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German Pages [192] Year 2008
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Dietrich-Alex Koch, Matthias Kçckert, Christopher Tuckett und Steven McKenzie
Band 224
Vandenhoeck & Ruprecht
Timo Veijola
Leben nach der Weisung Exegetisch-historische Studien zum Alten Testament
herausgegeben von Walter Dietrich in Zusammenarbeit mit Marko Marttila
Vandenhoeck & Ruprecht
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-53087-0
2008, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Gçttingen Internet: www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile drfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages çffentlich zugnglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung fr Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Druck und Bindung: a Hubert & Co, Gçttingen Gedruckt auf alterungsbestndigem Papier
Vorwort
Im Gesprch der exegetischen Forschung ist eine gewichtige Stimme verstummt. Timo Veijola war ber Jahrzehnte hinweg nicht nur eine prgende Gestalt der skandinavischen, speziell der finnischen Bibelwissenschaft, er hat die internationale alttestamentliche Wissenschaft durch seine ebenso soliden wie innovativen Beitrge maßgeblich bereichert. Die eindrucksvolle Bibliographie, die diesem Band beigegeben ist, zeugt von seinem immensen Fleiß und der ungewçhnlichen Weite seines Horizonts. Sie ist sachgerecht zweigeteilt: in einen internationalen und einen finnischen Teil. Der eine ruft die zahlreichen Publikationen in Erinnerung, die Veijola auf Englisch und vor allem auf Deutsch – er sprach und schrieb ausgezeichnet Deutsch! – verfasst und mit denen er die Diskussion namentlich ber die deuteronomisch-deuteronomistische Literatur, die Psalmen und die Theologie des Alten Testaments wesentlich beeinflusst hat. Der andere, noch umfassendere Teil mit finnischen Publikationen zeigt, wie unermdlich Veijola neue Entwicklungen in der internationalen Wissenschaft mit den Bedrfnissen von Theologie und Kirche in seinem Heimatland vermittelt hat. Bei der akademischen Trauerfeier aus Anlass seines jhen Todes am 25. September 2005 war mit Hnden zu greifen, wie viel dieser Mann Universitt, Kirche und Gesellschaft in Finnland bedeutet hat. Der hier vorgelegte Band soll – ein weiteres und, leider Gottes, letztes Mal – vor Augen fhren, wie viel er der internationalen alttestamentlichen Forschung zu geben vermochte. Die meisten der hier zusammengestellten Beitrge kreisen um das Deuteronomium, das von berufenem Mund die Mitte des Alten Testaments genannt wurde und das auch das Zentrum von Veijolas Schaffen war: bis hin zu seinem letzten großen Werk, dem – leider unvollendet bleibenden – Deuteronomium-Kommentar. Danach folgen Studien zu Texten des deuteronomistischen Geschichtswerks, zur Psalmenexegese und zum Verhltnis von Gesetz und Weisheit bei Jesus Sirach, dem er sich in letzter Zeit intensiv zugewandt hat. Mit Nachdruck sei darauf verwiesen, dass kurz vor dem vorliegenden ein weiterer Sammelband in der Reihe »Biblischtheologischen Studien« erschienen ist, der Veijolas eher theologischhermeneutische Arbeiten aus den letzten Jahren vereint (»Offenbarung und Anfechtung«, BThSt 89, 2007).
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Vorwort
Es ist an dieser Stelle mehrfach zu danken: Herrn Prof. Tryggve N.D. Mettinger, der freundlicherweise einen an anderer Stelle verçffentlichten Nachruf (samt Bild!) fr den Wiederabdruck an der Spitze dieses Bandes zur Verfgung gestellt hat; Herrn Dr. Marko Marttila, Timo Veijolas letztem Doktoranden, der das Konzept des Bandes mit beraten, die Texte elektronisch erfasst, ihnen ihr Layout gegeben und die Register erstellt hat; Frau Mary-Gabrielle Mouthon, die mir beim Korrekturlesen geholfen hat; last but not least den Herausgebern der »Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments«, namentlich Herrn Prof. Matthias Kçckert, fr die Aufnahme dieser Sammlung in die Reihe.
Bern, im Herbst 2007
Walter Dietrich
Inhalt
Timo Veijola: His Life and His Work (by Tryggve N.D. Mettinger)
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SJOZ, 20/1, 5 – 8 (2006).
Das alte Wort in einer neuen Situation. Die Vergegenwrtigung alter berlieferungen im Deuteronomium als Vorbild fr Gerhard von Rads theologische Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
B.M. Levinson/E. Otto (Hg.), Recht und Ethik im Alten Testament (ATM 13), Mnster 2004, 41 – 49.
Principal Observations on the Basic Story in Deuteronomy 1 – 3 . .
22
M. Augustin/K.–D. Schunck (Hg.), »Wnschet Jerusalem Frieden«. Collected Communications to the XIIth Congress of the International Organization for the Study of the Old Testament, Frankfurt a. M., 1988, 249 – 259 (= D.L. Christensen [Hg.], A Song of Power and the Power of Song. Essays on the Book of Deuteronomy [Sources for Biblical and Theological Studies 3], Winona Lake IN 1993, 137 – 146).
Bundestheologie in Dtn 10,12 – 11,30 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
R.G. Kratz/H. Spieckermann (Hg.), Liebe und Gebot. Studien zum Deuteronomium. (FS Lothar Perlitt) FRLANT, Gçttingen 2000, 206 – 221.
»Du sollst daran denken, dass du Sklave gewesen bist im Lande gypten«. Zur literarischen Stellung und theologischen Bedeutung einer Kernaussage des Deuteronomiums . . . . . . . . . . . . . . . .
48
M. Witte (Hg.), Gott und Mensch im Dialog. Festschrift Otto Kaiser, Bd. 1 BZNW 345, Berlin/New York 2004, 353 – 373.
»Fluch des Totengeistes ist der Aufgehngte« (Dtn 21,23) . . . . .
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UF 32 (2000), 543 – 553.
Thora als Inhalt der Lehre in der deuteronomistischen Literatur . . R.E. Heinonen/K.-J. Illman/A. Toivanen (Hg.), Religionsunterricht und Dialog zwischen Judentum und Christentum, bo 1988, 98 – 106.
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Inhalt
Geographie im Dienst der Literatur in 1Sam 28,4 . . . . . . . . . .
87
W. Dietrich (Hg.), David und Saul im Widerstreit – Diachronie und Synchronie im Wettstreit. Beitrge zur Auslegung des Ersten Samuelbuches, OBO 206, Fribourg/Gçttingen 2004, 256 – 271.
Solomon: Bathshebas Firstborn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 G.N. Knoppers/J.G. McConville (Hg.), Reconsidering Israel and Judah. Winona Lake IN 2000, 340 – 357.
Zefanja und Joschija . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 W. Dietrich/M. Schwantes (Hg.), Der Tag wird kommen. Ein interkontextuelles Gesprch ber das Buch des Propheten Zefanja (SBS 170), Stuttgart 1996, 9 – 18.
Zum Problem der Tempora in der Psalmen-bersetzung . . . . . . 129 H. Juusola/J. Laulainen/H. Palva (Hg.), Verbum et Calamus. Semitic and Related Studies in Honour of the Sixtieth Birthday of Professor Tapani Harviainen (StOr 99), Helsinki 2004, 385 – 399.
Law and Wisdom. The Deuteronomistic Heritage in Ben Siras Teaching of the Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 J. Neusner (Hg.), Ancient Israel, Judaism, and Christianity in Contemporary Perspective. Essays in Memory of Karl-Johan Illman, Lanham MD 2006, 429 – 448.
Bibliografie von Timo Veijola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Anhang Abkrzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Bibelstellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Timo Veijola: His Life and His Work by Tryggve N.D. Mettinger
Timo Veijola 1947 – 2005
With Timo Veijolas death international biblical research has lost a leading scholar. After undergraduate studies in Helsinki, Veijola came to Gçttingen for PhD work under Rudolf Smend and Walther Zimmerli. In his doctoral dissertation Die ewige Dynastie (1975), Veijola made the strategic choice to unravel the redaction history of the Books of Samuel from the vantage point of 1 Kings 1 – 2. He laid bare a broad layer that stressed the Davidic dynasty as »eternal«. It came as a great surprise when he presented reasons to take this layer to be Deuteronomistic. In all, he unraveled three stages in the development of the Deuteronomistic Historical Work, all of them exilic: the History itself, the Prophetic redactional layer, and the Nomistic one. Among other things this unusually mature »beginners work« contained Veijolas famous analysis of the Nathan Prophecy. Already this first monograph of his documented talents for penetrating analysis of hard materials.
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Timo Veijola: His Life and His Work
Only two years later, Veijola published his next monograph, Das Kçnigtum in der Beurteilung der Deuteronomistischen Historiographie (1977). By means of further analysis of the layers of the D-work, Veijola demonstrated the existence of different attitudes to the institution of kingship. The earliest layer contains a positive attitude, while later layers, that are visible in 1 Samuel 8 – 12, 2 Samuel 12, and 1 Kings 8, contain a critique of the institution itself. YHWH himself, no terrestrial monarch, should be the king of Israel. The work of Veijola, in continuance and cooperation of the work of Rudolf Smend and Walter Dietrich, successfully challenged the alternative position in studies of the D-work, the American Cross-Nelson school, the block-model for its development. New studies, notably by Erik Aurelius, contributed to make the position of Veijola and his colleagues, the Gçttingen-Helsinki school with the redactional-layers-model, increasingly attractive. The two monographs gave Veijola an established position as one of the top scholars in the important field of D-work studies. His work took a new and fascinating direction in his third monograph, which he devoted to a Hebrew psalm: Verheissung in der Krise. Studien zur Literatur und Theologie der Exilszeit anhand des 89. Psalms (1982). This work amounts to a beautiful demonstration of the dependency of the psalm in question on the exilic redactions of the D-work (DtrP and DtrN). Using basic concordance work as the instrument for taking the intertextual bearings of a difficult Hebrew poem, Veijola safely dates the psalm to the middle of the sixth century. This monograph of Veijolas is like a piece of music where material such as 2 Samuel 7; 1 Sam 16,1 – 13; Ps 132, and the Dliterature at large serve as counter point, accompanying the main line, the analysis of Ps 89. Most notably, Veijola evaluated his observations for its implications about the exilic theology at large. He was thus able to demonstrate a strong tendency to democratize previous royal ideology: the chosen people now took the place of the Messiah (cf. Isaiah 55). This book is nothing less than a masterpiece. In the meantime, Veijola had returned to Finland. Here he first held a position as research scholar at the Finnish Academy, then as assistant professor at Helsinki, and finally as ordinarius from 1985. He thus devoted twenty years of his life to the duties connected with the chair for Old Testament studies. It is a fine tribute to his unrelenting self-discipline and work ethics that during his whole time as professor, Veijola continued to publish a whole range of weighing contributions. Foremost among these is his unfinished commentary on Deuteronomy (ATD), comprising chapters 1 – 16 (2004). This opus magnum documents Veijolas painstaking work in applying the
Timo Veijola: His Life and His Work
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same redaction critical method on Deuteronomy itself as he had previously used in his works on Samuel-Kings. One of the most innovative contributions here was the analysis of a new B-layer (B for »Bundestheologisch«), previously proposed by Christoph Levin and himself. In addition to these four monographs, Veijola published two volumes with collected essays. One of them with papers on the David traditions (David. Gesammelte Studien zu den Davidberlieferungen des Alten Testaments, 1990), containing i.a. his remarkable piece on »Salomo – der Erstgeborene Bathsebas« and his pointed review of David Gunns book The Story of King David. The other, Moses Erben (2000), a collection of essays on themes such as the Decalogue and on various aspects of the Dmovement. His mastery of all related problems was then demonstrated once more in his survey of ten years of international research on Deuteronomy and the D-work. This study, published in Theologische Rundschau 2002 – 2003 amounts to a minor monograph (some 120 pages) where he masterly and fairly evaluated about ninety new contributions. To all this comes a number of publications in Finnish, among which is a book on method and several contributions on Old Testament theology. Timo Veijolas research style is marked by strategic choices of points of departure – he seemingly knew beforehand where he could make a breakthrough into new terrain – of precise formulations of the focal problems, and of utmost accuracy in the detail analyses. At the same time, he was one who never lost the great lines out of sight. He saw the implications of his results. A German colleague once described Veijolas work as »eisern konsequent«. This was meant and still stands out as a most positive verdict. In retrospect, his scholarly project appears as a campaign in the service of science, planned and executed with the brilliance of an exegetical field marshal, a campaign that has brought considerable pieces of new territory under the kingdom of human knowledge. In doing this, Veijola found no efforts too exacting. In his essays on Abrahams sacrifice (1988) and Job and Abraham (2002) he showed that rabbinic exegesis was no terra incognita to him, that he was on speaking terms with so difficult matters as the Miqraot Gedolot. It is no wonder that he often managed to make his colleagues reconsider their previous conclusions. I, for one, found in Timo Veijola a fine conversation partner, one, moreover, who helped me see certain things in a new light. His whole style as a human being was that of a man of family life and chamber music, decent and fair towards his fellow scholars, never affronting. Timo Veijola became the leading Old Testament scholar of one of the Finnish »Centres of Excellence«; he gathered around himself a number of young and talented scholars, whose fine works now contribute to the glory
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Timo Veijola: His Life and His Work
of present-day biblical and Oriental studies in Finland. In the spring semester 2005, the students association of the Divinity school of the University of Helsinki elected Veijola teacher of the year. It is a fact worth noticing, that in all his rational work on biblical problems, Veijola kept a keen interest in the theological consequences of his scholarly exercises. Veijola was both a scholar and a Christian. In this, he knew to draw the important border line between what he believed he knew as a scholar and what he knew he believed as a Christian.
