Kunst. Macht. Image: Anna Maria Luisa de' Medici (1667–1743) im Spiegel ihrer Bildnisse und Herrschaftsräume [1 ed.] 9783412513962, 9783412511784


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Kunst. Macht. Image: Anna Maria Luisa de' Medici (1667–1743) im Spiegel ihrer Bildnisse und Herrschaftsräume [1 ed.]
 9783412513962, 9783412511784

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Studien zur Kunst 41

Laura Windisch

Kunst. Macht. Image Anna Maria Luisa de� Medici (1667 – 1743) im Spiegel ihrer Bildnisse und Herrschaftsräume

BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der ­wissenschaftlichen Forschung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2019 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Lindenstraße 14, D-50674 Köln Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Antonio Bellucci, Minerva, Merkur und Plutus huldigen der Kurfürstin Anna Maria Luisa de’ Medici, 1706 © Museum Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK Korrektorat: Elena Mohr, Reiskirchen Satz: büro mn, Bielefeld Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51396-2

Für Sophie Luisa.

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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1.1 Gegenstand und Fragestellung der Arbeit  . 1.2 Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Methodische Vorgehensweise und Aufbau  .

Bild und Mythos: Porträt und Imago der Anna Maria Luisa de’ Medici  . .



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Anfänge des öffentlichen Museums: Das Düsseldorfer Kunsthaus  . . . .



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Farbtafeln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Mobilität und Materialität: Objekte als Akteure und Konstituenten des Hofstaats  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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2.1 Im Gefolge der Flora: Anna Maria Luisa als Verkörperung von Florenz  2.2 Bellezza und Divinità: Anna Maria Luisa de’ Medici als Herrscherin  . . 2.3 Die Protagonisten: Ferdinando, Anna Maria Luisa, Gian Gastone und Cosimo III. de’ Medici  . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Ende der Dynastie und Aufbruch der letzten Medici: Florenz als „Neues Athen“ und die Legitimation weiblicher Herrschaft  . . . .

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3.1 Vom Stadtschloss zum Kunsthaus: Im Nexus von Kunstkammer, Kunstsammlung und Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Expansion und Verdichtung: Der Katalog von Gerhard Joseph Karsch (1716/17) und die dynastische Achse Düsseldorf-Florenz  . 3.3 Die künstlerische Apotheose des Adriaen van der Werff: Demonstration und ‚Neutralisierung‘ der Herrschaft . . . . . . . 3.4 „Per l’ornamento dello stato“: Staatsbildung, Sammlung und Öffentlichkeit  . . . . . . . . . .

4.1 Distanznahme und Bewegung: Zwischen Palazzo Pitti und Wittelsbacher Hof  . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Semantik des Materials: Zum Verhältnis von Objekt, Raum und Identität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Wiederkehr der Flora: Giovacchino Fortinis Medaille als Huldigung auf Anna Maria Luisa de’ Medici (1717)  . . 4.4 Vom Inventar zur Ausstellung: Antonio Cocchi und die Neuordnung der Antiken (1738)  . . . . . . . . .

8 |  Inhalt 5

Räume der Macht und der Muße: Die Villa La Quiete als Ort der ‚produktiven Unruhe‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Schlusswort und Ausblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenanhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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5.1 Die Villa La Quiete als Übergangsraum zwischen Memoria und Repräsentation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die Intimität des Außenraums: der Garten zwischen Heiligenlandschaft und Herrschaftsraum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Die Externalisierung des Innenraums: Die Freskenausstattung des Saals der Medici-Villen und des Ruinensaals  . . . . . . . . . . . 5.4 Die Entfesselung des Raums: Klienteläre und künstlerische Verbindungen zwischen Zentrum und Peripherie  . . . . . . . . . . 6

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Archive  . . . . . . . . . . . . . Briefe, Rechnungen und Inventare  . . . . . . . . Ausstellungskataloge und Reisebeschreibungen . .

Bildnachweise  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

 

 

Vorwort

Der vorliegende Band bietet die aktualisierte und überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im September 2016 am Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern angenommen wurde. Im Zentrum der Arbeit steht das Herrscherbild adeliger Frauen in der Frühen Neuzeit, exemplarisch untersucht an der Person Anna Maria Luisas de’ Medici. Wesentliche Impulse für das Forschungsvorhaben erhielt ich durch den fachlichen Austausch mit den Betreuern der Arbeit Prof. Dr. Norberto Gramaccini und Prof. Dr. Horst Bredekamp. Beide haben meine Untersuchung von Beginn an mit Engagement und vertrauensvoller Unterstützung begleitet. Regelmäßige Doktoranden-­Kolloquien in Berlin und Bern, öffentliche Tagungen und interne Workshops sowie Exkursionen des in Bern angesiedelten wissenschaftlichen Forschungsprojekts „Interior. Art, Space, and Performance (Early Modern to Postmodern)“ boten von 2012 – 2015 eine Plattform für intensiven Austausch mit Fachkolleginnen und -kollegen. Dies gilt in besonderem Maße für das von Prof. G ­ ramaccini geleitete Subprojekt „The Feminine Interior“, bei dem ich als Assoziiertes Mitglied angestellt war. Mein besonderer Dank als ehemalige Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin gilt Herrn Prof. Bredekamp für die intensive langjährige Förderung und Unterstützung meiner Arbeit. Von besonderem Nutzen war auch der Austausch im Rahmen des Medici-­Archive-­ Projects in Florenz, das meine Arbeit mit einem Stipendium des Samuel Freeman charitabe trust von April bis Juni 2013 unterstützt hat. Alessio Assonitis, Elena Brizio und ­Maurizio Fagiolo beantworteten stets mit größter Hilfsbereitschaft Fragen zur Transkription von Primärquellen. Besonderer Dank gebührt Sheila Barker, die mich auch über die Zeit des Stipen­diums hinaus durch den Dschungel der Archivquellen des Archivio di Stato und des Archivio storico degli Uffizi in Florenz begleitet hat. Auf der Jane Fortune Conference 2017 des Medici Archive Projects konnte ich einige Ergebnisse der Archivarbeit vorstellen. Prof. Dr. Arne Karsten und Prof. Dr. Philipp Zitzlsperger eröffneten mir bereits während meiner Studienzeit in Berlin auf zahlreichen Rom-­Exkursionen im Rahmen des Requiem-­Projekts die Welt der italienischen Archive und legten den Grundstein mit für meine späteren Forschungen. Prof. Dr. Ilaria Hoppe hat mich durch anregende Gespräche, wertvolle Literaturhinweise und Diskussionen während eines Seminars zu Frauen im Florenz der Frühen Neuzeit und einer Exkursion nach Florenz im Frühjahr 2015 unterstützt und damit wesentlich zur inhaltlichen Präzisierung meines Themas beigetragen. Für die freundliche Bereitschaft der Vermittlung von Privatführungen durch die Villa La Quiete danke ich Giacomo Corradi. Tarek Ibrahim hat mit professioneller Hilfe Übersetzungen von Vorträgen und Abstracts zu Anna Maria Luisa de’ Medici ins Englische betreut. Dankbar bin ich ihm auch für die wertvollen Hinweise zu cloisonée chopsticks.

10 |  Vorwort

Für rasche und unkomplizierte Hilfe bei der Beschaffung von Literatur aus dem KHI in Florenz danke ich ganz besonders Dr. Almut Goldhahn. Intensiven fachlichen Austausch gewährten Ashley Buchanan, Alexandra Enzensberger, Cathérine Ludwig-­Ockenfels und Maria Merseburger und für wertvolle Hinweise danke ich Stefano Casciu, Ariane G ­ reiner, Fabian Kuhn, Adelina Modesti und Julian Windisch. Der größte Dank gilt meinen geduldigen Eltern, die mich stets unterstützten. Dem Böhlau-­Verlag danke ich für die sorgfältige Durchsicht und umsichtige ­Betreuung des Manuskripts, insbesondere Elena Mohr und Julia Roßberg.

1 Einleitung

[…] l’unico risplendentissimo Lume, che la Divina Provvidenza mantiene tuttavia vivente, per ornamento di questo secolo […] 1

Das Interesse an der Erforschung der Medici-­Dynastie im Rahmen kunst- und kulturhistorischer Studien und Ausstellungen ist nach wie vor ungebrochen.2 Dabei rückt die Gestalt der letzten Repräsentantin d ­ ieses Fürstenhauses in der Reihe der Medici-­Herrscherinnen, Anna Maria Luisa de’ Medici (1667 – 1743), Prinzessin der Toskana und Kurfürstin von der Pfalz, zunehmend ins Zentrum wissenschaftlicher Beschäftigung.3 Geboren am 11. August 1667 in Florenz als einzige Tochter von Cosimo III. de’ Medici, Großherzog der Toskana (1642 – 1723), und Marguerite Luise d’Orléans (1645 – 1721), bestimmte sie die Geschicke des toskanischen Staates – wenn auch nicht als Regentin – bis zu ihrem Tod 1743 entscheidend mit. Die bedeutende Rolle einzelner weiblicher Mitglieder dieser Dynastie in Kunstpatro­nage und Herrschaftsausübung ist in den vergangenen Jahren einer grundlegenden R ­ evision unterzogen worden. Kaum thematisiert wurden jedoch bisher die Voraussetzungen, die zur Konstituierung ihres Bildes als Herrscherinnen auf visueller und materieller Ebene führten. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Imago von Anna de’ Medici und ihren Anteil an der Formung des eigenen Herrschaftsbildes aus kunsthistorischem, politischem, kultur- und sozialgeschichtlichem Blickwinkel und auf der Grundlage biografischer Aspekte zu untersuchen.

1.1 Gegenstand und Fragestellung der Arbeit In seiner Iconologia (Erstausgabe: Rom 1593) beschreibt Cesare Ripa (1555 – 1622) die Personifikation der Toscana als eine Frau, die mit prächtiger Kleidung – dem großherzoglichen Mantel mit Hermelinbesatz – und der Krone des Großherzogtums ausgestattet ist. In

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Bianchini 1741, S. I. Vgl. die jüngsten Ausstellungen „Maniera. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici“ im Frankfurter Städel Museum (24.2. – 5. 6. 2016; Ausst.kat. Hg. v. Bastian Eclercy, München 2016) und „Die Medici. Menschen, Macht und Leidenschaft“ (17.2. – 28. 7. 2013; Ausst.kat. Hgg. v. Donatella Lippi, Gaëlle Rosendahl und Alfried Wieczorek, Mannheim 2013) in den Reiss-­ Engelhorn-­Museen in Mannheim. Aus Gründen der Vereinfachung wird im Folgenden der Name Anna bzw. Anna de’ Medici anstelle des vollständigen Namens Anna Maria Luisa de’ Medici verwendet. Bei der Erwähnung ihrer Namensvetterin Anna di Cosimo de’ Medici (1616 – 1676), Erzherzogin von Österreich, ist dies entsprechend gekennzeichnet.

12 |  Einleitung

Abb. 1 C. Ripa, Personifikation der Toscana, um 1603, Holzschnitt

ihrer Rechten hält sie ein Zepter und in ihrer Linken die Florentiner Lilie (Abb. 1).4 Die von Ripa entwickelte Symbolik von weiblich konnotierter Regentschaft und Führungsstärke im Großherzogtum Toskana zieht sich leitmotivisch durch die der Arbeit zugrunde liegen­den bildlichen Zeugnisse Annas de’ Medici. Einerseits soll herausgestellt werden, w ­ elche Erwartungen sich an die letzte Großherzogin der Toskana in den unterschiedlichen Lebensabschnitten knüpften – als Prinzessin und Thronanwärterin in Florenz vor ihrer Hochzeit, als Kurfürstin und Regentin in Düsseldorf und als zur Herrscherin bestimmten Witwe nach ihrer Rückkehr an den Florentiner Hof. Zum anderen soll gezeigt werden, wie sich das Bild der Fürstin visuell – in verschiedenen Medien wie Malerei, Medaillenkunst, Architektur und Gartengestaltung –, materiell – in Pretiosen, wirtschaftlicher Stärke und personellem Umfang des Hofs – sowie in schriftlicher Form – durch Aussagen von Zeitgenossen und Lobschriften – zusammenfügt. Das den drei biografischen Stationen innewohnende Wechselspiel von Selbstdarstellung und Fremdwahrnehmung erweist sich damit als strukturierendes Prinzip für die Untersuchung. Den einzelnen Lebensphasen liegen jeweils unterschiedliche künstlerische Ausformungen und ikonografische Deutungen der von Anna und Mitgliedern aus ihrem engsten familiären Umkreis in Auftrag gegebenen Kunstwerke zugrunde. Immer geht es dabei auch darum, welches (Herrschafts-)Bild ihre Zeitgenossen und die Historiografie von Anna de’ Medici konstruierten und konstituierten. 4

„Una donna bella, di ricchi panni vestita, sopra de’ quali averà il manto del Gran Ducato di velluto rosso foderato di armellini, in capo averà la corona del Gran Duca […] e con la sinistra mano tenga con bella grazia un giglio rosso et un libro.“ Zit. n.: Ripa 2012 [1593/1603], S. 307.

Gegenstand und Fragestellung der Arbeit | 13

Aus der Analyse von Kunstwerken innerhalb eines topisch tradierten Koordinatensystems erschließt sich eine Imago der angehenden Fürstin mittels einer speziell auf sie zugeschnittenen Ikonografie, die bereits seit ihrer frühesten Jugend geformt wurde, um ihren Status als zukünftige Regentin des Großherzogtums in Szene zu setzen. Darüber hinaus soll das bis heute in der (kunst-)historischen Literatur nicht erschöpfend gewürdigte Bild Annas als Kunstmäzenin am Düsseldorfer Hof ihres Ehemannes Johann Wilhelm und am Medici-­Hof in Florenz einer differenzierten Betrachtung unterzogen werden. Dabei wird keine vollständige Analyse ihrer Kunstpatronage – aller von ihr in Auftrag gegebenen Kunst- und Architekturprojekte – angestrebt, sondern es werden exemplarisch einzelne mäzenatische Aktivitäten als Produkte der sozialen und historischen Epoche, in der sie lebte, in den Vordergrund gestellt. Wie eng die Herrscherin dabei in machtpolitische Beziehungsgeflechte eingebunden war, soll anhand des Nexus von Raum, Ausstattung und Biografie untersucht werden. Beispielhaft hierfür stehen die an die Orte höfischer Repräsentation gebundenen Herrscherporträts und Objekte der Anna de’ Medici. In d ­ iesem Zusammenhang avancieren Bildnisse – vor allem in Form von Porträts – und zeitgenössische Quellen zum Gradmesser von fürstlichem Status auf staatspolitischer, sozialer, stilistischer und ästhetischer Ebene. Den folgenden Ausführungen liegen als Leitmotive die Begriffe „Image“ und „Repräsentation“ zugrunde, wie sie Peter Burke in seiner Studie zur Inszenierung des Sonnenkönigs von 2001 ausgeführt hat, die die Funktion des königlichen Herrscherbildnisses am Beispiel Ludwigs XIV. untersucht.5 Das Herrscherporträt gilt ihm als Bedeutungsträger bestimmter Botschaften, die an die Öffentlichkeit gerichtet waren und als ein unverzichtbarer Teil herrschaftlicher Inszenierungsmaschinerie. „Repräsentation“ meint sowohl die Vertretung des Herrschers durch Angehörige des Hofs, wie etwa Königin, Botschafter oder Sekretäre, als auch durch Objekte, insbesondere durch Münzen, die sein Abbild und seinen Namen tragen, sowie – als bedeutendste Gruppe – durch seine Porträts. „Repräsentation“ kann Burke zufolge „Darstellung“ oder „Aufführung“ bedeuten, aber auch ein „Bild, das abwesende Gegenstände in unser Denken und in unsere Erinnerung zurückruft.“6 ­Wenngleich sich die Herrschaftssysteme, innerhalb derer Ludwig XIV. und Anna 5

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Eng verbunden mit dem Begriff „Image“ ist der von Greenblatt eingeführte Begriff des „Self-­ Fashioning“. In seiner Studie „Renaissance Self-­Fashioning. From More to Shakespeare“ untersucht er Strategien der Selbstinszenierung männlicher Schriftsteller im England des 16. Jahrhunderts und literarische Antworten auf ihre Fragen nach der eigenen Identität. Anhand d ­ ieses Begriffs verdeutlicht er den Wandel, der sich auf intellektueller, soziologischer, psychologischer und ästhetischer Ebene vollzog. Eine wichtige Gemeinsamkeit der von Greenblatt untersuchten sechs Schriftsteller ist deren soziale und ökonomische Mobilität. Bei allen handelt es sich um Männer aus der Mittelschicht, die es geschafft hatten, in die höchsten Gesellschaftskreise aufzusteigen, vgl. Greenblatt 2005 [1980]. Zum Begriff des „self-­fashioning“ in der Renaissance vgl. Suntrup / Veenstra 2003. Burke 2001, S. 17. In Abgrenzung zum Begriff „Bildmagie“ entwickelt Bredekamp den Begriff der „Repräsentation“ mit Blick auf die Kunst der italienischen Renaissance sowohl für zeitlich und räumlich entfernt liegende Gegenstände und Personen als auch für den abstrakten Status des Souveräns oder den Staat, wobei die Qualität der Formen über die bildmagische oder repräsentative Wirkkraft

14 |  Einleitung

de’ Medici zu verorten sind – französischer Königshof und großherzoglicher Hof der Toskana – nicht auf struktureller Ebene vergleichen lassen, können jedoch jene Methoden, die Burke in seiner Analyse des Herrscherbildes verwendet, als Ausgangspunkt für eine Untersuchung zum Image von Anna de’ Medici verwendet werden. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob und inwiefern sich Herrschaftsansprüche der Medici in den Bildnissen von Anna de’ Medici verorten lassen und ­welche künstlerischen Stilmittel hierfür eingesetzt wurden. Dabei wird Burkes Begriff gleichzeitig in einem engeren und umfassenderen Sinne verstanden. So stehen im Zentrum der Untersuchung nicht nur ausgewählte Porträts der Herrscherin in unterschiedlichen Medien – auf Gemälden, Münzen oder in Form von Büsten –, sondern gleichzeitig wird Annas Imago aus einem weiteren, kulturgeschichtlichen Blickwinkel heraus untersucht, der auch die räumliche Umgebung einschließt, in der die Herrscherin ihre Fußabdrücke hinterließ: das Düsseldorfer Kunsthaus, ihre Gemächer im Florentiner Palazzo Pitti sowie den Garten und die Villa La Quiete in Florenz. In ­diesem Zusammenhang soll zusätzlich die wechselseitige Verbindung von Porträts und Interieur in den Blick genommen werden. Denn dominiert wurden die Räume nicht nur von der Herrscherin in personam; ihre Anwesenheit drückte sich auch in Raumausstattungen und Freskenprogrammen sowie auf materieller Ebene, in Form von Staatsroben, Pretiosen, Schmuckstücken und in weiteren, von ihr in Auftrag gegebenen Goldschmiedearbeiten aus. Die Bühne dieser visuell-­künstlerischen Prachtentfaltung erstreckte sich zudem auf die Mitglieder des Hofstaats, von der engsten höfischen Entourage – Hofdamen und Kammerfrauen – über Hofkünstler bis hin zu Händlern und Mittelsmännern. In d ­ iesem Sinne war die Herrscherin stets auf mehreren Ebenen gleichzeitig sichtbar: der räumlichen, der materiellen und der personellen. Durch diese ‚Materialisierung‘ von Macht und Autorität war Anna de’ Medici omnipräsent, was zu folgenden Fragestellungen führt: Welche Rolle spielten visuelle und materielle Kultur bei der Repräsentation von Herrschaft und Autorität am Florentiner und Wittelsbacher Hof, und wie wurden diese legitimiert? Aus ­welchen Personen rekrutierte sich der Adressatenkreis? Auf ­welche Regentschafts-­Ikonografie griff Anna de’ Medici dabei zurück? Darüber hinaus soll untersucht werden, ­welche künstlerischen Strategien hier zum Einsatz kamen. zu entscheiden hätten. Damit knüpft er an Julius von Schlossers Untersuchung zum Wachsporträt an, in der die Bildmagie als ein Problem des Realismus begriffen wurde, vgl. Bredekamp 1995. Epochenübergreifend zum Begriff der „Repräsentation“ vgl. Belting / Kamper / Schulz 2002, bes. die darin enthaltene Einleitung von Schulz, „Körper sehen – Körper haben?“. Ginzburgs Ausgangspunkt für eine Analyse des Begriffs der „Repräsentation“ bildet hingegen die Trauerfeier. In ­diesem Zusammenhang verweist er entweder auf die Sichtbarmachung eines abwesenden Objekts mit Hilfe eines Bildes, einer Figur oder eines Zeichens, um ­dieses anwesend zu machen oder auf die Stellvertreterfunktion für eine Person oder eine Nation. Beiden liegt die Idee der Substitution zugrunde, vgl. Ginzburg 1992, S. 2 – 23. Reinle untersucht in seiner Studie die Funktion des Porträts als eines Stellvertreters, das die abwesende Person symbolisch anwesend machen konnte, vgl. Reinle 1984. Zu den Ursprüngen und zur Entwicklung des Staatsporträts in der Malerei des Cinquecento vgl. Jenkins 1947.

Gegenstand und Fragestellung der Arbeit | 15

Der Begriff „Imago“ weist demzufolge über den „Image“-Begriff Burkes hinaus und erschließt ein weiteres kulturelles Feld, das visuelle und materielle Kultur gleichermaßen miteinbezieht. In Abgrenzung zu Burke steht im Vordergrund der folgenden Überlegungen somit auch weniger die Frage, w ­ elche Botschaften einzelne Bilder übermitteln sollen. Vielmehr wird die These vertreten, dass Bild-­Konstrukte im Umkreis der Anna de’ Medici ein Konglomerat an Ideen und Vorstellungen bergen, die in das gesellschaftliche und politische Netzwerk eingebunden waren. Sie legen Mechanismen weiblicher Herrschaft offen. Vor d ­ iesem Hintergrund richteten sich die Bilder nicht unbedingt an eine Öffentlichkeit, von der sie entschlüsselt werden sollten. Vielmehr werden die Kunstwerke als Eingriffe in sozial tradierte Vorstellungen aufgefasst und es wird die Frage aufgeworfen, inwiefern sie Auswirkungen auf traditionelle Abläufe dynastischer Erbfolge hatten. Dies ist mit Blick auf Anna de’ Medici von besonderer Bedeutung, da ihre einflussreiche Position als Großherzogin der Toskana von Beginn an auf einem fragilen Gerüst stand – resultierend aus den politischen und dynastischen Umständen und der Tatsache, dass Anna das letzte weibliche Mitglied der Medici-­Dynastie war. Diese Beobachtung lässt sich in einen breiteren, allgemein-­historischen Rahmen einbetten. Innerhalb der europäischen Dynastien galten regierende Frauen als Verkörperungen jener Staaten, die sie repräsentierten.7 Ebenso wie die männlichen Herrscher standen sie damit zwar an der Spitze eines Reiches, jedoch wurde Herrschaft nur selten von einzelnen Regierenden ausgeübt. Vielmehr wurden Machtbefugnisse im praktisch-­organisatorischen Bereich des Hofstaats auch auf weibliche und männliche Höflinge und Adelige niedrigeren Ranges übertragen, die in das komplexe soziale Netzwerk höfischer Aristokratie eingebunden waren. Im Unterschied zu den Herrscherinnen Caterina (1519 – 1589) und Maria (1575 – 1642) de’ Medici, Königinnen von Frankreich, war Anna de’ Medici nie alleinige stellvertretende Regentin. Außerdem hatte das Kurfürstenpaar keine Nachfahren, wohingegen ihre beiden berühmten Vorgängerinnen als Witwen per procurationem die Regierungsgeschäfte für die noch minderjährigen Söhne übernommen hatten. Dennoch war der großherzogliche Thron für Anna de’ Medici zum Greifen nahe, wie hier noch zu zeigen ist. Die Lebensdaten Annas de’ Medici umfassen eine Zeitspanne von fast 70 Jahren. Zusammen mit ihren beiden Brüdern, Ferdinando (1663 – 1713) und Gian Gastone (1671 – 1737) wuchs sie am Medici-­Hof unter der Obhut ihrer Großmutter Vittoria della Rovere (1622 – 1694) auf, nachdem ihre ­Mutter Florenz und Familie um 1675 den Rücken gekehrt hatte, um in ihre Heimatstadt Paris zurückzugehen. 1691, nach der Heirat mit dem Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (1658 – 1716), zog Anna 24-jährig an den Düsseldorfer Hof. Dort lebte sie 26 Jahre, zunächst unter der Bürde des staatspolitischen Gesetzes, der Dynastie der Wittelsbacher einen Thronfolger zur Welt zu bringen. Als ihr Ehemann 1716 starb, hatten sich die Hoffnungen auf Nachkommenschaft längst zerschlagen – die Ehe war kinderlos geblieben. Anna verbrachte noch ein knappes Jahr in Düssel­dorf, bevor sie am 22. Oktober 1717 mit 50 Jahren als Witwe endgültig nach Florenz zurückkehrte.

7 Vgl. Schulte 2002.

16 |  Einleitung

In ihren letzten Lebensjahren residierte sie dort im Palazzo Pitti und in der Medici-­Villa La Quiete. Als letztes Mitglied der Dynastie beendete sie die fast 200-jährige Tradition visueller und materieller Machtdemonstration der Medici. Moderne kunsthistorische Forschungsansätze ermöglichen eine Annäherung an d ­ ieses Bild Annas und spiegeln gleichzeitig Lebensumstände und -gewohnheiten einer Epoche wider, die als Wendepunkt des höfischen Zeitalters bezeichnet wird und in der Anna de’ Medici als ‚Schwellenfigur‘ agierte – kulturpolitisch, zeitlich und geografisch: Sie steht am Übergang von höfischer zu bürgerlich-­aufklärerischer Kunst und vom Ancien Régime zum Zeitalter der Aufklärung in Italien und Deutschland.8 Als Botschafterin einer voraufklärerischen Regierungsform trug sie wesentlich zu künstlerischen und politischen Neuerungen an den Höfen in Florenz und Düsseldorf bei. Wesentliche Impulse hierfür kamen aus dem Umfeld des Wittelsbacher und des Medici-­ Hofs und ihren Netzwerken aus Wissenschaftlern, Künstlern und Sammlern. In d ­ iesem Sinne kann der von Norbert Elias verwendete Begriff der „höfischen Gesellschaft“ für das Frankreich des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts auch für den Fürstenstaat der Medici-­Großherzöge fruchtbar gemacht werden.9 Die personelle Struktur des großherzoglichen Medici-­Hofs zeigt, dass Herrscherpaar und Höflinge in engem wechselseitigen Verhältnis standen, das wesentlich durch gegenseitige Abhängigkeiten charakterisiert war. Vor ­diesem Hintergrund mussten die Großherzöge ihre Macht ständig aufs Neue legitimieren, um sich von den alteingesessenen Adelsfamilien abzugrenzen, aber auch um von diesen akzeptiert zu werden. Umgekehrt mussten sich die Patrizier, die in Folge des Wandels von einer oligarchisch regierten Republik in einen Fürstenstaat im 16. Jahrhundert zu Höflingen wurden, ihrerseits von den unteren Schichten distanzieren.10 Aufgrund der engen Bande mit dem Heiligen Stuhl durch Familienmitglieder, die in Rom eine klerikale Laufbahn eingeschlagen hatten, waren den Medici die Formen der höfischen Herrschaft bestens vertraut.11 Die Anbindung der Bediensteten und Favoriten an den Hof erfolgte 8

Im Folgenden wird „Deutschland“ aus Gründen der Vereinfachung der exakten Bezeichnung „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“ für den deutschsprachigen Raum um 1700 vorgezogen. Zum Begriff der „Epoche“ mit Fokus auf dem 18. Jahrhundert vgl. Koselleck 1987, S. 269 – 282. Koselleck sieht den Unterschied z­ wischen dem Konzept der „Neuzeit“ mit den sich daran anknüpfenden Erfahrungswerten und denjenigen des Altertums und des Mittelalters strukturell begründet. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde „Epoche“ für die Bezeichnung eines Einschnitts verwendet, der zwei aufeinanderfolgende Zeiträume voneinander trennte. Der Begriff „Neuzeit“ ist eine Wortschöpfung des 19. Jahrhunderts und unterliegt auch heute noch Schwankungen. Dies gilt ebenfalls für den Terminus „Moderne“, der für die Bezeichnung unterschiedlicher Epochen Verwendung findet. Zu „Moderne“ vgl. Habermas 1981, S. 444 – 464, und ders. 1989. Zu „Moderne“ als Terminus der Nachantike vgl. Meier 2001, S. 67 – 74. 9 Elias 2007 [1969]. 10 Der Ort der Hofhaltung weitete sich erst ab Mitte der 1560er Jahre von den zentralen Verwaltungsund Geschäftsgebäuden des Palazzo Vecchio und der Piazza della Signoria auf den Palazzo Pitti aus, der zweiten, wichtigen Residenz, vgl. hierzu grundlegend Fantoni 1994. 11 Die Medici brachten vier Päpste hervor, Leo X. (1513 – 1521), Clemens VII. (1523 – 1534), Pius IV. (1559 – 1565) und Leo XI. (1605) und sechs Kardinäle, Francesco Armellino (†1528), Ippolito (†1535),

Gegenstand und Fragestellung der Arbeit | 17

durch Gunstzuweisungen, die sich beispielsweise in Form von lukrativen Ämtern, Standes­ erhöhungen durch die Vergabe von Titeln, Ländereien, finanzieller Unterstützung oder prestigeträchtigen Posten ausdrückte. Hierbei handelte es sich um einen wechselseitigen Prozess, bei dem einerseits die Günstlinge vom Hof als einem Zentrum der Patronage profitierten, andererseits die Medici sich die in ihren Diensten stehenden Adeligen zur Perpetuierung ihrer Macht heranziehen konnten.12 Dies gilt in besonderem Maße auch für die Hofkünstler. Diesbezüglich wurde die Periode des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts, die Phase des Spätbarock, in der Forschung jedoch zumeist als eine des Niedergangs beschrieben, als kultureller und politischer Tiefpunkt.13 Während den römischen Künstlern im 17. Jahrhundert in der Bildhauerei und der Malerei eine hohe Wertschätzung zuteilwurde, galt Florenz zu dieser Zeit als künstlerisch nicht innovativ. Die negative Einschätzung der künstlerischen und kulturellen Entwicklung der Toskana im 17. Jahrhundert wurde nicht nur von zeitgenössischen, konkurrierenden Künstlern propagiert, sondern spiegelt sich auch in der Geschichtsschreibung bis in die 1970er Jahre wider.14 Doch wie war es wirklich um die Kunst in der Arno-­Stadt an der Wende zum 18. Jahrhundert bestellt? Als Hauptakteure auf dem Gebiet der Bildenden Künste gelten der zunächst von Cosimo III. und später von Anna de’ Medici protegierte Bildhauer ­Giovanni Battista Foggini (1652 – 1725), der Maler Antonio Franchi (1638 – 1709), Nachfolger des von Vittoria della Rovere geförderten Hofmalers Justus Sustermans (1597 – 1681), die Brüder Giovacchino (1670 – 1736) und Benedetto Fortini (1676 – 1732), die für Anna de’ Medici als Freskenmaler in der Medici-­Villa La Quiete bei Florenz tätig waren. Sie alle trugen wesentlich zum Ruhm und Glanz der letzten Medici und der Stadt Florenz als einem florierenden Kunstzentrum bei. Das Bild einer hauptsächlich durch politische Krisen und kulturellen Verfall geprägten Zeit der Toskana an der Wende zum 18. Jahrhundert erfuhr erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Revision. So macht Paula Findlen deutlich, dass sich im 18. Jahrhundert tiefgreifende Wandlungen auf kultureller, sozialer und ökonomischer Ebene vollzogen, die auf dem Weg zum Zeitalter der Aufklärung eine fundamentale Rolle gespielt hatten: „The kind of intellectual experimentation, cultural innovation, and programs for social, juridical, and economic reform that we associate with the Enlightenment played no small role in shaping Italy’s eighteenth century.“15 Giovanni (†1562), Giovan Carlo (†1663), Carlo (†1666) und Leopoldo (†1675). 12 Zum System klientelärer Verbindungen im Umkreis von Adelsschichten im Italien der Frühen Neuzeit vgl. Reinhard 1979. 13 Vgl. etwa Haskell 1996. Haskells negativ konnotierte Sichtweise auf die Kunstlandschaft Italiens und insbesondere Roms im ausgehenden 17. Jh. bezieht sich dabei vor allem auf das Verhältnis von Kunstproduktion und Kunstpatronage. Allgemein zur Kunstpatronage in der Frühen Neuzeit vgl. Roeck 1999. 14 Für eine Revision ­dieses Bildes zumindest bis in die 40er Jahre des 17. Jahrhunderts vgl. zuletzt: Fumagalli / Nova / Rossi 2010. 15 Findlen / Roworth / Sama 2009, S. 12.

18 |  Einleitung

Diese Veränderungen sind nicht ohne die Auseinandersetzungen auf dem Feld der Politik zu verstehen. Sie sind jedoch zu vielschichtig, als dass sie hier in all ihren Facetten dargestellt werden könnten. Im Folgenden sollen deshalb nur jene historischen Ereignisse thematisiert werden, die in direkter Verbindung mit Anna de’ Medici oder ihrem – personellen und räumlichen – Umfeld stehen. Der historische Rahmen, innerhalb dessen sich die Untersuchung bewegt, bietet somit unterschiedliche Anknüpfungspunkte, die zu einem Verständnis einer von aufklärerischen Idealen geprägten Epoche beitragen, die wesentlich im beginnenden 18. Jahrhundert eingeleitet wurde. Die Toskana befand sich an einem historischen Wendepunkt, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Zusammenbruch einiger politischer, bis in das 16. Jahrhundert zurückreichender, Bündnisse führte. Mit dem Tod Karls II. von Spanien 1700 sah sich Italien mit dem Spanischen Erbfolgekrieg (1700 – 1713) ­zwischen den österreichischen Habsburgern und den französischen Bourbonen konfrontiert, der auch auf die Machtkonstellationen am Medici-­Hof Auswirkungen haben sollte. Die Lage spitzte sich zu, als sich Anna nach dem Tod ihres Bruders Gian Gastone 1737 in einer für die Zukunft der Medici ausweglosen Situation befand, dem Aussterben ihrer Dynastie. Diese historischen Verwicklungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts in der Toskana führten nicht etwa zu einem Nachlassen der künstlerischen Produktion, wie oft in der Forschung behauptet wird, sondern beflügelten diese geradezu. Denn im Bewusstsein der Auflösung ihrer Dynastie war Anna im letzten Drittel ihres Lebens als Witwe am Florentiner Hof und als letzte Vertreterin ihres Geschlechts bestrebt, das Fortbestehen der Medici mittels Kunstsammlung und -produktion zu sichern. Das Wissen, dass mit ihr die Dynastie aussterben sollte, wurde gleichsam zum Agens ihrer Aktivitäten auf dem Gebiet der visuellen und materiellen Kultur. Ein zentrales Anliegen dieser Untersuchung ist es deshalb auch, jene Strategien zu untersuchen, die Anna zur Sicherung ihres Familiennamens einsetzte. Der Name Anna de’ Medici, zumindest im italienischen Raum heute zu einer ‚Marke‘ für ein vielversprechendes Produkt avanciert, steht darüber hinaus für eine umfassende zeitgenössische Bildungsoffensive. Die Herrscherin hat die Entstehung des ersten öffentlichen Museums in Deutschland angeregt und durch vertragliche Regelungen des Medici-­ Erbes dazu beigetragen, den Weg vom Großherzogtum Florenz zu einem gemeinschaftsbildenden Staat vorzubereiten. Diese Untersuchung versteht sich so auch als ein Beitrag zur höfischen, weiblich geprägten Sammlungs- und Wissenskultur und zur politischen Ikonografie am Übergang zur Moderne. Über die Analyse der Bildnisse und der räumlichen Ausstattungen lassen sich somit nicht nur Aussagen über eine spezifisch weibliche Herrschaftsikonografie treffen, sondern auch über die Epoche, in die sie eingebettet sind. Sie geben Aufschluss über die Rolle, den jeweiligen Status und Handlungsspielraum, der Frauen innerhalb des höfischen Umfelds im ausgehenden Ancien Régime zukam.

Forschungsstand | 19

1.2 Forschungsstand Das Thema Frauen und Herrschaft hat heute Konjunktur. Dies bezeugen die im Schloss Charlottenburg in Berlin gezeigte Ausstellung „Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde“ (2015) und die Publikationen von Michael Yonan zu Maria Theresia und dem Habsburger Hof (2011), von Ilaria Hoppe zu Maria Magdalena von Österreich und ihre herrschaftliche Villa Poggio Imperiale in Florenz (2012) sowie die Studien über die eng­ lische Königin Henrietta Maria von Stuart von Erin Griffey (2015) und über Christiane von Lothringen von Christina Strunck (2017), die sich beide dem Bild dieser weiblichen Herrscherinnen im 17. Jahrhundert aus einem umfassenden, visuelle und materielle Kultur einschließenden, kulturgeschichtlichen Blickwinkel heraus widmen.16 Dass Frauen der führenden Schichten in der Frühen Neuzeit, ebenso wie ihre männlichen Zeitgenossen, sowohl auf ökonomischer als auch auf politischer Ebene über Macht und Einfluss verfügten, wurde längst nachgewiesen. Insbesondere die englischsprachige Forschung hat hier in der letzten Dekade Pionierarbeit geleistet.17 Dabei wurde der Fokus auf soziale und politische Bedeutsamkeit mächtiger Frauen und ihrer Stellung am Hof – auch in Abgrenzung zum jeweiligen männlichen Herrscher – gelegt. Zwar standen den Herrscherinnen zumeist andere Handlungsräume und -instrumente zur Verfügung als den Herrschern, doch gerade die Medici-­Frauen verfügten oftmals über ein weit gestecktes Netzwerk, das es ihnen erlaubte, mit den mächtigen Herrscherhäusern Verhandlungen zu führen und Bündnisse zu schließen. Die Bedeutung von Medici-­Frauen als Kunstmäzeninnen am großherzoglichen Hof wurde erstmals in dem Sammelband Die Frauen des Hauses Medici von Christina Strunck (2011) gewürdigt. Die Studie setzt sich zum Ziel, die weiblichen Mitglieder der Dynastie als Konstanten im Zentrum von Machtkonstellationen europäischer Herrscherhäuser zu untersuchen. Sie beleuchtet in ­diesem Zusammenhang die Rolle der Frauen als Hauptakteure politischer und kultureller Zielsetzungen dieser Dynastie, wobei auch der zentrale Stellenwert von Heiratsbündnissen mit europäischen Fürstenhäusern in den Blick genommen wird.18 Aus einer ähnlichen historischen und kulturwissenschaftlichen Perspektive widmet sich der von Giovanna Benadusi und Judith Brown herausgegebene Sammelband Medici Women. The Making of a Dynasty in Grand Ducal Tuscany (2015) bedeutenden Medici-­ Frauen. Anhand von zehn Fallstudien, beginnend mit Eleonora di Toledo und endend mit 16 Vgl. AK Frauensache 2015; Yonan 2011; Hoppe 2012; Griffey 2015 und Strunck 2017. 17 Aus der Fülle an Literatur ­seien hier stellvertretend insbesondere die folgenden Arbeiten genannt: Johnson / Grieco Matthews 1997; King 1998; Bracken / Gáldy / Turpin 2012 und Gavitt 2013. Speziell zu Medici-­Frauen vgl. Tomas 2003. Aus dem deutschsprachigen Raum vgl. etwa die Studie von Bonnet / Schellewald 2004. 18 Der Band stellt das Ergebnis der Forschungen des internationalen und interdisziplinären wissenschaftlichen Netzwerks MEFISTO (Medici-­Frauen Interdisziplinär: Soziale Rollen, kultureller Transfer, mäzenatisches Oeuvre) von 2004/05 dar, vgl. Strunck 2011a und dies. 2011b. Schon 2009 fand ein Symposium zu Anna de’ Medici statt, das ihre mäzenatischen Aktivitäten in den Blick nahm, vgl. Valentini / Giani 2009.

20 |  Einleitung

Anna de’ Medici, werden einzelne Fürstinnen ­dieses Geschlechts als Hauptakteure bei der Konstituierung des Großherzogtums Toskana herausgestellt.19 Beide Sammelbände untersuchen in Einzelstudien aus einem interdisziplinären Ansatz heraus die Rolle der Anna de’ Medici als politischer und kultureller Agentin innerhalb des Medici-­Netzwerks. Pionierarbeit in der Erforschung der historischen Person der italienischen Kurfürstin Anna de’ Medici hat die Historikerin Hermine Kühn-­Steinhausen geleistet. In ihrer 1938 publizierten Monografie schildert sie auf der Grundlage von Quellenmaterial – diplomatischem Briefwechsel, Inventarlisten und Rechnungsbüchern – ein ebenso facettenreiches wie auch widersprüchliches Bild der Fürstin.20 Dies reicht von der pflichtbewussten Kurfürstin und frommen Palatina, über die großzügige Mäzenin, geschickt agierende Politikerin, bis zur im Luxus schwelgenden Herrscherin. Nach einer Phase der Vergessenheit von mehr als einem halben Jahrhundert erfuhren die Forschungen zu Anna de’ Medici erstmals zu Beginn der 1990er Jahre grundlegend neue Impulse, namentlich aus der italienischsprachigen Forschung durch Stefano Casciu, der die Arbeiten Kühn-­Steinhausens durch kunst- und kulturwissenschaftliche Ansätze bereicherte. Dass die historische Person Anna de’ Medici, gemessen an ihrer geschichtlichen Bedeutung, in der Forschung immer noch eher unterrepräsentiert ist, bezeugt nicht zuletzt die Tatsache, dass bisher lediglich zwei Dissertationen zu der Herrscherin geschrieben w ­ urden. Bei der früheren handelt es sich um die von Elena Ciletti 1981 an der Universität von Illinois eingereichten Arbeit, die sich speziell Anna de’ Medicis führender Rolle beim Ausbau der Fürstenkapelle von S. Lorenzo in Florenz widmet.21 Die zweite Dissertation thematisiert allgemein Annas kunstmäzenatisches Wirken. Sie wurde 1985/86 von Stefano Casciu an der Universität Florenz eingereicht, jedoch nicht publiziert.22 Auch die Zahl der Veröffentlichungen zu dem unter Johann Wilhelm von der Pfalz und Anna de’ Medici errichteten Düsseldorfer Kunsthaus ist überschaubar. Hier liegen lediglich zwei Dissertationen zu der berühmten, schon von Zeitgenossen in höchsten Tönen gelobten Galerie vor. 1961 erschien die von Edouard Alberts verfasste juristische Arbeit.23 Cornelia Möhlig widmete sich in ihrer 1993 publizierten Dissertation der Gemälde­galerie aus kunsthistorischer Perspektive.24 Eingehender beschäftigten sich Susan Tipton in ihrem 2006 publizierten, mit einem umfangreichen Quellenapparat versehenen Aufsatz 25 und zuletzt Reinhold Baumstark 26 mit der Sammlungsgeschichte unter Johann Wilhelm und Anna de’ Medici in Düsseldorf. 19 Benadusi / Brown 2015. 20 Kühn-­Steinhausen 1939 und dies. 1938a, S. 15 – 256. Speziell zu Festkultur und zu Bildnissen vgl. dies. 1938b, S. 68 – 74. 21 Ciletti 1981. 22 Cascius Forschungen flossen in zahlreiche nachfolgende Publikationen ein, vgl. insbes. Casciu 1993 und AK principessa 2006. 23 Alberts 1961. 24 Möhlig 1993. 25 Tipton 2006. 26 Baumstark 2009.

Forschungsstand | 21

Person und mäzenatisches Wirken der Herrscherin wurden darüber hinaus durch drei Ausstellungen gewürdigt. Bei der ersten, 1988 in Düsseldorf, stand die Zeit Annas de’ Medici als Kurfürstin von der Pfalz am Düsseldorfer Hof im Vordergrund.27 In einer Ausstellung von 2014 in Florenz wurden insbesondere einzelne Porträts und das von Anna de’ Medici maßgeblich vorangetriebene Architekturprojekt der Vollendung der Fürstenkapelle von S. Lorenzo in Florenz, der Grablege der Medici, in den Blick genommen.28 Die umfangreichste Zusammenschau der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der Anna de’ Medici als Kunstmäzenin bot die Ausstellung zur „Principessa saggia“, der „weisen Prinzessin“, 2006 in Florenz.29 Die in dem begleitenden Ausstellungskatalog versammelten Einzelbetrachtungen zu künstlerischen und historischen Problemfeldern im Umkreis der Anna de’ Medici und zu unterschiedlichen Aspekten ihrer Kunst- und Kulturpatronage flossen in einzelne Kapitel der vorliegenden Arbeit mit ein. Als Ausgangspunkt für eine Untersuchung der Porträts der Herrscherin diente der ­zwischen 1981 – 1987 von Karla Langedijk herausgegebene dreibändige Katalog, der eine überblicksartige, vollständige Zusammenschau der weiblichen und männlichen Medici-­ Porträts aus der Zeit der Großherzogschaft z­ wischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert bietet.30 Über die Studie hinaus existieren zwar einzelne Untersuchungen von Bildnissen Annas, doch deren Einbettung in einen größeren kulturhistorisch-­soziologischen Kontext wurde bisher noch nicht in einem der Herrscherin gebührenden Maße geleistet. Außerdem gibt es noch keine Untersuchung zu Anna de’ Medici, die Gender-­Aspekte miteinbezieht. Vor ­diesem Hintergrund versteht sich die vorliegende Arbeit auch als Fallstudie zum Verhältnis von Kunst, Macht und Geschlecht. Im Gegensatz zur Erforschung der Florentiner Renaissance, stellt das beginnende 18. Jahrhundert einen der weniger untersuchten Zeiträume in der Geschichte von Florenz dar. Die Forschungen zum Barock erfuhren erstmals in den 1960er Jahren mit den grundlegenden Studien von Klaus Lankheit zur Florentinischen Barockplastik entscheidende Impulse.31 Der Autor konzentriert sich dabei insbesondere auf die beiden bereits genannten Hauptakteure des Spätbarock in Florenz, Giovanni Battista Foggini und Massimiliano Soldani Benzi. Diese Künstlergeneration, die in der Nachfolge Berninis steht, ist in zahlreichen Einzelstudien vor allem seit den 1990er Jahren in das Blickfeld der Forschung gerückt, was zu einer Neubewertung der künstlerischen Produktion während der letzten Phase der Medici-­Herrschaft beigetragen hat.32 Der Medici-­Hof stellt zwar einen der besonders eingehend erforschten Bereiche innerhalb der höfischen Kultur in Europa dar, doch betrifft dieser Blickwinkel vorwiegend die Anfangsphase des Großherzogtums mit Eleonora di Toledo und Cosimo I. de’ Medici. 27 AK Kurfürstin 1988. 28 AK Arte e politica 2014. 29 AK Principessa, 2006. 30 Langedijk 1981 – 1987. 31 Lankheit 1962. 32 Vgl. AK Gli ultimi Medici 1974; Gregori 1990; dies. / Visonà 2012; und Bevilacqua 2004.

22 |  Einleitung

Aus der Fülle der Literatur sei an dieser Stelle besonders auf die umfassende kulturhistorische Studie von Konrad Eisenbichler zu Eleonora di Toledo (2004) verwiesen.33 Ebenfalls wurden in jüngster Zeit ausführliche Einzelstudien und Sammelbände zu den beiden dem Medici-­Haus entstammenden französischen Regentinnen Caterina und Maria de’ Medici publiziert.34 Die vorliegende Arbeit kann darüber hinaus von zahlreichen Vorgängerstudien profi­ tieren, auf die zur Vertiefung weiterer thematischer Fragestellungen in Fußnoten verwiesen wird.

1.3 Methodische Vorgehensweise und Aufbau Der Aufbau der Arbeit folgt weniger einer Chronologie der Lebensdaten Annas de’ Medici, sondern wurde bevorzugt aus dem vorhandenen Material wie Primärquellen und Sekundärliteratur entwickelt, und wandelt somit auf jenen Spuren, die die Herrscherin im Laufe ihres langen Lebens an unterschiedlichen Orten hinterließ. Die sich hieraus ergebenden thematischen Schwerpunktsetzungen führen zu einer Einteilung in vier Hauptkapitel (Kapitel 2 – 5). Diese lassen sich mit den folgenden Begriffen umreißen: Bildnis und Person, Museumsraum und Sammlung, Objekt und Hofkultur sowie Villa und Garten. Der Arbeit liegt die Prämisse zugrunde, dass die mit der Person Annas verknüpften Medien, Porträts, Objekte, Architektur- und Gartenprojekte untrennbar mit ihren kulturellen, historischen und politischen Entstehungsbedingungen verbunden sind und somit als ‚Produkte‘ ihrer Epoche sichtbar gemacht werden können. Ausgangspunkt für eine Untersuchung von Selbst- und Fremdbild bildet im zweiten Kapitel ein Porträt Annas, in dem sie der Hofkünstler Antonio Franchi als Flora darstellt. In einer vergleichenden Analyse wird unter Berücksichtigung biografischer, ikonografischer und porträttheoretischer Gesichtspunkte die Bedeutung und Funktion ­dieses Por­ träts hinsichtlich der Image-­Konstruktion herausgestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, ­welche Imago das Porträt nach außen hin proklamierte – auch in Abgrenzung zum männlichen Regenten. Die Gegenüberstellung mit Bildnissen früherer weiblicher Medici-­Herrscherinnen und Vergleiche mit Porträts aus dem Umfeld der Bildniskunst des Medici-­Hofs werden Charakteristika, Kontinuitäten und Brüche deutlich gemacht. Die Einbeziehung der historischen Hintergründe soll darüber hinaus Erkenntnisse über Funktion, Entstehungskontext, Adressaten und Auftraggeber geben. In ­diesem Zusammenhang wird auch geklärt, ob in den Bildnissen eine spezifisch „weibliche“ oder „männliche“ Bildsprache zum Tragen kommt. In besonderem Maße kann dies an einem Doppelporträt 33 Vgl. Eisenbichler 2004. 34 Zur Herrschaft der beiden Regentinnen aus kunsthistorischer Perspektive vgl. Bradburne 2008. Zu Maria de’ Medici als Regentin und Kunstmäzenin vgl. Johnson 1997; und mit Fokus auf das Palais du Luxembourg als Regierungssitz und zur Visualisierung von Herrschaftsstrategien der Medici vgl. Galletti 2012a, und dies. 2012b.

Methodische Vorgehensweise und Aufbau | 23

festgemacht werden, an dem sich geschlechtsspezifische Konstruktionen ablesen lassen, die sich in Kleidung, Schmuck, Attributen, Gestik, Blick und Körperhaltung sowie in der räumlichen Umgebung widerspiegeln. Im Anschluss daran erfolgt aus einem rezeptionsgeschichtlichen Ansatz heraus eine Analyse des Bildes der Anna anhand überlieferter schriftlicher Quellen: Beurteilungen durch einen zeitgenössischen, diplomatischen Gesandten, panegyrische Aufzeichnungen in der ersten offiziellen Hofchronik der Medici von 1741 und in Zeugnissen aus den ­ersten Jahren der neuen Regierung Habsburg-­Lothringens vor dem Tod der Prinzessin am 18. Februar 1743 bis hin zur Historiografie des 20. Jahrhunderts. Wie eng einzelne Porträts der Herrscherin mit ihrem räumlichen Kontext verbunden sind, wird im dritten Kapitel beleuchtet. Während die entscheidende Rolle der Anna de’ Medici als kulturelle Vermittlerin ­zwischen Deutschland und Italien und als Wegbereiterin des ersten öffentlich zugänglichen Museums in Europa schon Gegenstand einzelner Untersuchungen war 35, fehlt eine Analyse der Verbindung von Raumausstattung und Herrscherporträts. In d ­ iesem Zusammenhang kommt den beiden Hofmalern Adriaen van der Werff (1659 – 1722) und Jan Frans van Douven (1656 – 1727) eine entscheidende Rolle bei der Herausbildung eines Herrscherbildes zu, das aufs Engste mit der Gemäldesammlung im Düsseldorfer Kunsthaus verbunden war. Wurde in der Forschung die Sammlung bisher hauptsächlich unter der Nachfolgeregierung des Kurfürstenpaars ab der Mitte des 18. Jahrhunderts untersucht, so ist die ursprüngliche Sammlungspräsentation bisher noch nicht analysiert worden. In ­diesem Kontext ist der in der Forschung noch kaum beachtete erste Katalog der Düsseldorfer Sammlung von Gerhard Joseph Karsch (1661 – 1753) aufschlussreich. Dass sich das Kunsthaus mit Anna de’ Medici als zentraler Figur an der Schnittstelle von höfischer Sammlungspräsentation und ‚modernem‘ Museum befand, das bürgerliche Ideale wie eine freie Zugänglichkeit zu Bildungseinrichtungen antizipiert, lässt das Kunsthaus als Vorläufer der gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Europa entstehenden, öffentlich zugänglichen Museen erscheinen. Das vierte Kapitel thematisiert den doppelten, reziproken Statuswandel der Anna de’ Medici, dem eine Einteilung ihrer Biografie in drei Lebensphasen zugrunde liegt: von der toskanischen Prinzessin am Florentiner Hof in ihrer Jugendzeit (1667 – 1691) zur regierenden Kurfürstin und Ehefrau Johann Wilhelms von der Pfalz in Düsseldorf (1691 – 1717) bis hin zu der als Herrscherin bestimmten Witwe in Florenz (1717 – 1743). Dieser Dreischritt verweist auf den Begriff der „Bewegung“ als Paradigma des frühneuzeitlichen Hofs: Er betrifft nicht nur den Hofstaat mit seinen Bediensteten, sondern auch Gegenstände und Luxusgüter, Waren des alltäglichen Lebens, Botschaften (persönliche Briefe, diplomatische Schreiben und Verträge) und den Austausch von Wissen. Dieser Transformationsprozess lässt sich hauptsächlich auf drei Ebenen nachvollziehen: der räumlichen, der materiellen und der personellen. Die Objekte umfassen sowohl von Anna de’ Medici selbst in Auftrag gegebene Schmuckstücke und Pretiosen als auch Geschenke.

35 Vgl. hierzu den Überblick über den Forschungsstand in Kap. 3.

24 |  Einleitung

Ausgehend von bisher in der Forschung noch nicht berücksichtigtem Quellenmaterial und unter Einbeziehung der gegenwärtigen bildwissenschaftlichen Diskurse über den Status von Objekten sollen dabei einzelne, in enger sinnbildlicher Verbindung mit Herrscherin und Stadtraum stehende Werke vorgestellt werden, aufgefasst als Akteure und symbolische Bedeutungsträger. Die Palette der Bediensteten Annas – Teil ihres Herrschaftsapparates – reichte vom einfachen Stiefelknecht bis hinauf zur adligen Obristhofmeisterin, die den Hofstaat organisatorisch leitete. Neben dem am Medici-­Hof beschäftigten Personal soll ein weiterer Personenkreis in den Blick genommen werden, der eng mit der Sammlungsgeschichte der Dynastie verbunden ist: Eine Schlüsselposition nimmt hierbei der Antiquar Antonio Cocchi (1695 – 1758) ein. Seine Rolle bei der Ordnung der Antikensammlung der Uffizien, die aufs Engste mit den Interessen Annas bei der Bildung eines ‚vormodernen‘ Staates verknüpft war, soll in ­diesem Kapitel auch gewürdigt werden. Nach einer panoramaartigen Zusammenschau höfischer und materieller Kultur im vierten Kapitel rückt im fünften Kapitel die Villa La Quiete als konkreter Ort ins Zentrum. Das Ensemble von Garten- und Villenausstattung bildet einen Mikrokosmos innerhalb der höfischen Welt des Medici-­Makrokosmos. La Quiete stellt ein seltenes Beispiel eines Witwensitzes dar, an dem sich Anna de’ Medici durch Neuplanung und Transformation des Gartens in eine Art ‚Heiligenlandschaft‘ und Freskenausstattung zweier repräsentativer Herrschaftsräume in der Villa verewigte, und dies weniger im Sinne eines rückwärtsgewandten Blicks, sondern als eine Investition in die Zukunft. Denn in dem Wissen, dass mit ihr die Medici-­Dynastie aussterben würde, galt es, der Nachfolgeregierung ein besonders wirkmächtiges visuelles ­­Zeichen zu hinterlassen. Dies wird anhand der sinnfälligen, künstlerisch-­architektonischen und funktionalen Verbindung des Gegensatzpaars Interior und Exterior untersucht, die den Komplex nicht etwa als Ruhesitz erscheinen lässt, sondern als Ort der ‚produktiven Unruhe‘. Dieser diente der Herrscherin als politischer und kultureller Handlungsraum. Als letztes Medici-­Mitglied – und dies stellt einen der grundlegenden Leitgedanken ­dieses Kapitels dar – entwickelte Anna eine schöpferische Kraft, durch die sie das Ende in einen Neuanfang umzuwandeln vermochte. Die Anfertigung der vorliegenden Arbeit könnte subjektiven Bewertungen unterliegen, denn nicht immer lässt sich eine auktoriale Einschätzung von Annas de’ Medici eigener Einflussnahme auf die Gestaltung der zu untersuchenden Kunstwerke, Objekte, Fresken-, Architektur- und Gartenprojekte vermeiden. Diese sind zudem auch als Ausdruck eines künstlerischen Selbstverständnisses zu werten, zumal es sich bei den Künstlern durchweg um die besonders gefragten italienischen und flämischen Maler des Spätbarock handelte, die als Hofkünstler am Florentiner und Wittelsbacher Hof hohes Ansehen genossen. Wann immer jedoch eine direkte Einflussnahme von Seiten der Herrscherin aus dem Archivmaterial und anderen Quellen rekonstruiert werden konnte, ist dies in die Argumentation eingeflossen. Auch wenn Anna de’ Medici nicht immer als (alleinige) Auftraggeberin der betrachteten Kunstwerke und Gegenständen auszumachen ist, so stehen doch alle in enger symbolischer Verbindung mit ihrer Person. Dabei geht es weniger

Methodische Vorgehensweise und Aufbau | 25

um den Anteil ihrer Einflussnahme auf bestimmte Kunstaufträge, als vielmehr darum, wieweit daraus Rückschlüsse auf ihr Herrschaftsverständnis abzuleiten sind. Auf w ­ elche Weise Kunst ein bestimmtes Herrscherbild formte, kann nur durch einen Prozess herausgefunden werden, der an einigen Stellen freie Assoziationen mit einbindet. Nur so lassen sich alle Möglichkeiten ausschöpfen, die der facettenreichen Imago ihrer Identität als Herrscherin inhärent sind. Diese Arbeit soll darüber hinaus verdeutlichen, inwiefern sie versuchte, mittels eines von ihr selbst und von anderen geformten Bildes, kulturelle und politische Ziele durchzusetzen. Dass kulturelle und politische Bestrebungen immer untrennbar miteinander verbunden waren und nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können, bildet in ­diesem Zusammenhang die wichtigste Grundvoraussetzung. An einigen Stellen werden andere europäische Herrscherinnen aus dem Umfeld des Medici-­Hofs sowie aus dem französischen und dem Habsburgischen Königshaus zum Vergleich herangezogen. Dies soll zu einem breiteren Verständnis der Zurschaustellung visueller und materieller Kultur beitragen. So ist diese Arbeit nicht allein als die Geschichte einer Medici-­Fürstin angelegt, sondern liefert in einem umfassenderen Sinne auch Einblicke in die europäische Dynastiegeschichte.

2 Bild und Mythos: Porträt und Imago der Anna Maria Luisa de’ Medici Prinzessin Anna, einzige Tochter des Großherzogs, ist von solcher Schönheit, dass diese von Tag zu Tag zunimmt; je älter sie wird, desto schöner wird sie, sie ist eine echte Römerin von hoher Gestalt, zierlicher Taille, ihre Haare sind besonders dunkel, und da sie einen lebendigen Ausdruck hat und eine wohl proportionierte Statur, gibt es keinen Tag, an dem etwas an ihr auszusetzen wäre. Ihre Augen schienen lange Zeit ausdruckslos, doch jetzt bemerkt man in ihnen Feuer und Geist; sie bewegt sich mit vorzüglicher Anmut und bisweilen mit etwas zu viel Stolz. Sie tanzt sehr gut, sie steigt wie ein Mann aufs Pferd, sie schießt so treffsicher, dass sie es im Wettkampf, mit wem auch immer, aufnehmen könnte. Sie erfreut sich guter Gesundheit und einer solch außerordentlichen Gelassenheit, dass sie nichts aus der Fassung bringt, sie nichts beunruhigt, sie isst von allem. Ihre Bediensteten haben noch niemals eine Klage von ihr gehört. Diese Prinzessin, die ihrem Vater Entzücken bereitet und ihrem jüngeren Bruder innig verbunden ist, zeigt sich unberührt jeglichen Anschuldigungen ihr gegenüber, sie legt eine solch große Gleichgültigkeit gegenüber allen Dingen an den Tag, dass man weder ihre Absichten noch ihre Vorlieben erahnen kann, dies lässt glauben, dass sie eines Tages eine stattliche Prinzessin sein wird. Sie hat Esprit, liebt die Lektüre und ist eine perfekte Musikerin. Sie beherrscht mehrere Sprachen, aber spricht so selten, dass es scheint, als ob nichts von dem, was sie weiß, nach außen dringt.36

Die Passage stammt von dem französischen Gesandten Foucher, der sich von 1689 bis 1694 am Medici-­Hof aufhielt. Sie stellt ein Dokument dar, das als diplomatisches Schriftstück Teil der politischen Korrespondenz ist, also ein Zeitdokument, das der 36 „La Princesse Anne fille unique du Gran Duc est de ces beautés qui se forment toujours en croissant, plus elle avance en âge et plus elle embellie, c’est une vraie romaine d’une grande taille, fine droite, ses cheveux sont fort noirs et comme elle a le teint vif et un embonpoint raisonnable, il n’y a guère de jours qu’elle ne paraisse belle. Ses yeux ont été longtemps sans rien dire mais aujourd’hui on y remarque du feu et de l’esprit; elle marche avec beaucoup de grâce et peut-­être avec un peu trop de fierté. Elle danse fort bien, elle monte à cheval comme un homme, elle tire avec tant d’adresse qu’elle pourrait disputer du prix avec qui que ce soit. Elle est d’une santé et d’une fatigue extraordinaire, rien ne l’inquiète, rien ne l’incommode, elle mange de tout indifférement. Ses domestiques ne lui ont jamais entendu pousser une plainte. Cette princesse qui fait le délice de son père et l’attachement de son frère cadet, est impénétrable de l’aveu de tous ceux qui l’approchent; elle affecte une indifference si grande pour toutes choses qu’on n’a encore pû [peut] surprendre ses inclinations, n’y reconnaitre son penchant pour quoi que ce soit, c’est ce qui fait croire qu’elle sera un jour habillée princesse. Elle a de l’Esprit, aime la lecture et sait la musique en perfection. Elle possède plusieurs langues, mais parle si peu qu’il ne parait rien dehors de tout ce qu’elle sait.“ Zit. n.: Kühn-­Steinhausen 1939, S. 5. Das Originaldokument befindet sich im Archiv des französischen Außenministeriums in Paris, im Konvolut der „Correspondance politique Toscana“. Im Folgenden alle Übers. von fremdsprachigen Zitaten von der Verf., wenn nicht anders gekennzeichnet.

28 |  Bild und Mythos

offiziellen Berichterstattung am heimischen Hof dienen sollte und deshalb als glaubwürdig zu werten ist. Auch Giovanni Claudio Bonvisi, Gesandter von Lucca, hatte 1684 die außergewöhnliche Erscheinung der jungen Prinzessin hervorgehoben und sie als besonders anmutig, schön und musikalisch talentiert beschrieben.37 In seiner anschaulichen Schilderung, die ein facettenreiches Bild der Prinzessin zeichnet, hebt Foucher nicht nur die außergewöhnliche Schönheit Annas hervor, sondern lobt sie auch als klug, geistreich und sportlich. Ihre stolze Körperhaltung und ihr rasantes Erscheinungsbild, ihr energischer Charakter, ihre außerordentlich gute gesundheitliche Verfassung und ihre Weltgewandtheit, die in der Kenntnis verschiedener Sprachen zum Ausdruck kam, müssen ihr eine Ausstrahlung von Grazie und Macht verliehen haben, die sich in ­Fouchers Beschreibung zu einer Darstellung der Prinzessin als idealtypischer, zukünftiger Herrscherin verdichten. Dies findet seine Entsprechung in einem der eindrucksvollsten Porträts der Anna de’ Medici, auf dem sie sich als „Flora“ präsentiert. Es stammt von Antonio Franchi und wurde 1687 fertiggestellt (Tafel 1).38 Es ist aus mehreren Gründen von zentraler Bedeutung für eine Untersuchung von Person und Imago der letzten Großherzogin der Toskana: sowohl Porträttypus als auch Ort der Aufhängung und Auftraggeber sind ungewöhnlich. In Auftrag gegeben wurde es von ihrem älteren Bruder, Erbprinz Ferdinando, der es als einziges Bild für seinen Audienzsaal im Palazzo Pitti anfertigen ließ. Heute hängt es, von den vorbeiziehenden Besucherströmen größtenteils unbeachtet, im Eingangsbereich der Uffizien. Umso erstaunlicher ist es, dass das Bildnis bisher noch nicht eingehender unter ikonografischen Aspekten betrachtet wurde und noch keine inhaltliche Deutung des Gemäldes vorliegt. Es steht im Zentrum ­dieses Kapitels. Identifizierung der Porträtierten, Zuschreibung an Franchi und Datierung sind durch Quellen überliefert. Während sich die Forschung bisher hauptsächlich mit der Bedeutung des Bildnisses im Kontext des malerischen Œuvres von Franchi gewidmet hat, wurden die historischen und politischen Umstände, die Auftraggeberinteressen und die dem Bildnis zugrunde liegenden Intentionen sowie der sich hieraus möglicherweise ableitende Sinngehalt bisher noch nicht in den Blick genommen. Die Analyse geht dabei den folgenden Fragestellungen nach: Welches Herrscherimage wurde in bildlichen und schriftlichen Quellen von Anna de’ 37 Vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 5. 38 Im Folgenden werden die beiden Begriffe „Porträt“ und „Bildnis“ synonym verwendet. Alberti definierte „ritratto“ als etwas, das den Abwesenden sichtbar macht. Im ersten italienischen Wörter­ buch, dem „Vocabolario degli Accademici della Crusca“ (Erstausg. 1612) wird das italienische Wort für Bildnis, „ritratto“, als ein aus dem Leben genommenes Bild definiert: „Figura cavata dal naturale, onde, Far ritratto d’huomo da bene, e di tristo, e simili, vale procedere da huomo da bene, e ­mostrarsi tale“. In der darauffolgenden Ausgabe liegt die Betonung auf der Ähnlichkeit des Bildnisses mit dem Abgebildeten. Michelangelo und Vasari betonten zusätzlich die Schönheit und Kunstfertigkeit, die sich im Bildnis manifestieren sollte, vgl. Vocabolario della Crusca [1612], S. 730. [online: http://vocabolario.sns.it/html/_s_index2.html; eingesehen am 2. 5. 2017]. Zum Gebrauch der Begriffe „Porträt“ und „Bildnis“ vgl. grundlegend Boehm 1985.

Bild und Mythos | 29

Medici geformt? In ­welchen konzeptuellen Rahmen fügten sich diese Bilder ein? Welche Ansprüche wurden von außen an sie als künftige Regentin herangetragen und wie nahm sie sich selbst wahr – kurz, wie gestaltete sich das Verhältnis z­ wischen Fremd- und Eigenwahrnehmung? Wie äußert sich dies in bildlichen und schriftlichen Quellen? Eine zentrale Rolle spielt die Frage, an w ­ elche Tradition des Herrscherbildes es anknüpft. Vor ­diesem Hintergrund soll die Einbeziehung möglicher Vorbilder für das Porträt zu einer neuen Deutung führen. Seitdem die Medici als Großherzöge der Toskana Mitte des 16. Jahrhunderts unter der Regierung von Cosimo I. (1519 – 1574) und Eleonora di Toledo (1522 – 1562) die Herrschaft übernommen hatten, war der künstlerische Auftrag eines weiblichen Herrscherporträts untrennbar mit den Machtmechanismen dieser Dynastie verbunden. In das Geschlecht der Medici eingeheiratete Prinzessinnen wurden ebenso wie die dem Herrscherhaus entstammenden Frauen von den führenden Hofkünstlern der Medici zu fürstlich-­repräsentativen Zwecken porträtiert. Als prominenteste gelten die Vorgängerinnen Annas, die französischen Königinnen Caterina und Maria de’ Medici, die wie sie an einen ausländischen Hof verheiratet wurden, sowie Eleonora di Toledo, die als Ausländerin an den Medici-­Hof gekommen war.39 Männliche und weibliche Herrscherbildnisse dienten den Familienmitgliedern der Medici als visuell eingesetzte Mittel zur Legitimierung von Macht und der Propagierung einer bestimmten Imago. Dies verlief bei Medici-­Fürstinnen auf unterschiedliche Art und Weise. Während einige Herrscherinnen sich als Heilige inszenierten,40 rekurrierten andere eher auf antike Heroinen. Maria Magdalena von Österreich (1589 – 1631) ließ 1622 ihren Witwensitz, die Villa Poggio Imperiale, mit einem Zyklus von „donne illustre“ ausmalen, der Heldinnen aus dem Alten Testament, christliche Fürstinnen und Märtyrerinnen umfasste. Maria de’ Medici hingegen berief sich bei der Ausmalung des Palais de Luxembourg in Paris zu Beginn der 1620er Jahre bewusst auf antike Götterfiguren. Am eindrucksvollsten ist die Darstellung Marias als Minerva, die Kriegsgöttin und Herrscherin in sich vereint. Unter den Porträts Anna de’ Medicis befinden sich nur wenige Darstellungen der Herrscherin als Heilige oder antike Göttin.41 Weder hatte sie Kinder und damit potenzielle R ­ egierende 39 Für eine Untersuchung der weiblichen Herrscherporträts unter der Herrschaft von Cosimo I. und Eleonora und speziell zu den Bildnissen von Agnolo Bronzino vgl. bes. Langdon 2006 und Cox-­Rearick / Westermann Bulgarella 2004, S. 101 – 159. Cosimo I. war der erste Medici-­ Herrscher, der einen Hofmaler engagierte, als er 1539 Bronzino mit der Anfertigung der Dekorationen für seine Hochzeit mit Eleonora beauftragte. Langdon geht davon aus, dass Bronzino, und nicht wie oftmals in der Forschung konstatiert Tizian, den Prototyp für das weibliche Herrschaftsporträt geschaffen habe. 40 Vgl. hierzu Polleross 1988, S. 60. Zur Bedeutung des von Maria Magdalena in Auftrag gegebenen Freskenzyklus vgl. Hoppe 2012. 41 Eines der wenigen Beispiele eines Porträts von Anna de’ Medici in Gestalt einer Heiligen ist das 1725 von Taddeo Mazzi angefertigte Bildnis, auf dem sie sich als ihre Namenspatronin, die hl. Anna, darstellen ließ. Das Gemälde befindet sich im Konvent der Villa La Quiete. Es zeigt sie als Anna mit Maria als Kind und hl. Joseph, vgl. Mazzanti 2003, S. 63 – 75, und AK Principessa, 2006,

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zur Welt gebracht noch war sie je an der Führung eines Krieges beteiligt gewesen. Auch zu einer offiziellen Krönung zur Großherzogin kam es nie. Mit Anna de’ Medici verbanden sich deshalb wenige Eigenschaften, die eine Identifizierung mit Götterfiguren aus der antiken Mythologie hätten rechtfertigen können. Umso bedeutsamer erscheint das Flora-­Bildnis von Antonio Franchi. Wichtigste Grundannahme ist dabei, dass es weder das tatsächliche Aussehen noch die Persönlichkeit Annas widerspiegelt.42 Vielmehr stellt es ein politisches Statement dar, das vor dem Hintergrund der historischen und kulturellen Umstände der Epoche zu betrachten ist. Bei dem P ­ orträt handelt es sich, so die These – anders als in der Literatur bisher dargestellt –, um ein Herrscherbildnis, in dem die Imago Annas als ideale Regentin inszeniert wird. In d ­ iesem Sinne fungierte es als Vehikel der Medici-­Propaganda am großherzoglichen Hof. Anknüpfend an Marcello Fantonis Definition der höfischen Umgebung in Florenz als räumliche, soziale, politische und kulturelle Einheit 43 kommt dem Personenkreis, der Anna de’ Medici umgab, besondere Bedeutung zu: Künstler und Kunstgelehrte, Naturwissenschaftler und Agenten sowie Verwandte und Adelige – sie alle trugen dazu bei, die Imago der letzten Großherzogin der Toskana zu formen. In ­diesem Zusammenhang sollen auch einzelne Personen beleuchtet werden: ihre engsten Familienangehörigen, insbesondere ihr Vater Cosimo III. und ihre beiden Brüder Ferdinando und Gian Gastone de’ Medici, sowie der Künstler Antonio Franchi selbst. Diesem kam als letztem Hofmaler der Medici eine zentrale Rolle innerhalb der höfischen Bildproduktion im ausgehenden 17. Jahrhundert zu. Als Künstler und Theoretiker verfügte er über ein immenses Bildrepertoire, dessen unterschiedliche Facetten sich in dem Flora-­Porträt von Anna de’ Medici widerspiegeln. Das auf die 20-jährige Anna projizierte Bild einer idealen Herrscherin, soviel sei vorweggenommen, steht dabei in deutlichem Kontrast zu dem Bild der bemitleidenswerten Witwe gegen Ende ihres Lebens, wie dies besonders in der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts propagiert wurde. Den Ursachen für diese Sichtweise wird abschließend in einer kontrastiven Betrachtung nachgegangen.

S. 372. Damit knüpft sie an die Tradition ihrer Vorgängerinnen Maria Magdalena von Österreich, die sich als Maria Maddalena darstellen ließ, und Vittoria an, von der es ein Bildnis als hl. ­Victoria von dem Hofmaler Justus Sustermans gibt. Im Gegensatz zu den Porträts Annas existiert von ihren beiden Vorgängerinnen eine große Anzahl an Porträts in Gestalt von Heiligen. Für eine ikonologische Untersuchung der Bildnisse von Maria Magdalena vgl. grundlegend Hoppe 2012, und Straussman-­Pflanzer 2010. 42 Zur Verwendung und zur „Gefahr“ im Umgang mit Bildern als historischen Quellen vgl. Burke 2010 [2001]. Die Gattung des „naturalistischen Porträts“, bei dem die physiognomische Ähnlichkeit zu der abgebildeten Person im Vordergrund steht und auf deren Identität verweist, existierte schon in der antiken und der frühchristlichen Kunst in Form von Statuen, Büsten, Gemmen, Münzen, Sarkophagfiguren und Wandgemälden, vgl. Woodall 1997, S. 1– 25. 43 Fantoni 1994, S. 13.

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2.1 Im Gefolge der Flora: Anna Maria Luisa als Verkörperung von Florenz Auf dem überlebensgroßen Flora-­Porträt Annas de’ Medici, das 203 × 143 cm misst, thront sie, den Betrachter frontal anblickend, die rechte Schulter leicht nach vorne gedreht und das rechte Bein etwas nach hinten versetzt, auf einer Terrasse mit schwarz-­weiß gefliestem Boden vor einer Landschaftskulisse, die von einem roten Samtvorhang am linken oberen Rand und dem Ausschnitt eines antikisierenden Tempels, von dem zwei Säulen zu erkennen sind, gerahmt wird. Bildkompositorische Akzente werden besonders durch die Vorder- und Mittelgrund dominierenden Blumen gesetzt: zu ihrer Rechten auf einem Tischchen und zu ihren Füßen in der rechten vorderen Ecke jeweils in einer Vase, lose mit der rechten Hand gehalten auf ihrem Schoß, als Bündel in der Hand ihres linken angewinkelten Arms sowie als ornamentale Blumenranken auf ihrem Kleid.44 Besonders auffällig und durch die Licht-­ Schattenwirkung prominent in Szene gesetzt, hebt sich ihr aufwendig drapiertes und schwer wirkendes Gewand aus hell schimmerndem, violett-­goldenem Brokatstoff – Ausweis ihres Rangs und ihrer hohen Stellung 45 – vor dem dunklen Hintergrund ab, ebenso wie ihre zentral in der Bildmitte platzierte linke Hand, in der sie drei weiße Blumen hält, was einem Zeigegestus gleichkommt.46 Hervorstechend sind vor allem die Blumen, die sie auf der Höhe ihres Unterleibs hält, die – ebenso wie die Vasen – als Verweis auf ihren fruchtbaren, reiche Nachkommenschaft verheißenden Körper zu lesen sind. Sie stellen

44 Bellesi nimmt an, dass das Gemälde in Zusammenarbeit mit dem für Blumenstillleben bekannten und ebenfalls am Medici-­Hof angestellten Maler Andrea Scacciati (1642 – 1710) entstanden sein könnte. Er verweist auf die im Bild dargestellten Blumen, die für die Malweise Franchis untypisch s­eien, wie ein vergleichender Blick auf frühere Porträts, beispielsweise das Bildnis der ­Lucrezia R ­ inuccini Corsini von 1681, beweisen soll. Er glaubt deshalb, dass die Blumen aus der Hand ­Scacciatis stammen. Zudem vergleicht er sie aufgrund ihrer präzisen Darstellung mit Pietre dure-­Arbeiten, vgl. Bellesi 2012, S. 181; zu Andrea Scacciati vgl. auch Kap. 5.3. 45 Brokatstoff ist ein besonders wertvoller Seidenstoff. Ob es sich bei dem auf dem Flora-­Bildnis dargestellten Kleid um Seidenbrokat handelt, kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden, jedoch legt das Schimmern des Gewands, das mit goldenen Fäden durchwirkt ist, die Darstellung von Goldbrokat nahe. Zur Signifikanz von Brokatstoff anhand von dargestellter Gewandung für hochgestellte Würdenträger auf Bildern vgl. im Überblick Monnas 2012, und tiefgreifender: Duits 2008, und ders. 1999, S. 60 – 92. Duits untersucht in seiner breit angelegten kulturhistorischen Studie den Stellenwert von Brokatstoff und Gold für die Gesellschaft in der europäischen Renaissance, besonders in der Toskana, Venedig sowie am päpstlichen Hof von Avignon und dem Hof der Valois in Burgund, und geht der wechselseitigen Verbindung von Goldbrokat und Malerei nach. Für eine kleiderikonografische Untersuchung anhand der Hamburger Kreuzigungstafel in St. Katharinen, in der die Autorin unter anderem auch dem Stellenwert von Brokatstoff als exklusives Distinktionsmerkmal einer Elite nachgeht, vgl. R ­ eichel 1998. 46 Zur Wechselwirkung von Zeigen (Deixis) und Bildlichkeit, derzufolge sich in Bildern deren doppelte Natur von Zeigen manifestiert, indem sie „etwas“ und „sich“ zeigen, vgl. Boehm 2007.

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einen wesentlichen Aspekt für eine Prinzessin in heiratsfähigem Alter dar und sind hinsichtlich der Dynastie-­Sicherung von zentraler Bedeutung.47 Die dominierenden Farben sind die Grundfarben Blau, Gelb und Rot. Die Farbigkeit des Gewandstoffs kontrastiert mit den satten Farben des tiefblauen Mantels, der locker über ihrem linken Arm und auf ihrem Schoß liegt, sowie mit dem purpurrroten Kissen, auf dem sie sitzt. Die detailgetreue Wiedergabe des Kleides gibt den Blick auf ein spitzenbesetztes Unterkleid frei, das aus dem rechten Ärmel hervorschaut und durch das Aufschlagen der oberen Spitzenschicht eine weitere, darunter durchschimmernde Lage erkennen lässt. Akzentuiert wird dies zusätzlich von einer fermezza, einer Brosche, die den Stoff des aufgeschlagenen Ärmels hält. Ein ähnliches Schmuckstück, eine als alamaro bezeichnete, rautenförmige Brosche, steckt an der Vorderseite ihres Kleides auf Brusthöhe. Das Juwel befindet sich im Bildmittelpunkt und bildet das kompositorische Zentrum, in dem strahlenförmig die Falten des Kleides zusammenlaufen. Eine eng anliegende, weiß schimmernde Perlenkette und Ohrringe unterstreichen die Zartheit ihres elfenbeinfarbigen Inkarnats. Die Accessoires tragen zu einer Steigerung der Selbstdarstellung Annas bei und fungieren als „Requisiten“, vermittels derer sie sich auf der höfischen Bühne in Szene setzt. Auffällig in dem Porträt ist zudem die ostentative Zurschaustellung des Perlenschmucks: Anna trägt eine eng anliegende Perlenkette und tropfenförmige Ohrringe. Perlen, Symbole für Weiblichkeit, stellen das einzige direkt der Natur entstammende Material dar, das nicht mehr bearbeitet, sondern unmittelbar in die Fassung eingesetzt wird. Je ebenmäßiger die Perle geformt war, desto höher war ihr ökonomischer Wert. Auf ihren symbolischen Wert verweist Agostino del Riccio (1541 – 1598) in seinem Traktat „Istoria delle Pietre“ von 1597: Perlen wurden meist als Hochzeitsgeschenke überreicht und galten als Sinnbild für Reinheit und Keuschheit der Frauen.48 Marsilio Ficino (1433 – 1499) bezeichnet sie als die Edelsteine, die der Natur des Mondes am nächsten kämen, und schreibt ihnen heilkräftige Fähigkeiten in Bezug auf Mutterschaft zu. Vor d ­ iesem Hintergrund können die Perlen in dem Flora-­Porträt als Zeugnis der Fähigkeiten Annas als gute M ­ utter gewertet 47 Die Verbindung von Pflanzensymbolik und Fruchtbarkeit, an die sich Implikationen von irdischer und himmlischer Liebe knüpfen, nimmt Franchi in der Darstellung „Garten der Venus“ von 1684 vorweg, die im Auftrag des Erbprinzen Ferdinando entstand und sich heute im Palazzo Montecitorio in Rom befindet. Auch das im Auftrag Violantes Beatrix von Bayern entstandene Gemälde „Venus mit Liebesengeln“, das 1694 angefertigt wurde, vereint diese Deutungen in sich. Eine andere Lesart bietet Goodman für Rubens’ Gemälde „Conversatie à la Mode“ von ca. 1632 – 1634 (Prado, ­Madrid). Sie interpretiert den dort dargestellten Garten als Ort des informellen Austauschs von modisch gekleideten Hofdamen, in dem abseits von der strikten Hofetikette Konversation und soziale Interaktion gepflegt wurden: „A Conversatie à la Mode is then a painting that depicts a modish group of people in fashionable social interaction.“ Möglicherweise diente Franchi d ­ ieses Bild als Vorlage für seinen „Liebesgarten“. Das Bild könnte somit als Indiz für die engen künstlerischen Verbindungen ­zwischen Rubens und Franchi gelten, wie im Folgenden noch weiter ausgeführt werden soll. Die Gemälde werden erwähnt bei Baldinucci 1975 [1725 – 1730], S. 43. 48 Riccio 1996 [1597].

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werden, die den Fortbestand der Dynastie zu sichern vermag.49 Die reiche ‚Materialschau‘ aus Elementen, die direkt der Natur entstammen – wie Blumen und Perlen –, deuten nicht zuletzt auch auf Anna de’ Medici als Repräsentantin eines blühenden Landes und damit verbunden auf ökonomische Stärke und Produktionskraft. Die Vielschichtigkeit der Deutung liegt dabei in der Figur der Flora selbst. Bild- und Textquellen der Frühen Neuzeit zeichnen ein ambivalentes Bild der Blumengöttin, die sowohl auf mater (Mutter) und/oder meretrix (Verführerin) verweisen kann und aufs Engste mit Fruchtbarkeit und Empfängnis verbunden ist.50 Giovanni Boccaccio betont die symbolische Bedeutung der Blumen als sinnliches Vergnügen, die auf das „piacere del suo bellissimo corpore“ deuten.51 Für den Dichter verkörpert Flora alles Lasterhafte, wenn er sie in seiner Genealogie der Götter als reiche und berüchtigte römische Kurtisane beschreibt.52 Ovid (43 v.Chr.–17 n.Chr) hingegen hebt in seinen Fasti auf die Lesart der Flora als ­Mutter ab. Die von Zephir, dem Westwind, gejagte und vergewaltigte verführerische Nymphe Chloris wird anschließend von ihm zur Frau genommen und zur Göttin Flora gekrönt. Chloris war ich, bin jetzt Flora: Der griechische Laut meines Namens Wird im lateinischen Wort durch einen andren entstellt. Chloris war ich, eine Nymphe des glücklichen Landes, wo einst die Seligen lebten; gewiss hast du darüber gehört. Wie meine Schönheit war? Schwer ist’s, bescheiden zu sein, wenn ich sag: Ein Gott war der Schwiegersohn, den für meine ­Mutter sie fand!53

49 Ähnlich interpretiert Cristina Giorgetti Perlen als ­­Zeichen der Durchsetzungskraft einer guten ­Mutter und zukünftigen Regentin im Porträt Vittorias della Rovere als Flora, vgl. Giorgetti 2004. 50 Zur Ikonologie von Flora-­Darstellungen von der Antike bis in die Frühe Neuzeit vgl. Held 1961. Held unterscheidet z­ wischen negativ und positiv konnotierten Flora-­Darstellungen in bildender Kunst und Literatur, die als „Flora Meretrix“, Flora als Kurtisane, und Flora als „Primavera“, als Frühlingsgöttin, interpretiert werden können, vgl. ebd. S. 213. Mit Schwerpunkt auf Flora-­Porträts vgl. Weber-­Woelk 1995. 51 vgl. Held 1961, S. 202. 52 Dass Flora durch Vereinigung mit Zephir zu einer Göttin aufgestiegen war, wurde als Beleg für ihre Wollust angesehen. Die Kurtisane Flora sei durch ihr Gewerbe zu Reichtum gekommen und das römische Volk zum Erben bestimmt worden. Wie Lactantius in seinem „Institutionum divinarum“ schreibt, verfügte sie, dass jedes Jahr an ihrem Geburtstag ihrer durch Spiele gedacht werde. Diese Spiele s­ eien vom Senat als „Florales“ bezeichnet worden, worauf der Name der Göttin Flora zurückgeht, deren Mythos Ovid überlieferte, vgl. Boccaccio 2011 [1360], Buch I, S. 586, 588: „Nympham fuisse silicet nomine Clorim, a Zephyro dilectam, et in coniugem assumptam, eique ab eo in munus amoris atque violate pudicitie omne ius in flores concessum, eamque ex Clora Floram vocavit […]. Dicit Lactantius in libro ‚Institutionum divinarum‘ Floram feminam magnas ex meretricio quesisse opes, quarum moriens Romanum populum scripsit heredem, parte servata, que sub annuo fenore prestaretur, ex quo scilicet fenore voluit, ut suus natalis dies singulis annis editione ludorum celebraretur. Qui ludi Florales et sacra Floralia a Flora nuncupata sunt, […].“; vgl. auch „Flora“, in: RDK, Bd. 3 (1952), Sp. 1308. Zum Aspekt des Lasterhaften bei Flora vgl. auch Held 1961, S. 203. 53 Vgl. Ovid 2001, S. 183.

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Die Metamorphose von Chloris zu Flora eröffnet in doppelter Metaphorik gleichzeitig den Blick auf das neu gewonnene Herrschaftsgebiet der Flora als Land, in dessen Z ­ entrum sich ein mit Blumen gefüllter Garten befindet, der „hortus fecundus“ (Ovid, Fasti). Die erotische Komponente, die der Göttin anhaftet, lässt die Figur in die Nähe der Venus rücken, die, wie auch Flora, mit dem Frühling in Verbindung gebracht wird.54 Dass die symbolische Verbindung von Pflanzenwelt und Politik in den von den Medici in Auftrag gegebenen Kunstwerken ikonografisch eingeschrieben war, wurde in der Forschung insbesondere für die Renaissance herausgestellt.55 Die lautliche Nähe des Namens „Florenz“ zur Bezeichnung „Flora“ für die Göttin des Frühlings, auch „Florenzia“, „Fiorenza“ oder „Firenze“, geht auf den ursprünglich aus dem Lateinischen stammenden Namen „Florentia“ zurück, womit im ersten Jahrhundert v. Chr. die römischen Kolonien an den Ufern des Arno bezeichnet wurden. Pflanzen- und Gartenmetaphorik verbanden sich immer auch mit Hoffnungen auf eine gute, prosperierende Regierung.56 Nicht von ungefähr ist die Göttin Flora Schutzpatronin von Florenz, deren Sinnbild die Lilie oder die Iris ist. So vereint auch eines der Wahrzeichen der Stadt, der Dom von Santa Maria del Fiore, sowohl die Bedeutung „Frau“ als auch „Blume“.57 Auch in der Heraldik zeigt sich die symbolische Verbindung der Medici mit ­Florenz: Seit 1465 sind Lilien Bestandteil des Wappens der Medici.58 Erste Vorläufer dieser Thematik finden sich in einem früheren Porträt von Anna de’ Medici desselben Malers, auf dem die toskanische Prinzessin als Ehefrau anempfohlen wird (Tafel 2). Das um 1682/83 entstandene Porträt befand sich im Besitz der Großmutter Annas de’ Medici, Vittoria della Rovere, und ist in einem Inventar der Villa Poggio Imperiale aufgelistet.59 Die etwa 15-jährige Anna ist in dunkelblauem Gewand mit tief ausgeschnittenem Dekolleté und gelbem Mantel dargestellt, in dem sie rote und weiße Blumen als Hochzeitssymbol birgt. Um den Hals und an den Handgelenken trägt sie Perlenkette und -armbänder, und die auf ihr Kleid applizierten Perlen bringen den golddurchwirkten Stoff zusätzlich zum Leuchten. Das Porträt ähnelt jenen adeliger Frauen als Flora aus den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts, wie sie am eindrucksvollsten 54 Vgl. Held 1961, S. 203. 55 Horst Bredekamp deutet das Florenz der Renaissance als Garten der Venus, vgl. Bredekamp 2002; zur Symbolik von Pflanzen in Mittelalter und Renaissance vgl. Ladner 1969, S. 336 – 394. 56 Vgl. Bredekamp 2002, S. 13. Eine Miniatur in einer Pariser Handschrift aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts zeigt Flora gar als Regentin. In ihrer linken Hand trägt sie einen an ein Z ­ epter erinnernden Stab, und ihr Kleid hebt sie mit ihrer Rechten zu einem Bausch, vgl. „Flora“, in: RDK, Bd. 3 (1952), Sp. 1306 – 1345, hier: Sp. 1314. 57 Vgl. AK Women in power 2008, S. 19. 58 Vgl. Bredekamp 2002, S. 50. 59 In dem Inventar der Villa Poggio Imperiale von 1692 wird das Porträt wie folgt beschrieben: „Un quadro […] dipintovi fino à mezzo il ritratto della Serenissima Principessa Anna Maria Luisa con abito turchino ricamato d’oro, e seta a fiorellini guarnito di Perle, Smanigli, e Vezzo simile con panno giallo cangio in atto di reggere con esso quantità di fiori […].“, ASF, Guardaroba Medicea 992, fol. 45v.

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durch den mediceischen Hofmaler Justus Sustermans angefertigt wurden. Beispielhaft ist ein Porträt der Isabella d’Este (1635 – 1666), das sich heute in der Galleria di Palazzo degli Alberti in Prato befindet.60 Die Blumen in Haar und Mantel charakterisieren sie als Flora. Zu den bekanntesten Flora-­Darstellungen im 16. – 17. Jahrhundert gehörte der Stich der Blumengöttin des flämischen Künstlers Franz Floris (1517 – 1570) von 1564 (Abb. 2).61 Der Kupferstich ist Teil einer Serie von insgesamt acht Blättern mit Abbildungen von Göttinnen und Nymphen, die durch Inschriften zu identifizieren sind. Den unteren Rand der sitzenden, monumental wirkenden Ganzkörperfigur, deren ausgeprägte Muskulatur die Figur fast michelangelesk erscheinen lässt, nimmt die Bildunterschrift des von Ovid entlehnten Zitats „Chloris Eram Quae Flora Vocor“ ein. Die Göttin sitzt auf einer Steinbank und trägt ein langes, antikisierendes Gewand, das am Rücken in einer schwungvollen, mondsichelartigen Bewegung einen Hohlraum beschreibt. Ihre rechte Brust ist entblößt und sie wendet das mit einem Blumenkranz gekrönte Haupt nach

60 Vgl. Abb. in: AK Women in Power, 2008, S. 19; Acidini 2008, S. 19. Für eine Untersuchung der Bildnisse von Vittoria della Rovere des Hofmalers Justus Sustermans vgl. Straussman-­­ Pflanzer 2010. Darstellungen von Adeligen als Flora waren sehr verbreitet im Europa des späten 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts. Stellvertretend für Beispiele von Flora-­Porträts aus dem höfischen Umfeld s­ ei zusätzlich das ebenfalls von Sustermans angefertigte Porträt der Eleonora Gonzaga (unbek. Künstler) als halbfigürliches Porträt genannt. Während Isabella d’Este einen Blumenkranz im offenen Haar trägt, was ihre Schönheit und Jugendlichkeit zusätzlich unterstreicht, erscheint Eleonora Gonzaga unauffälliger, denn sie trägt weder Blumen- noch Perlenschmuck, lediglich ein Blumenbouquet in ihren Händen. Wie sehr sich gerade die Medici mit der Flora-­Darstellungen inhärenten Dialektik von prosperierender Regierung und Fruchtbarkeit identifizierten, zeigt auch das Porträt der Violante Beatrix von Bayern. Auch die Habsburger bedienten sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts dieser Symbolik, wie ein Porträt von Maria Theresia bezeugt, das 1727 von ­Andreas Möller angefertigt wurde (heute in Wien, Kunsthistorisches Museum). Es zeigt die 10-jährige, zukünftige Kaiserin von Habsburg in ähnlich symbolisch aufgeladener Aufmachung. Ihre Schönheit wird unterstrichen durch ein dunkelblaues, mit Perlen besetztes Kleid, aus dem Spitze herausschaut. Ihre Schultern werden von einem Hermelinmantel umhüllt und sie trägt Perlenohrringe. Während sie mit ihrer linken Hand ihr Kleid hält, in dem sie Blumen gesammelt hat, verweist sie mit ihrer rechten Hand auf eine Blumenvase. Im Hintergrund befindet sich angeschnitten die Kaiser­krone. Gerahmt wird die Szene von einem roten Samtvorhang. Yonan interpretiert das Porträt als Versprechen der jungen Erzherzogin, sich als Garantin einer zukünftigen, prosperierenden Dynastie zu erweisen, vgl. Yonan 2011, S. 21 – 23. 61 Der Stich wirkte stilbildend auf spätere Flora-­Darstellungen, wie der Vergleich mit dem um 1600 entstandenen Werk Amboise Dubois’ zeigt, das eine nahezu identische Körperhaltung aufweist. Ihr Oberkörper ist nach links geneigt, das linke, bis zum Knie entblößte Bein steht kontrastierend zu ­diesem auf einem Podest und lässt dadurch eine Torsion des Körpers entstehen. Es könnte ebenfalls als Vorlage für Antonio Franchi gedient haben, vgl. Hyde / Milam 2003, S. 225 – 246. Auch Juan van der Hamens Flora von 1627 aus dem Prado-­Museum in Madrid ist eines der wenigen Beispiele für eine sitzende Ganzkörperfigur einer Flora. Die beiden Beispiele verkörpern jedoch jeweils die Blumengöttin und sind nicht mit einer bestimmten Person zu identifizieren.

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Abb. 2 Franz Floris (Entw.) und Cornelis Cort (Ausf.), Flora, 1564, Kupferstich, 27,4 × 19 cm, London, British Museum

links, während sie in gegenläufiger Bewegung ihre Beine nach rechts dreht. In ihrem rechten, erhobenen Arm hält sie einen Blumenstrauß, während sie den Ellbogen auf einem prall gefüllten Blumenkorb aufstützt. In einem Gefäß am linken Bildrand befindet sich ein Topf mit Nelken und auf der gegenüberliegenden Seite eine Vase mit Lilien, Rosen und Iris. Auf dem Boden sind weitere Blüten verstreut. Im Hintergrund zeichnet sich eine felsige Landschaft ab, über die sich ein wolkenbedeckter Himmel spannt. Den einzigen Lichtpunkt bildet eine Aureole über ihrem Kopf, die in Ergänzung zu der Inschrift auf die Göttin als „Flora“ verweist. Besonders die Körperhaltung mit einem leicht nach hinten und einem nach vorne gestellten Bein sowie die Akzentuierung der Bildkomposition mittels Blumen legen die Vorbildhaftigkeit des Floris-­Stichs für das Franchi-­Porträt nahe.62 Das Flora-­Porträt der Anna in Kinderjahren (1682/83) unterscheidet sich trotz der durch die Blumen implizierten Dialektik der Frühlings- und Blumengöttin in einigen wesentlichen Punkten von dem aus dem Jahr 1687. Während sich das frühere Bild Annas in der Villa Poggio Imperiale befand und somit eher für den privaten Gebrauch bestimmt war, hing das spätere im Audienzsaal des Palazzo Pitti, also in einem öffentlichen – zumindest 62 Mit dem Stich von Floris geht ein Bedeutungswandel einher, durch den die Symbolik der Göttin Flora vom Bereich der Blumen auf die Sphäre menschlicher Aktivität, in der sie für Blumen und Agrikultur Sorge zu tragen hat, ausgeweitet wird, vgl. Held 1961, S. 207.

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hochrangigen Würdenträgern zugänglichen – repräsentativen Bereich. Das ältere Werk ist als Bruststück angefertigt und mit einer Größe von 87 × 71 cm deutlich kleiner als das jüngere. Außerdem fehlen bis auf den roten Vorhang am rechten Rand weitere Herrschaftsattribute wie Architekturdarstellung, und auch der Hintergrund ist nicht genauer zu bestimmen. Franchi fertigte insgesamt sieben Porträts von Anna de’ Medici im Jugendalter an, die als Hochzeitsbildnisse an europäische Höfe gesandt wurden.63 Nicht so das großformatige Flora-­Porträt. Insbesondere der Ort der Aufhängung und die monumentale Größe deuten darauf hin, dass es sich hier nicht um ein Bildnis im Rahmen von Brautwerbung oder höfischem Geschenkaustausch gehandelt hat. Vielmehr ist es ein offizielles Staatsporträt, das Anna als Verkörperung der Stadt Florenz in Szene setzt. Die Anfertigung des Herrschaftsporträts wurde nicht von Anna de’ Medici selbst in Auftrag gegeben, vielmehr stellt es ein Produkt der höfischen Kunstproduktion dar, das unterschiedlichen künstlerischen und kulturpolitischen Belangen Rechnung trägt: Es spiegelt sowohl die Interes­ sen des Auftraggebers und damit verbunden die an Anna de’ Medici herangetragenen Erwartungen wider als auch diejenigen des Künstlers selbst. Diesen beiden Aspekten soll im Folgenden nachgegangen werden.

2.2 Bellezza und Divinità: Anna Maria Luisa de’ Medici als Herrscherin Das ganzfigurige Flora-­Porträt von Franchi nimmt in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung ein. Es hat weder direkte Vorbilder in der Porträttradition weltlicher Herrscherporträts von Frauen in der Frühen Neuzeit noch gibt es zeitgenössische Vergleichsbeispiele. Im Zentrum der folgenden Ausführungen steht deshalb die Frage, an w ­ elchen Darstellungsmodi sich der Künstler orientierte und auf w ­ elche ikonografischen Elemente er dabei möglicherweise zurückgriff. Die früheste Beschreibung des Gemäldes findet sich bei dem Kunsttheoretiker und Vitenschreiber Francesco Saverio Baldinucci 64, der es in seinen „Vite“ von 1725 – 1730 erwähnt, jedoch ohne ein Datum zu nennen:

63 Vgl. Langedijk 1981 – 1987, Bd. I, S. 207. Auch Baldinucci spricht von vielen Porträts, die der Maler von der Prinzessin zur Brautwerbung an unterschiedlichen Höfen angefertigt hatte: „Fece, fra i molti, il ritratto più volte della Principessa Anna, figlia della gloriosa memoria di Cosimo III Granduca di Toscana, dipoi Elettrice Palatina, per mandarsi in diverse Corti“. Vgl. Baldinucci 1975, S. 43. 64 Francesco Saverio Baldinucci war der drittgeborene Sohn von Filippo Baldinucci. Nach dem Tod seines Vaters führte er dessen Hauptwerk, die „Notizie de’ professori del disegno da Cimabue in qua“, fort. Die Bände erschienen ­zwischen 1681 und 1728. Zu Francesco Saverio Baldinucci und seiner Vita Franchis vgl. Nannelli, 1977. Zur Vita von Francesco Saverio Baldinucci vgl. Samek Ludovici 1963b, S. 498 f.

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Und er malte ein großes Gemälde desselben Prinzen als Ganzfigurenporträt in Rüstung, ein anderes seiner Schwester der Durchlauchten Kurfürstin, ebenfalls als Ganzfigurenporträt: Ersteres überließ er der Accademia de’ Nobili, und das andere befand sich in seinem Audienzsaal.65

Zwar lässt sich das Porträt erst ab 1698 in den Inventaren des Palazzo Pitti nachweisen,66 doch aus einem Dokument des Künstlers geht hervor, dass die Auftragsvergabe für das Porträt schon 1687 erfolgte und es von Anfang an für den Audienzsaal Ferdinandos bestimmt war.67 Eine Analyse des ungewöhnlichen Porträttypus soll herausstellen, inwiefern Franchi mit traditionellen weiblichen Medici-­Bildnissen bricht und an ­welche Darstellungsmodi der Künstler anknüpft, sich also verbindende Elemente z­ wischen zeitgleich oder früher entstandenen Porträts ausmachen lassen. Während der Typus der stehend dargestellten, ganzfigurigen sowie der in Dreiviertelansicht gemalten, sitzenden Herrscherinnen häufig ist, kommt das sitzende, ganzfigurige Porträt innerhalb der Tradition weiblicher Medici-­ Bildnisse selten vor.68

65 „E colorì un gran ritratto dell’istesso Principe in figura intera tutta armata, con l’altro della Serenissima Elettrice sua sorella, similmente intera: che il primo donò esso all’Accademia de’ Nobili, e l’altro poselo nella stanza della sua Udienza.“ Zit. n.: Baldinucci 1975, S. 41 – 52, hier: S. 44. 66 „Segue nella Camera dell’Audienza […]. Un quadro in tela dipintovi di mano d’Antonio Franchi detto il Lucchese, il ritratto della Serenissima Principessa Anna Elettrice Palatina che scerza con arti fiori, figura intera al Naturale a sedere alto braccia 3 […] largo braccia 2 […] con suoi adornamenti tutti dorati__133 scudi 1“. ASF, GM, 1067, fol. 3r. Der Florentiner braccio beträgt 58,3626 cm. 67 Nannelli bezieht sich bei der Datierung auf die Tagebuchaufzeichnungen Franchis und den Eintrag vom 18. Januar 1687, in dem zwei Aufträge von Ferdinando de’ Medici verzeichnet sind, von denen der eine als „Sig. Principessa in figura intera“ bezeichnet wird, mit einer Größe von „tre braccia e mezzo“ und für den Audienzsaal Ferdinandos bestimmt war, vgl. das Dokument in: BdU, MS 354, Manoscritte di Antonio Franchi, fasc. 2, fol. 16v. Nannelli nimmt an, dass es sich hierbei um Anna de’ Medici als Flora handele, was auch Baldinucci in seinen „Vite“ erwähnt, vgl. Nannelli 1977, S. 343 f. Auch Gregori und Casciu datieren das Porträt auf der Grundlage der Recherchen von Nannelli auf 1687, vgl. Gregori 1977, S. 65 – 89, hier: S. 83, und AK Principessa 2006, S. 152. Ein früher Hinweis auf das Gemälde findet sich in der 1754 von Bartolozzi verfassten Vita über Antonio Franchi, allerdings ohne Nennung von Quellen. Bartolozzi berichtet, dass Franchi zwei Porträts von Anna de’ Medici angefertigt habe, die vor der Hochzeit mit Johann Wilhelm von der Pfalz nach Düsseldorf geschickt worden ­seien und ein drittes, das danach angefertigt worden wäre und bei dem es sich um das großformatige Bildnis im Audienzsaal Ferdinandos handele. Dass das Porträt nach der Hochzeit von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz, also nach 1691, entstanden ist, erscheint jedoch unwahrscheinlich, vgl. Bartolozzi 1754, S. 13 f. 68 Eine Ausnahme bildet das um 1666 von Gilbert de Sève (1615 – 1689) angefertigte Porträt der Anna von Österreich (1601 – 1666) als Minerva. Die ganzfigurige, sitzend dargestellte, friedvoll lächelnde Königinmutter erinnert an Justitia-­Darstellungen. Sie hatte von 1643 bis 1651 als Königin von Frankreich die Regentschaft für ihren vierjährigen Sohn Ludwig XIV. übernommen. In ihrer Darstellung als Minerva verweist sie auf ihre Eigenschaften als Schutzpatronin der Künste und der klugen und gerechten Herrscherin. In ihrer rechten Hand hält sie eine Lanze. Die Kriegsattribute

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Zwei der bedeutendsten Bildnisse von Herrscherinnen im Typus der sitzenden Ganzkörperfigur sind von dem Rubensschüler Anthonis van Dyck (1599 – 1641) überliefert. Bei dem ersten handelt es sich um ein Herrscherbildnis. Es zeigt Maria de’ Medici in schwarzem Witwenhabit, von dem sich der weiße, ausladende Kragen und die aufgeschlagenen Ärmel effektvoll abheben.69 Wie Anna befindet sich Maria in einer Zwischenraumsituation: Der linke, obere Bildrand ist von einem Vorhang angeschnitten, und auf der rechten Seite eröffnet sich die Kulisse Antwerpens, während der Teppich unter ihren Füßen auf einen Innenraum verweist. In ihrer rechten Hand hält sie rote und rosafarbene Blumen. Ihre Krone ruht zu ihrer Rechten auf einem Kissen, und zu ihren Füßen befindet sich ein Hündchen. Mit Maßen von 225 × 140 cm ist es überlebensgroß.70 Das Bildnis wurde 1631 angefertigt, im Jahr ihrer Verbannung aus Paris. Das Sitzmotiv dürfte als Anspielung auf ­dieses Ereignis und ihre Verstoßung vom Thron zu verstehen sein.71 Der Vergleich des Porträts mit dem Bildnis Franchis lässt deutlich die Ähnlichkeit des Sitzmotivs der beiden thronenden Frauen erkennen. Marias Historiograf bescheinigte dem Maler, mit dem Porträt sei es ihm gelungen, Maria als Thronende so darzustellen, wie dies noch nie ein Künstler zuvor vermocht habe.72 Neben dem Typus verweist auch die Landschaft im Hintergrund die Ähnlichkeit der beiden Porträts. Baldinucci hebt hervor, dass für Franchi besonders die für Rubens charakteristische „vaghezza del colorito“ vorbildhaft gewesen sei 73, wobei „vaghezza“ sowohl „Unbestimmtheit“ als auch „Anmut“ der Farben bedeuten kann. In beiden Porträts gemahnt insbesondere die Behandlung der diffus gehaltenen und von unterschiedlichen Braun- und Grüntönen charakterisierten Landschaft im Hintergrund an eine ungewisse Zukunft. In einer Annas herrschaftlicher Haltung vergleichbaren Pose wendet sich Isabella Brant, die mit 34 Jahren verstorbene erste Ehefrau von Rubens, im Porträt von van Dyck, das zehn Jahre früher, um 1621, entstand, dem Betrachter zu (Tafel 3). Die Porträtierte befindet sich in einem Innenraum, der an der linken oberen Ecke von einem roten Vorhang angeschnitten wird, während auf der rechten Seite eine Architekturkulisse angedeutet ist, die

Helm mit Federbausch und Speer hat sie als ­­Zeichen ihrer Friedensliebe abgelegt. Der Schild mit dem furchterregenden Gorgonenhaupt ist zur Seite gedreht, so dass der Betrachter nicht zu Stein erstarrt, sondern sein Blick auf das sanftmütige Antlitz der französischen Königin gelenkt wird, das einen Gegenpart zu dem Schild bildet. Aufrechte Sitzhaltung, Fußstellung und Handhaltung finden sich spiegelbildlich im Porträt Annas de’ Medici wieder. Zur Regentschaft von Anna von Österreich vgl. Muhlstein 2003. 69 Vgl. Abb. in: Barnes / De Poorter / Millar / Vey 2004, S. 94. 70 Ursprünglich befand es sich in der Sammlung von Kardinal Jules Mazarin und gelangte dann in die Sammlung von Ludwig XIV., wo es seit 1695 im Saal der Königin in Versailles hing [vgl. die Homepage des Musée des Beaux-­Arts in Bordeaux: http://www.musba-­bordeaux.fr/en/catalogue-­ online-­en/null; eingesehen am 15. 12. 2017]. 71 Vgl. Barnes / Poorter / Millar 2004, S. 333. 72 „L’art ne nous scauroit iamais representer la Maiesté en son thrône, que dans le nouueau portraict qu’il [van Dyck] en a faict“. Zit. n.: Barnes / De Poorter / Millar 2004, S. 333. 73 Vgl. Baldinucci 1975, S. 48.

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als Eingangstor zu Rubens’ Anwesen in Antwerpen identifiziert wurde und deren reliefierte Säulen an Ammannatis Gartenfassade des Palazzo Pitti in Florenz erinnern.74 Das Bildnis stellt eine Hommage des Schülers an den Malerfürsten dar. Im Hintergrund ist auf einer imaginierten Anhöhe eine Minerva-­Statue zu sehen, die auf die sinnfällige Verbindung der Göttin mit der Dargestellten verweist. In ihrer rechten Hand hält Isabella Brant Blumen. Körperhaltung und Herrschaftsmotive, zumal Vorhang und Palastarchitektur, sprechen für eine mögliche Vorbildhaftigkeit für das Franchi-­Porträt. Van Dyck war im Oktober 1621 zu einem längeren Italien-­Aufenthalt aufgebrochen, wo er das Bildnis seinem Mentor vorgeführt hatte.75 Es kann als Vorwegnahme des späteren Porträts von Maria de’ Medici für das Palais du Luxembourg, ihren Witwensitz, gelten, den Rubens ab 1622 mit dem großformatigen Gemäldezyklus ausstattete. Rubens selbst porträtierte seine Frau Isabella Brant um 1625 – 26.76 Welch großes Ansehen der Künstler am Medici-­Hof genoss, bestätigt die Tatsache, dass das Porträt – vermutlich durch Schenkung Johann Wilhelms von der Pfalz an Ferdinando de’ Medici – nach Florenz gelangte.77 Die flämische Malerei und insbesondere Rubens und sein Umkreis zählten zu den von den Medici-­Großherzögen bevorzugten Künstlern. Wesentlichen Anteil hieran hatte Justus Sustermans, der als Hofmaler der Medici ab 1620 in Florenz tätig war und die Bildnisproduktion fast des gesamten 17. Jahrhunderts prägte. Er porträtierte die bedeutendsten Mitglieder der Dynastie. Mit Franchi wurde die Tradition von Hofmalern am Medici-­Hof fortgesetzt. Er steht in direkter Nachfolge von Sustermans, dessen Bildrepertoire er teilweise aufnahm und mit Elementen der zeitgenössischen, spätbarocken Malerei in eine eigene

74 Eine Radierung von Jacobus Harrewijn vom Hof des Rubenshauses von 1648 (28,2 × 35,1 cm, Düssel­dorf, Museum Kunstpalast, Graphische Sammlung) belegt dies, vgl. Abb. in: Büttner 2008, S. 62, Abb. 48. 75 Vgl. Barnes / De Poorter / Millar 2004, S. 93 f. 76 Vgl. Abb. in: AK Principessa 2006, S. 176. 77 Vgl. ebd. Das Bild hing in Ferdinandos Villa in Poggio a Caiano und gelangte 1773 in die Uffizien. Ferdinando bedankte sich in einem Schreiben vom 10. 12. 1705 für mehrere Gemälde, die er aus Düsseldorf erhalten hatte. Besonders hob er ein Rubens-­Bild hervor, bei dem es sich laut Casciu um das Rubens-­Bild der Isabella handeln soll: „Tutti i pezzi sono per verità bellissimi in ogni suo genere […] ma quello del Rubens sorpassa l’immaginazione […]“, ASF , MP 5892, in: AK Principessa 2006, S. 176. In seinem jüngsten Aufsatz schreibt Casciu jedoch, dass das Porträt 1697 als Hochzeitsgeschenk anlässlich der Vermählung von Annas jüngerem Bruder Gian Gastone und dessen Frau Anna Franziska von Sachsen-­Lauenburg von Düsseldorf nach Florenz geschickt worden sei, vgl. Casciu 2015, S. 328. Eine der prestigeträchtigsten Erwerbungen eines niederländischen Gemäldes, das exemplarisch für den wechselseitigen Austausch von Gemälden und für Verhandlungen ­zwischen dem toskanischen und dem Wittelsbacher Hof steht, ist Rubens’ „Letztes Abendmahl“, das in der Jesuitenkirche von Neuburg in der Nähe von Düsseldorf hing und nur durch Verhandlungen Annas mit ihrem Onkel Francesco Maria de’ Medici für das Düsseldorfer Kunsthaus erworben werden konnte. Es bildete das Herzstück des Rubens-­Saals, der den Kernbestand der Kunstgalerie in Düsseldorf ausmachte, vgl. zuletzt Casciu 2015, S. 322 – 3 46. Speziell zur Rubens-­Sammlung im Düsseldorfer Kunsthaus vgl. AK Rubens 2008.

