fuhrmann, KuR 2007, 175 (191). 135 

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des niedrigen Organisationsgrades der Leiharbeitnehmer137 nicht mit einer Ar­ beitsniederlegung zu rechnen sei. Jedenfalls muss aber berücksichtigt werden, dass Arbeitnehmerüberlassung zu­ nehmend zur Verdrängung von Stammbeschäftigten genutzt wird,138 sodass bei den Festangestellten die Gefahr der Substitution spürbar ist. Durch das tägliche Aufeinandertreffen im Unternehmen wird der Stammbelegschaft vor Augen ge­ führt, wie schnell sie austauschbar ist. Das erzeugt ständige Unsicherheit sowohl bei den Leiharbeitern als auch bei den Stammbeschäftigten; der Leistungsdruck wird erhöht und die Beschäftigten werden eingeschüchtert.139 Damit wird das Be­ triebsklima negativ beeinflusst und es besteht die Gefahr des Misstrauens zwi­ schen den verschiedenen Beschäftigungsgruppen. Auch das führt dazu, dass part­ nerschaftliche Zusammenarbeit erschwert wird. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass durch externe Arbeitnehmer­ überlassung die partnerschaftliche Zusammenarbeit beim Entleiher auf eine harte Probe gestellt wird und es durchaus vorkommen kann, dass Spannungen zwischen Dienststellenleitung und Leiharbeitnehmern oder den Beschäftigten untereinander entstehen. Allerdings ist diese Folge nicht zwingend und es kann genauso gut ein friedliches Miteinander, welches einen Umgang auf Augenhöhe beinhaltet, möglich sein. Deswegen ist die Voraussetzung „partnerschaftliche Zusammenarbeit“ kein Ausschlusskriterium für die Zulässigkeit von externer Arbeitnehmerüberlassung. ee)  Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung Ein zwischenmenschlicher Umgang in der Dienstgemeinschaft, der sich aus­ zeichnet durch eine Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung, macht den Sendungsauftrag glaubwürdig. Jeder einzelne Beschäftigte – auch ein Leihar­ beitnehmer – soll durch sein Verhalten und den Umgang mit seinen Kollegen dazu beitragen, dass diese Leitmotive im Unternehmen gelebt werden. Aber nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Dienststellenleitung und das Unternehmen selbst müssen zum Ausdruck bringen, dass diese Werte oberste Priorität haben. Dies kann auf unterschiedlichste Weise geschehen. Beispielhaft sollen genannt werden: Möglichkeit zu Fort- und Weiterbildungen, Gesprächskreise zum persön­ lichen und fachlichen Austausch, seelsorgerische Angebote, Betriebsausflüge oder die gemeinsame Feier von Geburtstagen oder Dienstjubiläen. Durch die Teilnahme an solchen Aktivitäten wird auch Leiharbeitnehmern die Chance gegeben, an die­ ser Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung teilzunehmen. Zumindest aus der Sicht der in der kirchlichen Einrichtung Tätigen spielt daher die Art der Beschäftigung keine Rolle im Hinblick auf die Erfüllbarkeit des Kriteriums „Kul­ tur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung“. Von jedem Mitarbeiter kann Walk/Christiansen, ZAT 2013, 165 (170); Waltermann, NZA 2010, 482 (483). Seifert/Brehmer, WSI-Mitteilungen 6/2008, 335 (336). 139  Brinkmann/Dörre/Röbenack/Kraemer/Speidel, Prekäre Arbeit, S. 61 f.; Holst, WSI-Mitteilungen 2/2009, 143 (148). 137 

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III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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verlangt werden, dass er diese Grundprinzipien berücksichtigt. Dies stellt auch kei­ nen Verstoß gegen das AGG dar, da keines der in § 1 AGG geschützten Merkmale betroffen ist. Die Frage nach gerechtem Lohn, welcher ebenfalls ein Ausdruck der Wertschätzung ist, soll an dieser Stelle noch nicht diskutiert werden, da es sich um eine selbständige Voraussetzung handelt. Auch im Rahmen der externen Arbeitnehmerüberlassung kann somit dem Kri­ terium „Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung“ Rechnung getragen werden. ff)  Gebot der Lohngerechtigkeit Nach kirchlichem Recht ist zwingende Voraussetzung, dass die in der Kirche bzw. ihren Einrichtungen Tätigen einen gerechten Lohn erhalten. Die Arbeit sei „so zu entlohnen, dass dem Arbeiter die Mittel zu Gebote stehen, um Sein und der Seinigen materielles, soziales, kulturelles und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten“140. Einschränkend wird jedoch hinzugefügt: „gemäß der Funktion und Leistungsfähigkeit des einzelnen, der Lage des Unternehmens und unter Rücksicht auf das Gemeinwohl“141. Eine neuere Definition findet sich in der Enzyklika Labo­ rem exercens aus dem Jahre 1981 von Papst Johannes Paul II. Demnach muss „[d] ie gerechte Entlohnung für die Arbeit eines Erwachsenen, der Verantwortung für eine Familie trägt, […] dafür ausreichen, eine Familie zu gründen, angemessen zu unterhalten und für die Zukunft zu sichern“142. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 AÜG sind dem Leiharbeitnehmer vom Verleiher für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher die in dessen Betrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedin­ gungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Mit der Berücksichtigung des so im Grundsatz niedergelegten Gleichbehandlungsgebots verbindet das Ge­ setz die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis für die gewerbsmäßige Arbeitneh­ merüberlassung. Gleichwohl kennt dieser Grundsatz des „equal-pay“ Ausnahmen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 AÜG kann ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulassen und nach S. 4 können im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tarifli­ chen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren. Problematisch an dieser Normierung ist, dass der Ausnahmefall zur Regel wird und der Regelfall zur Ausnahme. Die Vergütung im Bereich der Arbeitnehmerü­ berlassung erfolgt nämlich fast ausschließlich auf der Grundlage von Tarifverträ­ gen.143 Auf Grund des sehr niedrigen Organisationsgrades (ca. 3 % ≙ 20.000144) in 140 

II. VK, Gaudium et spes, Kap. 3, 67. II. VK, Gaudium et spes, Kap. 3, 67. 142  Laborem Exercens, IV. Die Rechte des arbeitenden Menschen, 19. Lohn und beson­ dere Sozialleistungen. 143  Waltermann, NZA 2010, 482 (483). 144  Rieble, in: Zukunft der Zeitarbeit, 65 (70); DGB-Bundesvorstand, Arbeitsmarkt ak­ tuell 7/2008, S. 4. 141 

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

der Leiharbeit gelten die Tariflöhne nur ganz ausnahmsweise normativ gemäß § 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG; in ca. 95 % der Fälle werden die einschlägigen Tarifverträ­ ge arbeitsvertraglich in Bezug genommen.145 Die tarifvertraglich ausgehandelten Löhne liegen dabei erheblich unter dem im Betrieb des Entleihers für vergleich­ bare Arbeitnehmer geschuldeten Entgelt. Teilweise lag die Differenz bei bis zu 45 %.146 Konsequenz dessen ist, dass etwa 12,5 % der Leiharbeitnehmer neben ihrem Lohn Aufstockungsleistungen der steuerfinanzierten Grundsicherung nach dem SGB II in Anspruch nehmen.147 Im Ergebnis läuft damit der Gleichbehandlungsgrundsatz weitgehend ins Leere. Der dem AÜG zu Grunde liegende Schutzgedanke wird untergraben, verbunden mit Nachteilen für die Beschäftigtengruppe, die gerade von den Regelungen im AÜG profitieren sollte. Teilweise wird in der Literatur auf die „Richtigkeitsgewähr des Tarifvertrages“ hingewiesen und damit versucht, das Problem der Ungleichbehandlung zu mar­ ginalisieren.148 Im Übrigen lasse sich daraus, dass der Dritte Weg eine kirchenge­ mäße Methode der Arbeitsrechtssetzung und Tariffindung sei, nicht der Umkehr­ schluss ziehen, dass ein Leiharbeitstarifvertrag kirchenrechtswidrig wäre.149 Richtig erscheint – so wird es auch überwiegend angenommen –, die Richtig­ keitsgewähr jedenfalls nicht als Rechtsbegriff zu verstehen, aus dem Rechtsfolgen abgeleitet werden können. Es handelt sich vielmehr um einen der Vertragslösung zu Grunde liegenden Gedanken, der durch die Rechtsordnung zu konkretisieren ist und der einer Rechtskontrolle des Vereinbarten – auch beim Tarifvertrag – nicht entgegensteht. Den Gerichten für Arbeitssachen ist es daher nicht verwehrt zu überprüfen, ob Tarifverträge mit zwingendem Gesetzesrecht oder gesetzesvertre­ tendem Richterrecht, mit verfassungsrechtlich garantierten Freiheits- und Gleich­ heitsrechten sowie mit elementaren Gerechtigkeitsanforderungen vereinbar sind.150 Denn es ist nicht zwingend, dass aus der Wahrnehmung gegensätzlicher Interessen im Interessenausgleich das sachlich Richtige entsteht.151 Letztendlich liegt dem Gedanken der Richtigkeitsgewähr die Vorstellung zu Grunde, dass sich die Tarifvertragsparteien am Verhandlungstisch in gleicher Stär­ ke gegenübersitzen, sodass man von einer Angemessenheit des Vertrages ausgehen Waltermann, NZA 2010, 482 (483). Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Zeitarbeit in Nordrhein-Westfalen. Strukturen, Einsatzstrategien, Entgelte., 2008, S. 77. 147  BT-Drs. 16/9657, S. 3. 148  Lembke, in: Boemke/Lembke, AÜG, § 9 Rn. 231; Hamann, BB 2005, 2185 (2188); Thüsing, in: FS Richardi, 989 (1001). 149  Conring, curacontact 2007/2, 4 (5). 150  BAG, Urteil vom 07.03.1995 – 3 AZR 282/94, NZA 1996, 48 (50); BAG, Urteil vom 05.12.1995 – 3 AZR 941/94, NZA 1996, 666 (667). 151  Reim/Nebe, in: Däubler, TVG, § 1 Rn. 152; Thüsing, in: Wiedemann, TVG, § 1 Rn. 254; Wiedemann, in: FS Dieterich, 661 (674 f.). 145 

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III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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müsste.152 Diese Wunschvorstellung entspricht im Fall der Verhandlung von Leih­ arbeitstarifverträgen jedoch nicht der Realität. Denn wie bereits festgestellt, sind die Leiharbeitnehmer in den zuständigen Gewerkschaften kaum vertreten, sodass von einer Repräsentation durch die Gewerkschaften nicht ausgegangen werden kann und somit an der Parität gezweifelt werden darf. Ergebnis einer solchen Kon­ stellation können tarifliche Arbeitsbedingungen sein, die im Rahmen ihrer Min­ destniveaugarantie nur noch bedingt eine Existenzsicherung für die Arbeitnehmer garantieren.153 Auf die Richtigkeitsvermutung zu verweisen – vor allem weil zum Großteil die Tarifverträge arbeitsvertraglich in Bezug genommen werden – er­ scheint demnach befremdlich. Damit wird deutlich, dass das Gebot der Lohngerechtigkeit – so wie es von den Kirchen gefordert wird – im Rahmen der externen Arbeitnehmerüberlassung in der Praxis nicht vollzogen wird. Wenn die Gehälter zum Teil so niedrig sind, dass eine Aufstockung durch staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss, dann kann man nicht mehr davon ausgehen, dass die Existenz des Leiharbeitneh­ mers und seiner Familie gesichert ist. Indem die Kirchen aber das Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung nutzen, müssen sie sich bewusst sein, dass in ihren Einrichtungen Menschen tätig sind, die möglicherweise nur einen „Hungerlohn“ erhalten. Damit setzen sie sich in Wider­ spruch zu ihren selbst aufgestellten Anforderungen an ein Beschäftigungsverhält­ nis in ihren zugeordneten Einrichtungen. Dies führt zu einem Glaubwürdigkeitsund Vertrauensverlust. Auch wenn theoretisch die Möglichkeit der Zahlung eines gerechten Lohns be­ steht, so machen die aufgezeigten Daten und Fakten deutlich, dass die Realität eine andere ist. Davor dürfen die Kirchen die Augen nicht verschließen und müs­ sen akzeptieren, dass externe Arbeitnehmerüberlassung nicht mit dem Kriterium „Gebot der Lohngerechtigkeit“ vereinbar ist. Im Übrigen verlangt die Einheit der Dienstgemeinschaft Verteilungsgerechtigkeit.154 gg) Freiwilligkeit Auch an der Voraussetzung „Freiwilligkeit“ kann im Rahmen der externen Ar­ beitnehmerüberlassung gezweifelt werden. Für das Kriterium der Freiwilligkeit ist es notwendig, dass die Arbeitnehmer­ überlassungsgesellschaft als Verleiher dem Leiharbeiter die Entscheidung über­ lässt, ob er die Tätigkeit in der kirchlichen Einrichtung ausüben möchte oder nicht. Allein der freiwillige Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem Verleiher als Arbeitgeber und dem Leiharbeitnehmer, welcher die Bereitschaft beinhaltet, in je­ der zugewiesenen Einrichtung tätig zu werden, genügt nicht den Anforderungen 152  Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, S. 284, 695 f.; Thüsing, in: Wiedemann, TVG, § 1 Rn. 247. 153  Reim/Nebe, in: Däubler, TVG, § 1 Rn. 156. 154  Richardi, in: FS Rüfner, 727 (734).

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

an ein Tätigwerden in der Dienstgemeinschaft. Erforderlich ist vielmehr eine klar zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft zum Dienst in der Kirche bzw. den ihr zuge­ hörigen Einrichtungen. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages ist aber zumeist noch gar nicht absehbar, in welchen Entleihunternehmen die Leiharbeitnehmer tätig werden. Deswegen ist ein klares „Ja“ zur Mitarbeit in einer kirchlichen Institution in der Regel gar nicht möglich. Es besteht demnach die Gefahr, dass Menschen in kirchlichen Einrichtungen tätig sind, obwohl dies nicht ihrem Willen entspricht und allein der Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft sie dazu verpflichtet. Damit wür­ de sich die Kirche in Widerspruch setzen zu ihren eigens vertretenen Maßstäben, denn nur wer freiwillig den Dienst in der Kirche bzw. ihren Einrichtungen ausübt, kann den Sendungsauftrag glaubwürdig vermitteln. Allerdings kann andersherum der Entleiher vom Verleiher verlangen, dass die­ ser nur solche Arbeitnehmer überlässt, die den Anforderungen an den kirchlichen Dienst gerecht werden. Das bedeutet, der kirchliche Dienstgeber als Entleiher kann solche Arbeitnehmer zurückweisen, die die Tätigkeit nur unfreiwillig übernehmen würden. Im Ergebnis kann damit auch der Aspekt der Freiwilligkeit im Rahmen der ex­ ternen Arbeitnehmerüberlassung sichergestellt werden. hh) Fazit Abschließend kann aus der Analyse der erforderlichen Kriterien folgende Schlussfolgerung gezogen werden: Viele der oben155 aufgestellten Voraussetzungen für einen Dienst in der Kir­ che bzw. den ihr zugehörigen Institutionen können auch über das Konstrukt der externen Leiharbeit erfüllt werden, auch wenn es mit Sicherheit zeitweise Umset­ zungsschwierigkeiten geben wird. Einzig der Aspekt der Lohngerechtigkeit wird im Rahmen der externen Arbeitnehmerüberlassung nicht ausreichend umgesetzt. Zu überlegen wäre deshalb, ob dieses eine Kriterium in einer Gesamtschau nicht vernachlässigt werden kann, sodass man von einer grundsätzlichen Zulässigkeit der externen Arbeitnehmerüberlassung in der Kirche ausgehen dürfte. Es ist jedoch zu bedenken, dass gerade die Forderung nach einem gerechten Lohn ein zentrales Anliegen der Kirchen ist und dass die Nichtberücksichtigung dieses Postulats zu einem gravierenden Nachteil für die Leiharbeitnehmer führen würde. Heinig bezweifelt zu Recht, dass „die für den Fortbestand des kirchlichen Arbeitsrechts im Dritten Weg unerlässliche Plau­ sibilisierung des kirchlichen Selbstverständnisses in den staatlichen Rechtskreis hinein […] noch zu leisten ist, wenn die Arbeits- und Lohnbedingungen für einen beachtlichen Kreis in der Kirche tätiger Arbeitnehmer außerhalb des Dritten Weges festgelegt werden“156. 155  156 

Siehe D. III. 2. Heinig, ZevKR 2009, 62 (75).

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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Auch die teilweise vertretene Auffassung157, zumindest in wirtschaftlichen Not­ lagen müsse es die Möglichkeit geben, vom Gebot der Lohngerechtigkeit absehen zu können, ist abzulehnen. Denn es stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt von einer wirtschaftlichen Notlage gesprochen werden kann, sodass die Nutzung externer Leiharbeit gerechtfertigt erscheint, und wie dies kontrolliert werden soll. Im Übrigen wären andere Möglichkeiten denkbar (z.B. Verzicht auf ein 13. Mo­ natsgehalt oder Weihnachtsgeld), um Einsparungen vorzunehmen; ein Ausweichen auf externe Arbeitnehmerüberlassung ist nicht zwingend erforderlich. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass externe Arbeitnehmerüberlassung nicht mit einer Mitarbeit im kirchlichen Dienst vereinbar ist. Aufgabe der Kirchen ist es daher, sich von der Nutzung dieses Beschäftigungsmodells zu verabschieden, um ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. b)  Interne Arbeitnehmerüberlassung Im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung werden Arbeitnehmer an eine zur Kirche gehörende Einrichtung überlassen durch eine Arbeitnehmerüber­ lassungsgesellschaft, die ihrerseits einer Kirche zugeordnet ist. Dabei muss allerdings unterschieden werden zwischen den Leiharbeitsfirmen, die das kirchliche Arbeitsrecht vollständig anwenden, und denen, die es nur parti­ ell gebrauchen und die Leiharbeitnehmer nach einem Tarifvertrag der Zeitarbeits­ branche beschäftigen. Ob der Weg der teilweisen Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts allerdings überhaupt zulässig ist oder ob er in der Praxis nur deswegen Anwendung findet, weil Sanktionen ausbleiben, muss zunächst geklärt werden. Zuvor soll allerdings in einem Exkurs eine Darstellung erfolgen, an Hand welcher Kriterien eine Zuord­ nung zur Kirche vorgenommen wird. aa)  Exkurs: Staatskirchenrechtliche Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche Die in der „Goch-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Voraussetzungen geben die Möglichkeit die Zuordnung einer Einrichtung zur Kir­ che zu überprüfen. Demnach bedarf es eines Näheverhältnisses zwischen Einrich­ tung und Kirche, sodass die Einrichtung an der Verwirklichung des Sendungsauf­ trages teilhat. Dies setzt einen Dienst im Rahmen der christlichen Sendung voraus. Überdies wird eine institutionelle Verbindung zu den Amtsträgern der Kirche von der Einrichtung gefordert.158 Das BAG schlussfolgert daraus, dass der Kirche ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeit auf die Betätigung in der Einrichtung zukom­ men muss, um eine stetige Übereinstimmung mit ihrer Anschauung zu sichern.159

Joussen, ZMV-Sonderheft 2007, 24 (31); Neher, ZMV-Sonderheft 2011, 29 (31). BVerfGE 46, 73 (87). 159  BAG, Beschluss vom 30.04.1997 - 7 ABR 60/95, NZA 1997, 1240 (1241). 157 

158 

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

Es besteht die Möglichkeit, diese Einflussmöglichkeit satzungsrechtlich abzusi­ chern, ist aber nicht zwingende Voraussetzung.160 (1)  Teilhabe am Sendungsauftrag Allein die jeweilige Kirche entscheidet, ob nach ihrem Selbstverständnis eine Einrichtung den kirchlichen Sendungsauftrag erfüllt oder nicht.161 Erst wenn aus­ schließlich wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden, kann nicht mehr von einer Teilhabe am Sendungsauftrag ausgegangen werden.162 Allerdings können auch Hilfsbetriebe, die ausschließlich für kirchlich privilegierte Zwecke tätig sind – z. B. Krankenhauswäscherei oder Küche – an der Auftragserfüllung mitwirken.163 Im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung ist die Nähe zur Sendungs­ erfüllung bereits dann zu bejahen, wenn die Gesellschaft das Personal lediglich an kirchliche Einrichtungen überlässt.164 Diese Teilhabe gerät aber dann in Gefahr, wenn die Überlassung systematisch auch an weltliche Entleiher erfolgt165, oder zu­ mindest dann, wenn die Überlassung von Leiharbeitnehmern häufiger an Dritte für weltliche Zwecke erfolgt als an eine kirchliche Einrichtung, ist eine Zuordnung zur Kirche nicht mehr möglich. (2)  Institutionelle Verbindung Die institutionelle Verbindung zu den Amtsträgern der Kirche besteht im Rah­ men der internen Arbeitnehmerüberlassung im Falle der Alleingesellschafterstel­ lung in jeglicher Hinsicht, da die Amtskirche ihren Einfluss unmittelbar geltend machen könnte.166 Sie kann die Überlassungsgesellschaft beeinflussen und gestal­ ten sowie bei Meinungsverschiedenheiten ihre Position durchsetzen. Für den Fall der Mehrheitsgesellschafterstellung muss sie sich zwar mit den anderen Gesell­ schaftern auseinandersetzen. Die Mehrheitsverhältnisse ändern aber nichts an der Möglichkeit der kirchlichen Prägung und der Einflussnahme auf die Institution, sodass den Vorstellungen der Amtskirche Rechnung getragen wird. Bei einer Minderheitsbeteiligung muss nach zusätzlichen Kriterien gesucht werden, z. B. konfessionelle Ausrichtung oder Vorbehalt bestimmter Leitungsoder Schlüsselpositionen für Geistliche.167

Fitting, BetrVG, § 118 Rn. 60. BAG, Beschluss vom 23. 10. 2002 - 7 ABR 59/01, NZA 2004, 334. 162  Thüsing, in: Richardi, BetrVG, § 118 Rn. 203; Rüfner, KuR 2005, 11 (15). 163  Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, S. 115; Rüfner, KuR 2005, 11 (15). 164  Glawatz-Wellert, ZevKR 2006, 352 (364). 165  Rüfner, KuR 2005, 11 (15). 166  Thüsing, in: Richardi, BetrVG, § 118 Rn. 201. 167  Thüsing, in: Richardi, BetrVG, § 118 Rn. 201; Rüfner, KuR 2005, 11 (15). 160  161 

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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bb)  Pflicht zur Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts? Eine Verpflichtung der der Kirche zugeordneten Einrichtungen zur vollständi­ gen Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts könnte sich bereits aus der staats­ kirchenrechtlichen Zuordnung ergeben, aber auch aus kirchenrechtlichen Normen oder Satzungen. (1)  Pflicht aufgrund staatskirchenrechtlicher Zuordnung Nach einer älteren Entscheidung des KAGH und nach Ansicht von Ihli folgt be­ reits aus der staatskirchenrechtlichen Zuordnung einer kirchlichen Einrichtung die Bindung an das kirchliche Arbeitsrecht; eine freie Entscheidungsbefugnis darüber gäbe es nicht.168 Die kirchliche Sonderstellung innerhalb der Ordnung des Arbeits­ rechts beruhe nämlich auf dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, welches sich aus der Verfassung ergebe. Auf Grund dessen leite sich aus der Zuordnung einer Institution zur Kirche für die zuständigen Stellen deren Kompetenz zur Normge­ bung ab.169 Anderer Ansicht ist Rüfner, der davon ausgeht, dass es nach staatskirchenrecht­ licher Perspektive den Einrichtungen freistehe, ob sie das kirchliche Arbeitsrecht vollständig, partiell oder gar nicht anwenden wollen.170 Zu berücksichtigen ist, dass die Zuordnung einer Einrichtung zum einen vom Zuordnungswillen der Amtskirche und zum anderen von der Erfüllung der staats­ kirchenrechtlichen Zuordnungskriterien durch die Einrichtung selbst abhängig ist.171 Wenn aber die Zuordnung zur Kirche auch bedingt wird durch das Auftreten der Einrichtung, dann muss es dieser möglich sein, sich unabhängig vom Zuordnungs­ willen der Amtskirche von der Zugehörigkeit wieder lösen zu können, indem sie zum Ausdruck bringt, dass sie den Sendungsauftrag nicht mehr erfüllen möchte.172 Es ist nicht ersichtlich, warum sich aus dem Staatskirchenrecht eine Verpflich­ tung zur Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts ergeben sollte. Vielmehr würde dies einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen darstellen. Allein die Kirche entscheidet, wie sie das Verhältnis zwischen Amtskirche und der ihr zu­ geordneten Institution ausgestaltet, nicht das Staatskirchenrecht. Das gewährleistet das verfassungsrechtlich vorgegebene Selbstbestimmungsrecht. Aus Art. 140 GG i. V. m. Art 137 Abs. 3 WRV ergibt sich eine eigenständige Regelungskompetenz ohne staatliche Einflussnahmemöglichkeiten.173 Die staatskirchenrechtliche Zuordnung allein führt daher noch nicht zur Pflicht der Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts. KAGH, Urteil vom 27.02.2009 – M 13/08, ZMV 2009, 153 (154); Ihli, KuR 2010, 158 (159 ff.). KAGH, Urteil vom 27.02.2009 – M 13/08, ZMV 2009, 153 (156); Ihli, KuR 2010, 158 (160 f.). 170  Rüfner, KuR 2005, 11 (16). 171  Bälz, KuR 2008, 35 (41 f.). 172  So auch ArbG Mönchengladbach, Beschluss vom 12.07.2001 – 4 BV 34/01, ZMV 2001, 244 ff. 173  Korioth, in: Maunz-Dürig, Art. 137 WRV Rn. 23. 168  169 

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

(2)  Kirchenrechtliche Verpflichtung In Betracht kommt weiterhin eine Verpflichtung der der Kirche zugeordneten Einrichtungen zur Anwendung kirchlichen Arbeitsrechts aufgrund kirchenrechtli­ cher Normen. Auf katholischer Seite bestimmt Art. 2 GrO den Geltungsbereich der Grundord­ nung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse. Danach gilt gemäß Abs. 1 die Grundordnung für „a) die (Erz-)Diözesen, b) die Kirchengemeinden und Kirchenstiftungen, c) die Verbände von Kirchengemeinden, d) die Diözesancaritasverbände und deren Gliederungen, soweit sie öffentliche juristische Personen des kanonischen Rechts sind, e) die sonstigen dem Diözesanbischof unterstellten öffentlichen juristischen Personen des kanonischen Rechts [sowie] f) die sonstigen kirchlichen Rechtsträger, unbeschadet ihrer Rechtsform, die der bischöflichen Gesetzgebungsgewalt unterliegen und deren Einrichtungen“.

Nach Abs. 2 sind „[k]irchliche Rechtsträger, die nicht der bischöflichen Gesetzgebungsgewalt unterlie­ gen, […] verpflichtet, diese Grundordnung in ihr Statut verbindlich zu übernehmen […]. Wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, haben sie im Hinblick auf die arbeits­ rechtlichen Beziehungen nicht am Selbstbestimmungsrecht der Kirche gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV teil.“

Daraus folgt: Ein kirchlicher Rechtsträger kann für seine Einrichtung kein „Sonderarbeitsrecht“ schaffen.174 Es gilt entweder das kirchliche Arbeitsrecht oder es gelten ausschließlich die staatlichen Regelungen und damit das Prinzip des „Ganz-oder-gar-Nicht“. Ein „Rosinenpicken“, wie es mitunter praktiziert wird, ist unzulässig. Der einzelnen Einrichtung steht nur die Option zu, sich der Kirche nicht zuzuordnen und damit die Geltung des kirchlichen Arbeitsrechts zu ver­ hindern oder aber als Institution der Kirche zu wirken und somit als Ganzes dem kirchlichen Arbeitsrecht zu unterliegen.175 Die partielle Anwendung von kirch­ lichem Arbeitsrecht sieht die Grundordnung nicht vor; eine Abweichung von kirchlichen Rechtsnormen ist nur zulässig, wenn die Verpflichtungskraft eines kirchlichen Gesetzes durch einen Dispens des zuständigen Diözesanbischofs auf­ gehoben wird.176 Problematisch ist allerdings die unzureichende Sanktionierung solchen Verhal­ tens.177 In Betracht käme die Feststellung durch die staatlichen Gerichte, dass die Einrichtung vollständig dem weltlichen Recht unterliegt, wenn die Religionsge­ meinschaft selbst den rechtswidrigen Zustand nicht zu verhindern weiß.178 174  175 

Richardi, in: FS Link, 143 (150). ArbG Mönchengladbach, Beschluss vom 12.07.2001 – 4 BV 34/01, ZMV 2001, 244

(246). 176  Fuhrmann, KuR 2005, 175 (181); Ihli, KuR 2010, 158 (163 f.). 177  Rogg, neue caritas 15/2010, 5. 178  Fuhrmann, KuR 2005, 175 (181 f.).