Tryggve N.D. Mettinger
Lund University, Sweden
Das alte Wort in einer neuen Situation Die Vergegenwrtigung alter berlieferungen im Deuteronomium als Vorbild fr Gerhard von Rads theologische Hermeneutik
I. Die erste Begegnung mit Gerhard von Rad Aus Anlass des Zentenariums Gerhard von Rads erlaube ich mir, die Einschtzung des bleibenden Wertes seiner Deuteronomiumauslegung mit einer persçnlichen Erinnerung zu beginnen. Als Student im dritten Semester stieß ich eher zufllig auf seine Theologie des Alten Testaments, die in den sechziger Jahren in Helsinki als ein alternatives Lehrbuch fr die alttestamentliche Theologie empfohlen, aber wegen der deutschen Sprache und des anspruchsvollen Inhalts von den Studenten selten gewhlt wurde. Schon nach der Lektre von einigen zehn Seiten jedoch war ich auf eine eigenartige Weise in den Bann des Werkes gezogen und alsbald davon berzeugt, dass Altes Testament mein Hauptfach sein werde. Wie unzhlige andere Menschen hat von Rad mich durch seine Schriften gelehrt, das Alte Testament zu lieben. Im nachhinein lsst sich sagen, dass die erste Lektre seiner Theologie deshalb einen so nachhaltigen Eindruck auf das Gemt des jungen Studenten gemacht hat, weil von Rad die seltene Kunst besaß, die Sache des Alten Testaments in sthetischer Hinsicht so faszinierend nachzuerzhlen, dass selbst ein Auslnder mit begrenzten Deutschkenntnissen etwas von ihrem Zauber spren konnte. Mit der Sprache allein war es freilich nicht getan, sondern die hohe Darstellungskunst stand im Dienste der Sache, die von Rad seinen Zuhçrern und Lesern meisterhaft mitzuteilen und gegenwrtig zu machen vermochte.1 Wahrscheinlich besteht einer der Grnde fr den heutigen, weltweiten Rckgang des akademischen Interesses am Alten Testament darin, dass uns der Sinn fr die theologische Seite des Alten Testaments weitgehend verloren gegangen ist und unsere Studierenden statt dessen mit drftigen 1 Siehe dazu neuerdings einfhlend H.-P. Mathys, »Hier ist mehr als …«. Anmerkungen zu Gerhard von Rad, ThZ 57, 2001, 230 – 242.
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Das alte Wort in einer neuen Situation
Brocken von »Ideologie« oder gar »Ideologiekritik« ernhrt werden.2 In dieser Lage stellt von Rads Lebenswerk, dessen durchgehender Zug der intensive theologische Verstehenswille ist, ein aktuelles Memento daran dar, dass das Alte Testament in der modernen Kultur nur so weit Bedeutung hat, wie es sein eigenes Anliegen vorbringen darf, ohne durch unsere ideologischen Bedrfnisse oder ngste daran gehindert zu werden.3
II. Vergegenwrtigung als Schlssel von Gerhard von Rads Deuteronomiumauslegung Wer Gerhard von Rads 1964 erschienenen Deuteronomiumkommentar (ATD 8) nach seiner großen Theologie des Alten Testaments (1957 – 1960) liest, legt das Werk am Ende mit gemischten Gefhlen wieder aus der Hand; denn es drfte klar sein, dass der Kommentar das darstellerische und theologische Niveau seiner Theologie nicht erreicht. Ihm fehlt der sthetische und inhaltliche Elan, der die meisten anderen Werke von Rads auszeichnet. Man hat den Eindruck, dass von Rad den Kommentar eher lustlos und fast mit der linken Hand geschrieben habe, was dazu gefhrt hat, dass er wegen mangelnder Konzentration sogar in der bersetzung mehrere Versteile (Dtn 5,11b; 10,4b; 33,9b) bersehen und die Auslegung berhaupt ziemlich eklektisch durchgefhrt hat.4 Der Grund fr die fehlende Begeisterung und die gelegentlichen Versehen mag darin liegen, dass von Rad sich seit seiner Dissertation »Das Gottesvolk im Deuteronomium« (1929)5 schon mehrfach mit dem Deuteronomium beschftigt und seine grundlegenden Ideen in Gestalt von Einzelstudien6 und der großen Theologie des Alten Testaments bereits 2
Eine vernichtende Kritik an der »Ideologisierung« der alttestamentlichen Wissenschaft bietet J. Barr, History and Ideology in the Old Testament. Biblical Studies at the End of a Millennium. The Hensley Henson Lectures for 1997 delivered to the University of Oxford, Oxford/New York 2000. 3 Zu Recht bemerkt K. Schmid, dass »man Rads Bibellektre als anti-ideologisch bestimmen (kann)« (Die Bibel spricht fr sich. Von Gerhard von Rad [1901 – 1971] kann man lernen, das Alte Testament richtig zu lesen, Zeitzeichen 2, 10/2001, 16 – 18, dort 16). 4 Insofern enthlt das Urteil S. Loerschs, wonach der Kommentar »gleichsam als Krçnung seiner vieljhrigen Bemhungen um dieses Buch« entstanden sei (Das Deuteronomium und seine Deutungen. Ein forschungsgeschichtlicher berblick, SBS 22, Stuttgart 1967, 84), nur die halbe Wahrheit. 5 Neu abgedruckt in: G. von Rad, Gesammelte Studien II (hg. von R. Smend), TB 48, Mnchen 1973, 9 – 108. 6 Am wichtigsten sind »Deuteronomium-Studien« (1947), in: Gesammelte Studien II, 109 – 153, und »Die Predigt des Deuteronomiums und unsere Predigt« (1961), in: Gesammelte Studien II, 154 – 164. Außerdem sind zu bercksichtigen »Das formgeschichtliche Problem des
Die Vergegenwrtigung alter berlieferungen im Deuteronomium
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verçffentlicht hatte, weshalb die laufende Erklrung des Textes ihn offensichtlich nicht mehr recht inspirieren konnte.7 Was die Gesamtkonzeption betrifft, kçnnte man auf viele Unklarheiten aufmerksam machen, wie z. B. auf die problematische, heute wieder aktuell gewordene Frage nach der Stellung des Deuteronomiums als Teil des Hexateuchs auf der einen Seite und des deuteronomistischen Geschichtswerkes auf der anderen.8 Ich betrachte es jedoch nicht als meine Aufgabe, die allgemein bekannten Schwchen seines Kommentars hier aufzuzhlen. Vielmehr mçchte ich aus dem Anlass des hundertjhrigen Jubilums des großen Alttestamentlers und gemss dem Titel dieses Kolloquiums (»Was bleibt von Gerhard von Rads Deuteronomiumsinterpretation?«) kurz darauf hinweisen, was zentral fr seine Deuteronomiumauslegung war und was von ihr wahrscheinlich auch in der Zukunft bleiben wird. Nach meiner Auffassung bildet das leitende Prinzip, das von Rads Deuteronomiumauslegung durchzieht und darber hinaus fr seine alttestamentliche Theologie und auch fr seine theologische Hermeneutik bezeichnend ist, die Einsicht, dass im Deuteronomium eine kreative Neuinterpretation alter berlieferungen fr die Gegenwart vorgenommen wird, die in hermeneutischer Hinsicht einen vorbildhaften Charakter fr den Umgang mit vorgegebenen Texten hat. Er kann das etwa im Blick auf die Aktualisierung der Rechtstraditionen im Alten Testament folgendermaßen ausdrcken: »Das großartigste Beispiel einer solchen Neuinterpretation auf der ganzen Linie ist das Deuteronomium, das vor der Aufgabe stand, Jahwes Willen in eine Zeit hineinzusprechen, die auf keinem ihrer Lebensgebiete noch derjenigen Epoche glich, in der Jahwe sein Volk zum ersten Male angeredet hatte.«9 Das Deuteronomium bietet nach von Rad das Paradigma fr heutiges Predigen: »Man muss nur den Mut haben, das alte Wort in eine neue Situation hineinzusprechen. Aber ist uns darin nicht das Deuteronomium vorausgegangen? Selbst wenn Hexateuch« (1938), in: G. von Rad, Gesammelte Studien [I], TB 8, Mnchen 1958, 9 – 86, und »Der Heilige Krieg im alten Israel«, Zrich 1951. 7 Das ist auch der Eindruck von R. Smend, Deutsche Alttestamentler in drei Jahrhunderten, Gçttingen 1989, 252. 8 Siehe T. Veijola, Moses Erben. Studien zum Dekalog, zum Deuteronomismus und zum Schriftgelehrtentum, BWANT 149, Stuttgart 2000, 19. Neue Vorschlge zur Lçsung des virulent gewordenen Problems bieten u. a. E. Otto, Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch. Studien zur Literaturgeschichte von Pentateuch und Hexateuch im Lichte des Deuteronomiumrahmens, FAT 30, Tbingen 2000; R.G. Kratz, Der literarische Ort des Deuteronomiums, in: R.G. Kratz/H. Spieckermann (Hg.), Liebe und Gebot. Studien zum Deuteronomium (FS Lothar Perlitt), FRLANT 190, Gçttingen 2000, 101 – 120, und T.C. Rçmer/M.Z. Brettler, Deuteronomy 34 and the Case for a Persian Hexateuch, JBL 119, 2000, 401 – 419. 9 Theologie I, 51966, 212 f.
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Das alte Wort in einer neuen Situation
einer mit allen Einzelheiten dieses Buches gar nichts mehr anzufangen wsste, so bliebe ihm das Deuteronomium immer noch ein Vorbild in seiner Freiheit, in der es das berkommene Gotteswort an die vernderte Gegenwart gerichtet hat. Diese unerschtterliche berzeugung, dass Gott nicht nur irgendeinmal zu den Alten geredet hat, sondern dass er bereit ist, zum Menschen zu reden, wo immer er sich befindet, mitten in sein Heute hinein, bleibt eine Aufforderung an die Christen bis an das Ende der Tage.«10 Nachdrcklicher und grundstzlicher kçnnte man das, was von Rad im Umgang mit dem Deuteronomium bewegte, nicht zum Ausdruck bringen. Als textimmanente Evidenz fr den »penetranten« Gegenwartsbezug des Deuteronomiums berief sich von Rad natrlich auf das 75 Mal wiederkehrende »Heute«, das er »den Generalnenner der gesamten deuteronomischen Predigt« nannte,11 weiter auf die fr die vergegenwrtigende Neuanwendung offenen Pronomina »ich«12 und »du«13 – merkwrdigerweise jedoch nicht auf das ebenfalls charakteristische und rezeptionssthetisch bedeutsame »ihr«14 –, und auf zentrale Texte, die die gegenwrtige Generation mit den Bundesschlssen am Horeb (Dtn 5,2 – 4)15 und im Lande Moab (Dtn 29,1 – 14)16 gleichzeitig machen oder von dem »nahen Wort« sprechen, das »in deinem Munde und in deinem Herzen« ist (Dtn 30,11 – 14).17 In diesen und hnlichen Texten fand von Rad das Proprium des Deuteronomiums, die bertragung der vergangenen Heilsgeschichte auf die Gegenwart. In der neueren Erzhlforschung redet man hier in Aufnahme der analytischen Sprachphilosophie von performativen sprachlichen ußerungen, die einen Sachverhalt nicht nur konstatieren, sondern ihn konstituieren und auf die jeweilige Gegenwart bertragen,18 oder alternativ von »dramatischer Prsentation«, die die Geschichte mit raffinierten literarischen Mitteln durch »showing« anstelle von »telling« 10
Die Predigt des Deuteronomiums und unsere Predigt (1961), in: Gesammelte Studien II,
164. 11
Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch (1938), in: Gesammelte Studien [I], 35. Das fnfte Buch Mose, 114. 13 Gesammelte Studien II, 116. 14 Vgl. aber M. Noth, der die hermeneutische Bedeutung auch von »ihr« im Deuteronomium wahrnimmt (Die Vergegenwrtigung des Alten Testaments in der Verkndigung [1952], in: Ders., Gesammelte Studien zum Alten Testament II [hg. von H.W. Wolff], TB 39, Mnchen 1969, 86 – 98, dort 93), weiter zur Sache T. Veijola, Text, Wissenschaft und Glaube. berlegungen eines Alttestamentlers zur Lçsung des Grundproblems der biblischen Hermeneutik, JBTh 15 (2000), 313 – 339, dort 330. 15 Theologie I, 51966, 206; Das fnfte Buch Mose, 40. 16 Theologie I, 51966, 206; Das fnfte Buch Mose, 129. 17 Gesammelte Studien II, 152; Theologie I, 51966, 244. 18 N. Lohfink, Bund als Vertrag im Deuteronomium (1995), in: Ders., Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur IV, SBAB 31, Stuttgart 2000, 285 – 309, dort 291 – 298. 12
Die Vergegenwrtigung alter berlieferungen im Deuteronomium
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darstellt und dadurch die Leser an den dargestellten Ereignissen auf kommunikativer Ebene teilhaben lsst.19 Es versteht sich von selbst, dass von Rad die Tendenz des Deuteronomiums zur Aktualisierung als ein wesentliches Element nicht nur des Endtextes wahrnahm. Er war ein historischer Exeget, dem daran lag, die aktualisierende Neuinterpretation als treibende Kraft hinter dem gesamten berlieferungsprozess nachzuweisen, der zum Endtext fhrte. Bereits in seiner Dissertation von 1929 verwendete er einige Mhe auf den Nachweis, dass die Gesetze des Bundesbuches im Deuteronomium eine Neuinterpretation aus der Perspektive des Gottesvolkes erfahren haben,20 und in den spter folgenden Schriften nimmt er vor allem die heilsgeschichtlichen Traditionen, wie sie im »kleinen geschichtlichen Credo« (Dtn 26,5b–9) gebndelt sind, zum Ausgangspunkt,21 um die deuteronomische Art der vergegenwrtigenden Neuinterpretation alter berlieferungen zu illustrieren. Von Rad machte sich bekanntlich auch Gedanken ber den Ort und die Trger dieser aktualisierenden Neuinterpretation und kam zu dem Ergebnis, dass sie ihren frhesten Sitz im Leben im Kult, in einem vorstaatlichen, alle sieben Jahre in Sichem begangenen Bundeserneuerungsfest (vgl. Dtn 31,10 f) gehabt habe,22 von dem sie sich jedoch im Laufe der Zeit gelçst habe, um in die Hnde der Landleviten berzugehen. Die aus dem Nordreich stammenden Leviten, die als militante Prediger alte kultische und rechtliche berlieferungen aktualisierten, htten im Juda des siebten Jahrhunderts zusammen mit dem »Volk des Landes« (jr)h {() das Rckgrat der national-religiçsen Restaurationsbewegung gebildet, als deren literarisches Vermchtnis das Deuteronomium zu betrachten sei.23 Es bedarf wohl heute keines besonderen Beweises, dass sowohl die Theorie von einem sichemitischen Bundeserneuerungsfest als Ort der Vergegenwrtigung als auch die Annahme von den levitischen Predigern als deren amtlichen Trgern sich als unhaltbar erwiesen haben.24 Dessen 19
J.-P. Sonnet, The Book within the Book, Biblical Interpretation Series 14, Leiden 1997, 12–
15. 20
Gesammelte Studien [I], 19 – 27. Die folgenreiche These von der ausschlaggebenden Rolle des »kleinen geschichtlichen Credos« wird als Ausgangspunkt der Untersuchung »Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch« (1938), in: Gesammelte Studien [I], 11 – 16, aufgestellt und von da an als eine Art Grundaxiom stndig wiederholt. 22 Gesammelte Studien [I] , 42 ; Gesammelte Studien II, 111; Theologie I, 51966, 206.210.233. 23 Gesammelte Studien II, 143 – 149; Theologie I, 51966, 84 – 88; Das fnfte Buch Mose, 16 – 18. 24 Die Theorie von dem sichemitischen Bundeserneuerungsfest hat nie richtig Fuß fassen kçnnen, whrend die von den levitischen Predigern immer noch in der Forschung herum21
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Das alte Wort in einer neuen Situation
ungeachtet bleibt das Phnomen der Vergegenwrtigung selbst wie auch die Frage nach seinem sozialgeschichtlichen Hintergrund bestehen. Angesichts der hochkomplexen literarischen Techniken, mit deren Hilfe die aktualisierende Neuinterpretation im Deuteronomium vorgenommen wird, neige mit ich mit einigen anderen Forschern25 zu der Annahme, dass hinter ihm professionelle Schreiber ({yrpws) stehen (vgl. Jer 8,8 f), die gelehrte Schriftauslegung mit aktualisierenden Interessen juristischer und pdagogischer Art verbanden und von daher ein deutliches Geflle zum spteren Schriftgelehrtentum verraten.26 Obwohl von Rad, bei dem die Schriftgelehrten trotz seiner Wertschtzung der »schriftgelehrten« Psalmen 1 und 11927 eher in einem negativen Licht erscheinen,28 den Befund anders erklrte, kommt ihm doch das bleibende Verdienst zu, ein wesentliches Merkmal des Deuteronomiums herausgearbeitet zu haben, das ber das Deuteronomium hinaus Bedeutung fr die alttestamentliche Theologie hat. Dies soll jetzt noch eigens thematisiert werden.
