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German Pages [312] Year 1979
Günther Gaßmann Konzeptionen der Einheit
GÜNTHER GASSMANN
Konzeptionen der Einheit in der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung 1910-1937
VANDENHOECK & RUPRECHT IN G Ö T T I N G E N
Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie Herausgegeben von Edmund Schlink Band 39
CIP-Kurztitelaufnahme Gassmann,
der Deutschen
Bibliothek
Günther:
Konzeptionen der Einheit in der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung : 1910-1937 / Günther Gassmann. Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1979. (Forschungen
zur systematischen
und
ökumenischen
Theologie ; Bd. 39) ISBN 3-525-56245-4
G e d r u c k t mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
F&O 16, 11. 75 Haughwout verwendet z.B. beide Begriffe synonym, w e n n er seine Einheitskonzeption so umschreibt: , , . . . that Christian people may attain to the unity which the Master commanded without affecting their present organic relations". Mit „organic relations" meint er „organisatorische Beziehungen". F&O 2 6 , 12f. '6 P. M. Rhinelander, Unity or Union: Which?, 1 9 1 3 , F&O 18, 3 - 1 1 . Ähnlich Haughwout, F&O 26, 1 2 - 1 4 .
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gäbe verstanden wird. Um diese Aufgabe zu erfüllen, schließt man sich, unter gemeinsamer Leitung und Methode, zusammen. „So the practice reflects the theology of Christian union". Auf der anderen Seite ist man der Überzeugung, daß Christus uns vor allem offenbart hat, daß das göttliche Leben „sozial" und voller Gnade ist, die es den Menschen ermöglicht, miteinander dieses Leben zum empfangen und zu verwirklichen. Die Gemeinschaft ist dann nicht Weg, sondern Ziel. „The practice reveals the theology of Christian u n i t y . " 7 7 Daraus folgert Rhinelander für den Kirchenbegriff: Wenn die Kirche nur als kooperative Union im Auftrage und als Instrument des Evangeliums verstanden wird und sie von daher beurteilt wird, ob sie ein wirksames Instrument zur Erfüllung dieser Zwecke ist, dann ist sie sekundär, dann ist eine christliche Kirche eine Union. Wenn aber das Evangelium verstanden wird als etwas, das nicht auf das Individuum als Ziel oder auf die Kirche als ein Instrument, sondern auf Gemeinschaft ausgerichtet ist, dann wird die Kirche, die Gemeinschaft des Herrn, synonym mit dem Evangelium des Herrn. Das Evangelium ist Leben — nicht Wirksamkeit. Und weil Leben sozial ist, darum ist das Evangelium eine Kirche. Dieses Leben besteht in der Einheit. 78 Rhinelanders Versuch, die gleichsam an der Oberfläche in Erscheinung tretenden Einheitskonzeptionen auf einen tieferliegenden Unterschied im Kirchenbegriff und im Verständnis des Evangeliums zurückzuführen, bei dem dann auch die Bemühungen um eine Überwindung der unterschiedlichen Einheitsverständnisses einsetzen müßten, ist methodisch und sachlich — und zwar nicht nur in dieser Frage — höchst bedenkenswert. Seine beiden Grundtypen lassen sich auch geschichtlich belegen. Doch ist zugleich deutlich, daß Rhinelanders Typisierungen — wie Typisierungen jeder Art — nicht frei sind von einseitigen Schematisierungen und Abstraktionen. Denn es ist auffallend, daß die Begründungen der Gemeinsamen Kommission und ihrer Mitglieder für die Notwendigkeit der Einheit gerade weitgehend unter Rhinelanders „Union" — Typ — Einheit als Instrument, Mittel — fallen, die Konsequenz daraus aber nicht bloße Zusammenarbeit oder Föderation, sondern — und hier wirkt der Kirchenbegriff durch — organische Einheit heißt. Ein funktionales und ontisches Verständnis der Kirche und ihrer Einheit ist hier doch so eng miteinander verbunden (auch wenn aus der Situation heraus der funktionale Aspekt stärker betont zu sein scheint), daß sich Rhinelanders Entweder—Oder, das überdies noch in Gefahr steht, in unbiblischer Weise ein zu introvertiertes Bild der Kirche zu zeichnen, offensichtlich nicht "" F&O 18, 12-14. ™ Ebd. 16f. 68
durchhalten läßt. Rhinelanders Typisierung wird aber auch dadurch durchbrochen, daß gerade eine Kirche, die noch mehr als die anglikanische Kirche in ihrer Ekklesiologie den „Unity-Typ" verkörpert, die Orthodoxe Kirche, ihr ökumenisches Debut mit einer ganz starken Herausstellung eines (natürlich modifizierten) „Unions-Typs" gab, indem im Schreiben des Konstantinopler Patriarchats von 1920 die Zusammenarbeit der Kirchen auf humanitärem Gebiet und möglicherweise ein Bund von Kirchen empfohlen wurde. Auch hier sind beide Typen in gewisser Weise miteinander verbunden 7 9 weil, und das hat Rhinelander nicht beachtet, es im Bemühen um die Einheit nicht nur um die Uberwindung unterschiedlicher Einheitskonzeptionen und deren Ursachen geht, sondern auch um eine ganze Reihe anderer Unterschiede im Glauben und in der Ordnung, die trennend zwischen den Kirchen stehen. Von daher kann für viele Kirchen, welches Kirchenverständnis sie auch vertreten mögen, vorerst nur die Zusammenarbeit oder Föderation die allein mögliche Form des Näherkommens der Kirchen sein. Die geschichtliche Wirklichkeit ist also differenzierter, als daß sie durch eine so geradlinige Typisierung eingefangen werde könnte. Im gleichen Jahr (1913), in dem Rhinelander Ausführungen erschienen, legte sein Bischofskollege Anderson eine andere Unterscheidung zwischen „Union" and „Unity" vor, die die früher von mir gegebene mögliche Erklärung unterstreicht und vertieft (vgl. hier S. 27). Anderson schreibt thesenhaft: ,,God makes unity. Man makes union . . . Under present circumstances unity means the union of the churches in the Church." 8 0 Mit „unity" und „union" werden hier also nicht zwei verschiedene Konzeptionen, sondern offensichtlich die göttliche und menschliche Seite der gleichen Sache bezeichnet. Im Kontext des Titels und entsprechend dem Hauptgedanken dieses Beitrags, „The Manifestation of Unity", würde das so zu verstehen sein: Aufgabe der Kirche ist es, die von Gott her vorgegebene Einheit in Christus („unity") durch die Einigung („union") der Kirchen (innerhalb der Kirche) zu manifestieren. Diese Einigung („union") wird so gesehen, daß die Kirchen nun auch sichtbar in die Kirche inkorporiert werden und als solche ihre Identität verlieren, auf daß die Kirche ihre Identität bewahren kann. 8 1 Andersons Begründung für die These von der Manifestation der vorgegebenen Einheit wurde bereits erwähnt. In unserem Zusammenhang hebt er, wenngleich er die Möglichkeit von Zwischenstufen auf dem Wege zur Einheit einräumt, 79
Allerdings in der Form, daß die Orthodoxe Kirche den „Unity-Typ" auf ihre eigene Existenz bezieht und den „Union-Typ" auf ihr Verhältnis zu den anderen Kirchen, so F&O 20, 5f. 81 Ebd. 7.
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die organische Einheit noch einmal deutlich vom Interdenominationalismus und von der Föderation bzw. Zusammenarbeit ab. 82 Wie nun diese organische Einheit, die auch von Gardiner vom Gedanken der Einheit aller Glieder untereinander und mit ihrem Herrn im Leibe Christi her gegenüber anderen Formen betont wird 8 3 , im einzelnen aussehen soll, wird in den Schriften der Kommission noch kaum erwogen. Grundsätzlich gilt für den ganzen Ansatz dieses Vorhabens, daß die'gesamte Christenheit — katholisch, protestantisch und orthodox — in die Einheitsbemühungen mit einbezogen werden soll. 84 Eine notwendige Differenzierung im Blick auf das Ideal einer organisch-organisatorisch geeinten Kirche, das ja den Gedanken an eine Weltkirche mit einer einzigen Organisation nahelegen könnte, taucht in ersten Ansätzen auf. Aus der amerikanischen Situation heraus und auf diese zugespitzt wird von Anderson und Haughwout, in der englisch- und amerikanisch-anglikanischen Tradition und sicher auch von Huntington herkommend, der Gedanke einer geeinten Nationalkirche vertreten. 8 5 Damit soll gewiss nicht gesagt werden, daß die Einheitsbestrebungen nur bis an die nationalen Grenzen reichen dürfen. Es wird hier vielmehr um eine Differenzierung in der Struktur der Einheit im nationalen und internationalen Bereich gehen. Das wird auch in einer Broschüre (von Haughwout) im Zusammenhang der Frage von Einheit und Vielfalt angedeutet. Dort heißt es, daß organische Einheit nicht Uniformität bedeute. Eine Vielfalt in der Einheit ist möglich, wobei sich die Vielfalt allerdings nicht auf den Glauben an den göttlichen Gründer und das Haupt der Kirche erstrecken, sondern dem Gottesdienst und der kirchlichen Verwaltung gelten soll. Deren Gestaltung ist den nationalen Kirchen zu überlassen, während die gesamte Kirche im Blick auf den Glauben, die Sakramente oder das Amt gemeinsam handelt und entscheidet. Als Instrument hierfür könnte eventuell die alte Methode der großen allgemeinen Konzilien am besten geeignet sein. 86 Diese natürlich noch recht grobe und als persönlicher Beitrag vorgetragene Differenzierung läßt immerhin einige Grundlinien erkennen, die im weiteren Verlauf von Bedeutung sein könnten. Die erlaubte Vielfalt wird hier eindeutig auf „sekundäre" Fragen begrenzt und in die Hände der nationalen Kirchen gelegt. Zugleich ist damit das Verhältnis der'Nationalkirchen zur gesamten, weltweiten Kirche in den 82 Ebd. 4 2 f . . 83 F&O 30, 17f. und 22. 84 F&O 1, 3; F&O 3, 4; F&O 2 0 , 4 4 ; F&O 2 6 , 14. 85 Anderson F&O 20, 32f.; Haughwout F&O 26, 17f. 86 F&O 2 6 , 1 6 - 1 8 .
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Blick gekommen. Die einzelnen, geeinten Nationalkirchen sollen offensichtlich als Teile eines übergeordneten Ganzen verstanden werden, wobei dann die höchste Lehrautorität in einem gemeinsamen, diese Gesamtkirche repräsentierenden konziliaren Gremium liegen sollte. Auf die Frage nach dem ekklesiologischen Status der Nationalkirchen gegenüber der Gesamtkirche wird noch nicht eingegangen. Diese „Vision" dürfte auf dem Hintergrund eines geographischen Verständnisses der Gemeinden des Neuen Testaments, einer Rückwendung zu altkirchlichen Strukturen und des Modells der anglikanischen Gemeinschaft mit ihren gottesdienstlichen und kirchenrechtlichen Verschiedenheiten und einer, allerdings nun mit Lehr- und Entscheidungsvollmacht ausgestatteten, „Lambethkonferenz" zu sehen sein. Vorerst steht Haughwout, der auch die enge Zusammengehörigkeit von Einheit und Kontinuität b e t o n t 8 7 , mit diesem weit vorausgreifenden Gedanken eines universalen Konzils allein da. Bemerkenswert ist aber doch, daß er damit eine Überlegung anstellt, die später eine besondere Bedeutung in der ökumenischen Bewegung erhalten sollte (z.B. bei B o n h o e f f e r 8 8 und vor allem seit Uppsala 1 9 6 8 , Sektion I). Zunächst ist also festzuhalten, daß bereits in diesem frühen Stadium der Vorbereitungen für eine Weltkonferenz die anglikanische Konzeption einer sichtbaren, organischen Einheit mit Nachdruck von der Gemeinsamen Kommission vertreten wird. Gegenüber anderen Vorstellungen, denen nur vereinzelt ein gewisses Recht zugebilligt wird, wird diese Konzeption als das entscheidende und allein mögliche Ziel der Einheitsbemühungen und damit auch als die hinter der geplanten Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung stehende zukünftige Gestalt der einen Kirche J e s u Christi herausgestellt. d) Der Weg. zur
Einheit
Dieses gleichsam vorausgeworfene Ziel der organischen Einheit der Kirche soll auf einem Wege erreicht werden, auf dem die geplante Weltkonferenz ein erster Schritt sein soll. Wie wird nun dieser Weg und dieser Schritt beschrieben, auf welche Weise soll das Ziel erreicht werden? Geht man einmal vom Ziel der organischen Einheit aus, die nach Auffassung der Kommission auf einer Einheit im Glauben und in der Kirchenverfassung beruhen m u ß 8 9 , dann ist es geradezu zwingend, daß eine Klärung und Im Sinne einer kontinuierlichen Einheit, F&O 2 6 , 20f. Vgl. Dietrich Bonhoeffer, Die Bekennende Kirche und die Ökumene, in: Gesammelte Schriften, hrg. von Eberhard Bethge, Bd. 1, München 1 9 5 8 , bes. 245— 2 6 1 ; Armin Boyens, Kirchenkampf und Ökumene 1 9 3 3 - 1 9 3 9 , München 1 9 6 9 , 23Off. und 275ff. 8 9 Ausdrücklich z.B. in F&O 14, 10f.; F&O 2 3 , 23. 87
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Behandlung der Unterschiede und Übereinstimmungen als ein notwendiger erster Schritt herausgestellt wurde. 9 0 Organische Einheit setzt eine Einigung in den wichtigen Fragen voraus, in denen Unterschiede oder Gegensätze zwischen den Kirchen bestehen. Die andere Voraussetzung aber, nun aber nicht vom Ziel, sondern vom Ausgangspunkt der Einheitsbemühungen her, ist die Uberzeugung, daß die Kirchen durch tiefgreifende Unterschiede getrennt sind. 91 Eine Auffassung, nach der die Kirchen und Christen in den wesentlichen Fragen des Glaubens und der Ordnung im Grunde bereits eins sind und nur in sekundären Fragen unterschiedliche Auffassungen und Gestaltungen aufweisen — die von der Kommission abgelehnt wird 9 2 , auf die wir aber noch häufig stoßen werden — würde in den meisten Fällen zu anderen Konsequenzen im Blick auf das Ziel und den Weg der Einheit führen. Eine Erörterung der Unterschiede und Ubereinstimmungen kann aber nur zuversichtlich begonnen werden, wenn sie an einem Punkt einsetzen kann, an dem die Diskrepanz von Spaltungen und Einheit bereits durchbrochen ist. Das ist dort der Fall, wo in und hinter der Spaltung ein Element der Einheit aufleuchtet, das nicht zerstört werden kann oder bewahrt wurde und bei dem der Weg zur vollen Einheit einsetzen und in der Hoffnung auf die Erreichung seines Zieles begangen werden kann. Dieser Einsatz hinter den Spaltungen dürfte in der Einladung der Kommission an „alle christlichen Gemeinschaften in der ganzen Welt, die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland bekennen", liegen, sich an den Vorbereitungen für die Weltkonferenz zu beteiligen. 93 . Wenngleich diese Formel, auf die bereits kurz hingewiesen wurde (vgl. hier S. 48f.), in den Texten nicht näher begründet oder ihre Einbeziehung in diese Spannung zwischen Spaltung und Einheit gerechtfertigt wird, so ist doch deutlich, daß sie keineswegs nur als eine taktische Minimalbasis eingeführt wird, von der man annehmen könnte, daß sich der größte Teil der Christenheit um sie sammeln würde. Bewußt oder unbewußt — diese Frage ist bei solchen kurzen Texten selten zu entscheiden — dürfte vielmehr mit diesem Hinweis auf das gemeinsame Bekenntnis zum Zentrum des christlichen Glaubens, zur Offenbarung und zum Heilsgeschehen in Jesus Christus, der Gott und Mensch zugleich ist, jene grundlegende Gemeinsamkeit ausgesprochen sein, von der aus alles Bemühen um eine Überwindung der Unterschiede und Spaltungen überhaupt erst verheißungs-
90 F&O 1 , 4 . 91 Vgl. Abschnitt a. dieses Kapitels und im Blick auf Faith and Order: F&O 12, 26 und 29; F&O 13, 7; The Object and Method of Conference, 1 9 1 5 , F&O 2 8 , 32. « F&O 14, 1 I f . « F&O 1, 4. 72
voll sein kann. Die Kommission hat die Tatsache dieser grundlegenden Gemeinsamkeit, mit Ausnahme Andersons (vgl. hier S. 63f.), noch nicht für ihr theologisches Denken fruchtbar gemacht; bewußt und umfassend geschah dies erst nach Lausanne und vor allem nach 1948. Immerhin wurde mit dieser Formel neben das Bekenntnis der Sünde der Spaltungen im Leibe Christi das gemeinsame Bekenntnis zum Herrn, Gott und Heiland Jesus Christus gestellt, und diese umfassendere, nun auch positive Möglichkeiten enthaltende Spannung, die ebenfalls noch nicht durchreflektiert wurde, war für die beginnende Arbeit vorwärtstreibender Impuls und Verheißung zugleich. (Die exklusive Seite dieser Formel kommt z.B. in einem Brief Gardiners an Siegmund-Schultze vom 2.10.1919 zum Ausdruck. 9 4 ) Die Konferenz soll keine Unionsbedingungen aushandeln 9 5 und keine bindenden Beschlüsse oder auch Entschließungen fassen. 96 Diese Einschränkung erklärt sich aus ihrer erwähnten Zielsetzung, ihrer fehlenden kirchenrechtlichen Autorität und damit verbunden aus der Tatsache, daß auf ihr wahrscheinlich Kirchen vertreten sein werden, die andere auf der Konferenz repräsentierte Kirchen nicht als Kirchen anerkennen können. Um hier entsprechende Vorbehalte auf anglo-kathoIischer und orthodoxer Seite auszuräumen, werden die Begrenzungen der Konferenz unterstrichen und die Gleichberechtigung der beteiligten Kirchen auf die Methode der Konferenzarbeit bezogen. Jede Kirche soll sich, ohne das Risiko eines Kompromisses, auf der Grundlage ihres Selbstverständnisses an der Konferenz beteiligen. 97 Schließlich finden sich auch Aussagen darüber, in welcher Weise die trennend zwischen den Kirchen stehenden Unterschiede überwunden werden können. Die von der Konferenz erwartete Herausarbeitung der Übereinstimmungen und Unterschiede — mit Hilfe eines Vergleichs, wie es an einer Stelle heißt 9 8 — führt unausweichlich zu dieser Frage. Die Kommission ist offensichtlich der Auffassung, daß sich diese Frage mit Hilfe der Methode der „Comprehension" lösen läßt, ja nur so gelöst werden kann. Gerade an diesem Punkt sieht Haughwout einen 94
Gardiner schreibt, man habe keine protestantische Kirche der Schweiz, Frankreichs, Belgiens oder Hollands eingeladen, weil man nicht feststellen könne, welche von ihnen sich zur Tatsache der Inkarnation bekenne. Abgedruckt in: Eiche 9, 1921, 121. Dieser Brief ist aber auch ein Beweis dafür, wie wenig man sich damals wirklich kannte. 95 F&O 3, 4; F&O 13, 13; F&O 12, 16 und 29; F&O 32, 17. 96 F&O 1, 4; F&O 12, 6 - 8 ; F&O 14, 1; F&O 13, 13. 97 F&O 12, 6—8. Schreiben an das Konstantinopler Patriarchat, F&O 32, 26. Ähnlich das offizielle Schreiben an die Kirchen, F&O 14, 4. *> Ibid.
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neuen Ansatz und den bemerkenswertesten Aspekt der neuen Bewegung. Er stellt in allen bisherigen Einheitsvorschlägen — mit Recht — ein bewußtes Bemühen um ein Minimum an wesentlichen Überzeugungen fest, das ids gemeinsame Basis dienen könnte. An die Stelle dieses Minimalismus soll nun ein Maximalismus treten. Die Kirchen der Christenheit sollen die Schätze ihres jeweiligen Erbes mit herzubringen und so, im gegenseitigen Geben und Empfangen, zur Fülle und zum Reichtum der einen Kirche der Zukunft beitragen." In der Offiziellen Erklärung an die Kirchen heißt es ähnlich: „The positive truths which we severally cherish must be brought into the one comprehensive faith if we are to enter into the fullness of the mind of Jesus Christ, our Lord." 1 0 0 Auch Anderson stimmt diesem Prinzip zu, wenn für ihn das christliche Einheitsprogramm bedeutet, daß „each gains all and loses nothing. It is a matter of relating things, — of relating the churches to each other, and to the Church". An die Stelle des alten analytischen Prozesses, der zur Desintegration geführt habe, soll eine neue Bewegung der Synthese und Koordinierung überkommener Werte treten. 1 0 1 Der Gedanke, daß niemand etwas aufgeben oder verlieren soll, sondern nur gewinnen kann, ist für diese Konzeption bestimmend. 1 0 2 Es ist keine Frage, daß auch dieses Ideal der „Comprehension" aus der anglikanischen Tradition kommt — in unserem Zusammenhang findet es sich erstmalig im Bericht der Lambethkonferenz von 1908 (vgl. hier S. 29). Auch zur Thematik und Methode der geplanten Konferenz selbst werden bereits Erwägungen angestellt. Die Konferenz soll zur Herausstellung der Übereinstimmungen und Unterschiede und zu einem besseren gegenseitigen Verstehen führen. 1 0 3 Dieses Ziel impliziert die Selbstdarstellung der einzelnen Traditionen und den sich daran einschließenden Vergleich. Also gleichsam eine Bestandsaufnahme und Bewußtmachung des historisch gewordenen status quo. Hier sah man die Anfänge der Einheit. Diesem vorläufigen Ziel entspricht es, wenn in einem der Konferenzmethode gewidmeten Bericht zwischen Kontroverse und Diskus-
*> F&O 2 6 , 18f. und 14. 100 F&O 9 , ähnlich ebd. 13: „ . . . striving to discern what is true and vital in the position of each Communion, in the hope of attaining to a c o m m o n mind, in which everything that is precious shall be treasured and be given its just and proportionate value", ιοί F&O 20, 1 0 - 1 2 . 102 F&O 12, 2 9 ; F&O 14, 4; F&O 16, 6f.; F&O 2 0 , 10; F&O 32, 2 6 (Brief an das Patriarchat von Konstantinopel); Weltkonferenz über Glauben und Kirchenordnung, a.a.O. 11. 103 F&O 1, 4.
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sion unterschieden und die Aufgabe der Diskussion auf der Konferenz in der Klärung und im Verstehen der jeweiligen Überzeugung gesehen wird. Diese Diskussion wird folgerichtig nicht als Versuch einer Einigung, sondern als weitere Klärung der verschiedenen Selbstdarstellungen verstanden. Weiter wird deutlich gemacht, daß die Teilnehmer an der Konferenz, auf dem Hintergrund ihres eigenen Verstehens, repräsentativ für ihre Gemeinschaft sprechen müssen, und zwar im Blick auf die verbindenden, verbindlichen, gemeinsamen Grundprinzipien dieser Gemeinschaft. 1 0 4 Damit zeichnet sich bereits die Frage nach der Bedeutung und dem Gewicht der Aussagen einer von den Kirchen und ihren bevollmächtigten Vertretern getragenen Konferenz ab. Schließlich sollte die Diskussion auf der Konferenz - und hier scheint ein Ansatz zu einer konstruktiven Weiterführung zu liegen — der Frage nachgehen und sie zu beantworten suchen, inwieweit die ins Auge fallenden offenkundigen Unterschiede auf grundlegendere Fragen zurückgehen. Hier hätte dann das Bemühen um eine Annäherung einzusetzen. 105 Einen ersten Versuch in diese Richtung hat Rhinelander im Zusammenhang seiner Unterscheidung von „Union" und „Unity" unternommen (vgl. hier S. 67f.). Auch die später eine Zeitlang in Faith and Order so wichtige Differenzierung zwischen der fides qua und fides quae taucht bereits auf, hier allerdings nur als Warnung vor einer Unterschätzung der fides quae. 1 0 6 Auch die Frage einer Eingrenzung der Thematik der Konferenz wurde angeschnitten. Im Kommissionsbericht an die General Convention von 1916 wird, wie wir oben auf Seite 49 sahen, unter „Faith" das verstanden, was als „de fide" in den einzelnen Kirchen gefordert oder auferlegt wird, nicht aber bloße theologische Meinungen. 107 Um aber nun herauszufinden, was grundlegende Fragen, was de fide ist, schlägt F. J. Hall vor, daß die in den einzelnen Kirchen vertretenen positiven Überzeugungen im Blick auf Faith and Order herausgestellt werden sollten. 108 Dieser Schritt wäre dann Prüfstein für die Behauptung in der Offiziellen Erklärung an die Kirchen, daß die Kirchen auch darin nicht übereinstimmen würden, was als wesentlich zu betrachten ist. 109 Diese Konsequenz aus diesen Aussagen wäre aber, daß im Grunde die Konferenz selbst erst erweisen könnte, welches die grundlegenden Fragen sind und worin 104 105
F&
o 28, 4 - 1 7 .
Ebd. 106 F&O 107 F&O "Β F&O 109 F&O tial."
32 und 15. 16, 9f.; The Conference Spirit. By a Layman, 1913, F&O 19, 4ff. 31, 10, vgl. dazu die Bemerkungen hier auf Seite 64. 18, 26. 14, 11 f.: „The fact is that Christians are not agreed as to what is essen-
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die tiefgreifenden Unterschiede bestehen. Wenn gegenüber dieser für die Zeit vor der Konferenz geforderten Neutralität andererseits in einigen Texten bereits Erwägungen über die voraussichtlichen Themen der Konferenz angestellt werden 1 1 0 , dann ist es nicht verwunderlich, daß die Vorbereitungsarbeiten, vor allem zwischen 1920 und 1927, mit vom Ringen zwischen den Befürwortern einer gewissen theologischen und thematischen Vorbereitung der Konferenz und den Vertretern einer völligen Freiheit der Konferenz für die Auswahl ihrer Themen bestimmt wurden. Es ist deutlich, daß die in ihren Grundzügen bereits feststehende Einheitskonzeption der Kommission mit Erwägungen zum Weg auf die Einheit hin und zur Methode der Weltkonferenz verbunden wurden, die zunächst noch sehr vorläufig und tastend waren. So wertvoll die bisherigen Erfahrungen mit den Lambethkonferenzen und einigen anderen internationalen Tagungen auch gewesen sein mochten, hier stieß man in Neuland vor und mußte daher Möglichkeiten ins Auge fassen, deren Realisierbarkeit bisher noch nicht geprüft werden konnte. e) Die geistliche
Dimension
Die in den Broschüren der Gemeinsamen Kommission angeführten zeitgeschichtlichen und biblischen Begründungen der Notwendigkeit christlicher Einheit, die in Umrissen entfaltete Einheitskonzeption und die Überlegungen zur Aufgabe und Methode der Konferenz werden von Aussagen umgeben und getragen, die über die hier dargelegten menschlichen Gedanken und Pläne hinausweisen auf das Vertrauen in die Leitung und das Wirken Gottes durch seinen Heiligen Geist. Auch dieser umfassendere geistliche Aspekt wird nur selten näher entfaltet und auch nicht in jedem Text allen anderen Aussagen zugrundegelegt. Dennoch wird diese Ausrichtung an vielen Stellen sehr deutlich ausgesprochen. Es ist keine Frage, daß hier ein wesentliches Anliegen der Kommission zu sehen ist. Bereits gegen Schluß des Abschnitts b wurde erwähnt, daß der auf die Einheit der Kirche ausgerichtete neue Aufbruch der Kirchen auch als Ruf und Werk des Heiligen Geistes gedeutet wurde (vgl. hier S. 64). Diese Linie wird nun weitergeführt mit dem Hinweis, daß alle Arbeit für die Vorbereitung und während der Konferenz selbst allein im Vertrauen auf die Führung des Heiligen Geistes und in der Unterwerfung unter den Willen Gottes recht geschehen kann. 1 1 1 Mit dieser Grundaus110
F&O 16, 6f.; F&O 27, 30 (Bischof Reginald F. Heller). i n F&O 1, 3; F&O 14, 4f.; F&O 2 3 , 5; F&O 2 1 , 22 (Gardiner auf der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz); Weltkonferenz über Glauben und Kirchen-
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sage sind drei weitere Einsichten unlösbar verknüpft. Zunächst die Erkenntnis, daß die Menschen allein die Einheit nicht mit ihren schwachen Kräften herbeiführen können, mehr noch, daß es geradezu eine gefährliche Illusion wäre, zu meinen, wir könnten aus unserem Willen und unseren Bemühungen heraus die Hindernisse für die Einheit überwinden und von uns aus vorhersehen, welche genaue Form die Einheit einmal annehmen wird. 112 Dem entspricht die zweite Erkenntnis, daß es letztlich G o t t ist, der durch die menschlichen Entwicklungen wirkt, über sie hinausgeht und sie zu dem führt, was sie allein nicht erreichen können. Darum wird er uns in seiner Zeit und auf seine Weise jene Einheit wiederschenken, für die Jesus gebetet hat. 1 1 3 Daraus folgt schließlich, und in den Texten mit besonderem Nachdruck hervorgehoben, die Notwendigkeit des Gebets für die Einheit. In der Nachfolge des Gebets des Herrn um die Einheit geht es dabei um die Bitte um die Leitung des Heiligen Geistes, um Gottes Segen für die Einheitsbemühungen, um eine neue innere Haltung und um Gottes Werk der Einheit durch uns. 114 Es war ein „Laie", der in „Prayer and U n i t y " diesem Gedanken die größte Tiefe verliehen hat. 1 1 5 Da Gardiner in seinem Bericht vor der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz 1 9 1 6 die gleichen Gedanken, zuweilen sogar in wörtlicher Übereinstimmung vorgetragen hat 1 1 6 , wird er sicher auch der Verfasser von „Prayer and U n i t y " gewesen sein. In diesem Heft wird die Notwendigkeit des Gebets um die Einheit nicht einfach postuliert, sondern sehr eng mit dem menschlichen Wirken für die Einheit verbunden. Durch das Gebet und im Gebet soll zunächst eine neue, innere Haltung der Demut und des Freiwerdens für Gott gewonnen werden, unter Ablegung von Stolz, Selbstbehauptung, Rechthaberei und im Bewußtwerden unserer Begrenzungen, Mängel, Fehler, Schuld. In dieser Übergabe des menschlichen Willens in Gottes Willen beginnt die eigentliche Erkenntnis des Gebets des Herrn um die Einheit seiner Jünger, in ihm wird aber auch der Betende mit Gott geeint und
Ordnung, a.a.O. 1 5 : Wenn wir uns dem Willen des Heiligen Geistes fügen wollen, „so wird die Weltkonferenz zum neuen Tag der Pfingsten, und alle Völker der Erde werden in ihren eigenen Zungen die gleiche Botschaft von dem einen Herrn des Lebens und der ewigen Liebe vernehmen". 112
F&O 15, 4 und 17; F&O 13, 17f.; F&O 23, 5 und 27; FScO 18, 33.
F&O 1 2 , 1 8 ; F&O 1 3 , 1 3 ; F&O 3 0 , 21 (Gardiner auf der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz). 1 1 4 F&O 13, 13; F&O 1 4 , 5 und 17f.; F&O 2 3 , 5 und 2 2 ; Anderson: „The spirit of separation is that kind of a spirit that can be cast out of the Church by nothing - save by p r a y e r " , F & O 2 0 , 4 4 f . ; F&O 2 8 , 3 3 . 1 1 5 Prayer and Unity. By a L a y m a n , 1 9 1 3 , F&O 1 5 . 1 1 6 F&O 3 0 , bes. 15ff. 113
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darum mit allen anderen Menschen auch, die mit Gott geeint sind. 117 So wird das Gebet zu einem geistlichen Bemühen, durch das wir ganz offen werden, Werkzeuge und Mitarbeiter Gottes zu werden. 118 Es wäre sicher ungerecht, Gardiner (oder auch Anderson, der von einer „Kooperation mit G o t t " spricht) 119 hier einen bei Anglikanern häufig latent mitschwingenden Semipelagianismus vorzuwerfen. Für ihn und für alle, die im ökumenischen Bereich mitgearbeitet haben, war es keine Frage, daß die Manifestierung der Einheit eine Offenheit für Gottes Willen und Handeln, aber damit verbunden auch menschliches Wirken erfordert. Er selbst hat an diesem gehorsamen, hoffenden und nüchternrealistischen Wirken einen unvergeßlichen Anteil gehabt. Sein Eintreten für das Gebet um die Einheit bezieht er streng auf dieses Wirken, ja, macht es zu dessen Voraussetzung. Mit dieser Konkretation des Gebets gelingt es ihm, und mit ihm auch der Gemeinsamen Kommission, das Ringen und Bemühen um die Einheit in eine geistliche Dimension hineinzustellen, die für die ganze weitere Arbeit von Faith and Order bestimmend bleiben sollte und die darum sicher als einer der wichtigsten Beiträge dieser Kommission — und damit zugleich auch der anglikanischen Tradition — für die nach 1920 folgende Entwicklung betrachtet werden kann.
3. Spaltung und Einheit im umfassenderen Kontext für eine Weltkonferenz
der
Vorarbeiten
1913 kam es zur Bildung eines „Beratenden Ausschusses" (.^Advisory Committee") aus den Reihen der bereits ernannten Kommissionen der einzelnen Kirchen 1 2 0 und zur Abhaltung einer „Ersten Vorkonferenz" im Mai 1913. 1916 fand die „Nordamerikanische Vorbereitungskonferenz" statt. 121 Die von diesem Ausschuß und diesen Konferenzen ge117 F&O 15, 5f.; 7 und 10: „So it may be said that prayer is unity and unity is prayer . . . " lie Ebd. 18ff. Oder: „We must prepare the way so that the Holy Spirit may restore that unity which will enable all w h o are members of Christ to receive together the Bread of Life", F&O 30, 21. I " F&O 2 0 , 5. 120 F&O 24, 28 und 34. Bericht über die 1. Sitzung: The World Conference for the Consideration of Questions Touching Faith and Order. Meeting of the Advisory Committee at the Church Club of New York, 1 9 . 1 1 . 1 9 1 3 , o.O.; ο J . Bericht über die 2. Sitzung in F&O 27. 121 F&O 30. Eine ähnliche Konferenz fand am 2 3 . und 2 4 . 1 . 1 9 1 7 in Garden City statt, IKZ 1 9 1 7 , 1 9 2 f f . 1916 wurde aus d e m „Advisory Committee" ein „Cooperating Committee".
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meinsam verabscniedeten T e x t e enthalten einige Hinweise d a r a u f , wie die Pläne für die Weltkonferenz und die d a m i t verbundene grundlegende Frage der christlichen Einheit von einem umfassenderen Kreis als d e m der G e m e i n s a m e n K o m m i s s i o n der E p i s k o p a l k i r c h e gesehen und verstanden w u r d e n . Allerdings ist von diesen kurzen und auch stärker auf die praktischen Fragen der K o n f e r e n z und ihrer Vorbereitung bezogenen Stellungnahmen n o c h weniger als von den Äußerungen der Gemeinsamen K o m m i s s i o n zu erwarten, daß sie ausführliche und systematische theologische A u s s a g e n m a c h e n . Zur Ergänzung sollen in Abschnitt b dieses Kapitels weitere Ausführungen von nicht-anglikanischen T h e o l o g e n und Kirchen herangezogen werden, die direkt an den Vorbereitungsarbeiten für die Weltkonferenz beteiligt waren. Hier k ö n n t e sich, mehr noch als in den gemeinsamen Stellungnahmen, zeigen, o b Alternativen zur Position der G e m e i n s a m e n K o m m i s s i o n bereits in diesem S t a d i u m von Faith and Order zu erkennen sind. Die sachliche O r d n u n g der Darstellung in den beiden folgenden Abschnitten entspricht weitgehend der von Kapitel 2. a) Gemeinsame
Stellungnahmen
aus den Jahren
1910—1920
In den kurzen gemeinsamen Stellungnahmen wird die Erfahrung der Spaltung und deren Auswirkungen offensichtlich vorausgesetzt und d a r u m auch nicht über diese reflektiert. Die Begründungen der Einheitsbemühungen werden dagegen in der schon bekannten Weise vorgetragen, w o b e i , wohl a u f g r u n d des tiefen S c h o c k s und der ihm folgenden Friedenssehnsucht, die der Erste Weltkrieg ausgelöst hatte, der Akzent einseitiger auf die D u r c h s e t z u n g s k r a f t einer geeinten Christenheit gelegt wird. S o heißt es in der wichtigen „ E r k l ä r u n g " ( , . D e c l a r a t i o n " ) der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz von 1 9 1 6 : ,,The catastrophe (d.h. der Erste Weltkrieg) which has fallen upon m o d e r n civilization m a v be hastening the time f o r a united Church t o c o m forth as one p o w e r and with one obedience to m a k e the rule of Christianity the law of the n a t i o n s . " Angesichts dieser K a t a s t r o p h e und der nach Beendigung des Krieges auf die Kirchen wartenden ungeheuren Aufgab e n , s o wird weiter ausgeführt, ist die Dringlichkeit einer geeinten und d a r u m „ m ä c h t i g e n " Kirche in dieser „ e p o c h a l e n S t u n d e " ( „ e p o c h a l h o u r " ) , in diesem „ n e u e n Z e i t a l t e r " ( „ n e w a g e " ) u m s o größer, damit das Christentum zur b e s t i m m e n d e n K r a f t der Zivilisation werden und d e m Herrn in aller Welt den Weg bereiten k a n n . 1 2 2 Ein ähnlicher T o n klingt im Rundschreiben der 2. Sitzung des .„Beratenden A u s s c h u s s e s " an. A u c h die Notwendigkeit der Einheit im Blick auf die missionari122
F & O 30, 3 und 4, auch 5 (The Spiritual Basis of the World Conference).
