Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute 9783205125778, 3205989260, 9783205989264


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Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute
 9783205125778, 3205989260, 9783205989264

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bohlauWien

Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege Band XIX Herausgeber: Bundesdenkmalamt / Univ. Prof. Dr. Ernst Bacher Generalkonservator des Bundesdenkmalamtes und Vorsitzender der Kommission für Provenienzforschung

Theodor Brückler (Hg.)

Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Osterreich 1938 bis heute • ·

Beiträge von Theodor Brückler, Gerhard Sailer, Kurt Haslinger, Herbert Haupt und Felicitas Heimann-Jelinek Mitarbeit: Bernadette Reinhold Mit Quellendokumentation, Bildteil, Gesetzestexten und Archivindex

Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute / Theodor Brückler (Hg.). Beitr. von Theodor Brückler... Mitarb.: Bernadette Reinhold. Wien ; Köln ; Weimar; Böhlau 1999 (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege; Bd. 19) ISBN 3-205-98926-0

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 1999 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H und Co. KG, Wien · Köln • Weimar Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefreiem Papier Satz: Herbert Hutz, Wien Druck: Manz, Wien

Inhalt

Vorwort Emst I.

BACHER

7

BEITRÄGE

BRÜCKLER,

Theodor:

Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938-1945 SAILER,

Gerhard:

Rückbringung und Rückgabe: 1945-1966 HASLINGER,

31

Kurt:

Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1966-1996 HAUPT,

13

39

Herbert:

Die Rolle des Kunsthistorischen Museums bei der Beschlagnahme, Bergung und Rückführung von Kunstgut in den Jahren 1938-1945 HEIMANN-JELINEK,

53

Felicitas:

Von Arisierungen und Restituierungen: Zum Schicksal der Rothschild'schen Kunst- und sonstigen Besitztümer in Wien

76

II. QUELLENDOKUMENATION Ausgewählt, bearbeitet und kommentiert von Theodor Vorbemerkung 1. BESCHLAGNAHMUNGEN 2. M U S E E N U N D „ L I N Z E R S A M M L U N G "

BRÜCKLER

92 94 156

3 . BERGUNGSMASSNAHMEN

212

4. ZENTRALKUNSTDEPOT MÜNCHEN

260

5 . RESTITUTIONEN

306

6. DENKMALBEHÖRDE

372

III. BILDTEIL Ausgewählt und bearbeitet von Bernadette

REINHOLD

405

IV. GESETZESTEXTE 1. RESTITUTIONSGESETZE

423

2 . K U N S T - UND KULTURGUTBEREINIGUNGSGESETZE

445

3. „MAUERBACH-GESETZ"

451

V. KURZINVENTAR der im Archiv des Bundesdenkmalamtes (Wien) archivierten Restitutionsmaterialien (110 Kartons) Erstellt von Theodor Brückler

457

VI. REGISTER Erstellt von Bernadette Reinhold 1. Personen 2. Orte

467 474

Autorenverzeichnis

477

Vorwort Die Republik Österreich hat nach 1945 für die Restitution von Kunst- und Kulturgütern insgesamt sieben Rückstellungsgesetze, zwei Kunst- und Kulturbereinigungsgesetze sowie die der sogenannten „Mauerbach-Auktion", 1996 zugrunde gelegte Gesetzesnovelle geschaffen. Bis zum 7. Jänner 1949 konnten von 18.500 während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmten oder in den letzten Kriegsjahren auch freiwillig zur Luftschutzbergung übergebenen Kulturgütern bereits über 13.000 Objekte an die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Nachkommen zurückgegeben werden. Die Rückstellung der weiteren Bestände verteilte sich auf die anschließenden Jahre bis zur genannten „Mauerbach-Benefit-Sale on Behalf of the Federation of Jewish Communities of Austria" im Herbst 1996. Als Einleitung zu dieser Auktion fand am 26. Oktober 1996 im Museum für Angewandte Kunst ein Symposium (Wie Mauerbach zu „Mauerbach" wurde) statt, bei dem in einer Reihe von Vorträgen von für die Restitution verantwortlichen Persönlichkeiten bzw. mit diesem Kapitel rezenter Zeitgeschichte vertrauter Historiker der Themenkreis Kunstraub und Restitution im Zusammenhang und anhand repräsentativer Einzelaspekte dargestellt wurde. Das bei diesem Anlaß und in den anschließenden Diskussionen wiederum offenkundig gewordene Informationsdefizit, sowohl was die Vorgänge des Kunstraubes in der Zeit zwischen 1938 und 1945 betrifft als auch hinsichtlich der Bemühungen und Ergebnisse der Restitution in der Nachkriegszeit, ließ es als zweckmäßig und sinnvoll erscheinen, die vorgetragene historische Übersicht zusammen mit einer Auswahl der vorhandenen Quellenmaterialien zu publizieren. Das Vorhaben bekam im weiteren besondere Aktualität, als 1998 von Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer eine „Kommission für Provenienzforschung" eingesetzt und mit der systematischen Aufarbeitung des historischen Materials zum Thema Kunstraub und Restitution beauftragt wurde. Ziel sollte sein, Licht in diese Geschehnisse und Vorgänge der jüngeren Vergangenheit zu bringen und bedenkliche Erwerbungen von Kunstgegenständen im Bereich der Museen und Sammlungen des Bundes festzustellen bzw. unter diesem Blickwinkel auch die Restitutionsvorgänge der Nachkriegszeit zu überprüfen. Das rezente „Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen" (BGBl.Nr. 181/1998) soll im weiteren, von den Ergebnissen der Provenienzforschung ausgehend, die Restitution dort fortsetzen bzw. wiederaufgreifen, wo eine moralische Beurteilung aus heutiger Sicht dies nahelegt und rechtfertigt. Der Forschungsauftrag der Provenienzforschung bekam damit auch einen

8

Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute

entsprechenden rechtlichen Hintergrund. Die Perspektiven dieser Aktivitäten haben inzwischen breite internationale Resonanz gefunden; auf der „Washington Conferenc on Holocaust-Era Assets" vom Dezember 1998 konnten die erwähnten österreichischen Initiativen zur Provenienzforschung und Restitution in einem breiten internationalen Rahmen ein positives Echo verbuchen. Der vorliegenden Publikation mit Beiträgen des Symposions anläßlich der Mauerbach-Auktion 1996 und der angeschlossenen umfangreichen Quellendokumentation kommt in diesem Zusammenhang daher besondere aktuelle Bedeutung zu, denn mit der Veröffentlichung dieser Materialien liegt neben einem erstmals in knapper Form fundiert dargestelltem historischen Überblick zu diesem Themenkomplex auch ein Nachschlagewerk vor, das mit wichtigen weiterführenden Hinweisen dazu beitragen wird, sowohl die künftige wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema zu erleichtern als auch einer breiten Öffentlichkeit diese Unterlagen auf breiter Basis zugänglich zu machen. Dem „Institut für Denkmalpflege" kam in den Kriegsjahren eine wichtige, dem Bundesdenkmalamt bei der Restitution von Kunstgegenständen nach 1945 eine zentrale Rolle zu. Im Archiv des Bundesdenkmalamtes sind zum Thema Kunstraub und Restitution sehr umfangreiche archivalische Materialien vorhanden. Bereits zu Beginn der neunziger Jahre hat der Archivar des Amtes, Dr. Theodor Brückler, mit der systematischen Aufarbeitung begonnen. Sein engagiertes persönliches Interesse an diesem Kapitel rezenter Zeitgeschichte hat wesentlich dazu beigetragen, dieses historische Quellenmaterial zugänglich zu machen. Damit wurde eine wissenschaftliche Grundlage für dessen Aufarbeitung geschaffen, die nunmehr auf breiter Basis, d. h. koordiniert mit der Bearbeitung der entsprechenden Materialien und Aktenbestände in den Sammlungen und Museen des Bundes - wo zum Teil schon seit Jahren die entsprechende Aufarbeitung erfolgt, wie etwa im Kunsthistorischen Museum durch Dr. Herbert Haupt - , aber auch in den Museen und Sammlungen der einzelnen Bundesländer begonnen hat. Herrn Dr. Theodor Brückler ist es auch in erster Linie zu danken, daß diese Publikation (an deren Vorbereitung auch seine Mitarbeiterin Frau Mag. Bernadette Reinhold Anteil hat) in dieser Form vorgelegt werden kann. Er hat die Beiträge redigiert und insbesondere den umfangreichen Quellen- und Dokumentenanhang zusammengestellt. Der Dank des Herausgebers gilt selbstverständlich auch allen Autoren, die ihre seinerzeitigen Vorträge für das Mauerbach-Symposion überarbeitet und für diesen Band zur Verfügung gestellt bzw. mit weiteren Materialien dazu beigetragen haben. Im Lichte der weltweit vernetzten aktuellen Bedeutung des Themas Kunstraub und Restitution und der in Gang befindlichen breiten Aufarbeitung aller bezüglichen ar-

Vorwort

9

chivalischen Materialien zu diesem Abschnitt Zeitgeschichte ist es nicht schwer vorauszusagen, daß in naher Zukunft weitere interessante Ergebnisse historischer Forschung vorliegen werden, die sich zur Veröffentlichung anbieten. Der vorliegende Band, dessen Ankündigung bereits vorweg breites internationales Interesse hervorgerufen hat, ist daher als ein gewichtiger erster Schritt anzusehen, der neben dem Resümee bisheriger Auseinandersetzung mit dem Thema Kunstraub und Restitution in Österreich insbesondere eine umfangreiche Materialdokumentation zur weiteren Forschung enthält. Wien, am 11. Juni 1999 Univ. Prof. Dr. Ernst Bacher Generalkonservator

Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938-1945 Von Theodor Brückler

Der vielzitierte Satz Adornos, nach Auschwitz ließe sich kein Gedicht mehr schreiben1, trifft in modifizierter Form auch die Geschichtsschreibung. Sie kann Vergangenem ihren analytischen Raster überstülpen; sie kann durch Auswertung schriftlicher, audieller und visueller Quellen Kausalbeziehungen herstellen und Abläufe verdeutlichen; sie kann durch ihr methodisches Rüstzeug Fundamentales von Akzidentiellem trennen. Sie kann aber nicht betroffen machen oder die „Fähigkeit zu trauern" gleichsam per definitionem vermitteln; sie kann das Unsagbare nicht sagen; sie kann das Unfaßbare nicht fassen, geschweige denn erfassen. Selbst Schweigen, um abermals Adornos „Negative Dialektik" zu bemühen, führt aus dem Zirkel nicht heraus: „Es rationalisiert einzig die eigene subjektive Unfähigkeit mit dem Stand der objektiven Weisheit und entwürdigt dadurch diese abermals zur Lüge"2. Unter diesen Prämissen und im Eingeständnis dieses Unvermögens seien einige Anmerkungen zum Schicksal der Kunstwerke während der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur 3 in Österreich vorgebracht, wohl wissend, daß Kunstwerke als quasi „transformierte" Materie in ihrer Wertigkeit zwar der des Menschen hintanstehen, daß sich aber der Zugriff auf Kunstwerke rückblickend als Vorgriff auf den Zugriff auf Menschen darstellt. Ungeachtet einer vor Jahren postulierten These vom „schwachen Diktator" 4 war der Nationalsozialismus durch die Person Hitlers geprägt5 wie dies kaum einem anderen totalitären System gelang. In keinem anderen - auch nicht im Stalinismus - wäre 1 ADORNO, Theodor W.: Negative Dialektik, 3. Aufl., Frankfurt am Main 1982, S. 355 [suhrkamp taschenbuch Wissenschaft; 133], 2 wie Anm. 1, S. 360. 3

Grundlegend hiefür burg

1963

BRENNER,

Hildegard: Die Kunstpolitik des Nationalsozialismus, Reinbek bei Ham-

[Rowohlts deutsche Enzyklopädie;

167/168].

4 Zu Hans Mommsens These vom „schwachen Diktator" Hitler und Martin Broszats Befund „über das autoritäre Chaos des Dritten Reiches" vgl.

HILDEBRANDT,

Klaus: Wer dem Abgrund entrinnen will, muß ihn

aufs genaueste ausloten : Ist die neue deutsche Geschichtsschreibung revisionistisch? In: „Historikerstreit": Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvemichtung, 7. Aufl., München-Zürich 1989, S. 281-292; bes. S. 284f [Serie Piper; 816]. 5

BRACHER,

Karl Dietrich: Die deutsche Diktatur: Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus, 6.

Aufl., Frankfurt am Main-Berlin-Wien 1979, bes. S. 370-381, hier S. 376 [Ullstein Materialien; UllsteinBuch; 35002],

14

Theodor Brückler

es auch nur denkbar gewesen, daß sich etwa - wie in Hitlerdeutschland - der „Führer" die Auf- und Zuteilung geraubter Kunstwerke und Kulturgüter persönlich und allein vorbehält und von Fall zu Fall darüber entscheidet.6 Die von Hitler persönlich geförderte Polykratie 7 mit ihren bewußt eingeplanten Kompetenzüberschneidungen und -Verflechtungen leistete in nahezu allen Bereichen der Verwaltung einem bürokratischen Darwinismus Vorschub, der vieldeutige Rechtsvorschriften, mehrdeutige Entscheidungen, vor allem aber jederzeit direkte Eingriffe Hitlers, der Reichskanzlei oder des Sicherheitsapparates ermöglichte: „Die Verbindung zwischen den obersten Parteiämtern war weder örtlich noch institutionell gewährleistet, sondern letztlich nur durch die jeweilige persönliche Verbindung zu Hitler". 8 Insbesondere die Sonder- und Individualentscheidungen Hitlers bewirkten die Bildung einer zweiten paralegistischen Ebene der Rechts- und Verwaltungshierarchie. Dies war umso problematischer, da diese Führer-Erlässe „zwar von Hitler schriftlich und förmlich ausgefertigt, aber nicht veröffentlicht, sondern nur auf dem Dienstwege den Obersten Reichsbehörden bekannt gemacht wurden"9. Überdies präsentierte sich der NS-Staat selbst - wie der emigrierte Politologe Ernst Fraenkel 10 bereits 1941 erkannt hat - als Mischsystem von „Normen"- und „Maßnahmen"-Staat: Der Normenstaat - welche Normen dies auch immer sein mochten - konnte je nach Erfordernis jederzeit durch einen durchaus systemimmanenten, aber auf außernormativer Grundlage arbeitenden Maßnahmenstaat suspendiert werden.11 6 Bundesdenkmalamt [BDA] Wien, Archiv, Restitutionsmaterialien [Rest], Karton 8, Mappe 6, ZI. 2135/40, Schreiben vom 28. August 1940: Der Reichsstatthalter in Salzburg hatte sich über die Art der Aufteilung beschlagnahmten jüdischen Kunstbesitzes beschwert und erhielt seitens des Instituts für Denkmalpflege nachstehende Antwort: „Zu Ihrer Zuschrift vom 21. August 1940 beehre ich mich mitzuteilen, daß der Führer persönlich bei seinem letzten Aufenthalt in Wien die fünf erwähnten Gegenstände aus dem Stift St. Peter in Salzburg dem Kunsthistorischen Museum in Wien zugewiesen hat, obwohl er sonst fast sämtliche Wünsche der Wiener Museen unberücksichtigt ließ. Welche Erwägungen ihn bei der Zuweisung der Gegenstände aus St. Peter leiteten, entzieht sich vollständig meiner Beurteilung". - Analog dazu war den Reichsstatthaltern der ehemaligen österreichischen Bundesländer mitgeteilt worden, „daß der Führer aus den bisher gesichteten beschlagnahmten Beständen die in beiliegender Liste enthaltenen Kunstgegenstände den darin bezeichneten Museen zugewiesen hat" (ZI. 2047/40 vom 12. August 1940). 7

Grundlegend hiefür HÜTTENBERGER, Peter: Nationalsozialistische Polykratie. I N : Geschichte und Gesellschaft 2 ( 1 9 7 6 ) , S. 4 1 2 - 4 4 2 , bes. S. 4 4 2 . - Vgl. auch HÜTTENBERGER, Peter: Die Gauleiter: Studie zum Wandel des Machtgefüges in der NSDAP, Stuttgart 1969 [Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte; 19].

8

BROSZAT,

Martin: Der Staat Hitlers, München 1969, S. 67 [dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts; 9].

9 wie Anm. 8, S. 395. 10 F R A E N K E L , Ernst: Der Doppelstaat, Frankfurt am Main-Köln 1974 (The Dual State: A Contribution to the Theory of Dictatorship, New York-London-Toronto 1941). Lothar: Rechtssystem und nationalsozialistische Justizpolitik. In: Das Dritte Reich: Herrschaftsstruktur und Geschichte, München 1983, S. 83-103, hier S. 85.

11 GRUCHMANN,

Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938-1945

15

Die schrittweise Entrechtung jüdischer Mitbürger durch politische, rechtliche, moralische und menschliche Diskriminierung, die schließlich zum Massen- und Völkermord führte, hatte auch einen - freilich pervertierten - finanz- und kulturpolitischen Aspekt. Bereits ab Juni 1938 wurden bei Finanzämtern und Polizeirevieren Listen vermögender Juden angelegt,12 im Dezember befahl eine Reichsverordnung die Zwangsveräußerung jüdischer Gewerbebetriebe und Geschäfte, die zu einem Spottpreis verkauft werden mußten. Für Kunstwerke in jüdischem Besitz galt die Bestimmung, daß sie nur bis zu einer Höchstgrenze von eintausend Reichsmark frei verkauft werden durften, wodurch die Preise verfielen und von freien Verkäufen kaum die Rede sein konnte. 13 Vereinzelte, scheinbare Konzessionen dienten nicht den Betroffenen, sondern den Devisenspekulationen des Regimes. Mit der berüchtigten 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 194114 erfolgte der endgültige und ungetarnte Zugriff auf Staatsbürgerschaft, Eigentum und Leben der Juden. Sie beinhaltete unter anderem folgende Bestimmungen: 1. ein Jude, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, kann nicht deutscher Staatsbürger sein - mit dem Zynismus „Aufenthalt im Ausland" wurden die Deportationen umschrieben; 2. durch die Deportation verliert er die deutsche Staatsbürgerschaft; 3. durch den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft verfällt sein Vermögen dem Deutschen Reich. Zu diesen auf legalisierter Gesetzlosigkeit basierenden Enteignungsaktionen traten die berüchtigten Raub- und Beutezüge des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg (ERR). 15 Sie verstanden sich als Teil des nationalsozialistischen „Kampfes gegen das Weltjudentum". In den besetzten Teilen vor allem Frankreichs wurde systematisch jüdisches Eigentum, insbesondere Kunstschätze beschlagnahmt und nach Deutschland 12 RÜRUP, Reinhard [Hrsg.]: Topographie des Terrors: Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt auf dem Prinz-Albrecht-Gelände; eine Dokumentation, 10. Aufl., Berlin 1995, S. 110. 13 BDA, Rest., Karton 8, Mappe 1: Erlaß des Staatskommissars in der Privatwirtschaft vom 9. Dezember 1938: „Wie Ihnen bekannt sein wird, wurde den Juden der Verkauf und Ankauf von Kunstgegenständen und Juwelen im Werte über RM i.ooo verboten. Es ist für den Ankauf dieser Gegenstände in Berlin eine Stelle geschaffen worden, und es wird in nächster Zeit eine ebensolche in Wien geschaffen werden. Es liegt meiner Ansicht nach nicht im Interesse des Reiches, wenn die Handhabung der

Denkmalschutzbestimmungen

eine large [= lässige, Anm. d. Verf.] ist. Ich würde Sie ersuchen, in dieser Hinsicht möglichste Strenge walten zu lassen, um die Juden zum Verkauf ihres Kunstbesitzes an die zu errichtende Reichsstelle zu zwingen". 14 Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. November 1941. In: RGBl. 11941, Nr. 133, S. 722724. 15 Vgl. hiezu HAASE, Günther: Kunstraub und Kunstschutz: Eine Dokumentation, Hildesheim 1991, S. 66-85 (eine instruktive Einführung in die Thematik ad usum scolarum, die jedoch an oberflächlicher Behandlung zu vieler Themenkreise und am Fehlen eines brauchbaren wissenschaftlichen Apparates krankt).

16

Theodor Brückler

abtransportiert.16 Auch in Österreich basierten seit 1938 Sicherstellung, Beschlagnahmung, Einziehung und Verfall von meist jüdischem, teils auch klösterlichem17 Vermögen, also auch von Kunstschätzen und Kunstsammlungen, auf scheinlegalen Rechtskonstruktionen. Der Zugriff auf jüdisches oder anderes „staatsfeindliches" Vermögen war das Ziel, das durch eine verwaltungsrechtlich verbrämte Terminologie und durch den Schein legaler Vorgangsweise erreicht werden sollte.18 Am Beispiel der sogenannten „Sicherstellung" läßt sich dies exemplarisch zeigen: Rein rechtlich war die Sicherstellung eine staatliche Sicherungsmaßnahme, die das Eigentumsrecht in keiner Weise berührte. Tatsächlich aber erwies sich dies als Fiktion und Farce: Der Staatskommissar der bis 1940 amtierenden Österreichischen Landesregierung in Wien gab offen zu, daß die Einverleibung der jüdischen und kirchlichen Kunstsammlungen in die Bestände öffentlicher Sammlungen bereits „bei ihrer Sicherstellung von Anbeginn ins Auge gefaßt war".19 Der Reichswirtschaftsminister forderte überdies per Erlaß, bestehende Eigentumsrechte durch „Zwangsentjudungsmaßnah-

16 Laut Schreiben vom 17. September 1940 wies der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generaloberst Keitel darauf hin, daß Rosenberg hinsichtlich des Zugriffsrechtes eindeutige Weisungen von Hitler persönlich erhalten habe: er ist ermächtigt, die ihm wertvoll erscheinenden Kulturgüter nach Deutschland abzutransportieren und hier sicherzustellen (zit. nach Haase, Kunstraub, wie Anm. 15, S. 69). 17 BOCK, Sebastian: Österreichs Stifte unter dem Hakenkreuz: Zeugnisse und Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus, 1938 bis 1945 (Ordensnachrichten 34,1995, Η. 4A), Wien 1995. - Insbesondere zum Bistum Linz vgl. R E H B E R G E R , Karl: Die Stifte Oberösterreichs unter dem Hakenkreuz. In: Das Bistum Linz im Dritten Reich, Linz 1979, S. 244-294 [Linzer Philosophisch-theologische Reihe; 11]. - Insgesamt sind 26 große Stifte und Klöster beschlagnahmt worden. 18 Als Beispiel sei der Raub jüdischen Vermögens aus dem Eigentum Albert Pollak genannt, der in der emotionslos-sachlichen Nomenklatur der Verwaltungsjuristen als harmlos anmutende „Einziehung" umschrieben wurde. - Vgl. B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 5, ZI. 927/Dsch/40 vom 11. März 1940: „ Laut der im Völkischen Beobachter Wien vom g. März 1940 Nr. 6g, aufS. 7 abgedruckten Einziehungsverfügung der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizei-Leitstelle Wien vom 5. März ig40 ist das gesamte stehende und liegende, bewegliche und unbewegliche Vermögen des Albert Israel Pollak, zuletzt Wien I. Singerstraße Nr. 27 wohnhaft, zu Gunsten des Landes Österreich (Reichsgau Wien) nach § 1 der Verordnung vom 18. November 1938, RGBl. I, Seite 620, eingezogen worden." 19 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 3: Erlaß des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 31. Juli 1939, ZI. IV-4-333.977-b. - Bei den seit dem „Anschluß" sichergestellten und beschlagnahmten Sammlungen und Gegenständen handelt es sich „ um jüdischen Kunstbesitz und zwar um erstrangige Kunstbestände, die wegen ihrer Wichtigkeit und Hoch wertigkeit nicht zur Ausfuhr freigegeben werden, sondern für den öffentlichen Kunstbesitz des Reiches gewonnen werden müssen. Für die Erwerbung dieser Bestände [...] kommen eindeutig die Wiener staatlichen Kunstmuseen in Betracht [...], welche [bisher] gegenüber den jüdischen Kunstsammlern beschämenderweise meist im Hintertreffen bleiben mußten. [...] Die Erwerbung dieser Bestände für die hiesigen Staatsmuseen, die ja bei ihrer Sicherstellung von Anbeginn ins Auge gefaßt war, ist nun in ein aktuelles Stadium getreten, weil Teile dieser Bestände und zwar gerade von den wichtigsten, jetzt ohnedies der Verwertung und Liquidierung zugeßhrt werden müssen."

Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938-1945

17

men"20 zu liquidieren, den Betroffenen würden zwar „formell" finanzielle Entschädigungen zustehen, „praktisch aber regelmäßig zur Rechnung von Steuerforderungen des Reiches und zur Bezahlung sonstiger Schulden dienen".21 Aus Gründen der politischen Optik sollten jedoch als Erwerber enteigneter Kunstwerke nicht der Führer oder sein Beauftragter angegeben werden.22 Auch die Begründung für eine Beschlagnahme ließ sich nach Belieben finden: Die Sammlung Ernst Pollak wurde wegen „Staatsfeindlichkeit" des Eigentümers eingezogen23, die Sammlung Lanckoronski mit der Begründung beschlagnahmt, daß Graf Anton Lanckoronski polnischer Staatsbürger sei und sich „vor Kriegsausbruch aus dem Reichsgebiet nach Polen begeben" habe,24 das Vermögen des Stiftes Göttweig wurde „wegen volks- und staatsfeindlichen Verhaltens der Klosterangehörigen" eingezogen.25 20 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 10: Erlaß des Reichswirtschaftsministers vom 10. Juni 1940, ZI. III L 2/10149/40: „[...] den Entjudungsvorschriften sind nur solche Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz unterworfen, die nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen eingezogen und damit in das Eigentum des Reiches übergegangen sind. Soweit Gegenstände nur beschlagnahmt oder sichergestellt sind, ohne daß eine Einziehnung zu Gunsten des Reiches erfolgt ist, stehen sie weiterhin im Eigentum der Juden. Um sie entsprechend dem Willen des Führers zum Ausbau und zur Vervollständigung der ostmärkischen Kunstsammlungen verwerten zu können, ist es erforderlich, Zwangsentjudungsverfahren einzuleiten." 21 Bundesdenkmalamt, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 10: Erlaß des Reichswirtschaftsministers vom 10. Juni 1940, ZI. Ill L2/10149/40: „Soweit Gegenstände nur beschlagnahmt oder sichergestellt sind, ohne dass eine Einziehung zu Gunsten des Reiches erfolgt ist, stehen sie weiterhin im Eigentum der Juden. Um sie entsprechend dem Willen des Führers zum Ausbau und zur Vervollständigung der ostmärkischen Kunstsammlungen verwerten zu können, ist es erforderlich, Zwangsentjudungsverfahren einzuleiten. Der Erlös würde formell dem [!] Juden zustehen, praktisch aber regelmässig zur Deckung der Steuerforderungen des Reiches und zur Bezahlung sonstiger Schulden dienen. Ein etwaiger Überschuss wäre auf Devisensperrkonto einzuzahlen." 22 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 10: Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 11. Juli 1940, Rk. 9215B: „[...] bitte jedoch, wenn Verfahren zur Zwangsentjudung von Kunstgegenständen eingeleitet werden, als Erwerber nicht den Führer oder einen Beauftragten des Führers angeben zu wollen." Eine ähnliche Formulierung findet sich in einem Erlaß des (österreichischen) Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 26. Juli 1940, ZI. U13146-4b/40 (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 5). 23 BDA, Archiv, Rest., Mappe Pollak 24 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 9: Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, Schreiben vom 12. März 1940, ZI. IV-4b-8675/40: „[...] berichte ich, daß die Kunstsammlung Lanckoronski durch Verfügung der Geheimen Staatspolizei, Polizeileitstelle Wien, mit nachträglicher Genehmigung des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin im November 1939 vorläufig beschlagnahmt worden ist, da der Eigentümer Graf Anton Lanckoronski polnischer Staatsbürger ist und sich vor Kriegsausbruch aus dem Reichsgebiet nach Polen begeben hat, wo er gegen die Deutschen Truppen gekämpft hat [...]." 25 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 9: Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, Schreiben vom 12. März 1940, ZI. IV-4b-8675/40: „ Die Kunstwerke von Stift Göttweig sind wie das gesamte Vermögen dieses Klosters von derselben Behörde [=Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Wien] im September des Vorjahres wegen volks- und staatsfeindlichen Verhaltens der Klosterangehörigen eingezogen worden." - BOCK, Sebastian: Österreichs Stifte unter dem Hakenkreuz: Zeugnisse und Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus 1938 bis 1945, Wien 1995, S. 46 (Ordensnachrichten 34,1995, Η. 4A).

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Theodor Brückler

Bereits seit 1939 verlangte die Berliner Reichsbank26 die Ablieferung von Goldmünzen aus sichergestellten jüdischen (Menziles, Kominik) 27 und beschlagnahmten klösterlichen Münzsammlungen (Göttweig 28 , Wilhering29). Die Perfidie dieser Bestimmungen lag darin, daß unter dem Vorwand des Rechtsstaates staatlichem Unrecht Tor und Tür geöffnet wurde.30 Was auch immer zu entscheiden war, nicht die Rechtslage bedingte die Maßnahme, sondern der politisch erwünschten Maßnahme wurde die potemkinsche Fassade einer nach Bedarf zurechtgebogenen Rechtslage vorgeblendet. Es herrschte eine Situation, die jedes Ermessen als vermessen erscheinen und jedes Maß vermissen ließ. Überdies waren die Kompetenzen etwa der Haupttreuhandstelle Ost, der Verkaufsunternehmen der Gestapo, der Reichsfinanzbehörden, des Wiener Dorotheums und

26 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 9, Akten des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten, ZI. IV-b-8125/40 vom 7. März 1940.. - Insgesamt wurden fast 80 Tonnen Gold sowie beträchtliche Valuten- und Devisenbestände von Wien nach Berlin gebracht. - Vgl. JUNGWIRTH, Helmut: Die österreichische Geldgeschichte von 1918 bis heute. In: PROBSZT, Günther: Die österreichische Münz- und Geldgeschichte, 3. Aufl., Teil 2, Wien-Köln-Weimar 1994, S. 603-613, hier S. 608. 27 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 9: Schreiben vom 24. Februar 1940: Gemäß Erlaß des Reichswirtschaftsministeriums III/L/5/24439/39 vom 20. November 1939 wurde der Deutschen Reichsbank, Geldmuseum, „ die treuhänderische Verwaltung der von Juden gemäß der 3. Anordnung auf Grund der Verordnung Uber die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 21. 2. 39, RGBl. /, S. 282, abgelieferten Münzsammlungen übertragen." - Die beiden bedeutenden Münzsammlungen Emil KOMINIK (3500 Gold- und Silbermünzen, Goldgewicht 4,75 kg, Gesamtmetallwert 20.000.- RM) und Alfred MENZILES (4500 Münzen, davon 1050 Goldmünzen, Gesamtgewicht 5,5 kg, Gesamtmetallwert 20.000 - RM) waren von der Zollfahndungsstelle Wien sichergestellt und dem Kunsthistorischen Museum in Wien zur treuhändigen Verwahrung übergeben worden. Posse und die Reichsbank konkurrierten um die Zuständigkeit für diese beiden Münzsammlungen, bis eine „Führerentscheidung" herbeigeführt wurde. Mit Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 11. Juli 1940, ZI. Rk. 9215 B, wurde namentlich für die Münzsammlungen Kominik und Menziles entschieden, auf sie sei die o. e. Ablieferungspflicht von Edelmetallen nicht anzuwenden (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 10). 28

LECHNER, Gregor Martin: Einleitung: Zur Geschichte des Münzkabinetts des Benediktinerstiftes Göttweig, Wien 1983, S. 19-25 [Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse; Denkschriften; 164 - Veröffentlichungen der Numismatischen Kommission; 12], 29 HOFER, Benno: Wilhering: Geschichte der Wilheringer Münzsammlung. In: DICK, Franziska: Die Münzsammlungen der Zisterzienserstifte Wilhering und Zwettl, Wien 1975, S. 29f. [Österreichisch Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse; Denkschriften; 121 - Veröffentlichung der Kommission für Numismatik; 3],

30 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 1, ZI. 4537/Dsch/39 vom 12. Dezember 1938. - Als Beispiel sei die „Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens im Lande Österreich" vom 18. November 1938, RGBl. I, S. 1620, genannt. Diese Verordnung ermächtigte (§1) den Reichsstatthalter ohne nähere Präzisierung oder Konditionierung „zur Einziehung des Vermögens von Personen und Personenvereinigungen, die volks- oder staatsfeindliche Bestrebungen gefördert haben, sowie von Sachen und Rechten, die zur Förderung von solchen Bestrebungen gebraucht oder bestimmt waren."

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die Interessen des Sonderbeauftragten für Hitlers „Linzer Sammlung", der einzelnen Museen- und Sammlungsleiter sowie schließlich der Denkmalbehörde nahezu unentwirrbar. Dies führte zu permanenten Kämpfen und Klagen über vermeintliche und tatsächliche Übergriffe, die ihrerseits wieder regelmäßig neue „Führerbefehle" evozierten. Der Referent für den „Sonderauftrag Linz" beschuldigte die Haupttreuhandstelle Ost, vereinbarungswidrig „wichtige Kunstwerke von Wien nach Berlin" verbracht zu haben.31 Die VUGESTA (Verkaufsunternehmen der Gestapo) 32 beklagte sich, infolge der Eingriffe von Kunstbeamten den Überblick über die ihr zur „Verwertung" übergebenen Sammlungen zu verlieren.33 Die Reichsbank lief gegen die Reichskanzlei Sturm, um „das jüdische Edelmetall [selbst] einer finanziellen Verwertung" zuführen zu können. 34 Der Oberfinanzpräsident für Wien und Niederdonau beanspruchte gegen verschiedene Reichs- und Parteidienststellen die „Verwaltung und Verwertung des verfallenen Vermögens" für sich allein.35 Im Grunde also war zugleich alles und zugleich auch wieder nichts geregelt. Der am 18. Juni 1938 vom Chef der Reichskanzlei Lammers erlassene sogenannte „Führervorbehalt"36, auf den sich Museen, Politiker und Behörden in der Folge bis 31 BDA, Archiv, Rest., Karton 10, Mappe 4, Schreiben vom 26. Februar 1943. Die H T O hatte zunächst kategorisch erklärt, die Sammlung Lanckoronski unterliege nicht dem „Führervorbehalt" und einen Teil der Bestände nach Berlin bringen lassen. Nach Auffassung der HTO gehörte die Sammlung zum „Polnischen Vermögen", welches auf Grund einer Sonderverfügung von der H T O „unmittelbar verwertet werden soll". Hinter der H T O stand Göring, der durch diese Vorgangsweise den „Führervorbehalt" und damit Hitler auszutricksen versuchte, um selbst an die Kunstbestände der Sammlung Lanckoronski heranzukommen. 32 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 14, ZI. 45/K/42 vom 18. Jänner 1943. - Das Unternehmen hatte seinen Sitz im ersten Bezirk in Wien, Bauernmarkt 24, und war auf Grund finanzieller Forderungen Wiener Spediteure wegen ausständiger Lager-Zinsen für Bestände sichergestellter oder beschlagnahmter Wohnungseinrichtungen und Kunstsammlungen aus jüdischem Besitz gegründet worden. Überdies existierte im zweiten Bezirk, Krummbaumgasse, ein weiteres Unternehmen der Gestapo, in dem sie „kurzerhand den Hausrat aus den Wohnungen der nach Polen evakuierten Juden verwertete]," BDA; Archiv; Rest., Karton 10, Mappe 4, Schreiben Seiberls vom 18. Jänner 1943. 33 B D A , Archiv, Rest., Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien, ZI. B.Nr. 1886/43-IVB vom 26. März 1943. 34 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 9 35 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 5 36 BDA, Archiv, Rest., Karton 8/1, Mappe 12, Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 18. Juni 1938, Rk 262 Bg: „Der Führer beabsichtigt, nach Einziehung der beschlagnahmten Vermögensgegenstände die Entscheidung über die Verwendung persönlich zu treffen." - Mit Erlaß des (österreichischen) Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 25. August 1939, ZI. IV-4b-337.878, wurde der „Führervorbehalt" allerdings wesentlich erweitert: Danach habe „der Führer angeordnet, daß nicht nur die beschlagnahmten, sondern auch die lediglich sichergestellten Bilder und sonstigen Kunstwerte seiner Verfügung unterliegen. Der Führer will über diese sichergestellten Gegenstände ebenso wie über die beschlagnahmten Gegenstände ausschließlich selbst entscheiden" (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 2). - Mit Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 9. Oktober 1940, Rk. 8828 B, hat

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zum Überdruß beriefen, sprach Hitler persönlich jegliche Entscheidung über die Zuteilung eingezogener Kunstgegenstände zu. Im Juli 1940 wurde er auf Münz- und Medaillensammlungen37, im April 1943 auf Kunstsammlungen polnischer Besitzer38, im Juni 1943 auf „Sammlungen von Kunstgegenständen jeder anderen Art"39 und schließlich im Juli 1944 auf das gesamte „Alt-Reich" ausgedehnt.40 sich Hitler darauf beschränkt, „daß er nur über die Verwendung eingezogener Kunstsammlungen [Unterstreichungen im Original, Anm. d. Verf.] die Entscheidung zu treffen wünscht" (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 7). - Auf ein bisher unbekanntes bzw. nicht beachtetes Detail sei in diesem Zusammenhang hingewiesen. Bei allen den „Führervorbehalt" betreffenden Erlässen wurde eigens darauf verwiesen: „ Dieser Erlaß wird nicht [Unterstreichungen im Original, Anm. d. Verf.] im MBl WEV oder in ,DeutschWissErziehungVolksbildung' veröffentlicht" (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 7). 37 Der chronologisch erste Nachweis der Ausweitung des Führervorbehalts auf Münzen und Münzsammlungen findet sich im Zusammenhang mit dem Kompetenzstreit zwischen der Berliner Reichsbank und dem (österreichischen) Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten um die Ausfolgung der beiden bedeutenden Wiener jüdischen Münzsammlungen Emil Kominik und Alfred Menziles, die nach Sicherstellung dem Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien zur treuhändigen Verwahrung übergeben worden waren. Die Reichsbank hatte den Standpunkt vertreten, daß der Führervorbehalt sich ausschließlich auf Gemälde und Skulpturen, nicht aber auf „Gegenstände aus Platin, Gold, Silber, Edelsteinen und Perlen" beziehen könne (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 3: Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, Schreiben vom 26. Oktober 1939, ZI. IV-4b-322000). Eine Entscheidung des Reichswirtschaftsministers vom 10. Juli 1940, ZI III L2/10149/40, enthielt jedoch die Ausweitung des Führervorbehalts auch auf Münzen: „Es bestehen selbstverständlich keine Hinderungsgründe dagegen, die Sammlungen an Museen der Ostmark abzugelten, wie es auch nicht zweifelhaft sein kann, daß sich der Vorbehalt des Führers, der alle Kunstwerke umfaßt, auch auf künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Münzen oder Münzsammlungen erstreckt" (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe la). Erst am 29. November 1942 nahm Hitler selbst auf diese bereits seit mehr als zwei Jahren de facto geltende Ausweitung Bezug: Bundesdenkmalamt, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 13: Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 29. November 1942, Rk. 15139B: „Der Führer hat sich nunmehr auch die Entscheidung über eingezogene Münzen- und Medaillensammlungen vorbehalten. Zu diesen Sammlungen gehören Münzen, Medaillen, Prägestempel, Münzenschränke, Verzeichnisse sowie münz- und wappenkundliches Schrifttum." 38 B D A , Archiv, Rest., Karton 10, Mappe 4, Schreiben vom 1. April 1943: Hitler hat angeordnet, daß die von der H T O im Auftrag Görings beanspruchte und bereits nach Berlin transferierte Sammlung Lanckoronski „geschlossen und ohne daß noch irgendein Stück aus ihr entnommen wird, dem Beauftragten des Führeres, Professor Hermann Voß, Gemäldegalerie Dresden, zu Ubergeben ist". In diesem Zusammenhang wird per Erlaß darauf hingewiesen, „daß auch die beschlagnahmten Kunstsammlungen, die polnischen Besitzern gehörten, ausschließlich seiner Verßgung unterliegen". 39 Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 12. Juni 1943, Rk. 6868E: „Hiermit ist dem Führer die Entscheidung nicht nur über die Sammlungen von Gemälden, sondern auch über Sammlungen von Kunstgegenständen jeder anderen Art, wie von Büchern, Möbeln, Gemmen, Waffen, Teppichen, um nur einige Beispiele zu nennen, vorbehalten" (BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 14). 40 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 14: Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei vom 17. Juli 1944, Rk. 5022E: Diesem Erlaß zufolge findet der Führervorbehalt „nicht nur auf eingezogene Kunstwerke, sondern im Altreich auch auf dem Reich verfallene [Unterstreichung im Original, Anm. d.