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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Auf evangelischer Seite gibt es inhaltlich nichts Vergleichbares zur Grundord­ nung der katholischen Kirche. Allerdings verlangt § 4 Abs. 2 lit. c) der Zuord­ nungsrichtlinie der EKD für die kirchliche Zuordnung „die erklärte Bereitschaft, das einschlägige kirchliche Recht anzuwenden“. Dies zeigt, dass nicht nur die anderweitigen Zuordnungsvoraussetzungen gemäß § 4 der Zuordnungsrichtlinie der EKD durch die Einrichtung erfüllt werden müssen, sondern dass auch ein bei­ derseitiger Zuordnungswille notwendig ist; von Seiten der Einrichtung wird dies durch die Bereitschaftserklärung zur Anwendung des einschlägigen kirchlichen Rechts deutlich. Auch auf Seiten der evangelischen Kirche ist daher entweder eine vollständige Anwendung kirchlichen Arbeitsrechts erforderlich, um eine Zuordnung zu ermög­ lichen, oder aber die bewusste Entscheidung für die Inanspruchnahme weltlichen Rechts; dann handelt es sich aber auch um eine weltliche Einrichtung. (3)  Satzungsrechtliche Verpflichtung Sowohl Caritas als auch Diakonie sind in Verbänden organisiert. Deren Dach­ verbände, Deutscher Caritasverband bzw. Diakonisches Werk der EKD, können die Anwendung kirchlichen Arbeitsrechts als Voraussetzung einer Mitgliedschaft vorschreiben.179 Die Verpflichtung ergibt sich dann aus einer Vereinssatzung, die in der Regel auf eine Verbandsordnung Bezug nimmt. Verstöße hiergegen werden vereinsintern sanktioniert mit den in der Satzung vorgegebenen Instrumentarien.180 Für einen Widerruf der kirchlichen Zuordnung – beispielsweise durch die Nichtmehr-Anwendung der Grundordnung – müssen die Voraussetzungen der Satzungs­ änderung eingehalten werden.181 (4) Fazit Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich sowohl katholische als auch evangelische Einrichtungen jederzeit vom kirchlichen Arbeitsrecht lösen können, indem sie erklären, nicht mehr für die Kirche tätig sein zu wollen; dies kann auch gerichtlich festgestellt werden. Keine Einrichtung kann gezwungen werden im kirchlichen Auftrag zu arbeiten. Dann darf allerdings auch nicht nur partiell kirch­ liches Arbeitsrecht – weil es möglicherweise für den Arbeitgeber vorteilhafter ist – noch angewendet werden.182 Die Verknüpfung von Zuordnung und vollständiger Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts ist der einzig gangbare und glaubwürdi­ ge Weg, den die kirchlichen Institutionen gehen können.183 Ziel muss es daher sein, Dütz, KuR 2010, 151 (155). BGH, Urteil vom 04. 10. 1956 - II ZR 121/55, NJW 1956, 1793 (1794). 181  Dütz, KuR 2010, 151 (155). 182 A.A. Ehrlich, Dienstgemeinschaft und Arbeitnehmerüberlassung, S. 229. 183  So im Ergebnis auch Winter, ZMV-Sonderheft 2007, 60 (61); Joussen, KuR 2009, 1 (19). 179 

180 

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D.  Dienstgemeinschaft als Besonderheit des kirchlichen Dienstes

Verstöße hiergegen konsequenter zu ahnden und solches Fehlverhalten mancher Einrichtungen nicht länger zu dulden. cc)  Das kirchliche Arbeitsrecht vollständig anwendende interne Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften Im Falle der lückenlosen Anwendung kirchlichen Arbeitsrechts handelt es sich bei dem Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer um ein „nor­ males“ kirchliches Arbeitsverhältnis. Die der Kirche angehörige Leiharbeitsfirma hat dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen kirchlichen Arbeitgeber. Unter anderem kann sie sich deswegen auch auf § 9 Abs. 1 AGG berufen, welcher eine Ungleichbehandlung wegen der Religion ermöglicht. Auf der Gegenseite haben die Leiharbeitnehmer genauso dieselben Rechte und Pflichten wie andere kirch­ lich Beschäftigte. Sie sind unzweifelhaft Teil der Dienstgemeinschaft und müssen alle oben184 genannten Voraussetzungen erfüllen, um einem Dienst in der Kirche gerecht zu werden. Dies ist auch unstreitig möglich, denn wenn bereits bei der externen Arbeitnehmer­überlassung bis auf das Kriterium „Gebot der Lohngerechtigkeit“ alle anderen Voraussetzungen erfüllt werden, dann gelingt dies erst Recht im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung, bei der kirchliches Arbeitsrecht umfassend herangezogen wird. Es findet keine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu den festangestellten Arbeitnehmern statt, weil dieselben Regelungen Anwendung finden. Gerade auch der Aspekt der Lohngerechtigkeit wird in dieser Konstellation erfüllt, weil die Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft dieselben Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind, an­ wendet wie die Entleiherfirma. Damit wird auch dem Grundsatz des „equal-pay“ Rechnung getragen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass interne Arbeitnehmerüberlassung, bei der kirchliches Arbeitsrecht vollumfänglich in Anspruch genommen wird, mit einer Mitarbeit im kirchlichen Dienst vereinbar ist. dd)  Das kirchliche Arbeitsrecht partiell anwendende interne Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften Wie bereits oben185 dargestellt wurde, ist die nur teilweise Anwendung kirchli­ chen Arbeitsrechts unzulässig. Weil sie in der Praxis aber eine nicht nur unterge­ ordnete Rolle spielt, sollen an dieser Stelle die Probleme aufgezeigt werden, die dieses Fehlverhalten mit sich bringt. Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften dieser Art wenden insbesondere nicht die auf dem Dritten Weg ausgehandelten Arbeitsvertragsbedingungen mit ihren

184  185 

Siehe D. III. 2. Siehe D. III. 3. b) bb) (4).

III.  Dienstgemeinschaft als Grenze für die Bestimmung der Zulässigkeit

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verhältnismäßig hohen Lohnkosten an;186 im Übrigen wollen sie aber häufig kirch­ liches Arbeitsrecht in Anspruch nehmen, um von dessen Vorteilen – beispielsweise Loyalitätsanforderungen der Mitarbeiter – zu profitieren. Dieses Verhalten führt letztendlich dazu, dass – wie im Fall der externen Arbeitnehmerüberlassung – der Aspekt der Lohngerechtigkeit nicht eingehalten wird. Damit wird aber auch deut­ lich, dass die Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften, die kirchliches Arbeits­ recht nur partiell anwenden, einen unzulässigen Umgehungsversuch unternehmen und dass eine solche Vorgehensweise mit den Anforderungen an einen kirchlichen Dienst nicht in Einklang zu bringen ist. c) Ergebnis Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die aufgestellten Anfor­ derungskriterien nur im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung bei voll­ ständiger Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts lückenlos umgesetzt werden können. In den anderen Fällen wird zumindest der Aspekt der Lohngerechtigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Das bedeutet für die Kirchen und ihre Einrich­ tungen, dass sie sich von den Formen der Leiharbeit verabschieden müssen, bei denen nicht alle Kriterien, die für einen kirchlichen Dienst erforderlich sind, erfüllt werden. Ansonsten setzt man sich in Widerspruch zu den eigenen Vorgaben und es ist mit einem Authentizitätsverlust zu rechnen.

186 

Joussen, KuR 2009, 1 (19).

E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen Das folgende Kapitel setzt sich mit der Frage auseinander, welche Folgen die Zu­ lässigkeit der Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen mit sich bringt und welche damit einhergehenden Probleme gelöst werden müssen. Allerdings soll dieser Abschnitt unter der Prämisse dargestellt und bewertet werden, dass jegliche Form der Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrich­ tungen zulässig ist. Dies geschieht zum einen deshalb, weil einige Stimmen in der Literatur von einer grundsätzlichen Zulässigkeit ausgehen;187 zum anderen werden die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten noch deutlicher sichtbar. Zunächst soll auf die Frage der Loyalitätsanforderungen eingegangen werden, bevor die Gesichtspunkte Höchstquote und zeitliche Höchstgrenze eines Einsatzes von Leiharbeitnehmern analysiert werden. Auch das Problem der Mitspracherech­ te sowohl von Mitarbeitervertretungen beim Einsatz von Leiharbeitnehmern als auch der Leiharbeitnehmer selbst darf nicht außer Acht gelassen werden. Abschlie­ ßend soll nochmals der Aspekt des equal-pay-Grundsatzes und dessen Ausnahmen in den Blick genommen werden.

I.  Loyalitätsanforderungen an Leiharbeitnehmer Beschäftigt eine kirchliche Einrichtung einen Leiharbeitnehmer, stellt sich die Frage, ob und wenn ja inwieweit dieser sich an die von den Kirchen an ihre ange­ stellten Mitarbeiter normierten Loyalitätsanforderungen zu halten hat. Denn den Kirchen wird ausdrücklich die Befugnis zugestanden, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und verbindlich zu bestimmen.188 Der Begriff „Loyalität“ beschreibt in seinem Kern eine charakterliche Haltung, durch die ein Mensch seinen Dienst in einer grundsätzlich positiv den Aufgaben zugewandten Art und Weise ausübt. Indikatoren für Loyalität von Arbeitnehmern liegen beispielsweise in einer Haltung der Wertschätzung, Identifikation oder auch der Einsatzbereitschaft.189 187  Vgl.

30 ff.

beispielsweise Andelewski/Stützle, NZA 2007, 723 ff.; Manterfeld, AuK 2007,

188  BVerfG, Beschluss vom 04.06.1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84, NJW 1986, 367 ff. 189  Arntzen, Loyalität und Loyalitätsprobleme in kirchlichen Arbeitsverhältnissen, S. 336; Fey, AuK 2005, 349 (351).

I.  Loyalitätsanforderungen an Leiharbeitnehmer

67

Zu klären ist daher, welche Vorgaben sich aus kirchlichen Normen ergeben und welche Rückschlüsse möglicherweise daraus gezogen werden können für Loyali­ tätsobliegenheiten an Leiharbeitnehmer. 1.  Aussagen kirchlicher Normen Sowohl in Art. 3 und 4 der Grundordnung der katholischen Kirche als auch in §§ 3 und 4 der Loyalitätsrichtlinie auf Seiten der evangelischen Kirche werden Lo­ yalitätsanforderungen aufgestellt, deren Verstöße zu normierten Sanktionen (Art. 5 GrO bzw. § 5 Loyalitäts-RL) führen. Dabei wird auf beiden Seiten eine Abstufung danach vorgenommen, ob der Arbeitnehmer derselben Glaubensrichtung angehört, zumindest Mitglied einer christlichen Konfession ist oder nicht christlich ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass weder die Grundordnung noch die Loyali­ tätsrichtlinie auf Leiharbeitnehmer unmittelbar Anwendung findet, wenn es sich um externe Arbeitnehmerüberlassung handelt, da beide Regelungswerke ein Ar­ beitsverhältnis zur Dienststelle voraussetzen. Unproblematisch ist es hingegen im Falle der internen Arbeitnehmerüberlas­ sung, da dann die Loyalitätsregelungen unmittelbar Anwendung finden auf Grund des bestehenden Arbeitsverhältnisses zur Kirche bzw. zu der ihr zugeordneten Einrichtung. Zwar bestehen die Pflichten nicht im Verhältnis zu der entleihenden Dienststelle, allerdings sind die Loyalitätsanforderungen inhaltlich ohnehin weni­ ger auf den jeweiligen Anstellungsträger, sondern vielmehr auf die jeweilige Kir­ che und ihr caritatives Werk bezogen. Das ergibt sich beispielsweise aus § 4 Abs. 1 S. 2 Loyalitäts-RL, welcher besagt, dass die Mitarbeiter „sich […] loyal gegenüber der evangelischen Kirche zu verhalten“ haben. Fraglich ist, ob – so wie manche Stimmen in der Literatur es annehmen190 – eine Übertragung dieser Anforderungen auf die externe Arbeitnehmerüberlassung möglich oder sogar erforderlich ist oder ob – wie es auch teilweise vertreten wird191 – diese Regelungen keinerlei Geltung erlangen im Rahmen der externen Leiharbeit. 2.  Entstehung von Loyalitätsanforderungen durch Eingliederung in den kirchlichen Entleiherbetrieb ? In Betracht gezogen wird die Entstehung von Loyalitätsanforderungen an Leih­ arbeitnehmer externer Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften durch die Ein­ gliederung in den kirchlichen Entleiherbetrieb.192 Dass allein an die Eingliederung 190  Heinig, ZevKR 2009, 62 (69); Thüsing, in: FS Richardi, 989 (996); Conring, cura­ contact 2007/2, 4 (5) geht zumindest von einer ähnlichen Loyalitätspflicht aus wie regulär eingestellte Mitarbeitende. 191  Joussen, ZMV 2014, 66 (68); Baumann-Czichon, AuK 2006, 47 (48); OxenknechtWitzsch, Vortrag im Rahmen der 10. Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Eichstätt, zitiert nach Becker-Freyseng, ZMV 2007, 66 (70). 192  Thüsing, in: FS Richardi, 989 (992).

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

bereits Rechtsfolgen geknüpft werden, ist dem deutschen Arbeitsrecht nicht fremd. Beispielhaft sei erwähnt die Wahlberechtigung von Leiharbeitnehmern gemäß § 7 S. 2 BetrVG, die Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG193 oder die Entstehung von Treuepflichten des Leiharbeitnehmers gegenüber dem Entleiher. Fraglich ist allerdings, wie die Loyalitätsanforderungen rechtlich einzuordnen sind und ob deren Beachtung von den Leiharbeitnehmern verlangt werden kann, ohne dass sie sich freiwillig und bewusst dafür entscheiden. a)  Rechtliche Einordnung der Loyalitätsanforderungen Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 4 GrO ausdrücklich ergibt, geht zumindest die katholische Kirche davon aus, dass es sich bei den Loyalitätsanforderungen ausschließlich um Obliegenheiten handelt. Dies hat zur Folge, dass diese Anfor­ derungen weder einklagbar noch durchsetzbar sind. Vielmehr liegt die Wahrneh­ mung einer Obliegenheit im Interesse des Schuldners, da deren Verletzung für ihn nachteilige Folgen haben kann. Es handelt sich um eine „Verpflichtung gegen sich selbst“.194 Auch die an einen Loyalitätsverstoß anknüpfenden Rechtsfolgen machen deutlich, dass es sich gerade nicht um eine Pflicht handelt, bei deren Verstoß bei­ spielsweise Schadensersatzansprüche drohen. Stattdessen ist die einzige Sankti­ onsmöglichkeit bei einem gravierenden Verstoß die Kündigung durch den Dienst­ geber (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GrO). Auch wenn die evangelische Kirche den Begriff „Obliegenheit“ in ihrer Loya­ litätsrichtlinie nicht verwendet, sondern allgemeiner bleibt mit „berufliche Anfor­ derung“ (§§ 3 und 4), so wird aus den angedrohten Sanktionen in § 5 auch deutlich, dass es sich um Obliegenheiten handelt, weil der Dienstgeber keine Möglichkeit hat, die Einhaltung der Anforderungen durchzusetzen. Auch ihm bleibt letztend­ lich nur die Option der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund als letzte Maßnahme nach Abwägung der Umstände des Einzelfalles, wenn vorherige Gespräche keinen Erfolg gebracht haben (§ 5 Abs. 1 S. 2 Loyalitäts-RL). b)  Analoge Anwendung von Grundordnung bzw. Loyalitätsrichtlinie Eine analoge Anwendung der Grundordnung bzw. der Loyalitätsrichtlinie auf Leiharbeitnehmer kommt dann in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslü­ cke gegeben ist und eine Vergleichbarkeit zur Stammbelegschaft möglich ist. Von einer planwidrigen Regelungslücke muss ausgegangen werden, da es auch sonst in diesen beiden Regelungswerken keinerlei Normierungen hinsichtlich des 193  Für die Einstellung i. S. v. § 99 BetrVG kommt es allein auf die tatsächliche Beschäf­ tigung im Betrieb an. Diese liegt vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechni­ schen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen (BAG, Beschluss vom 27.07.1993 – 1 ABR 7/93, AP BetrVG 1972 § 93 Nr. 3). 194  Mansel, in: Jauernig, BGB, § 241 Rn. 13; Sutschet, in: BeckOK-BGB, § 241 Rn. 25.

I.  Loyalitätsanforderungen an Leiharbeitnehmer

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Umgangs mit Leiharbeitnehmern gibt. Es entsteht der Eindruck, dass man das Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung bei der Regelung der Loyalitätsanfor­ derungen schlicht nicht im Auge hatte; eine bewusste Nicht-Regelung ist nicht ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sowohl katholische als auch evangelische Kirche von allen in ihren Einrichtungen Beschäftigten gewisse Loya­ litätsanforderungen erwarten, um dem Sendungsauftrag gerecht zu werden. Fraglich ist aber, ob man Leiharbeitnehmer mit festangestellten Arbeitnehmern vergleichen kann. Auch wenn Leiharbeitnehmer auf Grund ihrer begrenzten Einsatzdauer beim Entleiher quantitativ nicht dieselbe Arbeit verrichten können wie Festangestellte, so dürfte zumindest qualitativ – abgesehen von der Einarbeitungsphase – nicht zwingend ein Unterschied zur Stammbelegschaft eintreten. Der einzig offen­ sichtliche Unterschied ist die Art und Weise der Beschäftigung. Festangestellte arbeiten auf Grund eines bestehenden Arbeitsvertrages zwischen dem Dienst­ geber und ihnen, Leiharbeitnehmer nur auf Grund der Weisungsbefugnis des Entleihers ihnen gegenüber; das Arbeitsverhältnis an sich besteht aber zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer. Das bedeutet aber zugleich, dass sich mittels Ar­ beitsvertrages Beschäftigte freiwillig und bewusst für einen kirchlichen Dienst entscheiden, während hingegen Leiharbeitnehmer externer Arbeitnehmerüber­ lassungsgesellschaften diese Entscheidung so nicht treffen können, da der Verlei­ her sie der kirchlichen Einrichtung als Entleiher zuweist. Wie aber bereits oben195 im Rahmen des Kriteriums „Freiwilligkeit“ festgestellt wurde, kann zumindest der Entleiher solche Leiharbeitnehmer zurückweisen, die seinen Anforderungen nicht genügen. Das heißt, er könnte all diejenigen überlassenen Arbeiter zurückweisen, die sich nicht freiwillig dazu bereit erklären, im kirchlichen Dienst tätig zu sein. Dann kann aber der Grund des Tätigwerdens nicht mehr als entscheidendes Dif­ ferenzierungskriterium herangezogen werden. Zu problematisieren ist daher nur noch, wie die aufgestellten Sanktionen im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung umgesetzt werden können. Eine Kündigung an sich durch den Entleiher ist man­ gels Arbeitsverhältnisses auf jeden Fall nicht möglich. Diskutiert wird, ob nicht dem Verleiher im Umkehrschluss aus § 6 Abs. 2 S. 2 AGG196 eine Differenzierung erlaubt sein muss, wenn dies seinem Kunden, dem Entleiher, möglich ist.197 Vorlie­ gend hätte das zur Folge, dass der externen Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft mittelbar die Rechte aus § 9 Abs. 1 AGG zustehen würden, sodass ihr bei einem Loyalitätsverstoß eines Leiharbeitnehmers – unter der Bedingung, dass alle ande­ ren Voraussetzungen erfüllt sind – ein Kündigungsrecht zustehen würde. Begrün­ det wird dies mit einer verfassungskonformen Auslegung des AGG. Würde man 195 

Siehe D. III. 3. a) gg). Wortlaut des § 6 Abs. 2 S. 2 AGG lautet wie folgt: „Werden Beschäftigte ei­ nem Dritten zur Arbeit überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Ab­ schnitts.“ 197 Bejahend Thüsing, in: FS Richardi, 989 (1004); Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeitsrechts, S. 224. 196  Der

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

den Dienstgeber darauf verweisen, selbst einen Arbeitsvertrag abzuschließen, um sicher zu gehen, dass er einen kirchentreuen Mitarbeiter beschäftigt, dann wäre es ihm praktisch unmöglich, von dem Instrument der externen Arbeitnehmerüberlas­ sung Gebrauch zu machen. Ob diese Auslegung allerdings mit dem Sinn und Zweck des AGG in Einklang zu bringen ist, muss bezweifelt werden. Das AGG ist eindeutig ein Arbeitnehmer­ schutzgesetz. Es setzt vier EU-Richtlinien in innerstaatliches Recht um, die es den Mitgliedstaaten auferlegen, den Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäfti­ gung und Beruf zu gewährleisten hinsichtlich der Merkmale Rasse, ethnische Her­ kunft, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität und Geschlecht. Auch § 6 Abs. 2 S. 2 AGG dient gerade der Gewährleistung eines um­ fassenden Benachteiligungsschutzes, weil sowohl Verleiher als auch Entleiher in die Pflicht genommen werden; beide unterstehen dem Diskriminierungsverbot.198 Folgt man jedoch der Ansicht, die einen Umkehrschluss aus § 6 Abs. 2 S. 2 AGG zulässt, führt dies zu einer Benachteiligung der Arbeitnehmer, da sich dann auch solche Arbeitgeber auf Ausnahmeregelungen wie § 9 Abs. 1 AGG berufen dürfen, die ihnen eigentlich nicht zustünden. Dies läuft dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider. Damit wird aber auch für die vorliegende Konstellation klar, dass dem Verleiher kein Kündigungsrecht zusteht im Falle einer Loyalitätspflichtverletzung. Fraglich ist demnach, ob das Zurückweisungsrecht des Entleihers, welches als Weniger in der Kündigung enthalten ist, als Sanktionsmöglichkeit nicht ausrei­ chend ist, um dem Sinn der Regelung Rechnung zu tragen. Wie bereits oben199 erläutert, beziehen sich die Loyalitätsanforderungen nicht auf den Anstellungsträ­ ger, sondern vielmehr auf die jeweilige Kirche an sich. Das zeigt aber auch, dass die Regelungen der Grundordnung bzw. der Loyalitätsrichtlinie hauptsächlich dem Schutze der Glaubwürdigkeit der Kirche dienen, und nicht der Bestrafung solcher Arbeitnehmer, die gegen die Regelungen verstoßen. Es geht um die Kirchlichkeit der Einrichtungen, welche steht und fällt mit den Menschen, die in ihnen tätig sind.200 Wenn es den Dienstgebern als Entleiher aber möglich ist, solche Leihar­ beitnehmer zurückzuweisen, die der Glaubwürdigkeit der Kirche schaden würden, indem sie gegen die Anforderungen verstoßen, dann ist dies ausreichend, um dem Sinn und Zweck der Normierung gerecht zu werden. Denn schon dadurch kann gewährleistet werden, dass nur solche Leiharbeiter im kirchlichen Dienst tätig wer­ den, die die Loyalitätsanforderungen beachten. Im Ergebnis liegen daher die Voraussetzungen für eine Analogiebildung vor, sodass auch von Leiharbeitnehmern die Einhaltung der Loyalitätsobliegenheiten verlangt werden kann.

Schlachter, in: ErfK, § 6 AGG Rn. 4. Siehe E. I. 1. 200  Isensee, in: FS Obermayer, 203 (204); Marré, in: Theologie und Glaube 1988, 397 (403). 198 

199 

I.  Loyalitätsanforderungen an Leiharbeitnehmer

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3.  Abgestufte Loyalitätsanforderungen für Leiharbeitnehmer ? Eine weitere Frage, die sich im Zusammenhang mit Loyalitätsanforderungen stellt, ist, ob an Leiharbeitnehmer geringere Anforderungen gestellt werden sollten als an Stammarbeitnehmer, sodass eine Abstufung vorzunehmen wäre. Heinig plädiert beispielsweise für die Übertragung des in der Loyalitätsrichtli­ nie zum Ausdruck gebrachten Gedankens einer moderaten Abstufung der Anfor­ derungen je nach Art der Tätigkeit und Bekenntnisstand des Arbeitnehmers auf die Leiharbeitsproblematik.201 Auch Thüsing hält auf Grund der geringeren Ein­ bindung der in der Regel kurzfristig eingesetzten Leiharbeitnehmer in den kirch­ lichen Dienst Abstufungen für möglich. Anders soll dies nur bei absolut geltenden Anforderungen sein (z.B. Kirchenaustritt als regelmäßig zwingender Kündigungs­ grund), die funktionsunabhängig gestellt werden und daher auch ausnahmslos für Leiharbeitnehmer gelten müssten.202 Zu berücksichtigen ist allerdings, dass eine Abstufung zum einen praktisch schwer handhabbar ist.203 Zum anderen ist zu bedenken, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche es erfordert, ein geschlossenes Bild nach außen zu transportieren und deswegen von allen Mitarbeitenden – egal, auf welche Art und Weise sie in der kirchlichen Einrichtung tätig werden, abgesehen von der Konfessionszugehörig­ keit – ein einheitliches Loyalitätsniveau gefordert werden muss.204 Anderenfalls wäre für diejenigen, die die Leistungen der kirchlichen Einrichtungen in Anspruch nehmen, nicht nachvollziehbar, woraus sich die unterschiedlichen Verhaltens­ weisen ergeben. Denn in der Regel ist für einen Außenstehenden nicht erkenn­ bar, wer Festangestellter und wer „nur“ Leiharbeitnehmer ist. Weiterhin könnte eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen Konfliktpotential für die Gruppe der Festangestellten darstellen, die sich durch eine solche Regelung möglicherweise benachteiligt fühlen. Von ihnen würde im Ergebnis mehr abverlangt werden als von überlassenen Arbeitskräften. Um eine Spaltung der Beschäftigten zu vermei­ den, ist es ratsam, unabhängig von der Art der Beschäftigung ein einheitliches Lo­ yalitätsniveau beizubehalten, welches nur in Bezug auf die Glaubenszugehörigkeit – wie in Art. 4 GrO bzw § 4 Loyaltiäts-RL vorgesehen – Unterscheidungen machen darf. Überdies wäre es Aufgabe der Kirchen, und nicht der staatlichen Gerichte, über die Inhalte und Abstufungen der Loyalitätsbindungen für Leiharbeitnehmer zu entscheiden 205. Da es aber hinsichtlich der Gruppe der Leiharbeitnehmer noch

Heinig, ZevKR 2009, 62 (69). Thüsing, in: FS Richardi, 989 (1000). 203  So auch Joussen, KuR 2009, 1 (21); Marx, Die arbeitsrechtliche Kirchlichkeitsklausel im Spannungsfeld zwischen kirchlichen Anforderungen und staatlichem Recht, S. 36. 204  Im Ergebnis so auch Richardi, ZfA 1984, 109 (127); Richardi, NZA 1986, Beil. Nr. 1, 3 (7). 205  BVerfG, Beschluss vom 04.06.1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84, NJW 1986, 367. 201 

202 

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

keinerlei Regelungen diesbezüglich gibt, kommt unverändert – wie oben206 darge­ stellt – eine analoge Anwendung von Grundordnung bzw. Loyalitätsrichtlinie in Betracht; weitere Modifikationen sind nicht möglich. 4. Resümee Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es bezüglich der zu erfül­ lenden Loyalitätsanforderungen keinerlei Unterschiede zwischen festangestellten mittels Arbeitsvertrages Beschäftigten und Leiharbeitnehmern im kirchlichen Dienst gibt. Für Leiharbeitnehmer interner Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften gel­ ten Grundordnung bzw. Loyalitätsrichtlinie sowieso unmittelbar auf Grund des bestehenden Arbeitsverhältnisses; für diejenigen, die vertraglich bei einem exter­ nen Leiharbeitsunternehmen beschäftigt sind, kommen die Regelungen durch eine Analogiebildung zur Anwendung. Eine Abstufung der Loyalitätsobliegenheiten für Leiharbeitnehmer im Ver­ gleich zur Stammbelegschaft kommt nicht in Betracht. Wäre dies von Seiten der Kirchen gewünscht, so müssten sie Regelungen diesbezüglich schaffen. Ohne sol­ che Normierungen ist eine praktische Durchsetzung aber nicht zu rechtfertigen; es sind keine zwingenden Gründe für eine unterschiedliche Behandlung ersichtlich.

II.  Höchstquoten von Leiharbeitnehmern ? Eine weitere Frage, die sich an die Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen anschließt, lautet: Bedarf es einer Höchstquote an Leiharbeitnehmern und wenn ja, an welchem Maßstab sollte sie sich orientieren? Im AÜG selbst findet sich dazu keine Regelung, weswegen man davon ausge­ hen muss, dass grundsätzlich keine Höchstquote vorgesehen ist. Allerdings gibt es Normierungen beispielsweise in der Loyalitätsrichtlinie, die für den kirchlichen Bereich etwas anderes vorsehen. Diese Regelungen sollen im Folgenden auf ihre Aussagekraft hin untersucht werden. 1.  § 3 Abs 2 S. 3 Loyalitäts-RL als Begründungsansatz § 3 Abs. 2 S. 3 Loyalitäts-RL besagt: „Die Einstellung von Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1207 nicht erfüllen, muss im Einzelfall unter Beachtung der Größe der Dienststelle oder Einrichtung und 206 

Siehe E. I. 2. b). Absatz 1 lautet: „Die berufliche Mitarbeit in der evangelischen Kirche und ihrer Dia­ konie setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Kirche voraus, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist.“ 207 

II.  Höchstquoten von Leiharbeitnehmern ?

73

ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft sowie der wahrzunehmenden Aufgaben und des jewei­ ligen Umfeldes geprüft werden.“

Diese Vorschrift macht deutlich, dass die evangelische Kirche grundsätzlich eine genaue Vorstellung davon hat, wie sich ihre Arbeitnehmerschaft zusammen­ setzen soll. Sie geht davon aus, dass eine religiöse Prägung der Mitarbeiter einher geht mit der religiösen Prägung der kirchlichen Einrichtung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, je mehr auf die Religiosität der Mitarbeiter verzichtet wird, desto mehr verliert die Einrichtung an ihrer Glaubwürdigkeit. Auch wenn der katholi­ schen Kirche eine entsprechende Regelung in der Grundordnung fehlt, so können diese Ausführungen auf sie übertragen werden, da es sich um einen konfessions­ übergreifenden Gedanken handelt. Fraglich ist aber, ob sich aus dieser Wertung ein Rückschluss ziehen lässt für das Verhältnis Stammbelegschaft zu Leiharbeitnehmern. Möglicherweise führt die Beschäftigung einer Vielzahl von Leiharbeitnehmern im kirchlichen Dienst ebenso zu einem Identitätsverlust. Wie bereits oben 208 dargestellt, ist besonders das Konstrukt der externen Leih­ arbeit im Zusammenhang mit den Kirchen bzw. ihren Einrichtungen mit zahlrei­ chen Problemen behaftet. Eigentlich ist es gar nicht oder kaum möglich die exter­ ne Arbeitnehmer ­überlassung mit dem kirchlichen Dienst in Einklang zu bringen. Deswegen muss den Kirchen daran gelegen sein, die allermeisten ihrer Mitarbeiter mittels Arbeitsvertrages als Festangestellte zu beschäftigen. Arbeitnehmerüberlas­ sung darf tatsächlich nur als ein Instrument verwendet werden zur Überbrückung von Auftragsspitzen, nicht aber zur Senkung der Lohnkosten oder zu einer Substi­ tution von Festangestellten. Damit dieser Zielsetzung Rechnung getragen wird, erscheint es sinnvoll die Anzahl der Leiharbeitnehmer nach oben hin zu begrenzen und eine Höchstquote einzuführen. An welchen Werten sich diese Quote zu orientieren hat, muss im nachfolgenden Abschnitt noch geklärt werden. 2.  Orientierung an § 1 Abs 5 lit. b) S. 2 AVR der Diakonie § 1 Abs. 5 lit. b) S. 2 AVR der Diakonie besagt: „Bei Einrichtungsträgern, in deren Einrichtungen insgesamt mehr als 50 Mitarbeiterin­ nen und Mitarbeiter beschäftigt sind, ist eine kurzfristige Überbrückung im Sinne dieser Regelung anzunehmen, wenn nicht mehr als 5 v. H. der insgesamt im Jahresdurchschnitt beschäftigten Vollkräfte in den Einrichtungen des Trägers Leiharbeitnehmer i. S. d. AÜG sind.“

In Betracht kommt, diese 5 %-Quote bei Betriebsgrößen von mehr als 50 Mit­ arbeitern auch auf die gesamte Anzahl der Leiharbeitnehmer – unabhängig von der Länge des Einsatzes – zu übertragen. Damit bestünde zumindest für die evan­ gelischen Einrichtungen die Sicherheit, dass ihnen unterstellt werden würde, alle 208 

Siehe D. III 3. a) hh).