III. Alttestamentliche Theologie als Vergegenwrtigung alter berlieferungen Von Rad hat selber als Erster die theologischen Konsequenzen aus der Einsicht gezogen, dass die alten berlieferungen im Deuteronomium eine aktualisierende Neuinterpretation erfahren haben. Die Wahl des Deuteronomiums als Orientierungspunkt fr die Darstellung der alttestamentlichen Theologie lag schon aus dem inhaltlichen Grund nahe, dass von Rad davon berzeugt war, dass »man das Dt. in jeder Hinsicht als die Mitte des Alten Testaments bezeichnen« muss.29 Charakteristisch fr geistert (etwa bei E. Nielsen, Deuteronomium, HAT I/6, Tbingen 1995, 8), obwohl sie schon lngst widerlegt worden ist (siehe D. Mathias, »Levitische Predigt« und Deuteronomismus, ZAW 96 [1984], 23 – 49). 25 Siehe vor allem M. Weinfeld, Deuteronomy and the Deuteronomic School, Oxford 1972, 158 – 163; B.M. Levinson, Deuteronomy and the Hermeneutics of Legal Innovation, New York/Oxford 1997, 4 – 6.17 f; Sonnet, The Book within the Book, 262 – 267; E. Otto, Biblische Rechtsgeschichte als Fortschreibungsgeschichte, BiOr 56, 1999, 5 – 14, dort 9. 26 Veijola, Moses Erben, 192 – 240. 27 Theologie I, 51966, 215. 28 So schreibt von Rad ber den Rckgang des charismatischen Elements: »Wo es ausblieb, da traten Krisen ein, und als es endgltig erlosch, da war das Ende der alten Jahwereligion besiegelt und die Zeit der Schriftgelehrsamkeit war angebrochen« (Theologie I, 5 1966, 115). Er betont auch den grundstzlichen Gegensatz zwischen dem schriftgelehrten und frhchristlichen Verstndnis vom Alten Testament (Theologie II, 41965, 349). 29 Deuteronomium-Studien (1947), in: Gesammelte Studien II, 127. Etwas vorsichtiger, aber im Prinzip hnlich ußerte er sich schon 1929: »Wre nicht vielleicht das Dt. berhaupt als ein in der Mitte der israelitischen Religionsgeschichte liegender Brennpunkt anzusehen, der die einzelnen Strahlen nahezu aller alttestamentlichen Theologumena in sich in einem nie
Die Vergegenwrtigung alter berlieferungen im Deuteronomium
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seinen Ansatz sind schon die nach der Lutherbibel zitierten Verse, die er den beiden Bnden als Motto vorangestellt hat: einerseits Ps 111,4 »ER hat ein Gedchtnis gestiftet seiner Wunder«, andererseits Jes 43,18 f »Gedenket nicht an das Alte und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ICH will ein Neues machen«. Es geht in beiden Zitaten um Geschichte, aber wohlgemerkt nicht um pure, objektivierte, sondern um erinnerte und radikal neu interpretierte Geschichte.30 »Die Theologie der geschichtlichen berlieferungen Israels« wird im ersten Band der »Theologie« ausgehend von dem »kleinen geschichtlichen Credo« Dtn 26,5b–9 konsequent als aktualisierende Neuinterpretation der zentralen Erwhlungstraditionen dargestellt. Darum ist ein auch theologisch besonders wichtiges Moment die berlieferungsgeschichte, denn in ihr »kommt diejenige Seite der theologischen Arbeit Israels deutlicher in unser Gesichtsfeld, die wohl eine der wichtigsten und interessantesten ist, nmlich jene immer neuen Vergegenwrtigungen der gçttlichen Heilssetzungen, jenes immer neue Ergreifen und Bekennen der Gottestaten, das schließlich die alten Bekenntnisaussagen zu so unfçrmigen Traditionsballungen hat anschwellen lassen.«31 Dass das hohe Alter der »alten Bekenntnisaussagen«, vor allem von Dtn 26,5b–9, heute anders beurteilt wird,32 sollte nicht ber die Tatsache hinwegtuschen, dass die aktualisierende Interpretation so oder so das bewegende und auch theologisch bedeutsame Moment bei der berlieferung der alttestamentlichen Geschichtstraditionen war. »Die Theologie der prophetischen berlieferungen« (Bd. 2) hat von Rad ebenfalls als eine stndig neue und manchmal ußerst khne Aktualisierung alter berlieferungen gedeutet, bei der Altes und Neues eine fr die jeweilige Gegenwart sinnvolle Einheit bilden: »Altes und Neues zusammen sind in seinem [sc. des Propheten] Munde zu etwas ganz Gegenwrtigem und in sich Geschlossenem geworden.«33 In diesem inneralttestamentlichen Vorgang hat er letzten Endes auch das Vorbild und die Berechtigung fr die radikale Neuinterpretation und Vergegenwrtigung
vorher und nie nachher wieder erreichten Gleichgewicht ineinander verbindet, nachdem sie vorher oft als reichlich heterogene Elemente nebeneinander herliefen?« (Das Gottesvolk im Deuteronomium, in: Gesammelte Studien II, 66). 30 Vgl. J. Assmanns anregendes Buch »Das kulturelle Gedchtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identitt in frhen Hochkulturen« (Mnchen 1992), das ohne von Rads Studien zum Deuteronomium kaum vorstellbar wre. 31 Theologie I, 51966, 8 (Vorwort). 32 Siehe die Hinweise bei Veijola, Moses Erben, 19, und außerdem etwa J.C. Gertz, Die Stellung des kleinen geschichtlichen Credos in der Redaktionsgeschichte von Deuteronomium und Pentateuch, in: FS Perlitt (siehe Anm. 8), 30 – 45. 33 Theologie II, 41965, 346.
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der alttestamentlichen berlieferungen im Neuen Testament gesehen.34 Wie die prophetische Neuinterpretation im Alten Testament »ein charismatisch-eklektischer Vorgang« war,35 so war auch die neutestamentliche Vergegenwrtigung ihrem tiefsten Wesen nach charismatischer Art. »Letztlich war es der auferstandene Herr selber, der den Seinen die Schrift ›çffnete‹ (Luk 24,32.45).«36 Von Rad bewahrte das Bewusstsein dafr, dass der in den Heiligen Schriften Alten und Neuen Testaments erkennbare berlieferungsprozess mit einer wissenschaftlich-theologischen Auslegung noch nicht abschließend erklrt ist, sondern einen inneren Drang zur Aktualisierung in der jeweiligen Gegenwart besitzt, weshalb fr von Rad die Vergegenwrtigung des Gotteswortes in der Predigt eine eminent wichtige theologische Aufgabe war.37 Anhand dieser »Nacherzhlung« habe ich versucht, die These zu untermauern, dass von Rads am Deuteronomium gewonnene Einsichten in den aktualisierenden Charakter der alttestamentlichen berlieferungen einen prgenden Einfluss auf seine Auffassung von der alttestamentlichen Theologie und auf sein theologisches Denken berhaupt hatten. Abschließend ist noch selbstkritisch zu fragen, ob dabei eventuell weitere Faktoren eine Rolle gespielt haben. Die Frage ist zu bejahen. Im Vorwort zur vierten Auflage des ersten Bandes seiner Theologie (1962) geht er auf den Vorwurf ein, nach dem die Geschichte in seinem Werk nicht zu ihrem Recht gekommen sei, und verweist dabei auf »die heutige Philosophie«, und zwar namentlich auf H.G. Gadamer, dessen epochales Werk »Wahrheit und Methode« kurz zuvor (1960) erschienen war. Von Rad nimmt Bezug auf den Abschnitt, in dem Gadamer die hermeneutische Bedeutung der Horizontverschmelzung unter dem Aspekt der Wirkungsgeschichte behandelt,38 und findet in Gadamers berlegungen zur aktiven Rolle des Auslegers in der Aneignung der geschichtlichen Tra34
»Die Vergegenwrtigung des Alten Testaments im Neuen«, Theologie II, 41965, 339 –
356. 35
Theologie II, 41965, 345. Theologie II, 41965, 352. 37 Siehe etwa H.W. Wolff, Gesprch mit Gerhard von Rad, in: Ders. (Hg.), Probleme biblischer Theologie, FS Gerhard von Rad, Mnchen 1971, 648 – 658, dort 648 f; Smend, Deutsche Alttestamentler, 230.253. 38 Wahrheit und Methode. Grundzge einer philosophischen Hermeneutik, Tbingen 1960, 284 – 290. Das Fazit lautet: »Der Entwurf des historischen Horizontes ist also nur ein Phasenmoment im Vollzug des Verstehens und verfestigt sich nicht zu der Selbstentfremdung eines vergangenen Bewusstseins, sondern wird von dem eigenen Verstehenshorizont der Gegenwart eingeholt. Im Vollzug des Verstehens geschieht eine wirkliche Horizontverschmelzung, die mit dem Entwurf des historischen Horizontes zugleich dessen Aufhebung vollbringt. Wir bezeichnen den kontrollierten Vollzug solcher Verschmelzung als die Aufgabe des wirkungsgeschichtlichen Bewusstseins. Whrend von dem sthetisch-historischen Positivismus im Gefolge der romantischen Hermeneutik diese Aufgabe verdeckt worden war, liegt hier in Wahrheit das zentrale Problem der Hermeneutik berhaupt« (290). 36
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dition Berhrungen mit seinen eigenen Gedanken ber den Aktualisierungsprozess, wie er ihn in seiner alttestamentlichen Theologie herausgestellt hatte. Die prinzipielle hnlichkeit liegt auf der Hand, doch wre es verfehlt, die hermeneutische Position von Rads daraufhin in eine direkte Abhngigkeit von Gadamers Philosophie zu bringen.39 Von Rad konnte das 1960 erschienene philosophische Hauptwerk Gadamers vor der Abfassung seiner alttestamentlichen Theologie (1957 – 1960) nicht gelesen haben. Wohl bestand zwischen den Kollegen, die beide 1949 nach Heidelberg gekommen waren, eine Freundschaft und Nachbarschaft, die regelmßigen Austausch ermçglichte.40 Man muss aber im Auge behalten, dass von Rad seine grundlegenden Ideen zur Natur der alttestamentlichen berlieferungsgeschichte in den Arbeiten »Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch« (1938) und »Deuteronomium-Studien« (1947) bereits entwickelt hatte, als er 1949 nach Heidelberg kam und Gadamer begegnete. So lsst sich eher denken, dass Gadamer ihm allenfalls zu einem besseren Erfassen des hermeneutischen Problems verhelfen und ihm fr seine Position vielleicht eine gewisse philosophische Plausibilitt bieten konnte. Sosehr von Rad als vielseitig interessierter und gebildeter Gelehrter fr philosophische und andere Anregungen von außen empfnglich war, entwarf er doch sein theologisch-hermeneutisches Modell der Vergegenwrtigung auf der Grundlage des biblisches Zeugnisses, dessen unverwechselbares Merkmal der permanente Willen zur Aktualisierung ist41.42
39 M. Oeming scheint mir den Einfluss Gadamers auf von Rad zu bertreiben (Gesamtbiblische Theologien der Gegenwart. Das Verhltnis von AT und NT in der hermeneutischen Diskussion seit Gerhard von Rad, Stuttgart 1985, 42 – 57). 40 Oeming, Gesamtbiblische Theologien, 43 f; Smend, Deutsche Alttestamentler, 245. 41 Veijola, Text, Wissenschaft und Glaube, 327 – 337, und in diesem Zusammenhang besonders 333 Anm. 78: »Man kçnnte den penetranten Drang des biblischen Zeugnisses zur Vergegenwrtigung auch anhand seines berlieferungsprozesses zeigen, in dessen Verlauf die alten Traditionen auf verschiedenen Stufen im Interesse der Aktualisierung immer wieder neu interpretiert werden. Die Geschichte der Bibel vor und nach der Entstehung des Kanons ist die Geschichte seiner Vergegenwrtigung, die konsequent aus dem Wesen ihres Gegenstandes folgt.« 42 Der Beitrag ist im Zusammenhang eines Forschungsprojekts erstellt worden, das von der Finnischen Akademie im Rahmen des »Finnish Centre of Excellence Programme (2000 – 2005)« gefçrdert wird. Fr die Durchsicht und Stilisierung der deutschen Sprache danke ich wieder herzlichst meinem Freund, Herrn Professor D. Dr. Walter Dietrich (Bern).