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In Ergänzung zur grundsätzlichen Universalkompetenz und -ingerenz Hitlers wurde am 18. Juli 1940 dem Institut für Denkmalpflege die Verwaltung des eingezogenen Kunstbesitzes übertragen.41 Die Tätigkeit dieses Instituts, einer nachgeordneten, dem Reichsministerium in Berlin direkt unterstellten Behörde 42 , stellte eine heikle und gefährliche Gratwanderung dar, die in vielen Fällen leichter zu beschreiben als zu beurteilen ist.43 Dem Institut für Denkmalpflege wurde nicht weniger zugemutet als die

Verf.] Kunstsammlungen, in den Alpen- und Donaureichsgauen auch auf dem Reich verfallene [Unterstreichung im Original, Anm. d. Verf.] Kunstgegenstände" Anwendung. 41 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 10: Erlaß der Österreichischen Landesregierung, Abwicklungsstelle Unterricht, vom 18. Juli 1940, ZI. U-13,148-4b/40. 42 BRÜCKLER, Theodor: Die „Verländerung" der österreichischen Denkamipflege in der NS-Zeit und die Gründung des Instituts für Denkmalpflege 1940. In: Ö Z K D XLIV (1990), S. 184-194. - Als autobiographisch-emotional geprägte Replik hiezu vgl. FRODL, Walter: Ergänzende Bemerkungen zum vorstehenden Aufsatz von Th. Brückler. In: Ö Z K D XLIV (1990), S. 194-197. - Erlaß des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 8. November 1940, ZI. Vb.Nr. 1558/40: Pkt. 2: „Die bisherige 'Zentralstelleßr Denkmalschutz' in Wien, die vordem als Organ des Bundesministeriums zur amtlichen Ausübung der Denkmalpflege in der genannten Ostmark berufen war, wird in das mir unmittelbar unterstellte 'Institut für Denkmalpflege'in Wien umgewandelt." 43 Am Beispiel der Beschlagnahmung des Stiftes St. Paul im Lavanttal zeigte sich diese Problematik in besonderer Weise. Einerseits wurde dem zuständigen Gaukonservator Walter Frodl im Oktober 1940 die „kommissarische Verwaltung" der Kunstbestände des Stiftes mit dem Auftrag übertragen, „die wertvollen Kunstgegenstände und Sammlungen im Landesmuseum in Klagenfurt sicherzustellen und die staatliche Aufsicht zu fuhren." Andererseits richtete sich auf denselben Walter Frodl die - naive und zwecklose - Hoffnung kirchlicher Stellen auf Unterstützung zur Verhinderung staatlicher Zwangsmaßnahmen. Der Kapitelvikar des Bistums Gurk und nachmalige Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher bat Frodl inständig, er möge die beabsichtigte Schließung der Stiftskirche St. Paul verhindern, was Frodl zu dem resignativen Aktenvermerk veranlaßte: „Zwecklos! Ich wüßte nicht wie ich tun sollte, um diesem Anliegen nachzukommen" - Archivalische Belege hiezu in: BDA, Landeskonservatorat für Kärnten, Archiv, Mappe St. Erhard/ Stiftsauflösung/ Sammlungen - St. Paul/Lanvanttal, Fasz. Spanheim - St. Paul/ Auflösung des Stiftes im 3. Reich, ZU. 1235/1940 vom 12. Oktober 1940; ZI. 1237/1940 vom 20. November 1940; ZI. 1373/1940 vom 18. November 1940. - Vgl. hiezu allgemein FRODL, Walter: Denkmalpflege von 1937 bis 1945. In: Denkmalpflege in Kärnten, Klagenfurt 1984, S. 126f. - WALZL, August: „Als erster Gau ...": Entwicklungen und Strukturen des Nationalsozialismus in Kärnten, Klagenfurt 1992, S. 199-205. - Die Verdienste etwa Josef Zykans um die kirchlichen Kunstdenkmäler, insbesondere das Stift Heiligenkreuz, sind allgemein bekannt. Andererseits haben sich - wenngleich nur in Einzelfällen - auch österreichische Denkmalpfleger aus einer Art „Musterschüler-Mentalität" zu Handlangern und Erfüllungsgehilfen des NS-Regimes gemacht. Sowohl Denkmalpfleger wie Museumsfachleute erstellten „Arisierungsgutachten". Die Denkmalpflege war immerhin daran interessiert „gute Kunstwerke aus nichtarischem Besitz in deutsches Eigentum überzuführen" (J. Zykan), das Kunsthistorische Museum in Wien forderte in einer Denkschrift lapidar: „ Den Juden ist das in ihrem Besitze befindliche Kunst- und Kulturgut, an dem ihre Rasse schaffend nie beteiligt war, zu entziehen und in arische Hände zu bringen" (Trenkwald). - Archivalische Belege hiezu in: BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 2. - Die erpresserische Nötigung verunsicherter und bedrängter Eigentümer zu Zwangsverkäufen durch die Denkmalbehörde - „Die Angelegenheit des Rembrandt Selbstporträt[s] aus den

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Funktion einer Drehscheibe für die aus der Sicht des Regimes „rechtmäßige" Verteilung unrechtmäßig angeeigneten Kunstbesitzes auszuüben. Während sogenannte „eingezogene" Kunstgegenstände im allgemeinen unentgeltlich an Museen verteilt wurden, mußten „verfallene" seitens der Museen zum Schätzpreis angekauft werden.44 Bei Interesse öffentlicher Sammlungen wurden die entsprechenden Kunstwerke aus den Auktionen vor allem des Wiener Dorotheums ausgeschieden und den Museen zum Schätzpreis überlassen. 45 Aber auch in diesem Bereich wurde die Ausnahme oft zur Regel und die Regel zur Ausnahme, je nach Laune und Entscheidung des „Führers". So sollten etwa auf Grund von Ad-hoc-Entscheidungen Hitlers die Bestände der beschlagnahmten jüdischen Privatsammlung Albert Pollak nicht verkauft, sondern unentgeltlich auf verschiedene Museen verteilt, die Sammlung Lanckoronski nicht kommerziell verwertet, sondern als Ganzes der Gemäldegalerie Dresden einverleibt werden. In Einzelfällen dienten geradezu absurde verwaltungsrechtliche Tricks dazu, konkurrierende Dienststellen zu Hitlers Gunsten auszumanövrieren. Das späte Herrenbildnis von Frans Hals aus der Sammlung Lilienfeld wurde als „amerikanisches Feindvermögen" beschlagnahmt, um es unter dem Titel des „Führervorbehalts" Hitlers „Linzer Sammlung" zuweisen zu können. Obgleich die „Linzer Sammlung"46, Hitlers kulturpolitisches Lieblingsprojekt, naturgemäß Hauptnutznießer der Aufteilungsaktionen war - als kunsthistorische FachEigentum der Baronin Ferstl [...] scheint gut vor sich zugehen. Die Eigentümerin

(Halbjüdin) dürfte gerade

Geld brauchen" (a) - , die Beteiligung des Institutes an der Jagd nach Sammlungsgut - mit Dank für die „Zuweisung

namhafter Bestände der Bibliothek

Bondy an das Institut" (b) - die Anbiederung an Uberge-

ordnete Stellen, durch eigenmächtige Zwangsmaßnahmen seitens der Denkmalpflege auf Eigentümer zusätzlichen Druck auszuüben - sodaß „wir auf diese Weise die Sache Josefine Winter liquidieren könnten. Josefine Winter benötigt wegen der hohen Juwa-Vorschreibung

dringend Geld" (c) - oder die sachlich völlig

ungerechtfertigte Anwendung verwaltungsrechtlicher Repressionen, um verkaufsunwillige Besitzer zu zermürben - um Posse die Erwerbung bestimmter Gemälde für die „Führersammlung" zu ermöglichen, würde „ich in diesem Falle mit einer Sicherungsmaßnahme

vorgehen" (d). - Archivalische Belege hiezu in:

B D A , Archiv, Rest., Karton 10, Mappe 1, Schreiben vom 1. Juni 1940 (a); Mappe 4, Schreiben vom 10. April 1943 (b); Karton 50, Mappe „Winter, Josefine" und Karton 10, Mappe 1, Schreiben vom 18. Oktober 1940 (c); Mappe 1, Schreiben vom 26. August 1940 (d). 44 B D A , Rest., Karton 10, Mappe 4. 45 B D A , Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 14, Erlaß der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Wien, vom 23. Januar 1943, ZI. B.Nr.l505/43-IV Β 4a: „ Vermögenswerte, eingezogen Dorotheum

sind, soweit sie unter Führervorbehalt übergeben

nanzpräsidenten

[...]. Vermögenswerte,

Wien-Niederdonau

unmittelbar

die zu Gunsten des Deutschen

fallen, werden ausschließlich

der

bei denen kein Verwalter bestellt ist, werden dem zur Verwertung

Reiches

Versteigerungsanstalt Oberfi-

abgeführt."

46 Vgl. hiezu grundsätzlich JAEGER, Charles de: D a s Führermuseum: Sonderauftrag Linz, München 1988. KUBIN, Emst: Sonderauftrag Linz: D i e Kunstsammlung Adolf Hitler: Aufbau, Vernichtungsplan, Rettung, Wien 1989.

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experten waren Hans Posse47 und nach dessen Tod im Dezember 1942 Hermann Voß48 zuständig - , blieb nicht zuletzt infolge der restriktiven, sich auf höchste Qualität (Alte Meister, Deutsche Malerei 19. Jh.) beschränkenden Zugriffe Posses auch noch für staatliche und regionale Institutionen ein reiches, schier unerschöpfliches „Betätigungsfeld": Was den Kriterien der „Linzer Sammlung" nicht entsprach, gelangte zur Verteilung an Museen und Sammlungen, deren Intrigen und Kämpfe um die restliche Beute an Gehässigkeiten und Peinlichkeiten kaum noch zu überbieten waren. 21 der bedeutendsten österreichischen Museen und Sammlungen49 - vom Kunst47 Zu Posse vgl. JANSSEN, Karl-Heinz: „Sonderauftrag Linz": Immernoch geheim gehalten: der Kunstraub im Auftrag Adolf Hitlers. In: Die Zeit, Nr. 2,2. Januar 1987 (Dossier), S. 9-12. - HAUPT, Herbert: Der Versuchung erlegen: das Kunsthistorische Museum unter nationalsozialistischer Herrschaft 1938-1945. In: Studien zur Wiener Geschichte: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 51 (1995), S. 93-142, gibt S. 103 offenbar durch eine Ziffemverdrehung die falsche Jahreszahl „1924" an. 48 Hermann Voß wurde mit Wirkung vom 15. März 1943 (bei HAUPT, Der Versuchung erlegen, wie Anm. 47, S. 103, m. E. fälschlicherweise 22. März 1943) die Leitung des „Sonderauftrages Linz" übertragen, die interimistisch seit Posses Tod Gottfried Reimer wahrgenommen hatte. - Archivalische Belege hiezu in: BDA, Archiv, Rest., Karton 10, Mappe 4. - Am 22. März 1943 wurde mit Erlaß des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei, Rk. 736 E, Dr. Voß lediglich damit beauftragt, „die Entscheidungen darüber, ob von dem Vorbehalt des Führers über die Verwendung von Kunstsammlungen und Kunstwerken Gebrauch gemacht werden soll, vorzubereiten." (BDA, Archiv, Rest., Karton 10, Mappe 4). 49 BDA, Archiv, Rest., Karton 8/1, Mappe 7: „Verzeichnis der bei der Verteilung enteigneten Kunstbesitzes berücksichtigten Museen und Institute" (mit mehreren Varianten): I. Kunsthistorisches Museum Wien Barockmuseum und Galerie des 19. Jh. Wien II. III. Musikinstrumentensammlung des Kunsthistorischen Museums Wien IV. Kunstgewerbemuseum Wien V. Städtische Sammlungen Wien VI. Landesmuseum Niederdonau Wien VII. Volkskundemuseum Wien VIII. Uhrenmuseum Wien IX. Heeresmuseum Wien Kunstmuseum Linz X. XI. Landesmuseum Linz XII. Museum Ferdinandeum Innsbruck XIII. Volkskundemuseum Innsbruck XIV. Landesmuseum Bregenz XV. Landesmuseum Johanneum Graz XVI. Museum Klagenfurt XVII. Museum Salzburg XVIII. Staatliche Sammlung Albertina XIX. Institut für Denkmalpflege XX. Schatzkammer Wien XXI. Nationalbibliothek Wien

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historischen Museum über sämtliche Landesmuseen bis zur Nationalbibliothek - konkurrierten gegeneinander mit Wunschlisten für Erwerbungen aus Beständen jüdischer Kunstsammlungen, darunter stellvertretend Bondy, Lederer, Rothschild, Zsolnay, sodaß selbst Nationalsozialisten entsetzt darüber waren, „welch widerliches Bild der Kampf bietet, den die verschiedenen Stellen um die [...] anfallende Beute führen". Museumsleiter und Gaupolitiker waren sich nur darin einig, daß sie gegenüber den anderen zu kurz gekommen seien. Die Steirer waren darüber erbost, daß die Steiermark „bei der Aufteilung der beschlagnahmten Kunstwerke aus jüdischem Besitz [...] schwer benachteiligt" worden war.50 Der Reichsstatthalter von Salzburg beschwerte sich gegen die Zuteilung von Kunstgegenständen aus der Sammlung Bondy an das Kunsthistorische Museum in Wien.51 Richard Ernst, der Direktor des Wiener Kunstgewerbemuseums, empörte sich darüber, daß sein Museum „unter der Vorspiegelung" von Zuteilungen mit der Bestandsaufnahme der großen jüdischen Sammlungen Rothschild und Bondy beauftragt worden sei, schließlich aber nichts erhalten habe.52 Im50 BDA, Archiv, Rest., Karton 8, Mappe 7: Schreiben des Reichsstatthalter in der Steiermark vom 19. Oktober 1940, ZI. 2973/K/40: „Bei der Aufteilung der beschlagnahmten Kunstwerke aus jüdischem Besitz ist die Steiermark [Sperrung im Original, Anm. d. Verf.] schwer benachteiligt worden. Wichtige Anträge auf Einweisung von Kunstgegenständen, die für unseren Gau von besonderem Wert sind, wurden völlig außeracht gelassen, f...] Auch sonst sind Vorschläge und Anregungen unserer Sachverständigen wenig beachtet worden. [...] Die Zurücksetzung der Steiermark zeigt sich auch darin, daß wir, wenn von uns zwei ähnliche Objekte angefordert worden sind, regelmäßig das mindere Stück zugewiesen erhalten haben. Jedes andere Museum - sei es Klagenfurt, Innsbruck oder Linz - hat [...] weitaus wertvollere Sachen bekommen. im übrigen konnte festgestellt werden, daß die unseren Museen zugewiesenen Stücke mit Steiermark wenig Zusammenhang haben, obzwar in den tausenden von Werken der Sammlung Bondy und Rothschild genug steirische [Unterstreichung im Original, Anm. d. Verf.] Kunstwerke enthalten gewesen wären. Unter solchen Umständen können natürlich unsere Pläne, betreffend den Ausbau unsrere Museen in heimatkundlicher Richtung, nicht verwirklicht werden. Ich erhebe daher gegen die schlechte Behandlung des Reichsgaues Steiermark entschieden Einspruch und bitte Sie, mit Rücksicht auf die obige Ausführung unter Hinweis auf deren Inhalt und das vorgebrachte Tatsachenmaterial an maßgebender Stelle eine Revision der Verteilung der sichergestellten Kunstgegenstände in Vorschlag zu bringen und zu befürworten. Ich nehme hiebei an, daß besagte Verteilung nicht unbedingt als endgültig und unwiderruflich angesehen werden muß, sondern einer Prüfung unterzogen werden darf, um den Kunstinteressen aller Reichsgaue der Ostmark gerecht zu werden." 51 Bundesdenkmalamt, Archiv, Restitutionsmaterialien, Karton 8, Mappe 6: Schreiben des Reichstatthalters in Salzburg vom 21. August 1940, ZI. 2135/40, Es handelte sich um die sogenannten „St. Peter-Objekte" - fünf Kunstgegenstände, 1 Ministerialenkelch, 1 Hausaltärchen, 1 Mitra, 5 Tafelbilder und 1 Alabasterfigur des hl. Sigmund, die durch Verkauf aus dem Stift St. Peter in die Sammlung Bondy gelangt waren -, die Hitler ganz gegen seine sonst übliche bewußte Benachteiligung der Wiener Sammlungen dem Kunsthistorischen Museum zugewiesen hatte. Der Reichsstatthalter ersuchte daraufhin um Mitteilung, aus welchen Gründen „ die vorgenannten Gegenstände nicht mehr nach Salzburg zurückgelangen, wie es dem Geiste des Ostmarkgesetzes entspräche". - Zur Antwort siehe Anm. 6. 52 BDA, Archiv, Rest., Karton 4/3, Mappe 15: Schreiben Direktor Richard Emsts vom 23. Oktober 1941,

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merhin waren etwa die Bestände der Sammlung Bondy außer auf die „Linzer Sammlung" Hitlers noch auf die Landesmuseen von Kärnten, Niederdonau, Steiermark, Tirol und Vorarlberg sowie auf das Kunstgewerbemuseum in Graz, das Volkskundemuseum in Wien und das Heeresgeschichtliche Museum in Wien aufgeteilt worden. Auch für die zur Disposition stehenden klösterlichen Kunstsammlungen fanden sich begehrliche Interessenten. Nach der Aufhebung des Stiftes St. Paul im Lavanttal53 verlangten die Kunsthalle Karlsruhe und die Städtischen Sammlungen Freiburg im Breisgau die „Rückgabe" der gesamten Sammlungsbestände, da diese erst 1809 aus St. Blasien im Schwarzwald nach Kärnten gelangt und daher „altangestammtes oberrheinisch-alemannisches Kulturgut" seien.54 Inmitten dieses Kesseltreibens um die Verteilung des geraubten jüdischen und kirchlichen Kunstgutes stand die Denkmalbehörde vor der unlösbaren Aufgabe, Posses Wünsche und Hitlers Entscheidungen von „oben" mit den hochgesteckten Erwartungen und zornigen Enttäuschungen der Sammlungsleiter von „unten" in Einklang zu bringen. Seit dem ersten Luftangriff auf Wiener Neustadt am 13. August 194355 strafte auch in Österreich die Realität Görings hochtrabende Parolen von der Unbezwingbarkeit der deutschen Luftabwehr Lügen, und das Problem der Bergung von Kulturgütern56

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ZI. 1006-41: „ Die tatsächliche Wegführung des Hauptbestandes der beschlagnahmten jüdischen Sammlungen bedeutet also eine sehr beträchtliche Einschrumpfung des Wiener Kulturgutes. Wien bleibt auf die Reste angewiesen - aber nicht einmal von den Restbeständen ist etwas für Wien gesichert. Aus den anderen Gauen der Ostmark darf unter keinen Umständen etwas von den beschlagnahmten Sammlungen und Schatzkammern an die Wiener Sammlungen zugeteilt werden; für alle Gaue aber ist eine Inanspruchnahme der Wiener Sammlungen eine Selbstverständlichkeit; und ebenso ihr Vorrang vor Wiener Ansprüchen." Schatzhaus Kärntens: Landesausstellung St. Paul 1991:900 Jahre Benediktinerstift, [Katalog], Klagenfurt 1991, Teil I: Katalog, S. 479, Teil II: Beiträge, S. 295-300. - BOCK, Österreichs Stifte unter dem Hakenkreuz (wie Anm. 17), S. 191-196. BDA, Landeskonservatorat für Kärnten, Archiv, Brief Walter Frodls an Hans Posse vom 21. März 1941, ZI. 515/1941. Vgl. hiezu ULRICH, Johann: Der Luftkrieg über Österreich: 1939-1945,2. Aufl., Wien 1978 (Militärhistorische Schriftenreihe; 5/6) - RAUCHENSTEINER, Manfried: Der Krieg in Österreich 1945,2. Aufl., Wien 1984; S. 34-62 (Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums; 5). Eine wichtige zeitgenössische Bestandsaufnahme ist der „Bericht über die in der Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz in der Zeit vom 8. bis 10. Juni 1942 gehaltenen Besprechungen über Maßnahmen zum Schutze von Kunstdenkmälem, Museums- und Bibliotheksgut", [Berlin] 1942. - Zur Gesamtthematik des Kunstschutzes nach wie vor grundlegend: HAMPL, Erich: Der Zivile Luftschutz im Zweiten Weltkrieg: Dokumentation und Erfahrungsberichte über Aufbau und Einsatz, Frankfurt am Main 1963, bes. S. 511-530. - Eine zeitgenössische Darstellung aus nationalsozialistischer Sicht bringt OERTZEN, F. W.: Entwicklung des deutschen zivilen Luftschutzes. In: BLEY, W.: Deutschland zur Luft, Wien 1938, S. 151-162. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen für Belange des Kunstschutzes waren das Luftschutzgesetz vom 26. Juni 1935, RGBl. 1935/1, S. 827ff, die „9. Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz (Behelfsmäßige Luft-

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wurde in der Folge zum beherrschenden Thema. Die drei Phasen der Bergungsaktivitäten, deren Abfolge in etwa der Intensität der alliierten Luftangriffe entsprach, bestanden aus 1. der Bergung der Kunstgegenstände im Gebäude selbst 2. der Verlagerung in Klöster, Kirchen, Burgen, Schlösser und Pfarrhöfe und 3. ab Ende 1943 in der konzentrierten Bergung in Bergwerken wie etwa Altaussee oder Bad Ischl, wobei die zweite und die dritte Phase teilweise parallel liefen. Nahezu 200 Bergungsorte57 in Niederösterreich und etwa 80 im Bereich des damaligen Großwien wurden nach den Hauptkriterien hinreichender Entfernung von wichtigen Verkehrsverbindungen, von militärischen Objekten und Industrieanlagen und möglichst unauffälliger Außenerscheinung ausgewählt. Die Einlagerung erfolgte nach dem Prinzip größtmöglicher Streuung und Aufteilung der zu bergenden Bestände, um im Falle der Zerstörung eines einzelnen Bergungsortes keine Totalverluste zu riskieren. Die Bestände der Universitäts-Bibliothek Wien etwa wurden auf nicht weniger als zehn Orte aufgeteilt.58 Die Bergungsaktionen sollten in Zusammenarbeit der Zentralstelle für Bergungsmaßnahmen, des Instituts für Denkmalpflege und der betroffenen Museen und Sammlungen einerseits und der zuständigen Verwaltungs- und Militärdienststellen andererseits durchgeführt werden. Anstelle der hiezu erforderlichen Abstimmung und Übereinstimmung gab es nicht selten Mißstimmung und Verstimmung. Die im Ansitz Zwei-Eichen im Wienerwald eingelagerten Bibliotheksbestände dieses Hauses im Umfang von ca. 70.000 Bänden mußten auf Befehl der SS umgehend wieder ausgelagert werden. Um Schloß Niederranna stritten NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) und die Universitäts-Bibliothek Wien59, um die Schloßkapelle Ernegg das Wiener und das St. Pöltner Stadtarchiv60, um den Pfarrhof in Inzersdorf Schutzmaßnahmen in bestehenden Gebäuden)" vom 17. August 1939, RGBl. 1939/143 vom 19. August 1939, S. 1391-1418, und der Erlaß des Reichsministers für Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Gen.z.B.V.b.Gen.Insp.d.Lw/Az. 41 d 19 L.In. 13/111 A2, Nr. 8310/39, L.Dv.755/6 vom 28.8.1939: Richtlinien für die Durchführung des Erweiterten Selbstschutzes im Luftschutz, Anlage 6: Durchführung des Luftschutzes in Museen, Büchereien, Archiven und ähnlichen Kulturstätten. 57

Theodor: Kunstschätze und Kulturgüter in Niederösterreich im Jahre 1945. In: Niederösterreich 1945 - Südmähren 1945: Die Vorträge des vierzehnten Symposions des Niederösterreichischen Instituts für Landeskunde; zugleich Verbindendes und Trennendes an der Grenze V; Hollabrunn, 4.-7. Juli 1994, Wien 1996, S. 261-278 (Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde; 21 / NÖ Schriften; 84 Wissenschaft). BRÜCKLER,

58 Stetteldorf am Wagram, Rosenburg, Horn, Therasburg, Mittergrabern, Wald bei St. Pölten, Ernstbrunn, St. Christophen am Moos, Ardagger, Goldgeben bei Hausleiten. 59 BDA, Rest., Karton 1/1, Mappe „Niederranna". 60 B D A , Rest., Karton 1, Mappe „Ernegg".

Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938-1945

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das Reichsgauarchiv Niederdonau und das Kunsthistorische Museum61, um das Schloß Rapottenstein Gestapo und der Reichsstatthalter von Wien.62 Hinzu traten grundsätzliche Auseinandersetzungen: Die Kunstschutzbeauftragten waren bestrebt, Umverlegungen und zusätzliche Notbergungen durch lockere Nutzung der Raumangebote miteinzuplanen und von der Unterbringung von Menschen und Kunstwerken in ein und demselben Objekt aus Sicherheitsgründen abzusehen, während die Beauftragten für die Wohnraumlenkung das vorhandene Raumpotential vollständig ausnutzen wollten. Die Verschneidung und Überkreuzung von Interessen bewirkte neben der geradezu stereotypen Berufung nahezu jeder Dienststelle auf besondere oder dringliche „Führerbefehle", daß oft Reichsstatthalter gegen Reichstatthalter, Befehl gegen Befehl, Bombengeschädigte gegen Kulturgüter standen, und die in merkwürdige Parallelläufigkeit ausufernde Überorganisation in etlichen Fällen Desorganisation und Chaos verursachte. Dennoch stellen die 1943 und 1944 bewältigten Bergungsmaßnahmen eine gewaltige und in Anbetracht der bestehenden Personal-, Material-, Transport- und Kompetenzprobleme auch beachtliche organisatorische Leistung dar. Die Verstärkung der Bombenangriffe und die durch sie verursachten Schäden ließ parallel zu den erwähnten Bergungen auch die Diskussion um die Einlagerung von Kunstwerken in stillgelegte Bergwerke wieder einsetzen, deren Eignung unter Museumsfachleuten und Kunsthistorikern sehr umstritten war63. In Österreich entschied darüber ein Zufall: In einem Raum des Salzbergwerkes Altaussee waren anläßlich einer Kapellenerrichtung im Jahre 1934 gotische Holzreliefs aufgestellt worden, die nach neun Jahren 1943 wurde die Einlagerung in Bergwerke aktuell - keinerlei Schäden aufwiesen. Überdies wurden diese Erfahrungswerte durch günstige Meßwerte wie ganzjährig gleichbleibende Raumtemperatur von +7 Grad Celsius und eine ebenso konstante Luftfeuchtigkeit von ca. 75% ergänzt. 64 Ein zusätzliches Argument für Altaussee blieb allerdings zumeist unausgesprchen: Es sollte dadurch die Absicht deutscher Stellen verhindert werden, die im aufgehobenen Stift Kremsmünster gelagerten Bestände der „Führer-" oder „Linzer-Sammlung", unter denen sich auch viele Kunstwerke österreichischer Herkunft befanden, nach Mitteldeutschland (Thüringen, Sachsen) zu verlagern.65 61 BDA, Rest., Karton 5/2. 62 BDA, Rest., Karton 5/2. 63 Vgl. FRODL-KRAFT, Eva: Gefährdetes Erbe: Österreichs Denkmalschutz und Denkmalpflege 1918-1945 im Prisma der Zeitgeschichte, Wien-Köln 1997 [Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege; 16], S. 338, die allerdings die von Kunsthistorikern und Museumsfachleuten geäußerten Vorbehalte und Bedenken nicht erwähnt. 64 PÖCHMÜLLER, E[mmerich]: Weltkunstschätze in Gefahr, Salzburg 1948, S. 23. 65 FRODL-KRAFT, Gefährdetes Erbe (wie Anm. 63), S. 337.

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Theodor Brückler

Ab Herbst 1943 begannen bisher ungeahnte und ungekannte Transporte nach Altaussee. Zunächst waren es hochrangige Kunstwerke aus freiwillig zur Bergung übergebenem £iVcMc/ie/n(Luchsperger-Plastiken aus dem Wiener Neustädter Dom, Glasgemälde aus Maria am Gestade), öffentlichem{Bestände des heeresgeschichtlichen Museums, der staatlichen Schlösserverwaltung, des Stadtmuseums Wiener Neustadt, Bestände der Abertina) und privatem Besitz. In der Folge wurden riesige Mengen von beschlagnahmten klösterlichen und jüdischen Kunstwerken und Sammlungen, die bisher durch das Institut für Denkmalpflege verwahrt worden waren, und ganze Eisenbahnzüge voll mit Beständen aus Hitlers „Linzer Sammlung" und Rosenbergs Beutegut ebenfalls in Altaussee eingelagert. Erst diese trübe Mischung von Freiwilligkeit und Unfreiwilligkeit, Recht und Unrecht, Kauf und Raub ließ die gesamte Bergung in ein schiefes Licht geraten und etikettierte sie mit dem Odium, ausschließlich ein Geheimversteck organisierten Kunstraubes gewesen zu sein. In ähnlicher Weise brachte die Vermengung ziviler Kunstschutzbergungen mit Einlagerungen aus Beschlagnahmungen und Kunstraub größten Ausmaßes in Schloß Thürntal 66 in Niederösterreich den Bergungsort als solchen in Verruf und stellte nach Kriegsende Politiker und Kunstbeamte vor gewaltige Probleme und dringenden Klärungs - und vor allem Erklärungsbedarf.67 Das Ende des NS-Regimes, das Goebbels als „Götterdämmerung" angekündigt, besser: angedroht hatte, war seit Hitlers sogenanntem „Nerobefehl" 68 vom 19. März 1945 als Destruktionsszenarium vorgezeichnet, das auch Kunstwerke und Kulturgüter nicht verschonte. Die von Generationen von Eltern, Lehrern und Historikern zurechtgezimmerte Legende, Zerstörungen vor Kriegsende seinen ausnahmslos den Alliierten, solche nach Kriegsende ebenso ausnahmslos den Russen zuzuweisen, ist nicht länger haltbar. Unter anderem wurden die Schlösser Immendorf 69 bei Hollabrunn und 66 Zu Schloß Thürntal vgl. K R O K E R , Maria: Bergungsort Schloß Thürntal. In: 50 Jahre danach: Kulturgut nach dem Krieg, Wien 1995 [Denkmalpflege in Niederösterreich; 15], S. 9f. - B R Ü C K L E R , Theodor: Von Klimt bis Makart: Schloß Thürntal als Kunst-Bergungsort während des Zweiten Weltkrieges. In: Niederösterreich-Perspektiven (1996), H . 4 , S. 28f. - B R U C K L E R , Theodor: Schloß Thürntal als Kunstgut-Bergungsort während des Zweiten Weltkrieges. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 63/64 (1997/1998), S. 205-224. 67

B R Ü C K L E R , Theodor: Kunstschätze und Kulturgüter in Niederösterreich (wie Anm. 57), S. 275 (mit Quellenangaben).

68 Abgedruckt in: M I C H A L K A , Wolfgang [Hrsg.]: Das Dritte Reich: Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Bd. 2: Weltanspruch und nationaler Zusammenbruch 1939-1945, München 1985, S. 326, Nr. 190 [dtvdokumente; 2926], 69 Vgl. hiezu B R Ü C K L E R , Theodor: Hundert Jahre staatliche Denkmalpflege im Verwaltungsbezirk Hollabrunn 1850-1950. In: Vergangenheit und Gegenwart: der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden, Hollabrunn 1993, S. 416-443, hier S. 438-440. - B R Ü C K L E R , Theodor: Die Zerstörung des Schlosses Immendorf im Jahre 1945. In: Hollabrunner Museumsverein „Alte Hofmühle", Miszellen 91 (1994), S. 2f.

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Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938-1945

Angern an der March 70 in Niederösterreich sowie Nikolsburg / Mikulov 71 in Südmähren samt den eingelagerten Kunstschätzen durch SA- bzw. SS-Sprengkommandos in den letzten Kriegstagen buchstäblich in die Luft gejagt, für den Bergungsort Altaussee hatte der Gauleiter von Oberdonau August Eigruber gleiches angeordnet. 72 Über diesen Zerstörungsplan und seine Verhinderung ist viel, auch viel Halbwahres, viel Erdichtetes und viel Falsches geschrieben worden. 73 Fest steht bei kritischer Sicht der zahlreichen, fast ausschließlich nach dem 8. Mai 1945 - also post festum - verfaßten Quellen, daß es die vielen selbsternannten „alleinigen" Retter der Kunstschätze nicht gab, sondern daß eine vom glücklichen Zusammenwirken mehrerer Komponenten begünstigte Konstellation - Auflösungserscheinungen des Regimes, Versuche von NS-Politikern, sich für die Zeit „danach" zu arrangieren, Zivilcourage von Einzelpersonen - die Rettung ermöglichte. 74 Sowohl die durchgeführten als auch die verhinderten Zerstörungen von Baudenkmalen und Bergungsgütern illustrieren aber in symptomatischer, wenn auch makabrer Weise die letzte Konsequenz nationalsozialistischen Kunstverständnisses: Wert und Existenzberechtigung eines Kunstwerkes beruhen nicht auf seiner künstlerischen oder kunsthistorischen Qualität oder Kontinuität, sondern einzig und allein auf dem Umstand, ob und daß es sich in rassisch-politisch „artgerechter" Verwendung und Umgebung befindet. Die psychologische, militärische und politische Umbruchs- und Extremsituation im April und Mai 1945 führte auch gegenüber Kulturgütern zu kollektiven und individuellen Eruptionen sowie zu Exzessen, die Militärangehörigen, Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und einheimischer Zivilbevölkerung gleichermaßen zuzuschreiben ist,

70 Vgl. hiezu

BRÜCKLER,

Theodor: Denkmalschutz, Kunstwerke und Kulturgüter im Verwaltungsbezirk

Gänserndorf in der Endphase des Zweiten Weltkrieges. In: Der Bezirk Gänsemdorf 1945: Begleitband zur Ausstellung im Schloß Jedenspeigen 13. Mai bis 26. Oktober 1995, Jedenspeigen 1995, S. 57-74, hier S. 65f. 71 B D A , Rest., Karton 1/1, Mappe „Nikolsburg". 72 Bereits 1944 hatte Eigruber im Hinblick auf das im Salzbergwerk Altaussee eingelagerte Kunstgut gedroht: „ Wenn wir diesen Krieg verlieren, dann werfe ich selbst Handgranaten in die belegten Räume, denn den Bolschewisten lasse ich diese Kunstschätze nicht in die Hände fallen." Zit. nach

PÖCHMÜLLER,

Welt-

kunstschätze in Gefahr (wie Anm. 64), S. 51. 73 An neueren seriösen Monographien seien genannt: HAMMER, Katharina: Glanz im Dunkel: Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammergut am Ende des Zweiten Weltkrieges, Wien 1986, und KUBIN, Emst: Sonderauftrag Linz: Die Kunstsammlung Adolf Hitler: Aufbau, Vemichtungsplan, Rettung: Ein Thriller der Kulturgeschichte, Wien 1989, dessen kenntnisreiche und akribische Arbeit jedoch wesentlich darunter leidet, daß er nach der weitgehend gelungenen „Demontage" alter „Helden" noch ältere zu kreieren versucht. 7 4 BRÜCKLER,

tion. In:

Theodor: Gefährdung und Rettung der Kunstschätze: Versuch einer kritischen Rekonstruk-

FRODL-KRAFT,

Gefährdetes Erbe (wie Anm. 63), S. 363-383.

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Theodor Brückler

wenngleich vor allem die Mitbeteiligung der österreichischen Bevölkerung sehr bald und sehr dauerhaft aus der zweifellos unangenehmen Erinnerung verdrängt wurde. Nicht verdrängt werden konnten hingegen die Probleme und Aufgaben, die sich aus der Auflösung hunderter Bergungsorte, der Entwirrung geraubter, enteigneter, erpreßter, verkaufter, aber auch freiwillig eingelagerter Kulturgüter, dem Abtransport von Einlagerungen verschiedenster Provenienz von Altaussee nach München durch amerikanische Truppen75 und nicht zuletzt aus der voreiligen Aushändigung des einzigen grundlegenden Altausseer Inventars sowie eines Exemplares des Inventars der „Linzer Sammlung" an amerikanische Truppen ergaben.76 Diesen Problemen mußten sich die am 27. April 1945 eingesetzte „provisorische österreichische Staatsregierung" und mit ihr die „Zweite Republik Österreich" stellen.