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sehe Aufgabe der Christenheit wird kurz erwähnt. 1 2 3 Diese zeitgeschichtliche Begründung und das deutlich zum Ausdruck gebrachte , J e t z t ist die Zeit da!" 1 2 4 , wird auch hier im Sinne einer „höheren Führung" und noch direkter als Ruf des Geistes und der Liebe Christi interpretiert. 1 2 5 Stärker als in den Aussagen der Gemeinsamen Kommission wird allerdings die Überzeugung von der wesentlichen und unzerstörbaren Ganzheit der einen Kirche Gottes in der ganzen Welt als Grundlage der Einladung zur Weltkonferenz herausgestellt. 126 Diese Überzeugung wird in der gemeinsamen Erklärung zur „geistlichen Basis der Weltkonferenz", die ebenfalls 1916 angenommen wurde, mit einigen biblischen Bildern — Weinstock, Leib Christi, Fülle, etc. — begründet. Anschließend wird mit Zitaten belegt, daß die Kirche in ihrer Geschichte wie auch alle Bekenntnisschriften der evangelischen Kirchen am Bekenntnis zur universalen und katholischen Kirche festgehalten haben. 1 2 7 Es wird zwar nichts über das Verhältnis zwischen diesem gemeinsamen Bekenntnis zur einen Kirche und der Wirklichkeit der Christenheit, m.a.W. über die Diskrepanz zwischen Bekenntnis und Geschichte, gesagt. Doch die implizite Konfrontation dieses Bekenntnisses mit dem aus der Geschichte ergehenden Ruf zur Einheit einerseits und der geschichtlich gewordenen Spaltung andererseits soll doch wohl zum Ausdruck bringen, daß die Kirchen zur Verwirklichung dessen aufgefordert werden, zu dem sie sich grundsätzlich immer schon bekannt haben. Damit soll die Schärfe der neuen Situation wie auch die reale Möglichkeit eines gemeinsamen Aufbruchs deutlich gemacht werden. Auf den Einfluß der Gemeinsamen Kommission dürfte es zurückzuführen sein, daß bereits in den gemeinsamen Thesen der Vorkonferenz von 1913 die organische Einheit als das Ideal herausgestellt wird, dem alle Christen in ihren Gedanken und Gebeten nachgehen sollten. Diese The123 F&O 2 7 , 39f. („The World Conference calls for a Truce of God throughout Christendom"). 124
„We believe that now is a critically hopeful time for the world to b e c o m e Christian", F&O 27, 39; auch F&O 30, 54. 125 „ . . . a higher leading may prove to have been in the call for a gathering of representatives of Christian Churches . . . " F&O 30, 4. „The call of the spirit of Christianity for a World Conference at this epochal hour is given in Our Lord's new commandment of love; it is the call of Christ's love for a whole Church to carry salvation to the whole world", ebd. 5. 126 F&O 27, 39. „The invitation to the World Conference appeals directly to the Christian conviction of the essential and indestructible wholeness of the one Church of God throughout the world", F&O 30, 4 (The Spiritual Basis of the World Conference) . i " F&O 30, 4f.
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se fährt aber mit der Einschränkung fort, daß es nicht Sache der Kommissionen (der Kirchen) sei, einen bestimmten Einheitsplan durchzusetzen, sondern die Abhaltung der Weltkonferenz vorzubereiten. 1 2 8 In diesem kurios anmutenden Satz, in dem eine bestimmte Einheitskonzeption als das erstrebenswerte Ideal aller Christen herausgestellt und im gleichen Atemzuge versichert wird, man habe im Grunde aber noch gar nichts gesagt, denn es gehe zunächst nur um die Vorbereitung der Konferenz, verdichtet sich der mehrmals erwähnte Konflikt zwischen theologischer Neutralität (in der Frage der Form der Einheit) und theologischen Voraussetzungen in der Form eines — notwendigerweise — schlecht gelungenen Kompromisses. Daß in der „Erklärung" von 1916 gegenüber der von der kongregationalistischen Delegation eingebrachten Vorlage in der Wendung ,,a spiritually united church", die zweifellos in die Richtung der Vorstellungen Campbeils und Schmucker weist (vgl. hier I.3.a und b), das Wort „spiritually" ausgelassen wurde, spricht ebenfalls für diesen anglikanischen Einfluß. 1 2 9 Aber auch an Gegenreaktionen fehlte es nicht. Als George Zabriskie auf der gleichen Konferenz, und zwar in seinem „Plan für eine Weltkonferenz", es als eine Aufgabe der Weltkonferenz bezeichnete, darüber zu diskutieren, ob die zuvor formulierten Fragen solche Lehren enthielten, die einer „organic union of Christendom" im Wege stünden, setzte sich Dr. Marquess (Presbyterianer) mit seinem Gegenvorschlag in der Form von „the unity of Christendom" durch. Diese Formulierung, der es um die Beseitigung des „organic" ging, läßt die Frage der Gestalt der Einheit noch völlig offen. In der weiteren Diskussion wurde schließlich dieser ganze Absatz gestrichen. 130 Diese wenigen Stellen zeigen einerseits das Bemühen, die Einheitskonzeption der Gemeinsamen Kommission auch den Aussagen des umfassenderen Kreises der an den Vorbereitungen für eine Weltkonferenz Beteiligten zugrundezulegen — ein vom Standpunkt der Gemeinsamen Kommission aus gesehen gewiß folgerichtiges Bemühen. Andererseits ist deutlich, daß die Vertreter der anderen Kirchen nicht bereit waren, die geplante Konferenz nur in der Perspektive dieser Konzeption zu sehen. Im Zusammenhang der Frage nach dem Weg zur Einheit klingt wiederum der Gedanke der „Comprehension" an, auch hier im Sinne einer die in den verschiedenen kirchlichen Traditionen besonders betonten und 128 F&O 2 4 , 46: „That while organic unity is the ideal which all Christians should have in their thoughts and prayers, yet the business of the Commissions is not to force any particular scheme of unity, but to promote the holding of such a Conference as is above described." 129
Vgl. Proceedings of the North American Conference, 1916, a.a.O. 8 0 und F&O 30, 4. 130 Proceedings, 153. 6 Gaflmann, Konzeptionen
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geachteten Überlieferungen, Formen und Überzeugungen einschließenden einen Kirche der Zukunft. 131 Man kann annehmen, daß der Gedanke der „Comprehension" zunächst u.a. aus dem Grunde attraktiv war, weil er einen möglichst „schmerzlosen" Weg zur Einheit nahezulegen schien. Dieser Eindruck erhält durch einen Satz im Rundschreiben der 2·. Sitzung des Beratenden Ausschusses eine gewisse Bestätigung, wenn hier die leitenden Männer der Kirchen aufgerufen werden: „ . . . to labor without ceasing to work out in this generation, by mutual recognitions and mutual readjustments, a practical basis of unity in liberty, in order, in truth, in power, and in peace." 1 3 2 Ist in diesem Satz, so allgemein und vage er auch formuliert ist, nicht die Tendenz erkennbar, auf dem schnellen und darum wenig tiefreichenden Wege einer gegenseitigen Anerkennung und gewisser Modifizierungen der vorgegebenen Situation zur Einheit zu gelangen? Andererseits sollten solche Formeln natürlich die Kirchen erst einmal mobilisieren, und da man in ein eingehenderes, klärendes theologisches Gespräch noch nicht eingetreten war und man sich überdies zur Abstinenz gegenüber vorgreifenden theologischen Festlegungen in der Einheitsfrage verpflichtet hatte, waren solche Formulierungen wohl nicht zu vermeiden. Die Vorbereitung der Konferenz hat die gemeinsamen Zusammenkünfte am stärksten beschäftigt. In der umstrittenen Frage der thematischtheologischen Vorbereitung der Konferenz wurde 1914 und auf der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz 1916 die Festlegung eines bestimmten Einheitsideals für die Konferenz wie auch eine ihr vorausgehende gemeinsame Diskussion über Fragen von Glauben und Kirchenverfassung abgelehnt. 133 Immerhin sehen die 1916 gemachten Vorschläge eine gewisse thematische Vorbereitung der Konferenz vor. Als Hauptfragen, die auf der Konferenz selbst behandelt werden sollten, werden genannt: 1. Die Kirche — ihr Wesen und ihre Funktion. 2. Die katholischen Glaubensbekenntnisse — als Sicherungen des Glaubens der Kirche. 3. Die Gnade und die Sakramente im allgemeinen. 4. Das Amt — sein Wesen und seine Funktion. 5. Praktische Fragen im Zusammenhang mit den missionarischen und anderen administrativen Funktionen der Kirche. 134 Ein solcher Entwurf mußte gemacht werden, da eine große Konferenz ohne eine Tagesordnung nicht durchführbar ist. Allerdings, und hier scheint ein unvermeidliches Dilemma vorzuliegen, würde allein durch die Art der Auswahl dieser Hauptfragen in gewisser Weise die Richtung des theologischen Gefälles der Konferenz doch mit bestimmt werden. >31 F&O 27, 4 0 und 41 (Truce). 1 3 2 F&O 27, 41 (kursiv vom Verf.). 133 vgl. F&O 2 7 , 4 0 (Truce); Proceedings, 1 5 3 - 1 7 8 . 134 F&O 31, 17.
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Das zeigen in der Tat auch die fünf Themen — die übrigens alle, mit Ausnahme des weniger gewichtigen 5. Punktes, 1927 in Lausanne behandelt wurden. Abgesehen von der Ersetzung des Punktes über die Bedeutung der Heiligen Schrift durch die Frage des Wesens und Auftrages der Kirche tauchen hier alle Punkte des Lambeth-Quadrilaterals wieder auf. Da die gemeinsam verabschiedeten Texte der Konferenz von 1916 weitgehend auf Vorarbeiten von George Zabriskie zurückgehen 1 3 s , dürfte hier der Grund für diesen deutlichen anglikanischen Einfluß zu sehen sein. Die hier angeführten gemeinsamen Aussagen standen, das konnte nicht anders sein, im Schatten der Arbeit und der Vorstellungen der Gemeinsamen Kommission. Wenn aber hier trotz des großen Einflusses dieser Kommission bereits ein Widerstand gegen die Übernahme ihrer Einheitskonzeption erkennbar war, dann treten die sich hier ankündigenden unterschiedlichen Auffassungen in den folgenden Ausführungen oder Stellungnahmen einzelner nicht-anglikanischer Theologen und Kirchen noch deutlicher hervor. b) Die ersten nicht-anglikanischen
Stimmen
Um einen weiteren Schritt über die Vorstellungen der Gemeinsamen Kommission hinauszugehen, sollen nun Erwägungen nicht-anglikanischer Theologen zur geplanten Weltkonferenz herangezogen werden. Die Begrenzung auf den amerikanischen Bereich wird damit noch nicht verlassen. Es sind überdies nur solche Stimmen, die auf den ersten, gemeinsamen Zusammenkünften laut wurden oder aus dem Kreis der direkt beteiligten Kommissionen und Kirchen kamen. Der Übergang zur Neustrukturierung und Ausweitung der Arbeit von Faith and Order nach 1920 ist aber hier angelegt. Zu den Spaltungen der Christenheit wird von diesen Theologen auf verschiedene Weise, wenn auch zumeist nur am Rande, Stellung genommen. Daß die Spaltungen ein Hindernis für die Missionierung der heidnischen Welt und für die christliche Durchdringung der verschiedenen Lebensbereiche sind oder eine solche Durchdringung völlig vereiteln 136 , steht ebenso in Übereinstimmung mit den Aussagen der Gemeinsamen Kommission wie die Feststellung, daß die Spaltungen Sünde sind. 137 Doch 135 Vgi_ Plans for Further Procedure with regard to the World Conference in Faith and Order. Printed for the North American Preparatory Conference, A.D. 1 9 1 6 , Einleitung. 136
Junius B. Remensnyder (luth.), F&O 2 4 , 32f.; Peter Ainslie, If not a United Church - What? New York 1920, 1 8 - 2 2 , 2 4 , 32, 33. 137 Report of the Committee on Church Unity of the National Council of Congregational Churches, 1 9 1 3 . F&O 2 5 , 9; Newman S m y t h (im Namen der kongrega-
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in der letzten Aussage bestand keine Einmütigkeit. Als auf der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz der Entwurf zu einem gemeinsamen Dokument über die ,.Methode der Konferenz" vorgelegt wurde, schlug V. H. Roberts (Presbyterianer) vor, die Wendung „the sin of continued schism", die sich bereits im Bericht des kongregationalistischen Ausschusses für Kircheneinheit (vgl. hier Anm. 137) findet und von dort her wohl übernommen wurde, da Dr. Smyth, der Verfasser dieses Entwurfs, auch jenem Ausschuß angehörte, durch „the fact of continued schism" zu ersetzen. Dieser Vorschlag wurde von Roberts so begründet „There are churches which are heartily in this movement, that have no apology to offer for the Protestant Reformation". Diese Änderung wurde — zögernd — vom Mitverfasser dieses Dokuments, Newman Smyth (Kongregationalist) angenommen. 1 3 8 Auf diese Weise kam es dazu, daß in den ersten gemeinsamen Dokumenten die Beurteilung der Spaltungen als Sünde nicht auftaucht, da in dieser Frage offensichtlich keine Übereinstimmung vorhanden war. Gerade der Rückbezug auf die Reformation führte auch in den späteren Diskussionen in Faith and Order Theologen aus den Reformationskirchen zum Widerspruch gegen eine pauschale Charakterisierung der Spaltungen als Sünde. Auch fehlen in den hier herangezogenen Aussagen alle Hinweise auf eine Spaltung im Leibe Christi, da sie von einem anderen Kirchenverständnis aus gemacht werden. Zur Begründung für das Bemühen um die Einheit werden die bereits bekannten Hinweise auf die Zeitsituation angeführt. Die Notwendigkeit der Einheit wird, als „Herausforderung der Stunde" (Ainslie) und um der christlichen Zivilisation in der Welt willen, in ihren verschiedenen Aspekten und auch im Blick auf die missionarische Aufgabe der Christenheit herausgestellt. 139 Diese Hinweise, unter denen auch nicht der Gedanke des Kampfes gegen die in der Welt wirkenden bösen Mächte („to overcome the evil of the world") 1 4 0 und damit der „Machtaspckt" 1 4 1 fehlt, brauchen nicht noch einmal näher angeführt zu werden. Theologische Begründungen sind dagegen auch in diesen Texten äußerst selten. tionalistischen Delegation), Proceedings of the North American Conference, 1 9 1 6 , a.a.O. 80; ders., Concerning Schism, in: Approaches Towards Church Unity, a.a.O. 70 und 72; Ainslie, a.a.O. 34. 138 Proceedings, a.a.O. 2 2 0 . 139 F&O 2 5 , 9 und 13f.; Remensnyder, A First Preliminary Conference, F&O 2 4 , 32f.; Arthur E. Main, in: Proceedings of the North American Conference, 1 9 1 6 , a.a.O. 77; Smyth, ebd. 80; bes. stark bei Ainslie, („It is the challenge of the hour"), a.a.O. 12, 13, 1 8 - 2 2 , 2 4 - 2 6 , 32f.; Smyth, F&O 27, 14; Smyth, The Unity of the Churches, in: The Yale Review, April 1 9 1 5 , 5 7 4 . 140 F&O 2 5 , 9; Smyth, The Unity, a.a.O. 5 7 4 . 141 F&O 25, 13; Ainslie, a.a.O. 22; Smyth, The Unity, a.a.O. 5 7 4 .
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Kennzeichnend für eine, wie wir später sehen werden, in „protestantischen Kirchen" verbreitete Auffassung ist die Feststellung von Dr. Roberts, daß in den drei vergangenen Jahrhunderten noch nie ein solches Verlangen und Bemühen vorhanden war, die bestehende geistliche Einheit sichtbar zu manifestieren, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 1 4 2 Der Gedanke der Manifestation vorgegebener Einheit tauchte bereits bei Anderson auf (vgl. hier S. 69), es ist aber deutlich, daß der Unterschied zwischen beiden Theologen in der Sicht dessen liegt, was manifestiert werden soll. Diese Sicht der Einheitsfrage, die durch die beiden Pole „bestehende geistliche Einheit" und deren s i c h t b a r e Manifestation" bestimmt ist, wird später einen wichtigen Platz in Faith and Order einnehmen. Da die geistliche Einheit bereits eine geschichtlich faßbare Wirklichkeit ist, ja für viele bereits die entscheidende Grundlage der Einheit darstellt, ist deren Sichtbarmachung gleichsam nur eine einlinige, folgerichtige strukturelle Konsequenz aus dem, was bereits in entscheidender Weise gegeben ist. Die Unterschiede und Gegensätze im Glauben und in der Kirchenverfassung, die diesem Weg im Wege stehen, werden, das zeigen noch andere Beispiele, als komplementäre Aspekte der Wahrheit interpretiert und verlieren damit ihre kirchentrennende Bedeutung. Daneben stehen noch einige Hinweise auf die Ortsgemeinden der Urkirche, die Repräsentation und Beweis für die eine, ganze Kirche waren 143 , und auf die Durchbrechung religiöser und nationaler Grenzen durch die Kirche im Neuen Testament. 1 4 4 Peter Ainslie (Disciples of Christ) verbindet den Hinweis auf J o h . 17 mit dem auf dem romantisch-organischen Denken beruhenden Analogieschluß, daß, wie in der Natur Ordnung, Einheit und Harmonie unlösbar zusammengehören, so auch der für die Kirche wesensgemäße Zustand nur der der Einheit sein kann. 1 4 5 Eine durchreflektiertere Position, in der vor allem der Gedanke der „Comprehension" etwas eingehender entfaltet wird, vertritt Raymond Chalkins (Kongregationalist) in einem Vortrag vor dem Nordamerikanischen Vorbereitungsausschuß. Er geht von der Affirmation des fortdauernden Wirkens des Heiligen Geistes in der Kirche aus, von der her sich mit Notwendigkeit die Forderung nach Anerkennung seines Wirkens in jeder einzelnen Gruppe von Christen ergibt. Diese Anerkennung würde aber zur Erkenntnis der wahren Dimension der katholischen "2 i« i"4 145
Proceedings, a.a.O. 2 0 0 . S m y t h , The Unity, a.a.O. 5 7 1 . Ainslie, a.a.O. 3 4 und 5 1 f . Ainslie, a.a.O. 12 und 13f.
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Kirche und ihrer wahren „Inklusivität" — ein anderes Wort für „Comprehension", das auf der Genfer Vorkonferenz 1920 viel gebraucht werden wird (vgl. hier S. 111) — führen. Daraus folgt: Die eine, wahre katholische und apostolische Kirche existiert bereits, der Leib und die Braut Christi. Sie wird auf Erden jedoch nicht wahrgenommen und ist noch nicht verwirklicht. Jede der getrennten Gemeinschaften umfaßt einen Teil der gesamten Wahrheit und verkörpert „Fragmente" des umfassenden Wesens der einen Kirche. Bevor nicht jede Kirche diesen fragmentarischen Charakter ihrer selbst und den religiösen Wert der von den anderen Kirchen verkörperten Wahrheit und die umfassende Wahrheit, an der sie alle ein Teil sind, erkennt, ist die Verwirklichung der Einheit noch in weiter Ferne. Der Weg zur Einheit ergibt sich dann aus der Erkenntnis, daß weder alle im Recht noch im Unrecht sind, sondern daß die Wahrheit in einer Synthese derjenigen religiösen Werte besteht, für die jede einzelne Kirche eintritt. 1 4 6 Chalkins zieht aus diesen Thesen aber nicht die mögliche Folgerung, die bestehenden Unterschiede sollten in einer vereinigten Kirche der Zukunft in der Form einer Synthese überwunden werden. Nachdem er die charakteristischen Merkmale und damit auch Unterschiede des „katholischen" und „protestantischen" Kirchenverständnisses skizziert hat, gelangt er zu dem Schluß, daß beide Konzeptionen unaufgebbar zu sein scheinen. Die einzige Hoffnung auf eine Wiedervereinigung liegt für ihn darin, daß jede Seite zu einem geistlichen Verständnis und zu einer Anerkennung der Gültigkeit und Notwendigkeit jener Erkenntnis und Verwirklichung der Wahrheit gelangt, die von der anderen Seite vertreten wird. 1 4 7 „Comprehension" wird hier im Sinne eines — man könnte fast sagen: unbegrenzten — Pluralismus verstanden. Die Form der zukünftigen Einheit könnte von diesem Ansatz hier wohl nicht die der organischen Einheit sein, sondern eher eine Föderation, die von einem neuen Geist der gegenseitigen Annahme durchdrungen ist. Gegen Chalkins Versuch ist einzuwenden, daß hier zu pauschal, zu undifferenziert von einer Pluralität der Wahrheitserkenntnis (von einer Pluralität der Wahrheit könnte man sowieso nicht sprechen) gesprochen wird. Man kann nicht einfach eine Komplementarität und Additionsfähigkeit aller beliebigen Wahrheitserkenntnisse voraussetzen, das wäre ungeschichtlich und auch dogmatisch nicht haltbar. Daß aber die notwendige Differenzierung zwischen komplementären und einander ausschließenden Wahrheitserkenntnissen — wenn man hier überhaupt eine Pluralität zuzugestehen bereit ist — eines 146
Chalkins, The Historical Method of Approach, in: Newman S m y t h and Williston Walker, ed., Approaches Towards Church Unity, New Haven 1 9 1 9 , 8 0 f . 147 Ebd. 8 5 - 8 8 .
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der schwierigsten Probleme ist, hat die weitere Geschichte von Faith and Order bis heute gezeigt. Überdies stellt sich angesichts der Aussagen Chalkins die Frage, ob hier nicht, trotz der intendierten Veränderung der inneren Einstellung, ein statisches und die Möglichkeit kreativer geschichtlicher Entwicklung auf dem Wege zur Einheit ausschließendes Verständnis vorliegt? Eine Vielfalt der Auffassungen unter den in diesem Kapitel herangezogenen Stimmen zeigt sich in den von ihnen vertretenen Einheitskonzeptionen. Die in Teil I beschriebenen drei Grundtypen — geistliche Einheit, Föderation und organische Einheit — kehren hier wieder. Junius Β. Remensnyder (Lutheraner) bezweifelt, ob angesichts der Glaubensunterschiede eine echte geistliche Einheit bestehe (wie dies von mehr evangelikal orientierten Theologen behauptet wird). Er meint, daß gerade Joh. 17 und das neutestamentliche Bild von der Kirche als Leib Christi überdies mehr intendiere als nur eine geistliche Einheit, ja, daß es sogar gelte, über die bestehende Föderation von Kirchen hinaus (er meint offensichtlich den „Federal Council of the Churches of Christ" in den USA), zur organischen Einheit der Kirche fortzuschreiten, die bereits im Neuen Testament angelegt ist und 1500 Jahre bestanden habe. Diese zu erstrebende eine, große, universale, sichtbare Gemeinschaft der (protestantischen!) Kirchen, dieser eine Leib, sollte die durch die Geschichte weitergegebene und durch die ökumenischen Bekenntnisse bezeugte Offenbarung zur Grundlage haben und als „Zeichen" dafür auch die Autorität der Heiligen Schrift und die Sakramente bewahren. 148 In der „schwierigsten Frage", der der Ordnung, macht Remensnyder keinen Lösungsvorschlag. So bleibt bei ihm offen, obwohl auch bei ihm die ersten drei Punkte des Lambeth-Quadrilaterals als Strukturelemente auftauchen, wie die von ihm angestrebte organische Einheit erreicht und wie sie aussehen soll. Peter Ainslie tendiert in die gleiche Richtung: Das Geheimnis der Überwindung der Welt liegt nach seiner Auffassung nicht in einer bloßen Zusammenarbeit oder Föderation von Denominationen, sondern in einer geeinten Kirche, die er vom einzelnen Gläubigen her entwirft und ebenfalls nicht näher umschreibt. 149 Für die Mehrzahl der protestantischen Theologen scheint dagegen ein Verständnis der Einheit bezeichnend gewesen zu sein, das Gardiner in seinem Bericht vor der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz aufgrund der eingegangenen 40—50000 Briefe, mit einem kritischen Unterton, in einem Satz umreißt: ,,Many assume that federation and 148 In: Proceedings of the North American Conference, 1 9 1 6 , a.a.O. 55f.; auch schon in: A First Preliminary Conference, F&O 2 4 , 2 8 - 3 3 . 1 49 Ainslie, a.a.O. 3 4 und 36f.
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c o o p e r a t i o n are u n i t y . " 1 5 0 D a s trifft auch auf die Vertreter einer geistlichen Einheit zu, für die die Z u s a m m e n a r b e i t eine naheliegende und die F ö d e r a t i o n eine mögliche K o n s e q u e n z aus ihrer Position darstellen. S o sieht B i s c h o f / . W. Hamilton (Methodist) angesichts der wohl k a u m zu überwindenden Lehrunterschiede keine andere Möglichkeit einer Realisierung der Einheit als die der geistlichen Einheit in brüderlicher L i e b e . 1 5 1 Diese geistliche Einheit ist allerdings nur eine u n v o l l k o m m e n e Verkörperung der grundlegenden und notwendigen Einheit der Kirche J e s u Christi. A u s d e n gleichen Gründen tritt James Moffat (Presbyterianer) für eine Z u s a m m e n a r b e i t ein, durch die nach seiner Meinung J o h . 17 erfüllt w i r d . 1 5 2 Arthur E. Main (Seventh D a y Baptist General C o n f e r e n c e ) geht vom einen Leib der Kirche Christi im N e u e n Testament aus und setzt die innere, geistliche Einheit als eine grundlegende T a t s a c h e voraus, die aber nun nach einem sichtbaren A u s d r u c k verlangt. Es geht ihm u m ein sichtbares Zeugnis unseres Einsseins in unserem Heiland und Herrn. D e r Oberbegriff ist dann die eine Kirche als Mittler der Erlösung, die aus d e n einzelnen Kirchen und D e n o m i n a t i o n e n b e s t e h t , die w i e d e r u m in einer repräsentativen und praktisch-zusammenwirkenden Weise geeint s i n d . 1 5 3 Der G e d a n k e einer F ö d e r a t i o n von Kirchen, der bei Main bereits anklingt, wird von Newman Smyth konkreter a u f g e n o m m e n , w o b e i er eine Differenzierung zwischen K o n f ö d e r a t i o n und föderativer Einheit ( „ f e deral u n i o n " ) v o r n i m m t : Zur V e r k ö r p e r u n g einer d y n a m i s c h e n Einheit, durch die das (bereits gegebene) wesentliche Einssein der Gläubigen in kraftvoller Weise sichtbar g e m a c h t werden soll, m a c h t er drei Vorschläge für eine „ f ö d e r a t i v e E i n h e i t " : 1. Genügende administrative Zusamm e n f a s s u n g , d a m i t die vielen Kirchen, ohne Verlust ihrer A u t o n o m i e , als G a n z e s für d a s G a n z e handeln k ö n n e n . 2 . Offizielle Interkommunion. 3. Ein so gestaltetes A m t , daß es von allen als regulär anerkannt werden k a n n . 1 5 4 Offensichtlich sieht S m y t h in einer K o n f ö d e r a t i o n " ein G e b i l d e , das — wie der „ F e d e r a l C o u n c i l " in den U S A — sich lediglich auf eine gewisse administrative G e m e i n s c h a f t z u m Z w e c k e wirkungsvollerer Z u s a m m e n a r b e i t b e s c h r ä n k t , während die „ f ö d e r a t i v e E i n h e i t " Elemente einer organischen Einheit mit der O r g a n i s a t i o n s f o r m der F ö deration verbindet. Einige J a h r e später hat S m y t h diesen G e d a n k e n der „ f ö d e r a t i v e n E i n h e i t " noch einmal begründet. Er stellt die unsichtbare »so F & O 3 0 , 19. 1 5 1 Proceedings of the North American Conference, 1 9 1 6 , a.a.O. 5 8 f . 152 E b d . 68f. 153 E b d . 7 5 - 7 7 . 1 5 4 S m y t h , The Unity, a.a.O. 5 73. Daß auch Chalkins in der gleichen Richtung eine Begründung anstrebt, haben wir bereits erwähnt.
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ganze Kirche und deren unsichtbare Einheit der sichtbaren, einzelnen Kirche gegenüber, die an einem bestimmten Ort die sichtbare Darstellung der ganzen Kirche ist und dies nun auch in ihrem Verhältnis zu den anderen Kirchen zum Ausdruck bringen muß. 1 5 5 Smyth gelangt zu dieser Position auf der Grundlage einer Gleichsetzung der Ortsgemeinden im Neuen Testament mit den getrennten Kirchen heute. Diese Gleichsetzung ist aber keine Feststellung eines Faktums, sondern Hinweis auf das zu erreichende Ziel. Der Weg dorthin wird mit dem Gedanken der „Comprehension" umschrieben, aus der sich dann ein Verhältnis der „Ortskirchen" zueinander ergibt, das dem Bild des Neuen Testaments entspricht. Der Aufsatz von Smyth zeigt, daß er in dieser „Comprehension" mehr als nur eine Legalisierung des gegenwärtigen Zustandes sieht. 156 Die Kirchen sollen nicht unverändert aus diesem Prozeß hervorgehen. So gewichtig manches an dieser Position sein dürfte, ihre kritischen Punkte bestehen doch darin, daß Smyth faktisch die neutestamentlichen Gemeinden an einem bestimmten Ort mit den heutigen Kirchen einer bestimmten Konfession in Beziehung setzt. Das aber sind zwei nicht vergleichbare Größen. Der andere kritische Punkt ist die Sequenz von unsichtbarer Kirche samt ihrer unsichtbaren Einheit zur sichtbaren Einzelkirche und der Sichtbarkeit der Einheit dieser Einzelkirchen untereinander. Ich glaube nicht, daß dieses platonisierende Schema von unsichtbarem Urbild und sichtbarem Abbild das Verhältnis von vorgegebener Einheit, Spaltung und neuer Realisierung der Einheit zutreffend markiert. Der Weg zu einer größeren Einheit, wie immer diese auch näher vorgestellt wird, wird wiederum vornehmlich mit dem Gedanken der „Comprehension" umschrieben. Das kostbare geistliche Erbe, das den einzelnen Kirchen anvertraut ist, so äußerte sich ein Ausschuß des Nationalrats der Kongregationalistischen Kirchen (USA) 1910 und 1913, sollte auf dem Wege des gegenseitigen Lernens, Gebens und Empfangens in der „Kirche der Z u k u n f t " in einer umfassenden („comprehensive") Weise bewahrt werden. 1 5 7 In diesem Sinne wird auch das Ziel der geplanten Konferenz und der damit verbundenen Bewegung gesehen. Es besteht nach Smyth zunächst in einem wirklichen Bemühen um ein Verstehen der hinter den unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen und Formen liegenden wahren geistlichen Werte. Diese sollen dann in der wahren katholischen Kirche Gottes gemeinsame ihren Platz finden („comprehend"). „It is a constructive method of rebuilding the church 155 156 157
Smyth, Concerning Schism, a.a.O. 70. Smyth, The Unity, a.a.O. 5 6 5 f . und 5 7 1 f . F&O 1, 7f. und F&O 2 5 , 9.
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of the future with material brought from all quarries." Das bedeutet negativ, daß die Unterschiede nicht auf eine „tote Uniformität" — das ist das vielgefürchtete negative Gegenstück zur „Comprehension" — hin verwässert werden oder einem „bekenntnislosen V a k u u m " im Sinne eines Minimalismus weichen sollen. („Not a creedless vacuum, but comprehension of whatsoever things are true and of good report ,.." 1 5 8 ) Auf die Interpretation der „Comprehension" durch Chalkins wurde bereits eingegangen (vgl. hier S. 85f.). Neben dem Versuch, mit Hilfe der „Comprehension" das Problem der Unterschiede und Spaltungen zu bewältigen, steht das Bemühen anderer Theologen, die Unterschiede abzuwerten, ihnen eine sekundäre Randstellung zuzuweisen, damit die vorhandene Einheit im Geist oder in den „Fundamentalartikeln" umso deutlicher in Erscheinung treten kann. Das klingt bei Roberts an 1 5 9 und wird von Moffat mit größter Offenheit ausgesprochen: „We may minimize them (d.h. die Unterschiede) and we may minimize them by letting them alone, I think, so much better than by discussing them." 1 6 0 Auch Ainslie möchte diesen Weg beschreiten. In einer an Campbell wie an Schmucker (vgl. hier 1.3) erinnernden Weise, und damit auch deren formalistischer und ungeschichtlicher Denkweise folgend, meint er, daß in allen getrennten Kirchen Wahrheit enthalten sei, und daß diese Wahrheit das allen Gemeinsame ist. Die jeweiligen Besonderheiten dagegen haben zu den Trennungen geführt und irgendwo liegt in ihnen der Irrtum beschlossen. Darum gilt es, diese hinter den Unterschieden liegenden Grundlagen der Einheit der ganzen Kirche zu ergründen, sie auf einfache und umfassende Elemente zu reduzieren und von diesen unanfechtbaren Fundamenten her die Kirche der Zukunft aufzubauen. 1 6 1 Im Bemühen um die Einheit, wobei die Form dieser Einheit, wie wir sahen, sehr verschieden verstanden wird, stehen sich hier also, in der Terminologie der Zeit, ein „Maximal-" und ein ,Minimalprogramm" gegenüber. Beide Programme möchten mit dem Problem der Unterschiede fertigwerden und ein neues Verhältnis der Kirchen zueinander ermöglichen. Dabei zeigen sich einige bemerkenswerte Unterschiede, deren Beschreibung natürlich genauso pauschal, wie es die Aussagen selbst sind, ausfallen muß. Im ,,Maximalprogramm" der „Comprehension·" werden die Unterschiede (sicher nicht alle) als besonders geschätzte Elemente des Erbes der einzelnen Traditionen, die zu be158
Smyth, The Unity, a.a.O. 565. Proceedings of the North American Conference, 1916, a.a.O. 203. 160 Ebd. 67. 161 Ainslie, a.a.O. 71 und 73 (Proceedings, a.a.O. 56). 159
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wahren sind, herausgestellt. Im ,.Minimalprogramm" dagegen werden diese Besonderheiten als sekundär an den Rand geschoben oder gar als mit dem Verdikt des Irrtums belegte Abweichungen von der gemeinsamen Wahrheitserkenntnis verstanden. Eine quer durch beide Programme verlaufende Differenzierung besteht darin, daß auf der einen Seite im Prozeß der Realisierung größerer Einheit die bestehenden Unterschiede unangetastet bleiben sollen (als Bestandteile der „Comprehension", als sekundäre Aspekte der primären geistlichen Einheit oder als nicht überwindbare geschichtliche Wirklichkeit) und auf der anderen Seite versucht werden soll, nach den hinter den Unterschieden liegenden, tieferen geistlichen Wahrheiten und Wirklichkeiten zu fragen. Für beide Seiten, und das scheint mir besonders wichtig zu sein, ist daher eine Klärung der Unterschiede selbst nicht von besonderer Wichtigkeit, denn das Problem scheint so oder so grundsätzlich bereits gelöst zu sein. Es ist dann nur folgerichtig, wenn die Aufgabe der geplanten Weltkonferenz weniger in der Diskussion und Herausarbeitung der Unterschiede, sondern vor allem im „konstruktiven" Näher kommen der Kirchen gesehen wird. 162 Gardiner sagte hierzu in seinem Bericht vor der Nordamerikanischen Vorbereitungskonferenz: „Very few of the writers of the 40000 to 50000 letters which have been received, have noted that the chief object of the Conference is the discussion of differences. Very many of them propose one concordat or another .. ," 1 6 3 Zum Abschluß dieses Kapitels sollte nicht der Hinweis vergessen werden, daß auch bei einigen der hier herangezogenen Stimmen die geistliche Dimension des Ringens um die Einheit in den Blick kommt. Man könnte diese zusammenfassend zu beschreiben: Nur auf der Grundlage der Buße der Kirchen, des Gebets, des Vertrauens auf die Leitung des Geistes Gottes und, wie Ainslie schreibt, auf der Grundlage des Wirkens des Geistes unseres gemeinsamen Heilands in den Herzen aller, die an ihn glauben, wird das Problem der Einheit zu lösen sein. 164 Die in diesem Kapitel umrissenen und interpretierten Auffassungen sind an manchen Punkten durch andere Voraussetzungen, Erwägungen und Lösungsversuche gekennzeichnet als dies bei der Gemeinsamen Kommission der Episkopalkirche der Fall ist. Aber auch unter sich weisen diese Auffassungen manche Verschiedenheit auf. Das Bild wird farbenreicher, 162
J . W. Hamilton, in: Proceedings, a.a.O. 5 7 f . ; Moffat, ebd. 66f. F&O 30, 17 und ebenso 19. 164 Vgl. Remensnyder, Proceedings, a.a.O. 5 6 ; ders. F&O 24, 30; Smyth, Proceedings, a.a.O. 80; Ainslie, a.a.O. 65 und 69. Vgl. auch die kritische Feststellung Gardiners zu den eingegangenen Briefen: „There is little profound realization of the necessity for prayer", F&O 30, 20. 163
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dafür aber auch weniger klar und somit stärker der Wirklichkeit der getrennten Christenheit entsprechend.