74

E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

in ihr tätigen Leiharbeitnehmer seien nur auf Grund kurzfristiger Überbrückung beschäftigt. Diese Feststellung stünde dann auch wieder im Einklang mit der Ent­ scheidung des MVG.EKD209, wonach der Einsatz von Leiharbeitnehmern im kirch­ lichen und diakonischen Bereich nur zur Überbrückung kurzzeitigen Beschäfti­ gungsbedarfs erlaubt ist. Kritisieren könnte man bei der Heranziehung dieser Quote, dass sie zu pauschal sei; es werde zu wenig Rücksicht genommen auf die Betriebsgröße sowie die Art der ausgeübten Tätigkeiten. Jedoch ist zu beachten, dass eine Differenzierung nach der Art der wahrzunehmenden Aufgaben praktisch kaum umsetzbar ist. Vor allem bei Mischformen ist eine praktikable Handhabung schwer vorstellbar. Im Übrigen wäre eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt, weil wohl genau die Branchen begünstigt werden würden – beispielsweise hauswirtschaftliche Dienstleistungen –, die bereits am meisten Gebrauch machen vom Konstrukt der Arbeitnehmer­ überlassung. Es kann nicht der Sinn und Zweck einer Höchstquote sein nach dem Arbeitsfeld zu unterscheiden, wie viele Leiharbeitnehmer letztendlich in einem Betrieb eingesetzt werden dürfen. Aus Gründen der Transparenz muss für alle kirchlichen Einrichtungen dieselbe Höchstquote gelten. Fraglich ist allerdings, ob es nicht noch passendere Vorschriften gibt, die bei der Quotenbildung etwas differenzierter vorgehen und die auch kleinere Betriebe berücksichtigen. 3.  Orientierung an § 112a Abs. 1 BetrVG In Erwägung gezogen werden könnte auch die Heranziehung der Prozentzahlen aus § 112a Abs. 1 BetrVG ohne Berücksichtigung der absoluten Zahlen. Möglicherweise stellt der Einsatz einer Vielzahl von Leiharbeitnehmern eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG dar, da es zu einer grundle­ genden Änderung der Betriebsorganisation kommen könnte. Betriebsorganisation ist die auf die Verfolgung der arbeitstechnischen Zwecke gerichtete Organisation. Gemeint ist das Organisationsgefüge der im Betrieb arbeitenden Menschen und der Betriebsanlagen zur Verbindung des Betriebszwecks mit dem Ziel, die Betriebs­ aufgaben optimal zu erfüllen.210 Die Beschäftigung einer großen Anzahl von Leiharbeitnehmern könnte ein­ schneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer haben, weil häufig mit einzutretenden Ei­ narbeitungsprozessen und einer ständig wechselnden Belegschaft zu rechnen ist, sodass der Betriebsablauf des Öfteren gestört wird. § 112a BetrVG bezieht sich zwar nur auf Betriebsänderungen, die ausschließ­ lich in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehen. Die Prozentangaben machen 209 

KGH.EKD, Beschluss vom 09.10.2006 – II-0124/M 35-06, NZA 2007, 761 ff. Däubler, in: Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, § 111 Rn. 105; Annuß, in: Richardi, BetrVG, § 111 Rn. 108. 210 

II.  Höchstquoten von Leiharbeitnehmern ?

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aber deutlich, wann der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Veränderung so groß ist, dass von einer Betriebsänderung ausgegangen werden muss. Dementsprechend könnte man annehmen, dass im Falle des Einsatzes von Leiharbeitnehmern sämtli­ che Werte bis zum Erreichen der jeweiligen Quote akzeptiert werden würden. Das würde beispielsweise bedeuten, dass in Betrieben mit weniger als 250 Arbeitneh­ mern maximal 20 % davon als Leiharbeitnehmer beschäftigt werden dürften, zwi­ schen 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern maximal 15 % und bei mindestens 500 Arbeitnehmern höchstens 10 % (entsprechende Anwendung von § 112a Abs. 1 S. 1 BetrVG). Auch diese Quotenregelung ist allerdings nicht frei von Bedenken, da man durchaus berechtigt Zweifel erheben könnte, ob eine 20 %-Marke in kleineren Be­ trieben nicht zu hoch angesetzt wäre. 4.  Einfügung von § 1c AÜG: Höchstquote von Leiharbeitnehmern Da keine der beiden oben 211 aufgezeigten Regelungen dem Einsatz von Leihar­ beitnehmern gerecht wird, erscheint es am sinnvollsten, eine eigenständige Nor­ mierung zu schaffen. Da es keinen Grund gibt, diese Höchstquote nicht auch in weltlichen Einrichtungen anzuwenden – die Problematik hinsichtlich des Miss­ brauchs des Instruments der Arbeitnehmerüberlassung besteht im säkularen Be­ reich genauso –, ist das AÜG gut geeignet, um dort eine Regelung einzufügen. Diese könnte wie folgt lauten: § 1c AÜG Höchstquote von Leiharbeitnehmern (1) Die Höchstüberlassungsquote im Entleiherbetrieb beträgt bei 1. Betrieben mit in der Regel mehr als 5 und weniger als 100 Arbeitnehmern 15 von Hundert, 2. Betrieben mit in der Regel mindestens 100 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 von Hundert und 3. Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 5 von Hundert. (2) Ein Verstoß gegen die in Absatz 1 genannten Höchstquoten stellt eine Ordnungswid­ rigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 30.000 € geahndet werden kann.

5. Schlussfolgerung Die Ausführungen haben gezeigt, dass eine Höchstquote erstrebenswert er­ scheint und dass es durchaus bereits Regelungen gibt, an denen man sich zah­ lenmäßig anlehnen könnte. Letztendlich werden aber beide bereits bestehenden Normierungen dem Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung nicht 100%ig gerecht. Sie können aber Orientierungshilfe dafür sein, wie eine Höchstquote ausgestaltet werden könnte. Durchaus sinnvoll und vorstellbar ist es, eine Normierung wie der vorgeschlagene § 1c AÜG vorzunehmen, die tatsächlich nach Betriebsgröße un­ 211 

Siehe E. II. 2. und 3.

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

terscheidet und welche kleineren Betrieben mehr Spielräume lässt. Dadurch soll dem möglicherweise stärkeren Flexibilitätserfordernis Rechnung getragen werden. Denn kleineren Betrieben stehen häufig weniger finanzielle Mittel zur Verfügung, um eine Personalreserve zu unterhalten. Insgesamt sollten die Schwellenwerte al­ lerdings nicht zu hoch angesetzt werden, um keinen Anreiz zu schaffen, das Kon­ strukt der Arbeitnehmerüberlassung noch mehr zu nutzen.

III.  Maximale Einsatzzeiten von Leiharbeitnehmern ? Stark in der Diskussion steht aktuell die Frage, was der Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG beinhaltet. Handelt es sich in diesem Zusammenhang um einen Begriff, der keine selbständige Bedeutung erlangen soll und nur auf Grund der Umsetzung der Richtlinie 2008/104/EG Einklang in das Gesetz gefunden hat, so wie es Teile der Literatur annehmen, oder folgt aus ihm tatsächlich eine zeitliche Begrenzung? Und wenn es sich um eine temporäre Angelegenheit handeln soll, wie lange sollte die maximale Überlassungsdauer sein? Im folgenden Abschnitt sollen Antworten auf diese Fragen gefunden werden und auf mögliche Folgeprobleme aufmerksam gemacht werden. 1. Ausgangslage Seit 1.12.2011 erfolgt gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG die Überlassung von Arbeit­ nehmern „vorübergehend“. Geschuldet ist diese Gesetzesänderung der Umsetzung der Leiharbeits-RL 2008/104/EG in nationales Recht. Mit dieser Modifizierung will der deutsche Gesetzgeber „klarstellen“, dass das deutsche Modell der Arbeit­ nehmerüberlassung den europarechtlichen Vorgaben genügt.212 Denn die Leih­ arbeits-RL definiert den Begriff „Überlassung“ in Art. 3 Abs. 1 lit. e) als „den Zeitraum, während dessen der Leiharbeitnehmer dem entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt wird, um dort unter dessen Aufsicht und Leitung vorüber­ gehend zu arbeiten“. 2.  Europarechtliche Betrachtungsweise Fraglich ist allerdings, ob der Begriff „vorübergehend“ in der Richtlinie einen eigenen Regelungsinhalt besitzt oder doch bloß eine klarstellende Funktion inne­ hat. Für einen selbständigen Regelungsinhalt spricht die Entstehungsgeschichte der Richtlinie, denn im ursprünglichen Richtlinienvorschlag vom 20.3.2002 war noch keine zeitliche Begrenzung vorgesehen; diese Einschränkung auf „vorübergehen­ de“ Überlassung wurde erst nachträglich eingefügt.213 Das lässt darauf schließen, 212  213 

BT-Drs. 17/4804, S. 9. Hamann, EuZA 2009, 287 (311).

III.  Maximale Einsatzzeiten von Leiharbeitnehmern ?

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dass man bewusst eine zeitliche Limitierung erreichen wollte, auch wenn man ein Höchstmaß nicht angegeben hat. Auch Art. 5 Abs. 5 Leiharbeits-RL lässt auf dieses Ergebnis schließen. Dem­ nach sind „insbesondere aufeinander folgende Überlassungen, mit denen die Be­ stimmungen der Richtlinie umgangen werden sollen, zu verhindern“. Damit sollen nicht nur Kettenbefristungen mit einzelnen Arbeitnehmern ausgeschlossen wer­ den,214 sondern auch der Einsatz wechselnder Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeits­ plätzen.215 Denn ansonsten würden den entsprechenden Leiharbeitnehmern die bei dem Entleiher geltenden Arbeitsbedingungen vorenthalten, obwohl der überlasse­ ne Arbeitnehmer auf Grund des dauernden Beschäftigungsbedarfs bei dem Entlei­ her als Stammarbeitnehmer eingestellt werden könnte. In dieselbe Richtung führt Art. 6 Abs. 1 S. 1 Leiharbeits-RL, wonach „Leiharbeitnehmer […] über die im entleihenden Unternehmen offenen Stellen unter­ richtet [werden], damit sie die gleichen Chancen auf einen unbefristeten Arbeitsplatz haben wie die übrigen Arbeitnehmer dieses Unternehmens“.

Der Wille des Gesetzgebers geht demnach dahin, unbefristete Dauerarbeitsplät­ ze mit eigenen Arbeitnehmern zu besetzen und nicht mit Leiharbeitnehmern. Dagegen wird argumentiert, die Leiharbeits-RL erfasse den Dauerverleih nicht, deswegen sei dieser auch nicht verboten. Weil aber dauerhaft überlassene Leih­ arbeitnehmer nicht weniger schutzwürdig seien als vorübergehend Beschäftigte, müssten die in der Richtlinie enthaltenen Arbeitnehmerschutzbestimmungen erst recht für den Dauerverleih Geltung erlangen.216 Zum Teil wird aber auch angenommen, das Merkmal „vorübergehend“ sei nur ein Programmsatz ohne Rechtsfolgen, mithin ausschließlich deskriptiver Na­ tur. Der Anwendungsbereich sei daher nicht beschränkt auf die vorübergehende Arbeitnehmer­überlassung; diese stelle nur den Regelfall dar.217 Überdies geht man teilweise davon aus, dass der Richtliniengeber ein Verbot der dauerhaften Überlassung – wenn er ein solches gewollt hätte – in der Richtlinie hätte klarer zum Ausdruck bringen können und müssen.218 Der Auffassung, die davon ausgeht, dass die Dauerüberlassung bewusst nicht in der Leiharbeitsrichtlinie geregelt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Dem Richtliniengeber kann nicht unterstellt werden, dass er den Dauerverleih ohne Ein­ schränkungen weiterhin erlauben wollte. Gerade in dieser Situation besteht eine besondere Schutzbedürftigkeit für die Leiharbeitnehmer. Denn es gibt den Trend 214  Düwell, ZESAR 2011, 449 (450); Sansone, Gleichstellung von Leiharbeitnehmern nach deutschem und Unionsrecht, S. 462. 215  Hamann, RdA 2011, 321 (324). 216  Boemke, RIW 2009, 177 (179). 217  Lembke, DB 2011, 414 (415); ders., BB 2012, 2497 (2500); Ludwig, BB 2013, 1276 (1279); Rieble/Vielmeier, EuZA 2011, 474 (489). 218  Lembke, BB 2012, 2497 (2501).

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

zur Bildung von Zweiklassengesellschaften in den Unternehmen, den privilegier­ ten Stammarbeitskräften und den „minderwertigen“ Leiharbeitnehmern.219 Der Zweck der Richtlinie, der unter anderem darin besteht, ein Gesamtschutzniveau für Leiharbeitnehmer zu wahren,220 würde somit nicht erreicht werden. Der Begriff „vorübergehend“ darf daher nicht dahingehend verstanden werden, die Anwendbarkeit der Richtlinie zu begrenzen, sondern stellt eine Definition für die zulässige Form der Arbeitnehmerüberlassung dar. Im Ergebnis soll damit zum Ausdruck kommen, dass eine dauerhafte Überlassung europarechtlich nicht zuläs­ sig sein soll.221 Dann kann aber auch nicht der Ansicht gefolgt werden, die davon ausgeht, dass mit der Verwendung des Begriffs „vorübergehend“ schlicht der Re­ gelfall gemeint sein sollte und deswegen auch die dauerhafte Überlassung unter die Richtlinie falle. Im Übrigen schließt sich auch der EuGH dieser Auffassung an, indem er die Leiharbeit als vorübergehende Zurverfügungstellung von Mitarbeitern versteht.222 3.  Umsetzung in nationales Recht In einem am 2.9.2010 vorgelegten Referentenentwurf zur Reform des AÜG wur­ de erstmals der Begriff „vorübergehend“ im Zusammenhang mit der Änderung des § 1 Abs. 2 AÜG eingefügt. Begründet wurde dieser Gesetzesentwurf unter an­ derem damit, dass ausgeschlossen werden sollte, dass Unternehmen mit Hilfe der Arbeitnehmerüberlassung ihren dauerhaften Bedarf an Arbeitskräften abdecken.223 Überdies wurden Anhaltspunkte für die Auslegung des Wortes „vorübergehend“ geliefert, die sich stark an den Befristungsgründen aus § 14 Abs. 1 TzBfG orientie­ ren. Nach der Begründung kann „[i]n der Regel […] immer dann von einer vorübergehenden Überlassung ausgegangen werden, wenn der Einsatz in dem Entleihunternehmen nicht dauerhaft sein soll und bei­ spielsweise im Rahmen einer Urlaubs- oder Krankenvertretung oder zur Durchführung eines besonderen Projekts oder Auftrags stattfindet“224.

Zu erwähnen ist jedoch, dass diese beispielhafte Aufzählung in der überarbeite­ ten Version vom 17.2.2011 keine Berücksichtigung mehr gefunden hat. Stattdessen wurde lediglich „klargestellt“, dass „,vorübergehend‘ im Sinne der Leiharbeits­ richtlinie als flexible Zeitkomponente“ zu verstehen sei und man „insbesondere auf genau bestimmte Höchstüberlassungsfristen verzichtet [habe]“225. Das könnte Hamann, EuZA 2009, 287 (311). Erwägungsgrund 16 der RL 2008/104/EG. 221  Düwell, ZESAR 2011, 449 (450); Hamann, EuZA 2009, 287 (310ff.); Ulber, AuR 2010, 10 (11). 222  EuGH, Urteil vom 13. 9. 2007 – C-458/05 Jouini u.a./PPS, NZA 2007, 1151 (1153). 223  Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 02.09.2010, S. 9. 224  Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 02.09.2010, S. 9. 225  BT-Drs. 17/4804, S. 8. 219 

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zu der Annahme verleiten, dem Merkmal „vorübergehend“ sei bereits dann genügt, wenn die Dauer des Leiharbeitsvertrags die Dauer des Einsatzes beim Entleiher übersteige. Dies hätte zur Folge, dass das Synchronisationsverbot wieder gelten würde. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass man sich von den Erläuterungen des Referentenentwurfs vom 2.9.2010 distanzieren wollte; eine Heranziehung zur Aus­ legung des Gesetzes ist daher weiterhin zulässig und hilfreich. 4.  Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG Zu klären bleibt, wann eine Arbeitnehmerüberlassung „vorübergehend“ erfolgt, denn weder die Leiharbeits-RL noch das AÜG definieren diesen äußerst relevan­ ten Begriff. a) Wortlaut Dem Wortlaut nach bedeutet „vorübergehend“ „nur für kurze Zeit, temporär, zeitweilig“ oder negativ formuliert „nicht endgültig, nicht dauerhaft“.226 Überlas­ sungen wären demnach immer dann gesetzeskonform, sofern sie nur irgendwie zeitlich begrenzt sind. b)  Sinn und Zweck Die Gesetzesbegründung selbst lässt kaum durchblicken, welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Einschränkung „vorübergehend“ verfolgt. Allerdings wird ausdrücklich Bezug genommen auf Art. 1 Abs. 1 Leiharbeits-RL, weswegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG gemeinschaftskonform im Sinne der Richtlinie auszulegen ist.227 Unionsrechtlich lässt sich aber – wie bereits oben 228 angedeutet – aus dem Regelungszusammenhang ableiten, dass mit dem Einschub „vorübergehend“ eine Substitution von Stammkräften durch Leiharbeitnehmer verhindert werden soll. Damit wird aber auch deutlich, dass den Gesetzesbegründungen stets eine arbeits­ platz- und keine arbeitnehmerbezogene Betrachtung im Hinblick auf das Merkmal „vorübergehend“ zu Grunde liegt. c) Missbrauchskontrolle In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, der Einsatz von Leiharbeitnehmern sei auch auf Dauerarbeitsplätzen grundsätzlich zulässig. Das Merkmal „vorübergehend“ sei lediglich im Rahmen einer Missbrauchskontrolle bezüglich des zeitlichen Umfangs von Bedeutung. Missbräuchlich sei der Einsatz nur dann, wenn mittel- und langfristig eine Verdrängung der Stammbelegschaft

226 

Abrufbar unter http://www.duden.de/rechtschreibung/voruebergehend. Thüsing/Stiebert, DB 2012, 632. 228  Siehe E. III. 2. 227 

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

beabsichtigt sei.229 Die Entscheidung über den Einsatz eines Leiharbeitnehmers dürfe daher weder offensichtlich unsachlich oder willkürlich noch ohne sachlichen Grund erfolgen.230 Der Gesetzgeber wolle nur die missbräuchliche Praxis einer ansonsten aner­ kannten und aus arbeitsmarktpolitischen Gründen sinnvollen Personaleinsatzform verhindern. Durch die Missbrauchskontrolle werde dieses Ziel bereits erreicht.231 Das hätte allerdings zur Folge, dass man auch dann eine vorübergehende Über­ lassung annehmen müsste, wenn Unsicherheit über die Fortdauer eines aktuell be­ stehenden zusätzlichen Beschäftigungsbedarfs besteht. d)  Orientierung an § 1 Abs. 3 AÜG a. F. Andere Stimmen im Schrifttum sind der Ansicht, die Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ müsse sich an der bisherigen Rechtsprechung zu § 1 Abs. 3 AÜG a. F. orientieren.232 Denn derselbe Begriff wurde in dieser Normierung verwen­ det, allerdings im Zusammenhang mit der Überlassung innerhalb eines Konzerns. Demnach wäre „vorübergehend“ als „keine endgültig geplante Überlassung“233 zu verstehen. Dadurch können selbst mehrjährige Überlassungen noch „vorüberge­ hend“ sein. Allerdings wurde die weite Auslegung des Wortes „vorübergehend“ vom BAG in diesem Zusammenhang damit begründet, dass bei einer Überlassung innerhalb eines Konzerns regelmäßig keine Gefährdung des arbeits- und sozialrechtlichen Status des Leiharbeitnehmers bestünde.234 Diese Rechtsprechung kann auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen werden, da die Schutzbedürftigkeit der Leiharbeitnehmer bei der „normalen“ Arbeitnehmerüberlassung auf Grund schlechterer Bezahlung, kürzerer Einsatzzeiten und geringerer Chancen auf Über­ nahme in den Entleiherbetrieb deutlich höher einzustufen ist und nicht davon aus­ zugehen ist, dass sich die beteiligten Unternehmen sozial verantwortlich fühlen.235 e)  Orientierung an § 14 Abs. 1 TzBfG Wieder andere Autoren sind der Auffassung, dass der Begriff „vorübergehend“ unter Heranziehung des § 14 Abs. 1 TzBfG auszulegen sei.

Ludwig, BB 2013, 1278; Thüsing/Stiebert, DB 2012, 632 (635). BAG, Urteil vom 13.03.2008 - 2 AZR 1037/06, NZA 2008, 878 (879). 231  Hamann, RdA 2011, 321 (326); ders., NZA 2011, 70 (74). 232  Hamann, EuZA 2009, 287 (312); Thüsing/Stiebert, DB 2012, 632 (633); UIber, AuR 2010, 10 (11). 233  LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2012 - 11Sa 84/12, BeckRS 2013, 67254. 234  BT-Drs. 10/3206, S. 33; BAG, Urteil vom 05.05.1988 - 2 AZR 795/87, NZA 1989, 18 (21). 235  Bartl/Romanowski, NZA Online 2012, 1 (3 f.). 229 

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III.  Maximale Einsatzzeiten von Leiharbeitnehmern ?

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Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt, wenn „der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorüber­ gehend besteht“. In diesem Fall ist nicht nur die Wortwahl identisch mit der des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, sondern auch der Gesetzeszweck. Beide Male soll aus Grün­ den der Flexibilität der zeitlich befristete Einsatz von Arbeitnehmern ermöglicht werden, ohne aber ein Dauerarbeitsverhältnis zu begründen. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Formen flexibler Arbeit, bei denen jeweils eine ausreichen­ de Absicherung der Arbeitnehmer zu gewährleisten ist.236 Vor allem hat sich auch der deutsche Gesetzgeber – wie bereits oben 237 angedeutet – im Laufe des Gesetz­ gebungsverfahrens zur Änderung des AÜG an der Sachgrundbefristung des § 14 Abs. 1 TzBfG orientiert. Im Übrigen wird dadurch dem europarechtlichen Transparenzgebot Rechnung getragen, welches verlangt, dass sich entweder durch die Norm selbst oder zu­ mindest durch eine vergleichbare Regelung eine Eindeutigkeit ergibt. Denn die Begünstigten müssen die Möglichkeit haben, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese erforderlichenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen.238 Durch die Heranziehung der zu § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG ergangenen Rechtsprechung kann ein dem Transparenzgebot genügendes Ergebnis erreicht werden. Das bedeutet aber auch, dass bei Beginn des Einsatzes eines Leiharbeit­ nehmers feststehen muss, dass die Überlassung zeitlich oder zweckbefristet erfolgt und der zusätzliche Bedarf mit Beendigung oder nach Beendigung des Einsatzes auf Dauer entfällt.239 Ein Rückgriff auf § 14 Abs. 2 TzBfG (sachgrundlose Befristung auf maximal zwei Jahre) scheidet hingegen aus. Aus der Gesetzesbegründung von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG wird ersichtlich, dass der deutsche Gesetzgeber bewusst keine Höch­ stüberlassungsfristen und somit keine festen zeitlichen Grenzen festsetzen woll­ te.240 Der Ansicht, die sich an § 14 Abs. 1 TzBfG orientieren möchte, wird entgegen­ gehalten, dass eine derart enge Auslegung der Intention der Leiharbeitsrichtlinie als auch des Gesetzes zuwiderlaufen würde. Die Arbeitnehmerüberlassung sei als ein flexibles arbeitsmarktpolitisches Instrument stattdessen zu stärken und ihre positiven Beschäftigungseffekte zu erhalten.241 Im Übrigen dürfe die Erforderlichkeit eines sachlichen Grundes nicht an Stellen hineingelesen werden, an denen der deutsche Gesetzgeber wohl bewusst auf eine Regelung verzichtet habe.242 Bartl/Romanowski, NZA Online 2012, 1 (4). Siehe Kapitel E. III. 3. 238  EuGH, Urteil vom 10.05.2001 - Rs. C-144/99, NJW 2001, 2244 (2245). 239  Ulber, AuR, 10 (11); Düwell, ZESAR 2011, 449 (450 f.). 240  BT-Drs. 17/4804, S. 8; Bartl/Romanowski, NZA Online 2012, 1 (4). 241  Hamann, RdA 2011, 321 (326); BT-Drs. 17/4804, S. 7. 242  Thüsing/Stiebert, DB 2012, 632 (633). 236  237 

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

f)  Die Entscheidung des 7. Senats des BAG vom 10.7.2013 Der 7. Senat des BAG hat mit seiner Entscheidung vom 10.7.2013 festgestellt, dass § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG die nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlas­ sung verbietet, da ansonsten „die Regelung […] ihren Sinn als gesetzliche Norm [verlöre], wenn sie im Falle einer nicht mehr vorübergehenden Arbeitnehmerüber­ lassung keine Bedeutung hätte“243. Nach Ansicht des BAG dient die Regelung nicht nur dem Schutz der Leiharbeit­ nehmer, sondern auch dem kollektiven Interesse der Belegschaft des Entleiherbe­ triebs, deren Spaltung es zu vermeiden gilt.244 Offen gelassen hat es dabei jedoch, wann eine nicht nur vorübergehende Beschäftigung vorliegt und ob dabei auf den Beschäftigungsbedarf des Entleihers oder die Person des Leiharbeitnehmers ab­ zustellen ist. In der vorliegenden Fallkonstellation kam es auf die Beantwortung dieser Fragen nicht mehr an. Aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG lasse sich noch kein bestimmtes Ergebnis feststellen, allerdings spreche entscheidend für den normativen, verbind­ lichen Charakter der Norm der Sinn und Zweck der Regelung als auch der Wille des Gesetzgebers. Es handle sich nicht nur um eine folgenlose Beschreibung, son­ dern der Regelungsinhalt bestehe genau darin, die nicht mehr nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu unterbinden.245 Der Begriff „vorübergehend“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff; es sei Aufgabe der Gerichte, diesen zu konkretisieren und auszugestalten. g)  Die Entscheidung des LAG Nürnberg vom 29.10.2013 Entgegen der Auffassung des 7. Senats des BAG hat das LAG Nürnberg in sei­ ner Entscheidung vom 29.10.2013 festgestellt, dass der deutsche Gesetzgeber mit der Einfügung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG kein Verbot der dauerhaften Arbeitnehmer­ überlassung statuiert hat. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesbegrün­ dung würden eine solche Auslegung zulassen.246 Das LAG Nürnberg hat darauf hingewiesen, dass das jetzt geltende AÜG selbst keinen Hinweis darauf gibt, ob und wenn ja welche Rechtsfolgen eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung mit sich brächte. Auch die Gesetzesbegründung vom 17.2.2011 enthalte keine Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass die mehr als nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung verboten sei. Vielmehr gehe aus ihr nur hervor, dass mit der Neuregelung nur der Leiharbeits-RL entsprochen wer­ de. Die RL 2008/104/EG selbst enthalte aber keine Zulässigkeitsvoraussetzungen in Art. 3; vielmehr handle es sich nur um „Begriffsbestimmungen“.247 243 

BAG, Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 91/11, NZA 2013, 1296. BAG, Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 91/11, NZA 2013, 1296. 245  BAG, Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 91/11, NZA 2013, 1296 (1299). 246  LAG Nürnberg, Beschluss vom 29.10.2013 – 7 TaBV 15/13, S. 1. 247  LAG Nürnberg, Beschluss vom 29.10.2013 – 7 TaBV 15/13, S. 14. 244 

III.  Maximale Einsatzzeiten von Leiharbeitnehmern ?

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Auch Art. 5 Abs. 5 RL 2008/104/EG könne nicht als Begründung herangezogen werden, denn es sei nicht Aufgabe des nationalen Gesetzgebers, aufeinander fol­ gende Überlassungen generell zu verhindern. Es gehe vielmehr nur um solche, mit denen die Bestimmungen der Richtlinie umgangen werden sollen (beispielsweise Art. 5 Abs. 1 – 4). Im Übrigen würde sich ein Verbot der dauerhaften Überlassung negativ auf die Gruppe der Leiharbeitnehmer auswirken; die Einstellung unterbleibe folglich überhaupt.248 Das LAG Nürnberg sieht die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung als überschritten an, wenn aus der Änderung des § 1 Abs. 1 AÜG Rechtsfolgen abge­ leitet werden, die sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus dem gesetzgebe­ rischen Willen ergeben.249 h) Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass sowohl im Schrifttum als auch innerhalb der Instanzen der Gerichte die Meinung in Bezug auf die Bedeu­ tung des Begriffs „vorübergehend“ weit auseinandergehen. Zustimmung kann aber nur die Auffassung erhalten, die von einem Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung ausgeht. Weder kann davon ausgegangen werden, dass die nicht mehr nur vorübergehende Leiharbeit gar nicht geregelt wer­ den sollte und deswegen auch nicht von der Leiharbeits-RL umfasst sein sollte, noch kann man annehmen, dass die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung bloß den Regelfall darstellt und deswegen auch der Dauerverleih unter die Richtli­ nie und dementsprechend auch unter das AÜG fallen soll. Das Wort „vorübergehend“ hat nur deshalb Einklang in das AÜG gefunden, weil ihm eine eigene Bedeutung beigemessen werden soll; jede andere Auslegung wür­ de keinen Sinn ergeben. Nur damit wird dem Sinn und Zweck der Leiharbeits-RL – und damit auch dem AÜG – Rechnung getragen, der neben dem Flexibilitätsas­ pekt vor allem die Schutzwürdigkeit des Leiharbeitnehmers in den Vordergrund rückt. Gerade aber der Dauerverleih macht es Leiharbeitnehmern fast unmöglich in ein „normales“ Arbeitsverhältnis zu wechseln und somit zu einem „vollwerti­ gen“ Arbeitnehmer mit denselben Rechten und Pflichten zu werden wie alle ande­ ren Stammarbeitskräfte auch. Vielmehr wird für Entleiher der Anreiz geschaffen, ihr Stammpersonal durch kostengünstigere Leiharbeitnehmer zu ersetzen, ohne Gefahr zu laufen, einem regelmäßigen Austausch der überlassenen Leiharbeiter und damit einhergehend einer ständigen Unruhe im Betrieb zu begegnen. Zugegebenermaßen dient die Gesetzesbegründung mit Sicherheit nicht der „Klarstellung“ und Rechtssicherheit.250 Nichtsdestotrotz werden mit dieser Ausle­ 248 

LAG Nürnberg, Beschluss vom 29.10.2013 – 7 TaBV 15/13, S. 16 f. LAG Nürnberg, Beschluss vom 29.10.2013 – 7 TaBV 15/13, S. 18. 250  So auch Lembke, DB 2011, 414 (415). 249 

84 E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

gung – entgegen der Auffassung des LAG Nürnberg – nicht die Grenzen der rich­ terlichen Rechtsfortbildung überschritten. Dem Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG fehlt es zwar an Präzision; er steht aber definitiv nicht im Widerspruch zu der Auslegung, dass allein die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu­ lässig ist. Vor allem aber wollte der Gesetzgeber mit der RL 2008/104/EG kon­ form gehen und die europarechtlichen Vorgaben umsetzen. Aus der Entstehungs­ geschichte und aus dem Wortlaut der Richtlinie selbst wird aber deutlich, dass ein Dauerverleih zum Schutze der Leiharbeitnehmer als auch der Stammbelegschaft untersagt sein soll. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass sowohl der europäische als auch der nationale Gesetzgeber ausschließlich die vorübergehende Arbeitnehmerüber­ lassung als zulässig erachten. 5.  Rechtsfolgen des Verbots der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung Welche Rechtsfolgen sich an das Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüber­ lassung anschließen, ist gesetzlich nicht geregelt. Allerdings verpflichtet Art. 10 Abs. 2 der Leiharbeits-RL die Mitgliedsstaaten, geeignete Maßnahmen zu ergrei­ fen, um die Einhaltung der in der Richtlinie aufgestellten Regelungen zu gewähr­ leisten. Dazu müssen entsprechende Sanktionen festgelegt werden, welche zu­ gleich wirksam und angemessen als auch abschreckend sind. Gewerberechtlich könnte theoretisch in Betracht gezogen werden die Überlas­ sungserlaubnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 AÜG zu widerrufen. Jedoch würde diese Folge nur den Verleiher treffen. Im Übrigen wäre ein solcher Widerruf im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen erheblichen Verstoß (z. B. Wiederholungstäter) handelt.251 Eine Versagung der Erlaubnis gem. § 3 AÜG kommt mangels Zutreffens ebenfalls nicht in Betracht. Eine gewerbe­ rechtliche Sanktion gegen den Entleiher ist nicht möglich, da die Bundesagentur für Arbeit als Erlaubnisbehörde ausschließlich die Verleiher überwacht.252 Auch eine Einstufung als Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 AÜG sieht das Gesetz nicht vor. Zivilrechtlich sanktioniert werden könnte die nicht nur vorübergehende Ar­ beitnehmerüberlassung durch Anwendung des § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG, wonach ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert wird für den Fall, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer un­ wirksam ist mangels der erforderlichen Erlaubnis im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG.253 Allerdings kommt eine direkte Anwendung des § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 251  Hamann, RdA 2011, 321 (327); Düwell, in: Arens/Düwell/Wichert, Handbuch Um­ strukturierung und Arbeitsrecht, § 10 Rn. 106. 252  Düwell, ZESAR 2011, 449 (454). 253  Dies bejahend LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.08.2013 - 11 Sa 112/13, BeckRS 2013, 74194.