75 BDA, Archiv, Schreiben von Prof. Dr. L.H. Heydenreich, Geschäftsführer des Deutschen Ausschusses für die Restitution von Kunstgut und Direktor des Zentralinstitutes für Kunstgeschichte, vom 24. August 1951: „Nach Kriegsende wurden von den Amerikanern die geborgenen Kunstwerke der verschiedenen Sammlungen der Partei sowie die Bestände für das geplante Museum Linz aus den Bergungsdepots in Österreich nach München verbracht [...]. Schon während des Abtransportes erhob die österreichische Regierung Anspruch darauf, die auf österreichischem Boden ausgelagerten Kunstwerke ausgefolgt zu bekommen, soweit diese entweder österreichischer Besitz gewesen waren oder aber ihr früherer Eigentümer nicht mehr zu ermitteln war („unidentified works of art"). Seitens der Amerikaner wurden bezüglich dieser Forderung gewisse Zusicherungen gemacht." 76 BDA, Archiv, Rest., Karton 13/1, Mappe 6, ZI. 186/K/45 vom 18. Dezember 1945: Hermann Michel hat „als Vertrauensmann den Ursprungskatalog der beschlagnahmten Sammlungen (grüner Katalog) mit allen darin befindlichen Notizen über die Verteilung der Bestände an das OSS, Salzburg (Office Strategie Service, Salzburg) ausgehändigt. Ebenso ein Exemplar des Gesamtkataloges des Linzer Kunstmuseums. Die beiden wichtigen Dokumente wären durch eine vorsichtige Intervention aus den Händen des OSS zurückzunehmen."

Rückbringung und Rückgabe: 1945-1966 Von Gerhard Sailer

Im Jänner 1995 hatte ich in New York bei einem Symposion über Fragen von Kriegsbeute und vorgefundenem Kulturgut nach dem Zweiten Weltkrieg ein Referat über die österreichische Situation zu halten. Ich habe dieses Referat mit einem Zitat beendet, das den National Archives Washington1 entnommen ist. Die leitende Angehörige der RD&R-Abteilung (Reparation, Deliveries und Restitution Divisions) der US-Forces, Eve Tucker, die sich in München um die Suche nach Kunstwerken aus Österreich bemühte, hatte schon 1948 einen weitreichenden Blick, als sie sagte: „Die gigantische Suche nach ihrem verlorenen Erbe, das die europäischen Nationen während der letzten drei Jahre durchgeführt haben, wird wahrscheinlich noch während der nächsten fünfzig Jahre anhalten." Diese scheinbar so pessimistische Zeiteinschätzung stimmte - wie wir heute sehen - genau, weshalb ich mir erlaubte, dieses Zitat an den Anfang meiner heutigen Ausführungen zu setzen. Eine Suche, ein Bemühen - 50 Jahre lang! Die erste Hälfte dieser 50 Jahre, also der Zeitraum etwa von Kriegsende bis zum Inkrafttreten des 1. Kunst- und Kulturbereinigungsgesetzes 1969, stellt zwar gerade noch Zeitgeschichte dar, wird aber vornehmlich auf der Basis von Akten und der objektiven Rechtsentwicklung historisch darzustellen sein, da die Beamten dieser Zeit, die mit der Rückführung und Rückgabe von Kulturgut befaßt waren, entweder bereits verstorben oder Pensionisten sehr hohen Alters sind. Einer meiner Vorgänger, der nach der Rückkehr aus der Emigration bis 1964 amtierende Präsident des Bundesdenkmalamtes Univ. Prof. Dr. Otto Demus, stellte in einem Schreiben vom 2. April 1948 fest, das Bundesdenkmalamt sei bestrebt, alle Kunstgegenstände, die sich 1938 in Österreich befanden, nach Österreich zurückzuführen. 2 Demus hatte dabei vor allem jenes Kulturgut im Auge, das nach Kriegsende von den US-Truppen zum CACP Munich (Central Art Collecting Point München) gebracht worden war, um entsprechend der Londoner Deklaration vom 5. Jänner 1943 an die Eigentümer rückgestellt zu werden.3 Namen wie die des Lieutnants Tom CarrHowe (im Zivilberuf Museumsdirektor in San Francisco), des Lieutnants George Stout (im Frieden Chefrestaurator im New Yorker Kunstmuseum), Captain Robert Posey, Major Malcolm Shaw, Lieutnant Colonel Ernest Τ. De Wald (Professor an der 1 APO 777, US Army, Fact Sheet, Art Restitution. 2 B D A , Archiv, Rest., Karton 11, Mappe 2, ZI. 2216/48.

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Gerhard Sailer

Princeton University) und Colonel Theodore S. Paul stehen für die verantwortungsvolle direkte Rückstellung von Kunstwerken an die österreichischen Museen bzw. den vorsichtigen Transport von den Bergungsorten Altaussee, Bad Ischl und Lauffen nach München. In den Restitutionsakten des Bundesdenkmalamtes wird für das engagierte Suchen nach österreichischen Kunstwerken im CACP in München die erwähnte EveTucker mehrfach hervorgehoben. Die amerikanischen Stellen waren im Zusammenwirken mit Beamten der österreichischen Museums- und Denkmalverwaltung4 um die Klärung von Besitzverhältnissen und Rückführungen bemüht. Schon in dieser Zeit verursachte der sogenannte „ungeklärte Besitz", bei dem oft nicht einmal das Ursprungsland fixiert werden konnte, die größten Probleme. Soweit von CACP München die Eigentümer bestimmter Kunstwerke nicht ausgeforscht werden konnten, die Herkunft aber offensichtlich österreichisch war, wurden die Restbestände von den USTruppen der österreichischen Regierung übergeben. Ich hatte bei dem erwähnten Symposion in New York auch das Vergnügen, S. Lane Faison5 kennenzulernen, der die betreffenden Transportpapiere auf amerikanischer Seite unterschrieben hatte. Die Restbestände wurden vorerst nach Salzburg und Kremsmünster verlagert, von wo aus Ausfolgungen an Geschädigte stattfanden. Später kamen Depots in Wien I. (Löwelstraße, Wollzeile, Neue Burg) dazu, die vom Bundesdenkmalamt verwaltet wurden. Eines der größten Depots war die Januariuskapelle in der Ungargasse (Wien III.), die nach Auflösung der anderen Depots den Rest der Bestände aufnahm. Bereits in einem Bericht vom 20. Dezember 1948 über ein Gespräch mit dem damaligen Chef des CACP München, Münsing, hielt Otto Demus fest, er habe bei die-

3 Interallied Declaration against Act of Dispossession committed in Territories under Enemy Occupation or Controll (With covering statement by His Majesty's Government in the United Kingdom and explanatory memorandum issued by the Parties of the Declaration), London, January 5,1943, Presented by the Secretary of State for Foreign Affairs to Parliament by Command of His Majesty, Miscellaneous No. 1 (1943), London, Stationary Office 1943, Cmd 6418. - Deutsche Übersetzung veröffentlicht in: VEROSTA, Stephan: Die internationale Stellung Österreichs, Wien 1947, S 48 ff. 4 Seitens des Bundesdenkmalamtes waren insbesondere Elisabeth GASSELSEDER (Rückführungen v o m C A C P München nach Österreich), Dr. Gottfried KREUZ, Dr. Erika KIRCHNER/DOBERER, Dr. Inge ZWANOVETZ, Dr. Ludwig BERG und Dr. Edith PODLESNIGG ( i n zeitlicher Reihenfolge) für Depotaufsicht und Verwaltung der Kunstgüter inklusive der eigentlichen Rückstellung tätig.- Bei HAMMER, Katharina: Glanz im Dunkel: Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammergut am Ende des Zweiten Weltkrieges, Wien 1986, S. 289, werden als engagierte Mitarbeiter anderer Bundesdienststellen Dr. Victor LUITHLEN (Kunsthistorisches Museum) und Dr. Hermann MICHEL (Naturhistorisches Museum) besonders hervorgehoben. - Zur durchaus problematischen Person von Hermann Michel vgl. Zu Hermann Michel vgl. CZEIKE, Felix: Historisches Lexikon Wien, Bd. 4, Wien 1995, S. 261. - Zur Anklage und Amtsenthebung Michels im Dezember 1951 vgl. „Neues Österreich" vom 15. Dezember 1951, S. 3; „Neues Österreich" vom 16. D e z e m ber 1951, S. 5; „Die Presse" vom 25. Dezember 1951. 5 Final Director des C A C P Munich 1950 - 1 9 5 1 .

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sem Zusammentreffen folgende Erklärung abgegeben: Österreich behalte nichts von der Restitutionsmasse für sich, es habe auch nicht die Absicht, etwa die unidentifiziert bleibenden Objekte in den Staatsbesitz als Bereicherung der öffentlichen Sammlungen zu übernehmen.6 Diese Auffassung wurde auch seitens anderer offizieller Stellen Österreichs bestätigt, vor allem durch das Bundesministerium für Finanzen, das in Fragen der Vermögenssicherung federführend war. Dieses verfügte zum Beispiel hinsichtlich der ausdrücklich als „treuhändig" bezeichneten Verwaltung von Kunstgütern: „Für die Übernahme - auch von alliierten Stellengesicherte Verwahrung und richtige Ausfolgung von Kunstgegenständen ist das Bundesdenkmalamt zuständig und verantwortlich. Ihm obliegt die Einleitung von Erhebungen, die insbesonders auch die Eigentumsverhältnisse bezüglich der übernommenen Werte zum Gegenstande haben."1 Die Verfügung über „entzogene" Kunstgüter fiel ausschließlich in die Zuständigkeit der Finanzlandesdirektionen sowie der sogenannten Rückstellungskommissionen, die unabhängige Gerichte waren. Nur auf Grund rechtskräftiger Rückstellungserkenntnisse oder wirksamer Vergleiche durften diese Kunstgüter seitens des Bundesdenkmalamtes dem Empfangsberechtigten ausgefolgt werden. Die Ausfolgung von Gegenständen, die - damals - noch unter alliierter Kontrolle standen, bedurfte immer der Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen. Im Laufe der Jahre gelang es dem Bundesdenkmalamt, etwa 10.000 Kunstgegenstände aus verschiedenen Bergungsorten und Depots, und zwar sowohl entzogenes wie auch nicht entzogenes - also freiwillig wegen der Gefahren des Luftkrieges deponiertes - Kulturgut, das dem Bundesdenkmalamt zur Verwahrung zugelangt ist, an die Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurückzustellen. Auch Vermögenswerte, die nicht beim Bundesdenkmalamt gelagert waren, konnten Gegenstand von Restitutionen, auch zwischen Privaten, sein. Insgesamt waren auf Grund von 7 Rückstellungsgesetzen 8 bis 1966 nicht weniger als 42.096 Verfahren in 6 BDA, Archiv, Rest., Karton 11, Mappe 3, ZI. 195/Res/48. 7 Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 27. Juni 1951, ZI. 187.590-33/51, an das Bundesdenkmalamt (Pkt. 2). 8 Erstes Rückstellungsgesetz vom 26. Juli 1946, BGBl. Nr. 156/46, über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befinden. Zweites Rückstellungsgesetz vom 6. Feber 1947, BGBl. Nr. 53/47, über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich im Eigentum der Republik Österreich befinden. Drittes Rückstellungsgesetz vom 6. Februar 1947, BGBl. Nr. 54/47, über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen. Viertes Rückstellungsgesetz vom 21. Mai 1947, BGBl. Nr. 143/47, betreffend die unter nationalsozialistischem Zwang geänderten oder gelöschten Firmennamen. Fünftes Rückstellungsgesetz vom 22. Juni 1949, BGBl. Nr. 164/49, über die Rückstellung entzogenen Vermögens juridischer Personen des Wirtschaftslebens, die ihre Rechtspersönlichkeit unter nationalsozialistischem Zwang verloren haben. - Eine artverwandte Materie regeln die vier sogen. „Rückstellungsanspruchsgesetze", für jene Fälle, in denen die juridischen Personen nicht wieder hergestellt wurden.

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Rückstellungssachen über entzogene Vermögenswerte anhängig gemacht worden, von denen 42.073 verfahrensrechtlich und der Rest auf andere Weise erledigt wurden. Dabei wurden Werte in einem nicht schätzbaren Betrag zurückgestellt: Der Verkehrswert eines Rückstellungsobjektes spielte nämlich bei der Rückstellung rechtlich keine Rolle, nur der Unrechtstatbestand der Entziehung wurde geprüft und zur Entscheidungsgrundlage genommen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch Rückstellungen von Vermögenswerten, die zwischen 1933 und 1938 verboten gewesenen demokratischen Organisationen gehörten, nach einem sogenannten Rückgabegesetz (1947) geregelt waren. Die Durchführung der Rückstellungen hat durch die Verfahrenstätigkeit österreichischer Verwaltungsbehörden und Gerichte, die sich bis in die späten sechziger Jahre erstreckte, an reinen Kosten für staatlichen Verwaltungsaufwand rund 120 Millionen erfordert. Bereits im Motivenbericht zum Ersten Rückstellungsgesetz9 war darauf hingewiesen worden, daß beabsichtigt sei, eine Auffangorganisation zu schaffen, die berechtigt sein sollte, nach Ablauf der Frist für die Erhebung von Rückstellungsansprüchen noch jene Ansprüche zu erheben, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht geltend gemacht worden waren. Diese Absicht wurde im Dritten Rückstellungsgesetz (§ 14 Abs. 5 I.e.) wiederholt. Die Frist zur Erhebung von Rückstellungsansprüchen wurde immer wieder verlängert , obwohl - insbesondere von inländischer Seite - nachdrücklichst darauf verwiesen wurde, daß doch endlich einmal die Unsicherheit in den Eigentumsverhältnissen beseitigt werden müsse, die durch die Vermögensentziehungen während der nationalsozialistischen Zeit auf dem Gebiet Österreichs entstanden war. Die Fristen für Rückstellungsanträge sind schließlich am 31. Juli 1956 abgelaufen. Inzwischen war 1955 der Österreichische Staatsvertrag in Kraft getreten. 10 Dieser sieht in Artikel 26, § 2, vor, daß Österreich die nicht reklamierten entzogenen Vermögen „geeigneten von den 4 Missionschefs in Wien im Wege von Vereinbarungen mit der österreichischen Regierung zu bestimmenden Dienststellen und Organisationen übertragen soll, damit sie für Hilfe und Unterstützung von Opfern der Verfolgung durch die Achsenmächte und für Wiedergutmachung an solche verwendet werden".

Sechstes Rückstellungsgesetz vom 30. Juni 1949, BGBl. Nr. 199/49, über die Rückstellung gewerblicher Schutrechte. Siebentes Rückstellungsgesetz vom 14. Juli 1949, BGBl. Nr. 207/49, über die Geltendmachung entzogener oder nicht erfüllter Ansprüche aus Dienstverhältnissen in der Privatwirtschaft. 9 Erläuternde Bemerkungen, 139 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates (V.G.P.), zu § 2. 10 Staatsvertrag vom 15. Mai 1955, BGBl. 152/55, betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich.

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Mit dem sogenannten „Auffangorganisationsgesetz"11 wurden die Sammelstellen „A" und „B" errichtet. Der Sammelstelle „A" wurden alle Ansprüche aus Vermögenschaften, gesetzlichen Rechten und Interessen im Sinne des Art. 26, §2, des Österreichischen Staatsvertrages übertragen, die Personen zustanden, die am 31. Dezember 1937 der israelitischen Religionsgemeinschaft angehört haben; der Sammelstelle „B" jene Ansprüche, die Personen zustanden, die am 31. Dezember 1937 nicht der israelitischen Religionsgemeinschaft angehört haben. Die Tätigkeit der Sammelstellen bestand in der Ausforschung und Sammlung des unbeanspruchten oder erblos gebliebenen Vermögens sowie einer Verwendung für die Wiedergutmachung an Opfern der NS-Verfolgung. Jegliche Einflußnahme des Staates auf die Geschäftsführung der Sammelstellen war ausgeschlossen, und deren Verwaltung lediglich den Vertrauensleuten der Geschädigten überlassen. Die Schaffung dieses Gesetzes wurde heftig betrieben, und zwar sowohl von den Geschädigten, die sich Mittel für die Entschädigung der Schwerstbetroffenen unter ihnen versprachen, als auch von den voraussichtlichen Rückstellungsgegnern, die endlich einmal Klarheit haben wollten, ob das während der nationalsozialistischen Zeit von ihnen oder ihren Rechtsvorgängern erworbene Vermögen ihnen - allenfalls gegen eine Nachzahlung - verbleiben würde, sodaß sie Investitionen tätigen könnten, oder ob sie es endgültig verlieren würden. Zur Genauigkeit der legistischen Vorgangsweise sei nur illustrativ folgendes aufgezeigt: Da immerhin die Möglichkeit bestand, daß die Finanzlandesdirektion in einem solchen Rückstellungsbescheid Vermögen der „falschen", weil unzuständigen Sammelstelle zuteilte, wurde für jedes der einzelnen Verfahren der jeweils anderen Sammelstelle ein besonderes Berufungsrecht zugestanden. Der Geschäftsführer der Sammelstellen, Dr. Georg Weis, und seine Mitarbeiter wühlten sich - so ist ihren Berichten zu entnehmen - durch etwa 600.000 Akten, verifizierten Grundbücher und Gewerberegister, um den ehemaligen Besitz vorwiegend jüdischer Österreicher zu sichten, zu bewerten und zu liquidieren. Eine Anzahl neuer Rückstellungsverfahren klärte die Besitzansprüche an ursprünglich vorwiegend jüdischen Vermögenswerten, deren Besitzer zwischen 1938 und 1945 gewechselt hatten. Der durch die Sammelstellen im Laufe der Rückstellungsverfahren, Verwertungen und sonstige Einnahmen erzielte Betrag von etwas über 326 Millionen Schilling12 blieb allerdings hinter den Erwartungen zahlreicher Verfolgter zurück.

11 Bundesgesetz vom 13. März 1957, BGBl. Nr. 73/57, über die Schaffung von Auffangorganisationen gemäß Art. 26 § 2 des Staatsvertrages, BGBl. 152/1955 (samt 5 Novellen BGBl. Nr. 285/1958, 62 und 306/1959,7/1960 und 149/1966). 12 Der von den Sammelstellen erstellte Gesamtrechnungsabschluß für die Zeit vom 1. Jänner 1958 bis 15. Oktober 1971 weist eine Bilanzsumme von 326.127.203,40 Schilling aus.

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Nach gesetzlicher Aufteilung 13 der Mittel der Sammelstellen erhielten die Sammelstelle „A" einen Anteil von 80% und die Sammelstelle „B" einen Anteil von 20%; die Verwendung der Mittel durch die am 9. Mai 1962 erlassenen und vom Bundesministerium für Inneres genehmigten Statuten war in der Weise geregelt, daß in Österreich lebende Antragsteller Zuwendungen erhalten konnten, soferne sie aus politischen und religiösen Gründen oder wegen ihrer Abstammung Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Bei der Sammelstelle „A" langten 7.458 Anträge ein, bei der Sammelstelle „B" 12.012 Anträge. Die Sammelstelle „A" stellte neben der Erledigung dieser Anträge für die Erbauung des Altersheimes der Israelitischen Kultusgemeinde Wien 23 Millionen Schilling, für die Erbauung eines Altersheimes in Tel Aviv und den Anbau eines Flügels an ein bestehendes Altersheim in Jerusalem 19 Millionen Schilling und für den Erwerb von Betten in New York 500.000,- Schilling zur Verfügung. Die Israelitischen Kultusgemeinden Innsbruck, Salzburg, Linz und Graz erhielten zusammen 4,020.000 Schilling. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß neben diesen Auffangorganisationen der österreichische Staat insbesondere durch Hilfsfonds- und Abgeltungsfonds-Gesetze der Jahre 1956,1961 und 1962 sowie durch ein Verfolgungssachschädengesetz von 1958 insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Schilling für die Opfer des Nationalsozialismus zur Verfügung stellte; dieser Betrag wurde 1976 nochmals um 440 Millionen Schilling aufgestockt. Um den Sammelstellen rascher Barmittel zuführen zu können, wurden über Vorschlag des Leiters der Sammelstellen Georg Weis 1966 seitens der Republik Österreich zur Abgeltung von Ansprüchen der beiden Sammelstellen auf erblos gebliebene Vermögenswerte, die durch den Nationalsozialismus verfolgten Personen gehörten, ein Betrag von 22,7 Millionen Schilling bezahlt. Gesetzlich geregelt wurden diese Maßnahmen durch das sogenannte „Sammelstellen-Abgeltungsgesetz" ,14 Die Ablöse, die im oben genannten Betrag von rund 326 Millionen berücksichtigt ist, war erst 1966 möglich, weil zuvor den Sammelstellen die gesetzliche Möglichkeit eingeräumt worden war, bei Rückstellungsanträgen auf diese Vermögen zu greifen. Die erblosen Nachlässe wurden sodann von den Gerichten nach den Vorschriften über das Kaduzitätsverfahren behandelt. 15 Wie im Beitrag von Kurt Haslinger zu diesem Band noch näher ausgeführt wird, wurde an die Sammelstellen 1969 ein weiterer zusätzlicher Betrag von 5 Millionen

13 Bundesgesetz vom 5. April 1962, BGBl. Nr. 108/62, über die Aufteilung der Mittel der „Sammelstellen". 14 Bundesgesetz vom 7. Juli 1966, BGBl. Nr. 150/66, betreffend Abgeltung von Ansprüchen der „Sammelstellen". 15 Nach Verteilung der Gesamtmittel wurden die beiden Sammelstellen mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 10. Mai 1972, ZI. 6017/5-36/72, aufgelöst.

Rückbringung und Rückgabe: 1945-1966

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Schilling im Bezug auf das vom Bundesdenkmalamt inzwischen in der Kartause Mauerbach verwaltete Restitutiongut bezahlt16: Mit diesem Hinweis sind wir beim Stichwort „Mauerbach" angelangt. Ergänzend zur Schaffung der beiden als Auffangorganisationen geschaffenen Sammelstellen „A" und „B" wurde 1966 das vom Bundesdenkmalamt in verschiedenen Depots verwahrte und ihm sonst zugekommene Kunstgut in Räumlichkeiten des an der westlichen Stadtgrenze Wiens gelegenen ehemaligen - unter Kaiser Joseph II. 1782 aufgehobenen - Kartäuserklosters Mauerbach zusammengeführt. Schon 1960 hatte der erwähnte Präsident Otto Demus die damals von der Religionsfondstreuhandstelle des Unterrichtsministeriums verwaltete Kartause für Zwecke einer Deponierung von Kunstgut ins Auge gefaßt. Die Religionsfondstreuhandstelle hatte die Zustimmung zu einer solchen Nutzung auch schon in Aussicht gestellt. Dessen ungeachtet wurden noch andere Unterbringungsorte in Erwägung gezogen: Die niederösterreichischen Schlösser Thürntal, Bisamberg, Orth an der Donau, Schloßhof sowie das Schloß Laudon im Westen Wiens. Die bereits erwähnte Januariuskapelle stand nur am Rande dieser Überlegungen, da ihr Fassungsvermögen zu klein erschien. Schließlich wurde die Kartause Mauerbach ausgewählt. Die vier speziell ausgesuchten Räume waren vorher auf ihre Eignung für eine Kunstlagerung geprüft worden: Ein sommers und winters nahezu gleichbleibendes Raumklima bot hervorragende konservatorische Bedingungen dafür, daß keinerlei Lagerungsschäden auftreten würden. Im Hinblick auf die Tatsache der „treuhändigen" Verwahrung der Vermögenswerte kam es auch zu einer besonders starken Absicherung gegen Einbruchsgefahren, sowohl was die technische als auch die publizistische Seite dieser Frage betraf. Vermeidung von Publizität gilt bekanntlich noch heute etwa bei Schloßbesitzern als wichtiger Schutzfaktor gegen Kriminalität. Lediglich konservatorisch als besonders gefährdet angesehene Werke wurden der ständigen Betreuung durch Museen anvertraut. Das in Mauerbach eingelagerte Kunstgut setzte sich im wesentlichen aus folgenden Gruppen zusammen: 16 Die Regierungsvorlage zum (Ersten) Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz, 421 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. G.P., sieht im § 8 Abs. 2 vor, daß auch auf Grund dieses Gesetzes nicht beanspruchtes, in Österreich entzogenes Kunst- und Kulturgut den „Sammelstellen" zu übertragen ist. Das Bundesgesetz vom 14. August 1969, BGBl. Nr. 294/69, über die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes (sogenanntes „Erstes Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz") enthält eine davon abweichende, offenbar als eine raschere Mittelzuführung an die Sammelstellen gedachte Regelung: „Zur Abgeltung der Ansprüche der „Sammelstellen" auf Übertragung von Kunst- und Kulturgut, das Personen gehört hat, die durch das NS-Regime verfolgt wurden, und von diesen nicht beansprucht wurde, ist den „Sammelstellen" spätestens acht Monate nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes der Betrag von fünf Millionen Schilling zu tiberweisen " (§ 8). - Auch dieser Abgeltungsbetrag ist in dem unter Anm. 12 zitierten Gesamrechnungsabschluß enthalten.

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1. Der Restbestand 1952 aus dem CACP München, der etwa 3/4 der Objekte umfaßte: Es handelte sich dabei um Objekte, die auf Grund der Erhebungen der US-Forces vermutlich mit Österreich in Verbindung zu bringen waren, deren Herkunft aber auch von den Amerikanern letztlich nicht eruiert werden konnte; 2. Bestände aus dem SS-Depot Schloß Fischhorn in Bruck an der Glocknerstraße (Salzburg), jenem Schloß, in dem amerikanische Truppen am 8. Mai 1945 den dorthin geflüchteten ehemaligen Reichsmarschall Hermann Göring verhafteten; 3. Restbestände aus dem Bergungsort Salzberg Altaussee sowie aus den verschiedenen Depots in Wien, Linz und Salzburg; 4. Kunstgegenstände, die nach dem Abzug der Besatzungsmächte in alliierten Kommandanturen oder anderen Dienststellen vorgefunden wurden; 5. Restbestände, die in den Bergungsorten des Reichsstatthalters von Wien zurückgeblieben und von niemanden übernommen worden waren; 6. Herrenloses, in den Kriegs- und Nachkriegswirren gefundenes Kunstgut, das sich in einem Depot der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterrreich und Burgenland befunden hatte. Diese allerletzten Restbestände umfaßten insgesamt 8.422 Einzelstücke, darunter 657 Gemälde, 84 Aquarelle, 250 Zeichnungen etc., aber auch 3.343 Münzen und 2.981 Bücher und Broschüren in 10 Kisten, vor allem Theaterliteratur des Reclam-Verlages in Paperback. Auch auf diese Restbestände hätten die Sammelstellen im Wege von Rückstellungsanträgen greifen können. Rainer Knoche schreibt retrospektiv im Heft Nr. 1/1987 der Zeitschrift „trend", daß der Sammelstellenleiter Dr. Georg Weis zu Ende der sechziger Jahre „auf der Stelle getreten" sei. Für die Restbestände hätten sich keine Besitzer gefunden. Die Bilder und Bücher in Mauerbach hätten dem Kunsthandel jener Zeit wenig bedeutet, niemand wollte sie haben. Also hätten Österrreichs Politiker, unter ihnen der damalige Finanzminister Stephan Koren, auf einen Schlußpunkt gedrängt. Alle in den Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes in der Kartause Mauerbach gelangten Gegenstände waren - Stück für Stück - registriert und mit Nummern versehen worden. 16 Dabei war nicht auf den jeweiligen Wert, sondern allein auf die Grundsätze einer ordnungsgemäßen - also substanzerhaltenden - Verwahrung Bedacht genommen worden; selbst Objekte, die nur mehr in Bruchstücken erhalten waren, erhielten eine Inventarnummer. Damit war 1969, etwa zur Halbzeit des von Eve Tucker nach dem Kriegsende angepeilten Zeitraumes von 50 Jahren, die Möglichkeit geschaffen, für den allerletzten Rest von noch nicht rückgestelltem Vermögen ein weiteres Mal eine Suche nach den Geschädigten und Anspruchsberechtigten zu beginnen. 17 Verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 2. September 1969, Nr. 202, S. 9^12.

Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969-1996 Von Kurt Haslinger

EINLEITUNG

Es ist nicht leicht, zu diesem sensiblen Kapitel der Geschichte unserer Heimat, der Geschichte der Vergangenheitsbewältigung, die entsprechenden Worte zu finden. Meine Rolle als Repräsentant des Staates und meine eigene Verantwortung in diesem Zusammenhang möchte ich dabei nicht leugnen. Ich bin nicht befugt, offizielle Wertungen und Interpretationen zur Nachkriegsgeschichte und zur Bereinigung des Unrechtes, das durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft angerichtet wurde, abzugeben. Durch meine Aufgabe und die mehrjährige Befassung mit dieser Materie kann ich aber nicht umhin, mir über diesen langen Weg Gedanken zu machen. Das Urteil, das von mir als Repräsentant des Staates erwartet wird, muß daher ein rein persönliches, aus der Befassung mit Akten und mit den Materialien resultierendes sein. Ich versuche in meinem Beitrag, objektiv zu argumentieren, das eine oder andere richtigzustellen, aber auch nichts zu beschönigen. Der Titel meines Beitrages „Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion" wurde bewußt gewählt und beinhaltet bereits eine gewisse Wertung. In vielen Reaktionen, aber auch in vielen von mir geführten Gesprächen wurde die Haltung des Staates in dieser Frage als ambivalent und zwiespältig beschrieben. Auch das berühmte Grillparzer-Zitat hat sich dabei aufgedrängt: „Auf halben Wegen und zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben. Ja oder nein, hier ist kein Mittelweg." Rein emotional, aber auch rational, vor allem aus der weiseren Sicht des Rückblickes wird daher der eine oder andere die Frage stellen, warum man diese Kunstbestände nicht schon früher an dafür geeignete Organisationen übergeben hat. Auch ich habe mir diese Frage in den letzten Jahren mehrmals gestellt. Diese Fragestellung hat letztlich zu der heutigen Lösung mit der Israelitischen Kultusgemeinde geführt. Es ist mir ein besonderes Anliegen, der Kultusgemeinde, insbesonders Herrn Hofrat Grosz zu danken: Er hat uns als Präsident der Kultusgemeinde Unterstützung gewährt, dem Staat bei der Erfüllung seiner Aufgabe geholfen und mir die Hand entgegengestreckt. Aus meinen weiteren Ausführungen wird hervorgehen, daß diese Frage deshalb nicht früher gestellt wurde, weil in den letzten Jahren von allen Beteiligten und Verantwortlichen der Gedanke der Individualrückgabe an den Geschädigten oder an seine Rechtsnachfolger vorrangig gewesen ist.

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Ich werde versuchen, die Entwicklung in zwei Teilen, vorerst ab dem 1. Kulturgutbereinigungsgesetz 1969 und dann von 1985 bis heute, unter juristischen, historischen, aber auch ethischen Aspekten darzustellen. Zur Erinnerung: Nach den drei Rückstellungsgesetzen, den Rückgaben durch die Alliierten und der Tätigkeit der Sammelstellen, verblieb noch immer ein Restbestand an herrenlosem Kunstvermögen in den verschiedenen Depots des Bundesdenkmalamtes. Das sogenannte „Mauerbachvermögen " selbst bestand - wie bereits erwähnt - aus mehreren Gruppen von Kunst- und Kulturgütern; für all diese Kunstwerke mußte die Republik Österreich eine Lösung für ihre weitere Verwendung finden.

VORBEREITUNG DES I . K U N S T - UND KULTURGUTBEREINIGUNGSGESETZES ( 1 9 6 9 )

Mitte der sechziger Jahre zeigte sich, daß die Sammelstellen auf Grund der fehlenden Nachweismöglichkeiten kaum mehr Herausgabeanträge stellten. Es begann daher eine Diskussion, was mit den verbleibenden Kunst- und Kulturgütern geschehen sollte. Diese Diskussion wurde durch einen Brief von Dipl. Ing. Simon Wiesenthal vom 29. September 1965 an verschiedene Mitglieder der Bundesregierung, so auch an den damaligen Bundesminister für Finanzen Dr. Wolfgang Schmitz verstärkt. Simon Wiesenthal, Leiter des Dokumentationszentrums des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes, trat mit dem Vorschlag an den Finanzminister heran, ein Verzeichnis aller herrenloser Bilder und Kunstgegenstände anzulegen. Dieses sollte bei jeder österreichischen Auslandsvertretung aufgelegt werden. Es war ihm ein besonderes Anliegen, daß auch ehemalige Österreicher, die durch die Emigration über die ganze Welt verstreut lebten, darin Einsicht nehmen konnten. Sie sollten so eine bessere Möglichkeit erhalten, wieder zu ihrem Eigentum zu gelangen. Unter Einbeziehung aller mit der Materie befaßten Stellen, dem Bundesministerium für Finanzen, dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, dem Bundesministerium für Unterricht, dem Bundesdenkmalamt - als verwahrender Stelle - , und der Finanzprokuratur wurden nicht nur die rechtlichen Fragen erörtert, sondern auch eine Lösung für die Abwicklung weiterer Rückgabeverfahren gefunden. So ist man im Jänner 1966 übereingekommen, ein eigenes Gesetz zu schaffen, das eine „lex specialis" gegenüber den Verjährungs- und Ersitzungsbestimmungen des ABGB darstellen sollte. Bis zum Inkrafttreten dieser Regelung sollten aber noch einige Jahre vergehen. Vorerst war zu klären, auf welche Restbestände die in Restitutionsangelegenheiten nach wie vor tätigen Sammelstellen Ansprüche erheben können. Wie bereits vorhin erwähnt, waren diese aber vom Informationsstand her kaum mehr in der Lage, Herausgabeansprüche geltend zu machen. Darüber hinaus befanden sie sich bereits in einer Phase, in der ihre Tätigkeit im Auslaufen begriffen war.

Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969-1996

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Die Sammelstellen hatten bei der Rückgabe arisierter Vermögenswerte und der finanziellen Hilfeleistung an Verfolgte einen eminent wichtigen Beitrag geleistet. Sie haben sich jedoch nicht mehr in der Lage gesehen, ihre Tätigkeit auf weitere unbestimmte Zeit fortzusetzen. Um dieser Situation Rechnung zu tragen, wurden Gespräche über die den Sammelstellen möglicherweise noch zustehenden Rückstellungsansprüche begonnen. In der Regierungsvorlage war zwar noch die Möglichkeit vorgesehen gewesen, den Sammelstellen über Antrag entzogenes Vermögen zu übertragen, angesichts der schon bekannten Schwierigkeiten ein nicht sehr erfolgversprechender Weg. Dieser Vorschlag wurde dann auch in der parlamentarischen Behandlung des Entwurfes des „Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetzes" zugunsten einer besseren Regelung fallengelassen. So wurde eine Lösung dieser Frage darin gefunden, den Sammelstellen zur Abgeltung ihrer möglicherweise noch gegenüber der Republik Österreich bestehenden Übertragungsansprüche einen Betrag von 5 Millionen Schilling zu überweisen. An der parlamentarischen Behandlung des Gesetzentwurfes, dessen Inhalt von allen politischen Parteien begrüßt wurde, arbeiteten zahlreiche Abgeordnete initiativ mit. Der eigens eingesetzte Unterausschuß nahm einige Änderungen vor, die einerseits verlängerte Antragsfristen brachten, andererseits zu einer Beschleunigung der Herausgabeverfahren führen sollten. Am 27. Juni 1969 wurde das „Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz" mit den Stimmen aller im Nationalrat vertretenen Parteien beschlossen.

REGELUNGEN U N D ANTRAGSMÖGLICHKEITEN

Um jenen Personen, die aus welchen Gründen immer, während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ihr Eigentum an Kunstgegenständen verloren hatten, einen Überblick über den noch vorhandenen Bestand zu geben, arbeitete das Bundesdenkmalamt eine Gesamtliste aller vorhandenen Kunst- und Kulturgüter aus. Erfaßt wurde darin der gesamte, seit 1966 in Mauerbach gelagerte Bestand, gleichgültig aus welchen Gründen er in die Verwahrung der Republik Österreich gelangt war. Diese Liste wurde nicht nur im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht, sondern lag auch in allen Gemeinden Österreichs und in den österreichischen Auslandsvertretungen auf. Wie bereits erwähnt, sollten weltweit Emigranten aus Österreich Zugang zu den vorhandenen Informationen erhalten. Zusätzlich trug Georg Weis, der Leiter der Sammelstelle „A", für die Verbreitung von 5000 Listen in den verschiedensten Ländern Sorge. Bei Durchsicht der Liste findet man darin viele bekannte Namen wie etwa Rudolf von Alt, Amerling, Waldmüller und Makart. Es wird dadurch auch ein Bild vom Le-

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ben vieler dem Bildungsbürgertum angehörenden jüdischen Familien vor dem „Anschluß" Österreichs vermittelt. Entgegen vielfach in den Medien wiedergegebenen Behauptungen, es befänden sich unter diesen Beständen Werke höchstrangiger Künster, ist festzuhalten, daß sich weder Werke von Michelangelo noch von Leonardo da Vinci oder von Klimt darunter befanden und befinden. Kunstwerke, die für die Nationalsozialisten vorrangig waren, gehörten bekannterweise zu namhaften Sammlungen, wie jenen der Familien Rothschild, Gutmann oder Bondy. Diesem Umstand war es zu verdanken, daß ihre Rückgabe in den Jahren unmittelbar nach dem Krieg möglich gewesen ist. Wenn eben Klimt genannt wurde, so soll die Geschichte des einzigen Klimtwerkes mit zunächst ungeklärter Herkunft nicht unerwähnt bleiben. Im Jahre 1941 erwarb der damalige Reichsgau Steiermark von einer Privatperson ein Bild Gustav Klimts, das die Bezeichnung „Hannakin " trug, um 300 RM. Nach Kriegsende stellte sich jedoch heraus, daß das Gemälde dem jüdischen Kunstsammler Robert Pollak entzogen worden war. Anfang der fünfziger Jahre wurde es seiner mittlerweile in New York lebenden Erbin rückerstattet. Die in der Liste erwähnten Angaben waren für die Antragsteller die wichtigste Grundlage für die Anmeldung ihrer Ansprüche. Bei Gemälden waren neben dem Namen des Künstlers eine Kurzbeschreibung, die Maße sowie die Art der Ausführung enthalten. Bei der Beschreibung selbst wurde jedoch absichtlich ein wesentliches Bildelement weggelassen. Man war zu Recht davon ausgegangen, daß die Antragssteiler kaum über Dokumente verfügen, die ihr früheres Eigentum belegen. Daher war die Beschreibung des Gegenstandes zum wesentlichsten Beweismittel geworden. Überdies wird auch verständlich, daß viele Kunstwerke mehrfach beansprucht wurden, was die Abwicklung der Verfahren nicht gerade erleichterte. Im Jahre 1969 umfaßte der Bestand der Kultur- und Kunstgüter insgesamt 8.422 Einzelstücke. Wenn man Ölbilder, Miniaturen, Aquarelle, Zeichnungen und einige andere Objekte zusammenzählt, so ergibt sich ein Bestand von etwa 2.000 Gegenständen, die man als Kunstwerke im eigentlichen Sinne bezeichnen kann. Die zahlenmäßig größten Positionen waren die Münzen mit 3.343 Stück und die Theaterliteratur mit 2.981 einzelnen Büchern, Broschüren und Heftchen. Jeder einzelne Gegenstand oder zusammengehörende Stücke wurden als Positionsnummern bezeichnet, sodaß in der Liste insgesamt 1231 Nummern angeführt waren. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, daß jener Bestand, der vom Gesetz 1969 erfaßt wurde, nur mehr der sogenannte „Rest" war, der Rest jener großen Bestände an Kunstwerken, die weder von den amerikanischen Alliierten noch von der Republik Österreich im Zuge der Rückstellungsgesetzgebung an die Eigentümer zurückgegeben oder den Sammelstellen übertragen werden konnten.