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Formsprache umwandelte.78 Die flämische Kunst Rubens’ und des von ihm beeinflussten Sustermans dürfte Franchi für die Anfertigung des Anna-­Porträts beispielhaft vor Augen gestanden haben. Als Geschenke oder durch Kunstankäufe Cosimos III. und Kardinal Francesco Maria de’ Medici (1660 – 1711), dem Onkel von Anna de’ Medici, gelangten zudem die bedeutendsten Werke von Rubens und van Dyck in den Besitz der Medici.79 Die wichtigsten ganzfigurigen, sitzenden Herrschaftsporträts stammen jedoch aus dem religiösen Bereich, wie das meisterhafte und von dem Zeitgenossen Bellori 1672 hoch gelobte Porträt des Kardinals Guido Bentivoglio von van Dyck aus dem Jahr 1623 bezeugt (Tafel 4).80 Es zeigt Bentivoglio in einem prächtig ausgestatteten Palastinterieur. Die rote Soutane mit dem spitzenbesetzten Chorhemd und der Mozetta, dem roten Schultermantel, weist ihn als hohen, kirchlichen Würdenträger aus.81 Rechts hinter ihm befinden sich antikisierende Säulen, am rechten Bildrand ist ein roter Vorhang angebracht. Auf dem Tischchen rechts des Kardinals befindet sich eine gläserne Blumenvase, wie sie in ähnlicher Weise auch im Porträt Franchis von Anna de’ Medici zu sehen ist. Die Integration der in stilllebenartiger Manier dargestellten Blumenvase im Franchi-­Porträt verweist zusätzlich auf die künstlerische Verbindung zum flämischen Maler.82 78 Zur bisher immer noch weitgehend in der Forschung unbeachteten Rolle von Justus Sustermans als Hofmaler vgl. Straussman-­Pflanzer 2010. 79 Der Vergleich mit einem weiteren, aus dem künstlerischen Umkreis Rubens’ stammenden Maler belegt zusätzlich die Vorbildhaftigkeit niederländischer Malerei für Franchi. 1683 fertigte Caspar Netscher (1639 – 1684) das Bildnis der Maria Timmers (1658 – 1753) an. Das Porträt zeugt von einer genauen Beobachtungsgabe des Malers für den prächtigen Seidenstoff, der in allen Farben zu schimmern scheint. Akzente werden zusätzlich durch den Schmuck – Perlenkette und -ohrringe sowie die Brosche, die den linken Ärmel ihres Kleides ziert – gesetzt. Auch das Spiel der äußerst filigran dargestellten Finger lässt Ähnlichkeiten mit der Darstellung Annas erkennen. Rahmende Elemente sind ein Vorhang am rechten Bildrand, der eine Architekturkulisse verhüllt, und ein antikisierender Putto auf der linken Seite. Im Hintergrund ist eine nächtliche Landschaft zu sehen, über der am Himmel Lichtreflexe aufblitzen. Das Porträt befindet sich heute im Mauritshuis in Den Haag. 80 Bellori hob besonders die Ähnlichkeit des Antlitzes des Dargestellten und dessen Geist („la similtudine del volto e lo spirito di quel signore“) hervor, vgl. Barnes / De Poorter / Millar 2004, S. 175. 81 Für eine Neuinterpretation des Kardinalsporträts, bei der die Rolle des Dargestellten als Diplomat im Vordergrund steht vgl. Rosia Dorn [o. J.] [www.kunstgeschichte-­ejournal.net; eingesehen am 20. 11. 2017]. 82 Möglicherweise können die Blumen im van Dyck-­Porträt auch als Reverenz auf Antwerpen, die Geburtsstadt des Malers gelesen werden, die im 17. Jahrhundert zu einem der bedeutendsten Zentren der Botanik wurde. Hier entstand zudem die Gattung des Blumenstilllebens. Zur Rolle Amsterdams als Zentrum botanischer Forschungen und zur wirtschaftlichen Bedeutung des Tulpenhandels für die Malerei vgl. AK Tulpomanie 2004, und Goldgar 2002. Auch in Florenz erfuhr die Pflanzenkunde unter der Regierung von Cosimo III. und Gian Gastone de’ Medici starken Aufschwung. Sie ließen im 17. Jahrhundert die Botanischen Gärten von Pisa, Padua und Florenz erneuern. Die Universitäten von Pisa (1543), gefolgt von Florenz und Padua zwei Jahre später, ­hatten die ersten Botanischen Gärten eingerichtet. Vgl. Lazzaro 1990, S. 11 f. Gleichzeitig wurden in dieser Zeit bedeutende Akademien gegründet. Dazu gehörte die Società Botanica Fiorentina, die 1716 unter

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Die auffälligsten Gemeinsamkeiten z­ wischen Franchis Anna-­Porträt und van Dycks Kardinalsporträt sind jedoch der Porträttypus, die Platzierung auf einem roten Kissen und der majestätisch-­erhabene Gesichtsausdruck, wobei Anna den Betrachter direkt anblickt, Bentivoglio dagegen den Kopf nach links dreht. Besonders die Beinstellung, die sich bei beiden deutlich unter den üppigen Kleiderschichten abzeichnet, scheint Franchi von van Dyck übernommen zu haben. Bentivoglios rechtes Bein weist nach vorne und das linke ist zurückgenommen, so dass zwei tief ausladende Falten entstehen, die sich in seinem Porträt in einer Diagonale vom linken Fuß nach oben und bei Anna vom rechten Fuß zum linken Knie erstrecken. Auch der jeweils an den Körperseiten hervorquellende Stoff stellt ein verbindendes Element beider Porträts dar. Die herrschaftliche Pose Annas unterstreicht die sinnfällige Bezugnahme zu dem Kardinalsporträt und damit zu einem hohen geistlichen Würdenträger – eine Erhebung Annas in den Rang einer religiös-­weltlichen Herrscherin und gleichzeitige Inszenierung Franchis als Malerfürst vom Rang eines Rubens oder van Dycks. Das Kardinalsporträt gelangte 1653 durch Schenkung Bentivoglios an Großherzog Ferdinando II. de’ Medici (1610 – 1670) in den Palazzo Pitti, wo es sich noch heute befindet.83 Franchi dürfte das Bildnis also gut bekannt gewesen sein. Der Vergleich des Bentivoglio-­Porträts mit dem der Flora von Franchi bestärkt die Annahme, dass die am Medici-­Hof zirkulierende flämische Kunst wesentlichen Einfluss auf die Malweise Franchis hatte; insbesondere greift er typologische und stilistische Elemente weiblicher und männlicher Herrschaftsporträts aus dem religiösen und profanen Bereich auf.84 Aufschlussreich hinsichtlich der künstlerischen Intentionen des Anna-­Porträts ist das Malereitraktat Antonio Franchis, das bisher noch nicht mit dem Gemälde in Verbindung gebracht wurde. Auch die Rolle des Malers innerhalb des Nexus von Auftraggeber, Künstler und Agent wurde in der Forschung bisher nur in Ansätzen untersucht. Daher sollen einige biografische Stationen Franchis, seine Kunstauffassung und seine Stellung am Medici-­Hof näher beleuchtet werden. Der 1638 in Villa Basilica in der Nähe von Lucca geborene Antonio Franchi („Il Lucchese“), letzter Hofmaler der Medici, wurde 1686 durch Vittoria della Rovere zum Nachfolger von Justus Sustermans ernannt.85 Schon im September 1683 war er e­ instimmig in die Accademia anderen von Pietro Antonio Micheli (1669 – 1737), einem der einflussreichsten Botaniker des 18. Jahrhunderts, ins Leben gerufen worden war. Micheli stand von 1718 bis zu seinem Tod als Präfekt den Botanischen Gärten von Florenz vor, vgl. Tongiorgi Tomasi 2000. 83 Vgl. Barnes / De Poorter / Millar 2004, S. 175. 84 Zu Ferdinando de’ Medici als Kunst- und Musikmäzen vgl. AK Il Gran Principe 2013. Zu den großen Verdiensten Ferdinandos gehört die Förderung von Musik und Musikern am Medici-­Hof. So gilt der von ihm protegierte Cembalo-­Lieferant und Instrumentenbauer des Palazzo Pitti, B ­ artolomeo Cristofori (1655 – 1731), als Erfinder des Pianoforte. Er erfand eine Mechanik, mittels der die Töne verstärkt oder gedämpft wurden, was eine stufenlose Lautstärke von leise (piano) zu laut (forte) ermöglichte, vgl. ebd. 85 Die bedeutende Rolle, die Franchi als Hofmaler der Medici zukommt, wurde erstmals in der Ausstellung „Gli ultimi Medici – Il tardo barocco a Firenze, 1670 – 1743“, die 1974 in Detroit und Florenz stattfand, gewürdigt. Eines der ersten biografischen Zeugnisse von Franchi findet sich in dem

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del Disegno aufgenommen worden, in der er zudem mehrere Male das Amt des Konsuls innehatte (1684, 1699, 1705 und 1706). Seine Anstellung fällt in die Regierungszeit Cosimos III. (1642 – 1723, reg. ab 1670). Das Gemälde Annas de’ Medici als Flora, mit dem er von seiner Kunstfertigkeit Zeugnis ablegte, markiert den Beginn seiner Karriere am Medici-­Hof. Während er sich in seiner Schaffenszeit der 1680er Jahre stark an der flämischen Malerei des Barock orientierte, war seine Malweise der beiden vorangehenden Jahrzehnte von Künstlern des römischen Barock geprägt, insbesondere von Guido Reni, Ciro Ferri und Pietro da Cortona. Ab September 1674 bis zu seinem Tod 1709 wirkte Franchi in Florenz. In dieser letzten Schaffensphase wechselten seine Auftraggeber von kirchlichen zu weltlichen, so dass er nur noch für die führende Schicht der Florentiner Elite arbeitete.86 Der Maler porträtierte die wichtigsten Familienmitglieder der letzten Medici-­Ära, wobei weibliche Porträts zu seinen bevorzugten Sujets gehörten: Neben Anna de’ Medici fertigte er zahlreiche Bildnisse von Vittoria della Rovere und Violante Beatrix von Bayern (1673 – 1731) an. Diese offiziellen Porträts des Hofkünstlers Franchi spiegeln nicht nur seinen hohen gesellschaftlichen und künstlerischen Status, sondern legen auch Zeugnis ab von der engen Beziehung ­zwischen Künstler und Patron.87 Gleichzeitig wurde mit dem Gemälde die neu erblühende Kunst unter dem Regiment Cosimos III. propagiert, die dieser schon durch die Errichtung der Florentiner Akademie in Rom einige Jahre zuvor (1673) vorangetrieben hatte.88 1704 von Pellegrino Antonio Orlandi verfassten Sammelband „Abecedario pittorico“, der ersten Biografie von Künstlern des Settecento. Aufgrund seiner Kürze soll der Eintrag nicht zur Zufriedenheit Franchis ausgefallen sein, der seinen Rang als einer der angesehensten Florentiner Maler damit angegriffen sah, vgl. Jonietz 2010. Baldinucci widmet Franchi in seinen Vite ein ausführliches Kapitel, vgl. Baldinucci 1975, S. 41 – 87. Zur Biografie des Künstlers vgl. Gallo 1998 und Gregori 1977. 86 Franchi absolvierte z­ wischen seinem 14. und 16. Lebensjahr eine Ausbildung in der Werkstatt von Ferrucci als Schüler Dandinis in Lucca. Von Oktober 1655 bis 1657 hielt er sich in Florenz auf, wo er für verschiedene klerikale Auftraggeber tätig war, wie für den Mönch und Maler Ferdinando Capponi und Fra Roberto Strozzi, der bei ihm eine Martyriums-­Darstellung des hl. Romano für das Kloster von S. Giovanni di Dio in Auftrag gab. Sein Weg führte ihn dann für zwei Jahre nach Lucca, wo er in den Diensten Kardinal Girolamo Buonvisis stand und verschiedene kirchliche Auftragsarbeiten (Altarbilder für die K ­ irchen von S. Maria dei Servi, 1665, S. Andrea in Montecarlo und die Chiesa del Crocifisso in Borgo a Buggiano, 1670) ausführte. Von September 1674 bis zu seinem Tod 1709 wirkte Franchi wieder in Florenz, vgl. Gallo 1998. 87 Prototypisch für die Beziehung des Hofkünstlers zu seinem Mäzen steht die in der antiken Literatur verwurzelte Legende von der Beziehung von Alexander zu Apelles, in der der Künstler als Schöpfer eines „images“ fungiert, das zur Vermehrung seines Ruhms beiträgt, vgl. Warnke 21996 [1985], S. 58 – 59. 88 Franchi hatte schon früher Frauen-­Bildnisse im Umkreis des Florentiner Adels angefertigt. Für den Marchese Filippo Corsini (1647 – 1706) porträtierte er 1681 dessen Frau ­Lucrezia Rinuccini Corsini (gest. 1706) anlässlich ihrer Hochzeit als Flora. Als Dreiviertelporträt befindet sich die Marchesa in einem antikisierenden Gewand inmitten einer Parklandschaft. Auf dem Kopf trägt sie einen Blumenkranz, einen weiteren hält sie in ihrer linken Hand. Mit ihrer Rechten verstreut sie Blumen rings um sich herum. Anders als in Franchis Porträt Anna de’ Medicis oder Sustermans Porträt von

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Vom Ruhm des Malers zeugt insbesondere Franchis Malereitraktat, das posthum, im Jahr 1739, von Giuseppe Rigacci herausgegeben wurde.89 Es ist Francesco Maria Niccolò Gabburri (1676 – 1742) gewidmet,90 der von 1730 – 1740 den Vorsitz der Accademia del Disegno innehatte, und befand sich vermutlich im Besitz von Giovanni Sebastiano Franchi, dem Sohn Antonio Franchis, der als Arzt am Medici-­Hof hohes Ansehen genoss.91 In der Einleitung des in 23 Kapitel aufgeteilten Werks weist Franchi der Malerei den höchsten Rang unter allen Künsten zu: Ohne Zweifel ist die Malerei als Schönste und Nobelste unter den Künsten anzusehen. Sie ist schön, da sie es versteht, alle sichtbaren Objekte nachzuahmen und auf engstem Raum durch die kunstvolle Verschleierung von Licht und Schatten jene Größe und Schönheit darzustellen, die der Göttliche Schöpfer kreiert, um sein unendliches Wissen zu verkünden; ­dieses nachzuahmen bereitet dem Auge (dem nobelsten Sinnesorgan des Menschen) so großen Genuss, dass die den Freuden innewohnende Wissbegierde, die die menschliche Seele beherrscht, kein größeres Vergnügen als in dieser Kunst findet. […] Als die Nobelste ist sie [die Malerei] auch deshalb anzusehen, da sie, abgesehen von ihren antiken Vorgängern, Tochter der Mathematik und in Teilen auch der Philosophie ist.92

Der Traktat erscheint weniger als wissenschaftliche Abhandlung, sondern eher als eine mit Anekdoten angereicherte, lehrreiche Erbauungsschrift. Im Folgenden sollen besonders jene Aspekte herausgegriffen werden, die Franchi zum Gegenstand ausführlicher Untersuchungen macht: die Behandlung von Licht und Schatten, die angemessene Darstellung von Porträts und Visualisierungen von Göttlichkeit. Franchis Biograf Baldinucci hebt dessen außergewöhnlich feine und weiche Malweise hervor, mit der der Maler die Symmetrie schöner und majestätischer Gesichtszüge und

Vittoria della Rovere als Flora, erscheint die Marchesa hier jedoch nicht in stolzer und herrschaftlicher Pose, sondern wirkt eher alterslos und verschmilzt so ganz mit der mythologischen Figur. Die Inschrift des Gemäldes verweist auf Künstler, Dargestellte und Funktion des Bildnisses als Hochzeitsporträt: „Ritr.to dell’Ill.ma Sig.ra March.sa Lucrezia Rinuccini-­Corsini; Ritr.ta dal Sig.re Antonio Franchi Luc.se nel 1681 quando era Sposa in d’Anni 15 e ½.“ Vgl. Weber-­Woelk 1995, S. 196 f. 89 Franchi 1739. Franchi stellt den posthum erschienenen Traktat am 18. Juli 1709, fünf Tage vor seinem Tod, fertig, vgl. auch die Neuausgabe auf der Grundlage des handschriftlichen Dokuments in: Torresi 2002. Für eine Analyse des Werks mit Schwerpunkt auf den Strategien des „self-­ fashioning“ Franchis durch die Gattung des Kunsttraktats vgl. Jonietz 2010. Eine Künstlermonografie zu Franchi steht noch aus. 90 Gabburri war für seine exquisite Sammlung von Zeichnungen des Florentiner Malers Domenico Gabbiani bekannt, vgl. Barbolani di Montauto / Turner 2007. 91 Vgl. Jonietz 2010, S. 380. 92 Franchi steht damit in der Tradition der Kunsttheorie des 16. Jahrhunderts. Lomazzo (1538 – 1600) räumte im Zuge der Paragone-­Debatte der Malerei einen höheren Rang ein als der Skulptur. Die beiden Begriffe Auge („oculus“) und Geist („mens“) standen für ihn dabei im Zentrum seines kogni­ tionsphilosophischen Interesses.

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Proportionen auf angemessene Art und Weise darzustellen vermochte 93, wobei ihm vor allem die Porträts Annas als Prinzessin und späterer Kurfürstin Anlass zu großem Lob geben: Er fertigte nur Bildnisse an, die von äußerster Ausgewogenheit und frei von schlechtem Aussehen waren. Obgleich seine Pinselführung bei der Anfertigung von Frauenporträts eine außerordentliche Feinheit und Weichheit aufwies.94

Franchi legt dar, dass es für Maler schwieriger sei, Bildnisse von schönen Gesichtern zu erschaffen als von weniger schönen.95 Schönheit sieht er untrennbar mit der Vorstellung des Göttlichen verbunden: Es erscheint mir erforderlich herauszustellen, ob die Idee der Schönheit einzigartig ist oder ob sie mehrere Ursprünge hat. Ich bin mir sicher, dass sie einen Ursprung hat […] ich glaube, dass, sobald man sich mehrere Vorstellungen von der Schönheit macht, man sich mit denselben Widersprüchen konfrontiert sieht, die sich bei der Vorstellung mehrerer das Universum beherrschende Götter bilden.96

Franchi visualisiert die in seinem Malereitraktat dargelegte Bedeutung der Schönheit im Flora-­Porträt Annas anhand unterschiedlicher, kontrastierender Bereiche, die auf den Gegensatz von göttlicher und irdischer Schönheit verweisen.97 Während sich der von 93 „[…] e sempre a maraviglia bene, contuttoché il suo ritratto […] fusse dificilissimo per l’ottima simetria delle di lei belle e maestose fattezze, alle quali congiunte si scorgevano una modestia e ­gravità inesprimibile. […] Mostrando massime d’avere una particolare disposizione alla buona proporzione delle figure e una straordinaria abilità a fare ritratti.“ Zit. n.: Baldinucci 1975, S. 41, 43. Zu Filippo Baldinucci vgl. Samek Ludovici 1963a. 94 „Non fece mai pittura che non fusse stata del tutto modesta e priva d’ogni cattiva apparenza, contuttoché nel dipingere femine avesse avùto, il suo pennello, una gentilezza e una morbidezza straordinaria.“ Zit. n.: Baldinucci 1728, S. 46. Der Begriff „morbidezza“ („Weichheit“, „Zartheit“) spielt in der Kunsttheorie des 15. und 16. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle und bezeichnet eine naturgetreue Wiedergabe des Inkarnats. In der Nachfolge Leonardos spielt der Begriff der „Weichheit“ insbesondere mit Blick auf den technischen Fortschritt der bildenden Künste im Zuge der „maniera moderna“, ebenso wie in der Technik des „sfumato“, eine große Rolle. In seinem Malereitraktat „Dialogo della pittura“ von 1565 setzt sich Ludovico Dolce (Venedig 1508/10 – 1568) eingehend mit der Bedeutung des Kolorits für die Hautfarbe auseinander. Dolce sieht die Charakteristika der naturgetreuen Wiedergabe und Weichheit am deutlichsten in den Porträts von Tizian umgesetzt, vgl. Langdon 2006, S. 90. 95 „Perchè i visi, quanto più son belli, più sono dificili a Pittori il farne ritratti somiglianti; e quanto più son brutti, più gli son facili. “ Franchi 1739, Kap. 19, S. 157 – 159. 96 „[…] sembrami necessario veder prima si l’idea della Bellezza sia una sola, o più. Io tengo per certo, che ella sia una sola […] io credo, che a costituir più Idee della bellezza vi si ritrovi parte di quelle contradizioni medesime, che si ritrovano a costituire più Dii al governo dell’Universo.“ Zit. n.: Franchi 1739, Kap. 19, S. 157. 97 Franchis Parallelisierung von Schönheit und der Vorstellung von einem einzigen Gott liegt die Idee von der engen Verbindung von bellezza und Göttlichkeit zugrunde, wie sie insbesondere im

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Abb. 3 Cesare Ripa, Personifikation der Bellezza, um 1603, Holzschnitt

Wolken hinterfangene Kopf und die Schultern in der himmlischen Sphäre befinden, sind Unterleib und Beine dem Bereich des Irdischen zugeordnet. Dies wird zusätzlich unter­ strichen durch die drei Blumen in ihrer linken Hand als Verweis auf die irdische Schönheit. Ihr Antlitz erstrahlt in hellem Glanz und setzt sich kontrastreich von dem dunklen Hinter­ grund ab. Die Vereinigung von zwei gegensätzlichen Bereichen des Lebens, des Himmels und der Erde, der göttlichen und der irdischen Schönheit, geht auf die Darstellung der Personifikation der Bellezza von Cesare Ripa in seiner Iconologia zurück (Abb. 3). Das Werk ist von zentraler Bedeutung für die Entschlüsselung von Allegorien in der barocken Malerei und kann auch für die Deutung des Franchi-­Gemäldes herangezogen werden. Der nackte Frauenkörper von Ripas Bellezza, umgeben von einem Strahlenkranz, ist als Verweis auf Göttlichkeit zu verstehen. Ähnlich wie bei der Darstellung Annas ist ihr Kopf von einem Meer aus Wolken hinterfangen, während die Lilie in ihrer linken Hand auf die weltliche Schönheit verweist.98 Ripas Bellezza deutet auf die Verborgenheit des Göttlichen.

16. Jahrhundert durch Kunsttheoretiker wie Ludovico Dolce und Gian Paolo Lomazzo (1538 – 1592) vertreten wurde. Lomazzo entwickelte in seiner Kunsttheorie ein Konzept von Schönheit, das von einer „harmonia“ der einzelnen Teile, gemäß Vitruvs und Leonardos Konzept vom Maß des menschlichen Körpers, ausgeht. Deshalb sieht er die Malerei auch dazu legitimiert, in den Kreis der Septem Artes liberales (Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie und Musik) aufgenommen zu werden, vgl. Samsonow 22012. 98 Die aus Venedig stammende Schriftstellerin Lucrezia Marinelli (1571 – 1653) sieht in den Gesichtern schöner Frauen göttlichen Abglanz gespiegelt, vgl. Rogers / Tingali 2005, S. 30.

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Ihr Körper soll – gemäß seinen ergänzenden Erläuterungen zur Schönheit – hinter dem Widerschein des Göttlichen kaum sichtbar und das Gesicht hinter einem Schleier aus Wolken verborgen sein. Denn für Ripa spiegelt die Bellezza jenen Glanz, der vom Licht des göttlichen Antlitzes ausstrahlt: „[…] un splendore, che deriva dalla luce della faccia di Dio […].“99 Baldassare Castiglione bezog den Begriff der Schönheit in seinem „Libro del cortegiano“ nicht nur auf die physischen Eigenschaften („bellezza del corpo“), sondern sah ihn auch eng verbunden mit den Qualitäten der Seele („bellezza dell’animo“).100 Vasari beschreibt in der Vita Leonardos die göttliche Schönheit, die der Maler dem Bildnis der Jungfrau Maria einzuverleiben vermochte: „Denn im Antlitz der Madonna sah man eine s­ olche Schlichtheit, Schönheit und Grazie, wie man sie nur der ­Mutter Christi verleihen konnte.“101 Die enge symbolische Verbindung von bellezza und divinità war dem Herrscherporträt der Frühen Neuzeit fest eingeschrieben. Besonders die Kunsttheoretiker des 16. Jahrhunderts, auf die sich Franchi explizit bezieht, forderten, dass sich in Porträts von hohen Würdenträgern entsprechend des Dekorums eine Gravität und maiestas auszudrücken habe, um Herrschern eine göttliche Ausstrahlung zu verleihen.102 Ein Beispiel eines für seine Zeit ähnlich ungewöhnlichen Porträts im Umkreis weib­ licher Medici-­Herrscherinnen ist das epochemachende Bildnis der Eleonora di Toledo mit ihrem Sohn Giovanni von Agnolo Bronzino (1503 – 1572) von 1545, das sich heute in den Uffizien in Florenz befindet (Tafel 5). Es steht paradigmatisch für die von Eleonora und Cosimo I. de’ Medici gegründete Dynastie, die fast 200 Jahre bestehen sollte. Das Herrscherpaar inszenierte sich bei öffentlichen Auftritten als Götter oder heroische Figuren der Antike, insbesondere als Augustus, Apoll, Herkules oder Jupiter sowie als Juno oder Diana. ­Eleonora wurde zudem mit biblischen oder literarischen Figuren wie der Jungfrau 99 Ripa 2012 [1593/1603], S. 61 – 63. 100 Vgl. Nova 2001, S. 150 f. Die Stelle lautet: „Von Gott geboren, gleicht die Schönheit einem Kreis, dessen Zentrum die Güte ist; und wie es keinen Kreis ohne Zentrum geben kann, so gibt es keine Schönheit ohne Güte. Deshalb kommt es selten vor, daß eine schlechte Seele in einem schönen Körper wohnt, ist doch die äußerliche Schönheit ein wahres Zeichen ­­ für innere Güte, und mehr oder weniger ist jene Anmut den Körpern wie eine Eigenschaft der Seele eingeprägt, die diese am Äußeren erkennbar macht: Dies ist mit den Bäumen vergleichbar, bei denen die Schönheit der Blüten ein Zeugnis für die Qualität der Früchte ist.“ Zit. n.: Nova 2001, S. 150. 101 Zit. n.: Nova 2001, S. 81, 151. Es handelt sich hierbei um das Werk der „Anna selbdritt“ mit Maria und Jesusknaben (Louvre, Paris, um 1501). Es ist das erste öffentlich ausgestellte Werk, das Vasari zufolge „wie zu einer Feiertagsprozession“ zwei Tage lang in Florenz für jeden zu sehen war. Gött­ liche Erscheinung in der Kunst wird hier mit göttlicher Epiphanie während kirchlicher Prozessionen verglichen. Religiöse Erfahrung wird so mit Kunstgenuss gleichgesetzt, vgl. Nova 2001, S. 81, 104. 102 So etwa der Kunsttheoretiker Francisco De Hollanda (1517 – 1587), Hofmaler am Hof von Lissabon und Verfasser der ersten kunsttheoretischen Schrift zur höfischen Malerei. Zum Begriff der „Maiestas“ in Bezug auf das Staatsporträt der Eleonora di Toledo, vgl. Langdon 2006, S. 72. Der Begriff der „Maiestas“ wurde während der Zeit der Florentiner Republik als „Herrschaft des Volkes“ verstanden, um die neu erlangte Macht der Medici nach deren Exil von 1494 – 1512 zu legitimieren, vgl. Brown 1992, S. 324 – 332.

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Maria oder Petrarcas „Laura“ assoziiert. Wie stark sich diese Herrschaftsikono­grafie in dem Anna-­Porträt widerspiegelt, soll nach einer Analyse des Eleonora-­Porträts, untersucht werden. Eleonora, zweitälteste Tochter des spanischen Vizekönigs von Neapel, Don Pedro ­Alvarez de Toledo, entstammte dem spanischen Hochadel.103 Sie kam 1539 nach Florenz, wo ihre Hochzeit mit Cosimo stattfand. Die Ehe – ein politischer Staatsakt von europäischer Brisanz, der von Fürsten und Königen in ganz Europa aufmerksam verfolgt wurde – ging für Cosimo mit Prestigegewinn und einer Aufwertung seines politischen, gesellschaftlichen und finanziellen Status einher. Mit der außerordentlich großen Mitgift, die sie in die Ehe einbrachte, erwarb das Großherzogspaar von dem Kaufmann Buonacorso Pitti 1550 den Palazzo Pitti jenseits des Arno-­Ufers, der durch den Architekten Bartolomeo ­Ammannati (1511 – 1592) zu einer prächtigen Residenz ausgebaut wurde. Eleonora legte zudem die Boboli-­Gärten an und protegierte die bedeutendsten Künstler ihrer Gegenwart.104 Mit dem Bildnis Eleonoras schuf Bronzino einen neuen Typus des weiblichen Herrscherporträts, das zu seiner Zeit einzigartig für die Florentiner Malerei war; es drückt den hohen Rang und Status der neuen Großherzogin aus. Bereits einige Jahre zuvor hatte Bronzino das Porträt der „Dame in Rot“ („Porträt der Maria Salviati“) gemalt, das als erstes weibliches Medici-­Bildnis gilt, das auf großherzoglichen Auftrag hin angefertigt wurde.105 103 Eleonoras Familie väterlicherseits entstammte ursprünglich dem kastilischen Königshaus und gehörte später zum engsten Vertrautenkreis von ­Kaiser Karl V., der den Vater Eleonoras 1532 zum Vizekönig von Neapel ernannt hatte, vgl. Götzmann 2011, S. 42. 104 Für eine Untersuchung der politischen Rolle Eleonoras am Medici-­Hof und des Patronageverhältnisses ­zwischen Bronzino und Eleonora vgl. insbes. Eisenbichler 2004. Zu dem durch Humanisten, Literaten und Dichter (Landini, Machiavelli, Ficino) im Florenz des 15. Jahrhunderts proklamierten Bild Cosimos il Vecchio als „Pater Patriae“ sowie als „Maecenas“ und „Augustus“ in zahlreichen Schriften vgl. Brown 1992, Götzmann 2011, und Karsten 2012. Im Vergleich zu späteren Großherzögen brachte der Medici-­Hof unter Cosimo I. und Eleonora eine ungewöhnlich große Anzahl insbesondere weiblicher Familienmitglieder hervor. Eleonora wurde 1549 als Regentin anerkannt. Ludovico ­Domenichini bemerkte in seiner Schrift „Nobilità delle donne“ von 1549, dass sich die Toskana glücklich schätzen könne, von zwei solch außergewöhnlichen und menschlichen Herrschern regiert zu werden. Lediglich einige wichtige Eckdaten s­ eien an dieser Stelle genannt: Cosimo I. wurde 1519 als Sohn von Maria Salviati und Giovanni delle Bande Nere in Florenz geboren. Bei der Belagerung der Stadt im Oktober 1529 in Folge des zwei Jahre zuvor stattgefundenen Sacco di Roma geriet Florenz unter den habsburgischen Machteinfluss Karls V. (1500 – 1558), der 1530 Alessandro, Cousin Cosimos und Sohn Papst Clemens’ VII. (1523 – 1534), als Herrscher einsetzte. Formal wurde das Großherzogtum 1532 errichtet. Alessandro wurde am 6. 1. 1537 verhaftet, nachdem Oligarchen durch die Einsetzung eines Marionetten-­Regimes versucht hatten, den 4-jährigen, illegitimen Sohn Alessandros, Giulio, zum Herrscher zu machen. Maria Salviati konnte jedoch ihre Interessen durchsetzen, so dass im selben Jahr ihr 17-jähriger Sohn zum Herrscher wurde. Zur Entstehung der frühesten Porträts von Bronzino und Pontormo vor dem Hintergrund der kulturpolitischen Umstände vgl. Langdon 2006, S. 23 – 58. 105 Vgl. Abb. in: AK Florence Portraits 2015, S. 136. Über die Identifikation der Abgebildeten herrscht in der Forschung Uneinigkeit, vgl. zuletzt Geremicca 2015, S. 136. Langdon geht davon aus, es handele sich bei der Dargestellten um Maria Salviati, der M ­ utter von Cosimo I. de’ Medici. Cosimo de’ Medici und Eleonora gaben ab 1551 in großer Zahl Porträts ihrer Familienmitglieder in

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Mit dem sitzenden, halbfigurigen Porträt der Medici-­Dame begründete Bronzino seinen Ruhm und legte den Grundstein für seine spätere Anstellung als Hofmaler. Die beiden Porträts verweisen in typologischer Hinsicht auf eine mögliche Vorbildhaftigkeit für das Franchi-­Porträt der Anna de’ Medici. Die Herrscherin ist schräg in die Bildmitte platziert und blickt den Betrachter mit ruhigem, fast lethargisch-­abwesend wirkendem Blick an. Eleonoras linke Hand mit den langen, filigran ausgearbeiteten Fingern, liegt auf einer Kette auf ihrem Schoß. Ihr Haar ist mit einem feinen, perlendurchzogenen Netz verziert. Sie trägt eine zweite, lange Kette mit großen Perlen, die bis zur Mitte ihres Oberkörpers auf ihrem ebenfalls mit Perlen verzierten Kleid aufliegt. Ein weiteres Schmuckstück ist der Gürtel mit Anhänger, dessen Ende sie mit der linken Hand umgreift. Eleonora ist in Dreiviertelansicht gemalt, während sie ihren rechten Arm um die Schultern ihres Sohnes Giovanni gelegt hat. Wie Anna sitzt sie auf einem roten Kissen auf einer Bank, hinter der eine Balustrade mit Blick auf eine Landschaft zu sehen ist. Ihr überaus prachtvolles Kleid aus weißem Seidenbrokatstoff ist mit schwarzen Samtmotiven verziert, die von goldenen Fäden durchwirkt sind. Ein heller, nimbusartiger Schein hinterfängt ihren Kopf und verleiht ihr eine madonnenhafte Aura. Der entrückt wirkende Gesichtsausdruck ihres Sohnes in Verbindung mit der mütterlichen Geste hat verschiedentlich zur Interpretation der Darstellung Giovannis als einer Christus ähnlichen Anlass gegeben, die zu einer Identifikation der Eleonora mit Maria geführt hat.106 Im Vergleich der beiden Kleider, denen jeweils ein zentraler Stellenwert zukommt, lassen sich besonders deutlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede festmachen. Der wie in ein Korsett gepresste Rumpf der Eleonora nimmt als formales und kompositorisches Zentrum des Gemäldes eine prominente Position ein. Seine steif wirkende, zylindrische Form bildet einen Gegensatz zur Beschaffenheit der eher locker sitzenden Ärmel und des Unterkleides. Dies führt zu einer Negierung der natürlichen Erscheinung ihres Körpers, bei der Ansätze der Hüften, Taille und Brust nicht mehr zu erkennen sind. Es entsteht der Eindruck einer Rüstung, verstärkt durch ein grobmaschiges Netz aus Goldfäden und Perlenbesatz, das sich ­zwischen Hals und Schultern aufspannt. Auch das Kleid Annas zeichnet sich durch gegensätzliche Elemente aus: Die akkurat zusammenlaufenden Falten am Rumpf scheinen den Körper zu neutralisieren, was im Kontrast steht zu dem locker aufliegenden Stoff am rechten Ärmel und an den Beinen. Im Gegensatz zu Eleonora kommen hierdurch jedoch deutlich die Pose ihrer Beine und ihre Schrittstellung zum Ausdruck. Trotz der unterschiedliche Effekte hervorrufenden Darstellungen der Gewänder der Frauen unterstreichen diese jedoch die jeweilige Körperhaltung: Verbindendes Element des Anna- und des Eleonora-­Bildnisses ist das Motiv des Thronens. Die Haltung der Frauen Auftrag, die als zukünftige Medici-­Prinzessinnen inszeniert wurden. Diese visuelle Machtdemonstration war Teil jener Strategie, die neu gewonnene Herrschaft über das Großherzogtum Toskana zu legitimieren, aber auch um eine Vorherrschaft über andere italienische Höfe zu beanspruchen, vgl. Langdon 2006, S. 23 – 58. 106 Vgl. Langdon 2006, S. 59 – 97.

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verleiht ihnen eine Würde, die an thronende Madonnen erinnert, wie sie beispielsweise mit der Maestà-­Darstellung von Cimabue (1272 – 1274) in dem Altargemälde von 1272 – 74 für die ­Kirche Santa Trinità in Florenz geschaffen wurde oder die um das Jahr 1310 für die ­Kirche Ognissanti in Florenz angefertigte Madonna Giottos (ca. 1267 – 1337), die sich heute beide in den Uffizien befinden.107 Implikationen von Göttlichkeit und Majestät werden durch Annas Platzierung auf einem prächtigen, roten, rechteckigen Kissen unterstrichen, wie es auch bei Giottos Madonna und Cimabues Trinità zu sehen ist. Dies verweist auf den Sedes sapientiae, den Thron der Weisheit, der in Verbindung mit der sitzenden Muttergottes und dem Jesusknaben als verkörperter Weisheit auf dem Schoß auf den alttestamentlichen Thron Salomons anspielt. Besonderes Gewicht erhält diese Deutung in Zusammenspiel mit dem blauen Mantel, der sich um Annas linken Arm schlängelt, um auf ihrem Schoß zum Liegen zu kommen. Blau versinnbildlichte Exklusivität und Göttlichkeit.108 Die Verbindung von rotem Kissen, blauem Mantel und thronender Pose deutet auf eine Parallelisierung Annas mit der Gottesmutter Maria hin. Diese verkörperte ein ideales Vorbild für Herrscherinnen, soll sie doch dem Glauben nach als Jungfrau und M ­ utter die beiden gegensätzlichen Pole Keuschheit und Fruchtbarkeit in sich vereint haben. Die Blumen im Bildnis Franchis unterstreichen diese sinnfällige Verknüpfung.109 Anna strahlt durch ihre aufrechte Haltung Ruhe und Würde aus, die durch die linke, zurückgenommene und die rechte, nach vorn gedrehte Schulter kontrastiert werden und ein leichtes Spannungsmoment im Oberkörper bewirken. Wie der Schleier der Madonnen­darstellungen rahmen die schwarzen Haare das Gesicht Annas und lassen die helle, fast marmorfarbene Hautfarbe im Kontrast hierzu glänzen. Auch für ihre Fußstellung könnte der Maler formal auf die Madonnendarstellung zurückgegriffen haben. Bei beiden ragen die Schuhspitzen unter dem langen Gewand hervor. Während Cimabue die Füße der Muttergottes auf einen Treppenabsatz platziert, wobei das rechte Bein höher aufsitzt als das linke, ist Annas rechtes Bein etwas zurückgenommen und das linke ragt hervor. Wie auf der Darstellung der Ognissanti-­Madonna befinden sich im Anna-­Porträt 107 Vgl. Abb. in: Bellosi 1998, o. S., und Gregori 1994, S. 29. 108 Cennino Cennini spricht in seinem Malereitraktat von verschiedenen „azzurro“-Tönen. Das aus pulverisiertem Lapislazuli gewonnene Blau galt nach Gold und Silber als schönste und prächtigste aller Farben, die für den Maler am schwierigsten herzustellen war. Zu Cennino Cenninis Malereitraktat und dem künstlerischen und intellektuellem Umfeld, aus dem es hervorgegangen ist, vgl. Gramaccini 1987. In der Renaissance wurde Blau oft dazu verwendet, Hauptpersonen, etwa biblischer Szenen, hervorzuheben. Dabei wurde ­zwischen teurem und billigem Blau, auch als „deutsches Blau“ bezeichnet, unterschieden, vgl. Langdon 2006, S. 7, und Baxandall 1987, S. 20. Die Farbe Preußisch Blau war erst 1722 in Amsterdam erhältlich, vgl. Gaehtgens 1987, S. 141. 109 Vegetabile Elemente als Metaphern der „Frucht Gottes“ bilden in der Literatur der Renaissance einen elementaren Bestandteil. In einem Brief der Katharina von Siena (1347 – 1380) wird Jesus mit einer Blume gleichgesetzt. „Oh blessed and sweet Mary, who gave us sweet Jesus as a flower! And when did that blessed flower produce fruit?“. Zit. n.: Rogers / Tingali 2005, S. 44.

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Vasen mit roten und weißen Blumen, die als Verweis auf die Medici-­Farben gelten können.110 Franchi bedient sich einzelner sakraler Elemente und deutet sie zu einer eigenen Symbolsprache im Anna-­Porträt um. Was in Bronzinos Porträt der Eleonora angelegt ist, steigert sich im Porträt Franchis zu der Erschaffung eines neuen Herrschertypus, der die gegensätzlichen Pole von antik-­paganer Blumengöttin Flora und christlich-­religiöser Madonna in sich vereint. Auffällig ist nicht nur die Ähnlichkeit des monumental wirkenden Sitzmotivs von Anna und Eleonora, sondern auch die Verwendung einer speziellen Lichtmetaphorik. Die richtige Behandlung von Licht und Schatten stellt einen zentralen Aspekt für die Malweise Franchis dar, wobei er sich insbesondere auf Leonardo da Vinci beruft.111 Ähnlich dem Nachthimmel in seinem Werk bildet in Bronzinos Bildnis der von Tageslicht angestrahlte und von einem Strahlenkranz umgebene Kopf einen Kontrast zu der in Dunkelheit gehüllten Landschaft. In Petrarcas Gedicht „Vergine bella“ wird die Sonne mit einer Herrscherin gleichgesetzt, deren Abglanz sich in ihrem eigenen Antlitz und in ihrem Reich widerspiegelt: „sommo Sole / piacesti sì che ’n te sua luce ascose“.112 Bronzinos Darstellung verweist auf Eleonora als „Himmlische Königin“, die, angestrahlt von göttlichem Licht, über die von Mondschein bedeckte Landschaft regiert.113 Die dem Franchi-­Porträt innewohnende Leuchtkraft des Bildes tritt am deutlichsten an Körper und Kleidung der Prinzessin und am Nachthimmel hervor. Das Licht wirkt hier raum- und gegenstandsgenerierend und hebt die der Farbe eigene Materialität hervor. Franchi setzt 110 In der Florentiner Renaissance wurden kleinere Blumenvasen besonders in Gemälde mit Banketten und Darstellungen der Geburt Marias integriert. Ausführlicher zur rituellen Funktion von Blumen und anderen dekorativen Elementen vgl. Thornton 1991, S. 260 f. und ebd. Abb. S. 45. 111 Leonardo unterscheidet z­ wischen „Leuchtlicht“ („luce“) und appliziertem Licht („lumen“) und ­zwischen „primitivem Schatten“ („ombra primitiva“) und abgeleitetem Schatten („ombra derivativa“). Grundlegend zu Licht in der europäischen Tafelmalerei vgl. Schöne 1954, S. 108 – 115. In seiner Studie über das Licht in der Malerei vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert untersucht Schöne die jeweils unterschiedlichen Epochen zugrunde liegenden gewandelten Auffassungen von Licht. Er versteht die historischen Ordnungsprinzipien von Licht als untrennbar mit der Bilderzählung verbunden und nimmt eine Unterscheidung von Ursache (Lichtquelle) und Wirkung (beleuchtetes Objekt) vor. Für ihn ströme das mittelalterliche „Eigen- oder Sendelicht“ als Vereinigung von Licht, Farbe und Formen auf den Betrachter; das Licht in der Malerei der Neuzeit hingegen entspringe einer externen Quelle und füge sich mit Betrachter und Bild zu einer Trias, vgl. Schöne 1954. Für eine kritische Relektüre von Schönes Auffassung einer Lichtordnung im 17. Jahrhundert vgl. Bohlmann / Fink / Weiss 2008, und speziell Weiss 2008. Weiss sieht das Licht im 17. Jahrhundert als gemeinsames Paradigma von Kunst und Naturphilosophie. Auch Leinkauf sieht das Licht im 17. Jahrhundert untrennbar mit der Naturphilosophie in der Folge Descartes’ verbunden. Er schlägt eine Unterteilung des Lichtbegriffs in vier Bereiche vor, den natürlich-­phänomenbezogenen, den ästhetisch-­poetischen, den wissenschaftlichen und den philosophisch-­theologischen, vgl. ­Leinkauf 2008. 112 Vgl. Langdon 2006, S. 75. 113 In der zeitgenössischen Literatur wurde Eleonora auch mit der „Apokalyptischen Frau“, die mit Sonne und Mond in Verbindung stehe, assoziiert: „mulier amicta sole, et luna sub pedibus eius, et in capite corona stellarum duodecim“ („Von der Sonne angezogene Frau, den Mond unter ihren Füßen, und über dem Haupt einen Kranz aus 12 Sternen“), vgl. Langdon 2006, S. 75 – 77.

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das Licht ein, um eine Staffelung der unterschiedlichen Bildebenen und damit Räumlichkeit zu erzeugen. Wie Eleonora wird Anna de’ Medici von ihm als göttliche Herrscherin dargestellt, die über die von Mondlicht beschienene Landschaft gebietet. Franchi stellt Anna de’ Medici als madonnengleiche, ‚neue Eleonora‘ dar, die zugleich in der Verkörperung der Flora die Herrschaft über die Toskana repräsentiert. Die Landschaft in dem Porträt wurde in der Forschung bisweilen als „hortus fecundus“, als „fruchtbarer Garten“, gedeutet.114 Vielmehr ist Anna de’ Medici jedoch in einer Art Zwischenraumsituation wiedergegeben, die eher auf eine wilde, ungezähmte Landschaft schließen lässt und sich einer eindeutigen Zuordnung zu Innen- oder Außenraum entzieht. Eine zentrale Position im Bildnis nimmt die linke Hand von Anna ein, in der sie drei Blumen hält. Mit einer vermittelnden Geste verbindet sie Innen- und Außenraum und verweist auf die Landschaft im Hintergrund, die durch sie zum Erblühen gebracht wird.115 Eine Schlüsselfunktion gewinnt in ­diesem Zusammenhang die Terrasse, deren schwarz-­weiß gefliester Boden außerordentlich prächtig dargestellt ist.116 Sie stellt das 114 Vgl. Weber-­Woelk 1995, S. 185. Gregori hingegen bezeichnet die Landschaft als „unpersönliche Umgebung“: „l’immagine è riportata in una sfera impersonale, simbolica del rango, a rappresentare il quale appaiono indispensabili l’ambientazione arcadica e la ‚vaghezza‘ dello sfondo.“ Vgl. Gregori 1977, S. 83 f. 115 Ähnliche Implikationen knüpfen sich an die prominent in die Bildmitte gerückte Geste im Bildnis der Flora von Jan Massys von 1559, das sich heute in der Hamburger Kunsthalle befindet. In der Forschung herrscht Uneinigkeit darüber, ob es sich bei dem Gemälde um eine Venus- oder Floradarstellung handelt. Die Darstellung wird verschiendentlich als Personifikation der sich im Hintergrund abzeichnenden Stadt Antwerpen und als Hommage des Künstlers an seine Heimatstadt und deren kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gedeutet, vgl. AK Verführungskunst 2003, S. 9 – 11. Zu Antwerpen als Handelszentrum vgl. Cools / Keblusek / Noldus 2006. Boccardo sieht in dem Garten in Massys Gemälde einen idealen Ort, der die Harmonie z­ wischen Mensch und Natur widerspiegele, vgl. Boccardo 2010, S. 9 – 20. 116 Prächtige Böden fanden besonders in K ­ irchen Verwendung, wie es etwa in der Verkündigungsszene von Agnolo Gaddi in S. Maria Novella in Florenz aus dem frühen Quattrocento zu sehen ist. Der prachtvoll verzierte Boden unterstreicht hier die Nobilität der Muttergottes. Zu Material, Technik und Funktion von Fußböden in der Renaissance, insbes. die elementare Bedeutung, die dem Boden in Altargemälden der Florentiner Frührenaissance zukommt, vgl. Thornton 1991. Die Fliesen wurden meist aus gebrannten Ziegeln angefertigt. Sie wurden als „Quadrucci“ bezeichnet, was darauf schließen lässt, dass sie ursprünglich quadratisch und seltener rechteckig waren. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden verschiedenfarbige Majolika-­Fliesen in der della Robbia-­Werkstatt in Florenz angefertigt. Diese Fliesen fanden nicht nur für den heimischen Bedarf Verwendung, sondern wurden auch in andere Provinzen exportiert, beispielsweise nach Poggio Reale, der königlichen Villa außerhalb Neapels, die von Giuliano da Maiano in den 1480er Jahren errichtet wurde. Diese Bodendekorationen wurden als „Florentiner Mode“ bezeichnet („alla usanza fiorentina“). Thornton führt weitere Beispiele für prächtige Böden in Gemälden an, so in Filippo Lippis „Das Fest des Herodes“ von 1452 – 1466, in denen Marmorböden sowie Böden aus anderen kostbaren Materialien wie Serpentine, Porphyr oder Granit dargestellt wurden. Diese Steinböden wurden auf einen Unterboden gelegt, der als „terrazzo“ bezeichnet wurde. Zu den gängigsten Gestaltungselementen gehörten Quadrate, aber auch aus

Die Protagonisten | 53

verbindende Element z­ wischen Person und Landschaft dar und hebt die Grenze z­ wischen Mensch und Natur, Pflanzenwelt und Herrscherin auf. Das kunstvoll gestaltete Muster des Bodens, auf dem Anna de’ Medici platziert ist, setzt sich zusammen aus rautenförmig angeordneten Fliesen. Eine in der rechten unteren Ecke dargestellte Fliese läuft pfeilförmig auf Anna zu und lenkt so die Blickrichtung auf sie. Der aufwendig gestaltete Boden verbindet Innen- und Außenraum, Person und Landschaft miteinander; gleichzeitig unterstreicht er den hohen Rang Annas als Madonna und Göttin. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Bildnisse der Eleonora und der Anna sowohl auf typologischer als auch auf formal-­inhaltlicher Ebene nahestehen. Gemeinsam sind beiden Porträts insbesondere das thronende Sitzmotiv, die Zurschaustellung der kostbaren Kleidung und des Schmucks sowie die nächtliche Umgebung. Die Porträts sind charakterisiert durch eine Vielzahl spannungsreicher Elemente, die sich jeweils an Person, Kleidung und Raum festmachen lassen: idealisierte Schönheit versus natürliches Abbild, Göttlichkeit versus Maiestas, Artifizialität versus Natürlichkeit, (Landes-)Mutter versus Madonna, zurückhaltende, mariengleiche Mimik versus „Materialschau“, hell erleuchtetes Antlitz versus von Mondschein beschienene Landschaft und Andeutung von Räumlichkeit versus indifferente Verortung. Franchi stellt Anna in der Tradition Eleonoras als Flora-­Madonna dar. An das Bildnis Annas knüpfen sich Hoffnungen auf eine fruchtbare Regentschaft, für die Eleonora mit der Geburt von elf Kindern vorbildhaft gewesen sein dürfte. Im Unterschied zum ihrem Porträt, das sie bereits als verheiratete, thronende Herrscherin zeigt, wird Anna als zukünftige Thronerbin anempfohlen.117

2.3 Die Protagonisten: Ferdinando, Anna Maria Luisa, Gian Gastone und Cosimo III. de’ Medici Wenngleich das Porträt Franchis für die Darstellung Annas als idealtypischer Herrscherin und für Franchis Zurschaustellung als Malerfürst ersten Ranges eine wesentliche Rolle spielt, so ist darüber hinaus ein weiterer Aspekt von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Bildnisses: derjenige des Auftraggebers, Erbprinz Ferdinando de’ Medicis, für den Franchi seit 1684 tätig war.118 Wieso ließ er bei dem Maler ein Herrschaftsporträt seiner Schwester für seinen Audienzsaal anfertigen? Eine mögliche Antwort bietet ein Blick auf die dynastischen Verflechtung der letzten Medici-­Mitglieder mit anderen europäischen Fürsten- und Königshäusern in den 1680er kreisförmigen, dreieckigen und rechteckigen Elementen zusammengesetzte Muster. Während die Böden des frühen 15. Jahrhunderts eher kleinteilige Formate aufwiesen, wurden die Muster bis 1600 größer, vgl. ebd. S. 60 – 66. 117 Für eine Untersuchung von weiblichen Herrschern durch Kleidung und deren z­ wischen Medialität und Materialität changierenden hybriden Natur vgl. Flicker / Seidl 2014. 118 Vgl. Spinelli 2013.

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Jahren.119 Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe 1687 war keines der am Medici-­Hof lebenden Kinder Cosimos, weder Ferdinando noch Anna oder Gian Gastone, verheiratet, obgleich bis zu ­diesem Zeitpunkt schon einige Hochzeitsverhandlungen stattgefunden hatten. Diese drehten sich besonders um den Erstgeborenen Ferdinando und die Zweitgeborene Anna. Bereits 1683 hatte sich Cosimo III. um eine Ehe seiner Tochter mit dem am Turiner Hof residierenden Vittorio Amedeo II. von Savoyen (1666 – 1732, reg. 1675 – 1730) bemüht, die jedoch durch dessen ­Mutter Maria Johanna, unterstützt von Ludwig XIV ., der seinen Einfluss auf Savoyen dadurch geschwächt sah, verhindert worden war. Im darauffolgenden Jahr bahnte sich eine Verbindung an, die einen noch höheren Prestigegewinn zu versprechen schien. Zur Debatte stand die Ehe Annas de’ Medici mit König Peter II. von Portugal (1648 – 1706, reg. 1683 – 1706), was mit einer Verleihung der Königskrone an sie verbunden gewesen wäre. Dass die Ehe nicht zustande kam, ist im Wesentlichen ihrem Bruder Ferdinando zuzuschreiben. Geplant war nämlich ursprünglich eine Doppelhochzeit, bei der nicht nur Anna, sondern auch Ferdinando an das portugiesische Königshaus verheiratet werden sollte. Als dessen zukünftige Frau war die Infantin Maria Isabella von Portugal, Tochter des portugiesischen Königs Peters II., vorgesehen gewesen.120 Während das spanische Königshaus eine Ehe des portugiesischen Königshauses mit einer Fürstin aus dem Haus Neuburg bevorzugte, da diese Dynastie den Habsburgern und damit auch Spanien nahestand, hatte König Ludwig XIV. die Verbindung des portugiesischen Königshauses mit dem Herzogtum Toskana begrüßt, da er einen zu starken Einfluss Habsburgs auf Portugal gefürchtet hatte. Ludwig XIV. verlieh seinen Forderungen Nachdruck, indem er seinen Gesandten Etienne Jachiet Du Pré, der ­zwischen 1686 und 1688 in Florenz weilte, damit beauftragte, Ferdinando zur Hochzeit mit der portugiesischen Infantin zu bewegen. Ferdinando sträubte sich jedoch gegen diese Verbindung mit der Begründung, er sei noch zu jung, um sich zu binden. Wie ernst diese Behauptung zu nehmen ist, sei dahingestellt, denn schon 1688 heiratete er Violante ­Beatrix von Bayern. Auch Peter II. entschied nun anders. Vermutlich den Interessen Spaniens geschuldet, heiratete er nicht Anna de’ Medici, sondern die Pfalzgräfin Maria Sophia E ­ lisabeth (1666 – 1699), eine Schwester von Annas zukünftigem Ehemann, Johann Wilhelm von der Pfalz. Die Hochzeit fand am 2. Juli 1687 statt.121 Die Reihe erfolgloser Hochzeitswerbungen für Anna de’ Medici bei den führenden europäischen Herrscherhäusern setzte sich fort mit den 1687 gescheiterten Verhandlungen

119 Die M ­ utter von Anna de’ Medici, Marguerite Louis d’Orléans, spielt für die folgenden Ausführungen keine Rolle, denn sie hatte bereits 1672 die Trennung von ihrem Ehemann Cosimo III. verlangt und war im Juli 1675 an den französischen Hof zurückgekehrt. Die drei Kinder Ferdinando, Anna und Gian Gastone blieben am Medici-­Hof bei ihrem Vater. Ihre Erziehung oblag deshalb hauptsächlich deren Großmutter Vittoria della Rovere, vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 2 – 4. 120 Vgl. Urbani 2008, hier: S. 28. Urbani zufolge wäre bei einer Verbindung Ferdinandos mit dem portugiesischen Königshaus die Gefahr zu groß gewesen, dass die Toskana ins politische Abseits geraten wäre. 121 Kühn-­Steinhausen 1939, S. 7 f.

Die Protagonisten | 55

mit Herzog Francesco II . von Modena (1656 – 1694, reg. seit 1662), einem Bruder der englischen Königin Maria Beatrice d’Este (1658 – 1718), und dem habsburgischen König Karl II. von Spanien (1661 – 1700) im selben Jahr. Diese nicht zustande gekommene Hochzeit war umso delikater, als bereits ein Porträt von Anna de’ Medici an den spanischen Hof geschickt worden war.122 Weiterhin waren 1690 Hochzeitsverhandlungen mit dem französischen Dauphin im Gange gewesen.123 Die zahlreichen Verhandlungen, an denen die Königshäuser von Frankreich, Spanien, Portugal und England sowie die bedeutendsten italienischen Fürstenhäuser von Savoyen und Modena beteiligt waren, bezeugen die politische Brisanz der Medici-­Nachfolge, in deren Zentrum Anna und Ferdinando standen. Auf ihnen lagen alle Hoffnungen auf eine prestigeträchtige Verbindung und auf eine erfolgreiche Fortführung der Dynastie. Vor dem Hintergrund ­dieses historischen Rahmens erscheint die geplatzte Doppelhochzeit mit dem portugiesischen Königshaus umso dramatischer. Die Absage der Hochzeit Ferdinandos ist in einem offiziellen Schreiben aus der Correspondance politique Toscana des Staatssekretärs Gondi vom 26. Juli 1686 übermittelt.124 Die Zeit drängte und es galt, so schnell wie möglich einen geeigneten Heiratskandidaten für Anna zu finden. Der Auftrag Ferdinandos für die Anfertigung des Porträts seiner Schwester bei dem Maler Franchi erfolgte nur ein halbes Jahr später, am 18. Januar 1687. Möglicherweise versuchte Ferdinando dadurch, sich und seine Schwester zu rehabilitieren, da nicht nur er durch die Absage seiner eigenen Hochzeit, sondern auch Anna bei dem portugiesischen Königshaus in Ungnade gefallen war. Vor dem Hintergrund dieser dynastischen Konstellationen lassen auch die in Rückgriff auf van Dyck inszenierten Herrschaftselemente in dem Porträt darauf schließen, dass Anna de’ Medici als zukünftige Regentin anempfohlen werden sollte, die mit allen Attributen einer idealen Herrscherin ausgestattet war. Mit der Zurschaustellung des Porträts im Audienzsaal, das innerhalb ­dieses repräsentativen Rahmens von allen hochrangigen Besuchern gesehen werden konnte, präsentierte sich Ferdinando nicht nur als Förderer der zeitgenössischen Malerei, der mit dem Hofmaler Franchi der Kunst der Medici zu neuer Blüte verhalf. Vielmehr diente ihm das Herrschaftsporträt seiner Schwester als Vehikel der Propaganda, durch das die Dynastie auf prestigeträchtige Verbindungen hoffen konnte, wie es durch die Verbindung mit dem hochgestellten portugiesischen Königshaus angestrebt worden war. Es sollte noch weitere vier Jahre dauern, bis die Hochzeitsverhandlungen fruchteten – durch die Hochzeit Annas mit dem pfälzischen Kurfürsten im Jahr 1691, die die Vereinigung der Medici mit den Wittelsbachern besiegelte.

122 Vgl. Bartolozzi 1754, S. 12. Karl II. heiratete 1690 in zweiter Ehe Maria Anna von Pfalz-­Neuburg (1667 – 1740), eine Schwester von Annas zukünftigem Ehemann Johann Wilhelm von der Pfalz, womit die Medici mit dem spanischen Königshaus verschwägert waren. 123 Vgl. Ilg 2011. 124 Das Dokument befindet sich im Archiv des französischen Außenministeriums in Paris, vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 8.

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Was die Heiratspläne des jüngsten Medici-­Spross Gian Gastone betrifft, so war es Anna selbst, die darum bemüht war, ihn zu verheiraten. Sie schickte von Düsseldorf aus regelmäßig eine Liste aller heiratsfähigen Prinzessinnen des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation an den Florentiner Hof. In der Folge gelang es ihr, die Ehe ihres jüngeren Bruders mit Anna Franziska von Sachsen-­Lauenburg (1672 – 1741) zu arrangieren. Die Hochzeit mit der aus Böhmen stammenden Pfalzgräfin fand am 2. Juli 1697 in Düsseldorf statt und ist als ein Fiasko in die Geschichte eingegangen. Das Paar ließ sich 1708 scheiden. Das Verhältnis ­zwischen Gian Gastone und Anna Maria Luisa galt als spannungsreich. Besonders nach dem Tod Cosimos III . bereitete er seiner Schwester Schwierigkeiten; so ließ er ihr beispielsweise Gelder der Sekundogenitur aus Urbino, Rom und Neapel, die Anna de’ Medici als Erbin ihrer Großmutter Vittoria della Rovere zugestanden hätten, nicht auszahlen.125 In der neueren Forschung wurde das Bild von Gian Gastone als einem degenerierten, ausschließlich homoerotischen Neigungen frönenden und zur Regierung gänzlich ungeeigneten Herrscher 126 relativiert und sein Bild in der Geschichtsschreibung aufgewertet. Dabei erweist sich Gian Gastone als ein politisch klug taktierender Herrscher, der der Toskana zu Wohlstand und Frieden verholfen habe.127 Im Gegensatz zu ihrem jüngeren Bruder verband Anna mit Ferdinando ein freundschaftliches Verhältnis. Dies bezeugt dessen Inszenierung des Flora-­Porträts seiner Schwester in seinem Audienzsaal. Dieser Akt der Zurschaustellung familiärer Konstellationen stellt ein seltenes Beispiel an künstlerischer Ausgestaltung dynastischer Kontinuität dar, bei dem der in der Erbfolge an erster Stelle stehende Thronfolger Ferdinando seine Schwester als ideale Herrscherin anpreist. Dies erklärt sowohl das exklusiv hochrangigen Herrschern zugestandene Großformat des Bildes als auch seinen Aufhängungsort: Durch die Inszenierung eines der schillerndsten Familienmitglieder im Audienzsaal des Palazzo Pitti, dem Zentrum herrscherlicher Macht, setzten die Medici all ihre Hoffnungen auf reiche Nachkommenschaft auf Anna, die als einzige weibliche Vertreterin der Familie die Fortführung der Dynastie nach dem Vorbild Eleonoras garantieren sollte. Das Porträt steht repräsentativ für Jugendlichkeit, Schönheit, Fertilität und Nobilität der Medici-­Dynastie.

125 Vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 106. 126 Vgl. Fernandez 1998. Bei dem Historienroman handelt es sich um eine mit fiktionalen Anekdoten über den in Dekadenz, Luxus und Lüsternheit schwelgenden letzten Großherzog angereicherte, polemisch bis reißerisch verfasste Lebensgeschichte Gian Gastones. Ungeachtet des in weiten Teilen überzeichneten Duktus gewährt der Roman jedoch Einblicke in die dynastischen Konstellationen der letzten Medici-­Mitglieder. 127 Eine differenzierte Untersuchung von Persönlichkeit und Regentschaft Gian Gastones vgl. Medici di Toscana 2008, S. 14 – 20; für eine Neubewertung der historischen Person Gian Gastones unter Einbeziehung von Quellenmaterial, die der Aufwertung von Leben und Wirken Gian Gastones zuträglich ist, vgl. Urbani 2008.

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2.4 Ende der Dynastie und Aufbruch der letzten Medici: Florenz als „Neues Athen“ und die Legitimation weiblicher Herrschaft Wie bereits in dem eingangs erwähnten Zitat des Gesandten Foucher deutlich wurde, propagieren Überlieferungen von Zeitgenossen ein Image von Anna als einer geradezu beispielhaften Herrscherin. In seinen „Annali d’Italia“ von 1749 charakterisiert auch Ludovico Antonio Muratori (1672 – 1750) die letzte Medici als „Principessa di gran Pietà e Saviezza“128 – Eigenschaften, die den neuen Großherzog Franz Stephan von Lothringen dazu veranlasst hätten, ihre Kompetenz in Staatsangelegenheiten anzuerkennen: Der verwitweten Kurfürstin wurde von Seiten des jungen Großherzogs [Franz Stephan von Lothringen], der freundschaftlich mit dieser Prinzessin verbunden war, große Autorität in Regierungsfragen zuerkannt, einer Frau reich an bewundernswertem Talent und Weisheit.129

Muratoris positive Sichtweise zeugt von großer Anerkennung, ja Bewunderung und zielt insbesondere auf die Erwartungen an die Kurfürstin, die sich mit ihrer Rückkehr nach Florenz verbanden.130 Zudem schreibt er das Aussterben der Dynastie nicht Anna zu, wie dies etwa nachfolgende Autoren tun, sondern der Trennung ihrer Eltern. Hierdurch sei die Zeugung weiterer Kinder und damit potenzieller Garanten der Dynastie verhindert worden. Bereits acht Jahre vor der Publikation Muratoris und zwei Jahre vor dem Tod Anna de’ Medicis erwies ihr der Gelehrte Francesco Bianchini (1685 – 1749) mit seiner Huldigungsschrift „Dei Gran Duchi di Toscana“ von 1741 seine Ehrerbietung. Sie stellt die erste offizielle Hofchronik der Medici-­Großherzöge dar. Das Werk beginnt mit einer Widmung an Anna de’ Medici („A Sua Altezza Elettorale la Serenissima Anna Maria Luisa Elettrice Palatina del Reno & Gran Principessa di Toscana“) und einem Text, in dem sich der Autor an die Empfängerin wendet.131 In seiner Lobschrift bezeichnet Bianchini die letzte Medici-­Herrscherin als „risplendentissimo Lume“ – als „überaus glänzendes Licht“, das als „Zierde des Jahrhunderts“ die Kunstproduktion unter der Herrschaft der Großherzöge der 128 Muratori 1976 [1749], Bd. 2, S. 305. 129 „Alla vedova elettrice fu esibito molto di autorità nel governo, premendo al novello gran duca ­[Francesco Stefano di Lorena] di tenersi amica questa principessa, donna tanto ricca e di mirabil talento e savezza.“ Muratori 1976 [1749], Bd. 2, S. 233. Acton berichtet fälschlicherweise, sie hätte die ihr übertragene Regentschaft abgelehnt: „The last representative of the Medici, the widowed Electress Palatine […] was offered the position of regent, and although she haughtily declined it, was left in undisturbed occupation of her apartments at the Pitti […]“, Acton 1958, S. 339 f. 130 Vgl. Spagnoletti 2008, Bd. 1, S. 13 – 34, hier: S. 33. 131 Daran schließt eine Ansprache an den Leser („L’Autore A chi Legge“) an, die als Geleit dienen soll. Darauf folgt ein „Proemio“ (Vorwort), in dem der Autor auf die politischen Umstände vor der Zeit des Großherzogtums eingeht, als Florenz noch Republik war. Der sich daran anschließende Hauptteil ist gegliedert in sieben Unterkapitel, die jeweils einem Großherzog gewidmet sind (Raggionamento I – VII) und denen je ein Kupferstich vorangestellt ist, vgl. Bianchini 1741.

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Abb. 4 Domenico Campiglia, „Graecia quas peperit […]“, Stich aus: Bianchini 1741

Toskana zu einem letzten Höhepunkt führen sollte. Dieses, als Eingangsmotto den Text eröffnende Zitat sei hier nochmals wiedergegeben: „[…] l’unico risplendentissimo Lume, che la Divina P ­ rovvidenza mantiene tuttavia vivente, per ornamento di questo secolo“.132 Dem Frontispiz ist ein Stich von Domenico Campiglia gegenübergestellt, der der Huldigung des Autors besonderen Nachdruck verleiht und Florenz als „neues Athen“ preist (Abb. 4).133 Fünf Frauengestalten in antikisierenden Gewändern drängen an der Schwelle eines Palastes nach draußen, von denen nur die beiden ersten vollständig sichtbar sind. Die Vorhut bildet die durch Zirkel und Tafel zu identifizierende Geometrie, eine der Personifikationen des Quadriviums der Sieben freien Künste. Ihr hell erleuchtetes Gesicht ist in Dreiviertelansicht abgebildet. Über ihre rechte, hochgezogene Schulter blickt sie auffordernd der Arithmetik unmittelbar in die Augen, während sie gleichzeitig mit Daumen und Zeigefinger 132 Zit. n.: Bianchini 1741, S. I. 133 Dem Stich ist eine Inschrift beigegeben: „Graecia quas peperit, claris quas [a]exit Athenis, Artes quas aluit, perficit una Domus“ („Was Griechenland hervorgebracht hat, was Athene deutlicher weitergeführt hat, was die Künste genährt haben, hat ein Haus [die Medici] zu Ende geführt.“)

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ihrer Rechten einen Faden aus einem Wollknäuel, dem kompositorischen Bildzentrum, zieht, das ihr die Gefolgsfrau entgegenstreckt. Die Dynamik der tänzerischen Posen wird durch die fast identische Schrittstellung der beiden nach vorn eilenden Frauen unterstrichen. Arithmetik nimmt diese gegenläufige Bewegungsrichtung auf, indem sie mit ihrer rechten Hand ihr am Saum mit Zahlen verziertes Gewand hochrafft und sich Geometrie in leicht umschatteter Profilansicht zuwendet. Augenkontakt und Gestik fordern zum Aufbruch in ein neues Zeitalter auf. Der gelöste Faden des Wollknäuels im Zentrum der Bildkomposition versinnbildlicht, dass im Florenz des beginnenden 18. Jahrhunderts etwas aufgelöst wird, was lange festgezurrt war. Er steht dafür, dass die alte Ordnung nicht länger Bestand hat und dass ‚Lichtgestalten‘, verkörpert durch die weiblichen Personifikationen, das Regiment übernehmen. Der Türsturz, unter dem sich die Szene abspielt, wird vom Wappen der Medici bekrönt und verweist auf die Schwelle zu einer neuen Epoche, die Anna de’ Medici einleitet. Die Parallelisierung der Herrscherin mit der griechischen Schutzpatronin der Künste wurde bereits um 1700 in einem allegorischen Herrscherporträt des Hofmalers Jan Frans van ­Douven (1656 – 1727) zur Anschauung gebracht (Tafel 7). Es zeigt Anna de’ Medici als Minerva, die Schutzgöttin Athens. Deutlich hebt sie sich durch das grünlich-­weiße Inkarnat der Haut von dem dunklen Hintergrund ab. Die strenge Profilansicht, der gebauschte Helm mit roten und weiß-­gräulich gefärbten Federn, der dunkelblaue Mantel, der an der linken Seite als Schulterschließe in Form eines Löwenkopfes geschlossen wird – verweist auf den Florentiner Marzocco, das Symboltier von Florenz.134 Prominent ist es an Benvenuto Cellinis (1500 – 1571) Bildnisbüste des Herzogs Cosimo I. von 1546/47 zu sehen.135 Wie bei der Büste Cosimos ist im Anna-­Bildnis andeutungsweise eine Rüstung unter ihrem Gewand zu erkennen.136 Zudem hat sich van Douven an Habitus und Gestus an der Büste orientiert, wie insbesondere die gespannte Körperhaltung und die Wachheit im Ausdruck beider Figuren bezeugen. Als Pendant dient ein Bildnis von Johann Wilhelm als Mars (Tafel 6). Die den Göttern inhärente Dialektik von Krieg und Beschützern der Künste verknüpft sich mit den Ansprüchen eines weisen und friedliebenden Herrscherpaares.137 Beide sind durch eine leichte Körperdrehung fast unmerklich zum Dreiviertelporträt gewendet und wirken dadurch lebendig. Unterstrichen wird dieser Eindruck bei Johann Wilhelm zudem durch die sanfte Farbigkeit der Brauntöne. Beiden Porträts gemeinsam ist das Attribut des Löwen. Während das Herrschaftssymbol Johann Wilhelms Helm ziert und auf das Haus Pfalz-­Neuburg anspielt, ist das der Anna de’ Medici beigegebene Tier eine Anspielung auf ihre Florentiner Herkunft.138

134 Die Darstellung des Florentiner Löwen, der das Wappen von Florenz als Schildhalter mit der rechten Pranke vor seinem Körper hält, geht auf eine Skulptur zurück, die 1419 von Donatello erschaffen wurde, vgl. Zaccariotto 2013, S. 104 f. 135 Vgl. Abb. in: Kaufmann 1972, Bd. 8, Abb. 205. 136 Beide Bilder befinden sich heute im Düsseldorfer Stadtmuseum (Öl auf Leinwand, je 86 × 71 cm). 137 Zur geschichtlichen Tradition der Minerva, die als alte italische Gottheit aufgrund ihres kriegerischen Aussehens als Athene identifiziert wurde vgl. Harrauer / Hunger 2006, S. 306 f., 329 f. Zum allegorischen Herrscherporträt vgl. auch Wind 1938/39. 138 Zur symbolischen Verbindung von Löwe und der Stadt Florenz vgl. Zaccariotto 2013, S. 104 f.

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In Form des vor der Brust geknoteten Löwenfells evoziert es bei ihr Assoziationen eines antiken Gewandes; es gehörte zu den Attributen antiker Herkulesdarstellungen.139 Die sich an diese herrscherliche Ikonologie knüpfenden Attribute von Stärke und Weisheit verdichten sich in Bianchinis Prachtband zu einer Lobschrift, die aufschlussreich ist hinsichtlich der politischen und dynastischen Ziele der letzten Medici-­Fürstin. Er enthält neben dem programmatischen Titelblatt acht weitere Kupferstiche mit Porträts der sieben Großherzöge und als einziges Frauenbildnis dasjenige von Anna de’ Medici (Tafel 8).140 Dieses bildet den Auftakt zu der Huldigungsschrift und inszeniert sie als Dirigentin des Großherzogtums. Aus einem ovalen Ausschnitt heraus blickt Anna den Betrachter über ihre rechte, nach vorne gedrehte Schulter hinweg an. Formal reiht sich der Stich in die Bildnisse der übrigen Medici-­Großherzöge ein: Ein ovales, von einem Lorbeerkranz umfasstes Bildnis erhebt sich über einem Inschriftensockel, dem zusätzlich die Imprese des jeweiligen Herrschers beigegeben ist. Die Inschrift im Porträt Annas verweist auf die dynastische Verbindung der Herrscherhäuser der Medici und Wittelsbacher.141 Ihr zu einer Fontange aufgetürmtes und mit Perlenkette und Diadem verziertes Haar verleiht ihr eine herrschaftliche Ausstrahlung, die durch das aus üppigen Stoffbahnen bestehende und ebenfalls mit Schmuck – Perlenkette und Broschen – verzierte Kleid unterstrichen wird. Deutlich sticht das Porträt Annas im Vergleich mit den Porträts der männlichen Familienmitglieder hervor. Über ihrem linken Unterarm liegt ein Hermelinmantel als Ausweis ihres adeligen Status und ihrer Legitimation als Herrscherin der Toskana. In der Einleitung seines Werks, das die Zeit des Großherzogtums von Cosimo I. bis zum Ende der Dynastie umfasst, hebt Bianchini mit klaren Worten die schon im Porträtstich visualisierte Bedeutung Anna de’ Medicis als Kunstmäzenin hervor. Er betont ihre führende Rolle bei der Bewahrung des kulturellen Erbes nicht nur der Toskana, sondern des gesamten europäischen Raumes.142 Ihre herausragende Stellung in der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt sich für ihn dabei gerade in Abgrenzung zu ihren männ­lichen Vorfahren. Die aufwendig gestalteten Kupferstiche unterstreichen diese Einschätzung.

139 Beispiele von Antiken-­Anspielungen durch die Chlamys finden sich auf Münzdarstellungen mittel­alterlicher K ­ aiser, wie beispielsweise Karls d. Großen (747/8 – 814, reg. 768 – 814) oder K ­ aiser ­Friedrichs II . (1194 – 1250, reg.1220 – 1250), oder die Bronzeplakette mit dem Profilbildnis des Humanisten Leon Battista Alberti, vgl. Poeschke 2003, S. 155 – 187. 140 Der Stich mit dem Porträt Annas ist datiert auf November 1738 und signiert mit „Dom. Campiglia del.“ und „G. M. Preister fec.“. Um die Imprese herum ist das Motto „Deo Omnia“ zu lesen. 141 „Anna Maria Aloysia Cosmi III M e Ducis Filia Johannes Guilelmi Comitis Palat Rheni et Elect Uxor“. 142 Bianchinis Interesse gilt den mäzenatischen Verdiensten der Medici im Bereich der Bildenden Künste: „i Gran Duchi di Toscana, della reale casa de’ Medici, sieno stati, come per antico r­ etaggio de’ loro gloriosi Antenati, sempre mai ammirabili Protettori delle Lettere, e delle Belle Arti, talmente che per loro, non che per l’Italia, l’Europa tutta altresì, è divenuta più culta, e più dotta“, Bianchini 1741, S. I. Besonders hebt er Annas Bestrebungen hervor, das Familienmausoleum in S. Lorenzo zu restaurieren und unterstreicht die große Bedeutung des Bauwerks für das „Nachleben“ der Dynastie in den folgenden Jahrhunderten: „con eterna durevolezza, risplenderanno sfolgorantemente in questo Mondo, per tuti i futuro Secoli“, vgl. ebd.

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Während zeitgenössische Autoren und Beobachter ein bisweilen geradezu panegyrisches Bild von Anna de’ Medici zeichneten, erweist sich das posthum von der Herrscherin entworfene – insbesondere von Historiografen des 20. Jahrhunderts – als äußerst abwertend. Einsetzend mit dem Beginn der habsburgisch-lothringischen Herrschaft 1737, wandelte sich das Bild einer glorreichen Herrscherin in eine anti-­mediceische Polemik, die sich in zahlreichen Publikationen niederschlug. Am Beginn dieser Debatte standen Iacopo Riguccio Galluzzi (1739 – 1801) und seine 1770 verfasste „Geschichte des Großherzogtums Toskana unter der Herrschaft der Medici“143. Das Werk umfasst die Zeitspanne des 200 Jahre andauernden Medici-­Prinzipats, das mit dem Tod Alessandros de’ Medici 1537 beginnt und mit dem Gian Gastones 1737 endet. Als offizieller Hofchronist des Kaiserpaars Franz Stephan von Lothringen und seiner Frau Maria Theresia war Galluzzi bestrebt, die Vorgängerregierung zu denunzieren, um das neue Herrscherpaar in einem umso glänzenderen Licht darzustellen. Besonders schlecht weg kam dabei Anna de’ Medici. Galluzzi schreibt ihr die Rolle der in Regierungsfragen übergangenen, unglücklichen letzten Medici zu, die keine Kinder zur Welt gebracht habe, um damit den Fortbestand der Dynastie zu sichern.144 Auf den wenigen Seiten, die er Anna de’ Medici widmet, zeichnet er das Bild einer dem Vergessen anheimgefallenen und gedemütigten Herrscherin: Der Verlust dieser Prinzessin wurde nicht sonderlich bedauert, da all ihre Bestrebungen, die lediglich aus ihrem Stolz und ihrer Eitelkeit herrührten, ihr keine Zuneigung einbringen konnten; obwohl ganz Italien über das Aussterben der Dynastie trauerte, die über drei Jahrhunderte die Zierde der Nation gewesen war. […] Nachdem unzählige ihrer Heiratspläne gescheitert waren, blieb sie schlussendlich kinderlos und in ihrem Stolz verletzt, mehr vergessen als bemitleidet, als letzter Atemhauch der Familie übrig, ohne Nachfolge für ihre Vorfahren.145

Milder fällt das Urteil über den letzten Großherzog Gian Gastone aus, den Galluzzi als liberal, großzügig, allerdings bemitleidenswert bezeichnet.146 Die negative Sichtweise 143 Galluzzi 1822 [1781]. 144 Galluzzi war 1767 mit der Neustrukturierung des Medici-­Archivs betraut worden und hatte zahlreiche hohe Ämter inne, unter anderem stand er seit 1784 der großherzoglichen Druckerei vor („sopraintendente delle stampe“) und war auch Staatssekretär („Segretario del Consiglio di Stato“, 1778). Zur Vita Galluzzis und zu dessen intellektuellem Umfeld vgl. Pult Quaglia 2009, S. 191 – 201. 145 „La perdita di questa Principessa [Elettrice Palatina] non fu compianta, perchè le sue inclinazioni, tutte dirette all’orgoglio e alla vanità, non potevano meritarle l’amore dell’universale; bensì l’Italia tutta si mostrò sensibile per l’estinzione di una Famiglia, che avea per tre secoli fatto il decoro della Nazione. […] Dopo aver provato infinite disavventure nei suoi trattati matrimoniali, senza aver figli dall’Elettore, mortificata nell’orgoglio data tutte le potenze, più negletta che compianta, ridotta l’ultimo fiato della Famiglia si trovò finalmente priva della successione dei suoi maggiori.“ Zit. n.: Galluzzi 1781 [1822], Buch 9, Kap. 10, S. 194 f. 146 Vgl. Pult Quaglia 2009.

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Galluzzis auf Anna de’ Medici, die in scharfem Kontrast zu derjenigen Bianchinis stand, lässt sich einbetten in die Urteile des Autors über Medici-­Frauen im Allgemeinen, denen er insgesamt kritisch begegnet. So beschreibt er etwa Eleonora de’ Medici als eine von der Öffentlichkeit geächtete Frau. Christiane von Lothringen und Maria Magdalena stellt er als religiöse Eiferinnen dar, deren schwache Charaktere es ihnen nicht ermöglicht hätten, sich den politischen Ansprüchen des Papsttums zu widersetzen, was zu Ungunsten der Toskana ausgefallen sei.147 Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein beeinflusste Galluzzis Werk die Geschichtsschreibung der Medici-Dynastie in negativer Weise.148 So skizziert zu Beginn des 20. Jahrhunderts, 1905, der italienische Autor Emilio Robinoy die Herrscherin als eine stolze, frömmlerische Persönlichkeit, die jedoch durch ihr lebhaftes Wesen ihre Makel zu überdecken wusste.149 Von großer Melancholie und Hoffnungslosigkeit geprägt ist das Bild, das Harold Acton in seiner 1932 herausgegebenen Studie über die letzte Repräsentantin der Medici zeichnet, wobei er Anna als bloßen Schatten einer längst vergangenen prunkvollen Ära am Ende ihres Lebens darstellt. Actons kritischer Duktus zielt insbesondere auf die lange Abwesenheit Annas vom Florentiner Hof; die letzte Medici habe sich nach ihrer Rückkehr nach Florenz als Fremde in ihrem Heimatland und als Gast in ihren eigenen Gemächern bewegt.150

147 Vgl. Brown 2015, S. 17 – 57, hier: S. 17 – 20. Insgesamt zielt das Werk weniger auf eine grundsätzliche Verunglimpfung der Medici zugunsten der Glorifizierung der Habsburger, sondern sollte den neuen Herrschern als ein politisches Modell dienen, das vorbildhaft für die kommende Regierung wirken könnte und in dem aufklärerische Ideale vorweggenommen wurden: Unabhängigkeit von Rom in kirchlichen und politischen Fragen, ökonomische Freiheit und eine ausgeglichene Verteilung von Macht ­zwischen Souverän und Staat, vgl. Pult Quaglia 2009, S. 200. 148 Zu den von Galluzzi beeinflussten Autoren gehört unter anderen Gaetano Pieraccini, der sich so eng an die Ausgabe seines Vorgängers hielt, dass er ganze Passagen wortwörtlich übernahm. Pieraccini 1986/1994 [1924/25]. Pieraccinis Sichtweise auf Frauen fällt insgesamt noch schonungsloser aus als jene von Galluzzi. Was in zeitgenössischen Quellen als Ausweis der Frömmigkeit galt, nahm Pieraccini als Anlass zur Kritik an jenen Medici-­Frauen, die eine besonders machtvolle Position am Hof innehatten. Von Eleonora di Toledo bis hin zu Anna de’ Medici prangert er insbesondere übertriebene Frömmigkeit, Bigotterie und religiösen Fanatismus an. Auch Vannucci spricht noch zu Beginn der 2000er Jahre in seiner anekdotisch-­essayistisch verfassten Studie zur Herrschaft der Habsburg-­ Lothringer ab 1737 in Florenz vom „Niedergang einer Dynastie“ („Tramonto di una dinastia“), vgl. Vannucci 2003, und ders. 1999. Für eine umfassende Untersuchung der kulturellen, politischen und ökonomischen Umstände unter der habsburgischen Nachfolgeregierung vgl. Bellinazzi / Contini 2002. 149 „Carattere non molto diverso dal padre e dall’ava, che ne aveva diretta l’educazione, ebbe la principessa Anna Maria, di cui però l’orgoglio e la bacchettoneria eran temperati da un fondo di brio e di vivacità che ricopriva, in certo modo, i suoi gravi difetti e la rendeva amabile.“ Robinoy 1905, S. 60. 150 „The last representative of the Medici, the widowed Elec[…]tress Palatine lingered on, a pale shadow of their ancient pomp and power, an alien from her native land, a guest in her magnificent palaces. […] she was left in undisturbed occupation of her apartments at the Pitti […]. In the latter

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Bis auf die Kirchengänge habe sie kaum ihre Appartements verlassen und Besucher nur unter einem großen schwarzen Baldachin empfangen.151 Das Bild Annas als einer bemitleidenswerten, verbitterten Großherzogin, die als zurückgezogene Witwe i­nmitten ihrer prächtigen Gemächer hauste, zog sich bis in die Forschungsliteratur der 1970er Jahre. Besonders zu Beginn des 20. Jahrhunderts haftete ihr das Zerrbild einer – angesichts des bevorstehenden Endes der Dynastie – verdrossenen Witwe an. So zeichnet auch C ­ hristopher Hibbert, der sich teilweise wörtlich an den Ausführungen Actons orientiert, in seiner Studie zum Großherzogtum Toskana unter der Führung der letzten Medici-­Herzöge ein melancholisches Bild der letzten Medici-­Repräsentantin, das schon im Titel, „Aufstieg und Fall des Hauses Medici“ (engl. Orig.: „The Rise and Fall of the House of Medici“), anklingt. Er sieht in Anna eine durch die Demütigungen ihres Bruders Gian Gastone gezeichnete, tief religiöse, alte Dame, deren würdevolle Ausstrahlung sie jedoch hochmütig und steif erscheinen lasse.152 Zwei weitere elementare Werke, die sich mit der letzten Phase des Großherzogtums auseinandersetzen, stammen ebenfalls aus den 1970er Jahren: Eric Cochranes „Florence in the Forgotten Centuries“ (1973) und John Hales „Florence and the Medici, the Pattern of Control“ (1977). Cochrane nimmt sich erstmals seit der Studie von Acton aus den 1930er Jahren der Untersuchung der Medici-­Herrschaft unter den Großherzögen an, den Medici-­Frauen weist er jedoch einen eher marginalen Stellenwert zu.153 Seine Beurteilung der letzten Phase der Medici-­Herrschaft unterscheidet sich nicht wesentlich von den Historikern zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Während er Eleonora als Paradebeispiel einer guten M ­ utter und Ehefrau hervorhebt, die elf Kinder zur Welt gebracht und damit die Dynastie gesichert habe, stellt Anna de’ Medici auch für ihn nicht mehr als eine dem part of her life she was the reverse of that good-­humoured sloven of her brother. Then, indeed, she never so far lost her dignity as even to smile.“ Zit. n.: Acton 1958, S. 339 f. 151 „She never went out for some years before her death, except to church, or sometimes to see ­Florence in the evening; at these times she was drawn by eight horses, and attended by a guard. The present Earl of Oxford informed the author [Rev. Mark Noble], that he once had the honour to pay his respects to her. She received him under a large black canopy, she stood indeed, but after a few minutes’ talking, she assured him of her good wishes, and then dismissed him; nor did she see anyone but in this ridiculous way.“ Zit. n.: Acton 1958, S. 340. 152 „A tall, dignified, rather haughty and stiff-­backed old lady, she had strongly disapproved of her younger brother’s conduct and had, after many painful interviews and insulting dismissals, p­ revailed upon him to accept the ministrations of the Church before he died. She was profoundly religious herself, and on the rare occasions when she drove out of the Palace courtyard, with guards and eight horses to her coach, observers could be fairly sure that she was either going to Mass, to donate money to one of her charities, or to inspect progress on the family mausoleum at San Lorenzo.“ Zit. n.: Hibbert 1974, S. 309. 153 Vgl. Cochrane 1973. Wie er im Vorwort deutlich macht, soll sein Werk eher der Unterhaltung als der Belehrung dienen. Es bietet weniger neue Sichtweisen über die politische Situation in Florenz von der Mitte des 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, sondern gibt mit populärwissenschaftlichem Anspruch einen historischen Überblick über die wichtigsten politischen Ereignisse und die ökonomische und soziale Situation.

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religiösen Eifer verfallene Witwe dar, die abgeschieden von der Florentiner Gesellschaft ihr Dasein im Konvent von La Quiete fristete. Immerhin hebt er hervor, dass sie in San Lorenzo das Familienmausoleum vollenden ließe, was er als eine nostalgische Geste hinsichtlich des unaufhaltsamen Endes der Dynastie interpretiert.154 Eine andere Perspektive nahmen Autorinnen schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein. Yvonne Maguire setzte sich als eine der ersten mit der Thematik „Frauen und Medici“ auseinander; ein zaghafter Versuch, Frauen eine historisch bedeutsame Rolle zuzuschreiben. In ihrem Schlusswort schreibt sie: „Es wurde festgestellt, dass die Zukunft in der Hand von Frauen liegt, ein wirkliches Verständnis der Vergangenheit kann jedoch nur durch die Erforschung der Lebensgeschichten jener Frauen erreicht werden, die bisher nur schattenhaft durch die Geschichtsschreibung gehuscht sind.“155 Die erste historiografische, speziell auf die Person Annas de’ Medici ausgerichtete und mit historischem Quellenmaterial angereicherte Studie stammt von der Historikerin ­Hermine Kühn-­Steinhausen aus dem Jahr 1939.156 Eine differenziertere wissenschaftliche Auseinandersetzung setzte jedoch erst wieder in den 1980er Jahren in Italien ein.157 In dem vorwiegend von männlichen Autoren des 20. Jahrhunderts gezeichneten Bild von Florenz unter den letzten Medici als einer politisch und kulturell im Niedergang 154 „[…] cultivating the nostalgia of Florentines for the extinct dynasty and for supervising the completion of the Medici mausoleum.“ Vgl. Cochrane 1973, S. xi, 327 f., 347, und Hale 1977. In dieser Tradition steht auch Furio Diaz, in dessen Geschichte des Großherzogtums die Medici-­Frauen nicht besonders ruhmreich erscheinen. Ziel seiner Polemik sind die Großherzoginnen Christiane von Lothringen, Maria Magdalena von Österreich sowie Vittoria della Rovere, deren Bigottismus er für den Verfall des Großherzogtums mitverantwortlich macht: „Grazie anche all’influenza delle tre donne che si successero come granduchesse […] il bigottismo prese sempre maggior piede a corte.“ Vgl. Diaz 1987 [1976], S. 382. 155 Maguire 1927, S. 196. „It has been said that the future lies in the hands of women, but a true understanding of the life of the past can only be obtained by a study of the women who flit s­ hadowily through the pages of history.“ Eine bemerkenswerte Ausnahme unter den anglo-­amerikanischen Autoren bildet George Youngs Werk „The Medici“. Er hebt sowohl Eleonora di Toledo als auch Anna Maria Luisa als positive Beispiele für Regentinnen hervor. So verweist er auf die Bedeutung Annas als Bewahrerin des kulturellen Erbes der Toskana, sie sei „eminently qualified, both in character and ability to govern the country well.“ Er kritisiert sogar, sie sei fast vollständig in Vergessenheit geraten: „Yet in the city which her action has thus enriched her very name is unknown. No statue of her adorns any of its open spaces; no gallery or museum of all those which she has to a great extent filled and protected from having their contents removed to other cities, has her name written over its doors or any bust or picture of her placed in honour on its walls.“ Vgl. Young 1909 [1920], S. 286, 483, 505. 156 Kühn-­Steinhausen 1939, S. 1. Ihre Biografie beginnt mit den Worten: „Wenn ein Geschlecht ausstirbt, wenn es erlöscht wie eine Flamme, dann bringt das letzte Aufzucken zuweilen noch einen hellen Glanz hervor, und oft ist es eine Frau – die letzte Tochter einer Reihe berühmter Ahnen –, in welcher noch einmal ein lichter Widerschein aufleuchtet.“ 157 Vgl. grundlegend die eingangs genannten Publikationen von Casciu zu unterschiedlichen Aspekten der Kunstpatronage von Anna de’ Medici in zahlreichen Aufsätzen, Ausstellungskatalogen und Monografien. Zu Bild und Mythos der Anna de’ Medici vgl. zuletzt Verga 2015, S. 347 – 371.

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begriffenen Nation erscheint die letzte Großherzogin, die ab 1717 im Schatten ihres vergnügungssüchtigen Bruders gestanden habe, nur noch als eine hoffnungslose, in Resigna­ tion verfallene alte Dame. Aus diesen Zuschreibungen kristallisiert sich jedoch unter Berücksichtigung zeitgenössischer Aussagen und Quellen im Laufe des 20. Jahrhunderts das Image einer „First Lady“ heraus, das sich insbesondere in Zusammenspiel mit den bildlichen Quellen erschließt und von den führenden Hofkünstlern proklamiert wurde. De Manzini-­Himmrich fasst das vielschichtige Bild der Kurfürstin in positiver Weise wie folgt zusammen: Die Kunstsammlerin, die Jägerin, die im Luxus schwebende absolutistische Herrscherin, die großzügige Mäzenin, die pflichtbewusste Kurfürstin, die Retterin vor den Franzosen, die fromme Palatina, die geschickt Eheschließungen betreibende Politikerin, die selbstbewusste Frau von Welt, die ironische Beobachterin ihrer Welt, die politische Strippenzieherin ­zwischen Katholiken und Protestanten, ­zwischen Düsseldorf, Wien und Florenz.158

Anna de’ Medici ist in der neueren, italienischsprachigen Geschichtsschreibung zumeist als „weise Prinzessin“ gewürdigt worden, deren großes Verdienst es gewesen sei, das kulturelle Erbe ihres Landes zu wahren. Anna konnte die staatspolitischen Erwartungen, die sich traditionell an die Aufgabe einer Herrscherin als Garantin für die Dynastie-­Sicherung knüpften, nicht erfüllen, was Autoren zumeist zu einem sentimental-­verklärten Bild Annas verleitet hat, die durch schicksalhafte Umstände die Dynastie der Medici nicht vor dem Untergang zu retten vermocht habe. In der Wahrnehmung ihrer Zeitgenossen erscheint sie jedoch als Idealbild einer Fürstin innerhalb eines vielschichtigen Handlungsfelds, das die Bereiche Kultur und Politik im weitesten Sinne umfasste. Dies belegen die bildlichen Zeugnisse ebenso wie zeitgenössische Aussagen, wie im Folgenden noch näher ausgeführt wird. Die theoretischen Auseinandersetzungen um die Rolle der Frau im höfischen Umfeld in Italien nahmen im 16. Jahrhundert ihren Anfang mit den Werken zweier Autoren, dem aus einer Mantuaner Adelsfamilie stammenden Baldassare Castiglione (1478 – 1529) und dem venezianischen Patrizier und späteren Kardinal Pietro Bembo (1470 – 1547). Castiglione spricht in seinem Il libro del Cortegiano (Über den Höfling) der „donna di palazzo“ gleichen Rang und ­gleiche Behandlung wie dem (männlichen) Höfling zu.159 Er fordert dennoch differenzierte Verhaltensweisen von Frau und Mann: die „donna di palazzo“ soll schön, bescheiden, ehrlich und aufrichtig – „bella, discreta, onesta, affabile“ – auftreten. Darüber hinaus erwartet er von ihr Kenntnisse in Literatur, Philosophie, Musik, Malerei und Tanz und die Erfüllung der Rolle einer guten Ehefrau und ­Mutter.160 158 De Manzini-­Himmrich 2009, S. 138. 159 Das Buch erschien 1528 in Venedig. Die Handlung spielt sich am Hof von Guidobaldo da M ­ ontefeltro und Elisabetta Gonzaga in Urbino ab. 160 „Ché ben bastar vi dovea far questa donna di palazzo bella, discreta, onesta, affabile e che sapesse intertenere senza incorrere in infamia con danze, musiche, giochi, risi, motti e l’altre cose che ogni dì vedemo che s’usano in corte.“ Zit. n.: Preti 1965, S. 226.

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Bembo zeichnet in seinem 1503 in Venedig erschienenen Prosawerk Gli Asolani, einer Erzählung in Dialogform, eine idealisierte Version des Hoflebens der verstorbenen Königin von Zypern, Caterina Cornaro (1454 – 1510), in Asolo auf dem venezianischen Festland: Drei junge Männer unterhalten sich in Gesellschaft dreier Hofdamen in einem Garten über die Liebe. Die Erzählung spannt sich über einen Zeitraum von drei Tagen; an jedem Tag präsentiert einer der Jünglinge sein Werk, in der Hoffnung auf Gunst und Anerkennung der Frauen. Castigliones und Bembos Schriften hatten wesentlichen Einfluss auf die spätere höfische Literatur in ganz Europa und trugen zu einem veränderten Rollenverständnis von Mann und Frau bei. Dies gipfelte im 17. Jahrhundert, als insbesondere ausländische Besucher die in schriftstellerischen und künstlerischen Werken zelebrierte Gelehrsamkeit italienischer Frauen hervorhoben.161 Einer der wohl präzisesten Beobachter Italiens zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Charles De Brosse (1709 – 1777), zeigte sich in seinen Lettres d’Italie beeindruckt, dass sich in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand eine Frau unter den vielen Männern befand. Es handelte sich dabei um Francesca Manzoni (1710 – 1743), die den Titel „Poet of the empress“ trug.162 Die venezianische Malerin Rosalba Carriera (1673 – 1757), die zahlreiche Porträts im Auftrag des Kurfürstenpaares schuf, darf als eines der prominentesten Beispiele weiblicher Auszeichnung gelten: Sie wurde 1705 als reguläres Mitglied in die Accademia di San Luca in Rom aufgenommen, obwohl Frauen von dieser Institution zu d ­ iesem Zeitpunkt noch offiziell ausgeschlossen waren.163 Das Bild von Anna als einer vorbildlichen, weiblichen Herrscherin lässt sich einbetten in die Debatten um eine Neudefinierung der Geschlechterrollen in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts.164 So schreibt Charles de Montesquieu (1689 – 1755) den Frauen im dritten Teil seines Werks L’Esprit des Lois (1748) aufgrund ihrer „sanften und ausgeglichenen Natur und ihrer vernunftgegebenen Urteilskraft“ im Gegensatz zum kriegerischen Wesen des Mannes ideale Voraussetzungen für ein gutes Regiment zu. Montesquieus Studie zielt auf jene Länder, in denen Frauen per Gesetz von der Thronfolge ausgeschlossen waren. Einzig Russland und England hebt er in positiver Weise als Staaten mit so genannter vernunftgemäßer Erbfolge hervor.165 Der Gegensatz von physischer Stärke des Mannes und 161 Beispielhaft dafür steht die Verleihung des ersten Doktortitels der Welt an eine Frau – 1678 von der Universität Padua – an die Philosophin und Theologin Elena Lucrezia (1646 – 1684), Tochter des Prokurators von San Marco, Giovanni Battista Cornaro Piscopia, vgl. Findlen 2009, S. 1 – 34. 162 Vgl. Cavazza 2009, S. 275 – 302. 163 Im Zuge der neu entflammenden Geschlechterdebatten zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde 1723 in der „Accademia dei Ricovrati“ (der späteren „Accademia galileiana di scienze, lettere ed arti“) die Frage neu verhandelt, ob Frauen die Möglichkeit zur Ausbildung gegeben werden sollte. Dies bezeugt das öffentliche Interesse am sozialen Status von Frauen und ihrem Platz in der Gesellschaft, vgl. Findlen 2009, S. 18 f. 164 Für eine Untersuchung der Geschlechterdebatten im frühneuzeitlichen Europa anhand von Fallbeispielen aus der Literatur-, Kunst- und Kulturgeschichte vgl. Engel / Hassauer / Rang / Wunder 2004 und Wunder 2002. 165 Vgl. Montesquieu 2011 [1748].

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physischer Schwäche der Frau solle mit Hilfe von einflussreichen Beratern aufgehoben werden. Die Vorzüge und Möglichkeiten weiblicher Herrschaft, die Montesquieu in seinem nur fünf Jahre nach dem Tod Annas de’ Medici im Jahr 1743 erschienenen Werk auslotet, rühren in vielerlei Hinsicht an das Problem der toskanischen Nachfolge, mit dem sich die Medici zu Beginn des 18. Jahrhunderts konfrontiert sahen. Vor ­diesem Hintergrund liest sich das Plädoyer Montesquieus für das Regiment von Frauen als Herrscherinnen wie eine Kritik am zeitgenössischen Reglement der toskanischen Erbfolge und verbindet sich mit den aufklärerischen Idealen auf der Schwelle zur Moderne.166 Das in den staatsphilosophischen Schriften postulierte Ideal der Gleichrangigkeit beider Geschlechter veranschaulicht der eingangs genannte Maler van Douven in einem 1708 angefertigten Doppelporträt des pfälzischen Herrscherpaares (Tafel 9). Dargestellt in vollem Ornat, thront Johann Wilhelm in hermelingefüttertem Mantel über der Rüstung und mit Allongeperücke neben seiner Frau, während er mit seiner Linken die auf einem roten Samtkissen platzierte Kaiserkrone umfasst und sich mit der Rechten auf ein Zepter stützt. Herrscherin und Herrscher nehmen jeweils ungefähr die Hälfte des Raums ein und sind durch leichte Schrägstellung einander zugewandt. Platziert auf einer Stufe vor Johann Wilhelm, verdeckt Anna de’ Medici sein linkes Bein mit ihrem üppig drapierten Gewand und überragt ihn leicht, unterstützt durch ihre hoch aufgetürmte Fontange. Sie ist von einer muschelartigen Lehne hinterfangen – Verweis auf ihre toskanische Herkunft und auf die Heimatstadt Botticellis und seiner Darstellung der Venus. Zusätzlich unterstreicht dies der Lorbeerzweig in ihrer Hand. Johann Wilhelm sind die Herrschaftsattribute Samtvorhang, Säule, Architektur sowie die zwei Kurhüte der Kurpfalz und Bayerns zugeordnet. Die Initialen auf dem Halsband seines Hundes „CP“ verweisen auf seinen Rang als „Comes Palatinus“. Anna sind Elemente der Natur beigegeben: Der Hintergrund öffnet den Blick auf eine italienische Landschaft mit Zypressen. Im Rückgriff auf traditionelle Elemente der Zuordnung von männlich geprägter Kultur und weiblich konnotierter Natur visualisiert der Maler die dynastische Kontinuität Wittelsbacher Herrschaft und die Darstellung Annas und Johann Wilhelms als Herrscherpaar auf Augenhöhe. Dies ist im Bildaufbau selbst angelegt: Durch das Format des Doppel­ porträts, durch die Hinwendung beider Figuren zueinander und durch ihre fast ­gleiche Höhe wird Gleichrangigkeit an der Spitze des Staats demonstriert. Der Maler adaptiert das thronende Sitzmotiv der Herrscherin, die mit einem hermelingefütterten, blauen Mantel und mit Gold durchwirktem Gewand aus Brokatstoff bekleidet ist, in gleicher Weise, wie es bereits im einige Jahre zuvor angefertigten Flora-­Porträt von Franchi angelegt worden war.167

166 Zum Begriff der Moderne in Bezug auf italienische Staatenbildung vgl. zuletzt Gavitt 2013. Der Autor setzt die Anfänge zur Bildung eines modernen Staates in der Toskana schon lange vor der Herrschaft des Hauses Habsburg-­Lothringen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts an. Für ihn stellt die „moderne Staatenbildung“, die ihren Ursprung im beginnenden 16. Jahrhundert habe, einen Prozess dar, der an die Ideale des Renaissance-­Staats anknüpfe: dynastisch, dezentralisiert und im Vergleich zu anderen europäischen Herrscherhäusern wie den Valois, politisch schwach. 167 Das fast ein halbes Jahrhundert später von Peter Kobler angefertigte Doppelporträt von ­Kaiser Franz Stephan und Kaiserin Maria Theresia von 1746, die als Herrscherpaar die Nachfolgeregierung

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Annas in den Bildvordergrund gerückte aufrechte Haltung und ihr offener, auf den Betrachter gerichtete Blick strahlen Erhabenheit aus, während sich Johann Wilhelm entspannt-­souverän gibt. Das Bildnis demonstriert klar Annas durch die Heirat mit Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz 1691 einhergehende Rangerhöhung von der Prinzessin der Toskana zur Kurfürstin von der Pfalz. Damit war sie mit allen Privilegien einer Regentin ausgestattet und ermächtigt, offiziell als Ko-­Regentin die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Sie war die letzte von drei Medici-­Fürstinnen, die als Souveränin an der Spitze eines deutschen Herrscherhauses stand.168 Dennoch suggeriert das Gemälde eine Verschiebung des herrscherlichen Gleichgewichts auf Kosten Anna de’ Medicis, da die drei Kronen eindeutig Johann Wilhelm zugeordnet sind. Möglicherweise versuchte der Maler durch die Platzierung Annas im Vordergrund und durch ihre leicht erhöhte Positionierung diesen Nachteil auszugleichen. Allerdings ist die Vermutung nicht auszuschließen, dass das Bildnis das Paradigma von gemeinsamer, gleichrangiger Herrschaft als einen Mythos entlarvt. Doch nur wenige Jahre später wurde Anna de’ Medici dazu bestimmt, die Regierungsgeschäfte qua Amt zu übernehmen. Am 26. November 1713, dem Todestag ihres älteren Bruders Erbprinz Ferdinando, setzte Cosimo III . seine Tochter in einem Motuproprio als Nachfolgerin ein und bestimmte sie zur Großherzogin der Toskana.169 Der Beschluss Cosimos III . war deshalb am nächsten Tag, am 27. 11. 1713, durch Senat und Rat von Florenz anerkannt worden. Auf Karl V. geht ein Erlass vom 28. Oktober 1530 zurück, der besagt, dass der Senat als Vertreter der Republik berechtigt sei, nach dem Aussterben der Medici einen Nachfolger zu wählen. Während der Regierungszeit von Cosimo III . existierten realiter der „Senat der 48“ und der „Rat der 200“, die ehemals Organe der Legislative und der Administrative darstellten; jedoch kamen ihnen keine selbstständigen Befugnisse mehr zu. Cosimo III . hatte den Rat nur einmal zusammengerufen, um die der Toskana angetreten hatten, zeigt die Dargestellten in ähnlich herrschaftlicher Pose. Es war als diplomatisches Geschenk an das Augustiner-­Kloster von St. Florian bei Linz übermittelt worden, wo es sich noch heute befindet. Die Darstellung von Macht drückt sich insbesondere in der spanischen Hoftracht des Herrscherpaars aus – eng anliegende, aus mehreren Lagen bestehende Spitze und äußerst fein ausgearbeitete Verzierung der Kleidung. Wie im Doppelporträt von van Douven nimmt jede Figur ungefähr die Hälfte des Raums ein, während sich z­ wischen ihnen auf einem Tischchen unterschiedliche Kronen befinden: die K ­ aiser-­Krone neben Franz Stephan und die ungarische, böhmische und weitere Kronen neben Maria Theresia, vgl. Yonan 2011, S. 31 f., Abb. , S. 31. 168 Vor ihr hatten nur zwei Medici-­Prinzessinnen in deutsche Fürstenhäuser eingeheiratet. Claudia de’ Medici (1604 – 1648), Tochter von Ferdinando I. und Christiane von Lothringen, hatte 1626 Erzherzog Leopold V. von Österreich-­Tirol geheiratet und war damit regierende Erzherzogin von Österreich und Landesfürstin von Tirol und Anna de’ Medici (1616 – 1676), Tochter Cosimos II. und Maria Magdalena von Österreich, war seit 1646 mit Erzherzog Ferdinand Karl verheiratet und regierte als Erzherzogin von Österreich. Zur Regentschaft Claudia de’ Medicis vgl. Weiss 2004 und dies. 2011. 169 „Ragguaglio del negoziato fatto dal Senato fiorentino per l’ammasculamento della Ser.ma Elettrice Palatina“, in: ASF, MM 502, ins. 4, fol. 70 – 82.

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Bestätigung jenes Dekrets zu erlangen, mit dem die Erbfolge durch seine Tochter geregelt werden sollte. Dies wurde jedoch durch den römisch-­deutschen ­Kaiser Karl VI. (1685 – 1740) nicht anerkannt. Nach gescheiterten Verhandlungen ­zwischen den ­europäischen Großmächten sollte die Nachfolge auf dem Thron der Toskana zunächst durch den spanischen König Karl III . (1716 – 1788) besetzt werden, der von 1735 bis 1759 als Carlo V. von Sizilien bzw. Carlo VII . von Neapel und Sizilien und von 1759 bis 1788 als Carlos III . von Spanien regierte.170 Die hohe Wertschätzung, die Cosimo III . seiner Tochter entgegenbrachte, bezeugt auch der ihr verliehene Titel „Ihre kurfürstliche Gnaden von der Pfalz“. Cosimo verfügte, dass Anna nach seinem Tod den Thron besteigen solle, falls auch ihr jüngerer Bruder Gian Gastone keine männlichen Nachfahren zeugen würde. Dies war aufgrund der Trennung von dessen ungeliebter Frau Anna Maria Franziska von Sachsen-­ Lauenburg (1672 – 1741) kaum zu erwarten. Die Dynastie-­Sicherung der Medici stand auf dem Spiel. Mit Hochdruck arbeitete das in enger, klientelärer Verbindung mit dem Medici-­Hof stehende Florentiner Patriziat, das seine von der Regierung unabhängige Position in Gefahr sah, an einer Lösung zur Regelung der Nachfolge. Es unterstützte Cosimos III . Anliegen, alle Gesetze zu annullieren, die der weiblichen Nachfolge auf dem großherzoglichen Thron entgegenwirkten. Zum engsten Beraterkreis gehörten Carlo Rinuccini (1679 – 1748), Neri Corsini (1685 – 1770), sein Bruder Bartolomeo Corsini (1683 – 1752) und Federico de’ Ricci, die sich dafür eingesetzt hatten, die alte republikanische Regierungsform in Florenz wieder­herzustellen, um die Autonomie der Toskana zu sichern.171 Jedoch erhoben die Herrscherhäuser Bourbon und Habsburg Ansprüche auf die Toskana. So sollte im Sinne der europäischen Großmächte ursprünglich Don Carlos von Bourbon (1716 – 1788), Infant von Spanien und später König Karl III . von Spanien, 1731 die Nachfolge Gian Gastones auf dem großherzoglichen Thron antreten.172

170 Vgl. Lankheit 1988, S. 17 – 19. Das Dekret ­Kaiser Karls VI., mit dem er am 25. Mai 1714 Widerspruch gegen Cosimos Beschluss einlegte, befindet sich in ASF, MM 594, ins. 3. 171 Dies bestätigt die folgende Aussage von Rinuccini, in der er die Nominierung Annas zur Großherzogin verteidigte und für eine Rückkehr zur alten Regierungsform plädierte: „Ho sempre creduto che il Governo della Serenissima Elettrice possa essere sommamente utile e applaudito in codesto Paese, purche si abbia cura di stabilirlo secondo le leggi, e costituzione del nostro Governo. Per dopo la morte di essa V. A. R. piu di una volta si è degnata scrivermi in Olanda che bisognava restituire al Paese quello del quale il Paese si era volontariamente spogliato per esaltare la casa di V. A. R. Il padre di V. A. R. e molti dei suoi antecessori sono stati di questo sentimento, ed hanno creduto che il Paese dovesse ripigliare il suo antico Governo […].“ Zit. n.: Galluzzi 1781 [1822], S. 13. Zu Neri Corsini (1685 – 1770), Neffe von Papst Clemens XII. Corsini, unterhielt Anna de’ Medici engen Kontakt. Dies ist durch mehrere Besuche des Kardinals in Florenz, zuletzt 1740, dokumentiert. Zu den engen Beziehungen z­ wischen Rom und Florenz und z­ wischen Neri Corsini und Anna de’ Medici im Speziellen vgl. Ciletti 1988. 172 Vgl. zuletzt Verga 2015, und ders. 2003

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Schon am 25. Mai 1714 hatte sich K ­ aiser Karl VI. von Wien aus in einem Brief gegen die Nominierung Annas zur Großherzogin mit der Begründung ausgesprochen, dass die Toskana unter dem Einflussbereich des Heiligen Römischen Reiches stehe. Auch Gian Gastone erkannte den Beschluss seines Vaters und des Senats nicht an, und so brachte der Tod Cosimos III. 1723 nicht Anna, sondern ihren jüngeren Bruder an die heiß umkämpfte Spitze des toskanischen Staates. Als Entschädigung für die Missachtung der Nominierung Anna de’ Medicis wurden ihr zahlreiche Privilegien einer Regentin eingeräumt. So wurde ihr von Don Carlos das Recht zuerkannt, Zeit ihres Lebens offiziell den Titel „Großherzogin“ („Sua Altezza Reale“) zu führen.173 Dies war mit einer zusätzlichen Bestimmung verbunden, die Anna nicht nur dem Titel nach, sondern auch in der Praxis als Herrscherin anerkannte: Im Falle der Minderjährigkeit von Don Carlos zum Zeitpunkt des Todes von Gian Gastone wäre sie befugt gewesen, die Regentschaft zu übernehmen.174 Don Carlos gewährte Anna Maria Luisa in einem im Juli 1731 in Florenz unterzeichneten Pakt eine Reihe von Ehrungen. Dieser sah im Wesentlichen vor, dass die Bourbonen die bestehende Regierungsform anerkennen würden und die Toskana in wirtschaftlichen, zivilen und rechtlichen Belangen respektieren würden.175 Gian Gastone merkte sogar an, dass es weder opportun sei, Anna Maria Luisa lediglich den Titel einer Großherzogin zu verleihen, ohne dass sie in Regierungsfragen eingebunden wäre, noch sei es für den Florentiner Staat von Vorteil, allein von einem jugendlichen und zudem ausländischen Herrscher gelenkt zu werden, der nur mangelnde Kenntnisse über Verfassung und Struktur der Regierung besitze.176 Infolge dessen wurde Anna Maria Luisa das Recht zugesprochen, im Namen des Infanten alle Regierungsposten im Bereich des Zivilen und der Wirtschaft zu besetzen, sowie alle Posten innerhalb der kirchlichen Besitztümer der Medici und des gesamten Staates zu verwalten.177 Zu dieser Form der Regierungsübernahme sollte es jedoch nicht kommen, denn ab 1735 regierte Karl III . als Carlo V. von Sizilien und ab 1759 als Carlo VII . von Sizilien

173 „[…] che debba ella assumere e ritenere sua vita durante il titolo di granduchessa, con tutti gli onori e prerogative che anno avuto goduto le altre granduchesse, e specialmente quella di essere decorosamente mantenuta colla sua corte a pubbliche spese.“ ASF, MdP 2713, Memorie, ins. 2; zit. n.: Verga 2015, S. 353. 174 „[…] possa e debba Sua Altezza Elettorale prendere e assumere il governo e la sovranità in nome del Serenissimo Infante allora Granduca e ritenerla fino alla di lui venuta […] avere il governo a titolo di reggenza e di tutrice, come pure che sia confidata a S. A. Elettorale la reggenza della Toscana in tutte le occasioni nelle quali il principe divenuto Gran Duca e maggiore si trovasse assente da questi stati.“ ASF, MdP 2713, Memorie, ins. 2; zit. n.: Verga 2015, S. 353. 175 Vgl. ebd. 176 „[…] non pare sia di convenienza che ella resti in qualitá di privata colla sola onoranza del titolo di granduchessa, ne può essere confacente al bene dello stato che un sovrano giovanetto e forestiero non informato della nostra costituzione dei nostri usi e molto meno del merito e del demerito dei suoi sudditi, non abbia chi lo assista e consigli in modo che questi popoli siano governati con equità e giustizia.“ In: ASF, MdP 2713; zit. n.: Verga 2015, S. 353. 177 Vgl. Verga 2015, S. 354.