4. Die Fronten
und Fragen zeichnen
sich ab
Es ist notwendig, noch einmal auf das erste Stadium von Faith and Order in seiner Gesamtheit zurückzublicken, einige seiner erkennbar werdenden theologischen Tendenzen nachzuzeichnen und dies mit kritischen Erwägungen zu verbinden. Dieser Teil der Arbeit hat als Überschrift „Mission und Weltwirksamkeit — Die Dimension der Einheit". Die T e x t e aus den Jahren 1 9 1 0 bis 1 9 2 0 , aber auch die Vorgeschichte der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung (vgl. die Hinweise in Teil I, S. 16, 28f., 34f., 41 und 42f.) und die stark sozial wie missionarisch orientierten neuen Impulse unter den Christen und Kirchen der USA wie auch Englands 1 6 5 im 19. und beginnenden 2 0 . Jahrhundert machen in der T a t deutlich, daß die Wurzeln auch von Faith and Order, also der am stärksten theologisch orientierten Weltbewegung, im Bereich des gemeinsamen missionarischen und sozialen Auftrages zu suchen sind. Nicht ein aus der theologischen Reflexion über das Wesen der Kirche heraus erwachsenes neues Erkennen der Notwendigkeit der Einheit steht am Anfang, sondern die Erfahrung einer neuen Zeit und der aus ihren Bewegungen, Nöten und Möglichkeiten an die Kirchen ergehende R u f zur Verwirklichung ihres neu verstandenen Auftrages in seiner Dringlichkeit, Gemeinsamkeit und Universalität. Es wäre aber unzutreffend, daraus zu folgern, letztlich hätten „nicht-theologische F a k t o r e n " zur Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung geführt und seien erst dann gleichsam theologisch „aufgefang e n " worden. Die aus der Zeitsituation heraus ergehende Nötigung zur Einheit wurde gerade nicht im Rahmen des Schemas von theologisch — nicht-theologisch verstanden, sondern, wie andeutungsweise auch immer, theologisch interpretiert und aufgenommen. Drei Aspekte scheinen mir für diese Deutung zu sprechen: Erstens wurde die Herausforderung durch die Welt und Geschichte als unausweichliche Erinnerung an grundlegende Elemente christlicher und kirchlicher Existenz und damit an deren neue Realisierung und Orientierung gesehen und angenommen. Es sind dies die Sendung, Einheit und Universalität der Kirche, deren unlösbare 165 Vgl. u.a. William R. Hogg, Ecumenical Foundations. A History of the International Missionary Council and its nineteenth-century background, New Y o r k 1 9 5 2 ; Maurice B. Reckitt, Maurice to Temple, L o n d o n 1 9 4 7 ; Roger L l o y d , The Church of England 1 9 0 0 - 1 9 6 5 , L o n d o n 1 9 6 6 , 2 1 4 f f . und bes. 2 9 0 f f . (The Church of England and the Social Order); Handy, T h e Social Gospel, a.a.O.; MacFarland, Christian Unity in the Making, a.a.O.
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Verbundenheit miteinander und Interdependenz gleichzeitig erkannt wurden. Zweitens wurden die Neuaufbrüche und Entwicklungen der Zeit selbst theologisch interpretiert, und zwar im negativen wie im positiven Sinne. Daher die Rede vom „Bösen" im Blick auf bestimmte Situationen und Verhältnisse wie auch die Feststellung, daß in der Sehnsucht der Völker nach Frieden, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit elementare christliche Überzeugungen und Hoffnungen zum Ausdruck kommen. Drittens die umfassendere Sicht, daß in der geschichtlichen Entwicklung und der in ihr beschlossen liegenden Herausforderung an die Christenheit ein Wirken Gottes und die Führung des Heiligen Geistes geglaubt werden kann. „Geglaubt werden k a n n " — das bedeutet, daß hier keine Theologie der Geschichte entwickelt wurde, sondern daß in wenigen, sehr zurückhaltenden und eben vom Glauben ausgehenden Aussagen, die mir in dieser Weise möglich und unter der begrenzenden Bedingung der Unmöglichkeit des Schauens dennoch notwendig zu sein scheinen, die theologische Dimension der Geschichte in den Blick gekommen ist. Die äußeren, aber als theologisch relevant erkannten Anstöße zum Ringen um die Einheit wurdem mit biblischen Begründungen verbunden, denen — zu Recht — primäre Bedeutung zuerkannt wurde, auch wenn der ganze Prozeß gerade nicht bei ihnen seinen Ausgangspunkt genommen hat. Daß diese biblische Begründung, gerade weil sie durch den im Vordergrund stehenden Bezug zur Zeitsituation mit all ihren Implikationen erst wieder „entdeckt" wurde, nur ansatzweise und darum nicht ausreichend entfaltet wurde, ist eine der Schwächen dieser ersten Vorbereitungszeit. Die damals mit neuer Dringlichkeit erfahrene und herausgestellte Notwendigkeit der Einheit und Universalität für die (äußere) Mission ist zu einer der bestimmenden Grundlagen der gesamten ökumenischen Bewegung geworden. Anders steht es mit den Aussagen zum sozialen (im umfassenden Sinne) Auftrag der Christenheit, der u.a. deren Einheit und weltweite Ausrichtung fordert. Sie sind nicht nur uneinheitlich, sondern tragen auch das Signum des theologischen Denkens (wenn man ganz genau sein will: des angelsächsischen theologischen Denkens) ihrer Zeit. Sie werden von einer defensiven wie von einer „aggressiven" Einstellung bestimmt. Defensiv dort, wo man den Zusammenschluß um einer mächtigeren Front des Widerstandes gegen die nichtchristlichen, „bösen" Mächte und Entwicklungen in der Welt willen suchte. Auch wenn diese Haltung in der ökumenischen Bewegung immer stärker zurückgetreten ist, so wurde sie gerade von Gegnern der ökumenischen Bewegung bis zum heutigen Tage als Argument und Vorwurf gegen diese benutzt. 1 6 6 Eine „aggressive" Einstellung zeigte sich dort, 166 So schreibt die sowjetische Zeitschrift Nauka i religija in Nr. 5, 1968, 82f.: „Sie (die ökumenische Bewegung, der Verf.) ist de facto auf die Schaffung einer einzigen,
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wo noch ungebrochen vom Ideal einer Verchristlichung der gesamten Zivilisation ausgegangen und um deretwillen die Einheit gefordert wird. Der beiden Einstellungen zugrundeliegende Gedanke eines Machtzuwachses durch Zusammenschluß und Einheit, der dem Denken des Neuen Testaments völlig fremd ist, ist im Grunde eine Parallele zu zeitgenössischen säkularen Tendenzen und Organisationsformen (z.B. Gewerkschaften, Interessenverbände, imperiale, politische oder ideologische Machtblöcke). Doch daneben gab es auch Stimmen, die ohne diesen Anspruch auftraten und einfach um des versöhnenden Auftrags der Kirche in den Strukturen einer zusammenrückenden, sich nach Einheit sehnenden Welt willen für eine größere Einheit plädierten, wobei sie diese Einheit nicht nur unter dem Aspekt größerer Effektivität sahen, sondern der Realisierung der Einheit und Universalität der Kirche Jesu Christi einen verwandelnd-ausstrahlenden und vorbildhaften Charakter zuerkannten. In diesem Ansatz zu einer engen Verbindung von Einheit der Kirche und Einheit der Menschheit liegt ein bemerkenswerter Vorgriff auf Gedanken vor, die heute in der ökumenischen Debatte eine wichtige Rolle spielen. Aus all dem ist deutlich, daß ein sogenanntes „funktionales" oder „instrumentales" Einheitsverständnis im Vordergrund steht: Einheit um des — wie immer auch verstandenen — Auftrages der Kirche gegenüber der Welt willen. Allerdings wird, zumindest in den Vorstellungen der Gemeinsamen Kommission, dieses instrumentale Einheitsverständnis nicht mit der entsprechend instrumentalen Organisationsform der kooperativen Föderation verbunden. Diese naheliegende und einleuchtende Verbindung wurde damals von vielen vollzogen. Charles S. MacFarland, der Generalsekretär des „Federal Council" in den USA und profilierte Advokat des föderativen Gedankens in der ökumenischen Bewegung, unterschied 1915 „federal u n i t y " von der durch Rom verkörperten hierarchischen Einheit und der von der vorgeschlagenen Konferenz für Glauben und Kirchenverfassung angestrebten Einheit: „There ist therefore another form of Christian unity which is possible without waiting for any conference on faith and order, and which is absolutely necessary before we can reach the common ground for any such conference. It might be called Christian unity at work. 1 6 7 Nicht einmal die vorbereitenmächtigen, religiösen Organisation ausgerichtet, . . . zählen die Ideologen des Christentums vor allem darauf, ihre Hauptaufgabe zu lösen: das Anwachsen des Atheismus und des Unglaubens der Massen zu hindern, . . . " (zit. in: Orientierung 33, 1969, 198). 167 Charles S. MacFarland, Christian Service and the Modern World, New York 1 9 1 5 , 108f. und l l O f . , oder 104: „This application of the Gospel to the needs of the world is what is giving us our unity."
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de Funktion einer praktischen Zusammenarbeit für das Gespräch über Glauben und Kirchenverfassung scheint bei den Mitgliedern der Gemeinsamen Kommission Anklang gefunden zu haben. Sie bestanden vielmehr darauf, daß die „funktionale Einheit" zugleich auch eine sichtbare, organische Einheit sein müsse. Bei gleichem Ausgangspunkt mit anderen Einheitsbestrebungen (wie z.B. Life and Work) trennen sich spätestens an diesem Punkte die Wege (jedenfalls im Blick auf die Vorstellungen der Gemeinsamen Kommission). Die Verknüpfung von funktionaler und organischer Einheit wurde von zwei Seiten her begründet: Einmal im Sinne einer größeren Überzeugungskraft, Effektivität und Glaubwürdigkeit der funktional orientierten organischen Einheit gegenüber einer Föderation oder praktischen Zusammenarbeit. Zum anderen aber auch aus der Überzeugung heraus, daß Einheit, genauer organische Einheit, ein Wesens- und Strukturmerkmal der Kirche und ihres inneren Lebens ist. Damit werden Wesen und Funktion der Kirche in einen engen, unmittelbaren Zusammenhang gebracht. Die Verbindung von funktionaler und organischer Einheit hat also ihren Grund im Kirchenverständnis, für das der Begriff „Leib Christi" die biblische Begründung abgibt, die auch hier nicht näher entfaltet wurde. Es wäre also unzutreffend, würde man von einer „Reduzierung" auf ein nur funktionales Verständnis der Einheit sprechen. Man könnte eher sagen: Die Gemeinsame Kommission 1 6 8 vertritt ein das Wesen und den Auftrag der Kirche umfassendes organisches Einheitsverständnis, das allerdings von seinem Ansatz, seiner Ausrichtung und seinem Schwergewicht her als funktional bezeichnet werden kann, ohne daß sich die gesuchte und angestrebte Einheit im gemeinsamen und weltweiten Vollzug des Auftrages der Christenheit erschöpfen würde. In den Aussagen über die Form der zukünftigen sichtbaren Einheit klingt dann auch das Problem des Verhältnisses von lokaler und universaler Einheit an. Die Verwirklichung der Einheit im lokalen Bereich, gemäß anglikanischer Tradition also der Nation, steht im Vordergrund. Abgesehen von der Problematik des nationalkirchlichen Denkens sicher zu Recht. Zugleich spielt in den Begründungen der univerale Aspekt der Einheit eine wesentliche Rolle. Nur an einer Stelle wird über das hier auftauchende Problem reflektiert (vgl. hier S. 70) und mit dem Vorschlag eines universalen Konzils wiederum ein erstaunlicher Vorgriff auf heute aktuelle Überlegungen getan. Die Einheitskonzeption der Gemeinsamen Kommission steht in der Linie der Aussagen der General Convention von Chicago 1886 und der Lam168
Eine Ausnahme ist allerdings Rhinelander, der einem „funktionalen" Verständnis gerade einen sekundären Platz zuweist (vgl. hier S. 67—69). Er spiegelt damit aber nicht die Auffassung der Kommission wider.
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bethkonferenzen vor 1910. Manche Aspekte sind durch die konkrete Zielsetzung der Vorbereitung einer Weltkonferenz und aufgrund des ganz anderen Charakters des Materials nach 1910 eingehender entfaltet worden oder neu hinzugekommen. Der auffallendste Unterschied ist der, daß das Lambeth-Quadrilateral samt dem damit verbundenen Rückbezug auf die „alte, ungeteilte Kirche" und das mit dem Quadrilateral noch latent mitschwingende denominationelle Einheitsverständnis kaum eine Rolle spielen. Daß hier keine Neuorientierung vorliegt, sondern im Interesse einer nicht allzu starken Belastung der Vorbereitungsarbeiten durch fixiertere Einheitsvorstellungen an diesem Punkt eine gewisse Zurückhaltung geübt wurde, dürfte keine Frage sein. An der Grundentscheidung der sichtbaren organischen Einheit wird umso betonter festgehalten. Daß die Konzeption der Gemeinsamen Kommission in den gemeinsamen Aussagen der verschiedenen Kommissionen sich nur noch teilweise durchsetzen konnte und in den Ausführungen nicht-anglikanischer Theologen andere Einheitsvorstellungen in Erscheinung traten, die auf eine (zweifellos anders zu konzipierende) organische Einheit oder auf verschiedene Formen der Zusammenarbeit und Föderation zielen, wurde gezeigt. Da diese Alternativen noch nicht näher beschrieben wurden, kann man zunächst nur konstatieren, daß sich die Fronten zukünftiger Auseinandersetzungen hier ankündigten. Soviel ist aber deutlich, daß hier das ebenfalls bestimmende funktionale Einheitsverständnis nicht mit einer organischen Einheitskonzeption verbunden wurde. Folgt daraus, daß die Vertreter dieser anderen Auffassungen nun doch Wesen und Auftrag der Kirche voneinander in der Weise trennen, daß die Forderung nach größerer Einheit auf das missionarische und soziale Handeln der Kirchen begrenzt wird und somit z.B. der Plan einer Föderation lediglich die Wirksamkeit der Kirchen in der Welt im Sinne einer Partnerschaft, nicht aber das Verhältnis der Kirche zueinander betreffen würde? Diese Frage ist angesichts des noch sehr begrenzten Materials schwer zu beantworten. Die Vertreter des Gedankens einer Zusammenarbeit oder Föderation würden diese Frage jedenfalls verneinen, denn sie betonen ja die bereits vorhandene und für viele von ihnen wesentliche geistliche Einheit, durch die die äußerlich getrennten Kirchen heute schon untereinander verbunden sind. Von daher wären Zusammenarbeit und Föderation nur eine Form der im gemeinsamen Vollzug des Auftrages der Christenheit sich realisierenden Sichtbarmachung der bereits vorhandenen inneren Einheit. Die Zusammengehörigkeit von Wesen und Auftrag der Kirche wäre damit gewahrt, wenn auch auf der Grundlage eines anderen Kirchen- und Einheitsverständnisses. Nicht nur in der Einheitskonzeption unterscheiden sich die Gemeinsame Kommission und die nicht-anglikanischen Theologen, auch der Weg zur 96
Einheit wird unterschiedlich beschrieben. Das folgt aus den verschieden konzipierten Zielen, aber auch aus jeweils anderen Voraussetzungen. Wir sahen, daß eine der Voraussetzung vieler nicht-anglikanischen Theologen der Gedanke der vorhandenen, inneren geistlichen Einheit ist. Damit ist zugleich eine Sicht der Unterschiede zwischen den Kirchen impliziert, die diesen eine sekundäre oder komplementäre Bedeutung (letzteres gilt sowohl für die einzelnen Kirchen wie auch für die theologischen Unterschiede und die Wahrheitserkenntnis) zuweist. Der Weg zur Einheit muß also nicht durch die Unterschiede (und deren Uberwindung) hindurch führen, er besteht vielmehr in einer Sichtbarmachung der vorhandenen Einheit, in deren Vollzug am status quo nichts Grundlegendes geändert und durch den Gedanken der „Comprehension" der sekundäre und komplementäre Status der Unterschiede allgemein anerkannt wird. Das Ziel, die Föderation (wie immer sie im einzelnen auch vorgestellt wird), paßt sich ganz in diesen Gedankengang ein, denn auch von hier aus ist eine Vielfalt, ja sogar Gegensätzlichkeit der Lehren und Formen möglich. Diese Konzeption schließt auch, wie wir sahen, solche Stimmen ein, die eine Uberwindung der Unterschiede nicht für möglich halten, und man könnte daraus schließen, daß gerade diese Überzeugung, so ehrlich die Beurteilung der Unterschiede als sekundär und komplementär gewiß sein mag, überhaupt erst zu dieser Realistischen" Konzeption geführt hat. Die kritischen Fragen an diese Konzeption, die bereits angeführt wurden, brauchen nicht wiederholt zu werden. Doch zwei weitere Fragen, die sich im Blick auf den Fortgang der theologischen Arbeit von Faith and Order ergeben, zeichnen sich im Blick auf diese Konzeption ab: Die auf Seite 96 gestellte Frage muß noch einmal neu aufgenommen werden. In der Beziehung der Kirchen zur Welt (d.h. Mission und soziale Wirksamkeit) wird eine Einheit im Handeln (und damit doch wohl auch in den dieses gemeinsame Handeln tragenden Überzeugungen!) erstrebt, andererseits können in der Beziehung der Kirchen zueinander die überkommenen Unterschiede und Gegensätze bestehen bleiben. Hier entsteht aber eine Diskrepanz, die durch den Gedanken der vorhandenen, geistlichen Einheit nicht überbrückt werden kann. Eine gemeinsame missionarische und soziale Wirksamkeit ist, nicht ausschließlich, aber doch in hohem Maße, von gemeinsamen Auffassungen des Grundes, der Motive, des Sinnes und Zieles dieser Wirksamkeit abhängig. Damit sind aber grundlegende Fragen der Lehre und Struktur der Kirche involviert. Nun soll andererseits gerade in diesen Auffassungen die bestehende große Vielfalt unverändert fortdauern. Kommt es somit letztlich nicht doch zu einer unangemessenen und unerlaubten Trennung von Lehre und Handeln, von Wesen und Auftrag der Kirche? In gewisser Weise 7 Gafimann, Konzeptionen
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hat die Entwicklung von Life and Work diese Frage beantwortet, indem sich die in dieser Bewegung vor Oxford 1937 zum Prinzip erhobene Trennung zwischen gemeinsamem Handeln und den zwischen den Kirchen stehenden dogmatischen Fragen als Illusion erwiesen hat. Das gleiche Problem stellt sich heute in neuer Weise. So heißt es in der gegenwärtigen ökumenischen Diskussion z.B.: Angesichts der gemeinsamen Fragen und Aufgaben der Kirchen in der heutigen Welt, die zu einem gemeinsamen Handeln miteinander und in Solidarität mit anderen Kräften auffordern, treten die traditionellen Lehrfragen zurück oder werden irrelevant. Gerade in der gemeinsamen Präsenz und Aktion in der Welt und mit der Welt wird die Einheit der Christen Wirklichkeit. 169 Es bleibt abzuwarten, ob die Interrelation zwischen Wesen und Auftrag der Kirche und damit zwischen der Einheit der Christenheit „ad intra" und „ad extra" gewahrt und für beide Seiten konstruktiv und kreativ realisiert wird, oder ob man wieder dem Holzweg alter Life and Work Illusionen folgt. 170 Die zweite Frage bleibt unmittelbar im Rahmen von Faith and Order. Wenn unter den nicht-anglikanischen Stimmen aus der ersten Vorbereitungszeit einer Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung die Tendenz besteht, die Unterschiede zwischen den Kirchen zu relativieren, dann stellt sich die Frage, welche Erwartungen von dieser Seite mit der geplanten Weltkonferenz verbunden werden. Angesichts der hier erkennbaren Einschätzung der Unterschiede wäre das in der „Griindungsurkunde" von Faith and Order und auch danach wiederholt ausgesprochene entscheidende Ziel der Konferenz, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten klar herauszuarbeiten und zu diskutieren, in keiner Weise so zentral, wie es für die Vertreter der Konzeption einer organischen Einheit, die das letzte Ziel des durch die Weltkonferenz eröffneten und markierten Weges ist, sein muß. Aus den wenigen Aussagen der nichtanglikanischen Theologen kann man implizit folgern, daß sie von einer Erörterung der Unterschiede im Grunde nur den Erweis von deren Geschichtlichkeit und Relativität erhoffen — ein Ansatz, der als solcher nicht nur negativ beurteilt werden kann — und daß sie vor allem von 169
Albert Van den Heuvel, Toward a Secular Understanding of the Ecumenical? in: ders., The Humiliation of the Church, London 1 9 6 7 , 9 2 f f . ; Säkular-Ökumenismus, D o k u m e n t des Instituts für ökumenische Forschung, Straßburg, in: Lutherische Monatshefte 9 , 1 9 7 0 , 1 8 5 f f . 170 Vgi - Willem A. Visser 't H o o f t , Der Auftrag der ökumenischen Bewegung, in: Bericht aus Uppsala 68, Genf 1 9 6 8 , 3 2 9 - 3 4 1 ; J . Robert Nelson, Die Einheit der Kirche und die Einheit der Menschheit, und Lesslie Newbigin, Glauben und Kirchenverfassung vor neuen Aufgaben, beides in: Reinhard Groscurth (Hrg.), Christliche Einheit. Forderungen und Folgerungen nach Uppsala, Genf 1 9 6 9 , 1 0 6 f f . , bzw. 122ff.
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der Weltkonferenz konkrete Schritte zur Sichtbarmachung der vorhandenen Einheit im Sinne brüderlicher Beziehungen untereinander und der Realisierung gemeinsamen Handelns erwarten. Somit haben die unterschiedlichen Auffassungen über die Einheit und den Weg zur Einheit auch zu einer unterschiedlichen Sicht der geplanten Weltkonferenz und zugleich der ganzen Bewegung für Glauben und Kirchen Verfassung geführt. Der Gemeinsamkeit in der Betonung des instrumentalen Charakters der erstrebten Einheit entspricht noch eine weitere formale Gemeinsamkeit, die abschließend erwähnt werden soll. Es ist der Gedanke der „Comprehension". Für die Konzeption der nicht-anglikanischen Theologen ist dieser Gedanke nur zu naheliegend, auch wenn noch nicht deutlich ist, wie die geistliche Einheit und die „Comprehension" voneinander abzugrenzen sind und wie sie sich zueinander verhalten. Für die Anglikaner ist von ihrer Tradition her dieser Gedanke bereits mitgegeben, aber bei ihnen stellt sich die Frage nach der Abgrenzung von organischer Einheit und „Comprehension" und dem Verhältnis beider zueinander mit noch wesentlich größerer Schärfe. In den Texten ist noch keine Antwort zu finden. Die Aussagen über die Schärfe und Tiefe der Unterschiede und sündhaften Spaltungen und über das Zusammenfassen alles dessen, was in den einzelnen kirchlichen Traditionen und für diese ein besonderes, wertvolles Erbe ist, stehen noch unverbunden nebeneinander. Nimmt man jedoch das Quadrilateral mit in den Blick, dann werden allerdings ganz bestimmte Grenzen und Bedingungen der „Comprehension" erkennbar. Bei gleichem Ansatz treten also auch hier bereits die Unterschiede hervor, die dadurch noch vertieft werden, daß die „anglikanische Comprehension" eine Vielfalt innerhalb einer organisch geeinten Kirche, die „nicht-anglikanische Comprehension" dagegen die Vielfalt selbständig bleibender kirchlicher Gemeinschaften im Rahmen einer gewissen interdenominationalen Organisation anstrebt. Wenn Bischof Brent gegen Ende des hier behandelten ersten Stadiums von Faith and Order schreibt, daß Einheit dann Wirklichkeit wird, wenn man sich ganz einem „gemeinsamen Zentrum, einer gemeinsamen Vision und einem gemeinsamen Ziel" verpflichtet weiß 1 7 1 , dann wird man in diesem Bereich gewiß die Gemeinsamkeiten in der Vorbereitungszeit sehen dürfen. Ohne sie hätte man sich gar nicht zu einer so neuen und weitreichenden Bewegung des Glaubens und der Hoffnung zusammenfinden können. Daß aber zwischen dem gemeinsamen Zentrum, formuliert in der „Basis" von Faith and Order, und der gemeinsamen Vision, 171 Charles Brent, Concerning Unity, in: Smyth and Walker, Approaches towards Church Unity, a.a.O. 110.
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verstanden als eine dem Willen und Gebet J e s u Christi gehorsame und darum geeinte Christenheit (in einem nicht näher definierten Sinne) und dem gemeinsamen Ziel des geeinten, kraftvollen Handelns in der Welt sich eine ganze Reihe von Fronten, Unterschieden und Fragen abzuzeichnen beginnen, die wiederum als solche unterschiedlich beurteilt werden, ist ebenso deutlich. Wie diese deutlicher in Erscheinung treten, auf welche tieferliegenden Unterschiede sie zurückgehen und wie sie in ihrem Verhältnis und ihrer Relevanz zum gemeinsamen Zentrum, zur gemeinsamen Vision und zum gemeinsamen Ziel gesehen werden — das wird uns in dieser Arbeit weiterhin beschäftigen müssen.
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III. Der Auszug aus der Isolation Der Beginn des Gesprächs zwischen den Kirchen
1. Die Genfer
Vorkonferenz
von
1920
Die Reise der Delegation der Gemeinsamen Kommission nach Europa und dem Nahen Osten im J a h r e 1919 und die wiederhergestellten Kommunikationsmöglichkeiten nach Ende des Ersten Weltkrieges hatten zum Ergebnis, daß nun auch eine Reihe von kontinentaleuropäischen und vor allem auch orthodoxen Kirchen zur Mitarbeit an den Vorbereitungen einer Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung bereit waren. Diese erweiterte Basis veranlaßte die Gemeinsame Kommission, eine Vorkonferenz („Preliminary Meeting") nach Genf einzuberufen. Die bis dahin gebildeten über 70 Kommissionen entsandten Delegierte. Aus Kirchen, in denen noch keine Kommission bestand, kamen ebenfalls Teilnehmer, z.B. aus Deutschland 1 , die einen halboffiziellen Status innehatten, aber alle Rechte der Mitarbeit erhielten. An der Konferenz vom 12. bis 20. August 1 9 2 0 nahmen 133 Delegierte aus 80 Kirchen in 40 Ländern teil. Alle wichtigen kirchlichen Traditionen, außer der römischen, waren vertreten, allerdings nur sehr wenige Vertreter aus den damaligen Missionskirchen. Auf Einzelheiten des Konferenzverlaufs braucht hier nicht eingegangen zu werden. 2 Die Konferenz war Endpunkt der ersten Phase und zugleich Beginn der zweiten Phase in der Vorbereitung der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung. Diese Wende kam darin zum Ausdruck, daß die Verantwortung für die weitere Arbeit 1 Über die Vorgänge, die zur Ablehnung einer offiziellen deutschen Delegation führten, berichtet Siegmund-Schultze, in: Eiche 9 , 1 9 2 1 , 1 1 8 - 1 2 6 . Hier ist auch das Ablehnungsschreiben des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses abgedruckt ( 1 2 3 — 1 2 5 ) , das, wenn man dieses Prädikat einführen will, eines der engstirnigsten Dokumente der neueren ökumenischen Bewegung ist. Zur Charakterisierung paßt das, was Theodor Kaftan über bestimmte Theologen und Kirchenmänner schreibt: „die anderen, in ihr Staatskirchentum gebannt, b e k o m m e n patriotische Beschwerden, wenn man ihnen weltkirchliche Gesichtspunkte nahebringt", in: Eiche 1 3 , 1 9 2 5 , 3 2 7 .
2 Vgl. die Berichte von Adolf Küry, in: IKZ 1 0 , 1 9 2 0 , 2 6 3 - 2 7 2 ; Pribilla, a.a.O. 1 4 4 — 1 4 8 ; Siegmund-Schultze, Eiche 9 , a.a.O.; Sasse, Geschichte der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, a.a.O. 4 1 — 5 0 .
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durch einen Beschluß der Konferenz von der Gemeinsamen Kommission der Episkopalkirche auf den interkonfessionellen und interkontinentalen „Fortsetzungsausschuß" („Continuation Committee") überging, daß durch die Mitarbeit der europäischen protestantischen und altkatholischen Kirchen und der meisten orthodoxen Kirchen eine breitere konfessionelle und auch theologische Grundlage gewonnen wurde, und daß es vor allem auf dieser Konferenz zu einer ersten Selbstdarstellung und Gegenüberstellung der einzelnen Konfessionen in einem brüderlichen Geist, verbunden mit einzelnen Ansätzen zu einem theologischen Dialog kam. Im folgenden stützen wir uns auf den offiziellen Bericht 3 , der aber nicht vollständig ist und häufig nur eine Zusammenfassung der Referate und Diskussionsbeiträge bietet. Als Ergänzung wurde daher der Bericht von Siegmund-Schultze 4 mit herangezogen. a) Genf — Konstantinopel
— Lambeth
Bevor wir uns mit der Genfer Vorkonferenz selbst beschäftigen, soll auf vier Ereignisse hingewiesen werden, die zu dieser Konferenz in unmittelbarer zeitlicher und sachlicher (und sogar örtlicher) Beziehung stehen und damit für deren Atmosphäre wie auch Verständnis und Beurteilung wichtig sind: 1. Die Vorkonferenz für eine Weltkonferenz für praktisches Christentum („Preliminary Meeting to consider a Universal Conference of the Church of Christ on Life and Work"), (im folgenden abgekürzt als „Life and Work") vom 9. bis 12. August in Champel/Genf. Sie hatte im Grunde nur eine Beziehung zur Faith and Order-Vorkonferenz: Einige Delegierte der Kirchen nahmen an beiden Konferenzen teil. Die gänzlich unterschiedliche Thematik beider Konferenzen und die großen Spannungen auf der Vorkonferenz von Life and Work unterstrichen die Richtigkeit der Entscheidung von 1919, beide Bewegungen zunächst getrennt zu halten. 5 3 A Pilgrimage Toward Unity. Report of the Preliminary Meeting at Geneva, Switzerland, August 1 2 - 2 0 , 1 9 2 0 , F&O 33. 4 Friedrich Sjegmund-Schultze, Bericht über die Präliminarversammlung der Weltkonferenz über Glaube und Kirchenverfassung in Genf vom 12.—20.8.1920, in: IKZ 11, 1 9 2 1 , 3 0 - 6 5 . 5 Bericht der Delegation nach Europa und d e m Nahen Osten, hier über die Begegnung mit Erzbischof Söderblom, F&O 32, 15: „Upon careful consideration of the scope and purpose of b o t h conferences, it was agreed . . . that the International Conference, with its limited program, might well help to pave the way for the World Conference with its larger program, and that both had made so much headway that it would be best to go o n with b o t h separately, but in friendly coopera-
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2. Die geplante und im Januar 1920 vollzogene Gründung des Völkerbundes und die darin zum Ausdruck kommende „säkulare ökumenische Bewegung". Auf Seiten von Faith and Order sah man hier ein gewisses Pendant und eine positive Herausforderung für die eigenen Bemühungen (vgl. hier S. 61 und das Rundschreiben des ökumenischen Patriarchats). So wurde auch in einigen Referaten der Genfer Vorkonferenz der Völkerbund positiv erwähnt. In einer Resolution der Konferenz wurde seine Gründung begrüßt und die Kirchen wurden aufgefordert, ihn zu unterstützen. 6 3. Das Rundschreiben des ökumenischen Patriarchats 7 , ebenfalls vom Januar 1920, nahm die Gründung des Völkerbundes, die schwierige Lage mancher orthodoxer Kirchen in der Vergangenheit und Gegenwart, die tiefgreifenden Auswirkungen des Ersten Weltkrieges und vor allem die Proselytenmacherei einiger protestantischer Denominationen innerhalb orthodoxer Kirchen zum Anlaß, die Kirchen zu besseren, freundschaftlichen Beziehungen aufzurufen. Diese würden auch als Vorbereitung und Erleichterung der vollen kirchlichen Einheit dienen können. Die konkreten Vorschläge sehen u.a. Besuche und Kontakte auf kirchlicher und theologischer Ebene, „pan-christliche Konferenzen", objektive und streng historische Untersuchungen der Lehrunterschiede und Zusammenarbeit auf sozialem Gebiet vor. Visser 't Hooft und die Verfasser einer neueren Übersetzung des Rundschreibens sind überdies der Meinung, daß in ihm bereits ein „Bund von Kirchen" vorgeschlagen wird, da „Koinonia ton Ekklesion" in Analogie zu dem wenige Zeilen zuvor gebrauchten Begriff „Koinonia ton E t h n o n " (Völkerbund) in diesem Sinne, und nicht nur als „Gemeinschaft der Kirchen" verstanden werden kann. 8 Diese Interpretation wurde von Erzbischof Germanos, der als der Hauptverfasser des Schreibens gilt, auf der Genfer Vorkonferenz (und auch später) bestätigt. 9 In Genf hat Prof. Alivisatos diesen tion." Zu Champel vgl. Friedrich Siegmund-Schultze, Die Vorbereitung der ö k u menischen Konferenz in Genf vom 1 0 . - 1 2 . 8 . 1 9 2 0 , in: Eiche 9, 1 9 2 1 , 9 8 - 1 1 8 . β F&O 33, 73f. 7 In: George Κ. A. Bell, ed., Documents on Christian Unity, 1920—1924, London 1924, 4 4 - 4 8 ; IKZ 12, 1 9 2 2 , 2 6 - 3 0 . Eine neue, zutreffendere Übersetzung ins Englische findet sich in: Ecumenical Review XII, 1 9 5 9 , 79—82; vgl. dazu Reinhard Slenczka, Ostkirche und Ökumene, Göttingen 1 9 6 2 , 2 7 9 - 2 8 2 . 8 Willem A . Visser 't H o o f t , Report of the General Secretary to the Central Committee 1 9 5 9 (Rhodos), Ecumenical Review XII, 1 9 5 9 , 71f. und Übersetzung ebd. 79, Anm. 1 und 82. 9 F&O 33, 33. „Kaum glaubte sich das ö k u m e n i s c h e Patriarchat aus der Sündflut des Weltkrieges gerettet, so faßte es den Gedanken, an alle christlichen Kirchen eine Enzyklika zu richten, um den Vorsitzenden der verschiedenen Kirchen die Gründung einer Art Kirchenbundes vorzuschlagen." Erzbischof Germanos, Der
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Vorschlag ebenfalls ausdrücklich vorgelegt und begründet. Mit dem Rundschreiben hatte eine wichtige orthodoxe Kirche ihre Bereitschaft zur Mitarbeit in Life and Work wie in Faith and Order bekundet und zugleich erstmalig als Kirche — Söderblom hatte es ein Jahr vorher privat getan 1 0 — eine festere Form zwischenkirchlicher Gemeinschaft vorgeschlagen. 4. Den stärksten Einfluß übte die Lambethkonferenz des gleichen Jahres aus, deren „Appeal to all Christian People" 1 1 zu den einflußreichsten Dokumenten der zwanziger (und dreißiger) Jahre gehörte. Das in diesem Aufruf entfaltete Bild der zu erstrebenden Einheit bleibt weitgehend im Rahmen der bisherigen anglikanischen Konzeption. Es wird konzentriert ausgesprochen in einer modifizierten Formulierung des Quadrilaterals. Auch die Beibehaltung der unterschiedlichen Formen des Gottesdienstes und des Dienstes wie auch das Zusammenbringen aller Schätze des Glaubens und der Ordnung in der Vielfalt der neuen Einheit — also der Gedanke der „Comprehension" — finden Erwähnung. Das Quadrilateral selbst erwähnt in seinem vierten Punkt nicht mehr ausdrücklich den historischen Episkopat, sondern stellt ein von jedem Teil der Kirche anerkanntes Amt heraus, das nicht nur die innere Berufung durch den Heiligen Geist, sondern auch die Beauftragung durch Christus und die Autorität des gesamten Leibes besitzt. Doch schon im folgenden Abschnitt wird unter Hinweis auf die Geschichte und die gegenwärtige Erfahrung der Anspruch erhoben, daß das historische Bischofsamt, zumal es das beste Instrument zur Aufrechterhaltung der Einheit und Kontinuität ist, diesen Bedingungen entspricht. 1 2 Damit wird die Anerkennung der geistlichen Realität der anderen Ämter verbunden, von denen aber im Interesse der Einheit eine Beauftragung durch bischöfliche Ordination erwartet wird, der gegenüber die anglikanischen Bischöfe und Pfarrer bereit wären, sich einer — nicht analogen (d. Verf.) — Form der Beauftragung oder Ankennung durch nicht-bischöfliche Kirchen zu unterziehen. 13 Geist der orthodoxen Kirche und ihre Teilnahme an den allchristlichen Bewegungen, in: Eiche 15, 1927, 29. 10 Ecumenical Review, a.a.O. 72. 11 The Lambeth Conference ( 1 8 6 7 - 1 9 3 0 ) , London 1948, 38ff. Auch in: George Κ. A. Bell, ed., Documents on Christian Unity, A Selection from the First and Second Series, 1 9 2 0 - 1 9 3 0 , London 1955, Iff. Deutsche Übersetzung: IKZ 10, 1920, 250ff.; Sasse, Geschichte, a.a.O. 43ff. 12 The Lambeth Conference, a.a.O. 38f. 13 Ebd. 39f. Zur Amtsfrage in Lambeth 1920 vgl. Gaßmann, a.a.O. 214ff.