III.  Maximale Einsatzzeiten von Leiharbeitnehmern ?

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§ 9 Nr. 1 AÜG bereits auf Grund des Wortlauts nicht in Betracht, der die fehlende Überlassungserlaubnis voraussetzt. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die ansonsten gesetzeswidrige Arbeitnehmerüberlassung bleibt mangels plan­ widriger Regelungslücke kein Raum.254 Der deutsche Gesetzgeber hat – obwohl er im Gesetzgebungsverfahren auf die fehlenden Sanktionen aufmerksam gemacht wurde255 – bewusst darauf verzichtet, die Folgen einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung zu regeln. Im Übrigen muss berücksichtigt werden, dass die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses eine drastische Einschränkung der negati­ ven Vertragsfreiheit für den Entleiher bedeuten würde. Im Ergebnis bleibt damit die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlas­ sung so lange sanktionslos, bis der Gesetzgeber Regelungen schafft, die den An­ forderungen des Art. 10 RL 2008/104/EG gerecht werden. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, Rechtsfolgen festzusetzen, die den Rahmen der richterlichen Rechtsfort­ bildung sprengen würden. Zu den Rechten des Entleiherbetriebsrats bzw. der Mitarbeitervertretung wer­ den Ausführungen in Kapitel E. IV. gemacht. 6. Ausblick Aus der dargestellten zur Zeit bestehenden Gesetzeslage folgt, dass Handlungs­ bedarf besteht. Sowohl bei der Frage nach dem, was „vorübergehend“ bedeutet, als auch bei dem Thema der Sanktionen sollte es sich der Gesetzgeber zur Aufgabe machen, diese Problemfelder in Angriff zu nehmen, und Regelungen schaffen, an­ statt den Gerichten es zu überlassen, Lösungen zu finden, die möglicherweise über die richterliche Rechtsfortbildung hinausgehen. Ein erster Schritt diesbezüglich wurde bereits unternommen; im Koalitionsver­ trag von CDU, CSU und SPD aus dem Jahr 2013 wurde vereinbart, dass die Höchst­ überlassungsdauer im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung (grundsätzlich) auf 18 Monate gesetzlich begrenzt werden soll.256 Aktuell wurde am 06.05.2015 ein Antrag einiger Abgeordneter sowie der Fraktion DIE LINKE an den Bundestag gestellt (Drucksache 18/4839), die Überlassungsdauer von Leiharbeitnehmern auf drei Monate zu begrenzen; die im Koalitionsvertrag vorgeschlagene Grenze von 18 Monaten sei zu hoch angesetzt, da nur 13,8 % der Leiharbeitsverhältnisse länger als 18 Monate andauern.257 254  So auch BAG, Urteil vom 10.12.2013 – 9 AZR 51/13, NZA 2014, 196 (198); BAG, Ur­ teil vom 29.04.2015 - 9 AZR 883/13, BeckRS 2015, 69635; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.10.2012 – 7 Sa 1182/12, BeckRS 2012, 74944; ArbG Frankfurt/Oder, Urteil vom 17.04.2013 – 6 Ca 1754/12, BeckRS 2013, 73950; Krannich/Simon, BB 2012, 1414 (1418 f.); a.A. Bartl/Romanowski, NZA Online 2012, 1 (5 f.). 255  Vgl. BT-Drs. 17/5238 S. 9. 256 Abrufbar unter https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitions­ vertrag.pdf, S. 49 f. 257  BT-Drs. 18/4839, S. 1.

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

Hamann schlägt in Anlehnung an § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG eine Höchstüber­ lassungsfrist von 24 Monaten vor. Regelungsziel des § 5 Nr. 1 der Rahmenver­ einbarung zur Befristungsrichtlinie 1999/70/EG 13 ist es, den Missbrauch der Befristungsmöglichkeit durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden. Diesem Ziel wurde auf nationaler Ebene mit der Normierung von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG Rechnung getragen. Angesichts des in Art. 5 Abs. 5 Leihar­ beits-RL vorgesehenen Missbrauchsverbots könne eine Parallele zum Befristungs­ recht gezogen werden. Ein Dauerbeschäftigungsbedarf dürfte dann in der Regel maximal 24 Monate sachgrundlos befristet mit demselben eigenen Arbeitnehmer oder mit einer Zeitarbeitskraft abgedeckt werden.258 Diese Frist entspricht der Re­ gelung Nr. 4.1 des Tarifvertrags Leih-/Zeitarbeit der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Demnach hat der Entleiher dem Leiharbeitnehmer nach Ablauf von 24 Monaten einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Orientierungshilfe für eine feste zeitliche Grenze könnte auch die allgemein übliche Probezeit von sechs Monaten darstellen. Gemäß § 622 Abs. 3 BGB gilt in diesem Zeitraum eine Kündigungsfrist von zwei Wochen, um sowohl dem Arbeit­ geber als auch dem Arbeitnehmer die Chance zu geben, sich innerhalb kurzer Zeit von seinem Vertragspartner zu lösen. Während dieser Zeit sind beide Parteien noch nicht so stark schutzbedürftig, sodass eine kurze Kündigungsfrist gerechtfertigt ist. Eine Übertragung dieses Zeitraums auf das Konstrukt der Arbeitnehmerüber­ lassung scheint sinnvoll, da es Leiharbeitnehmern zugemutet werden kann, für sechs Monate einer Beschäftigung nachzugehen, welche im Verhältnis zu einem „normalen“ Arbeitsverhältnis weniger günstig und unsicherer ist. Erst danach ist davon auszugehen, dass auch Leiharbeitnehmer so in den Betrieb integriert sind, dass sie einer festangestellten Arbeitskraft gleichwertig gegenüberstehen. Es ist für sie daher nicht mehr akzeptabel, eine im Vergleich zu Festangestellten äquivalente Tätigkeit auszuüben, aber mit schlechteren Arbeitsbedingungen konfrontiert zu werden. Im Ergebnis ist es sachgerecht, die Arbeitnehmerüberlassung auf sechs Monate zu begrenzen.259 Damit würde nicht nur Rechtssicherheit geschaffen, sondern auch ein Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Belangen der Leiharbeitnehmer und dem Interesse der Arbeitgeber an Flexibilität erreicht werden. Die Normierung von Sanktionen im Falle einer nicht mehr nur vorübergehen­ den Arbeitnehmerüberlassung wurde von Seiten des Gesetzgebers noch nicht in Angriff genommen. In Betracht gezogen werden könnte die Erweiterung des Ordnungswidrigkei­ tenkatalogs in § 16 Abs. 1 AÜG oder die Ergänzung der Widerrufsgründe in § 5 Abs. 1 AÜG um den Tatbestand der nicht mehr nur vorübergehenden Arbeitneh­ merüberlassung.

258  259 

Hamann, NZA 2015, 904 (905). Im Ergebnis so auch Grüneberg/Schuster, AiB 2012, 384 (386).

IV.  Mitspracherechte der Mitarbeitervertretungen

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Auch das in der Literatur bereits teilweise angenommene Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer käme in Betracht, wenn dies gesetzlich normiert werden würde. Allerdings müsste dem Leiharbeitnehmer – wie im Falle des § 613a Abs. 6 BGB – ein Widerspruchsrecht zugestanden werden, da er nicht zur Eingehung eines Arbeitsverhältnisses ge­ zwungen werden darf, Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG. Dass das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses für den Entleiher ein drastischer Eingriff in seine negative Vertragsfreiheit darstellt, wurde bereits oben 260 angesprochen. Allerdings muss be­ rücksichtigt werden, dass der Entleiher dann nicht schutzwürdig ist, wenn er sich seines rechtswidrigen Verhaltens bewusst ist. Dann nimmt er wissentlich das Ri­ siko in Kauf, unter Umständen ein neues Arbeitsverhältnis begründen zu müssen. Um der Umsetzung von Art. 10 RL 2008/104/EG ausreichend Rechnung zu tragen, stehen dem deutschen Gesetzgeber demnach mehrere Möglichkeiten offen, eine nicht mehr nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu sanktionieren. Seine Aufgabe besteht in der baldigen Umsetzung, um weitere Unsicherheiten diesbezüglich zu vermeiden.

IV.  Mitspracherechte der Mitarbeitervertretungen Eine weitere Folgefrage, die sich bei der Annahme der Zulässigkeit von Ar­ beitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen stellt, ist, welche Mitspra­ cherechte den jeweiligen Mitarbeitervertretungen zustehen. Fraglich ist, ob der Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf Grund eines Widerspruchs der Mitarbeiter­ vertretung der entleihenden Einrichtung sogar verhindert werden kann. Die Beant­ wortung dieser und weiterer damit zusammenhängender Fragen soll Thema des folgenden Abschnitts sein. 1.  Ausgangslage nach § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG In § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG ist bestimmt, dass der Betriebsrat des Entleiherbe­ triebs vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Allerdings findet das BetrVG nach § 118 Abs. 2 BetrVG keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erziehe­ rischen Einrichtungen. Für die katholische Kirche gilt stattdessen die MAVO, für die evangelische Kirche das MVG.EKD. 2.  Regelungen auf Seiten der katholischen Kirche Zwar sind Leiharbeitnehmer keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im Sinne der MAVO; dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 S. 2 MAVO. Allerdings gilt auch für de­ ren Beschäftigung der Unterrichtungsanspruch aus § 33 Abs. 2 S. 1 MAVO und das Zustimmungserfordernis durch die Mitarbeitervertretung des Entleihers gemäß 260 

Siehe E. III. 5.

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

§ 34 Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 1 MAVO. Die Einfügung von Satz 2 durch Beschluss des Verbands der Diözesen Deutschlands vom 22.10.2010 ist eine Reaktion auf das Urteil des KAGH vom 27.11.2009261, in dem ein Zustimmungsverweigerungsrecht der Mitarbeitervertretung mangels Normierung abgelehnt werden musste.262 Bei den Zustimmungsverweigerungsgründen in § 34 Abs. 2 MAVO handelt es sich um einen abschließenden Katalog, sodass nur die dort genannten Gründe von der Mitarbeitervertretung vorgebracht werden können. Im Rahmen der Beschäf­ tigung von Leiharbeitnehmern ist insbesondere der Zustimmungsverweigerungs­ grund gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO relevant. Demnach kann nämlich die Mitar­ beitervertretung die vom Dienstgeber beantragte Zustimmung verweigern, wenn die überlassene Person länger als sechs Monate beim Entleiher beschäftigt werden soll. § 34 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 MAVO stellt dabei ausdrücklich fest, dass mehrere Beschäftigungen eines Leiharbeitnehmers bei demselben Dienstgeber zusammen­ gerechnet werden. Mit der Einfügung von § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO wurde die Wertung des evangeli­ schen Kirchengerichtshofes übernommen, der in seinem Beschluss vom 09.10.2006 entschieden hat, dass es mit dem Leitbild der Dienstgemeinschaft unvereinbar sei, Leiharbeit außerhalb eines kurzfristigen Beschäftigungsbedarfs zuzulassen. Durch die eindeutige Festlegung auf sechs Monate wird die Handhabung für die Praxis extrem vereinfacht; es bestehen keine Unsicherheiten für die Gerichte. Zu berücksichtigen ist, dass es eine Umgehung von § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO darstellen würde, wenn eine auf Dauer angelegte Beschäftigung von wechseln­ den Leiharbeitnehmern zur Wahrnehmung bestehender Daueraufgaben ausgeübt werden würde. Daher ist auch in dieser Konstellation – auch wenn im Einzelfall, bezogen auf die Person des zur Einstellung anstehenden Leiharbeitnehmers, eine erstmalige Beschäftigung im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung von maximal sechs Monaten ansteht – eine Zustimmungsverweigerung durch die Mitarbeiter­ vertretung nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO gerechtfertigt.263 Verweigert die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung, so bleibt dem Dienstge­ ber letztendlich nur die Möglichkeit das Kirchliche Arbeitsgericht anzurufen, § 33 Abs. 4 MAVO. 3.  Regelungen auf Seiten der evangelischen Kirche Auf Seiten der evangelischen Kirche fehlt es an einer eindeutigen Normierung in Bezug auf die Rechte der Mitarbeitervertretung bei der Beschäftigung eines Leihar­ beitnehmers. Eine Regelung wie § 34 Abs. 1 S. 2 MAVO, die nachträglich als Reakti­ on auf gerichtliche Entscheidungen eingefügt wurde, findet sich im MVG.EKD nicht. 261 

KAGH, Urteil vom 27.11.2009 - M 06/09, ZMV 2010, 37 f. Oxenknecht-Witzsch, in: Oxenknecht-Witzsch/Eder/Stöcke-Muhlack/Schmitz/Richartz, Eichstätter Kommentar MAVO, § 3 Rn. 20. 263  So auch Jüngst, in: Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, § 34 Rn. 80. 262 

IV.  Mitspracherechte der Mitarbeitervertretungen

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a)  Eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach § 42 lit. a)  MVG.EKD Nichtsdestotrotz steht auch den Mitarbeitervertretungen evangelischer Einrich­ tungen ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei der Beschäftigung von Leihar­ beitnehmern zu. Abgeleitet wird dies aus § 42 lit. a) MVG.EKD. Demnach hat die Mitarbeitervertretung bei der Einstellung privatrechtlich angestellter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht, mit der Folge, dass sie aus bestimmten Gründen (abschließende Aufzählung in § 41 Abs. 1 MVG. EKD) die Zustimmung zur Einstellung verweigern kann. Grundsätzlich fallen zumindest externe Leiharbeitnehmer im Gegensatz zu intern überlassenen Arbeitskräften nicht unter den Mitarbeiterbegriff gemäß § 2 Abs. 1 MVG.EKD, da sie nicht in einem Arbeitsverhältnis mit einer kirchlichen Einrichtung stehen. Allerdings kommt es vorliegend auf die Begriffsdefinition von „Einstellung“ an. Unter „Einstellung“ versteht man die Eingliederung eines oder einer Beschäftigten in die Dienststelle und die Aufnahme der Tätigkeit, wo­ bei es auf die tatsächliche Integration in den Betrieb der Dienststelle ankommt. Das heißt eine Einstellung nach § 42 lit. a) MVG.EKD liegt vor, wenn eine Per­ son derart in die Arbeitsorganisation der Dienststelle eingegliedert wird, dass die Dienststellenleitung im Sinne des Direktionsrechts nach § 106 GewO die für eine weisungsgebundene Tätigkeit typischen Entscheidungen über Inhalt, Zeit und Ort der Tätigkeit trifft und die Tätigkeit im Zusammenwirken mit den anderen in der Dienststelle beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks in der Dienststelle dient. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Dienstgeber stehen, kommt es nicht an.264 Dies hat zur Folge, dass auch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern eine mitbestimmungs­ pflichtige Einstellung mit sich bringen kann.265 Ein Arbeitsvertrag zur entleihen­ den Einrichtung als Grundlage ist nicht zwingend erforderlich; ausreichend ist die Weisungsbefugnis des Entleihers gegenüber dem überlassenen Arbeitnehmer, der gemeinsam mit den anderen Mitarbeitern im Entleiherbetrieb tätig ist. b)  § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG als Rechtsvorschrift i. S. von § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. a)  MVG.EKD Fraglich ist aber dann, wann der Mitarbeitervertretung ein Zustimmungsver­ weigerungsrecht i. S. von § 41 Abs. 1 MVG.EKD zusteht. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) MVG.EKD, wonach ein Zustimmungs­ verweigerungsrecht unter anderem dann besteht, wenn die Maßnahme gegen eine Rechtsvorschrift verstößt. Für § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, der vom Wortlaut her § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) MVG. EKD sehr ähnelt, hat das BAG entschieden, dass ein Zustimmungsverweigerungs­ 264 

Vgl. auch BAG, Beschluss vom 13.12.2005 – 1 ABR 51/04, NZA 2006, 1369 f. Vgl auch VerwG.EKD, Beschluss vom 15.06.1997 – B 11-97, ZMV 1998, 136; VerwG. EKD, Beschluss vom 18.01.2001 – II-0124/E14-00, ZMV 2001, 133. 265 

90 E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

recht insbesondere dann besteht, wenn der Einsatz als solcher gesetzeswidrig ist, wenn also die Maßnahme nach dem Zweck der verletzten Norm gänzlich unterblei­ ben muss.266 Darauf, dass es sich um ein technisches Verbotsgesetz im strengeren Sinne handelt, kommt es jedoch nicht an. Es muss nur hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Zweck der betreffenden Norm darin besteht, die per­ sonelle Maßnahme selbst zu verhindern.267 Wie bereits oben 268 festgestellt, verbietet § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG die mehr als nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung. Das ergibt sich aus ihrem Charakter als Rechtsnorm. Die Regelung verlöre ansonsten ihren Sinn als gesetzliche Norm, wenn sie für den Fall der nicht mehr nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlas­ sung keine Bedeutung hätte. Deshalb handelt es sich bei § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG um ein Verbotsgesetz i. S. von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG bzw. übertragen auf das MVG. EKD um eine Rechtsvorschrift i. S. von § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) MVG.EKD, deren Verletzung die Mitarbeitervertretung zur Verweigerung der Zustimmung zur Ein­ stellung berechtigt. Denn der Zweck der Regelung kann nur erreicht werden, wenn die Einstellung insgesamt unterbleibt.269 § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG dient unter anderem auch den kollektiven Interessen der betroffenen Belegschaft vor einer Spaltung der Mitarbeiterschaft; die Vorschrift hat somit auch den Zweck die Organisations­ gewalt des Arbeitgebers im Hinblick auf eine bestimmte Zusammensetzung der Belegschaft zu beschränken.270 Mit der Einordnung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG als Verbotsgesetz i. S. von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG bzw. als Rechtsvorschrift i. S. von § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) MVG. EKD wird auch dem Ziel der Leiharbeitsrichtlinie Rechnung getragen, nämlich dem Schutz vor Missbrauch der Leiharbeit.271 Mitarbeitervertretungen erhalten dadurch ein wirkungsvolles Instrument, den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen einer gerichtlichen Kontrolle im Zustimmungsersetzungsver­ fahren nach § 38 Abs. 4 i. V. mit § 60 Abs. 5 MVG.EKD zu unterziehen. c)  Ständig wiederkehrendes Problem: Was heißt vorübergehend? Letztendlich bleibt aber immer die Unsicherheit, wann überhaupt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG vorliegt, weil der Begriff „vorübergehend“ viel zu unbestimmt ist. Orientierung dafür bietet die Entscheidung des KGH.EKD vom 9.10.2006, auch wenn dort nicht auf einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG abgestellt wird, sondern auf den Widerspruch mit dem kirchlichen Grundsatz des Leitbildes von der Dienstgemeinschaft. Darin führt das Gericht aus, dass eine 266 

BAG, Beschluss vom 17.06.2008 – 1 ABR 20/07, NZA 2008, 1139 (1141). BAG, Beschluss vom 23.06.2010 – 7 ABR 3/09, NZA 2010, 1361 (1364). 268  Siehe E. III. 4. h). 269  BAG, Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 91/11, NZA 2013, 1296; Bartl/Romanowski, NZA Online 2012, 1 (6); Hamann, RdA 2011, 321 (327). 270 A.A. Lipinski, NZA 2013, 1245 ( 1247). 271  So auch Grüneberg/Schuster, AiB 2012, 384 (386). 267 

V.  Mitwirkungsrechte der Leiharbeitnehmer

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„auf Dauer angelegte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, die Substituierung, der Er­ satz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch Leiharbeitnehmer und Leiharbeitneh­ merinnen […] mit dem Kirchenarbeitsrecht nicht vereinbar [sei].“ „Daraus folgt, dass die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zum Einsatz eines Leih­ arbeitnehmers oder einer Leiharbeitnehmerin jedenfalls dann berechtigt verweigert, wenn ein Leiharbeitnehmer oder eine Leiharbeitnehmerin für zwei Jahre befristet […] beschäftigt werden soll.“272

Für entleihende Dienststellen im Bereich der evangelischen Kirche bedeutet dies, dass spätestens ab einer Überlassungsdauer von zwei Jahren der Mitarbei­ tervertretung ein Zustimmungsverweigerungsrecht eingeräumt werden muss. Al­ lerdings bringt das Wort „jedenfalls“ zum Ausdruck, dass auch bei einer deutlich kürzeren Verleihzeit unter Umständen bereits ein Zustimmungsverweigerungs­ recht besteht. Möglicherweise orientieren sich die evangelischen Kirchengerichte bald an der Sechs-Monats-Grenze gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO. Eine Sicherheit besteht zumindest so lange nicht, bis im MVG.EKD eine feste zeitliche Grenze normiert wird oder die Kirchengerichte eine klare Entscheidung treffen. Bis dahin sollten die evangelischen Dienstgeber, wenn sie vom Konstrukt der Arbeitnehmer­ überlassung Gebrauch machen wollen, die Zustimmung hierfür von der Mitarbei­ tervertretung einholen, um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Ansonsten droht möglicherweise ein Arbeitsklima des Misstrauens, der Unsicher­ heit und der Unzufriedenheit. 4. Schlussfolgerung Sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche wird den Mit­ arbeitervertretungen ein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung von Leiharbeit­ nehmern eingeräumt, auch wenn es unterschiedlich stark ausgestaltet ist. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine Sanktion i. S. von Art. 10 RL 2008/104/EG, allerdings besteht dadurch zumindest die Möglichkeit, das Instrument der Arbeit­ nehmerüberlassung einer Missbrauchskontrolle zu unterziehen. Auf Seiten der evangelischen Kirche besteht noch Handlungsbedarf, um Un­ wägbarkeiten zu vermeiden. Anbieten würde sich eine der katholischen Kirche vergleichbare Regelung, welche in § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO normiert wurde. Dies würde der Vereinheitlichung dienen und zur Rechtssicherheit beitragen.

V.  Mitwirkungsrechte der Leiharbeitnehmer Bei der Frage nach den Mitspracherechten darf es nicht dabei bleiben, nur auf die Rechte der Mitarbeitervertretungen einzugehen. Vielmehr müssen auch die individuellen Mitwirkungsrechte der Leiharbeitnehmer in den Blick genommen werden.

272 

KGH.EKD, Beschluss vom 09.10.2006 – II-0124/M 35-06, NZA 2007, 761.

92

E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

Zu klären ist, welche Rechte den Leiharbeitnehmern überhaupt zustehen und ob es Unterschiede gibt zu einem Tätigwerden in einer weltlichen Einrichtung. 1.  Ausgangslage nach § 14 AÜG und §§ 7 f.  BetrVG Gemäß § 14 Abs. 1 AÜG bleiben „Leiharbeitnehmer […] auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers“. Das hat zur Folge, dass Leiharbeitnehmer im Rahmen der externen Arbeitnehmerüberlassung im Verleiherbetrieb nach §§ 7 f. BetrVG wahlberechtigt und (bei sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit) wählbar sind. Die Möglichkeit zur Wählbarkeit im Entleiherbetrieb besteht für die überlassenen Leiharbeitnehmer nicht, § 14 Abs. 2 S. 1 AÜG. Allerdings steht ihnen zumindest nach § 7 S. 2 BetrVG in den Betrieben, in denen das BetrVG Anwendung findet, das aktive Wahlrecht dann zu, wenn ihr Einsatz länger als drei Monate dauert. Weiterhin steht den Leiharbeitnehmern das Recht zu, die Sprechstunden der Ar­ beitnehmervertretungen aufzusuchen und an den Betriebs- und Jugendversamm­ lungen im Entleiherbetrieb teilzunehmen, § 14 Abs. 2 S. 2 AÜG. 2.  Regelungen im Anwendungsbereich der MAVO a)  Leiharbeitnehmerrechte beim Verleiher im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung Auf Seiten der katholischen Kirche sehen die Rechte der Leiharbeitnehmer an­ ders aus. Handelt es sich um eine interne Arbeitnehmerüberlassung, sodass bereits auf Seiten des Verleihers die MAVO Anwendung findet, so gelten für die Arbeit­ nehmer in Bezug auf ihre Wahlberechtigung und Wählbarkeit im Verleiherbetrieb die §§ 7 f. MAVO. Demnach besteht selbst das aktive Wahlrecht erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres und einer Dienststellenzugehörigkeit von mindestens sechs Monaten, § 7 Abs. 1 MAVO. Das passive Wahlrecht ist noch strenger geregelt. Da­ für muss der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin „am Wahltag seit mindestens einem Jahr ohne Unterbrechung im kirchlichen Dienst stehen, davon mindestens seit sechs Monaten in einer Einrichtung desselben Dienstgebers tätig“ sein, § 8 Abs. 1 MAVO. b)  Leiharbeitnehmer als Abgeordnete im Sinne von § 7 Abs. 2 S. 1 MAVO? Problematischer wird die Situation für die Leiharbeitnehmer in der Dienststel­ le des Entleihers. Auf Grund ihrer fehlenden Mitarbeiterstellung (§ 3 Abs. 1 S. 2 MAVO) steht ihnen kein aktives Wahlrecht nach § 7 Abs. 1 MAVO zu. In Betracht kommt ausschließlich die Anwendung von § 7 Abs. 2 S. 1 MAVO. Danach wird diejenige Person, die „zu einer Einrichtung abgeordnet ist, […] nach Ablauf von drei Monaten in ihr wahlberechtigt; im gleichen Zeitpunkt erlischt das Wahlrecht bei der früheren Einrichtung“. Allerdings findet diese Regelung dann gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 MAVO keine Anwendung, „wenn feststeht, dass die Mitarbeiterin oder der Mitar­ beiter binnen weiterer sechs Monate in die frühere Einrichtung zurückkehren wird“.

V.  Mitwirkungsrechte der Leiharbeitnehmer

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Fraglich ist, ob unter „Abordnung“ auch die Überlassung eines Leiharbeitneh­ mers subsumiert werden kann. Ursprünglich ist dieser Begriff dem Beamtenrecht entnommen.273 Nach § 27 Abs. 1 BBG ist „[e]ine Abordnung […] die vorübergehende Übertragung einer dem Amt der Beamtin oder des Beamten entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle“.

Entsprechendes gilt für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst gem. § 4 Abs. 1 TVöD. Die dazu bestehende Protokollerklärung definiert die Abordnung als „die Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben oder eines anderen Arbeitgebers unter Fortset­ zung des bestehenden Arbeitsverhältnisses“.