Principal Observations on the Basic Story in Deuteronomy 1 – 3
The following survey of Deuteronomy 1 – 3 is based on the conviction that these chapters have reached their present state as a result of a complicated literary-historical process. The attention paid to this process is an indispensable premise for the proper understanding of the structure and the contents of these chapters.1 Still a couple of decades ago the recognition of this fact was the self-evident starting point of every study done on Deuteronomy, but this is no longer so. The new literary approaches which stress the priority of the present text have vigorously affected exegetical studies2 as well as other literary branches of humanities and sometimes even called into question the principal right of the traditional exegetical methods on the whole. It goes without saying that we are confronted here with a new methodical achievement and its merits are undisputed in the areas where we are dealing with texts which have been uniform since the beginning. It is scarcely a mere chance that the object of the new literary approaches has usually been narrative texts, most often taken from the book of Genesis and the books of Samuel,3 where we have at least some basis for the hope of finding literary units preserved in their original form. Generally, however, the texts of the OT have not been transmitted to us in their original form, not even in Genesis or in the books of Samuel, to say nothing of the other books. Consequently, a literary method starting from and concentrating only on the present text is faced with a number of problems. Of course, a structure can be looked for even in texts which 1 An important principal view in this matter was recently expressed by L. Perlitt, »Deuteronomium 1 – 3 im Streit der exegetischen Methoden«, in N. Lohfink (Hg.), Das Deuteronomium, BEThL 68, Leuven 1985, 149 – 163. 2 A great influence has been exerted by R. Alter, The Art of Biblical Narrative, London 1981. In the study of Deuteronomy, the new approach is represented, e. g., by G. Braulik in his stylistic analysis of Deuteronomy 4, Die Mittel deuteronomischer Rhetorik erhoben aus Deuteronomium 4,1 – 40 (AnBib 68; Rome, 1978) and still more clearly by R. Polzin, Moses and the Deuteronomist. A Literary Study of the Deuteronomic History, part 1 (Deuteronomy, Joshua, Judges), New York 1980. 3 Most of the texts treated by Alter are taken from these books (cf. ibid., 3 – 12, 27 – 32, 42 – 46, 52 – 56, 60 – 87, 93 – 94, 107 – 113, 115 – 130, 137 – 153, 160 – 176, 185 – 189).
Principal Observations on the Basic Story in Deuteronomy 1 – 3
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have their origin in a gradual literary growth but the premise is that the extent and the diachronic relationship of the original units are known.4 This is not the case in the »rhetorical analysis« that R. Polzin presents of the introductory speech of Moses in Deut 1:6 – 4:40.5 His analysis is based on the distinction made between reporting and reported speech, with other words: he observes where the narrator himself is speaking and where he reports the utterances of Moses.6 Because the reporting speech plays a particularly central role in Polzins theory he pays close attention to the parenthetical notes in Moses speech in 2:10, 12:20 – 23 and 3:9, 11, 13b–14 where he supposes to perceive the voice of the narrator. According to him, the narrator in these utterances would represent the same role to his contemporaries as Moses once did to his listeners.7 One cant get rid of the impression that we are dealing here with a very strange narrator who expresses his main concerns in this kind of marginal, ethnographic and geographic parenthesis which up till now the research has with cause considered to be the latest additions to these chapters.8 On the whole, the results Polzin achieves in his analysis of Deuteronomy 1 – 3(4) dont at all meet the high expectations which he gives at the beginning of his book when aiming to fill the enormous gaps left by the traditional historical-critical research, as he maintains.9 Actually, Polzins analysis confirms in a negative way the fact that the study of the total structure of the present text can only be the last step in the multiphase exegetical work.10 The new »literary criticism« is not a tool which could substitute for the traditional literary criticism. The different form of address to the people (Numeruswechsel) has played a central as well as disputed role in the traditional literary criticism
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An example of this necessity is given by T. Veijola, »Toisenlaista eksegetiikkaa« TAik 89, 1984, 247 – 254, cf. idem, »David in Keila. Tradition und Interpretation in 1 Sam 23,1 – 13«, RB 91, 1984, 51 – 87. 5 Moses and the Deuteronomist, 29 – 43. Parts of this analysis are reproduced in Polzins article »Reporting Speech in the Book of Deuteronomy: Toward A Compositional Analysis of the Deuteronomic History«, in Traditions in Transformation, To Frank Moore Cross on the Occasion of His Sixtieth Birthday, Winona Lake 1981, 193 – 211. 6 The distinction has its roots in the literary theory of the Russian »Bakhtins Circle«; see Polzin, Moses and the Deuteronomist, 18 – 19. The same background and method is presented in Polzins paper »The Speaking Person and his Voice in 1 Samuel«, given at the Salamanca Congress of the IOSOT in 1983, published in TS 36, 1985, 218 – 229. 7 Polzin, Moses and the Deuteronomist, 30. 8 Cf. H.D. Preuß, Deuteronomium, EdF 164, Darmstadt 1982, 84. 9 Polzin, Moses and the Deuteronomist, 12 – 16. Perlitts estimation of Polzins stand regarding previous studies is: »Dieses aus der Zurckweisung alles Bisherigen gewonnene Novittsbewußtsein hat fr mich nur noch etwas Lcherliches«, BEThL 68, 153. 10 In contrast to Polzin, who places literary criticism (in the sense he uses it) before historical criticism (ibid., 6).
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of Deuteronomy and of its introductory chapters.11 In my opinion, it is impossible to take the constant and often surprising change of the number in the address (2 pers. in singular or in plural) only as a literary style device. At least in the later textual tradition it was not conceived in this way but attempts were made as far as possible to harmonize the number, as the almost regular variant readings in the early translations most clearly show. It goes without saying that these variants usually lack any text-critical value. Instead of that, they are, however, an eloquent proof of the fact that the problem caused by the different number was already felt in an early stage of the tradition. Nevertheless, the changing number of the address in Deuteronomy is no general means which could be applied automatically. E.g., Deuteronomy 4, which from the literary-critical point of view is one of the most difficult sections in Deuteronomy, cannot be properly analyzed only on the basis of the different number.12 The confusion of singular and plural address is typical of the most recent levels of the text where possibly older texts are quoted. In Deut 3:21 – 22 there is a late addition where Moses encourages his successor Joshua. In this passage the singular address changes unexpectedly into the plural, but without the plural parts, especially without v. 22, the address would become fragmentary. The solution to the problem is probably to be found in the manner of the writer in basing his statement on earlier texts where both the singular and the plural are used.13 In the other parts of Deuteronomy 1 – 3, however, the different number deserves serious attention as a literary-critical indicator. Nevertheless, it is usually not enough alone, but requires still other criteria as additional evidence.14 E.g., in Deut 1:21, which is the locus classicus of the Numeruswechsel debate, the singular address is surprising, indeed, as in the preceding (v. 20) and the following (v. 22) context Israel is addressed in the plural. Furthermore, there are two additional arguments: first, the contents and the wording of v. 21 are to a great extent a repetition of v. 8, where Israel is exhorted to take up the occupation of the Promised Land; 11 On the history of the problem, see Chr.T. Begg, »The Significance of Numeruswechsel in Deuteronomy and the ›Pre-History‹ of the Question«, EThL 55, 1979, 116 – 124. 12 This was observed already by A. Bertholet, Deuteronomium, KHC 5, Freiburg/Leizig/ Tbingen 1899, 13. 13 The plural suffix in the divine name {kyhl) [»your (pl.) God«] (v. 21) may depend on the neighbouring context (vv. 18,20), whereas the plural form of v. 22 can be explained by two phenomena: the first part of the verse is based on Deut 31:1 – 8 where a similar encouragement is given both to the people (v. 6) and to Joshua (v. 8); the second part of the verse consists of a coined expression that elsewhere occurs only in the plural (Josh 23:3,11, cf. Deut 1:30). 14 Cf. R. Smend, Die Entstehung des Alten Testaments, ThW 1, Stuttgart 1978, 72.
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and second, the encouragement given in v. 21 and the urging of fearlessness, which is lacking in v. 8, does not have its natural location here, because it is pronounced before the spies had explored the land and brought news about it (cf. v. 29). Observations of a principally similar kind can be made also on other singular parts in these chapters (1:31a; 2:7, 24abb, 25; 3:2).15 From the point of the subject matter, they are combined by two common themes: the care taken by God for his people in the wilderness (1:31a and 2:7) and the encouragement pronounced by God in a military oration to his people before the conquest of the land (1:21; 2:24abb, 25; 3:2). In this connection, we must take into consideration that in Deuteronomy 2 there is still another singular level which is earlier and somewhat broader than the above mentioned. It consists of vv. 9aa2b, 18, 19, 26 – 28, 29ba, 30b, 37a, and its main purpose is to emphasize Israels peaceful attitude towards its neighbours Moab, Ammon and Sihon, the king of Heshbon. Thus, the singular address to Israel does not necessarily prove that the author of all these passages would be one single person. The presence of two redactional levels in the singular form does not however, result in the unity of the remaining parts of Deuteronomy 1 – 3; but also in the sections of the plural diction there are several expansions from different ages, which we are not able to discuss here. Anyway, a close analysis of these chapters will show16 that they cannot completely be attributed to two or three redactors, whether we follow the tripartite model DtrH-DtrP-DtrN which was developed in Gçttingen17 or the division into a pre-exilic and an exilic deuteronomistic redaction which enjoys a great popularity in the Anglo-Saxon world.18 The number of the redactors has for certain been greater than two or three – perhaps half a dozen, apart from minor glossaic additions. Nevertheless, in Deuteronomy 1 – 3 there is a basic story with plural address which runs through these chapters. At this point I disagree with S. Mittmann, who on the basis of an extremely sophisticated literary-critical analysis, assumes that the basic story closed with 2:8b and was continued
15 To the traditional literary criticism, the secondary character of these verses, as well as that of 1:21, has been clear for a century; see Preuß, Deuteronomium, 46. 16 I refer to my commentary under preparation. 17 See Smend, Entstehung, 111 – 125. 18 This theory, which is in itself not new, was revived by F.M. Cross, Canaanite Myth and Hebrew Epic, vol. 2; Cambridge, Mass. 1975, 274 – 285, and has later found many adherents, e. g., R.D. Nelson, The Double Redaction of the Deuteronomistic History, JSOT Supplement Series 18; Sheffield 1981 and A.D.H. Mayes, The Story of Israel between Settlement and Exile. A Redactional Study of the Deuteronomistic History, London 1983.
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by the proclamation of the Decalogue in Deuteronomy 5.19 In my opinion, the conception of M. Noth, who considers Deuteronomy 1 – 3 in their basic form to be the beginning of the Deuteronomistic History,20 comes nearer to the truth. However, it seems to me that the basic story was not quite as broad as Noth supposed. Deuteronomy 1 did not yet contain the instructions of Moses to the organization of the people of Israel (1:9 – 18),21 and the following story about the mission of the spies with all its consequences had not yet reached its present scope (1:19 – 46), but still missing were specifically those parts (viz. vv. 19a*, 22b, 24b, 28 – 30, 31b, 32, 41 – 46) which have caused the story to be called a perversion of the Holy War22 or the inverted Holy War.23 This aspect represents a later theological interpretation of the original story. Apart from some minor additions missing in Deuteronomy 2, contrary to Noth, were the section vv. 4 – 8a with a favourable attitude to Edom and also the offer of peace to king Sihon (vv. 26 – 28, 29ba), which was formulated on the basis of the Edom passage and Num 21:21 – 22.24 To the numerous later additions in Deuteronomy 3 has to be also reckoned the commandment charging the two and a half Transjordanian tribes to participate with the other tribes in the conquest of the land west of Jordan (vv. 18 – 20), which Noth still assumed to belong to the basic story.25 The remaining, original text of Deuteronomy 1 – 3 is, with regard to its historiographic aim, a story about the conquest of Transjordan and its distribution among the tribes of Reuben and Gad and the half-tribe of Manasseh. It looks forward to and demands as a necessary continuation an account of how the land West of Jordan was conquered and distributed among the other tribes. From this, one could perhaps infer that there was a separate story about the conquest of the land which began in Deuteronomy 1 and ended in Joshua 22. N. Lohfink, who recently has made such a proposal, concludes the presence of a story about the conquest of the 19 S. Mittmann, Deuteronomium 11 – 63 literarkritisch und traditionsgeschichtlich untersucht, BZAW 139; Berlin/New York 1975, 164 – 169. One result of Mittmanns analysis is that the Moses of the basic level proclaims the Decalogue »im geographischen ›Ungefhr‹«, Perlitt, BEThL 68, 154. 20 M. Noth, berlieferungsgeschichtliche Studien, vol. 3, Tbingen 1967, 14. 21 Originally, v. 19* was a direct continuation of v. 8aba. The additional character of the passage between these verses was observed, e. g., by N. Lohfink, »Darstellungskunst und Theologie in Dtn 1,6 – 3,29«, Bib. 41, 1960, 1071, and S.E. Loewenstamm, »The Formula t(b )yhh [›that time‹] in Deuteronomy« (Hebr.), Tarb. 38, 1968/69, 99. 22 Lohfink, Bib. 41, 114. 23 W.L. Moran, »The End of the Unholy War and the Anti-Exodus«, Bib. 44, 1963, 333. 24 Cf. Mittmann, Deuteronomium, 64 – 65, 80. 25 Noth, berlieferungsgeschichtliche Studien, 37. The later references to the fulfillment of this commandment (Josh 1:12 – 18; 4:12; 22:1 – 6) are in their own connections secondary, post-deuteronomistic additions.