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b) Die Darlegung der Positionen
(Genf
1920)
Die Vorträge und Referate der Genfer Vorkonferenz standen, gemäß dem erst in Genf beschlossenen Programm, unter zwei Oberthemen: 1. Das Wesen der Kirche und ihrer Einheit; 2. Schrift und Bekenntnis in ihrer Stellung zur Wiedervereinigung. Das erste Thema wurde kaum thematisch behandelt. Den verschiedenen Rednern ging es zunächst, das lag in diesem Stadium nahe, um kurze Selbstdarstellungen der eigenen Kirche, wobei dann auch deren Einstellung zur Frage der Kircheneinheit mit erwähnt wurde. Eine Ausnahme bildeten die beiden anglikanischen Referenten, Bischof Gore und Bischof Palmer. Sie kamen aus einer Kirche, die sich seit Jahrzehnten mit der Einheitsfrage beschäftigt und sich auf höchster Ebene auf ein Einheitsprogramm und eine Einheitskonzeption geeinigt hatte, die kurz vor der Genfer Konferenz neu bekräftigt worden waren. Sie sahen daher in der Konferenz eine erste Gelegenheit, diese Konzeption in einem umfassenderen Rahmen zu „testen" und erste Schritte zu deren Verwirklichung zu tun, während die anderen Teilnehmer zunächst ein erstes Kennenlernen, den Beginn eines Gedankenaustausches und die Schaffung einer neuen, vertrauensvollen Atmosphäre zwischen den getrennten Kirchcn erstrebten. Die Ausführungen Gores und Palmers zur Einheitsproblematik sollen, zusammen mit den Ansprachen von Bischof Brent und seinem Rückblick auf die Konferenz, den protestantischen (dazu auch den altkatholischen) und den orthodoxen Stellungnahmen gegenübergestellt werden. Bischof Brent, der gewählte Vorsitzende der Konferenz, unterschied sich von seinen Kollegen Gore und Palmer durch eine die protestantische und freikirchliche Tradition stärker mit einbeziehende theologische Haltung. Er geht von der bereits bestehenden „inneren Einheit" aus: „We already have an inner unity in that we are bound together by devotion to a common Lord, and we are all seeking to know and to do His will. Further we have a common vision, a common hope and a common purpose." 1 4 Kurz vor der Genfer Konferenz bezeichnete er diese Form der Einheit, „die eine Sache des Geistes ist und auf Christi Doppelgebot der Liebe beruht", als „christliche Einheit" („christian unity"), die er von „kirchlicher Einheit" („ecclesiastical unity") unterschied. Diese „christliche Einheit" — die Brent durch das gemeinsame Glaubensleben der Christen konstituiert sieht — hat der „kirchlichen Einheit" voranzugehen. 15 Damit wird auch ein qualitativer Unterschied angedeutet. Im ' 4 F&O 3 3 , 17; Brent, Concerning Unity, a.a.O. 1 1 0 . 15 Brent, Concerning Unity, a.a.O. 110: „Christian Unity, which is a thing of the Spirit and is founded on Christ's t w o f o l d law of love, comes first, antedating ecclesiastical unity, in which unity of worship is a neccssary climax."
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Unterschied aber zu den protestantischen Theologen, die eine ähnliche Position vor 1920 vertraten (vgl. hier S. 87f.), ist für Brent entscheidend, daß sich die innere, christliche Einheit, nach Gottes Willen und gemäß dem Gebet J e s u , in einer sichtbaren, äußeren, organischen, kirchlichen Einheit manifestieren soll und muß. Nur partielle Vereinigungen oder eine bloße Zusammenarbeit oder Föderation erreichen nicht das Maß der von Gott gewollten Einheit. 1 6 In der gleichen Weise, wie Brent die geistliche, christliche Einheit der dennoch notwendigen sichtbaren, kirchlichen Einheit vorordnet, unterscheidet er auch zwischen ,,Faith" and „Order". Das „innere Prinzip des L e b e n s " hat den Vorrang, erst dann kommt die äußere Form, die dieses Leben schützt, bewahrt und weiterführt. 1 7 Auch in dieser Unterscheidung, die deutlich dem Organismusdenken entstammt, wird ein qualitativer Unterschied zum Ausdruck gebracht, der an der organischen Einheitskonzeption festhält, sie aber doch stärker differenziert. Noch eine weitere, bedeutsame Unterscheidung nimmt Brent vor. Er sieht einen echten Unterschied zwischen den beiden Begriffen „ E i n h e i t " ( „ u n i t y " ) und „Wiedervereinigung" („reunion") und entscheidet sich ganz für den ersteren. Es gehe nicht einfach nur um eine Wiedergewinnung dessen, was vor langer Zeit verlorengegangen sei, sondern um ein Zusammenbringen all dessen, was jede Kirche an ihrem Ort und für sich an Erfahrungen und Wissen gesammelt habe. Einer anglikanischen Lieblingsvorstellung wird damit der Abschied gegeben zugunsten einer anderen Vorstellung, die nicht weniger gut anglikanisch ist, zugleich aber auch von vielen Nichtanglikanern vertreten wird. Brent findet auch ein neues Wort für dieses gegenseitige Geben und Empfangen, diese „disziplinierte Vielfalt" und sogar das Zusammenbringen von Gegensätzen, die sich im Lichte des Planes Gottes als supplementäre Elemente erweisen. Er spricht von „inclusion" (bzw. „inclusiveness") 1 8 — ein Begriff, der von anderen Teilnehmern der Konferenz aufgenommen wird. 1 9 Indem er diese Vorstellung im Gegenüber zur ungeschichtlichen Vorstellung der „Wiedervereinigung" eingeführt hat, macht er deutlich, daß er die geschichtliche Wirklichkeit der getrennten Kirchen ernstnehmen und nicht gleichsam „nach hinten" überspringen, sondern in die „inklusive K i r c h e " der Zukunft einmünden lassen möchte. Dieses Ziel, das auch bei Brent nichts von seiner Problematik verloren hat, setzt, F&O 33, 17, 19 und Brents Rückblick auf Genf: A Pilgrimage Toward Unity, F&O 33, 90. 1 7 „Faith first and then Order . . . " , F&O 33, 92 und ebenso in: Concerning Unity, a.a.O. 111. 1 8 F&O 33, 2Of. und 91. F&O 33, 26 und 27 (Palmer); ebd. 29 (Boynton); 31 (Nuelsen); 49 (Bartlet). 16
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wie jedes Ringen um die Einheit, eine Klärung und Erfassung der Wirklichkeit der getrennten Kirchen voraus — das war die erklärte Aufgabe von Faith and Order und dem sollte auch die Genfer Vorkonferenz dienen. Gerade diese Voraussetzung ignoriert und überspringt Gore. Er will eine Diskussion darüber erzwingen, ob sich die Konferenz auf eine Konzeption der „wiedervereinigten Kirche" einigen kann. 2 0 Nachdem diese Diskussion aus guten wie auch verständlichen Gründen nicht zustandegekommen war, machte er der Konferenz heftige Vorwürfe, die darin gipfelten, man habe nun genug allgemeine, gefühlsmäßige Bejahungen der Einheit gehört. 2 1 Ein Vorwurf, der zweifellos einige Jahrzehnte zu früh erhoben wurde und der im Schlußwort Brents indirekt korrigiert wurde. Zuvor hatte Gore zur Eröffnung der Diskussion über das erste Konferenzthema ( )r Das Wesen der Kirche und ihrer Einheit") einige seiner Auffassungen Jkurz umrissen. Es geht ihm vor allem darum, die bekannten Thesen wie „Einheit ist nicht Uniformität", „Einheit besteht in einer großen Vielfalt", „gegenseitige Liebe ist nur in Freiheit möglich", stark einzugrenzen. Er hält diesen Thesen entgegen, daß mangelnde Uniformität immer wieder die Einheit zerstört habe, daß es eine Vielfalt gebe, die mit einer zu verwirklichenden Einheit unvereinbar sei, wie auch eine Freiheit, die einer Gemeinschaft (Leib) und ihrem Handeln in einem Geiste widerspreche. 22 Das Fehlen einer Uniformität seit der Reformation könnte an einen Punkt führen, an dem eine korporative Wiedervereinigung unmöglich werde. 2 3 Diese Einwände untermauert Gore mit Hinweisen auf das Bild der Kirche im Neuen Testament und in der Alten Kirche, das nach seiner Auffassung bestimmt ist durch Vielfalt und Freiheit, aber im Rahmen fester Grenzen und Ordnungen. Die eine sichtbare und organische Gemeinschaft wurde repräsentiert durch die Ortsgemeinden, die jedoch der Autorität der Gesamtkirche unterstellt waren. Die unerläßlichen Zeichen und Bindeglieder dieser großen Gemeinschaft aber waren die Autorität des gemeinsamen Glaubens (in der Form des Credos), die Bindung an die Sakramente als Mittel göttlicher Gnade und Verkörperung der Gemeinschaft und die Verpflichtung auf ein göttlich beauftragtes Amt. Bedarf die vereinigte Kirche der Zukunft nicht ebenfalls dieser drei Elemente, so lautet Gores folgernde Frage. Wenn ja, dann muß es auch bestimmte autoritative Ge20
„We need to test . . . whether we are agreed in our conception of what the reunited Church would mean", ebd. 38f. 21 „But I do desire to say that we have had enough general statements and warm expressions of emotions . . . " , ebd. 52f. 22 Ebd. 39. 23 Ebd. 53.
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stalten des Glaubens und Amtes geben, die die Anerkennung durch die gesamte Kirche beanspruchen können und die auch bestimmte Bedingungen der Gültigkeit (Validität) der Sakramente und Ämter mit beinhalten müssen. In der Kirche von England sieht Gore schließlich, wenn auch nur in der Intention und nicht in der Verwirklichung, die Verkörperung eines „liberalen Katholizismus". Dieser aber könnte — durch das Wirken Gottes — zum Stichwort für eine wahrhaft vereinigte Kirche werden. 2 4 Der Begriff „liberaler Katholizismus" dient Gore offensichtlich zur Bezeichnung der von ihm vertretenen Zusammengehörigkeit von Freiheit, Vielfalt und den diese eingrenzenden autoritativen und unaufgebbaren Strukturen. Gore kehrt also wieder zum Ausgangspunkt der in dieser Arbeit beschriebenen Entwicklung zurück (vgl. hier S. 21ff.). Seine Argumentation dient der Begründung des Quadrilaterals. Dessen Elemente werden einem Bild der Kirche im Neuen Testament und in der Zeit danach entnommen, darum für eine „wiedervereinigte" Kirche verbindlich gemacht und zugleich heute bereits, in gewisser Weise, in der anglikanischen Kirche vorgefunden. Er bestätigt damit auch die auf Seite 22f. geäußerte Behauptung, daß das Quadrilateral seinen ursprünglichen Charakter einer denominationellen Einheitskonzeption nie völlig verloren habe. Bemerkenswert, wenn auch nicht überraschend, ist die weitere Klärung des Gedankens der „Comprehension" durch Gore: An den vier „ S ä u l e n " des Quadrilaterals hat alle Vielfalt ihre Grenze. Mit der ihm eigenen Nüchternheit (die, wie wir sahen, auch verletzend sein kann), hat hier der bedeutende anglikanische Theologe eine Differenzierung vorgenommen, mit der er sich einerseits gegen die Thesen von Vielfalt und Freiheit wendet und in der er andererseits die nahezu einmütig abgelehnte „ U n i f o r m i t ä t " positiv aufnimmt. Damit ist der Weg für eine weitere Diskussion über die Vielfalt in der Einheit und über die Näherbestimmung ihrer Grenzen keineswegs abgeschnitten worden. Gerade darüber wollte Gore in Genf — das war damals allerdings zu früh —, diskutieren. Was er dabei übersah, war, daß einer Diskussion über die Strukturen der Einheit ein Gespräch und eine Verständigung über das Wesen, die Funktion und die Struktur der Kirche vorausgehen muß. Diese Einsicht hat sich erst allmählich in Faith and Order durchgesetzt. Wie wenig Gore über die tatsächlichen Auffassungen der getrennten Kirchen orientiert war, kommt in der von ihm geäußerten Vermutung zum Ausdruck, daß wohl keiner der Anwesenden eine Föderation als ein befriedigendes Ziel betrachte. Könnte es einen besseren Beweis dafür geben, wie notwendig eine erste Darlegung der verschiedenen Ebd. 3 9 - 4 3 .
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Positionen war, an der Gore wegen seines Drängens auf eine Klärung des zu erstrebenden Zieles nicht interessiert war? Auch Teilunionen zwischen Kirchen derselben Konfessionsfamilie oder zwischen Kirchen, die einander sehr nahestehen, werden von Gore im Vergleich zur Einigung der gesamten Christenheit als nicht befriedigend betrachtet. 2 5 Damit wandte er sich gegen einen entsprechenden Vorschlag, der einen Tag zuvor von Prof. Alivisatos und in einer gemeinsamen Erklärung der orthodoxen Vertreter gemacht worden war 2 6 , zugleich aber auch gegen eine in den ersten Texten von Faith and Order ausgesprochene Regel, nach der die konkreten Verhandlungen und Schritte für eine Kircheneinigung Sache der einzelnen Kirchen sein sollten. 27 Palmer und Gore versuchten überdies, zur Konkretisierung des Vorstoßes von Gore die Notwendigkeit des zweiten und vierten Punktes des Lambeth-Quadrilaterals (Glaubensbekenntnis: Nicaenum; allgemein anerkanntes Amt: historisches Bischofsamt) zu demonstrieren. Palmer, der wie Brent den ,,inklusiven" Charakter der vereinigten Kirche der Zukunft betont, setzt bei der anglikanischen Auffassung ein, daß es keine Kircheneinigung ohne ein allgemein anerkanntes Amt geben kann. Da die nicht-bischöflichen Kirchen wahrscheinlich keine Re-Ordination anglikanischer Amtsträger fordern werden, würde er sich ohne zu zögern einem Akt der Anerkennung seines Amtes durch diese Kirchen unterziehen. Er wäre aber auch bereit, sich re-ordinieren und re-konsekrieren zu lassen, wenn damit der Weg zur Einigung freigemacht werden würde. 28 Die im Lambeth-Aufruf enthaltene Bitte, die Pfarrer der nicht-bischöflichen Kirchen möchten sich einer Beauftragung durch bischöfliche Ordination unterziehen, steht hinter diesen Aussagen. Vorschläge dieser Art, die später in der Weise modifiziert wurden, daß der Gedanke einer Re-Ordination nicht-anglikanischer Ämter durch den Vorschlag einer gegenseitigen, umfassenderen Beauftragung ersetzt wurde, sind von anglikanischer Seite immer wieder gemacht worden. Die Bedenken der anderen Seite gegen diesen Vorschlag gründeten sich gewöhnlich auf die Befürchtung, die Beauftragung anglikanischer Amtsträger und die (bischöfliche) Beauftragung nicht-anglikanischer Pfarrer könnten auf anglikanischer Seite unterschiedlich (also auch im Sinne einer Re-Ordination und der damit implizierten Ablehnung der Validität einer früheren Ordination und des bisherigen Amtes) interpretiert werden und damit keine echte Gegenseitigkeit darstellen. Wenn Gore 25 26 27 28
Ebd. 38f. IKZ 11, 1921, 96f. und F&O 33, 75f. F&O 3, 4. F&O 33, 27f.
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schließlich sagte, man sollte sich zunächst darüber verständigen, ob die Kirche eines allgemein anerkannten Amtes bedarf und die Frage, wie dieses Amt aussehen müsse, späteren Diskussionen überlassen 29 , so war das ein leicht durchschaubarer Trick. Durch diese Art der Argumentation entzogen sich Gore und Palmer der Aufgabe, die Notwendigkeit des Bischofsamtes in apostolischer Sukzession für die Einheit zu begründen. Für das Glaubensbekenntnis deuten sie eine solche Begründung immerhin an. Beide bemühen sich, vom Neuen Testament her nachzuweisen, daß die Kirche, und damit auch eine vereinigte Kirche der Zukunft, nicht ohne ein gemeinsames, für ihre Lehre verbindliches Bekenntnis ihres Glaubens sein kann. Kein Bekenntnis aber ist für diesen Zweck umfassender, biblischer, universaler und autoritativer als das Nicaenum. 3 0 Da die Frage des Glaubensbekenntnisses der zweite Themenkreis war, der in Genf behandelt wurde, werden wir noch einmal darauf zurückkommen. Die geistliche Dimension des Ringens um die Freiheit findet in Brents Worten einen eindrucksvollen und selbst den heutigen Leser tief bewegenden Ausdruck. Er preist Gott in seinem Wirken, das im neu aufgebrochenen Sehnen der Christen nach Einheit erkennbar wird. Er ruft zur demütigen, bittenden Offenheit und Bereitschaft für den Willen, das Handeln und die Führung Gottes und des Heiligen Geistes auf, denn allein Gott kann durch den Heiligen Geist die sichtbare Manifestierung der Einheit bewirken. Er appellierte aber auch an die Verantwortung der Menschen, Gottes unermüdliche Mitarbeiter an diesem großen Werk zu sein. Das über das Ziel und die Möglichkeiten der Genfer Konferenz hinausgehende Drängen Gores wird hier in einer Weise „ausbalanciert" und korrigiert, die für die Ermutigung zum Zusammenbleiben und zur Weiterarbeit sicher von großer Bedeutung war. 31 Ein Gedanke aus der Eröffnungsansprache Brents sollte noch besonders erwähnt werden, da er spätere Interpretationen der ökumenischen Entwicklung in den zwanziger Jahren ergänzt. Als Brent den Teilnehmern der Genfer Vorkonferenz noch einmal das hohe, übermenschliche Ziel der ökumenischen Bewegung vorhält und sie zu Bruderschaft und Gemeinschaft, gegenseitiger Achtung und Offenheit ermahnt, sagt er auch: „One way to hasten the realization of an ideal is, as far as possible, to behave as if it were already realized." 3 2 Dieser Satz weist deutlich auf die sogenannte ,,as if" Formel hin (d.h. es geht darum, so zu handeln, » 30 31 32
F&O 33, 41 und 52. Gore, ebd. 41f.; 6 3 - 6 5 ; Palmer, 6 8 - 7 0 . Bes. ebd. 17f.; 22f.; 8 4 f f . A Pilgrimage Toward Unity, 9 0 f f . Ebd. 2 3 (kursiv vom Verf.)
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als ob die Einheit bereits verwirklicht wäre), deren Aufkommen und Bedeutung in den zwanziger Jahren Visser 't Hooft (und vor ihm Congar) untersucht hat. 3 3 Wenn Visser 't Hooft anmerkt, daß dieser pragmatische Ansatz merkwürdigerweise nicht in dem Lande erfunden wurde, das so häufig als Land des Pragmatismus par excellence betrachtet wird, sondern aus den älteren Kirchen kam 3 4 , so dürfte Brent doch mit in die Vaterschaft dieses Ansatzes einzureihen sein. Allerdings hat bei ihm die ,,as i f " Formel gewiss noch nicht den vordergründigen, pragmatischen Sinn wie z.B. einige Jahre später in Life and Work. Sie ist für ihn ein methodisches Hilfsmittel, das dazu beitragen soll, den Auszug der Kirchen aus ihrer Isolation zu erleichtern und zu beschleunigen. Gegenüber den anglikanischen Stellungnahmen klingt in den Referaten der protestantischen und auch altkatholischen Teilnehmer ein anderer Ton an. Die Referenten stellen ihre Kirchen vor und sagen einiges über deren Einstellung zur Einheit. Alle bejahen die Notwendigkeit der Einheit. Einige gehen dabei von einer bereits vorhandenen Einheit aus, die entweder in den Grundpfeilern des christlichen Glaubens — ein Herr, ein Geist, ein Gott und Vater, eine Taufe, ein Abendmahl, ein Glaube 3 5 — oder in der Einheit der Liebe und Gemeinschaft 3 6 besteht. Daraus folgt, daß die Einheit nicht zu bewirken, sondern zu realisieren, zu manifestieren ist. 37 Entsprechend beruht dann die geeinte Kirche auf dem gemeinsamen, lebendigen Glauben an die in der Schrift deutlich bezeugten und allgemein anerkannten Grundwahrheiten des christlichen Glaubens. 38 Ein Bild der Einheit wird noch nicht entwickelt. Das höchste Maß an Gemeinsamkeit erreichen die protestantischen Stellungnahmen aber in der immer wiederkehrenden Formel, daß Einheit nicht Uniformität sei, daß die Kirchen ihr jeweiliges Erbe in die „inklusive" Kirche, in die „comprehension" der vielfältigen Ausprägungen des Glaubens und kirchlichen Lebens innerhalb der Einheit zur gegenseitigen Ergänzung, Bereicherung und Föderung aller hineinbringen und bewahren. 3 9 33
Willem A. Visser 't Hooft, The Pressure of our Common Calling, London 1959, 16ff. Yves M. J. Congar, Divided Christendom. A Catholic Study of the Problem of Reunion, London 1939, 118. (Englische Übersetzung von „Chretiens Desunis".) Ebd. 18. 3 s Vgl. W. A. Curtis, F&O 33, 26; L. Gardner, ebd. 49; G. Aulen, 37; H. Ostenfeld, 36; Ch. Anderson-Scott, 72; N. Boynton, 29. 36 J. L. Nuelscn, ebd. 30; Gardner, 49. « Aulen, ebd. 37; Nuelsen, 30; Η. M. Hughes, 35. 38 Boynton, ebd. 39; P. Ainslie, 32; Hughes, 36; Ostenfeld, 36; J. V. Bartlet, 48; Η. E. Tickle, 50; J. G. Gleditsch, IKZ 11, 1921, 43 gründet die Kirche auf den Glauben und Gottes Wort. » Boynton, F&O 33, 28f.; Nuelsen, ebd. 31; Hughes, 34f.; Ostenfeld, 36; Aulen, 37; Bartlet, 48.
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Um auch eine altkatholische Stellungnahme, die in diese Richtung zielt, zu zitieren: ,,I believe we are one in the conception of an undivided Church which can include all Christians, as the League of Nations (= Völkerbund) can include all nations, and yet so that our own Church can retain its old peculiarities, and we are attempting to find points of connection with, and similarity to one another in the spirit of unity, of peace and of love." 4 0 Prof. Lang verweist zur positiven Begründung der Vielfalt auf das Neue Testament und erwähnt die unterschiedlichen paulinischen und johanneischen Typen des christlichen Glaubens. 41 Aus diesen Auffassungen kann man zunächst schließen, daß sie jedenfalls nicht auf die anglikanische organische Einheitskonzeption zielen, ja, das angeführte Zitat des altkatholischen Bischofs weist mit seiner Parallelisierung von Völkerbund und Kircheneinheit deutlich auf einen föderativen Zusammenschluß hin. Auf diesem Hintergrund kann natürlich der Gedanke der Inklusivität und „Comprehension" viel weiter gefaßt werden. Im Grunde dürfte er auf den Gedanken eines engeren Verhältnisses der in ihrer verfassungsmäßigen, organisatorischen, bekenntnismäßigen und lebensmäßigen Eigenständigkeit weitgehend unverändert bleibenden Kirchen hinauslaufen. Grundlage der engeren Gemeinschaft wäre dann der gemeinsame Glaube in den Fundamentalien und die innere, persönliche und geistliche Gemeinschaft. Stellt man diese Konzeption, für die sich in der weiteren Entwicklung noch deutlichere Belege finden werden, der anglikanischen Konzeption gegenüber, dann ist deutlich, daß die von beiden Seiten betonte „Comprehension" und Vielfalt unterschiedlich verstanden, begrenzt und eingeordnet werden muß. Unterschiedlich eingeordnet deshalb, weil für diese protestantischen Theologen die Vielfalt (der Kirchen) mit zu einem konstituierenden Element der Einheit wird, während sie bei den Anglikanern erst im Rahmen und in der Begrenzung durch die vier Zeichen, die die Kirche und ihre Einheit konstituieren, möglich und sinnvoll ist. Aus dieser Sicht der Einheit in Vielfalt und aus der theologischen Tradition der protestantischen Kirchen ergibt sich auch, daß der vierte Punkt des Quadrilaterals (das historische Bischofsamt) als eine der Bedingungen der Einheit von den meisten protestantischen Teilnehmern explizit oder implizit abgelehnt wurde. 42 Ähnliches gilt aber auch, hier 40
H. Th. J . van Vlijmen, ebd. 4 9 . A. Lang, ebd. 50f. « Ostenfeld, ebd. 36; Bartlet, 4 8 ; Gleditsch, IKZ 11, 1 9 2 1 , 4 3 (nicht im o f f i z . Protokoll); Hughes bezeichnet zwar die Amtsfrage als sekundär, würde aber einen konstitutionellen Episkopat akzeptieren, F&O 33, 35f.; Aulen befürwortet das historische Bischofsamt aus praktischen Erwägungen, nicht aber als Bedingung für die Einheit, ebd. 37. 41
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allerdings mit Einschränkungen, vom dritten Punkt des Quadrilaterals, einem verbindlichen Glaubensbekenntnis, d.h. dem Apostlicum und vor allem dem Nicaenum. In der Diskussion über die Stellung von Schrift und Bekenntnis zur Wiedervereinigung wird man die im Referat des Presbyterianers Anderson Scott ausgesprochenen Gedanken als repräsentativ für die Einstellung der meisten protestantischen Teilnehmer ansehen können. Scott stimmt den altkirchlichen Bekenntnissen in ihrer Substanz zu, sieht sie jedoch von der Priorität der Schrift und ihrer Zeitgebundenheit her als sekundär und relativ an. Sie sind nicht irreformabel und dürfen nicht zum Test für die Gliedschaft in der Kirche gemacht werden. Neben die Bejahung der alten Bekenntnisse muß daher, auch vom Glauben an das fortdauernde Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche her, die Freiheit treten, als lebendige Kirche den Glauben heute in einem neuen Bekenntnis auszusagen. 43 Einige Referenten lehnen ein bindendes Bekenntnis überhaupt ab 4 4 , andere bejahen, wenn auch mit Einschränkungen, die Notwendigkeit des Nicaenums für die Einheit der Kirche. 45 Auch hier trat also der Unterschied zu den Anglikanern deutlich in Erscheinung. Gemeinsam ist allen Referaten der Genfer Vorkonferenz (mit Ausnahme des Referats von Alivisatos), daß sie die negativen Auswirkungen der Spaltungen für die Mission und Evangelisation und die Notwendigkeit der Einheit angesichts der Zeitsituation nur kurz und beiläufig erwähnen. 4 6 Das erklärt sich vielleicht daraus, daß man sich in dieser Erfahrung so eins wußte, daß man auf eine besondere Erwähnung dieser Ursachen und Impulse für die Einheitsbemühungen meinte verzichten zu können. Man verzichtete damit aber auch auf theologische Reflexionen über die Spaltungen und die Begründung der Einheit. Die Unterschiede im Einheitsverständnis zwischen den Anglikanern, die keineswegs eine einheitliche „ F r o n t " bilden, da Brent eine wesentlich flexiblere, offenere Haltung vertritt als Gore, und den Vertretern der protestantischen (und altkatholischen) Kirchen werden durch gemeinsame Wendungen (besonders „inclusiveness" und „comprehension") und das noch nicht genauer artikulierte Einheitsverständnis der Protestanten verdeckt. Wo sie aber erkennbar werden, deuten sie auf einen tiefergreifenden Unterschied. Dieser besteht m.E. im Glaubensverständnis, genauer: in der unterschiedlichen Betonung von „Faith" 43
Ebd. 5 5 - 5 7 ; ähnlich J . E. Roberts, 5 8 - 6 0 ; H. J . Lindskog, 60f.; W. Robinson, 6 6 - 6 8 ; N. Thvedt, 68; A. Taranger, 70; Bartlet, 4 7 ; Gleditsch, IKZ 11, 1 9 2 1 , 4 3 . *» Tickle, F&O 33, 50. 4S Z.B. J. Cooper, ebd. 65f. « Nuelsen, ebd. 3 0 ; Hughes, 34f.; Bartlet, 45; Ainslie, 31. 8 Gaß mann, Konzeptionen
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und „Belief", von „fides q u a " und „fides quae". Das hat natürlich ein unterschiedliches Kirchen Verständnis zur Folge. Wird auf der einen Seite der persönliche Glaube und die Glaubenserfahrung, die Versöhnung und Rechtfertigung der Seele mit und durch Gott in Jesus Christus und die individuelle Freiheit — wie Bartlet die Wiederentdeckung des eigentlichen Sinnes des Glaubens durch die Reformation beschreibt 4 7 — betont und demgegenüber den in der Geschichte der Christenheit sich herausgebildeten Ausdrucksformen des Glaubens und der Ordnung der Kirche eine sekundäre Stellung — im Sinne ihrer Relativität, Zeitgebundenheit, Variabilität und Ersetzbarkeit durch neue Formen — eingeräumt 4 8 , dann ergeben sich hieraus bestimmte Folgerungen für das Kirchenverständnis und für die Sicht der Einheit im „Glauben". Ganz nebensächlich oder gar unnötig wird dann eine Einheit in der „Kirchenverfassung". Geht man aber wie Gore und Palmer, bei aller Hochschätzung des persönlichen Glaubens, nicht von diesem aus, sondern von der Kirche, und zwar von einem durch Kanon, altkirchliche Bekenntnisse, Sakramente und bischöfliches Amt, organischer Einheit und Kontinuität autoritativ strukturierten Bild der Kirche, dann wird für sie der persönliche Glaube zwar nicht sekundär, aber er ist von vornherein eingefügt in den Glauben, das Leben und die Struktur der Kirche. Deren formulierter und akzeptierter Glaube und „apostolische" Ordnung sind dann auch für die Einheit konstitutiv. In diesem Sinne unterscheidet Gore auch zwischen dem persönlichen Glauben und dem Glauben der Kirche, der im Bekenntnis zum Ausdruck kommt und der zur einen Kirche entscheidend hinzugehört. 4 9 Anderson Scott hat bereits in Genf diesen tieferen und umfassenderen Unterschied anerkannt und ihn auf seine Weise umschrieben. Zu seiner Charakterisierung erwähnt er den Titel eines Buches von Auguste Sabatier „The Religions of Authority and the Religion of the Spirit". Er fährt dann fort: „I do not want to
47 Ebd. 46. 48 Z.B. Νuelsen, ebd. 30: „It (d.h. Methodism, der Verf.) knows itself united to all who love Christ as their Saviour and are guided by His Spirit, whatever their opinions or forms of worship." Ainslie, 31f. über Theologie und Philosophie: „These have been helps, but too often hindrances, due to their abuse in assuming antagonistic positions and revealing an unholy spirit " Ostenfeld, 36: „The unity of the Church is unity round the Lord in the Gospel and in faith, a living unity in Christ Jesus." Aulen, 37: „One faith. I could not say it if faith were the same as doctrine. But it is much more. Religious faith means to be captured by Him who is our Lord and by His Spirit. Through the spirit unity is very distinct and definite." Bartlet, 46: „It is in the sphere of moral personality that the primary meaning of Christian faith ultimately lies . . . " Ähnlich Robinson, 67; Anderson-Scott, 7 If. « Gore, ebd. 63f.
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say that these are mutually exclusive but I do think we feel this; that there is a section here who lay emphasis upon authority, and another to whom the Spirit and the witness of the Spirit and the work of the Spirit and the fellowship of the Spirit are the predominant things, not that they repudiate the other." 5 0 Es genügt hier, auf diesen unterschiedlichen Ansatz hingewiesen zu haben, auf den wir noch häufig stoßen werden. Die orthodoxen Stellungnahmen sollen gesonder betrachtet werden, da sie im ganzen der Konferenz eine besondere Stellung eingenommen haben. Diese trat weniger in theologischen Aussagen zur Einheitsfrage in Erscheinung. Hier befleißigte man sich großer Zurückhaltung und nur an wenigen Stellen wurde das orthodoxe Selbstbewußtsein, die eine Kirche in ungebrochener Kontinuität mit dem ersten Jahrhundert zu verkörpern, ausgesprochen. 51 Der eigentliche Impetus der orthodoxen Repräsentanz auf der Konferenz bestand darin, die in dem Rundschreiben des ökumenischen Patriarchats ausgesprochenen Vorschläge vor diesem Forum zu bekräftigen und den Weg zu ihrer Realisierung zu ebnen. 52 Prof. Alivisatos, der orthodoxe Hauptredner in Genf, unterstreicht den Willen der Orthodoxen Kirche zur wahren und wirklichen Einigung im Glauben und in der Verfassung. Doch zunächst möchte er ein Programm zur Verständigung und Zusammenarbeit vorlegen, dessen Verwirklichung eine Annäherung und spätere, volle Einigung zur Folge haben könnte. Die einzelnen Punkte dieses Programms stimmen mit denen des Rundschreibens weitgehend überein. Auch hier tritt die Proselytenmacherei unter Orthodoxen und die Notlage orthodoxer Kirchen (Armenier und Griechen unter den Türken, die Russische Orthodoxe Kirche unter dem Bolschewismus) deutlich als Ausgangspunkt und äußerer Anlaß in Erscheinung. 53 Damit bestätigt sich nun auch für die Orthodoxen, in abgewandelter Weise, die für den Beginn der Faith and Order Bewegung allgemein gemachte Beobachtung, daß die Nötigung zur Einheit ganz entscheidend aus der Zeitsituation heraus erfahren wurde. So wird hier, neben den schon aus dem Rundschreiben bekannten Punkten, auch der Zusammenschluß der Kirchen zur Verteidigung christlicher Anschauun50
Anderson-Scott, ebd. 72. H. Alivisatos, ebd. 33; Chr. Papadopoulos, der ebd. 62 für die ökumenischen Symbole als Notwendigkeit für die Einheit eintritt, zugleich aber sagt, daß das Symbol nicht die ganze Lehre der Kirche umfaßt; St. Gheorghieff vertritt eine sehr strenge Linie: Einheit — ja. Aber eine Kirche ohne apostolische Sukzession ist Häresie, 1KZ 11, 1921, 54. 52 Alivisatos und Metropolit Germanos, ebd. 33f. 53 Alivisatos, IKZ 11, 1 9 2 1 , 94f.; vgl. auch E. Loukaras, F&O 33, 51. 51
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gen gegen jedes sie bekämpfende System und angesichts der sozialen Probleme, des Alkoholismus, des Bolschewismus etc., vorgeschlagen. Auch die Einigung von kleineren, einander verwandten Kirchen gehört zum vorgeschlagenen Weg engerer praktischer, missionarischer und theologischer Beziehungen und Zusammenarbeit, an dessen Ende dann die Einigung im Glauben und in der Verfassung stehen soll. Zur Verwirklichung dieses Programms wird ein Bund von Kirchen mit einer zentralen Kommission, Studienkommissionen, Kommissionen in den einzelnen Kirchen, einer eigenen Zeitschrift und gelegentlichen Konferenzen vorgeschlagen.54 Diese Vorschläge wurden vom Geschäftsausschuß in einen Bericht über Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen zusammengefaßt. 5S Die Bedeutung der orthodoxen Bemühungen, wie sie im Rundschreiben von 1920 und während der Genfer Vorkonferenz zum Ausdruck kamen, besteht darin, daß in einer sehr realistischen Einschätzung der Möglichkeiten der Einheitsbemühungen zum damaligen Zeitpunkt erstmalig von einer Kirche konkrete Vorschläge gemacht wurden, die eine Erweiterung und strukturelle Profilierung der ursprünglich von der amerikanischen Episkopalkirche ausgehenden Initiative vorsahen. Auch wenn diese Vorschläge, durch die damalige Situation orthodoxer Kirchen bedingt, stark defensiv gegenüber der „Welt" geprägt sind und darum nicht zuletzt auch eine Art von Schutz- oder Verteidigungsgemeinschaft zum Ziele hatten, wurde doch hier mit einem erstaunlichen Weitblick bereits die weitere Entwicklung, wie sie die ökumenische Bewegung institutionell genommen hat, entworfen. Gegenüber dem vorausgreifenden Drängen der Anglikaner auf eine organische Wiedervereinigung wird der bescheidenere Schritt eines Bundes von Kirchen vorgeschlagen, nun aber nicht im Sinne vieler protestantischer Theologen als Realisierung der Kircheneinheit, sondern als Zwischenstufe und Vorbereitung der vollen Einheit. Gegenüber der „Stockholmer" Konzeption eines Kirchenbundes zur praktischen Zusammenarbeit auf sozialethischem Gebiet und gegenüber der vom Internationalen Missionsrat geförderten Zusammenarbeit in der Mission wird betont, daß neben der Zusammenarbeit auf diesen Gebieten die Studienarbeit über die zwischen den Kirchen stehenden theologischen Fragen ihren Platz in der neuen Struktur finden muß. Pribilla ist daher in seiner Beurteilung viel zu einseitig, wenn er schreibt: „Bemerkenswert ist, daß gerade die Orthodoxen, die offenbar am meisten an einer theologischen Verständigung mit den Protestanten verzweifelten, eine „Liga" der Kirchen nach Art des Völkerbundes vor-
54 55
IKZ 11, 1921, 96f. (Alivisatos). F&O 33, 75f.