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ANTRAGSTELLUNG U N D ABWICKLUNG DER VERFAHREN

Als Anmeldestelle sah das Gesetz die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vor. Aber auch jede österreichische Vertretungsbehörde im Ausland nahm Anmeldungen entgegen und leitete sie weiter. Wie bereits erwähnt, langten auf diese Weise zahlreiche Anträge aus der ganzen Welt ein. Als Ende der Anmeldefrist hatte das Gesetz den 31. Dezember 1970 genannt. Da innerhalb der vorgesehenen Frist bedeutend weniger Anträge als erwartet eingelangt waren, wurde sie bis 31. Dezember 1972 verlängert. Bis zum Ende der Frist erfolgten insgesamt 543 Anmeldungen, von denen allerdings 200 wieder zurückgezogen wurden. Folglich beanspruchten 343 Personen insgesamt 1231 Positionsnummern laut Liste. Bei einer ersten Sichtung der geltend gemachten Rückgabeansprüche zeigte sich sehr schnell, daß die Mehrzahl der Positionsnummern von mehr als einer Person beansprucht wurde. Entsprechend wenige Gegenstände konnten daher durch die Finanzlandesdirektion selbst zurückgegeben werden. Bei einer Ablehnung der Herausgabe der beanspruchten Kunstgegenstände sah das Gesetz die Möglichkeit vor, die Ansprüche vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien weiterzuverfolgen. Davon machten mehrere Antragsteller Gebrauch. Bedenkt man die lange Zeit, die seit dem Zeitpunkt vergangen war, seit ein Antragsteller vermißte Kunstwerke oder Kulturgüter zuletzt gesehen hatte, so kann man die daraus resultierenden Schwierigkeitenen ermessen. Wie bereits erwähnt, konnten viele Antragsteller aus verständlichen Gründen keine Dokumente als Nachweis ihres früheren Eigentums vorweisen. Viele von ihnen haben vor dem Krieg in gediegenen bürgerlichen Verhältnissen gelebt, sodaß es völlig glaubhaft erschien, daß sie auch Kunstwerke besessen hatten. Für die Rückstellung mußte aber ein objektiver und nachvollziehbarer Anspruch auf das jeweils konkrete Kunstwerk nachgewiesen werden. Dieser Umstand hat zahlreichen Antragstellern große Schwierigkeiten gemacht. Neben einem urkundlichen Nachweis wären noch etwa Zeugen in Frage gekommen. Liest man jedoch die Begründungen in den Bescheiden durch, so war es in nahezu allen Rückgabefällen die genaue Beschreibung der Gegenstände, die zur positiven Entscheidung führte. In diesem Zusammenhang ist ein Punkt anzusprechen, der bis heute zum Teil heftige Kritik - vor allem in den Medien - hervorgerufen hat, nämlich die Lagerung unter Ausschluß der Besichtigungsmöglichkeit. Vom Sicherheitsaspekt abgesehen, war es einzig und allein der Umstand, daß für alle Antragssteller gleiche Verfahrensbedingungen herrschen sollten, weshalb die zuständigen Stellen niemandem die Besichtigung gestattet haben. Die Beweisverfahren wären in den einzelnen Fällen unmöglich geworden, hätte man jedem Antragsteller die Besichtigung gestattet.

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Der Ausgang aller Verfahren war für die Republik Österreich enttäuschend: Es konnten insgesamt 72 Positionsnummern mit 269 Gegenständen rückerstattet werden. Die Väter des Gesetzes, die immer den Individualrückgaben den Vorrang eingeräumt hatten, rechneten hingegen damit, daß nur ein verschwindend kleiner Teil der Bestände nicht restituiert werden könnte. Unter diesem Gesichtspunkt war in das Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz die Bestimmung aufgenommen worden, wonach alle unbeanspruchten oder auf Grund fehlender Nachweise nicht zurückgegebenen Gegenstände ins Eigentum der Republik Österreich übergehen sollten. Das war aus heutiger Sicht ein Fehler, auch wenn man - wie eben erwähnt - bei der Vorbereitung des Gesetzes nur mit einem verschwindenen Rest gerechnet hatte, der nicht zurückgegeben werden kann. Auf diesen Umstand wird im folgenden noch Bezug zu nehmen sein. Österreichwurde dieser Bestimmung wegen lange Zeit scharf angegriffen, vermutlich aber nicht ganz zu Recht. Niemand hatte nämlich - wie bereits erwähnt - voraussehen können, daß nur so wenige Gegenstände an die Eigentümer zurückgegeben werden konnten. Aber auch inhaltlich gestaltete sich die Abwicklung der Rückstellungverfahren teilweise sehr schwierig und nahm Jahre in Anspruch. Dies einerseits auf Grund der Tatsache, daß viele Antragsteller im Ausland lebten, aber auch wegen der Probleme des Eigentumsnachweises. In vielen Verfahren wurde der beanspruchte Gegenstand mehreren Antragstellern zu gleichen Teilen zugesprochen, wenn auf Grund der Beweislage eine eindeutige Zuordnung nicht möglich war. Die Alternative wäre freilich gewesen, daß das Eigentum in solchen Fällen an die Republik Österreich gefallen wäre. Daher kam es also zum sicherlich nicht beabsichtigten Ergebnis, daß einander Fremde Miteigentümer eines Bildes wurden. Noch vor einigen Monaten beklagte ein Antragsteller, George Leitman bzw. Stella Leitman, diesen Umstand in einer britischen Zeitung, wenngleich sein Verfahren bereits Ende der siebziger Jahre abgeschlossen wurde. Dies war etwa auch der Zeitpunkt, als man begann, Überlegungen anzustellen, was mit den bei der Republik Österreich verbleibenden Kunstwerken und sonstigen Gegenständen geschehen sollte. Rechtlich gesehen war die Eigentümerposition des Bundes einwandfrei, politisch gesehen sicherlich problematisch. Es mehrten sich dann, wie noch auszuführen sein wird, innerösterreichische Stimmen, die es für nicht vertretbar hielten, daß Österreich am Vermögen vorwiegend jüdischer Naziopfer partizipierte. Zur gleichen Zeit hatte man in Einzelfällen begonnen, manche Werke aus dem „Mauerbachbestand" leihweise interessierten Museen oder sogar Bundesdienststellen für Ausstattungszwecke zur Verfügung zu stellen. Diese Vorgangsweise ist aus heutiger Sicht nur sehr schwer zu rechtfertigen und zeigt eine mangelnde Sensibilität, auch wenn die damals geltende Rechtslage den Eigentumsübergang an die Republik Österreich vorsah. Ungeachtet der Tatsache, daß Österreich

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den Sammelstellen eine Abschlagszahlung von 5 Millionen Schilling geleistet hat, gingen die Diskussionen hinsichtlich des Eigentumsrechtes an den verbliebenen Kunstund Kulturgütern weiter.

D E R W E G Z U M 2 . K U N S T - U N D KULTURGUTBEREINIGUNGSGESETZ

1979 wurden daher erste Überlegungen zu einer Versteigerung der ins Eigentum der Republik Österreich übergegangenen Kunstgegenstände angestellt. Da diese als Bundeseigentum zusätzlich ex lege unter Denkmalschutz standen, kontaktierte das Bundesministerium für Finanzen diesbezüglich das Bundesdenkmalamt. Vor allem dessen damaliger Präsident Dr. Erwin Thalhammer kritisierte die Überlegungen, die wertvolleren Gemälde und anderen Kunstgegenstände als Eigentum Österreichs an Museen aufzuteilen und andere Exponate zu veräußern, als „ethisch bedenklich". Das Bundesdenkmalamt fungierte immer noch als Verwahrer des Bestandes in der Kartause Mauerbach und sah dieses Faktum als besondere Verpflichtung an. Da man der Angelegenheit große Bedeutung beimaß, wurde auch der damalige Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky in den Entscheidungsprozeß einbezogen. Vor allem dem Bundesministerium für Finanzen schwebte vor, für die Kunstwerke eine Verwendung zu finden, die den Interessen der Opfer des Nationalsozialismus dienen sollte, weshalb es eine Lösung durch Veräußerung betrieb. Für die Verwendung des Verwertungserlöses sollte eine politische Lösung gefunden werden, wobei immer wieder jüdische Organisationen neben anderen karitativen Vereinigungen genannt wurden. In den folgenden Jahren gab es allerdings keine weiteren Initiativen von österreichischer Seite, sodaß eine gewisse Kritik sicherlich nicht von der Hand zu weisen ist . Erst Anfang Jänner 1984 wurde die Lösungsmöglichkeit durch eine Versteigerung wieder aufgegriffen. Verstärkt wurden diese Überlegungen durch ein gemeinsames Schreiben der Israelitischen Kultusgemeinde, österreichischer Kriegsopferverbände, der Claims Conference und des Council of Jews from Austria, in dem vorgeschlagen wurde, die noch vorhandenen Kunst- und Kulturgüter zu versteigern und den Erlös ihren Organisationen zu übergeben. Diese Idee fand auch die Zustimmung der österreichischen Bundesregierung und flöß teilweise in das „2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz"

ein.

Nach einer vom World Jewish Congress 1985 angeregten Lösung sollten jedoch abermals die Individualrückstellungen im Vordergrund stehen. Es erging daher an die zuständigen Beamten der Auftrag, einen neuerlichen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Die Vorgaben dabei waren die Veröffentlichung einer neuen Liste, neue Ansprüche sollten geltend gemacht werden können, das Gesetz sollte ein Prüfungs- bzw. Rückgabeverfahren vorsehen, und die nicht beanspruchten bzw. nicht zugesprochenen Ob-

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jekte sollten einer Verwertung in Form einer Auktion zugeführt werden. Um den neuen Antragsmöglichkeiten bereits zu einem frühen Zeitpunkt die größtmögliche Bekanntheit zu verschaffen, wurden bereits während des Gesetzgebungsverfahrens Vertreter der betroffenen Interessenvereinigungen eingebunden. Zugleich aber war die Republik Österreich bestrebt, viele Personen zu erreichen, die ihren ehemaligen Kunstbesitz noch immer vermißten. Um dies zu gewährleisten, wurden in die Gespräche im Vorfeld des Gesetzes von 1986 Saul Kagan vom Committee for Jewish Claims in New York, Dr. Ivan Hacker, der damalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, und Dr. Georg Weis vom Committe for Jewish Claims in Wien, eingebunden. 1985 besuchte der damalige österreichische Finanzminister und nachmalige Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky New York. Er traf dort auch mit Vertretern des World Jewish Congress und des Commitee for Jewish Claims on Austria zusammen. Der besonderen Aktualität wegen wurde das Thema der ehemaligen jüdischen Kunstschätze angesprochen. Es ging darum, die amerikanischen Gesprächspartner über jene Lösung, welche die Bundesregierung gefunden hatte, zu informieren. Wichtig war, daß auch jetzt den individuellen Rückgaben der Vorrang vor einer allfälligen Verwertung eingeräumt werden sollte. Der unter Einbeziehung der Israelitischen Kultusgemeinde und jüdischer Opferorganisationen erarbeitete Gesetzesentwurf passierte am 26. November 1985 den Ministerrat und am 4. Dezember 1985 den Finanz- und Budgetausschuß. Dem Ausschuß war es ein besonderes Anliegen, bei der Verteilung des Versteigerungserlöses Kontakt mit der Israelitischen Kultusgemeinde herzustellen. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die noch vorhandenen Kunstwerke und sonstigen Objekte vornehmlich beschlagnahmtes jüdisches Vermögen waren. Der am 13. Dezember 1985 erfolgte einstimmige Beschluß des Nationalrates sollte ein letzter Schritt zur Rückgabe konfiszierter Kunst- und Kulturgüter sein, der auch zu positiven Reaktionen führender Repräsentanten jüdischer Organisationen in den USA führte.

D E R INHALT DES 2 . K U N S T - U N D KULTURGUTBEREINIGUNGSGESETZES

Es wurde neuerlich eine Gesamtliste der noch in der Verwahrung des Bundes befindlichen Kunst- und Kulturgüter erstellt, das waren 8.153 Einzelgegenstände. Diese Liste wurde im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht und lag auch in allen österreichischen Auslandsvertretungen auf. Wie bereits erwähnt, wurde eine größere Anzahl dieser Listen schon während des Gesetzgebungsverfahrens an verschiedene jüdische Organisationen weitergegeben. Es sollte dadurch besser gewährleistet sein, daß alle in Frage kommenden Personen auch die nötigen Informationen erhielten.

Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969-1996

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Frühere Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger konnten neuerlich einen Herausgabeantrag auf die in der veröffentlichten Liste enthaltenen Kunst- und Kulturgüter stellen. Das Bundesministerium für Finanzen sollte alle Anträge sammeln und an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland weiterleiten. Auch diesmal war es wieder möglich, Anträge bei den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland einzureichen. Einige der österreichischen Botschafter im Ausland suchten auch von sich aus Kontakt zu Behörden oder Rabbinaten, um Mitteilungen über verschollenes jüdisches Vermögen zu erhalten. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland schließlich war damit beauftragt, die eingelangten Anträge und die Eigentumsnachweise zu prüfen. Innerhalb der Anmeldefrist bis 30. September 1986 langten 367 Anträge ein. Allerdings konnte nur ein geringer Teil, nämlich 22 Positionsnummern mit 151 Gegenständen, an 21 Antragsteller zurückgegeben werden. Da die meisten Kunstwerke von mehr als einer Person beansprucht wurden, sah das Gesetz vor, daß eine gerichtliche Antragsmöglichkeit geschaffen wurde. Ein ausführliches Beweisverfahren vor einem Richter sollte bei konkurrierenden Anträgen ein objektives Verfahren gewährleisten. Diesen Weg wählten 172 Personen, 862 Positionsnummern wurden beansprucht, davon 550 mehrfach, insgesamt wurden 3.282 Einzelanträge bei Gericht eingebracht. Schon im Vorfeld der Gesetzeserstellung hatten sich die beteiligten Ministerien darauf geeinigt, daß ein einziger Richter ausschließlich für diese Verfahren zuständig sein sollte. Dieser Richter, Dr. Reimar Gradischnik, gehörte zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses als Abgeordneter dem Nationalrat an. Der erforderliche Nachweis des Eigentumsrechtes erwies sich freilich in den Verfahren nach dem 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz für viele Antragsteller als sehr schwierig. Viele der früheren Eigentümer, die noch mit ihren Kunstgegenständen gelebt hatten, waren bereits verstorben. Die Erben hatten mit der Dokumentation ihrer Rechte noch größere Schwierigkeiten als die Elterngeneration, da manche von ihnen die de jure geerbten Werke noch nie gesehen hatten. Dennoch konnten auf Grund von Verfahren nach diesem Gesetz mehr Kunstwerke als 1969 zurückgegeben werden. Einer der wesentlichsten Punkte dieses Gesetzes bestand jedoch darin, daß es eine Versteigerung der nicht zurückgegebenen Kunst- und Kulturgüter durch die Republik Österreich vorsah. Der daraus erfließende Erlös sollte für Personen verwendet werden, die aus rassischen, religiösen oder politischen Gründen durch das NS-Regime verfolgt worden waren. Damit wollte Österreich nicht nur dem Wunsch der Israelitischen Kultusgemeinde und jüdischer Organisationen entsprechen. Es sollte dadurch auch sichtbar zum Ausdruck gebracht werden, daß sich die Republik Österreich nicht am Vermögen der Opfer des NS-Regimes bereichen wollte.

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E I N E PERSÖNLICHE B E M E R K U N G

Als ich vor etwa acht Jahren zum ersten Mal die in Mauerbach eingelagerten Gegenstände besichtigte, hat mich vor allem eines erschüttert und betroffen gemacht: Weniger die Bilder, auch nicht die Plastiken, sondern die kleinen, mehr oder weniger wertlosen, den Familien geraubten Gebrauchsgegenstände wie Tafelgeschirr, Speiseservice, Möbel, die gelagert und bürokratisch journalisiert wurden. Gerade diese kleinen Dinge des täglichen Lebens - mehr als die eigentlichen Kunstgegenstände selbst machten mir damals - mehr als 50 Jahre nach den Ereignissen - die Unmenschlichkeit und den Terror der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wieder einmal besonders deutlich. Der Raub als Vorgriff auf den danach folgenden Zugriff auf das Leben von Menschen! Dieses Erlebnis hat mich besonders motiviert, mich intensivst um eine Aufarbeitung zu bemühen.

RÜCKSTELLUNGEN: ERFOLGE - PROBLEME - FEHLER

Seit 1988 bin ich im Bundesministerium für Finanzen für das Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz zuständig. Da mir diese Angelegenheit sehr wichtig erschien, hielt ich auch ständig Kontakt zum zuständigen Richter und informierte mich laufend über den Verfahrensstand und die Probleme. Nach den Schwierigkeiten bei der Abwicklung des Gesetzes von 1969 war es nicht nur mir ein Anliegen, daß bei der Abwicklung der Rückgabeverfahren dem Richter jede Unterstützung zuteil wird. 3.282 Verfahren sind schon allein von ihrem Aufwand her nicht zu vernachlässigen. Um für die Antragsteller eine raschestmögliche Abwicklung zu erreichen, wurde der zuständige Richter von seinen sonstigen Aufgaben entbunden. Der Bundesminister für Justiz stellte ihm auch für die Durchführung seiner Aufgaben das nötige Personal zur Unterstützung zur Verfügung. Ich mußte, wie bereits erwähnt, feststellen, daß vor allem Anfang der achtziger Jahre verschiedene Kunstwerke - auch wenn es damals rechtlich gedeckt erschien leihweise für Ausstattungszwecke von Dienststellen des Bundes verwendet wurden. Ich veranlaßte damals, daß diese sofort wieder in das jeweilige Depot zurückgebracht wurden. Auch die den Museen zugeteilten Bestände wurden dort nur mehr aus konservatorischen Gründen verwahrt und nicht, um Teil einer Sammlung zu sein. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachte Kritik war zwar formal unberechtigt, ich möchte aber bei dieser Gelegenheit feststellen, daß der damaligen Vorgangsweise sicherlich nicht die erforderliche politische und moralische Sensibilität zugrunde lag. Zu keinem Zeitpunkt war jedoch seitens der Republik Österreich beabsichtigt, einen doch noch als groß zu bezeichnenden Restbestand herrenloser Kunst- und Kulturgüter endgültig dem Staatsvermögen zuzuführen.

Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969-19%

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Die Republik Österreich wurde immer wieder mit der kritischen Frage konfrontiert, was sie von sich aus für die Rückgabe des konfiszierten Kulturgutes getan habe. Ich kann jetzt natürlich nicht für die Verantwortlichen früherer Perioden sprechen. Es gab - und das muß ich leider zugeben - auch Perioden, in denen das Bemühen, getanes Unrecht rasch wiedergutzumachen, nicht sehr leicht erkennbar war. Viele Antragsteller wurden enttäuscht, weil sie ihr früheres Eigentum nicht zurückgestellt erhielten. Seit 1986 ist aber sehr viel geschehen. In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland sowie dem Bundesministerium für Finanzen wurden viele Initiativen zur Unterstützung der früheren Eigentümer bei der Durchsetzung ihrer Anträge gesetzt. Da Richter Dr. Gradischnik seinen Aufgabenbereich auch zu seinem persönlichen Anliegen machte, glaube ich - und die Reaktionen mancher, auch abgewiesener Antragsteller beweisen dies - , daß dieser Richter einen wesentlichen Beitrag zum Abschluß der Rückgabe der Kunst- und Kulturgüter leistete. Das Gericht wartete nicht nur auf jene Informationen oder Nachweise, die die Antragsteller vorlegten, es wurden Fragenlisten an die Antragsteller gesandt, um ihnen die weitere Vorgangsweise zu erleichtern, es wurden Nachforschungen in den von den amerikanischen Alliierten erstellten Karteien vorgenommen, es wurden Wissenschafter, Kunstexperten und Restauratoren eingebunden, es wurden Rechtshilfeersuchen - vorwiegend an amerikanische Stellen - gestellt, es wurden private Kontakte zu amerikanischen Archiven genützt, es wurden schließlich die Restitutionsakten und -karteien des Bundesdenkmalamtes herangezogen. Da viele der Antragsteller im Ausland leben, hat man auch auf deren mögliche Reisen nach Österreich Rücksicht genommen, da Dr. Gradischnik an einem persönlichen Gespräch mit jedem Antragsteller gelegen war. Gerade in diesen Gesprächen aber tauchten seitens der Antragsteller wieder Erinnerungen an Details eines Bildes etwa auf, die es dem Richter ermöglichten, die Rückstellung durchzuführen. Zur Zeit sind noch etwa 40 Herausgabeverfahren zu 18 Ölbildern anhängig. Diese werden in den nächsten Monaten abgeschlossen werden können, und auch jetzt finden noch laufend Herausgaben statt.

MYTHOS „ M A U E R B A C H " ?

Nahezu jeder Gegenstand wurde von mehr als einem Antragsteller beansprucht. Die überwiegend schwierige Beweislage ergibt sich daraus, daß in den meisten Fällen die Beschreibung eines Bildes aus der Erinnerung der einzige Nachweis des früheren Eigentums war. Welche Auswirkungen es auf die anhängigen Verfahren freilich gehabt hätte, wenn man den Antragstellern die Besichtigung gestattet hätte, braucht wohl nicht näher dargelegt zu werden. Staatenvertreter und einzelne Medien erhielten hin-

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gegen sehr wohl Zugang zu den in Mauerbach eingelagerten Gegenständen. Doch scheint gerade der Umstand, daß diese Objekte jahrzehntelang nahezu unter Ausschluß der Besichtigungsmöglichkeiten gelagert wurden, dazu geführt zu haben, aus dem sogenannnten „Mauerbachvermögen" einen Mythos werden zu lassen. 1994 verließen die Kunst- und Kulturgüter die Kartause in Mauerbach und wurden in einem gut gesicherten Teil des Schlosses Schönbrunn eingelagert. Im gleichen Jahr begann auch die letzte Phase der Geschichte des Mauerbachvermögens. Nun stand nämlich fest, daß der Großteil der Verfahren entweder bereits abgeschlossen war oder in absehbarer Zeit beendet sein würde.

D E R W E G ZUR A U K T I O N

Das Bundesministerium für Finanzen hätte daher, wie im Gesetz vorgesehen, mit der Vorbereitung der öffentlichen Versteigerung der in der Verwahrung Österreichs befindlichen Kunst- und Kulturgüter beginnen können. Ich hatte schon zuvor diese Vörgangsweise nicht für den bestmöglichen Abschluß gehalten. Um der Sensibilität der Materie Rechnung zu tragen, begann ich, im privaten Kreis mit jüdischen Freunden darüber zu reden. Es ist mir ein Bedürfnis, vor allem Herrn Professor Dr. Leon Zelman hervorzuheben, der mir mit seinem Rat und seiner Sensibilität immer sehr geholfen hat. Besonders gelegen war mir auch an der Meinung jüdischer Organisationen, wie Österreich mit den verbleibenden Kunst- und Kulturgütern umgehen sollte. Besonderes Interesse für ein Miteinander fand ich auch beim Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Hofrat Paul Grosz. So ist es nach vielen Gesprächen zu einer Einigung mit dem Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs gekommen. Dieser erklärte sich bereit, jene Kunst- und Kulturgüter, die Österreich nicht an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Erben zurückgeben konnte, zu übernehmen. Wie mir Präsident Grosz versicherte, war es für die Kultusgemeinde keine einfache Entscheidung, diese große Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube aber, daß auch die Kultusgemeinde erkannte, daß sich Österreich seiner Geschichte bewußt ist, sodaß sie sich entschließen konnte, diese Lösung mitzutragen. Das Bundesministerium für Finanzenbereitete dann in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und dem Bundesdenkmalamt einen Gesetzesentwurf vor, der die rechtliche Basis für die Übertragung schaffen sollte. Mit den Stimmen aller im Nationalrat vertretenen Parteien wurde dieser Entwurf am 11. Juli 1995 Gesetz. Außer der Ermächtigung an den Bundesminister für Finanzen zur Übertragung der Kunstund Kulturgüter an den Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs war noch eine weitere Bestimmung von Bedeutung: Es wurde mit diesem Ge-

Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969-1996

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setz auch eine Ausnahmeregelung zum Ausfuhrverbotsgesetz geschaffen. So sollte sichergestellt werden, daß jeder einzelne Gegenstand, der bei der kommenden Auktion einen neuen Eigentümer fand, von diesem auch ohne bürokratische Hürden in jeden Staat ausgeführt werden konnte. Weiters wurde auch sichergestellt, daß die Erwerber bei der kommenden Auktion als neue Eigentümer der Kunst- und Kulturgüter zivilrechtlich unbelastetes Eigentum erwarben. Der Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Östereichs nahm mit der Übernahme der verbleibenden Kunstwerke und sonstigen Gegenstände auch die Verpflichtung auf sich, diese zu verwerten. Der Erlös wurde, den Intentionen des 2. Kunstund Kulturgutbereinigungsgesetzes folgend, für bedürftige Personen verwendet, die aus rassischen, religiösen oder politischen Gründen durch das NS-Regime verfolgt worden waren. 12 % des reinen Erlöses sollte drei weiteren Opferorganisationen zugute kommen, nämlich dem Bundesverband österreichischer Widerstandkämpfer und Opfer des Faschismus (KZ-Verband), dem Bund Sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus sowie der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten. Diese Beteilung war auch ein Wunsch des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Östereichs als Zeichen der Solidarität mit anderen Gruppen von Opfern des Nationalsozialismus. Auch wenn der überwiegende Teil der zur Versteigerung gelangenden Exponate zweifellos jüdischen Ursprungs ist, so wurden diverse Objekte auch an andere Personengruppen, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewesen waren, rückgestellt. Im Herbst 1995 wurden schließlich jene Objekte, die frei von offenen Eigentumsansprüchen waren, einzeln dem Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden übergeben. Die hiebei anwesenden Experten von Christie's bestätigten, daß die Bilder in einem guten Zustand waren. Damit scheint auch der in den Medien häufig geäußerte unsachliche Vorwurf entkräftet, Österreich lasse die herrenlosen jüdischen Kunstschätze „in einer alten feuchten Kartause verkommen". Alle Bilder, welche nach Abschluß der noch ausständigen Verfahren nicht an die Eigentümer zurückgegeben werden können, werden laufend der Israelitischen Kultusgemeinde übergeben werden. An dieser Stelle ist festzuhalten, daß kein einziges Objekt aus dem Mauerbachvermögen in der Hand der Republik Österreich, weder in einem Museum noch in einer Dienststelle des Bundes verbleiben wird. Bei sämtlichen Rückstellungen ging es nicht nur um die Rückgabe von Gegenständen und um bloßes Eigentumsrecht, es ging vielmehr auch um Menschen mit einer persönlichen Geschichte, die sie erlitten, ertrugen und zum Teil mehr als 50 Jahre mit sich herumtragen mußten. Das verlorene Vermögen war nur ein Teil dieser Geschichte. Auch wenn es angesichts der Menge und vielleicht auch des Wertes der verbliebenen Kunstwerke nur mehr ein symbolischer Akt sein kann, so sah es die Republik Österreich als moralische Verpflichtung an, daß diese Werte den Opfern des

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Nationalsozialismus zugute kommen, wenn sie ihnen schon nicht in allen Fällen zurückgegeben werden konnten.

SCHLUSSWORT

Zur Frage eines Journalisten, ob ich „froh" sei, daß diese „Aufgabe abgeschlossen"

sei

- wie man einen Beamten fragt, der eine A u f g a b e erledigt oder erfüllt hat - , gerade in diesem Bereich, der sich den üblichen Wertungen und Kategorien einer Pflichterfüllung durch Beamte entzieht, kann man diese Frage so nicht stellen. Meine Mitarbeiter und ich sowie die Kollegen im Bundesdenkmalamt, die ich in den Monaten der Vorbereitung besonders schätzen lernen sollte, sind froh darüber, einen für die Vergangenheitsbewältigung - wie ich glaube - überfälligen Beitrag geleistet zu haben. Wir - und ganz bewußt betone ich dieses „wir" - haben diesen Beitrag engagiert und mit aufrichtiger Motivation geleistet, auch, um für jüngere Generationenen die Erinnerung an ein unvorstellbares Geschehen aufrecht zu erhalten, damit sich derartiges Unrecht nie wieder ausbreite.

Die Rolle des Kunsthistorischen Museums bei der Beschlagnahme, Bergung und Rückführung von Kunstgut in den Jahren 1938-1945 Von Herbert Haupt

D A S ZENTRALDEPOT DER BESCHLAGNAHMTEN KUNSTWERKE AUS JÜDISCHEM BESITZ

Ein vorrangiges Anliegen der Nationalsozialisten in den Jahren 1938 und 1939 waren „Sicherstellung" und Beschlagnahmung des Besitzes von Juden und anderer als „staatsfeindlich" eingestufter Personen und Institutionen 1 . Nach der bestehenden Rechtslage (Denkmalschutz- bzw. Ausfuhrgesetz) war die Zentralstelle für Denkmalschutz berechtigt, die Sicherstellung von als gefährdet erachtetem Kunstgut zu beantragen. Gleiches galt für Gegenstände von überregionaler künstlerischer oder kultureller Bedeutung, deren Verbringung ins Ausland zu befürchten war. Die von den Landesämtern, in Wien vom Magistrat ausgesprochenen Entscheide bedeuteten zwar noch nicht den Verlust des Eigentumsrechts, kamen in der Praxis aber in den meisten Fällen der Enteignung gleich. Von der Möglichkeit der Sicherstellung machte die Zentralstelle für Denkmalschutz in Eigeninitiative oder oft auch auf Antrag des Kunsthistorischen Museums Gebrauch. Die erste und umfangreichste Sicherstellung erfolgte über Antrag Fritz Dworschaks schon am 17. März, also nur vier Tage nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Die Maßnahme betraf den umfangreichen Kunstbesitz des jüdischen Industriellen Oskar Bondy, aus dessen berühmter Sammlung „alles Wesentliche [...]

1 SEYDEWITZ, Ruth und Max: Die Dame mit dem Hermelin, Berlin 1963. - ROXAN-WANSTALL, David: Der Kunstraub, München 1966, und die entsprechenden Kapitel in HAUPT, Herbert: Das kunsthistorische Museum: Die Geschichte des „Hauses am Ring"; Hundert Jahre im Spiegel historischer Ereignisse, Wien 1991, S. 123-174, und HAUPT, Herbert: Der Versuchung erlegen: Das kunsthistorische Museum unter nationalsozialistischer Herrschaft 1938 bis 1945. In: Jahrbuch des Historischen Vereins der Stadt Wien 51 (1995), S. 93-142. Das Buch von KURZ, Jakob: Kunstraub in Europa 1938-1945, Hamburg 1989 ist wegen entstellender Ungenauigkeiten nur mit Vorbehalt heranzuziehen. Die in den Anmerkungen verwendeten Abkürzungen sind wie folgt aufzulösen: A K M = Archiv des Kunsthistorischen Museums, B A = Bergungsakten, BGBl = Bundesgesetzblatt, E D = Erster Direktor, Eh. = Erzherzog, JBerichte = Jahresberichte, KL = Kommissarischer Leiter, MIKA = Ministerium für innere kulturelle Angelegenheiten, Ö U M = Österreichisches Unterrichtsministerium, RMi = Reichsminister, RSt = Amt des Reichsstatthalters in Wien.

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sichergestellt und in das Kunsthistorische Museum verbracht" wurde. 2 Die Beschlagnahmungen betrafen die Kunstsammlungen aus jüdischem Besitz, deren Eigentümer sich nach Ansicht der Nazis „in irgendeiner Weise gegen die deutsche Volksgemeinschaft gestellt" hatten. Die Beschlagnahmungen wurden von der GESTAPO meist selbständig, d. h. unkontrolliert und nur zum geringen Teil auf Grund der vom Museum zur Verfügung gestellten Listen durchgeführt. Während die Mitarbeit des Museums etwa bei der Beschlagnahme der Sammlungen Rudolf Gutmann, David Goldmann, Serena Lederer und Viktor Ephrussi - sie seien hier stellvertretend für viele andere jüdische Kunstsammlungen angeführt - von der GESTAPO gern gesehen wurde, blieb Dworschak der Zugang zu den Sammlungen der Barone Louis und Alphonse Rothschild zunächst verwehrt.3 Dies änderte sich, als der Bevollmächtigte aller Institutionen für bildende Kunst Prof. Leopold Blauensteiner der Eingabe Dworschaks entsprach und ihn am 9. Mai 1938 zum „Unterbevollmächtigten für die Bewachung der Sammlung beider Rothschilds" bestellte.4 Das tragische Schicksal der sprichwörtlich reichen jüdischen Bankiersfamilie Rothschild ist ein Spiegelbild für die Skrupellosigkeit, mit der die Nazis und in ihrem Gefolge auch die Verantwortlichen des Museums bei den Beschlagnahmungen vorgingen, und das bei einer Familie, deren Angehörige den Sammlungen des Kunsthistorischen Museums seit ihrem Bestehen stets großzügigst zur Seite gestanden waren. 5 Während die Brüder Alphonse und Eugene Rothschild sich und ihre Familien noch rechtzeitig dem Zugriff der Nazis durch Flucht entziehen konnten, wurde Louis Nathaniel Rothschild am 13. März 1938 am Flughafen Aspern von den Nazis aufgegriffen, verhaftet und ins Hotel Metropol gebracht, das der GESTAPO in den ersten Monaten nach dem Anschluß als Hauptquartier diente. Nur einen Tag später versiegelte die GESTAPO das Palais von Alphonse Rothschild in der Theresianumgasse und das Palais seines Bruders Louis Nathaniel in der Prinz-Eugen-Straße. Posten bewachten die Tore.6 Der Abtransport der berühmten Kunstsammlungen aus beiden Palais dauerte Wochen. Dworschak hebt anerkennend hervor, daß das „zielbewußte und umsichtige Vorgehen der GESTAPO [...] dem Reiche bedeutende Werte gesichert" habe. 7 Das Kunsthistorische Museum half dabei fleißig mit. So ersuchte Dworschak die Sicher-

2 Dieses und das folgende Zitat aus AKM, ZI. 302/KL/39, Dworschak an ÖUM, Wien, 12. Dezember 1939, Beilage. 3 AKM, ZI. 63/KL/39, Dworschak an Rst, Wien, 9. Februar 1939. 4 AKM, ZI. 25/KL/40, Beilage, Pro Memoria Dworschaks, Wien, 11. Juli 1939. 5 CONTE CORTI, Egon C.: Der Aufstieg des Hauses Rothschild, Wien 1953, und HEUBERGER, G. [Hrsg.]: Die Rothschilds, 1994. 6 HAIDER, Edgard: Verlorenes Wien: Adelspaläste vergangener Tage, Wien-Köln-Graz 1984, S.140—151. 7 AKM, ZI. 63/KL/39, Bericht Dworschaks an Bürckel, Wien, 9. Februar 1939.

Die Rolle des Kunsthistorischen Museums

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heitspolizei im Sommer 1938 um die Refundierung der Überstundenbezahlung für die Arbeitspartie des Museums, die ab März mit der Beschlagnahme des Rothschild'schen und anderen jüdischen Eigentums befaßt gewesen war. Der Wortlaut der Eingabe ist von erschreckender Gefühlskälte. Dworschak schreibt: „Es wurden seinerzeit mit Wissen des stellvertretenden leitenden Direktors Dr. Demel an die Arbeitspartie, welche die Abschleppungsarbeiten [!] der aus verschiedenen Judenbesitze beschlagnahmten, ßr das Zentraldepot bestimmten Gegenstände durchzuführen hatte, erhöhte Überstundenbeträge ausbezahlt. Die Auszahlung war durch die ausgesprochene Schwerarbeit der damit Befaßten (Tragen schwerer Möbelstücke, Marmoruntersätze, Marmorplatten etc.), die bis zu einer 12 stündigen Arbeitszeit [!] täglich geleistet haben, mehr als gerechtfertigt. "8 Wenig später sprach der neuernannte Direktor der Waffensammlung Leopold Ruprecht in seiner Eigenschaft als ständiger Vertreter Dworschaks „in Beschlagnahmungsangelegenheiten" beim Inspekteur der Sicherheitspolizei Hauptsturmbannführer Regierungsrat Tanzmann vor. Thema des Gesprächs war der vom Museum geforderte Kostenersatz für die Transporte beschlagnahmter Kunstgegenstände9. Die von Tanzmann bewilligten 2.500 RM mußten aus dem Bankhaus S. M. von Rothschild bezahlt werden. Die Kosten gingen in erster Linie auf den Abtransport der eigenen Rothschild'schen Sammlungen auf! Alphonse und Eugene Rothschild kämpften von Paris aus um die Eigentumsrechte am beschlagnahmten Familienbesitz. Nach monatelangen Verhandlungen wurde das Ergebnis am 8. Mai 1939 notariell beglaubigt. Der noch immer inhaftierte Louis Rothschild mußte seine Freiheit und Ausreiseerlaubnis mit dem offiziellen Verzicht auf sein gesamtes Vermögen teuer erkaufen. Auch das Alphonse Rotschild gehörende Vermögen in Großdeutschland fiel dem Reich anheim. Der Einzug deutscher Truppen in Paris und die Machtübernahme durch den mit Hitlerdeutschland kollaborierenden neuen französischen Ministerpräsidenten Marschall Henri-Philippe Petain zwangen Alphonse Rothschild zur Flucht nach New York, wo er 1942 im Exil starb. Dworschaks erstes Ziel war die Schaffung einer zentralen Sammelstelle, mit der man die Zersplitterung und unkontrollierte Aufteilung der beschlagnahmten bzw. „sichergestellten" Kunstgegenstände zu verhindern hoffte. Tatsächlich waren die bis Mai 1938 von der GESTAPO beschlagnahmten jüdischen Kunstgüter an den verschiedensten Orten aufbewahrt und eingelagert worden. Eine detaillierte Auflistung des Inhalts der beschlagnahmten Sammlungen war unterblieben, ihre sachgemäße „Bearbeitung" keineswegs gesichert. Erst nach mehreren Eingaben und unter politischem Druck gab der Chef der Wiener GESTAPO, SS-Oberführer Stahlecker, die Einwilligung zur Schaffung eines „Zentraldepots" der beschlagnahmten Kunstgegenstände aus jüdi8 AKM, ZI. 302/KL/39, Dworschak an MIKA, Wien, 2. Oktober 1939. 9 HAUPT, Das Kunsthistorische Museum (wie Anm. 1), S. 146.