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land (Landeroberungserzhlung = DtrL) from a particular use of the root $ry [»to take possession of«] in this section of the Deuteronomistic History and assumes that historically it is connected with the efforts of King Josiah to expand his rule to the former territory of the northern tribes.26 It is, however, very doubtful that the use of one single root gives a sufficient basis for such far-reaching conclusions, all the more as it is in reality not limited only to this part of the Deuteronomistic History.27 Moreover, we have to notice that the common opinion, according to which King Josiah would have extended his cultic reform to the area of the former Northern kingdom and in so doing attempt to restitute the unified kingdom from the days of David, has in recent research turned out to be untenable. In their studies, both H. Spieckermann28 and E. Wrthwein29 have reached the conclusion that the section of the reform account dealing with this matter (2Kgs 23:15 – 20) consists completely of deuteronomistic fiction and consequently does not fit as a basis for a critical historiography. It seems more likely to me that already in their first wording, Deuteronomy 1 – 3 were written by the exilic deuteronomistic author, as M. Noth had supposed.30 Their purpose is not to offer a theological legitimation for any political program, but they are a response to the crisis caused by the exile. First, Israel had to lose its land before the land could become the object of an intensive theological reflection.31 The generation that in Deuteronomy 1 – 3 prepares to take into possession this »good land« (1:25, 35; 3:25a) has in reality already lost it and desires to regain it after the period spent in the »wilderness« of exile.32 26
N. Lohfink, »Kerygmata des Deuteronomistischen Geschichtswerks«, in Die Botschaft und die Boten (FS Hans Walter Wolff), Neukirchen-Vluyn 1981, 87 – 100. Cf. idem, in ThWAT III, 970 – 973. 27 Lohfink means the use of $ry in qal in the sense »etwas in Besitz nehmen« and in hifil in the sense »jemanden vernichten, so daß sein Besitz bernommen werden kann«. For the qal he offers the following deuteronomistic occurrences: Deut 1:8,21,39; 2:24,31; 3:12,18,20; 10:11; Josh 1:11 – 15a; 18:3(?); 21:43 and »perhaps also« Josh 24:4,8 and for the hifil the following: Exod 34:24; Num 32:21; 33:52,(53)55; Deut 4:38; 7:17; 9:3,4, 11:23; 18:12; Josh 3:10; 8:7; 13:6; 23:5,9,13; Judg 2:21,23; 11:23,24; 1Kgs 14:24; 21:26; 2Kgs 16:3; 17:8; 21:2; Ps 44:3 (Lohfink, »Die Bedeutungen von hebr. jrsˇ qal und hif«, BZ NF 27 [1983] 21, 29, 30). As one can see from this list, the use of $ry in these two meanings is not typical only of the »deuteronomistic story about the conquest of the land«, although, owing to the subject matter of Deuteronomy and Joshua, it most often occurs in these books. 28 Juda unter Assur in der Sargonidenzeit, FRLANT 129, Gçttingen 1982, 112 – 120. 29 Die Bcher der Kçnige, ATD 11,2, Gçttingen 1984, 460 – 461. 30 Noth, berlieferungsgeschichtliche Studien, 91. 31 The same is true of the institution of the kingdom, see T. Veijola, Verheißung in der Krise, AASF, B 220, Helsinki 1982, 92 – 94. 32 This possibility is considered also by Lohfink, who, however, rejects it in favour of Josiahs time, FS Wolff, 95.
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What is surprising in the basic story of Deuteronomy 1 – 3 is the fact that in it there is no explicit allusion to the law following these chapters. Whoever reads these chapters on their basic level could not expect to pass on immediately to the Deuteronomic law. Deuteronomy 3 ends with Moses petition to get into the Promised Land, which is refused by God (vv. 23 – 28), and with a notice about the location of Moses speech (v. 29). The narrative sequel to this follows, as is well known, in Deuteronomy 31 where Moses advanced age and Gods refusal to let him enter the Promised Land (v. 2) make up the background for Joshuas appointment as leader of Israel (vv. 7, 8), and shortly after that there is the account of Moses death and burial in the place where the Israelites, according to 3:29 had remained (34:5, 6). If the Deuteronomist had from the beginning really intended the historical review in Deuteronomy 1 – 3 to be the prologue to the following law, would he completely have failed to allude to it in these opening chapters? In respect to his habits of working elsewhere, this seems quite improbable. Moreover, we have to pay attention to the fact that on the basic level of the Deuteronomistic History, in the historical books there is no explicit utterance supposing that Deuteronomy as »the book of law« already was a part of the Deuteronomistic History.33 This gives new support to the previously made suggestions claiming that Deuteronomy 1 – 3 originally were not a prologue to the Deuteronomic law, which accordingly did not belong to the first edition of the Deuteronomistic History.34 On the other hand, there is admittedly in the Deuteronomistic History a great number of allusions to the law (Torah) or Moses which is supposed to be known to the readers and which they can study in case of need.35 All of them are, however, later than the basic level, deriving earliest from the so-called Nomistic Deuteronomist (= DtrN).36 The same is true of Deuteronomy itself, in the earliest parts of which the Torah never appears as the general notion meaning the whole of the divine commandments. In this respect, the situation is different in the younger sections of the frame and in the additions made to the corpus where the Torah appears no less 33 The only exception could possibly be 2Kgs 22:8,11, where the discovery of Josiahs law book is related, but even here it is not supposed that the newly found »book of the law« was a part of the Deuteronomistic History. Besides, the belonging of these verses to the earliest stratum of the Deuteronomistic History has been disputed (see Wrthwein, Kçnige, 447 – 448). 34 See G. von Rad, Das fnfte Buch Mose, ATD 8; vol. 2; Gçttingen, 1968, 33; J.D. Levenson, »Who inserted the Book of Torah?« HThR 68, 1975, 221 – 233; Preuß, Deuteronomium, 84; more cautiously even Perlitt, BEThL 68, 152, 163. 35 See Josh 1:7,8; 8:31 – 34; 22:5; 23:6; 1Kgs 2:3; 2Kgs 10:31; 14:6; 17:13; 21:8; 23:24,25. 36 For this, see R. Smend, »Das Gesetz und die Vçlker«, in Probleme biblischer Theologie (FS Gerhard von Rad), Mnchen 1971, 494 – 509.
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than 18 times in the broad meaning signifying the law in general. All these occurrences resemble each other to a high degree. They speak either about »this Torah« (t)zh hrwth)37 or »this book of Torah« (hrwth rps hzh)38 or »the book of this Torah« (t)zh hrwth rps),39 and the existence of the Torah as a written document is always supposed, as is its identity with Deuteronomy. The conception is exactly the same as in the later parts of the Deuteronomistic History mentioned above.40 Moreover, it is worth mentioning that the same conception of the Torah appears at the beginning of Deuteronomy, as an expansion of the original superscription, in v. 5 according to which Moses »in the land of Moab began to write41 this Torah (t)zh hrwth)«. The secondary superscription clearly attempts to connect the historical review beginning in v. 6 with the topic of the Deuteronomic law. Another secondary superscription of a similar kind occurs later in 4:44, where it is competing with the older superscription in v. 45.42 The purpose of v. 44 is also to give the reader the idea about Deuteronomy as a finished book of the Torah »which Moses laid down for the Israelites«. It seems probable to me that in both superscriptions we are dealing with the same author who later in Deuteronomy as well as in the Deuteronomistic History refers to the book of the Torah as a well-known document.43 Obviously he was also the editor who inserted Deuteronomy as the opening section of the Deuteronomistic History. Our knowledge about the redactional process of the Deuteronomistic History strongly supports the conclusion that he was the same nomistic redactor (DtrN) who is responsible for the later references – or a part of them – to the book of the Torah in the historical books.44 The result is strengthened by the observation that in Deuteronomy 4 there is a narrow basic level45 which creates a literary bridge between the historical review (Deuteronomy 1 – 3) and the following law (Deuteronomy 5 ff) and which can be attributed to this nomistic redactor. From the inferences made above it is, however, not allowed to draw the conclusion that the Deuteronomistic Historian (DtrH) did not know 37
Deut 1:5; 4:8; 17:18,19; 27:3,8,26; 28:58; 29:28; 31:9,11,12,24; 32:46. Deut 30:10; 31:26. 39 Deut 28:61; 29:20; 30:10; 31:26. 40 Cf. G. Minette de Tillesse, »Sections ›tu‹ et sections ›vous‹ dans le Deut ronome«, VT 12, 1962, 48 – 49. 41 For this interpretation of the verb r)b pi el [»write«, »make plain«], see Mittmann, Deuteronomium, 14 – 15. 42 Cf. G. Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien zum Deuteronomium, BWANT V:13; Stuttgart 1971, 26 – 27. 43 It is, of course, possible and even probable that these references derive in part from later times. 44 A similar view was advanced by Preuß, Deuteronomium, 84. 45 It has included vv. 1a,10,11,12a,l3aa,14,22. 38
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Deuteronomy at all. Of course, it was his ideological background, the influence of which is discernible even in the introductory chapters, most clearly in the account of the defeat of Sihon and Og.46 In both cases the theological interpretation was borrowed from the military theory of the Holy War as it was advanced in the Deuteronomic laws of warfare, especially in Deuteronomy 20. Moreover, we have to take into consideration that the Deuteronomistic Historian personally participated in the development of this military theory. It is namely he who in Deuteronomy 20 makes the distinction between the far-off and nearby nations (vv. 15 – 17aa1)47 which also gives the justification to annihilate Sihon and Og (Deuteronomy 2 – 3). It is most probable, even certain, that the Deuteronomistic Historian has interpreted the Deuteronomic laws in a similar way elsewhere, too. From this it does not necessarily follow that Deuteronomy was already included in his work.48 The observations made above favour instead the conclusion that in his work the law and the history were still two separate units which were literally combined first by his pupil DtrN. Thus, even in this case the law came in only afterwards (cf. Rom 5:20).
46 Originally the story about Sihon consisted of 2:16,17,24aa1, 30a,31a,32 – 36 and the story about Og of 3:1,3,4aa,6*,7. 47 Cf. R.P. Merendino, Das Deuteronomische Gesetz, BBB 31; Bonn 1969, 226 – 227. (Merendino, however, erroneously attributes also v. 17aa2bb and v. 18 to the same author.) 48 As Smend seems to suppose, Entstehung, 73.
Bundestheologie in Dtn 10,12 – 11,30 I. Einfhrung: das Problem und die These Die neu einsetzende Rede Dtn 10,12 – 11,30, die Mose nach der Episode des goldenen Kalbes (9,7 – 10,11) noch vor dem Beginn der eigentlichen Gesetzesverkndigung (11,31 ff)1 hlt, bereitet der Auslegung erhebliche Schwierigkeiten. Bezeichnend fr die Einstellung der lteren Ausleger ist die Stellungnahme von Carl Steuernagel: »In dem gegenwrtigen Text lßt sich kein verstndlicher Gedankengang erkennen. Das beruht teils auf der Verflechtung der Quellen, teils auf mehrfacher ergnzender Bearbeitung. Eine Analyse kann nur mit Vorbehalt versucht werden.«2 Die Jngeren stehen vor den Problemen des Textes nicht weniger ratlos da. So urteilt z. B. Reinhard Achenbach3 im Anschluß an Gerhard von Rad:4 »Die Texte in dem Komplex Dtn. 10,12 – 11,32 sind hinsichtlich ihrer Abgrenzung, ihrer formgeschichtlichen Eigenheiten wie ihres inneren literarischen Zusammenhanges ausgesprochen undurchsichtig.« Die Ratlosigkeit der Ausleger spiegelt sich auch in den neueren Kommentaren von Martin Rose und Eduard Nielsen wider, die hier ein Konglomerat von verschiedenen dtn (bzw. proto-dtn) und vor allem dtr Schichten ohne eine klare Struktur und einen geschlossenen Gedankengang finden.5 Die allgemeine Unsicherheit der Forscher angesichts des Textes ist offensichtlich durch den Eindruck veranlaßt, daß ihm eine logische Gedankenfolge zu fehlen scheint, der Abschnitt vielmehr wie eine regellose 1 Die V. 31 – 32 bilden zusammen mit 12,1 eine ausfhrliche berschrift fr die Gesetzgebung. Die berschrift ist als eine breit ausgefhrte berleitungsformel gestaltet (vgl. 5,31.6,1), in der Wiederholungen im Dienste der chiastischen Struktur stehen (siehe Alexander Rof , The Strata of the Law about the Centralization of Worship in Deuteronomy and the History of the Deuteronomic Movement, VT.S 22, Leiden 1972, 221 – 226 [dort 222 f]). 2 Carl Steuernagel, Das Deuteronomium, HK 1/3,1, Gçttingen 21923, 88. 3 Reinhard Achenbach, Israel zwischen Verheißung und Gebot. Literarkritische Untersuchungen zu Deuteronomium 5 – 11, EHS.T 422, Frankfurt a.M. 1991, 378. 4 Gerhard von Rad, Das fnfte Buch Mose. Deuteronomium, ATD 8, Gçttingen 21968, 59. 5 Martin Rose (5. Mose, Teilbnde 1 – 2, ZBK.AT 5, Zrich 1994) behandelt Dtn 10,12 – 11,32 an drei verschiedenen Stellen (341 – 348.470 f.515 – 522) und teilt den Text nach sehr undurchsichtigen Kriterien in eine dtn (Schicht II) und zwei dtr Schichten (Schicht III und Schicht IV). Eduard Nielsen (Deuteronomium, HAT 1/6, Tbingen 1995, 119 – 130) hingegen traktiert Dtn 10,12 – 11,32 in fnf separaten Abschnitten, wobei er proto-dtn Gut in 11,29 – 30a*, dtn Gut in 10,12.20 – 21a* erkennt und den Rest mehreren dtr Redaktoren zuschreibt.