116
schlugen und somit die Bewegung für „Faith and Order" in die für „Life and Work" ausmünden lassen wollten. 56 Vielmehr wird hier, unter den zeitbedingten Voraussetzungen, der zukünftige Arbeitsbereich des ökumenischen Rates umschrieben. c) Das Gespräch
zwischen
den
Kirchen
Wenn wir in diesen abschließenden und zusammenfassenden Überlegungen zur Genfer Vorkonferenz von 1920 vom Untertitel dieses dritten Teils der Arbeit — „Der Beginn des Gesprächs zwischen den Kirchen" — ausgehen, dann stellt sich zunächst die Frage, ob dieser Titel wirklich zutreffend ist. Hat in Genf ein Gespräch begonnen und war es, vor allem, ein Gespräch zwischen den Kirchen? Ein theologisches und ganz besonders ein ökumenisches Gespräch setzt eine Klärung und gegenseitige Kenntnis der Traditionen und Standpunkte voraus. Diese methodische Reihenfolge wurde in Faith and Order von Anfang an vertreten (vgl. hier S. 74f.). Zweifellos diente die Genfer Konferenz vor allem diesem ersten Schritt. Sie hat damit eine wichtige, wenn auch vorerst noch nicht eingehender ausgebaute sachliche Voraussetzung für die weitere Entwicklung von Faith and Order geschaffen, die durch die organisatorischen Beschlüsse, von denen wir im nächsten Kapitel ausgehen werden, ergänzt wurde. Die in Genf hörbar gewordene Enttäuschung Gores und die Feststellung Pribillas, daß „eine Möglichkeit, über die bestehenden Meinungsverschiedenheiten hinweg eine Verständigung oder gar Einigung zu erzielen, nicht zu erkennen w a r " 5 7 , sind dagegen für eine Beurteilung unerheblich, da beide offensichtlich von unzutreffenden Erwartungen her und aus Unkenntnis über die „Strategie" von Faith and Order den Verlauf der Konferenz betrachtet haben. War es aber eine Begegnung von Kirchen und der Beginn eines Gespräches zwischen ihnen? Damit berühren wir erstmalig die schwierige Frage der Repräsentation und Verbindlichkeit, die die ökumenische Bewegung bis heute begleitet und die für deren Analyse und Bewertung von großer Bedeutung ist. Es gehörte zum methodischen Ansatz von Faith and Order, daß es in dieser Bewegung zu einem Dialog zwischen Kirchen kommen sollte, die durch offizielle Vertreter repräsentiert werden, die wiederum ihre Kirche — und nicht in erster Linie ihre persönlichen Auffassungen — vertreten sollten (vgl. hier S. 75). Die hier vorgesehene Repräsentation hat also zwei Aspekte: Erstens, die formale Repräsentation durch die Entsendung offizieller Vertreter der Kirchen. Zweitens, die sachliche Repräsentation einer Kirche, ihrer Tradition, Lehre und ihres Lebens durch die entsandten Vertreter. Wenn auch das 5 6
Pribilla, a.a.O.
148.
57
Pribilla, a.a.O.
148.
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Problem der Repräsentation hier nicht näher behandelt werden kann, so ist doch deutlich, daß der sachliche Aspekt der Repräsentation sehr viel komplexer ist, als daß er durch eine bloß formelle Form der Repräsentation gewährleistet sein kann. Wenden wir diese kurzen Überlegungen auf die Genfer Vorkonferenz an, so kann man mit guten Gründen von einer Begegnung und dem Beginn eines Gesprächs zwischen Kirchen sprechen. Dieses Urteil gründet sich nicht so sehr auf die Tatsache, daß die formale Seite der Repräsentation gewährleistet war. Hier bot die Konferenz ein noch sehr „mangelhaftes" Bild — man denke nur an den Status der deutschen Teilnehmer. Dafür war in den Referaten und Diskussionsbeiträgen um so deutlicher das Bemühen um eine sachliche Repräsentation der Tradition der jeweiligen Kirche spürbar. Die Teilnehmer wollten bewußt und ausdrücklich Leben und Lehre ihrer eigenen Kirche, gewiß in der Perspektive ihrer eigenen Überzeugungen und Mentalität, repräsentieren. Mehr aber kann man nicht erwarten oder erhoffen. In diesem, qualifizierten, Sinne wurden die im ersten Stadium von Faith and Order aufgestellten Kriterien in Genf erfüllt. Daß für die Weiterführung dieses Gesprächs jedenfalls die formale Seite der Repräsentation der Kirche gesichert werden sollte, mehr kann man organisatorisch in diesem Rahmen nicht tun, zeigt die sorgfältig ausbalancierte Zusammensetzung des in Genf geschaffenen Fortsetzungsausschusses. 5 8 Diese Feststellungen haben überdies auch für eine Beurteilung der ökumenischen Bewegung insgesamt Konsequenzen. Wenn heute bei dem Versuch, bestimmte Entwicklungsphasen der ökumenischen Bewegung voneinander abzugrenzen und zu charakterisieren, zuweilen von einer ersten, stark individualistisch geprägten Phase der ökumenischen Bewegung gesprochen wird, die dann 1948 durch eine kirchliche abgelöst wird 5 9 , dann ist dies, zumindest im Blick auf Faith and Order, eine viel zu schematische Sicht. Natürlich spielten einzelne Persönlichkeiten eine große Rolle. Doch die Genfer Konferenz und die Weiterarbeit danach zeigen, daß es um viel mehr ging als nur um Begegnungen ökumenischer Pioniere und Enthusiasten. Wir haben in Teil II gesehen, daß im ersten Stadium von Faith and Order die Aussagen über die Spaltungen und die Begründungen des Ringens um Einheit — und damit auch die ganze beginnende Bewegung — ganz stark durch die Situation der Christenheit und der Welt vor und nach dem Ersten Weltkrieg bestimmt wurde. Diese Wechselbeziehung F&O 3 3 , 73 und 8 I f f . 59 IDOC-research, The World Council of Churches and the Churches, 1 9 6 9 , 5; V i s s e r ' t H o o f t , Ecumenical Review XII, 1 9 5 4 / 5 5 , 3 0 9 f f . ; Van den Heuvel, a.a.O. 92ff. 58
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zwischen Geschichte und kirchlich-theologischer Reaktion bzw. Reflexion ist in Genf kaum erwähnt worden (bei den Orthodoxen war sie noch rein defensiv vorhanden). Durch das beginnende theologische Gespräch zwischen den Kirchen mit der Zuspitzung auf einige Fragen, in denen sie sich unterscheiden, ist dieser umfassendere Horizont, den man sicher nicht vergessen hatte, in den Hintergrund getreten. Das war in der damaligen Lage wohl unumgänglich, wenn Faith and Order einen Anfang mit der notwendigen gemeinsamen theologischen Arbeit machen wollte. Auch in dieser Hinsicht wurde in Genf ein neuer Schritt getan und eine neue Entwicklung eingeleitet. In der Frage der Einheitskonzeptionen hat Genf nichts Neues erbracht. Die Anglikaner versuchten, ihre Konzeption der universalen, organischen Kircheneinheit in der Gestalt des Lambeth-Quadrilaterals erstmalig vor einem ökumenischen Forum zu „testen" und die Differenzierungen, die Brent im Rahmen dieser Konzeption vornahm (vgl. hier S. 105f.), sind gewiß bedeutsam. Die Teilnehmer aus den protestantischen und altkatholischen Kirchen bejahten alle, um eine Unterscheidung von Brent aufzunehmen, die „christliche Einheit" und die Notwendigkeit, dieser Einheit sichtbaren Ausdruck zu geben. Dagegen standen sie dem Gedanken einer im Sinne des Quadrilaterals strukturierten „kirchlichen Einheit" zurückhaltend oder ablehnend gegenüber, zumal sie die Notwendigkeit oder zumindest die Autorität dieser Strukturelemente für die Kirche anders beurteilten als die Anglikaner. Man könnte diesen Stellungnahmen eine implizite Tendenz zu einem föderativen Einheitsmodell entnehmen. Doch Sierp geht in seiner Feststellung zu weit, wenn er von der Mehrheit der Teilnehmer meint: „Alle sehen als Ziel der Einigungsbestrebungen nicht eine Kirche mit demselben Glauben, derselben Verfassung und einer im wesentlichen gleichen Liturgie, sondern einen Bund von Kirchen, etwa nach dem Muster des in Genf einziehenden Völkerbundes. Jede Kirche soll darin ihre Eigenart bewahren." 60 Ausdrücklich haben sich jedenfalls die Teilnehmer aus dieser Gruppe zu keiner bestimmten Einheitskonzeption bekannt, wohl auch aus der Uberzeugung heraus, daß solchen Überlegungen ein Kennenlernen und Näherkommen der Kirchen, verbunden mit theologischen Gesprächen, vorausgehen müsse. Daß sich dabei, wenn auch sicherlich erst in sehr allgemeinen Umrissen, ein tieferliegender, nicht nur auf einzelne, kontroverse Punkte der Lehre und der Ordnung beschränkter Unterschied (oder Gegensatz?) zwischen den kirchlichen Traditionen abzeichnete, den man
60 Heinrich Sierp, Unionsbestrebungen bei Protestanten. Zur Genfer Tagung über Glauben und Kirchenverfassung im August 1 9 2 0 , in: Stimmen der Zeit, 100. Band, Heft 3, 1 9 2 0 , 192.
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28 Jahre später in Amsterdam — vorläufig — mit den Begriffen „katholisch" und „evangelisch" zu charakterisieren versucht hat, ist eine wichtige Erkenntnis der Genfer Konferenz. Es ist allerdings eine Frage, ob man diese Erkenntnis in der Weiterarbeit nach Genf genügend berücksichtigt hat. Auch die orthodoxen Teilnehmer, die zwar ihren Standpunkt nicht verheimlichten, waren an einer Diskussion über eine zukünftige organische Einheit offensichtlich nicht interessiert. Dagegen leisteten sie einen anderen, mehr methodisch und organisatorisch ausgerichteten Beitrag, der auf Seite 116 bereits gewürdigt wurde. Das Bemerkenswerte der Genfer Vorkonferenz von 1920 bestand nicht darin, daß auf ihr tiefgreifende Unterschiede oder Gegensätze ans Licht kamen 6 1 — das m u ß t e n u r denjenigen auffallen, die noch keine Vorstellung von den unterschiedlichen christlichen Traditionen hatten. Es bestand vielmehr darin, daß Genf durch eine erste Klärung der Positionen eine A u f n a h m e des ursprünglichen Ansatzes von Faith and Order darstellte und zugleich den bisherigen Weg dieser Bewegung in eine theologisch, kirchlich und organisatorisch stärker profilierte Bahn lenkte. Die Begegnung und das Gespräch zwischen den Kirchen hatten in der Tat begonnen.
2. Von Genf nach Lausanne Der wichtigste organisatorische Schritt der Genfer Vorkonferenz von 1920 war die Bildung und Wahl eines „Fortsetzungsausschusses", dem die weitere Vorbereitung der geplanten Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung übertragen wurde. Nach Abschluß der Konferenz hielt dieser Ausschuß seine erste Sitzung ab und wählte aus seinen Reihen einen „Geschäftsausschuß" und einen „Themenausschuß", die damit zu Unterausschüssen des Fortsetzungsausschusses wurden. Die organisatorischen Strukturen für die Vorbereitung der Weltkonferenz waren somit geschaffen und einem interkonfessionellen Gremium übertragen worden. Ein starker anglikanischer Einfluß war allerdings weiterhin schon dadurch gewährleistet, daß Bischof Brent zum Vorsitzenden, Gardiner zum Sekretär und Zabriskie zum Schatzmeister des Fortsetzungsausschusses und Bischof Palmer zum Vorsitzenden des Themenausschusses, der später in Canon Bate auch einen anglikanischen Sekretär erhielt, gewählt wurden. Wir wollen und müssen uns auf die theologische Arbeit im Rahmen der Vorbereitung und Weltkonferenz, wiederum eingeengt auf die Frage der 61
Das war der für Pribilla, a.a.O. 1 4 4 f f . bestimmende Eindruck.
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Einheit, konzentrieren. Einige Aspekte dieser Arbeit ergaben sich direkt aus der Genfer Konferenz, da deren zwei Hauptthemen — „Die Kirche und das Wesen der vereinigten Kirche" und „Schrift und Glaubensbekenntnis in ihrer Stellung zur Wiedervereinigung" — an den Fortsetzungsausschuß zur weiteren Behandlung überwiesen worden waren. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, daß die Überweisung des ersten Hauptthemas an den Fortsetzungsausschuß auf einen Antrag von Bischof Gore hin erfolgte. Darin wird der Fortsetzungsausschuß gebeten, sorgfältige Studien über die Kirche und ihre notwendige Einheit zu fördern, damit er auf der zukünftigen Konferenz in der Lage sein möge, den verschiedenen beteiligten Kirchen einige vermittelnde Konzeptionen vorzuschlagen.62 Bereits hier wurden somit Weichen für die methodische und sachliche Ausrichtung der theologischen Vorbereitungsarbeit gestellt, die wiederum der ursprünglichen „Strategie" von Faith and Order widersprachen, nach der die eigentliche theologische Diskussion, vor allem über die Einheitsfrage, der Weltkonferenz selbst vorbehalten bleiben sollte. Noch im Mai 1920 hatte die Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche in den USA diese Zielsetzung bekräftigt. 63 Der erste Schritt in der theologischen Vorbereitung der Weltkonferenz bestand darin, daß vom Fortsetzungsausschuß und später vom Themenausschuß (dem kein Lutheraner angehörte, da Prof. Ihmels den für ihn vorgesehenen Platz nicht einnahm) fünf Fragenreihen ausgearbeitet wurden und an die Kommissionen in den Kirchen und andere interessierte Kreise zur Beantwortung versandt wurden. Die beiden ersten Reihen wurden bereits am 20. August 1920 in Genf vom Fortsetzungsausschuß formuliert und die erste Reihe mit „Fragen zum Glauben der wiedervereinigten Kirche" (Notwendigkeit, Form und Verwendung eines Glaubensbekenntnisses) zunächst ausgesandt. 64 Die zweite Reihe wurde etwas später verschickt und drei weitere Reihen wurden 1923 formuliert und ausgesandt. Alle fünf Reihen wurden 1925 zusammen publiziert. 65 Die zweite Reihe über ,,Das Amt in der wiedervereinigten Kirche" fragt nach einem gemeinsamen, allgemein anerkannten Amt und dessen Form sowie nach den Vorbedingungen und Formen der Ordination in der wiedervereinigten Kirche. Die dritte Reihe über „Die Kirche" fragt nach den wesentlichen Merkmalen und den sichtbaren Kennzeichen der Kirche auf Erden und « F&O 33, 5 3 und 72. « Ebd. 54. F&O 88, 13. κ» F&O 76, 5 - 9 . 221
und Wahrheit (Glaube, Lehre und Bekenntnis) zu treten hat. 101 Damit wurde wiederum, wie schon in Lausanne durch K. L. Schmidt (vgl. hier S. 140) die vorherrschende zeitgeschichtliche Begründung und der zeitgeschichtliche Bezug der Einheitsbemühungen abgelehnt. Große Auswirkungen hat dieser Protest vor 1937 nicht gehabt, da er selbst unter den kontinentaleuropäischen Theologen nur von einigen Gruppen vertreten wurde, die an der Arbeit von Faith and Order kaum beteiligt waren. Zweifellos nahmen Erwägungen über die Voraussetzungen und Bedingungen der Einheit, neben den spezifischen theologischen Themen, in der Arbeit zwischen Lausanne und Edinburgh mit den wichtigsten Platz ein. Die Frage der vorhandenen, vorgegebenen Einheit gehört in diesen Zusammenhang. Ihr wird gegenüber früheren Texten (vor 1927) und zweifellos angeregt durch die verschiedenen Äußerungen während der Lausanner Weltkonferenz eine noch gewichtigere Rolle im Ringen um die Einheit beigemessen: 1. Im Bericht der Kommission II wird der wichtige Satz „Die Einheit der christlichen Kirche ist Voraussetzung der ökumenischen Arbeit" erläutert: Die Einheit der Kirche ist mit ihrem Ursprung gegeben, da die Kirche wesensmäßig eine ist und ihre Einheit in dem einen Herrn gegeben ist. Diese in der Christusoffenbarung beschlossene Einheit ist eine geglaubte Einheit, zu der es sich in der Verkündigung des Evangeliums und im Vollzug der Sakramente, in Bruderschaft und gemeinsamer Arbeit praktisch zu bekennen gilt. 102 Es geht also um eine vorgegebene, „von oben" geschenkte Einheit jenseits des Horizontes menschlicher Spaltungen und Einigungen. Der Bezug zur geschichtlichen Wirklichkeit wird durch die Aufforderung hergestellt, sich zu dieser Einheit zu bekennen, mit anderen Worten, diese geglaubte, „unsichtbare" Einheit in geistlicher und praktischer Gemeinschaft sichtbar zu machen, zu leben. 2. Dieser „geglaubten Einheit" steht ein Verständnis der bestehenden Einheit gegenüber, das sich stärker auf ein geschichtlich aufweisbares, beschreibbares Faktum gründet. Es ist die hinter den Spaltungen zu erkennende, mit dem Aufkommen der weltweiten Einheitsbestrebungen wachsende geistliche Einheit" oder „tieferliegende Einheit" oder „innere Einheit des Lebens", die bereits da ist und nicht geschaffen, sondern nur anerkannt zu werden braucht. 103 κ» Ebd. 13ff. 102 Zoellner-Stählin, a.a.O. 36 und 39f. 103 F&O 61, 3; Questions for Study on the Unity of Christendom and the Relation Thereto of Existing Churches, 1 9 3 0 , F&O 62, 4; F&O 74, 6 und 14; F&O 79, 2 7 , 30, 31, 32, 33; F&O 85, 6 - 7 f . , 15; F&O 88, 12; The Meanings of Unity, New York 1937, F&O 8 2 , I f f . Menegoz in einem Überblick seit 1927: „On the whole . . . the spiritual .entente', founded o n our c o m m o n devotion to Christ eternal, the
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In „The Meanings of Unity" (Bericht 1 der Kommission IV) wird diese schon jetzt vorhandene Einheit, die hier im Unterschied zu „Church Unity" als „Christian Unity" bezeichnet wird, genauer beschrieben: „Christian Unity refers to the broad community of thought and feeling and ethical ideals, common to professing Christians throughout the world, on the basis of which individuals coming out of widely separated Churches can have fellowship with one another. Various synonyms descriptive of this type of unity are in common use, such as Mystical Unity', ,Unity in Life', .Inward Unity', ,Unity of Experience'. These all refer to a common participation in the experience of communion with God in Christ, in the faith of the heart, in basic Christian loyalties and convictions. It is generally recognized that this community of inner life is intimately bound up with the common use of the Scriptures, the Lord's prayer, hymns and the devotional inheritance in which all Christians share. But of the recognition of such an underlying spiritual likeness there issues a sense of kinship which transcends ecclesiastical boundaries, and this informal Christian Unity finds outward expression in visible acts of common prayer and fellowship and common work, among individuals and without regard to their denominational connections." 104 Von dieser weitreichenden geistlichen Einheit, die mehr ist als nur ein vages, unartikuliertes und geschichtsloses Gefühl, wird gesagt, daß sie von Vertretern aller Traditionen anerkannt wird. 105 Das wird auch von anderen Faith and Order Dokumenten 1 0 6 und von Aussagen während und nach der Lausanner Weltkonferenz (vgl. hier S. 148, 181 — 184) bestätigt. Während von einigen Gruppen diese Erfahrung der Einheit bereits als Erfüllung jener Einheit verstanden wird, die Gott für seine Kirche will, wird demgegenüber diejenige Auffassung als weiter verbreitet bezeichnet, die in der geistlichen Einheit eine notwendige Voraussetzung jeder Form einer anzustrebenden Kircheneinheit sieht. 107 In diese letztere Richtung zielen auch alle Aussagen in den hier behandelten Dokumenten. Darin scheint sich ein neuer Konsensus abzuzeichnen. Bemerkenswert ist allerdings, daß sie nicht einen direkten Schritt (und Rock of all the dogmas, has been not only maintained but deepened and strengthened." In: Archiv ÖRK, Faith and Order, Clarens 1 9 3 6 , 36. The Basis of Christian Unity, a.a.O. 3. i Temple, Ed. 15 und 16f.; Azariah, 4 9 f . und 52f.; Τ. T . Lew, 70. Nur J . Hair, Ed. 34, spricht in Begrüßungsworten — er war kein Delegierter — von dieser „united front". 12 The Conference looks at the world, Ed. 4 2 - 4 9 . 11
17 Gaßmann, Konzeptionen
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ration festgestellt wurde, wobei dieses Verlangen aber von der Sache des Staates, der Rasse (Nationalsozialismus!) oder der Klasse (Sowjetunion) bestimmt wird, wird auf die wahre Gemeinschaft mit Gott in Christus und darin mit anderen Menschen verwiesen. Diese lebendige Gemeinschaft des Gottesdienstes, des Dienstes und des Opfers ist eine Antwort auf das Sehnen der Menschen. Um sie aber glaubwürdig und überzeugend geben zu können, bedarf es der Einheit. 13 Wenn in Edinburgh ausdrücklich gesagt wurde, daß Fragen von Faith and Order und somit der Einheit der Kirche im Wissen um die „tragische Qualität der Zeit und der auf unser Wort wartenden ungeheuren Fragen" behandelt werden müssen (48), so wird dies aber doch mit einer entscheidenden Warnung und Korrektur gegenüber manchen Lieblingsvorstellungen im damaligen ökumenischen Denken verbunden. Beides findet sich ebenfalls in der Erklärung, die den Bezug zur Welt zum Thema hat. Hier wird vor dem „unheiligen Gedanken" gewarnt, daß Einheit anzustreben sei, um erfolgreich zu sein, um eine größere Wirksamkeit zu erreichen. Wir stehen unter dem Gericht Gottes. Wir sollen nicht erfolgreich, sondern gehorsam sein. Wir sollen das gemeinsame Leben in Christus zum Ausdruck bringen. Ebenso wird eine klare Rangordnung im Ruf zur Einheit deutlich gemacht: „The world calls, and that is a great and terrible thing; but how much more terrible, how poignant, how dread in judgement, how appealing in love the call of our Lord Himself" (49). In diesen beiden Gedanken geht es nicht um ein Entwerder — Oder, sondern um das entscheidende Kriterium, um die einzige Quelle allen Ringens um die Einheit: Es ist der Herr der Kirche, der zur Einheit ruft und der sein Gerichtswort sprechen wird über jeden Ungehorsam gegenüber diesem Ruf. Wie in den Aussagen zur Einheit der Menschheit und zur Sehnsucht nach Gemeinschaft wird hier noch einmal deutlich, in welcher Weise der erneut aufgenommene Bezug zur Welt von bestimmten, tiefgreifenden theologischen Uberzeugungen (bis hin zur Eschatologie) aus gesehen und ansatzweise entfaltet wird. Im Blick auf die Einheitskonzeptionen hat Edinburgh, gegenüber der bisher vorherrschenden Tradition in Faith and Order, in seinen offiziellen Berichten der Zusammenarbeit und Föderation eine wesentlich positivere Bedeutung beigemessen. Es scheint zu dieser Feststellung aber gar nicht zu passen, daß in den einzelnen Beiträgen die korporative Einheit weiter im Vordergrund stand. Das läßt sich nur so erklären, daß überhaupt nur in einem Teil der Stellungnahmen die Frage der Form der Einheit berührt wurde und daß dies wohl vornehmlich durch solche 13
The Conference looks at the world, Ed. 48.
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Teilnehmer geschah, die in dieser Frage eine festumrissene und zugleich handliche Konzeption vertraten und auf deren Verwirklichung drängten. So wird in den anglikanischen Stimmen noch immer jede andere Form der Einheit — in Fortführung anglikanischer Positionen in Genf 1920 und Lausanne 1927 — als unzureichend bezeichnet. 1 4 Noch ausdrücklicher wendet sich Azariah gegen den Vorschlag einer Föderation von Kirchen, da die — föderativen — Nationalen Christenräte bereits eine Organisation für Koordination und Kooperation darstellen. Es geht vielmehr darum, im Interesse des Reiches Gottes zu einer sichtbar geeinten Kirche zu kommen, die ein gemeinsames Leben, ein gemeinsames Amt und gemeinsame Sakramente besitzt. „Such an ideal alone is worth our prayers, efforts and sacrifices. Such alone will prove to the world the reality and the power of the Christian Faith. This alone will meet the heartyearning of our Blessed Lord. The realisation of such an ideal will come, not by mere federation of churches — however good that may be — but by organic union." 1 5 Dagegen bleiben die beiden Franzosen Fernand Menegoz und Ε lie Gounelle mit ihren Alternativvorschlägen recht vage. Beide sagen ebenfalls deutlich, daß eine Föderation nicht ausreicht, da durch eine solche die Spaltungen nur verewigt werden. Mdnigoz schlägt anstelle des „menschlichen Gedankens eines , f o e d u s ' " d e n „biblischen und religiösen Gedanken der ,diatheke'", einer „alliance nouvelle" vor, also einen Bund. 1 6 Beide Begriffe — „foedus" und „alliance" — bleiben jedoch unerläutert. Gounelle plädiert für eine „Eglise oecum^nique" als Gegenüber zur Kirche von Rom. 1 7 Aber auch er gibt keine Beschreibung dieser „ökumenischen Kirche". Der Presbyterianer W. A. Brown, ein bekannter Befürworter des Föderationsgedankens, kam mit seinem Vorschlag, diesen Gedanken in den Bericht über Amt und Sakramente aufzunehmen, nicht durch. 1 8 Die beiden anglikanischen Theologen Angus Dun und A. S. Duncan Jones räumten in der Diskussion über Browns Vorschlag zwar ein, daß das Ideal der Föderation von vielen angestrebt wird und daß nicht nur anglikanische Zukunftsbilder umrissen werden sollten, doch dann brach bei Duncan Jones die scharfe Ablehnung wie-
n Temple, Ed. 17; Palmer, 146ff.; H. S. Reid, 33; H. L. Goudge, 125. 15 Ed. 50; auch 51: , , . . . corporate union and intercommunion as the goal of our efforts, and not the half-way house of federation". '6 F. Menegoz, Ed. 6 9 ; Henry Clavier, ed., Foi et Constitution, Paris 1939, 81 (französischer Bericht über Edinburgh 1937). 17 Gounelle, Ed. 151; „Nous ne voulons pas de federation. La federation perpetue la disunion. II nous faut une seule communion, une .Eglise oecumenique' en face de l'Eglise de Rome", Foi et Constitution, a.a.O. 172. 18 W. A. Brown, Ed. 190; dagegen endgültiger T e x t , 249.
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der durch: „ . . . though personally I hate it (d.h. „the federal system", Verf.) and think it is impossible" (190). Auch die wenigen Aussagen zur Struktur der Einheit stehen ganz in der Reihe der bereits bekannten Vorstellungen. So zeichnen sich in der Frage der Abendmahlsgemeinschaft die zwei, oder wenn man noch etwas stärker differenzieren will, drei Grundpositionen ab: 1. Die grundsätzlich offene Kommunion (die meisten Freikirchen, einige Reformierte und Lutheraner) (z.B. Phillips, 111). 2. Die wegen fehlender Übereinstimmung in einem für wesentlich erachteten Aspekt des Glaubens (Verständnis und Form des Amtes) notwendige, aber schmerzlich bedauerte und durch Ausnahmen in besonderen Situationen durchbrochene geschlossene Kommunion (die meisten Anglikaner) (z.B. Temple, 19). 3. Interkommunion als Besiegelung einer wirklichen und umfassenden Wiedervereinigung im Bereich von Glauben und Kirchenverfassung, nicht aber als Instrument zur Erlangung der Wiedervereinigung (Orthodoxe Kirche). 19 In der Frage des Amtes, die in den Diskussionen von Faith and Order einer der delikatesten und neuralgischsten Punkte war, ist Edinburgh, jedenfalls von den Diskussionen her gesehen, nicht weitergekommen. Die Entwürfe des Sektionsberichts wurden scharf kritisiert 2 0 und die ungenügende Berücksichtigung der unterschiedlichen Standpunkte, durch die eine möglichst weitreichende Zustimmung zum historischen Bischofsamt erreicht werden sollte, wurde beanstandet. 2 1 Bischof Palmer glaubte sogar einen Rückschritt gegenüber Lausanne feststellen zu können und begründete von daher seinen Vorschlag, die Aussagen des Lausanner Berichts über die Amtsstruktur der vereinigten Kirche der Zukunft in den Bericht der Edinburgher Konferenz zu übernehmen (175f.). Florovsky schlug vor, daß sich eine neue theologische Kommission weiterhin mit dem Amt beschäftigen müßte (142). Daneben wurden, wenig ausgeführt, die bekannten Argumente für oder gegen das historische Bischofsamt und die dreifache Amtsstruktur vorgetragen, unter denen lediglich die Tatsache bemerkenswert war, daß Marc Boegner seine persönliche Bereitschaft und die Bereitschaft „vieler reformierter Kirchen auf dem Kontinent", das dreifache Amtssystem anzunehmen, zum Ausdruck brachte. 2 2 War der bedeutende französische Kirchenmann hier nicht frei von einem 19
Orthodoxe Erklärung, Ed. 1 5 6 . Vgl. die Diskussion über die Entwürfe, Ed. 1 3 7 - 1 4 3 , 1 6 5 - 1 6 9 , 1 7 5 - 1 7 9 und 186-191. 2 ' C. T. Le Quesne, Ed. 137f.; J . R. Sampey, 189; aber auch Headlam kritisierte den Redaktionsausschuß, vgl. 187. 22 M. Boegner, Ed. 141: „Many Reformed Churches on the Continent are ready for the suggestion of a threefold ministry . . . Reunion will not be achieved without the spiritual value of all three — bishops, priests and deacons." 20
260
Wunschdenken, so wurde die harte Wirklichkeit der Spaltungen von orthodoxer Seite wieder ins Bewußtsein gerufen. Bischof Headlam hatte beantragt, einen Abschnitt aus dem Bericht der Kommission III in den Sektionsbericht zu übernehmen, weil in diesem Abschnitt festgestellt wurde, daß die Ämter nicht-bischöflicher Kirchen weder von der Anglikanischen und Altkatholischen Kirche, noch von der Orthodoxen Kirche offiziell verdammt worden seien (138f.). Dem widersprach Erzbischof Germanos: , , . . . the Orthodox Church is committed to the condemnation of orders of other churches" (176). Als Headlam daraufhin Prof. Arseniev zitierte, der sich im Sinne des Abschnitts aus dem Bericht der Kommission III geäußert hatte, kam es zu einer innerorthodoxen und ergebnislosen Auseinandersetzung zwischen Arseniev und Germanos (188). Um nicht noch mehr Unterschiede registrieren zu müssen, wurde der Vorschlag Headlams vom Redaktionsausschuß nicht berücksichtigt. Damit hatte die Konferenz diejenige Frage kurz berührt und wieder fallengelassen, deren Klärung und befriedigende Lösung für die Vertreter nicht-bischöflicher Kirchen letztlich Voraussetzung aller Erwägungen zum Problem von Einheit und Amt war und ist. In diesem Abschnitt konnte nur relativ wenig Material herangezogen werden, das aber doch erlaubte, auf einige neue oder weiterführende Äußerungen hinzuweisen. Die zumeist sehr kurzen Diskussionsbeiträge, die neben den etwas längeren Ausführungen von Temple als Grundlage für diesen Überblick dienen mußten, beziehen sich allerdings häufig nur auf einzelne und dann zumeist umstrittene Aspekte der Sektionsarbeit und der Sektionsberichte. Sie lassen daher manche Folgerungen für bestimmte Tendenzen und Positionen zu, vermitteln aber kein umfassendes Bild von dem, was in Edinburgh bedacht, formuliert und akzeptiert wurde. Das bedeutet, daß erst die Sektionsberichte, zusammen mit den Beiträgen der einzelnen Teilnehmer, ein angemesseneres Bild vom Denken der Konferenz als ganzer vermitteln und daß erst von daher eine Bewertung der Konferenz und ihrer Ergebnisse möglich ist.
2. Das Einheitsverständnis
in den Edinburgher
Sektionsberichten
Gegenüber den Sektionsberichten von Lausanne nimmt die Einheitsfrage in den in Edinburgh angenommenen Berichten der vier Sektionen einen anderen Raum und eine andere Stellung ein. Die Berichte der ersten drei Sektionen werden nicht in dem Maße von direkten Aussagen über die Einheit durchzogen, wie dies in Lausanne der Fall war. Die stärkere thematische Bindung und Ausrichtung der Sektionsarbeit in Edinburgh führte zu einer bewußten Konzentration auf die gestell261
ten theologischen Probleme, deren Behandlung und allmähliche Überwindung als Voraussetzung und Schritte auf dem Wege zur Einheit verstanden wurden, während demgegenüber das Einheitsthema als solches zurücktrat. Hinzuzufügen wäre hier, daß die Form der Behandlung dieser Probleme ein Zeichen dafür ist, daß von vielen die Einheitsfrage auf dem Hintergrund einer zu erstrebenden Ubereinstimmung oder doch Annäherung in grundlegenden theologischen Fragen gesehen wurde und deren Lösung nicht in erster Linie von Erörterungen der strukturellen Modalitäten der Kircheneinheit, die in Lausanne stärker den Hintergrund der Sektionsarbeit bildeten, erwartet wurde. Andererseits wurde in Edinburgh durch die Arbeit und den Bericht der Sektion IV die Einheitsfrage in einer Weise zum T h e m a erhoben, wie dies in Lausanne nicht der Fall war. Hier konnte sich die Sektion auf die Vorarbeiten der Kommission IV und manche Entwicklungen in der Zeit zwischen Lausanne und Edinburgh stützen und einen Bericht erarbeiten, der klarer und differenzierter als der Bericht der Lausanner Sektion VII war und daher auch vor dessen Schicksal verschont blieb. Der folgende Überblick kann sich daher nur auf vereinzelte Aussagen der Sektionsberichte I—III, dann aber um so ausführlicher auf diejenigen der Sektion IV stützen. Dabei werden Veränderungen in den einzelnen Entwürfen der Sektionsberichte mit berücksichtigt und die gesondert erarbeitete und von der Konferenz angenommene offizielle „Affirmation of U n i o n " mit herangezogen.
a) Die Spaltungen
und die Frage des tiefsten
Unterschieds
Zu einer radikalen Verurteilung der Spaltungen konnte sich auch die Edinburgher Konferenz nicht durchringen. In der .Affirmation of U n i o n " wird bekannt, daß unsere Spaltungen gegen den Willen Christi sind. Die Spaltungen selbst aber werden in den „äußeren Formen unseres Lebens in Christus" gesehen, während die vorhandene Einheit im inneren Leben besteht, im „Herz und im G e i s t " (275). Daß in der angeführten Wendung die Frömmigkeit, die fides qua creditur, ein besonderes Gewicht erhält und den Spaltungen gegenübergestellt wird, macht der nicht im offiziellen Bericht abgedruckte und im endgültigen Text abgemilderte Entwurf zu diesem Text noch deutlicher: „Our unity is of heart and spirit; our differences are largely intellectual." Auch in der Bewertung der Spaltungen wurde die hier angeführte Aussage des endgültigen Textes gegenüber dem Entwurf abgemildert, der ausdrücklich von der Sündhaftigkeit der Spaltungen spricht: „We acknowledge that our divisions are sinful in so far as our understanding is limited by pride and wilfulness. We are therefore one in our confession 262
of sin before God, and one in our trust in His forgiveness." 23 Das bereits bei Temple notierte Bemühen, Einheit und Spaltung gleichzeitig auszusagen, wird hier auf das Nebeneinander von innerer, erfahrener Einheit und äußerer Spaltung reduziert. Daß die Gründe und Formen der Spaltungen noch tiefer reichen als die „äußeren Formen unseres Lebens in Christus" oder gar als die weitgehend „intellektuellen" Unterschiede, macht der Bericht der Sektion IV in seinem Abschnitt über die „Hindernisse für die Einheit der Kirc h e " deutlich. Die entscheidende Differenz (im Blick auf das Problem der korporativen Einheit) wird in grundlegend unterschiedlichen Kirchenverständnissen gesehen, die in zwei Konzeptionen, der „autoritären" und der „personalen" Struktur der Kirche, gegenübergestellt werden: „We have, on the one hand, an insistence upon a divine giveness in the Scriptures, in orders, in creeds, in worship. We have, on the other hand, an equally strong insistence upon the individual experience of divine grace, as the ruling principle of the ,gathered' Church, in which freedom is both enjoyed as a religious right and enjoyed as a religious duty." Zwischen diesen Extremen stehen viele vermittelnde Formen, auch dürfen diese Unterschiede nicht einfach auf Mißverständnisse und Sünde zurückgeführt, noch mit dem Gegensatz von bischöflichen und nicht-bischöflichen Kirchen gleichgesetzt werden (25 7f.). Man könnte diese Beschreibung zweier grundlegend verschiedener Positionen als eine Vorstufe oder Vorklärung zu der elf Jahre später in Amsterdam unternommenen und vielbeachteten Charakterisierung „unseres tiefsten Unterschiedes" ansehen. Auch Amsterdam lokalisierte, wenngleich mit vielen Differenzierungen und Absicherungen, den Unterschied zwischen „Katholisch" und „Evangelisch", in der Ekklesiologie. Nur sah Amsterdam das eigentliche Gegenüber zum „Katholischen" in der klassischen reformatorischen Tradition (Primat des Wortes; Rechtfertigung) 24 , während Edinburgh hier die freikirchliche Tradition vor Augen hat. Die Lokalisierung des „tiefsten Unterschiedes" in der Ekklesiologie wurde bereits vor Edinburgh und in persönlichen Stellungnahmen während der Konferenz vorgenommen (vgl. Temple, 64; Goudge, 125). Der Unterschied reicht m.E. aber noch tiefer. Er betrifft, das wurde früher gezeigt, das Verständnis des Glaubens, und auch die hier im Bericht von Sektion IV gegebene formelhafte Beschreibung der Grunddifferenz weist deutlich zurück auf die hinter der Ekklesiologie liegenden unterschiedlichen Kon" E n t w u r f vom 1 0 . 8 . 1 9 3 7 , vervielfältigt in: Archiv Ö R K , Faith and Order, Edinburgh 1 9 3 7 , I I . 24
Die erste Vollversammlung, a.a.O. 6 3 f .