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schem Besitz. Es wurde im Herbst 1938 auf Kosten des Kunsthistorischen Museums in den Sälen im ersten Stockwerk der Neuen Burg eingerichtet.10 Das Zentraldepot unterstand dem Kunsthistorischen Museum, das die gesamte Verwaltung und alle konservatorischen Arbeiten leistete. Die Zentralisierung der beschlagnahmten Kunstwerke in Wien und ihre Betreuung durch das Kunsthistorische Museum fand freilich nicht überall ungeteilte Zustimmung. Vor allem die Landes- oder nach damaliger Diktion: Gaumuseen fürchteten, von Wien übervorteilt zu werden. Der Versuch, den Abtransport von beschlagnahmtem Kunstbesitz nach Wien zu verhindern, hatte aber nur in seltenen Fällen Erfolg. Den unter der Leitung des Direktors der Waffensammlung Leopold Ruprecht katalogisierten, photographierten und sachgemäß aufgestellten Kunstwerken aus jüdischem Besitz galt auch das Hauptinteresse Adolf Hitlers bei seinem ersten Besuch in der Neuen Burg am 25. Oktober 1938. Hitler lobte die geleistete Arbeit und bezeichnete die Säle der Neuen Burg als die „ idealen Ausstellungsräume für die vom Kunsthistorischen Museum hier zur Unterbringung vorgesehenen Sammlungen",n Endlich, im Herbst 1939, war das Inventar des Zentraldepots fertiggestellt. Es umfaßte (ohne Medaillen und Münzen) fast zehntausend Kunstwerke verschiedenster Art. Die administrative und konservatorische Betreuung des Zentraldepots nahm das Personal des Kunsthistorischen Museums durch mehr als ein Jahr fast völlig in Anspruch und blockierte zudem die dringend benötigten Ausstellungsräume in der Neuen Burg. Das betonte Interesse Dworschaks an der zentralen Aufbewahrung des sichergestellten und beschlagnahmten Kunstbesitzes unter musealer und damit staatlicher Aufsicht war freilich nicht uneigennützig. Das Kunsthistorische Museums erhoffte und erwartete die Zuweisung ausgewählter „einschlägiger Werke" aus dem beschlagnahmten Kunstgut für die eigenen Sammlungen. Im Besonderen galt dies für die Gemäldegalerie und die Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe. Dworschak vergaß nicht festzustellen, daß es sich [dabei] um eine einzigartige, nie wiederkehrende Gelegenheit einer Erweiterung [...] auf sehr vielen Gebieten" handelte.12 Vor allem sollte die Lücke im Bestand der französischen und englischen Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts durch entsprechende Zuweisungen aus den Sammlungen Louis und Alphonse Rothschild sowie aus der Sammlung Thorsch geschlossen werden13. Seit Frühsommer 1939 hielt Dworschak engen Kontakt mit dem Direktor der staat-

10 AKM, ZI. 162/KL/39, Dworschak an RMi Rust, Wien, 6. Mai 1939. 11 Die endgültige Liste in AKM, ZI. 180/KL/40. 12 Z Ö H R E R , August: Dr. Hans Posse, der Schöpfer des Linzer Kunstmuseums. In: Linz - Erbe und Sendung, Linz 1943, S. 7-16. Die ausführliche Korrespondenz erliegt im AKM, ZI. 25/KL/40. Der erste Brief Dworschaks an Posse datiert vom 3. Juli 1939. 13

K U B I N , Ernst: Sonderauftrag Linz: Die Kunstsammlung Adolf Hitler; Aufbau, Vemichtungsplan, Rettung; Ein Thriller der Kulturgeschichte, Wien 1989.

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liehen Gemäldegalerie in Dresden, Hans Posse.14 Dieser war von Hitler am 20. Juni 1939 zum Leiter des geplanten Führermuseums in Linz bestellt und mit allen Vollmachten ausgestattet worden. Hauptthemen der bis zu Posses Tod 1942 fortgeführten Korrespondenz waren der Kunstmarkt in den besetzten Gebieten (Niederlande, Belgien, Frankreich), die Aufteilung des beschlagnahmten jüdischen Kunstbesitzes und die Abwehr der „Ambraser Forderungen" des Tiroler Gauleiters Franz Hofer. In allen Fällen erwies sich Posse als einflußreicher Förderer der Interessen des Kunsthistorischen Museums, dessen einzigartige Bestände er in seiner Studienzeit in Wien kennen und schätzen gelernt hatte. Der „Sonderauftrag Linz" machte die Sichtung des beschlagnahmten Kunstgutes notwendig, wozu Posse im Spätsommer und Herbst 1939 mehrmals auch nach Wien reiste15. Aus Sorge, daß durch unkontrollierte Entnahmen aus dem beschlagnahmten Kunstbesitz der Führersammlung wertvolle Kunstwerke verlorengehen könnten, verfügte Hitler in einem Schreiben an alle Reichsminister, Reichsstatthalter und Landesregierungen am 10. August ein striktes Verbot der „ Herausnahme von Gegenständen aus Sammlungen, Museen und ähnlichen Einrichtungen zu Geschenkzwecken".16 Hitler behielt sich die Erwerbung der von Posse als geeignet angesehenen Kunstwerke aus ehemals jüdischem oder staatsfeindlichem Besitz ausdrücklich vor.17 Sie sollten gemeinsam mit der 1933 bis 1938 von Hitler zusammengetragenen Münchener Sammlung den Grundstock für das Linzer „Museum der Superlative" bilden. Die von den Landes- und Staatsmuseen urgierten Zuteilungen aus dem Zentraldepot konnten naturgemäß erst nach der Auswahl durch Posse erfolgen. So sehr die Verzögerung aus der Sicht der Museen bedauerlich war, so gab der „Führervorbehalt" Dworschak die Möglichkeit, die von Militärs, Staatsstellen und Parteifunktionären immer wieder an ihn herangetragenen Wünsche nach Objekten aus dem Bestand der beschlagnahmten Kunstwerke als unerfüllbar zurückzuweisen.18 Nachdem Posse die Reservierungen für die „Führersammlung" vorgenommen hatte, setzte ein regelrechter Wettlauf um das noch immer überaus reiche und qualitativ wertvolle Beutegut ein. Alle wollten beteilt werden, niemand widerstand der Versuchung. Alte Rivalitäten zwischen den Landesmuseen und den staatlichen Wiener Sammlungen brachen wieder auf. Mit unverhohlener Mißgunst blickte man in Graz, Salzburg und Innsbruck auf die lange Wunschliste vor allem des Kunsthistorischen Museums. Dworschak sah sich bei höchster Stelle zur Rechtfertigung gegen den Vorwurf maßloser 14 Α KM, ZI. 327/KL/349, Abschrift, RMi Lammers an RSt. Wien, Berlin, 10. August 1939. 15 MIKA, ZI. IV-4b-340.508, Plattner an Dworschak, Wien, 18. September 1939 und AKM, ZI. 135/KL/39. 16 Als ein Beispiel für viele sei das am 16. Jänner 1939 vom Heeresgruppenkommando V an Dworschak herangetragene Ansuchen der Generäle List und Kienitz um Entlehnung beschlagnahmter Gegenstände angeführt, AKM, ZI. 17/KL/39. 17 AKM, ZI. 25/KL/40, Beilage, Pro Memoria Dworschaks vom 11. Juli 1939. 18 AKM, ZI. 222/KL/39, Dworschak an Inspekteur der Sicherheitspolizei, Wien, 30. Juni 1939.

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Raffgier gezwungen.19 Er verwies dabei auf die Leistung des Museums beim Zustandekommen des Zentraldepots. Zudem habe der Führer bei seinem zweiten Besuch des Zentraldepots in der Neuen Burg am 11. Juni 1939 Verständnis für eine „umfangreichere Antrags-Stellung durch Wien" geäußert, gleichzeitig aber seine Absicht klargestellt, auch „andere Museen der Ostmark" aus den Beschlagnahmungen zu beteilen.20 Tatsächlich zogen sich Aufteilungen und Zuweisungen bis in die vierziger Jahre hin. Die wertvollsten Bestände des Zentraldepots waren auf Befehl Hitlers schon in den den ersten Kriegstagen verpackt und außerhalb Wiens geborgen worden (Jagdschloß Steinbach, Kartause Gaming, u. a.). Schwer verbringbare Stücke, wie ein großer Teil des Mobiliars, waren in speziell bereitgestellten Luftschutzräumen in Wien untergebracht. Der in der Neuen Burg verbliebene, neu gruppierte Rest sowie die umfangreichen Zettel- und Photokarteien nahmen im Dezember 1939 aber noch immer einen so großen Raum ein, daß es unmöglich war, dem Wunsch des Ministeriums nach Sonderausstellungen zu entsprechen. Zur „teilweisen Beseitigung der räumlichen Schwierigkeiten" reichte Dworschak eine neuerliche Wunschliste ein. Sie betraf 1. eine Anzahl repräsentativer Stilmöbel, Luster und Teppiche zur Ausstattung der Neuen Burg, 2. Musikinstrumente aus der Sammlung Alphonse Rothschild, 3. Waffen aus den Sammlungen Alphonse und Louis Rothschild für die in Neuaufstellung begriffene Waffensammlung und 4. Medaillen und Münzen als Ergänzung für das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums.21 Die Genehmigung für die beiden ersten Punkte erfolgte am 28. Februar 1940.22 Schon zuvor, am 5. Februar, war die Nachricht von der Entscheidung Hitlers in Wien eingetroffen, die aus dem Salzburger Erzstift St. Peter verkauften Kunstwerke (Mitra, Kelch, Patene etc.) erbetenermaßen dem Kunsthistorischen Museum zuzuteilen.23 Auf Betreiben des scheidenden letzten österreichischen Unterrichtsministers Friedrich Plattner wurde im Juli 1940 „ das gesamte, vom Kh. Museum aus eigendster [!] Initiative in den ersten Monaten nach dem Anschluß zusammengetragene Material (Neue Burg)" - gemeint ist das Zentraldepot der beschlagnahmten Kunstwerke - unter die Verwaltung des Instituts für Denkmalpflege und seines Leiters DDr. Herbert Seiberl gestellt.24 Dworschak empörte sich darüber in einem Brief an Posse: „Das ist der Lohn dafür, daß ich damals unter erheblichen Kosten und Arbeitsaufwand jene sachliche Arbeit in Angriff nahm, deren Durchführung Auf19 AKM, ZI. 25/KL/40, Dworschak an Posse, Wien, 12. Dezember 1939. 20 AKM, ZI. 25/KL/40, Posse an Plattner, Dresden, 28. Februar 1940. 21 AKM, ZI. 25/KL/40, Briefe Posses an Dworschak und Plattner, Dresden, 5. Februar 1940. 22 Dieses und die beiden folgenden Zitate in AKM, ZI. 25/KL/40, Dworschak an Posse, Wien, 19. Juli 1940. 23 AKM, ZI. 180/KL/40 und Institut für Denkmalpflege, ZI. 2269/K ex 1940, Seiberl an Dworschak, Wien, 10. September 1940. 24

H A M M E R , Katharina: Glanz im Dunkel: Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammergut am Ende des 2. Weltkrieges, 2. Aufl., Wien 1990.

Die Rolle des Kunsthistorischen Museums

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gäbe des Denkmalamtes gewesen wäre!" Nicht zuletzt sah Dworschak mit dieser Entwicklung die Hoffnung auf die erbetene Gemäldezuweisung aus dem Zentraldepot schwinden, da das Museum vom Denkmalamt erfahrungsgemäß „bei aller Freundschaft nicht die geringste Unterstützung" erwarten könnte. Diese Befürchtung erfüllte sich allerdings nicht. Durch die Vermittlung Posses erhielt das Museum am 10. September 1940 die erbetenen 16 erstrangigen Gemälde französischer und englischer Meister.25 Das „Männliche Bildnis" des Frans Hals und das sogenannte „kleine" Galeriebild von David Teniers d. J. machten den prominenten Zuwachs komplett. Die sich verschlechternde militärische Lage machte die Umbergung des Zentraldepots notwendig. Als zentraler Bergungsort für die wertvollsten Stücke diente das als staatsfeindlich aufgehobene Benediktinerstift Kremsmünster. Hier war neben den stiftseigenen vor allem die Rothschild-Sammlungen untergebracht. Zur sachgemäßen konservatorischen Betreuung stellte das Kunsthistorische Museum den technischen Restaurator Prof. Franz Sochor ab, der auch die Katalogisierung des Bestandes vornahm. Andere, weniger bedeutende Bestände des Zentraldepots verblieben bis Kriegsende in kleineren Bergungsräumen in und um Wien. Im Kriegsjahr 1943 schien auch Stift Kremsmünster nicht mehr sicher genug. Auf Betreiben von Gottfried Reimer - er war nach dem Tod Hans Posses im Dezember 1942 bis zur Bestellung von Hermann Voss im März 1943 interimistisch mit der Leitung des „Sonderauftrages Linz" betraut worden und unter Voss für die Bergung der Führersammlung verantwortlich - ordnete Hitler im Dezember 1943 die Verbringung der Kunstwerke aus den bisherigen Bergungsorten ins Altausseer Salzbergwerk an.26 Die aufwendige Umbergungsaktion hatte auf Befehl Hitlers am 10. Jänner 1944 zu beginnen. Ohne Unterbrechung brachten Züge und Lastwagen wertvollstes Kunstgut in den „Bergungsstollen des Reiches". Hier fand auch die Odyssee der Hauptbestände des Zentraldepots ihr zumindest vorläufiges Ende.

ÜBERNAHME VON „STAATSFEINDLICHEM" KUNSTGUT: DEUTSCHER ORDEN, ORDEN VOM GOLDENEN VLIES UND STIFT KLOSTERNEUBURG

Zu dem als „staatsfeindlich" eingestuften Besitztum zählten auch Schatz und Archiv des Deutschen Ordens, der Schatz des Ordens vom Goldenen Vlies und die Kunstsammlungen von Stift Klosterneuburg. In allen Fällen war es dem schnellen und engagierten Eingreifen Fritz Dworschaks zu danken, daß die drohende Gefahr der Auftei25 Vgl. den im Rückblick verfaßten Bericht Dworschaks über den „Deutschen-Ritter-Orden" vom 11. Mai 1945, AKM, ZI. 36/ED/45. 26 AKM, JBerichte, Jahresbericht 1938/1939, S. 22 f.

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lung und damit die unwiederbringliche Zerstörung dieser erstrangigen Kulturgüter verhindert werden konnten.27 Als vom Museum nur zu gern gesehene „Nebenerscheinung" erhielten zudem die eigenen Bestände einen kultur- und kunstgeschichtlichen Zuwachs von unschätzbarem Wert. Am 1. September 1938 wurde die Bailei Österreich des Deutschen Ritterordens von den Nazis aufgehoben. 28 In der Folge wies Dworschak den Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände, Reichsleiter Albert Hoffmann, am 29. September brieflich darauf hin, daß die Erhaltung der ansehnlichen kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen des Deutschen Ritterordens für das Reich „unter allen Umständen " geboten schiene, „ zumal der Orden in der deutschen Geschichte seinerzeit eine wichtige Rolle spielte". Dworschak machte sich namens des Kunsthistorischen Museums erbötig, für die sachgemäße Verwaltung der Kunstsammlungen des Deutschen Ritterordens zu sorgen und regte an, die Sammlungen des Ordens „museal geschlossen" zur Aufstellung zu bringen. Auf jeden Fall aber sollte der Kunstbesitz „im Zuge der Liquidierung" den staatlichen Wiener Sammlungen „als den zuständigen Stellen" überwiesen werden29. Dworschaks Bemühungen waren erfolgreich: Im August 1939 wurde die Aufteilung des Deutschordensbesitzes nach sachlichen Gesichtspunkten und „im Interesse einer geschlossenen Bewahrung und Aufstellung der Sammlungen" beschlossen. Das wertvolle Ordensarchiv wurde dem Reichsarchiv (Haus-, Hof- und Staatsarchiv), die Kunstsammlungen (Ordensschatz, Gemälde, Graphiken, Münzsammlung) dem Kunsthistorischen Museum übergeben. Die drohende Gefahr der Abwanderung des Ordensschatzes nach Mergentheim, von wo er nach der Aufhebung des ehemaligen Deutschen Ritterordens 1805 nach Wien gelangt war, war damit fürs erste gebannt. Das Ersuchen von Staatsminister Meißner um Überlassung der originalen Kette und des Bildnisses des Hochmeisters des Deutschen Ritterordens Hermann von Salza (1210-1239) zur Ausschmückung des „Tannenberg-Ehrenmals" konnte abgewiesen werden. Es erinnerte an die Schlacht bei Tannenberg (Stebark) vom 17. Juli 1410, in der die vereinigten Truppen Polens und Litauens den Ordensrittern eine vernichtende Niederlage zugefügt hatten. Auch die Anregung des Leiters des Instituts für Denkmalpflege Herbert Seiberl, die Ordenssammlungen in der Deutschordenskirche in der Singerstraße (Wien I.) zugänglich zu machen, lehnte Dworschak ab. Seiner Vorstellung nach sollte der Ordensschatz in Zukunft in der Schatzkammer aufgestellt werden, deren Neugestaltung durch den Verlust der Reichsinsignien und Reichskleinodien notwendig geworden war.

27 Die vorangegangenen Zitate entnommen aus AKM, ZI. 265/KL/38, Dworschak an Hoffmann, Wien, 29. September 1938. 28 BGBl, vom 18. November 1938, S. 1620. 29 AKM, ZI. 2/KL/39, Bericht Dworschaks an RSt, Wien, 3. Juni 1939.

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Im Sinne der Verordnung über „volks- und staatsfeindliches Vermögen" vom 18. November 193830 wurde im Spätherbst dieses Jahres auch die Einziehung des Vermögens des Ordens vom Goldenen Vlies angeordnet. Die Einziehung sollte „zugunsten des Reiches unter Belassung in den Wiener staatlichen Kunstsammlungen" erfolgen. Bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten hatte der jeweilige Chef des Hauses Habsburg-Lothringen in seiner Funktion als Ordenssouverain die Ordensverleihungen vorgenommen. Die dafür notwendigen Ordensdekorationen wurden von der Wiener Ordenskanzlei ausgefolgt. Am 22. Dezember 1938 übernahm Dworschak vom letzten Ordenskanzler Maximilian Freiherr von Biegeleben 37 Ordenskollanen und acht Halsdekorationen. Sie waren mit Zustimmung der in Wien lebenden Ordensmitglieder in einem Tresor im Stadtpalais des Regierenden Fürsten von Liechtenstein, Franz Joseph II., hinterlegt worden. 31 Dworschak sagte bei dieser Gelegenheit die „dauernde und würdige Schaustellung" der Kleinodien im Rahmen der Sammlungen des Kunsthistorischen Museums zu.32 Die lebenden Träger des Ordens wurden ersucht, ihre Kollanen „nach deren Erledigung" dem Kunsthistorischen Museum zu vermachen. Sechs Halsdekorationen des Ordens vom Goldenen Vlies aus dem Besitz Erzherzog Antons wurden im Frühjahr 1939 im niederösterreichischen Schloß Herrnstein „sichergesellt".33 In einem Bericht an das zuständige Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten rechtfertigte Dworschak das mit Staatssekretär Kajetan Mühlmann abgesprochene Vorgehen des Museums nachträglich damit, daß sich die Zimelien des VliesOrdens (Meßornat, Schwurkreuz, Heroldskette, etc.) ja schon seit Jahrzenten als Leihgaben in der Schatzkammer befänden. Zudem wäre es in letzter Zeit immer wieder vorgekommen, daß Ordenskollanen entgegen den Statuten nach dem Todesfall ihrer Träger nicht an die Ordenskanzlei abgeliefert wurden, sondern im Privatbesitz verblieben. Daß Dworschaks Befürchtung, die wertvollen Kollanen könnten in die Hände unbefugter Dritter gelangen, durchaus berechtigt war, bezeugt ein Vorfall im April 1938: Die Max Hohenberg 1932 verliehene Kollane Nr. 13 vom Goldenen Vlies wurde bei einer Hausdurchsuchung von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt und an einen unbekannten Ort verbracht. Alle Versuche, die Kollane wieder zurückzuerhalten, blieben erfolglos. Hohenberg reagierte auf die im Juni 1939 von Dworschak geäußerte Bitte, die Kollane dem Kunsthistorischen Museum zu überlassen, mit verständlicher Verbitterung: Er könnte dem Museum schließlich nur etwas vermachen, was er besäße. Wenn Dworschak von ihm die Kollane wollte, müßte er zunächst einmal feststellen, wo sie sich derzeit befände. 34 30 AKM, ZI. 2/KL/39, Dworschak an Eh. Heinrich Ferdinand, Wien, 24. Mai 1939. 31 AKM, ZI. 10/KL/39. 32 AKM, ZI. 2/KL/39, Hohenberg an Dworschak, Artstetten, 23. Juni 1939. 33 AKM, ZI. 87/3/KL/41, Dworschak an RSt, Wien, 16. Mai 1941. 34 AKM, AVO 1938-1941, Appell vom 17. Juni 1941 und AKM, ZI. 150/KL/41.

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Das Frühjahr 1941 brachte die Entscheidung der anstehenden Frage über die künftige Verwendung von Klosterneuburg. Das altehrwürdige Augustiner-Chorherrenstift war als eine der letzten kirchlichen Institutionen „Großwiens" aufgelöst und sein Besitz eingezogen worden. Der Leiter des Instituts für Denkmalpflege Herbert Seiberl schlug im März 1941 vor, die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen des Stiftes der Aufsicht des Kunsthistorischen Museums zu unterstellen. Der von Dworschak nach Kräften unterstützte Vorschlag fand die Billigung des zuständigen Regierungspräsidenten der Wiener Reichsstatthalterei Hans Dellbruegge. Während hohe HJFührer nach einer eingehenden Besichtigung des Stiftsgebäudes von der geplanten Nutzung als HJ-Schule Abstand nahmen, erwuchs dem Kunsthistorischen Museum in den Wiener Städtischen Sammlungen ein ernster Konkurrent. Unter massivem politischen Druck forderte das Historische Museum die Auslieferung der Kunstsammlungen und des Archivs von Stift Klostemeuburg an die Stadt Wien. Dellbruegge riet zur Abfassung einer gemeinsamen Denkschrift des Instituts für Denkmalpflege, des Reichsarchivs (Österreichisches Staatsarchiv), der Nationalbibliothek und des Kunsthistorischen Museums. Im Mai 1941 wendete sich das Blatt zugunsten Dworschaks. Hitlers Sonderbeauftragter Hans Posse verzichtete im „Hinblick auf die Geschlossenheit des Bestandes" von Stift Klosterneuburg auf eine Auswahl von Objekten für das Linzer Führermuseum. 35 Nun war der Weg frei, und der Wiener Reichsleiter und Reichsstatthalter Baidur von Schirach brachte bei höchster Stelle den Antrag auf Verbleib des gesamten Kulturbesitzes von Stift Klosterneuburg „an Ort und Stelle" ein. Mit Stichtag 16. Juni 1941 übernahm das Kunsthistorische Museum im Auftrag der Reichsstatthalterei die Betreuung der Kunstsammlungen des Stiftes36. Als verantwortlicher Vertreter des Museums amtierte der Kustos der Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe Heinrich Klapsia ständig vor Ort. Der Auftrag Schirachs umfaßte die Schatzkammer, die Räume und Sammlungen im 1. und 2. Obergeschoß des Kaiserhofes sowie das Altstift mit dem Museum. Die Innenbewachung des genannten Komplexes besorgte die uniformierte und bewaffnete Museumswache. Der Wehrmacht verblieben das Erdgeschoß und sieben Wohnräume für Offizere im 1. Obergeschoß.37 Dworschak hatte in der Übernahme fremden Besitzes bereits Übung. Zu allererst wurde eine detaillierte Dienstordnung erlassen. Sie regelte die Beteiligung der zuständigen Sammlungen des Kunsthistorischen Museums an der Betreuung der Stiftssammlungen, deren Gegenstände ausschließlich zu „Instandsetzungs- oder wissenschaftlichen Arbeiten" auf Zeit ins Kunsthistorische Museum verbracht werden durften. Der Inhalt der Schatzkammer, des Stiftsmuseums und aller übrigen Räume 35 A K M , ZI. 160/KL/41, Dworschak an Oberstleutnant Huber, Wien, 18. Juni 1941. 36 A K M , ZI. 150/10/KL/41, Dworschak an RSt, Karlsbad, 2. Juli 1941. 37 A K M , ZI. 204/KL/38, Beilage. Stix legte den Instruktionsentwurf am 12. Mai 1938 vor.

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wurde dem Museum vom Institut für Denkmalpflege als Sonderinventar „Stift Klosterneuburg" übergeben. 38 Das Stiftspersonal (Gärtner, Reinigungs- und Kanzleikräfte, etc.) wurde großteils mitübernommen. 1943 gingen schließlich der gesamte Grundbesitz, alle Liegenschaften und Gebäude des vormaligen Stiftes auch grundbücherlich ins Eigentum des Kunsthistorischen Museums über. Schon bald entfaltete das Kunsthistorische Museum rege kulturelle Aktivitäten im Stift. Auch der Ausbau Klosterneuburgs zum Bergungsort ersten Ranges ging zügig voran.

D I E B E R G U N G DER K U N S T W E R K E

Kunstwerke aller Art waren seit Menschengedenken in Kriegszeiten von Zerstörung bedroht. Verteidigung und Schutz orientierten sich stets an der waffentechnischen Entwicklung. Seit dem Ersten Weltkrieg bestand die bis dahin unbekannt gewesene Bedrohung durch Luftangriffe. Wie alle Kultureinrichtungen reagierten auch die Museen auf diese neue Herausforderung. So verfaßte der Erste Direktor des Kunsthistorischen Museums Alfred Stix in seiner Eigenschaft als Direktionsmitglied des „Office International des Musdes" im Dezember 1937 einen ausführlichen „Entwurf für eine Instruktion zum Schutze der Kunst- und Kulturhistorischen Museen gegen Luftangriffe",39 Diese Denkschrift bildete die Grundlage für die Vorgangsweise auch seines Nachfolgers und langjährigen Kollegen Fritz Dworschak. Luftschutzmaterialien wie Gasmasken, Wassereimer, Spritzen und Schutzkleidung wurden angekauft und ein verantwortlicher Luftschutzleiter bestellt. Schon am 8. Oktober 1938, fast ein Jahr vor Kriegsbeginn, traf das Museum wegen der „drohenden Kriegsgefahr" im Auftrag der Reichsstatthalterei erste Maßnahmen zum Schutz der Sammlungen und der Belegschaft. Jede Sammlung hatte Bergungslisten zu erstellen, die die Sammlungsgegenstände ihrer Bedeutung nach in drei Gruppen einteilten: Die in Gruppe A zusammengefaßten Spitzenwerke waren im Ernstfall sofort in einem Tresor des Österreichischen Postsparkassenamts zu bergen, die Objekte der Gruppe Β in den 2. Keller der Neuen Burg zu verbringen und die am wenigsten wertvoll eingestuften Gegenstände der Gruppe C waren im Kunsthistorischen Museum selbst sicher zu verwahren. 40 Der Luftschutz wurde im Museum ernst genommen. Unter Leitung des ausgebildeten Luftschutzreferenten Kustos Rudolf Noll fanden wöchentlich verpflichtende Luftschutzübungen statt, an denen auch der offizielle Luftschutzleiter Fritz Dworschak teilnahm. Die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines Krieges begann sich seit Frühjahr

38 A K M , ZI. 275/KL/38. 39 A K M , ZI. 245/KL/39, Dworschak an Major Kogard, Wien, 24. Juli 1939. 40 RSt, ZI. IV-4b-339.455, Plattner an Dworschak, Wien, 8. September 1939.

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1939 immer deutlicher abzuzeichnen. Im Auftrag der Reichsstatthalterei meldete Dworschak am 24. Juli 1939 der Wehrersatzinspektion, Standortkommandantur Wien, den für eine mögliche Erstbergung von Kunstwerken benötigten Raumbedarf „am Rande des Wiener Stadtgebiets" an.41 Zugewiesen wurden u. a. die Gastwirtschaft „Schottenhof" (Amundsenstraße 4), das Waldhotel „Wassergspreng" bei Gießhübl im damaligen XXIV. Wiener Gemeindebezirk sowie das Hotelrestaurant „Hubertushof" bei Sulz, gleichfalls in Wien XXIV. Unmittelbar nach Kriegsbeginn setzte die lang vorbereitete Bergung der Kunstwerke der Gruppe Α ein. Fritz Dworschak wurde am 8. September 1939 von Unterrichtsminister Plattner mit der Funktion des Bergungsleiters „für den Bereich der staatlichen Kunstmuseen und des Museums für Völkerkunde" betraut.42 Die zwei wichtigsten Bergungsorte außerhalb Wiens waren das ehemals Rothschild'sche Jagdschloß Steinbach in der Gemeinde Göstling an der Ybbs (Deckname „Jagd") und die Kartause Gaming (Deckname „Schloß")43. Die Verbringung lief auf vollen Touren. Schon am 7. Oktober 1939 ersuchte Dworschak den Inspekteur der Sicherheitspolizei, Regierungsrat Tanzmann, um zusätzliche 15 Lebensmittelkarten für Schwerarbeiter für die Museumswache in Gaming und Steinbach, wo „im Zuge der von den Wiener Staatlichen Kunstsammlungen getroffenen Luftschutzmaßnahmen" die „wertvollsten Bestände derselben einschließlich eines Großteils der aus jüdischem Besitz beschlagnahmten Kunstgegenstände" untergebracht waren.44 Für beide Bergungsorte trat eine von Dworschak verfaßte detaillierte Dienstordnung in Kraft.45 Wissenschaftler und Restauratoren des Museums kontrollierten in regelmäßigen Abständen den Zustand des Bergegutes. Ein Verbindungsdienst zwischen den Bergungsorten und Wien wurde eingerichtet, das Generalreferat für Kunstförderung, Staatstheater, Museen und Völksbildung in monatlichen Berichten über die Bergungsorte informiert. Gaming wurde gleichsam zu einer Außenstelle des Kunsthistorischen Museums. Unmittelbar nach Beginn der Bergung hatte Dworschak Karl Ortner zum Bergungsleiter bestellt. Als dieser zum Militärdienst eingezogen wurde, übernahm 1940 bis 1945 der aus Golling stammende Kunsthistoriker Karl Pollhammer (1886-1947) diese Funktion. Das Aufsichtspersonal rekrutierte sich sinnvollerweise aus Männern aus der unmittelbaren Umgebung von Gaming. Ihre Ortskenntnis sollte sich in schwierigen Zeiten mehrmals bewähren. Im Großen und Ganzen verlief diese

41 HAUPT, Herbert: Die Bergung von Kunstgütern in der Kartause Gaming während des Zweiten Weltkrieges. In: HILDEBRAND, Walter: 650 Jahre Kartause Gaming: Vielfalt des Heilens. Ganzheitsmedizin, Gaming 1992, S. 617-622 [Ausstellungskatalog ]. 42 Α KM, ZI. 300/KL/39, Dworschak an Inspekteur der Sicherheitspolizei, Wien, 7. Oktober 1939. 43 RSt, ZI. IV-4b-339.455/39 und AKM, ZI. 293/KL/39. 44 AKM, ZI. 70/KL/41.

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erste Phase der Bergung problemlos. Wenn überhaupt, ergaben sich Schwierigkeiten durch nicht informierte Landes- und Landesparteistellen vor Ort. Die ganze Problematik der Bergung wurde an einem Vorfall in Gaming deutlich. Am 11. Februar 1941 brach durch die Überhitzung eines Ofens im Schlafsaal der Schülerinnen der landwirtschaftlichen Fachschule für Mädchen um 19.15 Uhr ein Zimmerbrand aus. Das Feuer hatte sich durch die brennende Holzverschalung bereits auf den darüberliegenden Dachboden ausgebreitet. In höchster Eile wurden erste Löschmaßnahmen getroffen. Gleichzeitig mußten die an den Schlafsaal anschließenden Bergungsräume evakuiert werden. Besondere Gefahr war im ehemaligen Turnsaal im Verzug. Hier lagerten, auf Bretterstellagen aufgebockt und in Leinensäcken eingehüllt, wertvolle Tapisserien. Angesichts der drohenden Feuergefahr warf man die Leinensäcke kurzerhand aus den Fenstern in den Hof. Als die Ortsfeuerwehr eintraf, war der Brand bereits unter Kontrolle. Der Schock saß tief. Unter dem Eindruck des Ereignisses gelang es Dworschak endlich, den größten Teil der Kartause von Mitbewohnern frei zu bekommen. 46 Wenig später begann der Abtransport der noch in der Neuen Burg gelagerten Bestände der „Führersammlung" aus dem beschlagnahmten Kunstbesitz von Alphonse und Louis Rothschild. Auf Vorschlag Hans Posses entschied Hitler am 23. Mai 1941, alle dem Linzer Führer-Museum zufallenden Gegenstände unverzüglich in den neuen zentralen Sammelpunkt Stift Kremsmünster zu verbringen. Der erste Transport verließ Wien schon am 29. Mai. Der Umfang der Aktion wird aus dem benötigten Zeitaufwand ersichtlich. Volle drei Monate rollten die Lastkraftwagen von Wien nach Kremsmünster, wo der Chefrestaurator des Museums Josef Hajsinek das eintreffende Kunstgut genau katalogisierte. Posse zollte der Aktion höchstes Lob: Das angelegte Verzeichnis wäre „ausgezeichnete" Wiener Arbeit". 47 Im März 1942 wurde in Wien erstmals Fliegeralarm ausgelöst, hörbares Signal für die sich aus deutscher Sicht verschlechternde Kriegslage. Die Nazis reagierten auf die neue Situation im Frühsommer 1942 mit der Errichtung einer eigenen Abteilung zur Durchführung von Luftschutzmaßnahmen auf kulturellem Gebiet am „Reichskulturreferat" der Reichsstatthalterei Wien. Mit der Leitung der neuen Abteilung betraute Baidur von Schirach Regierungsrat Ludwig (Baron) von Berg. Ihm oblag ab nun die zentrale Leitung aller staatlichen Bergungsmaßnahmen. Er koordinierte die Tätigkeit der Museumsdirektoren und stellte die Kontakte zum Gauleiter her. Als langjähriger Kenner und Freund der Wiener Museen genoß Berg das volle Vertrauen auch Fritz Dworschaks. Die Bergung der Kunstwerke der Dringlichkeitsstufe Β wurde beschleu-

45 AKM, ZI. 125/11/KL/41, Posse an Dworschak, Dresden, 18. August 1941. 46 AKM, ZI. 78b/17/ED/42, Dworschak an RSt, Wien, 12. Dezember 1942. 47 AKM, ZI. 1/III/10/ED/43, Dworschak an RSt, Wien, 13. Mai 1943.

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nigt. Die im Frühjahr 1942 aus Sicherheitsgründen notwendig gewordene Auflösung des Bergungsortes „Jagd" (Schloß Steinbach)48 machte die Suche nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten zur vorrangigen Aufgabe. Das Bergegut sollte „nach dem Grundsatz der Gefahrenteilung" auf Bergungsorte in und außerhalb Wiens aufgeteilt werden. In Wien standen ca. 6.000m2 klimatisch geeignete Bergungsräume zur Verfügung. Hierzu gehörten der 2. Keller der Neuen Burg, der Augustinerkeller, der untere Tresor des Postsparkassenamtes, die Keller- und Tiefparterreräume in den Museumsgebäuden und der „Alkohol-Bunker" des Naturhistorischen Museums, in dem ursprünglich mehr als 200.000 Liter Alkohol, verteilt auf hunderttausende Fläschchen mit Alkoholpräparaten, gelagert waren. Zu „Groß-Wien" gehörte auch Stift Klosterneuburg, dessen Keller- und Tiefgeschoßräume Dworschak durch Vermauerungen und den Einbau von Beheizungs- und Belüftungsanlagen zum zentralen Bergungsort „Stift" umgebaut hatte.49 Hier waren bis in die letzten Kriegstage auch die österreichischen Krönungsinsignien geborgen gewesen. Bei der Auswahl der Bergungsorte außerhalb Wiens war man auf eine Beschränkung auf Niederösterreich bemüht. Objekte des Kunsthistorischen Museums befanden sich u. a. in den Schlössern Zweieichen (Gemeinde Gaaden: Gemälde, Musikinstrumente), Eckartsau (Gemälde), Waidhof (Gemeinde Weidlingbach: Gemälde, Geistliche Schatzkammer), Schoeller (Gemeinde Hirschwang an der Rax) und Stiebar (Gemeinde Gresten: Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, Gemälde, Bücher, Musikinstrumente). In Gresten war auch der „Gstettnerhof" vom Kunsthistorischen Museum belegt.50 Noch galt Wien als vergleichsweise sicher. 1942 häuften sich die Bergungsansuchen deutscher Museen, die in den meisten Fällen aber unter Hinweis auf die eigenen Platzprobleme abgelehnt wurden. Eine Ausnahme war die Galerie der Stadt Kassel, von der am 12. Oktober 1942 63 Bilder übernommen und in die Tresore des Postsparkassenamtes verbracht wurden51. Die Zerstörungen in Kassel machten die Heimkehr der Bilder erst im Februar 1956 möglich. Zuvor wurden sie in den wiederhergestellten Räumen der Gemäldegalerie im ersten Stockwerk des Kunsthistorischen Museums im Rahmen der Sonderausstellung „Die Gemälde der Kasseler Galerie kehren zurück" dem Publikum präsentiert. Im September 1942 legte Dworschak dem Reichsstatthalter einen zusammenfassenden Bericht über den Stand der Bergung vor. „Alles in allem gesehen" hätten sich bisher in keinem Falle Schwierigkeiten „hinsichtlich der Sicherheit und des Erhaltungszustandes" des Bergegutes ergeben.52 Sorge bereiteten ihm aber die 48 A K M , ZI. 98/ED/43, Besitzer des „Gstettnerhofs" war Otto Graf Seefried. 49 A K M , ZI. 78/54/ED/42, Dworschak an Direktor Luthmer, Wien, 7. September 1942. 50 A K M , ZI. 78/56/ED/42, Dworschak an RSt, Wien, 3. September 1942. 51 A K M , B A , Fasz. 4, Handmappe Waldum, Telegramm Bormanns an Schirach, Berlin, 30. November 1943, und RSt, ZI. Z/GK 8044-b/43, Schirach an Dworschak, Wien, 16. Dezember 1943. 52 HAMMER, Glanz im Dunkel (wie Anm. 26), S. 41 ff.