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Wiederholung von frher behandelten Themen aussieht. Dazu kommt, daß der Gebrauch des Numerus in der Anrede Israels so unregelmßig wechselt,6 daß er kein brauchbares Instrumentarium zur Wiederherstellung eines ursprnglichen Textes bietet.7 Einen wichtigen Fortschritt bei der Erhellung der dunklen Rede bildet allerdings die gelegentlich gemachte Beobachtung, daß in diesem Abschnitt mehrfach Elemente des Bundesformulars in lockerer Form zur Verwendung kommen.8 Obwohl – oder vielleicht besser: gerade weil – der Jubilar, dem diese Zeilen als Ausdruck der Verehrung und Freundschaft gewidmet sind, »das sog. Bundesformular« als »eine fragwrdige Hilfe« fr die Erklrung alttestamentlicher Texte mit bundestheologischem Inhalt bezeichnet hat,9 soll im Folgenden auf dieses Kunstgebilde der neueren Exegese in Ermangelung eines besseren Hilfsmittels zur Erklrung der dunklen Rede von Dtn 10,12 ff zurckgegriffen und geprft werden, inwieweit Elemente des Bundesformulars in ihr tatschlich erkennbar sind. Dies liegt mir deshalb nahe, weil ich bei der Auslegung des Dtn oft auf einen bundestheologisch orientierten dtr Redaktor (DtrB) gestoßen bin, der an vielen Stellen Elemente des Formulars der altorientalischen Vasallenvertrge als Leitlinie fr die Gestaltung der von ihm geschaffenen Texte und Kompositionen verwendet hat (so z. B. in 6 Siehe z. B. 10,14 (Sg.), 10,15 (Sg./Pl.), 10,16 – 19 (Pl.), 10,20 – 11,1 (Sg.), 11,8 (Pl./Sg.), 11,10 (Pl./Sg.), 11,11 (Pl.), 11,12 (Sg.), 11,14 (Pl./Sg.), 11,15 (Sg.), 11,16 (Pl.), 11,19 (Pl.), 11,20 (Sg.), 11,21 (Pl.). 7 Vgl. Alfred Bertholet, Deuteronomium, KHC 5, Leipzig 1899, 33; A.D.H. Mayes, Deuteronomy, NCBC, Grand Rapids/London, 21981, 207 f, anders z. B. Georges Minette de Tillesse, Sections »tu« et sections »vous« dans le Deutronome, VT 12 (1962) 29 – 87 (dort 37 – 39) und auch Horst Dietrich Preuß, Deuteronomium, EdF 164, Darmstadt 1982, 103. 8 Siehe u. a. Norbert Lohfink, Das Hauptgebot. Eine Untersuchung literarischer Einleitungsfragen zu Dtn 5 – 11, AnBib 20, Rom 1963, 219.223 f; Klaus Baltzer, Das Bundesformular, WMANT 4, Neukirchen 21964, 46 f; von Rad, Das fnfte Buch Mose, 59; Gottfried Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien zum Deuteronomium, BWANT 93, Stuttgart 1971, 82 – 89; Dennis J. McCarthy, Treaty and Covenant. A Study in Form in the Ancient Oriental Documents and in the Old Testament, AnBib 21a, Rom, 21978, 165; Mayes, Deuteronomy, 208; Preuß, Deuteronomium, 103; Georg Braulik, Deuteronomium 1 – 16,17, NEB.AT 15, Wrzburg 1986, 84. Zwischen den einzelnen Vorschlgen zur Abgrenzung der Formmerkmale bestehen erhebliche Divergenzen. 9 Lothar Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, WMANT 36, Neukirchen-Vluyn 1969, 4. Negative Stellungnahmen zum Bundesformular ziehen sich durch das ganze Werk (27 – 29.33 Anm. 2, 45 Anm. 2, 62 mit Anm. 3, 79.93 – 96.123 – 125.132 – 134.163 – 167.178 f.228 Anm. 3, 246 Anm. 3). Beachtenswert ist jedoch, dass Perlitt im letzten Kapitel, in dem er »Jos 24 und die Herkunft der Bundestheologie« behandelt, konzediert, dass im 7. Jh. das ›Bundesformular‹ in Israel eine Rolle htte spielen kçnnen: »Wenn schließlich die Vorstellung von einem an Vasallen-Vertrgen geschulten ›Bundesformular‹ im Alten Testament berhaupt Spuren hinterlassen hat, dann zu keiner anderen Zeit als im diesem Jahrhundert, in dem Israel am eigenen Leibe erfuhr, was Vasall sein heißt« (282, vgl. auch 283). Auf den Abschnitt Dtn 10,12 – 11,30 geht Perlitt in seinem Buch nicht ein.
Beweisfhrung
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Dtn 6; 7; 8; 13).10 Ein fr diese Redaktion charakteristisches Merkmal, das sie ußerlich mit Dtn 10,12 ff verbindet, ist der unregelmßige Numerusgebrauch, der darauf beruht, daß es sich bei ihr um eine relativ spte, wahrscheinlich schon frhnachexilische Textstufe handelt, dem sowohl singularische wie auch pluralische Texte vorlagen, was den Redaktor unwillkrlich zum gemischten Gebrauch des Numerus fhrte.11 Eine weitere Voraussetzung fr das richtige Verstndnis des Aufbaus und Inhalts von 10,12 ff liegt in der Wahrnehmung, daß es sich bei diesem Text um eine bewußte Wiederholung der in Dtn 6 – 8* abgehandelten Themen in eigenem Wortlaut des DtrB handelt. Dazu muß noch bercksichtigt werden, daß der Text nach DtrB noch eine grçßere (10,14 – 11,1) und drei kleinere Ergnzungen (11,6.19b–20.29 f) erhalten hat, die an der entsprechenden Stelle der Analyse zur Sprache kommen werden.
II. Beweisfhrung Die Rede beginnt mit der Proklamierung der Grundsatzerklrung (10,12) und dem Hinweis auf die sie spezifizierenden Einzelbestimmungen (V. 13),12 womit DtrB die Quintessenz der vorangegangenen Kapitel Dtn 6 – 8 nach seinem eigenen Verstndnis bndig wiedergibt: das Einhalten des Hauptgebots und der Einzelgebote ist die Bedingung fr Israels Wohlergehen. Der bergang von der Kalbsgeschichte zu der neuen Predigt wird durch die Partikel ht(w hergestellt, die die Konsequenzen aus dem soeben Erzhlten einleitet (vgl. 4,1).13 Mit der Anrede »Israel« knpft der Verfasser an das Hauptbekenntnis (6,4) an und stellt die Grundforde10 Siehe Timo Veijola, Bundestheologische Redaktion im Deuteronomium, in: Ders. (Hg.), Das Deuteronomium und seine Querbeziehungen, SESJ 62, Helsinki/Gçttingen 1996, 242 – 276 (dort 243 Anm. 6 weitere Literatur zu dieser Redaktion). Dort (263 – 265) habe ich bereits die These vertreten, nach der auch Dtn 10,12 – 11,30 Bestandteil dieser Redaktion ist. Hier geht es um die Vertiefung und Begrndung der dort aufgestellten These. 11 Veijola, Bundestheologische Redaktion, 257. 12 Zum Verhltnis von Grundsatzerklrung und Einzelbestimmungen siehe hier insbesondere Jean LHour, La morale de lalliance, CRB 5, Paris 1966, 32 – 34.62 f, zur Grundsatzerklrung vgl. auch Lohfink, Hauptgebot, 219 und von Rad, Das fnfte Buch Mose, 59. 13 Siehe H.A. Brongers, Bemerkungen zum Gebrauch des adverbialen weatta¯h im Alten Testament, VT 15, 1965, 289 – 299 (dort 299). Anders F lix Garcia Lpez, En los umbrales de la tierra prometida. An lisis de Dt 9,1 – 7; 10,12 – 11,17, Salm. 28, 1981, 37 – 64, der vermutet, dass V. 12 mit ht(w 9,17a* als seinen Hintergrund habe (42). Obwohl anhand der bergangspartikel ht(w manchmal Konsequenzen aus der »Vorgeschichte« des Bundesformulars gezogen werden (Baltzer, Bundesformular, 30 f.37.42.45.47), bedeutet dies nicht, dass die Kalbsgeschichte diese Funktion hier htte (so jedoch Lohfink, Hauptgebot, 219.224 und Braulik, Deuteronomium, 84); denn in der Kalbsgeschichte geht es um die Snde Israels gegen Jhwh und nicht um die Wohltaten Jhwhs fr Israel wie in einer formgemßen »Vorgeschichte« (vgl. 11,2 ff).
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Bundestheologie in Dtn 10,12 – 11,30
rung14 Jhwhs im Anschluß an das von ihm selber formulierte Hauptgebot (6,5)15 auf: Was dort mit einem einzigen Verb (»lieben«) ausgedrckt wird, erhlt hier eine vierfache Explikation: Die bedingungslose Loyalitt gegenber Jhwh bedeutet nicht nur Liebe zu ihm, sondern auch »Furcht« (vgl. 6,13.24),16 die in der Vertragsterminologie kein Gegensatz zur Liebe (anders 1Joh 4,18), sondern nur ein anderes Wort fr die loyale Einstellung des Vasallen zu seinem Suzern ist17 und auch nach Luther in Verbindung mit der Liebe das richtige Gottesverhltnis auf eine angemessene Weise zum Ausdruck bringt.18 Weiter bedeutet die Treue zu Jhwh »Wandeln auf all seinen Wegen« (vgl. 8,6; 19,9; 26,17; 30,16), also einen Gegensatz zum Verhalten des Volkes am Horeb, als es von dem gebotenen »Weg abwich« (9,12.16, vgl. 11,22). Die aus 6,5 wiederholte Forderung der Liebe (vgl. 5,10; 7,9; 11,13.22; 13,4)19 wird noch durch ein viertes Verb der Loyalitt, »dienen«, ergnzt (vgl. 6,13; 10,20; 11,13; 13,5; 28,47) und die ganze Hauptgebotsformulierung mit der aus 6,5 abgekrzt zitierten Adverbialbestimmung »mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele« abgeschlossen (vgl. 4,29; 11,13; 13,4).20 Die Formulierung des Hauptgebots in Gestalt von 10,12 erwies sich als eine so gelungene Zusammenfassung der richtigen Einstellung des Menschen zu Gott, daß sie dazu geeignet war, als Vorbild zu dienen, als Israel sein Ethos auf eine kurze Formel brachte (Mi 6,8).21 14 Das hier gebrauchte Verb l)$ »fragen, fordern« erscheint mit Jhwh/Gott als Subjekt sonst nur in Mi 6,8; Ps 40,7; Hi 38,3; 40,7. 15 Siehe dazu Timo Veijola, Das Bekenntnis Israels. Beobachtungen zur Geschichte und Theologie von Dtn 6,4 – 9, ThZ 48 (1992) 369 – 381 (dort 372 – 375.379 f). 16 Weiter 4,10; 5,29; 8,6; 14,23; 17,19; 28,58; 31,13. 17 Siehe z. B. Simo Parpola/Kazuko Watanabe, Neo-Assyrian Treaties and Loyalty Oaths, State Archives of Assyria 2, Helsinki 1988, 44 (Z. 396), 76 (Z. ii:5). 18 Vgl. seine Erklrung der Zehn Gebote im Kleinen Katechismus, die jedesmal mit dem Vordersatz beginnt: »Wir sollen Gott frchten und lieben, daß wir […]«. Die Furcht Gottes ist nach Luther ein Mittel gegen den Hochmut (superbia), wie die Liebe ein Mittel gegen die Verzweiflung (desperatio) ist. »Timor ist auff der lincken seiten, fiducia (sc. Liebe) auff der rechten« (WA 30/1, 60:14 f). 19 Weiter 19,9; 30,6.16.20. 20 Weiter 26,16; 30,2.6.10. Es ist mßig, damit zu spekulieren, dass hinter der Weglassung von »mit deiner ganzen Kraft« (vgl. 6,5) eine negative Stellungnahme zu Israels »Kraft«, Jhwh zu lieben, stnde (so jedoch Konstantin Zobel, Prophetie und Deuteronomium. Die Rezeption prophetischer Theologie durch das Deuteronomium, BZAW 199, Berlin/New York 1992, 71). 21 Es ist nicht nçtig, hinter Dtn 10,12 und Mi 6,8 eine gemeinsame ltere Tradition zu postulieren (Lohfink, Hauptgebot, 220). Vielmehr ist der in der fortgeschrittenen nachexilischen Zeit entstandene Vers Mi 6,8 (siehe dazu Wolfgang Werner, Micha 6,8 – eine alttestamentliche Kurzformel des Glaubens?, BZ 32 [1988] 232 – 248 [dort 237]) direkt von Dtn 10,12 abhngig, was sich z. B. an den folgenden Einzelheiten zeigt: Mi 6,8 beginnt mit »er (Jhwh) hat dir mitgeteilt (dygh)«, was auf eine frhere Mitteilung Bezug nimmt. In Mi 6,8 ist Gegenstand der Anrede »der Mensch« ({d)) im allgemeinen und nicht mehr »Israel« wie in Dtn 10,12 (vgl. Dtn 8,3), was eine Erweiterung des Horizonts bedeutet. Eine Erweiterung
Beweisfhrung
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Die Treue will aber nicht abstrakt bleiben, sondern verpflichtet Israel zum Einhalten der konkreten Einzelbestimmungen (V. 13). Auf sie ist in Dtn 6 – 8* mehrfach angespielt worden (vgl. 6,6.17a.20.24.25; 8,1.11), und in V. 1322 werden sie sachgemß im Anschluß an die Grundsatzerklrung von V. 12 mit einigen stichwortartigen Formulierungen23 in Erinnerung gerufen, aber nicht nher ausgebreitet, weil sie in Dtn 12 ff in extenso ausgefhrt werden. Der Text des DtrB wird in 10,14 – 11,1 durch ein andersartiges Stck unterbrochen, das anhand der Technik der Ringkomposition an den lteren Kontext anknpft, indem es am Ende (11,1) den unmittelbar vorangehenden Text (10,12 f) mit einigen Vernderungen wiederholt.24 Anders als die am Bundesformular orientierte Rede des DtrB hat die Erweiterung einen hymnischen Charakter, der durch eine reiche Anwendung von Partizipien und Nominalstzen hervortritt.25 In dem ursprnglichen Text des DtrB folgte auf 10,12 f die Vorgeschichte (11,2 – 9),26 die ihren formgemßen Platz vor der Grundsatzerklrung und den Einzelbestimmungen htte,27 hier jedoch aus kontextualen Grnden – wegen der unmittelbar vorangehenden, historisch ausgerichteten Erzhlung von Israels Snde am Horeb – in umgekehrter Reihenfolge erscheint.