Thiel ist der Auffassung, dass Leiharbeitnehmer nicht unter diese Vorschrift subsumiert werden können.274 Vielmehr erfasse diese Norm nur von anderen Dienststellen abgeordnete Kirchenbeamte.275 Auch Beyer geht davon aus, dass zu­ mindest externe Leiharbeitnehmer nicht von § 7 Abs. 2 MAVO erfasst werden. Ab­ ordnungen i. S. dieser Vorschrift seien nur solche von Mitarbeitern einer anderen Einrichtung, die den Regeln der MAVO unterliegen.276 Sroka ist der Ansicht, dass § 3 Abs. 1 S. 2 MAVO als Reaktion auf die Einfüh­ rung des § 7 S. 2 BetrVG eingefügt wurde, um ein aktives Wahlrecht von Leih­ arbeitnehmern zu verhindern. Er geht davon aus, dass die Mitarbeitervertretung Leiharbeitnehmer nicht wie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter repräsentiert und ihnen deswegen kein gleichwertiges Wahlrecht zukommen kann.277 Thüsing weist auf die Erläuterung zu dieser Vorschrift hin. Demnach ist „die bei Abordnung von mehr als drei Monaten ausnahmsweise existierende Wahlbe­ rechtigung auf die Fälle beschränkt, in denen die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter Dienstnehmer eines von der MAVO erfassten Dienstgebers ist“278.

Folgt man den Gesetzgebungsmaterialien, hätte dies zur Folge, dass zumindest Leiharbeitnehmern im Rahmen der internen Arbeitnehmerüberlassung ein aktives Wahlrecht unter den genannten Voraussetzungen zusteht, da der Anwendungsbe­ reich der MAVO in diesem Fall bereits eröffnet ist.279 Leiharbeitnehmern externer

Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 18 Rn. 45. Thiel, in: Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, § 7 Rn. 42, § 3 Rn. 69. 275  Thiel, in: Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, § 7 Rn. 32 f. 276  Beyer, in: Freiburger Kommentar zur MAVO, § 7 Rn. 23 sowie im Umkehrschluss aus § 3 Rn. 25; dem sich anschließend Walk/Christiansen, ZAT 2013, 165 (170). 277  Sroka, KuR 2005, 41 (46). 278  Zitiert nach Thüsing, in: FS Richardi, 989 (993). 279  So auch Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Ar­ beitsrechts, S. 218. 273  274 

94 E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften wäre in der Entleiherdienststelle hinge­ gen das aktive Wahlrecht völlig verwehrt. Betrachtet man sich allein den Wortsinn, dann könnten sogar beide Formen der Arbeitnehmerüberlassung als eine Form der Abordnung angesehen werden, denn Synonyme für das Verb „abordnen“ sind beispielsweise „aussenden, entsenden, de­ legieren, hinbeordern“280. Objektiv betrachtet werden sowohl Arbeitnehmer interner als auch externer Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften an den Entleiher entsen­ det bzw. delegiert; vom Wortlaut her wäre damit eine Subsumtion unter § 7 Abs. 2 S. 1 MAVO möglich. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die MAVO an anderer Stelle (§ 3 Abs. 1 S. 2 bzw. § 34 Abs. 1 S. 2 MAVO) stets von Personen, „die dem Dienstgeber zur Ar­ beitsleistung überlassen werden im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“, spricht. Das führt zu dem Schluss, dass der kirchliche Gesetzgeber bewusst diese Formulierung gewählt hat, als er Regelungen geschaffen hat, die Leiharbeitnehmer betreffen sollen. § 34 Abs. 1 S. 2 MAVO stellt eine Ausnahmeregelung zu dem Grundsatz dar, dass der Anwendungsbereich der MAVO für überlassene Arbeitnehmer nicht er­ öffnet ist. Und auch in diesem Einzelfall geht es vielmehr um die Rechte der Mit­ arbeitervertretung und nicht um die der überlassenen Arbeitnehmer selbst. Hätte man Leiharbeitnehmern in der entleihenden Dienststelle ein aktives Wahlrecht zukommen lassen wollen, hätte der Verband der Diözesen Deutschlands spätes­ tens mit Einfügung des § 34 Abs. 1 S. 2 MAVO im Jahre 2010 die Wortwahl des § 7 Abs. 2 S. 1 MAVO ändern können und müssen. Da dies aber unterblieben ist, muss man davon ausgehen, dass Leiharbeitnehmern generell ein aktives Wahlrecht verwehrt werden soll. Der Wortlaut des § 7 Abs. 2 S. 1 MAVO ist im Ergebnis eng auszulegen, sodass auch intern überlassene Arbeitnehmer nicht unter diese Vorschrift fallen. c) Resümee Egal ob man den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 2 MAVO zumindest für intern überlassene Arbeitnehmer eröffnet – so wie es Teile der Literatur anneh­ men – oder nicht, wird deutlich, dass die Rechtsstellung von Leiharbeitnehmern im Rahmen der Mitbestimmung deutlich schlechter ist als die der Stammarbeitneh­ mer. Entweder werden sie in der Entleiherdienststelle gar nicht repräsentiert oder nur unzureichend, weil ihnen dieses selbst bei Annahme eines aktiven Wahlrechts der intern überlassenen Arbeitnehmer nur dann zusteht, wenn sie länger als neun Monate beim Entleiher tätig sind. Einen sachlichen Grund für diese zeitliche Kom­ ponente gibt es nicht.

280 

Abrufbar unter http://www.duden.de/suchen/dudenonline/abordnen.

V.  Mitwirkungsrechte der Leiharbeitnehmer

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3.  Regelungen im Anwendungsbereich des MVG.EKD Bei kircheneigenen Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften auf Seiten der evangelischen Kirche haben die dort beschäftigten Arbeitnehmer beim Verleiher selbst folgende Rechte: Wahlberechtigt nach § 9 Abs. 1 MVG.EKD sind sie bereits dann, wenn sie am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben. Einer bestimmten Zugehörigkeitsdauer, wie sie in der katholischen Kirche verlangt wird, bedarf es nicht. Für die Wählbarkeit ist hingegen eine Dienststellenzugehörigkeit von sechs Monaten erforderlich sowie die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche oder Gemeinschaft, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland angeschlossen ist, § 10 Abs. 1 S. 1 MVG.EKD. Die Normierungen bezüglich der Mitwirkungsrechte von Leiharbeitnehmern beim Entleiher auf Seiten der evangelischen Kirche sind hingegen vergleichsweise ähnlich. Ein aktives Wahlrecht in der entleihenden Einrichtung gemäß § 9 Abs. 1 MVG. EKD steht Leiharbeitnehmern mangels Arbeitsvertrag zur Dienstelle nicht zu. Ihnen fehlt die Mitarbeiterstellung in der entleihenden Einrichtung. In Betracht kommt auch hier nur die Subsumtion unter § 9 Abs. 2 HS. 1 MVG.EKD, wenn Leiharbeitnehmer „zu einer anderen Dienststelle abgeordnet“ sind. Dabei gilt für die Begrifflichkeit dieselbe Abstammung wie im Bereich der MAVO. Auch wenn die Wortwahl identisch ist, so wird keine Unterscheidung getroffen zwischen Ar­ beitnehmern kircheneigener Verleihgesellschaften und solchen, die in einem Ar­ beitsverhältnis zu einer säkularen Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft stehen. Eine Subsumtion unter § 9 Abs. 2 MVG.EKD soll weder direkt noch analog mög­ lich sein.281 Das hat zur Folge, dass Leiharbeitnehmer in evangelischen Einrichtun­ gen generell kein aktives Wahlrecht haben und erst recht kein passives. Im Übrigen bleibt nur eine entsprechende Anwendung von § 14 Abs. 2 S. 2 AÜG, der eine besondere Schutzvorschrift für Leiharbeitnehmer darstellt.282 Demnach können Leiharbeitnehmer die Sprechstunden der Arbeitnehmervertretungen beim Entleiher wahrnehmen und an den dortigen Betriebs- und Jugendversammlungen teilnehmen. 4. Fazit Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass die Mitwirkungsrechte von Leiharbeitnehmern, die an kirchliche Einrichtungen verliehen werden, unzu­ reichend sind. Zum einen besteht eine Benachteiligung gegenüber der Stammbelegschaft, zum anderen aber auch gegenüber solchen Leiharbeitnehmern, die an Betriebe verlie­ hen werden, die unter den Anwendungsbereich des BetrVG fallen. Denn dort be­ Fey/Rehren, MVG.EKD PraxisKommentar, § 9 Rn. 23. Schielke, Das Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutsch­ land, S. 116; Fey/Rehren, MVG.EKD PraxisKommentar, § 2 Rn. 8. 281 

282 

96

E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

steht zumindest ein aktives Wahlrecht für den Fall, dass sie länger als drei Monate überlassen werden, § 7 S. 2 BetrVG. Diese Benachteiligung ist nur schwer zu rechtfertigen. Mittlerweile werden Leiharbeitnehmer – auf Grund der Aufhebung der Höchstüberlassungsdauer – über lange Zeiträume an eine Einrichtung verliehen, ohne die Möglichkeit zu haben, durch die Mitarbeitervertretung repräsentiert zu werden. Vor allem im Ver­ gleich zur Gruppe der befristet Beschäftigten, die mit einem vollen Wahlrecht aus­ gestattet sind, greift das Argument der intensiveren Anbindung an die Einrichtung wohl kaum.283 Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen auch hinsichtlich der demokratischen Legitimationsgrundlage der Mitarbeitervertretung in der entleihenden Einrich­ tung, die zwar die Interessen der Leiharbeitnehmer wahrnehmen muss, mangels Wahlrecht der überlassenen Arbeitnehmer diese aber nicht repräsentiert.284 Erschwerend kommt hinzu, dass Leiharbeitnehmer – zumindest im Fall der ex­ ternen Arbeitnehmerüberlassung – auch nicht durch einen Betriebsrat beim Verlei­ her vertreten werden. Oftmals besteht dort gar kein Betriebsratsgremium, weil es am hinreichenden Zusammenhalt der Leiharbeitnehmer fehlt, die an unterschied­ lichste Einrichtungen überlassen werden. Anders ist dies im Falle der internen Ar­ beitnehmerüberlassung; dort ist die Bildung einer Mitarbeitervertretung zwingend vorgesehen, §§ 1a, 10 MAVO bzw. §§ 1 Abs. 1, 7 MVG.EKD. Die unzureichende Gewährung von Rechten für Leiharbeitnehmer, die an kirch­ liche Einrichtungen überlassen werden, zeigt einmal mehr, dass das Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung und dessen Folgen dem Anspruch an einen kirchlichen Dienst kaum gerecht werden. Da die Kirchen aber weiterhin von dieser Beschäfti­ gungsform Gebrauch machen werden, ist ihnen zu raten, ihre Normierungen hin­ sichtlich des aktiven Wahlrechts von Leiharbeitnehmern an die des BetrVG an­ zugleichen. Damit wäre zumindest die Wahlberechtigung ab einer vorgesehenen Überlassungsdauer von mehr als drei Monaten gesichert.

VI.  Notwendigkeit einer Unterscheidung hinsichtlich der Vergütung von Leiharbeitnehmern ? VI.  Notwendigkeit einer Unterscheidung hinsichtlich der Vergütung?

Wie bereits oben285 festgestellt wurde, ist ein zentrales Kriterium für den Dienst in der Kirche bzw. in einer ihr zugehörigen Einrichtung der Aspekt der Lohnge­ rechtigkeit. Nikolaus Schneider, ehemaliger EKD-Ratsvorsitzender, hat dies auf einer Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht an der Katholischen Universität Eichstätt wie folgt formuliert: 283  Kritisch auch Dohna-Jaeger, in: Ulber, AÜG, § 14 Rn. 71; Hamann, in: Schüren/ Hamann, AÜG, § 14 Rn. 53; Hamann, NZA 2003, 526 (529 f.); Brors, NZA 2002, 123 (124). 284  So auch Dohna-Jaeger, in: Ulber, AÜG, § 14 Rn. 71; Feuerborn/Hamann, BB 1994, 1246 (1348). 285  Siehe D. III. 2. f).

VI.  Notwendigkeit einer Unterscheidung hinsichtlich der Vergütung?

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„Bei der beruflichen Mitarbeit in der Kirche und in ihrer Diakonie müssen die Gehälter und Arbeitsbedingungen fair und angemessen sein und in einer gleichberechtigt ausba­ lancierten Sozialpartnerschaft geregelt werden.“286

Es stellt sich allerdings die Frage, ob trotz der Erforderlichkeit eines gerechten Lohns eine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung zwischen Stammarbeits­ kräften und Leiharbeitnehmern externer Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften – bei internen stellt sich dieses Problem auf Grund eines bestehenden Dienstver­ hältnisses zu einer kirchlichen Einrichtung nicht – vorgenommen werden darf. Dass eine Ungleichbehandlung zu Lasten von Leiharbeitnehmern möglich ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 AÜG, wurde bereits in einem vorherigen Kapitel erläu­ tert. Die für und wider eine unterschiedliche Entlohnung sprechenden Argumente sollen im Folgenden aufgezeigt werden. 1.  Für eine Ungleichbehandlung sprechende Gesichtspunkte Thüsing geht davon aus, dass die fehlende arbeitsvertragliche Bindung an den kirchlichen Arbeitgeber im Zusammenspiel mit einer kurzzeitigen Eingliederung in den kirchlichen Dienst zu einer weniger engen Bindung an diesen führe als es bei Stammarbeitskräften der Fall ist. Die Funktion des Einsatzes von Leiharbeit­ nehmern sei eine andere als die von Festangestellten. Deswegen sei es auch nach dem kirchlichen Selbstverständnis gerechtfertigt, nicht nur andere Loyalitätsan­ forderungen an überlassene Arbeitnehmer zu stellen, sondern auch einen anderen (niedrigeren) Lohn zu bezahlen.287 Nach anderer Ansicht in der Literatur ist die Leiharbeit der einzig effektive Niedriglohnsektor auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Mittels dieses Instruments haben insbesondere Geringqualifizierte, Langzeitarbeitslose und sonstige Prob­ lemgruppen eine erhöhte Chance auf dem Arbeitsmarkt.288 Wenn aber der Wett­ bewerbsvorteil des Entleihers, die Personalkosten durch Fremdpersonaleinsatz zu senken, wegfällt, liegt der einzige Vorteil der Arbeitnehmerüberlassung in der Schaffung von Flexibilität. Ob dieser positive Aspekt als alleiniger Grund für die Nutzung von Leiharbeit ausreicht, muss in Frage gestellt werden.289 Rieble und Klebeck gehen sogar so weit, dass die Lohngleichheit zu steigender Arbeitslosigkeit führt auf Grund sinkender Arbeitsnachfrage und Beschäftigung; die hohen Lohnkosten könnte sich keiner leisten.290 Damit würde genau das Gegen­

Schneider, ZMV-Sonderheft 2012, 8 (9). Thüsing, in: FS Richardi, 989 (997 f.). 288  Schröer, Der Einfluss der Regulierung auf die Verbreitung der Arbeitnehmerüber­ lassung und ihre arbeitsmarktpolitische Bedeutung, S. 45 f.; Behrend, Scheinwerkverträge bei bestehender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, S. 8 ff. 289  Stellungnahme des Bundesverbands Zeitarbeit, in: BT-Drs. 15/91, S. 12; Bröll, FAZ, 7.11.02, Nr. 259, S. 11; Fickinger, FAZ, 15.11.02, Nr. 266, S. 13. 290  Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (24). 286  287 

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E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

teil erreicht werden, was man sich vom Instrument der Arbeitnehmerüberlassung erhofft hatte, nämlich ein Beschäftigungsmotor zu sein.291 Auch Hartz ist der Auffassung, dass das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Ar­ beit“ keine realistische These mehr ist, sondern reines Wunschdenken. Europaweit gäbe es bei Gehältern und Arbeitszeiten selbst der Stammbelegschaften bereits er­ hebliche Abweichungen. Eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Lohns zu Las­ ten von Leiharbeitnehmern sei hinzunehmen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.292 2.  Gegen eine Ungleichbehandlung sprechende Aspekte Gegen eine Ungleichbehandlung und damit für die Bezahlung desselben Ge­ halts wie von Stammarbeitnehmern kann angeführt werden, dass Leiharbeitneh­ mer die gleiche Arbeit verrichten wie das Stammpersonal und qualitativ nicht zwingend eine schlechtere Leistung erbringen. Leiharbeitnehmer sind durch den häufigen Wechsel ihrer Arbeitsstätte bereits einer erhöhten Belastung ausgesetzt; eine zusätzliche Beschwerung durch die vergleichsweise schlechtere Entlohnung wäre in keinem Fall gerechtfertigt.293 Auch der Verweis auf die unterschiedlichen Funktionen von Festangestellten und Leiharbeitnehmern greift nicht, da diese nicht zwingend zu einer ungünstigeren Bezahlung führen müssen; es handelt sich um zwei in der Regel völlig verschiedene Aspekte. Ein weiterer Grund, der gegen eine Ungleichbehandlung angeführt werden könnte, ist die drohende Gefahr von Neid und Missgunst zwischen den beim Ent­ leiher Tätigen. Es ist durchaus nachvollziehbar, wenn überlassene Arbeitnehmer mit Festangestellten in Streit geraten, weil sie nicht nachvollziehen können, warum sie trotz identischer Arbeit einen niedrigeren Lohn erhalten. Allein um diese Aus­ einandersetzungen zu vermeiden und ein positives Betriebsklima zu schaffen, ist eine Gleichbehandlung zu empfehlen. Überdies muss berücksichtigt werden, dass das eigentliche Ziel der Arbeit­ nehmer ­überlassung nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG nicht die Schaffung von Arbeits­ plätzen war, sondern eine Beschäftigungsform zu realisieren, um Auftragsspitzen mittels flexibel überlassener Arbeitnehmer abzufedern.294 Dann kann aber auch nicht damit argumentiert werden, dass zur Senkung der Arbeitslosenquote eine schlechtere Bezahlung hingenommen werden müsse. Auch die bereits oben 295 ins Feld geführte Enzyklika Laborem exercens, wonach die Entlohnung ausreichen muss, um den Lebensunterhalt zu bestreiten – und zwar nicht nur für sich, sondern für die gesamte Familie – macht in Zusammenschau Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (29). Interview mit Peter Hartz, in: Der Spiegel 48/2002, S. 31 f. 293  Im Ergebnis so auch Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeitsrechts, S. 226. 294  Ulber, in: Ulber, AÜG, Einleitung Rn. 1; Waltermann, NZA 2010, 482 (485). 295  Siehe D. III. 3. a) ff). 291 

292 

VI.  Notwendigkeit einer Unterscheidung hinsichtlich der Vergütung?

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mit den Prozentzahlen der „SGB II-Aufstocker“296 deutlich, dass eine Ungleichbe­ handlung zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führt. Sie zeigt nämlich gerade, dass es nicht wenige Beschäftigungsverhältnisse in der Leiharbeit gibt, bei denen das Gehalt so gering ist, dass der Lebensunterhalt damit nicht bestritten werden kann. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass der Gesetzgeber selbst als Regelfall die gleiche Entlohnung wie ein vergleichbarer festangestellter Arbeitnehmer in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG normiert hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die Arbeit von Leiharbeitnehmern nicht weniger wert sein soll als die vergleichbarer Stammar­ beitskräfte. 3. Resümee Festzuhalten ist, dass die Ansichten bezüglich der Erforderlichkeit einer Diffe­ renzierung im Hinblick auf die Entlohnung von Leiharbeitnehmern weit auseinan­ dergehen. Vorzugswürdig erscheint allerdings die Auffassung, die davon ausgeht, dass eine Unterscheidung in der Vergütung nicht gerechtfertigt werden kann, ansonsten würde man sich in Widerspruch setzen zu den Anforderungen, die an eine Be­ schäftigung im kirchlichen Dienst gestellt werden.297 Es ist nicht ersichtlich, wie eine schlechtere Bezahlung mit dem Gebot der Lohngerechtigkeit in Einklang zu bringen ist, zumal die Gehälter zum Teil so niedrig sind, dass eine zusätzliche staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. Das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung darf nicht zu Lasten der über­ lassenen Arbeitnehmer eingesetzt werden, sondern nur zum eigentlichen Zweck, nämlich der Flexibilitätserfordernis Rechnung zu tragen. In ihrem gemeinsamen Wort zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutsch­ land haben sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz dafür ausgesprochen, dass „Strukturen geschaffen werden [müssen], welche dem einzelnen die verantwortliche Teilnahme am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben erlauben. Dazu gehört ne­ ben den politischen Beteiligungsrechten Zugang zu Arbeits- und Beschäftigungsmög­ lichkeiten, die ein menschenwürdiges, mit der Bevölkerungsmehrheit vergleichbares Leben und eine effektive Mitarbeit am Gemeinwohl ermöglichen.“298

Daneben bekennen sie sich dazu: „Eine gute und aufopferungsvolle Arbeit ver­ langt auch ihren gerechten Lohn.“299 296 

Siehe D. III. 3. a) ff). So auch Joussen, KuR 2009, 1 (19); Neuhoff, Die Dienstgemeinschaft als Grund und Grenze des kirchlichen Arbeitsrechts, S. 228. 298  Kirchenamt der EKD und Sekretariat der DBK, Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, S. 48. 299  Kirchenamt der EKD und Sekretariat der DBK, Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, S. 99. 297 

100 E.  Folgen der Zulässigkeit von Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen

Diese Aussagen verdeutlichen umso mehr, dass eine unterschiedliche Bezah­ lung nicht nur nicht erwünscht ist, sondern im Rahmen einer Tätigkeit innerhalb der Dienstgemeinschaft eine solche Behandlung nicht hingenommen werden kann, weil sie zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führt. Im Ergebnis muss damit der Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen den Gehältern von Leiharbeitnehmern und denen von Stammarbeitskräften für ihre Tätigkeit in einer kirchlichen Einrichtung zu Lasten der überlassenen Arbeitneh­ mer eine Absage erteilt werden. Ganz im Gegenteil, eine Unterscheidung ist nicht nur nicht erforderlich, sie ist nach dem kirchlichen Selbstverständnis nicht legiti­ mierbar.

F.  Einschränkungen durch Europarecht – RL 2000/78/EG und das AGG Das folgende Kapitel setzt sich mit der Frage auseinander, ob Europarecht mög­ licherweise Einschränkungen für das Themengebiet „Arbeitnehmerüberlassung und Kirchen“ vorgibt. Besonders in den Blick zu nehmen ist dabei die Antidis­ kriminierungsrichtlinie RL 2000/78/EG und das sich daraus entwickelte AGG. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 i. V. mit § 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Religion dann vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine Ausnahme von dieser Vorschrift gilt allerdings dann, wenn die Ungleichbehandlung nach § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt werden kann. Bevor auf die Frage eingegangen wird, inwieweit sich interne als auch externe Verleihgesellschaften auf die Rechtfertigungstatbestände des AGG berufen kön­ nen, soll zunächst in einem Exkurs geklärt werden, ob § 9 AGG überhaupt mit europarechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist.

I.  Exkurs: § 9 Abs. 1 AGG und die Vereinbarkeit mit Europarecht § 9 AGG ermöglicht den Religionsgemeinschaften und den ihnen zugeordne­ ten Einrichtungen, unter bestimmten Voraussetzungen von den Erfordernissen des AGG abzuweichen. Umstritten ist die Frage nach der Reichweite der Ausnahme­ regelung des § 9 AGG und dessen Verhältnis zu Art. 4 RL 2000/78/EG, welcher seinerseits die Religionen von der zwingenden Anwendung der Richtlinie in be­ stimmten Situationen befreit. 1.  Die Diskrepanz zwischen § 9 AGG und Art. 4 RL 2000/78/EG § 9 AGG hat Einklang in das AGG gefunden auf Grund der Umsetzung von Art. 4 der Antidiskriminierungsrichtlinie;300 die Zielrichtung ist demnach dieselbe. Nicht zu verkennen sind allerdings die sprachlichen Unterschiede. Nach Art. 4 Abs. 2 RL 2000/78/EG ist eine Ungleichbehandlung wegen der Religion nur dann zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertig­ te berufliche Anforderung“ angesichts des Ethos der Religion darstellt. Unter der Bedingung, dass diese Voraussetzungen gegeben sind, kann also die Religionsge­

300 

BT-Drs. 16/1780, S. 35.

102

F.  Einschränkungen durch Europarecht – RL 2000/78/EG und das AGG

meinschaft bzw. die ihr zugeordnete Einrichtung eine Ungleichbehandlung wegen der Religion vornehmen. § 9 AGG nimmt stattdessen das Wort „wesentlich“ aus seinem Normtext her­ aus, sodass es darauf im Rahmen der „Anforderung“ nicht ankommt. Außerdem ist ein Anknüpfen an die Religion auch dann gestattet, wenn diese nur auf Grund des Selbstverständnisses der Religionsgemeinschaft eine gerechtfertigte berufli­ che Anforderung darstellt. Im Ergebnis gilt somit nicht ein objektiver Maßstab, sondern die Berechtigung der Anforderung beurteilt sich ausschließlich nach dem Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft.301 2.  Die Frage nach der Europarechtswidrigkeit von § 9 AGG Nach Feststellung dieser Abweichungen stellt sich die Frage, ob es sich um ein Umsetzungsdefizit handelt und wenn ja, wie mit diesem umzugehen ist. Dabei haben sich zwei unterschiedliche Auffassungen herauskristallisiert, die es im Fol­ genden darzustellen und zu bewerten gilt. a)  Enge Auslegung Teilweise wird im Schrifttum die Auffassung vertreten – und dieser hat sich auch das ArbG Hamburg302 angeschlossen –, der Begriff des Selbstverständnisses in § 9 Abs. 1 AGG müsse restriktiver interpretiert werden, um richtlinienkonform zu sein.303 Das hätte zur Konsequenz, dass sich aus dem „Selbstverständnis“ kein allgemeiner Anspruch auf unterschiedliche Behandlung ableiten lässt, sondern sich auf den wesentlichen Kernbereich von Berufsfeldern beschränkt, die inhalt­ lich direkt mit der Vermittlung der Inhalte der Religion befasst sind oder der un­ mittelbaren Ausübung des Glaubens dienen. Damit wäre das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft kein absoluter und abschließender Maßstab für die Bewer­ tung der Zulässigkeit einer differenzierten Behandlung.304 Mit dieser Auslegung soll verhindert werden, dass es zu Differenzen bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 2 RL 2000/78/EG und § 9 Abs. 1 AGG kommt. Aller­ dings ist zu berücksichtigen, dass bei Annahme einer engen Auslegung des Selbst­ bestimmungsrechts der Kirchen nicht mehr viel übrig bleibt. Vielmehr würde dann von außen, durch den neutralen Staat als außen stehendem Dritter, festgelegt wer­ 301  Wedde, in: Däubler/Bertzbach, AGG, § 9 Rn. 45; Mohr, in: Adomeit/Mohr, AGG, § 9 Rn. 15, 23; Bauer/Krieger, AGG, § 9 Rn. 6; Beitze, in: Hey, Kommentar zum AGG, § 9 Rn. 4. 302  ArbG Hamburg, Urteil vom 04.12.2007 – 20 Ca 105/07, BeckRS 2008, 52272. 303  Voigt, in: Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, § 9 Rn. 24; Stein, in: Rust/Falke, AGG, § 9 Rn. 100; Beitze, in: Hey, Kommentar zum AGG, § 9 Rn. 22; Wedde, in: Däubler/Bertz­ bach, AGG, § 9 Rn. 6 ff. 304  Wedde, in: Däubler/Bertzbach, AGG, § 9 Rn. 41 f.; ähnlich Wank, NZA-Beilage zu Heft 22/2004, 16 (23).