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von der Landesbauernschaft immer wieder erhobenen Ansprüche auf Räumlichkeiten in Gaming, dem zur Zeit wichtigsten Bergungsort außerhalb Wiens. Der Luftangriff auf Wiener Neustadt vom 13. August 1943 leitete die zweite Phase der Bergung ein. Reichsleiter Martin Bormann teilte Baidur von Schirach telegraphisch den Wunsch Hitlers nach Bergung auch der sogenannten „letztrangigen Bilder" mit, da diese in Wien als letztrangig eingestuften Gemälde „fiier andere kleinere museen von erheblichem wert" wären. Überhaupt müsse alles geborgen werden, „was irgendwie geborgen werden kann".53 Die Haupttätigkeit der Museen für die nächsten Jahre war vorgegeben. Expertengutachten und ersten Besichtigungen des Altausseer Salzbergwerks im Sommer 1943 durch den Leiter des Instituts für Denkmalpflege Herbert Seiberl und den Referenten für den „Sonderauftrag Linz" Gottfried Reimer folgte seit Jänner 1944 die von Hitler persönlich angeordnete Umbergung der „Führersammlung" aus ihren bisherigen Bergungsorten (Stift Kremsmünster, Schloß Neuschwanstein, Stift Hohenfurth u.a.) ins Salzkammergut.54 Fritz Dworschak leitete im Rahmen des „Sonderauftrags Linz" seit 1942 den Bereich „Münzen und Medaillen".55 In dieser Eigenschaft hatte er sich auf Einladung Reimers schon im Herbst 1943 an Ort und Stelle von der hervorragenden klimatischen Eignung der Salzbergwerke für die Kunstbergung überzeugen können. Dessen ungeachtet hatte Wien für ihn immer noch Priorität, wenn auch der Bergungsort „Augustinerkeller" im August 1944 wegen zu hoher Luftfeuchtigkeit hatte aufgegeben werden müssen.56 Im Jahre 1944 begannen sich die Ereignisse zu überschlagen. Die sich dramatisch verschlechternde Wirtschaftslage machte selbst vermeintliche Kleinigkeiten zum Problem. So war es trotz mehrmaliger Eingaben an das Hauptwirtschaftsamt nicht möglich, für die in Gaming diensthabende Museumswache die Besohlung von auch nur 7 Paar Winterstiefeln zu erlangen. Es fehlte am Sohlenleder und am guten Willen. Auf Grund der ernsthaften Gefährdung Wiens durch Luftangriffe wurden die staatlichen Museen in der ersten Jahreshälfte 1944 fast zur Gänze geräumt. Ziel der Bergung war zunächst Gaming, dessen Aufnahmefähigkeit aber schon bald erschöpft war. Der dort amtierende Bergungsleiter Pollhammer lehnte jede Verantwortung ab. Gaming sei „ komplett und für weitere Transporte nicht mehr aufnahmefähig "J7 Zudem verschlech53 Die Betrauung Dworschaks mit der Errichtung eines Münzkabinetts „allgemeinen Charakters" im Rahmen des Führermuseums Linz erfolgte auf Vorschlag Posses durch Hitler persönlich am 5. August 1942. Dworschak nahm die Betrauung am 18. August an, AKM, ZI. 167/ED/42, Posse an Dworschak, Dresden, 5. August 1942. 54 AKM, ZI. 10/ED/44. 55 HAUPT, Bergung von Kunstgütern in der Kartause Gaming (wie Anm. 43), S. 619 f. 56 Von Ludwig von Berg am 30. April 1945 rückblickend verfaßte „Information über die Bergungen an Wiener Kulturbesitz unter Mitwirkung des Unterzeichneten", AKM, ZI. 24/ED/45. 57 Dworschak, Gesamtgestion (wie Anm. 27), S. 27.

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terte sich die militärische Lage rund um Gaming seit dem Frühsommer 1944 so sehr, daß auch die Sicherheit der hier geborgenen Objekte nicht mehr ausreichend gewährleistet schien. Dworschak reagierte mit einer neuen Strategie. Auf seine Initiative wurden Ende September/Anfang Oktober die erstrangigen Kunstwerke aus Gaming wieder nach Wien zurückgebracht. Dworschak und Baron von Berg waren nach wie vor der Überzeugung, daß in Wien genügend sichere Bergungsräume vorhanden wären, ja daß man das gesamte nach Wien rückgeführte Bergungsgut „bedenkenlos unter Zusammendrängung auf engstem Raum" hier unterbringen könnte.58 Noch in der unmittelbar nach Kriegsende abgefaßten „Gesamtgestion" seiner Tätigkeit in den Jahren 1938 bis 1945 rechtfertigte Dworschak die Maßnahme mit den Worten: „Ich muss ausdrücklich darauf verweisen, dass die Rückholung des wertvollsten Materials der auswärtigen Bergungen von mir unter Täuschung des Generalreferates [...] durchgeführt wurde. Nur so entging ein wesentlicher Teil des Wiener Musealgutes den Gefahren einer Bergung auf dem Lande und ober Tag zur Zeit der Kriegshandlungen. "59 Dworschaks Vorgangsweise löste heftige Reaktionen aus. Generalreferent Hermann Stuppäck warf den Museumsdirektoren und dem obersten Bergungsbeauftragten Baron von Berg vor, sie würden mit ihrer Vorgangssweise die Kunstschätze dem Feind direkt in die Hände spielen. Tatsächlich war die Lage in Wien alles andere als sicher. Anfang November 1944 forderte Regierungspräsident Dellbruegge „imperativ" die unverzügliche Verbringung der wichtigsten Teile des Wiener Kulturbesitzes nach Westen. Er hätte Nachricht, daß mit einer „Rundumverteidigung Wiens mit allen Folgen eines Kampfes innerhalb der Stadt" zu rechnen wäre. Am 7. und 8. November sprachen Dworschak und von Berg beim Generaldirektor der Salinen Emmerich Pöchmüller vor.60 Nach eingehenden Untersuchungen und mehreren Probefahrten schien der Kaiser-FranzJosef-Erbstollen des Salzbergwerks Lauffen bei Bad Ischl der bestgeeignete Bergungsort für die Bestände der Wiener Kunstsammlungen, einschließlich der fürstlich liechtensteinischen Galerie zu sein. Die vorgeschriebene „Freigabe" des Stollens durch die für den „Sonderauftrag Linz" Verantwortlichen traf Ende November bei Pöchmüller ein. Bergungsleiter war Fritz Dworschak, die örtliche Leitung oblag Herbert Seiberl. Zunächst mußten die neu ausgesprengten Stollen mit Holz verschalt und zumindest notdürftig als Bergungsräume adaptiert werden. Leichter gesagt als getan in Zeiten des „totalen Kriegseinsatzes"! Die Beschaffung von Arbeitskräften, Holz und Transportfahrzeugen stieß auf fast unlösbare Schwierigkeiten. Vor allem die verspätete Beistellung des seit Wochen angeforderten Holzgas-Lastkraftwagens verzögerte die ganze

58 Vgl. die Schilderung bei PÖCHMÜLLER, Emmerich: Weltkunstschätze in Gefahr, Salzburg 1948, und AKM, ZI. 73/ED/44, Subzahlen 1 ff. 59 AKM, ZI. 73/15/ED/44, Dworschak an RSt, Wien, 5. Dezember 1944. 60 AKM, ZI. 2/I/ED/45, Gedächtnisprotokoll Seiberls, Bad Aussee, 15. Februar 1945.

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Aktion um Wochen.61 Das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum stellten die drei Tischler Berghofer, Wieri und Nowotny bei. Die Restauratoren Sochor und Hajsinek wurden nach Bad Ischl abgeordnet, wo sie bei der Verlagerung und Erledigung der technischen Arbeiten mit Herbert Seiberl zusammenarbeiten sollten. Hauptquartier war die Pension Engljähringer in Pernegg, wo auch ein ständiger Telefondienst eingerichtet wurde. Endlich, am 12. Dezember 1944, verließ der erste Kunsttransport Wien in Richtung Bad Ischl. Mit dem dritten Transport trafen am 28. Dezember erstmals auch Objekte des Kunsthistorischen Museums im Salzkammergut ein. Die Reise erfolgte in speziell eingerichteten Waggons der Reichsbahn. Anfang 1945 erkrankte Fritz Dworschak schwer. Seine Stelle in Lauffen übernahm der Direktor der Gemäldegalerie Gert Adriani. Für größte Unruhe sorgte ein Vorfall beim Entladen eines Doppeltransportes im Bahnhof Bad Ischl am späten Abend des 2. Februars 1945. Vollbeladene Kohleschlitten und Kohlehaufen hatten die Schiebetüre eines Waggons verdeckt. Die dahinter verstauten Gemälde und Tapisserien blieben unausgeladen. Der nur halb entleerte Packwagen stand nach seiner Rückkehr nach Wien dem Leiter des Instituts für Denkmalpflege Herbert Seiberl für einen Bergungstransport im Rahmen des „Sonderauftrags Linz" zur Verfügung. Zu seinem Erstaunen kamen bei der Beladung des Waggons in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar das „Große Selbstbildnis" Rembrandts und andere Hauptwerke des Kunsthistorischen Museums zum Vorschein.62 Der Vorfall war mehr als peinlich. Intensive Befragungen vor Ort machten die Ablöse Adrianis unumgänglich. An seine Stelle trat Anfang März der Direktor der Sammlung alter Musikinstrumente Viktor Luithlen. Er sollte diese Funktion für mehr als zwei Jahre innehaben. Dworschak war persönlich tief betroffen. Er sah sich heftiger Kritik ausgesetzt. Besonders trafen ihn, nach eigenen Worten, die „offen oder versteckt vorgebrachten Vorwürfe", daß Bergungsmaterial mit der Absicht nach Wien zurückgebracht worden wäre, es „den Gegnern in die Hand zu spielen".63 Das „ Unglück von Ischl [...], dessen Folgen unabsehbar gewesen wären", hatte Dworschaks Gesundheitszustand noch mehr gefährdet. Er bat, für die Dauer seiner Erkrankung „alle wichtigen Dinge" vom Bergungsort Klosterneuburg aus erledigen zu dürfen, wo er seinen ständigen Wohnsitz hatte. In der Zwischenzeit spitzte sich die Lage in den Bergungsorten Bad Aussee und Bad Ischl / Lauffen dramatisch zu. Der Gauleiter von Oberdonau August Eigruber ließ am 61 Dieses und die folgenden Zitate aus AKM, ZI. 2/1/18/ED/45, Dworschak an Ministerialdirigent von Eckmann, Wien, 27. Februar 1945. 62 HAMMER, Glanz im Dunkel (wie Anm. 26), S. 128 ff., und KUBIN, Sonderauftrag Linz (wie Anm. 15), S. 99 ff. 63 HAMMER, Glanz im Dunkel (wie Anm. 26), S. 155 ff., KUBIN, Sonderauftrag Linz (wie Anm. 15), S. 130 ff., und HAUPT, Das Kunsthistorische Museum (wie Anm. 1), S. 161 f.

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10. und 13. April 1945 in Holzkisten mit der Aufschrift „ Vorsicht, Marmor, nicht stürzen!" getarnte Bomben ins Bergwerk in Altaussee verbringen.64 Sobald sich der Feind näherte, sollte das Altausseer Bergwerk mitsamt den Kunstschätzen gesprengt werden. Eigruber wollte damit verhindern, daß sie dem „Weltjudentum " in die Hände fielen ! Die Wahnsinnsidee konnte von der Salinenleitung und den einfachen Bergarbeitern in Zusammenarbeit mit den für die Bergung Verantwortlichen buchstäblich in letzter Minute vereitelt werden. Die Bomben wurden unter Lebensgefahr aus dem Berg transportiert, und die Zugänge zum Bergwerk wurden am 5. Mai 1945 durch gezielte Sprengungen „gelähmt", d.h. verschüttet. Nicht minder Dramatisches ereignete sich im wenige Kilometer entfernten Bergungsort Bad Ischl / Lauffen.65 Hier waren zwischen 20. und 25. April 1945 insgesamt 928 Bilder verschiedenster Herkunft aus Gaming eingetroffen. Die Gemälde waren auf Befehl Hermann Stuppäcks in Gaming in höchster Eile „ohne irgendwelche Rücksichtnahme und ohne die geringste Sorgfalt kunterbunt durcheinander in die Wagen geworfen worden ",66 Auf Grund der „barbarischen" Art des Transportes kamen zahlreiche Bilder „durchlöchert, abgerissen, überdies feucht oder sonst beschädigt" in Bad Ischl/Lauffen an. Doch damit nicht genug, traf Stuppäck am 25. April mit dem Auftrag Schirachs in Bad Ischl ein, das in Lauffen verwahrte Bergegut unverzüglich weiter nach Westen zu verbringen. Zunächst wehrte sich Luithlen noch mit Erfolg gegen den Befehl, doch das Eintreffen von Offizieren und Soldaten der „Kampftruppe Fabian" von der SS-Panzerdivision „Großdeutschland" am Abend des 1. Mai machte jede weitere Verzögerung unmöglich. Hauptmann Reinhardt und Leutnant Kahles ließen sich nicht hinhalten. Am 3. Mai mußten unter Androhung von Waffengewalt die von Schirach gewünschten 184 Gemälde - unter ihnen sämtliche Bilder Rembrandts, R Bruegels d. Ä., Tizians und Velazquez' - , 49 Gobelinsäcke und zwei Kisten auf Lastkraftwagen verladen werden. Man arbeitete bis tief in die Nacht. Der Marschbefehl erfolgte am 4. Mai. Um 4 Uhr früh verließ der Konvoi mit den Restauratoren Hajsinek und Sochor Bad Ischl in Richtung Mittersill. Der Konvoi traf am Abend desselben Tages in Bramberg im Salzburger Pinzgau ein, wo Generalreferent Stuppäck den Transport schon erwartete. In seinem Auftrag bemühten sich Hajsinek und Sochor um einen geeigneten Bergungsraum. Nach langem Suchen konnten die Kunstwerke am 6. Mai in einem Meierhof bei Weyer untergebracht werden. Sein Besitzer Peter Meilinger hatte den Raum in selbstloser Weise zur Verfügung gestellt. Doch noch war 64 Dieses und das folgende Zitat aus AKM, ZI. 2/I/19/ED/45, Übemahmsprotokoll. 65 Die Darstellung folgt den Sachdarstellungen von Josef Hajsinek und Franz Sochor vom 10. und 14. Mai 1945. Beide Dokumente befinden sich als Beilagen im Akt ZI. 13/GG/45. 66 Der von Viktor Luithlen im Dezember 1945 verfaßte Rückblick über die dramatischen Geschehnisse der April- und Maitage in Bad Ischl /Lauffen sind publiziert in: HAUPT, Das Kunsthistorische Museum (wie Anm. 1), S. 246-252.

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die Irrfahrt der Kunstschätze nicht beendet. Schon am nächsten Tag mußten die Gemälde, Kisten und Gobelinsäcke auf Befehl von Major Fabian auf die Lastkraftwagen verladen werden. Der Transport durfte nur von Offizieren begleitet werden. Franz Sochor und Josef Hajsinek blieben in Bramberg, wo sie mit Hilfe von Peter Meilinger und seinem Bruder Franz Verbindung mit der vorrückenden amerikanischen Armee aufnahmen und den Vorfall zur Anzeige brachten. 67 Über den weiteren Verbleib der Kunstwerke konnten Sochor und Hasjinek aber auch nach ihrer Rückkehr nach Bad Ischl am 23. Mai dem verzweifelten Bergungsleiter Luithlen keine Auskunft geben. Von deren Auffindung in St. Johann in Tirol, der Übergabe an die Amerikaner und der Verbringung nach Schloß Kleßheim erfuhr Luithlen erst am 1. Juni 1945.68 Im Rückblick ringt die Leistung aller an der Bergung Beteiligten Hochachtung und Bewunderung ab. Unter schwierigsten äußeren Bedingungen (Hunger, Kälte, Schnee) waren von 1939 bis 1945 tausende Kunstwerke quer durch Österreich unterwegs gewesen. In der Endphase der Bergung standen fast ausschließlich ältere und kranke Menschen - Aufseher, Handwerker, Bergleute und Restauratoren - im Einsatz. Die Verluste im Bergwerk hielten sich mit sieben Gemälden durchaus in Grenzen. Schwerer wogen da schon die Verwüstungen vor allem durch die russischen Besatzungstruppen, deren Zerstörungsswut in den niederösterreichischen Bergungsorten zahlreiche Bilder, Mobiliar und Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums zum Opfer fielen.

D E R V E R L A U F DER R Ü C K F Ü H R U N G E N IM JAHRE 1 9 4 5

Die offizielle Übernahme des Bergungsortes Bad Ischl / Lauffen durch die Amerikaner erfolgte am 13. Mai 1945, fünf Tage nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches.69 Die amerikanische Armee war durch Captain Robert Posey, das Kunsthistorische Museum durch den Bergungsleiter Viktor Luithlen vertreten. Posey gehörte zur Gruppe der MFA&A-Offiziere im Hauptquartier der 3. amerikanischen Armee (MFA&A ist die Abkürzung für „Monuments, Fine Arts and Archives" Denkmäler, Schöne Künste und Archive). Diese Spezialeinheit setzte sich ausschließlich aus ausgebildeten amerikanischen Kunstexperten zusammen, die bei der Sicherstellung und Behandlung von aufgefundenem Kunstgut als sachverständige Berater

67 Zur folgenden Darstellung vgl. HAMMER, Glanz im Dunkel (wie Anm. 26); KUBIN, Sonderauftrag Linz (wie Anm. 15). 68 CARR-HOWE, Thomas: Salt Mines and Castles, Indianapolis-New York 1946. 69 Vgl. HAMMER, Glanz im Dunkel (wie Anm. 26).

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fungierten. Posey, im Zivilberuf Architekt, hatte sich durch besonderes Geschick und Feinfühligkeit in Sachen Kunstgüterbergungen einen hervorragenden Ruf geschaffen. Die Bergungsorte Bad Aussee und Bad Ischl / Lauffen waren bei ihm in den richtigen Händen. Anders als bei der „Führersammlung" im Altausseer Bergwerk waren die Eigentumsverhältnisse des Bergungsgutes in Bad Ischl / Lauffen rasch und unproblematisch geklärt. Schon bei seiner ersten Zusammenkunft mit Posey erlangte Luithlen auch die Zusage, die Amerikaner würden nach den von Baidur von Schirach verschleppten Gemälden und anderen Kunstwerken des Museums suchen. An den Eingängen der Bergungsstollen in Lauffen und Pernegg bezogen amerikanische Wachposten Stellung. Kundmachungen am Salzberg und im Haus Engljähringer, dem Hauptquartier der österreichischen Bergungsmannschaft in Pernegg, die Unbefugten das Betreten untersagten, waren erste Zeichen in Richtung Sicherheit und Anerkennung durch die amerikanische Besatzungsmacht. Luithlens verständlicher Wunsch nach Kontaktaufnahme mit dem Museum erwies sich durch den totalen Zusammenbruch von Post und Bahn zunächst noch als unerfüllbar. Auch von Wien aus unternommene Bemühungen scheiterten. Das Leben begann sich im erst Frühherbst 1945 allgemein etwas zu normalisieren. An der Spitze der amerikanischen Militärverwaltung in Österreich stand General Mark W. Clark. Für die Kunstschätze in der US-Besatzungszone war Colonel Ernest de Wald zuständig. Schritt für Schritt zogen sich die Amerikaner von der Verwaltung der in Bad Ischl / Lauffen lagernden Kunstgüter zurück. Als sichtbares Zeichen für diese Entwicklung wurde das Bergwerk ab 24. Dezember 1945 nur noch von österreichischen Hilfspolizisten und Mitgliedern des Museums bewacht - ein Weihnachtsgeschenk von symbolhaftem Charakter! Als Luithlen am 8. Februar 1946 dann auch formell die in Bad Ischl / Lauffen lagernden Bestände von den Amerikanern übernahm, war er endlich Herr im „eigenen" Bergwerk, das fortan niemand ohne seine Erlaubnis betreten durfte. Nach Monaten argwöhnischen gegenseitigen Beobachtens festigte sich im Herbst 1945 die Koexistenz zwischen den westlichen Besatzern und den Russen. Wenn auch Wien nach wie vor fest in sowjetischer Hand war - das Oberkommando der Roten Armee räumte den westlichen Alliierten erst ab 1. September 1945 eigene „Sektoren" in Wien ein! so erlaubten die wieder instand gesetzten Bahnanlagen doch einen immer regelmäßiger werdenden Zugsverkehr vom Westen des Bundesgebietes in die Bundeshauptstadt. Die amerikanische Armee führte täglich einen Zug „for Americans only" (nur für Amerikaner) von Salzburg über die Ennsbrücke und durch die russische Zone nach Wien. Als Zeichen des wachsenden Vertrauens in Österreich entschloß sich General Clark im November 1945, einen ersten Kunstgütertransport auf die Reise zu schicken. Der Zeitpunkt so knapp vor den entscheidenden Wahlen am 20. November

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war propagandistisch gut gewählt. Doch noch war Vorsicht geboten. Die Kunstwerke durften auf keinen Fall in die Hände der Russen fallen. Zu diesem Zweck hängten die Amerikaner probeweise mehrere Tage hindurch zwei leere Güterwagen an den „Mozart-Expreß" an. Die Russen schöpften keinen Verdacht und ließen den Zug wie immer unkrontolliert passieren. Auch der am Samstag, dem 17. November 1945 am Wiener Franz-Josephs-Bahnhof eingetroffene „Mozart-Expreß" führte wieder zwei Güterwagen mit. Doch dieses Mal waren sie nicht leer. In den Waggons befanden sich vielmehr jene Kunstwerke, die im Auftrag Schirachs aus dem Bergwerk entführt und quer durch Österreich geschleppt worden waren. Dieser erste Kunsttransport, der aus dem Westen nach Wien gelangte, war noch um ausgewählte Kunstwerke aus dem Bad Ischler Bergwerk vermehrt worden. Am Bahnhof warteten schon der Restaurator Josef Hajsinek und ein Lastwagen der Firma Bäuml, um die wertvolle Fracht in Empfang zu nehmen. Man kann sich vorstellen, wie groß die Freude über die Heimkehr der so lang verloren geglaubten Kunstwerke im Kunsthistorischen Museum war! Im Laufe der Jahre 1946 und 1947 waren auch die meisten Bergungsorte in und um Wien aufgelöst worden. Dabei hatte es nicht an dramatischen Ereignissen gefehlt. Immer wieder sorgten die auf den Kisten von den Nationalsozialisten angebrachten Namensstempel und Hoheitszeichen für Verwirrung hinsichtlich der Eigentumsfrage. So trugen beispielsweise die Holzverschläge, in denen die Emailtafeln des Verduner Altars verpackt waren, den Namenszug Baidur von Schirachs. Es bedurfte allen Mutes und aller Überzeugungskraft des damaligen Stiftspfarrers Oswald Rod, um die russischen Besatzer davon abzuhalten, die Kisten als vermeintliches deutsches Eigentum aus Klosterneuburg abzutransportieren. Auch die Kellergeschosse der Neuen Burg waren von Beginn an für Bergungszwecke genützt worden. Nach der russischen Besetzung wurden die Zugänge zu den Bergungsräumen von russischen Wachposten besetzt. Diebstähle ereigneten sich erst nach deren Abzug im Winter 1945/46. Der in den letzten Kriegsjahren installierte Aufzug war durch die Kriegshandlungen betriebsunfähig geworden. Die schweren Holzkisten mußten in monatelanger mühsamer Arbeit vom Keller mit einer Handkurbel hochgezogen werden. Der Weitertransport erfolgte zunächst mit Pferdefuhrwerken, erst später konnten auch Lastautos aufgetrieben werden. Überhaupt erwies sich der Mangel an funktionsfähigen Transportmitteln in der ersten Zeit nach Kriegsende als eines der größten Probleme bei der Heimholung der geborgenen Kunstwerke. Auf Drängen der russischen Besatzer war die Auflösung der niederösterreichischen Bergungsorte des Kunsthistorischen Museums im Winter 1945/46 weitgehend abgeschlossen. Einige Zahlen mögen den Umfang der Rückbergung dokumentieren: Klosterneuburg: 24 Transporte mit 45 Lastkraftwagen, davon teilweise mit Anhänger; Gaming: 10 Transporte mit 18 Lastkraftwagen; Gresten: 4 Transporte mit 17 Lastkraftwagen, davon 3 Eisenbahntransporte; Gaaden: 4 Transporte mit 8 Lastkraftwagen; Hirsch-

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wang: 2 Transporte mit 9 Lastkraftwagen; Eckartsau: 2 Transporte mit 3 Lastkraftwagen; Waidhof, Gemeinde Weidlingbach, 5 Transporte mit 5 Lastkraftwagen. In summa bedeutete dies 51 Transporte mit insgesamt 109 Lastkraftwagen, von denen die Sowjets 53, die Briten 6 und österreichische Stellen 46 zur Verfügung stellten. Nun war es an der Zeit, das von den Nationalsozialisten beschlagnahmte Kunstgut an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzustellen: Bei allem guten Willen ein schwieriges Unterfangen! Viele der früheren Besitzer waren tot, ihre Erben in alle Welt verstreut. Auch waren jene Beamten nicht mehr greifbar, die seinerzeit die beschlagnahmten Gegenstände übernommen hatten. Es fehlten die Übernahmslisten und manchmal auch die Erinnerung, wo sie zu finden wären. Schritt für Schritt wurden die dem Kunsthistorischen Museum in der Nazizeit unrechtmäßig zugewiesenen Objekte den früheren Besitzern zurückgegeben. Wo man die Möglichkeit sah, waren die Sammlungsdirektoren allerdings bemüht, ausgewählte Kunstwerke als „Widmungen" im Hause zu behalten. Moralische Bedenken spielten dabei eine untergeordnete Rolle. So ließ man sich 1946 bis 1949 die Erteilung der Ausfuhrgenehmigung für die Kunstsammlungen von Baron Louis und Baronesse Ciarisse de Rothschild durch die Widmung einer Anzahl bedeutender Gemälde und anderer Kunstgegenstände abgelten: Fürwahr kein ruhmreiches Kapitel österreichischer Museumsgeschichte! Im Gegensatz dazu gelangte der Meßkelch von St. Peter 1952 durch regulären Kauf von den Erben Oskar Bondys in den Besitz der Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe. Ein Sonderfall war das berühmte Bild des Jan Vermeer van Delft „Der Maler in seinem Atelier": Jaromir Graf Czernin hatte das Gemälde Adolf Hitler 1940 zum Preis von 1,400.000 Reichsmark verkauft. Als Czernin nach dem Krieg das ihm „abgepreßte" Bild zurückforderte, wurde dies 1949 von der Obersten Rückstellungskommission in letzter Instanz abgelehnt. In der Urteilsbegründung hieß es, die Beschwerde des Grafen Czernin sei als „vollkommen

unbegründet, ja als mutwillig" zu bezeichnen. D a s

vielbegehrte Gemälde ging endgültig in den Besitz des Kunsthistorischen Museums über, in dessen Inventar es sich bereits seit 1946 befunden hatte. Als letzter großer Sammlungsbestand gelangte 1949 der Schatz des Deutschen Ordens in vollem Umfang an seine rechtmäßigen Eigentümer zurück. Für die Verzögerung waren Personalmangel, aber auch mangelnder Wille seitens der Museumsverantwortlichen maßgebend gewesen. An der Rückstellung der in Bad Aussee geborgenen „Führersammlung" war das Kunsthistorische Museum nicht beteiligt. Als örtlicher Bergungsleiter für die aus ganz Europa verschleppten Kunstwerke fungierte in der Person des Mineralogen und Direktors des Naturhistorischen Museums Hermann Michel ein Mann, dessen Nahverhältnis zum Nationalsozialismus bekannt war. Sein umfassendes Wissen und seine guten Kenntnisse der englischen Sprache machten ihn schon bald zur Vertrauensper-

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son von Major Ralph E. Pearson, der das Salzbergwerk Altaussee in den Nachtstunden des 8. Mai 1945 übernahm. Pearsons erste Aufgabe bestand in der listenmäßigen Erfassung des in den Stollen gelagerten „internationalen" Kunstgutes. Während die Exponate aus den staatlichen Kunstsammlungen nach der Stabilisierung der Lage sukzessive nach Wien verbracht wurden, wurden die Bestände der „Hitlersammlung" nach München überführt, von wo aus sie in den folgenden Jahren den rechtmäßigen Eigentümern zurückgestellt werden sollten. Der erste Abtransport aus Altaussee Richtung München erfolgte am Abend des 16. Juni 1945. Er beinhaltete jene Kunstwerke, bei denen die Besitzverhältnisse klar und keine Komplikationen zu erwarten waren. Die „Liquidierung" der Ausseer Bestände ging in der Folge zügig voran.70 Die von den Amerikanern im ehemaligen Verwaltungsgebäude auf dem Münchner Königsplatz eingerichtete zentrale Sammelstelle, der kurz CCP („Central Collecting Point") genannt wurde, entwickelte sich zur Drehscheibe für die Rückführung der von den Nazionalsozialisten geraubten Kunstwerke in alle Welt. Als sogenanntes „herrenloses" Gut waren auch zahlreiche aus Österreich stammende Kunstwerke nach München gelangt. Der „ungeklärte Besitz" erwies sich in vielen Fällen als unlösbares Problem. Beinahe prophetisch muten die Worte an, mit denen Eve Tucker - sie trug namens der amerikanischen RD&R Division die Verantwortung für die Rückstellung - das Informationszentrum der US-Streitkräfte in Österreich 1948 wissen ließ: „Die gigantische Suche nach ihrem verlorenen Erbe, die die europäischen Nationen während der letzten drei Jahre durchgeführt haben, wird wahrscheinlich noch während der nächsten fünfzig anhalten."

70 National Archives, Washington, Hauptquartier der US-Streitkräfte in Österreich, Öffentliches Nachrichtenbüro, APO 777 U. S. Army, Fact Sheet: Art Restitution.

Von Arisierungen und Restituierungen: Zum Schicksal der rothschildschen Kunst- und sonstigen Besitztümer in Wien Von Felicitas Heimann-Jelinek

„Soweit solche Maßnahmen noch nicht getroffen worden sind, verpflichtet sich Österreich in allen Fällen, in denen Vermögenschaften, gesetzliche Rechte oder Interessen in Österreich seit dem 13. März 1938 wegen der rassischen Abstammung oder der Religion des Eigentümers Gegenstand gewaltsamer Übertragung oder von Maßnahmen der Sequestierung, Konfiskation oder Kontrolle gewesen sind, das angeführte Vermögen zurückzugeben und diese gesetzlichen Rechte und Interessen mit allem Zubehör wiederherzustellen. Wo eine Rückgabe oder Wiederherstellung nicht möglich ist, wird für auf Grund solcher Maßnahmen erlittene Verluste eine Entschädigung in einem Ausmaß gewährt, wie sie bei Kriegsschäden österreichischen Staatsangehörigen jetzt oder späterhin generell ge-

geben wird." So lautet im Österreichischen Staatsvertrag §1 des Artikels 26, der den Ti-

tel „Vermögenschaften, Rechte und Interessen von Minderheitsgruppen in Österreich" trägt. Diesem Artikel wie auch den Rückstellungsgesetzen - das erste Rückstellungsgesetz wurde am 26. Juli 1946 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befinden, beschieden; das zweite Rückstellungsgesetz am 6. Februar 1947 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich im Eigentum der Republik Österreich befinden; das dritte am 6. Februar 1947 über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen; weitere vier Gesetze folgten in den kommenden Jahren - entsprechend sollte es keine Unklarheiten bezüglich der Restituierung von nach dem 13. März 1938 entzogenem Eigentum gegeben haben. Und doch gibt es viele Fälle, an deren korrekter Behandlung zu zweifeln ist. Viele Enteignete mußten „ ungünstige Vergleiche eingehen [...] Geschädigte mußten oft große Zugeständnisse machen, denn sie, und nicht die Ariseure standen unter Druck"'. Die Einstellung

der österreichischen Regierung zum Thema der Rückstellung jüdischen Besitzes zeigt sich am besten wohl in der peinlichen Bemerkung des damaligen Staatskanzlers Renner: „Es wäre doch ganz unverständlich, daß man jeden kleinen jüdischen Kaufmann oder Hausierer für seinen Verlust entschädigt, daß man aber einer ganzen Klasse und einer Bewegung, der 47% der Bevölkerung angehört haben, straflos und ohne Ersatz das Ergebnis ihrer emsigen Sammeltätigkeit und ihrer Organisationsarbeit glatt wegnehmen 1 STERNFELD, Albert: Betrifft: Österreich, Wien 1990, S. 103.

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kann, ohne daß das Gesetz eine Remedur dagegen schafft. "2 Ebenso bezeichnend ist der Vorschlag Bundesminister Helmers auf den amerikanischen Antrag, Österreich solle aus erblosem Vermögen einen Fonds für verarmte jüdische Rückwanderer schaffen, einfachheitshalber „die Sache in die Länge zu ziehen"? Allein diese Aussagen weisen auf den Umgang mit der Rückstellungsproblematik hin und geben ausreichenden Anlaß zu Spekulationen darüber, warum etliche Restituierungsakten skartiert wurden, nicht zu finden oder nicht einsehbar sind. Diese Feststellung trifft auch bezüglich der Wiener Rothschild'sehen Besitztümer zu. Aktenmaterial überhaupt aufzufinden war lange Zeit mühevoll und ist nicht immer von konkretem Erfolg gekrönt. Die Rückstellungsakten betreffs des Immobilienbesitzes der Rothschilds befanden sich zwar im Archiv der Republik im Bestand „Vermögensverkehrsstelle", wurden jedoch großteils skartiert. Auf Grund der Reorganisation und Umstrukturierung verschiedener Ämter und Ministerien in den ersten Jahren der Zweiten Republik ist in vielen Fällen schwer zu rekonstruieren, welches Material zuständigkeitshalber in welche Amtsarchive eingewiesen wurde. Eine genaue Dokumentation wie auch Hintergrundinformation zur Überlassung großer Teile aus den Rothschild'schen Kunstsammlungen an die Republik Österreich konnte erst in der allerjüngsten Vergangenheit eruiert werden. Diese Schenkungen sind Auf Grund ihres Umfanges ebenso erstaunlich wie die Tatsache, daß Louis Rothschild einen Vertrag mit der Bundesregierung Schloß, mit welchem er seine Besitzungen in Waidhofen/Ybbs und Göstling „der Republik Österreich gegen Übernahme von Pensions- und sonstigen Ansprüchen der ehemaligen Rothschild'schen Angestellten und Bediensteten (auch des Bankhauses S.M. V.Rothschild) übertrug",4 Die Akten, die mit der konkreten Rückführung und Ausfolgung der Kunstgegenstände an Mitglieder der Familie Rothschild zusammenhängen, liegen bis heute in verschiedenen Ministerien. Da es in Österreich kein Archivgesetz gibt, müssen sie nicht zwingend an das Archiv der Republik, wo sie von jedermann auszuheben wären, abgegeben werden. Überdies handelt es sich dabei zum Teil um Akten, „die sich derzeit noch vor dem LGfZRS [Landesgericht für Zivilrechtssachen, Anm. d. Verf.] Wien anhängige Verfahren nach dem 2. Kunst- und Kulturbereinigungsgesetz, BGBl. Nr. 2/1986, bzw. andere Personen beziehen"5 und daher ohnhin nicht einsichtig sind. Diese kurze Einführung soll auf die Probleme, die sich bei der Aufarbeitung eines Themas, das sich mit der Restituierung „arisierten" Besitzes beschäftigt, hinweisen.

2 zit. nach: KNIGHT, Robert: Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen: Die Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung von 1945 bis 1952 über die Entschädigung der Juden, Wien 1988, S. 83. 3 KNIGHT, Wortprotokolle (wie Anm. 2), S. 197. 4 Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 13. Oktober 1993, GZ. 59.606/l-I/5-a/93. 5 wie Anm. 4.