263
zeptionen und Strukturen des Glaubens. Wenngleich der Amsterdamer Bericht ebenfalls die Ekklesiologie in den Mittelpunkt stellt, vermeidet er doch die Gefahr einer Engführung, indem er von der Gesamtheit des Glaubens spricht, die den gemeinsamen Kontext der vielen Aspekte des Glaubens und Lebens einer kirchlichen Tradition bildet. Neben der Grunddifferenz in der Ekklesiologie nennt der Bericht der Sektion IV noch weitere Ursachen für Spaltungen bzw. Hindernisse für die Manifestierung der Einheit, die aber nicht auf den Bereich von Faith and Order beschränkt sind: 1. Theologisch-kirchliche und zugleich soziologische oder politische Hindernisse, die z.B. bei sogenannten Nationalkirchen (Gefahr eines exklusiven Provinzialismus oder der Dominanz des Staates) und der Bindung von Kirchen auf dem Missionsfeld an die Mutterkirchen und deren ungelöste Probleme wirksam sind. 2. Spaltungen aufgrund von Auseinandersetzungen und getrennten Entwicklungen in der säkularen Geschichte. 3. Spaltungen aufgrund von Nationalität, Rasse, Klasse, Kultur und besonders von träger Selbstgenügsamkeit, wenngleich andererseits weitreichende Übereinstimmungen in Fragen des Glaubens und der Kirchenverfassung bestehen ( 2 5 8 f . ) . Auf die „Entdeckung" der sogenannten nicht-theologischen Faktoren vor 1937 wurde bereits hingewiesen (vgl. hier S. 2 1 5 f f . ) . Deren Bedeutung und großes, z.T. die Übereinstimmungen in Glaubensfragen (im engeren Sinne) durchkreuzendes Gewicht für die Einheit und Spaltung der Kirchen wird nun auch im offiziellen Bericht anerkannt. Zumindest im ersten der hier angeführten drei Punkte klingt die Einsicht an, daß diese Faktoren weder isoliert von den „theologischen" Faktoren wirken noch ohne Berücksichtigung derselben betrachtet und beurteilt werden können. b) Von der vorgegebenen
zur zukünftigen
Einheit
Neben der schon traditionell gewordenen Aussage, daß durch die Einheit die durch unsere Spaltungen hervorgerufenen Hindernisse für die Ausbreitung des Evangeliums in der nicht-christlichen Welt beseitigt werden ( 2 7 6 ) , wird die auf der Konferenz erneut herausgestellte Beziehung zwischen der Einheit der Christen und der Einheit der Menschheit auch in den Berichten ausgesprochen und dient so der Begründung der Einheit. Die Einheit in Christus und in der Gemeinschaft seines Heiligen Geistes wird auf die Situation einer geteilten und verwirrten Welt bezogen. Angesichts der Zerrissenheit und Gegensätze der gegenwärtigen Zeit, so heißt es, ist Christus die Hoffnung der Einheit für die Welt. Der T e x t — es sind die letzten Worte des Konferenzberichts — fährt dann fort: „We pray that everywhere, in a world divided and perplexed, men may turn to Jesus Christ our Lord, Who makes us one in
264
spite of our divisions; that He may bind in one those who by many wordly claims are set at variance; and that the world may at last find peace and unity in Him; to Whom be glory for ever" (276). Im Bericht über die „Gemeinschaft der Heiligen" wird diese Gemeinschaft u.a. als eine gegenseitige Teilhabe an geistlichen und zeitlichen Gaben beschrieben, und diese Teilhabe dahingehend erläutert, daß sie alle rassischen, politischen und sozialen und denominationellen Grenzen transzendieren sollte (237). Somit wird deutlich, daß in diesen beiden Texten die Beziehung zwischen Einheit der Kirche und Einheit der Menschheit zunächst darin gesehen wird, daß die Spaltungen und unmenschlichen Gegensätze innerhalb der Menschheit in einer neuen Einheit der Christen mit überwunden werden können und sollen, daß also die Einheit der Kirche eine umfassendere, über sich selbst hinausgehende Dimension hat. Wie man die Bedeutung der „nicht-theologischen" Faktoren für die Spaltungen erkannt hat, so werden hier diese Faktoren als ein integraler Bestandteil des Ringens um Einheit verstanden. In welcher Weise diese von Christus bewirkte Einheit Bedeutung für und Auswirkungen auf die Menschheit hat, sofern sie außerhalb des christlichen Glaubens steht, darüber wird, abgesehen vom Aspekt der Glaubwürdigkeit des christlichen Dienstes der Versöhnung und Einigung in der Welt (vgl. hier S. 253f. und 257), noch nicht reflektiert. Daß dieser Perspektive im Rahmen einer solchen großen Konferenz Ausdruck gegeben wurde, ist immerhin bedeutsam genug. Die expliziten Begründungen des Ringens um die Einheit werden ergänzt von dem anderen Ansatz, der davon ausgeht, daß die Kirche ihrem Wesen nach eine ist. Im Bericht der Sektion II heißt es entsprechend, daß alle neutestamentlichen Aussagen über die Kirche deren wesentliche Einheit voraussetzen und daß die Sache der Einheit implizit in Gottes Wort enthalten ist und daher vom christlichen Bewußtsein als dringender Ruf Gottes angesehen werden sollte (235). Und Sektion IV erwähnt die grundlegende Glaubensüberzeugung, daß die Kirche der Leib Christi ist und daher grundsätzlich und ihrem Ideal nach eine ist (250). Auch der Begriff „Gemeinschaft der Heiligen" wird so interpretiert, daß diejenigen, die „in Christus" sind, durch den Heiligen Geist zu einer einzigen Gemeinschaft miteinander verbunden sind (236). Diesem Indikativ widersprechen die Spaltungen, aber, so ist aus verschiedenen Äußerungen zu folgern, sie heben ihn nicht auf. Die hier auftauchenden Probleme wurden am Beispiel Temples bereits genannt (vgl. hier S. 253 und 255f.). Der Indikativ hat als Konsequenz den Imperativ, das zu werden, was man grundsätzlich schon ist. Es kann also nicht das Ziel sein, etwas Neues, bislang noch nicht Dagewesenes zu schaffen: „In trying to envisage the goal of our endeavours, we are not seeking to create something new; rather we are attempting to discover under the guidance 265
of the Holy Spirit the full natur of the Church created by God in Christ" (250). Es geht darum, so heißt es im nächsten Satz nach dem angeführten Zitat, das „Ideal der Kirche" zu verwirklichen. Die beiden Konzeptionen von Indikativ und Imperativ einerseits und Ideal und dessen Verwirklichung andererseits stehen nebeneinander. Daran wird die Schwierigkeit deutlich, die Spannung von vorgegebener, grundlegender Einheit, Spaltung und gesuchter Einheit begrifflich zu erfassen und auszusagen. Der Tatsache der vorgegebenen, grundlegenden Einheit steht die andere Tatsache einer bereits vorhandenen, erfahrbaren Einheit gegenüber. Bevor wir auf das Verhältnis beider zueinander eingehen, soll zuerst nach der Charakterisierung dieser Ausprägung christlicher Einheit gefragt werden. Dabei interessiert besonders die Frage, ob und wie weit die in den Vorbereitungsarbeiten erkennbaren neuen Akzente (vgl. hier S. 222— 225) aufgenommen wurden. Diese bereits vorhandene Einheit wird in den Berichten unterschiedlich beschrieben. Dies geschieht einmal in der Weise, daß auf die Einheit in einem neuen Verhältnis untereinander, charakterisiert durch gegenseitige Liebe, gegenseitiges Verstehen und gegenseitige Achtung hingewiesen wird (250). An anderer Stelle wird die Einheit in der gottesdienstlichen Gemeinschaft, im gemeinsamen Gebet, den gemeinsamen Liedern und dem Hören auf die eine Heilige Schrift und, darüber hinaus, in der gegenseitigen Anerkennung, über alle Trennungsmauern hinweg, einer gemeinsamen christlichen Grundhaltung und gemeinsamer Werte gesehen (276). Diesen mehr phänomenologisch orientierten Aussagen stehen stärker theologisch geprägte gegenüber. Im Bericht der Sektion II wird gemeinsam anerkannt, daß alle, die Jesus Christus als Sohn Gottes und als ihren Herrn und Heiland anerkitnnen und ihre Abhängigkeit von der Gnade Gottes erkennen, durch diese Tatsache ein übernatürliches Band des Einsseins besitzen, das trotz aller Unterschiede bei der Näherbestimmung des göttlichen Geheimnisses bestehen bleibt. Durch dieses Wissen um Gemeinschaft werden Christen heute näher zueinander geführt (235). Wie früher, so wird auch hier die geistliche Einheit vom persönlichen Glauben her begründet.'Dieser aber wird andeutend umschrieben und, wenn auch noch nicht ganz eindeutig, als abhängig, als geschenkt qualifiziert. Dieser Versuch, über ein subjektives Verständnis der vorhandenen Einheit hinauszugelangen, wurde auch in der „Affirmation of Union" unternommen: „We are one in faith in our Lord Jesus Christ, the incarnate Word of God. We are one in allegiance to Him as Head of the Church, and as King of kings and Lord of lords. We are one in acknowledging that this 266
allegiance takes precedence of any other allegiance that may make claims upon us. This unity does not consist in the agreements of our minds or the consent of our wills. It is founded in Jesus Christ Himself, who lived, died and rose again to bring us to the Father, and who through the Holy Spirit dwells in His Church. We are one because we are all the objects of the love and grace of God, and called by Him to witness in all the world to His glorious Gospel" (275). Die Trennung oder sogar Entgegensetzung der fides qua creditur und der fides quae creditur ist hier überwunden worden, indem der Grund und Inhalt der vorhandenen Einheit sowohl in der Gemeinschaft der Glaubensentscheidung wie auch in gemeinsamen Glaubensüberzeugungen im Blick auf den Gegenstand, die Ermöglichung und die Konsequenzen des Glaubens gesehen wird. Wird die vorhandene Einheit so beschrieben und begründet, dann geht sie zweifellos über das hinaus, was bisher, d.h. in den Texten vor der Vorbereitungszeit für Edinburgh mit innerer, geistlicher Einheit oder Einheit in der Liebe bezeichnet wurde. Jene innere Einheit, deren Bedeutung von allen Seiten anerkannt wurde, wird hier erweitert und vertieft durch gemeinsame theologische und bekenntnishafte christologische Aussagen. Diese theologischen Übereinstimmungen werden vor allem durch den Bericht der Sektion I noch erweitert. Dieser Bericht kann aufgrund der Vorbereitungsarbeiten und der Diskussionen während der Konferenz feststellen, und darin unterscheidet er sich von den anderen Berichten, daß im Zusammenhang mit dem Thema der Sektion, der Lehre von der Gnade, kein Grund mehr für die Aufrechterhaltung der Trennung zwischen den Kirchen besteht (224 und 225f.). Ob der Bericht, in dem auch unterschiedliche Betonungen von Wort und Sakrament in den verschiedenen Kirchen nicht als ein Hindernis für die Einheit bezeichnet werden (227), trotz seiner durchgehend gemeinsamen Formulierungen einen echten Konsensus in der Gnadenlehre repräsentiert, kann nicht untersucht werden. Auf der Konferenz selbst wurde jedenfalls die hier erreichte Übereinstimmung von den Teilnehmern vielfältig gepriesen (117—126) und sogar von der orthodoxen Sondererklärung, in der alle anderen Berichte stark kritisiert werden, weitgehend anerkannt (155). Von daher dürfte dieser Bericht sicher als einer der wichtigsten Schritte der Edinburgher Konferenz in der theologischen Bewältigung der Unterschiede angesehen werden. Wichtig ist nun, daß die vorgegebene, grundlegende und wesentliche Einheit mit der jetzt schon vorhandenen Einheit verbunden wird. Es wird nämlich in Sektion IV gesagt, daß die gemeinsame Erfahrung der geistlichen Einheit von diesem Glauben, daß die Kirche als Leib Christi 267
grundsätzlich eine ist, h e r k o m m t (250). Auch die angeführte Stelle aus Sektion II (vgl. hier S. 265) Steht im Zusammenhang einer Beschreibung der geistlichen Einheit (235). Und in der „Affirmation of U n i o n " werden zwei nebeneinanderstehende Aussagen über die Einheit gemacht, einmal, daß sie nicht auf der Übereinstimmung unseres Denkens und Wollens beruhe, zum anderen, daß sie eine Einheit des Herzens und des Geistes sei (275). Das dürfte so zu interpretieren sein, daß die grundlegende, unzerstörbare, vorgegebene und darum von Menschen nicht zu bewirkende, sondern n u r „ a u f z u d e c k e n d e " Einheit sich heute bereits in der geistlichen Einheit der Gläubigen und Kirchen verkörpert, ohne aber damit ihre volle, sichtbare Verkörperung erreicht zu haben. Hinter dieser Verbindung von vorgegebener und bereits vorhandener Einheit dürfte m.E. zweierlei stehen: Einmal soll das Bekenntnis der grundlegenden, unzerstörbaren Einheit der Kirche in eine gewisse geschichtliche Aufweisbarkeit hinein konkretisiert und gerade auch angesichts der ihr widersprechenden Spaltungen durchgehalten werden. Andererseits soll die vorhandene Einheit, die in Edinburgh wiederum als unerläßliche Voraussetzung und partielle Vorerfahrung der sichtbaren Einheit b e t o n t wurde (235, 250, 259 und 276), gerade um dieser Betonung willen in der von G o t t gegebenen und von G o t t gewollten Einheit verankert werden, damit sie nun auch ganz in die Bewegung von der vorgegebenen hin zur sichtbaren Einheit integriert ist und nicht bloß auf einem der Einheit zwar förderlichen, aber sonst doch selbständigen Bereich vielfältiger Erfahrungen von Gemeinschaft beschränkt bleibt. Natürlich implizieren unterschiedliche Verständnisse einer grundlegend vorgegebenen Einheit und damit auch der Ekklesiologie wie auch der Form der erstrebten Einheit eine unterschiedliche Bewertung und Verhältnisbestimmung der vorhandenen Einheit zur vorgegebenen wie zur zukünftigen Einheit. Die hier notwendig werdenden vielfältigen Differenzierungen sind aufgrund der Edinburgher Berichte nicht möglich und sind wohl auch den meisten Teilnehmern nicht bewußt gewesen. Es ist aber deutlich, daß die in der Vorbereitungsarbeit für Edinburgh bereits erkennbare Linie nun weitergeführt, verdeutlicht und vertieft worden ist: Betonung der in Christus vorgegebenen Einheit, stärkere theologische Füllung der im Glauben schon jetzt vorhandenen Gemeinschaft und Einheit und Verknüpfung beider im Sinne von grundlegender Voraussetzung und deren partieller, auf Sichtbarmachung und Erweiterung drängender Verkörperung. c) Konzeptionen
der Einheit
In Edinburgh wurden erstmalig auf einer großen Konferenz drei verschiedene Konzeptionen der Kircheneinheit eingehender erörtert und 268
umschrieben. Die Voraussetzungen für diesen Schritt, der in Sektion VII von Lausanne 1927 vorbereitet worden war, sind in der gesamten bisherigen Entwicklung von Faith and Order und in den immer schon von einzelnen Theologen und Kirchen vertretenen Auffassungen gegeben. Der Bericht der Kommission IV hatte einen Überblick über diese Auffassungen vorgelegt (vgl. hier S. 233—236). Auf diesen Bericht hat sich die Sektion IV in ihrer Arbeit und ihren Formulierungen weitgehend bezogen. Die Konferenz hat also keine eigenen Konzeption der Einheit erarbeitet. Sie hat aber, und darin liegt ihre Bedeutung, zu den verschiedenen Konzeptionen als Konferenz, als Vertretung eines großen Teiles der nicht-römischen Christenheit Stellung genommen, Akzente gesetzt und Bewertungen vorgenommen und schließlich auch einen ganzen Katalog von praktischen Vorschlägen zur Förderung der Einheit aufgestellt. In der Aufzählung der drei Einheitskonzeptionen und der zu ihrer Verwirklichung notwendigen Voraussetzungen wird die erstrebte Einheit zunächst in der Gestalt einer Konföderation oder eines Bundes von Kirchen als Instrument gemeinsamen Handelns beschrieben. Diese Konföderationen, in denen Kirchen angesichts gemeinsamer Ziele und Aufgaben ohne eine Verletzung des Gewissens zusammenarbeiten können, werden positiv bewertet und als einer der hoffnungsvollsten Wege zum gegenseitigen Verständnis und zu brüderlichen Beziehungen bezeichnet (250f.). Für diese Zusammenarbeit bedarf es als Voraussetzung keiner vollen Übereinstimmung oder Gleichheit im Glauben und Bekenntnis, in den Sakramenten, Ämtern und in der Ordnung der Kirche (253, 255 und 256). Überblickt man die bisherige Geschichte von Faith and Order, dann ist deutlich, daß diese positive Haltung gegenüber der Föderation durch ein Einlenken der ausschließlich auf organische Einheit fixierten Kreise erreicht wurde. Diesen Kreisen kam man gleichzeitig entgegen mit dem Hinweis, die Verfasser des Berichts teilten die öfters zum Ausdruck gebrachte Sorge nicht, eine Föderation verdunkle das Ziel einer volleren Einheit oder verzögere dessen Verwirklichung (251). Trotz der positiven Aufnahme des Gedankens der Föderation wird diese Einheitskonzeption doch wieder ganz in den Zusammenhang der in Faith and Order schon immer nachdrücklich herausgestellten Konzeptionen der organischen oder korporativen Einheit hineingestellt. Sie wird als eine Vorstufe, als ein „verheißungsvoller Ansatz" für „more complete forms of u n i t y " bezeichnet. Man stimmte überein, daß eine Zusammenarbeit zwischen Kirchen, die keine Abendmahlsgemeinschaft herstellen können oder nicht eine korporative Einheit anstreben und aus Gewissensgründen getrennte Kirchenkörper bleiben müssen, nicht das endgültige Ziel sein kann. Zusammenarbeit als solche kann nicht das wahre Wesen der Kir269
che als einer Gemeinschaft des Glaubens und Gottesdienstes wie auch des Dienstes gegenüber der Welt zum Ausdruck bringen (251). Allerdings wird die Föderation in diesem Abschnitt ausschließlich auf praktische Zusammenarbeit bezogen. Sie wird unterschieden von der „föderativen Union ", die im Bericht der Sektion IV jedoch nicht näher charakterisiert und nicht als eine eigenständige Einheitskonzeption behandelt wird. „Föderative Union" dürfte, nach dem Bericht der Kommission IV „The Meanings of Unity" als ein Zusammenschluß von Kirchen zu verstehen sein, der auf gemeinsamen Glaubensüberzeugungen, der vollen Abendmahlsgemeinschaft, einer mit relativ weitgehenden Vollmachten ausgestatteten zentralen Administration beruht, ohne daß sich die einzelnen Kirchen zu einer neuen Unionskirche vereinigen müßten. 25 Im Bericht von Sektion IV in Edinburgh heißt es nun, daß einige Sektionsmitglieder zu Protokoll geben möchten, daß nach ihrer Meinung eine „föderative Union" nicht nur das Höchste ist, was erreicht werden kann, sondern auch das Höchste ist, was angestrebt werden sollte (251). Die Befürworter einer „föderativen Union" wollten sich offensichtlich vom Ziel der korporativen Einheit distanzieren und man kann daraus folgern, daß sie eine Form der Föderation selbständiger Kirchen vor Augen haben, in der die Kirchen theologisch und organisatorisch stärker untereinander verbunden sind als nur durch die in diesem Bericht allein herausgestellt (gelegentliche) praktische Zusammenarbeit. In diese Richtung weist auch die im Bericht der Sektion III referierte Auffassung einiger Konferenzteilnehmer, die sich gegen eine einheitliche Form der Kirchenleitung wenden und der Überzeugung sind, daß das eine geistliche Leben der ungeteilten Kirche „would find place side by side for Churches of differing form of government" (249). Es bleibt festzuhalten, daß die positive Einstellung zur Zusammenarbeit in der Form einer Föderation im Rahmen einer Aufzählung verschiedener Einheitskonzeptionen einen Fortschritt gegenüber der bisher in offiziellen Dokumenten geübten Zurückhaltung darstellte. Man darf aber nicht übersehen, daß der Bericht hier nur ein Übergangsstadium auf dem Wege zum Ziel aller Arbeit von Faith and Order, der korporativen Einheit, sieht und damit, im Gegensatz zur Überschrift dieses Abschnitts des Berichts („The Several Conceptions of Church Unity"), in dieser Form der Föderation gerade nicht eine eigenständige Einheitskonzeption entfaltet. Gerade dies hätte im Blick auf die viel weiterreichende „föderative Union" geschehen müssen. Daß ihr kein eigener Platz eingeräumt wurde, ist ein schwerwiegender Mangel, der zudem zu der 25
F&O 8 2 , 33—35 und 39f. Vgl. auch die Unterscheidung zwischen „föderativer Einheit" und „Konföderation" bei Newman Smyth, hier S. 88f.
270
Vermutung Anlaß gibt, man habe im Interesse einer auf die korporative Einheit hinführenden Disposition der Konzeptionen diese Form der Einheit als ein mögliches Ziel bewußt ausgeklammert. In der Reihe der Einheitskonzeptionen wird an zweiter Stelle die Interkommunion genannt. Sie ist der umfassendste Ausdruck gegenseitiger Anerkennung zweier oder mehrerer Kirchen als wahrer Kirchen oder wahrer Zweige der einen Kirche. Darüberhinaus wird die Interkommunion als ein notwendiger Bestandteil jeder echten Kircheneinheit betrachtet. Dies gilt aber nur von der durch „Regularität" und „Gegenseitigkeit" charakterisierten vollen Interkommunion, von der die einseitige offene Kommunion und die gelegentliche offene Kommunion unterschieden werden müssen (25 If.). Die Voraussetzungen für die volle Interkommunion werden im Zusammenhang mit der korporativen Einheit aufgeführt (vgl. hier S. 272ff.). An dritter Stelle in dieser Reihe steht die korporative Einheit oder organische Einheit. Sie wird als „final goal of our movement" bezeichnet. Diese Einheit soll nicht verstanden werden als eine umfassende organisatorische Einheit mit strikter Uniformität, sondern als die Einheit eines lebendigen Organismus, der eine für die Glieder eines gesunden Leibes charakteristische Vielfalt besitzt. Für die überwiegende Mehrzahl der Christen muß diese Einheit, so heißt es weiter, das anzustrebende Ideal bleiben. In einer so geeinten Kirche würde die Treue jedes Gliedes dem ganzen Leib und nicht einem bestimmten Teil desselben gelten. Die Glieder und Ämter würden überall voll anerkannt sein. Die Sakramente würden entsprechend Sakramente des gesamten Leibes sein. Unsere Aufgabe wird darin gesehen, von Gott als seine Gabe eine Einheit zu empfangen, die in einer Gemeinschaft alle vielfältigen geistlichen Gaben aufnehmen und bewahren kann, die er uns in unserer Gespaltenheit geschenkt hat. Wie alles Leben nur aus Leben kommen kann, so kann auch die sichtbare Einheit des Leibes Christi nur aus dem lebendigen Gott durch das Wirken des lebenspendenden Geistes hervorgehen (252f.). Schließt die Konzeption der korporativen Einheit auch keine strikte Einheit in der Kirchenleitung mit ein, so ist doch nach Auffassung des Berichts eine Einheit von Kirchen innerhalb des gleichen Gebietes ohne ein gewisses Maß an organisatorischer Einheit nur schwer vorstellbar. Zugleich könnte eine korporative Einheit, die den verschiedenen konstitutiven Teilen eine relative Autonomie gewähren sollte, nicht völlig vom föderativen Prinzip absehen. Gerade auch im Blick auf die gegenwärtige Weltsituation könnte eine korporativ geeinte Kirche nur dann eine wirksame internationale Gemeinschaft sein, wenn sie über ein ständiges 271
Organ des gemeinsamen Austausche und der Beratung, welches auch immer seine Autorität und Vollmachten sein mögen, verfügt. 26 Die korporative Einheit, die trotz der in der damals fast dreißigjährigen Geschichte von Faith and Order lautgewordenen ablehnenden Stimmen erneut als das eigentliche Ziel dieser Bewegung bezeichnet wird, erhält hier nur eine umrißhafte Zeichnung: Einheit und Vielfalt auf dem Hintergrund des Organismusgedankens; Loyalität der Glieder zum Ganzen; Sakramente und A m t sind Sakramente und Amt der vereinigten Kirche. Der Bericht macht, auch wenn dies nicht gesagt wird, offensichtlich einen Unterschied zwischen korporativer Einheit im nationalen oder regionalen und im internationalen Bereich. Für den ersten Fall wird auch organisatorische Einheit als notwendig erachtet, während für den zweiten Fall die Möglichkeit föderativer Organisationsformen eingeräumt wird, wobei an ein loseres und wohl weniger stark mit Vollmachten ausgestattetes Leitungs- und Beratungsgremium gedacht ist. Es kann sein, daß die Lambethkonferenzen hier als Vorbild gedient haben, die zwar kein Leitungsorgan, aber doch ein gewichtiges Beratungsgremium einer organisch, aber nicht organisatorisch geeinten Kirche sind. Daß der Gedanke der korporativen Einheit bewußt über das klassische anglikanische Konzept geeinter Nationalkirchen hinaus erweitert wird und dabei universale konziliare Strukturen in den Blick kommen, wird ausdrücklich mit der Weltsituation in Verbindung gebracht. Damit werden aber Ansätze aus der ersten Periode von Faith and Order vor 1 9 2 0 (vgl. hier S. 58f.) wieder aufgenommen, wonach der Dienst der Kirche in der Welt nicht nur deren Einheit, sondern auch eine bestimmte Form dieser Einheit fordert. Für die Aussagen von Edinburgh wäre das so zu verstehen, daß angesichts der als universal erkannten Probleme der Welt und des Ringens um die Einheit der gesamten Menschheit auch die Einheit der Kirche universaler Ausdrucksformen der Beratung und des Handelns bedarf. Die Konzeption der korporativen Einheit erhält in den folgenden Abschnitten des Berichts der Sektion I V eine gewisse inhaltliche Füllung, indem einige der Voraussetzungen für deren Verwirklichung aufgezählt werden. So wird zunächst als Voraussetzung für die korporative Einheit wie für die volle Interkommunion eine wesentliche Einheit im Glauben oder im Bekenntnis genannt. Diese müßte nach Auffassung vieler der auf der Konferenz vertretenen Kirchen folgende Punkte, die in enger oder sogar wörtlicher Anlehnung an den Bericht der Lausanner 26
E d . 2 5 2 f . Wenn Döring, a.a.O. 2 5 4 , diesen letzten Vorschlag auf die „Pragma-
tiker der K o n f e r e n z " zurückführt, dann dürfte dies eine unzutreffende Interpretation sein.
272
Sektion IV „Das gemeinsame Glaubensbekenntnis der Kirche" 2 7 beschrieben werden, einschließen: Die Annahme, als höchster Norm des Glaubens, der im Alten und Neuen Testament enthaltenen und in Jesus Christus zusammengefaßten Offenbarung Gottes. Anerkennung des Apostolicums und des Nicaenums als Bezeugung und Sicherung dieses Glaubens, der sich in der geistlichen Erfahrung der Kirche und ihre Glieder beständig als wahr erweist, wobei diese Dokumente als heilige Symbole und Zeugnisse des christlichen Glaubens und nicht so sehr als rechtliche Normen anzusehen sind. Bekräftigung der kontinuierlichen Führung durch den Heiligen Geist Gottes in Geschichte und Gegenwart und des Wissens um die Gegenwart des lebendigen Christus in der Kirche (in der Orthodoxen Kirche als Heilige Tradition bezeichnet) (253f.). Diese formale Beschreibung bietet eine Erweiterung der ersten beiden Punkte des Lambeth-Quadrilaterals und versucht, das Schriftprinzip, die fides quae und die fides qua creditur wie auch die Tradition miteinander zu verbinden. Abgesehen von der deutlicheren Anerkennung der Normativität der Schrift geht sie an keinem Punkt über die Aussagen der Sektion IV von Lausanne hinaus. 28 Auch die Einschränkungen entsprechen den Anmerkungen zum Lausanner Bericht: Für einige Kirchen ist die Schrift nicht nur die höchste, sondern auch die einzigste Norm und Quelle de« christlichen Glaubens. Einige dieser Kirchen messen bestimmten späteren Bekenntnissen eine den alten Bekenntnissen ebenbürtige Bedeutung und Autorität zu. Die orthodoxen Kirchen und einige andere Kirchen sehen dagegen in der „heiligen Tradition" eine Norm und Quelle des Glaubens, die zur Offenbarung in der Schrift, mit der sie völlig übereinstimmt, doch in einem komplementären Verhältnis steht (254f.). Die hier als Voraussetzung der korporativen Einheit genannten Aspekte — die Offenbarung, deren Bezeugung, das Wirken des Heiligen Geistes, die Gegenwart Jesu Christi und der Glaube — und die in diesem Bereich konstatierten Unterschiede finden sich, in etwas anderer Form, auch im Bericht der Sektion II (228-231). Als weitere Voraussetzung gilt für die Interkommunion, daß für einige Konferenzteilnehmer Interkommunion zwischen Kirchen, die die beiden Schriftsakramente üben, möglich ist, während andere Teilnehmer diese Möglichkeit von der gegenseitigen Anerkennung der Gültigkeit
27
La. 5 3 5 f . G e g e n Frieling, a.a.O. 2 7 2 : ,,. . . z.B. w u r d e in Bezug auf die .Gleichheit im G l a u b e n oder B e k e n n t n i s als Grundlage für die Einheit' eine Erklärung a b g e g e b e n , die in der B e z e u g u n g der G l a u b e n s n o r m e n weit über die bisherigen Ergebnisse der B e w e g u n g für G l a u b e n u n d Kirchenverfassung hinausging". 28
18 Gafimann, Konzeptionen
273
der Sakramentsverwaltung abhängig machen (255) oder, in der orthodoxen Erklärung, von der vollzogenen Wiedervereinigung auf der Grundlage wesentlicher Einheit im Glauben und in der Kirchenverfassung (156). Für korporative Einheit wird es notwendig sein, die Unterschiede zwischen Kirchen zu überwinden, die auf zwei oder sieben oder gar keinen Sakramenten bestehen. Die Einheit im sakramentalen Gottesdienst erfordert außerdem, das wurde noch gegenüber dem ersten Entwurf des Berichts ergänzt, eine wesentliche Einheit im sakramentalen Glauben und in der sakramentalen Praxis (255f.). Gerade die Frage dieser wesentlichen Einheit im sakramentalen Glauben wird im Bericht der Sektion III vornehmlich als Problem der Validität des ordinierten Verwalters des Abendmahles und weniger in der für die Reformationskirchen wichtigen Frage des Verständnisses des Abendmahles und hier besonders in der Frage der Gegenwart Christi gesehen (242f.). Das Problem des Abendmahles stellt sich also weitgehend als eine Konsequenz des unterschiedlichen Amtsverständnisses dar. Für volle Interkommunion und korporative Einheit ist weiterhin Voraussetzung, daß die Unterschiede im Amtsverständnis und vor allem in der Amtsstruktur überwunden werden. Hinsichtlich der Ordnung einer korporativ geeinten Kirche wird das Modell einer Verknüpfung der episkopalen, presbyterialen und kongregationalistischen Amtssysteme zu einer neuen Struktur der vereinigten Kirche, wie es sich im Sektionsbericht V von Lausanne findet, bekräftigt. 2 9 In einer Anmerkung, die in den beiden ersten Entwürfen des Berichts noch fehlte, wird allerdings festgestellt, daß die Aussagen über den Episkopat von großen Teilen der Freikirchen nicht angenommen werden können (257 Anm. 1). Angesichts der Tatsache, daß sich in der Frage des Amtes die Unterschiede zwischen den Kirchen wie auch die als Voraussetzung der korporativen Einheit geforderten Änderungen am deutlichsten abzeichnen, erwies sich diese Frage auch in Edinburgh als der empfindlichste Diskussionsgegenstand. Die hier besonders geschärfte Aufmerksamkeit der Konferenzteilnehmer führte dazu, daß der Bericht der Sektion III gegenüber den Entwürfen sehr viel stärker die voneinander abweichenden Meinungen registriert. Als Grundlage für ein gemeinsames Verständnis des Wesens und der Funktion des Amtes wurden vier Punkte aus dem Bericht der Kommission III übernommen: 1. Das A m t wurde von Christus eingesetzt und ist eine Gabe Gottes im Dienst des Wortes und der Sakramente. 2. Es setzt das Priestertum aller Christen voraus. 3. Die Ordination geschieht durch Gebet und Haudauflegung. 4. Für eine geeinte
»
Ed. 2 5 6 f . ; vgl. L a . 5 3 8 .
274
Kirche ist der Besitz eines Amtes wesentlich, das allgemein anerkannt wird. Aber auch zu diesen Grundsätzen werden in der endgültigen Fassung des Berichts unterschiedliche Auffassungen angeführt. Sodann werden die verschiedenen Verständnisse der „apostolischen Sukzession" kurz beschrieben, unter denen eine Stellungnahme presbyterianischer Teilnehmer ebenfalls erst in den endgültigen Bericht eingefügt wurde ( 2 4 6 — 2 4 8 ) . Die im Lausanner Bericht und in den Entwürfen des Edinburgher Berichts gemachte Einschränkung, daß die Annahme des historischen Bischofsamtes nicht verbunden ist mit der Annahme einer bestimmten Lehre über dieses A m t 3 0 , wird im endgültigen Bericht als Auffassung einer Mehrheit qualifiziert, der gegenüber eine Minderheit die Übernahme einer solchen Lehre fordert ( 2 4 8 f . ) . Schließlich wird auch erst im endgültigen Bericht eingeräumt, daß es gegenüber dem Plan einer Kombination und Integration der drei Amtssysteme Stimmen gibt, die darauf bestehen, daß das eine geistliche Leben der ungeteilten Kirche nicht durch eine einzige, bestimmte Form der Kirchenleitung zum Ausdruck gebracht werden sollte ( 2 4 9 ) . Diese wenigen Hinweise zeigen, zusammen mit den anderen, im Bericht der Sektion III genannten Unterschieden, wie weit man doch von einer Einigung in den für das Amt geltenden Voraussetzungen der korporativen Einheit entfernt war und daß man sich offensichtlich erst allmählich bereitgefunden hat, die vorhandenen Unterchiede zu notieren. Die Edinburgher Konferenz hat, darin besteht der große Schritt nach vorn, verschiedene Einheitskonzeptionen aufgezählt und beschrieben. Wenn jedoch die noch weitgehend formale Beschreibung der Voraussetzungen und Bedingungen und damit auch der wesentlichen Strukturelemente der vollen Interkommunion und korporativen Einheit inhaltlich gefüllt wird, dann treten, wenn auch den gemeinsamen Aussagen nachfolgend oder in eine unscheinbare Anmerkung versteckt, deutliche Unterschiede ans Licht, die auch in den anderen Sektionsberichten bei jeder Überarbeitung klarer herausgestellt wurden. Andererseits bietet der Sektionsbericht IV doch erstmalig wichtige und offensichtlich weitgehend unumstrittene Klärungen hinsichtlich der Grundstruktur der verschiedenen Einheitskonzeptionen. Noch mehr: Er macht noch einmal deutlich, daß für volle Abendmahlsgemeinschaft und eine korporative Einheit eine wesentliche und j e t z t noch nicht vorhandene Einheit im Glauben, in den Sakramenten und im Amt unerläßlich und darum anzustreben ist. Ein bloßes Sichfinden auf der Grundlage der schon vorhandenen Gemeinschaft im Glaubensvollzug und gottesdienstlichen Leben, verbunden mit der Beseitigung von Mißverständnissen und einer »
La. 5 3 8 ; Ed. 323 und 357.