liegt auch in der Ergnzung von »was Jhwh von dir fordert« durch »was gut ist« (Mi 6,8) vor. Außerdem wird in Mi 6,8 auch das Verhltnis zum Mitmenschen bercksichtigt (»Recht ben und die Gte lieben«) und das Gottesverhltnis krzer als in Dtn 10,12 durch das spt bezeugte Verb (nc Hi. (vgl. Sir 16,25; 35,3) ausgedrckt (»behutsam [?] wandeln vor deinem Gott«). Die ungewçhnliche syntaktische Konstruktion mit hm + {) yk + Inf., die nur an diesen beiden Stellen bezeugt ist, spricht ebenfalls fr eine direkte Abhngigkeit. Damit kann hinter Mi 6,8 kein »altes Gut« in dtn/dtr Fassung postuliert werden (gegen Zobel, Prophetie und Deuteronomium, 33). 22 Es wre ein Mißverstndnis der Aussageabsicht des Verfassers, V. 13 als spteren Zusatz zu bezeichnen (so jedoch Steuernagel, Deuteronomium, 88; Rose, 5. Mose, 344 f; Nielsen, Deuteronomium, 119 f). 23 Die einzelnen Ausdrcke in V. 13 nehmen frher Gesagtes wieder auf. Vgl. im einzelnen V. 13aa mit 5,10b und 6,17a (beide von DtrB), V. 13ab mit 6,2 (DtrB) und 6,6 sowie V. 13b mit 6,24 (und 5,33 DtrB). 24 Als Zusatz gilt der Abschnitt z. B. auch fr Antti Filemon Puukko, Das Deuteronomium. Eine literarkritische Untersuchung, BWAT 5, Leipzig 1910, 158; von Rad, Das fnfte Buch Mose, 60 (allerdings nur 10,15 – 22) und Seitz, Studien, 81. 25 Moshe Weinfeld zieht vornehmlich aus den hier vorkommenden hymnischen Zgen die Schlußfolgerung, dass der Abschnitt 10,12 – 11,21 – den er fr eine literarische Einheit hlt – eine Liturgie als seinen Sitz im Leben habe (Deuteronomy 1 – 11. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 5, New York 1991, 454). 26 hnlich wird die Gattung von V. 2 – 7(9) auch von Lohfink, Hauptgebot, 224 f; von Rad, Das fnfte Buch Mose, 60 und Seitz, Studien, 82 bestimmt. 27 Siehe etwa Baltzer, Bundesformular, 20; McCarthy, Treaty, 38; Parpola/Watanabe, Treaties, xxxv.
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Der Rckblick auf die Vergangenheit geschieht in Form einer Gegenberstellung der gegenwrtigen Generation und ihrer Kinder (Sçhne), die Jhwhs vergangene Taten nicht kennen. Die Wahl dieser Darstellungsform hat ihren Hintergrund wahrscheinlich in der Musterkatechese28 von 6,20 – 25, wo die großen Taten Jhwhs mit ihrer ethischen Verpflichtung als Erwiderung auf die Frage eines unwissenden Sohnes (6,20) dargestellt werden. Ein Unterschied besteht darin, daß in 11,2 – 9 die Kinder auch am Ende unwissend bleiben, aber nur vorbergehend, denn ihre Belehrung erfolgt absichtlich etwas spter, in 11,18 – 21. Sonst dient der Vergangenheitsrckblick in 11,2 – 9 demselben Ziel wie in 6,20 – 25: Die großen »Taten« (11,3.7), »die« Jhwh fr sein Volk »getan hat« (11,3.4.5.6.7), sind dazu da, in Israel Dankbarkeit und Bereitschaft zum Gehorsam gegen sein Gesetz zu erwecken, der die Vorbedingung der Landnahme und des Wohlergehens ist (11,8 f, vgl. 6,24 f). Unwissend sind die Kinder nach V. 2, weil ihnen die Erfahrung29 von Jhwhs Erziehung fehlt, die der gegenwrtigen Generation im Aufweis der Grçße Jhwhs bei der Befreiung aus gypten30 zuteil wurde. Als einzelne Taten im Zusammenhang mit dem Exodus werden in V. 3 die gyptischen Plagen, die ein fester Bestandteil des Credos sind,31 in V. 4 das Wunder am Schilfmeer (vgl. Ex 14,27 f; 15,4 f.10) mit der Vernichtung32 des gyptischen Heeres und in V. 5 die Wstenwanderung ohne nhere Einzelheiten aufgezhlt. Die Feststellung von der Ankunft »an diesem Ort« (vgl. 1,31; 9,7) in V. 5 hat schon den Charakter eines Abschlusses, nach dem man keine Mitteilung von weiteren Ereignissen erwartet. Angesichts dessen kommt die Anspielung auf das Schicksal von Datan und Abiram in V. 6 etwas versptet, denn obwohl die Geschichte selbst (Num 16) nicht lokalisiert ist, hat sie ihren Ort im Ostjordanland, da ihre Hauptakteure Rubeniten sind. Zudem paßt sie nicht richtig in die Reihe der anderen Heilstaten in 11,2 ff, weil darin vom Strafhandeln Gottes die
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So die Gattungsbestimmung von Dtn 6,20 – 24(25) nach Lothar Perlitt, »Evangelium« und Gesetz im Deuteronomium (1990), in: Deuteronomium-Studien, FAT 8, Tbingen 1994, 172 – 183 (dort 179). 29 »Erfahrung« wird durch die Verba (dy und h)r ausgedrckt, die austauschbar sind (vgl. Jos 24,31 und Ri 2,7). 30 Die in V. 2b gebrauchten Ausdrcke enthalten schon eine Anspielung auf den Exodus, vgl. 3,24; 5,24 (Jhwhs »Grçße«) einerseits und 4,34; 5,15; 7,19; 26,8 (seine »starke Hand« und sein »ausgestreckter Arm«) andererseits. Siehe nher Siegfried Kreuzer, Die Mchtigkeitsformel im Deuteronomium, ZAW 109 (1997) 188 – 207 (dort 203). 31 Vgl. hier im Blick auf die Terminologie besonders Dtn 4,34; 6,22; 7,18 f; Neh 9,10. 32 DtrB verwendet hier das Verb db) Pi., das einer seiner Lieblingsausdrcke ist (vgl. im Qal 4,26; 7,20; 8,19.20; 11,17).
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Rede ist.33 Deshalb wird es sich bei V. 6 um eine sekundre Ergnzung34 unbekannter Herkunft handeln. Der eigene Gedankengang des DtrB luft weiter in V. 7, wo er die erste Konsequenz aus dem Geschichtsrckblick zieht: Im Unterschied zu ihren Kindern, die sagen kçnnten, daß sie all dies nicht kennen und nicht gesehen haben,35 kann die gegenwrtige Generation ihre Rolle als Augenzeuge36 und damit als Traditionstrger37 nicht leugnen und darf deshalb ihrer Identitt nicht untreu werden. Die zweite Konsequenz (V. 8 – 9)38 buchstabiert die aus der Geschichtserfahrung resultierende Treue konkret (vgl. 4,40; 7,11; 8,6): Sie fordert Leben nach »dem ganzen Gebot« (vgl. 6,25; 8,1; 11,22; 15,5; 19,9),39 das die Befolgung sowohl des Hauptgebots wie auch der einzelnen Bestimmungen des Gesetzeskorpus einschließt40 und in der Theologie des DtrB die Vorbedingung fr die Landnahme bildet (vgl. 4,1b; 6,17a.18; 8,1).41 Auf der anderen Seite ergibt sich aus dem Gehorsam ein Segen in Gestalt eines langen Lebens42 im Lande, das letzten Endes eine Gabe Jhwhs bleibt,43 weil seine Einnahme sich auf Jhwhs Verheißung an die Vter grndet (V. 9a).44 Etwas nachhinkend wird das Verheißungsland in V. 9b mit einer gelufigen Wendung als »ein Land« definiert, »das von Milch und Honig fließt«.45 Sie hat hier die Funktion, von der Vorge33 berraschend ist auch die Formulierung »inmitten von ganz Israel«, da in Dtn 11,2 – 9 sonst durchgehend von »euch« geredet wird. Wahrscheinlich geht sie auf Num 16,33b–34 zurck. 34 Vgl. Steuernagel, Deuteronomium, 88. 35 Vgl. Raschi zu V. 2: »Denn ich rede jetzt nicht mit euren Kindern, die sagen kçnnten: ›Wir kennen nicht und haben all das nicht gesehen.‹« 36 Vgl. 3,21; 4,3 (DtrB); 4,9 (DtrB); 7,19; 10,21; 29,1.2, weiter auch 5,3; 29,13 – 16 und zum ganzen Vers Ri 2,7 (dtr). 37 Vgl. Achenbach, Israel, 384 f. 38 Garcia Lpez, En los umbrales, 47 hat richtig erkannt, dass die V. 8 f eine logische Folge zu V. 2 – 7 bilden. 39 Alle oben genannten Parallelstellen fr hwcmh lk stammen von DtrB, vgl. weiter 5,31; 26,13; 27,1; 31,5, die ebenfalls relativ junge Belege sind (Achenbach, Israel, 309). 40 Braulik, Die Ausdrcke fr »Gesetz« im Buch Deuteronomium (1970), in: Studien zur Theologie des Deuteronomiums, SBAB 2, Stuttgart 1988, 11 – 38 (dort 27 f). 41 Mit Recht macht Achenbach, Israel, 387 geltend, »daß hier eine redaktionelle Schicht zu Worte kommt, die Dtn 6,1 schon im Rcken hat, wonach die Gesetze zu lernen sind, auf daß sie ›im Lande‹ befolgt werden (5,31; 6,1), whrend die Befolgung von hwcmh lk in 8,1; 11,8.22 als Vorbedingung fr die Einnahme des Landes berhaupt erscheint.« 42 Vgl. 4,26 (DtrB); 4,40; 5,16; 5,33 (DtrB); 6,2 (DtrB); 17,20; 22,7; 25,15; 30,18; 32,47. 43 Vgl. LHour, Morale, 88; Braulik, Deuteronomium, 88. 44 Vgl. hier formal vor allem 1,8b und sachlich 6,18; 7,13; 8,1; 10,11; 11,21 (alle von DtrB). 45 Vgl. sonst bei DtrB in 6,3 (in einer hnlich nachhinkenden Position!) und weiter im Dtn in 26,9.15; 27,3; 31,20 und im brigen AT in Ex 3,8.17; 13,5; 33,3; Lev 20,24; Num 13,27; 14,8; 16,13.14; Jer 11,5; 32,22; Ez 20,6.15. Nach einem ugaritischen Text lßt Baal »den Himmel l regnen und die Taler von Honig fließen« (KTU 1.6, III:13 f). Nach Philip D. Stern, The Origin and Significance of »the land flowing with milk and honey«, VT 42 (1992) 554 – 557 bildet die
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schichte (11,2 – 9) zu dem nchsten Abschnitt, der Landbeschreibung46 (11,10 – 12), berzuleiten. Die Beschreibung des Landes, in das Jhwh sein Volk hineinfhren will, wenn es seinem Willen gehorcht, schließt sich logisch der Aufzhlung der vergangenen Heilstaten an. Das in V. 9b–12 sechsmal wiederholte Stichwort »Land« (jr)) gibt das Thema an, aber anders als bei den frheren Landbeschreibungen in 6,10b–11a und 8,7b–9, die deutlich im Hintergrund stehen, handelt es sich in V. 10 – 12 nicht um eine neutrale Beschreibung der natrlichen Vorzge des Landes, sondern um ein theologisch akzentuiertes Lob des Verheißenen Landes,47 von dem ein die Wirklichkeit transzendierendes Idealbild im Vergleich zu gypten48 gegeben wird.49 Seine hydrologischen Bedingungen werden khn abgehoben von den Verhltnissen in dem Land der Sklaverei, »aus dem ihr ausgezogen seid«50 (V. 10). Im Gegensatz zu dem flachen und regenarmen gypten51 wird das anders geartete Palstina, das »ein Land von Bergen und Tlern« ist (vgl. 8,7), ohne jedes menschliche Tun direkt vom Himmel getrnkt (V. 11). Damit wird zu den frher erwhnten Wasservorrten des gelobten Landes, den Zisternen (6,11) und den unterirdischen Wasserquellen (8,7), der himmlische Regen hinzugefgt,52 der schon eine Anspielung auf seinen Spender enthlt. Das Land ist unmittelbar auf Gott angewiesen, der – und nicht etwa Baal – persçnlich hinter dem Wasserreichtum des Landes steht (V. 12) und sich liebevoll um sein Land kmmert,53 indem er stets seine Augen (vgl. Ps 33,18; 34,16; Spr 15,3) auf ihm ruhen lßt. Darauf kommt es in der Landbeschreibung letzten Endes an: auf die stndige, frsorgende Prsenz Jhwhs in der Natur des von ihm geschenkten Landes. obengenannte atl. Wendung eine Erwiderung auf diese Aussage aus der Sicht der Jhwhreligion (»a Yahwistic counter-slogan«). Aber steht sie im AT im Kontext einer religiçsen Auseinandersetzung? 46 Vgl. zur Gattungsbestimmung hier Lohfink, Hauptgebot, 223; von Rad, Das fnfte Buch Mose, 60; Seitz, Studien, 86; Mayes, Deuteronomy, 207. 47 Vgl. Christine Gottfriedsen, Die Fruchtbarkeit von Israels Land, EHS.T 267, Frankfurt a.M. 1985, 140. 48 Anders in Gen 13,10; Num 16,13; 20,5. 49 Von Rad, Das fnfte Buch Mose, 61. 50 Die pl. Formulierung des Satzes fllt in dem sg. Kontext auf und wird hufig entweder in Sg. gendert (Eduard Kçnig, Das Deuteronomium, KAT 3, Leipzig 1917, 112; Weinfeld, Deuteronomy, 433; Nielsen, Deuteronomium, 124), oder der Satz wird ingesamt fr sekundr gehalten (Puukko, Deuteronomium, 159; Steuernagel, Deuteronomium, 91; Minette de Tillesse, Sections, 38; Garcia Lpez, En los umbrales, 47). Man muss jedoch beachten, dass der kontrastische Satz V. 11aa ebenfalls im Pl. steht. 51 Zutreffend kommentiert schon Luther: »Notum est Aegyptum non pluviis rigari sed inundatione Nili quotannis in aestate« (Dtn-Vorlesung 1525, WA 14, 643:7 f). 52 Vgl. Garcia Lpez, En los umbrales, 54. 53 Zum Verb $rd mit Gott als Subjekt vgl. Jes 62,12; Ez 34,6.11; Hi 3,4.