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und Neapel. Diese Gebiete hatten zuvor unter habsburgischer Herrschaft gestanden. Im Gegenzug für diesen Gebietsverlust der Habsburger belehnte der römisch-­deutsche K ­ aiser Karl VI . per Dekret vom 24. Januar 1737, dem Todesjahr Gian Gastones, den Herzog Franz Stephan von Lothringen (1708 – 1765), Ehemann von Karls Tochter, der späteren Herrscherin Maria Theresia, mit der Nachfolge der Toskana.178 Dennoch griff Anna de’ Medici nach ihrer Rückkehr aus Düsseldorf – bereits vor dem Einzug Franz Stephans und Maria Theresias in Florenz – aktiv in die Regierungsgeschäfte ein. So richtete sie 1732 für den spanischen Infanten Don Carlos, damals Herzog von Parma, das Zeremoniell für dessen Staatsbesuch in Florenz aus, ein Akt von besonderer staatspolitischer Bedeutung.179 Die Tatsache, dass sich die europäischen Herrscherhäuser mit dem Haus Habsburg, einer der mächtigsten Dynastien dieser Zeit, in Regierungsfragen durchsetzten und Anna dadurch die Übertragung der Regentschaft als Großherzogin verwehrt blieb, zeigt, dass die Befähigung zur Regierungsausübung nicht unbedingt an Geschlechterfragen gebunden war, sondern vielmehr politischem Kalkül entsprang. Mit Ausnahme einzelner Gesetze, die Frauen aufgrund ihres Geschlechts bei der Regentschaft nicht berücksichtigten – so schloss das salische Recht in Frankreich Frauen von der Thronfolge aus 180 –, gibt es ­zahlreiche Belege für die Herrschaft von Frauen im Italien der Frühen Neuzeit.181 ­Beispielhaft ­hierfür 178 Franz Stephan, der zusammen mit seiner Frau, Maria Theresia von Österreich (1717 – 1780), die Toskana ab 1737 als Satellitenstaat von Wien aus regierte, hatte schon zu Beginn des Jahres, noch zu Lebzeiten von Gian Gastone, kaiserliche Truppen nach Florenz vorausgeschickt und durch Marc de Beauvau, Prinz von Craon, seine Rechte über sein neues Territorium proklamiert. Der Vertrag wurde in Folge der Erbauseinandersetzungen mit der Nachfolgeregierung von Franz Stephan von Lothringen abgeschlossen. Franz Stephan verzichtete zugunsten des polnischen Königs Stanislav Leszczynski auf Lothringen und wurde im Gegenzug als Großherzog der Toskana eingesetzt, vgl. Verga 2015, S. 355. 179 Kühn-­Steinhausen bezeugt eine weitere Teilhabe Annas an den Regierungsgeschäften, insbesondere nach dem Tod Gian Gastones: die Wahl des Bischofs von Pescia und Ernennungen von Beamten, vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 106, 109. 180 Die „Lex Salica“ wurde 507 – 511 verfasst und schloss seit dem 14. Jahrhundert Frauen von der Thronfolge in Frankreich aus, auch wenn kein männlicher Thronfolger lebte, vgl. Viennot 2006. Im lat. Original lautet der Passus des Gesetzestextes (Pactus legis Salicae 59, § 6): „De terra autem Salica nulla in muliere hereditas est, sed ad virilem sexum, qui fratres fuerint, tota terra pertineat.“ Vgl. Eckhardt 1962, S. 223. In Frankreich konnte jedoch in Ausnahmefällen wie beispielsweise bei Minderjährigkeit des Thronfolgers die Regentschaft stellvertretend durch die M ­ utter übernommen werden, falls kein direkter männlicher Verwandter gemäß der Hierarchie der Thronfolge vorhanden war. Dennoch gelang es Witwen französischer Könige, die Regierung nach dem Tod des Ehemanns zu übernehmen, beispielhaft Caterina und Maria de’ Medici. Dieses Recht galt in Frankreich bis zur Konstitution von 1791. Gaehtgens untersucht anhand ausgewählter Porträts französischer Regentinnen vom 14. – 17. Jahrhundert die Darstellung der Königin­witwe und die Proklamierung eines Idealbildes als fürsorgliche Landesmutter, vgl. Gaehtgens 2011, und dies. 1995, S. 64 – 78. 181 Vgl. Rogers / Tingali 2005. Der Band stellt eine Quellensammlung dar, die unterschiedliche Texte (Briefe, Traktate, Gedichte) von italienischen Autoren und Autorinnen vereint, die ein Licht

72 |  Bild und Mythos

steht die stellvertretende Regierungsübernahme durch Maria Gonzaga (1609 – 1660), Herzogin von Mantua und verheiratet mit Carlo Gonzaga, die nach dessen Tod Regentin des Herzogtums wurde. 1638 übernahm sie durch vertragliche Regelung mit Philipp IV. von Spanien (1605 – 1665) die Vormundschaft für dessen Sohn Karl II. Maria (1661 – 1700), den späteren König von Spanien. Auch Anna Isabella Gonzaga (1655 – 1703) leitete ab 1678, als Mantua belagert wurde und der Herzog und seine Minister flohen, an der Seite ihrer ­Mutter, Margherita d’Este (1619 – 1692), die politischen Geschicke des Herzogtums Mantua und Monferrato und übernahm die Regierungsgeschäfte.182 In vergleichbarer Situation wie die Medici in Florenz befand sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts die italienische Adelsfamilie Farnese, die ebenfalls vor dem Aussterben stand. Elisabetta Farnese (1692 – 1766), seit 1714 mit dem spanischen Bourbonen-­König Philipp V. (1683 – 1746) verheiratet und von 1714 – 1764 Königin von Spanien, wurde offiziell als Thronerbin des Herzogtums Piacenza und Parma eingesetzt, als ihr kinderloser Onkel Antonio Farnese, der letzte männliche Stammhalter, 1731 starb. Das Herzogtum ging jedoch im selben Jahr an ihren ältesten Sohn Karl III . (1716 – 1788) über. Wie Anna de’ Medici hätte Elisabetta Farnese als legitime Thronerbin das Herzogtum regieren können, wenn dies nicht durch politisch intrigante Machtkonstellationen verhindert worden wäre.183 Anna de’ Medici wäre dem testamentarischen Willen ihres Vaters zufolge als erste und letzte Medici-­Erbin nicht mittels Heirat, sondern durch offizielle Legitimation des Florentiner Senats als Großherzogin der Toskana in die Geschichte eingegangen. Als bedeutendster staats- und kulturpolitischer Akt in der Familiengeschichte der Medici gilt jedoch der im Jahr der Regierungsübernahme durch Habsburg-­Lothringen am 31. Oktober 1737 als Familienpakt (Patto di famiglia) geschlossene Vertrag z­ wischen auf die Rolle der Frau in der italienischen Gesellschaft des 14. – 17. Jahrhunderts werfen. Die Quellen sind nicht im Original abgedruckt, sondern nur in freier englischer Übersetzung der Autoren. Die ältesten Beispiele von Regentinnen reichen bis in die Antike zurück. Für Guerra Medici wurzeln die Ursprünge des modernen italienischen Staats in der Antike, wo ­zwischen „res publica“ und „res familiaris“, Aufgaben, die dem öffentlichen und privaten Interesse oblagen, unterschieden wurde. Sie untersucht dabei insbesondere die Rolle der Frau und legt dar, dass der Kaisergemahlin im Römischen Reich die Rolle der „Augusta“ zukam. Ihr wurden alle herrscherlichen Privilegien eingeräumt, darunter auch diejenigen, Gesetze zu erlassen. Früheste Beispiele für die Verleihung des Titels „Augusta“ sind Annia Galeria Faustina (gest. 141 n. Chr.) und ihre Tochter Annia Galeria Faustina (Faustina minore, 125/30 – 176). Der Titel galt als Pendant zum männlichen Titel „Augustus“ und war Bestandteil der Kaisertitulatur. Im Byzantinischen Reich wurden die Rechte der Ehefrauen noch verstärkt, indem festgelegt wurde, dass die mit „Augusta“ Betitelte nicht nur die „legibus solutus“ verkörperte, sondern dass der Herrscher ihr dieselben Privilegien übertragen konnte, die ihm selbst auch zukamen, vgl. Guerra Medici 2005, S. 27 f. 182 Vgl. ebd., S. 200 – 203. Für eine Zusammenschau weiterer Regentinnen aus dem italienischen, spanischen und deutschsprachigen Raum vom 4. – 20. Jahrhundert vgl. ebd., S. 247 – 270. Zur Regelung der Thronfolge bei Fehlen eines männlichen Thronerbens im italienischen Sei- und Settecento vgl. Spagnoletti 2008, S. 13 – 34. 183 Vgl. Spagnoletti 2008, S. 31.

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Anna de’ Medici und der neuen Herrscherfamilie der Toskana. Der Vertrag markiert den Beginn des Mythos von Anna de’ Medici als einer generösen Mäzenin, die durch Schenkung der Medici-­Kunstsammlung und der in den Residenzen und Palästen befindlichen Möbel und Schätze den Grundstein für die Uffizien als öffentliches Museum gelegt hat. Eine viel zitierte, zentrale Stelle lautet:184 La Serenissima Elettrice cede, dà, e trasferisce al presente a Sua Altezza Reale per lui, e i suoi successori Gran Duchi, tutti i Mobili, Effetti e Rarità della successione del Serenissimo Gran Duca suo Fratello, come Gallerie, Quadri, Statue, Biblioteche, Gioie, ed altre cose preziose, siccome le Sante Reliquie e Reliquiari, e i loro Ornamenti della Cappella del Palazzo Reale e che Sua Altezza Reale s’impegna di conservare, a condizione espressa che di quello è per ornamento dello Stato, e per utilità del Pubblico, e per attirare la curiosità dei Forestieri, non ne sarà nulla trasportato, o levato fuori della Capitale, e dello stato del Gran Ducato.185

Dieser Passus, der besonders auf die Kunstwerke abzielt, die der „Zierde des Staates“ und dem „Nutzen für die Öffentlichkeit“ dienen sollten, wurde oftmals herangezogen, um die außerordentliche Bedeutung Annas als Bewahrerin des Medici-­Erbes hervorzuheben, die im Sinne des Gemeinwohls für das Volk gehandelt habe. Federführend in der Ausarbeitung des Vertrags war Carlo Rinuccini, der zu den mächtigsten Beratern von Anna de’ Medici gehörte. Er stand der Herrscherin schon in ihrer Düsseldorfer Zeit beratend zur Seite und vertrat die Interessen der Großherzogin vor Marc de Beauvau, Prinz von Craon, dem Berater des Großherzogs Franz Stephan von Lothringen. Erst nachdem im Zuge dieser Verhandlungen sichergestellt worden war, dass das Medici-­Erbe nicht aus der Toskana geschafft werden dürfe, nominierte Anna de’ Medici den Habsburger zum Großherzog und Nachfolger der Toskana. Damit vertrat Rinuccini auch die Interessen des Florentiner Patriziats, das die Autonomie des Großherzogtums in Gefahr gesehen hatte. Ein Schlüsselbegriff in dem Vertrag stellt die „utilità del Pubblico“ dar. An ­welche Öffentlichkeit richtete sich der Vertrag konkret? Ein Blick in Annas Testament von 1739 liefert genauere Anhaltspunkte.186 184 Vgl. Ciletti 1997, S. 227 – 236. 185 Zit. n.: Casciu 2015, S. 324. „Die Großherzogin vermacht, übergibt und vermittelt Ihrer anwesenden großherzoglichen Hoheit, dem Thronfolger und den ihm nachfolgenden Großherzögen alle Möbel, persönlichen Besitz und Raritäten aus dem Besitz des Großherzogs der Toskana, ihrem Bruder; dies sind Galerien, Bilder, Statuen, Bibliotheken, Schmuck und andere Pretiosen, wie etwa die heiligen Reliquien und Reliquiare, sowie die Ausschmückung der Kapelle des großherzoglichen Palastes [Palazzo Pitti], verbunden mit der Forderung, dass Seine Hoheit diese bewahre und dass diese ausdrücklich zur Zierde des Staates, zum Nutzen der Öffentlichkeit und als Publikums­magnet ausländischer Besucher dienen und dass nichts aus Florenz und dem Großherzogtum Toskana heraus­geschafft werden solle.“; vgl. auch das vollständige Transkript einer italienischen Abschrift des Familienpakts im Quellenanhang, Dokument 1a. 186 Das am 5. April 1739 angefertigte und bis 1743 erweiterte Testament und mehrere Abschriften befinden sich im Staatsarchiv von Florenz: ASF, Trattati internazionali, LXII/I, Testamento del 5 aprile 1739, cc. 37+1, und in Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv; Fondo della famiglia Lorena;

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Aus d ­ iesem geht hervor, dass sie ihren engsten Beraterkreis, insbesondere das Florentiner Patriziat, sowie viele K ­ irchen und Konvente mit Geschenken in Form von Geld und kostbaren Gegenständen und Kunstwerken bedachte. Dies bedeutete, dass sie die weltliche und geistliche Elite von Florenz symbolisch und materiell an das Medici-­Erbe und an Florenz band. Es bezeugt, dass der Akt der Schenkung der Großherzogin an den Erhalt der Werte jenes kulturellen Erbes geknüpft war, das ein Fortbestehen der Dynastie – auch nach deren Aussterben – sicherstellte. Dabei diente das Medici-­Erbe als Garant von Florenz als einem autonomen Staat, in Abgrenzung zur Herrschaft Habsburg-­Lothringens. Dies konnte nur durch die Bindung des Patriziats an die Medici und durch eine systematische Formierung der reichen Kunstsammlung gelingen, die durch die enge Medici-­Entourage weitergetragen wurde. Anna de’ Medici hebt dabei besonders auf den kulturellen und politischen Wert der Kunstsammlung ab. Diese verweist einerseits auf (retrospektive) Memoria, kann jedoch gleichzeitig als prospektive Investition in die Zukunft gedeutet werden, die auf die Zeit nach dem Ende der Dynastie abzielt. Die Publikation des Werks „Museo Fiorentino“ von 1728 des Senators Filippo Buonarroti, die maßgeblich von Neri und Bartolomeo Corsini gefördert wurde, steht exemplarisch für diese Bestrebungen. Ziel ­dieses Werks war eine Zusammenschau und Dokumentation aller antiken Objekte, die sich in den Florentiner Sammlungen befanden, vor allem in den Uffizien.187 Vor d ­ iesem Hintergrund ist auch die oben genannte Publikation von Bianchini als Lobpreis der glorreichen Medici-­Vergangenheit und von Florenz als einem „neuen Athen“ zu verstehen, in dem das kulturelle Erbe als aufs Engste mit der Stadt und dem Florentiner Adel verknüpft dargestellt wird.188 In d ­ iesem Sinne ist die Schenkung nicht nur als großzügige Lothringisches Hausarchiv (Lettera del Conte di Richecourt a Francesco Stefano). Es ist vollständig abgedruckt in: Valentini 2006. Die Testamentseröffnung fand am 5. April 1739 statt. Notar war Jacopo di Giovanni Venceslao da Vinci und Testamentsvollstrecker Jacopo Niccolò Guidicci, der Sekretär von Anna de’ Medici. Sie verfügte, in der Familienkapelle von S. Lorenzo in Florenz unter einer schlichten Bodenplatte mit minimalem Prunk beigesetzt zu werden: „[…] al di Lei cadavere si dia sepoltura nella venerabile Chiesa di San Lorenzo nella Cappella della Sua Regia Famiglia, in un deposito simile agl’altri e che l’accompagnamento e funerale si faccia col minor fasto e nel modo e forma che destinera il Serenissimo Gran Duca regnante, con che si faccino i soliti bruni a tutta la famiglia, tanto della sua corte nobile che inferiore, nel modo consueto che è stato praticato finora da suoi reali predecessori e Principi della sua Casa.“ 187 Zur Bedeutung der Antiken unter Anna de’ Medici und der führenden Rolle des Florentiner Patri­ ziats bei der Neuordnung der Antiken vgl. ausführlicher Kap. 4.4. 188 In ­diesem Zusammenhang steht auch die Vielzahl an Publikationen, die zu Beginn der 1720er Jahre zur Geschichte von Florenz neu herausgegeben wurden und mit denen sich die Medici auf ihre etruskische Vergangenheit beriefen, um damit ihre politische und kulturelle Vormachtstellung zu behaupten. Auf diesen Aspekt kann im Rahmen der Arbeit nicht näher eingegangen werden. Es sei hier lediglich auf die wichtigsten Werke verwiesen. Zu diesen zählt die Publikation des 1625 verstorbenen schottischen Altphilologen Thomas Dempster De Etruria regali Libri Septem (1723 – 24), eine der ersten systematischen Untersuchungen der etruskischen Kultur, die der Autor z­ wischen 1616 und 1619 verfasst hatte, und Benedetto Varchis (1502 – 1565) erstmals 1721 in gedruckter Version erschienenes 16-bändiges Werk Storia Fiorentina zur Erforschung der Geschichte des Florentiner

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Geste an die „Öffentlichkeit“ – einheimische Bevölkerung und Touristen – zu verstehen, sondern als kalkulierter, politisch motivierter Akt, mit dem Anna de’ Medici ihre Handlungsfähigkeit als – wenn auch nur nominelle – Großherzogin unter Beweis zu stellen vermochte. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die schicksalhaften Wendungen der Toskana mit Anna de’ Medici als Protagonistin, die sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts zugespitzt hatten, sowohl Zeitgenossen Annas als auch Historiker des 20. Jahrhunderts zu Aussagen veranlassten, die ein gleichermaßen vielschichtiges wie widersprüchliches Bild von der historischen Persönlichkeit entstehen lassen: Es reicht von Idealisierung bis hin zu Stigmatisierung. In seinem Flora-­Porträt von 1687 greift Franchi auf eine Ikonografie zurück, die auf eine Inszenierung Annas als souveräner Herrscherin abzielt und bei der sich profane, heroisch-­ antikisierende Elemente mit religiösen verbinden. Zentral ist die Berufung auf ihre antichità, ihre noble Herkunft als toskanischer Prinzessin, wie es in Bianchinis Lobschrift leitmotivisch angelegt war: Anna als Verkörperung von Florenz und Florenz als neues Athen. Die im Franchi-­Porträt angelegte Imago von Anna als Flora und Madonna, Göttin und Heiliger, verweist auf das gottgegebene Recht der Medici zur Regierung („religio regis“). Damit rückt die Darstellung in die Nähe des Bronzino-­Porträts von Eleonora. In Rückgriff auf diese Ikonografie wird Anna als ‚neue Eleonora‘ inszeniert, die an die prosperierende, glückliche Zeit unter der Herrschaft der ersten Großherzogin der Toskana an der Seite von Cosimo I. de’ Medici anknüpfen und als Herrscherin beispielhaft für den Beginn einer neuen Zeit stehen soll. Zwei weibliche Herrscherinnen bildeten die Pfeiler eines dynastischen Regiments, unter dessen Ägide sich die Kunstsammlung der Dynastie zu einer der bedeutendsten der Welt entwickelte. Eleonora hatte durch ihre umfangreiche Mitgift von 80.000 Dukaten, die sie in die Ehe eingebracht hatte, die Etablierung des Medici-­Hofs 16. Jahrhunderts. Ursprünglich war es von Cosimo I. in Auftrag gegeben worden. Der Ausgabe ist die Vita Benedetto Varchis vorangestellt, die von dem Geistlichen Don Silvano Razzi verfasst wurde. Gewidmet ist sie Bischof Bernardo de Medici (1476 – 1552). Außerdem erschien die vierte Ausgabe des Vocabolario della Accademia della Crusca, die z­ wischen 1729 und 1738 in sechs Bänden von Domenico Maria Manni herausgegeben wurde. Sie war Gian Gastone de’ Medici gewidmet. Die vorangegangene dritte Edition war Cosimo III. gewidmet und kam 1691 heraus. Das Wörterbuch war Teil dieser Strategie und sollte den Vorrang der toskanischen Sprache herausstellen. Zu den einzelnen Editionen vgl. die Website der Accademia della Crusca: http://www.­accademiadellacrusca. it/it/laccademia/storia [eingesehen am 31. 10. 2017]. Die Herausgabe dieser Schriften zielte insbesondere auf die Verteidigung der „libertas Florentiae“ ab. Diese waren Instrumente zur Verteidigung der Toskana als eines autonomen Staates gegen die Machtansprüche europäischer Großmächte, vor allem der Nachfolgeregierung der Habsburger. Vor ­diesem Hintergrund sind auch die Kunstaufträge Annas de’ Medici zu verstehen. Schon zu Beginn des Medici-­Prinzipats in der Mitte des 16. Jahrhunderts beriefen sich die Medici auf ihre etruskische Vergangenheit, vgl. hierzu ausführlich Gáldy 2009, S. 117 – 197. In ­diesem Zusammenhang spielt die Auffindung der bronzenen Chimäre 1553 in Arezzo eine besondere Rolle, die als Beweis für die etruskischen Ursprünge der Toskana angesehen wurde und von Cosimo I. sogleich als Symbol der Größe und Überlegenheit von Florenz – auch in Abgrenzung zur römischen Lupa und zum geflügelten Markuslöwen in Venedig – instrumentalisiert wurde. Cosimo selbst inszenierte sich in Rückgriff auf die antike Vergangenheit in bildlichen Darstellungen und Texten als Augustus, vgl. Gáldy 2009, S. 124 – 132.

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überhaupt erst ermöglicht. Anna de’ Medici gelang es auf der Grundlage des Familienpakts, das gewaltige Medici-­Erbe zu sichern und als Initiatorin und Bewahrerin die Dynastie zu einem Höhepunkt der fürstlichen Herrschaft zu führen. Bei dem Bildnis handelt es sich um ein Herrschaftsporträt, das die Erhebung Annas auf den großherzoglichen Thron antizipiert. Es vereint Elemente aus der Florentiner Renaissance und des Barock mit zeitgenössischen Elementen der Hofmalerei des Spätbarock am Medici-­Hof: antiker Mythenbezug als Fundament und Symbolreservoir für das Großherzogtum Toskana am Ende des Ancien Régime und Beginn einer neuen, prosperierenden Herrschaft unter der Obhut Anna de’ Medicis. Dass nicht sie, sondern ihr Bruder Gian Gastone letztendlich den großherzoglichen Thron bestieg, ist vermutlich nicht ihrer vermeintlich schwachen Position, wie sie etwa durch Gian Gastone propagiert wurde, zuzuschreiben. Die Tatsache, dass sich das österreichische Kaiserhaus mit seiner Nominierung durchgesetzt hatte, lässt eher darauf schließen, dass mit ihm ein schwächlicher und wenig an Regierungsfragen interessierter Kandidat auf den Thron gehievt werden sollte, der zudem nicht wie seine Schwester über ein internationales Profil verfügte und von dem keine Machtansprüche an die europäischen Dynastien zu erwarten waren. Zudem zeichnete sich ab, dass dieser aufgrund seiner vielen Krankheiten ohnehin bald sterben würde. Gian Gastone setzte als Großherzog zwar einige Neuerungen im Bereich der Innenpolitik durch, wie beispielsweise Steuererleichterungen, die der Toskana vorübergehenden Wohlstand brachten, verfügte jedoch weder über die geistige noch die physische Kraft, um die Interessen der Toskana auf dem Parkett der internationalen Politik gegenüber den europäischen Großmächten durchzusetzen.189 Anna hingegen brachte alle Voraussetzungen einer Großherzogin mit, wie es die bereits erwähnten zeitgenössischen, schriftlichen Quellen bestätigen. Als 56-jährige Witwe befand sie sich für das beginnende 18. Jahrhundert zwar schon in einem eher fortgeschrittenen Alter, doch ihre robuste Gesundheit ließ eine lange Lebensdauer erwarten. Außerdem hatte sie nicht nur Erfahrung als Regentin an der Seite ihres Mannes in Düsseldorf gesammelt, sondern verfügte zudem über ein weit verbreitetes Netzwerk zu den führenden europäischen Herrscherhäusern und dem Papsthof in Rom. Dass sich das Franchi-­Porträt ursprünglich im Audienzsaal des Palazzo Pitti befand und heute im Eingangsbereich der Uffizien hängt, unterstreicht die Rolle Annas als Hüterin des kulturellen Erbes der Toskana. Das Flora-­Bildnis ist somit eng mit jenen Prämissen verknüpft, die sich an seinen heutigen Aufhängungsort binden, die Florentiner Uffizien, für die Anna de’ Medici den Grundstein gelegt hatte: Es steht für den Wandel von einer fürstlich-­repräsentativen Sammlung zu einem staatlichen Museum. An der ‚Biografie‘ des Porträts lassen sich somit auch Prozesse einer Demokratisierung der Kunst ablesen. Ebenfalls zeigt sich diese zukunftsweisende Ausrichtung an Gebäude und Sammlungspräsentation des Düsseldorfer Kunsthauses. Welchen Anteil Anna an Aufbau und Display der Sammlung hatte und wie sich ihre Imago innerhalb d ­ ieses konzeptuellen Rahmens einfügte, soll im folgenden Kapitel ausgeführt werden.

189 Vgl. Urbani 2008, S. 100.

3 Anfänge des öffentlichen Museums: Das Düsseldorfer Kunsthaus

Das bereits im 18. Jahrhundert zerstörte Düsseldorfer Kunsthaus ist aus zwei Gründen von zentraler Bedeutung für die moderne Museumsforschung.190 Es handelte sich nicht nur um den ersten eigenständigen Museumsbau in Deutschland, sondern es beherbergte zu Beginn des 18. Jahrhunderts darüber hinaus eine der bedeutendsten europäischen Sammlungen von Gemälden, Kleinbronzen und Abgüssen antiker Statuen.191 Aufgebaut wurde es von Johann Wilhelm von der Pfalz und seiner Gemahlin Anna de’ Medici. Die dynastische Verbindung des kurpfälzischen Hofs mit einem der mächtigsten europäischen Herrscherhäuser war von eminenter Bedeutung für die Residenzstadt am Rhein, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts an politischem Einfluss verlor, und stand gleichermaßen für den sozialen Aufstieg und Prestigegewinn Johann Wilhelms. In Florenz geboren und aufgewachsen, lebte Anna de’ Medici 26 Jahre am Düsseldorfer Hof und trug maßgeblich zu dessen künstlerischem Aufschwung bei. Um ihren Status als Kurfürstin am Wittelsbacher Hof zu demonstrieren, bediente sie sich unterschiedlicher Mittel. Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt, formte Anna de’ Medici ein spezifisches Image von sich als Herrscherin, in dem sich traditionelle, an mythologisch-­heroisierender Symbolik ausgerichtete Elemente mit zeitgenössischen Vorstellungen verbanden. Eine entscheidende Rolle spielten hierbei die am Düsseldorfer Hof angestellten Hofkünstler, insbesondere der niederländische Maler Adriaen van der Werff. Einige seiner bedeutendsten Bildnisse hingen im Düsseldorfer Kunsthaus, dessen Sammlung weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt war. Die Schlüsselrolle, die dem Bau zukommt, wurde zwar längst erkannt, doch fehlt bisher eine eingehende Untersuchung über die Bedeutung von Anna de’ Medici bei der Konstituierung der Sammlung hinsichtlich ihrer staatstragenden Funktion am Vorabend der Aufklärung. Vor ­diesem Hintergrund soll die ursprüngliche Hängung unter dem Kurfürstenpaar im Zusammenhang von Raumausstattung, Auswahl von Gemälden und Sammlungskatalogen in den Blick genommen werden. Während die Sammlungspräsentation für den Zeitraum ab der Mitte des 18. Jahrhunderts unter der Nachfolgeregierung Karls III. Philipp von der Pfalz (1661 – 1742) und Karls IV. Theodor von der Pfalz (1724 – 1799) Gegenstand jüngerer kunsthistorischer Forschungen war, gibt 190 Für einen Überblick über die geschichtlichen Hintergründe des Düsseldorfer Kunsthauses vgl. Alberts 1961; Mauer 2008, und ders. 2009. 191 Im Folgenden wird die Bezeichnung „Kunsthaus“ in Abgrenzung zu „Galerie“ verwendet, um heraus­zustellen, dass es sich bei dem Bau nicht um eine Galerie, einen langgezogenen Saal handelte, der in den Schlosstrakt integriert war, sondern um ein eigenständiges Gebäude. Galerien waren in erster Linie Orte des privaten Vergnügens und Kunstgenusses, die im Barock zum wichtigsten Raum, dem Empfangssaal avancierten, vgl. hierzu Kieven / Strunck 2010.

78 |  Anfänge des öffentlichen Museums

es bislang keine Untersuchung der Präsentation der Kunstwerke während der k­ urzen Zeitspanne unter der Regierungszeit von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm z­ wischen 1711 und 1717.192 Nach einer Einbettung in den historischen und museumsgeschichtlichen Kontext werden einzelne Bilder analysiert und in den Gesamtzusammenhang der Raumausstattung gestellt. Der erste Katalog der Düsseldorfer Sammlung von Gerhard Joseph Karsch dient dabei als Grundlage für eine Rekonstruktion der ursprünglichen Hängung und ihrer Funktion für das Herrscherimage Annas in Abgrenzung zu Johann Wilhelm. Wie eng Museumsgeschichte mit der „Geschichte des Museums als Interieur und als eines Raums für Kunstinszenierungen“193 verbunden ist, soll beispielhaft am Düsseldorfer Kunsthaus dargestellt werden. Es spiegelt nicht nur den künstlerischen Geschmack des Kurfürstenpaars wider, sondern verweist auf Strategien der Dynastie-­Sicherung. Insbesondere konnte dies durch eine eigene Bildsprache entwickelt werden, die zur Verankerung ihrer politischen und künstlerischen Interessen eingesetzt wurde. Die Bilder trugen nicht nur zu einer Glorifizierung des Herrscherpaars, sondern auch zu jener der am Wittelsbacher Hof tätigen Künstler bei.194 Hinzu kommt, dass die repräsentative Funktion der Sammlung ihre Entsprechung in einem Katalog findet, der gleichsam neue ästhetische Prinzipien in Hinblick auf eine moderne Sammlungspräsentation antizipiert. Das Düssel­ dorfer Kunsthaus besitzt damit eine Scharnierfunktion, an der sich der Wandel von fürstlicher Sammlung zum modernen Museum nachvollziehen lässt.195 192 Zur Rekonstruktion der Düsseldorfer Sammlung unter der Nachfolgeregierung vgl. grundlegend AK Display 2011, und zuletzt: Gaehtgens 2013, vgl. auch: Weddigen 2012; Opel 2011; Baumstark 2009; Tipton 2006, und Koch 2006. 193 Ritter 2014, S. 136. 194 Zum Hofkünstler vgl. grundlegend Warnke 21996 [1985]. Die Selbstlegitimation des Künstlers drückte sich darin aus, dass die Freiheit vom Hof und nicht vom Bürgertum bzw. der Stadt kam. Warnke zufolge sei der Künstler am Hof „zunftfrei“, was ihn von allen „bürgerlichen Beschwerden“ enthebe, vgl. Warnke 21996 [1985], S. 10. 195 Als Geburtsstunde des öffentlichen Kunstmuseums hat die ältere Forschung zumeist die Eröffnung des Louvre 1793 festgelegt. Das Ereignis wurde mit den neuen bürgerlichen Rechten im Zuge der Französischen Revolution in unmittelbare Verbindung gebracht und stellt die Anfänge des modernen Museums in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in engen Zusammenhang mit der Heraus­bildung einer Öffentlichkeit, die im Sinne von „Nationenbildung“ identitätsstiftend wirken sollte. Dagegen hat erstmals Savoy in ihrer auf reichem Quellenmaterial fußenden ­Studie für den deutschsprachigen Raum herausgestellt, dass private Kunstkammer und öffentliches Kunstmuseum nicht zwei aufeinanderfolgende, abgeschlossene Phasen darstellen, sondern vielmehr deren wechselseitige Stimulanz betont, vgl. Savoy 2006; vgl. auch Sheehan 2002. Für eine europäische Perspektive vgl. Paul 2012. Vieregg bietet im Anhang ihrer „Geschichte des Museums“, die einen Querschnitt durch die bedeutendsten Museen und Sammlungen der Welt darstellt, eine tabellarische Übersicht aller Sammlungen und Museen von den Ursprüngen an. Sie beginnt ihre Aufzählung mit einer babylonischen Keilschriftensammlung von ca. 1800 v. Chr. und endet mit dem 2009 in München eröffneten Museum Brandhorst, vgl. Vieregg 2008, S. 267 – 320. Nach ­welchen Kriterien die einzelnen Sammlungen und Museen aufgenommen wurden, wird nicht ersichtlich. Die Düsseldorfer Sammlung beispielsweise ist nicht in das Corpus eingegangen. Aus Francis Haskells Untersuchung geht hervor, inwiefern die Präsentation von Kunstwerken alter

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Dabei soll Sammlungspraxis nicht als rein legitimatorische Geste der Macht oder Herrschaftsrepräsentation verstanden werden, vielmehr treten ausgehend von dieser Grundannahme politische Handlungsmöglichkeiten und Indikatoren eines Geschmackswandels zutage, wie es der Zusammenhang z­ wischen Rauminszenierung und Zurschaustellung der Kunstwerke in den einzelnen Räumen verdeutlicht. Beispielhaft hierfür stehen jene Bilder, die eine Imago Annas – gerade in Abgrenzung zu ihrem Ehemann – formten, sowie speziell jene Räume, die den Hofkünstlern Adriaen van der Werff und Jan Frans van Douven gewidmet waren. Leitende Fragestellung ist dabei, welches ikonografische Programm dem Interieur zugrunde liegt und ­welche Intentionen der Auftraggeber sich daraus ableiten lassen. Eine Besonderheit des Kunsthauses stellt die Verbindung von zukunftsweisender Museumsarchitektur und einer Sammlung dar, die sowohl Werke der gefragtesten zeitgenössischen Künstler und alter Meister als auch fürstlich-­repräsentative Auftragsarbeiten umfasste. Dabei handelt es sich um eine Transformation und eine Adaption traditioneller Konzepte und Strategien der Hängung. Sie stellen das Ergebnis einer Entwicklungsgeschichte dar, w ­ elche die Geburt des modernen Museums eng mit der Sammlungsgeschichte der fürstlichen Kunstkammer verwoben erscheinen lässt.196 Das Ende der Kunstkammer und der Beginn des modernen Kunstmuseums waren somit keine klar voneinander unterschiedenen, zeitlich aufeinanderfolgende Phasen, sondern parallel ablaufende, sich wechselseitig bedingende Prozesse, die bis in die Gegenwart hinein Bestand haben.197 Meister den Geschmack breiter Schichten beeinflusst hat. Seine Ergebnisse zeigen, wie eng privates Sammeln und die Anfänge öffentlicher Museen alter Kunst sowie das spannungsreiche Verhältnis ­zwischen zeitgenössischer und älterer Kunst miteinander verwoben waren. Haskell 2000. 196 Zur Geschichte der Kunstkammer vgl. grundlegend Bredekamp 32007 [1993], und Pomian 2001 [1988]. Mit Schwerpunkt auf der Verbindung von Kunstkammer und Naturwissenschaften vgl. MacGregor 2007; Daston / Park 1998, und Findlen 1994. Grote hingegen widmet sich der Frage nach den Wurzeln des Museums und nimmt eine Einteilung in drei Etappen vor. In der Zeit von 1450 bis 1630 soll der Schwerpunkt auf den fürstlich-­repräsentativen Sammlungen und deren legitimatorischer Ikonografie gelegen haben, von 1630 bis 1750 auf den Sammlungen der Wissenschaftler und Gelehrten und von 1750 bis 1800 auf denjenigen wissenschaftlicher Gesellschaften, vgl. Grote 1994. Diese Einteilung erweist sich insofern als problematisch, als Sammlungen im höfischen Umfeld immer auch stark durch Gelehrte, Künstler und Kunstagenten geprägt waren. Umgekehrt flossen in Sammlungen von Wissenschaftlern je nach sozialem Kontext zumeist höfische Interessen mit ein. Die 1809 von Wilhelm von Humboldt initiierte Übereignung der medizinischen Sammlung und der naturkundlichen Abteilung an die neu zu gründende Berliner ­Kaiser-­Friedrich-­Wilhelms-­Universität im selben Jahr sowie die auf Gottfried Wilhelm Leibniz zurückgehende Leitidee eines „Theater[s] der Natur und Kunst“, eines „Weltmuseums im Kleinen“, bei dem Natur und Kunst hierarchiefrei nebeneinanderstehen und dem Bewahren, Vermitteln, Experimentieren und zweckfreiem Spiel dienen sollten, bilden die Grundlage für diese Idee, die in der Berliner Kunstkammer um 1700 gründete, vgl. hierzu Bredekamp 2004; ders. 2003, und AK ­Theater 2000. Zur Geschichte der Berliner Kunstkammer vgl. auch Bredekamp / Dolezel 2009, Theuerkauff 1981, und Dolezel 2004. 197 Zum Aspekt der Wiederkehr der Kunstkammer und für eine Zusammenschau aller wichtigen Ausstellungen zu d ­ iesem Thema vgl. Bredekamp 2015, der darin sein Postulat „Niemand will das bedachte

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In den letzten drei Jahrzehnten fand eine intensive kunsthistorisch-­wissenschaftliche Auseinandersetzung über Ursprung und Entwicklung des modernen Museums statt.198 Wie neuere Forschungsergebnisse, insbesondere der letzten zehn Jahre, zeigen, hat die Entstehung des öffentlich zugänglichen Kunstmuseums seine Wurzeln in den fürstlichen Kunstkammern in Italien und Deutschland.199 Diese Entwicklung vollzog sich insbesondere auf institutioneller Ebene – von der fürstlich-­repräsentativen zur ästhetisch-­didaktischen Sammlung. Beispielhaft hierfür steht das Düsseldorfer Kunsthaus.

3.1 Vom Stadtschloss zum Kunsthaus: Im Nexus von Kunstkammer, Kunstsammlung und Museum Zu den einflussreichsten Studien frühneuzeitlicher Kunst- und Wunderkammern zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehört das Werk von Julius von Schlosser von 1908, der als erster nach 200 Jahren diesen Forschungsbereich wieder in den Blickpunkt wissenschaftlicher Untersuchungen rückte.200 Dass die frühneuzeitlichen Kunstkammern maßgeblich von Chaos der Kunstkammer als Museum zurück“ (Bredekamp 32007 [1993], S. 102) revidiert. Auch die hohe Anzahl an Ausstellungen seit dem Ende der 1980er Jahre bis heute spricht für ein gesteigertes Interesse an der Wiederbelebung und Erhaltung der Kunstkammer als Sammlungstypus. Eine Rekonstruktion der Kunstkammer wurde 2010 im Martin-­Gropius-­Bau in Berlin in der Ausstellung „WeltWissen“ gezeigt, zu der der Künstler Marc Dion eine mit sich nach vorne wölbenden Objekten angefüllte Schauwand anfertigte, die den Ausschnitt einer frühneuzeitlichen Kunstkammer vorführte, vgl. AK Weltwissen 2011. Eine Reanimation der Tradition der Wunderkammer stellt auch die in den Räumen der „me“-Collection im Collectors Room der Stiftung Olbricht in Berlin gezeigte Schau dar [https://www.me-­berlin.com; eingesehen am 10. 9. 2017]. Eine der wichtigsten Wiederaufbauten einer kurfürstlichen Kunstkammer stellt das Beispiel Dresden mit Kunstkammer und Grünem Gewölbe dar, vgl. Syndram / Minning 2010; Marx / Plassmeyer 2014. Ein weiteres Highlight ist die Wiedereröffnung der Wiener Kunstkammer 2013, vgl. Schlegel / Haag 2013. Für einen komprimierten Überblick über die Forschungslage zum Stellenwert der Kunstkammer vgl. Felfe 2014. 198 Der Begriff „Museum“ wurde im 18. Jahrhundert für unterschiedliche gesellschaftliche und kulturelle Bereiche verwendet, so etwa für Sammlungen literarischer Texte und für Zeitschriften. Für die Bezeichnung musealer Institutionen kamen zumeist die Termini Bilder- und Gemäldegalerie, Kunstkabinett, Kunsthaus oder Antikensaal zum Einsatz, vgl. Einleitung, in: Savoy 2006, S. 12. 199 Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts konstatierte Gustav Friedrich Klemm (1802 – 1867), dass durch die Herausbildung von wissenschaftlichem Spezialwissen und der Zusammenschau von kostbaren und seltenen Objekten aus den Bereichen Natur und Kunst in den Wunderkammern der Boden für die Museen des 18. Jahrhunderts geebnet worden sei, in denen eine Ordnung nach Schulen vorherrsche. Die 1837 erschienene Publikation gilt als die erste zu deutschen Museen. Für ihn galt die Kunst- und Wunderkammer in Dresden als bedeutendstes Beispiel eines modernen Museums, vgl. Klemm 1838. 200 Schlosser 1908. Angelehnt an von Schlosser stellt Scherer stellt die Kunst- und Wunderkammern als ideales Modell für eine universale, ‚nationale‘ Sammlung dar. Die Gemälde- und Antiquitätensammlung von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm sieht er noch einem Publikum von Gelehrten verpflichtet und bezeichnet sie als „Anziehungspunkt für die gebildete Welt des

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dem Gedanken geleitet waren, die Welt zu ordnen und naturwissenschaftlich und philosophisch zu durchdringen, hat Bredekamp in der Studie zur Geschichte der Kunstkammer herausgestellt.201 Er stellt den Menschen als „prometheische Gestalt“ in den Mittelpunkt, die die Natur gleichzeitig zu entschlüsseln und zu bearbeiten vermochte.202 Wie eng Wissenschaftsgeschichte, Kunsthandel, Kennerschaft und Geschmacks­geschichte miteinander verwoben waren, untersuchte Krzystof Pomian auf der Grundlage von Quellen am Beispiel der Raritätenkammern in Paris und Venedig vom 16. bis 18. Jahrhundert und legte damit erstmals eine soziale Typologie des Sammlers vor.203 Die Gegenstände in frühneuzeitlichen Kunstkammern unterlagen nicht geografischen und zeitlichen Ordnungsprinzipien, sondern waren unterteilt in Scientifica, Naturalia, Mirabilia, Artificialia und Exotica, wobei sich die Welt als Makrokosmos im Mikrokosmos widerspiegelte. Es bestand eine mimetische Beziehung z­ wischen Kunst und Natur: Die Kunst ahmte nicht nur die Natur nach („natura naturata“), sondern die Natur wurde selbst als schöpferisch tätig verstanden („natura naturans“). Der Unterschied ­zwischen Kunstkammer und Kunstmuseum besteht im Wesentlichen in Ordnung und Präsentation der Objekte. Beiden musealen Präsentationsformen gemeinsam ist ein theoretisch-­konzeptueller Rahmen. Die Auswahl der Objekte im Kontext höfischer Kunstsammlungen erfolgte nach Maßgabe ihres (Seltenheits-)Wertes. Dies änderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts, als didaktische und ästhetische Kriterien in den Vordergrund rückten. Aus ­diesem Grund nahmen Kunstobjekte zunächst einen höheren Rang ein als Gemälde, was sich im 18. Jahrhundert umkehrte. Seither orientieren sich die Prinzipien der Sammlungspräsentation von Gemälden zumeist chronologisch an Zeiten und Schulen.204 ganzen XVIII. Jahrhunderts“, vgl. Scherer 1913. Zur Sammlung Johann Wilhelms und Annas de’ Medici vgl. S. 55 – 66. 201 Bredekamp beschreibt eine sich von bildschöpferischer Natur über antike Skulptur und nachantikes Kunstwerk bis hin zur Maschine steigernde „Viererkette“, die als idealer Typus einer Sammlungsordnung im Studiolo des Francesco I. de’ Medici zugrunde gelegen habe, vgl. Bredekamp 32007 [1993], S. 33. Als frühestes Beispiel, das ­diesem Sammlungstyp verpflichtet war, gilt die von Herzog Albrecht V. von Bayern am Münchener Hof ­zwischen 1563 und 1567 eingerichtete Kunstkammer. Entscheidenden Anteil an der Ordnung der Sammlung hatte der Gelehrte Samuel Quiccheberg, der in seiner 1565 publizierten Schrift „Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi“ die Objekte aller Gegenstandsbereiche in eine Systematik brachte. Dies ermöglichte die Darstellung weiterer Zusammenhänge z­ wischen den einzelnen Kategorien. Quiccheberg liefert damit die erste museumstheoretische Schrift. Ähnlich richtungsweisend sind die Sammlung in Ambras bei Innsbruck, die in einem 1573 unter Erzherzog Ferdinand von Tirol errichteten Gebäudekomplex untergebracht wurde, und die Prager Kunstkammer ­Kaiser Rudolfs II. Die Sammlungen spiegelten gleichermaßen territorialen Besitzanspruch und unhierarchisches Nebeneinander von Objekten außereuropäischer Ethnien sowie einheimischer und europäischer Materialien und Produkte, vgl. Bredekamp 32007, [1993] S. 33 – 39, und Heesen 2012, S. 30 – 33. Grundlegend zu Quicchebergs Schrift: Roth 2000. 202 Vgl. Bredekamp 32007 [1993]. 203 Vgl. Pomian 2001 [1988], und ders. 1994. 204 Beispielhaft für diese Entwicklung steht die Villa Albani in Rom, die um 1760 von Kardinal ­Alessandro Albani erbaut wurde. Zwar diente sie auch als Wohnort, war aber von Beginn an für

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Die Entwicklung von der Kunstkammer hin zur Schaffung des modernen Museums vollzog sich in Europa an mehreren Orten und ungefähr zeitgleich. Dabei setzte ein Wandel ein vom privaten Gelehrtentum zum öffentlichen Zurschaustellen des Spezialwissens, von der Zusammenschau einzelner Objekte zu Sammlungen, die Gemälde und Skulptur in sich vereinten – eine eindrucksvolle Veränderung von „Weltmodellen zu Kunstwelten“205 und zugleich eine Herausforderung für die museale Präsentation: Neue Formen der Zurschaustellung und Hängung der Kunstwerke waren gefragt. In ­diesem Zusammenhang spielt der moderne englische Begriff des „Display“ eine zentrale Rolle.206 Es gibt für ihn weder im Deutschen noch im Italienischen eine äquivalente Entsprechung; er wurde erst durch die Forschung der letzten zehn Jahre geprägt. Der Begriff leitet sich ab von lat. displicare, „entfalten“, (it. „dispiegare“) und wurde ursprünglich mit dem Entfalten von Bannern oder Flaggen, also in Verbindung mit Textilien, verwendet.207 Textilien gehörten seit dem Mittelalter zu den extravagantesten und teuersten Besitz­tümern, die ausgestellt werden konnten. Auf Leinwand gemalte Bilder hingegen boten eine im Vergleich dazu günstige Alternative. „Display“ verweist somit in seiner ursprünglichen Bedeutung auf ein aktives Moment, eine Handlung: Wurden in den Palästen der Renaissance und des Barock Textilien entfaltet, enthüllte sich im übertragenen Sinn vor den Augen eines Publikums die Botschaft der Bilder. Vor ­diesem Hintergrund soll das Museum nicht als „zeitloses Gefäß“ für Kunstwerke aufgefasst werden, sondern als Baukörper, der durch die darin enthaltenen Kunstwerke ständigen Wandlungen unterworfen ist,208 der Umhängung, Neuordnung oder dem Austausch von Gemälden. Die Kunstwerke sind dabei nicht als statische, sondern als mobile Objekte anzusehen. In den folgenden Kapiteln wird „Display“ in einem größeren Kontext verstanden, der nicht nur auf die Hängungsweise der Bilder abhebt, sondern auch eine identitätsstiftende Komponente impliziert. Inwiefern wurde durch die Anordnung von Kunstwerken im Düsseldorfer Kunsthaus – insbesondere in der Zusammenschau von Herrschaftsporträts und anderen Werken zeitgenössischer Künstler und alter Meister – ein bestimmtes Image proklamiert? Und ­welche künstlerischen, sozialen und politischen Botschaften, die der Betrachter entschlüsseln sollte, wurden dadurch transportiert? Grundannahme für die folgenden Ausführungen ist hierbei, dass „Display“ immer auch an eine Öffentlichkeit gebunden war.209 die Präsentation der Antikensammlung des Kardinals gedacht. Aus d ­ iesem Grund wurde der Bau verschiedentlich als erstes autonomes Museum der Moderne gewertet. Bredekamp betont den „Schwellencharakter“ der Villa, da sich hier die Anforderungen eines Museums mit den Funktionen eines Wohnraums verbänden, vgl. Bredekamp 32007 [1993], S. 85. 205 Ritter 2014, S. 235. 206 Zum Begriff des „Display“ vgl. zuletzt Feigenbaum / Freddolini 2014, S. 15. 207 Vgl. Feigenbaum / Freddolini 2014, S. 11. 208 Vgl. Ritter 2014, S. 136. 209 In seiner Studie „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1962) hat Jürgen Habermas den Begriff der „repräsentativen Öffentlichkeit“ als grundlegend für die Fürstenhöfe der Frühen Neuzeit bestimmt. Der Autor sieht die Repräsentation der Herrschaft an eine „Öffentlichkeit“ gebunden.

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Die ersten öffentlichen Sammlungen vor der Französischen Revolution 1789 wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts in Italien, Österreich, Deutschland, England und Frankreich in geringen zeitlichen Abständen etabliert.210 Zu diesen gehörten die Uffizien in Florenz, deren Sammlungen 1737 in den Besitz des Staates übergingen und 1743 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. 1775 eröffnete im Vatikan das Museo Pio Clementino, um 1780 das Wiener Belvedere. In Deutschland wurde die Dresdner Sammlung in den 1740er Jahren als eine der ersten Sammlungen nach der Düsseldorfer Galerie für ein breites Publikum geöffnet. Fast zeitgleich fand 1754 die Eröffnung des von Herzog Karl I. (1713 – 1780) gegründeten Kunst- und Naturalienkabinetts in Braunschweig statt. Es folgten das Museum Fridericianum z­ wischen 1769 und 1779 in Kassel, die Galerien der Wittelsbacher im Münchner Hofgarten und in Mannheim (1779). 1753 wurde durch den „British Museum Act“ das erste öffentliche Museum in England gegründet, 1793 fand die Eröffnung des Louvre in Paris statt.211 Der „Öffentlichkeitsbegriff “ bezieht sich bei ihm dabei nicht nur auf die Teilhabe an öffentlichen Aufgaben des Staates, sondern meint auch Handlungen, die sich außerhalb des Machtbereichs der Regierung abspielten. Er entwickelt den Begriff der „Repräsentation“ in Rückgriff auf die griechische Antike, wo der „private Bereich der Hauswirtschaft“ (oikos) unterschieden wird von der stadtstaatlichen Politik (polis), und argumentiert, dass ­dieses Modell in der Renaissance aufgegriffen worden sei und bis heute Gültigkeit habe. Waren jedoch in der Antike Staat und Gesellschaft identisch, wurden sie in der Frühen Neuzeit einander gegenübergestellt. Für Habermas steht diese Entwicklung in Zusammenhang mit der Herausbildung der Monarchie, wobei die öffentliche Gewalt des Monarchen der privaten Autonomie des Untertans als einem Bereich der Freiheit gegenüberstehe. Dies gelte bis ins 18. Jahrhundert hinein, vgl. Habermas 1990. 210 Savoy hat durch Quellenmaterial wie Reiseberichte und Untersuchungen einzelner Museen widerlegt, dass die öffentlichen Sammlungen und Museen vor der Französischen Revolution nur einem kleinen, elitären Kreis zugänglich gewesen ­seien, vgl. Savoy 2006. 211 Vgl. Sheehan 1994. Zum Wiener Belvedere vgl. Yonan 2012, und Meijers 1995. Sheehan sieht einen direkten Zusammenhang z­ wischen der Öffnung der Sammlung für eine Öffentlichkeit und dem Erleben der Kunst als etwas Privatem, denn Kunstbetrachtung erfordere eine unmittelbare Konfrontation des Betrachters mit dem einzelnen Kunstwerk, die auf „innere[s] Erleben[s]“ und „individuelle[…] Entwicklung“ abziele, was wiederum zu Bildung führe, vgl. Sheehan 1994, S. 857 – 858. Grasskamp hingegen bezweifelt den ungehinderten Zugang aller Klassen zu diesen Museen. Für ihn war die Öffnung der fürstlichen Sammlungen Ausdruck eines Legitimationsbedürfnisses ihrer Macht gegenüber Museen als Bildungsanstalten und dem damit zusammenhängenden wachsenden Emanzipationsbedürfnis des Bürgertums. Er versteht die Fürstensammlungen jedoch gleichzeitig als Bildungsinstitutionen, die als Ausweis des kulturellen Verdienstes des Adels galten, wobei ihm Kunstvermittlung als „Vehikel einer politischen Selbstdarstellung“ gilt, vgl. Grasskamp 1981, S. 36 – 38. Beispiele für „Vorstufen“ einer schrittweisen Öffnung von Sammlungen sind die bereits erwähnten ersten Botanischen Gärten in Padua und Florenz (1545), gefolgt von Pisa, ­Bologna, Leiden, Heidelberg im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts und von Oxford im 17. Jahrhundert. Auch die Münchener Kunstkammer konnte nachweislich z­ wischen 1578 und 1611 nach Anmeldung besichtigt werden. Als erste öffentlich zugängliche Sammlung in England gilt das der Universität Oxford angegliederte Ashmolean Museum, das 1681 gegründet wurde. Die Sammlung wurde in einem speziell auf diese zugeschnittenen Gebäude präsentiert, vgl. die Zusammenfassung bei Raffler 2007, S. 330 – 334.

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An die grundlegende Überzeugung einer öffentlichen Zugänglichkeit der Museen knüpften sich im Laufe des 18. Jahrhunderts neue Vorstellungen von Moral, Ethik und Ästhetik. So betrachtete Johann Georg Sulzer (1720 – 1799) den „öffentlichen Nutzen“ des Museums als wichtigsten Bestandteil der künstlerischen Erziehung. Die Künste dienten dabei der sittlichen Vervollkommnung.212 Die Veränderungen im Bereich der Museen vollzogen sich dabei hauptsächlich auf zwei Ebenen: zum einen innerhalb der „öffent­ lichen“ Sphäre, in der die Menschen durch Betrachten, Diskutieren und Lesen von und über Kunst innerhalb eines kulturellen Bereichs interagierten, zum anderen im Bereich der Fürstenhöfe.213 Dies verweist auf die signifikante Bedeutung der Beziehung z­ wischen Öffentlichkeit und Hof, bei der die Organisation und Zurschaustellung der fürstlichen Sammlung als Bindeglieder dienten. Sie hatte wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des modernen Museums. Nicht nur die Objekte, sondern vor allem die Vorstellungen und Ideen davon, wie diese ausgestellt werden sollten, flossen in die Konzeptionen der Museen ab der Mitte des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts mit ein.214 Das wechselseitige Verhältnis ­zwischen Hof und Öffentlichkeit fand seine Entsprechung in der architektonischen Struktur der ersten Galerien und Museumsbauten, die die Fürsten einem breiten Publikum zugänglich machten.215 Warnke schreibt der ambivalenten Struktur des Hofs eine private und eine öffentliche Funktion zu, wobei die „Pracht“ nur 212 Vgl. Sulzer 1771 – 74. Eine der ersten Schriften, die sich mit dem Zugang von Besuchern von Sammlungen auseinandersetzte, war die 1707 veröffentlichte Schrift „Die geöffnete Raritäten-­ Kammer“ von Leonhard Christoph Sturm. Hierin forderte er, dass nicht nur Gelehrte Zugang zu den Sammlungen erhalten sollten. In seiner Schrift wird das Museum zum ersten Mal als öffent­ liche Bildungseinrichtung verstanden, vgl. Raffler 2007, S. 123. 213 Vgl. hierzu und im Folgenden Sheehan 2002. Der Übergang von der fürstlichen Kunstkammer zum modernen Museum bringe Sheehan zufolge zwei wichtige Neuerungen mit sich: eine neue Art der „Kunsterfahrung“, die mit einer veränderten Art des Sehens zusammenhing und eine neue Ausstellungspraxis im höfischen Umfeld, die auf neuen Erkenntnissen aus den Bereichen von Kunst und Natur und deren wechselseitigen Beziehungen beruhten, vgl. Sheehan 1994, S. 857. 214 Das heutige Verständnis von „Öffentlichkeit“ kann jedoch nicht auf die Frühe Neuzeit übertragen werden. Im 17. Jahrhundert war der Begriff „publicus“ im Gegensatz zu „privatus“ geläufig und bezeichnete den Stand eines Herrschers, der mit besonderen Rechten ausgestattet war. „Publicus“ bezog sich dabei auf das Konzept der „res publica“, der Angelegenheiten des Staates in italienischen Städten der Renaissance und steht somit in Kontrast zu den aufklärerischen Idealen der universell zugänglichen Wissensbereiche, vgl. „Öffentlichkeit“, in: Ritter / Gründer 1984, Bd. 6, Sp. 1134 – 1146. 215 Warnke zufolge lässt sich die Öffnung des Herrschaftsbereichs für eine „Öffentlichkeit“ bis ins Mittel­alter verfolgen, wobei sich an den Burgen des 11. und 12. Jahrhunderts ein Wandel von „privat-­ intimen Funktionen des Palastes“ zu „Funktionen beratender Fürsorge“ nachvollziehen lasse, vgl. Warnke 1976, S. 88. Warnke untersucht das Wechselverhältnis von mittelalterlicher Architektur als einer Gesellschaft und Gemeinschaft stiftenden Tätigkeit und Kunstschaffen, das aus einem sozialen Handlungsfeld hervorgegangen sei. Er verdeutlicht seine Ausführungen insbesondere am Kathedralbau des 11. – 13. Jahrhunderts: „Ein Hoheitsträger baut einen Nutzbau nicht mehr für sein Wohl, sondern für das Gemeinwohl, das in ihm sein Organ hat.“ Ebd. S. 153. Er macht deutlich, dass zwar Architekturformen unter bestimmten Stilbegriffen subsumiert würden, das Medium als solches jedoch auch als gesellschaftliche Tätigkeit aufgefasst werden müsse, die nicht nur als Ausdruck von

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für einen eingeschränkten Personenkreis zugänglich gewesen sei. Weder s­ eien Palastausstattung und die darin enthaltenen Kunstwerke für das „Volk“ bestimmt gewesen, noch handele es sich hierbei um einen privaten, intimen Bereich des Herrschers, denn die Innenräume ­seien immer auch insofern an eine Öffentlichkeit gebunden, als diese durch zeremonielle Vorgaben strukturiert und reglementiert gewesen s­eien.216 So waren die Kunstsammlungen bis weit ins 17. Jahrhundert hinein architektonisch noch wesentlich in die repräsentativen Räume eines Schlosses und damit zugleich in zeremonielle Abläufe eingebunden. Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts verlagerte sich ihr Schwerpunkt nach und nach von einer repräsentativen zu einer repräsentativ-­didaktischen Funktion. Foucault bezeichnete diesen im 16. Jahrhundert beginnenden und im 18. Jahrhundert vollzogenen Wandel als Übergang vom Zeitalter der Repräsentation in das Zeitalter der Klassifikation.217 Damit beschreibt er den Wechsel von der Kunstkammer als Ort der fürstlichen Selbstrepräsentation hin zu einem an ästhetisch-­didaktischen Prinzipien orientierten System.218 Diese Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit der Einführung neuer innovativer Konzepte der Hängung, bei denen die Kunstwerke nach geografischen Gesichtspunkten und nach Schulen geordnet präsentiert werden sollten. Beispielhaft zeigt sich dies in Ansätzen an der Präsentation der Kunstwerke im Düsseldorfer Kunsthaus, wie im Folgenden erläutert werden soll. bereits bestehenden repräsentativen oder machtpolitischen Interessen zu werten sei, sondern immer auch der Verwirklichung „geschichtlicher Erfahrungen und Bedürfnisse“ diene, vgl. ebd. S. 157. 216 Vgl. Warnke 21996 [1985], S. 252. Die Funktion des Palastes als ein öffentlicher Bau geht über eine rein repräsentative Funktion hinaus; vielmehr dient er der Sichtbarmachung und der Transparenz. Dies hatte schon für die mittelalterlichen Burgen und Schlösser Gültigkeit, vgl. Warnke 1976, S. 87. 217 Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Frankfurt a. M. 222012 [1966]. Foucault postuliert das Ende des Menschen: „Die Endlichkeit des Menschen wird ein für allemal, das heißt für unbegrenzte Zeit definiert sein.“ (Ebd., S. 317). Bredekamps Studie über die Kunstkammer liegt hingegen die Auffassung zugrunde, dass „der Mensch niemals vergehe“. (Bredekamp 32007 [1993]). Foucault begreift das visuelle Erlebnis nicht als ein eigenständiges Medium im Zuge der Entwicklungsgeschichte, in das Sprache schon eingeschrieben ist, sondern lediglich als eine Vorform der Sprache. Bredekamps Kritik richtet sich gegen Foucaults Auffassung, dass die Ordnung der Gegenstände aus den Bereichen Natur, Antike, Nachantike und Maschine in den Kunstkammern nicht dem Willen zur Trennung, sondern vielmehr der Transformation und Verzahnung ihrer Übergänge geschuldet sei, um Sinn und Form miteinander verschmelzen zu lassen, vgl. Bredekamp 32007 [1993], S. 100. 218 Im Fokus stand für ihn nicht mehr die allumfassende Darstellung der Welt in einem Raum, dem Makrokosmos im Mikrokosmos, sondern die Sichtbarmachung historischer Entwicklungslinien. Foucault geht von einem gewandelten Verhältnis des Menschen zu seinem Ursprung im modernen Denken aus, das sich in der Ausbildung von Historizität als Rahmen für die Bereiche Arbeit, Leben und Sprache abzeichne. Der Mensch sehe sich dabei stets mit einem schon bestehenden geschichtlichen Raster konfrontiert, vgl. Foucault 222012 [1966], S. 396 – 404. Für Korff bedeutet dieser Wechsel eine Verschiebung des Blickwinkels auf das zeitliche Kontinuum, den „zeitlich-­kausale[n] Zusammenhang, der das geschichtlich Fremde über die Kategorie der historischen Entwicklung mit der Gegenwart verknüpft.“ Zit. n.: Korff 2007 [1985], S. 8.

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3.2 Expansion und Verdichtung: Der Katalog von Gerhard Joseph Karsch (1716/17) und die dynastische Achse Düsseldorf-Florenz Als Initiatoren der Neupräsentation und Inszenierung der Sammlung, die bis 1805 in Düsseldorf verblieb, gelten Johann Wilhelm von der Pfalz und Anna de’ Medici. In Auftrag gegeben wurde das Düsseldorfer Kunsthaus, noch im 19. Jahrhundert als „weltberühmte Gallerie“219 bezeichnet, 1708 von Johann Wilhelm. Die ursprünglich dem höfischen Bereich verpflichtete Sammlung avancierte zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu einer der prestigeträchtigsten Gemäldesammlungen, die durch die Hochzeit des Kurfürsten mit der toskanischen Prinzessin entscheidende Impulse zu einer Neuordnung im eigens dafür erschaffenen „Kunsthaus“ erhielt. Seine Entstehungsbedingungen, Ausstattung und dynastischen Verflechtungen gilt es im Folgenden nachzuzeichnen. Einen der eindrucksvollsten Berichte über die Düsseldorfer Sammlung zur Zeit der Regierung von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz bietet der Frankfurter Jurist und Sammler Zacharias Konrad von Uffenbach (1683 – 1734). Im April 1711 besuchte Uffenbach Düsseldorf – zu einem Zeitpunkt, als Kunstwerke, Münzsammlung und Antiken noch im alten Stadtschloss präsentiert wurden, jedoch kurz vor dem Umzug in das neue Gebäude standen. In seiner Beschreibung hebt er besonders einige ausgewählte Skulpturen, Gemälde und Medaillen hervor: Zuletzt sah ich das Kunsthaus selbst, so aber noch nicht fertig. Es steht gleich vor dem Schloß, ist sehr groß und hoch von Backsteinen aufgeführt. Oben darauf sollen die Antiquitäten und Medaillen, wie auch die Mahlereyen kommen, unten aber lauter grosse Statuen. Wie dann in einem Zimmer bereits verschiedene sehr considerable Stücke stunden, dergleichen ich sonderlich an Größe in Berlin nicht gefunden, obgleich mehrere. Die vornehmste waren folgende: Ein Hercules, und eine Flora von ganz entsetzlicher Größe. […] Ferner waren sehr schön ein Centaurus, auf welchem ein Cupido saß, und ihn peitschte. Ferner ein Stück, so zwey Fechter, deren einer den andern zu Boden warf, vorstellte. Ein tanzender Satyr, dergleichen wir bey Herrn Tenkaaten in Amsterdam gesehen. Ein ­Mercurius und andere mehr. Auch war hier ein unvergleichlich schön Marienbild sitzend, mit Christo und Johanne, von einem Brabanter Namens Cribello von Brüssel verfertiget. Dieser Cribello ist nunmehro Director, der sonderlich auf die Bildhauer und übrige Künstler Achtung geben muß. Er ist daher in sehr großem Ansehen, gleichwie auch der italienische Graf Alberti, so Baumeister ist.220

Uffenbach äußerte sich zwar beeindruckt über die zum Zeitpunkt seines Besuch noch im dritten Geschoss des Düsseldorfer Stadtschlosses befindliche Sammlung; im Vergleich zu anderen berühmten fürstlichen, europäischen Kunstgalerien wie die von Salzdahlum

219 Fahne 1876, S. 7. 220 Uffenbach 1754, S. 725 – 726, siehe auch Dokument 2.3 im Quellenanhang.

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erschien sie ihm jedoch weniger imposant. Anlass zu Lob gab ihm vor allem die Sammlung flämischer Gemälde, die auch schon im Florentiner Kontext eine bedeutende Rolle gespielt hatte, wie im vorangegangenen Kapitel bereits erwähnt: Rubens, van Dyck und Bruegel. Im gleichen Atemzug nannte er die beiden Hofmaler van Douven und van der Werff, die um 1711 bereits großes Ansehen genossen hatten, deren Rolle in Bezug auf das Kunsthaus noch eingehender betrachtet werden soll: Herr Friderici, ein Mahler, so darüber gesetzt ist, führte mich erstlich in die Galerie. Sie ist auch oben auf dem dritten Stock im Schlosse, und bestehet aus dreyen schmalen, auch nicht gar langen unterschlagenen Gängen. Es ist zwar ein schöner Vorrath von Gemählden allhier, doch ist in Salzthalen ein weit mehrers […]. Doch sind allhier gewiß verschiedene ganz unvergleichliche Stücke, von allerhand der berühmtesten Italiänischen, Holländischen und andern Meister. Das vornehmste sind wohl die viele und schöne Stücke von Rubens, darunter die Verstossung der Engel, vor ­welche der Churfürst zwölf tausend Gulden bezahlt, das considerabelste. Eine grosse Menge von Bruegel, von Douwe [Jan Frans van Douven], und von Dyck […]. Selbige [die „churfürstlichen Zimmer“] sind zwar gar schön, kommen aber den Berlinischen an Magnificenz lange nicht bey. Die beyden Cabinete, so hinter denselben, sind obwohl gar klein, dennoch unvergleichlich. […] Sonst war in diesen Cabineten ein ungemein schöner Vorrath von kleinen, aber der schönsten Gemählden, worunter sehr viele von Bruegel und van der Werff. Auch war auf der Seite ein gläserner Schranck, in welchem allerhand künstliche und kostbare Gefässe von Agat und dergleichen kostbaren Materien.221

Obgleich Uffenbach betont, dass die Sammlung nicht mit der zeitgleich im Berliner Schloss präsentierten kurfürstlichen mithalten könne, klingt hier schon die Bedeutung der am Wittelsbacher Hof besonders geförderten flämischen Malerei an. Hinzu kommt die Zusammenschau von Gemälden und wertvollen Pretiosen. Auch der italienische Libret­tist Giorgio Maria Rapparini (1660 – 1726), der als Hofkammerrat für den Kurfürsten tätig war und sich von 1685 bis 1716 in Düsseldorf aufhielt, gibt in einem 1709 entstandenen Bericht Aufschluss über Unterbringung und Präsentation der Sammlung vor dem Umzug in das neue Kunsthaus. Er schildert, diese habe sich ungeordnet und in drei beengten Räumen des Düsseldorfer Schlosses befunden; gleichzeitig mahnt er dringlich einen Erweiterungsbau an, in dem die Kunstwerke – übersichtlich geordnet nach Malerei, Skulptur, älteren und modernen Werken – neu präsentiert werden sollten: Il fit jadis fermer une des Allées de sa Residence, et la partager en trois Chambres, pour qu’elle servît de Galerie; mais cet espace, tout emprunté qu’il étoit, étoit encore trop raccourci […] il a fallu venir à la resolution, de bâtir du plan fond un corps de Galerie capable 221 Uffenbach 1711/1754, Bd. 3, S. 742 – 744. Das Kabinett der Kurfürstin besichtigte Uffenbach nicht, da sich Anna de’ Medici zum Zeitpunkt seines Besuches in ihren Gemächern aufhielt, durch die man gehen musste, um in das Kabinett zu gelangen; vgl. ebd., S. 744.

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de contenir dans son enceinte, et de renfermer en bonne ordonnance tout ce que la Peinture, et la Sculpture, tout ce que d’antic et de moderne, Monseigneur a acquis et acquiert à la journée.222

Wie aus den Beschreibungen hervorgeht, hingen die Gemälde bis zur Eröffnung des neuen Gebäudes im ersten und dritten Obergeschoss des Schlosses.223 Der Reisende Maximilian Misson (1650 – 1722) stellte insbesondere den Kontrast z­ wischen heruntergekommenem Außenraum, dem Renaissanceschloss, und prächtigem Interieur mit seinen kostbar ausgestatteten Appartements heraus: Das schloss sieht zwar wohl von aussen gar schlecht und übel aus, aber die zimmer inwendig und die kostbaren darinnen befindliche meublen zeigen von innen gantz etwas anders, als man sich von aussen eingebildet. […] Denen ist die eine unglaubliche menge der allerkünstlichsten gemählde begreiffende gallerien des Churfürsten billich beyzusetzen […] und wenn das itzo von dem Churfürsten angefangene gebäu zu denen alten und neuen statuen fertig seyn wird, nicht weniger seine hochachtung verdienen wird.224

Das Zitat verdeutlicht, wie sehr der begrenzte Raum im alten Schloss die Neuplanung eines repräsentativen Gebäudes zur Zurschaustellung der Kunstwerke erforderlich werden ließ. Dies erschien unumgänglich angesichts der politischen Stellung des Kurfürsten, denn schließlich stellte die Dynastie der Wittelsbacher mit dem Zweig Pfalz-­Neuburg die ranghöchsten Fürsten des Heiligen Römischen Reichs.225 Rapparini betont, dass der Bau 222 Zit. n.: Gamer 1978, S. 198. Gamer weist darauf hin, aus dem Passus gehe hervor, dass der Architekt du Bois lediglich die Bauleitung übernommen hatte und nicht die Planung der Anlage, wie zuvor fälschlich behauptet wurde. Herzogin Sophie von Hannover äußerte sich hingegen weniger enthusiastisch über die Innenausstattung des Düsseldorfer Schlosses und bezeichnete es als „bien antique“. Sie empfand zwar die Wandbehänge als schön, jedoch die Stühle und Betten als unbequem: „Quant aux meubles, il y avait de très belles et fortes tapisseries, mais les lits et les chaises n’eurent que cette dernière qualité qui ne les rendait pas si agréables à la vue.“ Zit. n.: Hahn 2006, S. 28. 223 Die wertvollsten Bilder der Sammlung befanden sich ehemals in zwei Kabinetten Johann Wilhelms im ersten Obergeschoss des Schlosses, die sich an das Ende der Enfilade von Gardesaal, ­Vorzimmer, Audienzzimmer, Schlafzimmer mit Alkoven und Garderobe anschlossen. Im zweiten Geschoss lagen die Gemächer von Anna de’ Medici, die aus Großem Saal, zwei Vorzimmern, Audienzsaal, Schlafgemach und zwei Kabinetten bestanden, von denen eines, das Spiegelkabinett über ovalem Grundriss, den kostbarsten Raum des Schlosses darstellte. Hier präsentierte sie auch ihre reiche Porzellansammlung. Das dritte Geschoss barg zusätzlich ein Münzkabinett und eine Bibliothek, vgl. Tipton 2006, S. 78. Zur Baugeschichte des Schlosses vgl. ausführlich: Küffner / Spohr 1999. 224 Zit. n.: Tipton 2006, S. 78. 225 Johann Wilhelm hatte unter den sieben deutschen Kurfürsten die ranghöchste Stellung inne. Nach dem Tod seines Vaters Philipp Wilhelm 1690 erhielt er die achte Kur, womit das Amt des Schatzmeisters verbunden war. Später bekam er zusätzlich die 1. Kur und wurde zum ersten Mann des Reiches, vgl. Baumgärtel 2008, S. 13.

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zunächst als Provisorium für die stetig wachsende Sammlung an Skulpturen und Gemälden geplant worden war. Der Architektur maß er keine besondere Wertschätzung bei: Cet Édifice n’offre rien d’extraordinaire pour l’Architecture; mais il y a apparence que Jean Guillaume en la faisant élever, n’a eu intention que le donner une place ad intérim à ses Tableaux, en attendant qu’il pût les placer d’une manière plus convenable dans un vaste Palais, qu’il projettoit de bâtir à Dusseldorf.226

Dennoch lassen Größe und Ausstattung darauf schließen, dass das Gebäude für eine gewisse Dauer angelegt war.227 Ungewöhnlich ist Uffenbachs Verwendung des Begriffs ‚Kunsthaus‘ im eingangs genannten Zitat.228 Die Bezeichnung ist für das beginnende 18. Jahrhundert bemerkenswert, denn zumeist wird in Zusammenhang mit Kunstsammlungen aus dem höfischen Kontext der Begriff ‚Kunstgalerie‘ verwendet.229 Dies unterstreicht die architektonische Sonderstellung des Gebäudes im Vergleich zu den übrigen aus dieser Zeit bekannten fürstlichen Gemäldegalerien wie Salzdahlum, Dresden und Kassel.230 Handelte es sich bei Letzteren zumeist um einen langgestreckten Saal, der in die räumlich-­zeremonielle Struktur des Schlosses eingegliedert war, stellte das ­Kunsthaus ein eigenständiges, fast komplett freistehendes Gebäude dar. Der Begriff ‚Kunsthaus‘ betont so die Funktion des Gebäudes als eines Baus, in dem ausschließlich Kunst gezeigt werden sollte. Schon bald nach seiner Errichtung und dem Arrangement der Sammlung im neuen Gebäude avancierte Düsseldorf zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten kulturellen Zentren Europas und wurde von Gelehrten aus aller Welt bewundert. So schrieb Wilhelm Heinse (1746 – 1803), der vom 13. Mai 1767 bis 21. Juni 1780 in Düsseldorf lebte, 1776: […] die Galerie, dergleichen sich kein Ort in Teutschland rühmen kann, selbst Dresden nicht ausgenommen; und wenn in Griechenland eine Stadt schon wegen einer Bildsäule, oder eines Gemäldes von einem ihrer großen Meister, berühmt war: was sollte Düsseldorf nicht sein durch ganz Europa, wenn die Kunst noch so geschätzt würde, und noch so in Ehren stünde?231

226 Zit. n.: Gamer 1978, S. 199. 227 Für eine eingehende Analyse des Baus und zur weiteren Nutzungsgeschichte nach dem Tod des Kurfürstenpaares vgl. ebd., S. 198 – 207. 228 Vgl. auch ebd., 1978, S. 207. 229 Zum Begriff der „Kunstgalerie“ vgl. Kieven / Strunck 2010. 230 Sheehan verweist auf das z­ wischen 1769 und 1779 von Simon Louis du Roy für den ­Landgrafen von Kassel errichtete Fridericianum als erstes eigenständiges Museumsgebäude in Europa, vgl. Sheehan 1994, S. 860. 231 Zit. n.: Koch 2006, S. 384.

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Abb. 5 Nicolas de Pigage, Plan der Düsseldorfer Altstadt, lavierte Federzeichnung, 1755, Düsseldorf, Nordrhein-­ Westfälisches Hauptstaatsarchiv

Errichtet wurde die von Heinse hochgelobte „Galerie“ ­zwischen 1709 und 1714 von dem Architekten Graf Matteo Alberti (1646 – 1735). Zwar wurde sie bereits 1711 eröffnet; die Gemälde wurden jedoch vermutlich erst 1714 aufgehängt.232 Die Neuordnung der Sammlung leitete der Hofmaler Jan Frans van Douven. Weder Gebäude noch Interieur mit Freskenprogramm des Düsseldorfer Kunsthauses sind erhalten. Die Sammlung der Gemälde hingegen ist intakt, jedoch größtenteils auf die Bestände der Bayerischen Gemäldesammlungen (Alte und Neue Pinakothek in München) verteilt. Ein eindrückliches Bild von der Lage des Kunsthauses vermittelt eine Abbildung von 1755 (Abb. 5). Hieraus wird ersichtlich, dass die Galerie an nur einer Stelle mit dem Schloss, an dessen zum Rhein zeigenden nordwestlichen Flügel, verbunden war. So hatte Kurfürst Johann Wilhelm direkten Zugang von seinen Gemächern zum Kunsthaus.233 Museumsbesucher konnten das Gebäude nur durch einen separaten Eingang von außen betreten. Das Galeriegebäude lag in der Nähe des Rheinufers z­ wischen Renaissanceschloss und Marktplatz mit Rathaus, Kanzlei und Komödie. Seine Fassade mit dem Eingangsbereich war über einen Hof zum Schloss ausgerichtet und die Rückseite grenzte 232 Vgl. Koch 2006, S. 88 f. 233 Weddigen weist darauf hin, dass es sich bei dem Bau lediglich um ein provisorisches Gebäude gehandelt habe, das später durch die Galerie einer neuen Residenz ersetzt werden sollte, in der die Gemälde in angemessenerer Form hätten präsentiert werden können, vgl. Weddigen 2012, S. 152.

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Abb. 6 Grundriss der oberen Etage des Düsseldorfer Kunsthauses, aus: Pigage / Mechel 1778

an das Rathaus. Bei dem Bau handelte es sich um eine zweigeschossige, dreiflügelige Anlage auf U-förmigem Grundriss (Abb. 6). Die beiden Seitenflügel umschlossen dabei einen Innenhof, der bis in die Mitte der 1750er Jahre als „Petit Jardin“ bezeichnet wurde. Hier befand sich seit 1767 eine von dem Hofbildhauer, dem sogenannten ‚Hofstatuarius‘, Gabriele Grupello (1644 – 1730), angefertigte Reiterstatue des Kurfürsten Johann ­Wilhelm.234 Auf Bestreben Annas hin wurde die Statue 1711 von Grupello ausgeführt und zunächst auf dem Rathausplatz aufgestellt.235 Mit der Aufstellung der Statue an ­diesem prestigeträchtigen Ort ist eine Anknüpfung an die Tradition der Florentiner Reiter­denkmäler Giambolognas verbunden. Uffenbach zufolge sei das Denkmal in einem Gießhaus angefertigt worden, das sich neben dem Kunsthaus befand. Daneben lag eine Bildhauerwerkstatt, in der „zwey Italiäner in Gips unvergleichlich“ arbeiteten.236 Hier wurden die Kopien nach antiken Skulpturen angefertigt, die im unteren Geschoss des Kunsthauses Aufstellung fanden. Die Fassade des Kunsthauses zeichnete sich durch eher schlicht gehaltene Gliederungselemente aus – auf eine ursprünglich geplante Pilastergliederung war verzichtet worden (Abb. 7). Auch wurden nur zwei statt drei Stufen für das Eingangsportal gebaut. Erd- und 234 Vgl. Koch 2006, S. 89. 235 Vgl. Ilg 2011, S. 134. 236 Uffenbach 1711/1754, Bd. 3, S. 725.

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Abb. 7 Aufriss des Düsseldorfer Kunsthauses, aus: Pigage / Mechel 1778

Hauptgeschoss trennte ein Gurtgesims, den Abschluss bildete ein Kranzgesims.237 Während die untere Zone durch eine flache Rustika in Putz charakterisiert war, trugen die Pfeiler der oberen Wandzone profilierte Archivolten. Ein Mittelrisalit verband untere und obere Wandzone und trug die rechteckige Attika mit ovalem Bildnismedaillon des Kurfürstenpaars. Das Erdgeschoss war mit 6,8 Metern deutlich niedriger als das Obergeschoss mit 9,1 Metern, für das hochliegende Mezzaninfenster eingebaut und die Hauptfenster als Blendarchitektur aufgesetzt wurden. Die Höhe des oberen Geschosses gab dabei mit 6,1 Metern das „Große Jüngste Gericht“ von Peter Paul Rubens vor. Die Außenwände waren, ausgenommen der Eckkabinette, fensterlos. Über die Hängung der Gemälde und die Ausstattung des Düsseldorfer Kunsthauses geben zwei zeitgenössische Quellen Auskunft. Bei der ersten handelt es sich um die früheste publizierte Beschreibung der Sammlung, den Katalog des Hofmalers und seit 1704 angestellten ersten Galeriedirektors Gérard Joseph Karsch.238 Von ­diesem 237 Vgl. Buttlar 2006, S. 42 f. 238 Baumgärtel nennt eine 1751 von Johan van Gool publizierte Liste, betitelt mit „Nieuwe Schouburg“, die 335 Galeriewerke und 198 Werke der kurfürstlichen Privatkabinette als früheste Überlieferung der Bestände der Düsseldorfer Sammlung übermittelt, als früheste Referenz.

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Band e­ xistieren mehrere Ausgaben, die erste erschien 1716 und eine weitere 1717 in jeweils deutscher Fassung bei Tilmann Liborio Stahl in Düsseldorf. Betitelt ist sie mit „Ausfuehr­liche und gruendliche Specification derer kostbarsten und unschätzbaren Gemählden, Welche in der Gallerie der Churfuerstlichl. Residentz zu Duesseldorf in grosser Menge anzutreffen seynd“239. Eine französische Fassung erschien 1719 [„Désignation exacte des Peintures dans la Galérie de la Résidence à Düsseldorf“] ebenfalls bei Stahl in Düsseldorf. Die beiden deutschen Ausgaben variieren leicht in der Reihenfolge der aufgelisteten Kunstwerke. Auch lässt der Vergleich der drei Exemplare Variationen in den Beschreibungen der einzelnen Kunstwerke erkennen. Allen gemeinsam ist die Widmung an den Nachfolger Johann Wilhelms, Karl III . Philipp.240 Bei allen drei Ausgaben handelt es sich um Hefte im Umfang von etwa 50 Seiten ohne Abbildungen. Der Katalog listet 337 Kunstwerke und Gemälde auf, darunter 59 Kleinplastiken, im neu errichteten Galeriegebäude. Er gibt zwar keine Auskunft über die exakte Hängungsweise der einzelnen Gemälde an den Wänden, doch bietet er ein durch fortlaufende Nummern strukturiertes und nach einzelnen Räumen aufgeteiltes Inventar aller Gemälde, Skulpturen, Möbelstücke und Pretiosen. Alle Gemälde sind mit Fuß- und Zollangaben am rechten Rand versehen. Bei dem zweiten Katalog handelt es sich um die 1778 entstandene, prächtige, zweibändige Publikation „La Galerie Electorale de Dusseldorff“241 des Hofarchitekten Nicolas de Pigage (1723 – 1796) und des Basler Kupferstechers Christian von Mechel (1737 – 1817).242 Der Band bestimmt noch heute die Vorstellung vom Aussehen der Düsseldorfer Gemäldegalerie unter den Nachfolgeregierungen von Karl III. und Karl IV.

Die Autorin vermutet, dass als Grundlage für die Publikation eine möglicherweise 1716 oder 1719 von Adriaen van der Werff verfasste Liste gedient haben könnte, vgl. Baumgärtel 2009, S. 149. Die Liste ist fast identisch mit derjenigen von Karsch. Welche Liste zuerst oder ob sie in Zusammenarbeit der Autoren entstand, kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden und ist für die folgende Argumentation unerheblich; vgl. auch die Dokumente 2.1 und 2.2 im Quellenanhang. 239 In leicht veränderter Form erschien die zweite Ausgabe unter dem Titel „Ausführliche und gründliche Specification derer vortrefflichen und unschätzbaren Gemählden, ­welche in der Gallerie der Churfürstlichen Residentz zu Düsseldorff in grosser Menge anzutreffen seynd.“ 240 Karsch 1719. Eine weitere deutsche Ausgabe erschien 1750, vgl. Karsch 1750. 241 Pigage / Mechel 1778, und Pigage 1778. 242 Von Mechel war Stecher, Verleger und Kunsthändler. Seine Rolle bei der Entwicklung der musealen Kunstgeschichte ist bisher noch nicht bearbeitet worden. Er hatte sich für eine taxonomische Ordnung nach Schulen eingesetzt und sich an der Neuschaffung eines Museums in Preußen beteiligt, das die königliche Antiken- und Gemäldesammlung unter ein Dach bringen sollte. Von Mechel kam 1805 nach Berlin, wo er 1810 von Friedrich Wilhelm III . den Auftrag erhielt, die Gemäldegalerie neu zu ordnen. Dies gelang ihm jedoch nicht, da Wilhelm von ­Humboldt, seit 1809 Leiter der Sektion Kultus und Unterricht im Innenministerium, ihn zu seinem Unterstellten machte und so dessen Pläne verhinderte, vgl. Tipton 2006, und Wolf 2013, Bd. 2, S. 329 f.

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Ein weiterer Katalog war von dem Galeriedirektor Lambert Krahe (1712 – 1790) geplant, jedoch nie ausgeführt worden. Seine Vorzeichnungen dienten Pigage und Mechel teilweise als Vorlage. Die Publikation Pigages und Mechels war Karl IV. gewidmet.243 Als Grundlage für die folgenden Untersuchungen des Innenraums der Düsseldorfer Gemäldegalerie dient der erste Katalog von Karsch von 1716, der kurz nach dem Tod des Kurfürsten angefertigt wurde. Er erlaubt Rückschlüsse auf die ursprüngliche Hängung während der Regierungszeit von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz. Zwar kamen unter der Nachfolgeregierung von Karl Philipp einige Neuzugänge in die Sammlung, doch ihr Kernbestand hatte sich seit dem Tod Johann Wilhelms 1716 nicht wesentlich verändert.244 Die Publikation von Mechel und Pigage gibt Aufschluss über die architektonische Struktur des Gebäudes. Sie bietet im ersten Band eine Beschreibung des bis 1778 auf 365 Gemälde angewachsenen Bestands und führt im zweiten Band auf 30 Tafeln Grund- und Aufriss der einzelnen Räume des Kunsthauses vor.245 Der Grundriss des deutlich niedrigeren Erdgeschosses spiegelte sich im Obergeschoss wider: Drei Galerieräume auf rechteckigem Grundriss wurden durch zwei kleinere Eckkabinette auf quadratischem Grundriss verbunden. Die Anordnung der Sammlung sah eine Teilung von Abgüssen von Antiken in der unteren und Gemälden in der oberen Etage vor, wobei die malerische Ausstattung einiger Räume die ausgestellten Gemälde ergänzen sollte.246 Die Beleuchtung der drei größeren Räume erfolgte durch je fünf Rundbogenfenster auf beiden Etagen, die die gesamte Höhe der zum Innenhof zeigenden Wände einnahmen. Die kleineren Räume wurden an den äußeren Seiten durch je zwei Fenster beleuchtet. So traf das Licht die drei Galeriesäle frontal aus drei Himmelsrichtungen, wohingegen die Eckräume seitliches Streiflicht empfingen.247 Die Fenster des Mitteltraktes waren Richtung Nordwesten gerichtet und die Seitenarme erhielten Lichteinfall von Westen und Osten. Dies ermöglichte eine optimale Präsentation der Bilder. 243 Lambert Krahe war zuvor mehrere Jahre als Maler in Rom tätig gewesen und ordnete die Düssel­ dorfer Sammlung ab 1756 neu. Er verfolgte dabei ein Konzept, bei dem als weniger bedeutsam erachtete Kunstwerke entfernt wurden, um die künstlerische Qualität einzelner Werke besser heraus­ stellen zu können, vgl. Sheehan 2002, S. 30. 244 Vgl. Tipton 2006, S. 81 – 86. 245 Anhand ­dieses Werks wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts des Getty Research Institutes in Los Angeles ein 3D-Modell realisiert, das eine exakte Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens und der Ausstattung des Kunsthauses sowie die Hängungsweise der Gemälde bietet, vgl. AK Display and Art History 2011. 246 Die Antikensammlung stellte die umfangreichste Abgusssammlung im Heiligen Römischen Reich dar und sollte mit denjenigen Ludwigs XIV. und der französischen Akademie in Rom konkurrieren. Johann Wilhelm hatte seit 1707 den Gesandten Graf Fede damit beauftragt, Abgüsse von Antiken in Rom anfertigen zu lassen. Zu diesen gehörte auch diejenige der „Flora Farnese“ und des „­ Herkules“. Lediglich eine antike Skulptur befand sich im Besitz des Kurfürsten, die „Trunkene Alte“ aus der Sammlung Ottobonis, die den Kurfürsten als Geschenk erreichte, vgl. Scherer 1913, S. 61, und Tipton 2006, S. 87. 247 Vgl. Buttlar 2006, S. 41.

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Laut Scherer waren die Gemälde in der oberen Etage in drei bis vier Reihen und in dichter Hängung angeordnet und kleideten die Wände von den unteren, in der Technik des Stuckmarmors bemalten Wandabdeckungen bis unter die Decke. Vermutlich wurden die größeren Gemälde weiter oben und in der Mitte der Wandfläche angebracht, während die kleineren eher unten gruppiert wurden. Selbst die Fensterwände waren mit Bildern bestückt. Alle Räume waren reich verziert und müssen durch Marmorvertäfelung, Stuckarbeiten, Deckengemälde und verzierte Türen den Eindruck eines barocken Gesamtkunstwerks oder, wie Scherer es ausdrückte, eines „Bildermagazins“ vermittelt haben.248 Die Einleitung des Katalogs von Karsch erweist sich als siebenseitige Lobschrift, die dem Autor zufolge nicht allein dem Ruhm seines Mäzens, dem Nachfolger Johann Wilhelms, Karl Philipp, gelten solle, sondern als Verteidigungsschrift „gegen alle Feinde der Kunst“ anzusehen sei. Diese Thematik bestimmte auch die vor 1719 entstandenen Grisaillemalereien des von ihm selbst ausgemalten Treppenhauses, welches das Kunsthaus mit dem Schlosstrakt verband. Der Autor stellt seinen Ausführungen zu den einzelnen Räumen eine Beschreibung des ursprünglichen Aussehens voran, von dem keine Abbildungen überliefert sind. Es handelte sich um allegorische Darstellungen, die im Treppenhaus eine visuelle Verbindung zu den im Erdgeschoss ausgestellten Skulpturen und Gemälden im Obergeschoss schufen. Das ikonografische Programm stellte eine Hommage an die Kunstmäzene und die Verbindung der wittelsbachischen und mediceischen Höfe dar und verdichtete sich symbolisch im Zusammenfluss von Rhein und Arno zum Fluss der Wissenschaft im Deckengemälde. Beigegeben war ihnen Pegasus, jenes Wesen, das der Legende zufolge durch einen Huftritt die Quelle der Nymphe Aganippe entspringen ließ. Zugleich lassen die Malereien auch auf ein kunsttheore­ tisches Programm schließen. Im Geleit von den im Treppenhaus dargestellten Göttern Minerva und Herkules, die die Personifikationen der Laster bekämpfen, vollzog der Besucher den Anstieg von den die Antike repräsentierenden Skulpturen im Erdgeschoss hinauf zur modernen Malerei. Die das Eingangsportal zur Gemäldegalerie im Inneren des Kunsthauses flankierenden Büsten von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz des Hofbildhauers G ­ abriele Grupello 249 nahmen die Besucher in Empfang, wie eine Darstellung der ursprünglichen Eingangssituation des Malers Caspar Johann Nepomuk Scheuren (1810 – 1887) um 1842 vermittelt (Abb. 8).250 Sie waren umgeben von Fresken der sich umarmenden Th ­ eorie und Praxis und den Personifikationen der triumphierenden Malerei mit Lorbeerkranz, Bildhauerei, Baukunst und Poesie. Herkules und Minerva, die zusätzlich die Fensterlaibungen zierten und auf die erfolgreiche Herrschaft des Kurfürstenpaars anspielten, triumphierten 248 Scherer 1913, S. 59 f. 249 Die Büsten stellen ein Hauptwerk des Hofbildhauers dar. Für eine Einordnung des Œuvres in die Tradition barocker Herrscherbüsten mit Schwerpunkt auf Andreas Schlüter vgl. Zitzlsperger 2014. 250 Zu den beiden Büsten vgl. Kultermann 1968, S. 68 – 96. Vgl. auch die Beschreibung bei Scherer 1913, S. 61.

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Abb. 8 Caspar Johann Scheuren, Eingang zur ersten Etage der Gemäldegalerie, um 1842, rotbraun lavierte Federzeichnung, 14,7 × 10,2 cm, Düsseldorf, Stadtmuseum

über die Feinde der Kunst – Faulheit, Trunksucht, auf die sie mit Füßen traten, Geiz und Ignoranz, die mit einem Kolben erschlagen wurden, und Melancholie und Sorge, die auf einem Esel sitzend, dem Symboltier von Sinnlichkeit und Geistesarmut, flohen. Anschließend an die Einleitung mit der Beschreibung des Treppenhauses listet Karsch in topografischer Abfolge die einzelnen Räume und die darin vorgeführten Kunstwerke auf, die fortlaufend durchnummeriert sind; eine Katalogisierung, die Aufschluss über die Zusammenschau von Gemälden mit Maßangaben, Elfenbeinarbeiten, Kleinbronzen und insgesamt zehn wertvollen Tischen aus unterschiedlichen Stein- und Marmorsorten gibt.251 Der Katalog stellt das erste systematische Verzeichnis der Gemäldegalerie dar. Charakteristisch ist besonders die raumübergreifende Zusammenschau von Gemälden alter Meister, zeitgenössischer Künstler aus dem italienischen, flämischen, niederländischen und deutschen Raum sowie Skulpturen und Möbelstücken.252

251 Karsch listet für den zweiten Raum einen Tisch aus bianco e nero antico, für den dritten, Rubens gewidmeten Saal je zwei Tische aus verde antico und orientalischem Alabaster „a Ochio“, im vierten Saal, dem zweiten Eckraum, ebenfalls einen Tisch aus bianco nero antico und im letzten wieder je zwei Tische aus orientalischem Alabaster und „Galo Anticho in Oro“, vgl. Katalog Karsch 1716. 252 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die deutsche Ausgabe des früheren Exemplars von 1716.

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Seinem Katalog zufolge barg der nach Westen ausgerichtete erste Hauptsaal 79 Bilder italienischer und flämischer Malerei, darunter an zentraler Stelle ein Bildnis des Hofmalers van Douven von Johann Wilhelm zu Pferd. Gleich zu Beginn des Katalogs preist sich Karsch als Maler an und so nennt er an vierter Stelle eine von ihm gemalte „Tauff Christi sehr fleißig ausgemahlet“. Der Raum enthielt darüber hinaus sieben Elfenbein­reliefs („Bassorilievi von Helffenbein“), von denen zwei von dem Elfenbeinkünstler Elhover und eines von dem Hofbildhauer Antonio Leoni (1704 bis 1716 in Düsseldorf nachweisbar) stammen. Sie waren unter einem Gemälde von Christus mit Heiligenfiguren von Caspar de Crayer (1584 – 1669) angebracht. Außerdem befand sich in dem Raum eine Himmelfahrt Mariae von Felice Cignani (1660 – 1724), darunter zehn weitere Elfenbeinarbeiten von Elhover, die Karsch zufolge „über die massen fleißig und künstlich ausgearbeitet“ waren.253 Dass die Elfenbeinfiguren im Düsseldorfer Kunsthaus zusammen mit den Gemälden ausgestellt waren, ist ungewöhnlich und unterstreicht die bedeutende Rolle, die den Werken beigemessen wurde.254 Dies wird zusätzlich dadurch markiert, dass die Elfenbeinwerke rechteckig geschnitten und gerahmt waren. Die Rahmen waren breit und dunkel und verliefen in leichter Abschrägung nach innen, was ihnen den Charakter von gemalten Bildern verlieh. Dunkler Rahmen und weißes Elfenbein bildeten einen besonders effektvollen Kontrast. Im zweiten, ­zwischen West- und Südflügel gelegenen Eckraum befanden sich 78 Bilder und Objekte, darunter hauptsächlich italienische und französische Gemälde von Zeitgenossen wie Benedetto Luti (1666 – 1724), Gérard de Lairesse (1640 – 1711) und Jean Francois Millet (1666 – 1723) sowie vier Bronzereliefs mit den „Vier Jahreszeiten“ von Massimiliano Soldani Benzi (1656 – 1740). Einigen Gemälden ­dieses Raums lässt Karsch besondere Wertschätzung zukommen: Das Bild eines „Marctschreyer[s] mit vielen Figuren die zuhören“ des von Johann Wilhelm besonders geschätzten niederländischen Malers Gerard Dou (1613 – 1675), der als Begründer der Leidener Feinmalerei gilt, in dessen Tradition auch van der Werff stand, befindet er als „extraordinair schön gemahlet“.255 Lobend hebt er auch einen weiteren Hofmaler hervor, Jan Weenix d. J. (1640 – 1719), von dem sich vier großformatige Bilder in dem Raum befanden, die er ebenfalls als „extraordinair schön gemahlet“256 beschreibt. Weenix war von 1702 bis 1712 für das Kurfürstenpaar tätig und fertigte unter anderem zwölf großformatige Gemälde von über 3,5 × 5,5 Metern für das Jagdschloss Bensberg an. Er arbeitete in Amsterdam und reiste, wie Adriaen van der Werff und die Hofmalerin Rachel Ruysch (1664 – 1750), die von 1708 bis 1716 am Düsseldorfer

253 Vgl. Katalog Karsch 1716, Nr. 79. 254 Im Düsseldorfer Stadtschloss hatten sich insgesamt 30 Elfenbeinstatuetten neben Kunstwerken aus anderen Materialien befunden, vgl. Theuerkauff 1986, S. 16. Johann Wilhelm bezog das Elfenbein direkt aus Amsterdam, von wo aus es über gut ausgebaute Handelswege leicht das nahe gelegene Düsseldorf erreichte, vgl. ebd. S. 15. Zur Stellung Ignaz Elhovens als Künstler am Düsseldorfer Hof vgl. ausführlich ebd., S. 158 – 163 und S. 189 – 204. 255 Vgl. Katalog Karsch 1716, Nr. 81. 256 Vgl. ebd., Nr. 115, 116, 137, 138.

98 |  Anfänge des öffentlichen Museums

Hof angestellt war, ab und zu nach Düsseldorf. Eines ihrer Blumenstillleben lobt Karsch als „sehr curieus gemahlet“257 und ein Bildnis ihres Ehemanns, des Porträtmalers Juriaen Pool, als „extraordinair künstlich gemahlet“258. Der dritte Raum, der mittlere Hauptsaal im Südflügel, war Peter Paul Rubens (1577 – 1640) gewidmet und bildete das Herzstück der Sammlung. Er beherbergte zunächst 44, bis zum Tod Johann Wilhelms 46 Bilder des flämischen Malers. Eine Version des „Jüngsten Gerichts“ wurde von Karsch als „recht Wunder der Kunst“259 bezeichnet und eine zweite als „berühmteste[s] und größte[s] Stück so Rubens je gemahlet“. Es handelte sich hierbei um die prächtigste und zu jener Zeit größte zusammenhängende Rubens-­Sammlung.260 Unterhalb der Gemälde wurden acht Elfenbeinreliefs von Antonio Leoni präsentiert und in der Mitte des Raums auf einem prächtigen Marmortisch die Skulptur mit der „Lotta di Bronzo mit einem Venus und Sartyrskopff“. Der vierte Raum, der ­zwischen Süd- und Ostflügel gelegene Eckraum, enthielt insgesamt 54 Werke, darunter 22 des Hofmalers van der Werff, zu denen auch ein Porträt des Großherzogs Gian Gastone de’ Medici und zwei Porträts des Kurfürstenpaars zählten. Bis auf eine Ecce-­Homo-­Darstellung weisen sie alle das ­gleiche Format auf. Zusätzlich hingen Bilder italienischer und flämischer Maler in dem Raum. Geschmückt war er von sieben Chiaroscuro-­Arbeiten, die fingierte Reliefs darstellten: „Gantz oben um und umher seynd 7. Stück à Schiaro Scuro von Polidoro [di Caravaggio] […]. Diese alle repraesentiren Bassorilievi antichi in forma eines Aufzugs in Triompho von den Römischen Kaysern.“ In der Mitte befand sich eine Statue von ­Kaiser Joseph I. auf einem in Florenz angefertigten, schwarzen Sockel des am Medici-­Hof tätigen Künstlers Giovanni Battista Foggini.261

257 Vgl. Katalog Karsch 1716, Nr. 133. 258 Vgl. ebd., Nr. 134. 259 Vgl. ebd., Nr. 179. In Microfiche-­Ausgabe: „capitalste Stück so Rubens je gemahlet“. 260 Den Grundstein für die Rubens-­Sammlung hatte der Großvater von Johann Wilhelm, Wolfgang Wilhelm von Pfalz-­Neuburg (1578 – 1653), gelegt. Er war mit Rubens befreundet gewesen und gab z­ wischen 1618 und 1622 Altargemälde für Schlosskapelle und Jesuitenkirche in Auftrag. Er handelte sich dabei um das „Jüngste Gericht“ mit den beiden Flügeln der „Geburt Christi“ und der „Ausgießung des Hl. Geistes“, den „Höllensturz der Engel und der Verdammten“ und die „Himmel­fahrt Mariae“. Ersteres soll Scherer zufolge aufgrund der Größe zum Bau der Düsseldorfer Galerie veranlasst haben, vgl. Scherer 1913, S. 56. Rubens steht insofern auch paradigmatisch für die der Düsseldorfer Sammlung zugrunde liegenden aufklärerischen Ansätze, als er die Ideale des „aufgeklärten Bürgertums“ verkörpert, in dem Sinne, dass die Macht nicht vom Herrscher allein, sondern vom Volk ausgehe, vgl. Warnke 1965, insbes. S. 39 – 6 4. Ausführlich zum Ankauf von Rubens-­Bildern mit ausgewählten Quellen vgl. AK Rubens 2008. Ein Schwerpunkt liegt auf der Genese der „Himmelfahrt Mariens“, die von Entwurf bis Umsetzung anhand von Quellen gut nachvollziehbar ist. 261 Foggini hatte das Amt des Hofbildhauers inne. Zum Künstler vgl. ausführlich die Monografie von Spinelli 2003. Der Autor liefert erstmals eine umfassende Studie zu Biografie und Œuvre des Künstlers, der als Bildhauer, Medailleur und Architekt Karriere am Medici-­Hof gemacht hatte. Für die Untersuchung einzelner Werke des Künstlers vgl. Monaci 1977.

Expansion und Verdichtung: Der Katalog von Gerhard Joseph Karsch | 99

Der fünfte Hauptsaal im Ostflügel war der italienischen Malerei und in italienischer Tradition stehenden Werken Anthonis van Dycks – „auf die Manier von Titiano gemahlet“ – gewidmet. Unter den 82 Gemälden sticht aufgrund der kennerschaftlichen Beschreibung Karschs besonders ein Bild von Tizian (um 1490 – 1576) hervor. Es handelt sich hierbei um eine Mariendarstellung mit Jesuskind und Johannes, die Karsch als „wunderlich gemahlet“ beschreibt. Zusätzlich wurden in dem Raum 23 Bronzearbeiten und zeitgenössische und antike Marmorskulpturen präsentiert, allerdings ohne Nennung der Künstler. Das Neuartige am Düsseldorfer Kunsthaus lag, wie schon angedeutet, in der Präsentation der Gemälde, die größtenteils nach Malerschulen geordnet oder einzelnen Künstlern wie van der Werff und Rubens gedacht war. Zwar wurde d ­ ieses Konzept nicht konsequent durchgehalten, doch die fortlaufende Nummerierung der Gemälde in dem Katalog lässt auf eine bewusst geplante Hängung schließen. Dies bestärkt den Rang des Kunsthauses als eigenständiger Museumsbau gemäß den eingangs dargelegten Kriterien und Vorstellungen, die sich an den Begriff von einem modernen Museum – gerade in Abgrenzung zu demjenigen der Kunstkammer – knüpfen. Das Kunsthaus befindet sich an der Schnittstelle dieser beiden musealen Konzepte: Zwar ist es in seiner Sammlungspräsentation noch fürstlich-­repräsentativen Idealen verpflichtet, doch zeigt es sich auf architektonischer Ebene als avantgardistisch. Es steht beispielhaft für ein in Teilen eine barocke Herrschaftsikonografie aufweisendes Programm in der Hülle eines auf moderne Museumsarchitektur verweisenden Gebäudes. Dies bezeugen Lage und Typus des Baus in Verbindung mit der Hängung der Gemälde gemäß dem Katalog von Karsch. So zeigen sich am Gebäude selbst innovative Elemente wie spezielle Lichtführung durch große Fensterfronten, wodurch jeweils nur eine Wand in jedem der drei großen Säle zur Präsentation der Kunstwerke genutzt werden konnte, ein separater Eingang, eine klare Raumaufteilung in drei große und zwei kleinere Räume, die Disposition von Antikenkopien im Untergeschoss und die Zusammenschau von Bildern, Kleinplastiken, Elfenbeinwerken, Chiaroscuro-­Malereien und Pietre dure-­Arbeiten im Obergeschoss. Die Hängung der Gemälde hatte nicht bloß rein dekorative Funktion,262 die die künstlerische Kennerschaft des Kurfürstenpaars veranschaulichen sollte, sondern verweist auf ästhetische Geschmacksurteile, die auf Spezialwissen schließen lassen und die auf einen Wandel zu einer differenzierteren Betrachtung und Hervorhebung einzelner Künstlerpersönlichkeiten deuten. Dies legen Karschs Urteile einzelner, ihm besonders bedeutend erscheinender Kunstwerke und Künstler nahe. Die Übersetzung des Katalogs ins Französische lässt darauf schließen, dass er mehr als ein bloßes Handbuch war. Er diente der öffentlichen Bekanntmachung der Sammlung des Herrscherpaars und verweist konkret darauf, dass die der Sammlungspräsentation eingeschriebene Imago Annas für eine breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden sollte. Wie stark die Sammlung in Teilen dennoch einem fürstlichen Repräsentationsbedürfnis unterlag, bezeugen

262 Vgl. bspw. AK Display and Art History 2011, S. 4.

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Ausmalung des Treppenhauses und Büsten des Herrscherpaars am Eingangsportal zu den Sälen im Obergeschoss des Kunsthauses. Der besondere Anteil Annas – gerade auch in Abgrenzung zu ihrem Ehemann – soll im Folgenden eingehender untersucht werden. Eine ähnlich visionäre Programmatik verbindet sich mit den Uffizien in Florenz, die als erstes öffentliches Museum in Europa gelten. Beide Gebäude, Düsseldorfer Kunsthaus und Florentiner Uffizien, spielen eine Sonderrolle: sowohl in Hinblick auf die Konsti­ tuierung des modernen Museums als auch dahingehend, dass beide Sammlungen mit den Medici verbunden sind. Die Auftragsvergabe für den Bau der Uffizien erhielt Vasari 1560, dem Jahr der Eingliederung des besiegten Sienas in den Regierungsbereich Cosimos I. de’ Medici.263 In ­diesem „frühabsolutistischen Staatsapparat[s]“264, dessen Selbstverständnis sich in jener Idee einer Direktive zeigt, alle Macht an einem Ort im Sinne einer Zentralisierung zu bündeln, hatten insgesamt 13 Behörden ihren Sitz, die zuvor über den gesamten Stadtraum verteilt waren. Gleichzeitig waren hier seit dem 16. Jahrhundert Kunstsammlungen, Werkstätten und Raritätenkabinette untergebracht. Der Bau markiert einen Wendepunkt, an dem die Transformation der Republik Florenz hin zu einem fürstlich regierten Territorialstaat nachvollziehbar wird.265 Er öffnet sich zur Piazza della Signoria hin und grenzt an die Loggia dei Lanzi und den Palazzo Vecchio (Abb. 9). Die Errichtung der Uffizien kann als symbolischer Akt verstanden werden, bei dem der ehemalige Regierungssitz von der Stätte des kulturellen Erbes der Toskana vereinnahmt wird. Das Schauspiel der Staatsgewalt vollzieht sich im Herzen des Regierungssitzes mit den Uffizien als Kulisse und bezeugt damit die Transformation vom politischen zum kulturellen Zentrum. Auffälligstes Merkmal des Gebäudes ist seine Orientierung auf die Längsachse, die bis ins Äußerste gedehnt ist und deren beide Flügel eine schluchtartige Straße einschließen. Im Zentrum des verbindenden Gebäudeteils befindet sich auf der Innenseite die von Giambologna angefertigte Statue Cosimos I., die zwei allegorische Liegefiguren – rechts Strenge und links Gerechtigkeit – flankieren (Abb. 10). Cosimo I., der ab 1537 das neu gegründete Großherzogtum Toskana regierte, setzte sich durch die Statue als Regisseur eines Theaters in Szene, das die Strahlkraft des Fürstenstaats eindrucksvoll visualisiert. Bühne und Regierung waren aufs Engste mit dem Gebäude der Uffizien verwoben. Dies unterstreicht auch die Errichtung einer festen Bühne, des Teatro Mediceo, im Ostflügel der Uffizien, 1586, durch Bernardo Buontalenti (1531 – 1608). Der theatrale Charakter der Sammlung im Inneren steigerte sich so im Außenraum zu einer die bildenden Künste, Tanz, Drama und Musik verbindenden Zusammenschau.

263 Vor d ­ iesem Hintergrund ist die Vereinnahmung des Stadtraums mit Hilfe der Uffizien verschiedentlich auch als Ausdruck der Inbesitznahme Sienas und der damit verbundenen territorialen Dominanz Cosimos gewertet worden, vgl. Herrmann 2003, S. 103 – 122, hier: S. 110. 264 Vgl. Wolf 2013, S. 318. 265 Vgl. Von Herrmann 2003, S. 103.

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Abb. 9 Ferdinando Ruggeri, Stadtplan von Florenz, 1731, Berlin, Staatsbibliothek, Zeichnung, 14,7 × 10,2 cm, Düsseldorf, Stadtmuseum

Abb. 10 Giambologna, Quertrakt der Uffizien, Florenz, 1585

Wie die Programmatik der Florentiner Uffizien lässt sich diejenige des Düsseldorfer Kunsthauses z­ wischen den beiden Polen Expansion und Verdichtung einordnen: Auf architektonischer und inhaltlich-­konzeptueller Ebene vollzieht sich die Umwandlung des politischen und wirtschaftlichen Zentrums im Herzen von Düsseldorf durch die Platzierung des Kunsthauses, das – eingegliedert z­ wischen Rathaus und Schloss – ein Bindeglied ­zwischen öffentlich-­politischer und dynastischer Sphäre bilden sollte. Unterstrichen wird die Achse Düsseldorf–Florenz zudem durch die Fassade des Düsseldorfer Kunsthauses, die eine Reminiszenz an das dem Triumphbogen nachempfundene, loggiaartige Verbindungsstück der Uffizien bildet. Wie bei diesen handelte es sich bei dem Kunsthaus um eine Vereinnahmung des Stadtraums, wodurch Nähe zum fürstlich-­repräsentativen und

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wirtschaftlichen Zentrum demonstriert wurde. Das Kunsthaus vereinte zudem, ebenso wie die Uffizien, Museum und Werkstätten an einem Ort, wie in dem eingangs genannten Zitat von Uffenbach deutlich wurde: Neben dem Kunsthaus befanden sich Anbauten, in denen Bildhauer, Steinmetze und Bronzegießer arbeiteten. Sinnfällig setzte sich die mediceisch-­wittelsbachische Verbindung im Inneren des Kunsthauses fort. Wie anhand des Katalogs von Karsch gezeigt, bildete die Zusammenschau unterschiedlicher Gattungen und Materialien in den einzelnen Räumen ein besonderes Charakteristikum. Gemälde, Elfenbeinreliefs und Bronzeskulpturen, die auf reich verzierten Tischen in Pietre dure-­ Arbeit präsentiert wurden, verbanden sich zu einer Schatzkammer, die sich mit der von Buontalenti errichteten Tribuna in den Uffizien messen zu wollen schien. Die Tribuna wurde z­ wischen 1570 und 1584 unter Francesco I. (1541 – 1587) von Buontalenti für die Medici-­Sammlung antiker Statuen und zeitgenössischer Malerei entworfen. Sie bildete das Herzstück der Sammlung, eine Schatzkammer, in der die wertvollsten Kunstwerke aus den Goldschmiede­werkstätten der Medici, Gemälde, Büsten und Statuetten präsentiert wurden. Der auf oktagonalem Grundriss konzipierte Raum wurde durch Oberlichter beleuchtet und die Wände waren mit milchig-­weiß schimmerndem Perlmutt ausgelegt. Der Boden bestand aus einem Mosaik aus farbigem Marmor und Porphyr. Die Wände waren mit rotem Samt bespannt, vor dem ausgewählte Gemälde hingen. Zusätzlich waren auf Konsolen Büsten und Statuetten aufgestellt. Auf Augenhöhe verlief entlang der Wand ein Bord, unter dem sich 20 Schubladen befanden. Hier wurden Edelsteingefäße und Kleinbronzen gezeigt. Seit 1689 stand im Zentrum des Raums ein aus Pietre dure gefertigter achteckiger Tisch, dessen Form den Grundriss des Raums aufnahm. In der Wandnische gegenüber dem Eingang befand sich ein über drei Meter hoher, mit Juwelen besetzter Prunkschrank aus Ebenholz, der Studiolo grande.266 Die Präsentation der wertvollen Kunstwerke im Düsseldorfer Kunsthaus, die der wie in einem Schmuckkasten zusammengetragenen Kunstwerke in der Tribuna der Uffizien gleicht, unterstreicht zusätzlich die künstlerische und dynastische Verbindung z­ wischen Medici und Wittelsbachern. Dass dem Display und künstlerischen Gesamtprogramm offensichtlich fürstlich-­repräsentative Intentionen zugrunde lagen, belegt die Zusammenschau von Porträts und Gemälden zeitgenössischer und Renaissancekünstler. Nachfolge fand die Sammlungspräsentation von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz im Düsseldorfer Kunsthaus durch verschiedene Fürstinnen in Deutschland. Zu den bekanntesten zählt Karoline Luise von Baden (1723 – 1783), deren Malereikabinett

266 Zunächst waren die Uffizien als Statuengalerie für Antiken geplant worden, während die Gemälde in der Tribuna gezeigt wurden. 1704 war die Tribuna durch venezianische Bilder, wie etwa von Tinto­ retto, Tizian, und Veronese, bereichert worden. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Gemälde von Holbein, van Dyck und niederländischen Malern des 17. Jahrhunderts, die von Cosimo III. besonders geschätzt wurden. Die Gemäldegalerie entwickelte sich erst an der Schwelle zum 17. Jahrhundert. Die Auswahl der Medicifürsten und -prinzen, die vormals in den Villen und Palästen aufbewahrt wurde, fand später größtenteils Eingang in die Sammlung der Uffizien, vgl. Wolf 2013, S. 317 – 321.