I.  Exkurs: § 9 Abs. 1 AGG und die Vereinbarkeit mit Europarecht

103

den, in welchem Bereich der Kirche ein Selbstbestimmungsrecht zusteht und wo nicht.305 Die Religionsgemeinschaften befänden sich in einer Art Beweispflicht.306 Damit widerspricht diese Ansicht jedoch dem deutschen Verfassungsverständnis von der Option der Kirchen, ihre Rechtsangelegenheiten selbständig zu regeln, und der sich daraus entwickelten Rechtsprechung des BVerfG307 und BAG308.309 b)  Weite Auslegung Die Verfechter der weiten Auslegung gehen hingegen davon aus, dass auch der europäische Gesetzgeber das deutsche Verfassungsverständnis nicht verändern wollte, sondern es vielmehr bei der bisherigen Auffassung belassen wollte.310 Das Kerncharakteristikum des Verhältnisses von Verfassung und Kirche besteht gerade darin, den Kirchen das Recht zuzugestehen, von ihrem Selbstbestimmungs­ recht aus Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 Abs. 3 WRV innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes Gebrauch zu machen.311 Dieses Verfassungsverständ­ nis und die dazu ergangene Rechtsprechung wären allerdings hinfällig, wenn man der engen Auslegung folgen würde. Art. 4 Abs. 2 S. 1 RL 2000/78/EG sei (nach der teleologischen Auslegung) viel­ mehr so zu lesen, dass allein die Kirchen weiterhin bestimmen sollen, welche Tä­ tigkeiten eine Zugehörigkeit zu der eigenen Religion erforderlich machen. Auch wenn der Wortlaut selbst noch eher für eine Differenzierung je nach Tätigkeit spre­ che, so ist zu berücksichtigen, dass dessen Stellenwert im Vergleich zum Primär­ recht oder mitgliedsstaatlichen Recht von eher untergeordneter Bedeutung ist. Der EuGH selbst geht davon aus, dass der Wortlaut einer Richtlinie in Anbetracht der Zielverbindlichkeit nicht die Obergrenze der Auslegung ist, sondern von anderen Auslegungsmethoden überlagert werden kann.312 Überdies haben die Mitglieds­ staaten die Pflicht, gegebenenfalls über den Wortlaut der Richtlinie hinausreichen­ de Maßnahmen zu ergreifen, um die Zielsetzung zu erreichen.313 Weiterhin müsse unter anderem die Systematik berücksichtigt werden. Gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 3 RL 2000/78/EG können die Kirchen eine Loyalität und Auf­ richtigkeit ihrer Beschäftigten verlangen, und zwar ohne jeden Vorbehalt. Damit 305  So

(411).

die Auffassung von Budde, AuR 2005, 353 (359); Schliemann, NZA 2003, 407

So auch Joussen, NZA 2008, 675 (677). Beschluss vom 11.10.1977 – 2 BvR 209/76, NJW 1978, 581; BVerfG, Be­ schluss vom 25.03.1980 - 2 BvR 208/76, NJW 1980, 1895. 308  BAG, Beschluss vom 24.07.1991 – 7 ABR 34/90, NZA 1991, 977. 309  Joussen, NZA 2008, 675 (677). 310  Joussen, RdA 2003, 32 (39); Joussen, NZA 2008, 675 (678); Mohr, in: Adomeit/Mohr, AGG, § 9 Rn. 23. 311  Fischermeier, in: FS Richardi, 875 (878); Schliemann, in: FS Richardi, 959 (960). 312  EuGH, Urteil vom 11.07.1985 – Rs 107/84, RIW 824 (825). 313  EuGH, Urteil vom 10.04.1984 - Rs 14/83, NZA 1984, 157 (158). 306 

307  BVerfG,

104

F.  Einschränkungen durch Europarecht – RL 2000/78/EG und das AGG

entstehe ein gewisser Widerspruch zu S. 1 desselben Artikels, der nur mit Hilfe der teleologischen Auslegung aufgelöst werden könne. In Erwägungsgrund 24 der Antidiskriminierungsrichtlinie komme der Wille des europäischen Gesetzgebers klar zum Ausdruck. Darin heißt es: „Die Europäische Union hat in ihrer der Schlussakte zum Vertrag von Amsterdam bei­ gefügten Erklärung Nr. 11 zum Status der Kirchen […] ausdrücklich anerkannt, dass sie den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen […] in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, achtet und ihn nicht beeinträchtigt […]. Die Mit­ gliedstaaten können in dieser Hinsicht spezifische Bestimmungen über die wesentlichen, rechtmäßigen und gerechtfertigten beruflichen Anforderungen beibehalten oder vorse­ hen, die Voraussetzung für die Ausübung einer diesbezüglichen beruflichen Tätigkeit sein können.“

Aus dieser Formulierung ergebe sich der Wille, nicht in die jeweiligen natio­ nalen Regelegungen einzugreifen, sondern den Status quo beizubehalten, sodass die jeweils den Religionsgemeinschaften gewährten Entscheidungsfreiheiten be­ stehen bleiben. Die Richtlinie sei daher so auszulegen, dass der nationale Status der Kirchen nicht beeinträchtigt werde, sodass im Ergebnis auch § 9 Abs. 1 AGG richtlinienkonform sei.314 3.  Bewertung und Ergebnis Auch wenn dem ersten Anschein nach Art. 4 Abs. 2 RL 2000/78/EG nur unzu­ reichend in nationales Recht umgesetzt wurde, weil der Wortlaut des § 9 AGG zu weit gefasst scheint, so muss dennoch davon ausgegangen werden, dass die Über­ tragung europarechtskonform ist.315 Der engen Auslegung kann nicht gefolgt werden, weil sie weder mit dem Telos der Richtlinie noch mit dem bisherigen nationalen Verfassungsverständnis in Ein­ klang zu bringen ist. Vielmehr dient die Richtlinie zwar dem Schutz vor Diskriminierung aus reli­ giösen Gründen; den Kirchen soll aber ihr Recht auf Selbstbestimmung erhalten bleiben, sodass in diesem Rahmen eine Ungleichbehandlung weiterhin möglich ist. Diese Haltung des europäischen Gesetzgebers wird in Erwägungsgrund 24 deut­ lich zum Ausdruck gebracht; die Gefahr einer Verwässerung der Ziele der Richt­ linie wird dadurch nicht begründet316. Auch wenn es sich bei dieser Erklärung nur um „soft law“ handelt317, so wurde sie von allen Vertragsstaaten ausdrücklich an­ genommen und ist für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts als Auslegungsma­ Joussen, NZA 2008, 675 (679); Reichold, NZA 2001, 1054 (1058 ff.). auch Bauer/Krieger, AGG, § 9 Rn. 2; Fischermeier, in: FS Richardi, 875 (888); Mohr, in: Adomeit/Mohr, AGG, § 9 Rn. 23. 316  So aber die Befürchtung von Kehlen, Europäische Antidiskriminierung und kirchli­ ches Selbstbestimmungsrecht, S. 188. 317  Reichold, NZA 2001, 1054 (1055); Link, in: GS Blomeyer, 675 (680); Reichegger, Die Auswirkungen der Richtlinie 2000/78/EG auf das kirchliche Arbeitsrecht, S. 152. 314 

315  So

II.  § 9 AGG als Rechtfertigungsgrund

105

xime für den Europäischen Gerichtshof und die anderen Gemeinschaftsorgane zu berücksichtigen318. Im Übrigen stellt die religionsspezifische Ausnahmemöglichkeit in Art. 4 Abs. 2 RL 2000/78/EG bei der Beurteilung der Religion als beruflicher Anforde­ rung maßgeblich auf das Ethos der Organisation ab. Ist die Religionszugehörigkeit nach dem Selbstverständnis der Kirche wesentliche Tätigkeitsanforderung, kommt deshalb eine daran anknüpfende Ungleichbehandlung auch in Betracht, wenn die Tätigkeit nach weltlichen Maßstäben (darauf stellt Art. 4 Abs. 1 RL 2000/87/EG ab) eine bestimmte konfessionelle Bindung des Arbeitnehmers nicht zwingend vo­ raussetzt. Insoweit gestattet Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie, den bisherigen Rechtszu­ stand in Deutschland aufrecht zu erhalten.319 Damit wird aber auch klar, dass § 9 AGG die Intention der Richtlinie wahrt und eine Europarechtswidrigkeit verneint werden muss. Damit in Einklang steht auch Art. 17 Abs. 1 AEUV, wonach „[d]ie Union […] den Status [achtet], den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Ge­ meinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und be­ einträchtigt ihn nicht“.

Dabei handelt es sich um eine Schranken-Schranke, die nicht nur für den Be­ reich der verfassten Kirche gilt, sondern auch für privatrechtlich verselbständigte Einrichtungen, die am Sendungsauftrag der Kirchen teilhaben.320 Es bleibt im Ergebnis bei der bisherigen Auffassung, dass die Kirchen selbst entscheiden können, welche Anforderungen sie an einen Dienst in der Kirche stel­ len. Die Antidiskriminierungsrichtlinie ändert daran nichts und somit auch nicht § 9 AGG.321

II.  § 9 AGG als Rechtfertigungsgrund Nachdem geklärt wurde, dass § 9 AGG mit europarechtlichen Vorgaben verein­ bar ist, stellt sich daran anschließend die Frage, inwieweit sich Verleihgesellschaf­ ten auf diesen Rechtfertigungsgrund – ungeachtet der allgemeinen Vorschrift des § 8 AGG – berufen können. Dabei muss zwingend zwischen internen und externen Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften unterschieden werden. 318  Triebel, Das europäische Religionsrecht am Beispiel der arbeitsrechtlichen Anti-Dis­ kriminierungsrichtlinie 2000/78/EG, S. 284 ff.; Kehlen, Europäische Antidiskriminierung und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, S. 187; Link, in: GS Blomeyer, 675 (680); Robbers, in: SdZ 1998, 147 (154). 319  Belling, NZA 2004, 885 (887); Germann/Wall, in: GS Blomeyer, 549 (575); Hanau/ Thüsing, Europarecht und kirchliches Arbeitsrecht, S. 33. 320  Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 1 Rn. 35; im Ergebnis so auch Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, § 17 Rn. 12. 321  So auch Fischermeier, in: FS Richardi, 875 (888); Joussen, NZA 2008, 675 (679); Bauer/Krieger, AGG, § 9 Rn. 4; a.A. Schliemann, in: FS Richardi, 959 (978).

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F.  Einschränkungen durch Europarecht – RL 2000/78/EG und das AGG

Vom sachlichen Anwendungsbereich des § 9 AGG sind folgende Gruppierun­ gen umfasst: „Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform und Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Reli­ gion oder Welt­anschauung zur Aufgabe machen“. All denen ist es gestattet, „eine un­ terschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung […] [vorzu­ nehmen], wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hin­ blick auf ihre Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfer­ tigte berufliche Anforderung darstellt“, (§ 9 Abs. 1 AGG).

Dies hat zur Folge, dass Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften, die der Kir­ che bereits zugeordnet sind und damit Kirchenrecht anwenden, von § 9 Abs. 1 AGG als Rechtfertigungsgrund Gebrauch machen dürfen. Anders sieht es hingegen bei externen Verleihfirmen aus, die zunächst in kei­ nerlei Zusammenhang zu Religionsgemeinschaften stehen, außer dass sie ihnen möglicherweise ihre Dienste – den Verleih von Arbeitnehmern – zur Verfügung stellen. Ihnen ist eine Ungleichbehandlung, die sich auf § 9 Abs. 1 AGG stützt, verwehrt, da es sich bei externen Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften nicht um kirchliche Einrichtungen handelt.

III.  Rechtfertigung durch Tendenzschutz ? In Betracht ziehen könnte man auch eine Rechtfertigung auf Grund Tendenz­ schutzes. Der Tendenzschutz an sich findet seine Grundlage und Rechtfertigung in den Grundrechten und hat Auswirkungen auf die Pflichten aus dem Arbeitsver­ hältnis.322 Beispielsweise ist er anerkannt für Presseunternehmen, Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie Hochschulen.323 Nach Thüsing kann der Tendenzschutz nur eine Rechtfertigung für Tendenzträger i. S. der Rechtsprechung des BetrVG sein;324 Tendenzträger sind dabei diejenigen Arbeitnehmer, die tendenzbezogene Aufgaben ausüben.325 Vorliegend hilft aber auch der Tendenzschutz als möglicher Rechtfertigungs­ grund nicht weiter, denn externe Verleihfirmen stellen keine Tendenzunternehmen dar, denen eine Privilegierung zu Teil werden könnte. Entweder sind Arbeitnehme­ rüberlassungsgesellschaften der Kirche zugeordnet, dann greift bereits § 9 AGG oder sie sind es eben nicht, dann gelten die allgemeinen Regeln; einen Mittelweg 322  Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, Rn. 334; Thüsing, in: Richardi, ­BetrVG, § 118, Rn. 22. 323  Richardi/Fischinger, in: Staudinger, Vorbem. zu § 611, Rn. 432 ff. 324  Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, Rn. 334. 325  BVerfG, Beschluss vom 06.11.1979 - 1 BvR 81/76, NJW 1980, 1093 (1095), Thüsing, in: Richardi, BetrVG, § 118 Rn. 123; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, Vorbem. zu § 611, Rn. 432.

IV.  Der allgemeine Maßstab des § 8 AGG als Rechtfertigungsgrund

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gibt es nicht. Wie bereits an anderer Stelle326 aufgezeigt wurde, ist nämlich die nur teilweise Anwendung kirchlichen Arbeitsrechts unzulässig.

IV.  Der allgemeine Maßstab des § 8 AGG als Rechtfertigungsgrund Zuletzt bleibt noch die Möglichkeit, den allgemeinen Maßstab des § 8 Abs. 1 AGG als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung heranzuzie­ hen. Demnach ist „[e]ine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes […] zuläs­ sig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist“.

Fraglich ist demnach, ob für externe Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften die Religion ihrer zu verleihenden Arbeitnehmer so entscheidend ist und die An­ forderungen des § 8 Abs. 1 AGG erfüllt, dass eine Ungleichbehandlung gerecht­ fertigt werden kann. Besonders zu berücksichtigen ist dabei der Aspekt der „customer preferen­ ces“. Dabei geht es um die Frage, ob Kundenerwartungen als „tätigkeitsbezogen“ i. S. von § 8 Abs. 1 AGG angesehen werden können, da die angebotenen Leistun­ gen des Unternehmens vom Kunden abgenommen werden müssen.327 Die Meinungen im Schrifttum gehen auseinander. Teilweise wird angenommen, diskriminierende Kundenwünsche könnten das Diskriminierungsverbot allenfalls dann durchbrechen, wenn ein besonderes öffentliches oder sozialpolitisches Inte­ resse an der Aufgabe bestehe. Die Existenzgefährdung eines Unternehmens auf Grund von Umsatzeinbußen ändere an dieser engen Auslegung nichts, da eine Grenzziehung zwangsläufig willkürlich sei. Um die effektive Umsetzung der Dis­ kriminierungsverbote zu gewährleisten, sei es erforderlich, die negativen Folgen für die betroffenen Unternehmen hinzunehmen.328 Im Übrigen treffe den Arbeit­ geber das gleiche Risiko wie seine Konkurrenten; sie unterlägen alle dem Gleich­ behandlungsgebot.329 Andere Stimmen in der Literatur wollen Kundenwünsche zumindest dann als „tätigkeitsbezogen“ bewerten, wenn sie wesentlich und bestandsbezogen sind.330 Eine noch weitergehende Ansicht möchte Arbeitgebern das Recht einräumen, die Einstellungen und Erwartungen Dritter als objektive, unbeeinflussbare Faktoren zu berücksichtigen, soweit sich diese im Rahmen des unternehmerischen Konzepts halten und sich nicht auf Merkmale beziehen, die durch das Benachteiligungsver­ 326 

Siehe D. III. 3. b) bb) (4). Nollert-Borasio/Perreng, AGG, § 8 Rn. 7; Mohr, in: Adomeit/Mohr, AGG, § 8 Rn. 42. 328  Lingscheid, Antidiskriminierung im Arbeitsrecht, S. 95 f.; Schiek, in: Schiek, AGG, § 13 Rn. 15; Thüsing, RdA 2001, 319 (324). 329  Brors, in: Däubler/Bertzbach, AGG, § 8 Rn. 17; Thüsing, NJW 2003, 405 (406). 330  Nollert-Borasio/Perreng, AGG, § 8 Rn. 7 f. 327 

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F.  Einschränkungen durch Europarecht – RL 2000/78/EG und das AGG

bot gerade ausgeschaltet werden sollen.331 Letztendlich sei entscheidend, wie be­ deutend die Anknüpfung an das Merkmal für das Unternehmen ist.332 Allerdings ist § 12 Abs. 4 AGG nicht zu vernachlässigen, wonach der Arbeitge­ ber verpflichtet ist, „die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemesse­ nen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen“, wenn diese bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte benachteiligt werden. Mit dieser Vorschrift wäre es nicht vereinbar, wenn der Arbeitgeber seine Diskriminierungen auf Kun­ denwünsche stützen könnte.333 Das BAG ist der Auffassung, dass auch Beziehungen zu Dritten ausschlagge­ bend dafür sein könnten, ob ein Merkmal nach § 1 AGG erforderlich ist, um die Tä­ tigkeit erfolgreich erbringen zu können. Denn die Verfolgung unternehmerischer Zwecke könne nicht völlig unabhängig von Kundenbeziehungen betrachtet wer­ den.334 Allerdings dürften die Kundenerwartungen ihrerseits nicht benachteiligend sein.335 Der dargestellte Meinungsstreit braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden, denn selbst wenn man im vorliegenden Fall die „customer preferences“ als Rechtfertigungsgrund berücksichtigen würde, könnten sich externe Arbeitneh­ merüberlassungsgesellschaften nicht erfolgreich darauf berufen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass säkulare Verleihfirmen zwingend darauf angewiesen sind, ihre Dienste nur kirchlichen Einrichtungen anzubieten, und deswegen berechtigt sein sollten Diskriminierungen aus Gründen der Religion vorzunehmen. Der unter­ nehmerische Zweck von Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften besteht allein darin, die beschäftigten Arbeitnehmer an andere Unternehmen zu verleihen, um damit Gewinn zu erzielen. Auf eine bestimmte Gruppe von Entleihern sind sie nicht angewiesen. Im Ergebnis können externe Verleiher nicht nach der Religion ihrer Arbeitnehmer differenzieren, einzig und allein deshalb, weil es der kirchli­ chen Einrichtung als Entleiher gestattet ist. § 8 Abs. 1 AGG kann somit nicht als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden.

331  LAG Berlin, Urteil vom 14.01.1998 - 8 Sa 118/97, NZA 1998, 312 (313); Meinel/Heyn/ Herms, AGG, § 8 Rn. 17. 332  Kania/Merten, ZIP 2007, 8 (9). 333  Bezani/Richter, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsrecht, Rn. 190; Falke, in: Rust/Falke, AGG, § 8 Rn. 22. 334  BAG, Urteil vom 28.05.2009 - 8 AZR 536/08, NZA 2009, 1016 (1020); Schleusener, in: Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, § 8 Rn. 16. 335  BAG, Urteil vom 18.03.2010 - 8 AZR 77/09, NZA 2010, 872 (877); Brors, in: Däubler/ Bertzbach, AGG, § 8 Rn. 16.

V. Resümee

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V. Resümee Die vorgehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Antidiskriminie­ rungs-RL europarechtskonform in deutsches Recht, nämlich in das AGG umge­ setzt wurde. Besonders § 9 AGG, der eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion erlaubt, steht in Einklang mit dem deutschen Verfassungsverständnis des europäischen Gesetzgebers. Konsequenterweise können interne Arbeitnehmer­ überlassungsgesellschaften von § 9 Abs. 1 AGG als Rechtfertigungsgrund für eine differenzierende Behandlung Gebrauch machen. Anders sieht dies hingegen bei externen Verleihern aus. Sie können sich weder auf § 9 AGG noch auf Tendenz­ schutz berufen, um eine Ungleichbehandlung bei der Auswahl ihrer Arbeitnehmer zu legitimieren. Auch § 8 Abs. 1 AGG als Auffangtatbestand hilft ihnen nicht wei­ ter, da auch ohne eine Differenzierung nach der Religion der Unternehmenszweck erreicht werden kann. Die Verleiher müssten sich schlicht und ergreifend an säku­ lare Entleiher wenden, für die die Religion ihrer Beschäftigten keine Rolle spielt.

G. Zwischenbilanz G. Zwischenbilanz

Um festzustellen, ob die Regelungen im kirchlichen als auch im weltlichen Ar­ beitsrecht bereits so ausgestaltet sind, dass sie zufrieden stellende Ergebnisse für die Thematik „Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen“ bringen, muss an dieser Stelle eine Zwischenbilanz gezogen und auf mögliche Schwachstellen aufmerk­ sam gemacht werden. Nur so kann man sich im Anschluss mit anderen nationalen Normierungen auseinandersetzen und nach möglichen besseren Lösungsansätzen suchen. Aus der bisherigen Kenntniserlangung ergeben sich folgende Probleme: 1. Externe Arbeitnehmerüberlassung ist nicht mit dem Kriterium „Gebot der Lohngerechtigkeit“ vereinbar, denn der equal-pay-Grundsatz steht nur auf dem Papier, wird aber in der Praxis nicht umgesetzt. 2. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen sowohl in der katholischen als auch evangelischen Kirche ist stark rückläufig;336 der Prozentsatz der Konfessionslo­ sen steigt hingegen stetig. Die damit einhergehende Säkularisierung führt dazu, dass die Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts – insbesondere die Lo­ yalitätsanforderungen an die Mitarbeiter – schwer vermittelbar und damit auch schwerer durchsetzbar sind.337 3. Bis jetzt gibt es keine Höchstquote für Leiharbeitnehmer in den entleihenden Einrichtungen. 4. Arbeitnehmerüberlassung wird in Deutschland nicht nur vorübergehend, son­ dern auch dauerhaft praktiziert. 5. Im Rahmen der externen Arbeitnehmerüberlassung sind Leiharbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen nicht wahlberechtigt bei der Wahl zur Mitarbeiter­ vertretung. Diese Problemfelder gilt es zu beheben oder zumindest Verbesserungsmöglich­ keiten aufzuzeigen. In den Blick genommen werden sollten daher die Regelungen anderer Rechts­ ordnungen, die als Vorbildfunktion dienen und möglicherweise Anhaltspunkt sein könnten für Änderungen im deutschen Recht. Letztendlich müssen solche natio­ nalen Normierungen herangezogen und untersucht werden, die in den oben ange­ führten Themengebieten vermeintlich bessere Regelungen festgelegt haben. Erst so lässt sich feststellen, ob diese Ansätze in die deutsche Rechtsordnung übertra­ gen werden könnten und tatsächlich eine Optimierung mit sich bringen würden. 336  337 

Abrufbar unter http://www.kirchenaustritt.de/statistik. So auch Tillmanns, NZA 2013, 178 (179).

G. Zwischenbilanz

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Ziel muss es sein – das ergibt sich aus den aufgeworfenen Problemfeldern – zum einen die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer zu verbessern und zum ande­ ren sich mit der gegenwärtigen Entwicklung im kirchlichen Bereich auseinander­ zusetzen und Lösungsvorschläge zu entwickeln, die der Realität gerecht werden. Das bedeutet einen sachgerechten Ausgleich zu finden zwischen der Stärkung der Glaubwürdigkeit der Kirchen und ihrer Einrichtungen auf der einen Seite und den Anforderungen an einen Dienst in der Kirche unter dem Gesichtspunkt einer zu­ nehmenden Säkularisierung auf der anderen Seite.

H.  Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich – Was kann Deutschland davon lernen ? Im folgenden Kapitel soll aufgezeigt werden, wie andere Nationen mit den oben338 aufgezeigten Schwierigkeiten umgehen und wie diese Angelegenheiten ge­ setzlich geregelt werden. Zurückgegriffen wird dabei auf die Rechtsordnungen von Frankreich und den Niederlanden, da diese beiden Staaten vermeintlich sinnvolle Regelungen getroffen haben, die den Problemen eher gerecht werden und die den deutschen Gesetzgeber inspirieren könnten. In den Blick genommen werden nur die spezifischen Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Themengebiete; auf eine weiterführende, umfassendere Darstellung wird bewusst verzichtet.

I.  Der Umgang mit dem equal-pay-Grundsatz in Frankreich und weitergehende Maßnahmen I.  Der Umgang mit dem equal-pay-Grundsatz in Frankreich

1.  Rechtliche Ausgestaltung Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Staaten ist die Arbeitnehmerüber­ lassung in Frankreich stark reguliert und es entsteht der Anschein, dass die gesetz­ lichen Regelungen zumindest für die Leiharbeitnehmer durchaus von Vorteil sind, weil der Gedanke der „security“ überwiegt. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass anders als in Deutschland der equal-pay-Grundsatz nicht nur auf dem Papier existiert, sondern auch tatsächlich in der Praxis umgesetzt wird. Tarifvertragliche Abweichungen nach unten – wie sie in Deutschland den Regelfall darstellen – gibt es nicht. Einschränkend muss jedoch er­ wähnt werden, dass Zeitarbeitnehmer als „permanent new employees“ eingeordnet werden, sodass ihnen nur das Grundgehalt, aber keine Zulagen zustehen.339 Zusätzlich erhalten französische Leiharbeitnehmer eine sog. Prekaritätsprämie in Höhe von 10% der Gesamtbruttolohnsumme, es sei denn die Zeitarbeitskraft wird vom Entleiher unmittelbar in eine unbefristete Beschäftigung übernommen.340 338 

Siehe Kapitel G. Vanselow/Weinkopf, Zeitarbeit in europäischen Ländern – Lehren für Deutschland?, S. 18; Pollert/Spieler, Die Arbeitnehmerüberlassung in der betrieblichen Praxis, S. 14. 340  Vanselow/Weinkopf, Zeitarbeit in europäischen Ländern – Lehren für Deutschland?, S. 18; Arrowsmith, Temporary agency work in an enlarged European Union, S. 22; Pollert/ Spieler, Die Arbeitnehmerüberlassung in der betrieblichen Praxis, S. 14. 339 

I.  Der Umgang mit dem equal-pay-Grundsatz in Frankreich

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Erwähnenswert ist daneben die zu zahlende Weiterbildungsabgabe durch die Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften. Diese muss in Höhe von 2,15 % der Lohnsumme an einen Qualifizierungsfond abgeführt werden, um damit Qualifi­ zierungsmaßnahmen für Leiharbeitnehmer während oder nach deren Einsatz zu finanzieren. Damit sollen die Phasen der Arbeitslosigkeit überbrückt werden und zugleich die Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsmarktchancen von Leiharbeit­ nehmern verbessert werden.341 2. Bewertung Vergleicht man die gesetzlichen Normierungen zur Zeitarbeit von Frankreich mit denen von Deutschland, fällt die Bilanz dahingehend aus, dass der Faktor Unsicherheit im französischen Recht durch verschiedenste Maßnahmen besser kompensiert wird. Sowohl die finanzielle Absicherung als auch die Möglichkeit zur Fortbildung bieten für die überlassenen Arbeitnehmer einen gewissen Schutz, weswegen die Leiharbeit in Frankreich nicht so negativ behaftet ist wie in Deutsch­ land.342 Vor allem könnte damit dem Kriterium „Gebot der Lohngerechtigkeit“ Rech­ nung getragen werden, welches im Falle der externen Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland nicht erfüllt wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die grundsätzliche Akzeptanz von ei­ nem Beschäftigungsverhältnis in der Leiharbeit in Frankreich dazu führt, dass sich besonders junge Menschen leichter in ein solches Arbeitsverhältnis begeben anstatt eine Ausbildung zu machen. 30 % aller Leiharbeitnehmer sind unter 25 Jahre alt und die Quote junger Erwachsener, die in der Zeitarbeit tätig sind, ist etwa gleich hoch wie die, die sich in einer Ausbildung befinden.343 Diese Tendenz zeigt, dass auch das französische System nicht frei von Bedenken ist, da der eigentliche Zweck, der mit der Arbeitnehmerüberlassung verfolgt werden soll – nämlich der kurzfristige Einsatz zur Abfederung von Auftragsspitzen –, auf diese Weise nicht mehr zum Tragen kommt. Es ist daher der falsche Weg, Anreize zu schaffen, die speziell Jugendliche von Beginn ihrer Arbeitstätigkeit an in die Leiharbeitsbran­ che treiben. Ziel muss es weiterhin sein, die Beschäftigungsform der Leiharbeit nur dort einzusetzen, wo sie erforderlich und zweckmäßig ist. 341  Vanselow/Weinkopf, Zeitarbeit in europäischen Ländern – Lehren für Deutschland?, S. 18f.; Steuer, Die Arbeitnehmerüberlassung als Mittel zur Förderung des Arbeitsmarktes in Deutschland, S. 291 (nach dessen Angaben liegt die Quote bei 2 %). 342  Steuer, Die Arbeitnehmerüberlassung als Mittel zur Förderung des Arbeitsmarktes in Deutschland, S. 293; Wandel, Zeitarbeit in Deutschland und Frankreich, S. 118. 343  Ohne Werte aber mit der selben Tendenz: Lefevre/Michon/Viprey, in: Ökonomie als Grundlage politischer Entscheidungen, 135 (138); Vigneau, in: Ahlberg/ Bercusson/Bruun/ Kountouros/Vigneau/Zappalà, Transnational Labour Regulation, 85 (seinen Angaben nach beträgt die Quote 33 %).

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H.  Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich

II.  Der Umgang des französischen Rechts mit den Loyalitätsanforderungen an Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen II.  Der Umgang des französischen Rechts mit den Loyalitätsanforderungen

1. Rechtslage Anders als in Deutschland können die Religionsgemeinschaften in Frankreich sich nicht auf ein verfassungsrechtlich verankertes Selbstbestimmungsrecht der Kirchen berufen. Jedoch können auch sie auf Grund der zugestandenen Religions­ freiheit selbst entscheiden, nach welchen Vorschriften und Grundsätzen sie leben und welche Anforderungen sie an ihre Mitarbeiter stellen wollen.344 Deswegen können auch in Frankreich religiöse Überzeugungen zum Inhalt eines Arbeits­ vertrages gemacht werden.345 Ein eigenständiges kirchliches Arbeitsrecht existiert allerdings nicht.346 Als Tendenz­unternehmen dürfen Religionsgemeinschaften und die dazugehörigen Einrichtungen das außerdienstliche Verhalten sowie die Glau­ bensüberzeugung ihrer Beschäftigten zur Bedingung des Bestandes des Arbeits­ verhältnisses machen.347 Besonders relevant wird dieser Aspekt bei der Anwendbarkeit staatlichen Ar­ beitsrechts; dort gilt das Prinzip der Nichtberücksichtigung von Religion (Art. 12245 Code du Travail bzw. Präambel der Verfassung von 1946). Um jedoch die Glau­ bensfreiheit zu garantieren, wurde dieser Grundsatz durch die Rechtsprechung abgeschwächt;348 eine vollständige Nichtberücksichtigung wäre ihrerseits verfas­ sungswidrig.349 Verallgemeinert man die Urteilsbegründungen der Cour de Cassation, die zu diesem Themenbereich ergangen sind, so müssen die Gerichte eine Einzelfallab­ wägung vornehmen, in welchem sowohl die Grundrechte des Arbeitnehmers als auch die religiösen Besonderheiten des Unternehmens gleichermaßen berücksich­ tigt werden.350

344  Guimezanes, in: Churches and labour law in the EC countries, 83 (86); Campenhausen, in: Kirche und Staat in Deutschland, Frankreich und den USA, 65 (80). 345  Guimezanes, in: Churches and labour law in the EC countries, 83 (86). 346  Falterbaum, Caritas und Diakonie, S. 144. 347  Müller-Volbehr, Europa und das Arbeitsrecht der Kirchen, S. 110; Guimezanes, in: Churches and labour law in the EC countries, 83 (86); Mückl, Europäisierung des Staatskir­ chenrechts, S. 184. 348  Falterbaum, Caritas und Diakonie, S. 145; Mückl, Europäisierung des Staatskirchen­ rechts, S. 182. 349  Boyer, Le droit des religions en France, S. 109; Campenhausen, in: Kirche und Staat in Deutschland, Frankreich und den USA, 65 (79). 350  Hirsoux, in: L’année canonique 1997, 159 (173).