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Wie kompliziert Vor- und Nachgeschichte der NS-Raubgüter war, soll im folgenden anhand des Wiener Zweiges der Familie Rothschild exemplarisch dargestellt und geschildert werden, und zwar an einigen der wenigen nachvollziehbaren und belegbaren Fälle von Vergleichen, Rückstellungen, Rückkäufen und Schenkungen. Am 11. März 1938 überschritt die Deutsche Wehrmacht die Grenze nach Österreich. Während die SA am 12. März auf dem Wiener Ring marschierte, wurde Louis Rothschild, dessen Brüder das Land schon vor den sich ankündigenden Märzereignissen verlassen hatten - Eugene hatte sich in Paris, Alphons in der Schweiz in Sicherheit gebracht - , an der Ausreise aus Österreich gehindert. Er hatte nach Italien fliegen wollen, doch beschlagnahmte die SS am Flughafen seinen Paß. In der Nacht zum 12. März landeten Reinhard Heydrich, Gründer und Chef des SD, und Heinrich Himmler, Reichsführer SS, mit ihrem Gefolge auf dem Asperner Flughafen, um die Vorbereitungen für Hitlers Ankunft in Wien am folgenden Tag zu treffen. Am 13. März 1938 zog Adolf Hitler in Wien ein, wo er von jubelnden Massen begeistert empfangen wurde. Er blieb aber nicht lange, sondern überließ die praktische Durchführung des Anschlusses seinen Gewährsleuten. Dazu gehörte auch die „Germanisierung" der österreichischen Wirtschaft, die von Deutschland aus bereits seit einem Jahr detailliert geplant worden war. Voraussetzung für die „Germanisierung" war die ehestmögliche Arisierung allen jüdischen Wirtschafts- und Privatvermögens. Obgleich der Anschluß noch nicht offiziell war und daher die „legalen" Voraussetzungen eigentlich noch gar nicht gegeben waren, wurde Louis Rothschild noch am selben Tag verhaftet, ohne daß die Polizei sich allerdings der tatsächlichen ökonomischen Bedeutung des Häftlings für das Deutsche Reich bewußt war. Er gehörte wohl einfach zu jenen 70.000 Personen, die der Verhaftungswelle dieser wenigen Tage zum Opfer fielen. Erst Reichsmarschall Hermann Göring erkannte, welch ungeheure Bedeutung das Rothschild'sehe Vermögen, insbesondere die Witkowitzer Bergwerke, für das Deutsche Reich hatte. Vorerst war er allerdings damit ausgelastet, großdeutsche Propaganda für die geplante Volksabstimmung über den Anschluß zu machen, deren Wahlergebnis Josef Bürckel, Reichskommissar für die Völksabstimmung in Österreich und nachmaliger Gauleiter in Wien, am 10. April 1938 verkündete. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme ließ Göring Louis Rothschild von der Hauptpolizeiwache in die Gestapo-Zentrale verlegen. Es begannen die Verhandlungen über seine Freilassung als Gegenwert für die Überführung des Rothschild'schen Vermögens in das Eigentum des Deutschen Reiches. Auf Grund der Schwierigkeiten, die tatsächlichen Werte der österreichischen Rothschild'schen Besitztümer zu schätzen, und der Tatsache, daß die Eigentumsfrage an Witkowitz, das an die „Reichswerke Hermann Göring" angegliedert werden sollte, für die Deutsche Regierung lange nicht durchschaubar war, zogen sich diese Verhandlungen über ein Jahr

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hin. Die Rothschilds hatten Witkowitz nämlich an eine von ihnen kontrollierte englische Gesellschaft veräußert, weswegen sich das Deutsche Reich schließlich gezwungen sah, für dieses „Objekt der Begierde" 2,9 Millionen Pfund Sterling zu bieten. Darauf und auf die weitere Entwicklung der Eigentumsansprüche an Witkowitz wird noch näher einzugehen sein. Bevor die Enteignung des allgemeinen Rothschild'sehen Vermögens weiter ausgeführt wird, sei ein kurzer Blick auf die Wiener Häuser der Rothschilds geworfen, die schon vor der erzwungenen offiziellen „Übergabe" der Rothschild-Besitztümer beschlagnahmt worden waren: Durch die „Arisierungen" jüdischer Wohnungen wurden in Wien mehr oder weniger auf einen Schlag 70.000 Wohnungen frei und umverteilt. Die luxuriösesten dieser Wohnungen konnten von Nazi-Funktionären bezogen werden, die großen Palais - wie die der Rothschilds - wurden von Institutionen wie der Reichspost bzw. der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung" bezogen, wiewohl sich für die vornehmen neobarocken Häuser natürlich auch andere Interessenten fanden. So versuchte beispielsweise die Wiener Schirmfabrik Krüllenberg, Louis Rothschilds Haus in der Plö§lgasse 5-7 (Wien IV.) zu übernehmen. Auch die Heeresgruppenintendanz war an dem repräsentativen Rothschild-Palais in der Prinz Eugen-Straße (Wien IV.) als Offiziersheim interessiert und versuchte, die mittlerweile hier untergebrachte „Auswandererstelle" auszusiedeln bzw. ein heereseigenes Objekt mit dieser zu tauschen. 6 Gegen die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung" konnte jedoch kaum eine andere Stelle an, ihre Bedeutung und die damit verbundene Macht wuchs fast täglich. Hatten bis Mai 1939 die Agenden bezüglich der jüdischen Auswanderung teils bei der Zentralstelle, teils noch bei der Staatspolizei gelegen, so wurde die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung" mit 1. Juni 1939 endgültig die alleinige kompetente Stelle für die „Regelung aller Fragen, die mit der jüdischen Auswanderung zusammenhängen".7 Wie das Palais Alphons Rothschild in der Theresianumgasse (Wien IV.) mit relativ großem Aufwand - Abmontieren der Wappen, Ausbau kunsthistorisch wertvoller Vertäfelungen und Kamine etc. - für den SD adaptiert wurde, so bemühte man sich auch, die später von Eichmann bezogenen Räumlichkeiten in Louis Rothschilds Palais in der Prinz-Eugen-Straße in angemessener Weise für die Zentralstelle herzurichten. Von nun an sollten Bildnisse Adolf Hitlers und der Reichsadler mit dem Hakenkreuz das ehemalige Palais Rothschild in der Prinz-Eugen-Straße Nr. 20-22 schmücken. 8 6 Anfrage des Heeresgruppenintendanten Wien an die Vermögensverkehrsstelle betreffs „Freigabe beschlagnahmter Grundstücke", 14.8.1938; Österreichisches Staatsarchiv, Wien, Archiv der Republik, Vermögensverkehrsstelle, Liegenschaften 2748. 7 Schnellbrief der Geheimen Staatspolizei Wien an den Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 1. Juni 1939; Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien, Nr. 8496. 8 Vgl. die zeitgenössischen Aufnahmen: Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv, 294.685 D:

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Die Eichmann-Zentrale und auch der Sitz des SD wurden 1945 von den Alliierten bombardiert. Im Zusammenhang mit dem „Wiederaufbau" wurden die schloßartigen Rothschild'schen Anlagen abgetragen.9 Nicht verifizierbar ist das Gerücht, daß ein Teil des in den Rothschild-Palais verschwenderisch eingesetzten Marmors zur Restaurierung des Stephansdomes gedient haben soll. Ebensowenig zu klären ist die Frage, was nun eigentlich mit dem „Hausrat" der Rothschilds passierte. Damit sind natürlich nicht die Kunstsammlungen gemeint, deren Schicksal - soweit bekannt - weiter unten behandelt werden wird, sondern „Kleinigkeiten" wie beispielsweise Besteck und Geschirr. Ein Augenzeuge, der die umgehenden inoffiziellen Plünderungen der Rothschild-Palais beobachtete, erinnerte sich später daran, daß am 19. März bereits derartiger Hausrat abtransportiert wurde: „Beim Eintreten stießen wir beinahe mit SS-Offizieren zusammen, die Silber und andere Beute aus dem Keller wegbrachten. Einer trug ein goldgerahmtes Gemälde unter dem Arm. Einer war der Kommandant. Auf den Armen trug er eine ganze Ladung von Silbermessern und Silbergabeln, was ihm aber nicht im geringsten peinlich war. " w Es wird wohl nie mehr aufzuklären sein, ob dieses Besteck in der Familie des Plünderers verblieben ist und seine Nachkommen es möglicherweise heute noch benützen, oder ob es vielleicht in die Schmelze gewandert ist und zu Geld gemacht wurde. Ebenso wenig wird jemals nachvollziehbar sein, welche Wege das 54teilige Service mit „ Goldrand, pastosen goldenen Bordüren auf blau-türkisem Fond, im Spiegel das gekrönte Monogramm AR, für Albert Rothschild, in Gold auf weißem Fond, Cobridge, England, Samuel Alcock & Co, eingepreßte Handmarke, Maler Man. Paul Blot, Jacquel, Paris, um igoo) " hinter sich hat, das am 22. Februar 1994 im Wiener Dorotheum zur Auktion gekommen ist.11 Sicher ist nur, daß dieses Service ebensowenig rückgestellt wurde wie jenes aus 61 Teilen bestehende, das bereits am 14. September 1993 im Dorotheum zur Auktion gelangte. Auch hier handelte es sich um englisches Geschirr mit dem gekrönten Monogramm Albert Rothschilds.12 Ersteigert wurde es übrigens um rund 150.000 Schilling von einem Mitglied der Familie Rothschild. 1958 war es noch möglich, daß Rudolf Kirchschläger für den damaligen Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten in einem Parallelfall entschied, den für

Palais Rothschild, Prinz Eugen Str. 20-22; Interieur: runder Salon; an der Wand Bildnis Adolf Hitlers, sowie 294.681 D: Palais Rothschild, Prinz Eugen Str. 20-22, Interieur: Stiegenhaus, 1. Stock; an der Wand Reichsadler mit Hakenkreuz; Aufnahmen: Mai 1943. 9 Vgl. die zeitgenössischen Abbruchfotos Palais Rothschild, Prinz Eugen Str. 20-22, vom Mai 1955: Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv, 145.217 AB; 245.212 AB; 245.212 AB. 10 SHIRER, William: Aufstieg und Fall des Dritten Reiches, Köln-Berlin 1961, S. 109. 11 Katalog des Wiener Dorotheums, Kunstauktion 22. Februar 1994, Porzellan / Glas, Katalognummern 119-123. 12 Katalog des Wiener Dorotheums, Kunstauktion 14. September 1993, Porzellan / Glas, Katalognummer 227.

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einen Rückerwerb „ausgelegten Kaufpreis im Hinblick auf die mit Artikel 26 Staatsvertrag nicht übereinstimmende Bestimmung des §4 (1) des 3. Rückstellungsgesetzes zu ersetzen". Damals waren im Dorotheum Linz 10 Teller, „englisches Porzellan um 1890, mit dem Monogramm A.R., die im Jahre 1938 Frau Ciarice de Rothschild, New York, aus dem Wiener Palais entzogen wurden, zur Versteigerung ausgeschrieben". Ein Gutsverwalter der Rothschilds kaufte die Teller um 2.196 Schilling und erhielt - wie eben erwähnt - den Kaufpreis zurück.13 Ob der Käufer, der im September 1993 das Geschirr seiner Familie ersteigerte, an einer Refundierung des Preises überhaupt noch Interesse haben kann? Das Deutsche Reich hatte erhebliche Probleme damit, die Vermögenslage der Rothschilds in Österreich festzustellen. Während komplizierte Untersuchungen darüber im Gange waren, wurde mit dem inhaftierten Louis Rothschild verhandelt. Die Probleme waren so groß, daß um Verlängerung der Frist zur Vermögensanmeldung für Alphons Rothschild angesucht werden mußte, wie einem Schreiben von Dr. Hermann Eckel an die Vermögensverkehrsstelle vom 29. Juli 1938 zu entnehmen ist.14 Dr. Hermann Eckel war der „mittlerweilige Stellvertreter" des früheren Rechtsanwaltes von Alphons Rothschild, Dr. Walter Konirsch („Jude"). Als solchem oblag ihm die Anmeldung des Vermögens von Alphons Rothschild, was ihm eine Reihe von Schwierigkeiten bereitete: Ihm war weder die Auslandsadresse Rothschilds bekannt, noch hatte er Zugang zu den von der Gestapo beschlagnahmten Akten aus der Kanzlei des Rechtsanwaltes Konirsch; überdies hatte er „trotz wiederholter Anfragen vom Bankhaus S. M. v. Rothschild keinerlei Auskünfte über das Vermögen erhalten " und konnte nur mutmaßen, daß „ es sich ja um ein ungewöhnlich grosses Vermögen handeln dürfte". Dieses Ansuchen Eckels um Verlängerung der Frist zur Vermögensanmeldung für Alphons Rothschild war weder das erste noch das letzte. Wie auch bei Louis Rothschild gestaltete sich die Feststellung des inländischen Vermögens kompliziert und langwierig. Die Korrespondenzen zwischen dem Anwalt und der Vermögensverkehrsstelle bzw. auch dem im Reichswirtschaftsministerium für das Vermögen von Alphons Rothschild eingesetzten „Reichstreuhänder" Dr. Fritsch und der Sicherheitspolizei, die das gesamte Vermögen eingezogen hatte, machen diese Schwierigkeiten deutlich. Erst nach langwierigen Erhebungen erhielt Alphons Rothschild im Februar 1939 seinen „Vorläufigen Reichsfluchtsteuerbescheid".15 Nach Ermittlung der Reichsfluchtsteuerstelle betrug sein Gesamtvermögen am 1. Jänner 1938 21,272.087 RM, woraus man ihm die Reichsfluchtsteuer mit 5,318.022 RM vorschrieb.

13 Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Bundesministerium für Finanzen, Zl.16/102387. 14 Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Vermögensverkehrsstelle, 45.142 (Alphons Rothschild), Karton 164.

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Bedeutsam im Zusammenhang mit der endgültigen Feststellung des Rothschild'schen Vermögens war zuvor noch ein „ Verzeichnis über das Vermögen von Juden /nach dem Stand vom 27. April 1938 / des Alphorn Rothschild in Villars sur Ollon, Schweiz " vom 1. August 1938.16 Das Verzeichnis ist deswegen bedeutsam, da sich die Anmeldepflicht „auf Grund besonderer Weisung" nur auf das ausländische Vermögen Alphons Rothschilds bezieht: „Die Beschränkung der Anmeldung auf das ausländische Vermögen des Anmeldepflichtigen, und zwar auf Vermögensgegenstände, die nicht unter der Firma S. M. Rothschild für den Anmeldepflichtigen liegen, beruht auf ausdrücklicher Weisung der Staatspolizeileitstelle Wien." Kernstück des Verzeichnisses ist das von den Nazis begehrteste Objekt der Rothschild'sehen Besitztümer, das Witkowitzer Bergbauund Eisenhüttenwerk, mit dessen Besitz Deutschland 30 % der Rohstahlerzeugung, 30 % der Kohleförderung und 40% der Roheisenproduktion in der Tschechoslowakei kontrollieren würde. Die Offenlegung unter Punkt IV. des Verzeichnisses, „Sonstiges Vermögen, insbesondere Kapitalvermögen", lautet den Tatsachen korrekt entsprechend: „Der Anmeldepflichtige ist Inhaber von Zertifikaten eines englischen Trusts mit dem Sitz in London, der an der Wittkowitzer Bergbau- u. Eisenhütten Gewerkschaft, Wittkowitz, C.S.R. beteiligt ist." Die Überführung des Witkowitzer Werkes in einen britischen Trust war sicher der gelungenste Rothschild'sche Coup seit langem. Alphons Rothschild hielt nur 16% des Kapitales des tschechoslowakischen Unternehmens, wobei „ein gemeiner Wert, d. i. ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbarer Preis für d[ie] Zertifikate sich nicht feststellen lässt, da sie nicht auf dem Markte sind". Allerdings mußte er seine Anteile auf „2-3 Millionen RM" einschätzen. Über diese den Nazis wichtigste Angabe hinaus benannte der „Anmeldepflichtige" durch seinen Bevollmächtigten Rechtsanwalt Eckel an ausländischem Vermögen noch das land- und forstwirtschaftliche Gut Schillersdorf in der Tschechoslowakei im Wert von 15 Millionen tschechische Kronen sowie „ Gegenstände aus edlem Metall, Schmuck und Luxusgegenstände [...], außerdem ein Teil einer Briefmarkensammlung" im Wert von 600.000 RM. Auf Grund des Kriegsausbruches sollte es nie zu dem geplanten Kauf des begehrten Witkowitzer Werkes kommen können, vielmehr blieb es in englischer Hand, wurde unter der späteren tschechoslowakischen kommunistischen Regierung verstaatlicht, wofür die vormals rechtmäßigen Eigentümer - so auch Louis Rothschild - gemäß dem 1953 abgeschlossenen Handelsvertrag zwischen England und der Tschechoslowakei entschädigt wurden.

15 „Vorläufiger Reichsfluchtsteuersbescheid" der Reichsfluchtsteuerstelle für das Land Österreich, Finanzamt Innere Stadt-Ost, an Alphons Rothschild; Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Vermögensverkehrsstelle, 45.142 (Alphons Rothschild), Karton 164. 16 wie Anm. 15.

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A m 2. März 1939 erhielt auch Louis Rothschild den „Vorläufigen Sicherheitsbescheid" der Reichsfluchtsteuerstelle für das Land Österreich mit dem folgenden Inhalt17: „Im Falle der Auswanderung haben Sie eine Reichsfluchtsteuer zu entrichten. A. Festsetzung der Sicherheit. Auf Grund des § 7 des Reichsfluchtsteuergesetzes ersuche ich Sie daher, sofort in Höhe von 5,420.000 - RM Sicherheit zu leisten. Dieses Ersuchen ergeht hierdurch auch an Ihre Angehörigen (Ehefrau, Kinder), soweit sie mit Ihnen zur Einkommensteuer oder zur Vermögensteuer zusammen veranlagt worden sind oder zusammen zu veranlagen sind. Die Sicherheit kann zum Beispiel durch Hinterlegung von Geld, durch Hinterlegung oder Verpfändung von Wertpapieren oder Hypotheken oder durch Bürgschaft geleistet werden (§§ 132 bis 141 der Reichsabgabenordnung). Dieser Bescheid ist sofort vollstreckbar. Die Sicherheit ist wie folgt errechnet worden: Reichsfluchtsteuer, die mit der Auswanderung fällig wird: Nach meinen vorläufigen Ermittlungen betrug das Ihnen gehörige Gesamtvermögen am 1. Januar 1938 21,675.321- RM, davon ein Viertel 5,418.830.- RM. Sonstige Ansprüche: 1.170 - RM, ergibt zusammen aufgerundet 5,420.000 - RM. B. Rechtsmittelbelehrung. Gegen diesen Sicherheitsbescheid steht Ihnen die Beschwerde an den Oberfinanzpräsidenten Wien zu, dessen Entscheidung endgültig ist. Die Beschwerde kann bei mir schriftlich eingereicht oder zu Protokoll erklärt werden. Dies kann nur bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung des Bescheids, d.h. nach dem Tage, an dem der Bescheid zur Post gegeben ist, geschehen. Die Kosten einer solchen Beschwerde haben Sie zu tragen. Durch die Einlegung der Beschwerde wird die Wirksamkeit des Sicherheitsbescheids nicht gehemmt, insbesondere die Vollstreckung nicht aufgehalten. Verteiler: a) Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle b) Vermögensverkehrsstelle, I., Strauchg. 1 c) Reichsbankhauptstelle (Devisenabteilung), IX., Otto Wagner-Platz 3 d) Inspekteur der Sicherheitspolizei, I., Herrengasse 7 e) Devisenstelle Wien in Wien, zu Aktenzeichen B.Nr. S U A 1-364/38 f) Bankhaus Merk, Fink & Co., München [das Bankhaus, durch welches das Wiener Bankhaus Rothschild am 31. Oktober 1939 „arisiert" wurde; Anm. d. Verf.] g) Regierungsrat Britsch im Reichswirtschaftsministerium, Berlin, Wilhelmspl[atz]". 17 Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Vermögensverkehrsstelle, 64.768 (Louis Rothschild), Karton 182.

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Nachdem Himmler sich persönlich eingeschaltet hatte, waren die Verhandlungen mit den Rothschilds im Mai 1939 abgeschlossen worden. Louis Rothschild war gezwungen gewesen, seinen Anwälten zu bestätigen: „Auf Ersuchen Eugen Rothschilds sind wir einverstanden, alle vorher von ihm gesperrten Guthaben sowie folgende Wertpapiere [folgt Aufstellung] unter den nachstehenden Bedingungen zu Ihrer Verfügung zu halten: erstens, daß Louis Rothschild Deutschland über die Schweizer oder französische Grenze als freier Mann spätestens am 4. Mai verlassen haben muß, und zweitens, daß Sie die Eugen Rothschild gehörenden Wertpapiere nicht ohne seine Zustimmung aus unserem Depot abziehen und daß Sie die darauf einkassierten Erträge in Dollars zu seiner Verßgung halten. "18 Zwischen dem Reichswirtschaftsministerium und dem Vertreter der Rothschild'sehen Agenden wurde ein Vertrag abgeschlossen, wonach „die gesamten im Reichsgebiet gelegenen Rothschild'schen Vermögenschaften einschließlich der Kunstsammlungen Reichseigentum" wurden. Das bedeutete, daß Louis Rothschild nur gegen Aufgabe des gesamten in Österreich verbliebenen Rothschild-Vermögens - d.h. seines und das seines Bruders - enthaftet wurde und Österreich verlassen konnte. Am 13. Juli 1939 wurde der Vertrag unterzeichnet. Die Rothschild'schen Kunstsammlungen, die nun auch offiziell dem Deutschen Reich einverleibt wurden, waren in ihrer Bedeutung einmalig. Ihre formelle Beschlagnahme scheint vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) durchgeführt worden zu sein. Ab Herbst 1938 übernahm das Kunsthistorische Museum treuhänderisch die ersten Objekte. Die Sammlung Louis Rothschild umfaßte seine Güter im Palais Prinz-EugenStraße, aus dem 567 Objekte kamen. Dabei handelte es sich allein um 262 Gemälde und Miniaturen, unter denen sich drei Werke von Franz Hals, zwei von Tintoretto, Bilder von Pettenkofen, Tennier, Hans Holbein d.J., Fragonard, Isabey, Watteau, Alt und Rousseau befanden. Dazu kamen 132 Möbelstücke, weiters Teppiche, antike Waffen, Uhren, Vasen, Leuchter, Gobelins und Figurinen. In der Plößlgasse wurden sieben Objekte beschlagnahmt, auf den Gütern Waidhofen an der Ybbs 146 (darunter Werke von Kremser Schmidt und Reni), Atschenreith 25 (hauptsächlich bäuerlich-folkloristische Antiquitäten) und Steinbach 12 Objekte.19 Die Sammlung Alphons Rothschild umfaßte nach der Inventarliste des Kunsthistorischen Museums 3.444 Objekte. Dabei handelte es sich um 48 Gemälde, die von der Hohen Warte kamen - darunter Werke von Franz Hals und Isaak von Ostade sowie acht Dürer-Stiche - und 379 Gemälde aus

18 Zit. nach: LUDWIG, Johannes: Boykott, Enteignung, Mord: Die „Entjudung" der deutschen Wirtschaft, Hamburg 1989, S. 294. 19 Vgl. Inventar Louis Rothschild, Archiv des Kunsthistorischen Museums, Wien. Mein Dank gilt Herrn Dr. Herbert Haupt, der mir die Archivalien betreffs der Arisierung der Rothschild Ischen Kunstgüter zugänglich gemacht hat.

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dem Palais im 4. Bezirk. Unter letzteren fanden sich wiederum Werke von Franz Hals, Lampi d.Ä., Watteau, Fragonard, Pettenkofen, Riedinger, Dürer und zahlreiche Werke von Vater und Sohn Alt. Dazu kamen immense Schätze an Instrumenten, Miniaturen, Teppichen, Waffen, Leuchtern, Uhren, Textilien und an Kleinkunst wie Petschaften, Fayencen, Dosen, Vasen etc.20 Von Beamtenseite war für die Erfassung der Kunstschätze war Kajetan Mühlmann, Seyß-Inquarts Staatssekretär für Kunst, ursprünglich verantwortlich. Er legte auch den Entwurf für die Aufteilung der Werke auf die einzelnen Museen und Abteilungen vor, wurde allerdings noch 1939 seines Postens enthoben, da er zu „österreichisch" agierte.21 Intern mußte noch geklärt werden, ob die Kunstsammlungen von Louis und Alphons Rothschild besteuert würden oder nicht, was bei einem Schätzwert, der zwischen 30 und 80 Millionen Reichsmark lag, nicht unwesentlich war. Zur Aufbringung dieser Steuern hätte man aber einen Teil der Kunstwerke veräußern müssen, wogegen sich offenbar der Direktor des Kunsthistorischen Museums wehrte, der die Bestände auch extrem niedrig geschätzt hatte - wohl um die Sammlungen in ihrer Gesamtheit zu erhalten. Da auf Grund „der Entscheidung des Führers diese Kunstschätze den Museen in Österreich zur Verfügung gestellt werden " sollten, stellte sich der „Reichstreuhänder für die ehemals Rothschild'schen Vermögen" auf den nachmalig anscheinend akzeptierten Standpunkt, „daß damit über die Kunstschätze als Reichseigentum selbständig verfügt wurde und eine Berechtigung, etwa durch Verwertung der Kunstschätze Mittel zur Steuerbezahlung flüssig zu machen, nicht besteht" und daß „die Verfügung des Führers über die Kunstschätze in ihrem Ergebnis unmittelbar einer Bezahlung von Steuern gleichkommt".22 Die „Verfügung des Führers über die Kunstschätze" spricht den sogenannten „Führervorbehalt" an, Hitlers Wunsch, über die beschlagnahmten Kunstobjekte selbst zu entscheiden. Der Führervorbehalt gewann mit Hitlers geplantem Linzer Museum und dem „Sonderauftrag Linz" zunehmend an Bedeutung.23 Hans Posse, Hitlers „vielbeschäftigter Chefeinkäufer", 24 wurde nach Wien geschickt, um die jüdischen Kunstsammlungen zu begutachten. Er wählte 324 Gemälde für das Linzer Museum aus, die vor allem aus den Sammlungen Louis und Alphons Rothschild, Gut-

20 Vgl. Inventar Alphons Rothschild, Archiv des Kunsthistorischen Museums, Wien. 21

NICHOLAS,

Lynn Η.: Der Raub der Europa: Das Schicksal europäischer Kunstwerke im Dritten Reich,

München 1997, S. 59ff. 22 Korrespondenz 19. Dez. 1939 bis 3. Februar 1940 zwischen dem Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten Wien, dem „Reichstreuhänder für die ehemals RothschildÖschen Vermögen" und der Reichskanzlei betreffs der „Besteuerung des ehemaligen RothschildÖschen Vermögens, Ausnahme der Kunstwerte"; Koblenz, Bundesarchiv, Bestand R 43 II, Aktenband Nr. 1269 g. 23 KUBIN, Ernst: Sonderauftrag Linz: Die Kunstsammlung Adolf Hitler; Aufbau, Vernichtungsplan, Rettung, Wien 1989, S. 19f. 24 Wie Anm. 21, S. 65.

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mann und Goldmann stammten. Sie sollten mit rund 4.500 weiteren Kunstwerken den Bestand des „Führermuseums" bilden, das Hitler und sein Sekretär Martin Bormann als singuläre Sammlung in Linz einrichten wollten. Auf Grund des Umfanges war die Inventarisierung und Verteilung der Kunstsammlungen von Alphons und Louis Rothschild auf die verschiedenen Museen und Sammlungen der „Ostmark" erst 1942 abgeschlossen. Ein bedeutender Teil an Gemälden wurde unter dem Titel „Beschlagnahmte und sichergestellte Kunstgegenstände" nach Schloß Leopoldskron im Salzburgischen transferiert, das nebstbei als Eigentum von Max Reinhardt ebenfalls „arisiert" worden war. Zur Realisierung des Linzer Museumsprojektes kam es freilich nie. Um vor Bombenangriffen geschützt zu werden, mußten die sagenhaften Kunstschätze eingelagert werden; ausgewählt dafür wurden die Salzbergwerke in Altaussee und Bad Ischl-Lauffen. Die Bergung der Sammlung nach Kriegsende war eine mehr als schwierige Aktion. Die Verteilung an die rechtmäßigen Stellen wurde von einer Sonderkommission der Alliierten übernommen. Diejenigen Kunstgegenstände, die nachweislich aus vormals österreichischem Besitz stammten, wurden schließlich 1966 in die aufgelassene Kartause Mauerbach überstellt. Die nun folgenden Rückstellungen an die rechtmäßigen Eigentümer weitete sich zu einer langwierigen, komplizierten und wenig rühmlichen Angelegenheit aus, die - im Falle privater Eigentümer - bis heute noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Bedenkt man, daß man den Anspruch auf Restituierung natürlich juristisch glaubhaft machen mußte, ist dies kaum verwunderlich. Dazu sei ein Beispiel zitiert, das Albert Sternfeld anführt: 1938 wurde einer Wiener Familie im Zusammenhang mit ihrer „Ausreise" ein Gemälde von Waldmüller beschlagnahmt. Die rechtmäßige Eigentümerin wandte sich 1947 aus Amerika an die zuständigen Stellen, um etwas über das Schicksal des Werkes zu erfahren. Sie erhielt keine Antwort, bis in den achtziger Jahren bekannt wurde, daß zahlreiche Kunstwerke noch immer in der Kartause Mauerbach lagerten. Daraufhin reichte sie einen entsprechenden Antrag ein und wurde zur rechtlichen Klärung ihres Anspruchesl988 vor das Wiener Landesgericht geladen. „ Einige der Fragen:, Haben Sie ein Foto vom Bild?' -, Können sie Details des Bildes und des Rahmens schildern?' -, Wieviele Rillen hatte der Rahmen?' -All dies nach jo Jahren. Die Dame recherchiert und erfährt, das Bild sei gar nicht in Mauerbach, sondern offenbar hängt es in einer Kunstsammlung. Sie ist wieder in den USA und wartet. "25 Ob tatsächlich alle Kunstwerke aus den Rothschild-Sammlungen im Zusammenhang mit den Rückstellungsverfahren ausnahmslos aufgefunden und registriert werden konnten, läßt sich nicht definitiv feststellen. Diejenigen Objekte, die rückgestellt wur25 Vgl. Anm. 1.

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den, wurden übrigens - wie einem Bescheid an Ciarice Rothschild zu entnehmen ist „in dem Zustand rückgestellt, in dem sie sich im Zeitpunkt der Übergabe befinden".26 Weiter heißt es hier: „Die Weiterbelassung derselben am bisherigen Aufbewahrungsort über den Rückstellungstag hinaus und ein etwaiger Abtransport gehen auf Gefahr und Kosten der geschädigten Eigentümerin." Kann man in diesen beiden Punkten eventuell einen Grund für die großzügige Überlassung der Rothschilds zahlloser ihrer Kunstwerke an die verschiedenen Sammlungen der Wiener Museen vermuten? Neueste Recherchen haben jedenfalls ergeben, daß die großzügigen Widmungen erpreßt worden waren, da Ciarice Rothschild ansonsten mit noch längeren „Wunschlisten" konfontiert worden wäre und ihr sicher noch mehr Hindernisse in den Weg gelegt worden wären, als dies ohnhin schon der Fall war.27 Die Inventar-Aktenvermerke im Zusammenhang mit den Schenkungen bzw. Widmungen geben jedenfalls weder zu den Hintergründen Aufschluß, noch zeugen sie von Dankbarkeit den Spendern gegenüber. So heißt es beispielsweise in einem Falle lakonisch: „Anläßlich ihres Besuches in der Neuen Burg hat sich Baronin Clarissa Rotschild [sie!] bereit erklärt, dem Kunsthistorischen Museum 5 Schifflaternen [sie!] aus dem Besitze des B. Alphons Rothschild zu widmen. [...] Diese 5 Schiffslaternen sind daher in das Inventar des Kunsth. Museums einzutragen. 9.1.1950." Es handelte sich dabei übrigens um vergoldete venezianische Laternen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. 28 Die in österreichischen Museen, den verschiedenen Abteilungen des Kunsthistorischen Museums, der Graphischen Sammlung Albertina und dem Museum für Angewandte Kunst verbliebenen Kunstwerke aufzulisten, käme vom Umfang her sicher einem Inventarbuch gleich. Vermutlich ist dieses Kapitel sammlungsintern bei weitem noch nicht aufgearbeitet. Daher kann nur auf einige besonders ausgewählte Werke hingewiesen werden wie auf das Ölgemälde „Männliches Bildnis" von Franz Hals,29 „Weibliches Bildnis" desselben Künstlers,30 beide 1947 von Baron Louis de Rothschild „gewidmet", auf die Gemälde „Maultiertreiber" von Hans de Jode,31 „Mädchen und Offizier" von Gabriel Metsu,32 „Waldlandschaft mit Jägern" von Jan Wynants,33 alle

26 Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. April 1950; Archiv des Kunsthistorischen Museum, Wien, 1950/81. 27 vgl. TRENKLER, Thomas: Als das Wünschen der Nazis auch im Frieden geholfen hat. In: Der Standard, 14./15. Februar 1998, S. 8. 28 Archiv des Kunsthistorischen Museums, Wien, 1950/63. 29 Wien, Kunsthistorisches Museum (KHM), Gemäldegalerie, IN 9091. 30 Wien, KHM, Gemäldegalerie, IN 9092. 31 Wien, KHM, Gemäldegalerie, IN 9097. 32 Wien, KHM, Gemäldegalerie, IN 9099. 33 Wien, KHM, Gemäldegalerie, IN 9100.

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1948/49 „von Baronin Ciarisse de Rothschild zum Gedächtnis an Baron Alphonse de Rothschild gewidmet". Weitere Bespiele für die anderen Sammlungen des Kunsthistorischen Museums wären ein Pistolen-Coltellaggio, französische Hofkunst um 1555/60,34 eine Uhr vom Beginn des 17. Jhs.,35 eine französische Armillarsphäre aus dem 16. Jh.,36 ein niederländisches Astrolabium aus dem 16. Jh.,37 alle ebenfalls 1948/49 als „Widmung von Ciarisse de Rothschild, im Andenken an Alphonse de Rothschild" eingetragen sowie siebzig Musikinstrumente. Auch das Museum für angewandte Kunst wurde mit zahlreichen Objekten aus den Rothschild-Sammlungen bedacht, zwei Beispiele seien angeführt: Eine Goldemaille-Dose von Joseph Etienne Blerzy, Paris um 1785,38 und eine perlmuttverkleidete Golddose von Henri Advet, Paris 1743/44.39 Überdies sind die wertvollsten Möbel sowie ein Teppich aus Rothschild-Besitz heute in der Schausammlung des MAK zu sehen. Aus der „arisierten" Bibliothek Alphons Rothschilds wurden der Österreichischen Nationalbibliothek 1942 sieben Zimelien ausgefolgt, von denen fünf 1947/48 an die Erbin zurückgingen. Das sogenannte Rothschild-Gebetbuch, ein Stundenbuch mit flämischen Meisterillustrationen aus dem beginnenden 16. Jh.,40 sowie ein Missale für Festtage, Oberitalien um 1510 mit einem Vollbild und 23 Initialbildern41 - unschätzbare Meisterwerke - , verblieben in der Handschriftensammlung der Nationalbibliothek. Als letztes Bespiel für den problematischen Komplex der Rückstellungen sei eines für das Schicksal von jüdischen Stiftungen gegeben. Wie alle anderen Stiftungen, die von jüdischen Familien eingesetzt worden waren, wurden auch die Rothschild'sehen Stiftungen „arisiert", indem sie in zusammengefaßte Stiftungseinrichtungen überführt wurden. Diese Überführungen beruhten auf einem entsprechenden Gesetz vom 17. Mai 1938 „über die Überleitung und Eingliederung von Vereinen, Organisationen und Verbänden".42 Am 19. Dezember 1938 wurde die „Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftungßr Nervenkranke" aufgelöst, das Vermögen mit einer Vermögensbilanz vom 1. Mai 1938, die einen Wert von 5,229.659.79 RM angibt, in die Gemeinde Wien

34 Wien, KHM, Hofjagd- und Rüstkammer, IN A 2249. 35 Wien, KHM, Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, IN 9864. 36 Wien, KHM, Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, IN 9843. 37 Wien, KHM, Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, IN 9832. 38 Wien, Österreichisches Museum für angewandte Kunst, IN alt 30254/neu 1869 (Nr. AR 1096). 39 Wien, Österreichisches Museum für angewandte Kunst, IN 30259/1874 (Nr. AR 1556). 40 Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Handschriftensammlung, IN Ser. nov. 2844. 41 Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Handschriftensammlung IN Ser. nov. 2843. 42 Vgl. beispielsweise die Überführung der Freiherr Albert von Rothschild'schen Jubiläums-Stiftung in die Allgemeine Wiener Mittelschulstipendienstiftung, Wien, 1. u. 22. Februar 1939; Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Vermögensverkehrsstelle, 45.142 (Alphons Rothschild), Karton 164.

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eingewiesen.43 Erst 1956 begannen zwischen der Magistratsabteilung 12 und der Magistratsabteilung 17 - späterhin noch weiteren Magistratsabteilungen - Verhandlungen bezüglich des Rückstellungsverfahrens der eben erwähnten Stiftung. Die Wiener Landesregierung hatte mit Beschluß vom 24. Juli 1956 gemäß dem Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetz die Stiftung für Nervenkranke in ihrer Rechtspersönlichkeit wiederhergestellt. Mangels eines bestehenden Stiftungsorganes wurde der Magistrat der Stadt Wien mit der Verwaltung und Vertretung der wiederhergestellten Stiftung betraut. Dadurch sah sich die Rückstellungskommission beim Wiener Landesgericht der Situation gegenüber, daß der Rückstellungswerber, die „Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke", durch die Wiener Magistratsab-

teilung (MA)12 vertreten war, während der Rückstellungsgegner die Gemeinde Wien selbst war, vertreten durch eine andere Magistratsabteilung, nämlich die MA 65 bzw. MA17. Der Streitwert belief sich auf 5,230.000 Schilling. In einem dem RestitutionsAkt beigelegten Schreiben wird allerdings angegeben, daß Gauleiter Bürckel „noch vor der tatsächlichen Übernahme der Stiftung durch die Stadt Wien einen Betrag von RM 50.000- und zahlreiche Wertpapiere mit einem Kurswert von schätzungsweise rund

RM 1,043.000- beschlagnahmt" hat. Der Verbleib dieser Gelder konnte nie mehr rekonstruiert werden. Am 20. Juni 1962 informierte die Magistratsabteilung 4 den damaligen Wiener Vizebürgermeister über den „Abschluß eines Vergleiches zwischen der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke und der Stadt Wien zur Beendigung des zwischen diesen Parteien anhängigen Rückstellungsverfahrens".

Sechs Jahre hatte sich der Streit um die rückzustellenden Vermögenswerte der Stiftung hingezogen, während die Magistratsabteilung 65 unter anderem damit argumentieren konnte, daß sie einerseits seit 1938 erhebliche Aufwendungen für Instandsetzungen an den Stiftungsgebäuden etc. geleistet hatte, und die Heilanstalt andererseits nach dem Krieg laufend aus Steuergeldern bezuschußt werden mußte. Die Vertretung der Stiftung hingegen konnte geltend machen, daß die Gemeinde Wien 1942 eine Teilfläche von rund 67.000 m2 aus der Liegenschaft Rosenhügel für 373.000 RM an die Wien-Film-Ges.m.b.H. veräußerst und zusätzlich 500.000 RM für die durch den Verkauf bedingte Beeinträchtigung erhalten hatte. Überdies stiegen mit den allgemeinen Immobilienpreisen natürlich auch die Werte der Liegenschaften Rosenhügel und Maria Theresienschlössel. So entschloß man sich 1962 zu einem Vergleich „auf der Basis einer Zahlung von S 500.000 an die Stiftung", welche 1905 mit 20 Millionen K r o n e n

Auf Grund des Testaments von Nathaniel von Rothschild gesetzt worden war, einem Kapital, das laut Stiftbrief „für immerwährende Zeiten intakt" hatte bleiben sollen.

43 Wiener Stadt- und Landesarchiv, H.A., Akt 571/29.

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Wie die angeführten Beispiele zeigten, verblieben nach 1945 neben all den Immobilien und finanziellen Besitztümern zahlreiche Kunstschätze aus „arisierten" Sammlungen jüdischer Familien, die als „artfremd" aus Österreich vertrieben oder gar ermordet worden waren, in den städtischen Sammlungen Wiens und den staatlichen Sammlungen der Republik, wo sie bis heute als „österreichisches" Kulturgut bewahrt und präsentiert werden.