Expansion und Verdichtung: Der Katalog von Gerhard Joseph Karsch | 103

den historischen Kern der heutigen Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe bildet.267 Zum Bestand ihrer Sammlung zählten Gemälde von David Teniers d. J., Adriaen von Ostade, Willem van Mieris, Adriaen van der Werff, Caspar Netscher und Nicolaes Berchem. Der Vergleich mit einem eigenhändig von ihr verfassten Verzeichnis von 1760, das als eine Bilderwunschliste verstanden werden kann, macht weitere Parallelen mit den in der Düsseldorfer Sammlung gezeigten Künstlern deutlich. An erster Stelle stehen van Dyck, Rubens und Rembrandt, einen weiteren Schwerpunkt soll die Leidener Feinmalerei mit Caspar Netscher, Frans und Willem van Mieris, Adriaen van der Werff und Gerard Dou bilden sowie die Interieurmaler Egon Hendrik van der Neer, Gerard ter Borch und Gabriel Metsu. Außerdem sind die Vertreter des Bauern-­Genres, Adriaen Brouwer, Adriaen van Ostade und David Teniers d. J., genannt. Für das Stillleben notierte sie unter anderen Rachel Ruysch. Jan Weenix oder Adriaen van der Velde gab sie als Maler für Jagd- und Tierszenen an. Auch für die französische Malerei zeigte sie großes Interesse, wie die Namen Nicolas de Largillière oder Hyacinthe Rigauds verraten.268 All diese Künstler tauchen auch in den Inventarlisten der Düsseldorfer Gemäldesammlung auf. Der Vergleich des Bestandes in Düsseldorf unter Anna de’ Medici und desjenigen Karoline Luises in Karlsruhe beweist die Vorbildhaftigkeit der früheren Sammlung und den geschmacksbildenden Einfluss. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass Karoline Luise sich selbst auf dem Gebiet der Malerei schulte, in dem sie Werke kopierte. Diese fertigte sie nach Vorlage aus der Mannheimer Sammlung des Kurfürsten Karl Theodor an, die sich zuvor im Besitz des Düsseldorfer Kurfürstenpaars befunden hatte. Auch die schwedische Königin Luise Ulrike (1720 – 1782), Schwester König ­Friedrichs II. von Preußen, war schon zu Lebzeiten als Kunstmäzenin bekannt. Wie Anna de’ Medici sammelte sie bevorzugt flämische und holländische Malerei des 17. Jahrhunderts, französische Gemälde des frühen 18. Jahrhunderts sowie Werke der italienischen Kunst. Ihre Sammlung präsentierte sie auf Schloss Drottningholm. Im Gegensatz zu Düsseldorf waren hier jedoch Sammlung und Palast eng miteinander verwoben. Dennoch war die Königin bestrebt, die Sammlung stetig aufzubauen und öffentlich zugänglich zu machen.269 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Düsseldorfer Kunsthaus alle Kriterien eines modernen Kunstmuseums aufwies: funktionale und räumliche Autonomie, die auf ihren öffentlichen Bildungszweck hin ausgerichtet war, eine konsequente Trennung der Sammlungsbereiche, was eine optimale Präsentation der Antiken-­Kopien im Erdgeschoss und Gemälden, Bronzeskulpturen und Pietre dure-­Arbeiten in den einzelnen Räumen des oberen Geschosses ermöglichte. Unterstrichen wurde diese Präsentation durch den Katalog Karschs, dessen Beschreibungen einzelner Kunstwerke auf künstlerische Kennerschaft und Wissensvermittlung abzielten. Die Zurschaustellung der einzelnen Werke erforderte 267 Vgl. Frank / Zimmermann 2015. 268 Vgl. Tillmann, Max: Karoline Luise von Baden und die Niederländerbegeisterung im Frankreich des 18. Jahrhundert, in: Frank / Zimmermann 2015, S. 162 – 179. 269 Vgl. Laine, Merit: „Y avoir tout ce qu’ on peut s’imaginer“ – Die Gemäldesammlung von Königin Luise Ulrike von Schweden in Schloss Drottningholm, in: Frank / Zimmermann 2015, S. 232 – 243.

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neue Konzeptionen auf architektonischer und raumgestalterischer Ebene: Strukturierung der Räume durch Lichtführung, Disposition der Säle im niedrigeren Erdgeschoss und den höheren Räumen im Obergeschoss, Hängung der Gemälde nach Schulen und heraus­ ragenden Malern. Insgesamt zielte das Düsseldorfer Kunsthaus durch Architektur und Raumaufteilung, Sammlungspräsentation und Innengestaltung auf eine Demokratisierung der Kunst und nahm damit die Ideale der Aufklärung vorweg: Öffnung der Sammlung für ein ständeübergreifendes Publikum, Bildung und Gemeinwohl.

3.3 Die künstlerische Apotheose des Adriaen van der Werff: Demonstration und ‚Neutralisierung‘ der Herrschaft Während Typus, Lage und Raumaufteilung auf einen modernen Museumsbau verweisen, deutet das ikonografische Programm im Treppenhaus auf eine Herrschaftsikonografie, die noch dem Barock verpflichtet zu sein scheint. Sie verbindet sich mit den in die Sammlung eingegliederten Künstlern. Diese Überschneidung moderner, zukunftsweisender Sammlungspräsentation mit einer fürstlich-­repräsentativen Herrschaftsikonologie und künstlerischen Inszenierung soll eine vertiefende Untersuchung des dem Hofmaler Adriaen van der Werff gewidmeten Eckraums verdeutlichen. Beispielhaft hierfür steht das Bildnis „Allegorie auf das Kurfürstenpaar“ oder „Huldigung der Künste“, das Adriaen van der Werff 1716 angefertigt hatte – Lobpreis der Auftraggeber und gleichzeitig seine eigene Inszenierung als Hofkünstler (Tafel 10). Es sollte als „Titelstück“ den Auftakt zu einer 1703 von Johann Wilhelm in Auftrag gegebenen 15 Bilder umfassenden Serie bilden, den sogenannten „Rosenkranzzyklus“ (auch „Mysterienzyklus“ oder „Geheimnisse des Rosenkranzes“).270 Der Zyklus stand im Zentrum der Rauminszenierung. Während das Titelstück nicht rechtzeitig für eine Präsentation im Kunsthaus fertiggestellt werden konnte und erst 1720, nach dem Tod Johann ­Wilhelms und der Rückkehr Annas nach Florenz, in die Sammlung aufgenommen wurde, hingen die einzelnen Bilder des Zyklus’ seit 1714 in dem Raum. Die Gemälde, die alle ein einheitliches Format von ungefähr 77 × 53 cm aufweisen, befinden sich heute in der Staatsgalerie Schleißheim bei München. Die Anfertigung der Bilder erstreckte sich über einen Zeitraum von elf Jahren, von 1703 bis 1714.271 Während einzelne Bilder bereits 270 Das Bild befindet sich heute in der Alten Pinakothek, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, ­München. Eine Kopie des Gemäldes wurde 1722 von Bartholomäus van Douven, dem Sohn des Hofmalers Jan Frans van Douvens und Schüler von Adriaen van der Werff, gemalt und hängt heute in den Uffizien in Florenz (Öl auf Leinwand, 83 × 58,5 cm); Abb. in: AK Principessa 2006, S. 169. Auf der Rückseite dieser Kopie ist eine Inschrift zu lesen, die auf das Original verweist: „Ce ­Tableaux a esté copié par Bartholomy Douven d’après son Maitre le Chavalier Van der Werff l’an 1722. L’original estans avec les quinze autres Mistères de la meme Grandeur dans la Gallerie de S. A. I. Monseigneur l’Electeur Palatin ecc.“, vgl. AK Principessa 2006, S. 168. 271 Zu Auftragsvergabe und Chronologie der einzelnen Bilder vgl. Gaehtgens 1987, S. 149 und S. 440 f. Das Sujet, das auf die Gebetsform des Rosenkranzes in der römisch-­katholischen ­Kirche zielt, lässt

Die künstlerische Apotheose des Adriaen van der Werff | 105

Gegenstand von Untersuchungen waren, wurde der gesamte Zyklus bisher noch nicht innerhalb seines ursprünglichen Entstehungs- und Hängungskontextes verortet. Außergewöhnlich ist die Verbindung von sakralen Szenen aus Altem und Neuen Testament mit profanen Darstellungen. Denn dem Katalog von Karsch zufolge ­seien nicht nur die Porträts von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm, sondern auch das eines weiteren Familienmitglieds der Medici, Gian Gastone, sowie eine Ecce-­Homo-­Darstellung und zwei alttestamentarische Darstellungen, in den Rosenkranzzyklus eingebettet gewesen. 272 Das Ecce-­Homo-­Bild, das als einziges ein größeres Format als die übrigen Bilder aufwies, stellte eines der prestigeträchtigsten Werke van der Werffs dar, für das er von Johann Wilhelm als ­­Zeichen der Anerkennung mit einer goldenen Kette mit Porträtmedaillon des Kurfürsten entlohnt worden war.273 Eine ikonografisch-­stilistische Analyse jedes einzelnen Bildes des Rosenkranzzyklus’ erfolgte in Ansätzen schon an anderer Stelle.274 Hier soll vielmehr dem Grund für die Vergabe eines so bedeutenden Auftrags nachgegangen werden. Wieso wurden die Porträts des Kurfürstenpaars und weiterer Familienmitglieder in die Bilderfolge integriert? Gaehtgens deutet den Auftrag als Maßnahme vor dem Hintergrund religiöser Bestrebungen des Kurfürsten, die in engem Zusammenhang mit den seit 1703 geförderten Baumaßnahmen für den Jesuitenorden stehen. Anknüpfend an diese These wird hier vorgeschlagen, dass die Bilder nicht nur als Ausweis von Religiosität zu sehen sind, sondern die religiös-­ legitimierte Medici-­Wittelsbach-­Verbindung inszenieren. Hierfür wird zunächst kurz die Position Adriaen van der Werffs als Hofmaler am Düsseldorfer Hof beleuchtet, um dann auf sein Hauptwerk, die Huldigung der Künste und den Rosenkranzzyklus, einzugehen. sich in drei Dekaden unterteilen, von denen die erste dem „freudenreichen Rosenkranz“ (Empfängnis Christi, Heimsuchung Mariens, Geburt Christi, Darbringung im Tempel, der 12-jährige Jesus im Tempel), der zweite dem „schmerzensreichen Rosenkranz“ (Christus am Ölberg, Geißelung, Dornenkrönung und Verspottung, Kreuztragung, Kreuzigung) und der dritte dem „glorreichen Rosenkranz“ (Auferstehung Christi, Himmelfahrt Christi, Ausgießung des Hl. Geistes, Himmelfahrt Mariens, Krönung Mariens) gewidmet ist, vgl. Gaehtgens 1987, S. 149. 272 Wie eingangs erläutert, existieren zwei unterschiedliche deutsche Versionen des Katalogs von Karsch (1716 und 1717). Die frühere Ausgabe von 1716 weist eine veränderte Reihenfolge in der Nummerierung der Gemälde gegenüber der späteren von 1717, als Mikrofiche in der ­Düsseldorfer Landesbibliothek, auf. Letzterer zufolge erstrecken sich die Gemälde van der Werffs über die Nummern 208 – 229. Auch die Beschreibungen einzelner Bilder variieren. Dieser Ausgabe zufolge ist das Gemälde Johann Wilhelms unter der Nummer 217 und das der Anna de’ Medici unter der Nummer 219 verzeichnet, wonach die Porträts die 1698 angefertigte Ecce-­Homo-­Darstellung flankierten. Diese hing im Zentrum der Reihe, gehörte aber nicht zur Serie, ebenfalls nicht die beiden 1700 entstandenen alttestamentarischen Szenen „Sara führt Abraham die Magd Hagar zu“ und die „Verstoßung Hagars“. Den Abschluss bildeten die beiden Bilder „Die Crönung Mariae und das Portrait von dem Groß Prinz Don Gastone von Toscana“ (Nr. 228) und „S. Anna wie sie die seeligste Jungfrau Maria in einem Buch im Lesen instruirt gemahlet von Chevallier Benedetto Lutti“ (Nr. 229). 273 Vgl. Gaehtgens 1987, S. 295 f. 274 Vgl. ebd., S. 148 – 158.

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Die Verbindung Adriaen van der Werffs, der von 1692 bis 1695 Hauptmann der Rotter­ damer Lukasgilde war, mit dem Wittelsbacher Hof kam 1696 während einer privaten Reise Johann Wilhelms in die Niederlande zustande. 1697 wurde er zum Hofmaler ernannt und war bis zum Tod des Kurfürsten 1716 in Düsseldorf tätig.275 Van der Werff wurde für seine außergewöhnlich diffizile Malweise geschätzt, die in der Tradition der Leidener Feinmalerei stand. Uffenbachs Beschreibung der Werke des Künstlers im Düsseldorfer Kunsthaus hebt dessen malerische Technik hervor: Insonderheit aber siehet man allhier gar viele grosse und kleine Stücke von van der Werff, so daß man wohl nirgend so viel von seiner Hand bey einander antreffen wird. Unter andern sind zu bewundern die Stücke von dem Leiden Christi, es sind deren schon acht allhier, sollen aber fünfzehn werden [der Rosenkranzzyklus]. Er liefert alle Jahr zwey Stück, davor er jährliche Pension hat. Es ist gewis eine unbeschreibliche Sachtigkeit und Zärte in des Mannes Pinsel.276

Van der Werff war weit über die Grenzen Deutschlands und der Niederlande hinaus bekannt. Seine Gemälde erzielten schon zu seinen Lebzeiten Höchstpreise.277 Die hohe Wertschätzung des Künstlers durch Johann Wihelm drückte sich auch in der Erhebung des Malers in den Ritterstand 1703 aus. Als Hofmaler in Düsseldorf hat Adriaen van der Werff nur wenige Porträts gemalt, die alle aus den ersten Jahren seiner Anstellung stammen. Zu den Porträtierten gehören das Kurfürstenpaar, Gian Gastone de’ Medici (1702) und der Herzog von Schomberg (1702). Darüber hinaus fertigte er einige Bildnisse für enge Freunde und Familienangehörige an, darunter zwei Selbstporträts und Bildnisse seiner Frau und seiner Tochter. Seinem Selbstverständnis als Maler entsprach auch die ‚fürstliche Bezahlung‘ durch den Großherzog. Van der Werff gehörte zu den Spitzenverdienern unter den Hofkünstlern am Düsseldorfer Hof, jedes halbe Jahr erhielt er 4.000, ab 1703 sogar 6.000 Reichstaler.278 Darüber hinaus wurde ihm eine zusätzliche Vergütung für jedes Werk zugesprochen, oft begleitet von einem Geschenk. Im Vergleich dazu verdiente beispielsweise der renommierte Hofbildhauer Gabriele Grupello 3.000 Reichstaler und weniger bekannte Maler wie Johann Macarde mussten mit nur 30 Reichstalern auskommen.279 275 Zur Biografie von Adriaen van der Werff vgl. ausführlich ebd. Van der Werff wurde 1697 von Kurfürst Johann Wilhelm zum Kabinettmaler ernannt und sollte ein halbes Jahr für den Kurfürsten in Rotterdam arbeiten, vgl. Warnke 21996 [1985], S. 174. 276 Uffenbach 1711/1754, Bd. 3, S. 743. 277 Nachdem van der Werff zunächst eine Lehre bei dem Porträtmaler Nicolas Picolet absolviert hatte, lernte er bei Eglon Hendrik van der Neer in Rotterdam. Bereits mit 17 Jahren arbeitete er als selbstständiger Maler, vgl. Palmbach 2006, S. 312 f. 278 Während in den nördlichen Regionen des Heiligen Römischen Reiches, eingeschlossen das Herzogtum Pfalz-­Neuburg, die Bezeichnung „Reichstaler“ verwendet wurde, war in den südlich gelegenen Regionen und den habsburgischen Landen die Bezeichnung „Reichsgulden“ üblich. 279 Vgl. Baumgärtel 2008, S. 34.

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Es ist anzunehmen, dass das Titelstück „Huldigung der Künste“ von Beginn an den Auftakt der Reihe bilden sollte. Dominiert wird das Bild von einem ovalen, mit goldenem Rahmen verzierten Porträtmedaillon im zentralen Bildmittelpunkt mit dem Doppelbildnis Johann Wilhelms von der Pfalz und Anna de’ Medicis, hinter dem ein Obelisk emporragt. Acht um das Porträt herum gruppierte Frauengestalten huldigen dem Paar. Das Motto des Bildes gibt eine Inschrift vor, die sich im Zentrum befindet. Die goldenen Lettern heben sich deutlich von dem schwarzen Hintergrund ab, um auf die noble Herkunft und den hohen Rang der Auftraggeber zu verweisen: Iussu / Augustorum Temporis Nostri Mecaenatum / Serenissimi / IOHANNIS ­GUILLELMI / Comitis Palatini Rheni S:R:I: ArchiDapiferi / et Electoris. etc. etc. / atque / Serenissimae MARIAE ANNAE LOVISAE nata Regiae / Principis Etruriae, Coniugis / Has / ­Quindecim Mysteriorum Tabulas / Obsequiosissimo Penicillo / Expressit / Adrianus van der Werff / Eques et S:E:Palat: Pictor / A° MDCCXVI.

Während der erste Teil der Inschrift der Huldigung der Kunstmäzene gilt, zielt der zweite auf den Nachweis der Fähigkeiten des Malers. Van der Werff preist sich durch die Erwähnung seines eigenen Namens selbst als Hofmaler an. Am Ende der Inschrift steht das Entstehungsdatum des Gemäldes, 1716. Von einem besonderen Selbstbewusstsein des Künstlers zeugt der Passus, der auf seine Erhebung in den Ritterstand (1703) durch Johann Wilhelm verweist: „Eques et S:E:Palat: Pictor“. Verbunden mit dieser besonderen Auszeichnung war die Aufnahme des Künstlers in den Adelsstand.280 Van der Werff war damit der einzige Künstler im Umkreis der Medici-­Wittelsbach-­Verbindung, dem diese besondere Auszeichnung zuteilwurde. Der Maler leitet diese Selbstdarstellung ein, indem er den Blick des Betrachters über eine Stufe am unteren Bildrand auf die den Vordergrund beherrschende Pictura lenkt, deren Gewandzipfel von der Betrachtersphäre in den diesen überleitet. Er wird von vier teilweise auf dem Boden, teilweise auf einem Treppenabsatz lagernden Frauen eingenommen, von denen drei zu den Personifikationen des Quadriviums der Sieben freien Künste zählen – die Laute spielende Musik auf der linken Seite und die in inniger Zwiesprache dargestellten Personifikationen Geometrie und Astronomie, denen jeweils ein Globus beigegeben ist, auf der rechten Seite. Pictura nimmt eine Sonderstellung ein, denn sie blickt als Einzige aus dem Bild heraus. Ihre Sandalen hat sie neben sich abgelegt. Sie präsentiert ein Medaillon mit dem Selbstbildnis des Malers. Auffälliges Attribut ist eine Maske, die durch eine Kette an ihrem Kleid befestigt ist. Hinter dem ovalen Bildnis liegt ihre Malerpalette. Am linken Bildrand steht eine Frauengestalt, die sich durch ihre dunkle Kleidung deutlich von den übrigen Frauen abhebt. Sie dreht der Szene den Rücken zu und scheint in ein Schriftstück vertieft zu sein. Sie könnte Arithmetik darstellen, die durch Pictura ersetzt wurde. Die Platzierung der Pictura im Kreis der Frauen des Quadriviums und die Ähnlichkeit von Kleidung und kunstvoll hochgesteckter und mit einem Band durchzogener

280 Wanke schreibt ihm den Titel „Erbadel“ zu, vgl. Warnke 21996 [1985], S. 221.

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Haartracht legen die Vermutung nahe, dass Pictura den drei Frauen des Quadriviums zugeordnet werden soll, gleichzeitig lassen sie die Figuren als Ensemble erscheinen. Der rechte Arm der Pictura leitet auf die mit Voluten und Akanthusblättern verzierte Inschrift über. Diese dient zugleich als vermittelndes Element z­ wischen unterer Bildhälfte, in der sich der Maler inszeniert, und oberem Bereich, der der Huldigung des Kurfürstenpaars gewidmet ist. Die Doppelporträts sind in Profilansicht dargestellt, wobei Johann Wilhelm dominant erscheint, da er seine Gemahlin halb verdeckt. Dennoch verweist das Allianzwappen Medici-­ Wittelsbach, das sich oberhalb des Porträtovals befindet, auf die gleichwertige Stellung beider Herrscher. Als Zeichen ­­ seines hohen Ranges trägt Johann Wilhelm einen mit Hermelin gefütterten roten Mantel, der den Blick auf eine Rüstung freigibt. Darüber hängt, prominent in den Bildvordergrund gerückt, eine reich verzierte Kette mit dem Orden des Goldenen Vlies’. Mit seiner rechten Hand umfasst er den Reichsapfel. Er trägt eine hoch aufgetürmte Allongeperücke, was ihn zusätzlich größer erscheinen lässt und seine erhabene Stellung unterstreicht. Anna de’ Medici hebt sich insbesondere durch das helle Inkarnat ihrer Haut von ihrem Ehemann ab. Ein Diadem schmückt ihr Haar, aus dem sich eine Locke gelöst hat, die sie mit ihrer Rechten greift. Die Darstellung in strengem Halbprofil, das von Münzbildern antiker Imperatoren inspiriert zu sein scheint, deutet auf eine Heroisierung und Idealisierung der Personen hin. Ein schwebender Putto am oberen Rand des gemalten Rahmens krönt das Herrscherpaar mit einem Lorbeerkranz, während zwei weitere Putti am rechten unteren Rand das Medaillon stützen und dem Paar einen Palmzweig entgegenstrecken. Zwei das Oval flankierende, als fingierte Steinskulpturen dargestellte Löwen unterstreichen sinnfällig diese dynastische Verbindung – Marzocco als Wahrzeichen für Florenz und Pfälzer Löwe als Sinnbild für den Wittelsbacher Hof. Der Lorbeerkranz leitet zugleich in die obere Bildhälfte über, in der als monochromes Relief das mit dem Kurhut versehene Allianzwappen des Hauses Wittelsbach-­Medici dargestellt ist. Darunter ist – ebenfalls als fingiertes Relief – eine Szene mit einer Darstellung des Herkules zu sehen, der die Laster in Gestalt einer alten, barbusigen Frau bekämpft – eine sinnfällige Verbindung zu den im Treppenhaus gemalten Lastern, die von Herkules und Minerva bekämpft werden. Durch diese Parallelisierung stellt sich das Kurfürstenpaar selbst als Herkules und Minerva dar, die die Feinde der Kunst bekämpfen. Links des Doppelporträts stehen die drei Frauen des Triviums, Grammatik, Rhetorik und Logik. Grammatik ist zu erkennen an der Schriftrolle und Rhetorik an der Rute. Sie heben sich sowohl durch ihre stehende, die Aufwärtsbewegung des Obelisken aufnehmende Pose als auch durch ihre Kleidung von den Figuren des Quadriviums und der Pictura ab. Alle drei tragen eine Kopfbedeckung. Rhetorik erinnert durch ihren mit schwarzen und weißen Federn geschmückten Helm an Minerva-­Darstellungen, während Grammatik ein Diadem trägt, das mit Juno-­Darstellungen assoziiert werden kann. Logik trägt eine einfache Haube als Kopfbedeckung. Ihr Attribut ist nicht zu sehen, da das Bild am rechten Rand vermutlich beschnitten wurde. Auffällig an der Darstellung der weiblichen Personen sind deren teilweise entblößte Oberkörper, die den Blick auf die Brust freigeben. Vermutlich handelt es sich hierbei um eine Parallelisierung mit antiken Gottheiten. Die prominent über den gesamten Bildmittelgrund verteilten Personifikationen der Septem Artes

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liberales, mit deren Hilfe die Bekämpfung der Laster unterstützt wird, – und insbesondere die Darstellung der Pictura – nehmen somit eine Schlüsselstellung für die Deutung des Gemäldes ein. Die Huldigung der Künste weitet sich aus zu einem Lobgesang der Götter, angeführt von der Figur der Rhetorik, die mit der Rute in ihrer linken Hand den Takt vorgibt. Unter der Assistenz von Grammatik unterweist sie die Putti in der gebührenden Präsentation des Medaillons. Die staats- und standesbewusste Platzierung van der Werffs im Vordergrund in einem Medaillon wird durch das Motiv der Allegorie der Malerei gesteigert, die das rahmenlose Selbstbildnis umschlingt. Es befindet sich, einschließlich der Inschrift, auf einer Achse mit dem kurfürstlichen Doppelbildnis, ein deutlicher Hinweis auf eine künstlerische Selbstinszenierung, deren Sinngehalt sich insbesondere durch das Attribut der Maske erschließt. Pictura-­Darstellungen mit an goldenen Ketten hängenden Masken sind aus dem italienischen, niederländischen und deutschen Raum überliefert und standen in engem Sinnzusammenhang mit dem Konzept der „Imitatio“. Sie entwickelten sich in Rom in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Umkreis der dortigen Kunstakademie.281 Die Darstellungen sind zurückzuführen auf die Beschreibung von Cesare Ripa in seiner Iconologia. Unter dem Lemma „Pittura“ ist nachzulesen: [La Pittura] tiene la catena d’oro, onde pende la Maschera, per mostrare che l’imitatione, è congionta con la pittura inseparabilmente. […] La qualità dell’oro dimostra, che quando la pittura non è mantenuta dalla nobiltà, facilmente si perde, & e la maschera mostra ­l’imitatione conveniente alla Pittura.282

Ripa deutet das Attribut der Pictura als Ausweis der engen Verbindung von „imitazione“ und Malerei. Das Gold verweist auf den nobelsten Rang der Malerei unter den bildenden Künsten. Die von van der Werff dargestellte Pictura entspricht dem von Ripa beschriebenen Typus. Mit der Darstellung dieser Personifikation, die das Bildnismedaillon des Künstlers hält, variierte der Maler ein Motiv, das er bereits in einem Selbstbildnis von 1697 vorwegnahm. Johann Wilhelm hatte es für Cosimo III. de’ Medicis „Galleria degli Autoritratti“, die Selbstbildnisgalerie in den Uffizien in Florenz, anfertigen lassen.283 Es zeigt van der Werff in einen roten, mit einer Schulterschließe geknöpften Samtmantel gehüllt, der über ein gelbes Untergewand gelegt ist. In demonstrativer Zeigegestik streckt er ein Porträt seiner

281 Vgl. Leuschner 1997, S. 279 – 300. 282 Zit. n.: Ripa 2012 [1593/1603], S. 479. Leuschner sieht die Entwicklung der Maske eng mit dem von Ripa postulierten Konzept der „imitatione“ verbunden, wobei die Kunstauffassung einer „pictura docta“, bei der der Malerei der ranghöchste Stellenwert unter den bildenden Künsten eingeräumt werde, unterworfen sei, vgl. Leuschner 1997, S. 300. 283 Eine Darstellung der Selbstbildnisgalerie von der Eingangswand der Uffizien von 1753 – 1765, die dem Schema der „Petersburger Hängung“ verpflichtet war, vermittelt einen Eindruck von der Position der Porträts. Das Bildnis van der Werffs befand sich rechts des Eingangs im Zentrum der Wand. Mit Maßen von 89 × 73 cm gehörte es zu denen größeren Formats.

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Frau Margareta und seiner Tochter Maria dem Betrachter entgegen: Seine Rechte greift den oberen Rand des Bilderrahmens, während die Linke eine Malerpalette hält. Der Gestus nimmt jenen der Pictura in der „Huldigung der Künste“ vorweg. Während Pictura hier mit ihrer rechten Hand das Bildnis van der Werffs umfasst, wobei Zeigefinger und Daumen dessen Haare zu berühren scheinen, ist es zuvor der Künstler selbst, der das Bildnis seiner zu Pictura umgedeuteten Frau umfasst. Zwei Jahre später, 1699, fertigte er eine leicht veränderte Fassung des Selbstbildnisses an (Tafel 11). Es zeigt ihn erneut, wie er dem Betrachter ein Porträt seiner Frau und Tochter präsentiert. Das Selbstporträt stellt eine doppelte Bild-­im-­Bild-­Situation dar: Die Tochter auf dem dargebotenen Bild ist vor einer leeren Leinwand platziert, auf die sie einen Pinsel richtet. Das Motiv geht auf die Kunsttheorie des Manierismus zurück und verkörpert „Disegno“, jenen geistigen Entwurf, der der handwerklichen Arbeit des Künstlers vorausgeht, auf die Pinsel und Malerpalette – mit deutlichen Farbspuren – in seiner Linken verweisen.284 Anders als in der früheren Version sind Frau und Tochter nun nicht mehr in allegorischen Kostümen dargestellt. Um den Hals trägt der Maler eine goldene Kette mit einem Bildnismedaillon des Kurfürsten.285 In beiden Selbstbildnissen lässt van der Werff sein Gesicht, seinen den Vordergrund einnehmenden linken Arm, seine Hände und die weiblichen Gestalten im ‚Bild im Bild‘ vor dem in Dunkelheit getauchten Hintergrund in hellem, glänzendem Licht erstrahlen. Der Zeigegestus seiner rechten Hand verweist jeweils auf seinen hohen Rang als Hofmaler.286 Mit standesbewusster Pose, selbstbewusst auf den Betrachter gerichtetem Blick und in kostbare Stoffe gekleidet – glänzender roter Samt, schillernde, gelb gefärbte Seide und aufwendig gearbeiteter weißer Kragen in der „Huldigung“ und im „Selbstporträt mit Kette“ – präsentiert sich van der Werff als ruhmreicher Malerfürst. Während er in seinem Künstlerbildnis in der „Huldigung“ auf seine Erhebung in den Ritterstand 1703 durch Johann Wilhelm von der Pfalz anspielt, betont er in den beiden Selbstbildnissen von 1697 und 1699 seinen hohen Status.

284 Zur Metapher der weißen Leinwand als Verweis auf Platons Postulat von der wächsernen und formbaren Seele und zur Metapher für das adamitische Gehirn als Verweis auf die weiße Tafel in der 1674 erschienenen Schrift „Bedencken von Kunst- und Naturalien Kammern“ des Kieler Arztes Johann Daniel Major auf den Sündenfall, der die Löschung von „Verstand oder Neigung zur Wahrheit und Wissenschafften“ verursacht habe, jedoch darauf warte, wieder beschrieben zu werden, vgl. Bredekamp 32007 [1993], S. 43 und 100. 285 Der Maler verfügte testamentarisch, dass das als „Familienstück“ bezeichnete Bild in Familienbesitz bleiben solle, vgl. Gaehtgens 1987, S. 373. 286 Ein ähnliches, bis in die Sphäre des Geistigen gesteigertes Spannungsverhältnis zeigt sich in der Ausführung der Hände in Parmigianinos „Bildnis eines Sammlers“ von ca. 1523 (London, National Gallery). Die dem Betrachter zugewandte Halbfigur hält in ihrer linken Hand ein Buch, das sie als Sammler oder Humanisten ausweisen könnte. Bredekamp deutet das Bildnis als Vision eines Wechselspiels von vegetabiler, mineralogischer und animalischer Natur. Die Umklammerung von Malerpalette und Bild bei van der Werff und Buch bei Parmigianino bezeugen den jeweiligen Rang der Dargestellten, vgl. Bredekamp 32007 [1993], S. 19.

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Motivisch und stilistisch wird die Verbindung des Malers zum Kurfürsten in der „Huldigung der Künste“ zusätzlich unterstrichen durch den kostbaren roten Samtmantel, der beiden locker um den Oberkörper gelegt ist. Die reiche Schmuckverzierung von Johann Wilhelms Mantel im Porträtoval der oberen Bildhälfte korrespondiert mit der Ordenskette des Malers im Oval des unteren Bilddrittels. Durch die Parallelisierung von goldener Kette mit Medaillon des Hofmalers und goldener Kette mit Maske der Pictura setzt sich van der Werff in den Selbstbildnissen selbst als Pictura in Szene. Die Präsentation des eigenen Bildes im Selbstbildnis erscheint wie eine Momentaufnahme, bei der sich der Maler dem Betrachter zuwendet, nachdem er soeben sein Bild fertiggestellt hat. In der „Huldigung der Künste“ stellt er sich nun nicht mehr als aktiv malende Pictura dar, sondern als geadelter Hofmaler. Während die zuvor entstandenen Bildnisse noch als Nachweis für seine Malerfertigkeit zu werten sind, mit denen er seine Berufung zum Hofmaler verteidigte, ist er in der „Huldigung der Künste“ selbst in den Kreis der Septem Artes liberales aufgenommen worden. Die Zusammenschau von gemalter Architektur (Obelisk und Arkaden), Malerei (Porträtmedaillons) und fingierter Bildhauerei (Reliefs und Löwe) mit antikisierenden und zeitgenössischen Elementen steigern sich in dem Gemälde der „Huldigung“ gleichzeitig zu einer Hommage an das Kurfürstenpaar und zu einer künstlerischen Selbstdarstellung van der Werffs. Während insbesondere Musik und die drei stehenden Personifikationen des Quadriviums dem Kurfürstenpaar huldigen, ist Pictura ganz dem Maler zugewandt. „Self-­ fashioning“ des Künstlers geschieht hier sowohl in Verbindung mit dessen Protegées als auch durch die Integration des eigenen Porträts. Im Gegensatz zu dem ovalen Bildnis des Kurfürstenpaars wird van der Werffs Porträt weder durch einen Rahmen noch durch einen Lorbeerkranz nobilitiert. Zudem ist es teilweise am unteren Rand durch das Kleid der Pictura verdeckt. Auf diese Weise gelingt es van der Werff, sich dem Herrscherpaar als demütiger Diener anzupreisen und gleichzeitig prominent als Hofmaler zu verewigen. Die Darstellung der Pictura mit dem Attribut der Maske unterstreicht das Diktum Ripas von der Fähigkeit der Malerei zur Nachahmung. Vor ­diesem Hinter­grund verweist auch die malerische Umsetzung der architektonischen und bildhauerischen Elemente im Bild auf die Vormachtstellung der Malerei gegenüber der Bildhauerei und Architektur. Van der Werff hat den Schauplatz der Huldigungsszene in den Außenraum verlegt und entwickelt eine Bühne für das Geschehen, das sich im Inneren abspielt. Wie das Innere nach außen gestülpt wird, zeigt sich in seinem Gemälde besonders deutlich: Eine imposante, antikisierende Architekturkulisse beherrscht die gesamte Breite des Bildhintergrunds, die durch ein im rechten Winkel dazu stehendes Architekturelement am linken Bildrand begrenzt wird. Pilaster und Rundbögen, auf denen horizontal ein Fries mit Triglyphen verläuft, charakterisieren die Architektur. Oberhalb eines jeden Pilasters sitzt jeweils eine Kugel auf dem Fries auf, die sich von einem Streifen Himmel im obersten Teil abhebt und so den Hintergrund für die theaterähnliche Kulisse bildet. Vorbildhaft für die Darstellung könnten Radierungen des Malers und Kunsttheoretikers Gérard de Lairesse um

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ca. 1671 und ca. 1678 gewesen sein, auf denen sich imaginierte Architekturkulissen mit Inschriftensockel und Büste abheben.287 In van der Werffs „Huldigung der Künste“ inszenieren sich Anna de’ Medici und Johann Wilhelm als Intendanten ihrer Kunstsammlung, unter deren Regie sich ein Epochenwechsel ankündigt. Die Wandlung musealer Raumkonzepte hin zu einer „Theatralisierung“288 wird besonders zur Anschauung gebracht. Das Gemälde rekurriert auf seinen ursprünglich bestimmten Hängungsort, das Düsseldorfer Kunsthaus: Das Doppelbildnis verweist nicht nur auf die dynastische Vereinigung der Häuser Medici und Wittelsbach, sondern auch auf das Kunsthaus und seine Kunstsammlung, wie es das Porträtmedallion an der Fassade des Düsseldorfer Kunsthauses bezeugt, das auf seinen Erbauer Bezug nimmt. In spiegelverkehrter Ansicht nimmt es dasjenige im Bildnis van der Werffs auf. Der ovale Rahmen wird durch einen Lorbeerkranz gebildet. Sinnfällig wird so auch die Verbindung ­zwischen Künstler und Kunstmäzenen geschaffen. Fortgeführt wird die Trias von Raumprogramm, Künstler und Kurfürstenpaar in zwei als Pendants angefertigten Einzelporträts von „Anna de’ Medici in antikisierendem Gewand“ und „Johann Wilhelm von der Pfalz in Rüstung“ (Tafel 12 und 13). Die Porträts wurden 1697 von Johann Wilhelm in Auftrag gegeben und 1700 von Adriaen van der Werff angefertigt. Wie eingangs beschrieben, sind sie Teil des repräsentativen Rosenkranzzyklus.289 Die beiden Herrscher sind als Ganzfigurenporträts angelegt. Kleidung und Insignien weisen sie deutlich als hochrangige Regierende aus. Der Kurfürst steht in leichter Untersicht und frontal vor dem Betrachter. Der Reichsapfel mit Kreuz, den seine rechte Hand berührt, dient als Zeichen ­­ für sein Amt als Reichsvikar. Sein rechter Arm ruht angewinkelt auf einem Säulenpostament und der linke ist selbstbewusst in die Hüfte gestemmt. Er trägt Harnisch und Rüstung. Hermelinmantel und Orden des Goldenen Vlies’ sind ­­Zeichen seiner kurfürstlichen Regentschaft. Die Kurfürstin steht, den Betrachter frontal anblickend und durch eine Stufe leicht erhöht, vor einem mit einer Delphingruppe verzierten Brunnen. Mit ihrer linken Hand stützt sie sich dabei auf eine Brüstung. In ihrer Rechten hält sie einen blühenden Orangenzweig. Über den Zeitpunkt der Anfertigung des Gemäldes gibt die Inschrift „Adrn vr werff fec an 1700“ Auskunft. Das lange, am Boden auslaufende, antikisierende Atlasgewand der Fürstin, unter dem ihre Füße mit Sandalen hervorschauen, ist am Saum reich verziert und um die Taille gegürtet. Quer über der Brust verläuft ein mit Edelsteinen und Perlen besetzter Gurt. Im Akt des Herabschreitens zeichnen sich deutlich ihre Körperformen und das Standbein-­ Spielbeinmotiv unter dem feinen Stoff ab. Die Kurfürstin wird hinterfangen von einem weit ausladenden, hermelingefütterten Mantel, der hinter ihrer rechten Schulter locker zu Boden fällt. Die Schwere des Mantels lässt ihren linken Ärmel leicht verrutschen und gibt 287 Vgl. die Abbildungen hierzu in: Gaehtgens 1987, S. 262, Nr. 41c und 41d. 288 Von Herrmann beschreibt die Darstellung von musealen Räumen hin zu theaterähnlichen Kulissen als „Theatralisierung“, vgl. Von Herrmann 2003. 289 Die Textstelle zur Auftragsvergabe lautet: „Toen begon hy de pourtraitten, en maakten ze naderhand tot Rotterdam op, van de Churfurst, en Churfurstinne van het hoofd tot de voeten, dog maar op doeken van 30 duim hoog en 21 duym breet […].“ Zit. n.: Gaehtgens 1987, S. 165 f., Dok. 1, fol. 8.

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den Blick auf ein Spitzenunterkleid frei, das zudem in üppigen Stoffschichten kaskadenartig unter ihrem rechten Ärmel hervorschaut. Das Porträt zeichnet sich aus durch verschiedene Darstellungen von Stofflichkeit, bei der das weiß-­glänzende Kleid in Kontrast steht zu dem stumpf wirkenden Fell des Hermelins und dem matt schimmernden Rotton des samtenen Mantels. Das lasziv wirkende Spiel des Ver- und Enthüllens von Tunika und Mantel steht in Kontrast zu Annas erhaben-­würdevollem Gesichtsausdruck. Der an einen antiken Helm erinnernde Kopfschmuck verleiht ihr eine majestätische Aura, die eine Verbindung schafft zu einer ­zwischen 1700 und 1710 entstandenen Statue des belgischen Hofbildhauers ­Gabriele Grupello (Tafel 14). Sie zeigt Anna de’ Medici als Minerva. Wie das gemalte Porträt der Herrscherin ist die Statue durch Geschlossenheit und Blockhaftigkeit gekennzeichnet. Die aus mehreren, sich überlagernden Kleiderschichten bestehenden Stoffmassen, die in großen Schüsselfalten bis auf den Boden fallen, verleihen der Figur Gravitas. Ein Hermelinmantel, dessen Falten den Körper schalenartig umhüllen und unter dem eine schwere, antikisierende Rüstung mit reich verzierten Schulterklappen zu erkennen ist, verstärkt diesen Eindruck. Ähnlichkeiten von Statue und Porträt sind vor allem durch das Standbein-­Spielbeinmotiv gegeben, wobei der Körper mit dem über der Hüfte sitzenden Gürtel leicht nach rechts schwingt. Die als Minerva dargestellte Kurfürstin trägt einen geschmückten Helm mit Federbausch, der der Kopfbedeckung auf dem Minerva-­Porträt von van Douven entspricht. Die Brustpartie der Minerva-­Statue ist charakterisiert durch verschiedene Bewegungsrichtungen andeutende Falten, die insbesondere durch den vor der Brust geknoteten und mit einer antiken Chlamys verschlossenen Toga hervortreten. Im Gegensatz dazu stehen die fein ausgearbeiteten, idealisierten Gesichtszüge Annas als Minerva. Ihre heroische Pose und ihr gebieterischer Blick, den sie über das von ihr beherrschte Land gleiten lässt, schaffen eine Verbindung zum Außenraum. Die Minerva-­Statue, die sich heute im Schlosspark von Schwetzingen befindet, war ursprünglich für den Schlosspark von Bensberg vorgesehen. Der Ort der Repräsentation im Innenraum verschränkte und erweiterte sich auf diese Weise mit dem Außenraum. In Rückgriff auf eine spezifische Symbolik beruft Anna sich in dem Bildnis van der Werffs auf ihre Abstammung, die gleichsam auf die Anfänge der Medici-­Dynastie deutet. Der Orangenzweig spielt auf den lateinischen Namen der Medici „citrus medica“ an. Die Orange war seit Giovanni di Bicci de’ Medici, dem Vater von Cosimo il Vecchio, ein ­Emblem der Medici. Die Orange steht zudem für die Äpfel der Hesperiden, jene Paradiesäpfel, die ewige Jugend, Liebe und Fruchtbarkeit verheißen. Sie waren der Göttin Venus geweiht. Die Medici nutzten die Frucht aufgrund ihres lateinischen Namens, „mala medica“, für ihre Heraldik. In den botanischen Gärten der Medici standen Orangenbäume so auch unter besonderer gärtnerischer Obhut und Pflege, konnte doch durch sie eine direkte Verbindung der Familie zum Ursprungsmythos der Früchte, aus dem Göttergarten der Hesperiden stammend und von Herkules geraubt, hergestellt werden. Die „palle“, die Bälle im Wappen der Medici, bezeugen die Inbesitznahme des Mythos’ durch die Medici.290

290 Vgl. Bredekamp 2002, S. 63 f.

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Der Orangenzweig im Gemälde knüpft an eine weitere Bedeutungsebene an: Die Herrscherin beruft sich auf das paradiesische Gartenreich in Florenz, Metapher für ein goldenes Zeitalter, das sie durch ihre Regentschaft an der Seite des Düsseldorfer Kurfürsten verheißt. Auch das Motiv des Delphins am Brunnen stellt eine Reminiszenz an ihre Vorfahren dar. Dargestellt als Delphin-­Paar, ziert es die prominent ins Blickfeld des Betrachters gerückte linke Armlehne des Stuhls in Bronzinos schon erwähnten Porträt der „Dame in Rot mit Hund“ von ca. 1525 – 1530. Wie bereits verdeutlicht, nähert sich Bronzino hier zum ersten Mal dem Typus des Staatsporträts an. Es kann nicht nur als typologisches Vorbild für das Anna-­Porträt als Flora von Franchi gelten, sondern mag auch für das van der Werff-­Bildnis, hier auf symbolischer Ebene in Bezug auf einzelne Bildelemente, beispielhaft gewesen sein.291 Die sinnfällige Verbindung von Delphin und Brunnen ist auch durch eine Verrocchio zugeschriebene Bronzefigur „Junge mit Delphin“ gegeben, bei der sich ein Delphin in den Armen eines Jungen windet.292 Sie befindet sich heute im Palazzo Vecchio in Florenz. Seit 1470 schmückte sie den Brunnen im Garten der Medici-­Villa Careggi in der Nähe der Villa La Quiete, in der Anna de’ Medici ihre letzten Lebensjahre verbrachte.293 In Andrea Alciatis (1492 – 1550) Werk Liber emblematum (Erstausg.: Augsburg 1531) steht der Delphin für prinzliche Nachfolge und Verantwortung, aber auch für glückliche Heirat.294 Gewunden um einen Anker, zur Zügelung seiner überschwänglichen Lebensfreude, symbolisiert er die Fürsorge des Prinzen, der sein Volk beschützt. Die spezifisch mediceische Symbolik im Bildnis Anna de’ Medicis verweist auf Kontinuität der Medici-­Dynastie. Van der Werff gelang in dem Porträt die Verbindung von traditionellen mit antikisierenden Elementen wie Orangenzweig, Delphin und Vase zu einer neuen Formsprache, durch die sich Anna de’ Medici augenfällig als Medici-­Fürstin am Wittelsbacher Hof inszenierte. Ungewöhnlich für die repräsentativen Porträts von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm ist hingegen die Verwendung des eher kleinen Formats beider Bilder, die in der Höhe je 77 cm messen. Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich nicht nur um Repräsentationsbildnisse handelte, sondern dass der Hofkünstler auch sich selbst und seine Fähigkeiten als Feinmaler zur Schau stellen wollte. Van der Werffs Stil ist von einer äußerst naturnahen und die Stofflichkeit der einzelnen Elemente mit feinstem Pinselstrich wiedergebenden 291 Der suggestiven Symbolkraft des Delphins bediente sich auch Papst Leo X. de’ Medici, der ­dieses Emblem in der Sala dei Pontefici im Palast des Vatikans durch Einlegearbeiten darstellen ließ, vgl. Langdon 2006, S. 31; ebenfalls mit Delphinen verziert war Ammannatis Neptun-­Brunnen in der Medici-­Villa Castello. 292 Vgl. Abb. in: Poeschke 1990, o. S., Abb. 271. 293 Zur Villa La Quiete vgl. Kap. 5. Ein weiteres Beispiel für die Symbolik des Delphins in Verbindung mit Brunnen stellt die Statue des Oceanus von Giambologna dar, der diese 1572 für einen von Tribolo geschaffenen, monumentalen Brunnen auf dem prato, dem gegenüber der Gartenfassade des Palazzo Pitti gelegenen weitläufigen Platz oberhalb der Terrasse, in den Boboli-­Gärten in Florenz. Die Statue zeigt Oceanus, dessen rechtes Bein als Zeichen ­­ seiner universalen Macht über das Wasser, auf einem Delphin ruht, während er einen Kommandostab in seiner Rechten hält, vgl. Lazzaro 1990, S. 194 f. Die Statue befindet sich heute im Museo Bargello in Florenz. 294 Held 2007 [1566], S. 45. Unter Emblem VIII ist ein Anker zu sehen, um den sich ein Delphin windet.

Die künstlerische Apotheose des Adriaen van der Werff | 115

Malweise geprägt. Dies bezeugen die bis ins Detail ausgearbeiteten filigranen, wie gezeichnet wirkenden Falten, in denen sich das Schillern des Gewands raffiniert verdichtet, und im Gegensatz dazu der dunkle Hintergrund, vor dem sich die Porträts der Herrscher in effektvoller Ausleuchtung abheben. Im Porträt Johann Wilhelms fällt besonders die technisch präzise malerische Ausführung des Eisens der Rüstung, des Pelzes und des Samtstoffs seines Mantels sowie die Akzen­ tuierung durch Gold an Harnisch, Kette und Reichsapfel ins Auge. Mit äußerster Sorgfalt wurde auch der sparsam eingesetzte und dadurch umso eleganter wirkende Schmuckbesatz des Kleides bei Anna de’ Medici ausgeführt, Ergebnis genauester Beobachtungsgabe. In den beiden Porträts verbinden sich Herrschaftsikonografie der Wittelsbacher und der Medici mit Zurschaustellung der künstlerischen Fähigkeiten van der Werffs, der sich damit in die Tradition der niederländischen Feinmalerei stellt. Der Sinngehalt der Bildnisse erschließt sich jedoch erst vollständig im Zusammenhang von Herrschaftsporträt, Display und ikonografischem Programm des Kunsthauses. Die Integration der beiden als Doppelporträts konzipierten Bildnisse von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm in den „Rosenkranzzyklus“ von van der Werff lassen auf einen engen thematischen Zusammenhang mit der Darstellung der „Huldigung der Künste“, dem Titelstück, schließen. In der Ausgabe von 1716 steht das Porträt von Gian Gastone de’ Medici 295 am Beginn des Rosenkranzzyklus, während die beiden Porträts des Kurfürstenpaars im Zentrum des Zyklus hängen. Den Abschluss bildet die „Crönung ­Mariae“.296 Indem sich die Bilder des Herrscherpaars in die Heilsgeschichte des Alten (Szenen mit Abraham und Sarah) und des Neuen Testaments (Passionszyklus mit Szenen aus dem Leben Mariae) einreihen, inszeniert sich das Paar als religiöse Führer, wobei sich weltliche mit religiösen Machtinsignien verbinden. Der von van der Werff gemalte und von Gerhard Karsch arrangierte Gemäldezyklus, in den die wichtigsten Vertreter der Häuser Medici und Wittelsbach – Anna, Gian Gastone und Johann Wilhelm – in einen weltlich-­religiösen Bilderreigen, den Passionszyklus, integriert werden, stellt eine Huldigung an das Haus Medici und das Haus Pfalz-­Neuburg dar, die die Regentschaft der Protagonisten als göttlich legitimierte Herrscher proklamiert. Die Porträts bildeten einen integrativen Teil des Bilderzyklus und sollten sich durch eine einheitliche Malweise, umgesetzt durch van der Werff, in das Gesamtkonzept einreihen. Dies ist auch der Grund für die Auftragsvergabe an den Historienmaler van der Werff statt an den Porträtisten 295 Zu dem Bildnis von Gian Gastone vgl. Gaehtgens 1987, S. 397 f. Das von Adriaen van der Werff signierte und 1705 angefertigte Bildnis befindet sich in der Staatsgalerie Schleißheim. Es fällt mit Maßen von 48,9 × 37 cm etwas kleiner aus als die beiden Bildnisse des Kurfürstenpaars. 296 Vgl. Katalog Karsch 1716, Nr. 202 – 221. Die Porträts von Anna de’ Medici und Gian Gastone sind ­zwischen dem Bild der „Vertreibung Hagars und Ismaels“ und dem Bild eines „Englischen Grußes“ aufgelistet. Im Katalog von Karsch von 1717 sind die Porträts des Kurfürstenpaars ebenfalls in den Passionszyklus, ­zwischen Szenen des Alten Testaments, („Sara wie sie Abraham ihre Magd Hagar zubringet“ (Nr. 216) und „Die Hagar wie sie mit Ismael verjagt wird / mit 4 Figuren“ (Nr. 220), und Szenen des Neuen Testaments (Leidensweg Christi) eingebettet, der in der Krönung Mariae (Nr. 228) gipfelt. Das Bildnis Gian Gastones bildet den Abschluss. Vgl. Katalog Karsch 1717, Nr. 208 – 229.

116 |  Anfänge des öffentlichen Museums

van Douven. Zudem erklärt sich hierdurch auch die Wahl des Kleinformats, durch das sich die Bildnisse der Kurfürsten problemlos in die Folge der religiösen Darstellungen fügten. Damit steht der van der Werff gewidmete Raum paradigmatisch für die Sammlung des gesamten Kunsthauses: Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament, Herrschaftsbildern und Szenen profanen Inhalts. Die den jeweiligen Räumen zugrunde liegende Programmatik wurde durch ein Konzept der Hängung umgesetzt, das auf dem Prinzip der antithetischen Konfrontation – sakral-­profan und des typologischen Verweises Altes Testament–Neues Testament – basierte. Während die weltlichen Motive an eine zivilisationsgeschichtliche Perspektive anknüpften, rührte der Passionszyklus an zentrale Th ­ emen der Liturgie. Die übergeordnete Botschaft der Hängung zielte auf die Vormachtstellung der durch göttliche Auswahl erfolgten christlichen Führer – der Medici und der Wittelsbacher, in deren Reihe sich die Herrschaftsbilder der Medici lückenlos einfügen sollten. Im Düsseldorfer Kunsthaus wurden so dynastische mit gemeinschaftsstiftenden und religiöse mit profanen ­Themen in eine Zusammenschau gebracht. Geografische Schwerpunkte lagen auf der italienischen, französischen und holländischen Feinmalerei, bei der sowohl historische als auch religiöse ­Themen dominierten.297 Ein thematischer Schwerpunkt lag dabei auf weiblicher Heiligenverehrung wie auch auf Mariendarstellungen. Dies ist weniger der Demonstration von Religiosität geschuldet,298 als vielmehr der Huldigung von Anna de’ Medici als Hauptakteurin der Rauminszenierung, auf deren Namen mit den Mariendarstellungen angespielt wird. Die Krönung Mariae von 1713 bildet den Kulminationspunkt und könnte auf die im selben Jahr per Dekret beschlossene Erhebung Annas als Nachfolgerin auf den großherzoglichen Thron verweisen. Sowohl die Darstellung Annas im van der Werff-­Porträt wie auch die Statue Grupellos verleihen der weltlichen Herrscherin eine Majestas, die sie in die Sphäre des nahezu Göttlichen erhebt.299 Die Ähnlichkeit des gemalten Porträts mit antiken Götterdarstellungen kann als Verweis auf die adelige Herkunft der italienischen Fürstin gedeutet werden.

297 Die in der Nachfolge Rembrandts in Düsseldorf um 1700 gezeigte holländische Feinmalerei kann als Ausdruck eines neuen Standesbewusstseins der bürgerlichen holländischen Gesellschaft dieser Zeit gewertet werden, dank dessen sich reiche Patrizier in Holland an höfisch-­aristokratischen Werten orientierten. Damit einher ging ein neues Selbstverständnis der Künstler, die sich vermehrt an kunsttheoretischen Schriften wie Carel van Manders „Schilder-­Boeck“ (1604) oder Gérard de Lairesses’ „Groot Schilderboeck“ (1707) und dem diesen Schriften zugrunde liegenden Konzept des „pictor doctus“, des „gelehrten Künstlers“, orientierten, vgl. Baumgärtel 2008, S. 45. 298 Baumgärtel sieht die Auftragsvergabe für religiöse ­Themen hauptsächlich dem Einfluss der religiösen Maßnahmen Johann Wilhelms im Zuge seiner Bestrebungen zur Rekatholisierung „im Lichte der Gegenreformation“ sowie seines Beichtvaters Ferdinand Orban (1655 – 1732) geschuldet, vgl. Baumgärtel 2008, S. 45. 299 Gaehtgens unterscheidet z­ wischen „antikisch kostümiert[er]“, wirklichkeitsnaher Darstellung bei van der Werff und als Göttin dargestelltes „portrait historisé“ bei Grupello, vgl. Gaehtgens 1987, S. 169. Zu Gabriele Grupello vgl. Kultermann 1968; zur Minerva-­Statue vgl. S. 117 – 120. Durch den Eintrag in einem Inventar von 1716 kann die Statue eindeutig als Porträt Anna de’ Medicis identifiziert werden: „Die verwittibte Churfürstin in Statue von Marmor so bereits fertig.“ Vgl. Kultermann ebd.

„Per l’ornamento dello stato“: Staatsbildung, Sammlung und Öffentlichkeit | 117

Der oben genannte Katalog von Karsch ist höher als ein bloßes Handbuch zu bewerten, das den Bestand an Kunstwerken – Gemälden und Objekten – dokumentiert. Die Gemälde sind durchlaufend nummeriert, was eine Rekonstruktion der ursprünglichen Reihenfolge ermöglicht; ein System, wie es später in Museumskatalogen verwirklicht werden sollte. Die Besonderheit des Katalogs von Karsch besteht in genauen Beschreibungen der einzelnen Kunstwerke, die in Länge und Wortwahl variieren. Die Texte geben nicht nur Künstler, Maße und kurze Bildbeschreibungen wieder, sondern lassen auch persönliche Geschmacksurteile erkennen – Nachweis von ästhetischem Bewusstsein und kunstwissenschaftlicher Kennerschaft. Die besondere Hervorhebung der einzelnen Hofmaler lässt darüber hinaus auf fürstlich-­ repräsentative Intentionen schließen und fügt sich damit in das gesamte Programm ein. Obgleich die Anordnung der Bilder nach einzelnen Schulen oder Künstlern noch nicht strikt eingehalten wurde, zeigen sich hier jedoch erste Ansätze einer taxonomischen Ordnung nach historischen Gesichtspunkten, die durch die nachfolgende Regierung konsequent umgesetzt werden sollte. Augenfällig verbinden sich in der Darstellung Innen- und Außenraum, Sammlung und Kunsthaus sowie die Dynastien der Medici und der Wittelsbacher und steigern sich zu einer künstlerischen Theatralisierung ihrer Herrschaft. Dem Kurfürstenpaar gelang es auf diese Weise, seine Namen mit der prestigeträchtigen Sammlung zu verknüpfen. Das Gemälde „Huldigung der Künste“ steht somit auch beispielhaft für das gesamte ikonografische Programm der Galerie, in dem sich Regierungsanspruch und Mäzenatentum verdichten.

3.4 „Per l’ornamento dello stato“: Staatsbildung, Sammlung und Öffentlichkeit Im Zuge der dynastischen Verbindung des Florentiner und des Düsseldorfer Hofes und dem damit einhergehenden Wissens- und Praxistransfer auf der Ebene des Museums kommt dem bereits im vorangegangenen Kapitel hervorgehobenen, 1737 von Anna de’ Medici festgelegten, Familienpakt eine entscheidende Rolle zu. Eine Gegenüberstellung der dem Düsseldorfer Kunsthaus und dem Florentiner Familienpakt zugrunde liegenden Prämissen zeigt, dass sich im Kunsthaus praktisch – auf der Ebene der Präsentation der Kunstwerke – und theoretisch – durch Museumskataloge – formierte, was sich später im Familienpakt niederschlagen sollte. Eine zentrale Stelle aus ­diesem Regelwerk zum Erhalt und Schutz der Kunstwerke lautete „[…] per ornamento dello Stato, e per utilità del Pubblico, e per attirare la curiosità dei Forestieri […].“300 Hieraus lassen sich jene Parameter ableiten, die sowohl für die Formierung der Düsseldorfer als auch der Florentiner Kunstsammlung von Bedeutung waren: eine (ehemals) in fürstlichem Besitz befindliche Sammlung, Zugang für eine Öffentlichkeit und Gemeinnützigkeit. Hinzu kommt eine didaktische Funktion der Düsseldorfer und der Florentiner Sammlungen sowie der Typus der sie jeweils beherbergenden Gebäude.

300 Zit. n.: Casciu 2015, S. 324.

118 |  Anfänge des öffentlichen Museums

Annas vorrangiges in dem Familienpakt formuliertes Ziel war es, Pretiosen und andere wertvolle Objekte sowie jenen Bestand an Kunstwerken, der heute den Kern der Uffizien in Florenz bildet, nach ihrem Tod vor der Auslieferung und dem Verkauf durch die Nachfolgeregierung Habsburg-­Lothringens zu bewahren.301 In d ­ iesem Zusammenhang ist auch die Verwendung des Begriffs „Ornament“ für die Kunstwerke in Hinblick auf den „Staatsbegriff“ aufschlussreich.302 Die Verbindung dieser beiden Begriffe „ornamento“ und „stato“ verweist auf die doppelte Bedeutungsebene, die dem Begriff „Ornament“ als Schmuck und Ordnung, Bild und Struktur zugrunde liegt. Dies verdeutlicht die etymologische Herleitung aus lateinisch „ornamentum“ (Ausstattung, Ausrüstung oder Schmuck, Verzierung) und „ornare“ (ordnen, ausrüsten, ausstatten, schmücken), die sich wiederum aus der Vorform „ordo“ (Reihe, Ordnung) entwickelten.303 Ebenso wie einzelne Elemente einer Fassade zur Ordnung des Gesamteindrucks und zur Charakterisierung einzelner Glieder beitragen können, sollen die Kunstwerke im übertragenen Sinne zur Ordnung des Staates beitragen.304 Vor d ­ iesem Hintergrund besaß die Kunstsammlung nicht nur eine repräsentativ-­ schmückende Funktion, sondern bezeugt deren staatstragende und gemeinschaftsbildende Bedeutung. Durch den von ihr selbst erschaffenen Familienpakt legte Anna de’ Medici die Dimension jenes Familienerbes fest, das sich in der Summe seiner einzelnen Teile zu einem modernen Bild des Staates formt.305 Macht wird dabei nicht mehr durch Dignität und Erbfolge legitimiert, sondern durch vertragliche Bestimmung. Die Imago von der Staatsmacht 301 In einem ähnlichen, einige Jahre zuvor formulierten, Dekret verfügte Papst Clemens XI. ein Verbot für die Ausfuhr von Antiken, um diese zu einem „Corpus der Geschichte“ zu vereinen. Die Antiken bildeten den Kernbestand für das ­zwischen 1703 und 1710 in Rom unter der Ägide des von Francesco Bianchini errichteten Museo Ecclesiastico (ab 1757 Museo Sacro) in Rom. Es markiert insofern den Beginn einer neuen Ära der Sammlungspolitik und -präsentation, als es sich hierbei um ein kirchenhistorisches Museum handelte, das unter dem Pontifikat Clemens XI. erschaffen wurde und das der Vatikanischen Bibliothek angegliedert war. Sölch setzt sich insbesondere mit der staatstragenden Bedeutung des Museums vor dem Hintergrund der politischen Differenzen in Europa auseinander, die mit einem Machtverlust der Kurie einhergingen, vgl. Sölch 2007, bes. S. 77 – 175. 302 Bandmann stellt heraus, dass der Begriff „Ornament“ nicht bloß auf etwas Schmückendes verweist, sondern eine eigene Funktion hat und zum Bedeutungsträger wird. Damit richtet er sich gegen die vermeintliche Polemik des Historismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der damit einhergehenden Ablehnung des Ornaments, wie sie Adolf Loos und der holländischen Bewegung des De Stijl unterstellt wurde, vgl. Bandmann 1958/59. Für eine Revision einer angeblichen Ornament-­Abneigung der Moderne vgl. Caspary 2013, mit weiterführ. Literatur, und Thornton 1998. Zum Begriff des Ornaments seit dem 14. Jahrhundert vgl. auch einführend Syndram 2012. 303 Vgl. Duden. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache [red. Bearb.: Brigitte ­Alsleben]. Hg. von der Dudenredaktion. 4. Ausg., Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2007, Bd. 7, S. 576. 304 Auf die enge Verschränkung von Schmuck und Ordnung und den Begriff des Ornaments als integralem Bestandteil von Architektur hat zuletzt Caspary hingewiesen, vgl. Caspary 2013, S. 27. Gombrich betont die Verbindung bzw. den Übergang von Struktur zu Ornament hinsichtlich einer Gliederung der Architektur, vgl. Gombrich 1982, S. 177. 305 Vgl. Bredekamp 42012 [1999].

„Per l’ornamento dello stato“: Staatsbildung, Sammlung und Öffentlichkeit | 119

liegt in d ­ iesem Vertrag begründet, der als „Schöpfung gegen das Nichts“306, als ultima ratio angesichts des Aussterbens der Dynastie fungiert und so als modernes Gegenbild zu den Erbfolgeregelungen der Medici-­Großherzöge gelten kann.307

306 Damit rückt der Vertrag in die Nähe von Thomas Hobbes’ „Leviathan“ aus dem Jahr 1651. Die Staatstheorie gilt als Urbild des modernen, gemeinschaftsstiftenden Staates. In Abgrenzung zur Sonnen­ ikonografie des Königtums Ludwigs XIV., die den König als durch göttliche Vorherbestimmung zum Alleinherrscher auserwählt definiert, deutet Bredekamp Hobbes’ Staatstheorie als untrennbar verbunden mit der Wirkmacht der Bilder vom Staat als einer Gemeinschaft von Menschen. In ­diesem Sinne sei die Legitimation der Macht im Bild des Leviathan selbst angelegt, der vermittels vertraglicher Erschaffung durch die Menschen erfolge. Vgl. Bredekamp 42012 [1999], S. 117. 307 Wie sehr Anna de’ Medici mit dem Erlass des Familienpaktes ihrer Zeit voraus war, zeigt sich eindrucksvoll an der Einführung neuer Prinzipien moderner Ästhetik und Museumspraxis knapp 100 Jahre später mit dem Alten Museum in Berlin von Karl Friedrich Schinkel (1781 – 1841), das am 3. August 1830, dem Geburtstag von König Friedrich Wilhelm III. (1770 – 1840), eröffnet wurde. In dem Familienpakt von 1737 betont Anna de’ Medici die Bedeutung, die der Sammlung als Anziehungsmagnet für Besucher zukommt. Damit antizipierte sie Wilhelm von Humboldts (1767 – 1835) 1833 formuliertes Postulat zu Aufgabe und Auftrag des Museums: „Der Zweck des Museums ist offenbar die Beförderung der Kunst, die Verbreitung des Geschmacks an derselben und die Gewährung ihres Genusses. […] Die Antiken- und Gemälde-­Galerie müssen […] den Kern der Anstalt, ja eigentlich die ganze Anstalt selbst ausmachen.“, Zit. n. Hochreiter 1994, S. 44. Bereits 1797 hatte Alois Hirt (1759 – 1837) in einem Memorandum „Über die Einrichtung eines königlichen Museums der Antiken und einer königlichen Gemäldegalerie“ eine Zusammenführung von Antiken und Gemälden in einem Gebäude vorgeschlagen, wie es in Düsseldorf und Florenz erfolgt war. In einer Vorlesung an der Akademie der Künste „Über den Kunstschatz des königlich-­preußischen Hauses“ im selben Jahr forderte er eine einheitliche Sammlung für die königliche Kunst. Sie sollte Berlin in den Rang der Gemäldegalerien von Dresden, Kassel, Düsseldorf und Wien erheben. Auch der Kurator der Akademie, von Heinitz, forderte 1797 die Errichtung eines Museums, an dem „alles Schöne[n] und Meisterhafte[n], was das Vaterland besitzt, zu einem einzigen Orte“ vereint werden sollte. Seine Formulierung knüpft an den von Anna de’ Medici postulierten dreifachen Grundsatz des Allgemeinguts der Kunst: ein Kanon von Meisterwerken, die Bestimmung der Kunst als Eigentum des Staats und Zugänglichkeit der Sammlungen für eine breite Öffentlichkeit. Hirt und Schinkel – und ein Jahr später der Kunsthistoriker Gustav Friedrich Waagen – wurden von Friedrich Wilhelm mit der Aufgabe betraut, die Exponate und die zukünftigen Museumsräume auszuwählen und zu ordnen. Zwischen Hirt und Schinkel entbrannte ein Streit über die Gestaltung des neuen Museumsgebäudes, des heutigen Alten Museums, bei dem Hirt forderte, dass sich der Bau nach den Objekten richten sollte und nicht umgekehrt, vgl. Bericht Hirts an den König vom 15. 5. 1824, zit. n.: Hochreiter1994, S. 28. Schinkel konnte sich gegen die Kritik Hirts, der im Sinne einer dienenden Funktion des Museumsbaus für architektonische Schlichtheit plädierte, beim König durchsetzen, so dass der Plan des Gebäudes mit Rotunde und Säulenvorhalle, den hauptsächlichen Kritikpunkten Hirts, umgesetzt wurde. Die 1828 von Schinkel und Waagen verfasste Denkschrift über das Museum, das vorrangig der ästhetischen Erbauung der Besucher dienen sollte und erst in zweiter Linie dem wissenschaftlichen Studium, richtete sich gegen Hirt, der daraufhin am 13. April 1829 zurücktrat. Sein Nachfolger war Wilhelm von Humboldt. Dennoch finden sich wesentliche Gedanken Hirts zum Aufbau des Museums, wie etwa die Hängung der Gemälde nach Schulen, im Bau von 1830 wieder, vgl. Hochreiter 1994, S. 28 – 32. Das in Düsseldorf initiierte Konzept einer sowohl nach Schulen wie nach einzelnen Künstlern geordneten Hängungsweise italienischer und niederländischer Malerei und die Ergänzung der Gemäldesammlung durch Antiken erfuhr später in Berlin eine konsequente Ausprägung. Im Unterschied zur Düsseldorfer

120 |  Anfänge des öffentlichen Museums

Die Sammlung von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm zeigte sich in einem architektonisch zukunftsweisenden Gebäude, das für spätere Museumsbauten vorbildhaft gewirkt haben mag: Erstmals im deutschsprachigen Raum waren Funktion und Gestaltung des Ortes klar aufeinander bezogen. Im Düsseldorfer Kunsthaus erfolgte die Hängung nicht strikt nach Schulen, sondern bezeugt eine Sammlungspräsentation, bei der eine Verbindung von ausgewählten (Hof-)Künstlern und die Hängung nach Malerschulen gelang. So lassen sich Florentiner Uffizien und Düsseldorfer Kunsthaus auf architektonisch-­funktionaler sowie auf ästhetisch-­didaktischer Ebene vergleichen. Legitimation und ‚Neutralisierung‘ bezeugen darüber hinaus Platzwahl und Architektur. Das Düsseldorfer Museumsgebäude ergänzt die Trias mit Schloss und Rathaus und verweist damit einerseits auf die Mäzene und deren fürstliche Herkunft. Gleichzeitig steht es mit seiner ­zwischen Marktplatz und Schloss eingegliederten U-förmigen Architektur für eine Öffnung der Sammlung gegenüber den Bürgern und somit für seine staatstragende, gemeinschaftsstiftende Funktion. Dabei bildete die Ausrichtung der Fassade des Museums einen Gegenpart zum Schlossgebäude und damit einen Kontrast ­zwischen neuem, demokratisch geprägtem Element in Form von Museum und alter, höfischer Struktur, verkörpert durch das Schloss. In ­diesem Sinne vermittelte das Düsseldorfer Kunsthaus seinen Besuchern den Ruhm seiner Stifter, wie schon das Medaillon an der Außenfassade und die Büsten am Eingangsportal des Gemäldetrakts im Inneren des Museums deutlich machten. Das Museum kündet so von der Großzügigkeit der wittelsbachisch-­mediceischen Souveräne als Förderer der Künste und der Bildung der Öffentlichkeit, für die sie die Sammlung zur Verfügung stellten. Hierauf verweist die Sammlungspräsentation von Herrscherbildnissen und Gemälden profaner und religiöser Thematik von zeitgenössischen Hofkünstlern und älteren Künstlern in einer vergleichenden Zusammenschau. Der Wandel der Düsseldorfer Kunstkammer im Alten Schloss zu einem e­ igenständigen Museumsgebäude ging einher mit der Notwendigkeit, den neuen bürgerlichen Forderungen gerecht zu werden – gerade vor dem Hintergrund der äußeren politischen und ökonomischen Krisen und Umwälzungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts, bei denen die alten Herrschaftsverhältnisse neu verhandelt wurden. Das Museum bildet den erweiterten Einflussbereich des Herrscherpaars in der Verbindung von Sammlungspräsentation und Bildnissen programmatisch ab: Die sich an die Architektur anknüpfenden liberalen Ideen am Vorabend des sogenannten Zeitalters der Aufklärung flossen ein in ein fürstlich-­repräsentatives Regierungskonzept, das sich im Innenraum widerspiegelte. Vor d ­ iesem Hintergrund verkörpert das Kunsthaus den Übergang von traditionellen Konzepten der Kunstpräsentation zu einem modernen Museum. Gemäldegalerie sollten im Berliner Museum nur Originale von Skulpturen der römischen und griechischen Antike ausgestellt werden. Humboldt lehnte die Verwendung von Gipsabgüssen ab. Zum Streit ­zwischen Humboldt, der im Sinne der „Aura des Originals“ argumentierte, und Bunsen, der in einer Denkschrift von 1828 für eine Verwendung von Kopien und Gipsabgüssen plädierte, vgl. Hochreiter 1994, S. 42.

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Farbtafeln

Tafel 1 Antonio Franchi, Anna Maria Luisa de’ Medici als Flora, 1687, Öl auf Leinwand, 203 × 143 cm, Florenz, Uffizien

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Tafel 2 Antonio Franchi, Anna Maria Luisa de’ Medici als Flora, 1682 – 1683, Öl auf Leinwand, 87 × 71 cm, Florenz, Uffizien

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Tafel 3 Anthonis van Dyck, Isabella Brant, um 1621, Öl auf Leinwand, 153 × 120 cm, Washington, National Gallery of Art

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Tafel 4 Anthonis van Dyck, Kardinal Guido Bentivoglio, 1623, Öl auf Leinwand, 195 × 147 cm, Florenz, Palazzo Pitti

Farbtafeln | 125

Tafel 5 Agnolo Bronzino, Eleonora di Toledo, 1545, Öl auf Leinwand, 115 × 95 cm, Florenz, Uffizien

126 |  Farbtafeln

Tafel 6 Jan Frans van Douven, Johann Wilhelm als Mars, um 1700, Öl auf Leinwand, 82 × 64 cm, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen

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Tafel 7 Jan Frans van Douven, Anna Maria Luisa de’ Medici als Minerva, um 1700, Öl auf Holz, 80 × 63 cm, Florenz, Palazzo Pitti, Museo degli Argenti

128 |  Farbtafeln

Tafel 8 Domenico Campiglia, Anna Maria Luisa de’ Medici, 1738, Stich aus: Bianchini 1741

Farbtafeln | 129

Tafel 9 Jan Frans van Douven, Anna Maria Luisa de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz, 1708, Öl auf Leinwand, 243 × 182 cm, Florenz, Uffizien, Corridoio Vasariano

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Tafel 10 Adriaen van der Werff, Huldigung der Künste, 1716, 81,3 × 57,3 cm, Öl auf Eichenholz, Schleißheim, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie

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Tafel 11 Adriaen van der Werff, Selbstbildnis, 1699, Öl auf Leinwand, 81 × 65,5 cm, Amsterdam, Rijksmuseum

132 |  Farbtafeln

Tafel 12 Adriaen van der Werff, Anna Maria Luisa de’ Medici in antikisierendem Gewand, 1700, Öl auf Leinwand, 76 × 54 cm, Schleißheim, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie

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Tafel 13 Adriaen van der Werff, Johann Wilhelm von der Pfalz in Rüstung, 1700, Öl auf Leinwand, 76 × 54 cm, Schleißheim, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie

134 |  Farbtafeln

Tafel 14 Gabriel Grupello, Anna Maria Luisa de’ Medici als Minerva, 1700 –1 710, Marmor, Schwetzingen, Schlosspark

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Tafel 15 Antonio Bellucci, Minerva, Merkur und Plutus huldigen der Kurfürstin Anna Maria Luisa de’ Medici, 1706, Öl auf Leinwand, 230 × 160 cm, Düsseldorf, Museum Kunstpalast

136 |  Farbtafeln

Tafel 16 Villa La Quiete, Florenz, Grundriss, Erdgeschoss mit Saal der Medici-Villen und Ruinensaal (rot), Kirche, Chor, Korridor, Spezzeria, Terrasse

Tafel 17 Benedetto Fortini, Filippo Giarée (Gesamtprogramm), Ansicht des Saals der Medici-Villen mit Blick auf die Eingangstür, 1726, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss

Farbtafeln | 137

Tafel 18 Umrisszeichnung und Deckenspiegel des Freskenprogramms des Saals der Medici-Villen im Erdgeschoss der Villa La Quiete, Florenz

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Tafel 19 Benedetto Fortini, Detail der Brüstung, Fresko, 1726, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-Villen, östliche Wandzone

Tafel 20 Benedetto Fortini, Detail der Brüstung, Fresko, 1726, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-Villen, westliche Wandzone

Farbtafeln | 139

Tafel 21 Pietro Neri Scacciati, Berberaffe mit Eichelhäher, Storch, Papagei und Rebhuhn, 1734, Öl auf Leinwand, 125 × 87 cm, Florenz, Villa Poggio a Caiano

140 |  Farbtafeln

Tafel 22 Benedetto Fortini, Filippo Giarée (Gesamtprogramm), Ausschnitt der westlichen Wand des Ruinensaals, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss

Farbtafeln | 141

Tafel 23 Benedetto Fortini, Filippo Giarée (Gesamtprogramm), Ausschnitt der nördlichen Wand des Ruinensaals, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss

142 |  Farbtafeln

Tafel 24 Benedetto Fortini, Detail der Decke mit illusionistischer Architektur und Kurhüten, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Ruinensaal

Farbtafeln | 143

Tafel 25 Benedetto Fortini, Kartusche mit Chinoiserien, Detail der Deckenbemalung, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Ruinensaal

144 |  Farbtafeln

Tafel 26 Benedetto Fortini, Detail der Decke mit illusionistischer Architektur, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Ruinensaal

4 Mobilität und Materialität: Objekte als Akteure und Konstituenten des Hofstaats

Anna de’ Medici kehrte im Oktober 1717 vom Düsseldorfer an den Florentiner Hof zurück, wo sie noch weitere fünfundzwanzig Lebensjahre verbrachte. Zwar war sie dem Titel nach „Großherzogin der Toskana“ und mit allen Privilegien einer Regierenden an der Spitze des toskanischen Staats ausgestattet, doch im Gegensatz zu früheren Medici-­ Herrscherinnen war sie faktisch nie Regentin der Toskana oder Ko-­Regentin für einen minderjährigen Thronfolger gewesen. Als adelige Witwe verfügte Anna de’ Medici dennoch über einen großen Handlungsspielraum auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Diese Einschätzung deckt sich mit der in der jüngeren Forschung konstatierten gesamteuropäischen Tendenz, wonach sich der Einflussbereich adeliger Witwen in der Frühen Neuzeit auf weite Teile räumlich-­institutioneller und kulturpolitischer Belange erstreckte.308 Neben ökonomischer Autonomie waren hierfür klienteläre Bindungen unabdingbar. Grundsätzlich spiegelte sich der Rang der Fürstin oder des Fürsten in der Größe und der personellen Zusammensetzung des jeweiligen Hofstaats.309 Aufbau und Verwaltung eines solchen von Frauen, im Speziellen von Anna de’ Medici, stellen Aspekte dar, die in der Forschung bislang eher unterrepräsentiert sind.310 Im Folgenden soll deshalb die

308 Vgl. allgemein zur Witwenschaft von adeligen Frauen in der Frühen Neuzeit Levy 2003, und zuletzt Ilg 2015. Eine der einflussreichsten regierenden Witwen im Florenz der Frühen Neuzeit war Alfonsina Orsini (1472 – 1520), die ab 1515 und nach dem Tod ihres Sohnes Lorenzo di Piero de’ Medici, Herzog von Urbino, im Jahr 1519, die Herrschaft übernommen hatte. Zu den Problemen und Reaktionen auf die Machtübernahme einer weiblichen Herrscherin in der durch die Signorien bzw. seigneurale Strukturen der Medici geprägten Republik Florenz und den daraus resultierenden politischen Wendepunkten, vgl. Tomas 2003. Alfonsina war die Großmutter der späteren Königin von Frankreich, Caterina de’ Medici (1519 – 1589). Zur politischen Einflussnahme von Frauen am Brandenburg-­Preußischen Hof und deren internationale Verflechtungen vgl. AK Frauensache 2015. 309 Im deutschsprachigen Raum und in Italien hatte der Hofstaat deutlich kleinere Ausmaße als etwa in England oder Frankreich. Der Hofstaat von Maria Teresa von Spanien (1638 – 1683) beispielsweise, die am französischen Hof residierte, zählte 1660, im Jahr ihrer Eheschließung mit Ludwig XIV., 643, später 4.000 Personen, und derjenige von Henrietta von Frankreich, Königin von England (1609 – 1669), im Jahr 1641, zählte 170 Personen, vgl. Keller 2013, S. 185 – 205, hier: S. 187. Außerdem unterschieden sich K ­ aiser- und Königshöfe von den Höfen der Reichsfürsten in der Zahl der Personen und der finanziellen Mittel, der Diplomaten und dem Rang der Gäste. Dennoch verband die Höfe eine gemeinsame Struktur, gekennzeichnet durch einen „Großhaushalt“, der eine Reihe von Ämtern umfasste, vgl. Wunder 2013, S. 21 – 51, hier: S. 26. Für eine Untersuchung des Wiener Hofs vgl. Keller 2005, und für eine Einzelstudie eines deutschen Hofs vgl. Keller 2010. 310 Die Erforschung von Hofstaaten, an deren Spitze Frauen standen, ist in letzter Zeit besonders für den deutschsprachigen Raum vorgenommen worden, vgl. Keller 2013, S. 185 – 205. In der Frühen

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höfische Umgebung von Anna de’ Medici in Düsseldorf und Florenz in einer vergleichenden Gegenüberstellung untersucht werden. Dabei werden der Wittelsbacher und der Florentiner Hof mit ihren jeweils wichtigsten Akteuren benannt und ihre Bedeutung hinsichtlich der Etablierung des kulturellen und politischen Umfelds des Medici-­Hofs in den Blick genommen. Eng verbunden hiermit ist der Aspekt der „materiellen Kultur“, der in den letzten Jahren vermehrt zum Gegenstand kunstgeschichtlicher und kulturhistorischer Forschung geworden ist. Wenig erforscht wurde bislang der weibliche Anteil an der Semantik materieller Kultur und speziell an jenen Objekten, die Anna de’ Medici umgaben und die ihr Image als letzte Medici-­Erbin geformt haben. Woraus setzte sich ihr Besitz zusammen? Auf w ­ elche Weise machten einzelne Objekte die Rolle der Herrscherin im Zentrum des vielschichtigen sozialen Netzwerks aus Hofstaat und Familienbanden sichtbar? Entgegen der heute in der Forschung zum Teil noch verbreiteten Vorstellung von einer „Hierarchie der Künste“ in der Frühen Neuzeit, die von einer Vorrangstellung von Malerei und Skulptur ausgeht und den angewandten Künsten einen eher untergeordneten Rang zuweist, soll eine erneute Beurteilung dieser Objekte hinsichtlich ihrer Bedeutung für die höfische Kunstproduktion vorgenommen werden. Die materiellen Güter agierten im Zentrum des doppelten, den Hof kennzeichnenden Gefüges von räumlich-­architektonischer Struktur und Personal. Im Folgenden wird der Verknüpfung dieser drei Aspekte – Raum, Person und Objekt – nachgegangen. Aus ­diesem Blickwinkel werden Rückschlüsse auf die Wechselwirkung ­zwischen heimischem und ausländischem Hof gezogen. Hieraus lassen sich die gesellschaftliche Stellung und politische Bedeutung Anna de’ Medicis als Kurfürstin und Witwe ablesen.311 Neuzeit wurde der Begriff des Frauenzimmers für die allgemeine Bezeichnung des sozialen Gefüges verwendet, in dem der Hofstaat von adeligen Frauen verortet werden kann. Der Begriff „Frauenzimmer“ hatte in der Frühen Neuzeit mehrere Bedeutungen. Er meinte nicht nur ein konkretes Zimmer oder einen Teil des Hauses, in dem sich die Aufenthaltsräume bürgerlicher oder adeliger Familien befanden, sondern war im deutschen Sprachraum auch die Bezeichnung für Frauen. Diese Begriffsdefinition gilt bis heute, vgl. Keller 2006, und Hirschbiegel / Paravicini 2000. Auch Guerra Medici betont die Bedeutung des in der Forschung noch wenig erforschten Bereichs des weiblichen Hofstaats, vgl. Guerra Medici 2005, S. 207. 311 In seinem Band „Hofkünstler“ definiert Martin Warnke den Hof als „spannungsreiches Gebilde, in dem Fürsten und Prinzen, Günstlinge und Minister, bürgerliche Räte und adelige Kammerdiener, Frauen und Parvenüs, Zwerge, Narren und Handwerker aufeinander einwirken“ und stellt damit die Akteure am Hof in den Vordergrund, vgl. Warnke 21996 [1985], S. 13. Allgemein zur Größe und Struktur des Medici-­Hofs zur Zeit der Großherzöge mit Schwerpunkt auf den männlichen Fürsten vgl. Fantoni 1999, S. 254 – 341. Speziell zur Rolle von Frauen an Höfen der Frühen Neuzeit und deren Handlungsfeldern und -möglichkeiten in den Bereichen Kultur und Politik, vgl. Rode-­Breymann / Tumat 2013. Mit Blick auf die räumliche Verortung von Frauen am Hof untersuchte erstmals Paravicini Aufbau und Organisation des „Frauenzimmers“, das er als ein „Zentrum einer eigenen Kultur“ definiert, vgl. Hirschbiegel / Paravicini 2000. Daran angelehnt betrachtet Keller das „Frauenzimmer“ als „konkretes soziales Gebilde, in dem die Elemente Geschlecht und Raum“ miteinander verknüpft würden, vgl. Keller 2013, S. 185 – 205. Keller beleuchtet die bedeutende Rolle, die den Bediensteten am Hof zukommt, vgl. ebd, und dies., 2005.

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Üblicherweise verbrachten Ehefrauen nach dem Tod des Gatten ihre letzten Lebensjahre an dem Hof, in den sie eingeheiratet hatten. Anna bildete in dieser Hinsicht eine Ausnahme, denn sie blieb nicht am Hof Johann Wilhelms in Düsseldorf. In d ­ iesem Zusammenhang kann von einem doppelten, reziproken Kulturtransfer gesprochen werden, der sich einmal mit der Vermählung an den Düsseldorfer Hof 1691 und ein weiteres Mal mit der Rückkehr Annas an den Florentiner Hof 1717 vollzog. Entscheidend ist deshalb die Untersuchung jener Rolle, die Anna de’ Medici als zentraler Person an der Schnittstelle dieser beiden kulturellen Zentren zukam. Der kulturelle Transfer bedeutete nicht nur das Überschreiten von nationalen Grenzen, sondern die Vermittlung z­ wischen zwei Kulturräumen, im vorliegenden Fall den Höfen der Wittelsbacher und der Medici.312 Vor ­diesem Hintergrund sind die beiden, unterschiedlichen Kulturräumen zugehörigen Zentren nicht etwa als homogene, in sich geschlossene Einheiten aufzufassen, sondern als bedeutungsoffene Systeme, die fließende Grenzen aufweisen. Die sich daraus ergebenden Überschneidungen, Gemeinsamkeiten und Dynamiken gilt es ihrer Entstehung nach zu analysieren. Die folgenden Untersuchungen bedienen sich dabei des Konzepts der Netzwerkanalyse, einer Methode, die zunächst insbesondere in der Ethnologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft angewendet wurde und erst im letzten Jahrzehnt vermehrt in der Kunstgeschichte eingesetzt wird.313 Sie soll durch die Gender-­Perspektive erweitert werden. Dies erfolgt aus dem Versuch heraus, die Innensicht einzelner Akteure im Zusammenspiel gesellschaftlich-­kultureller Interaktionen am Beispiel des Hofstaats von Anna de’ Medici, eines weiblich geprägten Netzwerks par excellence, nachzuvollziehen.314 Für Anna de’ Medici, die ein Drittel ihres Lebens, 26 Jahre, im Ausland gelebt hatte, spielten Kontakte zum heimischen italienischen Hof und insbesondere zu einzelnen Familienmitgliedern, eine wesentliche Rolle, um als kulturelle Mittlerin auf der politischen 312 Die Forschung auf dem Gebiet des Kulturtransfers verlagerte sich in den letzten beiden Dekaden weg von einem an Nationalkulturen gebundenen Konzept hin zu einer Erforschung von „Asymmetrien des Kulturtransfers“, der sich auch ­zwischen in Größe und Rang sich unterscheidenden kulturellen Einheiten vollziehen kann, vgl. hierzu und für einen Überblick über den Forschungsstand zum Kulturtransfer die Einführung in dem Sammelband von Nolde / Opitz 2008, S. 1 – 16. Nolde / Opitz machen deutlich, dass Transfer nicht das Überschreiten einer Grenze z­ wischen zwei kulturellen Einheiten bedeutet, sondern die „Überbrückung einer kulturellen Distanz ­zwischen zwei oder mehr Zentren, ­seien dies Höfe oder Handelszentren.“ Vgl. ebd., S. 5. 313 Zum Begriff des „Netzwerks“ vgl. Thiessen / Windler 2010. Die in der jüngeren Geschichtswissenschaft betriebene Dekonstruktion der Auffassung von Absolutismus als einem Konzept, das auf dem hierarchisch geprägten Verhältnis von Herrscher und Untertan bzw. Befehl und Gehorsam basiert, führte zu einem veränderten Blickwinkel, der die beiden Begriffe „Kooperation“ und „Konsens“ in den Vordergrund stellte, vgl. Thiessen / Windler 2010, S. 3. Wolfgang Reinhard hat in ­diesem Zusammenhang das Konzept der „Verflechtung“ entwickelt, vgl. Reinhard 1979. 314 Findlen spricht in d ­ iesem Zusammenhang von „Anwälten der Moderne“ („advocates of modernity“) die als „kulturelle Botschafter“ („cultural brokers“) in den europäischen Metropolen wirkten. Im Blickfeld ihrer Studie stehen Poetinnen, Künstlerinnen, Schriftstellerinnen und Philosophinnen, die an der Wende zur Vormoderne nicht nur in Italien, sondern europaweit wachsende Anerkennung genossen, vgl. Findlen 2009, S. 13.

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Bühne Europas zu agieren. Eine Befragung der Dynamiken des Hofs als ‚kulturellen Handlungszentrums‘ auf der Grundlage von Quellenmaterial soll zu einem neuen Verständnis der gesellschaftlichen und künstlerischen Handlungsmöglichkeiten Anna de’ Medicis beitragen. Ziel ist dabei nicht eine vollständige Erfassung aller in den Inventarlisten und Rechnungsbüchern aufgelisteten Personen und Güter, die während ihrer Regierungszeit am Düsseldorfer Hof und ihrer Zeit der Witwenschaft in Florenz zirkulierten.315 Vielmehr werden anhand von signifikanten Werken Schlaglichter auf die bedeutendsten Momente der mediceisch-­wittelsbachischen Hofkultur und die Sammlungs- und Auftraggeber-­ Tätigkeit im Bereich der materiellen Kultur geworfen. Kulturtransfer soll dabei nicht nur auf quantitativ-­materieller Ebene – Kunstwerke, Kleidung, Lebensmittel und Personen – untersucht, sondern auch als immaterielle Größe verstanden werden. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich vor ­diesem Hintergrund aus einem rezeptionsgeschichtlichen Ansatz heraus besonders auf den symbolischen Wert der Objekte und auf die Frage, inwiefern diese stil- und geschmacksbildend auf die Sammlung der letzten Medici gewirkt haben. Dabei sollen sowohl Objekte, die in den Sammlungskontext eingegliedert waren und öffentlich-­repräsentative Funktionen erfüllten, als auch ­solche, die für den privaten Gebrauch bestimmt waren, wie Schmuckstücke, in den Blick genommen werden. Diese Objekte können darüber hinaus auch als Seismografen für kulturelle und historische Schwankungen und Umbrüche gelten, deren soziale Bedeutung und (ökonomischer) Wert sich aus Archivquellen – Inventaren und Rechnungen – ablesen lässt. Dabei wird zudem die Frage nach der Wechselwirkung von Malerei, Skulptur und angewandter Kunst behandelt und auch jene, inwiefern Kunstkammerobjekte als Inspiration und Antrieb für die höfische Kunstproduktion dienten. Dies erfordert eine methodische Reflexion und Revision der Objekte im Kontext der historischen Bedingungen ihrer Entstehung innerhalb der europäischen Hofkultur der Frühen Neuzeit. Darüber hinaus soll geklärt werden, ­welche Materialien zum Einsatz kamen und ­welche symbolische Bedeutung sich hieraus ableiten lässt. Mit der inhaltlichen Ebene verknüpft ist die Frage nach dem Entstehungskontext der Objekte. Zu welchem Zweck wurden sie angefertigt und wie wurden sie ausgestellt? Als Grundlage hierfür dienen die Quellen der Guardaroba Medicea des Staatsarchivs in Florenz.316 Dieses Corpus stellt die umfassendste Sammlung an Archivquellen zur ­Erforschung 315 Dieses Konvolut umfasst einige hundert Akten, die auf verschiedene Archive in Italien, Deutschland und Österreich verteilt sind: Staatsarchiv (ASF ), Archiv der Biblioteca degli Uffizi (BdU), Archiv der Gallerie Fiorentine/Soprintendenza Speciale per il Polo Museale Fiorentino (AGF ) in Florenz, Landesarchiv Nordrhein-­Westfalen (LAV NRW ) in Düsseldorf, Generallandesarchiv Baden-­Württemberg (LBW , Pfalz Generalia, Kunstsammlungen 77/3890) in Karlsruhe, das Baye­ rische Hauptstaatsarchiv, Geheimes Hausarchiv (GHM ) in München und das Haus- Hof- und Staatsarchiv in Wien. 316 Die Nomenklatur „Guardaroba Medicea“ steht als Oberbegriff für drei unterschiedliche Sammlungen, die sich im Staatsarchiv in Florenz befinden: „Guardaroba Medicea“, „Guardaroba Medicea Appendice“ und „Guardaroba Medicea Diari di Etichetta“.

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der materiellen Kultur des 16. – 18. Jahrhunderts dar: Pretiosen, Schmuckstücke, Kleidung, Gemälde und Skulpturen. Sie lassen ein lebendiges Bild vom Hof entstehen und geben Aufschluss über Namen und Berufe von Angestellten, Künstlern und Handwerkern sowie über Bezahlung, Mittelsmänner und jene Orte, an denen die Geschäfte abgewickelt wurden. Die Dokumente können auch dazu dienen, der Provenienz einzelner von den Medici erworbener oder in Auftrag gegebener Objekte nachzugehen, die sich in verschiedenen Residenzen und Villen der Medici befanden und heute größtenteils auf die Florentiner Museen und Medici-­Villen verteilt sind. Paradigmatisch hierfür stehen Personen und Objekte, die in die höfische Umgebung und den Geschenkverkehr eingebunden waren. Einzelne Quellen, insbesondere Rechnungsbücher und Inventare, geben zudem Aufschluss über materiellen und symbolischen Wert, Entstehungsdatum und Auftraggeberschaft dieser Objekte, die innerhalb der Florentiner Paläste und Villen zirkulierten. Sie sind als eine conditio, als Vorläufer für das Konzept des kulturellen Transfers, anzusehen. Im vorliegenden Kapitel soll deshalb gezeigt werden, inwiefern Objekte teils als ideelle, teils als materielle Bindeglieder – ­zwischen kulturellen Zentren und z­ wischen Produzenten, Händlern und Käufern – fungierten, um Rückschlüsse auf Hofstaat und Personal, Handelsmechanismen und kulturelle Praktiken ziehen zu können. Daran anknüpfend stellt sich die Frage nach dem Stellenwert der Kunstwerke, die als Objekte mit je eigenen Biografien verstanden werden können. In ­diesem Zusammenhang soll auch der Frage nachgegangen werden, w ­ elche Funktion bzw. w ­ elchen Status sie innerhalb des höfischen Umfeldes hatten: Handelte es sich um private Auftragsarbeiten oder dienten die Werke öffentlich-­repräsentativen Zwecken? Wer waren jeweils die Auftraggeber? Waren die Werke für einen bestimmten Ort in Auftrag gegeben worden oder kursierten sie, beispielsweise als Geschenke, ­zwischen einzelnen Höfen, Villen oder Palästen? Zu unterscheiden ist dabei z­ wischen „privaten“, für den persönlichen Gebrauch angefertigten „Guardaroba“ bezeichnete zwei unterschiedliche Komplexe. „La Guardaroba“ stand einmal für das physische Gehäuse – jenes Gebäude, von bwz. in dem alle mobilen Besitztümer des Hofs verwaltet und gelagert wurden. Dies betraf sowohl die Inventarisierung vorhandener als auch die Anschaffung neuer Objekte. Mit „il Guardaroba“ (Pl. „i Guardaroba“) wurde hingegen die Amtsperson bezeichnet, die diese Güter und die damit zusammenhängenden Ein- und Ausgaben verwaltete. Diese war auch zuständig für die Organisation von Festen, die Ausstattung von Theateraufführungen und das Arrangement von Gästeappartements. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts bildete sich eine neue Elite von Bediensteten heraus, die durch eine pyramidale Struktur charakterisiert war, an deren Spitze die Posten des „Maggiordomo“, des „Maestro e Segretario di camera“, des „Cavallerizzo Maggiore“ und des „Guardaroba Maggiore“ (oder „Guardaroba Generale“) standen. Letzterer wurde assistiert von einem „Sotto Guardaroba“, einem „Compiutista“, „Facchini“ und einem „Pellicciaio“. Dem Kustoden der Guardaroba („il Guardaroba“) oblag nach 1637 die Verwaltung der Objekte der Guardaroba und der „Galleria degli Uffizi“ (in den Quellen auch als „Galleria“ bezeichnet), wohingegen die übrigen Paläste und Villen der Medici von weiteren Kustoden verwaltet wurden. Außerdem gab es einen „Guardaroba di camera“, einen Haushofmeister der großherzoglichen Familie, einen „Guardaroba segreto“, den Schatzmeister der fürstlichen Juwelen und Kleider, und einen „Guardaroba delle maschere“, der Kostüme und Kleidung beschaffte und über Kaufleute, die ihm Vermittlungsgebühren zahlten, Stoffe ankaufte. Vgl. Fantoni 1994, S. 33.

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Objekten wie beispielsweise am Körper oder an der Kleidung befindliche Schmuckstücke oder kostbare Elfenbeingefäße, die Anna in ihren Privatgemächern aufbewahrte, sowie ­zwischen „öffentlichkeitswirksamen“ Objekten wie Medaillen und Münzen, die in den Sammlungskontext eingegliedert waren. Ihre Funktion verweist auf den Gegensatz von privater und öffentlich zugänglicher Sammlung, wie sie sich mit der Öffnung der Uffizien zu Beginn des 18. Jahrhunderts vollziehen sollte.

4.1 Distanznahme und Bewegung: Zwischen Palazzo Pitti und Wittelsbacher Hof Das Modell des höfischen Staates setzt sich aus unterschiedlichen Ebenen zusammen, denen leitmotivisch das Prinzip der Bewegung eingeschrieben ist. Beispielhaft dafür steht eine Hochzeitszeremonie, die am 1. Mai 1691 zu Ehren der Brautleute Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz in Florenz auf der Piazza di Santa Croce veranstaltet wurde. Sie bildete den festlichen Auftakt für ein jährlich vom Adel ausgerichtetes traditionelles „Fußballturnier“, den sogenannten Calcio storico fiorentino. Eindrucksvolles und einziges künstlerisches Zeugnis ­dieses Aktes stellt eine Radierung des Künstlers Arnold van Westerhout (1651 – 1725) dar (Abb. 11).317 Es zeigt den Auftritt zweier Mannschaften, die jeweils von einer Gruppe mythologisch verkleideter Figuren in der Mitte des Spielfeldes begleitet werden.318 An der Spitze der linken Gruppe befindet sich Juno, Göttin der Ehe und des Lebens, die mit einer hoch aufgetürmten Kopfbedeckung aus Pfauenfedern ausgestattet ist und mit einem Stab in ihrer rechten Hand den Auftakt gibt. Von rechts nähert sich ihr Hymen, Gott der Hochzeit und des Hochzeitsgesangs, der in seiner Linken eine große, brennende Fackel mit sich führt. Juno und Hymen vereinen mit ihrem jeweiligen Gefolge – der Blumen- und Hochzeitsgöttin Flora, Minerva, Göttin der Weisheit, der Kunst und des Wissens, und Amazonen auf der weiblichen Seite sowie fackeltragenden Eroten, Priestern, drei nackten Grazien und Tugenden auf der männlichen Seite – Fruchtbarkeit und Tugendhaftigkeit sowie Wehrhaftigkeit und Wollust. An die mythologische Inszenierung knüpfen sich Hoffnungen auf reiche Nachkommenschaft und damit verbunden die Sicherung der Dynastie. Die Zeremonie besiegelt nicht nur die Vereinigung der Brautleute, sondern auch den Brückenschlag ­zwischen zwei kulturellen Zentren.

317 Auch heute noch wird alljährlich, zumeist im Juni, der Calcio storico fiorentino ausgerichtet, der seine Ursprünge im 16. Jahrhundert hat, vgl. Bredekamp 22006. Das historische „Fußballturnier“, das von Adelssöhnen ausgerichtet wurde, ist nicht mit dem heutigen Fußball vergleichbar, sondern eher mit dem Rugby. Es wurde und wird in historischen Kostümen aufgeführt. 318 Die Feierlichkeiten wurden ausgerichtet von Pietro Bini. Das Blatt, das sich heute in der Graphischen Sammlung der Albertina in Wien befindet, misst 48 × 35 cm. Die Figuren sind durch Nummern gekennzeichnet und in der Legende am unteren Bildrand erklärt. Jede Gruppe hat 24 mythologische Gestalten in ihrem Gefolge, vgl. Bredekamp 22006, S. 30 – 35.

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Abb. 11 Arnold van Westerhout, Calcio storico-­Parade auf der Piazza di Santa Croce am 1. 5. 1691, Radierung

Der Maskenaufzug nimmt symbolisch Bezug auf die Hochzeit, die bereits am 29. April 1691 pro curatorem im Florentiner Dom geschlossen worden war.319 Er stellt die dynastischen Erwartungen zur Schau, die sich an die Verbindung der Medici mit dem Wittelsbacher Hof knüpften und zu einer Rangerhöhung des Florentiner Adelsgeschlechts beitragen sollten. Als Mitgift brachte Anna de’ Medici eine Summe von 300.000 Scudi sowie etwa 200.000 Scudi an Bargeld, Schmuck und Geschenken in die prestigeträchtige Verbindung ein.320 Der oben beschriebene Festakt im Rahmen des Calcio fiorentino antizipierte auch die Übergabe der Braut an Johann Wilhelm. Der feierliche Akt des Abschieds und des Willkommens vollzog sich mit der anschließenden Brautfahrt – einem festlichen Staatsakt, der von zahlreichen grenzüberschreitenden Festinszenierungen begleitet wurde und die Eingliederung Annas in die neue Familie manifestierte.321 Diese Handlungen wurden

319 Bei den Hochzeitsfeierlichkeiten im Dom war ihr älterer Bruder Ferdinando de’ Medici zugegen, der in Vertretung für Johann Wilhelm seiner Schwester Anna den Ehering überreichte, vgl. Urbani 2008, S. 47. 320 Von den 300.000 Scudi zahlte der Großherzog Cosimo III. de’ Medici 40.000 nach Vollzug der Ehe und je 20.000 in jährlichen Raten mit vier Prozent Zinsen. Der Kurfürst bot im Gegenzug eine Gegenmitgift von 150.000 Gulden und eine jährliche Witwenrente von 4.000 Gulden. Die Vertreter des Medici-­Hofs handelten eine höhere Summe aus und so gestand Johann Wilhelm s­ einer Frau eine Witwenrente von 20.000 Talern jährlich und ein jährliches Einkommen von 18.000 Gulden zu, vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 13 f. 25, vgl. auch Dokument 1.2 im Quellenanhang. Ludwig-­Ockenfels macht darauf Aufmerksam, dass sich Anna Maria Luisas Einkünfte stetig vermehrten und sie über Johann Wilhelm Einnahmen aus unterschiedlichen Quellen erhielt, vgl. Backerra / Ludwig-­Ockenfels 2019 [im Druck]. 321 Prominente Beispiele stellen die Umkleidung der spanischen Infantin Maria Teresa oder der späteren französischen Königin Marie Antoinette dar, die als Akte der Vereinnahmung der Braut durch die neue Familie gelten können, vgl. Schönpflug 2008, S. 26.

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in der Forschung bisher eher einseitig als Vereinnahmung der Fürstin durch den neuen Staat gewertet. Vielmehr handelte es sich jedoch um ein wechselseitiges Verhältnis, bei dem Anna aktiv als Vermittlerin ­zwischen zwei Kulturen und Familien in Aktion trat.322 Dies bezeugen bereits die unterschiedlichen Stationen ihrer Reise, die sie, begleitet von ihrem Obristhofmeister Jakob Graf von Hamilton (1690 – 1695), am 8. Mai 1691 von ihrer Heimatstadt Florenz über Bologna, Bozen, Sterzing, Innsbruck, München, Augsburg, Neuburg und Honnef am 19. Juli nach Düsseldorf führte. Eine Reihe von Festakten und Inszenierungen zu Ehren der neuen Kurfürstin während der Reise machte die Verbindung der beiden Herrscherhäuser über die Grenzen der Territorien hinaus konkret sichtbar.323 Die Route bildete eine Kontaktzone ­zwischen einheimischem und fremdem Hof. Die Übergabe ihres neuen deutschen Hofstaats erfolgte in Bologna, und Johann Wilhelm von der Pfalz nahm seine Gemahlin zum ersten Mal in Innsbruck in Empfang. Ein eindrucksvolles Zeugnis d ­ ieses Zusammenspiels von Abschied, Übernahme und Eingliederung bietet der schriftliche Bericht einer Augenzeugin, der Gräfin Giulia Trappa, geb. Gräfin Piccolomini, an einen Marchesen in Florenz vom 3. Juni 1691.324 In einem Brief schildert die Gräfin das Zusammentreffen der beiden Brautleute, deren Ehe bereits, wie weiter oben erwähnt, zuvor in Florenz pro curatorem vollzogen worden war. Die Begegnung war von einer Reihe ritueller und symbolischer Handlungen gekennzeichnet, wobei der erste Kontakt durch ein Geschenk von Johann Wilhelm an seine Frau besiegelt worden war. Es handelte sich hierbei um eine kostbare, mit 21 Diamanten verzierte Brosche, ein Paar Ohrringe und einen prächtigen Ring. Bei Ringen handelt es sich um Objekte mit größter Symbolkraft, die die vollzogene Hochzeit öffentlich sichtbar machten und das durch den formal im Vertrag festgelegte Eheversprechen besiegelten.325 Die Hochzeitsmesse wurde in der Kapelle von Eleonora Maria, der Witwe des ­polnischen Königs und Schwester Leopolds I., in Innsbruck gefeiert. Die Brautleute empfingen während der Messe den „Segen des hl. Johannes“, des Schutzheiligen von Florenz – eine Hommage an den Herkunftsort der Braut. Ein sich anschließendes Festessen mit Musikdarbietung, bei dem der gesamte Hof anwesend war, leitete in den Abend über. Die besondere Hervorhebung einzelner Violine, Tiorba und weitere Instrumente spielender Musiker verweist bereits auf die bedeutende Rolle, die der Musik am Düsseldorfer Hof später zukommen sollte.326 Innerhalb eines Zeitraums von nur vier Monaten ließ das 322 Im französischen Heiratsritus wird diese „Eingemeindung in eine neue kulturelle Welt“ am prägnantesten vollzogen durch den symbolischen Akt des Kleiderwechselns der Braut an der Grenze. Der festliche Umzug diente dazu, die Distanz ­zwischen Heimathof und neuer Residenz zu überbrücken, vgl. Schönpflug 2008, S. 27. 323 Vgl. Karnau 1988, S. 181 f. 324 Vgl. Dokument 1.3 im Quellenanhang. 325 Zur symbolischen Bedeutung des Rings für die Medici im 15. Jahrhundert unter der Herrschaft von Lorenzo de’ Medici, die den Ring auch in ihrer Imprese trugen, vgl. Randolph 2002, S.108 – 137. 326 Die Patronage von Musikern am Düsseldorfer Hof unter dem Großherzogpaar wäre Gegenstand einer eigenständigen Forschungsarbeit. Für einen geschichtlichen Überblick vgl. Thelen 1995. Zur Geschichte von Oper und Musiktheater am Düsseldorfer Hof unter Einbeziehung von Archivquellen

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Kurfürstenpaar das erste Opernhaus in Düsseldorf an der Mühlenstraße (an der Stelle des heutigen Gerichtsgebäudes) errichten, das am 12. Februar 1696 mit der Uraufführung der Oper Giocaste von Giovanni Andrea Maniglia eingeweiht wurde.327 Ihr sollten mehr als 20 uraufgeführte Opern in der Regierungszeit des Kurfürstenpaars folgen. Den glanzvollen Höhepunkt bildete das Jahr 1697, in dem allein vier Uraufführungen stattfanden.328 Die Errichtung des Opernhauses bedeutete einen der stärksten kulturellen Impulse aus Italien für Düsseldorf, wesentlich gefördert durch die Berufung von Musikern, Komponisten und Dekorateuren aus Italien und Österreich.329 Es ist Zeugnis für den Kulturtransfer, der sich auf musikalischer Ebene vollzog und besonders durch Anna de’ Medici vorangetrieben wurde. Mit der Festlegung eines jährlichen Budgets von 80.000 Gulden legte sie den Grundstein für Oper und Musiktheater in Düsseldorf.330 Allerdings endete mit dem Tod Johann Wilhelms und ihrer Rückkehr Annas nach Florenz die Förderung des Musiklebens, denn das Opernhaus wurde in eine Kaserne umgewandelt und die personell verkleinerte Musikkapelle in das neue Domizil des Nachfolgers von Johann Wilhelm, seines Bruders Karl Philipp von der Pfalz, nach Mannheim versetzt.331

vgl. Freitäger 1990, Strahl 1988, und Riemenschneider 1972. Johann Wilhelm sicherte den Kontakt zu den gefragtesten Musikern der Zeit. So konnte er Johann Georg Friedrich Händel 1710/11 zu einem Aufenthalt am Düsseldorfer Hof bewegen, vgl. Thelen 1995. 327 Die Musik zu d ­ iesem Stück hatten Hofkapellmeister Johann Hugo Wilderer und Hofmusikus Georg Kraft geschrieben, vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 52 f. 328 Vgl. Thelen 1995, Sp. 1601 – 1607. 329 Die 1709 herausgegebene „Rapparini-­Handschrift“ des Hofrats Giorgio Maria Rapparini (1660 – 1726), der auch als Agent Schmuck und Edelsteine für Anna de’ Medici beschaffte, stellt eines der wichtigsten Zeugnisse für die Erforschung der Musikpatronage unter Johann Wilhelm und Anna de’ Medici dar. Rapparini war Schüler des römischen Malers Carlo Maratta (1625 – 1713). Aus seiner Hand stammt das einzige bildliche Zeugnis des Düsseldorfer Opernhauses in Form einer Zeichnung. Die „Rapparini-­Handschrift“ enthält zudem eine Reihe von Bildnissen von Musikern, die am Düsseldorfer Hof angestellt waren, wie der vom Wiener Hof kommende Komponist und Hofkapellmeister Sebastiano Moratelli (1640 – 1706) und sein Nachfolger Johann Hugo Wilderer sowie Georg Krafft, Mundschenk, Giovanni Domenico Pallavicini und Stefano Benedetto P ­ allavicini, beide Hofdichter. Zum weiteren Kreis von Angestellten im Rahmen der Musikdarbietungen gehörten Theatermaler und Innendekorateure wie Antonio Bernardi, der spätestens 1696 zusammen mit seinem Bruder Fabrizio Bernardi am Düsseldorfer Hof angestellt war. Hinzu kam das technische Personal wie der Maschinendirektor Michael Cagnon, der von 1680 – 1700 kurpfälzischer Festungsingenieur und Architekt war, bis sein Sohn diese Ämter übernahm, und Antonio Fabbri (oder Antonius Fabri). Er zeichnete für Herstellung und Betrieb der zahlreichen künstlerischen Apparate verantwortlich und war bis ungefähr 1700 in Diensten des Herrscherpaares. Der Theaterschneider Arnold Moreau war seit 1697 angestellt und Michael Nuys (Nuß) fungierte als „Komödienschneider“ der kurfürstlichen Werkstatt, vgl. Strahl 1988, S. 129 – 131, und Kühn-­Steinhausen 1958. 330 Vgl. LNRW, Abteilung Rheinland, RW 1227, Nr. 72, Vortragsmanuskript zu „Kurfürst Johann Wilhelm. Förderer von Kunst und Wissenschaft“. Auch Annas Bruder, Großherzog Ferdinando de’ Medici, war ein bedeutender Förderer der Musik in Florenz. Er spielte zahlreiche Instrumente, darunter Cembalo, vgl. Spinelli 2013. 331 Vgl. Thelen 1995.

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Abb. 12 Jan Frans Van Douven, Johann Wilhelm von der Pfalz und Anna Maria Luisa de’ Medici ‚alla spagnola‘, 1699, Öl auf Leinwand, 44,5 × 32 cm, Florenz, Palazzo Pitti, Corridoio delle Colonne

Wie aus dem Brief Giulia Trappas hervorgeht, trat das Herrscherpaar auch selbst mit Darbietungen auf. Ein kleinformatiges Bildnis des tanzenden Kurfürstenpaars alla spagnola von 1695 des am Wittelsbacher Hof tätigen Malers Jan Frans van Douven veranschaulicht ­dieses musische Ereignis (Abb. 12).332 Es stellt eine tänzerische Momentaufnahme des Herrscherpaares in einer Innenraumsituation dar. Die Eheleute präsentieren sich wie ein Zwillingspaar, gleich gekleidet in prächtige schwarze, mit Goldfäden durchwirkte Gewänder mit rot abgesetzter Bordüre und mit einer den Hals eng umschließenden Mühlsteinkrause nach spanischer Mode. Annas Körperhaltung und Gestik wirken grazil und geziert zugleich: Sie begegnet ihrem Mann in einer Pose, die – vergleichbar mit Junos 332 Das Bildnis ist Teil einer Serie von fünf kleinformatigen Bildnissen (ca. 40 × 50 cm), die z­ wischen 1695 und 1700 von dem Hofmaler Jan Frans van Douven angefertigt wurden und die sich heute in den Appartamenti Reali des Palazzo Pitti (Corridoio Vasariano) in Florenz befinden. Das kleine Format könnte dafür sprechen, dass die Bilder möglicherweise als Geschenke für Annas Florentiner Verwandtschaft vorgesehen waren. Angefertigt in Düsseldorf, sind die Bildnisse jedenfalls vor 1713 in den Palazzo Pitti nach Florenz gelangt. Einem Inventar zufolge, das nach Annas Tod von ihren Gemächern im Palazzo Pitti angefertigt wurde, hingen sie in ihren großherzoglichen Räumen im Palazzo Pitti, vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600. Die spanische Tracht könnte als Verweis auf die politische Allianz mit dem spanischen Hof gewertet werden, die durch die Heirat von Johann Wilhelms Schwester mit dem spanischen König hergestellt wurde, vgl. AK Principessa 2006, S. 158 – 162.