II.  Der Umgang des französischen Rechts mit den Loyalitätsanforderungen

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2. Bewertung Vergleicht man die Rechtslage in Deutschland mit der von Frankreich, ist für die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses zwischen kirchlichen Einrichtungen und ihren Mitarbeitern besonders hervorzuheben, dass sich in Deutschland die Kirchen auf ihr verfassungsrechtlich garantiertes Selbstbestimmungsrecht berufen können, wohingegen in Frankreich der Grundsatz der Nichtberücksichtigung der Religion in Arbeitsverhältnissen gilt. Während es in Deutschland – auch wenn es zunehmender Kritik ausgesetzt ist – selbstverständlich möglich ist, dass Kirchen ihren Mitarbeitern Loyalitätsoblie­ genheiten auferlegen können, kann im französischen Recht die Berücksichtigung der Religion nur in Ausnahmefällen arbeitsvertraglich festgeschrieben werden, da den Kirchen nur ein Tendenzschutz gewährt wird. Im Ergebnis werden aber in beiden Ländern von den nationalen Gerichten die Besonderheit von Kirchen und ihren Einrichtungen und die damit verbundenen Loyalitätsverpflichtungen berücksichtigt und es wird eine Abwägung der wider­ streitenden Interessen vorgenommen. Zu bedenken ist allerdings, dass die Loyalitätsobliegenheiten in Deutschland bereits durch die Grundordnung auf Seiten der katholischen Kirche und durch die Loyalitäts-RL auf Seiten der evangelischen Kirche festgelegt wurden und auch von den staatlichen Gerichten berücksichtigt werden müssen. Der Spielraum für eine Entscheidung zu Gunsten der Arbeitnehmer und damit zu Lasten der religiösen Besonderheiten kirchlicher Einrichtungen ist dadurch deutlich geringer. Dies ist in Frankreich anders; dort treffen Loyalitätsobliegenheiten nicht ausnahmslos jeden Mitarbeiter, sondern nur denjenigen, der auf Grund der Natur der ihm vertrag­ lich übertragenen Aufgabe für die Tendenz des Betriebs eine entscheidende Rolle spielt.351 Da aber das in Deutschland verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in dieser Arbeit nicht in Frage gestellt werden soll, bleibt den beiden Kirchen nur die Möglichkeit, ihre strenge Haltung in Bezug auf die geforderten Loyalitätsoblie­ genheiten zu lockern. Die katholische Kirche hat dies bereits in diesem Jahr getan und einige Änderungen in der Grundordnung diesbezüglich vorgenommen. Im Bereich des individuellen Arbeitsrechts sind die kirchenspezifischen Anforderun­ gen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst den vielfältigen Veränderungen in der Rechtsprechung, Gesetzgebung und Gesellschaft angepasst worden, sodass ein schwerwiegender Loyalitätspflichtverstoß, der zwingend eine Kündigung nach sich zieht, nur noch in Ausnahmefällen angenommen werden kann. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und ein Zugeständnis für die Mitarbeiter, die im kirchlichen Dienst tätig sind. Ziel beider Kirchen in Deutschland muss es sein, einen attraktiven Arbeitgeber darzustellen, der seine Glaubwürdigkeit dadurch behält, dass er die verschiedenen 351 

Mückl, Europäisierung des Staatskirchenrechts, S. 185.

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H.  Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich

Interessen zu einem sachgerechten Ausgleich bringt. Dadurch kann auch ein Ver­ such unternommen werden, dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken.

III.  Die Stellung der Wohlfahrtsverbände in den Niederlanden 1.  Rechtliche Ausgangslage Grundsätzlich gilt in den Niederlanden – genauso wie in Frankreich – das Prin­ zip der Trennung zwischen Staat und Kirche, wobei es sich allerdings nicht um eine „strikte Trennung“ in dem Sinne handelt, dass beide Seiten nichts miteinander zu tun hätten. Eine solche Annahme stünde nicht im Einklang mit den tatsächli­ chen sozialen und politischen Verhältnissen.352 Besonders hervorzuheben ist die Stellung der religiösen Wohlfahrtsverbände (beispielsweise der Caritas), die anders als in Deutschland nicht den Kirchen zuge­ ordnet, sondern privat organisiert sind.353 Da es sich aber dennoch um konfessio­ nelle Einrichtungen handelt, kann es zur Wahrung ihrer Identität erforderlich sein, Loyalitätsobliegenheiten von den Mitarbeitern zu verlangen. Die Frage, wie weit diese reichen können, ist einzelfallabhängig und bedarf einer Interessenabwägung. Dabei ist insbesondere das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz heranzuziehen.354 Pauschale Grundanforderungen für einen Dienst in religiösen Wohlfahrtsverbän­ den – wie es in Deutschland der Fall ist – gibt es in den Niederlanden allerdings nicht. Auf Grund mangelnder Zuordnung zu den jeweiligen Religionsgemeinschaf­ ten gibt es keine der Grundordnung oder der Loyalitäts-RL vergleichbare Rege­ lungen. Das hat zur Folge, dass den religiösen Besonderheiten nicht so ein starkes Gewicht zukommt wie in deutschen kirchlichen Einrichtungen und sich die Suche nach Mitarbeitern dadurch deutlich leichter gestaltet. 2. Beurteilung Die privatrechtliche Organisation der konfessionellen Wohlfahrtsverbände in den Niederlanden hat den Vorteil, dass sie den aktuellen Gegebenheiten – Säkula­ risierung und steigende Kirchenaustrittszahlen – besser Rechnung trägt. Sie sind nicht in dem hohen Maße wie in Deutschland auf bestimmte konfessionelle Anfor­ derungen ihrer Mitarbeiter angewiesen und sind dadurch flexibler in der Zusam­ mensetzung ihrer Beschäftigten. Damit wird aber auch deutlich, dass der religiöse Charakter dieser Einrichtungen eine weniger große Rolle spielt als in Deutschland, was aber nichts daran ändert, dass auch dort Caritas genauso gelebt werden kann und sollte.

Bijsterveld, in: Robbers, Staat und Kirche in der Europäischen Union, 229 (235 f.). Sengers, in: Dam/Wielenga, Religion als Zündstoff, 61 (65). 354  Bijsterveld, in: Robbers, Staat und Kirche in der Europäischen Union, 229 (243 f.). 352  353 

IV.  Tarifvertraglich vereinbarte Höchstquoten

117

Möglicherweise würden evangelische und katholische Kirche in Deutschland an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn sie sich eingestehen, dass die Vorausset­ zungen, die an einen Dienst in der Kirche geknüpft werden, nur noch von einem Bruchteil der Bevölkerung erfüllt werden und es deswegen sinnvoller wäre, die Aufgaben, die nicht mehr bewältigt werden können, von der Kirche zu lösen. Denn dort, wo die katholische bzw. evangelische Kirche als Arbeitgeber auftritt, muss sie auch gelebt werden.355 Möchte man die kirchliche Zuordnung nicht völlig aufgeben, so bleibt immer noch die Alternative, zumindest eine Abstufung in der Hinsicht vorzunehmen, dass die Unterwerfung unter kirchliche Regeln vom Berufsfeld und der Nähe zum Sendungsauftrag, nicht aber von der Art und Weise der Beschäftigung abhängig gemacht wird. Auch wenn dieser Aspekt in Art. 4 Abs. 1 S. 2 GrO356 bzw. § 4 Abs. 2 S. 2 Loyalitäts-RL357 bereits teilweise berücksichtigt wird, so könnte – be­ sonders für den Fall der Einstellung – eine noch stärkere Differenzierung vorge­ nommen werden.

IV.  Tarifvertraglich vereinbarte Höchstquoten von Leiharbeitnehmern in den Niederlanden IV.  Tarifvertraglich vereinbarte Höchstquoten

1.  Rechtliche Ausgestaltung Auch in den Niederlanden gibt es – genauso wie in Deutschland – keine ge­ setzliche Regelung, welche vorgibt, wie viele Leiharbeitnehmer maximal in einem Entleiherbetrieb eingesetzt werden dürfen. Weder in der sog. WAADI noch in der Wet Flexibiliteit en zekerheid, den beiden wichtigsten Gesetzen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung in den Niederlanden, finden sich dazu Normierungen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in Branchen, die das Konstrukt der Arbeit­ nehmerüberlassung häufig nutzen, tarifvertragliche Regelungen im Regelfall eine Höchstquote von weniger als 10 % aller Beschäftigten beim entleihenden Unter­

355  Im Ergebnis so auch Schneider, ZMV-Sonderheft 2012, 8 (9); Weber/Gerhardt, ZRP 2015, 156 (158). 356  Art. 4 Abs. 1 S. 2 GrO lautet: „Im pastoralen und katechetischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica oder einer sons­ tigen schriftlich erteilten bischöflichen Beauftragung tätig sind, ist das persönliche Le­ benszeugnis im Sinne der Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre erforderlich; dies gilt in der Regel auch für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im erzieherischen Dienst.“ 357  § 4 Abs. 2 S. 2 Loyalitäts-RL lautet: „Sofern sie in der Verkündigung, Seelsorge, Un­ terweisung oder Leitung tätig sind, wird eine inner- und außerdienstliche Lebensführung erwartet, die der übernommenen Verantwortung entspricht.“

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H.  Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich

nehmen vorsehen.358 In Deutschland wird von dieser Möglichkeit nur im Einzelfall Gebrauch gemacht; teilweise gibt es Regelungen in Betriebsvereinbarungen.359 2. Einschätzung Die niederländische Vorgehensweise, nämlich die Regulierung der Leiharbeit­ nehmerzahlen in entleihenden Unternehmen mittels Tarifverträgen, scheint ein guter Ansatz, welchen die deutschen Tarifvertragsparteien auch verstärkt nutzen sollten. Jedoch ist zu bedenken, dass für die unmittelbare Geltung einer tarifver­ traglichen Regelung die beiderseitige Tarifgebundenheit erforderlich ist, es sei denn, der Tarifvertrag wurde für allgemeinverbindlich erklärt. Das bedeutet aber auch, dass mittels dieses Instruments nur ein Bruchteil der Unternehmen erfasst wird, die das Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung tatsächlich nutzen und es bleibt den jeweiligen Vertragspartnern vorbehalten eine Höchstquote festzulegen, die dann von Tarifvertrag zu Tarifvertrag variieren kann. Letztendlich sind tarifvertragliche Regelungen mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung; um allerdings eine feststehende Quote einzuführen, die für alle die Arbeitnehmerüberlassung nutzende Betriebe verbindlich ist, bedarf es einer gesetzlichen Regelung, wie sie bereits in einem der vorangehenden Kapitel360 vor­ geschlagen wurde.

V.  Zeitliche Höchstüberlassungsgrenzen für Leiharbeitnehmer in Frankreich 1.  Gesetzliche Regelung In Frankreich ist – anders als in Deutschland – der Einsatz im Entleiherbe­ trieb auf maximal 18 Monate (inklusive evtl. Verlängerungen) beschränkt (vgl. Art. 124-2-2 Code du Travail). Nur in ausdrücklich aufgezählten Ausnahmefällen kann die Überlassung länger dauern, beispielsweise bis zu 24 Monate bei einer Überlassung ins Ausland. Im Gegensatz zu Deutschland ist die Höchstüberlas­ sungsdauer in Frankreich allerdings weitgehend bedeutungslos, da die regelmä­ ßige Beschäftigungsdauer beim Entleiher nur 1,9 Wochen dauert.361 Besonders hervorzuheben ist das regelmäßige Zusammenfallen der Laufzeit des Arbeitsver­ trages mit der Einsatzdauer beim Entleiher. Das bedeutet, dass der Arbeitsvertrag mit dem Verleiher endet, sobald die Beschäftigungsmöglichkeit beim Entleiher weggefallen ist.362 358  Tijdens/van Klaveren/Houwing/van der Meer/van Essen, Temporary agency work in the Netherlands, S. 34. 359  Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit und zur Durchsetzung des Equal-Pay-Grundsatzes, S. 30 f. 360  Siehe E. II. 4. 361  Arrowsmith, Temporary agency work in an enlarged European Union, S. 9.

VI.  Das aktive und passive Wahlrecht von Leiharbeitnehmern

119

2. Einschätzung Auch wenn in der französischen Leiharbeitspraxis die Höchstüberlassungsdau­ er keine Rolle spielt, kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass der deutsche Gesetzgeber weiterhin auf eine klare Regelung im AÜG verzichten sollte. Denn in Deutschland beträgt in fast 40 % aller Fälle die Überlassungsdauer länger als drei Monate.363 362

Mit einer fixen zeitlichen Obergrenze, die möglicherweise Ausnahmetatbestän­ de enthalten kann, würden einige der oben364 aufgezeigten Probleme, die aus der Begrifflichkeit „vorübergehend“ entstehen, beseitigt werden. Vor allem würde da­ mit der Leiharbeits-RL 2008/104/EG Rechnung getragen werden, nach welcher eine dauerhafte Überlassung zum Schutze von Leiharbeitnehmern nicht erlaubt sein soll. Die 18-monatige Höchstüberlassungsdauer, die im französischen Recht im Regelfall vorgesehen ist, entspricht auch dem Vorschlag des aktuellen Koalitions­ vertrages. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Status eines Leihar­ beitnehmers in Frankreich auf Grund der ähnlicheren Arbeitsbedingungen – vor allem des equal-pay-Grundsatzes – eher dem eines Festangestellten entspricht als in Deutschland. Deswegen sollte die Höchstüberlassungsdauer nach deutschem Recht kürzer ausgestaltet werden. Wie bereits oben365 aufgezeigt, erscheint eine Begrenzung auf sechs Monate angemessen.

VI.  Das aktive und passive Wahlrecht von Leiharbeitnehmern in niederländischen Wohlfahrtsverbänden VI.  Das aktive und passive Wahlrecht von Leiharbeitnehmern

1.  Gesetzliche Ausgestaltung Wie bereits oben366 geschildert, besteht in den Niederlanden – im Vergleich zu Deutschland – die Besonderheit, dass es sich bei Caritas und Diakonie nicht um kirchliche Einrichtungen handelt, sondern um private Wohlfahrtsverbände. Das hat aber auch zur Konsequenz, dass für diese Institutionen kein gesondertes kirch­ liches Arbeitsrecht zur Anwendung kommt; sie unterliegen vielmehr dem staat­ lichen Arbeitsrecht. Somit gilt das niederländische Betriebsratsgesetz, das sog. Wet op de ondernemingsraden. Dieses beinhaltet die Regelung, wonach Leihar­ beitnehmern sowohl ein aktives als auch ein passives Wahlrecht im Entleiherbe­ trieb zusteht, sobald sie länger als zwei Jahre darin tätig sind (Art. 1 Abs. 3 lit. a) i. V. mit Art. 6 Abs. 2 und 3). Daneben haben sie aber auch weiterhin nach den 362  Vigneau, in: Ahlberg/ Bercusson/Bruun/Kountouros/Vigneau/Zappalà, Transnational Labour Regulation, 85 (90). 363  Arrowsmith, Temporary agency work in an enlarged European Union, S. 9. 364  Siehe E. III. 4. 365  Siehe E. III. 6. 366  Siehe H. III. 2.

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H.  Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich

Vorgaben des Wet op de ondernemingsraden ein aktives und passives Wahlrecht bei ihrem Arbeitgeber im Verleiherbetrieb.367 Folglich sind zwar auch in den Nie­ derlanden Leiharbeitnehmer im Vergleich zur Stammbelegschaft benachteiligt, da diese bereits nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit wahlberechtigt und nach 12-monatiger Betriebszugehörigkeit wählbar sind. Allerdings sind die Nachteile weit weniger schwerwiegend als für Leiharbeitnehmer externer Arbeitnehmer­ überlassungsgesellschaften, die in kirchlichen Einrichtungen in Deutschland ein­ gesetzt werden. In einem der voranstehenden Abschnitte368 wurde festgestellt, dass dieser Beschäftigtengruppe noch nicht einmal ein aktives Wahlrecht bei der Wahl der Mitarbeitervertretung zukommt, unabhängig von der Länge ihres Einsatzes. Ein passives Wahlrecht wird Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb generell ab­ gesprochen, § 14 Abs. 2 S. 1 AÜG. 2. Beurteilung Auch wenn das Wahlrecht von Leiharbeitnehmern in den Niederlanden nur in wenigen Fällen zum Tragen kommt, weil die Überlassungsdauer in der Regel zu kurz ist (die durchschnittliche Einsatzdauer liegt bei 113 Tagen369), so ist die Einräumung eines Wahlrechts grundsätzlich positiv zu bewerten. Dass diese ge­ setzliche Normierung überhaupt Anwendung findet, liegt in dem entscheidenden Unterschied, nämlich der fehlenden Möglichkeit von niederländischen religiösen Wohlfahrtsverbänden spezielles kirchliches Arbeitsrecht zu nutzen. Diese man­ gelnde Differenzierung bringt jedoch den Vorteil, dass dadurch den Rechten von Leiharbeitnehmern besser Rechnung getragen wird. Durch die Gewährung eines aktiven Wahlrechts wird auch die Gruppe der Leiharbeitnehmer durch den Be­ triebsrat der entleihenden Einrichtung repräsentiert. Die zusätzliche Möglichkeit, sich auf Grund des passiven Wahlrechts als überlassene Arbeitskraft in das Be­ triebsratsgremium des Entleihers wählen zu lassen, kann sogar dazu führen, dass Zeitarbeitskräfte selbst zu Repräsentanten der Beschäftigten im Entleiherbetrieb werden. Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Legitimationsgrundlage des Betriebsrats bestehen – anders als im deutschen System – demnach nicht. Um das zugestandene Wahlrecht effektiver nutzen zu können, wäre es sinn­ voll, den erforderlichen Beschäftigungszeitraum von zwei Jahren zu verkürzen. In Erwägung gezogen werden könnte ein völliger Gleichlauf mit dem Wahlrecht der Stammbelegschaft. Möglicherweise wird eine solche Angleichung aber als zu weit­ gehend angesehen; dann besteht die Alternative weiterhin eine unterschiedliche Behandlung vorzunehmen, die jedoch weniger stark ausgeprägt sein sollte und die dazu führt, dass das Wahlrecht von Leiharbeitnehmern nicht nur auf dem Papier existiert, sondern auch tatsächlich umgesetzt wird.

DGB-Bundesvorstand, Leiharbeit – Erfahrungen im europäischen Vergleich, S. 5. Siehe Kapitel E. V. 4. 369  Arrowsmith, Temporary agency work in an enlarged European Union, S. 9. 367 

368 

VI.  Das aktive und passive Wahlrecht von Leiharbeitnehmern

121

Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche in Deutschland sollten es sich zur Aufgabe machen, ihre jeweiligen gesetzlichen Normierungen in der MAVO bzw. im MVG.EKD hinsichtlich des aktiven und passiven Wahlrechts der Mitarbeitervertretung zu überdenken, und nach Lösungen suchen, die den Rechten von den in ihren Einrichtungen beschäftigten externen Leiharbeitnehmer besser gerecht werden. Das bedeutet nicht zwingend die Nicht-mehr-Anwendung kirch­ lichen Arbeitsrechts, aber möglicherweise eine Anpassung an § 7 S. 2 BetrVG. Damit wäre zumindest ein aktives Wahlrecht in der entleihenden Einrichtung ab einer geplanten Einsatzdauer von mehr als drei Monaten gesichert. 3.  Exkurs: Der generelle Ausschluss des passiven Wahlrechts von Leiharbeitnehmern nach § 14 Abs. 2 S. 1 AÜG auf dem Prüfstand Dass in Deutschland das passive Wahlrecht Leiharbeitnehmern generell ver­ wehrt wird, muss hinterfragt werden, auch wenn die Rechtsprechung370 und große Teile der Literatur371 dies als unproblematisch ansehen. Möglicherweise besteht auch in diesem Bereich Nachholbedarf und macht eine der niederländischen Rege­ lung vergleichbare Normierung erforderlich. Ordnet man Leiharbeitnehmer auch dem Entleiherbetrieb zu – im Rahmen der Belegschaftsstärke beispielsweise werden überlassene Arbeitnehmer mitge­ zählt, wobei es auf die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Leiharbeitnehmer an­ kommt372 –, so ist der gesetzliche Ausschluss vom passiven Wahlrecht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG bedenklich.373 Besonders im Vergleich zu anderen Arbeit­ nehmergruppen (z. B. Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte oder mit befristetem Arbeitsvertrag Tätige), denen ein volles Wahlrecht zusteht, obwohl ihre Anbindung an den Betrieb nicht zwingend intensiver ist, werden überlassene Arbeitnehmer klar benachteiligt. Auch das Argument, Stammarbeitskräfte seien mit dem Betrieb enger verwo­ ben, verfängt nicht mehr, da nach Aufhebung der Höchstüberlassungsdauer auch ein langfristiger Einsatz von Leiharbeitnehmern möglich ist.374 Genauso wenig überzeugt die Auffassung, § 8 Abs. 1 BetrVG diene einer gewissen Stabilität des Betriebsratsamtes,375 denn auch nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit kann ein gewähltes Betriebsratsmitglied jederzeit, egal ob freiwillig oder gezwungener­ maßen, aus verschiedensten Gründen aus dem Gremium ausscheiden. Eine sich 370 

BAG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 ABR 49/03, NZA 2004, 1340 (1343). Anstatt vieler Brors, NZA 2002, 123 (124); Maschmann, DB 2001, 2446 (2447); Thüsing, in: Thüsing, AÜG, § 14 Rn. 48. 372  BAG, Beschluss vom 13.03.2013 - 7 ABR 69/11, NZA 2013, 789. 373  So auch Hamman, in: Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn. 63; Ulber, in Ulber/Ulber, AÜG, § 14 Rn. 100. 374  Hamman, in: Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn. 63; a.A. Maschmann, DB 2001, 2446 (2447). 375  So aber Thüsing, in: Thüsing, AÜG, § 14 Rn. 48. 371 

122

H.  Blick ins europäische Ausland am Beispiel der Niederlande und Frankreich

möglicherweise innerhalb einer Amtszeit veränderte Zusammensetzung des Be­ triebsratsgremiums kann nicht verhindert werden. Laut der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG soll die sechsmonatige Betriebs­z ugehörigkeit vielmehr dazu dienen, einen Überblick über die betrieblichen Verhältnisse zu erwerben, welcher für die Ausübung des Betriebsratsamtes erforderlich sei.376 Entscheidend ist aber auch, dass die Einführung eines passiven Wahlrechts von Leiharbeitnehmern dazu beitragen könnte, den gesetzgeberischen Willen377, nämlich die Heranführung von Randgruppen an die Stammbelegschaft durch die Gestattung eines aktiven Wahlrechts, effektiver umzusetzen. Bisher sind überlas­ sene Arbeitnehmer darauf angewiesen, ihre speziellen Interessen durch Arbeitneh­ mer mitvertreten zu lassen, die gerade nicht ihrer Beschäftigtengruppe angehören. Prämisse einer wirkungsvollen Repräsentation bestimmter Interessengruppen ist es aber gerade, dass diese einen eigenen Vertreter in das Vertretungsgremium entsenden können.378 Vor allem auf Grund der zunehmenden Substituierung von Stammarbeitnehmern durch Leiharbeitskräfte scheint es dringend geboten, dieser Beschäftigtengruppe eine Repräsentationsmöglichkeit zu schaffen. Im Ergebnis muss wohl auch Leiharbeitskräften ein passives Wahlrecht zuge­ standen werden, egal ob in weltlichen oder kirchlichen Einrichtungen. Die Nie­ derlande können dabei als Vorbild dienen. Es sind keine zwingenden Gründe er­ sichtlich, die gegen eine Wählbarkeit sprechen. Vielmehr ist die jetzige gesetzliche Ausgestaltung verfassungsrechtlich bedenklich. Eine Mindestbetriebszugehörig­ keitsdauer von sechs Monaten, wie sie bereits jetzt Voraussetzung für die Wählbar­ keit nach § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist, erscheint sachgerecht. Es gibt keinen Grund diese Frist für Leiharbeitnehmer länger auszugestalten.

VII. Resümee Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein Ausblick ins europäische Ausland durchaus sinnvoll und sowohl für den deutschen Gesetzgeber als auch für die katholische und evangelische Kirche in Deutschland inspirierend sein kann. Beispielhaft zeigen Frankreich und die Niederlande, wie das ein oder andere in dieser Arbeit aufgezeigte Problem gelöst werden könnte, ohne dass das deutsche System völlig verändert werden müsste. Dem Gebot der Lohngerechtigkeit könnte bereits dadurch Rechnung getragen werden, indem der equal-pay-Grundsatz wie in Frankreich zwingend geboten ist, ohne die Möglichkeit einer tarifvertraglichen Abweichung nach unten vorzusehen. Im Bereich der Loyalitätsanforderungen ist ein Vergleich schwerer zu ziehen, da weder in Frankreich noch in den Niederlanden ein kirchliches Arbeitsrecht existiert. Auch dort wird zwar auf die kirchlichen Besonderheiten Rücksicht ge­ 376 

BT-Drs. VI/1786, S. 37. BT-Drs. 14/5741, S. 28. 378  So auch Brors, NZA 2002, 123 (124). 377 

VII. Resümee

123

nommen, allerdings nicht in dem Maße wie in Deutschland. Die zunehmende Dis­ tanzierung von Religion und deren Einrichtungen hat aber auch im deutschen Sys­ tem zur Folge, dass eine Aufweichung der Loyalitätsanforderungen unumgänglich wird. Die katholische Kirche hat diesbezüglich erste Lockerungen vorgenommen; die Grundordnung wurde im Frühjahr 2015 in diesem Bereich entschärft und an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Auf weitere Veränderungen werden sich aber beide Kirchen einstellen müssen. Die Frage, ob und wenn ja an welchem Maßstab eine Höchstquote von Leihar­ beitskräften eingeführt werden sollte, kann beispielsweise mittels eines Blicks auf das niederländische Regelungssystem beantwortet werden. Dort wird vor allem mit Hilfe von Tarifverträgen eine Obergrenze geschaffen, die in der Regel von einer Quote von weniger als 10 % der Gesamtbelegschaft ausgeht. Zwar wird da­ mit noch keine Vereinheitlichung geschaffen, aber zumindest wird überhaupt eine Regulierung vorgenommen. Dies kann ein richtiger Schritt auf dem Weg zu einer gesetzlichen Normierung sein. Dass es zeitliche Höchstüberlassungsgrenzen gibt, zeigt die französische Nor­ mierung. Diese sieht eine 18-monatige Höchstüberlassungsdauer vor, welche dem aktuellen Koalitionsentwurf aus dem Jahre 2013 entspricht. Da aber der Sicherheits­aspekt für überlassene Arbeitnehmer im französischen System stärker ausgeprägt ist als in Deutschland und damit eine Vergleichbarkeit nur ansatzweise möglich ist, erscheint eine deutlich kürzere Frist sinnvoll. Angedacht werden könnte – wie bereits oben379 erläutert – eine Frist von maximal sechs Monaten. Auch im Bereich des Wahlrechts von Leiharbeitnehmern in den Entleiherbetrie­ ben lohnt eine Betrachtung der gesetzlichen Regelung in den Niederlanden. Dem­ nach wird Leiharbeitskräften sowohl ein aktives als auch passives Wahlrecht nach einer Überlassungsdauer von 24 Monaten zugestanden. Eine solche rechtliche Ausgestaltung erscheint sinnvoll, da keine Gründe ersichtlich sind, Leiharbeitneh­ mer im Hinblick auf das Zugeständnis eines Wahlrechts anders zu behandeln als Festangestellte. Zumindest bestünden dann keine Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Ob eine Mindestüberlassungsdauer von zwei Jahren sinnvoll erscheint, darüber kann gestritten werden. Möglicherweise wäre eine Anpassung an die DreiMonats-Frist des § 7 S. 2 BetrVG die effektivere Alternative.

379 

Siehe E. III. 6.

I.  Schlussbetrachtung und Ausblick Im Schlusskapitel dieser Arbeit werden die in der Einleitung aufgeworfenen Forschungsfragen beantwortet und in einer Zusammenschau die Ergebnisse die­ ser Untersuchung präsentiert. Außerdem soll in einem Ausblick auf mögliche Ent­ wicklungen aufmerksam gemacht werden, welche im Rahmen von gesetzlichen Änderungen berücksichtigt werden könnten.

I.  Beantwortung der Forschungsfragen Die im einleitenden Kapitel gestellten Forschungsfragen und die in der Arbeit dazu gefundenen Antworten sollen an dieser Stelle nochmals überblicksartig dar­ gestellt werden, um die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit einer abschließenden Bewertung zu unterziehen. 1.  Welche Anforderungen werden an einen Dienst in der Kirche und die darin Tätigen gestellt? Auf Grund der Auseinandersetzung mit den theologischen Hintergründen des Dienstgemeinschaftsbegriffs und einer Neudefinition des Begriffs „Sendungsauf­ trag“ konnten Kriterien entwickelt werden, die für einen Dienst in der Kirche und die darin Tätigen unerlässlich sind. Dazu zählen die Anerkennung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre, das Unterlassen schädlicher Handlungen, die Bereitschaft zur Teilnahme an Schulun­ gen und Fortbildungen und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Weiterhin kommen hinzu eine Kultur der Wertschätzung, Achtung und Zuwendung, das Ge­ bot der Lohngerechtigkeit und zuletzt, aber nicht weniger wichtig, der Aspekt der Freiwilligkeit. Diese Anforderungen müssen im Rahmen einer Beschäftigung in einer katholi­ schen oder evangelischen Einrichtung vollständig berücksichtigt werden, um sich nicht in Widerspruch mit der Dienstgemeinschaft zu setzen. Mit Hilfe dieses Kriterienkatalogs können somit sämtliche Beschäftigungsver­ hältnisse auf ihre Vereinbarkeit mit einem Dienst in der Kirche untersucht werden. 2.  Ist der Begriff der Dienstgemeinschaft tatsächlich mit dem Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen vereinbar und macht es dabei einen Unterschied, ob es sich um externe oder interne Arbeitnehmerüberlassung handelt? Die im Hauptteil dieser Arbeit vorgenomme Untersuchung auf die Vereinbarkeit des Beschäftigungsverhältnisses der Arbeitnehmerüberlassung mit dem Begriff der Dienstgemeinschaft hat ergeben, dass eine Unterscheidung zwischen externer

I.  Beantwortung der Forschungsfragen

125

und interner Arbeitnehmerüberlassung unerlässlich ist. Die Grundvoraussetzun­ gen sind bereits völlig verschieden. Während externe Verleihfirmen ausschließlich weltliches Arbeitsrecht anwenden, werden interne – also kircheneigene – Arbeit­ nehmerüberlassungsgesellschaften durch die Anwendung des kirchlichen Arbeits­ rechts geprägt. Dies hat weitreichende Konsequenzen. Im Falle der Nutzung von externen Leiharbeitsunternehmen werden nicht alle für einen Dienst in der Kirche erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Das Krite­ rium „Gebot der Lohngerechtigkeit“ wird nur unzureichend umgesetzt, weil der equal-pay-Grundsatz in der Praxis nicht berücksichtigt wird. Das hat zur Folge – auch wenn die weiteren Anforderungen (teilweise mit Bedenken) eingehalten wer­ den könnten –, dass man die Vereinbarkeit von externer Arbeitnehmerüberlassung mit einer Mitarbeit im kirchlichen Dienst verneinen muss. Anders sieht es hingegen bei der Inanspruchnahme kircheneigener Verleihfir­ men aus. Dort findet kirchliches Arbeitsrecht Anwendung, sodass keinerlei Un­ gleichbehandlung zwischen Festangestellten und Leiharbeitskräften stattfindet. Das heißt aber auch, dass in dieser Konstellation dem Aspekt der Lohngerechtig­ keit genügt wird und auch im Übrigen sämtliche Anforderungen erfüllt werden. Im Ergebnis ist deswegen die Nutzung interner Zeitarbeitsfirmen mit dem Begriff der Dienstgemeinschaft und die daran anknüpfenden Bedingungen vereinbar. 3.  Welche Loyalitätsanforderungen sind an Leiharbeitnehmer zu stellen? Auch auf die Frage welche Loyalitätsanforderungen an überlassene Arbeits­ kräfte zu stellen sind, wurde in der vorliegenden Abhandlung näher eingegangen. Zunächst musste geklärt werden, ob überlassenen Arbeitskräften überhaupt Loya­ litätsobliegenheiten auferlegt werden können. Für intern überlassene Arbeitnehmer ist dies unproblematisch möglich; die Beachtung der Loyalitätsanforderungen ist sogar zwingend erforderlich, da Grundordnung bzw. Loyalitätsrichtlinie unmittel­ bar Anwendung finden. Im Rahmen der externen Arbeitnehmerüberlassung wur­ de eine analoge Anwendung in Betracht gezogen. Auf Grund der Bejahung einer planwidrigen Regelungslücke und der Annahme einer Vergleichbarkeit konnte eine Analogiebildung vorgenommen werden, sodass die grundsätzliche Beachtung von Loyalitätsanforderungen auch von externen Zeitarbeitskräften verlangt werden kann. In einem weiteren Schritt war zu klären, ob möglicherweise eine Abstufung je nach Beschäftigungsart vorzunehmen ist. Diese Frage muss allerdings mit einem Nein beantwortet werden, da keinerlei zwingende Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Allein das fehlende Arbeitsverhältnis und die eventuell kurze Einsatzzeit können nicht ausschlaggebend für ein Weniger an Loyalitätsob­ liegenheiten sein. 4.  Bedarf es einer Höchstquote an Leiharbeitern und wenn ja, an welchem Maßstab sollte sie sich orientieren? Ein weiteres Problem, das sich im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Leiharbeit und Dienstgemeinschaft stellt, ist die Frage nach der Normierung einer Höchstquote von Zeitarbeitnehmern.