275
neuen Einstellung zueinander, werden offensichtlich nicht als ausreichende Grundlagen angesehen. Dagegen war deutlich, daß die korporative Einheit als das entscheidende Ziel der Einheitsbemühungen immer wieder herausgestellt wurde. Auf dieses Ziel war die gesamte Konferenzarbeit hin angelegt. Daß aber alle oder auch nur die große Mehrheit der Teilnehmer bzw. der durch sie repräsentierten Kirchen durch ihre Mitarbeit implizit und durch ihre Zustimmung zum Bericht der Sektion IV auch explizit dieser Zielsetzung zugestimmt hätten, wäre eine zu weitgehende Folgerung. Aus den A n t w o r t e n der Kirchen auf die Lausanner Konferenz, aus Einzelstimmen aus den Jahren zwischen Lausanne und Edinburgh und aus der im Bericht der Sektion IV selbst angeführten Einschränkung, daß einige Sektionsmitglieder in der „föderativen Union", die sich von der beschriebenen Form der korporativen Einheit unterscheidet, das allein erreichbare und anzustrebende Ziel zu sehen vermögen (vgl. hier S. 270), läßt sich folgern, daß dies nicht der Fall gewesen sein kann. Von daher ist anzunehmen, daß ein Teil der Delegierten auch ohne Bejahung dieser Zielsetzung mitgearbeitet h a t , weil sie im Blick auf ihre weniger weitreichenden Einheitskonzeptionen, und hier wäre besonders an Formen der Föderation zu denken, die im Bericht der Sektion IV (absichtlich?) nicht erwähnt wurden, dennoch eine gewisse Annäherung und größere Übereinstimmung in grundlegenden Fragen des Glaubens und der Ordnung für wichtigv und förderlich hielten. Die Situation von Edinburgh m u ß in dieser Frage differenzierter gesehen werden, als es auf den ersten Blick angesichts der Tendenz des Berichts der Sektion IV erscheinen mag.
d) Ein Programm konkreter
Schritte
Mit derselben Energie, mit der in Edinburgh die Frage der Einheitskonzeption angepackt wurde, ging man auch daran, z.T. in Anknüpfung an schon vorhandene Beispiele und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Situationen, Schritte für den Weg zur erstrebten Einheit hin zu erörtern und zu empfehlen. Daß man gerade auch angesichts der erneut offenkundig gewordenen Unterschiede, die eine Verwirklichung von weitreichenden Einheitskonzeptionen, jedenfalls im quasi globalen Erwartungsund Diskussionshorizont von Faith and Order, in der näheren Z u k u n f t als unmöglich erscheinen ließen, sich resolut und mit großer Mehrheit den zunächst realisierbaren ersten Schritten zugewandt und damit die orthodoxen Vorschläge von Genf 1920 (vgl. hier S. 115f.), und die Ansätze im Bericht der Sektion VII von Lausanne (vgl. hier S. 176f.) weiter entfaltet hat, ist in der grundsätzlichen Einstellung von Faith and Order zweifellos ein Fortschritt. 276
Die Bejahung einer kooperativen Föderation als einer Stufe auf dem Wege zu einer umfassenderen Einheit wurde unter den Einheitskonzeptionen bereits erwähnt. Nachdem noch einmal der „ k o m p l e x e " Charakter der erstrebten Einheit erwähnt wurde, der in der inneren, geistlichen und in ihrer Fülle G o t t allein bekannten Einheit und der äußeren Einheit besteht, die in gegenseitiger Anerkennung, Zusammenarbeit und korporativer oder institutioneller Einheit zum Ausdruck kommt ( 2 5 9 ) , werden zum Schluß des Berichts der Sektion I V sodann 17 Punkte aufgeführt, die als nächste Schritte auf dem Wege zur Einheit dienen könnten. Die wenig systematisch angeordnete Liste — hier kann nur ein zusammenfassender Überblick gegeben werden — enthält u.a. folgende Empfehlungen: Verstärkte ökumenische Ausrichtung der Arbeit unter den Laien und in der theologischen Ausbildung; Förderung der inneren Einstellung zur Einheit und des Gebetes für die Einheit ( 2 6 0 — 2 6 2 , Nr. 1, 2 , 3, 5). Engere Zusammenarbeit der Kirchen auf dem Gebiete der Theologie, der Evangelisation und der gegenseitigen kirchlichen Hilfe sowie in der Sozialarbeit. Diese Zusammenarbeit wird als ein Mittel verstanden, jene Einheit im Evangelium zum Ausdruck zu bringen und zu stärken, durch die diejenigen in einer geistlichen Gemeinschaft miteinander verbunden werden, die verschiedenen Kirchen angehören ( 2 6 1 , Nr. 4 ; 2 6 2 - 2 6 4 , Nr. 6 - 8 ; 2 6 7 , Nr. 14). Förderung interkonfessioneller Studienkreise und Gruppen, gegenseitiges Kennenlernen der verschiedenen gottesdienstlichen Traditionen, Abhaltung regionaler ökumenischer Konferenzen und kleinerer Konsultationen, Verstärkung des Austausches zwischen den Kirchen ( 2 6 4 — 2 6 6 , Nr. 9 , 10, 12). Weiterhin wird empfohlen, daß in Fällen, wo gelegentliche offene Interkommunion geübt wird, aber nicht offiziell in der Ordnung der betreffenden Kirche vorgesehen ist, eine eindeutige Regelung geschaffen wird, damit Mißverständnisse vermieden werden. Wo Interkommunion noch nicht möglich ist, sollte zu einer nichtkommunizierenden Teilnahme an den Abendmahlsgottesdiensten anderer Kirchen ermutigt werden. Eine solche Beteiligung sollte als ein Akt gemeinsamen Gottesdienstes verstanden werden, der das Maß an bereits erreichter geistlicher Einheit zum Ausdruck bringt ( 2 6 6 ) . Neben dem Vorschlag, offizielle Kommissionen für die Erörterung ökumenischer Fragen und für Kontakte und Verhandlungen in den Kirchen zu bilden, setzt sich der Bericht auch dafür ein, daß Kirchen, die bereits ein beträchtliches Maß an gegenseitigem Verständnis, Gemeinschaft und Zusammenarbeit erreicht haben, zu offiziellen Verhandlungen oder Gesprächen mit dem Ziel von Entwürfen für Unionspläne übergehen ( 2 6 6 , Nr. 13). Diese Haltung entspricht der früher angeführten allgemeinen Einstellung von Faith and Order, nach der konkrete Unionspläne 277
Sache der einzelnen Kirchen sind, sowie der wiederholt vorgetragenen orthodoxen Auffassung (157), daß sich zunächst einander nahestehende Kirchen vereinigen sollten, wie auch schließlich der in Sektion IV von Edinburgh vertretenen Notwendigkeit des Übergangs von loseren Formen der Einheit (Zusammenarbeit, Föderation) zur umfassenderen, korporativen Einheit. Im Zusammenhang mit den Unionsplänen steht auch die weitere Anregung, bei einer — wünschenswerten — territorialen bzw. nationalen Einigung von Kirchen darauf zu achten, daß die bestehenden Beziehungen zu Kirchen oder ökumenischen Gemeinschaften im weltweiten Rahmen bewahrt werden, daß aber hier die Jungen Kirchen gegenüber den älteren Kirchen volle Freiheit haben sollten. Dem Kirchenunionsplan in Südindien wird besondere Bedeutung beigemessen, weil hier versucht wird, Kirchen in einer geeinten Kirche zusammenzufassen, die bischöflich, presbyterial und kongregationalistisch strukturiert ist (267f., Nr. 15, 16). Diese Hervorhebung des südindischen Unionsplanes hing natürlich auch damit zusammen, daß dort das Modell einer Amtsstruktur verwirklicht werden sollte, das in Sektion IV von Lausanne her übernommen werden war. Der 17. und letzte Punkt betrifft den „Rat der Kirchen" (Council of Churches) bzw. „ökumenischen Rat der Kirchen" (World Council of Churches). 31 Die Bildung eines solchen Rates wurde bereits 1920 in der Enzyklika des ökumenischen Patriarchats und von orthodoxen Teilnehmern der Genfer Vorkonferenz vorgeschlagen. Auch ist daran zu erinnern, daß bereits 1919 die Abordnung der amerikanischen episkopalen Vorbereitungskommission für Faith and Order auf ihrer Reise durch Europa mit Söderblom ein engeres Zusammengehen mit der Bewegung für Life and Work besprochen hatte (vgl. hier S. 52). Dieser Gedanke gewann, nach dem gescheiterten Vorstoß in Sektion VII von Lausanne, vor allem in der Zeit zwischen Lausanne und Edinburgh an Bedeutung. Die Stimmen für eine Koordinierung und Zusammenarbeit der beiden großen Bewegungen auf dem Hintergrund einer stärkeren theologischen Ausrichtung von Life and Work und einer entsprechenden Berücksichtigung der „nicht-theologischen Faktoren" wie auch der Probleme der Welt auf Seiten von Faith and Order, durch die die beiden Bewegungen auch sachlich enger miteinander verbunden w u r d e n 3 2 , verschafften sich zunehmend Gehör. Die einzelnen Phasen der Gespräche und Verhandlungen in den Jahren vor der Edinburgher Konferenz, die in Oxford wie in Edinburgh zur Annahme des Vorschlags führten, einen Rat der Kir3' Ed. 268f.; Report of the Committee, 2 7 0 f f . 32 Der Vorsitzende des Ausschusses für den vorgeschlagenen ö k u m e n i s c h e n Rat der Kirchen, J . Ross Stevenson, wies ausdrücklich auf diese Tatsache hin, Ed. 1 9 9 .
278
chen zu bilden, brauchen hier nicht nachgezeichnet zu werden. Der Edinburgher Bericht enthält selbst einen kurzen historischen Rückblick. 33 Daneben wurde der Plan im Unterschied zu einigen Ansätzen in den Vorbereitungsarbeiten (vgl. hier S. 239f.) in Edinburgh selbst nicht mit theologischen Überlegungen verbunden und vor allem unter dem Gesichtspunkt der Koordinierung und Effektivität, auch im Blick auf die Weltsituation, befürwortet. 3 4 Trotz einer scharfen Opposition durch Headlam und einige andere Teilnehmer, die sich gegen eine Verbindung mit Life and Work wandten 3 5 , wurde der Vorschlag mit Mehrheit ,4m Prinzip" angenommen, daß die Kirchen (im ersten Entwurf waren Kirchen noch nicht als Träger dieser Entscheidung genannt) (340) einen „Rat der Kirchen" bilden sollen. Dieser Rat soll den spezifischen Charakter und die Bedeutung der beiden Bewegungen bewahren. Grundlage für die Mitgliedschaft der Kirchen soll die Lehre von der Inkarnation sein. 36 Daß dieser Vorschlag, neben dem Gedanken der bereits vorhandenen geistlichen Einheit, in vieler Hinsicht die Grundlage für eine bessere und leichtere Verwirklichung der zuvor genannten konkreten Schritte auf dem Wege zu einer größeren Einheit bilden sollte, wurde von John Mott deutlich ausgesprochen: , , . . . this last Practical Step is an enabling of all the previous sixteen. It is the keystone of the arch we have been seeking to build here" (185). Daß mit dem geplanten Rat der Kirchen implizit oder explizit eine — gewiß vorläufige und noch sehr begrenzte — Form der Einheit verwirklicht werden sollte, die in der Aufzählung von Einheitskonzeptionen in Sektion IV fehlte und darum nicht geklärt wurde, denn dieser Rat ging — auch schon in seiner Konzeption — zweifellos über das dort gezeichnete Bild einer Konföderation für praktische Zusammenarbeit hinaus, ist m.E. eine der Wurzeln der späteren Debatte 33
Ed. 2 7 0 - 2 7 4 , ausführlich: Visser 't H o o f t , in: Rouse-Neill, Teil II, bes. 3 8 5 397. 34 Vgl. auch den Beschluß des .Ausschusses der 3 5 " im Juli 1937: „1. That the Conference regards it as desirable that, with a view to facilitating the more effective action of the Christian Church in the modern world, the movements known as ,Life and Work' and ,Faith and Order' should be more closely related in a body representative of the Churches and caring for the interest of each movement." Ed. 273. 35 Ed. 151; auch 184—186. A u c h Sasse und der frühere Generalsekretär von Faith and Order Ralph W. Brown hatten sich vor Edinburgh energisch gegen eine Verbindung mit Life and Work gewandt, vgl. Archiv ORK, Faith and Order, Files 1927— 1946, Names of People. 36 Ed. 2 6 8 f . ; Bericht des Konferenzausschusses über den ö k u m e n i s c h e n Rat der Kirchen (angenommen mit einer Gegenstimme), vgl. Ed. 270—274; Vorgeschichte, Arbeit dieses Ausschusses und Diskussion, vgl. Chap. VII, 192—204.
279
über die ekklesiologische Bedeutung des ökumenische Rates der Kirchen. Mit der Entscheidung von Edinburgh endete die nur 27-jährige Geschichte der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung als einer organisatorisch eigenständigen ökumenischen Bewegung. Daß die Arbeit und Anliegen dieser Bewegung im Rahmen des neuen ökumenischen Rates ein besonderes Gewicht und spezifische Strukturen erhalten müßten, wurde allerdings schon in den ersten Vorschlägen zur Gestalt und Arbeit des Rates deutlich gemacht (27If., Temple, 195).
3. Fortschritte
auf dem unvollendeten
Weg
Im Unterschied zur Weltkonferenz von Lausanne, die vor den Augen der Kirchen und der Welt einen neuen Aufbruch in der Christenheit repräsentierte und dokumentierte und allein schon unter diesem Gesichtspunkt, ganz abgesehen von ihren Ergebnissen, als ein besonderes Ereignis beachtet wurde, stand die Weltkonferenz von Edinburgh in einem völlig anderen Kontext. Die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen diese Konferenz ihren Beitrag zur Einheit der Kirche leisten sollte, waren bekannt. Sie waren bekannt aufgrund der Ergebnisse der Lausanner Konferenz, der Reaktionen der Kirchen auf jene Konferenz und der Vorbereitungsarbeiten für Edinburgh. Hat die Konferenz, die allerdings stark von der angelsächischen und speziell von der anglikanischen Teilnehmergruppe bestimmt wurde 37 , ihre Arbeit auf diesem Hintergrund getan, so muß auch eine Beurteilung danach fragen, inwieweit sie hinter diesen Voraussetzungen und Bedingungen zurückgeblieben ist, diese aufgenommen hat und über sie hinausgegangen ist. Das soll im Blick auf die Einheitsfrage versucht werden. Zweifellos sind in der Frage der Methode seit Lausanne große Fortschritte gemacht worden. Das ist ausführlich dargelegt und z.T. auch bereits beurteilt worden (vgl. hier S. 2 0 6 - 2 1 1 und 242f.). Dabei ist zu unterscheiden zwischen der praktizierten Methode der Arbeit von Faith and Order und den Reflexionen über die für die Erreichung des Zieles dieser Bewegung angemessensten Formen und Perspektiven der theologischen Diskussionen, Klärungen und Folgerungen. Die praktizierte Methode in der Gestalt der Vorbereitungsarbeit durch theologische Kommissionen, deren Berichte als Vorlagen für die Sek37 Vgl. z.B. Küry, Die Weltkonferenz für Glauben und Verfassung, a.a.O. 27: „Bisweilen hatte man d e n Eindruck, man wohne Verhandlungen zwischen der Kirche von England und den Freikirchen bei." Ebenso Otto Piper, Impressions of the Edinburgh Conference, in: The Lutheran, Nov. 2 4 , 1937, 20.
280
tionsarbeit und teilweise auch für deren Berichte dienten, hat sich bewährt. 3 8 J a , sie war m.E. geradezu die Rettung der Konferenz. Wenn nach der Konferenz die zweifellos berechtigte Klage angestimmt wurde, es habe für die Erörterung so wichtiger und entscheidender Themen nicht annähernd genügerid Zeit zur Verfügung gestanden 3 9 (obwohl man sich viel stärker als in Lausanne auf die Sektionsarbeit konzentriert hatte), dann liegt die Frage nahe, was wohl bei der Konferenz herausgekommen wäre, wenn man sich nicht auf die Kommissionsberichte hätte stützen können. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob das nach Lausanne geforderte Weiterschreiten von einem Vergleich der kirchlichen und theologischen Positionen und Traditionen zu einer gemeinsamen Konzentration auf die Klärung und Überwindung der Unterschiede sich als möglich erwiesen hat und entsprechend praktiziert wurde. Wenn Lukas Vischer meint, die Methode der Edinburgher Konferenz sei noch weitgehend die „Methode des Vergleichs" gewesen 4 0 , so muß dieses Urteil doch qualifiziert werden. Es wurden nicht mehr, wie in Lausanne und bei den Vorarbeiten für die Berichte der theologischen Kommissionen, konfessionelle Positionen vorgetragen und durch deren Gegenüberstellung Übereinstimmungen und Unterschiede festgestellt, sondern in der Behandlung spezifischer Themen und der in ihnen enthaltenen Einzelfragen traten neben den Gemeinsamkeiten die unterschiedlichen Auffassungen zunehmend in Erscheinung. Wenn es um eine Herausarbeitung auch der Unterschiede gehen sollte, so war genau dies zu erwarten. Auch die programmatisch unterstrichene Abkehr von der Methode der „komparativen Ekklesiologie" in Lund 1952 konnte nicht die Registrierung von Unterschieden vermeiden, wenngleich sie gewiß größere Möglichkeiten für die Erarbeitung gemeinsamer Aussagen eröffnet hat. So mögen die Ergebnisse der Sektionsarbeit von Edinburgh zwar faktisch den Resultaten eines Vergleichs gleichkommen, bewußt intendiert und praktiziert wurde diese Methode jedoch nicht mehr, das bestätigen auch die Antworten von Kirchen. 41 Nicht zuletzt wurde besonders in der Ar38
Gegen Frieling, a.a.O. 2 0 3 f . Vgl. z.B. Siegmund-Schultze, in: ö k u m e n i s c h e s Jahrbuch 1 9 3 6 / 1 9 3 7 , a.a.O. 4 2 9 ; E. J . Palmer, The Cost of Reunion, London 1 9 3 7 , 3. 1,0 Lukas Vischer, Die Einheit der Kirche, Material der ökumenischen Bewegung, München 1965, 16; ebenso Döring, a.a.O. 2 6 4 . 41 Protestant Episcopal Church, USA, in: Statements Received from Churches on the Report of the Edinburgh Conference (Second Series), 1940, F&O 9 4 , 3; Methodist Church, Great Britain, Statements Received from Churches on the Report of the Edinburgh Conference (First Series), 1939, F&O 9 3 , 13; Church of Scotland, F&O 93, 27. 39
281
beit der Kommission I und Sektion I der Versuch unternommen, hinter die traditionellen Unterschiede zurückzutragen. In der Frage der in den Vorbereitungsarbeiten erwogenen und für die Zukunft intendierten methodischen Schritte bei der Klärung und Überwindung der Unterschiede konnte die Edinburgher Konferenz nicht in dem Maße differenzierend arbeiten, wie dies von diesem Ansatz her notwendig gewesen wäre. Andererseits ist in der Arbeit der theologischen Kommissionen mancher Schritt in diese Richtung getan worden, der dann auch für die Konferenz selbst von Bedeutung war. Wie immer man auch die Ergebnisse der Kommission I und Sektion I über „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus" beurteilen mag, so ist doch hier versucht worden, eine Klärung und Bewertung der Unterschiede vorzunehmen. Dies trifft auch auf die Erwägungen über den „tiefsten Unterschied" und die Klärung von Einheitskonzeptionen und ihren Voraussetzungen zu. Auch die Herausstellung der Bedeutung der sogenannten nicht-theologischen Faktoren für die Einheit und Spaltung der Kirchen ist ein Ergebnis dieses Prozesses der Klärung. Es wäre dann zu fragen, ob die in Edinburgh sichtbar gewordenen und registrierten Unterschiede nicht stärker hätten differenziert werden müssen. Diese Frage führt aber an die Grenzen der gewiß wichtigen methodischen Reflexionen vor Edinburgh. Die umstrittenen Einzelfragen sind, das hat Amsterdam 1948 bewußt gemacht, Aspekte eines Ganzen, eines umfassenden Lebenszusammenhanges, in welchem das, was für die eine Seite geschichtlich bedingt und damit sekundär oder doch revidierbar oder mit anderen Auffassungen und Formen vereinbar ist, für die andere Seite ein Teil des göttlichen Depositums oder einer unaufgebbaren Wahrheitserkenntnis ist. Damit ist die Frage des „ t i e f s t e n Unterschieds" wiederum gestellt, die vor und in Edinburgh bewußter reflektiert wurde als zuvor (vgl. hier S. 246 und 263f.). Daß die in Edinburgh gegebene Beschreibung nicht schematisch als Gegensatz zwischen „katholisch" und „protestantisch" bezeichnet werden kann 42 , wurde bereits auf Seite 263 gezeigt. Der Unterschied ist komplexer. Natürlich findet er seine sichtbarste Ausprägung in der Ekklesiologie (daher entschied sich der neue Fortsetzungsausschuß für das Thema der Kirche als eines der drei Hauptthemen für die theologische Arbeit nach Edinburgh) 43 , aber damit verbunden ist, wie wiederholt gezeigt wurde, ein unterschiedliches Ver42
So Döring, a.a.O. 2 5 7 f . The 1938 Meeting of the Continuation Committee Held at St. George's School. Clarens, Switzerland, August 2 9 - S e p t e m b e r 1st, 1 9 3 8 , no date, F&O 9 1 , 2 8 f f . und 50.
43
282
ständnis der Offenbarung und des Verhältnisses zwischen Schrift und Tradition wie auch zwischen Glauben und theologischer Reflexion und Lehre. In allen diesen Komponenten des „tiefsten Unterschieds" gibt es keine eindeutigen und konfessionell identifizierbaren Fronten. Man wird höchstens von gewissen vorherrschenden Tendenzen und Schwergewichten sprechen können, die bei der Orthodoxen Kirche vielleicht am deutlichsten erkennbar wurden und die den wahrscheinlich unumgänglichen schematischen Vereinfachungen bei der Beschreibung des grundlegenden Unterschieds im vielstimmigen Gespräch und Ringen der Kirchen ein gewisses und doch immer der Gefahr der Ungeschicklichkeit ausgesetztes Recht geben. In der uns primär interessierenden Sache der Einheitskonzeptionen hat Edinburgh zweifellos einen großen und bemerkenswerten Fortschritt gebracht. Vorstellungen und Konzeptionen, die in der vorausgehenden Geschichte von Faith and Order immer wieder und häufig nur stichworthaltig in den Diskussionen auftauchten, wurden nun zum eigentlichen Thema. Die noch in Lausanne herrschende (wenn auch nicht konsequent befolgte, vgl. Sektion V) Tendenz, die Erarbeitung oder gar Befürwortung von Einheitskonzeptionen nicht als Teil des offiziellen Aufgabenbereichs von Faith and Order zu betrachten, wurde aufgegeben. Die im Anschluß an Lausanne hier kritisierte (vgl. S. 179f.) fehlende Klärung des Zieles oder der Ziele der Einheitsbemühungen und der zu ihrer Erreichung jeweils notwendigen Voraussetzungen wurde in Edinburgh unternommen, wenn auch noch nicht umfassend genug. Die Konferenz hat mit Mehrheit die korporative Einheit als das eigentliche und letzte Ziel der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung bezeichnet. Vielen ihrer Teilnehmer ging es darum, von der Zusammenarbeit und Föderation aus zu einer umfassenderen Einheit zu gelangen. Neu daran ist allein, daß es eine Weltkonferenz war, die dies so deutlich aussprach und gleichzeitig eine Reihe von Bedingungen und damit Zielvorstellungen für die Verwirklichung dieser Form der Einheit nannte. Neu waren auch diese Bedingungen nicht, sie stellen aber doch eine wesentlich entfaltetere Grundlage und Voraussetzung dar als das ursprüngliche Lambeth-Quadrilateral, auf das sie natürlich zurückgehen. Mit der Beschreibung zweier anderer Einheitskonzeptionen und der für sie notwendigen Voraussetzungen wurde die Möglichkeit dafür geschaffen, daß in Zukunft größere Klarheit darüber herrschen kann, was involviert ist, wenn vom Ziel der Einigungsbestrebungen und von den einzelnen Konzeptionen gesprochen wird. Ist das nicht eine zu positive Beurteilung der Edinburgher Ergebnisse? Gewisse Einschränkungen müssen gemacht werden, doch daß im Kontext der ersten dreißig Jahre von Faith and Order hier ein bedeutsamer Schritt getan wurde, ist nicht zu bestreiten. Gewiß haben nicht alle Teilnehmer 283
und die durch sie repräsentierten Kirchen faktisch der Konzeption korporativer Einheit zugestimmt. Das wurde auf Seite 258f. und 269f. gezeigt. Kann man aber daraus folgern: „Die Konferenz war aber offenkundig nicht in der Lage auszusagen, welche dieser drei Formen (der Einheit, d. Verf.) das gemeinsam anzustrebende Ziel sei." 4 4 Die Konferenz war, in Sektion IV, in der Tat in der Lage, dies, mit der protokollierten Einschränkung, zu tun. Abgesehen von der Frage, welche Bedeutung Mehrheitsbeschlüsse und das in ihnen o f t enthaltene Quantum an nur bedingter und halbherziger Zustimmung besitzen, wurde durch diese Entscheidung von Edinburgh erstmalig eine Einheitskonzeption offiziell herausgestellt und damit die weitere Diskussion über das Bild der gesuchten Einheit gerade nicht abgebrochen, sondern schärfer profiliert und in gewisser Weise erleichtert und vorangetrieben. Wenn demgegenüber William Adams Brown schreibt, daß in der Geschichte von Edinburgh nichts überraschender gewesen sei „than the extent to which the fear of federation, which had been a dominant note at Lausanne, had disappeared" 4 5 , dann übersieht er in der Begeisterung für sein eigenes Ideal, daß jene gewiß positive Aufnahme des Föderationsgedankens doch sehr begrenzt war. Die Föderation wurde als ein Durchgangsstadium auf dem Wege zur vollen, korporativen Einheit betrachtet und überdies, im Interesse dieser Einordnung, sehr eng und daher auch ohne tieferreichende ekklesiologische Implikationen konzipiert. Natürlich war diese Form der Föderation damals in einigen Ländern bereits verwirklicht worden. Aber es gab genügend Stimmen in Faith and Order, die eine entfaltetere und auch theologisch-ekklesiologisch stärker verwurzelte Föderation anstrebten, die eine Alternative, trotz mancher Annäherungen, zum Konzept der organischen Einheit darstellte. Hier scheint mir der eigentlich kritische Punkt im Blick auf die Entscheidung zugunsten der korporativen Einheit zu liegen, denn eine deutliche Alternative zu jener Konzeption hätte die tatsächliche Einstellung der Konferenzteilnehmer klarer ans Licht gebracht als es geschehen ist. Ein weiterer Fortschritt scheint m.E. in Edinburgh dadurch erreicht worden zu sein, daß die in den Vorbereitungsarbeiten für die Konferenz erhobene Forderung, zu deutlicheren und verbindlicheren Ausdrucksformen der bereits vorhandenen Einheit zu gelangen (vgl. hier S. 223f.) aufgenommen und teilweise auch verwirklicht worden ist. Dies ist, abgesehen von der Tatsache, daß die Konferenz selbst als ein Zeugnis für eine schon vorhandene und auch die offen ausgetragenen Auseinandersetzungen umgreifende und letztlich erst ermöglichende « Vischer, a.a.O. 19. « W. A. Brown, Toward a United Church, a.a.O. 117.
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Gemeinschaft bezeichnet wurde 4 6 , vor allem in der Beschreibung und Empfehlung konkreter Schritte in Sektion IV geschehen. Dem geplanten ökumenischen Rat der Kirchen kam in diesem Zusammenhang zweifellos eine besondere Bedeutung zu, die man wohl noch gar nicht voraussehen konnte. Daß die Frage nach der ekklesiologischen Bedeutung dieses Rates damals bereits anklang bzw. durch ungenügende Klärungen mit auf den weiteren Weg gegeben wurde, ist auf den Seiten 238, 240, 247 und 279f. gezeigt worden. Diese Schritte setzten eine schon bestehende Gemeinschaft voraus und sind zugleich darauf ausgerichtet, größere Gemeinschaft vorzubereiten und zu erschließen. Darin zeichnet sich aber der Durchbruch eines schon vor Edinburgh vorbereiteten (vgl. hier S. 222—225) modifizierten und erweiterten Verständnisses der vorhandenen und oft als „geistlich" bezeichneten Einheit ab. Es wurde gezeigt, daß wir es in Edinburgh mit drei Aspekten der Einheit zu tun haben: der vorgegebenen, der vorhandenen und der erstrebten Einheit. Es wurde auch versucht, aufgrund vereinzelter Hinweise in den Texten, eine gewisse Beziehung zwischen diesen drei Aspekten aufzuzeigen. Wo die Aussagen für sich betrachtet werden, kommen einseitige Folgerungen zustande. So folgert / . P. Michael aus Sätzen über die vorgegebene Einheit, ob es hier nicht doch um den Glauben an eine „Idee von Kirche" gehe; aus Sätzen über die schon bestehende Einheit ergibt sich für ihn, daß die Basis der Einheit eine menschliche sei. 47 Andererseits sahen Fernand Menegoz und Ehe Gounelle unverändert die geistliche Einheit als Zentrum der Einheitsbemühungen wie auch der Edinburgher Konferenz an: „ . . . l'union spirituelle des chretiens . . . s'est elargie et approfondie au cours des dix dernieres annees, . . . et eile s'est retrouvee dans sa force et sa fraicheur premieres ä la Conference d'Edinbourg" (Menegoz). 48 Angesichts der vielfältigen Aussagen der Berichte sind solche Urteile (auch die auf Seite 284 angeführte Feststellung von W. A. Brown gehört hierher) möglich, aber sie bekommen die Konferenz in ihrer Gesamtheit nicht in den Blick, abgesehen davon, daß sie zuweilen mehr über die Auffassung des Beurteilenden aussagen 49 46
Z . B . J e n s Nörregaard, Die Weltkirchenkonferenz in Edinburgh, in: Eine Heilige Kirche 2 0 , 1938, 177 und 179. Angus Dun, Studies in Church Unity, New York 1938, 17ff. 47 Michael, Der dritte Versuch, a.a.O. 152. 48 Fernand Menegoz, Elie Gounelle und andere, Les Grandes Conferences oecumeniques d'Oxford et d'Edimbourg, a.a.O. 2 6 3 f . und 173. 49 Das ist auch deutlich bei der Beurteilung der Sektion I der Fall. Karlström, Ökumene in Mission und Kirche, a.a.O., schreibt auf Seite 8 7 , daß im Bericht dieser Sektion „lutherische Gedanken . . . Widerhall bei Vertretern anderer Bekenntnisse fanden". Dagegen meint Michael, a.a.O. 152, zum gleichen Bericht, daß „hier ein
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als über die Sache, die es in ihrer Komplexität und häufig auch Mehrdeutigkeit zu beurteilen gilt. Der Ansatzpunkt für die Erwägungen über die vorgegebene und die erstrebte Einheit lag in Edinburgh sicher bei der sich zunehmend vertiefenden Erfahrung vorhandener, geistlicher Einheit. Hier war eine Grundlage gegeben, die allen Traditionen gemeinsam war und von der man ausgehen konnte. Dieser Ansatz aber wurde christologisch vertieft und begründet und damit eine Brücke geschlagen zu den Aussagen über die vorgegebene, unzerstörbare Einheit, die auf diese Weise einen Bezug zur geschichtlichen Wirklichkeit erhalten hat, ohne den sie tatsächlich im Sinne von J. P. Michaels „Idee von Kirche" oder des in der Einleitung zum Bericht der Sektion IV erwähnten „Ideals der Kirche", d.h. im Sinne eines doppelten Kirchenbegriffs (vgl. hier S. 255 und 262f.) verstanden werden könnte. Daß im gesamten Bereich der theologischen Begründung der Einheit die hier in der Entwicklung von Faith and Order klaffende Lücke nur ansatzweise geschlossen und damit eine noch zu bewältigende Aufgabe von Edinburgh an die weitere Arbeit in Faith and Order und im zukünftigen ökumenischen Rat der Kirchen weitergegeben wurde, ist deutlich. Andererseits hat der Verlauf der Konferenz gezeigt, daß die häufig geforderte stärkere Manifestierung der vorhandenen Einheit nicht identisch sein kann mit der Verwirklichung der sichtbaren Einheit, sondern nur ein Schritt auf dieses Ziel hin. Es muß eine Überwindung der schwerwiegenden theologischen Unterschiede hinzukommen. Dieser Aufgabe hat sich Edinburgh ehrlich und mit einer gewissen Allergie gegenüber allen vorschnellen Konsensusformulierungen gestellt. Das hat, auch insgesamt, der Konferenz zu einer wesentlich positiveren Beurteilung verholfen als der Lausanner Konferenz. 5 0 Der in der Geschichte von Faith and Order so beliebte Gedanke der „Comprehension" der auf die aus dem Zusammenkommen der verschiedenen Traditionen erwachsende Mannigfaltigkeit hinweist, ist in Edinburgh merklich zurückgetreten. Angesichts des zunehmenden Wissens um die Unterschiede und um die Unvereinbarkeit oder kirchentrennende Kraft mancher Unterschiede scheint sich die Erkenntnis durch-
Virus protestanticus ausgeschieden wurde". Otto Piper wiederum (a.a.O. 20) bezeichnet den Bericht als fast semi-pelagianisch. 50 Z.B. Weißgerber, a.a.O. 62ff.; Sartory, a.a.O. 36; W. A. Brown, a.a.O. 117; Palmer, The Cost of Reunion, a.a.O. 13f.; Döring, a.a.O. 2 6 3 f f . ; Antwort der Protestant Episcopal Church, USA, F&O 9 4 , 3; Küry, Die Weltkonferenz für Glauben und Verfassung, a.a.O. 27.