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Noli me tangere in der Radierung Westerhouts – Freude und Abwehr signalisiert. Erhöht, auf einer Balustrade im rechten Bildhintergrund, ist eine Hofkapelle zu sehen, die das Geschehen musikalisch begleitet – ein deutlicher Hinweis auf die Rolle des Fürstenpaars als Musikmäzene.333 Traditionell schloss sich an Hochzeitsfeierlichkeiten der gemeinsame Tanz der Vermählten an, eine bewusste Demonstration der dynastischen Verbindung beider Herrscherhäuser. Diesem ideellen Ziel diente auch eine quasi ,materielle Einbindung‘ des neuen Hofstaats durch wertvolle Geschenke; die acht ranghöheren Hofdamen erhielten jeweils mit Diamanten verzierte Broschen, die Kavaliere, Kommissare und andere in den Diensten des Kurfürstenpaars stehende Angestellte wurden ebenfalls mit Geschenken bedacht. Durch Rituale der Trennung und Bindung, Transformation und Aneignung während der Brautfahrt knüpfte Anna de’ Medici schon vor ihrer Ankunft am neuen Hof ein Länder und Grenzen umspannendes Netzwerk, das im Kern von ihrem Hofstaat gebildet wurde. Dessen Zusammensetzung war im Allgemeinen ausschließliches Recht einer Fürstin, ihres Gemahls oder ihrer Schwiegermutter. In Düsseldorf waren die ­prestigeträchtigen Posten durch Indigenatsrecht dem landsässigen Adel vorbehalten; Angehörigen der Jülich-­ Bergischen Ritterschaft wurden Stellungen im gehobenen und höheren Beamtentum garantiert. Während sich die ranghöheren Hofdamen aus den Töchtern der Adelsfamilien rekrutierten, stammten die Bediensteten zumeist aus bürgerlichen oder bäuerlichen Familien.334 Der ersten Gruppe gehörten die für die repräsentativ-­administrativen Aufgaben zuständigen Hofdamen, Hofmeisterinnen und entsprechend die männlichen A ­ mtsträger – Hofmeister, Stallmeister oder Mundschenk – an, während die zweite Gruppe die für Belange des alltäglichen Lebens zuständigen Bediensteten umfasste: Kammerdienerinnen, Wäscherinnen, Köchinnen, Ammen und Mägde. Erste Frau des neuen Hofstaats von Anna de’ Medici war die Obristhofmeisterin ­Dorothea Gräfin von Fugger, geborene Baronin Welsberg, die d ­ ieses Amt bis 1705 innehatte.335 Ihr unterstanden eine Hofmeisterin, der wiederum die direkte Aufsicht über die ­zwischen 1698 und 1711 fünf bis sechs Hofdamen oblag. Weiterhin zählten drei Kammerfrauen 333 Julius Bernhard von Rohr bezog in seiner Schrift „Einleitung zur Ceremoniel-­Wissenschafft Der großen Herren“ von 1733 zwar das Fest als künstlerische Form in die systematische Darstellung des Zeremoniells ein, unterschied aber deutlich z­ wischen festlich begangenem, zeremoniellem Akt und Fest im eigentlichen Sinne des Wortes. Unterschiedliche Anlässe wie Krönungen oder Hochzeiten wurden durch das Zeremoniell arrangiert und trugen zugleich festliche Züge. Die Machtentfaltung vollzog sich so im herrscherbezogenen Raum, wobei der zeremonielle Akt das Koordinatennetz darstellte, innerhalb dessen Hof und Staat repräsentiert wurden, vgl. Rohr 1990 [1733]. 334 Zu den Quellen über den Aufbau des Hofstaats von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz, vgl. Lau 1938, S. 257 – 288, bes.: S. 284 – 288, und Engelbrecht 1988, S. 127. Den Hofdamen eröffneten sich durch Vermittlung des Herrscherpaars oftmals gute Heiratschancen zu anderen Bediensteten, vgl. Wunder 2013, S. 124 – 131, hier: S. 38. 335 Von Fuggers Nachfolgerin war Gräfin Anna Maria von Wolff-­Metternich, die Witwe von Freiherr Daniel von Elmpt. Sie hatte ­dieses Amt bis zur Abreise Anna de’ Medicis nach Florenz inne, vgl. Lau 1938, S. 284.

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mit je einem Kammermädchen und fünf Kammerdienerinnen mit je zwei Mädchen zum Hofstaat. Auf unterster Stufe standen die zwei „Kammermenschen“.336 An die hohen Ämter knüpften sich Rechte und Pflichten, die mit enger Gefolgschaft der Fürstin verbunden waren: Ihre Inhaber hatten Anna de’ Medici zu allen öffentlichen Anlässen und Auftritten – Kirchenbesuchen, Festen, Oper und Jagd – zu begleiten und ihr Gesellschaft zu leisten. Bei dieser Personengruppe handelte es sich zumeist um Witwen oder unverheiratete Frauen.337 Zu den männlichen Angestellten, deren Zahl geringer war als die der weiblichen, gehörten Obristhofmeister, Obriststallmeister, Obristhofmarschall, Beichtvater, Kämmerer und Leibpage. Hofmeister und Hofmeisterin, die oftmals auch miteinander verheiratet waren, koordinierten die alltäglichen Abläufe der Herrscherin. Der Hofmeister begleitete die Fürstin in der Regel auf Reisen und zu fürstlichen Tafeln. Außerdem war er an der Finanzverwaltung beteiligt.338 Die höfischen Angestellten unterschieden sich auch nach ihrer Herkunft. So waren die rangniedrigeren Kammerfrauen von Anna de’ Medici fast ausschließlich Italienerinnen. Gewöhnlich pflegten sie den engsten Kontakt zur Fürstin und trugen dazu bei, dass bestimmte Gewohnheiten und Bräuche vom heimischen an den neuen Hof mitgebracht 336 Für eine detaillierte Auflistung der einzelnen Namen aller am Hof angestellten Damen vgl. Lau 1938, S. 284 – 288. 337 Die Hofdamen wurden dabei teilweise auch selbst aktiv, sie führten Ballette auf und boten musikalische Auftritte, vgl. Keller 2013. 338 Kühn-­Steinhausen beziffert die in den Diensten der Herrscherin stehenden Diener im Jahr 1691 auf 14 und in den Jahren ­zwischen 1699 und 1711 die Zahl der männlichen Angestellten auf 17 und die der weiblichen auf 31. Vermutlich schließen diese Zahlen jedoch ausschließlich die r­ anghohen, teilweise adeligen Angestellten ein. Vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 26. In der Hierarchie der männlichen Bediensteten stand der Obristhofmeister ganz oben. Ihm folgten Obristhofmarschall (Freiherr von Bourscheid ab Oktober 1716), Obriststallmeister (Graf von Manderscheid von 1697 – 1703 und Graf von Schaesberg 1703 – 1716), Kämmerer (Graf Francesco Maria Lioni) und Leibpage (Andrea Melchiorre Marchese Antinori). Die Zahl der Kammerdiener betrug insgesamt fünf (Johann Wolfgang Fischer, der von 1682 bis 1716 zugleich Kammermusikus war, Giacomo Lodovico Francki, dem von 1706 – 1711 zusätzlich die Aufgabe der „Garde des Dames“ zukam, von 1695 – 1701 Scipione Novelli, von 1697 – 1711 Arnold Rutten und von 1699 – 1716 N. Robles, der zugleich Hofmusikus war). Zu den Leiblakaien zählten Francesco Nobili, der zugleich Tapezierer war sowie Carlo und Ottavio Gallotto. Die einzelnen Personen konnten mehrere Ämter gleichzeitig ausführen und in der Hierarchie aufsteigen. Graf Jakob von Hamilton war gleichzeitig auch Obristkämmerer von Johann Wilhelm. Ab Februar 1697 hatte Graf Johann Ernst von Nassau-­Weilburg das Amt des Obristhofmeisters inne und ab 1703 bis zum Tod Johann Wilhelms stieg Graf Franz Georg von Manderscheid-­Blankenheim vom Obriststallmeister in d ­ ieses Amt auf. Als Ratgeber bis zum Tod Anna de’ Medicis diente der Obriststallmeister Graf Johann Friedrich von Schaesberg. Wichtige Funktionen erfüllten darüber hinaus der Geheimsekretär Hofkammerrat Edmund Peregrinus Schenckart (1698 – 1716), Mundschenk Dominico Belloni (ab 1711) und Tafeldecker Giovanni ­Battista Nobili (ab 1711), vgl. Lau 1938, S. 284. Zu den Kabinettskassenrechnungen Anna de’ Medicis, die von Schenckart und Daniel Steingens, Kabinettskassierer der Kurfürstin, verwaltet wurden und die die Einnahmen und Ausgaben in ihrer Düsseldorfer Zeit z­ wischen 1691 – 1718 dokumentieren, vgl. Wolf 2015.

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und eingeführt wurden. Die meisten von ihnen standen lebenslang in den Diensten der Herrscherin und wohnten im Schloss. Wie eng die personellen Verflechtungen z­ wischen Florentiner und Düsseldorfer Hof waren, zeigt die Einflussnahme von Cosimo III. auf die Auswahl der Bediensteten seiner Tochter. Besonders das medizinische Personal rekrutierte sich ausnahmslos aus Italienern: dem Chirurgen Giovanni Battista Fiori, der ab 1699 in ihren Diensten stand, dem Leibarzt Giovanni Cosimo Bonomo (von 1691 – 1694)339, Graf Tomaso Frosini (von 1695 – 1710), der sich bis 1713 in Düsseldorf aufhielt und dessen Nachfolger Giovanni Francesco Zamboni (von 1711 – 1717), der zeitweise auch Johann Wilhelm behandelt hatte und nach dessen Tod mit Anna de’ Medici nach Florenz zurückkehrte. Ebenfalls großen Einfluss auf die Rekrutierung des Personals übte ihre Großmutter ­Vittoria della Rovere aus, die Anna eine italienische Hebamme zur Seite stellte.340 Dass auch ihre Beichtväter, der Jesuit Pater Pietro Antonio de Albertis und Pater Gaetano Giacomini, der Ersterem im November 1712 nachfolgte, dem italienischsprachigen Raum entstammten, unterstreicht die gewichtige Rolle, die den Familienangehörigen bei der Auswahl der höfischen Entourage von Anna de’ Medici beigemessen wurde.341 Durch die Besetzung einiger Posten mit italienischen Frauen und Männern etablierte Anna ein Netzwerk, das es ihr auf informelle Art ermöglichte, den Kontakt zum Florentiner Hof aufrechtzuerhalten und Familienbande ­zwischen diplomatischem Taktieren und staatlichem Agieren spielen zu lassen. Im Gegenzug verschaffte dies Cosimo III. Kontrolle und Einflussnahme über die Ämtervergabe hinaus auch auf politischer Ebene. Die engen personellen Geflechte lassen sich auch anhand der Zirkulation von Waren und Gegenständen ablesen, die der dynastischen Absicherung und der Stärkung der Beziehungen ­zwischen den beiden Höfen diente. Gebrauchsgegenstände und insbesondere Geschenke von hohem ökonomischem Wert, Devotionalien und Kunstwerke kursierten ­zwischen Cosimo III . und seiner Tochter: Gemälde der gefragtesten zeitgenössischen und Renaissance-­Künstler, wertvolle Rahmungen und Schmuckstücke.342 Anna de’ Medici 339 Rapparini zufolge hatte Frosini den philosophischen, nicht den medizinischen Doktorgrad erworben. Er war 1703 von Johann Wilhelm in den Grafenstand erhoben worden, vgl. Lau 1938, S. 284. 340 Es handelte sich hierbei um Katharina Calvani, die 1696 im Buch der Rosenkranzbruderschaft als „Serenissimae Electricis obsterix“ (Hebamme) bezeichnet und 1703 mit 300 Gulden ausgestattet wurde, vgl. Lau 1938, S. 287. 341 Johann Wilhelm hatte ursprünglich einen deutschen Jesuiten als Beichtvater für seine Frau vorgesehen, vgl. Kühn-­Steinhausen 1938, S. 15. 342 Johann Wilhelm erhielt beispielsweise drei Gemälde von Andrea del Sarto, eine Darstellung „Madonna mit Kind“, eine „Hl. Elisabeth“ und den „Hl. Johannes mit einem Engel“; außerdem die „Hl. Familie Canigiani“ von Raffael, die sich heute alle in der Alten Pinakothek in München befinden, vgl. Marx 2008, S. 167. Marx geht davon aus, dass der Kontakt z­ wischen den beiden Höfen besonders eng war, da Cosimo zusätzlich die Rolle der M ­ utter übernahm, die früh den Florentiner Hof verlassen hatte. Bis auf wenige Einzeluntersuchungen ist die Rolle der Fürstin als Schenkende im höfischen Geschenkverkehr im Allgemeinen und diejenige der Anna de’ Medici im Speziellen bisher noch nicht eingehender untersucht worden. Sie trug wesentlich zu Pflege und Aufbau eines Netzwerks bei, das Anna de’ Medici auch als Witwe unterhielt. So sandte sie von Florenz Geschenke an verschiedene Prinzessinnen. 1719 ließ sie der Prinzessin von Baden eine silberne Dose für die Aufbewahrung

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kann als Schlüsselfigur im Austausch von bildender Kunst und Kunstgewerbe z­ wischen Deutschland und Italien bezeichnet werden. Dies bestätigen zahlreiche Ankäufe von Bildern und anderen Objekten, wie Silberwaren, Porzellan und Schmuckstücken, die sie über ihre in Bologna, Rom und Venedig ansässigen Diplomaten Neri Angelelli, Anton Maria Fede und Varisco Castelli tätigte und die später in das Düsseldorfer Kunsthaus überführt wurden.343 Als wichtigster Agent des Kurfürstenpaars fungierte der Venezianer Giorgio Stella, der ­zwischen 1692 und 1705 die meisten Aufträge erhalten hatte und selbst Juwelier war. Ihm oblag die Beurteilung von Qualität und materiellem Wert der Goldschmiedearbeiten, Diamanten und Edelsteine, bevor eine Rechnung aufgestellt wurde.344 Eine Sonderrolle nahmen die Künstler am Düsseldorfer Hof ein. Eine heraus­ragende Stellung hatte der Niederländer Jan Frans van Douven, der seine Karriere als „Cammerdiener“ begann. In dieser Position bekam er ein zunächst vergleichsweise ­niedriges Gehalt von 100 Talern, stieg jedoch bald zum „Cabinetsmahler“ mit 600 Talern Besoldung auf. Es folgte die Anstellung als „Cammer Rath“ und ab 1700 zum Oberaufseher der Gemäldegalerie mit 2.500 Talern Gehalt. Als Kunstagent war er ab 1684 für Kunstankäufe für das Kurfürstenpaar tätig und gab wesentliche Impulse zum Aufbau des Düsseldorfer Kunsthauses.345 Johann Wilhelm von der Pfalz starb am 8. 6. 1716 und Anna de’ Medici brach im darauffolgenden September mit einem Gefolge von 80 Bediensteten nach Florenz auf. Für die Vorbereitung ihrer Abreise entsandte Cosimo III . die Marchesen Carlo Rinuccini und Neri Guadagni, die zu den engsten und einflussreichsten Beratern Anna de’ ­Medicis zählten, von Florenz aus an den Hof von Neuburg, Sitz der Übergangsregierung von Johann Wilhelms Nachfolger, seines Bruders Kurfürst Karl Philipp. Die Gesandten sollten die Regelung über die teilweise Rückgabe der Mitgift an die Kurfürstin arrangieren, von Reliquien ­schicken, vgl. Dokument in ASF, Dep. Gen. 451, fol. 135: „A di 31 detto [ottobre 1719] […] una scatola d’Argento di peso oncia sei, e mezzo, servì per mettervi ­dentro un Reliquario, che S. A. Elettorale mandò alla Serenissima Signora Principessa di Baden.“ Erste Untersuchungen zu ­diesem Aspekt stammen von Bischoff, die auf die Bedeutung von Handarbeiten abhebt, vgl. Bischoff 2007/08, und Eichberger 2005. 343 Vgl. Casciu 2006, S. 35. Am Hof beschäftigte Maler, Musiker oder Kammerfrauen waren ebenfalls am Warenverkehr beteiligt, vgl. Heppe 1988. 344 Stella wurde 1704 in das Amt eines Hofkammerrats erhoben, vgl. Hackenbroch 1988, S. 53. 345 Vgl. AK Rubens 2008, S. 35. Inventarlisten und Rechnungsbücher geben Aufschluss über die ­vielen für Anna de’ Medici tätigen Künstler. Die Maler waren für unterschiedliche Sujets angestellt. Zu den Malern religiöser ­Themen gehörten Giuseppe Pinzani, Pietro Medici, Giuseppe Moriani, Ottaviano Dandini, Giovanni Fenetti, Sigismondo Betti, Pietro Bertici, Pietro Marchesini, Carlo Ventura Sacconi, Filippo Maria Bernardi, Giovanni Antonio Pucci, Raniero del Pace, Francesco Soderini, Agostino Vernucini, Ferdinando Messini, Gabbriello Romanelli, Francesco Conti. Mit der Anfertigung von Pflanzen- und Tierstillleben waren Bartolomeo Bimbi, Gasparo Lopez und Jacopo Maria Meucci. Wertvolle Schmuckobjekte wie verzierte Behältnisse für Medizin und Parfums sowie für Pretiosen ließ sie bei den Goldschmieden Niccolò Maria Gasparo Vanni und Rotani, Efraim und David Cassuto und Cosimo Merlini anfertigen, vgl. Dokumente 1.4 und 1.5 im Quellenanhang.

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wie sie im Hochzeitsvertrag von 1691 festgeschrieben war. In Düsseldorf bereitete der für die Finanzen zuständige Leutnant Sigismondo Landini Annas Abreise mit vor. Am 10. September 1717 wurde ihr deutscher Hofstaat durch ihren neuen, italienischen ausgetauscht, der sie am 6. Oktober 1717 in Trient in Empfang nahm.346 Zurück in Florenz, begann Anna de’ Medici sogleich damit, sich um die Staatsgeschäfte zu kümmern, die sich mit ihrer Nominierung zur Großherzogin durch Cosimo III . verbanden. Eine ihrer ersten Amtshandlungen war die Einberufung ihres eigenen, persönlichen Hofstaats mit den bedeutendsten Vertretern der großherzoglichen Regierung. Dass sie ihre Hofdamen zweimal pro Woche empfing, lässt darauf schließen, dass Anna als politische Akteurin am Hof auftrat und die in bereits in Düsseldorf ausgeübte Herrschaft in Florenz fortführte. Die zentrale Bedeutung, die ihrem Florentiner Hofstaat zukam, lässt sich anhand einer stichprobenartigen Durchsicht einiger Rechnungen und Inventarlisten beurteilen, die kurz nach ihrer Rückkehr angefertigt wurden.347 Einige besonders aussagekräftige Dokumente lassen Rückschlüsse auf die hierarchische Struktur und den personellen Aufbau des Hofstaats von Anna de’ Medici zu. Ein bezeichnendes Beispiel stellt ein Dokument dar, das am 26. Oktober 1717, dem Zeitpunkt ihrer Rückkehr an den Florentiner Hof, angefertigt wurde und sich bis zum 31. August 1721 erstreckt.348 Erstellt wurde es von dem obersten Verwalter, dem Guardarobiere Jacopo Niccolò Guiducci. In d­ iesem Amt, einem der wichtigsten Posten am Medici-­Hof, oblag ihm die Kontrolle und Dokumentation aller Zahlungsein- und -ausgänge der für Anna de’ Medici tätigen Künstler, Handwerker und Bediensteten. Das von Guiducci angefertigte Dokument listet über 30 Personen auf – die engste Entourage von Anna de’ Medici und darüber hinaus Zwischenhändler, Handwerker, Künstler, Gärtner und weitere Angestellte – eine aufschlussreiche Quelle hinsichtlich von Namen, Ämtern und Bezahlungen der einzelnen Personen für bestimmte Dienstleistungen oder Objekte. Außerdem erfasste Guiducci jene Orte, an denen Händler bezahlt wurden, wenn sie nicht in Florenz oder Italien ansässig waren. Die Rechnung erlaubt Einblicke in die hierarchische Struktur, Größe und materielle Kultur und lässt Rückschlüsse auf die internationalen Verbindungen des Hofs zu. Die Besoldung des oben genannten Dokuments ist nach Dukaten („ducati“) aufgeführt.349 Wie aus ihm hervorgeht, setzten sich die Bediensteten, wie in Düsseldorf, aus 346 Vgl. Karnau 1988, S. 182. 347 Aufgrund des großen Umfanges d­ ieses überwiegend im Florentiner Staatsarchiv befindlichen Materials, dessen Aufarbeitung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, lässt sich der personelle, organisatorische und budgetäre Umfang nur annähernd ermessen. Vgl. hierzu Wolf 2015. Die Inventare und Listen mit Rechnungen befinden sich größtenteils im Konvolut der G ­ uardaroba Medicea (GM ), Mediceo del Principato (MdP), Miscellanea Medicea (MM ) im Staatsarchiv in Florenz und der Biblioteca degli Uffizi (Inventario di Palazzo Pitti 1716 – 1723, Ms 79). 348 Vgl. ASF, Dep. Gen., 451bis. 349 Die offizielle Geldwährung in Florenz basierte auf dem System von „lire, soldi und denari“, das bis auf die Zeit der Karolinger zurückging. Gegen Ende des Mittelalters wurden diese Bezeichnungen nur noch zur Umrechnung unterschiedlicher Währungen verwendet („monete di conto“), die in

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Deutschen und Italienern zusammen. Ähnlich wie am Wittelsbacher Hof gab es eine Rangordnung innerhalb des Hofpersonals, die sich auch in deren Bezahlung niederschlug. Die höchsten Ämter hatten Mitglieder der Florentiner Adelsschicht inne. Bartolomeo Corsini, Bruder des Kardinals Neri Corsini, der sich schon 1713 für die Nominierung Annas zur Großherzogin eingesetzt hatte, oblag das Amt des Obristhofmeisters („Maestro di camera“). Als Vorsteher des Hofstaats stand er gleichrangig mit der „Maestra di camera“, der „Obristhofmeisterin“ Marchesa Gerini, was sich auch in der Entlohnung zeigte. Beide erhielten im Jahr 1717 fünfzig Dukaten.350 Ihnen folgte die erste Kammerfrau („Prima Donna di camera“), Marchesa Vittoria Casanuova, die mit einer Bezahlung von sechs Dukaten deutlich unter den Vorstehern rangierte. Ihr unterstanden wiederum die Kammerfrauen („Donne di camera“). Während Obristhofmeisterin und erste Kammer­frau der Adelsschicht angehörten, rekrutierten sich die weiteren Kammerfrauen aus adeligen und nicht adeligen Kreisen: Fürstin (Marchesa) Elisabetta Montelatici und Fürstin Anna Moselerin sowie Anna Barbera Moselerin und Giovanna Diacinta Zanobini. An unterster Stelle der Hierarchie standen die „Kammermenschen“ („Mozze di camera“) Maria Gori und Lisabetta Guidalotti. Als männliche Bedienstete ernannte Anna den Mundschenk Graf Francesco Maria dei Bardi und den adeligen Kammerherren Andrea Franceschi. Darüber hinaus gab es weitere Angestellte: den Beichtvater Padre Giacomini mit 14 Dukaten und die beiden Ärzte ­Zamboni und Fiori, die schon am Düsseldorfer Hof tätig gewesen waren. Sie erhielten 18 bzw. 14 Dukaten. Zusätzlich hatte sie einen Kammerhelfer, den „Aiutante di Camera“ Niccolò Niccoli. Ihm folgten weitere rangniedrigere Angestellte, die alle je neun Dukaten erhielten und deren Berufsbezeichnungen meist nur ungenau übersetzt werden können: die Leibwächter Goffredo Grott und Giovanni Putz, die Kammermenschen Giorgio Heckel und Giovanni Carlo Köller, der Tafeldecker („Credenziere“) Giovanni Battista Nobili und der Mundschenk („Bottigliere“) Domenico Belloni. Ihnen folgte mit acht Dukaten Bezahlung der Koch Bastiano Sacconi. Darunter rangierten die zwei Gehilfen Bellonis Giorgio Köller („Aiuto di Bottigliera“) und Giovanni Niccolucci („Garzone di Bottigliera“), der auf einer Stufe mit dem Gehilfen Nobilis („Garzone del Credenziere“) Matteo Faleni stand, ebenso wie der Pfarrer Giuseppe Cipriani.351 Zu den weiteren Ämtern gehörten der Kutscher der Hofdamen und zwei Reitknechte (Francesco Socci und Giovanni Battista Lucchi), mehrere „Lacchè“ (Diener, die zu Fuß die Kutsche ihrer Herrin begleiteten: Gaetano di Piero Napoletano, Carlo Sabatini, Vincenzio Marini), ein Parfümeur (Carlo Dogi), ein Aufseher der Menagerie im Boboli-­Garten („Custode degli Animali di Boboli“, Leonardo Rossi), und „Bardotti“ (Männer, die mit Hilfe von Tauen Boote von einem Ufer zum

den verschiedenen italienischen Staaten zirkulierten. Gegen Ende des 16. und im 17./18. Jahrhundert wurde in den meisten Rechnungen die Bezeichnung „scudo“ (Gold oder Silber) verwendet. Dies entsprach 7 Lire = 140 Soldi = 1680 Denari, vgl. Martini1883. 350 ASF, Dep. Gen. 451 bis, fol. 38r–39v, Rechnung vom 26. 10. 1717 bis 31. 8. 1721. 351 Vgl. Dokument in ASF, Dep. Gen. 451bis, fol. 38r.

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anderen brachten: Ranieri Gelsi, Gaetano Anguelli).352 Eine relativ große Gruppe bildete das Gartenpersonal, das sich aus Angestellten der Boboli-­Gärten sowie der wichtigsten Medici-­Villen rekrutierte: Poggio a Caiano, La Petraia, Poggio Imperiale und Castello.353 Faktisch oblagen Pflege, Gestaltung und Verwaltung der Gärten der Medici-­Villen der alleinigen Verantwortung Anna de’ Medicis, was zusätzlich ihre führende Rolle als Herrscherin in den ersten Jahren nach ihrer Rückkehr aus Düsseldorf, zumindest bis zum Tod ihres Vaters Cosimos III. 1723, unterstreicht. Ihr Rang als Großherzogin lässt sich darüber hinaus auch daran ablesen, dass Cosimo III. ihr die prestigeträchtigsten Appartements, die großherzoglichen Gemächer im Palazzo Pitti („Appartamenti Reali“), zugesprochen hatte, die ursprünglich bis zum Ende des 16. Jahrhunderts nur einer regierenden Großherzogin zustanden. Welch immens großer Stab an Personal Anna de’ Medici bis zu ihrem Tode noch zur Verfügung stand, offenbart darüber hinaus ein Dokument, das nach 1743 angefertigt wurde. Es listet 144 Angestellte und Bedienstete auf, deren Namen teilweise schon in dem zuvor genannten Dokument auftauchen, das bei ihrer Rückkehr an den Florentiner Hof angefertigt worden war. Es reicht vom Majordomus bis zur Küchenhilfe.354 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Rückkehr von Düsseldorf nach Florenz und der damit verbundene Statuswechsel von regierender Kurfürstin zu verwitweter, wenn auch nicht faktisch regierender Herrscherin mit großer finanzieller Freiheit verbunden war, die es ihr erlaubte, das Leben einer mit allen Privilegien ausgestatteten Großherzogin zu führen. Darüber hinaus lässt die personell-­strukturelle Ebene des Hofstaats auf politische Handlungsmöglichkeiten Anna de’ Medicis schließen, wie die Führung eines eigenen Hofstaats bezeugt, der sich in Umfang, Ämtern und Personal kaum von demjenigen in Düsseldorf unterschied. Dies bezeugt, dass Anna de’ Medici als Witwe in Florenz der einer regierenden Großherzogin vergleichbare Rang beigemessen wurde, obwohl sie ­dieses Amt faktisch nie ausübte. Vor ­diesem Hintergrund muss auch die Hochzeit und damit verbunden die Prozession von Deutschland nach Italien als ein Territorien umspannender Akt der Machtdemonstration aufgefasst werden, der durch die Verbindung der Medici-­Wittelsbach-­Dynastie besiegelt worden war.

352 Vgl. Dokument in ASF, Dep. Gen. 451bis, fol. 39v. 353 Die Zahlungen gingen an den Gärtner der Boboli-­Gärten Sebastiano Rapi, Carlo Baccioni, „Gardiniere del Cavaliere di Boboli“, den Vogelzüchter („Uccellatore“) Cosimo Cozzi in Poggio Imperiale, den Gärtner von Poggio Imperiale Francesco Gheri, den Gärtner von Poggio a Caiano Ipolito ­Martini, den Gärtner der Insel der Boboli-­Gärten Giuseppe Ricci, den Tierwärter der Boboli-­Gärten „Minio“, den Gärtner von Castello Donato Martelli, den Gärtner von La Petraia Donato Martelli, den Winzer von Castello Giovanni Gherardi und Pietro Fanfani, den Gärtner von Vagaloggia, vgl. ASF, Dep. Gen. 451, fol. 31. 354 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, Ruolo numero 40, fol. 515r–517r.

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4.2 Semantik des Materials: Zum Verhältnis von Objekt, Raum und Identität Von herausragender Bedeutung für die Konstruktion materieller, weiblich geprägter Hofkultur in Düsseldorf und Florenz war die Sammlung Anna de’ Medicis an Pretiosen. Insgesamt betrug der Wert der mediceischen Familienjuwelen über vier Millionen ­Florentiner Scudi, womit die Schmucksammlung zu den kostbarsten in ganz Europa zählte.355 Ein eindrucksvolles Zeugnis des mit der wittelsbachisch-­mediceischen Verbindung einhergehenden Zuwachs an materiellem Reichtum stellt das 1706 von Antonio Bellucci (1654 – 1726) angefertigte Gemälde „Minerva, Merkur und Plutus huldigen der Kurfürstin Anna de’ Medici“ dar (Tafel 15).356 Im Zentrum der Bildkomposition befindet sich eine prächtige Brosche. Die Götter gruppieren sich um das reich ornamentierte und aufwendig gearbeitete Schmuckstück. Es ist verziert mit verschiedenen Edelsteinen und tropfenförmigen Perlen und sitzt auf dem Dekolleté auf. Die schwer anmutende Brosche bildet einen Kontrast zu dem aus mehreren hauchdünnen, teilweise durchsichtigen und in Pastellfarben gehaltenen Stoffschichten bestehenden Kleid. Mit ihrer linken Hand hält die Kurfürstin, zur Präsentation des außergewöhnlichen, mit mehreren tropfenförmigen Perlen und Diamanten versehenen Schmuckstücks, ihren gelben Überwurf zurück und deutet mit Zeige- und Mittelfinger auf das Objekt: ein Verweis auf ihre Sammlung kostbarer Pretiosen.357 Minerva wendet ihr Antlitz der Fürstin zu. Sie präsentiert ebenfalls ein prachtvolles Schmuckstück in Form einer goldenen Sonne, das auf gleicher Höhe wie bei der Herrscherin auf der Kleidung angebracht ist. Merkur hat seinen Kaduceus, den Schlangenstab, abgelegt, um die Schleppe der Kurfürstin zu halten, und der lorbeerbekränzte Plutus, Gott des Reichtums, bietet der Herrscherin im Vordergrund ein Tablett dar, auf dem sich die Großherzogskrone der Medici und zwei weitere Kronen, die Kurhüte der Wittelsbacher, sowie eine Perlenkette häufen. Obenauf liegt ein Zepter, das wie ein Amorpfeil auf dem zu einer Armbrust umfunktionierten Tablett liegt. Die Pose der Darbietung mit dem linken ausgestreckten Arm des Plutus unterstreicht die Parallelisierung von Gott des Reichtums und Amor. Das Bild verweist darüber hinaus auf die Verbindung unterschiedlicher Bereiche: Kunsthandwerk (Schmuck), Bildhauerei (Skulptur im Hintergrund), Malerei und Natur sowie Artificialia und Naturalia. Die Landschaft im Hintergrund mit zwei Zypressen könnte als Hinweis auf das Herkunftsland Annas, die Toskana, gedeutet werden. Zwar kann die auf dem Porträt gezeigte Brosche nicht eindeutig mit einem der in den Inventaren aufgelisteten Schmuckstücke identifiziert werden, doch dient ihre Zurschaustellung im Bild auch als Verweis auf den zeichenhaft in dem kostbaren Material angelegten Reichtum, der durch die Objekte perpetuiert wird.

355 Vgl. Casciu 2015, S. 333, S. 340. 356 Das Gemälde befindet sich heute in der Gemäldesammlung des Düsseldorfer Museum Kunstpalast. Mit Maßen von 230 × 160 cm ist es überlebensgroß. 357 Zu Antonio Bellucci vgl. Visona / Bellesi 2008, Bd. 2, S. 171 – 173.

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In Anna de’ Medicis in Düsseldorf festgelegtem Hochzeitsvertrag ist ein Passus festgeschrieben, der ihr die Mitnahme all ihrer Besitztümer nach Florenz garantiert und der durch den Nachfolger ihres verstorbenen Manns, Karl Philip von der Pfalz, wie folgt bestätigt wird: „[…] en cas, que Madame l’Eletrice veuille retourner en Toscane, Elle pourra y transporter librement sa Guardarobe, ses Meubles, sa Vaiselle, ses Bijoux, et ses pierreries, et tout ce que lui appartienne.“358 Zusätzlich war Anna die stückweise Rückzahlung ihrer Mitgift zugestanden worden, die ihr auf Grundlage des Hochzeitsvertrags zustand.359 Dies ermöglichte ihr einen finanziellen Spielraum, den sie in großen Teilen für die Anfertigung von Schmuckstücken und Kunstkammerobjekten nutzte. Bisher wurde die Bedeutung dieser Objekte für die Sammlung Anna de’ Medicis lediglich in Ansätzen und hauptsächlich mit Schwerpunkt auf der Beschreibung der Objekte und der Zusammenschau von Archivmaterial untersucht.360 Im Folgenden soll unter Einbeziehung der theoretischen Grundlagen des „Objekt“-Begriffs herausgestellt werden, inwiefern Schmuckstücke im Nexus materieller Hofkultur unter Anna de’ Medici identitätsstiftend wirkten. Zu den wichtigsten Quellen der Schmucksammlung von Anna de’ Medici zählen Rechnungen und Inventarlisten aus dem Florentiner Archiv und die in Düsseldorf aufbewahrten Hofhaltungsrechnungen.361 Die Inventare geben sowohl Aufschluss über Auftraggeber, Künstler und Datierung der Objekte als auch über deren Wert. Ein nach dem Tod Annas 1743 angefertigtes, zweigeteiltes Inventar listet alle Juwelen auf, die sich im Besitz der Großherzogin befanden. Im ersten Teil werden jene Stücke aufgezählt, die in ihrem Sterbezimmer gefunden wurden („Gioie ritrovate nella Camera dove è morta la Serenissima Elettrice Palatina“), darunter auch viele Geschenke von Johann Wilhelm von der Pfalz, im zweiten Teil sind diejenigen Schmuckstücke aufgenommen, die in zwei Kisten in ihren Gemächern 358 Zit. n.: Hackenbroch 1988, S. 47. 359 Zu den im Hochzeitsvertrag festgelegten Zahlungen an Anna de’ Medici nach dem Tod ihres Ehemannes vgl. Dok. 1.1 im Anhang; vgl. auch Engelbrecht 1988, S. 127, und Kühn-­Steinhausen 1939, S. 25. Die Mitgift, die die Frauen bei der Heirat an einen fremden Hof einbrachten, bestand aus Ehegeld und sogenannten Paraphernalien – Vermögen, das allein der Frau zur Verfügung stand. Es diente als Entschädigung dafür, dass Frauen nach dem Tod des Vaters keinen Anspruch auf das väterliche Erbe besaßen (Erbverzicht). Beispielhaft für den brandenburgisch-­preußischen Hofstaat, vgl. Völkel 2015; vgl. zuletzt 360 Vgl. speziell zur Schmucksammlung von Anna de’ Medici Hackenbroch / Sframeli 1988 und allgemein zur Schmucksammlung der Medici und ihrer Bedeutung für Porträts Sframeli 2003. Zum weiteren Schicksal der Schmuckstücke, die von der Nachfolgeregierung teilweise u­ nrechtmäßig nach Wien geschafft wurden und erst durch den Vertrag von St. Germain am 10. 9. 1919 wieder zurück nach Florenz kamen, vgl. Sframeli, S. 47. 361 Es handelt sich hierbei um die mit Korrekturen versehenen, bisher noch nicht publizierten Druckfahnen der von Hermine Kühn-­Steinhausen vorgenommenen Transkription der Hofhaltungsrechnungen Anna de’ Medicis aus Düsseldorf, vgl. Kühn-­Steinhausen 1960/62. Kühn-­Steinhausen verweist auf ein Inventar für den Zeitraum 1. 9. 1741 – 31. 8. 1742, vgl. Kühn-­Steinhausen 1939, S. 114. Die Inventare und Rechnungsbücher sind stichprobenartig durchgearbeitet worden, vgl. stellvertretend Dokumente 1.4 und 1.5 im Quellenanhang.

164 |  Mobilität und Materialität

aufbewahrt wurden („Galanterie gioiellate esistenti nelle due Scarabattole dell’Appartamento della defunta A. S.El.e descritte, e contrassegnate, con gli stessi numeri trovati alle med.me“). Viele Objekte sind mit einer Randnotiz wie „auseinandergenommen“, „verkauft“ oder „nach Wien“ versehen. Einige enthalten in Klammern einen Zusatz, ­welchen Personen die Objekte nach dem Tod Anna de’ Medicis vermacht werden sollten.362 Neben den im vorigen Kapitel beschriebenen, unmittelbar am Hof angestellten Akteuren spielten Agenten und Zwischenhändler eine Schlüsselrolle für die materielle Kultur des Hofstaats. Einige von Jacopo Niccolò Guiducci verwaltete Rechnungsbücher aus der „Depositeria Generale“ datierend von 1717 bis zu ihrem Tod geben Einblick in den Personenkreis, über den Anna de’ Medici in großer Menge Ingredienzen, Rohmaterialien, aber auch fertige Produkte und Schmuckstücke bezog. Als wichtigste italienische Warenumschlagplätze galten die mit Amsterdam verbundene Hafenstadt Livorno mit dem Mittelsmann Filippo Guglielmo Huigens und Venedig, Standort des Händlers Varisco Castelli.363 Schon in Düsseldorf versorgten über 60 Lieferanten den dortigen Hof mit Schmuckstücken, Silber­geschirr und Diamanten. Das Netzwerk an Händlern erstreckte sich dabei auf zehn Städte in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Bei den nachfolgend betrachteten Objekten wird unterschieden ­zwischen drei Gruppen: jene, die für den persönlichen Gebrauch bestimmt waren, s­olche, die sich in Privatgemächern befanden, und andere, die in den Sammlungskontext eingegliedert waren. Beispielhaft für die erste Gruppe stehen Schmuckstücke, für die zweite Elfenbeinstatuetten und für die dritte Gruppe Medaillen. Allen gemeinsam ist, dass sie eine öffentlichkeitswirksame Funktion hatten. 362 „Inventario di tutti, e Singoli Effetti, e Beni ritrovati nell’Eredità della defunta Seren.ma Principessa Anna Maria Luisa di Toscana Elettrice vedova Palatina del Reno.“ In: ASF, Misc. Med. 600 (gia 991), fol. 3r – 62r, publ. in: Hackenbroch / Sframeli 1988, S. 160 – 176. Darüber hinaus existieren weitere Schmuck-­Inventare, die vor ihrem Tod angefertigt wurden. Eines datiert vom 10. März 1741: „Inventario delle Gioie di Stato del 1741, Inventario che la Ser.ma E ­ lettrice Palatina del Reno Gran Principessa di Toscana ha fatto fare questo dì 10 marzo 1740 delle Gioie della sua Casa unite allo Stato della Toscana, alle quali S. A. S. El.e ne ha aggiunte molte del proprio in occasione di aver fatto rilegare diverse di esse per uso e alla moda.“ Es befindet sich im Florentiner Staatsarchiv (ASF, Misc. Med. 594, früher: Inv. No. 972, Nr. 23) und ist publ. in: Hackenbroch / Sframeli 1988, S. 158 f. Ein weiteres, noch nicht transkribiertes Inventar vom 3. 12. 1739 ist bezeichnet mit „Inventario che La Serenissima Elettrice Palatina ha fatto fare questo dì 3. Dicembre 1739 delle Gioie della sua Casa unite allo Stato della Toscana“ und befindet sich in München, Geheimes Hausarchiv, Hausurkunden 3334. Aufschlussreich ist ein ebenfalls noch nicht transkribiertes Inventar der toskanischen Erbstücke aus dem LBW (Pfalz Generalia, Kunstsammlungen 77/3890). Es ist auf den 31. 8. 1691 datiert und beinhaltet 235 Stücke, von denen einige mit dem Zusatz „Churfürstin“ versehen sind, Pfalz, Generalia 1691. Ein Inventar von 1765 anlässlich des Todes von Stephan von Lothringen verzeichnet fast alle „galanterie“, die sich heute wieder in Florenz befinden, bis auf sechs Stücke: Schuhmacher, Spinne, geflügelter Drache, Wiege mit Kind, Taube und Löwe. 363 Castelli ließ Anna de’ Medici am 21. Juni 1718 eine Versandkiste für Gemälde („Involto di ritratti“) zukommen, die von Schenckart aus Düsseldorf nach Venedig geschickt worden war, vgl. ASF, Dep. Gen. 451, fol. 58 (ohne Recto-­Verso-­Zählung).

Semantik des Materials | 165

Einer der ersten, der sich mit der Ästhetik von Schmuck aus kunsttheoretischer Sicht auseinandergesetzt hat, ist Georg Simmel. In seinem „Exkurs über den Schmuck“ (1908) verweist er auf das Verhältnis von Person und Identität sowie auf den dem Schmuck innewohnenden Doppelcharakter von Selbstreferenzialität und sozialer Bedeutung, der sich in Wechselwirkung mit dessen Träger entfalte: Der Schmuck ist das schlechthin Egoistische, insofern er seinen Träger heraushebt, sein Selbstgefühl auf Kosten anderer trägt und mehrt […] und zugleich das Altruistische, das seine Erfreulichkeit eben diesen Andern gibt […] – und erst mit dem Reflex d ­ ieses Gebens dem Schmucke seinen Wert gewinnt.364

Diese Deutung verweist auf zwei Aspekte, die für eine Analyse von Objekten aus dem Bereich der angewandten Künste von entscheidender Bedeutung sind: den materiellen und den inhaltlich-­symbolischen Wert. Die dem Schmuck innewohnende soziale Bedeutung drückt sich für Simmel in dessen Glanz aus, durch den sein Träger als „Mittelpunkt eines Strahlenkreises“ erscheine.365 Indem die Strahlkraft der Steine und Metalle die „Bedeutungssphäre“ seines Trägers erweitere und auf diesen zurückwirke, impliziere das Material gleichermaßen Distanz und Nähe gegenüber dem Betrachter, die sich in der dem Objekt eigenen Wirkmacht entfalten. Zwei bisher in der Forschung nicht datierte Objekte, die sich ehemals im Besitz Annas befanden und in ihrem Nachlass-­Inventar von 1743 verzeichnet sind, zeigen die nach rechts gewendeten, silhouettiert geschnittenen Profilbildnisse von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm mit Kurfürstenhut als Hochreliefs, die von einem vergoldeten Oval gerahmt werden.366 Annas mit Perlen durchzogenes Haar fällt auf ihre Schultern, sie ist bekleidet mit einem von Gemmen und Perlen geschmückten Gewand. Johann Wilhelm trägt ebenfalls schulterlanges, gelocktes Haar, unter dem eine Rüstung zu erkennen ist. Vermutlich dienten die Porträts als Anhänger oder Kleiderschmuck, die mit einem kleinen Ring am oberen Rand befestigt werden konnten. Besonders der Kurhut war reich mit Perlen verziert. Weder Künstler noch Datierung konnten bisher geklärt werden. Eine Rechnung an Anna de’ Medici listet zwei Porträts des Herrscherpaars mit rotem Kurhut, die mit Diamanten und Rubinen eingefasst waren. Es handelt sich vermutlich um die beiden genannten Kameen mit den Profilbildnissen des Herrscherpaares.367 Die Rechnung 364 Simmel unterscheidet ­zwischen persönlichem – Tätowierungen oder direkt mit dem Körper verbundenen, eng anliegenden Schmuckstücken – und unpersönlichem Schmuck, der nicht individuell auf eine bestimmte Person zugeschnitten ist und von jedem getragen werden kann, wie Stein- oder Metallschmuck. Dieser diene der Unterstreichung der Persönlichkeit, vgl. Simmel 2008, S. 17 – 23. 365 Ebd., S. 17. 366 Vgl. Abb. in: AK Principessa 2006, S. 246, Abb. 97. 367 Casciu datiert die beiden Objekte auf die ersten Jahre des 18. Jahrhunderts, vgl. AK Principessa 2006, S. 246. Für die Anfertigung eines weiteren, nicht genauer zu identifizierenden Schmuckstücks erhielten die Goldschmiede Niccolò Maria Gasparo Vanni und Rotani am 28. März 1728 eine Summe von über 134 Scudi. Bei d ­ iesem überaus kostbaren Gegenstand handelte es sich um das

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stammt vom 24. November 1729, womit die Bildnisse auf diesen Zeitpunkt datiert werden können. Sie wurden demzufolge nach dem Tod ihres Ehemannes angefertigt, dienten aber vermutlich weniger der Memoria an ihren verstorbenen Mann, sondern vielmehr als Objekte, die – direkt am Körper getragen – die wittelsbachisch-­mediceische Verbindung ostentativ zur Schau stellten und ihren Rang als Herrscherin unterstrichen. Die Symbiose von unterschiedlichen kostbaren Materialien und Porträts erhebt die Gegenstände zu ungewöhnlichen Kunstwerken, deren wechselseitige Beziehung auf die von Simmel angedeutete, dem Material innewohnende Eigenaktivität der Objekte verweist. Diese den Werken inhärente schöpferische, identitätsstiftende Kraft, die der Form eingeschrieben ist und aus der heraus Objekte ihre Wirkmacht beziehen, war in letzter Zeit vermehrt Gegenstand einer bildgeschichtlich-­objektorientierten Forschung.368 Dabei wurde das Objekt als Agens in den Vordergrund gerückt, dessen Funktion und Wirkmacht über eine rein repräsentative Dimension hinausgeht, losgelöst von passiver, „materieller Illustra­ tion“.369 Während sich in einschlägigen Lexika zur Kunstgeschichte keine Erklärungen zum Objekt-­Begriff finden 370, definiert Grimms Wörterbuch das Objekt als „Gegenstand der sinnlichen oder geistigen Betrachtung“, das dem Subjekt entgegengesetzt wird 371. Der Doppelporträt von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz, das aus vergoldetem Silber, 13 in Gold gefassten Rubinen – acht großen und fünf kleinen – und 58 in Silber gefassten Diamanten bestand. Die Zahlungen wurden über den Mittelsmann Jacopo Niccolò Guiducci übergeben, vgl. ASF, Depositeria Generale 462, eine aus vier Seiten bestehende, nachträglich in das Dokument geheftete Rechnung, hier: fol. 2r; vgl. auch Dokument 1.4 im Quellenanhang. 368 Einen umfassenden Überblick über die den „Visual Histories“ nahe stehende Objektwissenschaft bietet Cordez 2014. Er macht deutlich, dass sich „Objekt-“ und „Bildwissenschaft“ auf einen jeweils unterschiedlichen Gegenstandsbereich beziehen bzw. dass Bilder nicht nur objekthaften und Objekte nicht nur bildhaften Charakter aufweisen, vgl. ders. 2015. Der Autor geht der Frage nach, wie Objekte im Mittelalter in ­Kirchen im lateinisch-­christlichen Raum aufgefasst wurden, bevor sie in das Museum eingegliedert wurden. In einem größeren Rahmen wurde das Thema 2012 auf dem internationalen Kunsthistorikerkongress (CIHA ) diskutiert. Grossmann befragt in seiner Einführung in die Akten ­dieses Kongresses den Stellenwert des Objekts für die Kunstgeschichte, vgl. Grossmann 2013, vgl. auch Daston 2004. Daston beschreibt Dinge als Bedeutungsträger und sieht dies untrennbar mit deren Materialiät verbunden. Sie unterscheidet ­zwischen Naturalia und Artificilia. Bei Ersteren handele es sich um gefundene, bei Letzteren um gesammelte Dinge. Zum Begriff des Objekts in Bezug auf seine historische Dimension und in Zusammenhang ­zwischen Architektur und Ornament: Payne 2012. 369 Vgl. Bredekamp 2015; ders. 2013. Bredekamp definiert das „Objekt“ in Anlehnung an A ­ lbertis Begriff des „simulacrum“, bei dem er das Kunstwerk als kleinsten Eingriff des Menschen in die Natur deutet und das „Ding“ als natürlich gewachsene Formen bezeichnet, vgl. ebd., S. 34. 370 Weder das „Wörterbuch der Kunst“ (Begr. von Johannes Jahn, fortgef. v. Wolfgang Haubenreisser, 12 1995), noch das „Lexikon der Kunst“ (Begr. von Gerhard Strauss, neu hg. v. Harald Olbrich, Leipzig 1993) führen die Begriffe auf. 371 Vgl. „Objekt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, 16 Bde. in 32 Teilbde. n. Leipzig 1854 – 1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971, Bd. 13, Sp. 1109. [Online-­Ausgabe: http:// woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GO00459#XGO00459; eingesehen am 29. 02. 2016].

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Begriff „Objekt“ (lat. obiectum, „entgegenwerfen, entgegenhalten“, etymol. „das Platzierte“) bezeichnet etwas, das dem Betrachter entgegenkommt und die menschlichen Sinne, Seh-, Geruchs- oder Geschmackssinn, reizt. Das Objekt verweist demzufolge auf eine ontologische Dimension. So bestimmt auch der Brockhaus den Begriff des Objekts als einen „Gegenstand des Erkennens, Wahrnehmens, Denkens und Handelns“, in Abgrenzung zum Begriff des Subjekts, der sich „im Vorstellenden ‚objiziert‘“.372 „Kunstobjekt“ oder „objet d’art“ vereint hingegen den Begriff „Schöne Künste“ in sich und wurde im 18. Jahrhundert eingeführt. Ergänzend zum Begriff des den Bereich der Wahrnehmung betreffenden Objekts steht das „Ding“ als Verweis auf die Materie. Aus der Philosophie stammen die ersten Ansätze zu einer differenzierten Untersuchung dieser beiden Begriffe. Für Martin Heidegger stellt das Objekt ein Produkt von Ideen und Repräsentationen dar, während das Ding selbstreferenziell sei.373 In der Ethnologie rekurriert die Bezeichnung „Objekt“ auf seinen funktionalen Aspekt. Émile Durckheim betont in d ­ iesem Zusammenhang die Bedeutung der Herausbildung von Symbolen, die für ihn die Basis eines Gesellschaftsgefüges darstellen. Das Verhältnis von Symbolen und Gesellschaft betrachtet er dabei als wechselseitiges. Symbole werden nicht nur von einer Gesellschaft hervorgebracht, sondern beeinflussen diese im Umkehrschluss: „Symbols are the site of sociality, products of society; but, once produced, they influence the structure of society.“374 Objekte als Projektionsflächen für Sehnsuchtsbilder bilden für ihn eine Welt der Gedanken als Alternative zu jener Welt, die wir uns durch unsere Sinneseindrücke erschließen. Diese birgt für ihn eine schöpferische Kraft, die ideale Vorstellungen hervorzubringen vermag.375 Angelehnt an diese Ausführungen nimmt Baudrillard aus einem soziologischen Blickwinkel heraus eine Einteilung von Objekten anhand der Begriffe Nutzen/Gebrauch und Besitz vor.376 Dem auf Nutzen ausgerichteten Objekt schreibt er einen sozialen Status („statut social“) zu, wohingegen das sich im Besitz befindliche Objekt seine Funktion verliere, sobald es in eine Sammlung eingegliedert werde. Dieser Statuswechsel vollziehe sich, wenn etwa Objekte, die bloße Funktion erfüllen, zu Subjekten werden, die später in eine Sammlung integriert werden. Sie verlieren dann ihren konkreten Zweck und avancieren zu (passiven) Dingen, die gesammelt werden und sich im Besitz befinden.377 372 Vgl. „Objekt“, in: Brockhaus-­Lexikon, 20 Bde. München 1989, Bd. 13, S. 157 373 Heidegger 1954. Bereits Rudolf Meringer unterschied in seinem Aufsatz „Wörter und Sachen“ von 1909 ­zwischen diesen beiden Begriffen, vgl. Meringer 1904. Ebenso Foucault ­zwischen Ding und Objekt, vgl. Foucault 222012 [1966]. Zur Kritik an Heidegger vgl. Korff, der in dem Vorschlag Heideggers, von „Originalobjekten“ und der „Faszination des Authentischen“ auszugehen, nicht die Lösung, sondern das Problem sieht. Für Korff ist die Frage nach dem „Wie der Ausstellung [ist] genauso wichtig wie die nach ihren Inhalten.“ Vgl. Korff 2007 [1985], S. 358. 374 Vgl. Lukes 1973, S. 460 f.; vgl. auch Brandist 2006. 375 „Collective thought substitutes for the world revealed to us by the senses, a quite different world which is nothing other than the projection of the ideals it constructs.“ Zit. n.: Lukes 1973, S. 424. 376 Vgl. Baudrillard 1968, S. 121. 377 Vgl. ebd., S. 111. Seine Ausführungen fußen auf Maurice Rheims Interpretation des Objekts als des gefühlsarmen Hundes, der die ihm geltenden Zärtlichkeiten an Sehnsuchtsbilder zurückschickt,

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Entgegen dieser Auffassung Baudrillards werden sowohl jene Schmuckstücke Anna de’ Medicis, die sich in ihrem persönlichen Besitz befanden, als auch ­solche Objekte, die in den Sammlungskontext integriert waren, als Objekte verstanden, die über eine rein repräsentative Funktion hinaus als Mittler ­zwischen Person und Identität dienten und so aktiv an der ‚Imagebildung‘ Annas teilhatten. Die Schmucksammlung erweist sich als konstitutiv für den Aufbau materieller, weiblich geprägter Hofkultur, die keine Einteilung in privat-­öffentlich oder aktiv-­passiv zulässt. Die ‚Außenwirkung‘ der einzelnen Schmuckobjekte entfaltet sich sowohl in Zusammenhang mit der Trägerin als auch im Sammlungskontext. Dabei belegen einzelne Dokumente den großen Anteil Annas an der objektorientierten, materiellen Kultur. So befanden sich unter den von dem Kurfürstenpaar angekauften Stücken die teuersten, die auf dem internationalen Markt zu finden waren: geschliffene, mineralische Edelsteine wie Rubine, Saphire und Diamanten sowie ungeschliffene Perlen.378 Bevorzugter Juwelier der Kurfürstin in ihrer Düsseldorfer Zeit war Jean Carré. Seine Tätigkeit ist für die Jahre z­ wischen 1700 und 1710 belegt.379 Die in Düsseldorf begonnene Tradition der Sammlung kostbarer Schmuckstücke durch Anna de’ Medici erfuhr in Florenz einen Höhepunkt und steigerte sich zu einem der umfangreichsten Posten, der alle übrigen Ausgaben bei weitem überstieg. In Florenz konnte Anna auf das in Düsseldorf etablierte Netzwerk an Händlern zurückgreifen. So ließ sie bei den schon für den Düsseldorfer Hof tätigen Kaufleuten Efraim und David unverarbeitete Materialien wie Perlen und Diamanten kaufen. Der Goldschmied Gaufridy Franzese erhielt im Juli 1719 den Auftrag, einen mit Diamanten verzierten Schmetterling anzufertigen, der mit über 42 Dukaten fast an das Jahresgehalt ihrer Obristhofmeister reichte.380 Die wertvollsten Gegenstände und Schmuckstücke gab sie bei den Goldschmieden N ­ iccolò Maria Gaspero Vanni und Pier Felice Rotani in Auftrag. Dabei stechen besonders jene Schmuckstücke hervor, die als Verzierung für Kleidungsstücke oder als Haarschmuck dienten. Eine Rechnung vom 4. März 1719 listet Hutagraffen, Broschen und Knöpfe im Wert von 545 Dukaten auf, nur noch übertroffen von einer Summe über 625 Dukaten, die den beiden

wobei die Metapher des Hundes für das vermittelnde Objekt z­ wischen Innen und Außen, Mensch und Objekt steht. Ebd., S. 125. 378 Am höchsten schlugen die Ausgaben für Diamanten und Brillanten zu Buche, so etwa 1703 für drei Diamanten im Wert von 5.100 Reichstalern und 1710 für eine Diamantenrose im Wert von 11.000 Reichstalern, vgl. Heppe 1988, S. 133 f. Entgegen der Annahme Heppes, dass der kostbare Schmuck nicht auf ihren Porträts abgebildet sei, legt das Bildnis von Bellucci eine demonstrative Zurschaustellung einzelner besonders kostbarer Schmuckstücke nahe, die aus dem Besitz Anna de’ Medicis stammen könnten. 379 Über die in Augsburg ansässigen Händler Loschge und Bentz bezog sie Silber, das durch Varisco Castelli übermittelt wurde. Bei dem Pariser Juwelier Montarsy kaufte sie einen violetten Saphir, den teuersten aller Edelsteine, im Wert von 2.160 Reichstalern, vgl. Heppe 1988, S. 133. 380 ASF, Dep. Gen. 451, fol. 114: „A di 2 detto [luglio 1719]. A Gaufridy Franzese Gioilliere Ducati quaranta due Lire sei valuta di Scudi quarantacinque […] per il prezzo e valore d’una Farfalla con Diamanti a facette con l’ale di pasta color celeste, portò Conte. Sudette come dalla sua ricevuta__ Ducati 42.6._._.“

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Juwelieren 1721 ausgezahlt wurde. Es handelt sich hierbei um vier Haarspangen oder Anstecknadeln („spilli da testa“), worunter eine besonders kostbare ins Auge fällt: eine Figur, die in den Quellen als „Monina“ bezeichnet wird und die mit Diamanten, Perlen, Smaragden, Rubinen und zwei Goldsiegeln mit Steineinlegearbeiten verziert ist.381 Diese direkt an Körper und Kleidung anliegenden Schmuckstücke waren aufs Engste mit ihrer Trägerin verbunden. Bei den Objekten der Schmucksammlung Anna de’ Medicis handelte es sich um Erweiterungen der Bedeutungssphäre der Herrscherin, die ihre aktive Kraft in Zusammenspiel von Person und Identität entfalteten. So verweist auch die Etymologie von „Schmuck“ (zu „schmiegen“) auf die Handlung des „Anschmiegens“382, also auf seine aktive Kraft, mit der sich das Objekt an Körper oder Kleidung schmiegt, um dessen Bedeutung zu unterstreichen. Bereits im 16. Jahrhundert wurden Perlen auf Stoffe appliziert, um die Kostbarkeit der Gewänder hervorzuheben. Perlen dieser Art werden im Inventar Cosimos I. erwähnt. Hier ist die Rede von „piccole e bucate“.383 Am Ende des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts wurde d ­ ieses Repertoire durch neue Schmuckstücke in Form von Broschen erweitert. Die Verbindung von edlen Stoffen, Perlen, geschliffenen Steinen sowie Gold- und Silberfäden zielte dabei auf eine effektvolle Inszenierung der Träger während öffentlicher Anlässe. Der Effekt konnte durch das langsame Durchschreiten eines Herrschaftsraumes gesteigert werden, indem die zur Schau gestellten Materialien das Kerzenlicht reflektierten. Die Ausstattung der Prunkräume mit Spiegeln vervielfachte diese Wirkung zusätzlich. Im Zusammenspiel von Material, Licht und Bewegung steigerte sich der höfische Auftritt so zu einem regelrechten „Feuerwerk von schimmernden und glitzernden Effekten“384. Wenngleich die auf den Bildnissen Anna de’ Medicis gezeigten Schmuckstücke nicht genau mit den in den Rechnungen erwähnten Auftragsarbeiten zu identifizieren sind und auch nicht abschließend geklärt werden kann, zu ­welchen Anlässen sie explizit getragen wurden, so kann jedoch festgehalten werden, dass es sich bei den jeweiligen Objekten um Statussymbole handelte. Vermutlich kamen sie bei öffentlichen Anlässen wie Festen,

381 ASF, Dep. Gen. 451, fol. 224: „A Vanni, e Rotani Gioillieri Ducati seicento venticinque per saldo d’un Conto di valuta, a fattura di più Gioie per servizio di S. A. Elettorale cioè numero 4 spilli da Testa fra i quali una Monina ornati di Diamanti, e Perle, di numero 8 Bottoni, che quattro con una Perla in mezzo, e 4 con uno smeraldo, e attorno Diamanti, di due sigilli d’Oro con Pietre i­ ntagliate, d’una Ghiandina d’Oro, d’un Diamante giallo […].“ In dem Dokument werden zahlreiche weitere, spezielle Berufsbezeichnungen und Namen genannt, die in Zusammenhang stehen mit der Anfertigung von Schmuckstücken oder einzelnen Kleidungsstücken: „Orefici“ (Goldschmied), „Diamantaio“ (Diamantenschleifer), „Doratore“ (Vergolder), „Argentiere“ (Versilberer), „­ Chincagliere“ (Nippeshändler) oder „Guantaio“ (Handschuhmacher). 382 Vgl. „Schmuck“, in: Grimm 1854 – 1961, Bd. 15, Sp. 1112 – 1117. [Online-­Ausgabe: http://­woerterbuchnetz. de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GS14048#XGS14048; eingesehen am 1. 03. 2016]. 383 Vgl. Contu 2003, S. 46 – 53. 384 Vgl. Borkopp-­Restle / Welzel 2010, S. 99 – 112. Die Autorinnen beschreiben diese Wirkung am Beispiel des Doppelporträts der Infantinnen Isabella und Catalina von Sanchez Coello (1585, Madrid, Prado) im Kontext des spanischen Hofzeremoniells.

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Hochzeiten oder während des Hofzeremoniells zum Einsatz. Vor ­diesem Hintergrund fiel den Objekten eine öffentlichkeitswirksame Funktion zu, die auf Außenwirkung abzielte. Als besonders wirkmächtig müssen dabei die Hutverzierungen und Broschen gewirkt haben, die – je exquisiter und mannigfaltiger die Zusammenschau der Edelsteine war – an besonders exponierten Stellen des Körpers, im Kopf- und Brustbereich, an der Kleidung angebracht waren. Sie unterstrichen nicht nur die Kostbarkeit des zur Schau gestellten Stoffes, sondern dienten als ideelle und materielle Bedeutungsträger, indem sie Rang und Nobiltät der Herrscherin hervorhoben. Diese ‚Materialisierung von Macht‘ verweist auf Florenz als blühendes Wirtschaftszentrum, in dessen „Strahlenkreis“, um mit Simmel zu sprechen, Anna de’ Medici als ‚Lichtgestalt‘ erschien. Stellvertretend für die Konstitution der materiellen Hofkultur unter Anna de’ Medici steht eine Gruppe von Elfenbeinfiguren. Während die Pretiosen in enger Wechselwirkung mit ihr selbst standen und identitätsstiftend wirkten, sind die Elfenbeinfiguren in direktem Zusammenhang mit Sammlung und Stadtraum sowie Kunstproduktion und -rezeption zu betrachten.385 Am Beispiel einzelner Objekte und ihrer konstitutiven Rolle für die Sammlungs- und Museumsgeschichte soll die wechselseitige Beziehung z­ wischen Objekt, Person und Raum beleuchtet werden. Dies geschieht in Anlehnung an Samuel Albertis Auffassung von Museumsobjekten, die ihm zufolge ähnlich wie menschliche „Biografien“ befragt werden können. Zentrale Fragestellungen lauten für ihn dabei, wie sich die Schlüsselmomente von Objekten darstellen, wie sich ihr (sozialer) Status im Laufe ihres Lebenswegs verändert, ­welche Lebensabschnitte besonders bedeutsam sind und ­welchen Einfluss das politische und soziale Klima auf den Werdegang der Objekte hat. Alberti teilt das „Leben“ eines Objekts in drei aufeinanderfolgende Phasen: in „Bewegung“ – ausgehend von der Anfertigung bis zur Eingliederung in eine Sammlung oder ein Museum –, in „Verwendung“ innerhalb der Sammlung und in „Erfahrung“ im Umgang des Objekts durch den Betrachter. Die Objekte stellen für ihn Akteure dar, die in unterschiedliche menschliche und dingliche Beziehungsgeflechte eingebunden oder von diesen umgeben sind.386 Der Bereich der figurativen Elfenbeinskulptur im Kontext der Sammlungsgeschichte der Herrscherin wurde bisher noch nicht eingehender erforscht.387 Zwei ungewöhnliche Werke dieser Art sind eine „Obst- und Blumenverkäuferin“ und ein „Fliegender Händler“ (Abb. 13 und 14). Sie befinden sich heute im Museo degli Argenti des Palazzo Pitti

385 Dagegen: Hackenbroch 1988, S. 57. Die Autorin ist der Auffassung, dass Anna de’ Medici in ihrer Witwenzeit kaum noch Besitz und (Kunst-)Schätze angehäuft, sondern sich nur noch religiös motivierten ­Themen gewidmet hätte. 386 Gegenstand seiner Untersuchung bilden naturhistorische und anatomische Sammlungen in Museen des 19. und 20. Jahrhunderts, vgl. Alberti 2005. 387 Grundlegend zur Elfenbeinskulptur des Barock vgl. Theuerkauff 1962, und ders. 1986. Zu den bedeutendsten Elfenbeinkunstwerken aus dem Besitz der Medici, angefangen von Lorenzo il ­Magnifico bis zu Cosimo III., vgl. Schmidt 2012. Der Autor untersucht schlaglichtartig die für die Geschichte der Medici-­Sammlung wichtigsten Elfenbein-­Objekte.

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Abb. 13 Unbek. Künstler, Obst- und Blumenverkäuferin, Ende 17. Jh./Anfang 18. Jh., Elfenbein, Gold, 115 cm (Höhe Figur), 53,5 × 47 × 47 cm (Sockel), Florenz, Palazzo Pitti, Museo degli Argenti

Abb. 14 Unbek. Künstler, Fliegender Händler, Ende 17. Jh./Anfang 18. Jh., Elfenbein, Gold, 93 cm (Höhe Figur), 53,5 × 47 × 47 (Sockel), Florenz, Palazzo Pitti, Museo degli Argenti

in Florenz und sind beide im Inventar von 1743 aufgelistet, das nach dem Tod Anna de’ Medicis angefertigt wurde. Die Figuren werden jeweils auf einer Unterlage auf Silber präsentiert, die auf einem mit Kameen verzierten, rechteckigen Sockel aus Achat liegt. Der Händler trägt ein Jäckchen mit Schlaufen und diversen Utensilien, Kniestrümpfe und einen Hut. Bemerkenswert ist ein auf seinem Rücken sitzendes, aufklappbares Schränkchen, das mit grünen und weißen vegetabilen Ornamenten auf Goldgrund, vier kleinen Diamanten und mit Vorhängeschloss und Riemen mit Schließen aus Silber verziert ist. In aufgeklapptem Zustand trägt es im Inneren des Kastens die zu verkaufenden Dinge zur Schau: Toilettenutensilien, medizinische Instrumente, Brillen und drei Fläschchen mit Etiketten, die vermutlich auf Ingredienzen verweisen, die zur Herstellung von Parfums und Medizin verwendet wurden.388 Während sich die männliche Figur unter der schweren Last beugt und grimmig über die linke Schulter blickt, begegnet die Blumenverkäuferin 388 Zu erkennen sind unter anderem die Inschriften „jas“, „ros“ und „eu“, die für unterschiedliche B ­ lumen und Düfte wie Jasmin, Rose und Eucalyptus stehen könnten, vgl. Hackenbroch / Sframeli 1988, S. 135.

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dem Betrachter in tänzelnd-­beschwingter Pose, wobei sie das rechte Bein nach vorne stellt und die rechte Hand in die Hüfte stemmt. Mit ihrer linken Hand hält sie einen prall gefüllten Obstkorb, den sie auf dem Kopf balanciert. Sie trägt ein knöchellanges Gewand, das an der Hüfte mit einer Kordel zusammengebunden ist, an dem ein Schlüsselbund mit sieben Schlüsseln hängt. Die Verwendung der überaus kostbaren Materialien für den Blumenkorb aus filigran geflochtenen Goldfäden, der Blumen und Früchte aus Perlen birgt, wird ergänzt durch die Verzierung des Sockels, der Steine aus 32 Rubinen, Perlmutt und Emaille aufweist. Alle vier Seiten sind mit Kameen aus Achat verziert. Die „Blumenverkäuferin“ und der „Fliegende Händler“ verweisen auf den Handel. In Jacques Savary des Brûlons (1657 – 1716) „Dictionnaire universel de commerce“ wird die Bedeutung des Blumenhändlers für den kommerziellen Nutzen des international florierenden Blumenhandels hervorgehoben.389 Die symbolische Verbindung von Reichtum und Handel in Form einer weiblichen Figur spielte für die Stadtgeschichte von Florenz eine zentrale Rolle. In den späten 1420er Jahren wurde auf einem der wichtigsten Plätze von Florenz, dem ursprünglich als „Mercato vecchio“ bezeichneten Platz (heute Piazza della Repubblica), einer Drehscheibe für wirtschaftlichen Handel, Donatellos Statue der Dovizia errichtet, die auf den Wohlstand der Stadt und ihrer Bewohner anspielte.390 Im Mittelalter hatte der Platz einen langgezogenen, rechteckigen Grundriss, auf dem sich Marktstände befanden, wie man sie heute noch kennt (Abb. 15). Die Platzanlage geht zurück auf die Gründung der Stadt Florentia in der römischen Antike. Hier kreuzten sich auf dem in der Antike als „Piazza del Campidoglio“ bezeichneten Platz „Cardo maximus“, die nord-­südliche Achse, und „Decumanus maximus“, die west-­östliche Achse der antiken römischen Kolonie. Auf dieser Kreuzung wurde im Mittelalter die Säule mit der zunächst als „Dovitia“ („Reichtum“) und später als „Abundantia“ („Überfluss“) bezeichneten Statue platziert und bildete damit das topografische Zentrum der 389 Die Blumen dienten dabei nicht nur zur Dekoration der Innenräume, sondern auch als Schmuck für die Frauen. Die Ursprünge des Blumenhandels gehen auf eine unabhängige Pariser Gilde zurück, die exklusiv Frauen vorbehalten war, vgl. Jacques Savary des Brûlons: Dictionnaire universel de commerce. Paris 1741, BD. 1, A–B, contenant tout ce qui concerne le commerce qui se fait dans les quatre parties du monde […]. Ouvrage posthume du Sr Jacques Savary Des Brûlons […] continué […] et donné au public, par Philémon-­Louis Savary […]. Nouvelle édition, Sp. 1068. [online: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k1117365/f840.image; eingesehen am 10. 9. 2017]: „Bouquetier. Celui qui fait, ou qui vend des Bouquets. Les Bouquetiers à Paris ne composent point une Communauté particulière, mais sont du Corps des Marchands Merciers; & ne sont appellés Bouquetiers, que parce qu’ils sont principalement le commerce des Bouquets, ou des fleurs artificielles, dont on les compose. Le négoce des fleurs artificielles est considérable, non seulement par les grands envois dans les Pays étrangers, mais encore par la consommation qui s’en fait en France; & particulièrement à Paris, soit pour l’ornement des Autels, soit pour la parure des femmes, qui employent les plus ­belles, ou dans leur coeffure, ou même dans leur habillement; sur tout sur leurs palatines & sichus.“ 390 Die Aufstellung der Statue fällt zusammen mit der Einführung einer neuen Steuer, der „catasto“ (Kataster), im Jahr 1429, mit der die Kontrolle über Geschäfte ausgeübt und der Geldhandel reguliert wurde, vgl. Randolph 2002, S. 28; zum ursprgl. Aussehen der Statue vgl. auch D’Elia 2011, S. 67.

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Abb. 15 Johannes Stradanus, Mercato Vecchio mit Dovizia-­Statue, 1585 – 87, Fresko, Florenz, Palazzo Vecchio, Sala del Gualdrada

Stadt (Abb. 16). Symbolisch rekurrierte die Statue weder auf religiöse noch auf weltliche Macht, denn an den Platz grenzten weder K ­ irchen noch öffentlich-­städtische Regierungsgebäude, vielmehr verwies sie durch ihre Aufstellung auf einem Platz, an dem Handel getrieben wurde, explizit auf die wirtschaftliche Stärke der Stadt.391 Sie wurde auf einer antiken Säule platziert, die im Zuge von Arbeiten am nahe gelegenen Dom herbeigeschafft wurde.392 Die ursprünglich aus Sandstein angefertigte Statue hielt den Witterungen nicht stand, doch aus Abbildungen und Texten lässt sich ihr ­ursprüngliches Aussehen rekonstruieren. Die weibliche Figur der Dovizia trägt ein weites Gewand. In ihrem linken Arm birgt sie ein Füllhorn und mit ihrer rechten Hand hält sie einen prall gefüllten Korb, den sie auf dem Kopf balanciert. Giovanni Battista Foggini ersetzte die für irreparabel erachtete Statue 1721 unter der Regierung Cosimo III . de’ Medicis durch eine neue, die er ebenfalls aus Pietra serena, dem besonders in der Florentiner Renaissance häufig verwendeten Sandstein, anfertigte.393

391 Zur Bedeutung der Statue in Bezug auf republikanische Werte von Gemeinwohl vgl. Randolph 2002, S. 19 – 75. 392 Vgl. Randolph 2002, S. 21. 393 Die Originalstatue von Foggini befindet sich heute im Palazzo della Cassa di Risparmio in der Via dell’Oriuolo in Florenz, während die Kopie auf der Piazza della Repubblica aus dem Jahr 1951 stammt. Zu der von Foggini ausgeführten Statue der Dovizia vgl. zuletzt Calogero 2013, S. 268 f.

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Abb. 16 Giovanni Battista Foggini, Dovizia, 1721, Pietra serena, 235 cm (ohne Kapitell), Florenz, Ente Cassa di Risparmio

Außergewöhnlich für das Monument ist die Verbindung von antiker Säule und figürlicher, zeitgenössischer Skulptur, was die Bedeutung der paganen Gottheit zusätzlich heraus­hebt.394 Ikonografisch verweist die Statue auf Abundantia und Copia und steht für Reichtum und Überfluss. Es handelt sich hier zwar nicht um die erste Errichtung einer antiken Säule in der Stadt, aber um die erste mit monumentalem, figürlichem Schmuck, zumal an einer solch prominenten Stelle, dem geografischen und kommerziellen Zentrum der Stadt. Dovizia schwebt in luftiger Höhe und bewacht schützend den Handel aus der Höhe. Die Dovizia-­Säule vereint Antike und Gegenwart, wodurch sich die Medici einerseits auf den Gründungsmythos von Florenz und dessen antike Ursprünge berufen konnten. Andererseits erhielt die Neudeutung des Platzes mit der Dovizia-­Statue in ­diesem Zusammenhang eine staatsbürgerliche Bedeutung, die eng mit Weiblichkeit verknüpft war. ­Diesen Bezug verdeutlicht eine weitere Statue aus dem Umkreis der Medici-­Regierung. 1636 wurde in den Boboli-­Gärten eine kolossale Dovizia-­Skulptur aus Marmor aufgestellt. Sie befindet sich am höchsten Punkt der gesamten Gartenanlage, am Ende der den Boboli-­Garten durchquerenden Hauptallee („Vivaio Grande“), die von der Gartenfassade des Palastes über das ehemalige ­Theater reicht und einen steil ansteigenden Berg hinaufführt. Eine

394 Vgl. Randolph 2002, S. 22.

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freie Sichtachse bot zur Zeit der Aufstellung eine unverstellte Sicht auf die Statue, deren erhöhte Platzierung den Eindruck von Kolossalität noch verstärkte. Die Statue war 1600 von Ferdinando I. zu Ehren Johannas von Österreich (1547 – 1578), der Frau seines Bruders Francesco I., in Auftrag gegeben worden, dem er nach dessen Tod auf dem Thron folgte. Ursprünglich hatte Ferdinando die Statue bei dem aus Flandern stammenden Bildhauer Giambologna (1529 – 1608) beauftragt. Dieser begann die Skulptur mit den Gesichtszügen Johannas von Österreich auszuführen, vollendet wurde sie jedoch erst ­zwischen 1635 – 37 von dem italienischen Bildhauer und Architekten Pietro Tacca (1577 – 1640) und seinem Schüler Bartolomeo Salvini. Sie bildet den Auftakt einer Reihe weiterer Marmorstatuen in den Boboli-­Gärten. Die Anfertigung für die Statuen fällt in die Regierungszeit von Ferdinando II ., dem Enkel ­Ferdinandos I., dem sie als Zeugen seiner neuen Regierung dienen sollten. Zu d ­ iesem Zeitpunkt war Johanna von Österreich, M ­ utter Marias de’ Medici, Heinrich IV . von Frankreich bereits zur Frau versprochen worden.395 Die kolossale Marmorstatue der Dovizia befindet sich, wie bereits erwähnt, als Kopie noch heute an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort. Sie wird hier in Anlehnung an die konventionelle Präsentation der Abundantia mit Kornbündel in der hochgestreckten linken Hand und Füllhorn mit Blumen und Früchten in ihrem rechten Arm dargestellt. Ihre siegreich-­triumphierende Pose wird verstärkt durch den linken Fuß, den sie auf einer Stufe abgestellt hat. Ihr locker oberhalb des Bauchnabels gegurtetes Gewand lässt drei Schichten von Kleidern erkennen, deren fließender Stoff in senkrechten Falten ausläuft und so der Statue zusätzlich Standhaftigkeit verleiht.396 Wie ihr Pendant auf der heutigen Piazza della Repubblica wacht sie schützend über Stadt und Land sowie die Bewohner von Florenz; sie vereint Reichtum und Prosperität in sich. Die Personifikation der Dovizia war seit der Antike eng mit Florenz als Handelszentrum verbunden. Bisher wurde die Vorbildhaftigkeit der beiden Elfenbeinfiguren aus dem höfischen Umfeld insbesondere in den Stichserien Annibale Carraccis aus „Le Arti di Bologna“ (1646) und Giuseppe Maria Mitellis „L’Arte per via“ (1660) oder in Holzschnitten, wie etwa dem einer Blumenverkäuferin von Jacques Bellange aus dem Metropolitan Museum New York (Abb. 17), in Betracht gezogen.397

395 Vgl. Campbell 1996, S. 160 – 201. 396 Auf dem Sockel befindet sich eine ausführliche Inschrift, die den neuen Herrscher als Friedensund Wohlstandsbringer verherrlicht: „PARIO E MARMORE SIGNUM COPIA / HIC POSITA SUM A. D. MDCXXXVI. / MEMORIA AETERNUM UT VIGEAT QUOD / OMNIS FERE EUROPA DUM FUNESTISSIMO / ARDERET BELLO ET ITALIA CARITATE / ­ANNONAE ­L ABORARET ETRURIA SUB / FERDINANDO II. NUMINIS BENEVOLENTIA / PACE RERUM OPTIMA ATQUE LIBERTATE FRUEBATUR  / VIATOR ABI  / OPTIMUM ­P RINCIPEM HOSPITEM EXPOSTULA / TUSCIAE FELICITATEM GRATULARE“. Ausführlich zur Bedeutung der Statue: Watson 1983. 397 Vgl. Hackenbroch / Sframeli 1988, S. 56.

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Abb. 17 Jacques Bellange, Blumenverkäuferin, Holzschnitt, New York, The Metropolitan Museum of Art, The Elisha Whittelsey Collection

Abb. 18 Giovanni della Robbia, Dovizia, glasiertes Terrakotta, ca. 1494 – 1513, The Minneapolis Institute of Arts; The William Hood Dunwoody Fund

Ein Vergleich der Dovizia-­Statue auf der heutigen Piazza della Repubblica mit den Elfenbeinfiguren legt nahe, dass diese vermutlich im Umkreis des Medici-­Hofes in Florenz entstanden sind. Die in der Nachfolge Donatellos in Florenz tätige Künstlergeneration hat eine Reihe von Dovizia-­Darstellungen in Form von Terrakotta-­Figuren angefertigt, die als Anregung für die Elfenbeinfiguren gedient haben könnten. Zu diesen zählt eine von Marco della Robbia gestaltete Dovizia aus Terrakotta von ca. 1494 – 1513 (Abb. 18).398 Gemeinsamkeiten zeigen sich deutlich in der Torsion der Körper, die eine elegant geschwungene S-Kurve beschreiben. Sie balanciert jene Gegensätze aus, die sich von der Fußstellung der im Schreiten begriffenen Figuren über den Kontrast von erhobenem, leicht gewinkeltem Arm erstreckt, der den Korb hält, wobei die Terrakottafigur ein Füllhorn eng am Körper 398 Randolph nennt weitere Dovizia-­Figuren aus Terrakotta aus dem Umkreis von Marco und ­Giovanni della Robbia aus demselben Zeitraum, denen teilweise zusätzlich Putti beigegeben sind. Sie befinden sich in verschiedenen Museen: der Casa Buonarotti in Florenz, dem Cleveland Museum of Art, dem Minneapolis Institute of Arts, dem Metropolitan Museum of Art in New York und dem Museum of Fine Arts in Boston, vgl. Randolph 2002, S. 36 f. Darüber hinaus nennt er einen Stich eines anonymen Künstlers aus dem Kupferstichkabinett in Berlin als mögliche Vorlage für die Terrakottafiguren, vgl. ebd. S. 39.

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hält und die Elfenbeinfigur ihren Arm angewinkelt hat. Besonders die der Dovizia-­Statue Donatellos und den Terrakottafiguren inhärente Dynamik bezeugt deren Vorbildhaftigkeit für die Elfenbeinfigur. Zusätzlich wird die Bedeutung der Blumenverkäuferin durch ihre Platzierung auf einem hohen, reich verzierten Sockel herausgestellt. Die sinnfällige Verbindung von Figur und Säule in Kombination mit ihrem männlichen Pendant, das für den Handel im Allgemeinen steht, weist die Blumenverkäuferin als Dovizia aus. Dass die Figuren aus dem Medici-­Umkreis stammen, belegt außerdem ein Blick auf die Sockelverzierungen der männlichen und der weiblichen Figur. Beide Sockel sind mit je vier Gemmen aus Achat verziert, die Medusenhäupter zeigen.399 Darstellungen dieser Art finden sich zumeist auf wertvollen Kameen. In der Sammlung Anna de’ Medicis befand sich eine Kamee mit der Darstellung eines Medusenhauptes, das mit Maßen von 58 × 50 mm zu den größten seiner Art gehört, ein Kalzedon, der mit vergoldetem Silber eingefasst ist. Das Objekt wurde im August 1732 an die Guardaroba geschickt.400 Der Kalzedon war von herausragender Bedeutung für die Gemmensammlung, denn als eines der prestigeträchtigsten Stücke war er aufgrund seiner Größe und seines Alters von unschätzbarem materiellen und ideellen Wert. Vor d ­ iesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit einflussreich auf die Kunstproduktion am Medici-­Hof, insbesondere auf die Goldschmiedekunst, gewirkt hat. Der Vergleich mit den Verzierungen an den Sockeln der Elfenbeinstatuen von „Blumenverkäuferin“ und „Fliegendem Händler“ bestätigt dies. Die hier auf allen vier Seiten angebrachten Gemmen zitieren den kostbaren Kalzedon und fungieren als symbolische Multiplikatoren des Reichtums der Medici. Die Elfenbeinfiguren stehen daher nicht nur in engem Sinnzusammenhang mit der Sammlung antiker Gemmen; die Steine galten auch als Ausweis von Tugendhaftigkeit und Strenge der Herrscher.401 Die „Blumenverkäuferin“ vereint die kostbarsten und begehrtesten Steine in ihrem Korb – Diamanten, Rubine, Saphire und Smaragde. Aufgrund ihres schwer zu bearbeitenden Materials stellten sie eine besondere Herausforderung für die Künstler dar, die in Wettstreit mit der Natur traten.402 Der Anfertigung der Elfenbeinstatuen lagen ­vermutlich mehrere, in zeitlichen Abständen aufeinanderfolgende Arbeitsschritte zugrunde, an deren Prozess 399 An anderer Stelle als Satyrkopf bezeichnet, vgl. Hackenbroch / Sframeli 1988, S. 136. 400 Vgl. AK Principessa 2006, S. 249, Abb. S. 251. 401 Schon antike Autoren wie Ovid stellten heraus, dass, je kostbarer das Material sei, desto verehrungswürdiger auch das Kunstwerk und die darauf abgebildeten Personen zu schätzen ­seien. Gaius Plinius Secundus (61– ca. 113 n. Chr.) schreibt in Bezug auf römische Clipäi, dass dem Material mehr Aufmerksamkeit zukomme als den abgebildeten Personen, vgl. Gramaccini / Raff 2003, S. 395. ­Zwischen Form des Kunstwerks und Körper gebendem Material besteht eine wechselseitige Beziehung, wobei bestimmten Materialien jeweils unterschiedliche ikonologische Bedeutungen eingeschrieben sind. In der christlichen Tradition, besonders im Platonismus, bestand die Vorstellung von einer Differenz ­zwischen Geist (anima) und Körper (corpore), wobei das Immaterielle über die Materie siegen sollte. Diese Unterscheidung berücksichtigt nicht spezifische Eigenheiten von Materialien, sondern nimmt die Materie als Gesamtes in den Blick. Seit der Antike rekurrierten Theoretiker im Gegensatz dazu auf bestimmte Eigenheiten des Materials. Zur Materialikonologie vgl. grundlegend ebd. 402 Vgl. Mccrory 1997, S. 158 – 179.

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unterschiedliche Künstler beteiligt waren. Zunächst wurden die kleinen Figuren geschnitzt und in einem späteren Schritt kam die Veredelung des Elfenbeins durch die kostbaren Steine hinzu. Die symbolische und materielle Aufwertung des Elfenbeins bedeutete vor d ­ iesem Hinter­grund nicht etwa Paragone ­zwischen Bildhauerei und Goldschmiedekunst, sondern ein Miteinander, durch das die jeweiligen Materialien eine gegenseitige Aufwertung erhielten.403 Konkret belegt werden kann diese künstlerische Wechselwirkung von Elfenbeinschnitzern und Goldschmieden anhand eines Figurenensembles aus dem Inventar von Anna de’ Medici von 1743.404 Bei d ­ iesem handelt es sich um einen „Parfümträger“, der aus einem von einem Affen berittenen Maultier besteht, das von einer Begleitfigur geführt wird (Abb. 19).405 Die kunstvoll ausgeschmückte Kleinplastik steht auf einem Sockel. Mit festem Griff führt die im Schreiten begriffene Figur mit ihrer Rechten das Maultier am Zaumzeug, während sie in ihrer Linken eine Peitsche hält. Der auf dem Tier thronende und mit einer Krone ausgestattete Affe hält in seiner Rechten einen Stab und in seiner Linken die Zügel. Die Gewänder der einzelnen Figuren weisen reiche Verzierungen auf: Der Führer trägt einen mit goldenen Knöpfen und goldenem Gürtel bestückten Mantel, aus dessen Saum ansatzweise Pluderhosen zu erkennen sind, einen turbanähnlichen Hut sowie mit je einer großen Perle dekorierte Schuhe. Das Maultier ist mit Maulkorb, Augenklappen und einem Federbusch ausgestattet, der die Form einer mit Rosette verzierten Florentiner Lilie aufweist, sowie einem Halsglöckchen und rot-­schwarz verziertem Brustblatt, das die Farben der Parfümtrage aufnimmt. Diese zu beiden Seiten des Tieres herabhängenden Tragetaschen bergen je zwei Parfüm-­Fläschchen mit Deckeln, Becher und Trichter aus Gold, die ebenfalls mit der Florentiner Lilie versehen sind.406 Die Funktion der Objekte erschließt sich insbesondere in Wechselwirkung von Form und Material. Die Ausschmückung der Elfenbeinfiguren mit kostbaren Steinen lädt sie zusätzlich mit Bedeutung auf, ergänzt durch die Fläschchen an der Maultier-­Gruppe. Perlen und Edelsteinen wurden heilende, belebende Kräfte nachgesagt.407 403 Vgl. Gastel / Hadjinicolaou / Rath 2014. 404 Die Verbindung von Elfenbein- und Goldschmiedekunst ist schon für das Mittelalter bekannt, vgl. „Elfenbein“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 2, S. 301 f., und „Elfenbeinschnitzerei“, ebd., S. 303 f. Das Drechseln von Elfenbein war seit dem 16. Jahrhundert Ausweis des Fürsten zur Regierungsbefähigung. Auch für Johann Wilhelm von der Pfalz ist diese Tätigkeit belegt: „[…] et cette main a été pareillement apprise à traiter des outils pour tourner dans l’hyvoire“, zit. n. Rapparini 1709, S. 82. 405 ASF, Depositeria Generale, 462, fol. 1 406 In der Sammlung Anna de’ Medicis befand sich ein weiteres, fast identisches Figurenensemble. Eine Figur führt einen mit Lilie, Brustblatt, Maulkorb und Augenklappen geschmückten Maulesel, auf dem ein Affe thront. Auch ­dieses Ensemble besticht durch seine reiche Goldverzierung, vgl. Abb. in Sframeli 2003, S. 172, und Hackenbroch / Sframeli 1988, S. 142. Hackenbroch assoziiert die Elfenbeinstatuen mit höfischen Festen, bei denen reich verzierte Maulesel mit Affen als Reitern dargeboten wurden, vermutlich als einer Art spielerischer Alternative zum strengen Hofzeremoniell, vgl. Hackenbroch 1988, S. 56. 407 So betonte Agostino del Riccio deren Bedeutung als Mittel gegen Krankheiten wie Muskelzittern, Herzschwäche, Augenleiden, Magengeschwüre und Durchfall; im Essen, in Milch oder mit Zucker vermengt, sollten sie ihre wundersamen Heilkräfte entfalteten: „Sono le perle nell’uso della medicina,

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Abb. 19 Unbek. Künstler, Parfümträger, 1728, Elfenbein, Ebenholz, 35 cm (Höhe Figur), 40 × 170 × 120 cm (Sockel), Florenz, Palazzo Pitti, Museo degli Argenti

Die den Steinen zugeschriebene medizinische Wirkung steht in direktem Zusammenhang mit der Funktion der Elfenbeinfiguren als Objekte zur Aufbewahrung und zum Transport von Parfüms, Cremes oder Medizin. Von ihrem Parfümeur Carlo Dogi, der für den Vertrieb von medizinischen Produkten, Ölen und Essenzen zuständig war, erhielt Anna 1717 zwölf Elfenbeinbehältnisse, die mit duftenden Cremes oder „Balsamo apoplatico“, Balsam gegen Schlaganfall oder krampfartige Anfälle, gefüllt waren.408 ­Darüber hinaus bekam sie mehrere Male Lieferungen von Behältnissen aus vergoldetem Silber, die zur Aufbewahrung von „Acqua della Regina“ vorgesehen waren.409 Es handelte sich hierbei um ein spezielles Parfüm, das von Dominikanerbrüdern von S. sono molto utili ai tremori e debolezze del cuor e ne’ collirii per chiarire la vista e per diseccare l’acqua e l’umidità che scende negl’occhi. Dicono di più che le perle hanno questa virtù, che, cotte nel cibo, levano molte fiate le quartane, macinate con il latte e prese sanano l’ulcere mortali e parimente, prese, rischiarano grandemente la voce e confortano il cuore e stagnano il flusso del ventre. Nelle febbri pestilenziali, date con il zucchero, sono di molto giovamento e dicono che quei che le portano sono eccitati da esse al vivere pudico e casto.“ Zit. n.: Riccio 1996 [1597], S. 145 f. 408 „12 Ghiande d’avorio ripiene di Balsami odorosi“ und „dodici Ghiande d’avorio ripiene di Balsamo Apoplatico“, ASF, Dep. Gen. 451bis, fol. 80 und fol. 135. 409 „[…] sei scatolini d’Argento dorati dentro, e fuori, per l’Aqua della Regina, fatti secondo il modello per servizio di S. A. Elettorale di peso l’uno oncia 1 in circa, […]__Ducati 15._._._“, ASF, Dep. Gen. fol. 129; „fattura d’uno scatolino d’Argento d’ornato fuori e dentro, per l’Aqua della Regina“, ASF, Dep. Gen. 451bis, fol. 131. Außerdem 12 Becher aus Elfenbein zur Aufbewahrung von Cremes von einem Kleinwarenhändler: „A di 19 detto [1721] A Giacomo Filippi Chincagliere Lira sei per

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Maria Novella anlässlich der Krönung Caterina de’ Medicis zur französischen Königin (1533) durch die Hochzeit mit Heinrich II . kreiert wurde. Ein aus Gold gefertigtes und teilweise verziertes Ei, in dem sich „Acqua della Regina“ befand, das also auch als eine Art „Portaprofumi“ verwendet worden war, war ebenfalls unter den von Anna de’ Medici bezogenen Objekten.410 Eine Rechnung von 1719, bei der neben 12 Schachteln „Manteche“, einer speziellen Käsesorte, 12 Rezeptbücher über Essenzen aufgeführt sind, legt nahe, dass Anna de’ Medici – ebenso wie ihre berühmten Vorgängerinnen Caterina de’ Medici und Christiane von Lothringen 411 – selbst mit der Produktion von Ölen und Essenzen zu medizinischen Zwecken oder der Körperpflege vertraut war oder diesen Wissensbereich zumindest gefördert hat.412 Bemerkenswert ist, dass alle Elfenbeinfiguren unterschiedliche kostbare Materialien in sich vereinen, die der Natur entstammen und die Bewunderung und Staunen beim Betrachter hervorrufen sollten. Während Elfenbein aus der Tierwelt kommt, gehören Diamanten, Rubine und (Halb-)Edelsteine den Bereichen Naturalia und Artificialia an. In seinem 1565 entstandenen Werk „Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi“ nimmt Samuel Quiccheberg eine Klassifizierung von Kunstkammer-­Objekten am Münchner Hof vor. Als „res naturalia“ bezeichnet er dabei jene Objektgruppe, die sich aus tierischen, pflanzlichen und mineralischen Dingen zusammensetzt. Die Objekte stellen in d ­ iesem Zusammenhang eine Verdinglichung der Natur dar.413 In den Figuren verbinden sich Form und Funktion zu emblematisch aufgeladenen Darstellungen, die über eine repräsentative Ebene hinaus durch die Zurschaustellung ihrer Materialien auf einen weiterführenden Sinnzusammenhang verweisen. Einerseits bringen die Objekte die Kostbarkeit und den Seltenheitswert der Steine zur Anschauung, die nur durch Kontaktpersonen und gute Vernetzung aus dem Orient, Asien und Afrika auf dem internationalen Markt zu bekommen waren.414 Andererseits rücken die Figuren damit in die Nähe von Kunstkammerobjekten.415 Die Maultier-­Gruppe mit dem Affen

valuta di numero 12 bussoletti d’avorio per mettervi Balsamo, per servizio di S. A. Elettorale, portò detto cont. __.6._._.“, ASF, Dep. Gen. 451bis, fol. 212. 410 „24 Marzo [1728] […] Detto scudi 23.2.6.8 sono per Oro Calo e fattura d’un Ovo [Uovo] per uso dell’Aqua della Regina in parte intagliato peso oncia 1.4__scudi 23.2.6.8“, ASF, Dep. Gen. 462, fol. 1r. 411 Vgl. zuletzt Strunck 2017, S. 321 – 324, und Barker 2015. 412 „12 scatolette Manteche, e di numero 12. Libretti d’Essenze diverse“, ASF, Dep. Gen. 451bis, fol. 224. 413 Vgl. Quiccheberg 2000 [1565]. 414 Wie im vorangegangenen Kapitel verdeutlicht, ist der Handel mit Elfenbein schon für den Düsseldorfer Hof belegt, der das kostbare Material aus Amsterdam bezog und von den Elfenbeinschnitzern Ignaz Elhafen, Antonio Leoni und Georg Steiner bearbeiten ließ, vgl. Theuerkauff 1964, S. 15. 415 Die Ähnlichkeit von aus der Natur stammenden Objekten, die in K ­ irchen aufbewahrt wurden, mit späteren, in Wunderkammern eingegliederten Objekten hat in der Forschung verschiedentlich zu der Auffassung von mittelalterlichen ­Kirchen als Vorläufern neuzeitlicher Wunderkammern geführt, vgl. Schlosser 1923 [1908]; in jüngerer Zeit Daston / Park 1998. Cordez hingegen stellt heraus, dass die Idee einer systematischen Zusammentragung von Objekten aus der Natur erst der nachmittelalterlichen Zeit entstamme, vgl. Cordez 2015, bes. S. 125 – 127.

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als Symboltier für die Nachahmung der Natur („ars simia naturans est“) verweist auf die Idee einer spielenden Natur, die das Konzept frühneuzeitlicher Kunstkammern zur Anschauung bringt: Ebenso wie der Affe den Menschen imitiert, soll der Künstler die Natur nachahmen.416 Als Träger für Gefäße verwendet, verkörpern die Figuren in der Verbindung von Heilkraft und Kostbarkeit des Elfenbeins und der Edelsteine die in den Objekten zur Schau gestellte Wirkung der Essenzen. Die Maultiergruppe weist vor ­diesem Hintergrund auf die ihnen zugrunde liegende Semantik des Materials, die auf Befähigung zur Anfertigung dieser medizinischen Produkte durch Anna de’ Medici deutet. Sie darf als Symbol für Herrschaftsausübung verstanden werden und fügt sich zum Gesamtbild der Großherzogin als Heilbringerin, die ihrem Land Wohlstand und Gesundheit stiftet. Wie bei dem zuvor besprochenen Händler-­Paar fällt auch hier der Gegensatz von weißem Elfenbein der Figurengruppe und der filigranen Goldverzierung von Zaumzeug, Trage und Verzierung der orientalisch anmutenden Kleidung ins Auge. Die Kombination der unterschiedlichen Materialien wie Elfenbein, Perlen, Diamanten und anderen kostbaren Materialien und Techniken der Bearbeitung lassen vermuten, dass die Figuren nicht aus der Hand eines einzigen Künstlers stammen, sondern in Zusammenarbeit von Elfenbeinschnitzern, die zumeist eine bildhauerische Ausbildung genossen hatten, Goldschmieden, Emailleuren und Miniaturmalern entstanden. Ein Beleg hierfür findet sich in einer Rechnung an die Großherzogin aus dem Jahr 1728, aus der hervorgeht, dass die beiden Goldschmiede Vanni und Rotani für die Anfertigung des Schmucks verantwortlich zeichneten. Sie schufen die Verzierung aus Gold, Silber und Diamanten für das Gewand des Maultierführers.417 Die bisherige Datierung der Elfenbeinfiguren auf das Ende des 17. Jahrhunderts kann durch den Quellenfund widerlegt werden: Zumindest einer der beiden Parfümträger wurde erst 1728 fertiggestellt. Die Elfenbeinfiguren wurden in der Forschung mit den beiden Hofjuwelieren Augusts des Starken, Johann Heinrich Köhler und Johann Melchior Dinglinger (1664 – 1730), am Hof von Dresden in Verbindung gebracht, ohne dass diese Zuschreibung bisher eindeutig geklärt werden konnte.418 Zwischen den Höfen von Düsseldorf, Florenz und Dresden bestanden enge künstlerische und klienteläre Verbindungen. So hielt sich der am Dresdner Hof tätige Balthasar Permoser (1651 – 1732) z­ wischen 1675 und 1689 in Florenz auf, wo er von Cosimo III . gefördert wurde. Permoser, Schüler von Giovanni Battista Foggini, gehörte zu den bedeutendsten Elfenbeinschnitzern an der Wende zum 18. Jahrhundert. Foggini und Permoser hatten schon bei der Dekoration des Brautwagens für Violante Beatrix von Bayern, der für den Florentiner Hochzeitszug am 9. Januar 1689 ausgeschmückt wurde, zusammengearbeitet. Außerdem fertigte Permoser 1689 ein Porträtoval von ihr 416 Zur Idee der Kunstkammer als Spielraum vgl. Bredekamp 32007 [1993], S. 68 – 76. 417 „24=detto [Oktober 1728] scudi 12.5.17._ sono per Oro, Agento, Diamanti, e Fattura di un Ornato fatto ad una figurina d’Avorio che conduce un Muletto puro d’Avorio alla quale si è fatto La Guarnizione dell’abito peso L’oro fine denari 3__scudi 12.5.17.“, vgl. Dokument 1.4 im Quellenanhang. 418 Vgl. Hackenbroch 1988, S. 56.

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an, das aus hauchdünnem Elfenbein besteht. Es befindet sich heute im Museo degli Argenti in Florenz.419 Anhand der Rechnung der Goldschmiede kann davon ausgegangen werden, dass die Kleinskulpturen nicht über den Geschenkverkehr an den Florentiner Hof gelangten, sondern dem unmittelbaren künstlerischen Umfeld von Anna de’ Medici zuzurechnen sind. Wie die Schriftzeichen auf dem Schränkchen der männlichen Figur vermuten l­assen, kam der Künstler wahrscheinlich aus Deutschland, wo die Werke zuerst angefertigt worden sein könnten, um dann nachträglich in Florenz veredelt zu werden. Möglicherweise befanden sie sich zunächst in Düsseldorf und wurden in den Kabinettsräumen des 1696 von ­Domenico Martinelli umgebauten Düsseldorfer Stadtschlosses und später im Porzellanzimmer in Schloss Bensberg gezeigt.420 Anhand eines von Jacopo Niccolò Guiducci 1743, nach dem Tod der Großherzogin, angefertigten Inventars lassen sich weitere biografische Stationen d ­ ieses Objekts bestimmen.421 Es handelt sich um eine Quelle, die darüber hinaus auch für eine Rekonstruktion des von Anna de’ Medici bewohnten Appartements im Palazzo Pitti in Florenz von zentraler Bedeutung ist. Das Dokument gibt Aufschluss über Lage, Raumfolge und Ausstattung der einzelnen Räume mit den darin enthaltenen Möbeln, Kunstwerken und Objekten. Außerdem ist am Rand vermerkt, ob sich diese in den Räumen befanden [„Esiste“], als Geschenke für bestimmte Personen gedacht waren oder nach Wien verschickt werden sollten. Unter letzterer Gruppe taucht ein Ensemble mit Maultierführer und mit Fläschchen beladenem Maultier, auf dem ein Affe sitzt, auf, bei dem es sich um die beschriebene Objekt-­Gruppe handeln könnte, was zusätzlich die Vermutung belegen würde, dass es sich bei dieser um einen Gegenstand aus dem Besitz Anna de’ Medicis handelt: „Un Mulattiere col Mulo Carico di due Cantinette da fiaschi, sopra del quale siede una scimia.“422 Maultiere ­wurden 419 Zu Permosers Tätigkeit als Elfenbeinschnitzer in Florenz vgl. Schmidt 2012, S. 214. Zum Grünen Gewölbe in Dresden und dessen künstlerischer und politischer Verflechtungen ­zwischen der Tribuna in Florenz und den Schatzkammern in Versailles und Wien vgl. Syndram 1999, und ders. / Minning 2010. 420 Theuerkauff vermutet, dass die Elfenbeinfiguren im Düsseldorfer Schloss in Kabinettschränken oder Vitrinen aufgestellt gewesen ­seien, vgl. Theuerkauff 1964. Etwa zeitgleich wurden in der Mitte des 16. Jahrhunderts aufgebauten Brandenburgisch-­Preußischen Kunstkammer gedrechselte und geschnitzte Elfenbeinskulpturen im Elfenbeinkabinett gezeigt. Es befand sich in der Kunstund Naturalienkammer im vierten Obergeschoss des alten Berliner Stadtschlosses im nordöstlichen Bereich des Mezzaningeschosses, das zusammen mit dem Antikenkabinett unter der Leitung von Andreas Schlüter 1705 umgebaut und neu eingerichtet worden war. Die Elfenbein-­Objekte wurden in hölzernen Wandschränken mit Schiebetüren aus Glas aufgestellt, deren hintere Wände vermutlich teilweise verspiegelt waren, vgl. Theuerkauff 1986, Bd. 2, S. 11 f. 421 Vgl. Dokument in ASF, MM, 600, [già 991]: „Inventario dei recapiti concernenti l’Eredità della defunta Elettrice Palatina come appresso“, datiert z­ wischen 18. Februar und 27. März 1743; Verf.: Guardarobiere Jacopo Niccolò Guiducci. Von dem Dokument existieren mehrere Kopien, vgl. AK Principessa 2006, S. 55. 422 Vgl. ASF, MM, 600, [già 991], fol. 57r, Nr. 682, mit dem Vermerk „nach Wien geschickt“. Der Gegenstand ist aufgelistet unter „Galanterie gioiellate esistenti nelle due scarabattole dell’Appartamento

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als Transportmittel für Waren eingesetzt, die z­ wischen Höfen zirkulierten.423 Das Tier steht paradigmatisch für das dem frühneuzeitlichen Hof innewohnende Prinzip der Bewegung und verweist auf das länderumspannende Netzwerk Annas z­ wischen Düsseldorf und Florenz. Denn wie anhand der Archivquellen – Rechnung und Inventarliste – ersichtlich wird, verkörpert es selbst unterschiedliche Lebensabschnitte, was Parallelen zu den biografischen Stationen Annas aufscheinen lässt. Dies zeichnet sich sowohl auf der Ebene des Transfers – durch den Wechsel von Düsseldorf nach Florenz – als auch auf symbolischer Ebene ab: Ebenso wie die Elfenbeinskulptur durch Goldverzierungen und Edelsteine in ein prestigeträchtiges Schmuckstück eine Verwandlung und Aufwertung erfahren hat, ist der Statuswechsel bei Anna – von der Kurfürstin von der Pfalz zur Großherzogin der Toskana – gekennzeichnet durch einen Zuwachs an symbolischem und materiellem Reichtum. Das genannte Inventar von 1743 ist nicht nur hinsichtlich einzelner Objektbiografien oder des Arrangements der Objekte im Sammlungskontext aufschlussreich, sondern gibt im Abschreiten der einzelnen Räume durch den Autor auch Informationen über die ursprüngliche Raumfolge, die heute dem Quartiere del Volterrano in den Appartamenti Reali im Palazzo Pitti eingegliedert ist. Zusammen mit einem Grundriss aus der Mitte des 17. Jahrhunderts von Diacinto Maria Marmi, der die ursprüngliche Lage der von Anna de’ Medici bewohnten Räume anzeigt (Abb. 20), bildet es eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion ihres Appartements im Palazzo Pitti.424 Die aus sieben Räumen bestehende Suite befand sich im nördlichen Flügel des Piano nobile, des ersten Geschosses, und war auf den von Bartolomeo ­Ammannati gestalteten Innenhof ausgerichtet. In Verbindung von Marmis Darstellung mit dem Inventar lassen sich so Aussehen und Lage der Räume annähernd ermessen. Der Zugang zum Appartement erfolgte über die Scala a lumaca, eine spiralförmige Treppe, die um 1569 von Ammannati für den privaten Gebrauch der Medici gebaut worden war. Sie ist im Plan mit der Nummer 15 bezeichnet, existiert aber heute nicht mehr. Die Treppe verband alle Stockwerke des Palastes miteinander. Von hier aus gelangte man in den Salotto (16), in dem sich die deutsche Wache befand (heute Herkules-­Saal). Daran schlossen sich die della defunta A. S. Elettrice descritte, e contrassegnate con gli stessi numeri, ritrovati alle medesime“. 423 Konkret belegt werden kann dies anhand eines Empfehlungsschreibens vom 26. August 1717 von Anna de’ Medici an Cosimo III. de’ Medici für den Maultierführer am kurfürstlichen Hof, ­Giuseppe Paccagli, der eine Schatulle mit Reliquien des hl. Swibert von Kaiserswerth von Düsseldorf nach Florenz transportierte, vgl. Kühn-­Steinhausen 1938, S. 176. 424 Es handelt sich dabei um die „Pianta del Piano della seconda Habitatione, dove habita l’Inverno il Serenissimo Granduca […]“ aus der „Norma della Guardarobba del Gran Palazzo nella città di Fiorenza […]“. Die Räume Anna de’ Medicis sind durch die Buchstaben M–R und eine liegende 8 gekennzeichnet. Marmi wurde um 1625 geboren und trat in jungen Jahren in die Dienste der Medici. Er war Verwalter („ingegnere“) der Guardaroba di Ferdinando II. de’ Medici. 1648 bekleidete er das Amt des „Sottoguardaroba“ und seit 1673 dasjenige des „Guardarobiere dell’Argenteria della Credenza“. In seinem Amt als „Guardaroba“ des Palazzo Pitti war er für die Ausstattung des Palastes zuständig. Ihm oblagen zudem die zeremoniellen Abläufe im Palast. 1697 wurde er zum „Gentiluomo di palazzo“ ernannt. Sein Todesdatum wird auf ca. 1702 geschätzt, vgl. Fantoni 1994, S. 51 f.

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Abb. 20 Palazzo Pitti, Piano nobile (erstes Obergeschoss), Grundriss, Illustration aus Diacinto Marmis „Norma per il Guardaroba del Gran Palazzo nella Città di Fiorenza dove habita il Serenissimo Gran Duca di Toscana“, 1662/63

Gemächer Anna de’ Medicis an: Anticamera (P), heute Sala delle Belle Arti, und Audienzsaal (Camera dell’Udienza) (Q), heute Sala dell’Arca, mit direktem Zugang zur Cappella delle Reliquie (13). Von der Anticamera aus erreichte man das Sommerschlafzimmer der Großherzogin (O), die Camera delle Scarabattole dove dormiva S. A. Elettorale d’Estate, die heutige Sala delle Allegorie. Es handelt sich hierbei um das einzige Zimmer, in dem sich die seicenteske Fresken- und Stuckdekoration, die um 1658 im Auftrag von Vittoria della Rovere durch Volterrano entstand, erhalten hat. An Anticamera und Audienzsaal schloss sich die sogenannte Camera parata di dammasco color violetto (R) an, ein prächtig ausgestattetes Privatgemach. Darauf folgte das Winterschlafzimmer (M), im Inventar als Camera dove dormiva S. A. Elettorale defunta nell’Inverno detta della Rovere bezeichnet, mit Möbeln aus Steinschnitttechnik und einem kostbaren Kabinettschrank mit einem Porträt Johann Wilhelms. Es bildet heute zusammen mit dem vorangegangenen Raum die Sala della musica. Die fensterlose Camera buia (N) war sowohl vom Winter- als auch vom Sommer­ schlafzimmer aus zu erreichen. Das Sommerschlafzimmer der Großherzogin war auf den Innenhof ausgerichtet. Zusammen mit der Camera buia bildet es die heutige Sala del Castagnoli. Im Anschluss an die Camera buia befand sich die Stanza delle Porcellane (∞).425

425 Vgl. ASF, MM, 600, [già 991], fol. 3r–89v.

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Das Inventar von 1743 gibt sowohl Aufschluss über die Einrichtung der einzelnen Räume als auch über den Verbleib der Objekte, Kunstwerke und Möbelstücke. Belegt ist für jedes Stück, an wen es verschenkt wurde oder ob es im Palast verblieb. Wie aus dem Inventar hervorgeht, wiesen einige Räume zwar Schwerpunkte von bestimmten Kunstwerken, Materialien oder Objektgruppen auf. Dennoch scheint in allen Räumen ein unhierarchisches Nebeneinander von Gemälden, Möbelstücken, Leuchtern, Kandelabern, Vasen, Blasebälgen, Gemälden, Silber- und Bronzearbeiten, Elfenbeinschnitzereien und Medaillen bestanden zu haben, wobei die Raumausstattung je nach Funktion in Umfang und Auswahl einzelner Gemälde und Objektgruppen variierte. Bis auf Anticamera und Porzellankabinett waren alle Gemächer mit Gemälden ausgestattet. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Porträts der engsten Angehörigen des Florentiner und des Wittelsbacher Hofs, aber auch von Vertretern anderer europäischer Herrscherhäuser. Diese Werke belegen einen engen persönlichen Bezug zu Anna de’ Medici. Dies gilt insbesondere für die Porträts ihres Ehemanns sowie für die ihres Vaters und ihrer beiden Brüder. Der repräsentative Audienzsaal, in dem Anna regelmäßig Besucher empfing, leitete in die Sphäre religiös-­legitimierter Medici-­Herrschaft ein, wobei einzelne Porträts auf die dynastische Verbindung zum Haus Wittelsbach verwiesen. Dieses Motto zieht sich leitmotivisch durch die folgenden, von Anna ehemals bewohnten, Räume. Paradigmatisch hierfür stehen zwei im Audienzsaal präsentierte Porträts von Johann Wilhelm von der Pfalz, eines als Bruststück und ein zweites als Ganzkörperporträt.426 Auf eine religiöse Dimension verweisen vier Bronzeskulpturen, „Judith und Holofernes“ von Cornachini, das „Opfer Jesu“ von Massimiliano Soldani Benzi, das „Opfer Abrahams“ von Giuseppe Piamontini sowie eine „David und Goliath“-Darstellung von Giovanni Battista Foggini. In der Camera parata di dammasco color violeto wurden überwiegend Porträts von weiblichen und männlichen Familienmitgliedern, Verwandten sowie Prinzessinnen und Prinzen europäischer Herrscherhäuser aufbewahrt. Vertreten waren Prinz Carl Philipp Theodor von Sulzbach, Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz sowie später Kurfürst von Bayern, Cosimo III. de’ Medici, gemalt von Carlo Sacconi, ein Bildnis Gian Gastone de’ Medicis von Ferdinand Richter, Karl VI., die Königin von Ungarn und Böhmen, die Erzherzogin Maria Anna.427 Außerdem befand sich hier ein großformatiges, lebensgroßes Porträt von Johann Wilhelm von der Pfalz in Rüstung, ausgestattet mit Mantel und Kommandostab.428 Ergänzt wurde der Reigen weltlicher Herrscher durch Heiligendarstellungen, zwei Gemälde von Carlo Sacconi, eine Madonna und ein weiteres mit Mariä Himmelfahrt, der Apostel mit Porträts von Prinzen und Prinzessinnen beigegeben sind. Den Abschluss der Auflistung an Bildern in ­diesem Raum bildet eine Sacra famiglia, die Sacconi als Kopie nach Justus Sustermans angefertigt hat. Cosimo III . wird in Person des Jesuskinds als christomimetischer Herrscher angepriesen, umgeben von Großherzog Ferdinando II. und Großherzogin Vittoria della Rovere. 426 ASF, MM, 600, [già 991], fol. 70v. 427 ASF, MM, 600, [già 991], fol. 70v–74v. 428 ASF, MM, 600, [già 991], fol. 74r.