Vorbemerkung Die im folgenden nach Themenkreisen konzipierte und sowohl im Umfang wie in der Art der Dokumente durchaus und bewußt subjektiv gehaltene Quellendokumentation verfolgt einen mehrfachen Zweck: Sie versucht zunächst aus den 110 Aktenkartons umfassenden „Restitutionsmaterialien", die sich im Archiv des Bundesdenkmalamtes befinden, paradigmatische Dokumente herauszufiltern und diese - in vielen Fällen erstmals öffentlich vorzustellen, die in der bisherigen wissenschaftlichen und medialen Beschäftigung mit dem Thema „Restitution" lückenhaft, verzerrt oder gar nicht behandelt worden sind. Dazu gehören etwa der tatsächliche Aufgaben- und Wirkungsbereich der Denkmalbehörde während der NS-Zeit, die stufenweise Entwicklungsgeschichte des nationalsozialistischen Kunstraubes und ihrer quasilegistischen Begleitmaßnahmen, die Verquickung und Verstrickung von Denkmalbehörde, Museen, Dorotheum und Gestapo, oder etwa - um ein Thema der Zeit nach 1945 zu nennen das amerikanisch-deutsche Zentralkunstdepot in München und seine Bedeutung für die österreichischen Restitutionen. Andererseits wurden Themen wie der Bergungsort Altaussee, die Raubzüge des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg (ERR) oder die Beschlagnahmung österreichischen Klosterbesitzes bewußt ausgespart, weil sie bereits Gegenstand zahlreicher und bisweilen erschöpfender Darstellungen waren. Die vorliegende Quellendokumentation versucht weiters, bewußt auch divergierende und unterschiedliche Sichtweisen und Positionen vorzustellen, nach heutiger Einschätzung unverständliche Auffassungen und Entscheidungen aus dem Kontext des zeitgenössischen Umfeldes zumindest nachvollziehbar zu machen - als Beispiel seien die „Jubelberichte" österreichischer Tageszeitungen über die der Familie Rothschild abgepreßten „Schenkungen" genannt - , oder aus der Retrospektive scheinbar lineare Entwicklungen in ihren komplexen, keineswegs teleologisch eindeutigen Möglichkeiten und Alternativen, ja Widersprüchlichkeiten offenzulegen. Schließlich ist die vorliegende Quellendokumentation methodisch zu reflektieren: Sie verweigert sich bewußt der üblichen deskriptiv-monographischen Darstellungsweise, die dem naturgemäß und notgedrungen vermittelnden, interpretierenden und damit geformten Ganzen quasi als Beleg einen Appendix von Quellenauszügen folgen läßt, bisweilen lediglich zur Bestätigung der im Text extrapolierten Ansätze und Thesen. Im Gegensatz hiezu ist der folgende Quellenabschnitt einem strukturanalytischen Ansatz verpflichtet. Der historischen Schriftquelle wird der Vorrang eingeräumt, der erläuternde, erklärende oder übersetzende Kommentar versucht sich auf das Nötigste zu beschränken, um dem Leser den Blick weitgehend auf die Geschichte bzw. deren schriftliche Reflexion freizugeben.

Vorbemerkung

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Zuletzt eine persönliche Bemerkung des Bearbeiters: Durch die in Österreich längst überfällige und nun angelaufene zeitgeschichtliche Aufarbeitung der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte stellt sich für die wissenschaftliche Forschung die Forderung nach differenzierter, engagierter, jedoch von Sachkenntnis und nicht von Ideologien geprägter und getragener Betrachtungs- und Darstellungsweise. Mit Klischeevorstellungen, Vereinfachungen und automatisierten Geschichtsabläufen geben sich eigentlich nur Fanatiker und Dummköpfe zufrieden, deren es freilich genug gibt. Ernsthafter und glaubhafter Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung geht es um das angestrengte Bemühen nach methodisch-kritischer Annäherung an die Wahrheit. Vor ihr, auch wenn sie nicht immer angenehm sein mag, ist Angst unangebracht. Daraus ergibt sich zwangsläufig die nüchterne und lapidare Feststellung, daß die folgende Quellendokumentation in keiner Weise durch dienstliche, obrigkeitliche oder hierarchische Vorgaben oder Weisungen in irgendeine Richtung hin beeinflußt wurde. Leitlinie für Auswahl und Inhalt der Dokumente waren der wissenschaftliche Forschungsstand, die fachliche Kenntnis und das Bemühen des Bearbeiters um eine angemessen breite thematische Perspektivik. Desgleichen grenzt sich die vorliegende Dokumentation von emotionalisierten und emotionalisierenden Elaboraten ab, die unter dem Zwang und Eindruck tagespolitischer Affinitäten wirksame, aber kurzlebige Markierungen darstellen, ihrer bewußt oder unbewußt tendenziösen Selektion in materialer und argumentativer Hinsicht wegen jedoch ein grundlegendes Postulat wissenschaftlichen Anspruchs, nämlich die Fähigkeit zu quellenkundlicher und hermeneutischer Konkordanz, vermissen lassen. Theodor Brückler

I. Beschlagnahmungen 1. Unter der verharmlosenden Bezeichnung „Sicherstellung" erfolgten staatlich legitimierte Zugriffe auf Eigentum allein auf Grund des Umstandes, daß der Eigentümer das deutsche Reich für immer verlassen und um Ausfuhrbewilligung bezüglich seines Kunstbesitzes angesucht habe. Wenngleich zunächst immer wieder betont wurde, die Eigentumsrechte würden hiedurch nicht berührt, erörterten staatliche Dienststellen bereits die Möglichkeiten, um eine Veräußerung dieser Gegenstände anzubahnen und damit eine Liquidation der Sicherstellungsverfahren herbeizuführen. Ein Rechtstitel hiefür wurde infolge der Juden systematisch diskriminierenden und entrechtenden Gesetzgebung des Dritten Reiches stets gefunden: konstruierte Steuerschulden, Nichtanmeldung jüdischen Vermögens, Aufenthalt im Ausland u.dgl. Die nächstfolgende Maßnahme waren zumeist Beschlagnahmung oder Einziehung des Vermögens. [K. 8, M. 2, fol. 67r]

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von Ort und

oder durch Bestimmung eines

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der Sieherstellungsbescheide erfolgt

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Λη Ort und Stell*

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wird, wo dies genügende Sieherheit

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im Lande m garantieren,

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der h. a. Antrag nicht

dern schriftlieh.Die 1. Feber 1939 Zykan

Perso-

Erigssung

an sich gesogen und mehr mündlieh

son-

Β. H. sind somit ausgeschaltet. Dient x«r Kenntnis! Einlegen!

}

7· Feber 1939

i.V.

96

Quellendokumentation

2. Als Ersatz für das fehlende reichsdeutsche Ausfuhrverbots- bzw. Denkmalschutzgesetz diente die sogenannte „Reichsliste", die als Ergänzung zur Inventarisierung des klösterlichen Kunstbesitzes auch den privaten jüdischen und adeligen Kunstbesitz erfassen und den staatlichen Zugriff auf ihn erleichtern sollte. Die Eintragungen in das „Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke" wurden nicht nur von oben her verfügt, sondern dadurch auch die Eigentumsrechte wesentlich beschränkt; überdies war der betreffende Kunstgegenstand damit automatisch zur Ausfuhr gesperrt. Eine Beschwerde·, Berufungs- oder Einspruchsmöglichkeit gegen die Eintragung gab es nicht. [K.8, M. 4, fol. 13r]

Beschlagnahmungen Zentralsten· für Denkmalschutz itn Ministerium für Innare und kulturelle Angelegenheiten Wien 40/111.. Rennweg 8. '

97

_ o«, S> Töten, ™ III/ΊΟ, Renn^rocg 8 7

Betrifft: Slnttog flit SSerjeic&nis notional mettooltec Runjiroetie. (Ort: Wien.

Eigentflmec: ßeichfelä,Irma,Wien,XIII., Feldlcnllergasse 46. «Jeeenftand: Reiter, Johann Baptist,C1 auf Lwd.

Hn das Z e n t r a l d e p o t

,

ff 8 e η I,, Heue Burg. 2)et Seit SUidEjsminiftet bes 3nnern f|at mit bie Sintrognng bes na2016 n.. " >'2265 * "'2265 " >'2266 n »2273 " " " " n

" " n

2 Stk Applikationsstiokerei, grün auf rotem Samt Decks, quadratisch.Bunte Seidenstickerei auf weißem Fond, 17. Jh. . 2 Vorhänge blau und rot, bedruckter Kattun wohl indisch. 1 Vorhang. Auf • creme Grund Seetiere, Streublumea. 2 Torhänge weiß punktierter Fond * Doppelb ahnen (Vorhänge) Seidensaat. Stil später Louis XIV. grün. /2276 6 Seile (Vorhänge) bunter Samt vom Haagersaal /2277 1 Portiere und 5 Vorhänge.Seidengewebe hellgelb auf kirschrot, Bapireaotive. '2279 2 Portieren, Seidenetoff, rot in rot.

•233* 3 große Portieren; Wollsamt rot, 19.Jh. /2339 1 Stück Vorhang. Weißes Rohseidenfutter, gestickt (,23*9 2 Stück Vorhänge, bunte Seidenstickerei auf lockerem Grund 2.Hälfte 17.Jh. i2351 2 Vorhänge, Seidenlampas, nilgrün. '235*

2 große Vorhänge. Cremefarbener Seidenstoff und 2 Draperien.

106

Quellendokumentation

7. Das wenn auch nur theoretisch bestehende Eigentumsrecht der Juden war Göring als Reichswirtschaftsminister offenbar zu liberal, sodaß er 1940 per Erlaß verfügte, im Falle noch nicht zugunsten des Reiches eingezogener Kunstgegenstände sei es erforderlich, Zwangsentjudungsverfahren einzuleiten. Um faktische Zahlungen an die jüdischen Eigentümer von Kunstgegenständen in jedem Fall auszuschließen, wurde ein „Zweistufenplan" konstruiert: Die ohnedies willkürlich niedrig festgesetzten Schutzpreise würden zwar formell dem Juden zustehen, praktisch aber regelmäßig zur Deckung der Steuerforderungen des Reiches und zur Bezahlung sonstiger Schulden dienen. Ein etwaiger Überschuß wäre auf [ein] Devisensperrkonto einzuzahlen. In jedem Falle war dadurch staatlichem Unrecht Tor und Tür geöffnet. Was auch immer zu entscheiden war, nicht die Rechtslage bedingte die Maßnahme, sondern der politisch erwünschten Maßnahme wurde die potemkinsche Fassade einer nach Bedarf zurechtgebogenen Rechtslage vorgeblendet. [K. 8, M. 11, fol. 7r]

Beschlagnahmungen

*·' Λ

Rk. S2158 12. Juni 1940 Der Heichawirtschaftsmini3ter

Abschrift 1 Berlin W 8, den 10.Juni 1940

III L a/10149/40 An den Reichsminister und Chef der Reichskanzlei, z. Hd. V.Herrn Min.Rat Dr. Ficker Berlin W 8 Toflptrnooe. 6, Auf die Schreiben vom 9. März und 25 April 1940 - RK. 4446 B, Rk.6357 Β Betrifft:Verwertung der Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz in der Ostmark. U n ter Bezugnahme auf die Besprechung mit meinen Sachbearbeitern am 3· dieses Monats nehme ich zu dem Schreiben des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten in Wien vom 9. April 1940 wie folgt Stellung: Den Entjudungsvorschriften sind nur solche Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz unterworfen, die nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen eingezogen und damit in d.is Eigentum des Reiches übergegangen sindl Soweit Gegenstände nur beschlagnahmt oder sichergestellt 3ind, ohne dass eine Einziehung zu Gunsten des Reiches erfolgt ist, stehen sie weiterhin im Eigentum der Juden. Um sie entsprechend dem Willen des Führers zum Ausbau und zur Vervollständigung der östmärkischen Kunstsammlungen verwerten zu können, ist es erforderlich, Zwangsentjudungsverfahren einzuleiten .Den Juden müsste

-

soweit sie ausgewandert sind, durch Bekanntmachung im Reichsanzeiger - gemäss § 6 der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens

vom 3. Dezember 1938 - Reichsgesetzbl.

I 3 - 1709 - die Veräus.ierung der betreffenden Gegenstände an den Beauftragten des Führers, Direktor Posse, gegen einen festgesetzten Sohutzpreis aufgegeben werden. Erforderlichenfalls

108

Quellendokumentation

8. 1939 gab das Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten bei der Zentralstelle für Denkmalschutz eine „gleichzeitig bzw. schlagartig in allen Gauen durchzuführende Verzeichnung des klösterlichen Kunstbesitzes" (E. Frodl-Kraft) in Auftrag. Dadurch sollten einerseits unkontrollierte Verschleppungsaktionen - insbesondere durch SS und Gestapo - verhindert werden, andererseits aber rückte die unter Aufsicht der Gestapo stehende Inventarisation die als Schutzmaßnahme geplante Aktion in ein schiefes Licht und steigerte verständlicherweise das Mißtrauen der Klöster. Tatsächlich waren die Klöster nach den jüdischen Kunstsammlungen vom Nationalsozialismus am meisten betroffen. Neben vergleichsweise „geordneten" Beschlagnahmungen kam es - wie etwa im Kloster St. Lambrecht (Steiermark) - seitens der SA, der SS und vor allem der HJ zu sogenannten „spontanen" Aktionen, die im allgemeinen Ausbrüche von anarchistischem Vandalismus darstellten. In zahlreichen Pfarren ereigneten sich politisch gesteuerte nationalsozialistische Übergriffe, Vorfälle und Schikanen bei kirchlichen Feiern, Prozessionen und Gottesdiensten. Auf die eingezogenen klösterlichen Kunstschätze und deren Einbeziehung in Hitlers „Linzer Sammlung", wurde deren Leiter Dr. Hans Posse besonders hingewiesen. [K. 8, M. 9, fol. 17v]

Beschlagnahmungen

109

e/U^MMd)

mache ich S i e (darauf aufmerksam, dass i n den Gauen Niederdonau, T i r o l und Steiermark auch e r h e b l i c h e r K l ö s t e r l i c h e r Kunstbesitz e r f a s s t worden ist^irv^m. übai' Wigttniw BaabOxtjL· au.* jedoch biahtH' liotoranäooigo Verneiohnungen nicht! vor • llGf-JCÄi Im Gau Hiederdonau wurde das Vermögen des S t i f t e s Göttweig eingezogen j eine "estandaufnahre wird gegenwärtigfÖ&cWitöu (X/u^CLaj vn, d&k. Z a t . f . ß s o h . vorgenommen. H i n s i c h t l i c h der Münzen- und Medaillensammlung d i e s e s ' S t i f t e s hat der ^ e i t e r des Kh. j^Mus^MZuweisungswünsche s e i n e s Münzkabinettesangemeldet. Kisterauflösungen i n φι Γ Ο χ( s t i f t StaR», S t i f t Wilsten, S e r v i t e n k l o s t e r und J e s u i t e n k l o g t e r in Innsbruck) Mui'deu umfangreiche Kunstwerte über die mirrcTer Herr -Landeshauptmann von T i r o l biäher t r o t z mehrfacher Betreibung L i s t e n noch n i c h t vorgelegt h a t . Aus einem B e r i c h t gehi hervor, dass e r den Verblei^ der Bibliothek und der Dokumentensammlung des S t i f t ^ S t t S S c w e g e i i i h r e r Beziehung zur (Beschichte ' J i i u l a t u LuuJl wünscht. Auch vom Gau Steiermark,in dem schon bald nach dem Umbruch die -k-unstwerte von Admon^ und S t . Lamprecht s i c h e r g e s t e l l t worden sind, stehen die angeforderten B e räichte noch aus. M ä r z 194o.

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110

Quellendokumentation

9. Für die „Verzeichnung des Kunstbesitzes in den Klöstern" wurden eigens erstellte Instruktionen herausgegeben. Die Vorgangsweise und die Art der Inventarisierung war wohl gänzlich von kunsthistorisch-denkmalpflegerischen Erwägungen und Kriterien gekennzeichnet, dahinter aber stand - dem Zeithistoriker sicherlich klarer erkennbar als dem damaligen Bearbeiter - eindeutig der Zugriff auf kirchlichen Kunstbesitz. Allein die Formulierung, daß (nicht näher bezeichnete) Sicherheitsmaßnahmen vorzubereiten seien, falls Kunstgegenstände in ihrer Erhaltung durch unsachgemäße Verwahrung oder Behandlung gefährdet sind, oder [...] die Gefahr des widerrechtlichen Verkaufes oder eine allfällige anderweitige Gefahr [...] besteht, zeigt deutlich die weiteren kirchenpolitischen Perspektiven des NS-Regimes. [Div. Material, Blatt 2 der „Weisungen für die Verzeichnung des Kunstbesitzes in den Klöstern"]

111

Beschlagnahmungen

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2

-

Wichtige Objekte worden auf Angabe des Fachbcamtoji fotografiert. Ebenso Objekte, dio im Verzeichnis nioht rocht gekennzeichnet cerden konnten, Es ist Sorge zu tragen, daae die Fotografien im Nachhinein alt don Hummern des Verzcicußisses identifiziert werden könnten.

Eigene Fotograf/on können nioht allen Kommissionen

mitgegeben norden. Es sind daher in allen jenen-Fällen, in welchen kein Fotograf zur Verfügung stoht, von den Kommissionen der Zentralstelle für Dcnkmalsohutz jene Objekte bekanntzugeben, deren fotografische Aufnahme als wünschenswert erscheint. Wo gedruokto Führer vorhanden .sind,.sind dieselben zu orwerben. Ebenso wichtig ist die F~3tstcllung von vorhandenen Verzeichnissen und Invontaren.

Dieselben können beim Vcrzeiohncn

heranjiCzogeri wordon, dooh ist das Vorhandensein dor Objekto genau nachzuprüfen. Ergibt sloh, dass Objekte in den letzten zehn Jahren veräussert wurden oder zugrunde 0 ingen, so ist dies gesondert zu vermerken.

Ebenso soll & cnau angeführt norden, wonn Objekto schwor

fortschreitende Sohädcn, wio Holzwurm, Schimmel, Uottenfraß, etz., aufwoison, damit diese GogonstSndo durch dio E..staurierwerk3tätte der 2sntralstollo für Denkmalschutz vor dca Untergang bewahrt werden können.. Sa auoh die Bibliotheken soweit als möglioh verzeichnet werden sollen, jedooh nicht hinl^ag^io^yenug Biblitthekare vorhanden sind, so sind Bibliotheken mit/B;,ständen (Handsohriften, und Inkunabeln) von don Kommissionen allenfalls abzuschließen und zu versiegeln. Hiebei ist jedooh darauf Rücksioht zu nehmen, dass in manchen Fällen die Biblicthoksräume selbst zugänglloh sein müssen. Es wird sich deshalb wiederholt not-.-cndig erweisen, die .;ertvollat0n 1 Bibliotheksbestände in einem abgeschlossenen Raum oder in Eäatsn gosondert zu verwahren. 3.) Weisungen für allenfalls nötige 31oherstollun(,cn gefährdeten gunstbesltzos.

Sollte die Kommission ermitteln, dass

Eunstgogonstände' in ihrer Erhaltung durch uneac..goaiße Verwahrung oder Behandlung gefährdet sind, oder dass dio Oofahr des wider-

v

rechtlichen Verkaufes odor eine allfälligo anderweitige Gefahr für

112

Quellendokumentation

10. Die für das nationalsozialistische Regime charakteristische Tendenz zu Kompetenzüberschneidungen und bewußt eingeplanten Kompetenzkonflikten zeigte sich auch bei der Konfiskation von Kunstgegenständen. Definitorische Unklarheiten und das Fehlen einer juristisch-meritorischen Klärung des Begriffs „Kunstgegenstand" verursachten wiederholt Doppelgleisigkeiten und Kompetenzkonflikte. In besonderer Weise traf dies auf die Beschlagnahme jüdischer Münzensammlungen zu. Die Juden zwangsweise auferlegte Ablieferung von Schmuck, Edelsteinen und Goldmünzen in einer eigenen Sammelstelle im Wiener Dorotheum führte zu einem Zuständigkeitsstreit zwischen Reichsstatthalter, Denkmalpflege und Reichsbank, die alle für sich in Anspruch nahmen, für Überprüfung, Beurteilung und Verwahrung der genannten Wertgegenstände allein zuständig zu sein. Die Reichsbankzentralstelle in Berlin vertrat hiebei ziemlich apodiktisch die Auffassung, daß sich der „Führervorbehalt" nicht auf Gegenstände aus Platin, Gold, Silber, Edelsteinen und Perlen beziehe. Diese Gegenstände seien vielmehr ausschließlich zugunsten des Reiches zu verwerten. Dem hielt das Amt des Reichsstatthalters entgegen, daß im Falle historischer Münzensammlungen aus jüdischem Besitz der künstlerische oder historische und kulturelle Wert bezw. den Edelmetallwert bei weitem überwiege. [K. 8, M. 3, fol. 57v]

113

Beschlagnahmungen

wvfcyUt,

/jn Kunstwerte ,faur Gemäldesammlungen und Skulpturen etc. nicht '')•'(/'·? a ' 3er von den Juden auf ürund der 3. Anordnung i' 'i /' ••(•·/"< ü b e r d a s d ü d i s c h e Vermögen vom 29.2.193 ), RGB1.I, S. 282 'i/H von 1939 abgelieferten Gegenstände aus Platin, Gold, Silber, f^/K Γ . «/ f o t . Ή Edelsteinen und Perlen beziehen könne. Diese Gegenstände sCftÖtvielmehr ausschliesslich zu Gunsten des Seiches zu verwerten u.zw. durch die zu diesem Zweck eigens eingerichtete Zentralpfandleihanstalt Berlin, bezw. die mit der Durchführung beauftragte Reichsbankhauptkassa Berlin. Daher bestünde auch keine Veranlassung betreffend solcher Gegen» stände Auskünfte über erfolgte Veränderungen _zujgeben. jh'c »W «nV» Ou^^x/Ti Uti C 1Λ uJ6>J~

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Diese Auffassung deckt sich allerdings nicht mit unserer Interpretation, insoweit es sich um Gegenstände handelt, bei welchen der künstlerische oder historische und kul^J Die ganze Stellungnahme ist jedoch nur von theoretischer

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/ Münzensammlungen sich im Gewahrsam des kh. Museums und nicht bei der Reichsbankhauptstelle Wien befinden. (Von der Reichsbahkhauptstelle wurde seinerzeit lediglich die Münzensammlung K r a u s übernommen und nach Berlin abgeliefert, auf welche die Zentralstelle für Denkmalschutz damals keinen besonderen Wert gelegt hat.) ß f a C t - l . U^tC^Lt^

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114

Quellendokumentation

11. Die gesetzlichen Regelungen boten dem staatlichen Zugriff mehrere Möglichkeiten, in den Besitz jüdischer Kunstwerke zu gelangen. Im allgemeinen erwarteten die NS-Behörden, daß jüdische Kunstsammler allein unter dem psychischen Druck, dem sie ausgesetzt waren, ihr Eigentum von sich aus zum Kaufe anboten. Diese für das NSRegime zweifellos günstige Optik wurde jedoch nicht zwangsläufig angestrebt: Andernfalls sollten Verfahren zur Zwangsentjudung von Kunstgegenständen angewendet werden. Die Einziehung dieser Kunstwerke stand aber auch innerhalb des NS-Regimes sowohl juristisch als auch politisch-publizistisch in einem gewissen Zwielicht: Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei Lammers war zwar mit der Vorgangsweise einverstanden, schlug jedoch vor, wenn Verfahren zur Zwangsentjudung von Kunstgegenständen eingeleitet werden, als Erwerber nicht den Führer oder einen Beauftragten des Führers angeben zu wollen. [K. 8, M. 10, fol. 34r]

115

Beschlagnahmungen

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5Dec ^eidkminifter unt> Cfcef Bk»9215 Β Κ» iulrö gfbmn, iitftl ο(;(1τ n τ " _ Minoritenplatz 5.

ESten, 5. August 1939. !., ©traudjgaffe 1 -

a««» den Schutz der beweglichen Kunstgüter in der Ostmark.

s«NNIF: A IS-5-M

mt.·. Der stellvertretende Leiter der Vermögensverkehrssteile und Wirtschaftsbeauftragr " ter des Reichskommissars bei der VermöSLß.: gensverkehrsstelle. Ihr Schreiben vom 15.Juli 1939 4 b - 329.677.

Die Vermögensverkehrsstelle hat bis jetzt jüdischen Kunstbesitz mit Ausnahme einiger der Zentralstelle für Denkmalschutz bereits in Verwahrung gegebener Gemälde nicht sichergestellt. Allerdings sind Kunsthandlungen und Antiquitäten handlungen entjudet und abgewickelt worden. In diesen Ent judungsfällen sind etwaige ICunstgegenstände in arisches Eigentum übergegangen, unterliegen also nicht mehr einer Verwahrung, Verwaltung oder Überwachung durch die Vermögensverkehrsstelle. Der Grossteil der Waren der aufgelösten jüdischen Kunst- und Antiquitätenhandlungen sollte mit Zustimmung des Denkmalamtes aus devisenmässigen Erwägungen an eine schwedische Interessentengruppe verkauft werden. Tatsächlich verkauft sind Gegen stände im Wert von 55.000 Schw.Kr., noch zu veräussern solche im Wert von etwa 50.000 Schw.Kr. Darunter befinden sich kaum wertvolle Stücke. Der Bestand wird von dem zum Abwickler bestellten Wirtschaftsprüfer Otto F a 1 t i s, Wien I.Tuchlauben 7, verwaltet. Die Vermögensverkehrsstelle, Abteilung Vermögensanmeldung, hat sich neuerdings in die Kontrolle des Umzugsgutes auswandernder Juden eingeschaltet. Dabei ermittelte Kunstgegenstände werden sichergestellt. Die Zentralstelle für De niemals chut ζ wird sodann benachrichtigt. Die Vermögensanmeldungen der Juden lassen ihrem Vordruck und üt:'St®"im f.Is"."„t. Inhalt nach·, den jüdischen Besitz an Kunstgut nicht ohne weiteres Rt.1V. Cr;·-·

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Quellendokumentation

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.. Angelegenheiten da» "·/(> Κ a r ρ e 1 e s^S_c. h..e.n k e r , XIX. Kreindlgasse 6 // Arthur D r a c h , I I I . Zaunergasse 1 e t ^ t - Z ^ ^ y * * · + /f Edwin und Karoline C z e c z e w i c z k a , I . Uraniaj. Strasse 2 f^'··?"/^ 'Jf-CrQ' —-S-ρ- β-y-e-r~, I I I .Heum&rkt - 2 7 - τ ^ Α ^ ' W Paul und Andy Ζ a ο 1 η a y , XIX.Armbrustergasse ^yJ-J •1 Marianne S i n g e r , IV. Gußhausstrasse 4/ Γ'·') + J/ Wilhelm F r e u n d , IV. Thereslanumgasse .at/i^i f: f l David G ο 1 d m a η η /λ·//·.-• >\'-'>r ,r.Af ' + fö Elise M o n a t . h ·χ/χ·. 7 7 - γ/y^/T..n .1· •'•'«·'

138

Quellendokumentation

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©tcjeidjuifi bet a u s petfdjiebeneni u n b e f a n n t e m »«fife b e f d j l a f l n a l j t n t e n ®3sedel ooale SERIniatar e i n e s b l o n b e n Anabeit. 9KU uerftetftem ftadj, t. 18. S i l i a b r i f ^ e 9labelbüii>fe mit 6 d ) i l b p a t t f u t t e t a n s i k r n i s . a K a t t i n , i)Clirofa ^ o n b m i t b u n t e n 3 i e t f d j e i b e n i n djinefififymi ®ef«^matf. 18.3l)bt. 19. g i a d j f e 9}abtlbö " ρ Τι ft ;>',', fttiiiitn

^mutto.

150

Quellendokumentation

27. Das nationalsozialistische Regime konfiszierte - wie bereits erwähnt - auch jüdisches Umzugsgut. Bis zum Jahre 1943 gelang es allerdings nur mangelhaft, die verschiedenen Dienststellen der NSDAP und des Reiches entsprechend zu koordinieren. Noch 1943 beschwerte sich die Staatspolizeistelle Wien der Geheimen Staatspolizei dem Institut für Denkmalpflege gegenüber, daß durch die separate Entnahme und Verwahrung von Kunstgegenständen aus jüdischem Besitz in den Gestapo-Unterlagen und -Abrechnungen Unordnung und Unübersichtlichkeit aufgetreten seien. Gestapo (insbesondere die „Vugesta"), Finanzbehörden, Dorotheum und Institut für Denkmalpflege konkurrierten gegeneinander und fanden erst nach Jahren einen modus vivendi. Die im vorliegenden Dokument nachweisbare Vorgangsweise der Gestapo, beschlagnahmte Güter aus jüdischem Besitz teilweise in den Messehallen, teilweise im Dorotheum zum Verkauf zu bringen, zeigt einerseits die Problematik der mangelnden Übersicht und Kompetenz durch das Institut für Denkmalpflege, das nicht selten „zu spät" kam, um jüdisches Kunstgut wenigstens vor anonymem Verkauf zu bewahren, andererseits aber auch die Schwierigkeit, um nicht zu sagen Aporie der gegenwärtigen Forschung, den Weg geraubter Kunstwerke zu rekonstruieren. Überdies muß darauf hingewiesen werden, daß in manchen Fällen konfisziertes Vermögen in den Wohnungen selbst an Ort und Stelle versteigert wurde, um Zeit und Transportkosten zu sparen. [K. 8, M. 15, fol. lOr]

151

Beschlagnahmungen

(geheime Staatspolijei StaatspolijeileitlieQe Wien Β.Ir.6075/40-11 Β 3 .

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An das Institut für Denkmalpflege, In

Wien

40·.

Rennweg Nr.8. B e t r i f f t : Beschlagnahme von Umzugsgut Jüdischer Bnigranten. Vorgang:

Dort.Schreiben vom 20.November 1940,Z1.2808/ K/40.

Anlagen:

Ohne. Die beschlagnahmten Lagergüter jüdischer Emi-

granten werden teilweise in den Messehallen, teilweise im Dorotheum zum Verkauf gebracht. Ich habe meine Aufsichtsorgane in der Messehalle in Kenntnis gesetzt, dass sie jederzeit dem Beauftragten Ihrer Dienststelle gegen Vorweisung der Dienstlegitimation Eintritt gewähren und die beschlagnahmten Gegenstände zur Besichtigung zugänglich machen. Ich habe weiters meine Schätzmeister angewiesen, Kunstgegenstände, die unter den Führervorbehalt fallen, in den Schätzlisten gesondert zu bezeichnen,

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sodass die Uberprüfung beschleunigt durchgeführt werden

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kann. Ich bitte, sich fallweise mit Pg. Karl Herber,

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in Wien I . , Bauernmarkt Nr.24,(Tel.Nr.ü 29-1-85) in das

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Benehmen zu setzen, der angewiesen i s t , die Anlieferungs-

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termine mitzuteilen.

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152

Quellendokumentation

28. Güter jüdischer Emigranten wurden - wie bereits erwähnt - auch in Triest von deutschen Besatzungsbehörden beschlagnahmt und ohne Inventarisierung oder Nennung der ehemaligen Eigentümer in die Zweiganstalt des Dorotheums nach Klagenfurt zur Versteigerung gebracht. Auch in diesen Fällen waren nach 1945 kaum Nachforschungen zwecks Feststellung der rechtmäßigen Eigentümer möglich. [Akten des Bundesministeriums für Vermögenssicherung Wirtschaftplanung, ZI. 157544/8 vom 12. August 1948]

153

Beschlagnahmungen

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Wien, am

10. August 1948.

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β η. I . . Analieiirakt. Betreff: in Trieat beschlagnahmtes IJmzugsgut österr.Emigranten. zur da.Zl.156.430-8/48 vom 20.Juli 1948. Die Gttterrerkehragesellschaft "Adria" in Trieet hat Teile der dort τοη den deutschen Behörden beschlagnataten Enigrantengttter In der Zeit vor 1945 in die Zwaiganstalt des Dorotheas in Klag®« f n r t rthna ÜBTiminy der Eigentümer zum Verlaufe eingebracht. Die angefallenen Erlsee wurden im Auftrage der genannten Gesellschaft bis Hai 1945 auf das Konto Nr.1466 bei der LanÄeshypothekenanstaLt Klagenfurt, nach dieser Zeit auftrage der britischen Besatzungabehörde (HKADQUABTERS CIVIL AFFAIHS Laad Kärnten H.D.A B.Branch, KLagenfart) auf ein Sperr-Konto Adria-Trieat bei der Oesterre ichi sehen Sationalbank in Klagenfurt eingezahlt. Die unverkauft gebliebenen Sachgüter wurden mittels Verzeichnisses der erwähnten britisohen Stelle bekanntgegeben, die bisher die auf diese Hazugagüter bezughabenden Anfragen beantwortet hat.

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Quellendokumentation

29. Die Einbindung - besser Involvierung - der traditionsreichen Wiener Pfandleihund Auktionsanstalt Dorotheum in die Kunstankäufe des Linzer Museums („FührerMuseum") führte so weit, daß in der Wiener Hauptanstalt des Dorotheums ein eigener Depotraum für „Führerankäufe" eingerichtet werden mußte. [K. 13/1, M. 7a, fol. 2r]

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Beschlagnahmungen

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Sehr g f i e h i t e r Korr ArohUfckt! l o h i a n k a ISm-sn f'iv Xhin t e l e f o n i s c h e Durehsage über dl« Ankunft des T r a n n p o r t · ^ von 1 0 . ? . u n d f ü r I h r e n B r i e f vom 1 7 . J u l i 1944.Zu don f r a g l i c h e n 8 G raälden i s t zu s e g e n : Die "TTSM m i t 5 KtnCern i n y r 9 i « r . b e i a Wäschetrocknen" i s t de: Bild von D e l u g . d e s e r .selbst ''aarzwinae" b e t i t e l t . Das GenSlde von A n e r l i n g " S c h l b f e n d e s Kind" i s t wahrscheirlioK vendera d i e Vtroeokuhg l e i t e n d e n Beamten des i o r o t h e u n s aus s d n e r L i s t e f a l s c h a n g e s s g t rardan. Sa d i e s e s ß i l d aus dem eigen; f ü r der, P U h r - r s - u f t r u g » I n g e r i o h t e t o n Depotreum d e s Dorotheums entnesaen ^ u r d e , gc-hört es u n b e d i n g t au I h n e n . D i e K u n s t a b t e i l u n g des Tbrciheuns v s r s t ' f c i H g s i c h u n t e r einem von d e r i r r e f ü h r e n d e n Berechnung. Heil

Kitlsr!

I h r e ergebene

2. Museen und „Linzer Sammlung" 1. Das abgebildete Schriftstück vom 18. Juni 1938 kann als die „Geburtsurkunde" des sogenannten „Führervorbehaltes" bezeichnet werden. Darunter versteht man das alleinige Vorrecht Hitlers, aus den sichergestellten oder beschlagnahmten Kunstsammlungen vornehmlich jüdischer Eigentümer die Entscheidung sowohl hinsichtlich der Auswahl für das „Führer-Museum" Linz als auch der Zuteilung einzelner Bestände an verschiedene öffentliche Museen und Sammlungen zu treffen. Obwohl der Erlaß nur allgemein Vermögensgegenstände erwähnt, ergibt sich aus dem inhaltlichen Gesamtzusammenhang, daß es sich hiebei ausschließlich um Bilder und sonstige Kunstwerke von hohem Wert handeln sollte. Die alleinige Verfügungsberechtigung Hitlers wurde in den nachfolgenden Jahren stufenweise bis auf kunstgewerbliche Objekte und schließlich auch auf historische Münzen und Waffen ausgedehnt. Die im Erlaß ebenfalls erwähnte Absicht, Kunstwerke in erster Linie den kleineren Städten in Österreich für ihre Sammlungen zur Verfügung zu stellen, bedeutete jedoch angesichts der bald nach dem „Anschluß" nachweisbaren Absicht Hitlers, in Linz an der Donau ein „Führer-Museum" einzurichten, eine glatte Lüge. Überdies waren es nicht die Museen der kleineren Städte - wie im Dokument erwähnt - , sondern fast ausschließlich die großen Bundes- und Landessammlungen, die außer Hitlers Linzer Sammlung von den beschlagnahmten Kunstgegenständen aus jüdischem Besitz profitierten. [K. 8, Μ. 1, fol. 8r]

Museen und „Linzer Sammlung"

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Abschrift zu Rk. 1076 Ε Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei ^

262 B

«

Berlin, den 18. Juni 1938

G Ε Η I I Μ !

An den Herrn Reichsführer-H und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern Betrifft: Beschlagnahme staatsfeindlichen Vermögens in Osterreich. Bei der Beschlagnahme staatsfeindlichen, im besonderen auch jüdischen Vermögens in Österreich sind u.a. auch Bilder und sonstige Kunstwerke von hohem Wert beschlagnahmt worden. Der Führer wünscht, daß diese zum großen Teil aus jüdischen Händen stammenden Kunstwerke weder zur Ausstattung von Diensträumen der Behörden oder Dienstwoh-· ofyngen leitender Beamten verwendet, noch von leitenden Persönlichkeiyten des Staates und der Partei erworben werden. ^ e r _ M i r _ ^ beab-^ jC /sichtigt, nach Einziehung der beschlagnahmten Vermögensgegenstände ^ W . ^die~Ent'scheidung über" ihre" "Yerwehdung persönlich" zu treffen. Er er/ wägt dabei, Kunstwerke in~eri't'er Linie den kleineren Städten in χ* / Österreich für ihre Sammlungen zur Verfügung zu stellen. Indem ich Ihnen hiervon Kenntnis gebe, bitte ich im Auftrage des Fuhrers, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, damit eine Verfügung über das in Österreich beschlagnahmte Vermögen bis auf weiteres unterbleibt. Ich wäre Ihnen ferner dankbar, wenn Sie bereits jetzt die erforderlichen Maßnahmen treffen würden, um dem Führer eine Übersicht über die beschlagnahmten Vermögenswerte zu ermöglichen, und mir über das Ergebnis Ihrer Feststellungen nähere Mitteilung machen würden. Die Herren Reichsminister des Innern, für Volksaufklärung und Propaganda und für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung sowie der Herr Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich und der Herr Reichsstatthalter in Österreich haben Abschrift dieses Schreibens erhalten. gez. Dr. L a m m e r a

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Quellendokumentation

2. Der seit 1938 etappenweise erweiterte und inhaltlich präzisierte Umfang der Ingerenz des „Führervorbehaltes" erstreckte sich seit Juli 1940 auch auf Kunstgegenstände aus Edelmetall und numismatisch wertvoller [!] Münzen und Medaillen. Die typologisch-quantitative Erweiterung des Führervorbehaltes erfolgte keineswegs im Sinne eines Gesamtkonzeptes, sondern ausschließlich aus pragmatisch-bürokratischen Überlegungen, die sich im Verlaufe der Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen ergaben. Die gesetzlichen Regelungen boten dem staatlichen Zugriff mehrere Möglichkeiten, in den Besitz jüdischer Kunstwerke zu gelangen. Im allgemeinen erwarteten die NS-Behörden, daß jüdische Kunstsammler allein unter dem psychischen Druck, dem sie ausgesetzt waren, ihr Eigentum von sich aus zum Kaufe anboten. Diese für das NS-Regime zweifellos günstigere Optik wurde jedoch nicht zwangsläufig angestrebt: Andernfalls sollten Verfahren zur Zwangsentjudung von Kunstgegenständen angewendet werden. [K. 8, M. 5, fol. 4r]

Museen und „Linzer Sammlung"

«I ^ b t IV, Eqiehuna, Kultus u. OolliÄUBi jDJien, l, minoiitenplat} S T ^ .

U 1J146-4b/40 Durchführung des Führervorbehaltes hinsichtlich der Kunstwerte aus Jüdischem Besitz einschliesslich solcher aus Edelmetall.

Wien am, 26.Juli 1940

An das Institut für Denkmalpflege in W 1 e n. Mit Bezug auf meinen Erlass vom 9.IV.1940 40 und Ihren Bericht vom l.Mftrz 1940,7,1.5052/DSch ex/i3f ZIiU-1?5