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Das Land ist in der Theologie des DtrB jedoch eine ambivalente Gabe, deren Erhalt und Genuß unwiderruflich an das Verhalten seiner Bewohner gebunden sind.54 Deshalb folgen auf die Landbeschreibung vollkommen sachgemß die beiden Alternativen des Segens (V. 13 – 15) und des Fluches (V. 16 – 17),55 die den entsprechenden Abschnitten am Ende der Staatsvertrge – in umgekehrter Reihenfolge – entsprechen.56 Der Segensabschnitt (V. 13 – 15) setzt mit einem Vordersatz (V. 13) ein, der die Bedingung des Segens mit einem fr DtrB charakteristischen Stil57 und Vokabular58 statuiert und dabei die volle Formulierung des Hauptgebots und der Einzelgebote in 10,12 f abkrzend fr den jetzigen Kontext vergegenwrtigt. Befremdlich mag auf den ersten Blick der unvermittelte bergang in die Redeform der 1. sg. (»meine Gebote«) wirken, die hier wie auch in V. 14 und V. 15 (»ich werde geben«) Anlaß zu textkritischen Korrekturen59 gegeben hat. Sie wird jedoch verstndlich im Lichte der Tatsache, daß der unregelmßige Wechsel zwischen der 2. sg. und pl. bei DtrB eher die Regel als eine Ausnahme bildet und auch ein gelegentlicher bergang in die 1. sg. in der Moserede bei ihm schon in 7,4 begegnete (vgl. sonst 28,20), ohne daß hinter dem schwankenden Numerusgebrauch tiefere Verkndigungsinteressen sichtbar wrden.60 Der Segen besteht in der Spende des Regens (V. 14), des Kernelements der vorangehenden Landbeschreibung (V. 10 – 12), der zum richtigen Zeitpunkt fllt (vgl. 28,12; Lev 26,4) und das Bestellen der Felder im Herbst und das Ausreifen der Saat im Frhjahr ermçglicht, so daß der Bauer eine reiche Ernte von Korn, Wein und l (vgl. 7,13) einbringen kann. Neben den Menschen profitieren nach V. 15 vom rechtzeitigen
54 Siehe hier insbesondere 4,1b.25 – 28; 5,32 f; 6,2 f.14.15b.17a.18.25; 7,12 – 16; 8,1.19 f; 11,8 f. 55 Keiner von den beiden Abschnitten, die spiegelbildlich zueinander stehen, lßt sich deshalb als Zusatz entfernen. Vgl. Lohfink, Hauptgebot, 223; Garcia Lpez, En los umbrales, 48.55; Mayes, Deuteronomy, 214 f und Braulik, Deuteronomium, 89, gegen Minette de Tillesse, Sections, 38 und Seitz, Studien, 89 f, die entweder V. 16 – 17 (Minette de Tillesse) oder V. 13 – 15 (Seitz) fr sekundr halten. 56 Vgl. Lohfink, Hauptgebot, 223; von Rad, Das fnfte Buch Mose, 61; Seitz, Studien, 87; Mayes, Deuteronomy, 214; Braulik, Deuteronomium, 89. 57 Vgl. zu hyhw in Einfhrung der Bedingung bei DtrB in 7,12 und 8,19. Mit Recht stellt Achenbach, Israel, 97 fest: »Sachlich steht Dtn. 11,13 auf einer Ebene mit der jungen Rahmenschicht von Dtn. 8,1.19 f.« (d. h. auf der Ebene von DtrB). 58 twcm stehen hier wie in 6,17a (vgl. 8,6) allein fr die Gesamtheit der Einzelbestimmungen und blicken ber 11,8 (hwcm) auf 10,13 (twqxw twcm) zurck, worauf sich auch der Promulgationssatz in 11,13a (vgl. 11,8) bezieht. 59 Die schon in den bersetzungen bestehende Neigung zur nderung der 1. sg. in die 3. sg. (siehe BHS) floriert bei den Kommentatoren weiter. 60 Achenbach, Israel, 389, ußert die Vermutung, dass der Verfasser damit Mose als Propheten stilisieren wolle.
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Regen aber auch die Haustiere (vgl. 7,13),61 die als ihre Nahrung das durch den Regen gewachsene Gras erhalten (vgl. Gen 1,30; Ps 104,14) und damit den materiellen Wohlstand erhçhen (vgl. 6,11; 8,12). In dem Wohlstand liegt aber eine religiçse Gefahr, die DtrB in V. 16 – 17 in Gestalt einer Fluchandrohung formgemß als Gegenstck zu der Segensverheißung in Aussicht stellt (vgl. 6,14.15b; 7,4; 8,19 f). Der Einsatz mit der Warnung »Htet euch […]« statt mit einem Bedingungssatz wie in V. 13 beruht auf der Abhngigkeit von den vorgegebenen Formulierungen in 6,12 (vgl. 6,11b) und 8,11 (vgl. 8,10a). Anders als in den lteren Schichten (vgl. 6,12; 8,11a.12 – 14.17 – 18a), aber in bereinstimmung mit seinen eigenen frheren Aussagen (vgl. 6,14; 8,19) erblickt DtrB die durch den Wohlstand hervorgerufene Gefahr nicht in einer satten Selbstgengsamkeit, die Jhwh vergessen lßt, sondern in einem direkten Fremdgçtterdienst. Es kommt alles auf das von DtrB in 6,5; 10,12; 11,13 angedeutete Organ des Willens und Verstandes, das Herz, an, das sich im berfluß leicht »verfhren lßt« (vgl. Hi 31,9.27) und den Menschen zum »Abweichen« (vgl. 7,4; 9,12.16; 11,28)62 von dem gebotenen Weg (10,12) bringt, so daß er statt Jhwh (10,12; 11,13) den »anderen Gçttern« (vgl. 6,14; 7,4; 8,19) »dient« und sie »anbetet« (vgl. 8,19). Das ist eine Snde gegen das Hauptgebot und damit eine grundstzliche Kndigung des Dienstverhltnisses, die den von DtrB oft beschworenen gçttlichen Zorn mit seinen verhngnisvollen Folgen auf den Plan ruft (V. 17).63 Weil hier das Land mit seinen natrlichen Gegebenheiten auf dem Spiel steht, zeigen sich auch die bçsen Wirkungen des Zornes in der Natur des geschenkten Landes als Umkehrung der versprochenen Segensgter: Der Himmel (vgl. V. 11) wird verschlossen, so daß er seinen Regen (vgl. V. 11.14) versagt (vgl. 1Kçn 8,35; Dtn 28,23 f; Lev 26,19) und der Ackerboden seinen Ertrag (vgl. V. 14) nicht mehr gibt (vgl. Lev 26,4.20), und als die letzte und schlimmste Strafe kommt noch die Verbannung64 aus diesem von Gott gegebenen, eben beschriebenen »guten Land« (vgl. 8,10) hinzu, womit der Verfasser seine eigene Leidensgeschichte in den Text hineinliest (vgl. 4,26; 6,15b; 7,4b; 8,19b).65 Der Abschnitt V. 18 – 21, wo die symbolhafte Vergegenwrtigung der Gesetzesworte befohlen wird, wirkt wie eine mechanische Wiederholung 61 Schon ein Blick auf 7,13 lehrt, dass V. 15a kein Zusatz ist, wie Gottfriedsen, Fruchtbarkeit, 141, wegen der Bercksichtigung der Tiere vermutet. 62 berall das Verb rws. Vgl. weiter 31,29; Ri 2,17; 1Kçn 22,43. 63 Vgl. 4,25; 6,15; 7,4; 9,7a*.8*.18 f. 64 Dafr werden in V. 17b die fr DtrB typischen Ausdrcke db) (vgl. 4,26; 7,20; 8,19.20 im Qal, 7,24; 8,20 im Hi.) und hrhm »schnell« (vgl. rhm in 4,26; 7,4.22; 9,12.16) verwendet. 65 Weitere naheliegende Parallelen zu V. 17b liegen in 28,20; 30,18; Jos 23,13.16 vor.
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der entsprechenden Vorschriften in 6,6 – 9 und wird deshalb hufig in toto als sekundrer Zusatz betrachtet.66 Das ist jedoch eine voreilige Lçsung, die außer acht lßt, daß die ganze Rede in 10,12 ff nach der Fassung des DtrB auf das Prinzip der Wiederholung von Dtn 6 – 8 gebaut ist.67 Bekanntlich erscheinen in den altorientalischen Vasallenvertrgen gelegentlich Passagen, die den Vasallen zur Belehrung der nachkommenden Generationen ber den Vertragsinhalt verpflichten.68 Eben darin liegt das Ziel, dem die Vorschriften von V. 18 – 21 dienen. Die in der »ersten« Rede fragenden und Antwort erhaltenden Kinder (6,20 – 25) sind in der »zweiten« Rede bisher nur als unwissend und unerfahren aufgetreten (11,2 – 5), weshalb ihre Einbeziehung in die Verpflichtung und Verheißung des Gesetzes jetzt das Gebot der Stunde ist. Beim nheren Zusehen zeigt sich, daß die V. 18 – 21 nicht eine rein mechanische Wiederholung von Dtn 6,6 – 9 darstellen, sondern einige markante Unterschiede sowohl in der Gesamtstruktur wie auch in Einzelheiten aufweisen, die die eigene Aussageabsicht des DtrB zum Ausdruck bringen. Auf der Ebene der Gesamtstruktur fllt erstens der unterschiedliche Numerusgebrauch auf: Whrend 6,6 – 9 durchgehend im Sg. formuliert sind, ergehen die Anweisungen in 11,18 – 21 zuerst (V. 18 – 19a) dem umliegenden Kontext entsprechend an »euch«, dann aber plçtzlich an »dich« (V. 19b–20), und schließlich richtet sich die Verheißung (V. 21) wieder an »euch«, was selbst bei dem im Gebrauch des Numerus großzgigen DtrB befremdet. Zweitens erscheinen die konkreten Vorschriften in einer abweichenden Reihenfolge: Whrend in 6,6 – 9 das Lehren »dieser Worte« an die Sçhne (V. 7aa) sich als eine einzelne Bestimmung zwischen den Anweisungen, sie »auf das Herz« zu nehmen (V. 6) und stndig »herzusagen« (V. 7ab), befindet, kommen in 11,18 – 21 zuerst die Vorschriften ber die Zeichen an der Hand und auf der Stirn (V. 18b) und erst nach ihnen die Anweisung zum Lehren der Sçhne (V. 19aa), die syntaktisch mit der Vorschrift des Rezitierens (V. 19ab) verbunden ist und damit hier einen breiteren Raum als in 6,7 beansprucht. Außerdem schließt sie in V. 19a die Reihe der pl. Vor66 Siehe z. B. Bertholet, Deuteronomium, 36; Puukko, Deuteronomium, 150; von Rad, Das fnfte Buch Mose, 61; Seitz, Studien, 90; Preuß, Deuteronomium, 51. 67 Vgl. Mayes, Deuteronomy, 207, der aus diesem Grund an der Ursprnglichkeit von V. 18 – 21 festhlt. 68 Siehe z. B. R. Frankena, The Vassal-Treaties of Esarhaddon, OTS 14 ,1965, 122 – 154 (dort 141 f); Jos Loza, Les cat chses tiologiques dans lAncien Testament, RB 78, 1971, 481 – 500 (dort 491 – 493). Der ausfhrlichste Beleg liegt in dem assyrischen AsarhaddonVertrag aus dem Jahre 672 v. Chr. (VTE 283 – 301, siehe Parpola/Watanabe, Treaties, 40 f; TUAT I/2, 167). Siehe auch die entsprechende Selbstverpflichtung des Vasallen in dem aramischen Vertrag zwischen Bar-gaja von KTK und Mati -el von Arpad aus der Mitte des 8. Jh. (KAI 222 C 1 – 9).
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schriften ab und findet ihre Fortsetzung in der in 6,6 – 9 fehlenden pl. Verheißung (V. 21), wo wiederum auch von den Sçhnen die Rede ist. All das spricht dafr, daß das dazwischen liegende sg. Stck V. 19b–20, das den formal und inhaltlich kohrenten Aufbau von V. 18 – 21 stçrt und wortwçrtlich 6,7b.9 zitiert, eine mechanische bernahme von dort darstellt.69 Im Blick auf die einzelnen Formulierungen unternimmt DtrB einige an sich unauffllige, inhaltlich jedoch bedeutsame Vernderungen gegenber der Vorlage. Er tauscht in V. 18 das neutrale Verb hyh von 6,6 gegen das konkrete {y&, was zunchst fr eine Anbringung der Worte als Amulett auf der Brust zu sprechen scheint (vgl. Hld 8,6; Ex 28,29 f).70 Das wird jedoch durch die Fortsetzung ausgeschlossen, wenn als Ort der Bewahrung »dieser meiner Worte« (vgl. 6,6), die jetzt eindeutig das dtn Gesetz insgesamt zu ihrem Inhalt haben,71 nicht allein das »Herz« (vgl. 6,6), sondern auch die »Seele« ($pn) erscheint. Damit entsteht eine wçrtliche Verbindung zu der bei DtrB gelufigen adverbialen Verstrkung der Forderung des Hauptgebots durch die Wendung »mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele« (10,12; 11,13, vgl. 6,5), und damit erhalten die in V. 18b genannten Zeichen von vornherein eine symbolische Bedeutung (vgl. Spr 3,3; 6,21; 7,3; Ex 13,9.16) – was freilich die weitere Existenz ihres konkreten Gebrauchs in der Zeit des DtrB nicht ausschließt.72 Als Hçhepunkt der einzelnen Anweisungen wird in V. 19a das »Lehren« der Kinder vorgeschrieben, das terminologisch anstelle des einmaligen Verbs }n$ Pi. »wiederholen« (6,7) mit dem gewçhnlichen Verb des Lehrens, dml Pi., ausgedrckt73 wird. Nach der sekundren, den Zusammenhang unterbrechenden Ergnzung V. 19b–20 (