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Das wertvollste Objekt des Winterschlafzimmers, wenn nicht des gesamten Appartements, stellte zweifelsfrei ein kostbarer Kabinettschrank aus Ebenholz, der sogenannte „Stipo dell’Elettore Palatino“ dar, der sich schon aufgrund der ausführlichen Beschreibung von Guiducci von den anderen Möbelstücken und Objekten abhebt.429 Er wurde von 1707 von Cosimo III. de’ Medici in Auftrag gegeben und 1709 von Giovanni Battista ­Foggini angefertigt. Der heute im Museo degli Argenti in Florenz aufgestellte Schrank misst 280 × 162 × 54 cm und vereint die kostbarsten Materialien – Ebenholz, vergoldete Bronze, Steinschnittarbeiten in Pietre dure-­Technik, Lapislazuli, Kristall und Perlmutt – mit einem religiös legitimierten Herrschaftsprogramm. Hierauf verweist das Motto „Dominus virtutum nobiscum“ („Gott der Allmächtige steht uns bei“, Psalm 46) und den darüber befindlichen Wappen der Häuser Pfalz-­Wittelsbach in Zusammenspiel mit der sitzenden Figur Johann Wilhelms von der Pfalz, dessen Kopf, Arme und Beine aus Kalzedon gefertigt sind. Der Rest des Körpers besteht aus vergoldeter Bronze. Johann Wilhelm befindet sich in einer mit Baldachin aus vergoldeter Bronze ausgestatteten Nische, die gerahmt wird von Säulchen und Pilastern und sitzt auf Kriegstrophäen. Die Liegefiguren der F ­ ortezza und Libertà unterhalb des Wappens unterstreichen die herrschaftliche Programmatik. Der Kabinettschrank war als Geschenk von Cosimo III. an seine Tochter nach Düsseldorf geschickt worden, von wo aus er 1717 mit der Rückkehr Annas in den Palazzo Pitti gelangte. Ebenfalls dokumentiert für diesen Raum sind eine Bronzeskulptur von Giovanni Battista Foggini mit einer „Taufe Christi“ und eine Reihe von Porträts von Familienangehörigen: Gian Gastone, Johann Wilhelm zu Pferd sowie 21 Porträts in Ovalform von Prinzen und Prinzessinnen der Häuser Habsburg, Spanien, Polen, Portugal, Kurpfalz sowie der Farnese. Der sich an das Winterschlafzimmer anschließenden Camera buia kam eine gesonderte Funktion zu, denn diese trägt den Charakter einer fürstlichen Kunstkammer. Der vollständig mit Spiegeln ausgestattete kleine Eckraum scheint für die Präsentation der Pretiosen und Elfenbeinfiguren besonders geeignet gewesen zu sein. Er ist vergleichbar mit dem zeitgleich entstandenen, berühmten sogenannten „Eck-­Kabinett“ aus dem Grünen Gewölbe in Dresden, das seinen Namen durch die Lage im nordwestlichen Eckturm des Schlosses erhalten hatte. Es war Teil der Schatzkammer von Friedrich August I. (August der Starke; 1670 – 1733), seit 1694 Kurfürst von Sachsen und seit 1697 König August II. von Polen. Der Raum barg 463 Figuren aus uneben geformten Perlen, Elfenbein und Holz, fein gearbeiteten Büsten und Gefäßen aus Edelsteinen und Emailmedaillons und Figuren aus Goldemail. Die Objekte befanden sich auf ihrerseits kostbar geschnitzten Konsolen und Konsoltischen. Fast vollständig verspiegelt, bildete das Eck-­Kabinett eine Reminiszenz an das 1716 eingerichtete Spiegelkabinett von Versailles.430 Die Florentiner Camera buia beherbergte darüber hinaus eine Vielzahl an Gemälden von Familienangehörigen sowie Mitgliedern europäischer Herrscherhäuser: ein Ganzkörper­ porträt des Infanten Carlo di Spagna, ein Bildnis von Cosimo III . als Kind sowie ein

429 ASF, MM, 600, [già 991], fol. 76r–77r. 430 Vgl. Syndram 1999, S. 197.

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Familienporträt von Ferdinando I. und seiner Frau Christiane von Lothringen mit ihrem Sohn Francesco. Auch weibliche und männliche Heiligendarstellungen fanden sich in der Camera buia. Bilder der Erzengel Raffael und Tobias sowie die weiblichen Heiligenfiguren der Agnese, Anna und Katharina von Siena ergänzen die weltlich-­religiöse Bilderschau. Ebenfalls verzeichnet für diesen Raum war das Bildnis der Kurfürstin alla spagnola 431 von Jan Frans van Douven von 1699. Es ist Teil jener bereits erwähnten Serie kleinformatiger Bildnisse des Kurfürstenpaares, die das Leben am Düsseldorfer Hof repräsentierte, und stellt das einzige der fünf Bildnisse dieser Serie dar, das 1713 nicht vom Palazzo Pitti in die Guardaroba Generale des Palazzo Vecchio verbracht wurde, um von dort aus in die Villa Castello zu gelangen.432 Ein weiteres, kleinformatiges Bildnis von Anna de’ Medici aus der Camera buia stammt von Michael Posner. Es zeigt sie in Witwenhabit und wurde kurz nach dem Tod ihres Gemahls, 1717, angefertigt.433 Außerdem befand sich hier ein Miniaturbildnis von ­diesem in Rüstung.434 Eine Reihe weiterer kleinformatiger Bilder mit Vogel- und Blumen- und anderen Naturdarstellungen vervollständigte die Zusammenschau von Porträts der Familie und anderen weltlichen Herrschern, Stillleben und Heiligendarstellungen. Guiducci fährt fort mit der Beschreibung des Porzellankabinetts, das z­ wischen Januar 1720 und Juni 1721 eingerichtet wurde.435 Auch dieser Raum hob sich, wie die vorangegangene Camera buia, durch eine charakteristische Einrichtung von den anderen Räumen ab. Eine vermutlich von Benedetto Fortini realisierte, reich verzierte Holzverkleidung mit speziellen Regalböden ermöglichte eine optimale Präsentation des wertvollen chinesischen und japanischen Porzellans, das ca. 4.000 Stücke umfasste. Hierunter fällt auch jenes, das Anna bei ihrer Rückkehr mitgebracht hatte. Es findet sowohl in ihrer Korrespondenz als auch in Rechnungsbüchern Erwähnung. Ein von ihr in Düsseldorf verfasster Brief an ihren Onkel, Kardinal Francesco Maria de’ Medici, vom 31. Mai 1697 dokumentiert die Sammlung dieser kostbaren Gegenstände und die Einrichtung eines Porzellanzimmers in einer der Düsseldorfer Residenzen: „Io presentemente mi diletto tanto di far ballare le

431 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. 81r: „Un quadro in tela dipintovi di figura intiera la Serenissima Elettrice Palatina vestita alla Spagnola di velluto nero, guarnito di color di Rosa con ornamento simile al sudetto.“ 432 Vgl. Casciu 2006, S. 158 f; vgl. Abb. S. 159. 433 Vgl. Dokument 1.6. im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. 81r: „Uno simile fattovi di Miniatura di figura intera in piedi il ritratto della Serenissima Elettrice Palatina, in abito vedovile, e vedesi in un quadretto il Serenissimo Elettor Palatino morto, con Cristallo sopra, e ornamento simile a sudetti.“ Es handelt sich um eine kleinere Kopie (30 × 22 cm) eines 1616/17 von Jan Frans van ­Douven angefertigten Bildnisses und ist heute in der Galleria Palatina des Palazzo Pitti zu sehen. Das Originalbildnis befindet sich in Pisa, Museo di Palazzo Reale, und misst 65 × 47,5 cm. 434 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. 81r: „Uno simile piccolino dipintovi il ritratto del Serenissimo Elettor Palatino, vestito di ferro, con cristallo sopra, con ornamento simile a i sudetti.“ 435 Vgl. Morena 2006, hier auch eine ausführliche Beschreibung über die Verteilung des Porzellans auf Regale und Konsolen.

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porcellane, che le voglio portare a Bensperg [Schloss Bensberg], che certo quel luogo non ha mai sognato d’esser ornato con porcellane, e io ci farò un bel gabinetto.“436 Aus dem Inventar geht die weitere Ausstattung hervor: ein mit Putten, Wappen und Blumenranken verzierter, zehnarmiger Silberleuchter, zwei Schwerter aus Kristall, zwei Marmortische aus Giallo di Siena sowie Skulpturen-­Ensembles aus Bronze von ­Girolamo Ticciati, Antonio Montauti, Giovanni Cammillo Cateni, Giovacchino Fortini und ­Giuseppe Piamontini, außerdem zwei Tischuhren.437 Die reiche Ausstattung mit prächtigen Möbelstücken und anderen Kunstwerken unterstreicht die Bedeutung, die dem Porzellanzimmer als einem repräsentativen Bereich zukam. Nicht genauer bezeichnetes Porzellan ist für die Räume der Guardaroba dokumentiert, das Anna de’ Medici testamentarisch ihren Hofdamen Signora Uguccioni sowie Marchesa Maria Maddalena Giugni und Alessandra Frescobaldi, die den Ehrentitel „chiave d’oro“ trugen, vermachte.438 Guiducci endet mit der Beschreibung des Sommerschlafzimmers, dessen prunkvollem Bett er eine ausführliche Beschreibung widmet.439 Neben diversen Blasebälgen, Vasen aus Silber und Porzellan und Schalen aus Achat wies es eine Vielzahl von Bildnissen auf. Wie in der Camera buia waren hier Heiligendarstellungen neben Familienangehörigen ausgestellt. So hingen Porträts der hl. Theresa und Maria Maddalena de’ Pazzi neben einem Gemälde von Johann Wilhelm von der Pfalz, außerdem wird je ein Porträt Domenico Tempestis von Cosimo III., Ferdinando und Gian Gastone aufgelistet sowie 31 Bildnisse von nicht näher bezeichneten Prinzessinnen und Prinzen der Toskana, der Pfalz und Frankreichs.440 Der Vergleich von Camera buia in Florenz und Eck-­Kabinett in Dresden verdeutlicht, dass Größe und Umfang der Sammlung Anna de’ Medicis dem Anspruchsniveau von August dem Starken gleichkamen. Ein, wenn auch heute nur noch zu erahnendes, Zeugnis von dieser Pracht legen die im Museo degli Argenti zur Schau gestellten Schmuckstücke und Pretiosen ab. Es zeigt sich, dass die Objekte öffentlichkeitswirksamen Charakter hatten, und verweist auf das Appartement Annas als einen repräsentativen Herrschaftsbereich. Wie sich zeigt, hat Anna de’ Medici bis zu ihrem Lebensende in ihren prestigeträchtigen Gemächern mit entsprechender repräsentativer Ausstattung im Piano nobile des Palazzo Pitti residiert, auch als der neue Großherzog Franz Stephan von Lothringen und seine Frau bereits die Regentschaft über die Toskana übernommen hatten. Dies betont zusätzlich ihren Anspruch auf ihren Status als erste Dame am Hof und auf ihre Führungsrolle.

436 Vgl. ASF, MdP, 5836, 8. März 1698, zit. n.: Morena 2006, S. 78. Die Sammlung von chinesischem und japanischem Porzellan ist auch für Francesco Maria belegt, der 1696 in seiner Residenz Lappeggi eine Camera delle porcellane einrichten ließ, vgl. ebd. S. 79. 437 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. 82r–82v. 438 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. IVr „Tutte le Porcellane sopra i palchetti della camera buia esistono. E tutte quelle esistenti nelle stanze della Guardaroba sono state date per legato alla Signora Uguccioni, e alle due Dame della chiave d’oro.“ 439 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. 89r. 440 Vgl. Dokument 1.6 im Quellenanhang: ASF, MM 600, fol. 88v–89r.

Die Wiederkehr der Flora | 189

Anna brachte ihren Rang durch Größe, Lage und Ausstattung ihres Appartements zum Ausdruck. Die Ausstattung ihrer Gemächer fällt in ihre Zeit als Witwe und als, zumindest nominelle, Großherzogin der Toskana. Mit dem Wissen, dass mit ihr das Haus Medici aussterben würde, berief sie sich in erster Linie auf ihre mediceischen Wurzeln. Im Vordergrund stand ihre loyale Beziehung zu Florenz, die sie durch die dortige Kunstproduktion zu perpetuieren wusste. Die dynastische Verbindung zum Hause Wittelsbach wurde insbesondere durch die zahlreichen, teils großformatigen, Porträts ihres Ehemanns sowie weiterer Angehörige dieser Dynastie zum Ausdruck gebracht. Zeugnis hiervon legt vor allem auch der überaus prächtige Kabinettschrank mit dem Bildnis Johann Wilhelms ab. Durch die zahlreichen Porträts von Herrscherinnen und Herrschern europäischer Fürstenhäuser, Prinzessinnen und Prinzen der Häuser Wittelsbach, Pfalz-­Neuburg, der Farnese sowie Österreichs, Frankreichs, Spaniens, Polens und Portugals präsentiert sich Anna de’ Medici als aktiv agierende Herrscherin mit internationalem Netzwerk, während sie mit den zahlreichen Heiligendarstellungen auf ihre religiös legitimierten, politischen Handlungsspielräume verwies. Dass Anna in jenen Räumen residierte, die schon von ihren illustren Vorfahren, den regierenden Großherzoginnen Eleonora di Toledo und vermutlich auch Christiane von Lothringen 441, bewohnt worden waren, unterstreicht zusätzlich ihren Status als First Lady am Florentiner Hof. Ihr Appartement im Palazzo Pitti erweist sich vor ­diesem Hintergrund als Bereich herrscherlicher Repräsentation, in dem die Fürstin ihr Image einer regierenden Großherzogin proklamierte, das sich in Zusammenspiel von Raumausstattung, Porträts und Objekten widerspiegelte.

4.3 Die Wiederkehr der Flora: Giovacchino Fortinis Medaille als Huldigung auf Anna Maria Luisa de’ Medici (1717) Paradigmatisch für die Hoffnung auf eine prosperierende Regierung steht die Medaille, die der Künstler Giovacchino Fortini (1670 – 1736) im Jahr der Rückkehr Anna de’ Medicis nach Florenz prägte (Abb. 21 und 22).442 Das antikisierende Profilbildnis auf dem Avers deutet jene Erwartungshaltung an Anna an, die auf dem Revers mit einer Vedute von Florenz zur Anschauung kommt, vor der ein Flussgott und eine Blumengöttin platziert sind: 441 Strunck nimmt an, dass Christiane von Lothringen nach ihrem Einzug in Florenz am 30. April 1589 für ca. ein Jahr das ehemalige Appartement von Eleonora di Toledo bezogen hatte. Vgl. Strunck 2017, S. 400, 442. 442 Zu Giovacchino Fortini vgl. Bellesi / Visonà 2008. Die zweibändige Monografie stellt die bisher umfassendste Zusammenschau von Leben und Œuvre des Künstlers dar, der als Medailleur, Bildhauer, Architekt und Maler tätig war. Fortini entstammte einer bedeutenden Steinmetz-­Familie aus Settignano und wurde in der Werkstatt der Bildhauer Carlo Marcellini und Giuseppe Piamontini ausgebildet. Neben den Medici war die in den Adel aufgestiegene Familie Feroni der wichtigste Auftraggeber Fortinis, zu dessen bedeutendstem Auftrag die malerische Ausstattung ihres Landguts, der Villa Bellavista, zählt, vgl. hierzu ebd., S. 85 – 112.

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Abb. 21 Giovacchino Fortini, Hommage an Anna Maria Luisa de’ Medici, 1717, vergoldete Bronze, Ø 8,5 cm, Avers, Florenz, Museo del Bargello

Abb. 22 Giovacchino Fortini, Hommage an Anna Maria Luisa de’ Medici, 1717, vergoldete Bronze, Ø 8,5 cm, Revers, Florenz, Museo del Bargello

die Wiederkehr einer kulturellen Blütezeit unter ihrer Herrschaft. Der strenge, geradeaus gerichtete Blick auf der Vorderseite, der leicht geöffnete Mund mit der etwas nach vorne ragenden Unterlippe, die markante, gerade geschnittene Nase und das ausgeprägte Kinn, das in sanfter Rundung in den langen, wohlgeformten Hals übergeht, vermitteln dem Betrachter das Bild einer gleichermaßen unbeugsamen wie friedliebenden Herrscherin. Die zum Zeitpunkt der Entstehung der Medaille ungefähr 50-jährige Anna de’ Medici ist jugendlich-­idealisiert dargestellt. Durch die linke, nach vorne gedrehte Schulter kontrastiert die majestätisch anmutende Erhabenheit ihres Kopfes deutlich mit dem Brustbereich. Sie verleiht der Figur eine Lebendigkeit, die auch in den leicht gespannten Mundwinkeln zum Ausdruck gebracht wird. Aufgenommen werden diese unterschiedlichen Bewegungsrichtungen in der Darstellung der Frisur und der Kleidung. Das kunstvoll hochgesteckte, leicht gewellte Haar, aus dem sich im Stirnbereich eine Locke gelöst hat, ist zu einem Dutt geformt und wird von einem mit Perlen verzierten Diadem gebändigt. Die in feinen, nahezu vertikal verlaufenden Linien des Schleiers am Kopf und die hoch aufgetürmte Frisur betonen zusätzlich die aufrechte Haltung Annas und verleihen ihr Nobilitas. Den Hinterkopf Annas ziert ein mit der Haartracht verwobener, von einer Perlenkette durchzogener Witwenschleier. Im Wechselspiel von Ver- und Enthüllen legt sich der Stoff auf die Schultern. Der Schleier bedeckt das Haupt und fällt locker auf die Schultern, während das von einem Mittelscheitel geteilte und in Wellen gelegte Haar im Stirnbereich unter dem Stoff hervorschaut. Der Vergleich mit einem der prestigeträchtigsten Stücke der Medici-­Sammlung, der sogenannten „Venus de’ Medici“, legt einen direkten Bezug zum unmittelbaren künstlerischen Umfeld Fortinis nahe. Cosimo III . erwarb die antike Statue 1677 für seine

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Abb. 23 Antonio Selvi, Violante Beatrix von Bayern, 1690, vergoldete Bronze, Ø 8,5 cm, Avers

Sammlung und stellte sie prominent in der Tribuna der Uffizien zur Schau, wo sie sich noch heute befindet. Insbesondere die Feinheit der wie gezeichnet wirkenden Gewandfalten und Gesichtszüge auf der Medaille könnten auf eine Vorbildhaftigkeit der antiken Statue deuten, ebenso auch die hochgesteckte und mit Bändern und Diadem zusammengehaltene Frisur. Kulminationspunkt im Profilbildnis Annas bildet eine zentral angebrachte rautenförmige Brosche, eine fermezza, die als Schließe für einen Mantel dient. In dem Schmuckstück laufen strahlenförmig die Falten zusammen. Unter dem Mantel ragt ein spitzenbesetztes Gewand hervor, über dem eine Kette mit Anhängern zu sehen ist. Das zentral ins Blickfeld gerückte Schmuckstück verweist auf Anna als Kunstmäzenin und ihre bedeutende Schmucksammlung. Es handelt sich hierbei um eine als alamaro bezeichnete Brosche, eines ihrer bevorzugten Schmuckstücke.443 Vermutlich ließ Anna de’ Medici das Werk als Gegenstück zu einer von Antonio Selvi geprägten Medaille mit dem Bildnis einer ihrer schärfsten Konkurrentinnen am Medici-­ Hof anfertigen, und zwar ihrer Schwägerin Violante Beatrix (Abb. 23).444 Beide Frauen 443 Der Vergleich mit einer von Antonio Selvi geprägten Medaille für Eleonora Luisa Gonzaga-­Guastalla (1686 – 1741) zeigt Ähnlichkeiten von Accessoires, Haartracht und Kleidung beider Frauen. Frisur und am Hinterkopf befestigter Schleier, dessen Falten in der Brosche zusammenlaufen, sind in ähnlicher Weise dargestellt, vgl. Langedijk 1981 – 1987, Bd. I, S. 689 (Abb.: ebd., S. 691). Die Medaille ist undatiert. Die Inschrift auf der Vorderseite lautet: „ELEONORA · GONZAGA · ETRUR · PRINCEPS“ und auf der Rückseite: „SECUNDIS · DUBIISQUE · RECTA“. Das Revers zeigt einen Orangenbaum als Verweis auf die Zugehörigkeit zu den Medici. 444 Eleonora di Toledo ließ eine Medaille prägen, die auf dem Avers das Profilbildnis der Herrscherin zeigt. Auch sie trägt einen Schleier. Eine Inschrift verweist auf Eleonoras noble Herkunft: „­ ELEONORA · DE · TOLEDO · PETRI · D · MED · VXOR“ Auf dem Revers ist eine Sonnenblume zu sehen, die der Sonne zugewandt ist. Ergänzt wird die Darstellung durch das Motto „PVULCHER · DVM · SIMILIS“, vgl. Langedijk 1981 – 1987, Bd. I, S. 715.

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sind in Profilansicht auf dem Avers dargestellt. Eine leichte Drehung des Oberkörpers evoziert eine Bewegtheit, die mit dem streng geradeaus gerichteten Blick ­kontrastiert. Antiken Herrscherbüsten nachempfunden, ist an der linken Schulter Violantes eine Schließe zu sehen, die an eine Chlamys erinnert. Die Inschrift verweist auf den Rang ­Violante Beatrix’: „VIOLANTES· BEATR·EX·BAV·MAG·ETR·PR ·“, mit der sie sowohl auf ihre bayerische Herkunft als auch auf ihren Status einer toskanischer Prinzessin anspielt. Auch Anna beansprucht diesen Status, wenn sie sich in der den Rand der Medaille umlaufenden Inschrift durch den Bezug auf ihren Vater Cosimo III . als direktes Familienmitglied der Medici und gleichzeitig als Witwe von Kurfürst Johann ­Wilhelm von der Pfalz inszeniert: ANNA·M·­LVDOVICA· P·AB·ETR·COSMI·III·M·E·D·F·IO·W ILH·E·PAL·ET·OLIM·VXOR“. ­Violante kehrte nach dem Tod ihres Mannes 1713 nicht an ihren Heimathof zurück, sondern verblieb in Florenz. Das Verhältnis ­zwischen Anna de’ Medici und Violante gestaltete sich nach der Rückkehr Annas als besonders schwierig. Per Dekret vom 20. Oktober 1717 hatte Cosimo III . den beiden Frauen den gleichen Rang zugesprochen, jedoch wurde Anna von ihrem Vater bevorzugt behandelt. Dies musste bei Violante auf Missfallen stoßen, denn seit dem Tod der Großmutter Annas, Vittoria della Roveres 1694, hatte sie den Status der ersten Dame am Hof inne. Das Verhältnis der beiden Schwägerinnen war deshalb besonders spannungsreich. Um möglichen Konflikten vorzubeugen, hatte Cosimo Violante jedoch als Entschädigung die Regierung des Staates Siena, der kaiserliches Lehen war, übertragen, wo sie am 13. April 1717 als Gouverneurin Einzug hielt.445 Zum weiteren Personenkreis am Medici-­Hof neben ihrem Bruder Gian Gastone und der verwitweten Violante ­Beatrix gehörte eine zweite Witwe: Eleonora Luisa Gonzaga-­Guastalla (1686 – 1741). Sie war 1709 mit dem Onkel Annas, Francesco Maria de’ Medici verheiratet worden und blieb bis 1729 in Florenz. Ursprünglich hatte Francesco Maria die Kardinals-­Laufbahn eingeschlagen, war jedoch von Cosimo dazu bewogen worden, abzudanken, um heiraten zu können und die Dynastie vor dem Aussterben zu retten. Neben Gian Gastone stellten also zwei Witwen Ansprüche auf den Status als erste Dame am Medici-­Hof. Vor dem Hinter­grund dieser schwierigen Konstel­lationen war es für Anna de’ Medici von besonderer Bedeutung, sich als rechtmäßige Regentin in Szene zu setzen.

445 Kühn-­Steinhausen 1939, S. 100. Die offizielle Bezeichnung lautete: „Governatrice della Città e Stato di Siena“. Die Krönungszeremonie ist ausführlich in einem Dokument der Guardaroba Medicea beschrieben, vgl. die Dokumente in ASF, Mediceo del Principato, 6321, fol. 1031r–1034v. Violante Beatrix residierte an den Höfen von Siena und Florenz. Siena galt als „Erweiterung des politischen Körpers“ des Florentiner Hofs, was insbesondere vor dem Hintergrund des Aussterbens der Dynastie zu Beginn des 18. Jahrhunderts an Bedeutung gewann. Im Zuge der wiedergewonnenen Macht der Medici und der Installierung des Großherzogtums wurde Siena durch die Regierungsreform vom 11. 2. 1561 zur „Città e Stato di Siena“ erklärt. Dieses Gesetz sah die Einsetzung eines Statthalters durch den Großherzog vor, wodurch Siena vom Florentiner Hof abhängig wurde, vgl. Savelli 2008, Bd. 1, S. 327 – 341. Für eine Untersuchung der wechselseitigen kulturellen und politischen Beziehungen der Höfe in Florenz und Siena unter der Regentschaft Violantes vgl. Calvi 2015, S. 302 – 321.

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Durch die Verbindung von antikisierenden und zeitgenössischen Elementen gelang es Anna, sich als moderne Mäzenin und friedliche Regentin zu inszenieren, wie es leitmotivisch in der Szene auf dem Revers der Medaille angelegt ist.446 Die Darstellung vermittelt Prosperität und Caritas: Am linken unteren Rand befindet sich ein Flussgott, der als Personifikation des Arno unterschiedliche, gegenläufige Bewegungsrichtungen von Oberund Unterkörper in sich vereint. Die Darstellung im Kontrapost visualisiert die unterschiedlichen Windungen des Flussbettes, die sich in den Rundungen des Körpers zeigen und zusätzlich durch den Rücken die Form der Medaille aufnehmen. Die gegenläufigen Bewegungsrichtungen werden durch das Abstützen des rechten, abgewinkelten Arms auf dem linken Knie dargestellt, wobei der Flussgott seine rechte Hand vor die linke Gesichtshälfte hält, um sich vor den blendenden Sonnenstrahlen zu schützen. Seine Augen sind zusammengekniffen und er trägt einen Bart sowie nach allen Seiten abstehende Haare. Dass das Motiv in unmittelbarem Bezug zur Florentiner bildenden Kunst steht, bezeugt der Vergleich mit dem „Pensiero“ (1691 – 1693) von Piamontini in der Cappella Feroni in SS. Annunziata (Abb. 24).447 Beide Figuren zeichnen sich durch eine Bewegtheit aus, die gleichzeitig Instabilität vermittelt. Diese Beobachtung wird zusätzlich durch den Fuß des rechten, angewinkelten Beins unterstrichen, der am Rand der Medaille Halt zu finden sucht. In seiner linken Hand hält der Flussgott ein Füllhorn, unter dem sich ein Gefäß befindet, aus dem Wasser fließt. Zu seinen Füßen hat sich ein Löwe, der Florentiner ­Marzocco, niedergelassen. Die Medaille kann somit zugleich auch als eine Hommage an die heimische Bildhauerkunst verstanden werden. Als Pendant zu dem Gott ist auf der gegenüberliegenden, rechten Seite die Blumengöttin Flora, Personifikation von Florenz, dargestellt, die von einem fliegenden Genius mit einem Blumenkranz gekrönt wird. Mit leicht nach vorne geneigtem Oberkörper greift sie mit der Hand ihres rechten, ausgestreckten Arms nach einer Blume, während sie mit ihrer linken Hand ein Bündel Blumen hält, das sie in ihrer Schürze birgt. Wie der Flussgott ist auch die weibliche Figur durch unterschiedliche, kontrastierende Bewegungsmomente charakterisiert, die aber weniger in der Körperhaltung, als vielmehr in der aufgebauschten Kleidung zum Ausdruck kommen. Sie ist eingehüllt in ein langes, antikisierendes Gewand, das in ausladenden Falten zu Boden fällt und im Bereich der Schultern wie durch einen Windstoß aufgewirbelt wird. Die von Fortini dargestellte Flora steht damit in der Tradition weiblicher Frauenfiguren der Florentiner Malerei des Quattrocento, wie sie am eindrucksvollsten durch Sandro Botticelli

446 Zum Topos des „Goldenen Zeitalters“ von der Antike bis zum 18. Jahrhundert vgl. Veit 1961. Eine Darstellung des „Goldenen Zeitalters“ im Medici-­Umkreis befindet sich in der Sala della Stufa im Florentiner Palazzo Pitti. Das Fresko wurde 1637 von Pietro da Cortona gemalt. 447 Zur Cappella Feroni in SS. Annunziata und zu den Repräsentationsstrategien des Auftraggebers Francesco Feroni vgl. Follmann [o. Jahr]. Die Gesamtkonzeption der Kapelle wurde in die Hände des Bildhauers und Architekten Giovanni Battista Foggini (1652 – 1725) gelegt. Francesco Feroni war Soprintendente della Guardaroba Generale und beaufsichtigte die großherzoglichen Werkstätten, vgl. ebd., S. 10 f.

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Abb. 24 Giuseppe Piamontini, Pensiero, 1691 – 93, Florenz, SS. Annunziata, Cappella Feroni, 2. Kapelle des linken Seitenschiffs

verwirklicht wurden.448 Die Flora in dem um 1482 entstandenen Gemälde „Primavera“ weist einige Ähnlichkeiten zur Flora Fortinis auf. Dies verdeutlicht insbesondere der Vergleich der aufgebauschten Gewänder der Figuren, in denen die beiden Flora-­Darstellungen Blumen bergen. Während der Flussgott der Fortini-­Medaille Bewegtheit und Instabilität vermittelt, strahlt die Göttin innere Ruhe und Ausgeglichenheit aus. Im Hintergrund zeichnet sich die Kulisse von Florenz ab, während die Sonne auf die Szenerie strahlt. In der neueren Forschung wurde die Medaille als Hommage des Künstlers an Anna de’ Medici und als Geschenk des Dankes für das enge Patronageverhältnis z­ wischen Herrscherin und Künstler interpretiert. Auffällig ist jedoch, dass die Medaille weder Datum noch Künstlersignatur trägt, wie es für Geschenke solcher Art üblich war, was eher auf eine künstlerische Selbstdarstellung schließen lässt. Fortini fertigte die Medaille 1717 an. Eine Schlüsselposition nimmt ein rechts oben schwebender, geflügelter Genius ein. In seiner rechten Hand hält er die Florentiner Lilie. Sie bildet das Zentrum. Mit seiner linken Hand hebt er einen Blumenkranz über den Kopf Floras: ein deutlicher Hinweis auf eine Krönung. Die Parallelisierung von Anna und Flora verweist auf ihre eingangs beschriebene Nominierung zur Großherzogin. Die in herrscherlicher Pose dargestellte Profilbüste auf dem Avers und die Zurschaustellung

448 Vgl. Abb. in: Zöllner 2005, S. 211.

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von Hoffnung auf Wohlstand und Frieden verheißender Regentschaft auf dem Revers der Medaille verbinden sich zu einem allegorischen Herrschaftsporträt. Die Medaille besaß somit legitimatorische Bedeutung und verwies auf Anna als rechtmäßige Erbin des großherzoglichen Throns. Gleichzeitig verband Fortini diese Visualisierung der Machtzuweisung mit einer weiblich geprägten Ikonografie der Stadt Florenz. Flora verbildlicht die Fruchtbarkeit des Landes und Anna de’ Medici als Friedensbringerin steht für die Erneuerung des politischen Regimes. Darauf deutet auch die Inschrift auf dem Revers hin: „­ LAETITIAE REDVCI – FIRMANTVR · SOLE · REGRESSO“449. Seit dem Mittelalter berief sich die Stadt auf ihre antiken, römischen Wurzeln im Rückgriff auf Florenz als Tochter Roms.450 Dante bezeichnete in seinem „Convivio I,3“ Florenz als „tamquam Roma“ und ebenso als „bellissima e famosissima figlia di Roma“.451 Diese Ikonografie findet sich auf einer Medaille, die Niccolò Fiorentino um 1490 als Hommage auf Lorenzo il Magnifico, den Enkel von Cosimo il Vecchio, anfertigte.452 Die Inschrift auf der Rückseite „TUTELA · PATRIE · FLORENTIA “, „Schutz dem Florentiner Vaterland“ ergänzt das Motto der „Fiorenza“ durch die im Schatten des Baumes sitzende Frau. Ähnlich dem Gestus Anna de’ Medicis im Porträt von Antonio Franchi hält sie in ihrer rechten Hand drei Blumen, deren Blüten aus einem Stängel sprießen, während die Linke auf ihrem Schoß ruht, in dem sie weitere Blumen birgt. Mit kerzengerader Haltung lehnt ihr Rücken an dem Baumstamm, der gleichzeitig aus dem Rücken der Frau zu wachsen scheint. Damit wird die enge symbolische Verbindung von Florenz als weiblicher Personifikation und Lorenzo deutlich. Lorenzo ist mit der Stadt verwurzelt und stilisiert sich zu ihrem Beschützer. Dass Anna de’ Medici mehr als 200 Jahre später mit der Porträtdarstellung auf der Medaille auf eine ähnliche Ikonografie von Hoheitszeichen zurückgreift, schafft eine sinnfällige Verbindung der letzten Medici zu den Anfängen der Dynastie zu Zeiten der Republik unter den Nachkommen Cosimos, des „Pater Patriae“. Die Visualisierung antiker Gottheiten, die eng mit dem Gründungsmythos von Florenz verbunden sind, stützt diese Deutung. 449 Vgl. Langedijk 1981 – 1987, Bd. I, S. 288. „Die Freude habe ich zurückgebracht – bestätigt durch die zurückgekehrte Sonne.“ 450 Vgl. Gáldy 2009. Auch der Fiorino d’oro, der 1252 zum ersten Mal geprägt wurde, zeigte auf der Rückseite die Lilie, vgl. Randolph 2002, S. 105. 451 Vgl. AK Dal Giglio al David 2013, S. 19. Florenz stellte sich seit dem frühen 14. Jahrhundert als Personifikation der „Fiorenza“ oder „Florentia“ dar, und zwar in der Verkörperung einer Frau, wie schon früh Brunetto Latini (1220 – 1294) in seinem Il Tesoretto dichtet: Al tempo che Fiorenza / floria, e fece frutto, / sì ch’ el’ era del tutto / la donna di Toscana (Vers 114 – 117; vgl. Baker 1979, S. 84 f.; Hinweis bei Randolph 2002, S. 50, ohne Originalzitat). Zu Cosimo I. als Sammler von antiken Münzen und dem Zusammenhang zum antiken Gründungsmythos von Florenz vgl. Gáldy 2009, bes. S. 133 – 191. 452 Durch ein Urteil waren 1489 ein Großteil der Regierungsgeschäfte sowie die Stammvilla der Medici der Nebenlinie zugesprochen worden. Vor d ­ iesem Hintergrund deutet Bredekamp die Medaille als Antwort auf die Darstellung der Flora in der „Primavera“ Botticellis. Zu den Kontroversen z­ wischen der älteren Medici-­Linie, vertreten durch Cosimo il Vecchio und dessen Sohn Piero il Gottoso und seinen Söhnen Lorenzo il Magnifico und Giuliano, und der jüngeren Linie, der Nebenlinie der Medici, vertreten durch Lorenzo il Vecchio, dessen Sohn Pierfrancesco und seinen Söhnen Lorenzo und Giovanni, vgl. Bredekamp 2002, S. 38 f.

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4.4 Vom Inventar zur Ausstellung: Antonio Cocchi und die Neuordnung der Antiken (1738) Die Huldigungs-­Medaille für Anna de’ Medici steht paradigmatisch für den bereits indexikalisch im Material des Objekts angelegten Reichtum der Medici, den die Sammlung von Gemmen und Medaillen offenbart. Gleichzeitig beriefen sich die Medici mit der Zurschaustellung von Medaillen und antiken Sammlungsgegenständen immer auch auf ihre Anciennität. Pomian entwickelte den Begriff der „Semiophoren“ als Bezeichnung für die in Medici-­Inventaren des 15. Jahrhunderts aufgeführten geschnittenen Steine (Gemmen, Kameen und wertvolle Pretiosen)453, die ihm als „Bedeutungsträger“ gelten.454 Über ihre Zeichenhaftigkeit hinaus verweist die Medaille auf weitere Bedeutungsebenen, die im Kern jene Entwicklungen berühren, die zur Formierung der fürstlichen Medici-­ Sammlung als einem modernen Museum geführt haben. Dies betrifft hauptsächlich die unter Cosimo III. begonnene und unter der Ägide Anna de’ Medicis fortgeführte Neuordnung der Gemmen, Kameen und Medaillen durch eine systematische Erfassung und Katalogisierung der Bestände.455 453 Im Folgenden wird der Begriff „Gemmen“ für in Goldschmiedearbeiten gefasste Steinschnitte verwendet. Dies schließt Edel- oder Halbedelsteine mit vertiefter (Intaglio) oder reliefartig erhabener (Kamee) bildlicher Darstellung ein, vgl. „Kamee“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 3, S. 614, und „Gemme“, ebd., Bd. 2, S. 689 – 691. 454 Anhand seiner ­Theorie der „Zeichenträger“ von Gegenständen stellt Pomian die Funktion von Dingen als Bedeutungsträger heraus. Er entwickelte hierfür ein Beschreibungs- und Begriffsschema, mit dessen Hilfe er die Rolle von Exponaten in Museumsinszenierungen beleuchtet, vgl. Pomian 1994. Angelehnt an die Untersuchungen Pomians analysiert Grote die Rolle von einzelnen Sammlungsstücken und Objekten der Medici im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert unter der Regierung Cosimos il Vecchio hinsichtlich ihrer Rolle als „Bedeutungsträger“. Grote interpretiert die Tondi im Innenhof des ehemaligen Familienpalastes der Medici, des Palazzo Medici-­Riccardi, als „emblematische Ausdeutungen von Darstellungen auf Gemmen und Kameen“, vgl. Grote 1994, S. 216. Für eine Unterscheidung von gesammelten „Dingen“ und „Objekten“ im Kontext universitärer Sammlungen vgl. Strohschneider 2012. 455 Cosimo III. ließ eine große Menge antiker Skulpturen ankaufen und förderte maßgeblich das Antikenstudium am Medici-­Hof. Vgl. Bellesi / Visonà 2008, Bd. 2, S. 172, und Haskell / Penny 6 2006. Bereits Cosimo I. widmete sich der Sammlung und systematischen Neuordnung von Antiken, Gemmen und Münzen. Sie wurden zunächst bis 1560 zusammen mit modernen Kunstwerken im Palazzo Vecchio, im „Scrittoio della Calliope“ und der Sala delle Carte Geografiche ausgestellt. Ab ca. 1568 gelangten sie teilweise in den Palazzo Pitti, wo sie in der Sala delle Nicchie präsentiert wurden. Die wertvollsten antiken Bronzen hatte Francesco I. 1586 in die Tribuna der Uffizien bringen lassen. Die Antiken oblagen der Verwaltung der Guardaroba delle robe fabbricate. Mit der Zurschaustellung der Antiken in den Medici-­Residenzen berief sich Florenz auf seine glorreiche Vergangenheit und seine antiken Wurzeln, vgl. Gáldy 2009, S. 34 – 197. Gáldy geht den Fragen nach den Wechselwirkungen ­zwischen „archäologischem Wissen“ über Florenz im 16. Jahrhundert und Gründungsmythen sowie nach dem Anteil antiker Objekte an der Sammlungspräsentation nach. Die Autorin widmet sich auch der Frage, was im 15. und 16. Jahrhundert als „antik“ angesehen wurde.

Vom Inventar zur Ausstellung | 197

Die Sammlung wurde im Laufe der Zeit des Großherzogtums ständig erweitert. Zu den wichtigsten Erwerbungen gehörte die in Rom von Kardinal Leopoldo de’ Medici angelegte, die kurz vor seinem Tod in die der Medici in Florenz einging. Sammlung und Präsentation dieser kostbaren Stücke fanden durch Anna de’ Medici eine Wertschätzung und einen Höhepunkt, die der Memoria ihrer Dynastie dienen sollte. Dem Gelehrten Antonio Cocchi kam als einer der Schlüsselfiguren eine zentrale Rolle beim Aufbau und der Neupräsentation der Antikensammlung zu.456 Am 7. Januar 1738 wurde er von Anna de’ Medici zum Nachfolger von Sebastiano Bianchi, zum Primo Antiquario dell’Imperial Galleria fiorentina, des Kustoden der Antikensammlung, ernannt – ein Amt, das er bis 1758 innehatte.457 Die Bedeutung seiner Person im Zentrum der Medici-­Sammlung lässt sich daran ermessen, dass der Aufseher einer Galerie bis ins 18. Jahrhundert hinein nicht nur den Besuchern Zutritt zu den Räumen durch Führungen verschaffte, sondern sich auch durch Spezialwissen auszeichnete. Cocchi, einer der bedeutendsten italienischen Gelehrten und eine der glänzendsten Persönlichkeiten des beginnenden 18. Jahrhunderts, war als erster Antiquar für die Führung gebildeter Besucher zuständig, wohingegen die übrigen Kustoden Besucher mit geringerer Fachkenntnis durch die Sammlungen führten.458 Er bot in dieser Funktion Hintergrundinformationen zu den Medaillen und war für die Erklärung und Präsentation einzelner Stücke zuständig. Dabei kamen ihm seine breite Bildung und Kennerschaft unterschiedlicher Wissensbereiche zugute: Naturwissenschaft und Astrologie, Numismatik und Antikenstudium. Im Folgenden soll sein Anteil an Aufbau und Katalogisierung der Medici-­Sammlung untersucht werden. Cocchi ist hauptsächlich als Sammler von Naturalien auf dem Gebiet der Zoologie, Paläontologie und Mineralogie bekannt, die nach seinem Tod in das Museum della Specola überführt wurden. 1726 war ihm auf Empfehlung des Marchesen Carlo Rinuccini durch Gian Gastone der Lehrstuhl für Medizin an der Universität Pisa angeboten worden. 1736 kehrte er jedoch wieder nach Florenz zurück, wo er zunächst an der Universität Anatomie und Philosophie lehrte, um

456 Cocchis Rolle in Bezug auf eine Neuordnung der Medici-­Sammlung wurde bisher noch nicht hinreichend untersucht. Die folgenden Ausführungen sollen als Anregungen für weitere Forschungen auf ­diesem Gebiet dienen. Grundlegend zur Person Cocchis vgl. Corsini 1928, und die mit einem ausführlichen Quellenanhang versehene Publikation von Fileti Maza / Tomasello 1996; Nachfolger in ­diesem Amt war sein Sohn Raimondo Cocchi. 457 Bianchi entstammte einer traditionsreichen Familie von Intagliatori, Steinschnittarbeitern, die schon seit dem 16. Jahrhundert für die Medici, insbesondere für die Fürstenkapelle in San Lorenzo, gearbeitet hatten. Zu Beginn der 1730er Jahre hatte er an dem von Anton Francesco Gori publizierten und Gian Gastone gewidmeten zehnbändigen Werk „Museum Florentinum: Gemmae antiquae ex Thesauro Mediceo et privatorum dactyliothecis Florentiae“ mitgearbeitet, einem Schlüsselwerk für die Florentiner Galerie. Cocchis Kennerschaft auf dem Gebiet der Gemmen, Medaillen und Inschriften belegt auch das 1734 publizierte „Statuae antiquae deorum et virorum illustrium quae extant in Thesauro Mediceo“. 458 Die meisten Besucher kamen aus dem Ausland. Zu ihnen zählten Franzosen, Polen, Russen, ­Schweden und viele Engländer, einer der prominentesten unter ihnen war Sir Horace Mann, vgl. Fileti / Tomasello 1996, S. XLVII.

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zwei Jahre später zum „ersten Antiquar“ berufen zu werden.459 Ursprünglich hatte Gian Gastone in einem Dekret verfügt, die Nachfolge des Kustoden der Galerie in die Hände eines weiteren Mitglieds der Familie Bianchi, Giovan Francesco, zu legen.460 Er wurde als Kurator Cocchi unterstellt. Wesentlichen Einfluss auf die Nominierung Cocchis hatte ihr enger Berater Rinuccini.461 Als Mitglied der Accademia della Crusca war er einer der Haupt-­Sponsoren der vierten Ausgabe des Vocabolario della Crusca und setzte sich für eine systematische Aufarbeitung und Erhaltung des antiken Erbes von Florenz ein.462 Aus seinen Tagebuchaufzeichnungen, den „Efemeridi“ vom 31. März 1738, gehen seine Aufgaben als Antiquar hervor. An oberster Stelle stand die Anfertigung eines Inventars, das alle Medaillen detailliert beschreiben und auflisten sollte. Cocchi nahm seine Arbeit am 7. März 1738 auf. Auf diesen Tag ist das erste Inventar der Gemmen, Medaillen, Kameen und Steinschnittarbeiten datiert. Die Objekte wurden dabei nach chronologischen und topografischen Kriterien geordnet und mit Nummern und Angaben zu Material und Größe versehen. Die Beschreibung der Objekte erfolgte dabei nicht einzeln, sondern anhand von Schwerpunkten, wobei die Inventarisierung nach folgendem Schema erstellt wurde: Standort des Schranks, der Tafel, Nummer der Medaille, Material und Gewicht (oncia, denaro und grani). Anna de’ Medici hatte Cocchi im Zuge seiner Anstellung ein eigenes Büro im Palazzo Pitti zugewiesen. Die Sammlung der antiken und zeitgenössischen Gemmen und Münzen befand sich im siebten Raum des zweiten Korridors der Uffizien in Kunstkammer-­ Schränken. Cocchi hatte die Schlüsselgewalt über die zehn für die Aufbewahrung der Medaillen vorgesehenen Schränke und eine Truhe, in der sich 21 mit Kameen befüllte Kästen befanden.463 Als Grundlage für seine Arbeit dienten ihm bereits bestehende ­Inventare 459 In seinen Efemeridi vom 25. September 1733 ist die Rede von der Beschreibung seines Museums („Descrizione del mio Museo“), vgl. Fileti Maza / Tomasello 1996, S. L. Vermutlich handelt es sich hierbei um eine Privatsammlung Cocchis, da er erst später am Medici-­Hof angestellt wurde, der Passus verweist aber auf seine Kennerschaft im Bereich von Sammlungen. 460 Vgl. Fileti / Tomasello 1996, S. XXXII. 461 Giovan Francesco Bianchi stand dennoch als „Primo Custode“ weiterhin in den Diensten der Regierung, was zu großen Konflikten ­zwischen Cocchi und Bianchi führte, vgl. Fileti / Tomasello 1996, S. XXXXIX–XL. 462 Die hohe Bedeutung, die Cocchi als erstem Antiquar beigemessen wurde, wird durch den anwesenden Mitarbeiterstab bei der Einführung Cocchis in sein Amt unterstrichen. Unter diesen befanden sich der Senator Francesco Ricasoli, Graf Guidi, Kommissar des Großherzogs und mehrere Minister der Guardaroba, die namentlich mit Gaetano Rigoli, Benedetti und Suttermanni aufgeführt sind, sowie der Guardaroba maggiore Vincenzo Riccardi, vgl. Efemeridi vom 6. März 1738, in: Fileti / Tomasello 1996, S. 10. 463 „Nella mia stanza v’era di piu una segreteria all’inglese che l’Elettrice m’aveva mandato suppongo a mio uso. Il Benedetto Guardaroba […] mi disse che l’Elettrice aveva mandata tal segretaria, cioè ordinato a lui che ei mandasse per prenderla a Palazzo e che la facesse trasportare alla Galleria nella nuova stanza […] dal conte di Richecourt fu fatto tutto il discorso, e fu ordinato che da capo si facesse l’inventario, descrivendo esattamente ciascuna medaglia. Onde per rimettere l’affare in integro, sigillarono i dieci stipi delle medaglie e il cassettone primo de’ camei, ove sono

Vom Inventar zur Ausstellung | 199

von Münzen und Gemmen, die ihm von Bianchi zur Verfügung gestellt worden und die hinsichtlich ihres sozialgeschichtlichen und kunsthistorischen Informationsgehalts von besonderem Interesse waren. Die Gesamtzahl der zu erfassenden Objekte – Medaillen, Münzen und Steinschnittarbeiten – belief sich auf zwanzigtausend. Einen großen Anteil machten auch die rund tausend Statuen, Büsten und Bronzefiguren aus.464 Die Neuordnung und Klassifizierung der Antiken diente vor d ­ iesem Hintergrund insbesondere der Zurschaustellung der glorreichen Vergangenheit der Medici in den Uffizien und sollte bei den Betrachtern Staunen und Bewunderung hervorrufen. Zusätzlich wurden die Sammlungsbestände durch Publikationen verbreitet: „[…] la quale esposta all’uso e all’ammirazione degli uomini può anch’essa molto contribuire al decoro ed alla gloria di chi la possiede.“465 Diese Aktivitäten stehen paradigmatisch für räumlich-­institutionelle Veränderungen im Bereich der europäischen Museumslandschaft: von privaten Sammlungen zu Museen mit öffentlichem Charakter. Dass dies für die Gemmen-­Sammlung zutrifft, ist durch Aussagen von Zeitgenossen belegt. Charles de Brosses besuchte die Sammlung im Oktober 1739 und zeichnete ein eindrucksvolles Bild von ihrem Reichtum an Medaillen, Kameen und Steinschnittarbeiten: […] environ quinze mille médailles de toutes sortes d’espèces, grandeurs et métaux, parmi j’ai vu deux othon de cuivre moyen-­bronze […]. Item, plusieurs milliers de camaieux en relief, ou de pierres gravées d’un travail achevé pour la plupart.466

Cocchis Anstellung fällt in einen Zeitraum, der in vielerlei Hinsicht einen Wendepunkt markierte. Gian Gastone, letzter Großherzog der Toskana, starb am 9. Juli 1737. Kurz darauf wurde im selben Jahr der erwähnte Familienpakt festgelegt, in dem sichergestellt wurde, dass das Medici-­Erbe „gallerie, quadri, statue, bibliotheche, gioie ed altre cose preziose“ in der Toskana verbleiben sollten.467 Am 7. Dezember 1737 erfolgte die Nominierung Annas zur obersten Aufseherin über die Kunstschätze der Medici, wie durch einen Brief von Ferdinando Bartolommei an den „Consiglio di Reggenza“ aus dem gleichen Jahr

21 tavolette, e rilasciarono nelle mie mani le chiavi.“ Zit. n.: Fileti Maza / Tomasello 1996, S. 20 (Dokument: Biblioteca Medica di Careggi (BMC ), Manoscritti Cocchi (MC ), Efemeridi, 17, 31. März 1738). 464 Vgl. den Brief von Antonio Cocchi an den Regierungsrat vom 30. April 1738, in: Fileti / Tomasello 1996, S. 21. 465 Vgl. den Brief von Antonio Cocchi an den Regierungsrat vom 10. Mai 1738, in: Fileti / Tomasello 1996, S. 22. 466 Zit. n.: Fileti Maza / Tomasello 1996, S. XLVII. „Ungefähr fünfzehntausend Medaillen von jeder Sorte, Größe und Material, unter denen ich zwei Achate aus halb-­bronzenem Kupfer gesehen habe […]. Ebenso mehrere Tausend reliefierte Kameen und gravierte Steine größtenteils von vollendeter Arbeit.“ 467 Vgl. Fileti / Tomasello 1996, S. XXXII.

200 |  Mobilität und Materialität

belegt ist. Die Bestätigung dieser Forderung wurde am 11. Januar 1738 durch den neuen Großherzog Franz Stephan besiegelt.468 Cocchi stieg im Laufe seiner Amtszeit vom ersten Antiquar zum Direktor auf. Dieser Titel taucht zum ersten Mal 1755 in den Dokumenten auf – eine Erhebung Cocchis vom Aufseher über die Sammlung der antiken Gemmen, Kameen, Intaglien, Medaillen und Münzen zum Verantwortlichen für alle Kunstgegenstände, die sich in den angrenzenden Räumen des Palazzo Pitti befanden.469 Er selbst verkörperte die kulturelle Atmosphäre im Florenz der beginnenden 1730er Jahre in seiner Person und seiner Funktion. Literarisch-­ naturwissenschaftliche Auseinandersetzungen mit der glorreichen Florentiner Geschichte eröffneten einen neuen, dynamischen Zugang zu den Objekten: Die archäologischen Artefakte wurden nicht mehr als Zeugen einer statischen Vergangenheit aufgefasst, ­sondern als lebendige Akteure, die ihre Wirkmacht gerade im Kontext der Sammlung entfalteten.470 Wie aus seinen Tagebuchaufzeichnungen hervorgeht, arbeitete Cocchi eng mit dem Gemmenforscher und Antiquar Baron Philipp Stosch (1691 – 1757) zusammen, der vermutlich auch die Antikensammlung des Herrscherpaars am Düsseldorfer Hof gesehen hatte – zumindest legt das sein Aufenthalt im unmittelbar angrenzenden Holland ­zwischen 1710 und 1713 nahe, bevor er 1731 nach Florenz kam. Dort machte er sich als einer der bedeutendsten Antikensammler seiner Zeit einen Namen. Sein Haus galt als Treffpunkt eines Zirkels Florentiner Intellektueller, zu denen auch Cocchi zählte.471 Beide setzten sich für ein Modell zur Bestimmung von Antiken ein, das die Einteilung in Klassen, Typen und Genres zur Bestimmung von Material, Alter und Darstellungen vorsah. Baron Stosch dienten die Gemmen als Quelle zur Erforschung der Kulturgeschichte der römischen Antike, um die erste zusammenhängende Geschichte aller griechischen und römischen Götter und ihrer Attribute zu schreiben.472

468 Vgl. Fileti Mazza / Tomasello 1996, S. XXXII–XXXIII. Bartolommei war über 20 Jahre als diplomatischer Vertreter des Großherzogtums Toskana am Wiener Hof tätig gewesen. Nach dem Tod Gian Gastones und dem Übergang der Regierung an Habsburg-­Lothringen wurde er von Franz Stephan nach Florenz zurückberufen, um die Staatsgeschäfte der Toskana unter der Nachfolgeregierung zu regeln. Ihm kommt eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der Kulturgüter und Kunstschätze der Medici zu, vgl. Fileti Mazza / Tomasello 1996, S. XXXII. 469 Aus den Dokumenten erschließt sich nicht näher, w ­ elche Bereiche hiermit im Einzelnen gemeint waren. In einem Brief seines Nachfolgers, seines Sohns Raimondo Cocchi, ist lediglich die Sprache von „molti esempi d’altre commissioni che non son di medaglie, ma attenenti al resto della Galleria, e fino ad altri affari fuori di essa.“ Zit. n.: Fileti Mazza / Tomasello 1996, S. XLIX. 470 Ein Beispiel ist das Werk „De Etruria Regali“ von Thomas Dempster, das ­zwischen 1723 – 1726 in Florenz erschien. 471 Zu den weiteren Personen ­dieses Zirkels zählten die überwiegend am Medici-­Hof angestellten Minister und Bediensteten Buonarrotti, Gori, Bianchi, Cerretani, Lami, Marmi und Biscioni. ­Cocchi setzte seine Methode der Klassifizierung auch bei der Neuordnung der Biblioteca Marucelliana ein, die bis heute nach diesen Kriterien geordnet ist, vgl. Fileti / Tomasello 1996, S. XVIII. 472 Vgl. http://kulturportal-­west-­ost.eu/biographien/stosch-­philipp-­baron-­von-2; eingesehen am 20. 2. 2015.

Vom Inventar zur Ausstellung | 201

Die naturwissenschaftlich-­historischen Debatten über den Umgang mit der eigenen Geschichte in Florenz in den ersten Jahren des Settecento und der Austausch mit Wissen­ schaftlern und Gelehrten trugen maßgeblich zur Herausbildung dieser Methode bei. Cocchi war seit Oktober 1729 Mitglied der „Società Botanica“, deren Vorsitz als Sekretär er von 1734 bis 1743 innehatte. In der Totenrede für Pietro Antonio Micheli, dem Begründer der 1716 ins Leben gerufenen Gesellschaft, am 7. August 1737 im Palazzo Vecchio, sprach er von der Gründung eines öffentlichen Museums für „Kuriositäten der Natur“ („curiosità naturali“), das nicht nur der Akademie, sondern vor allem seinem Vaterland, der Toskana, zum Ruhm gereichen sollte.473 Mit den beiden Schlüsselbegriffen „pubblico museo“ und „ornamento“ antizipierte er jene Absicht, die Anna de’ Medici in dem nur zwei Monate später ratifizierten Familienpakt mit der Öffnung eines öffentlichen Museums, das als „Ornament des Staats“ fungieren sollte, verfolgte – ein Beweis für die produktive Interaktion ­zwischen der Fürstin und ihrem klientelären Umfeld. Insbesondere der Gelehrtenkreis um Cocchi hatte wesentlichen Anteil an ­diesem Paradigmenwechsel, der sich mit der Sammlungspräsentation in Florenz vollzog. Die allumfassende Bildung als Naturwissenschaftler und Antiquar befähigte ihn besonders zu seiner späteren Aufgabe als Direktor der Uffizien, hatte doch der präzise Umgang mit Antiken und Medaillen seine Kennerschaft auf dem gesamten Gebiet der bildenden Kunst besonders geschult. Wie die eingangs besprochene Medaille von Fortini als Hommage für Anna de’ Medici veranschaulicht, manifestieren sich hier bildhauerische, malerische und zeichnerische Elemente: Sie steigern sich zu einem Kunstwerk, das die Kunstproduktion des beginnenden Settecento in sich vereint und widerspiegelt. Wie anhand einzelner Objekte aus dem Bereich des ‚Privaten‘ und des ‚Öffentlichen‘ gezeigt wurde, lässt sich der Anteil Annas an der materiellen Kultur – Auftragsvergabe von Pretiosen und Kunstkammerobjekten, Einsatz von Personal und Förderung von Gelehrtentum – auf unterschiedlichen Ebenen nachvollziehen. Gemäß dem bereits bei Simmel angelegten Diktum von Objekten, die immer auch auf eine Außenwirkung abzielen, sind die untersuchten Schmuckstücke, Elfenbeinfiguren und Medaillen dabei nicht als stumme, passive Gegenstände aufzufassen; vielmehr trugen sie zur Imagebildung der Großherzogin bei. Die Objekte waren dabei nicht nur personengebunden, sondern rekurrieren auch auf Bereiche des Öffentlichen – auf Stadt- und Museumsraum, wie mit „Blumenverkäuferin“, „Maulesel-­Gruppe“ und der Medaille Fortinis gezeigt wurde. Die Förderung und Einstellung Annas von Gelehrten, die dem Florentiner Patriziat angehörten, kann als Maßnahme gewertet werden, die Eigenständigkeit der Toskana, auch über das Aussterben der Dynastie hinaus, zu garantieren. Anna beschränkte ihre herrscherlichen Aktivitäten nicht nur auf das Appartement im Palazzo Pitti, sondern dehnte ihren Einflussbereich geografisch und symbolisch auf Villa und Garten von La Quiete aus, wie im Folgenden gezeigt wird. 473 „[…] il desiderio di potere insieme stabilire o almen principiare un pubblico museo di curiosità naturali, il che sarebbe non senza gloria della nostra società, accrescere alla bella patria nostra un nuovo utilissimo materiale ornamento.“ Zit. n.: Fileti / Tomasello 1996, S. XIX.

5 Räume der Macht und der Muße: Die Villa La Quiete als Ort der ‚produktiven Unruhe‘

Die Inszenierung Annas de’ Medici als Großherzogin nach ihrer Rückkehr an den Florentiner Hof 1717 gipfelte in der Raum- und Gartenausstattung der nördlich von Florenz gelegenen Villa La Quiete. An dem Ort verdichten sich visuelle und materielle Hofkultur zu einem Mikrokosmos weiblicher Herrschaftsinteressen innerhalb der vordergründig männlich dominierten toskanischen Hofkultur. Die Villa verdankt ihren Namen dem Titel eines Deckenfreskos im oberen Geschoss „La Quiete che pacifica i venti“ („Die Ruhe, die die Winde befriedet“), das Giovanni M ­ annozzi (gen. Giovanni da San Giovanni, 1592 – 1636) im Auftrag von Christiane von Lothringen 1633 gemalt hatte.474 Der Name verleitete verschiedentlich zur Einschätzung des Ortes als Ruhesitz, an den sich Medici-­Witwen hauptsächlich zu religiöser Kontemplation und zur Rekreation zurückgezogen hätten.475 Dies trifft allerdings nur eingeschränkt auf seine Bewohnerinnen zu, am wenigsten auf Anna de’ Medici selbst. Als Witwe residierte sie ­zwischen 1717 bis zu ihrem Tod 1743 jedes Jahr mehrere Monate in La Quiete (Abb. 25). Die Neugestaltung des gesamten Villa und Garten umfassenden Komplexes gehört zu einem der ambitioniertesten und zugleich am engsten mit ihrer Person verbundenen Projekte, die von ihr in Auftrag gegeben wurden. Dies unterstreicht auch die Beschäftigung der gefragtesten Maler, Dekorateure, Bildhauer und Architekten zu Beginn der 1720er Jahre, die die Villa in einen Schauplatz künstlerischer Innovationen verwandelten. Zugleich bietet sich die Anlage exemplarisch für eine Untersuchung materieller weiblicher Hofkultur an, da es sich hier – im Unterschied zu anderen Villen der Dynastie – stets um einen ausschließlich für Frauen geplanten und bis auf wenige Ausnahmen bevorzugt von Frauen bewohnten Ort handelt. Die Anfänge der Villa lassen sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen. So ist in der ersten Erwähnung 1427 im Catasto fiorentino, dem Florentiner Katasteramt, die Rede von einer Behausung für Frauen und Familien, einem „podere chon abitazione da signore e da 474 Vgl. Abb. in: AK Giovanni da San Giovanni 2011, S. 12. 475 Ausführlich zum künstlerischen Œuvre von Giovanni da San Giovanni vgl. AK Giovanni da San Giovanni 2011. Serafini geht davon aus, dass Christiane von Lothringen das ikonografische Programm des Freskos zusammen mit dem Gelehrten Alessandro Adimari entwickelt habe, vgl. Serafini 2014, S. 172 – 187; vgl. auch Medri 1997, S. 103 – 108. Im Zentrum des Freskos befindet sich die Allegorie der Ruhe, die an Ketten die vier Winde, Symbole der vier Temperamente, zügelt. An der unteren Schmalseite des Freskos halten Putti ein Banner mit einem Anagramm der Auftraggeberin Christiane von Lothringen, „NEL COR STA DIO INRI“, und in den Ecken sind Medaillons zu sehen, deren Motti diejenigen der Temperamente ergänzen. Vor d­ iesem Hintergrund deutet Corsani das Fresko als Verweis auf La Quiete als „Oase des physischen und spirituellen Friedens“, vgl. Corsani 1997, S. 1 – 30, hier: S. 2 f.

204 |  Räume der Macht und der Muße

Abb. 25 Villa La Quiete, Florenz, Blick vom Garten über die Hauptachse auf die Südfassade der Villa

famiglia“ und einem aus zwei Bereichen bestehenden Gebäudekomplex in Santa Maria a Quarti. 1432 erwarb Niccolò da Tolentino (ca.1355 – 1435) das Gebäude für 2.500 fiorini. 1452 ging der Gebäudekomplex erstmals in den Besitz der Medici über, als die Kinder von Niccolò da Tolentino La Quiete an Pierfrancesco di Lorenzo de’ Medici für 3.000 fiorini verkauften. Zum Zeitpunkt des Verkaufs hatte das Gebäude schon größere Ausmaße erreicht, wie verschiedene Anbauten („terreni“ und „corpi di fabbrica“) belegen. Außerdem wird es auch als Palast („palatium cum saliis“) mit Hauptzimmer („camera curia“) bezeichnet. Darüber hinaus wurde der Ort für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt. Er umfasste eine Kantine, eine Loggia, einen Brunnen, Gärten und fünf Häuser, von denen vier als Lagerstätten für Öl, Früchte und Wein dienten.476 Seit dem beginnenden 17. Jahrhundert war das Frauenkonvent Witwensitz verschiedener Medici-­Regentinnen: Christiane von Lothringen, Vittoria della Rovere und zuletzt Anna de’ Medici. Christiane von Lothringen konnte den Komplex 1627 unter dem Namen „Villa di Quarto“ mit finanzieller Hilfe ihres Sohnes Carlo de’ Medici (1595 – 1666) erwerben und verbrachte dort ihre letzten Lebensjahre von 1627 – 1636. Sie hatte testamentarisch verfügt, dass die Villa an drei nicht genauer bestimmte Prinzessinnen („principesse sue nipoti“) übergehen solle. Unter Missachtung ihres Wunsches ging der gesamte Komplex nach ihrem Tod jedoch kurzzeitig an Großherzog Ferdinando II. und wurde Erbprinz Lorenzo de’ Medici (1599 – 1648) zuerkannt. Dieser residierte in der benachbarten Villa Petraia und erhob La Quiete zum Wohnsitz seines „Maestro di camera“, Baron ­Alessandro del Nero. Am 15. September 1647 gründete die dem spanischen Adel entstammende ­Eleonora Ramirez di Montalvo (1602 – 1659) die Kongregation der „Ancille della SS . Vergine Madre di Dio“, die sich der religiösen Erziehung und kulturellen Bildung

476 Vgl. Corsani 1997, S. 1 – 3.

Räume der Macht und der Muße | 205

von jungen adeligen Töchtern widmete. Ramirez di Montalvo erwarb La Quiete 1650 und erhob die Villa mit ihrer günstigen Lage – nahe an Florenz, aber dennoch von Stadtzen­ trum und Bevölkerung weitgehend abgeschieden – zu einem exklusiven Ort klösterlicher Erziehung.477 Nach dem Tod der Ordensvorsteherin 1658 übernahm Vittoria della Rovere ­zwischen 1663 und 1670 den Vorsitz der Oblaten von Montalve als Titularnonne („nume tutelare“). Kloster und Gemeinschaft der Nonnen existierten noch zu dem Zeitpunkt, als Anna de’ Medici 1723, dem Todesjahr ihres Vaters und der Erhebung ihres Bruders Gian Gastone zum letzten Großherzog der Toskana, La Quiete zu ihrem Witwensitz machte. Innerhalb des Komplexes erschuf sie sich einen persönlichen Bereich, der ihr gleichermaßen Unabhängigkeit vom klösterlichen Leben wie auch von den Machtkonstellationen im Palazzo Pitti und der Missgunst anderer Familienmitglieder ermöglichte, allen voran Gian Gastones und Violantes Beatrix von Bayern. Mit Blick auf diese Konstellation diente ihr die Villa gleichermaßen als Rückzugsbereich und als Ort der Herrschaft, der ihr eine Distanzierung vom offiziellen Regierungssitz im Palazzo Pitti erlaubte: Hier inszenierte sie ihr Image als fürstliche Witwe und erste Dame am Hof, gleichzeitig positionierte sie sich als rechtmäßige Erbin ihrer Dynastie. Dabei griff sie auf eine Bildsprache zurück, mit der sie sich in die künstlerische Tradition der zeitgenössischen Florentiner Malerei stellte. Gleichzeitig knüpfte Anna mit den 1720 eingeleiteten Renovierungsmaßnahmen im Innen- und Außenraum an die Tradition der Medici-­Villen an, wiederum um die Sicherung der Dynastie zu gewährleisten. Dass schon ihre Vorgängerinnen, Christiane von Lothringen und Vittoria della Rovere, La Quiete nicht ausschließlich als einen Ort religiöser Erbauung nutzten, zeigen zahllose Um- und Neubauten, die für die Unterbringung des jeweiligen Hofstaats durchgeführt wurden und gleichzeitig ihren Status als Großherzoginnen unterstrichen, sowie speziell auf die jeweiligen Großherzoginnen abgestimmte Ausstattungsprogramme. Christiane von Lothringen ließ durch Alessandro Adimari eine Beschreibung des Ausstattungsprogramms veröffentlichen, das auch eine Widmung der Großherzogin einschloss. Die bereits erwähnte Allegorie, die von Adimari ausführlich beschrieben wurde, zielte auf ihre Inszenierung als eine spirituelle Führerin ab, die auf Wohlstand und Frieden verweist.478 Eine ähnliche Deutung knüpft sich an die von Vittoria della Rovere veranlassten Umbauten. So beauftragte sie 1683 den Künstler Pier Francesco Silvani mit der Errichtung der neuen der Villa angeschlossenen und von außen begehbaren ­Kirche SS. Trinità, 477 Zu Leben und Wirken von Ramirez di Montalvo in La Quiete vgl. zuletzt Gagliardi 2014, S. 154 – 159; Montalvo, die bis zu ihrem Tod 1659 in der Villa lebte, nahm einige Veränderungen vor. So ließ sie einige Zimmer in Zellen unterteilen, zwei Terrassen am Saal errichten und eine große Vorrichtung installieren, in der Wasser aufbewahrt wurde. 1674 wurde eine Spezieria eingerichtet als Unterabteilung der Apotheke von S. Maria Novella. Hierfür wurde eine Loggia in zwei Z ­ immer unterteilt; in einem wurden Herde und ein Ofen zum Destillieren des Wassers – Herdstelle und Ausguss – installiert, das andere diente der Aufbewahrung der Medizin. Hier befanden sich eine Bank, eine Anrichte aus Nussholz und ein Gesims mit Schachteln, Vasen und anderen Gegenständen, vgl. Corsani 1997, S. 5. 478 Vgl. Strunck 2017, S. 123 – 128.

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die 1688 eingeweiht wurde. Die Fassade ist gliedert durch eine Portikus mit drei Bögen und dorischen Säulen. Über dem zentralen Bogenfeld befindet sich das Allianzwappen der Medici-­Rovere. Dieses Symbol der Inbesitznahme von Raum zeugt bereits von einer Herrschaftsinszenierung, die sich im Kircheninnenraum fortsetzt. Ihre Imprese, eine offene Muschel mit Perle – Symbol der Reinheit und moralisch-­religiöser Erbauung –, ist an ihrem Grabmal abgebildet, das von Giovanni Battista Foggini errichtet wurde.479 Eine Besonderheit der Villa La Quiete stellt deren architektonische Struktur dar, die spirituelle und weltliche Belange miteinander verknüpft. Dieser Aspekt wird für die folgende Analyse eine zentrale Rolle spielen. Ein Gang, der Villa und Kloster von Boldrone verbindet, verweist auf diesen Zusammenhang und markiert die exklusive Beziehung der Medici-­Fürstinnen zur religiösen Gemeinschaft. Der Korridor wurde nach dem berühmten Vorbild des „Corridoio Vasariano“ erbaut, der Palazzo Pitti und Palazzo Vecchio miteinander verbindet. Er verlief vom Erdgeschoss der südlichen Seite der Loggia über eine Piazzetta und die Via Boldrone entlang und führte bis zur außerhalb der ­Klostermauern liegenden K ­ irche San Giovanni Evangelista, die dem Kamaldulenser-­Orden gehörte. Christiane von Lothringen hatte die Ausstattung des Gangs vorgesehen, die das Zusammenspiel eines spezifischen Programms aus Bildern und Texten vorsah: Darstellungen aus der Passionsgeschichte und Gedichte von Andrea Salvadori.480 Während Architektur und Interieur italienischer Paläste und Residenzen in Rom und Florenz bereits Gegenstand intensiver Forschungen waren 481, fanden viele toskanische 479 Auch das Grabmal von Eleonora Ramirez di Montalvo befindet sich in dieser K ­ irche. Zur Chronologie der einzelnen Bauten unter Vittoria della Rovere, vgl. ausführlich: Corsani 1997, S. 5 – 8 mit Hinweisen auf die Quellen, die Aufschluss über Ausgaben und Künstler geben. Zum Grabmal vgl. auch Langedijk 1979, S. 347 – 356, und Lankheit 1962. 480 Vgl. Strunck 2017, S. 124. Strunck verweist auf den Vergleich mit der Ausstattung der Galerie, die die Residenz der Medici-­Frauen im Kloster von Crocetta mit der K ­ irche von Santissima Annunziata verband. Neben dem Bau des „corridoio del Boldrone“ ließ Christiane von Lothringen eine weitere, wichtige Veränderung vornehmen: die Schließung der ursprünglich offenen Loggia im ersten Geschoss durch eine Fensterfront. Zu den Umbauten und Renovierungsmaßnahmen im 17. und 18. Jahrhundert vgl. ausführlich Corsani 1997, S. 1 – 30. 481 Überblicksartig zur Entwicklung und Geschichte Florentiner Paläste vgl. Ginori Lisci 1972. Studien zum Palast-­Interieur in Italien liegen vor allem für die Epoche der Renaissance vor. Zu den einflussreichsten zählen zu Beginn des 20. Jahrhunderts Wilhelm von Bodes „Die italienischen Hausmöbel der Renaissance“ (Leipzig 1902) und aus dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts die Arbeiten Peter Thorntons. Thorntons breit angelegte Studie zum italienischen Interieur der Renaissance von 1991 verfolgt einen stilgeschichtlichen Ansatz und nimmt die Designgeschichte einzelner Möbelstücke und Ausstattungselemente in den Blick, vgl. Thornton 1991. Weitere grundlegende, über den italienischen Raum hinausgehende Studien desselben Autors zum Interieur bilden das Überblickswerk für die Zeit des Barock bis zum beginnenden 20. Jahrhundert: Thornton 1984, und Thornton 1998. Erstere versteht sich als eine Geschichte des Designs und der Entwicklung und gegenseitigen Beeinflussung dekorativer Elemente auf Altargemälden, Wandbehängen, Möbeln und Objekten z­ wischen 1470 und 1870. Dabei werden unterschiedliche Zentren der Produktion und Repräsentation in Italien und Deutschland in den Blick genommen. Was Italien dabei von anderen europäischen Ländern unterscheide, sei Thornton zufolge der enorme Bedarf an

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Villen und Landsitze, darunter auch die Medici-­Villen, bis heute kaum oder gar keine Beachtung aus kunst- oder sozialhistorischer Perspektive 482. Mehrere Medici-­Villen waren bereits Gegenstand einzelner Forschungen unter dem Aspekt der Herrschaftsinszenierung, jedoch lag der Schwerpunkt hier hauptsächlich auf der architektonischen Struktur des Gebäudes sowie auf der Villa als einem männlich dominierten Machtbereich.483 Studien zu Medici-­Villen als Witwensitze oder kulturellen Handlungsbereichen von Frauen bilden eher eine Ausnahme.484 Die Forschung zur Florentiner Villen- und Gartenkultur im Luxusgütern – sowohl qualitativ als auch quantitativ – einer städtischen Elite zur Aufrechterhaltung eines hohen Lebensstandards. Florenz bilde in der Renaissance das Produktionszentrum dieser Güter. Eine stilgeschichtliche Untersuchung von Innenräumen mit Fokus auf England, Frankreich und Holland bietet ders.: Seventeenth Century Interior Decoration in England, France and Holland. New Haven 1990. Zur zentralen Bedeutung von Objekten und rituellen Praktiken im häuslichen Umfeld in der Renaissance vgl. AK Renaissance Italy 2006. Die lange vorherrschende Lehrmeinung, dass es sich bei Haushalten in der Frühen Neuzeit um von der Gesellschaft weitgehend abgeschottete Bereiche handele, ist längst widerlegt worden. Für eine umfassende Untersuchung des häuslichen Lebens aus sozialhistorischer Sicht vgl. insbes. Ariès / Chartier 1991. Ariès stellt ­heraus, dass es in Mittelalter und Renaissance keine Unterscheidung ­zwischen „privat“ und „öffentlich“ gegeben habe. Sein Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung des Bürgertums und weniger auf dem Adel. Für eine Aufhebung der Unterscheidung von „public“ und „private“ bzw. „domestic“ („häuslich“) in Bezug auf Wohnräume der italienischen Renaissance plädieren auch Ajmar-­Wollheim / Dennis / Matchette in ihrem Sammelband mit dem Schwerpunkt auf dem Italien des 15. bis frühen 17. Jahrhunderts, vgl. Ajmar-­Wollheim / Dennis / Matchette 2006, S. 627 f. Für eine Untersuchung des italienischen, frühneuzeitlichen Interieurs unter Einbeziehung von Bewohnern, Raum und Objekten mit Schwerpunkt auf Palast-­Innenräumen und Wohnhäusern außerhalb von Florenz vgl. Campbell / Miller / Consavari 2013. Der Sammelband widmet sich der Frage nach der Funktion und den alltäglichen Lebenspraktiken der Bewohner von italienischen Palästen und Wohnhäusern. Die übergeordnete Fragestellung aller Beiträge zielt auf die Frage, wie Objekte und Innenausstattung zu einer Definition der „häuslichen Sphäre“ (the „domestic“) beitragen können. 482 Bertsch macht besonders auf das Desiderat zur Erforschung von Villen adeliger Familien, wie die der Strozzi oder Sassetti, aufmerksam, vgl. Bertsch 2012, Einleitung, S. 13 – 22. Bertsch weist darauf hin, dass es allein im Florentiner Stadtgebiet 450 Villen gebe, vgl. Bertsch 2012, S. 16. Seine Studie setzt den Schwerpunkt auf Florentiner Villen des Quattrocento, in denen sich ihm zufolge das Lebensgefühl einer ganzen Epoche der Florentiner Gesellschaft spiegele. Er konstatiert, dass sich der Übergang von Stadt zu Land schon innerhalb der Stadtmauern von Florenz zeige, vgl. Bertsch 2012, S. 33. Eine der frühesten übergreifenden Studien zu Villen in Florenz und der Toskana stammt von Eberlein 1922. Er betont die Bedeutung, die der Villa als Gesamtkomplex – Gebäude und Garten – zukomme, und macht auf ihre Funktion eines landwirtschaftlichen Zentrums aufmerksam. Er sieht Innen- und Außenraum als untrennbar miteinander verbunden. Für Eberlein stellt die toskanische Villa ein Vorbild für die römische Renaissance-­Villa dar. Als Beispiel dient ihm die Villa Madama auf dem Monte Mario in Rom, vgl. Eberlein 1922, S. 39. 483 Vgl. Quast 1998, S. 375 – 385. 484 Für eine Untersuchung einer Medici-­Villa in Florenz als Machtbereich einer weiblichen, verwitweten Medici-­Herrscherin aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive vgl. Hoppe 2012. Hoppe untersucht Architektur und Freskenausstattung der Villa Poggio Imperiale vor dem Hintergrund der habsburgischen Herkunft der Maria Magdalena von Österreich im Sinne einer Proklamierung der „Pietas Austriaca“. Die Villa war zuvor unter dem Namen Villa Baroncelli im Besitz von Isabella

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Umkreis der Medici nahm bislang hauptsächlich die bekanntesten Medici-­Villen von La Petraia, Castello oder den Palazzo Pitti mit den Boboli-­Gärten in den Blick.485 Die Villa La Quiete hingegen rückte erst in den vergangenen zehn Jahren in den Fokus kunst- und kulturhistorischer Betrachtungen. Erste teilweise auf Quellenmaterial basierende Untersuchungen zur architektonischen und malerischen Gestaltung von Gebäude und Garten stammen insbesondere aus dem italienischsprachigen Raum.486 Einige wichtige Aspekte sind dabei jedoch bisher unberücksichtigt geblieben: die Bedeutung der Raumausstattung des Appartements von Anna de’ Medici in der Villa und der Neugestaltung des Gartens vor dem Hintergrund der sozio-­politischen Umstände zu Beginn des 18. Jahrhunderts und die idealisierende Darstellung der Zugehörigkeit Annas zum Haus Medici-­Wittelsbach. Ein Forschungsdesiderat stellt auch die Untersuchung der Lebensumstände von Frauen dar, insbesondere von Nonnen und adeligen Witwen im Florenz des beginnenden 18. Jahrhunderts.487 In der Forschung wird die Zeit der Witwenschaft in der Frühen Neuzeit de’ Medici, zweitältester Tochter von Cosimo I. de’ Medici und Eleonora di Toledo, die die Villa als Witwensitz nutzte. Sie hatte Garten und Innenräume nach ihren Vorstellungen vergrößern und ausstatten lassen. Nach dem Vorbild des Boboli-­Gartens sollten hier Statuen aufgestellt werden. Zu diesen gehörte die bereits erwähnte weibliche Figur der Dovizia. Isabella war verheiratet mit Paolo Giordano Orsini (1541 – 1585). Murphy sieht in der Villa Baroncelli und dem Garten einen Ort der Abgeschiedenheit, der zwar mit dem Medici-­Hof Cosimos in Florenz verbunden war, an dem Isabella aber nach eigenen Vorstellungen und Regeln leben konnte, vgl. Murphy 2008. Für eine herrschaftsikonografische Untersuchung des von Maria de’ Medici ausgestatteten Witwensitzes in Paris, des Palais de Luxembourg, unter besonderer Berücksichtigung der Architektur in Verbindungen zum Florentiner Palazzo Pitti vgl. Galletti 2012. Für das Haus Habsburg vgl. Maria Theresia, die nach dem Tod ihres Mannes zusammen mit ihrem Sohn Joseph II. (1741 – 1790), als Ko-­Regent von 1765 bis 1780 (Alleinregent 1780 – 1790), die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Maria Theresia hatte durchgesetzt, auch als Witwe in ihren imperialen Gemächern in Schloss Schönbrunn wohnen zu dürfen, obwohl d ­ ieses Recht ihrem Sohn zugestanden hätte. Maria Theresia ließ die Räume so umgestalten, dass diese immer noch repräsentativen Zwecken dienten und in das Hofzeremoniell eingebunden waren. Dennoch wiesen sie Charakteristika eines Witwensitzes auf. Damit stellte sie sich in die Tradition früherer habsburgischer Kaiserwitwen: Eleonora Gonzaga (1598 – 1655), zweite Frau von K ­ aiser Ferdinand II. (1578 – 1637, reg. 1619 – 1637), Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-­Nevers (1628 – 1686), dritte Frau von Ferdinand III. (1608 – 1657, reg. 1637 – 1657), und Wilhelmine Amalie (1673 – 1742), Frau ­Kaiser Josephs I. (ab 1690 röm.-dt. König bzw. ab 1705 ­Kaiser des Hl. Römischen Reiches bis zu seinem Tod 1711), vgl. Yonan 2011, S. 89 – 95. Zu den politischen Handlungsmöglichkeiten von Eleonora Gonzaga d. J. und Eleonora Gonzaga d. Ä. vgl. insbes. Schnettger 2016. 485 Vgl. Fabiani Giannetto 2008. Schwerpunkt der Untersuchung bilden die Medici-­Villen Trebbio und Cafagiolo, Careggi und Fiesole. Zur Innenraumausstattung des Palazzo Pitti vgl. Campbell 1977. Zu den Boboli-­Gärten vgl. ders. 1996. Zu den frühesten Arbeiten zu den genannten Medici-­ Villen gehören Rusconi 1938. 486 Zur Geschichte der Villa La Quiete vgl. grundlegend den mit Quellenmaterial aus dem Archiv des Kloster Montalve sowie Grundrissen zu Villa und Garten angereicherten Sammelband: De Benedictis 1997; Casciu 2009, S. 121 – 125, und Branca 2006. 487 Die Epochen des Mittelalters und der Renaissance hingegen sind insbesondere durch die Arbeiten aus dem englisch-, französisch- und italienischsprachigen Raum gut erforscht. Chabot untersucht

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zumeist als Übergang aufgefasst, als eine Art Zwischenzustand ­zwischen Leben und Tod, bei dem der Witwensitz durch Kontemplation und Gebet auf den Tod vorbereiten sollte.488 Die Interpretation der Villa La Quiete als Ort, an dem sich hauptsächlich religiöse Praxis mit klösterlicher Erziehung verband, mag zwar in Teilen zutreffen. Darüber hinaus jedoch verwandelte Anna de’ Medici Villa und Garten in einen Ort, an dem sich politisch-­ repräsentative mit künstlerischen, religiösen und ökonomischen Belangen vereinten. Vor ­diesem Hintergrund erweist sich das in der Literatur oft proklamierte Bild Annas als einer streng religiösen und weitgehend von der Öffentlichkeit zurückgezogen lebenden Frau als unzureichend. Die Villa ist weniger als abgelegener Landsitz anzusehen, vielmehr bildet sie einen Ort materieller und symbolischer Verdichtungen von dynastisch-­historischer Kontinuität und fürstlicher Identität. Die wechselseitige Durchdringung von Interieur und Exterieur, Villa und Garten veranschaulicht eine Dynamik, die durch drei wesentliche Faktoren begünstigt wurde: die Neugestaltung von Garten und Villa, die Produktion und den Austausch von Gütern des alltäglichen Lebens und die Zirkulation von Bediensteten und Hofkünstlern, die ­zwischen Landvilla und Stadtpalast wechselten. Daran anknüpfend verstehen sich die folgenden Ausführungen als ein Beitrag zur bisher nur in Ansätzen erforschten Kunst des Florentiner Spätbarock und der im Umkreis des Medici-­Hofs tätigen Maler zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Mit Giovachino Fortini und Filippo Giarrè holte Anna de’ Medici die bedeutendsten die Rolle von Witwen in der Florentiner Renaissance vor dem Hintergrund der Sicherung von Besitz und Familienerbe. Witwen sahen sich oftmals der Kontrolle sowohl der eigenen als auch der angeheirateten Familie ausgesetzt, was sich besonders darin äußerte, dass die Kinder der Witwen dabei zum Spielball unterschiedlicher Machtinteressen wurden, vgl. Chabot 1999. Grundlegende Arbeit auf d ­ iesem Gebiet leistete auch Strocchia, die anhand von statistischen Erhebungen zur prozentualen Anzahl von Nonnen im Florentiner Tre- und Quattrocento die Lebensumstände dieser Personengruppe analysierte. Strocchia 2009. Zur Rolle von Florentiner Waisenhäusern und Nonnenklöstern im 16. und 17. Jahrhundert und dem Zusammenhang von sozialer Kontrolle und frühneuzeitlicher Staatenbildung vgl. Gavitt 2011. Der Status und Machtausweis von adeligen Witwen konnte sich ihm zufolge innerhalb des Klosters fortsetzen, was sich beispielsweise an der Anzahl der Bediensteten einzelner Nonnen ablesen ließ, vgl. Gavitt 2011, S. 229 – 231. Studien aus soziologischer und gender-­geschichtlicher Perspektive zur Witwenschaft im Italien der Frühen Neuzeit stammen überwiegend aus dem englischsprachigen Raum. Der zeitliche Fokus liegt dabei zumeist auf dem Mittelalter und der Renaissance, vgl. grundlegend: King 1998; speziell zu Witwenschaft im Florenz der Frühen Neuzeit vgl. Chabot 1999, S. 127 – 144, und Levy 2006. 488 Vgl. zuletzt Verga 2015, S. 360. Verga sieht La Quiete als Rückzugsort an, an den Anna de’ Medici sich schicksalsergeben und resigniert angesichts der ausweglosen dynastischen und politischen ­Situation in den letzten Jahren ihres Lebens zurückgezogen habe. Für eine Untersuchung der Villa La Quiete als Ort der Kontemplation vor dem Hintergrund weiblicher Heiligenverehrung von Adelsfamilien in Florenz vom 17. – 19. Jahrhundert vgl. AK L’altra metà, 2014. In Bezug auf die Religiosität Annas de’ Medici vgl. insbes. den darin enthaltenen Aufsatz von Serafini 2014. ­Serafini deutet das ikonologische Programm, das Anna de’ Medici im Garten und in den Innenräumen von La Quiete entwickelte mit Blick auf den Aspekt der „Reinheit“ im Sinne einer Läuterung vor Gott und Vorbereitung auf den Tod. Zur Verbindung von Spiritualität und Villa vgl. auch: Grassi 2014, und Branca 2006.

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Florentiner Künstler ihrer Zeit nach La Quiete und erhob die Villa zu einem Forum zeitgenössischer Kunstproduktion. Beispielhaft hierfür stehen die Neugestaltung des Gartens und zwei von ihr in Auftrag gegebene Innenräume, die über eine Glorifizierung der Medici-­Vergangenheit hinausweisen. Sie werden als spezifisches Bildprogramm aufgefasst, in dem sich wie in einem Brennspiegel Symbole weiblicher Herrschaft und Religiosität mit Naturdarstellungen zu einem politischen und kulturellen Handlungsraum verbinden. In d ­ iesem Zusammenhang soll abschließend herausgestellt werden, wie sich die Medici am Ende des 18. Jahrhunderts innerhalb der Florentiner Gesellschaft positionierten, auch in Abgrenzung zu anderen führenden Adelshäusern. Ein vergleichender Blick auf die Innenraumausstattungen der Familienpaläste der Corsini und Spini-­Feroni, die sich beide am Lungarno in Florenz befinden, lässt in ­diesem Zusammenhang eine gemeinsame künstlerische Sprache erkennen und weist damit auf die engen Bande ­zwischen Medici-­Hof und der Florentiner Upperclass. Die Villa erscheint vor d ­ iesem Hintergrund wie ein Ort der Muße und der Macht, der eine Verbindung von Stadtraum und Umland, Natur und Kultur sowie von offiziellem Hof und suburbanem Landsitz ermöglichte. So bildeten weniger Kontemplation und Isolation als vielmehr Aktivität und Öffnung jene Parameter, ­zwischen denen die letzte Medici ihre politischen und dynastischen Ansprüche proklamierte. Damit präsentiert sich La Quiete als ein Ort kreativer Schöpfung, gekennzeichnet durch ‚produktive Unruhe‘.

5.1 Die Villa La Quiete als Übergangsraum zwischen Memoria und Repräsentation In der jüngeren, an Gender-­Fragen orientierten Literatur wurde oftmals die Zuordnung des Gartens als weiblich konnotierter Sphäre und des Palastes oder der Villa als männlicher Bereich bewertet. Diesem Gedanken liegt die Antinomie von „weiblicher Natur“ versus „männlicher Kultur“ zugrunde. Garten und Palast bilden dieser Auffassung zufolge zwei voneinander getrennte Bereiche.489 Im Gegensatz hierzu sollen Palast und Garten, Innenraum und Außenraum im Folgenden als eine Einheit aufgefasst werden, die weniger eine Trennung ­zwischen häuslich-­privater und öffentlich-­repräsentativer Sphäre als vielmehr eine gegenseitige Durchdringung anstrebt. Die Villa La Quiete soll vor ­diesem Hintergrund als ‚Übergangsraum‘ verstanden werden, in dem die Protagonistin ­zwischen Innen und Außen, ­zwischen Stadtraum und Landschaft vermittelt. Diese Deutung des Ortes verweist dabei auch auf den ambivalenten Status von Anna de’ Medici als einer Großherzogin ohne Regierungsbefugnis während ihrer letzten Lebensphase am Medici-­Hof. 489 Vgl. Ffolliott 2001. Ffolliott sieht den Garten als „setting for female action of specific kind“. Sie argumentiert, dass Gärten, alternativ zum strikt geregelten Protokoll in den Palästen, als eine Art Ruhebereich („relaxing moment“) abseits des strikten Hofprotokolls gelten. Für eine Aufhebung des besonders im 19. und 20. Jahrhundert postulierten Gegensatzes von Natur und Kunst vgl. Daston / Pomata 2003.

Die Villa La Quiete als Übergangsraum | 211

Eng verbunden mit dem Begriff des „Übergangs“ ist derjenige der „Schwelle“. In ihrer kultur- und sozialhistorischen Bedeutung bezeichnet die Schwelle räumliche und zeitliche Übergänge und einen Zwischenzustand, der an rituelle Handlungen gebunden ist.490 Im Folgenden soll deshalb ‚Übergangsraum‘ als Begriff für jene zeitliche Phase verwendet werden, die ­zwischen zwei Schwellen, zwei zeitlichen Einschnitten, liegt und innerhalb derer Anna de’ Medici als ‚Schwellenfigur‘ agiert.491 Wie kann der Begriff der „Schwelle“ auf die Villa angewandt werden? Zur Beantwortung dieser Frage soll die Einteilung der Geschlechter in männliche oder weibliche Bezugssysteme aufgebrochen und der Fokus auf Anna de’ Medici als Akteurin und Vermittlerin ­zwischen beiden Bereichen gelegt werden. Als einer der ersten hat Arnold van Gennep in seinem Werk Les rites de passage (1909) anhand der Untersuchung von Zeremonien bei der Integration von Fremden in eine bestehende Gemeinschaft dargelegt, inwiefern die Schwelle die wechselseitige Beziehung z­ wischen Individuum und Gemeinschaft regelt. Er konstatiert, dass Gruppen und Individuen jeweils ähnliche Verfahren beim Wechsel in eine neue Welt durchlaufen, bei denen eine Schwelle überschritten werden muss.492 In ­diesem Sinne bezeichnet der Begriff der „Schwelle“– im Gegensatz zu dem der Grenze – eine räumlich-­tektonische Sphäre, die durch Phänomene des Übergangs charakterisiert ist. Unabhängig von Ort und Zeit sind für ihn zwei Arten der Trennung für alle Gesellschaften bezeichnend, „die geschlechtliche Trennung z­ wischen Männern und Frauen und die magisch-­religiöse Trennung z­ wischen dem Profanen und dem Sakralen“.493 Van Gennep bezeichnet den „Übergang von einer magisch-­religiösen oder sozialen Situation zur anderen“ als „Schwellenphase“.494 „Schwelle“ steht bei ihm auch für das Überschreiten von räumlichen und zeitlichen Determinanten. In Anlehnung an van Gennep setzt sich auch Walter Benjamin in seinem Passagen-­Werk mit dem Verhältnis von Raum und Identität auseinander und misst der Schwelle eine identitätsstiftende Funktion bei. Dies verdeutlicht er am Beispiel des römischen Triumphbogens, der den Krieger im Akt des Durchschreitens zum Triumphator mache.495 Benjamin setzt sich in seiner Analyse der rites de passages auch mit jenen „Zeremonien von Übergängen“ auseinander, die im Zuge von Ereignissen wie Geburt, Hochzeit oder Tod vollzogen werden. In Anlehnung an die Auffassung van Genneps und Benjamins lässt sich die Villa La Quiete als Ort begreifen, der den Übergang Annas de’ Medici von einem Lebensabschnitt in den nächsten markiert: von der Ehefrau zur Witwe, der Kurfürstin zur Großherzogin, von der ­Co-­Regentin zur Entmachteten.

490 Gennep 1986. 491 Vgl. auch Windisch 2018; Hoppe fasst die Villa Poggio Imperiale als „Schwellenraum“ auf vgl. Hoppe 2013; zur Villa Poggio Imperiale als Ort der Inszenierung von Opern und Theateraufführungen vgl. dies.: 2015. 492 Van Gennep 1986, S. 36. 493 Vgl. ebd., S. 181. 494 Vgl. ebd., S. 28. 495 Vgl. Benjamin 1982, Bd. V,1 S. 139.

212 |  Räume der Macht und der Muße

Der Einzug Annas in die Villa fällt in das Todesjahr ihres Vaters, Cosimo III ., 1723. In ­diesem Jahr hatte auch Gian Gastone den Thron als letzter Großherzog der Toskana bestiegen. Gleichzeitig gewann La Quiete als Residenz mit Beginn der 20er Jahre des 18. Jahrhunderts wachsende Bedeutung für Anna. Die Villa wurde zur Bühne zahlreicher Aktivitäten, die sich vom Palazzo Pitti auf ihre Residenz verlagerten. Sie stand beispielhaft für einen Ort der Zurschaustellung fragiler weiblicher Herrschaft in der Toskana, an dem Anna die Medici-­Nachfolge enger an ihre Person zu binden vermochte, ohne die Herrschaft ihres Bruders und der späteren Habsburg-­Lothringer im Palazzo Pitti in Frage zu stellen. Allein die geografische Lage der Villa deutet darauf hin, dass sie nicht bloß ein Ort privater Andacht war, sondern ein kultureller und politischer Handlungsraum. Sie liegt nordwestlich von Florenz auf der Höhe von Fiesole im Stadtteil Quarto (Abb. 26). Zwar präsentiert sie sich auf einem abgeschiedenen Hügel, doch befindet sie sich in unmittelbarer Nähe zu den repräsentativen Medici-­Villen Castello und La Petraia, mit denen sie noch heute durch ein Straßennetzwerk verbunden ist.496 Eine leicht ansteigende Auffahrt, die heutige Strada comunale delle Montalve (früher Via Boldrone), führt zu dem Anwesen, das an drei Seiten von einer Mauer umgrenzt wird, der Via delle Montalve, der Via delle Quiete und der Via Pietro Dazzi. Diese erhöhte Positionierung des Gebäudes entsprach den funktionalen Kriterien eines fürstlichen Landsitzes und drückt Inbesitznahme des Territoriums aus. Die breit gelagerte Schaufront und die Ecktürme unterstreichen die herrschaftliche Funktion in zweierlei Hinsicht: Der wechselseitige Blick ­zwischen Villa und Stadtraum, Herrscherin und Bevölkerung ermöglichte einerseits Überblick und Kontrolle über das fruchtbare Land, andererseits war die Villa gleichzeitig vom Stadtraum aus sichtbar.497 Ein imposantes, reich verziertes Eingangstor an der Via delle Montalve, das sich neben der an die Villa angeschlossenen K ­ irche befindet, verweist auf ihre ehemalige Besitzerin, Anna de’ Medicis Vorgängerin Vittoria della Rovere. Herzstück der gesamten Anlage bildet 496 Oberhalb des Komplexes befindet sich die ­Kirche S. Maria a Quarto, die seit dem 12. Jahrhundert der Pfarrei von Santo Stefano in Pane zugeordnet war, vgl. Corsani 1997, S. 1. 497 Die Beherrschung des Territoriums als Symbol für Regierungsgewalt ist charakteristisch für fürstliche Landsitze, vgl. hierzu Warnke 1976, S. 88. Schon Leon Battista Alberti hebt die Vorteile hervor, die die Nähe der Stadt zur Villa mit sich bringen. Er legt seine Ausführungen in seinem Werk zum Villenbau „De re aedificatoria“ (1443 – 1452) dar und empfiehlt eine erhöhte Positionierung der Villa, bei der der Besucher ein Überraschungsmoment erleben solle, indem er über eine Straße mit sanfter Steigung geleitet werde, die ihm – oben angekommen – uneingeschränkten Genuss über das sich vor ihm ausbreitende Gelände bereit halten würde; zum weiteren Vergnügen sollten sich im Garten auch Wiesen, ein sonniges Feld, ein schattiger Wald sowie Quellen und Bäche befinden, vgl. Alberti 1975, S. 479. Alberti war der erste, der dem Garten ein eigenes Kapitel in einem architekturtheoretischen Werk widmete und ihn aus dem Kontext landwirtschaftlicher Literatur herauslöste. Er forderte eine Ausgewogenheit des gesamten Komplexes durch eine Hanglage, wie es die architektonische Anlage der Villa La Quiete bezeugt: eine starke Betonung der ­Horizontalen und eine achsensymmetrische Ausrichtung des Gartens, vgl. Alberti 1975, S. 479. Dennoch wurde die Gartenkunst weder als eigenständige Disziplin aufgefasst noch der Garten als Kunstwerk betrachtet, vgl. Fabiani Giannetto 2008, S. 95.

Die Villa La Quiete als Übergangsraum | 213

Abb. 26 Umgebungsplan von Florenz, Karte von 1663, aus: Jean Blaeu, Neufième Volume de la Geographie Blaviane, contenant l, Italie, Qui est le XVI. Livre de l’Europe. Amsterdam 1663

ein von außen nicht einsehbarer Garten, der an drei Seiten von der Mauer und an einer Seite von der Villa umschlossen wird. Garten und Villa sind durch eine doppelläufige Treppenanlage, die zu einer die gesamte Breitseite der Villa einnehmenden Terrasse führt, miteinander verbunden. Den Auftrag für den architektonischen Umbau von Villa und Garten vergaben Anna de’ Medici und Cosimo III. im März 1720. Die Arbeiten b­ egannen im darauffolgenden Jahr. Einen weiteren Beleg dafür, dass es sich bei La Quiete um mehr als einen suburbanen Landsitz handelte, bieten die Aufzeichnungen der Nonnen von Montalve, die „Ricordi delle cose più memorabili seguite alle Minime Ancille della SS. Trinità nel Conservatorio detto volgarmente della Quiete“, denen zufolge Anna am 22. Mai 1723 die Villa bezog. Dort versammelte sie ihren aus 16 Hofdamen und Kammerfrauen bestehenden Hofstaat, wobei sie darauf bedacht war, das Leben der Klosterfrauen nicht zu stören: A di 22 maggio [1723] venne la Serenissima Elettrice Palatina […]. Dipoi gli significò voler condurci tutto il servizio di Dame, Sottodame e donne, che in tutto erano 16 e però vedesse che luogo si potesse assegnare a ciascheduna in maniera che non avessero soggezione alla Comunità […].498

Anna de’ Medici ließ die Villa von Angestellten der Guardaroba mit Möbeln ausstatten, die teilweise aus dem Palazzo Pitti und dem Palazzo Vecchio stammten. Innerhalb von acht Tagen waren ihre Räume bezugsfertig:

498 Zit. n.: Casciu 1997, S. 131.

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Due giorni di poi vennero i Guardarobi a riconoscere le stanze per considerar i Mobili che vi volevano per addobbarle, quali tutti vennero parte del Palazzo Vecchio e parte de Pitti, e in termine d’otto giorni resto tutto ammobiliato e il di 31 di d.o mese ad ore 22 l’ 2 entrò nel luogo.499

Mitnahme des Hofstaats und Möblierung bezeugen, dass die Villa unabhängig vom Palazzo Pitti einen eigenen Mikrokosmos bildete, aber dennoch strukturell, personell und materiell in den Makrokosmos des Medici-­Hofs eingebunden war. Finanzielle Unabhängigkeit dank laufender Einkünfte ermöglichte der Fürstin einen Handlungsspielraum, den sie zusätzlich auch aus den Einnahmen von La Quiete bestritt. Dies bezeugt ein bisher unveröffentlichtes Dokument aus dem Staatsarchiv in Florenz. Es weist die jährlichen Ausgaben für die Jahre 1723 bis 1736 in der Villa nach und schlüsselt die Summen für Lebensmittel und Zahlungen für diverse Handwerksarbeiten auf.500 Das Dokument belegt zudem, dass die Villa einen autonomen Wirtschaftskomplex darstellte. Gleichzeitig funktionierte sie als Verteilersystem, das die Stadt mit Lebensmitteln oder anderen Gütern des alltäglichen Lebens versorgte. Zudem stand die Villa in wechselseitiger ökonomischer Abhängigkeit zum Regierungssitz, dem Palazzo Pitti.501 Die Villa La Quiete lässt sich somit als erweiterten Handlungsraum der Herrscherin auffassen, anhand dessen jene Prozesse des Übergangs ­zwischen zwei Lebensphasen sichtbar werden, die van Gennep als „Schwellenphase“ bezeichnet hat. Anna de’ Medici verkörpert jene ontologische Verschiebung, der nach van Gennep eine „Trennungsphase“ vorausgeht, in der sich die Person vom früheren Status, in ihrem Fall dem der Regierenden, löst und der eine „Angliederungsphase“ folgt, bei der Anna ihren Wohnsitz für mehrere Monate

499 Zit. n.: ebd. 500 Genannt werden „Dolci Somministrati i Credenzieri“ – Süßigkeiten, die hauptsächlich als Medikamente verwendet wurden, Wein, Essig, Bier als ‚Brot‘ („Pane di birra“) und Geschirr, für die ­Spezzeria, für Feuerzeug, Glasarbeiten („Vetrami“; von it. „vetraio“, Glasschleifer) und diverse andere Arbeiten: Zinnhandwerker („stagnaio“), Korkarbeiter („lanciaio“ und „sugheraio“ von it. „sughero“, Kork), „scatolaio“, ein Handwerker, der Gefäße aus Kupfer herstellt („calderaio“), Schlosser und Schmiedearbeiten („magnano“) und Küfer/Fassbinder („bottaio“), vgl. ASF, MM, F 264, Fasciola cc. 2, fol. 2: „Dimostrazione delle qualitá delle Spese contenute nel Trattamento alla Serenissima Elettrice nei Seguenti N[umer]o 14 Anni dal 1723 ultimo anno in cui visse il Serenissimo G[ran] Duca Cosimo III di G. M. e fino all’anno 1736 per tutto Agosto nel qual Mese, e Stata consuetudine d’assommare i libbri, e Conti dello Scrittoio della Real Casa“. Hier sind die jährlichen Ausgaben für die Jahre 1723 – 1736 aufgelistet, jene Jahre, in denen Anna de’ Medici in der Villa residierte. Sie erreichten 1735 mit 10318.6.11.10 Scudi den Höhepunkt. 501 Zu ­diesem System gehörten im 17. Jahrhundert der Medici-­Palast in der Villa Larga (heute Via Cavour), das Casino von S. Marco, dem Wohnsitz von Kardinal Carlo de’ Medici, in der Via della Scala, der Palast von Bianca Cappello, die suburbanen Landsitze Poggio Imperiale, Castello und La Petraia, sowie die Residenzen und Paläste in Pisa und Livorno. In all diesen Satellitenhöfen residierte eine Schar von Bediensteten, selbst wenn diese nicht vom jeweiligen Besitzer bewohnt war, vgl. Fantoni 1994, S. 31.

Die Intimität des Außenraums  | 215

im Jahr in die engste Nachbarschaft der Nonnen von Montalve verlegt.502 Victor Turner zufolge ist das „rituelle Subjekt (der ‚Passierende‘) von Ambiguität gekennzeichnet.“503 Es müsse „Übergangsriten“ durchlaufen, Rituale, die „Symbolcharakter“ besäßen.504 Dies bezeugen insbesondere die Symbole religiöser Andacht, verbunden mit herrscherlicher Repräsentation im Garten, wie im folgenden Kapitel dargelegt werden soll. In Anlehnung an Reinhard Kosellecks Begriff der „Sattelzeit“ interpretiert Bredekamp den Großen Garten von Herrenhausen in Hannover, der nur wenige Jahre vor dem Garten von La Quiete entstand, als „Sattelgarten“.505 In d ­ iesem Sinne soll auch der Garten von La Quiete als Sonderfall aufgefasst werden, der weniger den Prototyp eines idealen, italienischen Landschaftsgartens verkörpert, als vielmehr ein seltenes Beispiel eines Medici-­Gartens, an dem sich spezifisch auf Anna ausgerichtete Elemente weiblicher Heiligenverehrung ablesen lassen.506 Er bildet einen Herrschaftsbereich, dessen Bedeutung sich vor dem Hintergrund dynastischer Interessen und sozio-­politischer Aspekte entfaltet.

5.2 Die Intimität des Außenraums: der Garten zwischen Heiligenlandschaft und Herrschaftsraum Die Neuplanung des Gartens von La Quiete fiel in die Jahre ­zwischen 1724 und 1727 und wurde von Anna de’ Medici bei dem Architekten Pietro Paolo Giovannozzi in Auftrag gegeben.507 Der Garten wurde in der Forschung mehrfach als klassisches Beispiel eines idealen Gartens „all’italiana“ aufgefasst.508 Diese Einordnung erscheint angesichts der 502 Saeverin 2002, S. 93. 503 Turner 2000, S. 94 f. 504 Stagl 1983, S. 84. 505 Maßgeblich beteiligt an der Gestaltung des Herrenhauser Gartens waren Sophie (1630 – 1714), Frau des Herzogs und Kurfürsten Ernst August von Hannover (1629 – 1698), und ihre Tochter Sophie Charlotte (1668 – 1705), die durch Heirat mit Friedrich I. von Preußen im Jahr 1701 zur preußischen Königin gekrönt wurde. In intensivem philosophischen Gedankenaustausch mit Leibniz entwickelten sie ein Gartenmodell, dessen geometrische Anlage für Bredekamp nicht etwa eine durch zeremonielle Abläufe geregelte Abgrenzung und Bändigung widerspiegelt, sondern die Freiheit verkörpert: „[…] seine technischen Finessen suchen die Natur nicht zu überwältigen, sondern die in ihr wirkenden Kräfte als Ineinander von Geometrie und Vielfalt zu aktivieren.“ Bredekamp 2012, S. 130. 506 Corsani spricht von einer Metamorphose des Gartens in eine heilige Landschaft, vgl. Corsani 1997, S. 12. 507 Die Dokumente zur Auftragsvergabe werden im Archiv der Villa La Quiete aufbewahrt, vgl. ACQ, Quaderno di ricevute, Fabbrica del Giardino, Stanzoni e condotto, 1724 – 1727, vol. 58, und Ricevute e conti diversi dal 1706 al 1729, vol. 83. Auch der Neubau des Flügels am Noviziat auf der Südseite der Villa fällt in diesen Zeitraum, vgl. Casciu 1997, S. 129 f. 508 In Bezug auf die Villa La Quiete vgl. Casciu 1997, S. 129 f., und Zangheri 2003, S. 49 f. Allgemein zu Medici-­Villen vgl. Lazzaro 1990. Die wesentlichen Elemente des geometrisch gestalteten Gartens „all italiana“ sind Alleen, Wäldchen mit hohen Bäumen, niedrig geschnittene Hecken und

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unterschiedlichen Transformationen, die der Komplex besonders in der letzten Phase seiner Umstrukturierung unter Anna de’ Medici erfahren hatte, als vereinfacht. Der durch sie umgestaltete Garten bildet einen dynamischen Bereich, in dem sich unterschiedliche Funktionen überlagern: religiöse Kontemplation, wirtschaftliches Produktionszentrum und weibliche Herrschaftsinteressen. Er verbindet traditionelle Elemente früherer Medici-­ Gärten, wie sie sich in künstlerisch-­literarischen Gartenbeschreibungen der Frühen Neuzeit wiederfinden, mit einer innovativen Formsprache. Aus den „Ricordi“ geht hervor, dass der Garten wesentliche Erweiterungen erfuhr, die durch Ankäufe angrenzender Grundstücke umgesetzt werden konnten.509 Der Hauptverantwortliche für die Pflege und Kultivierung der Anlage war Sebastiano Rapi, der zur selben Zeit auch oberster Gärtner der Boboli-­Gärten war. Seine Anstellung betont die enge Verbindung des Gartens von La Quiete und den Boboli-­Gärten. Rapi waren alle für die architektonische Neugestaltung des Gartens zuständigen Architekten und Ingenieure unterstellt, die auch von ihm bezahlt wurden. Alle übrigen, für die künstlerische Ausstattung des Gartens verantwortlichen Personen erhielten ihre Besoldung unmittelbar von der Priorin des Klosters oder von Anna de’ Medici selbst.510 Hier eröffnen sich Einblicke in ökonomische Mikrostrukturen z­ wischen Palazzo Pitti, La Quiete und dem angrenzenden Kloster. Die finanzielle Unterstützung von Seiten des Klosters lässt zudem darauf schließen, Brunnen sowie die Bepflanzung mit Blumen und Früchten. Für Lazzaro beginnt die Entwicklung ­dieses prototypischen Modells eines repräsentativen Renaissancegartens im Quattrocento. Fabiani Giannetto hingegen macht deutlich, dass diese frühen Gärten weniger Produkte von auf dem Papier geplanten und gestalteten architektonischen Anlagen darstellten, als durch mündliche Überlieferung und praktisches Experimentieren unterschiedliche Verfahren der Kultivierung in situ entstanden ­seien; hauptsächlich zum Nutzen der Landwirtschaft. Erst im Cinquecento sei den Villen und den angrenzenden Gärten mehr und mehr repräsentative Funktion zugestanden worden. Zu den einflussreichsten Handbüchern zur Agrarwirtschaft zählte Pietro de Crescenzis (1230/33 – 1320/21) ­zwischen 1304 und 1306 entstandenes „Liber ruralium commodorum“. Theorien zur Gartenkunst sind laut Fabiani Giannetto erst nach der Anlage der bedeutendsten Gärten, so der Boboli-­ Gärten, im späteren Cinque- und Seicento, entstanden. Ihr zufolge gelten demnach die frühen Medici-­Gärten nicht als Prototypen sogenannter Gärten „all’italiana“, wie etwa Lazzaro behauptet, vgl. Fabiani Giannetto 2008, S. 88 – 98. Fabiani Giannetto konstatiert, dass die Gärten des 16. Jahrhunderts sowohl Produkte von tradiertem Wissen darstellen als auch – im Gegensatz zu Lazzaro – durch fremde Traditionen der Gartengestaltung beeinflusst waren. Für die Autorin unterscheiden sich die Gärten seit dem 16. Jahrhundert durch architektonische Vorzeichnungen, die ihrer Anlage in der Natur vorausgehen. Vor ­diesem Hintergrund ist der Garten nicht mehr als Mikrokosmos anzusehen, in dem sich die Schönheit der von Gott erschaffenen Welt spiegelt, sondern der Mensch, der Künstler steht im Mittelpunkt des Schaffensprozesses, der die Natur zu manipulieren und zu verbessern weiß, vgl. Fabiani Giannetto 2008, S. 149. 509 „Per ricrescer il d.o Orto fu destinato di metter drento il Campo contiguo di sotto accanto alla strada lavorato da Linari, e per metterlo parte in giardino e parte in strada […]“, zit. n.: Casciu 1997, S. 131. 510 Die Planungen des Gartens erfolgten zusammen mit Gianfigliazzi, der auch an der Freskenausstattung finanziell beteiligt war, dem Architekten Pietro Giannozzi und als Hauptverantwortlichem Filippo Gori, vgl. Casciu 1997, S. 134.

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Abb. 27 Villa La Quiete, Florenz, Garten, Blick von oben; Rekonstruktion nach: Fabrizio Natalini / Carmen Castro (1997)

dass die Ordensgemeinschaft der Nonnen von La Quiete einen ­gewissen Einfluss auf die Gestaltung des Gartens, besonders auf die im Folgenden genauer zu erläuternden religiös motivierten Th ­ emen, hatte – eine Hommage an diesen Ort der Kontemplation und des Gebets. Mit dem Einzug Annas in La Quiete ging eine Transformation des ursprünglichen Gartens einher, insbesondere seiner skulpturalen Gestaltung. Der Gartengrundriss lässt grob drei Elemente erkennen (Abb. 27). Eine Terrasse, die etwas unterhalb vom Bodenniveau des Erdgeschosses der Villa liegt, verbindet Garten und Villa. Sie ist geschmückt mit einem quadratischen und zwei rechteckigen Blumenbeeten, die ihrerseits mit gleich großen Beeten und je einem Brunnen im Zentrum bestückt sind. Die Terrasse bildet das Bindeglied ­zwischen Innen- und Außenbereich und übernimmt mit ihrem weitläufigen Grundriss eine vermittelnde Funktion ­zwischen Natur und Architektur. Gleichzeitig ermöglicht sie einen freien Ausblick auf die Landschaft, die die Villa umgibt. In La Quiete nimmt sie auf eindrucksvolle Weise die gesamte Schauseite der Südfassade der Villa ein.511 Von hier aus schweift der Blick auf einen von Alleen durchzogenen, in zehn gleich große Felder unterteilten Garten, an den sich auf der östlichen Längsseite ein in zehn Teile gegliederter Heckenbereich anschließt. An der östlichen Schmalseite der Villa bis zur Hälfte des Gartens erstreckt sich eine Boskettzone. Eine den Garten vertikal teilende Nord-­Süd-­Achse, die von vier orthogonal verlaufenden Wegen durchschnitten wird, gibt die Gliederung des Gartens vor. 511 Zur Bedeutung des Ausblicks, der seit der Antike mit der Villa verbunden ist, und dem Stellenwert, der d ­ iesem Element seit Entdeckung der Zentralperspektive im Quattrocento zukommt, vgl. Bertsch 2012, S. 199 – 201. An städtischen Palästen diente die Loggia immer auch der Teilhabe an der Gesellschaft bei gleichzeitiger Distanzierung gegenüber der Bevölkerung, vgl. ebd.