126

I.  Schlussbetrachtung und Ausblick

Das AÜG selbst sieht diesbezüglich keine Regelung vor, jedoch gibt es Normie­ rungen im kirchlichen Arbeitsrecht, die darauf hindeuten, dass eine Höchstquote durchaus sinnvoll und wünschenswert ist. In Betracht gezogen wurde eine Orientie­ rung an § 1 Abs. 5 lit. b) S. 2 AVR der Diakonie oder an § 112a Abs. 1 BetrVG. Da al­ lerdings beide Vorschriften dem Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht ganz gerecht werden, wurde der Vorschlag unterbreitet, § 1c AÜG380 einzufügen, welcher nach Betriebsgröße unterscheidet und dabei kleineren Betrieben mehr Spielräume lässt. 5.  Bedarf es einer zeitlichen Höchstgrenze für den Einsatz und wenn ja, wie lange sollte der Einsatz maximal dauern? Diskussionswürdig ist auch, wie der Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG auszulegen ist, weil bis jetzt keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu ergangen ist. Die Untersuchung dieses Problemfelds hat ergeben, dass sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung die Meinungen in Bezug auf die Bedeutung des Be­ griffs „vorübergehend“ weit auseinandergehen. Im Ergebnis überzeugt allerdings nur die Auffassung, die eine dauerhafte Überlassung für unzulässig hält. Sowohl europäischer als auch nationaler Gesetzgeber wollen Leiharbeitnehmer schützen. Dies funktioniert aber nur, indem die Überlassungsdauer zeitlich begrenzt wird. Aktuell stehen zur Debatte eine Höchstfrist von 18 Monaten, welche von der derzeitigen Regierung präferiert wird, und eine Frist von maximal drei Monaten. Diese geht aus einem aktuellen Antrag einiger Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE an den Bundestag hervor. Vorzugswürdig erscheint allerdings in Anleh­ nung an die regelmäßige Probezeit eine Höchstgrenze von sechs Monaten; dabei handelt es sich um einen Zeitraum, in dem die Schutzwürdigkeit des Arbeitneh­ mers nicht zu hoch angesetzt werden sollte, weil er jederzeit mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses rechnen muss. Mit der Festlegung einer solchen Grenze würden Rechtsklarheit geschaffen und die widerstreitenden Interessen von Entleiher und Leiharbeitnehmer in einen sachgerechten Ausgleich gebracht werden. 6. Inwieweit haben die Mitarbeitervertretungen Mitsprachrechte beim Einsatz von Leiharbeitnehmern? Als weitere Folgefrage war zu klären, inwieweit die Mitarbeitervertretungen der kirchlichen Einrichtungen Mitspracherechte beim Einsatz von Zeitarbeitskräften haben. Auf Seiten der katholischen Kirche gibt es eine klare gesetzliche Normierung. Gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 MAVO kann die Mitarbeitervertretung die vom Dienst­ geber beantragte Zustimmung verweigern, wenn die überlassene Person länger als sechs Monate beim Entleiher beschäftigt werden soll. Diese Regelung fand 2010 Einklang in das Gesetz als Reaktion auf die Entscheidung des KGH.EKD vom 09.10.2006. Darin erklärte es die Unvereinbarkeit eines Dauerverleihs mit dem Leitbild der Dienstgemeinschaft. 380 

Siehe E. II. 4.

I.  Beantwortung der Forschungsfragen

127

In der MVG.EKD findet sich keine so eindeutige Normierung. Allerdings hat auch dort die Mitarbeitervertretung ein Zustimmungsverweigerungsrecht, wenn der Einsatz eines Leiharbeitnehmers länger als „vorübergehend“ sein soll. Es bleiben demnach Unsicherheiten, da von Seiten der Rechtsprechung noch keine Entscheidung darüber gefällt wurde, was „vorübergehend“ eigentlich bedeutet. Die evangelische Kirche würde demnach gut daran tun, in der Zwischenzeit eine eindeutige Regelung zu treffen, um in ihren eigenen Reihen Rechtssicherheit zu schaffen. 7.  Welche Mitbestimmungsrechte stehen den überlassenen Arbeitskräften zu? Neben der Frage, welche Rechte den Mitarbeitervertretungen zustehen, musste auch geklärt werden, welche Mitbestimmungsrechte den Leiharbeitskräften in der entleihenden Einrichtung zustehen. Herausgearbeitet wurde, dass Leiharbeitnehmer weder auf katholischer noch auf evangelischer Seite Abgeordnete i. S. ihrer Mitarbeitervertretungsgesetze sind, sodass ihnen kein aktives Wahlrecht zugesprochen werden kann. Sowohl die MAVO als auch das MVG.EKD sehen keine Mitbestimmungsrechte für überlas­ sene Arbeitskräfte vor. Der Ausschluss des passiven Wahlrechts ergibt sich bereits aus § 14 Abs. 2 S. 1 AÜG, wobei an dessen Verfassungsmäßigkeit gezweifelt wer­ den kann. Hervorgehoben werden muss vor allem auch die Ungleichbehandlung im Hin­ blick auf an säkulare Einrichtungen überlassene Arbeitskräfte, denen zumindest nach § 7 S. 2 BetrVG ein aktives Wahlrecht im Entleiherbetrieb zugestanden wird, wenn die Überlassung länger als drei Monate andauern soll. Diese Differenzierung zwischen kirchlichen und weltlichen Entleihern ist nicht zu rechtfertigen. 8.  Besteht die Notwendigkeit eine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung von Leiharbeitnehmern? Es wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass der equal-pay-Grundsatz im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung gar nicht oder kaum beachtet wird und das Gebot der Lohngerechtigkeit verletzt wird. Zu klären blieb, ob dennoch eine unterschiedliche Vergütung von Leiharbeits­ kräften im Vergleich zur Stammbelegschaft erforderlich ist und gerechtfertigt wer­ den kann. Auch wenn im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten wird, dass Ar­ beitnehmerüberlassung nur dann sinnvoll genutzt werden könne, wenn damit Kos­ tenersparnis erreicht würde und deswegen eine schlechtere Bezahlung von Leih­ arbeitnehmern zwingend erforderlich sei, so besteht im Ergebnis kein sachlicher Grund, welcher eine differenzierende Bezahlung rechtfertigt. Vielmehr verlangt das Leitbild der Dienstgemeinschaft einen gerechten Lohn. Das heißt aber auch, dass für vergleichbare Tätigkeiten dasselbe gezahlt werden muss. Allein die un­ terschiedliche Form der Beschäftigung genügt nicht, um eine Ungleichbehandlung zu begründen.

128

I.  Schlussbetrachtung und Ausblick

9.  Stellt das Europarecht – insbesondere die Richtlinie 2000/78/EG – einschränkende Vorgaben auf? Auch die Frage nach europarechtlichen Vorgaben hat in der vorliegenden Arbeit Berücksichtigung gefunden. Zu überprüfen war, ob die Antidiskriminierungsricht­ linie oder das sich daraus entwickelte AGG Restriktionen vorsehen. Letztendlich konnte festgestellt werden, dass § 9 AGG mit den europarechtlichen Vorgaben in Einklang steht und kirchlichen Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaf­ ten eine Berufung auf diese Vorschrift gestattet ist, um Ungleichbehandlungen zu legitimieren. Anders sieht es hingegen bei externen Verleihfirmen an; sie können sich weder auf § 9 AGG noch auf Tendenzschutz berufen. Auch § 8 AGG kann nicht zur Anwendung kommen, welcher eine unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen zulässt. Es ist nicht ersichtlich, dass externe Arbeitneh­ merüberlassungsgesellschaften darauf angewiesen sind, ihre Arbeitnehmer nur an kirchliche Einrichtungen zu verleihen. 10.  Welche Alternativen bestehen zum deutschen System? Abschließend galt es Alternativen zum deutschen System aufzuzeigen, um An­ regungen für gesetzliche Änderungen zu bekommen. Zum Vergleich herangezogen wurden das französische als auch das niederlän­ dische Rechtssystem, die scheinbar passendere Normierungen für die aufgezeigten Problemfelder aufweisen. Frankreichs Gesetzgeber hat sich dafür entschieden – im Gegensatz zu Deutsch­ land –, keine Ausnahmen vom equal-pay-Grundsatz zuzulassen und stattdessen eine zusätzliche Prekaritätsprämie an Leiharbeitnehmer zu zahlen. Damit würde dem Gebot der Lohngerechtigkeit in jedem Fall entsprochen werden. Im Bereich der Loyalitätsanforderungen sind beide Nachbarländer weniger streng in ihrer Haltung im Vergleich zu Deutschland. Dies mag unter anderem auch an der strikteren Trennung zwischen Staat und Kirche liegen und dem Fehlen eines eigenständigen kirchlichen Arbeitsrechts. Nichtsdestotrotz werden auch in Frankreich und den Niederlanden die widerstreitenden Interessen gegeneinander abgewogen, allerdings ohne irgendwelche Tendenzen. Hervorzuheben ist die Stel­ lung der religiösen Wohlfahrtsverbände in den Niederlanden. Sie sind nicht den Kirchen zugeordnet, sondern vielmehr dem privaten Bereich. Dadurch ergeben sich für sie weniger Probleme aus der zunehmenden Säkularisierung der Gesell­ schaft. Katholische und evangelische Kirche in Deutschland sollten – wenn sie an ihrem verfassungsrechtlich verankerten Selbstbestimmungsrecht festhalten wollen – zumindest eine Anpassung ihrer Loyalitätsanforderungen an die tatsächlichen Gegebenheiten vornehmen. Bei der Frage nach einer Höchstquote von Leiharbeitnehmern könnte man sich an den niederländischen Tarifverträgen orientieren, welche regelmäßig eine Quote von weniger als 10 % vorsehen. Auch wenn diese nur einen Bruchteil aller Leihar­ beitnehmer erfassen, ist dies dennoch eine mögliche Alternative zu einer gesetzli­ chen Normierung oder zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung.

II.  Abschließende Bewertung

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Das Problem im Bereich der zeitlichen Höchstüberlassungsgrenzen hat Frank­ reich nicht, weil es dort bereits eine Regelung gibt. Der französische Gesetzgeber hat eine Frist von – mit kleineren Ausnahmen – 18 Monaten normiert. Auch wenn diese Zeitspanne für das deutsche System der Arbeitnehmerüberlassung, in wel­ chem Leiharbeitskräfte weniger Schutz genießen, zu lange ist, so würde zumindest in jedem Fall der Leiharbeits-RL 2008/104/EG Rechnung getragen werden. Sinn­ voll erscheint eine Höchstfrist von sechs Monaten. Auch auf dem Gebiet des Wahlrechts von Leiharbeitnehmern im Entleiherbe­ trieb scheint eine Anlehnung an das niederländische System sinnvoll. Dort steht überlassenen Arbeitskräften nach zweijähriger Beschäftigung beim Entleiher so­ wohl ein aktives als auch passives Wahlrecht zu. Katholische und evangelische Kirche würden gut daran tun den Zeitarbeitskräften in ihren Einrichtungen diesel­ ben Rechte zuzusprechen. Damit wären vor allem auch die verfassungsrechtlichen Bedenken aus dem Weg geräumt. Allerdings sollte, um die Effektivität des Wahl­ rechts zu gewährleisten, die erforderliche Beschäftigungszeit reduziert werden. Im Hinblick auf das aktive Wahlrecht scheint eine Angleichung an § 7 S. 2 BetrVG sinnvoll. Das passive Wahlrecht wird Leiharbeitnehmern hingegen auch im An­ wendungsbereich des BetrVG noch nicht zugebilligt.

II.  Abschließende Bewertung Nachdem das Ergebnis der Forschungsfragen präsentiert wurde, soll an dieser Stelle eine abschließende Bewertung vorgenommen werden. Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass auch die Kirchen als einer der größten Arbeitgeber in Deutschland mit dem Wettbewerbsdruck zu kämpfen haben und um diesem Stand zu halten, darauf angewiesen sind, ihre Kosten zu senken.381 Im Bereich der Personalkosten kann eine Reduzierung durch den Einsatz von Leihar­ beitskräften erreicht werden, weswegen dieses Instrument gerne auch von kirch­ lichen Einrichtungen genutzt wird. Allerdings ist das Konstrukt der externen Ar­ beitnehmerüberlassung nicht mit dem Leitbild einer Dienstgemeinschaft vereinbar. Nicht alle Voraussetzungen, die sich aus den theologischen Hintergründen des Be­ griffs „Dienstgemeinschaft“ ergeben, werden im Rahmen der Beschäftigungsform Leiharbeit erfüllt. Den Kirchen und den ihr zugehörigen Einrichtungen ist daher zu raten, vom Einsatz externer Zeitarbeitskräfte Abstand zu nehmen, um sich nicht in Widerspruch zu den eigens aufgestellten Anforderungen an einen Dienst in der Kirche zu setzen. Ansonsten droht nicht nur eine Beschädigung der Dienstgemein­ schaft an sich, sondern auch ein Verlust des Ansehens der Kirchen insgesamt.382 Allein die Nutzung kircheneigener Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften ist zulässig, da in diesem Rahmen alle Ansprüche für einen Einsatz im kirchlichen 381  Schleitzer/Schuckart-Witsch, in: Dritter Weg? Arbeitsbeziehungen in Kirche und Di­ akonie, 214 ff. 382  So auch Schneider, ZMV-Sonderheft 2012, 8 (9).

130

I.  Schlussbetrachtung und Ausblick

Dienst Berücksichtigung finden. Allerdings müssen auch dann die mit der Zuläs­ sigkeit von Arbeitnehmerüberlassung auftretenden Folgeprobleme gelöst werden. Besonders in den Blick genommen wurden in dieser Arbeit deswegen Problem­ kreise, die noch einmal mehr deutlich machen, dass Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen ein nur schwer händelbares Beschäftigungsinstrument darstellt. Die Frage nach den Loyalitätsanforderungen wurde dabei beispielsweise genauso diskutiert wie diejenige nach maximalen Einsatzzeiten oder die nach den Mitwirkungsrechten der Leiharbeitnehmer selbst. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass trotz des Kostendrucks die aus dem Leit­ bild der Dienstgemeinschaft resultierenden Anforderungen an die Arbeitsbedin­ gungen weiterhin zur Geltung kommen müssen. Sollte dies nicht möglich sein, müssen die Kirchen konsequenterweise erklären, bestimmte Angebote nicht mehr aufrecht erhalten zu können, anstatt auf Instrumente zurückzugreifen – beispiels­ weise externe Arbeitnehmerüberlassung –, die mit der Dienstgemeinschaft nicht in Einklang zu bringen sind. Damit wird aber auch die Herausforderung deutlich, die das Paradigma einer Dienstgemeinschaft mit sich bringt, welcher sich die Kirchen stellen müssen. Wenn die Kirchen es schaffen, diese Aufgabe zu bewältigen, sind sie glaubwürdig und authentisch und es kann zu Recht von „guter Arbeit“383 in ihren Einrichtungen gesprochen werden. Denn faire und angemessene Arbeitsbe­ dingungen sind ein Muss für eine berufliche Mitarbeit in der Kirche.

III. Ausblick Die voranstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass sowohl die katholische als auch evangelische Kirche in Deutschland mit einer zunehmenden Säkularisie­ rung der Gesellschaft und einem immer stärker werdenden Wettbewerbsdruck zu kämpfen haben. Daran wird sich auch in den kommenden Jahren bzw. Jahrzehnten nichts ändern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Druck auf die Kirchen und die dazugehörigen Einrichtungen noch zunimmt. Die demographische Ent­ wicklung unserer Gesellschaft und der damit zusammenhängende Ausbau des So­ zialstaates machen aber auch deutlich, wie sehr die von kirchlichen Einrichtungen übernommenen Aufgabenfelder – gerade im Sozial- und Gesundheitswesen – in Anspruch genommen werden (müssen), sodass davon auszugehen ist, dass die Mit­ arbeiterzahlen bei Caritas und Diakonie weiter zunehmen.384 Daher ist es umso wichtiger, dass die gesetzlichen Grundlagen für die darin Beschäftigten transpa­ rent sind und auf alle Beteiligten ausreichend Rücksicht genommen wird. Für die Nutzung der Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen heißt das: 383  Das Leitbild „Gute Arbeit“ wurde ursprünglich von deutschen Gewerkschaften ins Leben gerufen. Mittlerweile nutzen es aber auch Kirchen und Sozialverbände im Rahmen der Diskussion über eine menschengerechte Arbeitswelt. 384  So auch Schneider, ZMV-Sonderheft 2012, 8.

III. Ausblick

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1. Nur der Einsatz von Leiharbeitskräften kircheneigener Arbeitnehmerüberlas­ sungsgesellschaften ist zulässig. 2. Eine nur teilweise Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts ist nicht gestattet; ansonsten besteht die Gefahr des „Rosinenpickens“. 3. Um (nicht)christliche Mitarbeiter gut auf ihren Dienst in einer kirchlichen Ein­ richtung vorzubereiten und um für sie ständiger Ansprechpartner und Wegbe­ gleiter zu sein, sollte es ein ausreichendes Angebot an Schulungen und Fortbil­ dungen von Seiten der jeweiligen Dienstgeber geben. 4. Loyalität darf von allen Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen gefordert werden, allerdings müssen die widerstreitenden Interessen in einen sachgerech­ ten Ausgleich gebracht werden. 5. Die Stärkung der Mitbestimmung von Mitarbeitervertretungen – auch im Rah­ men der Arbeitnehmerüberlassung – ist unumgänglich. Dafür müssen die ge­ setzlichen Regelungen noch klarere Worte finden. 6. Es darf nicht sein, dass Leiharbeitnehmer beim Einsatz in kirchlichen Einrich­ tungen in Bezug auf Mitspracherechte schlechtere Arbeitsbedingungen vorfin­ den als in weltlichen Unternehmen. Zumindest eine Angleichung diesbezüglich ist zwingend erforderlich. 7. Dienstgeber, die ihre Verpflichtungen verletzen, müssen sanktioniert werden; als ultima ratio ist auch der Verbandsausschluss möglich und das Ausscheiden aus dem kirchlichen Rechtskreis.

Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis

Adomeit, Klaus/Mohr, Jochen: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Kommentar zum AGG und zu den anderen Diskriminierungsverboten, 2. Auflage, Stuttgart 2011 (zit. als Bearbeiter, in: Adomeit/Mohr, AGG). Andelewski, Utz/Küfner-Schmitt, Irmgard/Schmitt, Jochen: Berliner Kommentar zum Mit­ arbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland. MVG.EKD, Stutt­ gart [u.a.] 2007. Andelewski, Utz/Stützle, Nils: Die Einstellung von Leiharbeitnehmern und das kirchliche Arbeitsrecht, in: NZA 2007, S. 723 – 730. Arens, Wolfgang/Düwell, Josef/Wichert, Joachim (Hrsg.): Handbuch Umstrukturierung und Arbeitsrecht. Übertragung und Sanierung von Unternehmen, 2. Auflage, Bonn 2013 (zit. als Bearbeiter, in: Arens/Düwell/Wichert, Handbuch Umstrukturierung und Arbeitsrecht). Arntzen, Arnd: Loyalität und Loyalitätsprobleme in kirchlichen Arbeitsverhältnissen. Eine Analyse des teilkirchlichen deutschen Arbeitsrechts und neuerer Leitungskonzepte im Caritasbereich, Bochum 2003. Arrowsmith, James: Temporary agency work in an enlarged European Union, Dublin 2006. [On­line verfügbar unter http://www.ciett.org/fileadmin/templates/eurociett/docs/ef05139en.pdf]. Bälz, Ulrich: Die verfassungsrechtliche Zuordnung der Diakonie zur Kirche, in: KuR 2008, S.  35 – 57. Bamberger, Heinz Georg/Roth, Herbert (Hrsg.): Beck’scher Online Kommentar BGB, Mün­ chen 2015 (zit. als Bearbeiter, in: BeckOK-BGB). Barth, Karl: Die kirchliche Dogmatik. Die Lehre von der Versöhnung, (4/III/2. Hälfte), Zürich 1959. Bartl, Ewald/Romanowski, Roman: Keine Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen, in: NZA On­ line 2012, S. 1 – 7. Bauer, Jobst-Hubertus/Krieger, Steffen: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz. Kommen­ tar, 4. Auflage, München 2015. Baumann-Czichon, Bernhard: Der ,Dritte Weg‘ am Rande des Abgrundes, in: AuK 2005, S.  30 – 36. – Leiharbeit – die neue Form der Tarifflucht, in: AuK 2006, S. 47 – 49. – Wider die Säkularisierung der Diakonie. Oder warum das Verbot ersetzender Leiharbeit unverzichtbar ist, in: AuK 2007, S. 35 – 40. Baumann-Czichon, Bernhard/Gathmann, Mira/Germer, Lothar: Mitarbeitervertretungs­ gesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der neue Kommentar für die Praxis, 4. Auflage, Bremen 2013. Becker-Freyseng, Wolfgang: Wie viel Tarifflucht verträgt die Dienstgemeinschaft? Bericht von der zehnten Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Eichstätt „Strukturverän­ derungen in Kirche, Caritas und Diakonie“, in: ZMV 2007, S. 66 – 73.

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Sachwortregister Abordnung 93 AGG 70 aktives Wahlrecht  92, 93, 94, 95, 122, 127, 129 Antidiskriminierungsrichtlinie  101, 104, 105, 128 Arbeitnehmerüberlassung  15, 19, 35, 42, 49, 53, 69, 73, 78, 79, 86, 88, 91, 96, 98, 118, 124 Arbeitnehmerüberlassungsgesell­ schaft  52, 58, 64, 69, 94, 95 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 18 Arbeitnehmerüberlassungsvertrag 20 Arbeitsvertrag 58 Arbeitsvertragsrichtlinien 33 Aufstockungsleistung 56 Benachteiligung 50 Betriebsänderung 74 Betriebsgemeinschaft 40 Betriebsorganisation 74 Betriebsrat  87, 96, 120 christliche Glaubens- und Sittenlehre  48, 50 Code du Travail  118 Cour de Cassation  114 customer preferences  107, 108 dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung  82, 84 Dauerverleih 77 Dienstausübung 48 Dienstgeber  68, 70, 88 Dienstgemeinschaft  25, 27, 28, 30, 32, 33, 36, 38, 39, 47, 64, 88, 90, 100, 124, 129 Dienststellenleitung  33, 54 Direktionsrecht 89 Diskriminierung  52, 70 Diskriminierungsverbot 107 Dritter Weg  33, 35, 37, 64 Einflussmöglichkeit 59 Eingliederung 67

Einstellung 89 Entleiher  20, 58, 70, 85 Entleiherbetrieb  120, 121, 127 equal-pay  23, 36, 55, 64, 110, 125, 127 equal-treatment  23, 36 Europarecht 101 evangelische Kirche  46, 63, 73, 88, 91, 95 externe Arbeitnehmerüberlassung  16, 50, 53, 54, 57, 67, 70, 73, 92, 96, 110, 113, 125 Flexibilität  22, 81, 86, 97 Flexicurity 23 Fortbildung 52 Frankreich  112, 114, 115 Freiwilligkeit  49, 57 Gesetzesbegründung  81, 82, 83 Gesetzesentwurf 78 Gesetzeswortlaut  82, 84 Gesetzeszweck 81 Glaubensfreiheit 114 Grundordnung  26, 62, 67, 115, 123 Höchstquote  72, 75, 110, 117, 123, 125, 128 Höchstüberlassungsdauer  85, 96, 118, 123 Identitätsverlust 73 institutionelle Verbindung  60 Interessenabwägung 116 interne Arbeitnehmerüberlassung  15, 36, 59, 60, 64, 67, 96 katholische Kirche  45, 73, 87, 91, 92 kirchliches Arbeitsrecht  61, 63 Koalitionsvertrag 85 Konzern 80 Kostenersparnis 22 Leiharbeit  31, 35 Leiharbeitnehmer  20, 52, 64, 67, 69, 77, 84, 87, 89, 91, 92, 95, 98, 120 Leiharbeits-RL  77, 82, 83 Lohnarbeit 41

Sachwortregister

Lohngerechtigkeit  49, 55, 57, 58, 64, 96, 99, 110, 113, 127 Loyalität  66, 131 Loyalitätsanforderungen  34, 65, 66, 67, 69, 70, 72, 97, 110, 122, 125 Loyalitätspflichten  32, 36 Loyalitätsrichtlinie  34, 37, 67, 125 Loyalitätsverstoß 69 MAVO  16, 27, 87, 92, 93, 127 Missbrauchskontrolle  79, 91 Mitarbeiterbegriff 29 Mitarbeitervertretung  27, 31, 87, 88, 90, 91, 93, 94, 96, 110, 120, 126 Mitbestimmungsrecht  89, 127 Mitspracherechte 87 mittelbare Benachteiligung  50 Mitwirkungsrechte 91 MVG.EKD  16, 28, 30, 87, 88, 91, 95 Nationalsozialismus 40 Niederlande  116, 117, 119, 122 Obliegenheit 68 Ordnungswidrigkeit 84 Organisationsgrad 55 partnerschaftliche Zusammenarbeit  48, 52, 53, 54 passives Wahlrecht  92, 122, 127, 129 planwidrige Regelungslücke  68, 85 Präambel 29 Prekaritätsprämie  112, 128 Priestertum aller Gläubigen  44, 47 Rechtssicherheit  86, 91 Religionsfreiheit 51 Richtigkeitsgewähr 56 Säkularisierung  45, 116, 130 Sanktion  62, 68, 69, 84, 86, 91 Schranken-Schranke 105 Schulung 52 Selbstbestimmungsrecht  61, 102, 115, 128 Selbstverständnis  60, 102

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Sendungsauftrag  28, 43, 47, 48, 52, 59, 60, 61, 69 soft law  104 Sonderarbeitsrecht 62 Staatskirchenrecht 61 staatskirchenrechtliche Zuordnung  61 Stammbelegschaft  23, 54, 72, 73, 79, 95, 98, 120 Synchronisationsverbot 79 Tarifvertrag  55, 59, 118 Taufe 46 Tendenzschutz  106, 115, 128 Tendenzträger 106 Tendenzunternehmen 114 Transparenzgebot 81 Uberlassungsdauer 76 Überlassungserlaubnis 84 Umsetzungsdefizit 102 Ungleichbehandlung  74, 97, 98, 101, 104 unmittelbare Benachteiligung  50 Unterrichtungsanspruch 87 Verbotsgesetz 90 Verfassung 61 Verleiher  20, 50, 53, 58, 84 Verteilungsgerechtigkeit 57 vorübergehende Arbeitnehmerüberlas­ sung  83, 84 WAADI 117 Wählbarkeit  92, 95, 122 Wahlrecht  120, 123, 129 Weisungsrecht 51 Wohlfahrtsverbände  116, 119, 128 Zulässigkeit 35 Zuordnungsrichtlinie der EKD  63 Zuordnungswille 63 Zurückweisungsrecht 70 Zustimmungserfordernis 87 Zustimmungsersetzungsverfahren 90 Zustimmungsverweigerungsrecht  27, 32, 88, 89, 91, 127

Moritz Hilje

Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen? Unter Berufung auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht erlegen die Kirchen ihren Mitarbeitern ein Streikverbot auf. Die Untersuchung befasst sich mit der Frage, ob dieser Streikausschluss rechtmäßig ist. Um eine sachgerechte Antwort zu entwickeln, wurden zunächst die miteinander konfligierenden Rechtsgüter – kirchliches Selbstbestimmungsrecht und Koalitionsfreiheit, aus der sich das Streikrecht ergibt – in ihrer jeweiligen Reichweite untersucht. Wichtig war auch ein Blick auf europa- und völkerrechtliche Regelungen. Anschließend wurde die Methode festgelegt, anhand derer ein Ausgleich der aufeinandertreffenden Rechtspositionen erfolgen kann. Im Anschluss konnte ein Lösungsvorschlag erarbeitet werden, der sowohl den grundgesetzlichen als auch den europa- und völkerrechtlichen Vorgaben gerecht wird. Der kirchliche Streikausschluss ist hiernach haltbar, wenn den Beschäftigten und Koalitionen ausreichende Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Festlegung der Arbeitsbedingungen eingeräumt werden.

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Band 325 367 Seiten, 2015 ISBN 978-3-428-14579-9, € 99,90 Titel auch als E-Book erhältlich.

www.duncker-humblot.de