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gesetzt zu haben, daß die „Comprehension" nur begrenzt als Methode zur Lösung der Probleme von Faith and Order tauglich ist. Das zeigt sich auch darin, daß der Aspekt der Wahrheit, trotz unterschiedlicher Beantwortung der berühmten Frage „Was ist Wahrheit", vor und in Edinburgh größeres Gewicht erhalten hat (vgl. hier z.B. S. 228f. und 252f.). Dabei ergab sich, daß vor allem in den Ausführungen von Erzbischof Temple sowohl eine Vertiefung des Gedankens der „Comprehension" — die eine Wahrheit und die partielle Wahrheitserkenntnis in den getrennten Kirchen — als auch eine Begrenzung der „Comprehension" an den Punkten des Zusammenstoßes von Wahrheit und Irrtum versucht wurde. Diese Grenzbestimmungen konnten in Edinburgh nicht vorgenommen werden, dazu waren die Voraussetzungen und Kriterien zu verschieden. Andererseits dürften die Zurückhaltung gegenüber der häufig ζ'im Schlagwort degenerierten Vielfalt in der Einheit, das größere Ernstnehmen der Unterschiede und der Versuch, die Bedingungen für die verschiedenen Formen der Einheit zu umreißen, mit auf die Betonung der Wahrheitsfragc zurückzuführen sein. Gegenüber Lausanne und den Vorbereitungsarbeiten für Edinburgh, deren Perspektive (mit Ausnahme von Kommission IV) schon durch die Themen und Arbeitsmethode begrenzt war, ist in Edinburgh schließlich die Wechselbeziehung zwischen Geschichte und theologischer und ökumenischer Reflexion profilierter in Erscheinung getreten. Dies geschah nicht nur in der Weise, daß das Ringen um die Einheit im umfassenderen Horizont der Geschichte der Welt und Menschheit, und hier unter dem Gesichtspunkt der Versöhnung und Einigung, gesehen wurde. Das war eine Sicht, die bereits im ersten Stadium von Faith and Order nach 1910 präsent war und im Verlauf der weiteren Entwicklung zurücktrat und nun wieder stärker betont wurde. Es war vor allem die Herausstellung von Einheitskonzeptionen und deren Bedingungen wie auch die vorgeschlagenen konkreten Schritte bis hin zur Bejahung der Gründung eines ökumenischen Rates der Kirchen, in denen sich der Bezug zur Geschichte zeigte. Die theologische Reflexion als Antwort auf die Herausforderung zur Einheit durch die geschichtliche Situation der Christenheit und der Menschheit einerseits und durch den missionarischen und versöhnenden Auftrag der Christenheit in der Welt andererseits geschah auf dem Hintergrund der in der gegenwärtigen Geschichte erfahrenen wachsenden Gemeinschaft. Die herausgestellten Bedingungen der Einheit als Zielvorstellungen der theologischen Bemühung um die Überwindung der in den Vorbereitungsarbeiten wiederum als geschichtlich bedingt erkannten Unterschiede stellten diese Bemühung in den Gesamtzusammenhang vergangener und mitzubewirkender zukünftiger Geschichte. Die bejahte Schaffung eines ökumenischen Rates der 287
Kirchen stellte die in Faith and Order als Proprium verstandene theologische Arbeit vor die Möglichkeit, bislang bewußt eingehaltene Abgrenzungen zu überschreiten und sich somit in einem erweiterten, auch geschichtlich umfassenderen Horizont zu bewegen. Dies alles weist m.E. auf eine enge Verknüpfung von theologischer Reflexion und Geschichte, auf eine unmittelbare Wechselbeziehung zwischen beiden hin. Diese Feststellung muß jedoch mit Einschränkungen und Fragen verbunden werden, damit nicht der Eindruck einer unzutreffenden Idealisierung entsteht. Die in Sektion IV skizzierten Schritte auf dem Wege zur Einheit sollten die theologische Reflexion integrieren. Sie zeigten aber auch, daß die Manifestierung vorhandener Einheit und die Ermöglichung größerer Einheit weit über den Rahmen theologischer Arbeit im engeren Sinne hinausgehen muß. Das bedeutet nicht eine Departementalisierung. Theologische Reflexion als Entfaltung und kritische Prüfung der Grundlagen und der einzelnen Schritte ist unerläßlich. Aber auch wenn dies richtig ist und sogar geschieht, wird die Bemühung um die Einheit der Kirche Jesu Christi als ein Prozeß zu sehen sein, der in seinem geschichtlich vielgestaltigen, komplexen Vollzug weit über die theologische Arbeit im engeren Sinne hinausgeht, ihr vorangeht oder auch hinter ihr zurückbleibt. Diese Erkenntnis ergibt sich auch aus der damals gemachten Erfahrung bestehender und die Unterschiede und Gegensätze transzendierender Einheit, nicht zuletzt aber auch aus der neuerkannten Bedeutung der „nicht-theologischen Faktoren". Daß diese Faktoren nicht ohne theologische Relevanz sind, wurde in dieser Arbeit angedeutet (vgl. S. 244). Daraus ergibt sich die Forderung, daß sie in die theologische Reflexion mit einbezogen werden müssen, die auch auf diese Weise einen erweiterten Geschichtsbezug erhalten würde. Mit diesen Einschränkungen verbindet sich schließlich die Frage, inwieweit die für Edinburgh festgestellte Wechselbeziehung zwischen theologischer Reflexion und Geschichte auch tatsächlich geschichtlich wirksam geworden ist. Diese Frage ist schwer zu beantworten, denn die Feststellung, daß in der Geschichte der ökumenischen Bewegung während und nach dem zweiten Weltkrieg vieles von dem, was in der zunächst weitgehend auf Möglichkeiten geschichtlicher Realisierung hin angelegten Wechselbeziehung zwischen theologischer Reflexion und Geschichte, wie sie in Edinburgh in Erscheinung trat, tatsächlich Wirklichkeit geworden ist, ist als solche noch kein Beweis dafür, daß dies vornehmlich, weitgehend oder nur teilweise auf die Arbeit der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung, die mit Edinburgh einen gewissen organisatorischen, nicht aber sachlichen Abschluß fand, zurückzuführen ist. 288
Quantitative Urteile sind hier kaum möglich. Eine Beschäftigung mit der weiteren Entwicklung des Ringens um die Einheit nach 1937 und vor allem nach 1948 wird andererseits nachweisen können, daß diese Entwicklung gewiß nicht ohne und vielleicht doch ganz wesentlich aufgrund der Arbeit von Faith and Order in einer so bemerkenswerten Weise weitergegangen ist, wie wir dies heute im Rückblick feststellen können.
19 Gafimann, Konzeptionen
289
VII. Zwischenbilanz Zielvorstellungen im Blick auf die Einheit der Kirche Jesu Christi treten dann nicht als abgeklärte Formeln oder sorgfältig begründete und entfaltete Überzeugungen in den Blick des Betrachters, wenn sie im Rahmen einer geschichtlichen Bewegung aufgespürt, identifiziert und analysiert werden sollen. Hier sind sie Teil eines komplexen, unabgeschlosenen geschichtlichen Prozesses. An ihm sind die unterschiedlichen christlichen Traditionen mit ihren überkommenen theologischen Auffassungen, Denkstrukturen und institutionellen Ausdrucksformen beteiligt. Dieser Prozeß vollzieht sich in zeitgeschichtlichen Kontexten, deren Auswirkungen er ausgesetzt ist und auf die er zugleich rückwirken will. In ihm werden konfessionell vorgeprägte Zielvorstellungen miteinander konfrontiert und zum Teil modifiziert. Neue Konzeptionen werden in die Diskussion eingeführt. Konvergenzen und gewisse gemeinsame Überzeugungen zeichnen sich allmählich ab. Bestimmte Vorstellungen treten mit der Zeit in den Vordergrund, ohne aber je Allgemeingültigkeit zu erlangen. Sie werden von einzelnen Traditionen oder Gruppen auch weiterhin in Frage gestellt und tragen, in jedem Fall, das Signum vorläufiger, durch neue Klärungen und noch breitere Zustimmung zu überholender Lösungen. Die vorliegende Arbeit hat versucht, die in der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung sich abzeichnenden Einheitsvorstellungen in diesem umfassenderen Rahmen darzustellen. Es wäre unangemessen, wenn in diesem kurzen, abschließenden Teil die vielfältigen Voraussetzungen, Auffassungen, Erwartungen, Einflüsse, Tendenzen, Spannungen und Entwicklungen im Ringen um die Einheit der Kirche, die in dieser Arbeit herausgestellt wurden, noch einmal undifferenziert und darum schematisch zusammengefaßt würden. Darum wurde bereits bei den einzelnen Abschnitten, Kapiteln und Teilen versucht, Beurteilungen und kritische Überlegungen vorzunehmen, um so auf Kontinuität und Wandel, vielfältige Ansätze und allmähliche Klärung, Aporien und weiterführende Schritte in diesem Ringen hinzuweisen. So können und müssen sich diese Ausführungen darauf beschränken und begrenzen, lediglich die Einheitskonzeptionen selbst, wie sie sich im Verlauf der theologischen Entwicklungen in Faith and Order bis 1937 herausgebildet haben, noch einmal zu umreißen. Der Bezug dieser „Zwischenbilanz" zum ökumenischen Bemühen um die Konzeptionen der Einheit der Kirche über 1937 hinaus und besonders in der Gegenwart ist offenkundig und braucht nur angedeutet zu werden. 290
1. Konzeptionen a) Organische
der
Einheit
Einheit
Die anglikanischen Voraussetzungen — historisch wie theologisch — der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung wurden in Teil I dieser Arbeit eingehender dargelegt. Bemerkenswert ist nun, daß am Ende der hier behandelten Vorgeschichte und ersten Stadien von Faith and Order, 100 Jahre nachdem Frederick Denison Maurice in seinem „The Kingdom of Christ" eine Vorform des Quadrilaterals entwickelt hatte, die anglikanische Konzeption der organischen oder korporativen Einheit von einer Weltkonferenz als das letzte Ziel der Einheitsbemühungen herausgestellt wurde. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es nicht mehr jene rein formale Aufreihung von vier konstitutiven Elementen im Quadrilateral war, die weitgehende Zustimmung fand. Durch die Entwicklung der Arbeit in Faith and Order war vielmehr ein Kontext geschaffen worden, in welchem die ursprüngliche anglikanische Konzeption sehr viel stärker geschichtlich verankert werden konnte durch die Bezüge zur Erfahrung vorhandener Einheit, zur Reflexion über die Methoden der theologischen Bemühungen um die sich erst allmählich deutlicher abzeichnenden Unterschiede, zur Beschreibung anderer Einheitskonzeptionen, die allerdings in den Weg zum Ziel der organischen Einheit mit integriert wurden, zur Sendung und zum Auftrag der Christenheit in der Welt. Abgesehen vom sachlichen Gehalt der anglikanischen Konzeption war es gewiß auch vor allem die Tatsache der intensiven und durch bedeutende Theologen und Kirchenführer getragenen anglikanischen Mitarbeit in Faith and Order und des Fehlens eines ähnlich klar umrissenen, von einer weltweiten konfessionellen Familie und ihren Repräsentanten einmütig und nachdrücklich vertretenen Bildes der erstrebten Einheit, die dieser Konzeption zu einem gewissen Durchbruch verholfen hat. Das anglikanische Quadrilateral hat sich noch aus einem anderen Grunde in den ersten Stadien von Faith and Order als wirksam erwiesen. Mit seinen vier Punkten hat es in der Tat jene Fragen signalisiert und eine Diskussion über sie provoziert, in denen sich die Kirchen in ihrer Lehre und Praxis oft tiefgreifend unterschieden. Daß daneben aber tieferliegende, noch fundamentalere Differenzen erkennbar wurden, deren man sich zunehmend bewußt wurde, zeigte zugleich auch eine der Grenzen des Quadrilaterals an. Eine andere Grenze des Quadrilaterals wurde gerade auch an einem seiner Vorzüge deutlich. In den Erwägungen über die Vielfalt in der Einheit erwiesen sich die vier Punkte des Quadrilaterals als eine der möglichen Ant291
Worten auf die schwierige Frage nach den Grenzen dieser Vielfalt. Indem sie als Markierungszeichen dieser Grenzen eingeführt wurden, enthüllten sie jedoch erneut ihren formalen Charakter. Aus dem organischen Zusammenhang der Geschichte und des Lebens einer Kirche herausgenommen, konnten sie zwar den Auseinandersetzungen Themen stellen, mußten aber gleichzeitig erst wieder in einen umfassenderen geschichtlichen Zusammenhang, nun in den der Begegnung und der Einheitsbemühungen der Kirchen, hineingestellt werden, um in einem neuen, umgreifenden Zusammenhang wieder „Fleisch und B l u t " anzunehmen und als Strukturelemente einer Zielangabe für den Weg zur Einheit dienen zu können. Das ist in gewisser Weise in Edinburgh geschehen. Faith and Order ist von 1 9 1 0 bis 1 9 3 7 ganz stark von der Konzeption der organischen Einheit bestimmt worden. Diese beruht auf einem vom Inkarnationsgedanken hergeleiteten und von Auswirkungen der Romantik beeinflußten Verständnis der Kirche als einem lebendigen Organismus, dessen äußeren, sichtbaren Strukturen Teil seines Wesens sind. Dieses Verständnis zeichnete sich im Leben und in der Gestalt der Kirche der ersten Jahrhunderte modellhaft ab. Darum kann dieser Organismus, der Leib Christi, auch heute seinen inneren und äußeren Zusammenhalt und damit seine Einheit nur auf der Grundlage dieser gemeinsam anzuerkennenden und zu akzeptierenden Strukturen finden. D o r t , wo diese gemeinsamen Strukturen nicht bewahrt worden sind, ist der Leib Christi zertrennt. Diese Spaltungen sind daher eindeutig als Sünde und Schuld zu qualifizieren. Eine Einigung der Kirchen kann daher nur unter Einbeziehung und gemeinsamer Annahme dieser Strukturen — die heilige Schrift als höchste Norm, die altkirchlichen Bekenntnisse, die Sakramente und das historische Bischofsamt in apostolischer Sukzession — geschehen. Nur als eine solche innerlich und äußerlich geeinte Gemeinschaft kann die Kirche auch ihre universale Sendung und ihren weltverändernden Auftrag glaubwürdig erfüllen. Die Konsequenz dieser Konzeption besteht darin, daß eine Einigung von Kirchen die institutionelle Verschmelzung bisher selbständiger Kirchen mit einschließen muß, damit durch das Zusammenfließen bisher getrennter kirchlicher oder konfessioneller Identitäten zu einer neuen Identität die innerlich und äußerlich sichtbar strukturierte Gemeinschaft des einen Organismus Wirklichkeit wird. V o n ihren theologischen und kirchengeschichtlichen Voraussetzungen her hat sich diese Konzeption mit einem nationalkirchlichen Denken verbunden (wenn sie nicht sogar ein Produkt dieses Denkens ist) und ist auch von daher zu verstehen und zu beurteilen. Sie ist geschichtlich wirksam geworden in mehreren nationalen Kirchenunionen und in zahlreichen Kirchenunionsplänen, von denen viele aber an der Frage des historischen Bischofsamtes, häufig jedoch auch an sogenannten „nicht-theolo-
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gischen F a k t o r e n " gescheitert sind. Die Konzeption der organischen Einheit ist darüber hinaus in die theologische Arbeit des ö k u m e n i s c h e n Rates der Kirchen eingegangen. Sie steht im Hintergrund der „Einheitsformel" von Neu-Delhi 1961. Mit Modifizierungen und vor allem neuen Aspekten stellt sie eine der K o m p o n e n t e n der Konzeption der „konziliaren Gemeinschaft" (Nairobi 1975) dar, mit der die primär lokal orientierte Perspektive von Neu-Delhi mit der universalen Dimension der Einheit der Kirche zu einer Gesamtschau zukünftiger Einheit zusammengefaßt wurde. b)
Föderation
Die Alternativen zur Konzeption der organischen Einheit beruhten auf mehreren, vom anglikanischen Verständnis unterschiedenen Kirchenbegriffen. Gemeinsam war diesen Ekklesiologien, daß sie eine bestimmte Amtsstruktur, d.h. das dreifache Amt mit dem historischen Bischofsamt in apostolischer Sukzession, nicht als zum Wesen der Kirche gehörig und darum auch nicht als notwendiges Strukturelemente einer zukünftigen Einheit betrachteten. Gemeinsam war ihnen auch, daß sie zu Vorstellungen über die Einheit der Kirche und deren Manifestierung führten, die sich tiefgreifend von der organischen Konzeption unterschieden. In allen anderen Fragen bestanden innerhalb dieser Gruppe mannigfaltige Unterschiede. Die auf dem Boden dieser Ekklesiologien entfalteten Einheitskonzeptionen gehen in ihren Wurzeln ebenfalls auf die Zeit vor dem Beginn der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung zurück, wie in Teil I gezeigt wurde. Sie lassen sich unter dem Begriff der Föderation zusammenfassen. Vereinfachend und schematisierend können hier zwei Argumentationsreihen unterschieden werden. Einmal wurde von der Betonung der „unsichtbaren Kirche", von einem spirituellen und zugleich kongregationalistischen Kirchenbegriff und von einer durch die Spaltungen unberührten und darum auch unzerstörten Gemeinsamkeit in den fundamentalen Artikeln des Glaubens, in der Entscheidung und im Vollzug des Glaubens ausgegangen. Dogmatische Formeln, Bekenntnisse, Lehren, Strukturen und äußere Formen wurden als sekundär, veränderlich oder gar als die im negativen Sinne entzweienden Elemente der Kirchen- und Theologiegeschichte betrachtet. Nicht die Spaltung der Kirchen und deren Überwindung war also das Problem, sondern das rechte Verständnis der Ursachen und die Überwindung der negativen Auswirkungen der Spaltungen. Entsprechend sah man die Aufgabe darin, die hinter und in den Trennungen dennoch bestehende Einheit deutlicher als bisher zum Ausdruck zu bringen, die negativen Folgen der Spaltungen zu beseitigen 293
und Formen zur gemeinsamen Ausübung des missionarischen und sozialen Auftrags zu finden, ohne aber die legitime Eigenständigkeit der Kirchen aufzuheben oder auch nur einzuschränken. In den verschiedenen Formen einer Föderation glaubte man eine angemessene Lösung dieser Aufgabe gefunden zu haben. Die Skala der vorgeschlagenen föderativen Strukturen reichte dabei von kaum organisatorisch entwickelten Formen gelegentlicher Zusammenarbeit über gemeinsame, beratende Organe bis hin zu gemeinsamen legislativen, administrativen und exekutiven Organen, die aber zumeist auf praktische, sozial-missionarische Aufgaben begrenzt sein sollten. Dieser Föderationsgedanke mit seinen impliziten ekklesiologischen Voraussetzungen wurde in Faith and Order von Theologen aus allen Traditionen, mit Ausnahme der anglikanischen und orthodoxen, vertreten. Er war sowohl in den klassischen Freikirchen und Gemeinschaften beheimatet, als auch in den pietistischen und liberalen Strömungen, die sich quer durch alle Denominationen zogen. Problematisch und höchst anfechtbar war in diesem Falle nicht die Struktur und Form einer Föderation als solche, sondern deren Begründung und Verständnis. Mit Hilfe eines ungeschichtlichen Kirchenbegriffs wurden die Spaltungen uminterpretiert und eine wenig tiefgreifende äußerliche Modifikation des bestehenden Zustandes der Spaltungen wurde, verbunden mit der Herausstellung einer Gesinnungsgemeinschaft, zur Verwirklichung der Einheit der Christen erklärt. Im Unterschied hierzu gab es aber auch Stimmen, die die Spaltungen ernster nahmen und von daher eine Föderation auf einer breiteren theologischen Grundlage, die darum auch Lehrgespräche und die Herausstellung gewisser grundlegender Übereinstimmungen voraussetzte, anstrebten. Im Rahmen dieser Ausprägung des Föderationsgedanken erhielt auch die Abendmahlsgemeinschaft ein stärkeres Gewicht. Eine solche Föderation sollte mit stärker ausgebauten und auch theologische Fragen mit einbeziehenden Organen ausgestattet sein. Die Kirchen würden bei einer so konzipierten Föderation ein gewisses Maß ihrer Selbständigkeit an gemeinsame Organe abtreten. Dieses Ziel wurde verschiedentlich als „föderative Union" bezeichnet und stellte gleichsam den höchsten Grad der Annäherung an die Konzeption der organischen Einheit dar. Schließlich trat noch eine dritte Gruppe in Erscheinung, die eine Föderation von ganz anderen Voraussetzungen und Zielen her anstrebte. Die ihr zuzuzählenden Theologen und Kirchen gingen, im Gegensatz zu der ersten Gruppe, gerade von der geschichtlichen Erfahrung und der Erkenntnis des tiefreichenden, in grundlegenden Fragen des Glaubens 294
trennenden Charakters der Spaltungen und von den entsprechend großen Schwierigkeiten aus, denen sich die theologischen Bemühungen um eine Überwindung der Unterschiede oder Gegensätze gegenübersehen. Von daher konnten sie keine raschen Fortschritte auf dem Wege zur Einheit erwarten. Um das Maß der dennoch vorhandenen und wachsenden geistlichen Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen und die bereits bestehenden Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu realisieren, sahen sie in den Formen einer Föderation ein geeignetes Mittel. Diese konnten zugleich eine Grundlage und Möglichkeiten bieten, auch die theologischen Bemühungen um eine umfassendere Form der Einheit zu fördern. Eine solche Form der Einheit wurde von einigen in der organischen Einheit gesehen, während andere die Frage des Zieles bewußt offenließen. Diese Gruppe, zu der vor allem auch die orthodoxen Theologen in Faith and Order zu zählen sind, betrachtete die Föderation also nicht als Manifestation der Einheit, als Ziel der Einheitsbemühungen, sondern als eine pragmatische, vorläufige Lösung, als ein Instrument und eine Station auf dem Wege. Damit entbehrte die Föderation jener ekklesiologischen Relevanz, die ihr von den beiden anderen Gruppen beigemessen wurde. Insoweit sie auch als Manifestation bereits vorhandener geistlicher Einheit verstanden wurde, lag hier jedoch ein ekklesiologischer Ansatzpunkt vor, der zuweilen anklang, aber erst nach 1937 bewußter in die Diskussion aufgenommen wurde. In Edinburgh wurde diese wesentlich auf praktische Zusammenarbeit hin interpretierte Form der Föderation unter dem Gesichtspunkt eines vorbereitenden, vorläufigen Schrittes auf dem Wege zur korporativen Einheit erstmalig in einem Konferenzbericht herausgestellt und positiv bewertet. Dieses instrumentale Verständnis der Föderation, das eigentlich nicht als Einheitskonzeption zu verstehen ist, hat sich weitgehend durchgesetzt und hat in der Form der vielen lokalen, nationalen und regionalen Christen- und Kirchenräte wie auch im ökumenischen Rat der Kirchen selbst Gestalt angenommen. c)
Abendmahlsgemeinschaft
In der Frage der Abendmahlsgemeinschaft zeichneten sich die unterschiedlichen Positionen vor 1937 allmählich immer deutlicher ab. Auch wurde mit einer Klärung der verschiedenen Formen der Abendmahlsgemeinschaft begonnen. Kirchen und Theologen, die bereits offene Kommunion oder gelegentliche Interkommunion praktizierten oder für erstrebenswert hielten, traten auch in Faith and Order für diese Formen als Ausdruck bestehender geistlicher Gemeinschaft und als Stärkung auf dem Wege zur umfassenderen Einheit ein. Daneben schien die Aussage 295
der Sektion IV von Edinburgh, daß eine auf der gegenseitigen Anerkennung zwischen Kirchen beruhende volle, gegenseitige Abendmahlsgemeinschaft ein notwendiger Bestandteil einer befriedigenden Kircheneinheit sein müsse, weitgehende Zustimmung unter den beteiligten Kirchen (sofern sie das Abendmahl feiern) zu finden. Dieser Satz aus dem Edinburgher Bericht ist jedoch zweideutig, und in dieser Zweideutigkeit spiegelt sich die grundlegende Differenz in der Frage der Einheitskonzeptionen wider. Dieser Aussage konnten nämlich diejenigen zustimmen, für die jene „befriedigende Kircheneinheit" in einer ekklesiologisch begründeten Föderation zum Ausdruck kommt, wie auch diejenigen, für die nur eine auf Übereinstimmungen in den grundlegenden Fragen des Glaubensverständnisses, des Bekenntnisses, der Sakramente und des Amtes beruhende korporative Einheit ihren „vollsten Ausdruck" in der Abendmahlsgemeinschaft finden kann und muß. Gegenseitige Anerkennung als Kirchen und, damit verbunden, volle Abendmahlsgemeinschaft wurden also, wenngleich beides im Bericht der Edinburgher Vorbereitungskommission IV und im Bericht der Edinburgher Sektion IV jeweils für sich unter dem Thema ,,Die verschiedenen Konzeptionen der Kircheneinheit" behandelt wurde, nicht eindeutig oder deutlich genug als eigenständige Einheitskonzeption betrachtet und präzisiert. Sie wurden daher letztlich doch nur als Bestandteile der beiden hier noch einmal umrissenen Einheitskonzeption verstanden, wobei ein Unterschied zweifellos darin bestand, daß für die Befürworter der korporativen Einheit die Abendmahlsgemeinschaft grundlegend war, während die Vertreter der „ekklesiologischen Föderation" der Abendmahlsgemeinschaft nicht in jedem Falle diese Bedeutung für ihre Konzeption beimaßen. Eine dritte Gruppe, der vor allem diejenigen zuzurechnen sind, die eine Föderation als eine vorläufige Lösung auf dem Wege zur vollen Einheit betrachteten, strebte Ubergangslösungen (z.B. eine begrenzte offene Kommunion) an oder sah noch keine Möglichkeiten für eine Abendmahlsgemeinschaft, da die ekklesiologischen Voraussetzungen dafür fehlten. Für den letzten Fall wurde die „geistliche Kommunion", d.h. die nicht-kommunizierende Teilnahme als Ausdruck der bereits bestehenden Gemeinschaft befürwortet. Durch die starke Fixierung auf die Konzeption der organischen Einheit und der Föderation wurde in Faith and Order vor 1937 die Abendmahlsgemeinschaft zu einseitig mit diesen beiden Konzeption verbunden. Die Möglichkeit, daß eine auf einer gegenseitigen vollen Anerkennung beruhende Kirchengemeinschaft ihren tiefsten Ausdruck in der Abendmahlsgemeinschaft finden könnte und müßte, ohne daß damit aber bestimmte organisatorische Schritte (z.B. in der Form der organi296
sehen oder föderativen Einheit) verbunden sein müßten, kam noch kaum in den Blick. Mit dieser Möglichkeit stellt sich dann aber die Frage, ob eine solche Kirchengemeinschaft einfach mit der Abendmahlsgemeinschaft identifiziert und auf diese beschränkt werden kann oder ob sie nicht doch weiterer Ausdrucksformen bedarf, wenn hier wirklich die Einheit der Kirche im Leben und Dienst der Kirchen selbst und in der sichtbaren Darstellung nach außen wirksam und erfahrbar werden soll. Solche weiteren Schritte würden zwar den notwendigen Grundlagen der Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft nichts hinzufügen, aber sie würden deutlich machen, daß die Einheit in bestimmten Situationen umfassender realisiert werden und nicht auf eine gemeinsam unterzeichnete Erklärung über Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft und deren gelegentliche Praktizierung begrenzt sein sollte. In dieser Perspektive ist der Begriff der Kirchengemeinschaft auch angemessener, weil umfassender, als der der Abendmahlsgemeinschaft. Diese eigenständige Konzeption kirchlicher Einheit ist wohl erstmalig mit der „Leuenberger K o n k o r d i e " (1973) der lutherischen, reformierten und unierten Kirchen Europas verwirklicht worden. Die mit dieser Konkordie verbundene und noch nicht abgeschlossene Debatte macht allerdings deutlich, daß die Konzeption der „Kirchengemeinschaft" als einer Alternative zu anderen Einheitskonzeptionen auch heute noch nicht ausreichend geklärt und näher präzisiert ist.
2. Die Kontinuität
ökumenischer
Geschichte
Die Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung und das von ihr inspirierte und getragene Ringen um die Einheit der Kirche ist für die gegenwärtige ökumenisch engagierte Generation weitgehend zur fernen, nur noch wenig bekannten Vergangenheit geworden. Daß zwischen dem damaligen Aufbruch und den damit verbundenen ersten Schritten und unseren heutigen Bemühungen und Hoffnungen eine tiefreichende Kontinuität besteht, ist jedoch offenkundig. Dies ist nicht einfach nur auf die Tatsache zurückzuführen, daß das Element der Kontinuität zur inneren Struktur einer jeden geschichtlichen Bewegung gehört. Vielmehr war vom Ansatz und Ziel der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung her eine solche Kontinuität in der Gestalt eines bewußten Weitertreibens und Veränderns von Geschichte gleichsam programmatisch intendiert: Diese Bewegung erhielt ihre Anslöße aus der jeweiligen Gegenwart, sie blickte zurück auf die Ursprünge und Fundamente des Glaubens, sie war ausgerichtet auf die Z u k u n f t der Einheit, auf die sie im Gehorsam gegenüber dem Herrn der Kirche und im Vertrauen auf seine Leitung 297
durch den Heiligen Geist in Schritten wachsender Übereinstimmung und Gemeinschaft zugehen wollte. Das bedeutet aber, daß sie immer ihren augenblicklichen Standort auf dem ökumenischen Weg transzendierte und bewußt zukünftige Schritte und Möglichkeiten reflektierend antizipierte. Manche dieser Antizipationen sind inzwischen verwirklicht, andere modifiziert oder weiter entfaltet worden. Zuweilen wird diese Kontinuität schlaglichtartig erhellt, so zum Beispiel, als 1975 die Vollversammlung des ökumenischen Rates der Kirchen die Ergebnisse der Arbeit der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung entgegennahm und diese an die Kirchen weiterleitete. Zu diesen gehörten die drei Dokumente über die Taufe, die Eucharistie und das Amt, in denen der wachsende und sich vertiefende Konsensus der Kirchen in diesen drei Fragenkomplexen mit Verweisen auf Konferenzergebnisse von 1927 bis zur unmittelbaren Gegenwart aufgenommen und formuliert wurde. Auch der von der gleichen Vollversammlung entgegengenommene Bericht über „Die Einheit der Kirche — Voraussetzungen und Forderungen" ist ja nichts anderes als Ausdruck und gegenwärtiges Ergebnis einer sich von 1910 bis heute durch die ökumenische Bewegung hindurchziehenden Diskussion über das Ziel dieser Bewegung. Die hier vorgelegte Konzeption der „konziliaren Gemeinschaft" enthält im einzelnen eine ganze Reihe von Aspekten, die bereits vor 1937 eingehender behandelt oder in einzelnen Äußerungen angesprochen wurden. So klangen z.B. auch die in den letzten Jahren verstärkt aufgenommenen Implikationen der erstrebten Einheit der Kirche für die Einheit der Menschheit schon nach dem Ersten Weltkrieg wiederholt an. Die im Vordergrund der Überlegungen in Faith and Order vor 1937 stehende Perspektive war, daß die Kirchen ihre verdeckte oder entstellte Einheit schrittweise wiedergewinnen und dadurch ihre Sendung und ihren Auftrag in der Welt überzeugender und wirksamer erfüllen und somit gemeinsam an Gottes Werk der Versöhnung aller Menschen teilhaben können. In der Entfaltung dieser Perspektive zeigten sich Entwicklungen und vielfältige Unterschiede. Dies gilt sowohl für die Interpretation der geschichtlichen Herausforderungen selbst als auch für die Beschreibung des ihnen antwortenden gemeinsamen Auftrages. Diese Unterschiede waren durch die Vielgestalt der theologischen Voraussetzungen und Strömungen und der Erfahrungen der Kirchen bedingt. Dabei standen missionarische Erwartungen einer Bekehrung der noch nicht Glaubenden, Ideale einer Verchristlichung des gesamten sozialen Lebens der Völker, defensive Gedanken eines Machtkampfes mit den erstarkenden säkularen und antichristlichen Bewegungen und Mächten neben der Sorge um die Not, Ratlosigkeit, Ungewißheit, Polarisation und Zerrissenheit einer Menschheit, in die man sich mit der Verkündi298
gung und dem Dienst des ewigen und zeitlichen Heils in Jesus Christus gemeinsam gesandt wußte. Diese letzteren Aspekte scheinen sich gegenüber den anderen Vorstellungen stärker durchgesetzt zu haben und sind in der weiteren ökumenischen Bewegung, auch vor allem mit und nach dem Zweiten Weltkrieg, in der ökumenischen Zusammenarbeit und Reflexion geschichtlich wirksam geworden. Eine ähnliche, vorbereitende Wirkung hat Faith and Order auch in anderen Fragen ausgeübt, die erst vereinzelt anklangen und damals noch nicht geschichtlich wirksam wurden, aber in der weiteren Entwicklung in die Theorie und Praxis der ökumenischen Bewegung aufgenommen wurden und zum Teil in den Mittelpunkt der Diskussion traten. Dies gilt für die grundsätzliche Universalität dieser Bewegung, die von ihren Anfängen an offen war für alle christlichen Traditionen, gerade auch für die Römisch-katholische Kirche, um deren Beteiligung man sich immer bemüht hat. Hierzu gehören auch der Gedanke universaler konziliarer Strukturen und die wiederholten und nicht nur durch die säkularen Einheitsbewegungen angeregten Hinweise auf die Beziehung zwischen der Einheit der Kirche und der Einheit der Menschheit. Die bereits vor Edinburgh hier und da geforderte Überwindung der fast ausschließlichen Konzentration auf die Methode des ekklesiologischen Vergleichs wurde nach 1937 mit der Aufnahme neuer Methoden der ökumenischen theologischen Arbeit realisiert. Auch in der Frage nach dem „tiefsten Unterschied" zwischen den Kirchen, in den Überlegungen zum Verständnis und zur Bedeutung der „nicht-theologischen Faktoren" und in der Reflexion über die ekklesiologische Bedeutung des ökumenischen Rates der Kirchen wurden die ersten Ansätze weitergeführt. Diese „Vorzeichen" späterer Entwicklungen weisen nicht nur auf die innere Kontinuität der Bewegung von Glauben und Kirchenverfassung hin. Sie machen auch deutlich, daß die geschichtlichen Wirkungen theologischer Reflexion gleichsam langfristig sein können, weil diese Reflexion immer nur in einem bestimmten Kontext der theologischen, kirchlichen und allgemeinen geschichtlichen Entwicklungen geschieht und entweder in ihm zur Wirkung kommt und ihn mitgestaltet oder aber noch nicht aufgenommen und für zukünftige Entwicklungen (und damit diese mit vorbereitend) gleichsam aufbewahrt wird. Diese innere Kontinuität von Faith and Order besteht jedoch nicht nur in der späteren Aufnahme, Entfaltung und Vertiefung dieser ersten Ansätze oder der zunächst noch offengebliebenen oder nur unzureichend reflektierten Fragen. Sie manifestiert sich auch vor allem in jenen wichtigen Erkenntnissen dieser Bewegung vor 1937, die damals zwar nicht immer allgemein bejaht wurden, deren bleibende Bedeutung sich inzwi299
sehen aber erwiesen hat. Dies wird eindrücklich deutlich, wenn man eine von Visser 't Hooft 1955 aufgestellte Zusammenfassung der grundlegenden ökumenischen Feststellungen zur Einheit der Kirche betrachtet. Visser 't Hooft belegt die einzelnen Aussagen mit Stellen aus den Berichten der Vollversammlungen des ökumenischen Rates der Kirchen, der Weltkonferenz von Lund 1952 und aus anderen offiziellen Texten nach 1948. Nur an zwei Stellen wird Edinburgh 1937 angeführt. Ein Vergleich zeigt jedoch, daß alle diese Grundaussagen, die sicher noch erweitert werden müßten, bereits vor 1937 in Faith and Order weitgehend anerkannt waren: Die Einheit der Kirche ist eine in Jesus Christus gegebene Einheit, die gegenüber der Welt manifestiert werden muß. Kirchliche Einheit im vollen Sinne muß auf ein breites Maß an lehrmäßiger Übereinstimmung gegründet werden. Sakramentale Gemeinschaft ist notwendiger Bestandteil dieser Einheit. Letztere erfordert auch ein allgemein anerkanntes Amt und ein ständiges Organ der Beratung, nicht aber eine Uniformität in Struktur und Administration. Das Ringen um die Einheit der Kirche ist untrennbar mit der Erneuerung der Kirche verbunden. Einheit ist nicht nur um ihrer selbst willen zu suchen, sondern um der Welt willen, in der die Kirche ihren Sendungsauftrag zu erfüllen hat. 1 Ein weiteres Moment dieser Ausdrucksform von Kontinuität kommt in der Tatsache zum Ausdruck, daß neben allen neuen Fragestellungen, Problemen und Methoden die zentralen theologischen Themen von Faith and Order vor 1937 auch weiterhin und mit dem Eintritt der Römisch-katholischen Kirche in die ökumenische Bewegung und der Aufnahme bilateraler Gespräche zwischen den großen konfessionellen Familien sogar wieder verstärkt im Mittelpunkt des ökumenischen theologischen Gesprächs stehen: Schrift und Tradition, Sakramente, Abendmahlsgemeinschaft, Amt, Bekenntnisse und Dogmen/Lehren, Konzeptionen der Kircheneinheit und damit die Ekklesiologie überhaupt. Andererseits, und hier könnte man gleichsam von einer Kontinuität kritischer Infragestellung sprechen, werden heute, wie in vielen Äußerungen vor 1937, diese Kontroversfragen häufig als sekundär oder irrelevant bezeichnet angesichts einer als primär und ausreichend erachteten Erfahrung bestehender geistlicher Gemeinschaft oder einer geforderten und auch praktizierten Aktions- und Dienstgemeinschaft aller Christen in den politischen und sozialen Problembereichen dieser Welt. Auch hier stehen wir vor der bleibenden Aufgabe, die unaufgebbare Wechselbeziehung zwischen der Realisierung und Stärkung bereits vor1 Willem A. Visser 't H o o f t , Various Meanings of Unity and the Unity which the World Council of Churches seeks to promote, in: The Ecumenical Review VIII, 1955, 2If.
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handener geistlicher Gemeinschaft, der Verpflichtung zum gemeinsamen Zeugnis und Dienst in der Welt und dem theologischen Bemühen um die Überwindung bisher kirchentrennender Fragen als ein grundlegendes Element ökumenischer Theologie und Methodologie zu betonen. Den intendierten geschichtlichen Auswirkungen von Faith and Order, und hier lag der entscheidende und als Voraussetzung für alle anderen Wirkungen verstandene Punkt, galten schließlich und primär die Erwägungen zu den Formen der erstrebten sichtbaren Einheit der Kirche und zu deren Verwirklichung. Hier wurden vor Edinburgh und mit Edinburgh wichtige, wenn auch nicht von allen akzeptierte Erkenntnisse gewonnen. Mit diesen ersten Klärungen zukünftiger Ziele traten auch die Bedingungen zu deren Erreichung zunehmend ins Blickfeld. Auf der Grundlage der bereits erfahrenen Gemeinschaft, in der Gottes einigendes Wirken in der Geschichte erkennbar wurde, begann man schließlich, konkrete Schritte für den Weg zu diesen Zielen aufzuzeigen und Instrumente zur Ermöglichung und Förderung dieser Schritte zu schaffen. Dieses Programm ist in Edinburgh entfaltet, akzeptiert und in Ansätzen verwirklicht worden. Darin lag eine Ermöglichung und teilweise auch Wegweisung der zukünftigen Geschichte des ökumenischen Ringens beschlossen. Das einigende, Geschichte verwandelnde Wirken des lebendigen Herrn der Kirche bedient sich vielfältiger Gestalten, Kräfte und Instrumente. Die Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung von 1910 bis 1937 — und danach — war, mit „Flecken und Runzeln" und neben anderen, ein solches Instrument.
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VANDENHOECK& RUPRECHT IN GÖTTINGEN UND ZÜRICH