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Blickpunkte werden insbesondere durch drei Brunnen mit Skulpturengruppen geschaffen. Das Wasser hierfür speiste sich aus zwei großen steinernen Becken, die sich unterhalb einer Garten und Terrasse verbindenden Treppe in einem überwölbten Untergeschoss befanden.512 Zusätzlich barg dieser mit Wasserspielen, Schwämmen und Fresken verzierte grottenähnliche Raum eine kniende Madonna mit Jesuskind. Ein lebendiges Bild vom ursprünglichen Aussehen der drei Brunnen und der Grotte bieten die Aufzeichnungen des Klosters von Montalve: […] sotto il terrazzino vi è una grotta abbellita con spugne, pitture e vari scherzi d’acqua e questa riesce dirimpetto a tutto il viale di mezzo che conduce in fondo del Giardino, ove vi è situata una gran vasca e sopra vi è la Samaritana con Gesù di rilievo, e ciò è seguito con bel ornato fatto alla Mosaica con varie urne sopra. […] Nel mezzo del Giardino vi è situata una gran vasca con il comodo di tenervi i Pesci, e nel mezzo di varie altezze secondo la diversità degli scherzi dell’acqua. A mano destra è situata un’altra Vasca, che getta ­l’acqua per bocca d’un Angelo e sopra vi è dipinto Giesù in forma d’Ortolano che apparisce alla Maddalena.513

Zwei der heute nur noch in Teilen erhaltenen, mit Skulpturen verzierten Brunnen liegt ein ikonografisches Programm zugrunde, das speziell Th ­ emen weiblicher Heiligenverehrung gewidmet ist. So zeigt der am südlichen Ende der Längsachse an die Mauer grenzende Brunnen die Skulpturengruppe von Giovacchino Fortini „Jesus und die Samariterin am Brunnen“ (Joh 4,1 – 38; Abb. 28 und 29). Die Skulpturengruppe visualisiert die Legende der Begegnung von Christus und der aus Samaria stammenden Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4, 5 – 26).514 Das ursprünglich mit Tieren und Blumen verzierte Skulpturenensemble aus Pietra serena, das aus zwei nahezu lebensgroßen Figuren besteht, wurde um 1725 von den Brüdern Giovacchino und Benedetto Fortini errichtet.515 Die Samariterin ist mit 512 „[…] due sottoranei in volta ch’erano fatti per Stanzoni […] restorno per servizio ò per riporvi Piante basse o stuoie, paglioni et in essi vi sono murate 2 gran pile di pietra dove vi vien l’acqua.“ Zit. n.: Casciu 1997, S. 131. 513 Zit. n.: Casciu 1997, S. 131; „[…] unterhalb der Terrasse befindet sich eine mit Schwämmen verzierte Grotte, Malereien und verschiedenen Wasserspielen und d ­ ieses [Wasser] wird über den sich anschließenden Weg geleitet, der bis zum gegenüberliegenden Ende des Gartens führt, wo ein großes Becken mit einer Skulpturengruppe der Samariterin mit Jesus als Halbrelief platziert ist, die mit Mosaiken und Urnen verziert ist […]. In der Mitte des Gartens befindet sich ein Fischteich, an dem ebenfalls unterschiedliche Wasserspiele zu sehen sind. Auf der rechten Seite ist ein weiterer Brunnen mit einem wasserspeienden Putto mit einer Malerei von Jesus als Gärtner, der der hl. Magdalena erscheint, aufgestellt.“ 514 Zur Legende der aus Samaria stammenden Frau in der christlichen Ikonologie vgl. Seibert 2002, S. 274. 515 Die beiden Brüder Giovacchino und Benedetto (1676 – 1732) zählten zu den wichtigsten Künstlern in La Quiete. Zu den Arbeiten Benedetto Fortinis in La Quiete vgl. insbes. Bellesi / Visonà 2008, S. 315 – 319. Benedetto Fortini war der jüngere Bruder des Bildhauers und Medailleurs ­Giovacchino Fortini. Er wurde als drittes von fünf Kindern geboren und zeigte als einziger aus der Familie

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Abb. 28 Giovacchino und Benedetto Fortini, Jesus und die Samariterin am Brunnen, 1725, Pietra serena, Villa La Quiete, Florenz

Abb. 29 Giovacchino Fortini, Jesus und die Samariterin am Brunnen, 1725, Pietra serena, Villa La Quiete, Florenz, Ausschnitt

­antikisierendem Gewand – einem togaähnlichen Mantel und Sandalen – dargestellt; rechts von ihr sitzt die Jesus-­Gestalt in ruhig entspannter Pose auf dem Brunnenrand, gekleidet in ein locker übergeworfenes, gegürtetes antikisierendes Gewand, das seine schräg gestellten Beine umspielt und den Blick auf die Füße mit Sandalen freigibt. Mit der rechten Hand stützt er sich auf der Sitzfläche ab, während er mit der weit geöffneten Linken himmelwärts weist. Sein von schulterlangen Locken umrahmtes, leicht schräg gestelltes Haupt folgt der Aufwärtsbewegung der Hand. Seine Gesichtszüge, auf die sich die suchenden Augen der Samariterin richten, drücken Milde und Güte aus. In der Sitzposition zwar mit dem Boden verbunden, scheint die Jesus-­Figur jedoch allem Irdischen entrückt. Die Samariterin stellt einen Wasserkrug auf den Brunnenrand z­ wischen sich und Jesus, Symbol der Reinheit und kompositorisches Zen­trum des Brunnens, das die beiden Gestalten miteinander verbindet.

Ambitionen für die Malerei. Er stand unter dem künstlerischen Einfluss der zeitgenössischen Maler Jacopo Chiavistelli, Rinaldo Botti und Bartolomeo Bimbi, vgl. Bellesi / Visonà 2008, S. 312, und Bellesi 2009, S. 148. Fortini zeichnete neben der Villa La Quiete für einige weitere Freskenausstattungen unterschiedlicher Florentiner Paläste mit perspektivischen Ansichten und Landschafts- und Architekturansichten verantwortlich: den Palazzo Buondelmonti (1712), den Palazzo Spini-­Feroni, die Villa il Diluvio in Scandicci (1726 – 1732) sowie einige K ­ irchen und Klöster wie das Konvent und die K ­ irche von SS. Annunziata (1699 – 1722) und das Oratorium von Vannella in Settignano bei Florenz (1721), vgl. Bellesi 2009, S. 148.

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Elf Jahre zuvor, 1714, schuf Fortini zwei allegorische Statuen, Caritas (Fürsorge) und Purezza (Reinheit), die über dem linken Seitenportal der Fassade an der K ­ irche S. Firenze im Stadtzentrum von Florenz angebracht wurden. Sie veranschaulichen auf eindrucksvolle Weise die künstlerische Prägnanz der dargestellten Physiognomie der Allegorien und die plastisch genaue Ausarbeitung ihrer Kleidung und Frisuren. Caritas umfängt mit ihrer Linken ein zu ihr aufblickendes Lamm, das Lamm Gottes als Symbol für Christus, der den Kreuzestod auf sich nahm zur Erlösung der Welt. Die Geste der Samariterin ist spiegelbildlich zu jener der Caritas auf der, vom Betrachter aus gesehen, rechten Seite dargestellt. Beide Figuren vollziehen einen Demutsgestus: Caritas mit ihrer in die Mitte der Brust geführten rechten Hand und leicht gesenktem Haupt und Blick, die Samariterin mit Daumen und Zeigefinger ihrer Linken, ebenfalls auf Brustmitte liegend. Die Assoziation mit dem Agnus Dei („Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis“) und dem sich anschließenden Ritus des Brotbrechens vor der Austeilung der hl. Kommunion in der katholischen Messliturgie liegt nahe: „Domine, non sum dignus ut intres sub tectum meum, sed tantum dic verbum, et sanabitur anima mea.“516 Auch Jesus-­Figur und Purezza ähneln sich in den jeweils ähnlich ausladenden Gesten, die bei Jesus mit linkem Arm und linker Hand und bei der Fassadenfigur mit beiden ausgebreiteten Armen vollzogen werden. Caritas und Purezza scheinen in tiefer Kontemplation und in Hingabe an Gott versunken; Purezza schwenkt in ihrer Rechten ein Fässchen mit Weihrauch, dem Symbol ihrer zu Gott aufsteigenden Gebete. Ihre Köpfe und ihre Oberkörper sind in leichter Drehung einander zugeneigt, die ihre innere Verbindung sichtbar macht. Diese Beziehung unterstreichen zwei im Zentrum platzierte Putti. Auch die beiden Brunnenfiguren im Garten von La Quiete sind, obwohl ohne Augenkontakt, in inniger Verbindung aufeinander bezogen. Ihre raumgreifende, theatralische Gestik lässt sie als unmittelbar kommunizierende Personen erscheinen. Möglicherweise rekurriert die Figur der Samariterin auf Anna. Dies legt ein Vergleich der Gesichtszüge der weiblichen Brunnenfigur mit der im vorangegangenen Kapitel besprochenen Medaille für Anna de’ Medici nahe, die ebenfalls von dem Künstler Fortini stammt. Beiden Darstellungen gemeinsam sind die gerade geschnittene Nase, das leicht gerundete Kinn und die ebenmäßigen Wangenknochen. Ebenso weisen die leicht gewellten und aufgetürmten Haare sowie der vor der Brust geknotete Umhang Ähnlichkeiten mit der Porträtdarstellung Annas auf dem Avers der Medaille auf. Die Parallelisierung von Anna und Samariterin deutet auf den Garten von La Quiete als Ort der Ruhe und der Meditation, abseits vom Palazzo Pitti. Anna de’ Medici könnte sich in der Samariterin als eine Fremde inszeniert haben, die in La Quiete Aufnahme fand. Ihre Gestik könnte auch als ein Zugehen auf Jesus verstanden werden; seine Handbewegung – obwohl zum Himmel gerichtet – ließe sich auch als eine Einladung in die Gemeinschaft der Nonnen des Klosters verstehen.

516 „Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“, Evangelium nach Mt, 8,8.

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In d ­ iesem Zusammenhang erschließt sich eine weitere Bedeutungsebene. Bereits Anna de’ Medicis Großmutter, Vittoria della Rovere, identifizierte sich mit der Samariterin. In einem Porträt ihres bevorzugten Malers für religiöse Sujets, Carlo Dolci (1616 – 1686), ließ sie sich als Samariterin abbilden, die am Brunnen von Christus gesegnet wird. Anders als in dem Skulpturenensemble in La Quiete ist in Dolcis Gemälde jedoch zusätzlich das Abbild der knienden heiligen Karmeliterin Maria Maddalena de’ Pazzi zu sehen. Vittoria hatte sich intensiv mit den Schriften der Florentiner Mystikerin beschäftigt. In ihren mystischen Visionen beschrieb diese ihre religiösen Reformideen sowie ihre ekstatischen Verbindungen mit Christus, wie Puccini in seiner „Vita“ der Heiligen berichtet.517 Maria Maddalena setzte sich mit Ereignissen aus dem Neuen und dem Alten Testament auseinander. In Bezug auf die Jesus-­Samariterin-­Darstellung, sowohl in der Brunnenskulptur als auch im Gemälde, ist besonders jene Passage relevant, in der Maria Maddalena de’ Pazzi die Zusammenkunft von Jesus und der Samariterin am Brunnen beschreibt und das im Krug gesammelte Wasser mit dem Blut Christi gleichsetzt, das er durch den Leidensweg und die Kreuzigung geopfert hat.518 Auch Anna de’ Medici dürften die mystischen Schriften bekannt gewesen sein, die sie über ihre Großmutter, unter deren Obhut sie aufgewachsen war, studiert haben könnte. Ihre Identifizierung mit der Samariterin, die ihr Volk zu Gott führt, spielt – in Anlehnung an Vittoria della Rovere im Porträt Dolcis – auf ihre Rolle einer Vermittlerin an, die das Volk, die Einwohner der Toskana, zu Gott führt. Der zweite, am Ende der Querachse an der westlichen Seite der Mauer aufgestellte Brunnen war ursprünglich mit einer heute nicht mehr erhaltenen Darstellung von ­Christus als Gärtner versehen, zusammen mit der hl. Magdalena und einem wasserspeienden Putto. Ebenfalls nicht mehr erhalten ist ein Tabernakel mit dem Fresko einer „Noli me tangere“-Darstellung. Die gesamte Szene (Joh 20, 1 – 18) visualisierte die Begegnung Maria ­Magdalenas mit dem auferstandenen Jesus, der ihr in Gestalt eines Gärtners an seinem leeren Grab erscheint. Sie gemahnt an La Quiete als einen Ort religiöser Kontemplation.519 Die Brunnen fügen sich in das ikonografische Gesamtprogramm des Gartens und symbolisieren körperliche und geistige Stärkung und Reinigung. Neben der sakralen Thematik der beiden Brunnen verweist ihr Aufbau auf eine weitere, profane Bedeutungsebene: Eine 517 Puccini 1675, II, Kapitel XIII. 518 „Stava un’altra volta con divoto affetto assorta a pensare alle pene del suo Gesù, e si rappresentò in estasi alla sua vista il suo Sposo Crocifisso sul monte Calvario, e dopo proferite alcune parole, che non furono intese, disse: Venit Jesus civitatem Samarie, quae dicit Sicar, iuxta proedium, quod dedit Jacob, Joseph filio suo: erat autem ibi fons Jacob, Jesus ergo fatigatus ex itinere sedebat sic supra fontem; hora erat quasi sexta […]. Ora si vuol riposar Gesù sulla croce per fare a noi fonte […]. Alla Samaritana sedeva sopra il fonte per darle l’acqua scende, così la grazia scende da lui fonte vivo nell’anime nostre: ma prima il sangue ci purifica […]. Disse alla Samaritana, che beverà dell’acqua, ch’io le darò: Fiet in eo fons aquae salientis in vitum aeternam […]. La Samaritana condusse i popoli della sua città a Dio […]. La Samaritana ebbe di più, che non dimandò, chiese acqua, ed ebbe la sua grazia.“ Zit. n.: AK Pazzi 2007, S. 106. 519 Vgl. Serafini 2014, S. 175.

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Rundbogennische, flankiert von je zwei Pilastern, bildet den architektonischen Rahmen für die Skulpturen. Sie zitieren die Pilaster der Gartenfassade des Palazzo Pitti und stehen in direktem Bezug zum Stadtraum mit dem großherzoglichen Palast und den Boboli-­ Gärten als Zentrum der Medici-­Macht. Ein weiteres skulpturales Element der Gartengestaltung liegt im Zentrum des Gartens auf der Kreuzung der vertikalen und einer der horizontalen Achsen, ein kreisrunder, in den Boden eingelassener Brunnen, der der Fischhaltung diente. Wie aus dem zuletzt genannten Zitat der Nonnen von Montalve hervorgeht, war der Brunnen, ebenso wie die Grotte, ursprünglich mit wasserspeienden Figuren verziert, die Wasserspiele („scherzi d’acqua“) vollführten. Das den Grotten innewohnende spielerische Element galt schon Vasari und Alberti als Ausdruck eines Wettstreits z­ wischen einer künstlich angelegten und einer von ihr selbst geformten Natur.520 Brunnen und Grotten gehörten zu den wesentlichen Gestaltungselementen von Medici-­Gärten; sie entfalteten ihre machtpolitische Bedeutung bevorzugt in Zusammenspiel mit dem Element Wasser. Ihre prägnanteste Ausformung erfuhren sie im 16. Jahrhundert in Florenz: Neben den von Cosimo I. de’ Medici in Auftrag gegebenen Brunnen und Grotten in der Villa Castello gelten vor allem die von Buontalenti gebauten Brunnen und Grotten der Boboli-­Gärten aus dem späten 16. Jahrhundert als prominenteste machtpolitische Symbole für die Versorgung von Stadt und Land mit Wasser: Sie sollten Prosperität und Reichtum verheißen.521 Die Wasserspiele in La Quiete belegen das enge Beziehungsgeflecht der Villa La Quiete zu den Medici-­Villen Castello und den Boboli-­Gärten, auf die durch Anna de’ Medicis Neugestaltung explizit Bezug genommen wurde. Als spielerischer Gegensatz zu den in Stein gehauenen Brunnen und Grotten vereinen sie unterschiedliche Kontraste: frei fließendes und in Becken gebündeltes Wasser, hochschießende Fontänen und leise plätscherndes Wasser, klares Wasser und mit Moos bedeckte Becken, die akzentuiert werden durch Brunnenfiguren. Bei den Grotten in der Villa Castello handelt es sich um begehbare, verwinkelte Orte, die mit überaus reichem Skulpturenprogramm ausgestattet sind.522 In der Vita des Künstlers und Ingenieurs Tribolo beschreibt Giorgio Vasari 520 Vgl. Nova 2006, S. 25, und Alberti 1975, S. 486. 521 Vgl. Bertsch 2012, S. 148. 522 Der Boboli-­Garten blieb bis ins Sei- und Settecento hinein vorbildhaft für die Gartengestaltung der Medici, auch über die Grenzen Italiens hinaus, vgl. Campbell 1996. Campbell deutet das Wasserleitsystem als Herrschaftsinstrument, mit dem Ferdinando II . de’ Medici dem durch die Pest, den 30-jährigen Krieg und die Vorgängerregierung ökonomisch angeschlagenen Florentiner Staat zu neuer Kraft verhelfen wollte. Galletti geht davon aus, dass der z­ wischen 1615 und 1631 durch Maria de’ Medici entworfene Garten des Palais du Luxembourg in Paris nach dem Florentiner Vorbild gestaltet wurde, wie die Autorin anhand des Vergleichs von Zeichnungen beider Gärten darlegt. Hier lassen sich insbesondere Parallelen in der Gestaltung der axialen Ausrichtung der Alleen, von Grotte und Amphitheater feststellen. Der Bau des Palais du Luxembourg und der angrenzende Garten dienten Maria de’ Medici Galletti zufolge der politischen Legitimierung ihrer Herrschaft. Nach dem tödlichen Attentat auf ihren Mann Heinrich IV . am

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ausführlich den Garten der Medici-­Villa Castello und hebt besonders die Grotten und das Wasserleitsystem hervor – eine technische Meisterleistung, die spielerische Überraschungsmomente bereithielt.523 Das Wasser wurde aus den Gewässern der oberhalb von Castello liegenden Villa Petraia in den Garten geleitet. Von hier aus wurden die Brunnen und kleinen Seen versorgt, so auch die in drei Nischen aufgeteilte „Grotta degli animali“. Sie wurde vermutlich unter der Leitung Vasaris und nach dessen Entwürfen ­zwischen 1565 und 1572 unter der Herrschaft von Cosimo I. de’ Medici errichtet.524 Dargestellt sind Tiere aus Afrika und Asien, die als Hinweis auf die neuesten Entdeckungen galten, wie auch domestizierte Tiere. Jede der drei Nischen birgt ein von Antonio di Gino Lorenzo aus unterschiedlichen Marmorsorten angefertigtes Becken.525 Die Wände der Grotten sind mit Stalaktiten verziert und an zentraler Stelle des Rundbogens der mittleren Nische wurde eine Nachbildung der großherzoglichen Krone, die Cosimo I. 1569 verliehen worden war, aus Muscheln und geschliffenen Steinen eingelassen. Rechts und links davon befinden sich je eine Maske und die Florentiner Lilie. Das Zusammenspiel von unterschiedlichen Materialien – verschiedenfarbiger Marmor (Mischio di Seravezza), Edelsteine und Muscheln – und Gattungen ist einzigartig in der Grottenarchitektur. Die auf unterschiedlichen Ebenen angeordneten, sich teilweise überlagernden und in die Höhe gestaffelten Tiere, die sich – teils als halb-, teils als vollplastische Skulpturen – reliefartig aus der rauhe Felsen andeutenden Wand herausschälen, stehen in Kontrast zu der Verzierung der Stalaktiten, die Urschleim symbolisieren. Diese gehören nach mythologischer Vorstellung dem Bereich der Unterwelt an und können nur in dunkler, feuchter Umgebung entstehen, während die Tiere das Reich alles Irdischen versinnbildlichen. Diesen Gegensatz ­zwischen irdischer Welt und Unterwelt verdeutlichen auch die unterschiedlichen Bewegungsrichtungen der Stalaktiten, die, einer Vertikalbewegung nach unten folgend, auf die Unterwelt verweisen, bzw. der Tiere, die nach rechts und links strebend, der Waagerechten verhaftet sind. In der Nähe der Grotten befand sich als verbindendes Element üblicherweise ein kleines, künstlich angelegtes Wäldchen, die Boskettzone, die wie die Grotten durch eine kühle, feuchte Umgebung charakterisiert war und auf verwinkelten, labyrinthartigen 14. Mai 1610 übernahm Maria als Regentin die Regierungsgeschäfte für ihren minderjährigen Sohn Ludwig XIII . Dieser bestieg am 2. Oktober 1614 den französischen Thron, jedoch hatte Maria als Leiterin des Conseil d’État noch bis 1617 Machtbefugnis. Typologisch orientiert sich das Palais am französischen Schlossbau des 16. Jahrhunderts, womit sie an ihre Zugehörigkeit an das Geschlecht der Valois und Bourbonen anknüpft, von der sie als Ausländerin ausgeschlossen war, vgl. Galletti 2012, bes. S. 218 – 125. 523 Die entsprechende Stelle ist abgedruckt bei: Bertsch 2012, S. 205 – 209. 524 Lazzaro 1990, S. 181. 525 Darunter finden sich Giraffe, Nashorn in der linken Nische, Pferd, Ochse, Dromedar, Eber, Affe, Hirsch, Ziegenbock und Leopard in der zentralen Nische und in der rechten Nische Elefant, ­Einhorn, Löwe und Ziege sowie weitere Huftiere. Zum Garten der Villa Castello, der Gelehrten, Historikern und Literaten als Ort politischer und kultureller Verhandlungen diente, vgl. Zangheri 2003, S. 33 – 50.

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Wegen Momente des Spielerischen und der Überraschung bereithielt.526 Es handelte sich hierbei um einen halb privaten Bereich des Lustwandelns, wobei das Wäldchen auf die von Nymphen bevölkerte Unterwelt verwies und den Übergang zu der den Garten umgebenden Landschaft bildete. Ebenso wie Pergolen dienten sie zum Schutz vor der Sonne. Ein eindrucksvolles Beispiel für d ­ ieses funktional-­ästhetische Gestaltungselement findet sich auch in dem mit einer Boskettzone gesäumten Hügel in den Boboli-­Gärten, der sich U-förmig an die Gartenfassade des Palazzo Pitti anschließt. Gartengestaltung und Kontrolle des Wassers durch die neu entwickelte Ingenieurstechnik war für das Herrschaftsverständnis der ersten Großherzöge der Toskana von größter Bedeutung. Ihre Selbstinszenierung als Gebieter über Wasser und Wälder und damit über ihr Herrschaftsgebiet wurde auch in den Boboli-­Gärten zur Anschauung gebracht. Hier wurde ein Wasserleitsystem angelegt, das nicht nur die Brunnen und Wasserbecken des Gartens mit Wasser versorgte, sondern auch die Brunnen der Stadt. Wesentlich verantwortlich für ­dieses technische System zeichnete Eleonora di Toledo.527 Ähnlich innovative Maßnahmen hatte auch Maria de’ Medici im Garten des Palais du Luxembourg in Paris ergriffen. Sie ließ in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts das erste moderne Aquädukt auf der Rive gauche errichten, das die Wasserversorgung der gesamten Stadt garantieren sollte – eine Technik, die ihre Großeltern Cosimo I. und Eleonora di Toledo zuvor vorbildhaft umgesetzt hatten.528 Diese Maßnahmen dienten Maria de’ Medici und Eleonora di Toledo gleichermaßen zur Propagierung des Bildes von der guten Regierung der Medici wie auch der Konsolidierung ihrer Macht. Sie hatten für das Florenz des 16. Jahrhunderts unter der Regentschaft der neuen großherzoglichen Linie, vertreten durch Cosimo I. und Eleonora di Toledo, eine ähnlich große Rolle gespielt wie für das Frankreich der Bourbonen unter der Ägide von Maria de’ Medici. Im Vergleich von Anna de’ Medicis Position am Hof von Florenz mit der Regentschaft Eleonoras di Toledo und Maria de’ Medicis wird eine Schicksalsverwandtschaft und gemeinsame politische Herausforderung der Regentinnen deutlich. Alle drei Herrscherinnen mussten ihren Status als Fremde an einem ausländischen Hof behaupten, was sich 526 Schriften der antiken Mythologie zufolge sind dichte Wälder vor allem von Nymphen bevölkert, die auf hohen, alten Bäumen und in Quellen und Grotten leben, vgl. Bertsch 2012, S. 151. Zur Bedeutung von Grotten in den Medici-­Gärten, vgl. auch Zangheri 2003, S. 333 – 343. In der Antike waren die Tempel den himmlischen Göttern geweiht und die Grotten den Göttern der Unterwelt, vgl. ebd., S. 33 – 50. 527 Kurz nach dem Erwerb des Palazzo Pitti mit angrenzendem Land durch Eleonora di Toledo, der Frau Cosimos I. de’ Medici, im Jahre 1549, wurde der Auftrag zur Gartengestaltung an den Architekten Niccolò Tribolo vergeben. Durch Giorgio Vasari ist übermittelt, dass Tribolo bereits im darauffolgenden Jahr starb, jedoch noch für den architektonischen Entwurf verantwortlich ­zeichnete. An der Gestaltung des Gartens waren bis zum Ende des 16. Jahrhunderts alle bekannten Florentiner Künstler beteiligt: Baccio Bandinelli, Giorgio Vasari, Bartolomeo Ammannati, ­Bernardo ­Buontalenti, Giambologna und Stoldo Lorenzi; fertiggestellt wurde er erst um 1690, vgl. Lazzaro 1990, S. 191. 528 Vgl. hierzu Galletti 2012, S. 43 – 48.

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im Fall von Anna de’ Medici als besonders dramatisch herausstellte. Als Fremde war sie 1691 nach Düsseldorf gekommen und nach 26 Jahren Abwesenheit wiederum als Fremde in ihre Heimat zurückgekehrt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass dem Garten eine Formsprache zugrunde liegt, die im Wesentlichen aus zwei Grundkomponenten besteht: Darstellungen biblischer Szenen, die eine speziell auf die Person Anna de’ Medicis ausgerichtete Symbolik, die auf eine christliche, hier eine marianische, Ikonografie verweist, in sich vereinen und Elemente, die einen engen Bezug zu anderen Medici-­Gärten erkennen lassen. Dies zeigt sich beispielhaft an der erwähnten Grotte. Im Gegensatz zu den profanen Grotten in der Villa Castello und in den Boboli-­Gärten handelt es sich bei derjenigen im Garten von La Quiete zwar um eine religiös konnotierte.529 Dennoch demonstriert die Errichtung des Wasserleitsystems, das Brunnen und Grotten miteinander verbindet und mit Wasserspielen ausgestattet war, die symbolische Nähe zur benachbarten Medici-­Villa Petraia und zu den Boboli-­Gärten. Damit stellt sich die Herrscherin in die Tradition ihrer Vorfahren und bezeugt dynastische Zugehörigkeit, vermag es jedoch, den Garten in eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete ‚Heiligenlandschaft‘ zu verwandeln. In d ­ iesem Zusammenhang verweisen die Mauer und die streng geometrisch angelegten Wege nicht auf Abgrenzung und Abgeschiedenheit im Sinne eines Hortus conclusus, sondern lassen den Garten von La Quiete als einen Ort der Freiheit erscheinen, innerhalb dessen die Herrscherin ihren Handlungsspielraum nutzt. Lage der Villa, Gestaltung des Gartens, höfische Umgebung und ökonomische Dimension lassen den Schluss zu, dass La Quiete – entgegen der verbreiteten Forschungsmeinung – der Fürstin nicht nur als Alterssitz und Zufluchtsstätte, sondern als höfische Umgebung und als ‚inoffizieller Regierungssitz‘ diente. Durch ein Netzwerk von Künstlern, Agenten und Bediensteten inszenierte sie sich als Regentin und transformierte La Quiete in eine Bühne politischer und kultureller Einflussnahme.

529 Religiöse Grotten sind im Gegensatz zu profanen Grotten bisher wenig erforscht und haben sich, anders als die profanen, nicht aus der Garten-, sondern der Sakralarchitektur entwickelt. Die bekanntesten Beispiele von Heiligengrotten stammen aus dem Bereich männlicher Herrscher in Deutschland, wo sie zumeist in Verbindung mit religiösen Einrichtungen entstanden. Eines der frühesten Beispiele stellt die Grotte von Herzog Wilhelm V. von Bayern (reg. 1579 – 1597) dar, der in München eine Abfolge von mehreren Grotten errichten ließ, die sich an das von ihm geförderte Jesuitenkonvent, die sogenannte Wilhelminische Veste, anschloss. Eine weitere Grottenanlage existierte in Innsbruck, die sich Erzherzog Maximilian III . hatte errichten ­lassen. Das berühmteste Beispiel aus dem italienischsprachigen Raum ist der „Sacro Speco“, die Grotte der Benediktinerabtei von Subiaco aus dem 13. Jahrhundert. Die Tradition der Heiligengrotten war bis in die Zeit der Romantik hinein verbreitet, so zum Beispiel Philippe Clésingers „Grotte der heiligen Maria Magdalena“ in der Sainte-­Madeleine in Besançon, vgl. Schmidt 2012, S. 211 – 213.

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5.3 Die Externalisierung des Innenraums: Die Freskenausstattung des Saals der Medici-Villen und des Ruinensaals Die im Garten angelegte Programmatik eines Handlungsraums, in dem sich religiöse und weltliche Symbole der Macht verbinden, setzt sich im Inneren der Villa fort. Der Blick soll nun vom Außen- auf den Innenraum der Villa gelenkt werden.530 Die folgenden Ausführungen widmen sich dabei der Untersuchung des ikonologischen Gehalts der Räume Annas und der Einbettung in einen größeren historisch-­künstlerischen Kontext.531 Im Vordergrund wird deshalb, ausgehend von einer Beschreibung des Freskenprogramms, die Frage nach der Funktion der beiden Räume geklärt. Waren sie als Ort privaten Rückzugs oder als repräsentativer Herrschaftsbereich gedacht? Die von Anna de’ Medici bewohnten Räume, die Stanze della Padrona, befinden sich in dem als „Fabbrica nuova“ bezeichneten, neu errichteten Appartement (Tafel 16). Sie erstrecken sich über zwei Geschosse und grenzen auf südlicher Seite an die Terrasse. Die Wandmalereien der beiden repräsentativen Räume im Erdgeschoss, dem Saal der Medici-­ Villen und dem Ruinensaal, stellen ein Hauptwerk des Künstlers Benedetto Fortini dar, der das malerische Programm 1726 in Zusammenarbeit mit dem Maler Filippo Giarrè entwarf (Tafel 17).532 Zwei direkt darüberliegende Räume in der ersten Etage dienten Anna de’ Medici als Schlafgemächer. Während die Räume im Erdgeschoss vollständig bemalt sind, weisen die oberen Räume keine Freskenausmalung an den Wänden auf. Lediglich die Fenster- und Türlaibungen sind mit Blumenranken verziert. Ähnlich wie in Annas Appartement im Palazzo Pitti ermöglichte eine Wendeltreppe, die sich hinter einer in die Wand eingelassenen, in das Bildprogramm der Wandzone integrierten und auf den ersten Blick nicht zu erkennenden Tür im ersten Raum, befindet, einen ungestörten Wechsel ­zwischen den repräsentativen Räumen im Erdgeschoss und den Schlafgemächern in der ersten Etage (Abb. 30).533

530 Wie Gramaccini deutlich gemacht hat, vollzog sich in der Renaissance gegenüber dem Mittelalter ein Wandel, bei dem die private Sphäre zunehmend im öffentlichen Raum zur Schau gestellt, privaten Räumen ein eher repräsentativ-­öffentlicher Charakter beigemessen wurde. Die adelige Gesellschaft zog sich infolge dessen immer mehr aus dem unmittelbaren Gesichtsfeld der Öffentlichkeit zurück. Ein Gradmesser hierfür ist der Palazzo Pitti in Florenz, der – außerhalb der Stadtmauern und des Zentrums gelegen – einen idealen Ort der Abschottung bot, vgl. Gramaccini 1998, S. 100 f. 531 Die Auftragsvergabe für die Fresken ist in den Rechnungsbüchern dokumentiert, die heute im Archiv von La Quiete aufbewahrt werden: „pittura a tempera fatta nella prima camera terrena dell’appartamento della ser.ma Elettrice, che detta camera corrisponde nell’ingresso colla porta principale.“; darin eine kurze Beschreibung des ersten Saals, die den Medici-­Villen gewidmet ist: „la volta con uccelli e fiori, e nelle quattro cantonate quattro animali al naturale con architettura e grottesca […] le pareti di detta stanza colle vedute nei mezzi di quattro ville della Casa Reale.“ ACQ, Conti e ricevute dal 1706 al 1729, fol. 83, zit. n.: Corsani 1997, S. 9. 532 Zu Benedetto Fortini (1676 – 1732) vgl. Maccioni 1997. 533 Zu den weiteren Umbaumaßnahmen, die sich über das gesamte Gebäude erstreckten, vgl. AK Principessa, 2006, S. 369.

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Abb. 30 Detail mit Geheimtür, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-­Villen, nördliche Seitenwand

Auftraggeber des Freskenprogramms beider Säle war Monsignor Alessandro Gianfigliazzi, ein Geistlicher des Ordens von Montalve 534; die Zahlungen wurden noch im selben Jahr von Anna de’ Medici getätigt, die gleichzeitig auch für das ikonografische Programm verantwortlich zeichnete 535. Die Zusammenarbeit von Geistlichen und Anna de’ Medici lässt auf eine gewisse Einflussnahme von Seiten des Ordens schließen – eine mögliche Erklärung für die Verbindung weltlicher und religiöser Motive im Bildprogramm der beiden Räume. Der Eingang zum ersten Saal im Erdgeschoss erfolgt über einen langgestreckten, galerieartigen Korridor, der auf südlicher Seite den Garten und auf nördlicher Seite einen überdachten Innenhof, die „Spezzeria“, eine Art Apotheke, miteinander verbindet. Dass den zwei repräsentativen Gemächern im Erdgeschoss besondere Bedeutung zukommt, wird bereits aus ihrer Lage ersichtlich: Sie befinden sich in der Flucht der von außen begehbaren ­Kirche und dem daran anschließenden, durch ein Gitter abgetrennten und vom Kirchen­inneren nicht einsehbaren Chorbereich. Diese Raumfolge bildet durch den direkten Zugang zur ­Kirche eine Verbindung mit der sakralen Sphäre. Neben dieser 534 In der italienischsprachigen Literatur wird er als „Governatore spirituale“ bezeichnet, vgl. Bellesi / Visonà 2008, Bd. 2, S. 315, und Casciu 1997, S. 137. Die Bezahlung der Fresken an Fortini und Giarrè erfolgte am 25. 9. 1726. Die Künstler erhielten 65 Scudi, vgl. Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 98. 535 Vgl. Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 96 f.

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symbolhaften und faktischen Erweiterung von Profan- zu Sakralraum öffnen sich die nach Süden ausgerichteten Fenster der beiden Räume gleichzeitig zur Terrasse und zum Garten hin, der auf diese Weise den Innenraum vergrößert. Der Saal der Medici-­Villen und der Ruinensaal übernehmen also eine doppelte, vermittelnde Funktion ­zwischen Innen und Außen sowie z­ wischen sakralem und profanem Bereich. Damit bilden sie auch eine Brücke ­zwischen privatem Bereich im Obergeschoss und halb-­öffentlicher Sphäre der angrenzenden ­Kirche. Charakteristisch für ihre malerische Ausstattung ist der Ausblick auf den Außenraum an Wänden und Decken, bei der die Begrenzung der Architektur überwunden zu werden scheint. Dennoch unterscheiden sich beide Räume in einigen wesentlichen Punkten voneinander: Während die Fresken im ersten Raum den Blick auf vier Medici-­Villen freigeben, bietet sich dem Betrachter beim Betreten des zweiten Raums die Ansicht einer Ruinenlandschaft mit antiken Elementen – mit Grasbüscheln bewachsene, halbverfallene Säulen, Brunnen und Statuen. Auffällig im Deckenbereich beider Säle in Szene gesetzt, weisen die Herrschaftssymbole Kurhut und Großherzogskrone die Räume als Machtbereich aus. Die illusionistischen Darstellungen werden durch Vögel, florale Elemente, Darstellungen von Grotesken und Chinoiserien ergänzt.536 Als Eingangstür zum ersten Raum, dem Saal der Medici-­Villen, dient eine heute noch erhaltene, schwere Eichentür. Sie eröffnet den Zugang zu Annas öffentlichen Gemächern. Die obere Türhälfte nimmt auf der Innenseite eine Abbildung der kurfürstlichen Krone über einem geöffneten Hermelinmantel ein, der die Initialen „ML“ („Maria Luisa“) präsentiert, die untere Türhälfte zeigt einen Blumenkranz, der die Buchstaben „NRQ“ („Nobile Ritiro Quiete“ – „Adeliger Ort der Ruhe“) umschließt. Beginnend mit der links der Eingangstür liegenden nördlichen Wandzone, sind hier die nahe gelegenen Villen Pratolino mit Giambolognas Brunnen und dem Appenin, Poggio Imperiale auf der östlichen, Castello auf der südlichen und Poggio a Caiano auf der westlichen Seite dargestellt (Tafel 18).537 Die Wandzonen werden durch die Darstellung von schräg in den Raum hineinragenden, teilweise mehrfach verkröpften Säulen und Pilastern mit Kapitellen gegliedert, 536 „[…] la volta con uccelli e fiori, e nelle quattro cantonate quattro animali al naturale con architettura e grottesca […], le pareti di detta stanza colle vedute nei mezzi di quattro ville della Casa Reale.“ Zit. n.: Corsani 1997, S. 9. Für eine motivgeschichtliche Untersuchung von Räumen mit Elementen der Gartengestaltung vgl. Börsch-­Supan 1967. Die Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über Tradition und Herkunft bestimmter Motive, aufgeteilt nach Kulturräumen und Epochen. 537 Gregori schlägt eine andere Reihenfolge vor: Gegen den Uhrzeigersinn zählt sie vom Eingang aus gesehen die Villen Pratolino, Poggio a Caiano, Poggio Imperiale und Castello auf, vgl. Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 98 f. Der Garten der Villa Pratolino, die sich nördlich von Florenz an der ins Mugellotal führenden Landstraße befindet, zählt zu den außergewöhnlichsten und am prächtigsten ausgestalteten der Medici-­Villen. Auftraggeber war Francesco de’ Medici, der Villa und Garten durch seinen wichtigsten Hofkünstler, Bernardo Buontalenti, gestalten ließ und dem die Villa als Ort der Zurschaustellung seiner Bilder-­Sammlung diente. Hier befindet sich die berühmte Gartenskulptur von Giambologna, vgl. Bertsch 2012, S. 222; zur Villa Poggio a Caiano vgl. Casciu 2009.

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Abb. 31 Decke mit illusionistischer Pergola-Architektur, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-­Villen

die zusätzlich Räumlichkeit suggerieren. Reale und gemalte Architektur stehen in einem engen wechselseitigen Verhältnis und ermöglichen es, den Blick sowohl nach oben als auch in Richtung der vier Seiten scheinbar unbegrenzt in die Ferne schweifen zu lassen. Die perspektivische Schrägsicht der dargestellten Villen unterstützt diese Tiefenwirkung erzeugende Scheinräumlichkeit. Ihre malerische Zusammenschau kann als Verweis auf eine bedeutende Rangerhöhung der Villa La Quiete und ihre Aufnahme in den Kreis der Medici-­Villen zu Beginn der 1720er Jahre verstanden werden: hier demonstrierte Anna ostentativ ihre Zugehörigkeit zur großherzoglichen Familie.538 Senkrecht verlaufende Friese gliedern die Villen-­Darstellungen an den Wänden der nördlichen, westlichen und östlichen Wandzonen und markieren die Ecken des Saals als Verbindungen der einzelnen Wände. Diese außergewöhnlichen Schmuckelemente erinnern an textile Wandbehänge, ein Kunstgriff, der ein Charakteristikum in Fortinis Werk darstellt. Sie stehen in engem Zusammenhang mit den darüberliegenden, gemalten

538 Vgl. Casciu 1997, S. 138.

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Abb. 32 Benedetto Fortini, Eckdetail mit Leopard, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medci-­Villen

Abb. 33 Benedetto Fortini, Eckdetail mit Adler, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-­Villen

Inschriften. Wie im dritten Kapitel beschrieben, diente das Entfalten von Textilien in Palast-­Innenräumen im übertragenen Sinn der Enthüllung von Botschaften, aus denen sich ein ikonografisches Programm des Raumes, so im Saal der Medici-­Villen, erschließt, wie im Folgenden gezeigt werden soll. In der mittleren Wandzone verläuft ein mehrfach verkröpftes, illusionistisches Gesims, auf dem eine umlaufende Brüstung aufsitzt, hinter der sich der Blick auf den Himmel öffnet (Abb. 31). Auf gleicher Höhe befindet sich in jeder Ecke ein Tier: Ausgehend von der nord-­westlichen Ecke sind Leopard, Adler, Löwe und Einhorn dargestellt (Abb. 32 – 35). Die darüberliegenden Zwickel werden von Blumen in großen Vasen eingenommen, die in der Forschung als Verweis auf die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde gedeutet wurden und an eine kosmologische Bedeutung des Fresken-­ Programms gemahnen.539

539 Bellesi deutet die Vasen darüber hinaus als Sinnbild für die vier Kardinalstugenden, vgl. Bellesi / Visonà 2008, S. 317.

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Abb. 34 Benedetto Fortini, Eckdetail mit Löwe, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-­Villen

Abb. 35 Benedetto Fortini, Eckdetail mit Einhorn, 1726, Fresko, Florenz, Villa La Quiete, Erdgeschoss, Saal der Medici-­Villen

Unterschiedliche Vögel lenken den Blick auf die komplexe Gestaltung des Deckenbereichs, der spinnennetzartig von einem an vier Seiten aufgespannten, in vier konzentrischen Kreisen angeordneten und sich vollständig über den Deckenbereich erstreckenden Holzspalier ausgemalt ist und von dem Weinblätter und rote und weiße Trauben – zentrale christliche Symbole – herabhängen. Zur Deckenmitte hin läuft es spitz zu, durchbrochen von gleichmäßig angeordneten Gitterstäben, deren Enden eine kreisförmige Öffnung beschreiben und innerhalb eines jeden Rings 23 Kompartimente ausbilden. Es entsteht der Eindruck einer Kuppel, die eine nach allen Seiten hin offene Pergola mit Aussicht in den Himmel suggeriert. Jeweils oberhalb der Bögen über der Brüstung angelegte Chinoiserien ergänzen das Bildprogramm.

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In der Malerei des Florentiner Spätbarock um 1700 ist das Deckengemälde einzigartig. Jedoch weist die eine Wölbung andeutende Malerei deutliche Gemeinsamkeiten mit der Ausmalung des überkuppelten dritten Raums in der Grotta Grande von Buontalenti in den Boboli-­Gärten auf.540 Dieser birgt einen Brunnen mit einer von Giambologna angefertigten Venus-­Statue und kann als Hommage an diesen durch die Liebesgöttin Venus weiblich konnotierten Ort gedeutet werden. Ähnlich wie die Ausmalung des Raums in La Quiete ist die Decke mit Gitterwerk-­Architektur versehen, die sich ebenfalls in den Himmel öffnet und an der sich Weinreben, Rosen, Geißblatt- und Efeuranken winden, auf denen Vögel sitzen. Ergänzt wird dies durch Darstellungen grotesker Köpfe und Verzierungen mit Schwämmen. Anders als in La Quiete sind hier jedoch auch die Wände mit filigranen Pflanzendarstellungen versehen. Im Unterschied zu den beiden Räumen von La Quiete weist das Freskenprogramm keine zusätzlichen gemalten Wandinschriften aus. Die elaborierte Sprache der im Folgenden genauer zu untersuchenden Sinnsprüche, deren Autor nicht bekannt ist, deutet darauf hin, dass es sich bei dem Verfasser um einen Gelehrten gehandelt haben könnte, der die Sprüche möglicherweise in Zusammenarbeit mit einem Geistlichen und/oder mit Anna de’ Medici selbst verfasst hat. Im Saal der Medici-­Villen suggeriert eine Gedenktafel auf der Höhe des fingierten, verkröpften Gesims und des Kapitells des Mittelrisalits an der östlichen Seitenwand zunächst eine religiöse Dimension des Ortes: Questo sacro ritiro illustre adorno / opra di mano liberale e pia / ove fate gentil lieto ­soggiorno / nobil’ancelle in dolce compagnia / o come splende glorioso in torno / come del cielo a voi mostra la via / poiche se tanto ben quaggiu vi alletta / quanto sara quel che lassu v’aspetta.541

Die Inschrift hebt den Raum als prächtig ausgestatteten Rückzugsort hervor, der die Adeligen durch Gebet auf den Tod vorbereiten sollte, und markiert ihn als einen explizit weiblich geprägten. Er stellt eine Hommage an die Gemeinschaft der Nonnen von La Quiete dar. Dass die Villa jedoch nur vordergründig einen Ort religiöser Einkehr bildet, wird bei einem Blick auf einzelne Gestaltungselemente der Freskenausstattung deutlich. So sind oberhalb der Inschrift die Herrschaftsinsignien der Wittelsbacher und der Medici zu sehen: An herausgehobener Stelle befindet sich ein auf einer Brüstung ruhender Hirsch mit Kreuz ­zwischen seinem Geweih – ein Verweis auf den Hubertusorden (Tafel 19). Zu seinen Vorderläufen liegt der pfälzische Kurhut mit Hermelinbesatz. Den Kopf nach rechts gewendet, berührt das Tier mit seiner linken Vorderhufe die unter der Krone 540 Vgl. Abb. in: Lazzaro 1990, S. 208, Abb. 200. 541 „An ­diesem heiligen, prächtig ausgestatteten Rückzugsort / Werk großartiger und demütiger Hände / findet Ihr einen ehrenwerten und fröhlichen Aufenthaltsort / an dem Ihr von der hervorragenden Gesellschaft adeliger Nonnen / oder von Ruhm und Pracht umgeben seid / ebenso wird Euch der Himmel den Weg zeigen / denn so sehr Euch dort unten [die Erde] verlockt / so sehr wird euch jenes verlocken, was Euch dort oben erwartet.“

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hervorschauende und über die Brüstung hängende Ordenskette des Hubertusordens mit dem Malteserkreuz, das mit einer goldenen Kugel auf jeder der acht Spitzen verziert ist.542 Die Kette verbindet die obere Zone der Brüstung mit der darunterliegenden Wandzone, auf dem der genannte Sinnspruch zu lesen ist und steht beispielhaft für die Verschränkung von religiösen und herrschaftlichen Intentionen. Als Pendant hierzu findet sich an der gegenüberliegenden westlichen Wand die Abbildung der großherzoglichen Krone der Toskana (Tafel 20). Sie ist verziert mit Perlen und roter Lilie als Verweis auf Florenz und liegt schräg auf einem roten Paradekissen, von dem sie herunterzurutschen scheint. Unter dem Kissen ragt ebenfalls eine Ordenskette hervor, bei der es sich um die des Hubertus­ ordens handeln könnte. Rechts neben der Krone balanciert eine Trappe, die ihren Kopf umdreht, einbeinig auf dem Geländer. Mit der linken, erhobenen Klaue scheint sie die Krone wegzustoßen. Dies könnte auf den Ausschluss Annas von der großherzoglichen Thronfolge durch ihren Bruder Gian Gastone deuten. Oberhalb der Fensterzone der südlichen Wand sitzt ein Papagei auf der Brüstung, dessen langer Schweif weit über die vorgetäuschte Begrenzung ragt. Das Tier, Sinnbild der Sprechbegabung und schon von den Kirchenvätern symbolisch mit dem Logos der Offenbarung Gottes in Bezug gesetzt, trägt zu einer Steigerung der illusionistischen Pergola-­Architektur bei. Dem Vogel kommen unterschiedliche, kontrastierende Bedeutungsebenen zu; so steht er gleichermaßen für Gelehrigkeit und Klugheit, wie für Wollust, Liebe oder Prunksucht.543 Er wird umringt von drei weiteren, exotischen Vögeln.544 Eine vertiefte Interpretation bieten die bereits erwähnten Tiere in den vier Ecken des Raumes, denen je ein Sinnspruch beigegeben ist. Die den Tieren eingeschriebene Symbolik ist einer der ältesten Quellen zu entnehmen, die sich mit der Deutung realer und „fabelhafter“ Kreaturen auseinandersetzt, der Naturlehre des Physiologus. Die um 1200 von einem Geistlichen verfasste Schrift spiegelt eine Hierarchie wider, bei der reale und fantastische Tiere ihrem Rang und ihrer symbolischen Funktion nach geordnet werden.545 542 Vgl. Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 97. Der Orden geht auf Johann Wilhelm zurück, der ihn am 29. September 1708 wieder ins Leben gerufen hatte, nachdem er nach dem Tod von Johann Wilhelm I. von Jülich-­Kleve-­Berg 1609 in Vergessenheit geraten war. Der Orden war am 3. November 1444 als weltlicher Ritterorden von Gerhard II. von Jülich-­Berg gegründet worden. 1744 erhob Kurfürst Karl Theodor ihn zu einem kurpfälzischen Orden, vgl. Heppe 1988, S. 139. 543 Vgl. Dittrich / Dittrich 2004, S. 322 – 334. 544 Zur Bedeutung des Papageis als Dekorationselement vgl. auch Weddigen 2016, bes. S. 201 – 205. Es wurde vermutet, dass Vögel für unterschiedliche „ethnische Gruppen“ stehen könnten. Der Papagei beispielsweise ist im Zyklus der Erdteile das Kennzeichen Südamerikas, vgl. zuletzt Bellesi / Visonà 2008, S. 317. Im Physiologus steht er vorbildhaft für die Gläubigen: So wie das Tier die menschlichen Stimmen nachzuahmen vermag, sollen auch Menschen die Stimmen der Apostel nachahmen, vgl. Seibert 2002, S. 244. 545 Der Text, ein Lehrbuch über die Natur, der Physiologus, war weniger der Erfassung der irdischen Gesetze der Welt gewidmet, als vielmehr der Schöpfungsgeschichte mit Gott im Zentrum, wobei die Gleichnisse zu einzelnen Tieren auf eine Überwindung alles Kreatürlichen abzielte. Zu den unterschiedlichen Versionen des Physiologus vgl. Schröder 2005. Schröders Arbeit bezieht sich auf den sogenannten „Millstätter Physiologus“, der ausschließlich in der „Millstätter Handschrift“

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Gemäß seinen Ordnungskriterien stehen an oberster Stelle innerhalb der fremden bzw. fantastischen Tiere Löwe, Panther und Einhorn; der ranghöchste Vogel ist der Adler. Er ist oberhalb der Durchgangstür zum zweiten Raum in der nordöstlichen Ecke dargestellt und ergänzt das durch die Inschrift vorgegebene Motto von religiöser Spiritualität. Der Adler deutet weniger auf eine Apotheose der Herrscherin hin,546 als vielmehr auf Erhebung des Geistes und auf Kontemplation. Nicht in herrscherlicher Manier mit ausgestreckten, sondern mit angelegten Flügeln sitzt er auf der Brüstung. Sein Kopf ragt nach links und wendet sich dem Hirschen mit Kurhut zu. Der Adler als Symbol des Himmels verweist hier auf Auferstehung und ist verbunden mit jener Sphäre, die von göttlichem Sonnenlicht erfüllt ist, wie es die Inschrift besagt: „Spiega l’Aquila altera il volo adorno / e con forti pupille al sol non cede / cosi di speme caritade e fede / voliam sull’ali al divin sole intorno.“547 Dieser Bereich stellt die Zone der größten Bewegung dar, denn jeweils drei unterschiedliche exotische Vögel auf jeder Seite des Hirschs visualisieren verschiedene Flugrichtungen: aufsteigend, absteigend und geradeaus. Stärke und Beständigkeit im Glauben werden durch den Löwen in der südöstlichen Ecke rechts der Fensterfront zum Sinnbild, wie es der Anfang der Inschrift verdeutlicht: „Come fiero Leon forte e costante / sprezza col suo valore ogni periglio / cosi noi del nemico al fiero artiglio / incontro andiam con opre illustri e sante.“548 Vor dem Hintergrund des gesamten Freskenprogramms verweist der Löwe auf eine doppelte, religiöse und herrscherliche Bedeutung. Er ist Wahrzeichen von Florenz und gleichzeitig Symbol fürstlicher Macht.549 (Klagenfurt, Kärntner Landesarchiv, Geschichtsverein für Kärnten Hs. 6/19, Bl. 84v–101r) vorliegt, vgl. auch: Alpers 1996, S. 596 – 602. 546 Vgl. Dittrich / Dittrich 2004, S. 17 – 22. 547 „Wie der herrschaftliche Adler seine geschmückten Flügel ausbreitet / und mit scharfem Blick der Sonne nicht weicht / so fliegen auch wir, getragen von den Flügeln der Hoffnung, der Liebe und des Glaubens / um das göttliche Sonnenlicht.“ 548 „Genau wie der stolze Löwe Stärke und Beständigkeit beweist / und durch seine Tapferkeit jeglicher Gefahr trotzt / so begegnen wir dem Feind mit spitzer Kralle / mit illustren und heiligen Werken.“ 549 Dem antiken Naturmythos zufolge wird dem Löwen eine dreifache Natur zugeschrieben, die mit Christus, dem „Löwen aus dem Geschlecht Davids“, gleichgesetzt wird. Der Legende nach gebäre die Löwin ihre Jungen tot, damit sie nach drei Tagen durch den Löwen, der ihnen ins Gesicht bläst oder sie leckt, zum Leben erweckt würden. Dies lässt den Löwen zum Bild der Auferstehung werden. Auch Jesus sei nach dem Kreuzestod drei Tage unter den Toten gewesen, bevor er wieder auferstanden sei. Zur weiteren Natur des Löwen gehöre, dass er mit dem Schwanz seine Spur verwische, um nicht von Jägern gefangen zu werden; ebenso verhalte es sich mit Christus, der die Spur der Finsternis mit seiner Göttlichkeit verdecke und so die Menschheit rette. Die dritte Eigenschaft laut Physiologus sei die, dass der Löwe mit offenen Augen schlafe, was mit einem Bibelzitat in Verbindung gebracht wird: „Ich schlief fest, mein Herz wachte.“ Vgl. Schröder 2005, S. 62 – 65 und S. 150 – 164. In den Bildnissen von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz ist der Löwe ein wieder­ kehrendes Motiv. In der Darstellung des für das Kurfürstenpaar tätigen Malers Antonio Pellegrini

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Das einzige der vier in den Ecken dargestellten Tiere, das nicht im Physiologus auftaucht, ist der Leopard, der in dem ihm beigegebenen Sinnspruch als „Tiger“ bezeichnet wird. Isidor von Sevilla (560 – 636) beschreibt ihn in seinen Etymologiae als Freund aller Tiere, mit Ausnahme des Drachen, der vor ihm flieht. In der Inschrift wird diese L ­ esart umgedeutet und der Drache mit dem Tiger bzw. dem Leoparden gleichgesetzt, der den Menschen durch die Unmittelbarkeit des Todes überrascht: „La tigre esce dal bosco e mira in fretta / ove colga improvviso uomo od’armento / cosi il drago infernal pien di spavento / vien contrar all’alme allorche men s’aspetta.“550 Eine Sonderstellung beansprucht das Einhorn in der südwestlichen Ecke des Saals, das an Einsamkeit, Weltabgewandtheit und Tugendhaftigkeit gemahnt: „Fugge il monoceronte ogni abitata / parte e sul monte solitario stassi / così felice quel che torge i passi / dal mondo in solitudine beata.“551 Das Tier steht am deutlichsten in Verbindung mit Anna de’ Medici, wie in Zusammenspiel mit der Inschrift deutlich wird. So kann die Flucht aus der bevölkerten Stadt auf einen einsamen Berg als eine direkte Referenz auf (1675 – 1741), der „Begegnung von Johann Wilhelm von der Pfalz mit Anna de’ Medici“ (National Gallery, London), sind dem Paar zwei Löwen beigegeben. Ähnliche Implikationen weiblicher Herrschaft knüpfen sich an die Darstellung „Die Einnahme von Jülich“ von Peter Paul Rubens, die einen Teil des Medici-­Zyklus von 1621 – 25 im Musée du Louvre in Paris bildet. Die Königin sitzt, in ein mit Lilien besticktes Gewand gehüllt, in der Pose einer siegreichen Feldherrin auf einem Schimmel und wird von der Siegesgöttin, die über ihr schwebt und einen Palmenzweig trägt, mit Lorbeer bekrönt, während Fama ihren Ruhm mit der Trompete verkündet. Im Hintergrund wird Jülich nach der Eroberung durch französische Truppen an den protestantischen Prätendenten übergeben. Als Begleitfigur erscheint als Allegorie die „Großmut“, die von einem Löwen begleitet, eine weise und edelmütige Kriegsführung bekundet. 550 „Der Tiger kommt aus dem Wald heraus und visiert an / wo er Mensch oder Herde schnell fassen kann / wie der Höllen-­Drache mit Schrecken der Seele entgegenkommt / wenn man nicht darauf gefasst ist.“ Weshalb das Tier in dem Sinnspruch als „Tiger“ bezeichnet wird, ist unklar. Das gelbliche Fell, dessen Flecken die Form von Rosetten besitzen, lässt darauf schließen, dass es sich entweder um einen Leoparden oder einen Gepard handelt. Der Leopard wurde in der Literatur oft als Panther bezeichnet. Im Physiologus wird der Panther mit Christus, dem alle anderen nachfolgen, assoziiert. Er wird hier jedoch als zahmes und friedfertiges Wesen dargestellt, das sich durch süßen Duft und ein buntes Fell, das eine Verbindung zum Priestergewand nahelegt, auszeichnet, vgl. Schröder 2005, S. 165 – 173. Die Erwähnung des Drachens in dem Sinnspruch könnte auf eine Verwechslung hindeuten, bei der ursprünglich der Panther bzw. Leopard gemeint war. Leoparden wurden in fürstlichen Menagerien gehalten und waren häufig Gegenstand von Darstellungen in der Malerei, am prominentesten vertreten in der „Anbetung der Hl. Drei Könige“ von Gentile da Fabriano von 1423, die sich heute in den Uffizien in Florenz befindet. Der Leopard ist neben dem Löwen und dem Tiger die größte und gefährlichste Wildkatze der antiken und mittelalterlichen Welt. Als exotische Kostbarkeit kam er nur in den Besitz hoher geistlicher und weltlicher Würdenträger, vgl. Dittrich / Dittrich 2004, S. 282 – 286. 551 „Es flieht das Einhorn aus jedem bewohnten Ort / es verlässt und besteigt den einsamen Berg / genauso fröhlich wie es der Welt den Rücken zukehrt, um zu glücklicher Einsamkeit zu gelangen.“ Corsani gibt die Inschrift in leicht veränderter Form wider: „Fugge il rinoceronte ogni abitata. / Parte, e nel mondo solitario stassi. / Cosi felice quel che torce i passi / Dal mondo in solitudine beata.“ Zit. n.: Corsani 1997, S. 9.

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ihren Rückzug aus dem Palazzo Pitti in die auf einer Anhöhe liegende Villa La Quiete betrachtet werden. Neben dieser biografischen Komponente verweisen die dem Einhorn zugeschriebenen Eigenschaften auf Anna de’ Medici als eine tugendhafte Großherzogin. Aufschluss h ­ ierüber gibt wieder der Physiologus. Als einziges Fabelwesen wird das Einhorn hier als wildes Wesen beschrieben, das nur von einer Jungfrau gezähmt werden kann. Die Jungfrau wurde zuweilen mit Maria, das Einhorn mit Christus gleichgesetzt. Das Einhorn symbolisiert Dreieinigkeit und steht für die Überwindung der Hölle und des Bösen sowie für den Sieg über die Sünde der Fleischwerdung Christi. Das Horn des Einhorns steht für das monotheistische Christentum, gerade in Abgrenzung zur polytheistischen Religion des Altertums.552 Aufgrund seiner Fähigkeit zur Reinigung von Wasser gilt es als Sinnbild von Jungfräulichkeit und Keuschheit. Der Aspekt der Purifikation wurde verschiedentlich auch mit seiner lebensspendenden Kraft in Verbindung gebracht.553 Damit verweist das Tier auf den Garten von La Quiete mit seinen neu konstruierten Brunnen und Grotten, die durch ein Wasserleitsystem miteinander verbunden waren, durch das sich Anna de’ Medici als Herrscherin über Natur und Landschaft inszeniert. Die in dem Sinnspruch angedeutete Flucht vor der Welt gemahnt an einen paradiesischen Ort.554 552 Vgl. Schröder 2005, S. 174 – 180 mit Verweis auf weitere Quellen. Zur symbolischen Bedeutung des Einhorns in Verbindung mit der Gartenikonografie am Beispiel des Medici-­Gartens in der nahe gelegenen Villa Castello vgl. Châtelet-­Lange / Franciscond 1968, S. 51 – 62. 553 Vgl. Châtelet-­Lange/ Franciscond 1968, S. 53. Die Autorin erwähnt zahlreiche weitere Beispiele für bildliche Darstellungen von Einhörnern aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die auf die Aspekte Reinheit und Keuschheit verweisen. Châtelet-­Lange deutet die Grotte mit dem Einhorn im Garten der Villa Castello als Visualisierung dieser Szene, durch die sich der Auftraggeber Cosimo I. als Wasserspender inszeniert. Das Thema der Wasserreinigung durch das trinkende Einhorn verbreitete sich im 14. Jahrhundert in Bild- und Textquellen. Es wurde auch mit Mose gleichgesetzt, der das Flusswasser für sein Volk versüßte (2. Mose 15,23 – 25) oder mit Christus, der durch seine Taufe das Wasser des Jordans reinigte. Für eine Untersuchung der Ursprünge von Legende, Verbreitung und Funktion des Einhorns als Gegengift und Allegorie der Inkarnation vgl. zuletzt Cordez 2015, S. 140 – 156. 554 Eines der eindrucksvollsten Beispiele für die Verbindung ­dieses Fabelwesens mit Paradiesdarstellungen stellt die Einhorn-­Serie in großformatigen Wandteppichen dar, die ­zwischen 1495 und 1505 für Anne de Bretagne anlässlich ihrer Hochzeit mit Louis XII. ausgeführt wurde. Auf den Teppichen verschränken sich Symbole der Reinheit mit Elementen der Jagd auf das keusche und wilde Tier. In der „Auffindung des Einhorns“ kniet es in einem Hortus conclusus, geschützt durch eine dichte Hecke gegenüber seinen Angreifern, während sein Horn das Wasser reinigt. Im Zentrum befindet sich ein Brunnen, an dessen Rand ein Fasanen- und ein Stieglitzpaar sitzen. Wie im Freskenprogramm des ersten Raumes von La Quiete lagern um das Einhorn herum weitere exotische Tiere, zu denen ein Löwenpaar, ein Leopard und ein Hirsch zählen. Ein weiteres mögliches Vorbild für die Zusammenschau von Tieren und Fabelwesen stellt das Deckenfresko des Studiolo des Prinzen im Palazzo Caprarola dar, dessen ikonografisches Programm Annibale Caro für Taddeo Zuccari entworfen hatte. In den vier Ecken befinden sich das geflügelte Pferd Pegasus, ein Greif, ein Elefant und ein Adler. Annibale Caro verwies auf die Bedeutung dieser Tiere hinsichtlich Erhebung von Geist und Kontemplation, vgl. Gombrich 1986, Bd. II , S. 22.

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Die Zusammenschau von wilden, exotischen Tieren und dem Fabelwesen in Kombination mit weiblich-­marianisch konnotierten Elementen von Brunnen und Umzäunung verdichten sich in La Quiete zu einer spezifischen, auf einen weiblichen Herrschaftsbereich ausgerichteten Ikonografie. Insbesondere mit mediceischer Gartenikonografie gewinnt das Programm in La Quiete an Bedeutung. Vorbildhaft ist dies in der nahe gelegenen Villa Castello angelegt. In der bereits erwähnten, in drei Nischenkompartimente aufgeteilten Grotte im Garten der Villa, nimmt unter den Tieren der mittleren Grotte das Einhorn eine Sonderstellung ein. In herausgehobener Position befindet es sich als einziges Tier in Bewegung und gibt mit seinem Horn die Stoßrichtung – vom Betrachter aus gesehen – nach rechts oben vor, wobei die zum Sprung angesetzten erhobenen Vorderhufe eine Vorwärtsbewegung suggerieren. In Verbindung mit der Grotte steht das Einhorn für die Reinheit des Wassers, das sich aus einer Quelle in den dahinterliegenden Felsen ergießt. So symbolisiert es die Herrschaft Cosimos I. über die Toskana und die Wiederherstellung der Ordnung und Harmonie des neu gegründeten Großherzogtums nach dem Exil der Medici in den Jahren von 1494 bis 1512.555 Die Symbolkraft, die sich mit den Grotten der Villa Castello verband, muss knapp 150 Jahre später auch Anna de’ Medici vor Augen gestanden haben, als sie die Ausmalung ihrer Räume im Erdgeschoss der Villa La Quiete in Auftrag gab. Die Darstellung des Einhorns auf dem Fresko weist Ähnlichkeit mit derjenigen des in Marmor gestalteten in der Grotte von Castello auf. Der kämpferische Ausdruck der weit aufgerissenen Augen, den gefletschten Zähnen und den aufgeblähten Nüstern sowie das Bärtchen unterhalb des Mauls verdeutlichen dies. Aber auch das Aufbäumen des Einhorns legt einen engen Bezug zur Skulptur nahe. Die Rückwendung des Kopfes und die gleichzeitig zum Sprung erhobenen Vorderhufe verleihen dem Fabelwesen eine Dynamik, die in einer starken Drehung des Vorderkörpers zum Ausdruck gebracht wird. Vor ­diesem Hintergrund kommt dem Einhorn als Symbol für Reinheit eine besondere Bedeutung für die Zusammenschau von Gartenikonografie und Innenraumgestaltung zu. Es deutet auf den Raum als einen „geschlossenen Garten“ im Innenraum – als geschützten, weiblich geprägten Bereich der Religiosität und der Regierung. Es steht für die Villa La Quiete als Witwensitz, an dem sich religiös-­kontemplative Symbolik, die Flucht vor der Welt, mit einer Herrschaftsprogrammatik – der Inszenierung Annas als erneuernder, lebenspendender Großherzogin – verbindet. Den Tierdarstellungen in der Sala delle ville medicee in La Quiete kommen je unterschiedliche Bedeutungsebenen zu: Während die in den Ecken eingezwängt dargestellten Tiere, die mit der fingierten Architektur zu verschmelzen scheinen, religiöse Einkehr und Kontemplation symbolisieren, bewegen sich im Gegensatz dazu die Vögel im freien Flug. Sie vermitteln ­zwischen unterer und oberer Wandzone und beherrschen das gesamte Freskenprogramm vom Boden aus über die Balustrade hinauf zur Decke, wo sie durch

555 Vgl. hierzu und zu den geschichtlichen Hintergründen von Florenz als Republik unter den Medici im 14. bis 15. Jahrhundert, Reinhardt 42007 [1998].

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die Öffnung der Pergola hindurch in die Himmelssphäre aufsteigen. Ihre Darstellung spricht für genauesten Scharfblick: Federkleid, Schnabel, Krallen und Bewegungsmoment sind derart naturalistisch dargestellt, dass sie deutlich zu identifizieren sind. Die Blicke, die sie sich untereinander zuwerfen, und die Gesten, durch die sie miteinander zu kommunizieren scheinen, lassen eine Lebendigkeit und Varietät der zur Schau gestellten Posen erkennen, die den Tieren menschliche Züge verleihen. Vögel fliegen zum Himmel empor, stürzen herab oder sitzen auf den Brüstungen. Halb geöffnete Schnäbel und weit aufgerissene Augen verleihen ihnen den Ausdruck eines lebhaften, quasi menschlichen Mienenspiels von meditativer Einkehr über angriffslustige Kampfbereitschaft bis hin zu ironischer Verspieltheit. Diese an naturwissenschaftliche Beobachtungsgabe reichende Präsentation der Tiere belegt die enge künstlerische Verbindung zu den zeitgleich für den Medici-­Hof tätigen Malern Bartolomeo Bimbi (1648 – 1729) und Pietro Neri Scacciati (1684 – 1749). So gaben Cosimo III. und sein Sohn Gian Gastone in den ersten beiden Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts eine Serie von ungefähr 100 Bildern bei diesen beiden Künstlern in Auftrag, die exotische Tiere und Fabelwesen sowie Säugetiere zeigten.556 Die Bilder waren zur Ausstattung der Räume im Erdgeschoss der Villa Medici Ambrogiana in Montelupo Fiorentino in der Nähe von Empoli gedacht.557 Als Vorbilder für die Tierstudien dienten lebendige und ausgestopfte Tiere, die zur Medici-­Sammlung gehörten.558 Die Auftragsvergabe für die Anfertigung der seltenen Tiere war Teil eines umfassenden ikonografischen Programms, durch das die gesamte Natur kategorisiert und zur Schau gestellt werden sollte.559 In den Arbeiten Bimbis verschränken sich Naturbeobachtung und wissenschaftliches Interesse.560 556 Das präzise Studium der Tieranatomie wurde insbesondere durch die Forschungen eines Zeitgenossen von Fortini, dem Naturwissenschaftler Giovanni Targioni Tozzetti, gen. Andrea ­Scacciati (1642 – 1710), Vater von Pietro Neri, vorangetrieben. Bartolomeo Bimbi ist bekannt für seine Naturdarstellungen, die einer präzisen Auffassung entspringen, wie seine zahlreichen Pflanzendarstellungen und Früchtestillleben veranschaulichen, vgl. Bellesi / Visonà 2008, S. 316 f., und mit Schwerpunkt auf einer Zurschaustellung der Medici-­Sammlung: Groom 2014, S. 19 – 36; zu einer umfassenden Gesamtschau auf das Œuvre des Malers vgl. Meloni Trkulja / Tongiorgi Tomasi 1998. Zum Werk Andrea Scacciatis vgl. Bellesi 2012. Zur Biografie vgl. Bellesi 2009, S. 85 f. 557 Zur Villa Ambrogiana vgl. Vasic Vatovec 1984. 558 Cosimo III. ließ 1677 in den Boboli-­Gärten eine Menagerie errichten, den „Serraglio degli animali“, in dem seltene Vögel und Säugetiere gehalten wurden. Er diente als Ergänzung der bereits existierenden, größeren Menagerie, dem „Serraglio delle fiere“ in der Nähe der ­Kirche von S. Marco, in dem die größeren und wilderen Tiere gehalten wurden, vgl. Groom 2014, S. 20. 559 Während die Villa Ambrogiana der Zurschaustellung seltener Pflanzen diente, war die Villa Castello den floralen Gemälden gewidmet; Bilder von Früchte- und Gemüsestillleben hingen in der Villa Topaia; „Monster der Natur“ hingen in der Villa Careggi, vgl. Groom 2014, S. 20 f., und zuvor AK Natura viva 1985. 560 Wesentlichen Einfluss auf die Malerei hatten zeitgenössische Autoren wie beispielsweise der Arzt und Naturwissenschaftler Francesco Redi (1626 – 1697). Sein Werk „Osservazioni sugli uccelli“, das ­zwischen 1659 und 1687 verfasst wurde, bot eine große Bandbreite an Darstellungen einheimischer Vögel. 1729 erschien das Werk „Nova Plantarum Genera“ von Pietro Antonio Micheli, das

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Nach dem Tod Cosimos 1723 und des Malers Bimbi 1729 wurde die Anfertigung der Tiergemälde vollständig Scacciati übertragen.561 Im Gegensatz zu Bimbi zeichnen sich seine Studien weniger durch eine detaillierte, naturgetreue und an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtete Wiedergabe der Tiere aus, als vielmehr durch größere Verspieltheit. Insofern stehen die im Freskenprogramm der Villa La Quiete von Fortini dargestellten Tiere stilistisch denjenigen Scacciatis näher, wie der Vergleich mit dessen zeitgleich entstandenem Bild „Berberaffe mit Eichelhäher, Storch, Papagei und Rebhuhn“ von 1734 verdeutlicht, das für die Villa Ambrogiana bestimmt war (Tafel 21). Es zeigt einen Eichelhäher, der von einem auf einem Baumstumpf sitzenden Affen an einer Leine gehalten wird, während sich die übrigen Tiere am Boden versammelt haben. Besonders das leuchtende Rot der Papageienfedern sticht hervor, das mit dem Rot der Tulpen am linken Bildrand korres­ pondiert. In der präzisen Ausführung des Federkleides ähnelt das Tier Fortinis auf der Brüstung dargestelltem Papagei.562 Die Artenvielfalt der Vögel in den Fresken von La Quiete bezeugt weniger naturwissenschaftliches Interesse im Sinne eines ornithologischen Studiums, sondern erschließt sich in einer Symbolik, die der unteren und der oberen Ebene der beiden Säle jeweils bildhaft eingeschrieben ist: So sind in Bodennähe die der Erde verhafteten Tiere abgebildet, die nicht fliegen können. Zu diesen gehören Pfauen, Rebhühner, Fasane und Hennen. Den mittleren Bereich bevölkern Papageien und weitere exotische Tiere wie Kranich, Trappe, Ohrentaucher und Purpurreiher. Der obere Bereich, die Sphäre höchster Kontemplation, ist den Schwalben vorbehalten. Sie stehen sinnbildlich für die Menschwerdung und Auferstehung Gottes. Die Zusammenschau der Vogelarten veranschaulicht gleichzeitig unterschiedliche Bewegungsmomente, menschliche Affekte und Seelenzustände. Artenvielfalt und mimische Ausdrucksfähigkeit der Vögel visualisieren bildhafte, moralisch-­didaktische Lehrbeispiele für Anna de’ Medici und verweisen auf eine metaphysische Erhebung des Geistes. Diese gipfelt in dem Deckenfresko, in dem zwei Schwalben in der Öffnung der Kuppel den Blick in die Himmelssphäre im Zentrum der Decke leiten. Sie verkörpern

seinem Förderer Gian Gastone gewidmet war. Neben Prinz Eugenio Francesco von Savoyen und weiteren Florentiner Aristokraten unterstützte es auch Anna de’ Medici finanziell. Der Band war angereichert mit 108 Stichen seltener Pflanzen und Pilzarten, die der Naturwissenschaftler untersucht hatte. Den Mäzenen wurden neu entdeckte Pflanzenarten gewidmet, so dass diese durch ihren Namen der Pflanzenwelt und damit der Naturwissenschaft auf Ewig verbunden waren, vgl. Tongiorgi Tomasi 2000, S. 122. 561 Die Tätigkeit des insbesondere für die Anfertigung von Früchte- und Blumenstillleben bekannten Vaters von Pietro Scacciati, Andrea Scacciati, für den Medici-­Hof lässt sich bis in die Zeit Annas am Düsseldorfer Hof zurückverfolgen. 1707 gab Francesco Maria de’ Medici ein Gemälde für die Kurfürstin in Auftrag, das ein Arrangement aus Trüffeln und Blumenkohl zeigt. Das Gemälde befindet sich heute im Museo di Storia naturale in Florenz, vgl. Bellesi 2012, S. 47 mit Verweis auf die Quellen. 562 Auch Fortini selbst wurde mit der Anfertigung von Tierstudien beauftragt. Für die Sammlung Gerini fertigte er eine Serie von Aquarellen an, die für die wissenschaftliche Katalogisierung unterschiedlicher Spezies bestimmt war, vgl. Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 99.

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unterschiedliche Bewegungsrichtungen, die eine Rotation suggerieren. Beide scheinen sich auf einer Flugbahn zu befinden und deuten eine Rechtsbewegung im Uhrzeigersinn an. Gleichzeitig vollzieht das in Rückenansicht und deshalb schwarz dargestellte Tier eine Aufwärtsbewegung, während sich das weiße, seine Brust dem Betrachter entgegenstreckend, im Sinkflug befindet. Die beiden Vögel nehmen die Kreisform der Pergola-­Architektur auf, die sie in unendlichen Bewegungen fortführen. Sie verweisen auf eine Dramatik, die eine ‚produktive Unruhe‘ in sich birgt. Über eine rein dekorative Funktion hinaus deutet das Deckenfresko auf eine metaphysische Ebene. Günter Bandmann verweist in Bezug auf das Ornament auf dessen Funktion, „unmittelbare Erfahrungen und Vorstellungen von der Weltordnung auszusprechen und transparent zu machen.“563 Die Vögel deuten auf den Seelenzustand Annas de’ Medici hin und gemahnen an die irdische Vergänglichkeit. Das Schwalbenpaar könnte auch symbolisch für das Herrscherpaar und dessen Verbindung über den Tod hinaus stehen. Das Deckenfresko verweist auf den Kosmos, der als ‚externalisierter Geist‘ im Innenraum zur Anschauung gebracht wird. Seine Deutung als eine metaphysische Sphäre kennzeichnet ihn als einen Ort privater Memoria. Vor d ­ iesem Hintergrund bildet die klare Geometrie der Pergola einen Rahmen, der Gefühl für Harmonie, Symmetrie und Ausgeglichenheit erweckt und innerhalb dessen sich die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte vollzieht. Die Sogwirkung der konzentrischen Kreise, die in der trichterförmig zulaufenden Öffnung kulminiert und sich durch die ständige Auf- und Abwärtsbewegung der Vögel noch verstärkt, deutet damit auf Unendlichkeit und Leben nach dem Tod hin. Sie visualisieren nach dem Himmel strebende Leichtigkeit. Die Darstellung der einzelnen Vögel macht bildhaft den Aufstieg der Seele in den Bereich des Göttlichen sichtbar. Dieses Motiv verweist auf eine doppelte Bedeutungsebene: Einerseits wurde La Quiete zum Rückzugsort religiöser Einkehr, andererseits zu dem Ort, der Anna de’ Medici jenen Freiraum bot, einen eigenen Hofstaat zu führen und sich als erste Dame am Medici-­Hof zu inszenieren. Er demonstriert die erfolgreiche Strategie der Wiederherstellung einer sozialen Ordnung, die durch die nicht rechtmäßige Thronfolge von Gian Gastone gestört worden war und die auf die religiösen und politischen Bedürfnisse von Anna de’ Medici ausgerichtet war, ohne die Regentschaft des letzten männlichen Großherzogs anzuzweifeln. Trotz einiger Gemeinsamkeiten unterscheidet sich der zweite, repräsentative Saal, der sogenannte Ruinensaal, in der Motivwahl grundlegend vom vorangegangenen. Die Freskenausmalung wird dominiert von fantastischen Ruinendarstellungen an allen vier Wänden. Auch hier werden die Wandzonen durch architektonische Elemente gegliedert, wobei der Maler fingierte Säulen mit ionischen Kapitellen einsetzt, die teilweise als Doppelsäulen konzipiert sind (Tafel 22). Sie rahmen die Ausblicke der nur vereinzelt von Menschen oder Tieren bevölkerten, antiken Ruinenlandschaften, deren Fragmente an römische 563 Bandmann 1958/59, S. 248; Bandmann verweist zudem auf die Fähigkeit der Ornamentik, zeitgenössische Ideen und Vorstellungen zu veranschaulichen. Die Verflechtung von menschlichen Figurationen, Dekorationswerk und christlich-­religiösen und antiken Symbolen im christlichen und antiken Synkretismus des 16. – 18. Jahrhunderts verweisen auf den Kosmos, vgl. ebd. S. 248 f.

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Triumphbögen oder an das Kolosseum in Rom erinnern. Die Natur hat sich der Kultur bemächtigt: aus den halb verfallenen Ruinen sprießen Grasbüschel und wild wuchernde Bäume. Dennoch lassen die Szenen noch Spuren menschlicher Zivilisation erkennen. Aus einem Brunnen schießt Wasser fontänenartig in die Höhe, und ein weiteres Becken wird mit aus dem Schnabel eines Schwans strömendem Wasser befüllt. Was die Darstellung von Architekturlandschaften und Ruinen im Innenraum betrifft, die einen Blick ins Freie suggerieren, wurde Fortini besonders von Rainaldo Botti (1658 – 1740) beeinflusst.564 Zu dessen bedeutendsten Arbeiten gehören die Freskenausstattungen von Florentiner Stadtpalästen und Medici-­Villen: illusionistische Architekturdarstellungen mit Ausblick auf eine Ruinenlandschaft in der Villa Lappeggi (ab 1703) und der Villa Lilliano, beide in der Gemeinde Bagno a Ripoli bei Florenz gelegen, und der Kapelle der Villa La Petraia, die einen weiteren, hinter dem realen Raum befindlichen Durchgang suggeriert. Auch diese Fresken zeigen an vielen Stellen Spuren der Vegetation und halb verfallene Ruinen. Neben der Verbindung von vegetabilen und architektonischen Elementen, wird in diesen Interieurs, ebenso wie in La Quiete, der illusionistische Effekt zusätzlich verstärkt durch einen durchlaufenden, fingierten Sockel. Ein verbindendes Element der Medici-­Villen und beider Räume in La Quiete ist die diagonale Darstellung von Ruinen und Villen, die größtmögliche Tiefenwirkung erzeugt. Die nördliche Wand des Ruinensaals in La Quiete ziert ein Stock mit Weinblättern, die beiden Säulen rechts davon eine Sonnenblume und eine Blumenranke mit roten Blüten, die auf ewiges Leben und Erneuerung verweisen (Tafel 23). Eine Inschrift darüber, die sich an zentraler Stelle des gemalten Gesimses befindet, ergänzt diese Deutung: „Quel vago fior che col suo moto interno / si aggira intorno al sole insegna a noi / che volger ci dobbiamo sole eterno“. Diese „dunkle Blume, die sich aus innerem Antrieb heraus der Sonne zuwendet“, erschließt sich als religiöses Symbol für die tugendhafte Herrscherin Anna de’ Medici, die den Weg aus der Finsternis zum ewigen, göttlichen Licht weist. Wie im ersten Raum wird die Architekturlandschaft von Vögeln an Wand- und Deckenzone beherrscht. Der Deckenbereich lässt wie dort den Blick auf den Himmel frei. In dieser Himmelszone befinden sich die Herrschaftsinsignien der Wittelsbacher, zwei Kurhüte, die in die Illusionsarchitektur eingegliedert sind und den Aufstieg der Dynastie in den Himmel wirkungsvoll – nahezu als Apotheose – suggerieren (Tafel 24). Ein außergewöhnliches Merkmal des Raumes bildet das im Deckenzentrum dargestellte ovale, jadegrüne Medaillon, das von Blumengirlanden gerahmt ist (Tafel 25). Auf den ersten Blick scheint es sich nicht in das Gesamtprogramm der von Ruinendarstellungen dominierten Wandmalereien zu fügen. Es erinnert an Chinoiserien und Malereien mit indisch anmutenden Mogul-­Elementen, wie sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts in fürstlichen Interieurs von Frauen beliebt waren.565 564 Zur Biografie des Künstlers vgl. Bellesi 2009, S. 94. 565 Der Begriff „Chinoiserie“ bezeichnet eine Dekorationsform im 17. und 18. Jahrhundert, die sich nicht nur geografisch auf China bezieht, sondern in einem umfassenderen Sinn auch indische oder japanische Stilelemente einschließt. Zu den eindrucksvollsten Beispielen für die Zurschaustellung

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Das Medaillon im Ruinensaal zeigt eine Aufreihung von neun chinesisch und europäisch gekleideten Personen, begleitet von einem Elefanten, auf dem ein Reisender mit Tropenhut sitzt, und zwei Dromedaren mit Reitern vor einer Pagode. Zwei Kraniche in der Himmelssphäre verweisen symbolisch auf das Land China.566 Das Medaillon weckt Assoziationen an Jesuitenmissionen der Medici nach Asien: an der Spitze des Zuges steht eine Figur, vermutlich ein Mönch, mit erhobenem Kruzifix vor einer knienden Gestalt, die ihre Hände zum Gebet faltet. Dabei könnte es sich um die Darstellung einer Bekehrungsszene handeln. Christliche Missionsarbeit in Indien und China lässt sich seit der Herrschaft Cosimo I. de’ Medicis ab der Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisen. Diese Tradition reichte bis in die Endphase der Medici-­Herrschaft: noch Cosimo III. entsandte Missionare in den fernen Kontinent.567 Das Medaillon ergänzt die Chinoiserien des Saals, goldene Schilder, auf denen schwarze, an chinesische Schriftzeichen erinnernde Elemente, Fabelwesen, Dromedare, Panther, Affen, eine Voliere, ein unter einem Zelt hockender, rauchender Mann und Musikinstrumente, darunter eine Harfe, abgebildet sind (Tafel 26). In beiden Räumen sind die Chinoiserien prominent in Szene gesetzt und unterstreichen den Bezug zu fernöstlichen Ländern. Der äußerst feine Pinselstrich der dargestellten Figuren auf den Kartuschen in beiden Räumen legt den Vergleich mit Porzellanmalerei nahe und könnte in Zusammenhang stehen mit der großen Sammlung kostbaren chinesischen und japanischen Porzellans, das sich in Annas Gemächern im Palazzo Pitti befand. Welch hohen Stellenwert Objekte aus Porzellan im Allgemeinen für Anna hatten, belegen ihre Inventare und Rechnungsbücher, in denen die Ausgaben für Porzellangeschirr neben Pretiosen mit Abstand den höchsten Posten ausmachen. Schon in Düsseldorf begann Anna de’ Medici mit dem Sammeln dieser von Chinoiserien in weiblichen Interieurs des 18. Jahrhunderts gehören das Vieux-­Laque-­Zimmer und zwei chinesische Kabinette (die jeweils nach ihren Formen benannten Räume „Oval“ und „Rundes Kabinett“) von Maria Theresia in Schloss Schönbrunn in Wien, die von der Erzherzogin nach dem Tod ihres Ehemanns Franz Stephan im Jahr 1765 renoviert wurden. Das „Oval“ steht möglicherweise in einem Sinnzusammenhang mit dem Porzellanzimmer Annas in Düsseldorf und dem Medaillon im Ruinensaal. Zur Gestaltung des chinesischen Kabinetts unter Maria Theresia vgl. Yonan 2011, S. 66 – 95. Die Wände sind mit aufwendig gestalteten Lackarbeiten mit Chinoiserien und kleinen Spiegeln versehen, vgl. Yonan 2011, S. 96 – 153. Auch Wilhelmine von Bayreuth (1709 – 1758) ließ sich ihre Räume im Alten Schloss der Eremitage in Bayreuth mit Chinoiserien ausstatten, die als Ausdruck ihrer philosophischen Geisteshaltung gewertet werden können. Vgl. Krückmann 2015, S. 222 – 231. 566 Der Kranich wurde ­zwischen dem 15. und dem Ende des 17. Jahrhunderts auch zum Symbol der Treue ­zwischen tugendhaften Menschen und Figuren aus der Mythologie, vgl. Dittrich / Dittrich 2004, S. 269 – 274. 567 Die Missionen führten bis nach Goa an der Westküste Indiens. So fertigte der Medici-­Hofkünstler Giovanni Battista Foggini beispielsweise 1698 im Auftrag von Cosimo III. ein Relief in Pietre dure für das Grabmal des hl. Francesco Saverio in der K ­ irche del Bom Jesus in Goa an. Es wurde in Florenz geschaffen und nach Goa geschickt, wo es von Francesco Ramponi aufgestellt wurde. Zu den künstlerischen, religiösen und politischen Wechselwirkungen ­zwischen den zeitgleich regierenden Medici-­Großherzögen in Italien und den Moghul-­Königen in Indien vgl. Jones 1991.

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Prestigeobjekte, die im Porzellanzimmer mit ovalem Grundriss des ehemaligen Stadtschlosses zur Schau gestellt wurden.568 Eben diese Ovalform wird im Deckenmedaillon im Ruinensaal wieder aufgenommen. Ob der Bezug intendiert war, kann nicht abschließend geklärt werden, dennoch erhebt diese Referenz den Raum zu einem Ort materieller und symbolischer Verdichtungen. Die Integration der Chinoiserien in das Freskenprogramm verbindet sinnfällig Villa und Stadtresidenz, Medici und Wittelsbacher Dynastie. Die Darstellung auf dem Medaillon verweist vermutlich weniger auf einen konkreten geografischen Ort als auf einen vagen Sehnsuchtsort in einer fremden Welt. Die Chinoiserien als visuelle und haptische Objekte einer fernen Kultur boten, nach Florenz geholt, unterschiedliche Möglichkeiten der Aneignung: von der Faszination des Fremden über ihre Inbesitznahme bis hin zur Integration und Zurschaustellung von weit hergeholten Objekten. Die einzelnen Kartuschen mit den diffizil ausgestalteten Chinoiserien lassen auf einen von Diversität gekennzeichneten, fremden Kulturraum schließen, dem sich Anna ihrerseits öffnete. Die Chinoiserien trugen dazu bei, den Reichtum und die Schönheit der eigenen Kultur mit Objekten außereuropäischer Provenienz zu vergrößern. Die Verbindung ­zwischen Florenz und Asien, auf die die zahllosen Variationen der verschiedenartigen imaginierten und realen Elemente der Goldkartuschen verweisen, verleihen dem Ruinensaal eine auratische Aufladung; gleichzeitig vermittelten diese, welch prominenten Platz Florenz und die Medici in der Welt einnahmen. Ähnliche Konnotationen lassen sich auch an die Natur- und Ruinendarstellungen knüpfen. Wie Burke deutlich gemacht hat, wurden Ruinen zu verschiedenen Zeiten je unterschiedliche Bedeutungen beigemessen. Während römische Ruinen im Mittelalter als „Wunder“ aufgefasst wurden, galten sie in der Renaissance als Zeugen einer Vergangenheit, als „Gedächtnislandschaft“, die den Bewohnern Roms die eigene Geschichte lebhaft vor Augen führte.569 In La Quiete werden die Ruinen ihres geschichtlichen Kontextes enthoben und der Natur zugeordnet, der sich die Kultur in Form der Ruinen annähert. Vor ­diesem Hintergrund verweisen die Ruinendarstellungen mit ihren Spuren menschlicher Zivilisation als Schnittpunkte z­ wischen Kunst und Natur auf Schauplätze einer Überzeitlichkeit, die weniger von geschichtlichem Interesse, als vielmehr von einer Ästhetisierung der Natur gekennzeichnet ist. Damit visualisieren sie ewige Fortdauer der Medici-­Dynastie, auch über das physische Aussterben ihrer Angehörigen hinaus. Auch dies zeigt sich in der Villa La Quiete: fließende Grenzen von Natur und Kultur, bei denen sich Gegensätze von männlich und weiblich, natürlich und artifiziell aufgelöst haben. Anders als die in der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandenen Ansichten von Giovanni Battista Piranesi (1720 – 1778) und Giovanni Paolo Pannini (1691 – 1765) zeugen die Ruinendarstellungen in den Innenräumen nicht von verstärktem Interesse am Antikenstudium, sondern beziehen sich vermutlich auf den Mythos von Karthago – jene antike Stadt, die Vergil zufolge zerstört wurde, um den Boden für die Errichtung Roms zu bereiten. Die 568 Vgl. hierzu Kap. 4.3. 569 Vgl. Burke 1969, S. 2. Zur Bedeutung von Ruinen als Symbole von Überzeitlichkeit im 18. Jahrhundert vgl. Assmann 2003, S. 314 – 322.

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Medici beriefen sich bei der Gründung der Republik auf den Mythos von Florenz als einer antiken Stadt. Der Legende nach wurde Florenz als „Schwester Roms“ gesehen. Durch Rückverweis auf die römische Antike betonten die Herrscher von Florenz und der Toskana immer ihre Anciennität und glorreiche Vergangenheit. So stellte Augustus für Cosimo I. das ideale Vorbild eines Herrschers dar. So wie Augustus nach der Ermordung seines Onkels und Stiefvaters G. Julius Caesar an die Macht gelangt war, bestieg Cosimo nach der Ermordung seines Vorgängers Alessandro de’ Medici den Thron. Der Verweis auf diese Koinzidenz sowie die Anspielung auf weitere antike Gründerväter trugen zum Mythos der antik-­römischen Ursprünge der Stadt Florenz bei.570 Die beiden Räume, der Saal der Medici-­Villen und der Ruinensaal, visualisieren einen idealisierten Herrschaftsbereich, in dessen Rahmen sich die Sphäre der Macht Anna de’ Medicis als großherzogliche Witwe entfaltet. Die Räume vereinen Elemente einer Herrschaftssymbolik mit traditioneller Mythologie vermittels einer spätbarocken Ästhetik. In der Villa selbst ist Anna mit keinem Porträt vertreten. Dennoch ist sie omnipräsent. In der Zusammenschau der Medici-­Villen und dem Deckenfresko im ersten Raum, das sich in unendliche Himmelssphären schraubt, in den Ruinendarstellungen, den imaginierten Landschaften und den Chinoiserien im zweiten Raum bilden sich mannigfaltige Komponenten der Imago Annas ab. Nach einem symbolischen Rundgang durch den Komplex der Villa La Quiete, der von der Außen- zur Innensicht führte, schlägt das letzte Kapitel den Weg ein von der oberhalb der Stadt thronenden, in den Hügeln des Umlands gelegenen Residenz hinab in das mediceische Regierungszentrum von Florenz.

5.4 Die Entfesselung des Raums: Klienteläre und künstlerische Verbindungen zwischen Zentrum und Peripherie Wie Norbert Elias in seiner epochemachenden Untersuchung zum Hof der Frühen Neuzeit feststellte, war die höfische Gesellschaft gekennzeichnet durch ein enges Patronage-­ Verhältnis von Herrschern und Höflingen.571 Seit jeher verstanden es die Medici, die Florentiner Oberschicht durch die Vergabe prestigeträchtiger Ämter an sich zu binden. Zu den führenden Adelsfamilien im Florenz des beginnenden Settecento zählten die bereits erwähnten Corsini und Feroni. Die familiären und klientelären Bande manifestieren sich

570 Erster Verfechter dieser These war Niccolò Machiavelli (1469 – 1527), der im Auftrag der Medici 1526 eine Geschichte der Stadt, die Istorie fiorentine veröffentlicht hatte; seiner Ansicht nach habe Julius Caesar 59 v. Chr. das heutige Florenz als Colonia, mit dem Zusatz Florentina gegründet; dagegen vertrat Leonardo Bruni (1369 – 1444) den etruskischen Ursprung der Stadt, der mit Blick auf das antike Siedlungsgebiet (Etrurien) der Etrusker in der Toskana, Umbrien und Latium, nicht unbedingt als ‚fabelhaft‘, sondern eher als historisch nachweisbar zu bewerten sei, vgl. Gáldy 2009, S. 134 – 136, und zuletzt Donato 2013, S. 18 – 33. 571 Elias 2007 [1969]. Für eine Untersuchung des deutschsprachigen Raums vgl. Bauer 1993.

Die Entfesselung des Raums | 245

in einem wechselseitigen Verhältnis, das in einer gemeinsamen künstlerischen Sprache zum Tragen kommt. Beispielhaft hierfür stehen die Familienpaläste der Corsini und Feroni (heute Spini-­Feroni) am Lungarno in Florenz. Im Folgenden soll gezeigt werden, inwiefern die Villa La Quiete künstlerische Elemente von Palastinterieurs des Florentiner Adels an der Wende zum Settecento aufnahm.572 Dass die ‚Architektur der Täuschung‘ ein besonders häufig wiederkehrendes Motiv darstellte, bei der die von ihr vorgegebene Begrenzung des Raums zugunsten einer Entfesselung und Öffnung hin zum Außenraum überwunden wurde, verdeutlicht einer der bedeutendsten Stadtpaläste der Florentiner Adelsschicht, der Palazzo Spini-­Feroni. Bei ­diesem handelt es sich um das älteste und um eines der prestigeträchtigsten Privatgebäude von Florenz. Seine imposante Größe – bestehend aus fünf Etagen und weiteren Mezzaningeschossen – und der wehrhafte Charakter seiner Außenmauern stehen dem Palazzo Vecchio in nichts nach. Er liegt in unmittelbarer Nähe des Ponte S. Trinità und öffnet sich an drei Seiten dem Stadtraum: Die repräsentative Schauseite zeigt Richtung Fluss, die Rückseite zur Via Tornabuoni und die Schmalseite zur Piazza S. Trinità.573 Am 16. Oktober 1680 ging das Gebäude in den Besitz der Brüder Lorenzo Maria, Girolamo Antonio und Simone di Francesco Antonio da Bagnano über. Zuvor befand es sich im Besitz des Emporkömmlings und später unter Cosimo III. am Medici-­Hof angestellten Francesco Antonio Feroni.574 572 Zu den Anfängen der Palastarchitektur im Florentiner Trecento und zur weiteren Entwicklung vgl. Ginori Lisci 1972. Ein weiterer bedeutender Palast dieser Zeit stellt der Palazzo Medici-­Riccardi dar, der von den Riccardi übernommene, ehemals im Besitz von Cosimo il Vecchio befindliche Familienpalast der Medici. Beispiele für den Kauf alter, im Sei- und Settecento erweiterter und neu gestalteter Paläste sind der Palazzo Da Gagliano, der von den Gerini erworben wurde, oder Palazzo Portigiani, der von den Pasquali gekauft wurde und als einer der prächtigsten der Palazzo Capponi, der für Kardinal Alessandro Gregorio Capponi errichtet wurde. An das Gebäude schließt sich ein Garten an, der von Carlo Fontana geplant und von dem Ingenieur Alessandro Cecchini ausgeführt wurde, vgl. Ginori Lisci 1972, Bd. 1, S. 69. Zwei der bedeutendsten Paläste des ausgehenden Seicento sind der Palazzo Pucci in der Via Pucci, der in den 1690er Jahren durch Paolo Falconieri umgebaut wurde, und der Palast für Kardinal Bandino Panciatichi, der sich gegenüber dem Palazzo Medici befindet. Er wurde von Francesco Fontana z­ wischen 1696 und 1699 erbaut, vgl. Ginori Lisci 1972, Bd. 1, S. 74. 573 Umfassend zur Baugeschichte, Interieur und Bewohnern des Palastes vgl. Ricci 1995, und dies. 2015. Ursprünglich befand sich der mittelalterliche Palast im Besitz von Geri degli Spini, der ihn 1289, zur selben Zeit errichten ließ, in der Arnolfo di Cambio zusammen mit seinem Meister Lapo Tedesco den Palazzo Vecchio baute, vgl. Carlini / Mercanti / Straffi 2001, und Ginori Lisci 1972, Bd. 1, S. 127 – 132. Im Jahr 1680 befanden sich im Erdgeschoss sechs Räume, ein Hof mit Loggia auf zwei Seiten, ein Appartement mit zehn Zimmern, eine Kapelle im ersten Geschoss und sieben Zimmer im zweiten Geschoss, vgl. Spinelli 1995, S. 125. 574 Marchese Francesco Feroni, ein aus ärmlichen Verhältnissen stammender Tuchhändler aus Empoli, hatte durch geschickte geschäftliche Verbindungen eine aufsehenerregende Karriere durchlaufen, unter anderem als Finanzminister und Senator, und war in die höchsten Kreise der Florentiner Adelsschicht aufgestiegen. Er hatte den Palast 1674 erworben. Zu den Inszenierungsstrategien Feronis mit Fokus auf seiner Familienkapelle in der Florentiner ­Kirche SS. Annunziata und seines westlich von Florenz gelegenen Landsitzes Bellavista vgl. Follmann [o. Jahr].

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Abb. 36 Benedetto Fortini, Gesamtansicht der Decke, ca. 1718 – 19, Fresko, Florenz, Palazzo Spini-­Feroni, Erdgeschoss, Jupiter-­Saal

Abb. 37 Benedetto Fortini, Gesamtansicht der Decke, ca. 1718 – 19, Fresko, Florenz, Palazzo Spini-­Feroni, Erdgeschoss, Flora-­Saal

Die Familie da Bagnano ließ den Palast durch die zu dieser Zeit bekanntesten Künstler ausstatten – Stuckarbeiten von Giovanni Battista Foggini und Lorenzo Merlini und Freskenausmalungen von Benedetto Fortini und Ranieri del Pace (1681 – 1737).575 Die Spurensuche nach künstlerischen Vorbildern für die Freskenausstattung in La Quiete beginnt in den drei Sälen im Erdgeschoss, die nach den Göttern Jupiter, Flora und Mars benannt sind (Abb. 36 und 37), und setzt sich fort in einem repräsentativen, langgezogenen Saal im zweiten Geschoss, den im Zentrum ein Deckenfresko mit den weiblichen Gottheiten Venus, Minerva und Juno ziert (Abb. 38). Vergleichbar den einige Jahre später entstandenen Freskenausstattungen des Saals der Medici-­Villen und des Ruinensaals in der Villa La Quiete, belegen die repräsentativen Räume im Palazzo Spini-­Feroni Fortinis meisterhafte künstlerische Innovationskraft. Die Fresken in d­ iesem Palast zeichnen sich aus durch ein komplexes Zusammenspiel von illusionistischer Architekturmalerei mit Balustraden, Geländern, Pfeilern, Bögen und Loggien, die durch trompe l’œil-­Effekte Ausblicke in den Himmel ermöglichen. Im Erdgeschoss zeugt insbesondere die Ausmalung der Decke von einer triumphalen Formsprache. Das Deckenfresko im Saal der Flora weist zusätzlich zur Illusionsarchitektur florale und dekorative Elemente wie Blumengirlanden, Tierköpfe und Chinoiserien auf, wie sie auch in den Fresken der Villa La Quiete zu sehen sind. Ein weiteres verbindendes 575 1768 erwarb ein gleichnamiger Nachfahre Feronis, Francesco Antonio, den nördlichen Teil des Palastes, ein weiterer Nachfahre Feronis 1807 den Rest des Palastes, womit sich das gesamte Gebäude wieder im Besitz einer Familie befand, vgl. Ginori Lisci 1972, Bd. 1, S. 130. Zur weiteren Chrono­ logie und späteren Funktion des Gebäudes vgl. ebd., S. 130 – 132.

Die Entfesselung des Raums | 247

Abb. 38 Ranieri del Pace, Benedetto Fortini, Gesamtansicht der Decke, ca. 1720, Fresko, Florenz, Palazzo Spini-­Feroni, Saal des zweiten Geschosses

Charakteristikum ist das Nebeneinander von monochromen und farbigen Fresken, Kartuschen, Vasen in den Ecken und Grotesken. Die Öffnung der Decke und die Suggestion eines Ausblicks in die Himmelssphäre verleihen dem Raum eine Leichtigkeit, bei der die gemalte Brüstung dazu dient, die im Deckenzentrum liegende Flora-­Darstellung zu rahmen und der Figur so zusätzliche Bedeutung zu verleihen. Auch die Blumenranken, die Festons und die Bemalungen oberhalb der Türen sprechen für eine enge malerische Verbindung von Palazzo Feroni und Villa La Quiete. Darüber hinaus lässt auch das um 1720, kurz vor der Entstehung des Freskenzyklus in La Quiete 576, von Fortini und del Pace angefertigte Deckenfresko im Saal des zweiten Geschosses des Palastes einige Ähnlichkeiten mit der Decke des Ruinensaals in La Quiete erkennen. Ein illusionistisches, mehrfach verkröpftes Gesims leitet von der Wand- in die Deckenzone über und überwindet die reale Architektur. Zusätzlich bilden grüne Blumenkränze mit roten, rosafarbenen und weißen Blüten einen Kontrast zu der monochrom gemalten

576 Vgl. Casciu 1997, S. 138.

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architektonischen Kulisse. Vermutlich wurden die Fresken anlässlich der Hochzeiten der beiden Söhne der Familie da Bagnano, Francescos mit Teresa di Niccolò Antinori (1722) und Guidos mit Angela di Ferdinando della Torre e Tassis (1728), angefertigt.577 Aus der Vielzahl der einzelnen Elemente ­dieses Deckenfreskos sticht die Darstellung von Chinoiserien als Vorbild für La Quiete besonders hervor. Chinoiserien befinden sich auch in den genannten Sälen im Erdgeschoss des Palazzo Spini-­Feroni, wo sie, ähnlich wie im Ruinensaal, als Kartuschen auf goldenem Grund in die malerische Gestaltung des Deckenbereichs eingefügt sind. Obschon ungleich prachtvoller als in den beiden repräsentativen Herrschaftsräumen in La Quiete, steigert sich in diesen Sälen die Zusammenschau von gemalten Architekturelementen wie Brüstungen und Kolonnaden, Pergolen mit exotischen Vögeln, Pflanzendarstellungen, Blumenranken und -festons sowie Sinnsprüchen, Herrschaftssymbolen und Chinoiserien zu einer der eindrucksvollsten Palastausstattungen des beginnenden 18. Jahrhunderts. Der Vergleich der künstlerischen Ausstattung beider Freskenprogramme weist eine gemeinsame Symbolsprache von Familienpalast und Medici-­Villa nach. Diese künstlerische Referenz auf die früher entstandene Freskenausmalung des Palazzo Spini-­ Feroni in den Herrschaftsräumen der Villa La Quiete bezeugt auf ostentative Weise die engen Bande der Medici zur Florentiner Aristokratie. Auch die Freskenausstattung des Palazzo Corsini belegt beispielhaft die Zurschaustellung von Reichtum und Macht einer Adelsfamilie im Florentiner Stadtraum. Die Corsini gehörten zu den mächtigsten Familien dieser Zeit und spielten eine führende Rolle im politischen, kulturellen und intellektuellen Leben von Florenz. Ihr Familienpalast ist Ausdruck ihres hohen Ranges und stellt einen der prächtigsten Privatbauten des beginnenden 18. Jahrhunderts dar.578 Eingebettet ­zwischen Lungarno Corsini und Via di Parione, öffnet sich die repräsentative Rückseite mit ihrer imposanten, langen Front in südwestlicher Richtung zum Arno-­Ufer hin. Die Errichtung der monumentalen und eindrucksvollen Treppe, die sich im linken Flügel an der Vorderfront befindet und die den Zugang zu den Prunkappartements ermöglicht, wurde von Marchese Filippo Corsini (gest. 1706) bei dem Bildhauer Pier Francesco Silvani (1620 – 1685) in Auftrag gegeben.579 Der Vergleich des Ruinensaals in La Quiete mit der Ausstattung der Räume im Erdgeschoss des Palazzo Corsini, den „Sommerappartements“ (Appartamenti estivi), beweist künstlerische Gemeinsamkeiten z­ wischen Landsitz und Stadtresidenz. Die Räume im Palast wurden aufgrund ihres hervorragenden Lüftungssystems bevorzugt in den heißen

577 Die Ausmalungen des Erdgeschosses datiert auf um 1722 und die des ersten Geschosses auf um 1728, vgl. Spinelli 1995, S. 174. 578 Ursprünglich befand sich an der Stelle des Palastes ein Gebäude, das unter dem Namen „Casino del Parione“ bekannt war und im Besitz von Ferdinando II. de’ Medici war, bevor es von Maria Machiavelli, Frau von Filippo di Lorenzo Corsini, 1649 erworben wurde. Die Corsini ließen den Komplex vollständig umbauen und nach allen Seiten hin vergrößern. Zur Chronologie und Baugeschichte des Palazzo Corsini, vgl. Ginori Lisci 1972, Bd. I, S. 147 – 156; zuletzt Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 21 – 28. 579 Zu den mäzenatischen Aktivitäten der Corsini im Florentiner Settecento vgl. Donato / Verga 2005.

Die Entfesselung des Raums | 249

Abb. 39 Detail der Wandbemalung, Florenz, Palazzo Corsini in Parione, Erdgeschoss

Sommermonaten bewohnt und setzen sich aus einer Enfilade von 15 Räumen zusammen. Zusätzlich bergen sie eine Grotte. Der Komplex wurde ab 1693 von dem Florentiner Jacopo Chiavistelli (1621 – 1698) ausgemalt. Er zeichnet sich durch seine in monochromen Tönen gehaltene, reiche Ausstattung an Fresken und Stuckarbeiten aus, in denen sich Ruinendarstellungen, Ausblicke auf ideale Landschaften und ­Themen der Rekreation zu einem eindrucksvollen Interieur verbinden (Abb. 39). Überdies fungieren gemalte Säulen mit ionischen Kapitellen als Gliederungselemente einzelner Wände. Ein vielschichtiges architektonisches System aus gemalten, ineinander verschachtelten Rundbögen leitet jeweils in die Gestaltung der Deckenbereiche der einzelnen Räume über. Sie sind verziert mit Blumenranken sowie – zusätzlich dazu – in einigen Räumen mit Frauengestalten, die Medaillons halten, die an quadri riportati erinnern, wie sie in der Deckenmalerei des römischen Hochbarock zu finden sind. Vorbildhaft für den Ruinensaal der Villa La Quiete mögen neben den Ruinendarstellungen auch die senkrecht an den Wänden verlaufenden Zierleisten und die vorgetäuschten Gesimse gegolten haben. Die Räume waren jeweils unterschiedlichen, weiblichen Mitgliedern der Corsini gewidmet. Sie verweisen demnach auf einen spezifisch weiblich geprägten Bereich, was die Verbindung zum dem weiblich konnotierten Ruinensaal bestärkt.580 Wie in den beiden Räumen der Villa La Quiete ist der Ort gekennzeichnet durch illusionistische Architekturdarstellungen, die einen Blick auf den Außenraum wie durch ein Fenster suggerieren.

580 Zur Ausmalung der Räume, die in zeitlichen Abständen ausgeführt wurde, vgl. Gregori / Visonà 2012, Bd. 1, S. 24 – 26.

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Die Fresken der Villa La Quiete und der Palazzi Spini-­Feroni bzw. Corsini fanden unmittelbare Nachfolge in den Fresken des Palazzo Dami von 1736. Dieser Palast befindet sich in Oltrarno, in der Via Maggio 38, in direkter Nähe zum Palazzo Pitti. Giuliano Dami (1683 – 1750), der bevorzugte Kammerdiener und Geliebte von Gian Gastone de’ Medici, erwarb den Palast 1735 und ließ ihn durch die Hofarchitekten der Medici, Giovacchino Fortini und dessen Nachfolger Ferdinando Ruggieri, umgestalten. Die Galerie im Piano nobile ist mit Ruinendarstellungen ausgemalt, die den Fresken im zweiten Saal von La Quiete gleichen. Sie wirken wie illusionistische Fensterbilder, bei denen der Betrachter sich in einem Innenraum befindet, dem sich zugleich der Blick auf eine imaginäre Landschaft mit Ruinen eröffnet. Wie in La Quiete verschränken sich Innen- und Außenraum. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die malerisch gestaltete Gliederung und Rahmung dieser Fensterbildsituation durch Pilaster. Auch La Quiete vergleichbar, sind den Architekturdarstellungen im ersten Geschoss Vögel, skulpturale Elemente wie ein Delphin-­ Brunnen, Vasen mit Blumen und Agaven beigegeben.581 In dieser Tradition stehen auch die von Niccolò Pintucci (1697 – 1770) stammenden Ruinendarstellungen für die Stanza delle rovine in der Villa il Barone in Montemurlo von 1748 – 1756 und die illusionistischen Freskendarstellungen für den Palazzo Naldini del Riccio in Florenz von 1764. Das früheste bekannte Florentiner Motiv einer Darstellung von moosbedeckten, halb verfallenen Ruinen, aus deren Bögen und Gebälk wilde Blumen und Gräser hervorsprießen, findet sich im Casino di Via della Scala von Kardinal Giovan Carlo de’ Medici (1611 – 1663). Es wurde von den Malern Angelo Michele Colonna (1604 – 1687) und Agostino Mitelli (1609 – 1660) in der Mitte des 17. Jahrhunderts ausgeführt.582 Die Ausstattung der Stadtpaläste des Florentiner Adels und der Medici-­Entourage kann als Zeugnis eines gemeinsamen künstlerischen Geschmacks angesehen werden, der die engen künstlerischen und klientelären Verbindungen der Anna de’ Medici mit dem Florentiner Adel z­ wischen Zentrum und Peripherie belegt. Während der erste Saal in der Villa La Quiete, der Raum der Medici-­Villen, auf dynastische Kontinuität und auf die Verbindung Annas zum Geschlecht der Medici angelegt ist, nimmt der zweite Raum, der Ruinensaal, durch eine gemeinsame künstlerische Sprache symbolisch Bezug zum Stadtraum und zur engsten Entourage der Medici, insbesondere den Adelsfamilien der Corsini und Feroni. Die freskierten Ruinen der Villa La Quiete lassen einen Sehnsuchtsort entstehen, an dem sich heroische Elemente einer glorreichen Vergangenheit mit Regierungssymbolik verbinden. Sinnfällig knüpft somit die Übergangszeit Annas als Witwe an Symbole realer 581 Zu Giuliano Dami vgl. Bruschi 1997. Dami hatte bereits 1733 die Villa di Broncigliano in ­Scandicci erworben und dort z­ wischen 1733 – 1735 viele Medici-­Künstler beschäftigt. Zu den von ihm bevorzugten Malern zählte Niccolò Pintucci, vgl. Farneti 2010, S. 198 mit Verweis auf Quellen, und Bruschi 1997. 582 Vgl. Farneti 2010, S. 195. Die beiden Maler führten auch Arbeiten im Erdgeschoss des Palazzo Pitti aus. Zur Bedeutung dieser beiden aus Bologna stammenden Künstler und ihrem Einfluss auf die lokale Kunstproduktion in Florenz vgl. Spinelli 2011.

Die Entfesselung des Raums | 251

und mythologisierter Herrschaft an. Herrschaftsinsignien und Darstellungen von Tieren, Fabelwesen, Medici-­Villen und Ruinen im Innenraum variieren die im Gartenbereich angelegte religiöse Programmatik und verschmelzen zu Sinnbildern weltlicher und religiöser Macht, in denen die Verbindung von Repräsentation und Religion aufscheint. Dies verweist auf die Villa als einen persönlichen Ort der Memoria. Ausbau und Neugestaltung der Villa Anna de’ Medicis dienten dem Zweck, die letzte Phase der Medici-­Regierung in Abgrenzung zu Annas Bruder Gian Gastone, ihrer ungeliebten Schwägerin Violante Beatrix von Bayern und der nachfolgenden Regierung unter Habsburg-­Lothringen enger an ihre Person zu binden. La Quiete diente Anna als Bühne zur Demonstration unterschiedlicher Ebenen der Einflussnahme. Hier stellte sie sich nicht etwa als heroische Herrscherin dar, sondern entwickelte ein explizit auf ihre letzte Lebensphase als Witwe und rechtmäßiger, letzter toskanischer Herrscherin zugeschnittenes Programm. Innen- und Außenraum, Gemächer und Garten ergänzen sich im Wechselspiel von künstlerisch-­funktionalen Elementen zu einem Kosmos eigener Erinnerungen, herrschaftlichen Glanzes und ihrer Herrschaftssicherung sub specie aeternitatis, der gleichsam eine standesbewusste, dynastische Kontinuität demonstriert. Das Refugium von La Quiete erlaubt Einblicke in durch ‚Privatheit‘ geprägte Bereiche und Belange ‚öffentlichen‘ Lebens Annas, deren Status als Witwe, auch ohne offiziell legitimierte Befähigung zur Regierung, dennoch ein eminent politischer war. Villa und Garten von La Quiete stellen einen Ort der visuellen Machtdemonstration einer Herrscherin ante litteram dar, der nicht auf ihren tatsächlichen Status als verwitwete Herrscherin zugeschnitten ist, sondern in dem sich Macht ausdrückt, die (noch) nicht errungen wurde. Vor ­diesem Hintergrund diente ihr La Quiete als Ort der ‚produktiven Freiheit‘, an dem sie sich so präsentieren konnte, wie sie wohl gern von der Außenwelt wahrgenommen werden wollte.

6 Schlusswort und Ausblick

In einem Artikel in der ZEIT mutmaßte Iris Radisch, dass der „Raum der Frauen […] immer gleich minimiert [war], egal ob Nomadenzelt oder Villa Medici“583. Dies ist in der vorliegenden Arbeit, so die Hoffnung der Verfasserin, exemplarisch am Beispiel Anna Maria Luisa de’ Medicis widerlegt worden. Anhand von ausgewählten Beispielen wurden Annas Selbstbestimmung und ihre Vorstellung von weiblicher Regentschaft analysiert: So spiegelt sich ihre Imago nicht nur in ihren Porträts, sondern kommt auch innerhalb der komplexen höfischen Machtverhältnisse der Medici und der Wittelsbacher zum Ausdruck. Das den unterschiedlichen Lebensabschnitten jeweils zugrunde liegende Verhältnis von Selbst- und Fremdbild wurde in der Untersuchung auf mehreren Ebenen reflektiert: visuell-­materiell, räumlich-­strukturell und personell-­dynastisch. Die Studie leistet einen Beitrag zur Kunstpatronage von Medici-­ Frauen und analysiert den Anteil der Herrscherin an der materiellen Kultur vor dem Hinter­grund der sozio-­kulturellen Situation und der Herausbildung staatspolitischer Ideen am Vorabend der Aufklärung. Anders als bisher in der Literatur dargestellt, hatte die Tatsache, dass mit Anna de’ Medici die Dynastie enden sollte, nicht etwa einen Niedergang der künstlerischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Florenz zur Folge, sondern wurde für Anna selbst eine Herausforderung, als fürstliche Mäzenatin, künstlerische Planerin und Auftraggeberin sowie als Geschäftsfrau tätig zu werden. Annas erfolgreiches Wirken während ihrer letzten Lebensphase ist vor allem ihrem Status zuzuschreiben, der ihr neben finanzieller Unabhängigkeit alle Privilegien einer regierenden Großherzogin am Medici-­Hof einräumte. Das in der panegyrischen Beschreibung Bianchinis angelegte Image Annas als „risplendentissimo lume“, als ‚Lichtgestalt‘, findet seine Bestätigung in den Porträts, Skulpturen und Münzen bedeutender Künstler, den prächtigen Ausschmückungen ihrer Appartements im Palazzo Pitti und in der Villa La Quiete, in Auftragsarbeiten im Bereich der materiellen Kultur – Pretiosen und kostbaren Sammlungsstücken sowie in Architektur- und Gartenprojekten, die von verschiedenen Künstlern durchgeführt wurden. Das Flora-­Porträt Annas des in Florenz angestellten Hofkünstlers Antonio Franchi markiert den Beginn des systematischen Aufbaus ihres Images: Analyse und Deutung des Bildnisses, das Anna de’ Medici als schöne, gesunde, fertile junge Frau zeigt, begründen die These, dass die an sie herangetragene Imago schon in ihrer Jugendzeit auf ihre Darstellung als ideale Herrscherin angelegt war (Kap. 2). Ausgehend von dieser Grundannahme, wird das Bildnis als Herrschaftsporträt gedeutet, mit dem Anna einer ausgewählten Öffentlichkeit, hochrangigen diplomatischen Vertretern europäischer Fürstenhäuser und dem Florentiner Adel, als zukünftige Regentin und Garantin der Medici-­Dynastie präsentiert

583 Radisch 2016, S. 3.

254 |  Schlusswort und Ausblick

wurde. Dies geschah im Rückgriff des Künstlers auf eine Ikonografie, die eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungsschichten birgt. Das Flora-­Porträt bezieht sich auf christlich-­ marianische Symbole, wie sie in Eleonoras di Toledo Staatsporträt von Agnolo Bronzino aufscheinen und verweist damit auf die Anfänge des Großherzogtums. Darüber hinaus steht es in enger formal-­stilistischer Verbindung mit der am Medici-­Hof hochgeschätzten flämischen Malerei von Rubens. Zusammengenommen stilisieren die einzelnen Bildelemente Anna zu einer ‚neuen Eleonora‘, wobei die an sie herangetragenen Erwartungen von Beginn an auf eine kontinuierliche Weiterführung der Medici-­Herrschaft mit Anna an der Spitze der Toskana gerichtet waren. Der ausführliche Augenzeugenbericht des französischen Gesandten Foucher über ihr Aussehen und Wesen lässt sich als Huldigung an Anna als eine ideale Herrscherin lesen, die in der unumschränkten Panegyrik Bianchinis gegen Ende ihres Lebens kulminieren sollte. In dessen Lobschrift avanciert Anna zu einem Exemplum virtutis, das ihre berühmten weiblichen und männlichen Vorfahren sogar übertrifft. Dies deckt sich mit bildlichen und schriftlichen Zeugnissen, denen zufolge sie alle Eigenschaften einer idealen Regentin besitze: Sie war nicht nur „schön, sportlich und von rasanter Wesensart,“ sondern galt zudem auch als „klug, witzig und weltgewandt“. Dass sie als Witwe am Florentiner Hof nicht den ihr von Cosimo III . zugedachten Thron bestieg, ist nicht etwa einer vermeintlichen Missachtung von ‚Gender-­Forderungen‘ zuzuschreiben, sondern entsprang dem politischem Kalkül des dynastischen Konkurrenten Habsburg. Wie anhand der Bild- und Schriftquellen gezeigt wurde, war Anna de’ Medici – im Gegensatz zu ihrem weniger ambitionierten Bruder Gian Gastone – mehr als befähigt zur Regierung und stand gerade als starke Frau, der man die Durchsetzung ihrer dynastischen Ziele zutraute, den Machtinteressen der Habsburger im Wege. Das habsburgische Kaiserhaus zielte darauf, seine politischen Ansprüche auf die Toskana langfristig mit Gian Gastone zu verwirklichen. Dies führte nach dem Tod des letzten männlichen Medici-­ Erben dazu, dass Habsburg-­Lothringen das Großherzogtum Toskana übernehmen konnte. Die dem Franchi-­Porträt inhärenten Komponenten von Anna als weltlich und geistlich legitimierter Regentin und die Zurschaustellung des Bildnisses in Ferdinandos Audienzsaal im Palazzo Pitti können überdies als indirekte Machtzuweisung des rechtmäßigen Thronfolgers an seine jüngere Schwester gewertet werden: Ferdinando, der Auftraggeber des Porträts, weist Anna de’ Medici innerhalb eines repräsentativen Palast-­Bereichs ihren Platz als ideale Herrscherin zu; ein Signal, das auf eine bewusste Einbindung der Öffentlichkeit verweist. Diese steht in engem Zusammenhang mit jenen Prämissen, die sich im Zuge der Umwandlung der Uffizien zu einem modernen Museum vollzogen, für das Anna de’ Medici mit dem Familienpakt von 1737 den Grundstein legen sollte. Die Umhängung des Porträts aus dem Audienzsaal, einem Bereich höfischer Macht, in den Eingangsbereich der Uffizien, wo es sich noch heute befindet, markiert eine Zäsur: den Wandel von fürstlich-­repräsentativer Kunst für eine Elite hin zu einer Demokratisierung der Kunst für ein breites Publikum. Teilhabe der Öffentlichkeit an der Kunst statt fürstlicher Repräsentation war auch dem Düsseldorfer Kunsthaus leitmotivisch eingeschrieben (Kap. 3). Eine Analyse der Innenräume des Gebäudes auf der Grundlage des ersten veröffentlichten Katalogs des ersten

Schlusswort und Ausblick | 255

Galerie-­Inspektors Karsch (1716/1717) bezeugt das enge Beziehungsgeflecht z­ wischen Raumstruktur, Sammlungspräsentation und Ausstellungskatalog. So wurden in dem van der Werffs Werken gewidmeten Eckraum kleinformatige Herrscherporträts der Medici und der Wittelsbacher in den Rosenkranzzyklus des Hofmalers integriert. Hier wird die glorreiche Verbindung der Medici mit den Wittelsbachern zur Schau gestellt und Anna de’ Medici zur ‚Protagonistin‘ des Raumes erhoben; sie inszeniert sich als göttlich legitimierte, weltliche Herrscherin. Überdies vermochte es van der Werff, sich als Hofmaler ersten Ranges anzupreisen, wie eine Analyse der „Huldigung der Künste“, dem Auftaktbild des Rosenkranzzyklus’, verdeutlicht hat. Dennoch ist das Kunsthaus nicht allein der rein repräsentativ-­ höfischen Sphäre zuzuordnen, vielmehr befindet es sich auf der Schwelle zum modernen Museum. Mehr noch, im Düsseldorfer Kunsthaus zeichnet sich auf der Ebene des „display“, der Anordnung und Präsentation der Kunstwerke gemäß dem Katalog von Karsch und der Raumordnung, eine Entwicklung ab, die in dem von Anna de’ Medici in Florenz geschlossenen Familienpakt von 1739 ihre konsequente Ausformung erreichen sollte: Öffnung der Sammlung für ein Publikum, Grundlagen einer Staatsbildung und Gemeinwohl. Die Idee eines Museums aus Gründen der ‚Staatsräson‘ verdeutlicht das enge symbolische Beziehungsgeflecht ­zwischen dem Düsseldorfer Kunsthaus und den Florentiner Uffizien. Typus, Lage und inhaltlich-­konzeptionelle Ausrichtung beider Gebäude spiegeln dies wider. Mit der Eingliederung des ersten eigenständigen Museumsbaus in das Düsseldorfer Regierungszentrum antizipierte das Herrscherpaar jenes Konzept von ‚Expansion und Verdichtung‘, das bereits mit den Uffizien im politischen Zentrum von Florenz umgesetzt ­worden war: die räumliche Verbindung von Bildungseinrichtung, Werkstätten und Museumsbau an einem Ort, der dem Schloss als Sinnbild fürstlicher Macht entgegengesetzt wurde. Im vierten Kapitel wurde der bisher noch nicht genauer untersuchte Anteil Annas an der materiellen Kultur des Düsseldorfer und des Florentiner Hofs belegt: Aufbau ihres eigenen Hofstaats, Verfügung über finanzielle Mittel und damit einhergehende Vergabe von Kunstaufträgen sowie Verwaltung und Einsatz von Personal in Düsseldorf und Florenz. Hier offenbart sich Annas Image auf subtile, indirekte Weise. Ihre Kunstobjekte und Pretiosen verweisen über eine rein praktische oder dekorative Funktion hinaus auf weitere Bedeutungsebenen. Anhand von Rechnungen aus dem Staatsarchiv in Florenz kann belegt werden, dass diese Objekte einerseits konstitutiv für die Statusbildung der Herrscherin waren, andererseits symbolisch auf ihre Umgebung, den Florentiner Stadtraum, Bezug nahmen, wie am Beispiel von „Blumenverkäuferin“, „Fliegendem Händler“ und „Maultiergruppe“ verdeutlicht wurde. Anhand ihrer jeweiligen ‚Biografie‘ wurden die Elfenbeinskulpturen hinsichtlich ihres räumlichen Kontextes und ihrer symbolischen und materiellen Bedeutung für die Imagebildung Annas untersucht. Nach ihrer langen Zeit als Regentin am Düsseldorfer Hof kehrte Anna im letzten Drittel ihres Lebens als ‚Fremde‘ wieder in ihr eigenes Land zurück. In dieser Phase kam der Fürstin eine zentrale Rolle bei der Neuordnung der Antiken- und Gemmensammlung im Palazzo Pitti zu. Wichtigste Persönlichkeit in ­diesem Zusammenhang war der von ihr eingesetzte Gelehrte Antonio Cocchi. Wie eng Anna de’ Medici dabei das Fortbestehen der Dynastie in existenzieller Vorsorge im Blick hatte, wird durch jenen Akt

256 |  Schlusswort und Ausblick

der Schenkung deutlich, der – ebenso wie die Neuordnung der symbolisch und faktisch auf die Anciennität der Medici rekurrierenden Antikensammlung – aufs Engste mit der Bewahrung des kulturellen Erbes der Medici verknüpft war. Annas Bestrebungen zielten auf eine Autonomie der Toskana als einen selbstständigen, durch das Florentiner Patriziat geführten Staat in Abgrenzung zur Herrschaft Habsburg-­Lothringen, ein Programm, das sich jedoch nicht umsetzen lassen sollte. Anna strebte auf mehreren Ebenen die Bindung des Florentiner Patriziats an den Medici-­ Hof an: in materieller, künstlerischer und organisatorisch-­vertraglicher Hinsicht, wie etwa auf Grundlage des Familienpakts, der Ämtervergabe und der Ausmalung des Interieurs der Villa La Quiete nach dem Modell zweier der bedeutendsten Florentiner Stadtpaläste, den Palazzi Spini-­Feroni und Corsini. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Anna Florenz nicht in ein Mausoleum verwandeln wollte, in dem alle Medici-­Schätze vereint waren, sondern vorausschauend in die Zukunft investierte – in die Zeit nach ihrem Tod und damit nach dem Ende der Dynastie. Ziel war der Zugang der Öffentlichkeit zur Kunst, nicht die Abschirmung der Kunst vor der Öffentlichkeit. Diese Vorsorge war anhand der Neuplanung von Garten und Villa La Quiete, dem Witwensitz von Anna de’ Medici, zu Beginn der 1720er Jahre, nachzuweisen. Ein Rundgang durch diesen Komplex, bei dem der Blick zunächst auf den Garten gelenkt wurde, um dann in das Innere der Villa zu schweifen, ist für ihr Selbstverständnis als letzte Medici-­Großherzogin aufschlussreich. Eine vergleichende Analyse der konzeptuell-­ architektonischen Ausgestaltung einzelner Elemente im Garten, wie Mauer, Grotte, Brunnenanlagen und Heiligendarstellungen, sprechen für La Quiete als einen anthropologischen Ort, an dem sich die soziale Stellung Annas innerhalb eines gesellschaft­lichen Gefüges abzeichnet. Es handelt sich hierbei um einen speziell auf die Herrscherin zugeschnittenen, persönlichen und öffentlichkeitswirksamen Bereich, der den Garten als ein autonomes Produktions- und weiblich bestimmtes Machtzentrum sichtbar werden lässt und der profane und sakrale Belange einschließt. Er kann somit nicht als genuin weltlicher oder exklusiv religiöser Garten definiert werden. Dies wird insbesondere in der Verbindung von Innen und Außen, von Garten und herrschaftlichen Appartements, deutlich. Dieses dem Interieur der Villa und dem Gartenbereich eingeschriebene Wechselspiel wird hier zu einem konzeptuellen und künstlerisch-­architektonischen Höhepunkt geführt. Im Garten und in der Villa manifestieren sich religiöse und repräsentative Elemente. Mit der von Anna de’ Medici intendierten und inszenierten fürstlichen Außenwirkung im Innenraum wechseln Kontemplation und Verinnerlichung im Außenraum – und vice versa. Erst mit der Durchdringung dieser beiden Bereiche erwächst La Quiete zu einem Raum weiblich konnotierter Machtausübung, der keinen Rückzug aus der öffentlichen Sphäre oder etwa Prestigeverlust und schwindende Einflussnahme bedeutete, sondern, im Gegenteil, Aufwertung und Sichtbarmachung. Garten und Villa lassen sich somit als eine organische, strukturelle und symbolische Einheit begreifen, die als verlängerter Arm des offiziellen Regierungssitzes, des Palazzo Pitti, diente. Die vordergründig als Witwensitz und Ort der Rekreation ausgegebene Villa sollte d ­ iesem dabei in nichts nachstehen. Sie weist im Kleinen alle Elemente eines Herrschersitzes auf: Lage der Villa, Mitnahme des Hofstaats,

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Innenausstattung und ökonomische Produktion bezeugen Annas Willen, an die Tradition von Residenzen der Medici anzuknüpfen. Mit den Künstlern Benedetto und Giovacchino Fortini erreichte die Herrschaftsikonografie während ihrer Witwenzeit in Florenz eine gesamtkünstlerische Vollendung. Elemente der zeitgenössischen Malerei in den beiden repräsentativen Räumen im Erdgeschoss der Villa lassen enge Bezüge zu Palastausstattungen der Florentiner Adelsschicht erkennen: Ruinendarstellungen, Ausblicke auf künstlich angelegte, halb verwitterte Natur, fingierte Brüstungen, die den Blick bis weit hinauf in die Himmelssphäre ermöglichen und Chinoiserien. Damit knüpfte Anna an eine lange Medici-­Tradition an und stellte gleichzeitig den symbolischen Bezug zum Florentiner Stadtraum her. So wurde die peripher gelegene Villa künstlerisch, materiell und konzeptuell an das Zentrum gebunden und nahezu in den Rang eines Regierungssitzes erhoben. Die wittelsbachischen und mediceischen Herrschaftsinsignien visualisieren ihren Status innerhalb der dynastischen Abfolge der Medici. Somit wird die bestehende unrechtmäßige Herrschaftsordnung mit Gian Gastone an der Spitze der Toskana zu einer geglückten Herrschaft unter der Ägide von Anna de’ Medici umgedeutet. La Quiete ist Ausdruck ­dieses fragilen Gebildes weiblicher Herrschaft. In ­diesem Zusammenhang könnte eine Untersuchung über La Quiete – vermeintlicher Ruhesitz der früheren Medici-­Fürstinnen Christiane von Lothringen und Vittoria della Rovere – auch zu einem breiteren Verständnis der Villa als einem Ort der Kunstpatronage und als kulturellem und politischem Handlungsraum von Medici-­Fürstinnen beitragen. Im Zuge der Recherche wurden weitere Forschungslücken aufgedeckt, auf die an dieser Stelle als Anregung für zukünftige Studien auf dem Feld der visuellen und materiellen Kultur von Herrscherinnen im Umkreis des Medici-­Hofs verwiesen sei. Besonders eine vertiefende Analyse von Selbstbild und Fremdwahrnehmung aus kultur- und sozialgeschichtlicher Sicht könnte zu einem umfassenderen Verständnis des Anteils von Frauen an der Konstituierung ihres eigenen Images führen. Einen Einblick in die künstlerischen und historischen Bedingungen dieser Epoche würde beispielsweise auch eine Untersuchung zu den Schwägerinnen Anna de’ Medicis, Violante Beatrix von Bayern und Anna Maria Franziska von Sachsen-­Lauenburg, liefern. Von der Forschung wenig beachtet wurden bisher auch die Wittelsbacher Herrscherinnen. Eine der prominentesten Frauen aus dem engeren Umkreis Annas ist die in Düsseldorf geborene Pfalzgräfin Eleonore Magdalene Therese von Pfalz-­Neuburg (1655 – 1720), ebenfalls eine Schwägerin Annas und durch Heirat Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Bedeutsam wäre auch ein Vergleich der Medici mit anderen aussterbenden Dynastien im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert, wie beispielsweise mit den Farnese. Das Anliegen der Verfasserin war es zu zeigen, inwiefern Bildnisse, Objekte, Innen- und Außenräume und deren Ausstattung Aufschluss über politisch-gesellschaftliche Machtverhältnisse in Florenz und über Annas Status in unterschiedlichen Lebensphasen geben können. Eine Vielzahl von visuellen und materiellen Quellen legt Zeugnis ab von Anna de’ Medicis Selbstverständnis als einer prospektiv handelnden Herrscherin und Mäzenatin, die durch Imagebildung die Medici-­Dynastie dauerhaft ins kulturelle Gedächtnis nicht nur Italiens, sondern des europäischen Raums einzuschreiben vermochte.

Anhang

Literaturverzeichnis

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Quellenanhang Abkürzungsverzeichnis

A. S. Altezza Serenissima A. A. S. S. Altezze Serenissime M. M. S. S. Maestà Serenissime p.mo, p.ma primo, prima S. A. Sua Altezza S. A. R. Sua Altezza Reale S. A. S. Sua Altezza Serenissima S. A. S. El.e Sua Altezza Serenissima Elettorale S. M. Sua Maestà fol. folio ins. inserto

Verzeichnis der Archive Düsseldorf LAV NRW = Landesarchiv Nordrhein-­Westfalen, Düsseldorf Florenz ACQ = Archivio della Quiete, Florenz AGF = Archivio delle Gallerie Fiorentine (Soprintendenza Speciale per il Polo Museale Fiorentino), Florenz ASF = Archivio di Stato, Florenz BdU = Biblioteca degli Uffizi, Florenz Karlsruhe LBW = Landesarchiv Baden-­Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe München GHM = Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Geheimes Hausarchiv Hinweis: Die zeitlichen Angaben der in der vorliegenden Studie verwendeten Quellen ­orientieren sich an dem Florentiner Kalender, der bis zum Jahr 1744 am 25. März, ab incarnatione, dem Tag der Fleischwerdung Christi, beginnt. Alle Ereignisse, die in den Quellen ­zwischen 1. Januar und 24. März angesiedelt sind, sind deshalb ein Jahr hinter dem gregorianischen Kalender datiert. Die eckigen Klammern beziehen sich auf Auslassungen oder Korrekturen, die runden auf Anmerkungen, die jeweils am Rand des Dokuments vermerkt sind.

300 |  Anhang

Briefe, Rechnungen und Inventare Dokument 1.1 Italienische Abschrift des Familienpakts vom 31. Oktober 1737, Florenz ASF, Trattati internazionali, n. 56, ins. 6.

Copia della Traduzione in Italiano dell’Originale in Francese della Convenzione di Famiglia tra il Serenissimo Gran Duca di Toscana, Duca di Lorena, e Barone, La Serenissima Elettrice Palatina, stato segnato in [a] Vienna di 31. Ottobre 1737 da i Ministri Plenipotenziari di Sua Altezza Reale, e di Sua Altezza Elettorale. Al Nome della Santissima Trinità Padre, Figliolo, e Spirito Santo così sia. Avendo piaciuto alla Divina Provvidenza di terminare la Guerra, che si era accesa tra le Principali Potenze dell’Europa, che di un con[n]esso unanime tanto con gli Articoli Preliminari segnati a Vienna al 3 di Ottobre 1735, che altri Trattati, Convenzioni, et atti susseguenti, hanno creduto necessario per il cambiamento delle circostanze degl’affari Pubblici, di cambiare ancora tutti i Regolamenti presi per la successione della Toscana, e stipulato, che i Ducati di Lorena e di Bar, allodiali, appartenenze, e Dependenze [Dipendenze], saranno ceduti al Serenissimo Re di Pollonia Stanislao Prins, e dopo di lui alla corona di Francia, e che in cambio, ed indennità la Serenissima Casa di Lorena entrerà dopo la Morte del Serenissimo Gran Duca Giovanni Gastone a condizioni equali in possesso del Gran Ducato di Toscana. Sua Altezza Reale il Duca di Lorena Gran Duca ora Regnante, e Sua Altezza Elettorale vedova Palatina son concorse a tutte le misure prese dalle Principali Potenze per la quiete dell’Europa la tranquillità dell’Italia, ed in particolare per la felicità della Toscana, e Sua Altezza Reale in virtù de i sud[d]etti Trattati, Convenzioni, ed atti avendo preso il Possesso dal Gran Ducato di Toscana non resta più che qualche Regolamento da prendervi fra il Serenissimo Gran Duca, e la Serenissima Elettrice per le sod[d]isfazioni, e Convenienze reciproche, e principalmente per l’avantaggio della Toscana, le A. A. S. S. Reale, ed Elettorale hanno firmato il più convenevole di regolarle con un Trattato, o Convenzione di Famiglia, vi hanno autorizzato i loro Ministri rispettivi, che in virtù delle loro Plenipotenze comunicate da una parte, o dall’altra sono convenuti di quel che segue. Articolo I. Con tutto che in conseguenza de i Trattati gli Allodiali nel Gran Ducato di Toscana siano già assicurati a Sua Altezza Reale a titolo di Indennità degli allodiali, che sono stati nei Ducati di Lorena, e di Bar, S. A. Vedova Palatina, volendo non dimeno concorrere a tutte le misure prese per il piu grande stabilimento della tranquillità, pubblica, e levare fino il minimo pretesto, che potesse essere allegato un giorno a suo pregiudizio, rimette, cede, e trasferisce a S. A. R. tutti i Dritti, e Pretensioni qualunque, e per qualunque titolo, o causa si sia, che Ella potesse avervi. Articolo II. La Serenissima Elettrice assicura al presente a S. A. R. per lui a suoi successori, come Gran Duca di Toscana, tutti gli allodiali situati fuori della Toscana, tanto quelli che le possano appartenere della successione del Serenissimo Gran Duca suo Fratello, che quelli che provengono, o le appartengono della successione delle Serenissime Gran Duchesse Sua Madre, ed Ava per averne la proprietà, ed il godimento alla Monte di S. A. Elettorale. Articolo III.

Quellenanhang | 301

La Serenissima Elettrice cede, dà, e trasferisce al presente a S. A. R. per lui, e i suoi successori Gran Duchi, tutti i Mobili, Effetti, e Rarità della successione del Serenissimo Gran Duca suo Fratello, come Gallerie, Quadri, Statue, Bibliotheche, Gioie, ed altre cose preziose, siccome le Sante Reliquie e Reliquiari, e i loro Ornamenti della Cappella del Palazzo Reale e che Sua Altezza Reale s’impegna di conservare, a condizione espressa che di quello è per ornamento dello Stato, e per utilità del Pubblico, e per attirare la curiosità dei Forestieri, non ne sarà nulla trasportato, o levato fuori della Capitale, e dello stato del Gran Ducato. Le Guardarobe, Mobili, Argenterie, ed Effetti, che sono per l’uso, resteranno alla libera disposizione di S. A. R. Articolo IV. S. A. R. si carica di tutti i Debiti della Serenissima Casa de’ Medici fatti fino al giorno della presente Convenzione, e nonostante che essi sorpassino quello, che è stato trasferito, ceduto, e dato a S. A. R. le Serenissima Elettrice non ne potrà mai essere inquietato per il pagamento. Articolo V. S. A. R. si obbliga a mantenere il eredito dei Fondi Pubblici. Articolo VI. S. A. Elettorale riceverà tutti gl’anni Quarantamila Scudi Moneta di Firenze per il suo mantenimento, e per quello della sua Corte, nei quali saranno comprese le Vendite degl’allodiali fuori della Toscana, che saranno tassate, e fissato per sempre alla somma di Venticinquemila Scudi per anno il sopra poi fino alla concorrenza dei Quarantamila Scudi sarà assegnato da S. A. R. sopra a Fondi sic[c]uri, e chiari, e sarà a S. A. Elettorale regolarmente pagato tutti i mesi. Articolo VII. S. A. Elettorale sarà allog[g]iata in un Palazzo di S. A. Reale in Firenze, o averà un Appartamento convenevole in quello chiamato Pitti a sua scelta, il tutto ornato, e ammobil[i]ato come conviene a una Principessa del suo rango. Articolo VIII. La Serenissima Elettrice sceglierà ancora fra le Case di Campagna quella, che Ella stimerà a proposito, la quale sarà parimente ammobil[i]ata per il suo uso durante la sua vita. Articolo IX. S. A. R. farà fornire a S. A. Elettorale per una volta gli Equipaggi, Carrozze, Lettighe, Cavalli, Rimesse, e Stalle, coi loro utensili, gl’attrezzi di Cucina, e la Biancheria necessaria, l’Argenteria per la Tavola, e Appartamento della Serenissima Elettrice, di ciò che esiste della Successione del Serenissimo Gran Duca Giovanni Gastone, e Sua Altezza Elettorale farà dare a questo effetto una nota di quello, che le potrà bisognare, di che sarà, fatto un Inventario: Tutti questi Effetti non essendo, che per l’uso di S. A. Elettorale restandone la proprietà a S. A. R. Articolo X. La Serenissima Elettrice sarà servita dalle Guardie a piedi, e a Cavallo di S. A. R. secondo che conviene al suo rango, e alla sua nascita. Articolo XI. In assenza di S. A. R. la Serenissima Elettrice averà la Reggenza della Toscana nella maniera la più onorevole, e combinabile, colla Gloria, e Autorità di S. A. Reale. Articolo XII. La Serenissima Elettrice sarà assicurata, che allora che S. A. R. sarà presente avrà Egli in tutti gl’Affari e nominazioni d’Impieghi, tutti i Riguardi possibili a i di lei sentimenti, e Raccomandazioni,

302 |  Anhang e che in tutti i casi le sarà rendere ne i suoi stati tutti gli onori davanti ad una Principessa del suo rango, della sua nascita, e che gli è si congiunta. Articolo XIII. E perchè quello, che è stato stipulato da una parte, e dall’altra sia più stabile, o sic[c]uro, le A. A. S. S. Reale, ed Elettorale faranno debitamente la Requisizione e pregheranno le M. M. S. S. Imperiale, e Cristianissima di voler garantire la presente Convenzione: Le A. A. S. S. Reale ed Elettorale si obbligano di ratificarla, e fare scambiare le Ratificazioni nella città di Vienna in un mese di tempo, da contarsi dal giorno della soscrizione e più presto se far si può. In fede diche noi Ministri Plenipotenziari dell’A. A. S. S. Reale, ed Elettorale abbiamo segnato questo presente convenzione, e vi abbiamo fatto apporre i Sigilli delle nostre armi. Fatto a Vienna questo di 31. Ottobre 1737. Carlo Barone di Pfütschner a Pallude & Ferdinando Marchese de’ Bartolomei. […] le present Translat de la Convention cy dessus est en tout conforme à l’original qui est en françois fait à Vienne le 2d Novembre 1737. Toussaint. […]

Dokument 1.2 Hochzeitsvertrag z­ wischen Anna de’ Medici und Johann Wilhelm von der Pfalz [Auszug] ASF, Mediceo del Principato, 6321, fol. 155.

Fra i Patti Dotali stabiliti tra il Serenissimo Elettore, e Conte Palatino Giovanni Guglielmo Giuseppe di gloriosa memoria, e la Serenissima Principessa Anna de’ Medici nell’anno 1691 furono stipulati i seguenti punti, cioè che la dota fosse di mila 300 Scudi di Lire sette per ciascheduno di moneta di Firenze, col patto di dovere sborsare liberamente quarantamila scudi subito dopo la consumazione del Matrimonio, e per li Dugensessantamila, ogn’anno Ventimila Scudi, con più l’interesse di quattro per cento del Capitale da pagarsi, e che le ricevute de’ pagamenti che seguirono dovessero esser riconosciute per mano di Notaio, e similmente la ricevuta finale dovesse esser convalidata con Istrumento di pubblico Notaio, con replicata obbligazione, e Ipoteca di tutte le Provincie, Stati, Beni feudali, e Patrimoniali, Giurisdizioni et niente eccettuato. […]

Dokument 1.3 Brief von Giulia Trappa, geb. Gräfin Piccolomini, an einen Marchese in Florenz über die Ereignisse am 3. Juni 1691 in Innsbruck 584

584 In dem Brief wird das erste Treffen von Johann Wilhelm von der Pfalz mit seiner Ehefrau geschildert. Die Zusammenkunft in Innsbruck von Anna de’ Medici und Johann Wilhelm, der abweichend vom Hofzeremoniell seine zukünftige Frau schon früher in Empfang nahm, muss für großes Aufsehen gesorgt haben, insgesamt gibt es drei Augenzeugenberichte, von denen der Brief Trappas ein eindrucksvolles und persönliches Zeugnis abliefert. Das Dokument wird auch erwähnt in Kühn-­ Steinhausen, letzte Medicäerin, 1938, S. 20 f. (ohne Transkript). Kühn-­Steinhausen nennt zwei weitere Quellen zur Dokumentation der Ereignisse, einen Brief von Montauti vom 9. Juni 1691 aus Neuburg an Kardinal Francesco de’ Medici, den Onkel Annas, und einen Bericht des Sekretärs der Kaiserin Eleonore Magdalene v. Pfalz-­Neuburg (1655 – 1720), Domenico Valentini, an einen Florentiner Geistlichen vom 27. Mai 1691. Vgl. ebd.

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ASF, Mediceo del Principato 6355a, fol. 976r–983r.

[fol. 976r] 1691 Ricevimento ad Instruzioni Consumazione del Matrimonio della Serenissima Principessa Anna Maria di Toscana col Serenissimo Elettore Palatino del Reno Giovanni Guglielmo di ­Naiburgo Maggio 1691 [fol. 977r] 3 Giugnio 1691 La domenica di sera come scrissi fu la serenissima Elettrice ac[c]ompagniata dalla Maestà della regina alle di lei stanze con perfino di fermarli ivi fin che fosse spogliata, et in letto, ma l’A. S. non lo volle permettere et così S. M. gli lascio canpo [campo] di ritirarli con S. A. e la mattina del lunedì verso mezzo giorno vennero le A. A. S. S. da S. M. tutti alegri e gioviali, et la Serenissima Elettrice fece vedere il bel[l]issimo et superbissimo regalo havuto dal Serenissimo Elettore che consisteva in una fermezza di diamanti da pento [petto] del valore di cento mila taleri consistenti colo 21 diamanti, piu un paio di pendenti, con un anello pare è di valore di 50 mil[l]e taleri. Poi anche nella cappella di S. M. per sentir la messa et ivi ricevuta la Benedizione bere [bene] il santo Johannessegen; intanto furono inbandite [imbandite] le vivande, et adorno [fol. 977v] a pranzo ove vi fa musica di tavola, et tutta la corte in gala, dop[p]o il pranzo l’A. S. in camera di S. M. canto una piccola canzonetta acon[m]pagniata con l’suono dal Serenissimo Elettore, ma io non la sentii, ma S. M. mi disse che haveva bona voce. Subito che la corte ebbe pranzato, un tal musico italiano nominato Buceleni [Giovanni; in: Francesco Gambara: Ragionamenti di cose patrie, vol. 3, p. 59, Brescia, 1840] che capito improvisamente, canto nelle stanze di S. M. et si ebbe quel picciolo tratenimento [trattamento], che piacque assai alle A. S. et in fatti e un bravo musico, di poi si ritirono alle loro stanze li serenissimi Sposi per scrivere, come segni perche di qui fu dal Signore Abbate Monteauti [Montauto] per ordine de medemi [medesimi] spedito una staffetta, che gia il tutto haveranno inteso ma io per mantenere la mia promessa ho volsuto [voluto] continuare il rac[c]onto del sog[g]iorno qui di questi Eccelentissimi et Amabilissimi Sposi che hanno incatenato il core di tutti et celebili schiavi, verso le otto ore ritorno li Serenissimi per andare a cena ore vi fu musica, et [fol. 978r] un aiutante del Serenissimo Elettore s[u]ono perfettamente del violino, doppo la cena volsero di nuovo sentire cantare quel musico, che l’acompagnio il conte Santelier con la tiorba, et l’aiutante con il violino, il tutto duro poco, et si ando al balio [ballo] preparato nella stanza della duca, et si vedde Ballare la Serenissima con il Serenissimo Ellettore et con il Molto Serenissimo duca, et in vero Ballo Benissimo, intanto il Con. Anilton [Hamilton] distribui per parte di S. A. S. bellissimi regali alle dame di corte, a tutte 8 di un par di fermezze di diamanti per uno, et poi altri regali in quantita alli Cavaglieri [Cavalieri], Comissarii, et altri che erano stati inpiegati in servir le A. S. dicendoli che li regali lasciati qui arivano a 10 mila taleri la sera tutta la nobiltà di Città si congedo; la mattina del martedi S. M. la compagnio una mezza ora fora [fuori] di Città, et nel [fol. 978v] licenziarsi venne a tutti le lacrime a gli occhi la Serenissima Elettrice, fece un sforzo per baciar la mano a S. M. ma sua Maesta non lo permise, et la bacio in volto, et cosi si incaminarono per il lor viaggio; la sera giunze [giunse] avanti S. M. andasse a tavola un cavagliere de Serenissimi Sposi per conplimentar S. M. et la porto lettere de Serenissimi. quella della Serenissima ebbi l’honore di

304 |  Anhang verderla, che in vero non si po veder piu bella lettera bel concetto bel carattere, et poi una maniera cosi obbligante in scrivere che non pol [può] spiegare; dop[p]o la cena spedi S. M. uno de suoi cavaglieri; con la risposta delle lettere desiderola [desiderando] di sentir il proseguimento del suo viaggio, et si ebbe aviso il ritorno del Cavagliere che le A. A. loro erano giunte felicemente alla seconda posata, di qui fu data da S. M. all’A. A. loro in presto [prestito] una carozza da viaggio ma nova et galante, con 6 cavalli fin che incontrassero quella del Elettore [fol. 982r] ma sentitosi da S. M. per le relazioni havute che la carozza la servira di sodisfazione cosi S. M. glie la fece oferire, et le A. A. loro ebbero la bonta di acettarla, benche piccola bagatella; et percio fornito il raconto mal messo del sogiorno et par terza di qui de Serenissimi sposi seguirono anco in future funzioni molti sbarri di canone; Del resto non gli posso abastanza dire la confidenza che la Serenissima sposa ha mostrato con S. M. et la corrispondenza della medema, et in vero quello che lei mi ha favorito di scrivere e stato niente rispetto à quello che habiamo esperimentato, perche la Serenissima è un angelo di Paradiso, poi devotissima a magior segnio che per quanto intendo dice ogni giorno il Breviario; poi di una prudenza singolare, et in somma dotata di tutte le belle qualità che po decorare [fol. 982v] una tal Principessa; S. M. gli domando se era contenta gli risposte di sì et che non desiderava altro che di poter dar nel genio del Elettore; In vero si trovera poche principesse che l’habbi incontrata cosi bene come questa dio sia Benedetto è lei e lui, et perche se lei conoscesse il Serenissimo E ­ lettore, so che non potrebbe dire in altro modo di quello che gli dico io; la ringratio infinitamente de Prugnoli inviatemi per il Signore Cavaglier Marzi; et bastava in minor quantità, et percio novamente glie ne resto obligantissima[o] qui prendo ardire di mandare 6 scuffie che si fanno in questi parti et vengano mandate in qua et in la, et avanti qualche settimana una dama di qui ne mando, costa a cotesta Serenissima sposa et cosi se non stima il mio troppo ardire la prego di darle in mio nome alla Signora Marchese Ana et mia riverita Donna, et trovandole di suo gusto la prego avisarmelo che la renderò servita di altre; conche [fol. 983r] riverendola per parte di mio marito resto Di Vostra Signoria Illustrissima Insbruck 3 Giugnio 1691 Obbligatissima serva vera Giulia Trappa n. s.

Dokument 1.4 Rechnung vom 5. Oktober 1728 der Goldschmiede Niccolò Maria Gasparo Vanni und Pier Felice Rotani über die Anfertigung von Objekten für Anna de’ Medici ASF, Depositeria Generale, Parte antica, 462 [paginiertes Beiheft, bestehend aus vier Seiten]

[fol. 1r] IHS [Iesus] e Maria 1728 Serenissima Principessa Anna Maria Luisa Elettrice Palatina deve dare, e p.ma 1729 5=ottobre scudi 3=sono per fattura d’un paro buccole con due Suov[?] Diamanti Color di Rosa grandi, e due piccoli bianchi le quali buccole si sono rilegate, e sono le medesime [?] al Conto da Lei pagate__Scudi 3

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detto scudo 1=per averli accomodato un suo alamaro di perle e Diamanti per spese, e fattura__1 11=Gennaio scudi 45 _._ per valuta di due para Moretti di Bottega per detto pezzo sotto suo vero giorno__Scudi 45 24=detto scudi 12.5.17._ sono per Oro, Argento, Diamanti, e Fattura di un Ornato fatto ad una figurina d’Avorio che conduce un Muletto puro d’Avorio alla quale si è fatto La Guarnizione dell’abito peso L’Oro fine denari 3__Scudi 12.5.17._. Valuta d’Oro fine__Scudi 1.6.7._ Valuta di numero 5 Diamanti a faccette Scudi 3.3._._ Per la Fattura__Scudi 7.3.10._ Scudi__12.5.17._ Scudi__61.5.17._ [fol. 1v] Somma, e segue il dare d’altergo__Scudi 61.5.17._ 24 Gennaio=braccia 41.3.__sono per Argento Doratura, numero 46=Diamanti a facette di peso grani=8 e Fattura d’un Ornato con il Numero de sudetti Diamanti dorato a fuoco, e dietro intagliato entrovi il ritratto del Serenissimo Gran Duca Cosimo III__Scudi 41.3._._ Per Valuta di Diamanti__Scudi 17.3._._ Per Valuta d’Argento, e Dorato__Scudi 1._._._ Per la Fattura__Scudi 13._._._ 41.3._._ 24=Marzo scudi 8.2.6.8 sono per Valuta d’Oro Calo, e fattura d’un Anello da Cucire di peso denari 10__Scudi 8.2.6.8 Valuta d’Oro__Scudi 5.3.6.8 Detto scudi 23.2.6.8 sono per oro calo e fattura d’un Ovo [Uovo] per uso dell’Aqua della Regina in parte intagliato peso oncia 1.4__Scudi 23.2.6.8 Per Valuta d’Oro__Scudi 15.2.6.8 Per Fattura, e Calo__Scudi 8._._Scudi 23.2.6.8 Scudi 134.6.10.4 [fol. 2r] Somma, e Segue di contro__Scudi 134.6.10.4 A 28=Marzo scudi 113.6.2._ sono per Oro, Argento, e Doratura, Rubini diamanti e Fattura d’un ornamento d’Argento dorato, e d’avanti fatto di basso rilievo e dietro intagliato di piano entrovi un ritratto del Serenissimo Elettore Palatino et il ritratto della Medesima guarnito con numeri 13=rubini, e fra essi numeri 8=grossi e 5=piccoli, e legati in oro, e numeri 58= diamanti a facette legati in Argento il tutto rapportato sopra ad ornamento peso oncia 1 denari 8 che denari 3 oro fine nell’incassature de Rubini, et il resto Argento__Scudi 113.6.2._ Valuta di numero 58=Diamanti di peso grani 9 ¾ __Scudi 33.3._._ Valuta degl’8 =Rubini grossi__Scudi 40._._ Valuta di detti piccoli__Scudi 5._._._ Valuta d’argento, e doratura__Scudi 3.3.15._ Valuta d’oro__Scudi 1.6.7._ Per la fattura__Scudi 30._._._ Scudi__113.6.2._

306 |  Anhang A 9 Aprile scudi 11.1.15._ sono per argento doratura, e fattura di due fermezze con numero 12=Brillanti per ciascuna dove vi si è messo in mezzo due Balasci che erano legati pesono di Denari 17__ Scudi 11.1.15._ Scudi 260._.17.4. [fol. 2v] Somma, e segue il Dare d’altergo__Scudi 260._.7.4 Per Valuta dell’Argento__Scudi__.4.5._ Per la Doratura__Scudi _.4.10._ Per la Fattura__Scudi 10._._._ Scudi 11.1.15._ A 11 Aprile per 22.5.16.8 sono per Oro Calo di esso, e fattura d’un Ovo [Uovo] per uso dell’Aqua della Regina in parte intagliato peso Denari 27.2__Scudi 22.5.16.8 Per Valuta d’oro__Scudi 14.5.16.8 Per Fattura, e Calo__Scudi 8._._._ Scudi 22.5.16.8 A 23=Aprile scudi 9.4.13.4 sono per Argento e Fattura di numeri 16 Castoni con un Diamante a faccette per ciascuno di propieba dell’A. S. peso denari14 ½__Scudi 9.4.13.4 Per valuta d’Argento__Scudi _.313.4 Per la Fattura __Scudi 9.1._._ Scudi 9.4.13.4 A di 10 Maggio scudi 40.6.15._ sono per argento e fattura di numeri 8 Castoni con un Diamante a faccette per ciascuno di Mostro di peso grani 7 ¼ a Scudi 5=il grana pesorno denari 4 d’argento scudi 40.6.15._ Valuta d’Argento__Scudi .1._._ Per la Fattura__Scudi 4.4._._ Valuta di Diamanti__Scudi 36.1.15._ Scudi 40.6.15 Scudi 333.3.12.4 [fol. 3r] Somma, e segue il Dare di Contro__Scudi 333.3.12.4 A 10 Maggio scudi 5.2.5._ sono per Argento Doratura, e fattura di numeri 4= [?] sopra le quali vi si è ad [?] di numeri Castoni con un Diamante et uno per ciascuno Castone con uno Smeraldo grosso in mezzo che formano fermezze pesono Denari 21__Scudi 5.2.5._ Valuta d’Argento__Scudi _.5.5._ Per la Doratura__Scudi 1.1._._ Per la Fattura__Sudi 3.3._._ Scudi 5.2.5._ A 23=Giugno scudi 3.4.5._ sono per Argento e Fattura di numeri 6=Castoni con un Brillante per ciascuno da infilare pesano denari 5__Scudi 3.4.5._ Valuta d’Argento__Scudi _.1.5._ Per la Fattura__Scudi 3.3._._ Scudi 3.4.5._ A 5=luglio scudi 8.4.1.8 sono per Oro, Argento, Doratura, valuta d’un Cristallo e fattura d’una fermezza con numeri 6=suoi Rubini, e numeri 6=suoi Diamanti brillanti, et in mezzo una miniatura

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con un sudario che i rubini et il sudario incassato in Oro et il resto Argento dietro dorato a fuoco peso Denari 9 ½ che Denari 2 ½ et il resto Argento__Scudi 8.4.1.8 Scudi 351._.4._ [fol. 3v] Somma, e Segue il Pare d’altergo__Scudi 351._4._ Valuta del Cristallo__Scudi _.3.10._ Valuta dell’Oro fine dell’incassatura__Scudi 1.4.5._ Valuta dell’Argento, e Dorato__Scudi _.3.6.8 Fattura__Scudi 6._._._ Scudi 8.4.1.8 Si defalca il pagamento fatto fino de 7 Gennaio 1728 di scudi 45=numeri saldo della valuta di due para Moretti E.s __scudi 45._._._ Resta debitora di __scudi 306._.4._ Per Tara d’accordo__Scudi 18._.4._ Resta il Dare__Scudi 288._._._ A di 16 luglio 1729 Noi Vanni e Rotani aviamo ricevuto dal Signore Jacopo Niccolò Guiducci scudi dugento ottantotto tanti sono per saldo del presente conto a me Niccolò Maria Gasparo Vanni contanti mano propria Scudi 288.“

Dokument 1.5 Rechnung aus dem Jahr 1729 über die Anfertigung und Verzierung von Schmuckstücken [paginiertes Beiheft, bestehend aus sechs Seiten, Auszug] [fol. 1r] IHS Maria 1729 La Serenissima Principessa Anna Luisa Elettrice Palatina deve dare A 18=Luglio ducati 25__sono per valuta d’acco. di diamanti, Oro, e fatto d’Una Rosetta con numeri 9 = nostri diamanti a faccette di peso grani [Lücke] peso d’Oro denari 6.21 Scudi 25._._._ Valuta di Diamanti__Scudi 18.1.8.8. Valuta dell’Oro__Scudi 3.2.11.4 Fattura__Scudi 3.3._._ Scudi 25._._._ A 6=Agosto Scudi 9.5.5._ sono per Argento, Oro, Doratura valuta d’un Cristallo, e fattura d’una fermezza con numeri 8=suoi Brillanti e numeri 8=suoi Rubini che in Mezzo vi è Santissima Annunziata di figura ottangola con l’incassata d’Oro fine ai Rubini et al Castone di Mezzo dietro dorato a fuoco peso Denari 9½ che Denari 2½ Oro fine et il resto Argento__Scudi 9.5.5._ Valuta dell’Oro fine__Scudi 1.4.5._ Valuta d’Argento, e dorato__Scudi ._4_._ Valuta del cristallo__Scudi ._4_._ Fattura__Scudi 7_._._ Scudi 9.5.5._ Scudi 34.5.5._ [fol. 1v]

308 |  Anhang Dare Somma, e Segue__Scudi 34.5.5._ A 9=Nov scudi 16.4._ sono per argento doratura e fattura di numeri 16=tramezzi con un diamante per ciascheduna che compongano un paro mani gli tramezzati di pezzetti d’ugna da gran bestia dietro dorato a fuoco pesorno denari 5__scudi 16.4._._ Valuta d’argento, e dorato__Scudi_.4_._. Per la fattura__Scudi 16._._._ Scudi 16.4._._ A 24 = detto grani 166.2.5._ sono per valuta di numeri 91 diamanti a faccette di peso grani 17 ¾ oncia 24 il grano, e valuta di numeri 9=rubini grossetto oncia 35=l’uno, valuta d’argento, oro, doratura, e fattura d’un ornato entrovi due ritratti smaltati che uno del Serenissimo Elettore Palatino, e l’altro della Serenissima Elettrice Palatina guarnito con le sudette pietre, sopra la corona elettorale con il fondo d’oro fino smaltato di rosso, e due cerchi d’Oro smaltati di turchino trasparente con alcuni Diamantini tramezzato con del basso rilievo d’Oro che fanno guarnizzone a sudetti ritratti con l’incassature de Rubini d’Oro fine e tutto il resto Argento dorato a fuoco, et intagliato di bassorilievo, e dietro di piano peso oncia 2.4 che denari 5.20=oro fine Scudi__166.2.5._ et il resto argento dorato segue di contro Scudi 217.4.10._[…].

Dokument 1.6 Inventario di tutti, e singoli effetti, e beni ritrovati nell’eredità della defunta Serenissima Principessa Anna Maria Luisa di Toscana [Auszug] ASF, Miscellanea Medicea 600 (inv. precedente 991), fol. 67r–89v.

[fol. 67r] Mobili d’Argento esistenti nelle Sette Camere dell’Appartamento della defunta A. S. Elettorale Anticamera Una spera, con specchio alto di Luce […] [fol. 67v Dieci Ventole d’argento dorato […] Una Lumiera grande d’argento […] [fol. 68r] Nella Camera dell’Udienza (Al Marchese Rinuccini) Una spera con specchio alto di luce […] (Al Marchese Neri Guadagni) Una spera con ornamento d’argento […] (Al Cavaliere Serristori) Una spera con ornamento d’argento […] (Al Conte Principe Bardi) Una spera con ornamento d’argento […] (Ai due fratelli Gerini) Dodici ventole d’argento […] [fol. 68v] (Ai Gesuiti) Due ventole d’argento […] (All’Elettor, e Elettrice Palatina) Due lumiere d’argento […] (Al Marchese Rinuccini) Una Tavola d’argento […] [fol. 69r] (Al Marchese Neri Guadagni) Una tavola d’argento […] (Al Cavaliere Serristori) Una tavola d’argento […] (Al Conte Principe Bardi) Una tavola d’argento […]

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(Al Marchese Rinuccini) Due torcieri d’argento […] (Al Marchese Neri Guadagni) Due torcieri d’argento […] (Al Cavaliere Serristori) Due torcieri d’argento […] (Al Conte Principe Bardi) Due torcieri d’argento […] (Al Marchese Rinuccini) Due candelabri d’argento […] (Al Marchese Neri Guadagni) Due candelabri di argento […] [fol. 69v] (Al Cavaliere Serristori) Due candelabri d’argento […] (Al Conte Principe Bardi) Due candelabri d’argento […] (Rimessi alla Guardaroba anzi esistono) Due torcieri d’argento […] (Idem) Due candelabri d’argento […] (Al Marchese Rinuccini) Due vasi d’argento a Urna […] (Al Marchese Neri Guadagni) Due vasi d’argento a Urna […] (Al Cavaliere Serristori) Due vasi d’argento a Urna […] (Al Conte Principe Bardi) Due vasi d’argento a Urna […] [fol. 70r] (Rimessi alla Guardaroba anzi esistono) Due siede d’argento a braccioli […] (Al Marchese Rinuccini) Gruppo di bronzo di diverse figure di rilievo rappresentante Giuditta, colla testa d’Oloferne in mano, Opera del Cornacchini, posa sopra base di lapislazuli, con ornato, e piede di bronzo dorato (Al Marchese Neri Guadagni) Un gruppo simile di bronzo di diverse figure di rilievo, che rappresentano il Sacrificio d’Iesu, Opera di Massimiliano Soldani, posa sopra base del tutto simile alla sudetta (Al Cavaliere Serristori) Un gruppo simile a sudetti, rappresentante il sacrifizio d’Abramo, opera di Giuseppe Piamontini, posa sopra base simile alle sudette (Al Conte Principe Bardi) Un gruppo simile, che rappresenta Davide, che ha la testa tagliata [fol. 70v] al Gigante Golia, Opera di Giovanni Battista Foggini, posa sopra base simile alle sudette (Esiste) Un quadro di tela, sotto la residenza, alto braccia [Leerstelle] largo [Leerstelle] dipintovi di mezza figura al naturale il Serenissimo Elettore Palatino, vestito di ferro, con Manto di velluto, e ermellini, con ornamento liscio, e rapporti di Cornice intagliate, e tutto dorato (Esiste) Un detto simile, sopra la porta, dipintovi il sudetto Serenissimo Elettore di figura intera, e abito Elettorale, con ornamento simile al sudetto e frontone intagliato. Nella Camera parata di dammasco color violeto (Esiste) Una spera grande […] [fol. 71r] (Esiste) Dodici ventole di cristallo […] (All’Elettor Palatino) Due lumiere d’argento […] (Esiste) Un quadretto in tela di figura ovale, alto di diametro braccia [Leerstelle] dipintovi S. Anna, che insegna leggere alla Serenissima Vergine, con alcuni angeli, e teste di Cherubini, da Ciccio Solimena […] (All’Elettor Palatino) Un canapè d’argento […] [fol. 71v] (All’Elettor Palatino) Due sedie d’argento a braccioli […] (Idem) Due tamburetti […] (Esiste) Una tavola d’argento […]

310 |  Anhang [fol. 72r] (All’Elettor Palatino) Un tavolino d’argento […] (Idem) Due torcieri d’argento […] (Idem) Due candelabri […] (Esiste) Due torcieri d’argento […] [fol. 72v] (Esiste) Due candelabri d’argento […] (Idem) Due vasi a Urna d’argento […] (Al conte Piero, e Pandolfo Bardi) Due vasi a Urna d’argento […] (Al Prior Covoni) Due canestrine d’argento […] (Al Marchese Benuccini) Due simili piccoline di figura tonda […] [fol. 73r] (Esiste) Un gruppo di bronzo di diverse figure di rilievo quali rappresentano nostro Signore in casa di Simon Farisco, colla Maddalena a i piedi, opera di Massimiliano Soldani, posa sopra base di Diaspro fiorito, ornata di bronzi dorati (Al Conte Piero, e Pandolfo Bardi) Un orologio a repetizione […] (Al Cardinal Corsini) Un quadro di un bassorilievo di bronzo […] che rappresenta Santa Caterina de Ricci, d’avanti nostro Signore Gesù Cristo crocefisso […] (Esiste) Uno simile […] fattovi di bassorilievo Santa Caterina da Siena in estasi d’avanti al crocifisso, sostenuta da alcuni angeli, e attorno diverse teste di Cherubini […] [fol. 73v] (Esiste) Un quadro in tela dipintovi il Serenissimo Principe Carlo Filippo Teodoro di Sulzbach, in oggi Elettor Palatino, vestito di ferro, con manto sopra una spalla, quale posa sopra una sedia e berretta Elettorale, con ornamento intagliato, e tutto dorato (Esiste) Un quadro in tela, dipintovi il Gran Duca Cosimo Terzo, quale rappresenta Santo Giuseppe, fatto da Carlo Sacconi, con ornamento intagliato, e dorato (Idem) Uno simile dipintovi di mezza figura al naturale il Serenissimo Gran Duca Giovanni G ­ astone, armato di ferro, con manto sopra, e bastone in mano, e ciarpa attorno, fatto da Ferdinando Ri[c]hter, con ornamento simile al sudetto (Idem) Uno simile, dipintovi il ritratto dell’Imperator Carlo VI. con ornamento simile al sudetto (Idem) Uno simile dipintovi il ritratto dell’Imperatrice consorte del sopradetto Imperator Carlo VI. con ornamento simile (Idem) Uno simile dipintovi il ritratto del Serenissimo Gran Duca Francesco, secondo Duca di Lorena, con ornamento simile a sudetti [fol. 74r] (Esiste) Uno simile […] di Sua Maestà la Regina d’Ungheria, e di Boemia, consorte di S. A. R. […] (Esiste) Uno simile […] Serenissima Arciduchessa Maria Anna Secondagenita dell’Imperator Carlo VI […] (Esiste) Un quadro […] ritratto del Serenissimo Principe Carlo di Lorena […] (Esiste) Uno simile alto braccia 3 2/3 largo braccia 2 1/3 dipintovi di figura intera al naturale il ritratto del Serenissimo Elettor Palatino tutto vestito di ferro, con manto, e bastone in mano, con ornamento intagliato, e dorato, con frontone sopra, e festoni dalle parti, intagliati, e dorati (Esiste) Uno simile, dipintovi la SS. Vergine con il Bambino Gesù in Collo et i Santi Re Magi, con altre figure, mano del Puglieschi, et terminato da Carlo Sacconi, con ornamento simile al sudetto.

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(Esiste) Uno simile dipintovi il Transito della SS.ma Vergine, con gl’Apostoli attorno, quali rappresentano i ritratti di Principi e Principesse [fol. 74v] della Serenissima Real Casa de Medici, mano di Carlo Sacconi, con ornamento simile al sudetto. (Esiste) Uno simile dipintovi nostro Signore, che porta la croce, caduto in terra, e Santa Veronica, che lo rasciuga, con altre figure di soldati, che vanno verso il calvario, mano di Francesco Conti […] (Idem) Uno simile dipintovi tre ritratti, che uno rappresenta il Gran Duca Ferdinando secondo, uno la Gran Duchessa Vittoria, e l’altro il Gran Duca Cosimo 3zo da fanciullino, che insieme rappre­ sentano la Santa Famiglia, copia d’un quadro di Monsieur Giusto Sutterman, copiato da Carlo Sacconi, con ornamento simile. Nella Camera dove dormiva S. A. Elettorale defunta nell’Inverno detta della Rovere (alla famiglia Medici per legato) Una spera con specchio […] [fol. 75r] (A detti Medici per legato al Marchese Uguccioni) Una spera […] (Alla famiglia Medici) Due torcieri d’argento […] (Idem) Due candelabri d’argento […] [fol. 75v] (Alla famiglia Medici) Due torcieri d’argento […] (Idem) Due candelabri d’argento […] (Idem) Un tavolino d’argento […] (Idem) Un tavolino d’argento […] [fol. 76r] (Al Marchese Carlo Rinuccini) Due canestrine d’argento […] (Idem) Due canestrine d’argento […] (Alla famiglia Medici) Un gruppo di bronzo di piu figure di rilievo, che rappresenta S. Giovanni Battista che Battezza Nostro Signore nel fiume Giordano, Opera di Giovanni Battista Foggini, posa sopra base di Nero di Fiandra, ornato di bronzi dorati. (Idem) Un oriuolo da tavola a ripetizione […] (Esiste) Uno stipo d’Ebano alto braccia 2 largo braccia 2 […] e da petto, a rene ¾ tutto rapporti di diverse pietre dure orientali, lavorate in fiori di bassorilievo, e grottesche, con una gran [fol. 76v] nicchia in mezzo, con trofei di bronzi dorati, sopra de quali sta sedendo una figura, rappresentante il Serenissimo Elettor Palatino, con testa, braccia, e gambe di pietra dura, et il resto di bronzo dorato, con varij lavori dentro a sudetta nicchia di pietre dure, a forma di pilastretti, e ovatini, e sopra contornato da un baldachino di bronzo dorato, con vasetti sulle cantonate di bronzi simili, e pietre dure, e nel mezzo due figure mezze giacenti di bronzo, dorato, che una rappresenta la Liberalità, e una la Fortezza, con impresa in mezzo alle medesime: d’una nave pure di bronzo dorato, in campo di lapislazzuli, ornato anche essa di bronzi dorati, sopra della quale una fascia simile col motto: Dominus virtutu[m] nobiscu[m] e sopra l’arme della Serenissima e Real Casa de Medici, e quella dell’Elettoral Casa Palatina, tutta di pietre dure, e bronzi dorati, con berretta sopra di essa Elettorale, fatta di pietre dure, ornata di perle, e in oltre sopra di essa vari trofei [fol. 77r] di bronzi dorati posa detto stipo sopra una base d’Ebano nero alta braccia 1 ½ larga braccia 1 1/3 con un riquadro in mezzo di pietre dure lavorate a fiori naturali, con canestrina in mezzo di pietra dura, con ornati attorno di bronzi dorati, e cornicette simili con quattro scartocci di bronzo dorato.

312 |  Anhang (Al Prior Covoni) Due vasi […] (Esiste) Un cassettoncino d’Ebano […] (Idem) Uno stipetto d’Ebano nero […] (Al Marchese Carlo Rinuccini) Un vaso d’argento […] (Al Prior Covoni) Due canestrine […] [fol. 77v] (Al Prior Covoni) Due canestrine d’argento […] (Esiste) Un oriuolo da tavola […] (Idem) Un oriuolo a stipo […] [fol. 78r] (Esiste) Un oriuolo simile […] (Idem) Un quadro in tela alto braccia [Leerstelle] largo braccia [Leerstelle] dipintovi piu di mezzo figura il ritratto del Serenissimo Elettor Palatino tutto armato di ferro, con manto sopra, e bastone in [fol. 78v] mano, con ornamento intagliato, e dorato. (Esiste) Un quadro in tela piccolo fatto a pastelli il ritratto del Serenissimo Gran Duca Giovanni Gastone […] (Idem) Un quadro in tela dipintovi il ritratto del Serenissimo Elettor Palatino a cavallo armato di ferro, con seduta di battaglia in lontananza […] (Idem) Un quadretto dipinto a pastelli la SS. Vergine, con manto turchino in capo […] (Idem) Due quadri in tela dipintovi in ciascheduno il ritratto del Serenissimo Elettor Palatino, armato di ferro, con manto sopra […] (Idem) Ventuno Quadri in tela simili in formato ovati dipintovi in ciascheduno ritratti di Principi, e Principesse, della casa d’Austria, Spagna, Pollonia, Portogallo, Palatina, e Farnese, con ornamenti intagliati, e dorati. [fol. 79r] Nella Camera buia contigua alla stanza delle Porcellane (Alla famiglia Medici) Una lumiera d’argento (Alle due Dame di camera) Diciotto ventole piccole di figura ovale […] (Al Guiducci) Un gruppo di bronzo, che rappresenta l’arcangelo Raffaello, e Tobia, opera di Lorenzo Merlini, sopra una base di nero di Fiandra […] (Esiste) Due orologi da tavola […] [fol. 79v] (Esiste) Un quadro in tela dipintovi il trandito della SS. Vergine, con gl’Apostoli, e le marie attorno, quali rappresentano i ritratti di Principi, e Principesse della Serenissima Real Casa de Medici […] (Esiste) Uno simile dipintovi di figura intera del Infante Don Carlo di Spagna da fanciullino vestito di rosso, coll’ordine dello Spirito Santo, e nella destra tiene un guanto […] (Esiste) Uno simile dipintovi di figura intera del Serenissimo Gran Duca Cosimo 3zo da Bambino, vestito in gonnellino di diversi colori, con berretta in mano […] (Esiste) Un quadro dipinto in tela di figure intiere maschio, e femmina, figli del Gran Duca ­Ferdinando primo, e di Madama Cristina di Lorena, il maschio col nome di Francesco, vestito coll’abito conventuale di S. [fol. 80r] Francesco, e la Femmina Caterina, vestita alla Spagnola […] (Esiste) Uno simile dipintovi l’arcangiol Raffaello e Tobia […]

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(Esiste) Uno simile dipintovi S. Agnese […] (Esiste) Uno simile dipintovi […] S. Anna, e la SS: Vergine con cristallo sopra […] (Esiste) Uno detto fattovi come sopra S. Francesco di Paola inginocchioni, con veduta di paese […] (Esiste) Uno simile dipintovi di mezza figura al naturale S. Vincenzio de Paoli […] (Esiste) Un quadretto in cartapecora fattovi di miniatura un ovatino, entrovi la SS . Vergine, et attorno una Ghirlanda di fiori diversi […] [fol. 80v] (Esiste) Uno simile […] rappresentante nostro Signore […] (Esiste) Un piccol quadretto dipintovi S. Caterina da Siena, con nostro Signore […] (Esiste) Due quadretti di miniatura diverse storie […] (Esiste) Un quadretto in rame dipintovi San Girolamo, vestito da Cardinale, con libro, e testa di morto […] (Esiste) Uno simile in tela dipintovi di figura intera il Gran Duca Cosimo 3zo vestito in roccetto da canonico di San Pietro di Roma, con berretta in mano […] [fol. 81r] (Esiste) Un quadro in tela dipintovi di figura intiera la Serenissima Elettrice Palatina vestita alla Spagnola di velluto nero, guarnito di color di rosa con ornamento simile al sudetto. (Esiste) Un quadretto piccolo in tavola, dipintovi il ritratto del Gran Duca Cosimo 3zo, ornato di ferro, con manto rosso, con ornamento simile a i sudetti. (Esiste) Uno simile piccolino dipintovi il ritratto del Serenissimo Elettor Palatino, vestito di ferro, con cristallo sopra, con ornamento simile a i sudetti. (Esiste) Uno simile fattovi di miniatura di figura intera in piedi il ritratto della Serenissima E ­ lettrice Palatina, in abito vedovile, e vedesi in un quadretto il Serenissimo Elettor Palatino morto, con ­Cristallo sopra, e ornamento simile a sudetti. (Esiste) Due quadretti fattovi di miniatura in ciascuno de medesimi un uccello con diversi fiori, con ornamento di pero, tinto di nero, et alcune cornicette, intagliate, e dorate. (Esiste) Un quadretto fattovi di ricamo un mezzo di fiori di seta […] [fol. 81v] (Esiste) Uno simile in tavola fattovi di pittura antica S. Caterina Vergine, e Martire, con lettere Gottiche sopra, con ornamento rapportatovi sopra foglia d’argento. (Esiste) Due simili dipintovi vedute di paese […] (Esiste) Uno simile fattovi di miniatura San Francesco di Sales, con madama di Scintalle Fondatrice d’avanti al medesimo genuflessa, et in alto la SS. Vergine, e S. Agostino […] (Esiste) Tre quadretti fattovi di miniatura in ciascuno de medesimi un sacrifizio, e Baccanali, con quantità di figure, veduta di paese, e architettura […] (Esiste) Un piccolo quadrettino fattovi di miniatura in ovatino, entrovi la SS. Vergine, e attorno una Ghirlanda di fiori […] [fol. 82r] (Esiste) Trentasette quadretti di piu, e diverse grandezze fattovi di miniatura […] diverse storie sacre, profane, paesini, e ritratti […] (Idem) Due vasi di Porcellana bianca, e turchina a Urna, con suo coperchio simile sopra. Nella stanza delle Porcellane (Esiste) Una lumiera d’Argento a dieci Lumi tutta lavorata a Cesello, di fiori, frutte, e fogliami con cinque Viticci a Scartoccio lavorati similmente a fogliami, e su l’estremità de’ i Medesimi un putto d’argento di Rilievo sedente, che tiene in mano un scudo d’argento intagliatovi diverse Imprese,

314 |  Anhang con fasce simili d’Argento, e sopra il Capo del Medesimo putto una padellina con bocciolo, ed altri fogliami, che formano un Viticcio piu corto degl’altri con Aguila [fol. 82v] in mezzo a ciascheduno, che tine una padellina, e bocciolo simile sopra il capo, dalla quale pende una borchia di fogliami d’argento sopra la sudetta lumiera vi è un putto d’argento di rilievo sedente, che tiene uno scudo intagliatovi un Impresa, con campanella d’argento fermato sopra il capo del sudetto putto, e sotto alla medesima altro putto d’argento simile, in atto di volare. (Esiste) Due spere di cristallo ovate […] (Esiste) Un gruppo di bronzo di due figure di rilievo, che rappresentano nostro Signore sedente al Pozzo in atto di parlare alla Samaritana con Albero dietro al medesimo, opera di Girolamo ­Ticciati, posa sopra una base d’Ebano profilata di Cornicette d’Argento dorato, con piedi simili, e quattro Cartelline. (Esiste) Un gruppo di bronzo che rappresenta [fol. 83r] Dio Padre nel Rogo di fiamme ardenti, opera di Giovanni Cammillo Cateni, posa sopra una base di Ebano profilato di Cornicette di bronzo dorato, con piedi, e quattro Cartelline simili di bronzo dorato. (Esiste) Un gruppo di bronzo, che rappresenta il Figliol Prodigo, che torna a Casa Paterna, con altre figure, e veduta d’architettura; Opera d’Antonio Montauti, posa sopra base simile alla sopradetta. (All’abate Tornaquinci) Uno simile, che rappresenta S. Giovachino, S. Anna, e la SS. Vergine con libro in mano; Opera di Giovacchino Fortini, posa sopra base di marmo nero, ornata di bronzi dorati. (Ai padri della Pace) Uno simile, che rappresenta S. Lodovico Re di Francia in abito Reale quale porta sull’ estremità del suo manto una corona di spine, con altre figure dietro […] opera di ­Giuseppe Piamontini, posa sopra una base di marmo nero, con Cartelle, e piedi di bronzo dorato. (Esiste) Un oriuolo da tavola […] [fol. 83v] (Esiste) Uno detto […] (Idem) Dieci tavole incrostate di giallo di Siena (Idem) Due sopratavolini di Drappetto […] (Idem) Quattro sgabelletti di noce […] (Idem) Quattro tamburetti di noce […] (Idem) Una tendina ermisino verde […] (Idem) Quattro gran riquadri […] [fol. 84v] (Esiste) Tre soprapporti […] (Idem) Due contorni di cornice […] (Idem) Otto palchetti dentro a ciascuna delle due nicchie […] Nella Camera delle Scarabattole dove dormiva S. A. Elettorale d’Estate (All’Elettor Palatino) Una lumiera a dodici lumi d’argento […] (Alla Signora Uguccioni) Otto ventole piccole d’argento […] (Alla famiglia Medici) Due vasi d’argento grandi a Urna […] (Idem) Quattro vasi simili minori, a Urna […] (Idem) Quattro vasi simili piu piccoli […] (Idem) Quattro pavoni d’argento […] [fol. 85r] (Esistono) Dodici tazze d’agata […]

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(Alla famiglia Medici) Due vasi grandi d’argento a Urna […] (Idem) Quattro vasi simili minori […] (Idem) Quattro vasi d’argento piu piccoli […] (Idem) Quattro Leoncini d’argento […] (Esiste) Due Urnette d’agata sfaccettate […] (Idem) Quattro tazze d’agata […] (Ai padri Gesuiti) Un gruppo d’argento […] [fol. 85v] (Al Signore Rinuccini) Due vasi d’argento a Urna […] (Esiste) Due scarabattole grandi d’Ebano […] (Alla famiglia de Medici) Quattro vasi d’argento grandi […] (Rimessi alla Guardaroba) Dieci trionfetti d’argento dorati […] [fol. 86r] (Esiste) Quattro chichere di porcellana […] (Esiste) Sei vasetti di coco, ornati di filigrana d’argento, e sei vasetti d’argento dorato a Urna […] Porto alle di stanza delle Scarabattole (Idem) Sei vasi di porcellana grandi […] (Idem) Due vasi di porcellana simile […] (Idem) Un cassettoncino d’Ebano […] [fol. 86v] (Esiste) Una cassetta d’ebano da testa […] (Idem) Dentro alla descritta cassetta, tutto il servito d’argento dorato […] Un oriuolo a ripetizione […] [fol. 87r] (Esiste) Un inginocchiatoio d’Ebano […] (Idem) Un guanciale […] (Idem) Un quadro in tela alto braccia [Leerstelle] largo braccia [Leerstelle] dipintovi di mano di Carlino Dolci la SS. Vergine, con Gesù Bambino […] [fol. 87v] (Esiste) Una piletta di bronzo dorato […] (Idem) Un Agnus tondo di S. Giovanni Quinto […] (Idem) Uno simile di Benedetto XIII. in ovato […] [fol. 88r] (Al Signore Lorenzo Medici) Un quadretto dipintovi S. Giovanni Quinto […] (Al Padre Giacomini confessore) Un quadretto piccolo dipintovi S. Teresa […] e sotto al medesima la reliquia di detta santa. (Al papa regnante) Un quadretto dipinto di propria mano da S. Maria Maddalena de Pazzi nostro Signore coronato di spine, con canna in mano, e sotto scritto di mano della sudetta Santa […] (Esiste) Una piletta d’argento dorato […] (Idem) Un crocifisso d’argento dorato […] [fol. 88v] (Alla Maria Gentili) Una piletta d’argento […] (Esiste) Un quadro in tela dipintovi di figura intera il Serenissimo Elettor Palatino da morto, con abito Elettorale di velluto rosso, e berretta simile in testa, con ornamento intagliato, e dorato.

316 |  Anhang (Idem) Uno simile piccolo dipinto a pastelli il ritratto del Gran Duca Cosimo 3zo armato di ferro, di mano di Domenico Tempesti […] (Idem) Uno detto in tela dipintovi il ritratto del Serenissimo Principe Ferdinando, con ornamento intagliato in parte, e tutto dorato. (Idem) Uno simile dipintovi il ritratto del Serenissimo Gran Duca Giovanni Gastone, con ornamento intagliato, e dorato. (Idem) Trentuno quadri in tela ovati dipintovi ritratti di Principi, e Principesse della Serenissima Real Casa di Toscana, e Palatina, e di Francia con ornamenti intagliati, tutti simili, con rapporti di fogliami tutti dorati. [fol. 89r] (Esiste) Un letto a cuccia di noce, con tutte le sue appartenenze, e ferramenti. (Idem) Un cortinaggio per detto letto, di dommasco rosso cremisi in pezzi diciotto, cioè cielo piano d’Ermisino rosso, con quattro pendenti simili, a naccheroni, con frange di seta rossa, tre pendenti di dommasco sudetto fatti a naccheroni, guarniti di gallon d’oro, e frangiolina simile attorno, foderati d’Ermisino rosso, sei cortine di Dammasco sudetto guarnite da tre parte di gallone di oro, e frangiolina simile attorno, foderate di Ermisino sudetto quattro maniche di Dammasco, guarnite di gallone d’oro, foderate come sopra, tre pezzi di tornaletto di Dammasco simile, fatti a naccheroni, guarniti di gallone di oro, e frangiolina simile foderati d’Ermisino rosso, con cascate guarnite [fol. 89v] di galloncino di oro, il tutto con frange alte, mezzane, e base di oro. (Esiste) Quattro vasi per il sudetto letto intagliati, e coperti di dammasco sudetto contornati di galloncino d’oro. (Idem) Quattro seggiole di noce […] (Idem) Una sedia di noce […] per le toilette […] (Idem) Un tavolino […]

Dokument 1.7 Liste der Angestellten und Bediensteten Annas de’ Medici zum Zeitpunkt ihres Todes ASF, MM 600, fol. 515r–517r

Della Famiglia provvisionata della defunta Serenissima Elettrice Vedova Palatina, e che si trovava al servizio dell’ A. S. Elettorale, nel di 18. Febbraio 1742 ab Incarnatione, giorno della Sua morte. 1. Signore Marchese Neri Guadagni Maggior Domo Maggiore 2. Signore Conte Vincenzio de’ Bardi Illustrissimo Gentiluomo 3. Signore Priore Francesco Maria Couoni Coppiere 4. Signore Marchese Tolco Rinuccini Scalco 5. Signore Cavaliere Averardo Serristori Maggior Domo 6. Reverendo Prete Gaetano Giacomini Confessore, e suo compagno 7. Iacopo Niccolò Guiducci Tesoriere, e Segretario 8. Giovanni Maria Massetani Aiutante di Camera 9. Gerardo del Ponte Aiutante di Camera 10. Giovanni Luigi de’ Goè Aiutante di Camera 11. Giovanni Battista Giorgio Cerusico

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12. Gaspero Cavicchi Aiuto del Tesoriere 13. Carlo Antonio Gori Computista 14. Gonfredo Grotten Portiere 15. Stefano Niccolucci Portiere 16. Giovanni Giorgio Heckel Mozzo 17. Giovanni Giorgio Koller Mozzo 18. Carlo Rensi Mozzo 19. Ranieri Celsi Caporale degli Staffieri 20. Carlo Sabatini Ombrelliere 21. Vincenzo Marini Staffiere 22. Michel’Angelo Ciompi Staffiere 23. Pier Felice Sabatini Staffiere 24. Gaetano Anguelli Staffiere 25. Francesco Lucchi Staffiere 26. Giuseppe Medici Staffiere 27. Gaspero Sabatini Staffiere 28. Giovanni Macloide Staffiere 29. Girolamo Pisacco Staffiere 30. Pantaleo Rabbuffo Staffiere 31. Antonio Maggioli Staffiere 32. Bernardo Brandi Staffiere 33. Giovanni Domenico Rosi Staffiere 34. Cosimo Masselli Staffiere 35. Antonio Maggioli Staffiere 36. Massimiliano Ristorini Lacche 37. Stefano Giulioni Lacche 38. Giuseppe Sestini Lacche 39. Pasquale Gradi Lacche 40. Giovanni Gastone Koller Lacche 41. Marco Bensi Lacche 42. Andrea Visconti Lacche 43. Domenico Belloni Bottigliere 44. Giovanni Pitz Aiuto di Bottiglieria 45. Luigi Niccola Belloni Garzone di Bottiglieria 46. Giovanni Antonio Manetti Cantiniere 47. Giovanni Battista Nobili Credenziere 48. Odoardo Bianchini Aiuto di Credenza 49. Francesco Nobili Garzone di Credenza 50. Pietro Pagni Bardotto di Credenza 51. Zanobi Berba 52. Anton Michele Cozzini Scalco di cucina 53. Bastiano Sacconi Cuoco 54. Simone Bordi Cuoco 55. Antonio Signorini Aiuto di cucina 56. Zanobi Bencini Garzone di cucina

318 |  Anhang 57. Carlo Giani Bardotto di cucina 58. Matteo Faleni Credenziere delle Signore e Dame 59. Santi Frizzi Garzone di Credenza di dette Signore e Dame 60. Vincenzio Lumachi Credenziere delle Donne di Camera 61. Andrea Salvaggini Servitore di dette Donne di Camera 62. Numero Dieci Signori Paggi d’Onore 63. Reverendissimo Prete Amadio Cerchiai Governatore de’ Paggi 64. Reverendissimo Prete Niccolò Severo Franchi maestro di detti Paggi 65. Reverendissimo Prete Pietro Ristorini maestro di detti Paggi 66. Reverendissimo Prete Isidoro Brinci maestro d’Abbacodi detti Paggi 67. Reverendissimo Padre Amato Charlet maestro di Lingua Francese di detti Paggi 68. Stefano Le Vacher de’ Rivetti maestro di Lingua Francese delle Dame 69. Alessandro Saller maestro d’Architettura de’ Paggi 70. Anton Maria Mati maestro di scritto de’ Paggi 71. Carlo Melani maestro di Ballo delle Dame, e Paggi 72. Bartolomeo Mannucci maestro di Spada de’ Paggi 73. Giuseppe Vannucchi Aiuto di Guardaroba 74. Giuseppe Zeroni Materassaio 75. Stefano Guadagni Garzone di Guardaroba 76. Zanobi, e Raffaello del Bene Lavandai di Corte 77. Baccio Artz Scrivano di Dispensa 78. Gaetano Romoli Spenditore 79. Cosimo Lopez Dispensiere 80. Francesco Binazzi Sporbarolo 81. Pietro Carraresi Aiuto di detto Sporbarolo 82. Francesco Bucherelli Dispensiere delle Legne 83. Cosimo Bedi maestro di Tinello de’ Paggi 84. Santi Borri Garzone di Tinello 85. Anton Maria Balducci Cuoco di Tinello 86. Giuseppe Lavoratorini Cuoco di Tinello 87. Carlo Giannini Aiuto di cucina di detto Tinello 88. Lorenzo Conti Servitore de’ Paggi 89. Antonio Ravalli Servitore de’ Paggi 90. Giuseppe Panichi Servitore de’ Paggi 91. Giuseppe Vanni Bardotto de’ Paggi 92. Giuseppe Vannucchi Barbiere di detti Paggi 93. Marcantonio Taglini Munissioniere delle Paglie 94. Francesco Cennini Sotto Maestro di stalla 95. Domenico Dannacci p.mo Cocchiere 96. Giuseppe Agliata p.mo Cocchiere 97. Antonio Piazzini Cocchiere della muta de’ i Gentiluomini 98. Jacopo Dannacci Cocchiere della p.ma muta delle Dame 99. Antonio Bordi Cocchiere della seconda muta di dette Dame 100. Francesco Piazzini Cocchiere della muta di Rinforzo 101. Giuseppe Pescini Cocchiere ordinario

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102. Giuseppe Antonio Borgivè p.mo Cavalcante 103. Gaspero Piazzini p.mo Cavalcante 104. Giovanni Battista Picchi Cavalcante della muta de’ cavalieri 105. Giuseppe Bichi Cavalcante della muta delle Dame 106. Gaetano Grazzini Cavalcante della seconda muta di dette Dame 107. Filippo Pescini Cavalcante della muta di Rinforzo 108. Francesco Pistolesi Garzone di stalla 109. Andrea Mencherelli Garzone di stalla 110. Giuseppe Coppini Garzone di stalla 111. Gaetano Rigli Garzone di stalla 112. Giuseppe Collini Garzone di stalla 113. Pietro Ridolfi Garzone di stalla 114. Gaspero Cesari Garzone di stalla 115. Santi Fiorini Garzone di stalla 116. Giuseppe Alberti Garzone di stalla 117. Domenico Gagliani Garzone di stalla 118. Domenico Pistelli Garzone di stalla 119. Paolo Moradei Garzone di stalla 120. Vincenzo Nardini Garzone di stalla 121. Giovanni Antonio Carioni Garzone di stalla 122. Francesco Taldini Lettigliere 123. Giovanni Menitoni Lettigliere 124. Signora Maria Ottavia Uguccioni Maggior Doma Magistrale 125. Signora Lisabetta del Turco Niccolini Guarnacci Matrona delle Dame 126. Signora Marchesa Maria Maddalena Giugni Dama di camera, e della chiave d’oro 127. Signora Alessandra Frescobaldi Dama di camera, e della chiave d’oro 128. Signora Marchesa Francesca Capponi Dama d’onore 129. Signora Contessa Leonora da Montauto Dama d’onore 130. Signora Teresa Capponi Dama d’onore 131. Maria Lessandra Antolà Serva delle Dame 132. Maria Maddalena Fantechi Borgligiani Serva delle Dame 133. Clarice Lucchesini Bucherelli Serva delle Dame 134. Arcangela Senger Donna di camera 135. Teresa Fabbri Gentili Donna di camera 136. Maria Gentili Fanciulla di camera 137. Anna Maria Massetani Fanciulla di camera 138. Maria Giovanna Manzuoli Fanciulla di camera 139. Angela Biondi Nana 140. Costanza Corberelli Mozza di camera 141. Cecilia Pütz Mozza di camera 142. Caterina Cremoncini Serva delle Donne di camera 143. Maria Maddalena, e Maria Lisabetta Cozzini Lavandaie di camera 144. Maria Maddalena Naldi Lavandaia di cucina

320 |  Anhang

Ausstellungskataloge und Reisebeschreibungen Dokument 2.1 Karsch, Gérard Joseph: Ausführliche und gründliche Specification derer vortrefflichen und unschätzbaren Gemählden, w ­ elche in der Gallerie der Churfürstlichen Residentz zu Düsseldorff in grosser Menge anzutreffen seynd. Düsseldorf ca. 1717585 [Auszug] Dem Durchlauchtigsten und Großmächtigsten Fürsten und Herrn Karl Philipp / Pfalz-­Grafen beym Rhein / des heil. Römischen Reichs Erz-­Schatz-­Meistern und Churfürsten in Bayern zu Jülich Cleve und Berg Herzogen Fürsten zu Mörß Grafen zu Beldenk Sponheimder Marck und Ravensberg Herrn zu Ravenstein Meinem Gnädigsten Churfürsten und Herrn Durchlauchtigster Churfürst Gnädigster Herr! Dass die unvergleichliche und gleichsam Gott nachschaffende Mahler-­Kunst von denen großmüthigs­ ten Potentaten der Welt hochgehalten und beschützet worden / zeiget klar genug Alexander ­Magnus in Apelle, König Attalus in Aristide [S. 1] Thebano, da er ihme vor eine Tafel 100. Talenta, so jetziger Zeit sechzig tausend Kronen ausmacht/ zahlet hat. König Demetrius hat die Kunst so hoch geliebt / dass er / wie Rodis von ihme belagert / und s­olche durch Feuersgewalt leicht erobern können / lieber abziehen wollen als eine vom vortrefflichen Mahler Prothogene gemachte Mahlern / so sich in Rodis befunden / in Feurs Gefahr zu stellen. Julius Caesar hat vor zwei Taffeln in deren einer Medea, und der andern Ajax ausgebildet gewesen / sechzig Talenta bezahlet. Hortensius der berühmte Orator zu Rom / hat vor eine Taffel des Mahlers Cidiae hundert vier und vierzig Talenta vergeben. Wie hoch aber die Kunst zu unsern Zeiten geschätzt worden [S. 2] um Plinio mit seinen 35 Büchern das Maul zu stopffen / kann ich mit dem Glorwürdigsten K ­ aiser Carolo V, wie auch Ludovico XIII. in Frankreich / welcher Raphaeli de Urbino dreißigtausend ­Thaler vor ein Stück verehret (unzahlbare andere zu geschweigen) klärlich genug beweisen. Dass aber ­dieses hochflorirendes Durchlauchtigste Chur-­Hauss-­Pfalz / keinen von diesen ein Haar weichen wollen / zeiget an die unvergleichliche Quantität der kostbaresten und unschätzbaren Gemählden / so sich in der Gallerie zu Düsseldorff anjetzo befinden. Dieweilen nun Ew. Churfl. Durchleucht mich in solchem unbeschreiblichen und kostbahresten Werck [S. 3] zum Inspectorem gnädigst ernennet. Als bitte unterthänigst diese in Druck verfertigte Specification nicht allein in hohen Genaden aufzunehmen / sondern auch so wertigsten Schatz mit dero starcken Hand gegen alle Feinde der Kunst / allergnädigst zu beschützen. Euer Churfüstl. Durchl. Ausführliche Verzeichniß der kostbaren Gemählden / w ­ elche sich in der Chur-­Pfälzischen Residenz zu Düsseldorff befinden.

585 Das Dokument befindet sich als Microfiche-­Ausgabe in Düsseldorf, Universitäts- und Landesbiblio­ thek, Zentralbibliothek.

Quellenanhang | 321

Erstlich ist die Stiege von Karsch à Chiaro Scuro gemahlet. Im ersten Eingang der Gallerie Vorhaupts an beiden Seiten der Thür / auf der rechten Seiten Theorica und Practica, so sich umarmen; auf der anderen Seiten ist die triumphierende Mahler-­Kunst mit einem Lorbeer Kranz in der Hand / samt der Bildhauer-­Baukunst und Poesie. An der linken Seiten ­zwischen den Fenstern die triumphierende Minerva mit der Ignorance unter den Füssen / hingegen über ist Hercules Palatinus, so den Weg der Tugend nach dem Monte Parnasso [S. 4] übersteiget / hingegen die Laster mit ihren Anhang verachtet. An der linken Seiten aber wo man die Stiegen heruntergehet ist Hercules Palatinus, so den Bacchum und Inertiam unter den Füssen haltet / den neidigen Geitz aber samt der Ignorantz mit dem Kolben erschlägt / wovon die Unruhe des Hertzens / die Melancholie, die Sorg samt der Kunst Feinden auf einem Esel sitzend / mit einer Standart von zwey Esels-­Ohren hinwegfliehen. In der Ober-­Decke oder Blaffon ist der Rheinfluß und Arnus / so ihre Wasser mit dem Aganipede vereinigen / und wird ein Fluß der Wissenschafft daraus. Oben ist das Pferd Pegasus so den Ursprung vom Aganipede mit dem Fuß oder Huff verursachet. Das nieder kleine Blaffon significirt die Zeit der die Hand gebunden / damit sie niemahlen dem Kunst-­liebenden Chur-­Hause Pfaltz Schaden zufügen können. Das Geländer an der Stiegen ist sehr künstlich von getriebenen Stahl / von Ihr. Churfürstl. Durchl. zu Pfaltz Obrist-­Lieutenant Boort / verfertiget. [S. 5] […] Das vierte Zimmer der Gallerie N. 208 – 252 Diese 22 Stück sind gemahlet von dem berühmten Chevallier van der Werff, seynd alle von einer Größe / ausgenommen das Ecce Homo N. 208: Die Verkündigung Mariae N. 209: Die Heimsuchung Elisabeth N. 210: Die Geburt Christi N. 211: Die Aufopferung im Tempel N. 212: Christus im Tempel unter den Schriftgelehrten N. 213: Christus am Ölberg N. 214: Die Geisselung Christi N. 215: Die Crönung N. 216: Sara wie sie Abraham ihre Magd Hagar zubringet N. 217: Das Porträt von Churfürst Johann Wilhelm N. 218: Ein Ecce Homo mit sehr vielen Figuren N. 219: Das Porträt von der Churfürstin Anna Maria Loisia N. 220: Die Hagar wie sie mit Ismael verjagt wird / mit 4 Figuren N. 221 – 226: Passion Christi: Kreuztragung, Kreuzigung, Kreuzabnahme, Auferstehung, Himmelfahrt, Pfingstfest mit hl. Geist, der den Aposteln in Gestalt von feurigen Zungen erscheint N. 227: Himmelfahrt Mariae N. 228: Die Crönung Mariae und das Portrait von dem Groß Prinz Don Gastone von Toscana N. 229: S. Anna wie sie die seeligste Jungfrau Maria in einem Buch im Lesen instruirt gemahlet von Chevallier Benedetto Lutti N. 230: Die Ehebrecherin von Paolo Veronese […]

322 |  Anhang N. 248: Wie Mars und Venus im Ehebruch von Vulcano im Netz gefangen werden / und alle ­Götter darüber lachen / gemahlet von dem alten Hemskerck […] N. 251: Verkündigung Mariae von Tintoretto N. 252 – 258: Oben umher seynd sieben Stück à Chiaro Scuro gemahlet / ­welche signirte Bassorilievi repraesentiren / in forma eines triumphierenden Aufzuges / gemahlet von Polidoro di Caravaggio In der Mitten von d ­ iesem Zimmer stehet auf einem Pedestall Ihro Majestät der Kayser Josephus zu Pferd mit unter sich 4 Sclaven sehr künstlich von Metall ausgearbeitet von dem Bildhauer des Groß-­Herzogs von Toscana, Fugini […].

Dokument 2.2 Karsch, Gérard Joseph: Ausführliche und gründliche Specification derer vortrefflichen und unschätzbaren Gemählden, w ­ elche in der Gallerie der Churfürstlichen Residentz zu Düsseldorff in grosser Menge anzutreffen seynd. Düsseldorf ca. 1719 [Auszug] [Frontispiz und Einleitung wie in Dok. 2.1] […] In dem vierdten Eck-­Zimmer seynd nachfolgende Gemählde zu sehen / und zwar erstlich: Diese 21. nachfolgende Stück seynd von den berühmten Mahler van der Werff gemahlet. N. 202. Ist das Portrait von dem Groß-­Printzen von Toscana Nahmens Don Gastone. H. 2 – 9, B. 2 – 4. N. 203. Repraesentiret wie Sara dem Abraham die Hagar zubringt. N. 204. Repraesentiret wie Hagar mit Ismael verjaget wird. N. 205-N. 206. Seynd zwey Portraiten groß biß auf die Füß / von Ihro Churfl. Durchl. Johann Wilhelm / wie auch Ihro Durchl. die verwitibte Churfürstin repraesentirend. N. 207. Der englische Gruß mit 2. Figuren. N. 208. Die Heimsuchung Elisabeth mit 5. Figuren. N. 209. Die Geburt Christi mit 10. Figuren. N. 210. Die Aufopferung im Tempel mit 9. Figuren. N. 211. Christus unter den Schriftgelehrten im Tempel mit 16. Figuren. N. 212. Christus am Oehlberge mit 5. Figuren. N. 213. Die Geisselung Christi mit 5. Figuren. N. 214. Die Creutz-­Tragung Christi mit 17. Figuren. N. 215. Die Creutzigung Christi mit 6. Figuren. N. 216. Ist ein Stück repraesentiret Christum wie er ins Grab gelegt wird mit 6. Figuren. N. 217. Die Auferstehung Christi mit vielen Figuren. N. 218. Die Himmelfahrt Christi mit 12. Figuren. N. 219. Die Uberschattung vom Heiligen Geist. N. 220. Die Himmelfahrt Maria. N. 221. Die Crönung Maria. Diese obgedachte Stücke seynd alle eine Größe / als H. 3. B. 2. N. 222. Ist ein Ecce Homo mit sehr vielen Figuren. H. 4 – 5, B. 3 – 8. N. 223. Ist ein David mit dem Goliat […] von Paulo Farinati gemahlet. H. 3, B. 2 ½. N. 224. Ist eine St. Anna w ­ elche Mariam instruirt in einem Buch / von Cav. Benedetto Lutti gemahlet. H. 5, B. 4. […].

Quellenanhang | 323

Dokument 2.3 Uffenbach, Zacharias Conrad von: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, ­Holland und England. Bde. 1 – 2, Frankfurt, Leipzig 1753 – 1754, Bd. 3, Ulm 1754, S. 726 – 29. Den 10. April Morgens sahe ich die Antiquitätenkammer, oder Medallien-­Cabinet auf dem Schlosse, da sie noch auf dem dritten Stock, aber in keiner Ordnung stehet […]. Das Zimmer ist schlecht, und, wie gedacht, nichts in Ordnung, als die antiquen Medallien. Zu denen Medallien sind zwey grosse und schöne Cabinete gemacht, beyde von schwarz Ebenholz auswendig, und mit Messing eingelegt, inwendig aber sind die Schubladen oder Bretter von Schildkrot und Elfenbein eingelegt; an dem, in welchem die antiquen liegen, ist der Grund Schildkrot, und die Blumen oder Laubwerk Elfenbein, an dem andern aber, in welches die moderne kommen solle, ist der Grund Elfenbein und das Laubwerk hingegen Schildkrot. Die Bretter selbst sind mit grünem Tuch überzogen. Jedes dieser Cabinete soll achtzehn hundert Reichsthaler gekostet haben. Von den modernen kann ich gar nichts sagen, weil sie noch nicht rangirt, sondern in Papier eingewickelt unten in einer Schublade lagen. […] Was die antique anlanget, so sind zwar schöne Nummi allhier, es kommt aber doch lange nicht weder dem Berliner, noch viel weniger dem Arnstädtischen bey. Herr le Roy sagte, daß man erst vor vier Jahren zu colligiren angefangen. Doch zeigte er mir, wie eine grosse Menge sie überall sonderlich aus Italien her bekämen. […] Eine sehr schöne und ganz ausserlesene Suite von Köpfen in groß Kupfer, darunter auch der Otto, ebenso wie ihn Herr de Wilde hat, aber besser conserviret, und unstreitig gut, und genuin. Daß Balbinus, Maximus, Albinus, Pertinax und dergleichen ­darunter seyen, ist leicht zu gedenken. […] Es sollen diese Sachen, wie Herr De Roy versicherte, wann sie in das Kunsthaus kommen, alle zierlich und ordentlich auf Pyramiden gesetzt werden, welches wohl höchst nöthig ist […]. Ein Congeriem armorum […] von lauter Edelsteinen sehr sinnreich zusammengesetzt. Der Harnisch war eine Perle, so dick und so groß, dass als ein Glied von einem Daumen, sie schickte sich ihrer Figur nach unvergleichlich, dann sie war nicht rund, jedoch gar schön von Wasser. Es waren noch zwei Perlen dabei, so nicht viel kleiner als jene. Das übrige waren Diamanten, Rubinen, und andere zwar gute Steine, aber doch von keiner sonderlichen Größe oder Werth. Die Diamanten waren lauter Tafeln. Die Perlen waren das considerabelste. Endlich zeigte mir Herr Le Roy einen Anfang zu einer Historiae Imper. Per Numismata ­welche Herr Le Roy auf Befehl des Churfürsten schreibet.586

586 Anschließend beschreibt von Uffenbach eine große Anzahl an Diamanten, Rubinen und Perlen, die er für das „considerabelste“ hielt, sowie 30 antike Ringe, Urnen, Vasen und „Götzen“, vgl. von Uffenbach, Merkwürdige Reisen, Bd. 3, S. 729 f.

Bildnachweise

Es war nicht in allen Fällen möglich, die Inhaber der jeweiligen Bildrechte ausfindig zu machen. Berechtigte Ansprüche werden im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten. Abb. 1 Ripa 2012, S. 307 Abb. 2 © The Trustees of the British Museum Abb. 3 Ripa 2012, S. 61 Abb. 4 Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz Abb. 5 © LAV NRW – Abteilung Rheinland – RW Karten Nr. 9618 Abb. 6 © Digital image courtesy of the Getty’s Open Content Program Abb. 7 © Digital image courtesy of the Getty’s Open Content Program Abb. 8 © Stadtmuseum Düsseldorf Abb. 9 © Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Abb. 10 Von Herrmann 2003, S. 112 Abb. 11 © Albertina, Wien Abb. 12 © bpk Scala Abb. 13 © Gallerie degli Uffizi, Florenz Abb. 14 © Gallerie degli Uffizi, Florenz Abb. 15 Randolph, Engaging Symbols, 2002, S. 20 Abb. 16 AK Dal Giglio al David, 2013, S. 269 Abb. 17 Hackenbroch 1988, S. 51 Abb. 18 © The Minneapolis Institute of Arts; The William Hood Dunwoody Fund Abb. 19 © Gallerie degli Uffizi, Florenz Abb. 20 © Florenz, Biblioteca Nazionale di Firenze, Magliab. II. I.284. Abb. 21 © Gallerie degli Uffizi, Florenz Abb. 22 © Gallerie degli Uffizi, Florenz Abb. 23 © alamy Abb. 24 Gregori 1990, S. 62 Abb. 25 http://www.villalaquietefirenze.it Abb. 26 © Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Abb. 27 Benedictis 1997, S. 21 Abb. 28 http://www.villalaquietefirenze.it Abb. 29 Benedictis 1997, S. 139 Abb. 30 Archiv d. Autorin Abb. 31 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti Abb. 32 Archiv d. Autorin Abb. 33 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti Abb. 34 Archiv d. Autorin Abb. 35 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti

326 |  Anhang

Abb. 36 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti Abb. 37 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti Abb. 38 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti Abb. 39 Archiv d. Autorin Tafel 1 Tafel 2 Tafel 3 Tafel 4 Tafel 5 Tafel 6 Tafel 7 Tafel 8 Tafel 9 Tafel 10 Tafel 11 Tafel 12 Tafel 13 Tafel 14 Tafel 15 Tafel 16 Tafel 17 Tafel 18 Tafel 19 Tafel 20 Tafel 21 Tafel 22 Tafel 23 Tafel 24 Tafel 25 Tafel 26

© Gallerie degli Uffizi, Florenz © Gallerie degli Uffizi, Florenz © National Gallery of Art, Washington, Andrew W. Mellon Collection Barnes / De Poorter / Millar / Vey 2004, S. 94 © Gallerie degli Uffizi, Florenz © bpk / Bayerische Staatsgemäldesammlungen © Gallerie degli Uffizi, Florenz © Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-­Archiv © Gallerie degli Uffizi, Florenz © Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München © Rijksmuseum, Amsterdam © Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München © Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München © Staatliche Schlösser und Gärten Baden-­Württemberg © Museum Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK Benedictis 1997, S. 207 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti © Zeichnung: Tarek Ibrahim © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti AK Natura viva, S. 77 © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti © KHI, Florenz, Fotograf: Christian Ceccanti

Personenregister

Das Personenregister weist Namen von historischen Personen nach, die im Fließtext oder in einer kommentierten Fußnote erwähnt werden. A Acton, Harold (1904 – 1994)  57, 62 – 63 Alberti, Leon Battista (1404 – 1472)  28, 60, 166, 170, 212, 222 Alberti, Matteo (1646 – 1735)  86, 90 Alciati, Andrea (1492 – 1550)  114 Ammannati, Bartolomeo (1511 – 1592)  40, 48, 114, 183, 224 Anna Maria Franziska von Sachsen-Lauenburg (1672 – 1741), Großherzogin der Toskana  40, 56, 69, 257 August II. [Friedrich August I.] (1670 – 1733), 1697 – 1733 König von Polen-Litauen  186 B Baden, Karoline Luise von (1723 – 1783), Markgräfin von Baden  102 – 103 Baldinucci, Francesco Saverio (1663 – 1738)  32, 37 – 39, 43 – 45 Baldinucci, Filippo (1624 – 1696)  37, 45 Bembo, Pietro (1470 – 1547), Kardinal  65 – 66 Boccaccio, Giovanni (1313 – 1375)  33 Brosse, Charles de (1709 – 1777)  66, 199 Bellucci, Antonio (1654 – 1726)  162, 168 Bentivoglio d’Aragona, Guido (1579 – 1644), Kardinal  41 – 42 Bernini, Gianlorenzo (1598 – 1680)  21 Bianchi, Sebastiano (1662 – 1738)  197, 199 – 200 Bianchi, Giovan Francesco (k. A.)  198 Bianchini, Francesco (1685 – 1749)  11, 57 – 58, 60, 62, 74 – 75, 118, 253 – 254 Bimbi, Bartolomeo (1648 – 1729)  158, 219, 238 – 239 Borch, Gerard ter (1617 – 1681)  103 Botti, Rainaldo (1658 – 1740)  219, 241 Brant, Isabella (1591 – 1626)  39 – 40

Bronzino, Agnolo (1503 – 1572)  29, 47 – 49, 51, 75, 114, 254 Brouwer, Adriaen (1605/06 – 1638)  103 Buontalenti, Bernardo (1531 – 1608)  100, 102, 222, 224, 228, 232

C Carriera, Rosalba (1673 – 1757)  66 Castiglione, Baldassare (1478 – 1529)  47, 65, 66 Chiavistelli, Jacopo (1621 – 1698)  219, 249 Christiane von Lothringen (1565 – 1637), Großherzogin, 1621 – 1628 Regentin der Toskana  19, 62, 64, 68, 180, 187, 189, 203 – 206, 257 Cignani, Felice (1660 – 1724)  97 Cimabue (1240 – 1302)  37, 50 Cocchi, Antonio (1695 – 1758)  24, 196 – 201, 255 Cocchi, Raimondo (1735 – 1775)  197, 200 Colonna, Angelo Michele (1604 – 1687)  250 Cornaro, Caterina (1454 – 1510), Königin von Zypern 66 Corsini, Bartolomeo (1683 – 1752), Markgraf  69, 74, 160 Corsini, Lorenzo (1652 – 1740), 1730 – 1740 Papst Clemens XII. Corsini  69 Corsini, Neri (1685 – 1770), Markgraf  69, 74, 160 Corsini, Filippo (gest. 1706), Markgraf  43, 248 Crayer, Caspar de (1584 – 1669)  97

D Dami, Giuliano (1683 – 1750)  250 Dinglinger, Johann Melchior (1664 – 1730)  181 Dolci, Carlo (1616 – 1686)  221 Dou, Gerard (1613 – 1675)  97, 103

328 |  Anhang Douven, Jan Frans van (1656 – 1727)  23, 59, 67 – 68, 79, 87, 90, 97, 104, 113, 116, 154, 158, 187 Dyck, Anthonis van (1599 – 1641)  39 – 42, 55, 87, 99, 102 – 103 E Eleonora di’ Toledo (1522 – 1562), Großherzogin der Toskana  19, 21 – 22, 29, 47 – 49, 51 – 53, 56, 62 – 64, 75, 189, 191, 208, 224, 254 Ernst August von Braunschweig-Calenberg (1629 – 1698), Kurfürst von BraunschweigLüneburg 215 F Farnese, Antonio (1679 – 1731), Herzog von Parma und Piacenza  72 Farnese, Elisabetta (1692 – 1766), 1714 – 1764 Königin von Spanien  72 Ferdinand II. (1578 – 1637), 1619 – 1637 röm.-dt. Kaiser 208 Ferdinand III. (1608 – 1657), 1637 – 1657 röm.-dt. Kaiser 208 Feroni, Francesco Antonio (1614 – 1696)  193, 245 Ficino, Marsilio (1433 – 1499)  32, 48 Floris, Franz (1517 – 1570)  35 – 36 Foggini, Giovanni Battista (1652 – 1725)  17, 21, 98, 173, 181, 185 – 186, 193, 206, 242, 246 Fortini, Benedetto (1676 – 1732)  17, 187, 218 – 219, 226 – 227, 229, 238 – 239, 241, 246 – 247 Fortini, Giovacchino (1670 – 1736)  17, 188 – 190, 193 – 195, 201, 209, 218 – 220, 250, 257 Francesco II. (1656 – 1694), Herzog von Modena 55 Franchi, Antonio (1638 – 1709)  17, 22, 28, 30 – 32, 35 – 47, 49 – 53, 55, 67, 75 – 76, 114, 195, 253 – 254 Franz I. Stephan (1708 – 1765), 1745 – 1765 Herzog von Lothringen, Großherzog von Toskana, röm.-dt. Kaiser  57, 61, 67 – 69, 71, 73, 188, 200, 242 Friedrich III. [Friedrich I.] (1657 – 1713), 1701 – 1713 König von Preußen  215 Friedrich II. (1194 – 1250), 1220 – 1250 röm.-dt. Kaiser 60

Fredrich Wilhelm III. (1770 – 1840), 1797 – 1840 König von Preußen  93, 119 G Gabburri, Francesco Maria Niccolò (1676 – 1742)  44 Galluzzi, Iacopo Riguccio (1739 – 1801)  61 – 62, 69 Giambologna, eigentl. Jean de Boulogne (1529 – 1608)  91, 100, 114, 175, 224, 228, 232 Giarrè, Filippo (k.A.)  209, 226, 227 Giotto di Bondone (ca.  1267 – 1337)  50 Giovannozzi, Pietro Paolo (k.A.)  215 Gonzaga, Anna Isabella (1655 – 1703)  72 Gonzaga, Eleonora Luisa (1686 – 1741)  191 – 192 Gonzaga, Eleonora (1598 – 1655)  35, 208 Gonzaga, Maria (1609 – 1660)  72 Gonzaga von Mantua-Nevers, Eleonora Magdalena (1628 – 1686)  208 Grupello, Gabriele (1644 – 1730)  91, 95, 106, 113, 116 H Hamilton, Jakob Graf von (1690 – 1695)  152, 156 Heinrich II. (1519 – 1559), 1547 – 1559 König von Frankreich 180 Heinrich IV. (1553 – 1610), 1589 – 1610 König von Frankreich  175, 222 Heinse, Wilhelm (1746 – 1803)  89 – 90 Henrietta Maria von Frankreich (Henrietta-Marie de Bourbon) (1609 – 1669), ab 1625 Königin von England, Schottland und Irland  19, 145 Hibbert, Christopher (1924 – 2008)  63 Hobbes, Thomas (1588 – 1679)  19 Humboldt, Wilhelm von (1767 – 1835)  79, 93, 119 – 120 J Johann Wilhelm von der Pfalz [ Johann Wilhelm II.] (1658 – 1716), Kurfürst von der Pfalz  13, 15, 20, 23, 38, 40, 54 – 55, 59, 67 – 68, 77 – 78, 80 – 81, 86, 88, 90 – 91, 93 – 95, 97 – 98, 102, 104 – 112, 114 – 116, 120, 147, 150 – 158, 163, 165 – 166, 178, 184 – 186, 188 – 189, 192, 233 – 235

Personenregister | 329 Johanna von Österreich (1547 – 1578), Großherzogin der Toskana  175 Joseph I. (1678 – 1711), ab 1690 röm.-dt. König, 1705 – 1711 röm.-dt. Kaiser  98 Joseph II. (1741 – 1790), 1780 – 1790 röm.-dt. Kaiser 208 K Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1713 – 1780), Fürst  83 Karl II. [Carlo V, Carlo II] (1661 – 1700), 1665 – 1700 König von Spanien  18, 55, 72 Karl III. [Carlo V/VII] (1716 – 1788), 1759 – 1786 König von Spanien  69 – 70, 72, 77, 93 Karl III. Philipp von der Pfalz (1661 – 1742), Kurfürst von der Pfalz  94 – 95, 153, 158 Karl V. [Carlos I.] (1500 – 1558), 1520 – 1556 röm.-dt. Kaiser  48, 68 Karl VI. (1685 – 1740), 1711 – 1740 röm.-dt. Kaiser  69 – 71, 185 Karl der Große (747/8 – 814), 768 – 814 König des Fränkischen Reichs, seit 800 röm.-dt. Kaiser 60 Karl Theodor von der Pfalz [Karl IV., Karl II.] (1724 – 1799), Kurfürst von der Pfalz und von Bayern  77, 93 – 94, 103, 233 Karsch, Gerhard Joseph (1661 – 1753)  23, 78, 86 – 87, 89, 91 – 99, 102 – 103, 105, 115, 117, 255 Krahe, Lambert (1712 – 1790)  94 L Lairesse, Gérard de (1640 – 1711)  97, 111, 116 Largillière, Nicolas de (1656 – 1746)  103 Leopold V. von Innerösterreich (1586 – 1632), Erzherzog, Landesfürst von Tirol  68 Ludwig XIII. (1601 – 1643), 1610 – 1643 König von Frankreich 223 Ludwig XIV. (1638 – 1715), 1643 – 1715 König von Frankreich  13, 38,-39, 54, 94, 119, 145 Luise Ulrike von Preußen (1720 – 1782), ab 1751 Königin von Schweden  103 Luti, Benedetto (1666 – 1724)  97

M Mander, Carel van (1548 – 1606)  116 Mannozzi, Giovanni (1592 – 1636)  203 Manzoni, Francesca (1710 – 1743)  66 Marguerite Louise (auch Maria Luisa) von Orléans (1645 – 1721), Großherzogin der Toskana  11, 54 Maria Beatrice d’ Este (1658 – 1718), 1685 – 1688 Königin von England, Schottland und Irland 55 Maria Magdalena (Maria Maddalena) von Österreich (1589 – 1631), Großherzogin der Toskana  19, 29 – 30, 62, 64, 68, 207 Maria Sophia Elisabeth (1666 – 1699), Pfalzgräfin 54 Maria Teresa von Spanien (1638 – 1683), Königin von Frankreich  19, 35, 61, 67 – 68, 71, 208, 242 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich (1717 – 1780), 1740 – 1780 Königin u. a. von Ungarn (mit Kroatien) und Böhmen  19, 35, 61, 67 – 68, 71, 208, 242 Mechel, Christian von (1737 – 1817)  93 – 94 Medici, Anna di Cosimo de’ (1616 – 1676), Erzherzogin von Österreich  11, 68 Medici, Carlo de’ (1595 – 1666), Kardinal  17, 204, 214 Medici, Caterina (auch Catherine) de’, (1519 – 1589), Königin von Frankreich  15, 22, 29, 71, 145, 180 Medici, Giovan Carlo de’ (1611 – 1663), Kardinal  17, 250 Medici, Claudia di Ferdinando de’ (1604 – 1648), Fürstin von Urbino, Erzherzogin von Österreich, Landesfürstin von Tirol  68 Medici, Cosimo I. de’ (1519 – 1574), Großherzog der Toskana  21, 29, 47 – 48, 59, 75, 100, 195 – 196, 208, 222 – 224, 236, 242, 244 Medici, Cosimo III. de’ (1642 – 1723), Großherzog der Toskana  11, 17, 30, 41, 54, 68 – 69, 75, 102, 109, 151, 157 – 159, 161, 170, 173, 181, 183, 185 – 186, 188, 190, 192, 196, 212 – 213, 238, 242, 245, 254 Medici, Ferdinando I. de’ (1549 – 1609), Großherzog der Toskana  68, 175, 187

330 |  Anhang Medici, Ferdinando II. de’ (1610 – 1670), Großherzog der Toskana  42, 175, 183, 185, 204, 222, 248 Medici, Ferdinando de’ (1663 – 1713), Erbprinz der Toskana  28, 30, 32, 38, 40, 42, 53 – 56, 69, 151, 153, 188, 254 Medici, Francesco I. de’ (1541 – 1587), Großherzog der Toskana  81, 102, 175 Medici, Francesco Maria de’ (1660 – 1711), Kardinal  40 – 41, 187 – 188, 192, 239 Medici, Gian Gastone de’ (1671 – 1737), Großherzog der Toskana  15, 18, 30, 40 – 41, 54, 56, 61, 63, 69 – 71, 75 – 76, 98, 105 – 106, 115, 185 – 186, 188, 192, 197 – 200, 205, 212, 233, 238 – 240, 250 – 251, 254, 257 Medici Orsini, Isabella di Cosimo de’ (1542 – 1576)  207 – 208 Medici, Lorenzo de’, Erbprinz (1599 – 1648)  204 Medici, Lorenzo de’, genannt Lorenzo il Magnifico (1449 – 1492)  170, 195 Medici, Maria de’ (1575 – 1642), ab  1610 Königin von Frankreich  15, 22, 29, 39 – 40, 71, 208, 222, 224 Metsu, Gabriel (1629 – 1667)  103 Mieris, Willem (1662 – 1747)  103 Millet, Jean Francois (1666 – 1723)  97 Misson, Maximilian (1650 – 1722)  88 Mitelli, Agostino (1609 – 1660)  250 Montalvo, Eleonora Ramirez (1602 – 1659)  204 – 206 Montesquieu, Charles de Secondat, Baron de (1689 – 1755)  66 – 67 Moratelli, Sebastiano (1640 – 1706)  153 Muratori, Lodovico Antonio (1672 – 1750)  57 N Neer, Eglon Hendrik van der (1635 od. 1636 – 1703)  103, 106 Netscher, Caspar (1639 – 1684)  41, 103

O Orsini, Alfonsina (1472 – 1520)  145 Orsini, Paolo Giordano (1541 – 1585)  208 Ostade, Adriaen van (1610 – 1685)  103 Ovid (Publius Ovidius Naso) (43 v.Chr. – 17 n.Chr.)  33 – 35, 177 P Pace, Ranieri del (1681 – 1737)  158, 246 – 247 Pannini, Giovanni Paolo (1691 – 1765)  243 Pellegrini, Antonio (1675 – 1741)  234 – 235 Permoser, Balthasar (1651 – 1732)  181 – 182 Peter II. (1648 – 1706), 1683 – 1704 König von Portugal 54 Philipp V. von Anjou (1683 – 1746), 1700 – 1746 König von Spanien  72 Pigage, Nicolas de (1723 – 1796)  93 – 94 Pintucci, Niccolò (1697 – 1770)  250 Piranesi, Giovanni Battista (1720 – 1778)  243 Q Quiccheberg, Samuel (1529 – 1567)  81, 180 R Rapparini, Giorgio Maria (1660 – 1726)  87 – 88, 153, 157, 178 Redi, Francesco (1626 – 1697)  238 Riccio, Agostino del (1541 – 1598)  32, 178 – 179 Rigaud, Hyacinthe (1659 – 1743)  103 Rijn, Rembrandt Harmenszoon van (1606 – 1669)  103, 116 Rinuccini, Carlo (1679 – 1748)  69, 73, 158, 197 – 198 Rinuccini Corsini, Lucrezia (gest. 1706)  31, 43 Ripa, Cesare (1555 – 1622)  11 – 12, 46 – 47, 109, 111 Rohr, Julius Bernhard von (1688 – 1742)  155 Rovere, Vittoria della (1622 – 1694), Großherzogin der Toskana  15, 17, 33 – 35, 42 – 44, 54, 56, 64, 157, 184 – 185, 192, 204 – 206, 212, 221, 257 Rubens, Peter Paul (1577 – 1640)  32, 39 – 42, 87, 92, 96, 98 – 99, 103, 235, 254 Ruysch, Rachel (1664 – 1750)  97, 103

Personenregister | 331 S Scacciati, Andrea (1642 – 1710)  31, 238 Scacciati, Pietro Neri (1684 – 1749)  238 – 239 Scheuren, Caspar Johann Nepomuk (1810 – 1887)  95 Silvani, Pier Francesco (1620 – 1685)  205, 248 Soldani Benzi, Massimiliano (1656 – 1740)  21, 97, 185 Sophie Charlotte (1668 – 1705), 1701 – 1705 Königin von Preußen  215 Sophie von der Pfalz (1630 – 1714), Kurfürstin von Hannover 88 Stosch, Philipp (1691 – 1757)  200 Sustermans, Justus (1597 – 1681)  17, 30, 35, 40 – 43, 185 T Tacca, Pietro (1577 – 1640)  175 Teniers, David d. J. (1610 – 1690)  103 Tizian (um 1490 – 1576)  29, 45, 99, 102 Tolentino, Niccolò da (um 1355 – 1435)  204

U Uffenbach, Zacharias Konrad von (1683 – 1734)  86 – 87, 89, 91, 102, 106 V Vasari, Giorgio (1511 – 1574)  28, 47, 100, 222 – 224 Velde, Adriaen van der (1636 – 1672)  103 Vinci, Leonardo da (1452 – 1519)  51 Violante Beatrix von Bayern (1673 – 1731), Gouverneurin von Siena  32, 35, 43, 54, 181, 191 – 192, 205, 251, 257 Vittorio Amedeo II. von Savoyen (1666 – 1732), 1713 – 1720 König von Sizilien, 1720 – 1730 König von Sardinien  54 W Weenix d. J., Jan (1640 – 1719)  97, 103 Werff, Adriaen van der (1659 – 1722)  23, 77, 79, 87, 93, 97 – 99, 103 – 116, 255 Westerhout, Arnold van (1651 – 1725)  150, 155 Wilhelmine Amalie von Braunschweig-Lüneburg (1673 – 1742), röm.-dt. Kaiserin  208 Wilhelmine von Preußen (1709 – 1758), Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth  242